Ein faschistischer Diktator. Adolf Hitler – Biografie
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Über dieses E-Book
Kein Zweifel, Adolf Hitler war ein verbohrter Ideologe, dessen politisches Handeln von Rassismus und extremem Judenhass geprägt war. Zugleich aber konnte der faschistische Diktator durchaus anpassungsfähig sein und realpolitisch handeln. Tatsächlich handelte der Versager aus Österreich oft strategisch. Er kopierte das faschistische System seines Vorbildes Benito Mussolini in entscheidenden Punkten, bevor er es freilich zu einem totalitären Faschismus ausbaute und das Dritte Reich in den Holocaust und den Zweiten Weltkrieg führte.
Wolfgang Schieder, der große Historiker des deutschen Nationalsozialismus und italienischen Faschismus, gewinnt dem Rätsel Hitler in dieser neuen Biografie überraschend neue Akzente ab und zeigt, dass manche von Adolf Hitlers Entscheidungen in einem anderen Licht zu sehen sind.
- Eine knappe Biografie Adolf Hitlers auf höchstem Niveau und mit neuen Akzenten
- Der deutsche Diktator so tiefgründig und verständlich wie noch nie dargestellt
- Die dunkelste Zeit und der verhängnisvollste Akteur der deutschen Geschichte im Brennpunkt
- Von einem der erfahrensten Historiker des deutschen und italienischen Faschismus
- Wolfgang Schieder ist Ehrendoktor der Universität Bologna und Träger des Verdienstkreuzes 1. Klasse der Bundesrepublik Deutschland
Die Hitler-Biografie für die Zukunft
Adolf Hitler muss als Extremausbildung des faschistischen Diktators gesehen werden. Das Interesse an neuen Antworten auf die Fragen, wie sein Aufstieg möglich war und wie er die wohl verhängnisvollste Diktatur der europäischen Geschichte errichten konnte, wird nicht aufhören.
Je umfangreicher die Biografien über Hitler jedoch wurden, desto weniger können sie mit ihrer enormen Materialfülle noch wirklich rezipiert werden. Eine knappe Biografie, getragen von der ganzen Erfahrung eines langen Forscherlebens und auf dem allerneusten Stand der Forschung, war deshalb überfällig. Eine Meisterleistung, an der in Zukunft keiner vorbeikommt.
Wolfgang Schieder
Dr. Dr. h.c. Wolfgang Schieder ist em. Professor für Neuere und Neueste Geschichte an der Universität zu Köln.
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Ein faschistischer Diktator. Adolf Hitler – Biografie - Wolfgang Schieder
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.de abrufbar.
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wbg Theiss ist ein Imprint der wbg.
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Die Herausgabe des Werkes wurde durch die Vereinsmitglieder der wbg ermöglicht.
Lektorat: Sophie Dahmen, Karlsruhe
Satz: Arnold & Domnick, Leipzig
Umschlagabbildung: Adolf Hitler, Porträt © akg-images
Umschlaggestaltung: Andreas Heilmann, Hamburg
Gedruckt auf säurefreiem und alterungsbeständigem Papier
Besuchen Sie uns im Internet: www.wbg-wissenverbindet.de
ISBN 978-3-8062-4569-1
Elektronisch sind folgende Ausgaben erhältlich:
eBook (PDF): ISBN 978-3-8062-4599-8
eBook (epub): ISBN 978-3-8062-4600-1
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Innentitel
Inhaltsverzeichnis
Informationen zum Buch
Informationen zum Autor
Impressum
Inhalt
Zur Einführung: Probleme einer Biografie Adolf Hitlers
I. Unstete frühe Jahre 1889–1918
Verkorkste Kindheit
Eingebildeter Künstler. Wien 1908–1913
Verbummelte Jahre. München 1913 / 14
Jahre im Krieg 1914–1918
II. Einstieg in die Politik 1918–1924
Politische Anfänge
Der politische Massenredner
Im Kreis von Bewunderern
Hitler privat: die Frauen
Führer einer völkischen Splitterpartei: die DAP
Der Hitler-Ludendorff-Putsch vom 9. November 1923
Mein Kampf – autobiografische Propaganda
III. Weg an die politische Macht 1925–1933
Politischer Neuanfang nach der Haft in Landsberg
Nationalsozialistischer Personenkult um den ›Führer‹
Politische Doppelstrategie
Auf dem Weg zur politischen Machtübernahme
Die Rolle Hindenburgs
Die Reichstagswahlen vom 14. September 1930
Wiederwahl Hindenburgs zum Reichspräsidenten
Papen und Schleicher. Die Wegbereiter
Die Reichstagswahlen vom 31. Juli und 6. November 1932
Der 30. Januar 1933 I: Die Mehrheit im Reichstag
Der 30. Januar 1933 II: Die Drohung mit Gewalt
IV. Durchsetzung der Diktaturherrschaft 1933–1939
Hitlers politischer Stil
