Praktische Gewerkschaftsarbeit .Texte, Die Ansprechen Schreiben Für Die Betriebsratsarbeit
Praktische Gewerkschaftsarbeit .Texte, Die Ansprechen Schreiben Für Die Betriebsratsarbeit
'EWERKSCHAFTSARBEIT
PGA
9 Lucia Bauer
$IESESß3KRIPTUMßISTßF~RßDIEß6ERWENDUNGßIMß2AHMENßDERß"ILDUNGSARBEIT
DESßdSTERREICHISCHENß'EWERKSCHAFTSBUNDESßDERß'EWERKSCHAFTENßUND
DERß+AMMERNßF~Rß!RBEITERßUNDß!NGESTELLTEßBESTIMMT
Anmerkungen
Wie soll mit diesem Skriptum
gearbeitet werden?
Anmerkungen: Die rechte bzw. linke Spalte jeder Seite dient zur Eintra-
gung persönlicher Anmerkungen zum Lernstoff. Diese
eigenen Notizen sollen, gemeinsam mit den bereits vorge-
gebenen, dem Verständnis und der Wiederholung dienen.
Arbeitsanleitung
– Lesen Sie zunächst den Text eines Abschnitts aufmerksam durch.
– Wiederholen Sie den Inhalt des jeweiligen Abschnitts mit Hilfe der ge-
druckten und der eigenen Randbemerkungen.
– Lösen Sie die am Ende des Abschnitts gestellten Übungen (möglichst
ohne nachzusehen).
– Lösungsvorschläge für die jeweiligen Übungen finden Sie am Ende des
Skriptums.
– Ist Ihnen die Beantwortung der Fragen noch nicht möglich, ohne im Text
nachzusehen, arbeiten Sie den Abschnitt noch einmal durch.
– Gehen Sie erst dann zum nächsten Abschnitt über.
– Überprüfen Sie am Ende des Skriptums, ob Sie die hier angeführten
Lernziele erreicht haben.
Lernziele
Nachdem Sie dieses Skriptum durchgearbeitet haben, sollen Sie:
– wissen, was Texte lesbar und verständlich macht.
– eigene und fremde Texte bearbeiten und verbessern können.
– für Briefe, E-Mails, Protokolle und Pressetexte ansprechend texten
können.
Ich danke meiner Kollegin Karin Zimmermann und meiner Schwester Ruth
Bauer für Ihre Unterstützung bei der Erstellung des Skriptums.
2
Einleitung Anmerkungen
Oft wird dennoch der äußeren Form von Texten wenig Aufmerksamkeit
geschenkt: Für Briefe haben wir ohnehin Vorlagen. Unsere Berichte haben
wir immer schon so geschrieben. Unsere Leute verstehen uns schon. War-
um also lange an den Texten herum basteln? Dafür haben wir einfach keine
Zeit. Wir wollen unsere Lesenden ja nur informieren. Wir brauchen ihnen
keine Staubsauger verkaufen.
Ein großer Fehler: Briefe, Protokolle und Pressemeldungen, die schwer Unverständliche Texte
verständlich und umständlich formuliert sind, informieren niemanden. Sie verärgern die Lesen-
verwirren die Lesenden und verärgern sie. Es lohnt sich also den eigenen den
Texten etwas mehr Aufmerksamkeit zu schenken.
Die folgenden Textpassagen (wie auch alle weiteren Beispieltexte des Skrip-
tums) sind erfunden, könnten aber so auf einem Infoblatt des Betriebsrats
stehen. Lassen Sie die beiden Texte auf sich wirken und überlegen Sie:
• Welcher der beiden Texte spricht Sie mehr an?
• Welchen finden Sie leichter lesbar?
• Wie stellen Sie sich die Verfasser/-innen der Texte vor?
• Welches der beiden Teams erscheint Ihnen kompetenter?
A: B:
3
Anmerkungen Wahrscheinlich ist es Ihnen mit den beiden Texten so gegangen wie den
meisten Menschen:
So Sperrig formuliert, Text A wirkt umständlich und kompliziert – schwer lesbar. Das wirft kein
lassen sich keine Er- gutes Bild auf das verantwortliche Betriebsratsteam. Schon die Überschrift
folge verkaufen ist sperrig formuliert ist – sicher keine Schlagzeile, die neugierig macht.
Und auch der Rest des Textes motiviert nicht zum Weiterlesen. Dabei ist
das Thema für die Menschen in diesem Betrieb sicher spannend – immerhin
ändert sich ihre Arbeitszeit. Dass der Betriebsrat sich gegen die Geschäfts-
führung durchgesetzt hat, beeindruckt so formuliert niemanden. Eher wird
vermittelt, dass es ein langes und zähes Ringen werden könnte, den Text
fertig zu lesen.
Wir alle bevorzugen Text B hat Sie mehr angesprochen? Kein Wunder. Er ist wesentlich ver-
verständliche Texte ständlicher geschrieben. Einen Artikel, der so beginnt, lesen wohl mehr
Leute zu Ende als den anderen Text.
Warum ist das so? Worauf kommt es beim Schreiben an? Warum legen wir
manche Texte schon nach ein paar Zeilen aus der Hand, während wir von
anderen gefesselt werden? Was macht einen guten Text aus? Woran kann
es liegen, wenn unsere Texte einmal nicht so gut ankommen? Auf diese
Fragen versucht das Skriptum Antworten zu geben. Doch Vorsicht: Es gibt
kein Kochrezept für Texte: Man nehme passende Wörter, baue sie zu Sät-
zen zusammen und fertig ist der perfekte Text. So einfach ist es leider nicht.
Dieses Skriptum bietet Tipps, die zum Nachdenken über die eigenen Texte
anregen sollen – keine Regeln, an die man sich sklavisch halten muss. Aber
es ist nützlich, diese Tipps zu kennen: Sie lassen sich auf alle Arten von
Texten anwenden. Und sie können dazu betragen, dass unsere Botschaft bei
den Lesenden besser ankommt.
Schreiben lernt man Alle Tipps der Welt ersetzen nicht die tägliche Übung im Umgang mit Tex-
durch Schreiben ten. Schreiben lernt man durch Schreiben. Und durch Lesen fremder Texte –
guter und weniger guter. Und durch Herumfeilen und Experimentieren mit
Sprache. Im Vorteil sind hier natürlich Leute, die täglich mit Texten zu tun
haben. Doch auch weniger geübte Schreiber/-innen, können verständliche
Texte schreiben. Sie müssen sich nur genug Zeit dafür nehmen. Texten ist
nämlich Arbeit, allerdings eine, die sich lohnt. Nicht weil gute Texte soviel
Lob bringen, sondern weil sie ihr Ziel erreichen. Wenn man mit einem Text
zu einer Veranstaltung einlädt und viele Leute kommen, dann war das die
Mühe wert. Wenn man jemanden in einem Brief um etwas bittet und damit
Erfolg hat – dafür lohnt sich schon ein bisschen Nachdenkarbeit.
4
gen beim Lesen, dafür sehen sie gleich, dass sie es mit einem Experten/ei- Anmerkungen
ner Expertin zu tun haben.
Nur haben die wenigsten Menschen Lust, sich beim Lesen anzustrengen.
Und schon gar nicht wollen sie Informationstexte mit einem Fremdwörter-
buch lesen. Das tut niemand. Viel wahrscheinlicher ist, dass die Lesenden
einen mühsamen Text verärgert weglegen.
Gute Informationstexte erfüllen ihren Zweck. Sie sind so kurz wie mög- So kurz wie möglich
lich und so lang wie nötig. Sie enthalten genau jene Informationen, die und so lang wie nötig
für die Lesenden wichtig sind und nicht mehr. Sie lassen aber auch nichts
Wichtiges weg. Ganz nebenbei wecken gute Texte auch Sympathien für die
Autoren/-innen.
