Informationsbroschre fr Betroffene und Angehrige 3 Liebe Leserin, lieber Leser, mglicherweise wurde bei Ihnen oder einer Ihnen nahe- stehenden Person die Diagnose ADHS (Aufmerksamkeits- dezit-/Hyperaktivittsstrung) gestellt. Diese Broschre wurde in erster Linie fr Erwachsene mit ADHS verfasst, enthlt aber auch viele Informationen, die fr Verwandte und Freunde ntzlich sein knnen. Mit den folgenden Informationen und Empfehlungen namhafter Experten rund um die Thematik ADHS im Erwachsenenalter mchte Sie Lilly, eines der fhrenden forschenden Pharmaunternehmen, gerne auf Ihrem Weg begleiten, die Diagnose besser zu verstehen und damit umzugehen. Zudem kann Ihnen die Broschre auch im Gesprch mit Ihrem behandelnden Arzt oder Therapeuten behilich sein sie kann das Gesprch jedoch nicht ersetzen. Weitere Informationen nden Sie online unter www.info-adhs.de Ihr Lilly ADHS-Team Liebe Leserin, lieber Leser, Was ist ADHS? ........................................... 4 Wie uert sich ADHS? ............................ 7 Wie kann sich ADHS auf das Leben auswirken? ....................... 9 Was sind die Ursachen einer ADHS? ............................................11 Wie wird ADHS bei Erwachsenen diagnostiziert? ........................................12 Wie wird ADHS behandelt? ....................14 Wie kann ich mir im Alltag selbst helfen? .........................................19 Wo kann ich mehr ber ADHS erfahren? .............................21 Gibt es kritische Fragen zu ADHS? .................................................22 Inhaltsbersicht Autoren Dr. med. Dipl.-Psych. Barbara Alm Klinik fr Psychiatrie und Psychotherapie Zentralinstitut fr Seelische Gesundheit (ZI) Mannheim, J5, 68072 Mannheim, Deutschland PD Dr. Dipl.-Psych. Petra Retz-Junginger Universittsklinikum des Saarlandes Neurozentrum, Institut fr Gerichtliche Psychologie und Psychotherapie 66421 Homburg/Saar 4 5 ADHS Was ist ADHS? Die Aufmerksamkeitsdezit-/Hyperaktivi- ttsstrung (ADHS) ist gekennzeichnet durch die Symptombereiche Unaufmerk- samkeit (hug auch Aufmerksamkeits- strung genannt), motorische Hyperak- tivitt und Impulsivitt. Dies sind die so genannten Kernsymptome der ADHS. Zustzlich knnen weitere Begleitsymp- tome wie Desorganisation im Alltag und Strungen in der Gefhlsregulation hin- zukommen. Es wird heute angenommen, dass der ADHS eine gestrte Informati- onsverarbeitung in bestimmten Hirnregio- nen zugrunde liegt, die fr die Verhaltens- und Gefhlssteuerung zustndig sind. Noch vor wenigen Jahren galt ADHS nur als eine Erkrankung im Kindes- und Jugendalter. In den vergangenen Jahren konnte die Forschung an Verlaufsstudien bei Kindern mit ADHS nachweisen, dass die Symptome auch bis ins Erwachsenen- alter bestehen bleiben knnen. In den vergangenen zwei Jahrzehnten wurde die ADHS im Erwachsenenalter in der Wissenschaft intensiv untersucht. Heute ist bekannt, dass bei ungefhr 50 % der betroffenen Kinder die Strung nicht mit dem 18. Lebensjahr aufhrt, sondern dass sich die klinischen Symptome altersentsprechend verndert bis ins Erwachsenenalter fortsetzen knnen. Wie hug tritt ADHS bei Erwachsenen auf? Studien, die die Hugkeit der Erwachse- nen-ADHS in der Allgemeinbevlkerung untersucht haben, zeigen, dass weltweit bei etwa 3 bis 4 % der Erwachsenen eine ADHS vorkommt. ADHS im Erwachsenen- alter ist daher eine huge und wahr- scheinlich auch unterdiagnostizierte Strung. Wenn ADHS erst im Erwachse- nenalter untersucht wird, ist die Diagnose zeitaufwendig und erfordert eine sorgfl- tige klinische Untersuchung, denn es gibt keine spezischen Tests fr ADHS. Erwachsene mit ADHS haben meist, wenn sie sich bei einem Facharzt oder Diplom- Psychologen vorstellen, eine lngere Leidensgeschichte hinter sich. Sie haben aufgrund ihrer Symptome vielleicht ein Leben lang Probleme gehabt, aber keinen Namen dafr gefunden. Als Kind haben die Betroffenen vielleicht huger gehrt: Du bist dumm und Du bist faul. Dabei haben sie immer gewollt, nur nicht gekonnt. Und im spteren Erwachsenen- leben sind sie in verschiedenen Lebens- bereichen erheblich beeintrchtigt, haben Misserfolge in Schule, Ausbildung und Partnerschaft erlebt, leiden unter Stim- mungsschwankungen und einem gerin- gen Selbstwertgefhl. Viele Erwachsene mit ADHS schildern dieses permanente Gefhl, trotz Bemhen keinen Erfolg zu haben und immer hinter ihren eigenen Mglichkeiten zu bleiben. ADHS Unaufmerksamkeit Hyperaktivitt Impulsivitt Symptome knnen bis ins Erwachsenenalter bestehen bleiben. 6 7 Die Symptome von ADHS, die sich im Erwachsenenalter zeigen, bestehen immer seit der Kindheit und betreffen die so genannten Kernsymptome Unaufmerksamkeit, Hyperaktivitt und Impulskontrolle. Rasche Stimmungs- schwankungen und Organisationspro- bleme in verschiedenen Lebensbereichen knnen dazu kommen. Die Symptome im Erwachsenenalter knnen sich in ihrer Art und Ausprgung im Vergleich zu denen bei Kindern und Jugendlichen verndern. So kann sich der motorische Bewegungs- drang im Kindesalter, die klassische Hyperaktivitt, im Erwachsenenalter zu einer inneren Unruhe entwickeln. Viele Betroffene mit ADHS entwickeln auch unbewusst Strategien, besser mit ihrer Impulsivitt umzugehen. Im Gegensatz dazu bleiben aber die Aufmerksamkeits- strungen unverndert bestehen und knnen zu Problemen in der Alltags- bewltigung fhren. Folgende Symptome werden im Erwach- senenalter beschrieben: Aufmerksamkeitsstrung Das Hauptproblem liegt in der Schwierig- keit, lngere Zeit bei einer Sache, Ttig- keit oder Aufgabe zu bleiben, wichtige Punkte auszuwhlen und Ablenkungen zu