Gelenkte Reichstagswahlen am 5. März 1933
Der Tag von Potsdam
Die Diktaturgesetze
Die Methode der ›Gleichschaltung‹
Kampf gegen die christlichen Kirchen
Terror der SA
Der doppelte Gewaltstreich 1934
Unterordnung der Reichswehr
Beginn der organisierten Judenverfolgung
Hitlers politisches Diktatursystem
Nationalsozialistische Massenorganisationen
Der ›Führer‹ der Volksgemeinschaft
Hitlers Wirtschaft für den Krieg
Anfänge einer neuen Außenpolitik
Hitler und Mussolini
Der ›Anschluss‹ Österreichs
Die Zerstörung der Tschechoslowakei
V. Auslösung und Scheitern imperialistischer Vernichtungskriege
Utopien der kriegerischen Expansion
Der Überfall auf Polen
Krieg gegen Frankreich und England
Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion
Niederlage von Stalingrad
Die Folgen von ›Stalingrad‹
Hitlers Imperium
Die Vernichtung der Juden Europas
Der Widerstand gegen Hitler
Das trostlose Ende
VI. Hitler heute
Anmerkungen
Quellen und Literatur
Bildnachweis
Personenverzeichnis
Zur Einführung: Probleme einer Biografie Adolf Hitlers
1
Über Adolf Hitler sind schon viele Biografien geschrieben worden, und das wird wahrscheinlich auch weiterhin der Fall sein.
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Zu rätselhaft ist es nach wie vor, dass ein intellektuell mittelmäßig begabter Mann, der die Schule nicht zu Ende gebracht hatte und zweimal an der Aufnahmeprüfung einer Kunsthochschule gescheitert war, einen solchen politischen Aufstieg erleben konnte. Wie war es möglich, dass er, als Ausländer in Deutschland ohne einflussreichen familiären oder institutionellen Hintergrund und ohne politische Beziehungen, die alleinige politische Führung des Landes übernehmen und Millionen Menschen zur Zerstörung einer demokratischen Republik und zum Errichten einer faschistischen Diktatur bringen konnte? War er aufgrund einer massenwirksamen Ideologie erfolgreich, oder lag seine Stärke mehr in der Umsetzung seiner Ideen in praktische Politik? Oder kam er nur zum Zuge, weil andere glaubten, ihn für ihre politischen Zwecke benutzen zu können, von ihm aber ausgespielt werden konnten? Und schließlich: Lag es an den Deutschen, die den Weg in die Demokratie im Vergleich zu großen Teilen Europas verspätet angetreten hatten, dass sie sich vorschnell wieder von dieser verabschiedeten?
Alle diese Fragen lassen sich nicht allein mit einer Biografie Hitlers beantworten, aber mit Sicherheit auch nicht ohne eine solche. Ohne Hitler ist die deutsche Geschichte im 20. Jahrhundert nicht zu begreifen, jedenfalls nicht in ihren Untiefen. Jede Hitlerbiografie trägt daher nicht nur dazu bei, Hitlers Lebensweg, sondern die Geschichte Deutschlands im 20. Jahrhundert als Ganze besser zu verstehen. Das bedeutet nicht, dass dieser Lebensweg neuerlich in allen Einzelheiten nachverfolgt werden muss, auch wenn dies lange Zeit nur selten in wissenschaftlich anspruchsvollen Biografien wie denen von Alan Bullock und Joachim C. Fest geschehen ist.
3
Erst seit der Wende zum 21. Jahrhundert sind die großen Biografien von Ian Kershaw, Peter Longerich, Wolfram Pyta und Volker Ullrich erschienen, denen sich der Verfasser verpflichtet fühlt.
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Weiter führen aber auch problemorientierte Interpretationen der Biografie Hitlers, wie sie von Sebastian Haffner, Hans-Ulrich Thamer oder Thomas Sandkühler vorgelegt worden sind.
5
Ähnlich wie diese analytisch geschriebenen Biografien soll sich auch die vorliegende besonders auf bestimmte Problemstellungen im Leben Hitlers konzentrieren und darauf Antworten zu geben versuchen.
So gehört es seit jeher zu den zentralen Fragen der Hitlerbiografik, ob und inwieweit Hitlers Politik einem festen ›Programm‹ gefolgt ist. In frühen Darstellungen wurde dies grundsätzlich bestritten und Hitlers Politik als rein opportunistisch, wenn nicht gar nihilistisch angesehen.
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Diese Interpretationen beruhten freilich noch auf einer unzureichenden Quellenkenntnis. Seit der Entdeckung von Hitlers sogenanntem Zweiten Buch
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und der Erschließung zahlreicher Quellen aus seiner frühen Lebenszeit ist dagegen die Auffassung vorherrschend,
8
dass er seit seinem Einstieg in die Politik nach einem politischen ›Programm‹ vorgegangen sei.
