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Ausgabe 3/2009

DIN 69900 und DIN 69901


Das ist neu in den deutschen PM-Normen
von Reinhard Wagner
Nach jahrelanger Vorarbeit sind im J anuar 2009 die
beiden nationalen Normen fr das Projektmanagement
erschienen: die neue DIN 69900 "Netzplantechnik" so-
wie die neue DIN 69901 "Projektmanagementsysteme".
Letztere hat sogleich viel Aufmerksamkeit erhalten. Die
Nachfrage war bereits vor der Verffentlichung so gro,
dass die Norm vom DIN Deutsches Institut fr Normung
e.V. die Auszeichnung "Norm des Monats J anuar 2009"
erhalten hat.
Rei nhard Wagner
Dipl.-Ing. Dipl.-Kfm., Vorstand fr
PM-Forschung und Facharbeit der
GPM, stellv. Obmann des DIN-
Normenausschusses
Kontakt: [email protected]
Mehr Informationen unter:
www.projektmagazin.de/autoren/
Standards verbessern die Zielerreichung
Unter Standards versteht man eine einheitliche, in einem definierten Wirkungskreis anerkannte Art und
Weise, etwas herzustellen oder durchzufhren. So regeln beispielsweise viele Organisationen die Art und
Weise, wie sie Projekte managen in einem spezifischen Projektmanagement-Handbuch. Normen als spe-
zielle Ausprgung von Standards beziehen sich dagegen auf einen breiten Anwenderkreis. So auch die
DIN-Normen in Deutschland. Normen sind allseits rechtlich anerkannte, durch ein formelles Normungsver-
fahren beschlossene, allgemeingltige Regeln. Sie bewegen sich somit auf einem hheren Abstraktions-
grad und geben nicht vor, wie etwas getan werden muss, sondern was getan werden muss.
Standards und Normen sind aus dem Projektmanagement nicht mehr wegzudenken. Projekte werden heu-
te berwiegend standardisiert durchgefhrt. Eine Studie der Technischen Universitt Darmstadt aus dem
J ahr 2005 belegt dies fr Projekte in unterschiedlichsten Branchen und Anwendungsfeldern. Grnde fr die
Anwendung von Standards sind der Studie zufolge unter anderen die positiven Auswirkungen auf den Pro-
jektablauf sowie einer besseren Zielerreichung (beispielsweise hinsichtlich Termine und Kosten). In der
Studie wird auch der scheinbare Widerspruch zwischen den fr Wiederholttigkeiten ausgelegten Stan-
dards und dem Einmaligkeitscharakter von Projekten adressiert und wie folgt aufgelst: "Die Anwendung
von Standards in Projekten ist deshalb sinnvoll, weil sich die Mehrzahl von Ttigkeiten in Projekten wieder-
holt. Dies betrifft vor allem PM-Ttigkeiten." (Albrecht, 2005.)
Das DIN Deutsches Institut fr Normung e.V. beschftigt sich gemeinsam mit der GPM Deutsche Gesell-
schaft fr Projektmanagement e.V. seit mehr als 30 J ahren mit der Normung auf dem Gebiet des Projekt-
managements (Waschek, 2006). Die erste Projektmanagement-Norm in Deutschland, die DIN 69900 "Netz-
plantechnik, Begriffe", erschien 1970. Sie enthielt vor allem Begriffsdefinitionen, ebenso wie die meisten an-
deren Normen, die danach verffentlicht wurden. In den letzten J ahren hat sich der Bezugsrahmen von Pro-
jekten entscheidend verndert und damit auch die Anforderungen an Projektmanagement-Normen.
Bedeutung von Standards wchst
In Zeiten der Globalisierung sind Unternehmen zunehmend gezwungen, sich in Richtung ihrer Absatz- und
Beschaffungsmrkte zu ffnen. Frher haben Unternehmen Projekte vorwiegend intern durchgefhrt, heute
mssen sie die Projekte immer strker mit externen Partnern vernetzen. Dadurch steigt die organisatori-
sche Komplexitt und die Bedeutung von Standards wchst (Bild 1).
In vernetzten Projekten verwenden die Partner teilweise sehr unterschiedliche Begriffe, Prozesse, Metho-
den und Tools. Standards erleichtern es den Beteiligten sich zu verstndigen und helfen ihnen dabei, sich
ber den Projektverlauf hinweg besser zu synchronisieren. Die auf der Szenariotechnik basierende Studie
"Deutschland im J ahr 2020 Neue Herausforderungen fr ein Land auf Expedition" der Deutsche Bank
Research (www.expeditiondeutschland.de) fasst diese Entwicklung im Begriff "Projektwirtschaft" zusam-
men. Darunter versteht man temporre, ber Unternehmensgrenzen hinausgehende, sehr kooperative und
oft globale Wertschpfungsprozesse ("Projekte"). Die Studie beschreibt die Rolle, die den Standards in
diesem Szenario zukommt: "In der Projektwirtschaft spielen Standards ganz unterschiedlicher Art eine

