Als pdf oder txt herunterladen
Als pdf oder txt herunterladen
Sie sind auf Seite 1von 13

NIEDERSCHSISCHES

JAHRBUCH
FR L A N D E S G E S C H I C H T

Neue Folge der Zeitschrift des Historischen Vereins fr Niedersachsen

Herausgegeben
von der Historischen Kommission fr Niedersachsen und Bremen

Band 63

1991
VERLAG HAHNSCH E BUCHHANDLUN G HANNOVE R

Zum Problem der Andreasmnzen aus dem Harz*

Von
Reiner Cun z
Die Andreasmnzen aus dem Harz gehren zu den am hufigsten vorkommende n
neuzeitlichen Geprgen der niederschsischen Mnzgeschichte. Dennoch oder vielleicht gerade wegen des groen Umfangs fehlt eine zusammenfassende Aufarbeitung
dieses wichtigen numismatischen Stoffes. Im folgenden soll der Forschungsstand anhand einschlgiger Arbeiten skizziert werden.
1

Heiligendarstellungen kommen auf zahllosen Mnzen vor. Am hufigsten un d am


weitesten verbreitet waren die Mariendarstellungen. F r Niedersachsen ware n die
zuerst 1505 von der Stadt Goslar geprgten Mariengroschen von groer Bedeutung.
Als Nominal bzw. Rechenbegriff verselbstndigte sich der Mariengroschen (7 6 Taler)
und setzte sich im sdlichen Niedersachsen parallel zu den Guten Grosdien (V 4 Taler) durch. Ungeachtet der konfessionellen Spaltung des Deutschen Reiches wurden
Mnzen i n Mariengroschenrechnun g vo r alle m i n de n protestantische n braun schweig-lneburgischen Landen in erheblichem Umfang geprgt. Dies war aber nicht
zwingend mit der bernahme des Marienbildes verbunden. Eine andere Entwicklung lt sich bei den Andreasmnzen aus dem Harz feststellen.
3

* berarbeitet e Fassung des gleichnamigen Begleitheftes zur Ausstellung St. Andreasberg, Klassische Silbererz-Lagersttte im Harz, im Mineralogischen Museum der Westflischen WilhelmsUniversitt Mnster (Herbst 1988 - Frhjah r 1989).
1 Spruth , F. : Die Oberharzer Ausbeutetaler von Braunschweig-Lneburg im Rahmen der Geschichte ihrer Gruben, Ein Beitrag zur Industriearchologie, Bochum 1986, ( Verffentlichungen aus dem Deutschen Bergbaumuseum Bochum 36), S. 10. Im Hinblick auf die Herausarbeitung grundlegender Strukturen wurde auf Miszellen, versteckte kleinere Hinweise in der Literatur und einzelne Vorkommen in Auktionskatalogen und Lagersten weitestgehend verzichtet.
Diese knnen allenfalls in einer grundlegenden Neubearbeitung bercksichtigt weiden. Weiterfhrende Literaturhinweise sind den zitierten Titeln in den meisten Fllen zu entnehmen.

338

Reiner Cunz

Der Apostel Andreas, Bruder des Petrus, wurde nach einer spteren Legende an ein
Kreuz mit gleichlangen aber schrgstehenden Balken geschlagen, das sog. Andreaskreuz. In bildlichen Darstellungen wird dem Heiligen das Andreaskreuz als Erkennungszeichen beigegeben. Der Name des Ortes St. Andreasberg wird auf die dortige
Grube St. Andreaskreuz zurckgefhrt, und deren Name u. a. auf den Verlauf der
sich kreuzenden Erzgnge . St. Andreasberg gehrt zu einer Gruppe von Bergbauorten mit Heiligennamen. Im Laufe seiner Geschichte wechselte St. Andreasberg mehrmals die territoriale Zugehrigkeit. Auf die Grafschaft Hohnstei n folgten mehrere
Zweige des Hauses Braunschweig-Lneburg: zunchs t kurzzeitig das Frstentum
Grubenhagen, dann das Frstentum Wolfenbttel , das Frstentum Lneburg und
zuletzt da s Frstentu m Calenber g (169 2 Erhebun g zu m Kurfrstentu m Braun schweig-Lneburg, spter staatsrechtlich nicht korrekt auch als Kurfrstentum Hannover bezeichnet).
2

