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David Danys

Die Antizionistische Kampagne in Polen 1967/68

David Danys
Lessingstr. 13
13158 Berlin
[email protected]
www.danys.keepfree.de
alle Rechte vorbehalten

1. Inhaltsverzeichnis

2. Ein europisches '68? - Einleitung..............................................................................................

3. Vorgeschichte..............................................................................................................................

3.1. Die Kommunistische Bewegung Polens in den Wirren des Zweiten Weltkrieges..............

3.2. Ein neues Polen....................................................................................................................

3.3. Entstalinisierung, Reformen und Kleine Stabilisation..................................................... 12


3.4. Partisanen und Patrioten............................................................................................... 13
3.5. Die Juden............................................................................................................................. 14
4. Die Kampagne............................................................................................................................ 16
4.1. Genese.................................................................................................................................. 16
4.2. Die Mrzunruhen................................................................................................................. 19
4.3. Die zweite Phase.................................................................................................................. 22
4.4. Die Kampagne im Volk........................................................................................................ 29
5. Die Vertreibung........................................................................................................................... 33
6. Fazit............................................................................................................................................ 35
7. Weiterfhrende Literatur............................................................................................................. 37

2. Ein europisches '68? - Einleitung


Prag, Berlin, Warschau, Paris, Rom eine lange Reihe europischer Stdte, die mit dem Jahr 1968
verbunden sind. In allen kam es zu Studentenunruhen, Protesten und zivilem Ungehorsam. berall
ertnte der Ruf nach Freiheit und Demokratie. berall, so scheint es, wurde die Jugend vom selben
Zeitgeist erfasst und suchte die alte Ordnung zu kippen. Und nirgends erreichte sie ihr Ziel: Im
Westen beschrnkte man sich auf den Einsatz von Wasserwerfern; im Osten Europas rollten Panzer
zuvor war 1968 von den Vereinten Nationen zum Internationalen Jahr der Menschenrechte
erklrt worden.
Doch war es ein und derselbe revolutionre Geist unter den Protestierenden, und ein und derselbe
reaktionre Geist bei den Repressoren, der beidseits des Eisernen Vorhangs herrschte, oder gab es
doch Unterschiede, Nuancen und Details, dass jedem Volk sein eigenes 1968 zugestanden werden
muss?
Marzec '68 - Mrz '68, wie die Unruhen in Polen die Bewegungen im eigenen Land schlicht
genannt werden, nahm seine eigene, unrhmliche Wendung. Whrend Warschauer, Krakauer,
Breslauer Studenten fr ihre liberalen Ideale auf die Straen gingen, instrumentalisierten
verschiedene Krfte in den Regierungskreisen den Unmut der Bevlkerung fr ihre eigenen
Zwecke.
Am Ende der Unruhen kam es zu einem der unrhmlichsten Kapitel in der polnischen
Nachkriegsgeschichte: Von Staat und Gesellschaft gedrngt mussten schlielich ber 10.000
Menschen meist jdischer Herkunft ihre Heimat verlassen Menschen, die zuvor bewusst in Polen
geblieben waren und sich am Aufbau einer sozialistischen Gesellschaft beteiligen wollten.
Die Arbeit soll kurz die Ereignisse des Jahres 1968, die mit ihrer Ausreise zusammenhngen,
umreien, und versuchen zu beschreiben, wie es dazu kam.

3. Vorgeschichte
3.1. Die kommunistische Bewegung Polens in den Wirren des Zweiten Weltkrieges
Die Vorgeschichte des Mrz 1968 ist in den Wirren des vorletzten Kriegsjahres zu suchen, als eine
Gruppe Kommunisten, die sich vor der vorrckenden Wehrmacht in die UdSSR gerettet hatte, im
Januar 1944 mit der Roten Armee nach Polen zurckkehrte.1 Am 22. Juli 1944 grndete sie das
Polnische Komitee der Nationalen Befreiung (PKWN)23 - dieses Datum galt im Mythos der
Volksrepublik fortan als ihr Grndungsmoment. Die Mitglieder dieses Komitees waren zu 35%
jdischer Herkunft, ein Trend, der sich bereits in der am 16. August 1938 durch die Komintern
aufgelsten Kommunistischen Partei Polens (KPP)4, abgezeichnet hatte. In dieser waren 2/3 der
Funktionre jdischer Herkunft gewesen,5 sowie zu Beginn der 20er Jahre sieben der zehn ZKMitglieder .6 Unter allen Mitgliedern zusammen machten Juden nie weniger als 22% aus, in den
Parteiorganisationen grerer Stdte berstieg sie hufig 50% und in denen kleinerer 60%.7 Die
KPP8 war 1918 aus dem Zusammenschluss der SdKPiL (Sozialdemokratie des Knigreiches Polen
und Litauens)9 und der PPS-Lewica (Polnische Sozialistische Partei Linke)10, einer radikalrevolutionren Absplitterung der in den Zwischenkriegsjahren groen, sozialistischen Partei PPS,
entstanden. Sie zhlte 5.000 6.000 Mitglieder (hinzu kamen der KPP untergeordnete
kommunistische Parteien und ihre Jugendorganisationen, so dass sich die Gesamtheit der politisch
organisierten Kommunisten in Polen zu ihrem Hhepunkt 1926 auf 33.736 Mitglieder belief11, plus
untergeordnete Gewerkschaften mit einem Gesamtmitgliedsstamm von 77.000 Personen).12
Noch deutlicher zeigte sich die Menge der Mitglieder jdischer Herkunft in der Jugendorganisation
der KPP, der KZMP13, in der die Politik vlkischer Vorurteilsfreiheit eine Mitgliederstruktur
hervorgebracht hatte, in denen ethnische Polen in der Minderheit waren: Sie machten 1930 19%
aus,1933 33%, whrend in den selben Jahren 18% bzw. 17% Ukrainer, 12% bzw. 19% Weirussen
1
2
3
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7
8
9
10
11
12
13

Oska, Piotr: Marzec '68, Krakau 2008, S. 11. (Im Folgenden: Oska)
Poln.: Polski Komitet Wyzwolenia Narodowego
Oska: S. 14.
Poln.: Komunistyczna Partia Polski
Oska: S. 14.
Schatz, Jaff: The Generation. The Rise and Fall of the Jewish Communists of Poland, Berkeley / Los Angeles 1991,
S. 76. (Im Folgenden: Schatz)
Schatz: S. 96.
Bis 1925 KPRP: Komunistyczna Partia Robotnicza Polski Kommunistische Arbeiterpartei Polens
Poln.: Socjaldemokracja Krlestwa Polskiego i Litwy
Poln.: Polska Partia Socjalistyczna Lewica
Schatz: S. 83.
Davies, Norman: Boe Igrzysko. Historia Polski, Band 2, Krakw 1996, S. 587. (Im Folgenden: Davies)
Poln.: Komunistyczny Zwizek Modziey Polskiej - Kommunistischer Bund der polnischen Jugend

und 51% bzw. 31% Juden waren.14


Obwohl weniger als 1% der in Zwischenkriegspolen lebenden 3 Millionen Juden mit dem
Kommunismus sympathisierten, wiesen sie in verschiedenen Organisationen der kommunistischen
Bewegung eine signifikante Zahl auf . Die Mitglieder der polnischen Sektion der Internationalen
Roten Hilfe, zum Beispiel, waren zeitweise 90% jdischer Herkunft auch wenn sich diese
Verteilung mit der Zeit relativierte.15 Diese jdischen Mitglieder waren zumeist junge Menschen,
die versuchten dem Judentum zu entfliehen zu einer Zeit, als die kommunistische Bewegung die
einzige war, die ihnen im Falle einer Machtbernahme die vllige und sofortige Emanzipation
versprach und sie vorurteilsfrei aufnahm gleichzeitig schienen die kommunistischen Ideale nicht
der Talmud-Ethik zu widersprechen.16 So entstand bereits vor dem Kriege das in Polen verbreitete
Stereotyp der ydokomuna ein Begriff, der ins Deutsche teils mit Judo-Kommune bersetzt
wird.17 Diese Einstellung spiegelt sich in einem Text eines Hauptpublizisten der Endecja18, der
polnischen Nationalisten, des Priesters Stanisaw Trzeciak wider: Wer ber Kommunisten spricht
und nicht ber Juden, der hat einfach keine Ahnung, was der Kommunismus ist, da Kommunismus
und Judaismus gegenwrtig ein beinah gleichbedeutender Begriff sind.19 Dieses Stereotyp sollte
von den kommunistischen Machthabern im Jahre 1968 paradoxer Weise wieder aufgegriffen
werden.
Eine erste Vorhut polnischer Kommunisten war bereits 1941/42 auf polnisches Terrain
zurckgekehrt und grndete am 5. Januar 1942 in Warschau die konspirative Polnische
Arbeiterpartei (PPR)20, mit ihrem militrischen Arm, der Volksgarde (GL)21 - die ab 1944 den
Namen Volksarmee (AL)22, tragen sollte (hier waren auch Teile der PPS beteiligt).23 Diese Gruppe
sammelte nun sowohl in Polen verbliebene Vorkriegskommunisten aus der Zeit der Zweiten
Republik, als auch Jungkommunisten ohne Arbeiterparteierfahrung Menschen, die fortan das
Selbstbild des Soldaten pflegten und die gemeinsame Erfahrung der Okkupation miteinander
teilten.24 Whrenddessen grndeten die in der UdSSR verbliebenen Exilanten im Frhling 1943 den
14
15
16
17
18
19
20
21
22
23
24

Schatz: S. 85.
Oska: S. 14.
Vgl.: Oska: S. 14.
Vgl.: Pufelska, Agnieszka: Die "Judao-Kommune" : ein Feindbild in Polen ; das polnische Selbstverstandnis im
Schatten des Antisemitismus 1939 1948, Paderborn u.a. 2007. (Im Folgenden: Pufelska)
Poln.: Narodowa Demokracja (Endecja) Nationaldemokratie; nationalistische Vorkriegspartei in Polen
Zit. nach: Oska: S. 14 15.
Poln.: Polska Partia Robotnicza
Poln.: Gwardia Ludowa
Poln.: Armia Ludowa
Vgl.: Oska: S. 15.
Vgl.: Oska: S. 15.

als Eliteschmiede nach sowjetischem Muster gedachten Bund Polnischer Patrioten (ZPP)25 aus
der im Januar 1944 das Zentralbro der Polnischen Kommunisten (CBKP)26 hervorging. Es sprach
sich selbst die Oberhoheit ber die von Stalin kein Vertrauen genieende PPR zu und stand unter
Oberaufsicht der sowjetischen Brder.27 Diese Entwicklung wird von zahlreichen Historikern als die
bedeutendste Spaltung der polnischen kommunistischen Bewegung gesehen: in krajowcy, also die
in Polen verbliebenen bzw. dorthin frh zurckgekehrten Kommunisten, und moskale.28
Aber auch unter den moskalen gab es bereits Spannungen zwischen jdischen und nicht-jdischen
Mitgliedern: Nach seiner 1990 herausgegebenen Biographie hielt der polnische General und sptere
Politiker Zygmunt Berling, der auch dem ZPP angehrte (allerdings von der Roten Armee zunchst
in die SU verschleppt worden war), zahlreiche Mitglieder dieses Verbandes fr eine unpatriotische,
jdisch-kommunistische Sekte, zu denen er auch diejenigen zhlte, die mit Jdinnen verheiratet
waren.29
Um die Westverschiebung Polens zu legitimieren, bernahmen die polnischen Kommunisten in
Moskau die piastische Staatsidee, die die Ausdehnung der polnischen Grenzen nach Westen und
die Verleihung der Staatsbrgerschaft ausschlielich an ethnische Polen beinhaltete.30
Als die moskalen 1944 mit der Roten Armee nach Polen zurckkehrten, grndeten sie mit dem
PKWN die neue de-facto-Regierung Polens, die einzig von der UdSSR und auch als einzige
politische Vertretung Polens von dieser anerkannt wurde. Die Mitglieder der kmpfenden PPR
sahen sich durch diesen Umstand zur Zusammenarbeit gezwungen.
Schlussendlich verschwand die PPR als eigenstndige politische Kraft im Dezember 1948, als sie
(parallel zu SPD und KPD in der DDR) mit der PPS zur Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei
(PZPR)31 vereinigt wurde. Der Vereinigung gingen Suberungen in beiden Parteien voraus, in deren
Zug auch der sptere I. Sekretr der PZPR Wadysaw Gomuka fr Jahre inhaftiert wurde.32
Ein bedeutender Teil der polnischen Vorkriegskommunisten waren also jdischer Herkunft,
25
26
27
28
29
30
31
32