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2009 Projekt Magazin. Vervielfltigung, auch auszugsweise, nur mit schriftl. Genehmigung der Redaktion
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zentrale Rolle. Aufgrund der hufig wechselnden Projektpartner ist die Standardisierung von Prozessen in
Projekten unabdingbar Technologische Schnittstellenstandards sind wichtig, um die projektrelevanten
Datenbanken wechselnder Kooperationsteilnehmer effizient zu verknpfen "
Die Projektmanagement-Normen DIN 69900 und DIN 69901 sind auf diese neuen Herausforderungen der
Projektwirtschaft und auf die Anforderungen in der Praxis ausgerichtet.

Projektkomplexi tt
M
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Netzstruktur
Hierarchische
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Bild 1: Bei steigender Komplexitt wchst die Bedeutung von Standards (Wagner, 2008).
Die neuen Normen DIN 69900 und DIN 69901
Seit J anuar 2009 gelten die neuen Normen DIN 69900 und DIN 69901. Bei ihrer Entwicklung konnte das
Normungsteam auf Bewhrtem aufbauen: Teile der alten DIN 69904 zur Gestaltung von Projektmanage-
mentsystemen hat das Team in den Teil 1 der neuen DIN 69901 integriert. Auch etliche Begriffsdefinitionen
der bisherigen Normen von DIN 69901 bis DIN 69905 konnten bernommen werden. Viele Begriffe sind
inzwischen fest im Sprachschatz der Projektmanager verankert, so dass eine nderung nicht sinnvoll er-
schien. Ein Beispiel hierfr ist die Begriffsdefinition fr ein Projekt als "Vorhaben, das im Wesentlichen
durch die Einmaligkeit der Bedingungen in ihrer Gesamtheit gekennzeichnet ist." Sie ist inzwischen in vie-
len Verffentlichungen zum Projektmanagement zu finden. In der neuen DIN 69901 sind alle Begriffsdefini-
tionen zusammengefasst (Teil 5). Dies ist ein Unterschied zur bisherigen Normenreihe, bei der in jedem
Normteil die Begriffe separat aufgelistet waren. Fr die Teile 2, 3 und 4 der neuen DIN 69901 gab es hin-
gegen keine Vorlagen in einer der bisherigen Normen. Das Normungsteam hat diese Teile deshalb komp-
lett neu entwickelt.
DIN 69900
In der neuen Norm "DIN 69900: Projektmanagement Netzplantechnik; Beschreibungen und Begriffe"
wurden die Teile 1 und 2 der alten DIN 69900 zusammengefasst und aktualisiert. Die neue Norm enthlt
die 100 wichtigsten Begriffe fr die Netzplantechnik, neue Darstellungsformen fr die Ablauf- und Termin-
planung mit Terminliste, Balkenplan und Netzplan sowie die dazugehrigen Berechnungsformeln. Auch

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wenn die Bedeutung der Netzplantechnik heute nicht mehr so gro ist wie noch vor einigen J ahren, ist die
Norm relevant fr die Qualifizierung sowie fr die Anbieter von Projektmanagement-Software.
DIN 69901
Die neue "DIN 69901: Projektmanagement Pro-
jektmanagementsysteme" gliedert sich in die Teile 1
bis 5 und ersetzt die bisherige Normenreihe DIN
69901 bis 69905 (Tabelle 1).

