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Heinz Becker B. Michael Ghadimi (Hrsg.

Allgemein- und
Viszeralchirurgie II
Spezielle operative Techniken

3. Auflage
Inhaltsverzeichnis
I Endokrine Chirurgie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 11 Divertikulose und Divertikulitis
Christoph T. Germer und Christian Jurowich . . . . . . 269
1 Schilddrüse
Peter E. Goretzki und Katharina Schwarz . . . . . . . . 3 12 Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen:
A Gutartige Erkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 Morbus Crohn und Colitis ulcerosa
B Schilddrüsenkarzinom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 Peter Kienle und Stefan Post . . . . . . . . . . . . . . . . . 277

2 Nebenschilddrüse 13 Intestinale Ischämie


Cornelia Dotzenrath und Kenko Cupisti . . . . . . . . . 51 Bernd L. P. Luther . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297

3 Nebenniere III Kolorektale Chirurgie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313


Dietmar Simon, Marc Boucher und
Philip Schmidt-Wilcke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 14 Lynch-Syndrom, HNPCC und hereditäre
Polyposis-Syndrome
4 Neuroendokrine Tumoren Ralph Schneider, Claudia Schneider und
Peter E. Goretzki, Aycan Akca, Bernhard Gabriela Möslein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315
J. Lammers und Katharina Schwarz . . . . . . . . . . . . 83
A Neuroendokrine Neoplasien – allgemeine 15 Kolonkarzinom
Gesichtspunkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 Heinz Becker † und Thilo Sprenger* . . . . . . . . . . . . 339
B Neuroendokrine Neoplasien – organspezifische
Gesichtspunkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 16 Rektumkarzinom
Heinz Becker † und Thilo Sprenger . . . . . . . . . . . . . 359
II Gastrointestinale Chirurgie . . . . . . . . . . . . . . . 109
17 Lokale Operationsverfahren des
5 Chirurgische Onkologie Rektumkarzinom
Marian Grade und B. Michael Ghadimi . . . . . . . . . 111 Claus Langer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 387

6 Ösophagus IV Hepatobiliäre und Pankreaschirurgie . . . . . . . 393


Arnulf H. Hölscher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127
18 Leber – Der Leberrundherd
7 Zwerchfell und Reflux Otto Kollmar, Anne Kauffels und
Peter M. Markus und Heinz Becker † . . . . . . . . . . . 167 B. Michael Ghadimi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 395

8 Magen – Duodenum 19 Gallenblase – Gallenwege


Alexander Beham und B. Michael Ghadimi . . . . . . 187 Alexander Buia und Ernst Hanisch . . . . . . . . . . . . . 419
A Gutartige Erkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189
B Magenkarzinom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 20 Pankreas
Olaf Horstmann und Heinz Becker † . . . . . . . . . . . 441
9 Chirurgie bei morbider Adipositas und A Chirurgische Anatomie und Embryologie . . . . . 443
metabolischen Störungen B Pankreatitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 444
(Metabolische Chirurgie) C Pankreaspseudozysten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 461
Rudolf A. Weiner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 D Pankreastumoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 464

10 Gastrointestinale Stromatumoren
Alexander Beham und B. Michael Ghadimi . . . . . . 259

* Kap. 15.2.6: Kia Homayoünfar

Becker_24811.indb XI 12/9/2014 9:11:19 AM


XII 60 Abdominale Ansammlungen, Ovarialzysten, Zervixdysplasie
Inhaltsverzeichnis

V Transplantationschirurgie . . . . . . . . . . . . . . . . 485 VI Techniken der Gefäß- und


Thoraxchirurgie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 545
21 Grundlagen der Transplantationschirurgie
Jan E. Slotta und Otto Kollmar . . . . . . . . . . . . . . . . 487 25 Gefäßchirurgie
Thomas Schmitz-Rixen und Ralf G. Ritter . . . . . . . . 547
22 Nierentransplantation
Thomas Lorf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 505 26 Thoraxchirurgie – Notfallsituationen
Sebastian Dango, Marc Hinterthaner und
23 Pankreastransplantation B. Michael Ghadimi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 557
Bernd M. Jänigen und Ulrich T. Hopt . . . . . . . . . . . 519
VII Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 563
24 Lebertransplantation
Wolf O. Bechstein und Andreas A. Schnitzbauer . . . 529 Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 569

Becker_24811.indb XII 12/9/2014 9:11:19 AM


168 7 Zwerchfell und Reflux

7.1 Zwerchfellhernien und eine Auskultation von Magen-bzw. Darmgeräuschen


erste Hinweise auf eine Zwerchfellhernie geben.
Die Sonografie des Abdomes und des Thorax kann Hin-
7.1.1 Definitionen – Ätiologie weise für eine Verlegung intraabdominaler Organe nach tho-
rakal geben. Sie ist bei abdominalem Trauma und V. a. trau-
Zwerchfellhernien sind Durchtrittspforten für abdominotho- matische Zwerchfellruptur schon zum Ausschluss begleiten-
rakale Organverlagerungen durch angeborene oder erworbe- der Organverletzung indiziert.
ne Lücken im Zwerchfell (› Abb. 7.1). Sie finden sich be- In der Röntgenübersicht des Thorax lässt ein thorakaler
vorzugt links und richten sich entsprechend dem Druckge- Weichteilschatten oder die Darstellung von Sekretspiegeln
fälle aus. Man unterscheidet echte Hernien von einem Or- oder Darmgasen retro- oder parasternal die Verlagerung der
ganprolaps, bei dem ein Bruchsack aus Peritoneum fehlt. Der Bauchorgane und damit den Zwerchfellbruch vermuten. In
Prolaps entsteht meist traumatisch im Rahmen der Zwerch- der CT (ggf. MRT) des Oberbauchs mit oraler Kontrastmit-
fellruptur, während sich die Prädilektionsstellen und die Sei- telgabe können auch kleinere Hernien detektiert werden. Im
tenbevorzugung der echten Hernien aus der Entwicklungs- Falle einer traumatischen Zwerchfellruptur gelingt es in der
geschichte des Zwerchfells erklären. Bevorzugte kongenitale CT des Oberbauchs, sowohl die Bruchlücke als auch einen
Schwachstellen des Zwerchfells sind das Trigonum sterno- Vorfall intraabdominaler Organe (meist Magen, Milz oder
costale (rechts = Morgagni-Hernie; links = Larrey-Hernie) Darm) in den Thorax darzustellen (› Abb. 7.2).
und das linksseitige Trigonum lumbocostale (Bochdalek- Die Ösophagogastroduodenoskopie ist Routine in der
Hernie). Angeborene Defekte sind selten und finden sich Abklärung von Beschwerden des oberen Gastrointestinal-
vornehmlich im Centrum tendineum, die Extremform ist die trakts. Sie hat keine Relevanz in der Diagnostik der seltenen
totale Zwerchfellaplasie. Differenzialdiagnostisch muss eine kongenitalen Hernien. Ihre Domäne hat sie in der Diagnostik
sog. Relaxatio diaphragmatica unterschieden werden. der axialen und paraösophagealen Hernien (› Kap. 7.2.3).

7.1.2 Klinik – Diagnostik 7.1.3 Indikation zur Operation

Die Symptomatik ist relativ unspezifisch und je nach Form Die Verlagerung der Bauchorgane in den Brustraum stellt
und Ausmaß der Organverlagerung von unterschiedlicher prinzipiell eine Operationsindikation dar. Die Dringlichkeit
Ausprägung. Bei einer relativ kleinen Bruchlücke können des Eingriffs richtet sich nach der Klinik.
Einklemmungsbeschwerden vorherrschen, ausgeprägte Or-
ganverlagerungen bedingen neben jeweils organspezifischen Hernienreposition und -reparation können elektiv geplant werden,
7 Beschwerden teilweise erhebliche kardiorespiratorische Pro- während Einklemmungserscheinungen und wesentliche kardiopul-
bleme. Bei der klinischen Untersuchung einschließlich der monale Symptome als Folge einer Verdrängung der Mediastinal-
Auskultation können eine gedämpfte thorakale Perkussion organe die sofortige Operation erfordern.

