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Vergewaltiger von 12-Jähriger tritt bei Olympia an – Petition fordert Disqualifikation

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Steven van der Velde tritt bei Olympia an. Eine Petition will erreichen, dass der verurteilte Straftäter disqualifiziert wird.

Paris – „Handele als Vorbild, auch indem du sauberen Sport förderst.“ Dieser Satz ist unter Punkt sieben der „Erklärung der Rechte und Pflichten von Athleten“ des IOC zu finden. Alle bei Olympia 2024 in Paris antretenden Athleten müssen diese Erklärung unterschreiben. Auch Steven van der Velde, der als Beachvolleyballer für die Niederlande nach Paris reisen wird. Doch ob van der Velde wirklich als Vorbild gesehen werden kann, wird von vielen bezweifelt. Vor zehn Jahren vergewaltigte er als 19-Jähriger ein zwölfjähriges Mädchen – und wurde schuldig gesprochen.

Erwartungsgemäß sorgte die Veröffentlichung des Aufgebots des niederländischen Volleyballverbands (Nevobo) für heftige Reaktionen. Während sich die offiziellen Stellen hinter van der Velde stellen, wird von anderer Seite eine Disqualifizierung des Niederländers angestrebt.

Voraussichtlicher Olympionike war nach geplanter Vergewaltigung in Haft

Mit 19 Jahren flog Steven van der Velde nach England und reiste dann in die Stadt Milton Keynes. Dort besuchte er ein zwölfjähriges Mädchen. Während die Mutter nicht zu Hause war, gab er dem Mädchen Alkohol und vergewaltigte sie dann dreifach. Angebahnt hatte der Niederländer das Treffen über Facebook. Dies ist gerichtsfest bestätigt. 2016, zwei Jahre nach der Tat, wurde van der Velde in England schuldig gesprochen.

Statt der vier Jahre, zu denen er verurteilt wurde, saß van der Velde nur dreizehn Monate ein. Das erste Jahr in England, ehe er für den letzten Monat im Gefängnis zurück in die Niederlande gebracht wurde. Die Haftzeit in den Niederlanden wurde an die dortige Rechtsprechung angepasst. Dort wird Geschlechtsverkehr mit einer zwölfjährigen Person nicht wie in England automatisch als Vergewaltigung gewertet.

Steven van der Velde als 19-Jähriger. Im August 2014 beging er die Straftat an einer zwölfjährigen.
Steven van der Velde als 19-Jähriger. Im August 2014 beging er die Straftat an einer zwölfjährigen. © imago sportfotodienst

Van der Velde kehrte schon früh in den niederländische Mannschaft zurück

Während er sich nach seiner Entlassung noch nicht festlegen wollte, ob er eine Rückkehr in die niederländische Beachvolleyball-Mannschaft plane, war dies ein Jahr später schon Gewissheit. Im Juli 2018 führte die niederländische Rundfunkanstalt NOS ein umfangreiches Interview mit van der Velde. Zu diesem Zeitpunkt hatte er bereits wieder an internationale Turniere mit seinem damaligen Teampartner Dirk Boehlé teilgenommen.

In dem Interview bedauerte van der Velde seine Tat, und sprach vom „größten Fehler seines Lebens“ und versuchte diesen mit seinen eigenen Schwierigkeiten zu der Zeit zu rechtfertigen. Außerdem äußerte er sich dazu, wie es zur Kontaktaufnahme mit dem Mädchen kam. Nachdem diese ihm gestanden hatte, zwölf und nicht wie zunächst behauptet 16 Jahre zu sein, kam es zunächst zum Kontaktabbruch. Später nahm van der Velde diesen aber wieder auf und beging schließlich die Tat.

Nun, über sieben Jahre nach der Haftentlassung, tritt Steven van der Velde gemeinsam mit seinem neuen Teampartner Matthew Immers bei Olympia 2024 in Paris an. In der Verkündung des niederländischen Volleyballverbandes heißt es, „hinter dieser Qualifikation steckt eine besondere Geschichte“. Damit war die relativ späte Entstehung des Teams im April 2023 gemeint. Van der Veldes Vergangenheit wurde zunächst nicht thematisiert.

Steven van der Velde (rechts) sieht sich mit seiner Vergangenheit konfrontiert. Mit seinem Teamkollegen Matthew Immers wird er bei Olympia antreten.
Steven van der Velde (rechts) sieht sich mit seiner Vergangenheit konfrontiert. Mit seinem Teamkollegen Matthew Immers wird er bei Olympia antreten. © IMAGO / CTK Photo

Sturm der Empörung und Petition gegen die Olympia-Teilnahme von Steven van der Velde

Mit der Veröffentlichung der Olympia-Teams für Beachvolleyball begann die öffentliche internationale Empörung, die bislang trotz jahrelanger Auftritte van der Veldes bei internationalen Turnieren ausblieb. So wurde unter anderem eine Petition gestartet, welche die Disqualifikation des verurteilten Straftäters von den olympischen Spielen fordert.

Gegenüber Sky News UK äußerte sich der Survivors Trust, eine britische Dachorganisation, die Hilfe für Opfer von sexuellen Verbrechen koordiniert und fördert: „Die Vergewaltigung eines Kindes war geplant, kalkuliert und beinhaltete internationale Reisen und wird zweifellos ein lebenslanges Trauma bei seinem Opfer hervorrufen und den Verlauf seines Lebens irreversibel verändern.“

Weiter ging der Survivors Trust auch auf das Verhalten von Steven van der Velde nach der Haft ein. Dessen „Mangel an Reue und Empathie für sein Opfer“ sei erschreckend. Die Organisation kritisierte aber auch das Umfeld, das die Olympia-Teilnahme überhaupt möglich macht: „Die Erlaubnis seiner Kollegen und des Olympischen Komitees, ihn einem jungen Publikum als einen Sportler vorzustellen, zu dem man aufschauen kann, ist zutiefst beunruhigend.“

Volleyballverband stellt sich hinter van der Velde: „Gibt keinen Grund, an ihm zu zweifeln“

Dass die Qualifikation van der Veldes nicht ohne Begleiterscheinung bleiben wird, war dem Volleyballverband wohl von Beginn an klar und so veröffentlichte man eine entsprechende Stellungnahme. Unter dem Titel „Unterstützung für Steven van de Velde, der erkennt, dass die Vergangenheit nicht ausgelöscht werden kann“ äußert sich der Verband und van der Velde selbst.

In der Mitteilung heißt es, dass sowohl der Volleyballverband als auch das Niederländische Olympische Komitee hinter der Entscheidung stehen würden. Steven van der Velde „erweist sich als vorbildlicher Profi und Mensch, und es gibt seit seiner Rückkehr keinen Grund, an ihm zu zweifeln. Wir unterstützen ihn und seine Teilnahme in Paris, die er und Matthew (Immers, Anm.) verdient haben, voll und ganz.“

Van der Velde selbst dankt seinen „Eltern, Freunden, Bekannten und Kollegen“ sowie dem Verband für die zweite Chance, die ihn „nach dem größten Fehltritt“ seines „damals jungen Lebens wieder akzeptierten“. Eine Entschuldigung in Richtung des Opfers enthält die Mitteilung nicht, dafür ein anderer Blick in die Vergangenheit: „Ich denke auch zurück an den Teenager, der ich war, der unsicher war, nicht bereit für ein Leben als Spitzensportler und innerlich unglücklich, weil ich nicht wusste, wer ich war und was ich wollte.“ (sch)

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