minimieren. Nach ein paar Minuten schon kann Langeweile aufkommen. Wenn die Ttigkeit wenig anregend ist, knnen die Betroffenen abwesend, vertrumt, wenig ausdauernd und unorganisiert wirken. Sie neigen dazu, sich zu verzetteln, mehrere Ttigkeiten anzufangen und keine zu Ende zu bringen. Der Arbeitsstil ist oft inefzi- ent, langsam und desorganisiert. Arbeit kann hug in der zur Verfgung stehen- den Zeit nicht erledigt werden. Ferner kommt des fteren das Vergessen von Terminen, Vereinbarungen und Alltags- utensilien hinzu. Es bestehen Probleme, ein Buch zu lesen und im Studium, in Konferenzen und in Besprechungen zu- zuhren. Die Organisation des Alltags und planvolles Vorgehen gelingen nicht immer und der berblick geht verloren. Jedoch kann bei entsprechendem Interesse die Aufmerksamkeit vllig ungestrt sein. Dieses Verhalten wird gerade in sozialen Situationen von Partnern, Familie, Freun- den oder Kollegen nicht verstanden. ADHS ist nicht gleich ADHS Die Symptome von ADHS knnen von Person zu Person variieren. ADHS ist nichts, das man entweder hat oder nicht hat, sondern es gibt einen allmhlichen bergang von leichten zu strkeren Symptomen. Auch sind die Symptome nicht nur zeitweise prsent, sondern schon ein Leben lang, seit der Kindheit, vorhanden. Wann sind die Symptome am deutlichsten? Meist zeigen sich die Probleme bei der Bewltigung von Aufgaben, die eine lnger dauernde Aufmerksamkeitsspan- ne erfordern, und bei der Steuerung und Kontrolle von Gefhlen und Handlungen. Ferner kommt hug ein Gefhl der stndigen inneren Anspannung und des Nicht-zur-Ruhe-kommen-Knnens hinzu. Mit zunehmendem Alter knnen sich die Kernsymptome in ihrer Ausprgung verndern. Manche Symptome treten in den Hintergrund, wie die Hyperaktivitt, die oft in eine innere Unruhe bergeht, wohingegen die Unaufmerksamkeit mit steigenden Anforderungen sich negativ auf Planungs- und Organisationsfhigkeit auswirken kann. Insgesamt haben Erwachsene mit einer nicht behandelten ADHS im Vergleich zu gesunden Kontrollpersonen deutlich mehr Probleme in Ausbildung, Beruf, Partner- schaft und sozialen Beziehungen und in ihrem Selbstwertgefhl. Dabei kann nur ein Bereich oder auch mehrere betrof- fen sein. Andere Studien zeigen darber hinaus, dass ein erhhtes Risiko besteht, an einer weiteren psychiatrischen Erkran- kung wie Depression, Angst oder einer Persnlichkeitsstrung zu erkranken oder eine Drogen- und/oder Alkoholabhngig- keit zu entwickeln. ADHS hat auch positive Seiten Aber ADHS hat nicht nur negative Seiten. Erwachsene mit ADHS sind oft sehr be- geisterungsfhig, haben viel Energie, sind offen fr Neues und sind hug sehr kreativ. Sie sind oft beliebt, verhalten sich sensibel und hilfsbereit, haben eine groe Begabung zum Multitasking und zur Improvisation. Aufmerksamkeitsstrung Schwierigkeiten, bei einer Sache zu bleiben Schnelles Aufkommen von Lange- weile Wenig ausdauernd und unorganisiert Verzetteln, ineffzienter Arbeitsstil Vergessen von Terminen, Vereinba- rungen und Alltagsutensilien Probleme ber lngere Zeitrume zuzuhren Verlust des berblicks Symptome Wie uert sich ADHS? 8 9 Hyperaktivitt Betroffene mit Hyperaktivitt scheinen immer in Bewegung zu sein. Sie wirken unruhig, zappelig, ruhelos. Sie berichten von innerer Anspannung und dem Gefhl, getrieben zu sein. Trommeln auf der Tischplatte oder Wippen mit dem Fu sind typische Symptome. Still sitzen fllt ihnen schwer und sie knnen ununterbrochen reden. Das Bedrfnis nach permanenter Bewegung kann sich in vermehrten sport- lichen Aktivitten bis hin zur Ausbung von Extremsportarten uern. Impulsivitt Impulsive Erwachsene mit ADHS denken oft nicht, bevor sie handeln. Der Kom- munikationsstil ist oft inadquat, sie antworten, bevor Fragen zu Ende gestellt sind, unterbrechen andere oder ma- chen unangemessene Kommentare, die ihnen hinterher leidtun. Auch neigen sie zu unberlegten Handlungen, ohne die lngerfristigen Konsequenzen zu beach- ten. Warten fllt ihnen oft schwer, in vielen Situationen sind sie ungeduldig. Affektlabilitt und Affektkontrolle Viele Erwachsene berichten ber rasche und als sehr belastend wahrgenommene Stimmungsschwankungen, die oft inner- halb von Stunden auftreten knnen. Bei kleinen Anlssen zeigen sich Wutausbr- che, die Fhigkeit rger zu regulieren ist eingeschrnkt und die Stresstoleranz ist vermindert alles wird zu viel. Desorganisation Diese kann sich uern in einer vermin- derten Fhigkeit, den Alltag zu organisie- ren und einer chaotischen Tagesstruktur mit fehlendem Zeitmanagement. Hyperaktivitt Erhhter Bewegungsdrang Unruhig, zappelig oder ruhelos Innere Anspannung Mit den Fingern trommeln oder den Fen wippen Schwierigkeiten, still zu sitzen Impulsivitt Unberlegtes Handeln, ohne vorher nachzudenken Andere unterbrechen Vorschnelle uerungen Unfhigkeit abzuwarten Auswirkungen Wie kann sich ADHS auf das Leben auswirken? ADHS zeigt nicht nur die genannten Symptome, ADHS fhrt zu Beeintrch- tigungen in vielen Lebensbereichen. So wiederholen Erwachsene mit ADHS huger als Gesunde Schulklassen, erreichen schlechtere Schulabschlsse und fallen huger durch Prfungen. Sie beginnen Ausbildungen und brechen sie ab; dies kann sich mehrfach wiederholen. Der Arbeitsplatz wird huger gewechselt, mehr Kndigungen werden beschrieben. Nicht wenige Erwachsene mit ADHS be- richten, dass sie in ihrer Schulzeit Prob- leme hatten, konstant die erforderlichen Leistungen zu erbringen. Vielfach wurden sie auch fr ihr Verhalten von den Lehrern ermahnt. In der beruichen Ausbildung und spter im Berufsalltag setzen sich derartige Schwierigkeiten oft fort.