In den 30er Jahren des 16. Jahrhunderts begann die Prgung von Andreasmnzen in
der Grafschaft Hohnstein . Die Tradition der Grafen wurde nach deren Aussterben
im Jahre 1593 durch die weifischen Andreasmnzen fortgefhrt. Bis 1804 erschien
das Heiligenbild auf Reichtstalera und Teilwerten und seit der Herabsetzung der
Mnzfe durc h die Reforme n vo n Zinn a (1667 ) un d Leipzig (1690 , a b 173 8
Reichsfu) paralle l auf / Taler n (24 Mariengroschen ) und Teilwerten sowie auf
Kleinmnzen und zuletzt sogar auf kupfernen Scheidemnzen . Zu den numismatischen Besonderheite n zhle n Mehrfachtaler , Dickabschlg e un d Klippe n sowi e
Goldgulden und Goldabschlge. Die Andreasmnzen wurden anfangs in der Mnz4

2
3

Mseier, K.: Bergbaugeprge, Dargestellt auf Grund der Sammlung der Preussag Aktienge
sellschaft, 2 Bnde, Hannover 1983, S. 7; allgemein: Gebhard, G.: Harzer Bergbau und Mine
rale: St. Andreasberg, Haltern 1988.
von Bahrf eldt, M.: ber die Mnzprgung des Herzogs Heinrich Julius von Braunschweig und
Lneburg, 3/5 158920/71613, in: Festschrift fr Paul Zimmermann zur Vollendung seines 60.
Lebensjahres, Wolfenbttel 1914 (* Quellen und Forschungen zur Braunschweigischen Ge
schichte 6), S. 71-81.
Ein frher Vorlufer findet sich unter den Heiligengroschen: Andreasgroschen des Frstentums
Grubenhagen von 1509 und ohne Jahr (Welter 325/325 A); vgl. auch Friedensburg, F.: Die
Symbolik der Mittelaltermnzen, 2 Bnde, Berlin 1913/1922, S. 401; Gnther, F.: Zur Harzi
schen Mnzkunde, Die Andreasmnze des Harzes, in: Zeitschrift des Harz-Vereins fr Ge
schichte und Altertumskunde 45, 1912, S. 159-164 und 309, bes. S. 161.
Vgl. auch Koch, W.: Whrend der Dauer der zinnaischen und der Leipziger Mnzkonvention
(16701753) geprgte Reichstalerteilstcke von Braunschweig-Lneburg zu V , V und V Taler,
in: Der Mnzen- und Medaillensammler, Berichte aus allen Gebieten der Geld-, Mnzen- und
Medaillenkunde 7, 1967, S. 173-180.
2

339

Andreasmnzen

statte Ellrich, dann in St. Andreasberg und zuletzt in Clausthal geschlagen . St. Andreasberg gehrte auch zu den Heckenmnzsttten der Ersten Kipperzeit im braunschweig-lneburgischen Frstentum Lneburg (16181621) . Die Andreasmnzen
der Zweiten Kipperzeit (letztes Viertel 17 . Jahrhundert) aus Clausthal haben sich
durch gute Qualitt deutlich von den sonst hufig schlechten Geprgen der Zeit abgehoben . Auch nach der Zeit der franzsischenFremdherrschaft unter dem Knigreich
Westphalen (18071813 ) grif f ma n im Knigreich Hannover , trotz des auch im
6

H e y s e, G.: Ueber die vom Braunschweig-Lneburgischen Frstenhause benutzten ehemaligen


