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Leseprobe - MACHTFRAGE Change
Leseprobe - MACHTFRAGE Change
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WARUM VERÄNDERUNGSPROJEKTE
WARUM
MEIST AUF VERÄNDERUNGSPROJEKTE
FÜHRUNGSEBENE SCHEITERN
MEIST
UNDAUF
WIEFÜHRUNGSEBENE SCHEITERN
SIE ES BESSER MACHEN
UND WIE SIE ES BESSER MACHEN
Ökonom Torsten Oltmanns ist Partner und Direktor Global Marketing
bei Roland Berger Strategy Consultants. Er hat den Umbau großer Unter-
nehmen und die Reform von Verwaltungen realisiert und lehrt dazu an der
Leopold-Franzen-Universität Innsbruck. Bei Campus veröffentlichte er den
Titel »Eliten-Marketing«.
Daniel Nemeyer hat im Marketing von Roland Berger Strategy Consul-
tants gearbeitet und hier vor allem zum Thema B2B-Marketing. Er ist heute
selbstständiger Kommunikationsberater und SAP-Stipendiat an der Qua-
driga-Hochschule in Berlin.
Torsten Oltmanns, Daniel Nemeyer
Machtfrage Change
Warum Veränderungsprojekte
meist auf Führungsebene scheitern
und wie Sie es besser machen
Campus Verlag
Frankfurt / New York
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der
Deutschen Nationalbibliografie. Detaillierte bibliografische Daten
sind im Internet unter http://dnb.d-nb.de abrufbar.
ISBN 978-3-593-39203-5
Inhaltsverzeichnis 7
5. Wer Konflikte entscheiden will, braucht
Durchsetzungsvermögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108
Macht – allgegenwärtig und dennoch ein Tabubegriff . . . . . . . . . . 109
Die machtlose Wirtschaftstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136
Entscheider brauchen Macht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210
8 Machtfrage Change
Kapitel 1
14. Juni 2006, Fifa-WM-Stadion Dortmund, die 52. Sekunde der Nach-
spielzeit der Vorrundenbegegnung Deutschland gegen Polen: Metzelder zu
Lahm, Lahm zu Frings, der nach rechts auf Schneider, Pass auf Odonkor,
Flanke nach innen, Neuville kommt, das rechte Bein, er erwischt den Ball
mit der Fußsohle, ein Schrei aus tausend Kehlen: eins zu null. Es ist 22.50
Uhr, und im Tumult der 65 000 im Stadion entlädt sich mit der Erleichte-
rung die Gewissheit, dass von nun an nichts mehr so sein wird, wie es
einmal war. Ein Mythos entsteht: das Sommermärchen.
Eine Nation im Taumel, kollektiver Rausch, Deutschland reloaded. Die
Welt schaut zu – und applaudiert und singt und tanzt mit. Die Vierer-Kette
als Friedensbewegung und Integrationsbeauftragter, Fußball-»Partyotis
mus« als Imagekampagne. Er wird diesen Moment in Dortmund später als
Vulkanausbruch beschrieben, aber da ist er schon wieder in Kalifornien,
der »Meister der extremen Form des Wandels«, wie ihn der Harvard Busi
ness Manager feiert: Jürgen Klinsmann – Reformator, Revolutionär, Re-
bell, die Symbolfigur der radikalen Veränderung. Seine Sprache ist die der
Südkurve (»Wir knallen sie durch die Wand«), aber der Betriebswirtschafts-
Professor Wolfgang Jennewein von der Universität St. Gallen sieht ihn als
Begründer einer neuen Managementphilosophie. Nach diesem »Prinzip
4i« ist gute Führung identifizierend, inspirierend, intellektuell, individuell.
An diesem Sommerabend 2006 in Dortmund wird die schwarz-rot-gol-
dene Fahne zur friedlichen Erkennungsmarke einer »Generation La Ola« –
und Klinsmanns Führungsphilosophie populär. Ihr Ende folgt knapp drei
Jahre später, am 27. April 2009, kurz nach neun Uhr. Jürgen Klinsmann,
seit Juli 2008 Trainer und Change Agent des FC Bayern München, muss
das Vereinsgelände an der Säbener Straße verlassen. Kurz zuvor hatte Bay
12 Machtfrage Change
der Fläche«, sondern auch an Konflikten im Management, also auf hori-
zontaler Ebene. Ob in lähmenden Machtkämpfen blockiert oder im Macht-
vakuum verhungert – das Ergebnis bleibt das Gleiche: Nichts geht weiter.
Macht ist die Fähigkeit, Menschen zu zwingen, Dinge zu tun oder zu un-
terlassen, die sie sonst nicht tun oder unterlassen würden, so jedenfalls die
Definition des Militärstrategen Carl von Clausewitz1. Einige Experten un-
terscheiden »helle« von »dunkler« Macht. Hell ist die Gestaltungsmacht,
die notfalls sogar mit harten Bandagen durchgesetzt werden kann: im
Kampf. Erst mit Machtkompetenz würden Erfolge auch unter erschwerten
Bedingungen möglich.
Wohin dagegen die dunkle Seite der Macht führt, wissen wir spätestens
seit Star Wars: Bösartig ist sie, destruktiv, manipulativ, lügnerisch, zerstö-
rend. Kaum ein anderer Begriff in der Wirtschaft ist so negativ belegt –
vielleicht abgesehen von Boni, Gier und Geld. Kaum ein anderer Begriff ist
von so vielen Missverständnissen und Fehlinterpretationen umstellt.
Macht, so scheint es, führt nirgendwo anders hin als in den Untergang.
