Erfolgsfaktoren des Dualen Studiums
Von Thorsten Krings und Maria Pia Sprügel
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Buchvorschau
Erfolgsfaktoren des Dualen Studiums - Thorsten Krings
1 Die DHBW und das Duale Studium
1.1 Erfolgsfaktoren des Dualen Studiums
Das Duale Studium ist bereits heute für viele Unternehmen ein zentraler Erfolgsfaktor für Personalmarketing im War for Talent. Durch das Studium können Talente bereits frühzeitig an das Unternehmen gebunden werden, sie werden passgenau ausgebildet und kennen die Kultur der Organisation. Vor allem aber kann das Instrument sowohl zum internen wie auch zum externen Recruiting genutzt werden. Es handelt sich natürlich bei jedem Studienplatz auch um eine nicht unerhebliche Investition in das Humankapital des Unternehmens. Wie bei jeder Investition ist es also wichtig, die Rahmenbedingungen zu schaffen, die diese für das Unternehmen wertschöpfend macht. Ein solches Studium muss also in ein personalwirtschaftliches Gesamtkonzept eingebettet sein und einem strengen Qualitätsmanagement unterliegen.
Die wesentlichen Erfolgsfaktoren für den effektiven Einsatz des Dualen Studiums sind konkret:
• die Zusammenarbeit mit der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) bzw. der jeweiligen Studienakademie,
• die Erfassung der Bedarfe in Ihren Unternehmen,
• die Wahl der richtigen Studiengänge bzw. Vertiefungen,
• die transparente Vertragsgestaltung und Vergütung,
• die Suche und Auswahl passender Dualer Studierender,
• die Betreuung in den Praxisphasen,
• die inhaltlich logische Verzahnung von Theorie und Praxis,
• die Führung Dualer Studierender,
• die fachgerechte Betreuung der Projekt- und Bachelorarbeiten,
• das Retention- und Integrationsmanagement.
Diese Aspekte werden im Folgenden aus Unternehmenssicht theoretisch und vor allem praktisch erläutert.
1.2 Von der Berufsakademie zur DHBW
Die sechziger und frühen siebziger Jahre des letzten Jahrhunderts waren in Baden-Württemberg von einer bildungspolitischen Aufbruchsstimmung geprägt. Die Leitidee der damaligen Bildungspolitik war die Demokratisierung von Bildung und damit auch von Chancen zum sozialen Aufstieg, was sich z. B. in einem Ausbau der Bildungsinfrastruktur auf dem Land zeigte. In urbanen Ballungszentren war traditionell mehr für Bildung getan worden, doch die Landbevölkerung hatte lange Zeit weniger Zugang zu Bildungschancen. Die nächsten weiterführenden Schulen waren oft weit entfernt und auch der Gedanke der gerechten Verteilung von Sozialchancen durch Bildung stand noch nicht im Fokus politischen Handelns. Im Kontext der oben erwähnten Aufbruchsstimmung ist dann die Gründung vieler Gymnasien auf dem Land zu sehen. Wichtig für das Konzept war, dass Kinder aus der ländlichen Region nicht nur Zugang zur gymnasialen Bildung hatten, sondern dass eine Schule ein Gesamtkonzept bietet, das ausgleicht, was das Elternhaus nicht leisten kann. Damit die Kinder ein Umfeld finden konnten, in dem sie sich voll entfalten konnten, war es notwendig, dass die neuen Schulen eine Bibliothek und teilwiese ein Ganztagskonzept mit Hausaufgabenbetreuung boten. Zudem gehörte ein breites Angebot extracurricularer Aktivitäten im musischen und sportlichen Bereich zum Konzept. Bemerkenswert ist, dass z. B. im 1965 gegründeten Ganztagesgymnasium Osterburken bereits im ersten Jahr etwa 2/3 der angemeldeten Schüler nicht dem sozialen Profil des durchschnittlichen Gymnasiasten entsprachen, sondern aus anderen sozialen Schichten stammten.
