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Kirchler2011 Wirtschaftspsychologie Individuengruppenmrktestaat 120124115844 Phpapp02
Kirchler2011 Wirtschaftspsychologie Individuengruppenmrktestaat 120124115844 Phpapp02
KAPITELÜBERSICHT
KAPITEL 1 - INHALT UND GRENZEN DER ÖKONOMISCHEN PSYCHOLOGIE
KAPITEL 2 - ÜBER DIE BRÜCHIGKEIT DER ÖKONOMISCHEN GRUNDANNAHMEN
KAPITEL 3 - ALLTAGSVERSTÄNDNIS VON ÖKONOMIE
KAPITEL 4 - MÄRKTE: KONSUMGÜTER, ARBEIT UND KAPITAL
KAPITEL 5 - KONSUMGÜTERMÄRKTE: ÖKONOMISCHE ENTSCHEIDUNGEN IM PRIVATEN HAUSHALT
KAPITEL 6 - KONSUMGÜTERMÄRKTE: ABSATZPOLITIK
KAPITEL 7 - ARBEITSMÄRKTE: ANGEBOT UND NACHFRAGE NACH ARBEIT
KAPITEL 8 - FINANZMÄRKTE
KAPITEL 9 - GELD, INFLATION UND WÄHRUNGSUMSTELLUNG
KAPITEL 10 - IM SCHATTEN DER OFFIZIELLEN WIRTSCHAFT
KAPITEL 11 - WOHLSTAND UND WOHLBEFINDEN
Verständnisfragen
http://www.hogrefe.de/buecher/lehrbuecher/psychlehrbuchplus/lehrbuecher/wirtschaftspsy
chologie/fragen-antworten/1-kapitel/
INHALT
Kapitel 1 - Inhalte und Grenzen der ökonomischen Psychologie ................................................... 3
Kapitel 2 - Über die Brüchigkeit der ökonomischen Grundannahmen .......................................... 9
Kapitel 3 - Alltagsverständnis von Ökonomie .................................................................................. 31
Kapitel 4 - Märkte: Konsumgüter, Arbeit und Kapital ..................................................................... 36
Kapitel 5 - Konsumgütermärkte: Ökonomische Entscheidungen im privaten Haushalt ............. 38
Kapitel 6 - Konsumgütermärkte und Absatzpolitik .......................................................................... 48
Kapitel 7 - Arbeitsmärkte: Angebot und Nachfrage nach Arbeit (S.455) .................................... 81
Kapitel 8 - Finanzmärkte ..................................................................................................................... 99
Kapitel 9 - Geld, Inflation und Währungsumstellung ..................................................................... 111
Kapitel 10 - Im Schatten der offiziellen Wirtschaft ......................................................................... 122
Kapitel 11 - Wohlstand und Wohlbefinden .................................................................................... 135
3 Kirchler, E. (2011) - Wirtschaftspsychologie. Individuen, Gruppen, Märkte, Staat
Ökonomie geht von normativen Verhaltensmodellen aus und ist am Verhalten auf
aggregierter Ebene (nationalstaatlicher Ebene) interessiert. Das vorherrschende
Menschenbild unterstellt wirtschaftlich handelnden Akteuren Rationalität und
Nutzenmaximierung.
Psychologie konzentriert sich auf das Individuum, auf Unterschiede zw. Menschen und auf die
Dynamik in Gruppen. Sie arbeitet nicht an der Entwicklung eines grundlegenden
Verhaltensmodells sondern bietet zahlreiche Theorien zur Erklärung der Komplexität des
Verhaltens auf Mikroebene, die begrenzt gültig sind und sich häufig widersprechen.
4 Kirchler, E. (2011) - Wirtschaftspsychologie. Individuen, Gruppen, Märkte, Staat
Haushaltstheorie: Wie ändert sich die Nachfrage nach bestimmten Gütern bei Veränderung
des Einkommens und der Preise?
Aufgrund der Knappheit der Ressourcen bedeutet die Wahl einer Alternative den Verzicht
auf die anderen Alternativen und damit auch den Entgang des Nutzens der nicht gewählten
Alternativen = Opportunitätskosten. Auch Volkswirtschaften müssen eine Entscheidung
darüber treffen, welche Güter aus einer Menge von möglichen Gütern ausgewählt und
produziert werden sollen.
Transformationskurve (Produktionsmöglichkeitenkurve) S. 8.
Menge der
Konsumgüter
D
A
B
C
Menge der
Verteidigungsgüt
5 Kirchler, E. (2011) - Wirtschaftspsychologie. Individuen, Gruppen, Märkte, Staat
Wenn die Produktionskosten der einen genau den Kosten der anderen Güter entspricht, so
ergibt sich eine Kurve von Produktionsmöglichkeiten. Entscheidet sich die Volkswirtschaft für
die Mengenkombination B unter Verzicht auf die Mengenkombination A, so kostet der
Zuwachs der Verteidigungsgüter von Menge a auf b den Verlust der Konsumgüter von
Menge d auf c. Wenn alle Produktivkräfte ausgeschöpft sind, kann nicht gleichzeitig die
Konsumgütermenge d und die Verteidigungsmenge b produziert werden. Maximal sind alle
Mengenkombinationen auf der Kurve mit den Punkten A und B möglich. Auch Realisationen
unterhalb der Kurve sind möglich (C) und zwar dann, wenn nicht alle
Produktionsmöglichkeiten ausgeschöpft sind, z.B. aufgrund von Konjunktur- und
Beschäftigungsproblemen. Die Realisation von Mengenkombinationen oberhalb der
Transformationskurve (D) ist nur mittel- oder langfristig möglich, wenn z.B. der technische
Fortschritt zu einem Wirtschaftswachstum führt.
Die Transformationskurve dient der Verdeutlichung von Problemen, die sich bei der Aufteilung
von knappen Mitteln auf verschiedene Bedürfnisse, bei der Auslastung und Ineffizienz
produktiver Faktoren und beim Wirtschaftswachstum ergeben. Überlegungen zur
Transformationskurve gehen davon aus, dass handelnde Individuen und Institutionen bestrebt
sind, Ressourcen bestmöglich einzusetzen und nach dem Maximalprinzip (größtmöglicher
Erfolg durch bestehende Mittel) sowie nach dem Minimal- oder Sparprinzip (sparsamster
Einsatz der Mittel) handeln Optimierungsproblem. Anhand weniger Axiome wird
versucht, die Ziele der handelnden Akteure zu erfassen und das Optimierungsverhalten zu
beschreiben. In der Ökonomie wird statt von „Zielen“ auch oft vom „Nutzen“ der handelnden
Person gesprochen, was verwirrend ist, denn Nutzen bedeutet nicht notwendigerweise einen
Gewinn für die Person selbst. Die Ökonomie geht allerdings eher von egoistischen Zielen aus,
also vom persönlichen Nutzen.
Rekapitulation Grundannahmen:
- Nutzenmaximierung
- Rationalität
Entsprechend den Grundannahmen der neoklassischen Theorie ist jene Alternative, die
wirtschaftende Akteure aus einem Set von Alternativen auswählen, die Bevorzugte. Akteure
streben danach ihren Nutzen zu maximieren, sie vergleichen die Alternativen miteinander
und bilden stabile, konsistente Präferenzordnungen = rationales Verhalten. Grundannahmen
der Ökonomie sind somit: Nutzenmaximierung und Rationalität. Handelnde Individuen
werden nicht in ihrem sozialen Kontext gesehen sondern von anderen Menschen isoliert
betrachtet. Dieses Denken hat auch viele psychologische Theorien inspiriert, vor allem die
Austauschtheorien, die soziales Verhalten zu erklären vorgeben, basieren auf ökonomischen
Überlegungen. Das Menschenbild in der Ökonomie ist durchaus nicht immer derart
überzeichnet. Allerdings wird der Mensch auch nicht als triebgesteuertes, in seinen kognitiven
Leistungen beschränktes und deshalb oft inkonsistentes Wesen gesehen. Die Frage, die an
den Grundfesten der Ökonomie rüttelt, ist, ob Menschen ihre Ziele tatsächlich in
bestmöglicher ökonomischer Weise verfolgen.
Ökonomie – nicht Verhalten des Einzelnen sondern der Bürger insgesamt im Staat ist von
Interesse. Volkswirtschaftliche Variablen sind aggregierte (summierte, gemittelte) Größen.
Zu Beginn der Wirtschaftswissenschaften mit Adam Smith (1776) wurde die Psychologie aus
den formalen ökonomischen Modellen hinausgedrängt. Konzept des Nutzens wurde
formuliert.
Edgeworth (1881) ging von kardinalem Nutzen aus und wollte diesen messen
Robbins (1932) bezweifelte, dass man Nutzen messen könne - Analyse sei nur indirekt
über Wahlhandlungen möglich. Ordinales Nutzenkonzept
Samuelson (1938) formulierte noch heute gültige Standardtheorie in der Ökonomie:
der Nutzen entspricht der Präferenzordnung der Alternativen eines Akteurs. Nutzen
wird daher im Verhalten reflektiert – gewählte Alternative = nützlichste. Um aus dem
Wahlverhalten auf den Nutzen schließen zu können, müssen Akteure entsprechend
der Axiome urteilen.
Gegen Ende des 19. Jhdts mehrten sich Stimmen gegen die klassische Ökonomie –
Ökonomie gehe von rational eigennützigen Entscheidungsverhalten aus. Thorstein Veblen
(1899) fand, dass manche Güter dann besonders nachgefragt werden, wenn ihr Preis steigt.
Er bemängelte, dass kulturelle Eigenheiten und gesellschaftlicher Wandel in der Ökonomie
keine Berücksichtigung finden. Wesley Mitchell (1914) prognostizierte der Ökonomie eine
Bewegung hin zur Psychologie. Ökonomen, die psychologische Variablen, wie
7 Kirchler, E. (2011) - Wirtschaftspsychologie. Individuen, Gruppen, Märkte, Staat
Die Kritik der Psychologie an der Ökonomie befindet, dass Ökonomie zum größten Teil
aggregierte Psychologie ist. Gabriel Tarde (F,1902) bemerkte die Notwendigkeit,
wirtschaftliches Handeln aus psychologischer Sicht zu analysieren und gebrauchte
wahrscheinlich als erster den Begriff „Ökonomische Psychologie“. Hugo Münsterberg betonte
die Notwendigkeit einer Kooperation von Psychologie und Nationalökonomie. Ende 1940er
schrieben Katona und Schmölders eine Psychologie gesamtwirtschaflticher Prozesse.
Katona und Strümpel kritisierten das implizite Modell der Wirtschaftstheorien, wonach sich
gesamtwirtschaftliche Größen gegenseitig determinieren. Der handelnde Mensch wird als
anonyme „black box“ ausgeblendet.
Ökonomie Psychologie
Gründet auf einigen wenigen fundamentalen Hauptsächlich induktive Vorgehensweise,
Annahmen wie Nutzenmaximierung, stabile viele empirische Theorien auf niedrigem
Präferenzen (Rationalität) und Niveau, Erklärung individuellen Verhaltens,
Marktequilibrium => davon leiten sich alle intensive Bestrebungen, Details zu
ökonomischen Gesetze ab beschreiben
Objektive Daten Beobachtungsdaten und subjektive
Daten, auch über Emotionen
Mathematische Formelsprache und Modelle Experimentelle und statistische Methoden,
Skalierungstechniken
Interesse für Makrogrößen Interesse für allgemeine und differentielle
Gesetzmäßigkeiten des Verhaltens
Annahmen über individuelles Verhalten Annahmen über individuelles Verhalten
dienen der Prognose von Phänomenen müssen realistisch sein
(“as-if” Annahmen”)
Psychologische Konzepte werden in Kontext-, Struktur- und Systemvariablen
ökonomoische Termini übersetzt, um mit dem üblicherweise vernachlässigt
Rationalitätskonzept kompatibel zu sein
Psychologie fragt v.a. nach Motiven des Verhaltens, die Ökonomie versucht zu verstehen, wie
sich das Verhalten unter wechselnden Bedingungen verändert. Die ökonomische
Psychologie beschäftigt sich mit den Ursachen und Änderungen des Verhaltens im
wirtschaftlichen Kontext.Van Raaij (1981) fasst die Variablen zusammen.
Persönlichkeits- Umgebungs-
merkmale bedingungen
Wahrgenommener Kaufverhalten,
Arbeitsverhalten
Wirtschaftskontext
Auch Risikoverhalten bringt die Grundannahmen ins Wanken. Wenn sich Individuen
zwischen einer riskanten Alternative und einem sicheren Gewinn entscheiden müssen,
agieren sie meist risikoscheu. Wenn allerdings ein Verlust droht, wählen Menschen eher
die riskante als die sichere Alternative (z.B. Besitzeffekt). Menschen sind weiters kaum in
der Lage, längerfristig die Konsequenzen ihrer Handlungen zu überblicken und
bevorzugen die momentan günstigere, langfristig aber schädliche Alternative
gegenüber augenblicklich wenig attraktiven aber langfristig gewinnbringenderen
Alternativen.
Dem Rationalitätsmodell kann zum einen auf kognitiver Ebene widersprochen werden,
indem nämlich gezeigt wird, dass Entscheidungen aufgrund begrenzter
Informationsverarbeitungskapazitäten inkonsistent getroffen werden, zudem
Kontextvariablen mit hineinspielen. Zum anderen aus mehr sozialpsychologischer
Perspektive, indem argumentiert wird, dass in Gruppenentscheidungen auch
interpersonale Dynamiken eine Rolle spielen.
2.1 ENTSCHEIDUNGEN
Wenn eine Vielzahl von Bedürfnissen befriedigt werden müssen und die verfügbaren Ressourcen
begrenzt sind, muss entschieden werden, welche Ressourcen wofür und wie eingesetzt werden.
Entscheidungen werden umso schwieriger, je mehr die Anzahl der möglichen Entscheidungsalternativen
zunimmt, je weniger Zeit zur Bewertung der Alternativen und der Konsequenzen zur Verfügung steht und
Unsicherheit über Ereignisse und deren Ergebnisse oder gar Unwissenheit besteht.
Entscheidungen werden entweder intuitiv oder analytisch getroffen. (Siehe Tabelle 2.1, Seite 35).
Experten sind in der Regel in der Lage, intuitiv gute Entscheidungen zu treffen. Intuitive Entscheidungen
sind in hoch validen Umgebungen häufig gut. Umgebung ist hoch valide, wenn stabile Beziehungen
zwischen Bedingungen und der Transformation der Bedingungen gegeben sind. Affektheuristik –
10 Kirchler, E. (2011) - Wirtschaftspsychologie. Individuen, Gruppen, Märkte, Staat
Situationen oder Entscheidungen werden danach beurteilt, ob sie angenehm oder unangenehm sind.
Intuitive Entscheidungen können sich als schlecht herausstellen, wenn Unklarheit und Unwissenheit
vorherrscht.
Im Fall hoch emotionalisierender Konsequenzen werden niedrige Eintrittswahrscheinlichkeiten oft
überschätzt. Im Fall hoher Eintrittswahrscheinlichkeit eines Ereignisses, wird diese oft massiv unterschätzt.
Laien urteilen häufiger nach der Affektheuristik als Experten.
Affektpriming = Aufmerksamkeit von Personen wir durch nicht bewusste Voraktivierung der
Wahrnehmung auf emotionale Sachverhalte gelenkt.
Entscheidungen unter Ambiguität liegen vor, wenn die Wahrscheinlichkeit, mit der
Konsequenzen auftreten können, nicht numerisch bestimmt werden kann.
Ungewisse Entscheidungen : Folgen sind nicht abschätzbar, es ist unbekannt was passieren
wird.
Ellsberg-Paradoxon : Individuen, aber auch Gruppen, lehnen Ambiguität ab und verhalten sich
inkonsistent. Somit verhalten sie sich nicht entsprechend der Axiome der ökonomischen Theorie. Vp
wurde gesagt, dass sich in einer Urne 30 rote Kugeln und zusammen 60 schwarze und gelbe Bälle
befinden. Rein logisch gesehen müssten die Teilnehmer den Alternativpaaren gegenüber indifferent
sein, da der mögliche Gewinn in allen Fällen mathematisch ident ist, sind sie aber nicht. Sie mussten sich
entscheiden zwischen den Alternativen:
(1a) Falls ein roter Ball aus der Urne gezogen wird, gewinnt ein Teilnehmer.
(2a) Falls ein schwarzer Ball aus der Urne gezogen wird, gewinnt ein
Teilnehmer.
(1b) Falls ein roter oder gelber Ball gezogen wird, gewinnt ein Teilnehmer.
(2b) Falls ein schwarzer oder gelber Ball gezogen wird, gewinnt ein Teilnehmer.
11 Kirchler, E. (2011) - Wirtschaftspsychologie. Individuen, Gruppen, Märkte, Staat
Die meisten bevorzugten (1a) vor (2a), aber (2b) vor (1b), weil die Wahrscheinlichkeit, mit welcher ein
roter Ball geuogen wird bekannt ist (p=0,33). Im zweiten Spiel ist die Wahrscheinlichkeit, mit der ein
schwarzer oder gelber Ball gezogen wird bekannt (p=0,76).
Ambiguitätseffekt: bei unsicheren Handlungsalternativen beeinflusst der Grad der Info über die
zugrunde liegende Wahrscheinlichkeitsverteilung die Präferenz des Entscheidungsträgers.
Entscheidungsträger bevorzugt Situationen, in denen er sich ein klares Bild von den
Eintrittswahrscheinlichkeiten machen kann. Dadurch kann das Unabhängigkeitsaxiom der
Erwartungstheorie verletzt werden. Bsp. siehe S.40
Erwartungswert = Produkt der Gewinnhöhe und der Wahrscheinlichkeit, mit welcher der Gewinn eintritt.
Normative Modelle – beziehen sich auf optimale Entscheidungen. Sie geben vor, wie idealisierte
Individuen optimale Entscheidungen treffen.
Präskriptive Modelle – bieten auf Basis einer Entscheidungstheorie Vorschläge an, wie in einer
Entscheidungssituation schrittweise vorgegangen werden soll, um eine optimale Entscheidung zu treffen
Subjektive Erwartungsnutzentheorie
Unter diesen Umständen werden sichere Entscheidungen getroffen, was jedoch nicht
immer der Fall ist. Es sind zwei Gründe, die gegen das Subjective-Expected-Utility-
Model sprechen: 1. Entscheidungen werden in der Regel von Einzelpersonen nicht so
getroffen, da die 6 Prämissen kaum in ihrer Idealausprägung anzufinden sind. 2. Bei
Entscheidungen in Gruppen funken auch noch andere nicht-rationale, psychologische
Variablen dazwischen wie etwa Kooperation, Fairness, Vertrauen oder Gerechtigkeit.
Ultimatumspiel
- es wird untersucht, wie eine Person entscheidet, wenn sie die Möglichkeit hat, ein Gut
zwischen sich und einer anderen Person aufzuteilen.
Bsp. 1: Spieler A erhält Geldbetrag g und muss Spieler B einen Teil des Betrages t
anbieten. Wenn B das Angebot akzeptiert erhält A den Betrag abzüglich seines
Angebots an B (g-t). B erhält das Angebot t. Lehnt B das Angebot ab, gehen beide
Spieler leer aus.
Unter der Rationalitäts- und Nutzenannahme ist das Ziel von Spieler A, B den geringst
möglichen Teil (t˃0) anzubieten und seinen Gewinn zu maximieren. Handelt B
ertragsorientiert wird er das Angebot akzeptieren, da 1 EUR besser als kein Geld ist.
Aufteilung weicht von der rationalen Lösung meist ab. Kleine Angebote werden als
unfair empfunden und abgelehnt.
Bsp.2 Piratenspiel: 5 rational handelnde Piraten haben 100 Goldmünzen geraubt und
sollen diese untereinander aufteilen. Die Rangordnung erfolgt nach Lebensalter. A
ranghöher als B, B ranghöher als C, C ranghöher als D und D ranghöher als E.
Verteilungsregeln
o Ranghöchste Pirat macht Vorschlag zur Aufteilung der Münzen, dann
stimmen die Piraten ab, ob sie damit einverstanden sind
13 Kirchler, E. (2011) - Wirtschaftspsychologie. Individuen, Gruppen, Märkte, Staat
Auflösung
Wenn alle Piraten außer D und E bereits über Bord sind, kann D für sich 100 und
für E 0 vorschlagen. D hat die ausschlaggebende Stimme – Vorschlag wird sicher
angenommen.
Wenn 2 über Bord gingen und 3 verbleiben weiß C, dass D in der nächsten
Runde E 0 anbieten wird. C muss E daher mind. 1 anbieten um seine Stimme zu
erhalten. Verteilung bei 3 verbleibenden Piraten: C 99, D 0, E 1
Wenn 1 Pirat über Bord ging und 4 verbleiben, teilt B wie folgt auf: B 99, C 0, D 1,
E0
Bleiben alle 5 Piraten an Bord – Verteilung: A 98, B 0, C 1, D 0, E 1
Diktatorspiel
= eine Variante des Ultimatumspiels
Partner B hat keine Möglichkeit ein Angebot abzulehnen. Spieler A erhält z.B. 100EUR
und kann Spieler B einen Betrag t anbieten. t kann jeder Betrag zwischen 0 und 100EUR
sein. Das Spiel endet für Spieler A mit der Auszahlung von 100EUR-t. Meist agiert Spieler
A nicht geizig und egoistisch sondern tendiert zu einer fairen Verteilung.
Gefangenendilemma
= 2-Personen-Nicht-Nullsummen-Spiel. Dh., es ist möglich, die Gütermenge durch
Kooperation zu vermehren.
= Spiel zur Untersuchung von Kooperation. Es kann gezeigt werden, dass individuell
rationale Entscheidungen zu kollektiv schlechteren Ergebnissen führen können.
beide gibt es eine Strafminderung für beide auf 5 Jahre. Gefangenen werden
getrennt verhört und können sich nicht absprechen. Siehe S.47 Abb.2.3
Auszahlungsmatrix B
Das Dilemma ist, dass beide versucht sind, sich für einseitigen Verrat zu
entscheiden, um selbst frei zu kommen (temptation T), dass sie für Kooperation
insofern belohnt werden, als beide nicht 7 sondern 2 Jahre Gefängnis
bekommen (reward R), dass ihnen eine Bestrafung bei gegenseitigem Verrat von
5 Jahren Gefängnis droht (punishment P) und dass derjenige, der dem Partner,
der das Vertrauen bricht, gutgläubig vertraut, zu 7 Jahren Gefängnis verurteilt
wird (sucker’s payoff). Siehe S-48 Abb. 2.4
Die Orientierung am kollektiven bzw. am individuellen Nutzen führt zu
unterschiedlichen Entscheidungen. Insgesamt ist das Strafergebnis am geringsten,
wenn beide schweigen (2+2=4 Jahre). Aus Perspektive des Einzelnen = günstig mit
Polizei zu kooperieren, aber nicht mit dem Komplizen. Kooperieren beide mit der
Polizei, ist auf kollektiver Ebene das Ergebnis besonders ungünstig (5+5=10 Jahre).
Aus Perspektive der Rationaltheorie ist es sinnvoll, in einem einmal gespielten Spiel
den eigenen Nutzen zu maximieren und den Komplizen zu verraten – eigene
Entscheidung kann Verhalten des Partners nicht beeinflussen. Studienteilnehmer
entscheiden sich jedoch häufig für die Kooperation.
2.2 ENTSCHEIDUNGSANOMALIEN
Bei komplexen Entscheidungen im Alltag, Beruf und am Markt sind Abweichungen vom Rationalmodell
=Anomalien – die Regel. Oft sind Verluste, die bei Verzicht auf eine Alternative in Kauf genommen
werden müssen oder antizipierte Emotionen handlungsrelevant oder es genügt eine zufrieden stellende
Alternative. Meist sind rationale Entscheidungen unvernünftig, weil sie zuviel Zeit in Anspruch nehmen
und die Situation zu komplex ist. Vielfach wird implizit eine Alternative favorisiert und die nachfolgende
Infosuche dient der Bestätigung der Wahl.
Schwierigkeiten:
- nicht lineare (exponentiell verlaufende) Entwicklungen Menschen sind
gewohnt, Entwicklungen von Ereignissen linear in die Zukunft zu projizieren. Sie haben
Schwierigkeiten Prognosen über exponentielle Entwicklungen zu erstellen.
- bedingte Wahrscheinlichkeiten (Monty Hall Dilemma Gameshows, in denen
jeweils Alternativen geboten werden, von der nur eine einen Gewinn enthält – Spieler wählt eine
Alternative mit mögl. Gewinn - Spielleiter schließt, bis auf eine, alle Nieten aus und fragt die
Person, ob sie sich doch für die andere Alternative entscheiden möchte. Konsistenz und Beharren
sind hier unvernünftig, da sich die Wahrscheinlichkeit eines Gewinnes bei Alternativenwechsel um
ein Drittel erhöht. Mit jeder Wahl, die getroffen wurde, verändern sich die Wahrscheinlichkeiten,
da sie bedingt sind. Es sind nicht logische, sondern psycho-logische Gründe für das
gewinnschmälernde Beharren verantwortlich, z.B. das antizipierte Bedauern eines Verlustes bei
Wechsel.)
- Präferenzen sind nicht stabil Soll man sich zwischen einer kleinen Schokolade sofort
und einer großen morgen entscheiden, werden viele sich für die kleine sofort entscheiden. Geht
es aber um die kleine Schokolade in einer Woche oder die große in einer Woche und einem Tag,
ist die Entscheidung für die große wahrscheinlicher. Die Präferenzen sind nicht stabil geblieben,
obwohl die Alternativen dieselben blieben = Prinzip der Melioration – Menschen wählen jene
Alternative, die sie momentan besser stellt. Es kommt zu einer Diskontierung von Gewinnen über
die Zeit. Diese ist ebenfalls inkonsistent.
15 Kirchler, E. (2011) - Wirtschaftspsychologie. Individuen, Gruppen, Märkte, Staat
Die operante Konditionierungstheorie postuliert, dass die Wahrscheinlichkeit jenes Verhaltens steigt, das
die höchste Verstärkung erfährt. Herrnstein widerspricht. Manchmal wird die eine, manchmal die
andere Alternative gewählt, auch wenn erkannt wurde, welche Alternative die wertvollere ist, vielleicht
aufgrund von Sättigungseffekten, aus Neugier u.a. Motiven. Entsprechend dem relativen Effektgesetz
(auch Anpassungsgesetz oder matching law) ist das Verhältnis der Wahl verschiedener
Verhaltensalternativen proportional dem subjektiven Wert der Verstärkung dieser Alternativen und invers
proportional der Zeit, die zwischen Verhalten und Verstärkung liegt. Entsprechend wird Alternative A 3
Mal öfter gewählt als Alternative B, wenn die Verstärkung von A 3 Mal so viel wert ist , wie jene von B. An
Stelle der Maximierung tritt das Prinzip der Melioration („kurzfristige Besserstellung“). Menschen
und auch Tiere richten demnach ihr Verhalten an benachbarten Alternativen aus und stellen Vergleiche
an, wählen dann die momentan gewinnbringendere Alternative. Der Nutzen einer Alternative über die
Zeit kann kaum berechnet werden, die momentan bessere Alternative wird gewählt. Experiment von
Herrnstein mit Studenten: Bei einem Computerspiel kann Geld gewonnen werden. Bei Betätigung der
Tasten A und B fällt am Bildschirm eine Münze in einen Behälter. Während die Münze fällt, sind beide
Tasten blockiert. Zuerst fällt sie bei Betätigung von Taste B viel schneller, je öfter aber Taste B gedrückt
wird, desto langsamer fällt sie bei B. Letztendlich wäre nach einer Weile die Betätigung von Taste A
gewinnbringender, die meisten Teilnehmer wählen aber die maximal gewinnschmälernde Strategie,
nämlich bis Spielende immer nur oder fast immer Taste B zu drücken. Suboptimales Verhalten lässt sich im
Alltag oft beobachten, vor allem bei Suchtverhalten.
Nach Loomes und Sudgen (1982) hängt der subjektive Wert einer Alternative nicht nur von dem
vermuteten Konsequenzen sondern auch von den vermuteten Konsequenzen der nicht gewählten
Alternativen ab.Diese Überlegung führte zu einer Modifikation der subjektiven Erwartungswerttheorie =
Regret-Modell. Außer dem Nutzen der gewählten Alternative wird auch der Nutzenentgang durch den
Verzicht auf die anderen Alternativen berücksichtigt. Bedauern basiert auf dem Vergleich zw.
Alternativen und kann auf vergangene (retrospective regret) oder zukünftige (anticipated regret oder
prospective regret) Entscheidungen bezogen sein. Auch der Entscheidungsprozess kann zu Bedauern
führen, wenn z.B. eine Auswahl getroffen wurde, ohne bestimmte Infos zu beachten, die verfügbar
gewesen wären oder ein Urteil zu schnell gefällt wurde.
Affective forecasting = Vorhersage von emotionalen Reaktionen auf zukünftige Ereignisse. Wilson und
Gilbert (2003) unterscheiden 4 Komponenten des affective forecasting:
Vorhersagen über die Valenz der zukünftigen Gefühle
Die spezifischen Emotionen, die erlebt wurden
Die Intensität der Gefühle
Die Dauer
Personen machen meist akkurate Prognosen über die Valenz. Je weiter ein Ereignis in der Zukunft liegt,
umso fehleranfälliger sind die Prognosen über zukünftig erlebte Emotionen. Dauer (impact bias) und
Intensität der emotionalen Reaktion werden oft überschätzt. Siehe S.66 Abb 2.9 Stellt sich eine Person
ein Ereignis anders vor, als es ist (misconstrual) können die zukünftige Valenz, spezifische Emotionen,
Intensität und Dauer dieses Ereignisses falsch eingeschätzt werden. Prognosen über Gefühle nach einem
zukünftigen Ereignis hängen auch von der aktuellen Befindenslage ab (= projection bias).
Überdurchschnittlichkeitssyndrom – beschreibt den Effekt, dass Personen annehmen, besser als andere
zu sein, als überzogenen Optimismus im Vergleich mit anderen. Ausprägungen der eigenen pos.
Merkmale werden höher, jene neg. Merkmale geringer eingeschätzt, als die anderer Menschen.
Kahnemann weist außerdem darauf hin, dass Menschen kaum in der Lage sind anzugeben, was sie
in der Vergangenheit präferiert haben und was sie in Zukunft präferieren werden. Personen haben
Schwierigkeiten damit, ihren Nutzen über die Zeit zu maximieren. Erfahrungen werden dagegen anhand
der „ Spitzen-Ende-Regel “ (peak-end-rule) beurteilt, nicht die gesamte Erfahrung fließt also in das
Urteil ein. Weist ein Ereignis einige negative Spitzen auf und ist auch das Ende negativ, so bleibt es
negativ in Erinnerung. Ist aber das Ende relativ gesehen positiv, bleibt das Ereignis eher positiv in
Erinnerung.
Hindsight bias/Knew it all along bias – Menschen erinnern sich, nachdem sie erfahren haben, wie eine
Situation (z.B. polit. Konflikt) ausgegangen ist nicht mehr exakt an ihre ursprüngliche Prognose und
verzerren diese. Als Ursachen werden schlechtes Erinnerungsvermögen und selbstwertdienliche
Anpassung an Schätzungen vermutet. Hawkins und Hastie (1990) nehmen an, dass die Info über die
tatsächliche Entwicklung als Anker dient und zum Erinnerungszeitpunkt nicht die Schätzung erinnert wird,
sondern erneut Prognoseprozesse stattfinden.
2.2.2 Heuristiken
Es gibt aber auch die „Stimmung= Information- Heuristik“. Arbeitnehmer, die in guter
Stimmung nach ihrer Arbeitszufriedenheit gefragt werden, schließen aufgrund der Stimmung, dass ihre
Arbeitszufriedenheit hoch sein muss, anstatt Ereignisse aus der Vergangenheit zu erinnern.
17 Kirchler, E. (2011) - Wirtschaftspsychologie. Individuen, Gruppen, Märkte, Staat
2.2.2.2 Repräsentativitätsheuristik
Darunter wird der geschätzte Grad an Übereinstimmung zwischen einem Ergebnis und einem Modell
verstanden (Element und Prototyp) und das entsprechende Urteil darüber, ob ein Element der
Kategorie des Prototyps angehört oder nicht. Vp mussten schätzen, ob eine fiktive Person Jurist oder
Ingenieur war (aus 30 Ingenieuren und 70 Juristen oder genau umgekehrt). Dabei wurde nicht einmal
die Verteilung in der Gesamtstichprobe (30:70) berücksichtigt, sondern die Urteile waren ausschließlich
auf der Basis der vagen Beschreibungen gebildet worden. Neben der Verteilung wird auch die
Stichprobengröße ignoriert, bei der Schätzung etwa ob in einem Krankenhaus mit täglich 15 Geburten
sowie in einem mit täglich 45 Geburten gleich häufig ein Geschlechterverhältnis von 6:4 vorkommt,
was zumeist bejaht wird, statistisch aber höchst unwahrscheinlich ist. Urteilsfehler beruhen auch auf
Missverständnissen über den Zufall und typisch zufällige Ereignisse. Im Lotto wird die Zahlenkombination
„7 13 24 25 30 41“ für wahrscheinlicher gehalten als „1 2 3 4 5 6“. Genauso irrig ist der Glaube, die
Chance für die Farbe rot im Roulette erhöht sich nach einer langen Sequenz von schwarz.
2.2.2.3 Anker-/Anpassungsheuristik
Personen beginnen ihre Häufigkeits- und Wahrscheinlichkeitsschätzungen mit einem Ausgangswert,
einem Anker, ihre Urteile werden in der Folge unzureichend angepasst. Vp mussten Ergebnisse
schätzen für die Multiplikationen: 8*7*6*5*4*3*2*1 oder für 1*2*3*4*5*6*7*8. Im ersten Falle wurde
systematisch ein viel höheres Ergebnis geschätzt, weil die 8 als Ankerwert fungierte. Vp sollten weiters
schätzen, wie viele afrikanische Staaten bei der UNO sind, danach würde ein Glücksrad gedreht und
ein scheinbar zufälliger Wert erreicht, für den angegeben werden sollte, ob die Anzahl der
afrikanischen UNO-Mitglieder darunter oder darüber lag. Es kam zu systematischen
Fehleinschätzungen. Der Ankereffekt ist stärker und die Bearbeitungszeit kürzer, je plausibler der Anker
ist, aber auch unplausible Anker funktionieren. Auch Experten fallen auf Anker herein, so wie die
Immobilienmakler, die sich von einer niedrigen oder hohen Preisangabe auf einem Prospekt verleiten
ließen, obwohl sie selbst über genügend Wissen zur adäquaten Schätzung der Immobilie verfügten.
Rekognitionsheuristik
Kennen Menschen eines von 2 Objekten und das andere nicht, ziehen sie häufig den Schluss, das
bekannte Objekt habe en höheren Wert.Rekognitionsheuristik kann zu einem kontra-intuitiven Effekt
führen, dem „Less-is-more“ Effekt. D.h., dass es in manchen Fällen besser ist, weniger zu wissen.
Eliminationsheuristik
Merkmale der Alternativen werden sukzessiv zur Bewertung der Alternativen herangezogen und jene
Alternativen, die nicht entsprechen werden sukzessive eliminiert.
18 Kirchler, E. (2011) - Wirtschaftspsychologie. Individuen, Gruppen, Märkte, Staat
Menschen sind risikoscheu, mögen keine Ambiguität und ziehen einen sicheren
Gewinn einem möglichen, statistisch gesehen, gleich großen Gewinn vor, was
auch von Ökonomen akzeptiert wird.
In Wahlsituationen mit sicherem Verlust wird oft die riskantere Alternative gewählt, als ob die
Personen den Verlust zu reparieren suchten. Aber auch:
Je nachdem, ob eine Alternative als Gewinn oder Verlust präsentiert wird, sind die
Präferenzen unterschiedlich.
Wie auch in der subjektiven Erwartungsnutzentheorie postuliert wird, vermuten Kahneman und
Tversky, dass Menschen ihren Nutzen maximieren möchten. Deshalb wird angenommen, dass
der Nutzen der verfügbaren Alternativen und die Wahrscheinlichkeit des Eintretens bestimmter
Konsequenzen Entscheidungen determinieren. Allerdings wird angenommen, dass Menschen in
komplexen Entscheidungssituationen dazu tendieren, eine Vereinfachung des Problems
vorzunehmen und anschließend die Aussichten (prospects), welche die Optionen bieten,
bewerten.
- Editierphase: es wird überlegt, worauf ein Ereignis, eine Option und ihre Konsequenzen
bezogen werden – Referenzpunkt wird gewählt. Sämtliche Schwierigkeiten Information
korrekt ui verarbeiten und die Anwendung von Entscheidungsheuristiken werden
beobachtet. Bsp.: manchmal werden unabhängige Ereignisse als verbunden
wahrgenommen. Komplexe Sachverhalte werden vereinfacht und hervorstechende
Ereignisse besonders gewichtet. Sämtliche Schwierigkeiten
- In der Evaluationsphase wird überlegt, ob die Konsequenzen einer Option relativ zu einem
Referenzpunkt einen Gewinn oder Verlust darstellen. Die Wertfunktion bildet den Zshg zw.
einem objektiv eintretenden Gewinn oder Verlust und dem Erleben, dem subjektiven
Nutzen, ab. Weiters wird die Wahrscheinlichkeit des Eintretens von Ereignissen
berücksichtigt. Siehe Abb. 2.13 und 2.14 S. 85
Wertfunktion muss nicht immer die Form annehmen, die in Abb.2.13 dargestellt ist. Ab einer bestimmten
Entfernung vom Referenzpunkt kann die Sensitivität einer Person für weitere Verluste wieder zunehmen.
