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Maletzke: Interkulturelle Kommunikation

1 GRUNDLAGEN
1.1 Was heißt ‚Kultur’?
Definition Kultur
- System von Konzepten, Überzeugungen, Einstellungen, Wertorientierungen,
die sowohl im Verhalten und Handeln der Menschen als auch in ihren
geistigen und materiellen Produkten sichtbar werden.

- Vereinfacht: Art und Weise, wie die Menschen leben und was sie aus sich
selbst und ihrer Welt machen (S. 16)

Definition Subkultur
- Teilgruppe einer großen Gesellschaft mit eigener Kultur

- Heben sich durch eigene subkulturspezifische Merkmale von anderen


spezifischen Subkulturen ab

- Fügen sich zugleich in übergreifende Gesamtkultur ein (S. 17)

Kulturwissenschaften
• Anthropologie: Lehre vom Menschen
• Sozialpsychologie: Beziehung zwischen Menschen, Gruppen, Völkern,
Nationen
• Psychologie: Zusammenhang zwischen Kultur und Persönlichkeit (S. 19)
• Kommunikationswissenschaft: Verständigung sowohl persönlich als auch in
Massenmedien
• Linguistik: Symbolwelt der menschlichen Sprache (S. 19-20)

1.2 Mensch und Kultur


- Kultur ist spezifisch menschlich

- Mensch schafft Kultur und wird von ihr geprägt (S. 20)

Definition Kulturelle Universalien


- Merkmale, Eigenschaften, Fähigkeiten, Verhaltensweisen, die alle Individuen
betreffen; somit auch kulturübergreifend

- Streng wissenschaftlich nicht beantwortbar, da dann Untersuchung aller


Menschen notwendig

- z.B.: Ehe, Phoneme, Morpheme, Zählen, Inzest-Tabu, Musik


!"mit Vorsicht zu betrachten (S. 21)

1
Individuum und Kultur
- komplexes System von Wechselbeziehungen

- Enkulturation:
#"Prozeß des Hineinwachsens des Individuums in seine Kultur,
des Übernehmens und Verinnerlichens, des Lernens grundlegender
menschlicher Fertigkeiten im sozialen Bereich
#"z.B.: Eingehen sozialer Beziehungen, Weltsicht, Kontrolle des
eigenen Verhaltens und der Emotionen, verbale und
nonverbale Kommunikation, Erwartungen an andere, eigene
Rolle, positive und negative Wertungen (S. 23)

1.3 Ethnozentrismus: Die eigene Kultur als Mittelpunkt


und Maßstab
Ethnozentrismus
- Definition: unbewußte Tendenz, andere Völker aus Sicht der eigenen Gruppe
zu betrachten und die eigenen Sitten und Normen zum Standard
aller Beurteilungen zu machen

- Selbstverständlichkeiten:
#"Mensch ist sich nicht bewußt, daß er durch die eigene Kultur
geprägt ist
$"naiver Realismus, d.h. ist sich der Relativität seines
Bezugs- und Interpretationssystems nicht bewußt (S. 23)
#"Entlastungsfunktion, um Menschen im Alltag viele
Einzelentscheidungen zu ersparen

- Überlegenheitsbewußtsein: andere Kulturen werden zugunsten der eigenen


abgewertet

- Nationalismus:
#"Neuzeitliche Variante
#"Nationalgefühl positiv, solange Achtung gegenüber anderen
Nationen besteht
#"Ethnozentrische Übersteigerung des Nationalgefühls
#"Glorifizierung der eigenen Nation durch Abwerten der anderen
(S. 26)

- Kulturrelativismus:
#"Gegenentwurf zum Ethnozentrismus, da Widerspruch zwischen
diesem und Gleichheit aller Menschen
#"Kulturen verschieden, aber nicht wertend vergleichbar
#"Schwer umsetzbar für Normalmensch, da er ihn des Glaubens an
die universale Verbindlichkeit der eigenen Weltordnung beraubt (S.
27)

2
1.4 Das Fremde – Vom Fremdsein
Das Fremde
- Als das Auswärtige: etwas, das sich jenseits einer räumlich bestimmbaren
Trennungslinie befindet
Als Fremdartiges: Anomalität, Ungehöriges vs. Normales
Als noch Unbekanntes: Möglichkeit des Kennenlernens ist prinzipiell gegeben
Als letztlich Unerkennbares: Möglichkeit des Kennenlernens ist prinzipiell
ausgeschlossen
Als Unheimliches: Geborgenheit des Vertrauten vs. Unheimliches; auch
Vertrautes kann fremdartig werden (S. 30)