Poln.: Zwizek Patriotw Polskich


Poln.: Centralne Biuro Komunistw Polskich
Vgl.: Oska: S. 15.
Oska: S. 15 - 16.
Vgl.: Pufelska: S. 168.
Vgl.: Pufelska: S. 175.
Poln.: Polska Zjednoczona Partia Robotnicza
Vgl.: Oska: S. 17.

wenngleich nur ein verschwindender Teil aller polnischen Juden Kommunisten waren. Nachdem
diese, um ihr Leben vor den Schergen der hitleristischen Vernichtungsmaschinerie zu retten, in die
UdSSR geflohen waren und dort ausharrten, bildete sich in Polen mit der PPR parallel eine
ethnisch homogen polnische sozialistische Partei. Ihr standen mit Kriegsende die aus der
Sowjetunion und dort mittlerweile auf Linie gebrachten Kommunisten entgegen, welche aber
aufgrund ihrer Beziehung zu Moskau die dominante Rolle im Spt- und Nachkriegspolen
bernahmen.
3.2. Ein neues Polen
Das Polen, das wir seit dem II. Weltkrieg kennen, hat bei genauerem Vergleich mit der nach den
Wirren des I. Weltkrieges entstandenen II. Rzeczpospolita, die nach fast zwei Jahrhunderten
Okkupation wieder eine eigenstndige polnische Staatlichkeit darstellte, weniger zu tun als zunchst
scheint. Nicht nur, dass, wie bei anderen europischen Staaten auch, die Grenzen verschoben
worden waren (die neue polnische Ostgrenze entsprach beinah exakt der bereits nach dem I.
Weltkrieg als Demarkationslinie vorgeschlagenen, sich an Sprachgrenzen orientierenden CurzonLinie33) und die Staatsrson grundlegend gendert wurde im speziell polnischen Fall entstand in
seiner Geschichte erstmals das, was man im europischen Sinne einen Nationalstaat nennt.
Aus einem Vielvlkerstaat, in dem ethnische Polen neben Ukrainern, Weirussen, Litauern und
Juden nur 69% der Bevlkerung ausmachten34 (obgleich Teile dieser 69% den neuen polnischen
Staat bereits als national begriffen und die anderen Gruppen zu dominieren, assimilieren und
notfalls zu vertreiben versuchten) und in einigen Teilen des Landes sogar in der Minderheit waren,
war dank der sowjetischen Politik nach 1945 ein ethnisch homogenes Staatsgebilde geworden.

33 George Curzon: * 11. Januar 1859 in Kedleston Derbyshire; 20. Mrz 1925 in London brit. Diplomat und
Politiker; ind. Vizeknig
34 Siehe Beispieltabelle auf der nchsten Seite, wo das krasse Beispiel der Wojewodschaft Wolhyniens die Situation
verdeutlicht, in der Polnisch von kaum 1/6 der Bevlkerung als Muttersprache angegeben wird und sie kaum strker
vertreten sind als hebrische oder jiddische Muttersprachler, die deutliche Majoritt aber Ukrainisch angibt.

Insgesamt

Andere o. k. A.

Hebrisch oder Jiddisch

Deutsch

Tschechisch

Russisch

Weirussisch

Polnisch

Ukrainisch/ruski

Konfession
Insgesamt

Muttersprache

2085,6

346,6

1426,9

2,4

23,4

31,0

46,9

205,5

2,9

327,9

317,7

2,0

0,1

0,2

7,3

0,2

0,4

1455,9

20,2

1388,0

2,2

22,8

21,6

1,1

Orthodox

11,1

1,2

9,7

0,2

0,1

0,1

evangelisch

53,4

4,6

5,3

0,1

1,3

42,2

0,1

207,8

2,0

0,1

205,5

0,1

29,5

1,1

21,7

0,2

0,8

4,5

1,1

rm.--kath.35
gr.--kath.

36

mosaisch
andere o. k. A.

Einwohner der Wojewodschaft Wolhynien nach Konfession und Muttersprache 1931 (in tausend, aufgerundet)37

Schon whrend des Krieges und der IV. Polnischen Teilung waren die stlichen Gebiete der UdSSR
und den jeweiligen nationalen Sowjetrepubliken angegliedert, im Gegenzug 2,5 Millionen Polen
repatriiert worden. Die Juden schienen die einzige groe ethnische Minderheit geblieben zu
sein.
Diese Minderheit belief sich auf 40.000 bis 100.000 Personen, die den Holocaust im Land selbst
durchgestanden hatten, sowie 50.000 170.000, die aus der Sowjetunion und 20.000 40.000, die
aus Deutschland nach Polen repatriiert worden waren von den 1939 in Polen lebenden 3,35
Millionen polnischen Juden hatten insgesamt nur um die 369.000 die Shoah berlebt38. Davon
hielten sich die meisten in Warschau, Wrocaw, Krakau und Niederschlesien auf.39
Auch war das Nachkriegspolen nicht sofort ein befriedetes ein Brgerkrieg hielt das Land bis
1947 im Griff. Whrend sich die kmpfende, in ihrer Gesamtheit 66.000-Mitglieder umfassende
Untergrundbewegung neben der aus der AK vorhergegangenen WIN40, auch aus der radikal
35 auerdem Glubige im armenisch-katholischen Ritus
36 auerdem Glubige im stlich-katholischen Ritus (Neounion)
37 Quelle: Drugi powszechny spis ludnoci z dnia 7 grudnia 1931 r. Mieszkania i gospodarstwa domowe. Ludno.
Stosunki zawodowe. Wojewdztwo woyskie, Band 70, Warschau 1938, S. 22. Zit. nach: Schenke, Cornelia:
Nationalstaat und nationale Frage. Polen und die Ukrainer 1921 1939, Hamburg / Mnchen 2004, S. 29.
38 Davies: S. 293.
39 Berendt, Grzegorz / Grabski, August / Stankowski, Albert: Studia z historii Zydw w Polsce po 1945 r., Warszawa
......2000, S.107-111.
40 Poln.: Wolno i Niezawiso - Freiheit und Unabhngigkeit

antisowjetischen und antisemitischen NSZ41 und den radikalen antisowjetischen, antisemitischen


und antipolnischen ukrainischen Organisationen UPA42 und OUN43 zusammensetzte, schienen sich
die in Polen lebenden Juden in die Sicherheit der Regimenhe geflchtet zu haben.44 Seit dem
Einmarsch der Roten Armee 1944/45 war es zu einem erneuten rapiden Anstieg antisemitischer
Stimmung gekommen auch wenn sich die neue Regierung, die allerdings kaum Rckhalt in der
Bevlkerung genoss, ernsthaft um eine Integration der jdischen Minderheit bemhte. Hieraus
resultierte auch eine Verschrfung des Vorurteils der ydokomuna es stand in Kontinuitt der
Legende jdischer Zusammenarbeit mit den sowjetischen Besatzern whrend des Krieges.45
Tatschlich waren die meisten Juden in den von der UdSSR besetzten Gebieten vor dem Einmarsch
der Wehrmacht ihrer Religiositt, ihres Patriotismus oder ihres sozialen Status nach vehemente
Antikommunisten gewesen was aber weder whrend noch nach dem Kriege ins polnische
Bewusstsein bergegangen war. So hatte zum Beispiel der polnische Priester Jzef Anczarski am
29. Juni 1941 in sein Tagebuch geschrieben: Wenn die Deutschen zu uns kommen, kann mit den
Juden was Bses passieren, zumal die Juden eng mit den Kommunisten und dem NKWD46
zusammengearbeitet haben. Die durch die bolschewistischen Verbrecher verfolgte Bevlkerung hat
ihnen viel vorzuwerfen.47 Hier wurde die sicherlich vorhandene Zusammenarbeit einiger weniger
Juden mit der Besatzungsmacht (resultierend aus der oben beschriebenen Zusammensetzung der
kommunistischen Bewegung) auf alle bertragen. In ber 50 Orten auf meist ukrainisch
bewohntem Territorium, aber unter starker Beteiligung der polnischen Mitbrger, kam es zu
bergriffen auf Juden.48 An der allgemeinen Einstellung hatte sich auch nach dem Kriege nichts
gendert. Die Ausschreitungen, die in zahlreichen Orten pogromartigen Charakter annahmen,
kosteten in der Zeit von 1944 47 schtzungsweise 1.500 bis 2.000 Juden das Leben.49 Teils waren
an ihnen auch polnische Milizionre und Soldaten beteiligt. Dazu gehrten bereits 1945 eine
brennende Synagoge in Krakau und ein Bombenanschlag auf ein Sanatorium fr jdische
Waisenkinder in der Nhe mit zehn bzw. vier Toten.50 Seinen traurigen Hhepunkt erreichte der
Hass im Massaker von Kielce im Jahr darauf, bei dem 42 jdische Mnner, Frauen und Kinder den

41
42
43
44
45
46
47
48
49
50

Poln.: Narodowe Siy Zbrojne Nationale Streitkrfte


Poln.: Ukraiska Powstacza Armia Ukrainische Aufstandsarmee
Poln.: Organizacja Ukraiskich Nacjonalistw Organisation Ukrainischer Nationalisten
Schatz: S. 206.
Vgl.: Wetzel, Juliane: Der Pogrom von Kielce und der jdische Massenexodus aus Polen. In: Kosmala, Beata
(Hrsg.): Die Vertreibung der Juden aus Polen 1968. Antisemitismus und politisches Kalkl, Berlin 2000, S. 43 48,
S. 44. (Im Folgenden: Wetzel)
Russ.: Narodnij kommissariat wnutrennich del Volkskommissariat fr Inneres / Vorlufer des KGB
Pufelska: S. 88.
Pufelska: S. 89.
Wetzel: S. 44.
Wetzel: S. 44.