Bsp.: Devisenhändler darf bis zu Verlust von 100.000 EUR selbst Entscheidungen treffen. Ab Verlust von
100.000 EUR muss der Vorgesetzte konsultiert werden. Ab Verlust von 150.000 EUR muss die Sachlage dem
Vorgesetzten gemeldet werden und weitere Aktivitäten dürfen nur nach Absprache durchgeführt
werden. Händler wird alles unternehmen, um Verlust von 150.000 EUR zu vermeiden und auch riskant
investieren, wenn die Möglichkeit besteht, den Verlust von über 100.000 EUR wettzumachen. Mögliche
Form der Wertfunktion Abb. 2.15
Die Wertfunktion der Prospect-Theory bezieht sich nur auf aktuelle Gewinne oder Verluste. Mowen &
Mowen: Gewinne, die nicht sofort genutzt werden können, stellen subjektiv einen Verlust dar, Verluste,
die erst in der Zukunft getragen werden müssen, werden als Gewinn erlebt (Zeit- und
Ergebnisbewertungmodell nach Mowen und Mowen, 1991, S. 89).
Stornogebühr, wählt kaum jemand diese Alternative. Kosten müssen gerechtfertigt werden! Für
Unternehmen kann dies zu riskanten Geschäften führen!
Risikobereitschaft und die „Erblindung aller Vernunft“ in Verlustsituationen wird nicht nur
im Verhalten einzelner Personen oder von Firmen deutlich, sondern auch in
Wettbewerbssituationen (Rumiati & Bonini, 1996). Teilnehmer steigerten um eine
Banknote im Wert von 100 DM, wobei bei 10 DM gestartet wurde und der Vorgänger
jeweils um 1DM überboten werden musste. Die Banknote erhält derjenige, der das
höchste Angebot macht. Allerdings muss die Person, die das zweithöchste Angebot
macht, ebenfalls ihren angebotenen Preis zahlen, ohne dafür etwas zu erhalten. Bei
Erreichung von 100 DM wird nicht gestoppt! Selbst wenn Kontrahenten über die Fallen
aufgeklärt werden, sind kaum Lerneffekte zu erzielen. Ähnliche Entwicklungen lassen
sich auch bei Preisunterbietungen von Fluglinien beobachten.
Menschen treffen relativ leichte Entscheidungen, wählen die hervorstechendsten Merkmale aus
und vernachlässigen viele Merkmale der Alternativen. Die zuerst dargebotenen Alternativen
haben zudem eine größere Chance gewählt zu werden, sofern sie den Minimalanforderungen
Soelberg aus (Abb. S. 99). Personen favorisieren spontan eine Alternative, die Isolation von
Kriterien und der Vergleich mit andere Alternativen, die beide dann der Rechtfertigung der
favorisierten Alternative dienen, erfolgen post hoc. Entscheidungsträger ist oft nicht bewusst, dass
23 Kirchler, E. (2011) - Wirtschaftspsychologie. Individuen, Gruppen, Märkte, Staat
sie sich bereits für eine Alternative entschieden haben, bevor Vergleichsprozesse durchgeführt
werden.
Auch mehrere Personen entscheiden sich nicht immer für den maximalen Nutzen. Janis
analysierte Dokumente über die Fehlentscheidung in der Schweinebucht unter Kennedy
1961, er erklärt suboptimale Entscheidungen mit dem Phänomen des „Groupthink“. Er fand,
dass in hoch kohäsiven Gruppen, die von alternativen Informationsquellen isoliert sind und
in welchen der Führer eine bestimmte Lösung favorisiert, die Wahrscheinlichkeit des
Gruppendenkens hoch ist. Die Gefahr des Gruppendenkens ist unter hohem
Konformitätsdruck, Selbstzensur, Überschätzung der Unverletzbarkeit der Gruppe, kollektive
Rationalisierung hoch. Mangelhafte Zieldefinition, selektive Informationsverarbeitung,
ungenügende Bewertung der Konsequenzen der Alternativen, schlechte Realisierungspläne
können zu problematischen Lösungen führen.
Simmel stellte Kontakte zwischen Menschen unter die Prämisse des Gebens und Nehmens.
Homans (1974), ausgehend von der Theorie der operanten Konditionierung und Grundsätzen
der Ökonomie erklärt menschliches Verhalten und auch menschliches Sozialverhalten als
Funktion der Verhaltenskonsequenzen. Blau (1964) stellt klar, dass soziale Beziehungen ein
Produkt der beteiligten Individuen sind, soziale Transaktionen sind zielorientiert, kognitiv
gesteuert und vor allem strategisch. Laut Thibaut und Kelley (1959) wiegt jeder
Interaktionspartner die Vorteile und Nachteile ab, die der Kontakt mit dem anderen bringt. Je
nachdem, ob die Differenz zwischen Vor- und Nachteilen günstig ist, werden Interaktionen
wiederholt und intensiviert oder, falls sich gewinnbringendere Alternativen anbieten, Kontakte
abgebrochen. Ausgehend von den Annehmlichkeiten vergangener Interaktionen und
antizipierten Gewinnen, die alternative Beziehungen bieten, entwickeln Personen Erwartungen
über Belohnungen in gegenwärtigen und zukünftigen Beziehungen. Werden diese nicht erfüllt
– Auflösung der Beziehung.
Folgende Thesen sind nach Nye (1979) den meisten Austauschtheorien gemeinsam:
25 Kirchler, E. (2011) - Wirtschaftspsychologie. Individuen, Gruppen, Märkte, Staat
Partner in harmonischen intensiven Beziehungen allerdings handeln nach einem Modell, das
Kirchler (1989) „ Liebesmodell “ nennt. Je harmonischer die Beziehung, um so dichter
sind die Gefühle, Gedanken und Handlungen der Partner miteinander verstrickt, um so eher
wird eine gemeinsame Nutzenmaximierung anstelle einer egoistischen Kosten-Nutzen-
Rechnung verfolgt, um so vielfältiger sind die Ressourcen, die einander angeboten werden,
um so großzügiger die wechselseitige Kreditgebarung, um so eher fühlen sich die Partner für
die Befriedigung der Bedürfnisse des anderen verantwortlich und um so weniger werden
Forderungen an den anderen reklamiert.
26 Kirchler, E. (2011) - Wirtschaftspsychologie. Individuen, Gruppen, Märkte, Staat
Ist die emotionale Bindung intimer Partner zueinander geringer, so mutiert das Liebesprinzip
zum „ Kreditprinzip “. Die Partner sind dann zwar bestrebt, einander Gefälligkeiten zu
erweisen, nehmen Rücksicht aufeinander, warten aber auf die Erwiderung ihrer Bemühungen.
Weil die Partner einander vertrauen, muss die Rückzahlung nicht unmittelbar erfolgen. Sinkt die
Beziehungsqualität weiter ab, so folgt das Interaktionsgeschehen mehr und mehr dem
„ Equityprinzip “, und die Partner verhalten sich wie zwei Geschäftspartner. Je mehr die
Beziehungsqualität sinkt, desto bedeutsamer werden Machtunterschiede zwischen den
Partnern. Ist die Beziehungsqualität so gering, dass trotz egoistischer Handlungen ein weiteres
Abkühlen der Gefühle nicht zu befürchten ist, bleibt als einziges Handlungsziel der eigene
Vorteil: „ Egoismusprinzip “.
Zur Berechnung der Kontrollvariablen siehe S.111 + 112 Abb 2.24 und 2.25
In seinen Ausführungen zur Logik des Gelingens meint Dörner, dass gute Akteure in komplexen
Entschiedungssituationen versuchen, konkrete Ziele zu elaborieren und dabei die Interaktion
der Ziele berücksichtigen. Sie wählen einen Schwerpunkt, ohne den Hintergrund zu
vernachlässigen. Die Abhängigkeit der Ziele wird berücksichtigt, widersprüchliche Ziele
werden balanciert und Ziele werden nach ihrer Wichtigkeit gewählt. Gute Akteure
analysieren die Situation als Netzwerk voneinander abhängiger Elemente. Die Zukunft ist für sie
nicht als lineare Projektion der Gegenwart berechenbar, sondern als Effekt der Wirkfaktoren.
Sie prüfen, ob Bedingungen für erfolgreiches Handeln gegeben sind und überwachen
während der Ausführung Effekte der eigenen Aktionen. Misserfolge werden analysiert und das
Verhalten entsprechend geändert.
Gurtner, Tschan, Semmer, Nägele: Reflexivität erhöht die Leistung von Teams. Reflexivität =
Personen sind in der Lage, ihr Wissen mit neuem Wissen zu verbinden.
Lipshitz und Strass (1997) beschreiben Taktiken, die Menschen in riskanten Situationen
anwenden.
Um in einer riskanten Situation zu einer Entscheidung zu kommen kann
29 Kirchler, E. (2011) - Wirtschaftspsychologie. Individuen, Gruppen, Märkte, Staat
Im R.A.W.F.S.-Modell werden fünf Cluster von Taktiken zum Umgang mit Unsicherheit
erfasst:
Wahl der Taktiken in Abhängigkeit von der jeweiligen Situation – siehe Abb. 2.28 S 127
Entscheidungen werden mit dem Versuch, Klarheit über die Situation zu gewinnen, begonnen.
Gelingt dies, werden Alternativen und Konsequenzen überlegt und vielleicht mentale
Vorwegnahmen der Entscheidung vorgenommen. Falls es nicht gelingt, wird überlegt, wie
unerwünschte Entwicklungen verhindert werden könnten oder wie entgegengesteuert werden
kann. Fehlen Infos und können diese auch nicht eingeholt werden, so werden Meinungen
gebildet, auf deren Basis entschieden werden kann. Werden zwei oder mehrere
zufriedenstellende Optionen gefunden, liegt ein Entscheidungskonflikt vor, dem mit Abwägen
der Vor- und Nachteile begegnet wird. Gelingt keine Entscheidung für eine Alternative,
werden Informationen unterdrückt, Konsequenzen und Gegenmaßnahmen überlegt, oder
neue Alternativen gesucht, bis schließlich eine Entscheidung getroffen wird.
Risikoentschärfungsoperator
= Aktion, die darauf abzielt, das Risiko des Eintretens negativer Konsequenzen bei Wahl einer
bestimmten Option zu reduzieren. Man unterscheidet zwischen Risikoentschärfungsoperatoren,
die vor Eintritt einer neg. Konsequenz und solchen, die nachher angewandt werden. Bsp.
Impfung vor einer Reise in die Tropen oder Medikamente danach, falls Person mit einer
Krankheit infiziert wurde.
Entscheidungsträger wägen die Kosten für einen Risikoentschärfungsoperator und die
Wahrscheinlichkeit neg. Ereignisse ab und entscheiden sich für eine Maßnahme vor oder nach
Eintritt eines neg. Ereignisses. Kann neg. Ereignis mit Sicherheit entdeckt werden und besteht
30 Kirchler, E. (2011) - Wirtschaftspsychologie. Individuen, Gruppen, Märkte, Staat
Wirtschaftliche Sozialisation scheint Piagets Theorie zu entsprechen. Burris folgert, dass Kinder
von einem diffusen und globalen Wissen über soziale und physikalische Vorgänge zu einem
differenzierten Wissen über wirtschaftliche Institutionen und Prozesse gelangen.
Die umfassendsten Untersuchungen über die Entwicklung ökonomischen Wissens wurden von
Bombi, Berti & Co durchgeführt. Anfangs kennen Kinder nur diffuse Begriffe, die sich nicht
miteinander in Verbindung bringen können. Sie wissen über die Produktion von Gütern nicht
Bescheid. Dass der Kunde dem Verkäufer Geld für ein Gut geben muss, wissen Kinder zwar,
aber sie meinen, dies gehöre zu einem Ritual. Dass ein Elternteil eine Arbeit hat, wissen Kinder
auch, aber dass die Arbeit mit dem Geldverdienst zu tun hat, ist ihnen nicht klar. Mit etwa 6
können Kinder Arbeit und Geld miteinander in Verbindung bringen und sie kennen bereits
32 Kirchler, E. (2011) - Wirtschaftspsychologie. Individuen, Gruppen, Märkte, Staat
einige Transaktionsregeln zwischen Gütern und Geld sowie Arbeit und Geld. Mit 7-10 wird eine
scharfe Grenze gezogen zwischen Verkäufern und Produzenten, Attributionen von Reichtum
und Armut sind internal, die Ursachen werden den Betroffenen selbst zugeschrieben. Kinder
kennen das Geld und dessen Wert und verstehen seine Bedeutung. Sie verstehen auch,
warum im Geschäft Restgeld zurückgegeben wird. Es gibt Firmenchefs, Arbeiter und Löhne.
Für Arbeit wird bezahlt. Dann gibt es Kunden, Verkäufer und Produzenten. Güter müssen
bezahlt werden. Dass beide Bereiche zusammengehören ist noch nicht klar. So ist etwa unklar,
woher der Boss sein Geld bekommt. Von 10-14 beginnen Kinder ein klares und vollständiges
Bild grundlegender ökonomischer Phänomene zu entwickeln. Das gesamte ökonom. Wissen
wird zu einem komplexen Netzwerk verbunden.
Kinder sind bedeutsame Wirtschaftsagenten, haben Geld und als neue Verbrauchergeneration (skippies= school kids
with income and purchase power) einen kritischen und gewissermaßen routinierten Umgang mit Medien und
Werbung. Der relative Einfluss der Kinder ist im wesentlichen abhängig vom Produkttyp, vom Alter der Kinder, von der
Familienstruktur und dem Erziehungsstil der Eltern. Älteren Kindern wird mehr Mitsprachrecht gewährt und auch in
Bereichen, die sie nicht unmittelbar betreffen. Kinder von Alleinerziehenden werden früher zu mehr Selbständigkeit
angehalten und dürfen daher auch in familiären Entscheidungen mehr mitreden. Strategien von Kindern und
Jugendlichen, ihre Wünsche durchzusetzen, können effektiv oder ineffektiv sein (nach Einschätzung von Kindern bzw.
Eltern):
Ein anderer Bereich der indirekten Einflussnahme ist die Koalitionsbildung eines Elternteils mit
dem Kind im Falle einer elterlichen Uneinigkeit (öfters mit der Mutter).
strukturiert während Laien v.a. Vorstellungen aufgrund von alltäglichen Erfahrungen und
Wissensfragmenten entwickeln. Informationen, die über die Medien vermittelt werden, sind für
die Entwicklung von Laientheorien ebenfalls relevant. Mit der medialen Wissensvermittlung
variieren die Verbraucherstimmung und die Einschätzung der wirtschaftlichen Lage.
Laientheorien über wirtschaftliche Zshge werden vorwiegend aus der Sicht der
Attributionstheorie sowie aus der Perspektive der
Finden unbekannte Inhalte Eingang in den Alltagsdiskurs lassen sich 2 Szenarien differenzieren:
Das Unbekannte hinterfragt oder bedroht den Kerngedanken der sozialen Vorstellung,
sodass im gegebenen Kontext der sozialen Vorstellung Verständnisprobleme entstehen
Das Unbekannte hinterfragt Aspekte einer sozialen Vorstellung, der Kerngedanke
bleibt unberührt, sodass das Unbekannte in die bestehende Vorstellung eingegliedert
werden kann
Struktur der sozialen Vorstellung wird nach Kern- und Peripherieelementen differenziert.
Moscovici und Hewstone sehen soz. Vorstellungen als „common-sense“ Theorien über
grundlegende Fragen einer Gemeinschaft. Common-sense oder Alltagswissen = Summe des
Wissens (Bilder und Meinungen), ohne welchem soziale Kollektive nicht handlungsfähig sind.
Produktion und Funktion sozialer Repräsentationen sind eng miteinander verbunden. Sie
werden von Individuen innerhalb einer Gruppe entwickelt. Sie dienen den Bedürfnissen des
Kollektivs, den Anforderungen, die die Gesellschaft an ihre Mitglieder stellt und garantieren die
Einhaltung der geltenden Normen. So liegen ihre Funktionen in Differenzierung (Trennung von
anderen Gruppen), Rechtfertigung (dienen der Distanzregelung zu anderen Gruppen, z.B.
Klischees über soziale Schichten), Prognose (von Interaktionsmustern zwischen verschiedenen
Gruppen), in Kausalattribuierung (Klärung der Ursachen sozialen Verhaltens) und
Identitätsbildung (Sichtweise seiner Selbst als Mitglied einer oder mehrerer Gruppen, einer
Schicht oder Gesellschaft). Somit sind soziale Repräsentationen für Organisation und
Interpretation des individuellen
Gruppe der Arbeitslosen können Arbeitslose ihre Identität schützen. Dies kann durch die Theorie der
sozialen Identität von Tajfel (1981) erklärt werden. Personen streben nach einem zufriedenstellenden
Selbstkonzept und einem hohen Selbstwert. Ein Teil des Selbstkonzepts wird durch die Mitgliedschaft in Gruppen
bestimmt (= soziale Identität).
Sommer definiert Mode als eine, die ganze Gesellschaft durchziehende, die
einzelnen Hypocodes (Gruppenstile) aber unterschiedlich tangierende
Modifizierung von Hypercodes. Hypercodes = Lebensformen der Gesellschaft
und der gesamte Lebensbereich des Einzelnen. Aus sozialpsychologischer wird
dem Modeverhalten v.a. der Wunsch nach Selbstbestätigung, Steigerung des
Selbstwertgefühls und nach Identifikation zugrunde gelegt. Mode dient der
Selbstdarstellung gemäß der eigenen Identitätsvorstellung. Kleider dienen der
Kompensation von Mangelzuständen und informieren über Selbstbild und
Wunschbild.
Index der Konsumentenstimmung (siehe Abb. 4.4 und 4.5, S205) hat sich
bewährt, wirtschaftliche Entwicklungen zu prognostizieren. Kritik: Index ist ein
grobes, vereinfachtes Maß der Stimmung von Konsumenten. Einstellungen
und Erwartungen sind komplexer. Wirtschaftliche Veränderungen kommen
aufgrund komplexer Wechselwirkungen zwischen subjektiven Daten und
objektiven Wirtschaftsgrößen zustande. Prognose von
Wirtschaftsentwicklungen müssen neben den Stimmungen auch
Einkommensänderungen, Steueraufkommen und -änderungen
miteinbezogen werden. Der Private Konsum ist auch von den Aktivitäten der
Unternehmer, des Staates und der Außenwirtschaft abhängig.
37 Kirchler, E. (2011) - Wirtschaftspsychologie. Individuen, Gruppen, Märkte, Staat
Außer den Erwartungen über die Wirtschaft beeinflussen aktuelle politische und
gesellschaftliche Geschehen das Verhalten von Konsumenten und Produzenten.
V.a.Finanzmärkte können intensiv auf aktuelle Ereignisse reagieren.
38 Kirchler, E. (2011) - Wirtschaftspsychologie. Individuen, Gruppen, Märkte, Staat
Obwohl die Haushalte mit zwei oder mehr Personen auch in Zukunft in der
Überzahl sein werden, nimmt die Anzahl der Singlehaushalte laufend zu, und
somit die Relevanz des Studiums von individuellen Entscheidungen.
Bedeutung von Haushalten mit einem alleinerziehenden Elternteil steigt. Je
höher die Rollenbeanspruchung für Alleinerziehende, desto eher neigen sie zu
reaktiven Käufen – Sonderangebote werden seltener wahrgenommen,
Lebensmittel werden gekauft, wenn es notwendig ist.
1. Problemerkennung
2. Informationssuche
3. Bewertung und Reihung aller möglichen Alternativen
4. Kauf der erstgereihten Alternative
5. Konsum
6. Nachentscheidungsevaluation
7. Entsorgung des Gutes
wird unmittelbar aus dem Erfahrungsschatz einer Person die Lösung generiert:
Gut, welches ein aktiviertes Bedürfnis befriedigen kann ist spontan bewusst.
Der Konsument hat gelernt mit einem bestimmen Produkt oder einer
Dienstleistung eines Anbieters seine Bedürfnisse zu befriedigen (Marken- oder
Firmentreue), aufwendige Informationssuche und Bewertung anderer
Alternativen erscheinen nicht notwendig. Sie können sich auch entwickeln,
wenn das Produkt von untergeordneter Wichtigkeit ist oder
Produktunterschiede nicht bestehen oder nicht auffallen.
Impulsentscheidungen sind spontan, affektgefärbt und ohne Reflexion
(z.B. Kauf von Süßigkeiten), ein unmittelbar reizgesteuertes Auswahlverfahren,
das durch die Art der Präsentation eines Gutes ausgelöst wird – hoher
emotionaler Aspekt!
Shopping kann aber auch als Ziel an sich und nicht nur als Mittel zum Zweck fungieren, wie
etwa bei der Kaufsucht oder dem Kaufzwang. Für eine solche pathologische Veränderung
des Kaufverhaltens soll eine multifaktorielle Verursachung gesucht werden. Biologische
Faktoren liegen wahrscheinlich im verminderten Serotonin-Spiegel. Soziale Faktoren werden in
der zunehmenden symbolischen Bedeutung von Konsumgütern gesehen. Kaufen
demonstriert den Besitz von Geld, von Erfolg und Macht. Auch positive Erfahrungen in der
sozialen Interaktion zwischen Käufer und Verkäufer werden gesehen, die Aufmerksamkeit,
Anerkennung und soziale Bestätigung zusichert. Psychologische Faktoren werden in der
Kindheit gesucht, nämlich in einem frühen Autonomieverlust, der u.a. zu geringem Selbstwert
führt. Kaufen nimmt eine kompensatorische Funktion der Selbstwertsteigerung ein, nach dem
Kauf kommen aber die negativen Gefühle zurück, was den Selbstwert wiederum vermindert
=> Negativschleife.
Ein geringer Prozentsatz aller Haushalte verfügt über genügend finanzielle Ressourcen, um
alle Wünsche der Mitglieder zu befriedigen. Partner stehen in Geldangelegenheiten oft in
Konkurrenz zu einander.
1. Die Verfügbarkeit von kognitiven Skripts: bei Verbrauchsgütern oder Gütern des
täglichen Konsums (z.B. Lebensmittel) etwa bestehen diese und Entscheidungen
laufen v.a. habituell ab. Bei Gebrauchsgütern (z.B. Auto) oder Gütern des gehobenen
Bedarfs aber bestehen sie im Regelfall nicht und langwierige Entscheidungsprozesse
sind von Nöten.
2. Finanzielle Mittelbindung: wie teuer bzw. billig.
3. Soziale Sichtbarkeit des Produkts oder der Dienstleistung.
4. Veränderungen, die die Entscheidung für die Haushaltsmitglieder bedeutet.
41 Kirchler, E. (2011) - Wirtschaftspsychologie. Individuen, Gruppen, Märkte, Staat
Klassifikation von Entscheidungen im privaten Haushalt (Kirchler, 1989), Abb 5.1 S. 224
Wird weder von einem Partner ein Spontankauf oder Gewohnheitskauf getätigt, noch eine
autonome Entscheidung getroffen, so beginnt ein Entscheidungsprozess zwischen den
Partnern, der entweder in der Wunschphase oder in der Informationssammlungs- oder
Auswahlphase einsetzt, je nachdem, wann der aktive Partner (der mit Produktwunsch) dem
anderen seinen Wunsch mitteilt. Ob ein Spontan-, Gewohnheits-, autonomer oder
gemeinsamer Kauf zustande kommt, hängt von der Stärke des Wunsches, vom Produkttyp,
den Machtverhältnissen in der Beziehung und von der Beziehungsqualität ab. Die simultanen
Ziele, sowohl egoistische Bedürfnisse zu befriedigen als auch die Beziehung zu fördern, stehen
häufig in Konkurrenz zueinander und werden, je nach Beziehungsqualität unterschiedlich
gewichtet. Je nach Machtgefälle und Beziehungsqualität kann den Partnern das eine oder
andere Ziel wichtiger erscheinen. In eine Formel gebracht:
Zu Beginn werden von den Partner Präferenzen gebildet, über die dann diskutiert wird, wobei
die Partner eben egoistische oder aber gemeinsame Ziele in den Vordergrund stellen können
sowie verschiedene Taktiken anwenden können. Bevor eine Kaufentscheidung beendet ist,
wird die Symmetrie der Kosten bzw. Nutzen registriert. Wird ein Partner dabei bevorzugt, so
entstehen Nutzenschulden, deren Verbuchung vom Beziehungstyp abhängt (also anhand
des Egoismusprinzips, des Equityprinzips, des Kreditprinzips oder des Liebesprinzips erfolgt).
Die Ziele, die die einzelnen Partner verfolgen, sind in der Entscheidung je nach Beziehungsqualität unterschiedlich
gewichtet. Vor allem in harmonischen Beziehungen werden die Folgen für den anderen berücksichtigt und der
maximale gemeinsame Nutzen wird angestrebt. Je besser die Beziehungsqualität, desto eher folgen die Partner dem
Liebesprinzip.
Nutzenschulden:
Profitiert ein Partner wesentlich mehr von einer Entscheidung als der andere, so entstehen
Nutzenschulden. Kauft sich etwa eine Frau ein teures Kleid, holt sie die Zustimmung ihres
Mannes ein. Stimmt er zu, entstehen aus dem Kauf Nutzenschulden, da ja das Kleid nur
Nutzen für die Frau hat, aber gemeinsame Ressourcen ausgegeben wurden. Diese
Nutzenschulden werden auf einem fiktiven Konto verbucht und sollten sich im Zeitverlauf die
Waage halten.
Experimentelle Methoden: Da in einem Haushalt eine Gruppe von Personen lebt, schien es
naheliegend, Forschungstechniken und Ergebnisse aus der experimentellen Kleingruppenforschung auf den Haushalt
zu übertragen, d.h. ad hoc Gruppen zusammenzustellen. Laborgruppen und Familien oder private
Haushalte sind aber verschiedene „soziale Objekte“ und die Generalisierung von Daten aus dem einen
Untersuchungsfeld auf das andere ist unsinnig. Nachdem die Nachteile erkannt wurden, wurden artifizielle oder
synthetische Familien kreiert. In diesen werden einander fremde Personen, die ihrem Alter und
Geschlecht nach einer Familie entsprechen könnten, einer Gruppe zugeordnet. Synthetische unterscheiden sich
aber von realen Familien gerade in den charakteristischsten Merkmalen: ihnen fehlt wechselseitige Abhängigkeit,
Intimität und die Vielfalt der gemeinsamen Aufgaben. Schließlich werden „natürliche“ Paare oder
Familien in ein Labor geladen um gemeinsam Aufgaben zu lösen. Dabei handelt es sich jedoch meistens um
belanglose, konsequenzlose Aufgaben, die zumeist außerdem im Labor anders gelöst werden. Teilnehmer sind
schwierig zu gewinnen und es ist ein hoher Zeitaufwand. Weiters verhalten sich Personen in Laborsituationen anders
als in ihrer natürlichen Umgebung.
Wechselwirkung zwischen Person und Umwelt zu analysieren. Brandstätter (1977) konstruierte ein
Zeitstichprobentagebuch , mit dem das Alltagsbefinden untersucht werden kann, und das in
modifizierter Form zur Untersuchung des Familienalltags geeignet ist. Zu gegebenen Zufallszeiten tragen die
Teilnehmer mehrmals täglich und über einen längeren Zeitraum hinweg in das Tagebuch ein. Sie protokollieren ihre
Stimmung, geben Ursache des Befindens an und beschreiben die objektiven Situationsmerkmale, wie Aufenthaltsort,
ausgeführte Tätigkeit und anwesende Personen. Um Diskretion zu wahren, erfolgt nach entsprechendem Training die
klassifikatorische Inhaltsanalyse durch die Teilnehmer selbst. Steht nicht der Alltag im Fokus des Interesses, sondern
spezifische Probleme, so ist ein Ereignistagebuch angebrachter. Von Kirchler (1996) wurde das
Partner-Ereignistagebuch weiterentwickelt. Es soll nicht nur ökonomische Entscheidungen erfassen, sondern auch
44 Kirchler, E. (2011) - Wirtschaftspsychologie. Individuen, Gruppen, Märkte, Staat
parallel ablaufende nicht-ökonomische Entscheidungsprozesse über eine lange Zeitsequenz registrieren. Das
Tagebuch wird täglich abends von den Partnern getrennt ausgefüllt, nachdem sie sich darauf geeinigt haben,
welche Gesprächsthemen an diesem Tag zu unterschiedlichen Meinungen geführt hatten. Die Partner protokollieren,
ob sie miteinander gesprochen haben, wie lange und worüber sie miteinander geredet haben, ob sie sich während
der Gespräche wohlgefühlt haben, wo sie sich aufhielten, was sie gerade taten und welche anderen Personen
anwesend waren etc. siehe Beispiel S. 236
Synkratische Entscheidung: über 50% der Befragten sind der Meinung, dass beide Partner gleich viel Einfluss
haben
Autonome Entscheidung: wenn der Wert unter 50% liegt
Fraudominierte Entscheidung: Einflussverhältnis deutlich zugunsten der Frau
Manndominierte Entscheidung: Einflussverhältnis deutlich zugunsten des Mannes
Autonome/Ausgewogene Entscheidung: Mann und Frau entscheiden etwa gleich häufig alleine
Kontrollhäufigkeit gleich verteilt
Siehe Abb 5.5 S.244
Nach Blood und Wolfe (1960) regulieren die herrschenden sozialen Normen und die relativen
Ressourcenbeiträge der Partner deren Einfluss. Die Gültigkeit der Ressourcentheorie sei
jedoch fraglich geworden, weil nicht beachtet wird, dass anstelle der Differenz zwischen den
objektiven Ressourcenbeiträgen die von den Partnern subjektiv wahrgenommene Differenz
zählt. Neben dem Druck durch soziale Normen wird in Entscheidungen auf den
informationellen Druck hingewiesen, dem ein Gegner nur schwer standhalten kann. Der
Partner, der über ein Produkt besser bescheid weiß, gute Argumente bringt und darauf
beharrt, setzt sich eher durch. Neben der Kompetenz zählt auch das Interesse an der
Entscheidung.
Corfman und Lehman zeigten in einer Studie, dass die Wahrscheinlichkeit, Einfluss zu erhalten
ansteigt, wenn in den vorausgegangenen Diskussionen der Partner das Sagen gehabt hatte.
45 Kirchler, E. (2011) - Wirtschaftspsychologie. Individuen, Gruppen, Märkte, Staat
Über mehrere Entscheidungen hinweg berechnet, verteilt sich der Einfluss gleichmäßig auf
die Partner. Das Ausmaß der Entscheidung spielt keine Rolle.
Da in engen Beziehungen neben wirtschaftlichen Zielen auch das Ziel der Beziehungsförderung steht,
können Zielkonflikte entstehen und die Partner die Förderung der Beziehung vor wirtschaftliche Ziele
setzen. Der Entscheidungsprozess in engen Beziehungen wird als inkrementelles, schrittweises Vortasten zu
einer Lösung beschrieben. Im privaten Haushalt existieren Kaufentscheidungen nicht als isolierte Aufgabe.
Ökonomische Entscheidungen können zu Machtspielen mutieren. Anstatt eine gute Lösung zu suchen,
können die Partner bestrebt sein, Nutzenschulden zu begleichen, die in verschiedenartigen Situationen
entstanden sind, oder sie versuchen einen Ausgleich in der Einflussverteilung herzustellen. Oft werden
bewusst suboptimale Entscheidungen zugunsten der Beziehungsqualität getroffen.
Partner in engen Beziehungen sind nicht nur bestrebt in finanziellen Entscheidungen die ökonomisch beste
Alternative zu realisieren, sondern auch Konflikte fair auszutragen. Die Ergebnisse der Wiener
Tagebuchstudie von Kirchler zeigen, dass bei Entscheidungen in engen Beziehungen sowohl egoistische
Motive als auch der Wunsch nach Balance das Fairnessempfinden beeinflussen. Extreme
Nutzenverteilungen, auch zum eigenen Vorteil werden als unfair erlebt. Am fairsten werden jedoch nicht
solche Entscheidungen beurteilt, die beiden Partnern gleich viel Nutzen bringen, sondern solche, aus
denen man selbst etwas mehr Nutzen zieht.
Phase 1: Wunsch nach einem Gut und Überlegung, es auch ohne entsprechende Ersparnisse zu kaufen
und einen Kredit aufzunehmen, den Kauf zu verschieben oder auf das Gut zu verzichten. Je nach Art des
Gutes führt der Wunsch zu einem spontanen Kauf, einem Gewohnheitskauf oder löst einen extensiven
Entscheidungsprozess über das Angebot verschiedener Güter und der Finanzierung aus. Je nach
Persönlichkeitsmerkmalen treffen Konsumenten unterschiedliche Entscheidungen.
Phase 2: ein Kredit wird aufgenommen
Phase 3: Kredit wird zurückgezahlt. Nach erfolgter Rückzahlung werden die Erfahrungen mit dem Kredit
und der Rückzahlung rekonstruiert und bewertet
Generosität
Weiters können soziale Vergleichsprozesse und das daraus resultierende Bedürfnis, ebenso viel zu besitzen
wie vergleichbare andere Personen dazu führen, dass Geld ausgeliehen wird. Menschen mit einem hohen
Bedürfnis, einer bestimmten Wohlstandskategorie anzugehören, gegenwartsbezogene Menschen, die den
Wert zukünftiger Ereignisse stark diskontieren und besonders optimistisch sind, neigen eher zur Kreditnahme
als andere.
Zwischen dem Markt und dem Unternehmen besteht eine wechselseitige Beziehung: Das
Unternehmen erhält von den Konsumenten Geld (Umsatz) sowie Marktinformation. Der Markt
hingegen wird durch die Kommunikation seitens der Unternehmen (z.B. Werbung) sowie
durch die entsprechenden Güter beeinflusst.
Unternehmen interagieren daher fortlaufend mit ihrer Umwelt und dem Markt, wodurch alle
betrieblichen Aktivitäten auf den Absatz der Produkte rückgeführt werden können. Der
Absatzpolitik und der Beschaffungs- und Produktionspolitik (von Waren, Arbeitern) kommt
daher höchste Bedeutung zu. Mittlerweile haben sich die meisten Märkte von reinen
Verkäufermärkten (mit Nachfrageüberhang) zu Käufermärkten entwickelt. Diese sind durch
einen Angebotsüberhang charakterisiert (mehr Waren werden angeboten, als nachgefragt).
Des Weiteren ist für die Entscheidung der Konsumenten aufgrund der hohen Auswahl an
Produkten nicht nur der Grundnutzen (was wir essen), sondern auch der Zusatznutzen (wo wir
essen) relevant.
Der Zusammenhang zwischen der Anzahl der Wahlmöglichkeiten und der Zufriedenheit der
Konsumenten ist aber uneindeutig. Einerseits zeigt sich, dass die Zufriedenheit mit wachsender
Auswahl sinkt - „Tyranny of Choice“ (Schwartz, 2000; als Video auch hier:
http://www.youtube.com/watch?v=VO6XEQIsCoM). Andererseits gibt es auch Arbeiten, die
keinen oder einen gegenteiligen Effekt nachweisen konnten. Es ist anzunehmen, dass bis zu
einer gewissen Anzahl an Wahlmöglichkeiten die Zufriedenheit steigt, und ab dann sinkt.
Auch die Ähnlichkeit der Optionen, die Möglichkeit zur Kategorisierung und
Persönlichkeitsmerkmale dürften eine Rolle spielen.
Erstkäufe und Wiederkaufrate sollten v.a. bei der Neueinführung von Produkten Beachtung
finden. Die Zahl der Erstkäufe ist ein Indiz für den Aufforderungscharakter eines Produkts; die
Wiederkaufrate kann als Markentreue und Zufriedenheit interpretiert werden und erlaubt
Schlüsse auf den Lebenszyklus des Produkts, sowie Prognosen über dessen Zukunftschancen).
1. Produktpolitik: zielt vor allem auf Erhöhung des Grund- und Zusatznutzens eines
Produkts ab, z.B. Produktgestaltung, Produktidee
2. Preispolitik: z.B. Listenpreise, Lieferung
3. Distributionspolitik: bezieht sich auf die Absatzwege, z.B. Selbstbedienung, Versand,
persönlicher Verkauf sind Verteilungsarten von Gütern
4. Kommunikationspolitik: Umwerbung der Konsumenten, hauptsächlich mittels
Werbung und Werbewirkungskontrolle
Wenn die Diskrepanz zwischen Ansprüchen und Angebot gering ist, dann kann vermutet
werden, dass eine progressive oder stabilisierte Zufriedenheit (Gut wieder kaufen) resultiert.
Hohe Diskrepanz zwischen Ansprüchen und Angebot kann zu resignativer Zufriedenheit
führen. Andererseits können Kunden die und Pseudozufriedenheit entwickeln. Es wäre auch
denkbar, dass Konsumenten fixiert unzufrieden sind und nach anderen Gütern suchen.