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DIN 69901-1: Grundlagen
Im ersten Teil der Norm sind die grundlegenden
Konzepte fr Projektmanagementsysteme zusam-
mengefasst. Hier werden die blichen Einsatzziele,
der Modellcharakter und die wesentlichen Eigen-
schaften von Projekten erlutert, auerdem die
wechselseitigen Erwartungen von Trgerorganisation und Projektmanagementsystem. Schlielich wird auf
die Dokumentation des Projektmanagementsystems eingegangen sowie auf die Regeln zur Festlegung der
Projektmanagementprozesse. Der Grundlagenteil ist vor allem fr Anwender interessant, die Projektmana-
gementsysteme einfhren oder optimieren und sich mit der grundlegenden Konzeption der DIN 69901
vertraut machen wollen.
Neue DIN 69901
Projektmanagement Projektmanagementsysteme
DIN 69901-1 Grundlagen
DIN 69901-2 Prozesse, Prozessmodell Neu entwickelt
DIN 69901-3 Methoden Neu entwickelt
DIN 69901-4 Daten, Datenmodell Neu entwickelt
DIN 69901-5 Begriffe
Tabelle 1: Die fnf Teile der DIN 69901.
DIN 69901-2: Prozesse, Prozessmodell
DIN 69901-2 ist der umfangreichste Teil der neuen Norm. Hier wird die Prozessorientierung eingefhrt und
die PM-Prozesse werden in Bezug zu allen Prozessen einer Organisation eingeordnet. Der Zusammen-
hang zwischen den Prozessen fr das Management einzelner Projekte und den Prozessen fr das Mana-
gement von Programmen und Portfolios wird hergestellt, das Prozessmodell ausfhrlich hergeleitet. Alle
Prozesse werden mittels eines einheitlichen Schemas beschrieben. Auerdem werden die Schnittstellen
zu Vorgnger- und Nachfolgeprozessen sowie zu den PM-Methoden verdeutlicht.
Das Prozessmodell wurde komplett neu konzipiert, es ist konsistent und bietet eine durchgngige Darstel-
lung der PM-Prozesse fr die Abwicklung eines Projekts von der Initialisierung bis zum Abschluss (Obels et
al., 2006). Projektmanager knnen auf Basis dieses Prozessmodells ihre Projektabwicklung planen und
steuern. PM-Berater und die fr die Ausgestaltung von Projektorganisationen verantwortlichen Manager
knnen das Prozessmodell als "Schablone" fr die Einfhrung oder Optimierung von PM-Systemen ver-
wenden. Auch bei der Qualifizierung wird sich das Modell durchsetzen. Die GPM beispielsweise plant, das
Prozessmodell der DIN 69901-2 in das IPMA-4-Level-System zu integrieren.
DIN 69901-3: Methoden
Auch Teil 3 der Norm ist neu. Mit einem Umfang von zehn Seiten ist dies der krzeste Teil. Das Normungs-
team verzichtete bewusst auf die Normung der zahlreichen Methoden, die sich bereits in der Praxis durchge-
setzt haben und in der einschlgigen Literatur ausfhrlich beschrieben sind. Dargestellt sind nur die wichtigs-
ten Methoden fr Aufwandschtzung, Projektcontrolling, Projektvergleich sowie Projektstrukturierung. Sie
knnen bei der Qualifizierung von Projektpersonal sowie bei der Projektabwicklung eingesetzt werden.
