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Handbuch der Schwerbehindertenvertretung: Das Praxishandbuch für die SBV
Handbuch der Schwerbehindertenvertretung: Das Praxishandbuch für die SBV
Handbuch der Schwerbehindertenvertretung: Das Praxishandbuch für die SBV
eBook453 Seiten4 Stunden

Handbuch der Schwerbehindertenvertretung: Das Praxishandbuch für die SBV

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Über dieses E-Book

Erfolg im Arbeitsalltag mit fundiertem Wissen: Das Buch ist Ihr umfassendes Handbuch für alle Aspekte des Schwerbehindertenrechts und die Zusammenarbeit der SBV mit internen und externen Partnern. Es vereint sowohl die neuesten rechtlichen Vorgaben als auch jahrelange Praxiserfahrung des Autors als Rechtsanwalt sowie als Referent für Schwerbehindertenvertretungen.

Warum dieses Buch für Sie unverzichtbar ist:

•Geballtes Expertenwissen: Erhalten Sie einen tiefen Einblick in die Rechte und Pflichten der Schwerbehindertenvertretung und entdecken Sie Handlungsempfehlungen von staatlichen Stellen, Stiftungen und Vereinen.
•Praktischer Nutzen: Die umfassende Darstellung aller für die SBV relevanten Themen unterstützt Sie direkt und effizient bei Ihren täglichen Herausforderungen.
•Starke Zusammenarbeit fördern: Erfahren Sie, wie Sie Ihre Rechte gegenüber dem Arbeitgeber durchsetzen und wie Sie mit internen und externen Partnern, wie z.B. Betriebsrat und Integrationsamt, effektiv zusammenarbeiten.
•Wichtige Hilfestellungen: Nutzen Sie Hinweise zur Inklusionsvereinbarung und zum BEM, zur Beantragung der Feststellung der Schwerbehinderung und Gleichstellung und zu vielen weiteren relevanten Themen.
•Schützen und Fördern: Lernen Sie, wie Sie Kolleginnen und Kollegen effektiv helfen und die Arbeitgeberpflichten überwachen können. Entdecken Sie, wie Sie bei der Kündigungsprävention helfen und zum Anspruch auf behinderungsgerechte Beschäftigung informieren können.
•Umfassender Rechtsüberblick: Vom Stellenbesetzungsverfahren und Kündigungsschutz, vom Urlaubsrecht und Teilzeitanspruch, vom Anspruch auf Befreiung von Mehrarbeit, vom betrieblichen Eingliederungsmanagement bis zum Reha-Recht und zur vorgezogenen Altersrente - das Buch klärt Sie umfassend über alle Rechte und Möglichkeiten auf.

Das Buch ist ein unverzichtbares Tool für alle, die im Bereich der Schwerbehindertenvertretung und des Betriebsrats tätig sind und bietet konkrete, anwendbare Lösungen für die Praxis. Steigern Sie Ihre Kompetenz und Sicherheit im Umgang mit den genannten Themen und fördern Sie aktiv eine inklusive Arbeitskultur in Ihrem Unternehmen. Nutzen Sie dieses Wissen, um eine positive Veränderung zu bewirken und Ihre Arbeit effektiv und rechtssicher zu gestalten.
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum17. Jan. 2024
ISBN9783384108883
Handbuch der Schwerbehindertenvertretung: Das Praxishandbuch für die SBV
Autor