Beruiche Perspektiven sind hug schlechter Erwachsene mit ADHS wechseln huger den Arbeitsplatz, werden huger als andere gekndigt und es kann zu Arbeits- losigkeit kommen. Im Vergleich werden ihre Arbeitsleistungen vielfach schwcher bewertet. Ganz allgemein wird beobachtet, dass Erwachsene mit ADHS hug Schwierigkeiten haben, eine ihren Mg- lichkeiten angemessene beruiche Position zu erreichen. Dies alles zeigt sich trotz ausreichender Begabung.
Partnerschaften und soziale Beziehungen knnen koniktreich sein Partnerschaften und Ehen gehen huger auseinander, soziale Beziehungen werden nicht aufrechterhalten. Auch in der Eltern- rolle knnen sich Probleme zeigen. Diese knnen einerseits damit zu tun haben, dass Eltern mit ADHS aufgrund ihrer Im- pulsivitt und geringeren Stressresistenz im Umgang mit ihren Kindern weniger belastbar sind. Andererseits leiden Kinder aufgrund der genetischen Verankerung der Krankheit ebenfalls hug an ADHS. Damit knnen wechselseitig immer neue Koniktfelder entstehen, die das Familien- leben belasten. Auch aus anderen sozialen Bereichen wer- den Aufflligkeiten berichtet. So gibt es hug Probleme im Umgang mit Freunden und Bekannten, u. a. auch wegen des oft inadquaten Kommunikationsstils und der unberlegten Entscheidungen. Besonders wenn ADHS mit Strungen des Sozialver- haltens und mit speziellen Persnlich- keitsstrungen kombiniert ist, steigt das Risiko dissozialen Verhaltens. Im Straenverkehr fallen immer wieder Personen mit ADHS durch Geschwindig- keitsberschreitungen, Fahren ohne Fahr- erlaubnis, Fahren unter Alkoholeinuss und eine generelle Tendenz zur Regel- berschreitung auf. 10 11 Insgesamt zeigt sich aufgrund der be- schriebenen Komplikationen und Miss- erfolge ein deutlich verringertes Selbst- wertgefhl. Erwachsenen mit ADHS zeigen darber hinaus ein erhhtes Risiko, an weiteren psychischen Er- krankungen zu leiden. Hier zeigten Studien, dass bei 65 bis 90 % weitere, so genannte komorbide psychische Strungen bestehen. Als Grund dafr wird neben Konikten und Misserfolgen durch die ADHS eine hnlichkeit in den neurobiologischen Mechanismen der verschiedenen Strungen diskutiert. Wichtig ist, dass ADHS von diesen anderen Strungen abgegrenzt wird. Hug treten neben einer ADHS Depressionen und Angststrungen auf. Viele Erwachsene mit ADHS leiden auch unter Schlafstrungen mit verminderter subjektiver Schlafqua- litt und vermehrten Einschlafproble- men (70 %). Ferner knnen so genannte Persnlichkeitsstrungen auftreten, die ein berdauerndes Muster an Beeintrch- tigung verschiedenster Art zeigen. Im Moment wird ber den Zusammenhang mit den bipolaren Strungen und der Borderline-Persnlichkeitsstrung disku- tiert. Bei der Borderline-Strung zeigen sich ebenfalls Stimmungsschwankungen und Impulse knnen schlecht kontrolliert werden. Weiterhin besteht ein erhhtes Vorkommen von Abhngigkeitserkran- kungen. Diese knnen Alkohol- oder auch Drogenabhngigkeit, hier insbesondere von Cannabis, sein. Unterschtzt wird hug auch der Zigarettenkonsum, der nicht selten aus der Erfahrung entsteht, dass Nikotingebrauch die Symptomatik der ADHS mildern kann. Zusammenfassend besteht bei Erwach- senen mit ADHS, hug ein deutlich erhhtes Risiko in Bezug auf zustzliche psychische Strungen, Gesundheitspro- bleme und soziale Einschrnkungen. Die Wahrscheinlichkeit von Problemen am Arbeitsplatz, in der Partnerschaft, in den Familien, im Freundeskreis und im Umgang mit dem sonstigen persnlichen Lebensumfeld ist vergleichsweise hoch. Die Ursachen von ADHS sind bislang nicht vollstndig geklrt, aber es gibt viele Anstze, die dabei helfen, ADHS zu verstehen. Die Wissenschaft ist sich darin einig, dass es sich bei ADHS um eine neurobiologische Funktionsstrung handelt, an der genetische und umwelt- bedingte Faktoren beteiligt sind. Im Vergleich zu anderen psychischen Erkrankungen ist insbesondere die ge- netische Komponente stark ausgeprgt. Dies zeigt sich darin, dass ADHS hug bei mehreren Familienmitgliedern auftritt. Wurde bei einem Familienmitglied ADHS diagnostiziert, ist das Risiko fr Eltern, Geschwister oder Kinder, ebenfalls an ADHS erkrankt zu sein, um das Vier- bis Zehnfache erhht. Umweltbedingte Faktoren stehen in Zu- sammenhang mit der Gehirnentwicklung und knnen z. B. Rauchen, Alkohol- oder Drogenkonsum whrend der Schwanger- schaft oder ein sehr geringes Geburtsge- wicht umfassen.
