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Mittwoch, 22. Oktober 2014 / Nr.

244 Neue Zuger Zeitung


Kultur
10
!
HINGESCHAUT
Sakraler Zuger Prunk im Tirol
HANDWERK Zwei Zuger emigrierten vor Jahrhunderten ins Inntal. Dort schufen sie beeindruckende Kunstwerke,
von denen zwei noch heute prominent zu bewundern sind.
E
rneut blicken wir ber die Kan-
tonsgrenzen ja, hiermit gar ber
die Landesgrenzen hinaus und
fnden in der Ferne von Zugern ge-
schafenes Kulturgut. Es ist der Tiroler
Historiker Hans Hochenegg (1894
1993), der von drei Meistern aus der
Zuger Handwerksfamilie Kayser (alt.
Kaiser, Keiser) zu berichten weiss, die
in der Gegend um Innsbruck Wunder-
bares geschafen haben. Vom ersten
Kayser-Emigranten Wolfgang (1566)
weiss man wenig, ausser, dass er als
Plattner (Rstungsschmied) am ster-
reichischen Hof ttig war.
Aufschlussreicher sind die histori-
schen Aufzeichnungen ber den Kunst-
tischler und Zeichner Oswald Kayser,
1610 in Zug geboren. Als Jesuitenbru-
der war er an den Kollegien in Bregenz,
Ingolstadt, Eichsttt und Innsbruck
ttig. Bei letzterem zeichnete er fr die
Innenausstattung der ab 1627 errich-
teten Klosterkirche massgeblich ver-
antwortlich. So entwarf er dort neben
den Altargruppen, dem Chor- und
Beichtgesthl, den Bnken und der
Kanzel auch hchst eindrucksvolle
Stuckplastiken. Ein faszinierendes Bei-
spiel zeigt unser oberes Bild. Im Chor-
raum trgt beidseits je eine vollplasti-
sche Figurenkonsole einen Balkon. Die
Gruppe von Engeln wirkt ungemein
lebendig, ausdrucksstark und ist voller
Bewegung. Angesichts dessen wird uns
ofenbart, dass Oswald Kaysers Fhig-
keiten deutlich ber das Tischlerhand-
werk hinaus reichten.
Noch mehr Biografsches weiss Hans
Hochenegg vom gleichnamigen Kunst-
schlosser Oswald Kayser (Carl Oswalt
Keiser) zu berichten. Wohl kurz nach
1660 als Sohn des Schlossermeisters
Wolfgang Kayser und der Maria Anna
Scherer in Zug geboren, gelangte der
junge Berufsanwrter um das Jahr 1680
als Wandergeselle ins Tirol und heira-
tete in Hall i. T. die Witwe eines Schlos-
sermeisters. Das bedeutete Reputation
und verhalf ihm zu einer weitgehend
sicheren Berufsexistenz. Der Zuger wur-
de Brger von Hall und besetzte meh-
rere Ehrenstellen mit seinem Beruf.
Nach dem Tod seiner Frau um 1693
ehelichte er die Tochter eines Kupfer-
schmieds. 1726 starb Schlossermeister
Oswald Kayser in Hall. Das Inventar
seiner Arbeiten ist kaum mehr rekonst-
ruierbar, zumal Auftrge von privater
Seite aufgrund sprlicher Dokumenta-
tion schnell vergessen gingen. Aber es
lassen sich einige Bestellungen von
kirchlicher Seite her belegen. So erfhrt
man aus dem Haller Rechnungsbuch
von 1692, dass Oswald Kayser von der
Stadt den Auftrag erhielt, ein so genann-
tes Narrenhusl anzufertigen, ein Eisen-
kfg, in dem streitschtige Weiber der
fentlichkeit zum Spott preisgegeben
wurden. Und anno 1715 hat Kayser of-
fenbar fr das Haller Damenstift Schlos-
serarbeiten am dortigen Gartenhaus
vorgenommen, welche laut Hochenegg
von grosser Kunstfertigkeit zeugen.