10

Tod fanden.51 Der Untergrund schien sie derweilen mit dem kommunistischen System zu
identifizieren52 - die Mitarbeit einer signifikanten, aber zur Gesamtheit der Juden verschwindenden
Zahl prominenter Juden wie Jakub Berman im Sicherheitsapparat wurde dem gesamten Judentum
angelastet.53 Der grte Teil der jdischen Emigranten verlie unter diesen Eindrcken die
Volksrepublik Polen (PRL)54 in diesen beiden Jahren:55 100.000 bis 120.000 bis 1948. Allein von
Juli bis August 1946 verlieen 90.000 bis 95.000 ganz Osteuropa.56 Im November 1946 befragte die
United Nations Relief and Rehabilitation Administration (UNRRA) die 127.000 in der
amerikanischen Besatzungszone in DP57-Lagern lebenden Juden nach ihrer Staatsbrgerschaft: 6%
kamen aus Ungarn, 4% aus der Tschechoslowakei, 2% aus sterreich, sowie 10% aus anderen
Staaten oder staatenlos 71% gaben Polen als Herkunftsland an.58
In den Jahren 1949 1950, also mit der Grndung des Staates Israel, verlieen nochmals um die
30.000 Polen.59
Die in Polen verbleibenden Juden schienen in die neuen Regierungsparteien zu strmen Ende der
1940er Jahre zhlte die PZPR 10.000 Mitglieder jdischer Herkunft ihre Familien mitgezhlt
waren also zumindest 20.000 der zu diesem Zeitpunkt noch in Polen ansssigen 70.000 80.000
Juden direkt mit der neuen Regime verbunden.60 Unter ihnen waren auch zahlreiche ehemalige
Mitglieder des Allgemeinen jdischen Arbeiterbundes (Bund), von denen auf dem Parteitag von
Wrocaw 1949 der Groteil den bertritt in die PZPR beschlossen hatte.61
Whrend der Liberalisierungsphase von 1957 1959 verlieen nochmals schtzungsweise 50.000
Juden das Land.62 In den 60er Jahren lebten in Polen noch schtzungsweise 25.00063 Personen
jdischer Herkunft. Die Gesamtbevlkerung zhlte 24 Millionen.64

51 Wetzel: S. 45.
52 Schatz: S. 204.
53 Kosmala, Beata: Die jdische Frage als politisches Instrument in der Volksrepublik Polen. In: Kosmala, Beata
(Hrsg.): Die Vertreibung der Juden aus Polen 1968. Antisemitismus und politisches Kalkl, Berlin 2000, S. 49 64,
S.50. (Im Folgenden: Kosmala)
54 Poln.: Polska Rzeczpospolita Ludowa
55 Schatz: S. 208.
56 Vgl.: Wetzel: S. 46.
57 Engl.: Displaced Persons
58 Wetzel: S. 47.
59 Kosmala: S. 51.
60 Schatz: S. 208 209.
61 Kosmala: S. 53.
62 Kosmala: S. 59.
63 Stola: S. 24.
64 Vgl.: Davies: S. 294.

11

3.3. Entstalinisierung, Reformen und Kleine Stabilisation


Der Tod Stalins im Mrz 1953 zog einen langsamen Richtungswechsel in der Politik des
sowjetischen Blocks nach sich, der als Ottepel' Tauwetter in die Geschichte einging. Die
Geheimrede Nikita Chruvs auf dem XX. Parteitag der KPdSU im Februar 1956 verurteilte und
beendete offiziell die ra des Stalinismus.
Auch fr Polen bedeutete das einen grundlegenden Wandel: Nach bedeutenden gesellschaftlichen
Unruhen in einem der rmsten Lnder Europas (fr einen durchschnittlichen Arbeitslohn konnte
man gerade ein Paar Schuhe kaufen, bereits in den Grostdten verfgte nur die Hlfte der
Wohnungen ber Gas-, Wasser- und Kanalisationsanschluss65), wurde der ehemalige Parteisekretr
Gomuka, der 1951 verhaftet, aus der Partei ausgestoen und bis 1954 inhaftiert worden war,
rehabilitiert und unter groer Zustimmung der ihn als Reformer feiernden Bevlkerung am 21.
Oktober 1956 zum I. Sekretr der PZPR gewhlt. Vorangegangen war ein Wiederaufflammen des
Konflikts zwischen moskalen und krajowcy, in der die Reformgegner Moskau ihre Treue
versicherten wobei sich diesmal die krajowcy in ihrer Mehrheit gegen einen Systemwandel
aussprachen.66 Der neue Parteisekretr Gomuka schaffte den Ausgleich zwischen beiden Gruppen,
konnte dadurch aber kaum eine eigene Politik ohne Rcksicht auf die Fraktionsfhrer durchsetzen.
So kam es, dass, obwohl die Reformer in der Mehrheit waren, nicht alle erhofften liberalen
Reformen umgesetzt werden konnten.67 Dieses Problem beseitigte Gomuka durch eine immer
strkere Machtkonzentration, angefangen 1957, als er an den demokratischen Zentralismus
erinnerte und vor einer Rckkehr zum Stalinismus warnte, sollte die Tendenz zur
Eigeninterpretation Marx'ens beibehalten werden.68
Gleichzeitig brachte die neue Regierung scheinbar schnelle Resultate: Nach der im Stalinismus
favorisierten Schwerindustrie wurden jetzt massive Investitionen in Leichtindustrie und
Nahrungsmittelwirtschaft gettigt, die Kollektivierung der Landwirtschaft gestoppt und die
Importquote, u.a. fr Kleidung und Haushaltswaren, angehoben. Bereits 1957 war ein
Konsumwachstum von 7% feststellbar und der Lebensstandard fhlbar gestiegen.69 Jedoch konnte
diese Politik die Probleme der polnischen Wirtschaft nur kurzzeitig kaschieren und wurde bald von
der Realitt eingeholt: Betrug das Wirtschaftswachstum in den Jahren 1956 - 1960 fantastische
30%, waren es in den 5 Jahren darauf bereits nur noch 8% (der Plan hatte 23% vorgesehen) und
65
66
67
68
69

Oska: S. 76.
Oska: S. 20.
Oska: S. 22.
Oska: S. 22.
Oska: S. 77.

12

stagnierte in den Jahren darauf bei 1 - 2%/Jahr.70


Die ra Gomuka, in der niemand Hunger leiden musste, der Lebensstandard trotz aller
Verbesserung jedoch auf einem sehr niedrigen Niveau blieb, wurde von vielen als eine Zeit der
Langeweile, Grue und Perspektivlosigkeit empfunden. Politische und wirtschaftliche
Schwierigkeiten auf lokaler Ebene hielten an und fhrten bereits am Dekadenumbruch zu ersten
mehrstndigen Streiks, die bis Mitte der 60er Jahre in der Bevlkerung zu erneuter
Revolutionsstimmung keimten.71
Auf andere sollte sich diese ra speziell frustrierend auswirken: Aufgrund der Stabilisierung des
Systems Anfang der 60er, der sog. Kleinen Stabilisierung (keine der Fraktionen in der PZPR
zweifelte das System an sich an72), war ein Kaderwechsel in der Partei auf unabsehbare Zeit nicht
mehr notwendig - was fr junge, nachrckende Parteimitglieder zunchst das vorlufige Ende ihrer
Karriere bedeutete.
3.4. Partisanen und Patrioten
Mit Partisanen wird eine informelle Gruppe bezeichnet, die sich aus den whrend des Krieges in
Polen verbliebenen Kmpfern herausbildete und ihren ersten Auftritt als Fraktion auf dem
VII. Plenum der PZPR vom 19. - 20. Oktober 1956 hatte. Dort strich sie ihre kombattantische
Vergangenheit gegenber den moskalen heraus. Ihre Anhnger lehnten alles Unpolnische ab und
profilierten sich als Nationalkommunisten.73 Als ihr Kopf wird der frhere
Partisanenkommandant General Mieczysaw Moczar angesehen, der ab 1956 einen steilen
Karriereaufstieg bestritt.74 1956 - 1964 bekleidete er das Amt des Vizeinnenministers - gleichzeitig
fungierte er als Prses des Vorstandes des Hauptverbandes der Kmpfer fr Freiheit und
Demokratie75, dem eine Vielzahl von Veteranenorganisationen unterstand.76 In dieser Funktion
erreichte er eine Vershnung der Kmpfer der AL mit denen der AK 77. Von letzterer waren nach
dem Kriege zahlreiche inhaftiert worden.78 Moczar entschuldigte sich dafr bei den Kmpfern,
verwies auf zahlreiche gleichzeitig inhaftierte Mitglieder der AL und machte die Stalinisten allein
70
71
72
73
74
75

Eisler, Jerzy: Marzec '68, Warszawa 1995, S. 7.


Oska: S. 79 - 80.
Stola: S. 19.
Stola: S. 28.
Oska: S. 26.
Poln.: Zarzd Gwnego Zwizku Bojownikw o Wolno i Demokracj

76 Oska: S. 27.
77 Poln.: Armia Krajowa - Heimatarmee
78 Oska: S. 27

13

fr die ungerechte Behandlung verantwortlich.79 Jerzy Eisler schrieb dazu: Unter nationalen
Losungen gelang es ihm um sich zahlreiche Kombattanten aus der AL, wie auch aus der AK zu
versammeln. Es gab Partisanenlieder, Erinnerungen, es gab Wodka, Bigos und Wrstchen am Stab.
Moczar nutze geschickt die kombattantische Gemeinsamkeit derer, die - fr das Vaterland - ihre
Jugend verloren hatten, in den Wldern kmpfend mit den Hitleristen, sowie den Fakt der
Nachkriegsrepression gegenber ehemaligen AK-Mitgliedern [...]80 Damit schuf er sich den
300.000-Anhnger zhlenden Stamm seines politischen Gefolges.81 Vor allem in den mittleren
Kaderrngen der Partei, in der Anfang der 60er Jahre zahlreiche Posten zugunsten der Partisanen
neu besetzt wurden, konnte Moczar auf Rckhalt zhlen.82 Aber auch oben erwhnte, jugendliche
Krfte, die fr eigene Kampferfahrung zu jung waren, stieen nach und nach zu dieser
Gruppierung: die sogenannten Patrioten. Sie erhofften sich von den Kontakten dieser Gruppe zum
Innenministerium (MSW)83, das die Partisanen nach und nach unter ihre Kontrolle gebracht hatten84,
und dem ihm unterstehenden Inlandsgeheimdienst SB85 Karriereaussichten in der festgefahrenen
Politiklandschaft.86 Ein erster Schritt dazu war, dass die Partisanen, ihrem Wunsch folgend nach
dem MSW auch die Armee unter ihre Kontrolle zu bringen87, diese zunchst in einer vom spteren
I. Sekretr der PZPR (1981 89), General Wojciech Witold Jaruzelski, 1967 geleiteten Aktion von
annhernd 1.300 jdischen Offizieren suberten und die so frei gewordenen Posten mit Leuten
aus ihren eigenen Reihen besetzten.88
3.5. Die Juden
Die jdische war die bestorganisierte aller Minderheiten in Polen: In den 60er Jahren gehrten ca.
9.500 von ihnen (als Mitglieder oder Kinder von Mitgliedern), also 1/3 der gesamten Gruppe, dem
1944 gegrndeten jdischen Dachverband TSK89 an, der sich in 20 Klubs unterteilte.90 Die
Veranstaltungen dieser Gemeinschaft erfreuten sich groer Beliebtheit und Teilnehmerzahlen, die
teilweise in die 100.000 gingen, also auch von zahlreichen nicht-jdischen Polen besucht wurden.91
79
80
81
82
83
84
85
86
87
88
89
90
91

Oska: S. 27.
Eisler, Jerzy: Marzec 1968. Geneza, przebieg, konsekwencje, Warszawa 1991, S. 47. (Im Folgenden: Eisler)
Vgl.: Kosmala: S. 59.
Stola: S. 18.
Poln.: Ministerstwo Spraw Wewntrznych
Oska: S. 29.
Poln.: Suba Bezpieczestwa - Sicherheitsdienst
Oska: S. 31.
Oska: S. 29.
Oska: S. 32.
Poln.: Towarzystwo Spoeczno-Kulturalne ydw w Polsce - Gemeinschafts -und Kulturverband der Juden in Polen
Stola: S. 66.
Stola: S. 25.

14

Darber hinaus unterhielt das Zentralkomitee der polnischen Juden (CKP )92 34 jdische
Schulen93. Es erschien die Zeitung Foks Sztyme, das Periodikum Jidysze Szryftn und der
Verlag Jidisz Buch verffentlichte jhrlich 10 Titel mit insgesamt 30.000 Exemplaren.
Gleichzeitig bestand ein hoher Integrationswille94 (diese Menschen hatten ja Polen bewusst zu ihrer
Heimat gemacht im Gegensatz zu den 100.000en, die nach dem Krieg das Land verlassen hatten).
Es gab zwei jdische Theater und in Warschau arbeitete das Jdische Historische Institut.95
Gleichzeitig aber war das Judentum als Religionsgemeinschaft am verschwinden das Amt des
Oberrabbiners von Polen war seit 1961 nicht mehr besetzt worden96, anders als noch 1947, als in 38
Synagogen und zahlreichen Gebetshusern Gottesdienste abgehalten wurden, 25 Rabbiner im Amt
waren und noch ein religises Schulwesen, vor allem in d, Krakau, Stettin und Wrocaw,
bestand.97 Mglich gemacht wurde die hohe Vitalitt jdischen Lebens in Polen unter anderem
durch die, vom MSW kritisch beugte, grozgige Hilfe aus dem Ausland: Allein die internationale
jdische Hilfsorganisation Joint berwies dem TSK in den Jahren 1958 1966 5,5 Millionen USDollar.98

92
93
94
95
96
97
98

Poln.: Centralny Komitet ydw Polskich


Kosmala: S. 51.
Stola: S. 25.
Kosmala: S. 51.
Kosmala: S. 54..
Kosmala: S. 51.
Stola: S. 25.

