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sterreichisches Bundesinstitut fr Gesundheitswesen

BIG

Gesundheitsgefahren durch
intravense Applikation von Talkum

Marion Weigl

Wien, Februar 2004


In diesem Bericht verwendete personenbezogene Ausdrcke wie z. B. Klient oder
Drogenkonsument umfassen Frauen und Mnner gleichermaen.

Eigentmer: sterreichisches Bundesinstitut fr Gesundheitswesen - 1010 Wien, Stubenring


6, Tel. (+43-1)51561, Fax: 513 84 72

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1. Einleitung

Der Missbrauch von Substitutionsmitteln, die fr den oralen Gebrauch bestimmt sind, scheint
bei Drogenkonsumenten eine gngige Praxis darzustellen. Dabei werden die Tabletten oder
Kapseln zerdrckt oder zerrieben, in Wasser aufgelst und diese als Suspension injiziert.
Von verschiedenen Seiten wurde im Dezember 2003 der Verdacht geuert, dass diese
Form des Konsums, aufgrund des in den Tabletten oder Kapseln enthaltenen Hilfsstoffes
Talkum, zu schweren Gesundheitsschden fhren kann. In der Folge wurde mit der
steiermrkischen Drogenkoordination vereinbart, dass das BIG eine Literaturrecherche und
-analyse zu diesem Thema durchfhrt.

2. Methode

Die Literaturrecherche wurde vor allem mit Hilfe von MEDLINE durchgefhrt. Sie ergab eine
betrchtliche Anzahl an Artikeln aus zumeist US-amerikanischen, medizinischen
Fachzeitschriften, von denen ein groer Anteil als Fallstudien klassifiziert wurde. Eine
weitere betrchtliche Anzahl an Artikeln befasst sich im Wesentlichen mit Analyse- bzw.
Diagnosemethoden von verschiedenen Organschden durch Talkum oder mit
Behandlungsmglichkeiten durch den Einsatz von Talkum. Aufgrund des fehlenden
finanziellen Rahmens konnten nur Artikel, die im Internet oder in Wien verfgbar sind,
herangezogen werden. Bei diesen Artikeln handelt es sich vor allem um Fallstudien, in
denen ber bis zu drei verschiedene Flle berichtet werden. Es sind aber auch einige wenige
Vergleichsstudien dabei, in denen eine grere Anzahl an Patienten bercksichtigt wurde.

Zustzlich zur Literaturrecherche wurde versucht, ber das REITOX-Netzwerk weitere


Informationen, Studien, Erfahrungen, etc. zu diesem Thema zu erhalten. Informationen zum
intravensen-Konsum (i.v.-Konsum) von Tabletten fr den oralen Gebrauch konnten jedoch
nur vom schwedischen Focal Point weitergegeben werden.

3. Ergebnisse

Talkum ist ein natrliches, pulverisiertes und hydratisiertes Mineral mit der Stoffbezeichnung
Magnesiumsilikat, das unterschiedliche Mengen an vergesellschafteten Mineralien (z.B.
Chlorite, Magnesit, Calcit, Dolomit) enthalten kann. Talkum ist praktisch unlslich in Wasser,
in verdnnten Lsungen von Mineralsuren und Alkalihydroxiden.

Talkum wird als Arzneimittel (z.B. Steritalc F2 mit Talkum Glas NA in Deutschland), als
Hilfsstoff in Arzneimitteln fr den oralen Gebrauch (z.B. Aciclovir, Biocef, Ritalin), als
Lebensmittelzusatzstoff sowie als Stoff in Kosmetika verwendet. In Arzneimitteln fr den
oralen Gebrauch wird Talkum als Gerstsubstanz bzw. Bindemittel fr die verschiedenen
pharmazeutisch wirksamen Substanzen verwendet. Weitere unlsliche Hilfsstoffe in
Arzneimitteln sind z.B. Strke, mikrokristalline Cellulose, Magnesiumstearat, Crospovidon
und Siliciumoxid (Padley 1993, Ganesan 2003). Eine orale Einnahme dieser Arzneimittel ist
problemlos, die missbruchliche Verwendung durch Injektion in den Blutkreislauf kann
jedoch zu Schden fhren.

