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Marketing und

Vertrieb
Fundamente für die Marktorientierte
Unternehmensführung

von
Prof. Dr. Peter Winkelmann

6., überarbeitete und erweiterte Auflage


3., vollständig überarbeitete Auflage

OldenbourgVerlag MünchenWien
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen


Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über
<http://dnb.d-nb.de> abrufbar.

© 2008 Oldenbourg Wissenschaftsverlag GmbH


Rosenheimer Straße 145, D -81671 München
Telefon: (089) 4 50 51- 0
oldenbourg.de

Das Werk einschließlich aller Abbildungen ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außer-
halb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und
strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und
die Einspeicherung und Bearbeitung in elektronischen Systemen.

Lektorat: Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, [email protected]


Herstellung: Anna Grosser
Coverentwurf: Kochan & Partner, München
Gedruckt auf säure- und chlorfreiem Papier
Gesamtherstellung: Druckhaus „Thomas Müntzer“ GmbH, Bad Langensalza

ISBN 978-3-486-58656-5
Für meinen Vater, der
den Abschluss dieser
VORWORT ZUR 1. AUFLAGE Arbeit nicht mehr
erleben konnte.

Dieses Buch möchte die Erfahrungen aus langjährigen Führungstätigkeiten im inter-


nationalen Marketing und Vertrieb mit den theoretischen Grundlagen unseres Faches
verbinden. Stärker als in Lehrbüchern gemeinhin üblich,
• soll über Marketing und Vertrieb hinaus auf abteilungsübergreifende Aspekte
einer marktorientierten Unternehmensführung eingegangen werden,
• sollen das praktische Handeln und Entscheiden von marktorientierten Führungs-
kräften betont werden.

So wendet sich dieses Buch an Studenten der Betriebswirtschaftslehre, die nach Ab-
schluss ihres Studiums gerne Umsatz- und Ergebnisverantwortung übernehmen bzw.
kundenorientiert arbeiten möchten, zum anderen aber auch an Führungskräfte und
Unternehmer, die sich einen aktuellen Überblick über neue Strömungen in Marketing
und Vertrieb verschaffen möchten.

Der Arbeit ging ein Abgleich von Praxiserfahrungen mit der geltenden Rahmenprü-
fungsordnung für den Studienschwerpunkt Marketing voraus. Das Ergebnis aus Sicht
des Autors: Die Lernvorgaben für die jungen Studierenden im Marketingstudium
sind sehr wohl praxistauglich. Zwei Aspekte stimmen allerdings nachdenklich:
1. Die deutsche Unternehmenspraxis, insbesondere die der kleinen und mittelgroßen
Unternehmen, verdaut den angelsächsisch geprägten, alle Unternehmensbereiche
umspannenden Marketingbegriff nicht. In Deutschland steht das Marketing noch
sehr in der Ecke von Service und Strategie, während in der anderen Ecke ge-
schrieben steht: Wir leben vom Verkauf. Die gut dotierten Stellenausschreibun-
gen in der Wochenendpresse suchen den (Marketing- und) Vertriebschef.
2. Die deutsche Unternehmenspraxis ist noch stark an den klassischen Unterneh-
mensfunktionen (wie sie z.B. Gutenberg geprägt hat) ausgerichtet. In vielen Un-
ternehmen gelten die Verkäufer leider immer noch als „Klinkenputzer“. Der Be-
zug von Marketing und Vertrieb zu einer umgreifenden marktorientierten Unter-
nehmensführung wird in Literatur und Praxis zu wenig herausgestellt.

In renom- Dieses Buch ist auch ein Plädoyer für den Vertrieb. Als eine Schrift aus der Praxis
mierten für die Hochschule und umgekehrt möchte es den Vertrieb aufwerten und das Mar-
Unterneh-
men gilt die ketingdenken in den Vertrieb tragen.
Devise:
Ohne Ver- Danken möchte ich denjenigen, die mir inhaltlich, beim Layout und bei den Korrek-
triebserfah-
rungen keine
turen geholfen haben: meinem Kollegen Herrn Prof. Dr. Schuster, Herrn Katz und
Karriere im Herrn Radetzky sowie Frau Weileder, Frau S. Winkelmann, Herrn Grantz und Herrn
Marketing! Hein. Nicht zuletzt möchte ich mich bei Herrn Weigert und Herrn Hartl vom Olden-
bourg Verlag für die engagierte Unterstützung dieses Lehrbuches bedanken.

Peter Winkelmann
VI Marktorientierte Unternehmensführung

VORWORT ZUR 2. AUFLAGE


Bedanken möchte ich mich sehr bei meinem Kollegen, Herrn Prof. Dr. H.-W. Schuster, der
mich bei der Redigation sehr kollegial unterstützt hat. Verbunden bin ich auch Herrn Weger
von der Firma Griesbeck Medien, Landshut, für die EDV-technische Unterstützung des Bu-
ches und Herrn Radetzky von der Landshuter Agentur gkw für das Foto auf der Umschlag-
seite.

VORWORT ZUR 3. AUFLAGE


Die Entwicklungen in Marketing und Vertrieb verlaufen so rasant, dass eine weitere Auflage
sinnvoll wird. Wiederum wurde der gesamte Text überarbeitet. Die Themengebiete CRM, E-
Business, Kundenbindung und Markenführung wurden ausgebaut. Vielen Dank sage ich
erneut Herrn Radetzky und Herrn Weger für die graphische und technische Unterstützung.

VORWORT ZUR 4. AUFLAGE


Das Buch hat viele Freunde gefunden. So wird eine neue Auflage erforderlich. Danken
möchte ich Herrn Radetzky von Kaliber42, Herrn Weger von Griesbeck Medien und Herrn
Weigert vom Oldenbourg Verlag. Auch Frau Deniers-Schlägel (Grote & Hartmann), Frau
Pensler (ACNielsen), Herrn Kötter (AUMA) und Herrn Dr. Pirner (NFO Infratest) möchte ich
für die langjährige Unterstützung danken. Ein Dank liegt mir aber besonders am Herzen:
Meine Frau hat in besonders kameradschaftlicher Weise Korrektur gelesen - und dadurch im
wunderbaren Frühsommer 2003 auf so manchen Sonnenbrand verzichtet.

VORWORT ZUR 5. AUFLAGE


Die 4. Auflage wurde aktualisiert und durch aktuelle Themen erweitert. Besonders unter-
stützt haben mich wiederum Frau Epperlein von der AUMA und Frau Pensler von ACNiel-
sen, Herr Nemitz von der GfK, Herr Radetzky von Kaliber42 und Herr Weger von Griesbeck
Medien. Bedanken möchte auch wieder bei meinem Lektor vom Oldenbourg Verlag, Herrn
Weigert.

VORWORT ZUR 6. AUFLAGE


Die 5. Auflage wurde aktualisiert und weiter ausgebaut. Im Hinblick auf Bachelor-Studien-
gänge wurde die modulare Struktur weiter vertieft. Erneut haben mir Frau Epperlein und Herr
Kötter von der AUMA, Frau Pensler von ACNielsen, Herr Nemitz von der GfK, Herr Radetzky
von Kaliber42 und Herr Weger von Griesbeck Medien geholfen. Ein Dank geht auch an mei-
nen neuen Lektor im Oldenbourg Verlag, Herrn Dr. Schechler.

Peter Winkelmann
www.vertriebssteuerung.de
www.crm-scan.de

Dieses Grundlagenbuch wird ergänzt durch das Vertiefungsbuch Vertriebskonzeption und Ver-
triebssteuerung, 4. Auflage, Verlag Vahlen, München 2008. Wissensfragen, die Aktualisierung der
periodischen Statistiken sowie weitere Informationen werden im Download-Teil der Homepage
www.vertriebssteuerung.de zur Verfügung gestellt.
INHALTSVERZEICHNIS
1. GRUNDLAGEN DER MARKTORIENTIERTEN
UNTERNEHMENSFÜHRUNG .................................................................. 1
1.1. Grundelemente des Marktgeschehens .................................................................. 1
1.1.1. Bedürfnis - Bedarf - Angebot - Nachfrage ...................................................................... 1
1.1.2. Sachgüter - Dienstleistungen - Services .......................................................................... 3
1.1.3. Marken - Markenartikel................................................................................................... 6
1.1.4. Märkte: Privatmärkte (Konsummärkte) und Geschäftsmärkte ........................................ 6
1.1.5. Marktteilnehmer im strategischen Dreieck.................................................................... 10
1.1.6. Käufer und Käuferverhalten .......................................................................................... 11
a.) Nachfrager: Interessenten und Kunden...........................................................................11
b.) Kaufentscheidungen und Kaufprozesse..........................................................................12
c.) Käuferverhalten ..............................................................................................................12
d.) Erklärungsansätze für das Käuferverhalten ....................................................................13
e.) Bestimmungsfaktoren des Käuferverhaltens ..................................................................14
1.1.7. Marktsegmentierung und Zielgruppenbildung............................................................... 18
a.) Klassische Zielgruppenmerkmale für BtoC und BtoB ...................................................18
b.) Formen der Zielgruppenbildung .....................................................................................19
c.) Klassische Attributs-Segmentierung...............................................................................20
d.) Lifestyle-Konzepte und Lebensstil-Segmentierung........................................................21
e.) Typologieauflösung beim Szene-Marketing..................................................................23
1.1.8. Vom Massenmarketing zum Individualmarketing (1to1-Marketing) .......................... 24
1.2. Der Weg zur marktorientierten Unternehmensführung .................................. 25
1.2.1. Historische Entwicklung des Marketing........................................................................ 25
a.) Entwicklung zur Marketing-Wissenschaft......................................................................25
b.) Marktphilosophien - Unternehmerische Orientierungen ................................................28
c.) Marketing - Begriff, Anspruch, Wirklichkeit .................................................................30
1.2.2. Die Abgrenzung von Marketing und Vertrieb – US-amerikanische und deutsche Sicht
des Marketingbegriffs.................................................................................................... 32
1.2.3. Das Gebäude der marktorientierten Unternehmensführung .......................................... 34
a.) Das TRIADENKONZEPT des Marketing......................................................................34
b.) Der EXPANSIONSPFAD des Marketing ......................................................................34
c.) Die Elemente der Marktorientierung ..............................................................................35
d.) Die Elemente der Kundenorientierung ...........................................................................36
e.) Beziehungen des Marketing zu anderen Unternehmensressorts .....................................37
1.3. Vom Handeln zur Unternehmenspolitik ............................................................ 38
1.3.1. Die Handlungsimpulse aus dem Markt.......................................................................... 38
1.3.2. Von der Unternehmenspolitik zum Markthandeln......................................................... 38
1.3.3. Das Marketing- und Vertriebsinstrumentarium ............................................................. 39
1.3.4. Die optimale Kombination der Instrumente (Marketing-Mix) ..................................... 44
1.4. Einsatz der Marketinginstrumente in verschiedenen Wirtschaftsbereichen . 45
1.4.1. Marktspielregeln in der Konsumgütermärkten .............................................................. 45
1.4.2. Marktspielregeln in den Geschäftsmärkten ................................................................... 47
1.4.3. Marktspielregeln im Handels- und Dienstleistungssektor ............................................. 48
1.4.4. Marktspielregeln für Nonprofit-Organisationen ........................................................... 49
2. DAS MARKETING-MANAGEMENT....................................................... 50
2.1. Grundbegriffe und Grundzusammenhänge....................................................... 50
2.1.1. Management-Begriff und Management-Funktionen .................................................... 50
2.1.2. Marketing-Konzeptionen............................................................................................... 52
2.2. Marketing-Zielsystem (Zielpyramide)................................................................ 53
2.2.1. Zielelemente .................................................................................................................. 53
2.2.2. Übergeordnete Ziele der marktorientierten Unternehmensführung .............................. 54
a.) Oberste Zielebene: Vision - Mission - Firmengrundsätze ..............................................54
b.) Zielebene der Kernkompetenzen und des Leistungsprogramms.....................................57
c.) Zielebene der Imagepolitik und der Corporate Identity (CI) .........................................58
d.) Zielebene der quantitativen und qualitativen Oberziele..................................................58
e.) Zielebene der Funktionsbereiche (Ressorts, Abteilungen) .............................................58
VIII Inhaltsverzeichnis

f.) Zielebene der Geschäftseinheiten und Geschäftsfelder ..................................................59


g.) Zielebene der Maßnahmen und Aktionen (Instrumentalziele)........................................60
2.2.3. Zielbeziehungen............................................................................................................. 60
a.) Konfliktfreie, indifferente oder komplementäre Zielbeziehungen..................................60
b.) Konfliktäre Zielbeziehungen ..........................................................................................60
2.3. Planung der marktorientierten Unternehmensführung ................................... 63
2.3.1. Grundlagen .................................................................................................................... 63
a.) Planungsbegriff...............................................................................................................63
b.) Planungsgrundsätze der marktorientierten Unternehmensführung .................................63
c.) Bildung von Planungseinheiten ......................................................................................64
d.) Abgrenzung von strategischer und operativer Planung ..................................................65
e.) Planungshorizont ............................................................................................................66
f.) Rollierende / revolvierende Planung...............................................................................66
g.) Marktpotenzial - Absatzvolumen....................................................................................67
h.) Marktanteilsbegriffe .......................................................................................................67
2.3.2. Ist-Analysen im Vorfeld der Planung ............................................................................ 68
a.) Das Leitkonzept des House of Strategy .........................................................................68
b.) Gap-Analysen zum Aufdecken strategischer Planungslücken........................................69
c.) SWOT-Analysen zum Aufdecken strategischer Schwächen ..........................................70
d.) Polaritätenprofile zur Stärken-/Schwächenanalyse.........................................................70
e.) Wettbewerbsanalyse und Wettbewerbsstrategien...........................................................71
2.3.3. Offene Ansätze der Strategischen Planung.................................................................... 72
2.3.4. Geschlossene Konzepte der Strategischen Portfolioplanung......................................... 78
2.3.5. Wettbewerbsstrategien................................................................................................... 88
2.3.6. Operative Planung ......................................................................................................... 90
2.4. Marketing- und Vertriebsorganisation .............................................................. 93
2.4.1. Grundlagen .................................................................................................................... 93
a.) Ziele und Aufgaben der Marketing- und Vertriebsorganisation .....................................93
b.) Grundsätze einer marktorientierten Organisation ...........................................................94
c.) Fundamentale Organisationsentscheidungen..................................................................94
2.4.2. Die Marktorientierung der Gesamtorganisation ............................................................ 97
a.) Die klassische funktionale Organisation.........................................................................97
b.) Die Geschäftsbereichsorganisation / Spartenorganisation ..............................................97
c.) Die Matrix-Organisation.................................................................................................99
d.) Die Prozessorganisation................................................................................................100
e.) Organisationsleitlinien für die Customer driven Company ..........................................101
2.4.3. Marketing und Vertrieb in der Aufbauorganisation der Unternehmung..................... 102
2.4.4. Aufbauorganisation innerhalb von Marketing und Vertrieb........................................ 102
2.5. Marktorientierte Führung ................................................................................. 105
2.5.1. Führungseigenschaften und Führungserfolg................................................................ 105
2.5.2. Führungsstile in Marketing und Vertrieb..................................................................... 106
2.6. Das Marketing- und Vertriebscontrolling........................................................ 110
2.6.1. Controlling-Philosophie für die marktorientierte Unternehmensführung ................... 110
2.6.2. Aufgabenbereiche des Marketing- und Vertriebscontrolling....................................... 110
2.6.3. Zentrale Steuerungskennzahlen für den Vertrieb......................................................... 112
2.6.4. Verkaufsgebietscontrolling.......................................................................................... 113
2.6.5. Kundenerfolgsrechnung (Kundendeckungsbeitragsrechnung) .................................... 116
2.6.6. Benchmarking und Frühwarnung in Marketing und Vertrieb...................................... 116
2.6.7. Balanced Scorecard (BSC) ........................................................................................ 118
3. DAS MARKTINFORMATIONSSYSTEM .............................................. 121
3.1. Grundbegriffe und Grundzusammenhänge..................................................... 121
3.1.1. Marketingforschung und Marktforschung ................................................................... 121
3.1.2. Ziele der Marktinformationsgewinnung ...................................................................... 123
3.2. Methoden zur Marktinformationsgewinnung ................................................. 123
3.2.1. Grundbegriffe und Grundzusammenhänge.................................................................. 123
3.2.2. Analyse vorhandener Daten: Sekundärforschung........................................................ 124
3.2.3. Vertriebsstatistik / Berichtswesen................................................................................ 126
3.2.4. Schreibtischforschung (Desk Research) ...................................................................... 126
3.2.5. Markterkundung .......................................................................................................... 126
IX

3.2.6. Marktbeobachtung ....................................................................................................... 127


3.2.7. Marktbefragung - Primärerhebung .............................................................................. 127
a.) Befragungsformen ........................................................................................................127
b.) Ablauf einer Primärerhebung........................................................................................129
c.) Auswahl der Befragten .................................................................................................131
d.) Fragenaufbau und Fragetechnik....................................................................................136
e.) Planung und Durchführung einer schriftlichen Befragung ...........................................137
f.) Antworterfassung - Skalierungsverfahren ....................................................................139
3.2.8. Experimente / Testverfahren........................................................................................ 145
3.3. Institutionen der Primärmarktforschung ........................................................ 148
3.3.1. Marktforschungsinstitute als Partner der Wirtschaft ................................................... 148
3.3.2. Leistungsangebote ausgewählter Marktforschungsinstitute ........................................ 149
3.3.3. Panels und Trackings als institutionalisierte Zeitraumerhebungen............................. 155
a.) Panelformen..................................................................................................................155
b.) Haushaltspanels ............................................................................................................156
c.) Handelspanels...............................................................................................................157
d.) Fernsehzuschauerpanels ...............................................................................................157
e.) Industriepanels..............................................................................................................158
f.) Panelrepräsentanz und Panelsterblichkeit.....................................................................158
3.4. Methoden zur Marktdatenauswertung ............................................................ 159
3.4.1. Beschreibung von Datenbeständen.............................................................................. 159
3.4.2. Analyse von Zusammenhängen ................................................................................... 162
a.) Die Art und Stärke von Merkmalszusammenhängen ..................................................162
b.) Varianzanalyse..............................................................................................................164
c.) Diskriminanzanalyse.....................................................................................................164
d.) Clusteranalyse...............................................................................................................166
e.) Faktorenanalyse ............................................................................................................166
f.) Conjoint-Measurement (CM) ......................................................................................167
3.4.3. Testverfahren / Testen von Hypothesen ...................................................................... 168
a.) Untersuchung von Nominalwerten (Punkt-Vierfelder-Korrelation nach Pearson) ......168
b.) Untersuchung von zwei Rangordnungen (C Kontingenztest nach Pearson) ................172
c.) Untersuchung mehrerer Rangordnungen (Konkordanzkoeffizient nach Kendall).......172
3.4.4. Ideengewinnung und Geschäftsprognosen .................................................................. 173
a.) Übersicht über Kreativitätstechniken und Prognoseverfahren......................................173
b.) Komplexe Kreativitätstechniken...................................................................................173
c.) Außendienst-, Partner- und Expertenbefragungen........................................................175
d.) Mathematische Prognoseverfahren...............................................................................175
3.5. Datenintegration im Marktinformationssystem .............................................. 180
3.5.1. Database ...................................................................................................................... 180
3.5.2. Data Warehouse und Data Mart................................................................................... 180
3.5.3. Datamining .................................................................................................................. 181
3.5.4. Closed Loop................................................................................................................. 182
3.6. Die Bedeutung des Marktinformationssystems für die Marktorientierte
Unternehmensführung ....................................................................................... 183
4. DIE LEISTUNGSPROGRAMMPOLITIK.............................................. 185
4.1. Grundbegriffe und Grundzusammenhänge..................................................... 185
4.1.1. Leistungsprogrammpolitik - Ziele und Aufgaben........................................................ 185
4.1.2. Das Zwiebelschalenmodell eines Produktes................................................................ 186
4.1.3. Die Produkt-Nutzenhierarchie ..................................................................................... 187
4.1.4. Die Produktprogramm-/Sortimentshierarchie.............................................................. 188
4.2. Strategische Stoßrichtungen.............................................................................. 188
4.2.1. Die Orientierung am Produkttechnologie-Lebenszyklus ............................................. 188
4.2.2. Die Orientierung an Produkt- und SGF-Portfolios ...................................................... 190
4.2.3. Die Orientierung an Positionierungen und Einzigartigkeiten ...................................... 191
4.2.4. Die Orientierung an Kernkompetenzen ....................................................................... 194
4.2.5. Die Orientierung an Programmstrukturen ................................................................... 196
4.3. Die Erschaffung neuer Produkte (Produktinnovation).................................. 197
4.3.1. Schaffung eines innovationsfördernden Klimas .......................................................... 197
X Inhaltsverzeichnis

4.3.2. Strategien der Innovationsübernahme ......................................................................... 200


4.3.3. Strategien des Trend-Managements............................................................................. 200
4.3.4. Neuproduktentwicklung (Produktentwicklungsprozess) ............................................. 202
a.) Ideen-Suchphase...........................................................................................................202
b.) Produkt-Konkretisierungsphase....................................................................................203
c.) Produkt-Realisierungsphase (ohne Produktgestaltung) . .............................................204
4.3.5. Innovationscontrolling................................................................................................. 205
4.4. Produktgestaltung (Produktpolitik im engeren Sinne) .................................. 206
4.4.1. Produktleistungsplanung / Qualitätsplanung ............................................................... 206
4.4.2. Produktäußeres / Produktdesign / Design-Management .............................................. 209
4.4.3. Produktname (Markenname) und Logo ....................................................................... 212
4.4.4. Imprints, Etikett, Packungsbeilage, Gebrauchsanleitung............................................. 215
4.4.5. Verpackung.................................................................................................................. 216
4.5. Gestaltung des Leistungsprogramms / Sortiments .......................................... 217
4.5.1. Kundenorientierung versus Kostenorientierung .......................................................... 217
4.5.2. Kriterien zur Programm- und Sortimentsbildung ........................................................ 218
4.5.3. Programmbreite und Programmtiefe .......................................................................... 218
4.6. Dienstleistungen, Service und Kundendienst ................................................... 219
4.6.1. Bedeutung für das Leistungsprogramm ....................................................................... 219
4.6.2. Kundendienst - Pre-Sales und After-Sales (After-Market).......................................... 221
4.6.3. Innovative Supportkonzepte: Von der Hotline zum Help Desk................................... 223
4.6.4. Messung von Servicequalitäten ................................................................................... 224
4.6.5. Gewährleistungen / Garantieleistungen ....................................................................... 227
4.6.6. Organisation der Dienstleistungs- und Servicepolitik ................................................. 228
4.6.7. Koordination von Verkauf und Dienstleistungspolitik ................................................ 229
4.7. Das Produktmanagement als Koordinator des Leistungsprogramms.......... 229
5. DIE KONDITIONENPOLITIK ............................................................... 232
5.1. Grundbegriffe und Grundzusammenhänge..................................................... 232
5.1.1. Preise und Konditionen................................................................................................ 232
5.1.2. Preis-Nutzen-Zusammenhänge.................................................................................... 234
a.) Die klassische Preis-Absatz-Funktion ..........................................................................234
b.) Das Phänomen des Nettonutzens..................................................................................238
c.) Verhaltenspsychologische Einflüsse auf die Preis-Absatz-Funktion und Preiskäufer-
Typologien ...................................................................................................................239
d.) Preisschwellen-Einflüsse auf das Kaufverhalten ..........................................................241
5.2. Strategische Stoßrichtungen.............................................................................. 243
5.2.1. Orientierungspunkte für Preisstrategien ...................................................................... 243
5.2.2. Preislagenpositionierung und Preislagenstrategie........................................................ 245
5.2.3. Das konditionenpolitische Instrumentarium ................................................................ 247
a.) Die Verhandlungselemente...........................................................................................247
b.) Die Lieferbedingungen .................................................................................................250
5.3. Angebotspreissetzung / Statische Preispolitik.................................................. 250
5.3.1. Marktformenbezogene Preisbestimmung der Theorie ................................................. 250
a.) Monopolistische Optimierung von Preis und Menge ...................................................250
b.) Mengenoptimierung bei vollkommener Konkurrenz....................................................253
c.) Preisbestimmung auf unvollkommenen Märkten: Die doppelt geknickte PAF nach
Gutenberg .....................................................................................................................254
d.) Preisbestimmung auf unvollkommenen Märkten: Die doppelt geknickte PAF für die
Automobilnachfrage.....................................................................................................255
5.3.2. Preisfindungsmodelle im Internet................................................................................ 256
a.) Produktbörsen...............................................................................................................256
b.) Power Shopping / Co Shopping....................................................................................256
c.) Klassische Auktionen ...................................................................................................257
d.) Top-Down-Auktionen...................................................................................................257
e.) Ausschreibungen / Reverse-Auctions ...........................................................................257
5.3.3. Kostenorientierte Preisbestimmung und Break-Even-Analyse.................................... 258
5.3.4. Wettbewerbsorientierte Preisbestimmung ................................................................... 262
5.3.5. Preispolitik im Preiskrieg ............................................................................................ 263
XI

5.3.6. Strategien der Angebotspreis-Differenzierung ............................................................ 264


a.) Horizontale Preisdifferenzierung..................................................................................264
b.) Vertikale Preisdifferenzierung......................................................................................266
c.) Preisbündelung / Entbündelung / psychologische Preisgestaltung ...............................267
5.3.7. Pauschalpreise (Flatrates) ............................................................................................ 268
5.3.8. Werteorientierte Preispolitik (Value based Pricing) .................................................... 269
5.4. Dynamische Preispolitik..................................................................................... 269
5.4.1. Initialpreissetzungen und Preisdynamik ...................................................................... 269
5.4.2. Langfristige Preislagenstrategien................................................................................. 270
5.5. Konditionensysteme in der Konsumgüterindustrie......................................... 271
5.5.1. Preisdruck bei den Konsumgüterherstellern ................................................................ 271
5.5.2. Preisdruck im Einzelhandel ......................................................................................... 272
5.5.3. Gestaltung von Konditionensystemen (Performance Pricing)..................................... 272
5.5.4. Kundenorientierte Konditionenstrategie: Der Preis-Eisberg ....................................... 274
6. DIE VERTRIEBSPOLITIK ..................................................................... 276
6.1. Grundbegriffe und Grundzusammenhänge..................................................... 276
6.1.1. Vertrieb / Verkauf im Rahmen des Marketing-Mix..................................................... 276
6.1.2. Vertriebskonzeptionen als strategischer Überbau........................................................ 280
6.1.3. Ziele und Aufgaben der Vertriebspolitik ..................................................................... 281
6.1.4. Das vertriebspolitische Instrumentarium ..................................................................... 282
a.) Traditionelle Absatzmethoden nach Gutenberg............................................................282
b.) Praxisrelevante Differenzierungen des Vertriebssystems .............................................284
6.2. Strategische Stoßrichtungen.............................................................................. 284
6.3. Gestaltung des Vertriebssystems....................................................................... 286
6.3.1. Festlegung der Verkaufsform ...................................................................................... 286
a.) Persönlicher Verkauf (Face to Face)............................................................................286
b.) Mediengestützter Verkauf (Voice to Voice)................................................................287
c.) Mediengeführter Verkauf (Unpersönlicher Verkauf) ..................................................287
d.) Multiverkaufsformen und Multi Channel Marketing....................................................288
6.3.2. Aufbau der Vertriebsorganisation................................................................................ 289
a.) Berufsfelder und Rollen im Vertrieb ............................................................................289
b.) Strukturorganisation im Vertrieb ..................................................................................294
c.) Ablauforganisation im Vertrieb ....................................................................................298
d.) Optimierung der Verkaufsgebiete.................................................................................299
6.3.3. Vertriebssteuerung mit Systemen (CRM, CAS) .......................................................... 299
a.) Überblick über die Systemrichtungen...........................................................................299
b.) Von der klassischen Vertriebssteuerung (CAS) zu CRM .............................................300
c.) Vorteile von CRM/CAS-Systemen...............................................................................302
d.) Operatives, analytisches und kooperatives CRM .........................................................303
e.) Multikanalfähiges CRM mit Closed Loop....................................................................304
f.) Komponenten eines CRM-Systems (Funktionalitäten) ................................................306
g.) CRM-Aufbau: Aufgaben- und Prozessintegration........................................................308
h.) Empfehlungen zur Auswahl von CRM-Anbietern........................................................309
i.) Empfehlungen zur Einführung von CRM-Systemen ....................................................310
6.4. Verkaufspolitik (im engeren Sinne) .................................................................. 311
6.4.1. Kunde und Kundenorientierung................................................................................... 311
6.4.2. Lead-Generierung und Verkaufstrichter-Management ................................................ 312
6.4.3. Verkaufsprozess: Der SalesCycle ................................................................................ 314
6.4.4. Kundenbewertung (Kundenqualifizierung) ................................................................ 315
a.) Ist jeder Kunde König? .................................................................................................315
b.) Übersicht über die Verfahren zur Kundenbewertung ...................................................318
c.) Konventionelle ABC-Analysen ....................................................................................319
d.) Kundenlebenszyklus-Analysen (Customer Lifetime Value) .......................................320
e.) Multifaktoren-Analysen (Scoring-Modelle) .................................................................321
f.) Strategische und operative Kundenportfolios ...............................................................323
g.) Kundenstatus (Kundenbindungs- oder Loyalitätsleiter) ...............................................324
h.) Strategische (integrierende) Setzung von Kundenprioritäten .......................................326
i.) Neue Kundenwertsicht nach der Customer Value Theorie...........................................327
6.4.5. Kundenwertsteigernde Verkaufsstrategien .................................................................. 329
XII Inhaltsverzeichnis

6.4.6. Betreuungskonzeptionen und Beziehungskonsequenzen............................................. 329


6.4.7. Besuchsziele (Kontaktziele) und Besuchsanlässe........................................................ 330
6.4.8. Kundenbesuche – Planung und Durchführung ............................................................ 332
a.) Touren- und Routenplanung .........................................................................................332
b.) Gesprächsvorbereitung .................................................................................................333
c.) Besuchsdurchführung und Verkaufsverhandlungen .....................................................334
d.) Besuchsnachbereitung / Besuchsberichte (Kontaktberichte) ........................................340
6.4.9. Spezielle Konzepte für das Marketing......................................................................... 343
a.) Philosophie des Relationship-Marketing ......................................................................343
b.) Konzepte der Kundennähe............................................................................................346
c.) Konzepte der Kundenzufriedenheit ..............................................................................347
d.) Konzepte der Kundenbindung ......................................................................................353
6.4.10. Spezielle Konzepte für das Vertriebsmanagement ...................................................... 355
a.) Key Account Management ...........................................................................................355
b.) Kleinkunden-Management ...........................................................................................357
c.) Beschwerdemanagement ..............................................................................................358
d.) Churn-Management (Verhinderung von Kundenverlusten) .........................................360
e.) Kundenrückgewinnungs-Management .........................................................................360
6.5. Exkurs: Verkaufen im Internet (E-Commerce)............................................... 362
6.5.1. Der Entwicklungspfad des E-Business ........................................................................ 362
6.5.2. E-Commerce................................................................................................................ 364
6.5.3. E-Commerce unterstützende Internet-Dienste ............................................................. 369
6.5.4. M-Commerce (mobiles Verkaufen)............................................................................. 369
6.5.5. Virtuelle Marktplätze / Internet-Plattformen ............................................................... 371
6.6. Vertriebskanalpolitik - Vertriebspartnerpolitik.............................................. 374
6.6.1. Systematik von Absatzwegen und Vertriebspartnern .................................................. 374
a.) Absatzwege-Typologie .................................................................................................374
b.) Vertriebspartner-Typologie und die Aufgaben des Handels.........................................375
c.) Branchentypische Vertriebswege .................................................................................379
d.) Zielkonflikte zwischen Hersteller und Handel..............................................................380
6.6.2. Strategien des Handels................................................................................................. 380
a.) Konzentration im Handel..............................................................................................380
b.) Differenzierung von Betriebstypen...............................................................................381
c.) Praxisbeispiele für Betriebstypen im Wandel: Themenwarenhäuser und Supermärkte
der Zukunft...................................................................................................................384
d.) Standortdynamik...........................................................................................................386
e.) Profilierung von Handelsmarken (Private Labels)........................................................386
f.) Category Management (CM) ........................................................................................387
g.) Efficient Customer Response (ECR) ............................................................................387
h.) RFID-Chips für das Marketing .....................................................................................389
i.) Trends im Handel .........................................................................................................390
6.6.3. Strategien der Hersteller – vertikales Marketing ......................................................... 391
a.) Absatzmittlergerichtete Basisstrategien........................................................................391
b.) Profilierung durch Premium-Marken............................................................................392
c.) Werksverkauf................................................................................................................392
d.) Shop-Konzepte .............................................................................................................392
e.) Factory Outlet Center (Fabrikladen)............................................................................393
f.) E-Commerce im Rahmen des vertikalen Marketing.....................................................393
g.) Vertragshändler-Systeme in der Automobilindustrie ...................................................393
h.) Franchise-Systeme........................................................................................................395
6.6.4. Praxiskonzepte führender Handelskonzerne................................................................ 396
a.) C&A .............................................................................................................................396
b.) Zara...............................................................................................................................396
c.) Wal-Mart international .................................................................................................397
6.7. Vertriebslogistik (Distributionslogistik) ........................................................... 398
6.7.1. Zielsetzungen und Aufgaben ....................................................................................... 398
6.7.2. Lagerwirtschaft............................................................................................................ 399
6.7.3. Transportwirtschaft...................................................................................................... 399
6.7.4. Logistische Informationssysteme ................................................................................ 400
XIII

7. DIE KOMMUNIKATIONSPOLITIK ...................................................... 402


7.1. Grundlagen der Kommunikationstheorie ........................................................ 402
7.1.1. Grundbegriffe und Grundzusammenhänge.................................................................. 402
7.1.2. Grundmodelle der Kommunikation ............................................................................. 403
a.) Das klassische, dialogfreie Modell (Einweg-Marketing).............................................403
b.) Das neue, interaktive Modell (Zweiweg-, Dialog-Marketing).....................................404
7.1.3. Das kommunikationspolitische Instrumentarium ........................................................ 405
7.2. Strategische Stoßrichtungen.............................................................................. 406
7.2.1. Zielsetzungen und Strategietypen................................................................................ 406
7.2.2. Ansätze zur Budgetbestimmung .................................................................................. 407
7.2.3. Strategieausrichtungen von Werbekampagnen............................................................ 409
a.) Kampagnenausrichtung nach der Produktpositionierung .............................................409
b.) Kampagnenausrichtung auf Erwartungen von Zielgruppen .........................................409
c.) Kampagnenausrichtung auf Produktlebenszyklen ........................................................410
d.) Kampagnenausrichtung auf Kundenlebenszyklen ........................................................410
e.) Customer Relationship Communication (CRC): Kampagnenausrichtung auf die CRM-
Strategie........................................................................................................................410
7.3. IMAGERY: Die Kraft der Bilder ..................................................................... 411
7.3.1. Grundlagen der Bildkommunikation ........................................................................... 411
7.3.2. Theorie der Bildgestaltung .......................................................................................... 413
a.) Die Aktivierung ............................................................................................................413
b.) Die Informationsvermittlung ........................................................................................413
c.) Das Auslösen von Emotionen.......................................................................................414
d.) Die Sprachergänzung....................................................................................................414
e.) Der Aufbau von Gedächtniskraft..................................................................................414
f.) Abschluss: Die Beeinflussung des Kaufverhaltens.......................................................415
7.3.3. Imagerystrategien – Zusammenhang der Bilder mit Imagepolitik und Werbung........ 415
7.4. Entscheidungen auf Geschäftsführungsebene: Imagepolitik und Corporate
Identity................................................................................................................. 416
7.4.1. Begriff - Bedeutung - Aufgaben .................................................................................. 416
7.4.2. Corporate Identity (CI) ................................................................................................ 418
a.) Beziehung zur Imagepolitik..........................................................................................418
b.) Corporate Design..........................................................................................................419
c.) Corporate Behavior.......................................................................................................420
d.) Corporate Communication............................................................................................420
e.) Corporate Culture .........................................................................................................420
7.4.3. Imagepositionierung und Imagestrategie..................................................................... 420
7.5. Öffentlichkeitsarbeit (Public Relations) .......................................................... 422
7.5.1. Begriff - Bedeutung - Aufgaben .................................................................................. 422
7.5.2. Aufgabenbereiche ........................................................................................................ 423
7.5.3. Gestaltung der Öffentlichkeitsarbeit............................................................................ 424
7.6. Spezialinstrument: Sponsoring ......................................................................... 424
7.7. Unpersönliche Medienwerbung (Klassikwerbung) ......................................... 426
7.7.1. Begriff - Bedeutung - Aufgaben .................................................................................. 426
7.7.2. Mediakonzeption und Mediaplanung .......................................................................... 427
a.) Ablauf einer Werbekampagne ......................................................................................427
b.) Die Aufgaben der Agenturen........................................................................................428
7.7.3. Werbemittelauswahl (Werbeinstrumente) ................................................................... 430
a.) Übersicht über die Werbemittel....................................................................................430
b.) Print-Anzeigen (Klassische Print-Werbung) ................................................................431
c.) TV-Werbung.................................................................................................................431
d.) Hörfunk-Werbung ........................................................................................................432
e.) Sonderwerbeformen......................................................................................................433
f.) Kino-Werbung ..............................................................................................................433
g.) Werbung im Internet.....................................................................................................434
h.) Web 2.0 – Eine neue Ära der Internet-Kommunikation ...............................................436
7.7.4. Gestaltung von Werbemitteln (Anzeigen, Spots) ....................................................... 436
a.) Copy-Strategie ..............................................................................................................436
b.) Grundtechniken zur Werbemittelgestaltung .................................................................437
c.) Gestaltung von Bildbotschaften....................................................................................438
XIV Inhaltsverzeichnis

d.) Gestaltung von Sprachbotschaften (insbes. Slogans) ...................................................439


e.) Gestaltung von Lebensstil-und Erlebnisbotschaften.....................................................439
f.) Die Integration von Produkt, Bild und Sprache............................................................440
7.7.5. Werbeträger / Werbemedien........................................................................................ 441
7.7.6. Messung der Werbewirkungen und des Werbeerfolgs ................................................ 443
a.) Werbemittel-, Kampagnenerfolge (Werbemittelforschung) .........................................443
b.) Werbeträgererfolge (Werbeträgerforschung)................................................................445
c.) Probleme der klassischen Medienwerbung...................................................................447
7.8. Direktwerbung / Direktmarketing .................................................................... 449
7.8.1. Begriff - Bedeutung - Aufgaben .................................................................................. 449
7.8.2. Adressen für das Database-Marketing ......................................................................... 452
7.8.3. Direct Mail Marketing ................................................................................................. 453
7.8.4. E-Mail-Marketing / Permission Marketing.................................................................. 459
7.8.5. Telemarketing / Call-Center ........................................................................................ 463
7.8.6. Vom Call-Center zum Customer-Care-Center............................................................. 466
7.8.7. Kampagnenmanagement im Zeitablauf und Realtime-Marketing .............................. 468
7.9. Verkaufsförderung (VKF – Sales Promotion) ................................................. 470
7.9.1. Begriff - Aufgaben - Trends ........................................................................................ 470
7.9.2. Produkt-Promotion ...................................................................................................... 472
a.) Kundengerichtete Verkaufsförderung...........................................................................472
b.) Vertriebspartnergerichtete Verkaufsförderung .............................................................473
7.9.3. Programm-Promotion: Messen und Ausstellungen .................................................... 474
a.) Begriff - Bedeutung - Aufgaben ...................................................................................474
b.) Messestand-Gestaltung .................................................................................................476
c.) Messe-Durchführung ....................................................................................................476
d.) Messe-Erfolgskontrolle.................................................................................................478
7.10. Event-Marketing................................................................................................. 479
7.11. Produktfördernde Sonderinstrumente ............................................................. 481
7.11.1. Product-Placement....................................................................................................... 481
7.11.2. Co-Branding (Markenkombination) ........................................................................... 482
7.11.3. Ingredient Branding (Markenintegration)................................................................... 482
7.11.4. Brand-Licencing (Markenlizensierung)...................................................................... 483
7.12. Spezielle Kundenbindungsinstrumente ............................................................ 484
7.12.1. Strategische Bedeutung ............................................................................................... 484
7.12.2. Kundenkarten - Kreditkarten ....................................................................................... 484
7.12.3. Die Payback-Karte als spezielle Co-Branding-Kundenkarte....................................... 486
7.12.4. Couponing ................................................................................................................... 487
7.12.5. Kundenclubs ................................................................................................................ 489
7.12.6. Corporate Publishing (CP) - Kundenmedien ............................................................... 491
7.12.7. Werbegeschenke.......................................................................................................... 493
7.12.8. Kauffinanzierung – Absatzkredite ............................................................................... 494
7.13. Die optimale Kombination der Kommunikationsinstrumente.................... 494
7.13.1. Crossmediale und integrierte Kommunikation (CRC)................................................. 494
7.13.2. Kommunikations-Mix nach dem Value-Spectrum Modell.......................................... 496
7.13.3. Branchentypischer Best Practice Kommunikations-Mix ............................................. 497
7.14. Markenpolitik (Branding) ................................................................................ 498
7.14.1. Marke und Markenfaszination ..................................................................................... 498
7.14.2. Der Markenverband: Heimat der Markenartikel.......................................................... 499
7.14.3. Die Markenpersönlichkeit und weitere Erfolgsfaktoren starker Marken.................... 500
7.14.4. Markenpotenziale und Markenstrategien..................................................................... 503
a.) Strategische Potenziale einer Marke.............................................................................503
b.) Hersteller- versus Handelsmarkenstrategien.................................................................504
c.) Einzelmarken- versus Mehrmarkenstrategien...............................................................506
d.) Regionale versus globale Markenstrategien .................................................................507
e.) Eigenmarken- versus Fremdmarkenstrategien..............................................................507
f.) Erst-, Zweit-, Drittmarkenstrategien .............................................................................507
7.14.5. Kombinative Markenstrategien (Combinative Branding)............................................ 507
7.14.6. Phasen der Markenführung (Branding Strategy) ......................................................... 508
a.) Markenaufbau...............................................................................................................508
XV

b.) Markenpflege - Markensicherung.................................................................................511


c.) Markenerweiterung (Line Extension) durch Markentransfer .......................................512
d.) Markenrelaunch ............................................................................................................513
7.14.7. Die Messung des Markenwertes (Brand Equity) ......................................................... 515
a.) Eine Systematik bekannter Verfahren ..........................................................................515
b.) Brand navigator - Markensteuerrad und Eisbergmodell von icon................................516
c.) Markenbilanz und Brand Performancer von ACNielsen...............................................518
d.) Multiplikatormethode von Interbrand ..........................................................................519
e.) Brand-Synergy 130 von Grey .......................................................................................519
f.) VALMATRIX von CONSOR .........................................................................................520
g.) Weitere Markenbewertungsmodelle .............................................................................520
8. DIE INTEGRATION ANDERER UNTERNEHMENSBEREICHE.... 524
8.1. Zusammenfassung grundlegender Erfolgsfaktoren für die marktorientierte
Unternehmensführung ....................................................................................... 524
8.1.1. Marktorientierte Erfolgsfaktoren ................................................................................. 524
8.1.2. Marktorientierte Denkhaltungen.................................................................................. 525
8.1.3. Marktorientierung in der Ingenieurausbildung an deutschen Hochschulen................. 526
8.1.4. Marktorientierte Wettbewerbsdimensionen................................................................. 527
8.2. Vom Marketing zu CRM - der Zwischenschritt zur marktorientierten
Unternehmensführung ....................................................................................... 528
8.3. Marktorientierte Entwicklung .......................................................................... 529
8.3.1. Kundenorientierte Qualitätsplanung ............................................................................ 529
8.3.2. Quality Function Deployment (QFD) und House of Quality....................................... 530
8.3.3. Target Design .............................................................................................................. 531
8.4. Marktorientierte Beschaffung (Lieferantenmanagement) ............................. 532
8.4.1. Beschaffungs-Zielkonflikt ........................................................................................... 532
8.4.2. Global Sourcing........................................................................................................... 533
8.5. Marktorientierte Fertigung ............................................................................... 534
8.5.1. Lean Production........................................................................................................... 534
8.5.2. Virtuelle Fabrik............................................................................................................ 536
8.6. Marktorientierte Qualitätssicherung: ISO-Vorgaben und Total Quality
Management........................................................................................................ 536
8.6.1. Das Paradigma der produzierten, nicht geprüften Qualität.......................................... 536
8.6.2. Die DIN EN ISO 9000 Normenreihe........................................................................... 538
8.6.3. TQM-Systeme nach DIN EN ISO 9004:2000 - ISO/TS16949 .................................... 539
8.6.4. Exzellenz-Systeme nach Macolm Baldridge, EQA und EFQM .................................. 540
8.6.5. Six Sigma..................................................................................................................... 541
8.7. Marktorientierte Logistik .................................................................................. 541
8.8. Supply Chain Management (SCM/eSCM) ...................................................... 543
8.9. Die abschließende Generallinie ......................................................................... 544
8.9.1. Die Kraft der Werte: Creating Value / Value Production ............................................ 544
8.9.2. Die Kraft der Marke: Die Unternehmung als Marke .................................................. 546
8.9.3. Die Kraft der Systeme ................................................................................................. 548
Kompetenzfragen mit Internetlösungen................................................................ 550
Literaturverzeichnis .................................................................................................... 552
Stichwortverzeichnis .................................................................................................. 569
Abkürzungsverzeichnis und Lesehinweise

Abb. Abbildung
ASW Zeitschrift Absatzwirtschaft
Aufl. Auflage
BCG Boston Consulting Group
BWL Betriebswirtschaftslehre
CAS Computer Aided Selling
CRC Customer Relationship Communication
CRM Customer Relationship Management
DM Direktmarketing
ERP Enterprise Resource Planning (Standardsoftware, z.B. SAP R3)
ggf. gegebenenfalls
F&E Forschung und Entwicklung
i.d.R. in der Regel
i.e.S. / i.w.S. im engeren / weiteren Sinne
JoM Zeitschrift Journal of Marketing
KAM Key Account Management (Schlüsselkunden-Management)
Mio. Millionen
MM Zeitschrift Manager Magazin
M&M Zeitschrift Markt und Mittelstand
o.a. oben angegeben
OP operative Planung
o.V. ohne Verfasser
PAF Preis-Absatz-Funktion
PLZ Produktlebenszyklus
PIMS Profit Impact on Market Strategy
PM Produktmanagement
POS Point of Sale (Ort des Verkaufsgeschehens)
s. siehe
s.o. siehe oben
Sp. Spalte
SP strategische Planung
TEUR 1.000 Euro
US-$ US-Dollar
usw. und so weiter
vgl. vergleiche
VKF Verkaufsförderung
www World wide web
ZFB Zeitschrift für Betriebswirtschaft
ZfbF Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung
z.B. zum Beispiel

Lesehinweise
⌦ Dieses Zeichen hebt Besonderheiten der marktorientierten Unternehmensfüh-
rung und Handlungsempfehlungen hervor.
Dieses Zeichen gilt für normale Aufzählungen.
Dieses Zeichen kennzeichnet Definitionen und besondere Erläuterungen.
1. GRUNDLAGEN DER MARKTORIENTIERTEN
UNTERNEHMENSFÜHRUNG

1.1. Grundelemente des Marktgeschehens


1.1.1. Bedürfnis - Bedarf - Angebot - Nachfrage

Abb.1-1
DIE MASLOW´SCHE BEDÜRFNISPYRAMIDE
Die 8 Erfolgsfaktoren
des Marketing:
1.) Visionen, Konzeptionen
2.) Nutzen und Mehrwerte Selbstverwirklichung Bildung, Wellness
3.) Problemlösungen
Prestige – Status Rolex - Ferrari
4.) Services
5.) Bilder und Botschaften Zugehörigkeit zu Gruppen Robinson Club
6.) Beziehungen
7.) Instrumente Absicherung eines Lebensstils Altersversorgung
8.) Systeme
Sicherung der Existenz Wohnung

W irtschaft ist der fortdauernde Prozess einer organisierten Bedürfniserfüllung.


Das Aufspüren von Kundenbedürfnissen, ihre Beeinflussung oder gar Schaf-
fung stehen im Mittelpunkt der Marketing- und Vertriebsanstrengungen von Unter-
nehmen. Bedürfnisorientiertes Denken und Handeln sind die Säulen unserer Wirt-
schaftswelt. Jeder von uns hat unendlich viele Bedürfnisse. Sie verlangen unsere
Aufmerksamkeit und drängen nach Erfüllung1. „Und wir brauchen mehr, ... immer
mehr,“ so heißt es in Michael Endes bekanntem Buch Momo.2

Maslow hat eine traditionsreiche Hierarchie der Bedürfnisse entwickelt3 (Abb.1-1).


Seine Bedürfnispyramide beruht auf einer Grundannahme: Ein befriedigtes Be-
dürfnis ist kein Motivator mehr. Also werden wir uns von Bedürfnisstufe zu Be-
dürfnisstufe „hochkaufen“, bis wir uns auf der obersten Stufe der Selbstverwirkli-
chung – so wir sie jemals erreichen – wieder von der materiellen Welt lösen.

Es ist heute eine gesellschaftliche Frage, ob die Bedürfnistheorie von Maslow noch
in dieser Form gilt. Drei Veränderungen deuten sich an, die in dem folgenden Satz
anklingen: "Ich bin jetzt arbeitslos, aber mein Handy verkaufe ich nicht."
(1) Ein Wertewandel verändert die schön hierarchisch geschichtete Pyramide. Viele
Menschen kämpfen um ihre Existenz und verzichten dennoch nicht auf Teile des
Prestigekonsums.
(2) Bestimmte Bedürfnisse verlieren an Kraft. Vielleicht werden z.B. die tradierten
Familienlimousinen bald ausgedient haben. Der Trends geht zu den Vans. „Gros-
se Schlitten“ begeistern als Prestigeobjekte nur noch Führungskräfte.
(3) Ferner halten sich die Konsumenten nicht mehr an die starre Bedürfnishierarchie.
Sie springen innerhalb der Bedürfnisgruppen oder verfolgen verschiedene
Bedürfnisziele gleichzeitig. Dies führt zum Bild des sog. hybriden Konsumenten.
1
Unter einem Bedürfnis wird das Gefühl eines Mangels verstanden, verbunden mit einem Drang, diesen
Mangel zu beseitigen: vgl. Scharf; Schubert, (Marketing), 2001, S. 4
2
Ende, (Momo), 1973, S. 97
3
vgl. zur Maslow´schen Bedürfnispyramide Maslow, (Motivation), 1954
2 Marktorientierte Unternehmensführung

Abb.1-2 Durch eine (1) Auswahlentscheidung (Wähle ich Rennrad oder ALTERNATIVEN
Fitness-Center zur Erfüllung meines Bedürfnisses nach mehr Be- DER BEDARFS-
DECKUNG
wegung?) und durch (2) Kaufkraft (Bargeld, Kredit) wird aus
Eigenfertigung
einem Bedürfnis ein Bedarf. Wie decken wir Bedarf? In diesem Geschenk
Buch steht die Alternative 8 der Abb.1-24, der Austausch (man Betteln
spricht auch von Transaktion) Ware gegen Geld im Mittelpunkt. Leihen
Diebstahl
Orte dieses Austausches sind Märkte. Der auf Märkten wirksame Raub
(akute) Bedarf wird Nachfrage genannt. Fehlt daheim zum Ku- Tausch Ware
gegen Ware
chenbacken ein Stück Butter, so entsteht Bedarf. Dieser Bedarf Kauf (Ware
wird aber erst im Supermarkt nachfragewirksam. Der Nachfrage gegen Geld)
muss auf Märkten ein entsprechendes Herstellerangebot gegenü-
berstehen. Der Preis wirkt als Regulativ und bringt Angebot und
Nachfrage zum Ausgleich. Abb.1-3 zeigt den Weg vom Bedürfnis zum Kaufakt auf
Märkten. Märkte werden auf vierfache Weise definiert:
als sichtbare Orte für den Austausch „Ware gegen Geld (Opfer)“
(z.B. Wochenmarkt, Viehmarkt, Flohmarkt, Börse, Supermarkt, Getränkemarkt),
als nicht sichtbare, virtuelle Marktplätze für den Güteraustausch im Internet (In-
ternet-Börsen, Internet-Auktionen),
als Summe (Potenzial) aller tatsächlichen und potenziellen
Käufer eines Produktes (engere betriebswirtschaftliche Definition) oder
Käufer und Anbieter eines Produktes (weitere volkswirtschaftliche Definition);
oft auch bezogen auf ein bestimmtes Kundensegment / eine Zielgruppe (z.B. Senio-
renmarkt, Heiratsmarkt, Single-Markt, Ärzte-Markt),
als Sammelbegriff für eine angebotene Güterkategorie (z.B. Gebrauchtwarenmarkt
(auch unter (1)), Bio-Markt, Heimwerkermarkt, Reisemarkt etc.).

Noch müssen wir nicht alle Bedürfnisse auf Märkten decken. Noch gibt es freie Gü-
ter wie Sonne, Wind, Wald. Doch immer mehr freie Güter müssen sich den Spielre-
geln der Vermarktung unterwerfen. Wächst z.B. das Ozonloch weiter, so werden wir
eines Tages unter Kuppeln gefiltertes Sonnenlicht kaufen müssen.
Abb.1-3
VOM BEDÜRFNIS ZUM KAUFAKT
• Alles beginnt mit Träumen, Wünschen und dem Gefühl eines Mangels.

Bedürfnis
• Motive und Emotionen geben dem Individuum Antrieb, diesen Mangel zu beheben.
• Bedürfnisse sind mengenmäßig und inhaltlich grenzenlos
• und bei vielen Gütern instabil (oft situations- oder auch „launenabhängig“)
• Der Kaufinteressent entscheidet sich für eine Bedürfnisalternative (Auswahlakt).
• Dabei wirkt die Kaufkraft als Restriktion (Kann ich mir das überhaupt leisten?).
Bedarf • Selbstimage und Normen wirken als Filter (Steht mir das, darf ich das kaufen?).
• Auch Einstellungen zu Anbietern und Marken prägen den Schritt vom Bedürfnis zum
Bedarf (Bohnenkaffee ja, aber nicht von...).
• Damit aus Bedarf Nachfrage wird, sind Informationen über mögliche Orte und Zeitpunkte
eines Kaufaktes (einer Transaktion) erforderlich. Nachfrage wird also auf einem Markt
wirksam (Wann ist wieder Wochenmarkt? Wo finde ich...? Bis wann geöffnet?).

Nachfrage
• Dabei wirken Kaufanstrengungen auf den Käufer kaufverzögernd (Heute habe ich keine
Lust zur Parkplatzsuche),
• desgleichen hemmen ihn eine oft auftretende Kaufträgheit oder letzte Unsicherheiten
(Ich möchte es mir noch einmal überlegen; ich komme morgen wieder).
• Für eine Nachfrage sind also Kaufimpulse notwendig (Bei ALDI ist was los).
• Der Nachfrage muss letztlich ein entsprechendes Angebot gegenüberstehen.
• Der Anbieter muss auch verkaufen wollen (Eigentlich möchte ich mein Auto doch noch
Kaufakt etwas behalten...),
• und es ist schließlich eine Einigung über den Preis erforderlich (der Preis als Regulativ,
um Angebot und Nachfrage zur Deckung zu bringen).

4
vgl. in ähnlicher Weise Kotler; Keller; Bliemel, (Marketing-Management), 2007, S. 11-12
1. Kapitel: Die Grundlagen 3

Kernaufgabe des Marketing ist das Aufspüren von Kundenbedürfnissen, die ge-
zielte Bedürfnisbeeinflussung und die Vermarktung bedürfnisgerechter Leistungen.
Marketing wird zur marktorientierten Unternehmensführung, wenn alle Unter-
nehmensaktivitäten und –ressourcen auf diese Ziele hin ausgerichtet sind. Keine
marktorientierte Unternehmensführung im Sinne dieses Buches ergibt sich aus
Simon stellt folgenden Orientierungen, wenn diese Kundenbedürfnisse hintenan stellen:
in seiner
Hidden-
(1) Produktionsorientierung: verkaufen, was sich kostengünstig produzieren lässt,
Champion- (2) Technikorientierung: verkaufen, was Forschung & Entwicklung wollen,
Analyse (3) Einkaufsorientierung: verkaufen, was die Einkaufsabteilung beschafft,
2007 fest, (4) Umweltorientierung: nur verkaufen, was der Umwelt nicht schadet,
dass nur
50% der
(5) Inhaberorientierung: verkaufen, was Kapitalgeber wollen (z.B., wenn sie als
Großunter- Erfinder an bestimmten Produkten hängen, die nicht marktfähig sind),
nehmen der (6) Shareholder Value Orientierung: verkaufen, was den Aktienkurs steigert,
Marktorien- (7) Planwirtschaftsorientierung: verkaufen, was politisch angeordnet ist.
tierung den
Vorrang Welche Angebotsleistungen werden auf Märkten gehandelt?
geben, 31%
der Technik, 1.1.2. Sachgüter - Dienstleistungen - Services
und 19%
sehen Markt Kundenbedürfnisse werden durch Güter befriedigt. Ein Gut „ist alles, was einer Per-
und Technik son angeboten werden kann, um ein Bedürfnis oder einen Wunsch zu befriedigen.“5
im Gleich-
gewicht. Grundsätzlich gibt es materielle (greifbare) Güter (auch Sachgüter genannt) und
(s. ASW immaterielle Güter (Dienste, Rechte, Werte, Ideen). Aus betriebswirtschaftlicher
10/2007, S. Sicht sind Sachgüter sowie immaterielle Dienst- und (kostenlose) Serviceleistungen
34)
zu unterscheiden. Abb.1-4 zeigt die Systematik, Zusammenhänge und Beispiele.
Abb.1-4
ZUM ZUSAMMENHANG ZWISCHEN SACHGÜTERN LEISTUNGSSTUFEN VOM
DIENSTLEISTUNGEN UND SERVICE SACHGUT ZUR SERVICELEISTUNG

reines Sachprodukt
Sachleistungen Dienstleistungen
4 Zigarretten aus einem Automaten
1
Sachprodukt mit Service
5
2 3 6 Kauf bei Douglas mit Einpackservice
Sachprodukt mit Dienstleistung u. Service

7 Handy mit Vertrag und Beratung


Serviceleistungen
Sachprodukt mit Dienstleistung
Kauf einer Heizung und Einbau
reine Dienstleistung
Gebäude-Wachdienst, Steuerberater
Dienstleistung mit Service
Haarschnitt mit angebotenem Kaffee
reine Serviceleistung
Schülerlotse, Bundesliga-Polizeieinsatz

Sachgüter
Die materiellen, d.h. sicht- und anfassbaren Sachgüter werden eingeteilt in:
• Konsumgüter für Endverbraucher (Konsumenten), hergestellt z.B. von Nah-
rungs- und Genussmittel-, Kosmetika-, Pharma- oder von Gebrauchsgüterherstel-
lern (Konsumelektronik, Foto und Optik, Heim und Garten, Sportartikel, DOB
und HAKA, Haushaltswaren, OTC-Produkte, Büroartikel etc.),
• Industriegüter für alle dem Endverbrauch vorgelagerten Wertschöpfungsstufen
(s. auch Abb.1-11, Vertriebskette); d.h. die von Industrieunternehmen auf allen
Stufen der Wertschöpfung eingekauften, gefertigten und vertriebenen Sachgüter,
• Öffentliche Sachgüter, die von Bund, Ländern und Kommunen erstellt und an-
geboten werden (Bsp.: Schulen, Straßen, Kanalisation, Polizeiwagen).
5
Kotler; Keller; Bliemel, (Marketing-Management), 2007, S. 12
4 Marktorientierte Unternehmensführung

Sachgüter werden weiterhin unterteilt in


• Verbrauchsgüter, die beim Einsatz verzehrt oder merklich abgenutzt werden
(Genusswaren, Einsatzgüter) und
• Gebrauchsgüter, die für den dauerhaften (mehrfachen) Einsatz bestimmt sind.6

Auf rund Für Konsumgüter nimmt Ruhfus eine spezielle Einteilung vor in:
120 Mio. qm • Güter des täglichen Bedarfs (Convenience-Goods) - Butter, Milch,
Verkaufsflä-
che werden • Güter des gehobenen Bedarfs (Shopping-Goods) - Radio, Uhr,
in Deutsch- • Güter des Einmalbedarfs / Spezialitäten (Speciality-Goods) - Haus, Auto.
land über Die erste Kategorie wird auch als Low-Involvement-Products oder zuweilen als
1.480 Mrd. € Fast moving Consumer Goods (FMCG), die zweite und vor allem die dritte als
Konsum-
güter umge- High-Involvement-Products bezeichnet. Für jede dieser Konsumgüterarten gelten
setzt. typische Einkaufs-Verhaltensweisen (Kaufprogramme) der Verbraucher.7

Industriegüter, auch Investitionsgüter, technische Güter oder Geschäftsgüter


genannt, lassen sich einteilen in8
• Rohstoffgüter (Kakao, Kaffee, Mehl, Aluminium etc.),
• Energiegüter (Erdöl, Gas, Wasser, Strom, Solarenergie) und
• Produktionsgüter (Maschinen und Anlagen; Abnutzung langfristig).

Backhaus unterscheidet Industriegüter nach der Komplexität der Vermarktung. Er


sieht für Industriegüter drei Geschäftstypen und zusätzlich noch ein Zulieferge-
schäft, das in sich wiederum aus Produkten, oder Systemen bestehen kann:9
Das Produktgeschäft umfasst die Güterkategorien
Ersatzteile,
Komponenten (zum Einbau in Aggregate),
Einzelaggregate (als Endprodukte oder zum Einbau in größere Aggregate).
Das Systemgeschäft besteht aus den Güterkategorien
(horizontale) Erweiterungssysteme (z.B. in sich gleichartige Rechnernetze),
(vertikale) Verkettungssysteme (Verbindung nicht gleichartiger Teilsysteme).
Das Anlagengeschäft umschließt komplexe industrielle Einheiten, die wiederum
aus Güterbündeln aller oben genannten Kategorien bestehen können; Bsp. Raffi-
nerien, Walzwerke, Flugplätze, Staudämme mit allen dazugehörigen Sachgütern
und Dienstleistungen.

Beim Produktgeschäft und beim Systemgeschäft werden Einzelgüter zu Komponen-


ten, Maschinen oder Systemen kombiniert. (Groß)Anlagen stellen komplexe Prob-
lemlösungen dar. Sie sind echte Ingenieurleistungen. Die Anlagen bestehen aber in
sich wiederum aus Komponenten, Aggregaten und Systemen.

Nach der Intensität einer Kundenbeziehung können unterschieden werden:


(1) Commodities sind standardisierte Massenartikel, die i.d.R. einem harten Preis-
kampf unterliegen. Die Produkte bzw. Lieferanten sind untereinander austausch-
bar (z.B. DIN-Teile; MRO-Teile = Maintenance, Repair, Operations).
(2) Design-in-Products werden an die technischen Bedingungen (Spezifikationen)
eines Kunden angepasst. Sie erfordern also eine besondere Kompetenz. Anzufüh-
ren sind z.B. Stecker, die in eine Geräteserie des Kunden passen müssen. Die
Produkte sind später mit einem gewissen Aufwand austauschbar.

6
Steuerlich gilt hierfür eine Grenze für eine Direktabschreibung von 410 Euro.
7
vgl. zu diesem Ansatz Ruhfus, (Kaufentscheidungen), 1976, S. 23, nach einer Warentypologie von
Copeland aus dem Jahr 1925
8
vgl. Hüttner; von Ahsen; Schwarting, (Marketing-Management), 1999, S. 415-416
9
vgl. Backhaus; Voeth, (Industriegütermarketing), 2007, S. 200-203; insbes. die Grafik S. 202
1. Kapitel: Die Grundlagen 5

(3) Customized oder tailorized Products sind maßgeschneiderte, kundenindividu-


elle Problemlösungen. Sie gehen oft aus gemeinsamen Entwicklungsprojekten
von Kunde und Lieferant hervor. Auf Grund eines besonderen Know-how ist ein
Lieferant nur schwer austauschbar.
Umgangssprachlich wird der Produktbegriff mit Produktion / produzieren in Verbin-
dung gebracht. Oft werden dann die immateriellen Leistungen übersehen.

Dienstleistungen und Services (immaterielle Güter)


Abb.1-5 Bei den immateriellen Leistungen werden kostenlo-
MERKMALE VON se Dienstleistungen (= Serviceleistungen) von kos-
DIENSTLEISTUNGEN
tenpflichtigen Diensten (= Dienstleistungen) abge-
Dienstleistungen sind immateriell grenzt. Dienstleistungen werden weiterhin unter-
und deshalb nicht lagerfähig schieden in
und nicht transportfähig
sie werden nicht „verbraucht“ • private, industrielle (gewerbliche) oder öffentli-
kein Schwund, keine Abnutzung che Dienstleistungen an Sachen,
Rückgabe, Umtausch unmöglich
• private, industrielle (gewerbliche) oder öffentli-
keine Wiederverkäuflichkeit
stellen Leistungsversprechen dar che Dienstleistungen an Menschen.
menschliche Arbeitsleistung muss Abb.1-5 listet Merkmale auf, die Dienstleistungen
bei Bedarf verfügbar sein
Qualität hängt entscheidend von von Sachgütern unterscheiden. Standen bei der tradi-
der Sorgfalt der Ausführung ab tionellen Betriebswirtschaftslehre die produktiven
Qualitätsbewertung erst nach
Leistungserbringung möglich
Sachgüter im Vordergrund des Interesses, so nimmt
Qualitätskonstanz schwierig heute das Marketing für Dienstleistungen einen im-
erschwerte Standardisierung mer breiteren Raum ein.10
oft leicht zu imitieren
Kunde kann den Nutzen bzw. die
Qualität der Dienstleistung oft nur Services gelten als Schlüssel zur Wettbewerbsdiffe-
gefühlsmäßig bewerten
erschwerter Nachweis von Vortei- renzierung. Sie sollen Mehrwerte (Added Values)
len gegenüber Wettbewerbern bieten. Diese schlagen sich nieder als allgemeine
Neuigkeitsgehalt (Verbesserun-
gen) schwer nachweisbar
Mehrwerte (Arbeitserleichterungen, Informations-
Neu: Digita- insgesamt Preis- / Leistungsver- vorteile), Produkt- oder Prozessverbesserungen oder
le Güter. hältnis schwer einschätzbar als Vorteile für die Kunden des Kunden.
Diese wer-
den digital Abb.1-6 bringt die Güterbegriffe der drei großen Marktbereiche in einen Zusammen-
erzeugt und
digital über- hang. Viele Güter spielen in allen Märkten eine Rolle. Die PC-Wartung einer Soft-
tragen. Bsp. warefirma wird Konsumenten, durch Wartungsvertrag gebundenen Firmen oder
Klingeltöne. staatlichen Einrichtungen angeboten. Die Preise können enorm differieren.

Abb.1-6 Der Güterbegriff entstammt einer Konsum- Industrie- Märkte für


volkswirtschaftlichen Denkweise. güter- güter- öffentliche
Unternehmen „verwirklichen“ märkte märkte Güter
Güter (z.B. das Gut Auto) in Form
Verbrauchs- • Milch • Dichtringe • Wasser
konkreter Produkte (z.B. der VW güter • Benzin • Benzin • Professor
Polo). Produkte sind für die Un-
ternehmen Erfolgsträger, für die Gebrauchs- • Fernseher • Maschine • Straße
Kunden Nutzenträger. Der Kun- güter • KFZ • Kran • Schulhaus
de erfüllt sein Bedürfnis durch ein Dienstl. an • Friseur • Beratung • Schule
konkretes Produkt eines Anbie- Menschen • Taxi • Kredite • Polizei
ters. Dieser rechnet dem Produkt • EDV-
• Ölwechsel • TÜV
die betriebswirtschaftlichen Grö- Dienstl. an Wartung
Sachen • TV- • Werk- • Patent-
ßen Erlöse und Kosten zu. Das Reparatur schutz
schutz
Produkt wird zum Kostenträger.

10
vgl. z.B. Meffert; Bruhn, (Dienstleistungsmarketing), Wiesbaden 2006; zu den Merkmalen von
Dienstleistungen der Abb.1-5: vgl. Pepels, (Dienstleistungsmarketing), 1995, S. 21-31
6 Marktorientierte Unternehmensführung

1.1.3. Marken - Markenartikel


Ca. 70.000 Wenn sich ein Motorradfan das Harley-Davidson Logo „Wenn man all unsere Fab-
Markenan- als Tattoo eingravieren lässt, um seiner Clique zu impo- rikanlagen vernichten, unsere
meldungen Häuser zerstören und unsere
gab es im nieren, dann hat es das Produkt geschafft: Es ist zur Mar- Waren wegnehmen würde,
Jahr 2004 - ke geworden. Wenn das Gut Papiertaschentuch mit dem dann wären wir doch in
kurzer Zeit wieder auf heuti-
(2003: Produktnamen Tempo, das Waschmittel mit Persil oder gem Stand, wenn man uns
62.041),
davon nur
ein Tonic mit Schweppes gleichgesetzt wird, dann hat sich nur unsere Mitarbeiter ließe
und unsere Marken. Das
20% für ein Produkt tief im Kopf des Kunden „markiert“.11 Können der Mitarbeiter und
Indus- die Kraft der Marken sind der
eigentliche Wert eines
triegüter. Eine Marke ist eine Produktpersönlichkeit, ein „Her- Unternehmens.“
kunftsnachweis eines Anbieters mit vertrauensaufbauen- Schobert, Frank, Vice Presi-
der Wirkung.“12 Abb.1-7 fasst die Merkmale von Marken dent von Procter & Gamble,
in: ASW, Sonderheft Oktober
(Markenartikeln) zusammen. Die Anzahl der in Deutsch- 1997, S. 14
land aktiven Marken lag Ende 2005 bei
Abb.1-7 über 731.039. Die Menge der beim
MERKMALE VON MARKENPRODUKTEN
Deutschen Patentamt in München ein-
i.d.R. Produkte mit gehobenem Anspruch
getragenen Gebrauchs- und Ge- einprägsames Logo / Markenzeichen
schmacksmuster liegt bei. 415.000. Es gleichbleibende Produktaufmachung
hohe Wiedererkennung, auch der Verpackung
ist vor allem das Versprechen eines gleichbleibende Qualität (Qualitätsversprechen)
stabilen Qualitäts- und Preisniveaus, hohe Preisstabilität
mit dem ein Produkt zur Marke strebt. kaum Abverkaufsaktionen (Sonderpreise kritisch)
starke Medienwerbung zur Markenpräferenzbildung
Hierzu gibt ihm die Markenartikelin- klass. Markenartikel überall erhältlich (Ubiquität)
dustrie in der Regel 18 Monate Zeit Anspruch langer Lebensdauer bei Gebrauchsgütern
und investiert Millionenbeträge.13 E- gesicherte Nachkaufmöglichkeit bei Gebrauchsg.
und gesicherte Ersatzteilversorgung
benfalls aufwändig ist die dauerhafte
Markenpflege zur Sicherung der Marke (s. Abschnitt 7.14.6.b.).

Marken können nach dem Markenträger, ihrer Rolle im Rahmen einer Markenstrate-
gie und entsprechend ihrer regionalen Verbreitung unterschieden werden.14 Hierzu
gibt Abschnitt 7.14.4.b Aufschluss. Die Wettbewerbsauseinandersetzung um Marken
ist ein Kampf um Plätze in den Köpfen der Konsumenten. Der sichtbare Teil dieses
Kampfes spielt sich auf Märkten ab.

1.1.4. Märkte: Privatmärkte (Konsummärkte) und Geschäftsmärkte


Märkte sind Plattformen, auf denen Anbieter und Nachfrager Güter, Dienste und
Werte austauschen. In Abb.1-8 wird nach privaten (Privatmärkte, Consumer Mar-
kets) und geschäftlich organisierten Märkten (Geschäftsmärkte, Business Markets)
unterschieden. Die Geschäftsmärkte sind den Privatmärkten vorgelagert. In den Ge-
schäftsmärkten kaufen und verkaufen Geschäftsleute entweder im Auftrag ihrer Fir-
ma (Firmenkunde kauft LKW) oder zur eigenen Nutzenerfüllung (Geschäftskunde
kauft Laptop). Kaufakte erfolgen über alle Wertschöpfungsstufen von Vorlieferanten
an Hersteller, an Handelsunternehmen oder an öffentliche Einkaufsstellen. Je höher-
wertig eine Technologie ist, desto eher werden die Geschäfte direkt – ohne Einschal-

11
Specht, (Marken), in ASW, Sondernummer 10/1997, S. 10; anschaulich ist auch die folgende Erklä-
rung des Markenphänomens: „Eine Marke ist ein Raum im Kopf des Verbrauchers“: Momberger,
(gute Marken), in: Textilwirtschaft, 20/1997, S. 14
12
vgl. die Einführung von Specht zum 25. Deutschen Marketing-Tag im ASW, Sonderheft Oktober
1997, S. 10
13
lt. Aussage des Geschäftsführers des Wiesbadener Markenverbandes: vgl. Gottschalk, (Marken-
Kollisionen), in: ASW, Sonderheft Oktober 1997, S. 207
14
vgl. Weis, (Marketing), 2004, S. 283-288; Hüttel, (Produktpolitik), 1998, S. 273-280; Haedrich;
Tomczak, (Produktpolitik), 1996, S. 37-45
1. Kapitel: Die Grundlagen 7

Abb.1-8

KLASSIFIKATION UND ZUSAMMENSPIEL VON MÄRKTEN: ANBIETER UND NACHFRAGER

Private Märkte technischer organisierte


Hobbym ärkte Handel Märkte,
Kleingew erbe Geschäftsm ärkte

Vorlieferanten, Zulieferanten, System liefe-


ranten kaufen selbst von Vorstufen oder verkaufen
- Rohstoffe für die Fertigung
Handelsunternehm en Dienstleistungs- Öffentliche Hand,
- Hilfsgüter, die mittelbar oder unmittelbar mit dem
beziehen unternehm en Bund, Länder und
Produktionsprozess in Zusammenhang stehen
Verbrauchsmaterial, beziehen Verbrauchs- Gem einden
- Anlagen, Maschinen, Komponenten oder Systeme
Geschäftsausstattungen material, Geschäftsaus- beziehen Verbrauchs-
Business-to- Business-to- und maschinelle stattungen und maschinelle material, Ausstattungen,
Business Business Einrichtungen Einrichtungen maschinelle Einrichtungen,
Märkte Märkte Militärgüter
Endstufe: Konsum güter- Handelsm ärkte Dienstleistungsm ärkte
Industrieunter- hersteller fertigen Großhandel bezieht von Dienstleistungsunternehmen Öffentliche Märkte
nehm en, OEM, mit Vorprodukten und Konsumgüterherstellern verkaufen immaterielle verkaufen oder verteilen
fertigen mit Vorpro- Anlagen Food- und Großhandelssortimente und Leistungen für Menschen öffentliche Dienstleistungen
dukten und Anlagen Nonfood Produkte beliefert Einzelhandel / und Maschinen / an alle Wirtschaftsbereiche
technische Ge- und sow ie Consumer- Facheinzelhandel / Einrichtungen an alle
Verbrauchsgüter Gebrauchsgüter Spezialeinzelhandel Wirtschaftsbereiche

Consumer-to- klass.
Business-to-
Consumer Konsumgüter-
Consumer
Märkte märkte
Märkte

Endverbraucher / Verbände, Vereinigungen, Institutionen / Kleingew erbe


Konsument / Verbraucher/ Familie, Selbständige, Kleinunternehmer kaufen
⌦ Verbrauchsgüter ⌦ Gebrauchsgüter ⌦ Dienstleistungen

tung von Vertriebspartnern -


Abb.1-9 DIREKTER DIREKTER INDIREKTER Öffentliche
abgewickelt. Man spricht dann VERTRIEB VERTRIEB VERTRIEB Angebots-
von Business-to-Business- und
Konsument Arbeitgeber
Märkten (BtoB). In vielen BtoBtoC Nachfrage-
Märkte
Geschäftsmärkten wird indi- CtoC BtoE Anbieter
rekt vertrieben. Ein technischer BtoGtoC
Handel oder das Fachhand- Konsument Arbeitnehmer
Handel Anbieter
werk beliefert dann mit seinen Handw erk
Sortimenten gewerbliche Kun- Anbieter
den, Serienhersteller (OEM), öffentliche
Handelsunternehmen oder BtoC Konsument Hand

auch die öffentliche Hand.


Konsument
Bürger
Für den Konsum bestimmte
Ver- und Gebrauchsgüter flies- Anbieter

sen überwiegend über den CtoC = Consumer to Consumer


BtoB BtoC = Business to Consumer
Groß- und Einzelhandel zum BtoB = Business to Business
Endverbraucher (indirekter BtoE = Business to Employee
Firmen-
Geschäfts-
Vertrieb). In vielen Marktbe- kunde
BtoBtoC = Business to Business to Consumer
BtoGtoC = Business to Government to Citizin
reichen verkaufen Hersteller
aber auch direkt, ohne Ein-
schaltung des Handels, an Endkunden (direkter Vertrieb). Zu diesen Business to
Consumer-Märkten (BtoC) gehören Dienstleister wie Banken, Versicherungen,
Energieversorger, Post, Bahn, Telekommunikationsanbieter u.v.a.m.

Zunehmend entdecken Unternehmen auch Mitarbeiter als Kunden. Diese Spezial-


form des Direktvertriebs wird als Business to Employee bezeichnet. Abb.1-9 ver-
deutlicht noch einmal die unterschiedlichen Vertriebssysteme im Hinblick auf die
Direktheit der Beziehungen zwischen Anbietern und Nachfragern.
8 Marktorientierte Unternehmensführung

Interessant: Direktvertrieb bedeutet das Verkaufen an private oder geschäftliche Endkun-


Der Direkt-
vertrieb At
den ohne Einschaltung von Vertriebspartnern (Handel, Handwerk, u.a.).
work von Business to Consumer (BtoC oder B2C) bedeutet direktes Verkaufen vom
Coca Cola Hersteller oder Versandunternehmen an private Endverbraucher. Beispiele:
bestückt die Banken, Versicherungen, Stromversorger, Deutsche Telekom, Die Bahn.
Automaten
an Arbeits-
Business to Business (BtoB oder B2B) umfasst direkte Transaktionen zwi-
stätten (Dis- schen Geschäftsleuten. Firmen bzw. Geschäftsleute kaufen dabei für den eige-
tributions- nen Bedarf, zur Weiterverarbeitung oder als Wiederverkäufer.
weg: Cold Die Privatkunden- oder Konsumgütermärkte sind die Einkaufswelten der
Drink Dist-
ribution) Er
privaten Endverbraucher. Diese fragen Lebensmittel, Medizin- und Pharma-
kommt produkte, Körperpflege- und Reinigungsmittel, technische Gebrauchsgüter,
bereits auf Sport- und Freizeitprodukte sowie Konsumdienstleistungen nach (Food und
11% vom Non-Food). Konsumgüter werden überwiegend im indirekten Vertrieb ver-
Gesamtab-
satz von kauft; d.h., die Konsumgüterhersteller "distribuieren" über den Groß- und Ein-
Coca Cola. zelhandel. Wir sprechen auch vom BtoBtoC-Vertrieb.
Die Geschäftsmärkte werden auch als Industrie-15, Investitionsgüter- oder
Produzentenmärkte bezeichnet. Sie leiten sich aus dem Endkonsum ab.
Steigt die Konsumnachfrage, dann benötigen die Unternehmen mehr Anlagen
und Ausrüstungsgüter für ihre Produktion sowie mehr Roh- Hilfs- und Be-
triebsstoffe als Bestandteile der zu fertigenden Produkte und zur Aufrechter-
haltung der Produktion.
Abb.1-10
Privatmärkte (Konsumgütermärkte) Geschäftsmärkte
(aus Endnachfrage abgeleitete Märkte)
• Kaufimpulse sind stark emotional geprägt • Kaufimpulse haben starke sachliche Bezüge
• Bedürfnisse sind daher weckbar • Der Bedarf ist i.d.R. technisch vorbestimmt
• Eher große Zielgruppen • Eher fragmentierte Zielgruppen
• Direktvertrieb ist die Ausnahme. Endkunden sind • Direktvertrieb ist die Regel. Zu den Kunden be-
den Herstellern i.d.R. nicht bekannt stehen langjährige Beziehungen
• Individualentscheidungen (durch Konsumenten) • Gruppenentscheidungen (durch Einkaufsabtei-
überwiegen lung und Technik) überwiegen
• Familien / Verbrauchergruppen schließen sich • In vielen Märkten sind Zusammenschlüsse von
nur in Ausnahmefällen zusammen (z.B. Power Anbietern möglich (Arbeitsgemeinschaften beim
Selling im Internet) Bau, Genossenschaften)
• Konsument kennt Produktzusammensetzung • Produktzusammensetzung durch Spezifikationen
i.d.R. nicht (trotz Ausweis von Zutaten) / Rezepturen genau fixiert
• Einkaufsstätte und Nähe zur Einkaufsstätte hat • Entfernungen spielen für Industriekunden i.d.R.
für Konsumenten große Bedeutung keine Rolle
• Preise werden stark vom Markenimage geprägt • Preise werden vorrangig durch die Produktleis-
tung bestimmt
• Großteil der Kaufentscheidungen (insbes. für • Kaufentscheidungen für technische Güter sind mit
Güter des täglichen Bedarfs) sind ohne Risiko besonderen Risiken verbunden
• Produktwechsel ist für den Konsumenten einfach • Lieferantenwechsel ist i.d.R. mit größeren Risi-
ken verbunden (gilt nicht für Commodities)
• Kompetenz des Kunden spielt bei den meisten • Kompetenz des Kunden spielt eine große Rolle,
Konsumprodukten keine Rolle (Ausnahme z.B. jedoch sind die Kompetenzen oft aufgeteilt (Ein-
Weinkenner, Angler, Hobby-Bastler etc.) käufer - Technik)
• Kaufabschlüsse erfolgen i.d.R. durch Einigung • Zwischen Geschäftspartnern werden i.d.R.
und Übergabe ohne schriftlichen Vertrag schriftliche Verträge geschlossen.
• Geschäftsgrundlagen vor allem BGB • Geschäftsgrundlagen ist vor allem das HGB

Abb.1-10 zeigt wesentliche Unterschiede der Konsum- und Geschäftsmärkte auf.

15
Backhaus prägte diesen Begriff: vgl. Backhaus; Voeth, (Industriegütermarketing), 2007, S. 5 ff.
Der klassische Begriff lautet Investitionsgüter bzw. Investitionsgütermärkte. Jedoch gehen längst
nicht alle von Firmen und Geschäftsleuten gekauften Gütern in deren Anlagevermögen über, so dass
der Begriff Investitionsgütermärkte nur einen Teilbereich der technischen Industrien umfasst. Auch
Dienstleistungen für Unternehmen gehören zu den Geschäftsmärkten, werden aber nicht als Industrie-
oder Investitionsgüter bezeichnet.
1. Kapitel: Die Grundlagen 9

DIE V ERTRIEBSKETTE DER INV ESTITIONSGÜTERINDUSTRIE ZUM ENDKUNDENMA RKT

Endkunde
Verkauf

Verkauf

Verkauf
Verkauf

Verkauf
Verkauf
Einkauf

Einkauf
Einkauf

Einkauf
Einkauf
Stahl Schrauben Rotor Turbine A irbus A irline Flugreise

Abb.1-11 Abb.1-11 verdeutlich die Vielstufigkeit der Geschäftsmärkte (Industriegütermärkte).


Von der Schraube bis zum Airbus ist es ein weiter Weg. Rohstoffe, Materialien, Tei-
le und Aggregate werden über alle Stufen der Wertschöpfung ge- und verkauft.16
Schätzungen zufolge sind die Geschäftsmärkte wegen dieser Mehrstufigkeit viermal
so groß wie die klassischen Konsumgütermärkte. Original Equipment Manufactu-
rer (OEM) sind in dieser Kette Hersteller, die als Ausrüster komplette Maschinen
und Anlagen an die nächste Stufe einer Wertschöpfungskette weiter verkaufen.

Abb.1-8 berücksichtigt auch die einkaufenden und „verkaufenden“ Organisationen


der öffentlichen Hand. Bund, Länder und Gemeinden werden mit ihrer Fülle von
öffentlichen Einrichtungen als Nachfrager und Anbieter tätig, um für die Bürger eine
Infrastruktur bereitzustellen (Straßen, Gefängnisse, Schulen, Bundeswehr u.v.a.m.),
um den Bürgern öffentliche Dienstleistungen anzubieten (Kindergärten, Polizei-
schutz, Ausbildung, Abwasserversorgung) und um ihren Eigenverbrauch zu decken.
Auch unabhängige Institutionen, wie die Deutsche Bundesbank mit ihren Zentral-
banken oder die Gerichte gehören hierzu. Ein Trend geht in Richtung Privatisierung
der öffentlichen Märkte (Bahn, Post, Müllabfuhr, Wasserversorgung etc.).
Der Handel nimmt nach Abb.1-8 eine Mittlerfunktion für die Wirtschaft wahr. Im
Einkauf decken gewerbliche und öffentliche Wirtschaft ihren Güterbedarf teilweise
beim Handel, im Verkauf verkaufen sie ihre Leistungen an Handelspartner, die dann
ihrerseits wieder Endabnehmer bedienen. Handelsmärkte fungieren als Drehscheibe
für Güter und Dienstleistungen in einer arbeitsteiligen Volkswirtschaft. Abb.6-80 im
6. Kapitel gibt eine Übersicht über die Handelsfunktionen.

Abb.1-12 Eine marktorientierte Un-


DIE 8 W-FRAGEN DER MARKTBESCHREIBUNG
ternehmensführung muss
Marktteilnehmer: WER bildet den Markt? die unterschiedlichen Be-
Kaufobjekte: WAS wird verkauft/gekauft? dingungen in den geschil-
Kaufakteure: WER tätigt den Verkauf/Kauf? derten Marktbereichen
Kaufziele: WARUM wird gekauft? erkennen und bei den
Kaufort/POS: WO findet der Kaufvorgang statt? Marketing- und Ver-
Marktspielregeln: WIE läuft der Kaufvorgang ab? triebsaktionen beachten.
Kaufpreis WELCHER Preis wird gezahlt? Abschnitt 1.4. wird hier-
Marktpotenzial: WIE groß ist der Markt? auf eingehen. Die 8 W-
Fragen der Abb.1-12 hel-
fen dabei, einen Markt zu charakterisieren und Kaufprozesse zu analysieren.17
Abb.1-12 kann als Checkliste für systematische Marktanalysen genutzt werden.
Die Marktbedingungen werden von Marktteilnehmern bestimmt, die an dem Ver-
marktungsspiel mitwirken.

16
zur Wertschöpfungskette vgl. Haedrich; Tomczak, (Produktpolitik), 1996, S. 80-84
17
zur Analyse des Marketingumfeldes bzw. zu den Parametern der Marktbeschreibung: vgl. Kotler;
Keller; Bliemel, (Marketing-Management) 2007, S. 231-274
10 Marktorientierte Unternehmensführung

Eí nflüsse von Seiten des unternehmerischen Umfeldes einmal ausgeklammert (Öffentlichkeit,


Staat, Fiskus, Umwelt), wird ein Anbieter folgende Interessengruppen zu beachten haben, die
sich um die Gewinnung und Bindung von Kunden bemühen:
(1) die eigenen Mitarbeiter mit Kundenkontakt (Außendienst, Innendienst, Service und
Vertriebsleitung; zusammen das Selling Center),
(2) die eigenen Vertriebspartner (Handelsvertreter, Fachhandel, Fachhandwerk, Agenten
etc.), die oft auch für Konkurrenten arbeiten
(3) und Wettbewerber / Konkurrenten, die gleiche oder ähnliche Marktziele verfolgen und
manchmal auch Kunden sind.1

Abb.1-13

Bedürfnisse Bedarf
Nachfrage
Kunde

Bedarfsbe-
einflussungs- VERKAUFS-
strategie STRATEGIE
Preis
als
= Regulativ
Bedürfnis-
weckungs-
strategie
Vertriebspartner:
Handel, Handwerk u.a.

Vertriebspartner-
strategie
Wir Konkurrenz Angebot
Wettbewerbsstrategie

Abb.1-13 stellt die Marktakteure in einem Beziehungsdreieck dar. Simon spricht von einem
strategischen Dreieck der Marktteilnehmer.2 Die Pfeile kennzeichnen die Stoßrichtungen
für die Basis-Strategien des Marketing:
(1) das Erkennen, Wecken und Beeinflussen von Kundenbedürfnissen,
(2) der Suchen und Pflegen (Binden) von Kunden und der aktive Verkauf,
(3) die gezielte Abwehr von und Angriffe gegen Wettbewerber,
(4) die Suche nach Vertriebspartnern, deren Auswahl und Führung sowie deren
Abschirmung gegenüber Aktivitäten von Konkurrenten.

Dementsprechend können Marktstrategien erarbeitet werden:


(1) Marketingstrategien (betreffend Image, Marke, Werbung)
(2) Kundenstrategien (hinsichtlich Leistungsangebote, Preisgestaltung, Verkauf),
(3) Wettbewerbsstrategien,
(4) Vertriebspartnerstrategien (betreffend Bindung und Führung von Partnern).

1
ein umfassender Ansatz würde die Umwelt und auch Lieferanten einbeziehen
2
vgl. in Anlehnung an Simon, (Wettbewerbsvorteile), in: ZfB, 1988, S. 464
1. Kapitel: Die Grundlagen 11

Abb.1-14 Zwischen den Anbietern und ihren Kunden lau-


Konsum- Geschäfts-
fen absatzwirtschaftliche Vorgänge ab (sog. märkte märkte
Transaktionen). Betriebswirtschaftlich wirken
Konsument,
sich diese in Absatzmengen, Umsatzerlösen, Verbraucher,
Repräsentant,
Einkäufer,
Individual-
Ergebnissen, Marktanteilen und Kundenzu- kauf
„Gebraucher“,
Verwender
Bevollmäch-
friedenheiten aus. Für Anbieter, deren Kon- (User)
tigter

kurrenten und Vertriebspartner gilt eine Devise: Haushalt, Einkaufs-


abteilung,
Familie,
Der Erfolg hängt vom Kunden ab. Und um Er- Clique, Buying Center,
Gruppen-
folg zu haben, muss man den Kunden und sein kauf
Freundeskreis, Einkaufsge-
nossenschaft,
Community,
Verhalten gut kennen. Sammelbestel- Einkaufsver-
ler band

1.1.6. Käufer und Käuferverhalten


a.) Nachfrager: Interessenten und Kunden
Nach dem Wer sind die Nachfrager, wie denken und handeln sie? Marktorientierte Unterneh-
Lifting- mensführung sieht den Kunden nicht als Nummer, sondern berücksichtigt alle im
Urteil des
EuGH im Einkaufsvorgang wirkenden Personen mit ihren persönlichen Interessen und auch
Januar 2000 (bei gewerblichen Einkäufern) betrieblich vorgegebenen Zielen. Nach Abb.1-14 sind
gilt ein sowohl im Konsumgüter- wie auch im Industriegüterbereich Individuen und Grup-
neues Leit-
bild eines
pen zu beachten. Bei Konsumgütern zeigt sich dies deutlich, wenn eine Clique eine
verständi- Urlaubsreise bucht oder eine Familie eine neue Wohnzimmergarnitur anschafft und
gen, aufge- alle Cliquen- bzw. Familienmitglieder eigene Ideen und Interessen einbringen.
klärten und Webster und Wind untersuchten multipersonale Kaufprozesse in BtoB-Märkten. Sie
durch-
schnittlich
entdeckten bei den handelnden Personen Rollen im betrieblichen Buying Center
informierten gemäß Abb.1-15.20 Die Kundenbetreuung muss sich auf die Rollen der einzelnen
Verbrau- Kaufakteure und auf deren Beziehungen zueinander einstellen. In der Praxis sind
chers. "Lies- diese Rollen keineswegs immer durch verschiedene Personen repräsentiert. So liegt
chen Müller"
hat ausge- z.B. der Einkauf von Normteilen (Dichtringe, Schrauben, Büromaterial etc.) i.d.R. in
dient. (Deut- der Hand eines einzelnen Einkäufers. Dieser vereinigt dann mindestens die Rollen
scher des Einkäufers und des Entscheiders auf sich. Im Konsumgüterbereich hat das Rol-
Marken- lenverhalten der Käufer nicht die Beachtung gefunden wie in Industriegütermärkten.
verband)

Das Marketing wird nun in drei Schritten vorgehen: (1) das Nicht-Käufer- und Käu-
ferverhalten analysieren, (2) Nachfrager mit ähnlichem Verhaltensprofil zu Zielgrup-
pen bündeln und (3) Verkaufsmaßnahmen darauf ausrichten.
Abb.1-15
(1) Der Türöffner (Gate Keeper; Wächter): Auch scheinbar unwichtige Mitar-
beiter des Kunden können Vorgänge unbemerkt unterstützen oder blockie-
ren. Außendienstmitarbeiter wissen, warum sie der Chefsekretärin mit ei-
nem großen Blumenstrauß zum Geburtstag gratulieren.
(2) Der Beeinflusser (Influencer): Er fördert und lanciert Vorgänge, verfolgt
seine Interessen, hat aber keine offiziellen Funktionen im Einkaufsprozess.
(3) Der Einkäufer (Buyer): Er bearbeitet den Einkaufsvorgang und verantwor-
tet das Einkaufsrisiko. An ihm führt kein Weg vorbei.
(4) Der Entscheider (Decision Maker): Er hat das letzte Wort bei Einkaufsent-
scheidungen einer besonderen Tragweite oder einer besonderen finanziellen
Tragweite. Bei großen Beschaffungsentscheidungen (Vorstandsentschei-
dungen) sind oft mehrere Entscheider zu überzeugen.
(5) Der Anwender (User): Diese sind bei Industriegütern die Nutzer eines
Produktes bei der Be- oder Verarbeitung. Der Einkäufer wird eine Produkt-
beurteilung der Anwender nicht übergehen können.

20
vgl. Webster; Wind, (Buying Behavior), in: JoM, 4/1972, S. 12-14
12 Marktorientierte Unternehmensführung

b.) Kaufentscheidungen und Kaufprozesse


Seiler bemerkt: „Marketing beginnt immer beim Kunden.“21 Um Marktbedürfnisse
richtig einzuschätzen und Marketingmaßnahmen zielgerichtet zu planen, muss das
Käuferverhalten in seinen Gesetzmäßigkeiten erkannt werden. Die zentralen Fragen:
(1) Welche Rolle spielt die Einzelperson im Kaufprozess, und welchen Gruppenein-
flüssen (sozialen Einflüssen) ist der Käufer ausgesetzt?
(2) Was ist der Kaufanlass? Gibt es z.B. Kaufbestimmungsfaktoren, (z.B. Schaden
am Küchenherd), die über persönliche Verhaltensfaktoren dominieren?
(3) Welche beobachtbaren (extraindividuellen) Kaufeinflussfaktoren existieren?
(4) Welchen Einfluss üben in der Person liegende, psychologische (intraindividuel-
le) Faktoren aus?
(5) Welchen Einfluss üben Kaufsituation und Kaufumgebung (Point of Sale =
POS) auf die Kaufentscheidung aus (situative Faktoren)?

67% aller Kaufentscheidungen können nach zunehmenden Problemlösungsanforderungen


Konsumgü- (nach zunehmendem Kaufstress für den Kunden) eingeteilt werden:
terkäufe sind
Impulskäufe.
(1) Routinekäufe stellen programmierte Problemlösungen auf Grund von postitiven
Die Kauf- Kauferfahrungen dar. Auch Markentreue (Lieferantentreue) wirkt sich hier aus.
wahl erfolgt (2) Impulskäufe erfolgen meist intuitiv und befriedigen Kauflust (Eustress).
in max. 60 (3) Panikkäufe sind eine spezielle Form der Impulskäufe. Der Kauf erfolgt aus Sor-
Sekunden.
ge oder gar Angst. Der Käufer steht unter negativem Stress (Disstress).
(4) Beschränkte Problemlösungskäufe sind typisch für den Kauf von Gebrauchs-
gütern, bei denen der Kunde eine wohl überlegte Anbieterauswahl treffen möchte
(Kauf eines Handys, einer Kamera). Der Kunde strebt nach rationalem Verhalten.
(5) Extensive Problemlösungskäufe beinhalten hohe Kaufrisiken und beziehen sich
deshalb auf „Einmal-“ (Hausbau) und „Quasi-Einmal-Entscheidungen“ (z.B.
Weltreise, neues Wohnzimmer). Fehlkäufe werden für den Kunden u.U. teuer.
(6) Zwangskäufe bringen Kaufstress nicht durch einen Wahlakt unter Produktalter-
nativen, sondern durch Zwänge, Beeinflussungen oder Repressalien, die von In-
stitutionen oder Bezugspersonen ausgehen (Bezirksschornsteinfeger, Trauringe,
KFZ-Nummernschild, Arena-Card für Allianz Arena).

Eine Kaufentscheidung lässt sich, Spontankäufe ausgeklammert, als Kaufprozess


strukturieren. Kaufprozesse laufen üblicherweise in fünf Phasen ab:22
(1) Anregungsphase (Welche Bedürfnisse / Bedarfe sollen befriedigt werden?),
(2) Suchphase (Wann, wo kaufen; welche Anbieter/Produkte in Betracht ziehen?),
(3) Abwägungsphase (Welche Kaufalternativen kommen in die engere Auswahl?),
(4) Entscheidungsphase mit der endgültigen Kaufentscheidung (Auswahlakt),
(5) Bestätigungsphase (Sammeln positiver oder negativer Kauferfahrung; meist
Unterdrücken von negativen Kauferfahrungen (der sog. Halo-Effekt)).

c.) Käuferverhalten
Das Käuferverhalten hängt zunächst von der Art des Kaufprozesses sowie von Kauf-
anlässen und Kaufumständen ab. Es werden unterschieden:23
(1) Habituelles Kaufverhalten bei Gütern des täglichen Bedarfs. Man tankt bei der
Tankstelle gegenüber. Für die Steaks hat man seinen Metzger. Der Konsument
verlässt sich auf seine Kauferfahrungen. In gewohnheitsbestimmten Kaufprozes-
sen schränkt er seine Alternativenwahl gemäß Abb.1-16 ein.
21
Seiler, (Marketing), 2001, S. 76
22
vgl. hierzu in Anlehnung an Meffert, (Marketingforschung), 1992, S. 88
23
vgl. Hüttner; von Ahsen; Schwarting, (Marketing), 1999, S. 15 unter Bezug auf eine Systematik von
Weinberg.
1. Kapitel: Die Grundlagen 13

Abb.1-16
EINGRENZUNG DER KAUFALTERNATIVEN DURCH DEN KUNDEN

Awareness Set alle Produkte, die dem Kunden bekannt sind


Processed Set alle Produkte, die er irgendwann schon einmal als Kaufalternative durchdacht hat
Evoked Set alle Produkte, die ihm in der aktuellen Kaufsituation präsent sind (enge Auswahl)

(2) Impulsgesteuertes Kaufverhalten als Reaktion auf wenig bewusst verarbeitete


Reize. Die sog. Convenience Goods (z.B. in den Tankstellen-Shops oder an den
Supermarktkassen) werden typischerweise impulsgesteuert gekauft. Eine interes-
sante Frage ist z.B., ob eine reißerisch aufgemachte Fernsehzeitung wirklich im-
pulsiv gekauft wird oder ob Zeitungen eher einem habituellen Kaufverhalten un-
terliegen. Dann könnten sich die Medien die anregenden Titelseiten sparen.
Rationales (3) Rationales Kaufverhalten, das durch sorgfältige Definition des Kaufzieles, um-
Kaufverhal-
ten =
fangreiche Informationsbeschaffung über Kaufalternativen, Erarbeitung und nut-
überlegte zenbewertendem Vergleich dieser Kaufalternativen und eine optimierende Pro-
Nutzenma- duktwahl gekennzeichnet ist.
ximierung (4) Sozial abhängiges (beeinflusstes) Kaufverhalten, das die Entscheidungswahl
des Käufers.
des Käufers einengt, da dieser durch Bezugsgruppen oder Meinungsführer beein-
flusst oder gar zu einer Produktwahl gedrängt wird.

d.) Erklärungsansätze für das Käuferverhalten


Für die Analyse und Vorhersage des Käuferverhaltens, gibt es unterschiedliche Er-
klärungsmodelle. Sie zu bearbeiten ist Aufgabe der Marktforschung:
• Totalansätze versuchen, das Käuferverhalten ganzheitlich unter Einbezug aller
Kaufdeterminanten zu erfassen. Praktisch ist das eine Illusion.
• Strukturansätze beschränken sich auf partielle Beziehungen zwischen kauf-
beeinflussenden Variablen. Sie zerlegen den Käufer und sein Verhalten in
Kauf-Bestimmungsfaktoren. Durch Kombination von Bestimmungsfaktoren
entstehen Käufertypen (z.B. Konsument männlich, Alter um die 30, ledig, Aka-
demiker, mittleres Einkommen, sportbegeistert usw.). Diese Strukturansätze bil-
den die Grundlage für die Marktsegmentierung. Abb.1-17 bietet eine Über-
sicht gängiger Bestimmungsfaktoren (Determinanten) für das Käuferverhalten,
die in Abschnitt e.) behandelt werden.24 Die Abbildung zeigt den typischen neo-
behavioristischen SOR-Ansatz25: Ein beobachtbarer Stimulus wirkt als Reiz auf
den Organismus, und daraus folgt eine ebenfalls beobachtbare Reaktion des In-
dividuums (des Käufers). Das Problem liegt in einer Black Box: Was sich wirk-
lich im Menschen bei seinem Denken, Entscheiden und Tun abspielt, kann nicht
direkt gemessen werden. Die Marktforschung versucht, diesen Gesetzmäßigkei-
ten durch Experimente auf die Spur zu kommen (s. Abschnitt 3.2.8.).
• Prozessansätze analysieren das Kaufverhalten als Abfolge von Phasen. Prakti-
kabel sind nur Partialmodelle, die sich auf einzelne Phasen, wie z.B. auf die In-
formationssuche des Konsumenten im Vorfeld eines Kaufs, beschränken. Kom-
plexe Prozessansätze versuchen, das gesamte Käuferverhalten abzubilden.
Meist kommen hierbei Computersimulationsmodelle zum Einsatz.
• Prognoseansätze versuchen Kaufentscheidungen mit Hilfe mathematisch-
statistischer Modelle vorauszusagen (Bsp.: Markoff-Ketten).
Wir werden uns im folgenden auf Strukturansätze beschränken und dabei nicht zwi-
schen Privat- (Konsum-) und Firmen- bzw. Geschäftskunden unterscheiden.

24
vgl. Bänsch, (Käuferverhalten), 2002, S. 4
25
SOR = Stimulus - Organismus - Response. Im Gegensatz hierzu beschränkt sich der klassisch-
behavioristische SR-Ansatz nur auf die Messung direkt messbarer Faktoren und Einflüsse.
14 Marktorientierte Unternehmensführung

Abb.1-17
AUSGEWÄHLTE BESTIMMUNGSFAKTOREN DES KAUFVERHALTENS (DAS SOR-MODELL)

extraindividuelle intraindividuelle Determinanten

soziodemographische
aktivierende Determinanten
Käufermerkmale
Geschlecht, Alter Bedürfnisse / Motive
Familienstand, Wohnen Emotionen
Bildung, Einkommen Einstellungen beobachtbare

KAUFENT-
soziales Umfeld des Käufers kognitive Determinanten
SCHEIDUNG
soziale Schicht Wissen Warum kauft
Familie, Wohnumfeld Wahrnehmungen Kunde Produkt A
Bezugsgruppen Lernen am Ort B
Meinungsführer in Menge C?

ökonomisches Umfeld Persönlichkeits-


(Kaufanreize) determinanten
Einkaufsstätte und POS Involvement Reaktionen
Verkäufereinflüsse Risikoverhalten
Präsentation und Preis Werte / Normen

beobachtbares nicht beobachtbares Verhalten (Black Box)

e.) Bestimmungsfaktoren des Käuferverhaltens


1. Stimuli: Beobachtbare, außerhalb einer Person liegende (extraindividuelle)
Erklärungsvariablen

Die Zusammenhänge zwischen demographischen und soziodemographischen


Kundenmerkmalen und Kaufentscheidungen lassen sich recht gut feststellen. Auch
die Kaufeinflüsse des ökonomischen Kaufumfeldes lassen sich erfassen. Bei der
Ausgestaltung von Einkaufsstätten führen (1) eine Lebensstil-Atmosphäre, (2) akti-
vierende Produktpräsentationen (z.B. Wandbohrer zum Ausprobieren), (3) Lerner-
Abb.1-18 lebnisse, (4) Spaß-Erlebnisse, (5) Wettkampf-Anreize (z.B. Gewinnspiel) und (6) ge-
schultes Verkäuferverhalten zu einer
SOZIOLOGISCHE KONSUM-ERKLÄRUNGSMODELLE anregenden Kaufatmosphäre. An-
DAS MODELL DER SOZIALEN SCHICHTEN
dere Faktoren dagegen verlieren an
Wirkungskraft; z.B. ständige Tiefst-
Soziale Schicht Anteil Konsum-Verhaltensmerkmal
7. Obere Oberschicht 1% konservativ - elitär
preisankündigungen oder die lang-
6. untere Oberschicht 2% Luxuskonsum - Statuskäufe weilige Hintergrundmusik vieler
5. obere Mittelschicht 12% Lebensqualitäts-Konsum Möbelhäuser.
4. Mittelschicht 31% Trendkäufe - Markenkonsum Nicht zu unterschätzende Kaufein-
3. untere Mittelschicht 38% Qualitätskonsum
2. obere Unterschicht 9% Preiskäufer
flüsse kommen aus dem sozialen
1. untere Unterschicht 7% situativer Konsum Umfeld des Käufers.26 Dieser ist
DAS MODELL DES FAMILIEN-LEBENSZYKLUS
Beeinflussungen und Zwängen
durch seine Rolle in einer sozialen
Lebensphase Anmerkungen Konsum-Verhaltensmerkmal
Schicht und seinen Status, von
1. junge Singles Grundausstattung, Trendkonsum
2. neue Familie ohne Kinder Wohnung, Reisen, Mode Seiten der Familie sowie durch
3. Volles Nest 1 Kinder < 6 J. praktische Konsumgüter Bezugsgruppen (Freunde) und
4. Volles Nest 2 Kinder > 6 J. Sport-, Freizeitartikel, Haus Meinungsführer ausgesetzt. Abb.
5. Volles Nest 3 ältere Kinder Ersatzbeschaffungen
6. Leeres Nest 1 noch im Beruf Reisen, Bücher, Gesundheit
1-18 liefert hierzu zwei bekannte
7. Leeres Nest 2 Ruhestand Gesundheit, Alterswohnsitz Typologien.27
8. Senioren-Singels medizinische Versorgung

26
vgl. z.B. die ausführlichen Darstellungen bei Foscht; Swoboda, (Käuferverhalten), 2005, S. 137-146
27
die allerdings stark von US-amerikanischen Gesellschaftverhältnissen geprägt sind: vgl. Kotler;
Bliemel, (Marketing-Management), 2001, S. 326-328, sowie die dort angegebene Literatur
1. Kapitel: Die Grundlagen 15

Immer wieder reizvoll ist die Frage der Rollenverteilung der Geschlechter im Kauf-
prozess.28 In vielen Familien ist der Haushaltsvorstand auch Meinungsführer. „Mei-
nungsführerschaft ist die Ausübung von Einfluss innerhalb interpersoneller Kommu-
nikationsprozesse.“29

Für den Markterfolg eines Anbieters ist es wichtig zu wissen, welche Kundentypen
wie schnell auf neue Produkte reagieren. Abb.1-19 skizziert hierzu das klassische
Modell der Diffusionstheorie. Die Diffusionstheorie analysiert Gesetzmässigkeiten,
wie schnell neue Produkte (Innovationen) in die Märkte dringen. Im Zentrum steht
die typische Adoptionskurve mit den Innovationsbereitschaften von Käuferschich-
ten.30 Die Markteinführung eines neuen Produktes im Markt wird umso erfolgreicher
sein, je umfassender ein Anschub durch meinungsbildende Frühkäufer gelingt und je
schneller jeweils das Potenzial einer Käuferschicht ausgeschöpft wird.
Abb.1-19
DIE DIFFUSIONSKURVE: KÄUFERVERHALTEN BEI PRODUKTEINFÜHRUNGEN

Die Verteilung in der Praxis 9% 14% 10% 49% 18%


(Quelle: IP Deutschland)

In welchem 2% 2%
14% 34% 34% 14%
Zeitraum
nach Pro-
_ _ _ _ _
dukteinfüh- x − 2σ x − 1σ x x + 1σ x + 2σ
rung kaufen
innovators early early late laggards Verweigerer
Konsumen- adopters majority majority
ten 4 neue (Innovatoren) (frühe (frühe (späte (Nach-
Produkte? Einsteiger) Mehrheit) Mehrheit) zügler)
Early Adop-
ters: 1⁄2 Jahr
nach Einfüh-
rung, frühe 2. Black Box: Nicht beobachtbare, innerhalb einer Person liegende (intraindi-
Einsteiger: viduelle) Erklärungsvariablen
12 Monate,
späte Ein-
steiger: 2 Zu unterscheiden sind aktivierende, kognitive (erkenntnisbezogene) und
Jahre, selek- persönlichkeitsbezogene Determinanten des Käuferverhaltens.
tive Käufer:
1 bis 3 Neu-
produkte in Aktivierende Determinanten versorgen den Konsumenten mit Kaufenergie.31
2 Jahren, Die menschliche Aktivierung durchläuft Phasen vom Schlafzustand, über entspannte
Verweige- Wachheit, wache Aufmerksamkeit, starke Erregung bis hin zur Panik.32 Einkaufs-
rer: kaufen
innerhalb fahrten mit Gewinnspielen oder anregende Models bei Produktvorstellungen zielen
von 2 Jahren in diesem Sinne darauf ab, den Konsumenten zu aktivieren.
kein Neu-
produkt.
Emotionen (Gefühle) sind die Grundbausteine der Aktivierung.33 Sie sind jene psy-
chischen Erregungszustände, die wir subjektiv als Interesse, Freude, Glück, Ärger,
Zorn, Wut, Kummer, Enttäuschung etc. wahrnehmen. Zur emotionalen Beeinflus-
sung des Käuferverhaltens werden folgende Reize eingesetzt:34

28
vgl. Meffert, (Marketingforschung), 1992, S. 89-92
29
Pepels, (Käuferverhalten), 1995, S. 37
30
vgl. Foscht; Swoboda, (Käuferverhalten), 2005, S. 134
31
vgl. zu den umfassenden verhaltensbezogenen Zusammenhängen: Kroeber-Riel; Weinberg, (Kon-
sumentenverhalten), 2003, S. 53 ff.
32
typischer Semesterrhythmus von Studenten
33
Interessanterweise erwähnt Kotler sie im Rahmen der Erklärung des Kaufverhaltens in seinem
Standardwerk nicht: vgl. Kotler; Keller; Bliemel, (Marketing-Management), 2007, S. 284-291
34
vgl. Pepels, (Käuferverhalten), 1995, S. 45
16 Marktorientierte Unternehmensführung

• affektive Schlüsselreize: Bilder, Symbole, Erotik mit unmittelbarer, biologisch-


programmierter Reizwirkung (Mann-/Frau-Kaufreaktionen; Gefühlswelten der
ersten Lebensjahre),
• kognitive Schlüsselreize: Qualitätsnachweise, Tests, Überraschungen, Lernef-
fekte, Prominentenempfehlungen, d.h. alle Reize, die den Käufer zu einer In-
formationssuche und –verarbeitung anregen,
• physische Schlüsselreize: Musik, Duft, Farbe, schöne Formen, Haptik etc.

Die hochinteressante Erforschung der inneren Bilder (Imagery) versucht hinter das
Geheimnis zu kommen, welche Schlüsselreize über welche Bildtransformationen in
der rechten Gehirnhälfte (bei Rechtshändern) zu welchen Emotionen und dann
schlussendlich zu Produkterinnerungen, -einstellungen und Kaufpräferenzen füh-
ren.35 Tritt zu den Emotionen eine Zielorientierung im Handeln hinzu, dann sind
Motivationen / Motive berührt. Motivationen kanalisieren Emotionen in Richtung
Kaufwünsche. Sie versorgen den Käufer mit Kaufenergie und richten sein Handeln
auf eine Produktauswahl aus. Unterschieden werden:
• primäre (ungelernte, biogene) und sekundäre (angelernte) Motive,
• intrinsische (der Käufer belohnt sich durch den Kauf selbst) und extrinsische
(Kauf zielt auf Belohnung und Anerkennung durch die Außenwelt ab) Motive,
• unbewusste und bewusste Motive.

Ein Beispiel für eine spezielle Motivationstheorie, die Bedürfnispyramide von Mas-
low, wurde zu Beginn dieses Buches bereits vorgestellt (Abb.1-1). Der Ansatz liefert
einen nützlichen Bezugsrahmen für die Erklärung des Käuferverhaltens, wenn auch
die Hypothese einer gesetzmäßigen Rangordnung und Abfolge der Motive mit den
aus ihnen resultierenden Bedürfnissen empirisch nicht belegt ist.36

Nachhaltiger als durch Motive werden Kaufentscheidungen durch Einstellungen


beeinflusst. Das Verhaltenskonstrukt Einstellung gilt als die zur Erklärung des Käu-
ferverhaltens am häufigsten herangezogene Variable. Einstellungen sind innere, re-
lativ dauerhafte Bereitschaften (Prädispositionen) eines Käufers, auf bestimmte
Reize schematisch zu reagieren. Personen, Sachen oder Themen werden mit Bewer-
tungen (Valenzen) belegt, die sich durch Erfahrungen dauerhaft festigen. Einstellun-
gen zu einem Kaufobjekt sind geprägt von
(1) einer gefühlsmäßigen (= affektive) Komponente,
(2) einer verstandesmäßigen (= kognitive) Komponente und einem
(3) mit einer bestimmten Einstellung verbundenen Handlungsdrang (= konative
Komponente = Kaufabsicht, Kaufdrang).37

Kognitive Determinanten folgen den aktivierenden Kauf-Einflussgrößen. Durch


sie organisiert der Käufer gedanklich (verstandesmäßig) seine Umwelt.38 Im Mittel-
punkt stehen Wahrnehmung und Lernen. Die Wahrnehmung umfasst alle Vorgänge
der Aufnahme, Selektion (Filterung), Organisation (Strukturierung) und Interpretati-
on von Informationen über Produkte, Themen, Sachverhalte. Das Lernen geht über
die Wahrnehmung hinaus. Lernen bewirkt systematische Verhaltensänderungen auf-
grund von Erfahrungen.39 Mit dem Ziel einer Käuferbeeinflussung sind zwei Phäno-
mene beachtenswert:

35
vgl. Kroeber-Riel, (innere Bilder), in: Marketing, 8/1986, S. 81-96
36
vgl. Hüttner; von Ahsen; Schwarting, (Marketing), 1999, S. 26-27
37
vgl. Meffert, (Marketing), 2000, S. 117
38
vgl. Meffert, (Marketingforschung), 1992, S. 60-66
39
vgl. Pepels, (Käuferverhalten), 1995, S. 82-95
1. Kapitel: Die Grundlagen 17

• Selektive Wahrnehmung: Der Käufer geht mit bestimmten Erwartungen an ein


Produkt. Die Umwelt (Verkäufer, Werbung) bietet (glaubt zu bieten) objektive
Produktinformationen. Die Wahrnehmung des Kunden ist dann ein Kompromiss
aus beiden. Wahrgenommen wird eine Schnittmenge aus objektiven Informatio-
nen und subjektiven Erwartungen.40 Der Käufer negiert bewusst oder unbewusst
dissonante Informationen und „dichtet“ Elemente aus seiner Erwartungshaltung
hinzu. Mit steigender Informationsüberlastung werden Informationen zuneh-
mend unterdrückt.
• Konditionierung, speziell die emotionale Konditionierung:41 Der Käufer (das
Individuum) reagiert auf bestimmte Reize reflexartig. Wird ein an sich neutraler
Reiz wiederholt mit einem reflexauslösenden Reiz gekoppelt, dann wird bald
der früher neutrale Reiz die Reflexreaktion (Kaufakt) auch ohne Auftreten des
stimulierenden Reizes auslösen. So wird z.B. die Zigarettenmarke Marlboro ste-
reotyp mit den Reizen Naturlandschaft, Cowboy, Freiheit geladen.

Die Persönlichkeit stellt bei jedem Menschen ein unverwechselbares, relativ sta-
biles und den Zeitablauf überdauerndes Verhaltenskorrelat dar.42 Die Persönlichkeit
liefert den Rahmen für die wichtigen Verhaltensprädispositionen (Voreinstellungen
des Verhaltens) Involvement, wahrgenommenes Risiko und Werte.

Involvement ist ein Schlüssel zum beruflichen und privaten Erfolg. Involvement
kennzeichnet den Grad des Engagements einer Person, sich für bestimmte Sachver-
halte zu interessieren und persönlich einzusetzen.43 Also wird es für den Anbieter
eines Produktes darum gehen, beim Kunden High-involvement-Käufe zu induzie-
ren. Diese sind dem Käufer wichtig und stehen in enger Verbindung zu seiner Per-
sönlichkeit und seiner Selbsteinschätzung. Low-involvement-Käufe werden in der
Regel über den Preis entschieden.
Die Strategie der Cluburlaubanbieter liegt darin, die Urlauber zu High-Involvement-
Buchungen zu verführen (Genuss durch Animation, Geselligkeit, Sportprogramm).
Ziel ist Konditionierung des Kunden durch Gemeinschaftserfahrungen und damit eine
stärkere Kundenbindung.

Jeder Kauf ist mit Opfer (Einsatz) und Risiko verbunden. Das Kaufobjekt könnte
den Erwartungen nicht entsprechen (psychisches Risiko durch Unzufriedenheit),
nicht funktionieren (funktionales Risiko), den Käufer eventuell sogar schädigen (ge-
sundheitliches Risiko, soziales Risiko) oder ihm unvorhergesehene Folgekosten
bringen (finanzielles Risiko). Jedes Individuum nimmt Risiken auf seine Art wahr
(perceived Risk = wahrgenommenes Risiko) und bewertet individuell (nach einer
Risikopräferenz). Zwischen Risikofreude eines Kunden (Last-Minute-Käufer, Ge-
brauchtwagenkäufer) und Risikofeindlichkeit (Verkaufsargument von Versiche-
rungsgesellschaften) liegt eine große Spannweite. Während einer Kaufverhandlung
ist es wichtig, jede Art von Risikoempfindungen auf Kundenseite zu vermeiden. Die
Gesundheitswarnungen auf Zigarettenschachteln zeigen andererseits, wie die
Verbraucher effektive Risiken unterdrücken, wenn sie auf ein Gut fixiert sind.

Zu den Persönlichkeitsdeterminanten gehören schließlich noch Werthaltungen. Die-


se bilden das Überzeugungssystem einer Person. Das Individuum verfügt über (1)

40
vgl. Pepels, (Käuferverhalten), 1995, S. 82
41
vgl. zu dem Phänomen und zu dem Beispiel: Meffert, (Marketing), 2000, S. 115 sowie die dort
angegebene Literatur
42
vgl. hierzu und im folgenden Foscht; Swoboda, (Käuferverhalten), 2005, S. 119-121
43
vgl. Kroeber-Riel; Weinberg, (Konsumentenverhalten), 2003, S. 92
18 Marktorientierte Unternehmensführung

einige Dutzend globaler Überzeugungen (Grundethiken), (2) Hunderte von bereichs-


bezogenen Werten (religiöse, soziale, berufliche Überzeugungen) und gar (3) Tau-
sende von sachbezogenen Überzeugungen; z.B. betreffend Produkte oder Produkt-
eigenschaften.44 Auch Lebensstil-Überzeugungen sind Ausdruck von Werthal-
tungen. Sie verdichten das individuelle Wertegerüst eines Käufers. Für die markt-
orientierte Unternehmensführung liegt die besondere Herausforderung darin, sich
unablässig einem gesellschaftlichen und lebensstilbezogenen Wertewandel (auch:
Zeitgeist) anzupassen.

Bei Geschäftskunden werden die intraindividuellen Käufermerkmale um interperso-


nelle (organisatorische) Faktoren, wie Zielvorgaben, Abteilungszwänge, geringere
Handlungsspielräume durch Einkaufsverträge oder ganz einfach durch technische
Sachzwänge ergänzt. Der Kunde beeinflusst den Kaufprozess durchaus mit seinen
Persönlichkeitsfaktoren. Die eigentliche Kaufentscheidung ist jedoch geschäftlich
reglementiert. Psychologische Einflusskräfte wirken besonders im Vorfeld eines
Kaufabschlusses (Beziehungsmanagement). Die Akquisitionsphasen, die stark vom
Aufbau menschlicher Beziehungen geprägt werden, erstrecken sich bei größeren
Maschinenbau- oder Anlageobjekten oft über jahrelange Zeiträume.

1.1.7. Marktsegmentierung und Zielgruppenbildung


a.) Klassische Zielgruppenmerkmale für BtoC und BtoB
Kennt man die Merkmale und Eigenheiten seiner Kunden, dann kann ein Marketing
mit der „Gießkanne“ verhindert werden. Dies ist Ziel der Marktsegmentierung.45
Das Stat.
Bundesamt Marktsegmentierung umfasst alle Maßnahmen, um
meldet für (1) Käufer mit gleichartigen oder zumindest ähnlichen Merkmalen und Ver-
Deutsch- haltenseigenschaften zu definierten Gruppen, den Marktsegmenten, zusam-
land: 82,5 menzufassen (Clusterbildung),
Mio. Ein-
wohner in (2) aus den Marktsegmenten Zielgruppen herauszufiltern
39 Mio. (3) und Marketing- und Vertriebsaktionen auf Zielkunden hin auszurichten.
Haushalten.
Marktsegmentierung soll die Streuverluste des Massenmarketing vermeiden. Als
Anforderungen sind an ein Marktsegment bzw. eine Zielgruppe zu stellen:46
(1) Ein Segment sollte quantitativ (durch Segmentierungs- bzw. Zielgruppenvariab-
len) oder qualitativ (durch Typenbildung, s. später) beschreibbar sein.
(2) Ein Segment sollte hinsichtlich Größe und Gewinnpotenzial ein ausreichendes
Volumen besitzen, damit sich die Zielgruppenstrategie aufwandsmäßig lohnt.
(3) Ein Segment (die Zielgruppe) sollte erreichbar (kontaktierbar) sein (also nicht:
Senioren über das Internet ansprechen).
(4) Die Marktsegmente sollen sich differenzieren, d.h. voneinander trennbar sein.
(5) Die Segmentbearbeitung sollte für den Anbieter kostengünstig möglich sein.

Je präziser Marketing- und Vertriebsmaßnahmen auf homogene Käufersegmente


(Zielgruppen) ausgerichtet werden, desto geringer fallen die sog. Streuverluste
durch die Käufer aus, die nicht erreicht werden oder sich nicht angesprochen fühlen.
Abb.1-20 enthält im oberen Teil die gängigen Abgrenzungkriterien (Attribute) zur
Segmentierung von Personenzielgruppen in den BtoC-Märkten.47

44
vgl. hierzu Meffert, (Marketingforschung), 1992, S. 72 sowie die dort angegebene Literatur
45
vgl. zu den fachlichen Grundlagen Freter, (Marktsegmentierung), 1983
46
vgl. Kotler; Keller; Bliemel, (Marketing-Management), 2007, S. 386
47
vgl. Freter, (Marktsegmentierung), 1983, S. 46; Steffenhagen, (Marketing), 2000, S. 47, Weis,
(Marketing), 2004, S. 94-99
1. Kapitel: Die Grundlagen 19

Abb.1-20

ZIELGRUPPENMERKMALE FÜR DIE MARKTSEGMENTIERUNG

Demographische Sozialökonomische Psychographische Merkmale


Merkmale Merkmale Merkmale des Kaufverhaltens

Klassische Marktsegmentierungskriterien für Konsumgütermärkte


Geschlecht Haushaltsgröße Persönlichkeit Bevorzugte Einkaufsstät-
Alterssegment Schulbildung Wissen, Kenntnisse ten, Geschäfte
Religion Beruf Interessen, Hobbys Einkaufszeiten
Familienstand, Kinder Einkommen Neigungen Konsumschwerpunkte
Herkunftsland Haushaltskaufkraft Ansprüche Kaufhäufigkeiten
Wohnregion, Gebietstyp Besitzmerkmale Einstellungen Kaufmengen
Wohnort, Ortsgröße Urlaubsverhalten Konsumeinstellungen Zahlungsverhalten
Wohnsituation Ausbildungsinteressen Präferenzen, Wünsche Markenbewusstsein
Freizeitverhalten Spendenverhalten Kaufabsichten Lieferantentreue
Einfluss in Gruppen, Sparneigung Risikofreude Beeinflussbarkeit am
Vereinen Umweltbewusstsein Point of Sale (POS)
Politische Ausrichtung Religiosität Nachkauf-Verhalten
Mediennutzung
Übertragung der Konsumgüter-Segmentierung auf BtoB-Märkte (Geschäftsmärkte)
Kundenstandorte Kundenbilanzen Gleiche Merkmale wie im Einkaufsverhalten des
Firmenstammdaten Geschäftsberichte Konsumbereich, jedoch Kunden
Konzernzugehörigkeiten Finanzanalysen zu beziehen auf die Mit- Insbes. Bestellrhythmen
Leistungsangebot des Einkaufsbudgets glieder des Buying Cen- Lagerpolitik des Kunden
Kunden Potenziale ter beim Kunden Zahlungsverhalten des
Maschinelle Ausrüstung Lieferanteile von Wett- Kunden
des Kunden bewerbern Besondere Wettbewerbs-
Rechtliche Vorschriften Hauptkunden des Kun- präferenzen des Kunden
den Bevorzugte Lieferfristen
Hauptwettbewerber

In Geschäftsmärkten ist dieser Katalog um betriebswirtschaftliche, rechtliche und


technische Zielgruppenmerkmale zu erweitern. Vor die Person als Verhandlungs-
partner tritt die Unternehmung als rechtliche und wirtschaftliche Einheit. Die Unter-
nehmung als Ganzes bzw. das einkaufende Ressort wird zum Zielgruppenelement.
Industriegütersegmente lassen sich demzufolge abgrenzen nach
(1) Branchen und Regionen (z.B.: Zielgruppe Molkereien in Nordamerika mit den
dort herrschen lebensmittelrechtlichen Bedingungen),
(2) technologischen Bedingungen (z.B.: alle Unternehmen mit Ersatzbedarf für
Maschinentyp X im Jahr 2006; alle Unternehmen, die bei der Stahlerzeugung
nach dem Verfahren y arbeiten),
(3) der Form der Unternehmensorganisation oder dem Ablauf von Entschei-
dungsprozessen in Käuferunternehmen (Buying Center) (z.B. Zielgruppe: alle
technischen Meinungsführer in den US-amerikanischen Chemiekonzernen).
Abb.1-20 zeigt im unteren Teil die ensprechenden Segmentierungskriterien für Ge-
schäftsmärkte.

b.) Formen der Zielgruppenbildung


Nach der Eine Zielgruppenbildung erfolgt vor allem durch Auswahl und Kombination von
Haushalts- kaufrelevanten Segmentierungskriterien (Attributs-Segmentierung):
datenbank
(1) Monofaktorielle Zielgruppen werden nach nur einem Attribut gebildet. Bsp.:
von AZ
Direct ist Ein Lehrbuch für alle BWL-Studenten oder ein Tag der offenen Tür für alle An-
man bis 35 wohner eines Wohnviertels.
Jahre jung (2) Häufiger werden multifaktorielle Zielgruppen gebildet. Dazu werden ausge-
und über 55
Jahre alt.
wählte Segmentierungsparameter der Abb.1-20 kombiniert. Bsp.: Die drei Durch-
schnittshaushalte der amtlichen Statistik = 4-Personenhaushalt mit höherem, 4-
Personen-Haushalt mit mittlerem und 2-Personen-Haushalt mit niedrigem Ein-
kommen (Segmentbildung also durch Personenzahl und Einkommen).
(3) Eine nicht dauerhafte Form ist die ereignisbezogene Zielgruppenbildung (E-
20 Marktorientierte Unternehmensführung

vent-Zielgruppen). Bsp.: Bandenwerbung in Stadien; Zielgruppe sind z.B. alle


Besucher einer Sportveranstaltung.
(4) Die Zielgruppenbildung nach Lebensstilen (Lebensstil-Zielgruppen) und das
(5) Szene-Marketing (Szene-Zielgruppen) werden wegen ihrer wachsenden Be-
deutung weiter unten gesondert beschrieben.

c.) Klassische Attributs-Segmentierung


Abb.1-21
KLASSISCHE ZIELGRUPPENSEGMENTIERUNG

Alpinaweiß Alpina LivingStyle Konkurrenzprodukt


Männer Frauen Frauen
29-59 Jahre 25-39 Jahre 15-39 Jahre
HH-Größe > 2 Personen HH-Größe 1 – 4 Pers. HH-Größe 1 – 2 Pers.
Eigenheim / Miete / Ei- Miete / Eigentumswoh- Miete / Eigentumswoh-
gentumswohnung nung nung
aktive Heimwerker Gelegenheitsheimwerker Gelegenheitsheimwerker
preis-/leistungsbewusst modern - trendorientiert
eher konservativ

Gewinnung
Ergänzung
(Quelle: Berdi, (ASW, Sonderheft Marken), 2005, S. 115)

Abb.1-21 liefert ein Beispiel für die klassische Attributs-Segmentierung. Das Bei-
spiel zeigt auch, wie mit Hilfe von Zielgruppen-Differenzierungen Wettbewerbsstra-
tegien erarbeitet werden können.48 Die neue Marke Alpina LivingStyle wird auf die
lukrative Zielgruppe trendorientierter junger Heimwerkereinnen ausgerichtet. Inso-
fern ergänzt die neue Marke das klassische Produkt und bildet mit ihr eine synergeti-
sche Markendehnung. Ein Konkurrenzprodukt mit ähnlichem Nutzerprofil, aber ohne
Lebensstilbezug, wird dagegen angegriffen

Es können auch Verhaltens- oder Einstellungsmerkmale so kombiniert werden, dass


sich charakteristische Käufertypen mit spezifischem Kaufverhalten ergeben. In der

Abb.1-22

48
vgl. Berdi, CH., (Alpina), in: Sonderheft Marken 2005 der Absatzwirtschaft, S. 114-117
1. Kapitel: Die Grundlagen 21

Abb.1-22 werden die Verhaltensvariablen49 Preisbewusstsein und Risikopräferenz


(Veränderungsbereitschaft) zu Käufertypen für Wintergärten kombiniert. Produktei-
genschaften und Marketingmaßnahmen sind dann auf diese Kundentypen hin abzu-
stimmen. Jeder Käufer soll den zu seinen Einstellungen passenden Wintergarten fin-
den. In der Gegenrichtung liefert die Marktsegmentierung eine Richtschnur für Pro-
duktentwicklungen und -veränderungen. Dieser Ansatz ist der Lebensstil-
Kundensegmentierung schon sehr nahe.

d.) Lifestyle-Konzepte und Lebensstil-Segmentierung


Lifestyle-Konzepte sollen die starren Baukästen der Attributs-Segmentierungen wei-
terentwickeln. Sie sind sehr populär. Einstellungen und persönliche Werthaltungen
der Verbraucher prägen bestimmte Lebensstile.50 Man erfasst Lifestyles (1) entwe-
der als Besitz oder Verwendung von bestimmten Ge- oder Verbrauchsgütern mit
deutlichem Ausdruck von Lebensgewohnheiten oder (2) mit Hilfe von AIO-
Kriterien (Activities, Interests, Opinions) auf Seiten der Käufer.51

Eine viel zitierte Marktsegmentierung auf der Grundlage einer Befragung von 24.000
Panel-Haushalten führt zu den 16 EURO-SOCIO-Styles der GfK.52 Abb.1-23 liefert
ein den EURO-Styles ähnliches Beispiel.53 Die lebensstilbasierten Kundensegmen-
te bekommen griffige Bezeichnungen und Beschreibungen der typischen Käufer-
Verhaltensweisen. Abb.1-23 gibt neben den Lebensstil-Bezeichnungen auch die
Häufigkeitsverteilungen der Kundensegmente an.
Abb.1-23
LIFESTYLE-TYPEN IN DEUTSCHLAND (alte Länder)

Traditioneller Lebensstil die aufgeschlossene Häusliche: ERIKA (10%)


der Bodenständige: ERWIN (13%)
die Bescheidene, Pflichtbewusste: WILHELMINE (14%)
Gehobener Lebensstil die Arrivierten: FRANK und FRANZISKA (7%)
die neue Familie: CLAUS und CLAUDIA (7%)
die jungen Individualisten: STEFAN und STEFANIE (6%)
Moderner Lebensstil die Aufstiegsorientierten: MICHAEL und MICHAELA (8%)
die trendbewussten Mitmacher: MARTIN u. MARTINA (8%)
die Geltungsbedürftigen: INGO und INGE (7%)
Jugendlicher Lebensstil die Fun-orientierten: TIM und TINA (7%)
die Angepasste: MONIKA (8%).
der Coole: EDDI (7%).

