Rauchstopp: Keine Panik!
Von Sina Graßhof
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Über dieses E-Book
Kann sie es schaffen, ihr Leben in den Griff zu bekommen? Diese Frage stellt sie sich täglich aufs Neue. Ein neuer Therapeut weckt Hoffnung. Doch auf ihrem steinigen Weg kann er sie nur am Rande begleiten - gehen muss sie ihn selbst, auch wenn er wie ein Hürdenlauf erscheint.
"Ein schonungslos ehrliches, tiefgreifendes Buch!" Mark Hesse
Sina Graßhof
Sina Graßhof, Jahrgang 1981, ist eine aufstrebende deutsche Jungautorin. Seit ihrem neunten Lebensjahr verfasst sie Kurzgeschichten sowie Prosa. Nach ihrem Literaturstudium in Hannover schreibt sie Kobra Bar - ihr Erstlingswerk. Ausgebrannt ist ihr erster Roman. Momentan schreibt sie an ihrem dritten Buch.
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Buchvorschau
Rauchstopp - Sina Graßhof
Inhaltsverzeichnis
Erster Teil
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 31
Kapitel 32
Kapitel 33
Kapitel 34
Kapitel 35
Zweiter Teil
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Erster Teil
1
Morgen beginnt eine neue Zeitrechnung. Ab morgen bin ich eine Andere. Wie neu geboren. Ein frischer neuer Mensch, ohne Makel und Fehler. Und vor allem ohne Süchte. Ich habe soeben meine letzte Zigarette geraucht – denn darum geht es hier. Nicht um harte Drogen, denen konnte ich nie viel abgewinnen, obwohl ich ein paar probiert habe. Es geht um die Volkssucht Nummer eins – oder Nummer zwei, je nachdem wie es mit dem Alkohol gerade steht. Und sie ist ein riesen Problem für mich geworden.
Meine erste Zigarette genehmigte ich mir mit 12. Die coolen Jungs im Park, wo meine beste Freundin und ich immer abhingen, gaben sie uns. Und wir wollten, wie so viele, nicht einen auf priesterlich machen und Nein sagen. Wir wollten so cool sein wie sie und von ihnen gemocht werden. Wollten dazugehören, auch wenn wir nicht wussten, welchen Preis wir dafür zahlten. Also probierten wir es aus. Ich kann ehrlich nicht mehr sagen wie sie mir geschmeckt hat. Das ist zu lange her und seit dem habe ich zu viele geraucht. Aber sie war definitiv der Einstieg für uns. Bald schon rauchten wir beide, meine beste Freundin und ich, auch alleine. Wir teilten uns von unserem Taschengeld pro Monat circa zwei Päckchen. Bis unsere Freundschaft zwei Jahre später wegen eines Jungen endete.
Unsere Eltern wussten davon nichts. Sie bemerkten nur die enormen Parfümwolken in die wir uns hüllten, um nicht ertappt zu werden. Ich erinnere mich an einen Moment mit meiner Mutter, die meinte, wir riechen als wären wir geradewegs aus dem Puff gekommen. Uns war alles recht, solange wir nicht erwischt wurden.
Zwischen 15 und 18 rauchte ich nur gelegentlich mal eine. Das war ok und hat gereicht. Aber mit dem Auszug von zu Hause, weit weg von meiner militant nicht rauchenden Mutter, ging es wieder los. Und dieses Mal heftiger. Ich rauchte wann immer ich wollte und das war oft. Eine Schachtel am Tag war drin, an schlechten Tagen mehr. Aber es hat mich nicht gekümmert. Ich war jung, weit weg von Falten oder Krankheiten, all den Prophezeiungen der Gesundheitsbehörden, die einem das Rauchen vermiesen sollten. Damals, Ende der Neunziger, war deren Programm auch noch nicht so umfangreicht. Da stand auf den Packungen nicht, dass Rauchen tötet. Geschweige denn all der anderen Dinge die sie uns heutzutage um die Ohren hauen. Zu recht. Das will ich gar nicht klein reden. Nur mit 18 macht man sich darüber keinen Kopf. Und es trifft ja eh immer die anderen, nicht einen selbst. Nicht wahr?