Gute Informationstexte machen Lust auf mehr. Gelingt es, die Botschaft Lebendige Texte wer-
eines Textes verständlich zu formulieren, ist der erste und wichtigste Schritt den zu Ende gelesen
passiert. Dass der Text verständlich ist, reicht aber nicht immer aus, um das
Ziel zu erreichen. Nicht zuletzt hängt das von der Textsorte ab: Protokolle
etwa halten bestimmte Ereignisse fest und machen sie nachvollziehbar. Das
perfekte Protokoll ist verständlich und vollständig. Niemand erwartet von
einem Protokoll, dass es die Lesenden unterhält oder motiviert, etwas zu
tun. Anders ist das bei einer Presseaussendung. Die Journalisten/-innen
sind nicht verpflichtet, den Text zu lesen. Damit sie es trotzdem tun, muss
der Text also mehr zu bieten haben. Die Überschrift muss die Lesenden an-
sprechen. Der Einstieg muss sie in den Text hinein ziehen. Und schließlich
muss der gesamte Text so lebendig geschrieben sein, dass sie ihn bis zum
Ende lesen.
5
Viele Fehler in einem Gute Informationstexte sind korrekt. Wir alle machen ab und zu Fehler.
Text erzeugen eine Rechtschreib- und Grammatikfehler sind schnell passiert und leicht zu
schlechte Optik übersehen. Ein Fehler ist keine Katastrophe. Viele Fehler sind jedoch pein-
lich, weil sie vermitteln, dass man sich nicht bemüht hat. Niemand muss
alle Regeln der Rechtschreibung und Grammatik im Kopf haben. Wir alle
sind manchmal unsicher, wie ein Wort geschrieben wird oder wie eine
Grammatikregel lautet. Beides kann man leicht nachschlagen. Und wenn
das zu lästig ist: Fast alles lässt sich auch anders sagen. Kurz: Lieber einen
Satz umschreiben, als einen Fehler riskieren.
Auch gute Texte wir- Übrigens: Gute Informationstexte können viele Dinge. Sie wirken aber
ken keine Wunder keine Wunder: Sie können keine Lüge wahr und schlechte Neuigkeiten
nicht zu guten machen. Sie können nicht verbergen, wenn der Autor/die
Autorin zu einem Thema nichts zu sagen hat. Und schließlich können sie
Menschen nicht zu etwas zwingen. Nicht alles lässt sich also mit den pas-
senden Formulierungen erreichen, aber vieles.
Verben – Zeitwörter
Verben beschreiben
Tätigkeiten Verben machen einen Text lebendig. Mit Verben geben wir wieder,
was passiert und wer etwas tut. Verständliche ansprechende Texte
brauchen daher viele Verben.
Sätze mit vielen Verben verstehen wir besser als Ketten aneinander gereih-
ter Substantive.
6
Dazu ein konkretes Beispiel: Beispiele
Statt: Besser:
Obwohl der linke Satz kürzer ist als der rechte, fällt es schwer ihn zu ver-
stehen, weil die Handlung in 4 lange Substantive gezwängt wurde. Rechts
können wir uns schon viel mehr vorstellen.
Statt: Besser:
Kraftlose Verben wie erfolgen, gelangen, werden, sein, legen, befinden müssen
herhalten, wenn wir die Handlung in Hauptwörtern verstecken. Die Über-
prüfung der Gehälter ist kein vollständiger Satz. Damit er vollständig wird,
erhält er das nichts sagende, statische Verb erfolgte. Viel aktiver klingt der
rechte Satz.
Bei allen Wörtern kann man überprüfen, ob man sie vielleicht kürzen Aufgeblähte Verben
kann. Lässt man bei den folgenden Verben die Vorsilbe weg, bleibt ihre meiden
Bedeutung trotzdem gleich: durchplanen, abzielen, ansparen.
Statt: Besser:
Wir müssen das Projekt genau Wir müssen das Projekt genau
durchplanen. planen.
Kürzen lassen sich meist auch sogenannte Streckverben. Das sind Verben, Streckverben kürzen
die nur mit einem Substantiv zusammen existieren können: einen Be-
schluss fassen, einen Besuch abstatten, eine Verabredung treffen. Die meisten
Streckverben lassen sich ganz leicht durch ein einfaches Verb ersetzen:
beschließen, besuchen, verabreden.
Statt: Besser:
Ich gab ihm über die Beschluss- Ich informierte ihn über den Be-
lage Bescheid. schluss
7
Aktiv statt Passiv Texte wirken lebendiger und ansprechender, wenn man aktive Formulie-
rungen verwendet. Viele passive Verben machen Texte bürokratisch. Zu-
dem geben passive Formulierungen nicht preis, wer handelt.
Statt: Besser:
Substantive – Hauptwörter
Konkrete Substantive
sind leicht verständlich Substantive bezeichnen Menschen, Dinge und Tiere aber auch Ab
straktes wie Gefühle. Am besten verständlich sind konkrete Substan-
tive, die bei uns im Kopf ein Bild entstehen lassen.
Je konkreter ein Wort, desto plastischer wird dieses Bild. Lesen wir Hund,
haben wir das Bild eines Hundes im Kopf. Lesen wir Dackel wird dieses Bild
noch viel konkreter. Bei Canidae (Hundeartige) oder Säugetiere wird es da-
gegen schon schwieriger. Oberbegriffe wie diese beiden Wörter haben den
Vorteil, dass sie eine Palette unterschiedlicher Dinge, Tiere oder Menschen
zusammenfassen. Wir brauchen diese Sammelbegriffe manchmal, damit
wir uns korrekt und vollständig ausdrücken. Enthält ein Text aber viele
Oberbegriffe wird er bürokratisch und umständlich. Dazu ein konkretes
Beispiel:
Möchte man also verständlich schreiben, sollte man viele konkrete anschau-
liche Wörter verwenden. Nicht Bekleidung, sondern Hose, Jacke, Rock und
nicht Fortbewegungsmittel sondern Auto, Fahrrad, Motorrad. Noch konkreter
wären Mercedes, BMW oder Audi.
Schlechter verständlich, aber kaum vermeidbar, sind lange Wörter, die von
Verben oder Adjektiven abgeleitet sind: Vereinbarung, Beleidigung, Verant-
wortung.
Mühsam für die Lesenden sind Begriffe, die alles oder nichts bedeuten:
System, Ansatz, Bezug, Struktur, Maßnahme. Solche Wörter brauchen andere
Wörter, um klar zu machen, was damit gemeint ist. Welches System? Das
Bildungssystem? Das politische System? Das heißt nicht, dass man ganz
und gar ohne diese Wörter auszukommen kann. Man sollte sich aber beim
Schreiben ihrer Nachteile bewusst sein. Oft blähen sie nämlich einen Text
unnötig auf und man kann einfach auf sie verzichten.
8
Statt: Besser: Beispiele
Statt: Besser:
Oder:
Bevor man ein langes kompliziertes Hauptwort verwendet, sollte man im- Hauptwörter durch
mer überlegen, ob sich die gleiche Sache auch mit einem Verb sagen lässt. Verben ersetzen
Statt: Besser:
Die Eröffnung des neuen Kul- Alles neu: Firmenchef Peter Huber
turzentrums passierte am Tag eröffnete am 3. September das Kul-
der Erneuerung der Computer- turzentrum. Zeitgleich arbeiteten
anlage. die beiden EDV-Techniker/-innen
an der neuen Computeranlage.
Die deutsche Sprache erlaubt fast beliebig lange Reihen von Substantiven. Zusammengesetzte
Grammatikalisch ist gegen den Zungenbrecher Donaudampfschifffahrtsgesell- Substantive
schaftskapitänskajüte nichts einzuwenden.
In Informationstexten erschweren solche Wörter das Lesen jedoch erheb-
lich. Das ist zuviel Information in einem Wort – solche Substantivreihen
sollte man besser zerlegen.
Statt: Besser:
Adjektive – Eigenschaftswörter
Adjektive unterschei-
Adjektive dienen dazu, etwas zu bewerten und von etwas anderem den und bewerten
zu unterscheiden.
Das rote Auto, nicht das grüne. Das interessante Buch, im Gegensatz zu dem
langweiligen Buch.
Adjektive können einen Text interessant machen und wichtige Zusatzinfor-
mationen geben. Adjektive können einen Text jedoch auch unnötig aufblä-
hen und in die Länge ziehen.
