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Branchenbericht Medizintechnologien 2018

> Der Markt für Medizintechnologien


> Marktzulassung und Erstattung
> Nutzen von Innovationen
> Politische Handlungsempfehlungen
> Medizintechnologien der Zukunft

Stand: 15. Februar 2018


Branchenbericht Medizintechnologien 2018
Bundesverband Medizintechnologie – BVMed, Berlin
Stand: 15. Februar 2018
Inhalt:

In Kürze: MedTech-Markt & BVMed

1. Der Markt für Medizintechnologien


1.1 Bedeutung der Gesundheitswirtschaft in Deutschland
1.2 Bedeutung und Wertigkeit von Medizintechnologien
1.3 Produktion, Export, Ausgaben und Wertschöpfung
1.4 Überdurchschnittliche Innovationskraft
1.5. Wachstum
1.6 Weltmarkt
1.7 Arbeitsmarkt
1.8 Aktuelle wirtschaftliche Lage der MedTech-Branche

2. Marktzugang und Überwachung von Medizinprodukten


2.1 Was sind Medizinprodukte?
2.2 Von der Idee zum Prototypen
2.3 Von der Entwicklung bis zur Marktzulassung: Nachweis der Sicherheit und Leistungsfähigkeit
(Technische und Klinische Dokumentation)
2.4 Konformitätsbewertungsverfahren/CE-Kennzeichnung
2.5 Benannte Stellen
2.6 Marktüberwachung
2.7 Neue europäische Medizinprodukte-Verordnung

3. Erstattung und Nutzenbewertung von Medizinprodukten


3.1 Erstattung durch die GKV
3.2 Unterschiede: Medizinprodukt-Arzneimittel
3.3 Erprobungsregelung
3.4 Nutzenbewertung
3.5 Gemeinsamer Bundesausschuss
3.6 Innovationsbegriff
3.7 Nutzen durch Innovationen für die Volkswirtschaft

4. Politische Handlungsempfehlungen
4.1 Marktbedingungen in Deutschland: Vor- und Nachteile
4.2 Notwendigkeiten in der MedTech-Branche 2017 – 2021
4.3 Wirtschaftspolitische Handlungsoptionen zum Abbau von Innovationshemmnissen
4.4 Innovationshürden in der Medizintechnik beseitigen
4.5. Forschungspolitische Umsetzung

5. Medizintechnologien der Zukunft


5.1 Computerisierung
5.2 Molekularisierung
5.3 Miniaturisierung/Mikrosystemtechnik

Medienkontakt:
Manfred Beeres, Leiter Kommunikation/Presse
BVMed - Bundesverband Medizintechnologie, Reinhardtstr. 29 b, 10117 Berlin
Tel. +49 (0) 30 246 255-20, [email protected], www.bvmed.de
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In Kürze: Zahlen & Fakten

Fakten zur MedTech-Branche

1. Die MedTech-Branche ist ein wichtiger Wirtschafts- und Arbeitsmarktfaktor.


Die Branche beschäftigt in Deutschland insgesamt über 210.000 Menschen.
Jeder Arbeitsplatz sichert zudem 0,75 Arbeitsplätze in anderen Bereichen.
Die deutschen MedTech-Unternehmen wachsen dabei insbesondere auf
ausländischen Märkten. Die Exportquote liegt bei rund 65 Prozent.

2. Die MedTech-Branche ist mittelständisch geprägt.


92 Prozent der MedTech-Unternehmen beschäftigen weniger als 250 Mitarbeiter.

3. Die MedTech-Branche ist innovativ und hat sehr kurze Produktzyklen.


Rund ein Drittel ihres Umsatzes erzielen die deutschen Medizintechnikhersteller mit
Produkten, die nicht älter als 3 Jahre sind. Im Durchschnitt investieren die
forschenden MedTech-Unternehmen rund 9 Prozent ihres Umsatzes in Forschung und
Entwicklung.
Deshalb ist für uns eine zusammenhängende, abgestimmte Innovationspolitik
zwischen Forschungs-, Wirtschafts- und Gesundheitsressort von großer Bedeutung,
um die Innovationskraft der MedTech-Branche zu erhalten.

Übersicht Branchenstudien: www.bvmed.de/branchenstudien

Fakten zum BVMed

> Mitglieder: über 220 Unternehmen


national: u. a. Fresenius, B. Braun, Hartmann, Lohmann & Rauscher, Biotronik
international: u. a. Medtronic, Johnson & Johnson, Abbott, Baxter, Boston Scientific,
Edwards, Becton Dickinson, Cardinal, Coloplast, SCA, Zimmer

> Vertretungsbereiche des BVMed:


> Verbandmittel
> Hilfsmittel (z. B. Stoma-, Inkontinenzprodukte oder Bandagen)
> Kunststoffeinmalprodukte (z. B. Spritzen, Katheter und Kanülen)
> Infusionstherapien
> OP-Materialien
> Implantate (Intraokularlinsen, Hüfte, Knie, Schulter, Wirbelsäule;
Herzklappen, Herzschrittmacher, implantierbare Defibrillatoren, Kunstherz)
> Homecare-Dienstleistungen
> Nano- und Biotechnologien

> Unsere Kernbotschaften:


1. Medizinprodukte sind unentbehrlich für Gesundheit und Lebensqualität.
2. Medizintechnologien sind eine Investition in das Leben und Leistungsfähigkeit
der Menschen.
3. Innovative Medizintechnologien müssen allen Patienten, die sie benötigen, ohne
Verzögerung zur Verfügung gestellt werden.
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1. Der Markt für Medizintechnologien

1.1 Bedeutung der Gesundheitswirtschaft in Deutschland

Die Gesundheitswirtschaft weist im Vergleich zur Gesamtwirtschaft überdurchschnittliche


Wachstumsraten auf. Sie beschäftigt rund sieben Millionen Menschen und erwirtschaftet über
330 Milliarden Euro. Das entspricht einem Anteil von zwölf Prozent am Bruttoinlandsprodukt.
10,2 Prozent des deutschen Außenhandelsüberschusses gehen auf die Gesundheitswirtschaft
zurück. Hierzu tragen vor allem die Pharmabranche und die Medizintechnik-Industrie bei.
Zusammen exportieren diese beiden Branchen Güter im Wert von über 90 Milliarden Euro. Das
geht aus einer Untersuchung des Wirtschaftsforschungsinstituts WifOR im Auftrag des
Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) hervor, die Mitte März 2017 in Berlin
vorgestellt wurde (www.bvmed.de/branchenstudien).

Dem Bericht zufolge bleibt die Branche mit einem durchschnittlichen Wachstum von 3,8
Prozent pro Jahr ein Wachstumsmotor der deutschen Wirtschaft. Im selben Zeitraum hat die
Gesundheitswirtschaft mehr als eine Million Arbeitsplätze geschaffen. Sie hat inzwischen fast
so viele Beschäftigte wie das gesamte verarbeitende Gewerbe.

Mit einer Bruttowertschöpfung von fast 340 Mrd. Euro ist die Branche fast so groß wie das
Bruttoinlandsprodukt Österreichs. Die Gesundheitswirtschaft ist seit 2005 nominal in jedem
Jahr gewachsen. Auch 2009, im Jahr der Finanzkrise, verzeichnete sie ein positives Wachstum.
Ihr Anteil an der Gesamtwirtschaft ist dabei im Zeitverlauf gestiegen: Von 10,7 Prozent 2005
auf 12 Prozent im Jahr 2016.

Die absolute Zahl der Arbeitsplätze in der Gesundheitswirtschaft wächst kontinuierlich und
stabil. Die Branche ist Arbeitgeber für 7 Millionen Menschen in Deutschland. Dabei steigt ihr
Anteil an der Gesamtbeschäftigung langfristig. Seit 2005 hat die Gesundheitswirtschaft mehr
als 1 Mio. Arbeitsplätze geschaffen. Sie beschäftigt inzwischen fast so viele Erwerbstätige wie
das gesamte Verarbeitende Gewerbe.

Darüber hinaus sind ihr rund 8,2 Prozent der gesamtdeutschen Exporte zuzuschreiben – und
das obwohl die Branche einen Großteil ihrer Wertschöpfung durch die Erbringung von
Dienstleistungen am Patienten erzielt.

Die Zahlen verdeutlichen, dass die Querschnittsbranche Gesundheitswirtschaft von hoher und
weiter zunehmender Bedeutung für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung der deutschen
Volkswirtschaft ist. Somit leistet die Branche einen wesentlichen Beitrag zur Erreichung
zentraler wirtschaftspolitischer Ziele und beeinflusst diese hinsichtlich eines angemessenen
und stetigen Wirtschaftswachstums und eines hohen Beschäftigungsgrads.

Zur industriellen Gesundheitswirtschaft

Die industrielle Gesundheitswirtschaft generiert rund ein Fünftel der Bruttowertschöpfung der
gesamten Gesundheitswirtschaft. Die industriell geprägten Teilbereiche der
Gesundheitswirtschaft werden unter der sogenannten „Industriellen Gesundheitswirtschaft“
(IGW) zusammengefasst. Zur IGW gehören u. a. die Produktion sowie der Vertrieb und
Großhandel von Humanarzneiwaren und Medizintechnik.

Die industrielle Gesundheitswirtschaft wächst seit 2009 kontinuierlich und stärker als die
deutsche Gesamtwirtschaft. Trotzdem ist ihr Wachstum leicht unterdurchschnittlich im
Vergleich zur Gesundheitswirtschaft als Ganzes. Im Ergebnis ist ihr Anteil an der
Wertschöpfung der Gesundheitswirtschaft leicht rückläufig.
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Gesundheitsausgaben 2016

Im Jahre 2016 wurden − durch alle Ausgabenträger einschließlich Privater − insgesamt 356,5
Milliarden Euro für Gesundheit ausgegeben. Das waren 3,8 Prozent mehr als im Vorjahr
(Quelle: Gesundheitsausgabenbericht 2016 des Statistischen Bundesamtes vom 15. Februar
2018). Der Anteil am Bruttoinlandsprodukt lag wie in den Vorjahren bei 11,3 Prozent, so dass
weiterhin nicht von einer Kostenexplosion gesprochen werden kann.

Die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) war – wie in den Vorjahren - 2016 der größte
Ausgabenträger im Gesundheitswesen. Die GKV-Ausgaben beliefen sich auf 207 Milliarden
Euro und lagen um 4,2 Prozent über den Ausgaben des Vorjahres. Der von der gesetzlichen
Krankenversicherung getragene Ausgabenanteil an den gesamten Gesundheitsausgaben blieb
damit stabil bei 58,1 Prozent. Der zweitgrößte Ausgabenträger, die privaten Haushalte und
privaten Organisationen ohne Erwerbszweck, wiesen einen Anstieg um 1,9 Prozent auf 47,4
Milliarden Euro aus. Die private Krankenversicherung steigerte ihre Ausgaben um 1,5
Milliarden Euro auf 30,5 Milliarden Euro. Auf sie entfielen 8,7 Prozent der
Gesundheitsausgaben.

1.2 Bedeutung und Wertigkeit von Medizintechnologien

Als besonders innovativ, wachstumsstark und zukunftsträchtig gilt in Deutschland die


Medizintechnik-Branche.

Medizinprodukte umfassen eine große Bandbreite von medizintechnischen Produkten und


Verfahren, die Leben retten, heilen helfen und die Lebensqualität der Menschen verbessern.
Nach Schätzungen des Bundesgesundheitsministeriums soll es rund 400.000 verschiedene
Medizinprodukte geben. Beispiele sind Geräte für Diagnostik, Chirurgie, Intensivmedizin,
Implantate, Sterilisation sowie Verbandmittel, Hilfsmittel oder OP-Material. Zu
Medizinprodukten gehören nach dem Medizinproduktegesetz (MPG) darüber hinaus auch
Labordiagnostika.

Die Welt der Medizintechnologien ist faszinierend. Kardiologische Implantate bringen


schwache Herzen wieder in Rhythmus. Die Endoprothetik bringt kranke Gelenke zum
schmerzfreien Bewegen. Künstliche Linsen und die refraktive Chirurgie bringen kranke
Augen zum Sehen. Moderne Implantate und Geräte bringen taube Ohren zum Hören.
Neue MedTech-Verfahren und -Produkte verbessern die Lebensqualität, ja sie retten und
erhalten oftmals Leben.

Medizinprodukte leisten nicht nur einen wichtigen Beitrag für eine effiziente
Gesundheitsversorgung, sie sind auch ein bedeutender Wirtschafts- und
Arbeitsmarktfaktor. Die Unternehmen der Medizintechnologie tragen damit zu einer
positiven Entwicklung der Gesundheitswirtschaft in Deutschland bei.

Moderne Medizintechnologien sind damit von dreifachem Nutzen:

1. für den Patienten, indem sie Gesundheit wiederherstellen und die Lebensqualität
verbessern;
2. für den Beitragszahler, indem Sie Prozesse verbessern und effizienter gestalten und
Krankheitstage vermindern;
3. für den Arbeitsmarkt, weil sie die Exportfähigkeit steigern und Arbeitsplätze
schaffen.
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Menschen vertrauen Medizintechnik

Das Meinungsforschungsinstitut Forsa befragte im Sommer 2010 tausend Bundesbürger


über ihre Einstellung zu gesundheitlichen Themen. Ein Ergebnis ist, dass die Bürger der
modernen Medizintechnik vertrauen. Dreiviertel der Deutschen glauben, dass die
Medizintechnik eine entscheidende Rolle hat, ein längeres Leben zu ermöglichen. In
keinem anderen Lebensbereich wird der Einzug von Technik stärker begrüßt als in der
Medizin: Mehr als 90 Prozent der Deutschen schätzen die Entwicklungen bei Vorsorge,
Diagnose und Behandlung als positiv ein
(Quelle: Forsa-Umfrage im Auftrag von Philips, August 2010, http://tiny.cc/b1z0w).

1.3 Produktion, Export, Ausgaben und Wertschöpfung

Der Gesamtumsatz der produzierenden Medizintechnikunternehmen (mit über 20


Beschäftigten) legte in Deutschland nach Angaben der offiziellen Wirtschaftsstatistik im Jahr
2016 um 5,8 Prozent auf 29,2 Milliarden Euro zu. Der Inlandsumsatz stieg um 6 Prozent auf
10,6 Milliarden Euro. Der Auslandsumsatz stieg 2016 um 5,5 Prozent auf insgesamt 18,6
Milliarden Euro. Begründet werden die starken Steigerungen mit Nachholeffekten im Inland,
dem schwachen Eurokurs, den niedrigen Ölpreisen, der weiterhin expansiven Geldpolitik und
einer gestiegenen Nachfrage in den Schwellenländern.

Die deutsche Industrie für Medizintechnik im Überblick:

2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016


Gesamtumsatz in Mrd. € 20,0 21,7 23,2 24,1 24,6 25,4 27,6 29,2
Inlandsumsatz in Mrd. € 7,5 7,8 7,8 7,7 7,9 9,0 10,0 10,6
Auslandsumsatz in Mrd. € 12,5 13,9 15,4 16,4 16,7 16,4 17,6 18,6
Quelle: Statistisches Bundesamt, Spectaris

Die deutsche Medizintechnikindustrie ist sehr exportintensiv – mit Exportquoten von rund 65
Prozent. Im Jahr 2016 lag die Exportquote bei 64 Prozent. Mitte der 90er Jahre waren es
lediglich rund 40 Prozent.

Auch wenn die USA das wichtigste Zielland sind und die Nachfrage aus China weiter steigt,
entfällt auf Europa der größte Anteil der deutschen Medizintechnik-Exporte. 51 Prozent der
Ausfuhren gehen in europäische Länder (41,6 Prozent EU und 9,3 Prozent restliche europäische
Länder). Auf Nordamerika entfallen 19 Prozent der Ausfuhren, auf Asien inzwischen 18,6
Prozent.

Ausgaben für Medizinprodukte in Deutschland

Die Gesundheitsausgaben im Bereich der Medizinprodukte (ohne Investitionsgüter und


Zahnersatz, inklusive Händlermargen) betrugen in Deutschland im Jahr 2016 insgesamt rund
35,2 Milliarden Euro (Quelle: Gesundheitsausgabenbericht 2016 des Statistischen
Bundesamtes vom 15. Februar 2018). Davon entfallen auf Hilfsmittel (alle Ausgabenträger)
19,5 Milliarden Euro (Vorjahr 18,8 Milliarden Euro) und auf den sonstigen medizinischen
Bedarf 14,7 Milliarden Euro (Vorjahr: 14,3 Milliarden Euro). Hinzu kommen rund 1 Milliarde
Euro für den Verbandmittelbereich, der unter Arzneimitteln erfasst ist.

Der Ausgabenanteil der Gesetzlichen Krankenversicherung an den Ausgaben für


Medizinprodukte liegt bei rund 22,1 Milliarden Euro (rund 63 Prozent). Für Hilfsmittel hat die
GKV 8,4 Milliarden Euro aufgewendet, für den sonstigen medizinischen Bedarf 12,7 Milliarden
Euro. Hinzu kommt der Verbandmittelbereich (unter "Arzneimitteln" erfasst).
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Wertschöpfung der MedTech-Branche

Zur industriellen Gesundheitswirtschaft gehören die Medizintechnik, Medizinprodukte, die


Biotechnologie und Humanarzneiwaren. Die industrielle Gesundheitswirtschaft ist für über 90
Prozent der Exporte der Gesundheitswirtschaft verantwortlich, obwohl sie nur gut ein Fünftel
der inländischen Bruttowertschöpfung beiträgt. Die Branche der Medizinprodukte und
Medizintechnik gehört neben der Humanarzneiwarenherstellung zu den bedeutendsten
Teilbereichen der produzierenden industriellen Gesundheitswirtschaft. Mit einer
Bruttowertschöpfung von rund 13,2 Mrd. EUR generiert die Branche im Kernbereich rund 3,9
Prozent der gesamten Bruttowertschöpfung der Gesundheitswirtschaft.

In der Analyse des Bundesministeriums zeigt sich jedoch auch: die Branche der
Medizinprodukte und Medizintechnik wächst unterdurchschnittlich im Vergleich zur
gesamten Gesundheitswirtschaft. Die Bruttowertschöpfung der Medizinprodukte und
Medizintechnik ist seit 2005 um rund 3,2 Mrd. EUR gestiegen. Dies entspricht einem
durchschnittlichen jährlichen Wachstum von 2,5 Prozent. Dies ist ein unterdurchschnittliches
Wachstum im Vergleich zur gesamten Gesundheitswirtschaft (3,8 Prozent) und der
Gesamtwirtschaft (2,7 Prozent).

