It’s been 84 years: Wieso brauchen alte Meisterwerke plötzlich eine Fortsetzung?

Ein neuer Trend macht sich in Hollywood breit. Nicht, dass es das nicht schon vorher gegeben hätte, doch neuerdings setzen ungewöhnlich viele Filme ihre Geschichten fort, nachdem schon mehr als zehn Jahre seit dem Kinostart vergangen sind. Doch warum jetzt und muss das wirklich sein?

Einige auf dieser Seite eingebaute Links sind Affiliate-Links. Beim Kauf über diese Links erhält IGN Deutschland je nach Anbieter eine Provision. Auf den Verkaufspreis hat dies keine Auswirkung.

Um die Antwort vorwegzunehmen: Natürlich muss das nicht sein. Es gibt unzählige Ideen, die darauf warten, verfilmt zu werden und unzählige junge, ambitionierte Autoren und Autorinnen, Regisseure, Schauspielende und Co., die sich beweisen wollen. Und dennoch stehen wir jetzt hier. Das wohl prominenteste Beispiel für “Wer hat das denn aus der Mottenkiste geholt?” ist aktuell Gladiator II. Dicht gefolgt von Beetlejuice Beetlejuice, einer Fortsetzung mit der ich im Leben nicht gerechnet hätte.

Doch Gladiator ist unbestritten ein Meisterwerk und erschien im Jahr 2000 unter der Regie von Ridley Scott mit Russell Crowe in der Hauptrolle des Maximus. Die Geschichte ist perfekt. Ein Epos zur Zeit des römischen Imperiums, in dem es um Treue, Verrat, Liebe und Rache geht. Ein Protagonist, mit dem wir mitfühlen können, und ein Antagonist, gespielt von Joaquin Phoenix, den wir bedenkenlos hassen können. Nach 153 Minuten war diese Geschichte auserzählt und ich trage sie in meinem Herzen als eines der imposantesten Film-Erlebnisse meines jungen Lebens. Nichts, aber auch gar nichts spricht für eine Fortsetzung nach geschlagenen 24 Jahren. Und dennoch existiert sie jetzt. Aber warum?

Hollywood hat ein Problem

Das kommt sicher nicht überraschend. Wann hat Hollywood keine Probleme? Autoren, Autorinnen und Schauspielende gingen erst im vergangenen Jahr Monate lang auf die Barrikaden, um sich für bessere Verträge und Arbeitsbedingungen stark zu machen. Um es vereinfacht auszudrücken: Jahre zuvor offenbarte die #MeToo-Bewegung unfassbare Ausmaße von Machtmissbrauch in der Industrie gegenüber Frauen und jüngst, wie in der Dokumentation Quiet On Set zu sehen, auch gegenüber Kindern bei TV-Produktionen. Darin geht es explizit um die Machenschaften des TV-Produzenten Dan Schneider, der für den amerikanischen Sender Nickelodeon etliche Erfolgsformate ins Leben rief und über diese herrschte wie ein Tyrann. Doch abgesehen von diesen scheußlichen Dingen, spreche ich hier spezifisch von Wachstum. Das Wachstum Grenzen hat, bekommen gerade viele Produktionsfirmen zu spüren. Die Aktie darf nicht an Wert verlieren, gleichzeitig ist aber irgendwann natürlich der Zenit erreicht. Streamingdienste wie Disney+ oder Amazon Prime verlangen als Gegenmaßnahme mittlerweile einen Aufpreis, damit wir ihren Content werbefrei genießen können. Ein Rückschritt, wenn man bedenkt, dass wir das lineare Fernsehen doch genau wegen zu viel Werbung links liegen lassen.

Doch Werbung zu schalten spült Geld in die Kassen, genau wie die Erhöhung der Abopreise. An den Kinokassen zeigt sich ein anderes Bild: Die Pandemie ist vorbei und die Zuschauerzahlen sind trotzdem im Keller. Denn eben diese Streaming-Anbieter machen den mittlerweile sehr kostspieligen Kinobesuch fast überflüssig. Filme erscheinen schneller im Online-Angebot als ihr "Timothee Chalamet" sagen könnt. Da überlege ich mir doch zwei Mal, ob ich den Filmabend nicht doch auf die Couch verlagere. Während Streaming also langsam das Konzept des Kinobesuchs verdrängt, suchen Produktionsfirmen händeringend nach billigen Lösungen, den Ball hochzuhalten. Möglichst simpel sollen sie auch sein. Warum also nicht den Hebel ziehen, der fast jeden Filmfan hinter dem Ofen hervor lockt? Nostalgie.

The Acolyte Episode 4 Review – 
The Acolyte ist Disneys neuster Ableger der niemals endenden Star Wars Saga

Was nicht passt, wird passend gemacht.