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In der Literatur wird vor allem von folgenden Arzneimitteln, die fr den oralen Gebrauch
bestimmt sind und von Drogenkonsumenten mibruchlich intravens appliziert werden,
berichtet: Arzneimittel mit den Wirkstoffen Methadon (z. B. Methadone in den USA),
Tripelennamin (z. B. Pyribenzamine in Kanada), Methylphenidat (z. B. Ritalin in den
USA), Pethidin (z. B. Meperidine in Kanada), Propoxyphen (z. B. Darvon in Kanada),
Amphetamine (z. B. Regenon in sterreich), Phenmetrazin (z. B. Preludin in den USA),
Acetaminophen und Pentazocin (z. B. Talwin in Kanada) (vgl. unter anderem Ganesan
2003, Ward 2000, Reittner 2002, Roberts 2002, Rhodes et al 1991, Padley et al 1993,
Schmidt et al 1991). Zumindest einige dieser Arzneimittel enthalten Talkum als Hilfsstoff und
wurden im Zusammenhang mit durch Talkum induzierten Schden genannt. Von Experten
aus der Substitutionsbehandlung bzw. aus niederschwelligen Einrichtungen in sterreich
wird vor allem der intravense Konsum von Substitutionsmitteln thematisiert. Von den in
sterreich auf dem Markt befindlichen Substitutionsmitteln enthalten folgende Kapseln bzw.
Tabletten Talkum als Hilfsstoff: Substitol retard, Compensan retard, Vendal retard,
Mundidol retard und Mundidol UNO retard.

Ein Zusammenhang zwischen intravensem Konsum von Tabletten oder Kapseln, die fr
den oralen Gebrauch bestimmt sind, und meist irreversiblen physiologischen Schden vor
allem der Lunge (Lungentalkose), aber auch von anderen Organen, scheint erwiesen zu sein
(z. B. Padley et al, 1993, Schmidt et al 1991, Ganesan et al 2003). Ganesan et al (2003)
berichten beispielsweise von Entzndungen, Fremdkrper-Granulomen und Vernderungen
in der Lunge, die durch Crospovidone und mikrokristalline Cellulose verursacht wurden.
Nach Roberts (2002) haben Tierversuche mit verschiedenen pharmazeutischen Hilfsstoffen
nur bei Talkum zur Entwicklung von Granulomen gefhrt.

Roberts (2002) schreibt, dass die Lungentalkose eine seltene Form einer Lungenkrankheit
ist, die das erste Mal von 100 Jahren diagnostiziert wurde. Lungentalkose entsteht durch
Inhalation von Talk-hltigem Staub ber einen lngeren Zeitraum oder in einer sehr hohen
Konzentration und wurde bei Personen verschiedener Berufsgruppen festgestellt (Roberts
2002, Woywodt et al 2000). In den 1960er Jahren wurde das erste Mal eine neue Form der
durch Talk verursachten Lungenkrankheit beschrieben (Roberts 2002). Diese Form wurde
inzwischen vor allem bei solchen Drogenkonsumenten beobachtet und dokumentiert, die
auch Tabletten oder Kapseln, die fr den oralen Gebrauch bestimmt sind, intravens
applizieren. Lungentalkose wurde darber hinaus auch als Folge von Kokain Sniffing
beschrieben (Oubeid et al 1990).

Die Injektion der Drogen und damit der Talk-Partikel kann in periphere Arterien oder Venen
erfolgen. Eine Injektion in periphere Arterien kann zu einem Verschluss der kleinen
Blutgefe und Kapillaren (Ischaemie) und in der Folge zu einem Absterben der Zellen
(Nekrose) in Teilen der distalen Extremitten oder anderen Organen fhren (Roberts 2002).
Die gebruchlichere Art der Injektion in periphere Venen kann zu Fremdkrper-Granulomen
(kntchenfrmige Neubildungen) in der Lunge, Leber, Nieren und Retina fhren (Roberts
2002, Ward et al 2000). Dabei werden die Partikel durch das Venensystem ber die rechte
Herzkammer in die Lungen transportiert (Maloney 2002). In den Kapillaren der Lunge bleiben
einige Partikel hngen, verschlieen die Gefe und bewirken eine
Fremdkrperriesenzellen-Reaktion (Liu et al 1991, Friberg et al 1979). Bei anhaltendem

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Konsum kann dies zu Mikroembolien und dadurch zu pulmonaler Hypertonie fhren (Roberts
2002, Liu et al 1991, Padley et al 1993). Dieser Bluthochdruck bewirkt eine Vernderung der
Gefe, manchmal auch geflechtartige Verletzungen (Roberts 2002). Aufgrund der
verstopften Kapillaren fliet der Blutstrom durch kollaterale Gefe an den Kapillaren vorbei
(Maloney 2002). Anschlieend werden die Partikel ber die linke Herzkammer in Augen,
Leber, Nieren, Milz, Knochenmark, Schilddrse, Gehirn und Lymphknoten transportiert
(Allaire et al 1989, Maloney 2002).