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Abb. 7.1 Typische hiatale und extrahiatale Bruchpforten und Lücken des Zwerchfells, Blick von abdominal. [L123]

Becker_24811.indb 168 12/9/2014 9:11:53 AM


7.2 Hiatushernien 169

Der Organprolaps ist meist Folge eines stumpfen Bauchtrau- bruchlücke. Meist gelingt der direkte Verschluss der Zwerch-
mas und stellt in der Regel ebenfalls eine Operationsindikati- felllücke. Falls nicht, muss der Defekt mit Fremdmaterial
on dar. Die Versorgung erfolgt je nach Symptomatik primär – z. B. einem Polypropylennetz – gedeckt werden. Als Naht-
oder zweizeitig nach stabilem Initialverlauf. material empfiehlt sich bevorzugt ein nichtresorbierbarer
Faden (z. B. 2/0  Prolenep oder Ethibondp der Stärke  0
oder 1/0 beim laparoskopischen Vorgehen).
7.1.4 Operative Therapie

Gegenüber der transthorakalen Operation wird der trans- Komplikationen


abdominale Eingriff weitaus häufiger angewandt und heute
bevorzugt. Trotz guter Vaskularisation ist der funktionelle Ein Nahtbruch am Zwerchfell ist nur bei zu großer Spannung
Erfolg der Zwerchfellnaht wesentlich von der Schnittführung zu erwarten. Nach unsachgemäßer Schnittführung kann eine
abhängig. Zu bevorzugen sind radiäre Schnittführungen, na- Phrenikusparese mit konsekutivem Zwerchfellhochstand auf
türlich unter Schonung der Aufzweigungen des N.  phreni- der betroffenden Seite resultieren. Nicht selten kommt es zu
cus. Ziele des Eingriffs sind die Reposition des Bruchinhalts pulmonalen Komplikationen (Pneumothorax, Atelektase).
und der Verschluss der Bruchlücke. Nach lang andauerndem Enterothorax kann die Lunge im
Druckbereich atelektatisch sein, was eine vorsichtige CPAP-
Behandlung (Continuous Positive Airway Pressure) und im
Operationsvorbereitung Einzelfall die Nachbeatmung erfordern kann.

Der Eingriff erfolgt in Intubationsnarkose. In Abhängigkeit


von der Größe des Befundes wird ein laparoskopisches oder Postoperative Behandlung
offenes Vorgehen gewählt. Standardzugang zur Bauchhöhle
wäre dann die mediane, alternativ die quere Oberbauchlapa- Wesentlich sind die intensive Atemgymnastik mit intermittie-
rotomie. Bei thorakalem Zugang wird die Thorakotomie im render CPAP-Behandlung und die broncholytische Therapie.
6.–7. Interkostalraum (ICR) in 90-Grad- oder 45-Grad-Sei-
tenlage vorgenommen.

7.2 Hiatushernien
Spezielle Operationstechnik

Die Zwerchfellhernie erfordert die Reposition des Bruchin- 7.2.1 Definition 7


halts in den Bauchraum und den Verschluss der Zwerchfell-
Die Hiatushernie ist eine Verlagerung der Kardia und even-
tuell weiterer Magenabschnitte durch den Hiatus oesopha-
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geus in den Brustraum. Sie ist die häufigste Form der
Zwerchfellhernien (90 %). Begünstigend für eine hiatale
Bruchbildung sind einerseits Bindegewebsschwächen des
Bandapparates am ösophagogastralen Übergang im Alter
und andererseits Erhöhungen des abdominothorakalen
Druckgefälles, z. B. bei Adipositas und Schwangerschaft. In
80 % findet man als Bruchlücke einen sog. Hiatus communis,
eine kongenitale Fehlbildung mit gleichzeitigem Durchtritt
von Ösophagus und Aorta.

7.2.2 Einteilung – Klinik

Es werden drei Formen der Hiatushernie unterschieden:


• Die axiale Hiatushernie (Typ I) ist mit 80 % die häufigste
Form und geht mit einem Gleiten der Kardia in den Me-
diastinalraum einher. Durch Störung der Kompetenz des
unteren Ösophagussphinkters kommt es in bis zu 20 % zu
Abb. 7.2 CT-Diagnostik inkarzerierte Zwerchfellhernie sagittal. [T455] einer gastroösophagealen Refluxkrankheit (› Kap. 7.3).

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170 7 Zwerchfell und Reflux

Ungefähr 70 % der Patienten bleiben asymptomatisch, morphologische und funktionelle Erkrankungen gibt. Sie er-
10 % entwickeln durch mechanische Reizung retrosterna- laubt ferner makroskopisch und histologisch die Präzisie-
le Schmerzen und Druckgefühl. rung und Differenzierung von Veränderungen wie z. B. bei
• Paraösophageale Hiatushernie (Typ II). Bei konstanter der Refluxkrankheit.
anatomischer Lage der Kardia unterhalb des Zwerchfells Im Falle einer paraösophagelen Hernie oder Mischhernie
sind Magenanteile, meist der Magenfundus, in den Medi- kann die CT mit oralem Kontrastmittel Aufschluss über das
astinalraum verlagert. Im Gegensatz zur axialen Hernie ist Ausmaß des Defekts, über den Inhalt und mögliche Kompli-
die paraösophageale Hernie komplett mit einem kationen wie Ileus oder Inkarzeration geben.
Bruchsack überzogen.
• Die Extremform ist der „Upside-down“-Magen. Hier
liegt der komplette Magen in einem großen, mediastina- 7.2.4 Indikation zur Operation
len Bruchsack. Im Ausnahmefall sind auch Netz, Milz
oder Darmanteile in den Mediastinalraum verlagert. Die Indikation zur Operation einer axialen Hiatushernie oh-
• Mischformen (Typ III): Die gemischte Hiatushernie ist ne begeleitende Refluxkrankheit wird nur im Ausnahmefall
weitaus häufiger anzutreffen als die rein paraösophageale gestellt. Sie wäre bei retrosternalen Schmerzen und Druckge-
Form und setzt sich aus einer axialen und paraösophagea- fühl im Oberbauch durch lokale Dehnung und Kompression
len Komponente zusammen. Dabei ist die Kardia mit in der umliegenden Strukturen (z. B. des Herzbeutels) gegeben.
den Brustraum verlagert. Die Symptomatik der paraöso- Ist die Hiatushernie mit einer schwergradigen Refluxeerkan-
phagealen Hernien und der Mischformen ist vielfältig und kung vergesellschaftet, ist die Operation (› Kap. 7.2.5.) eine
kann durch das symptomarme Bild der schleichenden Alternative zur medikamentösen Therapie.
Blutungsanämie, aber auch durch Passagestörungen mit Asymptomatische axiale Hiatushernien sind nicht be-
Völlegefühl und Dysphagie beherrscht werden. Selten lie- handlungsbedürftig. Ausschlaggebend für das chirurgische
gen Begleitulzera vor, die entsprechende Beschwerden Behandlungserfordernis sind die Ausbildung von Sympto-
hervorrufen können. Ausgeprägte Formen verursachen men und/oder der Nachweis einer Refluxkrankheit. Bei
durch Verdrängung kardiopulmonale Symptome, die sehr schwergradiger Refluxkrankheit ist die Operation eine Alter-
leicht verkannt werden. Durch gelegentliche Mitverlage- native zur langfristigen medikamentösen Therapie
rung von Darm oder Netzanteilen in den Brustraum sind (› Kap. 7.3, › Kap. 7.5).
Strangulationen und Inkarzerationen bis hin zum Voll-
bild des Ileus möglich (› Abb. 7.3). Paraösophageale Hernien und die häufigeren Mischformen stellen
jedoch wegen der Komplikationsgefahr (Einklemmung, Blutung,
Perforation) in Abhängigkeit von Ausmaß, Alter und Gesamtbefin-
7 den des Patienten eine Operationsindikation dar.
7.2.3 Diagnostik

Verlagerungen des Magens in den Mediastinalraum werden


oft initial im Leerbild des Thorax p.-a. durch Projektion ei- 7.2.5 Operative Therapie
ner Luftblase mit Spiegel auf den Herzschatten vermutet.
Erst die Kontrastmitteldarstellung gibt Aufschluss über Von den meisten Chirurgen wird heute der laparoskopische
Form und Ausmaß der Hernie. Ob eine Hiatushernie bei Pa- Zugang bevorzugt. Die minimalinvasive Chirurgie hat in den
tienten mit einer Refluxkrankheit allerdings eine ätiologische letzten Jahren die konventionellen offenen Verfahren von ab-
und therapeutische Relevanz hat, besagt diese Untersuchung dominal oder thorakal verdrängt. Der Eingriff gliedert sich in
nicht. Die Ösophagogastroduodenoskopie ist essenzieller vier Teilschritte:
Bestandteil der Abklärung, da sie einerseits die Diagnose
stellt und andererseits wesentliche Hinweise auf begleitende

Abb. 7.3 Formen der Hiatushernien.


a) Normalbefund.
b) Axiale Hiatushernie.
c) Paraösophageale Hiatushernie.
d) „Upside-down“-Magen.
a b c d e e) Mischhernie. [S151–001]

