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Pressemappe CvO-Medaille 2012
Pressemappe CvO-Medaille 2012
Die Internationale Liga fr Menschenrechte ist eine traditionsreiche unabhngige und gemeinntzige Nichtregierungsorganisation (NRO), die sich fr die Verwirklichung und Erweiterung der Menschenrechte und fr Frieden einsetzt. Die Liga arbeitet auf der Basis der Allgemeinen Erklrung der Menschenrechte von 1948, der Europischen Menschenrechtskonvention von 1950 und den beiden UN-Pakten von 1966. Sie betrachtet die Menschenrechte als universell und unteilbar. Ihr Menschenrechtsbegriff umfasst gleichberechtigt die brgerlichpolitischen, sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Schutz- und Teilhaberechte. Die Liga ist Mitglied der Fdration Internationale des Ligues des Droits de lHomme (FIDH Internationale Fderation der Ligen fr Menschenrechte), einem Zusammenschluss von Ligen in ber 50 Lndern mit Beratungsstatus (C Status) bei den Vereinten Nationen. Des Weiteren ist die Liga Mitglied der Association Europenne pour la Dfense des Droits de lHomme (AEDH Europischer Verband fr die Verteidigung der Menschenrechte) und ist Mitglied im Vorstand dieses Dachverbandes. Ihre vorrangige Aufgabe sieht die Liga darin, Regierungen, Behrden und politische Entscheidungstrger zu kontrollieren sowie eine kritische ffentlichkeit zur Politik von oben herzustellen. Die Liga kmpft fr die Einhaltung und Weiterentwicklung der Brger- und Menschenrechte auf internationaler Ebene (z. B. Iran, Israel-Palstina und Trkei-Kurdistan), in Europa (EU) und in der Bundesrepublik. Sie wendet sich gegen die zunehmende Militarisierung der Inneren Sicherheit und gegen militrische Interventionen in anderen Lndern. Die Liga beteiligt sich an der Koordinierung von Brgerrechtsarbeit, an Menschenrechtsdelegationen und Prozessbeobachtungen (u. a. Spanien, Trkei, Europischer Gerichtshof fr Menschenrechte; 2007/08: Berufsverbotsverfahren in Baden-Wrttemberg; Verfahren gegen Polizeibeamte wegen des Verbrennungstods des Asylbewerbers Oury Jalloh im Dessauer Polizeigewahrsam).
Die Liga wendet sich gegen die Einschrnkung und Rcknahme rechtsstaatlicher Prinzipien sowie brgerrechtlicher Errungenschaften und fordert folglich mit Nachdruck die Wiederherstellung des uneingeschrnkten Grundrechts auf Asyl, eine unabhngige Evaluierung und grndliche Revision der sog. Antiterrorgesetze. Die Liga kmpft aktiv gegen institutionellen und strukturellen Rassismus in Staat und Gesellschaft. Sie beteiligte sich 2009 an der UN-Review Conference Durban 2 gegen Rassismus in Genf. Sie hat sich erfolgreich fr die Errichtung eines Mahnmals fr die durch das Naziregime verfolgten und ermordeten Sinti und Roma eingesetzt und plant knftig ihre Aktivitten gegen die anhaltende Diskriminierung von Sinti und Roma in Deutschland sowie in der EU wieder zu verstrken. Die Liga widersetzt sich allen Erscheinungen des nach wie vor akuten antijdischen Rassismus und des sich neuerdings verbreitenden antimuslimischen Rassismus. Die Liga setzt sich kritisch mit den Aktivitten staatlicher Instanzen auseinander insbesondere von Justiz, Polizei und Geheimdiensten. Angesichts des VLeute-Unwesens, das beim NPD-Verbotsverfahren sichtbar wurde und zu dessen Scheitern fhrte, forderte die Liga ein sofortiges Ende der skandalsen Verstrickungen des Verfassungsschutzes in Neonazi-Szenen und rechtsextremen Parteien. Sie begreift den Kampf gegen Rechtsextremismus als gesamtgesellschaftliche Verpflichtung und nicht als Domne eines demokratisch kaum kontrollierbaren Inlandsgeheimdienstes. Ihren eigenen Beitrag leistet die Liga durch Aufklrung und aktive Auseinandersetzung mit Nazismus und Rassismus in Vergangenheit und Gegenwart. Die Liga ist mit anderen Datenschutz- und Brgerrechtsgruppen Mitglied in der Jury zur jhrlichen Vergabe des Negativpreises BigBrotherAward an Personen und Institutionen, die in besonderem Mae gegen den Datenschutz und die Informationelle Selbstbestimmung verstoen haben. Weitere Arbeitsschwerpunkte der Liga sind Beitrge zur Verwirklichung der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Menschenrechte sowie der Kinderund der Behindertenrechtskonvention. Die Liga untersttzt Aktionsbndnisse von Flchtlings- und Menschenrechtsorganisationen fr die Beendigung der Politik der Asylverweigerung und Abschiebung, fr die Schlieung aller Lager und eine Politik der Integration von Flchtlingen und Migranten in der Bundesrepublik. Im Jahr 2009 hat sie sich im Bndnis mit anderen Organisationen mageblich an einer Kampagne anlsslich der Wahlen zum EU-Parlament und zum Bundestag beteiligt (STIMMEN fr Flchtlingsschutz und Kinderrechte; www.stimmen09.de ).
Die Liga ist neben dem Bildungswerk Berlin der Heinrich-Bll-Stiftung, der borderline e. V., den Flchtlingsrten Brandenburg und Berlin u. a. m. Grndungsmitglied des Komitees SOS Mittelmeer Lebensretter in Not das im Mrz 2010 ins Leben gerufen wurde, um tunesischen Fischern, die im Mittelmeer 44 schiffbrchigen Flchtlingen das Leben retteten und sich in Italien vor Gericht zu verteidigen hatten, fr die Zeit der Gerichtsverfahren praktische Solidaritt zu zeigen und sie rechtlich und materiell zu untersttzen. Seit 1962 verleiht die Liga jhrlich die Carl-von-Ossietzky-Medaille fr die Verteidigung, Durchsetzung und Fortentwicklung der Menschenrechte und des Friedens: 2008 ging die Medaille an das Brgerkomitee des Dorfes Bilin aus Palstina und an die Anarchists Against the Wall aus Israel wegen ihres mutigen Einsatzes fr die Menschenrechte und den Frieden in Nahost; 2009 wurden der Kapitn der Cap Anamur, Stefan Schmidt aus Lbeck und Mouctar Bah aus Dessau fr ihren besonderen Beitrag zur Verwirklichung der Menschenrechte in der Bundesrepublik und der EU geehrt; 2010 wurde Mordechai Vanunu, der sich in herausragender Weise gegen die atomare Aufrstung in Israel und weltweit einsetzt und dafr 18 Jahre in Isolationshaft verbrachte vom Kuratorium der Liga mit der Carl-von-Ossietzky-Medaille ausgezeichnet. Erstmals in der Geschichte der Liga konnte die Medaille nicht an ihren Trger verliehen werden, da die Zustndigen in Israel dem Ausgezeichneten die Ausreise zum Zwecke der Entgegennahme der Medaille verwehrten. Dreimal pro Jahr erscheint der Liga-Report, in dem die Aktivitten der Liga dargestellt werden. Die Liga wird ausschlielich durch Mitgliedsbeitrge und Spenden finanziert. Neue Mitglieder sind in der Liga stets herzlich willkommen.
Internationale Liga fr Menschenrechte e. V. Haus der Demokratie und Menschenrechte Greifswalder Str. 4, D - 10405 Berlin Telefon: 030 / 396 21 22, Fax: 030 / 396 21 47 Homepage: http://www.ilmr.de, Email: [email protected] Spendenkonto bei der Bank fr Sozialwirtschaft Konto 33 17 100, BLZ 100 205 00 Beitrge und Spenden sind steuerlich absetzbar.
Internationale
Sektion der Fdration Internationale des Ligues des Droits de lHomme, Association. Europenne pour la Dfense des Droits de lHomme Akkreditiert mit C.Status bei UNO, Europarat ,UNESCO
fr Menschenrechte
im Geiste Carl von Ossietzkys
Die Carl-von-Ossietzky-Medaille
Carl von Ossietzky, engagierter Publizist der Weimarer Republik und Herausgeber der Zeitschrift Weltbhne, war seit 1920 Mitglied der Deutschen Liga fr Menschenrechte und bis 1933 ihr Vorsitzender. Als verantwortlicher Redakteur fr einen die geheime Aufrstung der Reichswehr enthllenden Artikel wurde er 1931 wegen Verrats militrischer Geheimnisse zu 18 Monaten Gefngnis verurteilt. Am Tag seines Haftantritts erklrte er: Ich gehe nicht aus Grnden der Loyalitt ins Gefngnis, sondern weil ich als Eingesperrter am unbequemsten bin. Obwohl Weihnachten 1932 amnestiert, wurde er 1933 nach dem Reichstagsbrand wegen des gleichen Vorwurfs in Gestapo-Haft genommen. 1936 fhrte eine weltweite Kampagne zur Verleihung des Friedensnobelpreises an den im Konzentrationslager eingekerkerten Carl von Ossietzky. Er starb 1938 an den Folgen der in den Konzentrationslagern erlittenen Misshandlungen. Seinem nicht korrumpierbaren Geist und seinem Einsatz fr Frieden und Menschenrechte fhlt sich die Internationale Liga fr Menschenrechte verpflichtet. Seit 1962 verleiht sie jhrlich die Carl-von-Ossietzky-Medaille an Personen und Gruppen, die sich um die Verteidigung der Menschenrechte und des Friedens besonders verdient gemacht haben.
Internationale
fr Menschenrechte
Peter Lilienthal gehrt seit Mitte der 50er Jahre zu den bedeutsamsten Filmschaffenden der Bundesrepublik Deutschland. Das knstlerische und politische Lebenswerk des Regisseurs ist ein herausragender Beitrag zur Verwirklichung der Menschenrechte.
Hund erreichbar mit U9, Bus 106 sowie S-Bahn U Hansaplatz S Bellevue
Kostenbeitrag 6,
Redakteur Graswurzelrevolution
Greifswalder Strae 4 10405 Berlin Web: www.ilmr.de E-mail: [email protected] Tel.: 030-396 21 22 Fax: 030-396 21 47 Sprechstunde: Mo. 18.0020.00 Uhr Bankverbindung: Bank fr Sozialwirtschaft, Konto: 33 17 100, Bankleitzahl: 100 20 500
Internationale
fr Menschenrechte
Die Internationale Liga fr Menschenrechte verleiht in diesem Jahr zum 50. Mal die Carl-von-OssietzkyMedaille. Sie geht an den Filmregisseur und Autor Peter Lilienthal. Peter Lilienthal gehrt seit Mitte der 50er Jahre zu den bedeutsamsten Filmschaffenden der Bundesrepublik Deutschland; mit seinem knstlerischen und politischen Lebenswerk hat der Regisseur einen herausragenden Beitrag zur Verteidigung und Weiterentwicklung der Menschenrechte geleistet, fr den ihn die Internationale Liga fr Menschenrechte mit der Carl-von-Ossietzky-Medaille ehrt. Indem Peter Lilienthal Scheinwerfer und Kamera nicht nur auf die Vollstrecker von Macht und Gewalt, sondern gleichsam auf politisch unterdrckte, wirtschaftlich benachteiligte, gesellschaftlich und kulturell fast ausgeblendete Einzelschicksale richtet, wird der Fokus jenseits aller Ideologien und Dogmen wie von selbst von den Auswchsen gegenwrtiger und vergangener Herrschaftssysteme auf die Wrde und Kraft des individuellen Widerstands gegen Unrecht und Gewalt gelenkt. Die Hauptfiguren seiner zahlreichen Kino- und Fernsehfilme treten selbst in aussichtsloser Situation und angesichts noch so tiefer krperlicher und seelischer Verwundungen aus dem Schatten der willfhrig gehorsamen Massen auf ganz unterschiedliche Weise als groe Charaktere hervor, prgen sich den Zuschauern nachhaltig als unbezwingbare Helden ein, entschlossen ihr menschliches Da-Sein zu verteidigen und so jede Form von Zwang, Diktat und Gewalt blozustellen. Peter Lilienthal ist Internationalist. Seine Filme sind literarische Portraits von widerstndigen Menschen, die die Universalitt und Unteilbarkeit der Menschenrechte in ihren unmittelbaren Lebenszusammenhngen auf dem amerikanischen, europischen oder vorderasiatischen Kontinent verteidigen: Auf ihre je eigene Art, ohne dies laut zu proklamieren und ungeachtet der nationalen, ethnischen oder religisen Zugehrigkeit. Besonders eindrcklich vermittelt sich das Engagement Peter Lilienthals fr das elementare Menschenrecht auf Leben in dem bewegenden Dokumentarfilm Camilo Der lange Weg zum Ungehorsam (2007). Am Beispiel des 2003 von den USA und Grobritannien mit Untersttzung weiterer Verbndeter entfachten Irak-Kriegs werden Grausamkeit, Zerstrung und Leid eines jeden Krieges dargestellt sowie die sonst kaum thematisierte Tatsache in den Vordergrund gerckt, dass die Anstifter und Profiteure aller Kriege selten selber in den Tod ziehen, sondern zur Verteidigung von Freiheit und Menschenrechten im Interesse der Heimat auch hier vorzugsweise die Benachteiligten und Ausgegrenzten mobilisieren. Wer den Krieg erlebt hat, muss gegen ihn kmpfen. Die Sehnsucht nach Anpassung kann tdlich sein, sagt der am 27. November 1929 als Kind jdischer Eltern in Berlin geborene Regisseur, der 1939 gerade zehn Jahre alt mit seiner Mutter nach Uruguay fliehen musste, nachdem sein Vater im KZ umgekommen war. Peter Lilienthal engagiert sich nicht allein in und mit seinem filmischen Werk als Pazifist, sondern ganz in der Tradition von Carl von Ossietzky auch in Netzwerken gegen Krieg, Aufrstung und gesellschaftliche Militarisierung (Connection e.V., Graswurzelrevolution, DFG/VK u.a.). Aus all diesen Grnden gebhrt ihm die Carl-von-Ossietzky-Medaille, die die Internationale Liga fr Menschenrechte seit 1962 an Personen und Gruppen verleiht, die sich fr die Verteidigung, Verwirklichung und Weiterentwicklung der Menschenrechte und des Friedens besonders verdient gemacht haben.
Presseerklrung 24. Oktober 2012 50. Verleihung der Carl-von-Ossietzky-Medaille an den Filmregisseur
Peter Lilienthal
Festakt
der
Medaillenverleihung
am
Sonntag
09.
Dezember
d.
J.,
11:00
-
13:00
Uhr
im
GRIPS
Theater,
Altonaer
Strae
22,
10557
Berlin
direkt
am
U-Bhf.
Hansaplatz
(U9)
Die
Internationale
Liga
fr
Menschenrechte
verleiht
in
diesem
Jahr
zum
50.
Mal
die
Carl-von-Ossietzky-Medaille.
Sie
geht
an
den
Filmregisseur,
Autor,
Photograph
und
Schauspieler
Peter
Lilienthal.
Peter
Lilienthal
gehrt
seit
Mitte
der
50er
Jahre
zu
den
bedeutsamsten
Filmschaffenden
der
Bundesrepublik
Deutschland;
mit
seinem
knstlerischen
und
politischen
Lebenswerk
hat
der
Regisseur
einen
herausragenden
Beitrag
zur
Verteidigung
und
Weiterentwicklung
der
Menschenrechte
geleistet,
fr
den
ihn
die
Internationale
Liga
fr
Menschenrechte
mit
der
Carl-von-Ossietzky-Medaille
ehrt.
Indem
Peter
Lilienthal
Scheinwerfer
und
Kamera
nicht
nur
auf
die
Vollstrecker
von
Macht
und
Gewalt,
sondern
gleichsam
auf
politisch
unterdrckte,
wirtschaftlich
benachteiligte,
gesellschaftlich
und
kulturell
fast
ausgeblende- te
Einzelschicksale
richtet,
wird
der
Fokus
jenseits
aller
Ideologien
und
Dogmen
wie
von
selbst
von
den
Aus- wchsen
gegenwrtiger
und
vergangener
Herrschaftssysteme
auf
die
Wrde
und
Kraft
des
individuellen
Wider- stands
gegen
Unrecht
und
Gewalt
gelenkt.
Die
Hauptfiguren
seiner
zahlreichen
Kino-
und
Fernsehfilme
treten
selbst
in
aussichtsloser
Situation
und
ange- sichts
noch
so
tiefer
krperlicher
und
seelischer
Verwundungen
aus
dem
Schatten
der
willfhrig
gehorsamen
Massen
auf
ganz
unterschiedliche
Weise
als
groe
Charaktere
hervor,
prgen
sich
den
Zuschauern
nachhaltig
als
unbezwingbare
Helden
ein,
entschlossen
ihr
menschliches
Da-Sein
zu
verteidigen
und
so
jede
Form
von
Zwang,
Diktat
und
Gewalt
blozustellen.
Peter
Lilienthal
ist
Internationalist.
Seine
Filme
sind
literarische
Portraits
von
widerstndigen
Menschen,
die
die
Universalitt
und
Unteilbarkeit
der
Menschenrechte
in
ihren
unmittelbaren
Lebenszusammenhngen
auf
dem
amerikanischen,
europischen
oder
vorderasiatischen
Kontinent
verteidigen:
Auf
ihre
je
eigene
Art,
ohne
dies
laut
zu
proklamieren
und
ungeachtet
der
nationalen,
ethnischen
oder
religisen
Zugehrigkeit.
Besonders
eindrcklich
vermittelt
sich
das
Engagement
Peter
Lilienthals
fr
das
elementare
Menschenrecht
auf
Leben
in
dem
bewegenden
Dokumentarfilm
Camilo
Der
lange
Weg
zum
Ungehorsam
(2007).
Am
Beispiel
des
2003
von
den
USA
und
Grobritannien
mit
Untersttzung
weiterer
Verbndeter
entfachten
Irak-Kriegs
werden
Grausamkeit,
Zerstrung
und
Leid
eines
jeden
Krieges
dargestellt
sowie
die
sonst
kaum
thematisierte
Tatsache
in
den
Vordergrund
gerckt,
dass
die
Anstifter
und
Profiteure
aller
Kriege
selten
selber
in
den
Tod
ziehen,
sondern
zur
Verteidigung
von
Freiheit
und
Menschenrechten
im
Interesse
der
Heimat
auch
hier
vorzugsweise
die
Be- nachteiligten
und
Ausgegrenzten
mobilisieren.
Wer
den
Krieg
erlebt
hat,
muss
gegen
ihn
kmpfen.
Die
Sehnsucht
nach
Anpassung
kann
tdlich
sein,
sagt
der
am
27.
November
1929
als
Kind
jdischer
Eltern
in
Berlin
geborene
Regisseur,
der
1939
gerade
zehn
Jahre
alt
mit
seiner
Mutter
nach
Uruguay
fliehen
musste,
nachdem
sein
Vater
im
KZ
umgekommen
war.
Haus. der Demokratie und Menschenrechte, Greifswalder Str. 4, 10405 Berlin, Tel. +49 30 396 21 22 | Fax +49 30 396 21 47 | [email protected] | www.ilmr.de
Bankverbindung: Bank fr Sozialwirtschaft, Konto: 331 71 00, Bankleitzahl: 100 205 00
Peter Lilienthal engagiert sich nicht allein in und mit seinem filmischen Werk als Pazifist, sondern ganz in der Tradition von Carl von Ossietzky auch in Netzwerken gegen Krieg, Aufrstung und gesellschaftliche Militarisie- rung (Connection e.V., Graswurzelrevolution, DFG/VK u.a.). Aus all diesen Grnden gebhrt ihm die Carl-von-Ossietzky-Medaille, die die Internationale Liga fr Menschen- rechte seit 1962 an Personen und Gruppen verleiht, die sich fr die Verteidigung, Verwirklichung und Weiterent- wicklung der Menschenrechte und des Friedens besonders verdient gemacht haben.
Die
mutige
Haltung
Vanunus
erinnert
zweifellos
an
den
unerschrockenen
Widerstand
Carl
von
Ossietzkys
gegen
Aufrstung
und
Krieg
in
der
Weimarer
Republik.
Die
kontinuierliche
Zurckweisung
der
Antrge
auf
Ausreise-
und
Bewegungsfreiheit
durch
die
Gerichte
einschlielich
des
Obersten
Gerichtshofs
Israels
mit
Haus. der Demokratie und Menschenrechte, Greifswalder Str. 4, 10405 Berlin, Tel. +49 30 396 21 22 | Fax +49 30 396 21 47 | [email protected] | www.ilmr.de
Bankverbindung: Bank fr Sozialwirtschaft, Konto: 331 71 00, Bankleitzahl: 100 205 00
2
Verweis
auf
die
Gefahr,
die
von
ihm
fr
die
militrische
Sicherheit
des
Landes
ausgehe,
offenbart
ein
rechtsstaatlich
unhaltbares
Vergeltungsgebaren.
Mordechai
Vanunu
hat
nach
Verbung
seiner
18-jhrigen
Strafe
weitere
acht
Jahre
und
damit
mehr
als
26
Jahre
seines
Lebens
in
Unfreiheit
verbracht
-
ein
enorm
hoher
Preis
dafr,
dass
er
die
israelische
und
internationale
ffentlichkeit
ber
die
Gefahren
der
atomaren
Aufrstung
informiert
und
vor
ihnen
gewarnt
hat.
In
seinem
vierten
Brief
des
offenen
Briefwechsels
mit
dem
japanischen
Schriftsteller
Kenzaburo
Oe
fragt
der
mit
der
Carl-von-Ossietzky-Medaille
ausgezeichnete
Schriftsteller
und
Literaturnobelpreistrger
Gnter
Grass
1995,
50
Jahre
nach
Abwurf
der
Atombomben
auf
die
japanischen
Stdte
Hiroshima
und
Nagasaki:
Ist
Vanunu
ein
Landesverrter
oder
jemand,
der
aus
Verantwortung
gehandelt
hat?
Seine
eigene
Antwort
im
selben
Brief:
Ich
bin
der
berzeugung,
dass
es,
nach
all
den
Kriegen,
die
dieses
zu
Ende
gehende
Jahrhundert
zu
einem
mrderischen
gemacht
haben,
an
der
Zeit
ist,
jedes
militrische
Geheimnis
offenzulegen
und
sei
es
durch
Verrat.
Die
jngsten
Entwicklungen
in
Nah-
und
Mittelost
besttigen
auf
besorgniserregende
Weise:
Die
Beweggrnde
Mordechai
Vanunus
waren
seinerzeit
vorausschauend
und
sind
bis
heute
Mahnung
geblieben.
Die
Belagerung
und
die
abermals
militrische
Befriedung
der
Bevlkerung
von
Gaza,
ohne
Aussicht
auf
ein
menschenrechtlich
oder
auch
nur
humanitr
vertretbares
Zivilleben,
die
instabile
innenpolitische
Situation
in
gypten,
Syrien,
Pakistan,
Israel
und
Iran
oder
die
militrischen
Unruhen
an
der
trkisch-syrischen
Grenze
erzeugen
eine
kaum
beherrschbare
Gemengelage
in
der
Region
Mittelost.
Nicht
zuletzt
angesichts
der
beiden
Atommchte
Israel
und
Pakistan
sowie
der
unbersichtlichen
Atomkapazitt
Irans
aber
auch
wegen
der
nicht
wenigen,
auf
israelischen
und
NATO-Trgern
in
den
Gewssern
der
Region
lagernden
Atombomben,
muss
jede
Zuspitzung
der
Konflikte
schon
gegenwrtig
als
uerst
gefhrlich
beurteilt
werden.
Vor
diesem
Hintergrund
bt
die
Liga
scharfe
Kritik
an
dem
mit
Steuermitteln
subventionierten
-
Export
mehrerer
U-Boote
des
Typs
Dolphin
an
Israel.
Dolphin
U-Boote
sind
durchaus
auch
mit
Nuklearsprengkpfen
bestckbar.
Die
Regierung
Israels
nimmt
eine
solche
Option
ins
Kalkl.
Die
sich
abzeichnende
Tendenz
eines
atomaren
Wettrstens
im
Mittleren
Osten
muss
auf
politischem
Wege
dringend
verhindert
werden.
Kaum
verstndlich
ist
daher,
dass
die
von
189
Unterzeichnerstaaten
des
Atomwaffensperrvertrags
(NPT)
fr
dieses
Jahr
anberaumte
UN- Konferenz
Der
Mittlere
Osten
soll
atomwaffenfreie
Zone
werden,
wegen
des
Rckzugs
der
USA
und
des
Drucks
Israels,
auf
unbestimmte
Zeit
vertagt
wurde.
Gerade
gegenwrtig
wren
bi-
und
multilaterale
Verhandlungen
zwischen
den
Staaten
in
der
Region,
die
die
Nichtverbreitung
von
Massenvernichtungswaffen
ins
Zentrum
stellen,
dringend
geboten.
Es
kann
nicht
gewartet
werden,
bis
alle
Staaten
der
Region
den
Weg
an
den
Verhandlungstisch
finden.
Der
Prozess
hin
zu
einer
atomwaffenfreien
Zone
Mittelost
knnte
sofort
eingeleitet
werden.
Vom
Brandherd
Nahost
knnte
ein
hoffnungsvoller
Beitrag
zur
weltweit
vollstndigen
atomaren
Abrstung
ausgehen.
Die
Liga
fordert
von
der
Bundesregierung,
nachdrcklich
und
ffentlich
erkennbar
auf
die
frhestmgliche
Einberufung
der
UN-Konferenz
Der
Mittlere
Osten
soll
atomwaffenfreie
Zone
werden
hinzuwirken;
mit
gutem
Beispiel
voranzugehen
und
alle
Exporte
zu
stoppen,
die
geeignet
sind,
die
atomare
Kapazitten
auf-
oder
auszubauen
und
das
atomare
Wettrsten
im
Mittleren
Osten
anzuheizen.
Peter Lilienthal
5 5 12 13 15 16 17 18 20 22 24 27 29 32 32 32 32 32 33 33 34 35 36 36 37 38 39 39 40 42 43 44 45 46 47 48 48 49 50 50 51 52 52 53 55
Filme:
Inhaltsverzeichnis
ES HERRSCHT RUHE IM LAND (1975) KADIR (1976) DAVID (1978) OYE RAIMUNDO, ADONDE VAS? - KINDHEIT IN AMACUECA (1979) LA INSURRECCIN - DER AUFSTAND (1980) DEAR MISTER WONDERFUL (1983) LE AUTOGRAPHE - DAS AUTOGRAMM (1984) THE POETS SILENCE - DAS SCHWEIGEN DES DICHTERS (1986) EL CICLISTA DEL SAN CRISTBAL - DER RADFAHRER VOM SAN CRISTBAL (1988) DIE VIER TUGENDEN: GERECHTIGKEIT (1990) DON GIOVANNI ODER DER BESTRAFTE WSTLING (1991) WASSERMANN. DER SINGENDE HUND (1994) MUL HAYEAROT - FACING THE FORESTS - ANGESICHTS DER WLDER (1994/95) EIN FREMDER (1999) Filmographie Literaturverzeichnis 56 58 59 63 64 68 70 75 77 78 78 79 80 81 82 84
Peter Lilienthal wird am 27.11.1929 in Berlin geboren. 1939 ieht er mit seiner Mutter vor den Faschisten nach Uruguay. In Montevideo betreibt die Mutter ein kleines Hotel, um zu berleben, Peter Lilienthal absolviert das Gymnasium und beginnt das Studium der Kunstgeschichte und Jura.