- Einerseits lockend und faszinierend; andererseits unheimlich und bedrohlich

- Fremdsein beruht auf Wechselseitigkeit, d.h. ein Fremder ist einer Kultur
fremd, aber diese Kultur ist auch dem Fremden fremd (S. 31)

- Gastfreundschaft als zeitlich begrenzte soziale Beziehung

- Ingroup vs. Outgroup


#"Ingroup lebt friedlich miteinander
#"Beziehung zu Outgroup ablehnend und abgrenzend
#"Keine feste, immer geltende Trennungslinie
#"Fremdes setzt erst da ein, wo das Feld der eigenen
Selbstverständlichkeiten endet und in den Bereich des erlebten
Fremden übergeht
#"Xenophilie: Fremden gegenüber aufgeschlossen; Xenophobie:
Fremden gegenüber ablehnend

1.5 Kulturdistanz
- Die Schweizer sind den Deutschen näher als die Japaner (S. 33)

- Je mehr Gemeinsamkeiten, desto geringer ist die Distanz (und vv.)

- Desto geringer die Distanz, desto einfacher ist adequates Verstehen (S. 34)

1.6 Vom Verstehen fremder Kulturen


Verstehen
- Definition: Mensch fügt etwas Neues sinnhaft in schon vorhandene Strukturen
ein => Veränderung der Strukturen

- Verstehen einer Kultur beruht meist auf Interpretationen

3
- Gespräch (Mikro-Ebene)
#"Jeder hält eigene Sichtweise für normal und ist sich der
Unterschiede nicht bewußt
$"Erwartung, daß Partner dieselbe Sichtweise hat
$"Erst bei Mißverständnissen wird klar, daß die Sichtweisen
verschieden sind, aber dann meist Rückfall in
Ethnozentrismus

- Verstehen einer Kultur (Makro-Ebene)


#"Beobachtung von außen (deskriptiv-analytisch): nach Pike ‚etisch’
und somit ein Vergleich möglich
#"Verstehen aus Sicht der Kultur heraus: nach Pike ‚etemisch’ und
somit kein Vergleich möglich (S. 35-36)

1.7 Interkulturelle Kommunikation


- Definition: Partner gehören verschiedenen Kulturen an und sind sich dessen
bewußt

- Definition interkulturell: kulturelle Systemhaftigkeit wird durch Überschreitung


der Systemgrenzen erfahren
$"Beteiligte greifen nicht nur auf eigene Codes,
Einstellungen, etc. zurück, sondern erfahren auch
andere, die als fremd erlebt werden (S. 37)

2 STRUKTURMERKMALE VON KULTUREN


2.1 Nationalcharakter, Basispersönlichkeit
- Definition: Annahme, daß Menschen einer Nation sich in Grundmustern ihres
Erlebens und Verhaltens sowie ihrer Persönlichkeit gleichen bzw.
ähneln und sich so von Menschen anderer Nationen abheben
(Allport)
$"greift nicht bei großen, in sich stark differenzierten
Nationen (S. 45)

- eigentlich nicht zulässig, von ‚dem Deutschen’ zu sprechen

- Begriff ‚Nationalcharakter’ aus Wissenschaft so gut wie verschwunden, wurde


durch ‚Basispersönlichkeit’ ersetzt

- Basispersönlichkeit:
#"Eingeführt von Kardiner
#"Ansicht, daß psychologische Gemeinsamkeiten in kulturellen
Einflüssen während frühkindlicher Entwicklung begründet sind
#"Elternhaus als wichtige Sozialisationsinstanz (S. 46)

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2.2 Wahrnehmung
- Wahrnehmen ist aktives Gestalten
#"Eingliedern wichtig vs. unwichtig
#"Eingehen subjektiver Erfahrungen, Sicht- und Denkweisen, etc.
$"Menschen verschiedener Kulturen nehmen die Welt auf je
eigene Weise wahr (S. 48)

