Kultur 10 ! HINGESCHAUT Sakraler Zuger Prunk im Tirol HANDWERK Zwei Zuger emigrierten vor Jahrhunderten ins Inntal. Dort schufen sie beeindruckende Kunstwerke, von denen zwei noch heute prominent zu bewundern sind. E rneut blicken wir ber die Kan- tonsgrenzen ja, hiermit gar ber die Landesgrenzen hinaus und fnden in der Ferne von Zugern ge- schafenes Kulturgut. Es ist der Tiroler Historiker Hans Hochenegg (1894 1993), der von drei Meistern aus der Zuger Handwerksfamilie Kayser (alt. Kaiser, Keiser) zu berichten weiss, die in der Gegend um Innsbruck Wunder- bares geschafen haben. Vom ersten Kayser-Emigranten Wolfgang (1566) weiss man wenig, ausser, dass er als Plattner (Rstungsschmied) am ster- reichischen Hof ttig war. Aufschlussreicher sind die histori- schen Aufzeichnungen ber den Kunst- tischler und Zeichner Oswald Kayser, 1610 in Zug geboren. Als Jesuitenbru- der war er an den Kollegien in Bregenz, Ingolstadt, Eichsttt und Innsbruck ttig. Bei letzterem zeichnete er fr die Innenausstattung der ab 1627 errich- teten Klosterkirche massgeblich ver- antwortlich. So entwarf er dort neben den Altargruppen, dem Chor- und Beichtgesthl, den Bnken und der Kanzel auch hchst eindrucksvolle Stuckplastiken. Ein faszinierendes Bei- spiel zeigt unser oberes Bild. Im Chor- raum trgt beidseits je eine vollplasti- sche Figurenkonsole einen Balkon. Die Gruppe von Engeln wirkt ungemein lebendig, ausdrucksstark und ist voller Bewegung. Angesichts dessen wird uns ofenbart, dass Oswald Kaysers Fhig- keiten deutlich ber das Tischlerhand- werk hinaus reichten. Noch mehr Biografsches weiss Hans Hochenegg vom gleichnamigen Kunst- schlosser Oswald Kayser (Carl Oswalt Keiser) zu berichten. Wohl kurz nach 1660 als Sohn des Schlossermeisters Wolfgang Kayser und der Maria Anna Scherer in Zug geboren, gelangte der junge Berufsanwrter um das Jahr 1680 als Wandergeselle ins Tirol und heira- tete in Hall i. T. die Witwe eines Schlos- sermeisters. Das bedeutete Reputation und verhalf ihm zu einer weitgehend sicheren Berufsexistenz. Der Zuger wur- de Brger von Hall und besetzte meh- rere Ehrenstellen mit seinem Beruf. Nach dem Tod seiner Frau um 1693 ehelichte er die Tochter eines Kupfer- schmieds. 1726 starb Schlossermeister Oswald Kayser in Hall. Das Inventar seiner Arbeiten ist kaum mehr rekonst- ruierbar, zumal Auftrge von privater Seite aufgrund sprlicher Dokumenta- tion schnell vergessen gingen. Aber es lassen sich einige Bestellungen von kirchlicher Seite her belegen. So erfhrt man aus dem Haller Rechnungsbuch von 1692, dass Oswald Kayser von der Stadt den Auftrag erhielt, ein so genann- tes Narrenhusl anzufertigen, ein Eisen- kfg, in dem streitschtige Weiber der fentlichkeit zum Spott preisgegeben wurden. Und anno 1715 hat Kayser of- fenbar fr das Haller Damenstift Schlos- serarbeiten am dortigen Gartenhaus vorgenommen, welche laut Hochenegg von grosser Kunstfertigkeit zeugen. Will man sich von Oswald Kaysers Knnen ein Bild machen, so hat man Gelegenheit dazu, wenn man auf der Inntalautobahn im Tirol Richtung Osten fhrt. Nach Hall i. T. folgt bald ein Auto- bahnrastplatz. Hinter den Bumen lugt der markante Zwiebelturm der Volderser Karlskirche hervor, eine der prchtigsten Rokokokirchen sterreichs. Ein