9
Anmerkungen Kleiner Zwerg würde wahrscheinlich niemand schreiben. Auch das verhei-
ratete Ehepaar klingt für die meisten Menschen komisch. Schon weniger
Menschen wundern sich über die beigefügte Anlage und die Formulierung
schwere Verwüstungen finden die meisten durchaus in Ordnung. Was aber
wären leichte Verwüstungen im Vergleich zu schweren? Tautologien nennt
man Formulierungen, die doppelt beschreiben. Tautologisch ist auch der
Satz: Sie erlag ihren schweren Verletzungen. Ein Mensch, der an seinen Verlet-
zungen stirbt, kann nicht leicht verletzt sein. Dass uns übertriebene Formu-
lierungen so vertraut sind, liegt daran, dass sie im Sensations-Journalismus
regelmäßig zum Einsatz kommen. Die Neue Kronenzeitung und die U-
Bahn-Zeitung leben von Übertreibungen. Seriöse Information sollte aber
ohne Übertreibung auskommen.
Für Texter/-innen bedeutet das: Bei jedem Adjektiv prüfen, ob man es
weglassen kann.
Wer immer übertreibt, kann sich nicht mehr steigern – außer er/sie benutzt
die Steigerungsformen. Dann werden aus den schweren Verletzungen die
schwereren Verletzungen oder gar die schwersten Verletzungen. Die Lust zum
Übertreiben führt schließlich auch dazu, dass Adjektive gesteigert werden,
bei denen eine Steigerung grammatikalisch nicht möglich ist. Weiß, weißer,
am weißesten ist grammatikalisch falsch und trotzdem in der Werbesprache
üblich. Manchmal lassen sich mit Regelverstößen witzige Effekte erzielen.
Voraussetzung dafür ist jedoch, dass sie bewusst gemacht werden und
nicht passieren, weil die Schreibenden es nicht besser wissen.
Weniger ist mehr In der Umgangssprache gebräuchlich sind Formen wie in keinster Weise und
optimalste Bedingungen. In Texten sollte man darauf lieber verzichten. Selbst
wenn man wirklich verärgert ist über die Geschäftsführung und dieses
Missfallen deutlich werden soll, muss man nicht sagen: Der Betriebsrat äu-
ßerte heftigste Kritik am Verhalten der Geschäftsführung. Auf die Lesenden
wirkt das eher gespreizt und übertrieben. Weniger ist hier eindeutig mehr:
Der Betriebsrat kritisierte die Geschäftsführung.
Fremdwörter
Fremdwörter nur
verwenden, wenn Die deutsche Sprache enthält eine Menge Wörter, die sich aus dem
sie sicher verstanden Lateinischen, Griechischen, Französischen, Englischen oder sogar aus
werden dem Arabischen ableiten.
10
fach sagen kann, der soll schweigen und weiter arbeiten, bis er’s klar sagen kann. Anmerkungen
(Quelle: Wolf Schneider, Deutsch für Kenner)
Eine besonders modische Form der Fremdwörter sind denglische Wörter. Denglisch
Das sind englische Wörter, die mehr oder weniger erfolgreich der deut-
schen Sprache einverleibt werden. Gegen die meisten dieser Wörter ist
nichts einzuwenden. Handy, T-Shirt, E-Mail, Download, Job, Internet, und
Workshop sind längst Teil unserer Alltagssprache. Wie bei allen Fremdwör-
tern sollte man auch bei englischen Begriffen überlegen, ob der Zielgruppe
des Textes alle diese Wörter bekannt sind. Merkwürdig sind auch manche
Eindeutschungen englischer Begriffe: Heißt es downgeloaded oder gedownloa-
ded? Keine Ahnung? Dann ist heruntergeladen sicher eine gute Alternative.
Verwirrung kann übrigens leicht aufkommen, wenn man mit englischspra-
chigen Menschen zu tun hat. Viele denglische Wörter kommen nämlich im
Englischen gar nicht vor: So etwa das Handy, das auf Englisch mobile oder
cell heißt.
Abkürzungen
Für Abkürzungen gilt das Gleiche wie für Fremdwörter. In Maßen ver-
wendet ist nichts gegen sie zu sagen. Manche Abkürzungen sind sogar
bekannter als die Langformen: SPÖ, ÖVP, SMS, EU, PC. Wie immer müs-
sen die Autoren/-innen sich auch hier an ihren Lesenden orientieren. In
Österreich braucht man niemandem die Kürzel SPÖ und ÖVP erklären. Sie
gehören zum Alltagswortschatz. Hat man es allerdings mit ausländischen
Kollegen/-innen zu tun, ist das nicht mehr so sicher. Das gleiche gilt für die
Abkürzungen GPA, GMTN, KV und AK. Hier muss man immer fragen: Ver-
stehen wirklich alle meine Lesenden diese Abkürzungen? Besteht auch nur
eine geringe Möglichkeit, dass jemand KV nicht als Kollektivvertrag, sondern
als Kostenvoranschlag verstehen könnte, muss man die Abkürzung bei der
ersten Verwendung ausschreiben:
11
Tipps Noch ein paar Tipps
Zum Abschluss des Kapitels noch ein paar
Tipps zur Auswahl von Wörtern. Achtung:
Manche widersprechen vielleicht Regeln,
die wir in der Schule gelernt haben.
Vernei- Verneinungen
nungen Leser und Leserinnen von Informationstexten wollen wissen, was passiert
ist und was sie tun sollen. Erfahren sie dagegen, was nicht passiert ist,
sind sie leicht verwirrt. Das Nichtvorhandene zu benennen, ist wesentlich
schwieriger als das Vorhandene.
Wo immer möglich sollten die Autoren/-innen von Informationstexten
daher positive Formulierungen verwenden. Besser als: es ist unschwer zu
erkennen, klingt: es ist leicht zu erkennen. Lesen wir: Wir wollen die Verhand-
lungen nicht abbrechen, denken wir sofort an das Ende der Verhandlungen.
Lesen wir dagegen: Wir wollen weiter verhandeln, denken wir daran, wie es
weiter geht.
Oft werden Verneinungen verwendet, wo sie gar nicht notwendig sind. Wie
im folgenden Satz:
Der Ausgang der Verhandlungen wirft die Frage auf, ob der Betriebsrat die Ge-
schäftsführung nicht unterschätzt hat. Fällt das nicht weg, bleibt die Bedeu-
tung gleich.
Brauchen wir die Verneinung unbedingt, sollten wir – wo möglich – die inte-
grierte Verneinung wählen: nicht erinnern – vergessen, nicht glauben – zweifeln.
Besonders verwirrend sind doppelte Verneinungen: nicht unschwer, nicht
unkompliziert, nicht unbedeutend, nicht ungewiss. Doppelte Verneinungen heben
sich gegenseitig auf. Nicht unschwer zu erkennen bedeutet: schwer zu erkennen.
Pseudosubjekt es
12
Vermeiden sollte man das Pseudosubjekt es. Formulierungen wie: Es geht Es als Satzsubjekt ver-
um eine Infragestellung der Problemlage oder: Ziel ist es, die Herangehensweise an meiden
das Projekt zu verbessern, sagen wenig aus und strotzen vor Blähwörtern.
Pseudoverb so
Ebenfalls vermeiden sollte man das Wort so als Verbersatz: „Die Sozial- So ist kein guter Verb
partner müssen sich in dieser Frage einigen“, so der ÖGB-Präsident. Viel besser ersatz
ist: sagte der ÖGB-Präsident.
Bedeutung beimessen
In Verlust geraten
In Augenschein nehmen
13
Anmerkungen
Satzbau –
lange Sätze – kurze Sätze
Was guten Satzbau
ausmacht
pixelquelle.de
Wie bei allen Regeln gibt es auch von dieser Ausnahmen: Manche kurzen
Sätze, müssen wir dreimal lesen, um ihren Sinn zu verstehen. Und gute
Texter/-innen formulieren auch lange Sätze so, dass sie lesbar bleiben. Te-
legrammstil ermüdet bei längeren Texten die Lesenden ebenso wie lange
komplizierte Sätze:
Kürzere und längere Ein guter Text ist in jeder Hinsicht abwechslungsreich. Er enthält eine
Sätze mischen ausgewogene Mischung aus kürzeren und längeren Sätzen, die alle
so gebaut sind, dass die Lesenden gut folgen können.