Ich rauchte weiter bis 25. Dann kam plötzlich und unverhofft ein Tag an dem ich das Rauchen nicht mehr mochte. Es war mir über, zuwider. Ich wollte das nicht mehr. Alles stank, man hatte nie wirklich frische Luft in der Lunge und es war schweineteuer. Von einem Tag auf den anderen gelang mir das Unmögliche. Ich pfefferte meine letzten Kippen in den Müll und ward, von jetzt auf gleich, Nichtraucher. So einfach. Es fiel mir nicht mal schwer und ich vermisste es auch nicht. Komischerweise. Das ging sieben Jahre gut. Dann, durch einen ganz blöden Zufall – ich hatte Liebeskummer und mir gerade einen Film reingezogen in dem alle rauchten – griff ich wieder zu. Ging zum Kiosk und kaufte mir meine erste Packung seit Jahren um nur eine zu rauchen. Natürlich. Natürlich blieb es nicht dabei. Das Laster hatte mich schnell wieder in seinen Fängen. Zuerst habe ich nicht viel geraucht, doch es wurde mehr und mehr. Bis ich wieder süchtig war und nicht mehr ohne konnte. Nach sieben Jahren Abstinenz und einer beidseitigen Lungenentzündung mit 27, die mich eigentlich eines besseren belehrt haben sollte. Es ist wirklich kein Spaß lungenkrank zu sein. Das verdrängt man aber leider als Raucher. So dumm es sich anhört. Man denkt nicht an die Konsequenzen. Und wenn solch ein Gedanke mal aufkommt, vertreibt man ihn schnell wieder. Aber das wissen Sie sicher selbst. Man redet sich schön was nicht schön ist. Genau wie in der Kneipe, wenn das Gegenüber nach ein paar Bier plötzlich doch hübsch ist.
Aber das soll nun ein Ende haben. Meine Raucherkarriere ist vorbei. Ich hoffe es. Denn dies ist nicht mein erster Versuch. In den letzten Monaten gab es immer mal wieder Tage an denen ich meinen Tabak (ich drehe seit 3 Jahren, aus Kostengründen) wegwarf und mir sagte, ich brauche das nicht. Doch beim kleinsten Anzeichen von Stress oder Kummer griff ich wieder zu. Ich hielt nie länger als ein paar Tage durch. Manchmal nur Stunden. Und dann merkte ich, wie schlimm es steht. Die erste Zigarette, nach einer Weile Verzicht, schmeckt scheußlich. Es wird einem schwindelig und der Kopf wird schwer. Aber das macht nichts, denn die Sucht sieht das anders. Sie will genau das, genau so wie es ist. Und man gibt sich geschlagen.
Ein guter Freund schenkte mir vor zwei Jahren das Buch „Endlich Nichtraucher" von Allen Carr. Das las ich zweimal durch und ich verstand einiges über das Rauchen. Ein wirklich interessantes Buch. Aber es hat mir nicht geholfen. Denn egal wie viel ich nun über das Rauchen wusste, es machte die ersten Tage des Entzugs nicht leichter. Die Depressionen in die ich verfiel blieben die selben. Auch wenn ich wusste, dass das Rauchen ein Trugschluss ist, einem nichts bringt außer Probleme – ich habe es einfach nicht über die ersten sehr anstrengenden Tage hinaus geschafft. Ich habe mich komisch gefühlt. Die ganze Welt hat sich komisch angefühlt. Und ich wusste, mit nur einer Zigarette wäre das alles wieder zu kitten. Also rauchte ich. Doch dann begann ich Panikattacken zu bekommen, sobald ich mir eine anzündete. Weil der Wunsch aufzuhören so stark war, meine Stärke sich aber versteckt hielt.