Seine ersten Filmerfahrungen macht Peter Lilienthal im Filmclub an der Universitt von Montevideo, wo Filme des Neorealismus LADRI DI BICICLETTE - DIE FAHRRADDIEBE von Vittorio de Sica (1948) und ZERO DE CONDUITE - BETRAGEN UNGENGEND von Jean Vigo (1933) gezeigt werden. Der Filmclub bringt die Filmzeitschrift Marcha heraus. Zusammen mit seinen Freunden aus dem Filmclub realisierte 1955 bis 1956 er verschiedene Kurzlme ber soziale Probleme der Landbevlkerung, ber die Situation von Dienstmdchen und den Kurzlm EL JOVEN DEL TRAPECIO VOLANTE - DER JUNGE AUF DEM SCHWEBENDEN TRAPEZ. Nach der Emigration kehrt er 1954 nach zunchst nach Berlin zurck. 1956 erhlt er ein Stipendium fr ein Filmstudium am Institut des Hautes Cinmatographiques (IDHEC) in Paris. Sein Studium Malerei und Formgestaltung, experimentelle Fotograe und Film absolviert er an Hochschule fr bildende Kunst in Berlin. Mit seinen Kommilitonen Pit Kroke, Jrg Mller, Ralph Wnsche bringt er 1958 den Zeichentricklm STUDIE 23 heraus, der an die Filme der Avantgardisten der zwanziger Jahre (Walter Ruttmann, Hans Richter, Viking Eggeling, Oskar Fischinger) erinnert. Neben dem Studium arbeitet er fr den Sender Freies Berlin (SFB), fr den er 1959 den Dokumentarlm IM HANDUMDREHEN VERDIENT ber den Drehorgelspieler Locken Erwin, der gleichzeitig Filmvorfhrer in einem Berliner Kino ist, realisiert.
1961 verwirklicht Peter Lilienthal BIOGRAPHIE EINES SCHOKOLADENTAGES. In DER ACHTZEHNTE GEBURTSTAG (1962) nach einer Erzhlung von Klaus Roehler werden Generationsprobleme gesellschaftskritisch aufgezeigt, am Drehbuch haben Theodor Kotulla und Klaus Roehler mitgearbeitet. In STCK FR STCK (1962) des Autor Benno Meyer-Wehlack setzt Kameramann Wolf Wirth die Geschichte einer geschiedenen berufsttigen Frau, die jeden Pfennig umdrehen muss, und eines Jungen, der in Berlin der Strae berlassen ist, wirksam in Szene. In SCHULE DER GELUFIGKEIT (1963) nach dem Buch von Dieter Gasper spielen Max Hauer und Heinz Schubert. Zwei Theaterstcke des spanischen Regisseurs Fernando Arrabal, der im Exil in Frankreich lebt, verlmt Peter Lilienthal: PICKNICK IM FELDE (1962) und GUERNICA - JEDE STUNDE VERLETZT UND DIE LETZTE TTET (1963).
In jenen Tagen, an denen das Fernsehen noch in den in den Kinderschuhen steckt wird Peter Lilienthal 1959 beim Sdwestfunk in Baden-Baden Regie- und Produktionsassistent. Er arbeitete zunchst als Regie-Assistent fr Heinz Hilpert: DER KIRSCHGARTEN (1959), als Produktions-Assistent fr Gustav Rudolf Sellner DIE NASHRNER (1960) sowie fr Rudolf Noelte und Walter Henn. Seine erste Regie-Arbeit entsteht 1960 DIE NACHBARSKINDER. Mit dem Film beginnt eine lange Zusammenarbeit und eine intensive Freundschaft mit dem Kameramann Michael Ballhaus, die sich 1964 in dem Film DAS MARTYRIUM DES PETER OHEY fortsetzt. In dem Film nach einem Stck des polnischen Satirikers und Meisters der Kurzgeschichten Slawomir Mrozek spielt Joachim Wichmann Peter OHey. Mit Slawomir Mrozek, der die Mittel der bertreibung bis ins Grotesk-Absurde mit einem unerschtterlichen Sinn fr Komik benutzt hat Peter Lilienthal 1963 in STRIPTEASE erneut zusammengearbeitet.
2 Zur Geschichte des Fernsehspiels, die Peter Lilienthal mit geschrieben hat, schreibt einer der verantwortlichen Produzenten beim SWF Hubert von Bechtolsheim: Am Ende der Baden-Badener Zeit zwei Arrabals von Lilienthal: da schienen sich Farbe, Rhythmus, Ton von Autor und Regisseur tatschlich restlos zu decken. Dazwischen, davor also Irr- und Umwege? Wohl nicht. Die von einem weiteren Meyer-Wehlack-Skript provozierte Bedienung realistischer Substanz ist spteren Vorlagen (La Victoria, Es herrscht Ruhe im Land) fraglos zugute gekommen. Wie umgekehrt freilich die extreme Stilisierungsfhigkeit dieses Regisseurs gewissen Vorlagen zugute kam: zwei Mrchen-Freundlichkeiten (des Autors Dieter Gasper) zu gefhrlich blitzenden Juwelen geschliffen. Und bei zwei Vorlagen des damals noch unbekannten Mrozek einen dritten beziehungsweise chronologisch den ersten unserer Mrozeks hat der spter verstorbene Gert Overhoff inszeniert war die Afnitt sehr gro: die Mrozek inhrente Komik ging gnzlich in den Beklemmungen auf die ihrerseits zu maximalen Ausdruck kamen. Alles in allem stellten die insgesamt neun Inszenierungen Peter Lilienthals das deutlichste oder zumindest deutlich sichtbare Kontinuum dieser Baden-Badener Jahre dar. 1
Slawomir Mrozek
Seit 1964 arbeitet Peter Lilienthal als freier Regisseur und Autor: Zunchst fr den WDR. 1964 verwirklicht er den Dokumentarlm MARL - PORTRT EINER STADT, der jedoch erst 1990 im Fernsehen gezeigt wird. Fr den Sddeutschen Rundfunk Stuttgart (SDR) inszeniert Peter Lilienthal die Filme DER BEGINN (1966) und HORROR (1968). DER BEGINN wird mit dem DAG-Fernsehpreis und Adolf-Grimme-Preis des Deutschen Volkshochschulverbandes (mit Gold an die Autoren Gnter Herburger und Peter Lilienthal, an Regisseur Peter Lilienthal und an Kameramann Gerard Vandenberg) ausgezeichnet. Es spielen: Kim Parnass, Jochen Wichmann Dunja Reiter und Rolf Zacher. Als Regie-Assistent arbeitet hier der Dokumentarlmemacher Hartmut Bitomsky. In HORROR nach dem Roman How awful about Allan - Scheulich, die Sache mit Allan von Harry Farrell werden die Angstphantasien eines hysterisch Blinden (Vadim Glowna), die ihn in den Wahnsinn treiben von einer subjektiven Kamera eingefangen. Eigene Wege ging Peter Lilienthal in den insgesamt sieben Fernsehspielen, die er 1965-1968 fr den SFB inszenierte. Weder dem Theater noch dem traditionellen Film verhaftet waren seine Produktionen: SERAPHINE - ODER DIE WUNDERSAME GESCHICHTE DER TANTE FLORA (1964) ABSCHIED (1965), UNBESCHRIEBENES BLATT (1965), ABGRNDE: ROBERT (1966/67), ABGRNDE: CLAIRE (1966/67), VERBRECHEN MIT VORBEDACHT(1967), TRAMP - ODER DER EINZIGE UND UNVERGLEICHLICHE LENNY JACOBSON (1968) DIE SONNE ANGREIFEN (1970/71) gekennzeichnet von einer Symbolsprache, die dem Fernsehspiel eine bis dahin unbekannte cineastische Qualitt gab. Bei den Filmen VERBRECHEN MIT VORBEDACHT und DIE SONNE ANGREIFEN arbeitete Peter Lilienthal mit dem polnischer Romancier und Dramatiker Witold Gombrowicz (1904-1969), der seit 1939 in Argentinien im Exil lebte, und als bedeutender Vertreter des Antiromans gilt.
1 Bechtolsheim, Hubert von: Geschichte des Fernsehspiels Baden-Baden seinerzeit. In: ARD (Hrsg.),: ARD Fernsehspiel April Mai, Juni 1979, Kln 1979
3 Neben den Filmmachen unterrichtet Peter Lilienthal 1966 an der neue gegrndete Deutsche Film- und Fernsehakademie Berlin (dffb) jungen Cineasten wie Gerd Conradt, Harun Faroqhi, Carlos Bustamante, Helke Sander, Holger Meins, Hartmut Bitomsky, Wolfgang Petersen im Fach Regie. Direktoren der ersten bundesdeutschen Filmhochschule sind Erwin Leiser und Heinz Rathsack.
1968 realisiert Peter Lilienthal den Dokumentarlm ber Jazz NOON IN TUNESIA. 1970 portrtiert er Witold Gombrowicz in dem Film: ICH MONTAG, ICH DIENSTAG, ICH MITTWOCH, ICH DONNERSTAG. 1969 dreht Peter Lilienthal seinen ersten Kinospiellm MALATESTA. Der Film, den der SFB und Manfred Durniok produzieren, schildert den Aufstand einer anarchistischen Gruppe unter Fhrung des italienischen Emigranten Malatesta (Eddie Constantin) in London. Er wurde mit dem Deutscher Filmpreis 1970 (Filmbnder in Gold) (Regie, Produktion, fr die beste mnnliche Nebenrolle: Vladimir Pucholt und fr die Ausstattung: Roger von Mllendorf ausgezeichnet.
Mit der Literaturverlmung von Robert Walser JAKOB VAN GUNTEN beginnt 1971 die Zusammenarbeit mit dem Kleinen Fernsehspiel im ZDF. Redaktion: zunchst Eckart Stein und dann spter Christoph Holch. Nach dem Drehbuch von Ror Wolf und Peter Lilienthal spielen: Sebastian Bleisch, Alexander May, Hanna Schygulla, Peter Kern, Hanna von Axmann Rezzorri, Reinhard Hauff. In den Dokumentarlmen START NR. 9 (1971), SHIRLEY CHISHOLM FOR PRESIDENT (1971), ber den dreiwchigen Wahlkampf des ersten weiblichen Mitglieds des amerikanischen Kongresses, der schwarze Demokratin Shirley Chisholm, und KADIR (1976), einem Portrt eines 20jhrigen Trken in Berlin.
Es folgen fnf Filme ber Lateinamerika und eine enge Zusammenarbeit mit dem chilenischen Schriftsteller Antonio Skrmeta. LA VICTORIA (1973) nach dem Buch von Peter Lilienthal und Antonio Skrmeta schildert das Leben einer jungen Chilenin, die in Santiago Arbeit sucht und sich unter dem Eindruck ihrer Erfahrungen fr die Volksfront Allendes engagiert sich. Ein kurz vor dem Militrputsch und der Ermordung des Prsidenten Allende (11.9.1973) entstandener dokumentarischer Spiellm. Kameramann des Film Silvio Caiozzi gehrt mit Filmen wie JULIO COMIENZA EN JULIO DAS LEBEN BEGINNT IM JULI (1976), LA LUNA EN EL ESPEJO DER MOND IM SPIEGEL (1990), FERNANDO HA VUELTA - FERNANDO IST ZURCKGEKEHRT (Chile 1998) CORONACIN (2000) zu den bekanntesten Filmemacher Chiles.
4 Fr den Westdeutscher Rundfunk Kln (Redaktion: Joachim von Mengershausen) realisiert Peter Lilienthal 1974 nach Drehbuch von Herbert Brdl, Gnter Herburger und Peter Lilienthal HAUPTLEHRER HOFER. 1910: Hauptlehrer Joachim Hofer tritt in einem kleinen elsssischen Dorf die Stelle eines Hilfslehrers an.
ES HERRSCHT RUHE IM LAND (1975) Nach dem Drehbuch von Peter Lilienthal und Antonio Skrmeta spielt in Las Piedras, einer kleinen Stadt in einem sdamerikanischen Land. Herr Paselli, ein alter Mann mietet sich in der Pension Parra ein und erkundigt sich nach dem Weg zum Gefngnis. Er will dort seine Tochter, Maria Angelica, eine politische Gefangene, besuchen. Die Szene, als Grovater Parra (Charles) sich am Ende des Films ins Militrgefngnis begibt, hat sich tief in mein cinematographisches Gedchtnis eingeprgt. Neben Charles Vanel wirken in dem Film Schauspieler aus Portugal, Spanien und Chile mit, aber auch viele politische Flchtlinge aus Lateinamerika, deren persnliche Erfahrungen mit Gewalt und Unterdrckung imdirekten Zusammenhang mit den Rollen stehen, die sie im diesem Film verkrpern. Er wurde vom Januar bis Mrz 1975 in der portugiesischen Stadt Setubal und Lissabon mit grozgiger Untersttzung der portugiesischen Armee, die mit der Nelkenrevolution die faschistische Diktatur vertrieben hatte, gedreht. Kamera fhren Robby Mller und Abel Alboim.
5 1979 folgt eine Arbeit an der Filmhochschule in Mexiko mit dem Kameramann Michael Ballhaus. Vier Studenten des Centro Universitario de Estudios Cinematogracos (CUEC) Francisco Chavez, Jaime Carrasco, Jess Snchez, Luis Lupone, berichten in dem dokumentarischen Spiellm OYE RAIMUNDO, ADONDE VAS? - KINDHEIT IN AMACUECA, einer Koproduktion mit dem ZDF, vom Schicksal sechsjhriger Kinder, die bereits schwer arbeiten mssen, um zum Unterhalt ihrer Familien beizutragen. Die Filme Peter Lilienthal liegen thematisch sehr nahe am Zeitgeschehen. DER AUFSTAND (1980) war geradezu die quasidokumentarische Rekonstruktion der sandinistischen Revolution in Nicaragua. In der Liebeserklrung an New York DEAR MR. WONDERFUL (1982) spielt Joe Pesci, der in dem Boxerdrama RAGING BULL - WIE EIN WILDER STIER (Martin Scorsese, USA 1980) auf sich aufmerksam gemacht hatte, die Hauptrolle. In der Verlmung des Roman Cuarteles de Invierno des argentinischen Schriftstellers Osvaldo Soriano LE AUTOGRAPHE - DAS AUTOGRAMM (1983-84) spielen der argentinischen Bandoneonspieler Juan Jos Mosalini und dem schwarzen Boxer ngel del Villar aus New York. Der Boxer Rocha und der Bandoneonspieler Galvan treffen an einem Sommerabend in der lateinamerikanischen Provinzstadt Flores ein. Beide melden sich bei Leutnant Suarez, der ein Volksfest organisiert und dessen Todesschwadron die Stadt beherrschen. Nach der Erzhlung Das wachsende Schweigen des Dichters des israelischen Schriftsteller Abraham B. Jehoschua verlmt Peter Lilienthal 1986 THE POETS SILENCE - DAS SCHWEIGEN DES DICHTERS. Die Hauptrolle Yoram spielt der israelischen Dichter Jakov Lind. Yoram, ein israelischer Dichter, sagt, er htte seine Melodie verloren. Gideon, sein 17 jhriger Sohn, der als etwas zurckgeblieben gilt, versucht mit all seiner Kraft den Vater wieder zum Schreiben zu ermutigen. 1988 folgt eine weitere Zusammenarbeit mit Antonio Skrmeta: EL CICLISTA DE SAN CRISTBAL - DER RADFAHRER VOM SAN CRISTBAL nach der gleichnamigen Erzhlung, in der Radfahrer Santiago fr die Tour de Chile trainiert. 1990 dreht Peter Lilienthal den Kurzlm DIE VIER TUGENDEN: GERECHTIGKEIT nach Miguel de Cervantes und 1991 verlmt er die Oper von Wolfgang Amadeus Mozart DON GIOVANNI ODER DER BESTRAFTE WSTLING. Nach dem Roman von Yoram Kaniuk verlmt 1994 Peter Lilienthal WASSERMANN. DER SINGENDE HUND. Es ist die Geschichte des misshandelten Hundes Wassermann. Noch nie hat die 15jhrige Israelin Talia aus Tel Aviv einen derart misshandelten Hund gesehen wie Wassermann. Zutiefst schockiert ber so viel Unmenschlichkeit setzt sie alles dran, um das todkranke Tier am Leben zu erhalten. Nach der gleichnamigen Erzhlung des politisch engagierte israelischen Autors Abraham Bar Jehoschua verlmt er 1994/95 MUL HAYEAROT - ANGESICHTS DER WLDER ber den ewige Student Noach, der arbeitet als Brandschtzer in einem Waldstck an der israelischen Kste arbeitet.
Peter Lilienthal wird 1985 erster Direktor der Abteilung Film und Fernsehen an der Akademie der Knste in Berlin, an der er bis 1996 bleibt. Im Sommer organisiert er die Europische Sommer Akademie Film und Medien, zu der er zahlreiche viele Filmschaffende nach Berlin einldt, um sich dort in Workshops und Gesprchen ber das Filmemachen auszutauschen.
6 In zahlreichen Spiellmen tritt Peter Lilienthal als Kleindarsteller auf: so in: DER FINDLING von George Moorse (1967) und in dem Tatort: TOTE TAUBEN IN DER BEETHOVENSTRASSE von Samuel Fuller (1973). An der Seite Samuel Fullers spielt er den Gangster Marcangelo in DER AMERIKANISCHE FREUND von Wim Wenders (1976). Weitere Nebenrollen spielt er 1978 in AUS DER FERNE SEHE DIESES LAND von Christian Ziewer, zu dem Antonio Skrmeta das Drehbuch geschrieben hatte, 1979 in MILO MILO von Nikos Perakis, 1983 in DER PLATZANWEISER von Peter Gehring, 1984 JULIUS GEHT NACH AMERIKA von Hans Noever und 1993 in der achten Folge der Zweiten Heimat: DIE HOCHZEIT von Edgar Reitz. In EIN FREMDER einem Fernsehbeitrag in der Reihe DENK ICH AN DEUTSCHLAND (1999) kehrt Peter Lilienthal, 60 Jahre, nachdem er den Holocaust berlebt hat, nach Berlin zurck, um hier jdisches Leben zu lmen. Doch er fhrt auch ins Umland, nach Eberswalde, sprt der Stimmung nach der Ermordung des Angolaners Antonio Amadeu durch Rechtsradikale nach. Er lebt heute in Mnchen. Zur Filmfamilie Peter Lilienthal zhlen neben vielen anderen die Cutterin Sigrun Jger, der Tonmensch Hans-Dieter Schwarze, der Komponist und Kirchenmusikdirektor Claus Bantzer, der Produzent Joachim von Vietinghoff, die Dramaturgin Ulla Ziehmann, der Engel mit Flgeln Fernando Birri und viele mehr.
Zu zahlreichen Filmen von Peter Lilienthal hat Claus Bantzer die Filmmusik komponiert. 1987 erhielt Claus Bantzer den Bundeslmpreis fr Filmmusik, und 1994 den Prix de la Sacem des jdisch-israelischen Filmfestivals in Frankreich.
Kino der Wrde, der kleine Gesten und der skurrile Poesie.
In seinem Filmportrt ber Peter Lilienthal WENN ALLES DUNKEL IST, MCHTE ICH LEUCHTEN zeichnet 1990 Peter Buchka seine lmischen Entwrfe. Peter Lilienthal hat politisch sehr engagierte Filme gedreht. Sein Kameramann Michael Ballhaus uerte sich hierzu in einem Interview mit Tom Tykwer: Gerade wegen ihrer Engagiertheit liebe ich Lilienthals Filme. Wenn es um die Umsetzung ging, haben wir allerdings viel und heftig diskutiert, auch weil ich immer das Gefhl hatte, dass er nicht so sehr in Bildern und im Rhythmus dachte. 2
Hans Gnter Paum: Man erkennt den Regisseur an seiner Zrtlichkeit gegenber seinen Figuren, an der Genauigkeit der vermeintlich kleinen Gesten, an der Wrme und Zuwendung, die selbst in seinen Dokumentarlmen stets auch eine sthetische ist. 3 Norbert Grob: Wie kein anderer Filmemacher des deutschen Kinos erkundet Lilienthal, wie das Politische in die Bilder kommt, ohne dass es zum bloen Anliegen verkmmert. 4 Sebastian Feldmann spricht im Zusammenhang Peter Lilienthals Filmschaffen vom Sieg des Stillen und von der Kunst und Menschlichkeit. 5
2 Tykwer, Tom: Das iegende Auge. Michael Ballhaus, Director of Photography. Berlin 2002 3 Paum, Hans Gnter: Der Unruhige im Land. Meister der gelassenen Geste: Der Regisseur und Autor Peter Lilienthal wird 70. In: Sddeutsche Zeitung 27.28/11.1999
4 Grob, Norbert: Film der sechziger Jahre. In: Jacobsen, Wolfgang; Kaes, Anton; Prinzler, Hans Helmut (Hrsg.) Geschichte des Deutschen Films, Stuttgart, Weimar, J. B. Metzler Verlag 1993, S. 242 f. 5 Feldmann, Sebastian: Der Sieg des Stillen. Zum 65. Geburtstag des Berliner Filmregisseurs Peter Lilienthal, Kunst und Menschlichkeit. In: Rheinische Post 26.11.1994.
Lilienthals Filme hat Fritz Rudolf Fries bemerkt, leben von Trauma des Exils und den Erinnerungen an das kleine Hotel seiner Mutter in Montevideo. In seinen besten Filmen gibt es diese Magie von Pubertt und die Mythologie der Herberge. 7 Michael Tteberg: In seinen Filmen versammelt er eine Familie, Menschen aus aller Herren Lnder, Schiffbrchige und Grenzgnger, Trumer und Schnorrer. Es sind Menschen ohne Reichtmer, ohne eine sichere Position oder Macht, sie sind Unterdrckung und Verfolgung ausgesetzt und haben doch Hoffnung und Lebenslust nicht aufgegeben. 8 In der Filmzeitschrift Variety schreibt Ronald Holloway 1978 Peter Lilienthal ist eine Schsselgur im Entstehen des Neuen Deutschen Films. 9
Der chilenische Schriftsteller Antonio Skrmeta, der mit Peter Lilienthal zahlreiche Filme gemacht hat: Das cineastische Werk Peter Lilienthals zeichnet sich durch eine besondere, fast nicht denierbare Gre aus. Er nhert sich der Welt seiner Charaktere auf Zehenspitzen und mit einer Schweigsamkeit, als wolle er sie mit seiner Anwesenheit nicht verletzen. Als Protagonisten whlt er keine groen Helden der Geschichte, sondern vertrumte oder von Schicksalsschlgen der Realitt heimgesuchte Personen. Lilienthal hat ein ganz spezielle Sichtweise, die es ihm erlaubt, gleichzeitig die festgefahrenen Ecken der Gesellschaft und die rebellische Berufung der vielen kleinen Dichter auszumachen, die zu tapfer sind, als dass sie sich von der Mittelmigkeit unterkriegen lassen wrden. Von keinem seiner Protagonisten kann man sagen, dass sie Helden wren, aber ihrer Gesten verfgen ber die Khnheit, Freude und Unvernunft der Rebellion. Obwohl sie vielleicht bereits im Voraus wissen, dass all ihre Bemhungen zum Trotz zum manchmal sen, manchmal bitteren Scheitern verurteilt sind. 10
Antonio Skrmeta bei der Gustav-HeinemannPreisverleihung fr das Jugendbuch: Der Aufsatz Essen 2004
Michael Tteberg: Peter Lilienthal ist ein Kino-Zauberer. Er beherrscht das Kunststck aus Banalitten des Alltags wie den politischen Katastrophen des Jahrhunderts poetische Funken zu schlagen. 11 Peter Lilienthal: Mein Kino ist auf der Suche nach Authentizitt. 2005 plant er die Verlmung von Hella Eckert Roman Hanomag und einen Dokumentarlm ber den ersten Verweigerer des Krieges im Irak: Camilo Mejia, der aus Nicaragua stammt und in den USA im Militrgefngnis inhaftiert ist. Volker Pade
6 Dotzauer, Gregor: Politik der Gesten. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 27.11.1989 7 Fries, Fritz Rudolf: Im Jahr des Hahns, Leipzig 1996, S. 70, 94 8 Tteberg, Michael: Peter Lilienthal. Befragung eines Nomaden. Frankfurt/Main 2001. 10 Skrmeta, Antonio: Rede des Botschafters von Chile in Deutschland anlsslich der Verleihung des Ordens Bernardo O`Higgins an Peter Lilienthal. Berlin 10.9.2001. In: Tteberg, Michael: Peter Lilienthal. Befragung eines Nomaden. Frankfurt/Main 2001. (Einleger) 11 Tteberg, Michael: Peter Lilienthal. Befragung eines Nomaden. Frankfurt/Main 2001. 9 Holloway, Ronald: A Peter Lilienthal Retro. In: Variety 30.8.1978
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Der Sieg des Stillen Zum 65. Geburtstag des Berliner Filmregisseurs Peter Lilienthal Kunst und Menschlichkeit
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Peter Lilienthal, einer der feinsten, anstndigsten Menschen berhaupt im Filmgewerbe, feiert morgen seinen 65. Geburtstag. Er ist nicht nur ein Ausnahmeregisseur - er ist auch ein Ausnahmemensch. Menschlichkeit und Kunst innig miteinander zu verbinden war ihm stets Herzenssache und einheitliches Tun. Dass es ihn gibt: dass der sanfte, ein wenig scheue Mensch mit den treuen Hundeaugen in dieser Hynenbranche berhaupt arbeiten und berleben konnte, ist wie ein Wunder, macht Freude, Mut und stimmt geradezu abenteuerlich. Es muss wohl eine Mischung aus Beharrlichkeit, berzeugungskraft, Anstand, Geschmack und Ausdauer gewesen sein, die Lilienthal das Leben, die Arbeit und den Erfolg ermglichten. Lilienthal ist ein Wanderer zwischen den Welten, also weit gereist. Die erste Reise war eine Zwangsreise. Mit seiner Mutter emigrierte der gebrtige Berliner in letzter Sekunde 1939 aus dem Deutschland der Nrnberger Gesetze Nach Uruguay, wo er aufwuchs. Lateinamerika mit seinen Menschen wurde ihm immer wieder Thema, Bezugs- und Fluchtpunkt; Deutschland bezeichnet er seufzend als unwirsch, manchmal auch eisig. Aber hier - in Berlin und Mnchen lebt und arbeitet er. Inzwischen ist mit drei in Israel gedrehten Filmen (etwa DAS SCHWEIGEN DES DICHTERS mit Jakov Lind (auch dieses Land als topographischer Eckpunkt hinzugekommen. Aus dem Leben kleiner Leute Lilienthal begann nach Arbeit in einer Bank und Studium in Montevideo als Kurz und Experimentallmer. Eine Auftragsarbeit fr die Armee hat er lngst als Jugendsnde unter den Tisch fallen lassen mssen. 1954 ging er zurck nach Deutschland. Frh wusste Lilienthal, dass das Fernsehen, kaum aber das Kino ihm ausreichend Arbeitsmglichkeiten geben knnte. Er begann mit Fernsehspielen, die einem Realismus der Alltagsbeschreibung kleiner Leute verpichtet war: Stoffe etwa von Benno Meyer-Wehlack und Gnter Herburger. Der Sdwestfunk Baden-Baden war meist sein Auftraggeber.