Wichtiger noch als die Satzlänge ist der Satzbau. Worauf man achten
sollte, um es den Lesenden möglichst leicht zu machen, erklärt der folgende
Abschnitt.
Das ist ein Hauptsatz – kurz und gut verständlich. An diesen Hauptsatz
kann nun ein zweiter Hauptsatz angehängt werden:
Hier sind beide Aussagen gleichwertig. Das ändert sich, wenn die zweite
Aussage in einen Nebensatz verpackt wird:
14
Anmerkungen
Der Betriebsrat verhandelt mit der Geschäftsführung, die auf ihren Vor-
schlägen zur Arbeitszeit beharrt.
Nun entsteht eine Hierarchie zwischen beiden Satzteilen. Die Aussage des
Hauptsatzes bekommt mehr Gewicht als die des Nebensatzes. Dagegen ist
prinzipiell nichts einzuwenden, manchmal ist eine Wertung sogar sinnvoll.
Da der Nebensatz hinten angehängt wird, ist der gesamte Satz nach wie vor
gut verständlich.
Das ändert sich schlagartig, wenn ein Nebensatz den Hauptsatz unterbricht
und dazwischen geschoben wird:
Bereits ein Einschub macht den Satz komplizierter. Leider bleibt es oft nicht
bei einem eingeschobenen Satz oder Satzteil. Die deutsche Grammatik er-
laubt nämlich jede Menge Einschübe:
Spätestens hier wird der Satz zur Zumutung für die Lesenden.
Der ÖGB führte, unter reger Beteiligung der Gewerkschaften und deut-
lich stärker als im letzten Jahr von der Presse beachtet, seinen nun
zwar schon traditionellen, jedoch immer wieder abwechslungsreichen
Powercup-Aktionstag am Stadtplatz von Graz – der Kulturhauptstadt
Europas 2003 – am 17. November durch.
Bis die Lesenden hier erfahren, ob der ÖGB aufführt, durchführt oder an der
Nase herum führt, haben sie längst den Faden verloren.
Die Irritation durch die Verbklammer lässt sich vermeiden, wenn man
durchführen durch veranstalten ersetzt. Noch eleganter lösen, lässt sich das
Problem, indem man den Schachtelsatz in zwei oder mehrere Sätze zerlegt:
Nicht immer kann man zweiteilige Verbformen durch ein Wort ersetzen.
Die deutsche Sprache kennt viele Formen, in denen das Verb unvermeidlich
aus zwei oder mehreren Teilen besteht, so etwa bei der Vergangenheit oder
der Zukunft:
Statt: Besser:
15
Anmerkungen Obwohl der linke Satz gerade noch verständlich ist, gibt es eigentlich kei-
nen Grund, die erste Information zu teilen und die zweite dazwischen
zu quetschen. Auch die Information, dass Roland Hinterhuber ein guter
Freund von mir ist, verdient einen eigenen Satz. Besser ist daher die rechte
Variante.
Verbklammern verwir- Manchmal führen selbst relativ einfache Verbklammern die Lesenden auf
ren die Lesenden eine völlig falsche Fährte:
Unser Geschäftsführer ist mit der Kasse (???) nach Australien durchge-
brannt (ohje!) und die Polizei hat ihn am Flughafen (puh, zum Glück!)
davon fliegen sehen. (Mist!)
Unser Kollege Hermann Meier, der, was wir schon lange wissen, ein
fleißiger Mitarbeiter ist, hat seinen Kollegen/-innen, egal ob sie ihm
nahe standen oder nicht, immer schon gerne geholfen.
• Besteht ein Verb aus zwei Teilen, sollten beide Teile möglichst nahe
beisammen stehen.
• Schachtelsätze lassen sich auflösen, indem man sie in mehrere Sätze
zerlegt.
• Grundsätzlich sollte jede Aussage einen eigenen Hauptsatz bekom-
men.
• Hauptsachen kommen in den Hauptsatz, in Nebensätze werden
Ergänzungen verpackt.
Ich habe dir bereits im letzten Ich habe zu unserer Chefin nie
E-Mail geschrieben, dass du Un- gesagt, dass du immer zu spät
recht hast, wenn du meinst, dass kommst. Deine Vermutung ist
ich gegenüber unserer Chefin falsch, das habe ich dir schon im
geäußert habe, dass du immer letzten Mail geschrieben.
zu spät kommst.
16
Anmerkungen
Auf der gestrigen Betriebsver- Unser Betriebsrat hat ein neu-
sammlung stellten sich unsere es Führungsteam: Vorsitzen-
neue Vorsitzende, Ilse Mitter, de ist Ilse Mitter, Stellvertreter
die seit kurzem auch die Ver- Richard Hoffner. Bei der Be-
sandabteilung leitet, und ihr triebsversammlung am 15. De-
Kollege Richard Hoffner, der zember stellten sich die Beiden
neue Betriebsratsvorsitzenden- den Mitarbeitern/-innen vor.
stellvertreter, der auch in der Mitter leitet die Versandabtei-
Werbeabteilung tätig ist, bei den lung und Hoffner arbeitet in der
Beschäftigten vor und sprachen Werbeabteilung. Nach der Vor-
über eine neue zukunftsorien- stellung erklärten sie, wie unser
tierte Betriebsratsarbeit. Betriebsratsteam in Zukunft ar-
beiten soll.
Zum heutigen Zeitpunkt sind wir leider nicht im Stande, Ihnen die angefor-
derten Unterlagen zur Verfügung zu stellen, da wir noch Änderungen im
Bereich der Gestaltung durchführen wollen.
17
Männern und Frauen
gerecht werden Exkurs: Gendergerecht Formulieren
• Beim Formulieren muss nicht „Lesbarkeit“ gegen „Geschlechter-
gerechtigkeit“ getauscht werden. Beides in einem Text zu erfül-
len, ist möglich.
• Weibliche Erwachsene sind Frauen. Nicht Mädchen, nicht Fräu-
lein, nicht Damen. Wir schreiben, berichten, erzählen daher auch
mit und über „Frauen“.
• Die deutsche Sprache bietet genügend Möglichkeiten, um auszu-
drücken, dass es zwei Geschlechter gibt.
Generalklauseln
Eine Generalklausel wird einem Text vorangestellt. Sie erläutert, dass
bei den verwendeten männlichen Personenbezeichnungen Frauen „mit
gemeint“ sind.
Beispiele: Generalklauseln
„Dieser Kollektivvertrag gilt für die Arbeiterinnen und Arbeiter der Metallin-
dustrie (im Folgenden Arbeiter genannt).“
„Wenn im folgenden Text männliche Schreibweisen verwendet werden, so ist
auch die weibliche Form inkludiert. Auf eine durchgehende geschlechtsneutrale
Schreibweise wird zugunsten der Lesbarkeit des Textes verzichtet.“
Studien belegen, dass man sich beim Lesen männlicher Formen auch
Männer vorstellt, egal, welche gut gemeinte Anmerkung darauf hinge-
wiesen hat, dass Männer und Frauen gemeint sind.
Klammern
Klammern sind mögliche Kurzformen – Arbeitnehmer(innen).
Auch Klammern erfüllen die Anforderungen an geschlechtergerechte
Sprache NICHT:
• Die weibliche Endung wird ausgeklammert.
• Das Weibliche wird zum Anhängsel des Männlichen.
• Das Weibliche wird als unwichtiger als das Männliche empfun-
den.
18
Anmerkungen
Arbeiterinnen und Arbeiter
Bürgerinnen und Bürger
Betriebsrätinnen und Betriebsräte
Beispiele: Abkürzungen
ArbeiterInnen
Arbeiter/-innen
Geschlechtsneutralisierung/-abstraktion:
Geschlechtsneutrale Bezeichnungen beziehen sich gleichermaßen auf
Frauen und Männer, sind allerdings meistens nur in der Mehrzahl ge-
schlechtsneutral: die Beschäftigten, die Jugendlichen, die Angestellten,
die Studierenden.