DIN 69901-4: Daten, Datenmodell
Neuland betreten wurde fr die Erstellung von Teil 4: Elf Anbieter von PM-Softwareprodukten und ein
Team der Universitt Osnabrck haben sich wettbewerbsbergreifend zusammengefunden, um ein Da-
tenmodell zu beschreiben, das fr die Speicherung und Verarbeitung projektspezifischer Daten verwendet
werden kann (Angermeier, 2006). Anwender haben dadurch den Vorteil, dass die Dateien und Software-
produkte, die sie fr ihre Projekte benutzen, besser kompatibel sind. Das ist insbesondere bei unterneh-
mensbergreifenden Projekten hilfreich, bei denen die Partner die Produkte unterschiedlicher Hersteller
verwenden. Die Hersteller wiederum haben dank der Norm nun eine gemeinsame Basis fr die Spezifikati-
on und Ausgestaltung ihrer PM-Software.
DIN 69901-5: Begriffe
Teil 5 enthlt 110 Definitionen fr die Begriffe, die in den Teilen 1 bis 4 verwendet wurden. Viele Begriffsde-
finitionen wurden von den bisherigen Normen bernommen, einige wurden neu hinzugefgt, manche Be-
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griffe wurden aktualisiert. Begriffe, die in der Projektarbeit nicht mehr verwendet werden, wurden gestri-
chen. Neu ist, dass neben den deutschen Begriffen auch ihre englischen Entsprechungen aufgefhrt sind.
Teil 5 kann als Grundlage fr die praktische Arbeit in Projekten dienen, fr die Qualifizierung sowie fr die
Ausgestaltung organisationsweiter PM-Standards.
Prozessorientierung: Leichtere Synchronisation von Aktivitten
Unser beruflicher Alltag ist heute stark von Prozessen geprgt. Ein Prozess ist ein Bndel von Aktivitten, das
Eingaben in Ergebnisse verwandelt. Der Ressourceneinsatz, der fr diese Transformation ntig ist, sollte
mglichst effektiv und effizient sein. Erschwert wird diese Aufgabe hufig durch die Vielzahl von internen und
externen Beteiligten und die oft parallel laufenden Aktivitten. ISO 9000 trug stark zur Verbreitung des Kon-
zepts der Prozessorientierung bei. Hier heit es: "Ein erwnschtes Ergebnis lsst sich effizienter erreichen,
wenn Ttigkeiten und dazugehrige Ressourcen als Prozess geleitet und gelenkt werden." (DIN, 2000.)
Auch in der Projektarbeit wird die Zusammenarbeit immer komplexer. Man muss rumliche, sprachliche,
zeitliche und kulturelle Grenzen berwinden ("Projektwirtschaft"). Um die Lieferbeziehungen in Projekten
zu koordinieren, ist es notwendig, die Organisationsformen so zu entwickeln, dass eine flexible, grenzber-
schreitende Vernetzung der Beteiligten mglich wird sowie die Synchronisation der vielfltigen Aktivitten.
Das Konzept des prozessorientierten Projektmanagements (Wagner, 2008) ist einer der wichtigsten Trends
im Projektmanagement. Inzwischen wird es bei zahlreichen branchenspezifischen, nationalen und interna-
tionalen Standards bercksichtigt (z.B. beim PMBOK