50 Kirchler, E. (2011) - Wirtschaftspsychologie. Individuen, Gruppen, Märkte, Staat
Schließlich kann es zu konstruktiver Unzufriedenheit kommen und die Kunden würden dann
aufgrund ihrer Reklamationen die Anbieter dazu bringen, qualitativ bessere Produkte zu
entwickeln.
Die Produktpolitik befasst sich mit der Neueinführung von Gütern und mit
Veränderungen bereits im Sortiment stehender Produkte. Die Dauer des
Entscheidungsprozesses für ein Produkt und die Bereitschaft zum Kauf hängen im
großen Maße von den Eigenschaften des Produkts ab. Da Qualitätssteigerungen
(Grundnutzen) oft nur marginal sind, steht die symbolische Funktion der Produkte, die
Variation des Produktäußeren sowie die Markenbildung (Zusatznutzen) noch mehr im
Zentrum des Interesses. Der subjektive Wert eines Gutes ergibt sich nicht nur aus der
Befriedigung, die durch dessen Konsum/Gebrauch resultiert, sondern auch aus der
Bedeutung, der Symbolträchtigkeit und den Assoziationen, die mit dem
Konsum/Gebrauch eines Gutes verbunden werden.
Den Zusatznutzen von Marken illustrieren die ähnlich aufgebauten Experimente von
Allison und Uhl (1964) mit verschiedenen Biersorten sowie die Studie von Chernatony
und McDonald (1992) mit Coca-Cola und Pepsi-Cola. Allison und Uhl (1964)
untersuchten den Einfluss der Markenkenntnis bei Bier auf das Qualitätserlebnis. In
einem Blindversuch stellten die Teilnehmer keinerlei Qualitätsunterschiede zwischen
den ihnen „anonym“ dargebotenen Biersorten fest. Bei Markenkenntnis machten sie
dann auf einmal Qualitätsunterschiede aus. Chernatony und McDonald (1992)
kommen in ihrer Studie zu einem ähnlichen Ergebnis.
Die Studie von Pauen (2007) befasste sich mit neuroökonomischen Aspekten der
Markenkenntnis. Es zeigten sich kortikale Unterschiede wenn zwischen Markenartikel
und markenlosen Produkten gewählt werden sollte. Die Entscheidung für bekannte
Markenartikel wurde schneller und emotionaler getroffen, wodurch eine kortikale
Entlastung beobachtet werden konnte. Bei markenlosen Artikeln wurden rationalere
Überlegungen aufgrund der Aktivierung von bewusstseinsfähigen Strukturen
dokumentiert.
1. Die Wahrnehmung von Reizen, die objektiv verändert werden, strahlt unmittelbar auf
andere Reize über, die objektiv nicht verändert werden, die aber dann auch
verändert wahrgenommen werden. Optische Täuschungen (z.B. Müller-Lyer´sche
Täuschung) etwa oder die Tatsache, dass Farbgebung die Größenwahrnehmung von
Produkten beeinflusst (z.B. helle Autos wirken größer als dunkle).
51 Kirchler, E. (2011) - Wirtschaftspsychologie. Individuen, Gruppen, Märkte, Staat
2. Die Veränderung der Wahrnehmung des objektiv unveränderten Reizes erfolgt nicht
unmittelbar, sondern vermittelt über Lernprozesse. Über Konditionierung etwa können
zwei Reize miteinander verbunden werden (z.B. Preis-Qualität, Farbe-Kühlleistung des
Kühlschrankes usw.).
3. Auch veränderte Kognitionen, Bedürfnisse oder Emotionen/Stimmungen können zu
veränderten Wahrnehmungen und Bewertungen führen. Güter, die zur Befriedigung
aktivierter Bedürfnisse dienen, werden etwa eher wahrgenommen und häufig auch
positiver beurteilt als andere.
Hackl-Grümm (1994) beschäftigte sich mit der Signalwirkung von Farben, deren
Wirkung auf den Organismus und deren symbolischer Bedeutung. Die Farbe Rot wirkt
aktivierend, Blau wirkt physisch verlangsamend, Rosa signalisiert Süßes, usw. Grün
verpackte Produkte etwa haben immer einen gewissen Umweltbonus. Wenn
Qualitätsbeurteilungen schwierig sind, kommt Schlüsselreizen bei der
Produktgestaltung besondere Relevanz zu.
1. Erwartungsbildung
2. Sinneseindrücke oder Informationen aus der Umwelt werden aufgenommen
3. Vergleich der Sinneseindrücke oder Infos mit der Erwartung
Entspricht die Information der Hypothese nicht, muss die Hypothese korrigiert werden und
neue Informationen werden gesammelt, bis Kongruenz zwischen Hypothese und Information
erreicht worden ist.
Durch Produkttests kann das Risiko gemindert werden mit einem neuen Produkt
einen Flop zu landen oder ungünstige Änderungen an einem bereits im Markt
platzierten Produkt vorzunehmen. Sinnvollerweise werden Produkttests durchgeführt,
wenn der Verkaufserfolg von der Produktbewertung der Konsumenten abhängt und
Änderungen am Produkt noch möglich sind. Da die Produkte von einer vorher
festgelegten Zielgruppe positiv aufgenommen werden sollen, macht es Sinn
Produkttests an repräsentativen Samples durchzuführen. Tests in vollbiotischen
Situationen, also vollkommen realitätsnah, sind besonders günstig. Häufig ist jedoch
52 Kirchler, E. (2011) - Wirtschaftspsychologie. Individuen, Gruppen, Märkte, Staat
die Planung von Produkttests relativ einfach, die Umsetzung allerdings umso
anspruchsvoller.
Gaubinger, Werani und Rabl (2009) fassen die Vor- und Nachteile von Produkttests
zusammen.
Vorteile Nachteile
- Hohe Flexibilität in der - Geringe externe Validität
Durchführung aufgrund der
- Ergebnisse sind schnell verfügbar Experimentalsituation
- Hohe interne Validität - Quantitative Marktprognosen sind
- Möglichkeit erfolgshemmende nicht direkt möglich
Faktoren vorab zu diagnostizieren - Bedeutung von sozialen
- Tests und Ergebnisse können vor Kontakten für die
der Konkurrenz geheim gehalten Kaufentscheidung wird nicht
werden berücksichtigt
Beachtung finden, sind der Preis und der Markenname (Kröber-Riel, Weinberg & Gröppel-
Klein, 2009). In Schlüsselinformationen wird häufig andere Information (etwa die
Qualitätserwartung) gebündelt. Der wesentliche Nachteil der IDM liegt aber in ihrer
Abstraktheit der Informationsdarbietung. Weiter ist mehr Information vorhanden, als im
Geschäft verfügbar und die Information wird in der IDM sequentiell dargeboten ( externe
Validität?).
Lautes Denken: eine Testperson erkundet ein Produkt und verbalisiert alle Gedankengänge
Aufgrund des wankelmütigen Konsumverhaltens vieler Konsumenten (Kirchler, 2007) ist der
Erfolg klassischer Marketingkonzepte ungewiss. Es fand vielmehr ein Wechsel zu
postmodernen Marketingansätzen statt in deren Rahmen die feste Verbindung zwischen dem
Gut und dessen Funktion aufgeweicht wird. Auch die Marke bzw. ein Symbol hat keine
eindeutige, allgemein festgelegte Bedeutung mehr. Viel eher ist es so, dass Markenbild von
den Konsumenten auf Basis ihrer Erfahrungen mit dem Gut konstruiert wird. Das so beim
Konsumenten entstandene Markenbild kann sich daher von dem Markenbild, das durch
klassische Methoden zu vermitteln versucht wurde, unterscheiden.
Marken versprechen die Erfüllung von Wünschen und dienen der Hoffnung, das eigene
Selbstbild entsprechend konstruieren und kommunizieren zu können. Die sozial konstruierte
Wirklichkeit und damit verbundene Erlebnisse bilden die Grundlage für das Verständnis von
Konsumverhalten. Als Charakteristika für Konsumverhalten aus postmoderner Sicht gelten:
Die Marke als physische Markierung eines Gutes (Zweck der Eigentumskennzeichnung
und der Herkunft)
54 Kirchler, E. (2011) - Wirtschaftspsychologie. Individuen, Gruppen, Märkte, Staat
Merkmalskatalog von Gütern ist die Marke. Die Marke garantiert den Konsumenten
somit eine gleichbleibende Qualität und Aufmachung des Produkts.
Marke als spezifische Vermarktungsform
Marke und Produkt werden als verschiedene Konzepte verstanden. Ein Produkt ist das,
was ein Produzent herstellt, aber eine Marke ist das, was Konsumenten kaufen.
Siehe Phase 4 aber inklusive sozialpsychologischer Aspekte der Markenführung
Die Marke kann außer produktbezogenen Merkmalen auch immaterielle Vorteile vermitteln
( Orientierungshilfe in Kaufentscheidungen; Entlastungsfunktion
In Kirchler (2011, S. 312) finden sich mehrere Definitionen von Einstellungen. Kroeber-Riel,
Weinberg und Gröppel-Klein (2009) zu folge basieren Einstellungen auf inneren
Erregungsvorgängen, die angenehm oder unangenehm empfunden werden, zielgerichtet
und mit einer Beurteilung des Gegenstandes verknüpft sind. Die Drei-Komponenten-
Konzeption der Einstellungen (Stroebe, 1980; Thomas, 1991) definiert Einstellungen als
Zusammenspiel von 3 Reaktionsaspekten: kognitiv (Meinung über den Gegenstand), affektiv
(Symphatie) und Verhalten (konativ).
Das komplexe Einstellungsgefüge einem Produkt gegenüber wurde von Gardner und Levy
(1955) als Image bezeichnet. Dieser Begriff wurde jedoch von Kroeber-Riel et. al (2009)
kritisiert, da ihrer Meinung nach das Bündel aus affektiven, kognitiven und konativer Aspekten
durch „Einstellung“ besser erfasst würde.
Nachdem Einstellungen nicht direkt beobachtet und gemessen werden können, erfolgt
deren Messung über Rückschlüsse aus den sichtbaren Reaktionen einer Person. Die Messung
von Einstellung erfolgt über „theoretische Brücken“. Einstellung und Verhalten korrelieren
relativ hoch miteinander. Ein Beispiel für indirekte Einstellungsmessung ist die
Einkaufskorbtechnik (Haire, 1950). Es wurden dabei zwei fiktive Einkaufslisten vorgegeben und
danach gefragt, wie die beiden Hausfrauen erlebt wurden. Dabei wurden Hausfrauen, die
Nescafé kauften, als schlechtere Hausfrauen beurteilt, da die mit Instantkaffee
55 Kirchler, E. (2011) - Wirtschaftspsychologie. Individuen, Gruppen, Märkte, Staat
einhergehende Zeitersparnis nicht dem Bild einer guten Hausfrau entsprach. Möglichkeiten
für Messungen:
Ein relativ junges Verfahren stellt dabei der Spotlight-Viewer dar (Berger, 2009). Es
handelt sich um ein implizites Messverfahren, welches es ermöglicht die visuelle
Aufmerksamkeit bei der Betrachtung von Werbeanzeigen zu messen. Es werden den
Teilnehmern nämlich Bilder präsentiert über die ein Unschärfefilter gelegt ist. Lediglich
an der Stelle des Mauscursors ist der Bildausschnitt scharf. Da die visuelle
Aufmerksamkeit neben den Blickbewegungen auch den zielgerichteten
Handbewegungen vorgeschaltet ist, kann man über die Cursorbewegungen am
Bildschirm auf das Aufmerksamkeitssignal im menschlichen Gehirn rückschließen.
Durch die Cursorbewegungen werden also Aufmerksamkeitsbereiche und -verlauf
gemessen.
Eine andere Form des Pick-Any-Ansatzes berücksichtigt Dimensionen des Images. Den
Teilnehmern wird sowohl eine Liste von Marken, als auch eine Liste von Imagedimensionen
vorgegeben. In Folge werden sie dann gebeten, anzugeben welche Marken mit welchen
Imagedimensionen assoziiert werden. Es wird dadurch klar, welche Marke mit welcher
Eigenschaftsdimension assoziiert wird.
Die Zaltmann Metaphor Elicitation Technique (ZMAT) arbeitet im ersten Schritt nicht wie die
übrigen Methoden mit verbalen Stimuli. Die Teilnehmer werden gebeten Bilder der
betreffenden Marke zu sammeln, welche für das Produkt eine spezielle Bedeutung haben. Zu
57 Kirchler, E. (2011) - Wirtschaftspsychologie. Individuen, Gruppen, Märkte, Staat
Sind dem Semantischen Differential äußerlich sehr ähnlich. Im Modell von Fishbein und
Ajzen (1975) können sowohl kognitive als auch affektive Aspekte von Einstellungen
gemessen werden. Dem Modell liegen zwei Hypothesen zugrunde:
1. Der Konsument nimmt an jedem Produkt nur einige wenige Eigenschaften wahr die für
seine Einstellung ausschlaggebend sind
2. Die Einstellung zu einem Produkt folgt aus der subjektiven Wahrscheinlichkeit P der
wahrgenommenen Eigenschaft und aus ihrer Bewertung E
In einem ersten Schritt müssen für die subjektive Einstellung bedeutsame Eigenschaften
eines Gegenstandes ermittelt werden durch Befragung. Spontan genannte Eigenschaften
gelten als einstellungsrelevant. Als nächstes sind die subjektiven Wahrscheinlichkeiten über
das Vorhandensein dieser Eigenschaften (kognitiv) sowie die subjektiven Bewertungen
(motivational) zu bestimmen. Mit der Kenntnis von Einstellungen kann man Images
verschiedener Objekte, etwa von Produkten, Firmennamen, Nationen oder Werbeinhalten
miteinander vergleichen. Man kann aber auch das Verhalten von Personen oder Gruppen
verstehen oder prognostizieren. Da Einstellung und Verhalten nicht perfekt miteinander
korrelieren, wurde das Modell von den Autoren später um den Einfluss sozialer Normen
erweitert. Die Neigung, eine Handlung zu setzen hängt somit neben der Einstellung der
Person ab von den wahrgenommenen sozialen Normen und der individuellen Neigung,
diese zu befolgen. Die Bereitschaft eines Individuums, sozialen Normen zu entsprechen,
mag von Persönlichkeitseigenschaften abhängen, aber auch vom Identifikationsgrad mit
der Referenzgruppe, welche die Normen aufstellt.
Ajzen erweiterte dieses Modell wiederum um die subjektive Überzeugung eines Individuums,
eine bestimmte Handlung überhaupt ausführen zu können (Theory of planned behaviour)
subjektive Verhaltenskontrolle.
Trommsdorff kritisierte das Modell von Fishbein: Die Frage, welche Wahrscheinlichkeit dem
Vorhandensein einer Eigenschaft beigemessen wird, setzt eigentlich kategorial ausgeprägte
Merkmale voraus, d.h. eine Eigenschaft ist entweder vorhanden oder nicht. Bei graduell
58 Kirchler, E. (2011) - Wirtschaftspsychologie. Individuen, Gruppen, Märkte, Staat
Werbung zielt vor allem darauf ab, Verbindungen zwischen Marken und Gefühlen zu
stiften, es geht also eher um spontane Aspekte, die in der traditionellen
Einstellungsforschung eher vernachlässigt worden sind. Zur Messung spontaner Erlebnisse
sind Assoziationstechniken gut geeignet.
Das Assoziationsgeflecht dient der Erfassung von latenten, evaluativen Aspekten von
sozialen Repräsentationen über verschiedene Sachverhalte, kann aber auch zur
Einstellungsmessung verwendet werden.
Das Assoziationsgeflecht, entwickelt von De Rosa, zielt darauf ab, die aller ersten Gefühle
und Gedanken, die zu einem Sachverhalt in den Sinn kommen, zu erfassen. Im Gegensatz
zur traditionellen Einstellungsforschung werden auch unreflektierte, spontane Erlebnisse
erfasst.
Die Teilnehmer werden angehalten, nicht nur alle Assoziationen aufzuschreiben, sondern
auch die Reihenfolge zu dokumentieren, die Wertigkeit festzulegen (positiv, negativ,
neutral) und die Begriffe zu kategorisieren, indem zusammengehörige Begriffe durch Linien
verbunden werden. Das Assoziationsgeflecht erlaubt:
1. Die Analyse der Qualität der Assoziation. Mittels Inhaltsanalyse können Kategorien
der Assoziationen erstellt werden.
2. Die Einstellung zu einem Stimulus anhand der Bewertung der Assoziationsinhalte.
Polaritätsindex: Differenz positiver und negativer Assoziationen bezogen auf die
Gesamtanzahl von Assoziationen Einstellungsmaß, variabel zwischen –1 und 1.
Neutralitätsindex: Differenz neutraler Assoziationen und den restlichen
Assoziationen, bezogen auf die Gesamtanzahl Neutralität einer Person zu einem
Stimulus.
3. Sequenzen aus Gedanken und Gefühlen, da die Reihenfolge dokumentiert wird.
Sie können als Erzählung zum Stimulus gesehen werden, womit das
Assoziationsgeflecht als projektives Verfahren verstanden werden kann. Über
Analyse der Assoziationssequenzen und Berücksichtigung der Häufigkeiten, mit
denen bestimmte Assoziationen genannt werden, lassen sich Rückschlüsse auf
zentrale und periphere Aspekte von sozialen Repräsentationen ziehen.
4. Subjektive Verbindungen zwischen Assoziationsinhalten untersuchen.
Abric entwickelte ein Verfahren, die Assoziationskarte, welches v.a. die Vernetzung
zwischen den Assoziationen zu erfassen versucht.
Die vorigen Kapitel bezogen sich auf die Messung von Ist- Einstellungen oder aktuellen
Einstellungen. Aber auch Soll-Einstellungen oder Idealvorstellungen können ein wichtiger
Maßstab der Absatzpolitik sein. Sind etwa Ist- und Soll-Einstellungen zu einer bestimmten
59 Kirchler, E. (2011) - Wirtschaftspsychologie. Individuen, Gruppen, Märkte, Staat
Um die Aufmerksamkeit auf ein Produkt zu lenken, ist es wichtig, dass dieses sich im
Eigenschaftsraum von anderen Produkten abhebt.
Um ein Produkt erfolgreich zu positionieren ist es nach Ries und Trout (1986) ratsam die vier
folgenden Schlagworte zu befolgen:
Nach Müller (1971) können die Instrumente zur Modifikation bzw. Bildung von Images
folgendermaßen unterteilt werden:
Imagetransfer: Es ist auch möglich Einstellungen von einem Produkt auf ein anderes zu
übertragen. Markentransfers bieten einige Vorteile:
- Wird ein neues Produkt unter einem etablierten Markennamen eingeführt, so wird
vermutet, dass bisherige Qualitätsassoziationen von der Muttermarke auch auf die
Tochtermarke überspringen.
- Markentransfers sparen Zeit und Kosten, die zur Positionierung unter einem
unbekannten Label nötig wären
Allerdings sind mit Markentransfers, bei unbedachter Nutzung, auch Nachteile verbunden:
- Der Großteil der Markentransfers erweist sich als Flop erhebliches Risiko
- Das Markenbild kann aufgrund der Produktdifferenzierung diffuser wahrgenommen
werden, wodurch Konsumenten die Produktqualitäten, die mit dem ursprünglichen
Produkt assoziiert waren, nicht mehr eindeutig wahrnehmen.
- Wahrgenommene qualitative Mängel des Tochterprodukts können auch auf die
Wahrnehmung der Muttermarke zurückfallen (Imageschäden).
Winkelmann (2008) zu folge ist die Preispolitik sowohl ein taktisches, als auch ein
strategisches Instrument des Marketings, da Unternehmen die Preisparameter besonders
schnell verändern können. Laut mikroökonomischer Preistheorie ist die Nachfrage eine
inverse Funktion des Preises (Nachfragegesetz). Je billiger ein Gut ist, umso eher wird es
gekauft. Die meisten Unternehmen zielen auf Gewinn ab, weswegen es aus ihrer Sicht Sinn
macht umso mehr Einheiten eines Gutes zu produzieren, je höher der Preis ist
(Angebotsgesetz). Angebot und Nachfrage richten sich daher nach dem Preis, wobei die
Nachfragekurve an jeder Stelle eine negative Steigung, die Angebotskurve an jeder Stelle
der Funktion eine positive Steigung ausweist (siehe Grafik).
Die Schnittstelle der beiden Kurven wird als Marktgleichgewicht bezeichnet. Der
Gleichgewichtspreis stellt dabei jenen Preis dar, den Konsumenten für ein Gut zu zahlen
61 Kirchler, E. (2011) - Wirtschaftspsychologie. Individuen, Gruppen, Märkte, Staat
bereit sind und zu welchem alle Güter, die zum besagten Preis produziert werden können,
abgesetzt werden können.
Der klassischen ökonomischen Theorie zufolge wissen Konsumenten über die Preise der
Produkte Bescheid und kaufen dort, wo ein Gut am günstigsten ist. Verbraucher ziehen
Preise auch als relevanteste Kriterien für oder gegen einen Kauf heran. Die Gesetze der
Ökonomie hinsichtlich Angebot und Nachfrage betreffend der Preise gelten allerdings
nicht allumfassend. Die Nachfrage könnte nach einem Preisanstieg sogar steigen und
nach einer Preissenkung abfallen, wenn:
Achten Konsumenten aber auf die Preise? Und falls ja, bei welchen Produkten? Gabor und
Granger (1961) befragten Konsumenten und stellten fest, dass nur 82% der Befragten einen
Preis für das eben gekaufte Lebensmittel nennen konnte und der angegebene Preis auch
nur in 57% der Fälle korrekt war. Das Preisbewusstsein dürfte im Allgemeinen, vor allem aber
zu Zeiten hoher Inflation (Shamir, 1985), sehr gering sein. Wiswede (2007) ist der Meinung,
dass Preise vor allem dann Beachtung finden, wenn:
Allerdings ist nicht nur das Wissen über bestimmte Preise für Konsumentscheidungen
wesentlich, auch die Preiswahrnehmung spielt hinein. Winkelmann (2008) ist der Meinung,
dass die Preiswahrnehmung von motivationalen, kognitiven und situativen Faktoren
abhängt (siehe Tabelle). Je nachdem welche Faktoren gegeben sind können objektiv
gleiche Preise als günstig oder teuer erscheinen.
Zudem haben Konsumenten laut Kollmann (2002) nur ungenügende Kenntnisse über die
Hintergründe des Marktes und der Preisbildung nach den Gesetzen des Marktes an sich.
Und während in der mikroökonomischen Preistheorie von einer stetigen Preisfunktion
ausgegangen wird, zeigt sich in Experimenten, dass die Preisfunktionen von Konsumenten
eher diskreten Charakter, inklusive einiger psychologischer Preisschwellen, besitzen. Van
Raaij und Van Rijen (2003) zeigten, dass Preise bis zu einer gewissen Schwelle als
akzeptabel eingestuft wurden, während an 2 Stellen besonders deutliche Absatzeinbussen
verzeichnet werden mussten. 71% der Befragten waren bereit 2.99 Gulden für Zahnpasta
zu bezahlen, aber nur 63% wollten 3.00 Gulden zahlen. Die nächste Schwelle lag bei 3.19
vs. 3.20 Gulden.
Wie bereits vorher angeschnitten nehmen Konsumenten die Preisfunktion nicht als
stetig wahr, sondern interpretieren sie in Form von Stufen.
Der Assimilations-Kontrast-Effekt von Sherif & Hovland (1961) wiederum besagt, dass die
Distanz zwischen einem Ankerstimulus und einem naheliegenden Reizstimulus unterschätzt
wird, während die Differenz zwischen einem Ankerstimulus und einem ferngelegenen Stimulus
überschätzt wird. Werden Preise also zu viel gehoben oder auch gesenkt kann dies zu
Absatzeinbußen führen, da in dem einen Fall das Produkt als zu teuer erlebt wird, in dem
anderen Fall damit mangelnde Qualität assoziiert wird.
Da der Verkaufspreis in einem kompetitiven Markt sich am Preis der Mitbewerber messen
lassen muss und sich der Preis aus Herstellungskosten und Gewinn zusammensetzt, scheint der
Schluss, dass Preise mit Qualität positiv korreliert sind, naheliegend.
In zahlreichen Studien konnte der Zusammenhang zwischen dem Preis und der
wahrgenommenen Qualität (bei sonst keiner Info über das Produkt) bestätigt werden (Leavitt,
1954; McConnell, 1968). Höhere Preise werden allerdings nicht zwingend mit höherer Qualität
assoziiert. Sehr teure Sorten (etwa bei Getränken) werden mit dementsprechend teuren
Standards verglichen (Peterson, 1970). Der Preis wird dann als Qualitätsindikator erlebt, wenn:
In den meisten Studien, die sich mit der Korrelation zwischen objektiver Qualität und dem
Preis beschäftigten, wurden lediglich schwache (r=.06) bis moderate (r=.29) Korrelationen
berichtet. Die Korrelation zwischen Preis und Qualität variiert aber zwischen den
Produktgruppen allerdings beträchtlich, wodurch der Preis in den betreffenden
Produktgruppen tatsächlich als Indikator für die Qualität herhalten kann. In den Daten von
Kirchler, Fischer und Hölzl (2010) zeigte sich, dass der Preis im Bereich der Elektronik (r=.58 bzw.
r=.42) und im Bereich Haus und Garten (r=.42) als Qualitätsindikator zulässig ist. Geringe
Korrelationen konnten für die Bereiche Gesundheit und Kosmetik (r=.06) und Nahrung (r=.07)
berichtet werden.
Kirchler, Fischer und Hölzl (2010) untersuchten auch verschiedene Preisklassen hinsichtlich der
Preis-Qualitätsillusion. Je teurer die Güter wurden, umso eher wurden positive Korrelationen
gefunden (zwischen 0-10€; r=.-01; während zwischen 100-1000€; r~.50)
64 Kirchler, E. (2011) - Wirtschaftspsychologie. Individuen, Gruppen, Märkte, Staat
Warum sich Konsumenten trotzdem nach dem Preis richten, kann wiederum aufgrund der
sozialen Wahrnehmungstheorie (Bruner & Postman, 1949) erklärt werden. Preise stellen
Schlüsselreize dar. Ein Qualitätsurteil stellt nach der sozialen Wahrnehmungstheorie einen
Kompromiss zwischen der Wahrnehmung der tatsächlich gegebenen Qualität eines Gutes
und den Qualitätserwartungen, die sich aufgrund des Preises bilden, dar. Die
Qualitätserwartung wird durch den Preis mitbestimmt und setzt sich in der Wahrnehmung
umso stärker durch, je weniger Informationen über ein Produkt zur Verfügung stehen.
Entsprechend Festingers (1957) Theorie der kognitiven Dissonanz könnten Unstimmigkeiten
zwischen Preis und Qualität zu unangenehmen, inneren Spannungen führen. Um diese
Spannungen abzubauen, werden die einander widersprechenden kognitiven Elemente
bewusst oder unbewusst transformiert, um Konsonanz zu erreichen.
Preise und die vermutete Qualität des Produkts beeinflussen auch das Erleben und Verhalten
(Shiv, Carmon & Ariely, 2005). Je teurer ein Energydrink ist, umso besser schneiden Teilnehmer
bei Rätselaufgaben ab. Werden die Teilnehmer aber darauf aufmerksam gemacht, dass der
Energydrink trotz geringem Preis die gleiche Qualität bietet, zeigen sich keine Unterschiede in
der Leistung.
Durch den zunehmenden Wohlstand verändert sich mit dem Angebot auch der Ort
des Verkaufs. Auf die Super- und Hypermärkte und den elektronischen Verkauf über
das Internet reagiert der konventionelle Handel mit verstärktem Serviceangebot und
„Entertailing“ (Retailing und entertaining; Verbindung des Verkauf mit Spaß der
Konsumenten). Dies spiegelt die Verschiebung von utilitaristischem zu hedonistischem
Einkaufserlebnissen wieder. Einkaufsmotive werden also nicht nur durch den Kauf der
Produkte an sich, sondern auch über die Gestaltung der Kaufumwelt befriedigt.
doch für die Gestaltung der Einkaufsumwelt eine wichtige Rolle spielen. Subjektive
Kontrolle steigert die Befindlichkeit in der Umwelt (Hui und Bateson, 1991).
Die Gestaltung und Wirkung der Geschäftsumwelt hängt außerdem von der Art der
Serviceleistung ab. Bitner (1992) unterscheidet zwischen 2 Dimensionen:
- Handlungsakteure:
o Transaktionen, wo nur Kunden agieren (Selbstbedienung)
o Sowohl Kunden, als auch Angestellte handeln (Hotel, Fluglinie, etc.)
o Der direkte Kundenkontakt fehlt komplett (Telefongesellschaften z.B.)
- Komplexität der Geschäftsumgebung:
o Einfache Umwelten (Postaufgabestelle)
o Komplexe Umwelten (Spital)
der Stärkste Einfluss der Umwelt auf das Verhalten der Konsumenten und Angestellten ist in
komplexen Umwelten zu beobachten, die Handlungen von Angestellten als auch Kunden
notwendig machen. In Abhängigkeit von der Umwelt werden Meinungen über das Geschäft
gebildet, die eine kognitive Klassifizierung zur Folge haben (z.B. hochpreisig, Diskonter, Fast-
Food). Mit dieser Klassifizierung sind auch Erwartungen an die Umwelt verbunden (über
andere Kunden, Angestellte, etc.).
66 Kirchler, E. (2011) - Wirtschaftspsychologie. Individuen, Gruppen, Märkte, Staat
- holistisch: alle einzelnen Elemente verdichten sich zu einem Gesamteindruck, der von
den Konsumenten möglichst kongruent erlebt werden sollte, um Zufriedenheit und
eine positive Bewertung des Geschäfts zu provozieren.
- spezifische Zugänge: einzelne Aspekte der Geschäftsatmosphäre werden in Hinblick
auf die Atmosphäre eines Geschäfts untersucht
Hintergrundmusik: ist eine für die Geschäftsinhaber leicht kontrollierbare Art, um die
Atmosphäre zu beeinflussen. Musikstücke werden anhand von drei Dimensionen beschrieben.
Physikalische Dimension (Lautstärke, Tempo und Rhythmus), Tonlage und Präferenz der
Zuhörer. Die physikalische Dimension steuert die Aktivierung der Zuhörer, wobei der
Zusammenhang zwischen Aktivierung und erlebten Vergnügen der Kunden umgekehrt u-
förmig ist. Kunden bevorzugen moderat aktivierende Musik, wobei Frauen und ältere
Personen eher weniger Aktivierung bevorzugen. Die Musik sollte auch zur Art des Geschäfts
passen (Disko vs. Cafe).
Lautstärke und Tempo beeinflussen das Einkaufsverhalten. Laute Musik reduziert die
Verweildauer in Geschäften, während schnelle Musik eine Adaption des Verhaltens der
Käufer zur Folge hat (z.B. steigert sich die Gehgeschwindigkeit, es wird schneller gegessen,
wenn schnelle Musik läuft). Allerdings wirkt die Präferenz für eine bestimmte Art von Musik als
Mediator zwischen Aktivierungsgrad und Verhalten.
Hintergrundmusik beeinflusst auch die Informationsverarbeitung, das Musik Aufmerksamkeit
bindet. Aktivierende Musik kann, besonders bei schwachen Verkaufsargumenten, vom
Verkaufsgespräch ablenken. Weiche Musikstücke (als langsam und angenehm erlebt) sind für
den Erfolg des Verkaufsgesprächs am förderlichsten, da die Tiefe der
Informationsverarbeitung bei schwachen Verkaufsargumenten erhöht wird. Über den
peripheren Weg (Petty & Cacioppo, 1986) werden auch Einstellungen zu Verkäufern und
Produkten besser – selbst wenn die Musik nicht bewusst wahrgenommen wird.
Gerüche und Beduftung: Beduftung zur Steigerung der Attraktivität des Geschäftes konnte nur
teilweise wissenschaftlich belegt werden. Explizit als angenehm erlebte Düfte, bewirken eine
positive Stimmung, während das bloße Vorhandensein eines Duftes im Unterschied zu keiner
Beduftung bei den Konsumenten keinen Unterschied in der Stimmung erkennen lässt. Sowohl
angenehme als auch neutrale Gerüche erhöhen die Verweildauer im Geschäft, solange die
Gerüche als für die Umwelt passend wahrgenommen werden. Zum Geschäft inkongruente
Gerüche verkürzen die Verweildauer. Düfte können auch die Informationsverarbeitung und
Lernen unterstützen.
Beleuchtung und Farben: Sicherheit geht vor, weshalb dunkle, lange Gänge in Supermärkten
gemieden werden und in Restaurants Tische in Ecken bevorzugt werden. Durch die höhere
67 Kirchler, E. (2011) - Wirtschaftspsychologie. Individuen, Gruppen, Märkte, Staat
Aktivierung von hellem Licht wird das Annäherungsverhalten gefördert (mehr Produkte
werden in die Hand genommen). Die Beleuchtung wirkt allerdings nur in Kombination mit der
Farbgestaltung und der Musik auf das Einkaufsverhalten. In Geschäften werden eher blaue
Farben gegenüber roten als angenehmer erlebt und deswegen bevorzugt. In Räumen mit
blauem Licht ist die Wskt. einen Kauf zu verschieben auch geringer als mit rotem.
Beleuchtung, Farben und Fragen helfen den Konsumenten bei der Klassifikation von
Geschäften:
- Blaues Licht, sanfte Beleuchtung eher hochpreisige Geschäfte
- Orange Farben, sehr helle Beleuchtung und populäre Musik eher Diskonter
Geschäftslayout meint die Platzierung technischer Systeme, der Ausstattung und der Möbel
(Raumanordnung, Warenplatzierung, Kassazonen, Gangführung, Design). Funktionalität
beschreibt das Ausmaß, wie leicht und schnell spezifische Einkaufsziele in der
Geschäftsumgebung zu erreichen sind. Funktionalität ist daher dann gegeben, wenn die
Orientierung innerhalb eines Geschäftslayouts leicht gelingt.
Die Orientierung gelingt anhand vereinfachter, mental gespeicherter Karten der Umwelt, in
welchen besonders auffällige Merkmale der Umgebung gespeichert sind. Außerhalb des
Geschäfts trifft das auf Kreuzungen, Statuen, Geschäfte mit einer ausgefallen
Außengestaltung zu. Innerhalb des Geschäfts betrifft das v.a. Produkte am Rand, da diese
leichter erinnert werden. Geschlecht und Alter moderieren die mentale Karte. Frauen
orientieren sich eher an markanten Punkten, Männer anhand von globalen Punkten
(Himmelsrichtungen). Mit dem Alter nehmen Raumvorstellung und Lernpotenzial für
unbekannte Umwelten ab.
Handelt es sich um ein für die Kunden bekanntes Geschäftslayout, werden weniger
ungeplante Käufe getätigt. Die Suche nach Produkten aufgrund eines wechselnden Layouts
kann aber auch zu Frustration und Irritation führen. Früher waren viele Geschäfte als
Schläuche konzipiert, mittlerweile sind die restriktiven Gangführungen, die von Kunden als
persönliche Kontrolle erlebt werden, passé. Underhill (1999) führte das „Tracking“
(Kundenstrombeobachtung) als Methode ein, wodurch Gehmuster der Kunden identifiziert
und die Warenplatzierung in Abhängigkeit von der Beliebtheit eines Geschäftsbereichs
angepasst werden kann.
Neben der Platzierung in Regalen spielt auch die Organisation von Nischen, Schütten,
Sonderdisplays eine Rolle. Sonderdisplays führen zu mehr Impulskäufen und sind besonders
bei günstigen Produkten effektiv. Mitzieheffekte treten auf, wenn zusätzlich zu dem im
Sonderdisplay beworbenen Produkt noch weitere Produkte gekauft werden. Es kann aber
auch zu Kannibalisierungseffekten führen: das speziell beworbene Produkt wird verstärkt
gekauft, Alternativprodukte bleiben im Regal liegen.
68 Kirchler, E. (2011) - Wirtschaftspsychologie. Individuen, Gruppen, Märkte, Staat
Wartebereiche und Schlangen: Wartezeiten führen zu negativer Stimmung, die sich in der
Bewertung der Serviceleistung niederschlägt. Besonders ab 90 Sekunden wird die Wartezeit
bewusst, wodurch in Folge die subjektiv geschätzte Wartezeit gegenüber der objektiven
überproportional ansteigt. Nach Zhou und Soman (2003) sind Warteschlangen soziale
Systeme. Personen fühlen sich besser, je mehr Personen hinter ihnen stehen und die Wskt. die
Schlange zu verlassen sinkt. Erklärt wird dies durch soziale Vergleichsprozesse: Personen hinter
einem in der Schlange müssen länger warten Abwärtsvergleich. Der Effekt ist stärker, wenn
die Schlange wahrgenommen wird, als wenn nur Nummern vergeben werden.
Wahrgenommene Wartezeiten können auch verkürzt werden: Musik, Waren, Videos,
Sonderdisplays. Wird die Wartelogistik insgesamt als fair wahrgenommen und Personen nach
der Reihenfolge des Ankommens bedient, entspannen sich die wartenden Kunden und die
Zeit vergeht schneller (4 Kassen und 1 Schlange vs. 4 Kassen und 4 Schlangen).
