Corporate Social Responsibility - Mythen und Maßnahmen: Unternehmen verantwortungsvoll führen, Regulierungslücken schließen
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Über dieses E-Book
In Zeiten der Globalisierung und Massenproduktion rückt verantwortungsvolle Unternehmensführung immer mehr in das Bewusstsein der Unternehmen. Damit Corporate Social Responsibility in Organisationen nicht als reine PR-Maßnahme angesehen wird, braucht es jedoch zunächst ein tiefes Verständnis, was sich hinter dem Begriff eigentlich verbirgt. Dieses Buch zeigt die Bandbreite von Unternehmensverantwortung zwischen Freiwilligkeit und Regulierung in globalen Lieferketten auf. Es stellt Maßnahmen und Initiativen von Unternehmen vor und gibt konkrete Empfehlungen, wie sinnvolle und nachhaltige CSR-Maßnahmen in Organisationen umgesetzt werden können.
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Buchvorschau
Corporate Social Responsibility - Mythen und Maßnahmen - Gisela Burckhardt
Gisela Burckhardt (Hrsg.)Corporate Social Responsibility - Mythen und Maßnahmen2. Aufl. 2013Unternehmen verantwortungsvoll führen, Regulierungslücken schließen10.1007/978-3-658-02842-8_1
© Springer Fachmedien Wiesbaden 2013
1. Einführung und Überblick
Gisela Burckhardt¹
(1)
Heidebergenstraße 14, 53229 Bonn, Deutschland
Gisela Burckhardt
Email: [email protected]
1.1 Ziel des Buches
1.2 Begriffserläuterungen von CSR und Nachhaltiger Entwicklung
1.3 Struktur des vorliegenden Sammelbandes
Zusammenfassung
Der Einsturz des Hochhauses Rana Plaza mit fünf Textilfabriken in Bangladesch am 24. April 2013, der über 1.100 Menschen, vor allem Frauen, das Leben kostete, rief internationale Empörung hervor. Vielen wurde erneut bewusst, dass unsere Kleidung auf Kosten anderer Menschen hergestellt wird. Immer mehr Menschen erheben ihre Stimme nun gegen unsere die Umwelt zerstörende und Menschenrechte und Sozialstandards missachtende Produktionsweise und stellen die Notwendigkeit des Wachstums an sich in Frage. Ethische Fragen erhalten zunehmend an Bedeutung. Milton Friedmans 1970 im New York Times Magazine veröffentlichter Satz „The social responsibility of business is to increase its profits" würde heute wohl kaum ein Unternehmer noch äußern. Der Druck auf Unternehmen steigt, sich den weltweiten Auswirkungen ihrer Tätigkeit zu stellen. Das Reputationsrisiko wird mittlerweile für eines der größten Risiken in Unternehmenskreisen gehalten. Corporate Social Responsibility (CSR) – gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen – ist eine mögliche Antwort auf diese Herausforderung, Corporate Accountability – Rechenschaftspflicht von Unternehmen – eine andere.
Der Einsturz des Hochhauses Rana Plaza mit fünf Textilfabriken in Bangladesch am 24. April 2013, der über 1.100 Menschen, vor allem Frauen, das Leben kostete, rief internationale Empörung hervor. Vielen wurde erneut bewusst, dass unsere Kleidung auf Kosten anderer Menschen hergestellt wird. Immer mehr Menschen erheben ihre Stimme nun gegen unsere die Umwelt zerstörende und Menschenrechte und Sozialstandards missachtende Produktionsweise und stellen die Notwendigkeit des Wachstums an sich in Frage. Ethische Fragen erhalten zunehmend an Bedeutung. Milton Friedmans 1970 im New York Times Magazine veröffentlichter Satz „The social responsibility of business is to increase its profits" würde heute wohl kaum ein Unternehmer noch äußern. Der Druck auf Unternehmen steigt, sich den weltweiten Auswirkungen ihrer Tätigkeit zu stellen. Das Reputationsrisiko wird mittlerweile für eines der größten Risiken in Unternehmenskreisen gehalten. Corporate Social Responsibility (CSR) – gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen – ist eine mögliche Antwort auf diese Herausforderung, Corporate Accountability – Rechenschaftspflicht von Unternehmen – eine andere.