Guide oder bei PRINCE2).


Prozesshaus der neuen DIN 69901
Konsequente Prozessorientierung ist eines der wichtigsten Merkmale der neuen DIN 69901. Die PM-
Prozesse werden von der Initialisierung bis zum Abschluss eines Projekts abgebildet und ins Verhltnis
gesetzt zu den sonstigen Prozessen einer Organisation, z.B. den Fhrungs-, Untersttzungs- und Wert-
schpfungsprozessen.
Damit wird ein Rahmen fr die
Synchronisation arbeitsteiliger
Prozesse in Organisationen vor-
gegeben. Projektmanagement
erfllt hier eine integrative Funkti-
on und dient als Schnittstelle zwi-
schen den internen Beteiligten
sowie zu den externen Partnern
(Querschnittsfunktion). Der Kritik,
dass die neue Norm nur einen
Rahmen, aber keine konkreten
Handlungsempfehlungen liefere
(Heilwagen/Triest, 2008), muss
entgegengehalten werden, dass
eine Norm kein Lehrbuch und
keine Schulungsunterlage ist. Eine
Norm beschreibt was zu tun ist, das Wie der Ausfhrung bleibt dem Handelnden (z.B. dem Projektmanager
oder den Ausbildern in Lehre und Qualifizierung) berlassen. Der Rahmen ist so gefasst, dass er abhngig
von den jeweiligen organisations- oder projektspezifischen Anforderungen flexibel ausgestaltet werden kann.
Bild 2: Prozesshaus der DIN 69901-2 (Quelle: DIN 69901-2, 2009).
Prozesshaus
Fhrungs-Prozesse
Untersttzungs-Prozesse
Projektmanagement-Prozesse
Wertschpfungs-Prozesse
Verknpfung von Projektmanagement und Multi-Projektmanagement
Das Prozessmodell der DIN 69901-2 verdeutlicht die organisatorische Verknpfung zwischen dem Manage-
ment einzelner Projekte und dem Multi-Projektmanagement (Management von Programmen und Portfolios),
auerdem behandelt es die Verknpfung der jeweiligen Prozesse. Diese Verknpfung erfolgt durch Frei-
gabeprozesse an den Phasenbergngen der einzelnen Projekte. Das Normungsteam hat bewusst darauf
verzichtet, die Beschreibungen fr das Multi-Projektmanagement detailliert darzustellen. In einem weiteren
Normungsprojekt soll das Management von Programmen und Portfolios eingehender beschrieben werden.
Unterscheidung von Projektmanagement- und Projektphasen

"DIN 69900 und DIN 69901. Das ist neu in den deutschen Normen" Seite 4
Das Prozessmodell der DIN 69901-2 unterscheidet zwischen Projekt- und Projektmanagementphasen:
"Projektphasen unterteilen den Projektlebenszyklus in zeitlich zusammenhngende Abschnitte und spie
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geln so den Projektver-
lauf mit den inhaltlichen
Aktivitten aus Sicht der
jeweiligen Organisation
wider. Abhngig von den
Anforderungen der je-
weiligen Projektart,
Branche oder Organisa-
tion knnen diese Aktivi-
tten unterschiedlich
unterteilt werden. Die
Phaseneinteilung auf
der Ebene des Projekt-
managements orientiert
sich hingegen an den
logisch zusammenhn-
genden Aktivitten des Projektmanagements. Die Norm unterscheidet die fnf Projektmanagementphasen
'Initialisierung', 'Definition', 'Planung', 'Steuerung' und 'Abschluss'" (Bild 3).
Bild 3: DIN 69901-2 unterscheidet zwischen Projekt- und Projektmanagementphasen.

I D P S A
Projektlebenszyklus
5 Phasen
X Phasen
(Kontextabhngig)
I =Initialisierung; D =Definition; P =Planung; S =Steuerung; A =Abschluss
Projektmanagementphasen
Projektphasen
I D P S A
Projektlebenszyklus
5 Phasen
X Phasen
(Kontextabhngig)
I =Initialisierung; D =Definition; P =Planung; S =Steuerung; A =Abschluss
Projektmanagementphasen
Projektphasen

Das Projektmanagementphasen-Modell der DIN 69901 mit seinen 5 Phasen ist ein universelles Modell,
das ber verschiedene Projektarten und Branchen hinweg gilt, und das auf alle Projekte direkt angewendet
werden kann. Die Projektphasen hingegen reprsentieren die spezifischen fachlichen, inhaltlichen Aspekte
von Projekten in unterschiedlichen Branchen oder Unternehmen. Abhngig vom Kontext eines Projekts
werden unterschiedliche Projektphasen definiert und auf die Erfordernisse der Projektart zugeschnitten.
Somit wird die DIN 69901 ihrem Anspruch an Universalitt und Kompatibilitt gerecht. Sie kann in den
unterschiedlichsten Bereichen, Organisationen und Branchen eingesetzt werden, sie kann flexibel an ande-
re Prozessmodelle angepasst werden und synchronisiert Aktivitten und Beteiligte in Projekten.
Projektmanagement-Prozesse flexibel anpassen
Das Prozessmodell der DIN 69901 umfasst insgesamt 59 Projektmanagement-Prozesse. Diese sind horizon-
tal einer von fnf Projektmanagement-Phasen und vertikal einer von elf Prozessuntergruppen in alphabeti-
scher Reihenfolge zugeordnet (Bild 4). In der Prozess-Untergruppe "Ablauf und Termine" beispielsweise