Fallstudien zeigen, dass talkhltige Granulome in der Lunge nicht nur in den Blutgefen zu
finden sind, sondern auch im Interstitium oder im Lungenparenchym. In beiden Fllen
knnen sie Entzndungen und Fibrose induzieren. Die Talk-Partikel liegen in manchen
Fllen frei im Interstitium, in anderen Fllen wiederum sind sie von Makrophagen umringt
(Schmidt et al 1991). Nach Nan et al (2000) sind die physiopathologischen Mechanismen,
die nach intravenser Applikation von Talk zur Entstehung einer Lungentalkosis fhren,
unbekannt. Am wahrscheinlichsten ist, dass sie durch immunologische Mechanismen
entsprechend einer verzgerten berempfindlichkeitsreaktion verursacht wird. Das
bekannteste Symptom der Talk-Granulomatose ist eine progressive Dyspnoe. Als weitere
Folgen werden auch chronische Atmungsstrungen, Angiomatosis, spontaner Pneumothorax
und Lungenemphysem berichtet (Rhodes et al 1991, Padley et al 1993). Letztendlich knnen
die oben beschriebenen Lungenschden zum Tod fhren (Schmidt et al 1991, Friberg et al
1979).

Die Auswirkungen von Talk in Lunge und Leber sind unterschiedlich, wobei dies auf das
geringere Ausma an und die geringere Gre der Talk-Partikel in der Leber zurckgefhrt
wird (Allaire et al 1989, Liu et al 1991). In der Leber wurden mikrokristalline Talk-Partikel vor
allem im Eingangsbereich (Pfortader), einzeln oder in kleinen Clustern von vergrerten
Makrophagen, in der Wand von Blutgefen oder in Kupffer-Sternzellen gefunden (Allaire et
al 1989, Liu et al 1991). Im Gegensatz zur Lunge scheinen sich in der Leber keine
Fremdkrper-Granulome oder Riesenzellen zu bilden. Der Eingangsbereich der Leber zeigt
jedoch, wie die Lunge, chronische Entzndungen.

In den Augen knnen kleine Talk-Partikel (laut Friberg et al 1979 haben Talk-Partikel zu
24 % einen Durchmesser grer als 10 m und zu 48 % grer als 5 m) wiederum die
Kapillaren (Durchmesser 3,5 bis 5 m) und kleinen Blutgefe verschlieen (Sharma und Ho
1999, Friberg et al 1979). Dies geschieht aufgrund der reichen Blutversorgung in der Netz-
und Aderhaut vor allem in der Macula (Maloney 2002). Neben Talk-Partikeln in der Retina
knnen auch Blutungen und Cotton-wool-Herde beobachtet werden (Friberg et al 1979,
Maloney 2002). Der Verschluss der kleinen Blutgefe und Kapillaren des Auges kann zu
Mikroembolien, Gefneubildungen und teilweiser Ablsung der Netzhaut fhren (Sharma
und Ho 1999, Maloney 2002). Als weitere Folge wurde von einer Fibrose der Macula
berichtet (Sharma und Ho 1999). Symptome dieser Schden sind eine eingeschrnkte Sicht
und zentraler Gesichtsfeldausfall (Friberg et al 1979, Maloney 2002). Laut Padley et al
(1993) ist eine charakteristische Talk-Retinopathie bei bis zu 80 Prozent der Langzeit-i.v.-
Drogenkonsumenten vorhanden, nach Maloney (2002) betrgt die Inzidenz von
Augenschden durch Injektion von Talk 28 bis 44 Prozent.

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Kutane Wunden der Haut an den Stellen der Injektion weisen ebenfalls Talk-Kristalle auf,
wobei hier eher eine zellulre Reaktion durch Lymphozyten des T-Zelltypus erzeugt wird, als
eine Fremdkrperreaktion (Heng et al 1989).