Moritz Sandkühler

Moritz Sandkühler, geboren in Gießen und aufgewachsen in Bremen, ist Experte auf dem Gebiet des Schwerbehindertenrechts. Seine berufliche Laufbahn begann nach seiner juristischen Ausbildung, die ihn nach Deutschland, Frankreich und in die USA führte. Seit dem Jahr 2000 ist er als Rechtsanwalt in Berlin tätig und Inhaber einer renommierten Kanzlei, die mehrfach für ihre herausragende Arbeit ausgezeichnet wurde. Zuletzt erhielt sie 2023 den begehrten Titel "Social Law Firm of the Year" bei den Global Awards in der Kategorie Sozialrecht, verliehen durch das angesehene Magazin Finance Monthly. Moritz Sandkühler ist nicht nur ein erfahrener Anwalt, sondern auch ein engagierter Lehrer und Vortragender. Er hat bereits über 100 Seminare für Schwerbehindertenvertretungen und Betriebsräte gehalten, in denen er sein profundes Wissen im Schwerbehindertenrecht, Arbeitsrecht und Sozialrecht weitergibt. Seit 2006 trägt er den Titel "Fachanwalt für Sozialrecht", was seine hohe Spezialisierung auf diesem Gebiet unterstreicht. Moritz Sandkühler berät Schwerbehindertenvertretungen bei Konflikten mit Arbeitgebern und schult Inklusionsbeauftragte. Seit über einem Jahrzehnt unterstützt er Mandantinnen und Mandanten dabei, ihre Schwerbehinderung durch das Versorgungsamt feststellen zu lassen, eine vorgezogene Alters- oder Erwerbsminderungsrente zu erhalten und begleitet länger erkrankte Personen in ihren Anliegen gegenüber Behörden. Sein umfangreiches Fachwissen hat Moritz Sandkühler in seinem Buch "Handbuch der Schwerbehindertenvertretung" gebündelt. Dieses Praxishandbuch, das im Januar 2024 in der 2. Auflage veröffentlicht wurde, ist ein wertvoller Begleiter für Schwerbehindertenvertretungen. Es enthält nicht nur die aktuelle Rechtsprechung zum Schwerbehindertenrecht, sondern auch wertvolle Praxistipps aus seiner langjährigen beruflichen Erfahrung. Mit diesem Buch sind Schwerbehindertenvertretungen bestens gerüstet, ihre schwerbehinderten und gleichgestellten Kolleginnen und Kollegen zu beraten und ihnen zu helfen und um die Rechte der SBV gegenüber Arbeitgebern auf fundierte Weise zu vertreten und eine inklusive Arbeitsumgebung zu fördern.

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    Buchvorschau

    Handbuch der Schwerbehindertenvertretung - Moritz Sandkühler

    Abkürzungsverzeichnis

    1 Aufgaben der Schwerbehindertenvertretung

    Die Schwerbehindertenvertretung (SBV) vertritt die Interessen der schwerbehinderten Menschen in Betrieben und Dienststellen. Sie hilft und berät, immer mit dem Ziel vor Augen, schwerbehinderten Kolleginnen und Kollegen¹ eine angemessene und für sie passende Berufsausübung zu ermöglichen. Die Teilnahme an Bewerbungsgesprächen und die zwingende Beteiligung vor einer Kündigung von schwerbehinderten Menschen runden das Bild ab. Die SBV ist der Lotse für schwerbehinderte Menschen. Weder Behörden noch Arbeitgeber können diese Lotsenfunktion übernehmen. Häufig genug wollen sie es auch nicht.

    Die Schwerbehindertenvertretung besteht aus einer einzelnen Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen. Sie arbeitet im Gegensatz zum Betriebsrat nicht als ein aus mehreren Personen gebildetes Kollegialorgan. Nur wenn im Betrieb oder der Dienststelle wenigstens 100 schwerbehinderte Menschen beschäftigt sind, kann die Vertrauensperson den ersten Stellvertreter zu bestimmten Aufgaben heranziehen (§ 178 Abs. 1 Satz 4 SGB IX).

    Alle Aufgaben der SBV finden sich in § 178 Abs. 1 SGB IX geregelt. Bitte lest² Euch die Vorschrift in Ruhe durch. Soweit § 178 Abs. 1 SGB IX gleich im ersten Satz davon spricht, dass die SBV die Interessen schwerbehinderter Menschen im Betrieb vertritt, so ist immer mit zu denken, dass die SBV gleichzeitig auch für die gleichgestellten behinderten Menschen zuständig ist.

    Alle nachfolgend dargestellten Rechte gelten daher (mit Ausnahme des Anspruchs auf Zusatzurlaub nach § 208 SGB IX) nicht nur für die schwerbehinderten Menschen, sondern auch für die gleichgestellten behinderten Menschen.³

    Der Gesetzgeber hat in § 178 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX bestimmte Verpflichtungen der Arbeitgeber benannt, die besonders wichtig sind und deren Erfüllung insbesondere durch die SBV zu überwachen sind. Die SBV sollte sich deshalb in ihrem Gesetzbuch in § 178 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX die §§ 154, 155 und 164-167 SGB IX mit einem Textmarker hervorheben. In diesem Handbuch werden diese Pflichten der Arbeitgeber detailliert behandelt.

    Viele Vertrauenspersonen sind unsicher, ob sie für die schwerbehinderten Kolleginnen und Kollegen Maßnahmen bei Behörden beantragen dürfen, ohne hierzu durch Ausstellung einer Vollmacht bevollmächtigt zu sein. Genau dies erlaubt das Gesetz aber in § 178 Abs. 1 Nr. 2 SGB IX.