9
Dabei wird häufig vergessen, dass es sich bei Hitlers autobiografischen Äußerungen, angefangen bei Mein Kampf, mehr oder weniger um Ausführungen handelt, die von Hitler absichtlich so geschrieben wurden, dass sie im Grunde mehr verbergen als über ihn aussagen sollten. Das zeigt sich schon daran, dass es über wichtige Ereignisse in seinem Leben überhaupt keine Informationen von Hitler selbst gibt, andere dagegen bewusst falsch dargestellt werden. Das bedeutet aber natürlich nicht, dass Mein Kampf nicht kritisch benutzt werden kann, zumal nicht, wenn es kaum andere autobiografische Quellen von ihm gibt.
Auch wenn man berücksichtigt, dass Hitler keinen Wert auf »begriffliche Präzision« legte,
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besteht kein Zweifel, dass er den Begriff eines ›Programms‹ für sein politisches Denken ablehnte.
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Der Terminus war für ihn wegen der Parteiprogramme demokratischer Parteien negativ konnotiert. Er machte sich mit hämischen Bemerkungen darüber lustig, dass diese ständig verändert würden, weil sie dadurch in seinen Augen nie eine verbindliche Gültigkeit gewinnen könnten.
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Für seine politische Programmatik nahm er den Begriff der »Weltanschauung« in Anspruch. Statt von »Weltanschauung« sprach er auch von »Weltauffassung«, »politischem Glauben«, »Politischem Glaubensbekenntnis« oder von »Parteigrundsätzen«.
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Er wollte damit zum Ausdruck bringen, dass seine ›Weltanschauung‹ im Unterschied zu demokratischen ›Programmen‹ eine Art von Ewigkeitscharakter habe. Das muss man ihm selbstverständlich so nicht abnehmen. Was er mit dieser Behauptung erreichen wollte, war eine persönliche Verfügungsgewalt in ideologischen Fragen.
In dieser Biografie wird deshalb nicht davon ausgegangen, dass Hitler einer umfassenden politischen Ideologie gefolgt ist. Er ist nicht mit Lenin oder gar Stalin zu vergleichen, die, orientiert an der Geschichtsphilosophie von Karl Marx, in ihrem politischen Handeln einer systematisch explizierten Ideologie gefolgt sind. In gewissem Sinne war es bei ihm umgekehrt: Ungeachtet aller ideologischen Festlegungen stand bei ihm immer die Umsetzung bestimmter Grundsätze in die politische Praxis im Vordergrund. Ihm kam es nicht nur auf die Inhalte, sondern vielmehr auch auf die »organisatorische Erfassung einer Weltanschauung« an.
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Nur »in der begrenzten und damit zusammenfassenden Form einer politischen Organisation« könne »eine Weltanschauung kämpfen und siegen«.
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Eine politische ›Weltanschauung‹ als abstrakte Ideologie war ihm fremd, er sah sie immer zugleich in Verbindung mit politischer Praxis. Nicht zufällig war das erste Kapitel des zweiten Bandes von Mein Kampf mit »Weltanschauung und Partei« überschrieben.
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Sein ideologischer Gewährsmann dafür war Benito Mussolini, der Begründer des italienischen Faschismus, dessen ›Marsch auf Rom‹ vom 28. Oktober 1922 er immer wieder als »Wendepunkt in der Geschichte« bezeichnet hat.
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Mussolini fühlte sich in erster Linie als Mann der Tat, die Ideologie war für ihn nur nachgelagert.
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So eindeutig kann das für Hitler zwar nicht behauptet werden, aber es steht fest, dass er, wie zu zeigen ist, seine ideologischen Anschauungen durchaus realpolitischem Handeln unterordnen konnte, wenn ihm das opportun erschien. Man sollte hier nicht von bloßer Taktik oder absichtlicher Verschleierung sprechen, denn für Hitler waren kurzfristig getroffene politische Entscheidungen kein Widerspruch zu langfristig angelegten ideologischen Zukunftsvorstellungen.
Es ist deshalb von folgenden Überlegungen auszugehen:
Zum Ersten ist festzustellen, dass Hitler nicht nur ein dogmatischer Ideologe, sondern in vielerlei Hinsicht durchaus ein pragmatischer Politiker war. Er fühlte sich seit seinem Eintritt in die Politik zweifellos einer hochideologisierten ›Weltanschauung‹ verpflichtet‚ gleichzeitig war er jedoch zu einem realpolitischen Handeln fähig, das durchaus nicht mit dieser übereinstimmen musste. Nur so ist zu erklären, dass er nach dem Scheitern seines Putsches von 1923 eine Doppelstrategie der politischen Praxis entwickelte, bei der er einen realpolitischen Legalitätskurs mit einer potenziell revolutionären Praxis verband, welche die Existenz der Weimarer Republik infrage stellte. Mit dieser Doppelstrategie ist er, wie zu zeigen ist, 1933 an die Macht gekommen, ohne dass dabei seine ideologischen Fernziele eine größere Rolle spielten. Er verfolgte vielmehr eine politische Praxis, bei der die Anpassung an das parlamentarische System der Weimarer Republik mit der unterschwelligen Drohung verbunden war, mithilfe der antiparlamentarischen Massenbewegung des Nationalsozialismus auch einen revolutionären Umsturz vollziehen zu können.