Laut Pead et al (1999) knnen Zusatzstoffe wie Talk, Strke, etc. schlielich die Herzklappen
schdigen und damit das Risiko eines bakteriellen Befalls der Herzklappen erhhen.
Ganesan et al (2003) berichten von Vernderungen des Herzens (Cor pulmonale). Eine
Vergleichstudie von MacLeod et al (1993) zeigt zudem eine Korrelation von Talk-
Granulomen in der Lunge und einer lngeren Seropositivitt und daher auch einem greren
Risiko eines Fortschreitens von AIDS. Nach Woywodt et al (2000) knnen Talk-Granulome
auch zu einer extra-renal 1--Hydroxylierung von 25-Hydroxyvitamin D und damit zu
Hyperkalzmie (erhhter Calciumgehalt) fhren.

Die schdigenden Auswirkungen einer intravensen Applikation von Talkum sind eindeutig
belegt. Schwierig scheint jedoch die Interpretation der Daten zu sein. In der Literatur konnten
keine exakten Zahlen zum Ausma dieser durch Talkum bedingten Organschden gefunden
werden. Nach Roberts (2002) wird angenommen, dass nur ein kleiner Bruchteil der i.v.-
Opiat-Konsumenten auch Tabletten auf diesem Weg konsumiert. Weiters wird geschtzt,
dass ca. fnf Prozent aller i.v.-Drogenkonsumenten eine Lungentalkose entwickeln.

Es wird hufig berichtet, dass Talkum zum Strecken von Heroin vor dem Verkauf verwendet
wird (Rhodes et al 1991, Jones 2002). Dies kann der Grund dafr sein, dass auch bei i.v.-
Drogenkonsumenten, die keine Tabletten injizieren, Lungentalkose diagnostiziert wurde.
Andere Autoren (Roberts 2002) wiederum fhren an, dass Opiate mit Maltose, Lactose und
Quinin verdnnt werden. Da diese Substanzen lslich sind, entwickeln demnach i.v.-
Drogenkonsumenten, die nur Opiate konsumieren, keine Lungentalkose. Eine weitere
Schwierigkeit, wie auch von Experten betont wird, ergibt sich daraus, dass von
Drogenkonsumenten keine verlsslichen und przisen Informationen ber ihren
Drogenkonsum bzw. den i.v.-Konsum von Tabletten zu erhalten sind (Allaire et al 1989).
Cherubin und Sapira (1993) wiederum betonen, dass i.v.-Drogenkonsumenten meistens
keine Puristen sind, sondern auch andere verfgbare Opiate (z.B. Methadon), Morphine
oder Pethidin und andere Nicht-Opiate konsumieren.

Unklar ist vor allem, welche Menge an Talkum fr die verschiedenen schdigenden
Auswirkungen auf Organe verantwortlich ist. Etliche Autoren sind der Meinung, dass die
Symptome der Lungentalkose, aber auch der Schden in anderen Organen, mit
zunehmender Dauer des i.v.-Konsums und der Menge an konsumierten Tabletten zunehmen
(Rhodes et al 1991, Martidis et al 1997). Nach Allaire et al (1989) gibt es jedoch keinen
Zusammenhang zwischen der Schwere an Leberschden und der Menge an Talk-Partikeln.
Andere Autoren wiederum fhren die beobachteten Unterschiede darauf zurck, dass die
Patienten auf Talkum unterschiedlich reagieren (Roberts 2002, Schmidt et al 1991). Die
meisten Patienten scheinen asymptomatisch zu sein (Reittner et al 2002, Martidis et al
1997), Vernderungen in ihren Lungen werden meist zufllig whrend Autopsien gefunden.
Einige Autoren meinen daher, dass die Schden vielfach unterschtzt werden und unerkannt
bleiben (Nan et al 2000, Schmidt et al 1991).