15

4. Die Kampagne
4.1. Genese
Der 6-Tage-Krieg Israels gegen seine arabischen Nachbarn vom 5. bis zum 10. Juni 1967 vernderte
die Beziehungen zwischen Israel und Polen fundamental. Hatte Polen zuvor gute Kontakte zu dem
zum westlichen Block gezhlten Land unterhalten, bedeutete der Gewaltausbruch einen
Wendepunkt in der Nah-Ost-Politik der europischen sozialistischen Staaten. Sofort wurde die
Intervention gegen die mit der Sowjetunion verbndeten und von ihr militrisch ausgersteten und
ausgebildeten Armeen gyptens, Jordaniens und Syriens als Stellvertreterkrieg gesehen, der
nachhaltig den Einfluss der Supermchte in dieser Region verndern sollte. Bereits am 6. Juni kam
das Politbro der PZPR zusammen und sprach den arabischen Staaten seine volle Untersttzung
aus. Die Kritik an Israel hielt sich zu diesem Zeitpunkt noch in einem normalen diplomatischen
Rahmen und beschrnkte sich auf die Verurteilung der Fhrung Israels.99 Bereits am 8. Juni, noch
vor Ende des Krieges, kam es zu Beratungen des Warschauer Paktes in Moskau, in deren
Konsequenz alle Mitgliedsstaaten (mit Ausnahme Rumniens) ihre diplomatischen Beziehungen zu
Israel abbrachen.100
Whrend die Kuba-Krise heute noch prsent ist, sind die Ereignisse dieser Tage weitgehend in
Vergessenheit geraten: Zurck in Polen warnte Gomuka vor der Gefahr eines Atomkrieges, sollte
Israel an Kernwaffen gelangen.101 Auch in der Bevlkerung kam Furcht vor einem Krieg auf.
Zahlreiche Brger holten ihr Geld von den Banken und ttigten Hamsterkufe. Es kam in einigen
Woiwodschaften - wie z.B. Warschau - zu Leerkufen.102 Gleichzeitig aber registrierte das MSW
proisraelische Sympathien unter vielen polnischen Juden103 und in groen Teilen der nicht-jdischen
Bevlkerung, in der der Witz Die polnischen Juden haben die russischen Araber geschlagen!
kursierte.104
Wenngleich Wadysaw Gomuka selbst zwar keine ausgemachten Sympathien fr Juden hatte, nach
heutigem Forschungsstand aber kein Antisemit war105 und das Existenzrecht Israels betonte106, gab
er, nachdem bereits in den Tagen nach Kriegsausbruch die offiziellen Zeitungen mit
99 Stola: S. 30.
100Stola: S. 32.
101Stola: S. 33.
102Oska: S. 111.
103Stola: S. 34.
104Oska: S. 107.
105 Oska: S. 103.
106 Stola: S. 37.

16

Imperialistische Aggression Israels gegen arabische Staaten und Zionistische Spione im


imperialistischen Dienst getitelt hatten107, mit seiner Rede vor dem Gewerkschaftskongress am 19.
Juni den offiziellen Startschuss fr die Antizionistische Kampagne. Er erklrte, keine 5. Kolonne
Israels in Polen zu dulden und forderte diejenigen, die sich angesprochen fhlten, zur Emigration
auf.108
Obgleich diese radikalen Passagen vor der Verffentlichung der Rede in den Printmedien auf
Anweisung des Politbros, mit dem die Rede - unblicher Weise - nicht abgesprochen war,
gestrichen wurden, hatten sie schon tausende Polen in der Livebertragung im Radio gehrt.109
Diese Ereignisse leiteten die erste Phase der Antizionistischen Kampagne, die des Sommers 1967
ein. Diejenigen Krfte, die schon zuvor gefordert hatten Ordnung mit den Juden zu machen,
sahen ihre Zeit gekommen.110 Noch interessanter wird diese Kampagne, wenn man sich vor Augen
fhrt, dass sie sich zunchst nicht zwangslufig nur gegen Juden wendete, sondern gegen alle
Sympathisanten fr Israel.111 Auch fiel diese Kampagne in eine Zeit der Abrechnung: drei
Fraktionen innerhalb der PZPR - Natolin112113, Puawianie114 und Partisanen rangen um die
zuknftige Vorherrschaft.115 Es wre jedoch zu einfach, die Partisanen als bloe Nationalisten zu
bezeichnen, da auch diese nicht an der Bindung Polens zur UdSSR zu rtteln wagten.116 Diese
parteiinternen Rivalitten werden in den Jahren 1967/68 erneut zum Vorschein treten.117
Zudem hatte es bereits whrend des Krieges Streitigkeiten zwischen jdischen und nicht-jdischen
Genossen gegeben. Jene hatten ihren Kampfgefhrten vorgeworfen, sie strebten nicht ein
sozialistisches und freies Polen an, sondern die 17. Republik der Sowjetunion.118
Am 28. Juni 1967 wurde im MSW eine Sondersitzung zur Zionismusfrage abgehalten, die
feststellte, der Groteil der polnischen Juden habe den Standpunkt Israels eingenommen - sie seien
107 Oska: S. 92.
108 Stola: S. 40 - 41.
109 Stola: S. 42.
110 Stola: S. 7 8.
111 Stola: S. 7.
112 Stola: S. 15.
113 Nach einem Warschauer Stadtteil benannt, in dem sich die Vertreter dieser Gruppe trafen und sich aus rechten
Krften des ehemaligen Regimes rekrutierte, die den Stalinismus auf Juden abzuwlzen versuchten und Reformen
des Systems ablehnten.
114Nach einer Warschauer Strae benannt, in der viele Mitglieder der Gruppe lebten. Sie rekrutierten sich ebenfalls aus
Mitgliedern des alten Regimes, waren aber reformorientiert und verhalfen Gomuka an die Macht. Unter ihnen
fanden sich zahlreiche prominente Kommunisten jdischer Herkunft.
115 Oska: S. 30.
116 Stola: S. 16.
117 Stola: S. 14.
118 Pufelska: S. 167.

17

Feinde der Politik der Partei und der Regierung der PRL, fremd der polnischen Nation.119
Das berchtigte Departement III, zustndig fr die Bekmpfung staatsfeindlicher Elemente im
Inneren, behauptete: Die polnischen Juden solidarisieren sich mit den israelischen Aggressoren,
sie lobten die israelische Armee und die Politik der Regierung Israels [...] kritisch und oft feindlich
sprachen sie sich ber die Politik der Partei und der Regierungen der PRL, der UdSSR und anderer
sozialistischer Staaten aus.120 Es wurden klassische Theorien jdischer Weltverschwrung
aufgestellt, bemngelt, Juden erhielten Hilfe aus dem kapitalistischen Ausland und kolportiert, alle
polnischen Gruppen auer den Juden sttzten die Partei, behauptet, die Meldungen ber polnische
Sympathiebekundungen fr Israel seien gezielte Desinformation. Man setzte die Sympathie fr
Israel gleich mit der Feindschaft zu PZPR und Volkspolen.121 Die Hauptschuld des MSW an dem
Werdegang der Kampagne ist darin zu sehen, dass als Ergebnis dieser Sondersitzung die polnischen
Juden en bloc als Feinde von PZPR und PRL unter Generalverdacht, und, nach Moczars Worten, in
eine Reihe mit BRD, Radio Freies Europa und dem reaktionren Klerus gestellt wurden.122
Hierbei war die Theorie einer zionistischen Bedrohung schon lnger in den Kreisen des MSW
gereift: Bereits 1966 hatte der Vizeinnenminister Francisco Sprachlich gesagt: Die USA benutzen
drei Krfte gegen die sozialistischen Staaten: Klerus, BRD, Zionismus.123 Das MSW beschrieb
daraufhin das Profil des zionistischen Feindes als stark, aber verdeckt, flchtig, besiegbar, Feinde
der Partei und Polens, auf hohen Positionen zu finden, durch auslndische Mchte gesteuert.124 und
leitete daraufhin interne Suberungen ein.125 Gleichzeitig reagierte das Politbro, indem es fr die
Kampagne Vorbereitungen traf, die neben dem Aufruf zur Standhaftigkeit auch die Erhhung der
Offiziersbesoldung und die Schaffung von Mglichkeiten zur Rentenkrzung bei Gegnern
einschlossen126. Das MSW begann im Herbst '67 offiziell mit der Erfassung von IsraelSympathisanten, deren Kriterien weitgehend den Mastben der Nrnberger Gesetze folgten. Sie
erfassten auch Personen jdischer Herkunft, selbst wenn die Betroffenen selbst von dieser nichts
wussten oder individuell ein anderes nationales oder politisches Empfinden bekundeten.127 Die
Daten, auf die das MSW whrend der Kampagne zurckgriff, gaben Auskunft ber die
Zusammenarbeit verschiedener Personen mit jdischen Organisationen, ber Namensnderungen
(wobei Namensnderungen nach dem Krieg keine Seltenheit waren und zum Beispiel der
119Stola: S. 47 48.
120Stola: S. 48.
121Stola: S. 48 - 50.
122Stola: S. 53.
123Stola: S. 56.
124Stola: S. 58.
125Stola: S. 61.
126Stola: S. 61 62.
127 Stola: S. 64 - 65.

18

Legalisierung von Decknamen dienten) und Auslandskorrespondenzen (diese war unter Menschen
jdischer Abstammung besonders hoch, waren doch teils ihre einzigen noch lebenden Verwandten
dort).128 Bereits Mitte 1960 hatte eine Arbeitsgruppe im MSW die Arbeit an dieser Kartei
aufgenommen.129 Die Abteilung fr jdische Angelegenheiten sammelte seit sptestens 1966, dem
Jahr der bernahme dieses Bros durch den Sicherheits- und Geheimpolizeifunktionr Oberst
Tadeusz Walichnowski, Informationen ber alle Juden in Nachkriegspolen. Es erstellte Ahnentafeln
dieser, erfasste Eltern, Groeltern, oft sogar Urgroeltern und stufte selbst Kinder aus Mischehen
und Vierteljuden als verdchtige Zionisten ein.130 Auch suchten die Partisanen bereits zuvor
die propagandistische Untersttzung durch den Prsidenten der regimekonformen katholischen
Laienorganisation PAX, Bolesaw Piasecki - kleinster gemeinsamer Nenner mit diesem Mann, der
vor dem Krieg Vorsitzender der radikal-nationalistischen Organisation Falanga131 gewesen war, war
der Antisemitismus.132
4.2. Die Mrzunruhen
Die Absetzung des Theaterstckes Die Ahnenfeier des polnischen Dichterfrsten Adam
Mickiewicz, dessen Inszenierung zurecht antisowjetische Merkmale unterstellt wurden, fhrten zu
Demonstrationen Warschauer Studenten am 31. Januar 1968 und einer Protestresolution polnischer
Schriftsteller am 29. Februar. Diese Ereignisse richteten sich somit auch direkt gegen die restriktive
Kulturpolitik des Regimes.133 Den Auftakt zu den Mrzereignissen bildete eine friedliche
Studentenversammlung auf dem Campus der Universitt Warschau am 8. Mrz, die die
Wiederzulassung der aufgrund der vorangegangenen Proteste relegierten Studenten Adam Michnik
134

und Henryk Szlajfer forderte. Die Versammlung wurde durch Krfte der ORMO135 aufgelst, was

in allen Universittsstdten der PRL zu Protestaktionen und Zusammensten mit den


128 Stola: S. 65 - 66.
129 Kosmala: S. 60
130 Kosmala: S. 62.
131 Zu deutsch: Phalanx
132 Vgl.: Kosmala: S. 60.
133 Kosmala: S. 60.
134 Adam Michnik, geb. 1946 in Warschau, war in den 60er Jahren als Student der Geschichte an der Universitt
Warschau bereits zweimal festgenommen worden. Am 3. Mrz 1968 wurde er wegen seines Protestes gegen die
Absetzung der Ahnenfeier von der Hochschule relegiert, kurz danach verhaftet und zu drei Jahren Gefngnis
verurteilt, aufgrund einer Amnestie 1969 wieder entlassen. 1975 schloss er sein externes Geschichtsstudium an der
Universitt Posen ab, seit 1977 war er Redakteur unabhngiger Zeitschriften, Mitbegrnder der KOR (Komitet
Obrony Robotnikw - Komitee zur Verteidigung der Arbeiter), in den 80er Jahren prominenter Mitstreiter der
Solidarno; er verbrachte insgesamt sechs Jahre in polnischen Gefngnissen als Oppositioneller; 1989 war er
Mitglied des Runden Tisches, 1989 91 Mitglied des ersten nichtkommunistischen Parlamentes, Chefherausgeber
der ersten unabhngigen und inzwischen grten polnischen Tageszeitung Gazeta Wyborcza. (Kosmala: S. 61.)
135 Poln.: Ochotnicza Rezerwa Milicji Obywatelskiej Freiwillige Reserve der Brgermiliz