Becker_24811.indb 170 12/9/2014 9:11:54 AM


7.2 Hiatushernien 171

• Reposition des Bruchinhalts, Bei fehlenden Refluxsymptomen kann zur Retention des
• Verkleinerung der Bruchlücke durch eine in der Regel Magens in den Bauchraum die alleinige Gastropexie durch-
hintere Hiatoplastik (Adaptation beider Zwerchfellschen- geführt werden [28], bei nachgewiesener Refluxkrankheit ist
kel), sie mit einer Antirefluxoperation, z. B. einer Fundoplikation,
• Kombination mit einer Antirefluxoperation oder zu kombinieren.
• Retention des Magens durch ein Pexieverfahren. Für die alleinige Gastropexie werden verschiedene Verfah-
ren angegeben:
• Fundophrenikopexie,
Operationsvorbereitung • Ösophagofundopexie (nach Lortat-Jacob).
Beide Verfahren rekonstruieren den His-Winkel, um somit
Es sind keine speziellen Vorbereitungen zur Operation not- einer Refluxentstehung vorzubeugen. In den meisten Fällen
wendig. Prinzipiell wird zunächst laparoskopiert und bei einer Operationsindikation wird allerdings präoperativ der
technischer Machbarkeit über insgesamt 4–5 Trokare der Nachweis einer Refluxkrankheit geführt und der Eingriff des-
Eingriff laparoskopisch durchgeführt (› Abb. 7.6) halb mit einer Fundoplikation (nach Nissen oder Toupet)
kombiniert (› Kap. 7.6.3). Obwohl die meisten Lehrbücher
alternativ eine Art der Gastropexie empfehlen, führen wir
Spezielle Operationstechnik diese Methode nicht durch, da die Wiederherstellung des
His-Winkels nachgewiesenermaßen kaum einen Einfluss auf
Die Prüfung des Hiatus gibt Aufschluss über Weite und Art die Vermeidung einer Refluxentstehung ausübt. Wir emp-
der Bruchpforte, über die Position der Kardia und damit
über die Form der Hiatushernie. Nach Streckung der distalen
Speiseröhre kann (optional) durch den Mund eine kräftige
Gummisonde (Durchmesser 50–60 F; 1 F = 0,33 mm) in den
Magen vorgeschoben werden. Diese hilft die Speiseröhre in-
traoperativ einfacher zu identifizieren und verhindert eine zu
enge Manschette. In der eigenen Klinik wird aber auf den
Einsatz der Sonde verzichtet, da sie einerseits zu Komplikati-
onen führen kann, andererseits die Hiatoplastik und die Bil-
dung der Fundusmanschette behindert. Der verlagerte Ma-
genanteil wird anschließend in den Bauchraum reponiert,
was meist mühelos gelingt. Zunächst werden beide Zwerch-
fellschenkel dargestellt und präpariert, anschließend der Ma- 7
gen und die Speiseröhre vom möglichen Bruchsack befreit.
Dabei wird dieser so weit wie möglich auch thorakal reseziert.
Der Hiatus wird nun in der Regel durch eine hintere Hia-
toplastik, d. h. eine Adaptation beider Zwerchfellschenkel
dorsal der Speiseröhre mit nichtresorbierbaren, polyfilen
Nähten, eingeengt. Diese Technik wird sowohl bei der axia-
len Hiatushernie als auch bei der paraösophagealen Hernie
angewendet (› Abb. 7.4, › Abb. 7.5).

Dabei darf die Speiseröhre nicht komprimiert oder verlagert wer-


den.

Bei sehr großen Bruchlücken ist ggf. der Hiatus sowohl hin-
ter als auch vor der Speiseröhre einzuengen. In wenigen Aus-
nahmefällen, z. B. bei sehr großer paraösophagealer Bruchlü-
cke, kann die Einlage eines Fremdnetzes notwendig sein.
Hierfür wurden früher überwiegend Kunststoffnetze aus Po-
lypropylen eingesetzt. Wegen der starken Vernarbung und
der damit verbundenen relativ hohen Komplikationsrate Abb. 7.4 Operative Therapie der Hiatushernie.
verwenden wir heute beschichtete Netze oder Netze aus bio- a) Hiatorhaphie. [L123]
logischen Materialien [9], [38]. b) Direkte Naht paraösophageale Hernie. [T455]

Becker_24811.indb 171 12/9/2014 9:11:54 AM


172 7 Zwerchfell und Reflux

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a

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c d

Abb. 7.5 Upside-down-Magen bei paraösophagealer Hernie.


a) und b) CT.
c) intraoperatives Bild nach vollständiger Reposition.
d) intraoperatives Bild paraösophageale Hernie vor Naht. [T455]

fehlen daher bei kleineren axialen Hernien ohne Reflux Komplikationen


(wenn hier überhaupt eine Operationsindikation besteht) die
alleinige Hiatoplastik. Ist die Hernie größer, empfehlen wir, Komplikationen nach Hiatoplastik sind selten und betreffen
mit oder ohne Nachweis einer Refluxkrankheit die Operation Nachblutungen oder in Ausnahmefällen eine Verletzung der
mit einer Fundoplikation abzuschließen. In diesem Falle si- distalen Speiseröhre oder des Magenfundus. Werden diese
chert die Manschette die Position des Magens bzw. der Kar- intraoperativ bemerkt, ist eine Deckung des Defekts durch
dia. Bei einer schweren Refluxkrankheit führen wir eine eine 360-Grad-Fundoplikation die Therapie der Wahl. Eine
360-Grad-Fundoplikation nach Nissen, bei den übrigen Pati- relativ gesehen zu enge Hiatoplastik kann eine passagere
enten mit nur geringen Refluxsymptomen eine anteriore He- oder dauerhafte Dysphagie verursachen. Bei Inkompetenz
mifundoplikation durch. Sie ist eine gute Option zur Vermei- des unteren Ösophagussphinkters können auch nach einer
dung von Reflux und eines Hernienrezidivs bei geringer Ge- Fundoösophagopexie oder einer Fundoplikation Refluxsym-
fahr einer postoperativen Dysphagie. ptome auftreten oder persistieren.

Becker_24811.indb 172 12/9/2014 9:11:55 AM


7.3 Refluxkrankheit 173

Postoperative Behandlung – Prognose – lektiven Denervierungsverfahren am Magen wie die proximal


Nachsorge selektive Vagotomie haben sich alleine als wenig effektiv erwie-
sen und haben heute eher historische Bedeutung [55].
Es ist keine spezielle postoperative Nachbehandlung notwen-
dig. Die Magensonde wird bei Operationsende entfernt, der
Patient kann noch am gleichen Tag (am Operationstag meist 7.3.1 Definition
flüssige) Kost zu sich nehmen. Über eine Single-Shot-Antibi-
ose hinaus führen wir keine Antibiotikatherapie durch. Die Gastroösophagealer Reflux allein definiert noch keine Reflux-
Einlage einer Drainage ist in der Regel nicht notwendig. krankheit, denn Reflux von Mageninhalt in die Speiseröhre ist
ein physiologischer Vorgang. Erst wenn die Lebensqualität
Prognose Die Prognose ist gut, es gibt allerdings wenig eingeschränkt wird und oder ein Gesundheitsrisiko hinzu-
verwertbare Angaben über Langzeitergebnisse der alleinigen kommt, wird von einer Refluxkrankheit gesprochen (englisch
Hiatoplastik. In Kombination mit einer Fundoplikation lie- GERD = gastroesophageal reflux disease) [26]. Problematisch
gen die Erfolgsraten mit einer Normalisierung der Lebens- ist, dass der Leidensdruck häufig nicht mit den objektivierba-
qualität bei über 80 %. ren Befunden wie Endoskopie und pH-Metrie korreliert [33].
In der Ösophagogastroduodenoskopie differenziert man die
Nachsorge Eine Nachuntersuchung ist bei Beschwerdefrei- endoskopisch nachweisbare Refluxerkrankung (ERD  =  ero-
heit und Fehlen eines präoperativen Refluxes nicht notwendig. sive reflux disease, ca. 40 % der Patienten) von der endosko-
Eine Kontrolle des Operationsergebnisses ist allerdings bei pisch unauffälligen Refluxerkrankung (NERD  =  non erosive
Auftreten von Symptomen angezeigt. Der Untersuchungsum- reflux disease, ca. 60 % der Refluxpatienten). Letztere sprechen
fang besteht dann in einer Magen-Darm-Passage, ggf. der obe- schlechter auf eine medikamentöse Behandlung mit Protonen-
ren Endoskopie, der Manometrie und der pH-Metrie. pumpeninhibitoren an.

