Corporate Purpose – das Erfolgskonzept der Zukunft: Wie sich mit Haltung Gemeinwohl und Profitabilität verbinden lassen
Von Annette Bruce und Christoph Jeromin
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Über dieses E-Book
Aus dem Inhalt Das ist Corporate Purpose und so kann er entwickelt und verankert werden Das kann Corporate Purpose für Unternehmen und Gemeinwohl leisten Drei Handlungsszenarien für die Arbeit mit Corporate Purpose in der Praxis Checkliste zur Einschätzung des Potentials von Corporate Purpose in Ihrem Unternehmen 16 Fallbeispiele aus der Praxis vom Start-up über KMU bis zum Global Player So können Sie den Erfolgsbeitrag von Corporate Purpose messen Verantwortungseigentum: eine rechtliche Struktur für purpose-orientierte Unternehmen
Interviews zu Praxis-Cases mit: Susanne Franz (Audi), Ulrike Haugen (DNV GL Group), Varena Junge (enyway), Gabriella Ekelund (Essity), Jean-Gabriel Duveau (Gillette), Jan Fischer (Hamburg Towers), Dr. Jens Ade (Hinz&Kunzt), Udo Schulte (Lemonaid), Louise Brierley-Ingham (Patagonia), Markus Essing(Philip Morris International), Karen Löhnert (sleeperoo), Nina Witt (Stop the water while using me), Dr. Antje von Dewitz (VAUDE), Carolin Stüdemann (Viva con Agua) sowie Nataliya Yarmolenko (Weleda) sowie mit dem Team von Mercedes-Benz Cars.
Mit einem Gastbeitrag von Achim Hensen (Purpose Stiftung).
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Buchvorschau
Corporate Purpose – das Erfolgskonzept der Zukunft - Annette Bruce
© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020
A. Bruce, C. JerominCorporate Purpose – das Erfolgskonzept der Zukunfthttps://doi.org/10.1007/978-3-658-29803-6_1
1. Einleitung
Annette Bruce¹ und Christoph Jeromin¹
(1)
Creative Advantage GmbH, Hamburg, Deutschland
Annette Bruce (Korrespondenzautor)
Email: [email protected]
Christoph Jeromin
Email: [email protected]
Zusammenfassung
Wir erleben zurzeit den vielleicht größten Wandel in den Grundwerten des Geschäftslebens der Nachkriegszeit. Reines Profitstreben allein stellt insbesondere für nachwachsende Generationen aber auch für Kunden und Konsumenten immer häufiger keine Daseinsberechtigung mehr dar.
Heute wird von Unternehmen und Marken erwartet, dass sie die großen Themen unserer Zeit wie Umweltschutz, Nachhaltigkeit und soziale Gerechtigkeit in ihren Werten fest verankern und neben Gewinnstreben auch Verantwortung für diese übernehmen.
Für Unternehmen und Marken lohnt sich die Auseinandersetzung mit den eigenen Werten und Zielen. Nicht nur steigern sie ihre Attraktivität am Arbeitsmarkt erheblich, erste Studien zeigen auch, dass Unternehmen mit einem klar definierten und kommunizierten Purpose überdurchschnittliches Wachstum aufweisen.
In diesem Buch stellen wir dar, was genau Corporate Purpose ist, warum er für Unternehmen sehr viel mehr ist als eine neue Marketing-Strategie und wie Führungskräfte auf der Grundlage von Purpose ein tragfähiges Geschäftsmodell mit starken Marken entwickeln und implementieren können, das ihr Unternehmen von Grund auf verändern wird.
Als Michael Porter und Mark Kramer in ihrem Artikel Creating Shared Value
im Harvard Business Review 2011 darstellten, dass sich der Kapitalismus in einer Krise befindet (Porter und Kramer 2011, S. 4), merkte die Welt auf. Dies insbesondere, da Porter wie kein anderer Professor, Forscher und Berater für die Wettbewerbsdynamiken des Kapitalismus steht.
