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Teil 1
Am Abend vor meinem Urlaub mache ich gerade den dritten Koffer auf die
altbewhrte Methode zu - 'draufsetzen - als es an meiner Tr klingelt. Und
wahrscheinlich habe ich schon australischen Sand unter den Fen, oder,
noch wahrscheinlicher, schon einen gehrigen Sonnenstich. Wie sonst soll
ich mir erklren, da ich einfach aufmache. Wenn man als Frau alleine lebt,
sollten gewisse Vorsichtsmassnahmen eigentlich schon unterbewusst
ablaufen. Aber ich gucke nicht durch den Spion, schiebe nicht die Kette vor,
gehe nicht ber Los, kriege kein Geld, und lande sozusagen auch prompt im
Gefngnis. Die Frau vor meiner Haustr ist vielleicht zwei oder drei
Zentimeter kleiner als ich, mit offenen, schwarzen Haaren, die in dicken
Locken ihren Rcken herunterfliessen. Sie wirkt zierlich, trgt sich mit der
tadelloser Haltung einer Ballerina, die aber Kraft zu kosten scheint, als wre
sie sehr mde. Wie jemand, der sich zu lange zu sehr angestrengt hat, etwas
zu lange auf krperlichem Kredit gelebt hat. Ihre Haut ist hell, fast bleich, und
auch wenn sie ein heller Typ ist, sieht sie nicht gesund aus. Wre da nicht
ihre Kleidung - eine Kombination aus schwarzem Leder und dickem
schwarzen Stoff, teuer, wie die Kleidung eines Samurais, der sehr leicht friert
- wrde ich sie fr einen Junkie halten. Aber ihre ganze Art spricht dagegen,
sie sieht zu stolz aus, fast arrogant, und unendlich selbstbewusst. Nur mde.
Sie knnte auch eine Reise in die Sonne vertragen, denke ich. Und zwlf
Stunden Schlaf. Auf dem Boden neben ihren Stiefeln steht eine Sporttasche,
blaues Nylon, die berhaupt nicht zu ihrem Outfit passt. "Hallo Claudia." sagt
sie. Ihre Stimme ist weich, mit einem slavischen oder polnischen Akzent, was
zu ihren Wangenknochen passt. Ihre Augen sind dunkelbraun, so dunkel,
da man bei dem Flurlicht nicht sehen kann, wo die Pupille anfngt.
Irgendwas stimmt nicht mit ihrem Gesicht, so fein und schn es auch ist.
Selbst beim zweiten Hingucken kann ich nicht sagen, was, aber da passt
etwas nicht. Eins ist sicher: ich habe diese Frau noch nie in meinem Leben
gesehen. "Kennen wir uns?" Sie lchelt, sehr grade Zhne zwischen roten
Lippen. Ich spre einen kurzen Stich des Neids - die Frau ist wunderschn.
Nur vllig bernchtigt. "Noch nicht," sagt sie. "Ich -" Weiter komme ich nicht.
Mit beiden Armen stsst sie mich pltzlich nach hinten, einen Stiefel gegen
die Tr gestemmt. Auch wenn ich gewusst htte, was sie vor hat, htte ich es
wahrscheinlich nicht verhindern knnen. Ungeheuere Kraft liegt in diesem
Sto, mehr, als eine Frau dieser Gre eigentlich haben drfte. Ich taumele
nach hinten, falle hin, lande hart auf der rechten Schulter, schlage
mittelschwer mit dem Kopf auf. Sofort steht sie ber mir, hockt auf mir, und
eine khle Hand greift in meinen Kragen, an meine Halsseite. Weit entfernt
hre ich meine Tr zufallen. "Aber das ndern wir jetzt, Claudia." Ich bringe
grade mal die Arme hoch, nicht genug, um die Finger an meinem Hals
abzuwehren. Mit Daumen und Zeigefinger greift sie einmal zu, dann nochmal,

ihre langen Fingerngel spitz auf meiner Haut. Beim dritten Mal heule ich auf,
meine Schulter wird zu einem Eismeer aus Schmerz. Sie hat ein
Nervenbndel getroffen, mein Arm ist gelhmt. "Und zwar sehr bald." Ich
sthne nur, immer noch von dem Sturz benommen, von dem Schmerz wie
betubt. Und dann wird alles schwarz. Ich finde mich auf meinem Bett
wieder, einen dumpfen Schmerz in der rechten Schulter von dem Fall, und
mir ist hei, schweisstreibend hei, sie mu die Heizung aufgedreht haben.
Ich liege auf der rechten Seite, unter meiner Wange ist der Bettbezug nass,
und ich bin gefesselt, Hnde auf dem Rcken, Knchel zusammen. Der
Gummiball in meinem Mund kommt mir schrecklich bekannt vor. Mit etwas
Mhe kann ich mich auf den Rcken drehen, mein Kopfkissen ist mir in den
Rcken gedrckt worden. Stabile Seitenlage, fllt mir ein. Oder soweit es
unter den Bedingungen mglich ist. Die Frau ist nirgendswo zu sehen. Ich
hatte meine drei Koffer auf dem Bett ausgebreitet, jetzt stehen sie sauber
gestapelt auf dem Fuboden. Es sieht nicht so aus, als wren sie durchwhlt
worden. Mein verspiegelter Wandschrank ist auch noch geschlossen, auch
der Teil, wo mein Schmuck liegt. Die Tr zum Wohnzimmer ist offen, aber
vom Bett aus kann ich nichts sehen, und zu hren ist auch nichts. Und die
Heizung ist wirklich an, mitteln im August steht sie auf fnf. Etwas Abseits von
der Heizung, unter dem Tisch mit meinem kleinen Fernseher, steht ihre
Sporttasche. Sie ist prallgepackt. Vom Bett aus kann ich den Namen auf der
Seite nicht lesen. Schritte von der Tr zum Wohnzimmer, harte Schritte, ihre
Abstze auf Stein. Die Frau ist in der Kche. Meiner Kche. Vielleicht doch
ein hungriger Junkie. Meine Unterarme sind prallel zueinander gebunden,
Finger zu Ellenbogen, so da sie in der Wlbung meiner Ledenwirbelsule
passen, wenn ich auf dem Rcken liege. Mit dem Zeigefinger einer Hand
kann ich die Stricke um meine Oberarme fhlen, und ansatzweise sehe ich
die Seile, die ber mein Schultern verlaufen. Nirgendswo kann ich einen
Knoten sehen oder fhlen. Meine Knchel sind auf einer Strecke von
mindestens zehn Zentimeter zusammengebunden, und drei oder vier Turns
ziehen die einzelnen Schlingen fester zusammen. Ich erkenne das Seil, es
gehrt mir, und wohnt sonst in einem Ledersack mit meinem anderem
Spielzeug unter dem Fuende meines Betts. Den Ballknebel in meinem
Mund kommt aus der gleichen Sammelung, es ist aus hartem Kunststoff,
hohl, mit Lchern, von einem Rasentennisspiel meines Cousins. Durch die
Lcher kann man ungehindert atmen, sabbert aber wie ein Schwein. Daher
der nasse Fleck auf dem Bett. Sie kennt den Seesack mit meinen
Spielzeugen, oder sie hat ihn sehr schnell gefunden. Sie kann knoten,
fesseln, und ist ungeheuer stark. Sie hat mich nicht ausgeraubt, und sie hat
sich die Mhe gemacht, mich vor dem Ersticken zu bewahren. Wie sie an
meine Schulter gegriffen hat wirkte fast professionell. Und sie mag es hei,
kleine Schweissstraen beginnen an meinen Achseln und Rcken
herunterzulaufen. Ich bin froh, da ich nur ein T-Shirt und Shorts anhabe.
Zusammenfassung: Ich bin in Schwierigkeiten, und Australien kann ich mir
erstmal von der Backe schmieren. Sie kommt ins Schlafzimmer, immer noch
in ihrer Lederkombination, in der einen Hand einer meiner Glaskrge,

randvoll mit Wasser. Sie setzt sich zu mir aufs Bett, fast wie eine rztin, die
einen kranken Patienten besucht. Das Wasser im Krug ist ohne Kohlensure,
Leitungswasser. Auch jetzt kann ich nicht sehen, wo die Pupillen aufhren,
was fr eine Augenfarbe sie hat. Und mit ihrem Gesicht stimmt wirklich etwas
nicht, es wirkt irgendwie knstlich. Eine Maske? Plastische Chirurgie? "Du
heit Claudia Weberleid," sagt sie, "bist 23 Jahre alt und studierst seit zwei
Jahren Biologie hier an der Uni Mnster. Dein Vater ist Chemiker und deine
Mutter hat Geschichte studiert. Du hast keine Geschwister. Dein letzter
Freund hiess Peter, und du hast dich von ihm getrennt, da er dir nicht
einflhlsam genug war. Und bei deinen Neigungen brauchst du jemand, der
wirklich sehr einfhlsam ist, nicht wahr, Claudia." Sie macht eine Pause,
nimmt einen groen Schluck aus dem Krug. Ich bin wie erschlagen. Was zum
Teufel - "Eigentlich hast du vor, morgen frh mit Lufthansa 221 von
Dsseldorf aus fr vier Wochen nach Australien zu fliegen. Die Blumen hat
der Nachbar, und deine Katze - ein peinlich dickes Tier names Fabian - hat
eine Freundin von dir namens Birgit Schfer. Die anderen Mitbewohner im
Haus sind seit einer Woche weg, und bleiben noch fnf Wochen in Spanien
und Belgien. Niemand wird vorbeikommen, niemand wird hier anrufen, und
niemand erwartet, da du in den nchsten vier Wochen erreichbar sein wirst."
Sie nimmt noch einen Schluck aus dem Krug, und dann noch einen, und
dann ist er leer. Mit einem Finger wischt sie sich elegant die Lippen ab, stellt
den Krug vorsichtig auf den Fuboden. Diese Frau wei alles ber mich, oder
kann es auf jeden Fall gut vorspielen. Ich bin nicht nur in Schwierigkeiten,
sondern in groen Schwierigkeiten. Vielleicht sogar in ganz groen
Schwierigkeiten. "Und niemand kann dich hren. Wirst du rger machen,
wenn ich dir den Knebel herausnehme? Du sabberst dein ganzes T-Shirt
voll." Ich schttle langsam den Kopf. Ich bin nicht in der Lage, rger zu
machen. Gott wei, was diese Frau von mir will. Meine Familie ist nicht reich,
eine Erpressung wre sinnlos - aber wenn sie mich haben will - "Sehr gut."
Zehrr gutt. Sie kommt nicht aus Polen, vielleicht aus Kroatien oder Serbien
oder so. Sie schnallt den Knebel mit einer einzigen fliessenden Bewegung
ab, fast zrtlich. "Was willst du von mir?" Wenn sie lchtelt, lcheln diese
dunklen Augen mit, unter anderen Umstnden htte sie ein sympathisches
Lachen. Mit einem Finger streicht sie eine Locke aus meinem Gesicht, ich
zwinge mich dazu, nicht wegzuzucken. Ihre Hand ist khl, angenehm in dem
immer tropischer werdenden Klima meines Schlafzimmers. "Das, meine liebe
Claudia, ist eine lange Geschichte." Dann steht sie auf und stellt sich vor die
Fenster, den Rcken zu mir, die Hnde auf der Heizung. Ich wohne im ersten
Stock, vor meinem Schlafzimmerfenster stehen zwei alte Kastanienbume.
Regen tropft von ihren Blttern. Eigentlich wollte ich Uebermorgen vor
Sydney surfen. "Ich heie Narlinea. Ich bin dreitausend Kilometer gereist, um
hier in Mnster ein neues Revier aufzubauen." Sie streckt sich, Arme ber
den Kopf. Ihr schwarz-lederne Samurai-rmel rutschen nach unten, ihre
Unterarme sind wei wie Porzelan, keine Uhr, kein Schmuck, makellos. Ein
Revier aufmachen? Ihr Gesicht spiegelt sich im Fenster. Fr einen Moment
sieht es so aus, als wrde eine zweite - wie war der Name? Narlinea? - von