Mnzsttten am Harze, nebst Nachrichten von den Mnzmeistern, ihren Zeichen und Jetons, in:
Heyse, G.: Beitrge zur Kenntnis des Harzes, seiner Geschichte, Literatur und seines Mnzwe
sens, Aschersleben/Leipzig 1874, S. 94-138, bes. S. 103-114; Gnther, F.: Zur Geschichte
der Harzischen Mnzsttten, in: Zeitschrift des Harz-Vereins fr Geschichte und Altertumskunde41,1908, S. 92-158 und 185 f., bes. S. 9 3 - l l l u n d 122-138; Gnther, F.: Die lteste Ge
schichte der Bergstadt S. Andreasberg und ihre Freiheiten 2, in: Zeitschrift des Harz-Vereins fr
Geschichte und Altertumskunde 44, 1911, S. 1749, bes. S.48L; Gnther, Andreasmnze,
S. 159161; Vo l k, C : Die Mnzsttte St. Andreasberg, in: Zeitschrift des Harz-Vereins fr Ge
schichte und Altertumskunde 71,1938, S. 75-84; von Scotti, H.-H. und Dennert, H.: Die
Mnzsttten in Zellerfeld und Clausthal, Ausbeutetaler, Medaillen und Lser, in: Technische
Universitt Clausthal, Zur Zweihundertjahrfeier 17751975, Band 1: Die Bergakademie und
ihre Vorgeschichte, Clausthal-Zellerfeld 1975, S. 393-406; Gutbrod, W.: Die Harzer Andre
asmnzen, in: Unser Harz 37, 1989, S. 163-165 und 187 f.
7 Bahrfeldt, M.: Beitrge zur Mnzgeschichte der Lneburgischen Lande im ersten Drittel des
17. Jahrhunderts, Herzog Wilhelm zu Harburg, Christian zu Celle, Julius Ernst und August d. J.
zu Dannenberg-Hitzacker, in: Numismatische Zeitschrift 25,1894, S. 123-372, bes. S. 238. Von
den Mnzsttten Herzog Christians werden in dem Aufsatz ausfhrlicher behandelt: Winsen
(Luhe), Celle und Nienburg (Weser). Zur Orientierung dienen die nachstehenden bergreifen
den Werke. Mnzgeschichte: Opel, J. O.: Deutsche Finanznoth beim Beginn des Dreiigjhri
gen Krieges, in: Historische Zeitschrift 16,1866, S. 213-268; Gaettens, R.: Inflationen, Das
Drama der Geldentwertungen vom Altertum bis zur Gegenwart, Mnchen 1957, S. 7499;
Rittmann, H.: Deutsche Geldgeschichte 1484-1914, Mnchen 1975, S. 223-256. - Des
kriptive Numismatik: Kat. A. Riechmann & Co. 25, (Mnzen der deutschen Kipperzeit, Samm
lung des Herrn Wilhelm Kraaz), Halle (Saale) 677. 3. 1924.
8 Im Gebiet der ehemaligen Grafschaft Hohnstein wurden im 17. Jahrhundert mehrere Hecken
mnzsttten betrieben. Erste Kipperzeit: Lauerwald, R: Lipprechterode oder Lohraein Bei
trag zur Geschichte der Kippermnzsttten, in: Beitrge zur Heimatkunde aus Stadt und Kreis
Nordhausen 2/3,1978, S. 34-37; Lauerwald, P.: Zur Zuordnung der Kipper-ZwlfkreuzerPrgungen des Herzogs Friedrich Ulrich von Braunschweig-Wolfenbttel aus der Grafschaft
Hohnstein, in: Beitrge zur Heimatkunde aus Stadt und Kreis Nordhausen 11,1986, S. 80-84;
Lauerwald, P.: Kipper-Zwlfkreuzer-Prgungen des Herzogs Friedrich Ulrich von Braun
schweig-Wolfenbttel aus der Grafschaft Hohnstein, in: Jahrbuch des Arbeitskreises Thringer
Mnz- und Geldgeschichte 1987, (= Numismatische Hefte 33), S. 49-52. - Zweite Kipperzeit:
Mller-Jahncke, W.-D. und Volz, F.-E.: Die Mnzen und Medaillen der grflichen Huser
Sayn, Frankfurt am Main 1975, S. 93-190. - Zur Orientierung dienen die nachstehenden ber
greifenden Werke. Mnzgeschichte: Frhr. von Schrtter, F.: Das deutsche Heckenmnzwesen
im letzten Viertel des 17. Jahrhunderts, in: Deutsches Jahrbuch fr Numismatik 1, 1938,
S. 39-106; Rittmann, S. 257-305. Deskriptive Numismatik: Davenport, J. S.: Silver Gul
den 1559-1763, Frankfurt am Main 1982, S. 67-279.
2

340

Reiner Cunz

Mnzwesen gegenwrtigen Geistes der Restauration, die Prgung von Andreasmnzen nicht mehr auf. Ihre Zeit war aus mehreren Grnden endgltig vorbei .
9

Die frhenAndreastaler knpften ikonographisch an die Tradition der Mnzen der


Grafen Schlick mit dem Bild des Heiligen Joachim an. Das reiche Silbervorkommen
in St. Joachimsthal, gelegen im sdlichen bhmischen Teil des Erzgebirges, wurde in
der dortigen Mnzsttte ab 1520 verprgt. Von den Joachimsthaler Guldengroschen
leitete sich der Name Taler ab. Die Entstehung der ersten Guldengroschen bzw. Taler
markiert in der Mnz- und Geldgeschichte den bergang vom Mittelalter zur Neuzeit, da Talermnzen bis zur Einfhrung der Reichswhrung (ab 1871) die fhrende
Rolle im Mnz- und Geldwesen bernahmen. In Niedersachsen gelang dem Taler der
Durchbruch mit der umfangreichen Mnzprgung der Herzge zu Braunschweig-