- Visuelle Perzeption
#"Nehmen die Objekte wahr, die für jeweilige Kultur bedeutsam sind
#"Westen: rechte Winkel, Afrika: runde Linien (S. 49)
#"Unterschiedliche Wahrnehmung von Farben, z.B. Westen: Schnee
ist weiß, Inuit: Schnee hat viele verschiedene Farben
#"Farbensymbolik: z.B. Westen Rot = Liebe, Indien Rot = Totenfarbe
(S. 51)

- Taktile Perzeption: z.B. Händeschütteln, Berührungstabus

- Olfaktorische Perzeption (S.52)

2.3 Zeiterleben
- Zeitkonzepte
#"Vorstellung davon, was Zeit ist
#"Europa und Nordamerika:
Zeit als Dauer zwischen zwei Punkten; Gegenwart als Punkt,
der Vergangenheit von Zukunft trennt; Zukunft wichtiger; „Zeit
ist Geld“; subjektiv nicht immer linear
$"Zeitmodell:
1. Linearität: Zeit läuft ab
2. Monotonie: Zeitablauf immer gleich
3. Nichtumkehrbarkeit: weg ist weg
4. Kontinuität und Kausalität: Früheres bestimmt
Nachfolgendes
5. Gerichtetheit: Zeitablauf hat impliziten Sinn einer
Entwicklung
6. Synchronität: Zeit überall gleich
7. Kumulativität: in Zeit sammelt sich etwas an, was
mehr wird (S. 54)
#"Asien:
Zeit ist zyklisch; Zeit als Diskontinuum aus günstigen und
ungünstigen Momenten; nicht abstrakt, sondern konkret
erlebbarer Prozeß
#"Orientierung schwerpunktmäßig an Vergangenheit, Gegenwart oder
Zukunft
$"calvinistische Kulturen: Zukunft
$"Lateinamerikaner, etc.: Gegenwart
$"Chinesen: Vergangenheit (S. 55)

5
- Umgang mit Zeit
#"Je höher der Grad der Industrialisierung, desto rationaler der
Umgang mit Zeit
$"Fabriken, Schulen, Geschäfte, etc. funktionieren nur mit
Zeit
$"Industrialisierung in Entwicklungsländern auch davon
abhängig (S. 56)
#"Pünktlichkeit: untrennbar von metrischer Uhrzeit
$"Deutschland: offizielle Anlässe: auf die Minute
Private: 5-15 Minuten später, danach
Entschuldigung
$"Lateinamerika: 45 Minuten normal (S. 57)

2.4 Raumerleben
- Privater Raum
#"Umfang und Merkmale variieren von Kultur zu Kultur
#"USA: geschlossene vs. offene Tür (S. 60)

- Proxemics
#"Angemessene räumliche Distanz zwischen Interaktionspartnern
#"Intimate Distance: z. B. Sex
Personal Distance: z.B. Freundschaft ohne Sex
Social Distance: z.B. Geschäftstermin
Public Distance: z.B. Treffen eines Stars
#"In Lateinamerika ist Gesprächsdistanz kleiner als in den USA
$"Interaktion: Amerikaner weicht zurück, Lateinamerikaner
rückt nach
Asien: abhängig von Klasse bzw. Kaste
#"Sitzen: USA: Distanz zum gegenüber ca. 5 ½ Fuß; je größer der
Raum, desto näher
Japan: Abstufung vom Ranghöchsten zum Rangniedrigsten

- Raumgestaltung
#"USA: Städte nach Gitternetz angelegt
#"Westen: Räume haben spezielle Funktionen; feste Wände; Möbel
an den Wänden, Mitte frei (S. 62)

2.5 Denken
- Logisch vs. prälogisch
#"Im Westen ausgeprägt
#"Analytisch – linear – rational (logisch)
#"Ganzheitlich – assoziativ – affektiv (prälogisch)

- Induktiv vs. deduktiv


#"Induktiv: vom Einzelnen auf Allgemeines schließen
#"Deduktiv: vom Allgemeinen auf Einzelnes schließen
#"Westen: induktiv
6
#"Lateinamerika, Russland: deduktiv (S. 64)

- Abstrakt vs. konkret


#"Westen: abstrakt
#"Afrika: konkret (S. 65)

- Alphabetisch vs. analphabetisch


#"Alphabetisch: abstraktes, entpersönlichtes, zeitunabhängiges
Denken möglich
#"Analphabetisch: an spezifische Situationen gebunden (S. 66)