CSR ist in Mode gekommen; große Unternehmen können es sich nicht mehr leisten, keine CSR-Abteilung zu haben. Was genau versteckt sich hinter dem Begriff CSR? Sind es moralische Appelle, Greenwashing oder überprüfbare Versprechen? Während einige Unternehmen eine gesellschaftliche Verantwortung für ihre gesamte Lieferkette übernehmen und diese Verantwortung auch in ihrer Strategie und in der Managementstruktur verankern wollen, täuschen andere die Öffentlichkeit ganz bewusst. Philanthropische Projekte wie das Sponsoring von lokalen Fußballvereinen werden vielfach genauso als CSR bezeichnet wie die Social Business-Idee von Joghurtbechern (siehe Beitrag über Danone von Kathrin Hartmann in diesem Buch) oder das Vorgaukeln einer Einhaltung von Sozial- und Umweltstandards bei Produzenten in Niedriglohnländern in Hochglanzbroschüren. CSR-Abteilungen der Unternehmen sind in der Regel in den Kommunikationsabteilungen angesiedelt. Deshalb wird CSR oft als eine PR-Maßnahme oder Greenwashing in der Öffentlichkeit wahrgenommen. Anhand einer einzelnen vorbildlichen Maßnahme suggerieren Unternehmen, dass diese repräsentativ für das gesamte Unternehmen steht, womit sie schönfärben und die VerbraucherInnen täuschen.¹ Die Öffentlichkeit nimmt es als Doppelmoral wahr, wenn ein Unternehmen einerseits Spenden in Millionenhöhe nach Afrika vergibt, gleichzeitig aber im eigenen Unternehmen die Organisationsfreiheit unterdrückt (wie der Fall IKEA zeigt²) oder wenn bei seinen Zulieferern in Niedriglohnländern Hungerlöhne gezahlt werden.
Zwar gibt es einzelne Unternehmen, die sich um eine Verbesserung der Arbeits- und Umweltbedingungen ihrer Produzenten kümmern, aber die Maßnahmen konnten bisher die strukturellen Probleme in den Produktionsländern nicht wesentlich verändern, wie in diesem Buch aufgezeigt wird. Freiwillige CSR-Maßnahmen von Unternehmen sind entweder unzureichend oder Schönfärberei. Flankierende Maßnahmen sind von staatlicher Seite nötig und zwar sowohl in den Produktionsländern als auch in Europa. Unternehmenstätigkeit braucht stärkere gesetzliche Regulierung, wie sich auch in der Finanzkrise besonders gut erkennen lässt. Gesetzliche Vorgaben und Unternehmensverantwortung sind keine Gegensätze, sondern sollten sich sinnvoll ergänzen. Deshalb werden am Ende des Buches Forderungen an Bundesregierung und Politik in den Bereichen formuliert, wo ein dringender Handlungsbedarf besteht.
1.1 Ziel des Buches
Das vorliegende Buch geht zum einen der Frage nach der Unternehmensverantwortung in der Lieferkette nach: Welche Wirkungen hatten CSR-Maßnahmen von Unternehmen auf die Arbeitsbedingungen in den Produktionsländern? Was haben Verhaltenskodizes, Fabrikkontrollen mit Hilfe von Sozialaudits und Trainings von Produzenten zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen beigetragen? Das Buch untersucht zum anderen die derzeitige Regulierung durch Staaten und zeigt auf, wo es Regulierungslücken – sowohl in Deutschland und Europa als auch in den Produktionsländern – gibt. Es wird am Beispiel der Bekleidungsindustrie in China, Bangladesch und Indien dargestellt, dass die Beschäftigten geringe Chancen haben, ihre Rechte einzuklagen, weil die Rechtssysteme dieser Länder schwach entwickelt sind. Dabei orientiert sich das Buch an den UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte, die auf Vorschlägen von John Ruggie beruhen, dem ehemaligen UN-Sonderbeauftragten für Wirtschaft und Menschenrechte. Die UN-Leitprinzipien basieren auf drei Säulen:
1.
der staatlichen Pflicht, Menschenrechte zu schützen,
2.
der unternehmerischen Verantwortung, Menschenrechte zu achten und
3.
dem Zugang von Opfern von Menschenrechtsverletzungen zu Rechtsmitteln und Entschädigung (Protect, Respect and Remedy).