1.4. Überdurchschnittliche Innovationskraft

Die Medizintechnologie ist eine dynamische und hoch innovative Branche. Bei Patenten und
Welthandelsanteil liegt Deutschland auf Platz 2 hinter den USA. Rund ein Drittel ihres
Umsatzes erzielen die deutschen Medizintechnikhersteller mit Produkten, die höchstens drei
Jahre alt sind. Durchschnittlich investieren die forschenden MedTech-Unternehmen rund
9 Prozent ihres Umsatzes in Forschung und Entwicklung. Der Innovations- und
Forschungsstandort Deutschland spielt damit für die MedTech-Unternehmen eine besonders
wichtige Rolle. Zum Vergleich: Der Anteil der Ausgaben für Forschung und Entwicklung am
Umsatz beträgt in der äußerst innovativen Chemieindustrie 5 Prozent, in der verarbeitenden
Industrie insgesamt 3,8 Prozent (FAZ vom 26.4.2005, S. 13).

Nach Aussage der Medizintechnik-Studie vom BMBF ist der Forschungs- und
Entwicklungsanteil am Produktionswert in der Medizintechnik mehr als doppelt so hoch wie
bei Industriewaren insgesamt (BMBF-Pressetext vom 29.4.2005, Nr. 099/2005).

Ein weiterer Beleg für die Innovationskraft der Branche sind die weiter steigenden
Patentanmeldungen. Nach Angaben des Europäischen Patentamtes in München führt die
Medizintechnik die Liste der Technologiebereiche mit 12.263 weltweiten Patentanträgen
(eingereicht beim Europäischen Patentamt) auch im Jahr 2016 weiter an. Deutschland liegt
mit 1.323 Patentanmeldungen hinter den USA (4.606) und vor Japan (1.102) auf Platz 2.

Von besonderer Bedeutung für die Unternehmen ist der strukturierte Umgang mit den Ideen
der Anwender, der Ärzte und Schwestern bzw. Pfleger, für neue Produkte und Verfahren der
Medizintechnologie. Denn bei 52 Prozent der Medizinprodukte kommen die Ideen für das neue
Produkt ursprünglich von Anwendern. Deshalb haben fast alle MedTech-Unternehmen ihre
Innovationsprozesse geöffnet. Fast 90 Prozent der Unternehmen nutzen Anwenderideen
häufig oder sehr häufig in der Produktentwicklung. Insbesondere die Zusammenarbeit mit
Ärzten und anderen Expertenanwendern nach der "Lead User-Methode" ist gängige Praxis
(Quelle: Studie der Universität Witten-Herdecke 2011).
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Innovationsmodell der Schrittinnovationen

Innovationsprozesse in der Medizintechnik differieren markant von der Biotech- oder der
Pharmabranche. Es dominiert das Innovationsmodell der Schrittinnovationen, die auch von
kleinen und mittleren Unternehmen (KMUs) in intensiver Kooperation mit Medizinern zeitnah
auf den Markt gelangen. Der Anteil der KMUs an den MedTech-Unternehmen liegt dabei bei
über 90 Prozent.

Den Großteil der Ausgaben für Forschung und Entwicklung in Höhe von rund 2 Milliarden Euro
jährlich in Deutschland kann die Medizintechnik daher über Umsätze stemmen. Der weltweite
Wandel der Erstattungssysteme hin zu einer Nutzen-orientierten Medizin erzwingt aber einen
kompletten Wandel der Geschäfts-, Innovations- und Kooperationsmodelle. Eine deutliche
Marktbereinigung ist absehbar.

KMUs werden für Innovationen künftig – ähnlich wie im Biotech-Bereich – in erheblichem


Umfang Wagniskapital benötigen. Für die notwendige Vernetzung der Branche im und mit
dem Versorgungsumfeld bedarf es staatlicher Impulse.

1.5 Wachstum

Die Medizintechnik-Branche wird ein Wachstumsmarkt bleiben. Dazu tragen unter anderem
folgende Faktoren bei:

> Der medizinisch-technische Fortschritt: Der MedTech-Fortschritt ermöglicht die


Behandlung von Krankheitsbildern, die vor 10 oder 20 Jahren nicht behandelt werden
konnten. Und durch innovative, schonendere Verfahren können immer mehr Operationen
an immer älteren Patienten durchgeführt werden.
> Die demografische Entwicklung: Es gibt in Deutschland zunehmend mehr ältere und
oftmals multimorbide Menschen.
> Der erweiterte Gesundheitsbegriff in Richtung mehr Lebensqualität: Patienten fragen
Leistungen rund um ihre Gesundheit immer stärker selbst nach und sind bereit, für
bessere Qualität und zusätzliche Dienstleistungen mehr zu bezahlen.

Die Folge all dieser Faktoren: Der Bedarf an Gesundheitsleistungen wird weiter steigen.

Die Wachstumsbranche Medizintechnologien hat weltweit Zuwachsraten von rund 5 Prozent


jährlich (siehe Studie des Bundeswirtschaftsministeriums „Innovationsimpulse in der
Gesundheitswirtschaft“ von 2011).

1.6 Weltmarkt/Europäischer Markt

Der Weltmarkt für Medizintechnologien (ohne IVD) betrug 2015 rund 320 Milliarden US-Dollar
(Quelle: Spectaris-Jahrbuch 2017 auf der Basis von Daten der GTAI, des U.S. CommercialService
und Eurostat). Deutschland liegt mit einem Anteil von 9,3 Prozent, nach den USA (38,8 Prozent)
und China (12,2 Prozent), aber deutlich vor Japan (5,2 Prozent) und Mexiko (4,9 Prozent) an
dritter Stelle.

Innerhalb der Europäischen Union haben die deutschen Medizintechnik-Unternehmen mit


Abstand den größten Anteil. Von den rund 90 Milliarden Euro Umsatz im Jahr 2015 entfielen
26,2 Milliarden Euro auf Unternehmen mit Unternehmenssitz in Deutschland. Es folgen Irland
(11,6 Mrd. Euro), Frankreich (10,7 Mrd. Euro), Italien (9 Mrd. Euro) und Großbritannien (7,9
Mrd. Euro).
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1.7 Arbeitsmarkt

In Deutschland gehört fast jeder siebte Arbeitsplatz zur Gesundheitswirtschaft. Es ist somit die
Branche mit den größten Arbeitsmarkteffekten. Die Medizintechnik ist dabei ein wichtiger
Jobmotor.

Die Medizinprodukte-Hersteller beschäftigen in Deutschland 133.000 Mitarbeiter in rund


1.230 Betrieben (mit mehr als 20 Beschäftigten). Hinzu kommen 11.300 Kleinstunternehmen
mit knapp 81.000 Beschäftigten, so dass die MedTech-Branche in Deutschland über 210.000
Menschen beschäftigt. Jeder Arbeitsplatz in der MedTech-Branche sichert zudem 0,75
Arbeitsplätze in anderen Bereichen.

92 Prozent der MedTech-Industrieunternehmen beschäftigen weniger als 250 Mitarbeiter. Das


verdeutlicht, wie mittelständisch die Branche in Deutschland geprägt ist. Rund 15 Prozent der
Beschäftigten sind im Bereich Forschung und Entwicklung (FuE) tätig – Tendenz steigend.

Die Medizintechnik im engeren Sinne hat in Deutschland nach der Studie zum
Gesundheitssatellitenkonto des Bundeswirtschaftsministeriums (GSK 2005) 137.000
Beschäftigte. Nach Berechnungen des Fraunhofer ISI für das Jahr 2005 lag die von der
Medizintechnikbranche induzierte (indirekte) Beschäftigung bei 68.000 Personen, d. h. jeder
Arbeitsplatz innerhalb der Branche sichert weitere 0,75 Arbeitsplätze in anderen Sektoren
(BMWi-Studie 2011, Seite 107).

In den Jahren 2000 bis 2008 ist die Beschäftigtenzahl in der Medizintechnik in Deutschland um
12 Prozent gestiegen. Zum Vergleich: In der Pharmabranche ist die Beschäftigtenzahl im
gleichen Zeitraum um 4 Prozent zurückgegangen.

Glänzende Berufsaussichten

Die Berufsaussichten in der Medizintechnologie-Branche sind für Akademiker wie Ingenieure


oder Naturwissenschaftler, aber besonders auch für Fachkräfte ausgezeichnet. Die
Unternehmen suchen vor allem die gesamte Bandbreite der Ingenieure: vom klassischen
Maschinenbau-Ingenieur über Elektrotechniker bis zu Ingenieuren mit Kenntnissen in der IT-
Systemintegration. „Darüber hinaus sind Informatiker generell gesucht, aber auch Fachkräfte,
die Kleinserien auf den Weg bringen können, oder solche, die den internationalen Vertrieb von
Medizinprodukten übernehmen“, sagt Experte Dr. Kai Uwe Bindseil von „Berlin Partner für
Wirtschaft und Technologie (Quelle: Interview in der Berliner Morgenpost vom 12. Januar
2018).

Die Arbeitslosigkeit fällt insgesamt in der Medizintechnik unterdurchschnittlich aus. Die


berufsspezifische Arbeitslosenquote liegt unter zwei Prozent. Die Nachfrage steigt seit Jahren
stetig an. Im Jahr 2017 waren bei der Bundesanstalt für Arbeit durchschnittlich gut 5.000
Stellen gemeldet. Der weit überwiegende Teil der Stellenanzeigen richtete sich an Fachkräfte,
Techniker und Meister. Besonders für den Bereich der Orthopädie- und Rehatechnik sowie in
der Hörgeräteakustik ist ein Fachkräfteengpass erkennbar.

Gut ausgebildetes Personal sucht die Medizintechnikindustrie vor allem für Forschung und
Entwicklung, aber auch für Zulassungsfragestellungen. Medizinprodukte und ihr Weg von der
Idee zum Markt werden zunehmend komplexer, so dass das Know-how und die personellen
Ressourcen in den Unternehmen ständig verbessert werden müssen.

Experte Bindseil rät, mit einem breiten naturwissenschaftlichen Studium zu starten und sich
später zu spezialisieren – „und in der Master- und Promotionsarbeit zu schauen, ob das
gewählte Thema für die Industrie interessant sein könnte“.
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Die Verdienstmöglichkeiten von Absolventen sind attraktiv und liegen in Augenhöhe mit der
Pharmaindustrie. „Das Einstiegsgehalt für Universitätsabsolventen liegt etwa zwischen 40.000
und 50.000 Euro und steigt in den ersten Jahren erfahrungsgemäß schnell an. Wobei das
Gehalt natürlich von einer Vielzahl von Faktoren abhängt. In kleineren Unternehmen liegt das
Einstiegsgehalt sicher niedriger als bei den Branchengrößen, dafür erlauben die flacheren
Hierarchien eine schnellere Übernahme von Verantwortung“, so Experte Bindseil.

Durch gute Karriere- und Aufstiegsmöglichkeiten sowie die zunehmende Internationalisierung


auch der mittelständischen Medizintechnikunternehmen (Auslandsaufenthalte) sind gute
Gehaltsentwicklungen vorhersehbar, die sicher über denen von Dienstleistungsbranchen
liegen werden (mehr Informationen zum Gehaltsgefüge unter
www.absolventa.de/karriereguide/berufseinsteiger-wissen/einstiegsgehalt).

Was wünschen sich die Unternehmen?

In der Medizintechnik werden hundertprozentige Ingenieure gesucht, die jedoch gleichzeitig


über Disziplinen hinweg denken müssen und über eine hervorragende Teamfähigkeit
verfügen. Es gilt, die Sprache und Anforderungen von Ärzten oder Zellbiologen zu verstehen.
Die MedTech-Unternehmen suchen keine fertigen Spezialisten, sondern Fachkräfte mit einem
soliden Wissensfundament, die sich im Studium spezielles Wissen im Bereich Medizintechnik
angeeignet haben: Elektrotechniker, Informatiker, Maschinenbauer, Physiker.

Auch die weiter voranschreitende Internationalisierung der Märkte wirkt sich direkt auf die
Arbeit der Beschäftigten in der Medizintechnik aus. „Wir arbeiten zunehmend in
internationalen Teams verteilt über mehrere Standorte“, so Jürgen Tertel von B. Braun. Daher
verstärken die Unternehmen ihre Bemühungen, die Belegschaft in interkulturellen Themen
weiterzubilden. Das betrifft nicht nur Führungskräfte und Akademiker, sondern beispielsweise
auch Techniker, die im Ausland gemeinsam mit den Kollegen vor Ort eine neue
Produktionslinie aufbauen. Nicht zuletzt ist die zunehmende Internationalisierung der
Unternehmen an der steigenden Zahl von mittel- bis längerfristigen Auslandseinsätzen
abzulesen (FAZ vom 12. März 2011).

BVMed-Herbstumfrage 2017: Neu Jobs, offene Stellen

> Die Berufsaussichten für Fachkräfte in der MedTech-Branche sind nach wie vor
glänzend. 91 Prozent der Unternehmen halten die Berufsaussichten für unverändert
gut bzw. besser. Gesucht werden vor allem Ingenieure (38 Prozent), Medizintechniker
(32 Prozent) und Wirtschaftswissenschaftler (24 Prozent). Dabei ist gegenüber dem
Vorjahr vor allem der Anteil der Ingenieure gestiegen. Auch Mediziner (10 Prozent) und
Informatiker (9 Prozent) werden mit ihren Qualifikationen in der MedTech-Branche
nachgefragt.

> 88 Prozent der Unternehmen geben an, offene Stellen zu haben. Das ist gegenüber
dem Vorjahr (85 Prozent) nochmals eine Steigerung.

An der Spitze der offenen Stellen stehen Vertriebsmitarbeiter (61 Prozent), gefolgt von
Marketing und Kommunikation (36 Prozent), Key Account Management (28 Prozent),
Regulatory Affairs (22 Prozent) sowie Produktion (21 Prozent).

> 76 Prozent der Unternehmen haben dabei Probleme, die offenen Stellen zu besetzen
(Vorjahr: 80 Prozent). Das betrifft vor allem den Vertrieb (38 Prozent), Regulatory
Affairs (17 Prozent), das Key Account Management (15 Prozent), Führungskräfte im
gehobenen Management sowie Marketing und Kommunikation (jeweils 14 Prozent).
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> Aufgrund der schwierig werdenden Rahmenbedingungen gerät der Jobmotor


Medizintechnik in Deutschland allerdings ins Stottern. Zwar schaffen 44 Prozent der
Unternehmen zusätzliche Jobs gegenüber dem Vorjahr. 2016 lag dieser Wert aber noch
bei 66 Prozent. 17 Prozent der teilnehmenden Unternehmen geben an, Arbeitsplätze
abgebaut zu haben. Im Vorjahr lag dieser Wert bei nur 7 Prozent.

> 53 Prozent der Unternehmen rechnen mit zusätzlichem Personalbedarf durch die neue
EU-Medizinprodukte-Verordnung (MDR). 33 Prozent geben an, diese mit dem
vorhandenen Personal bewältigen zu wollen.

1.8 Aktuelle wirtschaftliche Lage der MedTech-Branche

Der BVMed führte bei seinen Mitgliedsunternehmen im August und September 2017 eine
umfassende Online-Befragung mit insgesamt 30 Fragen durch. Von den angeschriebenen
225 BVMed-Mitgliedsunternehmen haben sich 106 Unternehmen beteiligt, darunter vor
allem die größeren Hersteller von Medizinprodukten aus Deutschland und den USA.

An der BVMed-Umfrage nahmen zu 73 Prozent Hersteller, zu 21 Prozent


Handelsunternehmen, zu 4 Prozent Zulieferer sowie zu 2 Prozent sonstige
Leistungserbringer teil.

Die Unternehmen, welche sich an der Umfrage beteiligten, haben ihren Hauptsitz zu 58
Prozent in Deutschland und zu 23 Prozent in den USA. Die restlichen Unternehmen
kommen vor allem aus dem europäischen Ausland (18 Prozent).

Bei den von den Unternehmen vertretenen Produktbereichen handelt es sich um


Implantate (47 Prozent), Hilfsmittel (35 Prozent), OP-Produkte bzw. OP-Sets (33 Prozent),
Verbandmittel (19 Prozent) und Dienstleistungen wie Homecare (14 Prozent).

Die wichtigsten Ergebnisse:

1. Die Umsätze der Unternehmen der Medizintechnologie wachsen weltweit nach wie vor
durchschnittlich mit knapp 6 Prozent. Die Entwicklung im inländischen Markt ist
dagegen mit einem Umsatzwachstum von 2,8 Prozent gegenüber dem Vorjahr deutlich
abgeschwächt. Die Gewinnsituation der Unternehmen hat sich in Deutschland
aufgrund sinkender Preise und höherer Kosten verschlechtert.

2. Als größtes Hemmnis für die künftige Entwicklung der Medizintechnologie-Branche


sehen die Unternehmen die gestiegenen Anforderungen und die steigenden Kosten
durch die neue EU-Medizinprodukte-Verordnung (MDR) sowie Engpässe bei den
Benannten Stellen an. Als Folge der MDR-Implementierung befürchten zwei Drittel der
Unternehmen, dass Produkte aus ökonomischen Gründen vom Markt genommen bzw.
nicht auf den Markt gebracht werden – und darunter auch die Patientenversorgung
leiden wird.

3. Von der Gesundheitspolitik wünschen sich die MedTech-Unternehmen vor allem eine
Beschleunigung der MedTech-Bewertungsverfahren (49 Prozent), eine aktive
Beteiligung der Industrie an G-BA-Prozessen sowie eine bessere internationale
Anerkennung von Studien.

4. Aufgrund der schwierig werdenden Rahmenbedingungen gerät der Jobmotor


Medizintechnik in Deutschland ins Stottern. Nur noch 44 Prozent der Unternehmen
schaffen in diesem Jahr zusätzliche Jobs (Vorjahr: 66 Prozent), 17 Prozent müssen sogar
Arbeitsplätze abbauen.
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5. Nur 39 Prozent der MedTech-Unternehmen sehen sich derzeit von der Digitalisierung
betroffen. Große Veränderungen erwarten sie durch elektronische
Beschaffungsmaßnahmen, medizinische Apps und elektronische Rechnungen.

Die Ergebnisse im Einzelnen:

Umsatzergebnis, Gewinne, Investitionen

> 73 Prozent der befragten MedTech-Unternehmen rechnen in diesem Jahr im deutschen


Markt mit einem besseren Umsatzergebnis als 2016. Trotz Mengensteigerungen
aufgrund der demografischen Entwicklung und neuen Behandlungsmethoden ist
dieser Wert aufgrund des starken Preisdrucks gegenüber dem Vorjahr um 10
Prozentpunkte gesunken.