(Quelle: Studie der Agentur Conrad & Burnett, 1990; dargstellt in Rogge, (Werbung), 2004, S. 118)

Abb.1-24 skizziert als weiteres Beispiel den Milieu-Ansatz des Heidelberger Institu-
tes Socovision. Seit 1979 nimmt das Institut Lebensstil-Segmentierungen der deut-
schen Bevölkerung vor. Es wird auch von Lebenswelt-Segmenten gesprochen. Der-
zeitige Basis: 50.000 Befragungen. Die Korrelation von Werthaltungen mit sozialen
Schichten führt zu Käufersegmenten (Milieus), die sich für Marketingkampagnen
als besonders tragfähig erwiesen haben.54 In der speziellen Untersuchung der Abbil-

49
Zum Positionierungsansatz vgl. Abschnitt 4.2.3. dieses Buches
50
vgl. Meffert, (Marketing), 2000, S. 200-204
51
vgl. Bauer; Sauer; Müller, (Lifestyle-Typologien), ASW, 9/2003, S. 36-39
52
vgl. Meffert, (Marketingforschung), 1992, S. 79-80 sowie die dort angegebene Literatur
53
zur Quelle vgl. Rogge, (Werbung), 2004, S. 118
54
vgl. Rogge, (Werbung), 2004, S. 119-120, auf der Grundlage von Sinus Sociovision 2003.
22 Marktorientierte Unternehmensführung

Abb.1-24

dung wurden 1.000 Online-Nutzer telefonisch befragt.55 Ergebnis: Mit 19 Prozent ist
die größte Verbreitung der Internet-Nutzung im modernen Arbeitnehmermilieu anzu-
treffen. Da der Milieu-Anteil an der Gesamtbevölkerung nur bei 8 Prozent liegt (s.
die Angabe in Klammern), ist die Internetnutzung dieses Käufersegmentes folglich
überproportional hoch. An zweiter Stelle liegt das postmoderne Milieu. Im modernen
Arbeitnehmermilieu sind die Verbraucher an handfesten Informationen über Compu-
ter, Shopping und Finanzen interessiert sind, während die User des postmodernen
Milieus sich eher für Freundschaften im Web und für Veranstaltungen interessieren.
Aus diesen Erkenntnissen werden Marketingstrategien geboren.
Weitere Kundensegmentierungen sind die Typologie der Wünsche des Burda-
Advertising Centers, die der Frauenzeitschrift Brigitte, die Outfit-5-Typologie des
Spiegel-Verlags (2002) oder die PKW-Käufertypologie von Bauer-Media.56 Die
Frauenzeitschrift Freundin segmentierte 2004 den Typ der Klasse-Frauen: An-
spruchsvolle, selbstsichere und markenbewusste Verbraucherinnen, die Märkte be-
wegen und Marken machen. 8,93 Mio. Klasse-Frauen werden für Deutschland ge-
schätzt. Ihr Anteil an der Leserschaft der Zeitschrift Freundin beträgt 39 Prozent.

Nach gleichen Methoden werden Zielgruppen für bestimmte Märkte oder Produkte
identifiziert. Aus einem GfK-Testpanel mit 16.000 Verbrauchern hat sich eine Typo-
logie der Bekleidungsstile ergeben, die in Abb.1-25 dargestellt ist. Für jeden Frau-
entyp sind charakteristische Unter- und Oberbekleidungen und Accessoires festge-
stellt worden. Auch die bevorzugten Marken und Einkaufsstätten der Frauentypen
sind umfassend erforscht.57

55
Quelle MGM; zit. in: o.V. (Consumer-Eliten), in: ASW, 1-2/2000, S. 118. Die Prozentangaben
beschreiben den Anteil eines Milieus an den Online-Nutzern der Stichprobe. Dahinter sind in Klam-
mern die Anteile der Milieu-Segmente an der westdeutschen Gesamtbevölkerung angegeben.
56
vgl. auch die interessanten Hinweise auf Studien über Typologien in: ASW, 3/2001, S. 61; Bauer;
Sauer; Müller, (Lifestyle-Typologien), in: ASW, 9/2003, S. 38
57
vgl. Albaum, (Frauen), in: TextilWirtschaft v. 18.1.2001, S. 180-181
1. Kapitel: Die Grundlagen 23

Abb.1-25

Die klassische Attributs-Segmentierung und die Lebensstil-Segmentierung können


auch kombiniert werden. Der typische Porsche 911er-Käufer ist männlich, ca. 45
Jahre alt, verheiratet und verfügt über ein Haushaltsbruttoeinkommen zwischen
300.000 und 400.000 Euro. Auf dieser Grundlage lassen sich 2 Lebensstile deutlich
voneinander abgrenzen. Bei den Top Guns stehen Sportlichkeit und Fahrerlebnis im
Vordergrund. Die Proud Patrons schätzen das Besitz- bzw. Prestigeerlebnis.58

Alle genannten Segmentierungen beruhen auf dem Paradigma, dass die geclusterten,
markanten Kundentypen eine hohe Stabilität bei den Kaufverhaltens-Attributen auf-
weisen. Hypothese: Wenn die Konsumenten mit den Eigenschaften xy Nivea
kaufen, dann werden sie, solange sie diesem Käufersegment angehören, immer
zur Nivea greifen. Dieses klassische Paradigma der Marktsegmentierung gerät je-
doch zunehmend ins Wanken.

e.) Typologieauflösung beim Szene-Marketing


„Die Leute Beim Szene-Marketing lösen sich die durch Merkmalskombinationen oder Lebens-
sind mehr stile gebildeten Kundensegmente auf. Es folgt das Zeitalter des hybriden, d.h. des
am Mythos
interessiert
nicht mehr in klassische Schubladen ablegbaren Verbrauchers. Das Symbol ist der
als an Fak- Porsche-Fahrer mit der ALDI-Tüte. In Big Brother erschaffen die Medien eine eige-
ten.“ ne Scheinwelt. Szenen kreieren neue, vergängliche Produkte. Die Konsumenten ge-
Julia Roberts hen in den ständig wechselnden Szenen auf. Massen schlucken Individuen. Gerken
in einem
Interview.
bezeichnet dies als Interfusionstheorie.59 Massen lassen sich durch Magie, Mythen
und Fetische faszinieren. Produkte werden gezielt auf Massenphänome einer gesell-
schaftlichen Evolution ausgerichtet (Love Parade, Papst-Besuch).60

Marktorientierte Unternehmensführung im Sinne des Szene-Marketing würde bedeu-


ten, das Unternehmen und seine Produkte den sich ständig verändernden Szene-
Verhaltensweisen der Käufer anzupassen, eigene Szenen zu schaffen und neue,
schnell vergängliche Produkte und Dienstleistungen hierauf auszurichten.61 Deutsch-
land sucht den Superstar hat es im Fernsehen vorgemacht.

58
vgl. den Hinweis in ASW, Sonderheft Marken 2004, S. 23
59
vgl. zu diesem Ansatz Gerken, (Abschied), 1990; sowie auch mit gleichem Titel in: MJ, 3/1990, S.
262-270
60
vgl. Gerken; Merks, (Zukunft), 1996, S. 14
61
vgl. auch Kreilkamp; Nöthel, (Szene-Positionierung), 1996, S. 134-144
24 Marktorientierte Unternehmensführung

1.1.8. Vom Massenmarketing zum Individualmarketing


(1to1-Marketing)
Die Möglichkeiten des Marketing, Marktsegmente zu bilden und Zielgruppen be-
dürfnisgerecht zu bearbeiten, erscheinen unerschöpflich. Die marktorientierte Unter-
nehmensführung steht deshalb vor der Grundsatzentscheidung
(1) Märkte undifferenziert zu bearbeiten Massenmarketing,
(2) Schwerpunkte zu bilden und Märkte segmentiert zu bearbeiten segmentiertes
Marketing / Zielgruppenmarketing / Nischenmarketing oder
(3) sich konzentriert auf einzelne Kunden auszurichten konzentriertes / indivi-
duelles Marketing / Individualmarketing / 1to1-Marketing.62

Kotler bringt Produktangebote und Marktsegmente (Zielgruppen) in eine Beziehung:


(1) Bei der vollständigen Marktabdeckung wird an alle Marktsegmente das gleiche
Leistungsangebot verkauft (undifferenziertes Marketing) oder es werden meh-
rere (alle) Marktsegmente mit unterschiedlichen Angeboten bedient (differen-
ziertes Marketing).
(2) Bei der selektiven Spezialisierung wird im Fall einer Produktspezialisierung
jeder ausgewählten Zielgruppe ein Produkt angeboten oder – im Fall der Markt-
spezialisierung – ein Marktsegment mit passenden Produkten intensiv bearbeitet.
(3) Beim konzentrierten Marketing (1to1) erhält jeder Interessent eine auf ihn ab-
gestimmte Ansprache und ein für ihn passendes Produkt (Dell Computer).63

Abb.1-26 bildet hieraus ein Schema.64 Der Weg von links nach rechts kennzeichnet
die Entwicklung von denVerkäufer- zu den Käufermärkten. Siebel und Malone neh-
men eine eindeutige Stellung gegen das Massenmarketing ein. Die Autoren erkennen
einen Paradigmenwechsel im Marketing und kommen zu dem Schluss:
„Mass marketing doesn´t really work“65 (In der deutschen Übersetzung heißt es:
„Massenmarketing funktioniert eigentlich nicht“).

Abb.1-26
VOM MASSENMARKETING ZUM 1to1-MARKETING

Marktspezialisierung:
hoch

jedem Kunden
verschiedene Produkte sein Produkt
für ein Segment
1to1-Marketing
Individualisierung des Angebotes

Produktspezialisierung:
spezielle Produkte für
mehrere Segmente Nischenmarketing
spezialisiertes
segmentorientiertes Produkt
Marketing für ein Segment
differenziertes
Massenmarketing verschiedene Produkte
für den Gesamtmarkt
undifferenziertes
Massenmarketing
ein Produkt für den Gesamtmarkt
niedrig

(vgl. B ecker, (M arketing-Ko nzeptio n) 2002 S. 294)

niedrig Individualisierung der Kundenkontakte hoch

62
vgl. Belz u.a., (Verkaufskompetenz), 1996, S. 94-98.
63
Vgl. Kotler; Keller; Bliemel, (Marketing-Management), 2007, S. 388-390
64
Quelle: vgl. in ähnlicher Form bei Becker, (Marketing-Konzeption), 2006, S. 293-299
65
Siebel; Malone, (Virtual Selling), 1996, S. 55 (dtsch. Übersetzung 1998, S. 53)
1. Kapitel: Die Grundlagen 25

Deshalb wird heute das 1to1- oder Individualmarketing als Zukunftsweg für das
Marketing proklamiert. 1to1-Marketing fordert als weitestgehende Form der Markt-
segmentierung, jeden einzelnen Kunden als singuläre Zielgruppe zu begreifen und
konsequenterweise individuelle bedürfnisgerechte Marketingstrategien zu kreieren.
Ein Trend zur individualisierten Kundenansprache ist seit einigen Jahren deutlich
sichtbar. Zunehmende Streuverluste durch immer weniger unterscheidbare Produkte,
durch Massenkommunikation in Massenmedien und durch prioritätslose Verkaufs-
bemühungen (Motto: Alle Kunden sind Könige und verdienen eine gleiche Behand-
lung) zwingen die Unternehmen zu immer kleineren Kundensegmenten (Nischen)
und zu individuellen Verkaufsbemühungen. Die Vision eines Individualmarketing
sollte aber nicht als Wunder betrachtet werden. Eine professionelle Innen- und Au-
ßendienstbetreuung wird automatisch dahin tendieren, auf jeden Kunden individuell
einzugehen. Sehr oft übersieht die Marketingtheorie diese individualisierende Kraft
des persönlichen Verkaufs bzw. die der Besuchskontakte. Jedoch ist der persönliche
Kundenkontakt die teuerste Kontaktform. Sie rechnet sich nur bei ausreichend hoher
Treffergenauigkeit, d.h. hoher Kaufwahrscheinlichkeit der individuell angesproche-
nen Interessenten und Kunden. Die Kunst des Marketing liegt also darin, dass sich
auch die nicht persönlich angesprochenen Kunden individuell betreut fühlen. Und
ferner: Eine über den Einzelkunden hinausgehende Marketingkommunikation wird
auch zukünftig unabdingbar sein, um ein ganzheitliches Marktimage für Produkte,
Produktprogramme und für die Gesamtunternehmung zu gestalten.
So spüren wir, dass Kundenbearbeitung zur Kunst wird und dass es etwas gibt, das
über den transaktionalen Verkauf hinausgeht. Es ist an der Zeit, dass sich das Marke-
ting als eine selbstbewusste Philosophie der Untenehmensführung zu Wort meldet.

1.2. Der Weg zur marktorientierten Unternehmensführung


1.2.1. Historische Entwicklung des Marketing
a.) Entwicklung zur Marketing-Wissenschaft
Aus drei Gründen fällt es schwer, für das Marketing und für seine Entwicklung zur
marktorientierten Unternehmensführung einen geschichtlich lückenlosen Ablauf mit
klar voneinander abgegrenzten Phasen aufzuzeigen:
(1) Die Wiege des Marketing steht in Amerika. Die Entwicklungsphasen des Marke-
ting hin zu einem in Wissenschaft und Praxis anerkannten Fachgebiet weichen in
den USA und in Europa mit deutlicher Zeitverschiebung voneinander ab.
(2) Literatur (Theorie) und Wirtschaftspraxis weichen nach wie vor bei der Ausle-
gung des Marketingbegriffes voneinander ab. Der in der Theorie etablierte Mar-
ketingbegriff ist insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen oft noch ein
Fremdwort. Diese verstehen unter Marketing vornehmlich PR und Werbung.
(3) Die historischen Entwicklungsphasen überlappen sich stark.

Die Marketingidee erwuchs aus einer Geisteshaltung, die sich zwischen 1860 und
1900 im Zuge der amerikanischen Industrialisierung entwickeln konnte. In dem Kli-
ma eines unvergleichlichen wirtschaftlichen Aufschwungs festigte sich eine Busi-
ness-, Salesmanship- und Distribution Culture, gegenüber der Europa heute noch
immer zurückliegt. Von treibender Kraft war dabei die Landwirtschaft. Im Zuge ei-
ner Agrarrevolte begannen die Farmer, ihre landwirtschaftlichen Absatzprobleme
durch Absatzmittler und Distributionsnetze zu lösen.66

66
vgl. Bubik, (Geschichte), 1996, S. 39. 1916 veröffentlichte z.B. Weld ein Buch mit dem Titel: The
Marketing of Farm Products, vgl. Weld, (Farm Products), 1916 (Marketing als Vermarktung!)
26 Marktorientierte Unternehmensführung

Die 30er Jahre waren dann durch die Tayloristische Massenproduktion geprägt. In
Amerika vollzog sich eine zweite industrielle und landwirtschaftliche Revolution.
Gegen Ende dieser Epoche rückten Überkapazitäten und ein aufkommendes
Verbraucherbewusstsein immer mehr den Käufer in das Blickfeld der Produkt- und
Marktentscheidungen. Die Ära des Consumer Movement begann. Die ersten
Marktforschungseinrichtungen wurden gegründet (z.B. 1929: Consumers´ Research
Inc.). Während dieser ersten Blütezeit der amerikanischen Konsumgesellschaft si-
ckert der Marketingbegriff unaufhaltsam in die Wirtschaftswelt ein. Ab 1907 er-
schien in Toronto eine Wochenzeitschrift Marketing.67 Ralph Starr Butler und Con-
verse veröffentlichten unter den Titeln Marketing Methods (1916) bzw. Marketing,
Methods and Policies (1921) die ersten umfassenden methodischen Werke.68 Die
Gründungen des Journal of Marketing (1936) sowie der American Marketing Asso-
ciation (AMA, 1937) sind weitere Höhepunkte in der Entwicklung des Marketing.69
Diese Geschehnisse bewirkten bis etwa 1945, dass sich das Marketing
(1) mit einem wissenschaftlichen Anspruch,
(2) einer Kompetenz, das Käuferverhalten zu erklären und vorauszusagen und
(3) einer Entscheidungsaufgabe (Managerial Function) in den USA etablierte.
In Deutschland dagegen fristete das Marketing infolge der späteren Industrialisierung
und der Kriegsjahre bis Ende der 50er Jahre ein Schattendasein. Das „wissenschaft-
liche Stammhaus“, die Betriebswirtschaftslehre, hatte andere Probleme zu lösen:
(1) die Loslösung von der „ehrwürdigen“ Nationalökonomie,
(2) die Anerkennung als Wissenschaft im Spektrum der Geisteswissenschaften,
(3) die Auseinandersetzung mit der lange diskriminierten Handelsbetriebslehre. Die-
se konnte sich durch die 1898 in Leipzig und Aachen gegründeten Handelshoch-
schulen legitimieren und einen eigenen Weg beanspruchen.

Die Betriebswirtschaftslehre befand sich auf einer „Flucht nach innen“70 in die
scheinbar durch Zahlen objektivierbare Welt der Produktions-, Bilanzierungs- und
Kostentheorie. Bis Mitte der 20er Jahre blieben daher die Absatzfunktionen aus der
sog. Allgemeinen Betriebswirtschaftslehre verbannt. Das Exil endete im Zuge des
wirtschaftlichen Wiederaufstiegs mit bahnbrechenden, absatzwirtschaftlichen Veröf-
fentlichungen.71 Die Markt- und Verbraucherforschung durch die Vertreter der
Nürnberger Schule und die unterschiedlichen Absatzfunktionen kristallisierten sich
unter wissenschaftlicher Anerkennung und Aufmerksamkeit durch die Unterneh-
menspraxis heraus. Bereits 1928 stieß das Postulat einer marktorientierten Unter-
nehmensführung von Schäfer auf hohe Aufmerksamkeit:
Die “...unternehmerischen Produktions- und Absatzdispositionen müssen ... ständig
am Markt orientiert sein“.72

Im gleichen Jahr begann der Verein Deutscher Ingenieure (VDI) Schriften über Ver-
triebsorganisation und Marktforschung herauszugeben. Bergler schrieb 1933, dass
der Absatz „in das Zentrum der Unternehmensaufgaben“ rücken solle.73 1935 wurde
die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) gegründet, und der Verband Deutscher

67
vgl. Rageth, (Basis), 1996, S. 19
68
Bücher nicht mehr greifbar: vgl. die Literaturangaben bei Bubik, (Geschichte), 1996, S. 46
69
wobei interessant ist, dass sich eine Werbeforschung (advertising research) sogar noch vor der
Marketing-Theorie entwickeln konnte.
70
Bubik, (Geschichte), 1996, S. 77
71
vgl. hier nur als Auswahl: Schäfer, (Wirtschaftsbeobachtung), 1925; Seyffert, (Werbelehre), 1929;
Oberparleiter, (Warenhandel), 1930; aber auch schon früher, allerdings stark aus makroökonomischer
Sicht: Schär, (Handelsbetriebslehre), 1911
72
Schäfer, (Marktbeobachtung), 1928, S. 9
73
Bergler, (Vertriebsingenieure), in: ZfB, 1933, S. 240
1. Kapitel: Die Grundlagen 27

Diplomkaufleute startete 1936 die Schriftenreihe Absatzwirtschaft. Die Formel vom


Primat des Absatzes taucht in der deutschsprachigen Literatur auf.74 Nach Kriegs-
unterbrechung entwickelte sich die Absatzwissenschaft in Deutschland zu einer Leh-
re vom Instrumentaleinsatz fort. Dabei war es 1955 Gutenbergs Verdienst, den Ab-
satz endgültig in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre verankert und einen allge-
meinen Konsens für die praxeologische Bedeutung untermauert zu haben.75

Aber erst ab Mitte der 50er Jahre festigte sich der als exotisch abgestempelte Marke-
tingbegriff in Deutschland. Die Wirtschaft übernahm die Konzeptionen der Marke-
tinginstrumente und des Marketing-Mix von McCarthy76 und Borden77 und schwenk-
te auf die Konzeption des Marketing-Management im Sinne von Kotler78 u.a. ein.

Gefördert wurden diese Strömungen bis 1970 durch einen spürbaren Marktwandel
hin zu den Käufermärkten. Das Marketing trat in Forschung, Lehre und (Großun-
ternehmens-)Praxis einen Siegeszug an; hin zu einer entscheidungs-, system- und
auch verhaltensbezogenen Markterklärungs- und -beeinflussungslehre. Es hatte
schon Signalwirkung, als Nieschlag, Dichtl und Hörschgen 1971 den Titel ihres re-
nommierten Standardwerkes von Einführung in die Lehre der Absatzwirtschaft zu
Marketing – Ein entscheidungstheoretischer Ansatz änderten.

Ab dem Ende der 70er Jahre flossen dann die amerikanischen und deutschen Marke-
ting-Strömungen zusammen. Dies war nicht zuletzt ein Verdienst großer, internatio-
naler Unternehmensberatungen, wie McKinsey oder Boston Consulting Group. Ihnen
gelang es, die Problemkomplexe der strategischen Unternehmensführung in das
Marketing einzubringen. Das Marketing konnte sich nun auch mit anerkannten Me-
thoden (u.a. mit der Portfolioplanung) an der Unternehmens-Gesamtplanung beteili-
gen und Anstöße zu mehr Marktorientierung geben.79 Gesellschaftspolitisch aufge-
wertet und inhaltlich ausgeweitet wird das Marketing seit Mitte der 80er Jahre durch
die Orientierungen am menschlichen Verhalten80 sowie an der sozialen und ökologi-
schen Umwelt (Sozio-Marketing, Öko-Marketing).81

Wie wird die Entwicklung im 3. Jahrtausends weitergehen?


„Wir steuern auf eine Welt zu, in der die Menschen eine Art web lifestyle führen: das
Internet wird der zentrale Marktplatz, wo wir einkaufen, verkaufen, uns informieren
und wo wir investieren.“ 82

Mit noch viel dramatischeren Auswirkungen als bislang absehbar wird die weltweite
Kommunikationsvernetzung und die Vision, 24 Stunden am Tag überall in der Welt
einzukaufen, Marketing und Vertrieb verändern. Das Ein- und Verkaufen im Internet
wird jahrzehntealte, tradierte Arbeitsteilungen zwischen Hersteller und Handel ins
Wanken bringen. Kauferlebnisse werden zu Spaziergängen in virtuellen Welten
(Virtuelles Marketing).
74
vgl. Bubik, (Geschichte), 1996, S. 108 sowie die dort angegebene Literatur
75
vgl. Gutenberg, (Absatz), 1955. Die Beschränkungen lagen jedoch auch weiterhin im Negieren des
amerikanischen Wissenslevels und in Überbetonungen des faktortheoretischen Ansatzes und der mik-
roökonomischen Preistheorie.
76
vgl. McCarthy, (Basic Marketing), 1964
77
vgl. Borden, (Concept), 1965
78
vgl. Kotler, (Marketing-Management), 1967 (frühe Auflage)
79
aus der Fülle der Literaturansätze hier nur exemplarisch: Aaker, (Strategic Market Management),
1984; Buzzell; Gale, (PIMS-Programm), 1989
80
in Deutschland sicherlich unter Führung von Kroeber-Riel, (Konsumentenverhalten), 1975
81
vgl. exemplarisch: Lazer; Kelley (Hrsg.), (Social Marketing), 1973; Kotler, (Generic Concept), in:
JoM, 2/1972, S. 46-54; Kotler, (Social Marketing), 1978
82
Bill Gates im Interview mit MM: o.V., (Keine Feinde), in: MM, 11/1997, S. 130
28 Marktorientierte Unternehmensführung

b.) Marktphilosophien - Unternehmerische Orientierungen


Abb.1-27 Die Entwicklungsphasen des
HISTORISCHE PHASEN
Marketing korrespondieren mit UNTERNEHMERISCHER GRUND-
unternehmerischen Grundhaltun- ORIENTIERUNGEN GEGENÜBER
gen gegenüber Kunden und Wett- KUNDEN UND WETTBEWERBERN
bewerbern. Abb.1-27 kombiniert
Phase der Produktionsorientierung
das Phasenmodell von Meffert mit
Phase der Produktorientierung
den unternehmerischen Markt-
Phase der Verkaufsorientierung
orientierungen von Kotler.83
Phase der strategischen Marketingorientierung
Abb.1-28 nimmt eine weiter-
Phase der Sozial- und Umweltorientierung
gehende Analyse der Marketing-
Phase des virtuellen Marketing (Cyber-Marketing)
geschichte vor.
Phase des Systemmarketing (CRM, SCM)

Die Produktionsorientierung war Folge der Verkäufermärkte. Der Engpass lag im


Warenangebot. Die angebotene Ware wurde den Verkäufern aus der Hand gerissen.
Henry Ford leistete sich das geflügelte Wort: „Die Konsumenten können jedes Auto
haben, Hauptsache es ist schwarz.“ Die Unternehmensstrategien zielten auf Kapazi-
tätserweiterung. Gutenberg entwickelte nach diesem Paradigma seinen faktortheo-
retischen Ansatz.84 Das Marketing im Sinne von Bedürfnisanalyse und Bedürfnis-
schaffung spielte keine Rolle. Die Produktionsorientierung bestimmte die Jahre der
Industrialisierung und des Wiederaufbaus nach den Kriegen.

Doch mit wachsendem Wohlstand wurden die Verbraucher anspruchsvoller. Sie


können aus einem Überangebot auswählen. Erst jetzt, wo Verkaufen immer schwerer
wird, wird das Marketing geboren. Eine Marktforschung beginnt, das Verbraucher-
verhalten zu analysieren. Wollen Verbraucher wirklich nur schwarze Autos? Die
Produktionsorientierung geht in eine Produktorientierung über, d.h. in eine Orien-
tierung an Verbraucherwünschen und Produktgestaltungen. Ein Produktmanager
wird zum Mittler zwischen Produktion, Vertrieb und Kunde. Welche Produktwün-
sche haben die Kunden? Wie kann das Leistungsangebot verbessert werden?

Im Zuge der historisch folgenden Verkaufsorientierung wird das Marketing weiter


hoffähig. Zwar regiert noch immer der „hemdsärmelige Verkäufer“. Doch wird es
jetzt zur respektierlichen Aufgabe gut ausgebildeter Marketing-Manager, den Ver-
kauf zu unterstützen. Marketingfachleute sollen
• mit akademischen Methoden neue Bedürfnisse finden (Marktforschung),
• ein Markenbewusstsein bei den Konsumenten entwickeln,
• Konkurrenten beobachten und Wettbewerbsstrategien vorschlagen,
• den Verkauf am Point of Sale unterstützen (Kampagnen, Verkaufsförderung,
Messen, Ausstellungen),
• den Verkäufern Kundenpsychologie nahebringen.
So stehen die Marktphilosophien der Phasen 1 bis 3 für den Wandel der Verkäufer-
märkte (d.h.: die Marktmacht liegt bei den Produzenten) zu Käufermärkten, mit
einer Macht bei den vermeintlich mündigen Konsumenten.
Marketing
beginnt im Diese Orientierungen münden Ende der 70er Jahren in einen Führungsanspruch
Kopf. Mar- des Marketing ein. Das Marketing beschränkt sich nun nicht mehr auf die Ver-
keting ist
eine Ge-
kaufsunterstützung. Marketingfachleute wollen das Unternehmensbild in der Öffent-
schäftsphilo- lichkeit und den strategischen Unternehmenskurs (mit)bestimmen. Für den Vertrieb
sophie. bleibt jetzt „nur noch“ die operative Umsetzung der Marketing-Instrumente. Kun-
83
vgl. Meffert, (Marketing), 2000, S. 4-6; Kotler; Keller; Bliemel, (Marketing-Management), 2007, S. 18-31
84
vgl. Gutenberg, (Produktion), 1983, S. 2-10
1. Kapitel: Die Grundlagen 29

Abb.1-28
A B GR EN ZU NG H IS TOR IS C HE R M AR K E TIN G-E NT WICK LU N GS P HA S E N

Unternehmeris che
USA Deutsc hland
Konzeptionen
1860 - 1900 amerikanisc he Handels hoc hsc hulen
Indus trialis ierung Produktions -
1900 -1930 Tay lorismus , Nürnberger Sc hule k onzeptionen
Mass enproduktion
1907 Z eits chrift Marketing Handels - Produkt-
1930 Beginn Kons umenten- betriebslehre k onzeptionen
bewegung

1950 Mark eting umfass end Mark eting kommt Verkaufs -


etabliert nach Deutsc hland k onzeptionen
1955 Gutenberg etabliert
Absatz lehre
1960 - 1970 McCarthy: Marketing-Instrumentarium
Marketing-Mix Mark eting-
Perfektionierung der Instrumentalfunktionen k onzeptionen
1980 Mark eting als Management-Lehre
1980 - 1990 Port folio-Methoden - PIMS Strategisc hes
Marketing = Unternehmens führung Mark eting
Globalisierung-S trategien / T riadenmarketing
1990 - 2000 Marketing für Nonprofit-Unternehmen Soz ial-, Ök o-
Abk ehr v on der "Profit-K ultur" Mark eting
2000 - 2010 E lectronic Marketing - Electronic Commerce Virtuelles
virtuelle Kauf- und Verkaufs welten Mark eting
ab 2001 CRM als Ums etzung v on k undenz entrierter S ys tem-
G esc häfts philosophie und Prozess optimierung Mark eting

denorientierung lautet die Devise. Die „hohe Schule des Marketing“ bildet sich
heran. Doch erst in den 80er Jahren gelingt es großen Unternehmensberatungen, das
Konzept eines strategischen Marketing auf Top-Management-Ebene zu festigen.
Mit Unterstützung durch die Geschäftsführungen wird das Marketinginstrumenta-
rium weiter perfektioniert, um
(1) strategische Marktforschung zu betreiben und um dadurch
(2) neue Produkte gezielt auf Verbraucherwünsche hin zu entwickeln (mit Hilfe
von Produktmarketing, Produktmanagement),
(3) weltweite Firmenidentitäten bei Interessenten, Kunden und in der Öffentlich-
keit zu schaffen (Image-Politik, Corporate Identity, Kommunikationspolitik),
(4) auf der Grundlage von (2) und (3) Produkte und Unternehmen zu Marken zu
entwickeln (Markenpolitik, Markenführung, Positionierung),
(5) mit großen Handelsketten partnerschaftliche Marktstrategien zu entwickeln
(Handelsstrategien, Key Account Management85),
(6) dabei mehrere Kanäle und Distributionsstufen aufeinander abzustimmen
(vertikales Marketing, begonnen in den 70er Jahren, Multikanalvertrieb),
(7) sich von Wettbewerbern abzusetzen (Erarbeiten von Wettbewerbsvorteilen),
(8) und Marktanteile weltweit zu sichern (Globalisierung der Märkte).

Wenn dem Top-Management die Zusammenführung von Vertrieb und Marketing


nicht gelingt, drohen Misserfolge. Diese Gefahr ist unverändert relevant.86 Immer
wieder versuchen Verkaufschefs, sich dem Einfluss des strategischen Marketing zu
entziehen, wenn die „Zahlen“ stimmen.

Die 90er Jahre bringen gesellschaftlich eine Umwelt- und Sozialorientierung des
Marketing und eine Besinnung auf geistig kulturelle Werte. Ganzheitliche Konzepti-

85
vgl. zum Key Account Management: Sidow, (Key Account Management), 2000
86
vgl. Dannenberg, (Alte Feinde), in: MM, 2/1997, S. 86-91
30 Marktorientierte Unternehmensführung

„Marketing onen sind gefragt, die wirtschaftliche, soziale, kulturelle und ökologische Aspekte
und Mana- umfassen. Jeder bekommt ein Recht auf „sein“ Marketing: die Spitzenvertreter von
gement
können in Wirtschaft, Politik und Gewerkschaften, Künstler, Sportvereine, der ADAC, Green-
dieser Welt peace oder der Student mit eigenem Logo und Briefkopf. Marketing erobert die Ge-
eine wun- sellschaft; insbesondere, wenn zukünftig beim virtuellen Marketing die Instrumente
derbare
des Marketing in allen heimischen Fernseher und PC´s sichtbar werden. Privat-, Ge-
Aufgabe
überneh- schäfts- und Konsumwelten fließen ineinander.
men: sie für
die Men-
schen
c.) Marketing - Begriff, Anspruch, Wirklichkeit
verbessern." Die o.a. acht Punkte umreißen die Aufgaben des modernen Marketing. Allerdings
(Wilkes,
1992, S. 11).
steht der Marketingbegriff über und neben anderen, wichtigen Termini, die die
kaufmännische Praxis seit Jahrzehnten begleiten: Absatz, Umsatz, Verkauf, Ver-
trieb, Distribution. Abb.1-29 möchte diese Begriffe ordnen und dem Marketing-
begriff dabei eine zusammenführende Bedeutung geben. Danach soll das Phäno-
men Marketing dann detaillierter betrachtet werden.
Abb.1-29 Absatz
ist ein modernes Synonym für den von Gutenberg geprägten Begriff der betrieblichen Leistungs-
Ein zu- verwertung. Absatz umfasst alle Tätigkeiten, um Güter und Dienstleistungen in Märkten an Nach-
frager zu bringen (Bedürfnisbefriedigung / Bedarfsdeckung). In der betriebswirtschaftlichen Termi-
sammen-
nologie wird der Begriff Absatz oft auf die Absatzmenge x beschränkt.
fassen-
des Vertrieb (Distribution; auch Verkauf im weiteren Sinne)
Glossar Der Begriff Vertrieb umschließt alle Funktionen und Zuständigkeiten (Mitarbeiter und Aufgaben) im
für Absatzbereich. Der Vertrieb enthält eine akquisitorische (Verkauf = Interaktion zwischen Men-
grund- schen) und eine logistische (Verteilung von Waren) Komponente. Branchen bzw. Unternehmen
legende ohne eigene Verkaufstätigkeit sprechen oft von Distribution. Der Vertrieb ist ein Instrument im Rah-
Begriffe men des Marketing-Mix; neben der Leistungsangebots-, der Konditionen- und der Kommunikations-
dieser politik. Marketingtheorie und Konsumgüterhandel sprechen auch von Distributionspolitik.
Beim Vertriebschef liegt die Gesamtverantwortung in einer Unternehmung für die marktbezogenen
Arbeit.
Zielgrößen Absatz, Umsatz, Vertriebsergebnis, Marktanteil und für qualitative Ziele, wie z.B. Kun-
denzufriedenheit. Der Vertrieb kann auch als Verkaufspolitik im weiteren Sinne bezeichnet werden.

Verkauf (im engeren Sinne)


Verkaufen ist die Grundfunktion des Vertriebs und umfasst die direkt auf einen Verkaufsab-
schluss (Umsatzgenerierung) gerichtete Kundenbetreuung. Der Verkauf kann persönlich (Außen-
dienst) oder unpersönlich erfolgen (Telefon, PC, Versandhandel). Kleinere Unternehmen verwen-
den oft Verkauf und Vertrieb synonym.

Marketing
1. erweitert den Begriff Vertrieb um eine strategische Denkhaltung, d.h. konkret um die Leitidee
der Ausrichtung aller Unternehmensfunktionen auf den Markt = auf Kunden, Vertriebspartner,
Wettbewerber, Technologien, Umwelt (auch: Primat des Marktes, kundenzentrierte Geschäfts-
philosophie) und
2. spezialisiert bestimmte absatzwirtschaftliche Aufgabengebiete; und zwar Planung / Strategie
(strategisches Marketing), Marketing-Service (z.B. Marktforschung, Produktmanagement, Ver-
kaufsförderung) sowie Marketingkommunikation (PR, Werbung, Katalog-/Messewesen).
In Deutschland wird der Marketingbegriff meist gemäß (2) eng ausgelegt und bezieht sich dann nur
auf bestimmte Aufgabengebiete (typisch: Marketing wird mit Werbeabteilung gleichgesetzt).
Für Marketing im amerikanischen Sinne steht auch der Begriff marktorientierte Unternehmensfüh-
rung. Zu einer marktorientierten Unternehmensführung (ganzheitliches Marketing) gehören nach
einem Triadenkonzept (1) eine Marktstrategie des Managements, (2) ein geachteter Marketing-
Service und ein (3) Vertrieb, der innerhalb der anderen betrieblichen Funktionen (Abteilungen) min-
destens gleichberechtigt ist.

Siehe auch Marketing ist im Kern eine unternehmerische Denkhaltung. Meffert begreift
das Zitat von
Meffert auf „Marketing als Ausdruck eines marktorientierten unternehmerischen Denk-
Seite 549 stils, der sich durch eine schöpferische, systematische und zuweilen auch ag-
dieses Bu-
ches. gressive Note auszeichnet...“87

87
zitiert aus einer älteren Auflage von Nieschlag; Dichtl; Hörschgen, (Marketing), 1985, S. 8
1. Kapitel: Die Grundlagen 31

Meffert erweiterte diese Grundhaltung bahnbrechend zur marktorientierten Unter-


nehmensführung.88 Wir erkennen einen Begriffsbogen von der Philosophie über
Führung und Strategie bis hin zur operativen Ausrichtung des Marketing:
„Die Strate- „Marketing als Führungskonzeption kann umschrieben werden als die be-
gie und die
Kraft kom- wusste Führung des gesamten Unternehmens vom Absatzmarkt her, d.h. der
men aus dem Kunde und seine Nutzenansprüche sowie ihre konsequente Erfüllung stehen im
Marketing." Mittelpunkt des unternehmerischen Handelns...“89
(Herbert
Hainer, CEO
In der Mission des Deutschen Marketing-Verbandes definiert Prof. Esch
von Adidas, Marketing aktuell wie folgt: "Marketing im Sinne einer marktorientierten Un-
in: ASW ternehmensführung kennzeichnet die Ausrichtung aller relevanten Unterneh-
2/2004, S. mensaktivitäten auf die Wünsche und Bedürfnisse von Anspruchsgruppen."
122)
Dabei kommt das Marketing nicht umhin, Kunden- und Kostenorientierung
in Einklang zu bringen: "Marketing bedeutet, unter Beteiligung aller Mitarbei-
ter auf effiziente Art und Weise einen überlegenen Kundennutzen zu schaffen,
um überdurchschnittliche Gewinne zu erzielen."90

Zusammenfassend sind in Theorie und Praxis immer wieder vier Begriffsauslegun-


gen für das Marketing zu unterscheiden (Abb.1-30):
(1) Marketing als unternehmerische Denkhaltung (Unternehmensphilosophie)
steht für die markt- bzw. kundenorientierte Denkhaltung aller Mitarbeiter.
(2) Marketing als Strategie umfasst die im strategischen Dreieck (Abb.1-13) aufge-
zeigten Stoßrichtungen. Marketing wird zur strategischen Konzeption.
(3) Marketing als Organisation / Funktion meint schlichtweg: Marketing ist das,
was die Marketingabteilung tut. Marketing wird zum Partner des Vertriebs.
(4) Marketing als Methode umfasst ein Arsenal von Instrumenten zur Markt- und
Kundenbearbeitung (z.B. Marktforschung, Werbung, PR, Branding). Eine Mar-
ketingabteilung ist also kein Beweis für wirkliche Marktorientierung!
Abb.1-30

Marketing = Marketing = Marketing = Marketing =


Philosophie Strategie Organisation Methode

Im Gegen-
satz hierzu:
Bei GE gibt
es die Funk- Wo liegt das Dilemma? Fragt man Führungskräfte nach ihrer Marktorientierung, so
tion eines werden sich alle zum Marketing bekennen. Doch leider ist es in Deutschland noch
Chief Mar- immer nicht gelungen, das Marketing organisatorisch auf Top-Management-Ebene
keting Of-
ficers zu verankern und dadurch zum Thema der Gesamtunternehmung zu machen. Nicht
(CMO), nur mittelständische Unternehmen drängen das Marketing oft einseitig in die Ecke
direkt dem von Werbung, PR und Verkaufsförderung. Geradezu ernüchternd ist das Ergebnis
CEO unter-
stellt – und
einer Recherche der Bad Homburger Unternehmensberatung Marketing Corporation:
mit der "In 17 der 30 größten Konzerne gibt es, über alle Branchen hinweg, im Vorstand gar
Aufgabe, keine Zuständigkeit für Marketing und Vertrieb - darunter so bekannte Unternehmen
den „Geist wie Allianz, DaimlerChrysler, Lufthansa, Metro oder Siemens."91
des Marke-
ting in den 88
Konzern zu Meffert, (Marktorientierte Unternehmensführung), 1991, S. 31-49. Mittlerweile haben sich auch
tragen.“ Nieschlag; Dichtl; Hörschgen dieser Begriffswendung (dem Konzept der marktorientierten Unter-
nehmensführung) angeschlossen: vgl. Nieschlag; Dichtl; Hörschgen, (Marketing), 2002, S. 14
89
vgl. Becker, (Marketing-Konzeption), 2006, S. 3; wobei seine frühere Definition nach Ansicht des
Autors noch prägnanter ausfiel, als er: „Marketing als die bewusste Führung des ganzen Unterneh-
mens vom Markt her im Sinne einer umfassenden marktorientierten Führungskonzeption“ verstand:
Becker, (Marketing-Konzeption), 1993, S. 1
90
Meyer, Davidson, (Offensives Marketing), 2001, S. 14
91
vgl. Engeser, (Stiefmütterlich), in: Wirtschaftswoche, 6/2001, S. 110-111
32 Marktorientierte Unternehmensführung

Es bleibt festzuhalten:
(1) Marketingphilosophie und -strategie schaffen noch längst keine gute Marketing-
abteilung. Marketing denken ist leicht - Marketing leben fällt oftmals schwer.
(2) Das Marketing hat (im Gegensatz zu Beschaffung, Vertrieb, Produktion) seine
konkreten Beiträge für die betriebliche Wertschöpfung oft nicht richtig deutlich
machen können.92 Die Folge: Marketing hat ein Imageproblem.93
(3) Die Bezeichnung Customer Relationship Management (leider nicht CR-Mar-
keting) zeigt, dass die Nähe zum modernen Kundenmanagement noch nicht so
klar ist. Das Ideengut des (klassischen) Marketing kann ohne Systeme (IT) nicht
in Massenprozesse umgegossen werden. Der fehlende Systembezug hat das Mar-
keting Einfluss gekostet. Von SAP wird mehr geredet als vom Marketing.

Meyer und Davidson zählen weitere Versäumnisse des Marketing auf:94


(1) Das Marketing hat es nicht geschafft, sich im eigenen Haus, insbesondere gegen
die Produktion, die Finanzabteilung und das Controlling, durchzusetzen.
(2) Das Marketing hat es versäumt, die sog. Stakeholder (Mitarbeiter, Lieferanten,
Aktionäre, Öffentlichkeit) als Zielgruppen zu begreifen.
(3) Das Marketing hat sich zu stark auf das eigene Unternehmen und eigene Proble-
me fokussiert und z.B. Kooperationen mit Wettbewerbern vernachlässigt.
(4) Das Marketing hat sich in der Marketingabteilung "versteckt" und es versäumt,
Mitarbeiter abteilungsübergreifend mit dem Marketinggedanken zu "infizieren".
(5) Das Marketing hat seine Ideen "schlecht verkauft".
(6) Anstatt Märkte aktiv zu gestalten, läuft das Marketing den Kundenwünschen hin-
terher.
(7) Das Marketing hat die einzelnen Instrumente zu stark isoliert optimiert, anstatt
integrierte Lösungen anzustreben.
(8) Das Marketing wird wie eine "End-of-Pipe"-Technologie betrieben und nicht als
eine organisationsübergreifende Querschnittsfunktion, die Beschaffungs-, Ent-
wicklungs- und Produktionsprozesse integriert.

D.h. auch: Deshalb bewährt sich der Begriff marktorientierte Unternehmensführung. Prob-
Im Sinne
von Ahlert
lemloser als der kontroverse Marketingbegriff kann diese Bezeichnung alle vereinen:
verstehen Techniker und Kaufleute, Verkäufer und Verwaltung, Hochschulabsolventen und
wir die andere, die sich „Praktiker“ nennen.95 Der Praktiker, der sich zum Marketing be-
Funktion kennt, wird also Marketing und marktorientierte Unternehmensführung gleichsetzen.
Vertrieb
ganz klar als
Für ihn ist es selbstverständlich, dass alle Energien und Ressourcen der Unterneh-
„integraler mung auf Interessenten und Kunden auszurichten sind. Der Vertrieb wird zum In-
Bestandteil strument der Marketingstrategie. Doch welche Unsicherheiten tragen die oben ange-
einer ganz- sprochenen Irritationen um den Marketingbegriff in die Hochschulausbildung?
heitlichen,
integrierten
Marketing- 1.2.2. Die Abgrenzung von Marketing und Vertrieb –
konzeption“.
(Ahlert u.a.,
US-amerikanische und deutsche Sicht des Marketingbegriffs
(Exzellenz), Cirka sieben bis acht Tausend Studenten (schätzungsweise 20 % aller BWL-Diplo-
2004, S.
201) manden) verlassen jährlich Deutschlands Hochschulen mit einer Spezialisierung im
Studienschwerpunkt (Hauptfach) Marketing.96 Sie studieren nach Prüfungs-

92
vgl. Schütz, (Effizienz), in: ASW, Sonderausgabe 2002, S. 32-55
93
vgl. zum spannenden VDI-Führungsgespräch: Schulze, (Imageproblem), in: ASW, 4/2005, S. 70-71
94
vgl. Meyer; Davidson, (Offensives Marketing), 2001, S. 15
95
Der Unterscheidung Praxis versus Theorie wollen wir aber nicht folgen. Der „erfolgreichere“ Prak-
tiker hat auch die „bessere“ Theorie. Alles Handeln ist theoriegesteuert.
96
Für ca 30.000 betriebswirtschaftliche Hochschulabsolventen schätzen wir folgende Schwerpunkt-
verteilung: 30% Rechnungswesen und Controlling, je 20% in den Schwerpunkten Marketing sowie
1. Kapitel: Die Grundlagen 33

Abb.1-31
Der amerikanische Ansatz
Marketingleitung =
marktorientierte
Unternehmensführung
In der Praxis
werden oft
die sog.
Produktpolitik Preispolitik Distributionspolitik Kommunikat ions-
Marketing- politik
services
verkürzt Der deutsche Ansatz Leiter
unter einer
Funktion
Marketing und Vertrieb Vertrieb/Verkauf
?
Marketing Marketingleiter Vertriebsleiter
zusammen-
gefasst und Marketing-Service: Verkauf / KAM
Kataloge, Werbung,
organisato- Verkaufsförderung Preispolitik
risch neben Marktforschung Distribution:
den Vertrieb Absatzwege,
Produktmanagement
gestellt. Händlerbetreuung
(Vgl. Ahlert Markenpflege Logistik
u.a., (Exzel- Strategie + Planungs- Vertriebscontrolling
lenz), 2004, unterstützung

S. 201)
ordnungen, die auf der umfassenden, amerikanischen Marketingphilosophie beruhen:
Marketing = marktorientierte Unternehmensführung. Doch die Bedeutung des Mar-
keting fällt - wie bereits dargestellt - außerhalb der USA zumeist bescheidener aus.
Der Marketingbegriff wird besonders im Mittelstand eng ausgelegt.

In der Abb.1-31 werden zwei kontroverse Marketingauffassungen deutlich:


(1) Der amerikanische Ansatz setzt Marketing mit marktorientierter Unternehmens-
führung gleich, nimmt meist eine 4er-Aufteilung der Marketinginstrumente vor
(s. auch Abb.1-43) und findet für den Vertrieb/Verkauf oft keinen festen Platz im
Marketinggebäude (s. auch die Anmerkungen im 6. Kapitel).
„Marketing (2) Für einen „typischen“ Vertriebs- oder Verkaufsleiter, vor allem in kleinen und
und Wer- mittleren Unternehmen, gilt dagegen ein deutscher Denkansatz. Marketing und
bung ist
genauso Vertrieb teilen sich klar definierte Aufgaben. Für die Mehrzahl der mittelständi-
sinnig wie schen Unternehmen sind Marketingmitarbeiter noch immer „Exoten“ (Spezialis-
Obst und ten), die sich mit Werbung, Public Relations, Verkaufsförderung, sowie spe-
Äpfel.“
Kritik von
ziellen beratenden Funktionen wie Marktforschung, Produktmanagement und
Weeser- Markenführung beschäftigen. Auch Strategie und Planung werden oft dem
Krell dar- Marketing zugewiesen.
über, dass
Marketing in
der Praxis
Eine Trennung von Marketing und Vertrieb wird auch in den Stellenanzeigen der
oft mit Wer- großen Tageszeitungen und in den Anfragen von Headhuntern deutlich. Die Praxis
bung gleich- vertritt die Meinung: Wir leben vom Verkauf, und das Marketing arbeitet zu (in
gesetzt wird. den in Abb.1-31 aufgeführten Funktionen). Deshalb sind Verkauf und Marketing oft
(zit. in
ASW,
gleichberechtigt einem Marketing- und Vertriebsleiter unterstellt.
4/1998, S.
123) Auch Arbeitsmarktstatistiken trennen Marketing und Vertrieb. Sie belegen zudem,
dass der Vertrieb mehr BWL-Hochschulabsolventen beim Berufsstart als das Marke-
ting aufnimmt.97 Den Hochschulen wird deshalb vorgeworfen, dass sie durch eine
Versteifung auf den in der Praxis enger ausgelegten Marketingbegriff und durch eine
Vernachlässigung der Verkaufsausbildung die Berufsfeldbedingungen übersehen

Finanzen / Banken und die restlichen 30% aufgeteilt auf die weiteren gängigen Schwerpunktinhalte.
vgl. zu den Daten 1998: Risch; Sommer, (Jetzt oder nie), in: MM, 3/1998, S. 244.
97
Das Arbeitsfeld Marketing liegt deutlich hinter Finanzen/Controlling und Vertrieb/Verkauf: vgl. die
jährlichen START-Statistiken von Staufenbiel für Hochschulabsolventen. Dadurch wird wieder die
für Studierende im Schwerpunkt Marketing irritierende Trennung zwischen Marketing und Vertrieb
signalisiert, die nicht der geltenden Prüfungsordnung entspricht.
34 Marktorientierte Unternehmensführung

Das Marke- und an der Praxis vorbei ausbilden. Sie würden die Studierenden zwar perfekt in
ting weiß, Marktforschung, Strategie und Kommunikation schulen. Deren Praxisschock ist dann
dass 20 groß, wenn sie beim Berufsstart zunächst in Kundenabteilungen „gesteckt“ werden.
Prozent der
Kunden Erst nach 1 bis 2 Jahren im operativen Verkauf dürfen Berufseinsteiger ihre Karriere
Tennis spie- im Marketing starten; sofern sie dann noch wollen und im Marketingbereich noch
len. Der Stellen frei sind. Die von der deutschen Marketingausbildung „verbildeten“ Hoch-
Vertrieb schulabsolventen seien nämlich oft überrascht, welche Karrierechancen sich ihnen
kennt die
Kunden, die im Verkauf bieten und bleiben in den operativen Abteilungen.98
Tennis spie-
len. Die Studierenden sollten sich aber durch diese Frage, ob der Vertrieb im Unter-
nehmensalltag zum Marketing gehört oder ihm neben- oder untergeordnet ist,
nicht verunsichern lassen. Entscheidend ist, dass an den Hochschulen überhaupt die
Elemente der Kundenorientierung vermittelt werden. Im Endeffekt geht es immer um
den Kunden und um die Instrumente einer marktorientierten Unternehmensführung.

1.2.3. Das Gebäude der marktorientierten Unternehmensführung


a.) Das TRIADENKONZEPT des Marketing
Marktorientierte Unternehmensführung verlangt, die Gesamtunternehmung auf den
Kunden hin auszurichten. Konsequente Marktorientierung führt zur Marketing
driven Company. Was zeichnet eine Marketing driven Company aus, die die unter-
nehmerische Denkhaltung (Philosophie) des Marketing verinnerlicht hat und bei der
täglichen Kundenbetreuung beherzigt? Meffert gibt eine Antwort auf diese Frage. Er
prägte den Begriff des dualen Marketing und formulierte zwei zentrale Kriterien für
eine marketinggetriebene Unternehmung:99

Entscheidet und handelt die Geschäftsführung (Top-Management) nach einer


Marktstrategie und nach Leitlininien für die Kundenbetreuung (Leitbild)?
Ist der Vertrieb (bei Meffert Marketing) gleichberechtigt innerhalb der be-
trieblichen Funktionsbereiche (innerhalb der Abteilungen / Ressorts)?

Wir können von einem triadischen Anforderungskatalog sprechen:


Das Leitkon- (1) Nach diesem bleibt es bei der Hauptforderung Mefferts nach einem marktorien-
zept von OBI:
Wir wollen tierten, von der Geschäftsführung auch vorgelebten Leitkonzept.
Olympiasie- (2) Die Anforderung von Meffert wird erweitert. Mutig gesagt: Der Vertrieb soll-
ger sein in te mindestens gleichberechtigt im Rahmen der betrieblichen Funktionsbereiche
der Disziplin
"Dienst am sein, d.h. er sollte durchaus Priorität in kontroversen, betrieblichen Entschei-
Kunden". dungssituationen bekommen, soweit es um Kundennutzen und Marktanteile geht.
(www.obi.de) (3) Als dritter Punkt tritt das Bekenntnis zu einem geachteten Marketing-Service
hinzu, der alle betrieblichen Bereiche mit marktbezogenen Informationen und
Dienstleistungen (Strategie, Kommunikation, Verkaufsförderung) versorgt.100

b.) Der EXPANSIONSPFAD des Marketing


Das Schicksal der dot.coms aus der New Economy hat gezeigt, was passiert, wenn
bei zu viel Marketing das Verkaufen vergessen wird. Der Lebenszyklus einer Unter-
nehmung beginnt mit dem Verkauf. Die Marketingfunktionen werden sich im Laufe
des Unternehmenswachstums aus der Verkaufsarbeit heraus entwickeln. Ab einer
bestimmten Unternehmensgröße wird das Marketing dann eine eigene Abteilung und
entsprechende Kompetenzen beanspruchen. Dieser Evolutionsprozess kann als Ex-

98
vgl. Gronwald; Rust; Schmalholz, (Von draußen), in: MM, 8/1999, S. 136-150
99
vgl. Meffert, (Marktorientierte Unternehmensführung), 1991, S. 31-49
100
und nicht, wie man zuweilen hört: Diese Aufgaben erledigt unser Auszubildender nebenbei.
1. Kapitel: Die Grundlagen 35

Abb.1-32
DER EXPANSIONSPFAD DES MARKETING

+ Integration anderer
Unternehmensbereiche:
VERTRIEB MARKTORIENTIERTE
UNTERNEHMENSFÜHRUNG
Kundendienst, Service
Händlerbetreuung Kataloge, MARKETING
Vertriebscontrolling Preislisten Marktstrategie
Öffentlichkeitsarbeit
Corporate Identity
VERKAUF Produkt- Werbung
Management
Außendienst Markenpflege
Verkaufs-
Key Account Management Marktforschung
förderung
eCommerce
Innendienst Call-Center

Beschwerdemanagement Logistik
CRM = Integriertes
eCommerce Kundenmanagement:
Verkauf, Marketing,
Service

pansionspfad des Marketing beschrieben werden. Jeder Verkaufsvorgang enthält


einen Funken eines Marketing-Spirits. Aus dem Verkauf heraus und über die breiter
gefasste Vertriebsfunktion hinaus kann101 sich das Marketing zu einem eigenständi-
gen Ressort und zu einem Spiritus Rector für die Gesamtunternehmung entwickeln
und schliesslich zum Kapitän für eine marktorientierte Unternehmensführung heran-
reifen.102 Abb.1-32 veranschaulicht die Marketingemanzipation.

c.) Die Elemente der Marktorientierung


Marktorientierung ruht nach Abb.1-33 auf fünf Standbeinen:
(1) Im Zentrum stehen die Kunden mit ihren Erwartungen und Wünschen. Marktori-
entierung fußt somit auf Kundenorientierung (Kundenzentrierung).
(2) Die Technologieorientierung verfolgt das Ziel, Produkte und Service mit Wett-
bewerbsvorteilen auf Kundennutzen hin auszurichten.
Abb.1-33 (3) Die Wettbewerbsorientierung soll
DIE 5 STRATEGISCHEN
das Marktverhalten der Konkurrenz a-
GRUNDAUSRICHTUNGEN DER
nalysieren und gegen die Konkurrenz MARKTORIENTIERTEN
Wettbewerbsvorteile schaffen. UNTERNEHMENSFÜHRUNG
(4) Die Vertriebspartnerorientierung
soll die für den Markterfolg notwendi-
Technologieorientierung
gen Verbündeten und die Vertriebswe-
ge / Absatzkanäle sichern.
(5) Die betriebswirtschaftliche Ergebnis-
orientierung spielt Wachposten für Wettbewerbs- Kunden- Vertriebspartner-
alle Marktaktionen. Sie verlangt, alle orientierung orientierung orientierung

Ressourcen und Potenziale der Unter-


nehmung betriebswirtschaftlich mit den
Markterfordernissen in Einklang zu Ergebnisorientierung

bringen. Bei aller Marketing-Euphorie

101
muss aber nicht. Es gibt Unternehmen, die höchst marktorientiert arbeiten, in ihrer Organisation
findet man die Bezeichnung Marketing aber nicht. Unternehmen wenden also die Gesetzmäßigkeiten
der Marketingtheorie an, ohne sich zum Marketing ausdrücklich zu bekennen. So wird in vielen Un-
ternehmen, besonders im Mittelstand, das Marketing vom Vertrieb/Verkauf geschluckt.
102
Seit dem Jahr 2000 allerdings stark bedrängt durch CRM.
36 Marktorientierte Unternehmensführung

darf nicht vergessen werden, dass „am Ende des Tages“ Cash-Flows, Renditen
und (Bilanz)-Ergebnisse zählen!

Für alle Abteilungen mit Kundenkontakt gelten die in Abb.1-34 genannten Orientie-
rungen, die gleichsam als Forderungen zu verstehen sind.103
Abb.1-34
10 ORIENTIERUNGEN FÜR DIE MARKTORIENTIERTE UNTERNEHMENSFÜHRUNG

Nutzenorientierung: Im Mittelpunkt steht die Konzentration auf den Kundennutzen


Verhaltensorientierung: Marketing zielt genau auf das Käuferverhalten von Zielgruppen
Informationsorientierung: Keine Marktentscheidung ohne solide Informationsbasis
Strategieorientierung: Marktentscheidungen sollten auf langfristigen Strategien basieren
Aktionsorientierung: Systematisches Agieren statt hektischem Reagieren im Markt
Segmentierungsorient.: Märkte sind nach Käuferschichten zu segmentieren
Koordinationsorient.: Alle Unternehmensbereiche sind kundenbezogen zu integrieren
Systemorientierung: Dabei sind Prozesse soweit sinnvoll zu standardisieren (CRM)
Sozialorientierung: Wechselwirkungen mit dem sozialen Umfeld sind zu beachten
Umweltorientierung: Das Marketing trägt auch eine ökologische Verantwortung

d.) Die Elemente der Kundenorientierung


„24365“ – so lautet die Devise des Modeunternehmens Wormland. Sie symbolisiert
die Verpflichtung aller Mitarbeiter 24 Stunden täglich, an 365 Tagen an den Kunden
zu denken und für ihn da zu sein.104

Im Mittelpunkt der marktorientierten Unternehmensführung steht der Kunde. Für


eine gelebte Kundenorientierung sind nach Abb.1-35 drei zusammenspielende Er-
folgsfaktoren für Kundenbeziehungen entscheidend:105

Kundennähe gibt dem Kunden das subjektive Gefühl, dass sich der Lieferant
um ihn kümmert, seine Belange und Probleme ernst nimmt und den Kontakt
und eine dauerhafte Beziehung sucht.
Kundenzufriedenheiten: Die Zufriedenheiten des Kunden mit einer Kaufent-
scheidung (transaktionale Zufriedenheit) oder mit einer Geschäftsbeziehung
(dynamische Zufriedenheit) können dann aus einer vom Kunden empfunde-
nen Nähe gezielt beobachtet, gesichert und gestärkt werden;
Kundenbindung: ... und dies mit der Zielsetzung, den Kunden bei Folgekäu-
fen an das eigene Angebot zu binden. Was bringt die beste Beratung im Fach-
handel in der Innenstadt, wenn der Kunde den sperrigen Fernseher schlussend-
lich wegen eines fehlenden Parkplatzes bei einem Verbrauchermarkt vor der
Stadt in seinen PKW hievt?
Eine sehr wertvolle Bindung ist die Kundenloyalität106, zu verstehen als frei-
willige Bindung eines Kunden an ein Produkt bzw. eine Marke, einen Liefe-
ranten oder beziehungsorientiert an einen Verkäufer oder an eine Einkaufsstät-
te ((a) Produkt-/Markentreue, (b) Lieferanten-/Verkäufertreue, (c) Ein-
kaufsstättentreue).

103
vgl. in Anlehnung an und Erweiterung von Meffert, (Marketing), 2000, S. 8-9
104
vgl. Müller, (Kunden), in: TW v. 27.5.1999, S. 42
105
Man spricht auch von der Wirkungskette der Kundenbindung: vgl. Bruhn; Homburg, (Kundenbin-
dungsmanagement), 2005, S. 10
106
vgl. Homburg; Giering, (Kundenloyalität), in: ASW, 1-2/2000, S. 83
1. Kapitel: Die Grundlagen 37

Abb.1-35
MARKTORIENTI ERUNG

K UN DEN ORI EN TI ERU NG

KUNDEN - KUNDEN - KUNDEN -


NÄHE ZUFRIEDE NHEIT BINDUNG

Kundenverblü ffung
Kundenbegeist erung

Physische und
emotionale Nähe Sehr weiche, weiche
und harte Bindungen
Zufriedenheit mit einem Kauf
(zeitpunktbezogen) und mit
einer Beziehung (zeitraum-
bezogen)

Namhafte Autoren positionieren die Kundenloyalität als eigenständiges Wirkungs-


element zwischen die Kundenzufriedenheit und die Kundenbindung.107 Wir folgen
dem nicht, weil wir die Loyalität für eine wichtige Unterform der Bindung halten
(Präferenzbindung). Die freiwillige Bindung ist die Königsform der Kundenbindung.

e.) Beziehungen des Marketing zu anderen Unternehmensressorts


Marktorientierte Unternehmensführung fordert, dem Primat des Marketing zu fol-
gen. Vom Pförtner bis zum geschäftsführenden Gesellschafter – alle Mitarbeiter sind
für den Kundenerfolg verantwortlich. Jeder trägt auf seinem Platz zum Unterneh-
menserfolg bei und prägt das Bild (Image), das Interessenten, Kunden und Öffent-
lichkeit (Stakeholder) von der Unternehmung haben. Alle Mitarbeiter haben die
Kundeninteressen zu beachten und mit den Unternehmenszielen in einen Ausgleich
zu bringen. Marktorientierte Unternehmensführung wird zum Motor für die ganze
Unternehmensorganisation.

Steigen marktorientierte Führungskräfte in der Unternehmenshierarchie auf, dann


zeigt Abb. 1-36 die große Bandbreite zwischen einem „Nur-Verkäufer“ und einem
marktorientierten Vorsitzenden der Geschäftsführung auf. Eine Verantwortung für
Markterfolg und für Kundenzufriedenheit bleibt, selbst wenn man beim Karriereauf-
Abb.1-36 stieg die Bezeichnung Marketing und Vertrieb auf der Visitenkarte ablegt.

DIE PRIORITÄTSHIERARCHIE FÜR MARKETING UND VERTRIEB


Die Skala von zunehmendem Einfluss und Verantwortung

der marktorientierte Unternehmensführer + Verantwortung für Untern.-Gesamterfolg


Marketing u. Vertrieb in der Geschäftsführung + Verantwortung für Unternehmensimage
marktorientierte Geschäftsbereichsführung + technische Verantwortung
der starke Marketing- und Vertriebsbereich + logistische Verantwortung
die umfassende Vertriebsabteilung + Umsatz- u. Ergebnisverantwortung
die etablierte Verkaufsabteilung + gleichberechtigte Abteilung
der „Nur“-Verkäufer die Basis: reine Umsatzverantwortung

107
vgl. Bruhn; Homburg, (Kundenbindungsmanagement), 2005, S. 10
38 Marktorientierte Unternehmensführung

1.3. Vom Handeln zur Unternehmenspolitik


1.3.1. Die Handlungsimpulse aus dem Markt
Bislang wurde aufgezeigt, was Marketing und Vertrieb für eine marktorientierte Un-
ternehmensführung bedeuten. Jetzt nähern wir uns den Themen Entscheiden und
Handeln. Es sind i.d.R. Ereignisse auf der Markt- und Kundenseite, die die Unter-
nehmen zu Aktionen oder Reaktionen veranlassen. Wenn z.B. Umsatz- oder Ergeb-
nisplanungen nicht erreicht werden, dann können Marktentwicklungen die Ursache
sein. Oder betriebliche Ereignisse (z.B. Reklamationen, oder Produktänderungen)
erfordern Marktaktivitäten. Kotler beschreibt typische Nachfragekonstellationen und
dazu passende Marktstrategien der Unternehmen.108 Wichtig ist es, für die Strategien
die geeigneten Instrumente zu finden und deren Einsatz operativ zu planen.
Abb.1-37
NACHFRAGEABHÄNGIGE HANDLUNGSIMPULSE DER MARKTORIENTIERTEN UNTERNEHMENSFÜHRUNG

Aufgaben Möglicher
Marktproblem Beispiele für Produkte
von Marketing und Vertrieb Strategiebegriff

Fehlende Nachfrage Bedürfnisse wecken Anreiz-Marketing Öko-Produkte


Stockende Nachfrage Nachfrage beleben Revitalisierungs-Mar. Solaranlagen
Schwankende Nachfrage Nachfrage stabilisieren Stabilisierungs-Mar. Osterhasen
Latente Nachfrage Nachfrage entwickeln Entwicklungs-Mar. Küchencomputer
Optimale Nachfrage Nachfrage erhalten Sicherungs-Marketing Handy´s
Über-Nachfrage Nachfrage reduzieren Reduktions-Marketing Aktienüberzeichnung
Schädigende Nachfrage Nachfrage eliminieren Kontra-Marketing Drogen

1.3.2. Von der Unternehmenspolitik zum Markthandeln

Unternehmerisches Handeln bedeutet, im Rahmen geplanter Maßnahmen /


Aktionen definierte Instrumente zur Zielerreichung einzusetzen.

Marktorientierte Unternehmensführung verlangt eine systematische Auswahl und


Ausgestaltung der Werkzeuge zur Kundenbetreuung und Wettbewerbsauseinander-
setzung. Zu bestimmen sind die Instrumente von Marketing und Vertrieb, nach
der Theorie die Aktionsvariablen. Gutenberg prägte für die Gesamtheit aller In-
strumente den Begriff des absatzpolitischen Instrumentariums.109

Wer gibt den Führungskräften ihre Instrumente? Das Management ist gefordert, die
marktgeeigneten Grundbausteine des Tuns (Handelns) zu bestimmen und als Werk-
Abb.1-38 zeuge auszubauen. Alle Einsatzinstrumente zusammen bilden das Marketing- und
VO M HANDELN ZUR UNTERNEHMENSPOLITIK

PO LITIK ⌦ Die Gesamtheit aller Unternehmensaktiv itäten

Strategie ⌦ langfristiger Weg zur E rreic hung von Zielen und Vis ionen
Taktik ⌦ k urzfr. Agieren und Reagieren im Rahmen einer Strategie
Aktion ⌦ Maßnahmenbündelung, befristeter Ins trumentaleins atz
Maßnahme ⌦ z ielorientierter Eins atz von Instrumenten
Ins trumentaleins atz ⌦ Verdic htung von Tätigk eiten zu "Werk zeugen des Tuns"
Handeln / Tun / Aus führen ⌦ Bas is : Tätigk eiten im G eschäftsalltag

108
vgl. in Anlehnung an Kotler; Keller; Bliemel, (Marketing-Management), 2007, S. 34-35
109
vgl. Gutenberg, (Absatz), 1970, S. 123
1. Kapitel: Die Grundlagen 39

Vertriebsinstrumentarium. Mit seinem Instrumentaleinsatz steht der Marketing- und


Vertriebsbereich nicht im luftleeren Raum. Er ordnet sich in die Gesamtheit aller
zielorientierten Unternehmensaktivitäten ein, die zusammengesehen die Unterneh-
menspolitik formen. Abb.1-38 stellt die Instrumente in einer Hierarchie vom Tun
über Aktionen, Taktik und Strategie bis hin zur Unternehmenspolitik dar. Oft werden
die Begriffe Maßnahme und Aktion synonym gebraucht.

1.3.3. Das Marketing- und Vertriebsinstrumentarium


Die Marke- Die Bestimmung von übergeordneten, abgrenzbaren Instrumenten, die im Rahmen
ting- und von Maßnahmen bzw. Aktionen zum Einsatz kommen, erfolgt aus drei Gründen:
Vertriebs-
instrumen- (1) um für die Fülle möglicher Einzelaktivitäten eine Ordnung zu schaffen,
te bilden (2) um dadurch Komplexität abzubauen (denn die Bandbreite möglicher Maßnah-
den Werk- men ist unerschöpflich),
zeugkasten
(3) um Ressourcen (Sachmittel, Personal, Budgets) besser zurechnen zu können (z.B.
der Markt-
bearbei- zum Zwecke der Planung und zur Budgetkontrolle von Instrumenten).
tung.
In Theorie und Praxis hat sich das Schema der 4 P´s von McCarthy110 mit den Ober-
instrumenten Product, Place, Price und Promotion bewährt; wenngleich einige
Marketingautoren 3111 oder 5 Oberinstrumente abgrenzen. Abb.1-39 vergleicht In-
strumentaltypologien ausgewählter Autoren. Dieses Buch folgt in den Hauptkapiteln
der 4er Systematik von McCarthy. Jeder der Haupt-Instrumentalbereiche erfüllt ab-
gegrenzte Aufgabenstellungen. Der Vertrieb ist ein Hauptinstrument im Rahmen des
Marketing. Jedoch halten wir inhaltlich einige Abweichungen von dem traditionsrei-
chen Schema für zeitgemäß. Diese sind aus Abb.1-40 ersichtlich. Die Abweichungen
von den traditionellen Instrumentalbegriffen werden im folgenden begründet.

Abb.1-39 AUSGEWÄHLTE SYSTEMATIKEN FÜR MARKETING-MIX INSTRUMENTE (ohne Wertung)


Nieschlag / Dichtl /
McCarthy 1960 Gutenberg 1965 Kotler Stand 2007
Hörschgen seit 1969
- Product - Produktgestaltung - Produktpolitik - Produkt- u. Markenpolitik
- Place - Preispolitik - Entgeltpolitik - Dienstleistungspolitik
- Price - Absatzmethode - Distributionspolitik - Preismanagement
- Promotion - Werbung - Kommunikationspolitik - integrierte Kommunikation
Böcker 1972 Meffert (ca 1975?) Homburg/Krohmer 2006 - Werbeprogramme
- Produktpolitik - Produkt- u. Programmpolitik - Produktpolitik - Verkaufsförderung, PR
- Distributionspolitik - Kontrahierungspolitik - Preispolitik - Verkauf, Verkaufsorg.
- Kommunikationspolitik - Distributionspolitik - Vertriebspolitik - Distributionssystem
Becker 2006 - Kommunikationspolitik - Kommunikationspolitik - Handelsmanagement
- Angebotspolitik - Warenlogistik
- Distributionspolitik - Direkt- + Online-Marketing
- Kommunikationspolitik

Abb.1-40

ZIELSETZUNGEN DER HAUPTINSTRUMENTE DES MARKETING

LEISTUNGSPROGRAMMPOLITIK Gestaltung bedürfnisbefriedigender Sachgüter, Dienst- und Serviceleistungen


KONDITIONENPOLITIK Marktgerechte u. kaufmännische Optimierung der finanziellen Kunden“opfer“
KOMMUNIKATIONSPOLITIK Schaffung von Images, Aufmerksamkeiten, Erinnerungswerten und Kaufpräferenzen
VERTRIEBSPOLITIK Umsatzgenerierung, Kundenbindung und Warenbereitstellung (Distribution)
Ein spezielles Marketinginstrument der Handelsunternehmen:
INFRASTRUKTURPOLITIK Optimierung von Standorten/Verkaufsstellen (Outlets) im stationären Handel

110
vgl. McCarthy, (Basic Marketing), 1960
111
vgl. hierzu die ausgiebige Diskussion von Becker, der nach einer Zusammenfassung der Preis- und
Produktpolitik zur Angebotspolitik eine 3er Systematik vorzieht: vgl. Becker, (Marketing-
Konzeption), 2006, S. 487-489
40 Marktorientierte Unternehmensführung

⌦ Leistungsprogrammpolitik
Der in der Literatur vorherrschende Begriff der Produktpolitik ist eng verwandt mit
dem Begriff Produktion. Er erscheint daher wenig biegsam für den Einbezug von
Dienstleistungs“produkten“. Er vernachlässigt zudem die Verbundwirkungen mit
anderen selbst erstellten oder zugekauften Leistungen (Kaufteilen). Deshalb wird
hier von Leistungsprogrammpolitik (im Handel: Sortimentspolitik) gesprochen. Zur
Leistungsprogrammpolitik gehören folgende Unterinstrumente:
(1) die Innovationspolitik, die als Gemeinschaftsarbeit von Marketing, Vertrieb und
Technik eine Unternehmung durch neuartige Materialien, Rezepturen, Produkte
und Prozesse beständig in der Spitze des technischen Fortschritts halten soll,
(2) die klassische Produktpolitik, d.h. die Gestaltung des einzelnen Produktes (oder
einer Produktgruppe) einschließlich Verpackung,
(3) die Programmgestaltung (im Handel: Sortimentsgestaltung), d.h. die Bündelung
von Produkten, Dienstleistungen, Kaufteilen und Handelsware,
(4) die Service- und Dienstleistungspolitik, d.h. die Ausgestaltung aller produktbe-
gleitenden oder eigenständigen Service- und Dienstleistungen einschließlich An-
wendungstechnik und Kundendienst.

⌦ Konditionenpolitik:
Becker spricht der Preispolitik die Eigenständigkeit ab.112 Den Faktor Preis vereint er
mit der Produktgestaltung zur Angebotspolitik. Wir gehen diesen Weg nicht. Markt-
orientierte Unternehmensführung lebt von einem gesteuerten Konflikt zwischen der
nach höchster Kundenzufriedenheit strebenden Produktgestaltung einerseits und den
sich aus dem Marktpreisniveau und der Kalkulation ableitenden ökonomischen Re-
striktionen andererseits. Stellt man Leistungsangebotspolitik und Konditionenpolitik
nebeneinander, bleibt dieser Konflikt griffiger.

Auf der anderen Seite verliert der „Katalogpreis“ eines Produktes an Bedeutung. Die
Preisgestaltungsräume schwinden im Zuge einer Normierung der Märkte. So degene-
riert die Preisauszeichnung (z.B. ein Listenpreis) zu einem einzelnen Element inner-
halb eines Spektrums von Konditionenbestandteilen. Früher stand allein der Preis für
den Gegenwert, den der Kunde als Gegenleistung für die gekaufte Ware aufzubrin-
gen hatte. Heute wird der (Grund)Preis oftmals „augenwischerisch“ niedrig ange-
setzt. Es sind dann andere Konditionenbestandteile, die den Charakter verdeckter und
in ihren Auswirkungen auf die Zukunft verlagerter Opfer haben. Bekannt sind die
Beispiele der nur scheinbar günstigen Softwarepreise oder der Handy-Preise von 1
Euro. Die Bindung des Kunden und die Folgekosten durch Updates oder monatliche
Handygrundgebühren über 24 Monate sind versteckte Preisbestandteile, die in diesen
Fällen weit höher liegen als der Grundpreis.

Diesen Überlegungen trägt der Begriff Konditionenpolitik Rechnung; bestehend aus


vier Instrumentalbereichen:
(1) Grundpreis / Preislage, – Listenpreis, Tarifpreis, Auszeichnungspreis etc.,
(2) weitere, direkt mit dem Preis verbundene Preisauf- oder -abschlägen,
(3) sonstige monetäre Konditionenelemente (z.B. kostenlose Wartung),
(4) sonstige nichtmonetäre Konditionenelemente (z.B. Probefahrten).

Wie schon gesagt, in der Praxis liegt die Preishoheit beim Vertrieb und nicht beim
Marketing und auch das nur scheinbar – denn das letzte Wort haben Finanz- und
Rechnungswesen (das Controlling).

112
vgl. Becker, (Marketing-Konzeption), 2006, S. 487-488
1. Kapitel: Die Grundlagen 41

⌦ Vertriebspolitik (Distributionspolitik - Verkaufspolitik i.w.S.):


Forscht man nach, warum die Standardliteratur den wenig marketingfreundlichen
Der Ur- Begriff Distributionspolitik so inniglich liebt113, dann wird man bei einer Definition
sprung des der American Marketing Association (AMA) aus dem Jahre 1948 fündig:114
Distributi- „Marketing ist die Erfüllung derjenigen Unternehmensfunktionen, die den Fluss von
onsbegriffs Gütern und Dienstleistungen vom Produzenten zum Verbraucher bzw. Verwender len-
liegt in ken.“ (Distributionsorientierung des Marketing)
Lebensmit-
telvertei-
lungs- Doch diesem Distributionsbegriff fehlen die Brisanz und die kundenbezogenen Her-
problemen ausforderungen, die das Verkaufen im Verdrängungswettbewerb heute auszeich-
amerikani- nen. Mit Blick auf die Wirtschaftspraxis, insbesondere im Mittelstand, wollen wir
scher Farmer
deshalb den Begriff Vertriebspolitik dem der Distributionspolitik vorziehen – im
angesichts
der Bevölke- Einklang z.B. mit Homburg/Krohmer. Ausführliche Begründungen folgen im 6. Ka-
rungsexplo- pitel. Der Vertrieb (Distribution, Verkaufspolitik i.w.S.) sorgt für den Umsatz und
sion der für die Warendistribution. Die Vertriebspolitik umfasst alle Aktivitäten, die den
Städte Ende
des letzten
Kunden zum Kaufabschluss führen und im Hinblick auf Folgekäufe binden (Ver-
Jahrhun- kauf = akquisitorische Komponente), sowie die Ware beim Kunden bereitstellen
derts. (logistische Komponente). Hinzu treten als ordnender Rahmen das Vertriebssys-
tem und die Auswahl von und Zusammenarbeit mit Vertriebspartnern (Absatzwe-
gepolitik).

Im einzelnen besteht die Vertriebspolitik aus


(1) dem Vertriebssystem mit (1) der Vertriebsorganisation, (2) der Gestaltung der
Verkaufsform mit persönlichem und unpersönlichem Verkauf (letzterer z.B. als
Automatenhandel, Versandhandel oder Verkaufen über das Internet) und (3) der
Vertriebssteuerung,
(2) der Verkaufspolitik i.e.S., d.h. der Kundengewinnung (Akquisition) und der
Kundenpflege (Kundensicherung – Kundenbindung) mit den Zielen der Umsatz-
generierung und Umsatzsicherung,
(3) der Vertriebskanal, Vertriebspartnerpolitik (Absatzwegepolitik),
(4) der Vertriebslogistik, d.h. der Warenverteilung (physische Distribution, Liefer-
service), die in der Praxis allerdings nur selten organisatorisch dem Vertrieb un-
terstellt ist.

⌦ Kommunikationspolitik:
Jeder Verkaufsvorgang beruht auf einem Austausch (Transfer) von Botschaften
(Bild-, Sprach-, Tonbotschaften etc.). Es ist nicht möglich, nicht zu kommunizieren.
Marktorientierte Unternehmensführung blickt weit über die traditionelle „Reklame“
hinaus und schöpft das gesamte Spektrum der heute verfügbaren Kommunikations-
medien aus, um durch die Kraft der Bilder und Worte Aufmerksamkeiten zu errei-
chen und um Erinnerungswerte, Kaufanreize und Präferenzen zu schaffen. Als Un-
terinstrumente werden abgegrenzt:
(1) die unternehmensbezogenen Instrumente der Imagepolitik: Public Relations /
Corporate Identity (mit Corporate Design, Corporate Behavior, Corporate
Communication, und Corporate Culture), sowie sonstige imagebildende Instru-
mente wie z.B. Sponsoring, Event-Marketing,
(2) die produktbezogene, unpersönliche Medienwerbung in Film, Funk, TV,
(3) die produktbezogene, persönliche Direktwerbung (Direktmarketing),
(4) die produktbezogene Verkaufsförderung (Promotion, Messen, Ausstellungen).

113
der in der Praxis vor allem im Konsumgüterbereich gängig ist, wenn Hersteller sich im Verkauf
fremder Distributionsorgane (Großhandel, Einzelhandel) bedienen.
114
Meffert, (Marketing), 2000, S. 10
42 Marktorientierte Unternehmensführung

Abb.1-43 stellt nach diesem 4er-Schema einen Baukasten der Marketing- und
Vertriebsinstrumentezusammen. Die Abbildung listet die Ober-, sowie weiter unter-
teilt Unterinstrumente auf, die im Rahmen von Maßnahmen / Aktionen zum Einsatz
kommen. Diese werden ab dem 4. Kapitel beschrieben. Der Einsatz von Marktinstru-
menten erfordert eine Klärung der Fragen der Abb.1-41.
Abb.1-41
DIE 10 W-FRAGEN DES INSTRUMENTALEINSATZES

Alternativen-Frage Welche Instrumente sind einsetzbar / verfügbar?


Auswahl-Frage Welche Instrumente werden ausgewählt und eingesetzt?
Qualitäts-Frage Wie sollen die Instrumente eingesetzt werden?
Quantitäts-Frage In welchem Umfang werden die Instrumente eingesetzt?
Zeit-Frage In welcher Häufigkeit und zeitlichen Reihenfolge?
Lokal-Frage Wo werden die Instrumente eingesetzt?
Kombinations-Frage Wie werden die Instrumente kombiniert?
Budget-Frage Welcher Kostenrahmen gilt für den Instrumentaleinsatz?
Erfolgs-Frage Wie wird der Erfolg des Instrumentaleinsatzes gemessen?
Verantwortungs-Frage Wer ist für Einsatz und Erfolg des Instruments zuständig?

Abb.1-42 Die Praxis spricht lieber von Maßnahmen INSTRUMENTALZUSAMMENHÄNGE


als von Instrumenten. Abb.1-42 verdeut-
licht einen weiteren Praxisaspekt. Dem Ziele für Planungseinheiten:
Marketing- und Vertriebsmanagement erfordern Durchführung von Maßnahmen
geht es beim Einsatz von Instrumenten
stets um die Zielterreichung von sog.
Erfolg von Maßnahmen:
Planungseinheiten (z.B. Tochergesell- erfordert den Einsatz von Instrumenten
schaften, Sparten, Geschäftsfelder,
Produktgruppen, Artikel). Zur Zielerrei-
chung werden Maßnahmen / Aktionen Einsatz von Instrumenten:
dient der Zielerreichung der Planungseinheiten
beschlossen, die Instrumente zum einsatz
bringen.
Bsp.: Um den Bekanntheitsgrad der Produktgruppe Haarwaschmittel um 20 % zu steigern, wird als
Maßnahme eine Werbekampagne durchgeführt, bei der die Instrumente TV-Spot und Anzeigenwer-
bung in abgestimmter Weise eingesetzt werden.

Die Praxis denkt also in Planungseinheiten und Maßnahmen und erst in zweiter Linie
in präzise voneinander abgegrenzten Instrumenten, wie es die Literatur tut. Der
Grund: Die Marketingwissenschaft hat sich intensiv der Instrumentalforschung ver-
schrieben und dabei wichtige Typen für Instrumentalentscheidungen herausgearbei-
tet:
Strategie = • Strategische / operativ-taktische Instrumentalentscheidungen. Strategische
die richtigen
Dinge tun.
Entscheidungen bestimmen die „große Linie“. Nach Clausewitz ist die Strategie
Taktik = die die Lehre vom Krieg. Von der Markt- und Kundenstrategie hängt langfristig die
Dinge im Unternehmensexistenz ab. Taktik ist die Lehre von den einzelnen Schlachten,
richtigen um den Krieg zu gewinnen. Taktisch kann man eine Schlacht verlieren, wenn
Moment
richtig
am Ende des Tages dann dafür der Gesamterfolg steht. In der Praxis steht die
tun.115 Taktik oft für den listenreichen Instrumentaleinsatz. Operative Entscheidun-
gen (das operative Geschäft) stehen für die Fülle der „kleinen“, kurzfristig ange-
legten Alltagshandlungen. Sie sollten im Einklang mit den langfristigen Zielset-
zungen und der Strategie stehen. Im operativen Geschäft versucht man, seine
Konkurrenten durch Taktiken zu überraschen.
115
vgl. Kotler; Keller; Bliemel, (Marketing-Management), 2007, S. 107; S. 88
Abb.1-43

DIE INSTRUMENTE VON MARKETING UND VERTRIEB (MARKETING-MIX)

LEISTUNGSPROGRAMMPOLITIKo KONDITIONENPOLITIKo VERTRIEBSSPOLITIKO KOMMUNIKATIONSPOLITIKO

Produktpolitik Preisbasis - Preisgundlage Vertriebssystem - Verkaufspolitik unternehmensbezogene Kommunikation


⌦ Spezifikation / Rezeptur ⌦ Preislage ⌦ Außendienst / persönlicher Verkauf ⌦ Öffentlichkeitsarbeit (PR)
⌦ Qualität / Haltbarkeit ⌦ Grundpreis / Tarifpreis / Listenpreis ⌦ Couponverkauf ⌦ Imagepolitik (übergreifend)
⌦ Funktionalität, Bedienbarkeit ⌦ Aktionspreis / Ausverkaufspreis ⌦ Innendienstverkauf ⌦ Corporate Identity mit Unterformen
⌦ Design, äußere Gestaltung ⌦ Zielgruppen-Preisdifferenzierung ⌦ Ladenverkauf ⌦ Corporate Publishing (CP)
⌦ Name, Logo, Markenzeichen ⌦ regionale Preisdifferenzierung ⌦ Schauraum-, Schalterhallenverkauf ⌦ Sponsoring (Kultur, Sport, Öko)
⌦ Auszeichnungen, Imprints ⌦ zeitliche Preisdifferenzierung ⌦ Messeverkauf ⌦ Event-Marketing
⌦ Verpackung weitere Preisbestandteile ⌦ Partyverkauf unpersönliche Medienwerbung
⌦ Recyclebarkeit, Entsorgung ⌦ Skonto u. Zahlungsbedingungen ⌦ Strukturvertrieb (Multi Level Market.) ⌦ klassische Printwerbung
⌦ allg. Umweltfreundlichkeit ⌦ Verkauf durch Call-Center
1. Kapitel: Die Grundlagen

⌦ Anrechungsmöglichkeiten ⌦ Film-, Funk-, TV-Medien


Produktprogramm / Sortiment ⌦ Mindestbestellmenge ⌦ Key Account Management ⌦ Werbung im Internet
⌦ Programmbreite ⌦ Mindermengenzuschlag ⌦ Beschwerdemanagement ⌦ Werbung in Fachzeitschriften
⌦ Programmtiefe ⌦ Mengenrabatt ⌦ Anwendungstechnik, Kundendienst ⌦ Adress- und Branchenbücher
Dienstleistungen und Service ⌦ Zeitrabatt ⌦ Versandhandel ⌦ Außenwerbung (Plakate, Licht)
⌦ Pre-sales Dienste und Services ⌦ Rabatte im Rahmen von ⌦ E-Commerce (Internet-Verkauf) ⌦ Außenwerbung (Taxen, Busse)
⌦ After-sales Dienste und Services Kundenbindungsprogrammen ⌦ Automatenverkauf ⌦ Product Placement
⌦ Technischer Kundendienst sonst. monetäre Konditionenelemente Vertriebspartner- Absatzwegepolitik ⌦ Co Branding
⌦ Garantie- / Umtauschservice ⌦ Boni ⌦ Absatzhelfer / Handelsvertreter ⌦ Ingredient Branding
⌦ Rücknahmeservice ⌦ Listungskonditionen ⌦ Absatzmittler / Händler ⌦ Marken-Lizensierung
⌦ Added Values, Mehrwert-Service ⌦ Funktionsrabatte WKZ ⌦ Vertragshändlersysteme Direktwerbung / Direktmarketing
Innovationspolitik ⌦ Sondervergütungen ⌦ Kommissionäre ⌦ briefliche Direktansprache (Mailings)
⌦ Materialinnovation ⌦ Rahmenauftragsabsprachen ⌦ vertikales Marketing ⌦ Telefonmarketing / Call-Center
⌦ Prozeßinnovation ⌦ zusätzliche Serviceleistungen ⌦ Franchising ⌦ Internet Direktansprache; Newsletter
⌦ Produktinnovation ⌦ Geld-zurück-Garantien Vertriebslogistik ⌦ Klass. Medien mit Responseträger
⌦ Pönale ⌦ Lieferservice (z.B. JiT) ⌦ quasi persönliche Ansprache
sonst. nichtmonetäre ⌦ Zentral- / Außenlager (Hauswurfsendungen), Beilagen
Konditionenelemente ⌦ Speditions- / Logistikkonzepte ⌦ Kundenkarten, Mehrwert-Karten
⌦ Abrufaufträge Vertriebssteuerung (zu Vertriebssystem) ⌦ Kunden-Clubs, Communities
⌦ Koppelgeschäfte ⌦ Auftragsabwicklungssystem ⌦ Coupons, Rabattmarken
⌦ Musterüberlassungen, Testprodukte ⌦ Fakturierungssystem ⌦ Web-Blogs im Rahmen Web 2.0
⌦ Anrechnen von Folgeaufträgen ⌦ Computer Aided Selling (CAS) Verkaufsförderung / Promotion
⌦ Rücknahmegarantie ⌦ Customer Relationship Management ⌦ Verkaufsunterlagen, Kataloge
⌦ Umtauschgarantien ⌦ Scanner-Codes ⌦ Verkostungen / Degustationen
⌦ Kulanzzusagen ⌦ Efficient Customer Response (ECR) ⌦ Produktpräsentationen
⌦ Vergünstigungen durch Club- ⌦ EDIFACT / EDI / Web-EDI ⌦ Hotlines / Help Desk
programme ⌦ RFID-Wareninformationssystem ⌦ Messen und Ausstellungen
⌦ Fristen und Gerichtsstand ⌦ ECR/ Electronic Customer Response ⌦ Hausmessen / Tag der offenen Tür
⌦ Preisausschreiben / Lotteriespiele
⌦ Verkaufswettbewerbe
⌦ Probeabonnements, Probefahrten
Spezielle Instrumente zur ⌦ Sticker, Aufkleber
Kundenbindung ⌦ Werbegeschenke (Give aways)
⌦ Partner-Events
⌦ Kundenschulung, Partnerschulung
43
44 Marktorientierte Unternehmensführung

Langfristige / mittelfristige / kurzfristige Instrumentalentscheidungen. Üb-


liche Zeiträume für diese Unterteilung sind 5 - 20 Jahre / 3 - 5 Jahre / 1 - 3 Jah-
re. Die Zeiträume werden immer kürzer. Im operativen Alltag beziehen sich
kurzfristige Entscheidungen oft nur auf Monats- oder Wochenfristen.
• Einmalentscheidungen / repetitive (wiederholbare) Entscheidungen
• Instrumentalentscheidungen unter Sicherheit (in der Praxis Illusion), unter Ri-
siko (Wahrscheinlichkeiten für zukünftige Umweltzustände sind in etwa ab-
schätzbar) und Entscheidungen unter Unsicherheit (keine Risikowahrschein-
lichkeiten absehbar; alle Zukunftsentwicklungen sind gleich wahrscheinlich).116

Die aufgezählten Punkte sind als Checkliste zu verstehen. Denn beim Einsatz von
marktbeeinflussenden Instrumenten bzw. bei der Durchführung von Marketing- und
Vertriebsmaßnahmen dürfen keine Aspekte übersehen werden.

1.3.4. Die optimale Kombination der Instrumente (Marketing-Mix)


Marketing- und Vertriebsinstrumente kommen nicht isoliert zum Einsatz. Sie beein-
flussen sich, verstärken oder schwächen sich gegenseitig (positive oder negative
Synergieeffekte117, Interkorrelation) oder übertragen korrelativ Wirkungen auf
andere Instrumente (Carry-over-Effekte). Ziel der marktorientierten Unternehmens-
führung wird es natürlich sein, Instrumente im Rahmen der geplanten Maßnahmen in
einer bestmöglichen Kombination zum Einsatz zu bringen. Die Marktwucht eines
Maßnahmenbündels sollte stets größer sein als die Addition der Einzelwirkungen der
eingesetzten Instrumente (2 + 2 = 5 Effekt; auch Synergieeffekt genannt). Die Theo-
rie träumt hierfür den Traum von einer simultanen Optimierung der Marketingmix-
Instrumente. Gutenberg sprach von der „optimalen Kombination der absatzpoliti-
schen Instrumente“.118 Borden formulierte 1964 sein richtungsweisendes „Concept
of the Marketing-Mix“.119 Mathematische Modelle berechnen Optimallösungen, wie
das Modell von Dorfman und Steiner.120 Deren Theorem besagt nach den Erkennt-
nissen der klassischen Grenznutzentheorie:
Bei abnehmenden Erfolgsgrenzraten ist der Instrumentalmix optimal, wenn es egal ist,
für welches Instrument die nächste Geldeinheit eingesetzt wird.

Für die Grundlagenforschung ist dies wichtig. Die Praxis kann das Optimierungside-
al jedoch kaum verwirklichen. Ein optimaler Marketing-Mix ist nicht zu bestimmen.

Wie aber wird ein Marketing-Mix in der Praxis erarbeitet?


⌦ Für eine Marktstrategie sind die Marketing- und Vertriebsinstrumente so aufein-
ander abzustimmen, dass sie sich gegenseitig, d.h. komplementär, fördern. Auf
Abb.2-9 mit der Darstellung typischer Zielbeziehungen wird Bezug genommen.
⌦ Die Ausgestaltung des Marketing-Mix ist eine Kostenfrage. Im Normalfall füh-
ren die Einzelinstrumente einen harten Auswahlkampf gegeneinander (Primat
des Budgets). Bsp.: Wie sollen 5 Mio. Euro Werbebudget auf 3 Produktgruppen
aufgeteilt werden? Nur in (strategischen) Ausnahmefällen folgen Budgets den

116
zum Begriff der Entscheidungen und zu den unterschiedlichen Sicherheitsgraden vgl. Wöhe, (Ein-
führung), 2005, S. 1112-124
117
Meffert spricht sogar von einem Management von Synergien: vgl. Meffert, (Marketing-
Management), 1994, S. 134-135
118
vgl. Gutenberg, (Absatz), 1984, S. 9 (Instrumentalvariablen), sowie S. 104 ff.
119
vgl. Borden, (Marketing-Mix), 1965, S. 386-397
120
vgl. Dorfman; Steiner, (Optimal Advertising), in: American Economic Review, 12/1954, S. 826-
836
1. Kapitel: Die Grundlagen 45

Instrumenten. Es gilt dann das Primat der Strategie (Wir tun das, koste es, was
es wolle...).
⌦ Dieser Budgetkampf kann besonders dann dramatische Formen annehmen, wenn
unterschiedliche Unternehmensbereiche betroffen sind. Das 8. Kapitel dieses
Buches zeigt Wege auf, wie divergierende Ressortinteressen nach dem Postulat
der marktorientierten Unternehmensführung geeint werden können.
⌦ Die Instrumentalzusammensetzung eines Marketing-Mix bleibt in der Praxis im
Zeitablauf keineswegs konstant. Beeinflusst durch situative Umstände, durch das
Marktverhalten der Konkurrenz oder durch Zieländerungen unterliegt der Mix
ständigen Veränderungen. Man spricht auch vom Phänomen der Moving Tar-
gets. Beim Einsatz von Instrumenten muss eine ausreichende Flexibilität ge-
wahrt bleiben.
⌦ Andererseits gibt es im Mix auch unveränderbare Größen, die sich einer kurz-
fristigen, optimierenden Veränderung entziehen. So sind Vertriebsmaßnahmen
für Großkunden oft im Planungszeitraum vertraglich festgelegt, Marktpreise
vorgegeben, Außendienstmannschaften über bestimmte Zeiträume als fixe Fak-
toren zu betrachten, und Verträge mit Werbeagenturen haben Kündigungsfristen.

Für die marktorientierte Unternehmensführung steht der Begriff Marketing-Mix also


nicht für ein "mathematisch" optimiertes Ganzes. Der Marketing- und Vertriebsmix
ist schlicht das Bündel aller laufenden Marketing- und Vertriebsmaßnahmen.

1.4. Einsatz der Marketinginstrumente in


verschiedenen Wirtschaftsbereichen
1.4.1. Marktspielregeln in der Konsumgütermärkten
Die Marketing- und Vertriebsinstrumente besitzen in der Praxis in Abhängigkeit von
einer Branche wie auch von der Unternehmensgröße sehr unterschiedliche Prioritä-
ten. Ein Degenfechter wird keinen Säbel einsetzen. Welche Marktspielregeln gelten
für die klassischen Marktbereiche?

Kotler bezeichnet die Konsumgüterindustrie als Wiege des Marketing. Im Zuge ei-
nes Marktwandels von Verkäufer- zu Käufermärkten waren Konsumgüterhersteller
wie Unilever oder Procter&Gamble (im Jahr 1927) die Vorreiter, die mit wissen-
schaftlichen Programmen das Verbraucherverhalten erforschten und mit psychologi-
schen Methoden zu beeinflussen versuchten. Spezielle Funktionen wie die Markt-
forschung, das Produktmanagement, das Key Account Management (KAM) oder
die alle Marketingfunktionen umspannende Markenpolitik sind kennzeichnend für
die Bearbeitung der Konsumgütermärkte. Generell gilt: Mit zunehmender Qualität
einer Markenführung (Branding) nimmt auch die Qualität der Marketingfunk-
tion zu. Das Problem ist nur, dass die Nutzung des Kundenwissens stark auf Pro-
duktgestaltung und Werbung beschränkt bleibt. Denn in Konsumgütermärkten domi-
niert der indirekte Vertrieb. Die Macht am Point of Sale (POS) hat der Handel.
Abb.1-44 skizziert das komplizierte Marktspiel in den Konsumgütermärkten.
• Zwischen Hersteller und Konsument operiert der Handel als Warenverteiler und
Marktbetreuer (zu den Funktionen des Handels s. Abb.6-80). Der Verbraucher
akzeptiert, nicht direkt vom Hersteller kaufen zu können. Dies gilt für die klassi-
schen Konsummärkte. Im Rahmen des vertikalen Marketing sind jedoch auch
Markenhersteller (z.B. in der Damen-/Herrenmode) zunehmend im Direktge-
schäft (durch eigene Shops: Business-to-Consumer) engagiert.121

121
z.B. durch eigene Shops oder durch Werksverkauf (Factory Outlet). S. 6. Kapitel
46 Marktorientierte Unternehmensführung

Abb.1-44
MARKTSPIELREGELN FÜR KONSUMGÜTER MIT INTERNETVERTRIEB

unpersönliche Markenartikel-Werbung in Massenmedien: Imagebildung

PUSH-Strategie PULL-Strategie
(in den Handel (aus dem Handel
hineinverkaufen) herauskaufen)

Kunde

Outlets
Inlets
Markenartikel- HANDEL POS
hersteller

INTERNET

INTERNET
interaktiver Response /
paralleler Kommunikations- Dialog mit Endkunden
und/oder Vertriebsweg des
Herstellers

• Gleiches gilt, wenn Hersteller durch das Internet verstärkt Kontakte zu den
Konsumenten suchen oder gar an sie verkaufen. Konfliktpotenziale liegen in
der Abstimmung der Web-Strategien der Hersteller mit denen des Handels.
• Die Markenartikelhersteller streben nach breiter Marktabdeckung (Flächendis-
tribution) über die Handelsschienen. Im Rahmen einer konzentrierten Schlüs-
selkundenbetreuung (Key Account Management) kämpfen sie um Jahreskon-
trakte mit den Einkaufszentralen (Inlets) der Handelskonzerne (Push-
Strategien) Selbständige oder gruppengebundene Flächengroßhändler über-
nehmen dann die Weiterverteilung an die Einzelhandelsgeschäfte (Outlets).
• Eigene Außendienstler (Bezirksreisende) der Hersteller betreuen die Outlets in
der Fläche verkäuferisch. Merchandiser pflegen die Regale.
• Durch klassische Medienwerbung schaffen die Hersteller Markenpräferenzen
bei den Endverbrauchern. Ziel ist ein Nachfrage-Pull-Effekt: Die Verbraucher
sollen die Produkte am POS gewissermaßen aus den Handelsregalen ziehen.
• Auch die Verkaufsförderung (Sales Promotion) liegt bei den Herstellern. Sie
schulen und motivieren den Handel (Handelspromotion) wie auch die Endkun-
den (Consumer-Promotion, z.B. durch Verkostungen).
• Über Produktpreise kann der Verbraucher beim klassischen Konsumgut kaum
verhandeln. Die Preispolitik am POS liegt offiziell beim Handel, trotz der un-
verbindlichen Preisempfehlungen der Hersteller.
• Bei Convenience-Gütern (Gütern des täglichen Bedarfs) spielt der Spontankauf
eine große Rolle. Die marktorientierte Unternehmensführung muss demnach
Kaufen zum Erlebnis machen, muss spontane Kauflust wecken.
• Bei Shoppinggütern (Güter des gehobenen Bedarfs) kauft der Konsument mit
dem Produkt auch einen Lebensstil. Das Marketing muss also das Produkt durch
ein klares Lebensgefühl anreichern.
• Der Verbraucher erwartet Kaufanreize und Lebensstil-Gefühle. Hersteller und
Handel wollen diese Erwartungen erfüllen - mit einem starken Gerangel um die
Kostenverteilung in den Vertriebskanälen.
1. Kapitel: Die Grundlagen 47

Die Spielregeln in den Vertriebskanälen sind weitgehend durch Machtverhältnisse


bestimmt. Lange sah es so aus, als würden die großen Handelskonzerne angesichts
der weiter fortschreitenden Konzentration immer stärker das Sagen haben. Das 6.
Kapitel enthält hierzu besondere Ausführungen. Jetzt hoffen die Hersteller darauf,
dass ihnen der Internet-Vertrieb neue Möglichkeiten zu direkten Kundenkontakten
eröffnet. Aber auch der Handel kann mit Hilfe des Internet Kunden ansprechen, wer-
ben und verkaufen. Strategieabstimmungen werden notwendig. Der Trend geht zum
Multi Channel Marketing im Sinne von CRM. Das Marktspiel wird auf jeden Fall
vielfältiger und komplizierter. Kapitel 6.6. wird diese Überlegungen fortsetzen.

1.4.2. Marktspielregeln in den Geschäftsmärkten


In Abb.1-10 wurden die Eigenheiten der Geschäftsmärkte bereits dargestellt. In un-
terschiedlichem Ausmaß sind die Erfolgsregeln der Konsumgütervermarktung und
speziell die der Markenführung mittlerweile von der Investitionsgüterindustrie über-
nommen worden.Volkswirtschaftlich ist es wichtig: Die Nachfrage nach Industrie-
gütern leitet sich stets aus der Konsumnachfrage ab. Immer steht am Schluss der
Wertschöpfungskette ein Verbraucher, der
(1) entweder ein Konsumgut verbraucht oder gebraucht, das auf vorherigen Wert-
schöpfungsstufen auf technischen Anlagen hergestellt worden ist, oder
(2) ohne Eigentum ein Industriegut nutzt, das nicht in seinen Ge- oder Verbrauch
übergeht (z.B. einen ICE-Abteilwagen oder ein Taxi).

Das Geschehen in den Industriegütermärkten stellt sich als mehrstufiger Marketing-


und Vertriebsprozess dar. Abb.1-11 verdeutlichte dies bereits anhand der Wertschöp-
fungskette eines Airbus.122 Es ist ein weiter Weg vom Rohstoff Stahl zum Düsen-Jet
für die Urlaubsreise. Das Spannende: Marketing und Vertrieb sind auf allen Ebe-
nen der Wertschöpfungsketten präsent. Produkte, die nur einmal verkauft werden
(z.B. selbstgebrannter Schnaps oder selbstgebastelte Puppen im Direktverkauf an
Freunde) sind die Ausnahmen. Wegen der Mehrstufigkeit beträgt das Transaktions-
volumen der Geschäftsmärkte das Fünffache des Konsumgüterverkaufs.

Gravierende Änderungen von Spielregeln treten z.B. auf, wenn Wertschöpfungsstu-


fen zusammengefasst oder auseinandergerissen werden.123 Ein Beispiel aus der Au-
tomobilindustrie: Im Rahmen neuer Einkaufsstrategien müssen viele Zulieferer jetzt
an sog. Systemlieferanten liefern und nicht mehr direkt an die Automobilherstel-
ler.124 Dies bedeutet für sie ein Rückfall auf eine vorgelagerte Vertriebsstufe mit Ver-
lust der direkten Großkundenbeziehung. Für die Unterlieferanten bringt der verän-
derte Lieferantenstatus erhebliche Risiken, aber durchaus auch Chancen mit sich.125

Geschäftsmärkte sind unter Bezug auf Abb.1-8, 1-9 und 1-10 durch folgende Beson-
derheiten gekennzeichnet:
• Psychologische Kaufvariablen verlieren (scheinbar) an Bedeutung. Der
Kaufbedarf ist weniger eine Frage einer Bedürfnisweckung, sondern ergibt sich
durch technische Notwendigkeiten (Ersatz eines Krans) oder durch die Entwick-
lung der Endnachfrage. Einkäufer dürfen auch oft nicht frei entscheiden, son-
122
ein analoges Beispiel aus dem Bereich der Konsumgüterindustrie (von der Textilfaser zum Klei-
dungsstück) ist zu finden bei Kotler; Keller; Bliemel, (Marketing-Management), 2007, S. 77
123
Es deuten sich große Einschränkungen an, wenn im Zuge des Trends zum Supply Change Mana-
gement (SCM) Einkauf- und Verkaufsprozesse immer mehr standardisiert werden.
124
hierzu gibt es einen leicht verständlichen Überblick in: o.V., (Automobil-Zulieferer), in: ADAC-
Motorwelt, 1/1998, S. 16-19
125
vgl. die Diplomarbeiten von Schießl, (Unterlieferanten), 1998 sowie Maier, (Lieferantenpositio-
nen), 1998
48 Marktorientierte Unternehmensführung

dern müssen sich an Einkaufsrichtlinien halten. Außerdem spielen Emotionen


dann eine untergeordnete Rolle, wenn ein Anbieter die geforderten technischen
Spezifikationen eines Schlüsselkunden nicht erfüllen kann.
• Jedoch: Viel stärker als in der Konsumgüterindustrie existieren direkte Lieferbe-
ziehungen zwischen Hersteller und Kunde. Die Beziehungspflege (Relations-
hip-Marketing) wird zu einem wesentlichen Erfolgsfaktor, um als Lieferant
langfristig im Spiel zu bleiben.126
• Backhaus bemerkt ein Interaktionsparadigma. Gegenstand der Industriemärk-
te sind "... interaktiv verhandelte Leistungs- und Gegenleistungspakete unter
Mitwirkung von Drittparteien (z.B. staatlichen Organen)...."127
• Trotz „professioneller“ Kundennähe wird die Kundenbindung schwerer, da
nicht nur Einzelpersonen, sondern Abteilungen (Interessennetzwerke) zu betreu-
en sind. Verkaufs- und Technik-Teams (das Selling-Center) stehen den Ein-
kaufsteams (das Buying Center) gegenüber. In BtoB ist Networking angesagt.
• Instrumente der vertraglichen Kundenbindung (z.B. vertragliche Vereinba-
rungen, Wartungsverträge, Modell-Lieferanteilsvereinbarungen) spielen eine
wesentlich größere Rolle als bei Konsumgütern.
• In vielen Branchen ist ein technischer Handel zwischengeschaltet. Auch an ihn
stellt der Industriekunde höhere Anforderungen (Beratungen, Reparaturservice)
als im Standard-Konsumbereich (Diese Aussage gilt nicht für höherwertige
Konsum-Gebrauchsgüter, wie Autos, Fernseher, Küchengeräte etc.).
• Technische Märkte sind fragmentierter; als Folge der Vielfalt technischer Anla-
gen, Komponenten und Teile (vom Staudamm bis zur kleinsten Schraube). Die
technische Welt ist ein Universum von Marktnischen.
• Technische Geschäfte sind durchweg international ausgerichtet.
• Der Balanceakt für die marktorientierte Unternehmensführung liegt darin, tech-
nische und kaufmännische Faktoren in einen Ausgleich zu bringen. Beim
Ketchup achtet die Hausfrau selten auf die Rezeptur. Bei Maschinen gelten da-
gegen Spezifikationen (specs) als Heiligtümer. Anders als im Konsumbereich
können Industriekunden diese Spezifikationen vorgeben bzw. beeinflussen. Ge-
meinsame Entwicklungsprojekte von Hersteller und Kunde sind die Regel.
• Der Preis ist in weitaus stärkerem Maße Verhandlungssache als bei Konsumgü-
tern. Oft werden Produkte sogar auf bestimmte Preisstellungen hin entwickelt
oder produziert (Target Pricing im Maschinen- und Anlagenbau).
• Direktwerbung und Fachmessen dominieren gegenüber der breit angelegten,
mit hohen Streuverlusten verbundenen Werbung in Massenmedien.
• Kaufentscheidungsprozesse laufen i.d.R. länger, sind formalisierter und bergen
für beide Seiten höhere Risiken.
• Unter Kaufleuten gelten andere Gesetze und Vorschriften als in der Beziehung
zwischen Kaufmann und Privatperson (HGB statt BGB).

1.4.3. Marktspielregeln im Handels- und Dienstleistungssektor


Auch der Handels- und Dienstleistungssektor, allen voran Banken, Versicherungen,
Energieversorger, Telekommunikationsunternehmen, Die Bahn und Post AG, beken-
nen sich heute zur marktorientierten Unternehmensführung. Eine besondere Heraus-
forderung liegt im Wesen der Dienstleistung. Dienstleistungen sind nicht physisch
greifbar. Ihr Wert ist nicht unmittelbar nachvollziehbar, und das Leistungsangebot -
da nicht lagerbar - muss im Augenblick der Nachfrage verfügbar sein (vgl. noch
einmal Abb.1-4).

126
vgl. Gummesson, (Relationship-Marketing), 1997 (englisch: 2. Aufl. 2006)
127
vgl. Backhaus; Voeth, (Industriegütermarketing), 2007, S. 12
1. Kapitel: Die Grundlagen 49

• In der Konsumgüterindustrie spielen Handelsgruppen infolge eines Konzentrati-


onsprozesses eine zunehmend gewichtigere Rolle. Konzerne wie die Metro oder
ALDI geben den Lieferanten Marktspielregeln vor. Die Hersteller reagieren mit
qualifiziertem Key Account Management und mit Strategien des vertikalen
Marketing.
• Auch Handelsunternehmen formen an ihren Images und forcieren eigene Mar-
ken, die die klassischen Produzentenmarken unter Druck setzen.
• Die besondere Herausforderung für die marktorientierte Unternehmensführung
liegt darin, Dienstleistungen wie materielle Güter in den Köpfen der Kunden
zu verankern. Ein sehr gutes Beispiel sind die Imagestrategie von Yellow und
O2: Strom ist gelb und O2 can do.
• Beim stationären Handel bzw. beim stationären Dienstleistungsgeschäft (Bank-
filialen) muss die Standortpolitik (Ort, Art und Ausgestaltung des Verkaufsla-
dens / des Outlets) als ein wichtiges und eigenständiges Marketing- und Ver-
triebsinstrument angesehen werden.

1.4.4. Marktspielregeln für Nonprofit-Organisationen


Bei nicht erwerbsmäßig ausgerichteten Organisationen liegen die Schwerpunkte der
Marktarbeit in der Verkaufs- (Anwerben und Pflegen von Mitgliedern) und in der
Kommunikationspolitik (Öffentlichkeitsarbeit und Imagebildung). Eine wichtige,
steuerlich begründete Spielregel folgt aus dem Postulat der Gemeinnützigkeit. Po-
litiker und Parteien, Kirchen und Sportverbände, Gewerkschaften und Vereine arti-
kulieren satzungsgemäß ihre Verantwortung für den Bürger und die Umwelt. Hinter
den Kulissen jedoch gelten für das Wirken (und manchmal auch für die Dotierung)
der Organisationsführer, für die interne Organisation selbst und für das Marketing
die gleichen professionellen Bedingungen und Anforderungen wie in Wirtschaftsun-
ternehmen. Das betrifft auch Zielsetzungen und Entscheidungen auf Management-
ebene.
2. DAS MARKETING-MANAGEMENT

2.1. Grundbegriffe und Grundzusammenhänge


2.1.1. Management-Begriff und Management-Funktionen

M arketing- und Vertriebschefs, marktorientierte Unternehmensführer: Man be-


wundert sie als „Macher“ und schätzt an ihnen vier Wesenszüge:
(1) die Bereitschaft zum Handeln und Entscheiden,
(2) eine damit verbundene systematische Vorgehensweise,
(3) die Bereitschaft, Verantwortung für Entscheidungen zu übernehmen und
(4) einen Führungsanspruch.
Synonym zum Managerbegriff wird von Führungskräften gesprochen.

Definiert werden Manager auf eine institutionale und eine funktionale Weise:128
• Institutional durch die Zugehörigkeit zu Personengruppen, die Führungsaufgaben
wahrnehmen; üblicherweise unterschieden in TOP-MANAGEMENT / MIDDLE
MANAGEMENT / LOWER MANAGEMENT. Zum Top-Management werden in
weiter Abgrenzung alle leitenden Angestellten, in engerer Abgrenzung nur ge-
schäftsführende Gesellschafter, Vorstände, Geschäftsführer und Generalbevoll-
mächtigte gezählt. Hinsichtlich ihrer hierarchischen Stellung im Betrieb gehören
Marketing- und Vertriebschefs mindestens dem mittleren Management an.
• Funktional durch typische Führungstätigkeiten: ZIELE SETZEN + PLANEN +
ORGANISIEREN + FÜHREN + KONTROLLIEREN; skizziert in Abb.2-1.
Managementaufgaben sind nicht nur den Führungskräften der Wirtschaft vorbehal-
ten. Jeder von uns ist Manager seines Lebens und vollzieht unablässig Manage-
mentprozesse. So planen und organisieren Studenten (hoffentlich) ihren Hochschul-
alltag, ohne dass sie sich deshalb der Managementverantwortung (für sich selbst)
Abb.2-1 immer bewusst sind. Man spricht in diesem Zu-
Ziele setzen sammenhang von Metaprozessen, die den be-
triebswirtschaftlich definierten Managementpro-
Planung zessen übergeordnet sind. Zu den Metaaufgaben
zählen Vorgänge wie Erkennen, Bewerten, Ent-
scheiden aber auch die bereits genannten Grund-
Organisation Führung
prozesse des Ziele setzens, Planens, Organisie-
rens, Kontrollierens etc. Nicht managen heißt, in
den Tag hinein leben. Von Führungskräften wird
Kontrolle verlangt, dass sie besondere Stärken bei Meta-
prozessen in bester Weise auch auf geschäftliche
Vorgänge übertragen können, um Marketing-
und Vertriebsinstrumente so einzusetzen, dass
Ziele für Planungseinheiten erfüllt werden. In-
nerhalb der Metaprozesse haben Entschei-
dungsprozesse eine herausragende Bedeutung. Spricht man in der Praxis von einer
Managemententscheidung, dann ist meist die abschließende End-Entscheidung für
ein komplexes und riskantes Unternehmensproblem gemeint. Die vielen kleinen Ent-
scheidungen, die auf dem Weg dorthin zu fällen sind, also die Metaprozesse, werden
nicht beachtet bzw. „gehen unter“. Abb.2-2 zeigt den typischen Ablauf eines Meta-

128
vgl. zu dieser Abgrenzung und einer umfassenden Darstellung verschiedenartiger Definitionen
dieses aus der Praxis geprägten Begriffs: Staehle, (Management), 1999, S. 71-95
2. Kapitel: Das Marketing-Management 51

Abb.2-2 Entscheidungsprozesses. Dargestellt sind die


Marketing - Entscheidungsprozeß
Bearbeitungsstufen zur Lösung eines Entschei-
Problemabgrenzung dungsproblems. In Managementseminaren wird
oft auf Metaprozessebene trainiert. Die Entschei-
Zielbestimmung dungsfreudigkeit und die Entscheidungsmethodik
einer Führungskraft sollen verbessert werden.
Informationsbeschaffung Eine gute Selbsterkenntnis der eigenen Stärken
und Schwächen beim alltäglichen Entscheiden ist
Datenauswertung
Grundvoraussetzung für ein erfolgreiches Arbei-
ten im Beruf.
Alternativenerarbeitung
Abb.2-3 verbindet Metaprozesse mit den höher
verdichteten Managementprozessen. Beide Eben-
Alternativenbewertung
en stehen über einer Instrumentalebene. Die Füh-
rungskraft entscheidet über den Einsatz von In-
Entscheidungsvorschlag
strumenten, die wiederum so einzusetzen sind,
dass bestimmte Zielsetzungen für die betriebli-
Entscheidung i.e.S.
chen Planungseinheiten erreicht werden. Ein Pro-
blem für die Führungskräfte liegt in der Praxis
Ausführung darin, dass ihr Erfolg hauptsächlich nach den Er-
gebnissen auf der Ebene der Planungseinheiten
Erfolgskontrolle
bemessen wird (z.B. Umsatz und Rendite eines
ganz bestimmten Produktes). Mit welcher Quali-
tät sie ihre Metaprozesse strukturiert und den In-
strumentaleinsatz geplant und organisiert haben,
Abb.2-3 danach wird kaum
DIE EBENEN DER MANAGEMENT-PROZESSE gefragt. Eine Mana-
gementausbildung be-
Metaprozessebene:
ruht folglich auf der
ordnen, vergleichen, bew erten, abw ägen, grundlegenden Hypo-
entscheiden, handeln, überzeugen, these, dass Geschäfts-
überprüfen
ergebnisse, also der
Planung Erfolg betriebswirt-
schaftlicher Entschei-
Zielsetzung Organisation
Managementebene
dungen, positiv mit
Kontrolle Führung der Qualität der An-
wendung von Mana-
Leistung / Produkt gementmethoden kor-
Konditionen Vertrieb reliert. Literatur und
Instrumentalebene
Wirtschaftspresse be-
Kommunikation
legen aber immer
wieder Beispiele von
Ebene der Planungseinheiten:
kaufmännisch erfolg-
Org.-Einheiten, Geschäftsfelder, Produkte, reichen „Chaoten“.
Regionen, Kundengruppen etc. Nur werden dann die
Chaoten, die geschei-
tert sind, verschwie-
gen. Und es stellt sich
die Frage, ob ein „Management by Zufall und Intuition“ dauerhaft erfolgreich sein
kann.
52 Marktorientierte Unternehmensführung
INHALTE VON KONZEPTIONEN
A.2-4
Konzepte betreffend Lage und Trends für
2.1.2. Marketing-Konzeptionen
das technische und politische Umfeld
(Ziel: Aktionen/Reaktionen auf Umfeld)
Erst denken, dann handeln: Diese Worte beschreiben
⌦ Technologiekonzepte den Sinn des konzeptionellen Arbeitens. Bevor Hoch-
⌦ Wettbewerbskonzepte
⌦ Konzepte zur Beefinlussung eigener
schulabsolventInnen in der Praxis operativ mitarbeiten,
Stärken und Schwächen müssen sie sich durch Konzeptionen bewähren.
⌦ Ökologische Konzepte
Marketing und Vertrieb benötigen Mitarbeiter, die nicht
nur Kunden betreuen, sondern auch konzeptionell stark
Konzepte für Unternehmensphilosophie sind. Gute Konzepte schützen vor Pleiten. Das beweisen
und Unternehmensziele: Existenzgründungsanalysen eindrucksvoll.129
⌦ Konzepte für Leitbilder und Leitli-
nien für die Geschäftspolitik: (Poli-
cies und Practices)
⌦ Konzepte für Corporate Identity mit
Konzepte beschreiben die Wege von Ideen zu de-
Corporate Design, Corporate Be- ren Realisierung. Unternehmerische Konzeptio-
havior, Corporate Communication
⌦ Andere imagebildende Konzepte
nen sind die gedanklichen Fundamente der
marktorientierten Unternehmensführung.
Unter einer Konzeption oder einem Konzept wol-
Basisstrategie-Konzeptionen
len wir hier die umfassende, schriftliche Darstel-
⌦ Marktsegmentierungs-/Zielgruppen-
konzepte lung einer unternehmerischen Idee oder einer Vi-
⌦ Marktgebietskonzepte sion verstehen130, die unter bestimmten Annahmen
⌦ Geschäftsfeldkonzepte
⌦ Marktbeeinflussungskonzepte in die Realität umgesetzt werden soll.
⌦ Marktpartnerkonzepte
⌦ Wettbewerbskonzepte
⌦ Technologiekonzepte Im Gegensatz zu einer Planung ist eine Konzeption
⌦ Marktpositionierungskonzepte
⌦ Marktentwicklungskonzepte, z.B.
• im Vorstadium konkreter Überlegungen, d.h. über
Wachstumskonzepte, Konsolidie- ein Projekt ist (meistens) noch nicht entschieden,
rungskonzepte und Rückzugskon-
zepte
• umfassender (Planung enthält oft nur die wesentli-
chen Schritte und Termine zur Zielerreichung),
Konzepte für den strategischen und • i.d.R. noch ohne Zielvorgabe (Oft dienen Konzep-
operativen Einsatz von Instrumenten
der marktorientierten Unternehmens- tionen einer Zielbestimmung, die dann dem Plan
führung vorgegeben wird),
⌦ Beschaffungskonzepte
⌦ Leistungsprogrammkonzepte • weniger konkret als eine Planung, die eine detail-
⌦ Preispolitische Konzepte lierte Realisierung der Konzeption durch Festle-
⌦ Vertriebskonzepte
⌦ Kommunikationskonzepte gung von Maßnahmen, Fristen und Verantwortlich-
⌦ Markenpolitische Konzepte keiten im Auge hat.
⌦ Personalpolitische Konzepte

Konzepte für die operative Planung und Abb.2-4 zeigt mögliche Inhalte von Konzeptionen. Eine
Budgetplanung für Planungseinheiten
⌦ Auftragseingang / Auslastung
unternehmerische Gesamtkonzeption wird viele Ele-
⌦ Absatz (Menge) mente enthalten. Die konzeptionelle Alltagsarbeit sieht
⌦ Umsatz
⌦ Ergebnis
bescheidener aus. Sie beschäftigt sich nur mit einem
⌦ Marktanteil oder mit einer Auswahl dieser Bausteine.
⌦ Vertriebskosten
⌦ Kundenzufriedenheit
⌦ Kundenbindung Konzeptionen werden in folgenden Arbeitsschritten
⌦ Lieferservice
erstellt:
(1) Das konzeptionell zu bearbeitende Thema wird zu-
Konzepte für die Einführung, Imple-
mentierung und Durchführung von nächst einer Ist-Analyse unterzogen (Lagebeurtei-
strategischen und operativen Aktionen lung) und in seinen Möglichkeiten und Grenzen
sowie Chancen und Risiken ausgelotet. (Schema
Konzepte für die Kontrolle und Ziel-
sicherung während der Durchführung
der SWOT-Analyse: Strengths, Weaknesses, Op-
von Vorhaben und Projekten portunities, Threats; s. Abb.2-17).
129
vgl. die interessanten Statistiken bei Geisen, (Gründungskonzept), 1999, S. 2
130
Becker versteht unter einer Konzeption einen „schlüssigen, ganzheitlichen Handlungsplan („Fahr-
plan“), der sich an angestrebten Zielen („Wunschorten“) orientiert, für ihre Realisierung geeignete
Strategien („Route“) wählt und auf ihrer Grundlage die adäquaten Marketinginstrumente („Beförde-
rungsmittel“) festlegt.“: Becker, (Marketing-Konzeption), 2006, S. 5.
2. Kapitel: Das Marketing-Management 53

(2) Die Ist-Situation wird mit den Soll-Vorstellungen (bestehende oder neue Ziel-
setzungen) verglichen.
(3) Je nach Abweichungen zwischen Soll und Ist (den Gaps = Lücken) ist über
Handlungsprioritäten und Budgets zu entscheiden.
(4) Es folgt die Planung von Maßnahmen / Aktionen zur Schließung der Ziellücken
(der Soll-/Ist-Abweichungen) mit Bestimmung der dazu notwendigen Ressourcen
und Kosten.
(5) Vor einer endgültigen Realisierung wird oft noch einmal abschließend über das
Projekt entschieden (Go-No-Entscheidung).
(6) Es folgen Organisation, Implementierung (Einführung) und praktische Durch-
führung des Vorhabens (Realisierung im Rahmen der Planung) mit der er-
folgsentscheidenden Aufgabe der Mitarbeiterführung.
(7) Ein Kontrollprogramm überwacht die Zielerreichung der Konzeption. Die Kon-
trolle führt wieder zurück in die Ist-Analyse. Führen Maßnahmen nicht zum Er-
folg, wird u.U. die Planung revidiert. Wird das gesamte Vorhaben in Frage ge-
stellt, muss die Konzeption überdacht werden.

Abb.2-5 Dieser in Abb.2-5 ver-


Ist-Analyse: Lagebeurteilung
anschaulichte Mana-
Soll-Konzeption: Zielsetzungen
gement-Regelkreislauf
stoppt nie. Ziele halten Abweichungsanalyse +Prioritätensetzung

die Prozesse am Lau- Planung: wer muss was bis wann tun
fen. Deshalb folgt jetzt Organisation: Mittel, Strukturen, Abläufe
der Blick auf das Führung: Mitarbeiter anleiten und führen
marktbezogene Ziel- Controlling: Erfolgskontrolle und Steuerung
system.

2.2. Marketing-Zielsystem (Zielpyramide)


2.2.1. Zielelemente
Ein Ziel ist ein bewusst angestrebter und erreichbarer Zustand. Visionen sind weiter
entfernt liegende, noch unscharfe Zielvorstellungen. Utopien sind unerreichbare Vi-
sionen. Sie enthalten keine Zielelemente. Spekulationen haben den Charakter von
Vermutungen. Der zielorientiert vorgehende, rational entscheidende Mensch ent-
spricht einem Grundparadigma der Betriebswirtschaftslehre: dem Bild des homo
oeconomicus. Dieser verfolgt das für alle Menschen geltende Rationalprinzip131
nach kaufmännischen Regeln (das Rationalprinzip wird dann ökonomisches Prinzip
genannt). Wirtschaftliches Handeln ohne Ziele scheint weit verbreitet zu sein, wie
die Vielzahl hierfür geltender Managementbegriffe andeutet: Management by Chaos,
Management by Chance (Zufall) oder Management by muddling through, wie die
Engländer, oder System-D (se débrouiller), wie die Franzosen sagen.

Heinen sieht drei Zielbestandteile:132 Zielinhalt (z.B. Steigerung des Bekanntheits-


grades einer neuen Kaffeesorte), Zielausmaß (z.B. angestrebter Bekanntheitsgrad
30%) und Zeitbezug (z.B. bis Ende 2008). Die besonderen Herausforderungen für
die marktorientierte Unternehmensführung liegen darin,

131
Dies bedeutet: ein gegebenes Ziel mit möglichst geringer Kraftanstrengung zu erreichen (= Mini-
mumprinzip) oder mit gegebenen Mitteln möglichst viel zu erreichen (= Maximumprinzip).
132
vgl. zu diesem auf Heinen zurückgehenden Schema: Bidlingmaier; Schneider, (Ziele), in: HdB,
1976, Sp. 4376-4740
54 Marktorientierte Unternehmensführung

⌦ dass in der Praxis sog. Ober- und Unterziele in Zielpyramiden eng verwoben
zu steuern sind,
⌦ dass dabei Konflikte für die Führungskräfte zwischen firmenbezogenen und per-
Ein Weg sonenbezogenen Zielen zu entdecken und auszugleichen sind,
zur Zieler-
reichung
⌦ dass Ziele (von oben) und Mittel (nach unten) nicht verwechselt werden dürfen
muss über- ⌦ und dass vor allen Dingen Ziele überprüfbar (operationalisierbar133) sind. Ohne
prüfbar Ziel-Operationalisierung bleibt die Erfolgsmessung eine Angelegenheit per-
sein. sönlicher Einschätzungen durch den Vorgesetzten.

