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50 Wohnungen in Frankfurt drohen zu verschwinden: Eigentümerin will Bewohner aus dem Haus haben

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An Stelle des Wohnhauses am Hauptbahnhof darf laut Stadt kein Boardinghaus entstehen. Das könnte den besorgten Bewohnern und dem Irish Pub Hoffnung machen.

Frankfurt – Das Wohnhaus Am Hauptbahnhof 4 kann nicht wie vorgesehen abgerissen und in ein Boardinghaus umgewandelt werden. Entsprechende Pläne der Eigentümerin ließen sich nicht mit dem gültigen Bebauungsplan vereinbaren, teilt die Stadt mit. Vor kurzem hat die städtische Stabsstelle Mieterschutz die Mieterinnen und Mieter der Liegenschaft im Amt für Wohnungswesen informiert. Anlass waren die Kündigungen, die sie alle Ende Januar erhalten hatten.

Die Eigentümerin, die First Solid Rock Portfolio Sàrl mit Sitz in Luxemburg, hatte angegeben, das 1955 gebaute Gebäude mangels Rentabilität abreißen und neu zu errichten wollen. Stattdessen sollte dort ein Boardinghaus gebaut werden. Sämtliche Bewohner:innen müssten deshalb bis zum 31. Oktober ausziehen.

Das Haus am Hauptbahnhof soll abgerissen werden und einem Boardinghaus Platz machen.
Das Haus am Hauptbahnhof soll abgerissen werden und einem Boardinghaus Platz machen. © Monika Müller

Kündigung der Mieter:innen am Hauptbahnhpf greift nun nicht mehr

Der Bauaufsicht sei in einer Bauberatung ein Neubaukonzept vorgestellt worden, teilt die Stadt mit. Dieses habe jedoch nicht dem dort geltenden Bebauungsplan entsprochen. Der Plan lege „für diesen Bereich ein besonderes Wohngebiet mit einer flächenanteiligen Wohnnutzung von mindestens 60 Prozent fest“, erklärt Simone Zapke, Leiterin der Bauaufsicht. Zudem werde aufgeführt, „dass Ausnahmen nicht zulässig sind“. Das bedeute, das geplante Boardinghaus „würde an dieser Stelle nicht gestattet werden können“. Bisher sei weder ein Bauantrag noch eine Bauvoranfrage oder ein Abbruchantrag eingereicht worden.

Neben dem Eingang hängt ein Schild, das daran erinnert, dass Oskar Schindler in dem Gebäude geebt hat.
Neben dem Eingang hängt ein Schild, das daran erinnert, dass Oskar Schindler in dem Gebäude gelebt hat. © Monika Müller

Nach Aussage von Kai Schönbach, dem Leiter der Stabsstelle Mieten, greife jetzt nicht mehr die Kündigung der Mieter:innen, da der Kündigungsgrund baurechtlich nicht mehr durchführbar sei. Darüber seien die Bewohner und Bewohnerinnen auf der Infoveranstaltung, an der auch Planungsdezernent Marcus Gwechenberger teilgenommen hatte, in Kenntnis gesetzt worden. Den etwa 50 betroffenen Haushalten seien die Rechtslage erläutert und Rechtsschutzmöglichkeiten aufgezeigt worden.

„Die Mieter:innen sind zurecht besorgt und haben Angst, ihre Wohnung zu verlieren“, sagt Schönbach, aus dessen Sicht die Kündigungen rechtlich fragwürdig sind. Denn dabei handele es sich um sogenannte Verwertungskündigungen. Diese seien in der Praxis schwierig durchzusetzen. Häufig erwiesen sie sich als unwirksam. „Die Mieter:innen müssen aber selbst aktiv dagegen vorgehen.“ Die Stabstelle stelle alle nötigen Informationen bereit, um die Bewohnerinnen und Bewohner so gut wie möglich zu unterstützen. „Wir zeigen Wege auf, wie es weitergehen kann.“

Wohnraum im Bebauungsplan festgesetzt

Planungsrechtliche Grundlagen dienen laut Gwechenberger der Transparenz und geben einen klaren rechtlichen Rahmen für potenzielle Entwicklungen. „Für uns als Stadt hat dieser Rahmen einen hohen Stellenwert, dadurch sind die Regeln für alle Beteiligten von Beginn an klar.“ In konkreten Fall sei das Gebäude 1955 mit diversen Ein- und wenigen Zweizimmerwohnungen genehmigt worden. Frankfurts Wohnungsmarkt sei angespannt. „Wir werden daher den im Bebauungsplan festgesetzten Wohnraum sichern“, so Gwechenberger. „Wir setzen uns dafür ein, dass die Mieter:innen weiterhin hier wohnen können.“

Bekannt ist das Haus in Frankfurt, da dort auch Oskar Schindler gewohnt hatte, der im Zweiten Weltkrieg zusammen mit seiner Frau Emilie bei ihm beschäftigte jüdische Zwangsarbeiter vor Vernichtungslagern bewahrte. Eine Plakette neben der Türe erinnert daran. Unter Denkmalschutz steht das Gebäude nicht, teilt der stellvertretende Leiter des Denkmalamts, Stefan Timpe, auf Anfrage mit. Dementsprechend habe sein Amt keine Handhabe, gegen den Abriss vorzugehen oder Auflagen zu formulieren. Müsse es weichen, gehe er davon aus, „dass die Gedenktafel in würdiger Form auch wieder an dem Neubau platziert werden kann und wird“.

Die Eigentümerin, die von dem Frankfurter Unternehmen Feldhoff & Cie. GmbH vertreten wird, war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Im Februar hatte sie mitgeteilt, es werde für den Pub im Erdgeschoss eine langfristige Lösung geben.

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