> Aus den Umsatzangaben der BVMed-Unternehmen ergibt sich im deutschen Markt ein
bereinigtes Umsatzwachstum von nur noch 2,8 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Das ist
gegenüber den Werten von 2015 (4,3 Prozent) und 2016 (4,0 Prozent) eine weitere
deutliche Abschwächung im Inlandsmarkt.

> Die weltweite Umsatzentwicklung ist für die Unternehmen nach wie vor deutlich
besser als die Entwicklung im Inlandsmarkt. 83 Prozent der befragten MedTech-
Unternehmen rechnen weltweit im Jahr 2017 mit einem besseren Umsatzergebnis als
im Vorjahr. Aus den Umsatzangaben ergibt sich – wie im Vorjahr – ein weltweites
Umsatzwachstum der BVMed-Unternehmen um 5,9 Prozent. Die international tätigen
MedTech-Unternehmen wachsen damit im Ausland deutlich stärker als in Deutschland.

> Die Gewinnsituation der Unternehmen hat sich in Deutschland aufgrund sinkender
Preise und höherer Kosten verschlechtert. Nur 22 Prozent erwarten in diesem Jahr
verbesserte Gewinne, 33 Prozent gehen von einer rückläufigen Entwicklung aus.

> Die unterschiedliche Entwicklung im In- und Ausland spiegelt sich auch beim Ausblick
auf das kommende Jahr 2018 wider. Für den deutschen Markt erwarten 34 Prozent
eine bessere Geschäftslage. 20 Prozent erwarten schlechtere Geschäfte. Etwas besser
sieht es beim Blick auf die weltweite Geschäftslage aus: 52 Prozent der Unternehmen
erwarten hier eine bessere Entwicklung, nur 6 Prozent schlechtere Geschäfte in 2018.

> Trotz der angespannten Situation im Inland investieren die Unternehmen verstärkt in
ihre deutschen Produktionsstandorte. 26 Prozent der befragten BVMed-Unternehmen
erhöhen ihre Investitionen, 50 Prozent halten das Investitionsniveau. Nur 8 Prozent der
Unternehmen geben an, Investitionen am Standort zu verringern.

> Ähnlich ist die Situation bei den Forschungsausgaben. 29 Prozent der befragten
BVMed-Unternehmen erhöhen ihre Forschungsausgaben gegenüber dem Vorjahr, 45
Prozent halten das Niveau. Nur 4 Prozent der Unternehmen müssen ihre
Forschungsausgaben verringern.

Stärken und Schwächen des Standorts Deutschland

> Als größte Stärke des Standorts Deutschland nennen die befragten MedTech-
Unternehmen wie in den Vorjahren die im Land vorhandene Infrastruktur,
beispielsweise die Verkehrswege. 62 Prozent nennen diesen Aspekt. Häufig genannte
Stärken sind zudem die gut ausgebildeten Fachkräfte (60 Prozent), das hohe
Versorgungsniveau der Patienten sowie gut ausgebildete Ärzte (jeweils 47 Prozent). Es
folgen gut ausgebildete Wissenschaftler und Ingenieure (34 Prozent) und der hohe
Standard der klinischen Forschung (32 Prozent). Nur noch 27 Prozent nennen den
Aspekt der schnellen Marktzulassung durch die CE-Kennzeichnung als Standortvorteil.
12

> Schwächen des Standorts Deutschland sehen die Unternehmen vor allem bei den
Erstattungspreisen und den Rahmenbedingungen beim Reimbursement. Nur 11
Prozent der Unternehmen nennen diese Aspekte als Standortvorteile. Am schlechtesten
ist mit 6 Prozent Nennungen der Wert für die Forschungsförderung in Deutschland.

Hemmnisse für MedTech-Fortschritt, Folgen der MDR

> Als größtes Hemmnis für die künftige Entwicklung der Medizintechnologie-Branche
sehen die Unternehmen die neue EU-Medizinprodukte-Verordnung (MDR) an, die
überaus kritisch beurteilt wird. 65 Prozent der MedTech-Unternehmen bezeichnen die
zusätzlichen Anforderungen durch die MDR wie die Pläne und Berichte, die UDI-
Einführung sowie die Eudamed-Datenbank als größtes Hemmnis. 63 Prozent nennen
die Pflicht zu umfassenden klinischen Daten durch die MDR als Hürde. Kritisch werden
zudem die längeren Zulassungszeiten durch Ressourcendefizite bei den Benannten
Stellen gesehen. 57 Prozent der Unternehmen nennen diesen Aspekt. Das neue
Scrutiny-Verfahren betrifft dagegen weniger Unternehmen (29 Prozent), stellt aber
insbesondere für die Implantate-Hersteller ein großes Hemmnis dar.

> Als Folge der MDR-Implementierung befürchten 68 Prozent der Unternehmen, dass
Produkte aus ökonomischen Gründen vom Markt genommen bzw. nicht auf den Markt
gebracht werden. Knapp zwei Drittel der Unternehmen erwarten, dass die Kosten und
damit auch die Preise der Medizinprodukte durch die MDR-Folgen steigen werden. Der
Druck werde dabei insbesondere auf kleine und mittelständische Unternehmen (KMUs)
steigen, sagen 56 Prozent der Befragten. Knapp die Hälfte der Unternehmen (47
Prozent) erwartet, dass durch die MDR-Folgen künftig die Patientenversorgung leiden
wird.

> Als wichtigste Hemmnisse der aktuellen nationalen Rahmenbedingungen werden von
den MedTech-Unternehmen der Preisdruck durch Einkaufsgemeinschaften (62 Prozent)
sowie innovationsfeindliche Einstellungen von Krankenkassen (50 Prozent) bezeichnet.
Es folgen die Absenkung sachkostenintensiver DRG-Fallpauschalen (40 Prozent), zu
langsame Entscheidungen durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (39 Prozent), das
neue MedTech-Nutzenbewertungsverfahren nach § 137h (31 Prozent) sowie die
Ausschreibungen im Hilfsmittelbereich (25 Prozent).

Gesundheitspolitische Forderungen

> Bei den gesundheitspolitischen Forderungen wünschen sich die MedTech-


Unternehmen vor allem eine „Fortschrittsbeschleunigung“. 49 Prozent fordern eine
Verkürzung der Dauer der Bewertungsverfahren, 42 Prozent eine aktive Beteiligung der
Industrie an G-BA-Prozessen. Auf der gesundheitspolitischen Agenda der MedTech-
Unternehmen folgen eine bessere gegenseitige Anerkennung von Studien (38 Prozent),
die Rücknahme der Absenkung sachkostenintensiver DRG-Fallpauschalen (37 Prozent),
ein einheitliches europäisches Nutzenbewertungsverfahren (34 Prozent) sowie die
Beschleunigung der Innovationseinführung durch ein eigenes
„Fortschrittsbeschleunigungsgesetz“ (36 Prozent).

> Wichtig ist den Unternehmen zudem eine eigene Methodik für die MedTech-
Nutzenbewertung (27 Prozent), ein schnellerer Transfer von Forschungsergebnissen in
die Versorgungspraxis (22 Prozent) sowie der Ausbau der digitalen Infrastruktur für
Medizinprodukte (24 Prozent).

> Im Hilfsmittelbereich sprechen sich die Unternehmen für Verhandlungsverträge statt


Open-House-Verträge oder Ausschreibungen aus. Die Verbandmittel-Unternehmen
fordern zudem geschlossen eine Verbesserung der Versorgung chronischer Wunden.
13

Innovationsklima

> Auf einer Skala von 0 (sehr schlecht) bis 10 (sehr gut) bewerten die Unternehmen das
Innovationsklima für Medizintechnik in Deutschland im Durchschnitt nur noch mit 4,5.
Der Index 2017 ist damit gegenüber den Vorjahren weiter rückläufig. In den Jahren
2012 und 2013 lag er noch bei 6,2 Punkten.

> Als innovativsten Forschungsbereich schätzen die Unternehmen – wie im Vorjahr – die
Kardiologie ein. 36 Prozent der Befragten nennen diesen Versorgungsbereich. Es folgen
Onkologie (29 Prozent), Neurologie (29 Prozent), Diagnostik (27 Prozent) und
Orthopädie (16 Prozent).

Digitalisierung

> Nur 39 Prozent der MedTech-Unternehmen geben an, dass ihre Produkte und
Dienstleistungen sehr stark bzw. stark von der Digitalisierung betroffen sind. Im
Vorjahr lag der Wert sogar höher (41 Prozent). Erklärbar ist dieser Wert mit der
Tatsache, dass der BVMed in erster Linie Unternehmen aus dem Bereich der Gebrauchs-
und Verbrauchsgüter vertritt. 48 Prozent der teilnehmenden Unternehmen bezeichnen
sich als „kaum betroffen“, 7 Prozent als „überhaupt nicht“ von der Digitalisierung
betroffen.

> Die größten Veränderungen durch die Digitalisierung erwarten die betroffenen
Unternehmen im Bereich der „Digitalisierung administrativer Vorgänge“ (65 Prozent),
bei elektronischen Beschaffungsmaßnahmen (eProcurement, 41 Prozent),
medizinischen Apps (38 Prozent) und elektronischen Rechnungen (eInvoicing, 37
Prozent). Im Bereich Produktion/Industrie 4.0 sehen sich 33 Prozent betroffen. Weitere
wichtige Digitalisierungsthemen der MedTech-Branche sind 3D-Prototyping bzw. 3D-
Druck (26 Prozent), telemedizinische Anwendungen (24 Prozent) sowie Big-Data-
Anwendungen und kognitive Systeme (18 Prozent).

Ausblick

Medizintechnologien werden stetig weiterentwickelt – unter aktiver Mitwirkung der


Anwender, der Ärzte und Pflegekräfte. Die Innovationszyklen sind sehr kurz – im Gegensatz
zum Arzneimittelbereich. Schrittinnovationen sind typisch für die Welt der
Medizintechnologien.

Um die Innovationskraft der MedTech-Branche zu erhalten müssen wir unsere Erstattungs-


und Bewertungssysteme an die Dynamik der Technologien anpassen, damit die Patienten
auch in Zukunft ohne Verzögerungen am medizinischen Fortschritt teilhaben können.

In der neuen Legislaturperiode sollten die Bewertungsverfahren daher durch ein


„Fortschrittsbeschleunigungsgesetz“ verbessert und bürokratische Hemmnisse konsequent
abgebaut werden.
14

2. Marktzugang und Überwachung von Medizinprodukten


Medizinprodukte durchlaufen umfangreiche technische Tests, bevor sie in klinischen Studien
erprobt und beim Patienten angewendet werden. Neue Herzschrittmacher-Modelle werden
beispielsweise über 40.000 Stunden geprüft, bis alle erforderlichen Tests durchgeführt sind.
Diese Testdokumentation steht dann den Zulassungsstellen zur Verfügung. Hinzu kommt ein
speziell für Medizinprodukte eingeführtes Qualitäts-Management-System, das Kontrollen im
technischen Labor oder Chargen- und Stichprobenprüfungen umfasst, wenn die Produktion
angelaufen ist.

Patientenschutz und Patientenwohl haben dabei höchste Priorität im Medizinprodukterecht.


Das regulatorische System für Medizinprodukte bewährt sich seit über 15 Jahren.
Medizinprodukte sind sicher, leistungsfähig und wirksam - und sie müssen dem Patienten
nutzen. Hierzu gehören hohe Anforderungen:

> eine Risikoanalyse und Risikobewertung zum Nachweis der Sicherheit,


> der Nachweis der Einhaltung aller relevanten normativen und regularischen
Anforderungen,
> die Durchführung einer klinischen Bewertung zum Nachweis der Leistungsfähigkeit und
Wirksamkeit sowie
> ein umfassendes Qualitätsmanagementsystem.

Über die verschiedenen Phasen des Weges eines Medizinprodukts von der Idee zur
Anwendung am Patienten informiert ein Hintergrundartikel und eine Infografik unter
www.bvmed.de/medizinprodukte:
15

2.1 Was sind Medizinprodukte?

Medizinprodukte umfassen eine große Bandbreite von medizintechnischen Produkten und


Verfahren, die Leben retten, heilen helfen und die Lebensqualität der Menschen verbessern.
Beispiele sind Verbandmittel, Hilfsmittel, OP-Material Implantate oder Geräte für Diagnostik,
Chirurgie, Intensivmedizin und Krankenversorgung.

Medizinprodukte sind nach der Definition des Medizinproduktegesetzes (§ 3 MPG) "alle einzeln
oder miteinander verbunden verwendeten Instrumente, Apparate, Vorrichtungen, Software,
Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen oder andere Gegenstände einschließlich der vom
Hersteller speziell zur Anwendung für diagnostische oder therapeutische Zwecke bestimmten
und für ein einwandfreies Funktionieren des Medizinproduktes eingesetzten Software".

Anders als Arzneimittel sind Medizinprodukte hauptsächlich physikalisch wirkende Gegen-


stände. Bei den meisten Medizinprodukten ist der Nutzen direkt ersichtlich. Es ist zudem Teil
des Zulassungsverfahrens (Konformitätsbewertung), dass das Medizinprodukt seine vom
Hersteller vorgesehene Zweckbestimmung erfüllt. Dabei geht es vor allem um den Nachweis
der Sicherheit und Leistungsfähigkeit der Produkte.

2.2 Von der Idee zum Prototypen

Am Anfang steht immer die Frage: Kann ich eine Erkrankung mit einem Medizinprodukt
erfolgreich behandeln? Kann ich ein bestehendes Verfahren verbessern? Oder: Eine
Behandlung hat sich in einem Bereich hervorragend bewährt – können wir sie auf andere
Gebiete übertragen? Solche Ideen werden sowohl von Ärzten als auch von Technikern und
Ingenieuren in den Unternehmen entwickelt. Beispiel Herzschrittmacher: Das Prinzip wurde
von der "einfachen" Stimulation des zu langsam schlagenden Herzens immer weiter
entwickelt, so dass heute mit einem hochintelligenten Dreikammerschrittmacher auch die
schwere Herzinsuffizienz in vielen Fällen erfolgreich behandelt werden kann (CRT – Kardiale
Resynchronisation).

Ein großer Anteil aller Innovationen in der Medizintechnologie ist von Anwendern initiiert und
entwickelt worden, vor allem so genannte Durchbruchsinnovationen. Eine Ursache dafür ist,
dass es die Ärzte sind, die den Patienten kennen, nicht die Ingenieure. Nach Untersuchungen
und Expertenmeinungen kommen mehr als die Hälfte der Ideen für neue Produkte von den
Anwendern: den Ärzten oder Pflegekräften.

Im letzten Jahrhundert sind viele Durchbrüche in der Medizin erzielt worden, die erst durch die
Zusammenarbeit der Ärzte mit den Ingenieuren und Herstellern möglich wurden.

• Der Chirurg Professor Otto Roth entwickelte 1903 gemeinsam mit dem Ingenieur
Bernhard Dräger die moderne Narkosetechnik, den Dräger-Roth-Narkoseapparat.
• Der Chirurg Dr. Franz Kuhn entwickelte 1908 gemeinsam mit dem Apotheker Carl Braun
von B. Braun Melsungen das erste Verfahrens zur industriellen Herstellung von sterilem
Katgut als Nahtmaterial.
• Der deutsche Arzt Andreas Grüntzig hat in Zusammenarbeit mit der Firma Medintag die
Ballon-Dilatation (PTCA) entwickelt und 1977 vorgestellt.
• Die amerikanischen Kardiologen Dr. Palmaz und Dr. Schatz entwickelten den ersten
koronaren Stent, den Palmaz-Schatz-Stent, der dann in Zusammenarbeit mit der Industrie
zur Serienreife gebracht und vertrieben wurde.

Die meisten Unternehmen der Medizintechnologie haben mittlerweile Prozesse geschaffen,


um die Zusammenarbeit zwischen Ärzten und Ingenieuren zu fördern. Man kann dabei
unterscheiden zwischen den vom Hersteller oder vom Arzt initiierten Innovationen.
16

In der frühen Forschungsphase suchen die Hersteller die Kooperation mit Universitäten, die in
einem strategisch bedeutenden Gebiet Kompetenz aufgebaut haben. Das Ziel der Kooperation
ist die Technologiegewinnung und der Technologietransfer, oft für konkrete zukünftige
Produkte. Daneben wird die Grundlagenforschung unterstützt in Gebieten, die für den
Hersteller jetzt oder zukünftig von Interesse sind, ohne dass klare Produktinteressen vorliegen.

Die Kontakte zwischen dem Arzt und den Wissenschaftlern der Industrie kommen meist über
persönliche Netzwerke zustande. Innerhalb der Produktentwicklungsphase gibt es
formalisierte Prozesse, die die frühe Einbindung von Kunden in die Entwicklung sicherstellen
sollen. Spezielle Innovationsprozesse tragen dazu bei, dass die Kundenprobleme richtig
verstanden werden und dass mögliche Ideen vom Kunden erfasst werden.

Am Ende des gesamten Ideen-Prozesses stehen die Präzisierung der Anwendungsidee mit
Produkteigenschaften und die Verifizierung der Idee auf seine technische Machbarkeit.

2.3 Von der Entwicklung bis zur Marktzulassung: Nachweis der Sicherheit und
Leistungsfähigkeit (Technische und Klinische Dokumentation)

Die Sicherheit und Leistungsfähigkeit der in Deutschland verwendeten Medizinprodukte ist


durch eine Reihe aufeinander abgestimmter Verordnungen und Gesetze gegeben. Dazu
gehören das am 1. Januar 1995 in Kraft getretene Medizinproduktegesetz (MPG) und die auf
seiner Grundlage erlassenen Verordnungen, die die europäischen Richtlinien über aktive
Implantate (90/385/EWG), über Medizinprodukte (93/42/EWG) und über In-vitro-Diagnostika
(98/79/EG) in nationales Recht umsetzen.

Die Anforderungen an die Hersteller von Medizinprodukten sind von der Regelungsdichte
vergleichbar mit denen bei Arzneimitteln. Dazu gehören die Risikoanalyse und die
Risikobewertung zum Nachweis der Sicherheit, die Durchführung einer klinischen Bewertung
bzw. Prüfung zum Nachweis der Leistungsfähigkeit und Wirksamkeit, sowie ein umfassendes
Qualitätsmanagementsystem.

Medizinprodukte nach Klassen

Nach den europäischen Richtlinien gibt es für Medizinprodukte vier Klassen:

• Klasse I (geringes Risikopotenzial bei der Anwendung),


• Klasse II a (mittleres Risikopotenzial bei der Anwendung),
• Klasse II b (erhöhtes Risikopotenzial bei der Anwendung) und
• Klasse III (hohes Risikopotenzial bei der Anwendung).