Porters und Kramers Lösung für das Problem bestand in der Entwicklung von Shared Value oder auch Corporate Purpose. Heute, neun Jahre später, zeigen erste Studien, dass Unternehmen mit Corporate Purpose sich besser entwickeln als ihre vergleichbaren Wettbewerber. Unternehmen mit Purpose sind innovativer, produktiver, rekrutieren und halten die besseren Talente und überflügeln die Börsenwerte vergleichbarer Unternehmen. Dabei wirtschaften sie nachhaltiger und haben einen positiven sozialen und oder ökologischen Einfluss und stärken das Ökosystem, von dem sie abhängen.
Dementsprechend ist es nicht überraschend, dass sich viele Unternehmen heute ein gut-klingendes Statement ausdenken und dieses zu ihrem Corporate Purpose deklarieren, um von den Vorteilen zu profitieren. In der Regel drücken Unternehmen dabei in einem empathischen Statement aus, in welcher Art und Weise sie dazu beitragen wollen, die Welt zu einem besseren Ort zu machen.
Das Problem dabei ist, dass es sich häufig bei diesen Statements sehr viel mehr um einen kommunikationswirksamen Marketing-Claim handelt als um einen ernstzunehmenden Corporate Purpose. Porters und Kramers Aufruf nach einem fundamental re-framing on how we do business
(Porter und Kramer 2011, S. 4) kommt bei näherem Hinsehen zu kurz.
Aber ohne das von Porter und Kramer geforderte grundsätzliche Umdenken in Bezug auf die Wirkweise des Kapitalismus bleiben Purpose-Statements letztlich nur Statements. Was fehlt ist das Neu-Denken und konsequente Umsetzen eines Wirtschaftens, das nicht durch Geldgeschenke wieder versucht gut zu machen, was im Vorfeld als „Kosten des Wirtschaftens" als Schaden entstanden ist. Denn Corporate Purpose braucht sehr viel mehr als gute Absichten. Corporate Purpose braucht ein hohes Verantwortungsbewusstsein aller gegenüber der Gesellschaft und der Umwelt und damit ein deutlich erweitertes Verständnis nachhaltigen Wirtschaftens, als es heute üblicherweise gelebt wird.
Corporate Purpose muss der Kern einer ganzheitlichen Unternehmensstrategie werden, soll er für Unternehmen und Gesellschaft die Vorteile bringen, die er leisten kann. Als Marketing-Statement wirkt Purpose zum einen nicht und zum anderen beflügelt er zu Recht die Kritiker dieses Konstrukts, die in Corporate Purpose einen neuen Marketing-Buzz argwöhnen, der gut getarnt letztlich doch nur dem Anwachsen des Shareholder Values dienen soll.
Nicht zu verwechseln ist Corporate Purpose mit Corporate Social Responsibility (CSR). Natürlich kann auch eine gut durchdachte und implementierte CSR-Strategie viel Positives für Gesellschaft und Umwelt bewirken. Das große Problem dabei ist aber, dass es in der Regel nur eine Abteilung im Unternehmen ist, die die Aufgabe hat, Projekte zu unterstützen, mit denen ein Unternehmen etwas „zurückgeben" kann, die aber nicht zu einem grundsätzlichen Neudenken im Unternehmen führt, das auch entsprechende Implikationen nach sich zieht.
In der Konsequenz bleibt CSR ein weiteres Silo im Unternehmen, das mehr mit Kommunikation als mit echtem Umdenken beschäftigt ist. Zudem folgen diese Projekte meist den klassischen Regeln des Kapitalismus: Sind die Zeiten gut, wird reichlich gespendet, läuft es schlecht, werden Projekte auch schnell wieder eingestellt. Letzteres aus gutem Grund: In der Regel sind CSR-Projekte nicht in die Wertschöpfungskette des Unternehmens integriert, d. h. sie leisten nicht, sondern kosten.