- Bezugsrahmen
#"‚Frame of reference’
#"Kontext wichtig zum einordnen
#"Auch ideologisch vorhanden, z.B. im Kalten Krieg erlebte man oft
das, was man erwartete (S. 68)

- Magie
#"Bedeutung in Kulturen unterschiedlich
#"Afrika: Schamanentum, etc. => aktiv
#"Asien: Aberglaube, Wahrsager, Astrologie => passiv, da höhere
Gewalt bestimmt
#"Westen: sehr rational, aber auch Aberglaube vorhanden, z.B.
schwarze Katze, 13, Spiegel (S. 71)

2.6 Sprache
- Ohne symbolhaft-abstrakte Sprache keine Kultur

- Grundmerkmale
#"Abstrahierend
#"Bildung von Kategorien, Klassen
$"Reduktion von Komplexität
$"Überschaubare Welt
#"Mittel, um Erfahrungswelt zu kategorisieren
$"Sprache einer Gruppe hängt eng mit ihrer Weltsicht
zusammen; Sprache als Ausdruck und Determinante der
Weltsicht

- Sapir-Whorf-Hypothese
#"Jede Sprache repräsentiert je eigene Erlebniswelt
#"Sprache determiniert Wahrnehmen und Denken
$"Individuum kann nur das denken, was ihm die Sprache
erlaubt
#"Je bedeutender ein Objektbereich, desto feiner ist er
ausdifferenziert, z.B. ‚Schnee’ bei den Inuit (S. 74)

- Auch Subkulturen haben eigene Sprache

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- Einige Begriffe sind auch nur im Kontext zu verstehen, z.B. ‚Bank’
$"Bezugsrahmen ist kulturspezifisch
$"Gleiche Wörter, aber unterschiedliche Bedeutung, z.B. ‚Demokratie’ (S.
75)

2.7 Nichtverbale Kommunikation


- Kinesics (Körpersprache)
Proxemics
Orientierungswinkel (zur anderen Person)
Äußere Erscheinung
Posture
Kopfbewegungen
Mimik
Gestik
Blickkontakte
Paralinguistik (S. 76)

- Sehr kulturspezifisch: eine Bewegung kann in anderer Kultur etwas völlig


anderes bedeuten

- Mimik
#"z. B. Lachen im Westen Fröhlichkeit, in Japan oft Unsicherheit =>
Mißverständnisse

- Blickkontakt
#"Westen: wichtig, sonst gilt Partner als unaufrichtig
#"Asien: direkter Blickkontakt ist Zeichen mangelnden Respekts

- Gesten
#"Vielfach konventionell festgelegt
#"z.B. Küssen als Tabu, Begrüßung, intim (S. 77)

- Paralinguistik
#"Art und Weise des Sprechens
#"Leise (z.B. UK) vs. laut (z.B. USA)
#"Schnell (z.B. Spanien) vs. langsam (z.B. Finnland)
#"Vielreden (z.B. USA, Araber) vs. Schweigen (z.B. Japan) (S. 79)

2.8 Wertorientierungen
- Zählen zu Selbstverständlichkeiten

- Werte = Maßstäbe, mit denen Menschen ihre Welt ordnen und gewichten

- Zu untersuchende Aspekte:
#"Human Nature orientation: gut, böse, Mix
#"Man – Nature orientation: Unterwerfung, Harmonie, Beherrschung
#"Time orientation: Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft
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#"Activity orientation: sein, sein – im –werden, Tun
#"Relational orientation: zwischenmenschliche Beziehungen linear
(z.B. Aristokratie), kollateral, individualistisch (S. 81)

- Im allgemeinen sehr stabil (S. 89)

2.9 Verhaltensmuster: Sitten, Normen, Rollen


Sitten, Normen
- Regeln, wie sich Menschen einer Kultur zu verhalten haben

- Wertorientierung: abstrakte, allgemeine Ebene


Sitten, Normen: Alltagsebene, konkret, mit spezieller Situation verknüpft

- z.B. Heiratssitten: westlich: romantische Liebe mit allen Freiheiten


Afrika: Brautpreis, Frau kennt Mann vor Hochzeit nicht (S.
91)

- z.B. Kaufen: westlich: unpersönlich, zum angegebenen Preis


arabisch: mit Feilschen (S. 93)

- z.B. Essen: Asien: nach Einladung sofort gehen, sonst nicht satt geworden
USA: schnelles Gehen unhöflich, da man nur Essen wollte und auf
Gesellschaft keinen Wert legte (S. 94)