Für Medizinprodukte gelten je nach Gefährdungspotenzial, Anwendungsart und -dauer


unterschiedliche Risikoklassen mit differenzierten Prüfungen und Kontrollen.

Sicherheit: Risikoanalyse und Risikobewertung

Die Entwicklung der Technologie bzw. des Medizinprodukts orientiert sich von Beginn an
maximalen Sicherheits-Anforderungen. Der Prozess wird begleitet von einer Risikoanalyse, die
den Nutzen des Produkts dem möglichen Risikopotenzial des Produkts gegenübergestellt. Ein
umfangreiches Regelwerk gibt die Bewertung dieser Parameter vor. Viele Labortests und eine
klinische Bewertung sind erforderlich, um die Sicherheit und Leistungsfähigkeit eines
Medizinproduktes vor dem ersten Einsatz am Menschen bestmöglich zu gewährleisten.

Vor der Anwendung am Patienten muss auf Basis umfangreicher Tests sichergestellt sein: Das
Produkt erfüllt seine Zweckbestimmung und ist bei zweckbestimmungsgemäßem Gebrauch
sicher zum Wohle des Patienten anwendbar. Ein eventuell verbleibendes Restrisiko muss dabei
immer kleiner sein als der klinische Nutzen für den Patienten.
17

Anders als das Arzneimittelrecht schützt das Medizinprodukterecht zudem nicht nur den
Patienten, sondern auch Anwender und Dritte. Der Schutzbereich ist also weiter gesteckt, was
einen höheren Aufwand bei der Risikobewertung von Medizinprodukten bedeutet.

Technische Entwicklung und Test

Die Grundlage für die Entwicklung eines Medizinprodukts ist ein "Pflichtenheft". Es enthält alle
relevanten nationalen, europäischen und internationalen, normativen, gesetzlichen,
technischen und regulativen Anforderungen an das neue Produkt.

Die technische Entwicklung findet dann in interdisziplinären Entwicklungsgruppen statt. Im


Falle eines neuen Herzschrittmacher können das beispielsweise mehrere hundert
hochqualifizierte Mitarbeitern sein. Jedem abgeschlossenen Entwicklungsschritt folgen dabei
umgehend umfangreiche Verifikationstests.

Bei der Entwicklung einer neuen Schrittmachergeneration waren die Mitarbeiter


verschiedener Entwicklungs- und Testabteilungen beispielsweise über einen Zeitraum von
mehr als 4 Jahren beschäftigt.

Die Entwicklungs-/Designphase endet mit der Übergabe der Testmuster an die von der
Entwicklung unabhängige Validierungsabteilung und dem Bestehen aller Tests.

Ein Medizinprodukt, das die gesetzlichen Produktanforderungen über die technische und
klinische Dokumentation nachweisbar erfüllt, hat einen Prozess durchlaufen, der folgende
Verfahrensschritte und Produkteigenschaften beinhaltet:

• Minimierung, Analyse und Bewertung verbleibender Produktrisiken


• Sicherstellung der biologischen Verträglichkeit, Verringerung oder Vermeidung von
Infektionsrisiken
• Gewährleistung der mechanischen, elektrischen und elektromagnetischen
Produktsicherheit
• Prüfung und Hinweise zur Kombinierbarkeit mit Fremdprodukten
• Prüfung der produktbezogenen Sicherheits- und Gebrauchsanweisung auf Vollständigkeit
und Verständlichkeit
• Einhaltung ausgelobter Produkteigenschaften und Spezifikationen
• Gewährleistung der Messgenauigkeit
• Überwachung des Herstellers und des Medizinprodukts während des Produktlebenszyklus

Beispiel Hüftimplantate

Zum Nachweis der Erfüllung der gesetzlichen Produktanforderungen an die Funktion, Qualität,
Sicherheit und Zuverlässigkeit müssen die Hersteller von Implantaten umfangreiche Tests
durchführen und dokumentieren. Internationale Normen (DIN EN ISO), die alle fünf Jahre
überarbeitet werden müssen, legen diese technischen Produktanforderungen fest. Zu den
Anforderungen an die Materialien chirurgischer Implantate existieren beispielsweise 13
verschiedene Normen für Metalle (ISO 5832), 6 verschiedene Normen für Kunststoffe (ISO
5833 und 5834) und eine spezielle Norm für Keramik (ISO 6474).

In der Gelenkendoprothetik legt die Norm DIN EN ISO 14630 die allgemeinen Anforderungen
an "nichtaktive chirurgische Implantate" fest. Die Normen DIN EN ISO 21534 ("Implantate zum
Gelenkersatz"), DIN EN ISO 21535 ("Hüftgelenkersatz"), DIN EN ISO 21536 ("Kniegelenkersatz")
und DIN EN ISO 14602 ("Implantate zur Osteosynthese" enthalten darüber hinaus weitere
"besondere Anforderungen" an nichtaktive chirurgische Implantate.
18

Die spezielle Norm für den Hüftgelenkersatz (ISO 21535 - Besondere Anforderungen an
Implantate für den Hüftgelenkersatz) umfasst die Aspekte Begriffsdefinition, beabsichtigte
Funktion, Konstruktionsmerkmale, Werkstoffe, Designprüfung, Herstellung, Sterilisation,
Verpackung, Bereitstellung von Informationen und Prüfverfahren.

Für Gelenkersatz-Implantate gibt es zahlreiche spezielle Prüfnormen: insgesamt 13 Normen


für Hüftimplantate, 8 für Knieimplantate, 6 für Wirbelsäulenimplantate und 9 für Trauma-
Implantate in der Unfallchirurgie.

Die Prüfnorm zur Belastung und zum Verschleiß des Hüftgelenkersatzes umfasst
beispielsweise 5 Millionen Zyklen zur Beanspruchung des Prothesenkopfes und 10 Millionen
Testzyklen zum Übergang des Prothesenhalses zum Hüftprothesenschaft. Teilweise
durchlaufen die Unternehmen freiwillig rund 15 Millionen Zyklen. Diese Verschleißprüfungen
bei Hüftgelenkprothesen werden von speziell dafür entwickelten Geräten durchgeführt, für
die die Normen zahlreiche Parameter wie Kraftverlauf, Kraftmaximum, Prüffrequenz, Winkel,
Rotation, Prüftemperatur und Lastzyklenzahl vorgeben.

Beim Kniegelenkersatz simulieren spezielle Prüfverfahren das Versagen eines Implantats bei
Dauerbelastung. Je nach Test werden rund 10 Millionen Zyklen durchgeführt. Einzelne, speziell
entwickelte Simulationsgeräte für Knieimplantate kommen mittlerweile auf 1,2 Milliarden
Gangzyklen. Um verschiedene Situationen der Kniebänder darstellen zu können, wird der
Simulatoraufbau dabei entsprechend verändert.

Die Einhaltung dieser speziellen Prüfnormen stellen Mindestanforderungen dar. Der


eigentliche Prüfaufwand kann entsprechend der jeweiligen Risikoanalyse höher sein kann.

Bei der Prüfung der Auslegung (Technische Dokumentation) eines Medizinprodukts prüft die
Benannte Stelle auch die präklinische Testung. Die Benannten Stellen legen dabei großen Wert
auf diese Testungen. Bei zu geringer Testung werden erweiterte Testungen beim Hersteller
verlangt, bevor die Auslegungsdokumentation freigegeben wird.

Beispiel Herzschrittmacher

Der Dokumentationsumfang für ein Herzschrittmachersystem ist festgelegt durch die


Europäische Richtlinie für aktive Implantate (90/385/EWG), spezielle Normen, die Vorgaben
der "Global Harmonisation Task Force" (STED = Summary TEchnical Documentation for
Demonstrating Conformity to the Essential Principles of Safety and Performance of Medical
Devices) sowie Spezialanforderungen der Benannten Stelle.

Über 100 zulassungsrelevante Normen sind für aktive Implantate (Schrittmacher oder
Defibrillator) zu beachten – und zusätzlich mehr als 100 unternehmenseigene Normen.

Nach Abschluss der Produktentwicklung werden durch die Validierungsabteilung mehrere


hundert umfangreiche Test durchgeführt. Sie dienen zum Nachweis

• der Einhaltung der Vorgaben des Lastenheftes: Klinische Funktionalität; Sterilität,


Sterilisierbarkeit; Biokompatibilität; Kompatibilität; Elektrische Sicherheit; MRI-
Kompatibilität; Unempfindlichkeit gegen elektromagnetische Strahlung; Lebensdauer;
Transporttests; Technische Funktionalität;
• der Einhaltung aller normativen Anforderungen;
• der Einhaltung der Grundlegenden Anforderungen der entsprechenden Europäischen
Medizinproduktlinie.

Der interne Testaufwand bei einem Herzschrittmachersystem beträgt rund 40.000 Stunden.
Die technische Dokumentation umfasst am Ende der Testreihen rund 7 Aktenordner.
19

Die Ergebnisse dieser Tests sind Teil der Gesamtdokumentation, die Grundlage für die
Konformitätsbewertung durch die Benannte Stelle ist.

Bei jedem aktiven Implantat werden allein in der Endfertigung mehr als 1.000 mechanische
Prüfmerkmale untersucht. Bereits zuvor durchläuft jede eingebaute Komponente eine Vielzahl
von Prüfungen. Abschließend werden in der elektrischen Endmessung alle Merkmale erneut
überprüft.

Bei der Produktion jeder einzelnen Herzschrittmacher-Elektrode haben Qualitätsprüfungen


einen Anteil von 30-40 Prozent. In der Langzeiterprobung wird unter Simulation von
Alterungsprozessen die Qualität des Implantats in Bezug auf seine gesamte Lebensdauer
überprüft, noch bevor es auf den Markt kommt. Ein Beispiel: Bevor ein neuer Elektrodentyp
Marktreife hat, wird daher allein die Biegelast (hält die Elektrode unter Belastung der
Pumpleistung des Herzens stand?) viele Hundert Millionen Mal geprüft.

Jeder einzelne Produktionsschritt und jedes einzelne Testergebnis werden ausführlich


dokumentiert und 25 Jahre lang aufbewahrt, sodass sich auch noch nach einem
Vierteljahrhundert jeder einzelne Schritt für jedes einzelne Produkt zurückverfolgen lässt.

Leistungsfähigkeit: Klinische Bewertung und Klinische Studien

Neben der technischen Sicherheit müssen die Hersteller die klinische Leistungsfähigkeit und
die Annehmbarkeit des Nutzen-/Risiko-Verhältnisses durch eine klinische Bewertung und
klinische Prüfungen (klinische Studien) ihrer Produkte belegen können.

Medizinprodukte müssen nachweislich in der Lage sein, die in der Produktkennzeichnung


beschriebene technische Leistung zu erbringen, um die vom Hersteller ausgelobte
medizinische Funktion erfüllen zu können. Diese Leistungsmerkmale beziehen sich auf
Produkteigenschaften wie z. B. Funktionalität, Dichtigkeit, Kompatibilität, Klebefestigkeit,
Druckfestigkeit, Sterilität oder Messgenauigkeit eines Produkts. Aus diesem Grund verlangt
das Gesetz für jedes Medizinprodukt die Durchführung einer klinischen Bewertung.

Für alle implantierbaren Medizinprodukte und Produkte der Klasse III sind klinische Prüfungen
durchzuführen, sofern nicht die Verwendung bestehender klinischer Daten ausreichend
gerechtfertigt ist. Für Implantate und Klasse III-Produkte ist eine klinische Prüfung immer
erforderlich, wenn einer der folgenden Punkte zutrifft:

• Es handelt sich um ein komplett neuartiges Implantat oder Klasse III-Produkte (d. h. es gibt
keine klinischen Literaturdaten zu einem vergleichbaren Produkt bzw. es gibt kein
vergleichbares Produkt).
• Ein bestehendes Produkt wurde so modifiziert, dass ein signifikanter Einfluss auf die
klinische Sicherheit und das Leistungsvermögen zu erwarten ist.
• Es handelt sich um ein Produkt mit einer neuen Indikation.
• Es wird neues sicherheitsrelevantes Material verwendet bzw. ein bekanntes Material wird
in einer neuen anatomischen Region des Körpers verwendet oder das Medizinprodukt
wird langfristiger angewendet.
• Die zur Verfügung stehende Literatur reicht nicht aus, um alle identifizierten klinischen
Risiken der nachfolgenden Punkte adäquat zu adressieren (medizinische Anwendung;
gewählte technische Lösung; Aspekte, die sich auf das Design bzw. die spezifische
Anwendung des Produktes beziehen).
20

Die Durchführung klinischer Prüfungen von Medizinprodukten orientiert sich an den gleichen
Anforderungen wie für den Arzneimittelbereich. Dazu gehören:

• ein dezidierter Prüfplan (nach DIN EN ISO 14155:2011) durch einen qualifizierten Leiter
der klinischen Prüfung (Prüfarzt),
• der Nachweis der Sicherheit des betreffenden Produktes,
• eine Genehmigung der zuständigen Bundesoberbehörde BfArM (§ 22a MPG),
• die zustimmende Bewertung der zuständigen Ethik-Kommission (§ 20 Abs. 1 MPG),
• die Aufklärung und Einwilligung des Patienten und
• der Abschluss einer Probandenversicherung.

Weitere Details sind in der Verordnung über klinische Prüfungen von Medizinprodukten
(MPKPV) und in der Medizinprodukte-Sicherheitsplanverordnung (MPSV) geregelt. Die
Qualitätsanforderungen für klinische Prüfungen von Medizinprodukten (Norm EN ISO 14155 -
Klinische Prüfung von Medizinprodukten an Menschen) und Arzneimittelstudien (ICH-GCP)
sind also durchaus vergleichbar.

Qualitätsmanagementsystem

Die Errichtung und Aufrechterhaltung von Qualitätsmanagementsystemen (QM-Systeme)


beruhte ursprünglich hauptsächlich auf der Norm DIN EN ISO 9001. Für Medizinprodukte gilt
jedoch seit dem Jahr 2003 die sektorspezifische, von der EU-Kommission in Auftrag gegebene
und harmonisierte Norm DIN EN ISO 13485:2012 ("Medizinprodukte -
Qualitätsmanagementsysteme - Anforderungen für regulatorische Zwecke"). Die QM-Systeme
von Medizinprodukte-Herstellern werden in Deutschland durch staatlich akkreditierte
Benannte Stellen zertifiziert.

Nach der Erstzertifizierung finden jährliche Wiederholungsaudits der Benannten Stellen statt,
gefolgt von "Zertifizierungsaudits". Diese werden spätestens alle fünf Jahre durchgeführt,
verbunden mit der Neuausstellung der "Konformitätsbescheinigung" durch die Benannte
Stelle. Erst diese Bescheinigung berechtigt den Hersteller zur Ausstellung der
"Konformitätserklärung" sowie zur Anbringung der CE-Kennzeichnung auf sein Produkt.

2.4 Konformitätsbewertungsverfahren/CE-Kennzeichnung

Voraussetzungen für die CE-Kennzeichnung am Beispiel eines aktiven Implantats sind:

• Ein zertifiziertes Qualitätsmanagementsystem (nach EN ISO 13485 sowie ein QM-


Zertifikat nach Anhang 2 oder 5 der europäischen Richtlinie 90/385/EWG)
• Nachweis der Einhaltung der normativen und gesetzlichen Anforderungen (z. B.:
Risikonanalyse, technische und biologische Sicherheit, Funktionstauglichkeit,
Gebrauchstauglichkeit, Sterilisationsnachweis, klinische Bewertung).

Das Konformitätsbewertungsverfahren durch die Benannte Stelle hat folgenden Ablauf:

1. Antragstellung bei der Benannten Stelle


2. Versendung der Technischen und Klinischen Dokumentation an die Benannte Stelle
3. Bewertung der Technischen Dokumentation durch die verschiedenen Fachspezialisten der
Benannten Stelle; Bewertung der Klinischen Dokumentation durch unabhängige,
erfahrene Fachärzte der Benannten Stelle
4. Klärung von Nachfragen, eventuell Anpassung von Dokumenten bzw. Durchführung von
Zusatztests
5. Abschluss der technischen und der klinischen Konformitätsbewertung
6. Ausstellung der Konformitätsbescheinigung für maximal 5 Jahre
7. Auf Basis dieser Konformitätsbescheinigung sowie den Zertifikaten für das
Qualitätsmanagementsystem erstellt der Hersteller die Konformitätserklärung.
21

8. Die Konformitätserklärung ist die Voraussetzung für die Anbringung der CE-
Kennzeichnung und damit für das Inverkehrbringen des Medizinprodukts im
Europäischem Wirtschaftsraum und ggf. in EU-Drittländern (über gegenseitige
Anerkennungsabkommen der EU)

Die europäische Medizinprodukte-Richtlinie 90/385/EWG ermöglicht dem Hersteller aktiver


Implantate, die Konformität seiner Produkte entweder nach Anhang 3 und 5
(Baumusterprüfung) oder nach Anhang 2 (Konformitätserklärung/Prüfung der
Produktauslegung) durchzuführen. Diese Wahlmöglichkeit hat sich bewährt und ermöglicht es
den Herstellern, die Konformität ihrer Produkte auch bei Benannten Stellen durchführen zu
lassen, die nicht das Qualitätsmanagementsystem des Herstellers überwachen und
zertifizieren

Der Umfang der vom Hersteller im Rahmen der Entwicklung, Verifizierung und Validierung
durchgeführten Tests ist wesentlich umfangreicher als die Tests, die im Rahmen einer
Baumusterprüfung durch die Benannte Stelle stichprobenartig durchgeführt werden können.

Fazit: Die CE-Kennzeichnung darf nur angebracht werden, wenn die umfangreichen
gesetzlichen Anforderungen erfüllt sind. Sie steht deshalb auch für umfassende Sicherheit,
Leistungsfähigkeit und somit für extern überprüfte Qualität des Produkts.

2.5 Benannte Stellen

Das Konformitätsbewertungsverfahren für Medizinprodukte wird durch so genannte


"Benannte Stellen" durchgeführt, die in Deutschland staatlich akkreditiert und überwacht
werden. In Deutschland gibt es 10 (Stand: Januar 2017) und europaweit knapp 60 dieser
Zulassungsstellen für Medizinprodukte, beispielsweise die TÜVs oder die DEKRA. Es handelt
sich um nach europaweit einheitlichen Kriterien "benannte" (in Deutschland auch
"akkreditierte") nationale Prüfstellen, die das Konformitätsbewertungsverfahren des
Herstellers auditieren und zertifizieren. Damit erhält der Hersteller eine befristete
Berechtigung zur Ausstellung der Konformitätserklärung und Anbringung der CE-
Kennzeichnung.