Eine zusammenfassende und kritische Bearbeitung des uerst umfangreichen Materials fehlt.
Am grten sind die Defizite bei der Grafschaft Hohnstein. Zur Orientierung dienen die nachste
henden Werke. Gedruckte Quellen: vonBahrfeldt,M.: Niederschsisches Mnzarchiv, Ver
handlungen auf den Kreis- und Mnzprobationstagen des Niederschsischen Kreises
1551-1625,4 Bnde, Halle (Saale) 1927-1930, Verffentlichungen der Historischen Kom
mission fr Hannover, Oldenburg, Braunschweig, Schaumburg-Lippe und Bremen 10 [nur Band
13]. Mnzgeschichte: Karl, H.: Zur Geschichte des Oberharzer Mnzwesens, Entwicklung
von den Anfngen bis zur Bergbau- und Lserprgung, in: Mitteilungsblatt der TU Clausthal 55,
1983, S. 3441. Deskriptive Numismatik: Leitzmann, J.: Die Mnzen der Grafen von Clettenberg und Honstein, in: Numismatische Zeitung 12, 1845, Sp. 81-85, 89-91 und 97-103;
Mnz- und Medaillen-Kabinet des Grafen Karl zu Inn- und Knyphausen, Hannover 1872,
S. 377379; Erster Nachtrag zum Mnz- und Medaillen-Kabinet des Grafen Karl zu Inn- und
Knyphausen, Hannover 1877, S. 199-202; Frhr. von Saurma-Jeltsch, H.: Die Saurmasche
Mnzsammlung deutscher, schweizerischer und polnischer Geprge von etwa dem Beginn der
Groschenzeit bis zur Kipperperiode, 2 Bnde, Berlin 1892, Sp. 109 und Tafel 76; Gebhart, H.:
Die deutschen Mnzen des Mittelalters und der Neuzeit, Berlin 1930, (== Bibliothek fr Kunstund Antiquitten-Sammler 32), S. 148 f. und 151 (betr. Kataloge des Mnzhandels); Schulten,
W.: Deutsche Mnzen aus der Zeit Karls V, Typenkatalog der Geprge zwischen dem Beginn der
Talerprgung (1484) und der dritten Reichsmnzordung (1559), Frankfurt am Main 1974,
S. 145 f.; Welter, G.: Die Mnzen der Weifen seit Heinrich dem Lwen, 3 Bnde, Braunschweig
1971-1978; Davenport, J. S.: German Talers 1500-1600, Frankfurt am Main 1979,
S. 143146; Mseier, Berbaugeprge; Kat. Schulten + Co., (... Ausbeute- und BergwerksGeprge ...), Kln 22723.4.1985, S. 124-151. Eine Literaturbersicht zum Thema Bergbau
geprge bei: Mseier, Bergbaugeprge, S. 5 f. Der Typenkatalog von Welter ist eine sicherlich
ntzliche, aber bisweilen unkritische Kompilation, die vor allem den schnellen Zugriff zu einigen
wichtigen lteren Werken erleichtert. Insbesondere der dort eingearbeitete Katalog von Fiala,
E.: Mnzen und Medaillen der Weifischen Lande, 9 Bnde, Leipzig/Wien 1904-1919 weist
manche Unzulnglichkeiten bzw. Fehler auf und ist leider nur eine unsichere Basis fr die For
schung. Zu der von Fiala verzeichneten ehemaligen Mnzsammlung des hannoverschen Knigs
hauses vgl. Cunz, R.: Hannover: Niederschsisches Mnzkabinett der Deutschen Bank, ber
sicht zur Struktur des Bestandes, in: Mitteilungsblatt, Museumsverband fr Niedersachsen und
Bremen 31, 1987, S. 23-28. - Im Detail bestehen weiterhin Unsicherheiten im Bereich der
Mnzmeisterforschung, vgl. die grundlegende Arbeit von Jesse, W.: Probleme und Aufgaben
der Mnzmeisterforschung, in: Hamburger Beitrge zur Numismatik 9/10, 1955/1956,
S. 31-60.

