Besser Forschen
Von Heinz Hillen
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Über dieses E-Book
Heinz Hillen, erfolgreicher Wirkstoffforscher, zeigt anhand von ausgewählten Beispielen, wie Forschung dazu beitragen kann, die Probleme der Welt zu lösen, und weist auf die massiven Mängel hin, die es in allen Bereichen der Forschung derzeit gibt, sei es bei der teilweise diffusen Zielsetzung, den mitunter wenig transparenten Abläufen in der öffentlichen Forschung oder den hinderlichen Machtkonzentrationen an den entscheidenden Schnittstellen.
Es werden konkrete Vorschläge gemacht, wie wir uns durch eine veränderte Forschungskultur und organisatorische Maßnahmen effizienter aufstellen können, um in Deutschland wieder vermehrt bahnbrechende Innovationen realisieren zu können.
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Buchvorschau
Besser Forschen - Heinz Hillen
Vorwort
Dieses Buch richtet sich an alle, die forschungsinteressiert sind, entweder weil sie selbst gerne forschen, Forscher werden wollen oder Verantwortung für eine Forschungseinheit tragen bzw. einen forschungspolitischen Auftrag zu erfüllen haben.
Ich habe es nach langem Zögern geschrieben, weil ich nach einem über 40-jährigen begeisterten Forscherleben zu der Überzeugung gekommen bin, dass wir auch ohne wesentliche zusätzliche Forschungsgelder unsere Ergebnisse in Deutschland um ein Vielfaches verbessern können. Das mag erstaunen.
Die Doppeldeutigkeit des Titels gibt auch gleich die beiden wichtigsten Kernbotschaften des Buches wieder: Ohne Forschung, und zwar auf hohem Niveau, werden wir die Welt nicht schnell genug transformieren können, um ein würdiges Leben mit nachhaltigen Perspektiven nicht nur für uns Menschen zu ermöglichen. Die ehrgeizigen und notwendigen sorgfältig ausgewählten Ziele zur Erreichung eines klimaneutralen Zusammenlebens auf dieser Erde mit einer zeitweiligen Erdbevölkerung von bis zu 10 Milliarden Menschen müssen zügig umgesetzt werden. Dazu bedarf es weiterer bahnbrechender Erfindungen und technologischer Durchbrüche.
Die Grundthese dieses Buches lautet, dass die Forschungseffizienz in Deutschland weit unter ihren Möglichkeiten bleibt. Zunehmend fokussieren sich Unternehmen auf inkrementale Verbesserungen bestehender Produkte und Verfahren, statt weiter auf dem Gebiet disruptiver Technologien zu forschen. Aber wer glaubt, Innovation schon durch eine neu gestylte Shampooflasche oder ein schickes Autorücklicht geleistet zu haben, der hat die Herausforderungen der Zukunft nicht verstanden. Es soll aufgezeigt werden, wie wir von den Optimierungen der Nebensächlichkeiten wieder zu den bahnbrechenden Forschungszielen zurückkehren und wie wir das Potenzial der Forschung in diesem Lande weitaus besser zu relevanten Innovationen nutzen können.
Die Gründe für die Defizite bei der Erzielung und wirtschaftlichen Umsetzung von Forschungsergebnissen sind auf allen Ebenen zu suchen: mangelnde Zielsetzungen, Kompetenz und Motivation der Forscher, unzureichende und falsche Strategien in der Forschung und schließlich die fehlerhafte Einbindung von Forschung in suboptimale Organisationen von Unternehmen.
Da ich eigene Erfahrungen fast nur aus der molekularen medizinischen Forschung gewinnen konnte, ist es wenig verwunderlich, dass viele Beispiele aus dem Bereich der Arzneimittelforschung stammen.