Weitere Untersuchungen haben gezeigt, dass bei ADHS Gene beteiligt zu sein scheinen, die bestimmte Systeme im Gehirn beeinussen. Bei diesen Systemen spielen die zwei Botenstoffe (auch Neuro- transmitter genannt) Dopamin und Nor- adrenalin eine wichtige Rolle. Bei ADHS scheint das Gleichgewicht dieser beiden Botenstoffe gestrt zu sein, weshalb In- formationen im Gehirn nur unzureichend verarbeitet werden knnen. Ursachen Was sind die Ursachen einer ADHS? Vorderes Aufmerksamkeitszentrum Hinteres Aufmerksamkeitszentrum Dopaminerges System: wesentliche Rolle bei Antrieb und Motivation Noradrenerges System: wesentliche Rolle bei der Aufmerksamkeit Hinterer parietaler Kortex Prfrontaler Kortex Erwachsene mit ADHS knnen infolge der hufgen Konfikte und Misserfolge an weiteren psychischen Erkrankungen leiden. Die Rolle von Dopamin und Noradrenalin Modifiziert nach Himmelstein et al. 2001 Modifiziert nach Kooij et al. 2012 Impulskontroll-/ Per- snlichkeitsstrungen z. B. Borderline-Strungen Affektive Strungen z. B. Depressionen oder Bipolare Strungen Abhngigkeitsstrungen z. B. Alkohol- oder Drogen- abhngigkeit Lernstrungen z. B. beim Lesen oder Rechnen Angststrungen z. B. Generalisierte Angst- strung oder soziale Phobie Schlafstrungen z. B. verminderte Schlaf- qualitt, Einschlafprobleme oder Tagesmdigkeit ADHS 12 13 Diagnostik Wie wird ADHS bei Erwachsenen diagnostiziert? Die internationale Klassi- kation der Erkrankungen (ICD-10, WHO) In der modernen Medizin werden Krank- heiten nach den Vorgaben der Weltge- sundheitsorganisation (WHO) diagnosti- ziert, wenn typische Krankheitssymptome in ausreichender Zahl und Ausprgung vorliegen. Um eine ADHS-Diagnose stellen zu kn- nen, mssen mehrere Punkte abgeklrt werden: Es ist genau deniert, wie viele Sym- ptome in welchem Ausma und ber welche Dauer zutreffen mssen. Das Vorhandensein der Symptome muss bis in die Kindheit zurckverfolgt werden knnen. Die Symptome mssen in mehreren Lebensbereichen zu deutlichen Be- eintrchtigungen fhren (z. B. bei der Arbeit und im Alltag). Die Symptome sind nicht durch eine andere psychische Strung erklrbar. Ein Wissenschaftler aus den USA, Paul H. Wender (1995), hat neben den Kernsym- ptomen Unaufmerksamkeit, Hyperakti- vitt und Impulsivitt noch vier weitere Symptomgruppen beschrieben, die er als typisch fr Erwachsene mit ADHS ansieht (sog. Utah-Kriterien): 1. Desorganisation 2. emotionale Labilitt (d. h. schnelle Stimmungsschwankungen) 3. vermehrt Temperamentsausbrche 4. verminderte Stresstoleranz Die Bercksichtigung dieser fr das Er- wachsenenalter typischen Symptome hat den Vorteil, dass damit der Blick fr spezi- sche Probleme dieses Lebensabschnitts geschrft wird. Mit der Bestandsaufnahme der Symptomatik des Erwachsenenalters kann der Arzt die Entscheidung ber Art und Umfang der erforderlichen Therapie vorbereiten. Die ADHS-Diagnose in der rztlichen Praxis In der rztlichen Praxis ist beim Erwach- senen die Diagnose ADHS weniger prob- lematisch, wenn die Erkrankung bereits in der Kinder- und Jugendzeit diagnostiziert und behandelt wurde. In diesen Fllen ist zu prfen, in welchem Umfang sich die Symptomatik im Erwachsenenalter fortge- setzt und verndert hat. Nicht selten kommen aber Erwachsene zur Diagnostik, bei denen die Diagnose in der Kindheit und Jugend nicht gestellt wurde, obwohl sich aus dem Bericht der Betroffenen ergibt, dass eine entspre- chende Symptomatik vorhanden gewesen sein knnte. In diesen Fllen gestaltet sich das diagnostische Vorgehen schwieriger: Es gengt nicht, dass aktuell ADHS-Sym- ptome nachweisbar sind, vielmehr muss rckblickend gezeigt werden, dass bereits im Schulalter typische Symptome vorhan- den waren und danach bis ins Erwach- senenalter andauern. Darber hinaus mssen durch die ADHS in verschiedenen Lebensbereichen Leidensdruck und deut- liche Beeintrchtigungen entstanden sein. Erleichternd fr die Diagnostik ist, wenn Eltern oder andere Personen aus dem unmittelbaren Lebensumfeld verfgbar sind, die ber die Kindheit Informationen geben knnen. Mglicherweise sind aus der Kindheit auch Schulzeugnisse oder andere schriftliche Dokumente vorhanden. Ist eine Informationsgewinnung ber Dritte nicht mglich, ist es in der Regel aber trotzdem mglich, eine ADHS-Diag- nose zu stellen. In diesem Fall muss sich der Arzt auf die Erinnerungen des Betrof- fenen an seine Kindheit verlassen. Nicht zuletzt sind auch die Auswirkungen der ADHS in den verschiedenen Lebens- bereichen zu erfassen. Funktionsbeein- trchtigungen sind nicht nur ein wichtiges Kriterium im Rahmen der Diagnose nach ICD-10, sie haben auch Einuss auf die Auswahl der geeigneten Behandlungsme- thoden. Nicht zuletzt gehrt zur ADHS-Diagnostik im Erwachsenenalter auch die Feststel- lung eventueller begleitender, sogenann- ter