Die zweite (freilich nicht sauber abtrennbare) Phase war bestimmt vom symbolisch-absurden Theater mit Textvorlagen etwa von Fernando Arrabal oder Slawomir Mrozek, in denen bei Lilienthal stets der politische Hintergrund von Diktatur und Unterdrckung durchscheint. Stilistisch gewann der Regisseur eine blendende, faszinierende Sicherheit in der Fhrung oft ganz unbekannter Schauspieler, in Ausstattung, oft befremdend plschigen Dekors absterbenden Brgertums (SERAPHINE, VERBRECHEN MIT VORBEDACHT, ROBERT und CLAIRE). In Zusammenarbeit mit dem hochvirtuosen Kameramann Gerard Vandenberg verstand er es stets dessen Manierismen zu zhmen. Auch Arbeiten nach Witold Gombrowicz und dem Schweizer Robert Walser (JAKOB VON GUNTEN) fallen in diese Phase.
14 Der Vormarsch der faschistischen Diktaturen in Lateinamerika (Chile, Argentinien) hatte eine Wendung zum politisch-realistischen Volksstck zur Folge. In LA VICTORIA (1973) feierte er an der Figur eines halbwchsigen Mdchens noch den Sieg des Prsidenten Allende ber das damalige Establishment mit stiller Freude; die Befreiung Nicaraguas vom Somoza-Regime in DER AUFSTAND (1980). Sodann verarbeitet Lilienthal zumeist mit seinem damals bevorzugten Drehbuchautor Antonio Skrmeta (einem Exil Chilenen) in Filmen wie ES HERRSCHT RUHE IM LAND (1975 gedreht im postfaschistischen Portugal), DAS AUTOGRAMM (1984) und DER RADFAHRER VON SAN CRISTBAL. Ebenfalls den Zusammensto kleiner zunchst unpolitischer Leute mit der brutalen Staatsgewalt von Milizen und Diktaturen.
Souverne Behutsamkeit Einen Goldenen Bren gewann der auch sonst mit Preisen geehrte Lilienthal 1979 in Berlin fr seinen epochalen Film DAVID (Nach Joel Knigs autobiographischem Buch: Den Netzen entronnnen), worin ein halbwchsiger Junge im Berlin der Bombernchte Unterschlupft ndet (illegal und ohne Lebensmittel Karten) und Wundersamerweise berlebt. Lilienthals Regiestiel ist von einer souverne Behutsamkeit, die direkt mit seiner Art. mit Menschen umzugehen zusammenhngt. Er nimmt sich Zeit, fordert Geduld, guck genau hin. Er ist kultiviert, hoch gebildet und protzt nicht damit. Er leitet die Kamera zu behutsamen, poetischem Vorgehen an, auf Rdern und Schienen. Er vermeidet optisch gewaltsame Mittel wie den Zoom (Gummilinse), welche die Perspektive verzerren und zerstren. Das beredte Schweigen spielt bei ihm eine unberhrbare Rolle. Er wahrt einen Rhythmus der menschengem ist. Er vertraut auf die kraft von Freundschaft und berzeugung. Etwa, wenn er in DAS AUTOGRAMM ber Argentinien so grundverschiedenen Menschen wie einen schwarzen Boxer, einen weien Tango-Musiker (Juan Jos Mosalini hchst selbst) und die ein wenig hssliche weie Brgermeistertochter in der Kleinstadt unter der Waffen- und Folterdrohung der Diktatur zueinander nden lsst. Peter Lilienthal gehrt zu den zehn bedeutendsten lebenden deutschen Filmregisseuren. Sebastian Feldmann
In: Rheinische Post 26.11.1994
Der Unruhige im Land Meister der gelassenen Geste: Der Regisseur und Autor Peter Lilienthal wird 70.
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Wir ein Knstler 70 Jahre alt, ist viel Vergangenes zu wrdigen; da kann ein Text zum Geburtstag schnell wie die Vorstufe zum Nachruf klingen. Nicht so bei Peter Lilienthal. Die ersten Filme hat er zwar schon vor vier Jahrzehnten gedreht, als mancher heut populrer Regisseur noch nicht geboren war, doch auch seine jngsten Arbeiten, seine Plne und Projekte sind reicher an berraschungen als vieles von dem, was heute im Kino ressiert. Nur altersmig fhlt sich Lilienthal jener Generation zugehrig, die in den sechziger Jahren den Neuen deutschen Film propagiert. Er war von auen gekommen, zurckgekehrt aus Uruguay, wohin der gebrtige Berliner als neunjhriger Junge mit seiner Mutter emigrieren musste. Viele seiner Filme realisierte er jenseits der deutschen Grenzen, in Lateinamerika vor allem, aber auch in Israel und in den USA. Doch welcher Knstler sieht sich nicht mit einigem Recht als Auenseiter? Der deutsche Film und das deutsche Fernsehen wren auf jedem Fall um vieles rmer ohne sein Werk und ohne sein Beispiel. Als das deutsche Kino so heftig politisch war, dass schon jede nicht verwackelte Einstellung des reaktionren sthetizismus verdchtigt wurde, da inszenierte er frs Fernsehen die makellos schnen Literaturverlmungen DIE SONNE ANGREIFEN (nach Gombrowicz) und JACOB VON GUNTEN (nach Robert Walser). Opportun war das damals nicht. Als er sich mit lateinamerikanischen Diktaturen auseinandersetze, da ging es nicht um den ideologischen Diskurs, sondern um Vernderungen, die zum Beispiel damit beginnen, dass Menschen schreiben und lesen lernen (LA VICTORIA). Gegen Ende von ES HERRSCHT RUHE IM LAND stellt ein alter Mann mit einer einzigen gelassenen Geste die Inhumanitt eines ganzen Systems blo.
Einordnen kann man Lilienthal heute so wenig wie damals. Mit einem Film wie DEAR MR. WONDERFUL, einer puren Liebeserklrung an Manhattan, unterbrach er seine lateinamerikanische Serie. Er erzhlt in DAVID vom Holocaust, in DAS SCHWEIGEN DES DICHTERS und in ANGESICHTS DER WLDER vom heutigen Israel. Zu seinen Projekten gehren eine Dokumentation ber junge Boxer in New York, ein musikalische Komdie in Berlin mit dem wunderbaren Titel: The Jewish Santa und die Verlmung von Hella Eckerts Hanomag. Lilienthals Stoffe und deren Herkunft sind beraus unterschiedlich, dennoch ist sein Werk pures Autorenkino: Man erkennt den Regisseur an seiner Zrtlichkeit gegenber seinen Figuren, an der Genauigkeit der vermeintlich kleinen Gesten, an der Wrme und Zuwendung, die selbst in seinen Dokumentarlmen stets auch eine sthetische ist. Die sthetik schriebt, so paradox es klingen mag, in Lilienthals Filmen den politischen Subtext. Ich bin ein Lebemann, sagt er von sich, und auch das hat seinen Hintersinn: wirkliche Kultur entscheidet sich fr den fernen Verwandten des Flugpioniers Otto Lilienthal nicht in Akademien, sondern im unmittelbaren Leben. Hans Gnter Paum
In: Sddeutsche Zeitung 27.28/11.1999
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Chronist auf Zehenspitzen. Peter Lilienthal, der groe Filmemacher und Wanderer zwischen den Kulturen.
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Peter Lilienthal, der am 27. November 75 Jahre alt wird, war in den siebziger und achtziger Jahren einer der groen Regisseure des deutschen Films. Er blieb dennoch, trotzt zahlreicher Festivalpreise und Auszeichnungen, eher eine Figur am Rande. Das hat damit zu tun, dass Lilienthal sich nie vordrngt und die ffentlichkeit nach Mglichkeit meidet, vor allem hngt es mit seiner Biographie zusammen. Peter Lilienthal wurde 1929 in Berlin in einer jdischen Familie geboren, die 1939 noch nach Montevideo in Uruguay emigrieren konnte. Seine Mutter betrieb dort ein Hotel, oft die erste Anlaufstelle fr Emigranten. Der junge Peter hatte, wie er erzhlt, kein eigenes Zimmer, sondern wohnte immer in dem Raum, der gerade frei war. Er wuchs nicht mit der deutschen, sondern mit der spanischen Sprache und Literatur auf, studierte Kunstgeschichte und drehte erste Kurzlme. Zum Studium nach Europa ging er 1956 zuerst nach Paris und dann nach Berlin an die Hochschule fr Bildende Knste. In den sechziger Jahren erregte er zum ersten Mal Aufsehen durch experimentelle Fernsehlme fr den Sdwestfunk Baden-Baden und den Sender Freies Berlin, die auf literarischen Vorlagen von Fernando Arrabal, Slawomir Mrozek oder Witold Gombrowicz basierten. Gleich sein erster Spiellm MALATESTA, der die Spuren des italienischen Anarchisten 1910 in London folgte, wurde 1970 mit vier Bundeslmpreisen ausgezeichnet. Lilienthal war von Herkunft und Ausbildung her ein Wanderer zwischen verschiedenen Kulturen und Lndern und besonders Lateinamerika verbunden. Dort entstanden LA VICTORIA (1973) ES HERRSCHT RUHE IM LAND und DER AUFSTAND (1979), In New York drehte er 1980 DEAR MR. WONDERFUL, in Israel 1985 DAS SCHWEIGEN DES DICHTERS und 1994 ANGESICHTS DER WLDER. Die LateinamerikaFilme ber Repression und Revolution in Chile und Nicaragua, fr die der Schriftsteller Antonio Skrmeta die Drehbcher schrieb, spielten in der politischen Diskussion der Bundesrepublik durchaus eine Rolle. Aber Lilienthal beschftigte sich nie direkt mit den politischen und sozialen Problemen der alten Bundesrepublik selbst. Nur ein Film, DAVID, fr den er 1979 den Goldenen Bren der Berlinale gewann, war in Deutschland angesiedelt. Er erzhlt nach den Erinnerungen von Joel Knig die Geschichte eines jungen Juden im Dritten Reich, der sich nach Israel retten kann. DAVID inszeniert nicht die Grausamkeit der Judenverfolgung, sondern zeigt die Wunden an den Krpern und Seelen der Menschen.
Die Besonderheit von Lilienthal, die ihn vom Mainstream unterscheidet, auch dem des jungen deutschen Films etwa von Fassbinder oder Herzog, liegt in der sthetik seiner Filme, die sich aller sensationellen und melodramatischen Elementen enthalten: Vom Schrecken des Holocaust bis hin zu den schndlichen Militrdiktaturen im Lateinamerika der siebziger und achtziger Jahre, so Antonio Skrmeta, verstand es Lilienthal stets, in seinen Werken die Aufmerksamkeit auf die Verletzung von Menschenrechten zu richten, ohne dass er in die Klischees des pathetischen oder kommerziellen Films verfallen wre. Lilienthal nhert sich der Welt seiner Charaktere auf Zehenspitzen und mit einer Schweigsamkeit, als wolle er sie mit seiner Anwesenheit nicht verletzen. Als Protagonisten whlt er keine groen Helden der Geschichte, sondern vertrumte oder von Schicksalsschlgen der Realitt heimgesuchte Personen. 2001 erhielt Peter Lilienthal den Orden Bernardo OHiggins, die hchste Auszeichnung, die Chile an Auslnder vergibt. Ein Happy End, das Lilienthal und Skrmeta als sie 1973 ihren ersten Film machten nicht geahnt haben. Wilhelm Roth:
In: Jdische Allgemeine 26.11.2004
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Peter Lilienthal
Eine ungewhnlich visuelle Konzeption, singulr unter den deutschen Filmen der sechziger und siebziger Jahre: die makaber-dsteren, geradezu alptraumhaften Bilder des am 27. November 1929 geborenen Peter Lilienthal, die - jenseits von Bericht und Erzhlung - auf Zergliederung und Ausung zielen. Die Filme, oft surrealistisch pointiert, damit hinter einer immer leerer wirkenden, ausgelaugten Oberche noch substantielle Visionen aufschimmern, sind Paradigmen eines sptsymbolistischen Experiments: musikalisch inszenierte Alltagsgrotesken um Menschen, die keine Heldenaureole um sich haben, die sich nicht uern knnen, die [...] eigentlich nichts zu sagen haben - auer von den banalen Alltagsdingen (Lilienthal).
Mit kleinen Filmen frs Fernsehen ng alles an, mit DIE NACHBARSKINDER (1960) etwa, mit DER 18. GEBURTSTAG (1961), PICKNICK IM FELDE (1962), STRIPTEASe (1963) und DAS MARTYRIUM DES PETER OHEY (1964), mittellangen Fingerbungen, nach Arrabal oder Mrozek, die schockierende Stilmittel nutzen, um den Augenblick radikaler Grenzerfahrungen zu evozieren: den einen Moment, wo - wie Andr Breton es formulierte - Leben und Tod, Wirkliches und Unwirkliches, Vergangenes und Zuknftiges, Aussprechbares und Unaussprechliches, Oberes und Unteres nicht mehr als Gegenstze erscheinen. In JEDE STUNDE VERLETZT UND DIE LETZTE TTET (1963), SERAPHINE - ODER DIE WUNDERSAME GESCHICHTE DER TANTE FLORA (1964) oder TRAMP - ODER DER EINZIGE UND UNVERGLEICHLICHE LENNY JACOBSON (1968) ist Lilienthals Vorliebe fr kauzig-wunderliche Geschichten, seine melancholische Faszination des Abgelebten (J. von Mengershausen), dann auf die Spitze getrieben. Wobei seine aberwitzige Kontradiktion, die in der Collage zusammenzwingt, was sonst nie zusammenkme - Dokumentarisches aus lteren Filmen, Berichtetes aus Wochenschauen, Zitiertes, Assoziiertes, Getrumtes -, eine ganz eigene Aura schafft, eine bizarr-archaische Metaphorik. Damit untergrbt er auch - wie kein anderer zu der Zeit - die Dominanz des Realistischen, das blo verdoppelt, was sowieso schon existiert. Naiv nennt er die Auffassung, dass der Zuschauer Wesentliches ber seine Welt erfahre, wenn man ihm beispielsweise so naturalistisch wie mglich das Gesprch zweier Hausfrauen prsentiere. Seine Filme zielen stattdessen auf die Essenz einer Sache, ohne ihre konkreten Seiten zu vernachlssigen. Sie irritieren durch kontrapunktisch prsentierte, leise Geschichten und kleine, stumme Menschen, was sie als zeitkritischer ausweist als die meisten Problemlme im Kino Ende der sechziger / Anfang der siebziger Jahre. Seitdem Lilienthal dann frs Kino arbeitete, seit 1969, drehte er politisch direktere Filme. Ihn faszinierte dabei das Alltgliche, wo es als Indikator gesellschaftlicher Verhltnisse sich zeigt. Sein zentrales Thema: Menschen, die fremdbestimmt sind - durch normative Konventionen (wie 1976 in HAUPTLEHRER HOFER) oder durch konomische Zwnge (wie 1982 in DEAR MR. WONDERFUl), durch militrischen Terror (wie 1976 in ES HERRSCHT RUHE IM LAND oder 1984 in DAS AUTOGRAMM) oder durch sportlichen bereifer (wie 1988 in DER RADFAHRER VOM SAN CHRISTBAL). Schon in MALATESTA (1970), diesem sperrigen, assoziativen Portrt ber den italienischen Anarchisten Enrico Malatesta, der Anfang des Jahrhunderts in London im Exil lebte, ist der Konikt eher ber die uere Situation konturiert, ber die Elendsquartiere der lettischen Emigranten, ber Huser, Zimmer, Kleider. Auch die Hinwendung zur Gewalt wird weniger durch die Dramaturgie des Tuns suggeriert denn durch die Naivitt der politisch engagierten Jungen begrndet, die ihre Ungeduld zur puren Aktion treibt. Rebellen seien sie, wirft ihnen Malatesta daraufhin vor, keine Revolutionre. Doch sein Pldoyer fr gewaltlosen Widerstand, fr Menschlichkeit und Gte auch im Aufbegehren bleibt ungehrt. 1970 nannte E. Netenjakob den Film eine Zeitmaschine, die den Zuschauer um sechs Jahrzehnte zurckversetze. Es ist wie in manchen Trumen, die vor dem Aufwachen glaubhafter wirken als die Wirklichkeit. Lilienthal nutzt Unterschiedliches fr den stimmigen Entwurf: Grobkrnige, monochrome Bilder in Verbindung mit altem Foto- und Filmmaterial intensivieren die historische Distanz, whrend asynchrone Szenen fr irritierende Effekte sorgen. Wie ein altes, verblichenes Dokument ist der Film angelegt, ein Dokument, das seinen Sinn nicht von selbst preisgibt, sondern immer aufs Neue der Entrtselung bedarf.
19 Malatesta, der ewige Revolutionr, der jedoch zur aufrhrerischen Tat nicht bereit ist: die Lilienthal-Figur par excellence. Ihn interessieren Menschen, die Charakter zeigen: Wie sie sich verndern, wenn sie unter Druck geraten, wie sie kmpfen, entweder Widerstand leisten oder resignieren, wie sie die Sonne angreifen und die Ruhe im Land oder den Abgrnden verfallen, wie sie dem Schrecken um sie herum mit Trauer und Wrde begegnen, wie sie - wie spter in LA VICTORIA (1973), ES HERRSCHT RUHE IM LAND oder DAVID (1979) - voller List den gewaltsamen Verhltnissen trotzen.
Allerdings: Nie geht es nur darum, Themen, Meinungen, berzeugungen lmisch zu propagieren. Wichtiger ist, was in den Bildern sichtbar wird. Noch wichtiger, was durch Bilder zu spren und zu fhlen ist. Wie kein anderer Filmemacher des deutschen Kinos erkundet Lilienthal, wie das Politische in die Bilder kommt, ohne dass es zum bloen Anliegen verkmmert. Die stilistischen Charakteristika dabei: ein prziser Blick auf die Geschehnisse und den Raum; ein brchiger, nervser Rhythmus; und ein Gespr fr stimmige Atmosphre, die durch die Ereignisse sich entwickelt. Es liege ihm, so sagt er selber, sehr an symmetrischen Bildern, die auf einen Mittelpunkt hin komponiert sind und frontal zum Betrachter stehen.
Das Autogramm In DAS AUTOGRAMM, seinem spten Meisterwerk, erzhlt er von einem Boxer und einem Bandoneonspieler, die in einer sdamerikanischen Militrdiktatur als Attraktionen eines Festes geladen sind, der eine fr die Massen, der andere fr die Kenner. So fremd sie einander sind, so schnell kommen sie sich nher, als die Schikanen der Militrs sich hufen. Die terroristische Strategie der kleinen Verletzung, so Lilienthal, gebiert Wut - und Hrte und die Bereitschaft zur Auehnung. Das Faszinierende dieses Films kommt vor allem daher, dass Lilienthal stark auf die Stimmung zwischen den Bildern setzt, wodurch ein atmosphrisches Mosaik entsteht, das Emotionen hervorruft, die Einsichten ermglichen. Es geht - jenseits von Spektakel und Meinungsmache - um eine leise Vision: von den kleinen Siegen beim Versuch zu berleben. Selbstverstndlich sind viele der spten Filme Lilienthals auch Parabeln fr den politischen Zustand in der Welt. Andererseits aber betonen sie immer wieder den abenteuerlichen Raum der leisen Zwischentne, der versteckten Nuancen um kleine Gesten und verschmte Blicke. Mit diesen Zwischentnen zielt er auf den Freiraum der Phantasie, die wei, was droht, wenn Ruhe herrscht im Land. Norbert Grob
Reclams elektronisches Filmlexikon
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Abenteuerlicher Moralist
Eine ganz andere visuelle Konzeption, singulr unter den Filmen des Jahrzehnts, verfolgen die makaberdsteren, geradezu alptraumhaften Bilder des Peter Lilienthal, die jenseits von Bericht und Erzhlung auf enigmatische Zergliederung und Ausung zielen. Die Filme, oft surrealistisch pointiert, damit hinter einer immer leerer wirkenden, ausgelaugten Oberche noch substantielle Visionen aufschimmern, sind Paradigmen eines sptsymbolistischen Experiments : musikalisch inszenierte Alltagsgrotesken um Menschen, die keine Heldenaureole um sich haben, die sich nicht uern knnen, die eigentlich nichts zu sagen haben auer von den banalen Alltagsdingen. (Peter Lilienthal, Film, August September 1963). Mit kleinen Filmen frs Fernsehen ng alles an, mit DIE NACHBARSKINDER (1960) etwa, mit DER 18. GEBURTSTAG (1961), PICKNICK IM FELDE (1962), STRIPTEASE (1963) und DAS MARTYRIUM DES PETER OHEY (1964), mittellangen Fingerbungen, nach Arrabal oder Mrozek, die schockierende Stilmittel nutzen, um den Augenblick radikaler Grenz-Erfahrungen zu evozieren: den einen Moment, wo wie Andr Breton es formulierte - Leben und Tod, Wirkliches und Unwirkliches, Vergangenes und Zuknftiges, Aussprechbares und Unaussprechliches, Oberes und Unteres nicht mehr als Gegenstze erscheinen. In JEDE STUNDE VERLETZT UND DIE LETZTE TTET (1963), SERAPHINE - ODER DIE WUNDERSAME GESCHICHTE DER TANTE FLORA (1964) oder in TRAMP - ODER DER EINZIGE UND UNVERGLEICHLICHE LENNY JACOBSON (1968) ist Lilienthals Vorliebe fr kauzig-wunderliche Geschichten dann auf die Spitze getrieben. Wobei seine aberwitzige Kontradiktion, die in der Collage zusammen zwingt, was sonst nie zusammenkme Dokumentarisches aus lteren Filmen, Berichtetes aus Wochenschauen, Zitiertes, Assoziiertes, Getrumtes eine ganz eigene Aura schafft, das Timbre einer bizarr-archaischen Metaphorik. Damit untergrbt er auch wie kein anderes hierzulande zu der Zeit die Dominanz des Realistischen, das blo verdoppelt, was sowie schon existiert. Naiv nennt er die Auffassung, dass der Zuschauer Wesentliches ber seine Welt erfahre, wenn man ihm beispielsweise so naturalistisch wie mglich das Gesprch zweier Hausfrauen prsentiere. Seine Filme zielen stattdessen auf die Essenz einer Sache, ohne ihre konkreten Seiten zu vernachlssigen. Sie irritieren durch kontrapunktisch prsentierte leise Geschichten und kleine stumme Menschen. Was sie zeitkritischer macht als die meisten Problemlme im Kino am Ende der Sechziger.
21 Seit Lilienthal dann frs Kino arbeitet, ab 1969, drehte er politisch direktere Filme. Ihn fasziniert dabei das Alltgliche, wo es als Indikator gesellschaftlicher Verhltnisse sich zeigt. Ihn fasziniert dabei das Alltgliche, wo es als Indikator gesellschaftlicher Verhltnisse sich zeigt. Schon in MALATESA (1969), diesem sperrigen, assoziative Portrt ber den italienischen Anarchisten Enrico Malatesa, der Anfang des Jahrhunderts in London im Exil lebt, ist der Konikt eher ber die uere Situation konturiert, ber die Elendsquartiere der lettischen Emigranten, ber Huser, Zimmer, Kleider. Auch die Hinwendung zur Gewalt wird weniger durch die Dramaturgie des Tuns suggeriert denn durch die Naivitt der politisch engagierten Jungen begrndet, die ihre Ungeduld zur puren Aktion treibt. Rebellen seien sie, wirft ihnen Malatesta daraufhin vor, keine Revolutionre. Doch sein Pldoyer fr gewaltlosen Widerstand, fr Menschlichkeit und Gte auch im Aufbegehren bleibt ungehrt. Lilienthal nutzt Unterschiedliches fr den stimmigen Entwurf: Grobkrnige, monochrome Bilder in Verbindung mit altem Foto- und Filmmaterial intensivieren die historische Distanz. Whrend asynchrone Szenen fr irritierende Effekte sorgen. Wie ein altes, verblichenes Dokument ist der Film angelegt, ein Dokument, das seinen Sinn nicht von selbst preisgibt, sondern immer aufs neue der Entrtselung bedarf. Malatesta, der ewige Revolutionr, der jedoch zur aufrhrerischen Tat nicht bereit ist: die Lilienthal-Figur par excellence. Ihn interessieren Menschen, die Charakter zeigen: Wie sie sich verndern, wenn sie unter Druck geraten, wie sie kmpfen: entweder Widerstand leisten oder resignieren. Wie sie die Sonne angreifen und die Ruhe im Land oder den Abgrnden verfallen. Wie sie dem Schrecken um sie herum mit Wrde begegnen. Wie sie spter in LA VICTORIA (1973), ES HERRSCHT RUHE IM LAND (1975) oder DAVID (1979) voller List den gewaltsamen Verhltnissen trotzen. Allerdings: Nie geht es nur darum, Themen, Meinungen, berzeugungen lmisch zu propagieren. Wichtiger ist, was in den Bildern sichtbar wird. Noch wichtiger, was durch Bilder zu spren und fhlen ist. Sein Prziser Blick auf die Geschehnisse und den Raum drumherum: sein brchiger, nervser Rhythmus; sein Gespr fr stimmige Atmosphre, die durch die Ereignisse sich entwickelt. Wie kein anderer Filmemacher des deutschen Kinos erkundet Lilienthal, wie das Politische in die Bilder kommt, ohne dass es zum bloen Anliegen verkmmert.
Film der sechziger Jahre. In: Jacobsen, Wolfgang, Kaes, Anton, Prinzler, Hans Helmut (Hrsg.) Geschichte des Deutschen Films, Stuttgart, Weimar, J. B. Metzler Verlag 1993, S. 242 f.