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Bild 4: Aufbau des Prozessmodells der DIN 69901-2 (Quelle: DIN 69901-2, 2009).

Abschluss Steuerung Planung Definition Initialisierung
Projektmanagement-
Phasen
Ziele
Vertrge &
Nachforderungen
Projektstruktur
Risiko
Ressourcen
Qualitt
Organisation
Kosten & Finanzen
Information,
Dokumentation,
Kommunikation
nderungen
Ablauf & Termine
Ziele
Vertrge &
Nachforderungen
Projektstruktur
Risiko
Ressourcen
Qualitt
Organisation
Kosten & Finanzen
Information,
Dokumentation,
Kommunikation
nderungen
Ablauf & Termine
xxxxx xxxxx xxxxx
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Projektmanagement-
Prozesse
xxxxx xxxxx xxxxx
xxxxx
Prozess-Untergruppen
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Prozess-Gruppe
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Prozess-Gruppe
Einzelprojekt
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beispielsweise werden alle Projektmanagement-Prozesse abgebildet, die den Ablauf oder die Termine im
Projekt betreffen. In der PM-Phase "Definition" ist das u.a. der Prozess "Meilensteine definieren", in der
PM-Phase "Planung" der Prozess "Terminplan erstellen". Der Clou beim Prozessmodell der DIN 69901 ist,
dass nicht immer alle Prozesse durchlaufen werden mssen. Die Prozesse knnen flexibel angepasst wer-
den. So sind nur 14 Prozesse als Mindeststandard verbindlich, alle anderen knnen je nach Bedarf ge-
nutzt oder auch weggelassen werden. Eine individuelle Lsung fr die Projektabwicklung kann damit ge-
funden und so der Aufwand fr das Projektmanagement gesenkt werden.
Projektablauf in " Schwimmbahn" -Diagrammen
Die DIN 69901-2 stellt die Abhngigkeiten zwischen den Projektmanagement-Prozessen in den einzelnen
Phasen grafisch dar, eng angelehnt an die im Qualittsmanagement blichen Darstellungen von Prozess-
ablufen. Bild 5 zeigt einen Ausschnitt aus diesen Darstellungen, die man oft als "Schwimmbahn"-
Diagramme bezeichnet.

"DIN 69900 und DIN 69901. Das ist neu in den deutschen Normen" Seite 6

Bild 5: Ausschnitt aus dem Prozessablauf der Definitionsphase (Quelle: DIN 69901-2, 2009).