komorbider Erkrankungen. Die Feststellung der ADHS beim Erwach- senen ist eine komplexe klinische Diag- nose. Der diagnostische Prozess erfordert klinische Erfahrung und genaue Kenntnis des Krankheitsbildes im Erwachsenen- alter, denn die zentrale Symptomatik mit Unaufmerksamkeit, Hyperaktivitt und Impulsivitt ist nur begrenzt spezisch. Die Symptome kommen auch im Rahmen anderer psychischer Erkrankungen vor. Eine Ausschlussdiagnostik von krperli- chen Erkrankungen ist erforderlich. Diagnostische Hilfen Die Stellung einer Diagnose kann durch die Anwendung spezieller Diagnostik- Instrumente erleichtert werden. Hierbei werden Selbstbeurteilungs- und Fremd- beurteilungsverfahren unterschieden. Bei den Selbstbeurteilungsskalen wird den Betroffenen ein Fragebogen vorgelegt, der entsprechend der Instruktionen selbst beantwortet werden soll. Fremdbeur- teilungsskalen werden von Angehrigen oder anderen Personen aus dem direkten Lebensumfeld ausgefllt, diagnostische Checklisten oder ausfhrliche Interviews liegen fr den Fachmann vor. Die Stellung einer ADHS-Diagnose ist eine Aufgabe fr Experten. 14 15 Behandlung Wie wird ADHS behandelt? Nachdem eine ADHS im Erwachsenen- alter diagnostiziert wurde, stellt sich die Frage nach einer geeigneten Behandlung. Heute gibt es verschiedene Therapie- mglichkeiten. Dazu gehren u. a. Psycho- edukation, Psychopharmaka oder auch Psychotherapie, die einzeln oder auch kombiniert (sogenannte multimodale Therapie) angewandt werden knnen. Insgesamt sollen die Symptome verringert und langfristig das Selbstwertgefhl und die Lebensqualitt verbessert werden. Leider gibt es aber auch Verunsicherung und Meinungsverschiedenheiten darber, was wirklich hilft und welche Therapien zum Einsatz kommen sollten. Insbeson- dere die Psychopharmaka sind in der Diskussion. Wichtig ist es deshalb, sich hierber gut zu informieren. Die erste Frage, die sich immer stellt: Welche Therapie ist genau fr den Ein- zelnen die beste? In Abhngigkeit von der Schwere der Symptomatik, den Einschrn- kungen im Alltag und den verschiedenen Lebensbereichen, dem Selbstwertgefhl und natrlich den persnlichen Wnschen sollte individuell ein Therapiekonzept erarbeitet werden. Erwachsene mit ADHS sollten im Verlauf der Behandlung lernen, ADHS zu akzeptieren, mit den Symptomen besser umzugehen, anstehende Probleme zu bewltigen und eine zufriedenstellen- dere soziale Interaktion zu erleben. Die Diagnose ADHS zu erhalten bedeutet noch nicht, dass eine spezische Behand- lung erfolgen muss. Manche Betroffene sind bereits zufrieden, wenn sie eine Erklrung fr ihre Symptome oder Prob- leme haben und zuknftig damit besser umgehen knnen. Andere hingegen, die ausgeprgtere Probleme mit Auswirkun- gen auf verschiedene Lebensbereiche wie Beruf oder Partnerschaft haben, werden eher eine Behandlung wnschen und auch davon protieren knnen. Die ADHS-Therapie basiert also auf einem Konzept, das verschiedene Bausteine (sogenannte Module) enthlt, die je nach individueller Symptomatik, individuellen Beeintrchtigungen und Wnschen, aber auch verfgbaren Mglichkeiten zusam- mengestellt werden.
Therapiemglichkeiten Beratung und Psychoedukation Wichtig ist zunchst eine grndliche Information und Beratung ber ADHS, evtl. auch unter Einbeziehung wichtiger Bezugspartner. Eine Beratung allein, z. B. wie der Alltag anders strukturiert werden kann, kann bereits Verbesserun- gen ergeben. Psychoedukation bedeutet eine ausfhr- liche Information ber alle wichtigen Aspekte der ADHS. Dies beinhaltet im Normalfall: Diagnostik (Wie wurde ADHS bei mir festgestellt?) tiologie mit Genetik einschlielich neu- robiologischer Konzepte (Woher kommt ADHS?) Symptomatik mit Beeintrchtigungen (Was ist ADHS berhaupt?) Therapiemglichkeiten (Wie wirken die Medikamente, knnen sie auch scha- den, was fr Nebenwirkungen haben sie, wie wirkt Psychotherapie?) Herstellung individueller Lebensbezge (Welche Bedeutung hat ADHS fr meine Biograe?) Bewltigungsstrategien (Wie kann ich meine Ziele am besten umsetzen?) Medikamentse Behandlung Vielleicht wurde nach der Diagnose- stellung und dem ausfhrlichen Infor- mationsgesprch ber die ADHS be- sprochen, dass eine medikamentse Behandlung hilfreich sein knnte. Einer der Grnde hierfr knnte sein, dass die Symptome besonders stark ausgeprgt sind und in mehreren Lebensbereichen erhebliche Beeintrchtigungen bestehen. Fr diese medikamentse Therapie stehen Prparate zur Verfgung, die seit vielen Jahren in der Therapie von Kindern und Jugendlichen verwendet werden und sich in Stimulanzien und Nichtstimulanzien einteilen lassen. Diese Medikamente haben sich bisher in zahlreichen Studien sowohl bei Kindern und Jugendlichen als auch bei Erwachsenen als wirksam zur Behandlung der ADHS erwiesen. Zudem werden