Folgende Zielarten sind zu unterscheiden:


• nach dem Zeitraum langfristige, mittelfristige und kurzfristige Ziele,
• bzw. strategische und operative Ziele,
• nach der hierarchischen Verantwortung Top-Management-, Middle-Manage-
ment- und Lower-Management-Ziele,
• nach der hierarchischen Über- oder Unterordnung Ober- und Unterziele,
• nach der Messbarkeit quantitative (harte) und qualitative (weiche) Ziele,
• nach der Optimierungsrichtung Maximal- und Minimalziele
• sowie sachbezogene und personenbezogene Ziele.

2.2.2. Übergeordnete Ziele


der marktorientierten Unternehmensführung
a.) Oberste Zielebene: Vision - Mission - Firmengrundsätze
Abb.2-6 Abb.2-6 zeigt die Ebenen
der Zielpyramide. Auf o- DIE ZIELPYRAMIDE DER UNTERNEHMUNG
berster Ebene entwickelt das
Top-Management Unternehmensvision, Mission,
"Wenig (1) eine unternehmerische Firmengrundsätze
anspruchs- Vision, die sich in einer
volle Visio- Kernkompetenzen und Eck-
nen locken Business Mission134, pfeiler des Leistungsangebotes
keinen hinter d.h. einer Geschäftsidee
Leitlinien zur Imagebildung,
dem Ofen (Frage: Wozu sind wir
hervor, Corporate Identity (CI)
andererseits
überhaupt da?) und in
werden Firmengrundsätzen
unrealisti- (Unternehmensleitli- Oberziele der Unternehmensführung: Wachstum,
sche, zu nien) niederschlagen Gewinn, Umsatz, Marktanteile, Kundenzufriedenheit
hoch
gesteckte
muss, um gelebt werden
Visionen wie zu können,
Seifenblasen (2) das zur Vision und zum Herunterbrechen
zerplatzen." Unternehmensauftrag auf Ziele für be-
(Michael triebliche Bereiche,
Soeglin, passende Leistungsange- Organisationseinh.
Projektkoor- bot (Frage: Was sind un- Herunterbrechen auf
Instrumentalziele =
dination sere Kernkompetenzen; Ziele für Instrumente,
Zukunftsvi- wie wollen wir uns mit Aktionen, Ressourcen
sion Siemens
Konzern) unseren Produkten und Herunterbrechen
auf Ziele für
Dienstleistungen von marktbezogene
Wettbewerbern unter- Planungseinheiten

scheiden?),
133
zum Problem der Operationalisierung vgl. Hünerberg, (Marketing), 1984, S. 72
134
die Mission konkretisiert den Unternehmenszweck: vgl. Becker, (Marketing-Konzeption), 2006, S.
39
2. Kapitel: Das Marketing-Management 55

Die alles (3) die grundsätzlichen Vorstellungen über das Unternehmensbild (Image), das in
entscheiden- den Köpfen der Kunden und der Öffentlichkeit bestehen soll (Frage: Welche I-
de Frage:
Was wäre im dentität (= Corporate Identity) wollen wir uns geben, um in den Köpfen der Inte-
Markt, wenn ressenten und Kunden mit positiven inneren Bildern verbunden zu sein?).
es uns als
Firma nicht
mehr gibt?
Bestehende Visionen, Missionen und Leitbilder sind grundsätzlich zu überprüfen
• in Unternehmenskrisen bzw. bei anhaltender Unternehmensstagnation,
• in oder nach starken Wachstums- oder Schrumpfungsphasen,
• bei der Einführung von CRM-Systemen,
• bei Änderungen von Kapitalverhältnissen und bei den Gesellschaftern,
• bei einem Wechsel im Top-Management,

"Wer ein Visionen setzen starke unternehmerische Kräfte frei. Um Mitarbeiter und Kunden
grosses wirklich zu begeistern, sollte eine Vision folgende Bedingungen erfüllen:
Unterneh-
men aufbau- • Sie muss realisierbar sein (keine Utopie, keine Spekulation!).
en will, muss • Sie wird glaubwürdig, wenn sie auf persönlichen Überzeugungen der Unter-
grosse nehmensleiter, der Führungskräfte und Mitarbeiter beruht.
Träume
haben." • Sie muss "festgefahrene" Zustände nachhaltig verändern können.
(Howard • Dazu muss sie in einprägsame Leitbilder umsetzbar sein.
Schultz, • Sie sollte dem Wettbewerbsumfeld angemessen sein, wie z.B. die Vision von
Starbucks135)
NEC: „future world leader in communications and computer“.136

Buchner formuliert ein SPEZI-Modell für starke Visionen:137


S = eine Vision muss sinnlich wahrnehmbar sein,
P = eine Vision muss positiv wirken, orientiert auf Aktivität und Attraktivität,
E = eine Vision muss verwirklichbar sein (s.o.),
Z = eine Vision muss im Zusammenhang mit dem unternehmerischen Umfeld ste-
hen (Markt, Wettbewerb, Technik),
I = eine Vision muss gute Absichten integrieren können; gleichsam integer sein.

Große Visionäre werden bewundert. Sie können retropolieren; d.h., sie befreien sich von
Visionen gegebenen Zuständen und Zwängen und stellen die eigene Situation und ihr Handeln
Coca Cola:
für jeden
in Frage. Sie wirken glaubwürdig und können ihre Führungskräfte mitreißen.
Menschen „Wir fragten uns“, schreibt Bill Gates in seinem Buch, „was wird sein, wenn Rechen-
im Umkreis leistung fast umsonst zu haben sein wird. Wir waren überzeugt, dass der Computer
von 50 Me- sich durchsetzen würde, durch billigere Rechenleistung und durch gute neue Software,
tern erreich- die dieser ausnutzen würde. Wir setzten auf die erstere und produzierten die letztere,
bar; als sonst niemand daran dachte. Unsere Grundkenntnis machte alles andere ein biß-
Microsoft: chen einfacher. Wir waren zur rechten Zeit am rechten Ort. Wir waren als erste da,
Ein PC in und unser Anfangserfolg gab uns die Möglichkeit, viele gescheite Leute anzuheuern.
jedem Haus- Wir bauten ein weltweites Vertriebsnetz auf und steckten den Gewinn in neue Produk-
halt mit te. Wir hatten von Anfang an die richtige Richtung eingeschlagen.“138
Microsoft
Betriebs-
system.
Zu einer erfolgreichen Vision gehört aber auch viel Glück. Und Glück lässt sich
nicht erzwingen!

Eine Vision muss in eine Geschäftsidee (Geschäftsauftrag) überführt werden. Eng-


lisch: Business Mission. Die Business Mission fixiert den Unternehmensauftrag ver-
bindlich und gibt damit den Rahmen für das Angebot an Sachgütern und Dienstleis-
tungen vor.
135
Hirn, (Rastlos), in: MM, 5/2001, S. 136
136
vgl. Henzler, (Management), 1991, S. 38-39
137
vgl. Buchner, (Vision), 1995, S. 21-25
138
Gates, (Weg), 1997, S. 45
56 Marktorientierte Unternehmensführung

Die Mission Geschäftsideen besitzen z.B. für Existenzgründungsprogramme eine hohe Bedeu-
der Thyssen tung. Rasner definiert fünf Anforderungen an eine erfolgreiche Geschäftside:139
Krupp Stahl
AG:
(1) Eine Geschäftsidee soll gezielt Bedürfnisse, Wünsche und Sehnsüchte der Kun-
In den sechs den ansprechen.
Kernge- (2) Eine Geschäftsidee soll vom Kundennutzen und nicht vom eigenen Können
schäftsfel- ausgehen (sollte das eigene Können auf Kundennutzen ausrichten: Anmerkung
dern Auto-
motive,
des Autors).
Maschinen- (3) Geschäftsideen sollten eine Differenzierung zum Wettbewerb ermöglichen.
bau, Anla- (4) Eine Geschäftsidee kann durchaus ein Wettbewerbsangebot kopieren, muss
genbau, dann aber deutlich besser sein.
Aufzüge,
Werkstoff- (5) Geschäftsideen sollen mit langfristigen Trends in Einklang stehen.
handel und
Flachstahl Nicht selten bleiben die großen Visionen "im Herzen" der Unternehmensgründer
will man (Grundig) bzw. lassen sich als Vision nicht griffig genug an Mitarbeiter und Öffent-
weltweit zu
den drei lichkeit kommunizieren. So ist es u.a. Aufgabe des Marketing, Unternehmensvisio-
bedeutends- nen publikationsgerecht aufzubereiten.
ten Anbie-
tern gehö- Diese Überlegungen schlagen sich schriftlich in der Unternehmensverfassung (die
ren.140
Firmenbibel) nieder. Sie enthält als Firmengrundsätze bzw. -Leitlinien:
(1) die schriftlichen Ausformulierungen des Unternehmensleitbildes
(2) grundsätzliche Regelungen für das Verhältnis der Unternehmung nach außen
(z.B.: Wie stehen wir zu unseren Kunden, zu unseren Lieferanten, zur Umwelt?),
(3) unternehmensinterne Verhaltensgrundsätze für die Führung von Mitarbeitern
und für den Umgang miteinander.

Josef Acker- Business Mission, Unternehmensleitbilder und Führungsgrundsätze sind mit Mitar-
mann beitern, Kunden und Lieferanten offen zu kommunizieren. Die Unternehmensgrund-
schwört die
sätze sollen Mitarbeiter motivieren, dauerhaft sein und ein positives Image in der
90.000 Mit-
arbeiter der Öffentlichkeit prägen. Vor allem sollen zur Unternehmenskultur passen. Leider wir-
Deutschen ken die Unternehmensgrundsätze vieler Unternehmen aufgesetzt und austauschbar.
Bank via Werden Unternehmensvision und Geschäftsauftrag, Leitbilder und Führungsgrund-
Internet auf
seine Leinli-
sätze wirklich gelebt, dann bilden sie den Kompass für eine Unternehmenskultur.
nien ein: Ein konsistentes Bild in der Öffentlichkeit ergibt sich, wenn die Unternehmensver-
www.mana- fassung in Affinität zu bestimmten Meta-Bestimmungsfaktoren einer Kultur
ger-magazin. steht:141
de /link/db-
leitlinien/
(1) Tradition und Firmengeschichte,
(2) Wünsche und Ansprüche von Gesellschaftern und Kapitalgebern,
(3) die Umweltsituation,
(4) vorhandener Spielraum für Ressourcen
(5) und die besonderen Kompetenzen der Unternehmung.

Das Werte- Abb. 2-7 zeigt, wie der Degussa Konzern auf beispielhafte Weise diesen ideellen
System von
Überbau für die Unternehmensstrategie geschaffen hat.142 Auch in Bezug auf die
Daimler-
Chrysler: weitere Darstellung der Ziele der Degussa in den Geschäftsfeldern kann dieser Ge-
PRIDE = schäftsbericht als perfekt beurteilt werden. Man beachte nur die Leitbegriffe der
Passion, Schrift: Innovation - Marktführung - Begeisterung - Kundennähe - Werte. Dadurch
Respect,
Integrity,
möchte der Geschäftsbericht nachhaltige Impulse für die Erreichung der Firmenziele
Discipline, liefern.
Excellence.

139
vgl. Rasner; Füser; Faix, (Existenzgründer-Buch), 1997, S. 52
140
vgl. o.V., (neuer Ruhrgigant), in: Landshuter Zeitung v.7.2.98, S. 15
141
vgl. Kotler; Keller; Bliemel, (Marketing-Management), 2007, S. 90-94
142
vgl. Degussa, (Fokus on Value), Geschäftsbericht 2001, S. 12-13
2. Kapitel: Das Marketing-Management 57

Abb.2-7

b.) Zielebene der Kernkompetenzen und des Leistungsprogramms


"Wir haben eine klare Strategie. Wir werden das fortsetzen, was wir am besten kön-
nen - aber wir werden es noch besser machen. Die Erfahrungen unserer hoch moti-
vierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und das Potenzial unserer erfolgreichen Au-
tomobilmarken stehen dafür. Gleichzeitig werden wir unsere globalen Möglichkeiten
und Aktivitäten nutzen, um die weltbesten Personenwagen und Nutzfahrzeuge in allen
Segmenten und allen Märkten anzubieten."
(Jürgen Schrempp im DaimlerChrysler Aktionärsbrief zum Jahreswechsel 2000/2001;
im Schatten der Krise bei Chrysler)

Besitzt eine Unternehmung die Fähigkeiten, den durch Vision und Business Mission
proklamierten Weg zu gehen? Wo liegen die Kernkompetenzen, d.h. die Stärken,
die die planende Unternehmung von Wettbewerbern signifikant unterscheidet?
Kernkompetenzen sind Schlüsselfähigkeiten, die folgende Anforderungen erfüllen
sollten:
(1) Kernkompetenzen sollten ressort- bzw. geschäftsfeldübergreifend nutzbar sein.
(2) Kernkompetenzen sollten Zugang zu unterschiedlichen Märkten ermöglichen.
(3) Kernkompetenzen sollten von der Konkurrenz nur schwer imitierbar sein.
(4) Kernkompetenzen sollten Merkmale von Gütern und Dienstleistungen hervor-
bringen, die von den Kunden als sehr wichtig bewertet werden.
(5) Kernkompetenzen sollten stabil (dauerhaft) sein.

Unternehmen wie GTE, NEC, Matsushita und Canon haben, ausgehend von einem
Zielsystem, ihre gesamte Konzernorganisation auf Kernkompetenzen ausgerichtet.143
Es ist Ausdruck moderner Unternehmensführung, sich die fehlenden Kompetenzen
im Wege des Zukaufs (Mergers and Aquisitions) zu beschaffen.

143
vgl. Prahalad; Hamel, (Kernkomptenzen), in: HBM, 2/1991, S. 73-78
58 Marktorientierte Unternehmensführung

c.) Zielebene der Imagepolitik und der Corporate Identity (CI)


Der Unternehmenszweck und die Leitbilder liefern die Impulse zum gezielten Auf-
bau eines Unternehmensbildes in der Öffentlichkeit. Im Rahmen der alles umgrei-
fenden Imagepolitik144 erhält das Anstreben einer unverwechselbaren Firmeniden-
tität (Corporate Identity) eine hohe Bedeutung. Corporate Identity will positive Bil-
der in den Köpfen von Mitarbeitern, Kunden und Öffentlichkeit durch Aufbau einer
sprichwörtlichen Unternehmenspersönlichkeit erzeugen.145 In die CI fließen der
gegenwärtigen Zustand der Unternehmung, ihre Tradition, die Einstellungen der
Führungskräfte und Mitarbeiter sowie die bisherige Unternehmenspolitik ein. Im
Idealfall wird die Unternehmensidentität durch eine reale Persönlichkeit verkörpert.
Die Deutsche Post bediente sich der Gebrüder Gottschalk, E.On warb mit Monika
Ferres und Beckenbauer spielt das Zugpferd für O2.

Es ist dabei eine wichtige Frage, ob die gewünschte Unternehmensidentität (Selbst-


bild) mit dem subjektiv im Kunden entstandenen Bild (Fremdbild) übereinstimmt
(s. Abb.7-9). Dissonanzen zwischen gesteuerter CI und dem in den Verbraucherköp-
fen verankerten Marktimage lassen Marketingstrategien ins Leere laufen. Wir wer-
den das Thema CI-Gestaltung später im Rahmen der Kommunikationspolitik behan-
deln (s. Abschnitt 7.4.2.).

d.) Zielebene der quantitativen und qualitativen Oberziele


Um von Visionen und Leitbildern zu konkreten Markthandlungen zu kommen, sind
(1) die Visionen und Leitlinien in überprüfbare Oberziele für die Gesamtunter-
nehmung und für große Unternehmensbereiche umzusetzen und
(2) diese Oberziele auf operative Planungseinheiten herunterzubrechen (Top down
Approach). Planungseinheiten sind „Zielträger“. Die operativen Planungseinhei-
ten übernehmen aus den Oberzielen die ihnen zugerechneten Zielbeiträge und
starten einen rückmeldenden Zielabstimmungsprozess mit dem Management
(Bottom up approach), um deren Plausibilität zu diskutieren
Abb.2-8 Abb.2-8 stellt wichtige quantitati-
QUALITATIVE UND QUANTITATIVE (OBER)ZIELE
ve und qualitative Oberziele ge-
Qualitative Ziele Quantitative Ziele
genüber. Die „weichen“ Oberziele
Existenzsicherung
Sozialer Betriebs“frieden“
Gewinn, Deckungsbeitrag
Rendite (ROS,ROI,ROCE)
auf Geschäftsführungsebene (z.B.
Beachtung ökologischer Cash Flow sozialer Frieden) und auf Marke-
Nebenbedingungen
Innovationskraft
Spez. Eigenkapitalquote
Auftragseingänge
tingebene (z.B. Image) werden
Kompetenz, Wissen Lagerbestände durch „harte“, messbare Ziele
Unternehmensimage
Markenbekanntheit
Lieferzeiten, Lieferservice
Kapazitätsauslastung
(z.B. Marktanteile) ergänzt. Das
Markteinfluss, Macht Absatzmengen Controlling sprengt den Rahmen
Mitarbeiterzufriedenheit
Kundenzufriedenheit
Umsatzerlöse
Marktanteile
von Marketing und Vertrieb: Es
Kundentreue (Loyalität) Zielgruppen-Marktanteile bringt Kosten-, Effizienz- und
Soziale Ziele
Ökologische Ziele
Wachstumsraten
Produkt-, Kundenkosten
Ressourcenziele mit in die markt-
orientierte Zielpyramide ein.

e.) Zielebene der Funktionsbereiche (Ressorts, Abteilungen)


Eine Produktionsunternehmung besteht aus den Funktionsbereichen (Ressorts) Be-
schaffung, Fertigung, kaufmännische Verwaltung, Marketing und Vertrieb. Bei einer
funktionalen Unternehmensorganisation, wie sie in vielen kleinen und mittleren Un-
ternehmen heute noch vorherrscht, sind diese Funktionsbereiche selbständige, ihr
144
Begriffe und Zusammenhänge werden eingehend im 7. Kapitel erläutert
145
vgl. zum CI: Meffert, (Marketing-Management), 1994, S. 85
2. Kapitel: Das Marketing-Management 59

Budget verwaltende Planungseinheiten. Das sog. Herunterbrechen der Oberziele auf


die Ressorts erfolgt in der Weise, dass den umsatzverantwortlichen Abteilungen Er-
folgs- und Kostenziele, den nicht umsatzverantwortlichen Ressorts dagegen nur Kos-
ten- und Effizienzziele zugeordnet werden.146 Doch zunehmend müssen auch tradi-
tionell nicht operative Abteilungen ihr Leistungsangebot außerhalb der eigenen Un-
ternehmung vermarkten. So bieten z.B. das Rechenzentrum oder der firmeneigene
Fuhrpark ihre Dienste betriebsextern an.
Weltweit Nr. 1 im Outsourcing ist IBM mit seinem Computer-Dienstleistungsunter-
nehmen. DaimlerChrysler tritt als Service-Komplettanbieter für Speditionsfirmen auf.
Marriott führt Krankenhaus-, Hochschul- und Sportkantinen in eigener Regie.147

So unterwerfen sich auch Arbeitsbereiche außerhalb von Marketing und Vertrieb


marktwirtschaftlichen Erfolgskriterien. Eine ehemalige Stabsabteilung muss plötzlich
selbst Marketing betreiben. Dies ist ein moderner Ausdruck von Marktorientierung.

f.) Zielebene der Geschäftseinheiten und Geschäftsfelder


Marktorientierte Unternehmensführung denkt weniger in betrieblichen Abteilungen,
als vielmehr in markt- bzw. kundenbezogenen Leistungsbereichen. Folgende Ansätze
zur Bildung von marktbezogenen Planungseinheiten sind üblich:
Ein wichti- (1) Herunterbrechen der Oberziele auf organisatorische Unternehmenseinheiten,
ger Arbeits-
schritt liegt
d.h. auf Geschäftseinheiten = GE, strategische Geschäftseinheiten = SGE oder
in der Über- englisch: Buiness Units (BU) bzw. Strategic Business Units (SBU). I.d.R. handelt
führung der es sich um Konzernteile, Länder-, Tochtergesellschaften, Niederlassungen, Ver-
strategischen triebsabteilungen oder auf unterstem Level um Arbeitsstellen.
Zielsetzun-
gen und
(2) Herunterbrechen der Oberziele auf erfolgtragende Produktgruppen und Ein-
Maßnahmen zelprodukte (kleinste Einheit: Kostenträger),
in erfolgs- (3) Herunterbrechen der Oberziele auf anwendungsbezogene Planungseinheiten,
messbare d.h. mit abnehmender Größenordnung auf Sparten, Geschäftsfelder (GF, SGF)
Oberziele.
oder Produkt- / Marktsegmente (PMS). Sehr oft wird zwischen Geschäftseinheit
und Geschäftfeld kein Unterschied gemacht. Ansonsten kann eine Geschäftsein-
heit in mehreren Geschäftsfeldern tätig sein.
(4) Herunterbrechen der Oberziele auf wichtige Vertriebspartnergruppen. Es gibt
dann strategische und operative Zielvorgaben für Großhändler, Einzelhändler,
Handelsvertreter, Agenten, Subunternehmer etc.
(5) Herunterbrechen der Oberziele auf wichtige Kundengruppen (Branchen, Ziel-
gruppen). Oft wird auch von Geschäftstypen gesprochen (Consumer-Geschäft,
Händler-Geschäft, OEM-Geschäft). Die Kundenerfolgsrechnung bereitet den
Unternehmen in der Praxis noch viele Probleme.148

Die einzelnen Ebenen der Zielzuordnung werden auch als Planungsebenen bezeich-
net. Diese Planungsebenen stehen in enger Beziehung. Das Abrufen der Zielsysteme
erfolgt in Computersystemen (Bsp.: Business Warehouse (BW) von SAP). Auf
Knopfdruck sind, je nach Fragestellung, Auswertungen für jede gewünschte Pla-
nungsebene verfügbar. Die Summierungen über die Zielwerte aller Planungsebenen
führen stets zum Wert des Oberzieles für die Gesamtunternehmung.

146
Die nicht umsatzverantwortlichen Ressorts können allerdings durch Verrechnungspreise bewertet
und leistungsorientiert gesteuert werden
147
vgl. o.V., (Outsourcing-Boom), in: PM-Beratungsbrief v. 22.7.1996, S. 1
148
vgl. zu den Gründen: o.V., (Kundenerfolgsrechnung), in: PM-Beratungsbrief v. 27.1.1997, S. 1.
Hauptprobleme: 1. Probleme der Kostenzurechnung, 2. zu hohe Kosten, 3. EDV-technische Probleme,
4. zu geringer Nutzen, 5. Informationsüberlastung; gemäß einer empirischen Untersuchung der Ge-
sellschaft für innovatives Marketing (GIM) in Nürnberg. Eine klassische Kundendeckungsbeitrags-
Analyse zeigt Sidow, (KAM), 2000, S. 151-154
60 Marktorientierte Unternehmensführung

g.) Zielebene der Maßnahmen und Aktionen (Instrumentalziele)


Beim Herunterbrechen der Oberziele durch die Unternehmenshierarchie ergeben sich
auf jeder Ebene Ziel-/Mittelbeziehungen. Maßnahmen oder Aktionen sind Mittel, um
Ziele von Planungseinheiten zu erreichen. Dem Charakter nach werden für die Mar-
keting- und Vertriebsinstrumente eher Leistungsvorgaben und gleichzeitig Budgetre-
striktionen formuliert.
Beispiel: Es ist Ziel, den Bekanntheitsgrad der Marke CASSIS-Apfel (= die Planungs-
einheit) um 25% zu steigern. Geplant wird eine Werbekampagne mit dem Mittelziel,
den Bekanntheitsgrad der Planungseinheit entsprechend zu steigern bei einem Wer-
bebudget von 1,5 Mio. Euro. Erfolgsverantwortlich ist die Planungseinheit. Es scheint
nur so, als gebe sie die Verantwortung zur Zielerreichung an die Werbung (an das In-
strument Kommunikationspolitik) ab. Ist die Werbeaktion nicht erfolgreich, wird von
der Planungseinheit Rechenschaft verlangt.

So sind für alle Instrumentalbereiche (z.B. für die Werbung, Messen, Außendienst,
Kundendienst) Erfolgs- und Budgetziele für den Ressourceneinsatz festzulegen; aber
nie zum Selbstzweck, sondern immer zum Vorteil (zur Zielerreichung) einer Pla-
nungseinheit. Stets werden Spannungsfelder zwischen den Zielen für die überge-
ordneten Planungseinheiten und den begrenzten Mittelbudgets zu überwinden sein.
Beispiel: Können wir das Umsatzziel von 20 Mio. Euro im Verkaufsgebiet Süd mit ei-
nem Werbebudget von 1 Mio. Euro erreichen? Welches Umsatzziel könnte realistisch
sein, wenn nur 0,5 Mio. Euro zur Verfügung stehen? Welche zusätzlichen Instrumente
(Maßnahmen) müssten eingesetzt werden, um die mangelnde Schlagkraft der Werbung
auszugleichen? Welche Budgets wären hierfür anzusetzen?

Ein Phänomen in der Praxis: Manager lenken ihre Aufmerksamkeit oft auf die
Konfliktsymptome und übersehen die eigentlichen Problemursachen: divergierende
Interessenlagen von Mitarbeitern und Kollegen.

2.2.3. Zielbeziehungen
a.) Konfliktfreie, indifferente oder komplementäre Zielbeziehungen
Die Marketing- und Vertriebsziele werden vertikal durch alle Unternehmensebenen
und horizontal über alle betrieblichen Bereiche aufgebrochen. Sie stehen dabei in
konfliktfreien (indifferenten oder synergetisch/komplementären) oder konfliktären
Beziehungen zueinander. Abb.2-9 verdeutlicht vier idealtypische Konstellationen.149
Konfliktfrei sind Zielbeziehungen, wenn Ziele unabhängig voneinanderander wirken
sich gegenseitig fördern; oder wenn sogar eine Zielerreichung erst die Voraussetzung
für eine weitere Zielsetzung schafft. Im letzten Fall wird von konditionalen Zielbe-
ziehungen gesprochen.150

b.) Konfliktäre Zielbeziehungen


Zielkonflikte sind Unverträglichkeiten von Zielen untereinander. Zu überwinden sind
(1) Spannungsfelder zwischen den Ober- und Unterzielen (Bsp.: Die operative Ebene
akzeptiert vorgegebene Oberziele nicht und verfremdet sie in eigenem Sinne),
(2) Spannungsfelder zwischen Zielen gleichrangiger Ressorts (z.B.: Der Vertrieb soll
Kundenzufriedenheit bei Kleinaufträgen maximieren, die Fertigung soll durch
größere Losgrößen Kosten senken),
(3) Spannungsfelder zwischen ökonomischen und ökologischen Zielen,
(4) Spannungsfelder zwischen Zielen der Unternehmensführung und persönlichen
Zielsetzungen von Mitarbeitern.

149
vgl. Wöhe, (Einführung), 2002, S. 98-101
150
vgl. Hüttner; von Ahsen; Schwarting, (Marketing), 1999, S. 281
2. Kapitel: Das Marketing-Management 61

Abb.2-9

ÜBERSICHT ÜBER ZIELBEZIEHUNGEN

Ziel2 konfliktfrei - indifferent Ziel2 konfliktfrei - komplementär

Erhöhte Bestellmengen

Mehr Kundenbesuche
von Kleinkunden

Mehr Bekanntheit bei Ziel1 Höherer Ziel1


Großabnehmern Bekanntheitsgrad

Ziel2 konfliktär-konkurrierend Ziel2 konfliktär-antimonisch

Premiumanbieterimage
Preiserhöhungen

Absatzsteigerung Ziel1 Aggressives Preisimage Ziel1


als Discounter

In der Marketingpraxis sind folgende Konfliktsituationen typisch:


• Ein Konflikt bei Kundengesprächen: Das Ziel einer Umsatzsteigerung bei den
Kunden steht mit einer gleichzeitig durchzusetzenden Preiserhöhung in Kon-
flikt. Die Problematik der Preiselastizität wird übersehen.
• Ein Konflikt für den Verkaufsleiter liegt oft darin, dass er sowohl eine Um-
satzsteigerung wie auch eine Preiserhöhung durchsetzen soll.151
• Ein strategischer Positionierungskonflikt liegt vor, wenn gleichzeitig Quali-
tätsführerschaft und niedrige Kosten angestrebt werden.
• Ein Konflikt der harten Sanierer: Kurzfristige Gewinne werden zu Lasten
eines langfristigen Wachstums realisiert (Shareholder-Value).
• Ein Aktionismuskonflikt im Verkauf: „Powern“ bei Stammkunden geht zu
Lasten einer systematischen Neukundengewinnung.
• Ein Konflikt des kostenoptimierten Verkaufs (Lean-Selling152): Profitziele
stehen in Konflikt mit sozialen Zielen und Mitarbeiterzufriedenheit.
• Ein Konflikt zwischen Ökonomie und Ökologie: Billige Wegwerfverpackun-
gen stehen in Konflikt mit kostspieligen Recycling-Kartons.
• Ein Globalisierungskonflikt: Eine weltweite Programmstandardisierung steht
u.U. im Widerspruch mit nationalen Differenzierungen (Wo liegt der Kompro-
miss zwischen „think global, act local“?).
• Ein volkswirtschaftlicher Zielkonflikt: besteht in der Theorie zwischen
Wachstum, Preisstabilität und Vollbeschäftigung und außenwirtschaftlichem
Gleichgewicht (das magische Viereck in der Volkswirtschaftslehre).

151
in dem Fall, dass die Umsatzfunktion eine s-förmige Kostenfunktion zweimal schneidet: vgl. Be-
cker, (Marketing-Konzeptionen), 2006, S. 115-116
152
zum Ansatz des „schlanken Verkaufs“ vgl. Bußmann, (Lean Selling), 1995
62 Marktorientierte Unternehmensführung

Nicht immer sind Zielkonflikte Ausdruck fehlerhafter Abstimmungen im Manage-


ment. Zielkonflikte sind auch nicht immer nachteilig. Es gibt in der marktorientierten
Unternehmensführung bewusst zugelassene Zielkonflikte; z.B. um einen konstrukti-
ven Erfolgswettkampf zwischen Abteilungen zu fördern. Eine Kunst der Führung
liegt in der Herbeiführung und in der Beherrschung konstruktiver Zielkonflikte.

Sind die Ziele bestimmt, können die planerischen Aufgaben in Angriff genommen
werden.
2. Kapitel: Das Marketing-Management 63

2.3. Planung der marktorientierten Unternehmensführung


2.3.1. Grundlagen
a.) Planungsbegriff
„Erfreue „Planung stellt einen ordnenden Akt dar, indem sie vorschreibt, wie sich der Be-
Dich an triebsprozess vollziehen soll.“ 153 Kurz gesagt: Planung bedeutet, frühzeitig festzu-
dem, was Du
schon er-
legen, wer was bis wann tun muss. Kennzeichen für ein planerisches Vorgehen sind:
reicht hast, (1) eine Zukunftsorientierung, die sich in Zielsetzungen zeigt,
wie auch an (2) eine Bereitschaft zur Risikoübernahme, die mit der Ungewissheit über die Zu-
Deinen kunft zunimmt,
Plänen.“
Desiderata,
(3) ein Aufzeigen von Maßnahmen zur Zielerreichung,
(Lebensre- (4) eine geordnete, d.h. systematische Vorgehensweise.
gel), 1998,
S. 14
Die Planung von Marketing und Vertrieb legt fest, mit welchem Leistungsan-
gebot auf welchen Märkten (d.h. bei welchen Kunden und Zielgruppen) mit
welchen Maßnahmen (d.h. mit welchen Instrumenten) in welchem Zeitraum
welche Ergebnisse (Ziele) erreicht werden sollen und wer die Erfolgsverant-
wortung übernimmt.

Einer guten Planung sollte eine Konzeption zugrunde liegen Für die marktorientierte
Unternehmensführung erfüllt die Planung dann folgende Aufgaben:

(1) Das Marktgeschehen ist anhand von Fakten nachvollziehbar vorauszusagen.


Prognosefunktion (Planung darf nicht auf Spekulation beruhen).
(2) Es sind alternative Wege zur Zielerreichung aufzuzeigen Alternativenge-
nerierungsfunktion.
(3) Dabei sind unvorhersehbare Ereignisse (Eventualitäten, Diskontinuitäten) in
die Überlegungen einzubeziehen What if-Funktion.
(4) Personal- und Sachmittel sind den Marktmaßnahmen zuzuordnen Res-
sourcenallokationsfunktion.
(5) Zuständigkeiten/Verantwortlichkeiten für die handelnden Führungskräfte sind
festzulegen Verantwortungszuteilungsfunktion.
(6) Ziele und Planabweichungen sind schriftlich zu analysieren Protokollie-
rungs-/Dokumentationsfunktion.
(7) Planung soll motivieren und zuweilen auch „bestrafen“ Motivations-/
Sanktionsfunktion.

b.) Planungsgrundsätze der marktorientierten Unternehmensführung


Folgende Grundsätze sind bei der Planung zu beachten:
Grundsatz der Zweckmäßigkeit: Es macht z.B. wenig Sinn, einer kleinen Ver-
kaufsmannschaft ein Konzernplanungssystem überzustülpen.
Grundsatz der Vollständigkeit: Alle von den Maßnahmen Betroffenen sind in
die Planungsprozedur einzubeziehen.
Grundsatz der Balance von Kontinuität und Flexibilität: Einerseits soll die
Marktplanung den operativen Ressorts eine klare Orientierung vorgeben. Ande-
rerseits muss für unvorhergesehene Ereignisse ausreichend Flexibilität bestehen.
Grundsatz der Machbarkeit (Feasibility): Träume sind zwar schön. Doch
Wunschträume werden von einer „beinharten“ Vertriebsmannschaft nicht ernst
genommen. So hoch die Ziele auch liegen, sie müssen erreichbar sein.

153
Gutenberg, (Produktion), 1983, S. 148
64 Marktorientierte Unternehmensführung

Grundsatz der Ganzheitlichkeit: Interdependenzen (Wechselwirkungen) zwi-


schen Zielen, Instrumenten und Marktbereichen sind zu beachten.
Grundsatz des Gegenstromprinzips: Die Informationsströme vom Top Mana-
gement hinunter in die operativen Ebenen und umgekehrt müssen abgestimmt
sein. Führungskräfte, die nur nach unten „funken“, ohne Rückmeldungen zu re-
gistrieren, verlieren den Bezug zur wirtschaftlichen Realität.
Grundsatz des Ausgleichsgesetzes der Planung: Nach Gutenberg soll sich die
Planung kurzfristig am Engpass (am schwächsten Teilbereich) ausrichten (bzw.
den aktuellen Engpass zu beseitigen suchen). Langfristig gilt es, alle Unterneh-
mensbereiche harmonisch (engpassfrei) aufeinander abzustimmen.154
Grundsatz der Verantwortungsübernahme: Für die Planungsmaßnahmen
müssen Entscheidungsträger verantwortlich zeichnen. Maßnahmen ohne Zustän-
digkeit und ohne Zeit- und Mittelvorgabe sind Spielerei.
Grundsatz der Lernfähigkeit: Eine Marktplanung muss offen für Veränderun-
gen sein. An unrealistischen Planungen sollte man nicht festhalten.
5 bis 10 Grundsatz der Motivationskraft: Planung muss herausfordern, den Verant-
Prozent der wortlichen Energie zum Handeln bieten, sollte „sportlichen Ehrgeiz“ wecken.
Mitarbeiter Das Allerwichtigste ist natürlich, dass Mitarbeiter und Führungskräfte in vollem
kennen die
Strategie
Umfang über die Unternehmensvision und -strategie informiert sind.
ihres Unter-
nehmens c.) Bildung von Planungseinheiten
nicht.
(Kaplan, Was wird geplant? Alles beginnt mit der Bestimmung der Planungsobjekte. Ausge-
(Scorecard), hend vom betrieblichen Rechnungswesen können Planungseinheiten aus Kostenstel-
is-Report
4/2003, S. len heraus abgeleitet und zusammengesetzt werden (Inputorientierung), oder aus
27) Marktleistungen als Kostenträger (Outputorientierung).155 Der innengerichtete
Kostenstellenansatz kann stufenweise ausgeweitet werden: Ausgehend von einzelnen
Kostenstellen für Mitarbeiter (z.B. Außendienst) über Vertriebsabteilungen, Ver-
triebsniederlassungen, Tochtergesellschaften bis hin zu Konzerngesellschaften. Ge-
plant und gesteuert werden dann der Ressourceneinsatz (Mengen-, Kosten-, Zeitvor-
gaben) für die Marktbearbeitung und speziell die Effizienz der Kunden- und Markt-
betreuung (Zeit und Kosten für bestimmte Abläufe, Prozesse). Auf der Leistungsseite
(Absatz, Umsatz, Ergebnis, Marktanteil, Kundenzufriedenheit) können einzelne Pro-
duktvarianten, Produkte, Produktgruppen bis hin zu ganzen Geschäftsfeldern als Pla-
nungseinheiten definiert werden. Zu unterscheiden sind also:
• innengerichtete, aus der Sicht von Rechnungswesen und Controlling relevante
Planungseinheiten (Planungsziele: niedrige Kosten, geringer Zeitaufwand) und
• außengerichtete, d.h. in Bezug auf den Kundenerfolg relevante Planungseinhei-
ten (Planungsziele: hoher und andauernder Markterfolg, d.h. Auftragseingang,
Umsatz, Ergebnis, Marktanteil).

Abb.2-10
DIE BILDUNG VON PLANUNGSEINHEITEN
Geschäftseinheiten (input-, organisationsorientiert) Leistungseinheiten (output-, kundenorientiert)

Einfache Leistungseinheiten
Arbeitsplatz, Stelle
Gruppe, Abteilung, Ressort Artikel, Produkt
Profit Center Produktgruppe
Vertriebsniederlassung
Tochtergesellschaft
(strategische) Geschäftseinheit (GE,SGE) Komplexe Leistungseinheiten
strategischer Geschäftsbereich (GB, SGB)
Sparte, Division Produkt-/Marktsegment (PMS)
Unternehmung, Konzernbereich, Konzern (strategisches) Geschäftsfeld (GF, SGF)

154
vgl. Gutenberg, (Produktion), 1970, S. 163-164
2. Kapitel: Das Marketing-Management 65

Die Praxis kennt gemäß Abb.2-10 zahlreiche unternehmensindividuelle Bezeich-


nungen. Im allgemeinen wird der Begriff der Geschäftseinheit eher für innerbetrieb-
liche Erfolgseinheiten herangezogen. Sparten oder Geschäftsfelder fassen meist
Marktaktivitäten zu Planungseinheiten zusammen. Oft werden die Begriffe Sparte,
Geschäftseinheit und Geschäftsfeld aber auch synonym verwendet.156

Abb.2-11 Für die marktorientierte


BILDUNG VON STRATEGISCHEN GESCHÄFTSFELDERN
BILDUNG VON STRATEGISCHEN GESCHÄFTSFELDERN
Unternehmensführung ist
SGF-6
SGF-6
SGF-7
SGF-7
eine Geschäftsfeldpla-
nung empfehlenswert.
Geschäftsfelder entstehen
Energie-
Energie-
kabel
SGF-4
SGF-4
durch Kombinationen von
kabel
Telekom-
SGF-5
SGF-5 Leistungseinheiten und
SGF-3
Telekom-
kabel SGF-3 Zielgruppen. Die Ziel-
kabel
Spezial- SGF-1 SGF-2
gruppen werden übli-
Spezial- SGF-1
kabel
kabel
SGF-2
cherweise nach Regionen
und / oder Käuferschich-

Geschäft
ten segmentiert. Abb.2-11

Distributor
Geschäft

Geschäft
EUROPA USA JAPAN

Distributor
Geschäft
OEM
EUROPA USA JAPAN
zeigt hierzu ein Beispiel

OEM
aus der Kabelindustrie.

Die Unternehmung steuert 7 Geschäftsfelder (SGF), die sich aus der Kombination von
Produktgruppen, Ländergruppen gemäß Triade und Vertriebskanälen (Direktgeschäft
mit großen Ausrüstern einerseits und Händlergeschäft mit Distributoren andererseits)
ergeben. Beispielsweise wird das Handelsgeschäft für USA und Japan im Energie-
und Telefonkabelbereich integriert geplant (SGF-7). Im Spezialkabelbereich werden
zusätzlich die Schlüsselkunden aus einer Hand bedient (SGF-2).

d.) Abgrenzung von strategischer und operativer Planung


Planungseinheiten werden zunächst strategisch, dann operativ geplant. Strategisch
zu planen sind Visionen, Kernkompetenzen, strategische Zielgruppen, Innovationen,
Investitionen, die langfristigen Oberziele (vor allem Marktanteile und langfristige
Umsatz- und Ergebnisvorgaben) und die grundsätzlichen Maßnahmen zur Errei-
chung der strategischen Oberziele. Die operative Planung (OP) stellt einen kür-
zerfristigen, detailliert zu planenden Zeitabschnitt innerhalb des strategischen Pla-
nungshorizontes dar. Sie umfasst Wochen- und Monatspläne mit den Budgets und
einer Vielzahl kurz- und mittelfristiger Maßnahmen (To do´s) im Einklang mit der
Gesamtstrategie. Eine taktische Planung ergänzt die routinemäßige, operative Pla-
nung zusätzlich um ein situatives Element (taktisches Agieren oder Reagieren).
Abb.2-12 listet Unterscheidungsmerkmale von strategischer und operativer Planung
auf. Beide Planungsbereiche stehen nicht nebeneinander. Vielmehr geht die detail-
liertere OP auf der Zeitachse gleitend in die SP über. Die SP umschließt die OP.
Abb.2-12
UNTERSCHIEDE ZWISCHEN STRATEGISCHER UND OPERATIVER PLANUNG
Strategische Planung Operative Planung
Hauptverantwortung auf Geschäftsführungsebene Hauptverantwortung im mittleren Management
Planungshorizont 3 (5) – 10 (20) Jahre Planungshorizont 1 – 3 Jahre
Deshalb hohe Unsicherheit Geringere Unsicherheit
Gefahr von Entwicklungsbrüchen Entwicklungsbrüche besser vorhersehbar
Planungsmethoden flexibel Planungsmethoden standardisiert
Szenarien spielen große Rolle Szenarien kommen kaum zu Einsatz
Konzentration auf zentrale Zielgrößen Differenzierung der Ziele in viele Größen
Ressorts werden integrierend betrachtet Ressorts werden differenziert betrachtet
Oberziele werden in Frage gestellt Oberziele werden nicht in Frage gestellt

155
vgl. Preißler, (Controlling), 2000, S. 144
66 Marktorientierte Unternehmensführung

e.) Planungshorizont
Über welchen Zeitraum soll geplant werden?
• Eine kurzfristige / operative Planung erstreckt sich auf 1 bis 3 Jahre; Tendenz
abnehmend auf 1 bis max. 2 Jahre.
• Eine mittelfristige Planung (so sie nicht bereits in die strategische Planung ein-
geht) erstreckt sich i.d.R. über 3 (2) bis 5 (3) Jahre.
• Der strategische Planungszeitraum hängt vom Lebenszyklus der Produkttechno-
logie ab. In schnelllebigen Branchen (z.B. in der Computerindustrie) ist bereits
ein 3-Jahreszeitraum als langfristig anzusehen. In technologisch relativ stabilen
Märkten laufen die strategischen Planungszeiträume bis zu 10 Jahre.

„Operativ Mit kürzerem Planungshorizont fallen die Zielwerte detaillierter aus. Für die strategi-
kann nur das sche Planung reichen Halbjahres- und Jahreszahlen. Operativ sind dagegen bis ins
aus der
Unterneh- Detail Maschinenbelegungen, Arbeitsschichten und Materialeinsätze zu bestimmen.
mung geholt Fehlen Arbeitskräfte, dann braucht man ca. ½ bis 1 Jahr Vorlauf für Personalmaß-
werden, was nahmen. Folglich wird die operative Planung bereits detailliert auf Wochen- und auf
strategisch jeden Fall Monatsbudgets heruntergerechnet werden müssen..
im Unter-
nehmen
vorher ge- f.) Rollierende / revolvierende Planung
schaffen
wurde.“157 Eine strategische Planung sollte jährlich rollierend erfolgen. Die Unternehmung in
Abb.2-13 plant jedes Jahr für 5 Jahre im voraus. Der Planungshorizont rückt jährlich
um ein Jahr weiter. Jedes Jahr wird folglich fünf Mal planerisch bearbeitet. Die rol-
lierende Planung läuft dabei in folgenden Planungsschritten ab:
(1) Die Werte des laufenden Jahres werden mit denen des Vorjahres verglichen und
auf mögliche Trendänderungen hin überprüft. Ziel ist ein frühes Erkennen sich
anbahnender Ziellücken (Gaps).
(2) Die IST-Werte werden gegen die operativen Zielvorgaben des laufenden Jahres
gespiegelt. Sind die Planvorgaben grundsätzlich nicht mehr erreichbar, ist über
eine Neueinschätzung für das laufende Jahr (Forecast) zu entscheiden.
(3) Für die ersten zwei Jahre (OP-1 und OP-2) werden Zielvorgaben, Maßnahmen
und Budgets monatlich und quartalsweise bestimmt.
(4) Für den (strategischen) Zeitraum danach (im vorliegenden Beispiel für weitere 3
Jahre) sind halbjährliche und später jährliche Zielvorgaben und Maßnahmen zu
erarbeiten. Die Planwerte am Ende des Planungszeitraums sollten in einem sinn-
vollen Zusammenhang mit der strategischen Vision stehen.

Abb.2-13
Das Verfahren hat für den strategischen Planer seine Tücken. Wird z.B. ein neues
Produkt in noch ferner Zukunft mit euphorischen Planzahlen angesetzt, so rückt die
DAS PRINZIP DER ROLLIERENDEN PLANUNG FÜR EINE 5-JAHRESPLANUNG

Situation im Jahr
2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015

2008 ⌦ Ist-Vorjahr Forecast lfd. J. OP-1 OP-2 SP-1 SP-2 SP-3


2009 ⌦ ⌦ Ist-Vorjahr Forecast lfd. J. OP-1 OP-2 SP-1 SP-2 SP-3
PLANUNG IM JAHR

2010 ⌦ ⌦ Ist-Vorjahr Forecast lfd. J. OP-1 OP-2 SP-1 SP-2 SP-3


2011 ⌦ ⌦ Ist-Vorjahr Forecast lfd. J. OP-1 OP-2 SP-1 SP-2
2012 ⌦ ⌦ Ist-Vorjahr Forecast lfd. J. OP-1 OP-2 SP-1
2013 ⌦ ⌦ Ist-Vorjahr Forecast lfd. J. OP-1 OP-2
2014 ⌦ ⌦ Ist-Vorjahr Forecast lfd. J. OP-1
2015 ⌦ Wie detailliert zu planen: ⌦ Ist-Vorjahr Forecast lfd. J.
2016 ⌦ Ist, Vorjahr wochen- und monatsweise ⌦ Ist-Vorjahr
Forecast lfd. J. wochen- und monatsweise
OP-1 monatsweise
OP-2 quartalsweise
SP-1 halbjahresweise
SP 2-3 jahresweise

156
vgl. Henzler, (Strategische Planung), in: ZfB, 12/1988, S. 1290
2. Kapitel: Das Marketing-Management 67

Planzahl dann Jahr für Jahr unerbittlich in die operative Nähe. Träume sinken jähr-
lich abwärts auf den Boden der Realität. Der Begriff Hockey-stick-Effekt beschreibt
dieses Phänomen langfristig zu optimistisch denkender Führungskräfte recht an-
schaulich. Die Zahlenreihen verlaufen ähnlich der Form eines Hockeyschlägers.

g.) Marktpotenzial - Absatzvolumen


Abb.2-14 Marktpotenziale sind die überragen-
den Orientierungsgrößen für die Pla-
nung. Die gegenwärtigen Absatzvo- + freies Potenzial = Marktpotenzial
+ Absatzvolumen
lumina (Absatzmengen) aller Wett-
Konkurrenz = Marktvolumen 2
bewerber ergeben das aktuell realisier-
te Marktvolumen einer Branche. Ge- 1 eigenes
gebenenfalls existiert bei den Kunden Absatzvolumen
= eigener
zusätzlich noch ein momentan nicht Marktanteil
ausschöpftes Absatzvolumen. Wird
dieses eventuell freie Potenzial zum
realisierten Marktvolumen hinzugerechnet, ergibt sich das gesamte Marktpotenzial
(Absatzpotenzial) einer Branche.158 Oft werden die Potenziale auch in Umsatz ge-
messen. Strukturelle Preiseinflüsse, z.B. Preisschwankungen im Zeitablauf oder gra-
vierende Preisunterschiede zwischen Wettbewerbern, verfälschen dann die Werte.
Ein Markt kann mengenmäßig noch wachsen (Absatz-Marktpotenzial steigt), wert-
mäßig infolge eines relativ stärkeren Preisverfalls jedoch schrumpfen (Umsatz-
Marktpotenzial sinkt). Die vertrieblichen Akquisitionsbemühungen können darauf
zielen, Wettbewerbern Marktanteile abzunehmen (Strategierichtung : Wettbe-
werbsangriff) oder einen Teil des derzeit freien Marktpotenzials abzuschöpfen
(Strategierichtung : wettbewerbsfriedlicher Weg).

h.) Marktanteilsbegriffe
Marktanteile sind herausragende unternehmerische Oberziele. Sie spiegeln den Er-
folg der eigenen Marktbearbeitung im Vergleich zu der der Konkurrenten wieder. Sie
demonstrieren Marktmacht. Drei Marktanteilsbegriffe sind zu unterscheiden:

(1) Gesamtmarktanteil = Bsp.: Absatz VW Golf in Prozent vom PKW-Ge-


samtabsatz aller Typen im Markt,
(2) relevanter Marktanteil = Bsp.: Absatz VW Golf in Prozent vom PKW-Absatz in
der Mittelklasse und
(3) relativer Marktanteil = Bsp.: Absatz VW Golf im Verhältnis zum Absatz des
stärksten oder, je nach Festlegung, der 1 - 3 stärksten Konkurrenten (Indexzahl).

Marktanteile sind Kompassnadeln für die strategische Planung. Konzerne ope-


rieren mit Weltmarktanteilen. Mittelständische Unternehmen sollten sich auf ihren
Regionalmarkt ausrichten, so sie nicht auch im Weltmarkt tätig sind. Um Marktan-
teilsziele festzulegen, muss gesichertes Wissen über Kunden und Wettbewerber und
deren Einkaufspotenziale vorliegen. Faszinierend für die marktorientierte Unterneh-
mensführung ist ein relativer Marktanteil (Verhältnis zum stärksten Wettbewerber)
größer als 1. Er kennzeichnet die Position des dominierenden Marktführers.

157
Preißler, (Controlling), 2000, S. 19
158
vgl. auch die Grafik bei Weis, (Marketing), 2004, S. 89
68 Marktorientierte Unternehmensführung

2.3.2. Ist-Analysen im Vorfeld der Planung


a.) Das Leitkonzept des House of Strategy
Laut Kaplan Für viele mittelständische Unternehmen ist eine strategische
(Begründer Planung noch immer ein Buch mit sieben Siegeln. Doch sind
der Balanced Unternehmen ohne Planung im Lichte von Basel II heute nicht
Scorecard)
kennen nur 5 mehr kreditwürdig. Leider gibt es kein Idealkonzept für eine
- 10% der SP. Viele Firmen entwickeln daher eigene Vorgehensweisen zur
Strategos - (altgrie-
Angestellten Planung und Budgetierung. Unternehmensberatungen warten chisch)
die Strategie
ihres Unter-
mit eigenen Planungskonzepten auf. der Feldherr, der weit
vorausdenkt
nehmens.
(zit. in: is Für die marktorientierte Unternehmensführung liegt die Heraus- Strategie –
„... Fortbildung eines
report forderung darin, die Anforderungen von Marketing und Ver- ursprünglich leitenden
4/2003, S.
27)
trieb von Anfang an in die Gesamt-Unternehmensplanung zu Gedankens entpre-
chend den stets sich
integrieren. Die Marktstrategie wird zum essentiellen Bestand- ändernden Verhält-
teil der Unternehmensstrategie. Abb. 2-15 skizziert ein Schema nissen..."
(General von Moltke)
für eine marktorientierte strategische Planung nach dem House
of Strategy.

Abb.2-15 Die strategische Pla-


nung beginnt mit den Umfeldanalyse:
Vision
• Kundenumfeld
Festlegungen des • Wettbewerbsumfeld Mission
strategische Leitlinien
Top-Managements • Partnerumfeld
• Technologieumfeld Kernkompetenzen
und der daraus fol- • Rechtliches Umfeld
• Konjunkturumfeld
genden Ableitung der • Ökologisches Umfeld Image, Corporate Identity, Markenbild

strategischen Ober- Bestimmung der strategischen Oberziele


ziele (vor allem Um-
satz, Ergebnis, Markt-
Strategische Zielgruppen und
anteil und Kundenzu- Ressourcenplanung: Leistungsangebote an diese
• Personal
friedenheit). Alle • Anlagen

Planungsschritte wer- • Kapazitäten


• Logistik
den von einer Um- • Lieferanten
• Finanzen
Zielgruppe-1
Zielgruppe-2
Zielgruppe-3

feldanalyse, von der • IT-Infrastruktur

Ressourcenplanung
und der Instrumental-
planung begleitet. Die Operative Instrumental- Prozesse
Akquisition
Prozesse
Kunden-
Prozesse
Kundenbindung
einsatzplanung
Besonderheit ist, dass betreuung

die Bestimmung der


strategischen Ziel-
gruppen und der auf Pläne für Print-, Direktwerbung und Promotion

diese auszurichtenden MARKTORIENTIERTE


Leistungsangebote PLANUNG AUF DER
GRUNDLAGE DES
recht früh erfolgt. In HOUSE OF STRATEGY Operative Umsatz-, Kosten-, Ergebnispläne

den Mittelpunkt der


operativen Planung
werden dann die kundenbezogenen Prozesse gestellt. Dies ist eine kundenorientierte
Planung. Natürlich laufen die entsprechenden Planungen für den Einkauf oder die
Produktions- und Finanzplanung parallel. Auf allen Ebenen werden Ziele und Maß-
nahmen definiert.

Die Frage ist, mit welchem Druck ein derartiger Planungsprozess in Gang kommt.
Grundsätzlich besteht sicher das Erfordernis, eine schon bestehende strategische Pla-
nung nach dem beschriebenen revolvierenden Verfahren fortzuschreiben. Folgende
2. Kapitel: Das Marketing-Management 69

Umstände erhöhen diesen Planungsdruck und drängen die Führungskräfte dazu, auch
alternative Zukunftsentwicklungen zu durchdenken.
(1) Strategische Impulse: Es gibt sog. strategische Ereignisse, die verstärkte Pla-
nungsbemühungen ratsam werden lassen. Prioritäten für derartige strategische
Projekte werden nicht durch Ist-Zahlen untermauert, sondern durch Vorhersagen,
Gutachten, Spekulationen (Bsp.: Ein Hauptwettbewerber wird aufgekauft, Krieg
im Haupt-Exportland; Konkurrent eröffnet bahnbrechendes Patent etc.).159
(2) Promotoren-Impulse: Ebenso forcieren Manager Planrevisionen ohne Vorliegen
von Ziellücken; bei Management-Wechsel oder in besonderen Firmensituationen
(z.B. vor oder nach Aufkäufen). Auch Banken lösen Planungsdruck aus.
(3) Ziellücken-Impulse: Der größte Planungsdruck kommt jedoch auf, wenn sich
Führungskräfte mit langfristig drohenden Planungslücken konfrontiert sehen.

b.) Gap-Analysen zum Aufdecken strategischer Planungslücken


Gap-Analysen sind Soll-/Ist-Abweichungsanalysen. Sie sollen zukünftig drohende
strategische Planlücken rechtzeitig erkennen. Abb.2-16 zeigt das Phänomen der sich
im Zeitablauf ausdehnenden Ziellücken (Gaps) und wie diese durch Sondermaß-
nahmen eventuell geschlossen werden können. Neben der realistischerweise erwarte-
ten Entwicklung sind auch pessimistische und optimistische Zukunftsverläufe in die
Ziellücken-Analyse einzubeziehen. Der in Abb.2-16 geplante Produktbereich ist in
einer schwierigen Lage. Sondermaßnahmen zur Abmilderung der drohenden Um-
satzlücke wirken sich erst 2008 aus. Selbst bei optimistischer Zukunftserwartung und
trotz der vorgesehenen Zusatzmaßnahmen kann die Ziellücke im strategischen Zeit-
raum nicht geschlossen werden. Entweder die gesamte Unternehmensplanung ist als

Abb.2-16
ZIELLÜCKENANALYSE (GAP-ANALYSE)
2007 2008 2009 2010 2011 2012
SP/OP-Planwerte 120 130 145 160 170 190
- Forecast (pessimistisch) 115 100 95 90 95 100
Ziellücke-1 -5 -30 -50 -70 -75 -90
+ Umsatz Sondermaßnahmen 0 5 10 20 30 30
Ziellücke-2 -5 -25 -40 -50 -45 -60
+ Zusatzumsatz (optimistisch) 0 5 10 15 20 25
Ziellücke-3 -5 -20 -30 -35 -25 -35

Planabweichung Ziellücke-1 -4,2% -23,1% -34,5% -43,8% -44,1% -47,4%


Planabweichung Ziellücke-2 -4,2% -19,2% -27,6% -31,3% -26,5% -31,6%
Planabweichung Ziellücke-3 -4,2% -15,4% -20,7% -21,9% -14,7% -18,4%
(in 1000 EUR)

ZIELLÜCKEN-ANALYSE

200
SP/OP-Planw erte

150 - Forecast
(pessimistisch)

Ziellücke-1
100
in 1000 EUR

+ Umsatz
50 Sondermaßnahmen

Ziellücke-2

0
+ Zusatzumsatz
(optimistisch)
-50
Ziellücke-3

-100
2007 2008 2009 2010 2011 2012
Planungszeitraum

159
das gilt auch für neue Produkte, für die auch noch keine Ist-Zahlen vorliegen
70 Marktorientierte Unternehmensführung

unrealistisch zu revidieren; oder es müssen dringend weitere Aktionen zum Schlie-


ßen der Ziellücke in Angriff genommen werden.

c.) SWOT-Analysen zum Aufdecken strategischer Schwächen


Alle Strategien bleiben Wunschträume, wenn die Unternehmung ihre Ist-Situation
nicht ganzheitlich analysiert. Deshalb sollte jede Unternehmensplanung im Vorfeld
eine SWOT-Analyse durchführen. Diese betrachtet mit den Strengths / Weaknes-
ses / Opportunities und Threats zum einen unternehmensinterne Chancen- bzw.
Risikopotenziale und zum anderen Einflüsse, die aus dem Unternehmensumfeld eine
Strategie positiv oder negativ beeinflussen können. Abb.2-17 zeigt eine typische
Struktur. Inhaltlich geht es um die in Deutschland gescheiterte Wal-Mart-Strategie.
Abb.2-17
SWOT-ANALYSE FÜR EIN US-UNTERNEHMEN

STRENGTHS WEAKNESSES

starke Unternehmensphiloso- Amerikanische Mentalität


phie Passt die deutsche Mentalität
Preiskriegerfahrung zur Firmenkultur?
Innovativ und flexibel Keine Erfahrung im Europage-
Extreme Serviceorientierung schäft
Gutes Vertriebs- und Logistik- Keine gewachsene Infrastruktur
system

OPPORTUNITIES THREATS

Größe des euopäischen Marktes Stark gesättigter Markt


Deutschland ist nicht service- Stark regulierter Markt
verwöhnt Europäische Einzelhandelskon-
Das Every-Day-low-Prices- zerne sehr stark
Prinzip funktioniert weltweit Fachgeschäfte beliebt
Neue Konsumqualitäten durch Wenig Raum für große Märkte
europäische Marktöffnung Hohes Lohnniveau
Wenig Zahlungsbereitschaft für
Service

d.) Polaritätenprofile zur Stärken-/Schwächenanalyse


Die SWOT-Matrix ist eine qualitative strategische Standortbestimmung mit Hilfe
von Mitarbeitern und Experten. Häufiger noch werden in der Praxis die Planungs-
voraussetzungen mit Hilfe von Polaritätenprofilen visualisiert.160 Gut daran ist, dass
man die eigenen Vorteils- / Nachteilspositionen in Relation zu den Hauptkonkur-
renten quantifizieren kann.
BEURTEILUNGSOBJEKTE
Abb.2-18 Methodisch ist ein Polaritätenprofil “ein aus dem FÜR PROFILANALYSEN
semantischen Differential abgeleitetes, multidimen- (1) Produkte / Marken
sionales Verfahren zur Messung von (2) Geschäftsfelder
Einstellungen.”161 Alle denkbaren Planungsobjekte (3)
(4)
Niederlassungen
Wettbewerber
der Abb. 18 können nach den für sie als relevant (5) Länder, Verkaufsregionen
(6) Produktgestaltungen
erachteten Beurteilungskriterien auf Beurteilungs- (7) Werbeanzeigen
skalen bewertet werden. Diese Einschätzungen wer- (8) Messestände
(9) Mitarbeiterqualifikationen
den nebeneinander visualisiert und durch Linienzug (10) Kunden u.v.a.m.
verbunden. So ergibt sich das typische Profilbild
160
vgl. Hinterhuber, (Unternehmensführung), 1980, S. 48
161
Pepels, (Käuferverhalten), 1995, S. 298; wobei die von Hofstätter erarbeitete Methode stets mit
einer Anzahl von 24 feststehenden Eigenschaftspaaren (Itempaaren) arbeitet, anhand derer die Befrag-
ten ihre Einstellungen zu ganz unterschiedlichen Objekte abgeben, vgl. Hofstätter, (Sozialpsycholo-
gie), 1964, S. 256
2. Kapitel: Das Marketing-Management 71

Abb.2-19 Dürner
OCG
Fenstra

10,0
8,0

DURCHSCHNITTSWERTE DER
Wettbewerbsvergleich für
Polaritätenprofil:

3 Fensterhersteller

BEURTEILUNGEN
6,0
4,0
2,0
0,0

Abwicklung

Preisflexibilität
Qualität

Promotion
Außendienst

Lieferzeiten
techn.Beratung

Erfolgsfaktoren für den Wettbewerbsvergleich

der Polaritäten. Aussagefähig ist die Methode erst durch die vergleichende
Darstellung von zwei oder mehreren Eigenschaftsprofilen in der gleichen Grafik.

Abb.2-19 liefert einen Wettbewerbsvergleich für drei Fensterhersteller nach der Profil-
technik. Es ist gut zu sehen, dass Fenstra bei vergleichsweise schlechterer Qualität die
Priorität auf den Verkauf legt, während die Stärken von Dürner eher bei Qualität und
technischer Beratung gesehen werden. Die Firma OCG verfolgt einen Mittelweg
zwischen Qualitäts- und Verkaufsstrategie; bis auf die technische Beratung, wo man
führend ist. Das Beispiel vergleicht die Ist-Einschätzungen mehrerer Wettbewerber.
Ebenso können Soll-/Ist-Beurteilungen gut in Form von Profilen dargestellt werden.

Profilanalysen sind für verschiedene Auswertungen sehr zu empfehlen:


• Für Stärken-/Schwächenanalysen durch vergleichende Gegenüberstellung der
Beurteilungswerte der verschiedenen Untersuchungsobjekte,
• für Soll-/Ist-Analysen für angestrebte Eigenschaften oder Leistungen von
Untersuchungsobjekten durch Vergleich von Zielwerten und Ist-Zuständen,
• für Gestern-/Heute-Analysen durch vergleichende Darstellung von
Beurteilungen einzelner Untersuchungsobjekte zu verschiedenen Zeitpunkten.
Der Strichzug der Profillinie kann auch in eine runde Trapezdarstellung über-
führt werden (s. Flächendiagramm bei MS Excel).

Diese Ausführungen leiten zu einem der wichtigsten Analysebereiche der strategi-


schen Planung hin: zu der Analyse des Marktes bzw. der wichstigsten Konkurrenten.

e.) Wettbewerbsanalyse und Wettbewerbsstrategien


Grundsätzlich können alle Methoden zur Bestimmung der eigenen Stärken und
Schwächen (alle Methoden der Ist-Analyse) auch auf Wettbewerbskonstellationen
angewendet werden. Das Wissen über die Konkurrenz sollte in einer Wettbewerber-
Datenbank gespeichert werden.
72 Marktorientierte Unternehmensführung

Wettbewerber-Datenbank

In einer Wettbewerber-Datenbank werden systematisch von allen


Mitarbeitern mit Marktkontakt alle relevanten Wettbewerbsinformationen ge-
sammelt und den Unternehmensressorts auf Abruf zur Verfügung gestellt. Die
Wettbewerber-Datenbank enthält nicht nur quantitative, überprüfbare In-
formationen über Wettbewerber, sondern auch qualitative Einschätzungen und
Vermutungen von Mitarbeitern und Experten über die Konkurrenz.

Abb.2-20 enthält systematisch zu erfassende Wettbewerbsinformationen. Wichtig ist


eine kontinuierliche Datenpflege. Dabei arbeiten Finanzwesen und Marke-
ting/Vertrieb Hand in Hand. Auch F&E und Fertigung sind gefordert, Annahmen
über Innovationspotenziale, Stärken und Schwächen in der Fertigung und über Kos-
tenstrukturen der Konkurrenz zu treffen. Die Wettbewerbsinformationen sollten allen
Mitarbeitern mit Kundenkontakt in einem Data Warehouse auf Abruf zur Verfü-
gung stehen. Ratsam ist es ferner, die Lieferanteile von Konkurrenten bei eigenen
Großkunden, die größten bekannten Wettbewerbsprojekte und bekannte Kampfpreis-
angebote von Konkurrenten im Rahmen von CRM/CAS-Systemen zu pflegen.
Abb.2-20
INHALTE EINER WETTBEWERBSDATENBANK (WETTBEWERBER-DATABASE)

• Kapitalverhältnisse (durch Auskunft, Geschäftsberichte etc.)


• Mitglieder der Geschäftsführung, wichtigste (beste) Führungskräfte (Firmenbrief, Geschäftsbericht)
• Bonität, Zahlungsverhalten (Auskunft, Buchhaltung)
• Ertragssituation (informelle Quellen)
• Hausbank (Rechnungsbelege)
• allgemeine Geschäftsbedingungen (über befreundete Kunden besorgen)
• Standorte, Niederlassungen (Geschäftsbericht, Außendienst)
• Technische Ausrüstungen, maschinelle Anlagen und darauf aufbauend Daten (Annahmen) über Kosten-
strukturen (schwierig zu eruieren)
• Haupthändler, wichtigste Vertriebspartner (Außendienstinformationen, Verkaufsunterlagen des Wettbe-
werbs)
• Hauptkunden und ungefähre Lieferanteile der Wettbewerber (Außendienstinfomationen)
• Hauptprodukte und deren Stärken und Schwächen (Kundenbefragungen, Produktanalysen)
• Lieferzeiten, Liefertreue (aus Angebotsanalysen, Kundenaussagen)
• Patente (Patenrecherchen durch Produktmanagement und Technik)
• Messebeteiligungen (i.d.R. bekannt)
• Werbeagentur (aus Werbebroschüren) und Werbestrategie
• beste Außendienstmitarbeiter (eigener Außendienst, man kennt sich)
• Gehaltsniveau von Führungskräften und Außendienstmitarbeitern (über Headhunter zu erurieren)
• strategische Positionierung (zu analysieren durch Marketingabteilung)
• Listenpreisniveau, Kampfpreise, Sonderkonditionen (aus Angebotsanalysen, Kundenaussagen, verlore-
nen oder wichtigen gewonnenen Projekten
• Kundenzeitung des Wettbewerbers (evtl. über gute Kunden beschaffen)
(Quelle: Winkelmann, (Außendienst-Management), 1999, S. 274-275)

Wettbewerber-Positionierungen
Eine andere, für die Konsumgüterindustrie typische Konkurrenzanalyse stellt Wett-
bewerbsprodukte in von den Käufern als kaufbestimmend empfundenen Nutzenräu-
men dar. Diese strategische Nutzenanalyse deckt dann mögliche Stoßrichtungen für
die Gestaltung und Vermarktung eigener Produkte oder Produktgruppen auf. Wegen
des Bezugs zur Leistungsprogrammpolitik wird die Positionierungstechnik in Ab-
schnitt 4.2.3. aufgezeigt.

2.3.3. Offene Ansätze der Strategischen Planung


Der marktorientierten Unternehmensführung steht ein Arsenal von Planungsmetho-
den zur Verfügung. Hier werden unterschieden:
(1) Offene Planungsansätze: Diese bieten Checklisten für planerische Vorgehenswei-
sen. Die Entscheidung über die beste strategische Alternative wird aber den Füh-
rungskräften überlassen.
2. Kapitel: Das Marketing-Management 73

(2) Geschlossene Planungsansätze: Diese bieten dem Management zugleich mit der
Vorgehensweise eine optimale oder angemessene Lösung sowie Maßnahmenemp-
fehlungen. Hierzu zählen mathematische Optimierungsmodelle (z.B. die lineare Pro-
grammierung), die aber in der Praxis kaum zur Anwendung kommen.

Strategie-Baukästen / Checklisten zur strategischen Planung


Zunächst werden offene Planungsansätze vorgestellt. Bei der Planung sind Prioritä-
ten für strategische Stoßrichtungen zu setzen. Einer der bekanntesten Ansätze für
einen Strategiebaukasten stammt von Becker.162 Nach Becker müssen sich Unter-
nehmen auf mindestens vier strategischen Ebenen festlegen. "Das aber heißt, dass
die optimale marketing-strategische Steuerungsleistung erst durch entsprechende
mehrdimensionale Strategiefestlegungen (= Strategiekombinationen – realisiert
nach der Methode des morphologischen Kastens) erreicht wird."163

Die strategische Tiefe eines Strategieprogramms ist dabei durch die Anzahl der E-
benen, die strategische Breite durch die Anzahl der Entscheidungsalternativen auf
jeder Ebene bestimmt:
(1) Marktfeldstrategien legen die grundsätzliche Ausrichtung des Leistungsprogramms
fest (s. hierzu den Ansatz von Ansoff mit der Abb.2-23),
(2) Marktstimulierungsstrategien bestimmen die Art und Weise der Marktbeeinflus-
sung. Präferenz-Strategien sind typische Markenartikelstrategien, die Leistungsvor-
teile für obere und mittlere Marktsegmente bieten. Preis-Mengen-Strategien gelten
für Discount-Märkte. Für diese stehen Preisvorteile im Vordergrund.
(3) Marktparzellierungsstrategien differenzieren den Standardisierungsgrad der
Marktbearbeitung. Entweder werden Massenmärkte bedient oder Marktsegemente,
die jeweils vollständig oder nur teilweise bearbeitet werden.
(4) Letztlich legen Marktarealstrategien die regionalen Aktionsschwerpunkte für Mar-
Abb.2-21 keting- und Vertriebsmaßnahmen fest.
DER STRATEGIEBAUKASTEN VON BECKER (mit dem Beispiel einer Strategiebildung über die 4 Ebenen)

Markt- Produkt-
1. Ebene: Marktentwicklungs- Diversifikations-
durchdringungs- entwicklungs-
Marktfeldstrategien strategie strategie
strategie strategie

2. Ebene:
Präferenz- Preis-Mengen-
Marktstimulierungs-
strategie Strategie
strategien

3. Ebene: Massenmarktstrategie Segmentierungsstrategie


Marktparzellierungs-
totale partiale totale partiale
strategien

4. Ebene: Marktareal- überregionale multinationale internationale


lokale Strategie regionale Strategie nationale Strategie Weltmarktstrategie
strategien Strategie Strategie Strategie

(Quelle: Becker, (Marketingkonzeption), 2002, S. 148)

In der Praxis reichen vier Ebenen zur Bündelung von Strategiepaketen zu einer Ge-
samtstrategie nicht aus. Wir empfehlen ein Bearbeiten der folgenden Ebenen:
(1) Die Wachstums-, Konsolidierungs- oder Schrumpfungsstrategie:
Durch Auswahl einer dieser drei Alternativen wird die unternehmerische Grund-
richtung bestimmt. Ist die Basisstrategie klar, dann können gemäß den folgenden
Orientierungen Teilstrategien entwickelt und kombiniert werden.
(2) Die Innovationsstrategie / Technologiestrategie zielt auf Wettbewerbsvor-
sprünge durch neuartige Produkte oder neue Verfahrenstechniken.

162
vgl. Becker, (Marketing-Konzeption), 2006, S. 147-388
163
Becker, (Marketing-Konzeption), 2006, S. 352
74 Marktorientierte Unternehmensführung

(3) Die Zielgruppenstrategie bereitet die Geschäftsfeldstrategie vor. Erfolgstrei-


bende Kundensegmente sind nach den Segmentierungsmerkmalen der Abb.1-20
zu bestimmen. Für technische Produkte sind ergänzende Größen zur Zielgrup-
penabgrenzung heranzuziehen (z.B. Produktanwendungen, Struktur und Alter
des Maschinenbestandes, besondere technische Anforderungen etc).164
(4) Die Geschäftsfeldstrategie enthält dann die Ziele und Maßnahmen für die Pro-
dukt-/Marktsegmente, (s. zur PMS- bzw. SGF-Bildung die Abb.2-11); ausge-
richtet auf die strategischen Zielgruppen (Bestimmung der strategischen Leis-
tungsangebote).
(5) Die Wettbewerbsstrategie formuliert Angriffe gegen oder Abwehr von defi-
nierten Konkurrenten oder legt sich auf ein wettbewerbsneutrales Verhalten fest.
(6) Die Marktpositionierungstrategie fasst die strategischen Stoßrichtungen (2)
bis (5) zusammen. Sie versieht Produktgruppen oder Produkte mit besonderen,
von den Kunden als wettbewerbsdifferenzierend empfundenen Nutzeneigen-
schaften. Die SP soll unverwechselbare Nutzenpositionen im Vergleich zu Wett-
bewerbsangeboten realisieren (s. Abschnitt 4.2.3.).
(7) Die Gebietsstrategien legen Marketing- und Vertriebsprioritäten für Kontinen-
te, Länder, Regionen, Verkaufsgebiete fest.165
(8) Die Instrumentalstrategien betreffen Ziele und Maßnahmen für die operativen
Geschäftsbereiche. Sie bestimmen, wie die Märkte und Zielgruppen zu bearbei-
ten sind und mit welcher Priorität einzelne Marketing- und Vertriebsinstrumente
zum Einsatz kommen sollen.
(9) Marktpartnerstrategien / Absatzwegestrategien erarbeiten Ziele und Maß-
nahmen zur Ausgestaltung der Absatzwege und zur Suche nach und Führung
von Vertriebspartnern; insbesondere im Bereich Fachhandel und Fachhandwerk.
(10) Die Organisationsstrategie legt die zur Realisierung der genannten Teilstrate-
gien erforderlichen Ressourcen fest; vor allem betreffend den Mitarbeiterstamm.

Diese Checkliste ist hilfreich, um eine Marktsituation aus verschiedenen Blickwin-


keln heraus zu beleuchten und um eine Strategierichtung für den Markterfolg zu
bestimmen. Spezielle Planungsansätze konzentrieren sich dann weiterführend nur auf
einen oder wenige strategische Erfolgsfaktoren. Hierzu zählt z.B. der Ansatz von
Kotler. Er rückt die Wettbewerbsverhältnisse in den Blickpunkt.

Das System der marktpositionsabhängigen Strategien von Kotler


Kotler stellt die eigene Markt- und Machtstellung an den Anfang der strategischen
Überlegungen. Vier grundsätzliche Marktpositionen sind nach Abb.2-22 in Relation
zum Wettbewerb zu unterscheiden.166 Wie erwähnt, nimmt dieser offene Planungs-
ansatz dem Planenden die Entscheidung über die anzustrebende Marktposition und
die dazu einzuschlagenden strategischen Maßnahmen nicht ab. Je nach angestrebter,
zukünftiger Position empfehlen sich aber bestimmte Maßnahmenschwerpunkte.
Nach Entscheidung über die grobe strategische Stoßrichtung sind für die einzelnen
Planungseinheiten Planzahlen und strategische Einzelmaßnahmen, passend zu den
bestehenden und angestrebten Marktpositionen, auszuarbeiten.

164
vgl. Winkelmann, (Marktsegmentierung), 1999, S. 112-129; vgl. auch die Ausführungen zur Ziel-
gruppenbildung und Marktsegmentierung im 1. Kapitel
165
vgl. z.B. die Triadenstrategie, die davon ausgeht, dass unter der Zielsetzung eines weltweiten Mar-
keting (Globalisierung) Strategieschwerpunkte in den großen 3 Arealen Amerika, Asien und Europa
zu bilden sind: vgl. Becker, (Marketing-Konzeption), 2006, S. 339
166
vgl. Kotler; Keller; Bliemel, (Marketing-Management), 2007, S. 1110-1131. Die Prozentwerte unter den
Spaltenbezeichnungen geben idealtypische Marktanteile wieder, die natürlich im Einzelfall ganz an-
ders aussehen können. Man beachte aber, dass der oder die Marktführer und Verfolger zusammen auf
70% Marktanteil kommen. Dies dürfte eine sinnvolle empirische Größe sein.
2. Kapitel: Das Marketing-Management 75

Abb.2-22

SCHEMA DER MARKTPOSITIONSABHÄNGIGEN STRATEGIEN NACH KOTLER

NISCHENANBIETER
MARKTFÜHRER VERFOLGER MITLÄUFER (10 %)
(40 %) (30 %) (20 %)

Strategieschwerpunkte Strategieschwerpunkte Strategieschwerpunkte Strategieschwerpunkte

• Sichern des Inno- • technologische Kon- • gezielte Imitation • Beschränkung auf


vationsvorsprungs zentration bestimmter Techno- wenige Kernkompe-
• Sichern eines breiten • Konzentration auf logien tenzen
Distributionsnetzes besonders aktive Ver- • opportunistische • Entwicklung einiger
• ständig neue und triebspartner Arrondierung des Ver- Spezialprodukte, die
verbesserte Produkte • gezielte Produkt- triebspartnernetzes vom Potenzial her für
• breites Service-Netz differenzierungen • Preisanpassung an den Marktführer unin-
• Ausbau der Flächen- • gezielte Kampfange- Marktführer teressant sind
Distribution bote bei Key Ac- • schlankes Service- • restriktiver Ausbau
• flexible Preispolitik, counts netz des Händlernetzes
Abwehr von Kampf- • Sonder-Service- • Werbung auf „Spar- • Beschränkung auf
angeboten der Ver- vereinbarungen mit flamme“ regionale Märkte bzw.
folger Großkunden • bei Verkaufsförderung auf Randzielgruppen
• Erschließen neuer • Abwerben guter nur das Nötigste • für Nischenprodukte
Anwendungen Außendienstler • konsequente Kosten- erstklassiger Service
• Erschließen neuer • selektive Akquisition orientierung • Hochpreispolitik
Märkte - Verkaufsre- in besonders interes- • regionale Werbung
gionen santen Teilmärkten • beschränktes Ziel-
• kontinuierliche Me- • gezieltes Key Ac- gruppenkonzept
dienwerbung counting • eher kundenbezoge-
• Verkaufsförderung • Priorität für Direkt- ne Verkaufsförderung
auf breiter Front marketing • in ausgewählten
• Beteiligung auf allen • selektive Messestra- Bereichen Kooperati-
relevanten Messen tegie on mit Marktführer

Kotler entnahm die „typischen“ Marktanteile für die vier Konkurrenztypen aus der
PIMS-Forschung. Golder und Tellis kritisieren insbesondere den mit 40 Prozent sehr
hohen Marktanteil für den Marktführer. Sie weisen zudem nach, dass auch die Posi-
tion des Verfolgers recht attraktiv sein kann:167
• Der durchschnittliche Marktanteil für Pioniere liegt nur bei 10 Prozent.
• Die ehemaligen Pioniere sind nur noch in 4 der 36 von Golder und Tellis unter-
suchten Produktkategorien Marktführer.
• Eine Marktführung in einem Produktbereich lässt sich nur max. 5 Jahre halten.
• Die Versagerrate der Marktführer liegt bei 47 Prozent.

Die 4-Felder Produkt-/Marktmatrix von Ansoff


Ansoff stellt die Planung des Leistungsangebotes in den Mittelpunkt.168 Die Gesamt-
strategie ergibt sich als Kombination von alten oder neuen Produkten mit alten oder
neuen Märkten (s. Abb.2-23). Märkte können als Regionen, Anwendungen oder
Zielgruppen definiert werden. Sind z.B. neue Produkte für bestehende Märkte zu
forcieren, so spricht man von einer Produktentwicklungsstrategie. Der Produktbe-
griff sollte aber nicht zu eng ausgelegt werden. Es geht um Produktgruppen oder um
strategische Geschäftsfelder, von der ganze Produktionsanlagen, Werke oder Unter-
nehmensteile abhängen. Deshalb wird hier der Begriff SGF-Entwicklung bevorzugt.
Grundsätzlich unterscheidet Ansoff vier strategische Alternativen:

167
vgl. Golder, G.J.; Tellis, G.J.: (Pioneer Advantage), in: Journal of Marketing Research, 1993, S.
158-170
168
vgl. Ansoff, (Marketing Strategy), 1966, S. 133 ff.
76 Marktorientierte Unternehmensführung

Abb.2-23 Marktdurchdringung = stärkere


Ausschöpfung bestehender Kunden- DIE ANSOFF-MATRIX
potenziale,
(1) Marktentwicklung = mit vorhan-
denen Produkten in neue Märkte

neue Produkte
(Zielgruppen) eindringen, SGF- Diver-
(2) Geschäftsfeldentwicklung / Pro- Entwicklung sifikation
duktentwicklung = mit neuen
Produkten bestehende Märkte si-
chern oder ausweiten
(3) und Diversifikation (neue Ge-
schäftsfelder für neue Märkte

alte Produkte
Markt- Markt-
entwickeln). durchdrin- entwicklung
gung
Abb.2-24 enthält Schwerpunktmaß-
nahmen für die einzelnen Strategien
des Ansoff-Schemas.169 Weitere Er-
läuterungen folgen im 4. Kapitel. bestehende Märkte, neue Märkte,
und Kunden neueKunden

Abb.2-24
bestehende Märkte neue Märkte
PRODUKTENTWICKLUNG DIVERSIFIKATION
neue Produkte ⌦ •

Neuproduktentwicklung
Innovationen marktreif entwickeln
• auf gleicher Wertschöpfungsstufe
(horizontal)
• Produktdifferenzierung • auf vor- oder nachgelagerter Stufe
• Vertragsentwicklung (vertikal)
• Firmenübernahme • ohne Bezug zum bisherigen Ge-
• Lizenzkauf schäft (lateral)
bestehende MARKTDURCHDRINGUNG MARKTENTWICKLUNG
Produkte ⌦ •

Verstärkung Neukundensuche
Steigerung Einkaufsmenge
• Nutzen neuer gesetzlicher Anwen-
dungsvorschriften
• Verkürzung Folgekauffrequenz • Erschließung neuer Anwendungen
• Wettbewerbsverdrängung • regionale Geschäftsausweitung
• Erschließung neuer Zielgruppen bzw. Internationalisierung
• Cross-Selling • Erschließung neuer Vertriebskanäle
• Produktvariation
• Zweitmarkenstrategie

Die Unternehmensberatung Cap Gemini Ernst & Young untersuchte 1995 die Strate-
gien erfolgreicher Unternehmen. 40% der Unternehmen waren mit der Strategie der
Diversifikation erfolgreich. 24% betrieben Marktentwicklung, 18% verfolgten Pro-
duktentwicklung und wiederum 18% legten sich auf die Strategie einer verstärkten
Marktdurchdringung fest.170 Die Schlussfolgerungen der Studie:
(1) Einproduktfirmen schaffen nicht mehr Werte als diversifizierte.
(2) Konglomerate besitzen zusätzliche Möglichkeiten, Shareholder Value zu schaffen.
(3) Der rasche Wandel und das Zusammenwachsen von Branchen kommen hochdi-
versifizierten Unternehmen zugute.

Dagegen steht die Devise: Zurück zu den Kernkompetenzen. Das Thema wurde
vor einigen Jahren aktuell; durch den Strategiewechsel des Daimler Konzerns von
der Ära Reuter (Aufbau eines Technologiekonzerns durch Diversifikation) hin zur
Mission von Schrempp: Zurück zur Kernkompetenz Auto.

Das bedeutet: Fehlende Kernkompetenzen werden zugekauft. Geschäftfelder ohne


Kernkompetenzen werden abgestossen. Im Widerspruch zu der Forderung nach Be-
schränkung auf Kernkompetenzen stehen jedoch Studien wie die der Premium
169
vgl. als Erweiterung zu Weis, (Marketing), 2004, S. 248
170
vgl. o.V. (Mutmacher), in: MM, 12/1995, S. 140-144
2. Kapitel: Das Marketing-Management 77

Conglomerates der Boston Consulting Group. Diversifizierte Mischkonzerne verdie-


nen danach nicht die Bezeichnung „lahme Dinosaurier und Wertevernichter“.171

Einbezug von strategischen Kostenvorteilen bei Porter


Nach Porter sollten Strategien die Erfolgstreiber Marktsegmentierung einerseits so-
wie hohe Qualität versus niedrige Kosten andererseits in den Mittelpunkt stellen:172
(1) Soll das Leistungsprogramm einen Gesamtmarkt bedienen, oder will man sich
auf Teilmärkte (technologische Nischen, nur ausgewählte Zielgruppen, Länder-
begrenzungen) beschränken?
(2) Wie will man sich den Kunden gegenüber profilieren: durch Leistungsvorteile
(Qualitätsvorteile) oder durch Preisvorteile? Eine Preisführerschaft (niedrige
Preise!) muss durch Kostenvorteile abgesichert sein.
Abb.2-25 Abb.2-25 zeigt die daraus folgenden vier
DIE PORTER-MATRIX
Basisstrategien:
(1) die Qualitätsführerschaft mit Leis-
tungsvorteilen im Gesamtmarkt, aber
auch mit dem Risiko einer Kos-
Gesamtmarkt

Qualitäts- Kostenführer,
führer tenführerschaft,
Discounter
(2) die Strategie eines Nischenspezialis-
ten mit Qualitätsvorteilen in den
ausgewählten Teilmärkten (für die
ausgewählten Zielgruppen),
(3) die auf Massenmärkte (Economies of
Nischen- Nischen- Scale173) zielende Gesamtmarkt-
Teilmärkte

spezialist discounter Kostenführerschaft mit dauerhaften


Niedrigpreisen bei kalkuliert verrin-
gerten Produktqualitäten,
(4) die auf Abschöpfen von Teilziel-
gruppen ausgerichtete Niedrigpreis-
Leistungsvorsprung Kostenvorsprung strategie in Teilmärkten (Nischen-
discounter).
FRAGMENTIERUNGSMATRIX
Abb.2-26 Für die marktorientierte Unterneh-
mensführung sind die auf Leistungs-
vorteile zielenden Strategien mit hohen
Spezialprodukte

KAM- Herausforderungen verbunden. Groß-


Zielgruppen-
Strategie strategie kunden sind immer weniger bereit,
Qualitätsführerschaften bei ihren Ein-
kaufspreisvorstellungen zu honorieren.
Teilmarktstrategien bergen das Risiko,
dass die Absatzmengen nicht groß ge-
Standardprodukte

nug sind, um signifikante Kostende-


Kiosk- Massen- gressionseffekte zu erzielen.
strategie geschäft
Fragmentierungsmatrix
Abb.2-26 verbindet die Frage der
Komplexität auf der Leistungsange-
botsseite mit der Komplexität der An-
Kundensegmente Massenkundschaft
forderungen bei der Kundenbetreuung.
171
vgl. die Ausführungen bei Nölting, (Anstoß), in: MM, 12/1996, S. 146-158
172
vgl. Porter, (Wettbewerbsstrategie), 1999, S. 70-85
173
vgl. zu diesem Phänomen: Becker, (Marketing-Konzeption), 2006, S. 313, 458 ff.
78 Marktorientierte Unternehmensführung

Eine Ausrichtung auf Großkunden (Key Accounts) mit der Vermarktung individuel-
ler Problemlösungen erfordert andere Strategien als die Distribution von Standard-
produkten (Commodities) in Massenmärkten. Anhand der strategischen Ausgangs-
matrix lassen sich Geschäftschancen und -risiken voraussagen.

Im nächsten Schritt ist nach Planungsansätze zu fragen, die auch eine Richtung für
optimale Lösungen und Maßnahmen vorgeben.

2.3.4. Geschlossene Konzepte der Strategischen Portfolioplanung


Die grundlegende Planungstechnik
Le Portefeuille ist eine Brieftasche. In einem Finanzportfolio sind Kapitalanlagen im
Hinblick auf die Zielsetzungen Gewinn und Risiko optimal zu mischen.174 In der
Politik versinnbildlicht ein Portfolio die Dokumentenmappe des Ministers mit allen
wichtigen Ressortvorgängen.175 Diese Leitidee einer strategisch-ganzheitlichen Op-
timierung aller geschäftlichen Aktivitäten wurde in den 70er Jahren in die Betriebs-
wirtschaftslehre übernommen. Als Werkzeuge der strategischen Planung sind Portfo-
lios mittlerweile bei größeren Unternehmen bestens etabliert. Zu verdanken ist dieser
Planungsansatz Unternehmensberatungen wie der Boston Consulting Group oder
McKinsey sowie der renommierten Datenbank aus dem PIMS-Projekt.176 Der beson-
dere Vorteil der Portfoliotechnik: Ein Portfolio zeichnet gleichsam eine „Landkarte
des Marktgeschehens“. Es lenkt mit großer Visualisierungskraft die marktorientierte
Unternehmensführung auf die Fragen:

Wo stehen unsere Planungseinheiten177 im Wettbewerbsvergleich (veran-


schaulicht durch Positionen in einer zweidimensionalen Matrix)?
Welche Planungseinheiten sollen strategisch forciert, welche in ihrer Bedeu-
tung zurückgenommen werden?
Befindet sich das Portfolio in einem finanzwirtschaftlichen Gleichgewicht, so
dass die Unternehmung, ohne auf Kredite von außen angewiesen zu sein, den
Weg zur strategischen Zielerreichung meistern kann?

Wir zählen die Portfoliotechnik zu den geschlossenen Ansätzen. Denn die Planungs-
methodik empfiehlt dem Planenden, je nach Position einer Planungseinheit im Port-
folio, eine Leitstrategie (Normstrategie) mit geeigneten Planungsmaßnahmen. Dies
war bei den offenen Planungsansätzen nicht der Fall.

Die 4-Felder BCG-Matrix und Normstrategien


Es ist ein Phänomen, wie lange sich das Planungskonzept der Boston Consulting
Group178 in Theorie und Praxis behauptet. Der Grund liegt u.a. in einer faszinieren-
den Einfachheit: Der Markterfolg einer Unternehmung wird auf zwei Erfolgsfak-
toren, Marktanteil und Marktwachstum, zurückgeführt. Nach diesen beiden
Größen lassen sich Planungseinheiten in einem Portfolio klassifizieren und optimie-
ren. Die Planungsmethode läuft in folgenden Schritten ab:
(1) Entscheidung, was geplant werden soll (Bestimmung der Planungseinheiten),
(2) Bestimmung (Marktanalyse) der relevanten (oder relativen) Marktanteile der
Planungseinheiten sowie der Marktwachstumsraten (über 1 bis 3 Jahre),
(3) sinnvolle Dichotomisierung der Erfolgsfaktoren Marktanteil und Marktwachs-

174
Zu den finanzwirtschaftlichen Ausgangsgedanken der Portfoliotheorie vgl. Süchting, 1978, S. 274 ff.
175
vgl. Preißler, (Controlling), 2000, S. 238
176
vgl. zur Studie „Profit impact on market strategy“ Buzzel; Gale, (PIMS), 1989
177
den Ausdruck einer Planungseinheit wollen wir zukünftig anstelle von Produkt, Produktgruppe, Ge-
schäftsfeld o.ä. benutzen.
178
vgl. Dunst, (Portfolio Management), 1979
2. Kapitel: Das Marketing-Management 79

tum in hoch und niedrig, so dass sich die Planungseinheiten möglichst gut in der
Portfoliomatrix verteilt darstellen,
(4) Positionierung der Planungseinheiten in der Portfoliomatrix gemäß den Werten
der Marktanalyse in den Portfoliofeldern,
(5) Beurteilung der Wettbewerbsfähigkeit des Gesamtportfolios,
(6) Bestimmung von Normstrategien für die Planungseinheiten in den 4 Feldern,
(7) Ableiten von Planzahlen und Einzelmaßnahmen für die Planungseinheiten ent-
sprechend der optimalen Normstrategie (strategisch und operativ).

⌦ MARKTANTEIL ⌦ MARKTWACHSTUM
relevanter Marktanteil 0 – 100% oder Wachstum des relevanten Marktes in %
relativer Marktanteil <1, 1, >1 0 bis sinnvolle Wachstumsrate
Skala zu teilen in niedrig / hoch Wachstum zu teilen in niedrig / hoch

Die Werte für das Marktwachstum und die Marktanteile der Konkurrenten können
durch Expertenbefragungen, Marktanalysen, Verbandskontakte, Branchenexperten
oder durch Wettbewerbsaustausch auf Messen oder Konferenzen gewonnen werden.
Sie sind als Einschätzungen von Fachleuten nach „bestem Wissen und Gewissen“ zu
akzeptieren.179

Abb.2-27 zeigt die typische BCG-Portfoliostruktur. Werden die beiden Positionie-


rungsachsen Marktanteil und Marktwachstum sinnvoll in hoch und niedrig unterteilt,
so ergeben sich kombinativ vier Felder mit den plastischen Bezeichnungen Question
Marks, Stars, Cash Cows, Dogs. Die Planungseinheiten sind gemäß ihren Prozent-
werten in der Matrix zu positionieren. Die Umsatzvolumina sollten durch die Kreis-
größen wiedergegeben werden. Die Pfeile skizzieren den Weg einer
Abb.2-27

In vielen
BCG-
Projekten
wird mit
dem
relativen
statt mit dem
relvanten
Marktanteil
gearbeitet.
(s. Z.B.
Kotler; Kel-
ler; Bliemel,
2007, S. 96)
80 Marktorientierte Unternehmensführung

Abb.2-28
DIE 4-FELDER DER BCG-MATRIX UND EMPFOHLENE NORMSTRATEGIEN

QUESTION MARKS = Fragezeichen, Nachwuchs


⌦ Produkte prüfen / ggf. Wachstumsstrategie / investieren
STARS = Sterne, Renner
⌦ Kräftigungsstrategien / investieren / ausbauen
CASH COWS = Melkkühe, Cash Flow Bringer
⌦ Sicherungsstrategien / Investitionen einschränken
POOR DOGS = Arme Hunde, Problemprodukte
⌦ Marktaustrittsstrategien / desinvestieren

Abb.2-29
MARKETING- UND VERTRIEBSMASSNAHMEN FÜR DIE PORTFOLIO-FELDER

QUESTION MARKS STARS

Technologiepolitik F&E abschließen, Serienreife Technologievorsprung sichern


Vertriebspartnerpolitik Händlernetz aufbauen Händlernetz optimieren
Leistungsprogrammpolitik technische Optimierung Produktvariationen
Konditionenpolitik Einführungspreis-Strategie umsatzfördernde Rabattpolitik
Verkaufspolitik Aufbau Vertriebskanäle Aufbau Key Account Management
Kommunikationspolitik Media-Einführungswerbung verstärkte Direktwerbung

DOGS CASH COWS

Technologiepolitik nur noch Ersatzteil-Optimierung Produktdifferenzierungen


Vertriebspartnerpolitik keine neuen Händler mehr Verkaufsförderung für Relaunch
Leistungsprogrammpolitik keine Produktentwicklung mehr Wertanalyse, Kosten senken
Konditionenpolitik Ausverkaufspreise Start Abverkaufsaktionen
Verkaufspolitik Außendienstbesuche einstellen verstärkt Händler einschalten
Kommunikationspolitik Werbung zurückfahren Abverkaufswerbung

Planungseinheiten im Portfolio über den Zeitraum des Produktlebenszyklus


(Technologielebenszyklus).180 Je nach Position im Portfolio sind sinnvolle strategi-
sche Stoßrichtungen, die sog. Normstrategien, einzuschlagen (Abb.2-28). Diese
Normstrategien müssen branchen- und unternehmensspezifisch weiter verfeinert
werden (Abb.2-29).

Die marktorientierte Unternehmensführung wird darauf abzielen, Question Marks


zu neuen Stars zu entwickeln. Cash Kühe sind so lange wie möglich zu sichern (zu
„melken“). Deren finanzwirtschaftliche Überschüsse fließen in die neuen Produkte
und in die Sterne. Dogs sind strengen Kostenanalysen zu unterziehen. Sie werden bei
nicht mehr ausreichenden Deckungsbeiträgen oder wenn deren Ressourcen in ande-
ren Unternehmensteilen benötigt werden, eleminiert (Marktaustritt). Relaunch-
Strategien versuchen, den Übergang einer Melkkuh-Position in die Dog-Position zu
verhindern, bzw. Melkkuh-Positionen abzusichern. Auf jeden Fall muss in einer kri-
tischen Phase der Absturz des Marktanteils verhindert werden.

Die Grenzwerte, wann Marktwachstum und Marktanteile als über-, wann als unter-
durchschnittlich zu beurteilen sind, sollten durch Experten bestätigt werden. Nach
Abb.2-30 kann die gleiche Marktsituation sonst zu einem Topp- oder einem Flop-
Portfolio mit völlig unterschiedlichen Normstrategien führen.

179
ausgenommen Monopole oder Oligopol-Branchen mit sehr guten Insider-Verbindungen oder Branchen,
die volkswirtschaftlich umfassend erfasst werden. So kennen z.B. die KFZ-Hersteller ihre Marktanteile
(nach Zulassungen) sehr genau durch das Kraftfahrzeugbundesamt in Flensburg.
180
Vgl. zum Produktlebenszyklus Haedrich; Tomczak, (Produktpolitik), 1996, S. 98-107; Homburg;
Krohmer, (Marketingmanagement), 2006, S. 451-459
2. Kapitel: Das Marketing-Management 81

Abb.2-30 16 20

18
Übung: 14
E 16
(1) Be- 12
schreiben 14
E
Sie für beide 10 B 12
D
Skalenein- 8 A 10 B
teilungen bei D
8 A
gleichem 6

Produktpro- C 6
C
4
gramm die 4

Normstrate- 2 2

gien. 0
(2) Welche 0
0 2 4 6 8 10
0 2 4 6 8 10 12 14 16

Planung ist
die "richti-
ge"? Das Verfahren ist äußerst flexibel. Nicht nur produktbezogene Portfolios können
erstellt werden, wie die Abb.2-31 zeigt.
Abb.2-31
MÖGLICHKEITEN DER PORTFOLIO-BILDUNG

Unternehmensportfolios Positionierung von Tochtergesellschaften


Wettbewerbsportfolios Positionierung von Wettbewerbern
Länderportfolios Positionierung von Ländern und Regionen
Technologieportfolios Positionierung ganzer Technologien
Kundenportfolios Positionierung von Schlüsselkunden

„Richtig und Portfolioplanung mit relativen Marktanteilen


konsequent Das Beispiel der Abb.2-27 beruhte auf prozentualen Marktanteilen im relevanten
praktiziertes
Portfolio-
Markt. Das Verfahren zeigt in dieser Form aber nur die eigenen Marktanteile der
Management Planungseinheiten an. Es macht die Relationen (Abstände) zum Wettbewerb nicht
grenzt die deutlich. Was bedeutet ein scheinbar hoher Marktanteil von 42%, wenn der größte
schwachen Konkurrent mit 51% dominierender Marktführer ist. Wenn also in besonderer Weise
Marken aus
und konzent- die Relationen der eigenen Geschäftsfelder zur Konkurrenz sichtbar werden sollen,
riert die dann sollte ergänzend mit relativen Marktanteilen geplant werden.182
Ressourcen
auf poten- Ein gutes Beispiel bietet hierzu die GlaxoSmithKline.183 GSK ist mit 37 Mrd. US$
zielle Ge-
winner.“181 Umsatz und knapp 100.000 Mitarbeiter einer der Weltmarktführer bei Pharma- und
Gesundheitsprodukten. Der deutschen Tochtergesellschaft in Bühl ist es gelungen,
nahezu alle Marken innerhalb von 10 Jahren als definierte Powerbrands zu Markt-
führern aufzubauen. Für diese Leistung in dem hart umkämpften Markt erhielt sei-
nerzeit SmithKline Beecham den Deutschen Marketingpreis 1998.

Abb.2-32 stellt die Markenportfolios im Zeitraum 1985 und 1997 gegenüber. 1985
bestand das Portfolio aus einem bunten Mix von von Produkten ohne ausreichende
Finanzkraft, um führende Marktpositionen zu erreichen. Duschdas war vom Umsatz-
volumen zu klein. Von den Cash-Generatoren fehlte Odol die Wachstumsperspekti-
ve. Uhu passte nicht in das Programm. Das Portfolio 1997 zeigt die Konzentration
auf Gesundheitsprodukte. Im Sog der Strategie hat sich selbst die ehemals träge
Marke Dr. Best zu einem Marktführer entwickelt. Die Geschäftsleitung führt den
Erfolg auf den konsequenten Einsatz der Portfoliotechnik zurück.
181
aus dem Interview mit Scheske in gleicher Quelle, S. 99
182
wobei die planende Unternehmung dann bei allen Portfolio-Eintragungen mit einer relativen
Marktanteilsposition > 1 eine marktführende Stellung in dem Geschäftsfeld innehält: vgl. das Beispiel
bei Kotler; Keller; Bliemel, (Marketing-Management), 2007, S. 96
183
vgl. Clef, U.: (Powerbrands), in: ASW, Sondernummer Oktober 1998, S. 98-107
82 Marktorientierte Unternehmensführung

SmithKline Beecham Portfolio mit relativen Marktanteilen 1985 SmithKline Beecham Portfolio mit relativen Marktanteilen 1997

25 15

HOCH Duschdas HOCH


13 Fagorut
Marktwachstum (%)

20

11

Marktwachstum (%)
15 9 Granu Fink

7 Abtei
10 Dr. Best
Odol Mundspülung
Badedas Odol Mundwasser 5 Cetebe Odol Mundwasser
Fissan
Pitralon
5 Odol Mundspray 3 Dr. Best

NIED- UHU NIED-


RIG RIG 1 Eunova
0
-1 0 1 2 3 4 5 6 -1 0 1 2 3 4 5 6
-1

NIEDRIG HOCH relativer Marktanteil NIEDRIG HOCH relativer Marktanteil


-5 -3

Abb.2-32
In ein Portfolio könnten auch die Planungseinheiten von Wettbewerbern eingetragen
werden. Die Portfoliokreise für Produkte oder Geschäftsfelder im gleichen relevan-
ten Markt liegen dann jeweils auf horizontalen Linien, da davon auszugehen ist, dass
für alle Anbieter das gleiche Marktwachstum gilt. Das Portfolio wird dann aber
schnell unübersichtlich. Daher ist es empfehlenswert, die Hauptwettbewerber in ge-
sonderten Portfolios darzustellen.

Dynamische Portfolios
Die Positionierungen im Portfolio sind Momentaufnahmen bzw. sollten die Entwick-
lung in einem überschaubaren Zeitraum (z.B. über 1 - 3 Jahre) widerspiegeln. Für
zukünftige Zielpositionen sind Zukunftsportfolios zu erstellen. Es können auch meh-
rere zeitverschiedene Positionen einer Planungseinheit in einer Matrix dargestellt
werden. Man erkennt die Veränderungen der Wettbewerbsfähigkeit im Zeitablauf.
Bei mehreren Planungseinheiten wird ein Portfolio jedoch unübersichtlich.184

Erfahrungskurveneffekt und Wachstumsdruck


Das BCG-Konzept drängt die Unternehmen in eine Schlacht um Marktanteile. Der
Schnellere gewinnt, weil er eher Kostendegressionseffekte nutzen kann als seine
Konkurrenten, um
• bei unveränderter Preisstellung höhere Gewinne zu erzielen oder
• trotz Preisrücknahmen unveränderte Gewinnspannen zu erzielen und dadurch Wett-
bewerber mit (noch) geringerem Marktanteil und daher ungünstigerer Kostenstruk-
tur zu benachteiligen.185

Das Geheimnis liegt in dem empirisch nachgewiesenen Phänomen der Erfah-


rungskurve. Nach dieser Hypothese sinken (nur in einem bestimmten Mengenbe-
reich) bei einer Produktionsmengen-Verdoppelung (und vollständigem Abverkauf)
die Stückkosten um ca. 20 – 30%.186 Abb.2-33 nennt vier Ursachen für die Kosten-
degressionseffekte. Praktiker sprechen von einem der wenigen Laws of Business,
obwohl auch das Erfahrungskurven-Konzept mit Problemen behaftet ist.187

184
vgl. zur Darstellung von Ist- und Soll-Positionierungen: Weis, (Marketing), 2004, S. 109
185
u.U. kann der schnelle Innovator Wettbewerber dann ganz aus dem Markt heraushalten
186
vgl. zum Konzept der Erfahrungskurve z.B. Becker, (Marketing-Konzeption), 2006, S. 422-424 sowie
die dort angegebene Literatur
187
vgl. Backhaus; Voeth, (Industriegütermarketing), 2007, S. 248
2. Kapitel: Das Marketing-Management 83

Abb.2-33
FIXKOSTENDEGRESSIONSEFFEKTE
„economies of scale“: Verteilung der Gemeinkos-
ten auf größere Ausbringungsmengen bzw. gerin-
gere Anlagen-Leerkosten.

LERNEFFEKTE
ERFAHRUNGSKURVEN- Vorteile durch höhere Effizienz in Fertigung und
EFFEKT: Vertrieb durch Übung und Erfahrung.

Bei jeder Verdoppelung der Produktions-


menge (Absatzmenge) sinken die Stück-
kosten um 20 – 30% SYNERGIEEFFEKTE
Vorteile durch größenbedingte Verbundeffekte,
Kooperationen, Allianzen.

MACHTEFFEKTE
Vorteile durch größere Markt- und Einkaufsmacht.
Günstigere Einkaufspreise. Aufkauf von Wettbe-
werbern.

Kritisch wird angemerkt, dass es sich hierbei nur um potenzielle Kos-


tensenkungsspielräume handeln kann. Unwirtschaftlichkeiten großer Unternehmens-
einheiten können den sinkenden Durchschnittskosten entgegenwirken.

Trotz dieser Einwände: Die PIMS-Studie hat eine hohe positive Korrelation zwi-
schen Marktanteil und Rentabilität nachgewiesen.188 Es klingt auch plausibel, dass in
wachstumsschwachen Märkten und schwachen Konjunkturphasen Marktführer kaum
einzuholen sind. Die Folgen sind Erstarrung der Konkurrenzsituation und zuneh-
mende Monopolisierung. Der Slogan „zurück zu den Kernkompetenzen“ kennzeich-
net diesen Trend. Großanbieter respektieren gegenseitig ihre Geschäftsfelder mit
hohen Marktanteilen und schieben sich untereinander die nicht mehr ins Portfolio
passenden, marktanteilsschwachen Geschäftsfelder zu.

9-Felder Marktattraktivitäts-Wettbewerbsvorteils-Portfolio von McKinsey


Das Beratungsunternehmen McKinsey kritisert die BCG-Konzeption wie folgt:189
(1) Zwei Erfolgsgrößen (Marktanteil und Marktwachstum) allein reichen nicht aus,
um Planungseinheiten vollständig und zukunftsweisend zu beurteilen. Vielmehr
entscheidet in der Praxis eine Vielzahl oft branchenabhängiger Erfolgsfakto-
ren über den Markterfolg.
(2) Neben den quantitativen (hard Facts) sollten auch qualitative Beurteilungsmaß-
stäbe (soft Facts) in die Beurteilungen mit einbezogen werden.
(3) Die Dichotomisierung niedrig/hoch sollte feiner differenziert werden, so dass
z.B. eine Portfoliomatrix mit 3 mal 3 Feldern eine präzisere Feinbestimmung
für Strategien ermöglicht als eine 2 mal 2 Matrix.

Die Planungsmethode verlangt folglich die Festlegung und Bewertung aller wichti-
gen, erfolgsbestimmenden branchen- und unternehmensspezifischen Erfolgsfakto-
ren.190 Die unterschiedlichen Erfolgsfaktoren werden dann am Ende des Verfahrens
wieder zu zwei Portfoliodimensionen (Matrixachsen) zusammengefasst:

188
vgl. zum Projekt Profit Impact on Market Strategy: Buzzel; Gale, (PIMS), 1989, S. 3 ff.; vgl. auch die
prägnante Zusammenfassung bei Homburg; Krohmer, (Marketingmanagement), 2006, S. 440-444
189
vgl. Hüttner; von Ahsen, (Marketing), 1999, S. 100-102. Der 9-Felder-Ansatz steht im Mittelpunkt des
Buches von Hinterhuber: Hinterhuber, (Unternehmensführung), 1980
190
zum Konzept der kritischen Erfolgsfaktoren vgl. Hinterhuber, (Unternehmensführung), 1980, S. 46
ff.; s. ferner: Homburg; Krohmer, (Marketingmanagement), 2006, S. 440-460
84 Marktorientierte Unternehmensführung

zur relativen Wettbewerbsstärke; im Grunde eine Erweiterung der Variablen


Marktanteil aus der BCG-Matrix,
zur Marktattraktivität; im Grunde eine Erweiterung der Variablen Marktwachs-
tum aus der BCG-Matrix (s. noch einmal Beispiel in Abb.2-27).

Im einzelnen fallen folgende Arbeitsschritte an:


(1) Zunächst sind die kritischen Erfolgsfaktoren zu bestimmen, die jeweils die
Wettbewerbsstärke und die Marktattraktivität beeinflussen und nach denen
die Planungseinheiten beurteilt werden sollen.
(2) Für die Erfolgsfaktoren beider Gruppen sind Bedeutungsgewichte festzulegen (=
Gewichtung nach Bedeutung der Faktoren relativ zueinander; Summe der Ge-
wichte je 1; das entspricht 100%).
(3) Sachverständige Mitarbeiter und Experten bewerten dann die Planungseinheiten
hinsichtlich der Erfolgsfaktoren (hinsichtlich ihrer Erfolgspositionen).
(4) Multiplikation der Gewichte mit den Erfolgsfaktor-Bewertungen und Aufsum-
mierung der Werte (d.h. der Scores) zu den Portfolio-Positionierungswerten.
(5) Positionierung der Planungseinheiten in einem Portfolio mit einer 3 mal 3-
Felder-Einteilung und Bestimmung der zum Portfoliofeld am besten passenden
Normstrategie für die Planungseinheiten gemäß Abb.2-28.
(6) Herunterbrechen der Normstrategien der Planungseinheiten in detaillierte Zeit-,
Maßnahmen- und Budetpläne; strategisch und operativ.

Das Management, Marketing und Vertrieb und interne und externe Fachleute kom-
men in Workshops zusammen, um zu gewichten und zu bewerten. Moderations-
technik ist angesagt. Die Fachleute stehen vor einem besonderen Problem: Die
Menge der kritischen Erfolgsfaktoren, die den Unternehmenserfolg bestimmen,
scheint unüberschaubar. Dementsprechend umfassend sind die in der Literatur em-
pfohlenen Faktorenlisten.191 Der Praxis sind die damit verbundenen Beurteilungspro-
zeduren (vor allem die Entscheidung über die Gewichtungen für die Erfolgsfaktoren
sowie Bewertungen aller Faktoren) schnell zu komplex. Außerdem besteht bei einer
Bewertung von mehreren Erfolgsfaktoren die Gefahr, dass die Faktoren untereinan-
der korreliert sind. Die Positionierungswerte sind dann wenig brauchbar. Um prakti-
kabel arbeiten zu können, wird starke Vereinfachung gewünscht. Bei den Planungs-
workshops haben Insider immer wieder große Schwierigkeiten, die Fülle der ihnen
aus der täglichen Arbeit bekannten Einflussfaktoren einzugrenzen. Wie läßt sich der
Erfolg einer Planungseinheit pragmatisch auf wenige Hauptfaktoren reduzieren?

Das in Abb.2-34 dargestellte Planungsbeispiel geht von zehn zentralen Erfolgsfakto-


ren aus; je fünf zur Beurteilung der Marktattraktivität und der relativen Wettbe-
werbsstärke. Die Faktorengruppen sind relativ zueinander gewichtet (mit Summe der
Gewichte = 1 in jeder Gruppe). Für die Expertenurteile ist eine Spannweite von 1
(strategische Lagebeurteilung katastrophal) bis 10 (strategische Lagebeurteilung
hervorragend) vorgegeben.

Die fünf Bewertungsfragen zur Marktattraktivität lauten:


(1) Wie wichtig ist die der Planungseinheit zugrunde liegende Fertigungstechnolo-
gie derzeit für die Unternehmung?
(2) Wie ist das Marktpotenzial dieser Technologie im strategischen Planungszeit-
raum einzuschätzen? Droht Gefahr durch Substitutionswettbewerb?

191
vgl. z.B. Hinterhuber, (Unternehmensführung), 1980, S. 85-91 oder Nieschlag; Dichtl; Hörschgen,
(Marketing), 2002, S. 145-146; vgl. auch die übersichtlichen Darstellungen bei Becker, (Marketing-
Konzeption), 2006, S. 430-435
2. Kapitel: Das Marketing-Management 85

Abb.2-34

(3) Wie wird sich das Marktpreisniveau weiterentwickeln?


(4) Wie gering sind die Eintrittsbarrieren für neue Wettbewerber einzuschätzen
(Achtung: umgekehrte Bewertungsrichtung!)?
(5) Wie hoch sind Fertigungssicherheit und Sicherheit der Rohstoff- und Teilever-
sorgung seitens der eigenen Zulieferanten zu beurteilen?

Die relative Wettbewerbsstärke wird durch folgende Erfolgsfaktoren gemessen:


(1) Wie sind Umsatzlage und Umsatzperspektiven für die Planungseinheit zu beur-
teilen?
(2) Wie sind Ergebnissituation und Ergebnisperspektiven im Planungszeitraum zu
bewerten?
(3) Wie stark ist die Kundenbindung bei den Großkunden (und damit die Absiche-
rung des Geschäftes)?
86 Marktorientierte Unternehmensführung

(4) Wie gering ist der Kundenbetreuungsaufwand in diesem Markt (Effizienz und
Vertriebskosten – Achtung: umgekehrte Bewertungsrichtung)?
(5) Wie positiv ist das Kooperationsverhalten der Schlüsselkunden dieser Pla-
nungseinheit einzuschätzen?

Die hier ausgewählten Erfolgsfaktoren bzw. Beurteilungsfragen sind nur als Vor-
schläge zu verstehen und werden sicher nicht für alle Unternehmen gelten.
Das Portfolio der Abb.2-34 zeigt die charakteristische 9-Felder-Struktur. Die Trenn-
linien sind in etwa bei 3,3 bzw. 6,6 gezogen. Die Kreisflächen entsprechen wie bei
der BCG-Matrix den Umsatzerlösen.

Das 9-Felder Portfolio ermöglicht gegenüber der BCG-Matrix eine feinere Differen-
zierung von Normstrategien. Dabei kristallisieren sich drei Strategietypen heraus:
(1) Investitions- und Wachstumsstrategien (Felder der Mittelbindung),
(2) Abschöpfungs- oder Desinvestitionsstrategien (Felder der Mittelfreisetzung),
(3) selektive Strategien (für die diagonalen Felder).
Abb.2-35 liefert hierzu eine Übersicht über sinnvolle Normstrategien.192

Wo liegt die Bedeutung der strategischen Portfolioplanung, insbesondere für kleine


Abb.2-35 und mittlere Unternehmen? Die Portfoliotechnik bietet der marktorientierten Unter-

NORMSTRATEGIEN IM 9-FELDER MCKINSEY-PORTFOLIO

v orrangig S trategien der Mittelbindung


⌦ S elektiv ausb au en ⌦ in vestiver Ausbau ⌦ fü hren - sichern
auf begrenzte Zahl von um Marktführers chaf t Angriffe auf Marktf ührer-
Stärken s pezialis ieren kämpfen s chaf t abwehren
gezielte Schwachstellen- vorhandene Stärken Kräfte auf eigene Stärken
hoch

analyse forc iert ausbauen konzentrieren


T ECHNISCHE UND KAUFMÄNNISCHE MARKTATT RAKT IV IT ÄT

gezielt Sc hwäc hen aggres sive Preiss trategie F &E stärken


abbauen Vertrieb stärken s tarke Imagewerbung
prüfen von Kooperationen Kommunikationspolitik T op-Service
und Lizenzen intens ivieren moderate Preispolitik

⌦ beg renzt exp andieren ⌦ Übergangsstrateg ie ⌦ selektiv ausbauen


od er ab bauen Programm verteidigen in attraktivs te Segmente
rationalis ieren rationalis ieren inves tieren
Investitionen abwägen Vertriebsk raft stärken F &E für attraktivs te
mittel

risik oarme Expansions- F &E stärken Segmente stärken


möglic hkeiten nutzen nac h z us ätzlichen tec hn. verstärkte PR und Image-
Synergien nutzen Vorteilen s uc hen werbung für T ec hnologie
prüfen von Kooperationen Kommunikationspolitik Konk urrenz abwehren
und Lizenzen intens ivieren Produktivität s tärken

⌦ desinvestieren ⌦ Gewinn orientier ung ⌦ Schwerp unkt verlagern


Investitionen eins tellen Position in rentablen Besc hränkung auf
Bereiche abstoßen Segmenten verteidigen attrak tive Segmente
Fixk os ten senken Investitionen minimieren vorhandene Stärken
niedrig

Servic e zurüc knehmen Gewinne absc höpfen verteidigen


Kommunikationspolitik Produkte verbes sern verstärkte PR und Image-
eins chränken Vorteile s uchen werbung für T ec hnologie
F &E in attraktivere Synergien suc hen
Bereiche umlenken Lizenzvergabe / Verkauf
v orrangig Strategien der Mittelfreisetzung

niedrig mittel hoch


RELATIVE W ET TBEW ERBS VORTEILE - EIGE NE ST ÄRKEN

192
vgl. zu diesem Konzept von General Electric mit einigen Abänderungen: Kotler; Keller; Bliemel,
(Marketing-Management), 2007, S. 99-100
2. Kapitel: Das Marketing-Management 87

nehmensführung ein überschaubares und flexibles Arbeitskonzept:


• Sie motiviert Vorgesetzte und Mitarbeitern zu einer qualifizierten Diskussion.
• Sie visualisiert die Marktsituation – und Bilder sagen mehr als Worte.
• Sie fokussiert Unternehmen auf die strategischen Erfolgsfaktoren.
• Sie integriert grundlegende fachliche Konzepte, wie die Produktlebenszyklus-
theorie, das Erfahrungskurvenkonzept, das Konzept der Mischung von Risiko
und Erfolg und erzwingt umfassende Markt- und Erfolgsanalysen.

Strategische Planungstableaus
Mit der Portfolioanalyse und der Entscheidung über die Normstrategien ist der Grund-
stein für die strategische Planung gelegt. Die Normstrategien müssen für die operative
Umsetzung in Planzahlen und Maßnahmenlisten überführt werden. Der Arbeitsschritt
der Umsetzung von strategischen Vorhaben in konkrete Ziele und Budgetvorgaben für
die Planungseinheiten wird in der Praxis oft vernachlässigt. Dabei hängt die Kraft einer
Planung von der Operationalisierung der Zielgrößen ab.193 Die besten visionären Ü-
berlegungen bleiben wirkungslos, wenn Erfolg oder Misserfolg nicht überprüfbar sind.

Abb.2-36 liefert ein Beispiel, wie Planungstableaus (Geschäftspläne) für Geschäfts-


einheiten bzw. Geschäftsfelder aufgebaut werden können. Es handelt sich um eine
Planung für das Jahr 2008. Im revolvierenden, strategischen Planungszeitraum sind
die Absatz-, Umsatz-, Ergebnis- und Marktanteilszahlen für die Planungseinheit mit-
einander verknüpft. Die kurzfristige operative Planung ist in die strategische Zahlen-
reihe eingeklinkt und wird jedes Jahr durch Neueinschätzungen (Forecasts) über
prüft. Planunterschreitungen sind möglich, solange nicht die Strategie gefährdet ist.

Abb.2-36 Das Zahlenwerk ist nur die Grundlage der Planung. Den Zahlen folgen die Maß-

STRATEGISCHES PLANUNGSTABLEAU FÜR GESCHÄFTSEINHEITEN / GESCHÄFTSFELDER / PMS

Beschreibung des Gesamtmarktes : Hochdruckventile-Airliner


Beschreibung des relevanten Marktes : Hochdruckventile-Airliner - USA-Standard
2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014
Werte in Mio EUR - Mengen in TStck. Ist Vj. lfd. OP-1 OP-2 SP-1 SP-2 SP-3 SP-4
Marktvolumen Gesamtmarkt Wert 460 480 500 510 540 560 600 600
Gesamtmarkt

Menge 230 240 250 255 270 280 300 300


Marktwachstum % - 4% 4% 2% 6% 4% 7% 0%
eigener MA am Gesamtmarkt % 9% 10% 12% 14% 15% 16% 17% 17%
MA härtester Wettbewerber % 15% 15% 14% 12% 11% 9% 10% 10%

Marktvolumen Wert 150 175 180 180 200 200 220 220
Menge 55 60 65 65 70 70 80 80
Anteil am Gesamtmarkt % 24% 25% 26% 25% 26% 25% 27% 27%
Marktwachstum % - 9% 8% 0% 8% 0% 14% 0%
Absatz härtester Konkurrent Menge 35 35 35 30 30 25 30 30
relevanter Markt

eigene Absatzmengen Menge 20 25 30 35 40 45 50 50


eigene Umsatzerlöse MioEUR 60 75 90 105 120 135 150 150
rechn. Durchschnittspreis EUR/Stck 3000 3000 3000 3000 3000 3000 3000 3000
Wachstum eigener Absatz % 25% 20% 17% 14% 13% 11% 0%
eigener Marktanteil relev.Ma. % 36% 42% 46% 54% 57% 64% 63% 63%
MA härtester Wettbewerber % 64% 58% 54% 46% 43% 36% 38% 38%
eigener relativer Marktanteil Relation 0,57 0,71 0,86 1,17 1,33 1,80 1,67 1,67
Betriebsergebnis-1 Wert 9,0 11,0 12,0 14,0 16,0 18,0 20,0 20,0
% 45,0% 44,0% 40,0% 40,0% 40,0% 40,0% 40,0% 40,0%

Technische Maßnahmen Entwicklung OSG-Reihe OSG-2 OSG-Electronic Zeta-Patent


Strateg.
Maßn.

Wettbewerbsbezogene Maßnahmen MaFo Angriff Europa Sicherungsstrategie


Vertriebspartnerbezogene Maßnahmen eCommerce Multikanalstrategie Direktvertrieb USA

193
vgl. zum Begriff und zur Problematik der Operationalisierung: Becker, (Marketing-Konzeption),
2006, S. 108 ff.
88 Marktorientierte Unternehmensführung

nahmen, wie die Zahlenvorgaben erfüllt werden sollen. Auch die Planungsmaß-
nahmen sind permanent nachzuhalten: Wer muss was (Maßnahmen / Instrumental-
einsatz) im Planungszeitraum tun, um eine Strategie zum Erfolg zu führen? Abb.2-37
skizziert eine Formularstruktur für den Maßnahmenteil (Planungsmodule) der strate-
gischen Planung. Wir raten davon ab, unterschiedliche Maßnahmenlisten für die SP
und die OP zu führen. Die ursprünglich langfristigen Terminierungen rücken ledig-
lich in den operativen Handlungszeitraum. Die To-do-Listen werden im Zeitraum
der operativen Planung konkreter und feiner. Was dabei oft übersehen wird: Eine
Strategie gerät mit der Zeit immer mehr auf den Prüfstand der Gegenwart. Für
jede Strategie rückt die Stunde der Wahrheit Jahr für Jahr näher.
Abb.2-37 STRATEGISCHE / OPERATIVE PLANUNG - MASSNAHMENBLATT
Produktgruppe / Planungseinheit / Geschäftsfeld: Zeitraum 2007 - 2014

Nr. zuständiges Ressort Beschreibung der Maßnahme verantwortlich Promotor Termin Budget Milestones

zu erstellen sind nach diesem Schema Maßnahmenblätter für:


1.) SP-1: Maßnahmen im Bereich Produkt- und Konditionenpolitik
2.) SP-2: Maßnahmen im Bereich Verkaufspolitik, Kundenbetreuung
3.) SP-3: Maßnahmen im Bereich Kommunikationspolitik (Schwerpunkte: Werbung, Messen, Verkaufsförderung)
4.) SP-4: Maßnahmen im Bereich Innovationspolitik (Schwerpunkte: Forschung und Entwicklung, Patente, Produktentwicklung)
5.) SP-5: Maßnahmen im Bereich Wettbewerbspolitik (Schwerpunkte: Kauf von Wettbewerbern, Strategien gegen Wettbewerber)
6.) SP-6: Maßnahmen in den Bereichen Instrastruktur (Standorte) und Logistik (Schwerpunkte: Lagerwesen, Transport)
7.) SP-7: Maßnahmen im Bereich Personalpolitik (Schwerpunkte: Mitarbeiterstruktur und Förderung Qualifikationsniveau)

Datum: genehmigt:

Das Maßnahmenformular der Abb.2-37 enthält zwei Besonderheiten. Zum einen


wird jedem Planungsverantwortlichen ein Machtpromotor194 aus der obersten Füh-
rungsetage zur Seite gestellt, der bei Problemen auf Wunsch des Teams „väterlich“
koordinierend eingreift. Zum anderen werden für die Maßnahmenpläne von Anfang
an Zeitpunkte und Maßstäbe dfür die Erfolgskontrolle (Milestones) festgelegt.

Alle aufgezeigten Planungsverfahren lassen die Bedeutung des Wettbewerbs deutlich


werden. Der Erfolg der eigenen Planungsmaßnahmen hängt maßgeblich von den
Aktionen und Reaktionen der Konkurrenten ab. Deshalb verdient die Bestimmung
der Wettbewerbspositionen eine gesonderte Betrachtung.

2.3.5. Wettbewerbsstrategien
Die beste Strategie ist wirkungslos, wenn Konkurrenten sie abwehren oder „über-
trumpfen“ können. Zwei grundsätzliche Szenarien sind vorstellbar:
(1) Die eigene Unternehmung wird attackiert, befindet sich also in der Verteidiger-
position (Defender) (Abb.2-38).
(2) Die eigene Unternehmung ist Angreifer (Attacker) im Markt und versucht, einen
Konkurrenten unter Druck zu setzen (Abb.2-39).195

Warum soll die strategische Planung nicht die Erkenntnisse der historischen Kriegs-
führung nutzen? Marktführer in Verteidigungspositionen werden im einfachsten
Fall ihre Flanke verteidigen (Flanking Defense, in Abb.2-38 nicht eingezeichnet).
Coca Cola kauft beispielsweise trotz des hohen Weltmarktanteils weitere Frucht-
drinkhersteller auf, um von der Seite keinen Eindringling in das Kerngeschäft zu

194
vgl. zum Promotoren-Modell: Gemünden; Walter, (Beziehungspromotor), in: ZfB, 9/1995, S. 971-
986; verantwortlich für die Durchführung wichtiger Aufgaben sind oft Fachpromotoren.
195
vgl. auch im folgenden Kotler, (Warfare), in: Journal of Business Strategy, Winter 1981, S. 30-41
2. Kapitel: Das Marketing-Management 89

Abb.2-38
ABWEHR-STRATEGIEN GEGEN WETTBEWERBER

Abb.2-39

Präventiv-

Angreifer
Verteidigungs- Rückzugs-
verteidigung
position verteidigung
Gegenangriff

mobile ANGRIFFSSTRATEGIEN GEGEN WETTBEWERBER


Verteidigung

Bypass-Strategie

Angreifer
Frontalangriff Verteidigungs- Guerilla-Strategie
position

Flankenangriff

Umzingelungs-
strategie

forcieren. Bei der Präventivverteidigung (Preemtive Defense) würde man Gerüchte


über Preissenkungen streuen, wann immer sich ein Konkurrenzangriff andeutet. Die
Gegenangriff-Strategie (Counter Offensive Defense) legt es nahe, sofort mit Dum-
pingpreisen Großkunden des Wettbewerbers anzugehen, wenn dieser bei eigenen
Kunden mit Kampfangeboten vorstellig wird (Sieger ist dann wohl der Kunde). Die
mobile Verteidigung (Mobile Defense) reagiert auf Konkurrenzattacken an wech-
selnden Standorten (Reaktionsspiele von Media-Markt und Pro-Markt). Bei der
Rückzugsverteidigung (Contraction Defense) gibt man schwache Marktsegmente
auf, um noch „zu retten, was zu retten ist.“

Ist man selbst in der Angreiferposition, dann stehen ebenfalls diverse strategische
Optionen zur Verfügung. Kritisch zu beurteilen sind Frontalangriffe (Frontal At-
tack), wie die Angriffsbeispiele von RCA und Xerox gegen IBM belegen. Dann ist es
schon ungefährlicher, schwache Flanken des Gegners aufzuweichen (Flank Attack).
Konkret kann das z.B. bedeuten, einen Marktführer dort anzugreifen, wo man eine
Chance hat, über längere Zeit ignoriert zu werden. Die Umzingelungs- oder Kessel-
taktik (Encirclement Attack) stützt sich auf eine großangelegte Offensive an mehre-
ren Fronten. Die Produktpolitiken und Produkt-Einführungsstrategien von HP und
Canon für ihre Drucker sind Beispiele hierfür. Umgeleitete Angriffe (Bypass Attack)
sind für den Angegriffenen gefährlich, weil er die Konsequenzen nicht unmittelbar
spürt. Ein Beispiel hierfür ist das technologische Leap-Frogging. Der Angreifer
„umgeht“ das marktbeherrschende Produkt eines Marktführers und entwickelt gedul-
dig und im Stillen eine neue Basisinnovation. Bleibt dem Angegriffenen der Bypass
verborgen, dann wird er in Zukunft dem neuen Produkt nichts entgegensetzen kön-
nen. Die Guerilla-Strategie (Guerilla Attack) ist besonders für kleine Unternehmen
mit wenigen Kapitalressourcen empfehlenswert. Es ist die Politik der kleinen Nadel-
stiche. Ein kontinuierlicher Strom von für sich gesehen harmlosen Sonderangeboten,
Verkaufsförderungs- oder Mailingaktionen sollen eines Tages den Konkurrenten
zermürben und ins Wanken bringen.