Mit einer Durchführungsverordnung, die im Oktober 2013 in Kraft getreten ist, legt die
Europäische Kommission konkretere und strengere Kriterien für die Benennung von diesen
Zulassungsstellen für Medizinprodukte europaweit einheitlich fest. Außerdem legt die
Kommission darin fest, welche Aufgaben die Benannt Stellen bei der Durchführung von Audits
und Bewertungen von Medizinprodukten erfüllen müssen.

Mit der Durchführungsverordnung der Europäischen Kommission liegen klarere Grundlagen


für unangekündigte Audits, Probenahmen oder gemeinsame Bewertungen durch Benannte
Stellen vor. Ausgewählte Regelungen:

• Ein Mitgliedstaat benennt eine Benannte Stelle erst nach einer "gemeinsamen
Bewertung" durch Sachverständige der Kommission und der Mitgliedstaaten. Die
Bewertungsberichte werden allen übrigen Mitgliedstaaten zur Verfügung gestellt.
• Die Mitgliedstaaten müssen die Benannten Stellen in bestimmten Abständen überwachen
und überprüfen, damit diese die Anforderungen lückenlos einhalten. Ist dies nicht der Fall,
muss der Mitgliedstaat die Benennung der Stelle zurückziehen.
• Die Anforderungen der Mitgliedstaaten an Kenntnisse und Erfahrungen des Personals der
Benannten Stellen werden erläutert.
• Es wird vorgeschrieben, dass die Benannten Stellen unangekündigte Betriebsaudits nach
dem Zufallsprinzip durchführen und in diesem Zusammenhang entsprechende Proben der
Produktion überprüfen. Versäumt es die Benannte Stelle, Zufallsproben zu überprüfen, so
wird ihre Benennung ausgesetzt oder widerrufen.
22

• Kann der Ersatz oder die Verfälschung von Rohmaterial, wie im Fall der Brustimplantate
(PIP), zu Risiken führen, überprüft eine Benannte Stelle auch, ob die Menge der
Endprodukte mit der Menge des erworbenen Rohmaterials übereinstimmt.

2.6 Marktüberwachung

Verschiedene Instanzen kontrollieren die Einhaltung der Grundlegenden Anforderungen und


Qualitätssicherungsmaßnahmen:

• Landesbehörden: Die zuständigen Behörden (z.B. Regierungspräsidien,


Gewerbeaufsichtsämter) überwachen die Hersteller und ihre Produkte, aber auch den
Handel, medizinische Einrichtungen und die beruflichen Anwender.
• Benannte Stellen: Neutrale Auditier-, Zertifizier- und Prüfstellen für Produkt- und
Qualitätsmanagementprüfungen bestimmter Medizinprodukte.
• ZLG: Die Zentralstelle der Länder für Gesundheitsschutz bei Arzneimitteln und
Medizinprodukten ist die Behörde zur Benennung und Überwachung der Benannten
Stellen. Sie wirkt sachverständig über die nationale "Deutsche Akkreditierungsstelle"
(DAkkS) bei der Akkreditierung der Benannten Stellen mit.
• BfArM, PEI und Ethik-Kommissionen: Das Bundesinstitut für Arzneimittel und
Medizinprodukte und das Paul Ehrlich-Institut (zuständig für bestimmte In-vitro-
Diagnostika) sind zuständig für die Erfassung, Bewertung und Abwehr von Risiken bei
Medizinprodukten. BfArM und PEI genehmigen klinische Prüfungen mit Medizinprodukten
und Leistungsbewertungsprüfungen von In-vitro-Diagnostika. Hierbei sind die Voten
öffentlich-rechtlicher Ethik-Kommissionen zu beachten.

Re-Audits

Die "CE-Zulassung" besteht bei Medizinprodukten in der Ausstellung der


"Konformitätsbescheinigung" durch Benannte Stellen und in der jährlichen Re-Auditierung der
Produktion und der Produkte. Spätestens alle fünf Jahre werden das
Qualitätsmanagementsystem und die Produkte zusätzlich "re-zertifiziert". Daher hat die
Konformitätserklärung zum jeweiligen Produkt nur ein kurzes Haltbarkeitsdatum. Damit geht
das Medizinprodukterecht über die Anforderungen des Arzneimittelgesetzes (AMG) weit
hinaus, das weder eine "Re-Auditierung" noch eine "Re-Zertifizierung" kennt. Bei Arzneimitteln
findet daher im Gegensatz zu Medizinprodukten keine regelmäßige Nachzulassung statt.

Betreiben und Anwenden von Medizinprodukten

Das Medizinproduktegesetz schreibt vor, dass alle Medizinprodukte nur dann betrieben oder
angewendet werden dürfen, wenn sie keine Mängel aufweisen, durch die Patienten,
Beschäftigte oder andere Personen gefährdet werden könnten. Dies gilt für die erste
Inbetriebnahme ebenso wie für jede weitere Anwendung.

Die Anwendung und der Betrieb von Medizinprodukten ist in medizinischen Einrichtungen
professionellen Fachkräften vorbehalten. Dies ist in der Medizinprodukte-Betreiberverordnung
detailliert geregelt. So müssen nicht nur Medizinproduktebücher für die Dokumentation
lückenlos geführt werden, sondern auch regelmäßig sicherheitstechnische und ggf.
messtechnische Kontrollen nachgewiesen werden. Dass solche Kontrollen für die
Patientensicherheit unverzichtbar sind, ist insbesondere bei lebenserhaltenden Geräten wie
etwa Säuglingsinkubatoren oder maschinellen Beatmungsgeräten naheliegend.

Dokumentations- und Instandhaltungspflichten

Zum hohen Sicherheitsstandard von Medizinprodukten gehört auch die sorgfältige


Dokumentation aller Vorgänge, um bei Fehlern oder Schäden die Anwendungs- und
Vertriebswege nachvollziehen zu können.
23

Die Betreiber von Medizinprodukten, wie etwa Krankenhäuser und Arztpraxen, müssen dafür
sorgen, dass Wartung, Instandsetzung und hygienische Aufbereitung regelmäßig und von
Fachleuten durchgeführt werden. So muss beispielsweise die hygienische Aufbereitung mit
validierten Verfahren entsprechend dem Standard des Robert Koch-Instituts und des
Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) durchgeführt werden.

Prüfpflichten

Sicherheits- und messtechnische Kontrollen müssen ebenfalls regelmäßig nachgewiesen


werden. So müssen bestimmte kritische Geräte, wie z.B. Beatmungsgeräte, mindestens alle
zwei Jahre nach den anerkannten Regeln der Technik geprüft und die Prüfung dokumentiert
werden.

Meldepflichten

Die Hersteller, Betreiber, Anwender und Händler eines Medizinprodukts sind verpflichtet,
Vorkommnisse, das sind produktbezogene unerwünschte Ereignisse, unverzüglich der
zuständigen Bundesoberbehörde, dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte
(BfArM) zu melden, um vorbeugend Gefahren abzuwehren. Die Erfassung, Bewertung und
Abwehr von Risiken regelt die Medizinprodukte-Sicherheitsplanverordnung.

Ein meldepflichtiges "Vorkommnis" ist definiert als eine Funktionsstörung, ein Ausfall, eine
Änderung der Merkmale oder der Leistung, eine unsachgemäße Kennzeichnung oder
Gebrauchsanweisung eines Medizinprodukts, die unmittelbar oder mittelbar zum Tod oder zu
einer schwerwiegenden Verschlechterung des Gesundheitszustandes eines Patienten, eines
Anwenders oder einer anderen Person geführt hat, geführt haben könnte oder führen könnte.

Das BfArM bewertet das Risiko des Vorkommnisses. Hierzu ergreift der Hersteller in
Zusammenarbeit mit dem BfArM Maßnahmen zur Beseitigung des bestehenden Risikos.

Langzeitbeobachtung

Zur strukturierten Langzeitbeobachtung (PMS = Post Market Surveillance) eines


Unternehmens gehören folgende Aspekte:

• Post Market Clinical Follow-up (PMCF), sonstige Studien


• Produktionsüberwachung
• Qualitätsmanagement
• Vigilanzsystem/Meldung von Vorkommnissen (BfArM)
• Beobachtung von Mitbewerbern
• Kundenkontakte
• Service, Wartung, Instandhaltung, sicherheitstechnische und messtechnische Kontrollen
• Literaturbeobachtung
• Marktanalysen
• Chargenprüfungen/Stichprobenprüfungen
• Bewertung und Maßnahmen im Hinblick auf einen evtl. Off-Label-Use
• Kontinuierliche Überprüfung und Aktualisierung der Klinischen Bewertung
24

2.7 Der neue Rechtsrahmen ab 2020: Die EU-Medizinprodukte-Verordnung (MDR)

Die EU-Medizinprodukte-Verordnung (MDR) ist am 5. Mai 2017 im EU-Amtsblatt gemeinsam


mit der IVD-Verordnung bekannt gemacht worden. Am 25. Mai 2017 ist die Verordnung
offiziell in Kraft getreten. Die MDR ist nach einer dreijährigen Übergangszeit ab 26. Mai 2020
verpflichtend anzuwenden. Nach Ansicht des BVMed ist die Übergangsfrist angesichts der
umfangreichen neuen Anforderungen an die Benannten Stellen, an die klinische Bewertung
von Medizinprodukten, durch neue Pläne- und Berichtspflichten und das neue EUDAMED-
/UDI-Datenbanksystem allerdings zu knapp bemessen.

Der neue EU-Rechtsrahmen wird nicht, wie anfänglich von der Kommission in Aussicht
gestellt, zur Vereinfachung des Inverkehrbringens von Medizinprodukten im EU-Binnenmarkt
führen, sondern diesen Prozess eher verkomplizieren. Die MDR enthält beispielsweise
verglichen mit der bisherigen Richtlinie (MDD) über 100 Artikel mehr. Die Zahl der Anhänge
steigt von 12 auf nunmehr 16. Die MDR wird außerdem durch 32 neue durchführende und
weitere 11 delegierte Rechtsakte ergänzt, deren Erarbeitung noch bevorsteht.

Zeitplan

• Die Vorschriften über die Benannten Stellen (Art. 35 bis 50) gelten bereits seit dem 26.
November 2017.
• Ab 26. Mai 2018 (beginnt die Kooperation der zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten
und der Kommission mit Blick auf die einheitliche Anwendung der MDR.
• Ab 26. Mai 2019 gelten GS 1, HIBCC und ICCBBA als benannte Zuteilungsstellen für UDI.
• Frühestens ab 26. Mai 2020 oder sechs Monate nach Bekanntmachung der vollen
Funktionsfähigkeit von Eudamed gelten die Regelungen, die in untrennbarem
Zusammenhang mit Eudamed und der UDI-Datenbank stehen. Die Unternehmen haben
dann 18 Monate Zeit, um ihre Produkte in Eudamed zu registrieren.
• Nach Mai 2024 wird es keine gültigen Bescheinigungen mehr nach altem Recht geben.
Dann endet die verlängerte „Abverkaufsregelung“.

Wesentliche Neuerungen durch die MDR

• Einführung des „Scrutiny-Verfahrens“ für Implantate der Klasse III und Produkte der Klasse
IIb, die Arzneimittel zuführen oder ableiten.
• Neuregelung der Marktüberwachung mit kürzeren Meldefristen.
• Zusätzliche Berichte und Pläne: Post Market Surveillance Plan/Report (PMS), Post Market
Clinical Follow-up Report (PMCF), Periodic Safety Update Report (PSUR), Summary of
Safety and Clinical Performance (SSCP).
• Wesentlich höhere Anforderungen bei der Erstellung von klinischen Daten, beispielsweise
in der klinischen Bewertung: erschwerte Äquivalenzbetrachtung; Bezugnahme auf
vergleichende Roh-Daten nur mit Zustimmung des Mitbewerbers; höhere Anforderungen
an den „clinical evaluator“; für Implantate und Klasse-III-Produkte werden klinische
Prüfungen ein Muss.
• Zeitlich gestaffelte Einführung einer UDI-Kennzeichnung.
• Höherklassifizierung bestimmter stofflicher und chirurgisch-invasiver Medizinprodukte.
• Erweiterung des Anwendungsbereichs um bestimmte Instrumente zur
Schönheitschirurgie.

Vor allem kleine und mittelständische Unternehmen (KMUs) äußern ihre Sorge, dass sie wegen
ihrer geringeren Nachfragemacht eine nachrangige Behandlung erfahren könnten. Wegen
geringerer Personal-kapazitäten und Finanzierungsmöglichkeiten dürfte der kleine Mittelstand
auch durch die umfassenden neuen klinischen Anforderungen sowie die umfassenden
Dokumentations- und Berichtspflichten besonders hart getroffen werden.
25

3. Erstattung und Nutzenbewertung von Medizinprodukten

3.1 Erstattung durch die GKV

Die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) in Deutschland ist Bestandteil des deutschen


Sozialversicherungssystems und Teil des deutschen Gesundheitssystems. Sie ist grundsätzlich
eine verpflichtende Versicherung für alle Personen in Deutschland, die nicht versicherungsfrei
eingestuft werden und die keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall
haben. Sie umfasst über 90 Prozent der Bevölkerung und ist damit Hauptadressat der
Kostenübernahme für Medizinproduktehersteller.

3.2 Erstattung von Medizinprodukten im ambulanten Sektor

Entscheidet sich der Hersteller für den Vertrieb seines Produkts im Bereich der
vertragsärztlichen Versorgung bzw. im Feld der niedergelassenen Haus- und Fachärzte – kurz
im ambulanten Sektor –, so können die Leistungserbringer die auf Basis dieses Produkts
erbrachten Methoden entweder im Rahmen des bestehenden Erstattungskatalogs abrechnen
oder es kann eine Veränderung der Vergütungsziffern angestrebt werden.

Der Einheitliche Bewertungsmaßstab (EBM) bildet alle im ambulanten Sektor vorgesehenen


Methoden vergütungstechnisch ab. Neuartige Leistungen können nicht auf Basis einer
bestehenden EBM-Ziffer erbracht werden. Eine Abbildung neuer Methoden in Form neuer
ambulanter Vergütungsziffern kann unmittelbar nur durch Antrag der „Bänke“ des G-BA
angestoßen werden.

Seit 2012 besteht für den Hersteller zudem die Option, eine Erprobung auf Basis von § 137e
SGB V auszulösen, aus der sich eine Aufnahme oder endgültige Nichtaufnahme in den EBM
ergeben kann.

Verfahren nach § 135 SGB V

In der ambulanten Versorgung gilt das sogenannte „Verbot mit Erlaubnisvorbehalt“. Neuartige
Leistungen können im Gegensatz zum stationären Sektor erst zulasten der GKV erbracht
werden, sobald der G-BA dies ausdrücklich genehmigt, der Bewertungsausschuss eine
Vergütung festgelegt hat und eine Gebührenordnungsposition im EBM verankert ist.

Dazu ist es notwendig, dass eine der antragsberechtigten „Bänke“ im G-BA eine Überprüfung
der Methode beantragt. Der Hersteller hat ein Anfragerecht, ob eine Aufnahme der Leistung in
den EBM durch den Bewertungsausschuss erfolgen kann.

Der G-BA kann jederzeit eine Bewertung einer Methode vornehmen und geeignete
Qualitätsstandards zur Erbringung festlegen. Dies gilt auch für bereits angewendete
Methoden.

3.3 Erstattung von Medizinprodukten im stationären Sektor

Entscheidet sich der Hersteller für den Vertrieb seines Produkts im Bereich der Krankenhäuser
oder Universitätskliniken – kurz im stationären Sektor –, so können die Leistungserbringer für
die auf Basis dieses Produkts erbrachten Methoden auf unterschiedliche Art und Weise
Vergütung erlangen:
26

1. Die Methode wird im Rahmen einer bereits bestehenden DRG/ZE vergütet.


2. Es wird eine Veränderung der Vergütungsziffer angestrebt.
3. Krankenhäuser können – auch auf Anregung von Herstellern – NUB*-Anfragen stellen, um
ein höheres Entgelt zu verhandeln.

Das Fallpauschalensystem, die Diagnosis Related Groups (DRG), bildet vergütungstechnisch


alle im stationären Sektor vorgesehenen Methoden ab. Auch neuartige Leistungen können auf
Basis einer bestehenden DRG erbracht werden.

Seit 2012 besteht für den Hersteller zudem die Option, eine Erprobung auf Basis von § 137e
Absatz 7 SGB V zu beantragen, aus der sich eine Übernahme in den DRG-Katalog oder ein
Ausschluss aus der GKV ergeben kann.

Verfahren nach § 137c SGB V

In der stationären Versorgung gilt die sogenannte „Erlaubnis mit Verbotsvorbehalt“. Neuartige
Leistungen können im Gegensatz zum ambulanten Sektor zulasten der GKV erbracht werden
(mit und ohne ZE), solange der G-BA dies nicht ausdrücklich verbietet. Es wird eine Leistung
mit Potenzial ‚nach den Regeln der ärztlichen Kunst‘ erbracht.

Der G-BA kann auf Antrag einer der „Bänke“ eine Bewertung einer Methode vornehmen. Dies
gilt auch für bereits angewendete Methoden.

DRG-Weiterentwicklung

Im Rahmen eines strukturierten Dialogs können jährlich Hinweise an das InEK, de facto das
DRG-Kalkulationsinstitut, weitergeleitet werden. Dieses nimmt eine sachgerechte finanzielle
Abbildung der angewendeten Medizintechnologien in die Gruppierungslogik der
Fallpauschalen oder der Zusatzentgelte vor.

Medizintechnologien können über den OPS-Code in Fallpauschalen mit oder ohne


Zusatzentgelte – separat vereinbarte Ergänzungen von Fallpauschalen in eng begrenzten
Ausnahmefällen – abgebildet werden. Die Instrumente des InEK geben verschiedene Werte für
DRGs vor.

„Erprobungsverfahren“ nach § 135 oder § 137c oder § 137h SGBV

Erprobungsverfahren können Teil der Methodenbewertung sein. Erfolgt im Rahmen der


Methodenbewertung eine Erprobung der Untersuchungs- und Behandlungsmethode, weil
zwar Potenzial festgestellt, aber noch keine ausreichende Evidenz für die Methode
nachgewiesen wurde, richtet sich das Nutzenbewertungsverfahren nach den Regeln des §
137e SGB V.

In den oben genannten Verfahren erfolgt die Potenzialfeststellung aufgrund gesetzlich


festgelegter Verfahrensschritte ohne Antrag des Herstellers. Die allgemeinen Voraussetzungen
für den Beschluss einer Erprobungsrichtlinie richten sich nach § 137e SGB V, die speziellen
nach § 135, 137c oder 137h SGB V.