Macht ist verpönt. Alle haben sie, aber niemand will etwas mit ihr zu
tun haben. Mag der Einfluss von Managern groß und gewünscht sein –
ihre Macht sollte es besser nicht sein. Machtkämpfe, Machtspiele, Macht-
poker, die Macht der Politik, die Macht der Wirtschaft, die Macht der
Presse, die Macht des Kapitals, die Macht der Gewerkschaften, die Macht
des Ruhms – so sehr die Fähigkeit von Personen oder Gruppen zur Steue-
rung des Denkens und Handelns von anderen unser Leben bestimmt, so
wenig vertrauen wir ihr. Wie eine Warnung gilt die Spruchweisheit »Macht
korrumpiert, absolute Macht korrumpiert absolut.«
Wer unbestritten Macht besitzt, schweigt besser – und agiert im Stillen.
Das Thema verbietet sich von selbst – sogar in seiner leisesten Form. Be-
schrieben hat sie der Harvard-Professor John Kotter in Power and Influ
ence:2 die gleichsam schweigende Unterordnung unter eine Person mit Au-
torität oder hohem Ansehen, auf deren Unterstützung man unbedingt
angewiesen ist. So selbstverständlich Menschen zu jeder Zeit und auf jeder
Stufe Macht ausüben und der Staat sein Machtmonopol beansprucht – der
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bescheidensten und engsten Kreisen spielt sie eine Rolle. Jeder Einzelne ist
irgendwie ein Machtzentrum und auch wieder ein Machtobjekt.«
Acht Prinzipien sollte nach Meinung von Peter F. Drucker jede gute
Führungskraft beherrschen3: Sie stellt sich jeder aktuellen Situation, sie
entwirft Aktionspläne, sie übernimmt Verantwortung, sie sorgt für einen
Kommunikationsfluss im Unternehmen, sie stellt sich auf Chancen und
Risiken ein, sie tauscht sich aus – und sie vermittelt ein Wir-Gefühl. Die
Aufgabe von Führungskräften sah Drucker darin, die Arbeit anderer zu
koordinieren und entwickelte mit »Management by Objectives« das bis
heute gültige Führungsprinzip durch Zielvereinbarung. Einer seiner geleh-
rigsten Schüler war der mächtige General-Electric-CEO Jack Welch. Des-
sen oberste Regel: »Fix, Close or Sell«. Drucker legte Welch eindringlich
nahe, sich prinzipiell von allen Geschäftsbereichen zu trennen, in denen GE
nicht mindestens Nummer zwei am Weltmarkt war. Welch tat, wie ihm
geheißen. Sieht so wahre Macht aus?
Nach einer Studie der Universität Münster sollen Chefs in Change-Pro-
zessen – getreu dem herrschenden Mainstream – »nicht einfach Befehle
erteilen, sondern den Mitarbeitern zeigen, worin der Sinn ihrer Arbeit be-
steht«. Je mehr sich eine Führungskraft individuell um die Mitarbeiter
kümmere, desto besser gehe es ihnen. Change-Orientierung und Mitarbei-
terorientierung seien zeitintensiv, »auf Dauer zahlen sie sich jedoch aus, da
die Mitarbeiter zufriedener sind und die Leistung steigt.«4 Welchs eigene
Managementtheorie »20-70-10« sieht das so: Die besten 20 Prozent der
Mitarbeiter (»Stars«) sollen mit Boni belohnt, die 70 Prozent in der Mitte
bestmöglich gefordert und gefördert, die schwächsten 10 Prozent (»Zitro-
nen«) entlassen werden. Wegen seiner Sprengkraft handelte sich Welch den
Spitznamen »Neutronen-Jack« ein. Für viele galt er als härtester Manager
der Welt, spätestens seit er postulierte, dem Willen zur Veränderung auch
Luft zu geben, wenn dadurch Teile des Unternehmens in ein totales Chaos
gestürzt würden. Hoffnungsvollen Talenten im Unternehmen empfahl er
sich gerne als Gärtner, der die Saat fürsorglich aufgehen lässt – und dabei
natürlich auch Unkraut rupfen muss.
Mit diesem Buch zeigen wir, warum Veränderungen nicht nur mit den
Betroffenen gestaltet werden müssen, sondern auch die Durchsetzung in
Konflikten erfordert. Der Text zeigt, warum Change Management ein
Anmerkungen
1 Vgl. Clausewitz (1980), S. 214 f.
2 Kotter (1985).
3 Harvard Business Manager (2006): Führung: Die wichtigsten Ideen von Peter F. Dru-
cker, in: Harvard Business Manager 11 / 2006, S. 92 f.
4 Universität Münster (2008): Studienergebnisse, in: Zwischen Ethik und Change-Ori-
entierung – Wie Führungskräfte Macht ausüben, 19. 05. 2008, http://www.innova-
tions-report.de/html/berichte/studien/bericht-110312.html.
16 Machtfrage Change
Veränderungen statt Machtspielchen:
damit der Wandel gelingt
Mehr als 80 Prozent aller Change-Management-Projekte
scheitern. Dies liegt weit häufiger an Unstimmigkeiten in der
Führungsetage als am Widerstand der Mitarbeiter. Statt
sich ihrer Management-Kernaufgabe, nämlich dem Steuern
des dringenden Veränderungsprozesses, zu widmen, reiben
sich die Führungskräfte in internen Machtkämpfen auf.
ISBN 978-3-593-39203-5
9 7 835 93 392 03 5
€ 39,90 [D] · € 41,10 [A]
www.campus.de