Soziale Marktwirtschaft: All inclusive? Band 4: Unternehmen
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Über dieses E-Book
Die interdisziplinären Beiträge in diesem Band legen dar, welche zentrale Funktion Unternehmen für das "Soziale" in der Marktwirtschaft haben. Vom Mittelstand über Social Entrepreneurship bis hin zu Migrantenunternehmen leisten sie alle einen Beitrag zur gesellschaftlichen Teilhabe und einem inklusiven Wachstum.
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Buchvorschau
Soziale Marktwirtschaft - Verlag Bertelsmann Stiftung
Abstract
LEISTUNG VS. ERFOLG:
WELCHES UNTERNEHMERTUM
BRAUCHT DIE SOZIALE
MARKTWIRTSCHAFT?
Henrik Brinkmann, Manuel Gath
Zur Buchreihe
Die Bundesrepublik Deutschland steht gut da. Wirtschaftliche Kennziffern wie das Bruttoinlandsprodukt, die Exportquote oder auch die Beschäftigungsentwicklung und das Steueraufkommen zeichnen das Bild einer rundum gesunden und vor ökonomischer Stärke strotzenden Volkswirtschaft. Ein ähnlich einheitliches Bild von unserer Gesellschaft zu zeichnen, will hingegen nicht gelingen: In der öffentlichen, politischen und akademischen Debatte geht es immer häufiger um soziale und wirtschaftliche Ungleichheit zwischen Menschen, Regionen, ja selbst Branchen wie der exportorientierten Industrie auf der einen und dem lokalen Dienstleistungsgewerbe auf der anderen Seite. Dabei ist nicht allein entscheidend, ob der Befund einer ungerechter gewordenen Gesellschaft empirisch in all seinen Facetten Bestand hat. Schon die Debatte beweist, dass das Thema gesellschaftlich relevant ist.
Die große Zahl ökonomischer und ökologischer Krisen der vergangenen Jahre hat vielen die Grenzen des bisherigen Wachstumsmodells deutlich gemacht. Die westlichen Industriegesellschaften, auch Deutschland, müssen sich kritisch hinterfragen lassen.
Zeitgleich lässt sich hierzulande ein Verlust von Vertrauen in die gesellschaftliche Leistung unserer Wirtschaftsordnung beobachten. Spätestens seit der weltweiten Finanzkrise hat sich nicht nur global, sondern auch in Deutschland die Einkommens- und Vermögensungleichheit in vielen Bereichen erhöht – die Chancen hingegen sind geringer geworden. Unser gesellschaftliches Selbstverständnis beinhaltet das Versprechen von Bildungs- und Entwicklungschancen für das Individuum und die Ermöglichung von sozialem Aufstieg. Wenn diese Perspektive für immer größere Teile der Gesellschaft nicht realisierbar ist, gefährdet das die Akzeptanz für unsere Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung.
Eine der Grundideen der Sozialen Marktwirtschaft ist die einer Markt- und Wettbewerbsordnung, in der wirtschaftliches Wachstum und sozialer Ausgleich Hand in Hand gehen. Vor diesem Hintergrund stellen sich zentrale Fragen, auf die Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft Antworten finden müssen. Werden die Versprechen der Sozialen Marktwirtschaft noch eingelöst? Wie krisenfest bzw. -anfällig ist unser Wirtschaftssystem? Welche Anforderungen stellen die Bürgerinnen und Bürger an unsere Wirtschafts- und Sozialordnung? Vor welchen Herausforderungen stehen wir in Zukunft wirtschaftlich und gesellschaftlich? Kurzum: Was muss getan werden, um weiterhin für alle Menschen in Deutschland ein gutes Leben zu ermöglichen?
Im Rahmen mehrerer Diskussionsrunden mit Vordenkern¹ der in Deutschland etablierten Parteien, Wissenschaftlerinnen und Unternehmern haben die Bertelsmann Stiftung und Das Progressive Zentrum gemeinsam mit den Teilnehmenden Thesen, Positionen und Konzepte erörtert. Daraus ist ein vielfältiges Leitbild für eine zukunftsfähige und gesellschaftsorientierte Soziale Marktwirtschaft entstanden, die ein inklusives Wachstum möglich machen soll. Der vorliegende Band soll Diskussionen anregen und Denkanstöße geben, mit welchen Maßnahmen unser Wirtschaftsmodell zukunftsfest gemacht werden kann. Unser Ziel ist es, heute einen Beitrag zu leisten, damit die Weichen für morgen richtig gestellt werden.
