Wasser Energie Verkehr: Vergaberecht für Praktiker - Eine Einführung anhand von Fällen
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Buchvorschau
Wasser Energie Verkehr - Dieter B. Schütte
Wasser, Energie, Verkehr
Vergaberecht für Praktiker – Eine Einführung anhand von Fällen
bearbeitet von
Dieter B. Schütte,
Rechtsanwalt, Bad Doberan
Michael Horstkotte,
Rechtsanwalt, Rostock
Olaf Hünemörder,
Rechtsanwalt, Bad Doberan
Jörg Wiedemann,
Richter, Naumburg
unter Mitarbeit von
Mathias Westburg,
Rechtsanwalt, Ludwigslust
Verlag W. Kohlhammer
1. Auflage 2016
Alle Rechte vorbehalten
© W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart
Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart
Print:
ISBN: 978-3-17-022993-8
E-Book-Formate:
pdf: ISBN 978-3-17-030745-2
epub: ISBN 978-3-17-030746-9
mobi: ISBN 978-3-17-030747-6
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Die Sektorenverordnung gilt für die Vergabe von Aufträgen in den Bereichen Energie, Trinkwasser und Verkehr. Öffentliche Auftraggeber sind in diesen Sektoren bei der Vergabe von Liefer-, Bau- und Dienstleistungsaufträgen betroffen. Das Buch beschäftigt sich mit den praktischen Abläufen der Vergabeverfahren für Sektorenauftraggeber und differenziert nach Vergaben oberhalb und unterhalb der Schwellenwerte. Wichtige Strukturen und Zusammenhänge werden anhand von praktischen Beispielsfällen nachvollziehbar. Besonders aktuellen Aufgabenstellungen, wie z. B. dem Verhandlungsverfahren, sowie Fragen des Rechtsschutzes sind jeweils eigene Kapitel gewidmet. Im Anhang finden sich Texte zentraler Vergabevorschriften.
Die Rechtsanwälte Dieter B. Schütte, Michael Horstkotte und Olaf Hünemörder beraten Zweckverbände und Stadtwerke und leiten Fachseminare im Bereich des Vergaberechts. Jörg Wiedemann befasst sich als Richter am OLG Naumburg mit dem Vergaberecht.
Vorwort
Das Vergaberecht war in den vergangenen Jahren einschneidenden Veränderungen unterworfen. Wie so oft war es die Europäische Union, die den Puls der Gesetzgebung bestimmt hat und auch das Erscheinungsbild des deutschen Vergaberechts verändert hat. Versorgungsunternehmen und Juristen bekamen so ein neues Vergaberecht zu Gesicht, das neben weiteren Änderungen eigenständige Regelungen für die wichtigsten Bereiche der öffentlichen Daseinsvorsorge – der Energie- und Wasserversorgung und des Verkehrs – bereithielt.
Auch Jahre nach Inkrafttreten der Sektorenverordnung sind nicht alle Rechtsfragen, die mit dieser Verordnung aufgeworfen wurden, geklärt und alle Praktiker mit den neuen Regelungen vertraut.
Aus diesem Grund wendet sich dieses Buch an jene Praktiker, die sich einen schnellen Überblick über das Vergaberecht in den Bereichen der Wasser- und Energieversorgung und des Verkehrs verschaffen wollen. Durch die prägnante Darstellung und Vielzahl nützlicher Querverweise ist dieses Buch auch für Studierende der Rechts- und Wirtschaftswissenschaften interessant, die sich mit dem Vergaberecht der Sektorenverordnung vertraut machen wollen.
Anhand einfacher Strukturen und anschaulicher Fälle soll das Werk ein schnelles Einarbeiten in das komplexe Rechtsgebiet ermöglichen. Praxisnahe Tipps sollen ein Gespür für die taktischen Aspekte im Vergabeverfahren vermitteln und beim Aufdecken der gängigsten Fehlerquellen helfen. Zugleich widmet sich das Buch der neuesten Rechtsprechung zum Vergaberecht, die bis zum Stand März 2015 eingearbeitet ist, um auch einen (Aus-)Blick auf die aktuellen Entwicklungen in diesem Rechtsgebiet zu ermöglichen.
Die Autoren Schütte, Horstkotte und Hünemörder beraten als Rechtsanwälte schwerpunktmäßig Stadtwerke, Zweckverbände und andere kommunale Versorgungsbetriebe. Der Autor Wiedemann ist als Richter am OLG Naumburg mit dem Vergaberecht befasst. Die Autoren führen regelmäßig Fachseminare auf dem Gebiet des Vergaberechts durch. Sie sind Autoren zahlreicher Fachveröffentlichungen zum Vergaberecht und zum Recht der öffentlichen Versorgungsunternehmen. Die Autoren danken Herrn Mathias Westburg für seine sorgfältige Recherche und die Gesamtredaktion.
Für Anregungen und Rückfragen zu diesem Buch sind wir dem Leser dankbar. Nehmen Sie Kontakt zu der Kanzlei Schütte Horstkotte und Partner, Neuer Markt 17, 18055 Rostock auf unter [email protected] bzw. [email protected] oder Tel 0381/4930260.