Auf eine vollstndige Darstellung aller Abhngigkeiten wurde bewusst verzichtet, um die bersichtlichkeit
der Diagramme zu erhalten und die Verstndlichkeit zu verbessern. Besonders zu betonen ist, dass es in
dem dargestellten Ablauf auch zahlreiche Mglichkeiten fr Rcksprnge geben kann, z.B. von einem Pro-
zess in der PM-Phase "Steuerung" zu einem Prozess in der PM-Phase "Planung". Diese Rcksprnge
wurden nicht vollstndig aufgefhrt.
Wesentliche Vorteile dieser Darstellungsform sind:
1. Die Beteiligten knnen sich ber den gesamten Projektverlauf hinweg besser orientieren.
2. Die Gesamtzusammenhnge sind didaktisch besser aufbereitet.
In Arbeit: Die ISO 21500
Im Herbst 2007 startete die ISO International Standardisation Organisation ein Normungsprojekt fr die
zuknftige ISO 21500 "A Guide for Project Management", die 2012 erscheinen soll. Das ISO-Projekt verlief
parallel zu den Arbeiten an den nationalen Normen und erhielt in vielen Lndern von Anfang an groe
Aufmerksamkeit. Die ISO 21500 ersetzt die nationalen Normen zwar nicht, wird als bergeordneter Stan-
dard aber einen groen Einfluss auf die nationalen Normungsbemhungen haben. Auch die beiden groen
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Projektmanagement-Fachverbnde, die International Project Management Association (IPMA) und das
Project Management Institute (PMI) tragen dazu bei, mit der ISO 21500 zuknftig ein international einheitli-
cheres Verstndnis bezglich des Managements von Projekten zu erreichen. Die IPMA ist als Beobachte-
rin direkt vertreten, das PMI ist ber einzelne nationale Vertreter indirekt beteiligt.
Deutschland untersttzt die Arbeiten fr die neue ISO 21500 mit vier Experten des nationalen Normenaus-
schusses. Diese waren mageblich an den Arbeiten zu den deutschen Normen beteiligt und knnen ihre
Erfahrungen auf internationaler Ebene einbringen. Dies ist insbesondere deshalb wichtig, weil auch die ISO
21500 dem prozessorientierten Ansatz folgt. Das Prozessmodell der ISO 21500 gilt als das zentrale Element
der Norm und wird im Wesentlichen auf den Anstzen der DIN 69901-2 und dem PMBoK

Guide basieren.
Eigene Projektmanagementsysteme ableiten
Bei der Ausgestaltung von Projektmanagement-Standards wird in Unternehmen und anderen Organisationen
das Rad oft immer wieder neu erfunden. Hier sollen die neuen DIN-Normen fr das Projektmanagement Ab-
hilfe schaffen. Aus der DIN 69901 kann eine Organisation ein eigenes Projektmanagementsystem ableiten.
Dafr mssen zuerst die Anforderungen an das Projektmanagement ermittelt werden. Danach knnen aus
dem Prozessmodell der DIN 69901-2 die Prozesse ausgewhlt werden, die diese Anforderungen erfllen.
Im nchsten Schritt wird mit den Prozessbeschreibungen der Norm ein projekt- oder organisationsspezifi-
scher Standard aus Prozessen zusammengestellt. Diese Prozesse knnen dann noch synchronisiert wer-
den mit den Fhrungs-, Untersttzungs- und Wertschpfungsprozessen der Organisation sowie den Pro-
zessen externer Partner. Der prozessorientierte Standard kann schlielich noch um die Methoden oder das
Datenmodell erweitert werden, die in der Norm beschrieben sind, oder um beides. Der prozessorientierte
Ansatz der DIN 69901 erleichtert es, das Projektmanagement im Qualittsmanagement-System einer Or-
ganisation zu verankern.
Die neuen Normen bieten eine sehr gute Ausgangsbasis fr die bergreifende Zusammenarbeit von Orga-
nisationen in Projekten. Sie schaffen ein gemeinsames Verstndnis der verwendeten Begriffe, Prozesse
und Freigabepunkte, so dass Reibungsverluste vermieden werden und die Effizienz in der Projektabwick-
lung steigt. Diese Vorteile werden vor allem fr Organisationen und Branchen mit einer groen Zahl von
Schnittstellen in Projekten wichtig sein. Ein Beispiel hierfr ist die Automobilindustrie. Die Fachgruppe "Pro-
jektmanagement Automotive" der GPM und der ProSTEP iViP-Verein werden eine Empfehlung fr die
Anwendung der Normen in der Automobilindustrie erarbeiten. Der ProSTEP iViP-Verein ist auf das "Colla-
borative Project Management" spezialisiert (Plischke/Vettermann, 2007). Gewiss werden weitere Initiativen
in anderen Branchen folgen.
Das Prozessmodell bietet nicht zuletzt eine gute Basis fr einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess.
Einmal eingefhrt, kann die Organisation auf Basis eines prozessorientierten Standards ihren Reifegrad im
Projektmanagement regelmig berprfen, bewerten und entsprechende Verbesserungsmanahmen
umsetzen. Fr die Bewertung des Reifegrades knnen bewhrte Reifegradmodelle verwendet werden wie
z.B. SPICE (Frick, 2007) oder CMMI (Schulz, 2007). Die GPM wird im Herbst 2009 ein eigenes Reifegrad-
modell fr Projektmanagementsysteme in Organisationen herausbringen, das auf Basis der DIN-Prozesse
erstellt wurde. Dieses Modell wird sicherlich zur weiteren Verbreitung der neuen Normen beitragen.
Fazit
Neue Anforderungen in der Projektarbeit machten die Neugestaltung der deutschen Projektmanagement-
Normen notwendig. Mit der prozessorientierten Ausrichtung der DIN 69901 folgt die Normung einem Trend,
der vor allem durch die vernetzte Zusammenarbeit in der "Projektwirtschaft" angetrieben wird. Das Pro-
zessmodell der neuen Norm ntzt dabei nicht nur Organisationen in Deutschland, sondern frdert auch im
internationalen Kontext das Verstndnis und die Zusammenarbeit in Projekten.
Literatur
Albrecht, I.: Anwendung von Standards in Projekten Ergebnisse einer empirischen Untersuchung.
Arbeitspapier Nr. 17. TU Darmstadt. 2005
Waschek, G.: Projektmanagement-Normung in Deutschland. Wie alles begann und wo wir heute
sind. In: projektMANAGEMENT aktuell, 01/2006, S. 37-39