Geschlechtsabstrakte Bezeichnungen umfassen Institutions- und Kol-
lektivbezeichnungen wie Personal, Belegschaft, Delegation, Vertretung,
Rat, Vorstand, Leitung, Präsidium, Gremium.
Umformulierungen/kreatives Formulieren
Umformulierungen erlauben es, die Verwendung von Personenbe-
zeichnungen zu umgehen. Sie sind geeignet, wenn es darum geht, kom-
plizierte Formulierungen zu vermeiden.
Beispiele: Umformulierungen
Jemand, der noch nie gearbeitet hat,…
Besser: Wer noch nie gearbeitet hat…
Der Benutzer hat Folgendes zu beachten: ...
Besser: Bitte beachten Sie folgenden Hinweis: ...
19
Anmerkungen
Was Texte interessant macht
Texte interessant ge- Wer Sätze verständlich formuliert, ist auf dem
stalten besten Weg zur erfolgreichen Kommunikation
mit den Lesenden. Dennoch: Manche Texte le-
sen wir lieber als andere. Sie haben das gewisse
Etwas.
Der erste Satz sollte den Lesenden das Thema schmackhaft machen.
Der erste Satz sollte die Lesenden dort abholen, wo sie stehen. In In-
formationstexten sollte der erste Satz zudem Preis geben, worum es
im Text geht.
Was kann nun am Anfang stehen: Drama, etwas zum Lachen, Unerwar-
tetes, Ungewöhnliches, Ironie, etwas Überraschendes. Menschen fühlen
sich durch unterschiedliche Dinge angesprochen.
Die Geschichte des Menschen ist auch eine Geschichte des Haarausfalls, lautete
ein origineller Einstieg der Süddeutschen Zeitung. (Quelle: Wolf Schneider)
Was jeweils passend ist, hängt von der Zielgruppe, der Textart und dem
Inhalt ab.
Der Einstieg sollte auf den Text neugierig machen, kurz und prägnant
sein. Keinesfalls sollte er die Lesenden auf eine falsche Fährte locken wie
der folgende Text:
So lieber nicht
Waren Sie schon einmal bei Schlechtwetter unterwegs und hatten den
Schirm vergessen? (Aha es geht um Schirme?) Sind sie dabei bis auf die
Haut nass geworden? Ist Ihnen das Wasser in den Kragen gelaufen und
dann den Rücken hinunter? (Oder vielleicht um die herbstliche Schlechtwet-
terperiode?) Dann wissen sie ja, wie es ist, wenn einen ein unvermuteter
Schauer überrascht. Es gibt nichts Schlimmeres, als so richtig im Regen
zu stehen und nicht darauf vorbereitet zu sein. Die größte Freude nach
einem Regenguss ist es, ins trockene warme Heim zurück zu kehren
und das schlechte Wetter einfach zu vergessen (Vielleicht geht es ja um
Heizungen oder Isolierglasfenster?) Manche Schicksalsschläge lassen sich
aber nicht so schnell verdrängen wie ein Regenguss (Jetzt wird’s dra-
matisch – falls noch jemand dabei ist!) Und dann ist es gut, nicht alleine
dazustehen. Als Mitglied bei der Gewerkschaft stehen Sie nie alleine im
Regen… (Spät aber doch, erfahren wir, worum es wirklich geht.)
Eine Einleitung kann gut gemeint sein. Wenn sie langatmig ist, kann sie
genauso gut wegfallen. Jedenfalls sollte man zur Sache kommen, bevor die
Lesenden sich verabschieden.
Schwulst und Phrasen Floskeln und Phrasen meiden wie Vampire das Licht
sind selten originell
Viele Texte, die wir täglich lesen, strotzen vor Phrasen und schwülstigen
Formulierungen:
20
Etwas ist nur die Spitze des Eisbergs und der Chef hat sich grün und blau geär- Anmerkungen
gert. In einem Grußwort heißt es:
Mit Augenmaß und Weitblick setzte Hans Gstöttenhuber sich für uns
ein. Faule Kompromisse akzeptierte er nie. Sein Markenzeichen war es,
über den eigenen Tellerrand zu blicken.
Phrasen wie diese werden so oft verwendet, dass sie uns gar nicht mehr
auffallen. Weil sie alles und nichts aussagen, lesen wir über sie hinweg. Sie
sind uns vertraut, wir ordnen sie sofort ein und löschen sie wieder aus dem
Gedächtnis. In einem Text sind Phrasen Füllmaterial, leere Worte, Alibi-
sätze. Wenn wir über jemanden oder etwas nur in Phrasen reden können,
kommunizieren wir unseren Leserinnen und Lesern, dass uns diese Person
oder Sache nicht besonders wichtig ist. Wir signalisieren, dass wir unsicher
sind und zu einem Thema nichts zu sagen haben.
Wie beginnt man einen Text, wenn die zündende Idee einfach nicht kom-
men will? Da hilft nur systematisch vorgehen.
Auf dem Weg zum fertigen Text gehen die meisten Autoren/-innen
in vier Schritten vor:
Recherchieren – ordnen – formulieren – Qualität kontrollieren
Bevor man allerdings mit dem ersten Schritt beginnt, müssen Ziele und
Zielgruppe des Textes klar sein:
• Wer soll den Text lesen?
• In welchem Verhältnis stehen die Lesenden zum Text: Müssen sie
ihn lesen wie Geschäftsbriefe, oder sollen sie zum Lesen motiviert
werden, wie bei Zeitungsartikeln und Werbetexten?
• Was soll der Text erreichen: Die Lesenden informieren? Sie zu etwas
motivieren, überreden oder vor etwas warnen?
Sind die Ziele klar, kann die Recherche beginnen. Wer einen guten Text Recherchieren
schreiben möchte, muss über das Thema des Textes gut informiert sein:
• Was ist relevant?
• Was gehört alles zum Thema?
• Wie kann man argumentieren?
• Was muss alles hinein?
• Was hängt noch mit dem Thema zusammen?
21
Anmerkungen Je nach Textlänge kann die Recherche auch aus mehreren Arbeitsschritten
bestehen: Recherchieren im Internet, in Firmenunterlagen oder Büchern,
sprechen mit Experten/-innen.
Wichtig bei der Recherche ist Gegenprüfen – Recherchen führen oft zu
falschen Ergebnissen. Je wichtiger der Text, desto genauer müssen alle ver-
wendeten Materialien geprüft werden.
Ordnen Der nächste Schritt ist das Ordnen der gesammelten Informationen.
• Was ist wichtig?
• Was kann wegfallen?
• Welche Struktur soll der Text haben? (Bei manchen Textarten ist die
Struktur vorgegeben: Protokolle oder Briefe)
Formulieren Sind die Informationen einmal sortiert und strukturiert, kann die eigent-
liche Arbeit am Text beginnen: das Formulieren.
Mindmaps Viele Autoren/-innen schwören auf ihre besondere Methode, mit dem
Schreiben zu beginnen:
Eine gute Methode sind Mindmaps. Das Arbeitsthema des Textes wird
auf ein Flipchart, ein Blatt Papier oder ein neues Dokument am Compu-
ter geschrieben. Alles, was mit dem Thema zusammen hängt wird nun
rund herum angeordnet. Mindmaps haben den Vorteil, dass sie noch keine
Reihenfolge oder Ordnung vorgeben. Eine spezielle Mindmap-Software
erleichtert diese Arbeit.
Weitere Möglichkeiten Wer sich mit Mindmaps nicht anfreunden kann, kann auch ein vorläufiges
Inhaltsverzeichnis des Textes erstellen oder wichtige Schlagwörter in
beliebiger Reihenfolge aufschreiben.
Manche Menschen besiegen ihre Schreibblockade, indem sie den Text nicht
am Anfang, sondern in der Mitte beginnen oder alte Texte wieder verwer-
ten. Egal, was danach auf dem Papier steht, Hauptsache ist, die Seite füllt
sich mit Worten.
Textaufbau Besonders bei längeren Texten ist es wichtig, die Textlänge genau zu pla-
nen. Das Wichtigste steht am Anfang. Dann folgen alle anderen Informa-
tionen – für jeden neuen Gedanken sollte man einen Absatz einplanen.