kleiner Weg fhrt vom Rastplatz zur Kirche. In ihr fnden wir ein bemerkenswertes Git- ter aus Schmiedeeisen aus dem Jahre 1682. Es trennt den Kirchenraum vom Vorraum ab und ist ein frhes Werk von unserem Oswald Kayser aus Zug. Ein Rahmenwerk aus Stuckmarmor gibt der Gitteranlage seine Kontur. Gekrnt wird der Balken von fligranen Schmiede- arbeiten, dominiert von Volutenwerk mit geschickt ineinandergreifenden Armen. Die seitlichen Durchbrche weisen hin- gegen verhltnismssig schlichte Gitter- stbe auf, whrend sich Kayser beim mittigen Tor so richtig verausgabt zu haben scheint. Aufwendig verarbeitet und mit qualittvollem Eisenblech be- schlagen ist hier das schwarze Eisen. Die Schafensperiode unserer beiden Zuger im Tirol fel in die Zeit der drei Habsburger Kaiser Ferdinand II., Ferdi- nand III. und Leopold I. Unter ihnen, und ganz besonders unter letzterem, erlebte das Habsburgerreich einen bei- spiellosen Schub an barocker Pracht- entfaltung in Architektur, Kunst und Handwerk. Vergleichbarer Prunk aus etwa derselben Zeit fndet sich in der Schweiz hauptschlich in einfussreichen Abteien wie Einsiedeln, St. Gallen, Rhei- nau, St. Urban, Muri und einigen mehr. In ihrer Heimat htten die Kaysers sei- nerzeit vermutlich weniger tief in die Kiste des Pomp greifen knnen als im habsburgischen sterreich. ANDREAS FAESSLER
[email protected] HINWEIS Mit Hingeschaut! gehen wir wchentlich mehr oder weniger aufflligen Details mit kulturellem Hintergrund im Kanton Zug nach. Fast monumental muten die Stuckplastiken des Zugers Oswald Kayser in der Jesuitenkirche zu Innsbruck an (Bild oben). Filigran und verspielt hingegen ist das Gitter von seinem Namensvetter gleicher Herkunft in der Karlskirche zu Volders (Bild unten). Bilder Andreas Faessler Wiener Klassik und Neue Musik Hand in Hand CD Mozart und Strawinsky zwei Welten prallen aufeinan- der. Und doch sind sie sich erstaunlich hnlich. Zu hren auf einem neuen Album. Die beiden Vertreter je einer Stilepo- che wollen irgendwie so gar nicht zu- sammenpassen. Da prallt hochvollende- te Wiener Klassik auf russisch-franz- sisch-amerikanisch geprgte Neue Musik. Und doch: So fremd sind sich die beiden Stile im Fall der Genannten gar nicht, zumindest gilt das fr gewis- se Werke des gebrtigen Russen Stra- winsky. Seine Oper Der Wstling bei- spielsweise ist in ihrer Struktur den Bhnenwerken Mozarts insbesondere Cos fan tutte und Don Giovanni nachempfunden und gleicht diesen nicht zuletzt auch im Arrangement der Arien und Rezitative. Und nicht selten klingen bei Strawinsky Passagen mit Harmonien durch, in denen man Mozart mitzuschwingen glaubt. Sonaten und Divertimento Von einer eindrcklichen Gegen- berstellung dieser beiden grossen Meister der europischen Musikge- schichte legt ein neues Klassikalbum Zeugnis ab: Mozart & Stravinsky Works for violin & piano. Die inter- national renommierte Zuger Violinistin Esther Hoppe interpretiert, begleitet vom ebenfalls international bekannten Pianisten Alasdair Beatson, ein vier- stziges Werk Strawinskys, gerahmt von zwei je dreistzigen Werken Mozarts, namentlich den Sonaten in B-Dur KV 454 und in C-Dur KV 296. Mozart at its best, mchte man in modernem Jargon sagen. Zwei Sonaten, welche die pure Lebenslust