Einzelne Beiträge des Buches greifen Gedanken von John Ruggie auf, der vom intelligenten Mix von freiwilligen und verbindlichen Maßnahmen spricht („smart mix of measures – national and international, mandatory and voluntary").³
1.2 Begriffserläuterungen von CSR und Nachhaltiger Entwicklung
1.2.1 Die EU-Definition von CSR
Am 25. Oktober 2011 stellte die EU-Kommission eine neue EU-Strategie (2011–2014) für die soziale Verantwortung der Unternehmen vor. Sie ist eine Überarbeitung der so genannten CSR-Kommunikation von 2006 und definiert CSR „als die Verantwortung von Unternehmen für ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft."
Weiter heißt es: „Nur wenn die geltenden Rechtsvorschriften und die zwischen Sozialpartnern bestehenden Tarifverträge eingehalten werden, kann diese Verantwortung wahrgenommen werden. Damit die Unternehmen ihrer sozialen Verantwortung in vollem Umfang gerecht werden, sollten sie auf ein Verfahren zurückgreifen können, mit dem soziale, ökologische, ethische, Menschenrechts- und Verbraucherbelange in enger Zusammenarbeit mit den Stakeholdern in die Betriebsführung und in ihre Kernstrategie integriert werden."⁴ In der Strategie wird von einem „modernen Verständnis von CSR gesprochen, das breiter angelegt ist als die frühere Definition: Neben sozialen und Umweltbelangen werden nun auch ethische Aspekte und Menschenrechte einbezogen. Die Strategie bezieht sich u. a. auf die kürzlich überarbeiteten OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen, die ein eigenes Kapitel über Menschenrechte aufgenommen haben sowie auf die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte. Hinsichtlich der Rolle des Staates heißt es: „Behörden sollten eine unterstützende Rolle spielen und dabei eine intelligente Kombination aus freiwilligen Maßnahmen und nötigenfalls ergänzenden Vorschriften einsetzen, die etwa zur Förderung der Transparenz und zur Schaffung von Marktanreizen für verantwortliches unternehmerisches Handeln beitragen und die Rechenschaftspflicht von Unternehmen sicherstellen sollen.
Die Kommission spricht von „ergänzenden Vorschriften", die sie immerhin zur Regulierung für notwendig erachtet.
In der Mitteilung heißt es weiterhin, dass von den rund 42.000 großen Unternehmen in der EU bisher nur ca. 2.500 einen Nachhaltigkeitsbericht veröffentlichen. Deshalb fordert die EU-Kommission die Unternehmen auf: „Damit etwaige negative Auswirkungen aufgezeigt, verhindert und abgefedert werden, werden große Unternehmen sowie Unternehmen, die von derartigen Auswirkungen besonders betroffen sein könnten, darin bestärkt, eine risikobasierte Sorgfaltsprüfung, auch auf der Ebene der Lieferketten, vorzunehmen."
Die Kommission kündigt zudem an, „einen Vorschlag für eine Rechtsvorschrift über die Transparenz der sozialen und ökologischen Informationen zu präsentieren, die von den Unternehmen aller Branchen bereitgestellt werden."
EU-Mitgliedsstaaten werden aufgefordert, bis Ende 2012 nationale Pläne für die Umsetzung der UN-Leitprinzipien zu erstellen. Bis Juni 2013 hat die deutsche Bundesregierung keinen Plan erarbeitet und wird dies vermutlich auch nicht mehr vor den Bundestagswahlen im Herbst 2013 tun.