Die Autoren
Januar 2016
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Literaturverzeichnis
A.Grundlagen des Vergaberechts in den Bereichen Trinkwasser, Energie und Verkehr
I.Gegenstand des Vergaberechts
II.Rechtsgrundlagen
III.Sektorenvergaberecht als Sonderrecht
IV.Neustrukturierung des Sektorenvergaberechts
V.Aufbau der Sektorenverordnung
VI.Rechtsgrundlagen für Vergaben im Sektorenbereich
1.Grundprinzipien des Vergaberechts
a)Transparenz
b)Wettbewerb
c)Vertraulichkeitsschutz
d)Gleichbehandlung
e)Wirtschaftlichkeit
f)Förderung mittelständischer Interessen
g)Verwirklichung des freien europäischen Binnenmarktes
h)Treu und Glauben
i)Anforderungen an die Kommunikation
2.Ermessen und Beurteilungsspielraum des Auftraggebers
3.Vergaberecht kraft eigener Geltung
4.Verpflichtung zur Anwendung von Vergaberecht durch Haushaltsrecht
B.Anwendungsbereich der Sektorenverordnung
I.Persönlicher Anwendungsbereich – Für wen gilt die SektVO?
1.Öffentliche Auftraggeber im Allgemeinen
2.Öffentliche Auftraggeber im Sektorenbereich
a)Begriff des Sektorenauftraggebers
b)Reine Sektorenauftraggeber
c)Öffentliche Auftraggeber
aa)Allgemeines
bb)Gründungszweck
cc)Staatsnähe
d)Unterscheidung zwischen reinen Sektorenauftraggebern i. S. v. § 98 Nr. 4 und öffentlichen Auftraggebern i. S. v. § 98 Nr. 2 GWB
e)Abgrenzung zu Vergaben in den Bereichen Verteidigung und Sicherheit
3.Auftragnehmer
II.Vergaberechtlich relevante Tätigkeiten
III.Sektorentätigkeiten: Der sachliche Anwendungsbereich – Wann haben Sektorenauftraggeber die SektVO anzuwenden?
1.Trinkwasserversorgung
a)Das Erfordernis fester Netze
b)Versorgung der Allgemeinheit
c)Betreiben und Bereitstellen der Netze
d)Gewinnung von Trinkwasser
e)Transport und Verteilung von Trinkwasser und die Versorgung der Netze mit Trinkwasser
f)Erweiterungen der Tätigkeit
aa)Ableitung und Klärung von Abwässern
bb)Wasserbauvorhaben
cc)Bewässerungs- und Entwässerungsvorhaben
g)Einschränkung
2.Elektrizitäts-, Gas- und Wärmeversorgung
a)Das Erfordernis fester Netze
b)Versorgung der Allgemeinheit
c)Betreiben und Bereitstellen der Netze
3.Verkehr
a)Sektorentätigkeiten im Bereich Verkehr
b)Flugverkehr
c)Schiffsverkehr
d)Schienen- und Personenverkehr
e)Erbringen von Verkehrsleistungen
4.Mischaufträge mit und ohne Sektorenbezug
a)Grundregel
b)Sonderfälle
aa)Erste Sonderregel (§ 99 Abs. 8 Satz 2 GWB)
bb)Zweite Sonderregel (§ 99 Abs. 8 Satz 3 GWB)
5.Tätigkeiten im Zusammenhang mit den Sektorentätigkeiten
a)Abgrenzungskriterien
b)Einzelne Tätigkeiten im Detail
aa)Neubau- und Umbauvorhaben bei Verwaltungs- und Sozialgebäuden
bb)Gebäuden und Grundstücken zugehörige Tätigkeiten
cc)Büromaterialbeschaffung
dd)Software (Abrechnung, Steuerung der technischen Anlagen)
ee)Rechtsanwälte, Betriebsberater und Projektmanager
ff)Zäune zum Schutz der Anlagen
gg)Fuhrpark/Transport
hh)Wartungsverträge
IV.Anwendung des Vergaberechts bei In-House-Geschäften
V.Anwendung des Vergaberechts bei Kooperationen zwischen Kommunen und anderen selbstständigen staatlichen Einheiten
VI.Anwendung des Vergaberechts bei Vertragsverlängerungen
1.Vertragsverlängerungen ohne Pflicht zur Neuausschreibung
2.Vertragsverlängerungen mit Pflicht zur Neuausschreibung
VII.Anwendung des Vergaberechts bei Nebenangeboten
VIII.Schwellenwerte
1.Schwellenwerte im Sektorenvergaberecht
a)Bedeutung der Schwellenwerte
b)Geltungsdauer
c)Höhe
d)Vergaben unterhalb der Schwellenwerte
2.Ermittlung der Schwellenwerte
a)Methode und Zeitpunkt der Auftragswertermittlung
b)Umgehungsverbot
c)Schätzung des Auftragswertes in besonderen Fällen
aa)Schätzung des Auftragswertes bei regelmäßig wiederkehrenden Aufträgen, Daueraufträgen u. a. Dauerschuldverhältnissen
bb)Schätzung des Auftragswertes im Falle einer losweisen Vergabe
cc)Schätzung des Auftragswertes von Bauleistungen