Im Schnitt sollte ein Absatz aus maximal 280 Zeichen bestehen. Erfahrene
Texter/-innen können so schon im Voraus ziemlich genau abschätzen, wie
lang ihr Text wird.
Kontrollieren Ist der Text fertig, muss die Qualität genau kontrolliert werden. Da wir
bei den eigenen Texten leicht betriebsblind werden, sollten wir dabei eine
außen stehende Person um Hilfe bitten. Ist das nicht möglich, muss man
zumindest ein bisschen Abstand zum eigenen Text gewinnen: den Text erst
am nächsten Tag durchlesen, vom Schreibtisch aufstehen und zurücktreten
oder die Formatierung des Textes ändern.
22
Briefe und E-Mails Anmerkungen
Die folgenden Briefe illustrieren, was leider oft passiert und wie man es bes-
ser machen kann. Lesen Sie sich die beiden Texte durch und überlegen Sie,
welcher der beiden Briefe freundlicher wirkt und woran das liegen könnte.
Beispiele
A: B:
Sind Sie auch der Ansicht, dass Brief A bürokratisch und unfreundlich Bürokratische, un-
wirkt? Kollegin Fichtl wird wohl kein besonders gutes Gefühl haben, wenn freundliche Briefe spre-
sie Brief A liest. chen niemanden an
23
Anmerkungen Kollegin Fichtl muss zwar auf ihren Kalender noch ein bisschen warten,
erhält aber dafür ein zusätzliches Geschenk. Diese positive Nachricht geht
völlig unter durch die sperrige Amtsprache, die den Beamten/-innen des
MA 2412 alle Ehre machen würde.
Formulierungen wie: wir erlauben uns, bezugnehmend auf dein Schreiben, wir
hoffen damit gedient zu haben und verbleiben wir mit freundlichen Grüßen, sind
Floskeln, die Kollegin Fichtl kommunizieren, dass sich das Betriebsratsteam
nicht viel überlegt hat – förmlich, aber nicht freundlich und ansprechend.
Der Hinweis auf das Schreiben vom 13.12. ist völlig überflüssig. Kollegin
Fichtl weiß sicher, dass sie am 13. den Kalender bestellt hat. Eine Nach
erzählung dieser Handlung nutzt ihr gar nichts.
Ansprechend sind Viel ansprechender ist Brief B. Er enthält keine Floskeln und spricht Kolle-
Briefe, die direkt und gin Fichtl freundlich und direkt an, so wie die Betriebsräte/-innen sich auch
freundlich zur Sache im Vier-Augen-Gespräch ausdrücken würden.
kommen Der Brief dankt für das Interesse an den Kalendern und erklärt der Adres-
satin kurz und sachlich, warum sie noch auf ihren Kalender warten muss.
Bereits der Betreff ist mit Betriebsratskalender 2007 wesentlich aussagekräf-
tiger als der von Brief A. Der Gruß ist persönlich und bezieht sich auf den
Inhalt des Briefes. In der PS-Zeile wird noch einmal auf die Kompetenz des
Betriebsrats hingewiesen.
Beispielbriefe
Best-practice-Beispiele Die folgenden Beispiele sind keine Musterbriefe, sondern Vorschläge und
Anregungen, wie man sperrige Formulierungen in Briefen vermeiden
kann.
Begleitschreiben
Jemand bestellt Materialien. Die Unterlagen werden rasch in ein Kuvert
gesteckt und dann muss noch schnell ein Begleitschreiben her. Zum Glück
gibt es dafür eine Vorlage. In die muss nur noch der Name eingefügt wer-
den und fertig ist der Begleitbrief. Praktisch und zeitsparend, aber auch eine
verpasste Gelegenheit, am Image des Betriebsratsteams zu arbeiten. Wenn
24
man statt ein paar freundlicher Zeilen einen steifen Musterbrief schickt, Anmerkungen
dann kann man die Unterlagen eigentlich genauso gut ohne Begleitbrief
verschicken.
Statt: Besser:
Beispiel Begleitbrief
Werter Kollege Maurer! Lieber Kollege Maurer,
Beiliegend schicken wir Ihnen dass Sie sich für unsere Mitglie-
wunschgemäß die angesuchten derwerbaktion interessieren,
Mitgliederwerbe-Unterlagen. freut uns sehr!
Wir würden uns freuen, wenn
diese Materialien Ihr Interesse Gerne schicke ich Ihnen das
finden würden. gewünschte Material.
Wir erlauben uns, Sie diesbe- Ich rufe Sie in den nächsten Ta-
züglich in den kommenden Ta- gen an, damit ich Ihnen offene
gen zu kontaktieren. Fragen persönlich beantworten
Wir hoffen, gedient zu haben kann.
und verbleiben
Freundliche Grüße
mit freundlichen Grüßen,
Marianne Muster
Marianne Muster
Terminvereinbarungen
Häufig schreiben wir Briefe (oder E-Mails), um Termine zu bestätigen oder
abzusagen. Eine gute Gelegenheit, jemandem eine freundliche Nachricht zu
schicken und ein positives Gefühl zu vermitteln.
Gelingen kann das nur, wenn man persönlich schreibt und auf verstaubte
Floskeln verzichtet.
Statt: Besser:
Beispiel Terminverein-
Werte Kollegin Schlau! Liebe Kollegin Schlau, barung
Thomas Wild
25
Anmerkungen Zahlungserinnerung
Ein besonders heikles Thema sind Mahnungen. Die Stimmung ist schlecht,
Ärger liegt in der Luft, weil jemand Geld schuldig geblieben ist. Trotzdem
sollte man zumindest bei der ersten Mahnung freundlich bleiben. Drohen
Beispiel Mahnung kann man auch später noch.
Statt: Besser:
Mahnung Zahlungserinnerung
Hochachtungsvoll,
Susanne Beyer
Statt: Besser:
26
Anmerkungen
Nur mit der rechtzeitigen und Schade, dass du bei unserem
korrekten Information können Betriebsausflug nicht dabei sein
wir dir das eingezahlte Geld konntest.
rasch refundieren.
Gute Besserung
Susanne Hofbauer
Wir hoffen dich damit hinrei-
chend informiert zu haben und
verbleiben
Statt: Besser:
Wir ersuchen Sie in Ihrem Inter- Bitte schicken Sie uns die feh-
esse um eheste Beibringung der lenden Unterlagen bis 20. Mai
genannten Unterlagen. 2006 zu.
Wollen Sie uns bitte die Mit- Schicken Sie uns bitte die An-
gliedsanmeldung mit zugehö- meldung bis spätestens 20. Mai.
rigem Beiblatt zukommen las- Vielen Dank!
sen.
Gerne schicken wir Ihnen mit
Anbei (oder Beiliegend) über- diesem Brief ...
senden wir die X-Unterlagen, oder: Mit diesem Brief erhalten
gemäß unseres Telefonates in Sie die angekündigten X-Unter-
der letzten Woche. lagen.
Ihre geschätzte Rückantwort er- Wir freuen uns auf Ihre Ant-
wartend verbleiben wir wort.
Verabschieden
Es muss nicht immer
Aus dem Buch von Hans-Peter Förster, Texten wie ein Profi, stammt der fol- mfg sein
gende mfg-Baukasten zum Selberergänzen.
27
Anmerkungen Formales – DIN 5008
Briefe korrekt forma- Für Geschäftsbriefe existiert ein Regelwerk, das ihre korrekte äußere Form
tieren festlegt. Die wichtigsten dieser derzeit (2007) gültigen DIN-Normen kurz
gefasst:
Die Anrede steht mit zwei Leerzeilen zum Betreff. Der Anrede folgt ein
Beistrich.
Freundliche Grüße
Schöne Grüße
Beste Grüße
Gewerkschaftliche Grüße
28
E-Mails Anmerkungen
E-Mails sparen im Arbeitsalltag viel Zeit und Geld. E-Mails sind schneller Elektronische Post
und unmittelbarer als Briefe. Allerdings gibt es nichts nervtötenderes als
eine überquellende Mailbox. Daher sollte man gerade mit dem Medium E-
Mail behutsam umgehen, um das virtuelle Gegenüber nicht zu nerven.