1.2.2 Die deutsche CSR Definition
Die Bundesregierung hat im Oktober 2010 den Aktionsplan CSR⁵ beschlossen. Dabei legte sie allerdings die frühere EU-Definition von CSR zugrunde, die enger ist: „CSR bezeichnet die Wahrnehmung gesellschaftlicher Verantwortung durch Unternehmen über gesetzliche Anforderungen hinaus. CSR steht für eine nachhaltige Unternehmensführung im Kerngeschäft, die in der Geschäftsstrategie des Unternehmens verankert ist. CSR ist freiwillig, aber nicht beliebig."
Die Strategie der EU-Kommission geht also einen Schritt weiter als die deutsche Bundesregierung, denn sie spricht nicht mehr einseitig nur von freiwilligen Maßnahmen, sondern von einer Komplementarität von ergänzenden Vorschriften und freiwilligen Maßnahmen. Gemäß der deutschen Definition ist unter CSR Folgendes zu verstehen:
a.
CSR muss im Kerngeschäft geschehen: Karitative Maßnahmen wie die Finanzierung von Schulspeisungen oder Fußballvereinen etc. haben danach nichts mit CSR zu tun, denn sie finden in Bereichen außerhalb des Unternehmens statt, nicht im Kerngeschäft. Sponsoring und Spenden gehören zum Corporate Citizenship, aber nicht zu CSR.
b.
CSR bezeichnet die Wahrnehmung gesellschaftlicher Verantwortung über gesetzliche Anforderungen hinaus. Die Durchsetzung von Gesetzen wird vorausgesetzt, CSR ist somit alles, was über das Gesetz hinausgeht. Gesetzliche Anforderungen beziehen sich hierbei auf die Gesetze eines jeden Landes. Ein deutsches Unternehmen kann derzeit jedoch nicht für die Einhaltung der Gesetze seiner Zulieferer in dessen Produktionsland verantwortlich gemacht werden. Nichtregierungsorganisationen sehen genau hier eine staatliche Regulierungslücke, denn die massive Verletzung von Sozial- und Umweltstandards in der Zuliefererkette von Unternehmen ist allseits bekannt. Weil viele Produktionsländer nur niedrige Umweltstandards haben oder Sozialstandards nicht umsetzen, können sie so billig produzieren, und das ist der Grund, warum die Unternehmen dort ihre Waren herstellen lassen. Zur Rechenschaft kann man sie aber nicht ziehen, hier besteht eine Regulierungslücke. Zahlreiche Unternehmen schmücken sich mit CSR-Maßnahmen wie z. B. Schulungen von Managern in Sozialstandards, die nach der deutschen Definition keine CSR-Maßnahmen sind. Denn sie gehen nicht über gesetzliche Anforderungen hinaus.
c.
CSR ist freiwillig: Unternehmensverbände äußern sich zufrieden mit dem von der Bundesregierung vorgelegten CSR-Aktionsplan und betonen insbesondere die Freiwilligkeit der Maßnahmen. Der frühere Wirtschaftsminister Rainer Brüderle schreibt⁶: „Freiwilligkeit bedeutet dabei nicht Beliebigkeit, sondern Verbindlichkeit." Nichtregierungsorganisationen (NRO) und Gewerkschaften sind jedoch der Meinung, dass freiwillige Maßnahmen alles sind, nur nicht verbindlich: Papier ist geduldig. Versprochen wird viel, aber solange es keine Verpflichtung gibt, die auch einklagbar ist, geschieht wenig, d. h. nicht genug. Freiwilligkeit suggeriert darüber hinaus, dass etwas zusätzlich geleistet wird, wobei jedoch die Maßnahmen oft nur zur Erfüllung gesetzlicher Vorschriften beitragen. Freiwilligkeit ist deshalb aus NRO-Sicht eine geradezu klassische Strategie zur Vermeidung von gesetzlich verbindlichen Regelungen.
1.2.3 Nachhaltige Entwicklung und CSR
Der deutsche Nachhaltigkeitsrat⁷ definiert nachhaltige Entwicklung folgendermaßen: „Nachhaltige Entwicklung heißt, Umweltgesichtspunkte gleichberechtigt mit sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu berücksichtigen. Zukunftsfähig wirtschaften bedeutet also: Wir müssen unseren Kindern und Enkelkindern ein intaktes ökologisches, soziales und ökonomisches Gefüge hinterlassen. Das eine ist ohne das andere nicht zu haben."⁸ Die drei Dimensionen Soziales, Ökologisches und Wirtschaftliches sollten gleichberechtigt nebeneinander stehen. Die Praxis zeigt uns jedoch, dass dies eher Wunschdenken ist, denn die Ökonomie hat in der Regel Vorrang.