dd)Schätzung des Auftragswertes von Dienstleistungen
ee)Rahmenvereinbarungen und dynamische elektronische Verfahren
ff)Optionen und Vertragsverlängerungen
gg)Innovationspartnerschaften
IX.Ausnahmen
1.Ausnahmen des § 100 Abs. 2 GWB für den Sektorenbereich
a)Beschaffung von Trinkwasser, Energie und Brennstoffen
b)Nicht sektorenbezogene Tätigkeiten
c)Unternehmensverbünde
d)Netze in Drittstaaten
e)Finanzdienstleistungen
2.Ausnahmen für Sektorentätigkeiten, die unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt sind
a)Abgrenzung von Aufträgen zu Konzessionen
b)Vergabe von Bau- und Dienstleistungskonzessionen
c)Vergabe von Konzessionen an Subventionsempfänger und im Bereich der öffentlichen Daseinsvorsorge
3.Ausnahmen für Vergaben aller Art
a)Arbeitsverträge
b)Staatlich verliehene Monopole
c)Immobilienbezogene Geschäfte
d)Schlichtungs- und Schiedsgerichtsleistungen
e)Forschung und Entwicklung
C.Vorbereitung des Vergabeverfahrens bis zur Bekanntgabe – Auswahl der Verfahrensart und Vertragsform; Erstellung der Unterlagen
I. Die Auswahl der Vergabeart
1.Verfahren bei Sektorentätigkeiten oberhalb der Schwellenwerte
a)Grundsatz
b)Offenes Verfahren
c)Nicht offenes Verfahren
d)Verhandlungsverfahren
aa)Prinzipien
bb)Verhandlungsverfahren mit Bekanntmachung
cc)Verhandlungsverfahren ohne Bekanntmachung
e)Auslobungsverfahren (Wettbewerbe)
f)Innovationspartnerschaft
2.Verfahrensarten unterhalb der Schwellenwerte
a)Anwendung vergaberechtlicher Vorschriften unterhalb der Schwellenwerte im allgemeinen Vergaberecht
b)Ausschreibungspflicht oder Erleichterung des Vergaberechts gemäß den Vorgaben der SektVO?
aa)Möglichkeit eines Erst-Recht-Schlusses
bb)Erst-Recht-Schluss zur alten Rechtslage (vor Inkrafttreten der SektVO)
cc)Erst-Recht-Schluss zur neuen Rechtslage (nach Inkrafttreten der SektVO)
dd)Europarechtliche Perspektive auf das Sektorenvergaberecht unterhalb der Schwellenwerte
ee)Argumentation im Hinblick auf das Verhältnis des Kartellvergaberechts zum Haushaltsvergaberecht
3.Ausschreibung im Ganzen oder losweise Vergabe?
II. Die Auswahl der Vertragsform
1.Die Wahl der richtigen Vertragsart
2.Die Wahl der zweckmäßigsten Form des Vertragsabschlusses
III.Die Verdingungsunterlagen
1.Leistungsbeschreibung als Herzstück des Vergabeverfahrens
a)Gegenstand der Leistungsbeschreibung
b)Inhaltliche Anforderungen an die Leistungsbeschreibung
aa)Gebot der eindeutigen und erschöpfenden Leistungsbeschreibung
bb)Gebot der produktneutralen Leistungsbeschreibung
cc)Gebot der Risikominimierung
dd)Umweltschutz; Energieeffizienz
2.Fristen
a)Bemessung der Fristen
b)Länge und Berechnung der Fristen
c)Fristen für zusätzliche Unterlagen und Auskünfte
d)Zuschlags- und Bindefrist
aa)Länge der Zuschlags- und Bindefrist
bb)Verlängerung der Zuschlags- und Bindefrist
3.Eignungs- und Wertungskriterien
4.Anforderung von Subunternehmererklärungen
D.Durchführung des Vergabeverfahrens
I.Bekanntmachung der Eignungs- und Zuschlagskriterien
1.Inhalt und Zweck der Bekanntmachung
2.Form und Veröffentlichung der Bekanntmachung
3.Inhalt der Vergabeunterlagen
II.Aufforderung zur Angebotsabgabe
III.Öffnung der Angebote
IV.Prüfung und Bewertung der Angebote (§ 26 SektVO)
1.Erste Stufe: Eignung der Angebote
a)Ausschluss von Angeboten mit sofort erkennbaren, groben Fehlern
b)Ausschluss von unvollständigen Angeboten
c)Ausschluss von abweichenden Angeboten
d)Ausschluss von widersprüchlichen Angeboten
e)Ausschluss von doppelten Angeboten
2.Zweite Stufe: Eignung der Bieter
a)Gesetzliche Auswahlkriterien
b)Fachkunde
c)Leistungsfähigkeit
d)Zuverlässigkeit und Gesetzestreue
e)Bestimmung und Nachweis der Eignungskriterien
aa)Fachkunde
bb)Leistungsfähigkeit
cc)Zuverlässigkeit
dd)Unzulässige Nachweise
ee)Neue Eignungskriterien nach § 97 Abs. 4 GWB?