Es ist so verdammt schwer aufzuhören. Und mir fehlt der Rückhalt. Das ist wirklich der Knackpunkt. Ich habe momentan nicht viel im Leben was mir Freude macht oder Rückhalt gibt. Ich bin seit einem Jahr arbeitslos, habe keinen Partner und nur Freunde, deren Leben dem meinen nicht unterschiedlicher sein könnte. Rauchen gibt mir Halt. So blöd das auch klingt. Rauchen und Essen. Zweiteres versuche ich zu reduzieren, da ich zugenommen habe. Das ist mir mindestens genau so wichtig wie der Rauchentzug. Und ich habe das Gefühl, wenn ich mich bei beiden Sachen zurücknehme, habe ich nichts mehr worauf ich mich im Leben freuen kann. Und keinen Halt mehr.
Dennoch, die Panikattacken, die ich seit Tagen bei fast jeder der schon reduzierten Zigaretten bekomme, sind mir über. Also muss ich es versuchen. Ernsthaft. Diesmal ohne Joker.
2
Es ist zwei Uhr nachmittags und ich habe es gerade mal vor einer halben Stunde geschafft, mich in die Aufrechte zu bringen. Ich habe vom Rauchen geträumt, wie ich mir an einem weißen Sandstrand gemütlich eine drehe und sie dann genüsslich rauche. Der Traum schlechthin. Genuss ist dabei allerdings so eine Sache. Ein Genuss ist es ja nicht wirklich, oder? Das redet man sich ein, um es zu rechtfertigen. Vielleicht ist der erste Zug sowas wie Genuss, weil er einen für kurze Zeit von den Entzugserscheinungen befreit. Aber darüber hinaus hat das alles wenig mit Genuss zu tun – nicht zu vergleichen mit gutem Essen zum Beispiel. Dennoch, der Traum steckt in meinem Kopf fest. Ich will eine rauchen, jetzt sofort. Anders komme ich heute nicht in die Gänge. Das Gute ist – muss ich auch nicht wirklich. Ich habe mir für heute und die nächsten Tage extra nichts vorgenommen, damit ich das hier in Ruhe und für mich machen kann. Wenn ich ausschlafen will, kann ich das. Wenn ich schlechte Laune habe, ist das ok. Wenn ich depressiv werde, muss ich damit niemanden belasten. Ich denke, es ist das Beste so. Vielleicht wäre Ablenkung auch nicht verkehrt. Aber für die ersten Tage ist definitiv Ruhe das Richtige. Das ganze Gift muss aus meinem Körper und die Gedanken daran aus meinem Kopf gespült werden. Dafür kann man sich ruhig ein paar Tage frei nehmen.
Es ist ein schöner Tag draußen. Die Sonne scheint, Vögel zwitschern, es ist warm; aber ich traue mich nicht raus. Wenn ich auch nur eine Person rauchen sehe, gebe ich nach, das weiß ich jetzt schon. Ich bin noch zu schwach. Ich habe mich gestern mit allem Nötigen für die nächsten Tage eingedeckt und muss nicht raus. Auch wenn es schade ist und mir sicher gut tun würde. Aber ich traue mir nicht, beziehungsweise diesem Suchtmonster das in meinem Kopf wohnt. Und das dafür sorgt, dass ich circa alle zehn Minuten denke: „Ich will eine rauchen." Scheiße auch. Will ich wirklich. Denn ich fühl mich gerade ziemlich am Boden. Depressiv. Und immer wenn ich mich so fühle, kommen Gedanken an vergangene Lieben hoch. Das Schlimmste überhaupt. Und nein, nicht die schönen Erinnerungen, sondern das bittere Ende. Das war in der Vergangenheit immer der Punkt, an dem ich nachgegeben habe. Die Erinnerung an Khalil und mich.