    Es gibt Kollegen, die auf Kosten ihrer Gesundheit arbeiten und keine Lust oder keine Kraft haben, sich mit Behörden auseinanderzusetzen. Sieht die Vertrauensperson, dass dem Kollegen eigentlich relativ einfach geholfen werden könnte, zum Beispiel durch Einschaltung des Integrationsamtes, der Kollege sich über nicht kümmert, so ist es der Vertrauensperson erlaubt, auch ohne Vollmacht beim Integrationsamt oder einem Rehaträger Leistungen für den Kollegen zu beantragen. Fragt man sich nun, wie es möglich ist, dass Behörden Leistungen auch ohne Zustimmung des Betreffenden erbringen dürfen, so ist auf § 8 Abs. 4 SGB IX hinzuweisen.⁴

    Tatsächlich dürfen danach die Vertrauenspersonen das Verfahren zu Gunsten der schwerbehinderten Kollegen zwar in Gang bringen. Vor endgültiger Bewilligung ist dann aber nach § 8 Abs. 4 SGB IX die Unterschrift des Kollegen erforderlich. Sinn ist es, die notwendige Hilfe organisieren zu dürfen, ohne speziell jeweils eine schriftliche Vollmacht einholen zu müssen.

    Anderes kann nach meiner Auffassung nur dann gelten, wenn der Kollege es der Vertrauensperson ausdrücklich verbietet, sich mit Behörden Verbindung zu setzen, was allerdings selten der Fall sein dürfte.

    Das Recht der SBV, nach § 178 Abs. 1 Nr. 2 SGB IX auch ohne Bevollmächtigung Anträge für schwerbehinderte und ihnen gleichgestellte Kollegen zu stellen, beinhaltet nicht das Recht, ohne Vollmacht Anträge auf Feststellung der Behinderung bei den Versorgungsämtern zu stellen.

    Wichtig ist, dass die Schwerbehindertenvertretung nach § 178 Abs. 1 SGB IX zwar nur für die schwerbehinderten und gleichgestellten behinderten Menschen zuständig ist, ausnahmsweise aber auch für alle anderen Beschäftigten, soweit es um die Antragstellung nach 152 Abs. 1 SGB IX geht, sprich um die Anträge auf Feststellung der Behinderung beim Versorgungsamt. Auch hier sollen die Schwerbehindertenvertretungen Hilfe leisten, damit das Versorgungsamt zu Gunsten der Kolleginnen und Kollegen einen Grad⁵ der Behinderung (GdB) feststellt.

    a) Die SBV sollte hier in der Regel aber weder die Anträge für die Kolleginnen und Kollegen ausfüllen noch (in Vollmacht) unterschreiben. Der Antrag auf Feststellung des Grades der Behinderung bei den Versorgungsämtern, welche in jedem Bundesland anders heißen, so zum Beispiel in Berlin Landesamt für Gesundheit und Soziales oder in Brandenburg Landesamt für Soziales und Versorgung (immer handelt es sich hierbei um das Versorgungsamt) kann – so zum Beispiel in Bayern – online ausgefüllt und ausgedruckt werden.

    Alternativ reicht auch ein kurzer Brief oder ein Fax an das Versorgungsamt, dass die Feststellung der Behinderung beantragt wird. Das Versorgungsamt wird dann ein entsprechendes Antragsformular zusenden. Wann ist dann der Antrag gestellt? Mit Eingang des ersten Schreibens beim Versorgungsamt: „Ich beantrage…"

    b) Da das Versorgungsamt bei allen behandelnden Ärzten, die im Antrag genannt werden, Befundberichte anfordern wird (wenn es korrekt arbeitet, was durch einen Antrag auf Akteneinsicht⁶ kontrolliert werden kann), ist es hilfreich, wenn die Kolleginnen und Kollegen vor der Antragstellung mit ihren Ärzten besprechen, welche Befundberichte diese denn abgeben werden. Dabei sollte die SBV darüber informieren, dass es wichtig ist, dass die Ärzte auch die sich aus den Erkrankungen ergebenden Beeinträchtigungen bei der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft benennen und nicht lediglich die Diagnosen.