E-Mails sind nützlich und erleichtern die Arbeit. Weil die E-Mail-Kommu- E-Mails sind ein kaltes
nikation, anders als die per Brief, sehr unmittelbar und schnell ist, ersetzen Medium
E-Mails oft auch Telefonate und persönliche Treffen. Hier liegt jedoch eine
Gefahr von Mails. E-Mails sind trotz allem ein kaltes Medium: die Empfän-
ger/-innen lesen zwar den Text, sehen aber nicht Mimik und Gestik der Ab-
sender/-innen. Der übliche knappe Ton von E-Mails kann daher leicht zu
Missverständnissen und Ärger führen. In Gesprächen sind solche Missver-
ständnisse schnell aufgeklärt. Bei Mails ist das anders. Daher: lieber keine
militärischen Kurzbefehle per Mail schicken und auch keine komplizierten
Argumente. Ist etwas wirklich wichtig, könnten wir wieder einmal anrufen
und persönlich darüber reden.
29
Anmerkungen Übung 5: Überarbeiten Sie den folgenden Brief und befreien Sie ihn von
sperrigen Formulierungen.
Bezug nehmend auf deine Bestellung vom 13. 4. freuen wir uns, dir
mitteilen zu dürfen, dass die von dir bestellten Mitglieder-Werbemap-
pen zum derzeitigen Zeitpunkt vorrätig sind. Wir erlauben uns, sie dir
morgen per Kurier zukommen zu lassen.
Michael Vlustaus
30
Protokolle Anmerkungen
pixelquelle.de
Es gibt verschiedene Arten von Protokollen: Bei der Polizei, in der Wis-
senschaft und im Parlament werden Protokolle verfasst. Je nach Funktion
sind diese Protokolle mehr oder weniger ausführlich: Manchmal wird jedes
Wort, manchmal nur ein Ergebnis oder der Entscheidungsprozess doku-
mentiert. In diesem Skriptum werden drei Protokollarten näher erklärt:
Beschluss-, Diskussions- und Kurzprotokolle.
Der Satz ist umständlich und schwer verständlich. Man kann sich gut
vorstellen, wie mühsam es wäre, ein Protokoll zu lesen, das über mehrere
Seiten so weiter ginge. Der Absatz enthält Informationen, die genauso gut
wegfallen könnten: dass Kollegin Sauer Kollegen Albrecht bittet, von der
Sitzung zu berichten, wird niemanden interessieren. Wichtig ist dagegen,
dass eine Betriebsvereinbarung zur Arbeitszeit ausgehandelt werden soll.
31
Anmerkungen Beschlussprotokolle
Beschlussprotokolle Beschlussprotokolle dokumentieren das Wesentliche einer Besprechung.
verfassen Einleitungen, Danksagungen und umständliche Schilderungen haben darin
nichts verloren. Festgehalten wird nur, was alle wissen müssen: wie der ak-
tuelle Stand ist, wie es weiter geht und was wer bis wann noch tun muss.
2. Kollektivertragsverhandlungen
Am 13.9. beginnen die Kollektivverhandlungen.
>> Wir wollen die Mitarbeiter/-innen regelmäßig über den Stand der
Verhandlungen informieren.
[ ] Kollegin Blum und Kollege Hofer werden bis 5. September einen
Vorschlag für ein Kommunikationskonzept erarbeiten.
Wir erfahren nicht, wer über die Umfrage berichtet hat oder wer die Sitzung
geleitet hat. Beides ist für die Lesenden nicht interessant. Wichtig und auf
den ersten Blick deutlich ist dagegen, was noch zu tun ist. Die To-Dos sind
durch die beiden Klammern – Zeichen für Unerledigtes – gekennzeichnet.
Im Klartext empfiehlt er statt: Frau Rotbusch war der Ansicht, der Artikel von
Herrn Rudl sei zu lang und enthalte zu viele Blähwörter die Formulierung: Frau
Rotbusch: Der Artikel von Herrn Rudl ist zu lang und enthält zu viele Blähwörter.
Durch den Doppelpunkt ist klar, dass es sich um die Meinung von Frau
Rotbusch handelt.
32
Ein gelungenes Protokoll könnte so aussehen: Anmerkungen
Beispiel
Kollege Saus schlägt vor, unser Corporate Design neu zu überarbeiten.
Kollegin Mühlbachler und Kollegin Dachsler wollen das Design beibe-
halten.
Fazit:
Die endgültige Entscheidung wurde aufgeschoben. Vor einer neuen
Diskussion soll Folgendes passieren:
>> In der nächsten Ausgabe unserer Zeitung veröffentlichen wir einen
Fragebogen, mit dem wir herausfinden möchten, wie zufrieden die
Mitarbeiter/-innen mit unserem Design sind.
[ ] Kollegin Mühlbachler holt bis 12.7. einen unverbindlichen Kosten-
voranschlag der Webeagentur SuperKreativ ein.
Kurzprotokoll Kurzprotokolle
verfassen
Ein Kurzprotokoll ist eine Mischung aus Diskussions- und Beschlusspro-
tokoll. Diese Protokollform ist dann sinnvoll, wenn der Diskussionsver-
lauf und der Ausgang einer Abstimmung festgehalten werden sollen.
Möchte man Abstimmungsergebnisse festhalten, kann man entweder do-
kumentieren, wie viele Leute dafür oder dagegen gestimmt haben, oder
auch genau dokumentieren, wer wie abgestimmt hat.
33
Anmerkungen Der Schluss umfasst: (überall dort wo es förmlich zugeht)
• Ort und Datum
• Unterschriften von Vorsitzender/-m und Protokollführer/-in
Maria Recht, Geschäftsführerin: Lieber Herr Kürzel, liebe Frau Dachs, ich
möchte Sie herzlich begrüßen und Ihnen dafür danken, dass Sie trotz hoher
Arbeitsbelastung heute kommen konnten. Wie Sie sicher wissen haben wir
uns auf die Einführung einer neuen Gleitzeitregelung geeinigt. Das macht
nun in meinen Augen die Einführung eines objektiven Zeitmesssystems
nötig. Ich weiß, dass Sie seitens des Betriebsrats diesen Vorschlag immer
abgelehnt haben. Ich denke aber, dass wir dahingehend konform gehen,
dass wir eine objektive Messung der individuellen Arbeitszeit brauchen.
Sonst kann die Gleitzeitregelung nicht in Kraft treten.
Maria Dachs, Stellvertreterin des Vorsitzenden: Ich bin der Ansicht von Kolle-
gen Kürzl. Zeitmessung durch Stechuhren würde den Mitarbeitern/-innen
das Gefühl geben, dass Big Brother bei uns im Betrieb eingezogen ist.
34
Pressemeldungen Anmerkungen
Pressemeldungen
Pressemeldungen müssen den Ansprü-
chen von Redakteuren/-innen gerecht
werden. Sie müssen die wichtigsten W-
Fragen (Wer hat was, wann, wo, wie, war-
um getan?) kurz und prägnant auf einer
Seite beantworten.
pixelquelle.de
Pressemitteilungen sind keine Artikel für eine Zeitung. Sie richten sich an
die Redakteure/-innen von Zeitungen und diese entscheiden, was für die
Lesenden interessant sein könnte.
Nachrichtenwert
Interessant sind Mitteilungen, die einen Nachrichtenwert haben, einen oder meh- Nachrichtenfaktoren
rere Nachrichtenfaktoren erfüllen. Alle Nachrichten, die eine Chance auf Veröf-
fentlichung haben sollen, müssen die Faktoren Nähe und Aktualität erfüllen.
Aktualität
Nachrichten haben eine kurze Halbwertszeit. Journalisten/-innen interes-
sieren sich nur dann für ein Ereignis, wenn es aktuell ist. Auch Lokalre-
dakteure/-innen werden sich nicht für den Betriebskindergarten interessie-
ren, wenn dieser vor drei Monaten eröffnet wurde oder erst in einem halben
Jahr eröffnet wird. Aktualität ist relativ: Je nach Erscheinungszeitraum
eines Mediums ist manchmal ein Ereignis von vorgestern schon unaktuell,
während Monatszeitungen über das ganze laufende Monat berichten.