auen hereingucken. Dieses gespiegelte Gesicht hat etwas genauso


seltsames an sich, wie wenn man es direkt sieht. Fast habe ich es... "Und du
wirst der Grundstock meiner Diener, meine Famula." Sie dreht sich wieder zu
mir, schaut mich ernst an. "Ich werde dich nicht tten, nicht ausrauben, nicht
unter Drogen setzen, dir keine Organe entnehmen, und dich nicht lnger als
zwei Wochen einsperren - in vier Wochen, wenn dein Urlaub zu Ende ist,
wirst du auch normal wieder arbeiten gehen." Sie dreht sich wieder dem
Regen zu, legt die Hnde zurck auf die Heizung, ihr Gesicht wieder im
Fenster. Pltzlich wei ich, was nicht an ihrem Gesicht stimmt: es gibt keinen
Unterschied zwischen dem direkten Anblick und ihrem Spiegelbild. Ihre Zge
sind vllig symetrisch. Beide Augen haben die genau die gleiche Form, die
Mundwinkel sind absolut identisch, ihre Augenlider, ihre Wangenknochen.
Kein Mensch hat ein vllig symetrisches Gesicht. Gerade die kleinen
Unterschiede zwischen den Gesichtshlften machen das Menschliche an
einem Gesicht aus. Fr eine Maske ist die Mimik zu gut. Das mu chirurgisch
gemacht worden sein. "Du nimmst das alles sehr gut auf", sagt sie, setzt sich
wieder zu mir, beugt sich etwas nach vorne. Meine Augen kleben an ihrem
Gesicht, es ist wahr, alles ist wie ber die Mittellinie gespiegelt, jede Falte,
fast erwartet man, da ihre Locken sich auch in Reih und Glied einordnen.
Und die Augen - "Die meisten machen etwas mehr Geschrei." - sie ist nah
genug, da ich jetzt auch ihr Augen genau sehen kann, und sehen kann,
warum warum sie so dunkel wirken, warum man keinen Uebergang zwischen
Pupille und Regenbogenhaut sieht. "Besser?" Sie hat mir zwei Backpfeifen
gegeben, links-rechts, wie im Film, und ich habe aufgehrt zu schreien. Sie
hat keine Regenbogenhaut, ihre Pupille geht nahtlos in das Weisse ihres
Auges ber. Dort, wo Menschen noch einen farbigen Ring haben, blau, grau,
braun oder grn, ist bei ihr noch mehr schwarze Pupille. Menschen brauchen
die Regebogenhaut, um den Lichteinfall zu regeln. Sie offenbar nicht. "Was
zum Teufel bist du?" Ich zittere etwas, aber ich habe mich wieder unter
Kontrolle. Einigermassen. Diesmal kein Lcheln, die - schwarzen? - Augen
ruhig und ernst. "Ich bin eine Demonia." "Kein Mensch." Ich bin zwar keine
Medizinerin, sondern Biologin, aber Augen entwickeln sich nicht so bei
Sugetieren, und niemand hat ein symetrisches Gesicht. Absolut niemand.
"Nein. Kein Mensch. Irgend ein Affe war ein gemeinsamer Vorfahre, aber wir
haben uns seitdem parallel zueinander entwickelt." Ein kurzes Lcheln, als
sei in dem Satz ein Witz versteckt. "Ich habe nie etwas von 'Demonias'
gehrt." "Wir sind weniger als ihr. Liegt in unserer Natur." "Was -" Sie hlt
eine Hand hoch, unterbricht mich. Ich denke wieder, wie mde sie aussieht,
ausgelaugt. "Spter. Claudia, ich habe lnger in berfllten Zgen gehockt,
als du dir vorstellen kannst, gar nicht zu reden von der Zeit, die ich hier in
Mnster herumgelaufen bin. Ich bin dreckig und mde und - hungrig. Ich
werde dich etwas bequemer fesseln und erstmal duschen." Ich liege
ausgestreckt auf meinem Bett, Beine weit gespreizt, die Arme
zusammengebunden und zum Kopf des Betts gezogen. Ob ich so bequemer
liege, ist eine Sache der Auslegung. Wenigstens liege ich nicht mehr auf
meinen Armen, dafr sind jetzt meine Beine gespreizt, was die Shorts weit

hochrutschen lsst. Sie hatte damit angefangen, mich wie ein X zu fesseln,
was ich nie leiden konnte, aber fast so, als konnte sie meinen Unmut fhlen,
brach sie ab, nderte die Fesselung. Wie ich jetzt liege, hat mich Peter immer
gebunden, wie ein umgekehrtes Y, sagte er immer. Sie ist ordentlicher als
Peter, wo er dazu neigte, alle Stricke zu fest zu ziehen, sind sie bei ihr nur
eng. Eng aber bequem. Sie sass praktisch auf mir, als sie mich neu fesselte,
ich konnte sie nicht mal beissen. Und sie ist ungeheuer stark. Die Heizung
hat sie wieder auf 3 zurckgedreht, aber es ist hier immer noch wie in den
Tropen - wie in Australien. Scheie. Das Geld fr den Flug kann ich mir auf
jeden Fall abschminken. Sie singt unter der Dusche. Narlinea die Demonia.
Wenn die Augen und das Gesicht und die Muskulatur so verschieden sind,
mu diese Rasse schon ziemlich lange parallel zur Menschheit existieren.
Eine andere Art Mensch? "Dmonen"? Ich spiele etwas mit dem Gedanken,
und dann gebe ich mir einen Ruck, was fr ein Bldsinn, kein Mensch, was
soll das. Sie ist eine Verrckte, eine Satanistin oder sowas mit einer seltenen,
vielleicht angeborenen Augenkrankheit. Und Verrckte sollen ja Zugang zu
Muskelreserven haben, die Gesunden nur im Notfall zur Verfgung stehen.
Daher die Strke. Sie hat zwar gesagt, da sie mir nichts tuen wird, aber
Leute, die umherstreifen und etwas von anderen Menschenarten faseln, sind
nicht sonderlich vertrauenswrdig. Gott wei, was sie mit mir vorhat.
Wengistens hat sie keine spitzen Eckzhne. Sie sitzt neben mir auf dem
Bett, ihre Haare zu einem nassen Pferdeschwanz mit einem meiner Spangen
zusammengefasst. Sie trgt jetzt nur noch ein T-Shirt und einen kurzen Rock,
beide schwarz, beide aus ihrer Tasche. Was ich von ihrer Haut sehen kann
ist so bleich wir ihr Gesicht, sie hat auf jeden Fall einen hellen Taint, aber die
Hautfarbe kann selbst fr sie nicht gesund sein. Ihre Haut sieht vllig glatt
aus, ohne irgendwelche Haare, und auch ohne die kleinen Venen, die man
manchmal an den Handgelenken von Hellhutigeren sieht. Sie riecht nach
Poison und Schampoo. Ich trage kein Poison, sie mu es mitgebracht haben.
In einer Hand hat sie wieder den glsernen Wasserkrug, wieder mit
Leitungswasser gefllt. Mein Schritt wird langsam unbequem. Vor dem
Freund so zu liegen ist eine Sache, vor einer einer Einbrecherin eine ganz
andere. "Viel besser." Sie nimmt einen tiefen Schluck. "Woher weisst du
soviel ber mich?" Sie zuckt mit den Schultern. "Ich habe dich in der
Strassenbahn gesehen, und dann war klar, da du die Richtige warst. Ich bin
dir etwas gefolgt, habe einige Leute nach dir gefragt. Das ist alles." "Wie
lange gefolgt?" "Vier Tage." Ganze vier Tage. Und ich habe nichts davon
gemerkt. "Warum ich?" "Weil du eine Masochistin bist." Warum braucht sie
eine Masochistin? Und - "Woher wusstest du das?" Etwas habe ich mich an
diese Augen gewhnt, wenn man nicht genau hinsieht, und das Licht nur in
einem bestimmten Winkel kommt, kann man sich vorstellen, da sie einfach
tief braun sind. Sehr tief braun. Mein Hysterieanfall ist mir im Nachinein
peinlich, und fr eine werdende Biologin hchst unprofessionell. "Wir knnen
sowas riechen." "Riechen." Sicher. "Nicht wirklich riechen. Wir fangen
Stimmungen auf, spren Emotionen. Ohne jemanden sehen zu mssen
wissen wir, ob ein Mensch Angst hat, wtend ist, erregt ist. Wir empfinden