19

Sicherheitsorganen fhrte.136 Nicht auer Acht darf man hierbei lassen, dass sich die Aufrhrer in
der Erfahrung einer langanhaltenden Liberalisierung befanden und beide Seiten unter dem Eindruck
der Ereignisse des Prager Frhlings standen.
Die Panik, die die Unruhen in der politischen Klasse ausgelst haben mssen, werden verdeutlicht,
sobald man die Verhaftungszahlen dieses Monats betrachtet: Mitnichten handelte es sich nur um
Studenten. Bis zum 27.3. nahm die Polizei in Polen insgesamt 2.591 Personen in Gewahrsam, von
denen kaum die Hlfte, nmlich 597 bzw. 374, Studenten oder Schler waren - zu ihnen gesellten
sich 914 Arbeiter.137 Es ist also nicht vermessen, hier von einem keimenden Volksaufstand zu
sprechen, dessen politische Folgen fr das sozialistische Regime wren erneut katastrophal
gewesen. Entsprechend hart reagierten die zustndigen Stellen und statuierten im Laufe der
Ereignisse ein Exempel an 80 Personen, die zu mehrjhrigen Haftstrafen verurteilt wurden, obgleich
sie grtenteils bald darauf amnestiert wurden. Umso langfristiger traf es die 600 jungen Mnner,
die ohne von ffentlichem Interesse geschtzt zu sein, aus ihrem Leben, ihrem Studium oder ihrer
Arbeit gerissen und mittels eines Spezialbeschlusses zur Besserung zum Militrdienst einberufen
wurden; besonders hart traf es in beiden Fllen Studenten jdischer Herkunft.138
Zunchst jedoch schwiegen sich Partei und Medien ber die Ereignisse aus, whrend die PZPR
einen Gesamtschuldigen fr die Unruhen in der Bevlkerung, fr die Emprung von Literaten und
Studenten suchte.139 Dieses anfngliche Schweigen ist hier auch als Symptom fr die Uneinigkeit,
fr den Machtkampf innerhalb der Partei zu sehen, in der die berhand gewinnende PartisanenFraktion sich vielleicht schon sammelte, den gemigten Gomuka und die ihn untersttzenden
Reformer endgltig aus dem Amt zu jagen.140
Am Montag, dem 11. Mrz, wurde Warschau zum Schauplatz groangelegter Demonstrationen, die
in Straenkmpfen und Studentenkrawallen mndeten.141 Gleichentags bildete die
Parteivollversammlung im Automobilwerk FSO in Warschau den Auftakt zu tausenden spontanen
Arbeiterkundgebungen im ganzen Land.142 Die von den Demonstranten mitgefhrten
Transparente trugen weitgehend identische Aufschriften wie Schickt die Schweine zu Dajan143!,
136 Kosmala: S. 60 61.
137 Stola: S. 88.
138 Stola: S. 88.
139 Stola: S. 89 90.
140 Kosmala: S. 61.
141 Kosmala: S. 61.
142 Kosmala: S. 61.
143 Mosche Dajan: * 20. Mai 1915 im Kibbuz Degania; 16. Oktober 1981 in Tel Aviv israel. Militr und Politiker

20

Zionisten nach Zion!, Subert die Partei von den Zionisten!, Die Jugend immer mit der
Partei!, Lang lebe Gomuka! etc. pp.. Um zu verdeutlichen, wer genau mit Zionist
angesprochen werden sollte, waren diese Transparente mit buckligen Langnasen illustriert; Bilder,
die allabendlich ber die Fernsehbildschirme flimmerten und tags darauf in den Zeitungen zu
betrachten waren. Kommentiert wurden sie nunmehr nicht mehr mit dem nationalsozialistischen
allmchtigen Judentum, sondern mit der vom Weltzionismus ausgehenden Gefahr.144 Die
Betonung auf Ideologie nun machte es aber auch mglich, Nicht-Juden mit ins Boot zu werfen. Die
vom Vatikan offiziell gechtete PAX nutzte dies am 11. Mrz aus, um der mit ihr im Parlament
konkurrierenden katholischen Fraktion Znak145, die als einzige offiziell zugelassene Organisation
wagte sich auf Seite der protestierenden Studenten zu stellen und das Durchgreifen der
Sicherheitskrfte zu verurteilen, gemeinsame Sache mit den Verschwrern vorzuwerfen.146
Am 11. Mrz brach die Partei endlich ihr Schweigen und entfachte eine Propagandaschlacht. In den
offiziellen Presseorganen erschienen zwei Artikel, die die Zionisten, die imperialistischen
Agenten, nicht nur der Drahtzieherschaft an den gegenwrtigen Ereignissen bezichtigten, sondern
sie auch fr die Fehler im Stalinismus verantwortlich machten.147 Die Verantwortlichen gingen bis
zur Verffentlichung von Namenslisten angeblicher jdischer Rdelsfhrer im Parteiorgan Trybuna
Ludu und dem PAX-Organ Sowo Powszechne.148 Paradoxer Weise nutzten hier kommunistische
Krfte das Vorkriegsstereotyp der ydokomuna, um das Versagen des Systems nicht ihm selbst
anheim zu machen, sondern ihm mit Verweis auf seine Unterwanderung durch per se feindliche
Krfte seine Unschuld zurckzugeben. Der Hauptschlssel zum Verstndnis der Kampagne 1968 ist
hier, dass sie sich im Grunde nicht auf die tatschlichen Unruhen bezog, whrend die
Demonstranten auf der Strae sich nicht auf die Kampagne von 1967 oder den Antizionismus
oder Antisemitismus ihrer Regierung bezogen.149 Die Frauen und Mnner auf der Strae
bekundeten keine Sympathie, noch nicht einmal Interesse an Israel oder dem 6-Tage-Krieg. Die
Gegenseite ihrerseits ging in keinster Form auf deren Forderungen nach liberalerer Kultur- und
Pressepolitik, geschweige denn auf Rufe nach Demokratie oder einem Sozialismus nach Prager
Vorbild ein. Der Zionismus wurde ohne jegliche Begrndung und praktisch aus dem Nichts als
Feindbild aufgebaut. Hier nun brach mit aller Macht die zweite, brutale Phase der bereits in
Vergessenheit geratenden Antizionistischen Kampagne ber das Land herein.
144 Kosmala: S 63.
145 Zu deutsch: Zeichen
146 Kosmala: S. 63.
147 Stola: S. 90 91.
148 Kosmala: S. 61.
149 Stola: S. 79 80.

21

4.3. Die zweite Phase


Mit dem 11. Mrz war der Reifeprozess der Kampagne abgeschlossen und es schwappte eine Welle
des Antisemitismus ber Polen.
Die Rolle der Partei in der Pressearbeit wird durch eine Aussage des ZK-Mitgliedes und Leiters des
Pressebros beim ZK Stefan Olszowski vor dem Redakteursrat der fhrenden Zeitungen vom 5.
April 1968 widergespiegelt150:
Die Situation wurde radikal durch Beschlsse der Parteifhrung gendert, in denen
empfohlen wurde, eine Pressekampagne gegen die Aufwiegler und politischen Bankrottanten
zu entfalten, die zum Ziele habe, ihren politischen Hintergrund zu demaskieren: reaktionre,
revisionistische und zionistische Krfte. Mit Inkrafttreten dieser Beschlsse erschienen ab
dem 11.3. Publikationen, die eine Untersttzung der Parteilinie darstellen, gegen die
Versuche Zions die ffentliche Ordnung durcheinander zu bringen und zu stren, sowie die
politisch-gesellschaftliche Ausrichtung unseres Landes zu ndern.
Hierbei fllt der seltsame Umstand ins Auge, dass weder das ZK, noch das Politbro in den Tagen
zuvor ein offizielles Treffen abgehalten hatten. Nur sie htten solch weitreichende Beschlsse
treffen drfen.151 Wen also meinte Olszowski mit Parteifhrung? Ein Zeichen dafr, dass die
Spaltung in der Partei die offiziellen Organe soweit handlungsunfhig gemacht hatte, dass sich
einzelne Krfte dazu gezwungen sahen - oder die Gelegenheit dazu nutzten - die
Richtlinienkompetenz an den dafr verantwortlichen Parteistellen vorbei an sich zu ziehen. Eine
Entwicklung, die sich seit Anfang der 60er Jahre abgezeichnet hatte, war, dass Wadysaw Gomuka
selbst zu einem immer autoritren Fhrungsstil griff.152 Eine Eigenschaft, der auch der Ausgleich
zwischen den Lagern und die Einheit der Partei zu verdanken ist. Ob nun er persnlich hinter den
Beschlssen der Parteifhrung stand, oder womglich von anderen dazu gedrngt wurde, bleibt
unklar. Denkbar ist, dass die Kampagne schon soweit ausgereift und zumindest parteiintern, nicht
zuletzt durch die interne Informationsschrift des MSW Biuletyn Wewntrzny, dermaen verankert
war, dass er, zustzlich zu dem gegen ihn persnlich ausgebten Druck aus der Fraktion der
Partisanen, einer dorthin gerichteten Entscheidung nicht standhalten bzw. ihr nichts
150 Stenogramm des Redakteursrats beim ZK der PZPR vom 5.4.1968: Archiwum Akt Nowych, KC 6137, S. 3 4. Zit.
nach Stola, S. 100.
151 Stola: S. 100.
152 Stola: S. 101.