Will man sich von Oswald Kaysers
Knnen ein Bild machen, so hat man
Gelegenheit dazu, wenn man auf der
Inntalautobahn im Tirol Richtung Osten
fhrt. Nach Hall i. T. folgt bald ein Auto-
bahnrastplatz. Hinter den Bumen lugt
der markante Zwiebelturm der Volderser
Karlskirche hervor, eine der prchtigsten
Rokokokirchen sterreichs. Ein kleiner
Weg fhrt vom Rastplatz zur Kirche. In
ihr fnden wir ein bemerkenswertes Git-
ter aus Schmiedeeisen aus dem Jahre
1682. Es trennt den Kirchenraum vom
Vorraum ab und ist ein frhes Werk von
unserem Oswald Kayser aus Zug. Ein
Rahmenwerk aus Stuckmarmor gibt der
Gitteranlage seine Kontur. Gekrnt wird
der Balken von fligranen Schmiede-
arbeiten, dominiert von Volutenwerk mit
geschickt ineinandergreifenden Armen.
Die seitlichen Durchbrche weisen hin-
gegen verhltnismssig schlichte Gitter-
stbe auf, whrend sich Kayser beim
mittigen Tor so richtig verausgabt zu
haben scheint. Aufwendig verarbeitet
und mit qualittvollem Eisenblech be-
schlagen ist hier das schwarze Eisen.
Die Schafensperiode unserer beiden
Zuger im Tirol fel in die Zeit der drei
Habsburger Kaiser Ferdinand II., Ferdi-
nand III. und Leopold I. Unter ihnen,
und ganz besonders unter letzterem,
erlebte das Habsburgerreich einen bei-
spiellosen Schub an barocker Pracht-
entfaltung in Architektur, Kunst und
Handwerk. Vergleichbarer Prunk aus
etwa derselben Zeit fndet sich in der
Schweiz hauptschlich in einfussreichen
Abteien wie Einsiedeln, St. Gallen, Rhei-
nau, St. Urban, Muri und einigen mehr.
In ihrer Heimat htten die Kaysers sei-
nerzeit vermutlich weniger tief in die
Kiste des Pomp greifen knnen als im
habsburgischen sterreich.
ANDREAS FAESSLER

[email protected]
HINWEIS
Mit Hingeschaut! gehen wir wchentlich mehr
oder weniger aufflligen Details mit kulturellem
Hintergrund im Kanton Zug nach.
Fast monumental muten die Stuckplastiken des Zugers
Oswald Kayser in der Jesuitenkirche zu Innsbruck an
(Bild oben). Filigran und verspielt hingegen ist das Gitter
von seinem Namensvetter gleicher Herkunft in der
Karlskirche zu Volders (Bild unten).
Bilder Andreas Faessler
Wiener Klassik und Neue Musik Hand in Hand
CD Mozart und Strawinsky
zwei Welten prallen aufeinan-
der. Und doch sind sie sich
erstaunlich hnlich. Zu hren
auf einem neuen Album.
Die beiden Vertreter je einer Stilepo-
che wollen irgendwie so gar nicht zu-
sammenpassen. Da prallt hochvollende-
te Wiener Klassik auf russisch-franz-
sisch-amerikanisch geprgte Neue
Musik. Und doch: So fremd sind sich
die beiden Stile im Fall der Genannten
gar nicht, zumindest gilt das fr gewis-
se Werke des gebrtigen Russen Stra-
winsky. Seine Oper Der Wstling bei-
spielsweise ist in ihrer Struktur den
Bhnenwerken Mozarts insbesondere
Cos fan tutte und Don Giovanni
nachempfunden und gleicht diesen
nicht zuletzt auch im Arrangement der
Arien und Rezitative. Und nicht selten
klingen bei Strawinsky Passagen mit
Harmonien durch, in denen man Mozart
mitzuschwingen glaubt.