Merkmale der anwesenden Kunden (social servicescape), die Anzahl der Personen, der
Eindruck von und die Uniformen der Angestellten, Privatheit und die Dichte sowie das
Crowding gehören zu den sozialen Aspekten der Geschäftsumwelt. Die Emotionen von
anderen Kunden stecken an (Holt, 1995), wirken auf die Stimmungslage und die Bewertung
der Konsumerlebnisse. Betreffend der Bewertung der Verkäufer ist interessant, dass untypische
Verkäufer positiver bewertet werden (wahrscheinlich weil das negative kognitive Schema
„Verkäufer“ bei untypischen VK nicht aktiviert wird).
Dichte vs. Crowding: Dichte beschreibt den objektiv pro Person verfügbaren Raum, während
Crowding wahrgenommen wird, wenn aufgrund von physischer, sozialer oder persönlicher
Faktoren subjektiv zu wenig Platz vorhanden ist. Dichte beeinflusst das Konsumerlebnis: die
Stimulation steigt ebenso wie das Aktivierungsniveau, die Unzufriedenheit und die
Unsicherheit der Kunden; Ablenkung und Zeitdruck nehmen zu; Informationsverarbeitung wird
ebenso wie die Verweildauer im Geschäft kürzer. Crowding wird weiter in menschliches vs.
räumliches Crowding unterteilt. Räumliches Crowding (aufgrund von physischen
Gegenständen wie Regalen, etc.) führt zu geringerer Zufriedenheit mit dem Einkauf als
menschliches Crowding. Moderatoren von Dichte sind die Art des Geschäfts (Gastronomie –
höhere Dichte = gut; Versorgergeschäfte = schlecht), der persönlichen Toleranz, die erlebte
Kontrolle, Bedürfnis für externe Stimulation und Frauen sind sensibler als Männer.
der Studie von Penz und Kirchler (2006) v.a. das Design wesentlich, während im
späteren Verlauf v.a. Information und die Angemessenheit der Website für den
Entscheidungsprozess wichtiger wurde.
Die Distributionspolitik umfasst neben der Art des Geschäfts aber auch die
Gestaltungsmöglichkeiten des Verkaufsprozesses bzw. der Interaktion zwischen
Kunden und Verkäufern. Im persönlichen Verkaufsgespräch geht es darum, dass
Verkäufer potenzielle Käufer von den Vorteilen ihrer Waren überzeugen. Die
Sozialpsychologie bietet mehrere Theorien im Bereich der sozialen Interaktion an.
Vertreters erzeugen weitere Sympathie und drängen zu Reziprozität im Verhalten, (e) der
gemeinsame Einkauf der hochpreisigen Güter lässt Rückschlüsse auf das
Haushaltseinkommen zu.
Gespräche scheinen dann erfolgreicher, wenn Verkäufer zuerst Meinungen des Kunden
explorieren, dann darauf Bezug nehmen und schließlich Vorteile des eigenen Produkts
anpreisen. Es empfiehlt sich auch sachlich-neutral zu argumentieren und dem Kunden
gegenüber eine wohlwollende, akzeptierende Grundeinstellung zu haben, um den
Verkauf erfolgreich zu gestalten (Angerer, 2004). Jaramillo und Marshall (2004)
untersuchten die Taktiken von Bankkundenberatern und fanden heraus, dass erfolgreiche
Berater eine persönliche Anrede gebrauchten, die eigenen Sprachcharakteristika an den
Kunden anpassten, den Kunden deren Entscheidung nochmals in der Abschlussphase
bestätigten und auch nach Abschluss Kontakt hielten, um sich über die Zufriedenheit zu
informieren.
1. Rezipienten überzeugt werden können, dass ein Problem besonders wichtig ist
2. Rezipienten für das Problem und dessen Konsequenzen empfänglich sind
3. Lösungsvorschläge für Vermeidung geeignet scheinen
4. Rezipienten die Empfehlungen ausführen können
Eine einfache Möglichkeit der Beeinflussung besteht in der Wiederholung von Argumenten
(Wiederholungseffekt, vgl. mere-exposure-Effekt von Zajonc (1968), wonach die wiederholte
Darbietung eines Stimulus die Einstellung zum Stimulus verbessert). Eine weitere Strategie ist
der Hinweis auf die mangelnde Verfügbarkeit eines Gutes. Verkaufsgespräche stehen
außerdem auch unter der Prämisse des Gebens und Nehmens, also der Reziprozität. Ein
„Entgegenkommen“ von Seiten des Verkäufers etwa scheint mit einer „Rückzahlung“
vergolten werden zu müssen. In sozialpsychologischen Studien fallen vor allem Techniken auf,
die der konkreten Verkaufsbotschaft vorauslaufen:
In der „foot in the door“ Technik wird einem Käufer die Möglichkeit geboten, etwa eine
Zeitschrift zum halben Preis für 2 Monate zu testen. Hat der Verkäufer erst einmal seinen Fuß
in der Tür, wird es schwieriger, weitere Kaufaufforderungen auszuschlagen. Einmal
zugestimmt, ist es schwer, sich von einem Standpunkt wieder zu lösen, sich inkonsistent zu
72 Kirchler, E. (2011) - Wirtschaftspsychologie. Individuen, Gruppen, Märkte, Staat
Bei „door in the face“ wird die Zielperson mit einer ungemein hohen Ausgangsforderung
konfrontiert, die sie sicher ablehnen wird. Im nächsten Schritt passt sich der Verkäufer den
Wünschen des Kunden an. Dieses Entgegenkommen bewirkt aufgrund sozialer
Reziprozitätsnormen, dass sich nun der Kunde einem gemeinsamen Konsens nähert.
In der „that’s not all“ Technik, einer Sonderform von door-in-the-face, nennt der Verkäufer
schon zu Beginn des Gespräches den Preis des Gutes, und bevor sich der Kunde dazu
äußern kann, reduziert er den Preis oder bietet ein Zusatzprodukt an. Diese Technik zielt
darauf ab, einen Ankerpreis zu etablieren. Im Vergleich dazu wird ein Kunde den
geringeren Preis als ein besonderes Angebot verstehen. Preise werden anscheinend nicht
als absolut hoch oder niedrig angenommen, sondern im Kontrast zu anderen Preisen
beurteilt. Sündhaft teuer Anzüge werden deshalb oft zu Beginn vorgeführt, um einen
Ankerpreis zu installieren, im Vergleich zu dem die restlichen, auch noch teuren Anzüge,
billig erscheinen.
„low ball“ schließlich heißt jene Technik, die darauf abzielt, den Käufer auf eine
Entscheidung festzulegen und ihm dann zu verkünden, dass bestimmte Teile nicht
inbegriffen sind. Da der Käufer mit seine Entscheidung eine Verpflichtung
eingegangen ist, fällt es ihm schwer diese zu revidieren, da nur noch einige kleine
Zusatzobjekte mit anzuschaffen wären.
Der Erfolg eines Verkäufers hängt u.a. von Persönlichkeitsmerkmalen des Kunden ab.
Personen mit geringem Selbstwertgefühl scheinen eher bereit zu sein, ihre Einstellungen zu
ändern, als Personen mit hohem Selbstwert.
Besonders relevant ist auch das Involvement der Kunden. Unter Involvement versteht man
das Interesse an Informationen über ein Gut und die Motivation sich mit dem Gut
auseinanderzusetzen. Je wichtiger die Entscheidung, je mehr die Entscheidung andere
73 Kirchler, E. (2011) - Wirtschaftspsychologie. Individuen, Gruppen, Märkte, Staat
Personen betrifft und je höher der Preis, desto höher ist ws. auch das Involvement. Haben
sich hoch involvierte Kunden einmal eine Meinung gebildet, so lassen sie sich kaum von
Gegenargumenten überzeugen.
Auch der Stimmung des Kunden kommt besondere Bedeutung zu. Eine gute Stimmung
könnte zu einer Überschätzung der Wahrscheinlichkeit führen, dass ein Produkt
wünschenswerte Merkmale besitzt, was die Kaufhandlung beeinflusst. Allerdings könnten
auch schlecht gelaunte Personen dann kaufwillig sein, wenn der Kauf eines Gutes der
„Stimmungsreparatur“ dienen soll.
Die Kompetenzen, welche die Basis für Verkaufserfolg darstellen, sind Verkaufsmotivation,
Sozial-, Fach- und Methodenkompetenz. Neben transaktionsanalytischen
Trainingsansätzen und NLP führt Weis (1992) auch den GRID-Ansatz sensu Blake und
Mouton (1979) an. Zwei Dimensionen sind besonders relevant für das Verkaufsgespräch:
Geschäftspartners eingeholt werden müssen. Es zeigt sich also ein Wechsel von der
„Verkaufsorientierung“ (sell as much as possible) zur „Kundenorientierung“.
Corporate Identity bildet nach Schweiger und Schrattenecker (2009) den Ausgangspunkt
der kommunikationspolitischen Entscheidungen. Als Corporate Identity wird die Identität
eines Unternehmens, die Unternehmerpersönlichkeit, als Summe seiner Eigenschaften
verstanden (= Verhalten, Kommunikation nach innen und außen und Erscheinungsbild des
Unternehmens). Corporate Identity zielt darauf ab, den Konsumenten ein einheitliches Bild
des Unternehmens zu vermitteln. Kommunikationspolitik umfasst jene Maßnahmen, die
darauf ausgerichtet sind, Informationen über das Unternehmen selbst und das Angebot zu
vermitteln und potenzielle Kunden im Dienste des Marketing zu informieren.
Grundlegendes Ziel ist die Positionierung des Angebots am Markt, die darauf abzielt, die
Attraktivität des Angebotes zu erhöhen und die eigenen Produkte gegenüber der
Konkurrenz abzugrenzen. Kroeber-Riel unterscheidet zwischen Instrumenten der
Massenkommunikation (Werbung, Gestaltung der Produktverpackung und der
Schaufenster, Sponsoring, PR-Aktivitäten) und Instrumenten der persönlichen
Kommunikation (Verkaufsgespräche mit Kunden, individuelle Beratung). Das wichtigste
Instrument der Kommunikationspolitik ist die Werbung.
Werbung ist definiert als die beabsichtigte Beeinflussung von marktrelevanten Einstellungen
und Verhaltensweisen ohne formellen Zwang unter Einsatz von Werbemitteln und
bezahlten Medien (Schweiger & Schrattenecker, 2009).
Direktwerbung nach Pepels (2005) richtet sich an individuelle Adressaten und auf den
Dialog mit diesen (Teleshopping, adressierte Werbesendungen, Werbebelangsendungen,
etc.).
Sponsoring versteht man als die Planung, Organisation, Durchführung und Kontrolle aller
Maßnahmen zur Bereitstellung von Geld oder Sachmitteln durch Unternehmen für
Personen oder Organisationen mit dem Ziel der Erreichung von Kommunikationszielen
durch den Sponsor. Nach Vollert (2006) dient Sponsoring v.a. der Aktualisierung,
Stabilisierung und der Verbesserung des Images.
Nieschlag, Dichtl und Hörschgen (1972) und Six (1983) geben noch weitere
Promotionsmethoden zur Erhöhung des Umsatzes an. Siehe folgende Tabelle.
75 Kirchler, E. (2011) - Wirtschaftspsychologie. Individuen, Gruppen, Märkte, Staat
Es gibt derzeit eine Flut von Werbeinformationen, von der nur etwa 1-2 % aufgenommen
werden. Informationsüberlastung- bzw. Überschuss ist derjenige Anteil der gesamten
verfügbaren Information, der nicht beachtet wird. Da immer mehr Geld in die Werbung
gesteckt wird, sollen die Botschaften auch ankommen. Da Bilder schneller aufgenommen
werden können, verdrängt mit zunehmender Informationsüberlastung Bildkommunikation
die Kommunikation durch Texte und Sachinhalte. Diese Geschwindigkeit ist noch höher,
wenn anstatt von Sachinhalten Emotionen kommuniziert werden. Bildinformation wird
auch von wenig involvierten, passiven Empfängern wahrgenommen. Farben werden noch
viel schneller aufgenommen. Bestimmte Marken werden überzufällig häufig mit einer
bestimmten Farbe assoziiert (z.B. Milka lila). Zudem hat sich der Markt geändert, der
inzwischen so unüberschaubar ist, dass kaum Qualitätsunterschiede ausgemacht werden
können, die Angebote sind austauschbar. Die meisten Leute sind nicht an Werbung
interessiert: sie sind gesättigt. Vermehrt werden Werbebotschaften auf verschiedene
Zielgruppen zugeschnitten und Medien, die diese Zielgruppen erreichen, als Werbeträger
genutzt. Die Werbung muss sich den veränderten gesellschaftlichen Bedingungen
anpassen. Die Öffentlichkeit wird kritischer gegenüber der Werbung und ihren Mitteln und
ist interessiert an neuen Erlebnissen und dem Genuss des Lebens (erlebnisorientiert).
Marktkommunikation muss sich den veränderten gesellschaftlichen Bedingungen stellen:
Manipulationstechniken werden durch Rechtsvorschriften eingeschränkt,
76 Kirchler, E. (2011) - Wirtschaftspsychologie. Individuen, Gruppen, Märkte, Staat
Werbung kann als Versuch definiert werden, das Verhalten von Personen mittels
besonderer Kommunikationsmittel zu beeinflussen. Da Werbung viel Geld kostet, muss sie
effizient sein und ihr Erfolg muss anhand konkreter Variablen gemessen werden können. Im
Allgemeinen werden Aktualisierung, Emotionalisierung und Information als Werbeziele
angeführt. Wichtigste Werbeziele sind aber Erhöhung des Umsatzes, positive Einstellung
zum Produkt, Erhöhung der Kaufbereitschaft bzw. Verbesserung eines besonderen Images.
Zunächst muss aber kontrolliert werden, ob die Werbung überhaupt wahrgenommen wird,
denn eine Marke, die nicht wahrgenommen wird, kann nicht (mit
Emotionen/Sachinhalten) „aufgeladen“ werden. Danach ist zu entscheiden, welche
Gefühlsqualitäten oder Sachinformationen dazu assoziiert werden sollen. Wissen
Konsumenten um ihre unbefriedigten Bedürfnisse, genügt es auf ein bestimmtes Angebot
aufmerksam zu machen. Auf gesättigten Märkten muss Werbung oft erst Bedürfnisse
wecken, Produkte und Dienstleistungen werden also mit emotionalen Konsumerlebnissen
verknüpft. Information sowohl als auch Assoziation von Gefühlen dient der Positionierung
von Produkten, die zunehmende Austauschbarkeit von Produkten am übersättigten Markt
ist ein großes Problem für Werbestrategen. Zunehmend muss nach Marktnischen gesucht
werden.
Werbetechniken dienen dazu, Werbemittel zu gestalten. Jene Techniken, die aus der
Anwendung sozialwissenschaftlicher Hypothesen, Modelle und Theorien resultieren,
werden als Sozialtechniken bezeichnet. Unter Sozialtechniken wird die systematische
Anwendung von Gesetzmäßigkeiten zur Gestaltung der sozialen Umwelt, insbesondere zur
Beeinflussung von Menschen, zusammengefasst. Erfolgreiche Werbung resultiert aus dem
Zusammenwirken von Kreativität und sozialtechnischen Überlegungen. Erfolgreich ist eine
Werbekampagne dann, wenn es gelingt, Konsumenten auf ein Gut aufmerksam zu
machen, sie sachlich darüber zu informieren, angenehme emotionale Erlebnisse zu
vermitteln und/ oder zum Kauf anzuregen. Siehe Wirkungen der Sozialtechniken und
Möglichkeiten der Messung.
Die Wirkung von Werbeinformationen hängt v.a. vom Interesse der Konsumenten an
einem Produkt ab. Interessierte sind involviert. Zumeist sind die Empfänger wenig involviert.
Anzeigen in Spezialzeitschriften erreichen jedoch mit höherer Wahrscheinlichkeit hoch
involvierte Empfänger als Anzeigen in einer Tageszeitung. Daher ist es hier sinnvoll,
Sachinformationen zu bieten, anstatt erst emotional ein Kaufbedürfnis zu wecken. Gering
involvierte Empfänger nehmen Informationen über periphere
Informationsverarbeitungsprozesse wahr. Anstelle von sachlichen Argumenten dürften v.a.
ganzheitlich-emotionale Eindrücke wirksam sein (visuelle oder akustische Gestaltung,
emotionale Aufmachung der Werbung). Hoch involvierte nehmen Informationen über
zentrale Prozesse wahr, d.h. der Inhalt der Botschaft zählt.
Die Werbewirkung hängt aber auch von der Anzahl der Wiederholungen ab.
Wiederholungen sind nötig um Lerneffekte zu erzielen. Die Zahl der erforderlichen
Wiederholungen hängt aber auch von der Art der Werbung und von den
Kommunikationsbedingungen ab. Dabei muss die mögliche Produktion von inneren
Gegenargumenten auf Konsumentenseite im Hinterkopf behalten werden. Nach einer
bestimmten Anzahl von Wiederholungen nehmen die negativen Reaktionen zu und die
positiven ab (Wear-Out-Effekt). Analog zum Wear-Out-Effekt existiert in der Onlinewerbung
der Banner-Burnout-Effekt: Ein Banner verliert seine Wirkung, wenn er öfter als 3 mal von
einem Nutzer gesehen wird (Bachem, 2002). Cacioppo und Petty (1980) nehmen in ihrem
Elaborations-Wahrscheinlichkeits-Modell an, dass die Entwicklung einer positiven
Einstellung zunächst bei Wiederholung der Werbebotschaft gefördert, dann durch innere
Gegenargumente beeinträchtigt wird (v.a. bei involvierten Empfängern und bei
informativer Beeinflussung). Berlyne (1970) geht in seiner Zwei-Faktoren-Theorie davon aus,
dass Wiederholungen zum einen günstig sind, weil Lernerfolge erzielt werden, zum anderen
führt die steigende Zahl von Wiederholungen zu Langeweile und zu negativen
Assoziationen.
Seit den 1950-er Jahren geistert die geheimnisvolle Wirkung subliminaler oder
unterschwelliger Werbung in Köpfen herum. Es schien ein gefährliches
Manipulationswerkzeug gefunden worden zu sein. Die psychologische Relevanz scheint
jedoch gering zu sein, man steht schon allein vor der Schwierigkeit,
Wahrnehmungsschwellen zu definieren. Die übliche Definition, ein Reiz sei dann subliminal
wahrgenommen, wenn er von 50% wahrgenommen wird, ist unzulänglich. Die Diskussion
soll aber nicht ganz abgetan werden, es dürfte/ könnte so sein, dass zwar keine
spezifischen Konsumbedürfnisse durch subliminale Werbung geweckt werden, doch aber
allgemeine Konsumbedürfnisse. Dafür spricht eine Studie von Hawkins (1970), in der bei
unterschwelliger Darbietung von entweder Nonsense- Silben oder des Wortes „Coke“, in
der „Coke“-Gruppe höherer Durst berichtet wurde. Replikationsversuche dieser Studie
scheiterten allerdings. Von größerer Bedeutung sind Elemente überschwelliger/
supraliminaler Werbung, die nicht ins Bewusstsein treten, wie etwa Düfte oder
Farbgestaltungen.
1. Beachtung
2. Aufnahme der Botschaft
3. Emotionsvermittlung
4. Verständnis der Botschaft, d.h. Verknüpfung von Emotion mit Marke/ Produkt
5. Verankerung der Botschaft im Gedächtnis
78 Kirchler, E. (2011) - Wirtschaftspsychologie. Individuen, Gruppen, Märkte, Staat
Durch Lernprozesse können Reize mit Gefühlen verbunden werden (etwa Volvo für
Stabilität und Verlässlichkeit, FA für Frische, ...). Am häufigsten werden in der Werbung
Erotik und Sex eingesetzt, in den letzten Jahren ist auch der Einsatz erotischer
Männerdarstellungen gestiegen. Dies führt zu durchaus differentiellen Einstellungen zum
Produkt, die Akzeptanz von erotischen und sexuellen Inhalten ist je nach Rezipient
verschieden, Kritik kommt vor allem aus der feministischen Ecke. Voraussetzungen für
effektive emotionale Konditionierung sind:
Nach 10 Tagen Darbietung und pro Gruppe 30 Hoba-Einblendungen hatte Hoba ein
emotionales Erlebnisprofil. Die Teilnehmer schrieben der Seife emotionale Eigenschaften,
wie etwa zärtlich, fröhlich und erregend zu, die vor der Konditionierung dem Seifenimage
fehlten.
Die Konditionierungswirkung wurde mittels psychobiologischer Verfahren erhoben, und die
verbale Einstellungsmessung mittels semantischem Differential. Zusammenfassend:
Emotionale Konditionierung erfordert bei gering involvierten Personen zahlreiche
Wiederholungen und starke Reize. Die zusätzliche Schaltung von Text zu Emotionen ist nicht
notwendig. Die Einstellung zu einer Marke lässt sich allein durch emotionale Werbung ohne
jede Produktinformation verändern.
Mit positiv stimmenden atmosphärischen Reizen werden positive Stimmungen geweckt und
damit
1. eher positive als negative gespeicherte Wissenselemente ins Bewusstsein gerufen
2. dargebotene Infos positiver aufgenommen
3. gedankliche Beurteilungsvorgänge positiv beeinflusst
Laut dem „Affect Infusion Modell“ von Forgas (1994) hängt der Einfluss von Emotionen auf
Urteile, von der Art der Informationsverarbeitung ab. Arten des Informationsabrufs:
1. Direkter Zugriff auf gespeichertes Wissen. Hier bleibt wenig Platz für Emotionen
(direct access strategy).
2. Selektive Informationsaufnahme, weil ein bestimmtes Urteilsergebnis gewünscht ist.
Steuern Motive die Urteilsbildung, ist der Einfluss der Stimmung gering (motivated
processing strategy).
3. Anwendung von Urteilsheuristiken, wenn keine direkt abrufbaren Urteile
gespeichert, noch Wünsche vorhanden sind, zu wenig Zeit. Urteile werden auf der
Basis leicht verfügbarer Infos gebildet. Stimmungen beeinflussen die Urteilsbildung,
oft werden Gefühle selbst als Information über den Gegenstand betrachtet
(heuristic processing).
4. Urteilsfällung nach extensiven kognitiven Prozessen, wenn die Situation nach einem
Urteil drängt, genügend Zeit verfügbar ist und die kognitiven
Verarbeitungskapazitäten hoch sind. Stimmungskongruente Informationen sind
eher abrufbar als stimmungsdivergente, d.h. je nach Stimmung sind bestimmte
Infos eher verfügbar als andere (substantive processing).
Studie von Kirchler & Hermann (1986). Mittels Kurzfilmen und Musikstücken wurde die
Stimmung der Testpersonen variiert in positive, neutrale und negative Stimmung. Dann
Vorführung von Werbespots unter anderem für das Mineralwasser “Maqua”. Im Werbefilm
beendete eine Person ein Tennisspiel und sagte entweder:
Der Alltag vieler Menschen wird durch Erwerbsarbeit, die Arbeit zuhause sowie den
Arbeitsrhytmus strukturiert. Im Kontrast zur bedeutsamen, aber mühevollen Arbeit wird
die frei bestimmbare Zeit zur Freizeit.
Arbeit
Geschichtlich betrachtet war Arbeit ursprünglich in der Antike mit Mühsal, Plage,
beinahe schmerzhafter Anstrengung assoziiert und wurde deswegen soweit möglich
den Sklaven übertragen. Im antiken Griechenland war die Freiheit von
Erwerbstätigkeit ein Privileg der Vollbürger, Adeligen und Reichen. Erst mit der
christlichen Ideologie und der protestantischen Arbeitsethik erlangte die Arbeit einen
bisher nicht gekannten Stellenwert. Mit dem Aufkommen des Bürgertums entstand
die Forderung nach der Verpflichtung zur Arbeit. Sparsamkeit und Askese waren die
neuen moralischen Gebote der Zeit.
Fremdbestimmung Selbstbestimmung
Teilweise von Ökonomie Ökologie
Werte wie Gehorsam, Unterordnung, Fügsamkeit und Anpassungsbereitschaft
haben an Popularität verloren gesellschaftskritische, hedonistische und
individualistische Werte gewannen an Bedeutung
In der Erwerbsarbeit wurden interessante Tätigkeiten, die Kreativität erfordern
und Kontakt zu anderen sowie Aufstiegsmöglichkeiten bieten verstärkt
nachgefragt. Betriebe müssen die Arbeit daher so gestalten, dass intrinsische
Bedürfnisse befriedigt werden.
Die Bewertung und die Einstellung zur Arbeit sind aber individuell
(Arbeitsorientierung) und auch kulturell unterschiedlich. Während auf individueller
Ebene hoch in die Arbeit involvierte Personen scheinbar hohe Ansprüche an ihre
Arbeitsplätze stellen und mit vielen Arbeitsplätzen nicht voll befriedigt werden
können, werten Personen mit geringer Arbeitsorientierung die Bedeutung von Arbeit
als dominanten Lebensbereich ab und suchen kompensatorisch im privaten Raum
und der Freizeit nach Erfüllung (Opaschewski, 1982). Kulturelle Unterschiede zeigen
sich in den vorherrschenden materialistischen vs. postmaterialistischen Strömungen.
Während in AUT, NED, NOR, und GER postmaterialistische Werte dominieren,
herrschen in Irland, USA und Großbrittanien materialistische Werte vor. In einer
Untersuchung zeigten sich aber keine Unterschiede in Bezug auf die
vorherrschenden Werte und die Zustimmung zu der Aussage, dass Arbeit die
wichtigste Aktivität im Leben sei. Die Zufriedenheit mit der Arbeit hängt aber mit der
Werthaltung ab: Arbeitnehmer mit postmaterialistischen Werten, die die Arbeit als
Möglichkeit erleben intrinsische Bedürfnisse zu befriedigen, berichten eher mit der
eigenen Arbeit zufrieden zu sein, als Personen, die materialistische Werthaltungen
pflegen und die Arbeit als Möglichkeit betrachten extrinsische Bedürfnisse zu
befriedigen.
Arbeit soll motivierend gestaltet sein. Die theoretische Basis für intrinsisch
motivierende Arbeit wurde von Hackman und Oldham (1976) entwickelt. Die
Gestaltung der Arbeit muss 3 Grundbedingungen entsprechen:
Die Beziehung zwischen Arbeits- und Lebenszufriedenheit ist seit langem Thema der
akademischen Forschung. Die Abgrenzung wurde aber seitdem neue Arbeitsformen um sich
greifen zunehmend schwierig. Der Begriff Work-Life-Balance bezieht sich auf das
Gleichgewicht zwischen der Verteilung der Zeit für Arbeit und Nicht-Arbeit und das subjektive
Gefühl der Ausgewogenheit und Zufriedenheit damit. Für den Begriff selbst, gibt es aber keine
klare Definition (Kalliath und Brough, 2008).
Snir und Harpaz (2002) untersuchten die Beziehungen zwischen Arbeit und Freizeit bei arbeits-
und freizeitorientierten Menschen. Personen, die Freizeit höher schätzen, legen mehr Wert auf
Interaktionen mit Kollegen und fühlen sich in Positionen mit häufigem sozialen Kontakt wohler,
arbeiten weniger Stunden pro Woche und fühlen sich nicht so sehr an ihre Arbeit gebunden
wie arbeitsorientierte Personen.
Was ist Arbeitszeit und Freizeit, wenn man Hausarbeit, etc. berücksichtigt? Opaschewski
(1982) teilt die gesamte Lebenszeit in 3 Kategorien ein:
Hoff (1993) kommt zu dem Schluss, dass die empirischen Ergebnisse zu den 3 Hypothesen
undifferenziert sind und nimmt an, dass die Erfahrungen am Arbeitsplatz auch in die Privatheit
reichen, so wie umgekehrt Freizeiterlebnisse auf die Arbeit abfärben können. Manchmal ist es
auch denkbar, dass der Arbeits- bzw. Freizeitbereich als alternative Zeit genutzt wird, um zu
„vergessen“ oder „abzuschalten“.
7.2. Angebot und Nachfrage nach Arbeit (S. 471)
Nachdem Arbeitskräfte Kosten verursachen, ist nach der klassischen ökonomischen Theorie
anzunehmen, dass hohe Löhne bei gleichbleibender Nachfrage nach Gütern zu einer
Reduktion der Nachfrage nach Arbeitskräften führen. Steigt die Nachfrage nach Gütern,
sodass die Produktion gesteigert werden kann, können trotz steigender Löhne die
Arbeitnehmerzahlen steigen oder gleich bleiben. Nachdem mit steigenden Löhnen immer
mehr Arbeitnehmer eine Arbeit annehmen, aber immer weniger Unternehmer eine weitere
Arbeitskraft anzustellen bereit sind, entsteht ein Spannungsfeld. Der Schnittpunkt von
Nachfrage- und Angebotskurve ergibt das Niveau, auf dem sich der aktuelle Lohn
einpendeln wird (= Gleichgewichtslohn/markträumender Lohn, das Angebot entspricht der
Nachfrage). Alle Unternehmen, die einen bestimmten Lohn zu bezahlen bereit sind, stellen
84 Kirchler, E. (2011) - Wirtschaftspsychologie. Individuen, Gruppen, Märkte, Staat
jene Arbeiter an, die bereit sind, zu diesem Lohn zu arbeiten. Wenn keine weiteren
Arbeitsverträge abgeschlossen werden, dann ist das Marktgleichgewicht erreicht, es herrscht
Vollbeschäftigung. Ein Lohnsatz, der den markträumenden Lohn übersteigt, führt zu
unfreiwilliger Arbeitslosigkeit, weil mehr Arbeitskräfte an den Markt drängen, als Unternehmen
anstellen. Sollte der Lohnsatz unter den markträumenden Lohn sinken, würden die
Unternehmen nach mehr Arbeitskräften nachfragen, als arbeitswillige am Markt sind. Nach
dem Modell pendelt sich auf Märkten unter vollständiger Konkurrenz der Lohn auf dem
markträumenden Lohnniveau ein. Aber nicht allein ein erhöhter Lohnsatz kann Arbeitslosigkeit
erklären. Allerdings haben laut Ökonomie Arbeitskräfte immer die Möglichkeit zu wählen und
können auch dann eine Arbeit annehmen, wenn die damit verbundenen Kosten den Lohn
weit übersteigen. Wer unter derartigen Bedingungen eine Arbeit angeboten bekäme, sie
aber ablehnt, ist freiwillig arbeitslos. In der Psychologie würde wohl kaum von Wahlfreiheit
gesprochen werden. Die Markttheorie berücksichtigt nicht, dass unfreiwillige Arbeitslosigkeit
auch unter vollständigen Konkurrenzbedingungen bestehen kann, z.B. setzen Firmen oft
„freiwillig“ die Löhne ihrer Arbeiter über dem markträumenden Niveau fest, weil sie im Falle
einer Lohnsenkung eine Leistungsreduktion seitens der Arbeitnehmer befürchten.
Nach der „fair wage - fair effort“ Hypothese (Akerlof & Yellen, 1988) ist anzunehmen, dass sich
Arbeitnehmer fair verhalten, höhere Löhne mit höherem Leistungseinsatz und niedrigere
Löhne mit geringerem Einsatz beantworten. Die Firmen antizipieren, dass Arbeitnehmer der
Norm der Reziprozität gehorchen. Fehr (2001) berichtet von einem Experiment, in welchem
Arbeitnehmer, die anboten für ein Gehalt unter dem Mindestlohn zu arbeiten, aus diesem
Grund nicht angestellt wurden. Die Effekte von Mindestlöhnen zeigten Falk, Fehr und Zehnder
(2006): wird kein Mindestlohn eingeführt, so liegt das Lohnniveau deutlich unter jener Gruppe,
in der ein Mindestlohn vorgegeben wurde. Von den Arbeitnehmern, die der Gruppe mit
Mindestlohn angehörten, wurde der Mindestlohn als für die Arbeitgeber rechtlich
verpflichtend wahrgenommen und als unfair betrachtet, wenn Arbeitgeber nur den
Mindestlohn bezahlen. Wird der Mindestlohn wieder abgeschafft, bleibt das Lohnniveau
allerdings auf dem gleichen Level wie mit Mindestlohn, da Gewöhnungseffekte eintreten.
7.2.1. Experimentelle Ökonomie: Beispiel eines Marktexperimentes (S. 476)
Das Experiment gilt als besonders exakte wissenschaftliche Methode, da alle bedeutsamen
Variablen kontrolliert und die Versuchsbedingung willkürlich manipuliert werden kann, um
den Einfluss auf interessierende Variablen festzustellen und Kausaleffekte zu beschreiben.
Weiter ist es wiederholbar und liefert statistisch analysierbare Daten. Um Kausalbeziehungen
zu prüfen muss folgendes gegeben sein:
Die UV „A“ muss zeitlich vor dem eintretenden Effekt in der AV „B“ variiert worden sein.
Wenn eine Kausalbeziehung besteht, dann hat eine Änderung in „A“ eine in „B“ zur
Folge
Die Veränderung in „B“ muss auf die Änderung in „A“ und nicht auf eine
kovariierende Variable C, D, E rückführbar sein.
Arbeitsmärkte können ebenfalls experimentell geprüft werden. Eine Gruppe übernimmt die
Rolle der Arbeitgeber, eine andere die der Arbeitnehmer. Zuvor werden allerdings noch
Spiele, die im Rahmen der Spieltheorie entwickelt wurden, vorgestellt.
Diktatorspiel: Spieler A erhält eine gewisse Summe Geld, die er zwischen sich und
Spieler B aufteilen kann. Spieler B hat keine Möglichkeit auf das Angebot zu reagieren
und muss die Summe annehmen, die Spieler A Spieler B anbietet.
Ultimatumspiel: Spieler A erhält wiederum eine gewisse Summe Geld, die er zwischen
sich und Spieler B aufteilen kann. Diesmal kann Spieler B das Angebot aber
annehmen (wodurch das Geld zwischen A und B aufgeteilt wird) oder ablehnen
(wodurch A und B leer ausgehen). Zu geringe Angebote werden in diesem Spiel aus
Fairnessgründen abgelehnt. Dies widerspricht der ökonomischen Theorie, da auch bei
einem Angebot von nur 1Cent (von 100€) Spieler B das Angebot annehmen sollte, da
1Cent mehr ist, als nichts.
Vertrauensspiel: Spieler A entscheidet, ob er Spieler B einen Teil des Gutes anbietet
oder nicht. Spieler B nimmt nun die gleiche Rolle wie in einem Diktatorspiel ein. Er hat
die Möglichkeit Spieler A wieder etwas abzugeben oder nicht. Meist wird der Teil, den
A an B gibt, nochmals vom Experimentleiter multipliziert, wodurch sich die Auszahlung
erhöht. A kann also nur darauf hoffen, dass B sein Vertrauen erwidert.
85 Kirchler, E. (2011) - Wirtschaftspsychologie. Individuen, Gruppen, Märkte, Staat
Die ökonomischen Annahmen mögen zwar nachvollziehbar sein, jedoch erfordern sie einen
hohen kognitiven Aufwand / Motivation. Bornstein et. al (2004) konnten in Centipedespielen
zeigen, dass Individuen entweder nicht motiviert sind oder nicht über die notwendigen
kognitiven Kapazitäten verfügen, um den Austauschprozesse von der ersten bis zur letzten
Runde durchzudenken.
Zur Entwicklung und Aufrechterhaltung von Kooperation führten Fehr et. al (1998) ein
Experiment durch. In Rahmen des Experiments wurden 10 Runden in 4 unterschiedlichen
Bedingungen gespielt. Die jeweiligen Paare (a) interagierten über alle 10 Runden hinweg
miteinander, (b) jeder der 10 Arbeitgeber interagierte mit jeden der 10 Arbeitnehmer 1x, in (c)
und (d) stand die Gruppe der Arbeitgeber der zahlenmäßig größeren Gruppe der
Arbeitnehmer gegenüber. In (c) war keine Reziprozitätsmöglichkeit gegeben, in (a), (b) und
(d) wählten die Teilnehmer eine Leistungshöhe, die für sie einen Verlust bedeutete. Der
vorhergesagte markträumende Lohn wurde in keiner Bedingung erreicht. Nur in der
Bedingung (c) ohne Reziprozitätsmöglichkeit sank das Lohnangebot über die 10 Runden
hinweg. In (a), (b) und (d) waren sowohl Lohnangebote, als auch die Leistungsbereitschaft
der Arbeitnehmer über die 10 Runden gleich hoch geblieben. In der einmaligen bilateralen
Interaktion betrug die Korrelation zwischen Leistung und Lohn .25, während sie in wiederholt
bilateralen Bedingungen .64 und .61 betrug. Arbeitnehmer honorieren also in wh.
Interaktionen die Lohnangebote mit entsprechender Leistung. Jene, die in der letzten Runde
nicht mehr kooperierten, nannten als zentrales Motiv Gewinnmaximierung, jene, die weiter
kooperierten Reziprzität.