    Das Versorgungsamt richtet sein Hauptaugenmerk nämlich auf die „Funktionsbeeinträchtigungen und weniger auf die Diagnosen. Entscheidend ist also die Frage, welche Beeinträchtigung habe ich im Leben durch die diagnostizierte Erkrankung? Beispielsweise ist Kollegen, die häufig an Kopfschmerzen leiden, zu empfehlen, mit den Ärzten zu besprechen, dass diese eben nicht nur „Kopfschmerz oder Migräne diagnostizieren, sondern detailliert beschreiben, dass der Kollege wegen seiner Migräne zum Beispiel regelmäßig an 5 Tagen je Monat arbeitsunfähig ist und sich an diesen Tagen nur einem verdunkelten Zimmer aufhalten kann.⁷

    Bei Wirbelsäulenbeschwerden sollte die behandelnde Orthopädin oder Fachärztin für Neurologie die Bewegungsmaße nach der „Neutral-Null-Methode" beschreiben. Hierbei handelt es sich um eine ärztliche Dokumentation und Bewertung der Beweglichkeit von Gelenken, die auf standardisierten Messblättern notiert wird.⁸ Die Schwerbehindertenvertretung kann die Mitarbeiter mit folgendem Mustertext auf das Erfordernis aussagekräftiger Befundberichte hinweisen:

    Liebe Kolleginnen und Kollegen,

    Sie möchten einen Antrag auf Feststellung des Grades Ihrer Behinderung beim Versorgungsamt stellen. Bei Fragen hierzu unterstütze ich Sie gern. Bitte beachten Sie, dass das Versorgungsamt bei allen Ärztinnen und Ärzten Befundberichte anfordern wird, die Sie im Antrag benannt haben.

    Es ist für Ihren Erfolg im Verfahren auf Feststellung des Grades Ihrer Behinderung wichtig, dass Ihre behandelnden Ärzte aussagekräftige Befundberichte erstellen. In diesen Befundberichten genügt es deshalb nicht, wenn Ihre Ärzte nur die Diagnosen mitteilen. Vielmehr muss Ihre Hausärztin, bzw. Ihr Hausarzt und Ihre behandelnden Fachärzte die sich aus den Diagnosen ergebenden Funktionsstörungen und negativen Folgen für Ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beschreiben.

    Bei Fachärztinnen / Fachärzten für Neurologie und Psychiatrie muss ein psychopathologischer Befund dargelegt sein und die sich aus dem Befund ergebenden Funktionsstörungen und negativen Folgen für Ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft.

    Versorgungsamt den Kopfschmerz mit einem zu niedrigen Einzel-GdB bewerten. Ein solches Kopfschmerztagebuch findet sich im Internet zum Download.

    Bei Kopfschmerz- und Migräneerkrankungen sollte für die Dauer des Feststellungsverfahrens ein Kopfschmerztagebuch zwecks Vorlage beim Versorgungsamt geführt werden. Ein Vordruck eines Kopfschmerztagebuchs findet sich im Internet zum Ausdruck.

    Auch in orthopädischen Befundberichten genügt nicht allein die Diagnose. Vielmehr sollten die Funktionsstörungen nach der „Neutral-0-Methode" dargelegt und die sich aus den Funktionsstörungen ergebenden negativen Folgen für Ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft enthalten sein.

    Mit freundlichen Grüßen

    Ihre Schwerbehindertenvertretung

    c) Ist eine Kollegin oder ein Kollege mit dem Bescheid des Versorgungsamtes über die Höhe des GdB nicht einverstanden, ist zu raten, Widerspruch beim Versorgungsamt vorab per Fax einzulegen und Akteneinsicht beim Versorgungsamt zu beantragen.

    Die SBV sollte darüber informieren, dass der Widerspruch binnen eines Monats seit Zugang des Bescheids beim Versorgungsamt eingegangen sein muss. Dieser Hinweis ist auch auf jedem Bescheid des Versorgungsamtes am Ende enthalten. Fehlt der Hinweis ausnahmsweise einmal, beträgt die Widerspruchsfrist nicht einen Monat, sondern ein Jahr (§ 66 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).

    Mustertext Widerspruch:

    An das Versorgungsamt

    Vorab per Fax:

    Betreff: Bescheid vom….

    Ihr Zeichen:

    Sehr geehrte Damen und Herren,

    in der im Betreff genannten Angelegenheit lege ich gegen Ihren Bescheid vom xxx

    Widerspruch

    ein.

    Anträge und Begründung des Widerspruchs folgen. Ich bitte zunächst um Akteneinsicht durch Übersendung einer Kopie Ihrer Akte.