In anderer Form erleben wir das schon seit einigen Jahren. Es mussten unbedingt weitere Star-Wars-Filme und unzählige Serien her, damit der Zauber des Weltraum-Märchens niemals erlischt. Ich, Einfach Unverbesserlich 4 ist am 11. Juli in den Kinos angelaufen, obwohl ein Teil der nervtötenden Minion-SpinOffs meiner Meinung nach völlig ausgereicht hätte. Der Erfolg gibt Universal jedoch recht. Laut offizieller Box Office Zahlen ist das Ich, Einfach Unverbesserlich/Minion Franchise jetzt mit 5 Mrd. Dollar Ticketeinnahmen das erfolgreichste animierte Franchise der Welt.

Und nun trifft es eben noch die Filme, die bislang ikonisch für sich selbst standen. Die neuste Meldung erreichte uns am 9. Juli, als das Nachrichtenportal Puck verkündete Der Teufel trägt Prada bekäme jetzt endlich, nach 18 Jahren, die wohl verdiente Fortsetzung. Twisters setzt seit dem 18. Juli eine Filmidee von 1996 fort, nachdem die Kombination aus verheerenden Stürmen und fetten Meeresraubtieren a la Sharknado langsam ihren Reiz verloren hat.

Doch ich möchte den Verantwortlichen nicht reine Geldgier unterstellen. In einigen Fällen erlauben die Umstände auch keine Fortsetzung zu einem wesentlich sinnvolleren Zeitpunkt. Der Cast ist verhindert, die Regie abgesprungen und vielleicht ist auch das Drehbuch einfach nicht das Wahre. In einem Interview mit ComicBook.com erzählte Fly-Me-To-The-Moon-Darsteller Channing Tatum Ende Juni, dass es für Teil Drei der Jump-Street-Reihe bereits ein super Drehbuch gab, dieses aber einfach nicht freigegeben wurde. "Das ist mit viel Bürokratie verbunden. Dinge, die wir nicht beeinflussen können", antwortet Tatum auf die Frage von Co-Star Scarlett Johansson, was passiert sei. “Wir haben es wirklich versucht, aber es hat bisher nicht funktioniert" fügt er hinzu. Doch wenn die Industrie in Not ist, lässt sich auch da bestimmt etwas machen. Es gibt aber noch einen weiteren Aspekt, den wir nicht außer Acht lassen sollten.

Top 20 Sci-Fi Comedies
Auch die Sci-Fi-Komödie Spaceballs soll nach 37 Jahren eine Fortsetzung bekommen

Ein letzter Coup!

Mel Brooks ist 98 Jahre alt. Er hat geschauspielert, Drehbücher geschrieben, Regie geführt und ist für seinen unverwechselbaren Humor bekannt. Seine Star Wars-Parodie Spaceballs dürfte wohl jedem ein Begriff sein. Eben diese Parodie soll nun auch eine Fortsetzung bekommen, mit Mel Brooks als Produzenten und Amazon MGM als Geldgeber. Das enthüllte jedenfalls Industrie-Spürnase Jeff Sneider in seinem Format The InSneider vor einigen Wochen, was mittlerweile offiziell bestätigt wurde. Und auch Ridley Scott, der nach 24 Jahren einen neuen Gladiator-Film gedreht hat, ist schon 86. Vielleicht hecheln diese alten Herren ihrer letzten Chance hinterher, noch einmal richtig zu punkten. Und wenn es mit Joaquin Phoenix als Napoleon nicht klappt, dann vielleicht mit Paul Mescal, Pedro Pascal und Denzel Washington im alten Rom.

Zu guter Letzt sollten wir auch ehrlich zu uns selbst sein. Ohne uns würde diese Masche nämlich nicht funktionieren. Wir füttern das Biest und honorieren so den immer gleichen Loop der Ideenschmiede Hollywood. Ich muss zugeben, dass ich mich riesig auf den neuen Gladiator II freue. Ich weiß, dass niemand diesen Film braucht. Ich weiß, dass Ridley Scott seit Der Marsianer - Rettet Mark Watney keinen richtig guten Film mehr gedreht hat. Trotzdem sehe ich echte Set Pieces, hohes Production Value und ein immenses schauspielerisches Potential. Alles steht und fällt mit dem Drehbuch und ich bin gewillt, dem eine Chance zu geben. Ja, der Trend, die ewige Cash Cow zu melken nervt mich, das bedeutet aber nicht, dass automatisch jeder neue Film, der entsteht, auch schlecht werden muss. Ich hätte große Lust, meinen Kopf in mein Sofa zu stecken und allen Fortsetzungen aus dem Weg zu gehen, aber die ein oder andere Perle wird dabei sein und darauf möchte ich nicht verzichten. Und euch geht es ähnlich. Das sagt zumindest die Statistik.

Einige auf dieser Seite eingebaute Links sind Affiliate-Links. Beim Kauf über diese Links erhält IGN Deutschland je nach Anbieter eine Provision. Auf den Verkaufspreis hat dies keine Auswirkung.
Ähnliche Artikel

Gladiator II

Parkes/MacDonald Image Nation