7.3.2 Pathogenese
7.3 Refluxkrankheit
Die Symptome der Refluxkrankheit entstehen durch einen
verlängerten Kontakt der Ösophagusschleimhaut mit Säure
Die gastroösophageale Refluxkrankheit ist fakultative Folge ei- und Pepsin. Hierfür muss das Regurgitat den ösophagogas-
nes unphysiologisch langen Kontaktes gastrointestinalen Se- tralen Übergang als Antirefluxbarriere überwinden. Mor-
krets mit der Ösophagusschleimhaut und äußert sich in Reflux- phologisch besteht diese vor allem aus dem unteren Ösopha-
beschwerden (Regurgitation und Sodbrennen), Funktionsstö- gussphinkter, aber auch den Zwerchfellschenkeln und dem 7
rungen der Speiseröhre (Spasmen, Schluckstörungen) und His-Winkel zwischen Speiseröhre und Magen. Für die ver-
Ausbildung einer Refluxösophagitis. Obwohl die Refluxkrank- mehrte Säureexposition der distalen Speiseröhre sind folgen-
heit nach heutigen Erkenntnissen auf einer komplexen Störung de Mechanismen verantwortlich:
des unteren Ösophagussphinkters beruht, ist neben der Um- • Eine insuffiziente Refluxbarriere durch den unteren Öso-
stellung der Lebens- und Essgewohnheiten die medikamentöse phagussphinkter
Therapie mit Säureblockern die Therapie der ersten Wahl [25]. – wegen zu geringen Drucks im unteren Ösophagus-
Mit Einführung des ersten Protonenpumpenhemmers konnten sphinkter
über 90-prozentige Abheilungsraten erzielt werden, was mitt- – wegen transienter Erschlaffung außerhalb des
lerweile schon historisch zu einer dramatischen Reduktion Schluckaktes
chirurgisch-therapeutischer Maßnahmen führte. Der primäre • Ösophagusmotilitätsstörungen
Therapieansatz zielt auf eine Änderung der Lebens- und Essge- • gestörte Magenentleerung
wohnheiten. Reichen diese Maßnahmen nicht aus, schließt sich Inwieweit eine axiale Hiatushernie ursächlich eine Rolle spielt,
eine medikamentöse Therapie, i. d. R. mit säurehemmenden ist fraglich, da die Mehrzahl der Menschen mit einer Hiatus-
Medikamenten, an. Auch wenn viele Patienten unter Protonen- hernie kein Reflux beklagen. Adipositas mit hohem intraabdo-
pumpeninhibitoren nicht vollständig beschwerdefrei werden minalem Druck, große Mahlzeiten am Abend, Alkohol, Kaffee
oder der Reflux nach Absetzen der Medikamente rezidiviert, oder Nikotinkonsum sind negativ stimulierende Faktoren.
wird nur ein kleiner Anteil der Patienten einer chirurgischen Ein Teil der Patienten, die schlecht auf Protonenpumpen-
Therapie zugeführt. Hier hat sich in den letzten Jahrzehnten die inhibitoren ansprechen oder weiter persistierende Sympto-
Valvuloplastik als mechanische Unterstützung des unteren me aufweisen, leiden an einem schwach sauren oder alkali-
Ösophagussphinkters durchgesetzt [24], [42]. Anatomisch re- schen Reflux (pH >  4.0). Medikamentös lässt sich nur die
konstruktive Verfahren mit Wiederherstellung des His-Win- Azidität des Refluats, aber nicht der Reflux selbst beeinflus-
kels, wie z. B. die Fundophrenikopexie, oder auch die hochse- sen. Medikamentöses Therapieversagen ist zu über 50 % aber

Becker_24811.indb 173 12/9/2014 9:11:55 AM


174 7 Zwerchfell und Reflux

auch durch ein funktionelles Sodbrennen bzw. durch eine Tab. 7.1 Symptome der Refluxkrankheit.
Hypersensitivität der Speiseröhre bedingt [14]. Typische und häufige Sym- Atypische Symptome
ptome
Bei Chronizität besteht die Gefahr der malignen Entartung. • Sodbrennen • Dysphagie
• Regurgitation • Pulmonale Symptome
• Schmerzen retrosternal – belegte Stimme
• Schmerzen hinter den Schul- – Heiserkeit
7.3.3 Epidemiologie terblättern – chronischer Husten
• Völlegefühl, Übelkeit, Erbre- – Räusperzwang
chen – Globusgefühl
Die Prävalenz der Refluxerkrankung in der westlichen Welt • Luftaufstoßen
liegt bei 10–20 %, in Asien unter 5 % [26]. Die Hiatushernie
als konditionierender Faktor ist wiederum häufig, sie wird
bei Patienten über 50 Jahre in bis zu 50 % gefunden. Unter
Sodbrennen leiden 9 % der Patienten mit einer Hiatushernie, 7.4.2 Laborparameter
nur 3 % zeigen endoskopische Veränderungen der Ösopha-
gusschleimhaut; Patienten mit einer endoskopisch verifizier- Laborparameter sind in der Diagnostik der Refluxkrankheit
ten Refluxkrankheit der Speiseröhre weisen umgekehrt na- unspezifisch.
hezu immer eine Hiatushernie auf.

7.4.3 Bildgebende Verfahren

7.4 Diagnostik Der radiologische Nachweis einer Hiatushernie ist kein Be-
weis für eine Refluxkrankheit, auch nicht der radiologisch
nachgewiesene Reflux nach Provokationstests (Kopftieflage,
Die Refluxkrankheit ist eine klinische, die Refluxösophagitis Valsalva-Pressversuch). Komplikationen der Refluxkrank-
eine endoskopische Diagnose. heit wie peptische Stenose oder Barrett-Ösophagus lassen
sich durch Kontrastmitteluntersuchung (Gastrografinp, Ba-
riumbreischluck) lokalisieren, wobei sich die peptische Ste-
7.4.1 Anamnese und klinische nose als segmentale Einengung des distalen Ösophagus, der
Untersuchung Barrett-Ösophagus als röhrenförmiges, mehrere Zentimeter
langes und starres, distales Speiseröhrensegment darstellt.
7 Bildgebende Verfahren sind in der Diagnostik der Refluxer-
Leitsymptom der Refluxkrankheit ist das Sodbrennen.
krankung von untergeordneter Bedeutung.

Die Kombination der typischen Symptome Sodbrennen und


Regurgitation kann als nahezu beweisend für das Vorliegen 7.4.4 Invasive Diagnostik
einer gastroösophagealen Refluxkrankheit angesehen wer-
den. Besonders im Liegen nehmen die Beschwerden zu, des- Endoskopie
halb schlafen viele Patienten mit erhöhtem Oberkörper. Bei
Auftreten einer peptischen Stenose tritt Sodbrennen als das Die Endoskopie ist die zuverlässigste Methode, Schleimhautver-
zumeist bis dahin führende Symptom in den Hintergrund, änderungen im Rahmen eines pathologischen gastroösophage-
und es entwickelt sich zunehmend eine Dysphagie. Übelkeit, alen Refluxes nachzuweisen. 48–79 % der Menschen mit einem
Erbrechen oder gastrointestinale Blutungen sind seltene durch Langzeit-pH-Metrie nachgewiesenen Reflux weisen auch
Symptome der gastroösophagealen Refluxkrankheit. Neben endoskopische Veränderungen auf. Die Läsionen finden sich
den klassischen Symptomen Sodbrennen und Regurgitation vorwiegend im Bereich des gastroösophagealen Übergangs. Ne-
sind respiratorische Symptome, wie asthmoide Bronchitis ben der Klassifikation nach Savary und Miller [43] hat sich seit
und nichtkardialer Thoraxschmerz, mögliche Manifestatio- einigen Jahren die Los Angeles-Klassifikation durchgesetzt.
nen der gastroösophagealen Refluxkrankheit (› Tab. 7.1).
Die Differenzialdiagnosen der Refluxkrankheit sind: Klassifikation nach Savary und Miller:
• Ulkusleiden, Grad I einzelstehende longitudinale, leicht ovaläre
• Tumoren im Ösophagus, Magen, Duodenum, Erosionen, entweder gerötet oder fibrinbedeckt
• Magenausgangsstenose, Grad II konfluierende nichtzirkuläre Erosionen
• Duodenalobstruktion oder -kompression,
• Achalasie. Grad III konfluierende zirkuläre Erosionen