„Erprobungsregel“ nach § 137e Absatz 7 SGB V

Mit der sogenannten „Erprobungsregel“ hat der Gesetzgeber auch für Hersteller und
Leistungserbringer eine Möglichkeit geschaffen, die Aufnahme von neuen
Methoden in den Leistungskatalog der GKV aktiv voran zu treiben. Voraussetzung ist,
dass das Potenzial der Methode erkennbar ist, aber noch kein hinreichender Nutzennachweis
vorliegt.
27

Neben der Aufnahme in die Erstattung, dem Ausschluss aus der Erstattung oder einer
„Wiedervorlage“ zu einem späteren Zeitpunkt besteht somit eine vierte Option im Rahmen der
Verfahrensweise des G-BA.

Dies stellt einen Paradigmenwechsel gegenüber der bisherigen, allein von der
Selbstverwaltung und ihren Akteuren getriebenen, Systematik der Aufnahme neuer
Leistungen in die Versorgung dar.

Der Evidenznachweis wird über eine Erprobungsstudie angestrebt, deren „Overhead-Kosten“


zwingend zumindest teilweise von betroffenen Herstellern und wirtschaftlich Interessierten zu
tragen sind. Die erbrachte medizinische Leistung im Rahmen der Erprobungsstudie hingegen
wird von der GKV getragen.

Das Verfahren war ursprünglich für die Anwendung im ambulanten Sektor vorgesehen. Es
kann aber auch für den stationären Sektor genutzt werden. Die Erprobung kann und soll für
beide Sektoren parallel erfolgen.

Sofern bereits eine Studie läuft, die Evidenzgenerierung verspricht, kann der G-BA das
Verfahren aussetzen, bis die laufende Studie beendet ist.

NUB (nach § 6 Abs. 2 KHEntgG)

Die Anfrage einer NUB zur späteren Verhandlung eines erhöhten Entgelts erfolgt immer durch
eine Klinik. Es folgt eine Prüfung durch InEK, ob die Leistung bereits im DRG-Katalog
sachgerecht abgebildet werden kann.

Die rechnerische Differenz zwischen bestehender DRG und hypothetischer DRG bei
Anwendung des neuen Produkts muss ein bestimmtes Niveau haben, um eine NUB-
Bewilligung zu ermöglichen.

Die Prüfung durch das InEK hat vier mögliche Ergebnisse:

Status 1: erfüllt die Kriterien einer NUBVereinbarung.


Status 2: genügt nicht den Kriterien einer NUB-Vereinbarung.
Status 3: konnte innerhalb der festgesetzten Frist nicht vollständig bearbeitet werden.
Status 4: war aufgrund der mit der Anfrage übermittelten Informationen im Sinne des
Verfahrens unplausibel oder nicht nachvollziehbar.

Folgen der Ergebnisse bei NUB-Anfragen

Bei Status 1: eine Verhandlung des Entgelts zwischen Klinik und Kostenträger.
Bei Status 2: keine Verhandlung möglich, aber im nächsten Jahr kann eine erneute Anfrage
gestellt werden.
Bei Status 3: keine Verhandlung möglich.
Bei Status 4: in begründeten Einzelfällen können krankenhausindividuelle Entgelte vereinbart
werden.

Nutzenbewertung nach § 137h SGB V

Wenn von einem Krankenhaus erstmalig eine Anfrage auf zusätzliche Vergütung, eine NUB-
Anfrage, an das InEK gestellt wird, so muss sich das Krankenhaus im Benehmen mit dem
betroffenen Hersteller gemäß KHEntgG (siehe unten) zwingend parallel den G-BA informieren.

Dabei ist ein Dossier mit wissenschaftlichen Erkenntnissen zu der mit dem Medizinprodukt
verfolgten Methode zu übermitteln.
28

Liegen bei einer Methode alle Voraussetzungen des Paragraph 137h SGB V vor, bewertet der G-
BA, ob der Nutzen der Methode als belegt anzusehen ist oder ob sie das Potenzial einer
erforderlichen Behandlungsalternative bietet.

Neben dem Ausschluss von der Erstattung oder einer neuen Entgeltvereinbarung kann bei
Vorliegen eines aussreichenden Evidenznachweises vom G-BA ein Potenzial festgestellt
werden, was dann die Anwendung der Erprobungsregel nach § 137e SGB V auslöst.

3.4 Unterschiede: Medizinprodukt-Arzneimittel

Für Medizinprodukte müssen differenzierte Methoden angewendet werden als für


Arzneimittel.

Im Vergleich zu Arzneimitteln stellen Medizinprodukte eine sehr heterogene Gütergruppe dar.


So gehen Schätzungen von rund 10.000 Produktgruppen und 400.000 Modifikationen aus.
Zunächst ist diese Heterogenität auf eine Vielzahl verschiedener Anwendungsgebiete
zurückzuführen, dennoch existieren weitere Gründe für die Vielfalt auf dem Markt für
Medizinprodukte. Die Besonderheiten in Bezug auf die Anwendung von Medizinprodukten im
Vergleich zu Arzneimitteln ergeben sich aus den unterschiedlichen Effekten, die diese
Technologien auf den menschlichen Körper ausüben. Während Arzneimittel in komplexe
biologische Systeme eingreifen und ihre therapeutische Wirkung als Wechselwirkung
zwischen den Arzneistoffen und dem menschlichen Körper zu verstehen ist, erweist sich die
Wirkung von Medizinprodukten als weniger komplex und lässt sich zudem vorwiegend durch
die Wirkung von Medizinprodukten auf den menschlichen Körper und nicht in umgekehrter
Weise beschreiben. Im Hinblick auf die Wirkung von Arzneimitteln ist zudem die biologische
Variabilität des Patientengutes, die sich etwa durch eine unterschiedliche Resorption und
Verstoffwechselung bemerkbar macht, von Bedeutung.

Bei nichtaktiven Medizinprodukten spielt die biologische Variabilität eine geringere Rolle, da
diese nicht pharmakologisch wirksam sind. Die höhere Komplexität der Wirkweise von
Arzneimitteln bedeutet zudem, dass unerwünschte Arzneimittelwirkungen häufig nicht
vorhersehbar sind und auch keine Aussagen über deren Eintritt, Schwere und Reversibilität
gemacht werden können. Von Konstruktions- und Funktionsfehlern und einer unzureichenden
Qualität abgesehen, sind unerwünschte Effekte von Medizinprodukten in stärkerem Maß
vorhersehbar und aufgrund der Tatsache, dass toxische, allergene oder cancerogene
Konsequenzen nicht auftreten können, in der Regel reversibel.

Weitere wesentliche Unterscheidungsmerkmale von Arzneimitteln und Medizinprodukten


ergeben sich aus den Bedingungen in Bezug auf ihre Verwendung, der Anwendungsfrequenz
und ihrer Funktion im Rahmen der ärztlichen Behandlung. So werden Arzneimittel vorwiegend
im Rahmen der Prävention und der Therapie angewendet, während Medizinprodukte
diagnostischen Zwecken dienen oder Bestandteil medizinischer Prozeduren, etwa Operationen
sind. In diesem Zusammenhang stellen Arzneimittel eine eigenständige Anwendung dar,
während Medizinprodukte im Rahmen von Prozessen eingesetzt werden, was dazu führt, dass
deren Anteil am medizinischen Ergebnis häufig schwer zu isolieren ist. Die Effektivität von
Medizinprodukten kann zudem abhängig von Faktoren sein, die nicht in einem direkten
Zusammenhang mit ihrer Anwendung stehen, wozu die strukturellen und organisatorischen
Rahmenbedingungen vor, während und nach der Operation zählen sind, ebenso wie die
klinischen Effekte auch von den Fähigkeit und Fertigkeiten sowie der Erfahrung des Anwenders
abhängig sein können.

Medizinprodukte werden von vielen kleinen und mittelständischen Unternehmen entwickelt,


die nicht über ein entsprechendes Budget für eine klinische Studie verfügen. Häufig werden
Medizinprodukte während der Erprobung kontinuierlich weiterentwickelt, unterliegen also
kurzen iterativen Zyklen zur stetigen Qualitätsverbesserung. Anforderungen, die an
29

Arzneimittel gestellt werden, sind deshalb nicht ohne weiteres auf Medizinprodukte
übertragbar. Außerdem muss verhindert werden, dass durch zu strikte Regelungen die
technische Innovation behindert wird, was letztendlich dem Patienten schaden würde.

3.5 Nutzen durch Innovationen für die Volkswirtschaft

Durch Innovationen der Gesundheitswirtschaft und medizintechnischen Fortschritt wurden in


den letzten Jahren volkswirtschaftliche Einsparungen in Höhe von 22 Milliarden Euro erzielt.
Das ist ein Ergebnis der Studie "Innovationsimpulse der Gesundheitswirtschaft", die das
Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) im März 2011 vorstellte.

Die gesamtwirtschaftliche Betrachtung zeigt, dass die kumulierten Mehrausgaben bei den
direkten Krankheitskosten im Zeitraum 2003 bis 2008 gegenüber dem Niveau von 2002 rund
101 Milliarden Euro betragen. Diesen steht im gleichen Zeitraum ein vermiedener Verlust an
Bruttowertschöpfung in Höhe von 123 Milliarden Euro gegenüber (infolge gegenüber 2002
verringerten verlorenen Erwerbstätigkeitsjahren). Gesamtwirtschaftlich ergebe sich dadurch
ein positiver Saldo, so die BMWi-Studie. Denn der medizinische Fortschritt bewirkt einen
Rückgang der verlorenen Erwerbstätigkeitsjahre und hat damit positive Wirkungen auf die
indirekten Kosten beispielsweise durch Produktionsausfall.

Eine Simulationsrechnung des HWWI aus dem Jahr 2007 ermittelte kumulierte Einsparungen
durch Fortschritte in der Gesundheitsversorgung von 8 bis 12 Prozent der
Gesundheitsausgaben.

Gemeinsames Ziel aller Beteiligten in der Gesundheitswirtschaft muss es daher sein,


Innovationen, die medizintechnischen und ökonomischen Fortschritt bieten, schneller in den
Gesundheitsmarkt einzuführen. Dabei müssen die langfristigen Einsparpotenziale durch
moderne MedTech-Verfahren in die Überlegungen und in die Kostenübernahme
medizintechnologischer Produkte einbezogen werden.

Die schnellere Einführung von Innovationen hat ökonomische Vorteile: Neue Untersuchungs-
und Behandlungsmethoden führen zu einer Reduzierung von Fehlzeiten, verkürzen die
Genesungszeiten der Patienten und ermöglichen es ihnen daher, schneller wieder am
gesellschaftlichen Leben teilzuhaben und an den Arbeitsplatz zurückzukehren. Dies stellt auch
einen Gewinn für die Volkswirtschaft insgesamt dar. Nutzen-Wirksamkeitseffekte – und
damit auch Einsparpotenziale – beispielsweise von innovativen Medizintechnologien müssen
deutlicher in den Vordergrund gestellt werden.

Sie müssen als Investition in die Gesundheit und die Leistungsfähigkeit der Menschen
aufgefasst werden, denn sie begründen damit ein neues Verständnis von
Gesundheitsversorgung durch bessere Behandlungsmöglichkeiten, kürzere Liegezeiten,
geringere Behindertenraten und weniger Fehlzeiten.

Der Wert von Innovationen wird aus Sicht des BVMed meist zu kurzfristig betrachtet. Der
Einsatz von Innovationen der Medizintechnologie wird bei uns oft dadurch erschwert, dass die
meist höheren Initialkosten isoliert betrachtet werden, nicht jedoch die Nutzen- und
Kosteneffekte über den Gesamtverlauf einer Behandlung oder Krankheit. Der BVMed wirbt
deshalb für eine “Gesamtbetrachtung von Behandlungsprozessen”.
30

4. Politische Handlungsempfehlungen
4.1 Marktbedingungen in Deutschland: Vor- und Nachteile

Deutschland hat in den zukunftsträchtigen Innovationsfeldern der Medizintechnologie durch


die große Zahl gut ausgebildeter Ärzte, Forscher und Ingenieure und durch den hohen
Standard der klinischen Forschung beste Voraussetzungen, neue Produkte und Verfahren zur
Marktreife zu führen. Wir haben durch die Universitätskliniken und die zahlreichen
Kompetenzzentren in der Medizintechnik ein großes Wissen.

Die Vorteile Deutschlands liegen auch in den kürzeren Zulassungszeiten und in der sehr guten
und kostengünstigeren klinischen Forschung. In Deutschland kostet es durchschnittlich rund 8
bis 10 Millionen Euro, eine neue Idee aus der Medizintechnik zur Marktreife zu bringen. In den
USA sind diese Kosten mit rund 80 Millionen Dollar wesentlich höher.

Weitere Standortvorteile: Deutschland ist der größte Binnenmarkt für Medizinprodukte in


Europa. Der Standort verfügt über eine gute Infrastruktur, eine zentrale Lage mit relativ kurzen
Wegen zu den wichtigsten europäischen Märkten, einer guten Verkehrsanbindung und einer
hohen Versorgungssicherheit.

Wichtig sind auch die Nähe zu den führenden Maschinen- und Packmittelherstellern, die
hohen Qualitätsstandards, der hohe technische Standard und gutes Know-how sowie eine
hohe Lieferzuverlässigkeit.

Erhebliche Defizite bestehen in Deutschland allerdings bei der Einführung von Innovationen in
die Vergütungssysteme, sodass sie dann auch zeitnah beim Patienten ankommen.

Die Nachteile des Standorts Deutschland lassen sich wie folgt zusammenfassen: Eine starke
Ökonomisierung des Gesundheitsmarktes, überzogene Anforderungen an die Erstattung, eine
nicht funktionierende Innovationsklausel im stationären Bereich, eine verzögerte
Innovationseinführung in die Vergütungssysteme, ein weniger dynamisches Wachstum im
Vergleich zum Weltmarkt und eine stark eingeschränkte Planungssicherheit. Weitere
Nachteile sind die relativ hohe Unternehmenssteuer, wesentlich höhere Energiekosten, relativ
hohe Sozialkosten sowie ein hoher Urlaubs- und Freizeitanspruch.

4.2 BVMed-Positionspapier zur Bundestagswahl 2017 –


Notwendigkeiten in der MedTech-Branche 2017 - 2021

Der BVMed hat auf seiner Mitgliederversammlung im April 2017 einen 10-Punkte-Plan zur
Bundestagswahl vorgelegt. „Wir benötigen eine neue Innovationskultur, die sich stärker an
den Patientenbedürfnissen orientiert. Wir wollen mehr Transparenz und eine aktive
Beteiligung in der Selbstverwaltung und den Gremien“, forderte BVMed-
Vorstandsvorsitzender Dr. Meinrad Lugan.

1. Wir benötigen eine neue Innovationskultur, die sich stärker an den Patientenbedürfnissen
orientiert

Wir benötigen eine neue Innovationskultur in der Weiterentwicklung und Verbesserung der
Patientenversorgung in Deutschland durch neue technische Lösungen. Hierzu wünschen wir
uns eine positive Atmosphäre für den medizinisch-technischen Fortschritt und einen
schnelleren Transfer von Forschungsergebnissen in die Gesundheitsversorgung. Mediziner,
Patienten, Forscher, Unternehmen und Krankenkassen sollten für eine bessere medizinische
Versorgung stärker aufeinander zugehen.
31

Die Erstattungs- und Bewertungssysteme sind an die Dynamik von medizinischen und
technischen Weiterentwicklungen anzupassen. Ein neues „Fortschrittsbeschleunigungsgesetz“
für medizinische Innovationen könnte den gesetzlichen Rahmen bilden.

2. Mehr Transparenz und aktive Beteiligung in der Selbstverwaltung und den Gremien

Wir brauchen mehr Transparenz bei den Entscheidungen der Selbstverwaltung und deren
Gremien. Dazu bedarf es aktiver Beteiligung der Patientenverbände, der Fachgesellschaften,
der Pflege und der Hersteller in den Entscheidungsprozessen von Selbstverwaltung und
Gremien.

Vertreter der MedTech-Hersteller müssen dort, wo ihre Produktbereiche oder damit


verbundene Verfahren betroffen sind, als Experten gehört und eingebunden werden. Es sollte
zur Verfahrensbeschleunigung ein Antragsrecht der Herstellerverbände im Gemeinsamen
Bundesausschuss (G-BA) für neue Medizintechnologien geben. Im Kuratorium der IQWiG-
Stiftung sind Pharma- und Medizintechnikhersteller gleichzustellen, da die Medizinprodukte
ebenfalls Gegenstand von IQWiG-Bewertungen sind.

3. Sachgerechte Methodik für die Nutzenbewertung von Medizintechnologien

Eine Nutzenbewertung für innovative Medizintechnologien ist richtig und wichtig. Wir
benötigen eine sachgerechte Methodik, die die Besonderheiten der Medizintechnologie besser
berücksichtigt. Die Bedeutung von Registern und Versorgungsforschung bei der Bewertung
von Medizinprodukten (im Sinne einer Real World Evidence) sollte vom Gesetzgeber stärker
hervorgehoben werden.

Nachdem die gesetzlichen Anforderungen an Nutzenbewertungen zuletzt verschärft wurden,


müssen sich die neuen Instrumente bewähren. Hersteller brauchen Planungssicherheit. Auf
weitere Verschärfungen von Nutzenbewertungen soll daher in der nächsten Wahlperiode
verzichtet werden.

Bei der Medizinproduktemethodenbewertung muss eine obligatorische Einbindung der


Hersteller im Antrags- und Bewertungsverfahren sichergestellt werden. Die Kosten der
Nutzenbewertung müssen für die Unter-nehmen vorher kalkulierbar sein. Die Dauer der
Nutzenbewertung muss deutlich verkürzt werden.

4. Hochwertige Versorgung im Krankenhaus mit Medizinprodukten auch sachgerecht


vergüten

Im Rahmen einer innovativen, hochwertigen, an den Bedürfnissen der Patienten orientierten


Krankenhausversorgung müssen Medizinprodukte auch sachgerecht vergütet werden. Erfolgte
dirigistische Eingriffe ins DRG-System sind rückgängig zu machen. Wir benötigen eine
transparente, nachvollziehbare und überprüfbare Sachkostenkalkulation durch das Institut für
das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK).

Eine sinnvolle Mehrmengenregelung muss auch die steigende Lebenserwartung und


Bevölkerungsentwicklung berücksichtigen. Das Instrument der Qualitätsverträge sollte
ausgebaut werden. Generell sollten für Leistungen im Krankenhaus Ansätze
qualitätsdifferenzierter Vergütung weiter an Gewicht gewinnen und konsequent an der
Ergebnisqualität ausgerichtet werden.