hug weitere, begleitende Symp- tome wie Stimmungsschwankungen ver- bessert. Viele Erwachsene schildern, dass sie unter Medikation erstmals ein Buch zu Ende gelesen oder sich konzentriert einer Aufgabe gewidmet haben. Vor Beginn einer medikamentsen Therapie mssen einige krperliche Untersuchungen durchgefhrt werden wie z. B. die Messung von Puls und Blut- druck, bestimmte krperliche Erkrankun- gen mssen ausgeschlossen werden, z. B. Herzkreislauferkrankungen oder Schilddrsenfunktionsstrungen. Dies wird Ihr Arzt vorher mit Ihnen besprechen. Stimulanzien, z. B. Methylphenidat Methylphenidat bewirkt, dass insbeson- dere der chemische Botenstoff Dopamin lnger an seinem Wirkort im Gehirn verfgbar bleibt. So kann die Aktivitt bestimmter Gehirnregionen verbessert werden. Es gibt sowohl kurzwirksame (Wirkung bis zu 4 Stunden) als auch langwirksame (Wirkung bis zu 12 Stun- den) Formen von Methylphenidat, wobei derzeit zwei Prparate in Deutschland zur Behandlung Erwachsener mit ADHS Mgliche Bausteine einer multimoda- len Therapie: Beratung, Psychoedukation Medikamentse Behandlung Einzelpsychotherapie, strungsori- entierte Gruppentherapie, Coaching Einbeziehung von Bezugspersonen Selbsthilfegruppen Ergnzende Therapie bei komorbi- den Strungen Eine medikamentse Behandlung kann die ADHS-Kernsymptomatik sowie weitere begleitende Symptome verbessern. Symptome sollen verringert und lang- fristig das Selbstwertgefhl und die Lebensqualitt erhht werden. 16 17 zugelassen sind. Da die Stimulanzien dem Betubungsmit- telgesetz (BtMG) unterliegen, mssen sie auf einem besonderen Rezept verordnet werden. Ein Argument, das hug gegen die Behandlung mit Stimulanzien verwen- det wird, ist eine erhhte Suchtgefahr. Dafr gibt es jedoch keine Hinweise. Falls eine Abhngigkeit oder ein Missbrauch von Drogen oder Alkohol vorliegt und eine Behandlung geplant ist, sollte dies mit dem behandelnden Arzt besprochen werden. Er wird eine suchtspezische Behandlung und nachfolgende Kontrollun- tersuchungen einleiten. Nicht-Stimulanzien Bislang gibt es in Deutschland nur ein Nicht-Stimulanz, das fr Behandlung von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen mit ADHS zugelassen ist: Atomoxetin, ein Medikament der Firma Lilly. Der Wirkme- chanismus von Atomoxetin betrifft auch die Steuerung chemischer Botenstoffe im Gehirn, regelt allerdings primr die Verfgbarkeit von Noradrenalin und nur in bestimmten Gehirnregionen auch die von Dopamin. Dies ist vermutlich ein Grund, warum es nicht dem Betubungsmittel- gesetz unterliegt und deshalb auf einem blichen Rezept verordnet werden kann. Die Wirksamkeit auf die Kernsymptome der ADHS bei Erwachsenen einschlielich der emotionalen Symptome, wie Stim- mungsschwankungen, Temperaments- ausbrche, Reizbarkeit und ngstlichkeit, hat sich in mehreren Studien nachweisen lassen. Atomoxetin wird in der Regel einmal tglich eingenommen. Bei einem Be- handlungsbeginn mit Atomoxetin muss beachtet werden, dass sich die Wirksam- keit Schritt fr Schritt ber mehrere Wochen aufbaut. Wenn sich die Wirkung voll entfaltet hat, wirkt das Medikament anders als die Psychostimulanzien ber den ganzen Tagesverlauf, so dass bei morgendlicher Einnahme auch der spte Abend abgedeckt ist. Ein Missbrauchspotential liegt nicht vor. Atomoxetin kann daher auch gut verordnet werden, wenn eine Abhngigkeitserkran- kung vor Beginn der Behandlung bestand (und behandelt wurde). Allgemein gltige Empfehlungen zur Dauer der medikamentsen Behandlung sowohl mit Stimulanzien als auch Atomoxetin be- stehen aktuell nicht. Falls die ADHS-Symp- tome gut auf die medikamentse Therapie angesprochen haben, ist die allgemeine Empfehlung, diese 1-2 Jahre fortzusetzen. Danach muss eine Therapiepause von einigen Wochen erfolgen, um die weitere Behandlungsnotwendigkeit zu berprfen. Psychotherapie In einer Psychotherapie werden proble- matische Verhaltensweisen identiziert, besprochen und alternative Strategien vermittelt. Zuerst wird der Therapeut viele Informationen geben und ausfhrlich be- sprechen, wie Verhalten und Gefhle ver- ndert werden knnen. Ziel soll im Verlauf der Therapie sein, Selbstkontrolle ber die strenden Symptome zu erlangen und im Rahmen eines Selbstmanagements selbststndig alternative Plne und Stra- tegien zu entwickeln. Dies ist nicht immer ganz einfach, sondern erfordert oft regel- miges ben. Hug werden jedoch nach einiger Zeit sehr gute Erfolge erzielt. Die Psychotherapie hilft, Probleme und Schwierigkeiten besser zu verstehen und zu bewltigen. Das Selbstwertgefhl kann sich in der Folge deutlich verbessern und die Energie, Kreativitt und Neugier, die viele Menschen mit ADHS haben, kann sich in vielen Bereichen des alltglichen Lebens positiv auswirken. In einer Therapie kann auch reektiert