Gneezy et. al (2003) versuchte die Lohnverhandlungen mittels eines Ultimatumspieles
realitätsnäher zu gestalten. Die Paare blieben über 25 Runden bestehen. Neben der
einfachen KG, gab es noch zwei weitere Bedingungen mit Zeitkomponenten (die
Handelsperiode war 1 Min. bzw. 3 Min. lang, während dieser konnten Verhandlungen geführt
werden). Die Arbeitgeber nutzten die Fristen aktiv, indem sie meist kurz vor Ablauf der Frist ein
Angebot abgaben, über das der Arbeitnehmer nicht genug Zeit hatten nachzudenken. Auf
diese Weise erzielten die Arbeitgeber ein signifikant besseres Ergebnis. Dieser Effekt verstärkte
sich noch, wenn 2 Arbeitnehmer in Konkurrenz zueinander standen.
Fairness (S. 501)
Die Bedeutung von Fairness wurde u.a. in der Studie von Gehrig et. al (2007) bestätigt. Das
klassische Ultimatumspiel wurde leicht zu einem Ja-Nein-Spiel abgewandelt. Die Teilnehmer
des Ja-Nein-Spiels kannten die ihnen angeboten Beträge nicht und hatten nur die
Möglichkeit das Angebot anzunehmen oder abzulehnen. Im Vergleich zu einem klassischen
Ultimatumspiel, in dem zu niedrige Beträge aus Fairnessgründen abgelehnt wurden (und die
Anbieter dies auch antizipieren), und dem wurden im Ja-Nein-Spiel und im Diktatorspiel
signifikant niedrigere Beträge angeboten (Man kaufte also die Katze im Sack).
Fehr und Gächter (2002) berichten, dass Menschen auf unfaires Verhalten verärgert
reagieren und Bereitschaft zeigen unfair handelnde Personen zu bestrafen – selbst wenn sie
die Kosten für die Bestrafung selbst tragen müssen („altruistische Bestrafung“). Diese Form der
Bestrafung sichert ihnen zu folge die Kooperation in einer Gemeinschaft und zeigte sich auch
in ihrem Experiment. Die Kooperation in Runden mit Bestrafungsmöglichkeit lag über jenen
Runden, in denen die Spieler nicht bestraft werden konnten.
7.3. Unternehmer (S. 504)
87 Kirchler, E. (2011) - Wirtschaftspsychologie. Individuen, Gruppen, Märkte, Staat
Landläufig als sensibel für wirtschaftliche und gesellschaftliche Phänomene, als weitsichtig
und risikofreudig beschrieben, prägen Unternehmer durch ihre Aktivitäten wesentlich das
Wirtschaftsleben. Die Abgrenzung eines Unternehmers von Firmen- und Abteilungsleitern
sowie Managern, die nicht die Leitung des Unternehmens übernehmen ist vor allem
hinsichtlich der Eigenschaften schwierig, da sie sich hinsichtlich dieser stark ähneln. Ein
Unternehmer ist eine Person, die selbstständig und eigenverantwortlich ein Unternehmen
leitet und zu umfassenden Entscheidungen befugt ist. Der selbstständige Unternehmer ist
Inhaber des Unternehmens und hat Verfügungsgewalt über den Gewinn, trägt aber auch
das Risiko, während Manager meist keinen rechtlichen Anteil am Unternehmenskapital
besitzen.
Brandstätter (1988) bezeichnet folgende Personen als Unternehmer: sie leiten den Betrieb,
verfügen als Eigentümer über den erwirtschafteten Gewinn und tragen das Kapitalrisiko.
Eine Reihe von Untersuchungen belegt die Hypothese, wonach hohe Macht- und
Leistungsmotivation und geringe Affiliationsbedürfnisse mit unternehmerischem Erfolg
korrelieren (Heckhausen, 1989, S. 379ff).
Korunka, Frank und Becker (1993) und Frese (1993) betonen für die erfolgreiche Gründung
eines Unternehmens v.a. ein hohes Autonomiestreben der Unternehmensgründer. Rauch
und Frese (2007) kommen zu dem Schluss, dass Leistungs- und Innovationsstreben sowie
Stresstoleranz, Bedürfnis nach Autonomie und Eigeninitiative relevant sind und Personen
mit diesen Eigenschaften eher Gründungsabsichten haben und Unternehmen gründen.
Die Studie von Frank und Korunka (1996) setzte Erfolg (Unternehmensgröße und
Umsatzzahlen) mit Handlungskontrolle in Beziehung. Handlungskontrolle meint die Tendenz
einer Person, Absichten in Handlungen umzusetzen. Lageorientierung wird mit
perseverierenden Kognitionen, die sich auf die gegenwärtige, eine vergangene oder
zukünftige Lage beziehen und die konsequente Umsetzung einer Handlung verhindern,
verbunden. In Misserfolgssituationen, zeichnen sich lageorientierte Personen durch ein
übermäßiges Vertiefen in die Problemstellung (preoccupation) aus, während
handlungsorientierte Personen sich rasch davon lösen können (disengagement). In
Entscheidungssituationen, ist der Entscheidungsprozess bei lageorientierten Personen
übermäßig verlängert (hesitation), während handlungsorientierte Personen den
Entscheidungsprozess aktiv und rasch durchlaufen. Es konnte nachgewiesen werden, dass
erfolgreiche Unternehmensgründer ein höheres Maß an Handlungsorientierung aufweisen
als wenig erfolgreiche. Wenn die Bereitschaft zu riskanten Entscheidungen in Verbindung
mit der Handlungskontrolle eines Unternehmers gesehen wird, dann erscheint es
notwendig nicht die generelle individuelle Risikobereitschaft, sondern die
situationsspezifische zu untersuchen.
Tang, Tang und Lohrke (2008) unterschieden in ihrer Studie zur Unternehmensgründung
zwischen hoher/niedriger unternehmerischer Wachheit (Entdecken unternehmerischer und
wirtschaftlicher Möglichkeiten) und internalem vs. externalem Attributionsstil. Durch diese 4
Kombinationen versuchen die Autoren zu erklären, warum Personen Unternehmen
gründen.
Diese 3 Gruppen wurden auch noch mit erfolgreichen Unternehmern verglichen, wobei sich
zeigte, dass sich die Gruppe der Unternehmer gegen ihren Willen am meisten von den
erfolgreichen unterschied.
Korunka et. al (2004, 2007) weisen besonders auf die Gründungsphase hin und dass
Persönlichkeitsmerkmale und Kontextfaktoren in unterschiedlichen Phasen unterschiedlich
bedeutsam werden. Die Ergebnisse ihrer Studien legt nahe, dass Persönlichkeit nur in der
Phase der Gründungsintention eine Rolle spielt. In einer 60 Jahre dauernden
Längsschnittstudie zeigte sich, dass Persönlichkeit und ein förderlicher Erziehungsstil, als auch
frühe Interessen und Fähigkeiten Prädiktoren für unternehmerische Tätigkeiten im
Erwachsenenalter sind. Schröder und Schmitt-Rodermund (2006) konzipierten aufgrund
dessen ein Trainingsprogramm für Schüler. Durch diese Studien wurde deutlich, dass die
Intention zur Selbstständigkeit trainiert werden kann.
der Fälle so war. Die Asymmetrie war in der Gruppe der befragten Männer noch deutlicher:
73% sagten die Unternehmerin sei so wie der Unternehmer, aber nur 15% sagten, dass er wie
sie wäre. In der Gruppe der Frauen war die Asymmetrie gering (46% vs. 37%). Dieses Ergebnis
kann mit der Theorie von Tversky (1977) über die Asymmetrie von Ähnlichkeiten erklärt
werden. Prototypen sind ihren Abkömmlingen wesentlich weniger ähnlich, als die
Abkömmlinge den Prototypen.
Männer werden als prototypische Unternehmer gesehen, was sich auch in weiteren Analysen
zeigte (Kirchler, 1996, 1997). Die Ergebnisse von Passauer könnten allerdings durch soziale
Erwünschtheit verfälscht sein, weshalb Kirchler (2001) Stereotype von männlichen und
weiblichen Führungskräften anhand von Todesanzeigen untersuchte. Hinsichtlich der
Beschreibung zeigten sich v.a. von 1974-1986 deutliche Geschlechtereffekte, denen
allerdings in den Jahren 1992-1998 eine deutliche Annäherung folgte. Während sich bei den
Männern von 1974 bis 1998 eine deutliche Zunahme personenorientierter Attribute zeigte,
kam es bei Frauen zu einem Anstieg aufgabenorientierter Attribute.
Die Rolle von Geschlechtsstereotypen und ihr Einfluss auf Gründungsintentionen (S. 524)
In der Studie von Gupta et. al (2009) zeigte sich, dass Geschlechtsrollenstereotype und die
Identifikation mit dem Geschlecht die mit der Wahrnehmung von Unternehmern und der
Intention Unternehmer zu werden signifikant zusammenhängen. Sowohl junge Frauen als
auch Männer verbanden in der Studie stereotyp männliche Eigenschaften. Es ist jedoch nicht
das biologische Geschlecht für die Gründungsintention verantwortlich, sondern die
Identifikation der Person mit männlichen Eigenschaften. Personen (sowohl Männer als auch
Frauen), die sich stärker mit Männern identifizierten, zeigten höhere Gründungsabsichten.
Müller (2008) untersuchte Geschlechtsstereotypen und unternehmerische Selbstwirksamkeit.
Frauen und Männer unterschieden sich hinsichtlich der Selbstwirksamkeit nicht. Der
Zusammenhang zwischen Geschlechtsrollen, unternehmerischer Tätigkeit und
Selbstwirksamkeit erwies sich aber als komplex. Während im Gründungsprozess sowohl
maskuline als auch feminine und androgyne Eigenschaften relevant zu sein scheinen, dürfte
im weiteren Verlauf der Unternehmung eine maskuline Orientierung (sowohl bei Frauen als
auch Männern) wichtig sein.
Runyan et. al (2006) untersuchte geschlechtsspezifische Unterschiede sowohl in den
Persönlichkeitsmerkmalen, als auch im Sozialkapital (hilfreiche Beziehungen, Reziprozität,
gemeinsame Visionen). Die Autoren kommen zu dem Ergebnis, dass Frauen in Bezug auf
Innovation, Eigeninitiative und Risikobereitschaft den Männern ebenbürtig sind und auch
soziales Kapital über die Geschlechter gleich verteilt ist. Die Autoren kommen zu dem Schluss,
dass Frauen oft in finanziellen Belangen benachteiligt werden, die persönlichen Ressourcen
aber gleichermaßen vorhanden sind.
Weibliche Führungskräfte (S. 527)
Wunderer und Dick (2002) befragten männliche und weibliche Führungskräfte und stellten
fest, dass sich die Situation weiblicher Führungskräfte positiver darstellt, als aus verschiedenen
Studien erwartet werden könnte. Sie unterschieden sich nur wenig in Disposition und
Verhalten, wie in berufsbezogenen Werthaltungen, Führungsformen und Aufstiegsambitionen.
Dennoch haben ambitionierte Frauen mit einigen Problemen zu kämpfen:
Verbindung von Familie und Karriere (Mutterschaften als zentraler Grund der
männlichen Dominanz im Führungskräftebereich)
Weibliche FK fühlen sich anerkannt, müssen sich aber häufiger fachlich beweisen
Sie finden auch schwerer Zugang zu Info-, Beziehungs- und Fördersystemen
Wunderer und Dick (2002) fassen auch einige Fördermaßnahmen für Frauen zusammen:
Kinderbetreuung (wenn möglich im Betrieb)
Trainings (Selbstbewusstsein, Durchsetzung), Ermutigung zur Weiterbildung
Job Sharing, Teilzeitstellen
Kontakt halten während Familienpause
Verankerung der Chancengleichheit in Unternehmensgrundsätzen
monatlich variieren kann. Vergleichen unselbstständig Tätige ihr Gehalt vergleichen sie
Nominallöhne. Der Nominallohn entspricht dem, in einer bestimmten Währungseinheit
ausgedrückten, als Arbeitsvergütung bezahlten Geldbetrag, während der Reallohn die
Relation zwischen Nominallohn und einem aktuellen Preisindex verstanden wird.
Warum ist den meisten Personen das Einkommen so wichtig? Thierry (1992) führt folgenden
Gründe für die Bedeutung des Arbeitsentgeltes für Arbeitnehmer an:
Prädezisionale Phase: ein Ziel wird aus einem Set mehrere Alternativen ausgewählt.
In dieser Phase geht es um die Frage warum Menschen bestimmte Ziele
gegenüber anderen präferieren.
Präaktionale Phase: Standards bezüglich des gewählten Zieles werden gesetzt. Je
nach Aufgabenkomplexität, Rückmeldung über die Handlungsausführung und
subjektiver Überzeugung, wirksame Änderungen herbeiführen zu können, wird die
„Arbeit“ angegangen.
Aktionale Phase: die Handlungsausführung wird durch Volition kontrolliert
Postaktionale Phase: Ergebnisse werden beurteilt und Ursachen für Erfolg und
Misserfolg gesucht
Der Lohn als Anreiz für die Wahl, eine bestimmte Arbeitsleistung zu erbringen, wird in der
Valenz-Instrumentalitäts-Erwartungs-Theorie von Vroom (1964) beschrieben.
Setzt man Lohn als Motivator ein, muss zuerst sichergestellt werden, dass Arbeitskräfte die
monetäre Entlohnung besonders hoch schätzen (Valenz). Je wahrscheinlicher Leistung zu
einer Lohnerhöhung führt (Instrumentalität) und je wertvoller ein hoher Lohn ist (Valenz),
umso wertvoller erscheint eine hohe Leistung. Die Motivation, eine hohe Leistung zu
erbringen, ist umso höher, je wertvoller das Handlungsergebnis erscheint, und je größer die
subjektive Erwartung ist (Erwartung), die Leistung auch erbringen zu können.
92 Kirchler, E. (2011) - Wirtschaftspsychologie. Individuen, Gruppen, Märkte, Staat
Heckhausen (1989) entwickelt das Modell weiter, indem er auch die Situation
berücksichtigt. Ein Ergebnis kann durch die Situation bereits festgelegt sein. Nein: Kann
das angepeilte Ergebnis selbst herbeigeführt werden? Ja: Sind die möglichen Folgen
des Ergebnisses wichtig genug? Ja: Führt eine Handlung auch zu den gewünschten
Ergebnisfolgen?
Porter und Lawler’s Motivations-Zufriedenheitsmodell (1968): Der Lohn wirkt als extrinsische
Belohnung auf die Leistungsanstrengung. Je nach subjektivem Wert eines Ergebnisses (z.B.
Lohnerhöhung), und je nach vermuteter Wahrscheinlichkeit und Erfahrung, dass eine
bestimmte Anstrengungsintensität zu den gewünschten Ergebnissen führt, ist die
tatsächliche Anstrengung hoch oder niedrig. Je nach subjektiv wahrgenommener fairer
Belohnung wird die Zufriedenheit mit der Leistung, und letztlich die Arbeitszufriedenheit,
hoch oder niedrig sein.
Wiswede (1991) integrierte soziale Normen und Gruppendruck in das Modell. Das
Arbeitsverhalten ist außer von der Valenz des Ergebnisses von internen Effizienz-
Erwartungen, von Konsequenz-Erwartungen, den Normen und Rollenzwängen und der
Neigung, diesen sozialen Erwartungen zu entsprechen abhängig.
Der Arbeitslohn wird als gerecht erlebt, wenn er der Arbeitsleistung entspricht. Theoretische
Erklärung für das subjektive Erleben von Lohngerechtigkeit bietet die Equity-Theorie von
Adams (1965). Vergleich zwischen der eigenen Leistung (Input; II) und dem Lohn (Output;
OI) und der Leistung anderer (IA) und deren Lohn (OA); Personen erleben Gerechtigkeit,
wenn das Verhältnis zwischen der eigenen Leistung und dem eigenen Lohn dem
Verhältnis der Leistung anderer und deren Lohn entspricht, ansonsten wird Diskordanz oder
Ungerechtigkeit erlebt. Überbezahlung führt zu Schuldgefühlen, Unterbezahlung zu Ärger-
und Frustrationsgefühlen.
Shore und Tashchian (2006) untersuchten interne Lohnvergleiche mit Personen in der
gleichen Organisation und externe Lohnvergleiche mit Personen in einem anderen
Unternehmen. Je höher der Lohn eines Arbeitnehmers, desto zufriedener und motivierter ist
er. Die Lohngerechtigkeit ist am höchsten bei gleicher Bezahlung. Sofern eine Person im
Unternehmen weniger verdient als eine vergleichbare Person in einem anderen, wird aber
Überbezahlung in der eigenen Org. als fair empfunden. Gruppenvergleiche wiegen auch
schwerer als Einzelvergleiche: verdienen viele Personen mehr als der einzelne
Arbeitnehmer ist die Unzufriedenheit größer. Wenn ein Ungleichgewicht zwischen Leistung
und Lohn wahrgenommen wird, dann kann eine Person
Nicht nur in derselben Position ist das wahrgenommene Gleichgewicht relevant, auch
zwischen unterschiedlichen Positionen. Die teilweise eklatanten Lohnunterschiede können
durch die Turniertheorie der Ökonomie erklärt werden sollen zu Höchstleistungen
93 Kirchler, E. (2011) - Wirtschaftspsychologie. Individuen, Gruppen, Märkte, Staat
Weil auf tiefen Gehaltsstufen mehr Beförderungen möglich sind, muss der Gehaltssprung
am Ende der Karriereleiter überproportional sein (weil nicht mehr soviele Sprünge möglich
sind). Im Einzelsport konnte die Turniertheorie bestätigt werden (je höher das Preisgeld, desto
besser die Leistungen). Im Mannschaftssport aber nicht! Es steht daher zu befürchten, dass die
Turniertheorie auch zu unfairen Konkurrenzhandlungen führen kann.
Lohngerechtigkeit führt auch immer zur Geschlechterfrage: trotz politischer Bemühungen
verdienen Frauen weniger und erklimmen nur niedrigere Positionen als Männer. Zur Akzeptanz
der Unterschiede im Einkommen führte Jan (2008) eine interessante Studie durch, in der er 8
Vignetten konstruierte (Männlich/weiblich; hohe/geringe Arbeitsleistung; bedürftig/nicht
bedürftig). Unabhängig vom Alter, Familienstand und Beruf beurteilten die Befragten das
Einkommen als zu niedrig, wenn die Vignette von einem Mann sprach, dessen Bedürftigkeit
sowie Arbeitsleistung hoch war. Selbst Frauen empfanden das Gehalt, wenn in der Vignette
von einer Frau die Rede war, als zu hoch. Mit höherer Bildung nahm die Diskriminierung aber
ab.
Schönheit beeinflusst das Lohnniveau. Hamermesh und Biddle (1994) wiesen nach, dass
attraktivere Personen 10% mehr Gehalt bekamen. Auch in dem Public-Good-Game von
Andreoni und Petrie (2008) waren Teilnehmer gegenüber attraktiven Mitspielern kooperativer.
Wenn allerdings bekannt war wie viel die Teilnehmer zu dem öffentlichen Gut beitrugen
verschwand der Bonus und führte sogar zu negativer Kooperation, weil von attraktiven
Menschen kooperatives Verhalten erwartet wurde.
Arbeitserfahrungen werden aber nicht nur durch die Leistung und den Lohn bewertet.
Faktoren, wie das Image der Organisation, das Betriebsklima, Statusmerkmale,
Büroeinrichtungen, Unterstützung durch Mitarbeiter sind auch zu berücksichtigen.
7.5. Arbeitslosigkeit (S. 542)
Eine der größten Sorgen der Bevölkerung betrifft den Verlust des Arbeitsplatzes.
Arbeitslosigkeit ist damit nicht nur ein individuelles Problem, sondern auch ein
gesamtgesellschaftliches und politisches. Die Arbeitslosenquote bezeichnet den Anteil der
Arbeitslosen an den unselbstständigen Arbeitskräften.
7.5.1. Psychosoziale Folgen der Arbeitslosigkeit (S. 543)
- der Tagesstruktur
- von ökonomischer Sicherheit
- der Karriereperspektive
- von sozialer Anerkennung
- von Sozialkontakten mit Arbeitskollegen
- des Gefühls der eigenen Wichtigkeit in der Gesellschaft
- von Anregungen durch die soziale Umwelt
- der Ernährerrolle in der Familie (v.a. für Männer)
Arbeitslosigkeit ist ein schockierendes Lebensereignis, dass aufgrund der sozialen Netze
nicht mehr vorwiegend die Gefährdung materieller Reproduktion bedeutet. Dennoch
stellen Waters und Moor (2001, 2002) fest, dass die ökonomischen Nachteile, die
Arbeitslose erfahren diese zur Einschränkung von Ausgaben und Veränderung von
Freizeitaktivitäten zwingt.
94 Kirchler, E. (2011) - Wirtschaftspsychologie. Individuen, Gruppen, Märkte, Staat
Arbeitslosigkeit kann sich auch auf die Gesundheit der Bevölkerung auswirken. Vor allem
die physische Gesundheit der Kinder wurde in einigen Studien als verheerend
dokumentiert. Über Erwachsene liegen nur wenige Studien vor. In der Studie von Jahoda
(1983) fielen die gesundheitsschädlichen Belastungen der Fabrikarbeit weg, wodurch die
Gesundheit kurzfristig anstieg. Brenner (1979) bestätigte die positive Korrelation zwischen
Arbeitslosigkeit und Aufenthalten in psychiatrischen KH, sowie Herzkrankheiten. Der
Zusammenhang zwischen Arbeitslosigkeit und der Suizidrate bei Männern wurde in
zahlreichen Studien über den gesamten Globus bestätigt. Noh (2009) fügte hinzu, dass
höhere Suizidraten in wirtschaftlich reicheren Ländern und höheren Einkommensschichten
zu beobachten seien.
Jahoda et al. (1983) führten eine Studie über die Arbeitslosen in Mariental durch. Die
finanziellen Einbußen bedrückten die Dorfbewohner schwer und äußerten sich in 4
unterschiedlichen Typen. Je nach verfügbarem Geldmitteln/Kopf reichte die Lage von
erträglich bis aussichtslos. Nimmt man den Geldwert von 100 für die Ungebrochenen an,
dann liegen die Resignierten bei 88, die Verzweifelten bei 74 und die Apathischen bei 56
Geldeinheiten/Kopf.
In der Studie von Jahoda (1983) zeigte sich der allmähliche Zerfallsprozess von
ungebrochen über resigniert bis verzweifelt und schließlich apathisch nach dem
Arbeitsverlust auch in der Veränderung der Zeitwahrnehmung und –erfahrung. In ihrer
Studie trugen die Teilnehmer auch ihre Tagesabläufe ein, wodurch klar wurde, dass die
Frauen ihren Tagesablauf in Form der Kinder- und Haushaltsbetreuung aufrechterhielten,
während jener der Männer zusammenbrach. Zur Auflösung der Zeitstruktur kam das
deprimierende Gefühl hinzu, nicht mehr gebraucht zu werden, was in Resignation
mündete. Rogge, Kuhnert und Kastner (2007) untersuchten ebenfalls die Zeitstrukturen bei
Arbeitslosen und konnten mittels eines problemzentrierten Interviews 3 Typen von
Zeitstrukturen herausarbeiten: Rigidität, Rahmenstruktur und Strukturlosigkeit. Während sich
also bei einigen Arbeitslosen die Zeitstruktur auflöst, nimmt sie bei anderen rigidere Formen
an. Aus diesem Grund dürfte das Prozessmodell von Jahoda (1983) auch nicht korrekt sein.
Außerdem merkt auch Cole (2007) an, dass die heutigen sozialen Absicherungen damals
nicht vorhanden waren, weshalb andere Ergebnisse zu erwarten seien.
Aber trotz der finanziell besseren Lage sind die psychologischen Auswirkungen der
Arbeitslosigkeit noch vergleichbar.
Dragano (2007) führte eine Studie betreffend der Auswirkungen auf die Gesundheit von
Beschäftigten in Unternehmen, in welchen Rationalisierungsmaßnahmen durchgeführt
wurden, durch. Er konnte bestätigten, dass sowohl Personen, die direkt von
Rationalisierungsmaßnahmen betroffen waren, als auch jene, deren Arbeitssituation in
dem Unternehmen nicht verändert wurde, eine schlechtere Gesundheit aufwiesen als
Vergleichspersonen aus Betrieben, in denen nicht rationalisiert wurde. Betroffen
berichteten zudem nicht nur die höchsten Symptomwerte, sondern auch öfter
Unzufriedenheit mit dem Vorgesetzten und eine höhere Arbeitsplatzunsicherheit.
Arbeitslosigkeit verändert auch politische Überzeugungen und hat Einfluss auf politische und
gesellschaftliche Aktivitäten der Betroffenen. Es kommt zu einem abflauenden Interesse an
Politik (weniger Arbeiterzeitungsabos, Austritt aus Gewerkschaft, etc.), bei einer gleichzeitigen
gefühlsmäßigen Auflehnung gegen das bestehende Gesellschaftssystem. Arbeitslosigkeit ist
zwar ein erster Schritt in Richtung einer revolutionären Stimmung, führt aber von sich aus nicht
zu einer Bereitschaft für Massenaktionen (Zawadski und Lazarsfeld, 1935). Die Annahme
zunehmender Gewaltbereitschaft in ökonomischen Krisenzeiten v.a. in sozial schwachen
Gruppen scheint nicht haltbar zu sein (Wacker, 1983). Allerdings konnte Frey (1999) zeigen,
dass der Anteil der Arbeitslosen mit den Wahlergebnissen der NSDAP korreliert war. Falk und
Zweimüller (2005) belegten, dass Arbeitslosigkeit mit rechtsextremistischen Verbrechen
korreliert war. Siedler (2006) fand einen positiven Zusammenhang zwischen
Arbeitslosigkeitserfahrungen der Eltern und rechtsextremistischer Einstellung Jugendlicher.
Eisenberg und Lazarsfeld- 4-Phasen Modell (1938), das den Anpassungsverlauf beschreibt:
Verlust der Arbeit vorerst als Schock, der zu einem Gefühl der Verzweiflung, Apathie und
96 Kirchler, E. (2011) - Wirtschaftspsychologie. Individuen, Gruppen, Märkte, Staat
Resignation führt. Dann erholen sich die Betroffenen und sind sehr bemüht, wieder Arbeit
zu bekommen. Nach erfolglosen Bewerbungen versinken sie wieder in einem Gefühl der
Angst und Resignation, was schließlich zu Fatalismus führt, das unveränderbare Schicksal
der Arbeitslosigkeit wird angenommen. In der Tagebuchstudie von Kirchler (1984) konnte
dies auch belegt werden. Der Prozess der „Anpassung“ lässt sich durch die Theorie der
gelernten Hilflosigkeit von Seligman (1979) erklären, wonach Menschen dann Hilflosigkeit
erlernen, wenn sie aversive Bedingungen nicht kontrollieren können, worauf sie mit
passiven, resignativen Verhaltensweisen reagieren, begleitet von misserfolgsorientierten
Einstellungen. In der Studie von Frese (1977) zeigte sich, dass die Erwartung von
Nichtkontrolle mit Depressivität einhergeht. Die Kontrollhoffnung wurde anfangs trotz
fehlender Kontrollmöglichkeiten aufrechterhalten, ging jedoch mit anhaltender
Arbeitslosigkeit zurück. Langzeitarbeitslose deren Kontrollhoffnung zu Beginn hoch war,
zeigten später höhere Depressivitätswerte, als jene mit „realistischer Hoffnungslosigkeit“.
Lucas (2007) beschäftigte sich mit der Frage, ob sich kritische Lebensereignisse längerfristig
auf das subjektive Wohlbefinden auswirken. Die Set-Point-Theorie, die meint, dass man sich
die Lebenszufriedenheit nach einschneidenden Erlebnissen wieder auf das vorherige
„normale“ Niveau adaptiert, konnte aber in der Studie von Paul und Moser (2009) nicht
bestätigt werden. Auch nach 29 Monaten verschlechterte sich der Gesundheitszustand
der Arbeitslosen. Menschen „gewöhnen“ sich nicht an Arbeitslosigkeit. Wagner (1999)
begleitete 350 Menschen, die in einem Betrieb arbeiteten, der
Rationalisierungsmaßnahmen durchführen wollte. Der Depressivitätsscore vor Ankündigung
der Rationalisierung war auf einem geringen Niveau. Die Depressivitätswerte stiegen
signifikant an, als bekanntgegeben wurde, dass rationalisiert würde, aber noch nicht in
welcher Abteilung. Nach der Entlassung sanken sie bei den Arbeitslosen wieder signifikant
ab, stiegen im Verlauf der Arbeitslosigkeit jedoch wieder stark an. Jene Mitarbeiter, die nie
arbeitslos waren und solche, die nach kurzer Zeit wieder Arbeit fanden, berichteten keine
gesundheitlichen Beschwerden und auch nur geringe Depressivitätswerte.
Mit zunehmender Dauer der Arbeitslosigkeit steigt die depressive Verstimmung und die
Suche nach Arbeit erlahmt. Allerdings könnte es auch sein, dass eben jene, die verbissen
nach Arbeit suchen und ständig Misserfolge einfahren, besonders depressiv verstimmt sind.
Es würde bedeuten, dass nicht Erlahmen und Depression korrelieren, sondern die erfolglose
Suche und Depression (widerspricht der Theorie der gelernten Hilflosigkeit). Das kognitiv-
motivationale Modell von Feather und Davenport (1981) untersuchte diese Hypothese.
Depressive Affekte sind besonders hoch bei jenen Arbeitslosen, deren Motivation, Arbeit zu
finden, hoch ist und denen eine Beschäftigung besonders wichtig ist. Bei geringer
Motivation sind die Folgen gering. Die aktive Arbeitssuche lässt sich anhand der
Reaktanztheorie erklären. Solange man erwartet, Kontrolle ausüben zu können, führt
Unkontrollierbarkeit zu Reaktanz (Arbeitssuche). Nach einer langfristigen Erfahrung von
Unkontrollierbarkeit wird man jedoch davon überzeugt sein, dass Kontrollierbarkeit nicht
mehr gegeben ist. Die Folge ist Hilflosigkeit. Die Depressivität steigt entweder weiter an
oder die Arbeitslosigkeit wird weniger bedrückend erlebt, weil die subjektive Bedeutung
der Arbeit herabgesetzt wird.
nur 23.1% sahen die Schuld bei sich. Pelzmann (1985) untersuchte über ein Jahr die
Änderungen der Attributionsmuster bei Arbeitslosen und stellte ebenfalls fest, dass
hauptsächlich externale Ursachen für die Arbeitslosigkeit angeführt wurden. Arbeitslose mit
einem positiven Selbstkonzept (hohe Selbstwirksamkeit, hoher Selbstwert und internale
Kontrollüberzeugung) fanden schneller wieder Arbeit (Wanberg et. al, 2005).
Der Verlust der Arbeit wird je nach Alter unterschiedlich erlebt. 45-55- jährige dürften am
stärksten belastet sein. Aber auch die 25-45jährigen erleben den Verlust der Arbeit
aufgrund familiärer Verantwortung und finanzieller Verpflichtung als bedrohlich. Obwohl es
eine kurvilineare Beziehung gibt, dürfte dem Alter als nicht direkt wirksame
Moderatorvariable eine gewisse Bedeutung zukommen. Allerdings moderiert nicht das
Alter an sich, sondern die mit dem jeweiligen Alter verknüpften Variablen. Geschlecht:
Frauen und Männer erleben Arbeitslosigkeit je nach ihrem Rollenverständnis
unterschiedlich. In der Metastudie (237 Studien) von Paul und Moser (2009) wurde
bestätigt, dass arbeitslose Männer einen schlechteren Gesundheitszustand berichten, als
Frauen.
Je sinnvoller die freie Zeit strukturiert und genutzt werden kann, desto Der Arbeitsverlust
führt zu einer Auflösung der Zeitstruktur. Daher sind sinnhafte Tätigkeiten, etwa in Vereinen
oder Clubs besonders wichtig, um eine hoffnungsvolle Lebensperspektive
aufrechtzuerhalten.
Welche Faktoren sind dafür entscheidend, dass Arbeitslose wieder Arbeit finden? (S. 566)
Zikic und Klehe (2006) betonen die Wichtigkeit, die Aufmerksamkeit Arbeitsloser auf ihre
Stärken und Ressourcen zu lenken und nicht auf die negativen Aspekte der
Arbeitslosigkeit. Arbeitslose sollen aktiv nach Arbeit suchen und die Beschäftigungslosigkeit
als Chance wahrnehmen, um persönliche Lebensziele und Karrierepläne zu erforschen
und anzupassen. Durch den Versuch, mit der eigenen Situation ohne Arbeit
zurechtzukommen, werden Arbeitslose zu unabhängigen und selbstbestimmten Akteuren,
der Selbstwirksamkeitserwartungen durch die Erkundung von Karrieremöglichkeiten positiv
beeinflusst werden können. Dies konnte von Zikic und Klehe (2006) auch bestätigt werden.
Auch in der Studie von Paul und Moser (2009) zeigte sich, dass die Verschlechterung nach
Job-Verlust geringer ist, als die Verbesserung nach Wiederbeschäftigung.
99 Kirchler, E. (2011) - Wirtschaftspsychologie. Individuen, Gruppen, Märkte, Staat
KAPITEL 8 - FINANZMÄRKTE
Nachdem Finanzmärkte, v.a. die Börse, reine Märkte darstellen, kann vermutet werden, dass
Entscheidungen auf aggregierter Ebene den Gesetzen des Homo Oeconomicus folgen. In
der Verhaltensökonomie und Finanzpsychologie konnte allerdings festgestellt werden, dass
auch Finanzmärkte psychologischen Einflüssen unterliegen und Entscheidungsanomalien
auch auf aggregierter Ebene zu Ergebnissen führen, die vom Modell des Homo Oeconomicus
abweichen. Beispielsweise ist die aktuelle Stimmung der handelnden Akteure relevant dafür,
welche Erwartungen sie in Bezug auf Kursentwicklungen haben und umgekehrt spiegeln die
Aktienkurse auch die Stimmung wider.
Der Begriff Börse wird synonym mit Wertpapier- und Devisenbörse verwendet. Als reine
Finanzmärkte sollten Börsen „effizient“ sein, d. h. alle zu einem bestimmten Zeitpunkt
verfügbaren Informationen sollten in den Kursen der gehandelten Werte abgebildet sein.
Entsprechend der Markteffizienzhypothese (Fama, 1965, 1970) entsprechen Kapitalmärkte
dem Idealbild effizienter Märkte: Viele Marktteilnehmer kennen sofort alle, kostenlos
verfügbaren, relevanten Informationen, verarbeiten diese vollständig und schnell und
verhalten sich rational und zielorientiert, indem sie je nach Kurs kaufen und verkaufen.
Wenngleich klar ist, dass Menschen auf Finanzmärkten weder alle verfügbaren Informationen
sofort korrekt verarbeiten noch in kürzester Zeit ihre Geschäfte nach den aktuellen
Informationen ausrichten können, so dass die Preise und Kurse entsprechend angepasst
werden, wird dennoch angenommen, dass sich individuelle Fehler ausgleichen,
Abweichungen vom Rationalmodell unsystematisch variieren und sich auf aggregierter
Ebene nicht weiter auswirken. Entsprechend der „Random-walk“ Hypothese repräsentieren
auf aggregierten Niveau die Kurse von Wertpapieren Fundamentalwerte. Aufgrund der
Selbstregulierungsfähigkeit des Marktes variieren Kurse unsystematisch, d. h. rein zufällig. Die
100 Kirchler, E. (2011) - Wirtschaftspsychologie. Individuen, Gruppen, Märkte, Staat
I NVESTMENTFONDS
Investmentfonds stellen das gemeinsame Vermögen von vielen Anlegern dar. Jeder Anleger
erwirbt entsprechende Anteile am Gesamtvermögen des Fonds. Das Fondskapital wird durch
eine Kapitalgesellschaft veranlagt, die meist Tochterunternehmen von Banken oder
Versicherungen sind. Es werden offene und geschlossene Fonds unterschieden. Bei offenen
Fonds können jederzeit neue Anteile an Investoren ausgegeben werden; bei geschlossenen
Fonds gibt es eine festgelegte Anzahl an Anteilen. Die Vorteile von Investmentfonds für
Privatanleger liegen in der breiten Risikostreuung und dass das investierte Kapital von
professionellen Fondsmanagern verwaltet wird, welche sich täglich mit Markt- und
Börseentwicklungen auseinander setzen und wenn es die Marktlage erfordert,
Umschichtungen in der Fondszusammenstellung vornehmen (Wiener Börse AG, 2006a, b).
DEVISENMARKT
Am Devisenmarkt (auch Foreign Exchange Market oder FX Market genannt) werden
Währungen (bzw. auf Währungen lautende Forderungen, sog. Devisen) gehandelt. Er
repräsentiert den grössten Finanzmarkt der Welt.
Im Folgenden werden einige Begriffe aus dem Börsenalltag definiert (Wiener Börse AG,
2006a, b):
102 Kirchler, E. (2011) - Wirtschaftspsychologie. Individuen, Gruppen, Märkte, Staat
Blue Chips: Als Blue Chips werden jene Aktien bezeichnet, die an der
Börse eine hohe Marktkapitalisierung und Liquidität
aufweisen.