Norbert Grob
Andere Filmemacher sind fasziniert von fremden Schaupltzen und nicht deutschen Situationen. Peter Lilienthal konzentriert sich auf Emigranten und Auenseiter in unsicherer Umgebung. Seine verstrten Figuren handeln auf seltsame und widersprchliche Weise, sprechen stockend und bewegen sich abrupt. Ihre nervse Krpersprache korrespondiert dabei mit der elliptischen Erzhlweise und den pltzlichen Schnitten, Sprngen im Raum, die den Zuschauern wechselnde Perspektiven zumuten. Mit Zurckhaltung enthllt DAS AUTOGRAMM (1984) die brutalen Aktionen einer Militrregierung und deren perde Manahmen gegen jegliche Opposition. In einem Argentinien nachempfundenen Polizeistaat verbnden sich ein Bandonionspieler und ein Boxer, zwei eigenwillige und vom System noch ungebrochene Mnner. Wie das DAS AUTOGRAMM erhielt auch DAS SCHWEIGEN DES DICHTERS (1986) einen Bundeslmpreis und Lob der Kritik. Ein gehemmter israelischer Schriftsteller kmmert sich in einem chaotischen Haushalt um seinen autistischen jungen Sohn. Die zunchst fr beide Teile schwierige und frustrierende Notgemeinschaft wird zu einer engen Beziehung, die beide aus ihrem emotionalen Exil herausfhrt.
Film der sechziger Jahre. In: Jacobsen, Wolfgang, Kaes, Anton, Prinzler, Hans Helmut (Hrsg.) Geschichte des Deutschen Films, Stuttgart, Weimar, J. B. Metzler Verlag 1993, S. 308 f.
Norbert Grob
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Peter Lilienthal geboren Am 27 November 1929 in Berlin. Sein Vater ist Bhnenbildner, die Mutter betreibt - nach der Emigration 1939 nach Uruguay in Montevideo ein Hotel. Nach dem Abitur beginnt Lilienthal ein Studium (Kunstgeschichte, Musik, Jura), das er durch die Arbeit als Bankangestellter nanziert. An der Universitt von Montevideo wird er Mitglied eines Filmclubs: Da habe ich einen Kurzlm gemacht ber Dienstmdchen, die vom Lande kommen. (Lilienthal zu Schumann 1973. Auerdem entstehen in Teamarbeit weitere Kurzlme (u.a. der Experimentallm EL JOVEN DEL TRAPECIO VOLANTE); eine kontinuierliche Arbeit scheitert jedoch an den mangelnden materiellen Voraussetzungen. 1954 ist Lilienthal zu einem dreimonatigen Aufenthalt in Berlin. 1956 erhlt er ein Stipendium fr ein Studium am Institut des Hautes Cinmatographiques (IDHEC), geht aber nach einem kurzem Aufenthalt in Paris an die Hochschule fr bildende Kunst in Berlin, wo er zunchst Malerei und Formgestaltung, dann experimentelle Fotograe und Film studiert. Gemeinsam mit einigen Kommilitonen realisiert er 1958 den Experimentallm STUDIE 28, ein Jahr spter seinen ersten eigenen Film: IM HANDUMDREHEN VERDIENT, einen Dokumentarlm ber einen Leierkastenmann in Berlin. 1959-61 ist er Regie- und Produktions-Assistent beim SWF in Baden-Baden, wo er u.a. mit Heinz Hilpert (DER KIRSCHGARTEN, 1959) und Gustav Rudolf Sellner (DIE NASHRNER 1960) zusammenarbeitet; 1961 fest angestellter Regisseur beim gleichen Sender. 1964 zieht er nach West-Berlin und arbeitet fortan, als freier Regisseur, berwiegend fr den SFB. 1966-68 Dozent an der DFFB. Die Zusammenarbeit mit den Produzenten Ludwig Cremer und Hugo von Becholtsheim beim SWF sowie Hans Korngiebel beim SFB ermglicht es Lilienthal in den 60er Jahren relativ unabhngig von der Ausrichtung an Einschaltquoten und Publikumserwartungen zu arbeiten. Insbesondere seine Adaptionen vom absurden Theater beeinusster Stcke (PICKNICK IM FELDE und GUERNICA) nach Fernando Arrabal; STRIPTEASE und DAS MARTYRIUM DES PETER O`HEY nach Slawomir Mrozek) machen ihn bekannt. Ich zeige die Geschichten von Menschen, die keine Heldenaureole um sich haben, die sich nicht uern knnen, die stumm vor dem schrecklichen Geschehe stehen und eigentlich nichts zu sagen haben abgesehen von banalen Alltagsdingen. (Lilienthal zu Ladiges, 1963). Es sind extreme (Krieg) oder groteske (ein Tiger im Badezimmer) Situationen, die seine Figuren zum Verstummen bringen, oder einfach der Alltag, den in ABSCHIED ein Rentner, nach dem Tod seiner Lebensgefhrtin desorientiert und vereinsamt, nicht mehr bewltigen kann. Als Regisseur mit einer unverwechselbar eigenen Welt (Ulrich Kurowski, der seine Filme betont kunstvoll inszeniert (assoziative Montage, aus geklgelte Kamerafahrten), gilt Lilienthal End der der 60er Jahre als Hoffnung des Neuen deutschen Films. Andererseits sieht er er sich hug mit dem Vorwurf konfrontiert esoterisch, exzentrisch, obskur, im wahrsten Sinne des Wortes undurchsichtig zu sein (Lilienthal zu Bronnen, 1973). Die Kritik des `sthetizismus` kann er auch mit seinem ersten Kinolm MALATESTA (der in der BRD nach seiner Urauffhrung in Cannes allerdings zunchst im Fernsehen luft.) nicht entgehen. Zwar thematisiert der Film anhand des Schicksals des italienischen Anarchisten Enrico Malatesta im Londoner Exil 1910
23 die Frage der Gewalt als politisches Mittel, durch die Verwendung viragierter historischer Filmaufnahmen bekommt er jedoch eher den morbiden Reiz vergilbter Dokumente (W. Donner, Die Zeit 27.5.1970), als den Charakter einer aktuellen Stellungsnahme. Trotzdem wird er fr die Fernsehausstrahlung um zwei Szenen (Die Herstellung einer Bombe, Schiebungen) gekrzt. 1971/72 dreht Lilienthal drei Dokumentarlme frs Fernsehen, darunter SHIRLEY CHISHOLM FOR PRESIDENT, das Portrt einer farbigen US-amerikanischen Prsidentschaftskandidatin. Danach wendet er sich einem Thema zu, mit dem er seither wiederholt auseinandersetzt dem politischen Geschehen in Lateinamerika. LA VICTORIA, in Chile whrend der Parlamentswahlen vom Mrz 1973 gedreht, handelt von einer Sekretrin, die ihre unpolitische, auf die eigenen Kariere ausgerichtete Haltung aufgibt und sich fr eine Kandidatin der Unidad Popular engagiert. Die Gleichzeitigkeit von Realitt und Filmhandlung, die Zusammenarbeit mit Laiendarstellern und die Verwendung dokumentarischen Materials, das die eher private Geschichte in einen gesellschaftlichen Rahmen stellt, vermitteln einen Eindruck von Authentizitt, in dem der Einzelne als Teil eines geschichtlichen Prozesses verstndlich wird. ES HERRSCHT RUHE IM LAND, Anfang 1975 in Portugal entstanden, reektiert, ohne ausdrcklich einen Staat zu benennen, die Folgen des Militrputsches in Chile vom September 1973. In seinem Verzicht auf eine lineare Erzhlung und durch die Verwendung extrem acher, fast entrckt wirkender Bilder, gibt der Film die stumme Irritation wieder, mit der Bewohner einer sdamerikanischen Kleinstadt auf die brutale Repression des Militrs reagieren. Im Gegensatz zu seinen Fernsehlmen, wo das Schweigen nur die Ohnmacht vor einer nicht verstandenen Welt widerspiegelt, bekommt es hier eine neue Bedeutung: Es ist Ausdruck der Verweigerung, Ansatz zum Widerstand. Mit DER AUFSTAND, Ende 1979, wenige Monate nach dem Sieg der sandinistischen Revolution in Nicaragua gedreht, knpft Lilienthal thematisch und formal an LA VICTORIA an, indem er wieder den Prozess der Bewusstwerdung ein Soldat der Nationalgarde Somozas schliet sich den Sandinisten an in den Mittelpunkt stellt. Die zeitliche Differenz zwischen den realen Ereignissen (die Befreiung der Provinzhauptstadt Lon) und ihre lmische Wiederholung lsst jedoch Platz fr eine abstraktere Ebene mit rituellen fast religisen Anklngen (H.G. Paum Sddeutsche Zeitung 4.11.1980). die das historische Geschehen berlagert.
Im Gegensatz zu dieser stets an Aktualitt orientierten Lateinamerika-Trilogie sind Lilienthals in Deutschland spielende Filme in der Vergangenheit angesiedelt. HAUPTLEHRER HOFER (1974) schildert die Bemhungen eines Lehrers um Vernderung der archaischen Strukturen in einem elsssischen Dorf zu Begin des 20. Jahrhunderts. DAVID (1978/79) erzhlt die betont subjektive Geschichte eines jdischen Jungen in Berlin 1933-.45, der den Holocaust vor allem als Verlust seiner Familie erfhrt. Wieder geht es um die Abhngigkeit des Einzelnen von der Gesellschaft, hier dargestellte an der Instanz Familie. Die zwar Geborgenheit vermitteln, nicht aber unpolitischer Freiraum sein kann.
1971 ist Lilienthal Mitbegrnder des Filmverlags der Autoren (Produzent von LA VICTORIA), aus dem er 1974 wieder ausscheidet. HAUPTLEHRER HOFER und ES HERRSCHT RUHE IM LAND nanziert er in eigener Firma, dem gemeinsam mit Norbert Kckelmann betriebenen Film-Fernseh-Autoren-Team (FFTA): seit DAVID produziert Joachim von Vietinghoff seine Filmer. Gelegentlich tritt er bei anderen Regisseuren als Darsteller auf, so in DER AMERIKANISCHE FREUND von Wim Wenders als Gangster Marcangelo, der in der Pariser Metro erschossen wird. Zu seinen regelmigen Mitarbeitern zhlen u.a. der Schriftsteller Antonio Skrmeta (Co-Autor der Lateinamerika-Filme bis DER AUFSTAND), die die Cutterin Sigrun Jger und der Kameramann Michael Ballhaus. Peter Lilienthal, seit 1985 erster Direktor der Abteilung Film und Medien der Akademie der Knste in Berlin, lebt in Mnchen. CineGraph: Lexikon zum deutschsprachigen Film
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Michael Ballhaus: Unser erstes gemeinsames Projekt waren DIE NACHBARSKINDER, , aber daran kann ich mich berhaupt nicht mehr erinnern. Ich wei allerdings noch, dass mir Lilienthal1964, bei der Arbeit an DAS MARTYRIUM DES PETER OHEY eine Novelle in die Hand drckte und sagte: Lies doch mal diese Geschichte. Nachdem ich es gelesen hatte, meinte ich: Ja, das ist eine gute Geschichte, wer knnte jetzt das Drehbuch schreiben? So ging das immer weiter: Ich war von Anfang an einbezogen. Tom Tykwer: Sie haben an der Seite von Lilienthal alle Schritte von den ersten Ideen bis zum fertigen Film mitgemacht? Michael Ballhaus: Das kann man so sagen. So etwas war natrlich sehr ungewhnlich, denn normalerweise arbeiten Regie und Kamera nicht so frh zusammen. Aber bei diesem Film war ich wirklich immer dabei. Ich sa viel im Schneideraum und habe gelernt, wie die Bilder in der Montage fr den Film zusammenkommen, wie wichtig der Rhythmus ist. Auch das war ein Lernprozess, der fr einen Kameramann enorm wichtig ist. Ich konnte lernen, schon beim Drehen eine Bildfolge im Kopf zu haben und eine Vorstellung davon zu entwickeln, wie die Bilder beim Schneiden wieder zusammengesetzt werden ... Michael Ballhaus: Schlielich kam das Jahr 1968. Der damalige Fernsehspielchef ging aus Baden-Baden weg, und sein Nachfolger war nicht so interessant. Da erzhlte mir Peter Lilienthal, dass in Berlin eine Filmschule gegrndet werden sollte, die Deutsche Film- und Fernsehakademie (dffb). Man habe ihm angeboten, dort als Dozent zu arbeiten, und ich solle doch mit nach Berlin kommen. Ich habe ihm geantwortet: Hr mal, Peter, ich als Lehrer, wie stellst du dir das vor, wo ich doch gerade mal zehn Fernsehlme gemacht habe. Das ist doch egal, das sind junge Leute, wir gehen dahin, wir arbeiten zusammen, und es wird Spa machen. Und so gingen wir nach Berlin. Ich bekam eine feste Anstellung als Dozent an der dffb. Tom Tykwer: Mit 33? Michael Ballhaus: Ja. Pltzlich waren wir aus dem verschlafenen Baden-Baden mitten ins bewegte Berlin von 1968 geraten ... Tom Tykwer: Entstand nach dem abrupten Ende der Zusammenarbeit mit Fassbinder nicht eine Leere? Ich meine, 15 Filme innerhalb von acht Jahren, das hinterlt doch Spuren. Michael Ballhaus: Zunchst war es sicher wie ein Vakuum. Aber bald sprach sich herum, dass ich nicht mehr mit ihm arbeitete, und dadurch erhielt ich zahlreiche Anfragen ... berraschend und besonders wohltuend war fr mich in dieser Zeit der Kontakt mit Peter Lilienthal, der lange Zeit etwas abgebrochen war und jetzt pltzlich wieder ganz eng wurde. Tom Tykwer: Peter Lilienthal ist ein ganz anderer Typ von Filmemacher als Fassbinder. Seine Filme leben stark von der Haltung, sie entfalten sich immer auch ideologisch. Michael Ballhaus: Gerade wegen ihrer Engagiertheit liebe ich Lilienthals Filme. Wenn es um die Umsetzung ging, haben wir allerdings viel und heftig diskutiert, auch weil ich immer das Gefhl hatte, dass er nicht so sehr in Bildern und im Rhythmus dachte. Manchmal habe ich auch moniert: Peter, hier musst du doch unbedingt ans Publikum denken. Er hat darauf nur geantwortet: Ich mache meine Filme nicht frs Publikum, ich mache sie fr meine Freunde. Ich war und bin dagegen immer noch der Meinung, dass man bei einem so kostspieligen Produkt wie dem Kinolm geradezu verpichtet ist, ans Publikum zu denken. Das waren jedoch Auseinandersetzungen um die Form - inhaltlich schtze ich seine Filme sehr und nde es wichtig, dass solche Geschichten erzhlt werden. ber das Filmemachen hinaus verbindet uns inzwischen eine jahrzehntelange Freundschaft.
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Tom Tykwer: Peter Lilienthal liegt thematisch oft extrem nahe am Zeitgeschehen. DER AUFSTAND war geradezu die quasidokumentarische Rekonstruktion der sandinistischen Revolution in Nicaragua, die eben erst stattgefunden hatte. Michael Ballhaus: Ich bin von meiner Arbeit am Goethe-Institut in Mexiko direkt nach Nicaragua weitergereist, das war gerade mal sechs Wochen, nachdem vorbei war. DER AUFSTAND ist also zu einem Zeitpunkt entstanden, als das ganze Geschehen noch vollkommen frisch und die Emotionen alle noch da waren. Wir haben dann lmisch nochmals aufgearbeitet, was whrend der Revolution passiert war. Und als Peter ein paar Jahre spter erneut nach Nicaragua kam, sprachen die Leute ber den Film, als sei er die Realitt gewesen, die sie whrend des Aufstands erlebt hatten. Tom Tykwer: Wie haben Sie unter diesen besonderen Umstnden gearbeitet? Michael Ballhaus: Die Stimmung war, wie gesagt, sehr emotional, sehr direkt und oft ohne groe Planung. Ich habe sicher zwei Drittel des Films aus der Hand gedreht. Teilweise bin ich mir vorgekommen wie ein Kameramann fr die Wochenschau. Tom Tykwer: Dennoch gab es ein Drehbuch. Wie hat das funktioniert? Michael Ballhaus: Natrlich gab es Szenen, die wir geplant hatten. Wir hatten auch ein Konzept im Kopf. Gleichzeitig geschahen oft unerwartete Situationen, auf die wir reagieren wollten und wo es dokumentarisch wurde. Zudem war es nicht einfach, die Emotionen fr den Film wieder unter Kontrolle zu bringen. Bei einer Kampfszene wurde eine Waffe anstatt mit Platzpatronen mit scharfer Munition geladen. Die Leute sind beim Spielen wieder derart in Rage geraten, dass ein solches Versehen passieren konnte. Glcklicherweise ist dabei niemand zu Schaden gekommen. Tom Tykwer: Gab es denn niemand, der solche Dinge berwacht hat? Michael Ballhaus: Doch, natrlich schon. Aber wir haben mit einer einheimischen Crew gearbeitet, die teilweise sehr wenig Erfahrung hatte und oft etwas hilos war. Mein Oberbeleuchter beispielsweise war um die zwanzig Jahre alt. Eines Tages kam er weinend zu mir, weil er sich seiner Aufgabe nicht mehr gewachsen fhlte. Daraufhin haben wir es gemeinsam angepackt, und so wuchs er allmhlich in seine Aufgabe hinein. Aus dieser Improvisation sind aber auch unglaublich tolle Dinge entstanden. Einmal mussten wir nachts drehen und hatten natrlich viel zu wenig knstliches Licht. Da haben wir die Strae ausgeleuchtet, indem wir Autoreifen angezndet und verbrannt haben. Wir haben es genauso gemacht wie sie damals beim Aufstand: Wir haben die Reifen genommen, sie mit Benzin bergossen, angezndet und damit die Stadt beleuchtet.Tom Tykwer: Peter Lilienthal hatte in ihrem Leben schon ein Mal eine entscheidende Wende bewirkt, als er sie mit nach Berlin nahm. Ihre Karriere in den USA hat er im Grunde auch mit initiiert. Wie DEAR MR. WONDERFUL kam zu Stande, der erste Film, den sie in den USA gedreht haben? Tom Tykwer: Peter Lilienthal hatte in ihrem Leben schon ein Mal eine entscheidende Wende bewirkt, als er sie mit nach Berlin nahm. Ihre Karriere in den USA hat er im Grunde auch mit initiiert. Wie DEAR MR. WONDERFUL kam zu Stande, der erste Film, den sie in den USA gedreht haben?
26 Michael Ballhaus: Der eigentliche Clou war die Besetzung der Hauptrolle durch Joe Pesci. Er war zwar damals kein Superstar, hatte aber immerhin schon eine von der Kritik sehr beachtete Rolle in RACING BULL gespielt. Pesci war zu unserer berraschung am Drehbuch interessiert, was fr eine deutsche Fernsehproduktion schon sensationell war. Schlielich hat Pesci noch eine Reihe von Schauspielern mitgebracht, die spter wieder in Scorseses Filmen aufgetaucht sind. Wir hatten sozusagen die zweite Reihe der Scorsese-Riege in unserem Film. Tom Tykwer: So haben dann zwei Deutsche in New York eine amerikanische Geschichte mit einer amerikanischen Crew gedreht. Fr eine deutsche Fernsehproduktion damals eine ungewhnliche Konstellation. Michael Ballhaus: Fr uns war es in jeder Beziehung ein Abenteuer. Wir haben mit ganz einfachen Mitteln gearbeitet: Ich hatte meine erste eigene Kamera, eine 16-mm-Aton, die Crew gehrte natrlich nicht der Gewerkschaft an, und genauso wenig hatten wir eine Arbeitserlaubnis in den USA, was aber insofern nicht notwendig war, als wir fr einen deutschen Produzenten arbeiteten, nmlich Jochen von Vietinghoff. Wir waren ein enthusiastisches Team, in dem neben dem Produzenten, Peter, seine Assistentin Ulla Ziemann und ich die einzigen Deutschen waren. Tom Tykwer: Bei Joe Pesci hat man - nicht nur in diesem Film - das Gefhl, dass er sehr viel Persnliches einbringt, private Momente preisgibt und darin zu ungeheurer Radikalitt bereit ist.
Michael Ballhaus: Das war schon damals nicht anders. Er hatte Freunde in der Maa, und so gerieten wir in diverse aberwitzige Situationen. Wir wurden beispielsweise zu einem Essen mit Joe Pescis Freunden eingeladen, zu dem lauter sndhaft teuer gekleidete Leute in dicken Cadillacs vorfuhren. Irgendwann dmmerte es Peter und mir, dass das allesamt Maosi waren. Pescis Beziehungen haben uns bei diesem Film schon geholfen ... Tom Tykwer: Die Zusammenarbeit mit Peter Lilienthal nimmt in Ihrem Werk auch deshalb einen besonderen Stellenwert ein, weil man immer wieder das Gefhl hat, sein karger Stil bentige Ihre eher musikalische Kamera im Grunde gar nicht. Gerade DAS AUTOGRAMM ist ein optisch uerst zurckhaltender Film. Trotzdem denke ich, dass seine Filme von Ihrem Einuss protiert haben. Michael Ballhaus: Peter hat sich immer sehr auf das Geschichtenerzhlen konzentriert, hat sich um die Texte gekmmert und um die Arbeit mit den Schauspielern. Die visuelle Gestaltung berlie er ber weite Strecken mir. Aber Sie haben recht, die groen lmgestalterischen Wrfe sind dabei nicht herausgekommen. Tom Tykwer: Sie haben in Portugal gedreht, obwohl die Geschichte in Lateinamerika spielt. Haben Sie versucht, dem Film spezielle Farben, einen sdamerikanischen Touch zu verleihen? Mir jedenfalls ist das Pastellartige aufgefallen, das in Ihren anderen Filmen nicht oft vorkommt. Michael Ballhaus: Ich kann mich nicht erinnern, dass wir mit den Farben anders umgegangen sind als sonst. Peter, der ja in Sdamerika aufgewachsen ist, hat wahrscheinlich schon dafr gesorgt, dass der ganze Look des Films nach Sdamerika aussah. Tom Tykwer Im Gesprch mit Michael Ballhaus Random House,
In: Tykwer, Tom: Das iegende Auge. Michael Ballhaus, Director of Photography. Berlin 2002
Peter Lilienthal Allende hatte recht Der Altmeister des sozialkiritischen Kinos ist Gast des Cine Latino
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Peter Lilienthal ist einer der groen sozialkritischen Filmemacher. Viele seiner Filme (ES HERRSCHT RUHE IM LAND, DER AUFSTAND) solidarisierten sich mit den Opfern lateinamerikanischer Militrdiktaturen. Beim Cine Latino prsentiert der 72-Jhrige zwei seiner lteren Filme und diskutiert mit den Professoren Jrgen Wertheimer und Andreas Boeckh ber das Verhltnis von Literatur, Film und Politik. Klaus-Peter Eichele: Die Diskussion, an der Sie teilnehmen, trgt den Untertitel Wie Bilder die Welt verndern. Haben Ihre Film-Bilder die Welt verndert?
Peter Lilienthal: Man kann Menschen mit Filmen durchaus fr etwas interessieren, das ihnen bis dahin fremd war. Die groe Solidaritt, die es frher mit Nicaragua oder gegen Pinochet gab, hat sicher auch etwas mit den Filmen und Bchern zu tun, die diese Themen an die Leute hier herantrugen. Aber die Welt verndern? Das ist eine hochtrabende Vorstellung. Man htte den Titel der Diskussion etwas bescheidener whlen Klaus-Peter Eichele: In Sdamerika gibt es schon lange keine Militrdiktaturen mehr. Sie gelten nach wie vor als verpnt, wie man jetzt in Venezuela gesehen hat. Welchen Anteil haben daran Literaten und Filmemacher? Peter Lilienthal: Einen entscheidenden. Was Salvator Allende in seiner letzten Rede, kurz bevor er ermordet wurde, gesagt hat, dass sich eines Tages die breiten Alleen zur Freiheit wieder ffnen werden das ist nicht zuletzt dank der Impulse von Knstlern und Intellektuellen eingetreten. Allerdings mit Konsequenzen, die wir uns gar nicht vorstellen knnen: Viele von ihnen sind ins Gefngnis gekommen, gefoltert worden oder verschwunden. Oder mussten, wie mein Freund Antonio Skrmeta, jahrelang im Exil leben. Klaus-Peter Eichele: Die meisten Ihrer Kinolme beschftigen sich mit dem Widerstand gegen lateinamerikanische Militrdiktaturen. Wie kam es zu diesem Engagement?
Peter Lilienthal: Ich bin in Uruguay aufgewachsen, einer der ltesten Demokratien Lateinamerikas, die von einem Militrputsch vllig berraschend weggefegt wurde. Diese Erfahrung spiegelt sich in meinen Filmguren wider. Es geht immer um Leute, die nicht dazu geboren sind, Helden zu sein. Unpolitische Menschen, die von den Umstnden berrascht werden und berlebenskraft entwickeln. DAS AUTOGRAMM handelt von einem Boxer und einem Musiker, die ganz unwissend auf ein Fest geraten, das vom Militr zur Propaganda missbraucht wird - und die sich aus dieser Erfahrung heraus gegen die Diktatur wenden. So ist es in den meisten meiner Filme. Die politischen Konikte nden im Privaten, in der Familie, statt und nicht in der hohen Politik. Klaus-Peter Eichele: Die Zeit der kmpferischen Politlme, wie Sie sie gemacht haben, ist lngst vorbei. Ist die Welt besser oder sind die Filmemacher mutloser geworden? Peter Lilienthal: So generell mchte ich dieser These nicht zustimmen. Was den Mainstream betrifft, haben Sie Recht. Die heutige Generation hat eben andere Sorgen als wir Achtundsechziger. Aber dennoch gibt es unendlich viele Dokumentarlmer, die sich mit politischen oder sozialen Fragen beschftigen. Oder nehmen Sie die politisch engagierten Filme aus dem Iran, dem Nahen Osten oder Lateinamerika. Das luft natrlich nicht wie frher zur besten Sendezeit in der ARD, sondern spt auf Arte. Aber das wird sich wieder ndern. Wenn ich mich mit jngeren Leuten unterhalte, habe ich den Eindruck, dass das Interesse an der Politik wchst. Es wre ein Wunder, wenn sich die Gedanken der Anti-Globalisierungs-Bewegung nicht bald im Kino wiedernden wrden. Klaus-Peter Eichele: Sie selbst haben seit den achtziger Jahren wenige Filme gemacht. Sind Sie auch ein Opfer der Entpolitisierung? Peter Lilienthal: berhaupt nicht. Ich hatte zwischendurch nur das Gefhl, dass alles, was ich sagen wollte, bereits gesagt war.