Um den hohen Anspruch an Corporate Purpose gerecht zu werden, braucht es keine Abteilung im Unternehmen, sondern neue Führungskräfte – ‚Brave Leader‘, die es wagen, neue Wege zu gehen und die Verantwortung dafür übernehmen. Denn eines sei bereits an dieser Stelle für alle gesagt, die sich an das Thema Corporate Purpose wagen: Es braucht Mut, Durchhaltevermögen und eine starke Vision, um ein Unternehmen Purpose first
zu führen. Für Purpose braucht es Führungskräfte, die sich herauswagen aus den gelernten Mechanismen der kapitalistischen Marktwirtschaft, Führungskräfte, die die Visionen, Ideen und die Kompetenz haben, Wertschöpfungsketten in einer Art neu zu denken, über die Wirtschaft und Gesellschaft wieder zusammen wachsen (Porter und Kramer 2011, S. 4).
Dazu bedarf es einer neuen Wirtschaftsethik , in der Unternehmen in einer Form Wert schöpfen, mit der sie gleichzeitig Wert für eine Gesellschaft generieren. Vorrausetzung dafür ist, dass Unternehmen ihren individuellen Erfolg verbinden mit dem sozialen Erfolg und sich als Teil der Gemeinschaft verstehen, in der sie leben, für die sie wirtschaften und von der sie auch profitieren wollen. Corporate Purpose kann keine weitere Unternehmensaufgabe sein wie CSR oder ein Nachhaltigkeits-Programm oder gar ein Akt der Nächstenliebe. Unter Corporate Purpose verstehen wir vielmehr einen neuen Weg wirtschaftlichen Erfolg zu erreichen, der aus der Einheit von Gesellschaft und Wirtschaft entsteht und auf diese Weise Wert schöpft (Porter und Kramer 2011, S. 4–5).
Bei Corporate Purpose geht es nicht darum, dass Unternehmen „auch Gutes tun" oder einen Teil ihrer Gewinne in soziale Projekte reinvestieren, sondern darum, dass Unternehmen die Verantwortung dafür übernehmen, eine neue Kultur des Wirtschaftens zu etablieren. Corporate Purpose treibt alles im Unternehmen, bildet die Richtschnur jeder Entscheidung und ist die Ultima Ratio allen Handelns, die gleichzeitig die Bedürfnisse und Wünsche von Konsumenten und Kunden befriedigt.
Die neue Art des Wirtschaftens mit Corporate Purpose
Wirtschaft und Gesellschaft unterliegen starken Abhängigkeiten. Unternehmen benötigen eine erfolgreiche Gesellschaft nicht nur als Absatzkanal, sondern auch für das entsprechende Umfeld, aus dem sie auf Ressourcen wie Arbeitskräfte, Zulieferer oder auch Kooperationspartner zurückgreifen können. Die Gesellschaft wiederum braucht erfolgreiche Unternehmen, die attraktive Arbeitsplätze zur Verfügung stellen und damit die Grundvoraussetzung für sozialen Wohlstand schaffen.
Die alte, nach Porter und Kramer zu eng gedachte, Welt des Kapitalismus akzeptiert als ausreichenden Unternehmensbeitrag, dass Unternehmen die Verantwortung tragen für Beschäftigung, Löhne und Gehälter sowie für Investitionen und Steuern. Wirtschaften an sich reicht als Existenzberechtigung für ein Unternehmen. Ein Beitrag zur Gesellschaft und zum Gemeinwohl wird darüber hinaus nicht erwartet.
