Siegmund Loewe

deutscher Physiker und Industrieller
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Siegmund Loewe (* 6. November 1885 in Berlin; † 2. Mai 1962 in Sarasota, USA)[1] war ein Pionier der Radiotechnik und Industrieller. Er war Mitbegründer der Firma „Radioaktiengesellschaft D. S. Loewe“ , eines bedeutenden Radioherstellers in der Zeit der Weimarer Republik. Diese Firma war das Vorgängerunternehmen der bundesrepublikanischen Loewe-Opta AG, heute Loewe Technologies.

Siegmund Loewe (links) mit Manfred von Ardenne
Loewe-Stammhaus 1923 in Berlin-Friedenau, Niedstraße 5

Leben

Siegmund Loewe stammte aus einer jüdischen Familie. Sein Vater war Arzt. Loewe studierte Physik und Elektrotechnik und wurde bei Max Wien in Jena mit magna cum laude zum Dr. phil. promoviert. Sein Spezialgebiet war die Hochfrequenztechnik.[2]

Als Geburtsstunde des Rundfunks in Deutschland gilt der 29. Oktober 1923. An diesem Tag wurde die erste Unterhaltungssendung aus dem Vox-Haus ausgestrahlt. Bereits im Januar 1923 gründete Loewe zusammen mit seinem Bruder David in Berlin-Friedenau, Niedstraße 5,[3] die Firma Radiofrequenz GmbH in den Räumlichkeiten der ehemaligen Mechanischen Werkstatt Grüttner & Lütgert Berlin. Der Oktober 1923 war der Beginn einer Reihe von Loewe-Firmengründungen. Unter Anderem die Audion-Werk Dr. S. Loewe GmbH zur Herstellung von Elektronenröhren, bald darauf die Loewe Radio GmbH zur Produktion von Lautsprechern und Widerständen. Im Frühjahr 1924 wurde am Teltowkanal im Bezirk Steglitz (Ortsteil Lankwitz, Wiesenweg 10) ein Werk für die Einzelteil- und Empfängerfertigung errichtet. Die Loewe-Brüder fassten ihre Firmen bald darauf im Werk Berlin-Steglitz zusammen, das 1929 zunächst Sitz Berliner Radio-Handels AG war. Die Umfirmierung in „Radioaktiengesellschaft D. S. Loewe“ folgte 1930.

Mitte der 1920er Jahre stellte Siegmund Loewe den jungen Autodidakten Manfred von Ardenne ein und entwickelte mit ihm zusammen eine der ersten Mehrsystemröhren. In der sogenannten Dreifachröhre vom Typ 3NF[4] waren außer drei Triodensystemen auch vier Widerstände und zwei Kondensatoren untergebracht.[5] Sie stellte somit einen der ersten integrierten Schaltkreise dar und wurde im Ortsempfänger Loewe OE 333 eingesetzt.[6] Der OE 333 war mit Ausnahme der von den Nationalsozialisten später in Auftrag gegebenen Volksempfänger und DKE 38 („Deutscher Kleinempfänger“) das erfolgreichste Radiogerät in Deutschland vor dem Zweiten Weltkrieg.

Sofort nach der Machtergreifung der NSDAP wurden die Gebrüder Loewe und ihr Unternehmen von den Nazis in der Öffentlichkeit angegriffen. Ein Boykott der Produkte drohte. Besonders angegriffen wurde zuerst David Loewe. Dieser legte am 27. April 1933 seine Vorstandsposten bei der Radio AG D. S. Loewe und bei dem Audion-Werk Dr. S. Loewe nieder. Als Gerüchte über Steuer- und Devisenvergehen gegen ihn gestreut wurden, verließ David Loewe das nationalsozialistische Deutschland noch 1933. Er emigrierte über die Schweiz nach Großbritannien.[7] Siegmund Loewe wurde vorerst geduldet. Nach der Enteignung bzw. „Arisierung“ der Radio AG D. S. Loewe (ab 1940 Löwe Radio AG, ab 1942 Opta Radio AG), dem Ende seines Engagements bei der 1929 von John Logie Baird und der Robert Bosch AG (ab 1937 GmbH) gegründeten Fernseh AG (ab Oktober 1939 Fernseh GmbH) emigierte Siegmund Loewe 1938 in die USA,[8] wo er 1962 starb.

Nach Siegmund Loewe ist in der Stadt Kronach eine staatliche Realschule und eine Straße in der Nähe des ehemaligen Landesgartenschau-Geländes benannt.

Literatur

  • Helmut Mielert: Loewe, Siegmund. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 15, Duncker & Humblot, Berlin 1987, ISBN 3-428-00196-6, S. 86–88 (Digitalisat).
  • 90 Jahre Innovation – Loewe. ELV-Journal 1/2013, abgerufen am 28. Januar 2016.
  • Kilian J. L. Steiner: Ortsempfänger, Volksfernseher und Optaphon. Die Entwicklung der deutschen Radio- und Fernsehindustrie und das Unternehmen Loewe 1923-162. Klartext Verlag, Essen 2005, ISBN 3-89861-492-1.
  • Kilian J. L. Steiner: Die „Arisierung“ der Radioaktiengesellschaft D. S. Loewe in Berlin-Steglitz. In: Christof Biggeleben u. a.: „Arisierung“ in Berlin. Metropol Verlag, Berlin 2007, ISBN 978-3-938690-55-0, S. 225–246.
  • Martin Münzel, Kilian J. L. Steiner: Die langen Schatten der „Arisierung“. Die Berliner Unternehmen Loewe und Ullstein nach 1945. In: Christof Biggeleben u. a.: „Arisierung“ in Berlin. Metropol Verlag, Berlin 2007, ISBN 978-3-938690-55-0, S. 287–314.

Einzelnachweise

  1. Gestorben: Siegmund Loewe. In: Der Spiegel. Nr. 21, 1962 (online23. Mai 1962).
  2. Nachruf auf Siegmund Loewe aus der Funkschau Nr. 12/1962, abgedruckt im online Auftritt Radiomuseum [1] , geprüft 29. Januar 2016.
  3. Radioapparate. In: Berliner Adreßbuch, 1924, Teil 2, S. 475.
  4. radiomuseum.org: Röhre 3NF. Abgerufen am 28. Januar 2016.
  5. Die Loewe-Röhre 3NFB – Analyse einer Mehrfachröhre Link (PDF; 170 kB)
  6. radiomuseum.org: Ortsempfänger OE333. Abgerufen am 28. Januar 2016.
  7. Kilian J. L. Steiner: Die „Arisierung“ der Radioaktiengesellschaft D. S. Loewe in Berlin-Steglitz. In: Christof Biggeleben u. a.: „Arisierung“ in Berlin. Metropol Verlag, Berlin 2007, ISBN 978-3-938690-55-0, S. 232ff.
  8. Michael Keeble Buckland: Emanuel Goldberg and His Knowledge Machine. 2006, S. 239f.