28 Klaus-Peter Eichele: Die meisten Ihrer Filme entstanden nach literaterischen Vorlagen oder in enger Zusammenarbeit mit Literaten wie Antonio Skrmeta. Peter Lilienthal: Alle meine Vorbilder sind groe Schriftsteller. Ich nde es eher ungewhnlich, dass es Filmemacher gibt, die gar nichts lesen. Mir bedeutet der Text viel mehr als das Bild. Die Mglichkeit, einen Baum als Metapher zu beschreiben, wie in einem Gedicht von Neruda, oder berhaupt die Reexionsmglichkeit der Literatur die hat der Film nicht. Klaus-Peter Eichele: Was sehen Sie sich im Kino an? Peter Lilienthal: Sehr gern Filme des iranischen Regisseurs Abbas Kiarostami oder von Theo Angelopoulos. Auch die dnischen Dogma-Filme haben mich beeindruckt. Und A BEAUTIFUL MIND. Das ist ja in gewisser Weise auch ein politischer Film. Mein neues Projekt heit Das groe Versprechen und basiert auf dem Roman Hanomag von Hella Eckert. Das Drehbuch ist fertig. Jetzt muss ich sehen, ob es Geld dafr gibt.
In: Schwbisches Tageblatt - Tagblatt-online, 13.4.2002
Klaus-Peter Eichele:
DER AUFSTAND
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Ich wollte Euch mal ein Bild von erstaunlichen Widersprchen entwickeln. Also, Ich war vor zwei Jahren fr drei Monate in Los Angeles. Wir hatten an der Europischen Filmakademie eine vllig verrckte Idee. Und zwar sollten uns die Hollywood-Autoren sagen, wofr sie Europa brauchen - ich spreche jetzt von Filmautoren, teilweise auch von Autoren die auch Regisseur sind - ob sie sich dafr berhaupt interessieren. Da stellte sich folgendes heraus: Erstens, dass sie das tun; und zweitens, dass sie extrem vereinsamt sind. Jeder wohnt in irgend einem Bungalow in den Hgeln. Es gibt kein Caf, wo sie sich treffen. Los Angeles: Die krftigsten Firmen, die Hauptstadt der Kinowelt - lauter Einsame. Struktur gibt es da gar nicht. Das heisst, jeder Autor hat seinen Anwalt, seinen Manager, seinen Agenten, und natrlich taucht er ab und zu bei den Majors auf. Da sitzt er einem Typ gegenber, der eigentlich noch nicht mal Autovertreter sein kann, der nichts versteht von irgendwas, und der noch weniger liest als unsere Redakteure beim ZDF oder in der ARD. Der verlsst sich auf eine Reihe wirtschaftlicher Entscheidungen. Ich habe mit den Leuten wirklich gesprochen und habe etwas von ihrer Seele gehrt. Es war so kmmerlich. Sie waren die rmsten Menschen die mir begegnet sind, in den letzten zwanzig Jahren, die rmsten. Sie bekamen im Durchschnitt fr ein Drehbuch zwischen einer halben und einer Million Dollar und wussten nicht, was sie damit machen sollten. Dann sassen sie - das ist jetzt wirklich kein Stereotyp - einsam an ihrem Swimmingpool. Drogen, Drogen, von morgens bis abends, Kokain, weiss der Teufel was. Ein Ausdruck von Traurigkeit, wie ich ihn gar nicht schildern kann. Wenn sie unser Gesprch hier hren wrden, die wrden alle verliebt sein in uns, dass wir so schne, liebe Gedanken haben. Im Gegensatz dazu, das Caf in Paris, wo sich ganze Schulen entwickelt haben. Wo die Kritiker der Nouvelle Vague zusammen kamen. Aber im Gegensatz zu uns waren sie nicht Filmemacher untereinander. Es waren Philosophen, Architekten, Wissenschaftler, die heute nach wie vor tragend sind fr ein ungewhnliches franzsisches Kino, das selbst im mittleren Bereich der Unterhaltungslme, die wir hier gar nicht sehen, ganz erstaunlich ist. Wir haben hier wenig von Kultur gesprochen. Die Deutschen sprechen sehr schnell von Strukturen, von denen man sich dann erhofft, dass sie diese gesellschaftlichen Zusammenhnge schaffen. Aber was uns Europer interessiert, und was nicht zu ersetzen ist durch Strukturen, ist das Caf. Ihr kennt alle die Cafs in Paris. Man kommt zusammen, hat ein kleines Gesprch mit einem Buchautor, der sagt: Ach, du hast das und das im Kopf. Naja, gut, wir knnten mal zu dem gehen, der sitzt in einem anderen Caf. So kommt etwas unangestrengt zusammen. Im Gegensatz dazu, das Caf in Paris, wo sich ganze Schulen entwickelt haben. Wo die Kritiker der Nouvelle Vague zusammen kamen. Aber im Gegensatz zu uns waren sie nicht Filmemacher untereinander. Es waren Philosophen, Architekten, Wissenschaftler, die heute nach wie vor tragend sind fr ein ungewhnliches franzsisches Kino, das selbst im mittleren Bereich der Unterhaltungslme, die wir hier gar nicht sehen, ganz erstaunlich ist. Wir haben hier wenig von Kultur gesprochen. Die Deutschen sprechen sehr schnell von Strukturen, von denen man sich dann erhofft, dass sie diese gesellschaftlichen Zusammenhnge schaffen. Aber was uns Europer interessiert, und was nicht zu ersetzen ist durch Strukturen, ist das Caf. Ihr kennt alle die Cafs in Paris. Man kommt zusammen, hat ein kleines Gesprch mit einem Buchautor, der sagt: Ach, du hast das und das im Kopf. Naja, gut, wir knnten mal zu dem gehen, der sitzt in einem anderen Caf. So kommt etwas unangestrengt zusammen. Mein erster Satz in einer Filmakademie ist immer: Wir werden ber alles sprechen, nur nicht ber Film. Da knnen sie sich auf den Kopf stellen. Das ist mein Grundsatz. Wir werden ber Religion sprechen, ber Literatur, was weiss ich, nur nicht ber Film. Ich komme noch mal zurck zu den Widersprchen: Die Einsamkeit der Autoren in Los Angeles. Die kommen mit niemandem zusammen und machen starke Filme. Auf der anderen Seite: Schulen wie die der Neorealisten in Italien, und, wie erwhnt, die der franzsischen Filmemacher. Da gab es vor allen Dingen etwas, dass ich familiren Zusammenhang nennen will. Wir hier aber sind Fremde unter Fremden, mehr als je zuvor. Wir waren es immer. Wer liebt in Deutschland denn die Buchautoren? Von den Regisseuren will ich gar nicht sprechen. - So schnell wie mglich nach Italien... - Grass? Bll? Wann wurde der denn geliebt? Wann liebte man unsere Dichter? Ich hab ein vollbesetztes Stadion in Chile gesehen. Siebzigtausend, die den Geburtstag von Neruda feierten. Im Schloss von Santiago gab es Gedichte von Neruda. Wo sind unsere Gedichte hier? Das sind unsere Werte. Erst dann knnen wir von Filmkultur sprechen, wenn wir diese Kultur erkannt haben.
30 Wie ist das zu schaffen? Das hat mich interessiert. Nach elf Jahren in der Akademie der Knste (Berlin) bin ich - sehr spektakulr, was nicht meinem Charakter entspricht - weggelaufen. Die wollten wieder die Restauration. Neue Akademie am Brandenburger Tor. Ausstellen, vorstellen, prominent sein und so weiter. Ich hab gesagt wir treten ein, in das Zeitalter der Nomaden. Wir brauchen kein neues Haus. Wir brauchen Zelte, Wohnwagen und an dieser Stelle vor dem Brandenburger Tor ist mir lieber ein neues Las Vegas, ein Kinderspielplatz, oder sonst irgendwas, aber keine neue Akademie. Sie haben eine Dreihundertjahrfeier gemacht. Ich muss das nur schnell sagen, weil es alles mit Kultur zu tun hat, mit der Kultur des Dialogs. Ich habe ihnen gesagt: Da mache ich nicht mit. Ich wrde gerne eine Retrospektive von all denen machen, die nicht aufgenommen wurden in der Akademie. Der Rest, das waren Arschkriecher der Monarchen und so weiter. Die Nachkriegsgeneration hat das nicht begriffen. Die sitzen da wieder am Brandenburger Tor, am Ort des Verbrechens und feiern Dreihundertjahrfeier mit irgendwelchen Gipsbsten. Ich habe das unterwandert mit fnf Jahren Sommerakademie, wo ich Gott und die Welt eingeladen habe. Wir haben dort interdisziplinre Gesprche gefhrt, also zum Beispiel mit einem chinesischen Physiker, der ber Kochkunst gesprochen hat, oder einem deutschen Astronauten, der ber die Farbe Schwarz gesprochen hat. Der Astronaut, ein Mensch von einem anderen Stern. Ich habe das auch erlebt. Der hatte ein Vibration, die sich mitteilte, das war phantastisch. Ein reiner Techniker brigens von der TU. Er hat uns erzhlt, dass er durch diese Erfahrung zum Dichter wurde. Er hat Gedichte geschrieben, wie Viele, die diese Erfahrung gemacht haben, im All. Es war dieses Durcheinander von Leuten und die Proklamation von mir, dass jeder, der sich einschreibt, nichts machen muss. Wir haben die Inefzienz kultiviert. Er soll sich auf den Boden legen und nicht so viel plappern, schon gar nicht ber Kunst. Entspannen - das war das Thema. Ich nde so phantastisch, dass wir hier zusammen kommen. Es lohnt sich von Strukturen zu sprechen, aber der wirkliche Dezit besteht in etwas Anderem. Nmlich im Nichtanerkennen des Ausschweifens, sozusagen. Wer sind unsere Verbndeten? Das sind nicht die Leute vom Fernsehen, das sind nicht die Brokraten von den Frderungen, das sind nicht die Brokraten von der europischen Kommission, und erst recht nicht die Fonds, die sich jetzt bilden. Es ist leider auch nicht der Pbel, der sich etabliert hat, der diese Fernsehprogramme anschaut.
DAVID
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DER AUFSTAND In einem Buch, das jetzt der Verlag der Autoren herausgebracht hat, gibt es eine phantastische Anekdote von einem Serienautor, einem Herrn Reitinger. Der erzhlt folgendes: Was kann man dem Publikum am spten Nachmittag in der Vorabendserie zumuten? Und da sagt er: Naja wenn die anfangen zu essen, dann kann man ihnen bestimmte Flssigkeiten nicht mehr zumuten und auch gewisse Pornosachen nicht. Aber das tu ich ja bestimmt nicht. Nur, wenn das Essen zu ende ist und die anfangen zu knabbern, dann muss man aufpassen. Dann gibt es nmlich den sogenannten Negerknick. Ich dachte, was ist den das. Negerknick ist, wenn in einer Serie eine dunkelhutige Person auftaucht, dann schalten, aufgepasst, 25 Prozent aller Zuschauer um. Aber, und das sagt ein Serienautor, nicht ich, wenn diese dunkelhutige Person einen Hund dabei hat, dann bleiben sie. Das ist keine Ironie. Das ist die Aufgabe, die man ihm erteilt. Ich habe mit einem Mann von Kinowelt gesprochen, und da war nur eins bemerkenswert, dass er immer wieder sagte: Ja, ja ich habe eigentlich wenig Zeit zu lesen, aber es gibt natrlich Sachen die mir gefallen. Aber es sind die Aktionre, die ab jetzt entscheiden. Wenn mir was gefllt, dann gebe ich das dem Herrn Soundso, das ist mein Vorgesetzter. Der wird dann entscheiden, ob er es berhaupt den Aktionren vorstellt, und dann werden wir vielleicht ein Geschft machen. Fast das selbe Argument bekommt man von den lteren Dramaturgen im WDR. Die sagen: Es hat eigentlich gar keinen Zweck, dass ich diesen Stoff annehme, weil mein Vorgesetzter den bestimmt nicht mag. Mit anderen Worten, das subalterne Gefge hat sich noch mal vergrssert. Es ist so gigantisch, dass jeder so unsicher geworden ist und nichts mehr riskiert, das ist klar. Wozu auch? Lektoren und Dramaturgen gab es ja nie im Fernsehen. Das ist eine Legende. Das waren Leute, die aus der Soziologie kamen und freundschaftlich mit uns verkehrten, die auch eine gewisse Leidenschaft fr die Sache hatten, aber sie konnten es von ihrer Position aus nicht wahrnehmen, denn sie waren Halbproduzenten und Halbdramaturgen. Die sogenannten Auftragsproduzenten - das hat Kluge uns beigebracht - waren in Wirklichkeit gar keine Produzenten, sondern Agenten. Die hatten auch gar kein Interesse an dem Produkt. Sie bekamen das Geld vom Fernsehen und steckten sich die sogenannten HU (Handlungsunkosten) ein und das briggebliebene, was man so irgendwie vernuscheln kann. Diese Leute waren hybrid. Sie waren weder das Eine noch das Andere. Mit dieser Meute hatten wir zu tun und es wirkt sich bis heute auf alles aus - auf die Moral vor allem, die geschndete, die gibt es nicht mehr. Es ist das, was vorher angesprochen wurde. Die Katastrophe im Fernsehen, wo man anschaltet und denkt, was ist da los, sind die alle verbldet, haben die gar keine Sehnsucht mehr? Aus einem Gesprch mit Uwe Brandner, Peter Lilienthal, Werner Penzel, Josef Rdel, Christian Wagner. Thema: Produktionsstrukturen in Deutschland. Revolver: Jens Brner, Benjamin Heisenberg, Christoph Hochhusler, Sebastian Kutzli, Hans Steinbichler. Mnchen, 05.10.2000. Bearbeitung: Benjamin Heisenberg, Sebastian Kutzli. http://www.revolver-lm.de/Inhalte/Rev7/html/Lilienthal.htm
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Filme
EL JOVEN DEL TRAPECIO VOLANTE DER JUNGE AUF DEM SCHWEBENDEN TRAPEZ Filmclub Montevideo, Carlos G. Daws, Peter Lilienthal, Uruguay 1956 45 Min., Experimentallm Darsteller:
Quelle:
Paolillo
Erwhnung: 28. Berlinale, 1978, Acht Filme von Peter Lilienthal, Cinemateca Uruguay
Kurzlme ber soziale Probleme der Landbevlkerung. Filmclub Montevideo, Peter Lilienthal, Uruguay 1955-56.
STUDIE 23
Peter Lilienthal, Pit Kroke, Jrg Mller, Ralph Wnsche, BRD, 1958 15 Min., Zeichentricklm Produktion: Musik:
Quelle:
Tteberg, Michael: Peter Lilienthal. Befragung eines Nomaden. Frankfurt/Main 2001, Frankfurt/Main 2001. S. 239, 28. Berlinale, 1978, Acht Filme von Peter Lilienthal Filmclub e69 Kempten e.V:. Peter Lilienthal Dokumentation, Kempten Juni 1980, S. 10
ber die Leinwand laufen Lichtpfeile, zerfallen zu Perlenschnren, die sich gleichsam von innen aufzehren.
IM HANDUMDREHEN VERDIENT
Peter Lilienthal, BRD 1959 23 Min. Dokumentarlm, s/w Buch: Kamera: Produktion: Erstauffhrung:
Quelle:
Tteberg, Michael: Peter Lilienthal. Befragung eines Nomaden. Frankfurt/Main 2001, S. 239 Filmclub e69 Kempten e.V:. Peter Lilienthal Dokumentation, Kempten Juni 1980, S. 10
Aus der Feature-Produktion des Senders Freies Berlin nun das dritte Ergebnis der Bemhungen: IM HANDUMDREHEN VERDIENT, eine Betrachtung der Drehorgelspieler. Zunchst berwiegt die Sorge, auch diese Arbeit knne den bisher recht holprigen Dingen aus der Mappe von Heinz Carwin entsprechen. Doch nach wenigen Metern ist alles geklrt. Vielleicht htte man das eine oder andere in einen besseren Zusammenhang setzen knnen, doch der Gesamteindruck entscheidet. Mit sparsamen Text von Rolf Opprower, mit einer fast unendlichen Flle knstlerischer Kameraarbeit von Peter Crlis wurde da in der Millionenstadt dem Menschlichen nachgegangen. Die vier Holzrder eines Leierkastens im Husermeer Berlin wurden Symbol, immer wieder herzlich gefasstes Symbol fr das Kleine im Groen. Peter Lilienthal hat Regie gefhrt, er hat den Orgelklang mit der Grostadteinsamkeit vermischt. Ein Film-Feuilleton, wie es wohl kaum besser gesehen werden kann. Mathias Riehl:
Vier Holzrder. In: Der Tagesspiegel 4.6.1959
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DIE NACHBARSKINDER
Peter Lilienthal, BRD 1960 36 Min., Fernsehlm, s/w Buch: Schnitt: DarstellerInnen: Benno Meyer-Wehlack Lothar Regentrop-Boncouer Hanne Hiob (Ulla Denger), Elisabeth Botz (Mutter Denger), Norbert Kappen (Erich Gronzil), Lili Schoenborn-Anspach (Frau Glser), Hans Elwenspoek (Peter Heinzelmann), Stephanie Wiesand (Frau Bohne), Wolfgang Vlz (Max), Hannes Schtz (Franz) , Siegfried Kristen (ein Fremder) Sdwestfunk Baden-Baden 8.12.1960 (ARD)
Tteberg, Michael: Peter Lilienthal. Befragung eines Nomaden. Frankfurt/Main 2001, S. 239 Filmclub e69 Kempten e.V:. Peter Lilienthal Dokumentation, Kempten Juni 1980, S. 10f.
Produktion: Erstauffhrung:
Quelle:
Spiel drei: Die Nachbarskinder von Benno Meyer-Wehlack. Hier ist alles gelungen, wovon die Auftraggeber bei dem Plan DER NACHBAR (eine dreiteilige Betrachtung unterschiedlicher Autoren zu diesem Thema) getrumt haben mgen. Eine geradezu bedrngend Sprache der Kamera, ein Szenenrhythmus vol erstaunlichem Temperament, eine Regiefhrung (Peter Lilienthal) in den Dialogen, durch die jede noch so kleine Rolle zu einer genau durchgearbeiteten Charakterstudie wurde hmb
Die Leute von nebenan. Dreimal der Nachbar, Stuttgarter Zeitung 18.12.1960
Produktion: Erstauffhrung:
Quelle: Tteberg, Michael: Peter Lilienthal. Befragung eines Nomaden. Frankfurt/Main 2001, S. 239, Filmclub e69 Kempten e.V:. Peter Lilienthal Dokumentation, Kempten Juni 1980, S. 11
Mit der Annahme des ersten Stckes eines unbekannten Einsenders hatte der SWF sich und den deutschen Fernsehen einen Schokoladentag bereitet. Die Inszenierung von Peter Lilienthal entrckt die Szene im Bild von Gnter Kieser mit Vergngen am Skurrilen aus der Alltglichkeit, bersteigert sie mit pathetischer Ironie soweit, bis man diesen ganzen Rahmen nur noch belchelt und auf die stille kleine Melodie des Spiels hrt. Das Ensemble war beinahe so erfreulich wie das Stck. Rheinische Post 7.12.1961
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Klaus Roehler, Theodor Kotulla nach einer Erzhlung von Klaus Roehler Gert Sss Peter Zwetkoff Lothar Regentrop-Boncouer Hans W. Hamacher (Herr Hopp), Eike Siegel (seine Frau), Burghild Schreiber (Justine, ihre Tochter), Stefan Gohlke (Kibus ihr Sohn), Wolfgang Schmidt (Ulses, Justines Freund) Sdwestfunk Baden-Baden 3.1.1962 (ARD 2)
Tteberg, Michael: Peter Lilienthal. Befragung eines Nomaden. Frankfurt/Main 2001, S. 241 Filmclub e69 Kempten e.V:. Peter Lilienthal Dokumentation, Kempten Juni 1980, S. 11
DER
ACHTZEHNTE GEBURTSTAG ist ein gesellschaftskritisches Stck. Wieder einmal geht es um Generationsprobleme, um Erwachsenen, die schalen Vergngen frnen und mit Hingabe am Ausbau ihres Wohlstandes werkeln und um ihre Kinder, die sich von den Eltern vernachlssigt fhlen, die einsam sind und unter der Leere und Lieblosigkeit leiden. Die Reaktion solcher unverstandenen Jugendlichen ist gemeinhin die Revolte gegen die Erwachsenen: auch im ACHTZEHNTEN GEBURTSTAG ndet sie statt. Aber whrend sich diese Revolte in Stcken hnlicher Thematik meist sehr vordergrndig in rden Krawallen, pampigen Benehmen und lautstarken Anklagereden uert, vollzieht sie sich hier viel leiser, psychologisch subtiler und darum berzeugender Michael Lenz:
Achtzehn Jahre und kein Ende. In: Westdeutsche Allgemeine Zeitung, 21.10.1961
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STCK FR STCK
Peter Lilienthal, BRD 1962 66 Min., Fernsehlm, s/w Buch: Kamera: Ausstattung: DarstellerInnen: Benno Meyer-Wehlack Wolf Wirth Wolf Wirth Eva Brumby (Frau Jacob), Jens-Peter Erichsen (Manfred), Heinz Schubert (Gnter), Lili Schoenborn-Ansprach (Gromutter), Max Hauer (Herr Meissner), Herbert Stass (Herr Jacob), Harry Gillmann (Schrotthndler), Friedrich Merten (Verkufer), Kurt Mhlenhaupt (Altwarenhndler), Max Buchsbaum (Lehrer), Lotte Wolf-Sturm, Bernt Zimmermann, Joachim E. von Roques Sdwestfunk Baden-Baden, modern-art lm Hansjrgen Pohland 4.10.1962 (ARD 2)
Tteberg, Michael: Peter Lilienthal. Befragung eines Nomaden. Frankfurt/Main 2001, S. 241, Bild Tteberg S. 240 Filmclub e69 Kempten e.V:. Peter Lilienthal Dokumentation, Kempten Juni 1980, S. 11
Das zweite original fr das Fernsehen geschrieben Spiel hatte der Sdwestfunk Baden-Baden dem in Berlin lebenden Autor Benno Meyer-Wehlack in Auftrag gegeben. Auch dieses Werk STCK FR STCK darf man als Gleichnis nehmen. Aber sein Verfasser bleibt hart an der Wirklichkeit, er duldet keine Abschweifungen der Phantasie. Da ist die geschiedene, abgearbeitete berufsttige Frau, die mit dem Pfennig rechnet, das ist der Junge, der Strae berlassen, ein Schsselkind. Und da ist Berlin eine bedrckende Stadtlandschaft, bar jeden Glanzes und fern jeder Wehleidigkeit. Alle Aufnahmen sind an Ort und Stelle gemacht, ohne Kulissen, ohne Ateliers, ohne den Versuch einer Beschnigung. Und doch spricht aus jeder Bilderfolge eine geheime Poesie. Ein so hervorragender Kameramann wie Wolf Wirth war berufe, sie einzufangen. Die Regie (Peter Lilienthal) blieb nicht nur mit dem Verfasser einig: sie ging auf Menschen aus, nicht auf sentimentale Figuren. Die Hauptdarsteller seines Ensembles haben noch im vorigen Jahr in Ost-Berlin gespielt. Fr die Sache der Bildschirmerzhlung wurde an diesem Abend eine entscheidende Partie gewonnen. Ernst Johann
In: Frankfurter Allgemeinen Zeitung, Oktober 1962
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PICKNICK IM FELDE
Peter Lilienthal, BRD 1962 23 Min., Fernsehlm, s/w Buch: Kamera: Ausstattung: DarstellerInnen: Produktion: Erstauffhrung:
Quelle:
Peter Lilienthal, nach einem Schauspiel von Fernando Arrabal Ulrich Burtin Renate Meduna Friedrich Mertel (Zapo, ein Soldat), Horst-Werner Lost (Herr Tepan, sein Vater), Annemarie Schradiek (Frau Tepan, seine Mutter), Ludwig Thiesen (Zepo, ein feindlicher Soldat), Frank Scharf, Peter Gbbels (Sanitter Sdwestfunk Baden-Baden 20.12.1962 (ARD 2)
Tteberg, Michael: Peter Lilienthal. Befragung eines Nomaden. S. 241
Regisseur (Peter Lilienthal), Kameramann (Gerd Sss) und Szenenbildner (Curt Stallmach) haben bis ins Kleinste wohlberlegt und mit Erfolg bersetzt. Einige Einflle waren allerdings nicht konsequent durchgefhrt und wirken deshalb maniriert, z.B. wenn kindlicher Bewegungsdrang von den zugreifenden Erwachsenden gestoppt` oder wenn das prol des Vaters abrupt von links nach rechts versetzt wird. Zwischen Eltern und Anwalt entsteht ein atmosphrisch dichter Bilddialog, in den das Treiben der Kinder drauen auf den Straen eingeblendet wird. Zwei Welten werden scharf konfrontiert, und ihre unlsliche Beziehung deckt sich genau einander zugeordneten Details auf. Pausen, (kein Wort, kein Gerusch) konzentrieren die Aufmerksamkeit des Zuschauers, und die vorwurfsvoll getnte, fast geheimnisvolle Stimme aus dem Off hlt ihn in Spannung....
Das Bild hat den Vorrang. In: Funkkorrespondenz Nr. 26, 26.6.1963
Trude Pfeiffer
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STRIPTEASE
Peter Lilienthal, BRD 1963 25 Min., Fernsehlm, s/w Buch: Kamera: Ton: Schnitt: Ausstattung: Darsteller: Produktion: Produzent: Erstauffhrung:
Quelle:
Slawomir Mrozek Gerd Schfer, Ulrich Burtin, Immo Rentz, Willi Reisser Harry Tietz, Albrecht Weisser Agathe Baum Gnter Kieser Joachim Wichmann (Herr 1), Max Hauer (Herr 2) Sdwestfunk Baden-Baden Hubert von Bechtolsheim 18.6.1963 (ARD)
Hnde, die durch die Wand stoen und in zwingenden Gesten unerbittliche Befehle erteilen, sind die stummen Partner der beiden Herren. Der Regisseur versteht diesen Part des Dialoges beklemmende optische Deutlichkeit zu geben. Schattenlose Helligkeit und kahlrer Raum schlieen die beiden Ausgelieferten ein.