22

entgegenzusetzen hatte. Dass jedoch ein Groteil der verffentlichten Texte selbst direkt aus dem
MSW stammte, lsst sich heute nachweisen.153
Die Kampagne richtete sich von da an nicht nur gegen die angeblichen Zionisten, sondern auch
gegen Studenten, Intellektuelle und Regimegegner. Sie stellte die Zionisten aber als Drahtzieher
hinter den Protesten dar.154 Dabei bezog sie sich nicht nur auf Prominente, sondern richtete sich en
bloc gegen Betriebsleiter, Ingenieure, bedeutende rzte, schlichte Ladenbesitzer, Zahntechniker und
kleine Verwaltungsbeamte usw. usf., die in den folgenden Monaten ihre Existenzgrundlage verloren
und zur Emigration gezwungen wurden - einzig ihnen gemeinsam, und das, was sie von den
anderen unterschied, war nur ihre jdische Herkunft.155 Die neue, antisemitische Qualitt gegenber
der zuvor noch, wenn auch radikal, die offizielle Politik des Staates Israel kritisierenden Kampagne
zeigt sich in zahlreichen Dokumenten und Berichten von Betroffenen, die beweisen, dass es sich
nicht mehr um eine bloe Verwischung von regimekritischen und nationalistischen Ideen handelte,
sondern schlicht um plumpen, staatlichen Antisemitismus. Als Kronzeuge hierfr gilt mir der Brief
der Studentin Beata Dbrowska an Wadysaw Gomuka vom 23. Februar 1968:156
Ich bin Studentin im dritten Jahr an der Philosophischen Fakultt. Am 16. Februar d.J.
wurde ich um 20 Uhr abends durch Funktionre des Sicherheitsdienstes MSW auf der Strae
angehalten und zum Mostowski-Palast [Sitz der Milizkommandatur in Warschau; DD]
gebracht. Die dort gehrten Ansichten haben mich bis zu der Stufe erschttert, dass ich sie
kurz zusammenfassen und einige genau zitieren mchte. Und so habe ich es gehrt:
1. Wie arbeitet es sich zwischen Juden?
2. Wie viele Juden waren unter den Unterschriftensammlern in Verbindung mit 'Die
Ahnenfeier'?
3. Sie sind so intelligent und haben nicht die Flut des Judentums im Katheder ihrer Fakultt
bemerkt?
4. Sie verstehen, dass wir Polen endlich zu Wort kommen mssen, da solange Juden alle
Posten besetzen, Polen nicht emporkommen knnen. So knnte z.B. fr sie kein Platz mehr im
Katheder bleiben.
153 Stola: S. 105.
154 Kosmala: S. 61.
155 Kosmala: S. 62.
156 List Beaty Dbrowskiej do Wadysawa Gomuki vom 23.2.1968, Archiwum Akt Nowych, KC 3015, zit. nach:
Stola, Dariusz: Kampania antysyjonistyczna w Polsce 1967 1968, Warschau 2000, S. 317 - 318.

23

Und das ist, wie mir dafr Beispiele gegeben wurden, wie Jdlein Jdlein untersttzen:
a) Das Jdlein Baczko (Professor der UW [Uniwersytet Warszawski; DD]) hat Piotr
Hoffman gefrdert.
b) Przecki (das Jdlein) Zabudowski. (ersterer Dozent, zweiter Doktor)
c) Sie haben bestimmt bemerkt, welch Werbung fr die Jdlein Andrzej Rapaczyski und
Wodek Rabinowicz diese gemacht haben. (Beide sind unumstritten die begabtesten
Studenten an der Fakultt)
5. Sie sind doch reinen Blutes Arierin.
6. Wir verstehen, dass sich einige Damen an anderen Rassen aufgeilen. So, z.B., mgen
einige Neger, und andere Juden.
7. Ob sie weiterhin auf dem Polentum dieses Oberjuden157 Sonimski beharren?
Dabei zeigte sich, dass die mich verhrenden Funktionre das Wort Jude als Beleidigung
betrachteten. Als ich denn, dazu gezwungen Juden erkennen zu sollen, als
Erkennungsmerkmal dunkle Haare angefhrt habe und gerade den mich verhrenden
Funktionr zu den Juden gezhlt habe, bekam ich zu hren: Erlaub dir nicht zu viel! Bei
einer anderen Gelegenheit bekam ich zu hren: Halt den Mund!
Und so frage ich Sie, was das bedeuten soll, dass man in Volkspolen 24 Jahre nach der
hitleristischen Besatzung wieder in der Sprache der Hitleristen und der ONR-isten158 spricht?
Ich achte und schtze Sie so sehr, Brger Erster Sekretr, dass ich glaube, dass sie sich dieser
Sache annehmen und mir erlauben, den Glauben an den guten Namen des Polen des
Brgers Volkspolens sowie einfach nur an den Menschen wiederzufinden.
Beata Dbrowska

Nicht nur, dass die Begriffe Jude und Zionist synonym verwendet wurden,159 teilweise wurde
nicht einmal mehr dieser Kunstgriff angewandt, wie in Umlauf gekommene Flugbltter beweisen.
Fr deren Herstellung und Verbreitung verfgten nur die staatlichen Stellen, vermutlich das MSW,

157 Im Original: ydzisk


158 Poln.: Organizacja Narodowo-Radykalna - Nationalradikale Organisation
159 Stola: S. 80.

24

ber die logistische und personelle Infrastruktur.160 Diese Schriften griffen Vorkriegsstereotypen auf,
indem sie behaupteten es gbe zu viele Juden in Polen, die Polen berfremdeten und als Lsung
ihre Emigration forderten und offen Losungen vertraten wie Den Juden an den Schlfenlocken
packen und hinters Meer mit ihm!.161 Charakteristisch fr sie war, dass sie pars pro toto sprachen:
Es wurde ber die Michniki, Szlajfery, Zambrowcy usw. gesprochen - eine Sprache, die im Mrz
auch von der offiziellen Propaganda bernommen wurde und an die der Zeit der Groen Suberung
in der UdSSR der 30er Jahre erinnerte.162
Einhergehend mit der ffentlichen Kampagne wurde noch in der Nacht vom 8. auf den 9. Mrz die
Partei auf antizionistische Linie gebracht - mittels des vom MSW verffentlichtem geheimen
Bulletins, das nur den oberen Parteiorganen zugnglich gemacht wurde. Die in diesem Schreiben
als Unruhestifter genannten Personen hatten entweder explizit jdische Nachnamen oder waren dem
Apparat als Kinder ehemals fhrender Funktionre einschlgig bekannt. So wurden hier Namen wie
Wistreich, Zeichner, Mokles, Roszenstrauch, Karliner, Gross, Komar, Winawer, Eisenbach, Boczko,
Morawski usw. verffentlicht.163 Diese Linie wurde spter auch vom parteiinternen Organ des ZK,
Informacja A, bernommen.164 In diesen Verffentlichungen wurde erstmals der Begriff der
politischen Bankrottanten165 gebraucht166 und somit eine Verbindung zwischen Zionismus und
Stalinismus hergestellt. Die sofortige Inumlaufbringung dieses Dokuments ist ein Hinweis darauf,
dass es schon zuvor im MSW bereit gelegen haben muss und die Unruhen den erstbesten Anlass fr
seine Verffentlichung boten.167
In den folgenden Tagen kam es zu einer Verselbststndigung der Kampagne. Parteifhrer auf
mittlerer und niederer Ebene traten, inspiriert von Presse- und TV-Bildern, in Eigenregie auf und
befeuerten die Aktion.168 Dem folgte eine Welle von Ausschlssen aus Parteiposten und
Arbeitsstellen. Betroffen waren hauptschlich hhere Funktionre, deren Kinder in den oben
erwhnten Listen genannt wurden oder die jdischer Herkunft waren.169 Dahingehende
Entscheidungen wurden bereits am 11.3. von der Parteibasisorganisation (POP)170 getroffen.171
160 Stola: S. 84.
161 Eisler: S. 160.
162 Stola: S. 83.
163 Stola: S. 95.
164 Stola: S. 97.
165 Poln.: bankruty polityczne
166 Stola: S. 97.
167 Stola: S. 97.
168 Stola: S. 108 109.
169 Stola: S. 109.
170 Poln.: Podstawowa Organizacja Partyjna
171 Stola: S. 110 111.

25

Dieser Vorgang darf nicht unterschtzt werden - er bedeutet die Abkehr der eigentlichen Disziplin
der Partei unter ihre hheren Organe; gewissermaen nahm das POP hier in einem der seltenen
Flle seine eigentlich verbrieften demokratischen Rechte wahr und agierte ohne die Zustimmung, ja
sogar gegen den Willen der ihr bergeordneten Stellen. Die Abberufung der hheren Funktionre
folgte hierbei einer bereits im Frhjahr 1967 vom Politbro beschlossenen Richtlinie, die es
erlaubte, Eltern fr die Taten ihrer erwachsenen Kinder zur Rechenschaft zu ziehen.172
Die eigentliche Parteifhrung selbst schwieg noch bis zum 19.3., dem Tag, an dem im Kulturpalast
eine Konferenz von 3.000 Parteiaktivisten aus den Jugendorganisationen, Armeeorganen und der
ORMO, sowie Sekretren der Betriebskomitees stattfand.173 Dieser Kongress wurde mit
Transparenten ausgeschmckt, auf denen Slogans wie Weg mit der Agentur des Imperialismus dem reaktionrem Zionismus! und Jeder hat nur ein Vaterland! zu lesen waren.174 Hier lieen
sich Gomuka und auch der sptere Parteichef Gierek, Fhrer der damals noch in der Zeit ihres
Aufstiegs befindlichen und vorerst nur lokal einflussreichen Parteifraktion der Schlesier,
hochleben.175 Ein Zeichen dafr, dass Gomuka noch in der Lage war, sich an der Macht zu halten.
Auf der Konferenz wurden auch Stimmen gegen Schriftsteller und Intellektuelle laut, die ebenfalls
Ziel der Gesamtkampagne waren und sich gleichwertiger Opression ausgesetzt waren - zumal beide
Gruppen, Intellektuelle und Zionisten, erhebliche berschneidungen aufwiesen.176
Gomuka selbst sprach ber den Zionismus erst gegen Ende seines Auftrittes und verband ihn mit
Reaktionismus und Revisionismus - wichtiger jedoch waren seine Schlussworte, in denen er
uerte: Denen, die Israel als ihre Heimat ansehen, sind wir bereit Emigrationspsse auszustellen.
177

Der Satz sollte die Vertreibung einleiten. Diesmal aber sprach er mit den Worten der Partei (der

Text war von Politbro und ZK zuvor gesichtet und korrigiert worden).178 Der Zionismus-Teil der
Rede stand in seiner Krze in keinem Verhltnis zum brodelnden Auditorium. Auch verteidigte sie
die integeren Juden. Man muss sie als eine Kompromissrede ansehen, die die Grabenkmpfe
innerhalb der Partei wieder zum erliegen bringen wollte.179 Folgerichtig bezeichnete das MSW in
seinem nchsten Bulletin den Auftritt als nicht deckungsgleich mit dem Willen der Massen.180
Auch ebbte die Pressekampagne nach Gomukas Auftritt nicht ab - sie wurde eher intensiviert.181
172 Stola: S. 111.
173 Eisler: S. 361.
174 Eisler: S. 361.
175 Eisler: S. 361..
176 Stola: S. 116.
177 Stola: S. 116 117.
178 Stola: S. 119.
179 Stola: S. 117 118.
180 Stola: S. 120.
181 Stola: S. 121.