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Wagner, R.: Standards im Projektmanagement Fluch oder Segen? In: Dorn, K.; Fitzsimons, C.J .,
Frick, A.; Kerber, G.; Marr, R.; Wagenhals, K. (Hrsg.): Innovationen durch Projektmanagement
oder?! Heidelberg, dpunkt.verlag, 2008, S. 107-118
Studie "Deutschland im J ahr 2020 Neue Herausforderungen fr ein Land auf Expedition" der
Deutsche Bank Research, www.expeditiondeutschland.de
Obels, M.; Roeschlein, R.; Staiger, M.; von Schneyder, W.; Wagner, R.; Waschek, G.: Die neue Pro-
jektmanagement-Norm prozessorientiert, integriert und praxisnah. In: projektMANAGEMENT aktuell,
02/2006, S. 41-44
Angermeier, G.: Der Entwurf fr die neue deutsche Projektmanagement-Norm, Projekt Magazin,
Ausgabe 10/2006
DIN: ISO 9000:2000 Qualittsmanagementsysteme, Grundlagen und Begriffe. Beuth, Berlin, 2000
Wagner, R.: Prozessorientiertes Projektmanagement. In: Gessler, M.; Campana, C. Gemnden, H. G.;
Lange, D.; Mayer, P.E. (Hrsg.): Projekte erfolgreich managen. 32. Aktualisierungs- und Ergnzungslie-
ferung. Kln, TV Media, 2008
DIN 69901-2: 2009-01 Projektmanagement Projektmanagementsysteme, Teil 2: Prozesse, Prozess-
modell. Beuth, Berlin, 2009
Heilwagen, A.; Triest, S.: Die neue DIN 69901: nderungen, Chancen und Grenzen, Projekt Magazin,
Ausgabe 10/2008
Plischke, D.; Vettermann, S.: Automobil-Hersteller und Zulieferer: Neue CPM-Empfehlung fr eine
optimierte Kooperation, Projekt Magazin, Ausgabe 12/2007
Frick, R.-P.: Prozessbewertung und -verbesserung mit SPICE, Projekt Magazin, Ausgabe 9/2007
Schulz, K.: CMMI die Reifeprfung fr IT-Projektmanagement, Projekt Magazin, Ausgabe 15/2007





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