das als Geruch. Warum, ist etwas kompliziert -" "Ich bin Biologin. Und nicht
dumm." Sie schaut mich einen Augenblick nachdenklich an, nickt, und nimmt
einen weiteren tiefen Zug aus dem Krug. Wo sie das ganze Wasser hintut,
wei ich nicht. Sie scheint nicht zu schwitzen, whrend sich bei mir das
Wasser zwischen den Brsten sammeln. Und wenn sie die Toilette benutzt
hat, wei sie wohl nicht, wie der Abzug funktioniert. "Was weisst du ber
Gehirnentwicklung?" "Jede Menge. Aber sprich langsam, ich bin Blond." Teil
2 Den hat sie nicht verstanden. Sie wischt sich den Mund wieder delikat ab.
"Die Kernmutation, die Demonias von Menschen unterscheidet, betrifft eine
bestimmte Art von Nervenzelle, die in grossen Konzentrationen in den
Riechnerven, dem Duenndarm und beim Mann um die Samenkanaelchen zu
finden ist." Ich nicke, uebrigens nicht ganz einfach, wenn man auf dem
Ruecken gespannt ist und die Haende ueber dem Kopf gestreckt sind. "Und
diese Nervenzellenart empfaengt Emotionen." sage ich. "Richtig. Da die
Riechnerven weiterhin in das Riechhirn muenden, werden die Empfindungen
nicht als Emotionen weitergegeben, sondern vom Riechhirn als Gerueche
verschluesselt. Und wir 'riechen' dann die Emotionen." Ich sage gar nichts.
Peter, mein besagter Ex, hat taeglich und mit fast religioesem Eifer
'Raumschiff Enterprise' geguckt. So einen Bloedsinn reden die auch dauernd
- in sich voellig zusammenhaengend, aber eigentlich kompletter
Schwachsinn. Wir muessen nur die Warpfeldspulengeneratoren mit dem
Plasmainduktionsfeld koppeln, dann kann die laterale Sensorenphalanx den
Subraum nach Trachionen abscannen. Tri-Tra-Trulala. Sie scheint jedes
Wort zu glauben. "Und wie riecht Angst?" "Wie Kupfer." "Kupfer riecht nicht."
"Echtes Kupfer nicht. Aber wenn man Kupfer riechen koennte, wuerde es so
riechen, wie wir die Angst der Menschen wahrnehmen." Sie ist verrueckt.
"Und wie Lust?" "Wie Gold." "Wie riecht eine Luege?" Narlinea schuettelt den
Kopf. "Eine Luege ist kein Gefuehl. Aber wenn man luegt, ist das eine
emotionale Belastung, und es bringt das Gefuehlsleben nach einem ganz
bestimmten Muster durcheinander. Menschen sind fuer Ehrlichkeit gebaut,
und bei jeder Luege mischt sich etwas Scham, etwas Angst, etwas Hoffnung.
Wir spueren das Muster dieser Aenderung." Ich sage gar nichts. Langsam
geht sie zu weit. "Du glaubst mir nicht, nicht wahr." Ich werde einen Teufel
tuen, ihr zu wiedersprechen, auf jeden Fall so lange, wie ich zum Ausweiden
gespreizt vor ihr liege. Sie leert den Krug, stellt ihn auf den Boden neben dem
Bett. Zwei Liter Leitungswasser in einer halben Stunde. Wenn sie weiter so
ueberheizt, kann ich gleich anfangen, mitzutrinken. Sie hat lange, schoene,
aber spitze Fingernaegel, sehe ich. Sehr spitze Fingernaegel. Fast wie
Krallen. "Doch. Was machen die Nervenzellen im Darm?" "So ernaehren wir
uns." "Von Emotionen?" "Von der Energie, die bei Emotionen frei wird und die
diese Art von Nervenzellen im Darm in chemische Energie umwandeln."
"Demonias ernaehern sich also von den Emotionen der Menschen." - "Nicht
von allen Emotionen. Das Nervengeflecht am Darmkoerper kann nur gewisse
Arten von Emotionen auffangen." Sie schaut mich jetzt ganz aufmerksam an,
als wuerde sie auf etwas warten. Ich habe auf einmal ein ganz schlechtes
Gefuehl. "Wie eine Antenne, die nur gewisse Frequenzen emfaengt?"

"Richtig." Ihr Blick hat sich nicht geaendert. "Welche Emotionen waeren
das?" "Schmerz und Erniedrigung. Und im geringeren Mass auch Lust." Ich
sitze auf einem der Kuechenstuehle, einer meiner harten altdeutschen
Eichenstuehle, die Peter immer als Folterstuhl bezeichnet hatte, auch wenn
ich nicht darauf gefesselt war. Stricke halten mich regungslos, meine
Knoechel sind zu den Hinterbeinen gezogen, meine Oberschenkel gespreizt,
so dass die Innenseiten gegen die harten Seiten der Sitzflaeche druecken.
Die Rueckenlehne geht etwas schraeg nach hinten, und sie ist schmal genug,
dass meine Ellenbogen nach hinten gefuehrt werden koennen, sich fast
beruehren. Ganz konnte ich sie nie zusammenbringen koennen, und zum
Glueck versucht Narlinea nicht, es zu forcieren. Meine Handgelenke sind mit
mindestens sechs Schleifen zusammengebunden, und stramm nach unten
zu der Querstrebe zwischen den Hinterbeinen gezogen. Ein anderes Seil hat
sie um meine Schultern und Hueften geschlungen, und meine Augen sind mit
einem meiner Seidentuecher verbunden, unter dem sie kleine
Wattebaellchen aus dem Badezimmer gelegt hat, damit ich auch wirklich
nicht die Augen aufmache. Sie fesselt nach wie vor wie ein Weltmeister,
stamm, ohne schmerzhaft zu sein. Und voellig ausbruchssicher. Es hat
aufgehoert, lustig zu sein. "Narlinea. Das wird nicht klappen." Sie anwortet
nicht. Ich kann sie hinter mir hoeren, sie kramt in meinem Spielzeugsack. Ich
weiss genau, was sie dort zur Auswahl hat, zwanzig verschiedene Arten von
Waescheklammern, liebevoll ueber Jahre gesammelt, ein kleiner Tick von
mir; zwei Reitgerten, eine Fuenfschwaenzige, zwei Vibratoren, zwei Arten von
Ballknebel, einer davon mit Geschirr, Karabinerhaken, Seile, Riemen,
Handschellen... "Ich reagiere so nicht, Narlinea. Kein Masochist steht auf
sowas. Wir muessen den anderen vertrauen koennen. Wir muessen den
anderen lieben. Wir brauchen die Sicherheit..." Mein Mund wird trocken, ich
kann meinen Herzschlag bis in meinen Hals spuehren. Peter hat mich oft in
genau dieser Situation gehabt, genau auf deinem dieser Stuehle, nur, dass er
nie verstanden hatte, wie die Haende untergebracht werden mussten, und
dass er Augenbinden nicht leiden konnte. Und dass ich genau wusste, dass
er die Grenzen einhalten wuerde. Vielleicht sogar zu sehr einhalten wuerde.
Aber das war immer noch um Welten besser als ohne jedliche Absicherung
zu sitzen und - "Es ist einfacher, wenn du dich entspannst, Claudia." "Bitte.
Narlinea. Bitte lass' mich frei." Keine Antwort. "Narlinea -" Ich hoere ihre
Schritte um mich herumkommen, bis sie vor mir steht. Mehr als ein T-Shirt
und meine Shorts habe ich immer noch nicht an, und so, wie meine Arme
gefesselt sind, spannt das T-Shirt eng ueber meine Brueste. Sie beugt sich
nach vorne, ich zucke wie nach einem Schlag zusammen als eine ihrer
Locken auf meine Schulter faellt. Sie reicht immer noch nach Schampu. "Tu'
einfach so, als waere ich Peter." "Narlinea nein ich -" Kuehle Haende greifen
meinen Ausschnitt, eine auf jede Seite, die scharfen Fingernaegel streifen
kurz meine Haut, und mit einem ploetzlichen Ruck reisst sie mein T-Shirt bis
zum Nabel auf, als wuerde Bennetton ihre Produkte aus Papier machen. Ich
hoere mich stoehnen, meine Brueste pendeln etwas nach, meine
Oberschenkel an den Kanten der Sitzflaeche gepresst, meine Fingernaegel