Nr. 40, 12.10.1963, S. 9
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Peter Lilienthal, nach dem Einakter Guernica von Fernando Arrabal Gert Sss Ulrich Burtin, Willi Reisser Harry Tietz, Albrecht Weisser Archiv Renate Meduna Heinz Meier (Fanchou), Annemarie Schradiek (seine Frau Lira), Friedrich Mertel (Soldat) Sdwestfunk Baden-Baden Hubert von Bechtolsheim 21.2.1965 (ARD)
Tteberg, Michael: Peter Lilienthal, Befragung eines Nomaden S. 242
Krieg in seiner Technizitt, in seiner unsglichen Ungeheuerlichkeit verweigert sich dem menschlichen Verstehen. Ohnmacht und grenzenloser Unverstand verwehren es Fanchou und Lira, das Monstrum berhaupt wahrzunehmen. So erscheinen sie als indifferent gegenber dem bestialischen Geschehen, von dem sie allmhlich eingekreist werden. Unbeirrt und ohne Protest leben sie neben der Realitt. Sie Begngen sich mit dem, was von ihrem Alltag brigblieb, bis sie endlich gewaltsam einbezogen werden. Der Krieg berfllt seine Opfer rcklings. Eine der Explosions- und Brandbomben, die man am lebenden Objekt ausprobiert, verschttet sie schlielich ganz. Fanchou und Lira scheinen zwar der Wirklichkeit unangemessen, ihr nicht `angepasst` zu sein. Doch das trgt. In Wahrheit ist ihr Bewusstsein so zerbombt wie ihre Stadt, so verstmmelt wie ihr Land. Es entspricht in verzweifelter Harmonie der permanenten Katastrophe, die es hervorgebracht hat. Die Rudimente von Bewusstsein, die ihnen blieben, uern sich in regressiven Verhaltensweisen: Wiederholungszwang macht ihr Gesprch so trbselig eintnig. Fast schon auf die biologische Existenz reduziert, reagieren sie nur noch auf psychische Appelle. Die Schmerzen Liras stimmen Fanchou zrtlich, Ihre Klage jedoch, sie werde sterben, lst in ihm nur den vom gngigen Clich dessen, was man im Todesfalle blicherweise tut, eingegebenen Reex aus. Er beantwortet sie mit dem dreifachen Anerbieten, die Familie zu benachrichtigen, nach dem Geistlichen zu schauen oder den Notar zu rufen Barbe Funk
In Film (Velber) Nr. 12. 1965, S. 45
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Produktion: Erstauffhrung:
Quelle:
... DAS MARTYRIUM DES PETER O`HEY besteht darin, dass der Durchschnittsbrger O`Hey in die Klauen des Staates fllt und am Ende nur noch den Ausweg sieht freiwillig in den Tod zu gehen. Dies geschieht jedoch in einer berpointierten, vllig unpathetischen, surrealistischen Handlung: bei O`Hey hat sich angeblich ein wilder Tiger im Badezimmer eingenistet. Ein Finanzbeamter, ein Wissenschaftler, ein Diplomat schalten sich ein und machen sich in der Wohnung breit. Das Martyrium O`Heys endet im Badezimmer.
Ein junger Mann aus Polen. In: Stuttgarter Zeitung 24.4.1964
Ele Werner:
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Peter Lilienthal nach der Story Little Doritt von David Perry Friedhelm Heyde Joachim Ludwig Gnter Naumann Heinz Meier (Daniel), Adolf Rebel (Viktor), Else Esher (Tante Flora), Annemarie Schradiek (Betty), Kthe Jnicke (Dora), Joachim Rcker (Kontrolleur) Sender Freies Berlin Fernsehpreis der Deutschen Akademie der Darstellenden Knste, Frankfurt/Main 1965 U.A. 16.3.1965 (ARD)
Tteberg, Michael: Peter Lilienthal, Befragung eines Nomaden S. 243, Photo S. 21 28, 80
Skurriles Mrchen
... SERAPHINE ist ein echt englisches Stck, das das Makabre und Phantastische mit genauer Alltagsbeobachtung verschmilzt. Das drckt sich schon in der doppelten Fabel aus, die das traurige Schicksal eines mysterisen missgestalteten Seeungeheuers und die vielen Verwicklungen um eine bse, tyrannische Tante beziehungsreich nebeneinander stellt. Diesen zweifachen Grundton des Stckes hielt Lilienthal genau ein. Das trostlose Dekor der heruntergekommenen Pension Nachtigall mit ihrer mufgen Atmosphre wirkte zugleich real und doch ber die unmittelbare Wirklichkeit hinaus gehoben. Metaphorisch gemeinte Vorgnge (die Diskussion ber das weitere Schicksal des Meeresungeheuers) liefen in einer realistischen beobachteten Atmosphre ab. So war dieser Film vor allem von der Regie her reizvoll, aber auch von der Fotograe, die skurrile Randerscheinungen in Groaufnahmen festhielt (das Begieen eines Kfers) und sich an Vorbildern naiver Malerei zu orientieren schien (die Eisenbahn auf der Brcke, der Zug der Kinder mit der Nonne). ber den Vorgngen selbst lag eine unbestimmte Traurigkeit und Melancholie: Die Personen schienen introvertiert, ernst und wie in unendlichem Leid von der Welt abgeschlossen ...
In: Frankfurter Rundschau 24.3.1965
Ulrich Gregor
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ABSCHIED
Peter Lilienthal, BRD 1965 70 Min., Fernsehlm, s/w Buch: Kamera: Ton: Schnitt: Musik: Regie-Assistentin: Ausstattung: Produktion: Produzent: Produktionsleitung: Aufnahmeleitung: DarstellerInnen: Gnter Herburger, Peter Lilienthal nach der Erzhlung Waldfriedhof von Gnter Herburger Michael Ballhaus Fritz Schwarz Annemarie Weigand Albert Mangeldorf Annemarie Weigand Gnter Naumann Sender Freies Berlin Hans Korngiebel Kurt Kramer, Fritz Schultz Gert Uterhardt Max Hauer (Kurt), Angelica Hurwicz (Luise), Andrea Grosske (Sonja), Peter Nestler (Horst), Ingrid Mannstaedt (Isolde), Kthe Jnicke (Hausmeisterin), Heinz Meier Anhestellter in der Wscherei), Gisela Bonsels (Schneiderin), Jrgen Draeger (Steinmetz), Will Tremper (Gebrauchtwarenhndler), Roland Kaiser (Klempner), Heidi Joschke (Marktfrau) 3.3.1966 (ARD)
Tteberg, Michael: Peter Lilienthal, Befragung eines Nomaden S. 243
Erstauffhrung:
Quelle:
Abschied
Zwei begabte Mnner, der Schriftsteller Gnter Herburger und der Filmregisseur Peter Lilienthal, konstruierten gemeinsam ein Fernsehspiel, das mit Hilfe einiger knapper Dialoge und leitmotivisch wiederholter Bilder, Hinterhauseingang, Kleinbrgermobiliar, Altmnnergesicht , eine einfache Geschichte erzhlt. Es ist jemand gestorben; die Kamera folgt den Betroffenen und xiert charakteristische Details: Ein Trauerrock wird gekrzt, man bestellt, so hoch soll er sein , einen Grabstein und gibt, um Block und Kreuz bezahlen zu knnen, den alten Zweitakter bei der Tankstelle ab. Keine Rede von kontinuierlicher Handlung; kein Gedanke an den Aufbau von Persnlichkeiten; keine Ambition, das Verhltnis zwischen den Figuren im Sinn des naturalistischen Theaters sinnfllig zu machen: Die Tote hat einen Freund gehabt, genauer: einen Mann, der sich fr ihren Liebhaber hlt (mglich, doch keineswegs sicher, dass sie ihn loswerden wollte). Auch die Tochter, mitsamt ihrem geschiedenen Mann, spielt eine Rolle unter der schwarzbeschlipsten, schwarzberockten Trauergesellschaft. ... Viel mehr wei man nicht, die Beziehungen sind undeutlich, das Koordinatennetz verschwimmt, ber die Hauptgur (eine Frau? ein Frulein?) ist nichts weiter zu sagen, als dass sie Zimmer vermietet, Kammern fr die Tochter und deren Freundin, besser Bekannte, exakter Konkurrentin, und die Wohnung zur Verfgung stellt, in der das Stck spielt. Ein Stil der Andeutungen, ein Mutmaungsspiel: Die Gestalten bleiben ohne Prol. Herburger und Lilienthal begngen sich mit karger Markierung; einzelne, aus dem Zusammenhang gerissene Stze bezeichnen die Lage, Ekel, Trauer, Resignation, in der sich die Personen benden; Satzfetzen enthllen sekundenlang die Gedanken: Das ist der Mann, der im Juni auf Tannennadeln Ski luft. Dabei ist es charakteristisch, dass die Reden der Partner auf verschiedenen Ebenen abspulen; Schluchten klaffen zwischen Satz und Satz; der gemeinsame Bezugspunkt fehlt so gut wie das verbindliche System der human relations: Waren Sie schon einmal verreist? Ja, natrlich, ich reise sehr gern. Das kann jeder sagen.
42 Mit stereotyper Stimme, mufg und leise - alle sprechen im gleichen Tonfall, ohne Dialekt, nur mit winzigen syntaktischen Eigenarten - wird in diesem Stck zwiefacher Abschied genommen, Abschied von der Toten, Abschied von den Lebenden. Die Friedhofsatmosphre, geschftige Virtuositt, schamloses Hndefalten, Schaustellertremolo, wirkt nach. Ein Jammer nur, dass der Regisseur ausgerechnet in diesem aufs Stereotype, Konventionelle, Banal-Verlogene, Hintergrndig-Entlarvende angelegten Stck mit kruden Gags, dmmlichen Scherzen und surrealistischen Mtzchen die Konsequenz der Inszenierung ebenso leichtfertig preisgab wie der Autor die Grundidee seines Stcks: In einem Spiel, das alle psychologischen Eindeutigkeiten sorgsam vermeidet, wirkt die Ausmalung des Dreiecksverhltnisses Tochter - Freundin geschiedener Mann wie ein Widerspruch in sich selbst. Die Friedhofsszenen und die mrderischen Gesprche im Kleinbrgerzimmer, die Requisiteneinblendung, das parodistische Kontrastspiel und die Demonstration einer pechschwarzen, auf dem Prinzip der Unangemessenheit fuenden Komik... all das ist so perfekt, dass die Gartenzwerg-Gags und die Klein-Ibsen-Reprisen doppelt rgerlich wirken. Momos
In: Die Zeit Nr. 11 1966
UNBESCHRIEBENES BLATT
Peter Lilienthal, BRD 1965 42 Min., Fernsehlm, s/w Buch: Kamera: Ton: Schnitt: Ton-Assistent: Ausstattung: Regie-Assistent: Produktion: Produzent: Produktionsleitung: Aufnahmeleitung: DarstellerInnen: Erstauffhrung:
Quelle:
Peter Lilienthal nach dem gleichnamigen Hrspiel von Adrian Rhys Gerard Vandenberg Wolfgang Haesen Annemarie Weigand Eduard Kessel Gnter Naumann Lutz Heering Sender Freies Berlin Hanns Korngiebel Kurt Kramer Gert Uterhardt Axel Bauer (Direktor), Heinz Meier (Bewerber) 11.2.1967 (NDR)
Tteberg, Michael: Peter Lilienthal, Befragung eines Nomaden S. 244
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DER BEGINN
Peter Lilienthal, BRD 1966 75 Min., Fernsehlm, s/w Buch: Kamera: Ton: Schnitt: DarstellerInnen: Gnter Herburger, Peter Lilienthal Gerard Vandenberg Reiner Lorenz, Hans Peter Schulz Annemarie Weigand Kim Parnass (Rick), Jochen Wichmann (Vater), Eva Brumby (Mutter), Ursula Alexa (Tante), Martin Brandt (Untermieter), Dunja Reiter (Dunja), Rolf Zacher (Rolf), Verena Buss (Rita), Ingrid Oppermann (Ingrid), Gnter Graf-Weiskppel (Graf), Gnter Hoffmann (Hoffmann), Gisbert Mnster (Lehrlingsausbilder), Karl-Heinz Tischendorf (Immobilienmakler), Jean-Francois Le Moign (1. Manager), Fritz L. Bttner (2. Manager), Jule Hammer, Felicitas Haesmann, Beat-Band Boo & the Boo Boos Sddeutscher Rundfunk Stuttgart Reinhard Mller-Freienfels Karl-Heinz Tischendorf Gert Uterhardt Gnter Naumann Peter Stripp, Harmut Bitomsky Mnchen DAG-Fernsehpreis (1967), Hauptpreis der Pressejury Hamburg (1966), Goldene Palme des Monats der Tageszeitung Die Welt , Adolf-Grimme-Preis des Deutschen Volkshochschulverbandes mit Gold an die Autoren Gnter Herburger und Peter Lilienthal, an Regisseur Peter Lilienthal und an Kameramann Gerard Vandenberg. (1967) 25.10.1966 (ARD)
Tteberg, Michael: Peter Lilienthal, Befragung eines Nomaden S. 244 Photo S. 18
Erstauffhrung:
Quelle:
DER BEGINN ist ein Fernsehspiel von hohem knstlerischem Niveau. Mit unkonventionellen Mittel entsteht ein Bild aus der gesellschaftlichen Wirklichkeit, die fr viele junge Menschen Anlass zu Unbehagen, zu unbestimmten, oft ziellosen Protest und zu einer Flucht aus der Gesellschaft wird. Das Spiel zeigt ein Problem, keine Lsung. Es wirft Schlaglichter auf eine Situation, ohne selbst Wegweiser sein zu wollen. Es beleuchtet einen Ausschnitt aus der gesellschaftlichen Wirklichkeit unserer Zeit und einen Teil der Ursachen fr gesellschaftliche und politische Fehlhaltungen. Das Erkennen dieser Grnde ist aber eine notwendige Voraussetzung fr jede positive Einstellung zur Gesellschaft. Damit geht DER BEGINN ber Zeit- und Gesellschaftskritik hinaus und kann zum Ausgangspunkt einer verantwortungsbewussten engagierten Haltung werden. Auch darin, dass dieser Film besonders die jngeren Generationen nach Form und Gehalt ansprechen drfte, liegt ein besonderer Wert. Auszug aus der Begrndung fr die Vergabe des 1. Preises an Gnter Herburger und Peter Lilienthal als Autoren des Fernsehspiels DER BEGINN beim DAG-Fernsehpreis 1966
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ABGRNDE - ROBERT
Peter Lilienthal, BRD 1966-67 46 Min., Fernsehlm, s/w Buch: Kamera: Ton: Schnitt: DarstellerInnen: Peter Lilienthal, Peter Schneider Gerard Vandenberg Karl-Heinz Brieger Annemarie Weigand Else Quecke (Frulein Giehse), Thomas Rosengarten (Robert), Peter Hirche (Dr. Kovall), Renate Gerhardt (Roberts Mutter), Ladislaus Somo (Roberts Vater), Martin Rosen (Chauffeur), Nina von Porembski (Frulein Zuriel), Walter Hasenclever (1. Lehrer), Julius Tinzmann (2. Lehrer), Charlotte Kolle (Haushlterin), Alexander Koval (Grtner), Michael Schneider (Magier) Sender Freies Berlin Hanns Korngiebel Kurt Kramer Gert Uterhardt Peter Stripp Fritz Schwarz 17.10.1967 (ARD)
Tteberg, Michael: Peter Lilienthal, Befragung eines Nomaden S. 244 28. Berlinale, 1978, Acht Filme von Peter Lilienthal, Foto
ABGRNDE - CLAIRE
Peter Lilienthal, BRD 1966-67 37 Min., Fernsehlm, s/w
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Buch: Peter Lilienthal, George Moorse nach der Story von Patrick Quentin Kamera: Gerard Vandenberg Ton: Hans-Dieter Schwarz Schnitt: Siegrun Uterhardt Musik: David Llywelyn Produktion: Sender Freies Berlin Produzent: Hanns Korngiebel Produktionsleitung: Kurt Kramer Aufnahmeleitung: Gert Uterhardt Ausstattung: Gnter Naumann Ton-Assistent: Daniel Schmid DarstellerInnen: Boy Gobert (Jon Tuthill Crane), Elfriede Irrall (Lotte Rank), Sigrid Johanson (Claire), Rolf Zacher (Pauli), Jan Andreff (Buzzi) Erstauffhrung: 17.10.1967 (ARD)
Quelle: Tteberg, Michael: Peter Lilienthal, Befragung eines Nomaden S. 245 28. Berlinale, 1978, Acht Filme von Peter Lilienthal
Bse Mrchenspiele
In diesen zusammen konzipierten Filmen begegnen wir einer stilisierten Kunst-Welt, in der Natur sich die Reihe der Objekte eingegliedert und Trieb nur noch vielfltig gebrochen wie in einem Facettenauge aufscheint. Das Eigenleben dieser nature morte lastet auf Haltungen. Gesten, Mimik der Gestalten. Ein Labyrinth des Artiziellen, der banalen Identikation verschlossen, bietet die Mue und die Stille, die ntig ist, eine zerbrechliche Innenwelt zu betrachten. Elke Kummer
In: Film Nr. 12 1967 S. 38ff
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Erstauffhrung:
Quelle:
Tteberg, Michael: Peter Lilienthal, Befragung eines Nomaden S. 245 Photo S. 28, 30, 246 28. Berlinale, 1978, Acht Filme von Peter Lilienthal, Foto
Der Untersuchungsrichter Hanusiewicz aus Warschau reist in die Provinz, um die Vermgensangelegenheiten eines heruntergekommenen Gutsbesitzers und ehemaligen Schulkameraden zu klren. Dort wird er merkwrdig zurckhaltend empfangen. In der Nacht ist der Hausherr verstorben, kurz nachdem er Hanusiewicz Depesche erhalten hat. Der Untersuchungsrichter geht von einem Verbrechen aus und quartiert sich im Hause der Hinterbliebenen ein, um den Mrder zu nden. Bald belauert jeder jeden, whrend sich das Netz um den Verdchtigen immer enger zusammenzieht. Es gibt nur ein kleines Problem: Der Tote weist keinerlei Spuren uerer Gewaltanwendung auf..
Witold Gombrowicz (1904-1969), polnischer Romancier und Dramatiker. Lebte seit 1939 in Argentinien, 1963/64 in Berlin, dann in Sdfrankreich. Bedeutender Vertreter des Antiromans, Existentialist.
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Preise: Erstauffhrung:
Quelle:
Vom TRAMP bleiben in Erinnerung: Rume, Landschaft, irgendwo zwischen Italien und Jugoslawien, vor allem Gesichter. Der Ausdruck eines Mannes, der in einen Mordfall verwickelt wird, der eigentlich nur dem Opfer helfen will, und dann in die Ganoven-Clique hineingert. Alle sind freundlich zu ihm, man teil Brot und Lager mit ihm, und wenn er iehen will, komplimentiert man ihn hich zurck. Er erwidert die Freundlichkeit bis zuletzt, bis er abgeknallt wird. Manchmal ist von der Polizei die Rede. Einen Atemzug lang ist TRAMP ein Kriminalstck, in dem zwei Leute dem Unter-Boss mitteilen, dass die Polizei jetzt dort ist, wo man die letzte Nacht war, dann wieder ist TRAMP einer jener Filme, deren Reiz darin besteht, dass irgendwo auf der Mauerer ein kuschelige schwarze Katze kauert, die man seine Leben lang nicht vergessen wird, dann wieder ist TRAMP einer jener Filme, in denen einem Mannn von einer freundlichen Alten ein Teller Suppe hingeschoben wird und der Mann sich wortlos ber den Teller beugt und lffelt. Man fragt sich hinterher, ob man je einen Mann gesehen hat, der seine Suppe lffelt. Werner Klie
Welche Farbe hat das Grau? In Film (Velber) Nr. 11. November 1968, S. 18-22
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HORROR
Peter Lilienthal, BRD 1968 78 Min., Fernsehlm, s/w Buch: Peter Lilienthal nach dem Roman How awful about Allan Scheulich, die Sache mit Alan von Harry Farrell Willy Pankau Wolfgang Albrecht Guntram von Ehrenstein Sddeutscher Rundfunk Stuttgart Werner Sommer Karl-Heinz Tischendorf Norbert Hallmann Jrgen Schmidt-Oehm Raimund Stangel Pete Ariel Vadim Glowna (Alex), GerdaKatharina Kramer (seine Schwester Katrin), Else Quecke (Olli), Burg hardt Naaf (Harald Porelzig), Heinz Meier (Daniel Levy), Marianne Blomquist, Werner Sommer 13.1.1969 (ARD)
Tteberg, Michael: Peter Lilienthal, Befragung eines Nomaden S. 247 28. Berlinale, 1978, Acht Filme von Peter Lilienthal, Foto
Kamera: Ton: Schnitt: Produktion: Produzent: Produktionsleitung: Aufnahmeleitung: Ausstattung: Maske: Regie-Assistent: DarstellerInnen:
Erstauffhrung:
Quelle:
HORROR vermittelt einen psychischen Eindruck. Es bleibt mehr als ein Bild, mehr als die Erinnerung an Ablufe, mehr als Fragmente einer Handlung. Fast ist es ein Schmerz. Ungenau genommen, hat Lilienthal einen Krankheitsfall dargestellt. Ein Junger ist hysterisch blind. Er sieht Hell und Dunkel, er erkennt Konturen. Vielleicht sieht er manchmal alles. Das leiden ist psychisch bedingt. Vermutlich wei nicht einmal er selbst, wie viel er wirklich sieht HORROR ist nicht nur aus der Perspektive der Hauptgur, eines Bilden also, erzhlt, der Film ist auch mit den Augen eines Blinden gesehen. Aus dem Grau erheben sich dann und wann Konturen, mal ist ein Raum deutlich zu erkennen, meist aber blo ein Muster von Hell und Dunkel, etwas das da und dort Widerstand leistet. Werner Klie
Welche Farbe hat das Grau? In: Film (Velber) Nr. 11 November 1968, S. 18-22
NOON IN TUNESIA
Peter Lilienthal, BRD 1968 53 Min., Dokumentarlm
Quelle: Tteberg, Michael: Peter Lilienthal, Befragung eines Nomaden S. 247
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MALATESTA
Peter Lilienthal, BRD 1969 80 Min., Spiellm, 35 mm, Farbe Buch: deutsche Bearbeitung: Kamera: Ton: Schnitt: Musik: Produktion: Produktionsleitung: Bauten: Kostme: Maske: Regie-Assistent: DarstellerInnen: Preise: Erstauffhrung: Verleih:
Quelle:
Peter Lilienthal, Heathcote Williams Michael Koser Willy Pankau Harmut Kunz, Hans Schwarz Annemarie Weigand George Gruntz Sender Freies Berlin Manfred Durniok Fred Otto Roger von Mllendorff Shura Cohen Yvonne Assmus Pete Ariel Eddi Constantin (Malatesa) Vladimir Pucholt (Gardstein), Christine Noonan (Nina Vassileva), Diana Senior (Ljuba Milstein), Heathcote Williams (Josef Solokow), Siegfried Graue, Sheila Gill, Peter Hirche, Wallace Eaton Deutscher Filmpreis 1970 (Filmbnder in Gold) (Regie, Produktion) fr die beste mnnliche Nebenrolle: Vladimir Pucholt und fr die Ausstattung: Roger von Mllendorf 26.5.1970 (ARD) Schnecker
28. Berlinale, 1978, Acht Filme von Peter Lilienthal, Photo; Tteberg, Michael: Peter Lilienthal, Befragung eines Nomaden S. 247 Photo S. 35, 101, 105, 111
Der Aufstand einer anarchistischen Gruppe unter Fhrung des italienischen Emigranten Malatesta in London. Eine formal bemhte Situations- und Milieuschilderung der Sozialrevolutionre von 1910. Der historische Hintergrund anarchistischer Ideologie und Aktion spiegelt auch ein Stck moderner Zeitgeschichte. Unerwartet berzeugend: Eddie Constantine. Der Film erzhlt die Zeit um 1910 aus dem Leben des Anarchisten Enrico Malatesta, der versucht, den in London im Ghetto lebenden Emigranten politisch und praktisch zu helfen. Seine Vorstellung von einer gewaltlosen Revolution ist jedoch in einer Welt voller Elend und Brutalitt zum Scheitern verurteilt. Als Anarchisten aus seinem Umkreis bei einem Einbruch berrascht werden, schieen sie die Polizisten nieder. Da die Gegengewalt strker ist, werden sie vom Militr eingekreist und erschossen. Malatesta wird verdchtigt, beteiligt zu sein und verhaftet. Aber er gibt nicht auf: Malatesta wird seiner Idee von einer gewaltlosen Welt treu bleiben und seinen Kampf fortsetzen; in einem anderen Land mit den Unterdrckten aus aller Welt. Eine formal ehrgeizige Situations- und Milieuschilderung der Sozialrevolutionre zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Der Hintergrund anarchistischer Ideologie und Aktion spiegelt auch ein Stck moderner Zeitgeschichte. In einer gelungenen Lektion fhrt Lilienthal die Spruchweisheiten aller politischen Gruppen vor, die Verhaltensweisen von Pazisten und Radikalen, von Trumern und Ttern. Evangelischer Filmbeobachter
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Erstauffhrung:
Peter Lilienthal, nach dem Roman Verfhrungen von Witold Gombrowicz Gerd von Bonin Hans-Dieter Schwarz, Gunter Kortwich Annemarie Weigand George Gruntz Sender Freies Berlin, Iduna Film, Mnchen Ernst Liesenhoff Hans Thorner Roberto Panaccia Gianni Longo, Genevive Kapuler Hartmut Kunz, Hartmut Gehrke Dieter Matzka. Luigi Sbrizzi Jess Hahn, Willi Semmelrogge, Ingo Thouret, Peter Hirche, Garry Miller, Dieter Schidor, Isolde Miler, Simonetta Stefanelli, Bianca Stefanelli, Hans Thorner 11.5.1971 (ARD) 7.4.1972 (Kino)
Tteberg, Michael: Peter Lilienthal, Befragung eines Nomaden S. 247f.
Lilienthals Film spielt in Cicero, jener Vorstadt Chicagos, in der Al Capone gro geworden ist. Ein (echter) italienischer Bischof predigt zu Beginn jungen Marineschlern, Shnen italienischer Einwanderer. Daneben steht das knnte fast eine Pop-Collage sein Frank Maggadino, ein Stadtrat, der Brgermeister werden will, der sich im Fernsehen als Kmpfer gegen den Anarchismus einfhrt, sich ein Image macht, dabei aber das zeigt Lilienthal hinterher verschweigt, dass er den Anarchismus bekmpfen muss, weil Anarchismus der Maa als wirtschaftlicher Organisation das Geschft verdirbt. Reales ist in diesen ersten Bildern zuhanden. Die Bedeutung der amerikanischen Italiener, die Angst der Bevlkerung vor dem Terror in den Stdten (und also der soziale Auftrag an die Maa diesen Terror zu verhten), die Flucht in die (bewaffnete) Selbstverteidigung. Wie um zu beweisen, dass es das alles auch wirklich gibt, schneidet Lilienthal ein paar Dokumentaraufnahmen in seinen Film: von dem vor kurzem gestorbenen Maa-Boss Joseph Valachi, als er 1963 vor einem Untersuchungsausschuss zum ersten Mal von der Existenz und den Methoden der Maa (Cosa Nostra) berichtete Klaus Eder in: Film und Fernsehen Nr. 5 1971, S. 13 ff.