Unternehmen fokussieren seit Jahrzehnten darauf, Kunden und Konsumenten die besten Produkte zu attraktiven Preisen, in der gewünschten Qualität zur Verfügung zu stellen. Dabei haben sie häufig Möglichkeiten übersehen, ihre Wertschöpfungskette so aufzustellen, dass sie gleichzeitig einen Beitrag zum Gemeinwohl leisten konnten. Der Blick auf die Wertschöpfung war schlicht zu eng. Als Bosch z. B. sich selbst das Ziel gesetzt hat, bis 2020 klimaneutral zu produzieren, ergaben sich durch die Initiative bisher unentdeckte signifikante Einsparpotentiale (Wagener 2019). Bedenkt man, dass Bosch den gleichen jährlichen Energiebedarf wie Berlin und München zusammen hat, ist dies ein enormer Effekt, bei dem nicht nur die Umwelt gewinnt.
Indem Unternehmen ihren Erfolg mit einem sozialen und gesellschaftlichen Beitrag verbinden, ergeben sich häufig neue Ideen für bahnbrechende Innovationen, die Erschließung neuer Märkte oder neuer Zielgruppen sowie Einsparpotentiale, die ohne die Definition des Corporate Purpose unentdeckt geblieben wären.
Zum Aufbau des Buches
Im anschließenden Kap. 2 werden zunächst einige grundlegende Begriffe und Themen geklärt. Da Corporate Purpose ein relativ neuer Begriff ist, werden wir eine Definition vorstellen, die wir für geeignet halten, das Thema ganzheitlich zu diskutieren. Insbesondere grenzen wir Corporate Purpose von Corporate Social Responsibility, Mission und Vision ab und verankern das Konstrukt in Aufgabe und Bedeutung in der strategischen Planung des Unternehmens.
In Kap. 3 gehen wir detailliert darauf ein, was Corporate Purpose im Unternehmen, für das Unternehmen und für die Gesellschaft leisten kann. Dabei geht es in erster Linie um die Treiber für Wachstum und die Sicherung der Profitabilität, um die Steigerung der Mitarbeiter-Motivation und -bindung und um die Angebotsdifferenzierung und Kundenbindung. Um das individuelle Potential für Corporate Purpose in Ihrem eigenen Unternehmen überprüfen zu können, geben wir Ihnen Checklisten an die Hand, die Ihnen eine individuelle Einschätzung ermöglichen.
In Kap. 4 stellen wir die drei Handlungsszenarien für und mit Corporate Purpose im Detail dar. Diese werden jeweils mit Beispielen illustriert und anhand konkreter Marktparameter voneinander abgegrenzt. In Kap. 5 zeigen wir auf, wie Sie in Ihrem Unternehmen mutig einen nachhaltigen Corporate Purpose dekodieren, formulieren, kommunizieren, implementieren und in der Unternehmensstruktur verankern können. In Kap. 6 zeigen wir Ansätze auf, wie Sie den Erfolgsbeitrag von Corporate Purpose messen können und welche Zertifizierungsmöglichkeiten für Unternehmen bestehen.
In Kap. 7 veranschaulichen wir die in Kap. 4 dargestellten Szenarien anhand von aktuellen Fallstudien. Die konkreten Unternehmensbeispiele zeigen die unterschiedlichen Vorgehensweisen, individuellen Zielsetzungen und den Stand der Wirtschaft auf dem Weg zu einer stärkeren Verantwortungsübernahme für das Gemeinwohl auf. In Kap. 8 stellt Achim Hensen mit dem „Verantwortungseigentum" eine Möglichkeit für Unternehmen und Institutionen vor, eine besonders Purpose-geeignete Rechts- und Eigentumsform zu gestalten. In Kap. 9 geben wir einen Ausblick zu Bedeutung und zum zukünftig zu erwartendem Wertbeitrag von Corporate Purpose.
Literatur
Porter, M. E., & Kramer M. R. (January-February 2011). Creating Shared Value. Harvard Business Review.
Wagener, B. (2019). Der gute Mensch von Renningen. Schwäbische Zeitung.
© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020
A. Bruce, C. JerominCorporate Purpose – das Erfolgskonzept der Zukunfthttps://doi.org/10.1007/978-3-658-29803-6_2
2. Corporate Purpose
Annette Bruce¹ und Christoph Jeromin¹
(1)
Creative Advantage GmbH, Hamburg, Deutschland
Annette Bruce (Korrespondenzautor)
Email: [email protected]
Christoph Jeromin
Email: [email protected]
Zusammenfassung
In diesem Kapitel wird zunächst ausgeführt, warum es eines neuen Konstruktes wie des Corporate Purpose bedarf und damit einer Neu-Definition unseres Verständnisses von Kapitalismus. Im weiteren Verlauf wird ein Überblick über die derzeitige definitorische Abgrenzung des Begriffes Corporate Purpose gegeben und die in diesem Buch verwendete Definition vorgestellt, die die Autoren als eine über alle Unternehmensformen und Branchen allgemein gültige Definition verstehen wollen. Die Autoren nehmen darüber hinaus Stellung zu dem streckenweise vorgebrachten Vorwurf, dass es sich bei Corporate Purpose lediglich um einen neuen Marketing-Buzz handelt. Abschließend wird das Konstrukt Corporate Purpose von den Konstrukten Mission und Vision sowie dem Konstrukt der Corporate Social Responsibility abgegrenzt.
2.1 Wirtschaft im Wandel
Nie war die Wirtschaft so unter Druck wie heute. Nach den herrschenden Regeln der Marktwirtschaft heute erfolgreich zu sein, ist in keiner Weise Garant für zukünftigen Erfolg. Zum ersten Mal in der Zeit des Industrialismus treiben Konsumenten Unternehmen vor sich her. War es in den ersten Jahrzehnten der Industrialisierung so, dass Unternehmen neue Produkte und Dienstleistungen erfanden und Kunden sich den Gebrauch dieser erarbeiten mussten – wie es z. B. noch vor 10 Jahren war, als das Smartphone auf den Markt kam – treiben heute die Nutzer die Unternehmen vor sich her. Das erste Mal in der Geschichte der industriellen Produktion ist der Konsument weiter als der Produzent. Kunden und Konsumenten – und hier natürlich insbesondere die Generation der Digital Natives – haben die Mechanismen der Digitalisierung so verinnerlicht, dass es nicht verstanden wird, wenn ein Händler z. B. noch händisch Angebote schreibt, weil er über die Vielzahl der Lieferanten aufgrund der Schnittstellenproblematik nicht digital auf die entsprechenden Produkte zugreifen kann. Oder, dass man zwar überall Pizza nach Hause bestellen kann, auf eine viel teurere Jeans aber mindestens einen Tag, häufig aber auch zwei oder mehr warten muss, bis man sie in Händen hält.
Galt es lange als ausreichendes Ziel für Unternehmen Arbeitsplätze zu sichern, die Bevölkerung mit guten Produkten zu versorgen und seine Steuern und Abgaben zu entrichten, erwarten Arbeitnehmer und Investoren heute zunehmend mehr von Unternehmen.
In seiner berühmten Bedürfnispyramide hat der US-Psychologe Abraham Maslow bereits in den 1940er Jahren die Theorie aufgestellt, dass die menschlichen Bedürfnisse nicht unabhängig voneinander sind, sondern stufenförmig aufeinander aufbauen. Demnach strebt der Mensch erst nach der Befriedigung seiner physiologischen Grundbedürfnisse wie Essen und Trinken. Sind diese erfüllt, strebt er nach Sicherheit und sozialen Bedürfnissen und erst wenn auch diese befriedigt sind strebt der Mensch nach Wertschätzungs- und Selbstverwirklichungsbedürfnissen (Schierenbeck 2003, S. 58–59).