Zu diesem Band
Deutschland ist das Land der Dichter und Denker, aber leider nicht das Land der Gründerinnen und Gründer. Es gibt zu wenig Unternehmensgründungen und zu wenig Menschen, die bereit sind, für ihren unternehmerischen Erfolg finanzielle Risiken zu tragen und soziale Verantwortung zu übernehmen. Dabei lebt eine dynamische Gesellschaft von unternehmerischen Innovationen und einem produktiven Wettbewerb. Wir sind auf Unternehmerpersönlichkeiten angewiesen, die Mut und Risikobereitschaft aufbringen, aber auch wirtschaftliche und gesellschaftliche Verantwortung tragen. Diese im besten Sinne traditionellen Tugenden und ein damit eng verknüpfter Leistungsbegriff sind nicht selbstverständlich. Viele wirtschaftliche, soziale, ökologische, kulturelle und pädagogische Leistungen der Sozialen Marktwirtschaft kommen vom »mighty Mittelstand«, einem deutschen Erfolgsmodell, das international Beachtung findet. Leistung in diesem Sinne ist viel mehr als kurzfristiger Erfolg. Nicht für alle, aber für viele Unternehmer und Unternehmen ist die Verantwortung für die Mitmenschen, das Eintreten für soziale Ziele, für Umwelt und Nachwelt nicht nur lästige Pflicht, sondern treibende Kraft. Unternehmensinterne Lernprozesse in den Bereichen Corporate Philanthropy, Compliance oder Corporate Social Responsibility sind hierfür moderne Beispiele in etablierten Unternehmensformen.
Eine dynamische und bunte Unternehmenslandschaft ist auf eine Gründungskultur der Vielfalt angewiesen. Bei der Integration von zu uns kommenden Menschen erscheint es sinnvoll, auch einen Teil der Antwort in eben dieser Gründungskultur zu suchen. Insgesamt stellt sich die Frage, wie in der Sozialen Marktwirtschaft optimale Rahmenbedingungen für Unternehmen – von der Gründung bis zur Übergabe an einen Nachfolger und vor allem für eine möglichst vielfältige Gruppe von Unternehmerinnen und Unternehmern – geschaffen werden können. Staatliche Förderpolitik sollte sich nicht scheuen, neue Wege zu beschreiten: bei der Ausrichtung auf bislang vernachlässigte Gründergruppen, durch eine Fokussierung auf technische und soziale Innovationen wie auch bei der Suche nach unkonventionellen Lösungen für die Unternehmensnachfolge. Christopher Gohl arbeitet in seinem Beitrag heraus, dass es von der ökonomischen Ideengeschichte bis zur heutigen Praxis eine lange Tradition der Verantwortung gegenüber Mitmenschen, Umwelt und Nachwelt gibt. Er plädiert daher für ein umfassendes Verständnis von Sozialer Marktwirtschaft mit sozial orientierten Unternehmern und Unternehmen im Zentrum.
Etliche aktuelle Beispiele migrantischer Unternehmensgründungen zeigen: Gewissen, Gemeinschaft und Gewinn passen vielfach schon heute gut zusammen. Armando García Schmidt beschreibt in seinem Beitrag, welche Gründerdynamik in unserer Gesellschaft von Migrantinnen und Migranten ausgeht und wie viel Potenzial für ein vielfältiges Unternehmertum in Deutschland besteht. Zugewanderte Menschen und auch solche mit familiärem Migrationshintergrund gründen demnach überdurchschnittlich häufig und tragen in nicht unerheblichem Maße zur Beschäftigung in Deutschland bei. Der Autor plädiert für gezielte und nachhaltige Förderung von migrantischem Unternehmertum, angefangen bei der frühzeitigen Bildungsvermittlung bis hin zu extra zugeschnittenen Beratungen.
Genossenschaften waren eine wichtige Innovation für die Soziale Marktwirtschaft. Gut möglich, dass ihre Zeit wieder gekommen ist, wenn auch in anderer Form. Die enormen Veränderungen durch den technischen Wandel bringen neue, junge und immer häufiger digitale Gründer hervor, die sich als Social Entrepreneurs verstehen. Die problemlösende, gesellschaftliche Wirkung steht im Vordergrund und verschiebt die Grenze zwischen Non-Profit und Profit. Innovation ist damit nicht länger angenehmes Nebenprodukt der wirtschaftlichen Tätigkeit, sondern rückt als gemeinwohlorientierter Geschäftszweck in den Mittelpunkt des Handelns. Die Wirkung, die mit der eigenen Tätigkeit entfaltet wird, steht im