Briefkurs (Ask) und Geldkurs (Bid): Der Briefkurs ist jener Kurs, zu dem Wertpapiere, Devisen,
Rohstoffe zum Verkauf angeboten werden. Der Geldkurs,
ist jener Kurs, zu dem Wertpapiere zum Ankauf
nachgefragt werden. Die Differenz beider Kurse wird
„Spread“ genannt.
Broker vs. Trader: Als Broker wird ein Wertpapierhändler bezeichnet, der im
Auftrag eines Kunden Börsengeschäfte durchführt.
Trader führen hingegen eigene Börsengeschäfte durch.
Bullish vs. Bearish: Als Bullenmärkte werden jene bezeichnet, die sich im
Aufwärtstrend befinden; Bärenmärkte weisen auf einen
Abwärtstrend hin.
Junk Bond: Junk Bonds sind hoch riskante Anleihen, meist von
Schuldnern schlechter Bonität mit dem Vorteil hoher
Verzinsung
Aus einer Studie von Diacon und Hasseldine (2007) ging hervor, dass Studienteilnehmer sich in
ihrer Auswahl von der vergangenen Entwicklung der Wertpapiere beeinflussen ließen, obwohl
die vergangene Entwicklung keine Aussagekraft auf die zukünftige Entwicklung eines
Wertpapiers haben dürfte (Mussweiler & Schneller, 2003).
externen Ereignissen. Wenn in der New York Times ein Mord berichtet wurde, fiel im
Durchschnitt der Umsatz um 6%.
Gefühle statt kühle Überlegungen, die Illusion, Mechanismen der Kursänderungen verstanden
zu haben und Entwicklungen kontrollieren zu können, stereotype Interpretationskonzepte und
Entscheidungsheuristiken statt extensiver Datenanalyse, soziale Verhaltensnormen und
Gruppeneinflüsse, wechselnde Stimmungen und persönliche Motive bestimmen den Gang
der Börse mit. Investoren am Markt lernen auf dem Aktienmarkt aus vergangenen
Entwicklungen: Wenn über Jahre hinweg auf Aktienmärkten ein stabiler Aufwärtstrend
herrscht, dann dürften Investoren auf weitere positive Geschäfte vertrauen und unabhängig
von Tagesereignissen handeln. Wenn die Geschäfte labil sind, dürften hingegen externe
Faktoren handlungsrelevant werden. Auch ökonomische Variablen sind für die Volatilität
verantwortlich. Diese Extrapolation stellt meist eine Überreaktion dar, weil Kursentwicklungen
häufig eine Tendenz zur Mitte aufweisen. Wie lange ein Trend anhält, ist schwer zu
prognostizieren. Der Glaube, dass negative Ereignisse andere Personen eher treffen als einen
selbst (Überoptimismus), Kontrollillusionen, also die Meinung, zufallsabhängige Ereignisse
beeinflussen zu können sowie die überhöhte subjektive Sicherheit über die Richtigkeit eigener
Urteile (Überkonfidenz) sind Ursachen der Selbstüberschätzung und zu optimistischer
Prognosen der Kursentwicklung von eigenen Wertpapieren (Moore, Kurtzberg, Fox &
Bazerman, 1999).
8.2.2 D ISPOSITIONSEFFEKT
Stellen Sie sich vor, sie haben zwei Aktienpakete. Paket A wurde zum Wert von € 500 gekauft,
hat aktuell gewonnen und nun einen Wert von € 1.000. Paket B wurde für € 1.500 erstanden,
hat aktuell verloren und nun ebenfalls einen Wert von € 1.000. Wenn sie nun ein Aktienpaket
verkaufen müssen, welches Paket verkaufen sie? Meist verkaufen Anleger das
Gewinnerpaket und weigern sich, durch den Verkauf der Verliereraktien einen Verlust von €
500 zu realisieren. Auch an der Börse halten Anleger Verliereraktien zu lange und verkaufen
Gewinneraktien zu schnell. Dieser Effekt wird Dispositionseffekt genannt (Shefrin & Statman,
1985). Häufig wird die Prospect-Theorie von Kahneman und Tversky (1979) zur Erklärung des
Dispositionseffekts zitiert. Nachdem Verluste psychologisch mehr wiegen als Gewinne, werden
vor allem Verluste zu vermeiden versucht. Durchschnittlich wird ein Verlust etwa als zweimal
so groß empfunden wie ein Gewinn. Deshalb werden riskante Handlungen gesetzt, wenn die
Aussicht besteht, einen Verlust wettzumachen. Wenn der Kaufpreis von Aktien als
Referenzpunkt für die Feststellung dafür, ob der Wert gestiegen oder gesunken ist, gesehen
wird, dann sind jene Aktien, die teurer verkauft werden können als sie erstanden wurden,
Gewinneraktien. Umgekehrt sind Verliereraktien jene, die zu einem Wert unter dem
Einkaufswert veräußert werden müssen. Verliereraktien werden gehalten, weil die Möglichkeit
besteht, dass der Kurs wieder steigt, auch dann, wenn weitere Verluste drohen. Umgekehrt
werden Gewinneraktien verkauft, weil die Möglichkeit besteht, dass der Preis wieder sinkt und
der Gewinn verpufft, auch dann, wenn weitere Kurssteigerungen möglich sind. Dass
vorangegangene Gewinne zu einer höheren Risikobereitschaft führen können, beschreibt der
„house-money-effect“ (Thaler & Johnson, 1990). Auch Aktienhändler nehmen kürzlich erzielte
Gewinne aus dem Verkauf von Aktien noch nicht als ihr eigenes Geld wahr. Aus diesem
Grund fällt es ihnen leichter höhere Risiken einzugehen und ev. auftretenden Verlusten nicht
zu viel Bedeutung beizumessen.Warum Investoren den Verkauf von Verlustaktien vermeiden,
obwohl sie die steuerlichen Vorteile eines „tax swap“ nutzen könnten, könnte durch den
Verweis auf mentale Buchführung erklärt werden (Thaler, 1985). Beim Verkauf der
Verliereraktien wird das entsprechende Konto für die gekauften Aktien eröffnet. Beim
Schließen des alten Kontos wird ein Verlust wahrgenommen, worauf Investoren empfindlich
reagieren. Durch gezielte Selbststeuerung könnte dem Dispositionseffekt entgegengewirkt
106 Kirchler, E. (2011) - Wirtschaftspsychologie. Individuen, Gruppen, Märkte, Staat
werden (Thaler & Shefrin, 1981). Auch die Erfahrung über die Ergebnisse anderer Personen
kann den Dispositionseffekt reduzieren. Eine weitere Einschränkung ließ sich bei Personen
beobachten, denen eine positive Stimmung induziert wurde (Pinon & Gärling, 2004). Schwarz
(2000) erklärt dieses Verhalten damit, dass Menschen in positiver Stimmung Informationen
weniger genau verarbeiten als jene in einer neutralen oder negativen Stimmung.
8.2.3 R ISIKOSTREUUNG
Möchte ein Investor sein Vermögen in Aktien anlegen, so wird er vermutlich verschiedene
Alternativen von Aktien und anderen Wertpapieren wählen. Im Sinne der Risikoreduktion
scheint Diversifikation eine gute Strategie zu sein. Wenn der Wert einer Aktie sinkt, ist nur ein
Teil des veranlagten Geldes verloren. Wenn die Volatilität von Aktien hoch ist, besteht hohe
Gewinnmöglichkeit; allerdings auch hohe Gefahr, zu verlieren. Ein optimales Portfolio sollte
hohe Rendite bei einem festgesetzten Risikoniveau versprechen (Markowitz, 1959). Benartzi
und Thaler (2001) konnte gleichmäßige Verteilung auf mehrere Optionen bei Lien
nachweisen. Wer die Möglichkeit erhält, sein Vermögen in relativ risikolose Anleihen und in
riskantere Aktien zu investieren, kauft oft für die Hälfte des Vermögens die einen und für die
andere Hälfte des Vermögens die anderen Papiere. Dieses Vorgehen wird als 1/n Heuristik
bezeichnet. „Naive“ Anleger glauben dadurch ihr Risiko minimieren zu können, achten dabei
aber häufig nicht auf das Risiko der einzelnen Wertpapiere und der Korrelationen zwischen
den Kursänderungen der Wertpapiere. Zu geringe Diversifikation besteht auch bezüglich der
Aktien von heimischen Unternehmen und internationalen Firmen. French und Poterba (1991)
konnten den sog. „Home-Bias“ bei Investoren nachweisen. Anleger wählen größtenteils
Wertpapiere aus dem eigenen Land. Hierbei ignorieren sie, dass deren Werte untereinander
mehr korrelieren als die Werte von Papieren aus verschiedenen Ländern.
8.2.4 R ÜCKSCHAUFEHLER
In der Rückschau werden häufig Ereignisse verzerrt wahrgenommen und bei vergangenen
Ereignissen besteht oft die Illusion, man hätte ihren Ausgang schon immer entsprechend
geahnt. Die Tendenz, sich im Nachhinein nicht korrekt an frühere Vorhersagen zu erinnern
und zu meinen, Schätzungen in Richtung der tatsächlichen Entwicklungen abgegeben zu
haben, wird als Rückschaufehler oder Hindsight Bias bezeichnet. 3 Ursachen können für den
Hindsight Bias verantwortlich sein: Zum einen, schlichte Erinnerungsfehler, zum anderen der
Glaube „es schon immer gewusst zu haben“ (Hölzl, Kirchler & Rodler, 2002), und zum Dritten,
die auch als „creeping determinism“ bekannte Annahme „dass es ja so kommen musste“
(Nestler, Blank & Collani, 2008). Am Finanzmarkt besteht die Gefahr der Überschätzung der
eigenen Fähigkeiten, mit der Annahme, zukünftige Entwicklungen seien voraussagbarer als
sie tatsächlich sind. Die Tendenz zu Rückschaufehlern hindert Menschen daran, ihre
Prognoseüberlegungen zu hinterfragen und etwaige Korrekturen durchzuführen, eben zu
lernen.
8.2.5 R EPRÄSENTATIVITÄTSHEURISTIK
Stehen Menschen in Entscheidungssituationen unter zeitlichen Druck, sind die Informationen
hoch komplex oder ist die Motivation, alle relevanten Informationen zu berücksichtigen,
gering, so entscheiden Laien und Experten häufig auf Basis von Heuristiken. Es gibt kaum eine
Branche, in welcher die Komplexität der Informationen und der Zeitdruck bei Entscheidungen
grösser sind als am Finanzmarkt. Die Repräsentativitsätsheuristik bezieht sich neben dem
„Baseline-Fehler“ auch auf den „Konjunktionsfehler“.
107 Kirchler, E. (2011) - Wirtschaftspsychologie. Individuen, Gruppen, Märkte, Staat
Beispiel: Konjunktionsfehler
Oberlechner (2004) führte eine Untersuchung durch, in der sowohl Devisenhändler als auch
Finanzjournalisten folgende Aussagen bezüglich ihrer Eintrittswahrscheinlichkeit sortieren sollten:
a) Der US Dollar wird gegenüber der Deutschen Mark steigen
b) Der Schweizer Franken wird im Dezember stärker sein als im Juli
c) Der US Dollar wird gegenüber der Deutschen Mark steigen und der Schweizer Franken wird
im Dezember stärker sein als im Juli
d) Der US Dollar wird gegenüber der Deutschen Mark steigen oder der Schweizer Franken
wird im Dezember stärker sein als im Juli
Insgesamt 75% der befragten Devisenhändler hielten die detaillierte Aussage (c) für besonders
wahrscheinlich. Derselbe Fehler konnte auch bei 74% der Finanzjournalisten ermittelt werden.
8.2.6 A NKERHEURISIK
Wenn Menschen numerische Urteile abgeben sollen, neigen sie zur Assimilation der
numerischen Schätzung oder Prognose an einen anderen Wert, auch unabhängig von
dessen inhaltlicher Relevanz. Wenn wir einen Wert errechnen oder vorgegeben bekommen,
dann richten wir anschließende Urteile und Schätzungen an diesem Wert aus. Dieser Wert
dient als Anker (siehe auch Montier, 2003). Benartzi und Thaler (1995) postulieren, dass die
Auswahl des Referenzpunktes in den meisten Fällen unbewusst geschieht und maßgeblich
dafür verantwortlich ist, ob ein Investor einen Verlust oder Gewinn wahrnimmt. Wenn der Kauf
von Aktien nicht zu lange zurückliegt, stellen die Basiswerte der Aktien einen wichtigen
Referenzpunkt dar. Ein weiterer Referenzpunkt ist der höchste Preis, den ein Investor für die
jeweiligen Aktien in der Vergangenheit erzielen konnte. Ku, Galinsky und Murnighan (2006)
berichten von einem gegenteiligen Effekt als dem Ankereffekt, den sie „Starting Low but
Ending High“-Effekt nennen. Auf Auktionen können niedrige Einstiegspreise zu hohen
Endpreisen führen. Der Grund dafür könnte sein, dass Aktien, die zu einem niedrigen Wert
emittiert werden, zumeist am ersten Tag ihrer Emission hohe Tagesendpreise erzielen. Zum
einen regen niedrige Einstiegspreise zu einer Teilnahme an Auktionen bzw. am Kauf von
Aktien an. Je mehr Personen an Auktionen oder am Markt teilnehmen, desto eher steigen die
Preisen. Zum anderen führen niedrige Einstiegspreise die Bieter dazu, Zeit und Energie in das
Auktions- und Marktgeschehen zu investieren und diese Investitionen bedeuten versunkene
Kosten, welche einen Ausstieg aus dem Geschehen erschweren. Bieter könnte aus der regen
Teilnahme daraus schließen, dass es sich um besonders wertvolle Güter handelt und deshalb
die Bereitschaft da ist, einen höheren Preis zu zahlen.
8.2.7 R EKOGNITIONSHEURISTIK
Um die Rekognitionsheuristik anwenden zu können, ist partielle Ignoranz nötig. Das bedeutet,
dass sich Personen in Entscheidungssituationen auf die ihnen bekannte Alternative
beschränken, während sie die unbekannte Alternative unberücksichtigt lassen. Die
Rekognitionsheuristik kann von Laien angewandt werden, welche partielles aber nicht
vollständiges Wissen haben und auch nicht völlig unwissend über Aktiengesellschaften sind.
8.2.8 E MOTIONEN
Wenn von der „Psychologie der Börse“ die Rede ist, sind häufig Emotionen gemeint, die das
Geschehen prägen. Das momentane Befinden, Stimmungen und Gefühle sowie antizipierte
Emotionen wirken sich auf Entscheidungen und Urteile aus. Peters, Västfjäll, Gärling und Slovic
(2006) unterscheiden zwischen Emotionen, die zum Zeitpunkt der Entscheidung erlebt
werden, aber nicht mit der Aufgabe selbst in Zusammenhang stehen sowie Emotionen, die
antizipiert werden, wie Bedrohung, Optimismus und Pessimismus, und Emotionen, die direkt
mit einer Auswahl in Verbindung stehen, wie Freude über die Konsequenzen der Auswahl,
108 Kirchler, E. (2011) - Wirtschaftspsychologie. Individuen, Gruppen, Märkte, Staat
Bedauern und Enttäuschung. In guter Stimmung und bei geringer Aktivierung treffen
Menschen häufig wenig intensiv überlegte Entscheidungen, als in einer negativen, intensiven
Stimmungslage. In einigen Studien wurde auch der Einfluss von stimmungsauslösenden
Variablen, wie Temperatur, Sonnenschein oder Regen nachgewiesen (Dowling & Lucey,
2005; Nofsinger, 2005). Bei schlechtem Wetter dürfen die Aktienkurse eher fallen als bei
Sonnenschein. Antizipierte Gefühle aufgrund der Konsequenzen einer Entscheidung reicht
das Spektrum von Freude und Stolz bis zu Enttäuschung und Bedauern. Während ein
negatives Ergebnis Enttäuschung evoziert, dürfte eine positive Konsequenz Bedauern
auslösen, wenn die entsprechende Alternative nicht gewählt wurde (Zeelenberg, 1999).
Eine spekulative Blase entsteht dann, wenn der tatsächliche Kurs stark von den
Fundamentalwerten einer Anlage abweicht und wesentlich höher ist, als er sein sollte. Da das
betreffende Wertpapier zukünftig weiter im Wert steigt, können die Preise von
Vermögensgegenständen immens in die Höhe schießen und sich aufblähen. Da die
109 Kirchler, E. (2011) - Wirtschaftspsychologie. Individuen, Gruppen, Märkte, Staat
Wertsteigerung nicht endlos weitergehen kann, platzt diese Blase irgendwann. Wenn erkannt
wird, dass die Kurse überhöht sind, kann es zu massiven und panikartigen Verkäufen von
Anlagen kommen, so dass extreme Preisstürze ausgelöst werden (Genze, 2006). Für die
Entwicklung von Spekulationsblasen werden verschiedene Mechanismen verantwortlich
gemacht (Fenzl, 2009, Shiller, 2000, Wärneryd, 2001): Finanzielle Ansteckung, gegenseitige
psychologische Ansteckung und psychologische Aufschaukelung. Bei der finanziellen
Ansteckung handelt es sich um die Ausbreitung von Spekulationsblasen über physische
Geldflüsse im internationalen und globalen Handel mit Gütern. Über direkte Kommunikation
anderer Händler entwickeln Investoren Hoffnungen bezüglich einer Aktie, eines
Unternehmens oder einer Unternehmensbranche. Manche lassen sich von Informationen
anstecken und fragen entsprechend vermehrt nach gewinnversprechenden Papieren,
andere sind resistent und ändern ihr Kauf- und Verkaufsverhalten nicht. Wenn die Kurse
gestiegen (oder gefallen) sind, die Massenmedien immer noch über die enormen
Kursgewinne berichten, aber die Nachrichten, die zum Kursanstieg führten, keine Neuigkeiten
mehr darstellen, ist der Zeitpunkt nahe, an dem der Verkauf der Aktien ratsam ist.
Über Geld werden sämtliche Tauschvorgänge in einer Wirtschaft organisiert und gesteuert.
Geld wird als Zahlungsmittel anerkannt und fungiert als Recheneinheit, indem eine
Geldeinheit das gemeinsame Maß für die Bewertung verschiedener Güter ist. Geld ist ein
Wertspeicherungsmittel. Während viele Güter schwer oder gar nicht gehortet werden
können, kann Geld optimal aufbewahrt und jederzeit gegen ein Gut eingetauscht werden
(Burghardt, 1977).
112 Kirchler, E. (2011)bedeutsame
Ökonomisch - Wirtschaftspsychologie.
FunktionenIndividuen, Gruppen, Märkte, Staat
des Geldes:
Unternehmen erzielen höhere Umsätze, was dazu führt, dass Zulieferer und Erzeuger
von den Unternehmen selbst „ins Boot geholt werden“,
durch Umlaufsicherung wird bevorzugt Regionalgeld anstatt der amtlichen Währung
eingesetzt. Lohnzusatzleistungen sowie neue Arbeitsplätze werden in Regionalgeld
bezahlt,
regionale Wirtschaftskreisläufe werden gestärkt, was zu mehr Optimismus und
Offenheit für Innovationen sowie stärkerer sozialer Stabilität führt.
Kritiker vermuten, dass die amtliche Währung gänzliche aus dem Zahlungsverkehr
verschwinden würde und ausschließlich als Kapitalanlage genutzt werden würde. Wiederholt
wurden die hohen Kosten und der große organisatorische Aufwand bei der Einführung eines
solchen Systems genannt. Wenn der Wechselkurs nicht 1:1 mit der regulären Währung
gestaltet ist, müssen Preise doppelt angeschrieben werden (Creutz, 2005). Rösl (2008) kritisiert
die künstliche Einschränkung der regionalen Währungen auf eine bestimmte Region. Dies
führe zu keiner nachhaltigen Regionalförderung, da dieses System einer Abschottung
gleichkomme und überregionalen Handel verhindere, welcher zur Weiterentwicklung einer
Region notwendig ist.
„Geld“ ist ein polymorphes Konzept, also ein Konzept, das nicht klar definiert und abgrenzbar
ist. In einer Studie von Rumiati und Lotto (1996) mussten Teilnehmer typische Beispiele für Geld
angeben. Banknoten, Schecks, Münzen und Kreditkarten werden als typisch für Geld
angeführt. Telefonwertkarten, Vouchers, Wechsel etc. gelten als weniger typisch. Die Autoren
schließen daraus, dass sofort nutzbare Zahlungsmittel „ready money“ für Geld prototypisch
sind. „Bankgeld“ („bank money“) sind Geldformen, bei denen im Zahlungsprozess auch die
Bank involviert ist, steht an nächster Stelle. Geldersatzmittel („money substitutes“), wie
Telefonwertkarten, Vouchers etc. liegen an letzter Stelle der Prototypikalität.
Eine neue Erscheinungsform des Geldes ist das elektronische Geld, wo der monetäre Wert in
Form einer Forderung gegen die ausgebende Stelle auf einem Datenträger gespeichert wird.
Die Maestro-Karte ist eine Debitkarte, welche von Banken und Sparkassen ausgegeben wird
und die Möglichkeit bietet, auf die Bankkarte Buchgeld (auch Grialgeld) aufzuladen und
damit im Handel zu bezahlen. Die Gewöhnung an die elektronische Geldbörse wird durch
den hohen Abstraktheitsgrad und die geringe praktische Nutzungsmöglichkeit erschwert und
weitgehend abgelehnt, weil die Kontrolle über das verfügbare Geld nur bedingt möglich ist.
Aus Sicht der Psychologie kommen dem Geld zentrale Funktionen zu. Die verfügbare
Geldsumme als Ausdruck der Kaufkraft des Einzelnen, symbolisiert auch dessen Erfolg, Macht
und Unabhängigkeit, bringt soziale Anerkennung und Ansehen. Nachdem die Identität einer
Person an dem gemessen wird, was sie tut und was sie hat, wird das Selbst auch über das
verfügbare Geld definiert. Belk (1988) und Dittmar (1992) sehen Geld und materiellen Besitz
als eine Verlängerung des Selbst oder als Mittel, Dinge zu erwerben oder zu tun, die wiederum
Ausdruck des Selbst sind.
Yamauchi und Templer (1982) unterscheiden drei Dimensionen, welche die subjektive
Bedeutung und den Umgang mit Geld beschreiben:
1. Sicherheit vs. Pessimismus bezieht sich auf die Meinung, mit Geld gut umgehen zu
können oder die Angst, über zu wenig Geld zu verfügen, um sich in seinem Leben
gegen Bedürftigkeit absichern zu können
2. Zurückhaltung vs. Besessenheit geben die Leichtigkeit an, mit der Geld ausgegeben
wird.
114 Kirchler, E. (2011) - Wirtschaftspsychologie. Individuen, Gruppen, Märkte, Staat
3. Besessenheit vs. Macht beschreibt Assoziationen von Macht, Einfluss und Prestige mit
Geld. Frauen sehen Geld weniger funktional und weniger mit dem eigenen Selbst
assoziiert als Männer. Für Frauen scheint Geld der Erfüllung hedonistischer Bedürfnisse
und pragmatischer Notwendigkeiten zu dienen und Ursache von Neidgefühlen zu
sein, wenn relevante Personen vergleichsweise über mehr finanzielle Ressourcen
verfügen als sie selbst (Dittmar, 1992; Meier-Pesti & Kamleitner, 2005, Prince, 1993).
Tang Tang und Luna-Arocas (2005) ermitteln vier Geld-Typen anhand der „Love of Money
Scale“, welche Studierenden vorgelegt wurde:
a. Negativ eingestellte Personen: Die intrinsischen und extrinsische Zufriedenheit mit dem
Beruf ist gering, der aus dem Beruf resultierende Selbstwert ist niedrig und
physiologische Bedürfnisse, sowie Bedürfnisse nach Selbstverwirklichung sind niedrig.
b. Die zeigte Gruppe ist Geld gegenüber indifferent. Sie glauben nicht, dass Geld ihren
Erfolg und ihre Selbstachtung adäquat repräsentieren kann. Sie sind darum bemüht,
ihr durchschnittlich geringes Einkommen vernünftig zu managen, finden, dass sie ein
angemessenes Leben führen können, sind hinsichtlich ihrer Bedürfnisse befriedigt und
beschreiben sich als glücklich.
c. Die dritte Gruppe bewundert Geld, sind bestrebt, viel Geld zu verdienen, gehen aber
mit ihrem Geld ziemlich sorglos um. Die Zufriedenheit ist mittelmäßig.
d. In der vierten Gruppe finden sich Personen, die Geld wertschätzen und sehr positive
Einstellungen zu Geld ausweisen. Sie bemühen sich viel zu verdienen und verwalten
Geld sorgsam. Die Zufriedenheitswerte, der berufsbezogene Selbstwert sind hoch.
In der Sprache der Psychoanalyse wird die Bedeutung von Geld als symbolische Verlagerung
der Bedeutung von Exkrementen erklärt. Sigmund Freud versuchte die Erfahrungen während
der analen Phase auf den späteren Umgang einer Person mit Geld zu beziehen. Weil der Kot
als erstes Geschenk des Kindes betrachtet wird, beginnt in diesem Alter die Entwicklung des
persönlichen Stils im späteren Umgang mit materiellen Dingen, vor allem mit Geld. Je
nachdem ob die Abgabe des Kotes als lustvoll und belohnend erlebt wird oder nicht,
entwickelt nach tiefenpsychologischer Ansicht ein Mensch einen Stil im Umgang mit
materiellen Gütern, der als geizig, freigiebig, neidvoll oder großzügig beschrieben werden
kann.
Die Lerntheorien bieten einen wichtigen theoretischen Ansatz zur Erklärung der Bedeutung
des Geldes. Geld ist entsprechend der operanten Konditionierung ein generalisierter
Sekundärverstärker. Als Verstärker werden Reize verstanden, die dazu führen, dass ein
bestimmtes, ihnen vorausgehendes Verhalten, mit mehr oder weniger großer
Wahrscheinlichkeit wiederholt wird. Verstärker beeinflussen demnach
Verhaltenswahrscheinlichkeiten, wenn sie unmittelbar nach dem entsprechenden Verhalten
auftreten. Manche Reize eignen sich unmittelbar zur Befriedigung von Bedürfnissen und
werden als Primärverstärker bezeichnet. Diese werden spontan als angenehm erlebt. Andere
Reize werden neutral erlegt, können aber über Lernprozesse Verstärkerqualität erlangen und
somit zu Sekundärverstärkern werden. Geld ist ein bedeutender generalisierter
Sekundärverstärker, weil damit verschiedene Bedürfnisse befriedigt werden können. Oft sind
Expansionseffekte feststellbar: Das Geld kann seine Funktion als Mittel zum Zweck verlieren
und jenseits seiner Instrumentalität zu einem eigenständigen intrinsisch wirksamen Motiv
werden, wobei mehr nach noch mehr drängt (Wiswede, 1991).
115 Kirchler, E. (2011) - Wirtschaftspsychologie. Individuen, Gruppen, Märkte, Staat
Der Wert des Geldes und die Zirkulationsgeschwindigkeit des Geldes stehen in Beziehung zur
Gütermenge: Je mehr Geld vorhanden ist (M) und je schneller es zirkuliert (V), umso höher sind die
Preise der Güter (P) und umso häufiger finden Transaktionen von Gütern gegen Geld statt (T):
MV=PT
Auf der Angebotsseite werden Preise ansteigen, wenn Produktionskosten steigen, in dem Fall
spricht man von einer Kosteninflation. Preise können auch steigen, wenn Unternehmen mit
Monopolstellung ihre Marktmacht nutzen und die Preise ihrer Güter heben, um ihren Gewinn
zu erhöhen. In diesem Fall wird von Gewinninflation gesprochen. Auf der Nachfrageseite ist
mit Preiserhöhungen zu rechnen, wenn die Nachfrage steigt und das Güterangebot gleich
bleibt oder sogar sinkt. In der Ökonomie werden diese Arten als Konsum- bzw. als
Investitionsinflation bezeichnet. Wenn der Preisanstieg zwischen 2 und 5 Prozent beträgt – was
in den westlichen Industrieländern als üblich betrachtet wird – wird von schleichender
Inflation gesprochen. Liegt die Inflation bei Werten über 50 Prozent im Monat oder auf ein
Jahr gerechnet, über 13.000 Prozent, so wird die Inflation als galoppierend bezeichnet. In der
europäischen Währungsunion soll der Stabilitäts- und Wachstumspaket ein stabiles
Preisniveau garantieren. Die Europäische Zentralbank (EZB) greift durch die Korrektur der
Leitzinssätze oder Senkung der Papiergeldmenge regulierend in den Markt ein.
Unter Deflation wird verstanden, dass der Geldwert steigt und das Preisniveau sinkt. Wenn sich
in eine Volkswirtschaft in einer Phase des wirtschaftlichen Aufschwungs befindet, wenn
Menschen um ihren Arbeitsplatz fürchten müssen und ihr Einkommen zukünftig nicht
garantiert ist, ist es naheliegend, dass sie sparsam mit ihren finanziellen Mitteln umgehen und
die Nachfrage nach Waren und Dienstleistungen sinkt. Der Preisverfall führt zu
Konsumzurückhaltung, führt zu geringerer Produktion und verminderten Investitionen. Neben
Inflation und Deflation, interessiert in der Wirtschaftspsychologie vor allem der subjektive Wert
des Geldes.
Das Sättigungsgesetz in der Ökonomie geht davon aus, dass der subjektive Wert des Geldes
abnimmt, je mehr eine Person davon besitzt. Entsprechend den psychophysischen Gesetzen
von Weber und Fechner benötigen wohlhabende Personen wahrscheinlich einen absolut
größeren Geldbetrag, um einen eben merklichen Unterschied zu ihrem vorherigen finanziellen
Status wahrzunehmen, als Personen mit geringen finanziellen Mitteln.
Loewenstein und Issacharoff (1994) zeigten, dass Belohnungen subjektiv höher bewertet
werden, wenn sie internen Ursachen, wie der eigenen Leistung, zugeschrieben wurden. Wenn
hingegen externe Ursachen, wie Glück oder Zufall, dafür verantwortlich sind, werden
Belohnungen geringer bewertet. Unerwartete Gewinne, Geld welches im Glücksspiel
gewonnen wurde, wird leichtfertiger ausgegeben und riskanter investiert als Geld, welches
durch Arbeit verdient wurde (Arkes, Joyner, Pezzo, Nash, Siegel-Jacobs & Stone, 1994). Wenn
der subjektive Wert des Geldes hoch ist, ist der Prospect-Theorie (Kahneman & Tversky, 1979)
entsprechend anzunehmen, dass in Situationen mit drohenden Verlusten die
116 Kirchler, E. (2011) - Wirtschaftspsychologie. Individuen, Gruppen, Märkte, Staat
Risikobereitschaft, das Geld zu halten oder zurückzugewinnen, steigt. Ein hoher Aufwand hebt
den Wert des Geldes und in Verlustsituationen wird riskiert, um den Verlust zu minimieren. Im
Falle leicht verdienten Geldes kann riskiert werden: Sofern die riskante Option gut ausgeht, ist
mit hohem Gewinn zu rechnen; geht sie schlecht aus, ist die Enttäuschung gering, nachdem
kaum Anspruch auf eine Kompensation der geringen Leistung bestand.
Konsumenten scheinen durch hohe Inflationsraten irritiert zu sein, die Wirtschaft als besonders
problematisch zu erleben, ihre Ausgaben einzuschränken und bereit zu sein, für noch
schlechtere Zeiten zu sparen. In Zeiten hoher Inflation kennen Konsumenten den exakten Preis
von Lebensmitteln nicht. Preise, die sich schnell ändern, dürften Konsumenten verunsichern,
weil ihre Preiskenntnis sinkt und Prognosen über Preisentwicklungen schwierig sind.
Vergangene Preisänderungen werden überschätzt. Im Gegensatz zu linear wachsenden
Größen, bereitet die Schätzung exponentiell wachsender Größen den Konsumenten
Schwierigkeiten. Kemp (1987) fragte Konsumenten, wie viel sie vor einem Jahr und vor zehn
Jahren für ein Gut bezahlt hätten. Die Preise des vergangenen Jahres würden bei weitem
unterschätzt, was eine deutliche Überschätzung der Inflationsrate bedeutet. Die Preise vor
zehn Jahren wurden hingegen überschätzt. Lässt man Laien frei zu Inflation assoziieren,
werden unterschiedliche Zusammenhänge sichtbar (Drori, 2005). In allen Gruppen wurde
Inflation mit höheren Preisen, höheren Lebenshaltungskosten und Wertverlust des Geldes
assoziiert. Überraschend selten wurden Einkommen, Wirtschaft, Arbeitslosigkeit oder
Regierung genannt.
Begriffserklärung: Währung
Unter Währung wird das Geld verstanden, das während einer bestimmten Zeit in einem
räumlich begrenzten Gebiet als Zahlungsmittel akzeptiert wird.
Der Verlust des Vertrauens in die Währung wird mit der Einführung einer neuen Währung und
flankierenden Maßnahmen zur Festigung der Glaubwürdigkeit zu stoppen versucht. Die
Erfahrungen, die zu Währungsreformen führten, sind weitgehend negativ und die
Konsequenzen auch: Ersparnisse verloren rasant an Wert, Preise erschienen intransparent und
die Gewöhnung an eine neue Preis- und Werteskala war notwendig. Mit der Reform der
Währung wird die Gültigkeit des Zahlungsmittels aufgehoben und ein neues, in der Regel
auch neu benanntes, wird eingeführt. Meist werden alte Zahlungsmittel gegen neue nach
einem bestimmten, gesetzlich festgelegten Umrechnungsschlüssel umgerechnet. Wenn die
Währungsreform in der einfachen Umrechnung aller Preise und Werte zu einem einheitlichen
Kurs besteht, wird von Währungsumstellung gesprochen. Wirtschaftspolitische Überlegungen
führten eine Vielzahl der europäischen Staaten dazu, eine einheitliche Währung einzuführen
und die nationalen Währungen aufzugeben.
9.4.1 VORSTELLUNGEN ÜBER DIE WÄHRUNGSUMSTELLUNG: VON DER LANDESWÄHRUNG ZUM EURO
Lange bevor der Euro als Bargeld in den Händen der Bürger war, befassten sich politische uns
wirtschaftliche Institutionen bereits mit Umstellungsszenarien. Fokusgruppen wurden instruiert,
über die Umstellung zu diskutieren und die Ergebnisse der Diskussion wurden genutzt, um
einen Fragebogen zu verschiedenen Umstellungsaspekten zu erstellen. 1998 war das
Misstrauen in der Bevölkerung und die Furcht beim Einkauf in Geschäften, aus Unkenntnis der
neuen Währung „über den Tisch gezogen zu werden“, war groß. Viele Befragte waren
117 Kirchler, E. (2011) - Wirtschaftspsychologie. Individuen, Gruppen, Märkte, Staat
„innerlich gerüstet“, die Umrechnung vom Schilling zum Euro mit Taschenrechnern genau zu
kontrollieren. Händler werden zu ihren Gunsten Preisrundungen vornehmen, das Geld wird an
Wert verlieren, das Leben wird teurer werden – so die Befürchtungen, vor allem von Euro-
Gegnern, Frauen und bildungs- und einkommensschwachen Schichten geäußert wurden.
Den Medien und Institutionen für Konsumenteninformation wurden die zentralen
Kontrollfunktionen zugeschrieben. Aber erst dann, wenn auch der Staat und die Europäische
Union (EU) über der Währungsumstellung und Preisgestaltung kontrollierend wachen, könnten
sich Konsumenten sicher wähnen. Auf die Frage nach der Verantwortung für die Umstellung
und Kompetenz im eigenen Land wurde die Nationalbank an erster Stelle genannt, weil sie
als kompetent und einsatzbereit gesehen wurde und für die Umstellungskosten aufkommen
kann. An zweiter Stelle wurden Kommerzbanken genannt, auch die Regierung und die EU.
Kaum relevant erscheinen Betriebsräte, Arbeiter- und Angestelltenkammer, oder auch der
Konsument. Abbildung 9.7. stellt die Kooperationsnetze dar.
Die Nationalbank spielt eine wichtige Rolle in Bezug auf die Währungsumstellung. Von der
Regierung wird eine zentrale Kontrollfunktion erwartet.