ff)Präqualifikationssysteme
gg)Nachforderungspflicht
3.Dritte Stufe: Ausschluss ungeeigneter Angebote
a)Ausschluss von Angeboten mit unangemessenem Preis
b)Ausschluss von Angeboten aus Drittstaaten
4.Vierte Stufe: Entscheidung über das wirtschaftlichste Angebot
a)Prüfung der Wirtschaftlichkeit
b)Zulässigkeit von Nachverhandlungen
c)Preisrecht und Vergabe
aa)Rechtsgrundlage
bb)Anwendungsbereich
cc)Preistypen
5.Abschluss: Informationspflichten und Zuschlag
V.Ablauf des Verhandlungsverfahrens
1.Unterschiede zum offenen und nicht offenen Verfahren
a)Bei der Angebotsprüfung
b)Bei der Eignungsprüfung
2.Verhandlungsstrategien
a)Sukzessives Abschichten
aa)Verhandlungsphasen
bb)Aufweichungen
b)„Preferred bidder"
aa)Vorteile und Nachteile
bb)Verhandlungsverlauf
c)Verhandlungspflicht des Auftraggebers
aa)Bestehen einer Verhandlungspflicht
bb)Umfang der Verhandlungspflicht
cc)Zulässigkeit von Initiativangeboten
3.Formen der Verhandlungen
4.Verhandlungsgegenstände
5.Häufige Fehler in den Verhandlungen
VI.Die dynamische elektronische Beschaffung
VII.Aufhebung und Einstellung des Vergabeverfahrens
1.Möglichkeit zur Aufhebung oder Einstellung des Verfahrens
2.Teilaufhebung oder -einstellung des Verfahrens
3.Folgen einer unberechtigten Aufhebung oder Einstellung des Verfahrens
VIII.Nach der Vergabe
E.Rechtsschutz
I.Rechtsschutz im Vergaberecht
II.Vorabinformations- und Wartepflicht
1.Vorabinformationspflicht
2.Wartepflicht
3.Folgen eines Verstoßes
III.Rügeobliegenheiten des Bieters
1.Gegenstand und Zweck
2.Rügefristen
3.Rügeberechtigung
IV.Akteneinsichtsrecht des Bieters
V.Rechtsschutz oberhalb der Schwellenwerte
1.Primärrechtsschutz im Nachprüfungsverfahren
a)Antrag, §§ 107 Abs. 1, 108 GWB
b)Antragsbefugnis
c)Antragsfrist
d)Erfüllung der Rügeobliegenheit
e)Besonderheiten bei De-facto-Vergaben
2.Sekundärrechtsschutz (Schadensersatz)
a)Allgemeine Ersatzansprüche
aa)Schadensersatz bei Verletzung des vorvertraglichen Vertrauens
bb)Sonstige Anspruchsgrundlagen im BGB
cc)Sonstige Anspruchsgrundlagen außerhalb des BGB
b)Besonderer Ersatzanspruch bei Pflicht zur EU-weiten Ausschreibung
3.Sonstiger Rechtsschutz
a)Eilverfahren
aa)Ablauf des Eilverfahrens
bb)Schutzschrift des Sektorenauftraggebers
b)Sofortige Beschwerde zum Oberlandesgericht
aa)Zulässigkeitsvoraussetzungen
bb)Ablauf des Beschwerdeverfahrens
cc)Beschwerdeentscheidung
c)Divergenz- und EuGH-Vorlage
d)Fortsetzungsfeststellung
e)Europäisches Vertragsverletzungsverfahren
aa)Rechtsweg
bb)Zulässigkeit
cc)Begründetheit
dd)Entscheidung des Gerichtshofs
VI.Rechtsschutz unterhalb der Schwellenwerte
1.Die Rechtswegfrage
2.Betroffenheit eines subjektiven Rechts?
VII.Schadenersatz des Auftraggebers bei missbräuchlicher Inanspruchnahme von Rechtsschutz
Anhang: Texte der wichtigsten Rechtsgrundlagen
Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB)
Verordnung über die Vergabe von Aufträgen im Bereich des Verkehrs, der Trinkwasserversorgung und der Energieversorgung (Sektorenverordnung – SektVO)
Anhang 1Verzeichnis der Dienstleistungen
Anhang 2Technische Spezifikationen (Fundstelle: BGBl. 2009, 3125)
Anhang 3In die Bekanntmachungen über vergebene Aufträge aufzunehmende Informationen (Fundstelle: BGBl. I 2009, 3126)
Anhang 4Daten zur Berechnung der über die Lebensdauer von Straßenverkehrsfahrzeugen anfallenden externen Kosten (entspricht dem Anhang zur Richtlinie 2009/33/EG)
Anhang 5Methode zur Berechnung der über die Lebensdauer von Straßenverkehrsfahrzeugen anfallenden Betriebskosten
Stichwortverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Literaturverzeichnis
Ax, Thomas/Schneider, Matthias/Siewert, Josephine, Auftragsvergabe, 2. Aufl., Berlin 2010
Bechtold, Rainer, Kartellgesetz – Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, Kommentar, 5. Aufl., München 2008 und 6. Aufl., München 2010
Dierkes, Mathias/Hamann, Rolf, Öffentliches Preisrecht in der Wasserwirtschaft, 1. Aufl., Nomos Verlag 2009
Ebert, Eva-Dorothee, Möglichkeiten und Grenzen im Verhandlungsverfahren, 1. Aufl., Berlin 2005
Erbguth, Wilfried, Allgemeines Verwaltungsrecht mit Verwaltungsprozess- und Staatshaftungsrecht, 5. Aufl., Baden-Baden 2013
Erlenkämper, Friedel/Zimmermann, Uwe (Hrsg.), Rechtshandbuch für die kommunale Praxis, Baden-Baden 2009
Locher, Horst; Vygen, Klaus (Hrsg.), VOB, Teile A und B, Kommentar, begr. von Heinz Ingenstau und Hermann Korbion, 18. Aufl., Neuwied 2013
Kulartz, Hans-Peter; Kus, Alexander; Portz, Norbert (Hrsg.), Kommentar zum GWB-Vergaberecht, 2. Aufl., Neuwied 2009