Das politisch eigentümliche Diktaturregime, das von ihm nach seiner Machtübernahme unter dem Siegel der ›Gleichschaltung‹ mehr oder weniger zwangsweise durchgesetzt wurde, kann zum Zweiten als ›faschistisch‹ bezeichnet werden.
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Hitler orientierte sich dabei an dem von Benito Mussolini in Italien erfundenen politischen System. Wie das faschistische Regime des ›Duce‹ beruhte auch das NS-Regime bei seiner Entstehung 1933 auf einem Herrschaftskompromiss, in Hitlers Fall zwischen der nationalsozialistischen Bewegung und dem nationalkonservativen Establishment Deutschlands. Hitler konnte nach faschistischem Vorbild eine persönliche Führerherrschaft aufbauen, bei der er von beiden Machtzentren politisch getragen wurde. Diese genuin faschistische Phase der Diktatur Hitlers endete im Prinzip schon mit dem Tod des Reichspräsidenten Hindenburg am 2. August 1934, endgültig aber 1937 mit der Unterwerfung der Wehrmacht unter seine Führerherrschaft. Während Mussolini stets mit König Viktor Emanuel III. rechnen musste, der ihn 1943 auch abgesetzt hat, hatte Hitler nach dem Tod des Reichspräsidenten freie Bahn, seine faschistische Diktatur zu einem totalitären Regime auszubauen. Man kann deshalb ab diesem Zeitpunkt von einem totalitären Faschismus sprechen.
Wie Mussolini beanspruchte Hitler drittens, mit seiner Bewegung nicht nur einem einzigen sozialen Milieu verpflichtet, sondern gesamtgesellschaftlich orientiert zu sein. Er benutzte dafür den im völkischen Milieu schon lange bekannten Begriff der »Volksgemeinschaft«, dem er jedoch einen doppelten Sinn gab. Der Begriff sollte einerseits eine solidarische Einheit aller ›Volksgenossen‹ simulieren, die alle Klassen- und Standesschranken überwinden würde.
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Zu zeigen ist jedoch, dass er für Hitler auch ein politischer Kampfbegriff war, auf dessen Grundlage vorgeblich ›Gemeinschaftsfremde‹ gewaltsam von der Mehrheitsgesellschaft ausgeschlossen und erbarmungslos verfolgt wurden.
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Mit der Schaffung der ersten Konzentrationslager entstand schon früh eine Institution, mit deren Hilfe die Ausgrenzung aus der ›Volksgemeinschaft‹ vollzogen werden konnte.
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Heinrich Himmler fand hier für seine SS seit 1934 und nochmals verstärkt seit 1938 die makabre Aufgabe, als Wachverband sowie schließlich als Handlanger des Massenmordes in den nationalsozialistischen Vernichtungslagern im besetzten Polen tätig zu werden.
Besonders hervorzuheben ist viertens, dass Hitlers persönliche Diktatur von Anfang an kriegsorientiert war. Die Wehrmacht wurde, neben der Partei, von Hitler zielbewusst zur zweiten Säule seiner Diktatur ausgebaut. Nicht zufällig wurde der Eingang zu Hitlers Neuer Reichskanzlei von zwei überlebensgroßen Plastiken des nationalsozialistischen Hofkünstlers Arno Breker eingefasst, welche die NSDAP und die Wehrmacht symbolisierten. Die von Hitler wahrscheinlich im August 1936 verfasste »Denkschrift zum Vierjahresplan«, in welcher er praktische wirtschaftspolitische und militärpolitische Anweisungen für einen kommenden Krieg gab, muss als zentraler politischer Text des Diktators Hitler angesehen werden.
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Er sah seine persönliche Diktatur dadurch als gesichert an, dass er in geradezu bonapartistischer Manier durch ständige militärische Siege die Zustimmung der Bevölkerung aufrechtzuerhalten suchte. Um seine Kriege zu führen, brauchte er andererseits die Mitwirkung der Bevölkerung. Die Deutschen kriegsbereit zu machen, war deshalb für ihn ein zentrales politisches Anliegen.