    Mit freundlichen Grüßen

    Merke: Bei Zugang des Bescheids beim Kollegen, (d. h. bei Einwurf in den Briefkasten), beispielsweise am 2. eines Monats, endet die Widerspruchsfrist am 2. des Folgemonats (§ 188 Abs. 2 BGB). Wir merken uns hier nur 2 (Fristbeginn) und 2 (Fristablauf) oder je nach Fallgestaltung eben dann 3 und 3 etc. Nur wenn der Ablauf der Frist auf einen Samstag, Sonntag oder Feiertag fällt, ist Fristablauf ausnahmsweise der nächste Werktag (§ 193 BGB).

    Die SBV sollte auch dazu raten, den Widerspruch vorab per Fax einzulegen (nicht per E-Mail, welche nach § 84 Abs. 1 SGG nicht genügt) und dasselbe Schreiben, welches bereits gefaxt wurde, an das Versorgungsamt per normalem Brief hinterherzusenden. Es ist nicht notwendig, den Brief per Einschreiben zu versenden. Schon gar nicht sollte ein Brief per Einschreiben mit Rückschein versandt werden. Ein Brief, der derart versandt am Samstag beim Versorgungsamt zugestellt werden soll, kann nicht durch einen Mitarbeiter der Behörde gegengezeichnet werden. Der Postbote wird den Brief deshalb in der Postfiliale lagern, ohne dass er zugestellt wurde. Dort fristet der Widerspruch dann sein Dasein. Ein Faxbeleg reicht für den Nachweis der Fristwahrung dagegen aus.

    d) In Deutschland hat jeder Bürger das Recht auf Akteneinsicht durch Erhalt einer Kopie seiner durch Behörden geführten Akten. Dieses Recht besteht gegenüber dem Versorgungsamt aus § 25 Abs. 5 Satz 1 SGB X. Das Versorgungsamt wird auf einen Antrag auf Akteneinsicht antworten, es mögen Kopierkosten in Höhe von etwa 10,- € überweisen werden, sodann werde die Akte kopiert und an den Antragsteller versandt. Mit demselben Schreiben wird das Versorgungsamt den Eingang des Widerspruchs bestätigen und eine Frist von ca. 6 Wochen für die Begründung des Widerspruchs setzen. Hier ist lediglich eine kurze Antwort dahingehend notwendig, dass beantragt wird, die Frist zur Begründung des Widerspruchs (beispielsweise) um weitere 6 Wochen bis zum (bestimmtes Datum) zu verlängern, da zunächst die Akte in Kopie benötigt wird und/oder ein Anwalt mit der weiteren Begründung des Widerspruchs beauftragt werden soll.

    Aus der Akte des Versorgungsamtes wird sich unter anderem ergeben, ob das Versorgungsamt tatsächlich bei sämtlichen im Antrag genannten Ärzten Befundberichte eingeholt hat (was nicht immer der Fall ist und dann durch das Versorgungsamt auf einen entsprechenden Hinweis in der Widerspruchsbegründung nachzuholen ist) und ob diese inhaltlich nachvollziehbar sind.

    e) Relativ weit hinten in der Akte des Versorgungsamtes findet sich immer eine gutachterliche Bewertung eines durch einen beim Versorgungsamt angestellten Arztes über die Höhe der Einzel-GdB betreffend die einzelnen Erkrankungen, genauer: betreffend die einzelnen Funktionsstörungen und die Bildung des Gesamt-GdB. Bestehen hier Anhaltspunkte dafür, dass schon die Einzel-GdB zu niedrig festgesetzt sind, was häufig der Fall ist, oder aber der Gesamt-GdB aus den Einzel-GdB fehlerhaft gebildet wurde, was selten der Fall ist, so hat man bereits Munition, um den Widerspruch zu begründen. Im weiteren Verfahren sollte allerdings ein Anwalt mit der Widerspruchsbegründung beauftragt werden. Ein sorgfältig arbeitender Anwalt wird immer selbst auch Akteneinsicht beim Versorgungsamt beantragen.

    Jedenfalls ist es nicht Aufgabe der SBV, hier bei der Widerspruchsbegründung zu helfen. Schon nach dem Gesetz (§ 178 Abs. 1 Satz 3 SGB IX) soll die SBV Kollegen bei Anträgen unterstützen. Keine Rede ist davon, sich für die Kollegen im Widerspruchsverfahren einzusetzen, wofür die SBV auch häufig gar keine Zeit haben wird.

    f) Und wenn die Widerspruchsfrist versäumt wurde? Teilt der Kollege der SBV mit, er habe leider nicht binnen der Widerspruchsfrist von einem Monat den Widerspruch eingelegt, kann die SBV folgenden Tipp geben: Zwar sei ein Widerspruch infolge des Fristablaufs nicht mehr zulässig. Der Kollege könne aber – wieder am besten vorab per Fax – nach § 44 SGB X einen Überprüfungsantrag beim Versorgungsamt stellen:

    Mustertext Überprüfungsantrag:

    An das Versorgungsamt

    Vorab per Fax:

    Bescheid vom….