In gleich systematischer Form sind die Entwicklungen zu analysieren, die aus dem
politischen, rechtlichen und gesellschaftlichen Umfeld die strategische Planung be-
einflussen. Am Ende des Planungsverfahrens liegen das House of Strategy, die
langristigen Maßnahmen zur Zielerreichung, die auf die operativen Planungseinhei-
90 Marktorientierte Unternehmensführung

ten heruntergebrochenen Oberziele und das strategische Zahlentableau vor. Wie


werden Strategien nun operativ-taktisch im Arbeitsalltag umgesetzt?

2.3.6. Operative Planung


Operiert eine Unternehmung auf der Grundlage einer strategischen Planung, dann
beschreibt die operative Planung einen kurzfristigen Zeitabschnitt des Planungshori-
zontes. Die OP ist folglich Bestandteil der SP. Im operativen Planungszeitraum sind
Zielvorgaben und Maßnahmen wochen-, monats-, quartalsweise und jährlich (Vor-
jahr-, Planjahr und Forecast) detailliert auszuweisen. Operative Pläne mit Zeit-, Bud-
get- und Aufgabenvorgaben sind heute Standard in der deutschen Industrie.

Zumeist enthält die operative Planung die detaillierten Erfolgs- und Kostenwerte der
Planungseinheiten über einen Zeitrahmen von ein bis maximal drei Jahren. Abb.2-40
liefert ein Beispiel für Monats- und Jahresumsätze. Im Mittelpunkt der operativen
Planung stehen üblicherweise die Wertgrößen Auftragseingang, Auftragsbestand,
Absatz(menge), Umsatz sowie alle relevanten Kostengrößen; jeweils als Ist- und
Soll-Werte und im Vergleich zu mindestens einem Vorjahr.

Für die marktorientierte Unternehmensführung wird empfohlen:


⌦ Planungsdaten durch Parallellaufen von Kostendaten (zum Zwecke eines umfas-
senden Vertriebscontrolling) zu ergänzen,
⌦ die Planung mit einer im Zeitablauf abnehmenden Detailliertheit aufzubauen: im
kurzfristigen Bereich der Monatsplanung nach Arbeitstagen, dann nach Kalen-
derwochen, Monaten, Quartalen und ab drei Jahren nach Halbjahres- und Jah-
reswerten etc.; wobei computergestützt beliebige Zusammenfassungen (Verdich-
tungen, Integrationsstufen) möglich sein sollten,
⌦ die Planung in Planungsebenen aufzuspalten: nach Ländern, Verkaufsgebieten,
Außendienstmitarbeitern, Warengruppen, Artikelgruppen, Niederlassungen,
Kundengruppen,
⌦ die Planung während des Jahres nicht zu verändern (anzupassen), sondern Ist-
und ursprüngliche Planwerte erforderlichenfalls durch eine Neueinschätzung der
Verkaufsmannschaft (Forecasts) zu ergänzen,
⌦ den geschätzten Jahresumsatz mit einem Kunden als Anteil vom geschätzten
Einkaufspotenzial zu berechnen (oder Absatzmengen, um Preiseffekte herauszu-
halten), um so Lieferanteile und in der Summe Marktanteile abzuschätzen. Dies
erfordert die Mitarbeit des Außendienstes (Kundenbefragungen),
⌦ Vergangenheitsvergleiche für 1 Jahr (nach Monaten), bis 3 Jahre (nach Quarta-
len) und bis zu 10 Jahren (nach Jahresendsummen) zu ermöglichen,
⌦ eine kumulierte, revolvierende 12-Monatsumsatzrechnung mitlaufen zu lassen
(Wie würden die Zahlen aussehen, wenn heute Jahresende wäre?),
⌦ alle Berechnungen als Mengen- (Absatz), Umsatzrechnungen und mit Ausweis
der Durchschnittspreis-Entwicklung durchzuführen. Die Absatz-, Umsatz- und
Preisentwicklungen sollten immer im Marktvergleich analysiert werden.
⌦ Was sagen stolze + 8% Mengensteigerungen, wenn der relevante Gesamtmarkt
um + 14 % gestiegen ist (Dann sinkt der eigene Marktanteil!). Was sagt der Er-
folg eines „Durchdrückens“ einer 1,5%igen Preiserhöhung, wenn die Branche
im Durchschnitt + 2,1% bei den Abnehmern erreichen konnte?
⌦ In die OP nicht nur „harte Fakten“ aufzunehmen, sondern auch „weiche Daten“,
wie Kundenattraktivitäten oder Kundenzufriedenheiten (s. Abschnitt 6.4.4.e.).
Abb.2-40

PLANDATEN Jahr 2005 Monat: 12 OPERATIVE PLANUNG FIRMA HEGL-Bau - nach Ablauf des Jahres 2005 / Vorjahresdaten 2004

alle Umsatzwerte in Mio. EUR - Abweichungen in %-Werten


2. Kapitel: Das Marketing-Management

Umsatz-Neueinschätzung

Monatsumsatz Plan
Jahresumsatz Plan

Planumsatz kumuliert im lfd. Jahr

Monatsumsatz lfd. Jahr


Auftragsbestand lfd. Jahr

Jahresums. monatlich kumuliert


unterjährige Hochrechng. zu Planum. kum.

Abw. Monatsumsatz zum Plan


monatl. Umsatzabw. kum. zum Plan
unterjährige Umsatzhochrechnung lfd. Jahr

Monatsumsatz Vorjahr
Jahresums. kumuliert im Vorjahr
Umsatzabw. kumuliert zum Vorjahr

Abw. Monatsums. zum Vorjahr


Auftragsbestand Vorjahr
rollierender 12-Monatsumsatz

Auftragsbestand lfd. Jahr zum Vorjahr


Jahresumsatz kum. zu Planumsatz Gesamtjahr
Abweichung Jahresums. kum. zu Forecast
gesch. Marktanteil nach roll.12-Monatsumsatz

Summe Kundenpotenziale im relevanten Markt

Umskum-Pl
Ums-Pl
Umskum-lJ/Ums-Pl

Umskum-lJ

MoUms-Pl

MoUms-lJ
Umskum-VJ
AB-lJ

AbMoUms-Pl
AbMoUmskum-Pl
UmsHoRe-J/Ums-Pl

MoUms-VJ
AB-VJ
roll.12MoUms
UmsHoRe-lJ
rollierender 12-Monatsumsatz zu Planumsatz roll12MoUms/UmsPl-J
MA-Anteil

AbMoUms-VJ
AbMoUmskum-VJ
AbAB-VJ
Potential-J

Forecast
Umskum-lJ/Forecast

Jan. 15,0 9,0 8,0 66,7 87,5 15,0 11,0 8,0 36,4 87,5 132,0 144,8 -8,8 200,0 178,0 180,0 -92,5 -11,0 -10,0 200,0 7,5% 1000,0 18%
Febr. 16,0 11,0 10,0 45,5 60,0 31,0 22,0 18,0 40,9 72,2 138,0 138,0 0,0 200,0 183,0 186,0 -84,5 -8,5 -7,0 200,0 15,5% 1000,0 18%
März 22,0 32,0 15,0 -31,3 46,7 53,0 54,0 33,0 -1,9 60,6 139,0 142,0 -2,1 200,0 173,0 212,0 -73,5 -13,5 6,0 200,0 26,5% 1000,0 17%
April 25,0 19,0 20,0 31,6 25,0 78,0 73,0 53,0 6,8 47,2 146,0 143,0 2,1 200,0 179,0 234,0 -61,0 -10,5 17,0 200,0 39,0% 1000,0 18%
Mai 17,0 16,0 20,0 6,3 -15,0 95,0 89,0 73,0 6,7 30,1 150,0 146,0 2,7 200,0 180,0 228,0 -52,5 -10,0 14,0 200,0 47,5% 1000,0 18%
Juni 15,0 18,0 25,0 -16,7 -40,0 110,0 107,0 98,0 2,8 12,2 145,0 140,0 3,6 200,0 177,0 220,0 -45,0 -11,5 10,0 200,0 55,0% 1000,0 18%
Juli 8,0 3,0 5,0 166,7 60,0 118,0 110,0 103,0 7,3 14,6 137,0 132,0 3,8 200,0 182,0 202,3 -41,0 -9,0 1,1 200,0 59,0% 1000,0 18%
Aug. 5,0 4,0 5,0 25,0 0,0 123,0 114,0 108,0 7,9 13,9 126,0 120,0 5,0 200,0 183,0 184,5 -38,5 -8,5 -7,8 190,0 64,7% 1000,0 18%
Sept. 14,0 10,0 25,0 40,0 -44,0 137,0 124,0 133,0 10,5 3,0 117,0 116,0 0,9 200,0 187,0 182,7 -31,5 -6,5 -8,7 190,0 72,1% 1100,0 17%
Okt. 12,0 20,0 30,0 -40,0 -60,0 149,0 144,0 163,0 3,5 -8,6 123,0 122,0 0,8 200,0 179,0 178,8 -25,5 -10,5 -10,6 190,0 78,4% 1100,0 16%
Nov. 22,0 17,0 20,0 29,4 10,0 171,0 161,0 183,0 6,2 -6,6 130,0 132,0 -1,5 200,0 184,0 186,5 -14,5 -8,0 -6,7 190,0 90,0% 1100,0 17%
Dez. 20,0 13,0 17,0 53,8 17,6 191,0 174,0 200,0 9,8 -4,5 134,0 138,0 -2,9 200,0 191,0 191,0 -4,5 -4,5 -4,5 190,0 100,5% 1100,0 17%
Ges. 191,0 172,0 200,0 11,0 -4,5 191,0 174,0 200,0 9,8 -4,5 134,0 138,0 -2,9 200,0 191,0 191,0 -4,5 -4,5 -4,5 190,0 100,5% 1100,0 17%
===== ===== ===== ===== ===== ===== ===== ===== ===== ===== ===== ===== ===== ===== ===== ===== ===== ===== ===== ===== ===== ===== ====
91
92 Marktorientierte Unternehmensführung

Für das OP-Berichtswesen sind knappe Wochenberichte empfehlenswert, mit An-


gabe wesentlicher Kundenvorgänge und Ausweis von Wochen-Auftragseingang,
Auftragsbestand und zu erwartendem Auslieferungsvolumen bis Monatsende. Mo-
natlich liefern die Verkaufsbereiche Marktberichte, unter Bezug auf den erreichten
Monatsabschluss, wie auch auf den Soll- / Ist-Stand der (kumulierten) Jahresplanung.
Quartalsberichte sollten speziell die wettbewerbsbezogenen Marktbewegungen ana-
lysieren. Kampfpreise von Konkurrenten sollten ebenso systematisch erfasst werden
wie Beanstandungen und Reklamationen oder Begründungen für verlorene Auf-
träge (Lost order Reports). Monatlich ist die Ziel-Erreichbarkeit der Jahresplanung
zu überprüfen. Im ungünstigen Fall wird eine Neueinschätzung erforderlich.

Abb.2-41 enthält eine typische Auswertung im Rahmen der operativen Planung. Der
geplante Jahresumsatz wurde leicht verfehlt. Was bedeutet das für die Planung des
Folgejahres? Der Grafik liegen die Daten der Abb.2-40 zugrunde.
Abb.2-41
kumulierte Umsatzverläufe Firma Hegl-Bau

240,0

220,0
Jahreshochrechnung fällt unter Plan
200,0

180,0

160,0 kumulierter Jahresumsatz fällt unter


kumulierten Planumsatz
140,0
Werte in TEUR

Planwerte

120,0 Ist-Jahresumsatz
monatlich kumuliert
100,0
Ist-Jahresumsatz
kumuliert im Vorjahr
80,0
Planumsatz kumuliert
60,0 im lfd. Jahr

Umsatzplan Ziel
40,0
Dezember

20,0 roll.12MoUms

0,0
Umsatzhochrechnung-
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12
lfd. Jahr
Monate

So gut auch strategisch und / oder operativ geplant wird: Keine Planung kann einer
Führungskraft die unternehmerischen Entscheidungen abnehmen. Abb.2-42 zeigt
eine strategische Zeitreihe für ein technisches Produkt. Wie beurteilen Sie die Situa-
tion? Würden Sie das Kabelprodukt weiter produzieren? Welche ergänzenden Infor-
mationen wünschen Sie sich noch für Ihre Entscheidung?
Abb.2-42
PLANUNGSTABLEAU FÜR EIN DICHTUNGSVENTIL PROGNOSE
2005 2006 2007 2008 2009 2010
Preis/qm (in US-$) $ 5,80 $ 5,50 $ 5,40 $ 5,00 $ 4,80 $ 4,80
Herstellkosten-2 (HK-2) $ 3,70 $ 3,80 $ 4,20 $ 4,40 $ 4,60 $ 4,70
Deckungsbeitrag auf HK-2 $ 2,10 $ 1,70 $ 1,20 $ 0,60 $ 0,20 $ 0,10
Absatzmenge qm 1.200.000 1.000.000 900.000 800.000 600.000 400.000
Marktpotential in qm 3.400.000 3.500.000 3.800.000 3.700.000 4.000.000 4.000.000
eigener Marktanteil (in %) 35,3% 28,6% 23,7% 21,6% 15,0% 10,0%
Umsatz (in US-$) 6.960.000 5.500.000 4.860.000 4.000.000 2.880.000 1.920.000
Ergebnis (in US-$) 2.520.000 1.700.000 1.080.000 480.000 120.000 40.000
Umsatzrendite (in %) 36,2% 30,9% 22,2% 12,0% 4,2% 2,1%
2. Kapitel: Das Marketing-Management 93

2.4. Marketing- und Vertriebsorganisation


2.4.1. Grundlagen
a.) Ziele und Aufgaben der Marketing- und Vertriebsorganisation
Die Organisation schafft einen ordnenden
Rahmen für die Maßnahmen zur Zielerrei-
Der Kun-
chung (für die Strategieumsetzung). Sie stellt denwunsch
Kosten
und
die Gesamtheit aller generellen Regelungen zählt Effizienz
(Kunden-
betreffend Strukturen und Abläufe dar.196 orientie-
zählen
(Control-
Personal und Sachmittel sind in bestmögli- rung) lingorien-
tierung)
cher Weise zu kombinieren. Die Herausfor-
derung für die marktorientierte Unterneh-
mensführung: Kundenorientierung der Orga-
nisation mit Kostenoptimierung auszubalancieren.

Aufbauorganisation / Strukturorganisation
Der Aufbau einer Die Aufbauorganisation in Marketing und Vertrieb ist zustän-
Organisation erfolgt dig für:
gemäß klassischer (1) Festlegung der kundenorientiert zu erfüllenden Aufgaben,
Organisationstheorie
in 2 Schritten: (2) Zuordnung der Aufgaben/Prozesse zu Personalstellen (nieder-
gelegt in Stellenbeschreibungen),
1.) Die Aufgabenana- (3) Regelung der Über- (Vorgesetzte) und Unterstellungen (Mit-
lyse untersucht für
die einzelnen Auf-
arbeiter) für die Stellen. Die Strukturorganisation schafft die
gaben nach: offizielle Hierarchie, dokumentiert im Organigramm. Die
• Tätigkeit Frage im Praxisjargon: Wer berichtet an wen?
• Objekt (4) Bestimmung der Verantwortungen der Stelleninhaber
• Sachmittel
(5) und der erforderlichen Kompetenzen (disziplinarische und /
• Rang/Priorität
oder fachliche Anweisungsrechte). Diese zeigen sich u.a. in
den Unterschriftsvollmachten i.A., i.V. und Prokura.
• Phasen
(6) Zusammenfassung der Stellen zu Gruppen, Abteilungen, Nie-
2.) Die Aufgabensyn- derlassungen, Geschäftsbereichen, Tochtergesellschaften, etc.
these setzt dann
wieder zusammen:
Ablauforganisation
• Stellen
Die Ablauforganisation regelt:
• Verantwortungen
(1) die Arbeitsbeziehungen zwischen den Stellen/Ressorts,
• Kompetenzen
(2) die Abläufe der Arbeitsvorgänge mit Zeitvorgaben,
• Gruppen, Abtei- (3) die Berichtswege (Fluss von Anweisungen und Informationen
lungen, Bereiche
durch die Hierarchie),
• Konzerne
(4) die Daten-/Dokumentenorganisation mit Formularwesen,
(5) die Regeln zur Archivierung/Dokumentation.

Diese Aufgabenbereiche kennzeichnen die formelle (offizielle) Organisation, fest-


geschrieben in Organigrammen, Stellenbeschreibungen, Unterschriftsvollmachten,
Ablaufplänen und Formularvorschriften. Nicht selten aber scheitern Führungskräfte
an der informellen (informalen, inoffiziellen) Organisation. Diese steht für die „un-
geschriebenen Gesetze” eines Sozialsystems, d.h. für die “wahren” Informations-
und Machtbeziehungen der Mitarbeiter und Führungskräfte untereinander.

196
vgl. zu den drei Begriffsauslegungen (1) Organisation als zielgerichtetes, bestimmten Regeln unterwor-
fenes soziales System, als (2) Inbegriff aller auf Aufgabenteilung und Koordination abzielenden Regelun-
gen zum Zwecke der Zielerreichung einer Unternehmung und (3) als Bezeichnung für alle Prozesse, die die
Schaffung der zuvor genannten Regelungen zum Ziel haben: Kossbiel; Spengler, (Organisation), 1992, Sp.
1949
94 Marktorientierte Unternehmensführung

b.) Grundsätze einer marktorientierten Organisation


Nach welchen Leitlinien kann eine Organisation marktorientiert ausgerichtet wer-
den? Folgende Grundsätze sind zu beachten:
(1) Der Grundsatz der optimalen Arbeitsteilung: Diesbezüglich hat im Vertrieb
der Teamgedanke (Team-Selling) zu neuen kollegialen Formen der Zusammen-
arbeit geführt. Leitlinie vor allem: Keine Gräben zwischen Innendienst und Au-
ßendienst und zwischen Flächenvertrieb und Key Account Management!
(2) Der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit: Neue Impulse brachte das Lean-Selling
mit der Idee des schlanken Vertriebs. Nachdem in den vergangenen Jahren die
industriellen Fertigungsbereiche unter Reorganisationsdruck standen, werden
jetzt die Marketing- und Vertriebsabteilungen im Hinblick auf mehr Effizienz
und Kostensenkung durchforstet.
(3) Der Grundsatz der Kontinuität: Von Führungskräften wird erwartet, dass sie
die Struktur- und Ablaufregelungen konsequent umsetzen und einhalten. Es gilt,
die Glaubwürdigkeit einer Organisation in den Augen der Mitglieder zu sichern.
Bill Gates: (4) Dagegen steht allerdings der Grundsatz der Lernfähigkeit / Flexibilität: Ziel-
Nicht der
Bessere, der setzungen sind Schnelligkeit und rasche Anpassungsfähigkeit. Es ist eine Illusion
Schnellere zu glauben, dass mit einer Neuorganisation eine Unternehmensentwicklung abge-
gewinnt! schlossen wäre. Angesichts immer schnellerer Veränderungszyklen von Produk-
ten und Märkten werden auch die Unternehmensorganisationen zu schneller An-
passung gezwungen.
(5) Der Grundsatz „soviel Zentralisation wie nötig, soviel Dezentralisation wie
möglich“: Unverändert gilt die Hypothese, dass durch Verlagerung der vertrieb-
lichen Entscheidungskompetenz an die Verkaufs“front“ schneller agiert und eine
größere Marktnähe (Kundennähe) erreicht werden kann. Wichtig wird dann die
Verfügbarkeit der aktuell wichtigen Kunden- und Auftragsdaten beim Kundenge-
spräch, am Point of Sale (POS). Dies hat mit zum Aufschwung der Computer
Aided Selling Systeme (CAS) und von CRM beigetragen.197 In der Zentrale
verbleiben nur die Funktionen, die zur Gesamtleitung, zur Koordination der Be-
reiche und für einen unternehmensweiten Service notwendig sind.
(6) Der Grundsatz der Virtualität: Unternehmen nehmen von traditionell festen
Organisationsstrukturen und Hierarchien Abstand.198 Organisationseinheiten und
Mitarbeiter fügen sich nur noch befristet, für wechselnde Aufgabenstellungen
und Projekte zusammen.199 Gerne wird diesbezüglich Puma als virtuelles Unter-
nehmen angeführt. Auch feste Büroarbeitsplätze verlieren an Bedeutung. Der
Trend geht zum Internet-vernetzten Heimarbeitsplatz (Cocooning), ein anderer
zu hotelähnlich organisierten Hauptquartieren für Mitarbeiter, die weltweit arbei-
ten und nur sporadisch ihr Büro benötigen.

c.) Fundamentale Organisationsentscheidungen


Drei Fragen bestimmen den Aufbau einer Organisation:
(1) Stellen- und Abteilungsbildung: Welche Aufgaben sind zu erfüllen? Wie werden
(wie viele?) Mitarbeiterstellen zur Aufgabenerfüllung geschaffen?
(2) Wie werden durch Über-/Unterstellungen Mitarbeiterbeziehungen zu einer Hie-
rarchie gestaltet? Welche Kontrollspannen (Span of Control) sollen für die
Vorgesetzten dieser Organisationseinheiten gelten?
(3) Wie werden die Abteilungen zu einer Unternehmensorganisation zusammenge-
führt? Mit welchen Kompetenzen arbeiten die Unternehmensteile zusammen?

197
vgl. Winkelmann, (Vertriebskonzeption), 2005, S. 203 ff.
198
Virtuell heißt: nicht real, sondern (nur noch) der Möglichkeit nach vorhanden
199
vgl. den Hinweis in ASW, Sonderheft Oktober 1997
2. Kapitel: Das Marketing-Management 95

Wie werden Arbeitsstellen / Abteilungen gebildet?

Mitarbeiterstellen können grundsätzlich nach Funktionen/Tätigkeiten (Verrich-


tungsprinzip), nach Objekten, z.B. nach Produkten, Produktgruppen, Regionen,
Kundengruppen o.ä. (Objektprinzip), und – relativ neuartig – nach kundenorientier-
ten Prozessen (Prozessprinzip)200 geschaffen werden. Diese Prinzipien entscheiden
über die Strukturen von Organisationseinheiten und damit weiterführend auch über
die Organisation der Unternehmung als Ganzes. Denn es folgen idealtypisch
• aus dem Verrichtungsprinzip die sog. funktionale Organisation,
• aus dem Objektprinzip die sog. Geschäftsbereichs-, Produktgruppen-, Län-
der- oder Kundengruppenorganisation,
• aus dem Prozessprinzip die sog. Prozessorganisation.

Bei Anwendung des Verrichtungsprinzips wird z.B. die Kundenbetreuung im In-


nendienst aufgeteilt in Angebotserstellung, Auftragsabwicklung, Fakturierung etc.
Vorteile liegen in einer Spezialisierung. Nachteile können durch viele Schnittstellen
mit erheblichem Abstimmungsbedarf entstehen. Der Mitarbeiter verliert den ganz-
heitlichen Blick auf den Kundenvorgang. Typischerweise ist der Marketing-Service
nach Funktionen gegliedert. Hier wird auch der Spezialist gewünscht.

Im operativen Vertrieb gilt oft das Objektprinzip: die Abgrenzung nach Ländern,
Regionen (Regionalprinzip) und / oder nach Produktgruppen (Geschäftsbereichen).
Die diesen Objekten zugehörigen Kunden werden i.d.R. „generalistisch“ betreut nach
dem Prinzip: One Face to the Customer). Eine gemeinsame Erfolgsverantwortung
von Innendienst und Außendienst führt zu hoher Identifikation mit den Kunden einer
Region oder eines Geschäftsfeldes. Anders als beim Verrichtungsprinzip wird ein
Wettbewerb der Organisationseinheiten (Erfolgs- / Misserfolgsvergleich) unterein-
ander in Gang gesetzt. Nachteilig ist die Gefahr von Ressortegoismus.

Das Prozessprinzip basiert auf einer Reengineering-Idee. Wenn man die bestehen-
de Organisation zerschlagen und aus Kundensicht neu ordnen würde: Wie könnte
man dann den Mitarbeitern abteilungsübergreifende Verantwortungen für Arbeitsab-
läufe zuteilen? Gefordert werden für strikt kundenorientierte Prozesse:
• Verzicht auf Vorgänge ohne Wertschöpfung,
• parallele und synchrone Vorgangsbearbeitung im Team statt sequentielles
Durchschieben von Teilvorgängen durch Abteilungen,
• zentrale Steuerung der Vorgänge mittels computergestützter Workflows,201
• Abbau unnötiger Schnittstellen.202

Wie werden Arbeitsbeziehungen / Hierarchien gebildet?

Arbeitsstellen werden nach bestimmten Ordnungsprinzipien zu Arbeitsgrup-


pen/Abteilungen zusammengefasst. Durch Über-/Unterstellungen ergibt sich eine
Hierarchie. Es stellen sich drei enscheidende Fragen:

Frage-1: Sollen Überstellungsbeziehungen eindeutig sein?


Mit dem Bottom-up-Blick geht es darum, ob ein Mitarbeiter an einen oder an mehr
als einen Vorgesetzten „berichtet“. Der klassische Vertrieb schätzt das auf Fayol

200
zu diesen Grundlagen vgl. Bestmann, (Kompendium), 2001, S. 139-144
201
vgl. zum Konzept der Workflows Winkelmann, (Vertriebskonzeption), 2005, S. 190-193
202
zu diesen Punkten vgl. Stauffert, (Geschäftsprozessoptimierung), S. 10-11
96 Marktorientierte Unternehmensführung

zurückgehende Einliniensystem203 wegen der Eindeutigkeit von Weisungsbefugnis-


se. Beispiel: Ein Außendienstmitarbeiter berichtet an seinen Regionalvertriebsleiter
und dieser an den Verkaufsleiter Deutschland. Die Gesamtverantwortung hat ein
Direktor Marketing und Vertrieb, an den in direkter Linie der Verkaufsleiter
Deutschland, der Exportleiter und der Leiter des Marketing-Service berichten. Trotz
klarer Weisungs- und Verantwortungsbeziehungen hat das Ordnungsprinzip Nachtei-
le. Hierarchien verfestigen sich leicht. Die Organisation wird schwerfällig, wenn
dominante Vorgesetzte eine Querkommunikation zwischen den Abteilungen (Fay-
ol´sche Brücken) unterbinden.

Beim Mehrliniensystem (Funktionsmeistersystem), das auf Taylor204 zurückgeht,


berichtet ein Mitarbeiter an mindestens zwei Vorgesetzte. Man findet Mehrliniensys-
teme oft in Unternehmensberatungen, Werbeagenturen oder generell in Kleinunter-
nehmen, wo es weniger um Kompetenzen und Karriere geht. Jeder ist weisungsbe-
fugt den Mitarbeitern gegenüber, die für eine anliegende Aufgaben Fachleute sind.

Frage-2: Wie hoch soll die Span of Control sein?


Mit einem Top-down Blick ist zu regeln, wieviele Mitarbeiter ein Vorgesetzter in
welchen Funktionen führen sollte. Viele Unternehmen bewegen sich in Richtung
flache Hierarchien. Das kann zu zunehmenden Kontrollspannen führen. Immer we-
niger Vorgesetzte sind für relativ mehr Mitarbeiter zuständig. Im allgemeinen wird
für die nächsttiefere Ebene eine Konntrollspanne von 3 bis 4 empfohlen. In Regio-
nalvertrieben kann ein Verkaufsleiter schon einmal 8 bis 11 Kundenbetreuer führen.

Es geht stets Frage-3: Beratende oder disziplinarische Verantwortungen?


um das Für jeden Mitarbeiter ist zu regeln, wer wem disziplinarisch über- bzw. unterstellt
sinnvolle
Zusammen- ist und / oder gegenüber welchen Mitarbeitern bzw. Kollegen lediglich fachlich-be-
wirken von ratende Anweisungsrechte ausgeübt werden dürfen. Diese Fragestellung besitzt eine
Stabs- und wichtige Bedeutung für die Zusammenarbeit der Abteilungen untereinander.
Linienfunk-
tionen.
Aus Abteilungssicht ist in gleichem Sinne zu regeln, ob eine Abteilung als (beraten-
de) Stabs- oder als (operative) Linienabteilung wirken soll. Eine operative Li-
nienverantwortung beinhaltet die Übernahme einer messbaren Erfolgsverantwor-
tung. Die Beiträge zur Zielerreichung müssen transparent und vergleichbar sein. Ein
Verkaufsleiter steht typischerweise in einer derartigen Linienverantwortung. Es ist
aber nicht sinnvoll und möglich, alle Führungskräfte in Linienverantwortungen zu
nehmen. Bestimmte Arbeitsstellen bzw. Abteilungen erhalten Beratungs- und Servi-
ce-, jedoch keine disziplinarische Verantwortung. Man spricht von Stabsfunktionen
(Staff working).205 Eine typische Stabsabteilung ist z.B. die Personalabteilung.

Stäbe treten auch innerhalb von Stabsabteilungen auf. Ein Produktmanagement ope-
riert üblicherweise als Stabsstelle innerhalb einer Stabsabteilung Marketing. Auf
Grund seiner Mittlerfunktion zwischen Technik und Verkauf kann ein Produktmana-
ger (PM) den Kollegen im Vertrieb durchaus Weisungen geben. Nur handelt es sich
dann um beratende, nicht um disziplinarische Weisungsrechte.

Stehen Verkaufs- und Marketingleiter hierarchisch auf gleicher Ebene, so zeigt die
Praxis: Das letzte Wort spricht der operative Linienchef. Es ist also Aufgabe der
Marketing- und Vertriebsgesamtleitung, für eine harmonische Zusammenarbeit von
203
vgl. Fayol, (Administration), 1916
204
vgl. Taylor, (Scientific Management), 1911
205
ursprünglich Kontroll- und Koordinierungsfunktionen beim Militär: vgl. Staehle, (Management),
1999, S. 707-709
2. Kapitel: Das Marketing-Management 97

Stab und Linie zu sorgen. Keinesfalls sollte man sich auf eine Diskussion einlassen,
die von einer natürlichen Feindschaft zwischen Marketing und Vertrieb ausgeht.206

Wie wird die Gesamtorganisation gebildet?

Für das Zusammenspiel zwischen Verkauf und Marketing im Dienst des Kunden
sind zwei typische Konstellationen in der Gesamtorganisation abzuwägen:
Marketing-Service als Stabsstelle auf Geschäftsführungsebene, dem Verkaufslei-
tung übergeordnet, mit fachlichen Weisungsrechten und mit der Autorität des
obersten Chefs im Rücken,
Marketing-Service in die Verkaufsmannschaft eingepflanzt. Zwar fehlt den Mar-
keting-Spezialisten dann oft der Gesamtüberblick, die Identifikation mit Erfolg
oder auch Misserfolg der Verkaufsmannschaft ist jedoch stärker. Nicht selten
fließen der Marketinggruppe mit der Zeit auch Linienaufgaben zu.
Die zweite Lösung ist aufwändig, wenn eine Unternehmung über mehrere Vertriebs-
bereiche verfügt. Dann müssen die dezentralisierten Marketingstellen koordiniert
werden. Dennoch geht der Trend momentan zur Dezentralisierung, damit das Marke-
ting seine Budgets unmittelbar durch Service für den Verkauf rechtfertigen kann.

Marketing und Vertrieb müssen nun in die Gesamtorganisation verankert werden.207


Drei grundlegenden Organisationsformen sind graphisch in Abb.2-43 dargestellt.
Zum Teil tragen die Organisationseinheiten nicht mehr ausdrücklich die "Amts"-
Bezeichnungen Marketing und Vertrieb. Marktorientierung ist nämlich keine Frage
von Türschild und Visitenkarte.

2.4.2. Die Marktorientierung der Gesamtorganisation


a.) Die klassische funktionale Organisation
Die funktio- Bei der funktionalen Organisation werden der Geschäftsführung nach dem Verrich-
nale Organi- tungsprinzip (also nach Funktionen; z.B. Einkauf, Verkauf, EDV) gegliederte Abtei-
sation ist
noch immer lungen unterstellt.208 In der Praxis ist für diese Organisation typisch:
vorherr- • Spezialisierung nach Fachkompetenzen (Fachleute bilden Abteilung),
schend bei • Einheitlichkeit der Auftragserteilung (eindeutige Unterstellungsverhältnisse)
kleinen und • und Entscheidungszentralisation (die Zentrale hat das „Sagen“).
mittleren
Unterneh-
men. Die funktionale Organisation fördert die Kompetenzbildung, ist jedoch anfällig für
Ressortegoismen, Bürokratie und Schwerfälligkeit. Bei steigender Unternehmens-
größe und zunehmender Komplexität des Leistungsprogramms verliert sie an Bedeu-
tung für die marktorientierte Unternehmensführung, weil sich dann alle Produkt-
gruppen-, Vertriebsregionen- und Kundengruppeninteressen in einem übermächtigen
Gesamtvertrieb ballen. So entsteht die Idee, die Funktion Vertrieb in selbständig ope-
rierende, dezentrale Erfolgseinheiten aufzuspalten und diesen aus Gründen der Kos-
tenzurechnung auch, soweit möglich und sinnvoll, eigene betriebliche Funktionen
(z.B. Einkauf, Verwaltung, Fertigung, Logistik) zuzuweisen.

b.) Die Geschäftsbereichsorganisation / Spartenorganisation


Die Geschäftsbereichsorganisation soll die Entscheidungskompetenz marktnah de-
zentralisieren und gleichzeitig eindeutige Erfolgs- und Kostenzuordnungen er-

206
vgl. Dannenberg, (Alte Feinde), in: MM, 2/1997, S. 76-81
207
vgl. zu den grundsätzlichen Stellenverbindungen Staehle, (Management), 1999, S. 704-717
208
vgl. hierzu das Beispiel aus Becker, (Marketing-Konzeption), 2006, S. 840
98 Marktorientierte Unternehmensführung

möglichen. Die mangelnde Marktnähe und die Schwerfälligkeit der funktionalen


Organisation sollen überwunden werden. Man spricht auch von divisionaler Organi-
sation und im Sinne des Controllings von Profit Center Organisation. Die betrieb-
lichen Funktionsbereiche werden aufgespalten in
Abb.2-43
MARKETING UND VERTRIEB IM RAHMEN KLASSISCHER ORGANISATIONSSTRUKTUREN

Geschäftsführung
WalCONT GmbH
klassische Organisation nach
Funktionsbereichen

Einkauf, Technik, F&E, Verw altung, Finanz- und


Vertrieb
Materialw esen Fertigung Personal Rechnungsw esen

Verkauf Ausland Verkauf Inland Marketing-Service

Ausland direkt Regionalverkauf - Produktmanagement


- Marktforschung
- Messen und Verkaufsförderung
Distributoren KAM - Kataloge und Neue Medien

Gesamtvorstand Siemens
Organisation nach Geschäftsbereichen
in einem Großkonzern (Siemens)

Zentralabteilungen
Geschäftsbereiche mit Arbeitsgebieten und unterhalb der GB die regionalen Einheiten
Zentralstellen

Corp. Finance
Information and Automation and Pow er: Medical So-
Communications Control P. Generation (PG) lutions MED Corp. Personnel
P. Transmission and
Aut. & Drives (A&D) Distribution (PTD) Lighting:
Communications Corp. Technology
Ind. Solutions and Osram
(Com) Transportation:
Services (I&S)
Siemens Business Transportation
Siemens Fin.Services C. Development
Systems (SBS) Systems (TS)
BuildingTech. (SBT) Immobilien
Siemens VDO (SV)
Zentralstellen:
Kommunikation, IT,
Einkauf/Logistik,
Konzern-Holding
GA, Consulting
bereichs- u. operativen nationalen Verantwortungen
Matrix-Organisation mit strategischen Geschäfts-

globale, strategische lokale, operative


zentrale Stäbe
Verantw ortungen Verantw ortungen

Ländergesellschaft Ländergesellschaft Ländergesellschaft


Europa USA Asien

Geschäftsfeld
Consumer-Produkte

Geschäftfeld Knoten = Mitarbeiter, Abteilungen,


Industrieprodukte Konzerngesellschaften, Beteiligungen

Geschäftsfeld
Spezialprodukte
2. Kapitel: Das Marketing-Management 99

• Zentralstäbe mit abteilungsübergreifender Koordinierung- und Unterstützungs-


funktion (Finanzwesen und Controlling, Personal, EDV) und
• den Geschäftsbereichen direkt zugeordnete Funktionen mit kundenbezogenen
Aufgaben (z.B. Einkauf, Verkauf, Lager, Logistik).209

Die Marketing- und Vertriebsmitarbeiter sind den erfolgsverantwortlichen Sparten,


Geschäftseinheiten oder Geschäftsfeldern zugeteilt. Die Geschäftsbereichsleiter han-
deln unternehmerisch als Marktmanager. Sie führen aber die Bezeichnung Marke-
ting und Vertrieb zumeist nicht mehr auf der Visitenkarte. Auf oberer Ebene wird die
Unternehmung also nach dem Objektprinzip gegliedert. Innerhalb der Bereiche sind
dann oft funktionale Organisationen zu finden.

In divisiona- In der Praxis treten zuweilen drei Probleme auf:210


len Organi- (1) Behinderung der Marktorientierung durch zu starke Controller-Dominanz:
sationen Oft entsteht diese (Profit-Center-) Organisationsform in Unternehmenskrisen. Cost
kommt es
oft zum Cutting lautet dann die Devise. Controller übernehmen die Geschäftsbereichsver-
Führungs- antwortung. Dann hat es die Kundenorientierung schwer. Diese Problematik ist aber
konflikt eigentlich nicht der Organisationsform inhärent, sondern hängt von der Führungsphi-
zwischen losophie des Managements ab.
Marketing
und Control-
(2) Begrenzung der Marktorientierung durch interne Grabenkämpfe bei Kostenzurech-
ling. nungen (Umlagen): Markt- und Kundenaktionen lassen sich nicht immer eindeutig
den Geschäftsbereichen zuordnen. Aufgrund des auf den Profit Centern lastenden
Kostenzurechnungsdrucks (statt Umlagenverrechnung) werden der Gesamtunter-
nehmung nutzende, imagefördernde Maßnahmen oft unterlassen. Welche Abteilung
möchte dann noch einer Hochschule Werbekataloge schicken?
Geschäftsbe- (3) Bei technologisch strukturierten Geschäftsbereichen kann die internationale Markt-
reichsorga- orientierung leiden: Oft sind die Geschäftsfelder zu einseitig auf produktbezogene,
nisationen
denken oft: technische Funktionen ausgerichtet. Notwendige länderbezogene Strategieanpassun-
„Think glo- gen kommen zu kurz. Ein Ausweg liegt dann darin, einen konstruktiven Konflikt
bal – act zwischen den strategisch ausgerichteten Geschäftsbereichsführern und den länder-
global“. verantwortlichen Managern zu generieren.

c.) Die Matrix-Organisation


Diese Überlegungen führen zur typischen Matrix-Organisation einer international
operierenden Unternehmung. So wird z.B. für die SAP verkündet:
„Eine Matrixorganisation, die in ihren Grundzügen bereits feststeht, soll der SAP
mehr Branchen-Know-how und Marktnähe verschaffen.“211

In einer "echten" Matrix-Organisation sind zwei Linienorganisationen miteinander


verknüpft, die durch das Management koordiniert werden müssen (s. unterer Teil der
Abb.2-43). Eine Matrix verbindet in der Praxis zumeist Geschäftsfeldzuständigkeiten
mit Regionalverantwortungen. Geschäftsbereichsleiter und Länderchefs, beide Seiten
vertreten entsprechend ihrer Matrixdimension Umsatz- und Ergebnisplanungen.
Summiert über die Geschäftsbereiche wie auch über die Regionen stimmen die Um-
satz- und Ergebnissummen selbstverständlich überein. Praktisch besteht daher Ver-
antwortungsteilung. Oft liegt die strategisch-technologische Kompetenz bei den Ge-
schäftsbereichsleitungen. Die Regionalmanager sind dagegen für das taktisch-
operative Geschäft verantwortlich.212 Man spricht auch vom Landlord-Konzept.
Die Disziplinarverantwortungen liegen bei den Länderchefs. Sie geben den in ihrem

209
soweit Anlagen technisch auf bestimmte Produktbereiche zugeschnitten sind
210
vgl. Grochla, (organisatorische Gestaltung), 1982, S. 137
211
Rieker, (Baustelle), in: MM, 4/1998, S. 116
212
vgl. zur Matrixorganisation auch Becker, (Marketing-Konzeption), 2006, S. 842-843
100 Marktorientierte Unternehmensführung

Land agierenden Vertriebsmitarbeitern den arbeits- und versicherungsrechtlichen


Rückhalt (act local). Die Leiter der strategischen Geschäftseinheiten domizilieren
dagegen im Hauptquartier oder in der Nähe von wichtigen Forschungs- und Ent-
wicklungs- oder Fertigungseinrichtungen. Sie haben die produktbezogenen Anwei-
sungsrechte. Sie sorgen dafür, dass Leistungsprogramme im weltweiten Maßstab
(think global) etabliert und gesichert werden. In permanenter Abstimmung mit den
Länderfachleuten haben sie kulturelle Unterschiede im Produktdesign, bei den Pro-
duktleistungen und hinsichtlich der Vermarktungstaktiken auszugleichen.

Keine Matrix liegt vor, wenn z.B. Stabs- (z.B. ein Produktmanagement oder eine
Personalabteilung) mit Linienverantwortungen (z.B. Verkauf) verbunden sind.213 In
diesem Fall handelt es sich vielmehr um die typische Stab-Linienbeziehung. Als
Matrixknoten können einzelne Mitarbeiter, Vertriebsabteilungen, Niederlassungen,
Tochtergesellschaften oder sogar Konzernteile operieren. Weisungen erhalten sie von
beiden Seiten der Matrix. Die innerhalb der Matrix (als Matrixknoten) eingebunde-
nen Marketing- und Vertriebsmitarbeiter haben folglich „zwei Hüte“ auf: Sie berich-
ten jeweils an zwei Vorgesetzte. Das kann zu erheblichen Konflikten führen.

Eine Matrix- Selbstverständlich führt auch eine Matrix-Organisation auf allen Ebenen Stäbe; z.B.
Organisation die oben erwähnten, beim Hauptquartier verbleibenden Zentralstäbe.214 So erhalten
"lebt" vom
konstrukti-
die Mitarbeiter in den Matrixknoten auch noch von dritter Seite Anweisungen, näm-
ven Konflikt lich durch die mit Richtlinienkompetenz ausgestatteten Stabsabteilungen. Die Mat-
zwischen rixorganisation ist deshalb gefürchtet. Sie erfordert eine gut ausgeprägte Problemlö-
den beiden sungskultur. Diese kann durch starke Unternehmensführer gewährleistet werden.
Führungs-
dimensio- Gehen diese Führer, dann kann auch eine Matrix-Ära enden, wie das Beispiel Barne-
nen. vik und ABB zeigt.215

Im Zuge einer konsequenten Ausrichtung auf Kundenprozesse ist die Wampfler AG


von einer produktbezogenen Profit-Center-Organisation auf eine problemlösungsori-
entierte Matrix-Organisation übergegangen.216 Denn die Profit Center waren zuvor
einseitig auf den Verkauf des eigenen Programms fokussiert. Die Kunden aber woll-
ten Produkte aus mehreren Profit Centern beziehen. Jetzt stehen fünf Business Units
(Cranes, Transport, Machinery&Equipment, Handling Systems und Safety Systems)
mit produktübergreifenen Problemlösungen sog. Marktorganisationen (Gesellschaf-
ten und Representative Offices) gegenüber. Die BU´s sind zuständig für die Entwick-
lung von Segmentstrategien, Definition von Zielgruppen und Koordination der Key
Accounts, Preispolitik, weltweite Ressourcenkoordination. Die Marktorganisationen
verantworten die Umsetzung der Strategie, die länderspezifische Abwicklung der
lokalen Projekte, operative Preispolitik, Erfassung und Abstimmen der lokalen Kun-
denanforderungen. Durch die Matrix-Organisation sollen die Vertriebskanäle auch
gezielt mit Ideen durch das Marketing versorgt werden.

d.) Die Prozessorganisation


Es wäre ein Bruch mit der klassischen betriebswirtschaftlichen Theorie, würde man
die Unternehmenshierarchie auflösen und die gesamte Unternehmung nach kunden-
orientierten Prozessen strukturieren.
213
wie z.B. zu finden bei: Meffert, (Marketing), 2000, S. 1078
214
Man sollte also nicht von einer eigenständigen Stab-/Linienorganisation sprechen. Stäbe und Li-
nien sind in allen Organisationskonzepten zu finden.
215
vgl. Werres, (Vollender), in: MM, 2/2001, S. 96
216
vgl. Ziegler, (Investgüter-Marketing), in: ASW, 7/2001, S. 42-46. Die Wampfler AG ist einer der
Weltmarktführer von Komponenten und Systemen zur mobilen Energie- und Datenübertragung und
zur Gestaltung und Absicherung von Gefahrenbereichen.
2. Kapitel: Das Marketing-Management 101

Abb.2-44 Grundlage ist das Wertketten-


modell von Porter.217 Wie Säulen FUNKTIONS- versus PROZESSPRINZIP /
SCHNITTSTELLENPROBLEME
stehen die operativen Betriebsab-
SPEZIALISIERTE VORGANGS-
teilungen nebeneinander (Funkti- BEARBEITUNG IN DEN ABTEILUNGEN
onsgliederung). Horizontal wer- KUNDEN-
den sie durch abteilungsübergrei- BEZOGENE
PROZESSE
fende Stabsabteilungen unter-

Lager, Versand, Transport


stützt. Abb.2-44 verdeutlicht das
Modell. Um das Prozessprinzip

Qualitätssicherung
F&E, Konstruktion
zu realisieren, müssten Team-
Mitarbeiter für die Kundenprozes-

Beschaffung

Fertigung
se Kundengewinnung, Kunden-

Vertrieb
pflege, Reklamationsabwicklung,
Nachbetreuung und Service etc.
Überleben
im Markt- ressortübergreifend verantwortlich
kampf: sein. An die Stelle klassischer Abteilungsleiter treten Prozessverantwortliche. Im
Früher über- Endeffekt führt das zur konsequenten Kundenorientierung. Aber unsere Organisati-
legene Pro-
dukte –
onskultur ist noch nicht soweit, als dass Menschen auf klare Hierarchielinien ver-
heute über- zichten möchten. Doch die Entwicklung geht in Richtung einer neuen Prozesskultur.
legene Pro- Reichten früher überlegene Produkte zum Überleben im Markt aus, so werden zu-
zesse. künftig überlegene Prozesse die entscheidenden Erfolgsfaktoren sein. So entsteht ein
Trend zum Business Process Management (BPM).

e.) Organisationsleitlinien für die Customer driven Company


Marktorientierung beginnt beim einzelnen Mitarbeiter. Alle Mitarbeiter zusammen
sollten die Kultur einer Customer driven Company prägen. Wovon kann die Wir-
kungskraft der Marktorientierung von Unternehmen abhängen? Abb.2-45 formuliert
hierzu zehn Leitlinien.
Abb.2-45
DIE ERFOLGSCHANCEN DURCH MARKTORIENTIERUNG DER ORGANISATION NEHMEN ZU:

(1) bei Abkehr vom Funktionalprinzip und Hinwendung zu prozessorientierten Teams (Gruppen) mit dezentra-
len Entscheidungsbefugnissen,
(2) je stärker dezentrale Stäbe in das Marktgeschehen mit eingebunden sind (z.B. in Form von Projektteams
mit Umsetzungsautorität),
(3) je unmittelbarer Forschung und Entwicklung auf die Geschäftsfelder ausgerichtet sind (evtl. sogar Zuord-
nung von F&E-Mitarbeitern zu Produktgruppen / Geschäftsfeldern),
(4) je mehr Geschäftsfeld-Manager aus dem Ressort Marketing und Vertrieb in die Geschäftsführung aufstei-
gen (Führungskräfte mit Verkaufs-, Kundenerfahrung),
(5) je eindeutiger sich die Material- und Fertigungsbereiche den Produktprogrammen der Geschäftsfelder
zuordnen lassen,
(6) je stärker neben den Geschäftsfeldinteressen auch Regionalinteressen (Kultureinflüsse) bei den strategi-
schen Entscheidungen Gewicht bekommen,
(7) je durchgängiger die Unternehmensbereiche durch CRM verbunden sind,
(8) je besser die Qualität der Kundendatenbank ist und alle Mitarbeiter mit Kundenkontakt Zugriff auf die
gleichen, aktuellen Kundendaten haben,
(9) je stärker Tochter- bzw. Auslandsgesellschaften in die Gesamtorganisation integriert sind,
(10) je besser die Vertriebspartner (Handel, Handwerk, Handelsvertreter) in die Marketingkonzeption einge-
bunden sind.

Der Blick richtet jetzt wieder auf die Ressorts Marketing und Vertrieb. Wie können
die Rollen und die organisatorischen Verankerungen der Marketing- und Ver-
triebsabteilung in der Gesamtorganisation gestaltet werden?

217
vgl. Porter, (Wettbewerbsstrategie), 1999
102 Marktorientierte Unternehmensführung

2.4.3. Marketing und Vertrieb in der Aufbauorganisation


der Unternehmung
Abb.2-46 veranschaulicht auf den beiden Achsen Abstufungen für die
(1) Bedeutung des Vertriebs innerhalb der betrieblichen Funktionsbereiche (hori-
zontal) und auf einer zweiten Ebene (vertikal) für die
(2) Bedeutung des Marketing (Strategie, Produktmanagement, Kommunikation,
Verkaufsunterstützung).
Abb.2-46 MARKETING UND VERTRIEB IN DER GESAMTORGANISATION

80% aller marktorientierte


ZUNEHMENDE BEDEUTUNG DES MARKETING

kleine Verkaufsabteilung, Marketing als Stab auf


Marketing- Geschäftsfeld-
Marketingstab auf GF-Ebene und als
hoch

abteilungen Geschäfts- Abteilung dem Verkauf


organisation,
berichten Marketing auf allen
führungsebene gleichgeodrndet
direkt an die Hierarchieebenen
erste Füh- marktorientierte
rungsebene kleine Verkaufsabteilung, Marketingabteilung im Geschäftsfeld-
Mittel

der Unter- Marketingmitarbeiter im Vertrieb dem Verkauf organisation,


nehmen. Verkauf gleichgeordnet Marketing bei
(Hinweis in: Geschäftsfeldleitung
ASW
4/2005, marktorientierte
S. 70) umfassende
niedrig

kleine Verkaufsabteilung, Geschäftsfeld-


Vertriebsabteilung mit
kein Marketing organisation, Marketing
Marketingmitarbeitern
beim Verkauf

niedrig mittel hoch


ZUNEHMENDE BEDEUTUNG DES VERTRIEBS

Die Bedeutungszunahme von Marketing und Vertrieb lässt sich durch einen Pfad von
links unten nach rechts oben beschreiben. Beim Feld links unten ist z.B. der Ver-
kaufsleiter in einer funktionalen Organisation einem technischen Geschäftsführer
unterstellt. Eine Marketingabteilung existiert nicht. Mit zunehmender Marktorientie-
rung rücken Marketing- und Vertriebsverantwortungen in die Unternehmensspitze.
Die Produkt- und Kundengruppen werden zu strategischen Geschäftseinheiten zu-
sammengefasst, und das Marketing unterstützt als Service alle Unternehmensebenen.
So kennzeichnet Abb.2-46 rechts oben die Situation der BMW AG. Dem Vorstandsvor-
sitzenden ist eine mächtige Marketingzentralabteilung direkt zugeordnet. Zudem sind
Kleinst-
betriebe: bis die dezentralen Geschäftseinheiten mit eigener Marketingkompetenz ausgestattet.
9 Mitarbeiter
und 2 Mio. € Grundsätzlich sind folgende Formen der Verankerung des Marketing in die Gesamt-
Jahresum- organisation möglich, geordnet nach dem Grad der formalen Machtbefugnisse:
satz, Klein-
betriebe (bis (1) Marketing als Assistentenstelle beim Verkaufs-/Vertriebsleiter,
49 / 10 (2) Marketing als Team, Gruppe oder Abteilung im Verkauf,
Mio.) mittle- (3) Marketing als Hauptabteilung; Verkaufs- und Marketingleiter sind gleichgestellt,
re Unter- (4) Marketing als Zentralstab auf Geschäftsführungsebene mit starken fachlichen
nehmen (249
/ 50 Mio.), (nicht disziplinarischen) Anweisungsrechten anderen Abteilungen ausgestattet.
großer Mit-
telstand (499 2.4.4. Aufbauorganisation innerhalb von Marketing und Vertrieb
/ 50 Mio.),
Großunter- Das Institut für Mittelstandsforschung (IfM) identifiziert ca. 700.000 mittelständische
nehmen
(über 500 /
Unternehmen und bezeichnet 250.000 von ihnen (ca. 35%) als relevant für ein mo-
über 50 Mio. dernes Marketing. Diese KMU erstellen z.B. Marketingplanungen. Nach diesem
€ Umsatz). Denkansatz wären also 250.000 Marketingabteilungen in Deutschland mit Stellen
und Arbeitsbeschreibungen, Zielen etc. zu organisieren.218
218
vgl. den Hinweis in: ASW, 5/2004, S. 22; www.impulse.de/mind. (Alternativ: 900000 Firmen).
2. Kapitel: Das Marketing-Management 103

Bei größeren Unternehmen sind i.d.R. mehrere Vertriebseinheiten parallel zu organi-


sieren. Abb.6-10 zeigt unsere Schätzung für die Zahl deutscher Vertriebsorganisatio-
nen. Unsere Rechnung geht von fast 400.000 Organisationseinheiten (Bereiche, Ab-
teilungen, Gruppen), für die die Funktionen Vertriebs-/Verkaufsleiter, Leiter Innen-
dienst (Backoffice), Exportleitung, evtl. Vertriebscontrolling, Händlerbetreuung,
Leiter Key Account Management oder Kundenservice mit entsprechend qualifizier-
ten Mitarbeitern zu besetzen sind.

Die Strukturorganisation im Verkauf wirft immer wieder folgende Fragen auf:


Soll der Innendienst219 (das Backoffice) als Expertenteam von der Zentrale aus
den Außendienst unterstützen oder sollte er besser in die Regionalteams (räum-
lich im Verbund mit den Außendienstmitarbeitern) „eingepflanzt“ werden?220
Ein Trend geht dahin, dass die Außendienstmitarbeiter verstärkt mit Laptop und
vom Heimbüro aus Abwicklungsaufgaben (Angebotserstellung, Lieferzeitenkon-
trolle) übernehmen, während der Innendienst zunehmend mit verantwortungsvol-
len Aufgaben der Interessentenqualifizierung, Neukundenansprache und Klein-
kundenbetreuung beauftragt wird. Die Grenzen von Innendienst und Außendienst
verschwimmen. Die zentralen Innendienste werden entschlackt und dafür ver-
stärkt neue, kundennahe Arbeitsstellen geschaffen.
Umfang und Komplexität des Geschäftes und die Marktdurchdringung entschei-
den mit darüber, ob sich die Einführung einer Regionalvertriebsebene (und in
Fortführung die Errichtung regionaler Niederlassungen / Vertriebsgesellschaften)
lohnt. Fragen dieser Art werden im 6. Kapitel behandelt.
Die Frage nach einer organisatorisch selbständigen Schlüsselkundenbetreuung
(Key Account Management) stellt sich, wenn wichtige Kundengruppen eine
konzentrierte und hochqualifizierte Betreuung erfordern. Diese Situation herrscht
z.B. im Konsumgüterbereich, wo sechs Handelskonzerne ca. 70% des Einzelhan-
delsumsatzes auf sich vereinigen. Die besondere Führungsaufgabe für den Ver-
triebsleiter liegt dann darin, mögliche Konflikte zwischen den Key Account Ma-
nagern (in den Augen des Flächenvertriebs: die „Rosinenpicker“) und dem Flä-
chenvertrieb zu vereiteln.
Eine weitere Frage betrifft den Aufbau und die organisatorische Eingliederung
des Auslandsvertriebs. Bei kleineren Firmen erledigt der Verkaufsleiter den Ex-
port (die Betreuung von Handelsvertretern / Händlern im Ausland) oft nebenbei
mit. Im Zuge der Geschäftsausweitung kommt es dann i.d.R. zur Abspaltung ei-
ner eigenständigen Auslandsabteilung. Bei weltweit operierenden (globalisierten)
Unternehmen verliert der Inlandsvertrieb weiter an Priorität – Deutschland wird
zu einer Verkaufsregion neben anderen. Eine Praxistendenz geht zum Europaver-
trieb, die der Großunternehmen zum Triadenvertrieb mit eigenständigen Markt-
strategien für Amerika, Asien und Europa.221 Ob die Öffnung des chinesischen
Marktes eines Tages zur Quadrade führt?
Die Literatur weist die Bereiche Logistik / Lager / Transport oft dem Vertrieb zu.
Doch diese Bereiche liegen in der Praxis meistens beim Materialwesen bzw. bei
den Werken. Der Verkauf, auf schnelle Lieferzeiten und Termintreue bedacht,
steht in alltäglichen, kollegialen Abstimmungen zur Material- und Fertigungs-
wirtschaft sowie zur Versandleitung.

219
Wir wollen im folgenden bei dem tradierten Begriff „Innendienst“ bleiben, obwohl eine Auffri-
schung dieses Begriffs sicher an der Zeit wäre (im Sinne von Customer Service).
220
In jedem Fall wird eine Koordinationsinstanz in der Zentrale verbleiben.
221
vgl. zum Triadenmarketing Hüttner; von Ahsen; Schwarting, (Marketing-Management), 1999, S. 9
104 Marktorientierte Unternehmensführung

Abb.2-47
FUNKTIONEN / STELLEN / ORGANISATIONSEINHEITEN IM MARKETINGBEREICH

Marketing als Stabsstelle bei der Geschäftsführung oder beim Vertriebschef


Strategie, Planung, Statistik, Vertriebscontrolling, Assistenz der Geschäftsführung
AUDI be- Marketing als Serviceteam mit Schwerpunkt Kommunikation
schäftigt
Public Relations, Werbung, Agenturarbeit, Kataloge, Preislisten
z.B. 280
Mitarbeiter Marktforschungsteam als Teil des Marketing
im zentralen Marktbeobachtung, Marktforschung; Zusammenarbeit mit MaFo-Instituten
Marketing. Produktmanagement - Markenmanagement (Branding-Team)
Produktpflege und –förderung, Aufbau und Pflege von Markenwerten
Promotion-Team für Verkaufsförderung, Messeauftritt und Event-Marketing
Verkaufstraining, Händlerbetreuung, Messeplanung, Promotion-Aktionen, Events
Merchandising-Gruppe
Regalpflege bei den Outlets des Handels, Beratung am Point of Sale (POS)
Trade-Marketing Gruppe
Betreuung und Serviceleistungen für große Handelskunden
Marketing-Service international
Aufbau und Pflege eines internationalen Händlernetzes, Marketingkoordination
Customer Relationship Manager
zuständig für Kundenbindungsprogramme, Kundenzufriedenheitsanalysen und
CRM-Software, Koordinator für Kundenprozesse, Koordinator für CRM-Software
E-Business Manager, E-Business-Abteilung, Web-Office
zuständig für die Internet-Konzeption, Web-Auftritt, Firmenportal

Abb.2-48
FUNKTIONEN / STELLEN / ORGANISATIONSEINHEITEN IM VERTRIEBSBEREICH

Regionalvertrieb: Bezirksreisender, Außendienstverkäufer (ADM)


Verkäufer im Flächenvertrieb; z.B. zur Betreuung von Handels-Outlets
Beratungsvertrieb: Verkaufsrepräsentant, Verkäufer mit stark beratender Tätigkeit
z.B. Pharmaberater
Key Account Management
Schlüsselkundenbetreuer mit überwiegend konzeptionellen Aufgaben
Innendienstverkäufer
Kundenservice, Bearbeitung der Anfragen, Angebote, Aufträge
Customer Service, kaufmännischer Kundendienst, Service-Center,
Kundenbetreuung im Call-Center oder Customer Interaction Center
Händlerbetreuung
Verkäuferische Gewinnung und Betreuung von Vertriebspartnern
Vertriebscontrolling
Aufbereitung und Analyse aller internen- und externen vertriebsrelevanten Daten
Vertriebssteuerung
Qualitätssicherung im Vertrieb, Aufbau und Pflege des CRM-Systems
Vertriebsassistenz
Unterstützung der Vertriebsleitung in konzeptionellen Fragen
Vertriebsleitung
verantwortliche Leitung von Innen- und Außendienst und vom Kundenservice

Aktuell wird die Frage diskutiert, welche Auswirkungen das Customer Relati-
onship Management (CRM) auf die Strukturorganisation im Vertrieb hat. Dem
Wesen nach fordert CRM eine Integration der Prozesse aller kundennaher
Abteilungen; also zumindest von Marketing, Verkauf und Service/Kundendienst.
2. Kapitel: Das Marketing-Management 105

Das würde bedeuten, dass entweder dem Vertrieb die integrierte Gesamtverant-
wortung für CRM zu übertragen ist, oder man müsste die typische vertriebliche
Funktionalorganisation auf Prozessorganisation (z.B. Kundenprozess-Teams)
umstellen. Derzeit ist uns nur eine Unternehmung mit Prozessorganisation be-
kannt: die Busch-Jaeger Elektro GmbH im ABB Konzern.

Abb.2-47 zeigt typische Arbeitsbereiche innerhalb einer Marketingabteilung. Die


Aufgabenbereiche können Gruppen oder Unterabteilungen bilden. Abb.2-48 bietet
entsprechend einen Überblick über Funktionen und Zuständigkeiten im Vertrieb.

Marketing und Vertrieb arbeiten üblicherweise mit externen Dienstleistern (Agentu-


ren) zusammen. Man holt sich Kompetenz von außen. Zunehmend werden auch Ge-
samtfunktionen nach außen verlagert (Outsourcing). Es entwickelt sich z.B. ein
Marktsegment der Leasing-Außendienste.

2.5. Marktorientierte Führung


2.5.1. Führungseigenschaften und Führungserfolg
Abb.2-49 Der Mitarbeiter ist der wichtigste Erfolgsfaktor
FÜHRUNG BEINHALTET:
für die Verwirklichung (Umsetzung) der Unter-
nehmensstrategie. Führung erfolgt auf allen Ebe- die Kunst, sich selbst zu führen
nen der Hierarchie. Es geht um das Miteinander- die Kunst, sich führen zu lassen
Umgehen von Vorgesetzten, unterstellten Mitar- die Kunst, andere zu führen
beitern und Kollegen sowie um die Behandlung
von Kunden, Lieferanten und Marktpartnern zur Erreichung der Unternehmensziele
unter bestmöglicher Wahrung der persönlichen Ziele und Interessen.
Abb.2-50

HIERARCHIELEVEL IM RESSORT MARKETING UND VERTRIEB


Für Sozialkom-
petenz wichtig:
Eigentümerebene ⌦ marktorientierter, ges chäftsführender Gesellsc haft er • Durchsetzen
Top Management ⌦ V orstand / G es chäftsführer Marketing und Vert rieb • Engagement
Lower T op-Management ⌦ Direktor Mark et ing und Vertrieb, Ges chäftsbereichsleiter • Gefühle zei-
Oberes Middle Management ⌦ V erkaufsleiter, Marketingleiter, Leiter Key Acc ount ing gen
Middle-Management ⌦ Leiter Innendienst , Verkaufs gebietsleiter, Produktmanager • Informieren
Lower Management ⌦ G ruppenleiter Kundenbetreuung, Key Ac count Manager
• Kritisieren
AT-Ebene (außertarif) ⌦ A ußendienstmitarbeiter, Anwendungs techniker
• Kritik emp-
fangen
Sachbearbeitungsebene ⌦ I nnendiens t, Fak turierung, Verk äufer im Innendiens t
• Loyalität
beweisen
Abb.2-50 skizziert die Führungsebenen einer Unternehmung im • Präsentieren
Marketing- und Vertriebsressort. Steigen Marketing- oder Vertriebs- • Repräsentieren
leiter in höhere Managementetagen auf, dann verlieren sie oft die • Schlichten
Bezeichnungen Verkauf / Vertrieb auf ihrer Visitenkarte. Deshalb • Solidarität
steht im Fokus dieser Schrift die marktorientierte Führungskraft, zeigen
egal, was die "Amtsbezeichnung" besagt. • Tolerieren
• Überzeugen
Von einer marktorientierten Führungskraft werden fachliche Fähig- • Verantwor-
keiten vorausgesetzt. Das Anforderungsprofil verschiebt sich – be- tung über-
nehmen
reits für Berufsanfänger – immer mehr in Richtung Sozialkompe-
tenz.222 Soziale Fähigkeiten (Soft Skills) beweisen sich in der kolle- • Verhandeln
gialen Zusammenarbeit wie auch in speziellen Situationen: • Zuhören

222
vgl. zu den Inhalten dieses Begriffs: Faix, (Soziale Kompetenz), 1991, S. 71ff.
106 Marktorientierte Unternehmensführung

• beim Vorstellungs- bzw. Einstellungsgespräch,


• bei den Zielvereinbarungen mit zu führenden Mitarbeitern,
• bei Mitarbeiterbeurteilungen,
• bei Gehaltsgesprächen (insbesondere, wenn es um Prämien für den Außen-
dienst geht) mit den eigenen Mitarbeitern,
• bei Kritikgesprächen und Leistungsbeurteilungen,
• in kritischen Verhandlungssituationen mit Kunden und Lieferanten.

Führungserfolg hängt vor allem ab vom


äußeren Erscheinungsbild und einer persönlichen Ausstrahlung,
(1) von Sprache, Gestik, Körpersprache (Kinsetik),
(2) vom persönlichen Arbeitsstil, Methodik, Prioritätensetzung,
(3) vom Einsatzwillen und von der persönlichen Begeisterungsfähigkeit (Involve-
ment, Selbstmotivation),
(4) von Belastbarkeit, Durchhaltevermögen, Frustrationstoleranz,
(5) von Mut bzw. Entscheidungsfreudigkeit,
(6) vom Einfühlungsvermögen und vom allgemeinen Verhalten223, z.B. bei infor-
mellen Ereignissen (Weihnachtsfeiern, Jubiläen),
(7) vom Verhalten gegenüber „Untergebenen“ (wichtig: Motivations- und Kritikkul-
tur: fördern und fordern),
(8) vom Verhalten gegenüber Vorgesetzten (wichtig: Loyalität und Durchsetzungs-
kraft),
(9) von einem integeren Verhalten gegenüber externen Kunden und Partnern (wich-
tig: ein positives Bild in der Öffentlichkeit).

Diese Schlüsselqualifikationen werden umrahmt von Vorbildfunktion, Charisma


und Menschlichkeit. Ohne diese Schlüsselqualitäten sind keine Verbündeten zu ge-
winnen. Und ohne Verbündete wird der Aufstieg in der Hierarchie dornig. Letztlich
braucht man auch Glück für den beruflichen Aufstieg (Fortune).

2.5.2. Führungsstile in Marketing und Vertrieb


"Mit gnadenloser Härte und rüdem Ton führt Tom Siebel seine Softwarefirma. Der
Erfolg: Das US-Unternehmen wächst rasant und ist hoch profitabel. .... Jedes halbe
Jahr werden die 5.200 Angestellten von ihren Vorgesetzten beurteilt und auf Ranglis-
ten eingeordnet. Die schwächsten 5 Prozent werden alsbald gefeuert."224

Führen und Seit dem Erfolg des Harzburger Modells Ende der 70er Jahre225 werden sog. Füh-
geführt
rungsstile proklamiert und hinsichtlich ihrer Motivationskraft beurteilt.226 Aus der
werden in
Marketing Fülle der plakativ klingenden Führungsphilosophien werden hier wegen einer beson-
und Vertrieb deren Bedeutung für die marktorientierte Unternehmensführung hervorgehoben:
ist eine
Frage der
Balance von
(1) Management by Control and Direction (autoritärer Führungsstil)
Kopf und Dieser Führungsstil gilt heute als überholt. Alle Vorgänge werden mittels eines
Bauch; bzw. engmaschigen Netzes von Ergebnis-, Verhaltens- und Leistungskontrollen ge-
von Syste- steuert. Ein autoritärer Führungsstil scheint noch immer vorherrschendes Leit-
men und
Intuition.
prinzip für Organisationen zu sein, die unter starkem Erfolgsdruck bzw. Druck
von außen stehen (Sanierungsfälle). Das Management-Prinzip entspricht der Kul-
tur von Unternehmen, in denen sich geschäftsführende Gesellschafter nicht von
223
Jeder kennt Zeiten, da hieß das „Verhalten in der Schule“.
224
Müller, (General), in: MM, 10/2000, S. 140 und S. 144
225
vgl. in einer älteren Auflage: Staehle, (Management), 1984, S. 387
226
vgl. die umfassende Darstellung bei Hopfenbeck, (Betriebswirtschaftslehre), 1995, S. 479
2. Kapitel: Das Marketing-Management 107

Wie entsteht Entscheidungsbefugnissen trennen wollen. Sie erziehen dann Führungskräfte, die
ein Diamant: froh über die Möglichkeiten der Rückdelegation sind und jedem Risiko unter-
Druck, Druck, nehmerischer Entscheidungen ausweichen. Kennzeichen: Firmen, in denen der
Druck!
Und wie ein
Chef persönlich den Kunden Preise und Lieferzeiten nennt und die Mitarbeiter
Brillant: artig daneben sitzen.
Schleifen, (2) Laissez faire Führungsstil
Schleifen, Die Dinge laufen lassen: So gehen Führungskräfte einer Auseinandersetzung mit
Schleifen. ihren Mitarbeitern aus dem Weg. Es wird nicht geführt. Die Mitarbeiter erhalten
Kajo Neukir-
chen,“ legen- keine Orientierungen, was von ihnen erwartet wird und wo sie stehen. Es herrscht
därer“ Chef der trügerischer Betriebsfrieden, solange die Zahlen stimmen. Aber dann …..
Metallgesell- (3) Management by Motivation (partnerschaftliche, motivierende Führung)
schaft, der
Führungskräfte Management by Motivation geht davon aus, dass Leistungsbereitschaft und Leis-
mit Brillanten tungsfähigkeit der Marketing- und Vertriebsmitarbeiter durch gezielte menschli-
verglich.227 che und materielle Zuwendungen „gesteigert“ werden können. Unzählige Semi-
narveranstaltungen laufen unter der Zielsetzung: Jetzt motivieren Sie mir meine
Leute mal.... Nach Sprenger beruht dieses Führungsverhalten allerdings auf „me-
thodisiertem Misstrauen“:
Sprenger „Ursprung aller Motivierung ist eine behauptete oder beobachtete Lücke zwischen
spricht von tatsächlicher und möglicher Arbeitsleistung. Die zur Schließung dieser Lücke erfun-
einer „Ge- dene Motivierung stellt damit ein Handeln dar, dessen axiomatische Basis unüberseh-
röllhalde des bar Verdacht und Misstrauen sind.“228
Misstrau- „Mitarbeiter sind motiviert. Motivation kann man nicht steigern ohne immense Spät-
ens“. (S.42) und Nebenkosten für alle Beteiligten. Bringt der Mitarbeiter nicht die erwartete Leis-
tung, dann hat ihn etwas demotiviert. Oder aber es mangelt an Leistungsfähigkeit
bzw. an Leistungsmöglichkeit.“229

Es sollte daher Hauptanliegen einer Führungskraft sein, nicht zu demotivieren.


Eine einzige unbeherrschte und unberechtigte Kritik, z.B. im Beisein von Kolle-
gen, kann monatelange Motivationsbemühungen des Vorgesetzten zunichte ma-
chen.
(4) Management by Objectives (Führung durch Zielvereinbarung)
Im Rahmen abgesprochener Zielvereinbarungen kann der Vertriebsmitarbeiter
weitgehend frei entscheiden und handeln. Leistungsgespräche zwischen Vorge-
setztem und Mitarbeiter, meist im Rahmen der Jahresplanung, bilden die Grund-
lage für die Delegation von Entscheidungsbefugnissen im Verkauf. Dies setzt ei-
ne entsprechende Mitarbeiterqualifikation, Vertrauen und faire Zwischenkontrol-
len von Teilschritten voraus. Die Vorgehensweise vereinigt auch Elemente der
Führungsprinzipien Management by Delegation und Management by Motivation;
letzteres nur in dem Fall, in dem der Vertriebsmitarbeiter auch wirklich eigenver-
antwortlich arbeiten möchte.

Sprenger Fein ausgetüftelte Provisionssysteme werden zuweilen mit dem Ziel eingerichtet,
fordert „Ent-
koppeln Sie
Mitarbeiter zu Höchstleistungen zu motivieren. Nach Sprenger ist dies Heuchelei.
Geld und Provisionssysteme implizieren, dass der Mitarbeiter ohne Provision keine 100%ige
Motivation.“ Leistung bringt. Eine gefährliche Anreizspirale wird in Gang gesetzt. Der Außen-
(S. 167) dienstmitarbeiter wird dazu tendieren, bei den Planzahlen „schwarz zu sehen“ (zu
mauern), um seine erwarteten Provisionserlöse zu steigern. Die Vertriebsleitung ist
dagegen daran interessiert, die Ziellatte immer höher zu hängen. Und wer Verkäu-
ferwettbewerbe als Motivationsinstrument betrachtet, gerät in den Teufelskreis
wachsender Siegprämien-Ansprüche: War gestern der Ausflug in den Biergarten an
die Isar noch gut genug, so muss die Reise morgen in die Karibik gehen.

227
Hoffmann; Linden: (Rambo), in: MM, 12/1997, S. 96
228
Sprenger, (Mythos), 2002, S. 42
229
Sprenger, (Mythos), 2002, S. 205
108 Marktorientierte Unternehmensführung

Für eine leistungsgerechte Bezahlung wäre es wohl die höchste Motivation, wenn
sich der Mitarbeiter nach seinem Marktwert vergütet wüsste. Zu empfehlen sind
Beteiligungen an zusätzlichen Deckungsbeiträgen, die der Mitarbeiter durch erfolg-
reiche Sonderprojekte für seine Unternehmung erwirtschaftet. Dazu bedarf es dann
einer regelmäßigen Leistungsplanung mit jährlichen Zielvereinbarungen.

So geht z.B. in der deutschen Chemieindustrie der Trend zu Bonussystemen. Unter der
Zielsetzung, die Vergütung im Führungskräftebereich stärker nach Leistung zu diffe-
renzieren, schaffen Hoechst den „Bonus“, die BASF die JVZ (jährlich variable Zah-
lung) und Henkel Teroson die EVV (ergebnisabhängige variable Vergütungskompo-
nente). Die variablen Zahlungen richten sich nach dem Unternehmenserfolg und nach
der Erreichung der vereinbarten Mitarbeiterziele.230

„Wir haben Die Personalführung ist also gefordert. Systematische Mitarbeiterförderung (Perso-
es oft ver- nalentwicklung) wird zur Grundvoraussetzung für Mitarbeiterzufriedenheit und da-
geblich
versucht. mit Kundenzufriedenheit. Um Mitarbeiter zu fördern, deren Kompetenzen zu entwi-
Diese Saison ckeln und sie zu Teams zu formen sind vier Prinzipien beachtenswert:231
hatten wir (1) Das Feedback-Prinzip fordert die Festlegung klarer Ziele für die Mitarbeiter mit
aber die aussagekräftigen und zeitnahen Rückmeldungen über die Zielerreichung.
Typen für
die big (2) Das Reiz-Reaktions-Prinzip erfordert Rückmeldungen und entsprechende Kon-
points im sequenzen im Falle von Zielüber- bzw. -unterschreitungen.
Team.“ (3) Nach dem Prinzip des strukturierten Lernens sind Maßnahmen zur Höherquali-
(Andreas
Voss nach
fizierung der Mitarbeiter festzulegen (die lernende Organisation).
dem Auf- (4) Nach dem Support-Prinzip sind den Mitarbeitern die zur Zielerreichung erfor-
stieg des derlichen Kompetenzen und Ressourcen zur Verfügung zu stellen.
MSV Duis-
burg 2005 in
die 1. Bun-
Ein entscheidender Faktor für das Führungsklima - und auf lange Sicht wichtiger
desliga) noch als materielle Anreize - ist die Vorbildfunktion des Marketing- und Ver-
triebsleiters. Hier hat CRM einen deutlichen Wandel in der Führungsrolle bewirkt.
Nach dem traditionellen Rollenbild war der Vertriebsleiter:
• Cheerleader, um seine Verkaufsmannschaft ständig zu Höchstleistungen anzu-
stacheln,
• Weihnachtsmann, um die Verkaufsmitarbeiter mit Bestleistungen vor den Au-
gen der anderen zu belohnen und
• Scharfrichter, um Verkäufer, die ihre Planzahlen nicht erfüllen, zu sanktionie-
ren.232

Zugegeben, der Marketing- und Vertriebsleiter ist als Vorgesetzter natürlich verlän-
gerter Arm der Geschäftsführung (sofern er nicht selbst Mitglied der Geschäftsfüh-
rung ist). Jedoch drängen die Umwälzungen in den Vertriebsorganisationen im Zuge
von CRM (s. auch Abschnitt 6.3.3.) die Vorgesetzten in neue Rollen. Der Marke-
ting- und Vertriebsleiter ist heute
• Fürsprecher (Coach) für eine kompetent und weitgehend eigenständig operie-
rende Verkaufscrew gegenüber der Geschäftsleitung,
• Werkzeugmacher, der die Richtung für neue Methoden und Systeme der Ver-
triebssteuerung vorgibt,
• Organisator der Vertriebsmannschaft, um maximale Effizienz zu erreichen.

Diese Rollen sind gut mit einem situativen Führungsstil zu vereinbaren. Man geht
heute davon aus, dass sich ein programmiertes Vorgesetztenverhalten bei der Füh-
230
vgl. o.V., (Trend), in: VAA Nachrichten, 11/1997, S. 1-2
231
vgl. Bartscher; Schulze, (Dienstleistungsmanagement), in: Personal, 4/2000, S. 204-205
232
vgl. zu diesen plakativen Bezeichnungen und zu den Trends in der Vertriebsführung: Siebel; Ma-
lone, (Revolution), 1998, S. 174-185
2. Kapitel: Das Marketing-Management 109

rung der Mitarbeiter schnell abschleift und nicht alle Facetten möglicher zwischen-
menschlicher Ereignisse abdecken kann. Eine Führungskraft in Marketing und Ver-
trieb sollte daher über die Souveränität verfügen, in Situationen mit unterschiedli-
chen fachlichen und menschlichen Problematiken angemessen zu reagieren.

Infolge des hohen Kostendrucks werden immer wieder flache Hierarchien als Aus-
weg aus einem Führungs- und Kostendilemma proklamiert. Doch flache Hierarchien
sind gefährlich, wenn die Führungskultur fehlt. Neue informale Machtstrukturen ent-
stehen. Oft werden Entscheidungen dann unbemerkt an die Vorgesetztenebene rück-
deligiert.

Zusammenfassend ist in der Praxis zu beobachten, dass Vorgesetzte immer weniger


klar und konsequent führen. Ein Trend geht hin zu einer selbstführenden Gesell-
schaft. Chefs und immer besser ausgebildete Mitarbeiter nutzen die gleichen Instru-
mente zur Erfolgsmessung. Ein Mitarbeiter muss in eigener Verantwortung eruieren,
wenn sich Ziellücken anbahnen. Er muss die zur Planerreichung notwendigen Res-
sourcen eigenständig abfordern. Aus Sachbearbeitern werden Marktmanager. Mit
Profit-Centern bzw. Planungseinheiten, die nachhaltig ihre Ziele nicht erreichen,
zeigt das Management immer weniger Geduld. Sie kommen auf eine Verkaufsliste.

Diese Anmerkungen unterstreichen die zunehmende Bedeutung der Instrumente zur


Erfolgsmessung in Marketing und Vertrieb. „Es ist ein Irrtum zu glauben, nur die
Abläufe in der Produktion seien logisch und genau berechenbar, Marketing hingegen
sei eine Soft Science“, so die frühere Werbe-Chefin von DaimlerChysler, Julie
Roehm, über die Erfolgsfaktoren des Chrysler-Marketing.233

233
zit. in Seiwert, (Mr. Marketing), in: ASW, 1/2006, S. 14
110 Marktorientierte Unternehmensführung

2.6. Das Marketing- und Vertriebscontrolling


2.6.1. Controlling-Philosophie für die
marktorientierte Unternehmensführung
"Was nicht Vertrieb ist Emotion, so die Meinung der Verkaufsbateilung. Die auf harte Fakten
gemessen
ausgerichteten Controller werden daher oftmals als „Störenfriede“ empfunden. Aus
werden
kann, wird dem Blickwinkel der marktorientierten Unternehmensführung sind der typischen
auch nicht Vertriebshaltung zwei gewichtige Argumente entgegenzuhalten:
gemacht." (1) Das Marktgeschehen und die Abläufe innerhalb der Unternehmung sind derart
Controller-
weisheit.
komplex geworden, dass die „Führungskonzeption vom Markt her“ durch eine
„Führungskonzeption vom Ergebnis her“ abgesichert werden sollte.234 Span-
nungsfelder zwischen Absatz, Umsatz und Ergebnis sind so auszubalancieren,
dass die Unternehmung strategisch auf Zielspur bleibt.
(2) Widerstände gegen das Controlling entstammen oft einem falsch verstandenen
Controllingbegriff und der Angst vor Kontrolle.

Controlling „Controlling ist also nicht Nachkontrollieren.“235 Das Controlling wird für Marke-
hilft, im ting und Vertrieb durch eine Koordinierungsfunktion und Unterstützungsfunk-
Markt von
der Reaktion
tion wertvoll.236 Es stellt der marktorientierten Unternehmensführung ein Instrumen-
in die Akti- tarium zur Verfügung, um aus der Reaktion (des traditionell angelegten, vergangen-
on zu kom- heitsorientierten Rechnungswesens) in die Aktion zu kommen. So können wichtige,
men. von Preißler aufgezeigte Funktionen des Controllings237 in die Sprache der marktori-
entierten Unternehmensführung übersetzt werden:
(1) Das Controlling gibt dem Marketing- und Vertriebsbereich eine besondere Prio-
rität im Rahmen des gesamtunternehmerischen Entscheidungsprozesses.
(2) Das Controlling institutionalisiert permanente Soll/Ist-Vergleiche für die Pla-
nungseinheiten, bewertet Abweichungen im Hinblick auf die Erreichung der Ge-
samtstrategie der Unternehmung und initiiert bei Erfordernis sog. Rückkoppe-
lungsprozesse.
(3) Das Controlling soll Schwachstellen im Unternehmen rechtzeitig erkennen und
nach Ursachenfindung dauerhaft verhindern.
(4) Das Controlling gibt der marktorientierten Unternehmensführung auf diese Wei-
se ein Frühwarnsystem an die Hand.
So vertreten Controller oft den Anspruch, Lotse oder Navigator des betrieblichen
Schiffes zu sein.238 Die operativen Bereiche sehen das manchmal anders. Es ist daher
wichtig, die Aufgabenbereiche des Controllings herauszustellen, die der Marketing-
und Vertriebsleitung echten Nutzen bei Planung und Steuerung bringen.

2.6.2. Aufgabenbereiche des Marketing- und Vertriebscontrolling


Für ein marktorientiertes Controlling reicht es nicht aus, die üblichen Aufgabenbe-
reiche des Controllings lediglich als Vertriebscontrolling zu bezeichnen.239

234
vgl. Meffert, (Marketing), 2000, S. 1123
235
Preißler, (Kosten-Nutzen-Verhältnis), 1996, S. 221
236
Lt. Horvath ist es Hauptaufgabe des Controllings, die Unternehmensleitung bei der Lösung des
Anpassungs- und Koordinierungsproblems zu unterstützen: (1) Das Controlling ist Teil der Unter-
nehmensführung. (2) Es sorgt dafür, dass die Unternehmensleitung mit ergebnisorientierten Informa-
tionen versorgt wird. (3) Ein Schwerpunkt der Arbeit ist die Mitwirkung am Planungsprozess. (4) Im
Fokus steht das Ergebnisziel. In diesem „traditionellen“ Aufgabenspektrum findet sich kein Bezug zur
marktorientierten Unternehmensführung: vgl. Horvath, (Controlling), 2003, S. 20
237
zu den Funktionen vgl. Preißler, (Controlling), 2000, S. 14-16 sowie 20-21
238
nicht aber Kapitän: vgl. Preißler, (Controlling), 2000, S. 15
239
vgl. z.B. Hüttner; von Ahsen; Schwarting, (Marketing), 1999, S. 330
2. Kapitel: Das Marketing-Management 111

Abb.2-51 Marketing und Vertrieb benötigen


AUFGABENBEREICHE VERTRIEBSCONTROLLING Analyseunterstützung für einige
Operatives Controlling Strategisches Controlling
brisante operative und auch stra-
tegische Aufgaben. Abb.2-51 gibt
Ad-hoc Angebotskalkulationen, Cash Flow Analysen für die eine Auswahl. Einige Aufgaben
Kampfpreissetzungen strategische Planung
werden im Rahmen der Vertriebs-
Periodisches Berichtsw esen /
Umsatz-Ist, -Plan, -Forecast
Kostenstrukturschätzungen
betreffend Wettbew erber
statistik und der Routineberichter-
stattung des Rechnungswesens
Periodisches Berichtsw esen / Prognose von
Vertriebskosten Produktentw icklungskosten (z.B. die Artikelerfolgsrechnung,
Feasibility-Studien für
Vertriebskosten-Controlling, Um-
Artikelerfolgsrechnung
Großprojekte satz-Reporting) erledigt. Spezielle
Analysen von möglichen Teilaufgaben wiederum sind
Verkaufsgebietsanalysen
Firmenübernahmen
methodisch derart anspruchsvoll,
Händlercontrolling
Langfristige Strukturoptimie- dass ihre Bearbeitung einem neu-
rungen (z.B. Logistikbereich)
en, eigenständigen Analyse-
Kundenerfolgsrechnung bereich zugewiesen wird: Busi-
ness Intelligence (BI) mit dem
Aktionserfolgsanalysen Teilbereich des Sales Intelligence
Effizienzanalysen bzgl. (SI). Die Controllingarbeit wird
Lieferzeiten, Prozesse etc. systemtechnisch so organisiert,
Target Costing, Kostenplanung dass die Ergebnisdaten online
für Großaufträge
aktuell am Computer verfügbar
sind.240

Hierzu gehören als eher projektorientierte Aufgaben u.a.:


• das Controlling der Händler und Vertriebspartner,
• die verrechnungstechnisch anspruchsvolle Kundenerfolgsrechnung,
• komplizierte Erfolgsanalysen für Marketingaktionen (z.B. Werbewirkungsanaly-
sen, Kampagnenerfolge),
• kritische Zielkosten-Projekte (Target Costing) zur Senkung von Preisuntergren-
zen für preiskritische Großaufträge,241
• komplizierte Schätzungen von Kostenstrukturen der Wettbewerber,
• von Zukunftsunsicherheiten geprägte Schätzungen für die Forschungs- und Ent-
wicklungskosten von neuen Produkten,
• Machbarkeitsstudien (Feasibility-Studies) für riskante Großprojekte
• und die alle „Künste“ der betriebswirtschaftlichen Analyse fordernden Wirtschaft-
lichkeitsanalysen für Lizenz- oder Firmenkäufe bzw. -verkäufe.

Der Vertrieb Das Controlling der marktorientierten Unternehmensführung verfolgt als Leitlinien:
ist verant- ⌦ Das Controlling hilft koordinierend und unterstützend und führt alle Datenströ-
wortlich für
die Absatz- me der Unternehmung für die Gesamtsteuerung zusammen.
planung, ⌦ In den Daten und Analysen sollten die Mitarbeiter ihre Alltagsarbeit wiederge-
nicht das spiegelt sehen.
Controlling! ⌦ Keinesfalls entbindet das Controlling die Vertriebsleitung von der Pflicht, die
erforderlichen Marktdaten für die Planung bereitzustellen. Folgende Ausrede ist
nicht zulässig: „Jetzt haben wir einen Controller. Folglich braucht sich der Ver-
trieb um die Zahlen nicht mehr kümmern.“
⌦ Teile der Controllingarbeit sollten in die operativen Bereiche verlagert werden.
⌦ Das Controlling sollte Frühwarn- und Benchmarking-Funktionen übernehmen.

240
vgl. Winkelmann, (Vertriebskonzeption), 2005, das 10. Kapitel, S. 573 ff.
241
vgl. zur marktorientierten Kostenplanung Kenter, (Target Costing), 1996, S. 121-138
112 Marktorientierte Unternehmensführung

2.6.3. Zentrale Steuerungskennzahlen für den Vertrieb


„Ohne Das Controlling orientiert sich an Fakten. Im Vordergrund stehen Kennzahlen242
Metric (Kennziffern) und weiterführend Kennzahlensysteme. Kennzahlen sind aber nur aus-
Marketing
geht sagefähig, wenn sie (1) im Vorjahresvergleich, (2) als Plan/Ist-Abweichungen (3)
nichts.“ im Wettbewerbsvergleich oder (4) im Vergleich zu einem Forecast vorliegen. Die
(Dieter Bedeutung einer Kennziffer kann branchen- und unternehmensindividuell sehr unter-
Zetsche, schiedlich sein. Für Außendienst-orientierte Unternehmen haben sich dennoch die
CEO Daim-
lerChrysler) Kennziffernstrukturen der Abb.2-52 generell bewährt.

Abb.2-52
BEREICH SPEZIELLE KENNZIFFERN (= KZ)
Umsatz Umsatz pro Verkäufer
und Neukundenumsatz pro Verkäufer
Verkäuferleis- Akquirierter Deckungsbeitrag pro Verkäufer
De-
tung Neukunden pro Verkäufer / Neue A-Kunden pro Verkäufer
ckungsbei-
trag • Kennziffern zum Vergleich von Verkaufsgebieten sind analog zu erstellen
Kundendek- Kundenerlöse minus zurechenbare (direkte) Kundenkosten
kungsbeitrag
Anteile der einzelnen Kunden(gruppen)umsätze am Gesamtumsatz
Umsatzanteile • Grundlage der sog. ABC-Analyse = Abhängigkeitsanalyse, wie abhängig
sind wir von Großkunden einerseits und Kleinkunden andererseits.
Umsatzsoll minus Umsatz-Ist minus noch erwarteter Umsatz
Umsatzlücke
• hochgerechnet auf Jahresende ergibt Prognose der Planlücke
Gesamtmarktanteil: eigener Absatz / Gesamtmarktpotenzial
Markt- relevanter Marktanteil: eigener Absatz / Marktpotenzial im relev. Markt
Marktanteile
anteile relativer Marktanteil: eigener Absatz / Absatz der härtesten Wettbewerber
oder des härtesten Wettbewerbers oder des Marktführers
Lieferanteile eigene Anteile an Gesamt-Einkaufswerten der Kunden im relev.Markt
(Shares of Wal- durchschnittliche Lieferanteile, bezogen auf die Kundengruppen
let)
Anzahl eigener Kunden / Anzahl aller relevanten Kunden im Markt
Marktdurchdrin-
Distributionsrate: Verkaufstellen mit mindestens einem Stück im Regal /
gung
Gesamtzahl Verkaufsstellen
Potenzialaus- Umsatzanteil am Gesamtmarktpotenzial einer Verkaufsregion
schöpfung = Umsatzanteil / durchschnittliche Lieferanteile der Hauptwettbewerber
Marktanteile
Akquisitions- Anzahl Erstaufträge / Anzahl aller Aufträge oder Aufträge Stammkunden
quote
Akqui- Anzahl gewonnene Aufträge / Anzahl Angebote
Erfolgsquote
sitions- Oder umgekehrt: Anzahl Angebote / Anzahl Aufträge
für Angebote
erfolge Anzahl Neukundenangebote / Anzahl alle Angebote
Anzahl Verkaufsabschlüsse / Anzahl aller Besuche
Hit-Rate für
Anzahl Verkaufsabschlüsse / Anzahl relevante Akquisitionsbesuche
Besuche
Anzahl Kundenbesuche bis zum Abschlusserfolg
Erfolgsquote Anzahl der Abschlüsse / Anzahl bearbeitete Neukunden
für Neukunden- Anzahl Neukunden / Anzahl aller Kunden bzw. Relation Stammkunden
gewinnung
Anzahl Kundenbesuche pro Reisewoche, pro Reisetage
Besuchs-
Anzahl Reisetage / Gesamtzahl aktive Außendienstzeit (ca. 210 Tage)
leistung
durchschnittliche Besuchszeit pro Reisetag
Anzahl und Umsatzanteile der A-, B-, C-, D-, E-Kunden
Struktur- Kundenstruk- durchschnittliche Zahl der Aufträge pro Kunde oder Produkt
daten turkennziffern durchschnittliche Auftragsgröße pro Kunde oder Produkt
Anteil Passivkunden, d.h. Anteil der Kunden ohne Umsatz, an Gesamtk.
Stammkundenbindung: Anzahl Stammkunden / Gesamtkunden
Kundenzufrie- Kündigerquote: Anzahl Kündiger / Gesamtkunden
denheit Kundenfluktuation: Relation gewonnene zu verlorene Kunden
durchschnittl. Durchlaufzeit eines Angebotes
durchschnittl. Verweilzeit offener Angebote
durchschnittl. Reaktionszeiten der Kunden bis Auftragsvergabe
Prozess- Zeitdauer kriti- durchschnittl. Zeit eines Auftagsdurchlaufs
daten scher Abläufe durchschnittl. Zahlungsziel der Kunden
durchschnittl. Durchlaufzeit einer Reklamation

(Anmerkungs: Der Schrägstrich / bedeutet: dividiert durch)

242
vgl. z.B. die Aufstellung bei Schimmel-Schloo: (Zahlen), in: acquisa, 1/1998, S. 13-19; vgl. die
Ausführungen von Hofbauer; Hellwig, (Vertriebsmanagement), 2005, S. 191 ff.
2. Kapitel: Das Marketing-Management 113

Abb.2-53
AUSGEWÄHLTE KENNZAHLEN AUS DEM ACNIELSEN-HANDELSPANEL

Die Firma Alpenkäse konnte für Ihr Produkt Edamer folgende Daten aus dem ACNielsen Handelspanel gewin-
nen. Dabei wird die Warengruppe, der das Produkt Y angehört, in 79.275 Geschäften geführt.
Kennzahl / Beschreibung Ermittlung Wert
Durchschnittspreis
Mengengewichteter Endverbraucherpreis je Einheit (Packung) und Erhebung 4,68 €/kg
Berichtsperiode
Endverbraucherabsatz
Absatz des Einzelhandels an den Endverbraucher in der Berichtsperio- Erhebung 359,9 Tsd.kg
de
Endverbraucherumsatz 359,9 * 4,68
Endverbraucherabsatz bewertet zum Durchschnittspreis = * = 1.684 T€

Durchschnittlicher Monatsabsatz (359,9/2) /


= ( / 2) /
Durchschnittlicher Absatz eines Artikels pro Monat und führendem (79.275 * 0,06)
Geschäft ( * ) = 38 kg
Distribution führend numerisch
Prozentsatz aller Geschäfte, die mindestens ein Stück des betreffenden Erhebung 6%
Artikels in der Berichtsperiode geführt haben
Distribution führend gewichtet
Prozentsatz des Gesamtumsatzes aller Geschäfte, die mindestens ein
Erhebung 13 %
Stück des betreffenden Artikels in der Berichtsperiode geführt haben,
am gesamten Umsatz der Warengruppe
Distributionsqualität
13 / 6
Gibt Auskunft über die Anzahl führender Geschäfte im Verhältnis zur
243
= / = 2,17
Umsatzbedeutung dieser Geschäfte
Proportionalisierter Durchschnittsabsatz
38 / 2,17
Durchschnittlicher Absatz pro Geschäft und Monat in einem für die = / = 17,51 kg
Warengruppe durchschnittlich statistisch bedeutenden Geschäft
(Quelle: ACNielsen, (Handelspanel), ohne Datum, S. 101-122) Anfertigung J. Katz

Für die Konsumgüterindustrie haben sich Distributionskennzahlen des ACNielsen


Handelspanels zur Bewertung von Artikelgruppen und Oulets bewährt (s. Abb.2-53).
Wichtig ist, dass Controller Marktvorgänge mit Sachverstand beurteilen können.
In vielen Unternehmen wird das Controlling von Menschen ausgearbeitet, die zu we-
nig in das unmittelbare Geschehen des Marketing und Vertrieb involviert sind“.244

2.6.4. Verkaufsgebietscontrolling
Klammert man hier das Thema Kostencontrolling einmal aus, dann beantwortet ein
Verkaufsgebietscontrolling (VKB-Controlling) die folgenden Fragen:
(1) Wie sind die Kundenstrukturen der VKB vergleichend zu beurteilen?
(2) Wie sind die Potenziale der Aktiv-Kunden im Verhältnis zu den Nicht-Kunden
(Passivkunden (Umsatz 0) oder Wettbewerbskunden) zu beurteilen?
(3) In welchem Verhältnis steht die Besuchstätigkeit des Außendienstes zum Auf-
tragserfolg?
(4) Wie sind die Potenzialausschöpfungen der VKB zu beurteilen; d.h. zum einen
die durchschnittlichen Lieferanteile bei den Ist-Kunden (Shares of Wallet),
(5) zum anderen die Marktdurchdringung (Verhältnis der Ist-Kunden zur Gesamt-
zahl der Kunden in den VKB)?
(6) Wie stellen sich die Umsatz-Marktanteile in den VKB im Vergleich dar?

Abb.2-54 liefert ein Beispiel für ein Verkaufsgebietscontrolling.245 Drei Verkaufsge-


biete werden verglichen.

243
vgl. hierzu AC Nielsen GmbH: Das AC Nielsen-Handelspanel – Anwendungs- und Nutzungs-
möglichkeiten, Frankfurt am Main, S. 113
244
eine zitierte Aussage der Praxis in: Schimmel-Schloo, (Zahlen), in: acquisa, 1/1998, S. 13
245
Quelle: Winkelmann, (Außendienst-Management), 1999, S. 80. Ein weiteres Beispiel ist zu finden
bei Winkelmann, (Vertriebskonzeption), 2005, S. 616-620.
Abb.2-54

VERKAUFSGEBIETSCONTROLLING
VKB-1 VKB-2 VKB-3 GESAMT
114

1 A-Kunden 14 13,1% 7 2,5% 10 7,6% 31 6,0%


2 B-Kunden 26 24,3% 42 14,9% 19 14,4% 87 16,7%
3 C-Kunden 56 52,3% 208 74,0% 55 41,7% 319 61,3%
4 D-Kunden 3 2,8% 13 4,6% 3 2,3% 19 3,7%
5 Handel u. sonstige Kunden 8 7,5% 11 3,9% 45 34,1% 64 12,3%
6 Kunden gesamt 107 100,0% 281 100,0% 132 100,0% 520 100,0%
7 Umsatzpotenzial Kunden 26.000.000,00 € 68,4% 38.000.000,00 € 98,2% 30.000.000,00 € 94,9% 94.000.000,00 € 86,8%
8 Ist-Umsatz 8.752.300,00 € 4.200.870,00 € 7.654.881,00 € 20.608.051,00 €
9 Aufträge 212 311 522 1.045
10 durchschn. Auftragsgröße 41.284,43 € 13.507,62 € 14.664,52 € 19.720,62 €
11 RMP-Kunden 80 14 40 134
12 durchschn.Pot.RMP-Kunde 150.000,00 € 50.000,00 € 40.000,00 € 240.000,00 €
13 RMP-Umsatzpotenzial 12.000.000,00 € 31,6% 700.000,00 € 1,8% 1.600.000,00 € 5,1% 14.300.000,00 € 13,2%
14 VKB-Kunden gesamt 187 295 172 654
15 VKB-Umsatzpotenzial gesamt 38.000.000,00 € 100,0% 38.700.000,00 € 100,0% 31.600.000,00 € 100,0% 108.300.000,00 € 100,0%

16 qualifizierte Kundenkontakte 2.135 4.300 2.977 9.412


17 Verkaufskontakte / Kunde 20,0 15,3 22,6 18,1
16 Besuche/A-Kunden 208 14,9 36 5,1 102 10,2 346 11,2
17 Besuche/B-Kunden 256 9,8 162 3,9 98 5,2 516 5,9
18 Besuche/C-Kunden 59 1,1 876 4,2 11 0,2 946 3,0
19 Besuche/D-Kunden 5 1,7 1 0,1 2 0,7 8 0,4
20 Besuche Handel u. sonst. 68 8,5 16 1,5 625 13,9 709 11,1
21 Besuche gesamt 596 5,6 1.091 3,9 838 6,3 2.525 4,9
22 Mögliche Besuche 900 900 900 2.700
23 Belastungskoeffizient 0,66 1,21 0,93 0,94
24 Besuche/Auftrag 2,8 3,5 1,6 2,4
25 Umsatz/Besuch 14.685,07 € 3.850,48 € 9.134,70 € 8.161,60 €
26 Umsatz/Kunde 81.797,20 € 14.949,72 € 57.991,52 € 39.630,87 €
27 Umsatzpotenzial/Kunde 242.990,65 € 135.231,32 € 227.272,73 € 180.769,23 €
28 Umsatz/Auftrag 41.284,43 € 13.507,62 € 14.664,52 € 19.720,62 €
29 Aufträge/Kunde 2,0 1,1 4,0 2,0

Potenzialausschöpfungen
31 Lieferanteile bei Kunden 33,7% 11,1% 25,5% 21,9%
32 VKB-Durchdringung 57,2% 95,3% 76,7% 79,5%
33 VKB-Marktanteile 23,0% 10,9% 24,2% 19,0%
Marktorientierte Unternehmensführung
2. Kapitel: Das Marketing-Management 115

Im Beispiel der Abb.2-54 bedeuten:


• Positionen: Angebotspositionen, d.h. Anzahl der Artikel mit mindestens einer
Verkaufsmenge von einem Stück,
• RMP-Kunden (Restmarktpotenzial): die nachzuhaltenden Interessenten (Ange-
botskunden, Zielkunden) sowie Wettbewerbskunden mit geringer Kundenbin-
dung bzw. mit spürbarem Interesse an einem Lieferantenwechsel,
• Soll-Besuche: sind gemäß Besuchsprioritäten für Kundengruppen ausgelegt;
und zwar so, dass der Außendienstmitarbeiter bei Erfüllung des Besuchspro-
gramms bei seiner täglichen Arbeitszeit voll ausgelastet ist (unter Berücksichti-
gung von Zeitreserven),
• Außendienst-Belastungskoeffizient: Anteil der Ist-Besuche an den insgesamt
erforderlichen (maximal vorgesehenen) Besuchen laut Besuchsprogramm,
• Lieferanteile bei Kunden: Anteil der realisierten Umsätze an den Einkaufsbud-
gets der Kunden (Marktanteile bei den Kunden = Shares of Wallet),
• VKB-Durchdringung: Anteil der Ist-Kunden an der Gesamtzahl der relevanten
Kunden im Verkaufsgebiet (Ist-Kunden + RMP-Kunden). Auf Outlets bezogen
entspricht diese Kennziffer der Distributionsrate in der Konsumgüterindustrie.
• VKB-Marktanteil: Realisierte Umsätze im Verhältnis zum gesamten relevanten
Marktpotenzial des Verkaufsgebietes (Wertmäßiger Marktanteil).

Der Einfachheit halber wird davon ausgegangen, dass für jedes VKB nur ein Außen-
dienstmitarbeiter zuständig ist. Der Vergleich der VKB lässt dann folgende Aussa-
gen zu:
(1) VKB-3 beliefert mit 95,7% fast alle Kunden; bei einer Arbeitsüberlastung von
7%. Der Schwerpunkt der Arbeit liegt jedoch bei den kleineren Kunden. Folglich
sind Liefer- und Marktanteile im Wege eines stärkeren Key Accounting bei den
größeren Potenzialen zu erhöhen.
(2) VKB-2 zeigt ein hohes Potenzial und einen erreichten hohen Umsatz pro Kunde.
Jedoch sind 1/3 der Kunden noch nicht akquiriert. Die Besuchsauslastung liegt
bei ca. 100% (Besuchsvorgaben sind nur Richtlinien/Rahmenempfehlungen zur
Optimierung der Gesamtorganisation! Keinesfalls soll und kann sich der Außen-
dienstmitarbeiter immer daran halten!). Hier muss strukturell angesetzt werden,
um bei der VKB-Durchdringung und Marktanteil weiter zu kommen.
(3) VKB-1 hat sich vor allem um Großkunden bemüht und erreicht hohe Lieferantei-
le bei den bestehenden Kunden. Die Besuchsbelastung verrät noch Reserven. Es
sollten verstärkt weitere Interessenten aus dem RMP-Bereich akquiriert werden.

Was die Auswertung auszeichnet:


• Die unterschiedlichen Kundenstrukturen der Verkaufsgebiete werden im Auge
behalten.
• Der Außendienstmitarbeiter wird nicht auf alle möglichen Neukontakte (Leads)
„gejagt“. Im Rahmen der RMP-Kunden werden für Interessenten und akquisiti-
onswürdige Wettbewerbskunden Prioritäten gesetzt.
• Die Verkaufsgebiete werden anhand der Zielgrößen Lieferanteile, Markt-
durchdringung und Gesamtmarkt-Anteile verglichen.
• Zusätzlich werden Aussagen zu Über- und Unterauslastungen der Verkaufsmit-
arbeiter möglich (Belastungskoeffizienten im Verkauf).

Das Beispiel deckt besondere Marktprobleme in der Region-3 auf. Die Verkaufskräf-
te sind nicht optimal eingesetzt. Um ein vollständiges Bild zu erhalten, müsste das
dargestellte Marktcontrolling noch um eine Verkaufskostenanalyse erweitert wer-
den.
116 Marktorientierte Unternehmensführung

2.6.5. Kundenerfolgsrechnung (Kundendeckungsbeitragsrechnung)


Im Idealfall beinhaltet das Vertriebscontrolling auch eine Kundenerfolgsrechnung.
Ausgehend von den Brutto- bzw. Nettoerlösen sind den Kunden alle direkten Kosten
der bezogenen Produkte und Dienstleistungen zu belasten. Werden von den Roher-
trägen der Kunden dann weiter die direkten, von ihnen verursachten Vertriebs- und
Marketingkosten abgezogen, dann ergeben sich gestaffelte Kunden-
Deckungsbeiträge (nicht wie in der herkömmlichen Kostenrechnung die der Produk-
te) zur Fixkostendeckung. Eine Alternative wäre es, die Vertriebsgemeinkosten mit
Hilfe von Umlagen (Verrechnungssätze) auf die Kunden aufzuteilen. In diesem Fall
ergäbe sich als Summe aller Kundendeckungsbeiträge ein Vertriebsdeckungsbeitrag
zur Abdeckung der verbliebenen Fixkosten von Fertigung und kaufmännischer Ver-
waltung. Abb.2-55 liefert die Struktur einer Kundenerfolgsrechnung, bei der nur di-
rekte Kosten in Ansatz gebracht sind. Die Vertriebsgemeinkosten sind mit vom De-
ckungsbeitrag zu tragen.
Abb.2-55 AUFBAU EINER KUNDENERFOLGSRECHNUNG / KUNDEN-DECKUNGSBEITRAGSRECHNUNG
GDS-Technik Meuser Wilder
Bruttoumsatz 347.618,00 € 204.980,00 € 188.750,00 €
Durchschnittsrabatt 12,6% 9,5% 7,6%
Bruttoerlös 303.818,13 € 100,0% 185.506,90 € 100,0% 174.405,00 € 100,0%
Skonto, Erlösschmälerungen - 7.570,00 € -2,5% - 12.500,00 € -6,7% - 4.700,00 € -2,7%
Boni - 10.000,00 € -3,3% - € 0,0% - € 0,0%
Nettoerlös 286.248,13 € 94,2% 173.006,90 € 93,3% 169.705,00 € 97,3%
direkte Artikelkosten / Wareneinsatz - 188.900,00 € -62,2% - 122.450,00 € -66,0% - 92.470,00 € -53,0%
Rohertrag 97.348,13 € 32,0% 50.556,90 € 27,3% 77.235,00 € 44,3%
direkte Kosten Außendienst - 15.900,00 € -5,2% - 8.900,00 € -4,8% - 9.300,00 € -5,3%
direkte Kosten Innendienst - 9.650,00 € -3,2% - 2.400,00 € -1,3% - 5.320,00 € -3,1%
direkte Kosten Logistik - 26.590,00 € -8,8% - 12.060,00 € -6,5% - 12.400,00 € -7,1%
Su. direkte Vertriebskosten - 52.140,00 € -17,2% - 23.360,00 € -12,6% - 27.020,00 € -15,5%
Kunden-Deckungsbeitrag-1 45.208,13 € 14,9% 27.196,90 € 14,7% 50.215,00 € 28,8%
direkte Servicekosten - 28.000,00 € -9,2% - 5.300,00 € -2,9% - 2.200,00 € -1,3%
direkte Aktionskosten - 11.000,00 € -3,6% - 2.240,00 € -1,2% - 6.700,00 € -3,8%
direkte sonstige Marketingkosten - 1.000,00 € -0,3% - 1.200,00 € -0,6% - 2.300,00 € -1,3%
Su. direkte Marketingkosten - 40.000,00 € -13,2% - 8.740,00 € -4,7% - 11.200,00 € -6,4%
Kunden-Deckungsbeitrag-2 5.208,13 € 1,7% 18.456,90 € 9,9% 39.015,00 € 22,4%

Gemäß den Ergebnisstrukturen können Kundengruppen nach Profitabilität (Kun-


densegmenten, Marktsegmenten) gebildet werden. Es ergibt sich eine Absatzseg-
mentrechnung – ein wertvolles Spezialinstrument für Planung und Controlling. Ein
weiterführender Schritt wäre es, das Vertriebscontrolling als ein Instrument zur per-
manenten Leistungsverbesserung auszubauen.

2.6.6. Benchmarking und Frühwarnung in Marketing und Vertrieb


Benchmar- Vertriebscontrolling und Verkaufsgebietscontrolling werden von vielen Mitarbeitern
king bedeu-
tet: Vom als Kontrolle und damit als Eingriff in die persönliche Freiheit ihrer Arbeitseintei-
Besten ler- lung empfunden. Das Vertriebscontrolling kann aber einem höheren Zweck dienen,
nen, um der im Interesse aller sein sollte: dem permanenten Streben nach Verbesserungen
selbst Spitze und nach Wettbewerbsvorteilen. Hierzu werden Vertriebsplanung und –controlling
zu sein.
im Sinne eines Vertriebs-Benchmarking ausgerichtet.246

Benchmarking stellt
(1) eine Managementkonzeption dar,
(2) bei der die Stellschrauben des Erfolgs (die Erfolgsfaktoren),
(3) systematisch und regelmäßig gemessen
(4) und an einem Standard (Ideal: am Branchenbesten) ausgerichtet werden.

246
vgl. hierzu und zu den folgenden Ausführungen: Winkelmann, (Frühwarnsystem), in: salesprofi,
6/1999, S. 40-44
2. Kapitel: Das Marketing-Management 117

Im Gegensatz zum konventionellen Betriebsvergleich


(1) steht ausdrücklich ein Streben nach Spitzenleistungen im Vordergrund,
(2) tritt als zusätzlicher Aspekt die Optimierung betrieblicher Abläufe (Prozess-
optimierung) hinzu.

Welche Benchmark-Vergleichsmaßstäbe sind sinnvoll? Ein Vertriebsbereich mit


seinen Verkaufsbezirken kann
(1) sich mit eigenen, bisher erreichten Bestleistungen (Wie beim Sport: die persönli-
chen Bestleistungen),
(2) bei Konzernunternehmen mit den besten Leistungen im Unternehmen (Best
Practice),
(3) in einem Branchenvergleich mit dem Branchendurchschnitt (Wettbewerbsstan-
dard),
(4) in einem Best-in-Class Vergleich mit dem Branchenführer,
(5) in einem Industrievergleich mit dem Leistungsführer im Heimmarkt (Best of
best Domestic),
(6) oder mit dem Weltmarktführer (Best of best Global) vergleichen.

Benchmarking hat im Zusammenhang mit der Vergleichsstudie über die weltgrößten


Automobilwerke von Womack, Jones und Roos eine hohe Bedeutung erlangt.247 Was
als ganzheitliches Konzept zur Sicherung bzw. Sanierung ganzer Industrien und
Branchengruppen gedacht war, hat in der Praxis - und hier insbesondere in der Ver-
triebspraxis - längst nicht die entsprechende Verbreitung erlangt. Folgende Einwän-
de werden immer wieder gegen Benchmarking vorgebracht:
(1) die Sorge des Top-Management vor Offenlegung sensibler Daten im Wettbe-
werbsvergleich,
(2) mangelndes Interesse führender Unternehmen, Verfolgern Anreize zu Verbesse-
rungen zu geben,
(3) Mängel in Kostenrechnungs- / Controllingsystemen,
(4) fehlende Kontinuität in der Datenerhebung,
(5) mangelnde Konsequenz bei der Umsetzung von Verbesserungsmaßnahmen und
(6) Mitarbeiter-Blockaden aus Sorge vor Durchleuchtung und permanentem Leis-
tungsdruck.

Trotz dieser Einwände auf Gesamtunternehmensebene zeigen Vertriebsleiter zuneh-


mendes Interesse an einem ressortbezogenen Benchmarking. Der Grund liegt im Vo-
ranschreiten der CRM- und Business Intelligence-Systeme, die heute eine prob-
lemlose, flexibel auf Vertriebsbedürfnisse angepasste Datenerfassung und Daten-
auswertung (auf Knopfdruck – keine Mehrarbeit) erlauben. Vertriebsmannschaften
müssen sich angesichts hoher Vertriebskostenanteile (ca. 15 – 30%) und vieler Inef-
fizienzvorwürfe von Seiten Geschäftsführung und Technik der Herausforderung nach
nachweisbaren Verbesserungen in der Kundenbetreuung, beim Serviceverhalten und
bei den Kostenstrukturen stellen.

„Ge-benchmarked“ werden können alle Planungseinheiten, z.B. Geschäftsressorts


bzw. deren -prozesse, Produkte bzw. deren Leistungsparameter oder Vertriebsteams.
Die Vergleichskennziffern, d.h. die Benchmarks, beziehen sich auf Kosten, Qualitä-
ten (z.B. garbage-per-million = gpm-Werte) oder Zeiteinheiten (zur Messung von
Bearbeitungs- / Durchlaufzeiten). Abb.2-56 zeigt, welche Benchmarks für die Ver-
triebssteuerungsbereiche (1) Kundenstrukturen, (2) Außendienst-Management, (3)
Service-Prozesse und (4) Planung und Controlling in Frage kommen.

247
vgl. Womack; Jones; Roos, (Revolution), 1992
118 Marktorientierte Unternehmensführung

Abb.2-56
KENNZAHLEN FÜR EIN MARKTORIENTIERTES BENCHMARKING
Außendienst-
Kundenstrukturen Service-Prozesse Planung und Controlling
Management
Groß-/Kleinkunden- Besuchsfrequenzen Durchschnittl. Warte- Vertriebskostenanteile
anteile für Kundengruppen zeiten der Kunden Reisekostenanteile
Neu-/Altkundenanteile Anzahl relevanter Zeitbedarf für Auf- Kosten Innendienst
Direkt-/Handelskun- Kontakte pro Kunde tragsdurchlauf Marketing-Kosten für
denanteile dto. Besuchszeiten Liefertermintreue die Kundenbetreuung
Top-Ten Umsatzanteil effektive Besuchszeit Reklamationsquote Den Kunden/Kunden-
Kunden-Deckungsbei- pro ADM Zeitbedarf für Be- gruppen zugerechnete
tragsanteile Besuche, Angebote, schwerdedurchlauf direkte Kosten
Anteil Passivkunden; Aufträge, Umsatz Zeitbedarf für Produkt- Kunden-Umsatz-
Kunden mit Umsatz 0 pro ADM/Region anpassung renditen (Spannen)
Kundenanteile nach Angebots-Erfolgs- Zeitbedarf für Termin- Rabattquote
Branchen, Anwen- quoten (Hit-Rates) änderung Umsatz-/Kostenanteile
dungen Stornoquoten (bei Durchschnittl. Rekla- nach Produkten / Pro-
Kundenattraktiväten Finanzdienstleistern) mationskosten duktgruppen
(gemäß Einschätzung Kundenzufrieden- Durch Kunden verur-
SP) heitsindizes sachte Auftragskosten
(Quelle: u.a. Winkelmann, (Frühwarnsystem), in: salesprofi, 6/1999, S. 42)

Benchmarking bietet dem Vertrieb eine Chance auf Höherqualifizierung; und dies
auf der Basis eines CRM/CAS-Systems frei vom „Gängelband des Controllings“ in
eigener Regie. Computergestützte Vertriebssteuerungssysteme sollten den Vertriebs-
leitern dazu die Sorge vor Mehrarbeit nehmen. In der Regel werden für die Kennzif-
fern dann auch Schwellenwerte als Frühwarn-Parameter gesetzt.

2.6.7. Balanced Scorecard (BSC)


„The balanced scorecard complements financial measures of past performance with
measures of the drivers of future performance“248

Die von Kaplan und Norton 1992 veröffentlichte Idee hat sich mittlerweile zu einem
der anerkanntesten Managementwerkzeuge zur Kontrolle und Steuerung von Unter-
nehmens- oder Geschäftsbereichsstrategien entwickelt.249

Die Balanced Scorecard (BSC) von Kaplan und Norton


ist ein System von i.d.R. maximal 24 aufeinander abgestimmten Kennziffern,
(1) die sich auf vier Performance-Bereiche verteilen; die Finanz-, Kunden-,
Prozess- und Lernperspektive (s. Abb.2-57).
(2) Dabei werden klassische Controllinggrößen mit weichen (qualitativen) Er-
folgsfaktoren verknüpft.
(3) Die Perspektiven und ihre Kennziffern stehen in einem Ziel-/Mittel-Zu-
sammenhang, sind also regelkreismäßig verknüpft.
(4) Für jede Perspektive sind Erfolgstreiber (KPD´s), Ziele, Zielwerte
(KPI´s), Maßnahmen, Termine und Verantwortlichkeiten zu erarbeiten.
Die Balanced Scorecard Methode ist somit ein Planungs- und Controlling-
werkzeug zur ganzheitlichen und mehrdimensionalen Steuerung von Unter-
nehmen und Unternehmensteilen.
Die BSC-Methode könnte auch im Abschnitt 2.3. bei den Planungmethoden be-
schrieben werden. Die Methode ist eine offene Planungsmethode, denn sie macht
außer dem strukturellen Aufbau gemäß Abb.2-57 keine Vorschriften. Jede Balanced
Scorecard mit ihren Kennzahlen muss unternehmensindividuell gestaltet werden.
Hier liegt ein gewichtiges Arbeitsfeld der Unternehmensberatungen.
248
vgl. zu diesem Ansatz Kaplan; Norton, (Balanced Scorecard), 1997; Brunner; Sprich, (Performance
Management), in: IO, 6/1998, S. 30-36
249
vgl. Kaplan; Norton, (Performance), in: HBR, 1/2 1992, S. 71-79
2. Kapitel: Das Marketing-Management 119

Abb.2-57
STRUKTUR DER BALANCED SCORECARD (BSC)
Die 4 Perspektiven (Performance-Bereiche) der BSC Jeder der 4 Analysebereiche besteht aus

(1) FINANZPERSPEKTIVE: Mit welchen finanziellen (und

Definition der Erfolgstreiber (KPD´s = Key Perfor-

Zielvorgaben für die Key Performance Indicators


mance Drivers) und Erfolgskennzahlen (KPI´s =
profitmäßigen) Erfolgen wollen wir unseren Gesell-
schaftern gegenüber auftreten (z.B. Wachstum, Wirt-
schaftlichkeit, Wertsteigerungen, Cash-Flow, Return on

Maßnahmen - Termine - Milestones


Capital employed)?

Key Performance Indicators)


(2) KUNDENPERSPEKTIVE: Wie wollen wir aus Kunden-
sicht dastehen (z.B. bei den Kernkennzahlen: Markt-

Verantwortlichkeiten
anteil, Kundentreue, Kundenakquisition, Kunden-
zufriedenheit, Kundenrentabilität; und bei Wertangebo-
ten: Image, Reaktions- und Lieferzeiten, Produkt- und
Serviceeigenschaften)?
(3) INTERNE PROZESSPERSPEKTIVE: In welchen Ge-
schäftsprozessen müssen wir die Besten sein, um un-
sere Teilhaber und Kunden zu befriedigen (z.B. Innova-
tionspozess, Betriebsprozess, Serviceprozess)?
(4) LERN- UND ENTWICKLUNGSPERSPEKTIVE: Woran
erkennen wir, dass wir auch im Mitarbeiterbereich die
notwendigen Erfolgsvoraussetzungen schaffen (z.B.
Mitarbeiterzufriedenheit, Personaltreue, Mitarbeiterpro-
duktivität, Motivation und Zielausrichtung)?

Kaplan und Norton gingen bei dem Aufbau ihrer Scorecard von folgendem, die Per-
spektiven verbindenden Regelkreis aus:
(1) Den Ausgangspunkt bildet eine auf permanentes Lernen eingestellte Organisa-
tion mit motivierten und kompetenten Mitarbeitern.
(2) Kompetente Mitarbeiter gestalten kundenorientierte und effiziente Prozesse.
(3) Kundenorientierte und effiziente Prozesse führen zu zufriedenen Kunden.
(4) Die Geschäfte mit zufriedenen Kunden schlagen sich positiv im Finanz- und
Bilanzbereich nieder.250

Eine Balanced Scorecard sollte ausgewogen sein und nach Überschaubarkeit des
Kennzahlensystems streben. Nicht mehr als 24 Kennziffern sollen zur Steuerung der
Perspektiven herangezogen werden; d.h. max. sechs Kennziffern pro Leistungsbe-
reich. Die Marketing- und Vertriebskennziffern gehören dabei zur Kundenperspek-
tive. Mit den Lernprozessen als Teil der Prozessperspektive hat die BSC auch die
Weiterentwicklung des Mitarbeiterpotenzials (Mitarbeiterqualifikation-, zufrie-
denheit und Mitarbeitertreue) im Auge. Dieser für die Fortentwicklung einer Unter-
nehmung so wichtige Bereich kommt beim konventionellen Vertriebscontrolling
eindeutig zu kurz.

Die Arbeit von Marketing und Vertrieb ist derzeit von einem zunehmenden Konflikt
zwischen Kunden- und Kostenorientierung gezeichnet. Dieser Konflikt äußert sich in
zwei speziellen Spannungsfeldern: Effizienz versus Effektivität und Standardisie-
rung versus Individualisierung. Die BSC mildert den Konflikt, indem sie die Kun-
denperspektive gleichberechtigt neben die Finanzperspektive stellt.

Das BSC-Managementwerkzeug ist universell in allen Branchen und Unternehmens-


bereiche einsetzbar. Bauer, Meeder und Jordan nutzen z.B. eine Balanced Scorecard
für ein Werbecontrolling im Marketing.251 Abb.2-58 zeigt die angepasste Scorecard.

Die BSC-Methode sollte aber nicht überschätzt werden. So bestechend einfach der
Ansatz auch scheinen mag, es existiert kein allgemein gültiger Kennzahlensatz.

250
Es gibt Denkweisen, z.B. im CRM, die erst die erfolgsbringenden Prozesse skizzieren, und dann
die Menschen auf diese Prozesse hin ausrichten.
251
vgl. Bauer; Meeder; Jordan, (Werbecontrolling), in: ASW, 1/2001, S. 62-65
120 Marktorientierte Unternehmensführung

Abb.2-58
BALANCED SCORECARD FÜR WERBEKAMPAGNEN

ZIEL KENNZAHLEN ZIELWERTE MASSNAHMEN

1. Finanzperspektive

Kostenersparnis Kosten-
stelle, Werbeagentur Produktionskosten 20.000 EURO Target Costing
(Copy)

Kostenersparnis bei Ge- Gemeinkosten Werbeab-


20 % Zero Base Budgeting
meinkosten teilung

2. Kundenperspektive

Markenbekanntheit Recall-Werte Top of Mind Massierte Schaltungen

Verbesserung der Mar-


Sympathie-Rating 1. Platz im relevanten Set Emotionale Aufladung
kensympathie

3. Prozessperspektive

Bildung eines bereichs-


Reibungslose interne und
Terminabweichungen 0 übergreifenden Koordina-
externe Koordination
tionsteams

Verbesserung der strate- 10 obligatorische Richtlinien einführen


Detailliertheit der Briefings
gischen Analyse Analyse-Elemente (Analyse-Handbuch)

4. Lernen und Entwicklung - interne Perspektive

Permanenter werblicher Rückstand zur


0 Benchmarking
Wettbewerbsvergleich Best Practice

Permanente Verbesse- Qualifikation der an der Mindestens 3 Tage Teilnahmepflicht an Schu-


rung des werblichen Werbung beteiligten Fortbildung pro Jahr und lungen, Workshops, Se-
Know-hows Mitarbeiter Mitarbeiter minaren
(Quelle: Bauer; Meeder; Jordan, (Werbecontrolling), in: ASW, 1/2001, S. 64)

Eine BSC bleibt deshalb wirkungslos, wenn für die Perspektiven im konkreten Fall
nicht die geeigneten Erfolgstreiber (KPD´s) und deren Messindikatoren (KPI´s)
identifiziert sind. Aber selbst bei Schwächen im Kennzahlensystem ist es ein großer
Vorteil, dass in den BSC-Planungsworkshops Verkrustungen und Irrtümer der Ver-
gangenheit aufgedeckt werden. Bauer, Meeder und Jordan betrachten die BSC daher
auch als "Kommunikationsinstrument, das interdisziplinäre Diskussionen an-
regt...".252

Die Qualität einer Marketing- und Vertriebsplanung und die des Marktcontrollings
hängen stets davon ab, in welchem Umfang (Datenquantität) und mit welcher Sorg-
falt (Datenqualität) die für Marktentscheidungen notwendigen Informationen (die
sog. entscheidungsrelevanten Daten) gesammelt, ausgewertet und präsentiert werden.
Auch die Zielwerte einer Balanced Scorecard lassen sich nur auf der Grundlage einer
soliden Datenbasis sinnvoll setzen. So rücken jetzt die Marktdatengewinnung und
das Marktinformationssystem der Unternehmung in den Mittelpunkt der Betrach-
tung.

252
Bauer; Meeder; Jordan, (Werbecontrolling), in: ASW, 1/2001, S. 65
3. DAS MARKTINFORMATIONSSYSTEM

3.1. Grundbegriffe und Grundzusammenhänge


3.1.1. Marketingforschung und Marktforschung
Abb.3-1
P raktiker verlassen sich bei ihren
Entscheidungen oft auf Erfah-
rungen und unternehmerisches Ge-
N(x),
K(x)
DAS INFORMATIONSOPTIMUM

Kostenfunktion
spür. Der Wert von Erfahrungen
und Instinkten ist unstrittig. Das Nutzenfunktion

Management verlangt jedoch eine


solide Absicherung von Marktent-
scheidungen durch nachvollziehbare
Fakten. Die Theorie geht von einem
Modell einer optimalen Informati-
onsversorgung aus (Abb.3-1).253 Vertretbares
Info-Maximum
Unter der Annahme abnehmender
Informationsgrenznutzen und stei-
gender Informationsgrenzkosten Informationsoptimum x= Informationsmenge
liegt die unter Nutzen-/Kosten-
Abb.3-2 erwägungen optimale Informati-
FRAGEN DER MARKTDATENGEWINNUNG
onsmenge im Punkt gleicher Kur-
vensteigungen. Dort entspricht der Welche Informationen werden benötigt?
Nutzen einer weiteren Informati- Wie werden die Informationen gewonnen?
onseinheit den Kosten (Grenzkos- Wie werden die Informationen ausgewertet?
ten), die dafür anfallen. Da diese Wie werden die Ergebnisse interpretiert?
funktionalen Zusammenhänge in
der Praxis nicht sichtbar sind, ist es eine Frage von Kompetenz und Erfahrung, wann
ein Entscheider den Eindruck gewinnt, dass sich der Aufwand einer weiteren Infor-
mationssuche zur Lösung eines Entscheidungsproblems nicht mehr lohnt.

In der Praxis geht es also um eine bestmögliche Informationsversorgung. Die Fragen


der Abb.3-2 sind zu klären. Gefährlich ist es, wenn Manager in der Hektik des Be-
rufsalltages gar nicht nach bestmöglicher Informationsversorgung streben:254
• Führungskräfte neigen zur Vereinfachung (Komplexitätsreduktion). Sie
begrenzen bewusst ihre Informationssuche.
• Sie reduzieren ihre Alternativen heuristisch auf eine enge Wahl.
• Sie beschränken sich zuweilen sogar auf eine einzige (Lieblings-) Alternative.
• Ihre Informations-Suchbemühungen unterliegt erheblichen Schwankungen.
• Nicht selten ist auch das Gegenteil, eine Überinformation (Information Over-
load), in der Praxis anzutreffen. Fachleute werden ununterbrochen um Studien
und zusätzliche Informationen bemüht, nur damit eine wichtige (riskante) Ent-
scheidungen weiter hinausgezögert werden kann.