Erinnerungen an den Schriftsteller Witold Gombrowicz, aufgenommen wenige Wochen nach seinem Tod (im Juli 1969) in Vence, Sdfrankreich. Mitgewirkt haben seine Frau Rita Gombrowicz, seine Haushlterin Madame Charlotte, der Journalist Franoise Bondy, Dominique de Roux, Peter Lilienthal und sein Team. Witold Gombrowicz, geboren 1904 in Maloszyce-Opatow, Polen, studierte in Warschau und Paris. Er wurde 1939 auf einer Reise nach Sdamerika vom Ausbruch des Krieges berrascht und bleib in Argentinien 1963 kam er als Gast der Ford Foundation fr ein Jahr nach Berlin. Seit 1964 lebt er in Sdfrankreich. 1967 erheilt er den internationalen Literaturprei Prix Formentor. Seine wichtigsten Werke: Ferdydurke, Indizien, Die Tagebcher, Transatlantik, Vorfhrung und die Theaterstcke Yvonne Trauung und Operette. Bayrischer Rundfunk - Studienprogramm 7.3.1971
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Erstauffhrung:
Quelle:
1905 besuchte Robert Walser eine Dienerschule. Ihr eigentmliches Milieu schildert er drei Jahre spter in seinem Roman Jacob von Gunten Der Sohn eines Grorats tritt in eine Dienerschule ein, um sich entsprechende Kenntnisse anzueignen, verliert sich jedoch bald im unberschaubaren Labyrinth dieser seltsamen Institution. Eine khl und verhalten inszenierte Literaturadaption, die fr die sanft-resignative, oft skurrile Poesie des Schweizer Autors atmosphrisch dichte Bilder ndet. Filmdienst
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START NR. 9
Peter Lilienthal, BRD 1971 51 Min., Dokumentarlm, Farbe Buch: Kamera: Ton: Schnitt: Produktion: Regie-Assistent: DarstellerInnen: Erstauffhrung:
Quelle:
Peter Lilienthal Horst Zeidler Gnter Kortwich Heidi Gene ZDF, Mainz, Peter Lilientha, Ingo Thouret Ursula Rose, Randolf Rose 11.1.1972 (ZDF)
Freunde der Deutschen Kinemathek, Internationales Forum des Jungen Film, Neue Deutsche Filme 1972/73 S. 21 Tteberg, Michael: Peter Lilienthal, Befragung eines Nomaden S. 248
Horst Zeidler Russel Parker Produktion 1 im Filmverlag der Autoren Tom Werner, Bob Denby, Pacicstreet Film Shirley Chisholm, Conrad Chisholm Adolf Grimme Preis (Ehrende Anerkennung) 1972 14.11.1972 (ZDF)
Freunde der Deutschen Kinemathek, Internationales Forum des Jungen Film, Neue Deutsche Filme 1972/73 S. 21, Tteberg, Michael: Peter Lilienthal, Befragung eines Nomaden S. 248 Filmclub e69 Kempten e.V:. Peter Lilienthal Dokumentation, Kempten Juni 1980, S. 23
Dokumentarlm ber den dreiwchigen Wahlkampf des ersten weiblichen Mitglieds des amerikanischen Kongresses im Jahr 1972. Die schwarze Demokratin symbolisierte mit ihrem damaligen Siegeszug die Hoffnungen auf die berwindung von Diskriminierungen, die es den Schwarzen in den USA lange Zeit unmglich machten, politische mter zu bernehmen. Filmdienst
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LA VICTORIA
Peter Lilienthal, BRD 1973 84 Min., Spiellm, Farbe Buch: Kamera: Ton: Schnitt: Produktion: Ausstattung: DarstellerInnen: Peter Lilienthal, Antonio Skrmeta Silvio Caiozzi Hajo von Zndt Heidi Gene Produktion 1 im Filmverlag der Autoren, ZDF Mainz Cecilia Boissier Paula Moya (Marcela), Vincente Santa Maria, Carmen Lazo, Miguel Angel Carrizo, Elba Salazar, Obdelia Munoz, Gilberto Lllonos, Alicia Conte, Bewohner der Siedlung Nueva Palena, der Brgermeister von Santiago de Chile, Jaime Falvovich und der sozialistische Senator Luis Maria Kritikerpreis des Fernsehfestivals in Prag Fernsehpreis der Deutschen Akademie fr Sprache und Dichtung besonders wertvoll 17.9.1973 (ZDF)
Freunde der Deutschen Kinemathek, 3. Internationales Forum des Jungen Film 1973, Informationsblatt Nr. 14 Kath. Filmkommission, Filme 1971-76, S.172 Tteberg, Michael: Peter Lilienthal, Befragung eines Nomaden S. 249 28. Berlinale, 1978, Acht Filme von Peter Lilienthal, Foto
Die junge Chilenin Marcela verlsst die Provinz, um in Santiago Arbeit zu suchen. Unter dem Eindruck ihrer Erfahrungen in der Hauptstadt verndert sich ihre Bewusstseinshaltung. Die uninteressierte Kleinbrgerlichkeit weicht zunehmender Politisierung. Whrend der Parlamentswahlen 1973 engagiert sie sich fr die Volksfront Allendes und steht an der Seite einer sozialistischen Kandidatin. Sie nimmt Anteil an den Problemen der Bewohner der Siedlung Nueva Palena, die eine Barrikade vorbereiten, um streikende Fabrikarbeiter zu untersttzen. Doch whrend dessen wird eine Bewohnerin von einem Busfahrer gettet, der absichtlich ber die Barrikade fhrt. Wenige Tage danach nden die Wahlen statt. Die Bewohner der Siedlung und Marcela feiern den Sieg, der ihre Hoffnungen erfllen kann. Die Hauptdarstellerin Paula Moya beging Selbstmord, viele Mitarbeiter mussten das Land verlassen. Eine junge Chilenin, die in Santiago Arbeit sucht, engagiert sich unter dem Eindruck ihrer Erfahrungen fr die Volksfront Allendes. Ein kurz vor dem Militrputsch und der Ermordung des Prsidenten Allende (am 11.9.1973) entstandener dokumentarischer Spiellm; etwas chtig in der Beschreibung der sozialen und politischen Situation Chiles und der Skizzierung einzelner Personen, aber eindrucksvoll in der engagierten Regie- und Kameraarbeit. Filmdienst
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Hier hat sich nicht ein Regisseur vollkommen in sein Thema verloren, wie dies bei einer politisch derart brisanten Vorlage leicht mglich gewesen wre, sondern er hat sich mit ihm gerieben, auseinandergesetzt und dadurch sich und sein Thema beeinusst, verndert. Sddeutsche Zeitung
HAUPTLEHRER HOFER
Peter Lilienthal, BRD 1974 105 Min., Spiellm, Farbe Buch: Kamera: Ton: Schnitt: Musik: Produktion: Redaktion: Produktionsleitung: Aufnahmeleitung: Kamera-Assistent: Ausstattung: Kostme: Maske: Regie-Assistent: DarstellerInnen: Herbert Brdl, Gnter Herburger, Peter Lilienthal Kurt Weber Heiko Hinderks, Francis Quinton Heidi Gene, Christa Rech Robert Eliscu F.F.A.T-Film Mnchen, Westdeutscher Rundfunk Kln Joachim von Mengershausen Joachim von Vietinghoff Kurt von Vietinghoff, Jrgen Bieske Ulrich Heiser Karl Ernst Hermann, Reinhard Siegmund Barbara Baum Erich Schmekel, Anette Kolb Elvira Senft, Bernhard Jenn Andr Watt, Kim Parnass, Sebastian Bleisch, Hanna Axmann-Rezzori, Andr Wilms, Bernhard Jenn, Eva Pampuch, Pierre Pasquay, Tilo Prckner, Reinhardt Ptz, Gerhard Sprunkel, Norbert Kckelmann, Daniel Reinhardt, Max Grotenhusen, Roland Muhr, Eggert Langmann 1978 Human Rights Film Festival, Strasbourg: 2. Preis; Jury der evangelischen Filmarbeit: Film des Monat April 1975 18.3.1975 (ARD), 17.1.1997
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Preise: Erstauffhrung:
Quelle:
1910: Joachim Hofer wird aus dem Lehrerseminar zu Erziehung der Jugend zu Tugend und Sitte und zur Pege der edelsten Gter des Volkes in den Dienst entlassen. Er tritt in einem kleinen elsssischen Dorf die Stelle eines Hilfslehrers an. Die Dorfbewohner empfangen ihn mit Neugierde und Freundlichkeit. Man schreibt das Jahr 1910. Joachim Hofer, gerade aus dem Lehrerseminar entlassen mit dem Auftrag, die Jugend zu Sitte und Tugend zu erziehen und die edelsten Gter des Volkes zu pegen, tritt seine erste Stelle als Hilfslehrer in einem kleinen elsssischen Dorf an. Als jedoch nur wenige Schler das Unterrichtsangebot in dem notdrftig zur Schule umgebauten Schweinestall wahrnehmen, stt er zum ersten Mal auf deren Lebenswirklichkeit, das heit, tglich zehn Stunden Fabrikarbeit und dann noch Feldarbeit fr die Eltern. Durch diese fr ihn neue Realitt aufgerttelt, solidarisiert er sich mit den Kindern und wird, als es in der Fabrik zu einem Arbeitsunfall mit tdlichem Ausgang kommt, zum Wortfhrer im Streik der Jugendlichen fr bessere Arbeitsbedingungen. Aussperrung, Gewalt, Polizei und Entlassungen setzen dem Spuk bald ein Ende. Mit gekrztem Lohn werden die Abtrnnigen wieder eingestellt, was Hofer dazu veranlasst, erneut fr Streik zu pldieren, aber er hat die Alten gegen sich. Der Film lebt ganz von den milieugetreuen, authentischen Bildern, vor allem in der Schilderung buerlicher Lebenspraxis, kann allerdings nicht immer der Verfhrung einer sthetisierung entgehen. Der ernsthafte und unverkrampfte Umgang mit den Figuren und Menschen, die sie spielen, macht diesen Film, der die Ursache sozialer Konikte mit groer Klarheit und Objektivitt aufzeigt, jedoch zu einem knstlerischen Ereignis. Der Film HAUPTLEHRER HOFER zeigt genauere Bilder aus der deutschen Vergangenheit als die meisten der vor einigen Jahren entstandenen Beispiele eines deutschen Heimatlms. Frankfurter Rundschau
Freunde der Deutschen Kinemathek, Internationales Forum des Jungen Film, Neue Deutsche Filme 1974/75 S. 17ff. Tteberg, Michael: Peter Lilienthal, Befragung eines Nomaden S. 249 28. Berlinale, 1978, Acht Filme von Peter Lilienthal, Foto
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Preise: FBW:
Quelle:
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Las Piedras, eine kleine Stadt in einem sdamerikanischen Land. Herr Paselli, ein alter Mann, der sich durch Schreibmaschinenreparaturen mhsam ernhrt, mietet sich in der Pension Parra ein und erkundigt sich nach dem Weg zum Gefngnis. Er will dort seine Tochter, Maria Angelica, besuchen. Sie ist eine politische Gefangene. In einer ktiven sdamerikanischen Kleinstadt solidarisieren sich die Brger mit politischen Gefangenen, bis die Macht habenden Militrs alle Bewohner des Ortes verhaftet haben. Es herrscht Ruhe im Land aber der Wille zum Widerstand ist ungebrochen. Peter Lilienthals Film spielt, wenn dies auch nicht explizit erwhnt wird, auf die politischen Ereignisse des Jahres 1973 in Chile an. Im Mittelpunkt stehen jedoch nicht die auch durch die Medien bekannten politischen Umstnde des Militrputsches, sondern der eher unscheinbare Alltag und die Momente, in denen die politischen und militrischen Vorgnge privates Leben schmerzhaft berhren. Die Inszenierung vermeidet jede auf Effekte aufbauende oder vordergrndig auf Spannung gerichtete Erzhlweise, wie sie beispielsweise im Genre des Polit-Thrillers eines Henri Verneuil oder Costa-Gavras zu nden ist. Dieser Ensemblelm ber Menschen, die erst dann, wenn sie an den Gittern rtteln und rausschauen, wissen, was Freiheit ist (Lilienthal), spielt in der Provinzhauptstadt eines nicht nher bezeichneten lateinamerikanischen Landes, dessen Zustnde eindeutig auf die Militrdiktatur in Chile verweisen. Ohne indoktriniert zu werden, erlebt der Zuschauer, wie die Einwohner der Stadt, die bislang Augen und Ohren vor der Brutalitt des Regimes verschlossen haben, politisches Bewusstsein entwickeln und beginnen, Widerstand zu leisten. Brutale Szenen sind auf ein Minimum beschrnkt, wirken dafr aber umso eindringlicher. Flache Farben, grobkrniger Film und Aufnahmen mit starken Teleobjektiven verstrken den Eindruck, eine Reportage zu sehen. Obgleich das Regime am Ende eine unheimliche Ruhe herzustellen vermag, indem es die Mehrzahl der Brger hinter Gitter bringt, verlsst der Zuschauer das Kino mit Optimismus und unerschtterlichem Glauben an die Lern- und Widerstandsfhigkeit des Menschen. Ein Meisterwerk des politischen Kinos, das 1976 mit dem Bundeslmpreis fr den besten abendfllenden Spiellm ausgezeichnet wurde. Horst Claus (Reclams elektronisches Filmlexikon) ES HERRSCHT RUHE IM LAND ist das bittere Eingestndnis der Niederlage, aber auch die eindringliche und berzeugende Aufforderung, sie nicht hinzunehmen. Der Spiegel
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KADIR
Peter Lilienthal, BRD 1975 75 Min., Dokumentarlm Kamera: Produktion: Redaktion Erstauffhrung:
Quelle:
Horst Zeidler Das Kleine Fernsehspiel ZDF, Mainz, Peter Lilienthal Eckart Stein, Annegret Even 17.3.1977 (ZDF)
Tteberg, Michael: Peter Lilienthal, Befragung eines Nomaden S. 250; ZDF, Das Fernsehspiel im ZDF Heft 16 Mrz, April, Mai 1977, S. 42 Foto
Kadir, 20 Jahre, in Izmir (Trkei) geboren, lebt seit fast zehn Jahren in West-Berlin. Beide Eltern arbeiten bei Siemens. Der Vater ist auerdem noch Hauswart. Einige Geschwister sind von den Eltern in die Trkei zurckgeschickt worden, nur die Schwester Semra (16 Jahre) und Kadir beabsichtigen in Deutschland zu bleiben.
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DAVID
Peter Lilienthal, BRD 1978 120 Min., Spiellm, Farbe Buch: Kamera: Ton: Schnitt: Musik: Produktion: Produzent: Produktionsleitung: Redaktion: Operator: Standfotos: Script: Dramaturgie: Maske: Ausstattung: Kostme: Requisite: Bhne und Beleuchtung: Peter Lilienthal, Mitarbeit: Jurek Becker, Ullas Ziemann nach dem Bericht Den Netzen entronnen (David - Aufzeichnungen eines berlebenden) von Joel Knig Al Ruban Neidhardt Willerding Siegrun Jger Wojciech Kilar Von Vietinghoff Filmproduktion Mnchen und Berlin, Pro-ject Filmproduktion im Filmverlag der Autoren Mnchen, ZDF, Mainz in Zusammenarbeit mit FFAT und Dedra Pictures Joachim von Viettinghoff Gerhard von Halem Christoph Holch Horst Zeidler Heike Hubert Eva Hiller Ulla Ziemann Ursula Drews, Roland Krmer Hans Gailling Ruth Gilbert, Sebastian Bleisch Jochen Canobbi, Reinhard Ptz, Dieter Bchle Dieter Ahlich, Dieter Dentzer, Karl Heinz Arendt, Uwe Fabian, Joachim Michallik, Manfred Bogdahn, Alexander Juncker, Ehrhard Grsdorf, Will Kley
60 Garderobe: Produktionsteam: Buchhaltung: Besetzung: Filmkonomin: Produktions-Assistentin: Regie-Assistent: Ausstattungs-Assistent: Kamera-Assistent: Ton-Assistent : Schnitt-Assistentin: DarstellerInnen: Barbara Lutz, Petra Polosek Margot Rothkirch-Bchle, Barbara Meier, Ute Aurend, Michael Fitz, Klaus-Dieter Neumann, Eckard Czylwik Ingeborg Ruf Risa Kes, Andrij Waskowycz Rene Gundelach Christine Carben-Stolz Alexander Albert, Gabriel Heim Lothar Buchwald Francisco Bataller Fritz Poppenberg Sonja Stahn
Preise:
FBW:
Erstauffhrung:
Quelle:
Mario Fischl (David), Walter Traub (Rabbi Singer), Irena Vrkjan (Frau Singer), Eva Mattes(Toni), Dominique Horrowitz Leo), Torsten Henties (David als Kind), Eric Jelde (Schuster), Gustav Rudolf Sellner (Fabrikant), Johann Zischler, Franciszek Pieczka, Nikolaus Dutsch, Sabine Andreas, Buddy Elias, Golda Tencer, Vladimir Weigel, Danuta Morel, Ulrike Radhfer, Erika Runge, Arthur Hoffmann, Sebastian Bleisch, Gerd Burkkard, Fredy Roy Syrowatka, Rudolf Unger, Andrij Waskowycz, Anja Janiecke Goldener Br (Internationale Filmfestspiele Berlin) 1979 Deutscher Filmpreis: Filmband in Silber (Produktion) 1979, Filmband in Gold fr Walter Traub (bester mnnlicher Hauptdarsteller) Jury der evangelischen Filmarbeit: Film des Monat April 1979 besonders wertvoll 27.2.1979 Internationale Filmfestspiele Berlin (Wettbewerb) Kinostart: 9.3.1979
Das Fernsehspiel im ZDF, H. 40 1983, S. 6-12; Fischer, Robert (Hrsg.): Kino 79/80, Mnchen 1979, S. 32-35 Wiederabgedr. in: Augenzeugen. Hrsg. von Hans Helmut Prinzler und Eric Rentschel. Frankfurt a.M. 1988. Tteberg, Michael: Peter Lilienthal, Befragung eines Nomaden S. 250 Internet Movie Data Base Manthey, Dirk u.a. (Hrsg): TV Spiellm. Das Grosse Filmlexikon, Hamburg, o. J., S. 584 Fischer, Robert; Hembus, Joe (Hrsg.): Der Neue Deutsche Film 1960 1980, Mnchen 1981, S. 192 Foto Ziemann, Ulla (Red.): 8 Filme von Peter Lilienthal. Hommage der 28. Internationalen Filmfestspiele Berlin. Berlin 1978.
61 Die Geschichte des jdischen Jungen David und seiner Familie whrend des NS-Regimes in Deutschland, nach Aufzeichnungen des deutschen Juden Joel Knig. Nachdem der kleine David Singer die Schule nicht mehr besuchen darf, nur weil er Jude ist, wird er zu seinem Bruder Leo nach Berlin geschickt und lernt, Nhmaschinen zu reparieren. Am Tag nach dem Reichspogrom ruft ihn die Mutter nach Hause: Sein Vater ist verhaftet worden. Nach einigen Wochen kehrt Rabbi Singer zurck immer noch voller Zuversicht. David meldet sich auf einem landwirtschaftlichen Betrieb. Mit einer Agrarausbildung, so glauben viele Jugendliche, knnte man leichter ins Ausland kommen. Aber dann ergeht der Deportationsbefehl auch an Davids Familie. Er rettet sich, weil der Vater ihn rechtzeitig nach Berlin zurckruft. David ist nun besonders gefhrdet; er trgt den gelben Stern nicht mehr, der Sicherheitsdienst sucht ihn. Bevor die Familie Hilfe nden kann, werden die Eltern abgeholt. Ohne Ausweispapiere will man ihn auch in einer Fabrik nicht lnger beschftigen. Ein Fluchtversuch auf einem Gterzug scheitert. David wagt den letzten Schritt Peter Lilienthals Film widerlegt Claude Lanzmanns - allerdings erst in spteren Jahren aufgestellte - These, der Holocaust lasse sich nur im Dokumentarischen darstellen. Auch mit den Mitteln der Spielhandlung sind Leid und Verfolgung unter der Tyrannis des NS-Regimes zu gestalten. DAVID ist ein Beispiel hierfr. David, ein jdischer Halbwchsiger, wird bald nach der Machtbernahme der Nationalsozialisten 1933 von seinem Vater, einem Rabbiner im schlesischen Liegnitz, zur Berufsausbildung nach Berlin geschickt. Nach den Ereignissen vom November 1938, der Reichskristallnacht, der auch die Synagoge in Liegnitz zum Opfer fllt, ziehen die Eltern nach Berlin, von wo aus sie in den Kriegsjahren in ein Todeslager verschleppt werden. David taucht unter, ndet vorbergehend mit seiner Schwester Toni Zuucht bei einem hilfreichen Berliner Handwerker, muss sich erneut verstecken, erhlt unter einem falschen Namen sogar Arbeit in einer Fabrik, deren Leiter ihm, als eine Denunziation von bereifrigen Mitmenschen droht, zu falschen Papieren verhilft: David kann aus Deutschland iehen, den Holocaust berleben.
Peter Lilienthal, der selbst in jungen Jahren whrend des Dritten Reiches mit seinen Eltern nach Lateinamerika hat emigrieren mssen (und dies auch noch rechtzeitig konnte), sttzt sich auf Joel Knigs authentischen, autobiographischen Bericht Den Netzen entronnen (spterer Titel: David - Aufzeichnungen eines berlebenden). Lilienthal hat bei aller Beschrnkung auf das Einzelschicksal ein umfassendes Bild der Atmosphre geliefert. Wie sich aus ersten Anfngen der Diktatur ganz konsequent Hass und Terror gegenber Juden entwickeln, wie aus frhen Pbeleien auf der Strae folgerichtig im Sinne der Machthaber Brnde, Menschenjagd und Totschlag entstehen, das hat Lilienthal klar erkennbar gemacht, wobei er auf jegliche Dramatisierung verzichtet. Auch Sentimentalitt und aufgesetztes Mitleid sind ihm fremd. Ihm geht es um die Existenz eines Menschen, mehr noch um die Mechanismen einer Diktatur, um die Fakten von Verfolgung und Flucht, Tod und berleben. Und diese Fakten allein sprechen eine deutliche Sprache. Das Unrecht, das Peter Lilienthal in vielen seiner Filme immer wieder als Thema aufgreift, wird unwiderlegbar ersichtlich. Das Leben, die Zeit, das Berlin der Vorkriegs- und Kriegsjahre erscheinen in Al Rubans ruhigen, unbestechlichen Bildern in charakteristischen Ausschnitten. Erkennbar wird die latente wie direkte Bedrohung, die ber allem und jedem liegt.
62 Wie die uere Gestaltung des Films, so auch dessen schauspielerische Umsetzung: Die Menschen sind geschlagen vom Schicksal. Walter Taub als Rabbi und Irena Vrkljan als dessen Frau verkrpern Gestalten, die ihr Leid in Stille, fast in Demut tragen. Allein Mario Fischl in der Titelrolle sind Impulsivitt, Aktivitt, Bemhungen im Kampf ums berleben erlaubt: ein frischer Junge, der nicht einsieht, weshalb er den Weg in den Tod widerspruchslos gehen soll. Nachdenklich und pfg zugleich, ndet er Auswege. Schauspielerisch eine beachtliche Leistung fr eine erste Filmverpichtung. Peter Lilienthals Arbeit verdient Aufmerksamkeit, nicht zuletzt als eines der wenigen Zeugnisse fr die Auseinandersetzung mit dem Thema nationalsozialistischer Judenverfolgung im westdeutschen Film. Man berlie das Sujet der (nicht selten auch propagandistisch genutzten) Produktion in Osteuropa oder der (nicht selten sentimental angelegten) Auswertung in westlichen Ateliers. Achtbaren DEFA-Filmen wie EHE IM SCHATTEN, NACKT UNTER WLFEN oder ANTON, DER ZAUBERER, um nur einige verschiedenartige Beispiele zu erwhnen, hatte das westdeutsche Kino jedenfalls kaum Gleichwertiges entgegenzusetzen. Peter Lilienthal, ein Sprecher und Anwalt der Erniedrigten, der Verfolgten und Ermordeten (auch und nicht zuletzt in Lateinamerika), hat das Schweigen gebrochen, hat, als er Joel Knigs Bericht in Szene setzte, auf jegliches konventionelle Kalkl verzichtet, jeden falschen Ton, auch den einer spten Anklage, vermieden. Er ist kein Rcher, sondern ein Mahner - sein Film, 1979 mit dem Goldenen Bren des Berliner Festivals ausgezeichnet: ein Requiem fr sechs Millionen Ermordete, ein Hoffnungsschimmer im Angesicht eines Geretteten.
(Reclams elektronisches Filmlexikon)
Volker Baer
Der ber den Einzelfall hinausweisende Film, der statt nach Schuldproblemen letztlich mehr nach Vorbedingungen politischer Verantwortung fragt, beeindruckt durch echtes Gefhl. und behutsame Gestaltung. Filmdienst
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DAVID
Quelle: Katholische Filmkommission, Filme 1977-80, S.155; Tteberg, Michael: Peter Lilienthal, Befragung eines Nomaden S. 251
Vier Studenten der Filmhochschule in Mexiko berichten in diesem dokumentarischen Spiellm vom Schicksal sechsjhriger Kinder, die bereits schwer arbeiten mssen, um zum Unterhalt ihrer Familien beizutragen.
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Preise:
ZDF: Das kleine Fernsehspiel, H.35, Mainz 1981, S. 81-84 (gez. am 8.2.1982) Fischer, Robert: Kino 1981/82, Bundesdeutsche Filme auf der Leinwand, Mnchen 1981, S. 14-22 Tteberg, Michael: Peter Lilienthal, Befragung eines Nomaden S. 251 Manthey, Dirk u.a. (Hrsg): TV Spiellm. Das Grosse Filmlexikon, Hamburg, o. J., S. 195
Der Film schildert die letzte Phase des Aufstands anhand einer Familiengeschichte, die zum Symbol eines Kampfes um die Wiederherstellung von Wrde und Freiheit der Menschen in Nicaragua wird.