Diskussionen mit Forschern aus anderen Bereichen haben mir gezeigt, dass die meisten Erfahrungen auf andere Gebiete der Biowissenschaften oder auch technische Forschungsbereiche übertragbar sind. Dieses Buch analysiert intensiv das Thema Forschung, macht konkrete Verbesserungsvorschläge und endet mit dem unmittelbar nachfolgenden Entscheidungsprozess, in kostspielige Entwicklungen zu investieren.
Ich bitte um Verständnis dafür, dass viele Beispiele nur angedeutet werden können, da sie aus Unternehmen stammen und die Vorgänge dort auch noch nach vielen Jahren der Vertraulichkeit unterliegen. Mir ist bewusst, dass darunter die Überzeugungskraft einiger Argumente leidet, aber das lässt sich leider nicht ändern. Fast alle Beispiele wurden darüber hinaus abstrahiert, um die nötigen Persönlichkeitsrechte Betroffener zu wahren. Letztlich geht es ja darum, dass wir aus den Fehlern dieser Beispiele lernen und das Potenzial einer effizienten Forschung zum Wohle zukünftiger Generationen deutlich besser nutzen.
Hören wir auf damit, unattraktive Technologien weiter zu fördern und bis zum Erbrechen zu optimieren. Wir können uns beim besten Willen nichts darauf einbilden, zu einem wichtigen Schweineproduzenten Chinas geworden zu sein, während die Böden in Deutschland an der Gülle ersticken. Es gibt deutlich Sinnvolleres zu tun. Mit meinen Erfahrungen und Geschichten möchte ich deutlich machen, dass wir in Deutschland mehr können als ausgelaufene und schädliche Technologien stur weiter zu Tode zu optimieren.
Ein weiteres Anliegen, das ich mit dem Buch verbinde, ist etwas von dem Glück zu vermitteln, das die Forschung mir über Jahre gegeben hat. Es gab kaum einen Tag der Langweile und schon gar nicht der Unterforderung. Ich habe es stets als Privileg empfunden, in der Forschung arbeiten zu dürfen, denn durch keine andere Tätigkeit kann man so viel gestalterischen Einfluss auf unsere Zukunft nehmen.
Möge der ein oder andere Leser sich anstecken lassen von der Begeisterung, die ich in meinem Berufsleben durch die Forschung erlebt durfte.
Forschung in der Wahrnehmung unserer Gesellschaft
Der begrenzte Stellenwert der Forschung in unserer Gesellschaft wird mir hin und wieder verdeutlicht, wenn ich in einem typischen Gespräch im Freundeskreis über den Bekanntheitsgrad von Forschern und ihren Entdeckungsgeschichten frage, die in den letzten 30 Jahren zu revolutionären Veränderungen in unserm Alltag beigetragen haben. Wer hat das Internet erfunden oder die LED oder die Digitalkamera? Fast ohne Ausnahme herrscht bei dem Thema großes Schweigen, obwohl wir doch alle täglich von diesen und vielen anderen Innovationen profitieren. Während die neuesten Hits der aktuellen Popstars, Filme und Schauspieler ein beliebtes Gesprächsthema sind, kann man mit dem Thema Forschung schnell die Stimmung zerstören. Bei vielen Menschen ist freundliches Desinteresse die häufigste Reaktion.
Die Gründe dafür sind zunächst mal Berührungsängste. Ein Grundinteresse sollte bei allgemein interessierten Menschen ja eigentlich vorhanden sein, aber es kommt gleich die Angst, als unwissend oder gar ungebildet zu gelten. Die eigentliche Neugier wird daher häufig zurückgestellt und man möchte das nicht vertraute Thema schnell vom Tisch haben.
Ich habe diese Situation auch in meiner Familie immer wieder erlebt und muss bekennen, dass ich es selten geschafft habe, meine persönliche Begeisterung zu Forschungsgeschichten auf meine Mitmenschen zu übertragen. Also haben wir gleich einen weiteren Grund für gesellschaftliches Desinteresse an Forschung: Sie wird oft nicht gut, verständlich und spannend erklärt.