Sonaten und Divertimento
Von einer eindrcklichen Gegen-
berstellung dieser beiden grossen
Meister der europischen Musikge-
schichte legt ein neues Klassikalbum
Zeugnis ab: Mozart & Stravinsky
Works for violin & piano. Die inter-
national renommierte Zuger Violinistin
Esther Hoppe interpretiert, begleitet
vom ebenfalls international bekannten
Pianisten Alasdair Beatson, ein vier-
stziges Werk Strawinskys, gerahmt von
zwei je dreistzigen Werken Mozarts,
namentlich den Sonaten in B-Dur
KV 454 und in C-Dur KV 296. Mozart
at its best, mchte man in modernem
Jargon sagen. Zwei Sonaten, welche
die pure Lebenslust versprhen, einmal
beraus lebendig, schliesslich wieder
wohltuend gemssigt.
Im Grunde nicht viel anders ist das
vierstzige Divertimento Strawinskys.
Es ist eine Konzertsuite, 1934 aus Me-
lodien der Strawinsky-Oper La baiser
de la fe vom Urheber selbst arran-
giert. Die tragische Geschichte der Oper
spielt in der Schweiz entsprechend
trgt der zweite Satz den Titel Danses
suisses. Die Melodien im Dreiviertel-
takt erinnern einerseits an die traditio-
nelle Bauernmusik aus dem Appen-
zellerland, andererseits tragen sie die
Note deutscher Tnze aus der Zeit der
Wiener Klassik, wie wir sie auch bei
Mozart fnden. Mozart und Strawinsky
das funktioniert eben doch.
Eine Violine von 1690
Die Interpretation durch die Zugerin
Esther Hoppe und Alasdair Beatson
verdient gebhrende Beachtung. Souve-
rn und stilecht wiedergegeben, holen
die beiden in ihrem makellosen Zu-
sammenspiel das Beste aus den Arran-
gements fr Geige und Klavier heraus.
Der musikalischen Qualitt zutrglich
ist wohl auch das erstklassige Instru-
ment, welches Esther Hoppe spielt: eine
Violine aus der Werkstatt des bedeuten-
den italienischen Geigenbauers Giofre-
do Cappa aus dem Jahr 1690. Mehrere
namhafte Violinvirtuosen der heutigen
Zeit schwren auf die historischen Ins-
trumente der Cappa-Familie.
Das Album Mozart & Stravinsky
Works for violin & piano umfasst ein
Booklet mit ausfhrlichen Erklrungen
zu den Werken und zu den beiden
Interpreten.
ANDREAS FAESSLER
[email protected]
HINWEIS
CD: Mozart/Stravinsky Works for violin
and piano ist bei Claves Records erschienen
(www.claves.ch) und im Handel erhltlich.
Die Zugerin Esther
Hoppe spielt auf
einem historischen
Instrument aus
dem Jahre 1690.
Bild Remo Ubezio
Der Fish singt in
der Chollerhalle
ZUG red. Mit Marillion ist er welt-
bekannt geworden. Oder umgekehrt:
Er hat Marillion weltbekannt ge-
macht. Doch mitt-
lerweile dreht er
sein eigenes Ding
und kommt er-
neut nach Zug.
Der einstige Ma-
rillion-Frontmann
Derek William
Dick, genannt Fish
(Bild), ist derzeit
auf seiner Mo-
veable Feast Tour. Sein Album A
Feast Of Consequences ist eine
aussergewhnliche musikalische
Sammlung und wurde von vielen als
das beste Werk seiner langen und
glnzenden Karriere bejubelt. Welt-
weit loben die Kritiker das breite
Spektrum des Albums, von der Dra-
maturgie ber die Musikalitt bis hin
zu den Emotionen. Fishs Musik steht
fr Qualitt und Kreativitt, fernab
vom Mainstream. Seine Bhnenauf-
tritte sind legendr und wirbeln ganz
schn viel Staub auf.
Einen der 60 Europa-Auftritte des
schottischen Musikers gibts in der
Chollerhalle am 30. Oktober.
HINWEIS
Fish Konzert in der Chollerhalle am
Donnerstag, 30. Oktober, 20.30 Uhr.

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