Ohne Frage hängt die Qualität von Marktentscheidungen von der Güte und dem
Umfang der Informationen über Märkte, Kunden und Wettbewerber ab. Diese
Marktdaten bilden den Kern des Informationssystems der Unternehmung. Herz-
stück für Marketing und Vertrieb ist die Kundendatenbank (Database). In Erkennt-

253
vgl. zu der Theorie des Informationsoptimums Link; Hildebrand, (Database Marketing), 1993, S. 3;
in Anlehnung an eine Arbeit von Meffert aus dem Jahr 1986
254
vgl. zu diesen empirischen Befunden: Gemünden, (Informationsverhalten), 1993, S. 850
122 Marktorientierte Unternehmensführung

nis, dass Marktentscheidungen nicht dem Zufall überlassen bleiben sollten, entwik-
kelte sich in Wissenschaft und Praxis ein vielfältiges Forschungsgebiet für die Ge-
winnung, Auswertung und Darstellung von Marktdaten. Die Literatur definiert eine
übergreifende Marketingforschung und versteht darunter die Gewinnung und Ver-
arbeitung jeglicher inner- und außerbetrieblich erreichbaren Informationen über das
Marktgeschehen.255 Die Marktforschung ist Teil dieser Marketingforschung.256
Die American
Marketing
Marktforschung umfasst Absatzmarktforschung wie auch Beschaffungs-
Association marktforschung.
definierte: Sie sichtet immer erst bereits vorhandene Daten. Reichen diese nicht aus, wer-
„Marketing- den empirische Daten erhoben (Feldmarktforschung = Field Research).
Forschung ist Marktforschungsunternehmen ergänzen betriebsinterne Studien und Daten-
die systemati-
sche Suche,
sammlungen über das Marktgeschehen. So gilt die Marktforschung heute als
Sammlung, bedeutender Dienstleistungsbereich (Berufsfeld Marktforschung).
Aufbereitung Im Rahmen der Marktforschung werden einige wichtige Teilbereiche abge-
und Interpre- grenzt, vor allem Konkurrenzmarktforschung, Käuferverhaltensfor-
tation von schung und Preisforschung.
Informatio-
nen, die sich Der Begriff Marktforschung ist doppelt zu verstehen:
auf alle Prob-
leme des (1) Marktforschung als Methode (Marktforschung = Umfragen, Interviews, Experi-
Marketing mente, Panels etc.) sowie
von Gütern (2) Markforschung als Institution (Marktforschung = Marktforschungsinstitute wie
und Dienst- ACNielsen, GfK, TNS Infratest, Institut Allensbach etc.).
leistungen
beziehen.“ 257
Mit dem Marktforschungsbegriff hat die Praxis zuweilen Schwierigkeiten. Der Zu-
satz „Forschung“ wirkt gerade auf mittelständische Firmen eher abschreckend. Man
verbindet Marktforschung mit anspruchsvollen und kostspieligen Recherchen profes-
sioneller Marktforschungsinstitute, die 2004 weltweit ein Auftragsvolumen von über
20 Mrd. US-$ bearbeiteten. Wir wollen deshalb klarstellen:
Der Gründer
der deut- Marktforschung umfasst alle Methoden einer betriebsinternen und -externen,
schen systematischen Marktdatengewinnung, -auswertung und -interpretation und ist
Marktfor- damit wichtige Aufgabe aller Mitarbeiter mit Kundenkontakt.
schung ist Marktforschung ist systematische Marktwissensgewinnung zur Stärkung des
Prof. Wil-
helm Vers- Marktinformationssystems einer Unternehmung.
hofen, 1925; Marktforschung ist Teil des Wissensmanagements einer Unternehmung.
durch Grün-
dung des Die Mitarbeiter in Marketing und Vertrieb erfüllen diese Aufgaben durch:
Instituts für
Wirtschafts-
• das Sammeln und Verdichten von Markt- und Kundeninformationen im Ver-
beobachtung triebsalltag (eine von Innen- und Außendienst oft vernachlässigte Aufgabe) und
der Deut- • durch regelmäßige oder projektbezogene Marktanalysen, bei denen zu entschei-
schen Fer- den ist, ob sie von eigenen Mitarbeitern durchgeführt (Eigenmarktforschung)
tigwaren an
der Nürn-
oder an externe Spezialisten vergeben werden (Fremdmarktforschung, Auf-
berger Han- tragsforschung der Marktforschungsinstitute).
delshoch-
schule. Die Erfahrung lehrt: Mitarbeiter, die kein Interesse und keine Freude an einer empiri-
schen Datengewinnung haben, zeigen auch regelmäßig Schwächen beim konzeptio-
nellen Arbeiten. Die Zukunft in Marketing und Vertrieb gehört den Kollegen, die
wichtige Informationen entscheidungsrelevant aufbereiten und nutzen können.

255
darin z.B. enthalten die Schreibtischforschung (Desk Research), nicht jedoch die Beschaffungs-
marktforschung. Diese gehört aber in der Theorie wiederum zur Marktforschung.
256
vgl. Weis; Steinmetz, (Marktforschung), 2002, S. 16
257
s. hierzu auch die Erläuterungen bei Meffert, (Marketingforschung), 1992, S. 15
3. Kapitel: Das Marktinformationssystem 123

3.1.2. Ziele der Marktinformationsgewinnung


Die Marktforschung dient der Wissensmehrung und damit der Weiterentwicklung
der Betriebswirtschaftslehre. Marketing und Vertrieb bewohnen eine Etage in diesem
Wissensgebäude. Stets geht es der Forschung darum,258
die Wirtschaftsrealität zu beschreiben (Deskription), wozu wir Definitionen,
Klassifikationen und Abbildungsraster (z.B. Tabellen, Diagramme) benötigen
(Bsp.: Bilanzen, Bevölkerungsstatistik, KFZ-Marktanteile des Kraftfahrzeugbundesamtes),
die Wirtschaftsrealität zu erklären (Explikation), d.h. Hypothesen259 (Wenn-
Dann-Aussagen Gesetzmäßigkeiten) über reale Sachverhalte zu formulie-
ren (Vorgang der Hypothesengewinnung) und diese Hypothesen in der Praxis
(Empirie) zu testen (Hypothesenüberprüfung).
(Beispiele für Hypothesen: Wenn der Produktpreis steigt, nimmt die Absatzmenge ab. Die Er-
innerungswirkung einer bildhaften Anzeige ist höher als die einer textbetonten Anzeige).
Wissen und Fähigkeiten steigen (1) durch den Zufluss neuer Hypothesen und
(2) durch den Abfluss von Hypothesen, die sich in der Praxis als falsch erwei-
sen (Falsifikation von Hypothesen).260 Die Hypothesenbearbeitung erfolgt re-
trospektiv (Immer wenn die Verpackung grüne Aufschrift hatte, dann war
das Produkt ein Erfolg) oder prospektiv, d.h. als Prognose (Wenn wir das
neue Produkt bei der Markteinführung 2004 mit der grünen Aufschrift verse-
hen, dann wird die Aktion mit großer Wahrscheinlichkeit ein Erfolg),
die Wirtschaftsrealität zu gestalten (Praxeologie), indem auf der Grundlage
nicht verworfener Hypothesen dem Unternehmen die Vor- und Nachteile be-
stimmter Maßnahmen aufgezeigt werden (wertfreie Handlungsempfehlungen)
oder indem auf der Grundlage normativ-ethischer Werturteile bestimmte
Maßnahmen vorgeschrieben werden (Präskription; Bsp.: Pflicht zur Müll-
trennung im Rahmen des grünen Punktes).

Anspruchsvolle Marktuntersuchungen verfolgen alle Wissenschaftsziele. Denn


betriebswirtschaftliches Arbeiten sollte sich nicht auf reine Realitätsbeschreibungen
beschränken, und ein Wissen über Gesetzmäßigkeiten sollte für konkrete marktbezo-
gene Handlungen genutzt werden (Aufgabe einer Realwissenschaft).

3.2. Methoden zur Marktinformationsgewinnung


3.2.1. Grundbegriffe und Grundzusammenhänge
Abb.3-3 zeigt die gängigen Erhebungsverfahren im Zusammenhang; unter Ein-
schluss der zunehmend wichtiger werdenden Computerunterstützung in der Markt-
forschung. Grundsätzlich muss gefragt werden, (1) ob ein Problem mit betriebsin-
ternen Daten gelöst werden kann oder ob externe Informationen verarbeitet werden
müssen. Eine weitere Frage bezieht sich darauf, (2) ob die bereits vorliegenden inter-
nen und / oder Daten ausreichen oder ob weitere, spezielle und aktuelle Daten erho-
ben werden müssen. Diese Aspekte führen zu der wichtigen Unterscheidung zwi-
schen betriebsinteren und -externen Sekundär- und Primärhebungen.

258
vgl. zur Methodologie der Betriebswirtschaftslehre: Chmielewicz, (Forschungskonzeptionen),
1979, S. 1-48; vgl. auch die Zusammenfassung bei: Winkelmann, (Investitionsschübe), 1982, S. 3-8
259
Hypothesen sind „unbewiesene Vermutungen“ über Ursache-/Wirkungszusammenhänge ( = Ge-
setzmäßigkeiten); aufgebaut in der Form von Wenn-Dann-Aussagen
260
vgl. zum Wissenschaftsprogramm des kritischen Rationalismus und zum Falsifikationsansatz im
Besonderen: Popper, (Logik), 2005, S. 54-68. Zum daraus abgeleiteteten Forschungsprogramm der
empirischen Theorie der Unternehmung vgl. die Zusammenfassung von Witte, (Empirische For-
schung), 1974, Spalte 1263-1282
124 Marktorientierte Unternehmensführung

Abb.3-3
ÜBERSICHT ÜBER DIE ERHEBUNGSVERFAHREN ZUR MARKTDATENGEWINNUNG

ohne Personen- mit Personen-


befragung befragung Markterkundung

Datenquellen intern - Vertriebsstatistik


und z.T. extern - Berichtsw esen interne und / oder
Markt-
externe
Zugriff auf externe - Sekundärdaten- beobachtung
Primärerhebungen
Datenquellen ausw ertungen

Befragung

persönliche unpersönliche Erhebungs-


Befragung Befragung programme

persönliches schriftliche Internet- Panels,


Experimente
Interview Befragung Befragung Trackings

Telefon- Fernseh- Befragungsprogramme, z.B. der


interview befragung (TED) Automobilindustrie

CA TI = Co mputer A ssisted CA P I = Co mputer A ssisted B B S = B ildschirm-


Telepho ne Interviewing P erso nal Interviewing befragungssysteme

CB S = Co mputergestützte B efragungssysteme

3.2.2. Analyse vorhandener Daten: Sekundärforschung


Jede Untersuchung startet mit einer Bestandsaufnahme vorhandener Informationen
zur Themenstellung. Von Sekundärdaten spricht man dann, wenn die Informationen
aus betriebsexternen Quellen stammen.

„Unter Sekundärforschung versteht man die Aufbereitung, Analyse und


Auswertung von (externen - der Autor) Daten, die bereits vorhanden sind und
früher für andere Zielsetzungen bereits erhoben wurden.“261
Abb.3-4 Sekundärdaten bieten sich für einen Themenein- FRAGEN ZUR BEURTEILUNG
VON SEKUNDÄRDATEN
stieg262 oder zur Formulierung von Ausgangs-
hypothesen an (Explorationsphase). Für neuartige, Ist die Datenquelle „seriös“?

komplexe und auf Hypothesenprüfung zielende Pro- Wie genau trifft die Untersu-
jekte eignen sich Sekundärquellen als (alleinige) Da- chung die eigene Themen-
stellung?
tenbasis nicht. In der Praxis wäre es ein Glücksfall,
wenn eine Sekundärerhebung die aktuelle betriebli- Werden die Methoden der
Datengewinnung und -
che Fragestellung exakt träfe. auswertung offengelegt?

Wie aktuell, repräsentativ,


Zu klären ist, welche Informationen zu einem anste- gültig und zuverlässig sind
die Daten?
henden Thema intern oder extern wo verfügbar sind.
Die fremden Daten müssen überprüft (validiert) wer- Sind Folgeuntersuchungen
vorgesehen?
den. Abb.3-4 enthält hierzu kritische Fragen. Die
261
Weis; Steinmetz, (Marktforschung), 2002, S. 50
262
vgl. zum wichtigen Instrument der schöpferischen und noch unstrukturierten Vorgehensweise der
Exploration: Berekoven; Eckert; Ellenrieder, (Marktforschung), 2006, S. 95-96
3. Kapitel: Das Marktinformationssystem 125

Überprüfungen sollten sich vor allem auf Repräsentanz, Gültigkeit und Zuverlässig-
keit der Daten beziehen. Abb.3-10 geht hierauf gesondert ein. Umfangreiche Sekun-
därdaten bietet das Statistische Jahrbuch der Bundesrepublik Deutschland.263 Die
Daten sind allerdings vorwiegend aus volkswirtschaftlicher Sicht zusammengestellt.
Bei einzelunternehmerischen Fragestellungen wird man kaum fündig werden. Die
Abb.3-5 Hauptrubriken der verfügbaren Daten lauten:
DATENQUELLEN DER
1. Geographische und meteorologische Angaben SEKUNDÄRSTATISTIK
2. Bevölkerung • Statistisches Jahrbuch
3. Arbeitsmarkt • Statistische Landesämter
• Deutsche Bundesbank
4. Wahlen • Kraftfahrzeug-Bundesamt
5. Informationsgesellschaft • anerkannte Wirtschaftsinstitu-
te, z.B. IfO-Institut, Institut für
6. Bildung und Wissenschaft Weltwirtschaft, Deutsches In-
7. Unternehmen und Arbeitsstätten stitut für Wirtschaftsforschung,
Gesellschaft für Konsumfor-
8. Land- und Forstwirtschaft schung etc.
9. Gesundheitswesen • IHK und Handwerkskammern
10. Justiz • Verbandsstatistiken (z.B.
ZVEI, VDMA, VDI)
11. Bauen und Wohnen • Informationsdienste
12. Umwelt • Info-Datenbanken
• Bankenstatistiken
13. Land- und Forstwirtschaft • Firmen-Geschäftsberichte
14. Produzierendes Gewerbe • Messekataloge
• Branchenzeitschriften
15. Binnehandel, Gastgewerbe, Tourismus • Fachzeitschriften
16. Verkehr • Hochschulinstitute, z.B. Institut
17. Finanz- und andere Dienstleistungen für Handelsforschung, Köln
• Nachschlagewerke
18. Außenhandel • Adressbücher
19. Unternehmen • Alle Informationsquellen im
Internet recherchierbar
20. Preise
Abb.3-6 21. Löhne und Gehälter Vorteile Nachteile
22. Wirtschaftsrechnun- von Sekundäranalysen von Sekundäranalysen
gen privater Haushal- • schnelle Verfügbarkeit • Daten oft veraltet
• kostengünstige Informationsbe- • Datenquelle oft schwer ausfindig
te schaffung zu machen
23. Finanzen und Steuern • Auswertungen oft übernehmbar • Daten oft nicht exakt auf die
24. Volkswirtschaftliche • Referenzen, Querbezüge zu Thematik hin zugeschnitten
ähnlichen Arbeiten werden mit- • Fehler in ursprünglicher Primär-
Gesamtrechnungen geliefert (Recherchearbeit) erhebung nicht ersichtlich
25. Zahlungsbilanz. • Kennenlernen neuer Quellen, • kritische Daten oft geheim
neue Kontakte

Abb.3-5 listet öffentliche Bezugsquellen für Sekundärdaten auf. Eine umfangreiche


Zusammenfassung unterschiedlicher Informationsquellen bieten Weis und Stein-
metz.264 In ihrer Zusammenstellung weisen sie auch auf Datenbanken hin, die im
Rahmen des Internet abrufbar sind. Datenbankanfragen per Internet sind heute für
internationale Literatur-, Presse- und Patentrecherchen unverzichtbar.
Als Beispiel sei die GENIOS Wirtschaftsdatenbank der Verlagsgruppe Handelsblatt
erwähnt265. GENIOS hat Zugriff auf 900 Online-Datenbanken mit rund 100 Mio. Arti-
keln auf 300 Mio. Seiten. Abrufbar sind Firmen- und Marktdaten, Wettbewerbsinfor-
mationen, Branchendienste, Pressearchive, Ausschnittsdienste, Informationen zu
Recht und Steuern u.v.a.m. Auch umfangreiche Intranet- und Extranet-Applikationen
sowie entsprechende Consultingleistungen sind im Angebot. (www.genios.de).

263
vgl. Statistisches Jahrbuch der Bundesrepublik Deutschland, 2006
264
vgl. Weis; Steinmetz, (Marktforschung), 2002, S. 53-56 mit Darstellung einer Datenbankübersicht
von Heinzelbecker; Nieschlag; Dichtl; Hörschgen, (Marketing), 2002, S. 388-389
265
GENIOS ist der aktuell größte deutsche Online-Anbieter von Wirtschafts- und Presseinformatio-
nen: vgl. www.genios.de; zu einer umfassenden Übersicht über Marketingdatenbanken vgl. Weis;
Steinmetz, (Marktforschung), 2002, S. 56
126 Marktorientierte Unternehmensführung

Wichtig ist Die amtliche Statistik bietet den Unternehmen wegen der Nachteile der Abb.3-6 oft
die Bereit- wenig Hilfe bei spezifischen Fragestellungen. So ist ein verstärkter Informationsaus-
stellung
gesicherter tausch mit Handelskammern und Wirtschaftsverbänden zu empfehlen. Es ist aber
Sekundär- zuweilen erschreckend unprofessionell, wie sich Unternehmen aus Angst vor Wett-
marktinfor- bewerbsnachteilen einer Datenherausgabe verschließen. Noch schlimmer ist das Fäl-
mationen schen von Verbandsmeldungen. So gibt es bedeutende Industriemärkte, in denen die
durch IHK
und Indus- wenigen Anbieter ihre Marktanteile nicht kennen. Lieferanteile sind „Herrschafts-
triefachver- wissen“, die von wenigen Key Playern auf Konferenzen oder Verbandstreffen unter
bände. der Hand getauscht werden. Man kennt die Schwächen der offiziellen Zahlen, will
aber „Informationstrittbrettfahrern“ keine Vorteile ohne Gegenleistung gewähren.

3.2.3. Vertriebsstatistik / Berichtswesen


Abb.3-7
Aufgabe der Vertriebsstatistik ist die regelmäßige DATENPAKETE DER
Auswertung zumeist intern vorhandener Markt- VERTRIEBSSTATISTIK
• Auftragseingänge
und Kostendaten. Sie ist Teil des Berichtswesens • Auftragsbestände
der Unternehmung und i.d.R. organisatorisch dem • Lagerbestände
Rechnungswesen / Controlling zugeordnet. • Lagerreichweiten
• Kapazitätsauslastungen
• Lieferzeiten
Die Routineberichterstattung erstellt Wochen-, Monats- • Umsatzerlöse
• Außenstände
und Quartalsberichte für die Datenbereiche der Abb.3-7. • Preisentwicklungen
Bearbeitet werden auch Projekte und Sonderanalysen. Es • Vertriebskosten
• Material-, Personalkosten
geht dann eher um interne, Kosten- und Effizienzverbes- • Ergebnisentwicklung
serungen berührende Fragestellungen und weniger um • Prognosen für alle ge-
unmittelbar markt- und kundenbezogene Themen.266 nannten Datenbereiche

3.2.4. Schreibtischforschung (Desk Research)


Außerhalb des regulären Berichtswesens fallen unregelmäßig interne Ana-
lyseaufgaben an, für die keine spezielle Datenerhebung im Markt erfolgen
soll. Man spricht dann von Schreibtischforschung (Desk Research).
Hierzu zählen Lieferzeiten-, Händler-, Lagerhaltungsauswertungen, sofern sie nicht
im regelmäßigen Berichtswesen gemeldet werden. Diese internen Analysen stützen
sich dann vor allem auf externe Sekundärquellen und auf Daten des Controllings.
Literaturbezogene Marketing-Diplomarbeiten fallen z.B. auch in diese Kategorie.
Zur Beantwortung der eigenen betrieblichen Fragestellungen reichen fremde Daten-
quellen zumeist nicht aus. Welche Möglichkeiten bieten sich den Unternehmen oder
eingeschalteten Marktforschungsinstituten, grundsätzlich neue, ergänzende und vor
allem problembezogene Daten im Markt zu erheben?

3.2.5. Markterkundung
Shopping ist Bei der Markterkundung werden Sachverhalte oder Entwicklungen bei Kun-
Markterkun-
dung des den, Vertriebspartnern, Wettbewerbern oder Lieferanten unregelmäßig, un-
Konsumen- strukturiert (pragmatisch) und schnell „aufgehellt“267.
ten.
Oft erfolgen Markterkundungen im Vorfeld von Marktforschungsprojekten, um Auf-
gabenstellungen und Projektrahmen abzustecken und erste Forschungshypothesen zu
entwickeln. Man spricht dann auch von Marktexploration.268
266
vgl. hierzu grundlegend Preißler, (Kosten-Nutzen-Verhältnis), 1996
267
Gutenberg spricht treffend von „Marktaufhellung“ und vom „Stadium der Vorerwägung“: vgl.
Gutenberg, (Absatz), 1984, S. 107. Vgl. ferner Weis; Steinmetz, (Marktforschung), 2002, S. 21
268
Die Exploration soll ein Problem hinreichend präzisieren, d.h. alle relevanten Sachverhalte vorklä-
ren, vgl. Friedrichs, (Sozialforschung), 1973, S. 121-123 (bzw. 14. Aufl. 1990)
3. Kapitel: Das Marktinformationssystem 127

3.2.6. Marktbeobachtung
Durch eine präzise Aufgabenstellung und eine systematische Unter-
suchungsweise wird die Markterkundung zur Marktbeobachtung. Personen
(Beobachter) oder technische Geräte nehmen nach einem Beobachtungsplan
sinnlich wahrnehmbare Sachverhalte (durch Sehen, Hören, Tasten, Zählen) auf
und werten diese aus.
Retail Ein Kaufhausdetektiv ist z.B. ein Marktbeobachter. Zu den technischen Geräten zäh-
Ethno-
graphy ist
len Kameras, Tonbänder, Mikrophone oder auch Zählkreuze in Warenhäusern.269
die lücken- Der Vorteil der Beobachtung: Geschehnisse können unbeeinflusst in ihrem natürli-
lose Be- chen Ablauf festgehalten werden. Folgende Verfahren werden unterschieden:
schattung (1) Feld- (z.B. im Supermarkt) und Laborbeobachtung (künstliche Situation),
des Konsu-
menten beim
(2) teilnehmende (Beobachter mischt sich unter Konsumenten) und nicht teilneh-
Einkauf mende Beobachtung (Methode versteckte Kamera),
durch ge- (3) persönliche (Beobachter) und unpersönliche (Geräte) Beobachtung,
schickt (4) nach der Einweihung der beobachteten Personen biotische (Versuchsperson hat
platzierte
Videokame- keinerlei Informationen über die Beobachtung), quasi-biotische (Versuchsperson
ras und weiß nur, dass sie beobachtet wird), nicht durchschaubare (Versuchsperson
Mikrofone. weiß, was beobachtet wird, kennt aber nicht das Untersuchungsziel) und offene
Beobachtung (Versuchsperson kennt Ziel und Inhalt der Untersuchung),270
(5) Beobachtung zur Hypothesengewinnung und zur Hypothesenüberprüfung.
Ein Beispiel für den letztgenannten Typ sind Regalbeobachtungen, bei denen die Ver-
haltensweisen von Konsumenten auf veränderte Produktplatzierungen festgehalten
werden. Auch die Messung von Augenbewegungen und Körperreaktionen beim Lesen
von Werbeanzeigen mit Hilfe des Tachistoskops oder des Elektroenzephalogramms
(EEG) sind bekannte Beispiele für anspruchsvolle Beobachtungsverfahren.271
Beobachtungsverfahren bilden oft die Grundlage für Experimente (s. 3.2.8.).

3.2.7. Marktbefragung - Primärerhebung


a.) Befragungsformen
Die Befragung gilt als Königsweg der Primärmarktforschung.272 Einzel-
personen oder Gruppen werden um Meinungsäußerungen gebeten. Ihre münd-
lichen, schriftlichen oder auch per Computer abgegebenen Aussagen werden
systematisch, nach einem Erhebungsplan, erfasst und ausgewertet.

Grundsätzlich sind folgende Formen der Befragung zu unterscheiden:


(1) nach dem Befragungsträger: Eigen- und Fremdbefragung (und alle kombinier-
ten Formen),
(2) nach dem Themenumfang: Einthemen- oder Mehrthemen-Befragung (Bus-Er-
hebung),
(3) nach der Befragungsart: (1) persönliche (mündliche) Befragungen beinhaltend
die Besuchsinterview-, die Straßen-, die POS- und die Telefoninterview-Be-
fragungen (CATI) sowie (2) unpersönliche Befragungen mit der (schriftlichen)
Fragebogen-Befragung, der Fernseh-Befragung (Ted) und der Computer-
Befragung (Online-Befragung, Internet-Befragung),
(4) nach den Befragten: Personenbefragung (Konsumentenbefragung, Expertenbe-
fragung etc.) und Gruppenbefragung (z.B. Familienbefragung),

269
vgl. Meffert, (Marketingforschung), 1992, S. 198
270
vgl. Meffert, (Marketing), 2000, S. 154-155
271
vgl. Kroeber-Riel; Weinberg, (Konsumentenverhalten), 2003, S. 67-68; zum Tachistoskop vgl.
auch Nieschlag, Dichtl; Hörschgen, (Marketing), 2002, 465-468
272
René König, ein bedeutender Sozialforscher, hat diesen Satz geprägt
128 Marktorientierte Unternehmensführung

(5) nach der Häufigkeit der Erhebung: Einmalbefragung, Mehrfachbefragung


und Zeitraumbefragung (Panel),
(6) nach dem Umfang der Erfassung der Grundgesamtheit: Vollerhebung oder Teil-
erhebung.

Abb.3-8 vergleicht die Befragungsformen nach relevanten Kriterien. Abb. 3-9 stellt
die Vor- und Nachteile von Eigen- und Fremdmarktforschung gegenüber. 273
Abb.3-8
KRITERIENVERGLEICH FÜR PRIMÄRERHEBUNGSVERFAHREN

Kriterien Interview Telefon Fragebogen Internet


Repräsentanz begrenzt mittel hoch Zielgruppenproblem
Rücklaufquote / Akzeptanz hoch mittel-hoch niedrig sehr niedrig
Sinnvolle Anzahl der Fragen hoch gering-mittel gering mittel
Fragen-Schwierigkeitsgrad hoch mittel niedrig niedrig
Überprüfung der Validität hoch mittel-hoch kritisch sehr kritisch
Überprüfung der Reliabilität kritisch kritisch hoch hoch
Zeitaufwand der Befragung sehr hoch gering mittel gering
Kosten pro Kontakt hoch mittel gering sehr gering
Anonymität keine keine möglich gering

Abb.3-9
VORTEILE (V) UND NACHTEILE (N) VON FREMD- UND EIGENMARKTFORSCHUNG

EIGENMARKTFORSCHUNG FREMDMARKTFORSCHUNG

V: a priori bessere Detailkenntnis des Marktes V: Marktforschungsexperten im Einsatz


V: schnellerer Start eines Projektes V: größere Akzeptanz bei Befragten wegen Neutralität
V: evtl. Geheimhaltungsvorteil (in der Praxis irrelevant) V: größere Objektivität – keine "Betriebsblindheit"
V: i.d.R. geringere (variable) Kosten V: spezielles Auswertungs-Know-how vorhanden
N: Arbeitsbelastung der eigenen Mitarbeiter V: Synergievorteile durch ähnliche Befragungen
N: oft fehlendes Auswertungs-Know-how N: fehlende interne Marktkentnis (Schulungen!)
N: evtl. Akzeptanzprobleme bei den Kunden N: Interviewer dem Auftraggeber unbekannt
N: Gefahr der „Schönfärberei“ (keine Objektivität) N: eventuell höhere Kosten (Opportunitätskostenfrage)

Eine qualifizierte Untersuchung benötigt eine ausreichend hohe Repräsentanz. Da-


her werden Verbraucher und Wirtschaftsunternehmen gerne großzahlig mit schriftli-
chen Fragebögen befragt. Die schriftliche Befragung bietet sich bei großen Kon-
sumuntersuchungen mit eher einfachen Fragestellungen zu Produkten oder Produkt-
vorteilen an. Rücklaufquoten von erfahrungsgemäß unter 10% - selbst wenn die Be-
fragung mit einem Preisausschreiben gekoppelt ist – sichern dann immer noch eine
ausreichend hohe Repräsentanz. Die größere Faszination liegt jedoch im persönli-
chen Gespräch mit dem Befragten. Das Interview ermöglicht einen interaktiven Dia-
log und schafft ein Vertrauensverhältnis. Schwierigere Fragestellungen können be-
handelt werden. Der Interviewer kann überprüfen, mit welcher Ensthaftigkeit und
mit welchem Verständnis der Befragte die Fragen beantwortet. Er kann erläuternd
eingreifen und so die Validität (Gültigkeit) der Befragung sichern. Es bedarf aller-
dings einiger Erfahrung und einer Interviewerschulung, damit die Antwortgebung
nicht durch die Fragetechnik und das Verhalten des Interviewers beeinflusst wird.
Unter diesem Aspekt ist die Reliabilität (Zuverlässigkeit) einer Erhebung gesichert,
wenn die Antworten unabhängig von Ort, Zeit, Umständen der Befragung und vom
Interviewer sind. Abb.3-10 gibt einen Überblick über die elementaren Fehler (Risi-
ken) bei Befragungen.274

273
vgl. in Anlehnung an: Weis; Steinmetz, (Marktforschung), 2002, S. 33
274
vgl. insbes. zum Fehler 1. und 2. Art: Friedrichs, (Sozialforschung), 1990, S. 389; zu den Fragen
von Validität und Reliabilität vgl. insbes.: Atteslander, (empirische Sozialforschung), 2006, S. 191,
214-215 wie auch die Zusammenfassung bei Pepels, (Käuferverhalten), 1995, S. 278-282
3. Kapitel: Das Marktinformationssystem 129

Abb.3-10
DIE ELEMENTAREN FEHLER IN ERHEBUNGSPROGRAMMEN
Fehler 3. Art: Es wird das „falsche“ Problem gelöst
Bsp.: Man bekämpft mangelnde Motivation eines Außendienstes durch finanzielle Anreize. In Wahrheit a-
ber sehen die Verkäufer grundlegende Mängel bei den Produkten und identifizieren sich nicht mit ihrer Ar-
beit.
Abhilfe: auf „politischer“ Ebene, persönliche Gespräche, Experten zu Rate ziehen

Verletzung der Repräsentanz bei Stichprobenuntersuchungen:


Die Messergebnisse sind nicht umfangreich genug, um für die Grundgesamtheit zu sprechen.
Bsp.: Für eine Untersuchung über das Einkaufsverhalten von Senioren wird nur ein Seniorenstift befragt.
Abhilfe: Überprüfen des Stichprobenumfangs, intensive Pilotuntersuchung, Kontrollstichproben

Fehler 1. Art bei Stichprobenuntersuchungen:


Die (Null)Hypothese – zwischen 2 Variablen besteht kein Zusammenhang – wird auf Grund eines außer-
halb des Signifikanzbereiches liegenden Wertes verworfen, obwohl sie richtig ist (Ablehnen einer richtigen
Hypothese).
Bsp.: Beim Vergleich von Befragungen über Kundenzufriedenheit in zwei Verkaufsgebieten wird ein signifi-
kanter Unterschied proklamiert (Vermutung: Verkäufereinfluss), obwohl dies unzutreffend ist.
Abhilfe: Signifikanzniveau überprüfen und ggf. erhöhen

Fehler 2. Art bei Stichprobenuntersuchungen:


Die Nullhypothese (es besteht kein Zusammenhang) wird angenommen, obwohl sie falsch ist (Annehmen
einer falschen Hypothese).
Beispiel: Beim Vergleich von zwei Verbraucherstichproben wird festgestellt, dass die Form einer neuen
Verpackung keinen Einfluss hinsichtlich einer Impulskaufneigung ausübt.
Abhilfe: Signifikanzniveau überprüfen und ggf. verringern

Verletzung der Objektivität:


Befragtenauswahl, Befragungsvorgang und Messdesign können nicht intersubjektiv nachvollzogen werden.
Beispiel: Ominöse Ergebnisse eines von einem Hersteller finanzierten, fingierten Warentests
Abhilfe: Klare Dokumentation des Forschungsprogramms, Einbindung von Experten, Veröffentlichung der
Ergebnisse, Offenlegen der Befragungsdaten

Verletzung der Validität (Gültigkeit) einer Messung:


Die Fragen eines Fragebogens treffen nicht das, was eigentlich gemessen werden soll. Wie zutreffend sind
die Antworten eines Befragten?
Beispiel: Als Kriterium für die Personaleinstellung eines „logisch“ denkenden Verkäufers wird die Mathema-
tikabschlussnote des Schulzeugnisses herangezogen. Oder: Ein Verbraucher kreuzt den Fragebogen wahl-
los an.
Abhilfe: Antworten hinterfragen, Kontrollfragen

Verletzung der Reliabilität (Verlässlichkeit, Zuverlässigkeit) einer Messung:


Mit dem Fragebogen werden unter gleichen Erhebungsbedingungen an anderem Ort oder bei veränderten
Interviewern nicht die gleichen Ergebnisse erzielt (Stabilität und Genauigkeit der Ergebnisse bei wiederhol-
ten Messungen).
Beispiel: Bei der Befragung von Geschäftsreisenden über deren Konsumverhalten bei Dienstreisen erhal-
ten weibliche Interviewer regelmäßig andere Antworten als männliche Befrager.
Abhilfe: Umgebungs- und Situationseinflüsse der Befragung kontrollieren, Vergleichstests, Interviewer
schulen, neutrales Befragungsverhalten der Interviewer sicherstellen

b.) Ablauf einer Primärerhebung


Mündliche wie auch schriftliche Primärerhebungen laufen nach den Stufen der
Abb.3-11 ab.275 Nach der Bestimmung des Untersuchungsziels (Themenabgrenzung)
und der Sichtung des vorhandenen Datenmaterials (Sekundäranalyse) werden erste
Ideen zu den Fragenbereichen oder auch schon Einzelfragen zu Papier gebracht. Da-
bei entstehen die Fragen nicht im luftleeren Raum. Ausgangspunkte sind Hypothe-
sen, die das Untersuchungsthema betreffen. Befragungszeit ist knapp und kostbar.
Daher muss jede Interview- oder Fragebogenfrage gerechtfertigt sein. Sie ist es,
wenn sie in einem Hypothesenbezug steht. Bei persönlichen Befragungen entsteht
zudem ein Interviewleitfaden, das „Drehbuch“ für den oder die Interviewer.

Dieser Interviewleitfaden (Checkliste) hilft dem Befragenden, auch in kritischen


Befragungssituationen seine Befragungstaktik und seinen Rahmenzeitplan ein-
zuhalten. Ein Interviewleitfaden ist auch dann sinnvoll, wenn die Studie von einer
Einzelperson durchgeführt wird.

275
vgl. in Erweiterung von Weis; Steinmetz, (Marktforschung), 2002, S. 113
130 Marktorientierte Unternehmensführung

Abb.3-11 Die Entscheidung über den Umfang


Untersuchungsziel,
Themeneingrenzung
der Befragung (Voll- oder Teil-
erhebung) ist bereits bei der Auf-
Materialsichtung, gabenstellung der Untersuchung zu
Sekundäranalyse
fällen. Nur bei speziellen Themen-
stellungen und bei kleinen Ziel-
hypothesengestützte
Fragensammlung gruppen sind Vollerhebungen ver-
tretbar. Die typische Marktbefra-
Grobskizze für Fragebogen
bzw . Interview fragen gung (insbes. im Konsumgüterbe-
reich) ist eine Teilerhebung. Aus
Pilotphase, Gespräche mit der Grundgesamtheit wird eine
Experten
Stichprobe ausgewählt (gezogen).
Korrektur und Abschluss Nach welchen Kriterien das ge-
der Fragen, Int.-Leitfaden schehen kann, wird im folgenden
Abschnitt behandelt.
Entscheidung über Test-Fragebogen bzw .
Ausw ahlverfahren Test-Interview erbogen
Große Sorgfalt ist auf eine Pilot-
phase zu legen. Themeneingren-
Pretest mit kleiner
Ausw ahl der Befragten
bei Teilerhebung Befragtenausw ahl zung, Methodik und Fragebogen
sind kritisch mit Kollegen und Ex-
Interview erschulung bei Abschluss Fragebogen, perten zu diskutieren:
persönlicher Befragung bzw . Interview erbogen
(1) Sind die relevanten Ausgangs-
vermutungen zum Thema (Hy-
Interview ereinsatzplan bei Druck des Fragebogens
persönlicher Befragung bzw . Interview erbogens pothesen) erfasst?
(2) Sind diese Hypothesen in ver-
Adressenklärung,
ständlicher Form in Erhebungs-
A nsprache der Befragten fragen transformiert?
(3) Ist die Fragenanzahl (der Frage-
Durchführung des Mailings
bzw . der
des Interview s
bogenumfang) sinnvoll?

Ausw ertung Der Fragebogen bzw. der Interview-


der Ergebnisse
Leitfaden sollten am Ende der Pilot-
phase feststehen. Anschließend ist
Präsentation,
Abschlussbericht er von einer überschaubaren Zahl
von Versuchspersonen in einem
Vortest (Pretest) auszutesten.
Kommen die Fragen gut an, dann können die Pretestergebnisse mit in die Hauptaus-
wertung einbezogen werden. Das ist natürlich nicht möglich, wenn Befragtenreaktio-
nen im Pretest noch relevante Änderungen am Fragebogen notwendig machen.

Bei der schriftlichen Befragung wird der Fragebogen per Post, Fax oder E-Mail ver-
sandt. Beim Interview verbleibt er als Leitfaden in den Händen des Interviewers.
Zuweilen wird er dem Befragten auch zur besseren Orientierung ausgehändigt. E-
Mail-Fragebögen werden direkt am Bildschirm beantwortet und auch ausgewertet.
Mündliche Interviews sind auf 1⁄2 Stunde bis 1 Stunde auszulegen. Bei der Termin-
vereinbarung gelten 45 Minuten Interviewzeit für die Befragten als kritische Grenze,
selbst wenn gut vorbereitete Befragungen dann bis zu 1 1⁄2 Stunden problemlos lau-
fen. Schriftliche Fragebögen sollten in 5 bis maximal 15 Minuten ausfüllbar sein. Bei
mündlichen Befragungen ist zur Sicherung der Reliabilität eine Interviewer-
schulung erforderlich. Das Geschlecht, das Verhalten oder persönliche Eigenarten
des Interviewers dürfen keinen Einfluss auf das Antwortverhalten der Befragten
nehmen. Im folgenden werden einige dieser Arbeitsschritte vertieft behandelt.
3. Kapitel: Das Marktinformationssystem 131

c.) Auswahl der Befragten


Vollerhebungen
Abb.3-12 Eine Grundgesamtheit, z.B.
die Gruppe der Automobilher- GRUND-
GESAMTHEIT
steller, weist bestimmte Ei-
genschaften auf. Eine Markt-
untersuchung soll diese Eigen- Volllerhebung Teilerhebung
schaften (Merkmalsausprä-
gungen) repräsentativ erfas-
sen. Erfüllt wird diese Forde- bewusste Aus- Zufallsauswahl
wahl • einfache
rung bei Vollerhebung aller
• willkürliche Stichprobe
Untersuchungseinheiten; Va- Auswahl • geschichtete
lidität und Reliabilität im Er- • Konzentrati- Stichprobe
hebungsverfahren vorausge- onsverfahren • Klumpenaus-
• Quotenver- wahl
setzt. Aus Kosten-, Zeit- und fahren • mehrstufige
Organisationsgründen sind Stichprobe
Vollerhebungen nur bei über-
schaubaren Grundgesamthei-
ten, z.B. in stark fragmentier-
ten Märkten (Nischenmärkte, Oligopole) sinnvoll. Bei großen Grundgesamtheiten
gelingt es der Marktforschungspraxis auch im Wege der Teilerhebungen die Merk-
malsausprägungen der Grundgesamtheit repräsentativ zu erfassen. Deshalb stützen
sich insbesondere Konsumentenbefragungen erfolgreich auf Teilerhebungen.

Teilerhebungen
Teilerhebungen beschränken sich auf eine Auswahl der Grundgesamtheit (Stichpro-
be). Die Stichprobenauswahl soll zu einem verkleinerten Abbild der Grundgesamt-
heit führen, sie repräsentativ abbilden. Dazu müßte jede Untersuchungseinheit die
gleiche Chance haben, in der Befragung berücksichtigt zu werden. Dies ist nicht ge-
währleistet, wenn bewusst nicht nach dem Zufallsprinzip ausgewählt wird.

Willkürliche Auswahl
Eine bewusste Auswahl kann willkürlich „auf´s Geratewohl“ erfolgen276, meist nach
Verfügbarkeit der Informanten. Die Repräsentanz kann nicht gesichert und vor allem
nicht überprüft werden. Dennoch bietet sich diese schnelle und kostengünstige Vor-
gehensweise für explorative Studien an. Die Marktforscher suchen erst einmal einen
Einstieg in eine neue Materie. Sie eruieren Ausgangshypothesen, d.h. Vermutungen,
warum in der Praxis bestimmte Probleme oder Wirkungen auftreten. Eine willkürli-
che Auswahl ist auch typisch für Pilotstudien. Man befragt ausgesuchte und erreich-
bare Experten.
Nach der empirischen Theorie der Unternehmung277 ist eine willkürliche Auswahl
durchaus zulässig, um bestehende Behauptungen über die Realität (Hypothesen) ei-
nem Falsifikationsversuch (Widerlegung einer Hypothese) auszusetzen. Eine Wider-
legung, und selbst wenn der Befragte willkürlich gewählt wurde, bringt eine Hypo-
these (zu einer Gesetzmäßigkeit) zu Fall (Prinzip der strengen Falsifikation).

Konzentrationsverfahren
Die genannten Einschränkungen gelten ebenso für das Konzentrationsverfahren. Hier
spielt jedoch eine Repräsentanzüberlegung eine besondere Rolle. Das Verfahren

276
vgl. hierzu und auch im folgenden die übersichtliche Darstellung bei Meffert, (Marketingfor-
schung), 1992, S. 189-195, sowie die dort angegebene Literatur
277
vgl. die Übersicht über die Forschungsansätze bei Hauschildt; Grün, (Ergebnisse), 1993
132 Marktorientierte Unternehmensführung

konzentriert sich von Anfang an auf Erhebungseinheiten, von denen der Marktfor-
scher weiß, dass sie eine dominierende Bedeutung für die Grundgesamtheit bzw. für
die Ergebnisse der Studie haben. Halten z.B. in einem Marktsegment 3 von 20 Wett-
bewerbern 60% des Marktanteils, dann kann man davon ausgehen, Markttendenzen
bereits mit einer Befragung dieser drei führenden Anbieter repräsentativ zu erfassen.
Durch das Wegschneiden der mittleren und kleineren Mitbewerber können natürlich
wichtige Meinungsströmungen übersehen werden.

Quotenverfahren
Das Quotenverfahren beruht auf der Annahme, dass bekannte Grundmerkmale der
Befragten (z.B. Geschlecht, Ausbildung, Einkommen, Wohnregion etc.) die Merk-
malsausprägungen der Untersuchungsvariablen bestimmen. Eine Stichprobe wird
nun so konstruiert, dass die Stichprobenverteilung der Grundmerkmale der Vertei-
lung in der Grundgesamtheit (sofern bekannt) entspricht. Wenn man weiß, dass in
einem Kreativ-Urlaubsclub 80% weibliche Singles buchen, dann sollte eine 100er
Stichprobe für eine Zufriedenheitsuntersuchung auch aus 80 weiblichen Singles be-
stehen. Unter Bezug auf dieses Merkmalsspiegelbild wird oft pragmatisch von einer
repräsentativen Untersuchung gesprochen. Das ist jedoch nur dann zulässig, wenn
ein signifikanter Zusammenhang zwischen den Grundmerkmalen und der Ausprä-
gung der Untersuchungsvariablen nachgewiesen ist. Ist das nicht der Fall, dann wird
der gesamte Ansatz hypothetisch. Ein statistischer Fehler kann nicht berechnet wer-
den. Das Verfahren ist jedoch flexibel und kostengünstig. Marktforschungsinstitute
verweisen auf gute Erfahrungen mit der Repräsentanzkraft vorbestimmter Grund-
merkmale wie Geschlecht, Alter oder Ausbildungsstand. Deshalb ist dieses Aus-
wahlverfahren in der Praxis weit verbreitet; insbesondere für Ad-hoc-
Konsumbefragungen, für Panelbefragungen oder für die Erhebung politischer Ein-
stellungen. Nach Meffert sind durchaus befriedigende Ergebnisse zu erwarten.278

Einfaches Stichprobenverfahren
Die klassische Vorgehensweise entspricht einer Urnenziehung279 mit bekannter
Grundgesamtheit. Typische Fragestellungen für Stichprobenuntersuchungen sind
z.B.:
Beispiel-1: Betrachtet werden alle Vertriebsleiter in Deutschland mit einer Umsatz-
verantwortung zwischen 10 und 50 Mio. Euro p.a. Wie hoch ist deren durchschnittli-
ches Gesamtjahreseinkommen?

Beispiel-2: Betrachtet werden alle Verbraucherinnen im Alter über 40 Jahre und ei-
nem versteuerten Haushaltseinkommen über 100 TEUR p.a. Wie hoch ist der Be-
kanntheitsgrad der in Bayern angesiedelten Designermarke Trixi Schober?

Da es nicht möglich ist, alle Einheiten der Grundgesamtheit zu befragen, werden


nach dem Zufallsprinzip280 (Prinzip der Wahrscheinlichkeitsauswahl) Stichpro-
ben gebildet. Die Untersuchungseinheiten werden „gezogen“. Dies erfolgt bei klei-
nen Grundgesamtheiten durch Auszählen, bei großen computergestützt mit Hilfe von
Zufallsgeneratoren. Von den Werten der Stichprobe soll dann auf den wahren Wert
der Grundgesamtheit geschlossen werden. Der Fachbegriff lautet Repräsentations-
schluss.281 Die Stichprobe repräsentiert die Grundgesamtheit.

278
vgl. Meffert, (Marketingforschung), 1992, S. 191
279
aus einer Urne werden nach dem Zufallsprinzip x Kugeln gezogen
280
auch Prinzip der Wahrscheinlichkeitsauswahl, wobei jedes Element die gleiche Chance hat, in die
Auswahl zu kommen: vgl. auch im folgenden Friedrichs, (empirische Sozialforschung), 1973, S. 135-
143
281
vgl. Hünerberg, (Marketing), 1984, S. 118. Der umgekehrte Weg ist der Inklusionsschluss, bei dem
Stichprobenwerte für eine bekannte Grundgesamtheit vorausgesagt werden.
3. Kapitel: Das Marktinformationssystem 133

Abb.3-13
Basiswissen zur Normalverteilung
Für jede Stichprobe ergeben sich
Mittelwerte; für das Beispiel-1 z.B.
Die Normalverteilung ist für die Praxis von hoher ein Jahreseinkommen von 90
Bedeutung, da viele Verteilungen von Zufallsvariablen TEUR als Durchschnitt bei 100
(zumindest näherungsweise) der Form einer Befragten), im Beispiel-2 ein Be-
Normalverteilung entsprechen. Sie ist auch unter dem kanntheitsgrad von z.B. 22% bei
Namen Gauß´sche Glockenkurve oder
Gaußverteilung bekannt.
100 Verbraucherinnen. Es wäre nun
reiner Zufall, wenn dieser eine
Gauß´sche Normalverteilung mit Konfidenzintervallen Stichprobenwert mit dem wahren
Wert der Grundgesamtheit überein-
stimmen würde. Was geschieht a-
ber, wenn jetzt mehrfach Stichpro-
ben gebildet (im Prinzip sogar un-
endlich viele) und die Mittelwerte
graphisch abgebildet werden. Dann
−2σ −1σ µ +1σ +2σ +3σ
kommen einige Mittelwerte sehr
−3σ
68,3 %
selten vor (z.B. Jahreseinkommen 1
Mio. Euro, oder im Beispiel-2 ein
95,5 % Bekanntheitsgrad von 100%). An-
99,7 %
dere Mittelwerte würden sich in
einem engeren Bereich häufen. Je
mehr Stichproben gezogen werden,
Wie in der Abbildung ersichtlich wird, verläuft die desto enger schmiegen sich die
Dichtefunktion der Normalverteilung symmetrisch, Stichprobenwerte um die wahren
nähert sich asymptotisch der x-Achse und hat ein Mittelwerte an, werden von ihm
Maximum bei x=µ. Je kleiner der
sozusagen „eingefangen“.
Streuungsparameter σ ist, desto höher ist das Niveau
Dies ist der Denkansatz unendlich
des Hochpunkts (Maximum). Die Gesamtfläche
zwischen der Verteilung und der X-Achse ist gleich 1. vieler Zufallsstichproben. Ein
Die Wahrscheinlichkeit dafür, daß eine normalverteilte anderer Weg wäre die Vergröße-
Zufallsvariable einen Wert im Intervall von µ ± σ bzw. rung der Stichprobe. Dann steigt die
µ ± 2σ bzw. µ ± 3σ annimmt, beträgt 68,3% bzw. Wahrscheinlichkeit, dass der Stich-
95,5% bzw. 99,7%. Eine Parallelverschiebung entlang probenwert den wahren Wert der
der X-Achse wird durch eine Veränderung des Grundgesamtheit repräsentiert. Und
Lageparameters µ erreicht. Die Wendepunkte der wenn alle Einheiten der Grundge-
Funktion liegen bei x = µ ±σ . Eine samtheit ausgewählt werden (z.B.
Normalverteilung mit den Parameternµ = 0 und Vollerhebung bei Vertriebsleitern
σ = 1 nennt man Standardnormalverteilung. Jede einer kleinen technischen Marktni-
spezifische Normalverteilung läßt sich in eine sche mit nur 10 Herstellern), dann
Standardnormalverteilung transformieren durch die gewinnt man logischerweise mit
x−µ 100% Sicherheit den zu suchenden
Formel: z = .
σ (zu schätzenden) Wert der Grund-
gesamtheit.

Alle Stichprobenansätze zielen letztlich auf Satzkonstruktionen der folgenden Art:

Mit einer Sicherheit von 1-a % kann gesagt werden, dass der wahre Mittelwert
der Grundgesamtheit in einem bestimmten Intervall - im Konfidenzintervall
oder Vertrauensintervall - von Stichprobenmittelwerten liegt.
Es bleibt eine Irrtumswahrscheinlichkeit von a %, dass der gesuchte Wert
außerhalb dieses Intervalls liegt.

Es soll nun ein solches Intervall (= Vertrauensbereich, Konfidenzintervall) für eine


Verteilung von Stichprobenmittelwerten bestimmt werden, in dem man den unbe-
134 Marktorientierte Unternehmensführung

kannten, wahren Mittelwert µ der Grundgesamtheit mit einer vorgegebenen Wahr-


scheinlichkeit (1 − α ) (= Konfidenzniveau, Sicherheitsgrad, Konfidenzzahl) „ein-
fängt“.282 Dazu müssen in Bezug auf die Verteilung der Grundgesamtheit zwei
grundsätzliche Fälle unterschieden werden, deren statistische Formeln in Abb.3-14
dargestellt sind:

Abb.3-14
Formelübersicht
Xi normalverteilt
Voraussetzungen Grenzen des Konfi-
Standardabweichung Stichprobenumfang denzintervalls
σx
σx bekannt n beliebig x±z α ⋅
1−
2 n
S
σx unbekannt n beliebig (n ≤ 40) x±t α ⋅
1− ; n −1
2 n
(S ist erwartungstreu-
er Schätzer für σ x )
S
n > 40 x±z α ⋅
1−
2 n
Xi beliebig verteilt
Voraussetzungen Grenzen des Konfi-
Standardabweichung Stichprobenumfang denzintervalls
σx
σx bekannt n > 40 x±z α ⋅
1−
2 n
σx unbekannt S
x±z α ⋅
(S ist erwartungstreu- n > 40 1−
2 n
er Schätzer für σ x )

Schätzer für die Standardabweichung in der Grundgesamtheit


1 n
S= ∑ ( xi − x ) 2
n − 1 i =1

Formeln für den Stichprobenumfang


2 2 2
⎛ 2σ ⋅ z α ⎞ ⎛ 2S ⋅ t α ⎞ ⎛ 2S ⋅ z α ⎞
⎜ 1− ⎟ ⎜ 1− , n −1 ⎟ ⎜ 1− ⎟
n≥⎜ 2
⎟ n≥⎜ 2
⎟ n≥⎜ 2

⎜ d ⎟ ⎜ d ⎟ ⎜ d ⎟
⎝ ⎠ ⎝ ⎠ ⎝ ⎠

Fall-1: Normalverteilte Grundgesamtheit


In diesem Fall folgt die Verteilung der Stichprobenmittelwerte ebenfalls einer Nor-
malverteilung. Mit Hilfe der Formeln , oder (s. Abb.3-14) kann man die
Grenzen für das Konfidenzintervall in Abhängigkeit von Standardabweichung,
Stichprobenumfang und Sicherheitsgrad bestimmen. Ist σ x unbekannt, muss man auf
die Standardabweichung S in der Stichprobe (vgl. Formel ) als erwartungstreuen
Schätzer für σ x zurückgreifen.
Das folgende Beispiel bezieht sich auf eine normalverteilte Grundgesamtheit mit
bekannter Standardabweichung.

282
"einfangen" veranschaulicht recht plastisch die Intervallbestimmung: vgl. hierzu Puhani, (Statistik),
2001, S. 175 ff., vgl. insbesondere zu den Formeln: Gumbsheimer, (Betriebsstatistik), 1996, S.25
3. Kapitel: Das Marktinformationssystem 135

Beispiel: Bestimmung eines Konfidenzintervalls:


Es soll die Zeit geschätzt werden, in der sich Kunden im Ausstellungsraum eines
BMW - Händlers aufhalten. Es werden 100 Besucher (Stichprobe) beobachtet, für
die eine durchschnittliche Verweilzeit von 40 Minuten gemessen wurde. Aus ähnli-
chen Untersuchungen ist für σ x ein Wert von 11 Minuten bekannt. Gesucht ist die zu
erwartende durchschnittliche Verweilzeit in diesem Ausstellungsraum mit einer Irr-
tumswahrscheinlichkeit von 5% (Konfidenzniveau 95%).

σx 11
x±z α ⋅ = 40 ± 1,96 ⋅ = 40 ± 2,156 Minuten
1−
2 n 100

Aufgrund dieses Ergebnisses kann der BMW-Händler nun mit 95 % Sicherheit (also
hoher Sicherheit) feststellen, dass sich seine Interessenten mit einer Dauer von 40 ±
2,156 Minuten in seiner Niederlassung aufhalten werden. Überlegungen dieser Art
sind für den Händler interessant, um statistisch gesicherte Aussagen über die Größe
und zeitliche Belastung seines Verkaufspersonals zu treffen. Mit Hilfe der Marktfor-
schung werden derart kritische Sachverhalte nicht durch persönliche Eindrücke son-
dern durch statistisch überprüfte und damit haltbare Fakten gestützt.

Fall-2: Beliebig verteilte Grundgesamtheit


Unabhängig von der Verteilung in der Grundgesamtheit lässt sich bei einer hinrei-
chend großen Stichprobenanzahl (Faustregel: n > 40) annehmen, dass die Verteilung
der Stichprobenmittelwerte einer Normalverteilung folgt (man spricht vom zentralen
Grenzwertsatz283). Mit Hilfe der Formeln bzw. lassen sich dann die Grenzen
des Konfidenzintervalls berechnen.

Bestimmung eines optimalen Stichprobenumfangs


(Anzahl von Befragten oder Untersuchungsobjekten)
Der Stichprobenumfang berechnet sich nach der Formel , bzw. . d ist dabei die
Breite des Konfidenzintervalls.

Beispiel: Bestimmung eines Stichprobenumfangs


Die Firma Förstina Sprudel füllt Apfelsaft ab. Die Abfüllmenge der Saftflaschen ist
aufgrund technischer Gegebenheiten normalverteilt. Das Qualitätsmanagement for-
dert nun für die Überprüfung der Abfüllprozesse ein Konfidenzintervall, das nicht
größer als 0,01l ist, bezogen auf eine mittlere Abfüllmenge auf einem Konfidenzni-
veau von 95%. σ beträgt 0,03l. Gesucht ist der hierzu nötige Stichprobenumfang:
2
⎛ 2σ ⋅ z α ⎞ 2
⎜ 1− ⎟ ⎛ 2 ⋅ 0,03 ⋅ 1,96 ⎞
n≥⎜ 2
⎟ =⎜ ⎟ = 138,30
⎜ d ⎟ ⎝ 0,01 ⎠
⎝ ⎠
Eine Stichprobe muss mindestens 139 Einheiten umfassen, um die Anforderungen des
Qualitätswesens zu erfüllen.

Geschichtete Stichprobe
Beim geschichteten Stichprobenverfahren wird eine heterogene Grundgesamtheit in
homogene Teilgesamtheiten aufgespalten. Bei einer Untersuchung des Zeitschriften-
Leseverhaltens würde man die Befragten nach ihrer Berufsausbildung schichten. Aus
den Schichten werden dann Zufallsstichproben entnommen. Die Vorgehensweise
ähnelt dem Quotenverfahren, bei dem die Teilstichproben allerdings willkürlich kon-

283
vgl. zum zentralen Grenzwertsatz: Puhani, (Statistik), 2001, S. 152 ff.
136 Marktorientierte Unternehmensführung

struiert werden. Durch die Schichtung kann der durch Heterogenität der Grundge-
samtheit auftretende Zufallsfehler erheblich reduziert werden.

Klumpenauswahl
Werden beim geschichteten Stichprobenverfahren Befragungseinheiten aus allen
Schichten gezogen, so werden bei der Klumpenauswahl nach dem Zufallsprinzip
Konsumenten zu Klumpen zusammengefasst und nur bestimmte Klumpen ausge-
wählt. Die nicht gewählten Klumpen bleiben unberücksichtigt. Nach Auswahl eines
Klumpens haben folglich nicht mehr alle Untersuchungseinheiten eine Chance, in der
Erhebung berücksichtigt zu werden. Insbesondere bei großer räumlicher Ausdehnung
der Grundgesamtheit bringt das Verfahren wirtschaftliche Vorteile. Die Marktfor-
scher können z.B. aus Städten, Stadtteilen oder Hochhäusern räumliche Klumpen
bilden.284 Die Gefahr liegt in einem Klumpungseffekt. Es kann sein, dass die Klum-
pen in sich zwar hoch homogen sind, die ausgewählten Klumpen jedoch im Ver-
gleich zur Merkmalsverteilung in der Grundgesamtheit stark abweichen. Diese Ge-
fahr wird deutlich, wenn sich eine Haushaltsuntersuchung auf Hochhäuser konzent-
riert, ländliche Wohngebietsklumpen jedoch nicht in die Auswahl kommen.

Mehrstufige Stichprobe
Die mehrstufige Auswahl verdichtet umfangreiche Grundgesamtheiten recht schnell,
indem mehrfach Zufallsauswahlen aus immer kleineren Teilmengen vorgenommen
werden. So können bei einer Bevölkerungsbefragung auf oberster Ebene Bundeslän-
der zufällig ausgewählt werden, dann auf nächsttieferer Ebene Regionen, dann aus
den Regionen Postleitzahlgebiete und auf unterster Ebene Straßenzüge. Erst auf die-
ser letzten Ebene werden Befragte zufällig ausgewählt. Während beim Klumpenver-
fahren die Frage der Zusammensetzung der Klumpen (Ziel ist eine homogene Klum-
penbildung) von Anfang an eine Rolle spielt, ist die Zusammensetzung der Teilstich-
proben (Auswahl der Klumpen) bei der mehrstufigen Auswahl erst auf der untersten
Ebene relevant.
Die Einhaltung des Zufallsprinzips ist im Sinne einer methodisch korrekten Wis-
sensgewinnung sicher ein hohes Ziel. Ausreichend Zeit, Ressourcen und Kenntnis
der Grundgesamtheit sind hierzu Voraussetzung. Die Praxis geht oft pragmatisch vor
und weicht auf das Quoten- oder Konzentrationsverfahren aus. Bei den Zufallsaus-
wahlen besitzen das geschichtete Stichprobenverfahren und das Klumpenverfahren
eine besondere Bedeutung. Bei Befragungen mit kleinem Budget285 darf man durch-
aus mehr Mut zu einer pragmatischen Vorgehensweise zeigen. Dies sollte auch für
praxisgesteuerte Hochschuldiplomarbeiten gelten. Im Sinne der wissenschaftlichen
Redlichkeit sollte der Marktforscher aber in jedem Fall seine Vorgehensweise offen-
legen und einen Nachweis über seine Erhebungsdaten führen.

d.) Fragenaufbau und Fragetechnik


Fragengestaltung und Fragetechnik sind im Vorfeld einer Befragung zu planen. Die
Qualität einer Untersuchung hängt davon ab, ob der Themensteller die wesentlichen
Einflussgrößen zur Erklärung eines Sachverhaltes (Hypothesen) erkennt und in
messbare und valide (eindeutige, verständliche) Erhebungsfragen umsetzt.286 Bei der
persönlichen Befragung orientiert sich der Interviewer an einem Interviewleitfaden,
bei einer telefonischen Befragung am Telefonleitfaden (Teleskript).

284
vgl. Meffert, (Marketingforschung), 1992, S. 194
285
Vorsicht ist dann natürlich bei Hypothesenprüfungen geboten
286
Der Themensteller muss also eine fundierte Theorie zu seiner Marktstudie an den Anfang stellen:
„Empirische betriebswirtschaftliche Forschung nimmt stets von einer empirischen Theorie ihren Aus-
gang.“: Witte, (empirische Forschung), in: HdB, 1974, Spalte 1270
3. Kapitel: Das Marktinformationssystem 137

Der Leitfaden fungiert als Regieanweisung. Er enthält:


• die Fragen in der richtigen Reihenfolge,
• Gedankenstützen, wie die Fragen im Gespräch in geschickter Weise zu stellen
sind,
• Hinweise (Richtwerte) für den zeitlichen Ablauf des Interviews
• und Hilfestellungen für besondere Interviewsituationen (z.B.: Wie sollte reagiert
werden, wenn der Befragte bei Frage-x die Antwort verweigert?).

Wer fragt, Mit Hilfe einer geschickten Fragetechnik können Art und Aufbau der Fragen opti-
der führt. mal auf die Befragten und die Befragungssituation hin abgestimmt werden. Dies gilt
bedingt auch für unpersönliche Befragung. Die wichtigsten Fragearten sind:
(1) die subjektive Frage (Meinungen, Gefühlen erfragen) und die objektive Frage
(nachprüfbare Sachverhalte erfragen),
(2) die schriftliche und die mündliche Frage,
(3) die geschlossene287 (vorgegebene Antwortkategorien zum Ankreuzen) und die
offene (keine Antwortmöglichkeiten vorgegeben: Was halten Sie von ...) Frage,
(4) die direkte (Haben Sie...) und die indirekte (Können Sie sich vorstellen, dass
andere ....) Frage,
(5) die harte (Nehmen Sie vor einer Klausur Drogen?) und die weiche (Was halten
Sie von „gewissen anregenden Mitteln“ vor Klausuren?) Frage.

Daneben gibt es taktische Fragen gemäß Abb.3-15. Neben Art, Aufbau und takti-
scher Präsentation der Erhebungsfragen haben Vertrauenswürdigkeit, Kompetenz
und auch Cleverness des Interviewers entscheidenden Einfluss auf den Erfolg einer
Marktstudie. Es gehört durchaus verkäuferisches Talent dazu, einen Befragten für die
Themenstellung und die Untersuchungsfragen zu interessieren. Wenn auch Preisaus-
schreiben oder Give-aways (Kinokarten, Kugelschreiber, Notizblöcke) den Befragten
immer wieder Anreize bieten sollen, letztlich zählt der persönliche Nutzen, den der
Befragte für sich aus der Befragung zieht. Diesen zu transferieren, ist eine besondere
Herausforderung bei schriftlichen Befragungen. Hier muss der Fragebogen die per-
sönliche Überzeugungskraft des Interviewers ersetzen.
Abb.3-15
SYSTEMATIK TAKTISCHER FRAGEN

Aufwärmfragen, Kontakt-, Eisbrecherfragen sollen am Anfang des Interviews Interesse wecken


Fragen zur Person, zur Unternehmung Stammdaten, ermöglichen Zuordnung des Befragten
Einführungs-, Hinführungsfragen leiten zum Themenkern hin, stimmen den Befragten ein
Kernfragen, Sachfragen behandeln die Hauptthematik
Motivationsfragen, Erholungsfragen sollen „Durchhänger“ vermeiden, sorgen für Abwechslung
Kontrollfragen sollen Validitätsüberprüfung ermöglichen
Ankerfragen schaffen Möglichkeiten zum Nachfassen
Rhetorische Fragen sollen Diskussion in Gang halten; sind ohne Substanz

e.) Planung und Durchführung einer schriftlichen Befragung


Bei der schriftlichen Befragung fehlt die Interaktion zwischen Interviewer und Be-
fragtem. Der Fragensteller kann deshalb nur schwer überprüfen, mit welcher Ernst-
haftigkeit und mit welchem Sachverstand der Fragebogen bearbeitet wird. Um so
mehr Sorgfalt sollte auf die Fragebogenerstellung gelegt werden. Die Risiken liegen
somit in der Gefährdung der Validität, während die Reliabilität als gesichert gelten

287
Geschlossene Fragen können in folgenden Formen gestellt werden: (1) Ja-Nein Alternativen, (2)
Auswahl aus mehreren Alternativen, (3) Bildung von Rangordnungen, (4) Benotung auf Einschät-
zungsskalen: s. auch den Gliederungspunkt f. zur Skalierungstechnik. Zu Form und Art von Fragen
vgl. Atteslander, (empirische Sozialforschung), 2006, S. 133-146
138 Marktorientierte Unternehmensführung

kann. Abb.3-16 zeigt Arbeitsschritte, Fragen und Empfehlungen zur Planung schrift-
licher Befragungen, die zum großen Teil auch für persönliche Befragungen gelten.
Insofern präzisiert Abb.3-16 das Ablaufschema der Abb.3-11.
Abb.3-16
PHASE ARBEITSSCHRITTE FÜR SCHRIFTLICHE BEFRAGUNGEN
• Klare Definition und Abgrenzung der Aufgabenstellung / Fragestellung
Konzept-
• Evaluierung des zur Verfügung stehenden Budgets, Finanzierungsfragen
phase, • Vollerhebung oder Teilerhebung? Bestimmung des Adressenpools
Zielsetzung, • Literaturanalyse: Nach Fragen und Befunden aus ähnlich gelagerten Studien suchen
Problem- • Offene oder geschlossene, direkte oder indirekte Fragestellungen?
formulierung
• Start mit einem Fragen-Brainstorming
• Grobe Aufteilung in Ober- und Unterfragen, Gliederung der Fragenbereiche
• Fragenbereiche und Kernfragen mit Experten durchsprechen
• Sind alle Hypothesen (Vermutungen) in Fragen umgesetzt?
Pilotphase,
Exploration • Liegen „spannende“ Hypothesen vor, sind ausreichend Fragen erarbeitet?
• Sind die Fragen angemessen detailliert?
• Wie werden die Fragen ausgewertet: Niveaus / Konstruktion der Antwortskalen
• Ist die Reihenfolge der Fragen sinnvoll?
• Sind geschlossene und offene Fragen gut ausbalanciert?
Fragebo-
generstel-
• Geht die Abfolge von den einfachen Fragen zu den schwierigeren?
lung • Sind komplizierte Fragen nicht aneinandergekettet?
• Sind taktische Fragen ergänzt (z.B. Aufwärmfragen, Kontrollfragen, Schlussfrage)?
• Ist das Fragebogen-Layout ansprechend? Passt es zum Thema?
• Sind die Adressen geklärt, auf Richtigkeit überprüft, evtl. angereichert?
• Ggf. Adressaten persönlich vorinformieren (nicht bei Massenbefragungen)
• Ist das Anschreiben an die Befragten ansprechend?
Mailing
festlegen • Erhalten die Befragten Hintergrundinformationen zum Thema?
• Ist die Geheimhaltungsfrage (Anonymität) geklärt?
• Sind Termin und Adressen für Rückantworten bestimmt?
• Wer zahlt Rückporto (gut: Fax, Internet)?
• Ist eine Vortest-Gruppe ausgewählt und angeschrieben?
• Ausgewählte Kontrollanrufe bei der Pretest-Gruppe: Wie kommen Umfang, Inhalt und
Layout des Fragebogens an?
• Validitätsprüfung: Wie sind wichtige und vor allem kritische Fragen verstanden worden
(Ergebnisspiegelung der Kontrollfragen)?
Pretest
• Werden bestimmte Fragen häufig verweigert?
• Sind überflüssige oder korrelativ verbundene Fragen erkennbar?
• Erster Test für Auswertungsprogramm und Auswertungsdateistruktur
• Was ergibt die Probeauswertung: Sind bereitsTendenzen sichtbar?
• Ist Rücklaufquote abschätzbar?
• Sind die Adressen endgültig bestimmt und qualifiziert (überprüft)?
• Welcher Befragungstermin ist sinnvoll (z.B. nicht über Wochenende, Urlaubszeit,
Hauptunter- Jahresabschlussperiode etc.)?
suchung • Ist Rücksendefrist für Fragebögen sinnvoll festgelegt (5 – 14 Tage)?
• Evtl. Motivation zur Antwortgebung bieten (Preisausschreiben, Info-Material)
• Ist Post- / Faxversand kostenmäßig optimiert?
• Auswertungsdateien sinnvoll anlegen (sinnvoll schon beim Pretest)
• Auswertungsprogramm und Datenbank aktivieren (z.B. SPSS)

Auswertung
• Antwortcodierungen vornehmen – Datensicherungen nicht vergessen!
• Antwortauswertungen und Ergebnisse kontrollieren (Plausibilitäts-Checks)
• Layout für Präsentation und Grafiken erstellen
• Ergebnisse zusammenfassen, Antwortstatements vorbereiten
• Erstellung von Untersuchungsbericht und Präsentation
Präsen-
tation • Abschließende Stellungnahme zur zentralen Forschungsaufgabe (-hypothese)
• Offizielle Veröffentlichung bzw. Übergabe an Auftraggeber, evtl. Presse-Info

Ein spezielles Praxisproblem ist die Fragebogenmüdigkeit von Konsumenten oder


Firmen. Um das Interesse der Befragten an einer Fragebogenerhebung zu steigern,
sind drei Aspekte besonders zu beachten:
3. Kapitel: Das Marktinformationssystem 139

(1) Der Befragte muss für eine Antwortgebung motiviert sein. Bei wenig umfangrei-
chen Befragungen sollte der Fragebogen telefonisch avisiert und die zu Befra-
genden über den Hintergrund der Untersuchung informiert werden. Der Aufwand
ist natürlich enorm. Auf jeden Fall ist viel Wert auf ein persönliches Anschrei-
ben, auf fachliche Erläuterungen zum Fragebogen und auf die Ziele der Studie
zu legen. Zur Motivation trägt es auch bei, wenn die Teilnehmer später eine
Rückmeldung zu den Befragungsergebnissen erhalten.288
(2) Es sollte dem Befragten ein (fachliches) Vergnügen bereiten, den Fragebogen
auszufüllen. Die Sachthematik sollte im Fragebogen lebendig zum Ausdruck
kommen. Vielleicht ist die Kopie eines Zeitungsartikels greifbar, der den aktuel-
len Praxisbezug der Untersuchung unterstreicht.
(3) Die Rücklaufquote steht und fällt mit Umfang, Inhalt und Form (Layout) des
Fragebogens. Der Fragebogen kann farbige Elemente enthalten und mit (weni-
gen) Bildern und Grafiken angereichert sein. Auf jeden Fall soll er „schlank“
anmuten und möglichst nur 2 Seiten umfassen. Besser 1 Seite doppelseitig mit
8er Schriftgröße beschreiben, als 3 1⁄2 Seiten einseitig in Schriftgröße 12.
Doch was bringt eine hohe Rücklaufquote, wenn sich die Befragungsdaten nicht
sinnvoll auswerten lassen? Es sollte daher keine Befragung anlaufen, bevor nicht
Klarheit über die Skalierung (Erfassung, Messung) der Antworten besteht.

f.) Antworterfassung - Skalierungsverfahren


Skalenniveaus
Meinungen von Befragten aufzunehmen, ist immer interessant. Doch i.d.R. sollen die
Antworten der Befragten statistisch ausgewertet werden. Dies erfolgt mit Hilfe von
Skalen. Skalen sind Messinstrumente auch zur Erfassung von verbalen Antworten,
die als Zahlen zu codieren sind.289 Skalierungsverfahren schaffen geeichte Maßstä-
be, die eine Wertezuordnung zu den in der Untersuchung erhobenen Ausprägungen
von Variablen erlauben. So ermöglicht ein Thermometer die Zuordnung von Werten
zu Temperaturen. Unterschiedliche Skalierungsverfahren haben zu abweichenden
Temperaturskalen in europäischen und angelsächsischen Ländern geführt. Nach den
mathematischen Eigenschaften gibt es vier grundlegende Skalentypen, die unter-
schiedliche statistische Berechnungen erlauben:290
(1) Nominalskalen erlauben nur Zuordnungen (trifft zu / trifft nicht zu, männlich
oder weiblich, ja/nein/weiß nicht). Die Ausprägungen müssen sich logisch aus-
schließen. Für die Antwortkategorien können absolute und relative Häufigkeiten
gebildet werden. Die wichtigsten Testverfahren sind der Chi2-Test und die Kon-
tingenzanalyse.
(2) Ordinalskalen geben Rangeinstufungen ohne asudrückliche Bewertungen wie-
der, z.B. die Rangfolge der bei befragten Autofahrern beliebtesten PKW-Marken.
Über Präferenzabstände kann nichts gesagt werden. Berechnen lassen sich Medi-
ane, Quartile und Rangkorrelationen.
(3) Intervallskalen gehen über Rangnennungen hinaus und bewerten Sachverhalte
nach Skalenpunkten. Sie haben keinen absoluten (natürlichen) Nullpunkt. Bei-
spiele sind Kundenzufriedenheitswerte, Zustimmungsgrade zu Werbeaussagen,
von Käufern empfundene Produktattraktivitäten etc. Die Skalenwerte geben Ein-
schätzungen / Beurteilungen der Befragten wieder. Man spricht auch von Rating-
oder Einstellungsskalen. Werden die Skalenpunkte nicht im Rahmen der o.a.

288
Ansonsten spricht die Praxis von „Informationsverschmutzung“.
289
vgl. zu Skalen und Skalierungsverfahren die übersichtlichen Zusammenfassungen bei Koch,
(Marktforschung), 2004, S. 183-196 und Pepels, (Käuferverhalten), 1995, S. 283-300
290
vgl. Weis; Steinmetz, (Marktforschung), 2002, S. 122-127; Friedrichs, (empirische Sozialfor-
schung), 1973, S. 97-100
140 Marktorientierte Unternehmensführung

Skalierungsverfahren großzahlig geeicht, dann sind die Abstände zwischen den


Skalenpunkten praktisch willkürlich gesetzt. Regression und Korrelation, t-Test,
F-Test, Produkt-Moment-Korrelation sowie das Bündel der Multivariatenverfah-
ren (Varianzanalyse, Diskriminanzanalyse, Clusteranalyse, Faktorenanalyse) er-
möglichen vielfältige Auswertungen und Tests für das Erhebungsmaterial. Ab-
schnitt 3.4. wird hierauf eingehen.
(4) Rationalskalen / Verhältnisskalen dagegen verfügen über einen natürlichen
Nullpunkt. Die Abstände zwischen den Skalenpunkten sind gleich. Beispiele für
Rationalskalen sind die Maßeinheiten Alter, Gewicht, Einkommen, Zahl der un-
terstellten Mitarbeiter, Lieferverzögerungen in Tagen. Bei dieser mathematisch
"vollkommensten" Skalenform sind alle statistischen Verfahren anwendbar.

Sind die Skalenniveaus (Messniveaus) bestimmt, dann sind die für die Erhebungsfra-
gen auswertungsfähige Antwortskalen zu erarbeiten.

Ordinalskalen / Rangreihenskalen (Bildung von Rangfolgen)


Rangreihenskalen lassen sich gut in Fragebögen einbringen. In der Praxis sind Rang-
bildungen gemäß Abb.3-17 gängig.291 Die Frage der Rangabstände zwischen den
Items ist unbekannt. Man weiß also nicht, wie hoch der Vorsprung der beliebtesten
Duftmarke oder der markantesten PKW-Anzeige gegenüber dem Nachfolger ausfällt.
Das gilt für jede Position in der Präferenzfolge. Naheliegend ist die Auswertung von
Häufigkeiten. Werden die Befragten dann nach Gruppen segmentiert, dann lassen
sich Nullhypothesen-Tests für diese Gruppen durchführen. Haben z.B. 100 Studen-
tinnen und 100 Geschäftsfrauen 8 Parfum-Marken in eine Präferenzfolge gebracht,
dann lässt sich testen, ob zwischen den Rangfolgen ein signifikanter Unterschied
besteht (oder ob die Rangabweichungen der Gruppen als zufällig anzusehen sind).
Die klassische Experimentalsituation liegt vor, wenn eine Gruppe einem Reiz ausge-
setzt wird:
Abb.3-17
METHODEN ZUR BILDUNG VON RANGREIHENSKALEN

Rangplatzmethode Für vorgegebene Items (z.B. Parfum-Duftstoffe) soll der


Befragte lediglich Rangplätze vergeben.
Auswahl-Methode Aus einer Menge von x Items (z.B. verschiedenfarbige
Joghurtbecher) soll der Befragte y auswählen (maximal alle)
und in einer Rangordnung seiner Präferenzen aufstellen.
Rangeintrag-Methode Der Befragte trägt die Items gemäß seiner Präferenzen in eine
Rangliste ein. Die Gegenstände sind nicht physisch vorhanden.
Offene Item Methode Hier wählen die Befragten ohne vorgegebene Auswahlliste
aus. Erfasst werden Erinnerungen. Bsp.: „Sie haben eben die
Süddeutsche Zeitung gelesen. Welche Automobilanzeigen
sind Ihnen positiv aufgefallen?“
OIM+Präferenzmethode Zusätzlich zur Auswahl erstellt der Befragte seine Präfe-
renzordnung. Bsp.: „In welcher Reihenfolge haben Ihnen die
Anzeigen zugesagt?“

291
Beim Fragen- bzw. Skalenaufbau spielt der Begriff Item eine große Rolle. Unter einem Item ver-
steht man den konkreten Gegenstand oder Begriff einer Frage, auf den der Befragte reagieren soll.
Dieses Item muss den Sachverhalt repräsentieren, den die Frage treffen soll. Der Sachverhalt wieder-
um muss in Relation zu der hinter der Frage liegenden Hypothese stehen. Das Problem für die empiri-
sche Sozialforschung liegt nun darin, dass ein bestimmter Sachverhalt (nehmen wir z.B. Umweltbe-
wusstsein) durch eine Vielzahl von Items getroffen werden kann. Eine Skalenkonstruktion beginnt
also mit der Definition des zu der Hypothese passenden Attributes (z.B. Autofahrverhalten als Aus-
druck des Umweltbewusstseins) und dann mit der Sammlung möglicher Items (Einstellungen des
Befragten zur Geschwindigkeitsbeschränkung, zum Fahrradfahren, Fußgänger, autofreie Zonen etc.).
3. Kapitel: Das Marktinformationssystem 141

Bsp.: Je 100 Geschäftsfrauen (homogene Gruppen) erstellen ihre Präferenzordnungen


für die Parfummarken. Dabei kann eine Gruppe in angenehmer, luxuriöser Atmosphä-
re auswählen, die andere Gruppe unter Stress und „Kellerraumbedingungen“. Frage:
Übt die Kaufatmosphäre einen signifikanten Einfluss auf die Rangfolge der Duftbe-
wertungen aus?

Intervallskalen / Ratingskalen (Messung von Einstellungen)


Ratingskalen sind Beurteilungs- oder Einschätzungsskalen. Sie haben die größte Be-
deutung für die empirische Sozialforschung, weil man mit ihnen zu messen versucht,
was eigentlich einer Messung nicht zugänglich ist. Auf einem Gegensatzkontinuum
zwischen plus oder minus, gut oder schlecht, modern oder alt etc. gibt der Befragte
seine Beurteilung zu einer Fragestellung ab. Er positioniert sich mit seiner Einstel-
lung auf der Beurteilungsskala. Mathematisch ist kein (natürlicher) Nullpunkt de-
finiert. Die Gleichheit der Beurteilungsintervalle lässt sich nur beweisen, wenn die
Skala selbst vorher zum Gegenstand eines Skalenkonstruktionsprogramms (einer
Skalierungstechnik) wird, bevor dann diese geeichte Skala als Messinstrument den
Befragten vorgelegt wird.292 Die Marktforschungspraxis geht allerdings großzügiger
mit Ratingskalen um. Die statistischen Auswertungen behandeln sie als Skalen mit
gleichen Intervallen (Intervallskalen) und mit Nullpunkt. Sie werden zu Quasi-
Verhältnisskalen mit uneingeschränkten Auswertungsmöglichkeiten.

Abb.3-18 zeigt in mehreren Teilgrafiken die wichtigsten Arten von Ratingskalen und
nennt Kriterien für die Skalengestaltung:
(1) Die Beurteilungsfrage oder Einschätzungsfrage verlangt vom Befragten, Ei-
genschaften oder Sachverhalte zu bewerten. Der Befragte vermerkt seine Ein-
schätzung auf der Antwortskala. Eine spezielle Form ist die Zustimmungsfrage,
die den Befragten mit einem Statement konfrontiert (einer geschlossenen Aussa-
ge). Auf der Skala kreuzt er den Grad seiner Zustimmung zu der Aussage an. In-
teressant sind Punktverteilungsfragen, bei denen der Befragte eine vorgegebene
Zahl von Bewertungspunkten auf meist ebenfalls vorgegebene Items verteilen
muss. Die Punktverteilungsfrage (oder Konstantsummenfrage) findet bei Praxis-
befragungen großen Anklang.293 Die Methode führt zu einer standardisierten
Verhältnisskala, da alle Befragten die gleiche Punktzahl verteilen.
(2) Nr. 1. der Abb.3-18 enthält Beispiele für verbale, numerische und animierte Be-
zeichnungen für die Skalenstufen. Jede Skala muss Bezeichnungen für die Ska-
lenabschnitte aufweisen, damit der Befragte seine Antwort einem Skalenabschnitt
eindeutig zuordnen kann. Für jede verbale Skala muss ferner ein Zahlenschema
für die Auswertung (Codierung) vorbereitet sein. Die sechsstufige Schul-
notenskala mit den Noten sehr gut (1) bis ungenügend (6) wird gerne für Konsu-
mentenbefragungen gewählt. Bei ihr wirkt sich ein Fehler der Zentralten-
denz294 verstärkt aus: Befragte neigen generell zu neutralen, mittleren Bewer-
tungsnoten. Sie scheuen Extremurteile. Die Noten 1 und 6 werden daher erfah-
rungsgemäß selten vergeben. Für die Auswertung werden Schulskalen oft umco-

Im letzten Schritt muss dann eine Auswahl der am besten geeigneten Items erfolgen; vgl. zu diesem
Themenkomplex: Friedrichs, (empirische Sozialforschung), 1973, S. 172-184.
292
Das ist die eigentliche Skalierungstechnik. Klassische, „durchkonstruierte“ Skalen sind z.B. die
Guttmann-Skala oder die Likert-Skala im Bereich der Sozialforschung. Werden Skalen pragmatisch
erstellt – und das ist in der praktischen Marktforschung die Regel – dann werden die Beurteilungen
der Befragten mathematischen Operationen unterzogen, die formal nicht korrekt sind. Das lässt sich
am Beispiel der „Schulnotenskala“ gut zeigen: Ist ein mit gut bewerteter Deutschaufsatz wirklich
doppelt so gut wie eine ausreichende Note? Vgl. zu den stabilen, empirisch gewonnenen Skalen:
Pepels, (Käuferverhalten), 1995, S. 291-296; Koch, (Marktforschung), 2004, S. 186-191
293
sie wird auch als Skala der konstanten Summenbildung (Konstantsummmenskala) bezeichnet: vgl.
Green; Tull, (Marktforschung), 1982, S. 165-166
294
vgl. Heller; Rosemann, (empirische Untersuchungen), 1974, S. 43
142 Marktorientierte Unternehmensführung

Abb.3-18
DER AUFBAU VON RATINGSKALEN
RATINGSKALEN LASSEN SICH UNTERSCHEIDEN NACH
AR T D ER FR AG E Beurteilungsfrage Zustimmungs frage Punktverteilungsfrage

D AR STELLU N G SKALEN PU N KTE numeris ch ver bal animier t

SKALENMITTELPU NKT ger ade Stufung ungerade Stufung

SKALEN KON TIN U U M dichotom: ja / nein 5, 6 (Sc hulnotens kala), 7, 9, 10

PO LAR IT ÄT unipolar bipolar / alternativ

AN IMATIO N JA N EIN

1.) DIE BEURTEILUNGSFRAGE


Die Beratung durch die Microsoft-Hotline fand ich:

sehr
schlecht schlecht mittel gut sehr gut
ungerade 5er-Skala, bipolar und verbal

schlecht eher eher


gerade 4er-Skala, bipolar und verbal schlecht gut gut

ungerade 7er-Skala, bipolar und numerisch -3 -2 -1 0 1 2 3

ungerade 5er-Skala, bipolar und animiert -- - -/+ + ++


ungerade 7er-Skal, unipolar und numerisch 1 2 3 4 5 6 7

2.) DIE ZUSTIMMUNGSFRAGE


Die Beratung durch den Fachverkäufer war hochkompetent
Wie stark stimmen Sie dieser Aussage zu?

ungerade 7er-Skala, unipolar und numerisch 1 2 3 4 5 6 7

ungerade 5er-Skala, bipolar und animiert ☺ ☺☺


gerade 4er-Skala, unipolar und verbal eher eher
überhaupt ja
nicht nein ja

3.) PUNKTVERTEILUNGSFRAGE:
Welche Produkteigenschaften sind Ihnen bei einem Hemd sehr wichtig?
Verteilen Sie bitte 10 Punkte beliebig auf folgende Eigenschaften:

modische Linie Punkte:


Markenname Punkte:
Material Punkte:
Verarbeitung Punkte:
Farbe Punkte:
Preis Punkte:
Summe: 10

diert (d.h. 1 = ungenügend, 6 = sehr gut). Denn bei Ergebnispräsentationen asso-


ziieren die Befragten höhere Punktzahlen auch mit besseren Gesamturteilen. Ani-
mierte Skalen spielen im professionellen Bereich keine besondere Rolle. Man
findet sie eher bei einfachen Kundenzufriedenheitsbefragungen in Hotels oder
Handelsgeschäften, meist in Form von Smileys295: ☺ .
(3) Wichtig für den Skalenaufbau ist die bereits erwähnte Klärung des neutralen
Antwortbereiches bzw. des Skalenmittelpunktes. Bei der Kauf-Zustim-
mungsfrage der Abb.3-18 kann der Befragte durch das Mittelintervall in eine
neutrale Wertung flüchten. Wie die Erfahrung zeigt, neigen Befragte gerade unter
Befragungsstress zur Abgabe neutraler Urteile, die dann für den Untersuchungs-

295
Fachausdruck Kunin-Skala: vgl. Weis; Steinmetz, (Marktforschung), 2002, S. 125
3. Kapitel: Das Marktinformationssystem 143

zweck wenig bringen. Geradzahlig gestufte Skalen dagegen zwingen den Befrag-
ten zu einer Tendenzaussage, selbst wenn z.B. auf einer 1-10er Skala die mittle-
ren Werte 5 und 6 mit mittel/neutral überschrieben sind. Der Befragte meint, ei-
ne neutrale Wertung abzugeben. Seine Urteilswaagschale muss sich jedoch ein-
deutig einer Wertungsseite zuneigen.
(4) Gute Erfahrungen liegen auch für die 0bis10-Skala vor. Diese bietet dem Befrag-
ten ein stark differenziertes, aber noch überschaubares Kontinuum für seine Ein-
schätzung. 10er Skalen lassen sich bei Auswertungen leicht in Prozentwerte um-
rechnen. Ein Zufriedenheitsniveau von 73% sagt in der Praxis erfahrungsgemäß
mehr aus als ein Mittelwert von 7,3. Neben der 10er-Skalierung sind 5, 6, 7 und 9
gängige Werte für Skalenabstufungen. Auswertungen mit zwei oder drei Stellen
hinter dem Komma sind „Augenwischerei“, wenn der Befragte sich nur für drei
Urteilsausprägungen (z.B. gut, mittel, schlecht) entscheiden konnte. Grobe Ein-
schätzungen werden durch Mittelwerte künstlich verfeinert. Wir empfehlen des-
halb Skalen mit mindestens 4, besser 6 oder 7 und höchstens 10 Abstufungen.
(5) Bipolare Skalen lassen die Befragten offene Gegensätze zwischen gut / schlecht,
schwach / stark, -3 und +3 etc. beurteilen. Bipolarität bringt große Vorteile,
wenn die Fragestellung tatsächlich eine Gegensätzlichkeit in sich birgt. Bsp.:
Fühlt sich dieser Kleidungsstoff Ihrem Gefühl nach eher kühl oder eher warm
an? Werden auf diese Weise zahlreiche Eigenschaftsgegensätze, wie warm/kalt,
modern/altmodisch, hell/dunkel etc. abgefragt (z.B. gegensätzliche Eigenschaf-
ten, die die Attraktivität der Kaffeemaschine bei den Verbrauchern ausmachen),
dann lassen sich sprachliche Begriffsräume, die sog. semantischen Differentia-
le, ausloten.296 Die Antworten der Befragten können zeichnerisch durch Verbin-
dung der Skalenbenotungen visualisiert werden. Es ergeben sich sog. Eigen-
schafts- oder Polaritätenprofile. Die Profildarstellung ist besonders dann inte-
ressant, wenn die Befragten ihre Einstellungen zu verschiedenen Urteilsobjekten
auf den Skalen ankreuzen und die Beurteilungsunterschiede in einer Grafik sicht-
bar gemacht werden sollen (s. hierzu auch Abb.2-36).
(6) Unipolare Skalen bieten sich für die Messung durchgängig ansteigender Ni-
veaus und Erreichungsgrade an, z.B. bei der Erfragung von Kundenzufriedenhei-
ten. Die Befragten sollten über ein natürliches Empfinden für einen Bewertungs-
raum (Kontinuum) zwischen 0 (gar nicht) und 100% (alles) verfügen .

Bei allen Skalenkonstruktionen ist es wichtig, die Wortassoziationen der Befragten


zu kennen. Wenn nicht bekannt ist, was die Befragten z.B. unter modern verstehen,
dann lassen sich die Befragungsergebnisse auch nicht sinnvoll interpretieren. Abb.3-
19 beweist, wie unterschiedlich Konsumenten den Zufriedenheitsbegriff ausle-
gen.297 Nach diesem Befund wären 12,5% der Kunden, die einer befragenden Un-
ternehmung ihre Zufriedenheit bestätigen, keinesfalls als sichere Kunden anzusehen.

Dieser Sachverhalt bringt Unsicherheiten für alle direkten Zufriedenheitsabfragen,


die skalenmäßig wie der Kundenmonitor Deutschland (früher deutsches Kunden-
barometer; Durchführender: ServiceBarometer AG) verbalisiert sind.298 Abb.3-20
zeigt den Aufbau der in Deutschland bekanntesten Kundenzufriedenheitsskala.

296
entwickelt von Osgood und Hofstätter, um die semantische Bedeutung von Objekten (z.B. moder-
nes Design) anhand von Assoziationen zu messen. Ca. 20 Gegensatz-Polaritäten reichen erfahrungs-
gemäß aus, um einen semantischen Raum auszuschöpfen: vgl. Friedrichs, (empirische Sozialfor-
schung), 1973, S. 184-188; Pepels, (Käuferverhalten), 1995, S. 297
297
vgl. o.V., (Tools), in: M&M, 1/1997, S. 38
298
vgl. Bruhn; Murmann, (Kundenbarometer), 1998, S. 135-138; www.servicebarometer.de
144 Marktorientierte Unternehmensführung

Abb.3-19 SEMANTISCHER RAUM FÜR "ZUFRIEDENHEIT" (n = 337 Befragte)


FRAGE : Was bedeutet für Sie das Wort "zufrieden"?
eher positive Assoziationen eher neutrale Assoziationen eher negative Assoziationen
gut 60 unproblematisch 38 zumutbar 20
erfreut 38 zufriedenstellend 36 ausreichend 12
lobenswert 26 passabel 32 erträglich 10
tadellos 16 annehmbar 25
befriedigend 24
(41,5%) 140 (46,0%) 155 (12,5%) 42

Abb.3-20

Die Ste- Bei Kundenbefragungen sollten aber nicht nur Zufriedenheitsurteile eingeholt wer-
wards in den den. Es sollte auch gefragt werden, wie wichtig die Merkmale den Befragten sind.
Marriot
Hotels bitten
Zufriedenheitsurteile sollten also durch Wichtigkeitseinschätzungen ergänzt werden.
ihre Gäste Es gehört zur Gepflogenheit guter Hotels, bei den Gästen Zufriedenheitsuntersuchun-
ausdrücklich gen durchzuführen. Wegen „unprofessioneller“ Durchführung (oder spürbarer Halb-
um Ausfül- herzigkeit der Befragung?) reagieren Hotelgäste nur in Einzelfällen. Die Bögen
len von verstauben mit Eselsohren in den Hotelzimmern. Oft bieten auch schlampige Frage-
Fragebögen. bögen den Gästen wenig Anreiz zur Urteilsabgabe. Notwendig ist es auch, nicht nur
Ihre Gehäl- nach der Zufriedenheit der Kunden zu fragen, sondern auch danach, wie wichtig ih-
ter hängen nen die Leistungskriterien sind.
teilweise
von den Neben den grundsätzlichen Fehlerquellen für empirische Befragungen sind während
Gästeurtei-
len ab. Pilot-Phase und Pretest weitere spezielle Verzerrungen (Bias) beim Beantworten
(Ankreuzen) von Ratingskalen aufzuspüren und einzudämmen:
(1) Fehler der Zentraltendenz: Befragte neigen zur Abgabe neutraler Wertungen.
Es ergibt sich keine klare Tendenz. Das Problem wurde oben bereits erwähnt.
(2) Spielfehler: Die Befragten kreuzen wahllos an.
(3) Ja-Tendenz: Die Befragten bevorzugen tendenziell positive Wertungen.
(4) Impuls-Fehler: Die Fragestellungen reizen zu unüberlegten Beurteilungen.
(5) Fehler des Konsistenzzwanges: Tendieren Antworten in eine Richtung, so nei-
gen Befragte bei anderen Urteilen zu Kompromissen, um möglichst konsistent zu
wirken.
(6) Gefälligkeitsfehler: Kunden möchten bei direkten Zufriedenheitsfragen keine
unangenehmen Wertungen abgeben. Einkäufer möchten z.B. ihrem Kundenbe-
treuer nicht schaden.
(7) Halo-Effekt: Ein Kunde hat z.B. einen verallgemeinernden Gesamteindruck über
einen neues, zu bewertendes Produkt. Dann beurteilt er alle Produktmerkmale im
Lichte dieses Gesamteindrucks, selbst wenn ihm einige Eigenschaften des neuen
Produktes, wenn er sie isoliert beurteilt, nicht gefallen.
3. Kapitel: Das Marktinformationssystem 145

3.2.8. Experimente / Testverfahren


Experimente oder Tests sind die Elitewerkzeuge für die Hypothesenprüfung, d.h.
für die Suche nach Ursache- / Wirkungszusammenhängen (Gesetzmäßigkeiten).

Unter einem Experiment versteht man einen wiederholbaren Versuchsablauf,


der es durch die Messung von einem oder von mehreren auf eine abhängige
Variable (z.B. Kaufpräferenz) wirkenden Einflussfaktoren (den Reizen =
Stimuli, z.B. eine neue Farbe für ein Waschmittel) erlaubt, eine Markt-
forschungshypothese auf Signifikanz (gegen die Nullhypothese, d.h.
Annahme, dass die Reize keinen wesentlichen Einfluss ausüben) zu testen.
Experimente sollten unter kontrollierten, vorher festgelegten Umweltbe-
dingungen ablaufen, um Störeinflüsse aus dem Umfeld zu neutralisieren.

Experimente sind Testansätze zur systematischen Prüfung von Reiz-Hypothesen.


Falls Milka vorhat, die lila Kuh in eine gelbe zu wandeln, dann wäre das ohne um-
fangreiche Konsumententests gefährlich. Wichtig ist, dass die Reaktionsunterschiede
von Versuchs- und Kontrollgruppen eindeutig auf den Reizeinfluss zurückgeführt
werden können. Dies wird in idealer Weise nur im Labor erreicht. Die Kombination
von Testgruppe (Experimentalgruppe E) und Kontrollgruppe (C) mit Beobachtungen
(O = Oberserved) von Reizeinflüssen (X) führt zu den typischen Experimental-
anordnungen der Abb.3-21.299
Abb.3-21 TYPISCHE EXPERIMENTALDESIGNS

Milka Lila Pause Milka Gelbe Pause

Veränderung der Situation


Kaufverhalten in der
(Reiz) und Messung der Testrichtungen
Ausgangssituation
Veränderung des Kaufverhaltens

One Shot Case Study X => E = O

One-Group Pretest-Posttest Design E = O1 X => E = O2

X => E = O1
Static Group Comparison
C = O2

E = O1 X => E = O2
Control Group Group Comparison
C = O3

Pretest-Posttest Control Group E = O1 X => E = O2


Design C = O3 C => E = O4

Abb.3-22 Das Experimentaldesign

Reiz TESTGRUPPE Reaktion-1


Weichen R-1 und R-2 signifikant
voneinander ab?
(Rückschluss auf Reizeinfluss)
KONTROLLGRUPPE Reaktion-2

Abb.3-22 zeigt den häufig eingesetzten Grundtyp des Static Group Comparison.
In zwei Supermärkten finden zwei strukturgleiche Käuferschichten ein Markenpro-
dukt in gleicher Regalposition. Plötzlich wird die Regalposition des einen Produktes
im Testmarkt verbessert. Mehrkäufe der Testgruppe (Experimentalgruppe) im Ver-
gleich zur Kontrollgruppe werden auf den Reizeinfluss zurückgeführt.

299
vgl. zu den Test-Designs Homburg/Krohmer, (Marketingmanagement), 2006, S. 280-284
146 Marktorientierte Unternehmensführung

Abb.3-23 Ein Experiment darf nicht als Alternative zur


VORAUSSETZUNGEN
Beobachtung oder Befragung gesehen werden, FÜR DIE DURCHFÜHRUNG
wie das die Literatur zuweilen tut. Alle klassi- VON EXPERIMENTEN
schen Erhebungsverfahren können in Experi- Wiederholbarkeit der Erhebungs-
menten Anwendung finden. situation

Kausalanalyse: Die Wirkungsrich-


Zu unterscheiden sind fünf Arten von Expe- tung zwischen der unabhängigen
rimenten bzw. von empirischen Tests:300 und der abhängigen Variablen
muss klar sein. Die Beziehung
(1) Beobachtungsexperimente und Befra- muss irreversibel (nicht umkehrbar)
gungsexperimente: Beobachtungsexperi- sein.

mente sind besonders gut geeignet, Hypo- Kontrolle der Erhebungsbedin-


thesen über das Verbraucherverhalten zu gungen: Insbesondere dürfen keine
unkontrollierten Störeinflüsse in den
prüfen. Bsp.: Wie reagieren Kunden auf Reiz-/Reaktionsvorgang hineinwir-
unterschiedliche Regalplatzierungen eines ken.

Produktes? Denn die Beobachteten erhal- Definition der Erhebungssituati-


on: Dazu ist es notwendig, die Er-
ten keine Informationen über das Experi- hebungssituation genau festzulegen
ment. Befragungsexperimente bieten ande- und im Ablauf zu planen.
rerseits den Vorteil einer Interaktion mit Einhalten einer „Experimental-
den Befragten und erlauben somit auch das ethik“: Der Vorgang der gezielten
Beeinflussung der Experimental-
Abtesten komplizierter Sachverhalte. gruppe darf nach strengem ethi-
(2) Feldexperimente und Laborexperimente: schem Massstab die Grenze zur
„bewussten Täuschung“ (Manipula-
Feldexperimente finden unter natürlichen tion) nicht überschreiten.
Bedingungen statt. Dem Vorteil des Aus-
testens unter realen Bedingungen steht der
Nachteil der Gefahr nicht kontrollierbarer Störeinflüsse gegenüber. Laborunter-
suchungen finden unter künstlichen Bedingungen statt. Sie gelten als Domäne
der psychologischen und sozialpsychologischen Forschung. Für Marketing und
Vertrieb ist das Feldexperiment vorherrschend. Abb.3-23 zeigt Voraussetzungen
für eine Experimentalsituation.
(3) Insbesondere bei den Feldexperimenten werden unterschieden: (a) Produkttests
(getestet werden Produkteigenschaften unabhängig von den Verkaufsbedingun-
gen) (b) Storetests in ausgesuchten Einzelhandelsgeschäften (Bsp.: GfK-
Storetest), bei dem Testprodukte unter realen Bedingungen vermarktet werden,
und (c) Markttests (nicht ortsbezogene Testmärkte, Bsp.: ACNielsen-Markttest),
der die Simulation flächendeckender, realer Marktsituationen zur Aufgabe hat.
Der ACNielsen-Markttest überprüft speziell das Verhalten von Zielgruppen.
(4) Simultanexperimente und sukzessives Experimente:
Diese Unterscheidung bezieht sich darauf, ob im Experiment mit getrennten Ver-
suchs- und Kontrollgruppen, die gleichzeitig untersucht werden, gearbeitet wird
oder ausschließlich mit einer Gruppe. Beim Eingruppenexperiment fungiert diese
zuerst als Kontroll- und dann als unter Reizeinfluss gesetzte Versuchsgruppe.301
(5) Simulationsexperimente:
Die Simulation stellt eine Sonderform dar. Reale Prozesse werden in einem ma-
thematischen Simulationsmodell reproduziert. Störgrößen können kontrolliert mit
einbezogen werden. Weltsimulationsmodelle haben vor einigen Jahren eine be-
sondere Rolle gespielt. Die zeitliche Reichweite der natürlichen Erdressourcen
(Erdöl) wurde unter Annahmen des Bevölkerungswachstums und möglicher
Klimaentwicklungen analysiert. Es ist still geworden um diese Art von Zukunfts-
voraussagen.302
300
vgl. die Zusammenfassung bei Weis; Steinmetz, (Marktforschung), 2002, S. 195-196
301
vgl. hierzu und zu den wichtigen Experimentaltypen: Weis; Steinmetz, (Marktforschung), 2002, S.
197-198
302
vgl. Forrester, (Industrial Dynamics), 1972
3. Kapitel: Das Marktinformationssystem 147

Welche Fragestellungen im Bereich der Käuferforschung können mit Hilfe von


Tests bearbeitet werden? Sechs Zielsetzungen bzw. Test-Fragestellungen sind ty-
pisch:303
(1) Akzeptanztests: Wie stark ist eine Kaufabsicht von bestimmten Reizen (z.B.
Produktdesign oder Art der Warenpräsentation am POS) abhängig?
(2) Präferenztests: Wird ein Produkt signifikant Wettbewerbsprodukten vorgezogen
und wenn ja, welchen? Die Testsets sind dann Warenkörbe.
(3) Deskriptionstests: Werden bestimmte Produkteigenschaften signifikant stärker
wahrgenommen und bewertet als andere? Stimuli sind die abgefragten Produkt-
eigenschaften.
(4) Diskriminanztests: Durch welche Eigenschaften werden Produkte von verschie-
denen Käufergruppen signifikant unterschiedlich wahrgenommen, bzw. welche
Produkteigenschaften trennen Käuferschichten (z.B. Hochpreis- und Discount-
preis-Käufer)?
(5) Wahrnehmungstests: Durch welche Eigenschaften wird ein Produkt überhaupt
von den Konsumenten bemerkt (auch: Awareness-Tests)?
(6) Evaluationstests: Werden verschiedene Produkte von den befragten Konsumten
als Ganzheiten signifikant unterschiedlich empfunden bzw. beurteilt?

Für die Auswertung der Erhebungsdaten stehen statistischer Verfahren zur Verfü-
gung.304 Grundsätzlich sind drei statistische Testansätze zu unterscheiden:
(1) Parametertests prüfen die Nullhypothese, ob ein erhobener Wert (Mittelwert
und Streuungsmaße) einer Stichprobe nicht signifikant von dem statistischen
Wert in der Grundgesamtheit abweicht. Bsp.: Die Käuferpräferenzen für zwei
Duftvarianten einer neuen Hautcreme werden gemessen. Werden die Duftvarian-
ten von den Verbraucherinnen signifikant unterschiedlich beurteilt?
(2) Anpassungstests prüfen die Nullhypothese, ob eine bestimmte Verteilungsfunk-
tion nicht signifikant von einer vorgegebenen Verteilung abweicht. Bsp.: Das be-
rühmte Würfelexperiment. Ein Würfel wird 1000 mal geworfen. Sind die Augen-
zahlungen dann gleichverteilt - handelt es sich also um einen „fairen“ Wür-
fel?305
(3) Unabhängigkeitstests prüfen die Nullhypothese, ob bestimmte Merkmale einer
Grundgesamtheit unabhängig voneinander sind. Bsp. für eine Nullhypothese: Die
Farbgebung für einen PC hat keinen Einfluss auf die Kaufwahl.

Ausgewählte Testbeispiele aus der Käuferforschung werden im Zusammenhang mit


den Auswertungsmethoden vorgestellt (Abschnitt 3.4.3.).306

303
vgl. in Anlehnung an Koch, (Marktforschung), 2004, S. 138
304
vgl. als Überblick Homburg; Krohmer, (Marketingmanagement), 2006, S. 325 ff.
305
vgl. die anschauliche Darstellung des Münz- oder Würfelwurfes mit dem sich ergebenden Erschei-
nungsbild der Normalverteilung: Heller; Rosemann, (empirische Untersuchungen), 1974, S. 171-179
306
an dieser Stelle soll auf die übersichtlichen Erläuterungen von Weis und Steinmetz verwiesen wer-
den; vgl. Weis; Steinmetz: (Marktforschung), 2002, S. 241-248 sowie 295-312
148 Marktorientierte Unternehmensführung

3.3. Institutionen der Primärmarktforschung


3.3.1. Marktforschungsinstitute als Partner der Wirtschaft
Abb.3-24
STRUKTUR DER MARKTFORSCHUNG IN DEUTSCHLAND 2003 und z.T. 2005
Basis-Methoden Untersuchungprogramme Branchen (Auswahl) Befragungsmethoden
• 91% Primärforschung • 43% Ad-hoc-For- • 55% Konsumgüterin- • 24% persönliche
quantitativ schung dustrie Interviews, davon 25%
• 8% Primärforschung • 34% Panels • 12% Medien, Verlage traditionell Paper and
qualitativ • 18% andere kontinu- • 7% Handel, Banken, Pencil, 25% CAPI
• 1% Desk Research ierliche Programme Versicherungen • 45% Telefoninterviews
• 4% Omnibus- • 6% Transport, Ver- mit CATI (von 22% auf
Erhebungen kehr, Touristik 50% seit 1990)
• 1% Sonstiges • 5% Pharmazeutische • 9% schriftliche Befra-
Industrie gungen
• 22% Online-Befra-
gungen (2003: 10% !)

(Quelle: ADM - Arbeitskreis Deutscher Markt- und Sozialforschungsinstitute e.V.; www.adm-ev.de; zaw 2006)

Abb.3-25 Die institutionelle Markt- und Meinungsfor- DIE 10 GRÖSSTEN


schung entwickelt sich stetig weiter. Abb.3-24 MARKTFORSCHUNGSINSTITUTE
NACH UMSATZ
beschreibt die Struktur der professionellen IN EUROPA bzw. DEUTSCHLAND 2005
Marktforschung in Deutschland. Abb.3-25 lie-
fert eine Übersicht der umsatzmäßig größten GfK-Gruppe 900 Mio. Euro
Institute im Jahr 2005. Seit 1986 hat sich die TNS Infratest Gruppe 190 Mio. Euro
Zahl der Institute von 100 auf über 250 mehr als ACNielsen 76 Mio. Euro
verdoppelt. Das Auftragsvolumen stieg von IPSOS / INRA 52 Mio. Euro
1986 bis 2005 um mehr als das Vierfache: von Research Intern. 30 Mio. Euro

345 Mio. Euro auf ca. 1,8 Mrd. Euro. Synovate/R. Berger 25 Mio. Euro
Maritz Research 20 Mio. Euro

Die dem Arbeitskreis Deutscher Markt- und Psyma Group 18 Mio. Euro

Sozialforschungsinstitute (ADM, Frankfurt) an- Leyhausen&Partner 12 Mio. Euro


Foerster&Thelen 12 Mio. Euro
geschlossenen 61 Institute erwirtschafteten 2005 (Quelle: Context, in : ASW 3/2006, S. 96)
ein Umsatzvolumen von 1,4 Mrd. Euro (+36%
gegenüber 2004). Das entspricht ungefähr 80%
des Gesamtumsatzes der Branche. 10.000 Menschen beschäftigt die MaFo. Fast 13
Mio. Interviews wurden im Jahr 2005 geführt. Die Aufgaben des ADM sind u.a.
• Wahrung des Ansehens der Markt- und Sozialforschung in der Öffentlichkeit
und Förderung des Vertrauens der Öffentlichkeit in die Markt- und Sozialfor-
schung,
• Schutz der Auftraggeber vor unzulänglichen Untersuchungen und Schutz der
Öffentlichkeit vor unzulänglichen Veröffentlichungen,
• Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs,
• Verbindung zu nationalen und internationalen Organisationen,
• Förderung von wissenschaftlicher Grundlagenforschung und Hochschulen.307

Neben dem ADM sind weitere Verbände der Markt- und Sozialforschung um Anse-
hen, Qualitätssicherung und die Durchsetzung von Standesregeln bemüht. In
Deutschland sind das z.B. die Arbeitsgemeinschaft Sozialwissenschaftlicher Institute
e.V. (ASI) und der Berufsverband Deutscher Markt- und Sozialforscher e.V. (BVM,
Berlin) sowie im europäischen Rahmen die European Society for Opinion and Mar-
keting Research (ESOMAR, Amsterdam). Weltweit ist die World Association for
Public Opinion Research (WAPOR) tätig.

307
vgl. Broschüre des ADM: Geschichte, Aufgaben und Ziele des ADM; ferner www.adm-ev.de
3. Kapitel: Das Marktinformationssystem 149

Folgende Kriterien können zur Auswahl eines Marktforschungsunternehmens für


eine Marktanalyse herangezogen werden:
(1) Erfahrung und Reputation auf dem Untersuchungsgebiet,
(2) Mitgliedschaft in einem der Fachverbände ADM oder BVM zur Sicherstellung
von Seriösität und qualitativer Mindestanforderungen,
(3) erfolgreiche Projekte in der eigenen Branche und entsprechende Referenzen,
(4) eventuell sogar Erfahrungen aus einer früheren Zusammenarbeit,
(5) technische und personelle Ausstattung des Instituts (Teststudio, geschulte In-
terviewer, Analysesoftware),
(6) professionelles Projektmanagement und Regelung einer regelmäßigen Bericht-
erstattung über den Projektfortschritt,
(7) Sicherung der Vertraulichkeit für hochsensible Marktdaten,
(8) zu erwartende Art der Präsentation und Qualität der Dokumentation,
(9) zusätzlicher Consulting-Service (Beratungsleistungen für den Auftraggeber),
(10) Basispreis und zu erwartende Sonder- bzw. Zusatzkosten.

3.3.2. Leistungsangebote ausgewählter Marktforschungsinstitute


Die Marktforschungsinstitute haben sich teilweise auf bestimmte Fragestellungen,
Verfahren und / oder Branchen spezialisiert. Dieser Umstand erleichtert die Aus-
wahlentscheidung. Die folgende Leistungsübersicht beschränkt sich aus Platzgrün-
den auf die fünf umsatzmäßig führenden Institute. Sie erhebt keinen Anspruch auf
Vollständigkeit und gibt auch keine Wertung wieder.

GfK
Die GfK Gruppe ist weltweit die Nr. 4 der Marktforschungsunternehmen. Sie wurde
1934 als erstes deutsches Marktforschungsunternehmen gegründet. Die GfK ist in
den u.a. fünf Geschäftsfeldern aktiv und bietet ihren Kunden aus zahlreichen Bran-
chen ein umfassendes Angebot an Informations- und Beratungsservices. Die Kunden
nutzen diese für ihre Entscheidungen in der Produkt- und Preispolitik, in Logistik
und Vertrieb sowie in Marketing und Werbung. Die GfK Gruppe hat im Geschäfts-
jahr 2005 einen Umsatz von 937,3 Mio. Euro erzielt. Neben 13 Niederlassungen in
Deutschland gehören der GfK Gruppe insgesamt über 130 Unternehmen in über 70
Ländern an. Von den derzeit rund 8.000 Beschäftigten arbeiten etwa 80 Prozent au-
ßerhalb Deutschlands.
(1) Im Geschäftsfeld Custom Research bietet die GfK Informationsservices für ope-
rative und strategische Marketingentscheidungen. Dazu gehören Tests und Stu-
dien zu Produkt- und Preispolitik, zur Markenpositionierung und Markenführung,
zu klassischen und modernen Formen der Kommunikation mit Verbrauchern und
Nutzern, zur Optimierung der Distribution sowie zu Fragen der Kundenbindung
und -loyalität.
(2) Im Geschäftsfeld Retail and Technology versorgt die GfK ihre Kunden regel-
mäßig mit Daten, die auf Basis kontinuierlicher Erhebungen und Analysen der
Umsätze von technischen Konsumgütern im Einzelhandel weltweit gewonnen
werden. Zu den Marktsegmenten, für die die GfK Daten erhebt und analysiert,
zählen Bürokommunikation, Fototechnik und Optik, elektrische Haushaltsgeräte,
Informationstechnologie, Telekommunikation, Sportausrüstung, Tourismus so-
wie Unterhaltungselektronik und Unterhaltungsmedien.
(3) Im Geschäftsfeld Consumer Tracking bietet die GfK ihren Kunden regelmäßig
Informationsservices, die auf kontinuierlichen Erhebungen und Analysen von
Einkaufsentscheidungen und -verhaltensweisen von Verbrauchern in Europa ba-
sieren. Die Informations- und Beratungsleistungen betreffen nahezu alle schnell-
lebigen Konsumgüter sowie zahlreiche Gebrauchsgüter und Dienstleistungen.
150 Marktorientierte Unternehmensführung

Abb.3-26
Target Positioning
- Ein Tool zur Unterstützung des strategischen Markenmanagement -

Schlüsselmodul des Target-Ansatzes:


Brand Potential Index (BPI)
Marken- Kauf- ! BPI gibt Aufschluss über die Attraktivität einer
bindung intention
Weiter- Marken- Marke gegenüber anderen konkurrierenden Mar-
empfehlung bekanntheit ken.
Brand ! Reflektiert die gefühls- und verstandesmäßige
Identifikation Potential Uniqueness Wertschätzung der betrachteten Marke durch den
mit der Marke Konsumenten.
Marken- Marken- ! Analysiert kognitive, emotionale und verhaltens-
vertrauen sympathie
bezogene Kriterien im Wege der konfirmatori-
schen Faktorenanalyse (KFA).
! Signifikanter Zusammenhang zwischen BPI und
.3 Marktanteil ist nachgewiesen (s. Abbildung).
Marktanteile von Kaffeemarken in1998

Diagnosemodul-1: Positioning Radar


Jacobs
! Sammelt in Workshops mit Produktkäufern und
.2 Branchenexperten die kaufbestimmenden Pro-
Tchibo
dukteigenschaften.
! Identifiziert „weiche“ Produkteigenschaften (z. B.
Images), die in Low-Involvement Situation Mar-
Melitta
Eduscho
kenwahl beeinflussen.
.1 Dallmayr

Amarov
Onko
Diagnosemodul-2: Evoked Set Analyses
Idee Bellarom ! Dient der Bestimmung der wesentlichen Wettbe-
Kaffee Hag
0.0 werber (vom Verbraucher als Kaufalternativen
2.2 2.4 2.6 2.8 3.0 3.2 3.4 3.6
Brand Potential Index für Kaffeemarken
wahrgenommene Marken) und ihrer Konkurrenz-
beziehungen.

ausgeglichen
zartbesaitet dominant
Diagnosemodul-3:
VELTINS
ordentlich
Identity Analysis
KROMBACHER HOLSTEN
! Entwicklung eines Persönlichkeitsprofils für die
gewissenhaft
vertrauensvoll willensstark ernst
untersuchte Marke und deren Mitbewerber unter
Berücksichtigung:
optimistisch
KARLSBERG ! eines Imageprofils, das funktionale und emotio-
WARSTEINER nale Eigenschaften berücksichtigt,
experimentierfreudig
weltmännisch JEVER ! eines standardisierten Itemsatzes von Persönlich-
abenteuerlustig KÖNIG PILSENER
kreativ keitsmerkmalen,
BITBURGER BECK´S ! zentraler Werthaltungen der Konsumenten sowie
aus sich herausgehend
erwachsen gerne in Gesellschaft ! geeichter projektiver Testbildsätze (PTS-Bilder).

Messung Persönlichkeits- Messung der Diagnosemodul-4:


und Produkteigenschaften: Brand Potential Items:
Image-Items, PTS-Pictures Markenbindung Preference Analysis
Werthaltungen, Persönlichkeits-
eigenschaften,
PREFERENCE ANALYSIS Kaufintention
Uniqueness
! Bestimmt mittels kausalanalyti-
Analyse der Key drivers und ihrer Markenvertrauen scher Techniken aus der Viel-
u. a.
Item 1 Wirkungen auf das Brand Potential zahl der möglichen funktionalen
und emotionalen Positionie-
Key driver ?
Brand Potential rungseigenschaften solche, die
1- n Item 1 - 8
Item 2
Brand A Brand A eine signifikante Verbesserung
?
des Brand Potentials bewirken.
?
? ! Identifikation der Key Drivers
Item 3
für die zukünftige erfolgver-
Key driver
1- n Brand Potential Item 1 - 8 sprechende Positionierung ei-
? Brand B
Brand B ner Marke im Wettbewerbs-
umfeld.

Diagnosemodul-5: Positioning Creator


! Führt die Ergebnisse der vorgelagerten Module in Workshops mit Branchenexperten zusammen, um ein
erfolgversprechendes Positionierungsfeld unter Berücksichtigung firmenspezifischer Aspekte abzuleiten.
! Stützt sich dadurch auf eine ganzheitliche und umfassende Analyse des untersuchten Marktes.
! Legt fest, durch welche psychologische Zusatznutzen Verbraucher langfristig an die Marke gebunden
werden sollen.
! Gibt nachvollziehbare Empfehlungen für den kommunikativen Marktauftritt.

Quelle und mit freundlicher Unterstützung: Dr. Oliver Hupp, GfK Marktforschung GmbH (www.gfk.cube.net)
3. Kapitel: Das Marktinformationssystem 151

(4) Im Geschäftsfeld Media bietet die GfK Informationsservices zur Intensität und
Art der Nutzung von Medien und Medienangeboten sowie zu deren Akzeptanz
an. Das Angebot richtet sich an Kunden aus Medienunternehmen, Agenturen und
der Markenartikelindustrie in Europa und in den USA. Es betrifft Informationen
sowohl zu klassischen Medien wie Fernsehen, Hörfunk, Print, Film und Außen-
werbung als auch zum Internet und den On- und Offline-Medien.
(5) Im Geschäftsfeld HealthCare liefert die GfK ihren Kunden aus der Pharma- und
Gesundheitsbranche weltweit Informations- und Beratungsservices für die Ge-
sundheitsmärkte in Amerika, Europa und Asien. Die Dienstleistungen beinhalten
Analysen zu Fragen der Produktentwicklung und Marktkommunikation, Image-
pflege und Preisbindung von Medikamenten, Marktpositionierung und Kunden-
zufriedenheit sowie Informationen zu Absatzvolumina von Produkten im dental-
und veterinärmedizinischen Bereich sowie in Laboratorien.
Die GfK-Omnibus-Befragungen sind Mehrthemenerhebungen. In regelmäßigen
Abständen werden repräsentative Konsumentenstichproben befragt, wobei sich Auf-
traggeber aus verschiedenen Branchen mit ihren individuellen Fragebögen an den so
genannten Omnibus anhängen können und dadurch die Fixkosten teilen. In Deutsch-
land befragen der GfK CLASSIC BUS und der GfK TELEFON BUS wöchentlich
1.000 bzw. 1.500 Personen. Diese werden nach zahlreichen soziodemographischen
Merkmalen selektiert und bilden die Gesamtbevölkerung repräsentativ ab. Untersu-
chungsziele des GfK-Omnibus-Systems sind z.B.
• Messung des Bekanntheitsgrades von Unternehmen und Marken,
• Ermittlung von Werbeerinnerung,
• Verhaltens- und Einstellungsmessungen,
• Imageermittlung,
• Strukturdatenerhebungen,
• Soziodemographische Zielgruppenanalysen und
• multivariate Itemanalysen.
Im internationalen Rahmen befragt der GfK EURO BUS meist einmal monatlich
1.000 Verbraucher in allen wichtigen Märkten der Welt. Für jede Befragung wird
eine neue Stichprobe gebildet, um Abstumpfungen der Teilnehmer zu vermeiden.

Die GfK Marktforschung hat in vielen Ländern über Jahre ein System der ganzheitli-
chen Marken- und Kommunikationsforschung etabliert. Der umfassende For-
schungsansatz liefert Entscheidungshilfen für alle Phasen der Markenführung im
Image- und Kommunikationswettbewerb. Das modulartig aufgebaute System um-
fasst die folgenden Instrumente, die im Sinne des Regelkreises der strategischen Pla-
nung aufeinander abgestimmt sind:
(1) TARGET®POSITIONING ist ein Tool zur Unterstützung der strategischen Mar-
kenführung. Der Fokus dieses Forschungsansatzes liegt auf der Erarbeitung einer
erfolgversprechenden Identität für eine Marke und der Optimierung des Marke-
ting-Mix. Die fünf Module sind in Abb.3-26 anschaulich dargestellt.308
(2) Das GfK BVTSM (Brand Vitality Tracking) dient dem Markentracking. Mit ihm
lässt sich die Stärke und Vitalität einer Marke im Zeitverlauf beobachten. Da-
rüber hinaus kann mit Hilfe von BVT die Effektivität und Effizienz der eingetzten
Maketingaktivitäten bewertet werden.
(3) AD*VANTAGE® misst die effektiven Werbewirkungen eines Werbemittels.
(4) GfK ATS® untersucht kontinuierlich die Wirkungen von Kommunikationsmaß-
nahmen einer Marke und ihrer Wettbewerber in der Zielgruppe. Auf Basis der
Erhebungsdaten zeigt die GfK ihre Kunden Optimierungspotenziale auf.

vgl. Grimm; Högl; Hupp, (Target Positioning), 1999; sowie die Broschüre TARGET®POSITIO-
308

NING der GfK; vgl. auch www.gfk.de


152 Marktorientierte Unternehmensführung

Für die Erhebungen gelten höchste Qualitätsstandards. Je nach Zielgruppe, Auf-


gabenstellung (z.B. Einsatz visueller Stimuli), Budget und Timing werden alle mo-
dernen Interviewverfahren eingesetzt; insbes. CATI (Computer assisted Telephone
Interviews), CAPI (Computer aided Personal Interviews) und Online-Interviews.

TNS Infratest / Taylor Nelson Sofres Group, London (TNS)


TNS Infratest ist das zweitgrößte deutsche Institut für kundenindividuelle Auftrags-
forschung. "Unsere ganze Forschung und Beratung dient einem einzigen Zweck:
unseren Auftraggebern Wissen bereitzustellen, das im Markt, im Wettbewerb und in
allen Bereichen der strategischen und taktischen Unternehmensführung zu Wachs-
tum und Ertrag beitragen kann."309 TNS Infratest erwirtschaftete 2005 mit 1.046
Mitarbeitern, davon 585 Projektleitern und Beratern, 190 Mio. Euro Umsatz in
Deutschland. Pro Jahr werden mit 4.000 Interviewern, 950 CATI-Stationen in 8 Te-
lefonstudios und 1.500 CAPI-Stationen mehr als 5 Mio. Interviews geführt. Seit
1980 wurden mehr als 60.000 Studien erarbeitet. Weltweit operiert die TNS Gruppe
mit 13.000 Mitarbeitern in mehr als 70 Ländern und erreichte 2005 1,8 Mrd. US-$
Umsatz. Der hohe Anspruch von TNS lautet: „Nobody does it better“.

Arbeitsfelder und Dienstleistungsangebote sind u.a.:


• Automobilforschung – TNS Infratest Mobility,
• Consumer & Retail – u.a. mit EX-A-MINE, TRI*M und Value Manager,
• Energiemarktforschung,
• Finanzforschung,
• Gesundheitsforschung - TNS Healthcare Germany,
• IT- und Telekommunikationsforschung – TNS Infratest InCom,
• Mediaforschung – TNS Infratest Media Research,
• Mystery Research – Testkäufe und TNS-Infratest-Service-Check,
• Politik- und Wahlforschung – Infratest dimap,
• Rechtsforschung,
• Social Marketing Forschung – seit 1995 u.a. durch den TNS Infratest-
Spendenmonitor,
• Sozialforschung – TNS Infratest Sozialforschung,
• Sportforschung und Sponsoring – TNS Infratest Sport,
• Verkehr-, Tourismus- und Transportforschung,
• Werbe- und Kommunikationsforschung – TNS Infratest Advertising Research
Center für Kommunikationsforschung.

Zur Kundenbindungsanalyse ist der TRI*M-Index sehr bekannt. TRI*M - Measu-


ring, Managing, Monitoring - bildet die Qualität der Kundenbindung von Unterneh-
Die AC men oder Unternehmensteilen durch einen zusammenfassenden Index ab. Eine Zeit-
Nielsen Ziel-
setzung: raumanalyse gibt einem Unternehmen Hinweise, inwieweit Geschäftspolitiken grei-
„Wir wollen fen oder verändert werden müssen. Eine Analyse der Kundenbindungstreiber im
weltweit zum TRI*M Grid identifiziert strategische Handlungsfelder und priorisiert Maßnahmen.
Erfolg unse- Referenzkunde für den TRI*M-Index ist z.B. die Deutsche Telekom.310
rer Kunden
beitragen,
indem wir ACNielsen Deutschland
sie dabei ACNielsen, ein Unternehmen der VNU-Gruppe, ist das weltweit führende Marketing-
unterstützen, Informationsunternehmen. In über 100 Ländern erfasst und analysiert ACNielsen
ihre Märkte
besser zu Marktentwicklungen, Verbrauchereinstellungen und Verbraucherverhalten.311 AC-
verstehen.“ Nielsen hilft bei der Erschließung neuer Geschäftsmöglichkeiten, der Maximierung
309
www.tns-infratest.com, www.tns-global.com
310
vgl. Scharioth; Pirner, (TRI*M), 1999, S. 323-347
311
vgl. die aktuellen Nielsen-Broschüren sowie www.acnielsen.de
3. Kapitel: Das Marktinformationssystem 153

der Effizienz von Marketing- und Verkaufskampagnen oder bei der Wettbewerbsana-
lyse. Die deutsche A.C. Nielsen GmbH beschäftigt rund 500 MitarbeiterInnen und
meldete für das Jahr 2005 76,2 Mio. Euro Umsatz. Die Hauptverwaltung sitzt in
Frankfurt am Main. In Hamburg hat auch die Schwesterfirma ACNielsen Media Re-
search ihren Sitz. Nach der Leitlinie „weltweit zum Erfolg unserer Kunden beitra-
gen“ konzentriert sich ACNielsen auf folgende Geschäftsfelder:
(1) Das Handelspanel (Retail Measurement Services) gilt als Eckpfeiler der ACNiel-
sen Marktforschung. Informationen über Produktentwicklungen, Marktanteile,
Distributionen und Preise aus über 150.000 Geschäften aus mehr als 65 Ländern
sind verfügbar. Seit 1979 bietet ACNielsen ein auf Scanning-Technologie basier-
tes Panel MarketTrack an. Weitere Einzelheiten folgen später.
(2) Das Haushaltspanel (Homescan Consumer Panel Services) analysiert das tat-
sächliche Kaufverhalten von 15.000 Haushalten in Deutschland und ermöglicht
aufgrund seiner Repräsentativität einen umfassenden Überblick über das Kauf-
verhalten. Die Daten werden von den Panelhaushalten kontinuierlich per Hand-
scanner zu Hause erfasst. Das Haushaltspanel bietet Informationen über die An-
zahl und die Strukturen der Käuferhaushalte, Kaufhäufigkeiten, Käuferprofile,
Verbrauchereinstellungen etc.
(3) Nielsen Media Research ermittelt die Fernsehgewohnheiten von 150.000 Einzel-
personen in mehr als 50.000 Haushalten in 25 Ländern. In 30 Ländern werden
Werbebudgets erhoben. Die Daten können als Entscheidungshilfen für die eigene
Wettbewerbsstrategie dienen.
(4) Das Geschäftssegment Ad-hoc-/Konsumentenforschung (ACNielsen Customi-
zed Research Services) führt für Klienten individuelle Auftragsstudien durch.
Spezielle Analyseverfahren stehen zur Verfügung, um von der Identifikation
neuer Marktchancen über die Entwicklung von Produktkonzepten und Produkt-
positionierungen bis hin zu Potenzialschätzungen und Werbemittel-Pre- und -
Post-Tests alle Bereiche des Produktmanagements zu unterstützen. Durch diese
Erhebungen können Verbrauchermeinungen, Messungen der Kundenzufrieden-
heit, der Markenbekanntheit und auch des Markenwertes in Erfahrung gebracht
werden.
(5) Die Decision Support Services unterstützen speziell die Entscheidungsfindung im
Marketing. Die Leistungen bestehen aus Softwarelösungen für das Reporting, für
graphische Aufbereitungen und aus Entscheidungshilfen für vielfältige Fragestel-
lungen. Paneldatenbanken können für maßgeschneiderte Analysen genutzt, die
Software in das firmeneigene Informationssystem integriert werden.
(6) In Europa werden jährlich viele tausend neue Produkte in den Handel gebracht.
Unabhängig davon, ob es sich bei den Neueinführungen um Produktinnovationen
oder Me-too-Produkte handelt, alle haben ihre Chancen und Risiken. Aber auch
ein Produkt, das sich erfolgreich im Markt behauptet hat, benötigt die ganze
Aufmerksamkeit eines Produktmanagers. Der optimale Promotion-Mix ist genau-
so wichtig wie die langfristige Preisstrategie. Um entscheidungsrelevante Infor-
mationen zu erhalten, bedarf es tiefergehender Analysen. Analytic Consulting
von ACNielsen bietet standardisierte wie auch maßgeschneiderte Analysen zur
Beantwortung individueller Kundenfragen in Richtung Sortimentsoptimierung,
Neuproduktentwicklung, Preisfindung, Promotion-Management, Kommunikati-
ons-Mix sowie Zielgruppenansprache.
(7) Interessant ist ferner das Angebot im Segment Regal-Management (Merchandi-
sing Services). Diese Service-Module schaffen eine Grundlage für ein integriertes
Category Management und erarbeiten Empfehlungen zur Sortimentsplanung, Re-
galoptimierung (vgl. die Software Spaceman) Raumnutzung, Warenbestandsver-
waltung, Produktplatzierung, Preisgestaltung und für Promotionmaßnahmen.
154 Marktorientierte Unternehmensführung

Innerhalb dieser Geschäftssegmente bietet ACNielsen weitere spezialisierte Services


an. Eine Auswahl wird im Abschnitt 3.3.3. im Zusammenhang mit der Panelfor-
schung vorgestellt.