Becker_24811.indb 174 12/9/2014 9:11:55 AM


7.4 Diagnostik 175

Grad IVa eine oder mehrere Ulzerationen, Striktur oder kann, wird heute kontrovers diskutiert und ist Gegenstand
Zylinderepithel im distalen Ösophagus großer klinischer Studien.
Grad IVb peptische Striktur ohne Erosionen oder Ulzera Prognostisch ist eine engmaschige (jährliche) endoskopi-
sche und bioptische Kontrolle entscheidend, um ein mögliches
Karzinom im Frühstadium zu erfassen. Patienten ohne in-
Los Angeles-Klassifikation: traepitheliale Neoplasie können nach zwei negativen Kontrol-
len im ersten Jahr alle drei Jahre (long segment) bzw. nach vier
Stadium A: Erosionen < 5 mm im Durchmesser Jahren (short segment) reendoskopiert und biopsiert werden.
Stadium B: wie A, aber Erosionen ≥ 5 mm Durchmesser Patienten mit einer Low-Grade-Neoplasie werden beim
Stadium C: konfluierende Erosionen bis ≤ 75 % der Zir- Barrett-Ösophagus (long segment und short segment) im Ab-
kumferenz stand von 6 Monaten zweimal, anschließen einmal jährlich
Stadium D: konfluierende Erosionen ≥ 75 % der Zirkum- kontrolliert. Indiziert ist eine endoskopische Mukosaresekti-
ferenz on oder eine lokale Radiofreqenzablation der Läsion. Im Fal-
le einer hochgradigen intraepithelialen Neoplasie ist eine en-
doskopische Mukosaresektion oder lokale Destruktion mit
Eine persistierende Refluxösophagitis kann zu Komplikatio- einer Radiofrequenzablation indiziert. Bei Infiltration der
nen führen. Hierzu rechnet man die Stenose, das peptische Submukosa durch ein invasives Karzinom muss der Patient
Geschwür (Barrett-Ulkus mit Perforation, Blutung oder einer chirurgischen Resektion zugeführt werden.
Striktur) und den erworbenen Endobrachyösophagus mit
dem Risiko der malignen Entartung.
pH-Metrie und Impedanzmessung
Endobrachyösophagus (Barrett-Ösophagus)
Ungefähr 10 % aller Patienten mit einer Refluxkrankheit ent- Die ambulante Langzeit-pH-Metrie ist die sensitivste Metho-
wickeln einen sog. Barrett-Ösophagus (Barrett 1957) oder En- de zur Objektivierung eines pathologischen gastroösophage-
dobrachyösophagus (griech.: von innen kurz). Der Barrett- alen Refluxes. Der pH-Wert der Speiseröhre wird mittels ei-
Ösophagus ist Folge eines chronischen Refluxes mit Defekthei- ner dünnen nasogastralen Sonde unter physiologischen Be-
lung des Plattenepithels im distalen Ösophagus durch Zylin- dingungen über 24  Stunden ambulant gemessen, d. h., der
derepithel. Dieser Umbau kann endoskopisch kurzstreckig Patient arbeitet, isst und schläft entsprechend seinen norma-
< 3 cm imponieren (short segment B.) oder langstreckig > 3 cm len Gewohnheiten. Gemessen werden der Reflux in aufrech-
(long segment  B.) sein. Er ist somit nicht als Komplikation, ter und liegender Position, Refluxepisoden > 5 Minuten, die
sondern als Heilungsergebnis der Refluxösophagitis anzuse- längste Refluxphase und die Gesamtepisoden. Die gesamte
hen. Innerhalb der Zylinderepithelmanschette bzw. typischer- Refluxzeit liegt bei nicht Erkrankten unter 4,3 %. Angegeben 7
weise im Übergangsbereich zum Plattenepithel können Ulzera wird das Resultat als sog. DeMeester-Score (nl < 14,7). Das
entstehen, die in bis zu 15 % zu einem Adenokarzinom (Bar- Verfahren der pH-Metrie wird heute durch die intraluminale
rett-Karzinom) mit schlechter Prognose entarten. Der Barrett- Messung des elektrischen Widerstandes („Impedanz“) er-
Ösophagus ist damit als Präkanzerose definiert. Leitsympto- gänzt. Dieses Verfahren ermöglicht es auch, den Rückfluss
me des Barrett-Ösophagus sind Dysphagie, krampfartige re- von nichtsaurem Mageninhalt in den Ösophagus zu detektie-
trosternale Schmerzen, Sodbrennen und okkulte Blutungen. ren. Bei einer Reihe von Patienten mit einer Refluxkrankheit
Die Röntgenuntersuchung zeigt in 90 % eine röhrenförmige, führt eine medikamentöse Behandlung nicht zur erwünsch-
mehrere Zentimeter lange, starre Stenose. Diagnostisch ist al- ten Linderung der Symptome. Da Protonenpumpeninhibito-
lein die Endoskopie mit Biopsie für das Barrett-Syndrom be- ren nicht den Reflux verhindern, sondern nur die Azidität
weisend. der Refluates reduzieren, liegt bei einem Teil dieser Patienten
Differenzialdiagnostisch sind vom Barrett-Syndrom zu ein alkalischer Volumenreflux zugrunde. Diese können mit
unterscheiden: der Impedanzmessung identifiziert werden [14].
• Achalasie,
• Kardiakarzinom,
• Ösophaguskarzinom, Manometrie
• Sklerodermie,
• Kompression des Ösophagus von außen, Durch die Ösophagusmanometrie lässt sich die mechanische
• Stenose oder Ulkus bei Morbus Crohn (selten). und dynamische Kompetenz des unteren Ösophagussphinkters
Ob durch eine medikamentöse Therapie mit Protonenpum- nachweisen. Andererseits kann die Untersuchung auch Motili-
peninhibitoren oder auch durch die chirurgische Kontrolle tätsstörungen der Speiseröhre nachweisen. Ob diese Einfluss
des Refluxes mittels Fundoplikation letztlich die Progression auf das Operationsverfahren haben, ist Gegenstand vieler Stu-
der Dysplasien hin zum Adenokarzinom verhindert werden dien und kann zum heutigen Zeitpunkt nicht abschließend be-

Becker_24811.indb 175 12/9/2014 9:11:56 AM


176 7 Zwerchfell und Reflux

urteilt werden. In einer aktuellen Studie konnte der Reflux bei erheblich eingeschränkte Lebensqualität der Patienten bereits
Patienten mit Ösophagusmotilitätsstörungen durch eine lapa- innerhalb weniger Tage. Die medikamentöse Therapie bei
roskopische Nissen-Fundoplikation effektiv und komplika- nachgewiesener Refluxkrankheit soll mindestens 3–6 Monate
tionsarm korrigiert werden [12]. Wesentliche Bedeutung hat durchgeführt werden. Für eine Dauertherapie bei milder Re-
die Manometrie bei der differenzialdiagnostischen Abgrenzung fluxkrankheit kommen auch H2-Blocker in Betracht.
zu Krankheitsbildern wie der Achalasie, Sklerodermie, dem
Nussknackerösophagus und dem diffusen Ösophagusspasmus.
7.5.3 Rezidivprophylaxe

Die gastroösophageale Refluxkrankheit ist eine chronische


7.5 Konservative Therapie und Erkrankung und rezidiviert in 50 % nach 6 Monaten und in
Operationsindikation 80 % nach 12 Monaten. Voraussetzungen für eine Dauerthe-
rapie sind die Compliance des Patienten und ein sorgfältiges
Monitoring mit regelmäßigen endoskopischen Kontrollen.
Die meisten Menschen werden wegen Sodbrennen keinen Bei Patienten unter 50 Jahren sollte die Indikation zur Lang-
Arzt aufsuchen. Darüber hinaus lässt sich das Symptom bei zeitprophylaxe sorgfältig überlegt werden, da hier mit einer
vielen Patienten durch einfache Maßnahmen und Änderung jahrzehntelangen Therapiedauer gerechnet werden muss.
der Lebensgewohnheiten ausreichend therapieren. Nur we- Für die operative Therapie spricht, dass nur durch sie auch
nige Patienten mit schwerer gastroösophagealer Reflux- der alkalische Reflux beeinflusst wird und der Therapieerfolg
krankheit benötigen hochwirksame Therapiemaßnahmen. unabhängig von der Compliance des Patienten ist (Frazzoni
Die zur Verfügung stehenden Behandlungsmaßnahmen et al. 2013). Die Operationsindikation ist immer eine relative.
müssen deshalb an das jeweilige Stadium im Rahmen einer Sie wird nur nach primärer effektiver medikamentöser The-
stufenweisen Therapie angepasst werden. rapie unter bestimmten Voraussetzungen (›  Kap.  7.5.4)
gestellt [18], [44]. Da der Therapieerfolg nicht garantiert ist
(Besserungsrate bei 80–90 %), kommt dem Aufklärungsge-
7.5.1 Basistherapie spräch über Nutzen und Risiken der Operation besondere
Bedeutung zu [19].
Die Allgemeinmaßnahmen zur Therapie der gastroösophagea-
len Refluxkrankheit haben eine Änderung der Lebensgewohn-
heiten zum Ziel. Sie sind sehr wichtig und führen als alleinige 7.5.4 Indikation zur Operation
Maßnahme in vielen Fällen bereits zu deutlicher Symptomlin-
7 derung. Diese Maßnahme beinhaltet kleine, fettarme Mahlzei- • Fortschreitende Refluxerkrankung mit nachgewiesener
ten; die letzte Mahlzeit drei bis vier Stunden vor dem Schlafen- Läsion im Ösophagus (Ösophagitis, Barrett-Ösophagus)
gehen. Der Patient sollte sein Körpergewicht normalisieren, sit- und typischen Symptomen (Sodbrennen etc.)
zende Tätigkeit meiden und sich nach dem Essen nicht hinle- • Patienten mit typischen Symptomen, die effektiv und er-
gen. Günstig ist eine Ernährung, die weitgehend frei ist von folgreich medikamentös behandelt wurden, aber im Aus-
Schokolade, Karminativa (z. B. schwarzer oder Pfefferminztee) lassversuch rezidivieren und eine Alternative zur medika-
und schleimhautreizenden Nahrungsmitteln wie Orangensaft, mentösen Langzeittherapie suchen
Alkohol, Kaffee, stark CO2-haltige Getränke und Nikotin. Be- • Patienten mit einem progressiven Erkrankungsverlauf
stimmte Medikamente wie Anticholinergika, Sedativa, Tranqui- trotz Dosissteigerung der medikamentösen Therapie
lizer, Theophylline, Prostaglandine, Kalziumantagonisten und • Patienten mit respiratorischen Symptomen wie Aspirati-
Nitrate erhöhen ebenfalls die gastroösophageale Refluxrate. Die on, refluxassoziiertem Asthma, rekurrenter Pneumonie,
Basistherapie wird durch die Gabe von Antazida oder Kombina- Räusperzwang, Heiserkeit und chronischer Laryngitis,
tionspräparaten mit Alginsäure komplettiert [25]. häufig bedingt durch einen alkalischen Volumenreflux