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66 Peter Lilienthals Versuch, den Aufstand der Sandinistas gegen die Somoza-Diktatur in Nicaragua 1979 dokumentarhaft nachzuzeichnen. Die Einbeziehung der Familie Antonio Menor gibt Gelegenheit, die Spannungen zwischen den Aufstndischen und dem Somoza-Regime in den Beziehungen der Familienangehrigen auszutragen. Im ersten Teil sehr dicht, fllt der dem Frieden gewidmete Film im zweiten in veruerlichtes Kriegsgetmmel ab, regt aber trotz dieses Mangels zum Gesprch an. Filmdienst Meine hchste Ehre ist, dass ich aus dem Schoe der Unterdrckten stamme, welche die Seele und der Nerv des Volkes sind. (Aus dem ersten politischen Manifest (1927) von Sandino, dem legendren General der Aufstndischen, nach dem sich die Sandinistische Befreiungsfront nennt.) Dieser Film ist gewidmet dem freien Volk von Nicaragua. Am 19. Juli 1979 endet die Diktatur Somozas in Nicaragua durch den Sieg der Nationalen Befreiungsfront (FSLN). Einen Monat davor wird das Kommando in Leon - einer der letzten Festungen des Tyrannen - durch den Volksaufstand erobert. Im November 1979 beginnt der Regisseur Peter Lilienthal, zusammen mit Filmemachern aus Zentral- und Sdamerika, mit den Dreharbeiten an einem Spiellm, der Hhepunkte des Volksaufstandes in Leon zum Mittelpunkt hat. Brger, die ehemalige Stadtguerilla und Einheiten der Befreiungsarmee beteiligen sich an dieser Arbeit. Agustin, Soldat einer Spezialeinheit der Nationalgarde, wird Zeuge der Grausamkeiten des Militrs und schliet sich den Rebellen an, um gegen Somoza zu kmpfen. Der Hauptmann Flores verfolgt den Deserteur und seine Auslieferung durch die Familie. Agustins Vater und seine Nachbarn werden als Geiseln gefangengenommen. Mit ungewhnlichem Mut und berraschenden Einfllen bereiten die Stadtbewohner den berfall auf das Kommando vor, um sich selbst und die Geiseln zu befreien. Im Mittelpunkt dieser Ereignisse steht eine Familiengeschichte, die zum Symbol eines Kampfes um die Wiederherstellung von Wrde und Freiheit der Menschen in Nicaragua wird.
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Der Film ist die Geschichte von einem Soldaten, der aus materiellen Grnden, weil er seiner Familie helfen und seiner Schwester das Studium ermglichen will, dieser Sldnerarmee beitritt und der dann, als er sieht, wie das Volk bedroht wird, berluft und in die Befreiungsfront eintritt. Die Auseinandersetzung im Film ndet mit einem Ofzier statt, der ihn zurckholen will, und seinem Vater, der fortschrittlich ist. Gegenber ES HERRSCHT RUHE IM LAND ist das eine genaue Umkehrung der Verhltnisse, denn hier ist es der Vater der Fortschrittliche und der Sohn der Reaktionr, wobei die Figur des Sohnes noch ambivalente Zge hat. Das ist kein Typ, dem man sofort vertraut und der sagt, ich stehe auf der Seite des Volksaufstandes, sondern erwgt ab. Er knnt z.B. als Fernmeldetechniker in den USA ausgebildet werden, er bekommt ein Auto wie sein Ofzier, und das ist doch alles besser als das, was man zu Hause hat. Mit solchen Hoffnungen wurden diese Jungen ja gerade indoktriniert. Der Vater ist kein groer politischer Held, er ist organisiert in der Nachbarschaft, er verteilt Zettel, hat immer nur Aushilfejobs, macht Straenarbeiten. Er versucht nun dem Jungen ein Ultimatum zu stellen: entweder ich werfe Dich raus oder Du gibst das Militr auf! Diese Geschichte habe ich gedreht in einer kleinen Stadt, die frher einmal Universittsstadt war, Lon heit und 80.000 Einwohner hat. Ich habe mit den Leuten in dieser Stadt zusammengearbeitet, und die haben wirklich alle mitgemacht. In diese Grundsituation, die Dreiecksgeschichte Vater-Sohn-Ofzier, habe ich die wichtigsten Ereignisse in dieser Stadt in den letzten 12 Monaten des Aufstandes mit eingearbeitet, also beispielsweise ein Massaker in einer Kirche und eine berfall auf das Stadtkommando, der vor allen den Frauen, Mnnern und Familien organisiert wurde. Und das heben die Einwohner wenige Monat nach dem Aufstand mit mir rekonstruiert. Wir haben an den Originalschaupltzen gedreht und mit den Beteiligten gearbeitet, die eigentlich nur das wiederholt haben, was sie Monate vorher tatschlich erlebt haben. ber die Atmosphre whrend der Arbeit knnte ich ganze Romane schreiben. Peter Lilienthal im Gesprch mit Jrgen Bervers
(zitiert nach Fischer, Robert: Kino 1981/82, Bundesdeutsche Filme auf der Leinwand, Verlag Monika Nchtern Mnchen 1981, S. 17)
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In einer New Yorker Vorstadt, weitab von Fifth Avenue und Times Square, tritt Ruby Dennis jeden Abend in seiner Bowlingbahn als Snger auf. Doch seine Welt ist bedroht: Spekulanten wollen Rubys Palace abreien. Ruby versucht sich zu wehren, seine Existenz steht auf dem Spiel, aber die Maa-Bosse haben den
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lngeren Arm. Die Kredite werden gekndigt, Gerte und Einrichtung der Bowlingbahn abtransportiert. Ruby muss nachgeben, einen neuen Anfang wagen. Auch sein Privatleben hat sich verndert, seine Schwester, mit der er zusammenlebt, verlsst ihn, um in der Bronx Sozialarbeit zu leisten. Nur Sharon, eine junge Sngerin, hlt zu Ruby. Bei ihr ndet er die Kraft, ganz von neuem zu beginnen. Eine handlungsarme, sprde Geschichte, die das treffende, vielschichtige und menschlich bewegende Charakterbild eines Einzelgngers vor dem Hintergrund von Gewalt und Korruption zeichnet. Fr diesen schnen und verhaltenen Film, der eine Mischung aus sensibler Milieuschilderung und dokumentarischer Zustandsbeschreibung ist, braucht man Geduld und Einfhlungsvermgen. Gerade weil dieser Film aber letztendlich Mut macht und nichts anderes ist man von Lilienthal gewhnt lohnt es sich, diese Geduld zu investieren.
Filmecho
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Der Boxer Rocha und der Bandeoneonspieler Galvan treffen an einem Sommerabend in der lateinamerikanischen Provinzstadt Flores ein. Beide melden sich bei Leutnant Suarez, der ein Volksfest organisiert und dessen Todesschwadrone die Stadt beherrschen.
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Der Boxer Rocha und der Bandoneonspieler Galvan kommen in dem gottverlassenen Nest Flores an, das seit Jahren von der Militrbehrde beherrscht wird. Dort sollen sie sich beim Kommandanten Suarez melden, der ein Volksfest veranstalten will. Rocha ist ein Leichtsinniger, der mitten in einer ofziellen Parade mit wilden Gesten das Militr beschimpft und um die Hand der Tochter des Anwalts Dr. Exequiel Gallo anhlt. Galvan, der Snger, dessen Vergangenheit dem Militr suspekt ist, wagt es, den Kommandanten nach einem von der Geheimpolizei entfhrten Pianisten zu fragen. Noch vor seinem Konzert wird Galvan von der Militrbehrde aufgefordert, die Stadt zu verlassen. Als Rocha und Galvan auf Zivilpolizisten treffen, wollen diese ein Autogramm erzwingen. Galvan weigert sich. Daraufhin zerschlgt einer der Polizisten mit seiner Maschinenpistole die Hand des Boxers, der mit diesem Handicap in den Boxkampf geht und eine schreckliche Niederlage erleidet. Galvan will dem besinnungslosen Rocha helfen und ndet Hilfe bei dem Polizisten, der Rocha verletzt hatte. Peter Lilienthals Film ist nicht nur ein Film ber den gewhnlichen Faschismus, sondern auch eine Parabel ber die Rolle des Knstlers, ber Anpassung und Widerstand, Macht und Ohnmacht, und ber Freundschaft. Die Rolle des Bandoneonspielers spielt Juan Jos Mosalini, einer der berhmtesten Tango-Avantgardisten Argentiniens. 3 Sat 17.11.2004
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74 Calvan spielt fr die Mrder - eine Parole, gesprht an eine Hauswand, als erstes Indiz, da die Rechnung der Militrbehrde, durch eine Groveranstaltung mit Boxkampf und Tangos das Volk ruhig zu halten, so einfach nicht aufgehen will. Als Galvan sich obendrein weigert, einem Polizisten ein Autogramm zu geben, spitzt sich fr ihn die Situation zu. Er, der bis dahin zu allem schwieg, wird nach diesem verzweifelten Versuch, sich zu verweigern, von den Militrs aufgefordert, die Stadt zu verlassen. Ganz anders der Boxer: In seiner naiven Unbekmmertheit lt sich der eitle Prahlhans vom Vertreter der Macht aushalten und verliebt sich zudem in die Tochter des Festorganisators.
Doch dann die Wende: Rocha sei von den Militrs bestochen, heit es pltzlich, und der bevorstehende Kampf nur ein abgekartetes Spiel. Def Boxer ist tief in seiner Boxerehre gekrnkt. Hatte er den Kampf gegen den Champion der Militrs bis dahin auf die leichte Schulter genommen, so will er jetzt unbedingt siegen. Galvan wird kurzerhand zum Trainer ernannt. Lilienthals Film gelingt es mit einer fr deutsche Filme ungewhnlichen Leichtigkeit, die Grenzen der inneren Emigration aufzuzeigen und mit viel Sympathie vom absurden, irrationalen Widerstand des Boxers zu erzhlen. Unvermittelt empndet der intellektuelle Galvan eine Faszination fr den einfachen Mann, den er zuvor so abschtzig behandelt hat. Der starrkpge Ehrenkodex des boxenden Kamikaze symbolisiert fr die Widerstandskrfte im Land einen kurzen Moment lang den hoffnungsstiftenden Kampf Davids gegen Goliath. Doch trotz der utopischen Widerstandsallianz zwischen dem Knstler und dem Boxer ist Lilienthal zu sehr Realist, als da sein David wirklich siegen knnte. Friedrich Frey
In: Die Tageszeitung. 30.7.1990
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Preise: Erstauffhrung:
Quelle:
Yoram, ein israelischer Dichter, sagt, er htte seine Melodie verloren. Gideon, sein 17 jhriger Sohn, der als etwas zurckgeblieben gilt, versucht mit all seiner Kraft den Vater wieder zum Schreiben zu ermutigen
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Ein israelischer Dichter, der nicht mehr schreibt und dieses Schweigen als Rckzug aus einer ungeordneten, nicht mehr an die Kraft des Wortes glaubenden Welt versteht, wird durch seinen geistig behinderten Sohn herausgefordert, als dieser die Bedeutung von Sprache erkennt. Peter Lilienthal hat Abraham B. Jehoshuas Erzhlung Das wachsende Schweigen des Dichters mit einer wunderbaren Behutsamkeit inszeniert und voller Zuneigung zu den Figuren; zu dieser Zuneigung gehrt auch, dass er das Ende seiner Vorlage gendert hat, um mehr Grund zur Hoffnung bestehen zu lassen. DAS SCHWEIGEN DES DICHTERS ist ein Film ber Israel, der gleichzeitig von auen und von innen an das Land herantritt. Ein israelischer Dichter, der nicht mehr schreibt und dieses Schweigen als Rckzug aus einer ungeordneten, nicht mehr an die Kraft des Wortes glaubenden Welt versteht, wird durch seinen geistig behinderten Sohn herausgefordert, als dieser die Bedeutung von Sprache erkennt. Leise, in poetischen Bildern nuancenreich aufgefcherte Beschreibung einer Vater-Sohn-Beziehung, die Sprache als lebensnotwendiges Mittel der Verstndigung thematisiert. Filmdienst Ein Film ohne Antworten, ein Film, der Fragen stellt, wohl auch Resultat einer Selbstbefragung ist, persnlich und subjektiv wie ein Tagebuch und doch immer przise im Detail. epd Film
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Erstauffhrung:
Quelle:
Der junge chilenische Radrennfahrer Santiago kmpft um den Sieg in der Tour de Chile, um seine Mutter mittels der Prmie pegen zu knnen. Angesichts der Kuichkeit des Sports, der der Werbung und den Absichten des politischen Regimes ausgeliefert ist, hat er auch gegen Korrumpierbarkeit und Werteverlust zu kmpfen. Beim groen Rennen setzt sich Santiago an die Spitze, verwandelt dann aber den Sieg bewusst in eine Niederlage und entzieht sich dadurch den Herrschenden, die ihn als Alibigur missbrauchen wollten. Mit seinem Verzicht auf den Groen Preis rettet er die Ehre seines vom Militr verhafteten und ermordeten Bruders und seine Mutter, aber auch die Freundschaft zu seinen alten Teamkameraden. Eine verhalten-poesievolle Erzhlung, die im zweiten Teil den realen Bezugsrahmen zugunsten einer mrchenhaften Utopie verlsst, die an Familienzusammenhalt, Freundschaft und aufrichtige Zuneigung appelliert.
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Peter Lilienthal nach Miguel de Cervantes Ingo Kratisch Wolf Dietrich Peters Jrgen Gnther ZDF Mainz Bernhard von Dadelsen, Johannes Willms (aspekte) Alfred Schrandt Ulla Ziemann Gorca Giribas-Contreras, Bruno Ferrari, Georg Tryphon 30.11.1990 (ZDF)
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Quelle:
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Erstauffhrung:
Quelle:
Noch nie hat die 15jhrige Israelin Talia aus Tel Aviv einen derart mihandelten Hund gesehen wie Wasserman. Zutiefst schockiert ber so viel Unmenschlichkeit setzt sie alles dran, um das todkranke Tier am Leben zu erhalten. Wasserman dankt es ihr mit anhnglicher Liebe. Eines Tages stellt sich zufllig heraus, da der Hund eine besondere Begabung hat, die sich zu Geld machen lt. Das ruft seinen frheren Besitzer und Peiniger auf den Plan.
Yoram Kaniuk
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Angesichts der Wlder (dt. Stuttgart 1992) sowie die drei anderen Erzhlungen, mit denen die Geschichte 1968 erschien, nimmt einen besonderen Platz in der modernen israelischen Prosa ein, denn der politisch engagierte Autor Abraham Bar Jehoschua (Jahrgang 1936) bringt darin seine Ansicht ber das historische Bewusstsein und kollektive Unterbewusstsein der israelischen Gegenwartsgesellschaft zum Ausdruck. Arte:
Monatsheft Nr. 8 August 1996 (23.8.1996)
81 Ein ewiger Student arbeitet als Brandschtzer in einem Waldstck an der israelischen Kste. Dort versorgt ihn ein stummer, zurckgezogener Araber mit seiner heranwachsenden Tochter. Whrend des langen Sommers entsteht eine sonderbare Beziehung. Eine gutgemeinte Parabel ber den ungelsten israelisch-arabischen Konikt; die symbolberfrachtete Literaturverlmung leidet jedoch an lmischer Blutarmut und dem Duktus trockener Belehrung, in der sich Wort und Bild nicht selten widersprechen. Filmdienst
EIN FREMDER
Beitrag fr die Reihe DENK ICH AN DEUTSCHLAND Peter Lilienthal, BRD 1999 58 Min., Dokumentarlm, DigiBeta, Farbe, s/w Buch: Kamera: Ton: Schnitt: Kamera-Assistent: Regie-Assistentin: Mischung: Produktion: Producer: Redaktion: DarstellerInnen: Erstauffhrung:
Quelle:
Peter Lilienthal Ele Miekesch Lilly Grote Susi Jger, Suzi Giebler Istvan Imreh Ulla Ziemann Rolf Wilhelm. Megaherz, Mnchen, Bayrischer Rundfunk, Mnchen, Westdeutscher Rundfunk, Kln Louis Saul Hubert von Spretti, Alexander Wesemann Ulla Ziemann (Die Mutter), Leonhard Kaminski (Der Sohn), Istvan Imreh (Der Lehrer), Zwi Hecker, Norma Drimmer, Eliahu Avital, Obi Oji, Anetta Kahane, Gabi Mukendi, Uta Leichsenring, Alex Jacobowicz 27.10.2001 Hof: Internationale Filmtage - 10.11.2001 BR
Tteberg, Michael: Peter Lilienthal, Befragung eines Nomaden S. 256
Peter Lilienthal kehrt, 60 Jahre nachdem er den Holocaust berlebt hat, nach Berlin zurck, um hier jdisches Leben zu lmen. Doch er fhrt auch ins Umland, nach Eberswalde, sprt der Stimmung nach der Ermordung des Angolaners Antonio Amadeu durch Rechtsradikale nach.
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Filmographie Regisseur
1955 1958 1959 1960 1961 1962 1963 1964 1965 1966 1966/67 1967 1968 1969 1970 1971 1973 1974 1975 1976 1978 1980 1983 1984 1986 1988 1990 1991 1994 1994/95 1999
EL JOVEN DEL TRAPECIO VOLANTE DER JUNGE AUF DEM SCHWEBENDEN TRAPEZ STUDIE 23 IM HANDUMDREHEN VERDIENT DIE NACHBARSKINDER BIOGRAPHIE EINES SCHOKOLADENTAGES DER 18. GEBURTSTAG STCK FR STCK PICKNICK IM FELDE SCHULE DER GELUFIGKEIT STRIPTEASE GUERNICA - JEDE STUNDE VERLETZT UND DIE LETZTE TTET DAS MARTYRIUM DES PETER OHEY MARL - PORTRT EINER STADT SERAPHINE - ODER DIE WUNDERSAME GESCHICHTE DER TANTE FLORA ABSCHIED UNBESCHRIEBENES BLATT DER BEGINN ABGRNDE ROBERT CLAIRE VERBRECHEN MIT VORBEDACHT TRAMP - ODER DER EINZIGE UND UNVERGLEICHLICHE LENNY JACOBSON HORROR MALATESTA NOON IN TUNESIA DIE SONNE ANGREIFEN ICH MONTAG, ICH DIENSTAG, ICH MITTWOCH, ICH DONNERSTAG JAKOB VAN GUNTEN START NR. 9 SHIRLEY CHISHOLM FOR PRESIDENT LA VICTORIA HAUPTLEHRER HOFER ES HERRSCHT RUHE IM LAND KADIR DAVID DER AUFSTAND KINDHEIT IN AMACUECA DEAR MISTER WONDERFUL DAS AUTOGRAMM THE POETS SILENCE - DAS SCHWEIGEN DES DICHTERS DER RADFAHRER VOM SAN CRISTBAL DIE VIER TUGENDEN: GERECHTIGKEIT DON GIOVANNI ODER DER BESTRAFTE WSTLING WASSERMANN. DER SINGENDE HUND ANGESICHTS DER WLDER WIE EIN FREMDER (Reihe: DENK ICH AN DEUTSCHLAND)
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DER AUFSTAND
DER FINDLING (George Moorse) TATORT TOTE TAUBE IN DER BEETHOVENSTRASSE (Samuel Fuller) DER AMERIKANISCHE FREUND (Wim Wenders) AUS DER FERNE SEHE DIESES LAND (Christian Ziewer) MILO MILO (Nikos Perakis) DER PLATZANWEISER (Peter Gehring) JULIUS GEHT NACH AMERIKA (Hans Noever) DIE NACHT DER REGISSEURE (Edgar Reitz)
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Biographie: Peter Lilienthal (Buch und Regie) Der Regisseur und Autor Peter Lilienthal lebt in Mnchen. Er wurde am 27.11.1929 in Berlin geboren. Sein Vater war Bhnenbildner. 1939 erfolgte die Emigration der Familie nach Montevideo (Uruguay), um der Verfolgung durch die Nazis zu entgehen. Seine Mutter betrieb dort ein Hotel, in dem viele europische EmigrantInnen wohnten, die Peter Lilienthal als seine ersten Lehrer bezeichnet. Nach dem Abitur war er drei Jahre als Bankangestellter ttig. 1954 kam er zu einem dreimonatigen Aufenthalt nach Berlin zurck. 1956 erhielt er ein Stipendium an der Hochschule fr Bildende Knste in Berlin. Nach seinem Studium war Peter Lilienthal von 1959 bis 1961 Regie- und Produktionsassistent beim Sdwestfunk in Baden-Baden. Von 1961 bis 1964 konnte er dort Regie fhren. 1966 bis 1968 war er als Dozent an der DFFB/Berlin ttig. Seit 1985 und bis Mitte der 1990er war er Direktor der Abteilung Film- und Medienkunst der Akademie der Knste in Berlin. In seiner jahrzehntelangen Karriere hat Peter Lilienthal mehr als 40 hchst bewegende und poetische Filme gedreht. Er arbeitete mit Gren des Filmgeschfts wie dem Kameramann Michael Ballhaus, dem Schauspieler Joe Pesci und dem Autor Antonio Skrmeta. Bedeutende Spielfilme und die damit verbundenen Preise: THE MATYRDOM OF PETER OHEY, 1964, ausgezeichnet mit dem Berlin Art Award: Best Young Generation Film DER BEGINN, 1966, ausgezeichnet 1967 mit dem Adolf-Grimme-Preis MALATESTA, 1969, ausgezeichnet 1970 mit dem Filmband in Gold der Bundesfilmpreise
LA VICTORIA, 1973, ausgezeichnet mit dem Fernsehpreis der Deutschen Akademie fr bildende Knste und dem deutschen Kritikerpreis ES HERRSCHT RUHE IM LAND, 1976, ausgezeichnet mit der Goldenen Schale der Bundesfilmpreise und dem deutschen Kritikerpreis DAVID, 1979, ausgezeichnet mit dem Goldenen Br und dem Filmband in Silber DER AUFSTAND, 1980, ausgezeichnet mit dem Filmband in Silber DEAR MR. WONDERFUL, 1983, ausgezeichnet mit dem Filmband in Gold DAS AUTOGRAMM, 1985, ausgezeichnet mit dem Filmband in Silber DAS SCHWEIGEN DES DICHTERS, 1987, ausgezeichnet mit dem Filmband in Gold DER RADFAHRER VON SAN CRISTOBAL, 1988 Besonders hervorzuheben in Zusammenhang mit dem vorliegenden Projekt sind die folgenden dokumentarischen Filme, deren Protagonisten alle Auenseiter der Gesellschaft sind, die durch Mut und Einfallsreichtum Nchstenliebe und soziales Engagement beweisen: SHIRLEY CHISHOLM FOR PRESIDENT, 1971, Portrait einer farbigen USPrsidentschaftskandidatin, ZDF Kleines Fernsehspiel, ausgezeichnet mit einer Ehren- Nennung im Rahmen des Adolf-Grimme Preises START NR. 9, 1972, Geschichte eines l7-jhrigen Sngers und seiner Sinti Mutter, ZDF/Kleines Fernsehspiel KADIR PORTRAIT EINER TRKISCHEN FAMILIE IN BERLIN, 1976, ZDF EIN FREMDER, 1999, Beitrag zu "Denk ich an Deutschland in der Nacht", BR CAMILO Der lange Weg zum Ungehorsam 2008
Interview mit Peter Lilienthal: Einige Auszge aus einem Gesprch mit Peter Lilienthal in der Filmwerkstatt Mnster anlsslich einer Gala zu seinem 75. Geburtstag. Das Interview wurde vom GWR-Redakteur Bernd Drcke am 11. Dezember 2004 durchgefhrt. Bernd Drcke: Im Moment arbeitest du an einem Film ber den Irakkriegs- Deserteur Camilo Mejia. Was hat dich dazu bewegt? Peter Lilienthal: Es gab eine Nachricht in der New York Times ber den ersten Deserteur der amerikanischen Armee und seine Herkunft. Ich las das und dachte, das ist eine Figur, die mich interessiert. Nicht nur, weil es der erste Deserteur ist, sondern weil in seinem Fall, die ganze Komplexitt der Beziehungen von Zentralamerikanern, die in die USA ausgewandert sind und die in die Armee eingetreten sind, um beispielsweise ihr Studium zu finanzieren, vermittelt wird und weil er eine Person ist, die sich nicht eignet, um daraus einen Helden zu machen. Da gibt es viele Widersprche, die interessant sein knnen, weil sie auch unsere Naivitt in der Beurteilung und Annahme von bestimmten Figuren herausfordert, wie amerikanische Soldaten und ihre Untaten. Da gibt es eine Reihe von Mythen, die sicher durch so eine Person nicht zu korrigieren sind. Aber Camilo eignet sich, um unsere Ideen, unsere Gedanken zu vertiefen auch im Zusammenhang mit den fatalen Beziehungen von jungen Menschen in Mittelamerika, deren einziger Ausweg, um zu studieren, oft eine Auswanderung ist. Bernd Drcke: Ist das nicht eine sehr spezielle Sicht des Irakkriegs? Ich meine, im Zusammenhang mit lateinamerikanischen Auswanderern? Peter Lilienthal: Dazu muss ich sagen, der erste Tote der amerikanischen Armee im Irak war ein Junge aus Guatemala. Und der erste Deserteur dieser Junge aus Nicaragua. Also, diese fatale Beziehung wirft immer wieder ein Licht auf Abhngigkeiten, auf Integration, Assimilation von Lateinamerikanern im Norden, auf unsere eigenen Vorstellungen von Imperialismus. Aber auch generell von sozial Benachteiligten in den USA, meistens eben Lateinamerikanern und Schwarzen, die fast keine andere Aussichten im Leben haben, als der Berufsarmee beizutreten. All das schien mir interessant in Verbindung mit der Figur von Camilo. Allerdings, wenn ich an Camilo so sehr interessiert bin, dann ist es jenseits von der Tatsache, dass er Deserteur ist oder aus Nicaragua, sondern weil er ein sehr ambivalentes Wesen ist. Er war acht Jahre freiwillig in der Armee, acht Monate im Irak. Er CAMILO Der lange Weg zum Ungehorsam 10 selbst bekennt, dass er sich nicht gerade wie ein Engel benommen hat im Irak, dass er in sehr heftige Situationen verwickelt war. Dann auf einmal beruft er sich auf sein Gewissen und auf seinen katholischen Glauben und auf Gott.
Bernd Drcke: In der Wirklichkeit ist es oft so, dass Menschen Brche erleben und sich auch wandeln. Peter Lilienthal: Das ist das Interessante an einer politischen Arbeit. Es geht darum, die Interessen und die Eigenart der anderen zu verstehen. Camilo betrachtet sich ja immer noch als Soldat und als Patriot. Ich glaube von mir selbst, dass ich nicht fhig bin zu irgendeiner Form von Gewalt. Ich war nie Soldat. In Uruguay gibt es keinen Militrdienst, danach fr mich in Deutschland sowieso nicht, weil ich zwei Staatsangehrigkeiten hatte, und niemand htte mich als jdische Person zum Militrdienst aufgerufen. Bernd Drcke: Camilo ist an eine breite ffentlichkeit gegangen. Mittlerweile gibt es viele Deserteure aus dem Irakkrieg. Welche Mglichkeiten siehst du, mit Hilfe von Desertionen den Krieg zu sabotieren oder dazu beizutragen, ihn zu stoppen? Peter Lilienthal: Zum Thema Deserteur gab es viele Verffentlichungen zur Zeit des Vietnamkriegs, gerade in Amerika. Du weit, wie viele Deserteure es damals gab. Ob ein Film also aufklren und einen Beitrag zum Frieden leisten kann? Ich glaube schon. Aber es wird eine Utopie bleiben, dass wir keine Armee mehr haben. Bernd Drcke: Aber eine gute Utopie. Peter Lilienthal: Ja. Sie muss als Ziel formuliert werden, aber man muss den Weg auch finden, wie man dahin kommt. Bernd Drcke: Herzlichen Dank.