Riten, Rituale
- Definition: Vorschriften, die dem Bereich des Religiösen und Sakralen
zugeordnet sind

- z. B. Europa: Osterfeuer, Mistelzweig, Maibaum sind Überreste der Baum-


und Feuerverehrung (S. 96)

Tabus
- strikte Verbote, die nicht ungestraft verletzt werden dürfen (S. 97)

Rollen
- Definition: Verhaltensformen, die durch Erwartungen der Gruppe an Einzelne
festgelegt werden

- Menschen erwarten von Mitmenschen, daß sie sich in bestimmten Situationen


auf bestimmte Art und Weise verhalten

- Bei anderem Verhalten: Bestrafung oder Ausschluß (S. 98)

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2.10 Soziale Gruppierungen und Beziehungen
Beispiele sozialer Gruppierungen (Strukturen)
- Familie
#"Industrieländer: Großfamilie durch Kleinfamilie abgelöst =>
Handlungs- und Entscheidungsfreiheit
#"Vielfach entscheidet Familienoberhaupt der Großfamilie
#"Intensität der Verbundenheit und Verpflichtung in Mittel-,
Nordeuropa und Nordamerika recht gering (S. 100)

- Klasse
#"Noch in zahlreichen Kulturen vorhanden, z.B. Bedienstete
#"In Indien: Kastensystem (S. 101)

- Status
#"Alle größeren Gesellschaften hierarchisch gegliedert => die
Position, die eine Person einnimmt, ist der Status
#"Je höher, desto mehr Prestige und Autorität
#"Kriterien kulturspezifisch, z.B. Familienname, Bildung, Alter,
Herkunft, Geschlecht
#"Japan: Status hat großes Gewicht; Prinzip der Seniorität (S. 102)

- Eliten
#"Kleine, einflußreiche Gruppe, die in sozialer Rangordnung oben
steht
#"Bestimmen geistiges und oft auch politisches Leben
#"Orientieren sich oft an Westen, bleiben aber ihren Sitten verhaftet
$"Zwiespalt
$"‚Marginalmensch’, der sich mit zwei unzuvereinbaren
Bezugsgruppen identifiziert (S. 103)

Beispiele sozialer Beziehungen


- Individuum und Gruppe
#"Unterordnung unter das Kollektiv vs. Individualismus
#"Westlich: Individualismus; von anderen Kulturen oft als arrogant,
stur und selbstherrlich empfunden
#"Kollektiv: Japan, China, Russland, Afrika; Verlassen der Gruppe =
Verlust der Identität
#"USA: Individualismus = Freiheit
Afrika: Individualismus = Einsamkeit (S. 105)
#"Gruppenorientiertheit meist verbunden mit Harmoniebedürfnis
$"Konservatives Denken
$"Wunsch ‚Status quo’ zu bewahren
$"‚Nein’ fällt schwer (S. 105)

- Freundschaft
#"USA: viele Freunde für verschiedene Situationen => Spezialisierung
der Freunde
Russland: wenige, tiefe Freundschaften, gesamte Person wichtig

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- Gesicht wahren
#"Westlich: Blamieren nicht schön, aber nicht essentiell
China, Japan, Korea, Araber: Verletzung des Kerns der
Persönlichkeit => Freunde nur unter vier Augen kritisieren (S. 106)

- Zur Sache kommen


#"Europäer, Nordamerikaner: ‚eilig’
Japaner, Araber, viele Afrikaner: erst persönliche Beziehung
aufbauen, dann zur Sache kommen
$"für ‚Eilige’ Zeitverschwendung
$"für ‚Langsame’ unverschämt (engl. ‚rude’)

3 VORSTELLUNGEN UND EINSTELLUNGEN


- Vorstellung: Akzent auf kognitiven Bereich
- Einstellung: Akzent auf Bewertung

3.1 Vorstellungen von Völkern und Kulturen


- Vorstellung = Faktenwissen + Image

- Image einer Nation: Gesamtheit aller Attribute, an die man denkt, wenn man
an diese Nation denkt (S. 108)