graben sich tief in meine Handflaechen. Sie pfeift leise durch die Zaehne, ich
kann darin ihr Laecheln hoeren. "Lass mich frei! Lass mich sofort frei!" Eine
Hand umgreift meine linke Brust, erschreckend sanft, und der Stuhl schwankt
auf nur zwei Beinen, ich winde mich fast spastisch, voellig umsonst. "Du
Fotze, lasse mich hier los! Lass mich frei! Du Scheissfotze-" Die erste
Klammer setzt sie genau auf die Warze. Ich weiss, dass sie mir gegenueber
auf einem der Stuehle sitzt und mich beobachtet. Ich habe geschimpft und
geflucht und geschriehen, bis sie mir den Ballknebel mit dem Geschirr in den
Mund stopfte, die Riemen im Nacken und unter dem Kinn und auf der Stirn
festzog - schmerzhaft festzog. Wenn ich mich beruhigt haette, sagte sie,
wuerde sie die Riemen lockern. Und vielleicht sogar abnehmen. Und dann
stopfte sie mir etwas Zylinderfoermiges in die Ohren, etwas trockenes, das
langsam aufquoll und die Gehoergaenge verschlossen hat. Kleine
Schaumstoffzylinder, glaube ich. Auf jeden Fall bin ich jetzt auch noch taub.
Nicht voellig, aber es reicht. Es sind die gruenen Plastikklammern, alle zehn,
eine auf jeder Warze und vier um den Hof, wie die Himmelsrichtungen auf
einem Kompass. Die Klammern habe ich aus der Waschkueche meiner
Mutter, sie waren die ersten, mit denen ich als Teenager spielte, heimlich und
in unvernuemftig gefaehrlicher Selbstfesselung bei abgeschlossener Tuer
und unter der Bettdecke. Sie sind wie alte Freunde, ich weiss genau, wieviel
Druck sie ausueben, wie lange ich sie tragen kann. Ich habe wahnsinnige
Stunden mit ihnen verbracht, auch spaeter mit Andreas, und zuletzt mit Peter.
Jetzt tuen sie nur weh. Sonst nichts. Ich sitze hier schon seit mindestens
einer halben Stunde, regungslos, blind, taub, stumm, irgendwo vor mir eine
Wahnsinnige, die sich fuer eine Art PSI-Vampir haelt und wohl denkt, dass
sie der abgegeilten Masochistin jetzt einen richtigen Gefallen tut. Ihr steht
doch auf Schmerz, oder? Das ist es doch, was ihr wollt? Was denkt sie, dass
ich jetzt erregt werde? Scheissfotze. Sie ist wie alle "Normalen", die nicht
verstehen, nicht verstehen wollen. Andreas war genauso, tat immer so, als
wuerde er es verstehen, aber er hatte es nie wirklich kapiert. Nicht da, wo es
zaehlt. Es tut nur weh. So tut es nur weh. Und langsam meldet sich meine
Blase, und meine Oberarme druecken gegen die Kante der Stuhllehne, und
ich habe seit heute Mittag nichts gegessen. Sie kann vielleicht von meinem
Schmerz leben, aber ich nicht, und ich habe auch nichts im Haus. Eigentlich
sollte ich ja auf dem Weg nach Australien sein, und da laesst man den
Kuehlschrank leer. Ich schlucke die Massen von Speichel, die um den Ball in
meinem Mund absondert, das ist schwierig, aber ich habe Uebung. Meine
Brustwarzen sind helle Punkte feinen Schmerzes in meinem regungslosem
Koerper. Nichts passiert. Eigentlich ist es aber doch ironisch, muss ich mir
eingestehen. Wie oft habe ich mir das so vorgestellt? Wieviele Phantasien
begannen, verliefen oder endeten damit, dass ich verschnuert und meiner
Sinne beraubt in der Gewalt einer fremden, unbekannten und gnadenlosen
Macht gerate? Sicher, die fremde Macht war immer ein Mann mit dunklen
Augen und einem Knackarsch, aber hey, man kann nicht alles haben. Wieviel
Naechte habe ich im Bett gelegen und mir es so vorgestellt? Aber nicht alle
Phantasien sind dazu da, um erfuellt werden. Nicht alle Fremden sollten so

fremd sein, dass sie sich nicht mal der Menschheit zugehoerig fuehlen.
Trotzdem, es ist fast komisch. Diese Frau fesselt gut, fast genial, eine Stunde
sitze ich mindestens schon hier, aber meine Haende sind nicht kalt, nicht
taub, der Knebel ist zwar streng, aber nicht wirklich brutal, und unter anderen
Umstaenden... aber es sind nicht andere Umstaende, und die einzige
Fluessigkeit, die ich im Moment mit meinem Unterleib in Verbindung bringe,
ist meine anschwellende Blase. Es tut weh. Nichts, was ich nicht schon
ausgehalten haette, wenn auch noch nie so lange, aber ohne den Schutz
meiner Geilheit zieht der Schmerz haltlos und ungedaempft durch meinen
Koerper. Es ist nicht geil, wirklich ueberfallen zu werden, auch wenn die
Entfuehrerin fesselt wie ein japanischer Zeremonienmeister. Die Kacheln
unter meinen Fuessen vibriert etwas, sie geht umher, ich fuehle eine Tuer
zufallen. Kein Knoten ist tastbar, meine Knoechel sind wie angeklebt, und
meine Finger koennen nur nutzlos das Seil zur Querstrebe entlangfahren,
fuer doch gute drei Zentimeter. Ich rieche das Leder von den Riemen des
Knebels, sonst nichts. Nicht mal das riechen kan ich noch. Eigentlich perfekt.
Ich warte. Zu schade, das Wuensche manchmal in Erfuellung gehen. Sie
macht die Augenbinde ab, zieht den Stoff unter den Riemen des Knebels
weg, er schleift ueber meine Nase, meinen Augenbrauen. Sie zieht mir die
Stoepsel aus den Ohren, es ist tatsaechlich Schaumstoff, kleine, gelbe
Zylinder, Gehoerschutz fuer Sportschuetzen oder sowas. Der Knebel bleibt,
sie hat ihn vor etwa einer halben Stunde lockerer gemacht, wie versprochen,
wie eine Belohnung fuer einen artigen Hund. Es ist inzwischen duester im
Zimmer, aber der Regen hat nicht nachgelassen. Ihre Haare sind offen,
bedecken etwas ihr kuenstliches Gesicht. Seit etwa einer Viertelstunde riecht
es nach Pizza oder Spaghetti. "Komm'", sagt sie. "Wir haben deine Blase
lange genug strapeziert." Woher weiss sie das? Sie loesst die Stricke, die
mich an den Stuhl binden, aber die um meine Haende bleiben, und zieht
mich von dem Stuhl hoch. Mein ganzer Koerper fuehlt sich wie ein Brett an,
aber es ist weniger schlimm, als ich es erwartet haette. Ich bin nicht die Erste,
die sie so traktiert. Vielleicht war sie wirklich mal eine Domina. Sie fuehrt mich
ins Badezimmer, die Waescheklammern auf meinen Brustwarzen wippen und
pendeln mit jedem Schritt wie Insektenfuehler, melden sich mit Nachdruck.
Sie zieht mir die Hose bis zu den Knien und schaut mit offensichtlicher
Belustigung zu, wie ich versuche, mit hinter dem Ruecken gestreckten Armen
auf den Sitz zu kommen. Und dann schaut sie mir auch noch beim pinkeln
zu. Wenigstens hat sie mir gerade den Knebel herausgenommen. "Fick dich."
sage ich, die Zaehne zusammengebissen, den Blick auf dem Boden vor mir.
Ich muss mich wegen meiner gefesselten Arme nach vorne beugen, aber
wenn ich zu weit nach vorne gehe, druecken die Waescheklammern gegen
meine Knie. Der Strahl unter mir scheint endlos zu gehen. "Du hast keine
Ahnung, wie ausgehungert ich war." Ich schaue hoch. Sie sieht nicht mehr
wie ein Junkie, nicht mehr so muede, nicht mehr so abgekaempft aus. Fast
erholt. Vielleicht hat sie zwischendurch geschlafen, sage ich mir. Die
Alternative ist und bleibt voellig undenkbar. "Wonach riecht Erniedrigung?"
frage ich. "Erniedrigung nach Honig. Und der Schmerz deiner Brueste nach

Silber." Meine Blase ist jetzt leer. Narlinea macht keine Anstalten, mir
aufzuhelfen, schaut mir einfach zu, wie ich muehsam aufstehe, mit
heruntergelassenen Shorts vor ihr stehe. "Uebrigens riecht Unterwuerfigkeit
nach Alabaster." Ich drehe mich zur Seite, spucke auf den Fussboden. Sie
laechelt nur, aber diese Augen leuchten. "Komm jetzt. Du musst etwas
essen." Sie hat wirklich den Pizzaflitzer kommen lassen. Ich esse auf dem
Fussboden im Schlafzimmer, auf einem der Sofakissen, die Haende mit
meinen Handschellen vor dem Koerper zusammengekettet. Sie hat fuer mich
Spaghetti mit Kaesesauce bestellt, dazu Pizzabroetchen und
Knoblauchbutter. Scheinbar stoert sie Knoblauch nicht, noch ein Beweiss,
dass sie kein Vampir ist. Sie sitzt im Schneidersitz neben mir, ihr Ruecken
voellig gerade, und sie isst tatsaechlich nichts. Aber sie hatte auch ueber eine
Stunde Zeit zum Essen, ohne dass ich es bemerkt haette. Der Fernseher
laeuft, die Tagesschau berichtet vom Krieg in Bosnien, ein neuer
Waffenstillstand, keiner zaehlt mehr mit, wieviele es sind, und keiner glaubt
wohl, dass dieser halten wird. Ihr Gesicht ist ernst. Sie sieht fast wuerdig aus
mit einem ersten Gesicht. Diese Augen geben ihr eine nobele Strenge.
"Kommst du aus Bosnien?" Wenn ich sie nachher der Polizei beschreibe,
muss ich mehr ueber sie wissen, sage ich mir. Falls ich noch jemals zu
Polizei komme. Sie schuettelt den Kopf. "Weissrussland. Dort ist unsere
groesste Siedlung." "Und warum jetzt Muenster?" "Wir breiten uns wieder
aus, und ich wollte die westlichste Kolonie aufmachen. Muenster liegt vom
Schienen- und Autobahnnetz guenstig, und schoen nah am Ruhrgebiet." Sie
dreht sich zu mir, schaut mir in die Augen. "Zwoelf Millionen Menschen
wohnen im Ruhrgebiet, Claudia. Und Muenster ist vom Osten her das
Sprungbrett ueberhaupt." Sie laechelt. "Und ausserdem: eine Stadt, wo die
Kaefige schon an den Kirchtuermen haengen, schreit fast schon nach uns."
Sie dreht sich wieder zum Fernseher, der Innenminister redet von der
Verbrechensrate in Deutschland, wie sie gestiegen sei, und wieso es die
Schuld der Opposition sei. "Eigentlich wollte ich eine Kolonie auf einem
anderen Kontinent aufmachen, aber der Rat meinte, ich muesse mein Revier
noch in der Naehe der anderen halten." "Was meintest du mit Revier?" Es ist
schwierig, Knoblauchbutter auf Pizzabroetchen zu schmieren, wenn man die
Handgelenke nur drei Zentimeter auseinander bringen kann. Vielleicht kann
ich das Messer verstecken. Vielleicht kann ich damit etwas machen.
"Weibliche Demonias haben Einzugsgebiete, genauso, wie Raubtiere ihr
Revier haben." "So versteht ihr euch, als Raubtiere?" "Es gibt fuenf Milliarden
Menschen auf diesem Planeten, Claudia. Reichlich Beute fuer eine
intelligente Jaegerspezies." Ich kaue das letzte Pizzabroetchen, mein Kiefer
immer noch etwas empfindlich von dem Knebel. Neben mir steht eine
Sprudelflasche, Wein hat sie mir nicht mirbringen lassen. Anscheinend hat
sie den Flitzer selbst bezahlt. "Was macht ihr mit dem Revier?" Sie kann
nicht alle Leute Zuhause einsperren, ohne dass es auffaellt, denke ich mir.
Irgendjemand muss schliesslich die Pizzaflitzer bedienen. Keine Antwort. Im
Fernseher wird von einem Massenmoerder in Warschau berichtet. Fuer einen
Moment frage ich mich, ob sie es ist, ob sie auf der Flucht hier ist, aber die