In diesem Kontext ist auch die Entstehungsgeschichte der Berufsakademien in Baden-Württemberg zu sehen. Durch die stark gestiegene Zahl von Abiturienten benötigte man nun auch ein entsprechendes Angebot an Studienplätzen. Zum einen ging es darum, überhaupt Kapazitäten aufzubauen, zum anderen aber auch darum, Studienangebote mit einer Verankerung in Berufsbildern zu schaffen. Dies ist zum einen volkswirtschaftlich und aus Unternehmenssicht wichtig, aber auch besonders im Hinblick auf die soziale Herkunft der Studierenden, für die ein Hochschulstudium eine große Investition in die eigene Zukunft darstellt. Um der befürchteten Qualifikationslücke entgegenzuwirken, wurde 1971 von der damaligen Daimler-Benz AG der Vorschlag erarbeitet, Ausbildung und Hochschulstudium zusammenzuführen. So stellten Unternehmen aus dem Großraum Stuttgart dann 1972 mit der Württembergischen Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie (VWA) und der IHK das »Stuttgarter Modell« vor, das die Vorzüge der Dualen Ausbildung mit den hohen Standards deutscher Hochschulen zusammenführte. Hierbei standen jedoch ganz klar nicht die kostengünstige Qualifikationsmöglichkeiten im Vordergrund, sondern die Lerninhalte einer regulären Hochschule und alle damit verbundenen Aufstiegs- und Einkommenspotenziale für Absolventen. Im gleichen Jahr beschloss die Politik dann die Gründung der Berufsakademien. 1982 wurde die Modellphase beendet und das »Gesetz über die Berufsakademie im Land Baden-Württemberg« verankerte die Berufsakademien schließlich im tertiären Bildungssektor. Das heißt jedoch auch, dass dieser Hochschultyp ein Sonderweg war und die Abschlüsse nicht bundesweit anerkannt waren. Erst in den 1990er Jahren richteten auch Sachsen und Thüringen Berufsakademien ein, die jedoch an vielen Punkten eine vollkommen andere rechtliche Grundlage haben. Daher sind die Inhalte dieses Buchs nur sehr begrenzt auf die noch bestehenden Berufsakademien anwendbar.
Aus dem »Stuttgarter Modell« war nun eine Akademie zunächst mit Standorten in Mannheim, Stuttgart, Heidenheim, Karlsruhe, Lörrach, Mosbach, Ravensburg und Villingen-Schwenningen sowie einigen Außenstellen geworden. Trotz der Frage der bundesweiten Anerkennung genossen die Berufsakademien bei Studierenden und in der Wirtschaft ein hohes Ansehen und der Arbeitsmarktwert der Absolventen war sehr hoch. Insofern war es nur konsequent, dass man 2009 aus den unabhängigen Berufsakademien schließlich die Duale Hochschule Baden-Württemberg formte, d. h. gemäß § 30 Absatz 4 des Landeshochschulgesetzes sind alle Bachelor- und Master-Studiengänge akkreditiert, bundesweit anerkannt mit der Möglichkeit, weitere Abschlüsse bis zur Promotion zu erwerben. Durch den Zusammenschluss nach dem Vorbild eines amerikanischen State University Systems entstand die mit deutlich über 30.000 Studierenden größte Hochschule des Landes.
Diese Struktur hatte zur Folge, dass die jeweiligen Studienakademien rechtlich nicht mehr eigenständig sind, sondern ein in Stuttgart angesiedeltes Präsidium zentrale Funktionen übernimmt. Das Präsidium der DHBW verantwortet die operative Leitung der Dualen Hochschule Baden-Württemberg. Es ist immer dann zuständig, wenn nicht per Gesetz oder Grundordnung eine andere Zuständigkeit festgelegt ist. Das heißt jedoch nicht, dass das Präsidium Professoren gegenüber disziplinarisch oder in Bezug auf Fragen von Forschung und Lehre weisungsbefugt ist. Da die DHBW im Gegensatz zur Berufsakademie nun eine vollwertige Hochschule ist, fällt sie unter das Landeshochschulgesetz. Dies bedeutet zum einen, dass für Dozenten und Professoren die grundgesetzlich garantierte Freiheit von Forschung und Lehre gilt. Somit sind sie nicht weisungsgebunden und unterliegen disziplinarisch nur der Aufsicht durch das Ministerium. Hinzu kommt auch, dass Forschung somit auch eine Dienstaufgabe eines Professors an der Dualen Hochschule ist.