INRA Deutschland / Bereich von IPSOS


INRA wurde 1996 als Nachfolger des Sample Instituts gegründet. INRA gehörte mit
52 Mio. Euro Umsatz im Jahr 2003 (Europa: 62,3 Mio. Euro) zu den führenden deut-
schen Marktforschungsinstituten. Ca. 200 Mitarbeiter werden in Mölln beschäftigt.
Ca. 1.800 Face-to-Face-Interviewer sind im Einsatz, davon 400 speziell für CAPI
und 700 für CATI. Das INRA-Netzwerk umschließt 18 Institute in Europa und USA.
Seit 2002 werden die Aktivitäten von INRA im Rahmen der IPSOS Gruppe geführt.
Als Hauptarbeitsgebiete nennt INRA Mediaforschung (Axel Springer, Burda), Auto-
mobilforschung (DaimlerChrysler, VW), Dienstleistungsforschung (Deutsche Post,
Deutsche Telekom, RWE) sowie die klassische Konsumgüterforschung (P&G, Nestlé,
Boehringer Ingelheim).

ICON ADDED VALUE - icon brand navigation


Bei der Die ICON-Gruppe ist ein Zusammenschluss von Diagnostic Research, Added Value
heutigen
Reizüberflu-
und icon brand navigation. Icon brand navigation steuert die deutschen Aktivitäten.
tung hat eine Die Kompetenz von Icon liegt in der ganzheitlichen Markenanalyse und -führung.
Marke nur Um das Thema Marke herum gruppiert Icon die Forschungsfelder (1) Market In-
noch dann sight, (2) Customer Insight, (3) Brand Insight und (4) Communication Insight.
eine Chance,
„wenn sie
Zwei Kritikpunkte an der klassischen Marktforschung veranlassten Icon zur Ent-
sich auf ihre wicklung der Konzeption des icon brand navigators:312
Identität / Bei der Analyse einer Marke sollten nicht nur abstrakte Image-Statements oder –
ihren Mar- Faktoren geprüft werden. Viel entscheidender für die Markenführung seien die
kenkern
besinnt und konkreten Imagery-Signale einer Marke (s. Abschnitt 7.3.).
von dort aus Traditionelle Befragungen würden die Aspekte der kurzfristigen Werbeeffi-
ihren Auftritt zienzmessung, der langfristigen Imageveränderung und der Erhebung kom-
gestaltet.“ plexer Verhaltensmuster der Konsumenten zu stark vermischen.
(icon 1999)
Der achtstufige icon brand navigator wird in Abschnitt 7.14.7.b. weiter beschrieben.

Ohne Anspruch auf Vollständigkeit und ohne Wertung sind folgende renommierte
Institute zu nennen:
• Das Institut Allensbach wurde 1947 als erste deutsche Einrichtung für die reprä-
sentative Markt- und Meinungsforschung gegründet.313 Mitbegründerin war
Prof. Dr. Elisabeth Noelle-Neumann. Von historischer Bedeutung sind z.B. die
ersten Betriebsuntersuchungen (Schiesser 1948 und Dunlop 1953) und die ersten
Radiohörer-Umfragen, z.B. beim Nordwestdeutschen Rundfunk 1948/49. Mit
ca. 100 festangestellten Mitarbeitern und 2000 freien Interviewern werden jähr-
lich durch ca. 100 Studien mit 80-90.000 Interviews ca. 8,5 Mio. Euro Umsatz
(2005) erwirtschaftet. Das besondere Know-how liegt in der Durchführung von
mündlichen Blitzinterviews innerhalb von 3 bis 5 Tagen. Weitere Kompetenzbe-
reiche sind die Wahldemoskopie und empirische Sozialforschung wie auch die
jährliche Messung des Kaufverhaltens und des Konsumklimas. Bemerkenswert
ist dabei der hohe Anteil von 80% Face-to-Face-Interviews. Bekannt sind vor al-
lem die Allensbacher Markt- und Werbeträger-Analyse (AWA: Jährlich (seit 44
Jahren!) werden über 20.000 Verbraucher zu ihren Konsumgewohnheiten und
Kaufplänen sowie zur Zeitungs-, Zeitschriften-, Radio- und Fernsehnutzung be-
fragt) und die Allensbacher Computer- und Telekommunikationsanalyse (ATCA:

312
vgl. auch im folgenden ICON (Hrsg): (Forschungsinstrumente), 1999, ohne Seitenzahlen
313
vgl. www.ifd-allensbach.de, www.awa-online.de
3. Kapitel: Das Marktinformationssystem 155

Seit 1997 werden jährlich 10.000 Personen zur Nutzung der Neuen Medien be-
fragt).
• IPSOS Deutschland entstand 1999 durch Zusammenschluss der Institute GFM,
GETAS und WBA und ab 2002 auch INRA. Weltweit operiert die IPSOS Gruppe
mit 4.500 Vollzeitbeschäftigten in fast 40 Ländern und erwirtschaftete 2005
718 Mio. Euro Umsatz. IPSOS konzentriert sich auf die Gebiete Marketing Re-
search, Advertising Research und Media Research. (www.ipsos.com)
• Die Research International (RI) bezeichnet sich als größte Ad-hoc-Marktfor-
schungskette der Welt.314 RI gehört zur größten Telekommunikationsservice-
Gruppe der Welt, der WPP. Diese ist wiederum Bestandteil der Kantar Gruppe.
RI operiert in starken Netzwerken mit über 3500 Mitarbeitern in über 50 Län-
dern. RI deckt alle Gebiete der Markt- und Meinungsforschung ab. Der Deutsch-
land-Umsatz dürfte in einer Größenordnung von 40 Mio. Euro liegen.
• Das EMNID-Institut ist mittlerweile in die französische Sofres-Gruppe inte-
griert. EMNID war einer der Vorreiter der CATI- und der CAPI-Befragungs-
technik. EMNID setzt Schwerpunkte u.a. in der Automobilmarktforschung und
in der Kundenzufriedenheitsforschung (www.tns-emnid.com, www.tns-
global.com). Einen hohen Bekanntheitsgrad hat EMNID durch die Methode der
Soziometrie erlangt. Marktforschung beruht hier auf einem soziologischen An-
satz.

Haupttrends in der Marktforschung sind die zunehmende Internationalisierung, Fusi-


onen und Konzentrationsprozesse, immer mehr Marktforschung im Internet und als
Kundenforderung der Zwang zu immer schnellerer Datenbereitstellung und standar-
disierter Bereitstellung der Ergebnisse in internationalen Datenbanken.

3.3.3. Panels und Trackings


als institutionalisierte Zeitraumerhebungen
a.) Panelformen
Auf Panels Panels kombinieren die Methoden der persönlichen und schriftlichen Befragung so-
entfallen
40% aller
wie die der Beobachtung (wie beim TV-Panel mit Hilfe von Registriergeräten). Sie
Marktfor- bilden die Grundlage für Zeitraumanalysen. Panels sind die Paradepferde der grö-
schungsbud- ßeren Marktforschungsinstitute. Es gehört viel Erfahrung dazu, über längere Zeit-
gets. räume hinweg Befragungsprogramme aufzubauen und weiter zu entwickeln.
Abb.3-27
PANELS EINE TYPOLOGIE DER
(TRACKINGS) PANELS UND TRACKINGS

Konsumenten- Unternehmens-
Panels Panels

Haushalts-
Individual-Panels Industrie-Panels
Panels Produktgruppen-
Panels
Verbrauchsgüter- Zielgruppen- Groß-/ Einzel-
Panels Panels handels-Panels
Betriebsformen-
Banken- und Panels
Gebrauchsgüter- Zielprodukt- Versichungen-
Panels Panels Panels

314
www.research-int.com
156 Marktorientierte Unternehmensführung

Single Panels sind Erhebungen, bei denen ein gleichbleibender, repräsentativer Kreis
Source
Panels von Einzelpersonen, Haushalten oder Unternehmen über einen längeren
erheben Zeitraum hinweg nach der gleichen Methode zu den gleichen Sachverhalten
gleichzeitig befragt wird.
Information Beim Tracking können die Befragten variieren. Die Stichproben müssen
en über das jedoch strukturgleich sein.
Kaufverhal-
ten wie
auch über Die erhobenen Sachverhalte reichen von einfachen Erfassungen von Kaufentschei-
das dungen über die Erhebung von Meinungen der Konsumenten zu neuen Produkten
Mediennut- oder Produkteigenschaften bis hin zu komplexen Beurteilungen von Werbemaßnah-
zungsverhal men oder Imagekampagnen für Auftraggeber aller Art. Abb.3-27 liefert eine Typolo-
ten. gie der Panelformen.315

b.) Haushaltspanels
Über die im Bereich ConsumerScan laufenden Verbraucherpanels der GfK werden
in Deutschland Daten zu den Konsumgewohnheiten von 20.000 Haushalten und
25.000 Einzelpersonen erhoben. Die Hauhalte/Einzelpersonen erfassen täglich ihre
Einkäufe per Electronic Diary, einem EAN-Handscanner, der es zudem erlaubt, In-
formationen über Produkte ohne EAN-Code anhand eines Codebuches einzugeben.
Mit dem neuen ScanIT können die eingescannten Daten am PC bearbeitet und über
das Internet verschickt werden. Während im Bereich ConsumerScan Verbrauchsgü-
ter erfasst werden, liefert der Bereich ConsumerScope Informationen zum Einkaufs-
verhalten bei langlebigen Gebrauchsgütern und zur Nutzung von Dienstleistungen
wie z.B. Tourismus, Verkehr, Post etc. Diese Daten werden per Online- und Briefpa-
nels gewonnen. Sie liegen teilweise auch im internationalen Vergleich vor.

Verbraucherpanels liefern letztlich Erkenntnisse über soziodemographische Käu-


ferstrukturen. So ermöglichen sie Segmentierungen mit Beschreibungen von Käufern
nach Einstellungen. Die Stichproben sind umfangreich und repräsentativ und führen
zu statistisch abgesicherten Ergebnissen zu zentralen Fragestellungen:
• Erst- und Wiederkaufsraten von Produkten bei Konsumentenzielgruppen,
• Warengruppentrends (Zukunft von Produkten und Produktgruppen),
• Markentreue (Markenloyalität) und Markenwechsel,
• Käuferwanderungen (in andere Kundensegmente),
• Erfolgschancen von Produkteinführungen,
• Erfolge von Marketingaktionen, VKF-Maßnahmen und von Werbekampagnen
• Marktmodellrechnungen, Prognosen, Simulationen u.v.a.m.

Haushaltspanels werden auch branchenbezogen eingerichtet. Das GfK-Textilpanel


ist z.B. mit 16.000 Teilnehmern das größte deutsche Verbraucherpanel zur Betrach-
tung von textilen Warengruppen. Die Marktforschungsinstitute setzen hierfür spezia-
lisierte Analysepakete ein. ACNielsen bietet beispielsweise im Rahmen des vorne
bereits erwähnten Homescan-Panels folgende Analysen an:
• Eine Warenkorb-Analyse, die der Frage nach Besonderheiten der Käufer (Käu-
ferschichten) nachgeht, die eine bestimmte Marke X im Warenkorb haben (Wie
wertvoll ist der Käufer einer bestimmten Marke?).
• Eine Analyse der Erst- und Wiederkäufe und der Determinanten, die über den
Folgekauf einer Marke bei einem bestimmten Konsumententyp entscheiden.
• Eine Markenwechsel-Analyse, die z.B. folgenden Fragen nachgeht:
(1) Substituiert Marke x die Wettbewerbsprodukte oder setzt sie sich on top?
(2) Welche Marken erwirtschaften welche Gewinne bzw. Verluste?
315
vgl. in Anlehnung an Weis, (Marketing), 2004, S. 189-190
3. Kapitel: Das Marktinformationssystem 157

(3) Können neue Käufer für die Warengruppe gewonnen werden?


• Eine Heavy Buyer-Analyse, die das besondere Kaufverhalten jener Verbrau-
cher untersucht, mit denen sich potenziell der meiste Umsatz erzielen läßt.

c.) Handelspanels
Bei den Handelspanels verdient das 1954 eingeführte ACNielsen Einzelhandels-
panel eine besondere Erwähnung. 1999 wurde dieses Panel durch das scanningba-
sierte Handelspanel MarketTrack abgelöst. MarketTrack bietet vielfältige Möglich-
keiten, Marketingaktivitäten zu analysieren. Die Informationen in der MarketTrack-
Datenbank erlauben die Bewertung der wichtigsten Entwicklungen von Einzelarti-
keln, Marken, Warengruppen und Marktsegmenten. Es lassen sich die Gründe für die
Umsatzentwicklung und der Marktanteil eines Produktes detailliert aufzeigen. Im
Einzelnen umfasst ACNielsen MarketTrack:
• Beurteilung einer Produkt-Performance,
• Bewertung der Effektivität von Marketing- und Vertriebsstrategien,
• Überprüfung der Effizienz taktischer Maßnahmen am POS durch wochengenaue
Datenabgrenzung,
• Analyse des Einflusses von Neuprodukteinführungen und Line Extensions,
• Messung der Effekte kurzfristiger Preisaktivitäten,
• Erarbeitung von Argumenten zur Unterstützung des Produktlisting und als Basis
für partnerschaftliches Warengruppenmanagement mit dem Handel.

Abb.3-28 zeigt
das System der
Abb.3-28
ACNielsen Ge-
biete. Es enthält 7
Kerngebiete, 12
regionale Splits
und 13 industriel-
le Ballungsräu-
me. Die von AC-
Nielsen definier-
ten Regional-
strukturen sind
Grundlage für
Die Kauf- Marktforschungs-
kraft betrug studien zahl-
in Deutsch- reicher Institute
land pro
Einwohner sowie für die
im Jahr 2007 Media-Analysen
18.055 Euro; von Zeitungen und Zeitschriften.
Gesamtkon-
sum: 1.488
Mrd. Euro Neben ACNielsen bieten auch andere Institute repräsentative Haushalts- und Han-
(Quelle: delspanels an. Sie konzentrieren sich z.T. auf bestimmte Produktgruppen (z.B. GfK
GfK). Gartenmarkt-Panel) oder Käufertypen (z.B. G&I Babypanel).316

d.) Fernsehzuschauerpanels
Fernsehzuschauerpanels analysieren das Verhalten und die Gewohnheiten der
Fernsehzuschauer. Dadurch liefern sie Empfehlungen für die Medienbelegung der
werbenden Wirtschaft. Hierzu enthält Abschnitt 7.7.6.b. ein Beispiel der GfK.

316
vgl. die Hinweise bei Weis, (Marketing), 2004, S. 189-190
158 Marktorientierte Unternehmensführung

e.) Industriepanels
Abb.3-29 Eine große Signal-
wirkung hat das ifo-
Konjunkturbaro-
meter.317 Über
7.000 Unternehmen
geben monatlich
ihre Konjunkturein-
schätzungen und
ihre kurzfristigen
Kapazitätsplanun-
gen bekannt. Aus
diesen Meldungen
wird als „Stim-
mungs-Variable“
der ifo-Geschäfts-
klimaindex berech-
net. Die Gruppe der antwortenden Unternehmen bleibt nicht unverändert. Es liegt
also kein streng organisiertes Panel vor, sondern eher ein Tracking.

Als weitere Industrieinitiativen im kleinen Maßstab sind z.B. die Benchmarking-


Panels der Fachgruppen Steckverbinder und Schalter/Geräteschutzsicherungen im
ZVEI erwähnenswert. Ca. 40 Elektro- und Elektronikhersteller haben sich zusam-
mengetan, um jährlich ihre Leistungskennzahlen mit den Durchschnittswerten der
Branche und mit den jeweils besten und schwächsten Werten zu vergleichen. Die
fachliche Leitung liegt beim Studienschwerpunkt Marketing und Vertrieb der FH
Landshut. Bestimmt gibt es in der deutschen Industrie weitere Initiativen dieser Art.

f.) Panelrepräsentanz und Panelsterblichkeit


Vor allem folgende Störeinflüsse können die Repräsentanz eines Panels gefährden:
(1) Unter Panelsterblichkeit wird das Ausscheiden (Fluktuation) von Panel-
Mitgliedern im Zeitablauf verstanden. Die Struktur der Befragten bleibt dadurch
nicht konstant.
(2) Lerneffekte (Fachbegriff: Paneleffekt) verfälschen die Ergebnisse, wenn die
Panel-Teilnehmer sich durch die Einkaufsberichte „kontrolliert“ fühlen und des-
halb ihr Kaufverhalten schleichend ändern. Im Vergleich zu Nicht-Panel-
haushalten ist das Kaufverhalten dann nicht mehr repräsentativ.
(3) Im Sinne eines Schummeleffektes (auch: Overreporting) neigen Panel-
Teilnehmer dazu, bei bestimmten, meist prestigeträchtigen Warenarten erhöhte
Einkaufsmengen anzugeben. Durch die fortschreitende elektronische Erfassung
verliert dieser Effekt an Bedeutung.
(4) Ein Ermüdungseffekt führt zu Nachlässigkeiten und Meldefehlern im Zeitab-
lauf. Deshalb werden regelmäßig Anteile der Meldehaushalte ausgewechselt.

Die Tracking-Verfahren können diese Probleme teilweise abmildern. Nach Erhe-


bung der Marktdaten müssen diese nun ausgewertet werden. In der Praxis geschieht
das nicht händisch, sondern durch bewährte Statistik-Software.

317
vgl. www.ifo.de. Mit mehr als 210 Mitarbeitern gehört das Münchner ifo-Institut zu den führenden
europäischen Wirtschaftsforschungsinstituten.
3. Kapitel: Das Marktinformationssystem 159

3.4. Methoden zur Marktdatenauswertung


3.4.1. Beschreibung von Datenbeständen
Die weiteren Schritte des Marktforschungsprozesses bestehen aus dem Festlegen von
Auswertungsplan und Auswertungsmethode, dem Aufbereiten und Ordnen der erho-
benen Daten und den Entscheidungen über die Art von Dokumentation und Präsenta-
tion. Für die Auswertung der gewonnenen Marktdaten bietet die Statistik folgende
Verfahren an:318
(1) Deskriptive Verfahren beschreiben Zustände, Ereignisse oder Vorgänge voll-
ständig und aussagekräftig. Beziehungen und Abhängigkeiten zwischen den Da-
ten (Variablen) werden nicht untersucht. Hypothesen werden nicht bearbeitet.
(2) Aufgabe der analytischen Verfahren ist es, Richtung und Stärke von Zusam-
menhängen zwischen einer (univariate Analysen: z.B. Umsatzentwicklung im
Zeitablauf), zwei (bivariate Analysen: z.B. Einfluss des Preises auf den Absatz
eines Produktes) oder mehreren Variablen (multivariate Analysen: z.B. Ein-
fluss von Preis, Werbebudget und Verkaufseinsatz auf den Absatz eines Produk-
tes) zu untersuchen.
(3) Testverfahren (Verfahren der Inferenzstatistik) überprüfen Hypothesen auf Sig-
nifikanz, wobei Parametertests, Anpassungstests und Unabhängigkeitstests zu un-
terscheiden sind.

Im ersten Schritt sind die erhobenen Daten mit ihren Merkmalsausprägungen (die
Variablen mit den Variablenausprägungen) in eine Häufigkeitstabelle zu überführen.
Üblicherweise erhalten die Variablen Codenummern. Die einzelnen Untersuchungs-
werte (Beobachtungen) werden in die „Muttertabelle“ eingetragen und dort nach
den Häufigkeiten ihres Auftretens oder ihrer Werte (absolute Häufigkeitsverteilung),
nach prozentualen Anteilen (relative Häufigkeitsverteilung) oder kumuliert (Aufad-
dieren der Prozentwerte bis 100%) ausgewertet.319

Graphische Darstellungen der Merkmals- bzw. Werteverteilungen erfolgen übli-


cherweise als Punktdiagramme, Histogramme, Treppenpolygone, Säulendarstellun-
gen, Balkendiagramme, Kreisdiagramme oder Trapezdiagramme. Schon die gängi-
gen Homeoffice-Programme lassen bei den Darstellungsmöglichkeiten kaum Wün-
sche offen. Abb.3-30 zeigt Auswertungsbeispiele anhand einer Umsatzanalyse für
den deutschen Lebensmitteleinzelhandel.320

Die Ergebnisdarstellungen erfolgen i.d.R. als Kuchen-, Säulen- und Punktdiagram-


me. Kuchendiagamme werden bei mehreren Untersuchungsobjekten schnell unüber-
sichtlich. Netzdiagramme (auch Trapezdiagramme genannt) eignen sich nur für ver-
gleichende Darstellungen von Untersuchungsobjekten (Analyse von Flächenüberde-
ckungen und Lücken). Sie stellen eigentlich Profile (vgl. Abb.2-19) in Kreisform dar.
Das Auge lässt sich leicht täuschen. Falsche Eindrücke oder sogar Manipulationen
entstehen beispielsweise durch räumliche Verzerrungen (insbes. bei Kuchendia-
grammen) und durch Abschneiden von Skalenabschnitten (bei Säulen- und Punkt-
diagrammen) in den Auswertungen.

318
vgl. zu den Abgrenzungen: Kuß, (Marktforschung), 2004, S. 32 ff.
319
die statistischen Darstellungen sind in diesem Buch bewusst knapp gehalten.Vgl. Gumbsheimer,
(Betriebsstatistik), 1996; Homburg; Krohmer, (Marketingmanagement), 2006, S. 328 ff.; Kuß,
(Marktforschung), 2004, S. 155 ff
320
Datenquelle M+M Eurodata 2001, zit. in MM 1/2002, S. 65
160 Marktorientierte Unternehmensführung

Abb.3-30

a MARKTANTEILSANALYSE FÜR DEN DEUTSCHEN LEBENSMITTELEINZELHANDEL 2005


(Beispiel für deskriptive Datenauswertungen mit MS-Excel)

Nr Umsatz Mittelwert- Variations- Marktanteil


(Werte nach M+M (in Mrd. abweichung koeffizient
EUROdATA) Euro) (in%)
1 Edeka-Gruppe 35,7 34,72 0,35 16%
Das bedeutet:
2 Metro-Gruppe 32,1 21,13 0,21 15%
Die 6 größten
3 Rewe-Gruppe 30,9 16,60 0,17 14% Einzelhan-
4 Schwarz-Gruppe 22,7 -14,34 -0,14 10% delskonzerne
5 Aldi-Gruppe 21,7 -18,11 -0,18 10% halten 73 %
6 KarstadtQuelle 15,9 -40,00 -0,40 7% des gesamten
LEH-Marktes.
Summe: 159 73%
Mittelwert: 26,50 Rest: 27%
Varianz S2 : 47,53 Summe: 100%
Standardabweichung S: 6,89 Gesamt 218

Darstellung als Kuchendiagramm Darstellung als Säulendiagramm

6 40
1 35,7
7% 32,1
5 16% 35 30,9
10% 30
22,7 21,7
25
20 15,9
4 15
2
10%
15% 10
3
5
14%
0
1 2 3 4 5 6

Darstellung als Netzdiagramm Darstellung als Punkt(XY)-Diagramm


1
40
40
30 35
6 20 2 30 35,7
32,1
10 25 30,9

0 20
22,7 21,7
15
10 15,9
5 3
5
0
4
0 1 2 3 4 5 6 7
3. Kapitel: Das Marktinformationssystem 161

Für die Häufigkeitsverteilungen werden Lageparameter und Streuungsmaße be-


rechnet.321 Die Rechengänge werden als bekannt vorausgesetzt und hier nicht ma-
thematisch dargestellt:
• Der Modalwert ist der häufigste Wert einer Verteilung. Er steht für die Lage
des Maximums der Verteilung. Bei multimodaler Verteilung können mehrere
häufigste Werte auftreten. Der Modus ist schnell und einfach feststellbar.
• Werden 9 Preisauszeichnungen einer Flasche Chivas Regal der Höhe nach ge-
ordnet, dann kennzeichnet der Median, auch Zentralwert genannt, den Preis der
fünften Flasche. Er halbiert die Reihe der Merkmalswerte. Bei gerader Anzahl,
z.B. bei 20 Flaschen, wird der Durchschnitt (Mittelwert) zwischen der 10. und
11. Flasche gebildet. Sowohl der Modus, wie auch der Median werden von
Ausreisserwerten einer Verteilung nicht beeinflusst.
• Beim arithmetischen Mittel (Mittelwert, Durchschnitt) wird die Summe der
Merkmalsausprägungen, im obigen Fall die Summe der Flaschenpreise, durch
die Anzahl geteilt (ungewogenes Verfahren). Beim gewogenen Verfahren wer-
den die Merkmalsausprägungen noch mit Gewichtungsfaktoren multipliziert,
dann aufaddiert und schließlich durch die Summe der Gewichtungspunkte divi-
diert. Voraussetzung ist mindestens eine Intervallskalierung. Der Einfluss von
Ausreisserwerten auf den Mittelwert ist im Einzelfall zu prüfen. Haben wir eine
Zahlenreihe von 9 mal den Wert 10 und 1 mal den Wert 1000, dann sagt das ein-
fache arithmetische Mittel von 109 nicht viel aus.
• Der Vollständigkeit halber sind noch das geometrische und das harmonische
Mittel zu erwähnen.

Die wichtigsten Streuungsmaße sind:


• Die Spannweite (Range) ist die Differenz zwischen der größten und der kleins-
ten Merkmalsausprägung.
• Die mittlere absolute Abweichung ist der Durchschnitt aller absoluten Abwei-
chungen der Merkmalswerte vom Mittelwert. Er stellt ein einfaches Streuungs-
maß dar, bei dem Ausreißerwerte sich nicht rechnerisch auswirken.
• Von großer Wichtigkeit für die statistischen Testverfahren ist die Varianz. Er-
rechnet wird sie als Durchschnitt der quadrierten Abweichungen der Merkmals-
werte vom Mittelwert. Durch das Quadrieren werden negative Abweichungen
positiv, und Ausreisserwerte werden stärker gewichtet.
• Die Quadratwurzel aus der Varianz ergibt die Standardabweichung. Sie stellt
die durchschnittliche Merkmalsabweichung um den Mittelwert dar. Die Quad-
ratwurzel führt die Varianz wieder in die Maßeinheit der Merkmalswerte zu-
rück. Höhere Abweichungswerte sind durch die vorhergehende Quadrierung bei
der Varianzberechnung berücksichtigt. Die Standardabweichung gilt als das re-
präsentative Maß für die Streuung einer Verteilung.
• Um die durchschnittlichen Streuungen von verschiedenen Verteilungen “auf
einen Nenner“ zu bringen, wird die Standardabweichung in Prozent des Mittel-
wertes ausgedrückt. Dividiert man also die Standardabweichung durch den Mit-
telwert, so ergibt sich der Variationskoeffizient als ein Maß für die durch-
schnittliche prozentuale Abweichung in der Verteilung. Bei Einstellungsskalen
signalisiert der Variationskoeffizient auf anschauliche Weise, bei welchen Items
die Befragten mit ihren Urteilen gut übereinstimmen und bei welchen eher kon-
troverse Auffassungen bestehen.

Diese deskriptiven Grundauswertungen werden durch die Formparameter Schiefe


und Wölbung einer Verteilung ergänzt. Die Schiefe errechnet sich nach Pearson aus

321
vgl. auch Gumbsheimer, (Betriebsstatistik), 1996, S. 6 ff.
162 Marktorientierte Unternehmensführung

der Differenz zwischen dem Mittelwert und dem Modus, dividiert durch die Stan-
dardabweichung. Pepels gibt einen guten Überblick über die Schiefe unterschiedli-
cher Verteilungsformen. Dort wird auch das Berechnungsverfahren für die Schiefe
einer Verteilung aufgezeigt.322

Hinsichtlich bivariaten Analysen, d.h. deskriptiven Auswertungen von 2 Variablen,


wird auf die Konzentrationskurve und den Gini-Koeffizienten verwiesen.323 Nach
der Beschreibung einer Merkmalsverteilung werden jetzt weiterführend Beziehungen
und Abhängigkeiten zwischen den Merkmalsgrößen untersucht.

3.4.2. Analyse von Zusammenhängen


a.) Die Art und Stärke von Merkmalszusammenhängen
Abb.3-31 führt die gängigen Verfahren der Zusammenhangsanalyse auf. Die
Regressions- und die Korrelationsanalyse untersuchen grundlegende Variablenbe-
ziehungen und kommen besonders häufig zum Einsatz.
Abb.3-31
ANALYTISCHE VERFAHREN ZUR DATENAUSWERTUNG

Regressionsanalyse untersucht die Art und die Richtung (Tendenz) des


Zusammenhangs einer abhängigen und einer oder
mehrerer unabhängiger Variablen
Korrelationsanalyse misst die Stärke von Variablenzusammenhängen
Varianzanalyse ermöglicht Zusammenhangsanalysen auch bei
nominal skalierten unabhängigen Variablen
Diskriminanzanalyse erklärt die gruppenweise Trennung von Untersuchungs-
objekten durch unabhängige, charakterisierende Variable
Clusteranalyse teilt Untersuchungsobjekte entsprechend ihrer Ähn-
lichkeit auf möglichst homogene Gruppen auf
Faktorenanalyse positioniert Untersuchungsobjekte nach Ähnlichkeits-
distanzen in einem Eigenschaftsraum
Conjoint-Analyse analysiert die Einflussanteile von Eigenschaften
(Teilnutzen) auf Gesamturteile (Gesamtnutzen)

Die Regression prüft die Beziehung zwischen einer definierten abhängigen und einer
oder mehreren unabhängigen Variablen. Der zweite Fall wird als multiple Regressi-
on bezeichnet. Die mathematische Fragestellung lautet: Wie kann ich in das Punkte-
diagramm der Merkmalsverteilung (mit x als unabhängige, eventuell auf y wirkende
Variable, und y als abhängige, eventuell von x beeinflusste Variable) eine Funktion
in der Weise legen, dass die Summe der Abweichungsquadrate der Funktionswerte
zu den Merkmalswerten minimal ist? Diese Funktion wird Regressionsfunktion ge-
nannt. Sie steht stellvertretend für alle Merkmalswerte. Mathematisch wird das
Problem durch die „Methode der kleinsten Quadrate“ gelöst.324 Drei Voraussetzun-
gen müssen erfüllt sein:
(1) Die Merkmalswerte müssen metrisch skaliert sein (mindestens Intervallniveau).
(2) Welche die unabhängige und welche die abhängige Variable ist, muss klar sein.
(3) Der Funktionstyp für die Regressionsfunktion muss vorab bestimmt werden.

Beim Funktionstyp gibt es lineare wie auch nicht-lineare Verläufe. Froh ist man bei
empirischen Untersuchungen immer dann, wenn die Merkmalswerte im x-/y-
Diagramm einen linearen Zusammenhang vermuten lassen. Die beiden bestimmen-
den Parameter einer Regressionsgeraden sind dann recht einfach zu berechnen, wie

322
vgl. Pepels, (Käuferverhalten), 1995, S. 309-311
323
vgl. Pepels, (Käuferverhalten), 1995, S. 312-313
324
vgl. die mathematischen Darstellungen bei Meffert, (Marketingforschung), 1992, S. 247-254
3. Kapitel: Das Marktinformationssystem 163

im Beispiel der Abb.3-32 dargestellt. a gibt den Wert der abhängigen Variablen bei x
= 0 an. b ist als Steigung der Funktion ein Maß für die Richtung des Zusammen-
hangs. Bei positivem b wächst y mit x. Es besteht ein positiver Merkmalszusammen-
hang (z.B. zwischen Alter und Einkommen). Ebenso gibt es negative Regressionen
sowie Regressionen mit dem Wert b = 0, bei denen kein Zusammenhang zwischen
den Merkmalen besteht ist. Die Grafik zeigt Punktwolken oder waagrechte Linien.

Neben der Richtung eines Zusammenhangs interessiert besonders die Stärke einer
Variablenabhängigkeit. Hierzu wird im Fall metrischer Daten325 der Korrelations-
koeffizient r nach Bravais-Pearson berechnet nach den Formeln in Abb.3-33.

Eine Korrelation ist mathematisch durch folgende Werte begrenzt:326


r = -1: Vollständig negativer Zusammenhang. Geometrisch liegen
alle Merkmalswerte bei linearer Regression entlang einer abwärts
gerichteten Geraden (vgl. hierzu auch die Abb.3-33).
r = 0: Punktwolke: Die Variablen sind voneinander unabhängig.
r = +1: Vollständig positiver Zusammenhang zwischen den Merk-
malen. Geometrisch liegen bei linearem Zusammenhang alle Punk-
te auf einer aufwärts gerichteten Geraden.

Weiterhin gilt:327
-0.4 < r < 0.0; 0.0 < r < 0.4 niedriger Zusammenhang
-0.7 < r < -0.4; 0.4 < r < 0.7 mittlerer Zusammenhang
-1.0 < r < -0.7; 0.7 < r <= 1.0 hoher Zusammenhang
Abb.3-32
REGRESSION UND KORRELATION

r=0 r=0
Reklamationskosten
Umsatz Produkt B

Werbeaufwendungen Werbeaufwendungen
für Produkt A für Produkte

r = +1 r = -1
Umsatz Produkt C

Preis Produkt D

Werbeaufwendungen Verkaufsmenge
für Produkt C Produkt D

325
Im Fall von Rangdaten kommt üblicherweise der Rangkorrelationskoeffizient nach Kendall zur
Anwendung, bei Nominaldaten der Korrelationskoeffizient nach Spearman. S. die einschlägige Statis-
tikliteratur: vgl. z.B. Puhani, (Statistik), 2001
326
vgl. Koch, (Marktforschung), 2004, S. 227
164 Marktorientierte Unternehmensführung

Abb.3-32 gibt einen Überblick über unterschiedliche Merkmalsverteilungen und ent-


sprechende Korrelationskoeffizienten. Durch Quadrierung des Korrelationskoeffi-
zienten ergibt sich das Bestimmtheitsmaß r2. Es besagt, wieviel Prozent der Vari-
anz der Merkmalswerte durch die unabhängige Variable (durch die Regression) er-
klärt werden. Bei einer Korrelation von r = 1 wird die gesamte Varianz durch die
unabhängige Variable erklärt.

Die Anwendungsmöglichkeiten der Regressions- und Korrelationsanalyse in der


Praxis sind vielfältig. Im Praxisbeispiel der Abb.3-33 kann durch die geringe Korre-
lation bzw. das geringe Bestimmtheitsmaß (Einkaufsverhalten der Händler weicht
stark voneinander ab) geschlossen werden, dass einige Tiefbauhändler gegen die
Exklusivverträge verstoßen und sich im lukrativen Formstückgeschäft aus billigen
Fremdlieferantenquellen bedienen.328 Es ist immer wieder verblüffend, in welchem
Maße derart abgesicherte Fakten Verhandlungspositionen in der Praxis stärken.
Die Regressionsanalyse eignet sich auch gut für Prognosen. Die x-Achse wird dann
zur Zeitachse. Durch Einsetzen eines beliebigen Zeitpunktes x (z.B. ein zukünftiges
Jahr) in die Funktion lässt sich ein zu erwartender y-Wert (z.B. Umsatz) vorhersagen.
Dieser Sachverhalt wird bei der Trendprognose wieder aufgegriffen.

b.) Varianzanalyse
Die Varianzanalyse misst die Abhängigkeit einer metrischen Variablen (z.B. Grad
einer Markentreue von Konsumenten) von einer oder mehreren nominalen Variablen
(z.B. männliche und weibliche Käufer). In Abhängigkeit von den Modellannahmen
gibt es verschiedene Berechnungsverfahren. Bedeutende betriebswirtschaftliche Un-
tersuchungen basieren auf varianzanalytischen Signifikanztests (z.B. die Analyse der
Determinanten der Kundenzufriedenheit von Homburg (s. Abschnitt 6.4.9.c).

c.) Diskriminanzanalyse
Eine Diskriminanzanalyse bestimmt Merkmalsausprägungen, durch die Gruppen
scharf voneinander getrennt werden. Sie beantwortet Fragen der folgenden Art:
• Bestehen zwischen den Käufern (Untersuchungsgruppen) von verschiedenen
Markenprodukten signifikante Unterschiede hinsichtlich einzelner Eigenschaf-
ten oder Merkmale?
• Welche Eigenschaften aus einer Gesamtheit von unabhängigen Merkmalen tren-
nen Käufer und Nichtkäufer von unterschiedlichen Marken?
• Welches Gewicht (Bedeutung) kommt einem Merkmal bei der Trennung der
Gruppen zu?
• Welcher der Käufergruppen kann ein zusätzlicher Konsument aufgrund seiner
individuellen Merkmalsstruktur zugeordnet werden?

Bekannte Gruppen von Untersuchungsobjekten lassen sich also durch eine Kombina-
tion unabhängiger Eigenschaften (Variablen) optimal trennen (d.h. mit einer mathe-
matisch maximierten Trennschärfe). Eine bisher unbekannte (neue) Untersuchungs-
einheit kann aufgrund ihrer Merkmale einer Gruppe zugeordnet werden.329
Während die Diskriminanzanalyse auf Trennung von Untersuchungsobjekten ausge-
richtet ist, geht es bei der Clusteranalyse darum, Untersuchungsobjekte in bester
Weise zu möglichst homogenen Gruppen zusammenzufassen.
327
vgl. Heller; Rosemann, (empirische Untersuchungen), 1974, S. 122
328
Allerdings könnte eine hohe Korrelation auch bedeuten, dass alle Händler gleichermaßen untreu
sind. Die Regression würde dann eine „Untreuerelation“ zwischen den Rohr- und Formstückmengen
widerspiegeln.
329
vgl. hierzu Pepels, (Käuferverhalten), 1995, S. 328-330
3. Kapitel: Das Marktinformationssystem 165
Abb.3-33

HÄNDLERTREUE-ANALYSE MIT HILFE VON REGRESSION UND KORRELATION

PROBLEMSTELLUNG:
Ein Hersteller von Abwasserrohren hat Exklusivverträge mit den Tiefbauhändlern A – K abgeschlos-
sen. Plötzlich entsteht der Verdacht, dass einige Händler „fremdgehen“ und vertragsbrüchig bei billi-
gere Fremdlieferanten einkaufen. Man kann davon ausgehen, dass das Mengenverhältnis der Ton-
nagen der Rohre x zu denen der Formstücke ( = Verbindungsstücke, Kupplungen) y für alle Händler
in etwa konstant sein sollte. Eine Regressions- und Korrelationsanalyse soll die „Händlertreue“ ana-
lysieren; nachvollziehbar als Richtung und Stärke des Zusammenhangs von Rohr- und Formstück-
mengen.

Händl. xi yi xi² xi*yi 140


A 652 47 425.104 30.644 y = 0,0528x - 0,5045
120 2 B
R = 0,3546

Absatz Formstücke (in to)


B 1.252 120 1.567.504 150.240
C 1.323 20 1.750.329 26.460 100
D 949 11 900.601 10.439 H
80 E
E 1.517 81 2.301.289 122.877
F 432 10 186.624 4.320 60 J
G 152 5 23.104 760 A
40 K
H 1.180 87 1.392.400 102.660
I 769 10 591.361 7.690 20 C
J 681 58 463.761 39.498 F I D
G
K 410 37 168.100 15.170 0
0 500 1.000 1.500 2.000
Σ 9.317 486 9.770.177 510.758
Absatz Rohre (in to)

y = a + bx y = −0,5045 + 0,0528 x
∑ xi ∑ y i − ∑ xi ∑ xi y i 9.770.177 ⋅ 486 − 9.317 ⋅ 510.758
2

a= a= = −0,5045
11 ⋅ 9.770.177 − 86.806.489
n∑ x i − (∑ x i ) 2
2

11 ⋅ 510.758 − 9.317 ⋅ 486


n∑ xi y i − ∑ xi ∑ y i b= = 0,0528
b= 11 ⋅ 9.770.177 − 86.806.489
n ∑ x i − (∑ x i ) 2
2 2
⎛ 99.116 ⎞
2 r 2 = ⎜⎜ ⎟⎟ = 0,3546
⎛ ⎞ ⎝ 1.878.678 ⋅ 14.746 ⎠
⎜ n _ _ ⎟
⎜ ∑ ( xi − x )( yi − y) ⎟ r = 0,5955
r2 = ⎜ ⎟
2
i r = 35%; d.h. nur 35% der Abweichungen werden durch die Reg-
ression erklärt. r = 0,60 bedeutet dann nur mittelstarke Korrelation
⎜ ⎟
⎜ n _ n _
2 ⎟
⎜ ∑ ( xi − x) ∑ ( y i − y ) ⎟
2
Geradengleichung
⎝ i =1 i =1 ⎠ y − Achsenabschnitt
r = r2 Steigung
Bestimmtheitsmaß
Korrelationskoeffizient

ERGEBNIS:
Händler, die über der Regressionsgeraden positioniert sind, kaufen überproportional Formstücke,
Händler unterhalb der Regression beziehen überproportional Abwasserrohre. Die relativ schwache
Korrelation beweist das heterogene Einkaufsverhalten der Händler. Kritisch sind die Händler G, F, I,
D und C zu beurteilen, deren Formstückeinkäufe proportional hinter den Rohrtonnagen zurückblei-
ben. Sie sollten besucht und auf mögliche Fremdbezüge hin angesprochen werden.
166 Marktorientierte Unternehmensführung

d.) Clusteranalyse
Die Clusteranalyse bringt eine Anzahl von Personen oder Produkten entsprechend
der Ähnlichkeit ihrer Merkmalseigenschaften in eine natürliche Ordnung von sich
unterscheidenden Gruppen oder Klassen.330 Im Gegensatz zur Diskriminanzanalyse
sind die Gruppen in der Ausgangssituation unbekannt. Aufgrund von unabhängigen
Merkmalen bildet das Verfahren aus den Untersuchungseinheiten in der Weise
Gruppen, dass die Gruppen in sich möglichst homogen (Minimierung der Varianz
innerhalb einer Gruppe), die Unterschiede zwischen den Gruppen aber möglichst
groß sind (Maximierung der Varianzen zwischen den Gruppen). Bei den komplexen
hierarchischen Verfahren ist die Anzahl der Cluster a priori nicht bekannt. Rechne-
risch einfacher und auch für große Datenmengen geeignet sind die iterativen Ver-
fahren. Bei diesen ist Anzahl der Cluster allerdings im voraus festzulegen.331
Beispiele für Fragestellungen sind:332
• Wie lassen sich Messebesucher nach Besuchertypen einteilen?
• Welche Frauentypen lassen sich nach ihrem Modeverhalten unterscheiden?
• Wie können die Leser einer Zeitschrift in Zielgruppen aufgeteilt werden?
• Welche Typen von Cluburlaubern lassen sich nach ihrem Urlaubsverhalten von-
einander abgrenzen?
Die Clusteranalyse hat für die Marktsegmentierung und die für Zielgruppenbil-
dung eine große Bedeutung. Hinzu kommt der Vorteil einer anschaulichen graphi-
schen Darstellung der Ergebnisse.

e.) Faktorenanalyse
Die Faktorenanalyse ist das Königsinstrument für die Produktpositionierung. Mit
ihr kann eine größere Menge von gegenseitig abhängigen, metrischen Merkmalen
(die beobachteten Ausgangsvariablen) auf eine geringere Anzahl von unabhängigen
Merkmalen (die Faktoren oder Dimensionen) reduziert werden.333
Ein Beispiel für eine Fragestellung: „Wie lässt sich die Vielzahl von Eigenschaften,
die Käufer von Tee als wichtig empfinden, auf wenige aussagefähige Faktoren redu-
zieren? Und wie lassen sich die einzelnen Teesorten aufgrund dieser Faktoren be-
schreiben?“334

Umfangreiche Datenbestände lassen sich so auf wenige Faktoren reduzieren, dass


einerseits eine übersichtliche Struktur der Merkmalsmenge erreicht wird und ande-
rerseits der damit einhergehende Informationsverlust möglichst gering bleibt. Die
Einsatzgebiete sind vielfältig. Die Faktorenanalyse
• konstruiert abgesicherte Skalen (Messinstrumente) für die Imageforschung,
• bestimmt die Dimensionen eines Merkmalsraumes für Käuferpräferenzen (Wel-
che sind die wirklich wichtigen Faktoren für eine Kaufentscheidung?),
• bestimmt, durch welche Merkmale sich Anbieter aus der Sicht der Kunden sig-
nifikant unterscheiden (Produktpositionierung335),
• reduziert eine Vielzahl von Beurteilungskriterien auf die wirklich entscheiden-
den Bestimmungsfaktoren für die Kundenzufriedenheit.

330
vgl. Meffert, (Marketingforschung), 1992, S. 267-279.
331
Hierbei hilft eine Faustformel von Mardia: Clusterzahl = Wurzel aus N/2: vgl. Weis; Steinmetz,
(Marktforschung), 2002, S. 353
332
vgl. hierzu Weis; Steinmetz, (Marktforschung), 2002, S. 331-354, mit einer sehr anschaulichen
Darstellung der verschiedenen statistischen Verfahren.
333
vgl. Meffert, (Marketing), 2000, S. 169
334
Weis; Steinmetz, (Marktforschung), 2002, S. 323; s. auch dort die übersichtliche Verfahrensdar-
stellung mit einem Beispiel.
335
Vgl. Müller, (Produktpositionierung), in: WISU, 8/9 1997, S. 739-748
3. Kapitel: Das Marktinformationssystem 167

Abb.3-34
Beispiel: Ein Flughafen in NRW stellte
Servicepositionierung Ende der 90er Jahre fest, dass er bei den
Privatreise-Buchungen von den Reisebüros
Flughäfen in NRW
Faktorenanalyse ( n = 580 Reisebüros)
nur unterdurchschnittlich berücksichtigt
wurde. In einer Wettbewerbsstudie mit
Hilfe der Faktorenanalyse wurden
IDEAL daraufhin 580 Reisebüros gebeten, jeweils
15 buchungsrelevante Servicemerkmale in
Bezug auf die Servicequalitäten zu
Leistungsangebot

bewerten (Ratingskalen).
Gastronomie/Einkaufsstätten

Düsseldorf
1.) Die Faktorenanalyse verdichtete die 15
Abfertigungsezeiten
Sicherheitsstandard

Servicemerkmale zunächst auf die zwei


grundlegenden Dimensionen Komfort (z.B.
Flugangebot

Köln/Bonn
Parkplatzangebote, Familienfreundlich-
FMO keit) und Leistungsangebot (z.B. Flugange-
bote, Abfertigungszeiten).
Komfort 2.) Die konkurrierenden Flughäfen wurden
Parkplatzangebot
Verkehrsanbindung
Familienfreundlichkeit
Atmosphäre
alsdann nach den Faktorwerten im zweidi-
Übersichtlichkeit Betreuung/Information mensionalen Eigenschaftsraum positio-
niert. So werden die Servicestärken bzw. -
schwächen der konkurrierenden Flughäfen
relativ zueinander sichtbar.
3.) Zusätzlich konfigurierten die Reisebüros
einen als ideal empfundenen Wunschflug-
hafen. Wettbewerbsprofilierende Marktstra-
tegien werden ermöglicht. Abb3.-34 zeigt
das Ergebnis.336

Ein spezielles Problem der Faktorenanalyse sollte erwähnt werden: Die Qualität des
Ergebnisses hängt entscheidend davon ab, mit welchen Begriffen die Übervariablen
bezeichnet werden. Das Verfahren „spuckt“ lediglich formale Variablen mit deren
Faktorladungen aus. Sowohl Anzahl der Übervariablen wie auch deren Interpretati-
on sind vom Untersuchungsteam festzulegen (Analyse der Faktorladungen).

f.) Conjoint-Measurement (CM)


Nur auf den ersten Blick beurteilt ein Kunde ein Produkt als Ganzes in Bezug auf
einen Gesamtnutzen. Der Gesamtnutzen aber stellt sich für den Käufer letztlich als
Kompromiss aus der Bewertung einzelner Produkteigenschaften dar.
Der Kunde kann sich einen neuen PKW aus einem Baukastenangebot zusammenstel-
len. Alle Produktvarianten haben für ihn bestimmte Teilnutzen. Wie lassen sich Ge-
samtwertschätzungen der KFZ-Käufer auf diese Baustein-Varianten aufteilen?
Die Conjoint-Measurement-Analyse geht davon aus, dass sich der Gesamtnutzen
eines Produktes für einen Kunden additiv aus Teilnutzen zusammensetzt. Sie leitet
Teilnutzen (Nutzen von Eigenschaftskombinationen) aus dem Gesamtnutzen des
Endproduktes ab. Ein CM-Projekt zur Teilnutzenanalyse läuft in 8 Phasen ab:337
(1) Festlegung einer nicht zu großen Zahl von Merkmalen (z.B. PKW-Marke,
Höchstgeschwindigkeit, Benzinverbrauch, Ausstattungsklasse, Sicherheit, Preis),
(2) Bestimmung der Merkmalsausprägungen (Ausstattungsvarianten),
(3) Befragung von Test-Konsumenten, die die Ausstattungsvarianten paarweise zu
bewerten haben (Aufspüren von Präferenzen),
(4) Berechnung von einzelnen Teilnutzenwerten nach einem statistischen Verfahren,
(5) Zusammenfassung von Konsumenten mit ähnlichen Teil-Nutzenfunktionen,
(6) Konstruktion einer Preis-Absatz-Funktion aus den Teilnutzenwerten,
(7) Ableitung gewinnoptimaler Preise für die Ausstattungsvarianten,
(8) Entwicklung einer Marketingstrategie als Fazit.

336
Quelle: Prof. Dr. Wolfgang Müller, Institut für Markt-Management, 1999
337
vgl. Simon; Dolan, (Power Pricing), 1997, S. 62-89
168 Marktorientierte Unternehmensführung

Bei einer Vielzahl von Merkmalsausprägungen wird die Konsumentenbefragung


durch das Gesetz der Kombinatorik schnell unüberschaubar. Auch mathematisch ist
die Methode nicht unproblematisch. Es kommen Iterations- und Simulationsverfah-
ren zum Einsatz. Um das Rechenverfahren zu vereinfachen, wird auf das sog. Poor-
Man-Verfahren zurückgegriffen.

CM-Analysen sind gut dazu geeignet,


• optimale Preis-Leistungspakete zusammenzustellen (z.B. Ausstattungsvarianten
für Fahrzeugtypen),
• die Eigenschaften von Produkten im Markt zu verbessern,
• Preis-Absatz-Funktionen abzuschätzen.

Koch unterstreicht die prognostischen Möglichkeiten der CM-Methode für die Pro-
duktentwicklung und die Produktgestaltung.338 Conjoint-Measurement kann die Bei-
träge neuer und / oder zusätzlicher Produkteigenschaften zum Gesamturteil eines
Konsumenten über das Produkt vorhersagen. Welche Ausstattungsvarianten sollte
ein Baukastensystem aufweisen? Welche sind die attraktivsten Ausstattungsvarianten
bei der Kreation von neuen Fahrzeugtypen?

3.4.3. Testverfahren / Testen von Hypothesen


a.) Untersuchung von Nominalwerten (Punkt-Vierfelder-Korrelation
nach Pearson)
Die Grundlagen der Teststatistik (Inferenzstatistik) wurden bereits aufgezeigt.339 Zu
beantworten sind Untersuchungsfragen der folgenden Art:
(1) Wie lassen sich aus einer Stichprobe die „wahren Werte“ der Grundgesamtheit
abschätzen?
Abb.3-35
(2) Unterliegt eine Grundgesamtheit nach den
Stichprobenwerten einer bestimmten Vertei- Nullhypothe- Nullhypothese
lungsform (sind z.B. die Umsätze von Au- se ist richtig ist falsch
ßendienstmitarbeitern einer Unternehmung Test
normalverteilt)? nimmt
Nullhypo-
Entscheidung Fehler 2. Art
richtig (Beta-Fehler)
(3) Sind zwei Variablen (z.B. Kundenbesuche these an
und Kundenzufriedenheit) voneinander un- Test lehnt
Fehler 1. Art
Nullhypo- Entscheidung
abhängig (Nullhypothese trifft zu) oder nicht these ab
(Alpha-
richtig
Fehler)
(Nullhypothese wird verworfen)?

Ergänzend zu den bereits in Abschnitt 3.2.8. dargestellten Parametertests werden im


Folgenden Unabhängigkeitstests für nominale und ordinale Daten behandelt.

Abb.3-36 veranschaulicht als erstes Beispiel die Punkt-Vierfelder-Korrelation nach


Pearson. Die Punkt-Vierfelder-Korrelation (Chi2-Test) eignet sich für die Prüfung
der Unabhängigkeit von nominalskalierten Daten zweier Stichproben. Bei zwei no-
minalskalierten Daten (Ja-/Nein-Zuordnungen) wird auch von Kontingenzanalyse
gesprochen.340 Das Beispiel der Abb.3-37 enthält Merkmalskombinationen für no-
minale Daten (ja / nein – Zugehörigkeiten).

338
vgl. zu dieser Verfahrensbeurteilung: Koch, (Marktforschung), 2004, S. 277-278. Koch beschreibt
auch übersichtlich die beiden wichtigsten Rechenverfahren: die Profilmethode und die Zwei-Faktoren-
Methode; s. dort S. 278-282
339
vgl. noch einmal Abschnitt 3.2.7.c
340
vgl. Hünerberg, (Marketing), 1984, S. 122
3. Kapitel: Das Marktinformationssystem 169

Abb.3-36

PUNKT-VIERFELDER KORRELATIONSANALYSE MIT HILFE DES PEARSON CHI²-TEST

AUFGABENSTELLUNG: An zwei homogenen Konsumentenstichproben ist zu untersuchen, ob


Hinweise auf besondere Umweltfreundlichkeit auf der Produktverpackung die Käuferpräferenz für
ein Produkt signifikant steigern können.

FRAGE AN KONSUMENTEN: Würden Sie das Produkt X bevorzugt kaufen?

NULLHYPOTHESE H0: Öko-Hinweise auf der Verpackung üben keinen signifikanten Einfluss auf
die Kaufpräferenzen aus

RECHENGANG:

a) Man zählt die Merkmalskombinationen aus, und trägt sie in eine Vierfeldertafel ein:

+ -
+ A B
- C D

AD − BC Chi ²
b) Korrelationskoeffizient wird berechnet: Phi = oder Phi =
( A + B)(C + D)( A + C )( B + D) N
c) Man ermittelt den zugehörigen Chi²-Wert: Chi ² = N ⋅ Phi ²

d) In einem statistischen Tabellenwerk liest man unter dF = 1 den Chi²-Wert bei dem geforderten
Signifikanzniveau ab. Ist der errechnete Wert größer als der zulässige Chi²-Wert, dann weisen wir
H0 zurück; ist er kleiner, dann behalten wir H0 bei.

Das bedeutet für ein konkretes Beispiel:


Merkmale
a) Die Antworten der Befragten in den beiden Stichproben werden ausgezählt undvertauschen
in die Vierfelder-
tafel eingetragen (Befragtengruppe-1: Produkt mit Öko-Hinweis auf Verpackung,(Sind
Befragtengruppe-
be-
2: nur normale Verpackung vorgelegt; jeweils im Vergleich zu demselben Wettbewerbsprodukt):
reitsver-
tauscht!)
Öko-Verpackung Normale Verpackung Σ
Ja: Produkt wird gewählt Feld A 192 Feld C 142 334
Nein: Wettbewerbsprodukt wird gewählt Feld B 108 Feld D 158 266
Σ 300 300 600

b) Der Korrelationskoeffizient wird wie folgt berechnet:


192 ⋅158 − 108 ⋅142 15000 Anm.: die beiden
Phi = = = 0,1677 Stichproben (hier 300)
(192 + 108)(142 + 158)(192 + 142)(108 + 158) 89420,13196 brauchen keinesfalls
gleich groß zu sein
c) Man ermittelt den zugehörigen Chi²-Wert:
Chi ² = 300 ⋅ 0,1677² = 8,4370

d) Ergebnis: Statistische Tabellenwerke weisen bei dF = 1 und einem geforderten Signifikanzniveau


von 5 % (Rest-Irrtumswahrscheinlichkeit p < 0,05) einen Chi²-Wert von 3,84 aus. Der errechnete
Wert liegt über dem Chi²-Wert bei der zugelassenen Irrtumswahrscheinlichkeit. Damit ist die An-
nahme eines signifikanten Einflusses eines Umwelthinweises auf der Produktverpackung auf die
Käuferpräferenz bestätigt. Die Nullhypothese (kein Zusammenhang) kann zurückgewiesen wer-
den.
170 Marktorientierte Unternehmensführung
Abb.3-37

RANGREIHEN – KORRELATION (rho) NACH SPEARMAN

AUFGABENSTELLUNG UND NULLHYPOTHESE H0: Bei den Kaufpräferenzen für 8 Wohnzim-


mertische (erhoben als Präferenzrangfolgen Nr. 1 bis Nr. 8) gibt es keine signifikanten Unterschiede
zwischen den Rangurteilen von 20 männlichen und 20 weiblichen Befragten.

Auswertungs- Stich- Stich-


design probe-1 probe-2
Untersuchungsobjekt-1
Untersuchungsobjekt-2 Ränge R1 Ränge R2
.........
Untersuchungsobjekt-n

RECHENGANG:
a) Den Untersuchungsobjekten oder den Erhebungswerten werden Rangplätze (bzw. durchschnitt-
liche Ränge) zugeordnet (R1 und R2 ); sofern nicht aus der Befragung direkt Rangdaten vorlie-
gen. Ränge / Meßwerte gleicher Größe erhalten mittlere Ränge.
b) Für jede Stichprobe werden die Differenzen zwischen den Rangplätzen gebildet (d). Diese Diffe-
renzen werden quadriert (d²), und die Quadrate addiert ( ∑ d ² ).

c) Der Rangkorrelationskoeffizient wird wie folgt berechnet:

Rho =
6 d2 ∑
N ( N 2 − 1)

d) Die Signifikanzprüfung erfolgt für kleine Stichproben (n < 31) mit Hilfe der kritischen rho-Werte,
Für größere Stichproben gilt die t-Verteilung (s. Statistikbücher). Stichprobenumfang mindes-
tens 5. Ist der errechnete rho-Wert gleich oder größer als der Wert, der bei dem entsprechenden
Stichprobenumfang unter Berücksichtigung eines geforderten Signifikanzniveaus in der Statistik-
tabelle ausgewiesen wird, dann besteht ein bei der zugelassenen Irrtumswahrscheinlichkeit
signifikanter Zusammenhang zwischen den Rangordnungen, d.h. die Nullhypothese kann ver-
worfen werden.

Das bedeutet für das Beispiel (N = 8):


männliche weibliche
d d²
Befragte Befragte
Wohnzimmertisch-1 4. 5. -1 1
Wohnzimmertisch-2 6. 4. 2 4
Wohnzimmertisch-3 1. 7. -6 36
Wohnzimmertisch-4 3. 6. -3 9
Wohnzimmertisch-5 2. 8. -6 36
Wohnzimmertisch-6 7. 1. 6 36
Wohnzimmertisch-7 5. 3. 2 4
Wohnzimmertisch-8 8. 2. 6 36
Σ: 162
a) Die Rangplätze sind in diesem Fall Durchschnittsränge der beiden Befragtengruppen (R1 und
R2 ). Durchschnittswerte gleicher Größe würden mittlere Ränge erhalten.
b) Für die beiden Untersuchungsgruppen werden die Differenzen zwischen den beiden Rangplät-
zen gebildet (d). Diese Differenzen werden quadriert (d²), und die Quadrate werden addiert
( ∑ d ² ).
c) Der Rangkorrelationskoeffizient wird wie folgt berechnet:
6 • 162
Rho = 1 − = 0,9286 (Wertebereich für rho: - 1 bis + 1)
8 • (64 − 1)
d) Bei N = 8 und einem geforderten Signifikanzniveau von 5 % beträgt der rho-Wert 0,377. Der
aus der Stichprobe errechnete Wert liegt deutlich darüber. Zwischen den geschlechterspezifi-
schen Rangordnungen für das Möbelstück besteht ein hochsignifikanter Zusammenhang. Die
Nullhypothese ist zu verwerfen.
3. Kapitel: Das Marktinformationssystem 171
Abb.3-38

VERGLEICH VON RANGREIHEN DURCH DEN KONKORDANZKOEFFIZIENTEN VON KENDALL

AUFGABENSTELLUNG UND NULLHYPOTHESE:


Fünf Außendienstmitarbeiter sollen sechs Händler nach deren Leistungsfähigkeit beurteilen und in
eine Rangordnung (Hitliste) bringen. H0: Zwischen den Beurteilungen bestehen keine Übereinstim-
mungen. Gleiche Rangwerte sind als zufällig zu betrachten.

Nullhypothese H0: Es gibt keine signifikante Übereinstimmung bei den Beurteilungen (Rangfolgen).

RECHENGANG:
a) Die Ergebnisse werden in eine Tabelle mit k Spalten (Zahl der Beurteiler bzw. Rangreihen) und
N Reihen (Beurteilungsobjekte) eingetragen.
b) Für jede Reihe wird die Rangsumme (R1) gebildet.
∑Rj
c) Alle Rangsummen werden addiert und durch N dividiert: . Das Ergebnis ist die durch-
N
schnittliche Rangsumme.
d) Von jeder Rangsumme wird die durchschnittliche Rangsumme subtrahiert, das Ergebnis quad-
2
⎛ ∑Rj ⎞
riert ⎜⎜ R j − ⎟ und die Summe der Quadrate gebildet. Man erhält die Quadratsumme

⎝ N ⎠
⎛ ⎛ ∑ R j ⎞ ⎞⎟
2
⎜ ⎜ ⎟
⎜⎜ QUSR = ∑ ⎜ R j − N ⎟ ⎟⎟ .
⎝ ⎝ ⎠ ⎠
12QUSR
e) Der Konkordanzkoeffizient wird wie folgt berechnet: W =
k 2 (N 3 − N )
f) Die Prüfung auf Signifikanz erfolgt bei kleinen Stichproben (N<8; k von 3 bis 20) mit Hilfe der
Kendall-Konkordanz-Koeffiziententabelle (s. stat. Tabellenwerk). Ist die errechnete Quadrat-
summe gleich oder größer als der entsprechende Tabellenwert, kann H0 zurückgewiesen wer-
den.
Bei größeren Stichproben (N>=8) erfolgt die Prüfung über die Chi-Quadrat-Verteilung nach der
Beziehung Chi² = k (N-1) W; dF = N -1. Ist der errechnete Chi²-Wert gleich oder größer als der
Tabellenwert, dann kann H0 zurückgewiesen werden. Die Rangurteile stimmen signifikant über-
ein.

RECHENGANG FÜR DAS BEISPIEL:


2
⎛ ∑ Rj ⎞
AD1 AD2 AD3 AD4 AD5 R1 ⎜
⎜Rj − N ⎟

⎝ ⎠ 2
⎛ ∑Rj ⎞
Händler-1 3. 4. 5. 6. 5. 23 32,1 ⎜Rj − ⎟ = 17,33
⎜ N ⎟
Händler-2 4. 1. 2. 3. 2. 12 28,4 ⎝ ⎠
Händler-3 1. 3. 1. 1. 1. 7 106,8
Händler-4 2. 2. 4. 2. 3. 13 18,8
s. Formel d)
Händler-5 6. 5. 3. 4. 5. 23 32,1
Händler-6 5. 6. 6. 5. 4. 26 75,1
Σ: 104 Σ: 293,3 QUSR = 293,3
12QUSR 12 ⋅ 293,3
W= = = 0,6704 (Maß für die Stärke des Zusammenhangs)
k 2 (N 3 − N ) 5 2 (6 3 − 6)

ERGEBNIS:
Der QUSR-Wert beträgt 293,3 . Für k = 6 und N = 5 beträgt der kritische Wert bei einem geforder-
ten Signifikanzniveau von 5 % 136,1. Der berechnete Wert liegt deutlich darüber. Eine signifikante
Übereinstimmung zwischen den Rangordnungen ist damit bewiesen. Das zeigt auch der Konkor-
danz-Korrelationswert von 0,67 (W kann nur zwischen 0 und 1 liegen).
172 Marktorientierte Unternehmensführung

Die Nullhypothese (H0: Zwischen dem Verpackungshinweis auf ein umweltfreundli-


ches Produkt und einer Kaufpräferenz besteht kein Zusammenhang) wird einem
Chi2-Unabhängigkeitstest unterworfen.341 Testgröße für die Signifikanzprüfung ist
der Chi2-Wert einer Chi2-Verteilung mit (r-1)*(s-1) Freiheitsgraden (r = Anzahl der
Zeilen, s = Anzahl der Spalten der Häufigkeitstabelle). Im Beispielfall der Vierfel-
der-Korrelation ist folglich der Freiheitsgrad dF = 1. Die Chi2–Verteilung entstammt
der Normalverteilung. Sie beginnt allerdings bei 0 und ist nicht symmetrisch. Der
Signifikanz-Prüfwert ist jeweils den Tabellen gängiger Statistiklehrbücher zu ent-
nehmen.342 Im Praxisbeispiel wird ein Zusammenhang zwischen den beiden Variab-
len Umwelthinweis und Kaufpräferenz auf hohem Signifikanznivau bestätigt.

b.) Untersuchung von zwei Rangordnungen (C Kontingenztest nach


Pearson)
Abb.3-37 bietet ein Beispiel für die Suche nach signifikanten Unterschieden zwi-
schen zwei einfachen Rangordnungen. Die Fragestellung lautet: „Welcher Zusam-
menhang besteht zwischen zwei Merkmalen, deren Messwerte als Rangdaten vorlie-
gen oder denen Rangplätze zugeordnet werden können?“343 Im vorliegenden Fall
wird der Geschlechtereinfluss auf Kaufpräferenzen hin untersucht. Beurteilen Män-
ner und Frauen die beworbenen Möbelstücke unterschiedlich? Als Testverfahren
bietet sich die Rangreihen-Korrelation nach Spearman an. Der Stichprobenumfang N
muss mindestens 5 betragen. Ein hochsignifikanter Geschlechtereinfluss wird bereits
bei Inaugenscheinnahme der Rangfolgen der Abb.3-37 deutlich.

c.) Untersuchung mehrerer Rangordnungen (Konkordanzkoeffizient


nach Kendall)
Über den vorhergehenden Ansatz hinaus geht die folgende Fragestellung: Wie hoch
sind die Übereinstimmungen zwischen mehreren Rangreihen, die von mehreren (k)
Befragten hinsichtlich mehrerer (N) Beurteilungsobjekte aufgestellt wurden? Fragte
also der rho-Wert nach dem Zusammenhang und nach signifikanten Unterschieden
zwischen zwei Rangreihen, so wird jetzt nach einem Maß für die Stärke eines Zu-
sammenhanges mehrerer Rangreihen gesucht. Dieses Maß für die Stärke der Über-
einstimmung von ordinalen Messwerten (Beurteilungen, Einstufungen) ist der Kon-
kordanzkoeffizient W nach Kendall. Wie der Korrelationskoeffizient nach Bravais
und Pearson kann auch er nur Werte zwischen 0 und 1 annehmen. Die Signifikanz-
prüfung erfolgt nach einem Quadratsummenwert QUSR. Das Verfahren eignet sich
bereits bei kleinen Stichproben (N < 8; k von 3 bis 20). Je nach Stichprobenumfang
gibt es unterschiedliche statistische Prüfgrößen. Ist N größer/gleich 8, dann wird auf
die Chi2-Verteilung zurückgegriffen.

In Abb.3-38 haben Außendienstmitarbeiter die Leistungsfähigkeit von Handelspart-


nern beurteilt.. Die Verkäuferurteile stimmen auf hohem Signifikanzniveau überein.
Das Meinungsbild des Vertriebs über die Qualität der Händler einer Verkaufsregion
ist somit eindeutig. Eine fundierte Faktenbasis wird geschaffen, um mit den schwä-
cher beurteilten Handelspartnern über die Ursachen zu sprechen.

Die Ausführungen dieses Abschnittes bezogen sich auf bereits vorliegende bzw. er-
hobene Marktwerte. Der folgende Abschnitt befasst sich mit der Vorhersage des zu-
künftigen Geschehens.

341
vgl. zu den Grundlagen Pepels, (Käuferverhalten), 1995, S. 368-369
342
z.B. Bohley, (Formeln), 1998
343
Heller; Rosemann, (empirische Untersuchungen), 1974, S. 137
3. Kapitel: Das Marktinformationssystem 173

3.4.4. Ideengewinnung und Geschäftsprognosen


a.) Übersicht über Kreativitätstechniken und Prognoseverfahren
Im Rahmen der Unternehmensplanung sind ständig neue Ideen und Maßnahmen zu
entwickeln sowie vielfältige Markt- und Geschäftsprognosen zu erstellen.

Prognosen sind Vorhersagen über künftige Ereignisse oder Entwicklungen,


die sich auf Annahmen und Fakten stützen.
Hochrechnungen projezieren Daten anhand von Annahmen in die Zukunft.
Abb.3-39
ÜBERSICHT ÜBER PROGNOSEVERFAHREN

KREATIVITÄTS- EXPERTEN- MATHEMATISCHE


TECHNIKEN BEFRAGUNGEN PROGNOSEVERFAHREN
(Auswahl) • unterjährige Prognose
• Brainstorming • Außendienst + Experten • gleitende Durchschnitte
• Methode 635 • Händlerbefragungen • speziell: gleitender 12
• Szenariomethode • Verbandserhebungen Monatsdurchschnitt
• Delphi-Technik • Kundenforen • exponentielle Glättung
• Synektik • Befragung wissenschaft- • Wachstumsfunktionen
• Analogie-Methode licher Institutionen • Trendextrapolation

Abb.3-39 zeigt die drei Säulen für die Erarbeitung von Zukunftsvorstellungen: Die
qualitativen Kreativitätstechniken, die Expertenbefragungen und die quantitativen,
datengestützten Pronoseverfahren. Vier Arten von Prognosen sind zu unterscheiden:
Gottlieb (1) Operative Geschäftsverlaufsprognosen fallen regelmäßig (monatlich) im Rah-
Daimler
schätzte
men der revolvierenden Jahres- und Monatsplanung an. Sie treffen kurzfristige
1901 die Vorhersagen für Auftragseingang, Auftragsbestand, Preis-, Umsatz- und Kosten-
zukünftige entwicklung. Sie nehmen stets zu der Frage Stellung, ob der langfristige strategi-
Weltnach- sche Plan gehalten werden kann (Gap-Analyse, s. noch einmal Abb.2-16).
frage nach
PKW auf (2) Eine Sonderform der operativen Prognose ist der Forecast. Forecasts rechnen die
max. 1 Mio. bisher erreichten Umsatz- und Ergebniszahlen auf das Jahresende hoch. (Kon-
(aus Mangel trollprognose).
an Chauf- (3) Trendanalysen und strategische Geschäftsverlaufsprognosen unterstützen die
feueren).
IBM-Chef langfristige Planung. Sie entwerfen unter bestimmten Annahmen (z.B. über lang-
Watson fristige Rohstoffentwicklung, zukünftiges Verbraucherverhalten, Strategien des
prophezeite Wettbewerbs) Szenarien für zukünftige Marktanteile, Umsätze, Ergebnisse.
1943, dass
(4) Ereignisprognosen versuchen Diskontinuitäten vorauszusagen; z.B. wann ein
nur 5 Orga-
nisationen bestimmter Wettbewerber mit einem Substitutionsprodukt in den Markt tritt oder
einen Com- zu welchem Zeitpunkt eine neue Technologie marktreif sein wird.
puter benö-
tigen wür-
den. Digital- b.) Komplexe Kreativitätstechniken
Equipment "Wie wird der Winter", fragten die Indianer ihren Medizinmann. „Ich weiß nicht, viel-
Gründer leicht wird er sehr kalt“, so lautete die Antwort. Und die Indianer machten sich fleis-
Jenneth O.
sig daran, ihren Wald abzuholzen. Doch nach einiger Zeit bekamen die Indianer
Olsen sah
Zweifel und fragten den Medizinmann des Nachbardorfes. Und wieder bekamen sie
1977 keinen
Grund für
die gleiche Antwort und fuhren mit dem Abholzen fort. Der Zweifel blieb, und so frag-
Privathaus- ten sie schließlich beim Wetterdienst nach. Und da endlich bekamen sie Gewissheit:
halte, einen „Kalt wird der Winter“, so der Wetterdienst, „denn die Indianer sind schon kräftig
Computer zu am Holzschlagen....“
besitzen.
Kreativitätstechniken sind strukturierte Vorgehensweisen zum Aufspüren von neuen
Ideen und von neuem Wissen. Ziel ist die Optimierung der Ideenfindung unter be-
sonderer Ausnutzung einer Gruppendynamik in Projektgruppen (Think-Tanks).
174 Marktorientierte Unternehmensführung

Abb.3-40
Delphi-Technik
ABLAUF
DELPHI-METHODE Eine spezielle Art der Gruppenprognose ist die
Delphi-Technik. Abb.3-40 zeigt den Ablauf
des Verfahrens.344 8 – 15 Experten bilden das
Definition Delphi-Team. Im klassischen Ablauf stehen
Forschungsaufgabe
die Experten nicht in persönlichem Kontakt
miteinander. Sie übermitteln dem Delphi-
Bestimmung Koordinator schriftlich ihre Stellungnahmen.
Delphi-Koordinator
Der Koordinator fasst die Ergebnisse zusam-
men und gibt sie über drei bis fünf Runden
Rekrutierung
Delphi-Team
wieder an das Team zur Begutachtung zurück.

Darstellung der
In der Praxis kommen die Experten persönlich
Problemstellung zusammen, wenn sich die Ergebnisse zu sehr
angleichen oder, im gegenteiligen Fall, wenn
1. – 5. Delphi-Runde: sich abweichende Meinungen verhärten. Die
Expertenurteile Frage ist also, ob die Gruppe am Schluss des
Prozesses auf einen gemeinsamen Kurs ein-
Info-Rückkoppelung schwenkt, oder ob sich alternative Szenarien
durch Koordinator
gegenüberstehen. Die Qualität der Prognose
hängt von der Kompetenz der Teammitglieder
Ergebnisfeststellung, und letztlich auch von der Integrationsfähigkeit
Präsentation
des Delphi-Koordinators ab.

Szenario-Technik
Die Szenario-Technik ist im Prinzip ähnlich aufgebaut. Mit der Methode soll speziell
herausgearbeitet werden, welche Einflussfaktoren unter welchen Annahmen zu einer
zukünftigen Situation führen. Das Endergebnis (das Szenario) wird also am Anfang
fixiert oder zumindest in Umrissen skizziert (Bsp. für eine Fragestellung: „Entwerfen
wir ein Szenario, wie wir uns im chinesischen Markt halten können.“)
Die Schritte im einzelnen:
(1) Klärung der Aufgabenstellung,
(2) Strukturierung des Untersuchungsfeldes,
(3) Definition von Einflussfaktoren für Zukunftszustände,
(4) Umfeldanalyse,
(5) Bildung von Deskriptoren (Elemente der Situationsbeschreibung),
(6) erste Projektionen, d.h. Ableitung möglicher Zukunftszustände,
(7) Bestimmung von Alternativannahmen,
(8) Ableitung von Zukunftsbildern für die Alternativannahmen,
(9) Beschreibung von Störereignissen,
(10) Auswirkungen der Störereignisse auf die Zukunftsbilder.

Als Ergebnis liegt oft nicht eine Prognose vor, sondern es sind höchst unterschiedli-
che Zukunftszustände definiert, die bildlich wie aus einem Trichter fließen. Innerhalb
des Entwicklungsstromes bewegen sich Hochrechnungen der bisherigen Entwick-
lung, wie auch die von Entwicklungen, die durch die Störgrößen (Trendbrüche) be-
stimmt sind. Begrenzt wird das Bündel mögliche Zukunftszustände durch einen obe-
ren (optimistische Variante) und einen unteren (pessimistische Variante) Eckwert.

344
vgl. auch im folgenden die Zusammenfassung bei Weis; Steinmetz, (Marktforschung), 2002, S.
381-382
3. Kapitel: Das Marktinformationssystem 175

c.) Außendienst-, Partner- und Expertenbefragungen


Die Praxis steht den strukturierten Kreativitätstechniken häufig kritisch gegenüber;
mit dem Argument, die Verfahren seien zu kompliziert. Man verlässt sich lieber auf
eigene Erfahrungen oder die Meinung von Experten. Und / oder man befragt
• Außendienstmitarbeiter,
• Vertriebspartner (Handelspartner),
• Fachexperten in Verbänden (die ihre Zukunftsabschätzungen wiederum von Ver-
bandsmitgliedern bekommen)
• wissenschaftliche Institute und Hochschulen
• gute Kunden oder gar
• ausgewählte Wettbewerber, die man auf Fachtagungen oder Verbandsmeetings
trifft.
• Zu erwähnen sind auch institutionalisierte Zukunftsbefragungen, wie der ifo-
Geschäftsklimaindex (Industrie-Panel).

Die Expertenprognosen erfolgen oft willkürlich; so ein Vorwurf der Literatur.345 Al-
lerdings sind wohl auch die systematischen Kreativtechniken stark durch Intuitionen
(Eingebungen) geprägt. Nur stammen diese dann von externen Experten.

Für die marktorientierte Unternehmensführung ist es wichtig, dass Führungskräfte,


Experten und Mitarbeiter regelmäßig einen Zukunftsdialog führen. "Implizites
Wissen" gibt es in den Unternehmen genug. Das Problem liegt darin, die Kreativität
aus den Köpfen der Mitarbeiter zu befreien und strategisch aufzubereiten. Im Sinne
eines Wissensmanagements ist die Fülle der operativen Alltagsinformationen sys-
tematisch zu strategischen Einschätzungen über die Zukunft zu verdichten.346 Ma-
thematische Prognosemethoden können den Führungskräften die Aufgabe der Infor-
mationsaufbereitung nur bedingt abnehmen.

d.) Mathematische Prognoseverfahren


Die mathematischen Verfahren rechnen (extrapolieren) Vergangenheitswerte für
• Marktpotenziale,
• Marktanteile,
• Auftragseingänge,
• Auftragsbestände,
• Kapazitätsauslastungen,
• Lagerbestände,
• Ein- und Verkaufspreise,
• Umsatzerlöse,
• Vertriebskosten,
• betriebswirtschaftliche Gewinne
auf Zeitpunkte in der Zukunft hoch.347

Bei der marktorientierten Unternehmensführung stehen zwei Fragestellungen im


Vordergrund:
(1) Wie verläuft der Trend? Ist eine bestehende Planung noch zu halten?
(2) Wie lautet die Vorhersage für eine ganz bestimmte Zielgröße (z.B. Umsatz einer
Produktgruppe) zu einem bestimmten, zukünftigen Zeitpunkt?

345
vgl. Weis, (Marketing), 2004, S. 199 und 207
346
vgl. Winkelmann, (Wissensspeicher), in: ASW, Sondernummer 10/1999, S. 168-170
347
In der Literatur wird oft einfach von Absatzprognosen gesprochen: vgl. Meffert, (Marketingfor-
schung), 1992, S. 333. Sekundärdaten werden zusätzlich herangezogen, um die Plausibilität der eige-
nen Datenhochrechnung zu prüfen.
176 Marktorientierte Unternehmensführung

Meist wird ein mathematischer (gesetzmäßiger) Zusammenhang zwischen der zu


prognostizierenden Erfolgsgröße und einer oder mehrerer erklärender Einflussgrößen
unterstellt. In diesem Abschnitt wird die Zeit als erklärende Variable herangezogen.
Ebenso könnten z.B. der Einfluss von Kundenbesuchen und Messekosten auf den
zukünftigen Umsatz analysiert werden.348 Grundsätzlich werden vier Ansätze zur
Datenhochrechnung unterschieden:349
(1) Methode der unterjährigen Prognose,
(2) Methode der gleitenden Durchschnitte (gewichtet, ungewichtet),
(3) Methode der exponentiellen Glättung,
(4) Methode der Trendextrapolation.
Bei allen Prognoseverfahren sind die Datenreihen vorab um irreguläre, saisonale und
zyklische Schwankungen zu bereinigen.350

Methode der unterjährigen Prognose


Bei diesem Verfahren wird der seit Jahresbeginn kumulierte Umsatz arbeitstagmäßig
(oder grob wochen-, monatsmäßig) auf das Jahresende hochgerechnet (Wertgröße /
abgelaufene Tage x 360 bzw. mal Anzahl von Arbeitstagen oder Arbeitsschichten).
Je näher das Jahresende rückt, desto präziser wird der Prognosewert. In den ersten
Monaten eines laufenden Jahres ist die Prognose dagegen wenig aussagekräftig.
Abb.3-41 AUSGANGSDATEN:
Umsatz laut Jahresplan 135 Mio. EUR
Umsatz am 10.5.2007 44,6 Mio. EUR
Arbeitstage 2007: 248 ./. 14 Tage Betriebsferien 234 Tage (durchgängig Zweischichtbetrieb)
Arbeitstage am 10.5. 91 Tage
Multiplikationsfaktor 243 / 91 = 2,67
Prognoseumsatz 2,67 x 44,6 Mio = 119,1 Mio. EUR
Planunterschreitung laut Prognose - 11,8%

Methode der gleitenden Durchschnitte


Die Methode soll Datenverläufe verstetigen, d.h. von kurzfristigen Schwankungen
frei halten, und auf der Grundlage eines geglätteten Verlaufs zukünftige Werte hoch-
rechnen. Erreicht wird dies, indem ein Durchschnitt (Mittelwert) aus den letzten n
Beobachtungswerten gebildet und dieser als Prognosewert für den Zeitpunkt t+1 an-
gesetzt wird. In der Praxis wird n oft zwischen 3 und 6 gewählt. Mit zunehmendem n
wird die Datenreihe immer stärker geglättet. Bei Vorliegen des „wahren“ Ist-Wertes
ersetzt dieser dann den Prognosewert. Je geringer die Abweichungen zwischen den
gleitenden Durchschnitten und den Ist-Werten bei Betrachtung eines längeren Zeit-
raumes ausfallen, desto besser ist die Güte des gewählten n zu beurteilen.
Die Methode der gewogenen gleitenden Durchschnitte modifiziert das Verfahren. Sie
behandelt die zurückliegenden Werte nicht alle gleichgewichtig, sondern versieht sie
mit Gewichtungsfaktoren (in der Summe = 1). Der Vorteil: Aktuellere Daten gehen
mit größerem Gewicht in die Rechnung ein als weiter zurückliegende. Treten in den
Zeitreihen Niveausprünge auf, dann führt diese Methode zu besseren Ergebnissen.351

Wird die Summe (also kein Mittelwert) über n = 12 gebildet, dann ergibt sich ein
gleitender (rollierender) Jahreswert. Werden Umsatzerlöse betrachtet, dann wird
die Frage beantwortet: Wie hoch wäre der Jahresumsatz, wenn heute Jahresab-
schluss wäre? Derartige Berechnungen liefern praktikable Hochrechnungen für die
operative Planung.
348
Mathematisch handelt es sich wieder um die Regressions- und Korrelationsanalyse
349
vgl. auch: Weis; Steinmetz, (Marktforschung), 2002, S. 386-392
350
vgl. hierzu die Darstellung bei Meffert, (Marketingforschung), 1992, S. 337. Zur Erläuterung: Die
sensiblen Arbeitslosenzahlen werden immer saisonbereinigt genannt, weil es keinen Sinn macht, Win-
terwerte einfach mit Frühjahrswerten zu vergleichen (Einfluss der Bauindustrie).
351
vgl. Meffert, (Marketingforschung), 1992, S. 342
3. Kapitel: Das Marktinformationssystem 177

Methode der exponentiellen Glättung


Abb.3-42 enthält die Grundformel der
Abb.3-42 FORMEL FÜR EXPONENTIELLE GLÄTTUNG: exponentiellen Glättung (Exponential
y t+1 = a x t + (1 – a) y t Smoothing). Es handelt sich um eine
(wobei 0 < a < 1) Weiterentwicklung der Methode des
gewogenen Durchschnitts. Der Progno-
sewert für den Zeitpunkt t+1 setzt sich aus a % des letzten Beobachtungswertes und
(1-a) % des von der Zeitreihe bislang errechneten Glättungswertes zusammen. Je
größer der Glättungsparameter a gewählt wird, desto größer wird der Einfluss aktuel-
ler Werte auf die weitere Entwicklung; bzw. desto geringer fällt die Glättung im
Zeitverlauf aus. Abb.3-44 liefert Absatzprognosen für den Verkauf von Trinkwasser-
rohren nach verschiedenen gleitenden Durchschnitten und nach der Methode der
exponentiellen Glättung.

Methode der Trendextrapolation


Die Methode der Trendextrapolation basiert auf Hypothesen über die mathematische
Verlaufsform eines Trends. Gemäß einer Trendverlauf-Annahme werden die Trend-
funktionen aus den Vergangenheitsdaten nach der Methode der kleinsten Quadrate
abgeleitet. Abb.3-43 enthält typische Verlaufsform-Annahmen mit entsprechenden
Trendfunktionen. Abb.3-45 beschreibt die lineare Trendextrapolation anhand eines
Beispiels. Mathematisch handelt es sich bei einer Trendfunktion um die bereits be-
handelte Regressionsfunktion, wobei die x-/y-Daten im Falle einer Zeitreihe in einer
Abb.3-43 1 zu 1 Beziehung (pro Zeitpunkt t exis-
BEISPIELE FÜR TRENDFUNKTIONEN
tiert nur ein Wert für y) stehen. Bei der
linearer Trend y = a + bx Regressionsanalyse liegen dagegen
parabolischer Trend y = a + bx + cx
2 i.d.R. Punktwolken vor (für jeden x-
exponentieller Trend y = a * b
x Wert sind mehrere y-Werte möglich).
logistischer Trend y = a / (1 + b - e) Dieser Unterschied ist mathematisch
ohne Bedeutung.

Der Vorteil der Trendextrapolation: Unter der Annahme einer stabilen Verlaufsge-
setzmäßigkeit können zukünftige Jahreszahlen in die Funktion eingesetzt und die
Prognosewerte recht einfach errechnet werden. Der Nachteil des Verfahrens liegt in
der Annahme eines konstanten Funktionsverlaufs. Die Verfahren der gleitenden
Durchschnitte und die exponentielle Glättung passen sich schneller an Ent-
wicklungsbrüche (Friktionen, Diskontinuitäten) an. Verändert sich z.B. ein linearer
Trend aus der Vergangenheit in eine exponentielle Verlaufsform, so muss dies recht-
zeitig bemerkt und der Rechenansatz (die mathematische Verlaufsfunktion) entspre-
chend geändert werden. Sonst ist die Prognose von vornherein nicht haltbar.

Die richtige Wahl des statistischen Verfahrens ist eine notwendige, aber keinesfalls
hinreichende Bedingung für eine erfolgreiche Geschäftsprognose. Über die Auswahl
eines geeigneten statistischen Verfahrens hinaus ist es wichtig,
⌦ den Außendienst in ein routinemäßiges Prognoseverfahren einzubinden,352
⌦ nicht davon auszugehen, dass die Entwicklungsverläufe der Vergangenheit zu-
künftig unverändert bleiben,
⌦ sondern mit Hilfe von Experten Diskontinuitätsszenarien zu entwickeln (dabei
auch „quer“ zu denken),
⌦ Abweichungen im operativen Bereich stets auf den strategischen Planungszeit-
raum hochzurechnen,

352
wozu sich dann ein CRM/CAS-System bestens eignet: vgl. Winkelmann, (Vertriebssteuerung), in:
ASW, 3/1998, S. 70-73
178 Marktorientierte Unternehmensführung

⌦ intuitive Verfahren und mathematische Verfahren nicht als Gegensätze zu sehen


sondern in sinnvoller Weise zu verbinden,
⌦ computergestützte Auswertungsverfahren, wie z.B. SPSS einzusetzen, die heute
kostengünstig erhältlich sind.353
Abb.3-44

ABS AT ZP RO G NO S E T RINKW AS S ERRO HRE

Is t-A b s atz A b s atz g le it.6 M o . g le it.12 M o . A b s atz e xp .Glättu n g Jah r e s -


Baye r n k u m u lie r t Du r ch s ch n . Du r ch s ch n . le tz te 12M . m it Fak to r h o ch -
in 1000 Pr o g n o s e Pr o g n o s e Is t (a=0,5) r e ch n u n g
Tonne n u n te r jäh r ig
Januar 6,0 6,0 72,0
Februar 7,0 13,0 78,0
März 10,0 23,0 6,8 138,0
A pril 14,0 37,0 8,8 148,0
Mai 16,0 53,0 11,6 159,0
Juni 18,0 71,0 13,3 170,4
Juli 21,0 92,0 11,8 14,9 184,0
A ugus t 16,0 108,0 14,3 17,1 162,0
September 18,0 126,0 15,8 14,8 168,0
Oktober 14,0 140,0 17,2 16,0 168,0
Nov ember 13,0 153,0 17,2 14,0 166,9
Dez ember 10,0 163,0 16,7 163,0 13,5 163,0
Januar 7,0 7,0 15,3 13,6 164,0 11,8 84,0
Februar 4,0 11,0 13,0 13,7 161,0 10,3 66,0
März 8,0 19,0 11,0 13,4 159,0 8,7 76,0
A pril 13,0 32,0 9,3 13,3 158,0 10,6 96,0
Mai 15,0 47,0 9,2 13,2 157,0 13,1 112,8
Juni 15,0 62,0 9,5 13,1 154,0 14,0 124,0
Juli 14,0 76,0 10,3 12,8 147,0 13,9 130,3
A ugus t 16,0 92,0 11,5 12,3 147,0 13,1 138,0
September 15,0 107,0 13,5 12,3 144,0 14,1 142,7
Oktober 14,0 121,0 14,7 12,0 144,0 13,5 145,2
Nov ember 11,0 132,0 14,8 12,0 142,0 13,0 144,0
Dez ember 8,0 140,0 14,2 11,8 140,0 11,4 140,0
Januar 6,0 6,0 13,0 11,7 139,0 9,8 72,0
Februar 8,0 14,0 11,7 11,6 143,0 8,8 84,0
März 11,0 25,0 10,3 11,9 146,0 10,0 100,0
A pril 14,0 39,0 9,7 12,2 147,0 11,6 117,0
Mai 16,0 55,0 9,7 12,3 148,0 13,1 132,0
Juni 18,0 73,0 10,5 12,3 151,0 14,2 146,0
Juli 19,0 92,0 12,2 12,6 156,0 15,3 157,7
A ugus t 17,0 109,0 14,3 13,0 157,0 16,0 163,5
September 14,0 123,0 15,8 13,1 156,0 15,0 164,0
Oktober 14,0 137,0 16,3 13,0 156,0 13,5 164,4
Nov ember 12,0 149,0 16,3 13,0 157,0 13,5 162,5
Dez ember 10,0 159,0 15,7 13,1 159,0 12,5 159,0

A B S A T Z P R O G N O S E T R IN K W A S S E R R O H R E
- V e r k a u fs g e b i e t B a y e r n -
2 0 ,0 2 0 ,0
i
n 1 5 ,0 1 5 ,0

1 1 0 ,0 1 0 ,0
0
0 5 ,0 5 ,0
0
0 ,0 0 ,0
J F M A M J J A S O N D J F M A M J J A S O N D
1993 und 1994

Is t - A b s a t z g le it . 6 M o .
g le it . 1 2 M o . e x p . G lä t t u n g

353
vgl. Lehnert, (SPSS), 1996
3. Kapitel: Das Marktinformationssystem 179
Abb.3-45

TRENDANALYSE / TRENDPROGNOSE MIT HILFE DER LINEAREN REGRESSION

AUFGABENSTELLUNG: Für eine regionale Verkaufsniederlassung besteht eine strategische


Umsatzplanung für den Zeitraum 2000 bis 2010. Vorgegeben ist eine Umsatzverdreifachung von 1
Mio. auf 3 Mio. Euro. 2003/04 kam es auf Grund eines Wettbewerbsangriffs zu einem starken Ein-
bruch. Bis 2006 hat sich das Geschäft wieder erholt. Lässt ein linearer Trend die Aussage zu, dass
bis zum Jahre 2010 das Umsatzziel von 3 Mio. Euro erreicht wird?

Umsatz Umsatz
(in tau- (kumuliert 2 2 Streudiagramm zur Trendberechnung
Jahre t tyt t yt
send in tausend
EUR) EUR) 2.500
2000 1 1.000 1.000 1.000 1 1.000.000 y = 96,429x + 1000
R2 = 0,3142
2001 2 1.300 2.300 2.600 4 1.690.000 2.000
2002 3 1.700 4.000 5.100 9 2.890.000
2003 4 1.200 5.200 4.800 16 1.440.000
1.500
2004 5 1.000 6.200 5.000 25 1.000.000

Absatz
2005 6 1.500 7.700 9.000 36 2.250.000
1.000
2006 7 2.000 9.700 14.000 49 4.000.000
2007 - - - -
500
2008 - - - -
2009 - - - -
0
2010 - - - -

00

02
03

04
05

07
08

09
10
01

06
Summe 28 9.700 41.500 140 14.270.000 20
20

20
20

20
20
20

20
20

20
20
Jahre

∑ t ∑ y − ∑ t∑ y t
2
t t n∑ ty t − ∑ t ∑ y t
yt = a + b ⋅ t + ut a= b=
n ∑ t − (∑ t )
2 2
n ∑ t 2 − (∑ t ) 2
2
⎛ ⎞
2 ⎜ n∑ ty t − ∑ t ∑ y t ⎟
ryt =⎜ ⎟ r = r2
⎜ n∑ t − (∑ t ) 2 ⋅ n∑ y t2 − (∑ y t ) 2
2 ⎟
⎝ ⎠

140 ⋅ 9.700 − 28 ⋅ 41.500


yt = 96,43x + 1000 a= = 1000 / a ist der y-Wert bei t = 0
7 ⋅140 − 784
7 ⋅ 41.500 − 28 ⋅ 9.700
b= = 96,43 / b ist das Steigungsmaß
7 ⋅140 − 784
2
2 ⎛ 7 ⋅ 41.500 − 28 ⋅ 9.700 ⎞
ryt = ⎜ ⎟ = 0,3142
⎝ 7 ⋅140 − 784 ⋅ 7 ⋅14.270.000 − 94.090.000 ⎠
r = 0,3142 = 0,5605 / d. h. nur ein relativ schwacher Zusammenhang der Werte mit t

ERGEBNIS:
Legt man für einen langen Planungszeitraum ein lineares Marktwachstum zu Grunde, dann führt
der Rechenansatz zu der Trendfunktion (Regressionsfunktion):

y = 96 t + 1000 (Achtung im Excel-Diagramm steht x für t)

Setzt man für das Jahr 2010 t = 10 in die Trendfunktion ein, dann ergibt sich ein Prognoseumsatz
von 1,96 Mio. Euro. Das heißt, im langfristigen Trend wird die Zielmarke verfehlt, was auch gra-
phisch durch die Trendfunktion deutlich wird (s. oben).
In einem solchen Fall wird man sich nicht auf die lineare Trendprognose verlassen, sondern alle
Planungsprämissen überprüfen und eine Neueinschätzung durchführen.
180 Marktorientierte Unternehmensführung

3.5. Datenintegration im Marktinformationssystem


3.5.1. Database
Nur 27,7% Die im Rahmen von Marktanalysen (Marktforschung) gewonnenen Daten sind in
von 220 einer logischen Ordnung abzuspeichern und bei Bedarf den Mitarbeitern mit Kun-
befragten
Unter-
denkontakt zur Verfügung zu stellen. Ein Informationsbedarf besteht permanent, z.B.
nehmen anlässlich eines Kundenanrufs am Telefon, bei der Vorbereitung eines Kundenbe-
werten suchs, im Rahmen der monatlichen Budgetplanung, bei der strategischen Planung
ihre Kun- oder bei Kundenanfragen jeglicher Art. Die Daten der Marktanalysen können mit
dendaten
systema- den Daten der operativen Prozesse (den Daten des Transaktionssystems) zu einer
tisch aus mächtigen Database zusammengeführt werden.
(Quelle:
Sempora, Die Database ist das Herzstück des Marktinformationssystems.354
zit. in Eine Database ist eine relationale Datenbank, in der alle Kundendaten,
acquisa,
4/2003, S. Kundenvorgänge (Kundenhistorie) und Marktanalysedaten abgelegt sind.355
32) Sie speichert alle harten und weichen356 Informationen über Interessenten,
Kunden (Markt-Röntgenbilder) und Wettbewerber mit dem Ziel, Kunden
individuell anzusprechen (1to1-Dialog) und nutzenorientiert zu betreuen.
Durch diese Zielsetzung ermöglicht die Database ein Database-Marketing,
wie es z.B. die großen Versandunternehmen perfektioniert haben (s. hierzu
Abschnitt 7.8.).

Wissen ist Marktmacht: Die Database sorgt für Kompetenz der Mitarbeiter beim
Kundenkontakt. Sie soll aber auch die Unternehmensführung bei Managementent-
scheidungen unterstützen. Hierzu ist das Konzept des Data Warehouse entwickelt
worden. Das Data Warehous von Karstadt/Quelle enthält z.B. 20 Mio. Haushalte.

3.5.2. Data Warehouse und Data Mart


Hinweis- Ein Data Warehouse ist eine von den operativen DV-Systemen separiertes
schild in
einem Datenbankverwaltungs- und -verknüpfungssystem, das Kunden- und
Unter- Marktdaten themenorientiert, zeitbezogen und dauerhaft sammelt und
nehmen in unternehmensübergreifend definierten Nutzergruppen gemäß Benutzerrechten
Thun, zur Verfügung stellt. Die Konzeption wurde von W.H. Immon entwickelt.
Schweiz:
Im Fall Ein Data Warehouse soll die Führungskräfte bei wichtigen Entscheidungen
eines unterstützen und ist deshalb Bestandteil des Managementinformationssystems.
Feuers: 1. Anders als das klassische MIS ist es zukunftsorientiert.
Kunden- Ein Data Mart beschränkt sich nur auf einen Teilbereich eines Datenwaren-
kartei
retten. hauses. Er dient der Informationsversorgung bestimmter Abteilungen bzw.
Dann 2. Nutzergruppen (Abteilungen, Bereiche, Produktsparten).
Gebäude Eine Database stellt oft die integrierte Kundendatenbank im Rahmen einer
schnell-
Warehouse-Konzeption da.
stens
verlassen. Eine Trend in der Datenanalyse geht in Richtung Online Analytical
Processing (OLAP). Die Daten werden in multidimensionaler Form, durch
eine sog. Cubebildung, gespeichert. Komplexe, mehrdimensionale Analysen
können dann ohne Programmierung, auf Knopfdruck, vorgenommen werden
(z.B. Produkt a, in Verkaufsregionen b und f, in den Monaten m und n).

354
vgl. zu den Ansätzen von Marketinginformationssystemen insbes. Link; Hildebrand, (Database
Marketing), 1993 und die entsprechenden Ausführungen bei Mülder; Weis, (Computerintegriertes
Marketing), 1995, S. 157-168
355
vgl. Link; Hildebrand, (Database Marketing), 1993, S. 29-90
356
die sog. „soft Facts“, wie Einstellungen zum Markt und zu Wettbewerbern, Kundenzufriedenhei-
ten, besondere Interessen und Verhaltensweisen der Kunden, vertrauliche Interna, etc.
3. Kapitel: Das Marktinformationssystem 181

Abb.3-46 Durch ein Datenwarenhaus werden Wissen


und Transparenz zur Unternehmensmaxime SYSTEMARCHITEKTUR EINER DATABASE
erklärt. Hinter dem Konzept steht die Un-
ternehmenskultur des permanenten, freiwil- Transaktionen Marketing
(Käufe, Zahlungen, (Aktionsplanung,
ligen Lernens: Die Mitarbeiter sollen sich Kontakte ) Auswertung )
Wissen aus freien Stücken beschaffen; so-
zusagen Wissen surfen. Weg von Informa- Merkmale
(Umsatz, Kaufkraft,
Administration
(Import, Export,
tionen als Bringschuld und hin zur Infor- Alter ) Stammdaten )

mationsversorgung als Holschuld.


Kommunikation Beziehungen

Client
(Telefon, Fax, E- (Verflechtungen,
Durch Um- Abb.3-46 beschreibt den Aufbau der Mar- Mail ) Kontakte)
züge ändern
sich in
keting-Database von AZ Bertelsmann Di-
Deutschland rect (AZ Direct). Als Hauptvorteile betont Objekte (Adressen)
(Person, Haushalt, Ansprechpartner, Firma,
täglich Bertelsmann: Konzern, Betriebsstätte)
25.000 • Verwaltung beliebiger Daten,
Adressen.
Allgemein • internationale Ausrichtung, Application Interface
gelten 20% • Mandantenfähigkeit (insbes. für SAP-
aller Daten- Anbindung),
bank-Adres- Interation Adressmanagement-Tools,

Server
• physische Datenbank (z.B. Oracle)
sen als un-
zustellbar. • Operatives Kampagnenmanagement
(vgl. VLS, (Direktmarketing-Aktionen), (Quelle: AZ Contact, AZ Bertelsmann Direct)
7/2003, S. • Call-Center-Einsatz.
3) Ein Data Warhouse der Superlative ist das der Deutschen Lufthansa mit 1 Terabyte
Rohdatenvolumen, über 10 Mio. Miles&More-Kunden, 300 Mio. Kundentransaktio-
nen, 350 Mio. Check-in-Aktivitäten und 900 Mio. Kundentransaktionen!

3.5.3. Datamining
"Der Kunde ist König, doch niemand kennt ihn. Front-Manager im Marketing und
Verkauf tragen aus dem Stegreif alle Einzelheiten über ihr Produktsegment vor, aber
welche Wünsche und Probleme die Kunden haben, ist für die meisten Marketiers ein
Buch mit sieben Siegeln."357

Durch Alle aufgezeigten Markttests beruhen auf Ausgangshypothesen. Die Unternehmung


Datami- hat z.B. eine Vermutung, dass bestimmte Variablen eine Kaufentscheidung für ein
ning kann
die DiBa
Produkt oder die Zufriedenheit der Konsumenten beeinflussen, und man misst dann
feststel- Stärke und Abhängigkeiten dieser a priori definierten Einflussgrößen. Selbst die Fak-
len, wel- torenanalyse bedient sich gewisser Ausgangsvariablen (oder Items). Wie aber lassen
ches sich völlig unbekannte und oftmals überraschende Kaufvariablen und deren Zusam-
Produkt
zu jedem menhänge aufspüren. Dieses Aufspüren a prioi unbekannter Zusammenhänge
der 2,5 (Muster, Patterns, Profile) im Kaufverhalten ist Anliegen des Dataminings.358
Mio.
Kunden "Datamining ist der Prozess des Entdeckens bedeutsamer neuer
am besten Zusammenhänge, Muster und Trends durch die Analyse großer Datensätze
passt.
mittels Mustererkennung sowie statistischer und mathematischer Verfahren."
(E. Brethenoux, Gartner Group).
Wissenschaftstheoretisch handelt es sich um explorative Analysen.

Vereinfacht kann gesagt werden: Die klassische Marktforschung analysiert was und
warum gekauft wurde. Datamining trifft Voraussagen, was gekauft werden wird:
• 40 Prozent der männlichen Kunden, die zur Biermarke x greifen, kaufen auch
Zigaretten der Marke y,
357
Beuthner, (CRM), in: IT-Director, 12/2000, S. 70
358
vgl. Ahlemeyer-Stubbe, (Datamining), in: acquisa, 6/2000, S. 22
182 Marktorientierte Unternehmensführung

• Kunden, die den Rückkaufwert ihrer Lebensversicherung erfragen, wollen mit


90-prozentiger Wahrscheinlichkeit kündigen,
• Kunden, die Interesse an dem PKW-Modell x zeigen, sind mit 80 prozentiger
Wahrscheinlichkeit auch für die Sonderausstattung y zu begeistern.

Datamining ist auf große Datenbestände angewiesen, wie sie z.B. bei Banken, Versi-
cherungen, Stromversorgern, Kreditkarten- oder Telekommunikationsunternehmen
vorliegen. Insofern hängen Datamining und Data Warehouse zusammen. Ein Data
Warehouse stellt dem Datamining Massendaten für explorative Auswertungen zur
Verfügung. Dabei hat Datamining ein spezielles Problem zu lösen. Über 90 Prozent
der in einem Unternehmen anfallenden Daten sind nicht numerischer Natur. Es sind
dies Briefe, Sprachaufzeichnungen, E-Mails, SMS-Mails. So verlagert sich der
Schwerpunkt des Datamining hin zur statistischen Auswertung von verbalen Daten
(Text-Mining-Tools).359

Von der Marktforschung und Marketing wollen den Kunden und sein Verhalten genau sezie-
Informa-
tion zur
ren. Aber wozu? Der Aufwand lohnt nur dann, wenn die Informationen von Markt-
Aktion. forschung und Marktanalyse sehr schnell beim Kunden, für Aktionen am Point of
Sale, genutzt werden können. Diese Feedback-Schleife des Kundenwissens wird
durch Closed Loop angestrebt.

3.5.4. Closed Loop


Durch einen Closed Loop werden sämtliche Kontakt- oder Transaktionsdaten,
die im Rahmen von Marketingaktionen (Call-Center, Kampagnen, Direktmar-
keting), Marktforschung oder im Wege betriebswirtschaftlicher Analysen
(Business Intelligence) gewonnen werden, nach Analyse und Aufbereitung in
Form eines Informationskreislaufes an die Abteilungen mit Kundenkontakt
zurückgegeben. Ziel ist ein aktueller und konsistenter Informationsstand in
allen kundenbezogenen Anwendungen (Applikationen) und eine schnelle
Umsetzung des Wissens in Aktionen.
Abb.3-47
DATA WAREHOUSE, DATAMINING UND CLOSED LOOP

Analytische Systeme Operative Systeme

Market Marketingkampagnen
Research
Backoffice

Frontoffice
Business (Außendienst)
DATAWAREHOUSE
Intelligence (BI)
Kundendienst,
Kundenservice

Datamining

Inform ationsrückkopplung Inform ationsrückkopplung zu den


zu den Stabsbereichen operativen Abteilungen (Closed Loop)

359
Diese Entwicklungen werden insbesondere von IBM, Oracle und Microsoft stark forciert: vgl.
Haines, (Zahlen), in: Client/Server, 5/2000, S. 82
3. Kapitel: Das Marktinformationssystem 183

Im klassischen Marketing arbeiten Call-Center und Frontend (Außendienst) auf her-


kömmliche Weise mit separaten Datenbeständen. Auch die im Rahmen von Kam-
pagnen gewonnen Kundendaten müssen oft umständlich und zeitraubend an die
Kundenbetreuer in Innen- und Außendienst zwecks Weiterverfolgung (Akquisition)
übergeben werden. Der Closed Loop-Ansatz hilft, diesen Graben zwischen Marke-
ting und Vertrieb zu überwinden und Daten integriert und regelkreismäßig den
Kundenabteilungen zur Verfügung zu stellen.360 Dies geschieht mit Hilfe von CRM-
Systemen. Diese stossen selbststeuernd Kundenaktionen auf der Grundlage von ge-
neriertem (Markt)Wissen an. Abb.3-47 schematisiert das Closed Loop-Konzept.

Alle aufgezeigten Ansätze dringen hinter der Bugwelle von CRM und E-Business in
das Rampenlicht. Die Konzepte sind kostspielig. Sie werden aber in den nächsten
fünf Jahren bei den größeren Unternehmen nicht mehr wegzudenken sein, die ihren
BtoC-Direktvertrieb ausbauen möchten (beispielsweise Energieversorger, Lufthansa,
Die Bahn, Deutsche Telekom, Bertelsmann, Telekommunikationsanbieter, Kunden-
kartenanbieter, Versandunternehmen etc.).

3.6. Die Bedeutung des Marktinformationssystems für die


Marktorientierte Unternehmensführung
Abb.3-48
FAKTEN ZUM WISSENSMANAGEMENT

Die weltweit verfügbaren Informationen betragen ca. 12 Exabyte = 12 Mio. Terabyte.


20 Terabyte entsprechen dem Dateninhalt der Staatsbibliothek der USA.
1999 wurden 1,5 Exabyte neuer Daten generiert. Dieser Wert wird sich in den kommenden Jahren jeweils
verdoppeln.
Nur 0,003 % aller Informationen liegen in gedruckter Form vor; 93 % sind bereits digital gespeichert.
Auf jeden Bürger der Erde entfallen ca. 250 Megabyte Daten.
(Untersuchungen der Universität von Berkeley, Californien. Vgl. Brockhagen, (retten), in: FAZ v. 20.3.2001, S.
B9)

Die Markt(er)forschung ist keine Insel für Spezialisten und akademische Marketing-
stäbe. Marktforschung wird zunehmend als Aufgabe für alle Mitarbeiter zur Generie-
rung von Unternehmenswissen erkannt. Was die Praxis zuweilen stört, ist die Be-
zeichnung „Forschung“. Es kann hier aber nicht deutlich genug auf die Erfordernis
zur Einbindung der Marktforschung in die marktorientierte Unternehmensführung
hingewiesen werden. Die Zeiten eines „Blindfluges durch den Nebel“ sollten vorbei
sein. Dazu ist das Führungsrisiko mittlerweile zu groß.

Die strategische Bedeutung der Marktforschung und des Marktinformationssystems


für die marktorientierte Unternehmensführung liegt nach Meffert in sechs grundle-
genden Funktionen gemäß Abb.3-49:361
Abb.3-49
DIE STRATEGISCHEN FUNKTIONEN DES MARKTINFORMATIONSSYSTEMS

Frühwarnfunktion Marktrisiken werden frühzeitig aufgespürt


Innovationsfunktion Chancen werden frühzeitig erkannt
Managementfunktion Management-Entscheidungen werden abgesichert
Unsicherheitsreduktions-Funktion Transparenz über Märkte und Kunden wird geschaffen
Strategische Funktion ein Fundament für die strategische Planung liegt vor
Servicefunktion für alle Unternehmensbereiche wird Marktwissen bereitgestellt

360
vgl. Martin, (Closed Loop), in: acquisa, 11/2000, S. 10-14
184 Marktorientierte Unternehmensführung

Marktfor- Hierzu ist anzumerken:


schung ist
Aufgabe
⌦ Marktforschung; konkret die Marktbeobachtung, ist heute eine unabdingbare
aller Füh- Aufgabe für alle Mitarbeiter mit Kunden- und Wettbewerbskontakten.
rungskräfte ⌦ Zu viele Markt(forschungs)informationen verstauben leider nach Projektab-
und Mitar- schluss und Ergebnispräsentation in den Ablagen. Sie finden keinen Zugang in
beiter mit
Kundenkon- integrierte Datenbanken und können dann auch nicht im Sinne des Closed Loop
takten. für gezielte Kundenaktionen genutzt werden. Kostspielige Marktforschungsstu-
dien sind abgeschlossen, aber Marketing und Vertrieb erhalten keinen Zugriff
auf die Ergebnisse und haben keinen Nutzen hiervon.
⌦ Alle Mitarbeiter sollten deshalb darüber informiert sein, welche Daten wo mit
welcher Zugangsberechtigung liegen (Data Warehouse Konzept).
⌦ Von herausragender Wichtigkeit ist in diesem Zusammenhang das Informations-
system mit der Kundendatenbank im Mittelpunkt. Diesbezüglich wird Marktfor-
schung oft verhindert, weil der Vertriebsleiter nicht den Mut hat, die leidige Fra-
ge „wer pflegt denn nun die Daten“ zu beantworten. Wenn jeder Mitarbeiter mit
Kundenkontakt Marktforschungsverantwortung trägt, dann sollte sich auch jeder
für die Pflege der von ihm eingebrachten Informationen zuständig fühlen.
⌦ Immer wieder spannend ist in der Praxis die Frage nach Marktpotenzialen und
Marktanteilen. Das gilt insbesondere für technische Märkte, die meist stark
fragmentiert sind. Hier sollten der Austausch mit Hauptwettbewerbern nicht ge-
scheut und die Bande zu Kammern und Fachverbänden enger geknüpft werden.
Für die Verbandsvorstände heißt das andererseits, Aufklärung über die Vorteile
eines Datenaustausches zu betreiben und die Fachverbandsmitglieder stärker in
die Pflicht zu nehmen. Warum viel Geld in Marktanteilsstudien investieren,
wenn am Abend nach der Verbandssitzung Marktinformationen aus erster Hand
verfügbar sind? Das Entscheidende ist natürlich, dass die Wettbewerbskollegen
diesen Daten trauen. Bei zunehmender Professionalität im Vertrieb wird dies
immer weniger zu einer „Frage der Weltanschauung“. Denn zur Professionalität
gehört es, einem Konkurrenten Vertrauen entgegen zu bringen. Betrogen wird
man nur einmal - und die Welt ist klein.
⌦ Ein „kleines Budget“, wie es oft im Mittelstand zu finden ist, sollte kein Hemm-
schuh für mehr Marktwissen sein. Kleinere regionale Marktforschungsinstitute
bieten heute Spezialstudien, die auf jedes Budget hin zugeschnitten sind.

Der Verle- Der Unternehmensdatenberg wächst laut einer Studie von MicroStrategy um jährlich
ger der New
York Times,
75 bis 150 Prozent. Ein einzelner Mitarbeiter kann kaum noch überblicken, welche
Rutherford Informationen für zukünftige Entscheidungen Relevanz besitzen - und wo er diese
D. Rogers, Daten finden kann. Wenn Siemens wüsste, was Siemens weiss. Ein Information
im Februar Overload droht. Dieser Zukunftsblick unterstreicht abschließend noch einmal die
1988: "Wir
ertrinken in Bedeutung eines effizient organisierten Marktinformationssystems für die Arbeit von
Informatio- Marketing und Vertrieb.
nen und
dürsten nach Nach der Erarbeitung der strategischen und operativen Unternehmensziele und -
Wissen."
maßnahmen und deren Fundierung durch Marktdaten ist jetzt über den Einsatz der
Marketing- und Vertriebsinstrumente zu entscheiden.

361
vgl. Meffert, (Marketing), 2000, S. 96
4. DIE LEISTUNGSPROGRAMMPOLITIK

4.1. Grundbegriffe und Grundzusammenhänge


4.1.1. Leistungsprogrammpolitik - Ziele und Aufgaben
79% der mittelständischen Unternehmen halten die Neu- und Weiterentwicklung von
Produkten und Dienstleistungen für die Entwicklung ihres Betriebes für äußerst bzw.
sehr wichtig. (TNS Infratest-Umfrage im Auftrag der Deutschen Bank).

D
362
ie Produktpolitik gilt als „Herz des Marketing“. Gute Produkte sichern die
Marktanteile von morgen. Schlechte Produkte lassen sich auch durch ein noch so
gutes Marketing nicht dauerhaft kaschieren. Intelligente Produktvorteile geben den
Unternehmen auf den sich immer weiter angleichenden Märkten zeitliche Wettbe-
werbsvorsprünge.363 Der Konkurrenzkampf setzt die Unternehmen deshalb unter
Neuerungsdruck. Neue Produkte, gar Innovationen,364 sind Ausdruck unternehmeri-
scher Dynamik. Die Unternehmen geraten in eine Beschleunigungsspirale, die sich
immer schneller dreht und deren Auswirkungen alljährlich auf den Fachmessen (vor
allem auf der Hannover-Messe) zu beobachten sind.365

Für das Marketing stellt alles, „was einer Person angeboten werden kann, um ein
Bedürfnis oder einen Wunsch zu befriedigen,“366 ein Produkt dar. Diese Definition ist
weit gefasst. Sie bezieht selbstverständlich Dienstleistungen ein. Abschnitt 1.1.2.
lieferte bereits eine Systematik der Güter und Dienstleistungen. Abb.1-4 fügte Sach-
gut-, Service- und Dienstleistungen zu Kombinationen zusammen. Üblicherweise
behandeln Lehrbücher die produktbezogenen Zusammenhänge im Rahmen des Mar-
ketingmix-Instrumentes Produktpolitik.367 Unbestreitbar bildet auch das einzelne
Produkt (die singuläre Leistung) den Ausgangspunkt aller Überlegungen. Offensicht-
lich bringen die Unternehmen aber abgestimmte Bündel von materiellen und imma-
teriellen Leistungen, sog. Leistungsprogramme, in die Märkte (Beispiel: Hugo
Boss). Um diesen Aspekt der Steuerung von Leistungsbündeln zu betonen, wird hier
von Leistungsprogrammpolitik gesprochen. Die Produktpolitik ist dann der zentrale
Bestandteil der umfassenden Leistungsprogrammpolitik.

Die Leistungsprogrammpolitik umfasst alle Maßnahmen und Instrumente


zur Erschaffung, zur Gestaltung, zur Pflege und zur Marktaufgabe von Sach-
gütern und/oder vermarktbaren Dienstleistungen in Kombination mit Service-
leistungen mit den Zielen Emotionalisierung und Wettbewerbsdifferenzierung.
Die Angebotspolitik umfasst die Leistungsprogramm- und die Preispolitik.

Leistungsprogrammpolitik ist nicht allein Aufgabe des Marketing. Die Bereiche


F&E, Fertigung, Materialwirtschaft, Einkauf und Anwendnungstechnik sind in die
marktbezogenen Fragen der Leistungsprogrammpolitik mit einzubeziehen.

362
vgl. Becker, (Marketing-Konzeption), 1998, S. 490 (in der neuen 8. Aufl. 2006 auf die Produktleis-
tung eingegrenzt, s. dort S. 490); vgl. auch Haedrich; Tomczak, (Produktpolitik), 1996, S. 7
363
es sei denn, man kann von einem sicheren Patentschutz oder einer geheimen Rezeptur profitieren,
wie das augenscheinlich Coca Cola oder Underberg können.
364
Unter Innovationen wollen wir hier Produkte oder Fertigungsverfahren verstehen, die für die anbie-
tende Unternehmung grundsätzlich neu sind und vom Markt auch als echte Neuerung des Anbieters
aufgenommen werden.
365
Backhaus meint: „Die Beschleunigungsspirale treibt die Wirtschaft zu immer schnellerem Wechsel.
Erfahrung und Orientierung gehen verloren.“: Backhaus, (Langsamkeit), in: MM, 11/1997, S. 246
366
Kotler; Keller; Bliemel, (Marketing-Management), 2007, S. 12
367
vgl. als eine Ausnahme : Hofbauer; Schweidler (Produktmanagement), 2006 (Prozessansatz!).
186 Marktorientierte Unternehmensführung

Abb.4-1
ENTSCHEIDUNGSFELDER DER DIE ERFOLGSEBENEN EINES PRODUKTES
Abb.4-2
LEISTUNGSPROGRAMMPOLITIK
für: die logistische Ebene die Artikelnummer für das Produkt
Systeme,
PORTFOLIOSTRATEGIE die physische Ebene das greifbare und messbare Produkt
Anlagen,
Komponen- LEBENSZYKLUSSTRATEGIE die psychische Ebene das gefühlsmäßig erfahrbare Produkt
ten, Produk- POSITIONIERUNGSSTRATEG. die Nutzenebene Bedürfnisbefriedigung und Problemlösung
te, Teile, KERNKOMPETENZSTRATEGIE
die Markenebene das Produkt als Marke im Kopf des Käufers
Dienstleis-
die Serviceebene die Serviceelemente eines Produktes
tungen und
Serviceleis- die Programmebene die Position im Gesamtprogramm
PROGRAMMSTRATEGIE
tungen. Programmausw eitung
Programmkonsolidierung
Programmeinschränkung
Abb.4-1 stellt die Entscheidungsfelder der Leis-
(in Programmtiefe und -breite) tungsprogrammpolitik im Zusammenhang dar. Am
Programm-Diversifikation Anfang stehen übergeordnete Fragen der strategi-
schen Ausrichtung des Leistungsangebotes, bevor
PRODUKTSTRATEGIE
es im Rahmen der Produktpolitik i.e.S. an die Ge-
Innovationspolitik staltung des einzelnen Produktes und die der kom-
Produktvariation plettierenden Dienst- und Serviceleistungen geht.
Produktdifferenzierung Wie ist das Leistungsprogramm der Unternehmung
zu beurteilen? Wie werden Produkte geschaffen
PRODUKTPOLITIK i.e.S. und im Zeitablauf über den Lebenszyklus verän-
Leistungsvermögen dert? Welche Service- und Dienstleistungen sind
Haltbarkeit, Qualität
zur Komplettierung der Kernleistung sinnvoll?
Produktäußeres, Design
Name, Logo, Imprints Diese Fragen werden in diesem Kapitel behandelt.
Verpackung
V k Zunächst soll die Vielschichtigkeit des Produkt-
begriffes verdeutlicht werden. Abb.4-2 zeigt die
ARRONDIERUNGSSTRATEGIE
Pre Sales und After Sales
Ebenen des Produktbegriffes, die für die Leis-
Dienst- und Serviceleistungen tungsprogrammpolitik aus unterschiedlichen Blick-
richtungen heraus wichtig sind. Der Produktbegriff
ist also außerordentlich komplex. Bei Fisherman´s
Friend z.B. denkt der Lebensmittelchemiker nüchtern an die Spezifikation bzw. an
die Rezeptur. Der Konsument dagegen spürt die frische Brise und Weite des Atlan-
tiks. Das Produkt fügt sich in seine Gefühlswelt ein. Als Marke erobert das Produkt
Fisherman´s Friend so einen kleinen Raum in seinem Kopf.368 Der Käufer erwartet
von einem Produkt Nutzenerbringungen. Die Leistungsprogrammpolitik wird also
einen Weg von der Produktidee über die Gestaltung des Produktes bis hin in die Ge-
fühlswelt des Käufers zu gehen haben. Hilfreich für die Weggestaltung ist die
Kenntnis vom Zwiebelschalenaufbau der Produkteigenschaften.

4.1.2. Das Zwiebelschalenmodell eines Produktes


Die Eigenschaften eines Produktes bilden gewissermaßen eine Zwiebelschale:369
(1) Der Produktkern steht im Zentrum. Er verkörpert die gundlegende Problemlö-
sung, den Grundnutzen aus Käufersicht. Der Produktkern ist die Idee einer Prob-
lemlösung. Bsp. für einen neuen Duschkopf: Waschwasser von oben.
(2) Das generische Produkt stellt das funktionsfähige Basisprodukt dar. Dieses er-
füllt lediglich den Grundnutzen. Bsp.: Schlauch und Brause.
(3) Das erwartete Produkt enthält alle nutzenbringenden Eigenschaften und das
übliche Aussehen, das der Käufer bzw. die im Visier stehende Käuferschicht
368
nicht wissend, dass es sich um ein gekauftes Markenzeichen handelt. Es ist also das Marketing, das
den Schlüssel für das Herz des Verbrauchers liefert, nicht die Rezeptur.
369
vgl. in Anlehnung an eine Darstellung von Kotler; Keller; Bliemel, (Marketing-Management), 2007,
S. 492-494; sowie Scharf; Schubert, (Marketing), 2001, S. 67-70
4. Kapitel: Die Leistungsprogrammpolitik 187

Abb.4-3
5 mindestens erwartet. Bsp.: 1,5m biegsamer Schlauch,
Duschkopf mit Wassersieb, leicht wechselbare Dichtung.
4 (4) Das erweiterte Produkt ist Ergebnis der zusätzlichen An-
3
strengungen der Hersteller, sich durch besondere Produktei-
genschaften voneinander zu unterscheiden. Es ergänzt das
erwartete Produkt um die Zusatznutzen (Added Values).
2
Bsp.: Duschkopf mit exklusivem Design und Entkalkungsau-
1 tomatik.
(5) Das maximale Produkt definiert sich durch den maximalen
Gestaltungsrahmen für die Produkteigenschaften (Produkt-
vision). Es ist Aufgabe der Innovationspolitik, die Grenzen
des maximal Möglichen stetig auszudehnen. Das Marketing muss darauf hinwir-
ken, dass sich die Kundenerwartungen entsprechend mit entwickeln. Ansonsten
verkommen alle Produkte irgendwann zu Commodities. Bsp.: Duschkopf mit e-
lektronisch geregeltem Wasserdruck und Entkalkungselektronik, wahlweise
Champagnerdusch-Umstellung für Studentenheime. Controlling und Technik
formulieren die Restriktionen.

Diese Ausführungen betonen eine notwendige, enge Verzahnung von F&E bzw.
Technik und Marketing. Aufgaben der Leistungsprogrammpolitik sind es folglich,
(1) Technik (Geschmack) und Produktdesign kostenmäßig tragbar auf Verbraucher-
wünsche hin auszurichten,
(2) dabei die Kunden für neuartige Problemlösungen (Bedürfnisweckung) und neue
technische Funktionalitäten zu gewinnen,
(3) diese falls möglich durch Schulungen, Systeme, Verträge (Wartungsverträge) o.ä.
Instrumente zu binden (Kundenbindung),
(4) sich vom Wettbewerb zu differenzieren und so Wettbewerbsvorteile zu erringen.

4.1.3. Die Produkt-Nutzenhierarchie


Abb.4-4 Ein Produkt ist oftmals nur Mittel zum
Bezie- Zweck. Den Kunden interessiert in erster
hungsnut- Linie die Lösung seines „Problems“. Sei- Emotionaler
Nutzen
zen: "Ich ne Nutzenerwartungen müssen erfüllt
habe eine 370 Prozess- Beziehungs-
Beziehung
werden. Die Nutzen von Konsumgütern nutzen nutzen
Anwendungs-
zu meiner ordnen sich in der Konsumtheorie in nutzen
Schere", Form einer hierarchischen Pyramide, wie
sagte die Wirtschaftlich-
sie Maslow in seiner Bedürfnispyramide keitsnutzen Prestige-
Friseuse. nutzen
"Nur mit ihr aufzeigt (s. noch einmal Abb.1-1). Abb.4-
kann ich 4 spannt den Bogen weiter und führt auch
schneiden. Nutzenkategorien von Industriegütern auf. Funktions- Erfolgs-
Sie hat 250 Die höchsten Stufen der Nutzenerfüllun- grundnutzen nutzen
Euro gekos-
tet, und ich gen beinhalten Prestigenutzen und Er-
habe sie jetzt folgsnutzen. Der Erfolgsnutzen schlägt
8 Jahre. Sie sich bei einem Geschäftskunden in dessen betriebswirtschaftlichen Erfolgskriterien,
hat länger
wie Umsatz, Marktanteil und Marktmacht, Ergebnis etc., nieder.
gehalten als
meine Ehe."
(Salon Ca- Aber nicht nur technische und kaufmännische Nutzenkategorien sind zu beachten.
rin) Bei erfolgreichen Produkten schafft es das Marketing, dass emotionale Bindungen
zwischen Produkt und Besitzer entstehen. Insbesondere im Dienstleistungsgeschäft
spielt der Beziehungsnutzen eine überragende Rolle.
370
Kairies spricht hier von den KBF´s, den Key Buying Factors. Diese zu erforschen, ist zentrale
Aufgabe des Produktmanagements. Vgl. Kairies, (Produkt Management), 2006, S. 169
188 Marktorientierte Unternehmensführung

4.1.4. Die Produktprogramm-/Sortimentshierarchie


Abb.4-5 Abb.4-5 zeigt die Ebenen DIE EBENEN DER PRODUKTHIERARCHIE
der Produkthierarchie. Es
1. Artikel: Dübel
überlappen sich sorti- 2. Artikelvariante: Dübel 5mm (unterste Ebene für EDV-Schlüssel)
mentsbezogene Sachver- 3. Produkttyp / Sorte / Sortimentslinie: Wanddübel
4. Produktmarke: Fischer Dübel
halte mit Phänomenen 5. Produktgruppe / Sortimentsgruppe: Befestigungsmaterialien
der Marktseite. Am An- 6. Produktlinie: fertigungstechnisch zusammenhängende Produkte, hier
Kunststoffdübel 4 – 5 mm
fang der Leistungs- 7. Produktfamilie / Warengruppe: Baumaterialien Decke und Wand
programmplanung steht 8. Produktklasse / Warengattung: Bau- und Heimwerkermaterialien
9. Bedürfnisfamilie / Warenbereich: feste Verankerung
zunächst eine Beurteilung
des Leistungsprogramms.

4.2. Strategische Stoßrichtungen


4.2.1. Die Orientierung am Produkttechnologie-Lebenszyklus
In der Vorstufe der strategischen Programmplanung sind die Produkte hinsichtlich
ihres technischen Standes zu überprüfen. Die Wirtschaftswissenschaften haben das
biologische Paradigma vom Entstehen, Wachsen und Vergehen von Organismen in
das Konzept eines Produktlebenszyklus überführt. Abb.4-6 zeigt die Lebenszyklus-
positionen ausgewählter Technologien (leider Stand 2000).371 Die Literatur liefert oft
komplizierte Grafiken, die die zeitlichen Verläufe von Absatz, Umsatz und Ergebnis
in einer Zeichnung zusammenfassen.372 Wir raten, nur die Lebenslinien von Absatz-
mengen für Technologien zu betrachten, um die Einflüsse der Verkaufs- und Preis-
politik aus dem Verlauf von Lebenszykluskurven herauszuhalten.373
Abb.4-6 ST EL LU NG VO N PRO DU KTEN IM LEBEN SZYKLU S
P er so nal- C om pu te r

V e rk eh rs fl ugzeu ge
He rre n- K os m etik

P au sc h alre is en
E r nergy -Drink s
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B iotec h nolo gie

Ferns eh ger äte


M ob iltelefon e
In line-S kates

M ik roc h ips

Zig arette n
S c hiffe
P K Ws

L K Ws

Uh ren
Bi er

Absatz
Absatzmengen im
relevanten Markt

Der PLZ stellt


Technologien dar:
Digitales Fernse-
hen

Wachstums-
Highlights
2005/2006:
Flachbild-
schirme; mit
Wachstums- Zeit
raten von
über 50%
Einführung Wachstum Reife Sättigung Degeneration Marktausstieg
p.a.

371
Quelle: Meffert, (Marketing), 2000, S. 342; dort als Abbildung 3-34
372
vgl. z.B. die umfassende Grafik bei Hopfenbeck, (Betriebswirtschaftslehre), 1989, S. 552; oder
Haedrich; Tomczak, (Produktpolitik), 1996, S. 99
4. Kapitel: Die Leistungsprogrammpolitik 189

Abb.4-6
Abb.4-7 Wichtig auch: Die Kurve zeigt
BEZUGSGRÖSSEN FÜR DEN PRODUKTLEBENSZYKLUS
Technologien z.B. Intel-Pentium Chip
jährliche Absatzmengen. Im
Branchen z.B. TV-Flachbildschirm-Industrie Schrifttum wird dies nicht im-
Produktgruppen z.B. schnurloseTelefone mer erwähnt. Die Absatz-
Produktgenerationen z.B. Mercedes E-Klasse mengen können gemäß Abb.4-
Modellreihen z.B. VW Golf 2007 7 auf unterschiedliche Bezugs-
größen bezogen sein.374 Die
Bezugsgrößen sollten aber immer mit dem technischen Fortschritt korrelieren. Zur
Bestimmung der Strategie für ein einzelnes Produkt ist die Lebenszyklusanalyse un-
geeignet.375 Die Leistungsprogrammpolitik fragt danach, in welcher Lebensphase
sich die Technologie befindet, auf der die Produkte eines Geschäftsfeldes (einer Pla-
nungseinheit) beruhen.