Polizei in Polen kennt den Taeter, ein Mann, und er scheint seit Jahren in
Warschau zu agieren. Narlinea murmelt etwas. Selbst wenn sie ernst guckt,
ist keine Falte auf diesem Gesicht zu sehen. Sie sieht jetzt nicht nur ernst
aus, sondern fast auch wuetend. Der Moerder, berichtet der
Tagesschausprecher in der formellen, nervtoetend monotonen Sprache der
ARD, sei immer noch auf freiem Fuss. Sie dreht sich wieder zu mir. "Bitte
was?" "Ich wollte wissen, was ihr in eurem Revier macht." "Wir lassen uns als
Dominas nieder." "Es gibt hier schon genuegend Dominas." Teil 3 Das soll
ich glauben? Die Demonias, eine Rasse von Dominas? Sie zuckt wieder mit
den Schultern, schaut zum Fernseher. Der Finanzminister verteidigt die
medizinische Notwendigkeit einer Steuer fuer's Sonnenbaden. "Sie werden
verdraengt werden oder sich unterordnen. Sie koennen nicht konkurrieren."
Da koennte sie recht haben. Ich lehne mich zurueck, die Haende in meinem
Schoss. Ich koennte die Oberarme ueber meine Brueste legen, die Warzen
zudecken, aber sie sind noch zu empfindlich, zu wund nach der Klammerung.
Sie hat das Handwerkliche voll drauf - obwohl, ich weiss nicht, wie sie
peitscht. Irgendwas sagt mir, dass ich nicht mehr lange ohne das Wissen
werde leben muessen. Ich habe Gerten nie richtig gemocht, entweder tat es
immer zu weh, oder nicht weh genug. Aber Bilder haben mich immer
angesprochen, Bilder von versohlten Hintern, praezise gesetze Linien als
schmerzhafte Zeugen der Beherrschung. Aber selbst geschlagen werden?
Lieber nicht mehr. Nicht, dass es sie interessieren wird. Allein ihr Aussehen
wird sie zu einem Hit werden lassen. Ob sie sich fuer den Job hat operieren
lassen? Und, was wichtiger ist, wie kriege ich endlich heraus, was sie mit mir
will? "Ist 'Demonia' russisch fuer 'Domina'?" Die Tagesschau ist zuende, die
ARD beginnt die Werbeschlacht. "'Demonia' ist der Ursprung von 'Domina'
und von 'Daemon', oder besser, 'Demonin'. In der Antike und Mittelalter sind
die beiden Begriffe aus Demonia entstanden." "Und alle Dominas haben
euch kopiert." "Nein. Sie haben unsere Rolle uebernommen, als wir weniger
wurden." Sie dreht sich so um, dass sie mir ins Gesicht schaut, verschraenkt
die Beine neu. Sie sitzt jetzt im Lotussitz, den Ruecken immer noch gerade.
Sie traegt eine Hose aus schwarzem Leder, das schwarze T-Shirt ist
geblieben. Zum ersten Mal fallen mir ihre Brueste auf, durch den Stoff sehen
sie fest aus, etwa so gross wie meine, die Brustwarzen spitz durch den Stoff
abgehoben. Auch wenn sie kein Vampir ist, ein Vamp ist sie auf jeden Fall.
"Wieso wurdet ihr weniger?" "Das ist -" "Lass mich raten, eine lange
Geschichte." "- aber du wirst sie hoeren, wenn du willst. Raeum aber erstmal
ab." Fuer einen Moment ueberlege ich, mich zu weigern, und sie weiss es,
ihr Blick fordert mich gerade zu dazu auf. Aber sie kann mich zum Gehorsam
zwingen, in meiner Wundertasche sind genuegend Spielzeuge, um mich zu
motivieren. Ich stehe auf und raeume das Besteck, die Verpackung
zusammen, bringe sie in die Kueche. Gut, dass ich eine Spuehlmaschine
habe. Mit zusammengeketteten Haenden waere der Abwasch etwas
muehsam. Sie schaut mir kurz ueber die Schulter, nur lang genug um dafuer
zu sorgen, dass das Besteck wieder an seinen Platz landet. Es wird nichts
mit dem Messer. Auf jeden Fall nicht heute. Eine Kerze brennt auf dem

kleinen Tisch in meinem Wohnzimmer, echtes Bienenwachs, ein spaetes


Geschenk von Mutter zu Weihnachten. Narlinea sitzt auf meinem
Schaukelstuhl, ich liege auf meinem Sofa, die Haende wieder hinter dem
Ruecken, die Knoechel zusammen, immer noch oben ohne - bei der Hitze in
meinem Wohnzimmer ist mir das gar nicht so unangenehm. Sie hat mir
einen Zopf geflochten, die Straenge stramm und streng. Ich habe seit
Kindertagen keinen Zopf mehr gehabt. Das Gefuehl ist erniedrigend. Wie
war das nochmal - Erniedrigung ist wie Honig, Schmerzen sind wie Silber,
und Unterwuerfigkeit ist Alabaster? Glaubt diese Frau wirklich, dass sie an
mir jemals den Geruch von Unterwerfung riechen wird? Narlinea erzaehlt mir
von Demonias, von einer Rasse, die es nur noch in Europa und Japan geben
soll - keine Demonias in Amerika. Ich haette gedacht, dass Kalifornien voll
davon waere... "Paart ihr euch mit Menschen?" Ihr Lachen wirkt fast
sympathisch, selbst, wenn sie ueber mich lacht. Es ist diese Art, wie diese
Augen immer mitlachen. "Nein." "Aber euer Aussehen." "Unser Aussehen
aehnelt dem unseres Wirtes, damit wir nicht auffallen." Die erste groesste
Anzahl von Demonias habe sich im Mittelalter ausgebreitet. Damals konnten
sie sich nur von Schmerzen, von Demuetigung ernaehren, noch nicht von
Lust - das kam spaeter. Vermutlich hatten sich die Ur-Demonias nur von
Schmerz ernaehren koennen, aber das ist Spekulation. Demonias waeren bei
der Inquisition gewesen, bei den Kriegen, bei Kaempfen und Grausamkeiten
aller Art. Die Faehigkeit, auf die Kombination von Lust und Schmerz zu
Reagieren, sei erst gegen Ende des Mittelalters entstanden. Eine Mutation
der Darmnerven. "Und das war fast schon zu spaet." "Warum?" Sie
schaukelt ganz regelmaessig, hin und her, her und hin. Es ist bruetend heiss
in meiner Wohnung. "Weil sich die Menschen gewehrt haben."
"Hexenverbrennungen." "Oh nein." Sie lacht. "Obwohl wir immer begeistert
im Publikum standen, erste Reihe, und kraeftig Klatschen. Nein, die
Menschen wurden die Folter, den Krieg leid." Sie macht eine Pause. "Zwar
sind die Menschen nicht besser geworden, aber Gewaltverbrechen wurden
besser und strenger befolgt. Der Rechtsstaat entstand. Es wurde alles etwas
schwieriger." Ich rolle meine Handgelenke sanft in den Schlingen, die sie
fesseln. Vielleicht kann ich diesmal an einen Knoten kommen. "Und dann
kam die Mutation." "Richtig. Und es entstand die Rolle der Domina, wie wir
sie heute kennen." "Was passierte mit denen, die die Mutation nicht hatten?"
Sie zoegert kurz, kaum merklich. "Sie starben ueber kurz oder lang." "Aber
diese Mutation wird doch nur in einer Familie auftaucht sein. Und wenn alle
anderen langsam absterben -" "Wir haben grosse Familien". Etwas stimmt
an dieser Anwort nicht, habe ich das Gefuehl. Oder sie verheimlicht etwas.
Ich komme nicht an die Knoten, verdammt. Und irgendwann waere eine
dieser Demonias mit der neuen Mutation und ein Masochist
zusammengekommen. Masochisten waeren damals noch seltener als heute,
aber die Symbiose hatte fuer beide Seite Vorteile, und so entstanden mehr
und mehr von diesen Verbindungen. Die neuen Masochisten hatten einen
Selektionvorteil, warum, sagte sie nicht, wie auch die Demonias, und so
breiteten sich beide schneller aus - nur dass die Monarchien abgeschaft