Eine Hochschule unterliegt der akademischen Selbstverwaltung. Das höchste Gremium zur Entscheidungsfindung ist der Senat. Hierbei gibt es einen örtlichen Senat, der alles beschließt, was unmittelbar nur die jeweilige Studienakademie berührt. Der örtliche Hochschulrat ist ein Gremium nach dem Landeshochschulgesetz Baden-Württemberg (LHG). In Zusammenarbeit mit zentralen Gremien wählt der Hochschulrat den Rektor, die Prorektoren sowie die Studienbereichsleiter. Ferner berät er bei der Einrichtung neuer Studienangebote bzw. bei der Veränderung des Angebots. Insofern es eine lokale Entscheidungsbefugnis gibt, legt der Hochschulrat Inhalte der Studien- und Ausbildungspläne fest, definiert die Zusammenarbeit zwischen Dualen Partnern und Hochschule und bestimmt – soweit möglich – die Prüfungsordnungen. Bei allen Fragen von Forschung und Lehre müssen die professoralen Mitglieder die Mehrheit haben, da hier die Wissenschaftsfreiheit nach § 5 Absatz 3 des Grundgesetzes tangiert ist. Jedoch ist der Spielraum der Organe vor Ort hier deutlich geringer als zu Zeiten der Berufsakademie, da die Studienakademien rechtlich nicht mehr selbstständig sind.
Für übergeordnete Belange ist der zentrale Senat der DHBW zuständig. Als zentrales Pendant zu den dezentralen Hochschulräten gibt es den Aufsichtsrat. Dessen Aufgabe ist Entwicklung der Hochschule und er »schlägt Maßnahmen vor, die der Profilbildung und der Erhöhung der Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit der DHBW dienen«. (o.V. (1))
Die DHBW hat den Anspruch, höchste akademische Qualität mit einem hohen Arbeitsmarktwert der Absolventen zu verbinden. Dies funktioniert nur, wenn sie sich als lernende Organisation begreift und in kontinuierlichen Feedbackschleifen die Qualität stetig optimiert. »Das Miteinander an der Hochschule ist geprägt durch enge Kooperation und Abstimmung. Gemeinsame Ziele und Grundsätze prägen das Selbstverständnis« (o.V. (2)). Das heißt, dass alle Perspektiven, regionale, zentrale, die von Lehrenden und Lernenden, aber auch die der Unternehmen in einem gemeinsamen Prozess berücksichtigt werden. Folglich spiegelt die Gremienarchitektur im Qualitätsmanagement diesen Ansatz wider.
Es gibt pro Studienbereich (Technik, Wirtschaft, Gesundheit und Sozialwesen) jeweils eine Fachkommission, die mit Professoren, Vertretern der jeweiligen Ausbildungsstätten, externen Beratern sowie studentischen Vertretern besetzt ist. »Die übergeordnete Aufgabe der Fachkommissionen besteht aus der Sicherung und Verbesserung der Qualität des Studiums.« (o.V. (4)) Hierzu gehören z. B. die Genehmigung neuer oder die Überarbeitung bestehender Studienmodelle. Fachbereichsbezogen gibt es Unterkommissionen, die der Fachkommission zuarbeiten. Ergänzt wird dies durch Qualitätszirkel vor Ort. Insofern zeigt sich, dass die DHBW ein komplexes Konstrukt ist, in dem zentrale und dezentrale Organe sich ergänzen und die verschiedenen Mitglieder der Hochschule (Studierende, Professoren und Unternehmen) ihre jeweilige Perspektive einbringen.
Ein Dualer Partner wird immer Mitglied der Hochschule. Folglich muss er diese Mitgliedschaft beantragen. Hierzu müssen die notwendigen Formulare ausgefüllt sowie der Nachweis erbracht werden, dass der Betrieb geeignet ist, einen Dualen Studierenden auszubilden. Hierzu genügt in der Regel der Nachweis der Ausbildungspläne und der allgemeinen Eignung zur Ausbildung analog zu den Ansprüchen der IHK. Diese Eignungsprüfung wird durch den Studiengangsleiter vorgenommen. Außerdem ist die Studiengangsleitung »dazu aufgefordert, im Sinne eines Monitorings die Qualität der praktischen Ausbildung an den Ausbildungsstätten zu überwachen. Durch Auswertung der Darstellung des Ablaufs und der Reflexion der Praxisphase sowie bei Bedarf durch Gespräche mit den Studierenden verschafft sich die Studiengangsleitung einen Einblick über den Lernfortschritt der Studierenden und bleibt sensibel für mögliche Probleme mit der Ausbildungsstätte.« (o.V. (2012), S. 71)
1.3 Vertrag
1.3.1 Vertragskonstrukt
Diese strukturelle Komplexität spiegelt sich auch im Vertragsverhältnis der Partner wider. Grundsätzlich ist der Studierende an der DHBW (im Gegensatz zu bestimmten Berufsakademien) sowohl während der Theorie- als auch