In den westlichen Industriestaaten hat ein Gros der Akteure des Wirtschaftslebens längst die oberste Stufe der Maslow-Pyramide erreicht. Mit der zunehmenden Befriedigung der Wertschätzungsbedürfnisse hat sich ein Umdenken eingeschlichen, das die logische Fortsetzung von Dienstwagen und Eckbüro darstellt. Ging es in den letzten Jahrzehnten in erster Linie um hohe Gehälter, Boni, Privilegien und Prestige, fordern insbesondere junge Talente Sinnstiftung und Selbstverwirklichungspotential von ihrem Arbeitgeber.
Gleichzeitig hat sich auch die Sicht der Konsumenten auf die eigene Konsumhaltung verändert. Für die meisten Menschen sind die Grundbedürfnisse nach Schuhen, Haushaltsartikeln und Hobby-Einerlei gedeckt. Insbesondere vor dem Hintergrund der drängenden Probleme unserer Zeit wie Umwelt, Abfall, ein Auseinanderdriften der Gesellschaftsschichten und Flüchtlingsströme fragen sich immer mehr Menschen, ob wirklich auch noch diese neue Jeans in den Schrank muss, oder ob es nicht etwas Wichtigeres gibt, für das es sich lohnt zu kämpfen und seine Zeit und sein Geld einzusetzen.
Vielleicht muss die Maslowsche Pyramide heute um die Dimension „universales Bedürfnis" erweitert werden. Es scheint zu kurz gegriffen, das Bedürfnis etwas zurückgeben zu wollen oder sich nachhaltig auf dieser Erde bewegen zu wollen, als Selbstverwirklichungsbedürfnis zu bezeichnen. Denn das Bedürfnis, mit seiner Arbeitskraft einen sinnvollen Beitrag für die Welt zu leisten, geht über das Bedürfnis nach Selbstverwirklichung hinaus. Das Universalitätsbedürfnis erkennt den Menschen als einen verantwortungsbewussten Teil des Gemeinwohls an und kann als treibende Kraft hinter allen menschlichen Bemühungen – unabhängig ob innerhalb einer Unternehmung oder privat – verstanden werden.
„MarieKondo" your business
Nicht umsonst erleben Menschen und Konzepte wie das der Japanerin Marie Kondo einen regelrechten Hype. Ihre Philosophie des „Declutterns, begeistert Menschen in über 30 Ländern. Ihr Blog wird verfolgt von Millionen von Menschen, von ihren Büchern wurden mehr als 10 Mio. Exemplare verkauft. Ihre Botschaft ist die Antwort auf den inzwischen als zu viel erlebten Konsum, der den Menschen längst nicht mehr die erhoffte Befriedigung verleiht, sondern sie einengt und ihnen Luft, Freiheit und Kreativität stiehlt. Mit der Methode „KonMari
hilft sie Menschen sich von dem Zuviel zu befreien und begeistert damit über alle Kulturen hinweg Millionen von Menschen weltweit.
Immer mehr Menschen suchen einen höheren Sinn in ihrer Arbeitsleistung und gerade die bleiben Konzerne Mitarbeitern, Kunden und Investoren häufig schuldig. In der Regel können Unternehmen problemlos artikulieren, was sie produzieren und wie sie produzieren. Bei der Frage nach dem Warum dagegen, sind sie häufig sprachlos (Sinek 2009, S. 20).
Der jahrzehntelang akzeptierte Unternehmenszweck der Renditemaximierung überzeugt heute die Wenigsten. Niemand geht morgens zur Arbeit, um den Shareholder Value einiger anonymer Aktienbesitzer zu maximieren und ist befriedigt, wenn ein Teil des Kuchens in Form von Gehalt, Prestige oder Bonus für ihn abfällt. Im Gegenteil: der Shareholder-Value-Ansatz wurde zum Inbegriff von kurzfristiger Gewinnoptimierung und fehlender Nachhaltigkeit.
Auch der Verweis auf das Kundenbedürfnis reicht nicht mehr aus, um der Arbeit einen Sinn zu geben. Das die letzten beiden Jahrzehnte vorherrschende Konstrukt der