Loewenheim, Ulrich; Meessen, Karl M.; Riesenkampff, Alexander (Hrsg.), Kartellrecht, Bd. 1: Europäisches und Deutsches Recht, Kommentar, 2. Aufl., München 2009; Bd. 2: GWB, Kommentar, München 2006
Marx, Fridhelm, Vergaberecht für Versorgungsbetriebe, 1. Aufl., Baden-Baden 2011
Motzke, Gerd/Pietzcker, Jost/Prieß, Hans Joachim, Verdingungsordnung für Bauleistungen, Verlag C.H. Beck München 2001
Müller-Wrede, Malte (Hrsg.), GWB-Vergaberecht, 1. Aufl., Neuwied 2009
Müller-Wrede, Malte (Hrsg.), SektVO, 1. Aufl., Berlin 2010
Müller Wrede, Malte (Hrsg.), VOL/A, 3. Aufl., Berlin 2010
Noch, Rainer, Vergaberecht kompakt, 5. Aufl., Neuwied 2011
Schütte, Dieter B./Horstkotte, Michael/Schubert, Mathias/Wiedemann, Jörg, Vergabe öffentlicher Aufträge – Eine Einführung anhand von Fällen aus der Praxis, 3. Aufl., Stuttgart 2014
Trautner, Wolfgang E./Schwabe, Christof, Praxishandbuch Sektorenverordnung, 1. Aufl., Berlin 2011
Willenbruch, Klaus/Wieddekind, Kristina (Hrsg.), Vergaberecht, 2. Aufl., Neuwied 2011
A.Grundlagen des Vergaberechts in den Bereichen Trinkwasser, Energie und Verkehr
I.Gegenstand des Vergaberechts
1 Gegenstand des Vergaberechts ist die Beschaffung von Liefer-, Bau- und Dienstleistungen durch die öffentliche Hand. ¹
Da die Vergabe öffentlicher Aufträge² bis heute einen bedeutenden Wirtschaftsfaktor darstellt,³ ist sie für Wettbewerbsverzerrungen anfällig. Aufgrund dessen muss der Staat dafür Sorge tragen, eine sachwidrige Ungleichbehandlung potenzieller Auftragnehmer zu verhindern.⁴ Die öffentlichen Auftraggeber sind daher zu einer transparenten und diskriminierungsfreien Beschaffung im Wettbewerb nach dem Prinzip der Wirtschaftlichkeit verpflichtet.⁵ Da die Vergabe im Wettbewerb zugleich dem Ziel einer sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung dient, trägt das Vergaberecht trotz seiner Ausgliederung aus dem Haushaltsrecht weiterhin auch den Zielen des HGrG und der Haushaltsordnungen des Bundes und der Länder sowie ihrer jeweiligen Gemeindehaushaltsverordnungen Rechnung.⁶
Vor diesem Hintergrund hat der Gesetzgeber verbindliche Vorgaben geschaffen, die die öffentliche Auftragsvergabe regeln. Die Gesamtheit dieser Vorschriften, die Träger öffentlicher Verwaltung bei der Beschaffung von sachlichen Mitteln und Leistungen, die sie zur Erfüllung von Verwaltungsaufgaben benötigen, anzuwenden haben, bilden das Vergaberecht.⁷
II.Rechtsgrundlagen
2 Das Vergaberecht folgt einem mehrstufigen Aufbau, der sich in den vielfältigen Regelungen auf europäischer und nationaler Ebene niederschlägt.
Entsprechend dem Rangverhältnis der Rechtsnormen finden sich auf höchster Stufe die Vorgaben des Europäischen Rechts, welche die Ausgestaltung des nationalen Rechts prägen. Hier ist zunächst der Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) als EU-Primärrecht zu nennen, auf dessen Grundlage⁸ die EG-Vergaberichtlinien erlassen worden sind.⁹ Zu diesen zählen die Vergabekoordinierungsrichtlinie,¹⁰ welche die zuvor gültige Baukoordinierungsrichtlinie, Lieferkoordinierungsrichtlinie und Dienstleistungsrichtlinie zusammengefasst hat, die Richtlinie 2014/23/EU über die Konzessionsvergabe sowie die am 17.4.2014 in Kraft getretene und bis zum 18.4.2016 umzusetzende Sektorenvergaberichtlinie¹¹, welche die Sektorenkoordinierungsrichtlinie¹² ersetzt. Zudem sind die Rechtsmittelrichtlinien der EG¹³ zu beachten.
Der deutsche Gesetzgeber setzt die EU-Richtlinien in nationales Recht um. Während sich die grundsätzlichen Bestimmungen im 4. Teil des GWB finden, hat die Bundesregierung von dessen Ermächtigung, nähere Bestimmungen über das Vergabeverfahren durch Rechtsverordnung zu treffen, durch Erlass der Vergabeverordnung (VgV) Gebrauch gemacht. Die Vergabeverordnung verweist ihrerseits auf die Teile A der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB/A), der Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen (VOL/A) sowie auf die Vergabeordnung für freiberufliche Leistungen (VOF), innerhalb jener bis zur Umsetzung der Sektorenkoordinierungsrichtlinie ins nationale Recht auch das Sektorenvergaberecht verankert war.¹⁴
Das nationale Vergaberecht ist somit traditionell dreistufig aufgebaut; für diesen Aufbau hat sich die Bezeichnung „Kaskadenprinzip" durchgesetzt.¹⁵ Zugleich ist es einer Zweiteilung¹⁶in ein Vergaberecht oberhalb und unterhalb der Schwellenwerte unterworfen, die bis heute fortdauert und sich auch auf den Sektorenbereich erstreckt.