    Ihr Zeichen:

    Sehr geehrte Damen und Herren,

    in der im Betreff genannten Angelegenheit stelle ich einen

    Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X

    betreffend Ihren Bescheid vom xxx.

    Anträge und Begründung des Antrags folgen. Ich bitte zunächst um Akteneinsicht durch Übersendung einer Kopie Ihrer Akte.

    Mit freundlichen Grüßen

    Nach erhaltener Akteneinsicht kann der Antrag durch die Kollegin, bzw. den Kollegen oder einen Anwalt schriftlich begründet werden.

    Beispiel für eine Antragsbegründung: Entgegen der versorgungsärztlichen Stellungnahme auf Blatt 56 Ihrer Akte ist meine schwere Migräne mit mehrmals monatlich über mehrere Tage anhaltenden Anfällen nach Nr. 2.2 der GdS-Tabelle⁹ mit einem Einzel-GdB von 40 und nicht nur 20 zu bewerten.

    Das Versorgungsamt muss als Reaktion auf den Überprüfungsantrag einen neuen Bescheid erlassen. In der Praxis hält das Versorgungsamt inhaltlich meistens an seinem vorherigen Bescheid (den betreffend der Kollege die Widerspruchsfrist versäumt hat) fest und wird keinen höheren GdB festsetzen. Aber: Da der Kollege nun einen neuen Bescheid durch seinen Überprüfungsantrag erhalten hat, kann er jetzt ganz normal das Widerspruchsverfahren und – falls notwendig – anschließende Klageverfahren führen. Der Überprüfungsantrag hat also bewirkt, dass sein Fristversäumnis nicht mehr tragisch ist.

    In Deutschland können Überprüfungsanträge bei Behörden bis zu vier Jahre rückwirkend gestellt werden mit Ausnahme von Bescheiden der Jobcenter. Hier wurde die Frist auf ein Jahr verkürzt.

    Hat also der Kollege die Widerspruchsfrist nur um wenige Wochen bis wenige Monate versäumt, kann ihm zum Überprüfungsantrag geraten werden. Nach Ablauf von mehr als 6-8 Monaten sollte die SBV aber eher dazu raten, keinen Überprüfungsantrag, sondern einen neuen Antrag auf Feststellung der Behinderung beim Versorgungsamt zu stellen. Ein solcher Antrag (landläufig als „Verschlimmerungsantrag", juristisch als „Neufeststellungsantrag" bezeichnet) ist immer möglich und in der Praxis insbesondere dann ratsam, wenn neue Befundberichte der Ärzte vorliegen.

    ¹ Aus Gründen der einfacheren Lesbarkeit wird in diesem Buch mal die weibliche Form und mal die männliche Form verwendet. Gemeint ist stets jedes Geschlecht.

    ² Der Autor behält das bei der Schulung von Schwerbehindertenvertretungen und Betriebsräten übliche „Du" bei.

    ³ Siehe § 151 Abs. 1 und Abs. 3 SGB IX.

    ⁴ Die SBV sollte sich in ihrem Gesetz neben § 178 Abs. 1 S. 2 SGB IX einen Hinweis auf § 8 Abs. 4 SGB IX notieren.

    Grad der Behinderung, nicht Prozent der Behinderung.

    ⁶ Es genügt ein Schreiben an das Versorgungsamt: „Bitte senden Sie mir Ihre Akte in Kopie zu." Das Versorgungsamt wird Kopierkosten in Höhe von ca. 10,- bis 20,- € mitteilen und die Akte nach Ausgleich der Kopierkosten zusenden.

    ⁷ Zu raten ist in diesem Fall auch, ein detailliertes Kopfschmerztagebuch zu führen, welches im behördlichen Verfahren oder gerichtlichen Verfahren wichtig werden kann, sollte das

    ⁸ Die Messblätter finden sich im Internet unter „Messblatt für obere Gliedmaßen und „Messblatt für untere Gliedmaßen.

    ⁹ GdS-Tabelle, abgedruckt in Teil B der Versorgungsmedizinverordnung. Durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales zum Abruf bereitgestellt unter https://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/PDF-Publikationen/k710-versorgungsmedverordnung.pdf?__blob=publicationFile&v=3.