Abbildungskommentar
Aus der Vielzahl der Andreasmnzen wurden die Andreastaler als Beispiele ausgewhlt. Sie
sind seit der Reichsmnzgesetzgebung des 16. Jahrhunderts in Silber im 9-Talerfu, d. h. 9 Ta
ler aus der Klner Mark Feinsilber (ca. 234 g), geprgt worden. Diese sogenannten Reichstaler
waren das wertbestndigste und wichtigste Nominal der neuzeitlichen Mnz- und Geldge
schichte. Auch unter den Andreasmnzen war der Reichstaler der am hufigsten und lngsten
geprgte Mnztyp. Neben der Grafschaft Hohnstein sind alle vier weifischen Linien, die nach
einander Andreasmnzen ausgegeben haben, bei den Abbildungen mit einem Beispiel vertre
ten, Im Falle der Linie Calenberg wurde fr die Zeit nach der Erlangung der Kurwrde ein zwei
tes Mnzbeispiel ausgewhlt (Abb. 6). In diesem Querschnitt sind auch alle drei Mnzsttten,
in denen Andreasmnzen geprgt wurden, mit mindestens einem Beispiel reprsentiert.
Andreastaler waren fr ihre gute Qualitt bekannt. Bedeutsam ist es also zu wissen, woran man
sie erkennt, d. h. welches die wichtigste Seite ist und wie man ihren Nominalwert feststellen
kann. Auf beide Fragen gibt es berraschende Antworten. Zum einen hatten die Zeitgenossen
andere Ansichten, welche die wichtigste Seite einer Mnze sei, als die moderne numismatische
Forschung. Zum anderen mu man feststellen, da Nominalangaben bei Talern eine Seltenheit
waren,
Stellvertretend fr die hohnsteinischen Andreastaler steht ein Holzschnitt aus einem Handbuch
fr Kaufleute. Unter den hochwertigen Mnzsorten werden dort u. a. Andreastaler der Grafen
von Hohnstein aufgefhrt. Dieses Kaufmannshandbuch soll als Beispiel fr eine von mehreren
anderen Quellengruppen der Numismatik neben den Mnzen selbst dienen. Diese bebilderten
Bcher mit Mnzkursen waren ein Hilfsmittel zum Verstndnis der Mnzvielfalt dieser Zeit
und sind es auch heute noch. Die Holzschnitte wurden allerdings ohne Anspruch auf Detailge
nauigkeit, z. B. bei der Schreibung der Umschriften, angefertigt. Fr eine nur beschreibende
Mnzkunde sind sie keine zuverlssige Grundlage, wohl aber fr die Geldgeschichte.
Der unbefangene numismatische Laie wrde zweifelsohne die Seite mit dem Heiligenbild als
wichtigste Seite einer Andreasmnze ansehen, denn sie ist das Erkennungsmerkmal dieser
Mnzgruppe. Und genau in diesem Sinne wurde die Heiligenseite in dem Mnzbuch als erste
Seite abgebildet. In der modernen numismatischen Wissenschaft geht man abweichend davon
nach rechtsgeschichtlichen Kriterien vor. Die Seite, die den Mnzherren, d. h. denjenigen, der
das Mnzrecht ausbt, in Schrift bzw. Bild nennt, wird als Vorderseite angesehen. Die Andreas
mnzen zeigen allesamt keine Herrscherportrts. Die Vorderseite lat sich nur anhand der Um
schrift bestimmen. Unter den abgebildeten Beispielen ist mit einer Ausnahme (Abb. 4) die
Wappenseite zugleich die Vorderseite.
Noch viel wichtiger als die uere Gestaltung einer Mnze war ihr innerer Wert. Die techni
schen Merkmale, d. h. das bliche Gewicht und der bliche Durchmesser eines Reichstalers
wurden gemeinhin als bekannt vorausgesetzt. Reichstaler und auch die Andreastaler trugen
deshalb in der Regel keine Wertangabe. Ein Beispiel fr eine Ausnahme ist der Reichstaler des
Frstentums Grubenhagen (Abb. 2). Der Reichsapfel in der Mitte der Rckseite trgt die Wert
zahl 24 fr 24 Gute Groschen. Dieses Detail des Mnzbildes geht auf die Reichsmnzgesetzge
bung des 16. Jahrhunderts zurck, ebenso wie die Nennung des regierenden Kaisers auf der
Rckseite der Mnze.