Die Phasengrenzen des Lebenszyklus sind nicht klar zu trennen. Abb.4-8 dient da-
her nur zur Orientierung.376 Die Phasengrenzen entsprechen auch nicht exakt denen
der Abb.4-6. Zuweilen werden Reifephase und Sättigungsphase gleichgesetzt. Für
die Degenerationsphase werden auch Begriffe wie Schrumpfungs-, Rückgangs- oder
Niedergangsphase verwendet.

Im Ablauf des Produktlebenszyklus hat die Leistungsprogrammpolitik schwer-


punktmäßig die folgenden Aufgaben zu erfüllen:377
DaimlerCh- (1) Am Anfang steht die Neuproduktentwicklung. Sie begleitet das Produkt auf
ryslers dem Weg von der Erfindung (Invention) über die Realisierung (Innovation) bis
Rückrufak- hin zur Markteinführung und noch darüber hinaus. Auf diesem Weg arbeiten
tion 2005:
1,3 Mio. Technik und Vertrieb eng zusammen. Fehlentscheidungen in diesen Phasen füh-
Fahrzeuge, ren zu Entwicklungsabbrüchen, erfolglosen Markteinführungen (Produktflops378)
400 Mio. oder Rückholaktionen für unausgereifte Produkte. Schnell muss es gehen. Der
Euro Kos- Produktlebenszyklus eines neuen Handys beträgt nur noch 6 Monate.
ten.
(2) Schon bald nach der Markteinführung droht Alterung infolge technischen Fort-
schritts. Man reagiert hierauf und auch auf den zunehmenden Konkurrenzdruck
durch Produktvariationen und / oder Produktdifferenzierungen.
Abb.4-8
PHASENABGRENZUNGEN FÜR DEN PRODUKTLEBENSZYKLUS
Phase Beginn Ende strategische Stoßrichtung

- Einführungsphase ab erstem Umsatz Gewinnschwelle Vertriebs-, Werbestrategie


- Wachstumsphase Gewinnschwelle maximale Wachstumsrate Markenprofilierung
- Reifephase sinkende Mengenzuwächse max. Durchschnittswachstum Produktvariation
- Sättigungsphase max. Durchschnittswachstum Absatzmaximum Produktdifferenzierung
- Degenerationsphase Absatzmaximum Folgetechnologie etabliert Abverkaufsmaßnahmen
- Marktausstiegsphase Verlustzone in Aussicht Produktelimination opportunistisches Verhalten

373
So ergeben sich z.B. am Anfang völlig unterschiedliche Verläufe beim Vergleich von Skimming
Price und Penetration Price Policy. Vgl. die entsprechenden Ausführungen im 5. Kapitel.
374
vgl. auch Meffert, (Marketing), 2000, S. 343
375
vgl. auch die Kritik bei Meffert, (Marketing), 2000, S. 333. Außerdem gibt es Meinungen, der PLZ
sei das Ergebnis von und nicht die Ursache (Bestimmungsvariable) für Marketingstrategien: vgl. Kot-
ler; Keller; Bliemel, (Marketing-Management), 2007, S. 1033
376
vgl. Kairies, (Produkt Management), 2006, S. 67
377
Eine Zusammenstellung von Charakteristika der Phasen des Produktlebenszyklus, die wohl keine
Wünsche offen lässt, ist zu finden bei: Meffert, (Marketing), 2000, S. 344-345
378
Man geht davon aus, dass nur 1 Produktidee von ca. 50 – 60 in einem erfolgreichen Neuprodukt
endet. Kotler beschreibt ein „Dilemma der Neuproduktentwicklung“: Die Unternehmen sind trotz
niedriger Erfolgsaussichten für ein Entwicklungsvorhaben zu Produktentwicklungen gezwungen: vgl.
Kotler; Keller; Bliemel, (Marketing-Management), 2007
190 Marktorientierte Unternehmensführung

In der Praxis Produktvariationen sind Veränderungen bestehender Produkte.379 Produkt-


gelten 90%
der neuen eigenschaften werden ersetzt, verbessert, hinzugefügt oder weggelassen.
Produkte als Neue, angepasste Service- und Dienstleistungen sollen für zusätzliche Kauf-
Weiterent- anreize sorgen. Produktvariationen sind bereits am Ende der Wachstums-
wicklungen
(= Line
bzw. zu Beginn der Sättigungsphase zu erwägen, wenn Wettbewerbsvor-
Extensions). sprünge durch gute Nachfolgeprodukte schwinden.
Produktdifferenzierungen folgen spätestens in der Sättigungsphase. Sie
führen zu einem parallelen Angebot von zusätzlichen Produktvarianten, um
alte Zielgruppen zu halten und neue Zielgruppen zu gewinnen.380 Insofern
Die Zahl der
im Handel in sind Produktdifferenzierungen strategische Instrumente für eine systema-
den letzten tische Marktentwicklung, wie bei der Darstellung der Produkt-/Marktmatrix
Jahren ange- von Ansoff aufgezeigt wurde (vgl. Abb.2-23).
botenen
Artikel ist (3) Irgendwann in der Niedergangsphase kommt ein Zeitpunkt (Point of no Return),
um 140%
gestiegen, ab dem der Rückzug aus dem Markt erfolgt. Man spricht auch von Produkteli-
die der Pro- mination. Das Produkt wird nicht mehr beworben. Es gibt Abverkaufsaktionen,
duktvarian- und letztlich verschwindet das Gut aus dem Angebot. Im technischen Geschäft
ten um bleibt der Ersatzteilverkauf, der dann meist höhere Deckungsbeiträge erwirt-
420%.
(Quelle: schaftet als das Produkt in der Niedergangsphase.
ASW,
2/2006, S. Die marktorientierte Unternehmensführung hat sich auf den Wechsel von Werden
32) und Vergehen der Material- und Fertigungstechnologien einzustellen. Selbst eine
gute Wettbewerbsposition in den frühen Phasen des Lebenszyklus kann einen dauer-
haften Markterfolg nicht garantieren. Diskontinuitäten, z.B. neue Rechtsprechungen
oder plötzlich aufkommender Substitutionswettbewerb, können den Zyklus innerhalb
kurzer Zeit wegbrechen lassen.381 Schon gar nicht kann der Lebenszyklus etwas über
den Markterfolg eines einzelnen Produktes eines Anbieters sagen. Die Produkterfin-
dung und -gestaltung schaffen lediglich Grundvoraussetzungen. Der langfristige Pro-
dukterfolg hängt von der Vermarktung und von dem Konkurrenzverhalten ab. So
können wir Hüttel folgen:
„Das Lebensrisiko von Produkten ist hoch, „unnatürliche Todesfälle“ sind an der
Tagesordnung. In den meisten der genannten Fälle ist die Lebenszyklusphase des Ver-
falls noch nicht erreicht, wenn bereits die „Sterbeglocke“ läutet.“382

4.2.2. Die Orientierung an Produkt- und SGF-Portfolios


Das Potenzial eines Leistungsangebotes wird in der Portfolio-Analyse durch den
Marktanteil bzw. die relative Wettbewerbsstärke erfasst. Der Planungsansatz wurde
eingehend im Abschnitt 2.3.4. beschrieben. Die Leistungsprogrammpolitik leitet ihre
Produkt- und Programmentscheidungen wie folgt aus Portfolio-Positionen ab:
• aus der Positionierung der eigenen Produkte oder der eigenen Geschäftsfelder
im Portfolio mit dem Ziel
a.) diese in bekannter Weise in förderungswürdige und förderungsunwürdige
Produkte zu trennen (Fragezeichen / Sterne / Melkkühe / Arme Hunde),
b.) daraus die geeigneten Prioritäten für Produktvariationen, Produktdifferenzie-
rungen oder Neuproduktentwicklungen abzuleiten,
c.) und gemäß dem Ziel der Ergebnisorientierung für ein finanzwirtschaftlich
ausgewogenes Portfolio zu sorgen,
• aus der Positionierung der eigenen Produkte im direkten Vergleich mit den An-
geboten der Konkurrenten.
379
vgl. Hüttel, (Produktpolitik), 1998, S. 301-314
380
vgl. Meffert, (Marketing), 2000, S. 439
381
vgl. Winkelmann, (Investitionsschübe), 1982, S. 1-3
382
Hüttel, (Produktpolitik), 1998, S. 149
4. Kapitel: Die Leistungsprogrammpolitik 191

Je nach Portfolio-Position sind unterschiedliche Produktstrategien ratsam:383


⌦ Für Question-Mark-Positionen: Die Produkte sind technisch zu optimieren.
Marketing und Vertrieb müssen sie über die kritische Wachstumsschwellen in
Star-Positionen mit hohen Marktanteilen drücken (Vorteil: Kostendegression!).
⌦ Für Star-Positionen: Diese sind durch Produktverbesserungen abzusichern. Pro-
duktvariationen und Programmergänzungen (Produktdifferenzierungen) zählen
zu den Aufgaben der Modellpflege in der späteren Lebenszyklusphase.
⌦ Für Melkkuh-Positionen: Besondere F&E-Aktivitäten sind nicht mehr sinnvoll.
Die Priorität gilt bereits dem Nachfolgeprodukt, dem Stern von morgen. Aus-
nahme: Relaunch-Strategien, die durch gezielte technische Veränderungen und
marktbezogene Aktionen versuchen, ein Produkt in der Melk-Position zu stabili-
sieren und damit den Niedergang in die Dog-Position zu verhindern.
⌦ Für Dog-Positionen: Die Produktentwicklung wird endgültig eingestellt. Der
Marktaustritt ist dann eine Marketing- und eine Kostenentscheidung.

4.2.3. Die Orientierung an Positionierungen und Einzigartigkeiten


„Für einen Es ist eine andere Frage, in welchem Maße die Produkte individuelle Kundennutzen
Heerführer
ist das Auf-
treffen und erfüllen. „Jede angebotene Leistung besitzt im subjektiven Blickwinkel
stellen sei- der Kunden eine bestimmte Position im Markt.“385
ner Truppen,
sie also zu Ein Käufer denkt und fühlt in individuellen Bedürfnis- bzw. Nutzenräumen.
positionie- Es ist Aufgabe der Produktpositionierung, die Stellung eines Produktes im
ren, eine
wesentliche Nutzenraum der Käufer aufzuspüren (reale Produktposition) und eine
Vorausset- eigene, unverwechselbare Angebotsposition im Vergleich zu Konkurrenzpro-
zung für den dukten so zu definieren, dass sich hieraus Ziele und Aufgaben für die Pro-
Erfolg in der duktgestaltung und für die Marktkommunikation (Werbung) ergeben.386
Schlacht.“384
Ein Produkt hat gute Erfolgschancen, wenn seine Produktposition im Nutzen-
raum mit der durchschnittlichen Wunschposition der Käufer der Zielgruppe
übereinstimmt (ideale Produktposition).

Ein Positionierungsverfahren läuft in folgenden Schritten ab:


(1) Zunächst sind die kaufentscheidenden Nutzeneigenschaften der Produkte im We-
ge von Käuferbefragungen zu eruieren (Marktforschungsprojekt mit VP).
(2) Anschließend gewichten Käufer diese Produkteigenschaften in den Relationen
zueinander nach ihren Nutzenempfindungen (reale Produktpositionen).
(3) Die gemessenen realen Produktpositionen werden in Nutzenportfolios (in Ei-
genschaftsräumen) visualisiert.
(4) Gleiches geschieht mit den zu vergleichenden Wettbewerbsprodukten.
(5) Für das eigene Produkt ist dann eine sog. Core Benefit Position (CBP) zu su-
chen. Eine CBP ist eine unverwechselbare Position im gefühlten Nutzenraum
(Präferenzraum), die noch nicht von Wettbewerbern besetzt ist.387
(6) Entsprechend den kundenseitig geäußerten Idealvorstellungen zu einem Produkt
(Wie sieht Ihr ideales Produkt aus?) lassen sich abschließend die Kunden im
gleichen Eigenschaftsraum scannen. Das Ergebnis sind ideale Kundenpositio-
nen im gleichen Präferenzraum.

383
vgl. auch Meffert, (Marketing), 2000, S. 363
384
Weinhold-Stünzi, (positionieren), 1996, S. 46
385
Haedrich; Tomczak, (Produktpolitik), 1996, S. 136
386
vgl. zum Ursprung Ries; Trout, (Positioning), 1986; Freter, (Marktsegmentierung), 1983; sowie
das ausführliche Werk von Tomczak; Rudolph; Roosdorp, (Positionierung), 1996; ferner Woratschek,
(Positionierung), 1998, S. 694-710. Hintergrund der Positionierungansätze sind die aus der Sozialpsy-
chologie stammenden joint space Modelle.
387
vgl. das Beispiel bei Scharf; Schubert, (Marketing), 2001, S. 118
192 Marktorientierte Unternehmensführung

(7) Kunden, die im Nutzenraum in Gruppen nahe beieinander gruppiert sind, sind zu
Kundensegmenten zusammenzufassen (Cluster-Bildung).

Abb.4-9 veranschaulicht die Vorgehensweise. Die Entfernungen zwischen den Kun-


den- und den Produktpositionen erlauben Prognosen über die Kaufwahrschein-
lichkeiten für die einzelnen Produkte. Die Abstände lassen bestimmte strategische
Stoßrichtungen sinnvoll erscheinen:
⌦ Wenn sich die eigene Position im Nutzenraum mit einem Kundensegment deckt,
dann ist weniger die Leistungsprogrammpolitik gefordert als vielmehr eine seg-
mentspezifische Kommunikations- und Vertriebsstrategie.
⌦ Falls nicht, dann gilt es, das eigene Produkt hinsichtlich Design, Leistungsfähig-
keit und Marktbotschaft mit einem tragfähigen Kundensegment zur Deckung zu
bringen; d.h., das eigene Produkt neu zu positionieren.

Zu unterscheiden sind die reaktive (passive) und die aktive Positionierung:388


(1) Bei der reaktiven (passiven) Positionierung wird das Produkt an bekannte und
offene Kundenwünsche angepasst. Man fährt eine defensive Produkt- und eine
aggressive Wettbewerbsstrategie (auch: Strategie der Imitatoren).
(2) Bei der aktiven Positionierung nach Ries und Trout werden Kunden beeinflusst
und auf trendsetzende Produkte vorbereitet. Es werden neue Nutzen und dadurch
neue Märkte geschaffen. Beim Unterfall der
(a) Outside-in-Orientierung werden latente, d.h. versteckt vorhandene (schlum-
mernde) Bedürfnisse geweckt und die eigene Produkt-Problemlösung auf die-
se hin ausgerichtet. Ein Produkt weckt einen schlafenden Markt.
(b) Bei der Inside-out-Orientierung geht es darum, für eine eigene Produktlö-
sung nicht vorhandene Kundenbedürfnisse völlig neu zu entwickeln („Traum-
fabrik“). Ein Produkt schafft sich seinen Markt. Hier spielt auch der Zeitgeist
eine Rolle. Wann sind Konsumenten reif für ein neues Bedürfnis?
Abb.4-9
Abb.-2: ZUSAMMENHANG ZWISCHEN PRODUKT- UND KUNDENPOSITIONIERUNG

hochpreisig
Core Benefit Position

unsere Position

Das Dilemma vieler passive aktive


Konsumprodukte: Positionierung Positionierung
In einer ZDF-Wiso-
Sendung im August 1999
waren Vorstandsmitglie-
der von Kaffee-Unterneh- modern konservativ
men nicht in der Lage, ihr
eigenes Produkt zu iden-
tifizieren. Der Chefredak-
teur der Zeitschrift Essen
& Trinken konnte den
koffeinfreien Kaffee nicht Marktsegment-1
herausschmecken.
Marktsegment-2
Nutzen- und Wettbe- = Produkt-Position
werbsdifferenzierung sind
die Ziele der Positionie- = Kunden-Position
niedrigpreisig
rung.

388
Diese Abgrenzung geht auf Tomczak zurück: vgl. Haedrich; Tomczak, (Produktpolitik), 1996, S.
143-150 sowie die dort angegebenen Originalquellen; ferner: Ries; Trout, (Positioning), 1986
4. Kapitel: Die Leistungsprogrammpolitik 193

Eine wichtige Frage bei der Vorbereitung einer Positionierungsstrategie lautet: Was
sind überhaupt die kaufentscheidenden Nutzenkriterien (Positionierungskrite-
rien), anhand derer ein oder mehrere Produkte von den zu befragenden Kon-
sumenten bewertet werden sollen? Zunächst gelten für Positionierungsmerkmale
folgende vier Anforderungen:389
Abb.4-10 (1) Eine Nutzeneigenschaft muss für den
Käufer wichtig sein. modern

(2) Eine Nutzeneigenschaft muss vom


Käufer deutlich wahrnehmbar sein. P4 P5
(3) Die Unternehmung muss über das
entsprechende Know-how zur pro- preiswert teuer
duktmäßigen Umsetzung der Nutzen-
eigenschaft verfügen.
(4) Eine Nutzeneigenschaft sollte dauer-
P1
haft stabil sein, d.h. ihre Bedeutung P2
für die Käufer längerfristig behalten
P3
(in der Praxis langfristig kaum mög-
lich). konventionell

Diese vier Fragen sind beson-


Abb.4-11
ders dann ernsthaft zu prüfen, POSITIONIERUNG VON AUTOMARKEN
wenn Nutzeneigenschaften a
Qualität
priori vorgegeben werden. Dies
gilt für die zahlreichen Positio- Mercedes
nierungsansätze, bei denen Saab

pragmatisch mit zwei bipolaren Renault VW


Skalen gearbeitet wird. Abb.4-
10 zeigt hierzu einen typischen
Nische

Ford, Opel

Masse
Eigenschaftsraum. Die Wichtig-
keit (Relevanz) der a priori fest- Renault

gelegten Nutzeneigenschaften Alfa Romeo Fiat


sollte durch Pretests überprüft
werden. Aber auch bei positiven
Vortests bleibt die Gefahr, die Qualität kein Fokus
Pfusch
wirklich wichtigen Produktei-
(Quelle: Plätzmann, ASW Sonderheft Marken 2003, S. 114)
genschaften zu übersehen. Nur
faktorenanalytische Verfahren
können die verborgenen Nutzenkriterien (die als Hintergrundvariablen wirken) auf-
decken.390 Trotz dieser methodischen Schwachstelle stellt die pragmatische Produkt-
positionierung heute ein unverzichtbares Instrument für die Bestimmung strategi-
scher Stoßrichtungen der Leistungsprogrammpolitik dar. Abb.4-11 veranschaulicht,
wie 36 Autofahrer sich auf einen Marken-Konsenz geeinigt haben. Die Konsequenz
aus der reaktiven Positionierung: Ein Qualitäts-Upgrade für die Marke Renault.
Eine CBP ist nicht zu verwechseln mit der Unique Selling Proposition (USP; Beg-
riff geprägt von R. Reeves 1961), die ebenfalls auf Einzigartigkeit eines Produktes
abzielt. Im Gegensatz zur CBP bezieht sich die USP aber nicht auf psychologische,
sondern auf objektiv nachweisbare Einzigartigkeiten (als Ausdruck eines komparati-
ven Wettbewerbsvorteils391):

389
vgl. z.B. Haedrich; Tomczak, (Produktpolitik), 1996, S. 137 sowie die dort angegebene Literatur
390
vgl. zur Anwendung der Faktorenanalyse im Rahmen der Produktpositionierung und zum Problem
der „Faktorladungen“: Green; Tull, (Marketingforschung), 1982, S. 406 ff.
391
vgl. hierzu die Ausführungen von Backhaus; Voeth, (Industriegütermarketing), 2007, S. 15-28
194 Marktorientierte Unternehmensführung

Abb.4-12
WETTBEWERBSVORTEILE DURCH EINZIGARTIGE ANGEBOTSPOSITIONEN

Monopol: einziger Anbieter in einem Markt (DB, TÜV, Bezirksschornsteinfeger)


USP: nachweisbarer, einzigartiger Angebotsvorteil (Produktvorteil)
CBP: Alleinstellung im gefühlsmäßigen Kunden-Nutzenraum
UCP: unverwechselbarer Markenauftritt, einzigartige Werbebotschaft

Das Geheimnis der Lindt-Schokolade: „Im Jahre 1879 gelang Rodolphe Lindt eine
bahnbrechende Entwicklung, die den Weltruhm des Hauses Lindt und damit der
Schweiz als Herkunftsland der feinsten Chocoladen bis heute begründet: Durch das
sog. Conchierverfahren konnte erstmalig eine Chocolade hergestellt werden, die auf
der Zunge zergeht... Die besondere Note aber bleibt ein kleines Geheimnis...“
(Aufdruck auf der Schokoladenverpackung).

USP´s und Begründungen von Unique Selling Propositions können sein:


CBP´s: (1) Ein besonderes Know-how für ein bestimmtes Fertigungsverfahren,
Wettbe-
werbsvortei- (2) ein Patent,
le sind plan- (3) ein Geheimrezept (gutes Beispiel: die Rezeptur von Coca Cola),
bar. (4) einziger Anbieter, der einen bestimmten Werkstoff (z.B. Titan) verarbeiten kann
(aber nicht unbedingt einziger Anbieter im relevanten Markt),
(5) einziger Anbieter mit einem Zugriff auf einen bestimmten strategischen Rohstoff.

Einige Autoren zählen auch werbliche Alleinstellungen (einzigartige Werbebot-


schaften) zu den Einzigartigkeiten – sozusagen als Gegensatz zum Me too Ange-
bot.392 Beispiele sind: Nichts ist unmöglich (Toyota), Im Falle eines Falles... (UHU),
Die machen das (Telekom), Wenn´s um´s Geld geht Sparkasse, Vorsprung durch
Technik (AUDI), O2 can do. Dies lässt sich rechtfertigen, wenn die Werbaussagen
oder Werbebilder den Charakter geflügelter Worte (Kultaussagen) angenommen ha-
ben. Die Fachwelt spricht dann von Unique Communication Position (UCP). Eine
Einzigartigkeit aber nur auf Marketingkraft zu gründen, ist gefährlich. Produktquali-
tät und Service müssen passen.

Man kann darüber streiten, ob CBP´s oder USP´s einen langlebigeren Markterfolg
absichern. Patente z.B. sind zeitlich begrenzt und können umgangen werden; ebenso
wie die Käuferwünsche ständigen Wandlungen unterliegen (z.B. durch den Zeit-
geist). Abb.4-12 zeigt einzigartige Angebotspositionen im Zusammenhang.

Ein Positionierungsansatz ist keineswegs auf einzelne Produkte oder Marken be-
schränkt. Wie bei der Portfoliotechnik lassen sich Produktgruppen, Geschäftsfelder
oder – wie im Beispiel – ganze Unternehmen positionieren. Abb.7-11 im 7. Kapitel
zeigt, wie Marken nach ihren Images bei den Kunden positioniert werden können.
Leider werden oft die idealen Kunden(wunsch)positionen nicht analysiert.393 Es wer-
den nur Ist-Positionierungen vorgenommen, wie im Beispiel der Abb.4-11.

4.2.4. Die Orientierung an Kernkompetenzen


Die Produktpositionierung setzt die Philosophie des Marketing um, Leistungs-
angebote auf Kundenwünsche hin auszurichten. Meistens verändern sich Kun-
denwünsche nur graduell. Man bleibt auf bewährten Pfaden. Neuartige Kundenbe-
392
vgl. Pepels, (Marketing), 2004, S. 103. Laut Pepels bringt eine UCP folgende Vorteile: Sie ist rela-
tiv sicher, denn ein Imitator würde sofort entlarvt. Sie ist unanfällig gegen den technischen Fortschritt,
und sie lässt eine emotionalisierte Umsetzung in der Werbung zu.
393
Ein anschauliches Beispiel, das Produkte und Kunden positioniert, ist die „Katzenfutter-
Positionierung“ bei: Meffert, (Marketing), 2000, S. 355
4. Kapitel: Die Leistungsprogrammpolitik 195

dürfnisse können aber Neuausrichtungen des Leistungsprogramms verlangen. Dann


ist zu überprüfen, ob man sich mit einer neuen Produktkonzeption noch im Rahmen
seiner besonderen technischen und vertrieblichen Stärken, d.h. seiner Kernkompe-
tenzen, bewegen würde. Kernkompetenzen sind besondere Fähigkeiten, Erfahrun-
gen oder Ressourcen, die der Unternehmung im Markt Vorteile gegenüber Wettbe-
werbern bieten.394 Kernkompetenzen besitzen für die Sicherung einer starken Markt-
position hohen Wert, wenn sechs strategische Voraussetzungen erfüllt sind:395
(1) Sie sollten sich nicht nur in einem starken Produkt niederschlagen, sondern auch
anderen Produktgruppen oder Unternehmensbereichen zugute kommen.
(2) Sie sollten an Interessenten und Kunden kommunizierbar sein und dadurcheiner
Unternehmung den Zugang zu Märkten öffnen.
(3) Sie sollten eine Fertigung von Produkten mit deutlichen und nachhaltigen Wett-
bewerbsvorteilen erlauben,
(4) relativ dauerhaft absicherbar
(5) und von Wettbewerbern nur schwer imitierbar sein. Eine USP ist oft Ausdruck
einer nicht nachahmbaren Kernkompetenz (Stabilo Boss Leuchtstifte).

Im wesentlichen sind es drei Gegenprüfungen, sog. Fits, die bei einer neuen Pro-
duktidee vorgenommen werden sollten:
(1) Kernkomptenz-Fit: Trifft das Produkt die eigene Kernkompetenz?
(2) Strategie-Fit: Passt das Produkt in die laufende Marktstrategie, insbesondere in
die Markenstrategie?
(3) Herstellungs-Fit: Lässt sich das Produkt auf den bestehenden Produktionsanla-
gen fertigen oder sind Investitionen erforderlich?

Abb.4-13 zeigt strategische Stoßrichtungen auf. Nischenanbieter konzentrieren sich


konsequent auf eine Kernkompetenz und verzichten auf Kundengruppen mit außer-
halb ihrer Fähigkeiten liegenden Bedürfnisstrukturen. Auf Kernkompetenzen kann
sich die Unternehmung nicht ausruhen. Im strategischen Planungszeitraum muss sie
sich den wandelnden Kundenbedürfnissen anpassen. Hohe Herausforderungen ent-
Abb.4-13 stehen durch Diskontinuitäten, wenn Marktwün-
bisherige neue
sche plötzlich in Richtungen laufen, die mit den Kundenbe- Kundenbe-
bisherigen Kernkompetenzen nicht mehr abge- dürfnisse dürfnisse
deckt werden können. Erwähnt sei z.B. der sich Kernkom- gesicherte
Ausbau Leis-
tungsprogram
anbahnende Wandel von der TV-Bildröhre zum petenz Marktposition
m
Flachbildmonitor. Oder: Wieviele Kernkompe- Kompetenz-
keine opportunisti-
tenzen sind mit dem Niedergang der Lochkar- Kernkom- sches Ge-
entwicklung
(z.B. Kauf von
tentechnologie ebenfalls untergegangen? petenz schäft
Know-how)

Die Portfoliotechnik geht gemäß Erfahrungskurveneffekt davon aus, dass hohe


Marktanteile starke Kernkompetenzen fördern. Kernkompetenzen sind demnach
Ausdruck fortgeschrittener Positionen auf der Erfahrungskurve. Das muss aber nicht
so sein. Es gibt genug Beispiele für kleinere Unternehmen, die mit kleinen Marktan-
teilen ihre Kernkompetenzen in Marktnischen ausspielen. Generell aber ist anzu-
nehmen, dass die Umsatzrenner die Stärken des eigenen Leistungsprogramms wider-
spiegeln. Um diese Stärken zu finden und gezielt auszubauen, kann also untersucht
werden, welche Produkte absatz-, umsatz- oder auch ergebnismäßig einen hohen
Anteil am Leistungsprogramm innehalten. So bieten sich Programmstrukturanaly-
sen als weitere Möglichkeiten für die Ist-Analyse des Leistungsprogramms an.
394
Das gilt sicher nicht für den Fall, dass mehrere Wettbewerber die gleichen Kernkompetenzen auf-
weisen. Vgl. zum Ansatz des Kompetenz-Management: Prahalad; Hamel, (Kernkompetenzen), in:
HM, 2/1991, S. 66-77, Haedrich; Tomczak, (Produktpolitik), 1996, S. 93-95
395
zu einigen Punkten vgl. Prahalad; Hamel, (Kernkompetenzen), in: HM, 2/1991, S. 70
196 Marktorientierte Unternehmensführung

4.2.5. Die Orientierung an Programmstrukturen


Bei der klassischen ABC-Analyse396 werden Produkte, Produktgruppen oder Ge-
schäftsfelder danach bewertet, welchen Anteil sie an einer Bezugsgröße haben. Die
Untersuchungsobjekte werden dazu in eine Rangfolge gemäß ihren Prozentanteilen
an der Bezugsgröße gebracht. Für Programmstrukturanalysen sind als Bezugsgrö-
ßen vor allem Absatzmengen, Umsatz und Deckungsbeitrag aussagekräftig:397
(1) Absatz-Strukturanalysen beziehen die Absatzmengen der einzelnen Produkte
auf den Gesamtabsatz und analysieren Mengenkonzentrationen. Wieviel Prozent
der Produkte vereinen wieviel Prozent der Mengenkapazität? In welcher Kon-
zentration ist die Kapazitätsauslastung von wenigen Absatzträgern abhängig?
Wieviel Prozent vom Absatz halten andererseits Produkte mit nur geringen Ver-
kaufsmengen, etc.?
(2) Umsatz-Strukturanalysen führen entsprechend zur Umsatzrangfolge. Sie wei-
sen die Umsatzkonzentrationen für Renner und Penner aus. Während Absatz-
strukturanalysen aus Sicht der Fertigung sinnvoll sind (Kapazitäts-, Beschäfti-
gungsabhängigkeiten), erfolgen Umsatzstrukturanalysen eher aus finanzwirt-
schaftlichen Erwägungen (Produktabhängigkeiten des Cash-Flow).
(3) Deckungsbeitrags-Strukturanalysen berechnen Produktrangfolgen nach Ge-
winnbeiträgen und analysieren die Gewinnabhängigkeiten von einzelnen Produk-
ten bzw. von Großkunden, die diese Produkte in großen Mengen beziehen.
(4) Kunden-Strukturanalysen analysieren in gleicher Weise Kundengruppen,
(5) und Alters-Strukturanalysen clustern Angebotsleistungen nach Produktalter.
Im Hinblick auf hohe Fertigungs- und Bearbeitungseffizienz gilt es als vorteilhaft,
wenn das Geschäft auf wenigen starken Produkten ruht (Vorteil der Konzentration
der Kräfte). Andererseits können hieraus gefährliche Abhängigkeiten resultieren.
Das Ziel einer Risikomischung würde daher für eine ausgewogene Zahl gleich star-
ker Produkte sprechen. Strukturanalysen erlauben Aussagen, in welcher Balance die-
se kontroversen, leistungsprogrammpolitischen Zielsetzungen zueinander stehen.
Im Idealfall halten absatzstarke (umsatzstarke) Produkte auch hohe Ergebnisanteile.
Dies entspräche dem Phänomen der Erfahrungskurve mit sinkenden Durchschnitts-
kosten bei zunehmenden Fertigungsmengen. In der Praxis ist das nicht immer der
Fall. Großkunden üben erheblichen Druck auf die Preise aus. Die absatzstarken Pro-
dukte sind oftmals nur Kapazitätsfüller. Ihr prozentualer Ergebnisanteil liegt weit
unter ihrem Beschäftigungsbeitrag. Erhebliche Ergebnisrisiken sind die Folge.

Eine ausgewogene Altersstruktur im Produktprogramm entspricht dem Idealbild


eines ausgewogenen Portfolios. Für eine Altersstrukturanalyse sind die Produkte den
verschiedenen Lebenszyklusphasen zuzuordnen. Das Alter eines Produktes sollte
allerdings durch seine Lebenserwartung relativiert werden.398 Wie bereits aufgezeigt,
gestalten sich die Produktzuordnungen zu Lebenszyklusphasen in der Praxis sehr
schwierig – abgesehen von eindeutigen Technologiebezügen (z.B. bei Computer-
Chips). Die Unternehmen behelfen sich durch pragmatisches Erfassen der Zeiträume
seit Markteinführung eines Produktes.

396
vgl. z.B. Winkelmann, (Vertriebskonzeption), 2005, S. 278-290
397
Eine Kundenstrukturanalyse ist ebenso aufzubauen, so dass hier auf die Darstellung des Rechen-
ganges verzichtet werden kann. Vgl. die Darstellung bei Hüttel, (Produktpolitik), 1998, S. 163-171
oder das Beispiel bei Winkelmann, (Außendienst-Management), 1999, S. 103
398
vgl. Hüttel, (Produktpolitik), 1998, S. 168-169, der auf die richtige Vorgehensweise bei der Alter-
struktur-Analyse aufmerksam macht
4. Kapitel: Die Leistungsprogrammpolitik 197

Abb.4-14 D IE P R O DU K T-A L TE R S ST RU K TU R D E R G E S CH Ä FTS F E LDE R


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neue Produkte 160 14 0 200 500
junge Produkte 420 28 0 150 850
alte Produkte 220 85 0 80 1350
(in 1000 EU R) 800 1270 430 2700
Dabei bedeuten:
P RODUKT-ALTERS S T RUKT UR
Neue Produkte:
Markteinführung im laufen- 100%
den Jahr
90% 80
Junge Produkte: 220
Markteinführung vor 2 bis 3 80%
Jahren 1350
Alte Produkte:
in % vo m Jah r e s u m s atz
70%
850
Markteinführung vor mehr als 150
3 Jahren. 60%

50%
420
40%
850
30%

280 200
20%

Siemens 10% 160 500


macht 75 % 140
des Umsat- 0%
zes mit alte Produkte
Energ iekab el Teleko m-Kab el Sp ezialkab el GESA M T

Produkten junge Produkte


Ge s ch äfts fe ld e r
jünger als 5
neue Produkte
Jahre.

Abb.4-14 liefert hierzu ein Beispiel. Nach der Auswertung ist das technisch stark
standardisierte Geschäftsfeld Telekommunikation am wenigsten innovativ. Hier hal-
ten die älteren Produkte einen Umsatzanteil von mehr als 65%. Der Bereich Spezial-
kabel ist dagegen wegen des Marktdrucks zu kundenindividuellen Problemlösungen
viel stärker zu Produktneuheiten gezwungen. Fast 50% beträgt der Umsatzanteil der
Markteinführungen. Auf ein Praxisproblem ist hinzuweisen: Sind Zulieferer in star-
kem Maße an OEM-Kunden gebunden, dann ist ihre Produkt-Altersstruktur an die
Innovationkraft der OEM-Kunden gekoppelt.

Wie kann das Unternehmen nun Ideen für neue Produkte (Innovationen) gewinnen?

4.3. Die Erschaffung neuer Produkte (Produktinnovation)


4.3.1. Schaffung eines innovationsfördernden Klimas
Schumpeter prägte das Bild des innovativen Unternehmers, der durch seine schöpfe-
rische Energie die Wirtschaft vorantreibt.399

Hauschildt spricht von Innovationen, wenn Produkte (Produktinnovatio-


nen) oder Verfahren (Prozessinnovationen) für eine Unternehmung grund-
sätzlich400 neu sind und / oder erstmalig eingeführt werden.401

399
Schumpeter, (Entwicklung), 1912, S.15: „Es ist jener Typus, der hedonistisches Gleichgewicht
verachtet und nicht ängstlich auf das Risiko blickt.“ (s. auch den Nachdruck 2006)
400
Wir wollen es also nicht so weit gefasst ausdrücken wie Scharf; Schubert, die definieren: „Der
Begriff Innovation bedeutet in allgemeiner Form, etwas Neues zu schaffen.“: Scharf; Schubert, (Mar-
keting), 2001, S. 102
198 Marktorientierte Unternehmensführung

Im Sinne des Marketing sprechen Käufer von einer Innovation, wenn sie ein
Produkt subjektiv als neuartig empfinden.

In diesem Abschnitt wollen wir Produktentwicklungen betrachten, die für die Unter-
nehmen einen signifikanten Neuigkeitsgehalt aufweisen. Ihre Markteinführung ist
mit besonderen unternehmerischen Chancen, aber auch Risiken verbunden.
Innovationen können in vielfältiger Weise klassifiziert werden:
Nach dem 1. Nach dem Neuigkeitsgehalt (der Innovationsintensität):
Forschungs-
echte Innovationen sind Weltneuheiten (Basisinnovationen, Break-
bericht zur
technologi- through-Innovationen),
schen Leis- Quasi-Innovationen sind stark an bestehende Produkte angelehnt (z.B. der
tungsfähig- Schritt vom Pentium 3 zum Pentium 4),
keit
Deutsch-
Scheininnovationen „gaukeln“ dem Verbraucher eine radikale Neuartigkeit
lands ist der vor. Im Grunde sind bisherige Produkte kaum verändert worden.
deutsche 2. Nach den Branchenauswirkungen:
Marktanteil Ergänzungsinnovationen erweitern das Warenangebot,
bei for-
schungsin-
Substitutionsinnovationen lassen infolge von Technologieaustausch ganze
tensiven Branchen sterben (z.B. werden LCD-Flachbildschirme schon bald die
Gütern klassische Bildröhre ablösen).
weltweit von 3. Nach der Innovationszielsetzung:402
1999 bis
2002 von Innovationen, die veraltete Produkte ablösen,
14,5% auf Innovationen, die zusätzliche Nachfrage schaffen,
15,6% ange- Innovationen, die eine (temporäre) Alleinstellung im Markt begründen,
stiegen. Innovationen, die das Unternehmensimage verbessern,
Innovationen, die den Einstieg in ganz neue Marktbereiche ermöglichen (Di-
versifikation).
4. Nach einer Raumdimension:403
globale Innovationen beanspruchen weltweite Geltung,
regional begrenzte Innovationen beschränken sich auf Gebiete (z.B. Europa).
Innovationen werden oft als Elemente eines übergeordneten, unternehmerischen
Kreativitätsprozesses verstanden. Dieser läuft in drei Phasen ab:
(1) von der Invention (Erfindung)
(2) über die Innovation (Umsetzung zur Marktreife)
(3) bis zur Diffusion (Markteinführung).

Der Innovationsbegriff i.e.S. bezieht sich dann nur auf die Phase der Realisierung
einer Erfindung.404 Der Innovationsbegriff i.w.S. umschließt dagegen den gesamten
Prozess der Neuproduktentwicklung. Neuartige Produkte in wachsenden Märkten
können dauerhafte Wettbewerbsvorsprünge schaffen. Die Unternehmen sollten Vor-
teile haben, die in den in Abb.4-15 aufgeführten Zukunftstechnologien tätig sind. 405
Der unternehmerische Innovationsprozess sollte nicht nur vom technischen Fort-
schritt (Technology-Push) sondern vor allem von neuen Kundenbedürfnissen
(Need-Pull) beflügelt werden. Diese kündigen sich i.d.R. durch frühe Signale an. Im
Sinne der marktorientierten Unternehmensführung entscheiden letztlich Kundenbe-
dürfnisse über den Innovationserfolg:

401
vgl. Hauschildt, (Innovationspolitik), 2004, S. 7 und S. 24
402
oder, wie Witt ausführt, der Innovationsform: vgl. Witt, (Produktinnovation), 1996, 1-2
403
vgl. Meffert, (Marketing), 2000, S. 376
404
Der Erfinder wäre danach also noch kein Innovator. Innovatoren brauchen nicht die Erfinder zu
sein. Erfindungen, die z.B. als Patente in Aktenschränken verstauben (Schubladenpatente), werden
demnach nicht zu Innovationen.
405
vgl. Trommsdorff; Binsack, (Innovationen), in: ASW, 11/1997, S. 61-62; Potenziale angepasst
4. Kapitel: Die Leistungsprogrammpolitik 199

Das virtuelle Küken Tamagotchi war objektiv völlig nutzlos. Es traf aber ein echtes
Käuferbedürfnis und fand deshalb kurzfristig einen gigantischen Markt.406
Abb.4-15 Siehe auch
die interes- SCHLÜSSELTECHNOLOGIEN DES 21. JAHRHUNDERTS
sante und
aktuelle Mikrosystemtechnik 20 Mrd. Euro Marktpotenzial
Zusammen- Photonik integriert Mikroelektronik, Optoelektronik, Mikrooptik
stellung bei Informationstechnologie 2 Billionen US-$ Marktpotenzial
www.schlüs- Hochleistungswerkstoffe 10 Mrd. Euro Marktpotenzial
seltechnolo-
Nanotechnologie 100 Mrd. Euro Marktpotenzial
gien.de.
„Wir haben Biotechnologie 90 Mrd. Euro Marktpotenzial
es uns zum
Ziel gesetzt,
jedes Jahr
mindestens Ein technisches Innovieren um jeden Preis ist nicht sinnvoll. Auch die bewusste Ent-
eine bedeu- scheidung zur Nicht-Innovation (Unterlassungsalternative) oder die Marktfolger-
tende tech-
nologische Strategie mit den Möglichkeiten des Nachahmens oder des Lizenzkaufs können sich
Innovation im Einzelfall als strategisch sinnvoll erweisen.407 Marktführer allerdings sind ge-
vorzustel- zwungen, auf allen Ebenen der betrieblichen und marktbezogenen Arbeit unablässig
len.“ nach innovativen Ideen zu suchen; nicht nur im Bereich F&E. Zur Schaffung von
(Herbert
Hainer, Wettbewerbsvorsprüngen ist Innovation keine Domäne der Ingenieure sondern Dau-
Adidas) erverpflichtung jeder marktorientierten Führungskraft.408

„Good Wie kann ein kreatives Klima für eine ständige Suche nach Verbesserungen und
thinking“
Das Unmög-
Neuerungen gefördert werden? Banal klingen Forderungen nach einem guten Füh-
liche denken rungsklima und einem kreativen Umfeld für die mit Produktentwicklungen befassten
und es dann Mitarbeiter. Darüber hinaus sind Voraussetzungen zu schaffen, die den menschlichen
möglich Erfindergeist beflügeln und zur Ideenpreisgabe motivieren:
machen.
Good thin-
⌦ Der Eigensinn und die Unbeirrbarkeit "querdenkender" Mitarbeiter ist zu tolerie-
king führt zu ren, sofern deren Ideen dem Gemeinwohl zugute kommen.
Innovatio- ⌦ Auch Experimentierfreude und Spieltrieb sind zu fördern. Wie lange wurde wohl
nen. So probiert, ein Stein auf einem Holzscheit zu reiben, bis sich ein Feuer entfachte?
lautet die
Devise von ⌦ Die Merk- und Lernfähigkeit der Organisation ist zu entwickeln. Das schließt
Dow Chemi- regelmäßige Außenimpulse für die Führungskräfte auf Weiterbildungssemina-
cal. ren, Kongressen, Symposien etc. ein.
⌦ Neue Ideen sind mit finanziellen Anreizen zu fördern. Hierzu zählt auch ein be-
Die 10 inno- triebliches Vorschlagswesen mit spürbaren Belohnungen, die leider allzu oft nur
vativsten auf nachweisbare Kostensenkungen bezogen werden.
Unterneh-
men der
⌦ Die Vorschläge müssen auch weiterverfolgt und umgesetzt werden. Die Organi-
Welt: sation muss ihre Veränderungsfreudigkeit beweisen.
Apple, ⌦ Auch ehrgeizige Ziele, mit denen sich die Mitarbeiter identifizieren oder ein
Google, 3M, „gemeinsamer (Markt)Feind“ spornen die Erfindertätigkeit der Mitarbeiter an.
Toyota,
Microsoft,
⌦ Und: Es ist nicht einzusehen, warum Innovationsvorschläge (Verbesserungsvor-
GE, P&G, schläge) immer von Seiten der Technik erwartet werden. Der Außendienst muss
Nokia, Star- angeregt werden, Verbesserungsvorschläge aus den Kundenkontakten heraus in
bucks und die Unternehmung zu tragen.
IBM.
(Quelle:
WiWo, Zahlreiche empirische Studien versuchen hinter das Geheimnis des Innovations-
10/2006, S. erfolges zu kommen.409 Kleinschmidt, Geschka und Cooper betonen die in Abb.4-16
80) genannten Schlüsselfaktoren für den Erfolg einer Produktentwicklung.410

406
vgl. Trommsdorff; Binsack, (Innovationen), in: ASW, 11/1997, S. 64
407
vgl. Hauschildt, (Innovationsmanagement), 2004, S. 61-68
408
vgl. zum Aspekt der „Dauerverpflichtung“ Hauschildt, (Innovationsmanagement), 2004, S. 45
409
vgl. z.B. die Zusammenstellung bei Hauschildt, (Innovationserfolg), in: ZfB, 4/1991, S. 451-476
410
vgl. leicht verändert Kleinschmidt; Geschka; Cooper, (Schlüsselfaktoren), 1996, S. 9-10
200 Marktorientierte Unternehmensführung

4.3.2. Strategien der Innovationsübernahme


Abb.4-16 Neue Produktideen können
SCHLÜSSELFAKTOREN FÜR DEN INNOVATIONSERFOLG
auch betriebsextern bezo- Produktüberlegenheit durch „einzigartigen“ Nutzen (CBP, USP)
gen werden. Gerade Ein- Klare Produkt- bzw. Projektdefinitionen (Ziele und Konzepte)
zelerfinder bringen ihre Ausnutzen von Technologie-Synergien
Ideen nicht selbst zur Systematische Vorbereitung der eigentlichen Produktentwicklung
Marktreife und -einfüh- Erstklassige Realisierung der technischen Eigenschaften
rung: Erstklassige Planung der Markteinführung
Sich Einstellen auf Marktwiderstände und Marktsynergien
(1) Innovationskauf:
Kleine Ingenieurbüros
oder auch Großunter-
nehmen, die bestimmte Erfindungen nicht selbst nutzen wollen oder können, bie-
ten Inventionen zum Kauf an. Diese werden wie marktfähige Güter gehandelt
und von kapitalkräftigeren, bezüglich Ressourcen und Organisation besser ge-
stellten Unternehmen zur Marktreife geführt.
(2) Joint-Venture-Gründung: Mehrere Unternehmen teilen sich das Innovationsri-
siko, indem sie Investitionskapital bündeln und die Umsetzung zur Marktreife
gemeinsam in Form eines Profit Center mit eigener Rechtspersönlichkeit ver-
wirklichen.
(3) Firmenübernahme: Einen Schritt weiter geht die Strategie kapitalkräftiger Un-
ternehmen, nicht nur die Innovation, sondern gleich das ganze innovative Unter-
nehmen zu kaufen.
(4) Beim Lizenzkauf bleibt die Innovation im Eigentum des Erfinders, der sie Drit-
ten zur Nutzung anbietet. Die Lizenznahme kann folgende Vorteile haben:
• Der Lizenznehmer erhält Zugang zu einer Technologie, die ihm sonst ver-
schlossen bleibt.
• Er erhält ohne Zeitaufwand schnell Zugang zum Know-how - und dies
• ohne F&E-Ressourcen und Kapital aufbringen zu müssen.
(5) Imitation: Innovationen werden oft schnell kopiert. Imitatoren verfolgen gezielt
die Strategie, Markteintrittsbarrieren (einschließlich Patente) zu umgehen und
Vorsprünge des Innovators wettzumachen. Die Imitationsstrategie ist vor allem
dann erfolgreich, wenn der Innovator noch nicht in hohe Marktanteile gekommen
ist bzw. – wie die Deutsche Telekom – Kostendegressionen nicht rechtzeitig zum
Anlass für konkurrenzabschreckende Preissenkungen genommen hat. Profitable
Märkte ziehen dann zwangsläufig Imitatoren an.

4.3.3. Strategien des Trend-Managements


Marktorientierte Unternehmensführung bedingt, mit dem „Ohr beim Kunden“ frühe
Signale für neue Marktströmungen aufzugreifen. Laufende Trends sind im Hinblick
auf eigene Marktchancen zu beurteilen, neue Trends frühzeitig zu erkennen. Die
Herausforderung liegt in dem Schritt von der Reaktion (Trendanpassung) zur Aktion
(Trendgestaltung). Die Verbreitung (Diffusion) von Trends ist immer das Ergebnis
aus einem Zusammenspiel von sozialen, ökonomischen, technischen und politisch-
gesellschaftlichen Umfeldentwicklungen und den eigenen Unternehmensaktivitäten.
Aus Sicht der marktorientierten Unternehmensführung sind Trends also nicht nur als
Rahmenbedingungen (passiv) zu akzeptieren, sie sind vielmehr innerhalb gewisser
Grenzen beeinflussbar und damit auch gezielt nutzbar. Schuster führt hierzu aus:
„Damit ist Trendforschung ein wichtiges Instrument, um Märkte mit innovativen
Leistungsangeboten zu kreieren bzw. um etablierte Märkte weiterzuentwickeln.“411

411
vgl. auch im folgenden Schuster, (Design-Management), 2000, S. 143
4. Kapitel: Die Leistungsprogrammpolitik 201

Die für ein Trend-Management nutzbaren Methoden sind in Abb.4-17 aufgeführt.412


Die durch die Trendforschung gewonnenen Informationen lassen sich nach Schuster
dann wie folgt für ein systematisches Trend-Management nutzen:
⌦ Mit Hilfe der Szenario-Technik können unternehmensspezifische Zukunftspro-
jektionen erstellt werden.
⌦ Durch die Erstellung von Collagen können Tendenzen visualisiert, besser emoti-
onal verarbeitet, weiterentwickelt und an andere Abteilungen kommuniziert wer-
den.
⌦ In Workshops können Experten, die auf dem Gebiet der Trendforschung ausge-
wiesen sind, zu einer Vertiefung des Kenntnisstandes beitragen.
⌦ Methoden der qualitativen Marktforschung, insbesondere Gruppendiskussionen
und Einzelexplorationen mit Vertretern unterschiedlicher Generationen und
Konsumentenschichten können zu neuartigen Einsichten führen.
⌦ Mit Hilfe von Kreativitätstechniken (Brainstorming, Synektik, morphologische
Kästen etc.) können auf der Basis eines engeren und konkreteren Suchbereichs
spezifischere Produktideen gefunden werden (Prinzip der gelenkten Kreativität).

Abb.4-17
ANSÄTZE FÜR EIN TREND-MANAGEMENT

Methode der Trend-Spezifizierung


Kennzeichen: ein allgemeiner Trend fächert sich in Sub-Trends auf
Beispiel: Körperdekorationsbewegung:Tattoos, Piercing, Bodypainting, Burning
Trend-Management: laufende und systematische Erfassung von schwachen Signalen, permanenter Kontakt
mit der Szene (mit Innovatoren, Meinungsführern, Journalisten)
Methode der Trend-Verschmelzung
Kennzeichen: Zusammenführung mehrerer Trends zu einem übergeordneten Trend
Beispiel: Wellness-Trend als Amalgam aus den Bedürfnissen nach physischem und
psychischem Wohlbefinden
Trend-Management: Neudefinition des Marktes, Entwicklung zielgruppenspezifischer Leistungsangebote,
begleitende Kommunikationspolitik
Methode der Trend-Demokratisierung
Kennzeichen: vom Exklusiven, Höherpreisigen zum Durchschnittlichen (Mainstream)
Beispiel: Produkte und Dienstleistungen der Mobilkommunikation
Trend-Management: Nutzung aller Möglichkeiten zur Kostenreduktion, Produktvereinfachung und
"Abspecken" von Leistungen, Erschliessung neuer Vertriebswege
Methode der Trend-Aufwertung
Kennzeichen: vom Marginalen, Ungewohnten zum Akzeptablen (aus Mainstream-Perspektive)
Beispiel: "Domestizierung" von Extrem-Sportarten mit Erlebniswerten (Thrill) für breitere
Konsumentenschichten: Rafting, Canyoning, Free Climbing
Trend-Management:
Anpassung des Leistungsangebotes, insbesondere Produktdesign und ergänzende
Serviceleistungen (Schulungen etc.), Marktöffnung durch neue Vertriebswege,
unterstützende Umpositionierung mit Hilfe der Kommunikationspolitik

Methode des Trend-Transfers


Kennzeichen: Verbreitung von einem Kulturkreis in einen anderen
Beispiel: Übernahme von Produkten der Naturvölker-Kosmetik in hochentwickelte Märkte:
Hautschutz durch Pflanzencreme aus afrikanischer Sheabutter
Trend-Management: konsequente internationale Umfeldbeobachtung, Zusammenarbeit mit Länder- bzw.
Kulturexperten
Methode der Trend-Umkehr
Kennzeichen: Entwicklung einer Gegentendenz als Folge eines bereits manifestierten Trends
Beispiel: Entstehung von Relax-Drinks als Reaktion auf die Energy-Drink-Welle
Trend-Management: laufender Kontakt mit den Produktverwendern, neue Segmentierung des Marktes,
innovatives Produktkonzept
Quelle: Design-Management FH Landshut - Prof. Dr. H.W. Schuster

412
vgl. Schuster, (Design-Management), 2000, S. 144 ff.
202 Marktorientierte Unternehmensführung

4.3.4. Neuproduktentwicklung (Produktentwicklungsprozess)


a.) Ideen-Suchphase
Abb.4-19 auf der folgenden Seite zeigt die wesentlichen Schritte bei der Produktent-
wicklung und die begleitenden Marketingaktivitäten auf. Die Literatur geht oft von
der Anfangssituation des leeren Tisches aus; als gäbe es noch kein Produkt. Sie stellt
daher die Suche nach innovativen Produktideen mit Hilfe sog. Kreativitätstechniken
an den Anfang.413 Zu diesen zählen z.B. Brainstorming, Methode 635, Synektik
oder die Methode des morphologischen Kastens.414 Abb.4-18 veranschaulicht als
Beispiel einen morphologischen Kasten. Eine Produktidee entsteht und wächst durch
systematische Ideenkombinatorik.415
Abb.4-18 UHRKONSTRUKTION MIT MORPHOLOGISCHEM KASTEN
Extensionale Merkmale
Bekannte und mögliche Lösungen
1. Energiequelle Aufzug von Hand Stromnetz Batterie
2. Energiespeicher Gewichte Feder Akkumulator
Intensionale
Merkmale

3. Motor Federmotor Elektro Hydraulik


4. Geschwindigkeitsregler Fliehkraftregler Hippscher-Pendel Netzfrequenz
5. Getriebe Zahnrad Kette Magnet
6. Anzeige Zeiger, Zifferblatt LCD Wendeblätter

Innovations- Die genannten Kreativtechniken eignen sich aber keinesfalls nur für die Ideensuche
grad bei
Lebensmitteln
im Rahmen der Innovationspolitik. Sie lassen sich auf vielfältige kaufmännische,
(Anteil der technische und auch private Fragestellungen im Alltag anwenden. Bei der Produkt-
Artikel jünger entwicklung nutzt die Praxis derartige Kreativitätstechniken vor allem für spezielle
als 18 Mona-
te):
Detailprobleme. Oft moderieren dann neutrale Moderatoren eine Ideengewinnung
Waschmittel innerhalb einer Expertengruppe. Besser noch als die oben erwähnten, klassischen
40%, Süßwa- Verfahren hat sich allerdings die Meta-Plan-Methode durchgesetzt, bei der Ideen-
ren 35%,
Shampoos
kärtchen schrittweise zu Prioritätsgruppen zusammengefasst und dann weiter verar-
32%, Röstkaf- beitet werden. Insofern ist die Meta-Plan Methode als halbschriftliches Brainstor-
fee 31%, ming für größere Arbeitsgruppen zu verstehen.
TKK 28%,
Bier 12%. Die Start-up-Situation ist jedoch in der Praxis die Ausnahme. Marktorientierte
(Quelle: GfK
Consumer Unternehmensführung erfordert eine permanente Ideensuche im Berufsalltag. Im
Scan 2004 / Strom laufender Vorgänge müssen neue, richtungsweisende Signale seitens des tech-
2005) nischen Fortschritts und seitens der Kundenvorstellungen gefiltert werden.
Für die Mitarbeiter im Produktmanagement ist es Routinearbeit, Informationen aus
Besuchsberichten, Patentanmeldungen, Fachveröffentlichungen, Kundenanregun-
gen, Hinweisen von Messen, von Wettbewerbern sowie aus dem Reklamations- und
Vorschlagswesen herauszufiltern. In regelmäßigen Abstimmungen geben die Kol-
legen aus der Technik bzw. die Lebensmittelchemiker in der Nahrungs- und Genuss-
mittel- oder Pharmaindustrie ihre Erkenntnisse aus der Grundlagen- und der ange-
wandten Forschung hinzu. Abb.4-20 zeigt die allen Unternehmen zugänglichen I-
deenquellen für neue Produkte und Dienstleistungen; hier analysiert aus der Praxis
des Maschinen- und Anlagenbaus. Wie äußert sich Innovationsdruck praktisch: Spä-
testens zur nächsten Branchenmesse müssen neue Produkte vorstellungsreif sein. In
den heutigen Verdrängungsmärkten kann es sich kein Wirtschaftsunternehmen mehr
leisten, mehr als ein Jahr nicht zu innovieren. Dann hat man bereits den Anschluss
verpasst.416
413
vgl. zu diesen Verfahren Weiß, (Marketing), 2004, S. 256-263
414
vgl. die Übersicht bei Pepels, (Marketing), 2004, S. 392-395
415
vgl. zu diesem Beispiel Nieschlag; Dichtl; Hörschgen, (Marketing), 2002, S. 699
416
vgl. zu den klassischen Ansätzen der Suchfeldanalyse: Haedrich; Tomczak, (Produktpolitik), 1996,
S. 159-170 sowie die dort angegebene Literatur
4. Kapitel: Die Leistungsprogrammpolitik 203

Abb.4-19, 4-20

INNOVATIONS- UND INNOVATIONEN - IDEEN FÜR DEN MITTELSTAND


(Angaben in Prozent – Mehrfachnennungen möglich)
PRODUKTENTWICKLUNGSPROZESS
Kundenwünsche: 94%
Technischer Zeitgeist
Messen: 72%
Fortschritt Kundenbedürfnisse
Mitarbeiter: 60%
Fachzeitschriften: 52%
Patente,
Reklamationen eigene F&E-Abteilung: 34%
Schutzrechte
Patent-Datenbanken: 7%
Analyse Konku- Kunden-
renzprodukte anregungen andere Datenbanken: 4%
Innovationsbörsen: 3%
Fachmessen, Vorschlags-
Fachpresse w esen
(Quelle: IW-Umfrage bei 1.871 mittelständischen Unterneh-
men. In: iw-Dienst Nr. 26, v. 25.6.1998 – Institut der Deut-
schen Wirtschaft)
Screening vorbereitende
Vorausw ahl A ufgaben Es wird zunehmend wichtiger, Produktideen
des Marketing von Anbeginn an auf Kundenwünsche auszu-
Abgleich mit
Produkt-
Kernkompetenzen richten. Abschnitt 8.3.3. beschreibt später die-
Spezifikationen
Einpassen in ses Konzept des sog. Target-Design.
Marketingstrategie
Wirtschaftlich- Branding-Strategie
keitsanalyse Wettbew erbs- b.) Produkt-Konkretisierungsphase
vergleich
PositionierungUm die Fülle der Ideen zu sieben und in F&E-
Nutzenkonzept Prioritäten zu überführen, fallen vorrangig
Kosten- und
Preisstrategiesieben Hauptaufgaben an:
Prototypentw ickl. (1) Klärung der Machbarkeit (feasibility) in
u. Labortests Kernaufgabe
des Marketing der Vorauswahl-Phase: Lässt sich eine
Produktgestaltung technische oder rezepturmäßige Idee über-
Markttests
Lead-User-Tests
Verpackung
Servicekonzept
haupt realisieren? Welche Investitionen
sind erforderlich?
implementierende (2) Passt das neue Produkt zur eigenen Kern-
Null-Serie
A ufgaben kompetenz (Kompetenz-Fit)?
Kommunikations-
konzept
(3) Kundenanalyse: Kann sich die Produkt-
Fertigungs-
Copy Strategie idee bei den Käufern durchsetzen? Hier-
freigabe
Einführungs- zu sind mögliche, psychologische Kauf-
strategie
Außendienst-
widerstände der Kunden gegen sachlich
Markteinführung informationen noch so überzeugend wirkende Produkt-
Händlerverkaufs- vorzüge abzuschätzen.417 Bietet das neue
konzept
Anpassungen von Produkt echte Mehrwerte (Added Values)?
Katalogen und (4) Positionierung: Im Konsumgütergeschäft
Preislisten
sollte die Produktplanung auf einer Pro-
Übernahme in
operative Planung duktpositionierung beruhen (s. Abb.4-9).
Abb.4-20 Die Nutzenwerte des neuen Produktes für
die Zielgruppe werden im Vergleich zu
Konkurrenzangeboten betrachtet. Die Positionierung ist strategische Aufgabe.
(5) Wettbewerbsanalyse: Eher operativ ist zu klären, ob Konkurrenten eine Markt-
einführung verhindern oder erheblich erschweren können. In diesem Zusammen-
hang sind Patentrecherchen unerläßlich. Gibt es Marktbarrieren?
(6) Wirtschaftlichkeitsanalyse: Sie soll die marktbezogenen Chancen und Risiken
mit den Kosten von Entwicklung, Fertigung und späterer Vermarktung in Ein-
klang bringen. Wie hoch ist das zu erwartende Absatz- und Umsatzpotenzial?

417
So stand z.B. die Einstellung der konservativen LKW-Entwicklungsingenieure gegen eine funkti-
onsfähige Kunststoffblattfeder: Zucker von gentechnisch optimierten Rüben wird von den Verbrau-
chern abgelehnt, obwohl der Zucker molekular mit herkömmlichem Zucker identisch ist: vgl.
Trommsdorff; Binsack, (Innovationen), in: ASW, 11/1997, S. 63
204 Marktorientierte Unternehmensführung

(7) Grundsatzentscheidungen über die technischen bzw. rezepturmäßigen Produkt-


eigenschaften: Zu erstellen sind erste Rohkonzepte für Pflichtenhefte, nach de-
nen später die Aktivitäten von F&E wie auch von der Fertigung418 auszurichten
sind. Hier setzt dann die eigentliche Produktgestaltung an.

Basiert die Wirtschaftlichkeitsprüfung von Produktideen auf einer betriebswirt-


schaftlichen Investitionsrechnung, so sind folgende Probleme zu beachten:419
(1) Gerade bei Innovationen sind Kosten- und Erfolgsschätzungen äußerst fragwür-
dig. Die Praxis begibt sich dabei gerne auf Glatteis, indem man mit Wunschzah-
len operiert, um Projekte anzuschieben. Nach der Markteinführung holt die Rea-
lität recht schnell die Wunschpläne ein.420 Und seltsamerweise fragt später auch
niemand mehr nach der ursprünglichen Wirtschaftlichkeitsrechnung.
(2) Ansätze der konventionellen Kostenrechnung (konventionelle Vollkosten-/ Ge-
meinkostenverrechnung) bergen die Gefahr, dass Innovationen von vorn herein
aus dem Markt kalkuliert werden.

Nach Abschluss aller Überlegungen ist oft zwischen mehreren Produktalternativen


zu entscheiden. Abb.4-21 skizziert eine Nutzen- / Kostenanalyse zur Auswahl eines
Prototyps für Rohrkupplungen. Nutzwertananalysen (Scoring-Modelle), bieten den
großen Vorteil, dass sowohl „weiche“ (Nutzen), wie auch „harte“ Beurteilungsdaten
(Kosten, Gewinnschwellen-Mengen) berücksichtigt werden können. Entschieden
wird nach Gewinnschwellen-Mengen oder nach Kosten pro Nutzenpunkt. Eine
kostspieligere Alternative kann sich durchsetzen, wenn sie vergleichsweise geringere
Kosten pro Nutzenpunkt vorweisen kann.421 Im vorliegenden Beispiel wurde der
Die Marke- Prototyp X305 zur Realisierung freigegeben. Er weist gleichzeitig die niedrigste Ge-
tingaspekte
werden winnschwellenmenge aus.
gesondert im
Abschnitt c.) Produkt-Realisierungsphase (ohne Produktgestaltung) .
4.4. be-
schrieben. Nach der Produktentscheidung wird das Pflichtenheft mit den Spezifikationen bzw.
Rezepturen für das neu zu entwickelnde Produkt erstellt. Das Marketing kümmert
sich jetzt um die gestalterischen Aufgaben (Design, Produktname, Markierungen,
Verpackung). Diese werden in Abschnitt 4.4. gesondert dargestellt. Gemäß Pflich-
Abb.4-21 tenheft wird ein Prototyp, die erste funktionsfähige Modellvariante, geschaffen.
NUTZWERTA NA LY SE F ÜR ENTWICK LUNGSA LTERNATI VEN FÜR RO HRKUPPLUNGEN

Mus s-Kriterien alle erfüllt? Ja Ja Ja

Prot oty p-X 305 Prototy p-X325 Prototy p-X500


Gewic hte B ewertung S cores Bewertung Sc ores Bewertung Sc ores
1. Produk t-Deck ungsbeitrag 20 8 160 10 200 5 100
2. Kürz e des Entwic klungs zeitraum 15 7 105 8 120 10 150
3. Nutz ung von Know-how 15 7 105 6 90 10 150
4. Innov at ionsgehalt 5 9 45 10 50 7 35
5. USP -G ehalt (nicht k opierbar) 10 5 50 10 100 8 80
6. Umsatz erwartung J ahre 1 - 3 10 10 100 6 60 7 70
7. S teigerung Kundenutzen 20 10 200 8 160 7 140
8. F ertigungs sicherheit 5 8 40 7 35 10 50
100 64 805 65 815 64 775
Erreic hungs grad der B ewertungen 80% 81% 80%
ENTWICKLUNGS KOST EN (E UR) 280000 420000 320000
Dec kungs beitrag pro Stück (E UR) 1250 1750 860
BREAK E VEN MENGE (Stck ) 224 240 372
Ko sten pro Sco re (E UR) 348 515 413

418
Was nutzen die besten Produktideen, wenn sie sich nicht sicher in der Produktion umsetzen lassen
419
zu den Wirtschaftlichkeitsanalysen vgl. z.B. Meffert, (Marketing), 2000, S. 405-408
420
Es ist daher wichtig, dass das Controlling die Erfolgs- und Kostenanalyse weiterführt
421
vgl. zu den Scoring-Modellen im Rahmen von Produktbewertungen z.B. Witt, (Produktinnovati-
on), 1996, S. 36-38, oder die Zusammenstellung bei Hüttel, (Produktpolitik), 1998, S. 194-197 sowie
die dort angegebene Literatur
4. Kapitel: Die Leistungsprogrammpolitik 205

Erhebliche Kosteneinsparungen bietet dazu das Virtual Design. Prototypen werden


mit Hilfe von CAD-Programmen simuliert und ausgetestet. Das Kaiserslauterner
Systemhaus Tecmath kann mit Hilfe von Bodyscannern reale Menschen im Compu-
ter abbilden, so dass sich Kleidung, Möbel, Werkzeuge ergonomisch optimieren las-
sen. Ford konnte rechtzeitig verhindern, dass im Focus nur Personen bis 180 cm
Körpergröße Platz gehabt hätten.422

Industrie-Prototypen werden i.d.R. von Großkunden423 (Lead User) vorgetestet. Bei


Konsumgütern werden Labortests mit Test-Konsumenten durchgeführt. Die Testbe-
funde führen zu vorläufigen Spezifikationen bzw. Rezepturen. Nach Abschluss die-
ser Vortests wird das neue Produkt (weiter) optimiert, die Spezifikationen oder auch
Rezepturen endgültig festgeschrieben und eine Nullserie für die Fertigung aufgege-
ben. Das gilt gleichermaßen für Konsum- wie auch Industriegüter. Danach kommt
wieder das Marketing ins Spiel. Es folgen externe Markttests (z.B. in Panels) sowie
intern eine Optimierung der Fertigungsverfahren im Hinblick auf Effizienz und Qua-
litätssicherung. Neue Automobile werden anonymisiert im Straßenverkehr getestet.
Bei PKW haben sich auch Auto-Kliniken bewährt. Ausgesuchte eigene Kunden und
Fahrer von Fremdfabrikaten begutachten in streng abgeschirmten Hallen anhand von
vielseitigen Checklisten die Konkurrenzfabrikate. Konzept-, Design- und Marketing-
Kliniken sind gängig. Bis ins kleinste Detail werden die Geräusche des Scheibenwi-
schers oder die Klänge des Zuschlagens der Autotür in Bezug auf Markenvorstellun-
gen und Eindrücke der Konsumenten verglichen. Auch die Prüfzeichen (TÜV, Fre-
senius etc.) sind einzuholen.

Nach Vollzug der ersten Fertigungsserien, abschließender Begutachtung der Markt-


tests bzw. bei Industrieprodukten der Großkundentests geben F&E und Fertigung das
Produkt zur Serienreife frei. Das heißt nicht, dass die Techniker oder Chemiker da-
mit ihre Arbeit beendet haben. In der Phase der Markteinführung wird die Technik
die Marketing- und Vertriebsanstrengungen weiter begleiten. Das Schlimmste, das
passieren kann, sind imageschädigende Rückrufaktionen für Lebensmittel oder In-
dustriegüter. Formell ist die Produkteinführung nach externer Freigabe durch den
Kunden abgeschlossen (bei Konsumgütern: durch die Listung im Handel). Nach ei-
ner allgemeinen Erfahrungsregel schaffen von 100 Produktideen nur 4 – 6 die
Markteinführung. Letztlich wird sich von diesen nur eine Innovation erfolgreich
im Markt durchsetzen.424 Eine Produktentwicklung gilt als erfolgreich, wenn sie das
erste Jahr nach Markteinführung überlebt.425

4.3.5. Innovationscontrolling
Damit ist die Frage der Erfolgsmessung der Innovationstätigkeit berührt. Wie lässt
sich der Erfolg von Neuentwicklungen überhaupt messen? Betriebswirtschaftlich
sicherlich durch Marktanteile und Marktwachstum im Portfolio unter Wahrung vor-
gegebener Ergebnisraten. Eine zentrale Kontrollgröße ist die Innovationsrate:
⌦ Zu beobachten ist die Produktinnovationsrate426 im Leistungsprogramm:
Innovationsrate = (Absatz) Umsatz der neuen Produkte im ersten Jahr nach

422
vgl. o.V., (Virtual Design), in: PM-Beratungsbrief v. 25.5.1999, S. 4
423
mit denen sog. Entwicklungspartnerschaften vereinbart sind, wie es z.B. in der Automobilindustrie
oder im Anlagenbau üblich ist.
424
vgl. den Hinweis zu den Flop-Daten: Hamburg; Krahmer, (Marketingmanagement), 2006, S. 569
425
28.000 neue Food-Artikel wurden 1996 vom deutschen Lebensmittelhandel neu eingeführt. Fast
die Hälfte war nach Ablauf eines Jahres wieder aus den Regalen verschwunden: vgl. Drosten, (Kondi-
tionen), in: ASW, 12/1997, S. 36
426
vgl. Meffert, (Marketing), 2000, S. 348
206 Marktorientierte Unternehmensführung

Markteinführung im Verhältnis zum Gesamtabsatz (Gesamtumsatz) des Ge-


schäftsfeldes (in Prozent).
⌦ Die Innovationsrate sollte nach einer Erfahrungsregel zwischen 10 und 20 Pro-
zent liegen (bezogen auf Absatzmengen; Problematik der Einführungsmengen
beachten, s. noch einmal die Diffusionskurve in Abb.1-19).
Abb.4-22
ERFOLGSKONTROLLE FÜR DIE INNOVATIONSTÄTIGKEIT

Der betriebswirtschaftliche Erfolg der Innovationstätigkeit kann durch Kennziffern erfasst werden. Daneben gibt
es weitere image- und strategiebezogene Vorteile (weiche Erfolgsfaktoren)
Kennzahl / Beschreibung Kennziffer
(1) Anteil der F&E-Kosten am Umsatz (F&E-Kosten) : Nettoumsatz x 100
(2) F&E-Effizienz-Index (Umsatz mit Produkten < 5 Jahre) : F&E-Kosten x 100
(3) Umsatzanteil Neuprodukte (Umsatz mit Produkten < 5 Jahre) : Umsatz x 100
(4) Umsatz pro F&E-Mitarbeiter Umsatz : F&E-Mitarbeiterzahl
(5) F&E-Personalkostenanteil F&E-Personalkosten : F&E-Kosten x 100
(6) F&E-Plankostenabweichung F&E-Istkosten : F&E-Sollkosten x 100
(7) Investitionen pro F&E-Mitarbeiter F&E-Investitionen : F&E-Mitarbeiterzahl
(8) Kostenanteil Fehlerbehebung Fehlerbehebungskosten : F&E-Kosten x 100
(9) Kostenanteil Änderungskosten Änderungskosten : F&E-Kosten x 100
(10) Kostenanteil Qualitätssicherung Qualitätssicherungskosten : F&E-Kosten x 100
(Quelle: Boutellier; Völker; Voit, (Innovations-Controlling), 1999)

Boutellier u.a. schlagen eine Reihe weiterer Parameter für die Innovationserfolgs-
messung vor.427 Die Kennziffern der Abb.4-22 können nur als Richtschnur dienen,
denn sie umfassen - wie so oft - nur harte betriebswirtschaftliche Fakten. Wichtige
qualitative Erfolgsgrößen (z.B. Markteinfluss, Imagegewinn durch Neuprodukte,
Motivation der Mitarbeiter) bleiben ausgeklammert. In BtoB-Märkten ist es wichtig,
die eigene Innovationstätigkeit kundenbezogen zu analysieren. Welchen Wert hat
eine vermeintlich überragende Innovationstätigkeit, wenn sie nur einem Großkunden
zugute kommt, der auf der Ergebnisseite keine befriedigenden Deckungsbeiträge
bringt? Innovationsanalyse ohne Kundenanalyse bleibt daher unvollständig.
Die bisherigen Abschnitte beschrieben die große Linie der Ideenfindung und der
Entwicklung von neuen Produkten. Die speziellen Zuständigkeiten des Marketing
(speziell Produktmanagement) blieben ausgeklammert. Welche Aufgaben fallen bei
der Neugestaltung oder Veränderung eines Produktes für das Marketing an?

4.4. Produktgestaltung (Produktpolitik im engeren Sinne)


4.4.1. Produktleistungsplanung / Qualitätsplanung
Die Produktgestaltung im Rahmen des Marketing umfasst alle Instrumente
und Maßnahmen zur Festlegung oder Veränderung von Produkteigenschaften
unter kunden-, kosten- und konkurrenzbezogenen Gesichtspunkten.428
Vier Vorgaben sind zu beachten: (1) technische Vorgaben, (2) die "Vere-
delungschancen" des Marketing, (3) Ziele einer Markenschaffung sowie (4)
rechtliche, ökologische und normenbezogene Vorschriften (z.B. nach DIN).
Ein Produktmanagement agiert als Vermittler zwischen Kundenwünschen,
Innovationsgrenzen von F&E, technischen Möglichkeiten der Produktion,
Kostenüberlegungen des Controllings und Verkaufszielen des Vertriebs.

427
vgl. Boutellier; Völker; Voit, (Innovations-Controlling), 1999
428
Wir beschäftigen uns also nicht mit technischen Konstruktionsdetails oder chemischen Fragen der
Produktzusammensetzung. Vgl. zum marketingbezogenen Begriff der Produktgestaltung; Scharf;
Schubert, (Marketing), 2001, S. 89.
4. Kapitel: Die Leistungsprogrammpolitik 207

Abb.4-23 Abb.4-23 listet Zielsetzungen für produktgestalterische


ZIELE FÜR PRODUKTPOLI-
TISCHE MASSNAHMEN Maßnahmen auf. Die innovative Neugestaltung eines
Produktes ist in der Praxis eher die Ausnahme. Der
Erstgestaltung einer
Innovation / einer Pro-
Routinealltag des Produktmanagers besteht aus Anpas-
duktneuentwicklung sungsmaßnahmen im Rahmen der Modellpflege, bzw.
Auffrischen eines älteren aus Produktvariationen und -differenzierungen. Abb.1-
Produktes (Design-/ 43 stellte bereits die wesentlichen Arbeitsbereiche der
Qualitätsrelaunch) =
Produktvariation Leistungsprogrammpolitik zusammen.429
Anpassen eines Produk-
tes an geänderte Käu- Ausgangsüberlegungen der Produktplanung richten
ferwünsche sich zunächst auf das Leistungsvermögen (Was soll
Anpassen eines Produk- das Produkt können?) und die Qualität430 (Wie gut soll
tes an neue Produkte der
Konkurrenz
das Produkt sein?). Beide Begriffe gehören eng zusam-
men. Jedoch: Ein gutes Leistungsvermögen wird nicht
Kreieren eines zusätzli-
chen Produktes in enger als Qualitätsvorteil empfunden, wenn der Käufer in sei-
Anlehnung an ein beste- ner Problem- oder Bedarfssituation viel höhere oder
hendes zum Zwecke ei-
ner Produktdifferenzie- andere Erwartungen hegt. Qualitätsurteile ergeben sich
rung folglich erst durch Abgleich von Leistungserwartun-
Kreieren einer scheinba- gen mit individuell empfundenen Produkteignungen
ren Produktverbesse-
rung oder eines schein-
für bestimmte Einsatzzwecke.431 Zu unterscheiden sind
bar neuen Produktes, dabei objektive (nachprüfbare) und subjektive Quali-
z.B. für einen Messeauf-
tritt (Pseudoentwicklung)
tätsbeurteilungen. Gerade weil das Qualitätsempfinden
so subjektiv ist, kommt dem Marketing mit seinen Be-
einflussungsmöglichkeiten eine hohe Bedeutung zu.432
„Qualität ist, Die Qualitätsplanung sollte das Qualitätsbewertungsempfinden von Kunden beach-
wenn der ten. Demgemäß gibt es drei zu planende Qualitätskategorien:433
Kunde und
nicht das Auto (1) Such-Qualitäten: Diese entsprechen den messbaren Leistungsmerkmalen. Sie
zurück- können vom Kunden im Kaufprozess gezielt gesucht und verifiziert werden (z.B.
kommt.“ Farbe eines Autos, Benzinverbrauch o.ä.).
(Xaver Franz,
Leiter QM- (2) Erfahrungs-Qualitäten: Diese werden durch den Gebrauch oder die Inan-
Gesamtfahr- spruchnahme eines Angebotes beurteilt. Sie können oft nicht a priori am Produkt
zeuge BMW) überprüft werden (z.B. bei der Reparatur eines Fernsehers).
(3) Glaubens- oder Vertrauens-Qualitäten: Diese festigen sich durch emotionale
Bewertungen. Das Anbieterimage und ein persönliches Vertrauensverhältnis
(Beziehungsqualität) zu dem Kundenbetreuer sind von ausschlaggebend (z.B.
ärztliche Beratung, erhoffte Rendite eines Investment-Fonds).
Unter Beachtung dieser Effekte sollte die Qualitätsplanung überlegene Nutzenwerte
anstreben. Folgende Arten von Kundennutzen sind hierbei zu unterscheiden:
(1) gebrauchstechnischer Nutzen (Funktionalität, Haltbarkeit, Bedienbarkeit),
(2) ästhetischer und sinnlicher Nutzen (modernes Aussehen, Geschmack),
(3) sozialer Nutzen (Prestige-, Distinguierungsnutzen 434),
(4) ökologischer Nutzen (energiesparende Materialien, Recyclingfähigkeit).
429
Ein bekannte Einteilung der Instrumente der Produktgestaltung stammt von Koppelmann, (Pro-
duktmarketing), 1993, S. 250; s. ferner Mayer, (Produktgestaltung), 1993, S. 27
430
Der Qualitätsbegriff ist keinesfalls eindeutig. Und stets sind die Kunden unsicher bzgl. der Qualitä-
ten der angebotenen Produkte: vgl. Homburg; Krohmer, (Marketingmanagement), 2006, S. 58
431
Der teleologische Qualitätsbegriff: Abgleich von Bedürfnissen mit Produkteigenschaften im Rah-
men von Wahrnehmungs-/Beurteilungsprozessen: vgl. Hansen u.a., (Produktpolitik), 2001, S. 19
432
Deshalb ist nicht zu verstehen, warum Scharf und Schubert die Qualität nur auf objektiv feststell-
bare Produktmerkmale beziehen: vgl. Scharf; Schubert, (Marketing), 2001, S. 90
433
vgl. Bartscher; Schulze, (Dienstleistungsmanagement), in: Personal, 4/2000, S. 200
434
vgl. Schuster, (Konsumverhalten), in: Jahrbuch der Absatz- und Verbrauchsforschung, 2/1994, S.
108-121; 3/1994, S. 218-231
208 Marktorientierte Unternehmensführung

Bei der Qualitäts- und Nutzenplanung sind unbedingt die Zusammenhänge mit der
Kundenzufriedenheit des Kano-Modells zu beachten (s. Abb.6-55). Bei gleichzeiti-
gem Blick auf das Zwiebelkonzept eines Produktes (vgl. noch einmal Abb.4-3) kön-
nen Produktanforderungen bzw. -qualitäten dann wie folgt strukturiert werden:
(1) Basisqualität (entspricht dem generischen Produkt),
(2) Leistungsqualität (macht aus einem normalen ein gutes Produkt),
(3) Distinguierungsqualität (differenziert von Konkurrenzprodukten),
(4) Begeisterungsqualität (soll Käufer überzeugen und fest binden).

Eine Produktkonzeptplanung lässt sich dann gemäß Abb.4-24 aufbauen.


Abb.4-24
AUFBAU EINER PRODUKT-KONZEPTPLANUNG
arrondierende
speziell wettbe- speziell Begeiste-
Die folgenden 5 Dienst- und
Basisleistungen Zusatzleistungen werbsdifferenzie- rungs- und Bin-
Punkte nur als Service-
rende Leistungen dungsleistungen
Auswahl leistungen
1. Funktionalität
2. Design
3. Prestige
4. Ökologie
5. Preis, Kosten

Abb.4-25 Die direkt einsetzbaren Qualitätsinstrumente sind mit F&E, ggf. den Lebensmit-
telchemikern, Produktion (wegen Produktionssicherheit), Verkauf, Controlling (we-
Leistungs gen Kostentragfähigkeit) und Qualitätssicherung (QS) abzustimmen:
vermögen
(1) Produktleistung: Leistungsvermögen; unter Beachtung von rechtlichen, ökolo-
Funktionalität gischen, technischen Normen, Vorschriften, Branchenstandards,
(2) Funktionalität, auch gemäß Branchen- und Prüfstandards,
Bedienbarkeit (3) Bedienbarkeit, mit Bedieneinfachheit und Bediensicherheit
(4) Wirtschaftlichkeit, resultierend aus dem Preis- / Leistungsverhältnis,
Wirtschaft-
(5) Haltbarkeit, betreffend Produktleistung und Wirtschaftlichkeit,
lichkeit (6) Zusatznutzen, z.B. Imprints, Responseträger, Hotline-Angaben,
(7) Produktäußeres, Design mit Einfluss auf das Qualitätsempfinden der Käufer
Haltbarkeit
(8) Verpackung mit Qualitätsimage und logistischen Funktionen (RFID-Tags),
(9) Vorkehrungen zur umweltgerechten Verwendung und Entsorgung,
Zusatznutzen
(10) Als Marke muss das Produkt im Marken-Einklang mit den anderen Produkten
(Marken) des Unternehmens (bzw. einer Dachmarke) stehen (s. Kapitel 7.14.5.).
Aussehen

Nicht alle Belange fallen in den Zuständigkeitsbereich des Marketing. Wird eine Pro-
Verpackung duktinnovation, wie in den vorhergehenden Abschnitten gezeigt, dominierend von
der Technik vorangetrieben, dann sind die Gestaltungsspielräume des Marketing
Entsorgung (Produktmanagement) vorrangig auf Designfragen und Verpackung beschränkt. Es
sind auch nicht alle Qualitätselemente gleich wichtig. Nach einer Untersuchung der
GfK entscheiden 48% der Verbraucher beim Kauf langlebiger Gebrauchsgüter nach
der Funktionalität, 17% nach dem Produktäußeren (Design). Nur für 35% der Käufer
ist ein günstiger Preis das ausschlaggebende Kaufkriterium.435

Die Produktqualität kann mit Hilfe von Eigenschaftsmatrizen optimiert werden


(Abb.4-26).436 Zu realisieren sind vom Kunden erfahrbare, wettbewerbsüberlegene
Produkteigenschaften. Die Qualitätsparameter werden bei technischen Produkten in
den oben erwähnten Produktspezifikationen / Lastenheften (den sog. specs), für Le-
bensmittel in Rezepturen schriftlich dokumentiert.
435
vgl. o.V., (Funktionalität), in: PM-Beratungsbrief v. 10.3.1997, S. 1
436
vgl. Haedrich; Tomczak, (Produktpolitik), 1996, S. 30, sowie die dort angegebene Literatur
4. Kapitel: Die Leistungsprogrammpolitik 209

Abb.4-26
Abb.4-27
NUTZENORIENTIERTE PLANUNG VON QUALITÄTSELEMENTEN
Die DIN EN
Nutzenkriterien, die Wettbewerbsvorteile bringen sollen
ISO8402/3.3
fordert: technische Komfort,
Umwelt-
„Die Quali- Grund- Bedienungs- Haltbarkeit Wirtschaftlichkeit
freundlichkeit
funktionalitäten sicherheit
tätsplanung
muss die 1. Material
vom Kunden 2. Komponenten
festgelegten 3. Verarbeitung
Aufgaben 4. Design
und Termine 5. Verpackung
berücksich-
tigen und
speziell
festgelegte 4.4.2. Produktäußeres / Produktdesign / Design-Management
Methoden
beinhalten.“ Ein anmutiges Produkt sticht ins Auge. Leider wird „Das BMW Design kann man
bei technischen Produkten die Macht des Designs oft meiner Meinung nach am besten
übersehen. Das Produktäußere ist deshalb bedeutsam, mit einem Diamanten verglei-
chen: klar, beständig, unver-
• weil der Käufer hieraus Rückschlüsse auf die wechselbar. Daraus entfaltet
Qualität zieht, sich ein ganzes Spektrum von
• weil er hieraus Preisvorstellungen ableitet, Farben, Formen und Facetten.
• weil es ihm die Freiheit gibt, seinen Lebensstil in Breit gefächert und doch: In
jedem Detail erkennt man im-
dem Produkt zu verwirklichen, mer den einen Ursprung.“
• weil es ihm dadurch auch eine Chance auf soziale Christopher E. Bangle, Leiter
Abhebung bietet. Entwicklung Design – BMW
• Ein gutes Design kann eine Marke prägen (Por- Lifestyle (Zitat 1999)
sche-Design).

20% aller Nach DIHT-Präsident Stihl zählt ein gutes Industriedesign zu den strategischen Fak-
deutschen toren der Unternehmensführung. Die neun Praxisbeispiele von Schuster in Abb.4-27
Unternehmen
setzen Pro- unterstreichen die strategische Bedeutung eines guten Design-Managements.
dukt-Design
strategisch Das Produktäußere ist Obergriff für zahlreiche Produkteigenschaften, die durch das
ein. (Hinweis
ASW, 8/2004, Marketing im Sinne von Instrumenten beeinflusst werden können:
S. 92) (1) Größe und Gewicht,
(2) Material mit Oberflächenbeschaffenheit, Anfühlbarkeit = Haptik,
Produkte mit (3) sichtbare Produktbestandteile wirken gleichzeitig als Qualitätsmerkmale (Was
einem be-
sonderen
gehört alles zu der ALNO-Küchenzeile? Was ist dran am neuen iPOD?),
haptischen (4) Design i.e.S., d.h. Form, Stil,
Design- (5) Farbe, farblicher Eindruck,
element:
Underberg,
(6) Geruch / Geschmack (z.B. bei Kosmetika, Lebensmittel),
Orangina, (7) Konsistenz (z.B. bei Margarine),
Nivea-Dose, (8) Klang (z.B. bei HiFi-Geräten, Automotoren, Küchengeräten etc).
Coke-Flasche,
Vileda,
Ritter Sport. Koppelmann beschreibt eine Vielzahl von Gestaltungsmöglichkeiten mit ihren jewei-
ligen Vor- und Nachteilen.437 Abb.4-28 greift beispielhaft die Bedeutung von Farben
heraus. Die Übersicht kann unmöglich erschöpfend sein. Allein 25.000 Farben sind
in der Automobilindustrie definiert. Die Produktgestaltung kann durch bestehende
gewerbliche Schutzrechte eingeengt sein; vor allem zum Schutz vor Markenpiraterie.
Das gilt insbesondere für den Produktnamen und für das Logo.

437
vgl. Koppelmann, (Produktmarketing), 2001, S. 325-512
210 Marktorientierte Unternehmensführung

Abb.4-27
PRAXISBEISPIELE FÜR DESIGNORIENTIERTE PRODUKTPOLITIK

Funktion des Design Beispiel Erläuterung Weitere Erfolgsfaktoren


Schaffung von Mar- FSB Deutliche Steigerung des Kommunikationskonzept
kenbekanntheit www.fsb.de Bekanntheitsgrades dieses zur Ansprache verschiedener
mittelständischen Herstellers Zielgruppen: Verbraucher,
von Beschlägen durch (kosten- Handel, Empfehler (Planer)
günstige) Design-P.R., z.B.
Gestaltungs-Symposien,
Design-Wettbewerbe
Image-Aufwertung Audi Profilierung durch Design- Gezielte Ansprache von
einer Marke www.audi.de Kompetenz im gesamten Journalisten und Multipli-
Programm; große Rolle katoren, um Imagewandel
dabei von besonders image- zu beschleunigen
prägenden "Speerspitzen"-
Produkten (Audi TT)
Sicherung des Hoch- Koziol Permanente Innovations- Verhinderung von Marken-
lohn-Produktions- www.koziol.de politik für Kunststofferzeug- piraterie (Produktimitationen)
standortes nisse mit ‚witziger‘ Pro-
Deutschland duktsprache (oft Geschenk-
bedarf)
Loewe Erfolgreicher Anbieter von Einführung neuer zielgruppen-
www.loewe.de designorientierten Unterhal- gerechter Produkte (z.B. In-
tungselektronik-Produkten ternet-TV)

Ausbruch aus gesät- Dyson Staubsauger und Wasch- Gezielte Vermittlung der Pro-
tigten Märkten www.dyson.com maschine mit neuartigem duktbesonderheit (wie beutel-
technischen Prinzip und loser Staubsauger) gegenüber
innovativem Design Handel und Verbraucher
Neudefinition einer Smart Wiederbelebung des Professionelles Einführungs-
Produktgattung www.smart.com Kleinstwagens, technische marketing, daneben ‚"längerer
Weiterentwicklungen sowie Atem" aufgrund von diversen
pfiffiges Design Marktwiderständen
Positionierung im Swatch Frontalangriff auf die Radikale Vereinfachung der
unteren Preis- / Leis- www.swatch.com ausländische Billig-Kon- Produktfertigung (Modulari-
tungssegment kurrenz durch laufende sierung, Automatisierung)
Design-Innovationen
(Anfang der 80er Jahre)
Förderung der Markt- Bandai Tamagotchi als Pionier Nutzung der sehr großen
einführung / Diffusion www.bandai.com für ‚Cyberpets‘; Design Produktpublizität in den
einer Innovation vermittelt vertraute Ge- Medien für Nachfolge-
staltungsmuster (z.B. Ei- Produkte
symbolik, intuitive Bedienung)
Zielgruppendifferen- Nokia Design heterogenisiert Definition hinreichend großer
zierung www.nokia.com ursprüngliche Universal- und stabiler Segmente
produkte und schafft
Preisspielräume
Internationale Expan- Bulthaup Exklusive Designpolitik erlaubt Beachtung länderspezifischer
sion im Top-Segment www.bulthaup.de die Ansprache länderübergrei- technischer Produktan-
fender Marktschichten forderungen (Normen, Standards)

(Quelle: Schuster, (Designpolitik), München 2002)

Abb.4-28
FARBSIGNALE UND IHRE BOTSCHAFTEN
Signal Symbol Bedeutung in der Werbung

1. blau Freiheit, Weite, Ferne Vernunft, Überlegenheit stark fallend


2. grün Natur, Innovation Hoffnung, Lebensfreude steigend
3. rot Achtung, Stop, Feuer Liebe, Gefahr stabil
4. weiß Sauberkeit, Unschuld Freude, Reinheit stark steigend
5. gelb Aktivität, Aufmerksamkeit Licht, Kommunikation sehr stark steigend
6. schwarz Individualität, Trauer Funktionalität, Abgrenzung stabil
7. violett Kühle, Distanz Ferne, Intelligenz steigend
4. Kapitel: Die Leistungsprogrammpolitik 211

Nicht immer sind die technisch überlegenen Produkte auch die vom Markt präferier-
ten. In Zeiten zunehmender technischer Normierungen jonglieren auch die Industrie-
güterhersteller immer bewusster mit Produktäußerlichkeiten wie Auffälligkeit und
Attraktivität. Die emotionale Wirkung, die von einem Design ausgeht, entscheidet
über den Produkterfolg. „Design wird zur Waffe im Wettbewerb“.438 Design-
Management zielt auf Produktästhetik. „Die Ästhetik ist die Kraft, die Gefühle
schafft.“439 Ein Trucker sieht sein Fahrzeug eben nicht als Nutzgegenstand. Martiali-
sche Designelemente geben ihm Gefühle von Freiheit und Macht auf der Straße. Der
Grund: Über das Design sendet ein Produkt emotionale Botschaften aus.

Schuster erkennt z.B. einen engen Zusammenhang zwischen Design und prestigege-
leitetem Konsumverhalten (Distinktkonsum, Geltungskonsum).440 Die Adidas-
Streifen machen aus jedem Straßenfußballer einen Weltstar. Das Konzept des Dis-
tinktkonsums beschränkt sich keinesfalls auf Konsumgüter, wie an prestigeträchtigen
Verwaltungsgebäuden von Wirtschaftsunternehmen, an imposanten Schiffen, Krä-
nen, Traktoren oder LKW´s gut zu sehen ist. Abb.4-29 hilft unter diesem Aspekt,
Qualitätselemente emotional aufzuladen. Im modischen Bereich ist nach wie vor
Attraktivität angesagt. Auffälligkeit dagegen scheint out zu sein. Im Trend liegen
Gestaltungselemente wie Understatement (Bescheidenheit) und Funktionalität. Bei
Industrieprodukten legen die Kunden hohen Wert auf ein funktionelles Design (ohne
„Schnick-Schnack“); z.B. bei Kränen oder Gabelstaplern.
Abb.4-29
GESTALTUNG DES PRODUKTÄUSSEREN / DESIGN-OPTIMIERUNG
Design-Botschaften
innovativ, trend- Understatement- attraktiv, ange- funktionell,
Design-Ansatzpunkte: auffällig, flippig
setzend orientiert nehm schlicht
1. Produktkern
2. Produktäußeres
3. Verpackung
4. Produktpräsentation

Woran erkennt man ein gutes Design? Zentrale Messlatte ist nach Schuster die Ziel-
gruppenausrichtung.441 Entscheidend ist, inwieweit die Bedürfnisse und Erwartun-
gen der Kunden sowie - bei Konsumgütern - die Vorstellungen des Handels bei der
Produktgestaltung berücksichtigt werden. Nach Klärung dieser Zielgruppenbezogen-
heit sind weitere fünf Aspekte zu beachten:
(1) Gutes Design ist keine Oberflächenkosmetik für das äußere Erscheinungsbild,
sondern bezieht sich auf das gesamte Nutzenbündel eines Produktes. Deshalb ist
neben dem ästhetisch-sinnlichen Nutzen immer der gebrauchstechnische, ökolo-
gische sowie der Distinktionsnutzen mit in die Gestaltung einzubeziehen.
(2) Gutes Design dient nicht nur zur Profilierung in oberen Marktschichten mit ge-
hobenem Preis- und Qualitätsniveau, sondern ist immer mehr auch für mittlere
und untere Marktschichten von Bedeutung. Dies wird besonders deutlich, wenn
man sich die enormen Marktpotenziale, insbesondere in asiatischen Ländern mit
geringer Kaufkraft, vor Augen führt. Auch ein preiswertes und robustes Chinaau-
to wird sich ohne kulturentsprechendes gutes Design nicht durchsetzen.
(3) Gutes Design bezieht sich nicht nur auf das Produktdesign, sondern auch auf

438
Ahrens; Pittner, (Kraft), Interview mit dem Designprofessor Rido Busse, in: MM, 5/1998, S. 310-
321; hier S. 310. Das Design-Zentrum Nordrhein-Westfalen hat allerdings festgestellt, dass erst 15%
aller Industrieunternehmen systematisches Design-Management betreiben, s. S. 313.
439
vgl. Ahrens; Pittner, (Kraft), in: MM, 5/1998, S. 310; zum Zitat von Stihl: S. 319
440
vgl. Schuster, (Prestigegeleitetes Konsumverhalten), in: Jahrbuch der Absatz- und Verbrauchsfor-
schung, 2/1994, S. 108-121; sowie 3/1994, S. 218-231
441
vgl. hierzu und zu den 5 Merkmalen: Schuster, (Designpolitik), 2002
212 Marktorientierte Unternehmensführung

das Dienstleistungsdesign. Dies ist auf den steigenden Stellenwert des tertiären
Sektors zurückzuführen. Zentrale Aufgabe ist es dabei, immaterielle Leistungen
zu visualisieren und damit begreif- und unterscheidbar zu machen. So ist im Falle
einer Fluggesellschaft zu überprüfen, mit Hilfe welcher Instrumente des Corpora-
te Designs (CI = das einheitliche Erscheinungsbild des Unternehmens) Sicherheit
und Service vermittelt werden können.
(4) Für Verleih-, Leasing-, Sharing- und Poolingkonzepte erhalten neuartige Gestal-
tungsmerkmale für ein vandalismussicheres Design zunehmende Bedeutung.
(5) Als weitere Zielgruppe rücken die Mitarbeiter des Unternehmens in das Blick-
feld. Ein gutes Design erfüllt auch für die Mitarbeiter eine wichtige Identifikati-
ons- und Motivationsfunktion.
RANKING INDUSTRIEDESIGN 04/05
Abb.4-30 Auf die Design-Gestaltung sind Design-Agenturen
wie auch firmeneigene Teams spezialisiert. Re- (1) designafaires
(2) Teams Design
gelmäßig werden in Deutschland und weltweit (3) Festo
Designwettbewerbe veranstaltet. Abb. 4-30 zeigt (4) Siemens
(5) Heidelberger Druck
die im Ranking Industriedesign ermittelten füh- (6) Design Tech
renden zehn Agenturen bzw. Hersteller mit den (7) Busse Design Ulm
(8) Black&Decker
ansprechendsten Produktgestaltungen für techni- (9) Hitachi Koki
sche Produkte.442 (10) Studiowerk Design
(Quelle: www.rankingdesign.de)

4.4.3. Produktname (Markenname) und Logo


„Ein Markenname zielt aufs Herz. Das gilt für den Industriekunden ebenso wie für
Handy-Käufer.“ (Kurt Hellström - Konzernchef von Ericsson)443

„Krieg der Der größte Traum des Marketing ist es, ein Produkt zur Marke zu promovieren. Das
Worte: Die Produkt muss dazu eine sog. Markenpersönlichkeit entwicklen. Und eine Geschichte
Produktqua-
lität bringt erzählen können. Eine Marke ist folglich weit mehr als eine Produktgestalt. Wegen
selten eine der überragenden Bedeutung der Kommunikation bei der Markenbildung (Branding)
Marke nach wird die Markenpolitik im Kapitel 7.14. gesondert behandelt.
vorn. Das
richtige
Schlagwort Im Konsum- und auch zunehmend im technischen Geschäft hat die Namensfindung
verweist die also eine strategische Bedeutung, da sie das Branding unterstützt. Wichtige Erfolgs-
Konkurrenz faktoren für die Namensgebung sind:
auf die hin-
teren Plät-
(1) keine Kollision mit bestehenden Schutzrechten,
ze.“444 (2) gute Aussprechbarkeit,
(3) kreative Elemente, ein besonderer "Kick",
(4) Einfachheit, hohe Merkfähigkeit,
(5) gute Unterscheidbarkeit,445 hohe Wiedererkennbarkeit,
(6) Dauerhaftigkeit, Unabhängigkeit vom Zeitgeist,
(7) erkennbarer Lebensstil-Bezug,446
(8) positiver Bezug zum Image der Gesamtunternehmung,
(9) positiver Bezug zu einer evtl. vorhandenen Dachmarke,
(10) Akzeptanz auf internationaler Ebene.

442
Grundlage sind die in 19 Designwettbewerben erzielten Preise und Auszeichnungen: vgl. Ahrens,
(gute Formen), in: MM, 5/1998, S. 298-308; Aktualisierung 2003/04 www.rankingdesign.de
443
vgl. Preissner; Schwarzer, (zurückhaltend), Interview mit Kurt Hellström, in: MM, 10/2000, S. 79
444
Brandtner, (Krieg), in: MM, 6/1999, S. 186
445
vgl. zu diesen vier Faktoren Hüttel, (Produktpolitik), 1998, S. 175
446
kennzeichnet die Fähigkeit eines Begriffs / Namens, Träger eines Lebensstils zu sein
4. Kapitel: Die Leistungsprogrammpolitik 213

ELEMENTE VON PRODUKT-/MARKENNAMEN ERFOLGREICHE NAMENSGEBUNGEN


Odol-Med3 3fach-Schutz
Abkürzungen SAP/R3, BMW, E.On
Sensodyne für schmerzempfindliche Zähne
Zahlen 4711, 8 x 4
Bounty Küchenrolle mit Struktur
Kombinationen Ernte 23, Hohes C, Chanel No. 5
Fairy Ultra Kompaktspülmittel
Gründer Calvin Klein, Trixi Schober, Adidas
Pantene Pro V Shampoo mit Vitaminen
Symbole Krupp Ringe, Mercedes Stern, Yellow
Fructis Shampoo mit Fruchtsäuren
Geschichte Jacobi 1880, 1860 München
Dr. Best flexible Zahnbürste
Herkunft Pilsner Urquell, Gerolsteiner
Pampers Wegwerfwindel
Modellreihen Z3, T4, A3, Pentium 4
BMW Fahrfreude
Eigenschaften 5 Minuten Terrine, Mega Perls
Krombacher Felsquellwasser
Personifizierung Meister Propper, Der General
Pizzabäcker Wagner Steinofen
Mythos Ferrari, Chanel No. 5, Maybach
(Quelle u.a.: Brandtner, (Krieg), in: MM, 6/1999, S. 186)

Abb.4-31
Abb.4-32 Laut Brandter liegt ein Erfolgsgeheimnis von starken Produktnamen in der Ein-
fachheit. „Im Idealfall lässt sich eine effektive Markenstrategie auf ein zentrales
Wort reduzieren.“447 Abb.4-31 enthält mögliche Elemente von Markennamen.
Abb.4-32 gibt Beispiele für Markenerfolge, die auf zentrale Wörter (und mit ihnen
verbundene, einfache Bilder und Botschaften) zurückgeführt werden können.

Bei der Namensgebung für ein neues Produkt sind die beim Deutschen Patentamt
national und international eingetragenen Schutzrechte für Namen, Schriftzüge und
sonstige Symbole zu beachten.448 Auf über 15 Mio. wird die Zahl der weltweit regist-
rierten Marken (Warenzeichen) geschätzt. Der nationale Markenbestand liegt bei
über 700.000. Allein im Jahr 2005 sind in Deutschland über 70.000 Marken und
20.000 Gebrauchsmuster angemeldet worden. Vom Patentamt werden standardmäßig
folgende Fragen recherchiert:
• Gibt es bereits ein identisches Zeichen?
• Besteht Verwechslungsgefahr mit einem ähnlichen Zeichen?
• Wird ein Claim bereits in gleicher Weise benutzt (Claim = eine besondere Pro-
dukteigenschaft als Erkennungszeichen)?
• Welche Marken besitzen die relevanten Konkurrenten?
• Ist ein einmal eingetragenes Zeichen noch rechtswirksam?
Abb.4-33
BEISPIELE FÜR SCHUTZRECHTE
Urheberrecht • Geistiges Eigentum. Schutz einer persönlichen, geistigen Schöpfung (Literatur,
Musik, Kunst, Film, Tanz). Wenig Bedeutung für die Produktpolitik.
• Ein Warenzeichen ist ein geschütztes Wort-, Bild- oder kombiniertes Wort-
Warenzeichen, Marke Bildzeichen. Es unterscheidet Waren und Dienstleistungen des Zeicheninha-
bers von denen anderer Mitbewerber. Warenzeichen müssen beim Patentamt
beantragt und in die Zeichenrolle eingetragen werden.
• Ist ein ästhetisches gewerbliches, zweidimensionales (z.B. Tapetenmuster)
Geschmacksmuster oder dreidimensionales (z.B. Schmuckstück) Muster. Wenn es neu, eindeutig
unterscheidbar und gewerblich verwertbar ist, kann es durch Eintragung in ein
Die Nürnber- Musterregister beim Amtsgericht gegen Nachbildung geschützt werden.
ger Rostbrat-
wurst ist • Ein Patent ist ein staatlich oder überstaatlich erteiltes, ausschließliches und
Patent zeitlich begrenztes Recht (30 Jahre), eine Erfindung gewerbsmäßig zu nutzen.
durch die EU- Eine Erfindung muss neu sein, auf erfinderischer (naturwissenschaftlich-
Verordnung technischer) Tätigkeit beruhen und vorher nicht andernorts bekannt sein.
(EG) Nr.
• Schützt als "kleines Patent" Arbeitsgerätschaften oder Gebrauchsgegenstände
1257/2003 als gegen Nachahmung. Im Gegensatz zum Patent ist kein technischer Fortschritt
Marke ge- Gebrauchsmuster
bzw. kein Erfindungsgrad notwendig. Entscheidend ist vielmehr eine Neuartig-
schützt. keit in der Gestaltung, Anordnung, Vorrichtung oder Schaltung.

447
Brandtner, (Krieg), in: MM, 6/1999, S. 186
214 Marktorientierte Unternehmensführung

Abb.4-33 enthält die verschiedenen Schutzmöglichkeiten für ein neues Produkt.


Doch selbst wenn die rechtlichen Fragen geklärt sind: Eine Namensgebung birgt er-
hebliche Imagerisiken für das internationale Geschäft:
Die Fiat Automarke Tipo bedeutet für die Finnen „Schwein“. Pajero und Vista (Microsoft)
sind in Finnland Schimpfwörter. Ritmo ist in Großbritannien als Verhütungsmittel erhältlich.
Gleiches gilt für Scotch Tapes, so dass niemandem anzuraten ist, in englischen Büros laut nach
denselben zu rufen. Der IKEA-Elch gilt in Schweden als waldschädigender Schmarotzer. Der
Chevy Nova provozierte die Spanier zu Chevy no va. Es bedarf schon viel Mut bei der Marken-
strategie, wenn Nivea in Frankreich an dem Begriff visage festhält, der dort als vulgärer Be-
griff verwendet wird. Estée Lauder dagegen verkauft Country Mist in Deutschland unter
Country Moist.Daewoo hat es trotz 30 Mio. Euro Promotionskosten nicht geschafft, seinem
Firmennamen einen Erinnerungswert zu verschaffen. Ein Beispiel für eine erfolgreich durch-
geführte Marken-Umbenennung ist der Wechsel von Raider zu Twix, den sich das Haus Mars
allerdings mehr als 5 Mio. Euro kosten ließ. Zuvor, im Jahr 1990, hatte Mars bereits Marathon
erfolgreich auf Snickers umgestellt, mit einer Umsatzsteigerung von 25% innerhalb von 4 Mo-
naten.
Abb.4-34
FRAGEN FÜR DIE NAMENSFINDUNG
Abb.4-34 enthält bei einer Namensgebung zu FÜR PRODUKTE
prüfende Detailfragen. Produktnamen vermitteln
Botschaften. So verschwimmen in diesem Be- Was soll der Name aussagen?
reich der Leistungsprogrammpolitik die Grenzen Wie passt der Name zum Firmen-
zur Kommunikationspolitik. namen?
Besticht der Name durch Einfach-
heit
„I just took Ähnlich hohe Anforderungen sind an ein Pro- Gibt es ähnlich klingende Wettbe-
Coca-Cola werbsprodukte?
as an adver-
dukt- bzw. Markenlogo zu stellen. Logos soll-
Ist der Name schon geschützt?
tising name, ten sich im Verbund mit dem Namen im Ge-
Wie verbindet sich der Name mit
thinking that dächtnis der Käufer festsetzen. Das Beispiel Schriftzug, Logo, Symbolen?
two C´s Schwan Stabilo zeigt, wie diffizil es ist, Na-
would look Hat der Name Bild- / Symbolkraft?
well in ad-
mensschriftzug und Logo dem sich wandelnden Kann der Name eine „Geschichte“
vertising.” Zeitgeist anzupassen.449 Gute Logos stärken die erzählen?
(Frank Ro- Markenbildungskräfte der Produktnamen; z.B. Wie wirkt der Name im internationa-
len Geschäft?
binson, der Mercedes Stern, der Opel-Blitz, die Milka- Soll der Name im Markt getestet
Coca-Cola
Museum
Kuh oder die Intel inside Symbolik. Die Kreation werden?

Atlanta) eines Logos sollte daher gut überlegt sein.


Abb.4-35 bietet eine
Abb.4-35 Typologie der Marken-
logos.450
EINE TYPOLOGIE DER MARKENLOGOS

Abb.4-36 zeigt die Ar-


MARKENLOGOS

chitektur des TUI-Logos


(Interbrand).451
Bildlogos Schriftlogos
Jeder
Federstrich hat eine Be-
deutung. Wichtig ist,
abstrakte Zeichen konkrete Bilder

dass ein Logo beim Käu-


fer positive emotionale ohne Markenbzug mit Markenbezug

Assoziationen auslöst.
Acht emotionale Anker
Bezug zum Bezug zur Bezug zur
Markennamen Produktkategorie Positionierung

sind in dem TUI-Logo


verborgen. (Quelle: Esch, (Markenführung), 2003, S, 175)

448
Informationsmaterial zur Überprüfung vorliegender Schutzrechte und zur Anmeldung eines eige-
nen Rechtes kann beim Deutschen Patentamt München unter der Tel.-Nr. 089-21953402/2784 ange-
fordert werden
449
vgl. Hüttel, (Produktpolitik), 1998, S. 269
450
vgl. Esch, (Markenführung), 2003, S. 175
451
vgl. Thunig, (World of TUI), ASW, Sonderausgabe Marken 2002, S. 56-68
4. Kapitel: Die Leistungsprogrammpolitik 215

Abb.4-36
POSITIVE KUNDENASSOZIATIONEN DURCH LOGOS
- Das Beispiel TUI -
Der aktuelle
Claim von RUHEPOL: ENT-STRESSEN:
FREIHEIT:
TUI, abge- bedient werden Balance
ungezwungen
essen Harmonie
stimmt auf grenzenlos
Es gibt übrigens
Ruhe
entfliehen
das Logo:
“Putting a noch Produkte
smile on ohne Namen: Wis- FREUNDLICHKEIT, KONTAKT:
Lächeln
people´s
face“. sen Sie, wie die KRAFTVOLLE
BESTÄNDIGKEIT:
Glück, Wärme
Aufgeschlossenheit
Holzklötzchen hei- Energie
Schwung
ßen, mit denen am DYNAMIK:
Kassenband im SCHUTZ,
Lebensfrische
Aktivität
GEBORGENHEIT:
Supermarkt die verwöhnt werden WIEGE:
zufrieden
Abenteuer

Waren der einzel- Behutsamkeit


Sicherheit
Gleichgewicht
nen Kunden ge-
trennt werden?452 (Quelle: Thunig, (World of TUI), ASW, Sonderheft Mark en 2002, S. 68)

4.4.4. Imprints, Etikett, Packungsbeilage, Gebrauchsanleitung


Neben Name und Logo enthalten Produkt und Verpackung eine Fülle weiterer Auf-
drucke und Beilagen:
(1) Zum Teil sind sie rechtlich vorgeschrieben,
Bsp.: Herstellerhinweis, Verfalldatum, Gewichtsangabe Fleischeinlage, Hinwei-
se auf Konservierungsstoffe, Hinweise „Fragen Sie Ihren ...“ bzw. „Rauchen
schadet der Gesundheit“.
(2) Sie unterstützen die Markenprofilierung, sind also Teil der Produktbotschaft
bzw. der Werbebotschaft, und müssen daher mit den Corporate Identity Richtli-
nien des Unternehmens in Einklang stehen.453
Bsp.: die kleine Cola-Flasche als Aufdruck auf der 1 Ltr.-Flasche, Haribo-Bär,
Meister Propper Figur, Hölzchen-Spiele auf Thomy Senf, Rubbelpunkte auf
Schein der SKL-Klassenlotterie, das Kaffee-Fair-Konzept,
(3) Die Angaben haben informativen Charakter mit Käufernutzen.
Bsp.: Öffnungs-, Wiederverschließhinweise, Prüfurteile, -zeichen, Prüfsiegel,
DIN-Normen, Testergebnis Stiftung Warentest, Zubereitungshinweise, Servier-
vorschläge, Gebrauchsanleitungen, „vor Sonne schützen“, Umweltengel.
(4) Zunehmend sollen Imprints einen Kundendialog anstossen, z.B. durch Preisaus-
schreiben oder Hotlines, Bsp.: Kraft Verbraucherservice 01802-258588.
(5) Letztlich dienen Imprints als logistische Bestandteile der Verpackung,
Bsp.: Scan-Codes, Transporthinweise.

Große Obacht ist bei der Gestaltung von Packungsbeilagen und Gebrauchsanleitun-
gen zu geben. Fehler bei Produktinformationen und Verpackungshinweisen gehen im
Sinne des Verbraucherschutzes zu Lasten des Herstellers.

452
Dieses bislang noch ungelöste Problem des Marketing wurde unlängst angegangen. Im Jetzt-
Magazin der Süddeutschen Zeitung wurden bemerkenswerte Vorschläge eingereicht; wie z.B. Fressa-
lientrennding (Angi), Stuffdivider (Lina), Eydasgehörtmirteil (Urner), Konsumtrenner (Maxe), Kon-
sum-Oxer (Markus), Plastiktoblerone (Nina), Kundenknüppel (Notax), Meinstrennbrett (Anna), Kas-
sen-Klomb (Heike), Zuvielzahlprohibitor (Ingmar) u.a.m. Diese Infos verdanke ich Frau Lüthen.
453
und damit Teil der Kommunikationspolitik
216 Marktorientierte Unternehmensführung

4.4.5. Verpackung
Die Verpackung gilt nach Switch-Design als das „Gesicht einer Marke“. Gerade die
Umverpackung verschmilzt mit dem Produkt zu einer präferenzbildenden Einheit. Zu
gestalten sind Transportverpackungen und Umverpackungen. Das bereits oben
erwähnte klassische Beispiel:
Coke druckt die kleine 0,2 Lt. Flasche (also eine Verpackung), mit der Coca Cola
zur Weltmarke geworden ist, als Bildchen auf die großen Flaschen und Dosen.

Abb.4-37 Verpackungen üben folgende Funktionen aus:


(1) Schutzfunktion (Kisten, Container), EMPFEHLUNGEN FÜR DIE
VERPACKUNGSGESTALTUNG
(2) Transportfunktion (Fernsehkarton), Die Verpackung muss mit dem
Lt. OLG (3) Lagerfunktion, Inhalt eine präferenzbildende Ein-
Düsseldorf heit darstellen.
(4) Mengenabgrenzungsfunktion (Flaschen, Die Verpackung sollte dem Erzeug-
(6 U 45/00)
dürfen Kun-
Säcke, Fässer), nis adäquat sein (keine Mogelpa-
ckungen).
den im (5) Identifizierungsfunktion, Markenfunktion Die Verpackung soll die Produktvor-
Kaufhaus (z.B. Perrier, Coca Cola Flasche), teile eindeutig herausstellen.
Verpackun- (6) Anreizfunktion – Werbefunktion (Bsp.: Die Verpackung sollte dem
gen regress- Verbraucher Einrichtungs- und
los öffnen.
Kosmetika), Gebrauchshinweise geben.
Evtl. muss (7) Ökologische Funktion (Bsp.: die Rücksen- Die Verpackung sollte zielgruppen-
konform sein.
Schadener- debeutel für HP Patronen, Die Verpackung sollte einen hohen
satz für (8) Informationsfunktion (z.B. Lager-, Trans- Erinnerungswert besitzen.
Wieder- Die Verpackung sollte gut zu öffnen
herstellung porthinweise), und leicht zu transportieren sein.
der Verpa- (9) Erziehungsfunktion (Aufdruck auf Zigaret- Die Verpackung sollte physiolo-
gisch unbedenklich sein (auch für
ckung ge- tenschachtel), Kinder ungefährlich).
leistet wer- (10) Zusatznutzenfunktion (Thomy Senfgläser Die Verpackung sollte sympathisch
den. wirken.
als Trinkgläser), Die Verpackung sollte leicht zu
entsorgen sein.

„We need a In allen Märkten erfüllen Verpackungen wichtige Marketingaufgaben. Besonders


bottle which wichtig ist die Anreizfunktion der Verpackung für Kosmetika. Solange die Ver-
a person will
recognize as braucherin den Parfumduft nicht riecht, repräsentiert der Flakon den Inhalt. Ein Bei-
a Coca-Cola spiel mit Weltgeltung: Chanel No. 5. Hersteller, Handel, Verbraucher und Staat stel-
bottle, even len unterschiedliche Anforderungen an eine Verpackung, die zu einem Ausgleich
when he
feels it in the
gebracht werden müssen.454 Abb.4-37 enthält Empfehlungen für marketinggerechte
dark.” Verpackungen.
(Franklin
Thomas, Im Zuge einer Umwelt- und Entsorgungssensibilisierung wird das Verpackungswe-
1912, Coca-
Cola Mu-
sen in Deutschland immer stärker reglementiert. Die Verpackungsverordnung der
seum At- Bundesrepublik Deutschland formuliert Rücknahmeverpflichtungen der Hersteller
lanta) für Transportverpackungen (seit 1.12.91), Umverpackungen (ab 1.4.92) und Ver-
kaufsverpackungen (seit 1.1.93), es sei denn, die Hersteller oder Händler beteiligen
sich an einem flächendeckenden Entsorgungssystem für die Verbraucher.455 Für die
Privatwirtschaft wird in diesem Sinne die „Duales System Deutschland Gesellschaft
für Abfallvermeidung und Sekundärrohstoffgewinnung mbH“ gemäß §6 VerpackVO
tätig. Die recyclefähigen Verkaufsverpackungen sind mit dem Grünen Punkt ge-
kennzeichnet. Die Realisierung dieses Entsorgungskonzeptes, das mit der Zielset-
zung einer jährlich 40%igen Einschränkung des Hausmülls einhergeht, hat eine In-
novationswelle bei Verpackungsarten, -formen und -materialien ausgelöst.456 2003
traten die vielerorts kritisierten Vorschriften zum Dosenpfand hinzu.

454
vgl. zu dieser Grafik Haedrich; Tomczak, (Produktpolitik), 1996, S. 35
455
vgl. §6, Absatz 1, 1a und 2 der VerpackVO
456
vgl. Hüttel, (Produktpolitik), 1998, S. 271-273
4. Kapitel: Die Leistungsprogrammpolitik 217

4.5. Gestaltung des Leistungsprogramms / Sortiments


4.5.1. Kundenorientierung versus Kostenorientierung
Lehrbücher gehen oft vereinfachend von Einproduktunternehmen aus. In der Praxis
ist das die Ausnahme (z.B. Underberg, Zündhölzer). Gerade Industrieunternehmen
kombinieren eine Vielzahl angebotener Güter- und Dienstleistungen zu Produkt-
oder Verkaufsprogrammen. Der Handel bündelt die Produkte verschiedener Herstel-
ler zu Sortimenten. Die Ausführungen zu einem ausgewogenen Portfolio und zu den
Programmstrukturanalysen in diesem Kapitel betonten bereits die strategische Bri-
sanz des Themas Produktmix bzw. das der Sortimentsoptimierung. Theoretische Er-
kenntnisse zu diesem Kombinationsproblem sind dünn gesät.457

Für die marktorientierte Unternehmensführung liegt die strategische Herausforde-


rung im Ausbalancieren der Kunden- und Kostenorientierung. Im 2. Kapitel
klang dies bereits als Fragmentierungsproblematik an. Reiß und Beck definieren ge-
mäß Abb.4-38 ein 4-Felder-Spannungsfeld mit den Kriterien Spezialisierung des
Leistungsprogramms und Preisniveau. Die Kombination von teuren und standardi-
sierten Leistungen wäre fatal, die Kombination von preiswerten und individualisier-
ten Lösungen geradezu ideal.458 Der Kostendruck zwingt die Unternehmen jedoch
zum Angebot kundenspezifischer Problemlösungen zu Preisen von Commodities.

Der Trend geht deshalb hin zu modularen Angeboten aus Baukastensystemen, die die
Kunden als auf sie zugeschnittene Problemlösungen empfinden. Ein gutes Beispiel
hierfür ist der Computerhersteller Dell.

Abb.4-38
PRODUKTPROGRAMMGESTALTUNG
Kundenorientierung

in einem Spannungsfeld
zwischen Kunden- und Kostenorientierung
Spezialprodukte

Individualleistungen
Baukastensysteme

Varianten

Leistungspakete
Standardprodukte

Massenleistungen
Die BMW-
Montage in
Dingolfing
ist stolz: Es Teure Leistungen Preiswerte Leistungen
laufen am
Band nicht
zwei gleiche
Fahrzeuge
Kostenorientierung
hintereinan-
der durch!

457
Die Theorie bietet an, im Wege von Verfahren wie der linearen Programmierung optimale Pro-
grammstrukturen zu berechnen. In der Praxis wird oft überhaupt keine Programmpolitik betrieben,
und das trotz eines Leistungsangebotes von Tausenden von Artikeln.
458
vgl. Reiß; Beck, (Mass Customization), 1995, S. 64
218 Marktorientierte Unternehmensführung

4.5.2. Kriterien zur Programm- und Sortimentsbildung


Über die Kunden-, Wettbewerbs- und Kostenkriterien hinaus orientieren Hersteller-
unternehmen die Ausweitungen (Produktdifferenzierungen) und Kombinationen ih-
rer Leistungsprogramme (Programmbildungen) an
(1) Problemlösungskompetenzen459 (Bsp.: Microsoft – nur Software),
(2) Materialien (Bsp.: der Mischkonzern Freudenberg innoviert in allen Segmenten,
wo Leder substituiert (Vileda) oder Textilien mit Metall kombiniert werden),
(3) Zielgruppen (Bsp.: Seminarprogramme nur für Versicherungen),
(4) Möglichkeiten, die Kunden in Richtung höherwertige Produkte und Dienstleis-
tungen zu entwickeln (Up-Selling Optionen),
(5) Möglichkeiten, den Kunden arrondierende Leistungen anzubieten (Cross-
Selling-Optionen) (Bsp.: Automobilhersteller unterhalten eigene Finanzierungs-
institute, Tchibo weitet die Shop-Sortimente ständig aus),
(6) Bindungsoptionen, d.h. Möglichkeiten, Kunden durch spezielle Dienst-
leistungen zu binden (z.B. bietet die Telekom Seminare für Geschäftskunden an).

Groß- und Einzelhandel haben eine Sortimentsbildungsaufgabe zu erfüllen. Ge-


sichtspunkte für die Bildung und Spezialisierung von Handelssortimenten sind:460
• Ausrichtung an dem Produktmaterial oder an der Herkunft der Güter (Bsp.: Mö-
belfachgeschäft nur für Rattan-Möbel),
• Ausrichtung an Käufersegmenten und Zielgruppen (Bsp.: Möbelgeschäft für
„junges Wohnen“),
• Ausrichtung an Preislagen (Bsp.: Woolworth-Kaufhäuser),
• Ausrichtung an Komplementär- und Kompensationsprodukten (Bsp.: neue Bio-
sortimente in Drogerien).
• Ergänzend kann die Ausrichtung an Serviceanforderungen genannt werden
(Bsp.: Entscheidung zwischen Discounter und Fachgeschäft).

4.5.3. Programmbreite und Programmtiefe


Das einzelne Produkt hat sich in ein Leistungsprogramm des Herstellers bzw. in ein
Sortiment im Handel einzufügen. Diese sind in Breite und Tiefe festzulegen.

Die Programmbreite / Sortimentsbreite bezieht sich auf die Anzahl


(Vielfalt) der Produktgruppen bzw. Artikelgruppen.461
Die Programmtiefe / Sortimentstiefe bezieht sich auf die Anzahl der Pro-
dukt- bzw. Artikelvarianten innerhalb einer Produktgruppe / eines Sortiments.
Abb.4-39 Abb.4-39 kombiniert die Programmbreite mit der Programmtiefe:
Flaches
entspricht einem Schuhdiscounter mit be-
schränktem Sortiment und Konzentration schmales breites
Sortiment: Programm Programm
Weltbild auf wenige, gängige Größen;
bietet in den flaches
Stores nur
entspricht der Ausrichtung eines Innen- Pro-
noch Best- stadtkaufhauses mit einem zwar umfang- gramm
seller an. reichen Programm, aber nur wenigen Va- tiefes
Pro-
rianten innerhalb der Teilsortimente; gramm
kennzeichnet Fachgeschäfte, die in einem
konzentrierten Sortiment alle Artikelvarianten (Bsp.alle Schuhgrößen) führen;
459
Hier unterscheidet Weis noch zusätzlich nach problemtreuer und wissenstreuer Programmpolitik:
vgl. Weis, (Marketing), 2004, S. 310
460
vgl. Weis, (Marketing), 2004, S. 311-312
461
vgl. die Darstellung bei Meffert, (Marketing), 2000, S. 462; Scharf; Schubert, (Marketing), 2001,
S. 75
4. Kapitel: Die Leistungsprogrammpolitik 219

entspricht der Strategie der großen Verbrauchermärkte, dem Konsumenten eine


Ansammlung von Fachgeschäften unter einem Dach zu bieten. Sortimente, die
nicht in die eigene Kernkompetenz fallen, werden von externen Handelsgeschäf-
ten bzw. von Fremdfirmen nach dem Shop-Prinzip integriert.

Keineswegs wird das, was verkauft wird, immer selbst hergestellt. Für die Überein-
stimmung von Produktions- und Verkaufsprogramm gibt es drei Konstellationen:
(1) Produktionsprogramm = Verkaufsprogramm,
(2) Produktionsprogramm < Verkaufsprogramm: Industrieunternehmen haben heute
die Händleridee der Sortimentsarrondierung übernommen. Was nicht selbst pro-
duziert wird, wird zugekauft (Handelsware, Kaufteile).
(3) Produktionsprogramm > Verkaufsprogramm: In diesem Fall werden erstellte
Leistungen innerhalb eines Konzerns vermarktet (Eigenbedarf) oder an gute
Kunden oder Mitarbeiter verschenkt. So sind die deutschen Chemiekonzerne da-
für bekannt, dass sie eigene Weinlagen unterhalten. Die Weine gelten unter Kun-
den und Mitarbeitern als geschätzte Weihnachtsgeschenke.

Produkte werden heute einerseits immer erklärungsbedürftiger. Anderseits werden


die Angebote im Zuge einer internationalen Normierung und Standardisierung zu-
nehmend austauschbarer. Deshalb sollen Dienst- und Serviceleistungen im Kampf
um den Kunden nachhaltige Wettbewerbsvorteile schaffen.

4.6. Dienstleistungen, Service und Kundendienst


4.6.1. Bedeutung für das Leistungsprogramm
Die Studie der Absatzwirtschaft „Wachstumsmotor Service“ kommt zu dem Schluss:
„Nur mit überlegener Dienstleistungsqualität, einer gelebten Dienstleistungskultur
und der intensiven Pflege von Kundenbeziehungen lassen sich Kundenbindung und
langfristiges Wachstum im Service erzielen“.462 Impuls und VDMA fanden in einer
Untersuchung über Lieferantenwechsel heraus, dass nur zu 15 Prozent der Preis und
nur zu 20 Prozent ein besseres Produkt den Ausschlag gegeben hat. Zu 65 Prozent
waren die Kunden mit dem Service über die gesamte Nutzungsdauer des Produktes
unzufrieden.
Eine griffige Definition für Dienst- und Serviceleistungen zu finden, scheint gar
nicht so einfach.463 Hier hilft ein Blick zurück auf die Abb.1-5 im ersten Kapitel, wo
Dienste und Services durch das Phänomen der Immaterialität beschrieben wurden.

Dienstleistungen sind kostenpflichtig erbrachte immaterielle Leistungen, die


definierte Zustände oder Eigenschaften an bzw. von Menschen und / oder
Sachen herstellen oder bestimmte Eigenschaften, Zustände oder Fähigkeiten
sichern (z.B. Maschinenwartung).464
Serviceleistungen werden als kostenlose oder teilweise kostenlose
Zusatzleistungen zu einer materiellen oder immateriellen Kernleistung
angeboten.465 Sie ergänzen Kernleistungen vor oder nach der Inanspruch-
nahme. Sie bieten Mehrwerte zur Wettbewerbsdifferenzierung.
462
Wissensseite in ASW, 6/2003, S. 40; vgl. dort auch den Hinweis auf Studie von Impuls/VDMA
463
und wie Bieberstein ausführt, gibt es auch keine allgemein anerkannte Definition: vgl. Bieberstein,
(Dienstleistungsmarketing), 2006, S. 26; vgl. zu den unterschiedlichen Begriffsabgrenzungen auch
Hüttel, (Produktpolitik), 1998, S. 280-281 sowie die dort angegebene Literatur; Kotler spricht von
einer Zunahme warenbegleitender Dienstleistungen: vgl. Kotler; Keller; Bliemel, (Marketing-Manage-
ment), 2007, S. 547 und S. 573-575. Dienst- und Serviceleistungen werden nicht unterschieden.
464
vgl. die verschiedenen Definitionen bei Bieberstein, (Dienstleistungsmarketing), 2006, S. 35
465
vgl. Bieberstein, (Dienstleistungsmarketing), 2006, S. 233
220 Marktorientierte Unternehmensführung

Diese Abgrenzung erfolgt aus preispolitischer Sicht. Die Praxis macht diese
Unterscheidung oft nicht und stellt den Kunden auch Service in Rechnung.