III.Sektorenvergaberecht als Sonderrecht
3 Die Vorschriften über die Vergabe von Aufträgen im Sektorenbereich – Energie, Trinkwasser und Verkehr – verschafften den öffentlichen Auftraggebern seit Inkrafttreten der ersten Sektorenrichtlinie ¹⁷ eine Reihe von Privilegien, die das Vergaberecht in diesen Bereichen liberaler gestalten. ¹⁸
Das Sektorenvergaberecht stellt somit einen Sonderbereich des Vergaberechts für die Einrichtungen der öffentlichen Daseinsvorsorge dar.¹⁹ Da die Aufgabe der Daseinsvorsorge zu den Kernaufgaben der öffentlichen Hand gehört und damit bis heute weitgehend vom Staat oder durch von diesem beherrschte (und so dem öffentlichen Zweck verpflichtete) Privatunternehmen erfüllt wird, hielt man es für geboten, den Sektorenbereich gesondert vom restlichen Vergaberecht zu regulieren.²⁰
Eine Ursache für die geringere Regulierung des Sektorenbereichs wird in der besonderen Natur der Versorgungsunternehmen gesehen, die teils öffentlich-, teils zivilrechtlich handeln, und daher lange Zeit nicht dem europäischen Vergaberecht unterfielen.²¹ Die Einbindung der Sektorenauftraggeber in den Geltungsbereich des Vergaberechts erfüllte vor allem den Zweck, die im Sektorenbereich weitestgehend abgeschotteten Märkte für den Wettbewerb zu öffnen.²² Die Leitungsgebundenheit und damit einhergehende Örtlichkeit der von den Versorgungsunternehmen zu erbringenden Leistungen hatte die betreffenden Unternehmen nicht selten dazu animiert, auch bei Auftragsvergaben an andere Unternehmen nur regionale Bieter in die Auswahl zu ziehen. Darüber hinaus wollte der europäische Gesetzgeber mit dem Sektorenvergaberecht die unterschiedlichen Regulierungen in den Einzelstaaten vereinheitlichen.
IV.Neustrukturierung des Sektorenvergaberechts
4 Das deutsche und europäische Vergaberecht sind seit dem Erlass der Richtlinie 90/531/EWG und ihrer Umsetzung starken Änderungen unterworfen. ²³
So ist am 24.4.2009 eine grundlegende Neuregelung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) in Kraft getreten, die für alle an diesem Tag oder später begonnenen Verfahren maßgeblich ist (§ 131 Abs. 8 GWB).²⁴
Mit dem darauf folgenden Inkrafttreten der Sektorenverordnung (SektVO) am 29.9.2009 sind die Abschnitte 3 und 4 der VOB/A, VOL/A und die §§ 8 und 9 VgV a. F. ausgegliedert und in der SektVO zusammengefasst worden,²⁵ die nunmehr für alle ab diesem Tag begonnenen Verfahren Geltung beansprucht (§ 34 SektVO). Die SektVO setzt damit die Sektorenkoordinierungsrichtlinie²⁶ in deutsches Recht um. Infolge der Trennung des Sektoren- vom sonstigen Vergaberecht ist die VgV nicht mehr auf den Sektorenbereich anwendbar, § 2 Nr. 1, §§ 7 und 12 VgV a. F. wurden aufgehoben.
Mit Wirkung vom 29.9.2009 wurden daher erstmals eigene und einheitliche Vergabevorschriften für alle Auftraggeber der Bereiche
– Trinkwasserversorgung
– Energieversorgung (Elektrizitäts-, Gas- und Wärmeversorgung) und
– Verkehr
geschaffen.²⁷ Die Reichweite der Änderungen wird deutlich, wenn man die nachfolgenden Schaubilder betrachtet:
Vergaberecht oberhalb der Schwellenwerte
vor dem 29.9.2009
images/Schuette-WEV_Abb1nach dem 29.9.2009
images/Schuette-WEV_Abb2Die Einheitlichkeit der Vergabevorschriften bedeutet, dass Vergaben von Sektorenaufträgen durch Sektorenauftraggeber ausschließlich nach der SektVO erfolgen, gleichgültig, ob es sich um Vergaben von Bauaufträgen handelt, die außerhalb des Sektorenbereichs nach der VOB/A vergeben werden müssten, Leistungen im Sinne der VOL/A oder freiberufliche Leistungen i. S. d. VOF.²⁸
Der Gesetzgeber hat die Umstrukturierung des Vergaberechts genutzt, um auch die verbliebenen Teile der VOB/A, VOL/A, VOF und der VgV zu verschlanken und zu vereinheitlichen. Diese folgen nun – wie die SektVO – dem Ablauf des Vergabeverfahrens und sind nach dem in Deutschland üblichen Standard in Paragraphen, Absätze und Sätze gegliedert. Damit wurde auf die bisherige Trennung von Basisparagraphen a-, b- und SKR-Paragraphen verzichtet. Die SektVO erhält zudem eigenständige Regelungen zu den Schwellenwerten und zur Schätzung der Auftragswerte (§ 1 Abs. 2 und § 2 SektVO). Sie gilt gemäß § 1 Abs. 2 im SektVO ausschließlich für Beschaffungsvorgänge, die die Schwellenwerte überschreiten. Hieraus ergibt sich, dass die Vergaben von Stadtwerken, Energieversorgungs- und Verkehrsunternehmen sowie Kommunen, die die Trinkwasser- oder Energieversorgung über einen Eigenbetrieb oder Regiebetrieb betreiben, künftig nach der SektVO zu erfolgen haben.