- Stereotyp
#"Stark vereinfachte, klischeehafte Vorstellung
#"Mit ihrer Hilfe ordnet man einzelne Personen ein aufgrund der
Klasse/Kategorie, zu der sie gehören (S. 109)
#"Von fremden Gruppen: Heterostereotyp
Von eigener Gruppe: Autostereotyp, d.h. stereotype Vorstellung
davon, welche Stereotypen die anderen von
eigener Gruppe haben
#"Entlastung, da Reduzieren der Komplexität der Realität auf einige
Grundzüge
#"Dienen der Identifikation mit Gruppe und dem sozialen
Zusammenhalt (S. 110)
#"Menschen mit Stereotypen sind sich dessen nicht bewußt

- Images von Völkern/Kulturen sind sehr stabil


$"Veränderung nur durch sozialen Wandel oder dramatische Ereignisse

3.2 Einstellungen gegenüber Völkern/Kulturen


- Definition ‚Einstellung’: wertende Stellungnahme zu Personen, Gruppen,
Sachverhalten, Objekten

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Vorurteil
- Definition: ablehnende oder feindselige Stellungnahme gegen eine Person,
die zu einer bestimmten Gruppe gehört, nur weil sie zu dieser
Gruppe gehört und weil deshalb von ihr vorausgesetzt wird, daß sie
die anfechtbaren Eigenschaften hat, welche dieser Gruppe
zugeschrieben werden (S. 116)

- Im Sozialisierungsprozess erlernt aus verschiedenen Quellen (besonders


Elternhaus)
$"Entstehen durch Übernahme bereits vorhandener Vorurteile (S. 117)

- Aus Bedürfnis nach Ordnung und Gesichertsein

- Vorurteilsbesetzte Person
#"Aus autoritärem Elternhaus
$"nachgiebige, unterwürfige Haltung
$"Welt bedrohlich
$"Konformismus = Sicherheit
#"Schwach, unsicher
$"Wert auf Macht, Stärke
$"Verachtung schwacher Outgroups und Andersdenkender
(S. 117)

- Ablehnung einer ganzen Gruppe leichter, da abstrakter; eine abweichende


persönliche Begegnung mit einem Mitglied der Gruppe wird als Ausnahme
gewertet

- Sehr stabil, ändern sich nur langsam (S. 118)

- Faktoren, die den Kontakt zur Outgroup behindern:


#"Wissen: Bereitschaft zu Kontakt, aber kein Wissen um Art und
Weise
#"Sozialer Druck: Mißbilligung des Kontaktes durch Ingroup
#"Erfahrungen: Mitglieder der Ingroup haben früher schlechte
Erfahrungen gemacht => Vermeiden des Kontaktes
mit Outgroup (S. 120)

4 IN EINER FREMDEN KULTUR


- Definition ‚Experte’: jemand, der für einige Zeit ins Ausland geht, um dort
einen Auftrag zu erfüllen

4.1 Besucher: Eigenschaften und Fertigkeiten


Eigenschaften
- Definition: Dispositionen, die in konkreten Situationen das
Verhalten einer Person bestimmen

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- Intelligenz
#"Fähigkeit neue Probleme mit Hilfe des Denkens zu lösen
#"Fähigkeit zu differenziertem und relativierendem Denken, d.h.
Lösen von Stereotypen
#"Voraussetzung für Selbstkritik (S. 132)

- Toleranz
#"Zurückstellen der eigenen kulturbedingten Sichtweise und
Praktizieren der Sichtweise der Gastkultur
#"Möglichkeit, fremdartige, schwer verständliche Erfahrungen in
Gastkultur zu verarbeiten
#"Hineinversetzen in andere Kultur allerdings nur bedingt möglich (S.
133)

- Stärke der Persönlichkeit: positives Selbstbild, -wertgefühl; sicheres Auftreten

- Fähigkeit zum Aufbau positiver sozialer Beziehungen

- Aufgabenorientierung

$"allerdings ist die Situation ein wichtiger Bedingungsfaktor, da die


Eigenschaften nur dort konkret zu Tage treten

Fertigkeiten
- Definition: erlernte Kompetenzen

- Sachkompetenz: obligatorisch für Glaubwürdigkeit

- Sprachenkenntnis: Öffnen zu Verstehen der Gastkultur (S. 134)

- Aufbau positiver sozialer Beziehungen (S. 135)

4.2 Begegnungsprobleme aufgrund von


Strukturmerkmalen
Nationalcharakter
- Gemeinsamkeiten der Eigenschaften all jener, die durch ihre Nationalität auf
gleichartige Weise geformt sind
$"Mißverständnisse, Fehlverhalten möglich, darüber gibt es aber keine
generellen Erkenntnisse (S. 136)