35
Anmerkungen PR-Profis nutzen Nachrichtenfaktoren gezielt, um ihre Botschaften in der
Presse zu platzieren. Wirkt eine Geschichte allerdings zu konstruiert, kann
man auch den gegenteiligen Effekt erzielen. Niemand bei der Presse ist er-
freut über einen PR-Gag.
Kurz aber doch voll- Auch eine aktuelle und dramatische Geschichte kann im Mülleimer der Re-
ständig daktion landen, wenn die Presseaussendung schlecht verfasst ist. Journalis-
ten/-innen wollen Texte, die kurz sind und dennoch alle wichtigen Fakten
enthalten. Sie wollen Texte, die gut strukturiert und fertig ausformuliert
sind. Wenn eine Pressemeldung sie interessiert, wollen sie möglichst viel
Text direkt übernehmen können.
Das Wichtigste ganz Eine gute Pressemitteilung kommt sofort zur Sache. Schon der Titel ist
am Beginn aussagekräftig und macht auf das Thema neugierig. Der Untertitel liefert
weitere Erklärungen. Im Vorspann werden die wichtigsten Fragen beant-
wortet. Der Rest der Seite kann etwas ausführlicher informieren. Da in Zei-
tungsredaktionen Texte von hinten nach vorne gekürzt werden, kann man
so sicher gehen, dass die wichtigsten Informationen übrig bleiben. Zusatzin-
formationen, die auf einer A4-Seite nicht Platz haben, kann man als Angebot
mitschicken. Beliebter jedoch als Extra-Text sind Fotos oder Grafiken.
Beispiele Folgende Pressemitteilung ist völlig misslungen – dabei erfüllt die Nachricht
eigentlich gleich mehrere Nachrichtenfaktoren. Lesen Sie den Text in Ruhe
durch und überlegen Sie, was daneben gegangen ist. Beachten Sie dabei
auch, welche Wörter verwendet wurden und wie die Sätze gebaut sind.
Wie schon mehrmals zuvor protestierte der Betriebsrat der Firma Höl-
linger Bau OHG gegen einen untragbaren Vorschlag der Geschäfts-
führung mit einer dramatischen Aktion in der Wiener Fußgängerzone.
Passanten und Beschäftigte erlebten mit, wie nicht nur Flugblätter ver-
teilt wurden, sondern zum Protest eine alte Baumaschine verschrottet
36
Anmerkungen
wurde – als Symbol für die gefährdeten Arbeitsplätze. Ausgelöst wur-
de die Aktion durch die Ankündigung der Geschäftsführung – gegen
den Willen des BRs, der sich seit Jahren dagegen wehrt, – in Zukunft
auf Leiharbeitskräfte zurückzugreifen und dafür einen Teil des Stamm-
personals – 41 Prozent der Belegschaft – zu kündigen.
Obwohl die Überschrift Dramatik ankündigt, erfahren die Lesenden weder So kann eine Presse-
im Untertitel noch im ersten Absatz, wogegen der Betriebrat eigentlich mitteilung nicht erfolg-
protestiert. Bis Zeile sieben muss man lesen, um zu erfahren, was die Ge- reich sein
schäftsführung Untragbares vorgeschlagen hat. Sie möchte immerhin 41 Pro-
zent der Belegschaft kündigen, das ist dramatisch. Die Information kommt
allerdings entschieden zu spät. Die Dramatik geht in der umständlichen
Ankündigung völlig unter. Wann die dramatische Aktion stattgefunden
hat, bleibt – zumindest nach dem ersten Absatz – überhaupt im Dunkeln.
Der letzte Satz hat gleich mehrere Einschübe – eine wahre Herausforderung
für die Lesenden. Ob sich die Jounalisten/-innen dieser Herausforderung
stellen würden? Wohl eher nicht.
Schon besser
Betriebsrat protestiert gegen Kündigungen
Beschäftigte der Höllinger Bau OHG verschrotten eine Baumaschine in
der Fußgängerzone
37
Online-Texte
Exkurs: Texten für das Internet
Surfer/-innen im Internet nehmen sich wenig Zeit. Sie klicken von Seite
zu Seite, scannen die Seiten mit einem Blick und entscheiden binnen Se-
kunden über den Wert der angebotenen Information. Da die Auswahl
an interessanten, bunten und informativen Seiten im Web riesig ist,
braucht man keine Zeit mit schlecht aufbereiteten Websites und Texten
verbringen. Einfach noch einmal googeln und schon geht es weiter zum
nächsten Angebot.
Längeren Texten kann man eine kurze Einleitung und ein verlinktes In-
haltsverzeichnis voranstellen. Die Links im Inhaltsverzeichnis können
entweder zu Informationen weiter unten auf der Seite führen oder zu
Textsegmenten auf weiteren Einzelseiten.
38
Übung 7: Verfassen Sie aus den folgenden Fakten Titel, Untertitel und Anmerkungen
Vorspann einer Presseaussendung
39
Anmerkungen
Quellenverweise
Alkan, Saim Rolf. Texten für das Internet: Ein Handbuch für Online-Redakteure
und Webdesigner. Bonn. Galileo Design 2002
Baumert, Andreas. Professionell Texten: Tipps und Techniken für den Berufsall-
tag. München. DTV 2003
Schlote, Axel. Treffsicher texten: Briefe, Reden und andere Texte lebendig und
stilvoll formulieren. Weinheim/Basel. Beltz Verlag 2004
40
Lösungsvorschläge Anmerkungen
Ü 5:
Lieber Kollege Mück,
Wir wünschen dir und deinen Kollegen/-innen viel Erfolg bei eurer
Werbeaktion.
41
Anmerkungen Die Argumente des Betriebsrats:
• Stechuhren vermitteln den Mitarbeitern das Gefühl überwacht zu
werden.
• Eine automatische Zeitmessung ist in einem Kleinbetrieb unnötig.
• Besser ist eine Regelung, die auf gegenseitigem Vertrauen be-
ruht, etwa individuelle schriftliche Aufzeichnungen aller Beschäf-
tigten.
Ü 7:
Im Interesse der Kinder
Widerstand in der Kinderklinik Spittelau
Ab 19. April macht das Pflegepersonal der Kinderklinik Spittelau
Dienst nach Vorschrift. Um ein Drittel möchte die Geschäftsfüh-
rung die Bettenzahl erhöhen, beim Personal herrscht jedoch Aufnah-
mestopp. Die Mehrarbeit soll mit Überstunden bewältigt werden.
Verhandlungen zwischen Betriebsrat und Geschäftsführung endeten
ohne Ergebnis. „Wir kämpfen im Interesse der Kinder. Unser Pflege-
personal leistet bereits mehr als 15 Prozent Überstunden. Wenn die
Arbeitbelastung weiter wächst, leiden zuerst die Patientinnen und
Patienten“, sagt Betriebsratsvorsitzende Hilde Freud.
42
Name und Adresse: Anmerkungen
Fragen zu Praktische
Gewerkschaftsarbeit 9
Texte, die ansprechen – Schreiben für die Betriebsratsarbeit
Wir ersuchen Sie, die folgenden Übungsaufgaben zu lösen:*
43
Anmerkungen 2. Schreiben Sie einen Brief oder ein E-Mail an die Gewerkschaft, in dem
Sie darum bitten, Ihnen Material für eine Straßenaktion zur Verfügung
zu stellen.
Wer? Personalvertretung
Was? Petition an Eltern, Stadtschulrat, Bund mit Bitte um Unterstüt-
zung (Unterschriftenliste)
Wann? Ab sofort
Wo? Rund um das Schulgebäude
Wie? Flugblatt mit Information sowie Unterschriftenliste (auch zum mit
nach Hause nehmen)
Warum? Lehrermangel, StützlehrerInnen mit Sonderschulausbildung
für schwierige Fälle dringend benötigt. Es droht Eskalation in mehreren
Klassenverbänden (Probleme mit Gewalt unter SchülerInnen)
Woher stammt die Information? Von der Personalvertretung
44