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Ein weiteres Problem stellt die groe hnlichkeit mit anderen Krankheiten wie z.B.
Infektionen durch Pneumocystis pneumonia, Mycobacterium tuberkulosis, Cytomegalovirus
pneumonitis, Legionella, Mycoplasma, Chlamydia pneumonia oder Kaposis sarcoma, etc.
dar. Um die beobachteten Auswirkungen eindeutig auf Talkum zurckfhren zu knnen, ist
eine grndliche Differentialdiagnose notwendig (Nan et al 2000). Als Symptome werden
trockener Husten, nicht-spezifische Schmerzen in der Brust, manchmal auch Anorexia,
Gewichtsverlust, leichtes Fieber und nchtliches Schwitzen berichtet (Ward et al 2000,
Reittner et al 2002, Nan et al 2000). Eine Lungentalkose sollte aber bei allen Patienten, die
intravens Drogen konsumieren oder konsumiert haben und eine diffuse interstitiale
Lungenkrankheit aufweisen, in Erwgung gezogen werden.

In der Literatur werden verschiedenste Diagnose- bzw. Analysemethoden beschrieben, die


bei einer grndlichen Differentialdiagnose hilfreich sein knnen. Darunter fallen CT,
Brustrntgen, eine frhzeitige Bronchoskopie gemeinsam mit einer Biopsie sowie zur
Identifizierung der Talk-Partikel Rntgendiffraktometrie (z.B. Nan et al 2000, Jones et al
2002).

4. Schlufolgerungen

Ein intravenser Konsum von Tabletten oder Kapseln, die fr oralen Gebrauch bestimmt
sind, kann zu teilweise schweren und meist irreversiblen Schden vor allem der Lunge, aber
auch in anderen Organen wie z. B. Leber und Augen fhren. Diese Organschden lassen
sich mit Hilfe verschiedener Diagnose- und Analysemethoden in den meisten der
untersuchten Flle eindeutig auf den unlslichen Hilfsstoff Talkum zurckfhren. Durch
Talkum induzierte Schden werden jedoch nicht nur durch den intravensen Missbrauch von
Substitutionsmitteln bedingt, sondern auch durch den mibruchlichen i.v.-Konsum von
anderen Arzneimitteln, die fr oralen Gebrauch bestimmt sind und als Hilfsstoff Talkum
enthalten, sowie durch gestrecktes Heroin bzw. Kokain.

Obwohl die Auswirkungen von Talkum gut untersucht sind, gibt es noch offene Fragen:

In welchem Ausma sind i.v.-Drogenkonsumenten von Organschden durch Talkum


betroffen? Es gibt derzeit keine exakten Zahlen dazu. Ein Grund dafr ist unter anderem,
dass die Symptome unspezifisch sind und die Ursache nur durch eine genaue
Differentialdiagnose festgestellt werden kann.

Welche Menge an injiziertem Talkum ist fr die verschiedenen Schden verantwortlich? Von
vielen Experten wird vermutet, dass die Organschden mit steigender Menge und Dauer
des intravensem Konsums zunehmen.

Welche Mengen an Talkum gelangen bei einer Injektion von aufgelsten Tabletten oder
Kapseln verschiedener Arzneimittel (inklusive Substitutionsmittel), die fr den oralen
Gebrauch bestimmt sind, bzw. von gestrecktem Heroin oder Kokain in den Blutkreislauf?

Aufgrund der zu erwartenden gesundheitlichen Folgen ist es angeraten, die in der Praxis
bereits hufig durchgefhrte Warnung vor intravensem Konsum von Tabletten oder
Kapseln, die fr oralen Gebrauch bestimmt sind, zu intensivieren. Dies gilt nicht nur fr

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Substitutionsmittel, sondern auch fr andere, talkhltige Arzneimittel. Da aber gerade der
intravense Konsum von Substitutionsmitteln bekannt ist und von vielen Seiten thematisiert
wird, sollte die Verwendung von talkhltigen Substitutionsmitteln in der
Substitutionsbehandlung diskutiert werden (Abschtzung der Vorteile gegenber den
gesundheitlichen Risiken). Bezglich eventuell schdigender Auswirkungen von anderen
unlslichen Hilfsstoffen in Arzneimitteln bzw. Substitutionsmitteln, die fr den oralen
Gebrauch bestimmt sind, msste eine weitere Recherche durchgefhrt werden. Des
Weiteren sollten bei der Diagnose von Erkrankungen im Zusammenhang mit
Substanzkonsum bzw. bei der Behandlung und bei der Autopsie von i.v.-
Drogenkonsumenten die durch Talkum induzierten Auswirkungen in Betracht gezogen
werden.

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