Wie fünftens zu zeigen ist, war die Entfaltung seiner Diktatur nicht allein Hitlers Werk. Als faschistischer Diktator hatte er seit seiner Machtübernahme in allen zentralen politischen Fragen zweifellos die alleinige Gewalt über endgültige Entscheidungen. Die Durchsetzung seiner persönlichen Diktatur war ihm jedoch nur möglich, weil er mit Göring, Goebbels, Himmler, Heß, Bormann, Ribbentrop und einigen anderen Komplizen einen ihm vollständig ergebenen Clan von engen Gefolgsleuten um sich scharen konnte, der ihm selbsttätig ›zuarbeitete‹.
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Diese Gefolgsleute setzten sein oberstes Führerprinzip nach unten fort, indem sie ihrerseits loyale Vertrauensleute rekrutierten. Das gilt etwa für Himmlers Satrap Reinhard Heydrich, Görings Adlatus Paul Körner, Goebbels’ obersten Kulturfunktionär Hans Hinkel oder Ribbentrops Vertrauensmann beim ›Führer‹ Walther Hewel. Diese NS-Führer der dritten Reihe waren untereinander, aber auch mit Wirtschaftsführern, Militärs, Wissenschaftlern und Beamten vernetzt und ermöglichten so die Funktionsfähigkeit des NS-Regimes. Man hat deshalb auch von einer »Neuen Staatlichkeit« gesprochen.
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Zu den Gauleitern und Reichsführern der NSDAP standen sie in politischer Konkurrenz, die sie aber aufgrund der Protektion ihrer Chefs für sich zu entscheiden wussten. Ohne diesen personellen Unterbau hätte der notorisch arbeitsunwillige Hitler seine Diktaturherrschaft nicht ausüben können.
Von besonderer Bedeutung ist zum Sechsten, dass ein großer Teil der konservativen und nationalliberalen Eliten in Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur sich mit erstaunlichem Tempo dem faschistischen System des Führerstaates angepasst hat. Bei der Darstellung der Biografie Hitlers ist daher davon auszugehen, dass das ›Dritte Reich‹ sich zu einer Gesellschaft des vorauseilenden Gehorsams entwickelte. So wie Hitler in den Zwanzigerjahren von seinen damaligen Trabanten zum ›Führer‹ der nationalsozialistischen Bewegung gemacht worden war, war seine Entwicklung zum persönlichen Diktator in den Dreißigerjahren das politische Gemeinschaftsprodukt einer nationalsozialistischen Führungsschicht, die mit der nationalkonservativen Elite erstaunlich schnell verschmolz. Das bedeutet nicht, dass Hitler deswegen ein ›schwacher Diktator‹ gewesen ist.
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Aber er war, wie gezeigt werden soll, durchaus ein entscheidungsschwacher Diktator. Zwar hatte er extreme Zukunftspläne, neigte aber im politischen Alltag häufig dazu, die Dinge eher schleifen zu lassen. Im Grunde scheute er es, seinen Regierungsaufgaben nachzukommen. Bis zum Kriegsbeginn zog er sich, so oft er nur konnte, in seinen ›Berghof‹ bei Berchtesgaden zurück, wo er einen ›Hofstaat‹ um sich scharte, in dessen Kreis er sich vollkommen entspannen konnte.
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Im Krieg mutierte er auch deshalb zum Feldherrn, weil er sich in seinen militärischen Hauptquartieren weniger um routinemäßige politische Entscheidungen kümmern musste und sich daher ganz seiner angemaßten militärischen Führungsrolle hingeben konnte.
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Hitlers gelegentliche Entscheidungsschwäche verhinderte jedoch nicht, dass er mit ungeheurer Brutalität zuschlagen konnte, wenn er sich einmal zu etwas durchgerungen hatte. Fast scheint es so, als ob er seine Entscheidungsschwäche oftmals durch eine übersteigerte Härte kompensieren wollte. Die Feststellung seines gelegentlichen Zögerns bei wichtigen Entscheidungen darf also nicht so interpretiert werden, dass er deshalb am Ende je zu milden Entschlüssen gekommen wäre. Das Gegenteil war der Fall. Es ist allerdings bezeichnend, dass er sich scheute, die Folgen zentraler Entscheidungen persönlich zur Kenntnis zu nehmen. So hat Hitler, anders als Himmler, nie eines der Vernichtungslager im besetzten Polen besucht, in denen er die europäischen Juden ermorden ließ, ja, er war noch nicht einmal in Dachau, Buchenwald oder einem anderen der Konzentrationslager in Deutschland. Die Drecksarbeit, die anzuordnen der Diktator jedoch nie Probleme hatte, ließ er stets andere machen.