wurden, und die ersten Demokratien sich auftaten, und die Demonias immer
mehr in den Untergrund treten mussten. Und nach einem kurzen Boom
nahmen die Anzahl der Demonias wieder stark ab. Die Geschichte ist
wasserdicht, in sich voellig logisch. Sie hat fuer alles eine Erklaerung.
Vielleicht schreibt sie Drehbuecher fuer Picard und Data, denke ich. "Das
Viktoriansche Zeitalter war doch wie fuer euch geschaffen." - "Fuer die
weiblichen Demonias konnte die Welt auch kaum besser sein. Sie hatten
bald jede Menge Kunden, von denen sie sich ernaehren konnten, und die
auch noch Geld zahlten. Es waren unsere Maenner, die Probleme hatten."
Sie schaukelt etwas schneller. "Wir bilden Reviere aus, und unsere
Maennchen streifen mehr oder weniger regelmaessig durch sie hindurch."
Ich ruhe meine Haende aus. So werde ich auf Dauer nur wunde Handgelenke
kriegen. "Wie bei Katzen." Wieder das Zoegern. "In etwa. Es gab eine
zeitlang kaum noch maennliche Demonias." Das klingt wichtig. "Wieviele ist
kaum noch?" "Wenige hundert. Und seit dem Zweiten Weltkrieg sind im
Westen alle Demonias ausgestorben. Ich bin die Erste, die sich seit ueber
dreissig Jahren in den Westen niedergelassen hat." "Euch gab es nur noch
hinter dem Eisernen Vorhang." Das wuerde passen - Gulags und
Polizeiverhoere und die Stasi und was sonst noch. Lustige Bande, diese
Demonias. "Und in Japan. Sonst sind wir fast ausgestorben." "Wirklich
bedauerlich." Sie laechelt nur. Das hat sie verstanden. Vielleicht sollte
jemand, der gefesselt ist wie eine Bratenrolle nicht den Mund so voll nehmen,
aber das tat gut. Ich starte einen neuen Versuch mit den Haenden, und siehe
da, am linken Handgelenk komme ich mit dem Daumen an einen Knoten, nur
mit der Spitze, aber es ist ein Anfang... "Und wie kommt es dann, dass ihr
euch jetzt wieder ausbreitet?" - "Eine neue Mutation, die -" "Na. Ihr mutiert
aber ziemlich schnell." "Die DNA Sequenzen fuer die Sondernervenzellen
sind relativ instabil, obwohl es frueher noch schlimmer war. Einer der
Gruende fuer unsere hohe Saeuglingsterblichkeit." Sie steht von dem Stuhl
auf, kommt zu mir herueber. "Und die neue Mutation hat das ganze Bild
geaendert, und jetzt nehmen wird zahlenmaessig wieder zu." Sie steht jetzt
vor mir. "Und holen uns das zurueck, was uns gehoert." "Ich gehoere dir
nicht." "Noch nicht." Sie beugt sich ueber meine Beine, beginnt, den Knoten
um meine Knoechel zu loesen. Ich lasse meine Haende voellig ruhig. Das hat
auch nicht geklappt, obwohl ich wenigstens schon einen Knoten gefunden
habe. Immerhin. "Komme jetzt. Deine Herrin hat Hunger." "Meine
Entfuehrerin kann mich mal, und ausserdem hat sie schon gegessen." Dem
letzten Wort fuege ich einen kraeftigen Schlag Ironie zu, versuchsweise.
"Sagen wir einfach, dass es Zeit fuer einen Nachschlag ist." Sie zieht mich
auf die Fuesse und fuehrt mich ins Schlafzimmer, ihre Hand an meiner
Schulter, eine leichte Drohung. An der Wand gegenueber von meinem Bett
steht mein Schreibtisch. Auf der Eichenholzplatte liegt zwischen meinen
Bleistiften und Seminartexten der Pflanzenphysiologie meine Reitgerte. Mir
fallen die ganzen frechen Sachen ein, die ich an diesem Abend gesagt habe.
Wenn ich nicht wieder meinen Knebel im Mund haette, wuerde ich mich
vielleicht sogar entschuldigen. Bin ich zu weit gegangen? Meine

Vorlesungsmitschriften hat sie vorsichtig auf den Boden gelegt, und


anschliessend den Tisch von der Wand gezogen. Und mit einem meiner
Schluepfer den Staub abgewischt. "Die wirst du eh nicht mehr brauchen."
Das werden wir ja noch sehen. Jetzt bin ich ueber die Laengstseite des
Tisches gebeugt. Meine Beine sind auf Hoehe der Knoechel und der Knie
zusammengebunden, was mich zwingt, die Knie etwas zu beugen, was mich
wiederum dazu zwingt, meinen Hintern herauszustrecken. Meine Arme sind
auf der Platte zu den Ecken gestreckt, ich halte mich krampfhaft an den
Stricken fest. Die Knoten sind auf der Unterseite des Tisches, unerreichbar
weit weg. Ich liege zwar auf zwei Kissen, also nicht ganz wie auf einer
Opferplatte, aber eins der Kissen ist unter meinem Becken, drueckt meinen
Hintern in die Luft. Meine Shorts liegen sauber in meinem Waeschekorb,
leisten dem Rest meines T-Shirts Gesellschaft. Zwischen meinem Hintern
und der Gerte liegen nur freie Luft und die Gnade meiner Entfuehrerin. Wenn
das bisherige Geschehen ein Mass ist, wird die Luft mehr Schutz bieten.
Diesmal habe ich mich gewehrt. Auf meinen Unterarmen und um meine
Handgelenke bilden sich langsam blaue Flecken von einem Kampf, bei dem
ich zwar voellig und ganz chancenlos war, aber den ich einfach fuehren
musste. Eine Domina oder Demonia oder wie auch immer wuerde solche
Kraft brauchen, um Maenner zu ueberwaeltigen. Mit mir schwache Frau hatte
sie gar keine Probleme. Es scheint sie nicht mal angestrengt zu haben.
"Bereit?" Ich stoehne durch meinen Gummiball. Genau den gleichen Satz
hat Peter immer benutzt. "Ffkch dkch." Das scheint sie verstanden zu
haben, sie laechelt. "Das ist aus anatomischen Gruenden leider voellig
unmoeglich." Sie geht auf meine Rueckseite, sie ist barfuss. Mein Hintern
kribbelt jetzt schon. Was hat sie denn mit dem Satz gemeint? "Geht gleich
los." Bei Peter hatte ich ein Sicherheitswort, Vertrauen in meinen Peiniger,
und es war immer die andere Gerte. Ich habe zwei Gerten, eine, die am Ende
ein ledernes Dreieck hat, und mehr Laerm als Schmerz macht, und eine
andere, die duenn und hart zulaeuft, und Striemen macht, wenn man nicht
aufpasst. Sie hat die duenn zulaufende, streicht die Spitze ueber meinen
Ruecken, ueber meinen Po, ueber die Rueckseiten meiner Beine. Eine
Gaensehaut laeuft mir den Ruecken herauf und herunter. Lieber Gott, ich
melde mich nicht oft bei dir, aber - Sie zieht die Gerte ploetzlich zurueck, ich
zucke und winde mich, aber der Schlag kommt nicht, sondern die Gerte wird
wieder zart wie der Kuss eines Schmetterlings meine Wirbelsaeule entlang
gefuehrt. Falls Schmetterlinge kuessen. Das macht sie gut, sehr gut sogar,
und wieder denke ich, dass unter anderen Umstaenden - - KNALL. Der erste
Schlag landet quer ueber beide Backen. Ich reisse meinen Kopf nach hinten
und schreie in meinen Knebel, mein Koerper wird hart wie ein Brett. Winzige
Tiere tanzen mit heissen Fuessen auf der Aufschlagslinie. "Claudia. Ich bitte
dich. So schlimm war das nicht." Sie hat recht. Es war mehr die
Ueberraschung, der Schlag tut weh, sicher, aber ich habe Schlimmeres
hingenommen, viel Schlimmeres. Wenn ich jetzt geil waere - was ich nicht
bin, du schwarzhaarige Mutantenkuh - waere der Schlag vielleicht sogar nicht
fest genug gewesen. "Aber das kann noch kommen." Sehr

vertrauenserweckend. Die Gerte streichelt mich wieder, und - - KNALL. Der


zweite Schlag landet so knapp ueber dem ersten, dass ich den Unterschied
nur daran fuehle, weil ein Schlag auf die gleiche Stelle noch viel mehr weh
tuen muesste. Der zweite Schlag ist fester, aber nicht viel. Diesmal habe ich
nur gekeucht und etwas gezuckt. Beim naechsten Schlag - - KNALL. - zucke
ich nur. Wieder ein Querschlag, wieder nah an der gleichen Stelle. Ich rieche
den etwas muffigen Geruch des Kissens, auf dem ich liege, entspanne etwas
meine Finger. Das werde ich ueberstehen koennen, wenn sie es nicht
steigert. Aber meistens steigert man es ja. - KNALL KNALL. Den ersten
vertrage ich gut, den zweiten habe ich nicht so schnell erwartet, ein kleiner
Schrei schmuggelt sich von hinter dem Knebel hervor. "Tue dir keinen
Zwang an. Ich merke am Geruch, wie weh ich dir tue, am Silber, das von dir
abfaellt. Schrei ruhig." Scheissfotze. Den Gefallen tue ich dir nie. - KNALL.
Hoffe ich zumindest. Der Schlag war fester. Sie hat auf die andere Seite
gewechselt. Es ist wirklich nicht so schlimm, das ist das Verrueckte. Es tut
weh, aber es ist mehr erniedrigend, so vorgefuehrt zu werden, sie schlaegt
langsam, bedaechtig, sie hat den ganzen Tag Zeit. Sie schlaegt mich mit
einer voelligen Selbstverstaendlichkeit, und warum auch nicht, nach ihrem
kranken Weltbild - - KNALL. - ist es der selbstverstaendliche Lauf der Welt.
Sie ist der Jaeger, ich bin die Beute, es ist daher nur natuerlich, dass sie mich
unterjocht, mich quaelt, sich am mir vergnuegt. Es gibt 5 Milliarden Menschen
auf diesem Planeten, hat sie gesagt. Sie sucht sich eine besonders geeignete
Beute heraus - KNALL. - und ernaehrt sich von ihr. Behauptet sie auf jeden
Fall. Wenn sie die naechsten Tage auch nichts isst, glaube ich es ihr sogar
vielleicht. Was immer noch nicht erklaert, wer die Heizungsrechnung
bezahlen soll. Mein Hinten glueht jetzt, zwar tanzen die Tierchen immer noch
auf der letzten Aufschlagslinie, aber insgesammt ist der Effekt fast
angenehm. Manchmal hat man als Masochistin doch Vorteile. - ZIIIP - Kein
Schlag, sie laesst die Gerte nur durch die Luft zischen. Ich zucke trotzdem.
Schweisstropfen laufen in kleinen Straehnen meine Flanken herunter. Ich
schaue ueber meine Schulter nach hinten. Sie arbeitet schwerer als ich, aber
sie schwitzt nicht. Ihre Gesicht ist konzentriert, aber mit einem genuesslichen
Laecheln. Narlinea amuesiert sich. Ich drehe mich wieder nach vorne als sie
ausholt und - - KNALL. Der Schlag war fester als alle anderen, zu fest, und
so, als haette sie das gespuehrt, laesst sie sich Zeit vor dem naechsten
Schlag, laesst mich zu atem kommen. Mein Hintern brennt und glueht, mit
vereinzelten Nadelstichen. Aber ich werde sitzen koennen, wenn auch nur
vorsichtig. Es gab Sitzungen mit Peter, und vorher mit Andreas - "Und zum
Abschluss -" Ich habe nicht mitgezaehlt. Schon zuende? - KNALL. Nicht
fester als die anderen. Nicht zu fest, aber auch nicht gerade trivial. Narlinea
hat recht. Als berufliche Domina wird sie unschlagbar sein. Ploetzlich stelle
ich mit Entsetzen fest, dass ich etwas tiefer atme, als die Schlaege es
rechtfertigen, und dass vielleicht die Fluessigkeit, die meine Schenkel
bedecken, nicht nur aus Schweiss besteht. "Das war genug fuer die heutige
Einfuehrung." Ich tue gar nichts, bleibe in meiner gespannten Haltung,
vielleicht wartet sie nur. Aber ich hoere sie umhergehen, barfuss ist sie leiser