Durch die Reform des europäischen Vergaberechts (s. o.) sollen die SektVO und das GWB bis 2016 erneut „effizienter, einfacher und flexibler" gestaltet sowie die Förderung kleiner und mittlerer Unternehmen und der sozialen, ökologischen und anderer vergabefremder Ziele verbessert werden.²⁹ Ferner soll die Reform der zunehmenden Digitalisierung aller Lebensbereiche Rechnung tragen.
V.Aufbau der Sektorenverordnung
5 Die SektVO ist in sieben Abschnitte untergliedert und um drei Anhänge erweitert: Die Abschnitte 2 bis 5 geben den Ablauf des Vergabeverfahrens wieder (Abschnitt 2: Vorbereitung des Vergabeverfahrens, 3: Bekanntmachungen und Fristen , 4: Anforderungen an Unternehmen , 5: Prüfung und Wertung der Angebote ), Abschnitt 1 enthält allgemeine, Abschnitt 6 besondere Bestimmungen, Abschnitt 7 enthält Übergangs- und Schlussbestimmungen.
VI.Rechtsgrundlagen für Vergaben im Sektorenbereich
6 Hinsichtlich der rechtlichen Grundlagen, die zur Anwendung von vergaberechtlichen Vorschriften verpflichten, ist zwischen dem eigentlichen Vergaberecht , das Geltung aus sich selbst heraus beansprucht und zu seiner Anwendung verpflichtet ³⁰ und den haushaltsrechtlichen Vorschriften zu unterscheiden, die die Anwendung von Vergabevorschriften unabhängig davon vorschreiben. ³¹
1.Grundprinzipien des Vergaberechts
7 Das Vergaberecht auf europäischer und nationaler Ebene ist von einer Reihe übergeordneter Prinzipien geprägt, die sich wie ein roter Faden durch die Regelungen ziehen und den öffentlichen Auftraggeber zu einer möglichst transparenten und diskriminierungsfreien Beschaffung im Wettbewerb nach dem Prinzip der Wirtschaftlichkeit verpflichten. ³²
8 a) Transparenz . Das Transparenzgebot folgt aus dem primären Gemeinschaftsrecht (AEUV) und ist in § 97 Abs. 1 GWB und § 7 SektVO normiert.
Es fordert im Wesentlichen übersichtliche, nachvollziehbare Verfahren und vorhersehbare Entscheidungskriterien. Jedem potenziellen Bieter soll von Anfang an klar sein, welche Anforderungen das Vergabeverfahren an ihn stellt und wie seine Chancen bei einer Teilnahme stehen. Zudem zwingt die Öffentlichkeit den Auftraggeber dazu, unparteiisch zu verfahren.³³ Transparenz ist zugleich eine Voraussetzung für die Verwirklichung des Wettbewerbsgebots: Wettbewerb kann nur funktionieren, wenn potenzielle Bieter chancengleich Kenntnis von den nachgefragten Leistungen und den Ausschreibungsbedingungen erlangen können.³⁴
Ex-ante-Transparenz wird vor allem durch öffentliche Ausschreibungen erzielt; an ihr sind die Leistungsbeschreibung in Bezug auf den Leistungsinhalt, die Veröffentlichung der Auswahl- und Zuschlagskriterien sowie der Auftragsbedingungen zu messen. Der Inhalt der Leistung und die Bedingungen des Auftrags müssen in der Bekanntmachung und den Vergabeunterlagen so eindeutig und erschöpfend beschrieben werden, dass alle durchschnittlichen fachkundigen Bewerber die Leistungsbeschreibung und die Zuschlagskriterien bei Anwendung der üblichen Sorgfalt im gleichen Sinne verstehen können.³⁵ Der Auftraggeber muss sich während des Verfahrens an diese Auslegung der Zuschlagskriterien halten.³⁶ Dementsprechend darf die Vergabeentscheidung nur auf Kriterien gestützt werden, die vorher bekannt gemacht worden sind.³⁷ Der Auftraggeber darf den sich aus der ursprünglichen Ausschreibung ergebenden Auftragsgegenstand nicht grundlegend ändern. Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz und das Transparenzgebot liegt zudem vor, wenn nicht alle Bieter zum Zeitpunkt der Angebotserstellung über die gleichen Informationen verfügen und damit die gleichen Chancen haben.³⁸
Von mindestens ebenso großer Bedeutung ist die sog. ex-post-Transparenz, die weitere Informations- und Dokumentationspflichten an den Auftraggeber stellt.