Während nachhaltige Entwicklung auf die gesamte Gesellschaft bezogen ist, geht es bei CSR um die Verantwortung eines Unternehmens für eine nachhaltige Entwicklung, die Organisation steht also im Mittelpunkt.⁹ Dabei betonen die einen mehr die (uneigennützige) Verantwortung eines Unternehmens für die nachhaltige Entwicklung der Gesellschaft und des Planeten (Umwelt). Für andere steht der Eigennutz im Vordergrund. „CSR-orientierte Unternehmen integrieren soziale und ökologische Belange auf freiwilliger Basis… Sie tun das zu ihrem eigenen Nutzen, denn CSR bietet direkte Wettbewerbsvorteile.¹⁰ Danach trägt CSR mittel- und längerfristig zur Steigerung des Unternehmenserfolges bei und dient vorrangig dem Zwecke des Risikomanagements¹¹, denn mit Hilfe von CSR sichert sich das Unternehmen auch das eigene langfristige Überleben. „Corporate Social Responsibility (CSR) ist im 21. Jahrhundert kein schmuckes Beiwerk, sondern ein immer bedeutender werdendes Element moderner Unternehmensführung.
¹²
Ob nun CSR uneigennützig im Interesse des Überlebens auf unserem Planeten geschieht oder eigennützig im Interesse der langfristigen Sicherung eines Unternehmens, ist letztlich eine Frage nach der Moral und den Werten unserer Gesellschaft.¹³ Eine KPMG – Befragung unter den DAX-30 Unternehmen kam zu dem Ergebnis, dass „compliance" (Einhaltung von Sozial- und Umweltstandards) für alle Unternehmen die Erfüllung gesetzlicher Vorgaben bedeutet, nur 17 % verstanden unter dem Begriff auch Ethik, Moral oder nachhaltiges Wirtschaften.¹⁴ Natürlich besteht das Interesse von Unternehmen darin, Gewinne zu erzielen, wohl aber kann zwischen verantwortlicher Gewinnerzielung und unverantwortlicher Gewinnmaximierung auf Kosten von Beschäftigten und der Umwelt unterschieden werden Es ist bemerkenswert, dass zwei bundesdeutsche Ministerien Unternehmen für CSR gewinnen wollen, indem sie den Eigennutz in den Vordergrund stellen.
1.3 Struktur des vorliegenden Sammelbandes
Der vorliegende Band widmet sich dem Thema Unternehmensverantwortung bzw. Unternehmensrechenschaft und Anforderungen an die Regulierung. Seine Struktur orientiert sich in Teilen an den vom UN-Menschenrechtsrat verabschiedeten Leitprinzipien zu Wirtschaft und Menschenrechte mit den drei Säulen 1) der staatlichen Schutzpflicht zur Einhaltung der Menschenrechte 2) der unternehmerischen Eigenverantwortung, die Menschenrechte einzuhalten und 3) des Zugangs zu Rechtsmitteln und Wiedergutmachung für Geschädigte.¹⁵ Dabei wird insbesondere der Frage nachgegangen, wie die derzeitigen verbindlichen Instrumente aussehen und wo es Handlungsbedarf auf Seiten des Staates gibt, um seiner staatlichen Schutzpflicht nachzukommen.
Im ersten Teil führen Beiträge in die Thematik ein: Zum einen werden die Arbeitsbedingungen in den globalen Lieferketten skizziert und ihre Auswirkungen insbesondere auf die Frauen dargestellt. Zum anderen wird ein Überblick über die Geschichte der Unternehmensverantwortung gegeben und der Frage nachgegangen, was die Aussage „CSR ist freiwillig, aber nicht beliebig" bedeutet. In einem weiteren einführenden Beitrag werden die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte kritisch aus Nichtregierungsperspektive kommentiert.