als mit diesen Stiefen, und ich entspanne mich langsam. Ich atme wirklich zu
schnell. Oh nein... "War das so schlimm, Claudia?" Sie laesst die
Gertenspitze wieder ueber meinen Ruecken gleiten. Mein Koerper wird zum
Verraeter, faellt mir in den Ruecken, meine Brustwarzen sind hart, merke ich,
meine Scham geschwollen. Eine Welle der Scham, der Wut zieht durch mich
hindurch. Wie kann mein Koerper nur - kann sie es riechen? "Psssst.
Straeube dich nicht dagegen." Ihre Hand beruehrt meinen Ruecken, ganz
sanft, strechelt mich, kuehl auf meinem Nacken, meinen Schulterblaettern,
meinem wunden Hintern. Gott, lasse mich nicht noch erregter werden, bitte,
wenn sie es merkt, wenn sie es merkt...sie beugt sich zu meinem Gesicht
herunter, ich drehe mich zu ihr, mein Mund ein weites O durch den
Ballknebel. Ihre Augen leuchten, tief und schwarz. Menschliche Augen mit
ihrer Regenbogenhaut koennten nie so ausdrucksvoll sein. Teil 4 "Du
riechst nach Gold, Claudia. Nach Gold und Silber, Lust und Schmerz, und ein
ganz kleines Bischen nach Alabaster." Sie fluestert, streichelt mir eine nasse
Straehne aus dem Gesicht. Diesmal zucke ich zurueck. "Es hat dir fast
gefallen, nicht wahr." Ich drehe wuetend meinen Kopf weg, so weit ich kann,
das einzige, was ich kann. Es muessen dreissig Grad im Zimmer sein,
Schweiss fliesst von mir vom Koerper, aber sie schwitzt immer noch nicht,
und ich kann ihren Schweiss nicht riechen. Sie riecht nach nur Poison. Sonst
rieche ich nur mich, keine Metalle, und bestimmt kein Alabaster. Ich fuehle
meinen pochenden Hintern, die Scham, die in mich hochsteigt, und ich bin
etwas verwirrt. Das darf doch nicht wahr sein... Ihre Hand streicht sanft ueber
meine Wange. Ich ziehe nochmal den Kopf weg, bruelle in meinen Knebel.
Sie lacht und bindet mich los, bindet mir die Haende vor dem Bauch, nimmt
dem Ball aus meinem Mund. Ich bin zu verwirrt, um mich zu wehren, das
Adrenalin von der Zuechtigung noch im Kreislauf. Mein Schritt ist wirklich
nass, und es ist wirklich nicht nur Schweiss. Ich schaue auf die Kissen, auf
denen ich gerade gelegen hatte. Der blaue Stoff mit dem weissen
Bluemchenmuster zeigt dunkele Stellen, und keine Stelle ist so dunkel wie
die nah an dem Tischrand, dort, wo meine Huefte gelegen hatte. "Schau her."
Hinter mir ist mein Spiegelschrank, sie dreht meinen Kopf um, haelt meine
Huefte, damit ich sie nicht mitdrehe. Sie hat so kuehle Haende, fuer einen
Moment frage ich mich, ob sie ueberhaupt warmbluetig ist, und dann sehe ich
mein Bild im Spiegel, meinen Hintern. "Oh -" Sie lacht. "Nicht schlecht, oder?
Komm. Wir wollen dich unter die Dusche stellen, und dann geht's ins Bett."
Ich dusche wie ein Traumwandler. Ich bin nicht gefesselt, aber da mein
Badezimmer kein Fenster hat, und meine Wohnungstuer von innen
abgeschlossen ist, geht Nalinea kein grosses Risiko ein. Ich bin eh nicht in
der Lage, mich abzusetzen. Ich bin zu verwirrt. Ich weiss, woran es liegt. Ich
bin zum ersten Mal in meinem Leben genau richtig gepeitscht worden. Nein,
nicht ganz richtig, die ersten Schlaege waren mal zu fest, mal nicht fest
genug. Aber dann hat sie sich eingependelt. Schnell eingependelt.
Verdaechtig schnell eingependelt. Entweder waren meine vorherigen
Liebhaber etwas arg uneinfuehlsam, oder sie hat einen sechsten Sinn fuer
sowas. Sie sah erholt aus nach der Zuechtigung. Erholt und frischer und -

satt. Ich habe Schampu in den Haaren, bevor ich daran denke, den Zopf
aufzumachen. Auf meinem Hintern trage ich jetzt Zeichen von ihr, zehn rote
Linien, die noch schmerzen, wenn ich mit dem Waschlappen ueber sie fahre.
Sie sind fantastisch geworden, eine Wohltat fuer's Auge, sie lassen den Herz
jedes Sadomasochisten hoeher schlagen. Anders kann ich es nicht
formulieren, egal, wie sehr ich diese Frau hasse. Sie sind genau waagerecht,
genau parallel, und haben alle genau den gleichen Abstand zueinander. Ein
Meisterwerk der Gerte. Fast koennte ich mir vergeben, dass ich geil
geworden bin. Mit diesen Striemen kann ich nie zur Polizei, faellt mir ein. Kein
Mensch wird mir abnehmen, dass ein solch regelmaessiges Muster
erzwungen wurde. Sie sind zu offensichtlich rituallisiert, einfach zu perfekt.
Narlinea wuerde die anderen Dominas der Stadt wegfegen. Sie wird nicht mal
Anzeigen aufgeben muessen. Sowas spricht sich durch Mundpropaganda
herum. Eine wahre Kuenstlerin, keine Frage. Ich drehe das Wasser aus,
stehe tropfend unter der stummen Dusche. Aber ich habe keine Lust, in ihrem
Studio als Dienerin oder Famula oder Zofe oder sonstwas zu dienen. Ich
muss wegkommen. Wir liegen nebeneinander in meinem Bett. Ich habe ein
breiteres Bett, fast ein Doppelbett, nicht ganz. Ich bin nackt, bei dem
ungebrochenen Heizungswahn meiner Entfuehrerin wuerde es aber auch gar
nicht anders gehen. Sie hat eine Ledermanschette um mein Fussgelenk
gelegt, das an der Bettkante ist, und ihn mit einer Kette um das Bettgestell
verschlossen. Die Schluessel liegen im Wohnzimmer, unerreichbar weit.
Selbst wenn sie nicht da waere, koennte ich nie das Bett hinter mir
herschleppen. Aber jetzt habe ich die Haende frei. Und wenn ich mich richtig
daran erinnere, wie wir damals das Bett zusammengebaut haben, ist das die
halbe Miete. Vielleicht hat sie ihren ersten Fehler gemacht. Sie traegt ein TShirt, schwarz natuerlich, liegt neben mir mit einem meiner Romane in der
Hand. Und sie hat wieder einen Liter Leitungswasser getrunken. "Warum
immer schwarz?" Schlaf' ein, Frau. Los. "Unser Stoffwechsel ist etwas
effektiver, erzeugt nicht so viel Abfallwaerme wie der menschliche. Gewisse
Koerperfunktionen brauchen aber eine Temperatur ueber 30 Grad. Und
schwarz absorbiert bekanntlich jede Wellenlaenge. Alles, was wir von der
Umgebung aufnehmen koennen, erspart Muskelarbeit zur
Waermeerzeugung." "Und das Wasser?" "Wieviel Biochemie kannst du?"
"Mehr als du, schaetze ich mal." Sie lacht. "Sei dir nicht so sicher. Unsere
Lunge arbeitet anders. Wir ziehen Kohlendioxid und Stickstoff mit dem
Sauerstoff ein. Zusammen mit den Wasserstoffatomen aus dem Wasser und
mit der Energie aus dem Darmkoerper stellen wir die Molekuele zusammen,
die du aus dem Essen beziehst." "Schwachsinn. Das wuerde heissen, dass
ihr den Kohlenstoff aus dem Kohlendioxid ausbauen koennt, und dass
koennen Pflanzen auch nur, weil sie dazu besondere Organellen in der Zelle
haben." "Das Chlorphylmoelkuel hat grosse Aehnlichkeit mit dem
Haemmolekuel der roten Blutkoerperchen. Unsere Darmorgane benutzten
statt Chlorophyl ein umgebautes Haemmolekuel. Die Energie fuer die
Synthesprozesse kommt nur nicht von der Sonne, sondern von menschlichen
Emotionsentlandungen." Fuer einen Augenblick bin ich tatsaechlich