werden, was ADHS fr die eigene Bio- graphie bedeutet und was es zuknftig bedeuten kann. Hier kommen vielleicht rger, Frustration und auch Traurigkeit ber das Versagen, die Selbstwertzwei- fel, die huge Kritik der Umwelt oder mglicherweise verpasste Gelegenheiten zur Sprache. In den vergangenen Jahren sind fr die Psychotherapie der ADHS im Erwachse- nenalter sogenannte strungsorientierte Behandlungsanstze (auf der Grundlage verhaltenstherapeutischer Konzepte) entwickelt und auf ihre Wirksamkeit untersucht worden. Strungsorientiert bedeutet, dass spezielle, auf die Strung mageschneiderte Behandlungsprogram- me entwickelt wurden. Als Ziele bzgl. der ADHS-Kernsymptome und der Sekundrfolgen werden in diesen Therapien genannt: Symptom-Manage- ment, Vermittlung von Fertigkeiten, Verbesserung der negativen Selbstbewer- tungen und Stabilisierung des Selbstwert- gefhls. Fertigkeiten in den Bereichen Ar- beitsgewohnheiten, Zeitmanagement und Partner- und Familienbeziehungen. Die Therapien knnen einzeln oder in Gruppen durchgefhrt werden, sind meist in Modu- len aufgebaut und sehr strukturiert. Im deutschen Sprachraum sind zwei spe- zische Therapiemanuale verfgbar. Einzeltherapieprogramm Bei dem Einzeltherapieprogramm wird davon ausgegangen, dass die Kernde- zite der ADHS zu einer Lerngeschichte fhren, die von Misserfolgen, mangeln- der Leistungsfhigkeit und zwischen- menschlichen Problemen geprgt ist. Inhalte der Therapiesitzungen sind beispielsweise das Management von schwierigen, komplexen Aufgaben, von Ablenkbarkeit, die Bearbeitung von negativen Selbstbewertungen und der Umgang mit emotionalen Problemen. Es ndet immer wieder Ermutigung statt, die Strategien regelmig anzuwenden, auch bei anfnglichen Misserfolgen. Gruppenprogramm Das Gruppenprogramm besteht eben- falls aus verschiedenen Modulen, mit ausfhrlicher Psychoedukation ber alle wichtigen Aspekte von ADHS wie ADHS- Symptomatik oder Neurobiologie. Ferner werden Verhaltensstrategien fr ADHS-relevante Bereiche besprochen und auch mit Hausaufgaben eingebt: Atomoxetin ist kein Stimulanz und verfgt ber einen anderen Wirkmechanismus. Verhalten ndern Strategien besprechen Probleme identifizieren Die Psychotherapie hilft bei der Bewltigung von strenden Verhaltensweisen und Gefhlen. 18 19 Alltagsstrukturierung, Organisations- planung, Achtsamkeitsbungen, Emo- tionsregulation, Impulskontrolle und Stressmanagement. Nach Abschluss der Therapie gelingt es den Teilnehmern besser, die ADHS-Symptome zu akzep- tieren und durch die erlernten Strategi- en auch besser damit umzugehen. Die Teilnehmer der Therapie fanden auch gerade den Austausch mit anderen Betroffenen sehr wertvoll und hilfreich. Coaching Das sogenannte Coaching stellt eine weitere Mglichkeit dar, ADHS-Sympto- me zu behandeln. Ein Coach kann z. B. mit einem Trainer beim Sport verglichen werden, der eine Person begleitet und die Frage stellt, was diese Person zur Problembewltigung bentigt. Er schaut sich an, welche Fertigkeiten vorliegen und wie diese optimal eingesetzt werden knnen. Dadurch lassen sich die eige- nen Handlungsspielrume erweitern. Ein Coach ist dabei behilich, den der- zeitigen Standort zu bestimmen, wohin sich der Betroffene verndern mchte und wie dies funktionieren kann. Diese Funktion des Coaches kann durch einen Therapeuten, aber auch beispielsweise durch Partner oder Freunde bernom- men werden. Selbsthilfegruppen Fr weitere Informationen und den Aus- tausch mit anderen Betroffenen, entweder begleitend zu einer Therapie oder im An- schluss daran, ist auch der Besuch einer Selbsthilfegruppe zu empfehlen. Hier kann jeder seine Erfahrungen einbringen oder von Erfahrungen der anderen protieren. Mitarbeit von Bezugspersonen Der behandelnde Arzt oder Therapeut kann whrend der Behandlung wichtige Bezugspersonen/Partner in die Behand- lung einbeziehen. Dies kann hilfreich sein, zum einen, damit die Bezugspersonen die ADHS-Symptome kennen, zum anderen, damit sie Strategien im Umgang damit kennenlernen. Denn nur wenn das direkte soziale Umfeld wei, wie es Erwachsenen mit ADHS geht und den Umgang damit kennt, werden langfristige Konikte ver- mieden. Auch hier gilt: Information ist der erste Schritt, um mgliche Konikte zu minimieren und gegenseitiges Verstndnis zu erlangen. Ergnzende Therapie bei komorbiden Strungen Darber hinaus ist in vielen Fllen ein wei- terer Schritt in der Behandlung zu bespre- chen: Wie soll mit Begleiterkrankungen umgegangen werden? Es kann sein, dass zuerst die Begleiterkrankung (z. B. bei Abhngigkeitserkrankungen oder Depres- sionen) behandelt wird und dann erst die ADHS-Symptomatik oder aber auch, dass beides gleichzeitig behandelt wird (z.B. bei einer Angststrung). Hug wird zunchst das schwerwiegendere Problem zuerst behandelt.