26

Die Partei war in dieser Zeit nicht mehr in normaler Form fhrbar, denn als das Sekretariat des ZK
am 21.3. beschloss, unbedingte organisatorische und disziplinarische Schritte zu unternehmen, um
die Ordnung an den Hochschulen wiederherzustellen, berschritt es dabei, durch Umgehung von
ZK und Politbro, offensichtlich seine Kompetenzen.182
Nachdem das Bulletin des MSW sogar offen dazu berging, Gomuka selbst anzugreifen und ihn
der Vershnungspolitik mit den Zionisten zu bezichtigen und ihn zu beschuldigen, er nhme diese
in Schutz,183 sprachen auf einem Beratungsgesprch vom 26. Mrz 15 Woiwodschaftssekretre den
inneren Parteikonflikt offen an, um Gomuka gleichzeitig die Untersttzung des Aktivs zu
versichern. Auch lobten sie seinen antizionistischen Auftritt vor dem Gewerkschaftskongress vom
Juni 1967 und forderten die Umstrukturierung des Parteiapparats, aber auch die Verlegung der
Suberung von kleinen auf groe Zionisten.184 Offensichtlich ging Moczars Rechnung, sich auf
den mittleren Parteiapparat zu sttzen, nicht auf. Gestrkt durch diese Geste sprach Gomuka in den
Tagen darauf ffentlich davon, es sei absurd, alle Juden zu Zionisten zu erklren, ungerecht und
verletzend denen gegenber, die eine organische Einheit mit der Nation und der Partei bildeten.185
Gleichzeitig aber kritisierte er, die polnischen Juden gben keinen Beweis ihrer Loyalitt zu Polen.
186

Wiedereinmal zeigte sich Gomuka als Kompromissfhrer. Aber es sollte fr solche

vershnlichen Worte bereits zu spt sein. Allerdings nicht fr ihn selbst: Als er auf einer Tagung
kommunistischer Fhrer in Dresden am 23.3. demonstrativ von Brenev gesttzt wurde, endete
auch die Kritik des MSW an seiner liberalen Haltung.187
Auf dem Treffen in Dresden wurde beschlossen, die Angelegenheit solle parteiintern geregelt
werden.188 Dass man sich auch innerhalb der Partei der antisemitischen Qualitt der Kampagne
vllig bewusst war, zeigt die Aussage Edward Ochabs, des politisch auf den einflusslosen Posten
des Staatsratsvorsitzenden abgeschobenen Vorgngers Gomukas als I. Sekretr. Auf einem Treffen
mit seinem Nachfolger und dessen Vertrautem Kliszko und Cyrankiewicz sagte er189:
Als Pole und Kommunist protestiere ich mit tiefster Emprung gegen die antisemitische
[Hervorhebung DD] Hetze, die in Polen von verschiedenen dunklen Krften, gestrigen ONR182 Stola: S. 121.
183 Stola: S. 123.
184 Stola: S. 124 125.
185 Stola: S. 128.
186 Stola: S. 126.
187 Stola: S. 129.
188 Stola: S. 129.
189 Stola: S. 129 130.

27

isten und ihren heutigen mchtigen Protektoren organisiert werden. In der Situation, die sich
in unserer Partei gebildet hat, bin ich gezwungen meinem Protest die Form des Verzichts auf
mein Mandat als Mitglied des Politbros des ZK der PZPR zu geben. Gleichzeitig lege ich
den schriftlichen Verzicht auf den Posten des Staatsratsvorsitzenden sowie des Vorsitzenden
des OK FJN190 nieder.
Gegenber Gomuka bezeichnete er auf diesem Treffen Moczar und seine Leute als die
mchtigen Protektoren.191
Einhergehend mit dieser Kritik uerte sich der ehemalige Leiter des ZK-Pressebros und Vertraute
Gomukas am 7. April diesem gegenber:192
Einige Parteilose und Parteimitglieder, und sogar der Parteiapparat selbst
unterscheiden nicht zwischen dem Begriff Jude und Zionist. [...] Von Juden spricht
man in den Straenbahnen, in den Geschften und den Schulen, und vor allem auf den
Parteiversammlungen.
Am 8. April folgte nun die parteiinterne Regelung: Abgesehen von Auenminister Adam Rapacki,
der sich mit Beginn der Kampagne aus dem ffentlichen Leben vllig zurckgezogen hatte und zu
keinem Treffen mehr erschien, traf das gesamte Politbro zusammen um ber die Personalfragen
zu entscheiden.193 Erstes Opfer war der Verteidigungsminister Marian Spychalski, der, an Ochabs
Statt, ins Amt des Staatsratsvorsitzenden befrdert wurde.194 Sein Nachfolger wurde der zum
Partisanen-Lager gerechnete General Wojciech Jaruzelski, geradezu eine Anerkennung seiner
Leistungen bei der von ihm geleiteten Bekmpfung der Zionisten innerhalb des Militrs und ein
Zugestndnis an Moczar.
Gomuka gab sich auf diesem Treffen wieder als Moderator, als Kompromissfhrer. Einerseits
gab er zu, dass sich die antizionistischen Attacken zu antisemitischen gewandelt htten, andererseits
ging er einen groen Schritt auf Moczar zu nicht zuletzt, da sein Vizemarschall im Sejm195 und
Vertrauter Zenon Kliszko bereits eine Spaltung zwischen Parteiaktiv und -fhrung befrchtete,
190 Poln.: Oglnopolski Komitet Frontu Jednoci Narodu Allpolnisches Komitee der Nationalen Einheitsfront
191 Stola: S. 130.
192 Starewicz do Gomuki, 7.4.1968: Archiwum Polskiej Rzeczypospolitej Ludowej, Bestand Starewicz, zit. nach:
Stola: S. 192.
193 Stola: S. 130 131.
194 Stola: S. 131.
195 Vizeprsident des Unterhauses des polnischen Parlaments

28

sollte jetzt noch der Versuch unternommen werden, die ins Rollen gekommene Aktion zurck zu
drehen.196
4.4. Die Kampagne im Volk
Im Unterschied zu vorangegangenen antisemitischen Kampagnen wurde diese nicht rassisch oder
religis legitimiert. Solch ein Vorgehen htte dem Gleichheitsanspruch des Marxismus entscheidend
widersprochen. Einhergehend mit der Idee der Politisierung des Gesamtlebens wurde auch der neue
jdische Feind nicht mehr rassisch oder religis als Jude hingestellt vielmehr wurde er in einem
politischen Sinne diffamiert: der Jude als imperialistischer Agitator, als Spion der USA, als
zionistischer Verschwrer. Das Wortspiel Zionist ermglichte hierbei, dass der Gegner nicht
Jude sein musste, um ihn als Zionist zu diffamieren. Bloe Sympathie, und sei es nur eine
unvorsichtige Aussage zu Gunsten Israels, konnte sogleich als eine politische, eine zionistische
und somit antisozialistische gewertet werden. Beibehalten wurden das alte Schema der
Weltverschwrung - die jetzt, natrlich, auch eine zionistische sein sollte und wie in der
Legende von der Verschwrung des Weltjudentums ihre Tentakel sowohl in die Kreise der
Finanzwelt, der Journalistik, wie auch paradoxer Weise in die kommunistische Bewegung
erstreckte und hier den natrlich wahren Sozialismus ihren geheimen Machenschaften opferte.
Die Begrndungen, beinah jeder Jude sei automatisch Zionist, was die Erfassung nach Kriterien
der Nrnberger Gesetze legitimierte, klingt ebenso perfide: Der Jude sei hier nicht mehr Teil eines
Volkes oder einer Rasse, sondern Mitglied einer politischen Organisation, in die er durch Geburt
eintritt. So kann der Generalverdacht bestehen bleiben ohne den erhobenen Gleichheitsanspruch
aller Menschen zu unterminieren. Der Gedanke, die Verschwrung des Weltzionismus reiche
soweit, dass es eine Kollaboration von Juden und Nazis gegeben htte, die 1967/68 in dem oft zu
hrenden Vorwurf einer Achse Bonn Tel Aviv wiederaufersteht, ist hierbei nicht neu. Schon
whrend der rzteprozesse und der antizionistischen Hetze in der Sowjetunion waren die
Propagandisten soweit gegangen, den zionistischen Verschwrern vorzuwerfen, sie htten ihr
eigenes Volk dem Naziregime geopfert um selbstverstndlich geplant unter Zuhilfenahme der
daraus resultierenden weltweiten Anteilnahme die Grundlage fr den neuen Staat Israel zu legen.
Dieses Mrchen lsst sich heute z.B. noch im Museum des Groen Vaterlndischen Krieges in
Minsk beobachten: Auf einem Gemlde, dass die Verhltnisse im KZ darstellen soll, sieht man, vor
einem Leichenhaufen toter Politischer (zu erkennen an dem roten Dreieck an ihrer Kleidung) einen
SS-Mann lachend mit einem Hftling zusammenstehen. Ist auch der Judenstern auf des Hftlings
196 Stola: S. 131 132.

29

Brust mittlerweile (augenfllig miserabel) bermalt worden, reichen auch die anderen an ihm
dargestellten Stereotype, um ihn klar zu identifizieren.
Im Gedankenkosmos der ydokomuna bildeten Antisemitismus, Antikommunismus und
Antirussismus (schon lange vor der Revolution 1917 hatten nationalistische Stimmen das
Zarenreich als Grokommunismus bezeichnet197) eine Einheit. Die antizionistische Kampagne
fiel hier auf fruchtbaren Boden: pltzlich war es jedem erlaubt, das kommunistische (stalinistische)
System als solches, Juden, die in den Jahren zuvor, z.B. in den Brgerkriegsjahren, vom Staat
offiziell geschtzt wurden, und leise sogar die stalinistische Sowjetunion, wo die jdischen
Kommunisten ja hergekommen waren, zu kritisieren und zu verurteilen. Jeder Vorgesetzte aus der
Stalinra, vom Betriebsleiter bis zum Sekretr, war pltzlich vogelfrei und dazu musste er blo
Jude oder Zionist sein.
Dass die Kampagne nicht nur von oben oktroyiert wurde und von Mitlufern mitgemacht
wurde, sondern auch auf Resonanz in der Bevlkerung stie bzw. dort tiefst einsickerte, bezeugt der
Brief Jzef Ledwos, eines einfachen Brgers, an die Redaktion der Polityka vom 8. Mai 1968
198

:
Sehr geehrter Herr Redakteur!
Seit einer bestimmten Zeit kommt meine zehnjhrige Tochter Magorzata, Schlerin der III.
Klasse der Grundschule in Gliwice, weinend nach Hause, weil die Kinder nicht mit ihr
spielen wollen, da sie Jdin ist. Faktisch ist das nicht so, aber es ist unter der menschlichen
Wrde sich in dieser Sache wem auch immer gegenber zu rechtfertigen. Ich wrde Ihnen das
nicht schreiben, auch wenn ich die Polityka mag, aber ich halte diesen Umstand fr
gefhrlich. Ich kann mir vorstellen und kann die Empfindungen verschiedener Kinder
nachfhlen, die von ihrer Umgebung schikaniert werden. Stze nach der Art: Mama hat mir
verboten mit Jdinnen zu spielen kommen doch nicht von den Kindern selbst!
Falls Sie knnen, dann nehmen Sie sich dieser Sache doch unter einem breiteren Aspekt an,
da es nicht ausgeschlossen ist, dass mein Beispiel nicht einzigartig ist.

197 Pufelska: S. 35.


198 List Jzefa Ledwonia do redakcji Polityki, 8.5.1968: Archiwum Akt Nowych, KC 3015, zit. nach: Stola: S. 348.

30

Der Schutz der Kinder, unabhngig ihrer Herkunft, muss die moralische Pflicht eines jeden
anstndigen Menschen sein.
Ich widerspreche nicht der vollstndigen Verffentlichung meines Briefes.
Ich verbleibe mit Hochachtung und Gren fr den mir sympathischen Kreis der Redakteure
/-/ J. Ledwo
P.S.: Ist es nicht eine groe Schande, dass Kinder im Alter von 10 Jahren persnlich den
Problemen des Rassismus begegnen? Ist es nicht unabdingbar, einem Kind auf die Frage zu
antworten: was ist eine Jdin?
/-/ J.L.
Auch wenn es im Laufe der beiden Jahre zu keinen tatschlichen, physischen bergriffen kam, so
war eine Pogromstimmung zu spren, vor allem bei den empfindlichen Mnnern und Frauen, die
die Judenverfolgung der Nazis ein Vierteljahrhundert zuvor noch in lebhafter Erinnerung hatten.
Kollegen fingen pltzlich an sich zu meiden, Nachbarn sprachen nicht mehr miteinander und
vermeintliche Freunde verschwanden aus dem Blickfeld.
Auch darf man nicht vergessen, dass hier antisemitische, antikommunistische und antirussische
berzeugungen wieder zu Tage traten, die erst jetzt wieder offen gezeigt werden durften, nachdem
sie 23 Jahre unterdrckt worden waren.
Das Bild, das der polnischen Bevlkerung von den Juden und dem erlittenen Leid im Holocaust
vermittelt wurde, wurde auch dadurch verwischt, dass die Shoah nicht dezidiert betrachtet, sondern
die jdischen Opfer als polnische Staatsbrger mit ethnischen Polen zusammengefasst wurden.199
Mit Rckgriff auf die Methoden und Ideenanstze polnischer Vorkriegsnationalisten wie der
Endecja wiederum versuchte sich die Partei dem Brger neu zu prsentieren. Nach der
internationalistischen Legitimation einer Regierung der Arbeiter und Bauern in engstem
Schulterschluss mit der verhassten Sowjetunion zeigte man sich jetzt als nationale, als polnische
Regierung, die nichts mehr mit den Kommunisten der Vorjahre zu tun haben wolle eine Strategie,
199 Stola: S. 98.