sprachlos. "Schwachsinn." Was fuer eine bluehende Phantasie. Aber sie hat
wirklich Ahnung von Biochemie. "Du glaubst immer noch, dass ich ein
Mensch bin, nicht wahr?" Sie schuettelt den Kopf. "Was willst du, eine
Gasanalyse meiner Atemluft?" Ich sage gar nichts. "Du musst als naechstes
fragen, warum ich nur Leitungswasser trinke, wo du doch einen grossen
Kasten Sprudel in der Kueche hast." Ich bin die Fragen leid, oder besser die
Antworten, ihre phantastischen Hirngespinste. Ich will jetzt nur, dass sie
einschlaeft. "Okay. Gut. Warum trinkst du nur Leitungswasser, wenn ich doch
in der Kueche einen grossen Kasten Sprudel habe?" "In Leitungswasser ist
mehr Blei. Wir brauchen Blei als ein Spurenelement fuer die Enzymfunktion
der Kohlenstoffkettensynthese im Darmkoerper." Das ergibt auch so etwas
wie Sinn. "So wie Menschen Eisen brauchen?" - "Richtig." Ich sage nichts
mehr, drehe mich auf die Seite, meine Kette klimpert leise. Zuviel Blei ist
schlecht fuer's Gehirn, faellt mir ein, vielleicht ist sie einfach vom vielen Blei
so geworden. Aber das erklaert nicht die Augen oder das Gesicht oder dass
sie so wenig essen muss. Ich bin muede, aber ich will nicht einschlafen, ich
will warten, bis sie schlaeft, und dann - werde ich sehen. Ich mache die
Augen zu, und lasse die Welt um mich hinwegfallen, den Geruch der
Bettwaesche, die Manschette um mein Fussgelenk, mein wunder Hintern auf
dem Bettbezug. Mein rechter Arm wird ganz schwer, sage ich mir. Mein
rechter Arm wird ganz schwer. Neben mir liest eine Frau mit einem
unmenschlichen Gesicht einen Roman ueber Morde unter Katzen, in der
festen Ueberzeugung, dass in ihrem Darm die Biochemie neuartige Wege
geht. Mein rechter Arm wird schwer. Aber sie schlaeft nicht. Immer, wenn ich
den Kopf drehe, um sie anzugucken, liest sie im Schein meiner Nachtlampe.
Manchmal laechelt sie mich an, und diese Gaensehaut laeuft wieder ueber
meinem Ruecken. Irgendwann schlafe ich ein. Es ist kurz vor Mitternacht.
Eigentlich sollte ich in vier Stunden in Sydney landen. In der Nacht werde ich
wieder wach. Sie liegt nicht mehr neben mir, ich hoere ihre Schritte im
Wohnzimmer, der Fernseher dort laeuft leise. Sie schlaeft immer noch nicht.
Irgendwie ist das beunruhigend, ich haette mich vielleicht sogar besser
gefuehlt, wenn sie sich mit dem Kopf nach unten haette von der Decke
haengen lassen. Wenn ich mich anstrenge, kann ich einzelne Worte hoeren,
Satzfetzen, es ist Englisch, Nachrichten. Der Fernseher im Wohnzimmer hat
Satellitenanschluss, sie hoert CNN, amerikanische Nachrichten. Schon
wieder Nachrichten. Ich pruefe die Manschette um meinen Fuss, die Kette
zum Bett, wie die Kette am Bett befestigt ist. Keine Chance. Dann bleibt noch
das Bettgestell, und dazu brauche ich ein Werkzeug. Mein Hintern glueht
noch leicht. Wenn die Striemen von einem Liebhaber waeren, waere ich jetzt
auf sie stolz, ein Zeichen von ihm - so schoene Striemen waere bei eingen
meiner Bekannten ein richtiges Statussymbol. Aber so...was, wenn sie nicht
immer so ruecksichtsvoll schlaegt? Oder mit Nadeln anfaengt, mit Messern,
mit Urin, mit Kot, all' den Sachen, die ich nicht mal bei einem Freund wuerde
haben wollen? Meine Ueberlegungen unter der Dusche kommen mir immer
wahrscheinlicher vor. Sie sucht eine Zofe, die Studiosklavin passend zur
Herrin. Deswegen eine Masochistin, deswegen meine Wohnung, in einer

dezenten Gegend, und wo die Hausverwalterin Kilometer weit weg wohnt und
nur ein Mal im Monat vorbeikommt. Aber ich bin keine Prostituierte. Ich will
nicht von Fremden geschlagen werden. Nur von jemandem, den ich liebe,
und das nur, wenn ich es sage, und so viel wie ich will. Na gut, vielleicht hin
und wieder etwas mehr als ich eigentlich will, aus Prinzip eben. Auf jeden Fall
nicht so. Sie sagte, ich wuerde in vier Wochen wieder arbeiten gehen
koennen. Kann ich ihr trauen? Wohl kaum. Nicht von jemanden, die
wahrscheinlich seit Jahren gezielt bleiverseuchtes Wasser trinkt und sich fuer
einen Menschenjaeger haelt. Ich muss hier raus. Ich denke an Sonnenschein
und weite Straende und braungebrante Maenner. Im Wohnzimmer laeuft
immer noch der Fernseher, und ihre Schritte sind immer noch zu hoeren,
aber jetzt anders, fester und wie zu einem stillen Takt. Gymnastik? Aerobics?
Ist sie deswegen so stark, weil sie jede Nacht Sport treibt? Ich ziehe die Knie
zur Brust, wickle meine Arme um sie. Als die Kette klimpert, setzen die
Schritte kurz aus, fangen nach einigen Minuten wieder an. Irgendwann
schlafe ich ein, mein Koerper zusammengerollt, das Kopfkissen unter meinen
Augen feucht. Was fuer ein beschissener Urlaub. "Ich hoffe, du magst
Honig." Sie ist Broetchen holen gegangen, Roggenbroetchen und zwei
Kaesebroetchen, und etwas Honig und Margarine. Anscheinend hat sie
meinen Kuehlschrank wieder angeschlossen. Ich fruehstuecke im Bett wie
eine verwoehnte Geliebte, nur den Kaffee, den will sie mir nicht geben, statt
dessen gibt es schwarzen Tee mit zu viel Zucker. Coffein wuerde mein
Nervensystem zu sehr durcheinanderbringen, sagt sie. Narlinea fruehstueckt
natuerlich nicht. Ich fuehle mich geraedert, kann die dicken Ringe unter
meinen Augen fast selbst sehen. Ich bin nochmal kurz vor Sonnenaufgang
aufgewacht, immer noch alleine, und habe ihr gelauscht, ihre Schritte, das
Umblaettern von Seiten, sie sitzt im Wohnzimmer und liest. Sie hat um kurz
vor fuenf geduscht, und dann die Zeitung hereingeholt - verdammt, ich hatte
vergessen, sie abzubestellen. Und sie sieht kein Stueck muede aus,
waehrend ich mich fuehle, als haette man mich die ganze Nacht gepruegelt.
Vielleicht kommt das ja auch noch. "Gab es nicht eine Regel, dass Jaeger
mehr Schlafen als Beutetiere?" "Richtig. Nur gibt es auch eine Regel, dass
hoeherentwickelte Gehirne weniger Schlaf brauchen." Menschen schlafen
eigentlich verhaeltnissmaessig wenig, da hat sie recht. Meine Katze pennt
den ganzen Tag, nur unterbrochen von Fresspausen. "Soso. Ihr seit als
klueger als Menschen." Narlinea laechelt, beginnt, ihre Seite des Betts zu
machen, ordentliche, praezise Bewegungen. "Gab es nicht eine Regel, dass
Jaeger intelligenter sind als ihre Beute?" "Seit ihr deswegen fast
ausgestorben?" Volltreffer. Sie schaut mich verwundert an, und lacht dann.
"Punkt fuer dich, Claudia. Aber wir nehmen wieder zu. Und bald mit deiner
Hilfe." Ich beisse in mein Honigbroetchen und trinke den verzuckerten Tee
und denke mir meinen Teil. Mit etwas Vorbereitung werde ich heute Nacht
mehr mit meinen freien Haenden anfangen koennen, und dann hat dieser
Alptraum ein Ende. Nach dem Fruehstueck - nach meinem Fruehstueck,
besser gesagt - geht sie einkaufen. Sie nimmt einen ganzen Armvoll meiner
Guertel mit, allerdings die dicksten, nicht die besten. Und so sitze ich wieder

auf einem der Kuechenstuehle, gefesselt wie gestern, nur diesmal voellig
nackt, ohne die Waescheklammern, und mit dem hohlen Loecherball statt
des Gummis. Sonst bin ich wieder taub, stumm und blind, und meine
zurueckgezogenen Schultern druecken meine Brueste obzoen und einladend
nach vorne. Perverserweise fuehle ich mich sicher, fast geborgen. Ich habe
schon mal so gesessen, und sie hat mich nicht verlassen, sie scheint mir
nicht die Art von Person, die mich so zuruecklassen wuerde. Voellig
unlogisch, weiss ich, aber das Gefuehl ist da. Mein Koerper traut dieser Frau,
ich kann es kaum glauben, aber seit der doch nicht so schlimmen
Zuechtigung ist mein Koerper anscheinend der Meinung, dass ihm hier nichts
schlimmes passieren wird. Verraeter. Auf meine Frage, was ich denn machen
wuerde, wenn ich pinkeln muesste, meinte Narlinea nur, es waere mein
Fussboden. Ich warte einige Zeit, bis ich mir eingeredet habe, dass sie weg
ist, dann versuche ich, mich freizuwinden. Keine Chance - ich gebe
schweissueberstroemt auf, meine Handgelenke sind jetzt wirklich wund,
Speichel laeuft mein Kinn herunter, tropft auf meine Brust, wandert langsam
und unaufhaltbar ueber meinen Bauchnabel in Richtung meiner Scham. Ich
kann diesmal nicht mal eine der Knoten beruehren. So komme ich nie frei.
Die Frau ist zu gut. Dieses Wesen. Was sie auch immer ist. Ich kann nur
warten, bis sie wiederkommt. Wenn sie nicht wiederkommt, bin ich tot. Auch
wenn mein Koerper das nicht einsieht. In der Zwischenzeit denke ich ueber
ihre Geschichte nach, versuche, Loecher in ihre Theorie zu schiessen. Es ist
ja nicht so, als haette ich etwas anderes zu tuen... Vibrationen auf dem
Linolium, Schritte, und dann wird etwas sehr schweres auf den Boden
gestellt, und nochmal, und nochmal. Und nochmal. Mmmmmmmmmm, sage
ich. Lass' mich frei. Ich bin wuetend. Sie ignoriert mich, oder ist gar nicht
mehr da. Wahrscheinlich das Letztere. Die Schritte sind wieder weg und es
dauert noch einige Zeit, bevor die Schritte wiederkommen, und ich endlich
wieder sehen, hoeren kann. Und sprechen kann. "Narlinea. Was ist mit euren
Maennern?" Sie steht vor mir, mit dem Knebel in der Hand.

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