Wahrnehmung
- Gesteuert durch Bedeutsamkeit der Objekte für den Wahrnehmenden

- Verschiedene Farbsymbolik

- Körperkontakt differiert (S. 137)

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Zeiterleben
- Konflikte z.B. bei Begegnungen vergangenheits- und zukunftsorientierter
Kulturen

- Pünktlichkeit ist ein westliches Konzept (S. 138)

Raumerleben
- Konflikte z.B. bei unterschiedlichen Vorstellungen von privatem Raum; z.B.
bedeuten offene Türen für Deutsche Chaos und Kontrolle, für Amerikaner
widerum geschlossene Türen Verschwörung

- Gesprächsabstand variiert

- Respektdistanz (S. 139)

Denken
- Induktiv vs. deduktiv

- Aberglaube (S. 140)

Sprache
- Kommunikation erfolgreich, wenn der eine genau das versteht, was der
andere meint

- Nichtverstehen: kein gemeinsames System von Sprachsymbolen vorhanden

- Mißverstehen: unterschiedliche Interpretation der gemeinsamen


Sprachsymbole

- In interkultureller Begegnung benutzen Partner unterschiedliche


Begriffssysteme

- Begriffe haben denotativ-lexikalische Bedeutung und ein konnotatives Umfeld


(z.B. Assoziationen, Emotionen, Wertungen)
$"Störung der Kommunikation ohne daß sich die Partner dessen bewußt
sind (S. 141)

- Auch identische Begriffe (z.B. Kultur, Demokratie) können unterschiedliche


konnotative Bedeutung haben, z.B. ist ‚compromise’ in UK positiv für beide, in
USA negativ (S. 143)

- Verschiedene Einstellungen in Bezug auf Klarheit: westlich: ‚straight forward’,


Japan: auf Harmonie bedacht, kein klares ‚nein’
$"Japan: Amerikaner ist unverschämt, taktlos
$"Amerikaner: Japaner ist umständlich, unaufrichtig (S. 145)

Nichtverbale Kommunikation
- z.B. Blickkontakt: im Westen erwünscht, sonst unaufrichtig; in Asien nicht, da
respektlos (S. 146)

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- Indien: Kopfschütteln = ‚ja’ => Mißverständnisse (S. 147)

Wertorientierungen
- Was ist ein Mensch und wie soll er sein?

- Wie ist die Beziehung zu anderen, zur Natur, zu Gottheiten, etc.?

- Was ist die Bedeutung der Zeit?

- Ist der Mensch schicksals- oder selbstbestimmt?

- Wie sind Gesetze und Vorschriften aufzufassen? (S. 149)

Verhaltensmuster
- Erhalten ihre Bedeutung erst im Kontext

- Verletzung von Tabus ist meist durch Nichtwissen zu entschuldigen (S. 150)

- Mißverständnisse häufig dadurch, daß gewohnte Verhaltensmuster auch in


fremder Kultur angewandt werden
$"Verhalten steht auf einmal in anderem Kontext
$"Fehlverhalten (S. 151)

- Situationsmomente
#"Umwelt (z.B. Klima)
#"Anzahl der Personen
#"Direkte oder technisch vermittelte Kommunikation
#"Status
#"Verhaltensweisen
#"Bekanntschaft oder Anonymität
#"Strukturierte (d.h. man weiß, wie man sich zu verhalten hat) oder
unstrukturierte Situation
#"Zeitliche Begrenzung
#"Über- oder Unterbesetzung
#"Vorhandensein oder Abwesenheit eines Modells zur Orientierung
#"Vorhandensein einer Nische zur klaren Rollenfindung
#"Zugeschriebene Macht
#"Verantwortung für sich selbst oder auch andere
#"Verhältnis zu ‚Untergebenen’
#"Situation vertraut oder fremd (S. 152)

Soziale Beziehungen
- In vielen (besonders asiatischen) Kulturen ist Beachtung der Hierarchien
wichtig (S. 153)

- Interpersonale Attribution: man ist sich unsicher wie die Reaktion des Partners
einzuschätzen ist, unterstellt Eigenschaften, Motive,
etc. (oft Stereotype) und orientiert sich an diesen (S.
154)

