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Kaliber 11 Spezichron

das letzte mechanische Automatikarmbanduhrkaliber des Uhrenwerk Glashtte


im VEB Uhren und Maschinenkombinat Ruhla

Zu Beginn der 1970er Jahre, das Erfolgsmodell Spezimatic aus Glashtte fand trotz
beginnendem Boom der Quarzuhren im In- und Ausland immer noch guten Absatz, begannen
die Entwicklungsingenieure im Uhrenwerk Glashtte mit der Planung einer neue Generation
mechanischer Automatikwerke fr Armbanduhren mit einer auf 4Hz erhhten
Schwingfrequenz, was eine der Voraussetzungen fr eine angestrebte, wesentlich hhere
Ganggenauigkeit war.
Fehlende materiell-technische Voraussetzungen und eine noch zu groe Importabhngigkeit
fr die ausschlieliche Entwicklung einer eigenen Quarzuhrenfertigung und die Gefahr,
aufgrund der fortschreitenden technischen Entwicklung das Gtezeichen Q fr die
Spezimaticmodelle zu verlieren, waren die wesentlichen Grnde fr diese Entscheidung.
Unterschiedliche Auffassungen zwischen Kombinats- und Betriebsleitung, welche der beiden
Entwicklungsrichtung (Quarz- oder Mechanikuhr) ab 1973 zu favorisieren sei, fhrten zu
erheblichen Verzgerungen bei der Markteinfhrung der neuen Automatikur, die bereits fr
1974 geplant war.

Erst nach einer mit dem Nachweis noch fehlender Voraussetzungen fr die ausschlieliche
Entwicklung einer Quarzuhr und der dadurch entstehenden Versorgungslcke begrndeten
Intervention der Glashtter Betriebsleitung gegenber der bergeordneten Kombinatsleitung
konnte das 1973 gestoppte Projekt fortgefhrt und schlussendlich 1978 realisiert werden.

Das neue 11 linige Kaliber hatte bei einer Werkhhe von 6,1 mm eine geschlossene
Rderwerkbrcke, ein seitlich herausnehmbares Federhaus, eine Schwingfrequenz von 4 Hz,
eine standardisierte 20-zhnige Hemmung, eine Stosicherung, piton mobile, eine
Zentralsekunde im Kraftfluss, 22 Funktionssteine sowie einen Schwermetallrotor mit
Kugellager. Die Gangleistung betrug +25s/d bis -15S/d und die Gangreserve war auf 42
Stunden ausgelegt.

Die Konstruktion des Werkes htte die Fertigung von drei mglichen Handaufzug- und drei
Automatikvarianten, jeweils mit und ohne Datum sowie mit und ohne einer zustzlichen
Tagsanzeige, gestattet. Produziert wurde letztlich aber nur die Variante 11-26 mit Datum und
die 11-27 mit Tages- und Tagsanzeige mit einer halbschnellen Schaltung mit einer Schaltzeit
< 30 Minuten.

Was waren die Grnde dafr? In der durch die Unterbrechung bedingten langen
Entwicklungszeit hatten sich die Absatzbedingungen fr eine mechanische Automatikuhr
entscheidend zu Gunsten der Quarzuhr verndert. Von den zentralen Handelsorganen der
DDR wurde 1977 nur noch die aus Kostengrnden ohne jegliche optische Finisierung zu
fertigende Modellvariante 11-27 mit Datum und Wochentagsanzeige als auch fr den
internationalen Markt konkurrenzfhig eingestuft. Diese sollte dann auch als einzige
Werksvariante gefertigt werden. Nach Produktionsbeginn stellte sich aber heraus, dass einer
der Hauptabnehmer, das Nrnberger Versandhaus Quelle, das nur mit dem
Datummechanismus ausgestattete Kaliber 11-26 als Ersatz fr die Spezimatic prferierte. Das
hatte zur Folge, dass entgegen der ursprnglichen Planung einmal die bereits gefertigten und
mit 11-27 gekennzeichneten Werkplatinen dafr verwendet wurden und andererseits, mit rund
300.000 Stck, mehr als dreimal soviel Datummodelle, als die nur mit 72.000 Stck

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gefertigten Uhren mit Tages- und Wochentagsanzeige das Glashtter Werk verlieen. Der
Fertigungszeitraum umfasste die Jahre 1978 bis 1988.

Im Verlauf der Fertigungszeit wurden verschiedene Vernderungen am Werkkaliber 11


vorgenommen.
Bereits nach der Nullserie wurden die Kunststoff Exzenterbuchsen fr die
Zifferblattbefestigung aus blauen Rilsan bzw. weiem Delrin durch vernickelte
Messingbuchsen ersetzt.

Das zu Beginn der Serienfertigung verwendete 1. Reduktionsrad war noch ein Freilaufrad, das
mit einem Klemmrollenrichtgesperr beim Handaufzug die Automatik auskoppelte. Zur
Verbesserung des Wirkungsgrades wurde es spter durch ein Freilaufrad mit Sperrgetriebe
ersetzt.

Steigender Kostendruck im Produktionszeitraum bewirkte auch beim Kaliber 11


Rationalisierungsmanahmen. So wurde z.B. bereits 1980 der 164 Schwermetallrotor aus
Wolframcarbit so verkleinert, dass aus einem vollen Kreisring anstatt nur zwei, drei Rotore
gefertigt werden konnten. Eine damit verbundene Verringerung des Trgheitsmomentes
gewhrleistete aber immer noch eine 110% Aufzugsicherheit. Ein in einer
Versuchsanordnung der Entwicklungsabteilung verwendeter Messingrotor wurde dagegen
nicht in die Serienproduktion bernommen.

Datumring, Tagesscheibe, Schaltrad, Datumplatte und Sttzring fr das Zifferblatt wurden aus
Konstruktionskunststoffen im Thermospritzverfahren hergestellt. Die Mahaltigkeit und die
exakte Ausbildung dieser Teile war von entscheidender Bedeutung fr das Funktionieren der
Datumschaltung. Gewhrleistet war das allerdings nur dann, wenn die maliche Zuordnung
dieser Einzelteile aus glasfasergefllten Rilsan, Delrin sowie Kostil im Fertigungsdurchlauf
exakt eingehalten wurde, was allerdings in der Praxis nur in der Serienfertigung zu realisieren
war. Im Reparaturbetrieb war das aber aufgrund ungengender Kenntnis im Umgang mit den
Kunststoffteilen und Schwierigkeiten bei der Ersatzteilbeschaffung nicht immer zu
gewhrleisten. Ein Umstand, der zu hufigen Beschwerden in Bezug auf die Funktionalitt
des Datummechanismus fhrte.

Quelle: Die Angaben beruhen auf der Zeitzeugenaussage des ehemaligen Themenleiters der GUB zur
Entwicklung des Kal. 11 und des GUB Direktors fr Absatz von 1978-1989.

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