Die Währungsumstellung war für viele ein neues, unbekanntes, aber relevantes Ereignis das
erst kognitiv erfasst werden musste. Im sozialen Diskurs wurde Wissen ausgetauscht,
Erwartungen gebildet und bewertet: Soziale Vorstellungen über den Euro und Einstellungen zu
Euro wurden gebildet. Soziale Vorstellungen (Repräsentationen) sind als Gesamtheit des
Wissens, der Mythen und Legenden über ein sozial relevantes „Objekt“ definiert (Moscovici,
1981). Im sozialen Austausch entwickelt, stellen soziale Vorstellungen über den Euro die von
einer Gemeinschaft von Menschen geteilten Meinungen und Gefühle zum Euro dar und
ermöglichen der Gesellschaft die Kommunikation darüber. Das Forschungsinteresse am
Entstehungsprozess sozialer Vorstellungen über den Euro und am Verblassen der sozialen
Vorstellungen über die Landeswährungen, nachdem diese an Bedeutung verloren hatte, war
dementsprechend groß. Vor der Einführung des Euro als Bargeld wurde etwa die Deutsche
Mark als wesentliches Symbol der nationalen Identifikation Deutschlands angesehen. Mit
Einführung des Euro veränderte sich die Vorstellung über die Länder der Währungsunion; der
118 Kirchler, E. (2011) - Wirtschaftspsychologie. Individuen, Gruppen, Märkte, Staat
Euro wurde für die Gemeinschaft als Verbindungssymbol interpretiert. Die Ergebnisse einer
Studie von Meier und Kirchler (1998) zeigten, dass Befürworter der Währungsunion und des
Euro Vorteile in den Handels- und Mobilitätserleichterungen, den Möglichkeiten und Effekten
internationaler Preisvergleiche und in der Währungsstabilität sehen. Auch die
Sanierungsbestreben der Staatshaushalte auf dem Weg zur Währungsunion wurden positiv
angeführt. Die Ablehnung des Euro resultierte vor allem aus negativen Gefühlen und
Befürchtungen staatlichen Autoritätsverlustes. Steigende Arbeitslosigkeit, unfaire Verteilung
von Ressourcen innerhalb Europas, Ängste vor privaten finanziellen Verlusten und
Währungsturbulenzen wurden häufig von Ablehnern genannt. Während der Euro vor der
Währungsumstellung einen diffusen Begriff darstellte, wurde dieses unbekannte Objekt im
Laufe der Zeit, im sozialen Diskurs und durch die konkrete Auseinandersetzung im Alltag
familiärer und in die Begriffswelt der Bürger der europäischen Staatengemeinschaft integriert.
Außer der Erforschung von sozialen Vorstellungen wurden auch Einstellungen zum Euro
gemessen. Einstellungen werden als die subjektiven Bewertungen eines Einstellungsobjektes
und als das Wissen darüber definiert. Fishbein und Ajzen (1975) beschreiben in ihrer „Theorie
des vernünftigen Handelns“ einen engen Zusammenhang zwischen den Einstellungen von
Personen und deren Handlungsabsichten. Viele Untersuchungen befassten sich mit der
Einstellung zum Euro, um das Verhalten, den Umgang mit der neuen Währung zu verstehen.
Während 1998 in allen Ländern die Einstellung zum Euro besser wurde, fiel sie 2000 wieder ab,
blieb bis 2003 konstant bzw. leicht steigend, und war 2004 wieder fallend. Jene EU-Bürger, die
der EU negativ gegenüber standen, hatten auch negative Einstellungen zum Euro. Die
Befürworter des europäischen Integrationsgedankens und der EU waren für die
Währungsumstellung. Personen, die sich für die Währungsumstellung interessierten, hoch
involviert und über die Umstellung gut informiert waren und sich auch subjektiv gut informiert
glaubten, waren dem Euro gegenüber positiv eingestellt. Interessant mag sein, dass mehr das
subjektive Gefühl, Wissen zu besitzen, als das objektiv festgestellte Wissen, mit den
Einstellungen zu Euro hoch positiv korrelierte. Dies lässt die Interpretation zu, dass der
subjektive Eindruck nicht genügend informiert zu sein und nicht genau zu wissen, was
passieren wird zu Befürchtungen und Ablehnung führt – Nicht-Wissen macht Misstrauisch. Es
hätte auch vermutet werden können, dass mit zunehmenden Wissen über geplante
Änderungen und mögliche Konsequenzen die Einstellungen zu Euro extrem positiv oder
extrem negativ ausfallen, weil mit zunehmenden Wissen entweder die eine oder die andere
Haltung argumentiert werden kann. Mit dem Glauben an prozedurale Gerechtigkeit, als
Mitspracherecht der Bürger und mit der Meinung, im eigenen Staat müssten die bestehenden
Wohlfahrtsprogramme nicht merkbar eingeschränkt werden und die Beiträge an die EU seien
im Vergleich zu den Beiträgen anderer Länder fair, verbesserte sich auch die Einstellung zur
Währungsunion und zum Euro. Als relevante Determinante der Einstellung zum Euro erwies sich
die Identifikation mit dem eigenen Land und mit der EU. Die erstrebenswerte positive
nationale Identifikation gelang entweder durch Stolz auf wirtschaftliche und politische
Stabilität des Landes oder durch Stolz auf Kultur und Geschichte. Meier-Pesti und Kirchler
(2003a) zeigten in Österreich, dass nationalistisch gefärbte Identifikation mit dem eigenen
Land negativ mit der Identifikation mit der EU korreliert, während patriotisch gefärbte
Identifikation positiv korreliert. Um eine positive Einstellung zur EU und zum Euro zu entwickeln,
ist die duale Identifikation wesentlich. Wer sich mit dem eigenen Land stark identifizierte und
der Meinung war, das eigene Land hätte denselben Status wie andere Länder, war dem Euro
gegenüber positiv eingestellt, als Personen die dachten, dass das eigene Land einen
geringeren Status als andere habe. Wer dem eigenen Land wenig politische
Durchsetzungskraft zutraute und die wirtschaftliche Stabilität bezweifelt, musste tatsächlich
befürchten, dass andere Länder die Kontrolle übernehmen würden und sich deshalb
119 Kirchler, E. (2011) - Wirtschaftspsychologie. Individuen, Gruppen, Märkte, Staat
schützen, indem jene abgelehnt wurden und der Euro als Symbol europäischer Einheit
zurückgewiesen wurde.
9.4.3 NEUES GELD UND NEUE PREISE: DER WERT DES EURO
Mit der Währungsumstellung war es nicht nur notwendig, den Umgang mit vorerst
unbekannten Münzen und Geldscheinen, sondern auch eine völlig neue Preisskalierung zu
erlernen und ein Gefühl für den Wert von Preisen zu entwickeln. Problematisch waren die
Münzen deshalb, weil im Gegensatz zu den meisten Münzen in den Landeswährungen, die
relativ geringen nominellen Wert hatten, während Geldscheine höheren Nominalwert hatten,
die Euro-Münzen wesentlich höhere Werte darstellen. Aufgrund der geringen Nominalbeträge
wurde vermutet, dass es zum Phänomen der Geldillusion (Fisher, 1928; Shafir, Diamond &
Tversky, 1997; Patinkin, 1965) kommt.
Das Phänomen der Geldillusion ist dann gegeben, wenn der ökonomische Wert von Geldbeträgen,
in denen sie repräsentiert werden, beurteilt wird. In der Regel kommt es dabei zu einer Verzerrung
in Richtung nomineller Werte. So wird tendenziell ein höheres Einkommen trotz steigender Inflation
bevorzugt; auch wenn die Kaufkraft gleicht bleibt.
Die Euroillusion wurde dafür verantwortlich gesehen, dass Konsumenten zu leichtfertig Geld
ausgaben, eben weil niedrige Beträge dazu verführen, niedrige Preise zu vermuten. Meier-
Pesti (2002) stellte fest, dass vielen Österreichern Euro-Preis und Euro-Löhne kurz nach der
Euroeinführung „zu klein“ erschienen und sie deshalb klagten, kein Gefühl für entsprechende
Beträge zu haben. Bei Gütern des täglichen Bedarfs war die Euroillusion geringer ausgeprägt,
als bei selten gekauften Gütern und Euro-Gegner waren seltener der Meinung, Preise in Euro
seien günstig als Euro-Befürworter (Gamble, Gärling, Charlton & Raynard, 2002). Personen mit
eingeschränkter mentaler Verarbeitungskapazität aufgrund guter Stimmung und niedriger
Aktivierung unterlagen der Illusion öfter als andere (Gamble, Gärling, Västfjall &Marell, 2003).
Die Einführung des Euro hatte in vielen Ländern der EU zur Erwartung und Wahrnehmung
steigender Lebenshaltungskosten (Mandl, 2000; European Opinion Research Group, 2001,
2003) geführt. Die Medienberichterstattung vor und zu Beginn der Währungsumstellung trug
zur Schaffung und Aufrechterhaltung der Teuerungsangst bei. 2003 nahmen 90 Prozent der
österreichischen Bevölkerung eine Preissteigerung wahr und schrieben sie dem Euro zu
(Spectra, 2003). Dies scheint im Widerspruch zur Euroillusion zu stehen. Die Wahrnehmung
niedrigerer Euro-Preise kann zu einer Verminderung der Kontrolle des eigenen
Einkaufsverhaltens und somit zu insgesamt höheren Ausgaben führen. Tatsächlich gestiegene
Ausgaben trotz kleiner erscheinender Preis, aber auch kleiner erscheinender Löhne und
Gehälter, können die Wahrnehmung von Teuerungen fördern. Dass Konsumenten die
ungewollten Mehrausgaben nicht ihren Irrtümern zuschreiben, sondern den Euro als Auslöser
für Teuerungen bezichtigen, ist aus psychologischer Sicht nicht verwunderlich. Es konnte ein
enger Zusammenhang zwischen erwarteter Preissteigerung und wahrgenommener
Preisänderung bestätigt werden: „Je höhere Preissteigerungen ursprünglich erwartet wurden,
desto stärker gestiegene Preise wurden wahrgenommen“ (Greitemeyer, Schulz-Hardt, Traut-
Mattausch & Frey, 2002, S. 22). Der Teuro-Effekt verunsichert nicht nur Konsumenten, sondern
auch Investoren. Personen, die davon ausgingen, dass der Euro die Börsen riskanter machen
würde, suchten vermehrt nach Informationen über die vermeintlichen Vorteile der Investition.
Jonas und Frey (2003) erklären diese verstärkte Suche nach Pro-Argumenten anhand der
120 Kirchler, E. (2011) - Wirtschaftspsychologie. Individuen, Gruppen, Märkte, Staat
Theorie der kognitiven Dissonanz (Festinger, 1957). Die Suche nach Investitionsvorteilen kann
die Befürchtung des erwarteten Euro-Risikos nivellieren. Neben nominellen Werten können
auch Preisendungen, sog. „psychologische Preise“, die Wahrnehmung des Geldwertes
beeinflussen.
Abbildung 9.16 Prozess der selektiven Fehlerkorrektur (Traut-Mattausch, Greitemeyer, Frey &
Schulz-Hardt, 2007, S. 427)
Endeten Preisauszeichnungen vor der Einführung des Euro häufig auf „9“ oder glatte Preise
(„0“ oder „5“), so wurden diese Schwellenwerte zu Beginn der Euroeinführung durch die
exakte Umrechnung im Rahmen der dualen Preisauszeichnung verdrängt (Deutsche
Bundesbank). Van Raaij und van Rijen (2003) stellten jedoch fest, dass vor allem auf „9“
endende Preise das Konsumentenverhalten kaum beeinflussten, solange kein ausreichende
Gefühl für den Wert von Preisen in Euro entwickelt war. Der subjektive Eindruck, mit der
Währungsumstellung seien die Preise für Güter gestiegen, stehen im Widerspruch zur objektiv
festgestellten Inflation. Der Güterbündel zur Messung der Inflation wird als Warenkorb
bezeichnet. Der Index der wahrgenommenen Inflation bezieht sich auf ausgewählte Güter,
den amtlichen Warenkorb und auf die Kaufhäufigkeit von Gütern sowie auf
Verlustparameter. Die Kaufhäufigkeit der einzelnen Güter des Warenkorbes wird in den
regelmäßigen Befragungen zum Verbraucherpreisindex festgestellt. Der Verlustparameter
basiert auf dem Konzept der Verlustaversion der Prospect-Theorie (Kahneman & Tversky,
1979): Verluste werden intensiver wahrgenommen als Gewinne. Demnach ist die
Wahrnehmung von Teuerungen intensiver als und asymmetrisch zur Wahrnehmung der
Verbilligung von Gütern (Brachinger, 2005a). Laut Hardie, Johnson und Fader (1993) wiegen
Verluste, je nachdem welcher Art sie sind, etwa 1.5-bis 2.5-mal so viel wie Gewinne. Vogel,
Menz und Fritsche (2009) untersuchten die Wahrnehmung der Inflationsrate in zwölf EU-
Staaten und fanden, dass zur Zeit der Währungsumstellung tatsächlich jene Produkte, die
teurer wurden, subjektiv wesentlich intensiver gewichtet wurden als jene, deren Preis gleich
blieb oder sank und weiter, dass entsprechend der Verfügbarkeitsheuristik häufig gekaufte
121 Kirchler, E. (2011) - Wirtschaftspsychologie. Individuen, Gruppen, Märkte, Staat
Produkte auch mehr Beachtung fanden als selten gekaufte. Die Frage, ob der Euro zu
Preissteigerungen geführt hat, kann im Sinne des amtlichen Verbraucherpreisindexes verneint
werden. Wird hingegen berücksichtigt, dass im Zuge der Einführung des Eurobargeldes
gerade jene Güter teurer geworden waren, die häufig gekauft wurden und dass
Konsumenten Teuerungen deutlich höher bewerten als Preissenkungen, so ist verständlich,
dass die gefühlte Inflation hoch war (Brachinger, 2005a).
Die Einführung des Euro stellte Konsumenten vor große Herausforderungen. Die neue
Preisskala war unbekannt und unmittelbar abrufbare Standards für den Wert von Preisen
fehlten. Meier-Pesti und Kirchler (2001) identifizierten folgende Anpassungsstrategien:
a) Exakte Umrechnung
b) Verzicht auf Umrechnung
c) Lernen einzelner Preise (sog. Ankerpreise oder Referenzbeträge), an denen andere
Preise gemessen werden
d) Lernen einzelner Euro-Eckbeträge (z. B. 100 Schilling= € 7), die als Schätzhilfe für
andere Beträge dienen
Die Strategie des exakten Umrechnens ist zwar im Vergleich zu den anderen Strategien die
genaueste, die Gewöhnung an den Euro wird aber verzögert. Die Häufigkeit genauen
Umrechnens, auch beim täglichen Einkauf, stieg mit zunehmenden Alter und war in unteren
Einkommens- und Bildungsschichten besonders ausgeprägt (Meier-Pesti & Kirchler, 2003c).
Marques und Dehaene (2004) untersuchten die Gewöhnung an den Euro und die
Entwicklung der Preisintuition, indem sie prüften, ob (a) Preise vollkommen neu erlernt werden,
oder ob (b) es zu einer Anpassung der mentalen Währungsskalierung kommt und dadurch
ein Gefühl für Europreise entwickelt wird. In Österreich kam es vorwiegend zu Lernprozessen
im täglichen Umgang mit neuen Preisen. Für häufig gekaufte Güter wurde daher schneller ein
Preisgefühl entwickelt. Die anfänglichen Schwierigkeiten mit der neuen Währung wurden im
Laufe der Zeit geringer. Die EU-Bürger gewöhnten sich an den Euro und entwickelten
zunehmend ein „Gefühl“ für die Preise. Dass manche Personen nach wie vor über
Gewöhnungsschwierigkeiten klagen, ist aus psychologischer Sicht nicht verwunderlich, wo
doch anzunehmen ist, dass Euro-Gegner „immer schon wussten“, dass es Probleme geben
würde und selektiv die Probleme wahrnahmen und damit ihre Erwartungen bestätigen.
122 Kirchler, E. (2011) - Wirtschaftspsychologie. Individuen, Gruppen, Märkte, Staat
1. Einkommen, die aus legalen Quellen kommen, aber offiziell nicht deklariert werden.
2. Einkommenssummen aus illegalen Geschäften.
3. Arbeitsbereiche, die aus der offiziellen Wirtschaft ausgeschlossen sind wie Hausarbeit
und Selbstversorgung.
4. Wirtschaft der „Freunde der Freunde“ (Freunderlwirtschaft), die auf Basis
wechselseitigen Gebens und Nehmens beruht, wo Menschen mit Problemen mit
Menschen mit Lösungen zusammengebracht werden.
Amüsantes Beispiel über Studenten aus Sizilien, der bei Professor dissertieren will und über den
Freundeskreis eines Anwalts, der ihm noch einen Gefallen schuldet, via an den Professor
herankommt. Manche Geschäfte aber bleiben dabei nicht im Legalen.
Zumindest vier Kategorien von nicht offiziell erfassten Wirtschaftsbereichen können angeführt
werden:
1) Einkommen, die aus legalen Quellen kommen, aber offiziell nicht deklariert werden,
nur geschätzt und über ihre Bedeutung im Wirtschaftsleben nur Vermutungen
angestellt werden.
2) Zum anderen wachsen die Einkommenssummen aus illegalen Geschäften, wie
Drogenhandel, Prostitution, Hehlerei mit Diebesgut drastisch an, ohne dass sie in der
volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung aufscheinen. Henry (1978) macht darauf
aufmerksam, dass Geschäfte mit gestohlenen Gütern nicht wirklich dazu dienen, Geld
zu verdienen, sondern dazu, ein soziales Netz zu erhalten.
3) Weite Arbeitsbereiche aus der offiziellen Wirtschaft werden ausgeschlossen, wie
beispielsweise Hausarbeit und Selbstversorgung.
4) Letztendlich gibt es einen „Dienstleistungssektor“, der ziemlich unbeachtet neben den
verschiedenen Wirtschaftsbereichen blüht: Wirtschaft der „Freunde der Freunde“,
soziale Netzwerke, die auf der Basis des wechselseitigen Gebens und Nehmens
aufrechterhalten werden.
10.2 H AUSARBEIT
Der Ökonom Tschammer-Osten unterscheidet 4 faktorenorientierte Funktionsbereiche, die
gleichzeitig als Zielvorgaben zu verstehen sind:
123 Kirchler, E. (2011) - Wirtschaftspsychologie. Individuen, Gruppen, Märkte, Staat
Die Haushaltsmitglieder sind bestrebt Kapital, Informationen und Material zur Befriedigung
ihrer Bedürfnisse bereitzustellen und die Beziehungen miteinander so zu gestalten, dass auch
sozial-emotionale Bedürfnisse optimal befriedigt werden können. Um diese Ziele zu erreichen,
sind Aktivitäten notwendig, die Tschammer-Osten (1979) in vier prozessorientierte
Funktionsbereiche einteilt:
Die Hausarbeit stellt nicht nur eine bedeutende vernachlässigte Wirtschaftsgröße dar, die
damit verbundene Rollenteilung hat wesentlich zur Entwicklung der Wirtschaft beigetragen.
Wenn manche Personen die repetitive Arbeit im Haushalt verrichten, dann können sich
andere komplexeren Aufgaben widmen und Arbeiten verrichten, die in der Gesellschaft
einen höheren Stellenwert einnehmen. Seit den 1950er Jahren ist eine Zunahme der Do-it-
yourself-Tätigkeiten zu verzeichnen; gleichzeitig suchen Frauen vermehrt nach bezahlter
Arbeit außerhalb des Haushaltes (Galler & Ott, 1993). Zahlreiche empirische Studien
bestätigen, dass die Doppelbelastung durch Beruf und Hausarbeit vor allem Frauen betrifft
und Männer trotz Berufstätigkeit der Partnerin unwesentlich mehr Zeit in den Haushalt
investieren als Partner von Hausfrauen. Es scheint, dass Frauen nur dann mit der Verteilung der
Hausarbeit so zufrieden sind, wie die Männer, wenn sie die Verteilung als adäquat empfinden
und dies ist wahrscheinlich nur dann der Fall, wenn der Partner relativ zu anderen Männern
mehr Zeit in den Haushalt investiert. Der Wunsch und die Bereitschaft der Frauen, einer
bezahlten Arbeit nachzugehen, ändert sich schneller als die Bereitschaft der Männer im
Haushalt mitzuarbeiten, und als der Zeitaufwand, den Männer für den gemeinsamen
Haushalt zu erbringen bereit sein. Frauen verrichten wesentlich mehr Hausarbeit als Männer.
Die ungleiche Verteilung der Hausarbeit scheint häufig als gerecht empfunden zu werden
und Frauen und Männer scheinen etwas gleich zufrieden mit der Verteilung der Hausarbeit zu
sein. Großen Einfluss auf den Zeitaufwand für Hausarbeit hat auch das Rollenverständnis der
Frau. Je konservativer das Rollenverständnis, umso mehr Zeit wird in den Haushalt investiert.
10.3 W IRTSCHAFTSKRIMINALITÄT
124 Kirchler, E. (2011) - Wirtschaftspsychologie. Individuen, Gruppen, Märkte, Staat
Sutherland (1949) ordnet diesem Begriff kriminelle Aktivitäten von Personen mit hohem
sozialen Status zu, die ihre Position missbrauchen, indem sie Gesetze zu ihrem eigenen Vorteil
missachten. Braithwaite (2008) beschreibt Wirtschaftskriminalität als das Verhalten von
Organisationen oder von deren Mitgliedern, das gesetzlich geächtet und strafbar ist. Die
vorteile illegaler Handlungen dient dabei nicht dem individuellen Profit, sondern
Organisationszielen. Aus Profitgier, zur Kostensenkung, zur Unterhaltung eines Schwarzmarkts
oder um einen Rivalen außer Gefecht zu setzen, nehmen Unternehmen
Umweltverschmutzungen, finanzielle Bestechung, zweifelhafte Arbeitsverhältnisse und den
Vertrieb unsicherer Produkte im Kauf.
Begriffserklärung: Wirtschaftskriminalität
Die Wirtschaftskriminalität werden strafrechtlich Delikte zugeordnet, die im Rahmen
tatsächlicher oder vorgetäuschter wirtschaftlicher Betätigungen begangen werden oder über die
Schädigung des Einzelnen hinaus das Wirtschaftsleben beeinträchtigen oder die Allgemeinheit
Die individuellen
schädigen Ursachen
(z. B. fürProduktpiraterie,
die kriminellen Handlungen
Bestechung,werden von Nestler &
Geldwäsche, Salvenmoser
Insiderhandel,
(2005) in drei Faktoren gesehen:
Steuerhinterziehung, Buchführungsdelikte, Computerkriminalität).
10.4 S CHATTENWIRTSCHAFT
Begriffserklärung: Schattenwirtschaft
Jene Wirtschaftsbereiche, die in offiziellen Statistiken nicht aufscheinen, werden häufig als
Schattenwirtschaft, irreguläre Ökonomie, parallele oder sekundäre Ökonomie, illegale,
verborgene oder heimliche Wirtschaft oder auch Schwarzarbeit bezeichnet.
Nach Schmölders (1980, S. 372 f.) umfasst Schattenwirtschaft, neben den Finanztransaktionen
der Untergrundszene eine Grauzone die nicht steuer- und anmeldepflichtigen
Nebeneinnahmen und Veräußerungserlöse, der Steuerersparnisse aus anerkannten
Verlustzuweisungen und Bewertungsdifferenzen sowie die „schwarzen“ Gelder aus
Gelegenheitsgeschäften, Privatspekulationen, Gefälligkeitsprovision und Bestechung,
Steuerhinterziehung und Subventionsbetrug,…; dazu kommen noch die „Strumpfhorte“ der
misstrauischen Sparer, die Gold- und Wertpapierbestände in privaten Tresoren und
Verstecken, die der Erbschafts- und Vermögenssteuer vorenthalten bleiben, die anonymen
125 Kirchler, E. (2011) - Wirtschaftspsychologie. Individuen, Gruppen, Märkte, Staat
Schattenwirtschaft führt nicht nur dazu, dass offizielle Statistiken verzerrt werden, sondern
auch zu Steuereinbußen, die alle Staatsbürger tragen und damit möglicherweise zu
Staatsverdrossenheit. Es scheint sinnvoll, zwischen verschiedenen Bereichen der
Schattenwirtschaft zu unterscheiden, denn nur manche sind kriminell, andere dagegen
betreffen karitative Einrichtungen. Wie soll das Ausmaß der Schattenwirtschaft gemessen
werden, wenn die Beteiligten ihr Handeln zu verheimlichen versuchen?
Weck, Pommerehne & Frey (1984) unterscheiden direkte und indirekte Schätzmethoden:
Aber auch die Ursachen der Schattenwirtschaft sind schwierig auszumachen. Von
Ökonomen werden auf Basis des Menschenbilds des homo oeconomicus oft hohe
steuerliche Belastungen, hohe Sozialversicherungsabgaben und staatliche Einschränkungen
der Unternehmerfreiheit verantwortlich gemacht. Umgekehrt können Befürchtungen einer
hohen strafe, moralische Bedenken, mangelnde Zeit und strukturelle Veränderungen, die
etwa durch die Migration von Personen entstehen, Betätigungen in der Schattenwirtschaft
verhindern (Pelzmann, 1988).
- der Erwartungswert der Aufdeckung und der Strafe einer illegalen Aktivität
- die Erwerbsquote und die Arbeitszeit,
- die moralischen Hemmnisse gegenüber einer Tätigkeit in der Schattenwirtschaft und
- das (real) verfügbare Pro-Kopf-Einkommen
Weck, Pommerehne & Frey (1984) untersuchten die Bedeutung verschiedener Determinanten
in 17 OECD Ländern. Es zeigte sich, dass sich v. a. der Anteil direkter Steuern, die subjektiv
wahrgenommene Abgabenbelastung und die Steuerunmoral mit verdeckten
Wirtschaftsaktivitäten zusammenhängen. Je höher die Steuermoral in einem Land
ausgeprägt ist, umso weniger wird auch schwarzgearbeitet (Alm & Torgler, 2006) und mit dem
Staat bzw. den Behörden kooperiert (Frey & Torgler, 2007).
126 Kirchler, E. (2011) - Wirtschaftspsychologie. Individuen, Gruppen, Märkte, Staat
Der Staat kann seinen Aufgaben und Diensten nur nachkommen, wenn er über
wirtschaftliche Mittel, Arbeitsleistungen und Sachgüter verfügt. Steuern sind Abgaben, die
natürlichen und juristischen Personen seitens des öffentlich-rechtlichen Gemeinwesens
auferlegt werden. In den Finanzwissenschaften wir gelehrt, dass Steuern gerechtfertigt sind,
weil
a) weil durch die Besteuerung von gewissen Wirtschaftssektoren Mängel des freien
Marktsystems, das sich durch die Preise selbst reguliert, behoben werden können;
b) weil die ungerechte Ressourcenverteilung zwischen Arm und Reich in der
Gesellschaft korrigiert werden können und
c) weil Prozesse des Wirtschaftstreibens im Ganzen zentral zumindest etwas gesteuert
werden können (Lea, Tarpy & Webley, 1987).
Im Altertum wurden Abgaben zur Deckung des Finanzbedarfs des Staates als
außerordentliche Leistungen in Notzeiten von sozial minder privilegierten Gruppen getragen.
Seit etwa dem 17.
Jahrhundert entwickelt sich eine komplexe Geldwirtschaft, wie in etwa wir sie heute kennen
mit direkter und indirekter Besteuerung.
Direkte und indirekte Steuern:
Typische direkte Steuern sind Lohn- und Einkommenssteuer, Körperschafts- und Vermögenssteuer.
Im Gegensatz dazu sind die Mehrwertsteuer, Kraftfahrzeugsteuer oder Getränkesteuer indirekte
Steuern. Im ersten Fall führen jene Personen die anfallenden Steuerbeträge ab, im zweiten Fall
werden die Steuern von Personen erhoben, die sie nicht selbst tragen müssen, Bsp. führen
Unternehmen die Steuern an das Finanzamt ab, wälzen sie aber an Endverbraucher um
(Henrichsmeyer, Gans & Evers, 1982).
Mit der Übernahme von einer Vielzahl von Aufgaben seitens des Staats ist die Steuerlast
enorm gestiegen. Nachdem Steuern als Belastung empfunden werden und eine unmittelbare
Rückzahlung in Form von öffentlichen Gütern oft nicht klar ist, vielmehr in Medien von
Verschwendung öffentlicher Gelder, unüberlegten Investitionen und Ankäufen die Rede ist,
verwundert es nicht, wenn der Unwille Steuern zu zahlen, groß ist. Für den Großteil der
steuerpflichtigen Bürger ist es außerordentlich schwierig, die Steuergesetzgebung zu
verstehen. Die meisten Leute sind Umfragen zufolge konsequenterweise für die Reduktion der
Steuern, inkonsequenter Weise aber gleichzeitig für eine Erhöhung der Staatsausgaben für
öffentliche Güter.
128 Kirchler, E. (2011) - Wirtschaftspsychologie. Individuen, Gruppen, Märkte, Staat
In einer Studie von Kirchler (1998) sollten verschiedene Berufsgruppen freie Assoziationen zum
Thema Steuern angeben. Freiberuflich Tätige und Unternehmer sahen Steuern demnach als
gesetzlich erzwingbare Abgabe und empfanden Steuern als Demotivation und
Freiheitsreduktion. Angestellte und Beamte assoziierten häufiger Begriffe, die sich mit sozialer
Gerechtigkeit und Wohlfahrt decken. Arbeiter personifizierten die Abgaben anhand von
Politikern, die eher jenen zur persönlichen Bereicherung dienen sollten. Studenten, die als
einzige befragte Gruppe nicht direkt von Steuerabgaben selbst betroffen sind, distanzierten
sich gefühlsmäßig vom Stimuluswort. Es wurden außerdem Urteile über typische und ehrliche
Steuerzahler sowie über Steuersünder erhoben. Die Steuermoral dürfte nicht sehr hoch sein:
Steuersünder wurden als clever, typische Steuerzahler dagegen als faul und dumm
beschrieben. Ehrliche Steuerzahler stiegen am besten aus. Schmölders (1966) argumentiert,
dass die Steuermoral weniger mit rationalen Argumenten zu tun hat, als eher mit persönlichen
Einstellungen. Erfolgsmotivierte Gutverdiener, die beruflichen Erfolg über andere
Charakteristiken des Berufs stellen, sowie religiös wenig engagierte Menschen verfügen oft
über eine niedrige Steuermoral. Strümper (1969) fügt dem hinzu, dass auch die
wahrgenommene Rigidität des Staates ein entscheidendes Kriterium ist.
Wenn die Bürger so lax sind ihren Pflichten gegenüber, ist es dann nicht naheliegend, dass sie
ihren Staat als Gegner betrachten? In vielen Ländern ist Steuerhinterziehung zu einem groben
Problem geworden. Reaktanz Phänomene gegen Steuern dürften vor allem bei
Selbständigen hoch sein, da sie Geld, das sie schon einmal in der Tasche hatten, wieder
abgeben sollen und daher ihre persönliche Handlungsfreiheit noch viel mehr eingeschränkt
sehen als Angestellte, die ihr Gehalt gleich unter Abzug der Steuern ausbezahlt bekommen.
Während Steuerhinterziehung eine Fluchtmöglichkeit bedeutet, ist Schattenwirtschaft eine
weitere. Bezugnehmend auf die Prospect-Theorie ist zu erwarten, dass Personen, die,
nachdem sie monatlich Steuerabgaben im Voraus entrichtet haben, am Ende eines
Wirtschaftsjahres einen weiteren Betrag nachzahlen müssen, die Zahlung als Verlust erleben
und versuchen, Widerstand zu leisten. Wenn Belastungen und Sparmaßnahmen seitens des
Staates unverständlich sind, als unabänderlich und dauerhaft wahrgenommen werden, dann
sind Frustrationen möglich. Erwartungen werden modifiziert und die Leistungsmotivation sinkt
aufgrund von Pessimismus und Hilflosigkeitsgefühlen. Als anwendungsorientierte Konsequenz
könnte dem Finanzminister, auch in Bezugnahme auf die Spitzen-Ende-Regel von
Kahnemann der Vorschlag unterbreitet werden, hohe Steuervorschreibungen zu
Jahresanfang zu machen, damit dann ein Guthaben entsteht, dass zu Jahresende
zurückgezahlt werden kann. Die Steuerzahler würden dann vor allem den positiven Effekt in
Erinnerung behalten. Eine weitere Möglichkeit Reaktanz zu vermeiden besteht darin,
akzeptable Erklärungen für Veränderungen anzubieten oder bestimmte Steuern oder
Steuererhöhungen zeitlich zu begrenzen.
Ein Paradigma, das im Studium des Steuerverhaltens besonders brauchbar scheint, ist das des
sozialen Dilemmas.
Beispiel:
Wenn Freunde zusammen im Restaurant essen und es üblich ist, die Rechnung gemeinsam zu
bezahlen, dann werden häufig teurere Speisen bestellt als in jenen Fällen, bei denen jeder seine
Bestellung selbst bezahlt. Ökonomisch wäre es vernünftig, eine teure Alternative zu wählen. Wenn
aber alle egoistisch handeln, kommen letztendlich alle schlechter davon, denn die Gesamtrechnung
wird übermäßig hoch.
129 Kirchler, E. (2011) - Wirtschaftspsychologie. Individuen, Gruppen, Märkte, Staat
Wohl jeder Steuerzahler ist bestrebt, so viele Ausgaben geltend zu machen wie möglich, um
Steuern zu sparen. Wenn aber alle die Bezahlung von Steuern vermeiden oder Steuern
hinterziehen, dann steht die Gemeinschaft und letztlich wieder der Einzelne schlechter da, als
in jenen Fall, in dem alle vorschriftsmäßig ihre Beiträge zum staatlichen Haushalt leisten.
a) Jedes Individuum ist gut beraten egoistisch zu handeln und seinen eigenen Gewinn zu
maximieren, unabhängig davon, was die anderen in der jeweiligen Situation tun.
Defektion ist die vernünftigste Strategie; Kooperation ist nicht ratsam
b) Die Gesamtheit aller Individuen kommt dann besser davon, wenn alle einander
vertrauen und kooperieren.
a) Entweder ein gemeinsames Gut von Einzelnen benutzt werden kann und die Gefahr
der Ausbeutung besteht (z. B. Schwarzfahren), oder dass
b) Von einzelnen Beiträge zu leisten sind, etwa Steuern, mit welchen insgesamt, wenn
eine entsprechende Summe zustande kommt, die Schaffung von gemeinschaftlichen
Einrichtungen möglich ist.
In der Psychologie werden vor allem experimentelle Spiele konzipiert, die als Dilemmas
interpretiert werden können und dazu dienen, die wechselseitige Abhängigkeit von Personen
zu studieren. Ein von mehr als zwei Personen gespieltes Gefangenen-Dilemma etwa ist ein
Beispiel für ein soziales Dilemma. Die Ökonomie geht davon aus, dass Menschen
nutzenmaximierend handeln und daher eher egoistisch sind. Tatsächlich kann beobachtet
werden, dass Menschen selbstbezogen handeln, oft aber auch altruistisch. Personen
kooperieren dann eher, wenn sie miteinander kommunizieren können und annehmen, dass
andere ebenfalls kooperieren oder kooperieren würden.
Zusammenfassend liegen die Ökonomen falsch, wenn sie glauben, Personen würden sich
immer nur egoistisch verhalten. Psychologen beschreiben das soziale Dilemma als komplexe
soziale Konfliktsituation und vermuten, dass die Auswahl einer Strategie eines Teilnehmers von
der Möglichkeit, mit den anderen zu sprechen, das Experiment wiederholt zu spielen, der
Wahrscheinlichkeit, dass der eigene Beitrag aufgedeckt wird, den subjektiven Vermutungen
über das Verhalten der anderen, dem wechselseitigen Vertrauen und von
Persönlichkeitseigenschaften der Teilnehmer abhängt.
Steuern können vermieden werden, indem nicht konsumiert wird und damit die auf
Konsumgütern aufgeschlagenen Steuern nicht bezahlt werden. Dies ist z.B. eine legale Art
Steuern zu vermeiden. Steuerhinterziehung aber ist illegal. Die Tendenz der Hinterziehung setzt
sich für Ökonomen zusammen aus:
In einem Experiment von Alm, Cronshaw und McKee (1993) wurden vier verschiedene
Kontrollmechanismen untersucht und in ihrer Wirkungsweise auf die Deklarationshöhe
verglichen. Ein Kontrollmechanismus bestand in der Möglichkeit der Finanzbehörden all jene
Steuerpflichtigen mit Gewissheit zu prüfen, deren deklariertes Einkommen unterhalb eines
bestimmten Mindestsatzes gelegen war. Ein weiterer Kontrollmechanismus bestand darin,
überführte Steuerhinterzieher nicht nur für die aktuelle Steuerperiode sondern rückwirkend für
eine bestimmte Anzahl an vergangenen Perioden zu überprüfen, während der letzte
Kontrollmechanismus darin bestanden hat, dass überführte Steuerhinterzieher mit einer
höheren zukünftigen Überprüfungswahrscheinlichkeit rechne mussten als ehrliche
Steuerzahler. Die Ergebnisse zeigen, dass die Deklarationshöhe in den experimentellen
Bedingungen mit alternativen Kontrollmechanismen höher war als in jenen mit
konventionellem zufallsbedingten Kontrollsystem und dies obwohl in den experimentellen
Bedingungen eine signifikant geringere Anzahl an Steuerüberprüfungen durchgeführt wurde
als im zufallsbedingten Kontrollsystem.
Alm, McClelland und Schulze (1999) untersuchten das Steuerverhalten in einem Experiment,
wobei die Teilnehmer das Steuersystem aktiv per Mehrheitswahl mitgestalten konnten.