    2 Feststellung des Grades der Behinderung durch das Versorgungsamt

    Auf Antrag der Kollegin stellt das Versorgungsamt den Gesamt-Grad der Behinderung nach § 152 Abs. 1 und Abs. 3 SGB IX per Bescheid fest. Örtlich zuständig ist das Versorgungsamt, in dessen Bezirk die Kollegin wohnt.

    2.1 Begriffsdefinitionen

    § 2 Abs. 1 SGB IX definiert den Begriff der Behinderung. Danach sind Menschen mit Behinderungen Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können.

    Es geht bei einer Behinderung also um die Beeinträchtigung der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft (§ 152 Abs. 3 SGB IX), sei es im Privaten, sei es im Beruf.

    Und: Die Behinderung eines Menschen resultiert nicht allein und nicht in erster Linie aus der körperlichen Beeinträchtigung¹⁰, sondern vornehmlich aus den Barrieren, die die Umwelt in den Weg stellt, sei es durch einstellungsbedingte Barrieren, also Vorurteile (z.B. ein Legastheniker sei angeblich nicht klug genug¹¹, um einen Text zu lesen), sei es durch umweltbedingte Barrieren (z.B. wird in Deutschland ein großer Teil der Bevölkerung von vielen Medienangeboten ausgeschlossen, weil – anders als in den USA oder Großbritannien – Fernsehsendungen nicht untertitelt sind und deshalb von Gehörlosen nicht genutzt werden können).

    Zu betonen ist, dass sich eine (körperliche, seelische oder geistige) „Abweichung von der Regel insbesondere deshalb für die Betroffenen nachteilig auswirkt, weil die Umwelt im Hinblick auf die Bedürfnisse von Menschen ohne diese Abweichung gestaltet wird. „Dieser Tatsache kommt mit Rücksicht auf die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) und dem sich aus Artikel 1 Abs 2 UN-BRK ergebenden Begriff der Behinderung besondere Bedeutung zu.¹²

    § 2 Abs. 2 SGB IX definiert die Schwerbehinderung. Danach sind Menschen schwerbehindert, deren (Gesamt-)Grad der Behinderung mindestens 50 beträgt und die ihren Wohnsitz, gewöhnlichen Aufenthaltsort oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne von § 156 SGB IX in Deutschland haben.

    Grundsätzlich führt deshalb ein Umzug in das Ausland zum Erlöschen der Schwerbehinderteneigenschaft im Sinne des § 2 Abs 2 SGB IX, wenn der behinderte Mensch im Anschluss weder einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt noch einen Arbeitsplatz in Deutschland hat.¹³

    Menschen, die in das Ausland umziehen und auch keinen Arbeitsplatz mehr in Deutschland haben, können unabhängig von ihrer Nationalität¹⁴ gleichwohl einen Antrag auf Feststellung ihrer Schwerbehinderung bei einem deutschen Versorgungsamt stellen, wenn die Feststellung der Schwerbehinderung zu Rechtsvorteilen nach inländischen Recht, also deutschem Recht, führt.¹⁵ Hier ist insbesondere an steuerliche Vorteile (Steuerpauschbetrag nach § 33 b EstG) zu denken, wenn eine Steuerpflicht (auch) nach deutschem Recht besteht und weiterhin an einen Anspruch auf eine vorgezogene Altersrente für schwerbehinderte Menschen aus §§ 37, 236a SGB VI, wenn in Deutschland Rentenanwartschaften erworben wurden¹⁶ und das Renteneintrittsalter in ca. 3-5 Jahren bevorsteht.

    Vor diesem Hintergrund darf das Versorgungsamt einen Bescheid, mit dem die Schwerbehinderung festgestellt wurde, wegen eines Umzugs in das Ausland nicht aufheben, wenn der schwerbehinderte Mensch auch im Ausland noch Rechtsvorteile nach deutschem Recht aufgrund der festgestellten Schwerbehinderung behält.¹⁷ Auch hier handelt es sich insbesondere um die rechtlichen Vorteile vorgezogener Bezug der Altersrente für schwerbehinderte Menschen nach § 236a SGB VI und steuerliche Erleichterungen bei (auch) bestehender deutscher Steuerpflicht.

    Die vorgezogene Altersrente für schwerbehinderte Menschen kann problemlos im Europäischen Wirtschaftsraum, den sog. EWR-Ländern bezogen werden, also in der Europäischen Union, in den EFTA-Staaten Island, Liechtenstein, Norwegen und der Schweiz sowie in Ländern bezogen werden, mit denen Deutschland entsprechende bilaterale Sozialversicherungsabkommen abgeschlossen hat.