In der politischen Diskussion werden Kosten für das Personal, insbesondere in der Pflege als
positiv bewertet, hohe Sachkosten jedoch negativ. Medizinprodukte schaffen die Grundlage
für kürzere OP-Zeiten, geringere Verweildauer und schnellere Genesung bei höherer
Lebensqualität und Ambulantisierung der Medizin.
32

Zudem sollte der Bund für die Bundesländer Anreize schaffen, wenn sie ihren
Investitionsverpflichtungen im Krankenhaussektor überdurchschnittlich nachkommen.

5. Ambulante Versorgung mit MedTech-Innovationen stärken

Methoden, die für den stationären Sektor positiv bewertet worden sind, müssen beim
Vorliegen entsprechen-der struktureller Voraussetzungen auch ambulant erbracht werden.
Bisherige Behandlungsmethoden im Krankenhaus, die in den ambulanten Sektor überführt
werden, müssen schneller eine EBM-Ziffer erhalten. Es bedarf der Klarstellung, dass für die
Dauer der Entscheidungsverfahren des G-BA oder des Bewertungsaus-schusses die stationäre
Vergütung erhalten bleibt. Aufgrund überlanger Verfahren im Bewertungsausschuss sind
Fristen und Verfahrenswege gesetzlich zu regeln.

Um Vergütungen leichter und zielgenauer vereinbaren zu können, sollte es für ambulantes


Operieren ein eigenständiges Vergütungssystem unabhängig vom EBM geben. Bei
Selektivverträgen soll auf den Nachweis der Wirtschaftlichkeit verzichtet werden, wenn eine
besondere Qualität der Versorgung erreicht wird.

Standardoperationen, die durch Einsatz von Medizintechnologien bei gleichem Outcome auch
kurzstationär oder ambulant durchführbar werden, sollten dem Krankenhaus vorbehalten
bleiben. Durch finanzielle Anreize sollte die kurzstationäre und ambulante
Leistungserbringung durch das Krankenhaus gefördert werden.

6. Effektive Hygienemaßnahmen zur Infektionsvermeidung vergüten

Die konsequente Umsetzung von Hygienemaßnahmen ist das effektivste Mittel zur
Vermeidung von Krankenhausinfektionen. Das beginnt mit der Prävention durch eine
konsequente Händedesinfektion sowie Maßnahmen bei Krankenbehandlung, Operation und
postoperativer Versorgung. Das derzeitige Vergütungssystem setzt jedoch Anreize,
Hygieneaufwendungen zu minimieren. Um einen effektiven Infektionsschutz zu gewähr-
leisten, sollten deshalb Hygienemaßnahmen analog zu den KRINKO-Empfehlungen
extrabudgetär vergütet werden. Der Einsatz von Medizinprodukten, die die Rate
postoperativer Wundinfektionen (Surgical Side Infection) reduzieren, sollte durch richtige
Anreize gefördert werden.

Um das Infektionsrisiko durch Stich- und Schnittverletzungen beim medizinischen Personal


und pflegenden Angehörigen zu minimieren, muss außerdem die flächendeckende
Anwendung und Vergütung von Sicherheitsprodukten sichergestellt sein.

7. Qualitäts- statt Preiswettbewerb in der Hilfsmittelversorgung

Die reine Preisfokussierung – insbesondere bei Ausschreibungen – hat teilweise zu einer


schlechteren Versorgung mit Produkten und Dienstleistungen geführt. Ausschreibungen sind
nicht in allen Hilfsmittelbereichen zweckmäßig. Verhandlungsverträge sollten daher
grundsätzlich die erste Vertragsoption sein.

Unabhängig davon ist neben den verpflichtenden Qualitätskriterien auch ein funktionierendes
verbindliches, transparentes und bundeseinheitliches Vertragscontrolling erforderlich. Für eine
wirksame Vertragskontrolle im Hilfsmittelbereich bedarf es einer Rechtsverordnung, die
deutschlandweit vergleichbare Kriterien für die Überprüfung normiert. Zudem ist eine frühe
Einbindung der Leistungserbringer und der Hersteller in die Fortschreibung des
Hilfsmittelverzeichnisses unabdingbar.
33

8. Verbesserung der Versorgung chronischer Wunden

Wir benötigen standardisierte und spezialisierte Versorgungstrukturen für die Behandlung


chronischer Wunden. Dies kann durch ein strukturiertes Behandlungsprogramm (DMP) oder
durch eine spezialisierte ambulante Wundversorgung (SAWV) unter Einbeziehung der
vorhandenen sonstigen Leistungserbringer als Wundversorgungsexperten erfolgen.

9. Digitale Infrastruktur für Medizinprodukte ausbauen

Die Digitalisierung kann helfen, die Gesundheitsversorgung effizienter zu gestalten – die


konkrete Umsetzung inklusive Vergütung hingegen ist noch ausbaufähig. Ein Beispiel hierfür
ist die Telekardiologie, die nicht sachgerecht vergütet wird. Bei der digitalen Vernetzung der
Gesundheitsakteure und -prozesse bedarf es der umgehenden Einbindung sonstiger
Leistungserbringer (z. B. Hilfsmittelleistungserbringer) in die Telematikinfrastruktur. Wichtig
sind die ganzheitliche Digitalisierung der Versorgungsprozesse, der einheitliche Ausbau
digitaler Anwendungen und die Interoperabilität der bestehenden Anwendungen. Für
gesundheitsbezogene Apps, die eine medizinische und therapeutische Zweckbestimmung
haben, sind die bewährten regulatorischen Rahmenbedingungen für Medizinprodukte zu
adaptieren und weiterzuentwickeln.

Um Digitalisierung im Sinne der Patienten und für die Versorgungsforschung nutzen zu


können, brauchen wir sinnvolle Datenschutzregelungen, die die Datennutzung zu diesen
Zwecken ermöglichen.

10. Tragfähige Umsetzung der EU-Medizinprodukteverordnung (MDR) und mögliche


Gesetzgebung der EU zu Health Technology Assessment (HTA)

Ganz besonders kleine und mittlere Unternehmen (KMU) müssen fürchten, dass sie die
Anforderungen der neuen MDR organisatorisch und finanziell kaum stemmen können. Die
neuen klinischen Anforderungen sowie die umfassenden Dokumentations- und
Berichtspflichten sind erhebliche Herausforderungen. Wichtig ist die Einsetzung einer Task
Force zur praxistauglichen Umsetzung der MDR in Deutschland mit allen Stakeholdern sowie
ein Förderprogramm für MedTech-KMU. Die Unternehmen benötigen Planungssicherheit und
Klarstel-lungen zur Implementierung, zu den Übergangsvorschriften und zu den Regeln der
klinischen Prüfung. Benannte Stellen und Überwachungsbehörden müssen die neuen
Anforderungen der MDR tatsächlich umsetzen können

Im Zuge der Einführung der einmaligen Produktnummer (UDI) durch die MDR müssen
medizinische Einrichtun-gen ebenfalls in die UDI-Pflichten eingebunden werden.
Der Versuch der EU-Kommission, ggf. legislativ zu einer HTA-Harmonisierung zu kommen,
greift in nationale Kompetenzen ein. Die Anforderungen an Nutzenbewertungen und
gesundheitsökonomische Analysen sind nicht vom jeweils nationalen Vergütungssystem zu
trennen. Die Bundesregierung sollte entsprechenden Initiativen im Ministerrat nicht
zustimmen.

4.3 Wirtschaftspolitische Handlungsoptionen zum Abbau von Innovationshemmnissen

Der Bericht „Medizintechnische Innovationen – Herausforderungen für die Forschungs-,


Gesundheits- und Wirtschaftspolitik“ des Büros für Technologiefolgenabschätzung beim
Deutschen Bundestag (TAB) aus dem Jahr 2010 (Quelle: http://www.tab-beim-
bundestag.de/de/publikationen/berichte/ab134.html) listet folgende zehn Punkte als
Handlungsoptionen zur Verbesserung der Einführung medizintechnischer Innovationen auf:
34

1. Weiterführung der sektoren- und ressortübergreifenden High-Tech-Strategie


2. Stärkung und Verstetigung der interministeriellen Abstimmung zwischen Forschungs-,
Gesundheits- und Wirtschaftsministerium
3. Mehr Transparenz, mehr Information, mehr Freiraum der Förderprogramme für
Medizintechnik
4. Frühzeitige Berücksichtigung von Markteinführungsbedingungen bei der
Forschungsförderung
5. Stärkung des Innovationsmanagements und der Kenntnis über regulatorische
Rahmenbedingungen bei KMUs
6. Wachsenden Bedeutung von klinischen Studien erfordert Infrastruktur und auch
Unterstützung der Hersteller von Medizinprodukten
7. Weiterentwicklung von Methoden für klinische Studien, die den Erfordernissen der
Medizintechnik entsprechen
8. Weiterentwicklung des regulatorischen Rahmens für Medizinprodukte im Sinne einer
stärkeren Normung und regulatorischen Vorausschau auf neue Technologiefelder
9. Intensivierung FuE-Kooperationen zwischen KMU und Forschungseinrichtungen
10. Bessere Rahmenbedingungen für KMU bei neuen Finanzierungsmodellen
(Investitionsgüter)

Die Studie „Innovationsimpulse der Gesundheitswirtschaft“ des


Bundeswirtschaftsministeriums (Endbericht vom März 2011 unter: http://tiny.cc/cl0uz) listet
folgende wirtschaftspolitische Grundsätze für die Gesundheitswirtschaft auf:

> Health in all Politics: Zusammenarbeit von Gesundheits-, Wirtschafts-, Finanz-,


Forschungs-, Bildungs-, Familien und Arbeitsmarktpolitik
> Stärkung der exportorientierten Leitbranche durch Werkstattgespräche, Aktions- und
Masterpläne
> Schnellere Umsetzung von Ideen zur (erstattungsfähigen) Gesundheitsleistung durch
Abbau von Innovationsbarrieren
> Systemische Vorstellungen anstelle von Partikularinteressen

Die Studie gibt folgende übergreifende wirtschaftspolitische Handlungsempfehlungen:

1. mittelständische Unternehmen weiter stärken


2. Gesundheitswirtschaft benötigt konsistenten Ordnungsrahmen
3. Förderung eines innovationsfreundlichen Klimas im Sinne einer experimentellen Kultur
(Innovationsplattform auf Bundesebene unter Federführung des BMWi;
Innovationspartnerschaften und Unternehmensnetzwerke; Werkstattgespräche; neue
Formen der Innovationsfinanzierung
4. privaten Haushalte als Gesundheitsstandort erkennen
5. Verflechtungen zwischen Kernbereich und erweitertem Bereich der
Gesundheitswirtschaft sowie des Nicht-Gesundheitsbereichs erkennen
6. Attraktivität der Gesundheitsberufe verbessern
7. Innovative Versorgungsformen und –modelle als Exportleistung vermarkten

Die BMWi-Studie nennt stichwortartig folgende Ansatzpunkte für den Abbau von
Innovationshemmnissen:

> Innovationsfonds im GKV-System einrichten


> Verbesserung des NUB-Verfahrens (Transparenz, Standards)
> Konsequente Nutzung von eHealth
> Wettbewerb unter den Leistungserbringern fördern
> Größere betriebliche Einheiten im ambulanten Bereich (u.a. MVZ)
> Bessere Aus- und Weiterbildung, Reform der Pflegeausbildung
> Neue Geschäftsmodelle und Versorgungskonzepte für veränderte Strukturen
35

4.4 Innovationshürden in der Medizintechnik beseitigen

Das Bundesforschungsministerium hat im Oktober 2008 eine „Studie zur Identifizierung von
Innovationshürden in der Medizintechnik“ vorgelegt. Die Studie wurde erstellt von der
VDI/VDE Innovation + Technik GmbH, der Deutschen Gesellschaft für Biomedizinische Technik
im VDE und dem IGM Institut Gesundheitsökonomie und Medizinmanagement der
Hochschule Neubrandenburg.

Mit der Studie wird erstmals eine umfassende und systematische Analyse von
Innovationshürden beim Transfer medizintechnischer Innovationen in den deutschen Markt
und in die Gesundheitsversorgung vorgelegt. Die wesentlichen Ergebnisse:

> Es gibt keine gravierenden Hürden für innovative Medizintechnik in Deutschland, die nicht
im bestehenden System überwunden werden könnten. Das Innovationsklima wird auch
im internationalen Vergleich überwiegend als zufriedenstellend bis gut beurteilt.

> Gleichwohl gibt es zwei Phasen in der Entwicklung eines Medizinproduktes, die sich aus
Sicht der befragten Experten als besonders schwierig oder aufwändig erweisen. Dies
betrifft zum einen die klinische Forschung und Validierung einer innovativen
Medizintechnologie und zum anderen die Überführung in die Kostenerstattung durch die
Gesetzliche Krankenversicherung und damit in die breite Gesundheitsversorgung.

Zwei Engpässe und ein Informationsdefizit

> Die Phase der klinischen Forschung und Validierung einer innovativen Medizintechnologie
kann mit hohen Kosten einhergehen und muss refinanziert werden. Erschwerend kommt
dazu, dass einschlägige Expertise in der medizintechnisch-klinischen Forschung in
Deutschland nur eingeschränkt verfügbar ist.

> Ein zweiter Engpass wird in der Phase der Überführung einer innovativen Technologie in
die Kostenerstattung der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) gesehen. Die
überwiegende Zahl der befragten Experten beurteilt diesen Prozess aufgrund einer
zunehmenden Regulierung als vergleichsweise lang, mit hohem Aufwand verbunden und
nicht nutzerfreundlich bzw. nicht ausreichend transparent. Diese Kritik gilt sowohl dem
ambulanten als auch dem stationären Versorgungssektor. Es wird zudem bemängelt, dass
die für den Nachweis des medizinischen Nutzens geforderten Kriterien nicht ohne
weiteres auch auf Studien mit Medizinprodukten anwendbar seien. Zudem sind für die
zukünftig mögliche, weitergehende Kosten-/Nutzenbewertung eines Medizinprodukts
derzeit noch keine eindeutigen Vorgaben oder Kriterien vorhanden. Für Anbieter von
Medizinprodukten resultieren daraus Planungsunsicherheiten und höhere Kosten, die den
Zugang von medizintechnischen Innovationen zum geregelten Markt erschweren.

Neben den oben genannten beiden "Engpässen" kann der medizintechnische


Innovationsprozess durch weitere Faktoren erschwert werden. In fast allen Phasen dieses
Prozesses fehlt hoch und vor allem auch interdisziplinär qualifiziertes Personal. Wie kaum ein
anderes Technologiefeld ist die Medizintechnik dadurch gekennzeichnet, dass Innovationen
immer mehr das interdisziplinär erarbeitete Ergebnis mehrerer Technologien und
Wissenschaften sind.

Die befragten Medizintechnik-Akteure (Unternehmen, Forschungseinrichtungen und Kliniken)


erkennen in der wachsenden Kooperationsnotwendigkeit und den damit verbundenen
steigenden Anforderungen an Management und Wissenstransfer eine potenzielle
Innovationshürde. Daher gilt es, verstärkt interdisziplinäre Kompetenz durch qualifiziertes
Personal zu entwickeln und Wissenstransfer zwischen allen an der Wertschöpfungskette
beteiligten Akteuren zu organisieren.
36

Handlungsoptionen

Die Rahmenbedingungen am Innovationsstandort Deutschland für die Entwicklung und


Vermarktung moderner Medizintechnik sollte angesichts des sich verschärfenden
Wettbewerbs in einer globalisierten Welt kontinuierlich analysiert und – wenn erforderlich –
weiter angepasst werden. Die Handlungsoptionen betreffen überwiegend die klinische
Forschung zu innovativer Medizintechnik und die GKV-Erstattung. Als wesentliche
"Schaltstellen" zur weiteren Verbesserung der Rahmenbedingungen des medizintechnischen
Innovationsprozesses in Deutschland wurden dabei die folgenden Aspekte identifiziert:

> Steigerung der Qualität in der medizintechnisch-klinischen Forschung


> Erhöhung der Reputation medizintechnischer Forschung in den Kliniken
> neue Ansätze zur Finanzierung/Förderung klinischer Studien
> stärkere Kooperation zwischen den für Medizintechnik relevanten Fachdisziplinen
(Technik-, Ingenieurwissenschaften und Medizin)
> stärkere interdisziplinäre Ausbildung in vorhandenen (Medizintechnik-) Studiengängen
> mehr nutzerfreundliche Information und Beratungsangebote zum Prozess der Erstattung
innovativer Medizintechnik durch die GKV, z. B. in Form einer nachvollziehbaren und leicht
zugänglichen Gesamtdarstellung und praxisorientierter Beratungsstellen
> eindeutige und längerfristig gültige Kriterien für die Kosten-/Nutzenbewertung
innovativer Medizinprodukte
> stärkere Einbeziehung der Medizinproduktanbieter in den Prozess der Aufnahme eines
innovativen Medizinprodukts in die GKV-Erstattung
> Einführung von Prozessfristen für bestimmte Schritte im Bewertungsverfahren zur
Aufnahme eines Medizinprodukts in die GKV-Erstattung

4.5 Forschungspolitische Umsetzung

Das Bundesforschungsministerium (BMBF) hat 2016 das Fachprogramm Medizintechnik


„Patientenversorgung verbessern – Innovationskraft stärken“ gestartet. Damit werden die
Förderaktivitäten des BMBF im Bereich der Medizintechnik gebündelt und ausgebaut.

Ziele der Innovationsförderung sind:


> Erhöhung der Versorgungseffektivität
> Integrierte Versorgung durch Ausbau der Vernetzung entlang der Versorgungspfade
> Anwendungsnahe und anschlussfähige wissenschaftlich-technologische Forschung
> Beschleunigung des Innovationsprozesses
> Förderung des innovativen Mittelstand

Das Programm ist in den ersten fünf Jahren (2017 – 2021) mit bis zu 240 Millionen Euro an
Fördermitteln ausgestattet (Aufbau- und Mobilisierungsphase).

Für die Jahre 2022 bis 2027 ist eine Verstetigungsphase mit mindestens gleichem
Mittelvolumen vorgesehen.