31

die mit der Wahl Gomukas zum I. Sekretr erfolgreich erprobt und hchst erfreut von den breiten
Bevlkerungsmassen aufgenommen worden war. Natrlich tuschte die Volkstmelei nur ber die
realen Probleme in Staat, Gesellschaft und Wirtschaft hinweg und auch der Nationalkommunist
Moczar erstrebte in keinster Form eine Lockerung der Bindung zum Groen Bruder. Aber das sollte
dem einfachen Mann vielleicht auch gar nicht auffallen, sobald er nicht mehr Proletarier und
Kommunist zu sein hatte, sondern wieder blo Pole, und das in vollen Zgen, sein durfte.

32

5. Die Vertreibung
Bei der Emigration tausender jdischer Polen nach Westen kam es nicht zu physischen bergriffen.
Es wurden keine Deportationen vorgenommen oder Ultimata gesetzt wohl aber lsst sich von
Vertreibung sprechen. Zu dem psychologischen Druck, der durch die Medien und die beeinflusste
Bevlkerung auf die Juden ausgebt wurde, kam eine Liberalisierung der Ausreisebestimmungen,
die ganz klar als Forcierung der Emigration durch die offiziellen Stellen zu werten ist. Diese
Entwicklung hatte ihre Wurzeln bereits in den Jahren davor: bereits 1949 50 waren 30.000 Juden
ausgereist diese Mglichkeit stand ihnen unter dem Schlagwort Nationale Optionoffen, einer
Politik, die Juden nicht als polnische Bevlkerungsgruppe behandelte, sondern sie als eigene Ethnie
anerkannte und somit jedem, der sich zum jdischen Volk bekannte, die Mglichkeit zur Ausreise
nach Israel gewhrte.200 1956 verlieen weitere 47.000 Polen.201 Die Nationale Option galt hierbei
jedoch nur fr eine Ausreise ins Heimatland eine Politik die auch 1968 beibehalten wurde, so dass
die Ausreiseformulare nur fr eine Ausreise nach Israel unter Bedingung der baldigen Annahme der
israelischen Staatsbrgerschaft erfolgte, was mit dem Verlust der polnischen gleichgesetzt wurde.
Unbercksichtigt dessen, dass nur eine Minderheit tatschlich vor hatte, nach Israel auszuwandern
bzw. schlussendlich dort ankam, erhielten also alle genehmigten Ausreiseantrge nur eine Erlaubnis
fr die Emigration nach Israel.
Weiterhin galt die Nationale Option nicht nur fr Juden, sondern auch fr alle anderen nationalen
Gruppen. Dass Juden jedoch gesondert behandelt wurden, zeigt eine Statistik aus dem Jahre 1966:
whrend 86% aller Antrge von Juden genehmigt wurden, durften nur 19% der sich auf diese
Klausel berufenden deutschen Antragsteller in die BRD ausreisen.202 Der Eindruck eines selektiven
Rassismus wird hier verstrkt, fhrt man sich vor Augen, das 38% der Antrge auf Ausreise in die
Vereinigten Staaten und nach Frankreich genehmigt wurden.203 Whrend man also der einen
unbequemen Minderheit die Emigration schmackhaft machte, wurde die andere im Land
festgehalten. (Man darf nicht vergessen, dass ein jeder Ausreisewillige im Falle der NichtGenehmigung mit Repressionen zu rechnen hatte.)
Die Idee, die Emigration strker, ja offensichtlich zu untersttzen, stammt, wie oben erwhnt, aus
Gomukas Mund selbst und stie auf groe Zustimmung in der Politik, gab sie doch die
200 Stola: S. 207.
201 Stola: S. 207.
202 Stola: S. 208.
203 Stola: S. 208.

33

Mglichkeit, unbequeme Elemente praktisch abzuschieben, indem man sie zur freiwilligen
Ausreise drngte. 1968 gab das MSW schlielich die Weisung aus, Ausreisewnsche nach Israel gar
nicht mehr zu behindern, was einem Freifahrschein glich.204 Ausreisekandidaten sahen sich jetzt
durch mehrere Faktoren gedrngt: die Propaganda in den Medien, der Druck von der Strae, die
Beispiele erfolgreicher Auswanderung jdischer Verwandter und Bekannter und nicht zuletzt durch
die Gefahr, bei nicht zgigem Ergreifen der Mglichkeit eine Lebenschance zu verpassen, da die
Dauer der liberalen Ausreisegenehmigung nicht abzusehen war.
Gegenargument war der Verlust der Staatsbrgerschaft, mit dem sich der Emigrant einverstanden
erklrte. In einer im nach internationalem Recht illegalen Praxis wurde dem Ausreisenden statt
eines Passes ein Reisedokument ausgestellt, das nicht mehr zur Wiedereinreise berechtigte und
fr den Emigranten die Mglichkeit einer Heimkehr aus damaliger Sicht fr immer verschloss.
205

Der Druck lsst sich an dem rapiden Anstieg der Antrge ablesen: Stellten im Mrz 1968 nur 66
Personen einen Antrag, waren es im April bereits 134, im Mai 224 und im Juni sogar 577, von
denen nur 26 (vorerst) abgelehnt wurden. Im ganzen Jahr reisten 3437 Personen nach Israel aus,
1969 sogar 7674 damit war der Hauptteil der Emigration abgeschlossen. 1970 reisten noch einmal
698 aus, 1971 1118 (insgesamt also 12.927 direkt nach der Kampagne). Bis 1975 verlieen nur
noch 853 weitere Juden das Land.206
Damit findet die fast 1000jhrige Geschichte des Judentums in Polen ihr Ende.

204 Stola: S. 210.


205 Stola: S. 211 212.
206 Stola: S. 213.

34

6. Fazit
Die antizionistische Kampagne, die sich zu einer antisemitischen entwickelte, hatte viele Vter.
Ihren Anfang nahm sie mit der Kritik an Israel 1967, doch kann diese Kritik nur als ein Vorlufer
gelten, der im darauf folgenden Jahr 1968 instrumentalisiert wurde. Offensichtlich versuchte man
dem Unmut in der polnischen Bevlkerung zu begegnen, fr den die Studentenunruhen mehr ein
Symptom als ein Auslser waren. Nicht nur die Einschrnkung von Presse- und Meinungsfreiheit
und die Opression in der Volksrepublik, die von breiten Teilen der Bevlkerung als unertrglich
empfunden wurden - vor allem steuerte auch eine fehlgeleitete Wirtschaftspolitik ihren Teil zu der
Unzufriedenheit der Polen mit ihrer Regierung bei einhergehend mit einer sprbaren Rcknahme
von Freiheiten, die whrend der Tauwetter-Periode gewhrt worden waren.
Diesem Unmut begegnete das Regime schrittweise mit einer scheinbaren Polonisierung des
Systems. Ein erster war die Wahl Wadysaw Gomukas zum neuen Ersten Parteisekretr. Ein Mann,
der zuvor als nationalistischer Abweichler aus der Partei ausgestoen und interniert worden war.
Diese Politik sollte ohne eine faktische Lsung aus dem Verbund der sozialistischen Staaten und
einer Loslsung von der UdSSR die Politik und die Regierung als eine nationale legitimieren: die
Abkehr vom zuvor propagierten Internationalismus.
Die erneut aufflammenden Unruhen 1967/68 lieen die rechten Krfte weiter erstarken, die den
Weg der Nationalisierung weitergingen. Unter Fhrung des Nationalkommunisten Moczar wurde
versucht, auch offiziell alle gesellschaftlichem Krfte unter dem Dach des Staates zu binden und sie
diesem so zugnglich zu machen ein groer Schritt dorthin war die Rehabilitierung der AK.
Das Aufflammen des Antisemitismus war eine Reaktivierung von Vorkriegsvorurteilen. Zionist
und Jude wurden pltzlich synonym verwendet, Zionisten als bucklige Kaftantrger mit
krummen Nasen und Schlfenlocken dargestellt die Anknpfung an Vorkriegsstereotype somit
unbersehbar. Damit fielen sie auf fruchtbaren Boden in einer Bevlkerung, fr die dieses Thema
jahrelang tabuisiert worden war. Pate standen hier die Verfolgungen in der stalinistischen
Sowjetunion. Dabei war es mit Sicherheit hilfreich, diese Vorurteile in einem Volk
wiederzubeleben, das gerade erst einen Nationalstaat errungen hatte.
Damit entledigten sich die neuen Machthaber der Verantwortung fr die Fehler und Verbrechen der
stalinistischen ra und gaben sich gleichzeitig eine Mglichkeit, sich ranghoher Funktionre, die
35

der eigenen Karriere oder den eigenen politischen Vorstellungen im Wege standen, zu entledigen.
Sie konnten sich als die wahren Kommunisten, als Patrioten und legitime Regierung
darstellen. Der Antizionismus spielte also eine groe Rolle im parteiinternen Machtkampf.
Wurzeln fr die Kampagne sind bereits im Streit zwischen krajowcy und moskale zu suchen. Aber
selbst unter den moskalen selbst gab es eine Spaltung zwischen jdischen und nicht-jdischen
Kommunisten. Diese Spannungen brachen hier wieder aus.
Gleichzeitig bot die Kampagne breiten Massen die Mglichkeit zur Kritik am Regime: Pltzlich
war es mglich geworden, Funktionre, Vorgesetzte und Mitarbeiter bis in die hchsten Stellen zu
kritisieren und zu verurteilen, ja, sogar das gesamte (stalinistische) System in Frage zu stellen. Der
die Jahre davor unterdrckte Antisemitismus und der unterdrckte Unmut ber die Zustnde im
Land durften pltzlich, beide, offen ausgesprochen werden sie entluden sich auf der Strae.
Was lehrt uns die Kampagne 1967/68? Einerseits, dass es sich beim Antizionismus um plumpen
Antisemitismus handelte. Wiedereinmal wurde das schwchste und schutzloseste Glied in einer
europischen Gesellschaft zum Sndenbock gestempelt und das eigene Versagen auf sie abgewlzt.
Fr die Gegenwrtigen ist es ein Beispiel, wie schnell Minderheiten in einer aufgeklrten
Gesellschaft wieder verfolgt werden knnen wie sehr man sich in Acht nehmen muss, wenn z.B.
wegen des heutigen Nah-Ost-Konflikts Demonstranten in Europa Jahwe verlangt den Vlkermord
skandieren und Israel als Nazi-Zionisten-Staat beschimpfen207 - oder andere ethnische oder
soziale Minderheiten fr die Unstimmigkeiten im System verantwortlich gemacht werden.
Eine gerechte Gesellschaft kann nur sein, in der jeder Einzelne gebraucht wird und in der fr jeden
Platz ist.

[Zitate gekennzeichnet. bersetzungen, soweit nicht anders angegeben, in Eigenarbeit; DD]


207 Gegen Krieg, fr Kassamraketen, TAZ vom 11.01.2009. Zit. nach:
http://www.taz.de/1/politik/deutschland/artikel/1/gegen-krieg-fuer-kassamraketen/ am 28.02.2009.

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http://www.taz.de/1/politik/deutschland/artikel/1/gegen-krieg-fuer-kassamraketen/ am 28.02.2009.

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