7.5.2 Spezifische Therapie


7.6 Operative Therapie
Die Symptome einer gastroösophagealen Refluxkrankheit
können heute medikamentös behandelt werden. Bereits die
kurzfristige Einnahme hochpotenter Protonenpumpeninhibi- 7.6.1 Allgemeine Aspekte
toren wie z. B. Omeprazol führt in über 90 % der Fälle zu einer
deutlichen Besserung bis hin zum vollständigen Verschwin- Die Antirefluxchirurgie hat durch die Einführung der mini-
den der Symptome. In gleichem Maße normalisiert sich die malinvasiven Operationsverfahren eine Renaissance erfah-

Becker_24811.indb 176 12/9/2014 9:11:56 AM


7.6 Operative Therapie 177

Tab. 7.2 Antirefluxoperationen. tätigen Chirurgen führt eine 360-Grad-Fundoplikation durch.


Valvuloplastiken • Fundoplikation nach Nissen 1956 Kritikpunkt an diesem Verfahren ist die im Vergleich zur
• Verfahren, die • 360-Grad-Manschette Vorderwand – 270-Grad-Manschette höhere Dysphagierate [37].
durch Ventilbildung Hinterwand, rechts lateral der Speiseröhre
die gastroösopha- • 4–5 cm Länge, keine routinemäßige
geale Sphinkter- Durchtrennung der Gastrice-breves-Ge- 7.6.2 Operationsvorbereitung
funktion wiederher- fäße
stellen • Fundoplikation nach Nissen und Rossetti Spezielle Voruntersuchungen –
1966
• 360-Grad-Manschette Vorderwand –
Eingriffsvorbereitungen
Vorderwand ventral der Speiseröhre,
Länge 3–4 cm, keine Durchtrennung der Nach Komplettierung der Diagnostik ist eine spezielle Vor-
Gastrice-breves-Gefäße bereitung des Patienten nicht notwendig. Bei Narkoseeinlei-
• Fundoplikation nach Nissen-DeMeester tung wird eine Single-Shot-Antibiotikaprophylaxe gegeben.
• 360-Grad-Manschette, Vorderwand–
Hinterwand rechts lateral der Speise-
röhre, Länge 2–3 cm (syn. Short-floppy- Aufklärung
Nissen), Fundusmobilisation mit Durch-
trennung der Vasa gastricae breves
Der Patient muss u. a. über nachfolgende spezielle Opera-
• 270-Grad-Fundoplikation nach Toupet tionsrisiken aufgeklärt werden (vgl. › Kap. 7.6.4):
• 270-Grad-Manschette, Fixierung des
Fundus rechts an der Speiseröhre und
• Perforation des Ösophagus oder Magens,
am Zwerchfellschenkel, links wird die • Milzverletzung,
Manschette an den linken Ösophagus • Wundheilungsstörung,
genäht • Dysphagie,
• Fundoplastik, abdominal nach Hill 1967 • „Gas-Bloat“-Syndrom,
• Fundoplastik, thorakal nach Baue und • Denervationssyndrom,
Belsey 1967 • Refluxrezidiv.
anatomische Rekon- • Ösophagofundopexie und hintere Hiato-
struktionen plastik nach Lortat-Jakob 1957
• Wiederherstellung • Fundophrenikopexie und vordere Hiato- 7.6.3 Spezielle Operationstechniken
des His-Winkels plastik nach Höhle und Kümmerle 1972
und hintere bzw. Zugang
vordere Einengung
• Lig.-teres-Plastik, eventuell mit hinterer
Hiatoplastik nach Rampal, Perillat und 7
des Hiatus oeso-
Rayand 1964, Narbona et al. 1972, Antirefluxoperationen werden heute, über 30 Jahre nach ih-
phageus
Mahmud et al. 1979 rer Erstbeschreibung durch Dallemagne [8], fast ausnahms-
Antirefluxprothese • Silikonprothese nach Angelchick und los laparoskopisch, d. h. endoskopisch und von abdominal,
• Neutralisation des Cohen 1979 operiert. Ausnahmen bilden komplizierte Reoperationen.
erhöhten intragas- Der Zugang zum Abdomen erfolgt über 4–5 Trokare
tralen Drucks (› Abb. 7.6). Dabei muss der Optiktrokar oberhalb des Na-
bels gesetzt werden. Beim männlichen Patienten mit normal
ren. Im Vordergrund steht die mechanische Beseitigung der großem Oberkörper erfolgt dies auf der Medianlinie, ca. auf
Kardiainsuffizienz und somit die Kontrolle des gastroösopha- der Hälfte zwischen Xyphoid und Nabel.
gealen Refluxes. Hierzu bietet die Reparation der Hiatusher-
nie, kombiniert mit einer Magenmanschette, um den unteren
Ösophagus gelegt, den entscheidenden operativen Ansatz Techniken und Verfahren
[34], [35], [39], [40]. Verschiedene Operationsverfahren ha-
ben sich in den letzten Jahrzehnten etabliert, die prinzipiell in Fundoplikation nach Nissen/Rossetti und Nissen/
drei Kategorien eingeteilt werden können (› Tab. 7.2). Die DeMeester
anatomische Rekonstruktion des His-Winkels wird heute nur
noch in seltenen Fällen der operationswürdigen isolierten Hi- Technik: zirkuläre Einhüllung des terminalen Ösophagus durch eine
atushernie ohne Reflux angewendet. Sie reicht als alleinige Fundusmanschette.
Maßnahme zur Refluxvermeidung nicht aus. Antirefluxpro-
thesen wie die Silikonprothese nach Angelchick sind obsolet.
Welche Art der Fundoplikation überlegen ist, ist Gegenstand Nach Einsetzen des Leberretraktors kann die Operation mit
vieler Untersuchungen [20]. Die Mehrheit der endoskopisch der Mobilisation des Magenfundus oder alternativ mit der Prä-