1. Grafschaft Hohnstein
Volkmar Wolfgang, Eberwein und Ernst VI, gemeinsam (15541561)
Reichstaler 1556
Mnzsttte Ellrich
Typ Mseier 31/31
Strmer, W. Verzeichnis und Geprge der groben und kleinen Mnzsorten [ . ], Leipzig
1572, Nachdruck Berlin (DDR) 1979, o. Pag.
2. Herzogtum Braunschweig-Lneburg, Frstentum Grubenhagen
Wolfgang und Philipp II. gemeinsam (15671595)
Reichstaler 1594
Mnzsttte St. Andreasberg
Welter 531
29,050 g
Hannover" Niederschsisches Mnzkabinett der Deutschen Bank
Inventarnummer 01.053.013
3. Herzogtum Braunschweig-Lneburg, Frstentum Wolfenbttel
Heinrich Julius (1589-1613)
Reichstaler 1598
Mnzsttte St. Andreasberg
Welter 638
28,810 g
Hannover: Niederschsisches Mnzkabinett der Deutschen Bank
Inventarnummer 01,116.045
4. Herzogtum Braunschweig-Lneburg, Frstentum Lneburg
Christian (1611-1633)
Reichstaler 1624
Mnzsttte St. Andreasberg
Welter 926
29,040 g
Hannover" Niederschsisches Mnzkabinett der Deutschen Bank
Inventarnummer 02.120.040
5 Herzogtum Braunschweig-Lneburg, Frstentum Calenberg
Johann Friedrich (1665-1679)
Reichstaler 1666
Mnzsttte Clausthal
Welter 1708
28,795 g
Hannover: Niederschsisches Mnzkabinett der Deutschen Bank
Inventarnummer 03.030.014
6. Kurfrstentum Hannover
Georg Ludwig (16981727, als Georg I. ab 1714 Knig von Grobritannien und Irland)
Reichstaler 1702
Mnzsttte Clausthal
Welter 2136
29,375 g
Hannover' Niederschsisches Mnzkabinett der Deutschen Bank
Inventarnummer 03.064.001

341

Andreasmnzen

Lneburg (ab 1531) und der Grafen von Hohnstein. Durch den Silberreichtum des
Harzes war die Talerprgung in Niedersachsen besonders reich und vielfltig .
10

Das meiste verprgte Metall entstammt zwar ursprnglich dem Bergbau, zu den
Bergbaugeprgen werden aber nur Stcke gezhlt, die in Schrift oder Bild auf den
Bergbau hinweisen. Neben Mnzen gehren noch Medaillen, Jetons und Marken zu
den Bergbaugeprgen. Eine besondere Gruppe der Bergbaumnzen sind die Ausbeutemnzen. Ausbeutemnzen wurden im Zusammenhang mi t der Gewinnausschttung eines genossenschaftlich betriebene n Bergwerks geprgt . I m 16. Jahrhundert versuchte man auf der Ebene der Reichsmnzgesetzgebung vergeblich die
Mnzprgung in einer kleineren Zahl von gemeinschaftlich betriebenen Kreismnzsttten der jeweiligen Reichskreise zu zentralisieren. Lediglich die Mnzstnde mit
Metallvorkommen im eigenen Territorium sollten auch eigene (Bergwerks-) Mnzsttten unterhalten . Vor diesem mnzrechtlichen Hintergrund ist sowohl das generelle Vorkommen von Bergbaumnzen als auch die Einrichtung der Mnzsttte St.
Andreasberg zu sehen. Die Andreasmnzen werden als Grenzfall zu den Bergbaumnzen gerechnet . Die Andreasmnzen wren damit die ersten niederschsischen
Bergbaumnzen. Der Zusammenhang zwischen den Andreasmnzen und dem Segen des Bergbaus ist nicht zu bezweifeln. Die Annahme, da tatschlich alle Andreasmnzen aus dem Metall des Andreasberger Reviers seien, bedarf aber zumindest fr
die spteren Prgungen der berprfung. Der Umkehrschlu ist auf jeden Fall unzulssig. In St. Andreasberg schwankte die Ergiebigkeit der Erzfrderung, was sich auch
an der Mnzprgung ablesen lt. Im Laufe des Dreiigjhrigen Krieges war der
Bergbau in St. Andreasberg zum Erliegen gekommen und auch die dortige Mnzsttte stellte ihre Ttigkeit ein. Nach einer Unterbrechung von rund drei Jahrzehnten
wurden ab 1666 in der Mnzsttte Clausthal erneut Andreasmnzen geprgt. Diese
Zeit des Stillstandes trennt somit zwei Phasen des Bergbaus und auch der Mnzprgung. Wichtig scheint, da man schon im Vorfeld der Geldkrise der Zweiten Kipperzeit und als Verfechter der sie auslsenden Mnzreform ein Mnzbild aufgriff, das
von den guten alten Mnzen weithin bekannt war. Seit Anfang des 19. Jahrhunderts
war die Erzfrderung in St. Andreasberg stark rcklufig und auch die Andreasmnzen wurden in dieser Zeit aufgegeben. Auf Goldgulden des Frstentums Lneburg
von 1629 und ohne Jahr kam erstmals der Name St. Andreasberg auf Mnzen vor, al11