Zu fragen ist schließlich siebtens, ob Hitler nicht eine Reihe von für ihn glücklichen Zufällen dabei geholfen hat, nach seiner Machtübernahme in kurzer Zeit eine faschistische Diktatur herstellen zu können. Ein glücklicher Zufall war es schon für ihn, dass nicht er, sondern sein Mitstreiter Scheubner-Richter, bei dem er sich eingehängt hatte, am 9. November 1923 vor der Münchner Feldherrnhalle von einer Kugel tödlich getroffen worden ist. Nicht nur die deutsche, auch die europäische und vielleicht sogar die globale Geschichte hätte anders verlaufen können, wenn er damals gestorben wäre. Dass er 1939 kurz vor seiner Entfesselung des Weltkriegs dem Attentat des einsamen Widerstandskämpfers Georg Elser entgangen ist, war für ihn zweifellos ein ähnlicher Glücksfall, den er blasphemisch einer imaginären »Vorsehung« zuschrieb. Dass er diesen Begriff ständig benutzt hat, beweist nicht, wie häufig behauptet wird, dass es sich bei seiner Ideologie um eine politische Religion handelte. Es zeigt im Gegenteil, dass er sich damit gerade von religiösen Begriffen wie ›Dogma‹ oder ›Glauben‹ absetzen wollte.
Dass er nach seiner Machtübernahme einige politische Zufälle entschlossen ausnutzte, erlaubte es ihm, wie zu zeigen ist, seine diktatorische Herrschaft beschleunigt auszubauen. Das galt als Erstes für den Reichstagsbrand vom 27. Februar 1933, der von ihm zu einer gesetzlichen Verordnung ausgenutzt werden konnte, die das Ende der Demokratie einleitete.
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Der Tod Hindenburgs, obwohl absehbar, lieferte Hitler am 2. August 1934 die Möglichkeit, das Amt des Reichspräsidenten auf verfassungswidrigem Wege zu usurpieren. Nicht vorhersehbar war dagegen, dass sich die Heirat des Kriegsministers Werner v. Blomberg 1937, bei der Hitler Trauzeuge gewesen war, als standeswidrig herausstellte.
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Hitler konnte das aber dazu nutzen, nicht nur Blomberg, sondern unter einem Vorwand auch gleich noch den Oberbefehlshaber des Heeres, Generalleutnant Werner Freiherr von Fritsch, zu entlassen und selbst die Führung der Truppe zu übernehmen. Auch das überraschende Attentat auf einen deutschen Diplomaten in Paris durch einen jungen jüdischen Attentäter konnte schließlich von Hitler propagandistisch für das zuvor nicht geplante barbarische Pogrom gegen die deutschen Juden am 9. November 1938 ausgenutzt werden.
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Selbstverständlich soll damit nicht behauptet werden, dass Hitler die repressiven Maßnahmen nicht getroffen hätte, wenn das diese zufälligen Ereignisse nicht ermöglicht hätten. Wohl aber lassen Hitlers gewalttätige Reaktionen erkennen, dass sein Weg in die Diktatur nicht Schritt für Schritt planmäßig, sondern durchaus aufgrund situativer Entscheidungen erfolgt ist.
I. Unstete frühe Jahre 1889–1918
Verkorkste Kindheit
Seiner Herkunft nach war in keiner Weise zu erwarten, dass Hitler einmal in die Politik gehen und zu einem der gefürchtetsten Politiker seiner Zeit werden könnte. Alle Versuche, seinen erstaunlichen Lebensweg aus seiner regionalen Herkunft, seiner familiären Prägung oder seiner mangelnden schulischen Ausbildung zu erklären, sind gescheitert. Es waren eher zufällige Umstände, die ihn in die Politik führten, die er freilich entschlossen wahrzunehmen wusste.
Am 20. April 1889 in Braunau am Inn an der unmittelbaren Grenze von Österreich-Ungarn zum Deutschen Reich geboren, fühlte Adolf Hitler sich früh als Großdeutscher.
1
Er unterschied sich darin nicht von anderen führenden Nationalsozialisten, die im Ausland geboren worden sind, so etwa von Alfred Rosenberg, Rudolf Heß, Ernst Wilhelm Bohle oder Walter Darré und, aufgrund des kolonialen Berufswegs seines Vaters, auch Hermann Göring. Der Geburtsort als solcher war für Hitler jedoch nicht prägend, da er mit seinen Eltern schon bald nach seiner Geburt mehrmals umziehen musste – zunächst nach Passau und schließlich in die Nähe von Linz. Dass sein Geburtsort zu einer nationalsozialistischen Gedenkstätte wurde, wie Predappio in Italien für Mussolini, hat er deshalb bezeichnenderweise verhindert.
Soweit dies mangels einer zweifelsfreien Überlieferung überhaupt aufzuklären ist, geht aus seiner verworrenen, im Grunde aber in der Zeit nicht ganz ungewöhnlichen Familiengeschichte hervor, dass Hitlers Vater Alois in dritter Ehe mit seiner Cousine Klara Pölzl verheiratet war.