Der zweite Teil befasst sich mit der ersten Säule der UN-Leitprinzipien. Es werden bestehende Rechtslücken und der Regulierungsbedarf sowohl auf EU-Ebene als auch in der deutschen Gesetzgebung aufgezeigt. Aussagen der von der EU-Kommission in Auftrag gegebenen Edinburgh-Studie¹⁶ insbesondere hinsichtlich der extraterritorialen Dimension der staatlichen Schutzpflicht in Bezug auf multinationale Unternehmen werden dargestellt. Ein Artikel widmet sich der mangelnden Verpflichtung der Unternehmen durch den Staat, ihren Sorgfaltspflichten nachzukommen, und es wird auf den mangelnden Schutz von Menschenrechten bei Handels- und Investitionsgesetzen hingewiesen. Ein weiterer Artikel befasst sich mit der dritten Säule der UN-Leitprinzipien: den Hürden im – deutschen – Recht für Geschädigte aus dem Süden zu klagen.
Im dritten Teil wird die erste und dritte Säule der UN-Leitprinzipien am Beispiel von ausgewählten Produktionsländern in Asien (China, Bangladesch, Indien) untersucht. Das Kapitel geht der Frage nach: Wie schützen die Produktionsländer, die aufgrund von niedrigen Löhnen multinationale Unternehmen anziehen, ihre Bevölkerung? Welchen Schutz gibt ihnen ihr Staat bei der Verletzung von Menschenrechten durch Unternehmen? Wird das durch die ILO¹⁷ verbriefte Recht auf Organisationsfreiheit in den Ländern gewährleistet? Ein weiterer Artikel untersucht das Better Factories Programm in Kambodscha; es stellt den Versuch eines Staates dar, Kernarbeitsnormen zumindest bei den exportierenden Fabriken flächendeckend einzuführen.
Das vierte und fünfte Kapitel widmet sich der zweiten Säule der UN-Leitprinzipien, der Verantwortung von Unternehmen, die Menschenrechte/Arbeitsrechte in der gesamten Lieferkette sicher zu stellen.
Der vierte Teil gibt einen Überblick über freiwillige CSR- Sozialstandardinitiativen – Unternehmensinitiativen und Multistakeholder-Initiativen – sowie Einschätzungen von anderen CSR-Initiativen wie den OECD-Leitsätzen, ISO 26.000, Global Compact und dem Runden Tisch Verhaltenskodizes. Da es hierzu schon zahlreiche Literatur gibt, sind die Artikel kurz und konzentrieren sich auf die Entwicklungen in letzter Zeit.
Im fünften Teil untersuchen die verschiedenen Beiträge die Wirkung von CSR- Maßnahmen einzelner Unternehmen aus den Bereichen Bekleidung, Spielzeug und Elektronik auf die Verbesserung der Arbeitsbedingungen. Es wird gefragt nach der Wirkung von Verhaltenskodizes, von Sozialaudits und von Trainingsmaßnahmen, die im Auftrag von Einkäufern bei ihren Zulieferern durchgeführt werden. Am Beispiel Bangladesch werden mehrere Trainings – ASDA/GTZ¹⁸, Lidl/GTZ, Tchibo/GTZ – untersucht, die scheinbar ähnlich sind, doch sich letztlich stark unterscheiden. Ein Artikel bewertet kritisch die einseitig die Unternehmensseite unterstützende Arbeit der GIZ. Zwei Artikel widmen sich den CSR Instrumenten der Fair Wear Foundation (FWF). Ein Beitrag untersucht CSR-Maßnahmen in der Spielzeugindustrie, andere analysieren die Wirkungen von CSR-Maßnahmen in der IT Branche. Ein Artikel geht der Frage nach, inwiefern staatliche Regulierungen CSR-Maßnahmen von Unternehmen unterstützen können, und spannt damit wieder den Bogen zur ersten Säule der UN-Leitprinzipien. Das Thema Social Business kann nur am Rande behandelt werden, aber am Beispiel mehrerer Social Business-Projekte von Unternehmen in Bangladesch werden erstaunliche Einblicke