Becker_24811.indb 177 12/9/2014 9:11:56 AM


178 7 Zwerchfell und Reflux

Zwerchfellschenkel. Nach Präparation beider Zwerchfell-


schenkel (› Abb. 7.7b) wird unter leichtem Zug am Magen
der untere Anteil der Speiseröhre freigelegt. Dabei ist besonde-
re Vorsicht für den anterioren und posterioren Ast der N. va-
gus geboten. Beide Nervenäste sollen an der Speiseröhre ver-
bleiben und nur identifiziert, aber nicht präpariert werden. Die
Verletzung einer der Äste ist eine wesentliche Ursache für
postoperative Beschwerden im Sinne einer Gastroparese bzw.
eines Gas-Bloat-Syndroms [16]. Nach Anschlingen der Speise-
röhre mit einer Easyflow-Drainage wird zunächst die hintere
Hiatoplastik im Sinne einer Adaptation beider Zwerchfell-
schenkel bei begleitender Hiatushernie durchgeführt
(› Abb. 7.7c und d, › Abb. 7.8a). In der Regel sind zwei bis
drei nicht resorbierbare Nähte ausreichend. Die Speiseröhre
soll hierbei keinesfalls eingeengt werden, es darf zu keiner
Knickbildung der Speiseröhre kommen. Anschließend wird
der mobilisierte Magenfundus hinter der unteren Speiseröhre
durchgegeben und ventral zu einer lockeren („floppy“) Man-
schette zusammengeführt (› Abb. 7.7e und › Abb. 7.8b),
die mit Nähten auf eine Länge von 2–3 cm fixiert wird. Die
Manschette muss mit einer Naht am Magen angeheftet werden
(› Abb. 7.7 f.), um ein Teleskopphänomen zu verhindern. Al-
le Nähte werden mit nichtresorbierbarem geflochtenem Naht-
Abb. 7.6 Trokarplatzierung bei laparoskopischen Antirefluxoperatio-
nen. material, z. B. Ethibondp, der Stärke 1/0 durchgeführt.
1 = Leberretraktor; 2 = 5 mm; 3 = Optiktrokar; 4 = 10 mm; 5 = 5 mm.
[L108]
270-Grad-Fundoplikation nach Toupet
paration des linken Zwerchfellschenkels und des gastroöso-
phagealen Überganges begonnen werden. Sollen der Magen- Technik: partielle Einhüllung des terminalen Ösophagus durch eine
fundus mobilisiert und die Vasa gastricae breves durchtrennt 270-Grad-Manschette.
werden, wird zunächst links-lateral das Lig.  gastrocolicum
7 (5–8 cm distal der Kardia) eröffnet und die Bursa omentalis Die Präparation für das Verfahren nach Toupet ist identisch
bzw. die Magenhinterwand dargestellt. Die Präparation erfolgt wie für die 360-Grad-Manschette nach Nissen. Der häufig
entlang der großen Magenkurvatur unter Erhalt der gastroepi- verwendete Begriff der Hemifundoplikation ist eigentlich
ploischen Gefäße in Richtung Kardia. Auf Höhe des Lig. gast- verwirrend, da die Manschette nicht 180  Grad, sondern
rolienale erfolgt, zur Schonung der Milzkapsel, die Präparation 270 Grad umfasst. Die nicht vollständige Manschette hat im
magenwandnah (› Abb. 7.7a). Bei der sehr engen Lagebezie- Vergleich zur 360-Grad-Manschette einen geringeren
hung zwischen Magenfundus und Milz muss man große Vor- „Outflow“-Widerstand und neigt damit weniger zur Dyspha-
sicht walten lassen, um eine Blutung aus der Milzkapsel zu gie. Indiziert ist sie bei Patienten mit einer herabgesetzten
vermeiden. Auf dieser Höhe werden die Vasa gastricae breves Motiliät der Speiseröhre. Nach dem Durchziehen des Magen-
durchtrennt. Hinsichtlich der Frage, ob diese durchtrennt wer- fundus wird die Manschette an den rechten Zwerchfellschen-
den sollen oder nicht, besteht auch unter erfahrenen Chirur- kel und an die rechte Seite der Speiseröhre fixiert. Anschlie-
gen keine Einigkeit (s. u.). Nach Durchtrennung dieser Gefäße ßend wird der linke Manschettenanteil links-lateral an die
ist aber die Mobilisierung des Fundus ausgedehnter und es Speiseröhre geheftet. Hierbei ist auf eine Schonung des vor-
gelingt sehr gut, eine lockere 360-Grad-Manschette zu bilden. deren Vagusastes zu achten. (› Abb. 7.9a und b).
Das Ultraschallskalpell, mit dem die komplette Mobilisierung
des Magenfundus durchgeführt wird, sorgt hier für einen si-
Anteriore Hemifundoplikation
cheren Verschluss der Gefäße. Optional ist die Einlage eines
Schlundrohrs (50–60 F). Es hilft die Speiseröhre zu identifizie-
ren und minimiert die Gefahr einer Dysphagie durch eine zu Technik: 180-Grad-Plikation des Magenfundus ventral um die
enge Manschette. Andererseits hindert es bei der Präparation Speiseröhre.
und beim Durchziehen der Manschette, sodass die Autoren
darauf verzichten. Folgt man dem Magenfundus weiter in Diese Form der Magenplikation wird als Antirefluxoperation
Richtung Kardia, gelangt man fast automatisch an den linken bei nachgewiesener Refluxkrankheit nur von wenigen Chir-

Becker_24811.indb 178 12/9/2014 9:11:56 AM


7.6 Operative Therapie 179

a b

7
c d

P
F

e f

Abb. 7.7 Laparoskopische Fundoplikation nach Nissen-DeMeester. d) Fertige hintere Hiatoplastik.


a) Fundusmobilisation, Durchtrennung der Vasa gastricae breves. e) Durchziehen der Fundusmanschette.
b) Darstellung beider Zwerchfellschenkel. f) Fertige Fundoplikation mit Sicherung der Manschette am Magen.
c) Anlegen der Pfeilernähte. [L108]

Becker_24811.indb 179 12/9/2014 9:11:56 AM


180 7 Zwerchfell und Reflux

Abb. 7.9 270-Grad-Fundoplikation nach Toupet. [L108]

Mobilisation des Magenfundus mit Durchtrennung der Va-


sa gastricae breves verzichtet werden. Der Magenfundus
7 Abb. 7.8 Fundoplikation, intraoperative Sicht. wird nach Darstellung beider Zwerchfellschenkel und hinte-
a) Hintere Hiatoplastik. rer Hiatoplastik an den rechten Zwerchfellschenkel fixiert.
b) Short-floppy-360-Grad-Fundoplikation nach Nissen-DeMeester. [T455]

Fundoplastik nach Hill


urgen eingesetzt. Vielleicht zu Unrecht, da die wenigen Stu-
dienergebnisse auf eine suffiziente Refluxvermeidung bei ge-
ringer Dysphagierate hinweisen. Sie hat ihre Indikation aber Technik: dorsale Pfeilernaht und Umhüllung der Kardia durch Fun-
im Falle einer Versorgung einer Hiatushernie (Typ I–III) oh- dusvorderwand.
ne Nachweis einer Refluxerkrankung. In dieser Situation
empfehlen die meisten Autoren nach Durchführung der hin- Diesem Verfahren liegt das Prinzip zugrunde, nach Einengung
teren Hiatoplastik eine Form der Antirefluxoperation. Da die des Hiatus oesophageus mittels dorsaler Pfeilernähte die vor-
360- oder 270-Grad-Manschette in dieser Situation mögli- deren und hinteren Anteile der phrenoösophagealen Mem-
cherweise eine Übertherapie darstellt, ist die anteriore Hemi- bran am paraaortalen Lig. arcuatum zu verankern, um auf die-
fundoplikation deshalb eine gute Alternative zur Ösophago- se Weise ein langes und dauerhaft intraabdominales Segment
fundo- oder Fundophrenikopexie. Sie hat unseres Erachtens des Ösophagus zu schaffen (›  Abb.  7.10a). Abschließend
aber ihren Stellenwert auch bei der Deckung von distalen wird der Fundus an die Vorderwand des Hiatus oesophageus
Ösophagusrupturen, die überwiegend links-ventral lokali- angeheftet (Fundopexie) (› Abb. 7.10b). Ein spezielles Risi-
siert sind. Hier bietet die Deckung mit einer ventralen Man- ko besteht in der Verletzungsgefahr des Truncus coeliacus.
schette die ideale operative Lösung, z. B. auch bei Läsionen
des Schleimhautzylinderepithels bei der Achalasieoperation.
Thorakale Fundoplastik nach Baue und Belsey
Die Präparation für die anteriore Manschette ist prinzipi-
ell identisch mit den o. g. Verfahren. In Abhängigkeit von Das Prinzip der Valvenbildung besteht in der kragenförmi-
der Operationsindikation kann aber auf eine vollständige gen Einhüllung des terminalen Ösophagus mit dem Magen-

Becker_24811.indb 180 12/9/2014 9:11:57 AM


7.6 Operative Therapie 181

lernähte (Höhle und Kümmerle) und Fundophrenikopexie


mit Fixierung des Fundus am intraabdominalen Ösopha-
gus. Somit erfolgt eine Überkorrektur des His-Winkels. Die
Operationen nach Lortat-Jacob und nach Höhle und Küm-
merle sind im Prinzip gleichartig; bei der Methode nach
Lortat-Jacob ist eine zirkuläre Mobilisation von Ösophagus
und Kardia notwendig. Beide Verfahren sind als alleinige
Antirefluxoperationen nicht ausreichend und werden nur
bei der Hiatushernie Typ I–III (› Kap. 7.2.2.) als „Reflux-
prophylaxe“ angewandt.

Fundoplikation: 360 Grad vs. 270 Grad vs.