Gerade die Rechtsschutzmöglichkeiten erfordern die Transparenz des gesamten Vergabeverfahrens, um anhand einer lückenlosen Dokumentation jeden Schritt des Entscheidungsprozesses verfolgen zu können.³⁹ Die Dokumentation muss während des Vergabeverfahrens, d. h. in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit dem zu dokumentierenden Geschehen erfolgen.⁴⁰ Die in der Dokumentation mitgeteilten Angaben und Gründe für die getroffenen Entscheidungen müssen allerdings so detailliert sein, dass sie für einen mit dem Vergabeverfahren vertrauten Leser nachvollziehbar sind.⁴¹ Insbesondere im Hinblick auf die Auswahl des wirtschaftlichsten Angebotes sind die verlangten Nachweise für die Beurteilung der Bietereignung und die Kriterien der Auftragserteilung in der Bekanntmachung zu dokumentieren, wenn diese nicht in den Vergabeunterlagen genannt sind. Entscheidend ist, dass der Bieter anhand der ihm durch den Auftraggeber mitgeteilten Kriterien in der Lage ist, seine Erfolgsaussichten zu beurteilen und ggf. auch die Entscheidung des Auftraggebers anhand dieser Kriterien nachzuvollziehen. Ferner sollen alle Bieter darüber informiert werden, wie die anderen Teilnehmer geboten haben, um für zukünftige Vergabeverfahren Rückschlüsse ziehen zu können. Auf diese Weise können begangene Fehler in Zukunft vermieden und die Teilnahme an Vergabeverfahren taktisch optimiert werden.
9 b) Wettbewerb . Das Gebot des fairen Wettbewerbs (§ 97 Abs. 1 GWB ) fordert, dass jedes Unternehmen , egal in welchem Mitgliedstaat der EU es ansässig ist, unter den gleichen Voraussetzungen Zugang zur Auftragsvergabe hat. Das Wettbewerbsgebot stellt insoweit eine direkte Ausprägung der wesentlichen Grundfreiheiten des Europäischen Binnenmarktes – dem freien Waren - und Dienstleistungsverkehr (Art. 34 und 56 AEUV) und der Niederlassungsfreiheit (Art. 49 AEUV) – dar. ⁴²
Die Auftragsvergabe muss in allen Phasen des Vergabeverfahrens so erfolgen, dass ein möglichst wirksamer Wettbewerb um die Aufträge gewährleistet ist.⁴³ Aus dem Wettbewerbsgebot ergibt sich zudem, dass bereits bei der Wahl der Verfahrensart grundsätzlich dasjenige Verfahren bevorzugt werden sollte, das den größeren Wettbewerb schafft.⁴⁴
Verboten sind vermeidbare Maßnahmen, durch die ein Unternehmen an der Teilnahme gehindert bzw. behindert wird, und anderweitige Verzerrungen des Wettbewerbs wie Subventionen. Absprachen der Bieter mit dem Ziel, den Wettbewerb durch Ausgleichszahlungen, Preisabsprachen, Einigungen über die Abgabe bzw. Nichtabgabe von Angeboten etc. auszuschalten, sind bereits nach § 1 GWB unzulässig.⁴⁵ Vorsicht ist auch bei nachträglichen Preisabsprachen und anderweitigen Verhandlungen über den Auftrag geboten; diese sind nur zulässig, wenn der Auftraggeber das Verhandlungsverfahren gewählt hat. Ferner gebietet auch das Wettbewerbsgebot, dass von der Ausschreibung abweichende Angebote nicht berücksichtigt werden dürfen.⁴⁶ Ein Verstoß gegen das Wettbewerbsgebot liegt schließlich auch darin begründet, dass ein Auftraggeber eine Verfahrensaufhebung gezielt herbeiführt, um anschließend im Verhandlungsverfahren vergeben zu können.⁴⁷ Ebenfalls unzulässig ist eine Verengung der Leistungsbeschreibung auf bestimmte Hersteller⁴⁸ oder eine unnötige Verschärfung der Anforderungen, die nur noch einem kleinen Kreis von Bietern eine Teilnahme am Vergabeverfahren erlaubt.⁴⁹
Nicht generell unzulässig ist es dagegen, wenn ein Bieter oder Bewerber vor Einleitung des Vergabeverfahrens den Auftraggeber berät oder anderweitig unterstützt. Allerdings muss der Auftraggeber sicherstellen, dass der Wettbewerb durch die Teilnahme des Bieters oder Bewerbers nicht verfälscht wird.
10 c) Vertraulichkeitsschutz . Die Pflicht zur Schaffung gleicher Wettbewerbsbedingungen schließt auch die Vertraulichkeit der zum Zwecke der Ausschreibung übermittelten Daten (insb. Geschäftsgeheimnisse und persönliche Angaben zu den Eignungskriterien ) ein (vgl. Art. 13 SektVO). ⁵⁰ Daher enthält die SektVO neben Anforderungen zur Übermittlung und Speicherung der Daten ⁵¹ auch Vorgaben zur Ausgestaltung des Verfahrens wie § 5 Abs. 5 SektVO.
Der Wettbewerbsgrundsatz gebietet zudem einen Geheimwettbewerb zwischen den an der Ausschreibung teilnehmenden Bietern.⁵² Unzulässig ist es daher, wenn sich ein und dasselbe Unternehmen sowohl als einzelner Bieter als auch als Mitglied einer Bietergemeinschaft am Vergabeverfahren beteiligt.⁵³
11 d) Gleichbehandlung . Der Gleichbehandlungsgrundsatz (§ 97