Mit dem Fachprogramm Medizintechnik wurden zum Teil Handlungsempfehlungen des


Nationalen Strategieprozesses „Innovationen in der Medizintechnik“ und des vom Bundestag
2015 beschlossenen Antrags „Transfer von Forschungsergebnissen und Innovationen in die
Gesundheitsversorgung beschleunigen“ (BT-DRs. 18/7044) umgesetzt.
37

5. Medizintechnologien der Zukunft


Die Entwicklung der Medizintechnologie ist sehr dynamisch. Einige Trends:
Operationsverfahren werden durch moderne medizinisch-technische Verfahren immer
schonender, die Zugänge minimal-invasiver. Chirurgen erhalten Unterstützung durch
computerassistierte Navigation. Medizintechnik und IT wachsen zusammen.
Nanotechnologien sind ebenso wie Biotechnologien auf dem Vormarsch.

Die wesentlichen Trends „Medizintechnik 2020“ in zukunftsträchtigen Technologiefeldern:

> Interventionelle Medizintechnologien: Endoskopie und Laparoskopie, vor allem NOTES


(Nutzung der natürlichen Körperöffnungen); navigierte Biopsie; bildgestützte
Interventionen; Roboter-assistierte Interventionen oder steuerbare Multifunktions-
Katheter.

> Neuroengineering: sensorische Funktionen wie Cochlear- oder Retina-Implantate;


Muskelstimulation bei Lähmungen; intelligente Prothesen; Schlaganfall-Therapie durch
computerunterstützte Neuroplastizität; Neurostimulation bei Parkinson, Epilepsie oder
Depression.

> Zell- und Gewebetechnik (Haut, Knorpel, Knochen etc.); Blutgefäß-Konstrukte,


mitwachsende Herzklappen; Unterstützung bzw. Ersatz von Organen: Niere, Leber,
Pankreas ("closed loop" mit Blutzuckermessung und Insulingabe).

> Bildgebende Verfahren: beim MRT geht es in Richtung quantitative Bildgebung bzw.
funktionale Darstellung, beispielsweise des Blutstroms in der Aorta oder der
Nervenbahnen im Gehirn. Ein weiterer Aspekt ist die molekulare Bildgebung, die es
erlaubt, Zellen abzubilden und mit Hilfe von fluoreszierenden Markern Krankheiten
früher zu erkennen. Neue Methoden werden entwickelt: beispielsweise Magnetic Particle
Imaging, Multiwave Imaging, Impedance Imaging, Phasenkontraströntgen, optische
Bildgebung oder die Abbildung bioelektrischer Quellen.

> Telemedizin: insbesondere für chronisch Kranke, alte und pflegebedürftige Menschen
sowie Gesundheits- bzw. Fitness-Begeisterte. Überwachung des EKG, Blutdruck, Gewicht,
Blutzucker, Blutgerinnung durch diagnostische Implantate - über offene Schnittstellen
und Standards direkt in die elektronische Gesundheitsakte.

> IT – Information und Kommunikation der nächsten Generation: digitale Patientenakte,


weltweiter Zugang, genetische Profile; Prozessoptimierung Workflow Management; Arzt
wird sich wissensbasierte Unterstützung holen: second opinion durch
Wissensmanagement; computerassistierte Diagnostik und Therapieplanung.

> Modellierung und Simulation für die Diagnostik und Therapieplanung.

Die „meist forcierten Forschungsgebiete“ der Medizinprodukteindustrie sind aus


Expertensicht: Orthopädie (v. a. Wirbelsäulenchirurgie und Biomaterialien), Kardiologie (v. a.
Beschichtungsverfahren von Medizinprodukten und minimal-invasive Verfahren) und Innere
Medizin (v. a. Endoskopie, Diabetes).

Die internationalen Entwicklungen in der Medizintechnologie sind u. a. gekennzeichnet durch


fortschreitende Miniaturisierung, verstärkten Einsatz von IT-Technologien, die Entwicklung
neuer Biomaterialien mit verbesserter Verträglichkeit und die Integration biotechnologischer
Verfahren. Nur solche Entwicklungen werden dauerhafte Zukunftschancen für neue Produkte
und somit zusätzliche sichere Arbeitsplätze bieten, die auch einen messbaren Beitrag zu
größerer Leistungsfähigkeit oder Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen erbringen. Die
38

frühzeitige Abschätzung dieser Leistungsfähigkeit macht besondere Verfahren auf dem Wege
der Produktentwicklungen sinnvoll und erforderlich.

Die Medizintechnik-Studie des BMBF nennt als die drei wichtigsten Trends der
Medizintechnik: Computerisierung, Miniaturisierung und molekulare Funktionalitäten.

5.1 Die Computerisierung hält aufgrund der Bedeutung der Informations- und
Kommunikationstechnik unvermindert an.

Schon heute sind Experten davon überzeugt, dass die Computerunterstützung insbesondere
bei der Bildverarbeitung, Modellierung und Simulation weiter deutlich zunehmen wird. Mit
Hilfe von neuen modellbasierten Methoden der Biosignalverarbeitung lassen sich die
physiologischen Ursachen von Krankheiten immer gezielter aufdecken. Implantate werden
aufgrund verbesserter Hardware immer leistungsfähiger. Durch den Aufbau modellbasierter
Regelkreise erhalten Therapiesysteme, die z. B. in Dialyse oder Beatmung eingesetzt werden,
eine noch intelligentere Steuerung.

Eine modellbasierte Bildverarbeitung erlaubt darüber hinaus die Darstellung wichtiger


funktioneller Informationen für eine optimierte Therapieplanung. Bei der
Patientenbehandlung werden alle vergleichbaren Fälle der Vergangenheit analysiert und
daraus konkrete Diagnostik- und Therapievorschläge abgeleitet.

Ein zweites Feld sind eHealth, Telemedizin und TeleMonitoring sowie die erforderliche
Vernetzung. Eng verbunden mit diesen Ansätzen ist die Vision einer europaweiten
elektronischen Patientenakte. Datenstrukturen werden so entworfen, dass der größtmögliche
Vorteil für die Patienten entsteht und der Datenschutz gesichert ist.

Telemedizin und adaptives Workflow Management sollen zu Kosteneinsparungen und


Qualitätsverbesserungen führen. Personal Healthcare zur Versorgung chronisch Kranker und
alter Personen in ihrem häuslichen Umfeld wird flächendeckend eingeführt. Erste Ansätze
dazu sind bereits vorhanden, die wirtschaftlichen Vorteile der Telemedizin sind erheblich.

5.2 Daneben etabliert sich die Molekularisierung, die besonders durch Biotechnologie, Zell-
und Gewebetechnik repräsentiert ist.

Viele Experten erwarten, dass die Medizintechnik für die Regenerative Medizin deutlich an
Gewicht gewinnt. Eine Ursache dafür liegt darin, dass die Zell- und Gewebetechnik in den
kommenden Jahren den Schritt von der Grundlagenforschung zur Anwendung vollziehen
kann. Die Entwicklung von neuen funktionellen Biomaterialien muss dabei einbezogen
werden. Sie sollen bessere biomimetische (also natürliche Vorgaben nachahmende)
Eigenschaften besitzen, die eine einfachere Zellbesiedlung und Integration in den Körper
ermöglichen.

Implantate sollen zusätzliche Funktionalität im Sinne von "Regeneration der biologischen


Funktion" erhalten. Forschergruppen in vielen Teilen der Welt arbeiten bereits daran,
Nanopartikel für „Drug Delivery“ zu entwickeln und zu nutzen.

5.3 Immer noch in großen Schritten verläuft zudem die Miniaturisierung, die durch
Mikrosystemtechnik, Nanotechnologie und Optische Technologien vorangebracht wird.

Bei BioMEMOS (Bio Microelectromechanical and Optical Systems) handelt es sich um die
Anwendung von Mikrosystemen in der Medizintechnik, die immer weiter zunimmt. Neben
Aspekten der Bioverträglichkeit beziehen sich weitere wichtige Teilbereiche auf
Implantierbare Mikrosysteme, die aktiv oder passiv, sensorisch, telemetrisch oder mit
Nervenankopplung funktionieren können. Von großer Bedeutung ist auch die In-vitro
Diagnostik z. B. mit DNA- oder Protein-Chips sowie Lab-on-a-Chip-Systemen. Weitere
39

Ansatzpunkte sind die Mikrofluidik, die Point-of-Care-Diagnostik, also Laboruntersuchungen


direkt vor Ort beim Arzt, die Zeit und Geld sparen, sowie die Zelldiagnostik.
Mikrosystemtechnik in Form von Mikrozerstäubern, -dosierern, und -injektion dürfte „Drug
Delivery“ maßgeblich beeinflussen.

Interventionen werden künftig noch häufiger mit minimal-invasiver Chirurgie ausgeführt.


Schlagworte hierbei sind: bildgeführt, katheterbasiert, endoskopisch und stereotaktisch. So
sollen Sonden präzise navigiert im Körper platziert werden, um vor Ort eine detaillierte
Diagnostik und Therapie durchführen zu können.

Drei MedTech-Entwicklungen:
Integrierte Intervention und Information, Innovative Implantate

Die Biomedizinische Technik zeichnet sich durch eine enorme Spannweite der Inhalte und
Methoden aus. Sie reicht von Tissue Engineering bis zu Ultraschallgeräten, von
Operationsrobotern bis zu Labordiagnostik, von medizinischen Implantaten bis zu Big Data
und eHealth. Biomedizintechnische Forschung führt zu Medizinprodukten, die die
Patientenversorgung maßgeblich bestimmt. Chirurgie, Tumordiagnostik und -therapie oder
prothetische Versorgung wären ohne den Einsatz zahlreicher Medizinprodukte nicht möglich.
Biomedizintechnik kommt ein großer Stellenwert zu.

Innovationen sollen dem Patienten nutzen, sicher, schonend und effizient anwendbar sein.
Innovation ist die Basis für die Versorgung zahlreicher Erkrankungen, die heute nur
unzureichend oder noch gar nicht therapierbar sind. Damit kann die medizinische Versorgung
erheblich verbessert werden. Dabei reicht es nicht aus, nur Technik zur Verfügung zu stellen.
Forschung und Entwicklung müssen sich vom medizinischen Bedarf her definieren und
orientieren. Dies gelingt nur, wenn die Translation, bei der eine Technologie in die klinische
Praxis überführt wird, sich am medizinischen Bedarf orientiert und zu einer tatsächlichen
Verbesserung der Versorgung beiträgt. Je enger und frühzeitiger diese Interaktion zwischen
Technik und Medizin stattfindet, umso erfolgversprechender wird die
Medizinproduktentwicklung sein. Dazu ist ein geeignetes, interdisziplinäres Umfeld
notwendig. Zusammenfassend lassen sich folgende Entwicklungen in der Medizintechnik
erkennen:

1. Integrierte Intervention

Der operative Eingriff ist nach wie vor die Therapieform der Wahl bei einer Vielzahl von
Erkrankungen. Bei neueren Operationsverfahren werden Patienteninformationen, Diagnostik
und Assistenztechnologien in immer stärkerem Maße einbezogen und miteinander
kombiniert. Bei dieser integrierten Intervention können Eingriffe beispielsweise mittels
dreidimensionaler Patientenmodelle präzise geplant und begleitet werden. Intraoperative,
bildgebende Diagnoseverfahren navigieren den Operateur durch den Eingriff, insbesondere
bei anspruchsvollen anatomischen Verhältnissen. Die Verwendung (teil)autonomer
Assistenzsysteme oder minimal-invasiver OP-Techniken erlaubt schonende und damit
nebenwirkungsarme Eingriffe. Integrierte Intervention ist auch vorteilhaft bei
Präzisionsbestrahlungstechniken in der therapeutischen Radiologie oder Präzisionseingriffen
in der Laserchirurgie.

Trotz aller Erfolge gibt es jedoch noch erheblichen Forschungs- und Entwicklungsbedarf. Vor
allem die exakte intraoperative Differenzierung von pathologischem Gewebe stellt eine große
Herausforderung dar. Auch die flexible und sichere Vernetzung unterschiedlichster
Medizingeräte in OP und Intensivmedizin steht noch am Anfang. Ein wichtiges Ziel der
40

integrierten Intervention ist die Schaffung eines interdisziplinären und vollständig vernetzten
Interventionsraums im Sinne einer „Eingriffsumgebung“, die effektive und sichere operative
Eingriffe unter Nutzung aller verfügbaren Technologien und Informationen erlaubt.

2. Integrierte Information

Nicht nur die Biomedizinische Technik sondern die gesamte medizinische


Patientenversorgung durchlaufen gegenwärtig eine beispiellose Welle der Digitalisierung. Im
Mittelpunkt stehen die Zusammenführung und intelligente Nutzung von Patientendaten.
Doch auch medizintechnische Geräte sowie Prozess- oder Betriebsabläufe der medizinischen
Versorgung werden vernetzt. Ein zentraler Ansatzpunkt dieser integrierten Informationen ist
das medizinische Monitoring von Patienten. Es erlaubt sowohl die engmaschige Überwachung
medizinischer Parameter innerhalb des Krankenhauses, beispielsweise auf der Intensivstation,
als auch ein therapiebegleitendes (Tele-)Monitoring außerhalb, beispielsweise zu Hause.

Durch verbesserte Biosignalverarbeitung, Softwarealgorithmen und Computer-Hardware


nehmen die Komplexität und damit die Leistungsfähigkeit des medizinischen Monitorings
stetig zu. Zudem werden immer mehr integrierte Informationen bereitgestellt, indem Daten
weiterer diagnostischer und therapeutischer Verfahren in das Monitoring aufgenommen
werden. Dies gilt etwa für patientennahe in-vitro Diagnostik (Point-of-Care-Testing, POCT)
oder die diagnostische Bildgebung.

Stetiger Forschungs- und Entwicklungsbedarf besteht zu allen Fragen der Leistungsfähigkeit


und der technischen Umsetzung des medizinischen Monitorings. Eine weitere grundlegende
Forschungsfragestellung betrifft die Nutzung der in qualitativ und quantitativ immer
größerem Umfang erzeugten Daten („Big Data“). Diese müssen in geeigneter Form, zum
Beispiel in Registern, aufbereitet und ausgewertet werden. Daran schließt sich die
Erforschung umfassender Patientenmodelle an, mit deren Hilfe, Diagnosen und
Therapieentscheidungen schneller und sicherer werden. Insgesamt werden sich sowohl
klinische als auch ambulante Versorgungsabläufe ändern, indem Patienten in zum Teil
standortübergreifend vernetzte Monitoring- und Datenumgebungen eingebettet sind. Eine
beherrschende Frage dabei bleibt die der Datensicherheit und damit verbunden der
informationellen Selbstbestimmung der Patienten. Hier müssen Anspruch der Patienten,
medizinischer Nutzen und technische Machbarkeit sorgfältig gegeneinander abgewogen
werden.

3. Innovative Implantate

Passive Implantate werden für den Ersatz oder die Funktionswiederherstellung von
Körperteilen verwendet, etwa für den Ersatz von Gelenken, Zähnen, Herzklappen und
Augenlinsen oder der Stabilisierung von Blutgefäßen (Stent). Neben der stetigen Material-
und Methodenforschung zur Verbesserung der Versorgung mit passiven Implantaten besteht
großer Forschungsbedarf bei der Darstellung der Bioverträglichkeit. Hierzu werden unter
anderem biologische oder teil-biologische Implantate erforscht in Verbindung mit
methodischen Fragestellungen zur Qualitätssicherung des biologischen Materials und dessen
Lagerung bzw. Bereitstellung in Biobanken. Das ultimative Ziel der Bioimplantatforschung ist
jedoch der regenerative Ersatz von Organen oder Geweben.

Aktive Implantate verfügen über eine Energiequelle und können mit Hilfe geeigneter
sensorischer oder aktiver Komponenten Körperfunktionen überwachen oder unterstützen. Die
prominentesten Beispiele sind Herzschrittmacher bzw. Defibrillator,
Herzunterstützungssysteme, Innenohrimplantate, Neuroimplantate zur Behandlung
neurodegenerativer Erkrankungen und implantierbare Medikamentenpumpen. Die
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Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten sind umfassend und zielen beispielsweise auf die
weitere Verkleinerung, Bioverträglichkeit, Langzeitstabilität, Datenanbindung und
Implantatvernetzung, Wirkstoffabgabe oder kathetergestützte Applikationsverfahren ab.
Aufgrund des stetig steigenden Durchschnittsalters der Bevölkerung und der damit
einhergehenden Zunahme chronischer und degenerativer Erkrankungen kommt der
medizinischen Patientenversorgung mit innovativen Implantaten eine herausragende Rolle
zu. Allerdings erfordern innovative Implantate immer auch eine möglichst minimal-invasive
Methode der Implantation. Sie zählen daher aus technologischer und regulatorischer Sicht zu
den anspruchsvollsten Medizinprodukten überhaupt. Es besteht daher ein erheblicher
Forschung- und Translationsbedarf, um das therapeutische Potenzial vollständig zu
erschließen.

Zusammenfassung: Geeignete Rahmenbedingungen

Biomedizintechnische Forschung und Entwicklung hat das Ziel, Technologie für die
medizinische Prävention, Diagnose, Therapie oder Rehabilitation nutzbar zu machen und ist
Grundlage für neuartige oder verbesserte Medizinprodukte. Durch das Zusammenwirken von
Ingenieur- und Naturwissenschaften, Medizin und Informatik ist das Technologie- und
Methodenspektrum außerordentlich vielfältig.

Die Biomedizinische Technik ist dabei zwingend auf innovations- und kooperationsfreundliche
Rahmenbedingungen angewiesen. Ausbildungsgänge und wissenschaftliche bzw. berufliche
Anreizsysteme müssen im hoch interdisziplinären Umfeld ausreichend aufeinander
abgestimmt werden. Forschung und Entwicklung, die mit einem hohen technischen Risiko
einhergeht, benötigt qualitativ und quantitativ adäquate Förderung. Neue
Medizintechnologien brauchen überdies realistische Zugangswege zu Markt, Erstattung und
damit zum Patienten. Technologietranslation und Technologietransfer erweisen sich nur allzu
oft als unüberwindbare Hürden. Das übergeordnete Ziel muss stets die Verbesserung der
medizinischen Versorgung durch sichere und medizinisch sinnvolle Medizintechnik sein.

Fazit

Die Medizintechnik hat ein hohes Innovationspotenzial durch personelle und thematische
Zusammenführung verschiedener wissenschaftlicher Disziplinen. Klar ist: Die Entwicklung der
Medizintechnologie ist mit dem Ende des 20. Jahrhunderts noch lange nicht beendet. Vielmehr
ist damit zu rechnen, dass der Fortschritt noch rasanter werden wird. Wir stehen am Beginn
einer medizintechnologischen Revolution.
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Anhang:
Inlandsproduktion ausgewählter medizintechnischer Güter 2016
(Quelle: Spectaris-Jahrbuch 2017)

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