180 Grad – was ist besser?
Zurzeit sind vier neuere Metaanalysen publiziert einschließ-
lich 20 randomisierter Studien mit einer maximalen Nachbe-
obachtungszeit von bis zu 18 Jahren [6], [37], [46], [48]. Die
partielle Fundoplikation (270 vs. 360 Grad) ist sicher und ef-
fektiv mit einer geringeren Rate an unerwünschten Neben-
wirkungen wie dem Gas-Bloat-Syndrom und der Dysphagie,
eingeschlossen einer niedrigeren Reoperationsrate. In der
Studie mit der längsten mittleren Nachbeobachtungszeit von
bis zu 18 Jahren zeigte sich allerdings kein Unterschied hin-
sichtlich postoperativer Beschwerden bei gleich guter Reflux-
kontrolle [31].
Die Frage nach einer vorderen (180 Grad) versus hinteren
(270  oder 360  Grad) Fundoplikation wird in der Literatur
aber eindeutiger beantwortet. Eine aktuelle Metaanalyse
zeigt, dass sich zwar in einer kurzen Nachbeobachtungszeit
ein Vorteil in einer verringerten Dysphagierate der anterio-
ren im Vergleich zur posterioren Fundoplikation zeigt; dieser
Vorteil gleicht sich in der langfristigen Nachbeobachtung 7
(2–10 J.) aber aus. Der Nachteil besteht in einer schlechteren
Kontrolle der Refluxsymptome und einer erhöhten Reopera-
tionsrate [4], [5].
Aus diesem Grunde kann die anteriore Hemifundoplikati-
on nicht als Routineoperation zur Behandlung der Reflux-
krankheit empfohlen werden.
Abb. 7.10 Fundoplastik nach Hill.
a) Einengung des Hiatus oesophageus mittels dorsaler Pfeilernähte. Durchtrennung der Vasa gastricae breves – ja
b) Abschließende Fundopexie. [L108]
oder nein?
fundus über eine linkslaterale Thorakotomie im 7.  ICR Die Technik der Fundoplikation nach Nissen und der Modi-
(› Abb. 7.11). fikation durch Rosetti beinhalten beide keine routinemäßige
Eine spezifische Komplikation besteht durch das Ausrei- Durchtrennung der Vasa gastricae breves [34], [39]. Diese
ßen der Nähte an der Ösophaguswand (fehlender Serosa- wurde erst 1986 durch DeMeester propagiert [10]. Eine aktu-
überzug!). elle Metaanalyse [32] und 5  randomisierte Studien haben
bislang keinen Vorteil für die Durchtrennung der kurzen
Magengefäße gezeigt [2], [7], [29], [50]. Zudem war das Risi-
Ösophagofundopexie und hintere Hiatoplastik
ko eines Gas-Bloat-Syndroms erhöht bei einer verlängerten
nach Lortat-Jacob
OP-Zeit [13]. Heute werden auch von erfahrenen Chirurgen
Das Verfahren besteht in der Wiederherstellung der nor- beide Techniken angewendet. Befürworter sind davon über-
malen Anatomie des ösophagogastralen Übergangs durch zeugt, dass eine posteriore Manschette lockerer gelingt, Geg-
hintere Pfeilernähte (Lortat-Jacob) respektive vordere Pfei- ner führen das erhöhte Risiko eines Gas-Bloat-Syndroms bei

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182 7 Zwerchfell und Reflux

a b

Abb. 7.11 Fundoplastik nach Belsey.


a) Linkslaterale Thorakotomie (7. ICR).
b) Der Ösophagus wird bis zum Aortenbogen mo-
bilisiert. Die Blutversorgung bleibt über den Öso-
phagusast der A.  gastrica sinistra und über die
Ösophagusäste der Bronchialarterien in der Um-
gebung des Aortenbogens erhalten.
c) Durch die Pfeiler des Hiatus oesophageus wer-
den 3–4 Nähte gelegt.
7 d) Nach Ablauf der ersten Nahtreihe ist der dista-
le Ösophagus über 240° von einer Magenman-
c d schette umschlossen. Die beiden Nn. vagi liegen
ungestört dorsal dieser Fundoplikation. [L123]

verlängerter OP Zeit an. Eine Evidenz für die routinemäßige Postoperative Komplikationen,
Durchtrennung der Vasa gastricae breves gibt es deshalb persistierender Reflux, Refluxrezidiv
nicht.
Prinzipiell ist bei postoperativen Problemen, einem erneuten
Auftreten von Reflux oder einem persistierendem Reflux ei-
7.6.4 Komplikationen ne erneute Abklärung analog zur ursprünglichen Diagnostik
durchzuführen. Hinsichtlich des Refluxes sollte differenziert
Intraoperative Komplikationen werden, ob es sich um ein Rezidiv, also ein erneutes Auftre-
ten einer zunächst erfolgreich operativ behandelten Reflux-
Die Morbidität der laparoskopischen Antirefluxoperationen krankheit handelt oder ob die Symptome in gleicher oder
ist insgesamt gering, der Erfolg der Operation hängt maß- abgeschwächter Form persistieren [23]. In vielen dieser Fälle
geblich von der Erfahrung der Chirurgen ab. Eine Blutung des persistierenden Refluxes sind die Symptome deutlich
aus der großen Magenkurvatur oder Milz ist trotz der engen gebessert, aber nicht verschwunden. Hier wäre die erste
Lagebeziehung selten. Eine Ausnahme stellt die Verletzung Empfehlung zunächst eine symptomatische Therapie mit
der distalen Speiseröhre oder des Magenfundus dar. Die De- Antazida oder auch eine geringe Dosis von Protonenpum-
ckung der Naht geschieht am besten durch eine 360-Grad- peninhibitoren. Unabhängig vom Nachweis eines persistie-
Manschette. renden oder verminderten Refluxes normalisierte sich in

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7.7 Postoperative Behandlung 183

a b c

Abb. 7.12 Manschettenkomplikationen nach


Fundoplikation.
a) Normalbefund.
b) Zu tief angelegte Manschette.
c) Teleskopphänomen.
d) Gelöste Manschette.
e) Zu enge Manschette.
d e f f) Denervations- bzw. Gas-Bloat-Syndrom. [L123]

unserem Patientenkollektiv die Lebensqualität auch dieser Bei einer falsch angelegten Manschette bzw. beim sog. Te-
Patienten auf Werte eines gesunden Vergleichskollektivs leskopphänomen ist eine operative Korrektur aber meist un-
[33]. Somit muss man die Operationsindikation für o. g. Pa- umgänglich.
tienten auch bei objektivierbarem pathologischem Reflux
hinterfragen.
Bei einem echten Rezidiv oder postoperativ neu aufgetre-
tenen Beschwerden sollte eine konsequente Ursachenfor- 7.7 Postoperative Behandlung
schung erfolgen.
Zu den postoperativen Komplikationen zählen passagere
Schluckbeschwerden (bis zu 50 %), Dysphagie > 3 Monate (ca. 7.7.1 Früh-postoperative Überwachung 7
5 %), Völlegefühl oder das sog. Gas-Bloat-Syndrom (bis zu und Pflege
20 %) und eine Minderung oder Steigerung der Magen-Darm-
Tätigkeit (bis zu 20 %). Eine postoperative Dysphagie kann bei Eine spezielle postoperative Behandlung ist für Patienten
einer relativ zu engen Manschette in Abhängigkeit vom nach dieser Operation nicht notwendig. Die Magensonde
Schweregrad zunächst konservativ, ggf. mit pneumatischer wird am Ende der Operation entfernt, der Patient kann noch
Dilatation, behandelt werden. Kommt es auch nach mehrfa- am gleichen Tag (meist flüssige) Kost zu sich nehmen.
cher Dilatation nicht zu einer Besserung, ist eine Revision in-
diziert.
Das sog. Gas-Bloat-Syndrom beschreibt ein Völlegefühl 7.7.2 Nachsorge
und Schmerzen im Oberbauch mit Stase von Luft und ggf.
Flüssigkeit im Magen. Die Ursache ist komplex. Sie kann Die Patientenzufriedenheit nach laparoskopischen Antire-
aber durch eine Verletzung von Fasern des N. vagus bei der fluxoperationen liegt bei > 80 %.
Präparation des unteren Ösophagus bedingt sein [16]. Postoperativ sollten die Symptome innerhalb weniger Ta-
Problematisch ist eine postoperativ dislozierte Magen- ge verschwinden und die Lebensqualität als wichtigstes Ziel-
manschette (›  Abb.  7.12). Die Beschwerden reichen vom kriterium wiederhergestellt sein. Beim präoperativen Nach-
Refluxrezidiv bis hin zur Dysphagie. Im Fall einer der o. g. weis einer Refluxösophagitis sollte 3 Monate nach Operation
Komplikationen ist nach eingehendem Gespräch mit dem eine Kontrollendoskopie erfolgen. Beim Vorliegen eines
Patienten eine Revision zu diskutieren. Hierzu gibt es keine Barrett-Ösophagus wird eine lebenslange (›  Kap.  7.4.4)
generelle Empfehlung. Kontrolle empfohlen.

Becker_24811.indb 183 12/9/2014 9:11:58 AM


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Allgemein- und Viszeralchirurgie


600 S., 323 farb. Abb., 151 farb. Tab., geb.
ISBN: 978-3-437-24811-5

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