Abgeführte Steuern wurden in ein öffentliches Gut investiert, das allen Steuerpflichtigen –
auch Steuerhinterziehern – zugänglich war. Die Ergebnisse zeigen, dass mehrheitlich gegen
eine Verschärfung des Steuersystems gestimmt wurde, insbesondere gegen eine Anhebung
von Überprüfungswahrscheinlichkeit und Steuerstrafe. Die Autoren erklären ihre Ergebnisse im
Sinne der „Crowding-out“-Hypothese, wonach soziale Normen und das Abführen von Steuern
durch exogene Straf- und Kontrollmechanismen negativ beeinflusst werden.
Gerade Wirtschafts- und speziell Steuervergehen ist oft durch Geldstrafen wenig effizient zu
begegnen. Häufig werden Sühne und Beschämung als wesentlich wirksamere Strafen
angesehen (Braithwaite & Wenzel, 2008; Coricelli, Joffily, Montmarquette & Villeval, 2007).
Eine Vielzahl empirischer Untersuchungen zeigt, dass formale ökonomische Modelle, die
lediglich monetäre Konsequenzen individuellen Verhaltens berücksichtigen und intrinsische
Motive außer Acht lassen, nicht ausreichen, um Steuerhinterziehung adäquat zu beschreiben.
Tatsächlich muss zwischen Steuerzahlern mit unterschiedlichen motivationalen Tendenzen
unterschieden werden. Im Modell zur Steuerehrlichkeit der australischen Steuerbehörde
(Braithwaite, 2003, a, 2009; James, Hasseldine, Hite & Toumi, 2003) wird zwischen dem großen
Prozentsatz der Steuerzahler, die ihre Aufgaben ehrlich leisten („commitment“) und solchen,
die ihre Steuern zahlen, weil sie den Gesetzen nicht entkommen können („capitulation“)
unterschieden. Relativ wenige Steuerzahler leisten Widerstand („resistance“) gegen die
Steuergesetzte oder ignorieren den Staat und seine Regelungen völlig („disengagement“).
131 Kirchler, E. (2011) - Wirtschaftspsychologie. Individuen, Gruppen, Märkte, Staat
Ein weiterer geringer Teil der Bürger versucht durch List den Verpflichtungen zu entkommen
(„game playing“).
Ausgehend von der Theorie des vernünftigen Handelns von Fishbein & Ajzen (1975) ist
anzunehmen, dass das Verhalten, im aktuellen Fall die Steuerhinterziehung- von den
Intentionen einer Person abhängt, die wiederum eine Funktion der Einstellung sowie der
wahrgenommenen und als verpflichtend wahrgenommenen Normen ist. Die Intention,
Steuern nicht zu bezahlen und die tatsächliche Steuerhinterziehung dürften also von der
Steuermoral, die weitgehend die Einstellung einer Person abbildet, abhängen. Dabei dürfte
die wahrgenommene eigene Finanzlage sowie Persönlichkeitsfaktoren eine wichtige Rolle
spielen. Im Hinblick auf Fishbein & Ajzen ist vor allem der erlebte soziale Druck wichtig. Wenn
eine Person nach besonders strengen moralischen Prinzipien lebt und die Gesellschaft als
Kontrollinstanz wahrnimmt, die kriminelles Verhalten nicht duldet, dann dürfte die Tendenz zu
Steuerhinterziehung gering sein. Selbstständige, welche die Möglichkeit haben, Kosten
abzusetzen, verschiedene Einnahmen zu deklarieren oder nicht, hinterziehen eher Steuern.
Schließlich macht auch die Gelegenheit den Dieb.
Sozialpsychologisches Modell der Steuerhinterziehung von Weigel, Hessing & Elffers (1987, S.
229)
132 Kirchler, E. (2011) - Wirtschaftspsychologie. Individuen, Gruppen, Märkte, Staat
Folgt man dem „Slippery Slope-Modell“, so hängt Steuerehrlichkeit zum einen von der Macht
des Staates ab, die Steuerzahler zur Kooperation zu zwingen. Zum anderen hängt
Steuerehrlichkeit von, durch Vertrauen in die staatlichen Institutionen motivierter, freiwilliger
Kooperation der Bürger ab. Geringe Steuerehrlichkeit ist dann zu erwarten, wenn den
Behörden die Mittel fehlen, Steuerzahler zur Ehrlichkeit zu zwingen und wenn Ihnen
gleichzeitig misstraut wird. Steuerehrlichkeit wird dann erzwungen, wenn die Macht des
Staates, effiziente Kontrollen durchzuführen und wirksame Strafen zu verhängen, hoch und
gleichzeitig das Vertrauensklima ungünstig ist, also Misstrauen vorherrscht. Nur in einem
vertrauensvollen Klima kann es zu freiwilliger Steuerehrlichkeit kommen. Je nach Form von
Macht kann es zu Interaktionsprozessen zwischen einem vertrauensvollen Klima und einem
Klima des Misstrauens kommen. Steuerzahler, die von den Steuerbehörden mit Respekt
behandelt werden, könnten durch die Macht des Staates dahingehend gestärkt werden,
dass sie unehrliche Steuerzahler bei den Behörden melden und gleichzeitig die Macht des
Staates als Garant für das „öffentliche Gut Kooperation“ ansehen. Andererseits könnte
Macht, die auf Zwang und Druck basiert, zu vielen Kontrollen und harten Strafen führen, was
das Vertrauen von freiwillig ehrlichem Steuerzahler schwächt.
Abbildung 10.15 „Slippery Slope-Modell“: Kooperation in Abhängigkeit von der Macht des
Staates und dem Vertrauen in den Staat (nach Kirchler, Hoelzl & Wahl, 2008)
Der starke Abfall der Steuerehrlichkeit in der Mitte des Modells zeigt an, dass ein leichter Abfall
in einer der beiden Dimensionen zu einem starken Abfall der Steuerehrlichkeit führen kann.
Auch wenn die Hinterziehung von Steuern als Kavaliersdelikt angesehen wird, ist doch
anzunehmen, dass nur widerwillig über Steuerverhalten Auskunft gegeben wird und
Fragebögen selten unverfälscht beantworten. Die meist benutzte Datenquelle zum Studium
der Steuerhinterziehung sind verbale Statements von Personen über ihr vergangenes
134 Kirchler, E. (2011) - Wirtschaftspsychologie. Individuen, Gruppen, Märkte, Staat
Verhalten. Hessing, Ellfers & Weigel (1988) hatten die Gelegenheit, von offiziellen
niederländischen Stellen Informationen über Steuersünder zu bekommen und konnten deren
beobachtetes Verhalten mit Selbstberichten vergleichen. Nur 31 % der Steuersünder gaben
zu, Steuern hinterzogen zu haben. Dagegen gab aber ein Viertel der „sauberen“ Steuerzahler
an, Steuern nicht abgeführt zu haben. Die registrierten Verhaltensdaten und die Höhe der
hinterzogenen Steuern korrelieren im Gegensatz zu Fishbein & Ajzen (1975) Modell mit
Einstellungen und subjektiven Normendruck nicht, wohl aber mit persönlichkeitsspezifischen
Charakteristika, wie Konkurrenzorientierung, Egoismus, Toleranz gegenüber illegalem Handeln
und Unzufriedenheit mit dem eigenen Leben.
Eine interessante Technik zur Feststellung von Steuersünden kommt aus den
Finanzwissenschaften und wird von Nigrini (1992) beschrieben. Er geht davon aus, dass aus
den angegebenen Beträgen in Steuererklärungen abgelesen werden kann, ob eine Person
die wahren Einkommen und Ausgaben deklariert oder bewusst gefälscht hat. Dabei geht er
von Benfords Gesetz aus. Benford berechnete die Auftrittswahrscheinlichkeit von Ziffern in
Zahlentafeln, wobei die Zahlen statistische Werte darstellen, die bei einer beliebigen Aufgabe
gesammelt wurden. Er berechnete die Auftrittswahrscheinlichkeit von Ziffern an
unterschiedlichen Stellen in mehrstelligen Zahlen. Diese Wahrscheinlichkeiten sind als Benfords
Gesetz bekannt. Bei klassischen Wahrscheinlichkeitsrechnungen (etwa beim Roulette)
erscheint jede Zahl mit derselben Wahrscheinlichkeit. Nicht so aber bei „natürlichen“
Phänomenen, die beobachtet werden oder wenn statistische Werte im Rahmen einer
bestimmten Aufgabe gesammelt werden. In absichtlich modifizierten Bilanzen müssten also
laut Nigrini die Ziffern vom Erwartungswert abweichen. In Gewinnbeträgen wird öfters die
Ziffer null stehen und die erste Ziffer wird häufiger als erwartet eine kleine Ziffer sein; in
Verlustbeträgen wird die Ziffer null seltener, aber hohe Ziffern werden an erster Stelle öfters zu
finden sein. Nun nimmt Nigrini an, dass Manager, die darauf erpicht sind, ihr Unternehmen
positiv zu beschreiben, dazu tendieren, die Bilanz positiver darzustellen, als sie tatsächlich ist.
Ein Gewinn von 9.987 Geldeinheit schaut wesentlich geringer aus, als ein Gewinn von 10.002
Einheiten. Die Differenz von 15 Einheiten ist aber gering, so dass die „leichte Korrektur“
objektiv betrachtet kaum ins Gewicht fällt, auf den ersten Blick aber Daten liefert, die
imponieren.
Lochbuy & O’Rourke beschäftigen sich ebenfalls mit der Entdeckung von Steuersündern. Sie
griffen dabei auf den Inhalt des Spruches „nomen est omen“ zurück. Die Autoren verglichen
die Häufigkeit von Anfangsbuchstaben der Familiennahmen von entdeckten Steuersündern.
Dabei fanden sie, dass Personen, deren Familiennamen mit B oder W beginnt, signifikant
häufiger in der Liste der Steuersünder aufschienen. Ob sich wohl mit der Heirat und
Namensänderung einer Person auch die scheinbare Tendenz zur Steuerhinterziehung ändert?
135 Kirchler, E. (2011) - Wirtschaftspsychologie. Individuen, Gruppen, Märkte, Staat
Die Zufriedenheit, die im vierten Quadranten lokalisiert ist, kann sich auf Teilbereiche des
Lebens beziehen und vorübergehend sein oder andauern. Während Genuss ein
vorübergehendes, auf einen Teilaspekt bezogenes Gefühl darstellt, können religiöse,
sinnstiftende Erfahrungen tiefgreifend, das Leben insgesamt umfassend, aber nicht beständig
sein.
Mayring (1991) unterscheidet zwischen aktuellem Glückserleben und biografisch
entwickeltem Lebensglück. Während der aktuelle Gefühlszustand situativ bedingt, zeitlich
vorübergehend und deshalb von kurzer Dauer ist, währt das Lebensglück länger, ist in der
Person selbst begründet und von der jeweiligen Situation kaum betroffen. Aktuelles
Glücksempfinden entspringt positiven Emotionen, Freude und Begeisterung, wird intensiv
erlebt, führt zu gesteigertem Selbstwertgefühl und einem positiven Selbstkonzept und fördert
das soziale Interesse sowie die soziale Zugänglichkeit der Person.
Vier Formen des Wohlbefindens werden nach Schumacher, Klaiberg und Brähler
unterschieden:
a) Das aktuelle psychische Wohlbefinden (z. b. Freude, Glücksgefühl)
b) Das habituelle physische Wohlbefinden, charakterisiert durch andauernden
Optimismus.
c) Das aktuelle physische Wohlbefinden, welches durch Gefühle der Stärke und Vitalität
gekennzeichnet ist und
d) Das habituelle physische Wohlbefinden, das auf andauernder Freiheit von
körperlichen Beschwerden beruht. Die subjektive Bewertung des habituellen
psychischen und physischen Wohlbefindens ergibt schließlich die allgemeine
Lebenszufriedenheit.
Frey (2008) unterscheidet mit Nettle (2005) drei Konzepte oder Ebenen des Glücks:
a) Die aktuelle Stimmung oder positive und negative Affekte, die Freude, Dankbarkeit,
Vergnügen aber auch Ärger, Angst oder Unlust bedeuten können
b) Zufriedenheit mit dem Leben allgemein oder Lebenszufriedenheit und
c) Qualität des Lebens, welche durch die Erfüllung der eigenen Möglichkeiten gegeben
ist.
Neben uni- und multidimensionalen Instrumentarien, die häufig darauf abzielen, die
subjektive Sicht der Befragten zu erheben, werden in der Gesundheitsforschung auch
Fremdbeurteilungsinstrumente angewandt, welche den Anspruch erheben, die
Lebensqualität einer Person, vor allem jene, welche auf dem Gesundheitszustand basiert, sei
durch Außenstehende feststellbar und damit normativ festlegbar. In Untersuchungen über
finanzielle Entscheidungen in Partnerschaften konnte festgestellt werden, dass es Ehepartnern
nicht gelingt, die Befindenslage des Anderen sowie deren Ursachen präzise einzuschätzen.
Deshalb ist es nicht verwunderlich, wenn in der gängigen Forschung Betroffene meist befragt
oder Fragebögen und Adjektivlisten beantworten, die unterschiedlich komplex sind. Nicht nur
die Erinnerung an vergangene Entscheidungssituationen und die Aggregation zu einem
Befindens- oder Zufriedenheitsindex ist problematisch, sondern auch mögliche Verzerrungen
aufgrund sozial erwünschter Antworttendenzen sind zu berücksichtigen. So wird in
Befragungen über die Beziehungsqualität häufig eine massive Überschätzung der eignen
Zufriedenheit festgestellt. Der Durchschnittswert der Zufriedenheitsurteile auf siebenstufigen
Bewertungsskalen liegt nicht selten bei einem Wert von sechs, der hohe Zufriedenheit
bedeutet und deutlich von dem Erwartungswert der hypothetisch normalverteilten
Eigenschaft auf einer siebenstufigen Skala abweicht. Wenn komplexe Information zu
verarbeiten sind, wenn wenig Zeit zur Verfügung steht und wenn Ereignisse unaufmerksam
wahrgenommen werden und deshalb schlecht erinnert werden können, dann greifen
Befragte häufig auf Stereotype und Vorurteile zurück und berichten diese. Oft gehen leicht
verfügbare Erinnerungen mit wesentlich größerem Gewicht in Zufriedenheitsbeurteilungen ein
als häufige, aber weniger saliente Erfahrungen. Erklärungen bieten die Untersuchungen über
Urteilsheuristiken (Tversky & Kahnemann, 1974). Kahnemann (1994) zeigte, dass Erfahrungen
anhand der „Spitzen-Ende“-Regel beurteilt werden und nicht die gesamte Erfahrung in ihrer
zeitlichen Dauer vom Beginn bis zum Ende in das Urteil einfließt.
Gordon Bower (1981) nimmt an, dass stimmungskongruente Erfahrungen besser erinnert
werden, als stimmungsinkongruente. Wenn sich Befragte während der Befragung in positiver
Stimmung befinden, erinnern sie sich eher an angenehme Ereignisse als an unangenehme
und verschätzen sich dementsprechend in ihren Angaben über Auftrittswahrscheinlichkeiten
und in der Bewertung von Erfahrungen. In einem ästhetisch ansprechenden Raum ist das
allgemeine Befinden besser als in einem ungemütlichen, und die generelle
Lebenszufriedenheit wird höher eingestuft (Schwarz, Strack, Kommer & Wagner, 1987).
Bohner, Bless, Schwarz und Strack (1988) wiesen nach, dass Personen geneigt sind, nach
negativen Ereignissen intensiver nach Ursachen zu suchen als nach positiven oder emotional
indifferenten Ereignissen. Wenn intensiv nach Ursachen gesucht wird, ist anzunehmen, dass
Ereignisse auch mit größerer Aufmerksamkeit verfolgt und Informationen gründlicher
verarbeitet werden, so dass negative Ereignisse, wenn die Emotionen nicht allzu intensiv
waren, akkurater erinnert werden als neutrale oder positive.
Gegen Fragebögen sprechen nicht nur Erinnerungsfehler. Im Fragebogen ist es schwer
möglich, die Dynamik des Alltagsgeschehens abzubilden. Die unübersehbaren Mängel an
ökologischer Validität, Probleme der stimmungsabhängigen Erinnerung an banale Ereignisse
und Urteilsfehler aufgrund der aktuellen Stimmung und Fragenbogenkonzeption können im
Tagebuchverfahren reduziert werden. Tagebücher, welche die Eintragung von Erfahrungen
dann verlangen, wenn die Erfahrungen gerade erlebt werden, bieten zudem die Möglichkeit
Prozesse zu studieren und nicht nur Daten komprimierter Erfahrungen zu erfassen. Jedoch
kann auch mittels Fragebogen eine zuverlässige und valide Messung gemacht werden.
Personen, die sich im Fragebogen als glücklicher einschätzen, lächeln häufiger, initiieren eher
Sozialkontakte als andere, sind hilfsbereiter und fehlen seltener am Arbeitsplatz. Brandstätter
(1977) konstruierte ein Zeitstichprobentagebuch, das erlaubt, das Befinden im Alltag zu
analysieren und in modifizierter Form geeignet erscheint, auch den Familienalltag zu
138 Kirchler, E. (2011) - Wirtschaftspsychologie. Individuen, Gruppen, Märkte, Staat
Merke:
Die reichen Länder sind zwar im Schnitt zufriedener als sie Armen und die Reichen in den
Industriestaaten sind glücklicher als die Armen, aber die wesentlichen Determinanten der
Zufriedenheit sind nicht materielle Werte, sondern eine gut funktionierende Partnerschaft, ein enger
Freundeskreis, Aktivitäten in Clubs und Vereinen, Arbeit anstelle von Arbeitslosigkeit und zuletzt
eine persönliche Disposition zu Optimismus und Zufriedenheit (z. B. Frey, 2008; Stutzer, 2003).
Frey (2008) und Stutzer (2003) unterscheiden zwischen verschiedenen Determinanten von
Wohlbefinden und Zufriedenheit:
a) Persönlichkeitsfaktoren
Persönlichkeitsfaktoren wie Selbstwertgefühl, Wahrnehmung von Kontrolle, Optimismus,
Extraversion und stabile emotionale Grundstimmung sind mit dem Wohlbefinden korreliert.
Menschen, die einen „Sinn“ in ihrem Leben sehen, sind insgesamt zufriedener mit sich
selbst und der Welt als andere, die das für sich selbst nicht empfinden. Ob der Sinn des
Lebens religiösen Werten oder karitativen Aktivitäten entspringt oder sich in einem für
Außenstehende skurrilen Hobby ausdrückt, ist dabei nicht weiter wichtig.
b) Soziodemografische Faktoren
Soziodemografische Faktoren wie Alter, Geschlecht, Familienstand korrelieren eher gering
mit dem Wohlbefinden, „daily hassles“ sind ein wichtiger Einflussfaktor. Tendenziell geben
ältere Personen und Frauen höhere Werte an als jüngere Männer. Hohe Zufriedenheit
ergab sich in verschiedenen Studien bei Paaren, die verheiratet und deren Kinder bereits
erwachsen und außer Haus waren. Sowohl verheiratete Frauen als auch Männer sind
glücklicher als geschiedene, verwitwete oder unverheiratete.
c) Ökonomische Faktoren
Ökonomische Faktoren, wie z. B. Einkommen und materieller Besitz, Arbeitslosigkeit sowie
die Höhe der Inflation stehen mit Zufriedenheit in Zusammenhang. Vor allem das
Einkommen sollte mit Zufriedenheit hoch korrelieren, da ein hohes Einkommen viele
Konsummöglichkeiten bietet und damit zumindest die Befriedigung von materiellen
Bedürfnissen. Die Höhe des Einkommen, Lotteriegewinne oder materieller Besetz werden
vielfach nicht als Garanten für Glück gesehen. Geld beruhigt zwar, macht aber nicht
139 Kirchler, E. (2011) - Wirtschaftspsychologie. Individuen, Gruppen, Märkte, Staat
wirklich längerfristig glücklich. Nach einer Weile des Hochgefühls gewöhnen sich
Menschen an den neuen Lebensstandard, das Anspruchsniveau passt sich an die
wahrgenommene Umwelt an.
Veenhoven folgert, dass Zufriedenheit nicht nur auf Vergleichsprozessen basiert und sich
das Anspruchsniveau nicht ausnahmslos an die gegebenen Umstände anpasst. Vielmehr
passiert das Glücksgefühl auf der Befriedigung von bio-psychologischen Bedürfnissen, die
sich nicht nach der gegebenen Situation kalibrieren und dadurch die Grenzen der
menschlichen Anpassungsfähigkeit aufzeigen: Von chronischen Hunger, Gefahr und
Isolation betroffene Menschen können nicht glücklich sein und daher ist Glück in jenem
Maß nicht relativ, als es auf der Befriedigung der genannten bio-psychologischen
Bedürfnisse basiert. Über einen bestimmten Punkt hinausgehend führt das Streben nach
sozialem ansehen nicht mehr zu einer Steigerung der Zufriedenheit, sondern wird vielleicht
zu einem eigenständigen und mit dem Bedürfnis nach Zufriedenheit konkurrierenden
motivationalen System.
d) Situative Faktoren
Situative Faktoren wie Arbeit- und Lebensbeziehung, soziale Beziehungen zu
Mitarbeitern, Verwandten und Freunden sind für das Wohlbefinden von Bedeutung.
Viel Arbeit im Gegensatz zu Freizeit macht tendenziell unglücklich, es sei denn, es
handle sich um eine anspruchsvolle Aufgabe, die eine Person völlig absorbiert, auf
welche sie sich konzentriert und mit welcher sie sich erfolgreich beschäftigt, sich in der
Tätigkeit vertieft und die Welt um sich herum vergisst. Die Bedeutung der Zufriedenheit
ist auch aus humanistischen Forderung nach Möglichkeiten zur Selbstentfaltung der
Person verständlich und vor allem auch aus der Perspektive gesundheitserhaltender
und –fördernder Verpflichtungen relevant. „Der Erhalt der Gesundheit und das
körperliche, psychische und soziale Wohlbefinden des arbeitstätigen Menschen sind
unter dem Gesichtspunkt des Arbeits- und Gesundheitsschutzes, der
persönlichkeitsförderlichen Gestaltung des Arbeitslebens, ein zentrales Anliegen“
(Frieling & Sonntag, 1999, S. 193). Berufsarbeit ist für viele Arbeitstätige bedeutsam und
Quelle von Sinn und persönlichen Wert in der Gesellschaft. Die Mehrzahl der
Mitarbeiter sucht am Arbeitsplatz Verantwortung und Selbstbestimmung, so dass
Talente und Fähigkeiten angewandt und verbesswert werden können. Wer ein
besseres Vertrauensverhältnis zu Vorgesetzten und Kollegen hat, gewinnt im
Durchschnitt so viel an Zufriedenheit, wie ihm nur ein massiver Einkommensanstieg
bringen würde. Frey (2008) und Stutzer (2003) stellten fest, dass längere Anfahrtswege
zum Arbeitsplatz die Zufriedenheit reduzieren können. Je länger die Befragten täglich
pendeln, desto weniger zufrieden sind sie mit ihrem Leben. Wer weniger als zehn
Minuten pro Tag zur Arbeit unterwegs ist, beschreibt sich im Schnitt als zufriedener als
jemand, der täglich mehr als 30 Minuten aufbringen muss. Als negative Effekte der
Arbeit beschreibt er zu viele Arbeitsstunden für Arbeiter und stressvolles Pendeln zur
Arbeit. Besonders relevant sind gute Sozialkontakte. Die arbeitsbedingte
Notwendigkeit hoher Mobilität und Flexibilität, zu hoher TV-Konsum, etc. verhindern
Sozialkontakte. Sozialkontakte sind stete Quellen von neuem, was Aufmerksamkeit,
Neugier und Auseinandersetzung fördert. Da alle materiellen Dinge, mit denen sich
Konsumenten umgeben können, schnell ihren Neuigkeitscharakter verlieren und somit
als Glücksquelle versiegen, lohnt es sich nicht, nach ihnen zu streben, sondern nach
Sozialkontakten.
e) Institutionelle Faktoren
Institutionelle Faktoren wie politische Mitbestimmung, politische Dezentralisierung,
ökonomische und persönliche Freiheit haben einen positiven Effekt auf die
140 Kirchler, E. (2011) - Wirtschaftspsychologie. Individuen, Gruppen, Märkte, Staat
Außer den Bestimmungsgründen sind psychologische Prozesse für das Verständnis von
Wohlbefinden und Zufriedenheit relevant:
a) Adaptionsprozesse sind wichtig, weil sich Menschen an veränderte
Umstände gewöhnen und weil sich entsprechend der hedonistischen
Adaption ihr Wohlbefinden nach einiger Zeit an die Veränderungen
anpasst.
b) Weiterhin ist das Anspruchsniveau relevant. Die Beurteilung der
eigenen Situation geschieht in Bezug auf Ansprüche und
Erwartungen. Wenn die eigenen Ansprüche realisiert werden, erhöht
sich die Zufriedenheit. Allerdings bleiben Ansprüche nicht stabil,
sondern ändern sich. Die Bedeutung des Anspruchsniveaus für die
Zufriedenheit ist im Zufriedenheitsmodell von Bruggemann, Großkurth
und Ulich (1975) reflektiert: Die Autoren postulieren verschiedene
Formen der Arbeitszufriedenheit als Ergebnis einer
Motivationsdynamik. Der Vergleich zwischen gegebenen Vor- und
Nachteilen (Ist-Zustand) mit den Erwartungen einer Person (Soll-
Zustand) kann einerseits geringe Divergenzen ergeben und zu
stabilisierter Zufriedenheit führen, wenn das Anspruchsniveau einer
Person stabil bleibt. Steigen die Ansprüche, resultiert progressive
Zufriedenheit. Ist-Soll-Divergenz führen zu einer diffusen
Unzufriedenheit, die eine Senkung des Anspruchsniveaus auslösen
kann und damit zu resignativer Zufriedenheit führt. Wird das
Anspruchsniveau beibehalten, könnte eine Person ihre
Wahrnehmung „korrigieren“ und die tatsächlich erhaltenen
Belohnungen aufwerten. Das Ergebnis wäre trotz Diskrepanz zwischen
Ist- und Soll-Zustand Zufriedenheit, allerdings Pseudozufriedenheit.
Unzufriedenheit resultiert bei Ist-.Soll-Diskrepanz nur dann, wenn das
Anspruchsniveau konstant bleibt, keine Wahrnehmungsverzerrung
geschehen und entweder keine Problemlösungsversuche
unternommen werden oder eine Person nach konstruktiver
Verbesserung sucht.
c) Schließlich sind auch soziale Vergleiche wichtig. Nachdem es für
Glück keinen absoluten Maßstab gibt, vergleichen Menschen ihre
Lage mit jener von anderen Personen. Ob das eigene Einkommen als
hoch oder niedrig erlebt wird, hängt davon ab, wie hoch das
Einkommen vergleichbarer anderer ist.
141 Kirchler, E. (2011) - Wirtschaftspsychologie. Individuen, Gruppen, Märkte, Staat
1. Intelligenz und Bildung (Gewicht=0): Ein hoher Intelligenzquotient bedeutet nicht höhere
Zufriedenheit. Wahrscheinlich entwickeln höher gebildete Personen höhere Ansprüche und
sind deshalb nicht glücklicher als Personen mit niedriger Bildung.
2. Einkommen (Gewicht=0.5): Mehr Geld macht ab einer bestimmten Höhe nicht glücklich!
Materieller Wohlstand ist kein Garant für subjektives Wohlbefinden.
3. Alter (Gewicht=0.5): Wenn einer Person gesund ist, ein gutes finanzielles Auskommen hat
und sich sinnvoll zu beschäftigen weiß, so steigt mit zunehmendem Alter die
Lebenszufriedenheit an.
4. Schönheit (Gewicht=1): Gut aussehende Menschen scheinen glücklicher zu sein als
andere, aber Schönheit ist relativ! Manches im Leben der Schönen dürfte einfacher sein als
für durchschnittlich aussehende Menschen. Um Neidgefühle zu vermeiden, ist es ratsam,
sich erst gar nicht mit anderen zu vergleichen.
5. Religion und Sinn im Leben (Gewicht=1.5): Wer einer Religionsgemeinschaft angehört und
seinen starken Glauben an Gott hat, findet Sinn im Leben und erträgt auch eher
Schicksalsschläge als Menschen, die weder an ein Leben nach dem Tod noch an Gott
glauben.
6. Hilfsbereitschaft (Gewicht=1.5): Hilfsbereitschaft, gemeinnützige Arbeit, Arbeit in karitativen
Vereinen und Altruismus sind Quellen von Zufriedenheit. Generöse Menschen sind
glücklicher als neidvolle Egoisten.
7. Maßvolle Wünsche (Gewicht=2): Bedürfnisse müssen gemäßigt werden! Wer seine
Ansprüche und Erwartungen allzu hoch setzt, wird leicht enttäuscht.
8. Freundschaften (Gewicht=2.5): Wer ein gut funktionierendes Netz an Freunden hat und
Freundschaften pflegt, ist glücklicher als Menschen, die ihre Zeit dem materiellen Besitz
widmen.
9. Partnerschaft (Gewicht=3): Verheiratete sind glücklicher als Menschen, die alleine leben,
geschieden oder verwitwet sind oder auch jene, die eine eheähnliche Beziehung ohne
Trauschein führen. Im Wesentlichen zeigte sich bei einer Studie von Blanchflower und
Oswald (2004), dass die Häufigkeit von Sex signifikant positiv mit Glück korreliert,
unabhängig von Geschlecht und dem Alter der Befragten.
10. Schließlich zählen auch die Gene (Gewicht=5): Persönlichkeitsmerkmale und der eigene
Lebensstil sind die bedeutendsten Determinanten von Lebenszufriedenheit. Sonnige
Gemüter genießen einen erheblichen Zufriedenheitsvorteil, manche Forscher taxieren den
Anteil der Gene an der Zufriedenheit auf 40 oder mehr Prozent. Extravertierte und
emotional stabile, selbstbewusste Menschen sind generell glücklicher als introvertierte und
11.5 Lneurotische
EBENSZUFRIEDENHEIT
Menschen. UND B RUTTOINLANDSPRODUKT
Wer zu materiellen Wohlstand kommt, ist zwar kurzfristig zufriedener, aber bald ist die
verbesserte Lage selbstverständlich geworden und neutraler Referenzpunkt in der Beurteilung
der eigenen Lebenslage. Stellen wir uns vor, dass es völlig gleichgültig ist, ob wir uns
bemühen, Lebensumstände so zu gestalten, dass wir zufrieden sind oder nicht; langfristig ist
kein Effekt auf die subjektive Lebenszufriedenheit nachweisbar. Das klingt unplausibel!
Tatsächlich sind diese Visionen aber nicht völlig absurd; sie basieren auf einem vielfach
akzeptierten Modell subjektiven Wohlbefindens. Das Modell wurde von Brickman und
Campbell (1971) Modell der „hedonistischen Tretmühle“ bezeichnet. Die Annahme ist, dass
emotionale Reaktionen mit sensorischer Adaptation vergleich sind: So wie wir nach einiger
Zeit Gerüche oder Dürfte nicht mehr bewusst wahrnehmen, nehmen wir auch positive oder
negative Veränderungen nach einiger Zeit nicht mehr wahr, gewöhnen uns an die
veränderten Zustände und sind so glücklich wie zuvor. Diener, Lucas und Scollon (2006)
meinen, dass Anpassungs- und Gewöhnungseffekte stark sind, aber die triste absolute
Aussage des Modells relativieren sie erheblich: Tatsächlich sind Interventionsprogramme auf
individueller, organisationaler oder gesellschaftlicher Ebene langfristig effektive. Aus der
Organisationspsychologie ist bekannt, dass mit der Gestaltung von Arbeit auch die
Zufriedenheit nachhaltig verändert werden kann und auf gesellschaftlicher Ebene liegen
142 Kirchler, E. (2011) - Wirtschaftspsychologie. Individuen, Gruppen, Märkte, Staat
Studien vor, die nicht nur belegen, dass die Zufriedenheit zwischen verschiedenen
Bevölkerungsgruppen und zwischen Ländern variiert, sondern dass auch bestimmte
politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Rahmenbedingungen nachhaltig die
Zufriedenheit beeinflussen. Nach Maslow (1954) können nur Defizitmotive, wie physiologische
Bedürfnisse, Sicherheits-, Affiliations- und Machtbedürfnisse, gestillt werden:
Wachstumsbedürfnisse, wie Bedürfnisse nach Selbstentfaltung und –Verwirklichung, jedoch
nicht. Ryan und Deci (2000) definieren in der Selbstbestimmungstheorie die Bedürfnisse nach
Autonomie, Kompetenz und sozialen Beziehungen als fundamentale psychologische
Bedürfnisse, deren Befriedigung Wohlbefinden und mentale Gesundheit bedeutet. Der
Fortschritt der Technik und die Entwicklung der Wirtschaft erlauben immer mehr Menschen
ihre Arbeitszeiten zu reduzieren und die verfügbare Zeit frei zu nutzen. Nicht nur der Anteil der
Freizeit stieg in der Vergangenheit ständig, auch das Einkommen sowie die Kaufkraft nahmen
zu und die damit verbundenen Möglichkeiten, Güter anzuschaffen und Dienstleistungen in
Anspruch zu nehmen. Wenn Güter, so wie es in den Wirtschaftswissenschaften angenommen
wird, der Befriedigung von Bedürfnissen dienen, dann müssten Menschen heute generell
glücklich sein als vor Jahrzehnten. Easterlin (1974) verglich Berichte, die Menschen im Laufe
der Jahre in Umfragen über ihre Lebenszufriedenheit gegeben hatten, mit „nackten“
Wirtschaftsdaten und fand, dass das Glück in den Industrieländern stagnierte, während der
Wohlstand gewachsen war.
Wenn im Vergleich zu anderen Personen das eigene Einkommen gleich hoch oder niedriger
ist, dürfte die Zufriedenheit auch bei generell steigender Kaufkraft gleichbleiben oder sogar
sinken. Easterlin (1974) untersuchte die Beziehung zwischen Bruttonationalprodukt und
persönlichem Wohlbefinden im interkulturellen vergleich. Wirtschaftliche Veränderungen
führen nach Easterlin nicht zu Befindensänderungen. Trotz Wachstum des materiellen
Wohlstandes in einem Land bleibt das Lebensglück konstant. Dieses Phänomen wird als
Easterlin-Paradoxon bezeichnet. Personen vergleichen ihre materiellen Möglichkeiten
untereinander, und wenn sich ihre Möglichkeiten im Kontrast zu denen von Referenzgruppen
verbessern, steigt auch das Wohlbefinden. Eine absolute Verbesserung der wirtschaftlichen
Bedingungen aller tangiert das subjektive Lebensglück anscheinend kaum. Auch ein Anstieg
der Löhne in einem Land wirkt sich laut Easterlin nicht signifikant auf die Lebenszufriedenheit
aus. Besserverdienende sind glücklicher als schlecht verdienende Arbeitsnehmer, auch wenn
die Löhne insgesamt angehoben werden, bleibt die Zufriedenheit unverändert (Easterlin,
1995). Durch Easterlin angeregt, beschäftigt sich auch Rojas (2007) mit der Frage, ob Geld
glücklicher macht oder nicht. In seiner „conceptual-referent theory of hapiness“ hat jeder
Mensch eine unterschiedliche Vorstellung davon, was für ihn subjektives Wohlbefinden
bedeutet. Menschen legen entweder Wert auf innere oder äußere Faktoren. Je nachdem,
welche der beiden Einstellungen ein Mensch hat, spielt Geld eine wichtigere oder weniger
wichtige Rolle, um glücklich zu sein. Rojas Studie in Mexiko ergab, dass 61,4 Prozent der
Befragten durch externe Faktoren (materielle Dinge, Reichtum, Besitz, Ruhm) ausdrücken.
143 Kirchler, E. (2011) - Wirtschaftspsychologie. Individuen, Gruppen, Märkte, Staat
Merke:
Es erhärtet sich die Vermutung, dass hohe Lebensqualität, materieller Wohlstand, Sicherheit und
Möglichkeiten der Bedürfnisbefriedigung insgesamt zum Wohlbefinden im Staat führen. Weiteres ist
anzunehmen, dass die Korrelation zwischen Lebenszufriedenheit und wirtschaftlicher Prosperität
unterschätz werden könnte, da das übliche Maß zur Feststellung der Höhe wirtschaftlicher
Prosperität, das Bruttoinlandsprodukt (BIP), fehlerbehaftet ist. Das BIP steigt, wenn viel gearbeitet
wird. Arbeit hängt aber nur dann mit Zufriedenheit stark zusammen, wenn sie sinnstiftend und
persönlichkeitsförderlich ist. Manche Faktoren, welche mit einer hohen Lebensqualität und
Zufriedenheit verbunden sind, werden im BIP nicht berücksichtigt: Ökologische Werte,
Arbeitsplatzsicherheit oder der Wert der Freizeit werden im BIP nicht abgebildet. Hingegen fließen
viele Faktoren in das BIP ein, die sicher nicht glücklich machen, wie Zerstörung und Kriminalität.
Das BIP steigt nach Naturkatastrophen und kriegerischen Auseinandersetzungen, weil Zerstörung
und Wiederaufbau die Produktion fördern. Wenn die Kriminalität im Lande ansteigt, werden meist
die Ausgaben für Sicherheit und Kriminalitätsbekämpfung angehoben, auch diese fließen in das BIP
ein.