2
Der Vater scheint, wenn man Hitlers Abrechnung in Mein Kampf Glauben schenken kann, ein autoritärer Familientyrann gewesen zu sein, womit er sich freilich seinerzeit entgegen Hitlers Darstellung kaum von anderen Vätern seiner sozialen Schicht unterschieden haben dürfte. Alois Hitler war als »Zollamts-Oberoffizial« ein mittlerer österreichischer Beamter, der es sich aber immerhin leisten konnte, sich 1895 bei seiner Pensionierung als Alterssitz einen Bauernhof und drei Jahre später in Leonding, einem Dorf in der Nähe von Linz, ein Haus zu kaufen. Verbürgt ist, dass Hitler, offenkundig wegen dieses Vaters, als Kind ausgesprochen mutterfixiert war, eine Beziehung, die nach dem Tod seines Vaters 1903 noch intensiver wurde.
3
Hitlers schulische Leistungen waren insgesamt mäßig, was sicherlich auch durch die ständigen Umzüge bedingt war, die er als Jugendlicher mitmachen musste. In der Volksschule in Leonding fiel ihm das Lernen noch leicht. In Mein Kampf sprach er später davon, dort »glückselige Jahre« verbracht zu haben.
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Als er im September 1900 in die staatliche Realschule in Linz kam, war es mit der Leichtigkeit des Lernens jedoch vorbei. Er entwickelte sich zu einem ausgesprochen aufsässigen Schüler, der es ablehnte, die von ihm geforderten Leistungen zu erbringen. Schon nach dem ersten Realschuljahr blieb er sitzen und musste die Klasse wiederholen. In Mein Kampf hat er seinen Leistungsabfall auf die Konflikte mit seinem Vater zurückgeführt,
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doch scheint seine Renitenz eher pubertär bedingt gewesen zu sein. Das wird dadurch belegt, dass seine schulischen Leistungen nach dem Tod des Vaters keineswegs besser wurden. 1903 / 04 wurde er nur noch unter der Bedingung versetzt, dass er in eine andere Schule wechseln würde. Er musste deshalb als Pensionsschüler auf die 80 Kilometer entfernte Internatsschule in Steyr gehen, in der er, von Heimweh geplagt, erneut nur schlechte Leistungen erbrachte und 1905 wiederum vom Sitzenbleiben bedroht war. Seine Mutter nahm ihn daraufhin unter einem Vorwand von der Schule. Beginnend mit dem sechzehnten Lebensjahr verbrachte Hitler daraufhin bis 1907 zwei Jahre in Linz als dandyhafter Schulabbrecher. Diese Zeit bezeichnete er selbst in Mein Kampf rückblickend als »Hohlheit des gemächlichen Lebens«.
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Erstmals konnte er seine vermeintliche Begabung als Künstler ausleben, die darin bestand, Berge von Architekturzeichnungen zu produzieren, welche den städtebaulichen Umbau von Linz zum Thema, mit künstlerischer Produktivität jedoch wenig zu tun hatten.
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Wie wir von August Kubizek wissen, mit dem sich Hitler in Linz angefreundet hatte, entdeckte Hitler in Linz die Musik Richard Wagners, dessen Opern er im provinziellen Landestheater begeistert besuchte.
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Ursprünglich scheint er sich tatsächlich nur an der Musik Wagners berauscht zu haben. Wegen seines notorischen Antisemitismus konnte der Meister für ihn jedoch später zum deutschen Vorzeigekünstler werden. Dass er tatsächlich auch alles las, »was an biographischer Literatur über Wagner zu bekommen war«, ist eher zu bezweifeln.
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Hitler hatte es nicht gelernt, Bücher genau zu lesen. Er pickte sich jeweils einzelne Informationen heraus, wobei er die Bücher nur kursorisch und von hinten her las.
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Eingebildeter Künstler. Wien 1908–1913
Der Schulabbruch hatte zur Folge, dass Hitler wegen des fehlenden Abiturs kein Universitätsstudium und keinen akademischen Beruf ergreifen konnte. Von seiner Begabung überzeugt, strebte er aber eine künstlerische Ausbildung an der Wiener Akademie für Bildende Künste an. Nachdem er jedoch Anfang 1907 nach Wien übergesiedelt war, erkrankte seine Mutter schwer an Brustkrebs, einer damals besonders qualvollen Erkrankung, an der sie Ende des Jahres mit erst 47 Jahren verstarb. Hitler übernahm aufopferungsvoll ihre Pflege, angeleitet von dem Hausarzt Dr. Eduard Bloch. Dass dieser ein bekennender Jude war, störte ihn nicht, er brachte ihm vielmehr großes Vertrauen entgegen und ließ ihn noch 1940 mit seiner Frau emigrieren.
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Da die Aufnahmeprüfungen an der Akademie in dieser Zeit stattfanden, unterbrach Hitler im September 1907 die Pflege seiner Mutter, um sich zu bewerben. Er war felsenfest davon überzeugt, die Prüfungen zu bestehen, zumal nachdem er aufgrund der mitgebrachten Zeichnungen zu einem Probezeichnen zugelassen worden war. In dem strengen Prüfungsverfahren wurden jedoch nur 28 von 112 Kandidaten zum Studium zugelassen. Hitler gehörte nicht zu ihnen. Die Prüfer stellten zweifellos zu Recht fest, dass er nur für Architekturzeichnungen ein gewisses Talent habe. In ihrer ablehnenden Bewertung hieß es lapidar: »Probez(eichnung) ungenügend, wenig Köpfe«.