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- Interkulturen: Interkulturelle Kommunikation meist zwischen Partnern mit
ähnlichen Merkmalen und ähnlicher Lokalisation innerhalb ihrer
Kultur, z.B. Künstler, Geschäftsmann
$"(horizontale) Dimension der Gleichartigkeit
$"Gemeinsamkeit aber meist nur auf sachlich-fachlichem
Bereich (S. 155)

- Aus Industrieland in Entwicklungsland


#"Rolle des Sachkundigen, Lehrers => überlegen
#"Meist Lebensstil wie Oberschicht des Entwicklungslandes
#"Erwartung, daß man sich ‚einwandfrei’ verhält (S. 156)

- Aus Entwicklungsland in Industrieland


#"Rolle des Lernenden => unterlegen
#"Herablassend behandelt => Demütigung
$"Aggression, insbesondere da der Experte im
Entwicklungsland meist zur Oberschicht gehört und somit
Prestige hat
#"‚Brain Drain’: Experte kehrt nicht ins Entwicklungsland zurück
wegen z.B. Zukunftsangst, Zugehörigkeit zu Minorität,
berufliche Möglichkeiten, private Kontakte (S. 158)

4.3 Vorstellungen/Einstellungen als Begegnungsprobleme


- Experte muß sich seiner Vorurteile und Stereotypen bewußt werden und
Distanz zu ihnen gewinnen

- Experte muß sich auch über Vorurteile und Stereotype der Einheimischen ihm
gegenüber klarwerden (S. 159)

4.4 Prozesse/Entwicklungen während des Aufenthaltes


- Unsicherheit, da alte Denkmuster nicht passen

- Motivation, durch Lernen und Neuorientierung innere Sicherheit


zurückzugewinnen => Enkulturation (S. 160)

- Einfügen als Persönlichkeit in fremde kulturelle Bedingungen


$"Identifikation mit Gastkultur (kein Fremder mehr)
$"Erwerb kultureller Kompetenz (Sprache und Verhalten)
$"Rollenakkulturation, d.h. Konvergenz zwischen Wertorientierungen aus
Gastkultur und der ‚Heimat’

- Phasen der Anpassung nach Oberg


#"‚honeymoon’ zu Beginn: alles ist neu und positiv
#"Distanzierung von Gastkultur
#"Besseres Zurechtfinden
#"Akzeptanz der Gastkultur (S. 161)

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- Phasen der Anpassung nach Gullahorn (Grafik S. 162)
#"A: Enthusiasmus
#"B: Frustration, da alte Muster nicht mehr passen
#"C: allmähliches Begreifen der Gastkultur
#"D: ‚wie zu Hause’ fühlen
#"E: Rückanpassung
#"F: soziale Integration wieder erreicht

- Vorurteile verstärkt, wenn


#"Konkurrenz zwischen Gruppen
#"Kontakt unerwünscht und unerfreulich
#"Minderung von Prestige/Status auf einer Seite
#"Widersprechende Grundpositionen (S. 173)

5 VORBEREITUNG AUF DIE FREMDE


- Ziele
#"Vertrautheit mit Gastland und –kultur
#"Sprachkenntnisse
#"Akzeptieren der Gastkultur
#"Sensibilität für kulturspezifische Eigenheiten
#"Weltoffenheit, Toleranz, Überwinden von Ethnozentrismus, Abbau
von Stereotypen/Vorurteilen
#"Bewältigung von Streß in fremder Umwelt
#"Verstehen der eigenen Kultur
#"Stärkung des Selbstgefühls und der Sicherheit bei Begegnung mit
Fremden
#"Kreativität beim Lösen von Problemen
#"Fertigkeiten beim Aufbauen positiver sozialer Beziehungen im
Gastland (S. 176)

- Optimal, wenn Verbindung von allgemeiner (Theorie) und spezieller


(bestimmtes Land) Vorbereitung (S. 177)

- USA: Society for Intercultural Education, Training and Research (SIETAR)

- Ansätze
#"Informationstraining: hard and soft facts, culture shock
#"Attributionstraining: critical incidents (S. 179)
#"Experiental learning: Rollenspiele
#"Interaction approach: Rollenspiel mit Mitglied des Gastlandes
#"Cultural awareness: Durchschauen der eigenen Kultur
#"Cognitive-behavior modification: Auseinandersetzung mit
Erwartungen
#"Bewußtmachen von Stereotypen und Vorurteilen (S. 180)

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