Tipps und Tricks Wie kann ich mir im Alltag selbst helfen? Der erste Schritt ist, dass Erwachsene mit ADHS ihr Chaos im Kopf verstehen ler- nen. Die Verarbeitung von Informationen im Gehirn verluft nicht optimal, wodurch die Betroffenen ablenkbar, unaufmerksam und vielleicht auch impulsiv sind. Um gute Ergebnisse zu erreichen, mssen sich Personen mit ADHS in vielen Lebens- bereichen mehr anstrengen als andere. Was knnen Sie selbst tun? Zerlegen Sie eine Aufgabe in kleine Schritte. Ihre Aufmerksamkeitsspanne ist krzer als die von anderen Personen. Deshalb ist es wichtig, das Prinzip der kleinen Schritte anzuwenden. Setzen Sie Prioritten. Schreiben Sie wichtige Dinge auf einen Klebezettel und hngen Sie diese z. B. an den Spiegel in Ihrem Badezimmer oder nutzen Sie alternativ die Notizfunk- tion in Ihrem Mobiltelefon. Sie sollten Ihren Arbeitsplatz/Schreib- tisch bersichtlich organisieren. Alles sollte so organisiert sein, dass Sie nicht lange suchen mssen. Ablageksten oder Ordner knnen hier hilfreich sein, auch Karteikarten mit unterschiedlichen Farben erleichtern die Organisation. Termine oder notwendige Erledigungen sollten Sie sofort aufschreiben. Ein Terminplaner ist dafr ein wichtiges Hilfsmittel oder benutzen Sie alternativ z. B. einen PC oder Ihr Mobiltelefon. Textmarker in verschiedenen Farben knnen ebenfalls hilfreich sein. Halten Sie fr bestimmte Aktivitten feste Zeiten ein. Etablieren Sie Rituale fr wichtige persnliche Bereiche, z. B. Einkaufen oder Sport, an bestimmten Tagen und zu festen Zeiten. Sport ist eine sehr wichtige Aktivitt zum Span- nungsabbau und zur Stimmungsstabili- sierung. Planen Sie im Voraus. Schieben Sie nichts auf (brigens eines der wesentlichsten ADHS-Probleme). Wenn Sie Dinge gleich erledigen, werden Sie sich vermutlich viel besser fhlen. Sorgen Sie dafr, dass Arbeit/Pichten und Entspannung ausgewogen sind. Wenn Ihre Stimmung mal wieder schwankt, akzeptieren Sie es. Sie wis- sen, dass dieser Zustand vorbergeht. Auch Grbeln darber hilft nichts. 20 21 Untersttzung Wo kann ich weitere Informationen zu ADHS finden? ADHS Deutschland e. V. Poschingerstrae 16, 12157 Berlin www.adhs-deutschland.de Juvemus e.V. Vereinigung zur Frderung von Kindern und Erwachsenen mit Teilleistungsschwchen e.V., Brckenstrae 25, 56220 Urmitz, www.juvemus.de
zentrales adhs-netz Universittsklinikum Kln, Robert-Koch Strae 10 50931 Kln, www.zentrales-adhs-netz.de, www.adhs.info Wichtige Bezugspartner sollten soweit mglich informiert werden. Teilen Sie Ihrem Gesprchspartner mit, wenn Sie merken, dass Sie nicht aufmerksam ge- nug sind und die Kommunikation/Bezie- hung vielleicht darunter leiden knnte. Belohnen Sie sich fr Erfolge, auch fr die kleinen. Unternehmen Sie auch Dinge, die Ihnen und Ihren Partnern/ Freunden Spa bereiten. Und wenn Ihnen dies alles nicht gelingt, rgern Sie sich nicht. Nutzen Sie Ihre Energie und Ihre Kreativitt und versuchen Sie es einfach noch einmal. Wenn Sie sich vertieft ber ADHS informieren mchten oder Kontakt zu anderen Erwachsenen mit ADHS aufnehmen mchten, so empfehlen wir Ihnen folgende Anlauf- stellen: 22 23 Kontroversen Gibt es kritische Fragen zu ADHS? Manchmal wird in den Medien die Auf- fassung vertreten, dass Strungen der Aufmerksamkeit, Hyperaktivitt und Im- pulsivitt den meisten Menschen vertraute Phnomene seien und deswegen weniger von einer medizinischen Krankheit als von allgemeinen Eigenschaften, die bisweilen als strend erlebt werden, gesprochen werden sollte. Andere bestreiten generell, dass es ADHS berhaupt gibt, und vertre- ten die Auffassung, dass die modernen In- dustriegesellschaften mit ihren speziellen Lebensbedingungen fr dieses Verhalten verantwortlich seien. Es ist in diesem Zusammenhang wichtig, sich zu vergegenwrtigen, dass hier nicht jene Aufmerksamkeitsmngel gemeint sind, die jeder Mensch kennt, z. B. wenn er mde ist und sich nicht mehr kon- zentrieren kann. Es geht auch nicht um Unruhe und Zappeligkeit in spezischen Belastungssituationen. Vielmehr handelt es sich gerade nicht um situationsbezoge- ne, sondern um seit der Kindheit beste- hende und berdauernde Strungen der Aufmerksamkeit mit Hyperaktivitt und Impulsivitt, die sich durchgngig in vielen Lebensbereichen bemerkbar machen. Diese Strungen erweisen sich gegenber ueren Einwirkungen regelmig als wenig vernderlich. Die ADHS ist von der Weltgesundheitsor- ganisation (WHO) als Krankheit anerkannt. Im brigen erfllt die ADHS alle Kriterien, die fr die Anerkennung als Krankheit notwendig sind: ADHS ist durch verschiedene Kriterien verbindlich deniert Man wei, dass ADHS weltweit auftritt und in allen sozialen Schichten beob- achtet werden kann. Eine genetische Verursachung gilt heute als gesichert. Efziente Therapieverfahren sind ver- fgbar. Damit erfllt die ADHS alle Bedingun- gen, die bei medizinischen Krankheiten hinsichtlich Diagnose, Hugkeit, Verursachung und Behandlung erfllt sein mssen. Im Vergleich zu anderen psychischen Krankheiten wie z. B. Depressionen, Schizophrenien etc. ist der Wissensstand ber die Erkrankung als hoch einzuschtzen. Die ADHS ist von der Weltgesundheits- organisation (WHO) als Krankheit anerkannt. Lilly Deutschland GmbH Werner-Reimers-Strae 2-4 61352 Bad Homburg www.lilly-pharma.de D E S T R 0 1 1 8 9
Die kleine ADHS-Sprechstunde, Aktualisierte und erweiterte Auflage 2020: AD(H)S bei Erwachsenen - Einführung und Ratgeber für Patienten und Interessierte
ADHS Erwachsene: Die große ADHS Toolbox für maximale Aufmerksamkeitssteigerung, effektives Zeitmanagement und stabile Beziehungen - inkl. Praxis-Workbook für direkten Anwendungserfolg
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Körpersprache - Menschen lesen & verstehen: So betreiben Sie Profiling wie FBI-Agenten! Gestik, Mimik & Signale des Körpers richtig deuten, Lügen & Manipulationen erkennen oder Ihre Wirkung steuern