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Für Hitler war dies ein »jäher Schlag aus heiterem Himmel«.
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Dass der Rektor der Akademie ihn auf seine Fähigkeiten in der Architektur hinwies, war für ihn ein geringer Trost, da er für diesen Berufsweg nicht die schulischen Voraussetzungen besaß. Wenn er noch in Mein Kampf behauptete, seitdem gleichwohl gewusst zu haben, »dass ich einst Baumeister werden würde«,
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so war das reiner Selbstbetrug. Tatsächlich ging er daran, sich erneut auf eine Aufnahme in die Malerklasse der Akademie vorzubereiten. Wie sich allerdings zeigen sollte, hat der Akademiedirektor recht behalten. Obwohl Hitler später selbst auf Parteitagen ständig über Kunst schwadronierte, beschränkte sich seine eigene künstlerische Produktion auf simple Architekturzeichnungen von gigantischen Fantasiebauten.
Obwohl Hitler im Grunde keine Chance mehr hatte, seine vagen künstlerischen Berufsziele zu verwirklichen, übersiedelte er im Februar 1908 endgültig nach Wien, wohl in der Hoffnung, sich dort doch noch als Kunstmaler betätigen zu können, jedenfalls eher als im provinziellen Linz. Seine hochfliegenden Pläne ließen sich jedoch auch dort nicht verwirklichen. Beschönigend hat er die fünf Jahre, die er von 1908 bis 1913 in Wien verbrachte, als »die schwerste, wenn auch gründlichste Schule meines Lebens« bezeichnet: »Ich hatte die Stadt einst betreten als halber Junge noch und verließ sie als still und ernst gewordener Mensch.«
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Den Tiefpunkt seiner Wiener Zeit erreichte er ohne Frage, als sein zweiter Versuch, die Aufnahmeprüfung an der Akademie zu bestehen, im September 1908 schon im Vorfeld abgelehnt wurde. Nach der Erinnerung seines Freundes Kubizek reagierte er darauf mit wüsten Beschimpfungen: »Diese Akademie, lauter alte, verkrampfte, verzopfte Staatsdiener, verständnislose Bürokraten, stupide Beamtenkreaturen! Die ganze Akademie gehört in die Luft gesprengt!«
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Tatsächlich war er ganz unten angelangt. Ohne jede Berufsausbildung und ohne Zukunftsperspektive, stand er mehr oder weniger mittellos da. Das mütterliche Erbe von 2000 Kronen, das er sich mit seiner Schwester Paula teilen musste, dürfte aufgebraucht gewesen sein. Auch mehrere kleine Darlehen, die er von einer Tante erhielt, halfen ihm nicht lange weiter.
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Sein väterliches Erbe von 652 Kronen war bis zu seinem 24. Geburtstag gesperrt. Es blieb ihm nicht einmal die vollständige Waisenrente von 50 Kronen, da er diese zur Hälfte zu Unrecht bezogen hatte. Wovon er zwischen 1909 und 1913 eigentlich gelebt hat, ist deshalb unklar. Er beklagte sich in Mein Kampf zwar später wortreich über sein elendes Leben in diesen Jahren, konkrete Angaben dazu machte er jedoch nicht. Allem Anschein nach hat er aber Einrichtungen der Armenfürsorge wie Suppenküchen, Wärmestuben und Obdachlosenasyle nutzen müssen.
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Später erwähnte er lediglich, dass er zeitweise als Hilfsarbeiter auf dem Bau gearbeitet habe, was aufgrund seiner schmächtigen Statur jedoch von der Forschung, vielleicht zu Unrecht, angezweifelt wird.
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Verbürgt ist aber, dass Hitler im Herbst 1909 in einem riesigen, für etwa 1000 Personen eingerichteten Obdachlosenasyl im Wiener Stadtteil Meidling die Bekanntschaft mit Reinhold Hanisch, einem vorbestraften Stadtstreicher, gemacht hat.
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Dieser kam offenbar auf die Idee, dass Hitler Ansichtskarten mit Wiener Motiven abmalen und an öffentlichen Orten als originale Bilder verkaufen könnte. Von dem Erlös scheinen die beiden Geschäftspartner so gut gelebt zu haben, dass sie aus dem Obdachlosenasyl in ein vergleichsweise komfortables Männerheim im Stadtteil Brigittenau umziehen konnten, wo Hitler über drei Jahre bis Mai 1913 bleiben sollte. Über diese Lebenszeit Hitlers ist wenig bekannt, bemerkenswert ist jedoch,