Und ja: Forschung, Wissenschaft und Technik sind manchmal kompliziert und das Thema braucht etwas mehr Zeit. Forschungsthemen sind nicht gerade beliebt, denn es kann anstrengend sein, sich einen Sachverhalt zugänglich zu machen.
Das Problem ist von vielen Forschern und Populärwissenschaftlern erkannt und angegangen worden. Sie bereiten die Themen didaktisch auf, vereinfachen, wo erlaubt und vertretbar, und bebildern mit guten Videos. Nichtsdestotrotz haben auch sehr gute wissenschaftliche Fernsehsendungen, wie z. B. Leschs Kosmos im ZDF, nur ein relativ kleines Spezialpublikum zu späten Sendezeiten.
Ein Erfolgsbeispiel ist sicher die Sendung mit der Maus, die uns Forschern ein Vorbild sein sollte. Die neugierigen Fragerinnen – und Kinder sind hier einfach besser als Erwachsene – kommen mit einfachen schonungslosen Fragen, die es sehr verständlich zu beantworten gilt, was in den meisten Fällen gelingt.
Die Verbreiterung des Themas Forschung und Technik in unserer Gesellschaft und der Abbau von Berührungsängsten sowie gezielten Desinformation durch Verschwörungstheoretiker ist von immenser Bedeutung, wenn wir die Akzeptanz der großen Veränderungen erreichen wollen, die zum Überleben der Menschheit zwingend erfolgen müssen. Das ist ein großer Bildungsauftrag für uns alle. Aber wir können das mit Spaß und Unterhaltung erreichen, wie die Kindersendung der ARD uns zeigt. Und das sage ich nicht nur zu meinen Wissenschaftlerkollegen, sondern auch zu mir selbst: Jeder noch so kleine Verdacht auf ein arrogantes Verhalten durch Wissenschaftler und Techniker bei der Kommunikation in die allgemeine Bevölkerung ist kontraproduktiv. Auch die Haltung vieler Wissenschaftler, sich einfach der Diskussion außerhalb der Fachwelt zu versagen, ist inakzeptabel.
Es gibt also eine Bringschuld der Wissenschaftler, damit sich unsere Mitmenschen für diese Themen interessieren und das umsetzen, was uns in die richtige Richtung weiterbringt.
An der nun fast 40 Jahre bestehenden Diskussion zur Gentechnik in Deutschland lässt sich beispielhaft lernen, welche Auswirkungen eine nicht sachgerechte Diskussion haben kann. Da ich ein Zeitzeuge mitten im Geschehen war, möchte ich die fatalen Auswirkungen bezüglich der Pharmaforschung hier noch mal kurz zusammenfassen:
Als zu Beginn der 80er-Jahre die Gentechnik in Form der Molekularbiologie ihre Anfänge nahm, wurde diese zunächst nicht ausführlich bezüglich Chancen und Risiken diskutiert, so wie es jede neue Technologie eigentlich verdient. Von Gegnern generell per se als schlechte Technologie angeprangert, dauern die Auswirkung dieser Diskussion in einer im Grunde absurden Form bis heute an. Wir finden auf vielen Lebensmittelpackungen auch heute noch die Aufschrift gentechnikfrei oder ohne Gentechnik. Mit dieser pauschalen Kategorisierung werden wir den sehr unterschiedlichen Möglichkeiten einer inzwischen zentralen Technologie, die bereits erheblich dazu beigetragen hat, neue hochwirksame Arzneimittel zu entwickeln, nicht gerecht. Auch in der Landwirtschaft werden wir gentechnische Arbeitstechniken benötigen, um robustere Nutzpflanzen für extremere Klimazonen und Böden bereitzustellen. Das darf natürlich nicht heißen, dass wir blind gegenüber ethisch nicht vertretbaren Anwendungen der Gentechnik werden und diese nicht auch verbieten sollten.