Zuerst war da gar nichts. Er war mein neuer Kollege in dem Café in dem ich als Barista tätig war und sollte in der Küche eingearbeitet werden. Das habe ich übernommen. Wir haben uns gut verstanden – auf Englisch, sein Deutsch war noch nicht so gut. Aber das war es auch schon. Ich war kurz davor nach Australien auszuwandern – mein Leben hier hat mich nicht mehr interessiert. Er war gerade erst aus Syrien gekommen und hatte wohl auch anderes im Kopf. Doch dann, Monate später, einen Tag nach Weihnachten, hat es bei mir klick gemacht. Mir waren schon vorher seine Blicke und Komplimente aufgefallen. Und an besagtem Tag hat es auch mich erwischt. Er sah ein bisschen aus wie David Duchovny, ziemlich mein Typ, mit längeren dunklen Haaren, gut gebaut und über 1,80 groß. Also habe ich ihn zu einem sozusagen Willkommen-im-Land-Abend bei mir zu Hause eingeladen. Der lief sehr gut, obwohl nichts passiert ist. Für mich wusste ich jedoch, dass er es war den ich wollte. Und ich war mir so sicher, dass wir zusammen kommen würden, dass ich meinen Visumsantrag für Australien am nächsten Tag gecancelt habe.
Wir haben uns ab dann öfter auch privat gesehen und super verstanden. Aber dass er mich nie geküsst hat, hat mich gewurmt. Und ich habe es schlichtweg nicht verstanden. Unsere Chemie war unschlagbar, es gab Gelegenheiten und ich wollte es so sehr, dass musste er doch irgendwie merken. Aber nichts. Also nahm ich all meinen Mut zusammen und gestand ihm, nach einem gemeinsam verbrachten Abend, dass ich mich in ihn verliebt habe. Er erwiderte das, indem er mir seine Liebe gestand. Ich war auf Wolke sieben. Er meinte dazu noch, dass er bald etwas klarstellen muss, was für mich ok war, auch wenn ich nicht wusste, was er damit meinte und es schnell vergaß. Die nächsten Tage schwebte ich, allerdings allein, denn er hatte viel um die Ohren, so dass wir uns nur auf der Arbeit sahen – und da waren wir ganz professionell. Als wir uns endlich trafen dauerte es nicht lange und er sagte mir endlich was los ist. Er versicherte mir, dass er mich liebe, aber er habe seinen Eltern versprochen eine andere zu heiraten.
Bäm! Schockstarre. Diese Frau sei für ihn ok, er tue es seiner Mutter zuliebe, für die damit ein Traum in Erfüllung geht. Es tue ihm furchtbar leid, aber er hätte es versprochen, bevor er wusste was ich für ihn empfinde und könne aus der Nummer jetzt nicht mehr raus. Dann umarmte er mich und sagte mir wie leid es ihm tue. Ich stand völlig neben mir. Das alles war zu viel für mich und kam so unerwartet, dass das was er sagte kaum bei mir ankam. Ich wollte gehen, aber er ließ mich noch nicht. Er wollte essen gehen, wie wir es geplant hatten, aber mein Appetit war dahin. Also gingen wir etwas trinken. Wir tanken, rauchten und redeten stundenlang. Mein Cocktail tat mir gut und ich konnte mich einigermaßen wieder fangen. Ich sagte ihm er würde so nicht glücklich werden. Er sagte, er hätte keine Wahl. Würde er es nicht tun, würde seine Familie ihn verstoßen. Das konnte ich verstehen, auch wenn es so unfassbar klang. Irgendwann wurde ich müde und hatte genug, ging nach Hause und brach da so richtig zusammen. Die ganze Geschichte war so unglaublich für mich, einfach zu heftig um sie zu begreifen.
Ich finde immer noch, dass aus uns etwas Tolles hätte werden können. Und selbst jetzt, mehr als ein Jahr später, tut es noch weh. Ich war erst ein Mal so verliebt wie in ihn. Das passiert mir nicht so oft. Und es ist unfassbar schade, dass es so enden musste. Einfach nur heftig, was in manchen Kulturen praktiziert wird. Man sollte doch mit einem Menschen zusammen sein, den man liebt, nicht mit jemandem, den man erst lieben lernen muss. So sehen ich und die moderne Welt das. Aber das gilt nicht überall.
Warum musste das ausgerechnet mir passieren? Ich werde beim Thema Liebe echt nicht vom Glück gesegnet. Scheiße. Jetzt will