12

13

10 Cunz, R.: Vom Taler zur Mark, Hannover 1991, S. 7 f.


11 Mseier, Bergbaugeprge, S. 611; Mseier, K.: Bergbau- und Ausbeuteprgungen unter
besonderer Bercksichtigung der Oberharzer Geprge, in: Geldgeschichtliche Nachrichten 18,
1983, S. 12-20.
12 Arnold, P. und Quellmalz, W.: Schsisch-thringische Bergbaugeprge, Leipzig 1978,
S. 11 f.
13 Gemeint ist die Grenze zu den weit verbreiteten Mnzen mit Heiligen als Landespatron oder
Stadtheiliger. Die erwhnten Joachimsthaler Mnzen sind ebenfalls ein solcher Grenzfall. Mse
ier lehnt ihre Zugehrigkeit zu den Bergbaugeprgen jedoch ab.

342

Reiner Cunz

lerdings in einer fr Mnzstttenangaben gelufigen Form . Der Ortsname tauchte


wieder auf frhen Geprgen des Frstentums Calenberg aus der Mnzsttte Clausthal auf, diesmal also eindeutig als Herkunftsangabe fr das Metall. Diese Umschrift
wurde bald abgelst von einer anderen, die auf das Wiederaufleben des Bergbaus hinweist. Nur wenige Andreastaler werden von der Forschung als Ausbeutetaler im engeren Sinne angesprochen .
14

15

Der Heilige Andreas und der Wilde Mann, letzterer entwickelte sich zur Symbolfigur fr den Harz, waren die beiden charakteristischen Mnzbilder der weifischen
Harzmnzsttten . Die hier besprochenen Andreasmnzen gehrten zu den wenigen Beispielen von Heiligendarstellungen auf Geprgen protestantischer Mnzstnde . Auf den ersten Blick scheint der Biidtyp in fast stereotyper Weise ber mehr als
zweieinhalb Jahrhunderte unverndert. Im Detail lassen sich aber manche Wandlungen erkennen, z. B. in bezug auf die Haltung des Heiligen und den Faltenwurf seines
Gewandes sowie die Stellung und Form des Kreuzes. Der Wandel der Kunststile lt
sich bei genauer Betrachtung verfolgen. Das ungewhnliche Beharrungsvermgen
des Mnzbildes als type immobilise bedarf besonderer Erklrung. Etwas Vergleichbares hat die niederschsische Mnz- und Geldgeschichte nur noch in den Mnzen
mit dem Wilden Mann. Mit dem Heiligen Andreas als Mnzbild wurde nicht nur der
16