    Bei einem Umzug in ein Land, das außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums (EU und EFTA-Staaten) liegt und mit dem Deutschland kein Sozialversicherungsabkommen geschlossen hat, kann es zu Einschränkungen beim Rentenbezug kommen, so dass eine Beratung durch die Auskunfts- und Beratungsstellen der Rentenversicherung ratsam ist. Denn der deutsche Rentenversicherungsträger hat trotz Feststellung der Schwerbehinderung ein eigenes Prüfungsrecht, ob ein Anspruch auf eine vorgezogene Altersrente für schwerbehinderte Menschen im jeweiligen ausländischen Staat besteht.¹⁸

    Zu weiteren Ausnahmen vom Wohnsitzerfordernis beim Landesblindengeld und ähnlichen Leistungen vergleiche die Entscheidungen des EuGH vom 05.05.2011, C-206/10 und des SG München vom 05.08.2013, S 4 BL 27/12, Leitsatz 4.¹⁹

    2.2 Der Schwerbehindertenausweis

    Das Versorgungsamt erteilt nach Feststellung der Schwerbehinderung einen Schwerbehindertenausweis, der in der Regel nur befristet ausgestellt werden soll (§ 152 Abs. 5 Satz 3 SGB IX und § 6 Abs. 2 Satz 1 Schwerbehindertenausweisverordnung – SchwbAwV –), es sei denn, es ist keine Änderung in den gesundheitlichen Verhältnissen zu erwarten. In diesem Fall stellt das Versorgungsamt einen unbefristeten Ausweis aus (§ 6 Abs. 2 Satz 2 SchwbAwV).

    Der Ausweis ist im Vergleich zu dem Bescheid über die Feststellung des GdB aber ganz unerheblich und rechtlich wenig relevant. Vertrauenspersonen können ihre Kolleginnen und Kollegen hier beruhigen. Solange die Schwerbehinderung durch Bescheid festgestellt ist, genügt es, ca. einen Monat vor Ablauf der Ausweisgültigkeit ein kurzes Fax an das Versorgungsamt mit der Bitte zu senden, einen neuen Ausweis zu übersenden. Das Versorgungsamt wird dann einen neuen (voraussichtlich wieder befristeten) Ausweis per Post schicken. Mehr ist nicht zu tun und mehr kann die SBV hier den Kollegen nicht raten.

    Der Schwerbehindertenausweis ist nach § 152 Abs. 5 Satz 2 SGB IX lediglich ein Nachweis, dass das Versorgungsamt die Schwerbehinderung durch Bescheid festgestellt hat; er begründet aber nicht selbst die Schwerbehinderteneigenschaft.²⁰ Relevant ist der Bescheid, nicht der Ausweis. Der Ausweis muss durch das Versorgungsamt jeweils verlängert werden, solange die Schwerbehinderung durch Bescheid festgestellt ist.

    2.3 Versorgungsmedizinische Grundsätze und GdS-Tabelle

    Wie funktioniert die Feststellung des Gesamt-Grades (Gesamt-GdB) der Behinderung durch das Versorgungsamt?

    Das Versorgungsamt wird der Kollegin den Eingang des Antrags auf Feststellung der Behinderung bestätigen und bei den im Antrag benannten Ärztinnen und Ärzten Befundberichte anfordern. Zu diesem Zweck werden die Ärzte im Antrag von ihrer ärztlichen Schweigepflicht entbunden.

    Zwar kann die Kollegin einzelne Ärzte nicht von der ärztlichen Schweigepflicht entbinden. Im Gegenzug wird das Versorgungsamt dann aber die aus diesem medizinischen Fachgebiet resultierenden Funktionsbeeinträchtigungen bei der Bildung des Gesamt-GdB nicht berücksichtigen.

    Genauso ist es rechtlich möglich (in der Praxis aber nicht ratsam), den Antrag auf die Feststellung bestimmter Gesundheitsstörungen zu beschränken.²¹ Das liegt auf der Hand. Denn die Verfügungsbefugnis über die eigene Behinderung und deren Offenbarung liegt allein bei dem behinderten Menschen. Das folgt aus dem durch die Verfassung geschützten Persönlichkeitsrecht:

    „Der Schwerbehindertenstatus gehört zum grundrechtlich geschützten Bereich der Persönlichkeitsrechte (Art 1 Abs 1, Art 2 Abs 1 GG). Über dieses

    Recht kann

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