Während intensiv und konsequent die Gentechnik verteufelt wurde, regte sich nahezu kein Widerstand gegen die konventionellen Methoden der guten alten Tierzucht. Gentechnikfrei wurden unsere Kühe, Schweine und Puten über Jahrzehnte zu unansehnlichen Hochleistungstieren gemacht, nur damit wir sie heute häufig unter tierquälerischen Haltungsbedingungen noch billiger verzehren können. Wir wären also gut beraten, Technologien nach ihren Anwendungsbeispielen und nicht nach ihrer Neuheit zu beurteilen.
Gehen wir noch mal in die Historie der Gentechnik in Deutschland in das Jahr 1988 zurück. Einige deutsche Unternehmen, z. B. Höchst, Bayer, Grünenthal, BASF, hatten sich damals mit ersten gentechnisch-/biotechnologischen Verfahren zur Herstellung neuartiger biologischer Pharmaproteine wie humanes Insulin, Faktor VIII, Prourokinase oder Tumor Nekrose Faktor beschäftigt. In dieser Zeit gab es neben einer gentechnikfeindlichen Stimmung leider auch keine adäquate nachvollziehbare rechtliche Rahmensituation für gentechnische Verfahren. Für die Produktion des Tumor Nekrose Faktors (TNF) bei der BASF brauchten wir eine Genehmigung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz, das eigentlich für Großanlagen wie Atomkraftwerke konzipiert war. Der Aufwand war riesig und unverhältnismäßig. In Abwesenheit eines risikobezogenen Gentechnikgesetzes also, das erst 1990 verabschiedet wurde, gaben alle genannten Firmen diese Verfahren auf und die drei IG-Farben-Nachfolger entschieden sich deshalb strategisch fast zeitgleich dafür, moderne biotechnologische Forschung zunächst mal in die USA zu verlagern, wo die Gentechnik für Pharmaanwendungen breit akzeptiert war.
Die Konsequenzen dieser Entscheidungen waren gewaltig für die deutsche biotechnologische Forschung und wirken bis heute nach. In den USA bauten fast alle großen Konzerne innerhalb weniger Jahre nicht nur Pilotanlagen, sondern schufen fast irreversible Verhältnisse auch durch den Bau moderner biotechnologischer Pharmaforschung. Man kann durchaus davon ausgehen, dass dadurch auch die Entscheidungen zur Zerschlagung von Höchst Pharma und der Verkauf von BASF Pharma im Jahre 2000 erleichtert wurden. Der Ausstieg dieser beiden Konzerne bzw. die deutliche Verkleinerung der Pharmaforschung bei Bayer in Wuppertal bedingte in der Folge natürlich auch fehlende Auftrags- und Folgeforschung bei kleineren Biotechunternehmen. Die deutsche Biotech-Szene im Bereich Pharma könnte heute deutlich größer sein. Vor allem fehlen Deutschland interessante Arbeitsplätze, die im Bereich biotechnologischer Forschung angesiedelt wären.
Eine grundsätzliche Verbannung von Technologien in einer dynamischen Gesellschaft, die auch in Zukunft hohe Standards an die Lebensqualität, Nachhaltigkeit und Umwelt stellen wird, ist also nicht zielführend und sachgerecht. Im Gegenteil, nur wenn wir weitere Beschleuniger in Form von technischen Optionen identifizieren, werden wir unsere großen gesellschaftlichen Ziele erreichen. So wird die Verzögerung der Klimaveränderung durch CO2-Reduktion neben unseren Verhaltensänderungen auch technische Unterstützung z. B. durch Umbau unserer Landwirtschaft und Verkehrssysteme benötigen.
Grund genug, die noch nicht realisierten Potenziale unserer Forschung genauer zu analysieren.
Die großen Forschungsziele
Eine demokratische Gesellschaft hat das Recht und die Pflicht zu benennen, in welchen Bereichen sie welche Fortschritte