17

18

14 Welter 905 (irrtmlich als Dukat bezeichnet). Zum Problem der Goldgulden und Dukaten zuletzt
zusammenfassend: Klendorf, N.: Der Mnzschatz von Niederhone und die Hessen-Kasselsche Denkmalpflegeverordnung von 1780, Marburg 1987, (== Untersuchungen und Materialien
zur Verfassungs- und Landesgeschichte 10), S. 7280.
15 Spruth,S.10 und S. 19 2 f. Gegen eine Zuordnung der Andreasmnzen zur Frderung einer ein
zigen Grube spricht die Vielzahl der Zechen im St. Andreasberger Revier.
16 Zum Vorkommen des Heiligen Andreas auf Mnzen vgl. Rentzmann,W.: Numismatisches Legenden-Lexicon des Mittelalters und der Neuzeit, 2 Bnde, Berlin 1865/1866, Nachtrag 1878,
Nachdruck Berlin (DDR) 1978, Band 1, S. 160, Nachtrag S. 23. Zum Vorkommen des Andreas
kreuzes vgl. Rentzmann, W.: Numismatisches Wappen-Lexicon des Mittelalters und der Neu
zeit, Staaten- und Stdtewappen, 2 Bnde, Berlin 1876, Nachdruck Berlin (DDR) 1978, Tafel
14 f. Auf die Verbindung des Andreaskreuzes zum Christogramm, sowie auf seine heraldische
Bedeutung sei hier nur hingewiesen.
17 Heyse, G.: Der wilde Mann auf Braunschweig-Lneburgischen Mnzen und Heyse, G.: Die
Andreasmnzen des Harzes, in: Heyse, G.: Beitrge zur Kenntnis des Harzes, seiner Geschichte,
Literatur und seines Mnzwesens, Aschersleben/Leipzig 1874, S. 139145 und 146150. Es
kann hier nur darauf hingewiesen werden, da diese beiden Mnzgruppen eine Reihe von Ge
meinsamkeiten verbindet: die Beziehung des Mnzbildes zum Bergbau, Verselbstndigung des
Mnzbildes, Prgedauer usw. deshalb wre auch die Frage nach der Zugehrigkeit der Wilde
mannmnzen zu den Bergbaumnzen zu diskutieren, vgl. auch oben Anm. 13. Eine Rekonstruk
tion des Prgeablaufes, der die Zusammenhnge und Hintergrnde der Emissionsreihen besser
klren knnte, steht noch aus, vgl. P ro k i sch, B.: Zum Versuch einer systematischen Anordnung
der nachantiken Mnzen, (Ein Arbeitsbericht), in: Litterae Numismaticae Vindobonenses 3,
1987, S. 319-325.
18 Kahl, H.-D.: Hauptlinien der deutschen Mnzgeschichte vom Ende des 18. Jahrhunderts bis
1878, Frankfurt am Main 1972, S. 58.
2

Andreasmnzen

343

Hinweis auf den Silberreichtum des Bergbaureviers von St. Andreasberg verbunden,
der zudem auch Ende des 16. und Anfang des 17. Jahrhunderts in der Mnzsttte St.
Andreasberg verprgt wurde, sondern er entwickelte sich zu einem Qualittsbegriff,
einem Erkennungsmerkmal fr hochwertige Geprge. In diesem Zusammenhang ist
auch eine Besonderheit der Mnzprgung whrend und nach der Zweiten Kipperund Wipperinflation zu sehen: Mnzen nach dem Leipziger Fu, aber in unlegiertem
Feinsilber u. a. auch mit dem Andreasbild.
Feinsilbermnzen waren wegen ihres garantierten guten Gehaltes in fremden Mnzsttten als Schmelzgut und auch von Goldschmieden als Rohmaterial begehrt. Die
Mnze zeigte sich hier in doppelter Funktion als Zahlungsmittel und Ware. Trotz der
neuen und leichteren Mnzfe, die Mitte des 18. Jahrhunderts eingefhrt wurden,
prgte man in einigen Territorien bis Mitte des 19. Jahrhunderts zustzlich die berkommenen Sorten nach dem Leipziger Fu, da sie fr den Ostseehandel bentigt
wurden . Auf die Verselbstndigung des Bildtyps deutet auch sein Vorkommen in
der Kupferprgung am Ende dieser Entwicklung hin. Es bleibt aber festzuhalten, da
die Andreasmnzen des Harzes nicht von anderen Mnzstnden nachgeahmt wurden. Ihre tatschliche Bedeutung fr den Zahlungsverkehr kann nur die vergleichende Fundnumismatik herausarbeiten. Neben der primren Funktion als Zahlungsmittel und der sekundren Funktion als Edelmetallvorrat komme n Andreasmnzen
auch in tertirer Funktion als Bedeutungstrger in Brauchtum, Glauben und Aberglauben vor, d. h. in der Verwendung als Schmuck und Amulett.
19

19 Auch die Geldkrise des Siebenjhrigen Krieges (17561763) fhrte nicht zu einer Umstellung
bei der Prgung von Andreasmnzen. Gaettens, S. 147172; Rittmann, S. 383398;
Bauss, F.: Betrachtungen ber die Kriegsmnzen des Siebenjhrigen Krieges 17561763, in:
Numismatisches Nachrichtenblatt 33,1984, S. 208-216, 227-239 und 251-257. - Zur Bei
behaltung der Mnzprgung nach Leipziger Fu vgl auch Rggeberg, H.: Das Geld- und
Mnzwesen im Knigreich Hannover von 1813 bis 1866, Nach Gesetzen und Verordnungen zu
sammengestellt, Celle 1978, bes. S. 5.

Das könnte Ihnen auch gefallen