versprhen, einmal beraus lebendig, schliesslich wieder wohltuend gemssigt. Im Grunde nicht viel anders ist das vierstzige Divertimento Strawinskys. Es ist eine Konzertsuite, 1934 aus Me- lodien der Strawinsky-Oper La baiser de la fe vom Urheber selbst arran- giert. Die tragische Geschichte der Oper spielt in der Schweiz entsprechend trgt der zweite Satz den Titel Danses suisses. Die Melodien im Dreiviertel- takt erinnern einerseits an die traditio- nelle Bauernmusik aus dem Appen- zellerland, andererseits tragen sie die Note deutscher Tnze aus der Zeit der Wiener Klassik, wie wir sie auch bei Mozart fnden. Mozart und Strawinsky das funktioniert eben doch. Eine Violine von 1690 Die Interpretation durch die Zugerin Esther Hoppe und Alasdair Beatson verdient gebhrende Beachtung. Souve- rn und stilecht wiedergegeben, holen die beiden in ihrem makellosen Zu- sammenspiel das Beste aus den Arran- gements fr Geige und Klavier heraus. Der musikalischen Qualitt zutrglich ist wohl auch das erstklassige Instru- ment, welches Esther Hoppe spielt: eine Violine aus der Werkstatt des bedeuten- den italienischen Geigenbauers Giofre- do Cappa aus dem Jahr 1690. Mehrere namhafte Violinvirtuosen der heutigen Zeit schwren auf die historischen Ins- trumente der Cappa-Familie. Das Album Mozart & Stravinsky Works for violin & piano umfasst ein Booklet mit ausfhrlichen Erklrungen zu den Werken und zu den beiden Interpreten. ANDREAS FAESSLER [email protected] HINWEIS CD: Mozart/Stravinsky Works for violin and piano ist bei Claves Records erschienen (www.claves.ch) und im Handel erhltlich. Die Zugerin Esther Hoppe spielt auf einem historischen Instrument aus dem Jahre 1690. Bild Remo Ubezio Der Fish singt in der Chollerhalle ZUG red. Mit Marillion ist er welt- bekannt geworden. Oder umgekehrt: Er hat Marillion weltbekannt ge- macht. Doch mitt- lerweile dreht er sein eigenes Ding und kommt er- neut nach Zug. Der einstige Ma- rillion-Frontmann Derek William Dick, genannt Fish (Bild), ist derzeit auf seiner Mo- veable Feast Tour. Sein Album A Feast Of Consequences ist eine aussergewhnliche musikalische Sammlung und wurde von vielen als das beste Werk seiner langen und glnzenden Karriere bejubelt. Welt- weit loben die Kritiker das breite Spektrum des Albums, von der Dra- maturgie ber die Musikalitt bis hin zu den Emotionen. Fishs Musik steht fr Qualitt und Kreativitt, fernab vom Mainstream. Seine Bhnenauf- tritte sind legendr und wirbeln ganz schn viel Staub auf. Einen der 60 Europa-Auftritte des schottischen Musikers gibts in der Chollerhalle am 30. Oktober. HINWEIS Fish Konzert in der Chollerhalle am Donnerstag, 30. Oktober, 20.30 Uhr.
Komponisten auf Sommerfrische in Bad Ischl: Johannes Brahms, Anton Bruckner, Johann Strauss (Sohn), Franz Lehár, Leo Fall, Oscar Straus, Emmerich Kálmán
Medaillen auf berühmte und ausgezeichnete Männer des Oesterreichischen Kaiserstaates vom XVI. bis zum XIX. Jahrhunderte : in treuen Abbildungen, mit biographisch-historischen Notizen. 1. Bd. / von Joseph Bergmann
Aby Moritz Warburg-Gesammelte Schriften. Die Erneuerung der heidnischen Antike, kulturwissenschaftliche Beiträge zur Geschichte der europäischen Renaissance mit einem Anhang unveröffentlichter Zusätze-2.pdf