Im produzierenden Gewerbe stehen Sachgüter mit Dienst- und Serviceleistungen in


einem oft logischen Zusammenhang. Für technische Produkte ist es typisch, dass sie
von Kundendienstleistungen begleitet werden, die entweder selbst oder fremd er-
bracht werden. Abb.1-4 hatte bereits die möglichen Kombinationen von Sachgütern,
Dienstleistungen und Service aufgezeigt. Abb.4-40 betrachtet die Zusammenhänge
aus einem anderen Blickwinkel und beschreibt Angebots-Graduierungen vom Sach-
gut zur reinen Serviceleistung.
Abb.4-40
LEISTUNGSSTUFEN VOM SACHGUT ZUR SERVICELEISTUNG

reines Sachprodukt Zeitung am Kiosk


Sachprodukt mit ergänzendem Service Möbelkauf und kostenlose Aufstellung
Sachprodukt mit ergänzender Dienstleistung PKW und Werkstatt-Kundendienst
Dienstleistung mit ergänzendem Sachprodukt Handyvertrag mit „kostenlosem“ Handy
reine Dienstleistung Steuerberater, Masseur, Arzt
reine Serviceleistung Schülerlotse, Polizist, Lehrer

Service Serviceleistungen beruhen vor allem auf menschlicher Zuwendung. Service hat viel
beginnt mit Aufmerksamkeit, Dienen und Unterstützung zu tun. À votre service auf Franzö-
mit
Kunden-
sisch: Eine Kontaktperson steht persönlich zur Verfügung. Serviceleistungen beglei-
beratung. ten heute die meisten Sachgüter. Angesichts gesättigter Märkte und austauschbarer
Sachgüter gilt ein guter Service als „Wachtumsmotor“.466 Serviceleistungen stellen
den „Speck“ im Leistungangebot dar. Sie bieten Added Values.

Unternehmen mit
• aktiv in den Markt kommunizierten und
• regelmäßig zuverlässigen Service- und Dienstleistungen
werden von den Kunden als kompetent, zuverlässig und innovativ wahrgenommen.
Sie sind vom Wettbewerb nicht so leicht kopierbar. Bei nachlassendem Service rea-
gieren die Kunden sehr sensibel.
Eine Untersuchung ergab: 40% der zu einem Produktwechsel Befragten erklärten,
dass ein unbefriedigender Service der Grund für den Lieferantenwechsel war. Nur 8%
der Kunden wechselten auf Grund von Produktmängeln. Nur bei 9% war der Preis
der Anlass.467

Um Dienst- und Serviceleistungen in gleichmäßiger Qualität und Zuverlässigkeit zu


erbringen, bedarf es einer von den Mitarbeitern verinnerlichten Servicekultur. Diese
lässt sich nicht herbeipredigen und schon gar nicht befehlen. Erfolgreiche Unterneh-
men entwickeln deshalb Leitlinien und Benchmarks im Servicebereich. Qualitäts-
management für das Service- und Dienstleistungsprogramm wird immer wichtiger.
Immer wieder erstaunt es dann Kunden, wenn für bislang kostenlose Serviceleistun-
gen vom Anbieter plötzlich Kostenbeiträge erhoben werden. Dann vollzieht ein An-
bieter den Schritt in das Dienstleistungsgeschäft. Mängelbehebungen beim Möbel-
kauf erfolgen nur innerhalb der Garantiezeit als kostenloser Service. Nach der Garan-
tiezeit stellen sie eine kostenpflichtige Dienstleistung dar. Wie kann man den Kun-
den diese Übergänge schmackhaft machen - wenn Service plötzlich Geld kostet?
Abb.4-41 enthält Vorschläge für die heikle Aufgabe, aus kostenfreiem Service kos-
tenpflichtige Dienstleistungen zu machen.

466
Fuchs, (Markenservice), 1997, S. 165-168
467
vgl. Soliman; Justus, Arena, (Hersteller), in: HBM, 2/1997, S. 19
4. Kapitel: Die Leistungsprogrammpolitik 221

Abb.4-41 Wie gut das gelingt, hängt davon ab, ob im


AUS KOSTENFREIEM SERVICE KOSTEN-
Vorfeld der Dienstleistungsstrategie die PFLICHTIGE DIENSTLEISTUNGEN MACHEN
Kundenwünsche genau erfasst werden. Wie
Basispreis des Sachgutes deutlich senken
eine Dienstleistungsstrategie vorbereitet
werden kann, zeigt eine Studie des Fraun- Dienstleistung nicht nebenher kommunizie-
ren - Kommunikation einerseits an die
hofer-Institutes für Produktionstechnik und Marke koppeln,
468
Automatisierung. 122 Entscheider und andererseits zusätzlich als eigenständige
Leistung bewerben
Einkäufer von Serviceleistungen aus der
Dienstleistung genau auf die Wünsche der
Automobilindustrie und aus dem Maschi- Kunden hin zuschneiden (Kundenbefra-
nen- und Anlagenbau wurden befragt. Inte- gung!)
ressant ist eine Portfolio-Gegenüberstellung Dienstleistung mit Prestige aufladen
vom Interesse der Kunden an den verschie- Die erste Ausführung kostenlos anbieten;
denen Dienstleistungen und den Zahlungs- evtl. auch weiterhin bei größeren Inan-
spruchnahmen kostenfreie Zusatzleistun-
bereitschaften. Folgende Ergebnisse der gen bieten (Kaufanreize)
Studie verdienen besondere Aufmerksam- Eindeutige Konditionen und Bereitstel-
lungszeiten (Erreichbarkeit!)
keit:
• Kunden wünschen lange vor dem Kauf Interessante Package-Angebote
Service und definierte Dienste.
• Kunden wünschen mehr Verfügbarkeit Klar definierte Garantieleistungen

von Informationen über das Dienstleis-


Kostenkontrolle, Erfolgs-Controlling, Kun-
tungsangebot der Hersteller. den-Zufriedenheitsbefragungen
• Man schätzt erfolgsorientierte Bezah-
lung statt Bezahlung nach Ausführung.
• Service-Verträge stoßen auf Ablehnung. Die Kunden möchten keine Bindungen.
• Wachsende Zahlungsbereitschaft für Teleservice, Ferndiagnose, Diagnose-
Automatisierung.
• Großes Interesse besteht an Alternativen zum Neukauf von Anlagen, d.h. an
Dienstleistungen wie Leasing oder Maschinenvermietung.

Wenn von einem Weg in die Dienstleistungsgesellschaft gesprochen wird, dann


sind von Sachgütern losgelöste, eigenständige immaterielle Leistungen gemeint.
Banken, Versicherungen, Verkehrsunternehmen wie die Lufthansa AG, die Deutsche
"Service Telekom, die Post AG, die TV- und die Medienunternehmen wie auch der große
beginnt
lange vor Marktbereich des Groß- und Einzelhandels: Diese ausgewählten Beispiele stehen für
dem Ma- das an Bedeutung stetig zunehmende Dienstleistungsgewerbe in Deutschland. Hierzu
schinen- zählt auch der technischen Kundendienst. Ohne ihn würden die Maschinen der In-
kauf."469 dustrie stillstehen.

4.6.2. Kundendienst - Pre-Sales und After-Sales (After-Market)


Der technische Kundendienst ergänzt das Sachgüterangebot und bietet kostenpflich-
tige Dienstleistungen, aber auch kostenfreie Serviceleistungen (vor allem während
der Garantiezeit) an.470 Der Kundendienst erfüllt folgende Funktionen:
(1) Problemlösungsfunktion: Zunächst müssen die Servicetechniker über die ent-
sprechenden Fähigkeiten und Ausstattungen zur Lösung technischer und zuwei-
len auch kleinerer kaufmännischer Probleme beim Kunden verfügen.
(2) Informationsfunktion: Der Kundendienst wirkt wie eine Informationsdreh-
scheibe. Kundenanregungen und -beanstandungen können schnell an die entspre-
chenden betrieblichen Stellen weitergereicht werden. Die Microsoft Hotline

468
vgl. Sihn; Proksch; Lehmann, (Dienstleistungen), in: Service Today, 6/2000, S. 38-40
469
Sihn; Proksch; Lehmann, (Dienstleistungen), in: Service Today, 6/2000, S. 38
470
vgl. zum Themengebiet eines eigenständigen Dienstleistungsmarketing: Meffert; Bruhn, (Dienst-
leistungsmarketing), 2006; vgl. auch Hofbauer; Hellwig, (Vertriebsmanagement), 2005, S. 174 ff.
222 Marktorientierte Unternehmensführung

(0180-5251199) liefert ein gutes Beispiel für die Informationsbeschaffung aus


dem Markt.
(3) Akquisitionsfunktion: Der Kundendienst sollte sich als Teil des Verkaufs be-
greifen und im Rahmen von CRM (s. Abschnitt 6.3.3.) Verkaufsfunktionen über-
nehmen. Er steht in engem Kundenkontakt und ist oft Kummerkasten der Kun-
den, so dass er um die Stärken und Schwächen der eigenen Produkte sehr gut Be-
scheid weiß. Eine wichtige Funktion ist in diesem Zusammenhang auch die Be-
darfsanalyse beim Kunden mit Meldungen an den Außendienst über mögliche
Potenziale für Ersatz- und Zusatzkäufe.
(4) Cross-Selling-, Up-Selling-Funktion: Gerade in der After-Sales-Phase werden
spezielle Chancen zum Überkreuz- oder Aufwertungsverkauf sichtbar.
(5) Kundenbindungsfunktion: Der Kundendienst leistet dadurch einen wesentli-
chen Beitrag zur Bindung bestehender Kunden und zur Sichtung und Ansprache
von potenziellen Neukunden.
(6) Imagefunktion: Der Kundendienst prägt als "Aushängeschild" das Bild eines
Anbieters im Markt; gerade weil er oft in kritischer Mission beim Kunden ist.
(7) Marketing-Mix-Unterstützungsfunktion: Der Kundendienst unterstützt auf
diese Weise alle Instrumente des Marketing-Mix. Unzufriedenheit mit dem Ser-
vice kann z.B. kostspielige Werbekampagnen zunichte machen. Bei Spitzenser-
vice dagegen akzeptieren Kunden höhere Produktpreise.471
Diese Funktionen werden im Investitionsgüter- und im Gebrauchsgüterbereich
erbracht; und zwar als Kleingeräte- (darunter Hausgeräte-), Großgeräte- und
Anlagen-/Systemservice.In jedem Fall verstärkt guter Service die Kundenbindung
in der Phase der Kauf472 Kundendienstleistungen erfolgen ferner kaufvorbereitend
(als Pre-Sales-Aktivitäten) oder kaufnachbereitend (als After-Sales-Aktivitäten);
abgesehen von Beratung und speziellem Service beim Kaufakt (am POS) selbst. an-
bahnung und im Rahmen der Nachbetreuung. Abb.4-42 liefert eine Typologie der
Dienst- und Serviceleistungen im technischen Kundendienst. Sie unterscheidet
kaufmännische und technische Dienste am Kunden. Die noch folgende Abb.4-47
vervollständigt das Bild. Sie liefert eine Übersicht über typische Service- und Dienst-
leistungen im Einzelhandel; im konkreten Fall in einem Innenstadt-Warenhaus.

Abb.4-42
KAUFMÄNNISCHE TECHNISCHE
DIENSTE UND SERVICES DIENSTE UND SERVICES
• Beratung • Zeichnungen - Projektierung
⌦ •

Angebotserstellung
Marktforschungsdaten


Dokumentationen
Seminare und Fachvorträge
• Finanzierungsberatung • Technische Vorprüfungen
• Wirtschaftlichkeitsrechnung • Probelieferung
PRE-SALES • Finanzdienstleistungen • Vorübergehend Leihmaschinen
• Beantragung öffentlicher Mittel • Installationsinformationen
• Bestelldienst • Anpassung der Peripherie
• Schulung • Einweisung von Technikern
• Lizenzverträge • Einbauvorbereitung
• Anlieferung
⌦ •


Kundenzeitschrift
Newsletter
Umtauschservice


Montage
Rücknahme der Verpackung
• Inbetriebnahme, Installationstests
AFTER- • Kulanz und Garantie
• Hotline, Helpdesk
• Versicherungsdienst
SALES • Updates für Software
• Ferndiagnose, Teleservice
• Technische Nachkontrolle
• Kaufmännische Hotline
• Reparatur und Wartung
• Betriebskostenberatung
• Verbrauchsoptimierung
• Schulungen, Ausbildung
• Ersatzteilservice
• Ersatzzeitpunktanalysen
• Entsorgung, Recycling

471
zu diesen drei Funktionen vgl. Meffert, (Marketing), 2000, S. 941-943
472
vgl. Harms, (Kundendienstmanagement), 1999, S. 75
4. Kapitel: Die Leistungsprogrammpolitik 223

4.6.3. Innovative Supportkonzepte: Von der Hotline zum Help Desk


Auf der Neuartige Dienstleistungen werden entwickelt, um den Kunden speziell in den sen-
Telekom siblen Gebrauchsgütermärkten schnelle Unterstützung zu bieten. Abb.4-43 zeigt aus-
Hauptver-
sammlung
gewählte Ansätze. Die Konzepte dienen auch der systematischen Anwenderfor-
2003 er- schung, der Kundenbindung und der Kaufvorbereitung. Wichtig ist die Anbindung
klärt der an eine integrierte Kundendatenbank, damit aktiver Vertrieb, Anwendungstechnik
frühere und die Service-Abteilung auf die gleichen Informationen zugreifen.
Vorstands-
vorsitzende
Ricke das Die Zukunft liegt im abgestuften Help Desk System. Grundsätzlich gelten vier Ziel-
Thema setzungen:473
Service- (1) Standardisierung: Möglichst durchgängige Standardisierung aller eingesetzten
qualität zur
Chefsache. Technologien und Prozesse.
"Wir müs- (2) Knowledge Engineering: Wissensdatenbanken, um aus Fehlern zu lernen.
sen weg- (3) Integrierte Services: Der Help Desk muss integraler Bestandteil des gesamten
kommen
Serviceprozesses sein.
von den
Warte- (4) Asset Management: Die Anwenderprofile müssen bekannt sein, um gezielt Un-
schleifen terstützung bieten zu können (Kundenqualifizierung).
und dem
Kunden
schon beim
I.d.R. sind drei Unterstützungsebenen um das Kundenwohl bemüht. Jeweils die
ersten nächsthöhere Ebene wird nach dem Eskalationsprinzip eingeschaltet.
Kontakt Grundsätzlich fungiert der Help Desk als alleinige Kontaktstelle für alle Kunden-
schnelle probleme (Single-Point-of-Contact-Prinzip (SPOC)).
Lösungen
bieten."
80 Prozent aller Probleme sind im 1st Level Support telefonisch zu lösen.
Dabei sollen 90 Prozent der Anrufe innerhalb von 30 Sekunden angenommen
werden können (messbare Erreichbarkeit).
Nicht mehr als 5 Prozent aller Anrufer dürfen wegen zu langer Wartezeiten wie-
der auflegen (Abandon Rate).
Kann die erste Stufe das Problem nicht lösen, wird zu den Spezialisten im 2nd
Level Support durchgestellt.
Nur im Fall, dass auch hier dem Kunden nicht geholfen werden kann, wird auf
der dritten Stufe ein Servicetechniker zur Abhilfe vor Ort bereit gestellt.

Abb.4-43

INNOVATIVE SUPPORTKONZEPTE
CBR = Case
based Rea-
soning: Ein 1st Level Support
Help Desk
automa- systematische
80% aller Probleme w erden
tisierter telefonisch durch
Kundenunter-
Generalisten gelöst
Rückgriff Hotline stützung durch
auf umfang- allgemeine Kunden- Eskalationsroutinen,
reiche Fall- unterstützung; oft w ichtig ist 2nd Level Support
sammlungen mittels Call-Center, Systemunter- danach Hilfe durch
soll dem relativ unflexible stützung Spezialisten,
Call-Center- Abläufe intensives Check-up
Self Help
Agenten
Hilfe zur Selbsthilfe,
schnelle 3rd Level Support
oft Dow nloads,
Problemlö- w irkt w ie externe Hilfe durch Fachmann vor
sungen Online-Hilfe Ort, Emergency-Support
ermöglichen.

473
vgl. Herms, (GlobalHelp), mit dem Beispiel für den Help Desk bei Siemens IT Service, in: Service
Today, 4/2000, S. 20-26
224 Marktorientierte Unternehmensführung

Ein reibungsloser und schneller Austausch der kaufmännischen und technischen


Kundendaten wird im Sinne einer CRM-Prozessintegration (s. Abschnitt 6.3.3.g.)
zum entscheidenden Erfolgsfaktor. Siemens IT Service führt regelmäßig Befragun-
gen zur Kundenzufriedenheit durch. Zielsetzung ist, dass mindestens 80 Prozent aller
Kunden die Zufriedenheit mit gut beurteilen. Aus Sicht der Privatkunden klaffen
Wunsch und Wirklichkeit der von den Herstellern propagierten Serviceversprechen
oft jedoch noch stark auseinander. Den profitableren Geschäftskunden wird meist
professionelle Hilfe geboten, z.B. durch spezielle Servicenummern im Rahmen von
Wartungsverträgen. "Otto Normalverbraucher" dagegen wird mit seinen Sorgen al-
lein gelassen. Weitere Servicetrends gehen in Richtung Condition-Monitoring Sys-
tems und Fernwartung (Teleservice).

4.6.4. Messung von Servicequalitäten


Regelmäßig befragen Wirtschafts- und Verbraucherverbände die Kunden über Servi-
ceerwartungen und Servicequalität. Man will mehr Licht in die „Servicewüste
Deutschland“ bringen. Am Anfang steht die Frage, welche Leistungen die Käufer
wirklich schätzen:

An der Universität Erlangen-Nürnberg sind die kaufentscheidenden Servicefaktoren


für Gebrauchsgüter erhoben worden.474 Kunden erwarten vor allem in Bezug auf
technische Funktionalitäten mehr Hilfestellungen und Sicherheit (s. Abb.4-44).

Abb.4-44 Erfolgskriterien für Gebrauchsgüter

Wartung 70%

65%
Längere Garantiedauer

Geräteprobe 36%

Altgeräte-Rückgabe 20%

Hotline-Beratung 7%

Verpackung 2%

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80%

Angaben in %

Kundenbefragungen helfen bei der Ausgestaltung eines wettbewerbsüberlegenen


Serviceprogramms. Eine Überprüfung von bestehenden Service- und Dienstleis-
tungen sollte folgende Fragen beinhalten:
(1) Wie gut wird eine bestimmte Leistung aus Kundensicht erbracht?
(2) Wie wichtig ist diese Leistung für den Kunden?
(3) Wird die Leistung vom Kunden überhaupt wahrgenommen (gewürdigt)?
(4) Was ist die erbrachte Leistung dem Kunden wirklich wert?

474
vgl. o.V., (Kundenurteil), in: PM-Beratungsbrief v. 3.11.1997, S. 3
4. Kapitel: Die Leistungsprogrammpolitik 225

Abb.4-45
KUNDENZUFRIEDENHEITSFAKTOREN NACH DEM SERVQUAL-KONZEPT
Sichtbare Faktoren Erscheinungsbild von Betriebs- und Geschäftsausstattung
Erscheinungsbild der Mitarbeiter, Firmenwagen
gute Gestaltung von Broschüren und schriftlichen Unterlagen
Zuverlässigkeit pünktliche Erledigung
präzise Ausführung
Entgegenkommen Auskünfte an den Kunden, wann und wie eine Leistung erfüllt wird
prompte Bedienung
Kompetenz Beherrschung des notwendigen beruflichen Könnens
Fachwissen
In einer Zuvorkommenheit Höflichkeit und Freundlichkeit des Fachpersonals
bundeswei-
Vertrauenswürdigkeit Glaubwürdigkeit und Ehrlichkeit beweisen
ten Test-
kaufstudie Sicherheit keine Zweifel oder Eindrücke von Risiken aufkommen lassen
von 500
Erreichbarkeit leichter Zugang zu Ansprechpartnern
Kunden in
Warenhäu- Kommunikation dem Kunden zuhören
sern wurden sich in einer für Laien verständlichen Sprache ausdrücken können
nur 7%
Kundenverständnis aufrichtiges Interesse an Kundenproblemen zeigen
begrüßt und
Kundenbedürfnisse erurieren
nur 13%
aktiv ange- (vgl. Zeithaml/Parasuraman/Berry 1992, 34-37)
sprochen. 475

Im ersten Schritt ist es naheliegend, Kunden nach ihrer Zufriedenheit mit den
empfangenen immateriellen Leistungen zu befragen. Zur Bewertung von
Dienstleistungen hat sich das Befragungsschema nach dem SERVQUAL-Konzept
bewährt.476 Abb.4-45 gibt die Kundenzufriedenheitsparameter nach dem
SERVQUAL-Konzept wieder. Ursprünglich 97 Erfolgseigenschaften wurden auf
zehn kompakte Bewertungskriterien reduziert. Jedoch sagen Zufriedenheitsur-
teile allein noch nichts über die Wichtigkeiten der einzelnen Dienst- und
Serviceleistungen für die Kunden aus. Aus Sicht von Marketing und Controlling
ist es nicht ratsam, kostspielige Anstrengungen bei Leistungen zu unternehmen, die
für die Kunden keine wichtige Rolle spielen. Umgekehrt sollte die Performance der
eigenen Anstrengungen unbedingt dort verbessert werden, wo aus Kundensicht
wichtige Leistungen nur mangelhaft erbracht werden. Abb.4-46 liefert eine Portfolio-
Auswertung für Leistungsmerkmale, wie sie im Rahmen des Kundenmonitors
Deutschland (Deutsches Kundenbarometer) regelmäßig für das Dienstleistungs-
gewerbe erhoben werden.477 Je nach Positionierung einer Leistung in einem der vier
Felder sind die angegebenen strategischen Stoßrichtungen zu empfehlen: (1)
Dienstleistungen bzw. Service wegen fehlender Wichtigkeit einsparen, (2) Qualitäts-
niveau sichern, (3) bei wichtigen, aber unbefriedigend erbrachten Leistungen mit Pri-
orität ansetzen und (4) schwächere Leistungen, die unwichtig sind, eventuell ak-
zeptieren (mit „Mut zur Lücke“).
Dieser Logik folgend, sind für die Leistungen bzw. für die Zufriedenheitsfaktoren in
den vier Feldern der Abb.4-46 auch folgende Bezeichnungen üblich:
(1) Hygienefaktoren: bei zunehmender Qualität nimmt die Wichtigkeit ab und um-
gekehrt (Bsp. Toilettenapapier),
(2) Motivatoren: diese Leistungen sind wichtig und sie sind exzellent zu erbringen,
(3) versteckte Chancen: werden gut erbracht, haben aber für die Kunden keine
besondere Priorität; die Chance liegt darin, die Leistung wertvoll zu machen,
(4) Einsparmöglichkeiten: werden schlecht erfüllt, sind aber auch unwichtig.

475
vgl. den Hinweis zu der Untersuchung von Mercuri International in ASW, 10/1997, S. 26
476
vgl. Zeithaml; Parasuraman; Berry, (Qualitätsservice), 1992, S. 199-205
477
vgl. Kundenmonitor Deutschland; zit. in ASW, 12/2000, S. 74
226 Marktorientierte Unternehmensführung

Abb.4-46
Abb.4-47
BE W ERTUNG V ON D IE NS TLEIS TUNGSME RKMA LEN BEKANNTHEITSGRAD VON DIENST-
UND SERVICELEISTUNGEN IN
1,00
EINEM MÜNCHNER WARENHAUS
E ins parm öglic hkeiten? A bsic hern!
Mittelwerte der Kundenzufriedenheit (Schulnoten 1 bis 5)

1,20 Nr. gut bekannt

1,40
1. Parkhaus 91%
2. Reinigung 66%
Öffnungs zeiten Freundlichkeit
3. Mister Minit 66%
1,60
4. Friseur 64%

1,80 mäßig bekannt


Erreichbarkeit
2,00
5. WC / Behindertentoilette 58%
6. Sofortbildautomat 53%
Beratung Hier ansetz en!
E ventuell ak z eptieren?
7. EC-Zahlungsservice 45%
2,20

telef.Erreichbarkeit
wenig bekannt
2,40

Parken
8. Kopierer 38%
Wartezeiten
2,60 Zuverläs s igkeit 9. Änderungsschneiderei 38%
10. Geldautomat 30%
Sauberkeit
2,80 Preis - 11. Kinderservice 25%
/Leis tungs verhältnis 12. Post Shop 21%
3,00 13. Kartenvorverkauf 19%
0,00 0,10 0,20 0,30 0,40 0,50 0,60 0,70 0,80 0,90 1,00 14. Telefon / Fax 15%
15. Einpackservice 15%
Wichtigkeit der Leistungsmerkmale (Skala 0 bis 1) 16. Visitenkartenautomat 13%
17. Aufbewahrungsstelle 13%
(Q uelle: Kundenm onitor Deutschland; zit. in: ASW 12/2000, S. 18. Hochzeitsservice 8%

Immer wieder beklagt der Einzelhandel, dass er für die Kunden wichtige Service-
leistungen zwar in bester Weise erbringt, dass diese von den Käufern allerdings
kaum wahrgenommen und auch nicht preislich honoriert werden. Wer kennt nicht
den Fall, dass eine Kundentoilette zur dringenden Angelegenheit wird, jedoch
vermisst man in den Kaufhausgängen ein schnell erkennbares Hinweisschild. Es
kommt also für den Handel (und auch für das Handwerk) darauf an, die erbrachten
Leistungen durch ein aktives Marketing besser bekannt zu machen.

Abb.4-47 gibt das Ergebnis der bereits erwähnten Kundenbefragung in einem


Münchner Innenstadtwarenhaus wieder. Die angebotenen Service- und Dienstleis-
tungen finden in der Tat nicht alle die geschätzte Aufmerksamkeit der Kunden.478
Das entäuschende Ergebnis legt es nahe, in der in Abb.4-46 geschilderten Weise Be-
kanntheitsgrade und Wichtigkeitseinschätzungen in einer Portfolio-Matrix ge-
genüber zu stellen. Das Marketing sollte unbedingt die Leistungen besser kommuni-
zieren, die relativ wenig bekannt, den Käufern aber besonders wichtig sind.

Eine weiterführende Analysevariante wäre eine 4-Felder-Gegenüberstellung der po-


sitiven / negativen Gewinnbeiträge der einzelnen Dienstleistungen mit den positiven
/ negativen Zufriedenheitsurteilen der Käufer.479

Ziel aller Analysen ist es, Prioritäten für die Angebotsauswahl möglicher Dienst-
bzw. Serviceleistungen zu bestimmen. Welche Leistungen sollen welchen Kun-
den(gruppen) angeboten werden? Welche Leistungen erhalten welche Kunden kos-
tenfrei? Dienst- und Serviceleistungen sind zu teuer, als dass man sie an Kunden
verschleudert, die diese nicht wertschätzen oder nicht bezahlen wollen.

478
Ergebnis einer Marktstudie an der FH Landshut.
479
vgl. Köther, (Customer), 1998, S. 61. Die vier Felder des Portfolios erhalten dann die Bezeichnun-
gen: Optionale Leistungen, Star-Leistungen, kritische Leistungen und strategische Leistungen.
4. Kapitel: Die Leistungsprogrammpolitik 227

Abb.4-48
EMPFEHLUNGEN FÜR DIE DIENSTLEISTUNGS- UND SERVICEPOLITIK
Es ist sicherzustellen, dass die angebotenen Dienst- und Serviceleistungen vom Kunden auch bekannt sind
und beachtet werden können.
Es ist zu prüfen, ob die Dienst- und Serviceleistungen von den Kunden auch positiv aufgenommen werden
(Bedarfsprüfung).
Angebotene Dienstleistungen müssen perfekt durchgeführt werden. Auch für den Service gilt: Besser keine
Serviceleistungen als „schlampiger“ Service.
Serviceleistungen zum Ausgleich von Produktschwächen sollten eine Selbstverständlichkeit sein (Bsp.
großer Softwareanbieter).
Bei überraschend aufkommenden Servicenotwendigkeiten sollte unverzüglich, mit offener Verbraucherin-
formation und absolut kulant reagiert werden (Bsp.: Rückrufaktionen in der Automobilindustrie).
Auch Serviceleistungen müssen sich rechnen. Es kann nur darum gehen, „ein Stück“ besser zu sein als die
Konkurrenz.
Bei offensichtlicher Nutzenerbringung akzeptieren die Kunden Preise (Kosten) für Serviceleistungen. Die
Konditionen müssen aber von Anfang an transparent sein. Der Wert (Vorteile, Nutzen) der immateriellen
Leistungen ist an die Kunden zu kommunizieren.
Serviceleistungen in Problemfällen (Beschwerden) sind als Verkaufschancen für die Zukunft zu begreifen,
nicht als Lästigkeiten.
Was Kunden besonders schätzen: Serviceleistungen, die den in Deutschland herrschenden, rigiden Ar-
beitszeit- und Tarifregelungen „ein Schnippchen schlagen“.
Nicht alle Service- und Dienstleistungen müssen selbst erbracht werden. Externe Partner besitzen auf
manchen Gebieten eine höhere Fachkompetenz.

Die ideale Methode zur Messung von Servicequalitäten gibt es nicht. In der Praxis
dominieren Konsumentenbefragungen mit Hilfe von Ratingskalen. Neuerdings wird
eine interessante Variante diskutiert: das Mystery-Shopping durch speziell ausge-
wählte und geschulte Testpersonen (Mystery-Shopper), die verdeckt als Testkäufer
agieren.480 Laut Drees ist die Methode der Scheinkäufe "grundsätzlich die einzige
Methode zur objektiven, kundenorientierten Qualitätsmessung."481 Abb.4-48 enthält
abschließende Empfehlungen für die Servicepolitik.

4.6.5. Gewährleistungen / Garantieleistungen


Über die gesetzliche Gewährleistung hinausgehende Garantieleistungen üben eine
hohe Imagewirkung auf die Verbraucher aus. Zu unterscheiden sind Garantieum-
fang und Garantiedauer. Oft ist die gesetzlich bestehende Gewährleistungsfrist zum
Schutz der Verbraucher bei den Kunden nicht bekannt und wird als besonderer Ser-
vice herausgestellt. Seit Januar 2002 gilt in der EU ein verändertes Garantierecht.
Die gesetzlich vorgeschriebene Gewährleistungsfrist für neue und auch gebrauchte
Verbrauchsgüter wurde von 6 Monaten auf 2 Jahre ausgedehnt. Das gilt auch für
BtoB-Märkte. Zum Vorteil der Kunden gilt dann auch eine Umkehr der Beweislast
bei offenkundig fehlerhaften Produkten im ersten Halbjahr.
In vielen Marktsegmenten können sich die Kunden derzeit über die gesetzlichen Fris-
ten hinausgehende Garantiezeiten „zukaufen“ (z.B. im PC-Bereich bis zu 3 Jahre;
vgl. auch die Mehrjahres-Garantien der KFZ-Hersteller). „Geld-zurück-Garantien“
stellen dagegen echte Kulanzleistungen dar.482 Es gibt sie in drei Formen:
(1) „Geld zurück“, falls bei Erwerb oder Auslieferung nachgewiesen werden kann,
dass ein Wettbewerber das gleiche Produkt preiswerter anbietet (Bsp.: die „Geld
zurück“-Garantie vom Möbelhaus Biller).
(2) „Geld zurück“, falls der gleiche Sachverhalt innerhalb einer bestimmten Frist
nachgewiesen werden kann. (Bsp.: die Preisgarantie von OBI):
„Wenn Sie bei OBI einen Artikel kaufen und innerhalb einer Woche herausfinden,
dass Sie ihn bei der Konkurrenz zu einem günstigeren Preis bekommen können, so
können Sie das Gekaufte wieder zurückgeben. Sie bekommen dann von uns nicht nur
Ihr Geld zurück, sondern noch eine Aufwandspauschale von 5,- Euro, als Mühegeld
sozusagen.“483
480
vgl. Drees; Schiller, (Servicequalität), in: ASW, 9/2000, S. 66-71
481
Drees; Schiller, (Servicequalität), in: ASW, 9/2000, S. 66
482
vgl. Kotler; Keller; Bliemel, (Marketing-Management), 2007, S. 580-581
483
Zeitungsbeilage im April 1998
228 Marktorientierte Unternehmensführung

Das Loyali- (3) „Geld zurück“ ohne Begründung bei Nichtgefallen innerhalb einer bestimmten
tätsverspre- Frist, sofern die Ware vollständig und unbeschädigt zurückgegeben wird (Bsp.:
chen von
Land´s End
die Rückgabeversprechen von IKEA und Land´s End). Diese Regelung kann als
(Guaran- besonders verbraucherfreundlich bezeichnet werden.
teed.Period
®): „Falls Diese Kulanzleistungen sind wirksame Instrumente, um sich von Wettbewerbern ab-
Sie nicht zu
100% mit
zuheben. Sie schaffen Preisvertrauen. Aber sie können auch die Spielregeln einer
einem un- freien Marktpreisbildung untergraben. Hierüber haben Verbraucherschutzverbände
serer Artikel und das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (GUW) zu wachen. Ab
zufrieden 1.1.2002 gilt im Privatkundengeschäft eine neue „EU-Richtlinie über den
sind, können
Sie ihn je-
Verbrauchsgüterkauf und die Garantien für Verbrauchsgüter“.
derzeit an
uns zurück- 4.6.6. Organisation der Dienstleistungs- und Servicepolitik
senden, und
wir erstatten Die Märkte sind gesättigt, die angebotenen Produkte werden immer homogener. Des-
Ihnen den halb müssen Hersteller und Handel Zusatzleistungen kreieren, um ihre Produkte wie-
vollen Kauf- der unterscheidbarer zu gestalten und differenzierende Kundennutzen anzusprechen.
preis.” „Das Thema wird Jahr für Jahr brisanter“.484

Immaterielle Leistungen sind nicht lagerbar. Sie müssen auf Abruf vorgehalten
werden und sind daher personal- und kostenintensiv. Der Servicebereich bedarf
demnach einer effizienten Organisation. Aus diesem Grund werden Dienst- und Ser-
viceleistungen zunehmend an spezialisierte externe Partner vergeben (Outsourcing).
Die flächendeckenden Händlersysteme der Automobilindustrie oder der Trend zur
Privatisierung öffentlicher Leistungen sind hierfür Beispiele.

Folgende Organisationskonzepte sind für herstellerbezogene Dienst- und Service-


leistungen in der Praxis zu finden:
(1) Hersteller-Kundendienst mit Eigenservice,

Herstellereinfluss
(2) Hersteller-Kundendienst mit Vertragskundendienstnetz,

abnehmender
(3) Hersteller-Kundendienst mit Händlernetz,
(4) Händler-Kundendienst mit Eigenservice,
(5) Händler-Kundendienst mit Vertragskundendienstnetz,
(6) freier technischer Kundendienst mit Vertragskundendienstnetz,
(7) freier technischer Kundendienst mit Eigenservice.485

Die praktische Umsetzung kann z.B. in den folgenden Formen erfolgen:


Technische Kundendienste der Hersteller übernehmen in BtoB alle mit der Pro-
duktanlieferung, Produktinstallation und -wartung verbundenen Aufgaben. Sie
sollten organisatorisch dem Vertrieb und nicht der Technik zugeordnet werden.
Für Gebrauchsgüter (z.B. Küchengeräte) sind für den technischen Kundendienst
flächendeckende Servicenetze mit Vertriebspartnern üblich.
Für den Anlieferungsservice bestehen Vereinbarungen mit Spediteuren (Bsp.:
Viking liefert innerhalb von 24 Stunden mit DTP).
Der Reparatur- und Ersatzteilservice im Haus wird zumeist der Technik zugewie-
sen (oft beim Versand); ansonsten auf Vertragshändler ausgelagert.
Finanzierungs- und Kreditleistungen werden i.d.R. als externe Einheiten geführt,
oft im Zusammenschluss mit einem etablierten Kreditinstitut.
Beschwerdemanagement und Umtauschservice liegen beim Verkauf.

484
Eine Aussage des GfK-Bereichs für Kundenzufriedenheitsforschung; zitiert in: o.V., (Servicewüs-
te), in: Landshuter Zeitung v. 7.9.98
485
vgl. Harms, (Kundendienstmanagement), 1999, S. 91
4. Kapitel: Die Leistungsprogrammpolitik 229

4.6.7. Koordination von Verkauf und Dienstleistungspolitik


Abb.4-49 Abb.4-49 belegt: Manche Branchen leben
MARKT FÜR Neuge- After
von den After-Sales-Dienstleistungen und GEBÄUDEAUFZÜGE schäft Market
nicht vom Neugeschäft (sog. After Mar-
Umsatz 33% 67%
ket). Marktorientierte Unternehmensfüh-
rung erfordert folglich eine enge Abstim- Gewinn 0% 100%
Abb.4-50 mung von Verkauf und Service. Der Ver-
kauf bereitet die Profite von morgen vor. Zusatznutzen
bessere Marktpositionierung
Diese Koordination von Verkauf und Wettbewerbsvorteile
Service ist eine wichtige Forderung von Kundenbindung
Customer Relationship Management
(CRM). Abb.4-50 verdeutlicht das Thema Dienst-

Gartenzäunen
anhand einer kleinen Symbolik.486 leistung

Abbau von
Verkäufer und Servicetechniker sollten Verkauf/
sich deshalb eng abstimmen, um: Vertrieb
• über den Kunden beiderseits gleich
informiert zu sein,
• bei der Kundenqualifizierung (s. Abschnitt 6.4.4.) zu gleichen Urteilen über die
Kundenprioritäten zu kommen,
• Verkaufsbetreuung und technischer Service vor allem bei Schlüsselkunden gut
aufeinander abzustimmen,
• das gilt insbesondere für Problemfälle wie Beanstandungen und Reklamationen,
• gemeinsam eine abgestimmte Wettbewerbsbeobachtung im Markt vorzuneh-
men,
• sich zu einigen bei den Beurteilungen der Kunden hinsichtlich Kundenzufrie-
denheit und Kundenbindung,
• gemeinsam Ersatz-, Folge- und Zusatzbedarfe der Kunden einzuschätzen.
• Zusammengefasst gilt die Devise: Verkauf und Kundendienst sollten beim Kun-
den über gleiche Informationen verfügen und "mit einer Zunge" sprechen.

Marktanteile werden heute verstärkt durch Serviceleistungen und durch ein positives
Serviceimage im Markt entschieden. Aber auch der beste Service kann ein Produkt
auf Dauer nicht retten, wenn das Preis-/Leistungsverhältnis nicht stimmt. Dieses si-
cherzustellen ist vorrangige Aufgabe des Produktmanagements.

4.7. Das Produktmanagement als


Koordinator des Leistungsprogramms
Die Markteinführung von neuen Produkten wird immer riskanter. Abb.4-51 zeigt die
heute notwendigen Markteinführungskosten und Misserfolgswahrscheinlichkeiten
nach einer Befragung von Führungskräften der Konsumgüterindustrie.487

Abb.4-51 Deshalb sind zuerst die


großen US-amerikani- KONSUMMARKEN
MARKTEINFÜHRUNGSKOSTEN (MEK) / FLOP-RISIKEN
schen Konsumgüterher-
steller in der Phase des Bier MEK: 86 Mio. € Flop-Risko: 55%
Marktwandels von den Tafelschokolade MEK: 75 Mio. € Flop-Risko: 28%
Verkäufer- zu den Käu- Shampoo MEK: 48 Mio. € Flop-Risko: 41%

486
für die Grafik danke ich Herrn Volker Osdoba, Keller Lufttechnik GmbH & Co.KG
487
Quelle Prof. Sattler/GfK zit. in: o.V., (Teure Marken), in: PM-Beratungsbrief v. 8.6.1998, S. 1
230 Marktorientierte Unternehmensführung

fermärkten dazu übergegangen, die Aufgabenbereiche der Produktbetreuung und


Produktpflege aus dem Verkauf herauszulösen und in die Verantwortung von Marke-
tingspezialisten zu legen: den Produktmanagern.
Procter&Gamble gilt als Vorreiter für diese Organisationsform. Im Jahr 1927 wurde
ein Mitarbeiter beauftragt, sich ausschließlich der Entwicklung und Förderung einer
Zweitmarke zur Seife Camay zu widmen. Nachdem dieser Erfolg hatte, wurden zusätz-
liche Produktmanager benannt. Der Mitarbeiter wurde später Chef bei P&G.

Gute Das Produktmanagement umfasst alle Aufgaben zur Gestaltung und


Produktman-
ager pflegen Sicherung eines „ausgewogenen“ Leistungsangebotes. Das Produktmanage-
ihre Produk- ment ist verantwortlich für ein ausgeglichenes Produktportfolio und für den
te wie Ba- Aufbau, die Führung und die Sicherung starker Marken (Branding).
bys. Das Produktmanagement ist somit eine zentrale Marketing(service)funktion.
In vielen Unternehmen wird auch vom Produktmarketing gesprochen.
Produktmanager verstehen sich als Koordinatoren zwischen (1) Kunden-
wünschen und den Vorstellungen der technischen bzw. lebensmittelche-
mischen Produktentwicklung, (2) zwischen Kunde und der betrieblichen Pro-
duktion sowie Einkauf (insbes. in Bezug auf kritische Teile und Qualitäts-
sicherung), sowie (3) zwischen Kunde und Vertrieb.488

Abb.4-52 Abb.4-52 verdeutlich die Koor- DER ABSTIMMUNGSKRANZ


dinationsfunktion des Produkt- DES PRODUKTMANAGERS

managements. Befreit vom ope-


Kunden analysieren:
rativen Verkaufsgeschäft sind Produktwünsche
Produktmanager dafür zuständig, mit F&E überlegene mit Einkauf kritische
(1) den im Produktlebenszyklus Produkteigenschaften Teile abstimmen
abstimmen
niedergehenden Produkten Funktionen
Produkt-
(Dogs) stets ausreichend Management Fertigung auf
neue, zukunftsträchtige Pro- Agenturen briefen: Target Costing
Marktkommunikation
dukte gegenüberzustellen, einstimmen

(2) neue Produkte exakt auf die mit Vertrieb


Verkaufsstrategie
Verbraucherwünsche hin aus- besprechen
zurichten,
Abb.4-53 (3) neue Produkte mit den Mög-
lichkeiten der Fertigung abzustimmen, AUFGABEN EINES
PRODUKTMANAGERS
(4) dass die Produktentwicklung nicht einseitig
Erarbeitung von Produktanforde-
den Ehrgeiz von F&E befriedigt, sondern zu rungen; Führung von Pflichtenheft
nachweislichen Wettbewerbsvorteilen führt, und Spezifikationen
Vorbereitung der F&E-Projekt-
(5) Produkte zu Marken weiter zu entwickeln. anträge / Investitionsanträge
Stärken-/Schwächenanalysen für
die Produkte im Vergleich zum
Abb.4-53 zeigt die wichtigsten Aufgaben eines Wettbewerb, Marktforschung
Produktmanager. In der Konsumgüterindustrie ist Überwachung von Beanstandungen
und Reklamationen sowie Kunden-
das Produktmanagement ein angesehener Bereich anregungen für Verbesserungen
innerhalb des Marketing. In ihrer Stabsfunktion Mitarbeit im Wertanalyse-Team mit
Fertigung und F&E
haben die Produktmanager formell keine Anwei-
Patentrecherchen, Schutzrechte
sungsrechte gegenüber den operativen Unterneh-
mensressorts. Um ausreichend durchsetzungsfä- Regelmäßige Informationsgesprä-
che mit Schlüsselkunden, Messe-
hig zu arbeiten, sollten Produktmanager daher und Kongressbesuche
neben hoher fachlicher Kompetenz auch über Kundenzufriedenheitsanalysen
Verkaufserfahrungen sowie über ein hohes Maß Kataloge, Dokumentationen; Zu-
an Sozialkompetenz (Teamfähigkeit) verfügen. sammenarbeit mit Werbeagenturen
Außendienst-Schulungen / Kunden-
Angesichts der zunehmenden Komplexität tech- Promotion, zus. mit Agenturen

488
vgl. zu weiteren Schnittstellen Lippmann, (Marktchancen), 2000, S. 55-59
4. Kapitel: Die Leistungsprogrammpolitik 231

nischer Produkte ist das Produktmanagement heute auch in der Investitionsgüterin-


dustrie fest etabliert. In technischen Unternehmen wird diese Funktion überraschend
oft von Betriebswirten und nicht von Ingenieuren wahrgenommen, um der Kunden-
orientierung mehr Gewicht zu geben. Organisatorisch unterstellt wird das Produkt-
management üblicherweise dem Marketingleiter und in den Fällen, in denen eine
Unternehmung auf eine Marketingabteilung verzichtet, dem Verkauf (Vertrieb).

Hat ein Produkt wenig Markterfolg, dann entsteht oft ein Konflikt zwischen Produkt-
management und Verkauf. Im Falle von Produkt-Flops (gescheiterte Markteinfüh-
rungen) kommt es zu Schuldzuweisungen: Liegt die Ursache für den Marktmisser-
folg in einer falschen Produktkonzeption oder hat der Verkauf nicht die Leistung
gebracht? Produktmanagement und Verkauf sind sich am Ende nicht selten in der
Feststellung einig, dass die Fertigungskosten zu hoch und der Marktpreis nicht wett-
bewerbsfähig war. Marketing und Vertrieb halten zusammen und verweisen auf
Probleme bei Preisen und Kosten.
5. DIE KONDITIONENPOLITIK

5.1. Grundbegriffe und Grundzusammenhänge


5.1.1. Preise und Konditionen
Das „ge-
scheiterte“
Preissys-
D er Preis ist das „dramatischste“ Mittel der Wettbewerbsauseinandersetzung,
denn Preisprobleme schlagen sofort auf die Gewinne durch. Preispolitische Ent-
scheidungen erfüllen die Manager daher oft mit Sorge: „Pricing ist ein Gebiet, über
tem der
Bahn AG das Manager selten mit großer Begeisterung sprechen.“489 Teilweise wird der Preis-
„kostete“ politik eine Eigenständigkeit abgesprochen: Becker sieht die Preisgestaltung un-
600 Mio.
Euro
trennbar mit dem Produkt verzahnt und rät von einer „isolierten Heraushebung der
(Hinweis Preispolitik als eigenständigen Instrumentalbereich“ ab.490 Andere Stimmen hinge-
in: Die gen geben der Preisfindung eine hohe Priorität. In vielen Branchen tobt ein gnaden-
Welt v. loser Preiskampf, so dass zu vernehmen ist: „Viele Anbieter haben das Instrument
29.9.2004)
der Preispolitik neu entdeckt oder entdecken es gerade.“491

Im Widerspruch zur Theorie liegt die Preishoheit in der Praxis nur in seltenen Fällen
allein beim Marketing. Preisentscheidungen sind Kollegialentscheidungen zwischen
Rechnungswesen/Controlling, Vertrieb und Marketing.

„Als Compu- Dabei ist zu beachten, dass der einzelne (Listen)Preis oft nur ein Element der Gegen-
ter Associa- leistung für ein gekauftes Gut darstellt. Manchmal sogar ein unwichtiges. Es gibt
tes 1993 sein
Buchhal- Handys zum Preis von 0,99 Euro und Software zum Preis Null. Und in vielen Märk-
tungsprogra ten haben sich Produktleistungen und Preise soweit angenähert, dass sich die Wettbe-
mm Simple – werbsauseinandersetzung vom „reinen Preis“ weg auf andere Stellschrauben der
Money auf
den Markt
Preispolitik verlagert. Zahlreiche Bestandteile einer Rechnungslegung bilden zu-
brachte, sammen das Konditionenbündel. Der Preis bleibt gleichwohl die wichtigste Grund-
legte die größe innerhalb dieses Konditionenbündels. Alle Konditionenelemente haben eines
Firma einen gemeinsam: Als Gegenleistung für ein Produkt oder eine Dienstleistung fordern
sehr mutigen
Preis für die
sie dem Käufer sofort oder später ein finanzielles (monetäres) oder auch ein
erste Million nicht-monetäres Opfer ab (Gegenleistung).
Kopien fest:
Null.“492 Die Konditionenpolitik umfasst alle Maßnahmen zur Gestaltung des vom
Käufer wahrgenommenen Verhältnisses zwischen der Nutzenstiftung eines
Gutes und der monetären sowie nicht-monetären Gegenleistung, der er zu
erbringen hat, mit dem Preis als zentralem Element.
Die Entscheidungsfelder der Konditionenpolitik sind: (1) Bestimmung von
Preislagen und Konditionen für das gesamte Angebotsprogramm, (2) dto. für
einzelne Produkte, insbes. bei Produkteinführungen, (3) Preisvariationen im
Zeitablauf, insbes. im Zusammenhang mit Rabatt- und Bonussystemen, (4)
taktische Kampfpreissetzung und Sonderangebote sowie die (5) horizontale
und vertikale Preisdifferenzierung.

Anstatt Preispolitik ist in der Marketingliteratur oft der Begriff Kontrahierungspoli-


tik zu finden. Die Praxis weiß mit diesem Begriff nichts anzufangen.

489
Dolan; Simon, (Power Pricing), 1997, S. 7
490
Becker, (Marketing-Konzeption), 2006, S. 488. Nach Becker ist der Preiswettbewerb in hohem
Maße von einem Qualitätswettbewerb überlagert. Becker fasst Produkt, Programm und Preis zur Pro-
duktleistung zusammen und ordnet diese der Angebotspolitik der Unternehmung zu, vgl. S. 489
491
Backhaus, (Fixkostenfalle), in: MM, 3/1998, S. 134
492
Backhaus, erwähnt die Firma Computer Associates bei der Einführung ihres Buchhaltungspro-
gramms Simple Money: vgl. Backhaus, (Fixkostenfalle), in: MM, 3/1998, S. 134
5. Kapitel: Die Konditionenpolitik 233

Im indirekten Markenartikelgeschäft findet Preispolitik auf zwei Ebenen statt:


(1) Auf der der Key Account Ebene verhandeln die Hersteller mit dem Handel, um
gelistet zu werden und mit Hilfe günstiger Konditionen möglichst viel „in den
Handel hinein zu verkaufen“ (Push-Preise sollen die Regale füllen).493
(2) Auf Endverbraucher-Ebene sollen günstige Preise bewirken, dass die Konsumen-
ten die Regale möglichst schnell wieder leeren (Pull-Preise sollen aus den Rega-
len herausverkaufen). Am POS ist theoretisch der Handel für die Konditionen zu-
ständig. Praktisch aber beruhen die Endverbraucherpreise auf Vereinbarungen
zwischen Herstellern und Handel (unverbindliche Preisempfehlungen).

Diese zwei preispolitischen Ebenen gelten im technischen Geschäft nur für Kata-
logware, Ersatzteile und für standardisierte Artikel, die über den technischen Handel
abgesetzt werden. Im BtoB-Direktgeschäft werden (1) spezifizierte Produkte und
Commodities zu Katalogpreisen abzüglich Rabatte und Sonderkonditionen angebo-
ten. (2) Bei komplexen Produkten, Großmaschinen und Anlagen werden dagegen
Preise projektweise kalkuliert und ausgehandelt (Projektkalkulationen).

Folgende Besonderheiten gelten für den Preis als Marketinginstrument:494


(1) Preisänderungen lassen sich ohne Zeitverzug umsetzen. Im Industriegüterge-
schäft gibt es allerdings zeitliche Preisbindungen.
(2) Preisänderungen können ohne Vorab-Investitionen, und damit ohne Vorlaufkos-
ten, durchgeführt werden.
(3) Empirische Studien belegen, dass die mengenmäßige Reaktion der Nachfrage
(die sog. Elastizität der Nachfrage) auf eine 10%-ige Preisänderung etwa zehn bis
zwanzig Mal so hoch ausfällt wie auf eine 10%-ige Änderung des Werbebudgets.
(4) Außerdem reagiert die Nachfrage auf Preisänderungen wesentlich schneller als
auf andere Marketing- und Vertriebsmaßnahmen.
(5) Preisänderungen können kaum geheim gehalten werden. Somit werden auch die
Wettbewerber auf Preisänderungen schnell reagieren. Die Folge: Preisreduktio-
nen allein führen nicht zu dauerhaften Wettbewerbsvorteilen.
(6) Wettbewerber reagieren auf preispolitische Maßnahmen aber nicht nur schneller,
sondern auch intensiver als bei anderen Marketinginstrumenten. Die Konkurrenz-
Reaktionselastizität liegt beim Preis etwa doppelt so hoch wie bei Werbung.
(7) Die Auflistung von Simon kann ergänzt werden: Preisveränderungen sind in einer
Richtung irreversibel: Preissenkungen für reguläre Ware (nicht Sonderangebote)
können in der Praxis kaum rückgängig gemacht werden.
(8) Preissetzungen haben zwei sensiblen Rückwirkungen auf das Leistungsangebot:
1. Der Kunde verbindet mit einer Preishöhe eine bestimmte Qualitätserwartung.
2. Werden in Käufermärkten Preise von Großkunden diktiert, dann passen die
Hersteller ihre Produktleistungen vorsichtig wertanalytisch (kostenmäßig) an.

Diese Besonderheiten unterstreichen: Preise und Konditionen sind höchst sensible


Waffen der marktorientierten Unternehmensführung. Preisentscheidungen schlagen
sofort auf die betriebswirtschaftlichen Erfolgsgrößen Umsatz und Ergebnis durch.
Umso erstaunlicher ist die Tatsache, dass Unternehmen ihre Preissetzungen offenbar
mehrheitlich nicht durch Marktanalysen absichern.495 Deshalb ist es wichtig, die
Wirkungszusammenhänge des Marktregulativs Preis zu erkennen.

493
Diese Ebene der Preispolitik wird in den Lehrbüchern oft übersehen. Das ist dann ein Grund dafür,
dass die Verkaufspolitik im Konsumgüterbereich nicht die Beachtung findet, die sie in der Praxis eben
auf dieser ersten Ebene (Key Account Management) hat. Vgl. hierzu die Einführungen im 6. Kapitel.
494
vgl. in einigen Punkten Simon, (Preismanagement), 1992, S. 6
495
nach Dolan und Simon gehen nur 12% der Unternehmen bei der Preisfindung analytisch vor: vgl.
Dolan; Simon, (Power Pricing), 1997, S. 14
234 Marktorientierte Unternehmensführung

5.1.2. Preis-Nutzen-Zusammenhänge
a.) Die klassische Preis-Absatz-Funktion
Das zentrale Paradigma der mikroökonomischen Preistheorie ist die Preis-Absatz-
Funktion (im folgenden PAF) mit einem negativ-reziproken496 Zusammenhang zwi-
schen Preis und Menge. Die Grundhypothesen zur fallenden PAF lauten:
(1) Ein Preis entspricht einem bewerteten Käufer-Grenznutzen. D.h.: Ein Nachfrager
wird solange das Produkt kaufen, solange der Preis den von ihm empfundenen
Grenznutzen nicht übersteigt (kleiner-gleich-Bedingung).
(2) Eine PAF ist die horizontale Aggregation der Grenznutzen aller Käufer.
(3) Mit fallendem Preis sind immer mehr Käuferschichten bereit, das Gut zu kaufen.
Sinkt der Preis auf Null, wird eine Sättigungsmenge (maximale Absatzmenge)
erreicht.
(4) Mit steigendem Preis sind immer weniger Kunden zum Kauf bereit. Bei einem
Prohibitivpreis ist kein Käufer mehr zum Kauf bereit (Menge x = 0).
Es gelten zusätzlich die formalen Annahmen eines vollkommenen Marktes; d.h.
(5) ein stetiger Verlauf (zu jedem Preis ist eine Nachfragemenge definiert)
(6) und eine Marktreaktion ohne Zeitverzögerung (Situation an der Börse: Bei einem
bestimmten Preis wird sofort die Nachfragemenge gemäß PAF wirksam).

Simon liefert ein gutes Beispiel zur Ermittlung einer PAF in der Praxis.497 Doch die
geforderten theoretischen Bedingungen sind in der Empirie praktisch nur auf Roh-
stoff- und Börsenmärkten und neuerdings im Internet sichtbar. Das heißt aber nicht,
dass Preis-Absatz-Funktionen deshalb keine Bedeutung für die Praxis haben. Sie sind
sogar von allerhöchster Bedeutung. Sie zu negieren, kann eine Unternehmung in den
Ruin treiben. Das Problem ist nur: Die mathematischen Funktionen sind in der Reali-
tät, wenn überhaupt, nur schwer ermittelbar. Der Vertriebsleiter greift auf Erfahrung
und Gespür zurück, um eine PAF für seinen Markt abzuschätzen. Marktforschung
und Erfahrung sollen zwei preispolitische Kernfragen beantworten:
(1) Wie stark steigt / fällt eine Nachfragemenge, wenn der Preis sinkt / steigt?
(2) Steigt oder sinkt der Umsatz (Preis mal Menge) bei einer Preissenkung bzw. sinkt
oder steigt der Umsatz bei einer Preiserhöhung?

Bei einer Preisänderung ist also unter der Annahme des vollkommenen Marktes
die Richtung der Absatzmengenänderung voraussehbar, nicht aber die Umsatz-
änderung. Die Frage, wie sich eine Preisänderung auf den Umsatz auswirkt, kann
nur in Kenntnis der Preiselastizität der Nachfrage beantworten werden:

Die Preiselastizität der Nachfrage -e ist definiert als prozentuale (relative)


Mengenänderung (dx / x) im Verhältnis zur prozentualen (relativen) Preis-
änderung (dp / p). Man beachte: Die Preiselastizität gibt somit (angenähert)
die prozentuale Mengenänderung pro 1% Preisänderung an. Wegen der
gegenläufigen Bewegung von Menge und Preis (negative Steigung der PAF)
ist e negativ. Man definiert die Elastizität deshalb gerne als –e und erhält so
positive Werte (minus ein Minus-Wert = ein Plus-Wert; symbolisch. [e]).
Generell gilt: Mit steigendem Preis auf einer PAF steigt auch [e] (bzw. -e). Bei
Annäherung des Preises an den Prohibitivpreis (Preis, bei dem kein
Interessent mehr zu kaufen bereit ist, d.h. Absatzmenge Null) tendiert der
absolute Wert [e] der Elastizität gegen unendlich, bei Annäherung des Preises
gegen Null (d.h. bei der Sättigungsmenge) tendiert auch [e] gegen Null.

496
Je höher der Preis, desto niedriger die Absatzmenge und umgekehrt
497
vgl. Simon; Kucher, (Preisabsatzfunktionen), in: ZfB, 1/1988, S. 171-183
5. Kapitel: Die Konditionenpolitik 235

Also gibt es zwischen Prohibitivpreis und Sättigungsmenge eine Preis-


/Mengenkombination, für die gilt: -e = [e] = 1.
[e] = 1 gilt für die Preis- / Mengenkombination von 1⁄2 Sättigungsmenge und 1⁄2
Prohibitivpreis. In diesem Punkt liegt der unter einer PAF maximal erreichbare
Umsatz. In diesem Punkt fallen bei infinitesimaler Betrachtung eine relative
Preiserhöhung/-senkung und ein relativer Mengenrückgang/-zuwachs gleich
hoch aus (Folge: Bei infinitesimal kleiner Preisänderung bleibt der Umsatz
unverändert).
Ist [e] > 1 bis unendlich (Abschnitt bis zum Prohibitivpreis), dann spricht man
von elastischer, ist [e] < 1 bis Null (bis zur Sättigungsmenge), von unelas-
tischer Nachfrage ( elastisch bedeutet überproportionale, unelastisch be-
deutet unterproportionale Reaktion der Nachfragemenge auf eine Preisände-
rung). Bei überproportionaler Reaktion verändert sich die Nachfragemenge
prozentual stärker als der Preis, bei unterproportionaler Reaktion ist die Sach-
lage umgekehrt.
Substitutionsbeziehungen zu Konkurrenzprodukten im relevanten Markt
können durch Kreuzpreiselastizitäten (auch: Triffin´sche Koeffizienten)
erfasst werden; zu berechnen als relative Mengenänderung Produkt B dividiert
durch relative Preisänderung eines Produktes A. Je höher die Elastizität
ausfällt, desto stärker ist die Konkurrenzbeziehung zu beurteilen.

Abb.5-1 PAF-1: Die Auswirkungen der Preiselastizität der Nachfrage auf die
Umsatzentwicklung bei unterschiedlich steilen Preis-Absatz-Funktionen
p = 100 - 2 x
x = 50 - 0,5 p
U = 100 x - 2 x2
p
100
Umax = 50 * 25 = 1250
alt: p = 40 / x = 30 / U = 1.200
neu: p = 30 / x = 35 / U = 1.050 100 Elastizitäten größer 1
dp = -25% / dx = +17% / dU = -12,5% mit Grenzwert
-e = 0,68 (nicht als Punktelastizität!) unendlich

PAF-2:
p = 52 - 0,4 x PAF-1
Elastizitäten = 1 (bei P1 und P5)
P1
x = 130 - 2,5 p 52
50 P5
U = 52 x - 0,4 x2
P2
Umax = 26 * 65 = 1690 40
1 P4 Elastizitäten kleiner 1
alt: p = 40 / x = 30 / U = 1.200 30 mit Grenzwert 0
neu: p = 30 / x = 55 / U = 1.650 26 P3
3
dp = -25% / dx = +83% / dU = +37,5% 2
PAF-2
-e = 3,32 (nicht als Punktelastizität!)
0
0 25 30 35 50 55 65 130
x
kurzer Pfeil: dx für PAF-1: von 30 auf 35
4 12 von 30 auf 55
langer Pfeil: dx für PAF-2:

Die Frage lautet stets: Um wieviel Prozent steigt (fällt) eine Absatzmenge x, bezogen
auf die Ausgangsmenge, bei einer Preissenkung (Preiserhöhung) von 1 %? Abb.5-1
erläutert die Zusammenhänge anhand von zwei PAF mit unterschiedlichen Gesamt-
Preiselastizitäten der Nachfrage.498

Es ist wichtig, drei Betrachtungsweisen zu unterscheiden:


(1) Vergleich von verschiedenen PAF: Reagiert die Nachfrage einer gesamten
PAF elastischer oder unelastischer als die einer anderen PAF (stets bezogen auf
eine gleiche Preisveränderung und ausgehend vom gleichen Ausgangspreis auf
beiden PAF)? Diese Betrachtungsweise ist wichtig für das Management.

498
d steht in der Abb.5-1 für Delta = Differenz. Die Preiselastizität wird als absoluter Wert, also posi-
tiv, definiert.
236 Marktorientierte Unternehmensführung

(2) Vergleich von Streckenabschnitten auf einer einzelnen PAF: Reagiert die
Nachfrage in einem Streckenabschnitt (Preisänderungsbereich) einer PAF elasti-
scher oder unelastischer als in einem anderen? Diese Betrachtungsweise ist wich-
tig für die Preisentscheidungen der Vertriebsleitung.
(3) Punktelastizitäten: Gleiche Fragestellung wie (2), jedoch bezogen auf einen
"unendlich kleinen" Streckenabschnitt auf der PAF; d.h. Limesbildung bei Vor-
liegen einer mathematischen (ableitbaren) Funktion. Diese Sichtweise ist wichtig
für die Marketingwissenschaft.

Zur Frage-1: Betrachtung ganzer Funktionen (siehe Abb.5-1)


Da beide PAF durch den Punkt P2 (p = 40, x = 30) laufen, kann hier die obige Frage-
(1) beantwortet werden. Beide PAF sollen jetzt prozentual von der gleichen relativen
Preissenkung um 25% (von 40 auf 30) betroffen sein. Bei welcher PAF reagiert die
Absatzmenge (d.h. Mengenzuwachse) relativ stärker? Generell gilt:
⌦ Eine Nachfragemenge reagiert um so sensibler, je flacher (d.h. je elasti-
scher) die PAF verläuft.

Abb.5-1 belegt dies durch Vergleich der Flächen und . Bei der für beide PAF
gleich hohen Preissenkung um 25% verliert PAF-1 die Umsatzfläche und gewinnt
nur die relativ kleinere Umsatzfläche hinzu. Diese entspricht dem kurzen Pfeil bei
. Bei der PAF-2 führt die Preissenkung dagegen zu einem Zugewinn der relativ
größeren Umsatzfläche . Der Vertriebsleiter mit der relativ unelastischeren (steile-
ren) PAF-1 beklagt einen Umsatzrückgang von -12,5 %. Die Vertriebsführung mit
der relativ elastischeren PAF-2 freut sich dagegen über einen Umsatzzuwachs von
stolzen +37,5%; obwohl für beide die gleiche Preissenkung gilt.
Bei einer PAF mit geringer Steigung spricht man folglich von einer (vergleichswei-
se) elastischen Nachfrage. Im Extremfall einer PAF mit Steigung Null (unendlich
elastisch) gibt es nur einen Preis, zu dem jede beliebige Menge abgesetzt wird. Ein
Anbieter, der es wagt, über diesen Preis zu gehen, verliert seine gesamte Kundschaft.
Senkt ein Anbieter den Preis, fließt ihm die gesamte Nachfrage zu, so dass auch die
Wettbewerber wiederum ihre Preise nach unten anpassen müssen.499 Die Thematik
wird später im Zusammenhang mit der Preissetzung bei der Marktform der voll-
kommenen Konkurrenz wieder aufgegriffen.
Bei einem steilen PAF-Verlauf reagiert die Nachfrage unelastisch. Dies ist die
Preissituation der Monopolisten, der Künstler, Spitzensportler und Top-Manager. Sie
können praktisch jeden Preis fordern. Erhöhen sie ihre Preisforderungen, wird die
Nachfragemenge nur wenig zurückgehen. Beim Extremfall einer Elastizität von Null
(PAF vollkommen unelastisch, Steigung unendlich) müssen die Kunden für ihre feste
Nachfragemenge jeden beliebigen Preis akzeptieren. Drei Beispiele: Auto-TÜV, Be-
zirksschornsteinfeger, Kabel-Mediengesellschaft.

Zur Frage-2: Absatz- und Umsatzprognosen für eine einzelne Funktion


PAF-1 und PAF-2 sollen jetzt isoliert voneinander in Bezug auf die Preiselastizitäten
auf ihren PAF-Abschnitten betrachtet werden. Abb.5-1 zeigt: Bei den Prohibitivprei-
sen (100 bei PAF-1, 52 bei PAF-2) ist die Preiselastizität der Nachfrage (absolut)
unendlich (dx / x geht gegen unendlich, dp / p tendiert gegen 0), bei den Sättigungs-
mengen (50 bei PAF-1, 130 bei PAF-2) ist [e] = Null (die relative Mengenänderung
tendiert gegen Null, die relative Preisänderung gegen unendlich). Man bilde die
Kombinationen aus der Hälfte der Prohibitivpreise mit der Hälfte der Sättigungs-

499
So lange, wie der Preis noch über den Grenzkosten eines Anbieters liegt. Anbieter, bei denen der
Preis unter die Grenzkosten sinkt (die sog. Grenzanbieter), sind nicht mehr wettbewerbsfähig und
scheiden aus dem Markt aus (Theorem der vollkommenen Konkurrenz).
5. Kapitel: Die Konditionenpolitik 237

mengen. Genau in diesen Punkten ist für beide PAF die Preiselastizität [e] = 1 (sie-
he die Punkte P1 für PAF-1, P5 für PAF-2). Dort ist jeweils das Quadrat von Menge
mal Preis, d.h. der Umsatz, (darstellbar als Fläche unter der PAF) am größten; mit
1.250 für PAF-1 und 1.690 für PAF-2. Bei Preisen oberhalb dieses Gleichgewichts-
punktes (mit Elastizitäten [e] größer 1 bis unendlich) liegt der elastische, bei Preisen
unterhalb [e] = 1 (mit [e] kleiner 1 bis 0) der unelastische Bereich einer PAF.

Der Vertriebsleiter von PAF-1 kann seinen Umsatz nicht steigern, weil er eine Preis-
senkung im unelastischen PAF-Bereich vornimmt und dort die relative Mengenstei-
gerung relativ geringer ausfällt als die relative Preissenkung (Verlust der Fläche
und Gewinn der kleineren Fläche ). Der Umsatzverlust durch die Preissenkung ist
also höher als der Umsatzgewinn durch den Mengenzuwachs. Bei einer Preiserhö-
hung von 40 auf 50 wäre der Umsatzverlust durch den Mengenrückgang niedriger
ausgefallen als der Umsatzgewinn durch die Preiserhöhung; d.h. im unelastischen
Bereich steigt der Umsatz bei einer Preiserhöhung.
Der Vertriebsleiter der PAF-2 dagegen bleibt bei der Preissenkung von 40 auf 30
links von P5, d.h. im elastischen Bereich. Er nimmt eine Preissenkung im elastischen
Bereich vor, was im Gegensatz zur Situation der PAF-1 bedeutet, dass der Umsatz-
gewinn durch die Mengensteigerung höher ausfällt als der Umsatzrückgang durch
die Preissenkung. Umgekehrt würde der Vertriebsleiter der PAF-2 bei einer Preiser-
höhung im elastischen Bereich (links von P5 mit [e] = 1) eine Umsatzeinbuße er-
leiden. Hierzu noch folgendes Beispiel für die PAF-1:
(1) Würde der Preis p von 50,5 um 1% auf 50 fallen, dann wächst die Absatzmenge
ebenfalls um 1% (gerundet); von 24,75 auf 25. Der Umsatz bleibt dann in P1 bei
der Änderung von 1.249,9 auf 1.250 in etwa konstant.
(2) Steigt der Preis im elastischen Bereich um 1% von 80 auf 80,8, dann beträgt der
Absatzmengenrückgang von 10 auf 9,6 ganze 4%. Der Umsatz wird daher zum
Missvergnügen des Vertriebsleiters um ca. 3% von 800 auf 775,7 sinken.
(3) Im unelastischen Bereich führt dagegen eine Preiserhöhung um 1% von 20 auf
20,2 nur zu einem Nachfragerückgang in Höhe von 0,25% (von 40 auf 39,9). Der
Umsatz steigt deshalb um 0,75% von 800 auf 806.
WISSENSTEST
Frage: Was bedeutet die Nachfrageelastizität des Preises, und für welche Marktform könnte diese Elas-
tizität interessant sein?
Lösung: Eine Elastizität ist immer definiert als Quotient von Wirkung / Ursache. Genau umgekehrt zur
Preiselastizität der Nachfrage wird hier gefragt, wie der Preis auf Änderungen der Nachfrage
reagiert. Zu konstruieren wäre also der Quotient: relative Preisänderung / relative Mengenän-
derung. Frage: In welcher Marktform (Handelsform) sind die Nachfrager so stark, dass sie sich
zusammentun und einen Anbieter zur Preisreaktion zwingen können? Wir verweisen hierzu
auf das Power Shopping, eine Auktions-Handelsform im Internet. Je mehr Nachfrager sich
für ein Gut zuammenschließen, desto stärker muss der Anbieter seinen Rabatt erhöhen. (vgl.
hierzu Abschnitt 5.3.2.b)

Das bedeutet für die Preispolitik:


⌦ Im elastischen Bereich ([e] zwischen 1 bis unendlich) einer PAF können die
Unternehmen ihren Umsatz trotz Preissenkungen erhöhen. Der relative Mengen-
zuwachs übersteigt die relative Preissenkung (Die Menge reagiert stärker).
⌦ Im unelastischen Bereich einer PAF ([e] zwischen 1 bis 0) werden die Unter-
nehmen trotz Preiserhöhungen ihren Umsatz steigern können. Der relative Preis-
effekt übersteigt den relativen Mengenrückgang.
⌦ Deshalb gilt generell: Preiserhöhungen sollten nur im unelastischen PAF-
Bereich vorgenommen werden, Preisreduzierungen im elastischen Bereich.
238 Marktorientierte Unternehmensführung

Abb.5-2 Abb.5-2 liefert eine Übersicht über empirisch er-


PREISELASTIZITÄTEN
mittelte Preiselastizitäten (Achtung, hier gilt: AUSGEWÄHLTER KONSUMGÜTER
+e).500 Abb.5-3 und 5-4 stellen noch einmal alle
Kaffee - 7,17 (1985)
Sachverhalte im Zusammenhang dar.
Waschmittel - 2,36 (1979)
Diese mikroökonomischen Betrachtungen der
Pharma - 0,44 (1979)
Preistheorie vernachlässigen jedoch die Kosten-
Elektrorasierer - 3,49 (1976)
seite, Verhaltensanomalien der Kunden und vor
Telefonservice - 0,68 (1989)
allem die subjektiven Nutzenempfindungen auf
Käuferseite.
Abb.5-3
AUSWIRKUNGEN DER PREISELASTIZITÄT
markante
-e = unendlich -e = 1 -e = 0
Elastizitäten

Bei horizontalem Verlauf gilt:


Bei vertikalem Verlauf gilt: Eine
Bereits eine kleine Preiserhöhung
kritische PAF- Preisänderung verursacht keine
verursacht totalen
Gesamtverläufe Änderung der Nachfragemenge
Nachfrageverlust (völlig
(völlig unelastisch)
elastisch)

Abschnitte unendl. > -e > 1 -e = 1 1 > -e > 0


von PAF mit
Elastischer Bereich: Eine Infinitesimal, nur in einem ganz
Steigung kleiner Unelastischer Bereich: Eine
relative Mengenänderung kleinen Bereich gilt: Eine relative
unendlich und relative Preisänderung übersteigt
übersteigt die relative Mengenänderung entspricht der
größer Null die relative Mengenänderung
Preisänderung relativen Preisänderung

Preissenkung Umsatz steigt infinitesimal: Umsatz konstant Umsatz sinkt


Preiserhöhung Umsatz sinkt infinitesimal: Umsatz konstant Umsatz steigt

Nahe am Prohibitivpreis gilt: Eine Preiserhöhung um x% Nahe an der Sättigungsmenge


Bereits eine kleine Preiserhöhung verursacht einen gleich starken gilt: Eine Preissenkung verursacht
kritische PAF-Punkte
verursacht extremen Nachfragerückgang (gilt nur relativ kaum noch eine Steigerung
Nachfragerückgang infinitesimal im Ausgleichspunkt!) der Nachfragemenge

Abb.5-4 -e BEIM VERGLEICH UNTERSCHIEDLICHER PAF -e BEI STRECKENABSCHNITTEN AUF EINER PAF

p PAF mit -e = Null p PAF mit -e > 1


(vollkommen unelastisch) (elastischer Bereich)

PAF mit -e = unendlich PAF mit -e < 1


(vollkommen elastisch) (unelastischer Bereich)
Prohibitivpreis mit
-e = unendlich

Umax bei
-e = 1
x x

Sättigungsmenge mit -e = 0

b.) Das Phänomen des Nettonutzens


Ein Käufer ist mehr als ein Punkt auf einer PAF. Denn der Kunde optimiert beim
Kauf seinen Nettonutzen: NETTONUTZEN = NUTZEN minus PREIS.

Ein Kunde wird einen Angebotspreis in einem Spannungsfeld von zwei Faktoren
beurteilen: zwischen dem wahrgenommenen Produktnutzen einerseits und seiner
Zahlungsbereitschaft und Zahlungsfähigkeit andererseits. Nutzen und Zahlungsbe-
reitschaft hängen wiederum von weiteren Faktoren ab. Abb.5-5 veranschaulicht die-
ses System der Einflussfaktoren nach Simon.501

500
der umfangreichen Aufstellung von Simon sind hier nur die Ergebnisse deutscher Marktfor-
schungsstudien entnommen: vgl. Simon, (Preismanagement), 1992, S. 139
501
vgl. Simon, (Preismanagement), 1992, S. 4
5. Kapitel: Die Konditionenpolitik 239

Abb.5-5 Anbieter können sich in


DER PREIS-NUTZEN-ZUSAMMENHANG
Kenntnis dieser Gesetzmä-
Produkt / Kundenbedürfnisse ßigkeit Wettbewerbsvortei-
Dienstleistung und -wünsche le verschaffen, indem sie
(1) entweder bei gleichem
wahrgenommener Zahlungsbereitschaft Preis den Kundennut-
Nutzen der Leistung Preis und -fähigkeit zen erhöhen (durch
Service oder Added
Einfluss anderer finanzielle Situation
Values)
Marketinginstrumente des Kunden (2) oder bei gleichem Nut-
zen den Preis senken.

Beispiel Das bedeutet für die Verkaufspraxis:


Bahncard: ⌦ Ein Produkt kann für einen Kunden nicht unrelativiert („einfach so“) zu teuer
Kunden
empfinden
sein, sondern nur im Verhältnis zu dem von ihm wahrgenommenen, subjektiven
den Nutzen Nutzen. Der Kunde entscheidet über den Kauf nach einem Preis- / Leistungsver-
des 50%- hältnis; bezogen auf seine individuellen Empfindungen. Man könnte auch sagen:
Rabattes Der Kunden entscheidet nach einem Preis- / Nutzenverhältnis. Danach kann
dreimal so
hoch wie ein Produkt nicht "billig"sein, sondern bestenfalls "preiswert".
den des
25%- c.) Verhaltenspsychologische Einflüsse auf die Preis-Absatz-
Rabattes
(vgl. Hin- Funktion und Preiskäufer-Typologien
weis in
ASW, Preis-Absatzfunktionen sind in der Praxis keinesfalls schön linear. Sie zeigen Brüche
8/2003, S. und Verzerrungen. Psychologische Gesetzmäßigkeiten des Käuferverhaltens verhin-
32). dern idealtypische Verläufe. Das beginnt mit der individuellen Preiswahrnehmung,
die vor allem für Konsumgüter relevant ist. Preiswahrnehmungen hängen grundsätz-
lich von motivationalen, kognitiven und situativen Faktoren ab (Abb.5-6).502
Abb.5-6
EINFLUSSFAKTOREN DER PREISWAHRNEHMUNG UND DER PREISBEURTEILUNG
Motivationale Faktoren Kognitive Faktoren Faktoren der Kaufsituation
• Persönliche Preis-Betroffenheit • Fähigkeit zur Qualitätsbeurteilung • Preisdarstellung, Etikettierung
• Einstellung zum Geld • Preis- / Kauferinnerungen; spez. • Überschaubarkeit des Angebotes
• Generösität oder Sparsamkeit Merkfähigkeit für Preise • Konkurrenzpreise / Preisniveau
• Qualitätsempfinden • Intelligenz (z.B. für Preisumrech- • Aktuelle Sonderangebote
• Empfinden für Preisschwellen nungen) • Gratisleistungen beim Kauf
• Vertrauen in den Anbieter • Selbstvertrauen bei Preisverhand- • Zeitdruck beim Kauf
lung
• Streben nach sozialer Anerken- • Taktik des Verkäufers
nung durch den Kauf • Kenntnis / Anwendung von Ent-
• Aktuelle Finanzsituation des
scheidungsregeln beim Kauf
• Ökologische Einstellung Käufers
• Entscheidungsfreudigkeit • Preisimage der Einkaufsstätte

So kommt es, dass die objektiven Preissetzungen und subjektiven Preiswahr-


nehmungen der Kunden auseinanderklaffen.503 Beispiel: In einer Untersuchung
wurden für einen Markenartikel Ladenpreise erhoben.504 Eine Preisauszeichnung lag
bei 8,98, eine andere bei 10,98. Die Befragten sollten nun diesen objektiven Preisen
subjektive Preisempfindungen auf einer 7er-Skala zwischen 1 (sehr billig) und 7
(sehr teuer) zuweisen. Dabei erhielt der erste Preis im Mittelwert den subjektiven
Preis von 3,22. Der höhere Preis wurde mit 5,89 bewertet. Nun gab es ein weiteres
Preisangebot in Höhe von 9,98. Rein rechnerisch müsste hierfür der subjektive Preis
4,56 betragen. Tatsächlich aber nannten die Konsumenten einen subjektiven Preis
von 4,27. Die Preisauszeichnung von 9,98 bringt somit einen subjektiven Preisvorteil

502
vgl. Simon, (Preismanagement), 1992, S. 595 sowie die dortigen Hinweise auf Verbraucherstudien
503
vgl. Homburg; Krohmer, (Marketingmanagement), 2006, S. 706-707
504
vgl. Kaas; Hay, (Preisschwellen), in: ZfbF, 5/1984, S. 333-346
240 Marktorientierte Unternehmensführung

in Höhe von 0,29. Bzw. der Preis 10,98 ist mit einem subjektiven Preisnachteil in
dieser Höhe verbunden. Der subjektiv empfundene Preisvor-/-nachteil wird vermut-
lich durch eine Preisschwelle beim Preis 10 beeinflusst (s. nächsten Abschnitt).

Folgende anomale Verhaltenseffekte bewirken sogar, dass die Käufer von bestimm-
ten Produkten trotz steigender Preise erhöhte Mengen nachfragen und umgekehrt:505
„Mit schar- • Beim Qualitätseffekt verbinden Qualitätskäufer mit einem höheren Preis auch
fem Blick ein höheres Leistungsvermögen und eine bessere Haltbarkeit eines Produktes.
nach Ken-
nerweise, Das Produkt wird durch einen höheren Preis höherwertig und stärker nachfragt.
seh´ ich • Der Veblen-Effekt wirkt ähnlich. Nur geht es hierbei nicht um Qualitätspräfe-
zunächst renzen, sondern um ein erhöhtes Prestige durch Wohlstandskonsum. Wegen des
mal nach "Ich-kann-mir-das-leisten"-Effektes fragen Prestigekäufer bei steigendem Preis
dem Prei-
se. Und bei mehr nach (positive Preiselastizität).
genauerer • Der Snob-Effekt geht in die andere Richtung. Sinkt der Preis eines Markenpro-
Betrach- duktes auf das Niveau der Preislage von Massenprodukten bzw. wird das Pro-
tung steigt
dukt von Massenkäufern verstärkt nachgefragt, dann kaufen elitäre Kundenseg-
mit dem
Preise mente das Produkt ganz bewusst nicht mehr.
auch die • Der Smart-Shopper-Effekt (Schnäppchenjäger-Effekt) entkoppelt Qualität und
Achtung.“ Preis. Der Konsument fordert Markenqualität zum Discountpreis.
(Maler
Klecksel,
• Der Panik-Effekt (auch: Hamsterkauf-Effekt): Je schneller ein Preis steigt,
1. Kapitel, desto stärker steigt der Kaufwunsch der Interessenten, die das Produkt auf jeden
in Wilhelm Fall haben wollen, aber eigentlich niedrigere Preisvorstellungen hatten (Börse).
Busch) • Der Bandwagon-Effekt beschreibt den gleichen Effekt in genereller Form. Un-
abhängig vom Preis wird ein Produkt stärker nachgefragt, wenn alle es wollen.
• Beim Mitläufer-Effekt geht der Bandwagon-Effekt von Meinungsführern aus.
Der Kunde orientiert sein Kaufverhalten an Meinungsführern: Wenn Prominente
das Produkt haben, will ich es auch haben; der Preis spielt keine Rolle.
Die genannten Effekte wirken der negativen Steigung der PAF in bestimmten Stre-
ckenabschnitten entgegen.

Abb.5-7 Infolge dieser Verhal-


Nach Mc-
tenseinflüsse lassen sich KÄUFERTYPOLOGIE NACH PREIS-/QUALITÄTSPRÄFERENZ

Kinsey sind Käufertypologien nach


hohe Qualität
nur 22% Preis- und Qualitätspräfe-
aller Kun- renzen bestimmen. Abb.5-7 Luxus pur
den reine 5-8%
Preiskäu-
zeigt ein Beispiel aus dem
fer. Tourismusmarkt. Generell gehobener Preis +
angemessene Qualität
Die GfK geht der Trend dahin, dass Schnäppchenjäger 35-40%
analysiert: das subjektive Empfinden 5-10%
30%
Hochpreis- der Käufer für teure Produk- preisgünstig
käufer, te zu- und das für preisgüns- niedriger Preis aber Qualität
40-45%
hoher Preis

32% Mitte- tige Produkte abnimmt. Die


Marken- Preissensibilität nimmt all-
Käufer,
38% Preis- gemein zu. Es wird immer möglichst billig
10-15%
käufer schwerer, neue Angebote als
(vgl. Hori- preisgünstig zu positio-
zont
nieren.506 Und es gibt immer niedrige Qualität
13/2007, S.
18). mehr Billigkäufer und (Quelle: F.U.R. / RA 2004 - Bestseller 1/2005, S. 24)
Schnäppchenjäger.
505
vgl. zu einigen dieser Effekte: Nieschlag; Dichtl; Hörschgen, (Marketing), 2002, S. 761 ff.; Pepels,
(Marketing), 2004, S. 555-556. Die Bedingungen eines vollkommenen Marktes sind dann nicht mehr
gegeben; s. 5.3.1.a.
506
vgl. die Hinweise in: bestseller, Das Magazin von Horizont, 1/2005, S. 24-25
5. Kapitel: Die Konditionenpolitik 241

So kristallisierten sich sich in einer (von vielen) empirischen Studie fünf relativ sta-
bile Preissegmente für Konsumgüterkäufer heraus:507
(1) 28,4% Preisoptimierer – mit mittlerer Qualitätspräferenz, mittlerer bis hoher
Preisachtsamkeit und leicht negativer Preisbereitschaft,
(2) 20,9% Markenfans – mit mittlerer Qualitätspräferenz sowie mittlerer Preisbe-
reitschaft und stark negativer Preisachtsamkeit,
(3) 19,1% Indifferente – mit jeweils mittlerer negativer Qualitätspräferenz, mittlerer
negativer Preisbereitschaft und mittlerer negativer Preisachtsamkeit,
(4) 18,6% Billigkäufer – mit hoher Preisachtsamkeit, hoher negativer Qualitätsprä-
ferenz und mittlerer negativer Preisbereitschaft,
(5) 13% Hochpreiszahler – mit sehr hoher Preisbereitschaft, niedriger Qualitätsprä-
ferenz und leicht negativer Preisachtsamkeit.

d.) Preisschwellen-Einflüsse auf das Kaufverhalten


Das Mode- Wie bereits aufgezeigt, „manipulieren“ Preisschwellen die Preiswahrnehmung. Nicht
haus C&A alle Preisbereiche auf der PAF üben nämlich auf den Konsumenten die gleiche Sig-
verzichtet
ganz aus-
nalwirkung (Reizwirkung) aus. Der Käufer verspürt „Ecken und Kanten“ auf der
drücklich Preisskala. Simon nennt folgende Preischwellen-Phänomene:508
auf • Die Konsumenten teilen das Preiskontinuum in diskrete Abschnitte auf. 4,95 €
Schwel- sind „noch lange nicht“ 5 €. 2,98 € empfindet der Käufer als ein Preis zwischen
lenpreise
bei den 2 und 3.
Preisaus- • Konsumenten nehmen die Preisziffern von links nach rechts mit abnehmender
zeichnun- Intensität wahr. Die erste Ziffer beeinflusst die Preiswahrnehmung am stärksten.
gen. 9,95 € wird als „9 und etwas“ empfunden.
• Kunden geben sich Maximalpreise in runden Werten vor. Sie erlauben sich 1/4
Mio. € für den Hausbau und 20.000 € für ein neues Auto. Liegen Preisangebote
vertretbar darüber, wird die Nachfrage dennoch relativ unelastisch reagieren.
Man rechnet ja schon von vorneherein damit, dass der Kaufpreis über dem eige-
nen Limit liegen wird.
• Bleiben Preise unter runden Werten, dann entsteht beim Käufer der Eindruck, er
könne gegenüber dem runden Preis etwas sparen.
• In diesem Sinne liegt eine Preisschwelle bei ca. 50 €. Wird ein Preis auf unter 50
€ gesenkt, kann die Nachfrage überproportional ausgeweitet werden.509 Die Eu-
ro-Einführung hat die Preissschwellendiskussion neu entfacht.
• Gebrochene Preise vermitteln den Eindruck einer sorgfältigen (ehrlichen) Kal-
kulation auf Seiten des Anbieters.510

Die Euro-Umstellung hatte seinerzeit zu einer regen Diskussion über Preisschwellen


geführt. Laut Untersuchungen des GfK-InfoScan entfielen zu DM-Zeiten 73 Prozent
aller Lebensmittelpreise (ohne Frischwaren) auf nur zehn Preisauszeichnungen in
einer Bandbreite zwischen 0,99 und 6,99 DM. Durch den Euro-Umrechnungskurs
wurde keine dieser verkaufsfördernden Preisschwellen erreicht. Ein Gut zu vormals
6,99 DM hätte korrekt mit 3,57 € ausgezeichnet werden müssen. Zu beobachten wa-
ren neue Schwellenpreise von 3,59 €. Und aus 9,99 DM wurden 5,99 €.

507
vgl. die Studie „Preissegmentierung in Konsumgütermärkten“, Arbeitspapier Nr. 117 am Lehrstuhl
für Marketing an der Universität Erlangen-Nürnberg, Prof. Diller / Prof. Starner; zit. und zusammen-
gefasst in ASW, 4/2004, S. 48
508
vgl. Simon, (Preismanagement), 1992, S. 603; vgl. zu diesen Phänomenen auch Bänsch, (Ver-
kaufspsychologie), 2006, S. 85-88
509
vgl. Bilstein; Bieker, (Nachfragekurve), in: ASW, 11/2000, S. 68
510
vgl. Scharf; Schubert, (Marketing), 2001, S. 155; dort allerdings die Angabe 100 DM
242 Marktorientierte Unternehmensführung

Ein TEU- So kam das subjektive Gefühl auf, der Euro sei ein Teuro. Es gibt aber keine Studien,
RO-Bei- die das beweisen. Im Gegenteil: In einem Projekt von Hofbauer an der FH Ingolstadt
spiel: Emser
Pastillen: konnten keine signifikanten Preiserhöhungen nach der Umstellung festgestellt wer-
Früher 3,95 den.511 Dennoch bleibt der Eindruck: Es sind gerade kleine Gegenstände des tägli-
DM für 30 chen Bedarfs durch den Euro erheblich teurer geworden. Und „Essen gehen“.
Stück, jetzt
3,62 € für 40
Stück. Preis- Bei Konsumgütern ist der Käufer den Preissetzungen der Anbieter wehrlos ausgelie-
erhöhung fert. In BtoB-Märkten und bei Gebrauchsgütern kann der Kunde nach Wegfall des
umgerech- Rabattgesetzes und der Preisbindung Preissenkungen oder Zugaben verhandeln.
net: +34,4%. Beim Möbelkauf z.B. sind 10% Preissenkung (davon 3% Skonto) gängig. Im Ma-
schinen- und Anlagenbau werden erhebliche Preisabschläge verhandelt.

Nicht nur durch gebrochene Preisauszeichnungen, sondern auch durch z.T. "faule
Tricks“ versuchen Anbieter, Preistransparenz zu verschleiern und Käufer zu hinter-
gehen. Der Verlauf der „wahren“ PAF wird verschleiert:
• Sonderangebotsrabatte gehen von überhöhten Mondpreisen aus.
• Aktionsangebote sind von minderer Qualität („Verramschen“ von 2. Wahl).
• Die Preisauszeichnung vermittelt dem Kunden den Eindruck, der Preis für ein
Kombinationsangebot sei niedriger als die Summe der Einzelpreise (Preisbünde-
lung). Tatsächlich aber enthält z.B. eine HiFi-Anlage ein absolut minderwertiges
und / oder reparaturanfälliges Element.
• Wesentliche Produktbestandteile werden nicht mitgeliefert. So ist es üblich, dass
PC-Drucker ohne Druckerkabel ausgeliefert werden. Hiergegen sollten sich die
Verbraucher wehren. Druckeranbieter (z.B. HP) liefern Erstgeräte ferner nur mit
Sparpatronen aus (sehr ärgerlich!). Kartons für Videokameras (z.B. Sony) ent-
halten keine Tasche, neue Autos zuweilen keinen Reservereifen.
• Ein „nacktes“ Basis-Küchenangebot erscheint unschlagbar günstig. Überhöhte
Preise bei Zusatzelementen machen den Preisvorteil jedoch wieder zunichte.
Bsp.: Kücheneinrichtungen, preisgünstige Bodenstaubsauger mit überhöhten
Preisen für Staubbeutel, zu kurze Schläuche bei Hochdruckreinigern mit teuren
Verlängerungsschläuchen als Sonderzubehör.
• Die Grundversion eines PC-Programmes erscheint „spottbillig“. Die jährlichen
Updates entpuppen sich für den Kunden unerwartet als Kostentreiber.
• Billigangebote dienen dazu, den Verbraucher zum Kauf preislich überhöhter,
anderer Produkte zu verführen (Vorgehen bei sog. Butterfahrten).
• Ein Aktionspreis gilt nur in Verbindung mit dem Kauf eines anderen Gutes
(Koppelangebote).
• Preisabschläge bis zu 60% gelten bei näherem Hinsehen nur für einzelne Pro-
dukte, die in einem Stapel regulärer Ware versteckt sind.
• Von Lockvogelangeboten sind nur wenige Verkaufsstücke vorhanden. Dafür
sind dann technisch leicht bessere Produkte zu überhöhten Preisen vorhanden.
• Die Bahn AG bietet eine preiswerte Zusatz-Bahncard für den Ehepartner an, auf
die die abgelaufenen Monate der Erstkarte nicht angerechnet werden.
• Ein Produktpreis wird zwar gesenkt, es wird aber auch der übliche Service deut-
lich eingeschränkt (Flugreisen ohne Verpflegung; bzw. der Fluggast muss die
Getränke selbst zahlen).
• Die Service-Taktik des Fachhandels: Das Angebot wird aufgespalten, d.h. Bera-
tung und Dienstleistungen werden kostenpflichtig vom eigentlichen Warenge-
schäft abgekoppelt.512 (Kundendienst Media-Markt)

511
vgl. Hofbauer, (Preiseffekte), 2002, S. 29-30; Hofbauer, (Euro-Preisstudie), 2003, S.557; unter-
sucht wurden 1886 Artikel über einen Zeitraum von 6 Monaten während der Euro-Umstellung.
512
vgl. Müller-Hagedorn, (Adjustierung), in: ASW, 4/1996, S. 44
5. Kapitel: Die Konditionenpolitik 243

• Dem Interessenten wird das Märchen vom letzten verfügbaren Stück erzählt
(Wenn Sie jetzt nicht zugreifen, dann ....).
• Eine Neuwagenüberführung kosten 600 Euro - die Selbstabholung 300 Euro!

Nicht alle Vorgehensweisen sind mit dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb
(UWG) vereinbar. Doch die Verbraucher lassen sich zu viel gefallen.

5.2. Strategische Stoßrichtungen


Abb.5-8 5.2.1. Orientierungspunkte für Preisstrategien

PREISST RATEG ISCHE STOSSRICHTUNG EN Preispolitische Fragen stellen sich


(1) wenn Produkte geändert werden
Statisc he Preis politik Dynamis che P reispolitik
oder sich Kosten und / oder Quali-
tätsbedingungen verändert haben
nachfrageorientierte dynamisc he Mark t- (Preisanpassungen),
Preis setz ung einführungsstrategie (2) wenn ein neues Produkt auf den
ergebnis - / kos tenorien- Lebenszyklus beglei- Markt kommt (Markteinführungs-
tierte Preiss etzung tende Preis strategie preis),
(3) wenn neue regionale Märkte er-
wettbewerbs orien- kostenindizierte
schlossen werden sollen (Verhin-
tierte Preiss etzung Preis strategie
derung von Reimporten),
here and now modellgenerations be- (4) wenn sich ökonomische Entschei-
Kampf preissetzung zogene Preis strategie dungsparameter ändern (Markt-
zielgruppenbez ogene
preisniveau, Rohstoffkosten,
Preis differenzierung Marktpreiserwartungen etc.),
(5) wenn über den Preis gezielt Wett-
vertikale / regionale bewerbsangriffe gefahren werden
Preis differenzierung
oder auf Wettbewerbsangriffe rea-
Preis - / Qualitäts bezogene Preis lagenpolitik giert werden muss,
(6) wenn temporär der Absatz geför-
P reis- / Imagebezogene Preislagenpolitik
dert werden soll (Sonderangebots-
preise, Kampagnenpreise).

Welche Hauptstrategien verfolgt die Konditionenpolitik im Rahmen der marktorien-


tierten Unternehmensführung? Für alle folgenden Ansätze sind zeitpunktbezogene
und zeitraumbezogene, d.h. statische und dynamische Preisstrategien zu unter-
scheiden. Im ersten Fall geht es um die Preisauszeichnung (vor allem um die Initi-
alpreissetzung), im zweiten Fall um die Preisanpassungen und –änderungen im
Zeitablauf. Abb.5-8 zeigt das Spektrum der preisstrategischen Ausrichtungen.

Strategiefokus: Gesamtelastizität eines Marktes und der Elastizitätsposition der


Preissetzung auf einer Preis-/Absatzfunktion
Die Preissetzung muss sich zunächst an der Nachfragesituation und damit am
Machtverhältnis zwischen Anbieter und Nachfragern orientieren. Im ersten Schritt
ist die Gesamtmarktelastizität bei der Preisfindung zu überprüfen, in einem zweiten
Schritt die eigene Elastizitätsposition auf einer abgeschätzten Preis-/Absatzfunktion
(s. Abb.5-1). So erlauben die theoretischen Marktformenmodelle Monopol und Oli-
gopol gewinnmaximale Preisentscheidungen. Die vollkommene Konkurrenz lässt nur
Spielräume auf der Kostenseite. Diese Grundmodelle der Theorie werden im folgen-
den Abschnitt dargestellt.
244 Marktorientierte Unternehmensführung

Frage: Was Strategiefokus: Auswirkungen auf Erlöse und Kosten


macht man, Preisentscheidungen ohne Prüfung der Gewinnauswirkungen können existenzge-
wenn beim
Angebot von
fährdend sein. Preissetzungen erfolgen unter zwei Blickwinkeln und orientieren sich
2 Mountain- dabei entweder an Voll- oder Teilkosten:
Bikes zu 299 (1) Welche Gewinnspanne bleibt nach Marktreaktion und bei gegebenen Kosten?
und 499 € (2) Alternativ nach dem Kostenaufschlagverfahren: Ist ein Marktpreis nach der
das teurere
ein Laden-
Formel Kosten + x % Gewinnaufschlag bei den Kunden durchsetzbar?
hüter ist?
Antwort: Strategiefokus: Reaktionen der Konkurrenz
Man nimmt Bei einer wettbewerbsorientierten Preissetzung gibt es die Alternativen der
eine noch
höhere
(1) Preisführerstrategie (in diesem Fall das Angebot mit den höchsten Preisen)513,
Preislage ins (2) verschiedenen Varianten der Preisfolgerstrategie514
Sportiment (3) und der Preisbrecher- oder Preisdumping-Strategie.
auf: 899 €.
Die Strategie nach (3) wird sich auf eine Kostenführerschaft stützen müssen, um län-
gerfristig durchhaltbar zu sein. Von den langfristigen Preisstrategien sind taktische
Kampfpreisentscheidungen im Einzelfall zu unterscheiden. Bei der Abgabe von
Kampfpreisangeboten sind die eigene Kostensituation (Kapazitätsauslastung, De-
ckungsbeitrag), Priorität des Kunden und Beziehungen zum Wettbewerber abzuwä-
gen.

Strategiefokus: taktische / dynamische Kampfpreissetzungen


In verhandlungsintensiven Branchen (vor allem in BtoB-Märkten mit austauschbaren
Produkten) muss täglich preispolitisch agiert oder reagiert werden. Dabei gilt es, im
Sinne der beiden letztgenannten Orientierungen Konkurrenten und Kosten im Blick
zu behalten.
Bei den Billigflug-Linien hat sich sich mittlerweile das Verfahren des dynamischen
Pricings eingebürgert. Diese Strategie der tagesaktuellen Preise birgt erhebliche Ri-
siken; vor allen Dingen durch die Verunsicherung der Kunden, die für die gleiche
Leistung mehr zahlen müssen. Das Problem ist auch, dass ein Low-Cost-Carrier z.B.
mit einem Drittel der verkauften Plätze nur einen Umsatzanteil von 12,6% erreicht.

Strategiefokus: Preisverhalten unterschiedlicher Zielgruppen


Verschiedene Preissetzungen für unterschiedlich opferbereite Zielgruppen ist das
Kennzeichen der horizontalen Preisdifferenzierung. Verschiedene Varianten eines
im wesentlichen unveränderten Produktes werden zu unterschiedlichen Preisen an-
geboten. Im Fall möglicher Zielgruppen-Austauscheffekte ist diese Preisstrategie
riskant.

Strategiefokus: unterschiedliche PAF´s in abgeschotteten Märkten


Die vertikale Preisdifferenzierung dient dagegen der Durchsetzung regional unter-
schiedlicher Angebotspreise. Dieser Sachverhalt ist wohl dem Autofahrer bei den
Benzinpreisen bestens bekannt. Diese können von Ort zu Ort durchaus um bis zu
0,05 Euro abweichen. Von aktueller Bedeutung ist in diesem Zusammenhang auch
das Thema KFZ-Reimporte angesichts der EU-Marktöffnung.

Strategiefokus: Zeit (Timing)


Die Preisstrategie darf den Faktor Zeit nicht außer acht lassen. Im Zeitablauf wird
es nicht beim Markteinführungspreis (bei der Initial-Preissetzung) bleiben. Die Frage
einer zeitlichen Preisdifferenzierung ist schon bei der Markteinführung eines neuen
513
Im Porter Modell (Abb. 2-20) hat der Preisführer die niedrigsten Preise.
514
Bei der sog. barometrischen Preisführerschaft passen sich z.B. alle Wettbewerber freiwillig an den
Branchenführer an, vgl. z.B. Weis, (Marketing), 2004, S. 340.
5. Kapitel: Die Konditionenpolitik 245

Produktes vorauszudenken. Wir werden später auf die Grundformen der Penetration
Price Strategy und der Skimming Price Strategy eingehen.

Strategiefokus: Produkt-Lebenszyklus
Eine Preisstrategie sollte das Produkt über den gesamten Lebenszyklus begleiten.515
Verbesserte Produkte der Konkurrenz, Wettbewerbsangriffe auf der preislichen Seite
und Abnutzungseffekte beim Kundennutzen (Produkt verliert an Attraktivität) er-
zwingen Sonderpreisaktionen ab der Sättigungsphase des Produktlebenszyklus.

Strategiefokus: Kostenentwicklung
Kostengebundene Preisstrategien im Zeitablauf sind typisch für träge und monopo-
lisierte Märkte. Mit einer lapidaren Kurzformulierung des Bedauerns versenden
Banken, Versicherungen, Energieversorger oder Unternehmen der öffentlichen Hand
alljährlich ihre Kostenerhöhungsbotschaften an die ohnmächtigen Verbraucher.

Strategiefokus: Modellgeneration / Entwicklungsprojekte


Modellgenerationsbezogene Preisstrategien sind im Großkundengeschäft bei hö-
herwertigen Konsum- und Industriegütern üblich. Hat es z.B. ein Zulieferer der Au-
tomobilindustrie geschafft, sich eine Lieferquote über den Zyklus einer Modellgene-
ration zu sichern, so werden sehr oft die Einkaufs-/Verkaufspreise über den mehrjäh-
rigen Modellzyklus im Rahmen eines Liefervertrages vereinbart. Nicht selten verlan-
gen Großkunden dann bei Rahmenaufträgen jährliche Preissenkungen (mit Hinweis
auf Kostensenkungseffekte infolge der Erfahrungskurve).

5.2.2. Preislagenpositionierung und Preislagenstrategie


Das Phänomen der Preislagen ist in der Praxis von hoher Wichtigkeit.

Strategiefokus: Preislagen / Preislagenpolitik


Beispiel: Unternehmen planen bei ihren Preisstrategien Einzelpreise stets im Rahmen markt-
Preislagen-
gerechter Preislagen. Diese sind Von–bis–Korridore, innerhalb derer ein Produkt
struktur für
Hosen für (eine Marke) im Verhältnis zu gleichartigen Gütern des eigenen Unternehmens sowie
Anfangs- zu denen von Wettbewerbern preislich stimmig positioniert sein muss. Der Markt
preislage, entscheidet, welche Preislage für welche Güter imagemäßig angemessen ist. Bereits
Schwer-
punkt- und
bei der Angebotspreisbestimmung muss das Produkt in die richtige Preislage lanciert
Spitzen- werden. Wichtig ist die Beobachtung der Preislagen im Zeitablauf. Preislagen verän-
preislage: dern sich ständig. Produkte treten hinzu oder scheiden aus. Die Preisempfindlichkei-
1. Geschäfte ten der Konsumenten wandeln sich im Zeitablauf.
mittleres
Genre:
60/80/95 € Vor allem ein Trend zur Polarisierung der Käuferschichten verändert Preislagen
2. Gehobe- dramatisch. Die Käufer polarisieren sich in ihren Preiserwartungen immer stärker in
nes Genre: Premium-Preislagen einerseits und Discounter-Preislagen andererseits. Preisla-
80/110/150 €
genstrategien haben sich daher in folgenden Entscheidungssituationen an den von
den Kunden empfundenen Preis-/Leistungsrelation eines Produktes zu orientieren:
(1) bei der nutzenorientierten Positionierung eines neuen Produktes oder einer Pro-
duktlinie innerhalb einer bestehenden Preislage,
(2) bei der Positionierung eines Produktes an der Grenze einer Preislage, damit es
eventuell in höhere oder niedrigere Preis-/Käufersegmente ausweichen kann (d.h.
kein Angriff auf Preislage, sondern Option auf Ausscheren),
(3) bei Kampfpreisen für starke Produkte, um die Grenzen der Preislage aus eigener
Kraft zu verschieben (in diesem Fall Angriff auf die Preislage: vgl. z.B. die Preis-
lagen von Tintenstrahl- und jetzt Laserdruckern),
515
vgl. Meffert, (Marketing), 2000, S. 568-570
246 Marktorientierte Unternehmensführung

(4) bei Spot-Kampfpreisen für Sondergeschäfte, bei denen keine Gefährdung einer
Preislage mit negativen Marktkonsequenzen (z.B. Preisverfall) eintreten darf,
(5) bei der Preispositionierung eines innovativen Produktes zur Schaffung einer neu-
en Preislage (z.B. sich abzeichnende, neue Preislagen für Farblaserdrucker).

Die Preislage steht dabei mit den präferenzbildenden Markterfolgsfaktoren Qualität


und Image in brisanten Wechselwirkungsbeziehungen:
(1) zur Qualität Preis- / Qualitätsrelation,
(2) zum Image Preis- / Image-Relation.

„Deutsche Die Preis(lagen)positionierung orientiert sich am Kunden. Beim Preis-


Produkte /Qualitätsabgleich empfindet der Käufer alle Preise auf dem Pfeil der Preis-/Quali-
sind
hochpreisig tätskonsistenz als angemessen.516 Der Preis eines teuren Premium-Produktes wird
und qualita- danach als fairer empfunden, als beispielsweise ein Preis im Positionierungsfeld der
tiv hervor- Übervorteilung. Der Schnäppchen-Jäger wird nach Preisofferten suchen, die im
ragend. Feld der Smart-Shopper-Strategie angesiedelt sind. Der Abgleich im Preis-/Image-
Meist rei-
chen aber Portfolio ist analog zu interpretieren. Alle Preisstellungen auf dem Pfeil der Preis-
80% dieser Image-Konsistenz werden von den Kunden als ausgewogen empfunden. Der VW-
Qualität aus Phaeton konnte sich bislang nicht richtig durchsetzen, weil sein Verkaufspreis infol-
– bei 50%
ge des Images von VW als Massenanbieter als überzogen gilt.
des Preises.“
(Andreas
Blume, IHK Zunehmend kommt in diesem Zusammenhang der Begriff Aldisierung auf. Der
Pfalz, zit. in: Kunde verliert sein Vertrauen in die Preis-/Qualitätsrelationen von Marken, wenn er
ASW, zu erkennen glaubt, dass deutlich preiswertere Handelsmarken die gleiche Qualität
5/2005, S.
33)
bieten wie die teueren Markenprodukte. Nach einer Untersuchung des Instituts Al-
lensbach attestieren bereits 53 Prozent aller Verbraucher Discountern wie Lidl oder
ALDI eine besonders gute Qualität der Lebensmittel.517 Die Zahl der markenfokus-
sierten Käufer in Deutschland ist im Zeitraum 1996 bis 2005 von 44 auf 34 Prozent
geschrumpft. Die Preiselastizität der Markenartikel steigt, deren akquisitorischen
Potenziale schrumpfen. Zum Glück deutete sich 2006 eine Trendumkehr an. Nur
noch 85 Prozent aller Konsumenten kaufen monatlich einmal bei einem Discounter;
nach 89 Prozent im Vorjahr. Dennoch: Der Preiskampf zwischen Herstellern und
Handel wird sich weiter verschärfen.
Abb.5-9

POSITIONIERUNG NACH PREIS- / QUALITÄTSRELATIONEN POSITIONIERUNG NACH PREIS- / IMAGERELATIONEN

hohe Qualität exklusives, sportliches Image

Premium-
Strategie
Ferrari
Smart Shopper
Strategie

Porsche

niedriger Preis hoher Preis niedriger Preis hoher Preis

VW-Phaeton

Übervorteilungs-
Discounter- VW-
Strategie
Strategie Golf

Pfeil der Preis- Pfeil der Preis-Image-


niedrige Qualität Mengenprodukt-Image
Qualitäts-Konsistenz Konsistenz

516
Quelle: Kotler; Keller; Bliemel, (Marketing-Management), 2007, S. 570-571 bzw. Meffert, (Marketing),
2000, S. 503. Mit Austausch Corrado gegen Phaeton.
5. Kapitel: Die Konditionenpolitik 247

Abb.5-10 Wie erfolgen Preis-


setzungen in der Pra- PREISFINDUNG IN DER PRAXIS

xis? Nach einer Un- sonstige Verfahren


tersuchung von Mer- EDV,
11%

curi international Simulationsverfahren


5%

vernachlässigen die
Unternehmen eine
strategische Ausrich-
tung ihrer Konditio-
nenpolitik.518 Die Kundenbefragungen
Kostenrechnung
53%

Wirtschaftspraxis 31%
Kostenrechnung
leitet die Angebots- Kundenbefragungen
EDV, Simulationsverfahren
preise überwiegend (Quelle: Mercuri International, 1997) sonstige Verfahren

aus internen Größen


des Rechnungswesens her, wie Abb.5-10 zeigt. Abb.5-11 enthält weitere Details der
Befragung von 85 Unternehmen.519
Abb.5-11
PREISENTSCHEIDUNGEN IN DER PRAXIS

46% der befragten Unternehmen sind mit ihren Angebotspreisen nicht zufrieden.
57% aller Unternehmen wissen nicht, wie der Markt auf Preisveränderungen reagiert.
45% sind durch Wettbewerber zu Preissenkungen gezwungen, 37% durch Kunden.
In 61% der Unternehmen entscheidet der Vertrieb über die Preise, in 49% das Produktmanagement.
In 41% der Unternehmen liegt die letzte Preisentscheidung bei der Geschäftsführung.
In 48% der Unternehmen basiert die Preisentscheidung vorrangig auf der Kostenrechnung.
18% der Unternehmen geben dem Außendienst keinen Preisspielraum; bei 50% der Unternehmen hat der
Außendienst einen Rabattspielraum bis zu 10%.
Nur 33% der Unternehmen berücksichtigen die Einhaltung der Listenpreise bei der Außendienstentlohnung.
47% der Unternehmen unterrichten den Außendienst nicht über betriebswirtschaftliche Hintergründe der
Preispolitik.
In 73% der Unternehmen überwacht die Verkaufsleitung die Preispolitik; bei 30% ist dies Sache der Ge-
schäftsführung.
(Quelle: Mercuri international – 85 Unternehmen )

Nicht selten gibt es in der Praxis erhebliche Unsicherheiten, wer oder welche Abtei-
lung über die „Preishoheit“ verfügen soll. Kritisch sind Führungskulturen, in denen
der Vertrieb bzw. der Vertriebschef eine Ergebnisverantwortung trägt, jedoch keinen
oder nur wenig Einfluss auf die Preisgestaltung erhält. Ein weiteres, typisches Praxis-
problem ist zuweilen die Unkenntniss von Verkäufern und Innendienstmitarbeitern
über die Grundlagen der betriebswirtschaftlichen Kalkulation. Ja, manche mittelstän-
dische Unternehmen wagen sogar den Spagat, den Verkaufsmitarbeitern auf der ei-
nen Seite mehr Verantwortung für die Ergebnislage zu übertragen, sie auf der ande-
ren Seite aber über Kostensituation und Gewinne im Unklaren zu lassen.

5.2.3. Das konditionenpolitische Instrumentarium


a.) Die Verhandlungselemente
Zu unterscheiden sind Preisverhandlungen zwischen Markenartikelherstellern und
Handel sowie BtoB- und BtoC-Verhandlungen mit Endabnehmern. Was die Konditi-

517
vgl. Campillo, (Rabattfalle), in: acquisa, 4/2003, S. 19
518
vgl. o.V., (Kunst), in: PM-Beratungsbrief v. 3.11.1997, S. 1
519
vgl. die Zusammenfassung der Befragungsergebnisse in: o.V., (Preise), in: PM-Beratungsbrief v.
8.6.98, S. 2
248 Marktorientierte Unternehmensführung

Abb.5-12
DAS KONDITIONENPOLITISCHE INSTRUMENTARIUM (BtoC, BtoB, indirekter Vertrieb)
Grundpreis / Basispreis
Basispreis Auszeichnungspreis aktueller Preis laut Etikett / Preisschild
Listenpreis in Preisliste, im Katalog ausgewiesener Grundpreis, Tarifpreis
Aktionspreis Mitnahmepreis, Sonderangebotspreis
Preisdifferen- Versandaufschläge zusätzlich zum Grundpreis berechnete Kostenelemente
zierungen Regionaltarife regionalbezogene (Tarifbezirke) Tarifpreise
Kundengruppentarife z.B. Spezialpreise für Schüler, Beamte, Senioren etc.
direkte Preisbestandteile, gesonderte Auf- oder Abschläge
Zahlungs- Skonto z.B. 30 Tage 2%, direkt von der Rechnung abzusetzen
konditionen Mindermengenzuschlag Preisaufschlag für Kleinmengen, Kleinkundenaufschlag
Lieferkonditionen Aufschläge für Fracht-, Versicherungskosten, s. INCOTERMS
Mengenrabatte Mengenvolumenrabatt in Abhängigkeit von Stückzahlen oder Auftragswert
Auftragsstrukturrabatt zusätzlicher Preisabschlag bei besonderem Warenbezug
Zeitrabatte Einführungsrabatt zeitlich begrenzter Sonderpreis für neues Produkt
Frühbezugsrabatt Anreize zur frühen Orderaufgabe bei Saisonartikeln
Aktionsrabatt Zusatzrabatte im Rahmen von Promotion-Aktionen
Saisonrabatt z.B. in Schlussverkaufsperioden
Abverkaufsrabatt Förderung von Auslaufmodellen für begrenzten Zeitraum
Treuerabatt honoriert Dauer der Geschäftsbeziehung
Mengenkonditionen Mindestbestellmengen Voraussetzungen für Mengenrabatte, Versandeinheiten
sonstige, monetäre Konditionenelemente
Absatzförderung Bonus umsatzbezogene Rückvergütung, i.d.R. am Jahresende
Funktionsvergütung Pauschalvergütungen z.B. Großhandel-, Einzelhandel-, OEM-Pauschalen
Marktbearbeitungs- Listungsvergütung Gebühren für Aufnahme in das Handelssortiment
vergütungen Werbevergütung (WKZ) Kostenbeteiligung der Hersteller an Handelswerbung
Sonderregalvergütung Sonderzahlungen der Hersteller für bevorzugte Regalplätze
Zweitplazierungsvergüt. Sonderzahlungen für zusätzliche Verkaufsfläche am POS
Messevergütung Beteiligung der Hersteller an Messeaktionen des Handels
Projektkonditionen Rahmenauftragszusage zugesagter Gesamtumfang eines Geschäftes
Musterlieferung z.B. Prototypen, Warenproben, Teststücke (monetäre Werte)
Serviceleistungen z.B. Schulungen, Ersatzteildienst, Hotline-Dienste
sonstige, nicht-monetäre Konditionenelemente
Optionen Koppelgeschäftszusage i.d.R. mit Sonderpreisen für andere Produkte verbunden
Zusage auf Folgeaufträge Kundenbindung, erscheint noch in keiner Rechnung
Preisgarantie Preis wird für bestimmten Zeitraum festgeschrieben
Rücknahmegarantie verkaufsabschlussfördernde Option, Kauf ohne Risiko
Kulanzzusage stellt kostenlose Serviceleistungen in Aussicht
Fristen Ausschlussfrist zeitliche Bindung der Gültigkeit des Angebotes
Exklusivklausel umstrittene Geschäftsbindungszusage
rechtl. Klauseln Gerichtsstand wichtiges Verhandlungselement bei internationalen Angeboten

onenelemente betrifft, die zwischen Anbieter und Geschäftskunde ausgehandelt wer-


den können, so sind heute in der Praxis der Kreativität keine Grenzen gesetzt.520
Jedes Verhandlungsdetail verlängert den Aushandlungsprozess und lenkt vom Preis
der Kernleistung ab. Durch Lopez hat die „Kunst der Preisverhandlungstaktiken“
neue Popularität erfahren. Im Konsumgütergeschäft zwingen marktstarke Handels-
gruppen ihren Lieferanten immer neue Konditionenelemente auf:
„Dass Business-Partner über Preisnachlässe sprechen müssen, gehört zum Geschäft
wie die Ware selbst. Dass es heute aber an die 100 Rabattformen gibt, ist nur der Be-
weis für eine Fehlentwicklung. .... Das Ergebnis dieser Desorientierung ist ein Kondi-
tionenkarussell, bei dem nicht nur die Ertragskraft leidet, sondern letztlich auch die
Markenkraft ins Trudeln gerät. Mit bösen Folgen.“521

Im Geschäft mit Endverbrauchern hätte das Ende des Rabattgesetzes eine neue "Kul-
tur des Feilschens" auslösen können. Doch das hartnäckige Aushandeln von Preis-
nachlässen ist nicht so sehr Sache der deutschen Konsumenten. Diese vertreten ande-

520
vgl. zu dem Anwachsen immer „seltsamer“ anmutender Konditionenelemente: Jensen, (Abzo-
cker), in: MM, 10/1997, S. 57-66
521
Drosten, (Konditionen), in: ASW, 12/1997, S. 35
5. Kapitel: Die Konditionenpolitik 249

re Werte: "Unsere Kunden wollen in angenehmer Atmosphäre möglichst zügig ein-


kaufen, ohne lange zu palavern."522

Abb.5-12 zeigt die Konditionenelemente der Praxis auf.523 Am Anfang stehen Preis-
verhandlungselemente, die für Privatkunden relevant sind. Es folgen Konditionene-
lemente, die mit Handels- bzw. Industriekunden verhandelt werden. Die Konditione-
nelemente teilen sich in vier große Gruppen auf:
(1) Ausgangspunkt aller Verhandlungsüberlegungen ist stets ein Grundpreis, Ta-
rifpreis oder Listenpreis. Im Konsumgütergeschäft ist dieser der Auszeich-
nungspreis (Preisetikett), gegen dessen Zahlung dem Käufer die Ware ausgehän-
digt wird. Aber sowie Etikettpreis, Lieferpreis und Abholpreis (z.B. im Möbelge-
schäft) auseinanderfallen, beginnt für den Konsumenten das Abwägen von Kon-
ditionenelementen. So bleibt es bei vielen höherwertigen Konsumgütern selten
beim Listenpreis.
(2) Die eigentliche Preisverhandlung setzt zunächst an Konditionenelementen an, die
sich direkt auf den Endpreis auswirken. Hierunter fallen alle Arten von Rabatten.
In vielen technischen Branchen ist der Listenpreis durch enorme Rabattabschläge
bereits ad absurdum geführt worden. Die Lieferanten halten ihre Preislisten über
Jahre konstant und passen Kostenerhöhungen und Leistungsabgeltungen durch
wachsende Rabattabschläge von den Listenpreisen an. Abschläge von 60 – 80%
auf Liste sind heute keine Seltenheit. Verhandelt werden sonstige Konditionene-
lemente, die direkt die Listenpreise reduzieren. Mengen- und Zeitrabatte, wie in
Abb.5-12 stichwortartig erläutert, stehen dabei im Vordergrund.
(3) Wichtige Kostenelemente sind die Zahlungsbedingungen. Das Skonto gilt als
teuerste Kreditart. Eine Zahlungskondition 14 Tage 2% Skonto, 30 Tage netto
bedeutet, dass man den Warenkauf maximal über 16 Tage (von Tag 15 bis Tag
30) mit Bankkredit finanzieren müsste, um den Abschlag von 2% in Anspruch
nehmen zu dürfen. Bezogen auf 360 Tage bedeuten die 16 Tage (360 Tage / 16
Tage) mal 2% Skontozins = 45% Jahreszins. Es lohnt sich also, Skonto in An-
spruch zu nehmen; selbst bei Zwischenfinanzierung durch eine Bank.
(4) Darüber hinaus werden sonstige monetäre Konditionenelemente verhandelt,
die neben den Produktpreisen stehen. Sie werden nicht als weitere Preisabschläge
auf die Ware umgelegt. Die meisten Funktionsvergütungen, die Kostenbeteili-
gungen der Hersteller an den Marktaktivitäten des Handels, werden pauschal ab-
Oft werden
Selbstver-
gegolten. Gleiches gilt für Bonuszahlungen am Jahresende, die einem Händler als
ständlichkei- Prozentwert auf den erreichten Jahresumsatz vergütet werden. Der Bonus gehört
ten garan- zu einer Reihe von Konditionenelementen, die den Käufer zur Ausweitung des
tiert: Geschäftsumfanges motivieren sollen (Incentives). Ein beliebter Verhandlungs-
„Die Fleu-
rop-
trick der Käufer ist es aber, sich den Bonus auf eine Jahresauftragssumme schon
Garantie der auf die Bezüge des laufenden Jahres anrechnen zu lassen. Der Lieferant hat dann
Fleurop wenig Chancen auf Rückerstattung, wenn der vereinbarte Jahresumsatz nicht er-
GmbH um- reicht wird. Es bleibt ihm höchstens ein Good-Will-Argument für die Preisrunde
fasst u.a. die
Lieferung
im nächsten Jahr.
der bestell- (5) Leichte Preisvorteile bei Angeboten für gleichartige Produkte führen keinesfalls
ten Ware in immer zum Auftrag. Zum einen können Interessensgleichheiten, Vertrauenspo-
frischer, tenziale oder gute Beziehungen ausschlaggebend für einen Zuschlag sein, zum
einwand-
freier Quali- anderen werden beide Seiten nicht-monetäre Verhandlungszugeständnisse ins
tät.“ Spiel bringen. Im Anlagen- oder größeren Maschinenbaugeschäft ist das immer
der Fall. Abwicklungs- und Lieferzeitzusagen, Absprachen über Koppelgeschäfte
522
so Julie Edelmann-Veith, die Sprecherin bei Kaufhof: (Feilschen), in: Landshuter Zeitung v.
26.7.2001: Die Deutschen müssen das Feilschen noch lernen
523
vgl. auch die Zusammenstellungen bei Steffenhagen, (Konditionengestaltung), 1995, S. 70; oder
Meffert, (Marketing), 2000, S. 584 und S. 586 mit der Systematik der Rabatte
250 Marktorientierte Unternehmensführung

und Folgeaufträge oder Rücknahme- und Kulanzzusagen gehören in diese Kate-


gorie. Auch die Überlassung kostenloser Muster, Ersatzteile und Wartungsleis-
tungen werden als Verhandlungspunkte eingebracht, deren Vorteile sich nicht
unmittelbar in Geldeinheiten umrechnen lassen; ebenso wie Preisgarantien.
Die Heimwerkerkette OBI bietet ihren Kunden sog. „Kundenschutzgesetze“:
Die Verfügbarkeitsgarantie: „Sollte ein Angebotsartikel aus unserer Werbung einmal
nicht vorrätig sein, werden wir Ihnen das Produkt Ihrer Wahl oder ein qualitativ min-
destens gleichwertiges schnellstmöglich besorgen und kostenfrei nach Hause liefern.“
Die Umtausch- und Rückgabegarantie: „Unsere Kunden haben ein Recht auf Irrtum.
Sollten Sie also innerhalb von zwei Wochen feststellen, dass Sie einen bei uns gekauften
Artikel nicht mehr wollen, brauchen, mögen oder noch nie wollten, geben Sie ihn ein-
fach ohne abenteuerliche Begründung zurück.“524
(6) Die Konditionenelemente werden durch Bindungsfristen abgerundet, bis zu de-
nen der Anbieter sein Preisangebot aufrecht erhält
(7) und die Gerichtsstandklausel, bei der man böse Überraschungen erleben kann,
wenn zu einer Gerichtssitzung in die Karibik geladen wird.

b.) Die Lieferbedingungen


Abb.5-13 Im Auslandsge-
schäft gelten die INCOTERMS – Internationale Lieferbedingungen
INCOTERMS. EXW: ex works Ware + übliche Verpackung
Die durch sie zu FAS: Free alongside Ship + Fracht, Rollgeld, Prüf- und Lagerkosten
FOB: Free on Board + Umschlagkosten
bestimmende
CF: Cost and Freight + Seefracht
Aufgaben- und CIF: Cost, Insurance, Freight
+ Seeversicherung
Kostenverteilung DES: Delivered ex Ship + Löschkosten
zwischen Verkäu- DEQ: Delivered ex Quai + Verzollung
fer und Käufer ist DDP: Delivered Duty Paid + Versteuerung
regelmäßig Ge- FTC: Free to Customer + alle Anlieferungskosten, ohne Einlagerung
genstand von
Verkaufsverhandlungen. Für den Käufer ist deshalb ein Blick in die Allgemeinen
Lieferungs- und Zahlungsbedingungen des Verkäufers unabdingbar, in dem dieser
die Grundregeln seines Geschäftes festschreibt. Abb.5-13 listet die gängigen INCO-
TERMS auf.

Ist der strategische Rahmen für die Preispolitik geklärt, dann kann über den einzel-
nen Angebotspreis eines Produktes entschieden werden.

5.3. Angebotspreissetzung / Statische Preispolitik


5.3.1. Marktformenbezogene Preisbestimmung der Theorie
a.) Monopolistische Optimierung von Preis und Menge
In der mikroökonomischen Preistheorie bestimmt die Zahl der Anbieter und Nach-
frager den optimalen (gewinnmaximierenden) Angebotspreis. Abb.5-14 stellt die
idealtypischen Marktformen gegenüber. Für alle Marktformen gelten entweder die
Annahmen eines vollkommenen Marktes:
(1) rationales Verhalten aller Anbieter (diese verfolgen Gewinnmaximierung) und
Nachfrager (diese verfolgen Nutzenmaximierung),
(2) uneingeschränkte Markttransparenz (Bedingungen an der Börse),
(3) unendlich hohe Reaktionsgeschwindigkeit der Marktteilnehmer,
(4) offener Markt (keine Zugangsbehinderungen),
(5) kein reglementierter Markt (d.h. Märkte ohne Gebührenordnung),
524
Quelle: OBI-Werbeprospekt
5. Kapitel: Die Konditionenpolitik 251

Abb.5-14 MARK TFORMEN-SCHEMATA DER KLASSISCHEN PREISTHEO RIE


Anbieter
einer wenige viele
monopolis tisc h oligopolis tis ch poly polis tis ch
einer bilaterales besc hränktes Nachfrage-
monopolistisc h Monopol Nac hf ragemonopol monopol
Nachfrager wenige bes chränktes bilaterales Nachfrage-
oligopolis tisc h Angebots monopol O ligopol oligopol
viele eins eitiges Angebots- bilaterales
poly polis tis ch Angebots monopol oligopol Polypol
alle Marktformen: vollkommene / unvollkommene Marktbedingungen

(6) keine Verhaltensanomalien bei den Marktteilnehmern (keine sachlichen, zeitli-


chen oder lieferantenbezogenen Präferenzen der Kunden; also die Einhaltung der
sog. Markt-Homogenitätsbedingungen; s. Abschnitt 5.1.2.a),
(7) keine Substitution durch gleichartige Güter,525
Ist eine Bedingung nicht erfüllt, liegen unvollkommene (kritische) Märkte vor.

Abb.5-15 erläutert in vier Teilgrafiken die wichtigsten Ansätze der Preistheorie zur
Bestimmung eines optimalen Angebotspreises.526 Bei einigen Marktformen der
Abb.5-14 - und zwar bei undifferenzierten Machtkonstellationen zwischen Hersteller
und Kunde - sind keine optimalen Anbieterpreise und –mengen berechenbar. Diese
sind dann Gegenstand von Verhandlungsprozessen. Die folgenden Ausführungen
konzentrieren sich auf optimierbare Marktbedingungen. Ihre Bedeutungen für die
Praxis sind im Einzelfall zu untersuchen.

Ein Grundmodell der Preispolitik ist das einseitige Angebotsmonopol, wie es teil-
weise bei der Briefzustellung der Deutschen Post AG, den Telefon-Ortstarifen, bei
der Bahn AG, beim Schornsteinfeger, beim TÜV, bei CD-Lasern oder faktisch beim
PC-Konsumchip von Intel527 existiert. Die zuerst genannten Beispiele kennzeichnen
künstliche Monopole, die beiden letztgenannten natürliche Monopole.528 Der Ange-
botsmonopolist kann autonome Preispolitik betreiben und (theoretisch) seinen ge-
winnmaximalen Preis ohne Rücksicht auf Konkurrenzreaktionen bestimmen. Gemäß
Teilgrafik der Abb.5-15 wird er das Preis-/Mengen-/Kostenoptimum im Cour-
not´schen Punkt C realisieren, in dem die Bedingung gilt:

Grenzerlöse (Grenzumsatz) = Grenzkosten.

In der Grafik der Abb.5-15 entspricht diesem Gewinnmaximum die Strecke A – B.529
Das Modell beruht auf folgenden Funktionalitäten:
(1) „normale“, lineare PAF, mit der nach unten offenen, hyperbolischen Umsatz-
funktion und eine
(2) lineare Kostenfunktion in der Form K = kV x + KFix . Bei anderen Kostenverläu-
fen gilt die Cournot-Optimierungsbedingung selbstverständlich unverändert.

Rechnerisch und grafisch können sich andere Maxima (auch mehrdeutige) ergeben.
525
Die Einflüsse von Substitutions- sowie Komplementärprodukten können mit der Kreuzpreis-
elastizität der Nachfrage (Triffin´sche Koeffizienten) erfasst werden; ausgedrückt als relative Mengen-
änderung eines Produktes A zur relativen Preisänderung eines Produktes B. Bei komplementären
Produkten ist die Kreuzpreiselastizität negativ, bei Substitutionsgütern positiv. Bestehen derartige
Effekte, sind PAF interkorrelativ miteinander verbunden und daher nicht stabil, und optimale Ange-
botspreise sind nicht isoliert bestimmbar.
526
vgl. Lorenzer, B., (Pricing-Konzepte), 1998, Anlage-1
527
trotz des AMD-Konkurrenzchips
528
vgl. Meffert, (Marketing), 2000, S. 514
529
vgl. Meffert, (Marketing), 2000, S. 516
252 Marktorientierte Unternehmensführung

Abb.5-15
5. Kapitel: Die Konditionenpolitik 253

⌦ Eine zentrale Erkenntnis: Der Angebotsmonopolist kann wegen seiner Macht-


stellung die Menge beschränken (Güterknappheit erzeugen), dadurch den Markt-
preis beeinflussen und folglich ein Gewinnmaximum im Markt realisieren.
Knappheit ist der Schlüssel zu einem hohen Preisniveau!

Monopolsituationen sind in der Praxis instabil. Künstliche Monopole sind in Zeiten


einer liberalisierten Europäischen Wirtschaftspolitik nicht opportun.530 Echte Mono-
pole locken Konkurrenten auf den Markt, die von der Gewinnmaximierungschance
profitieren wollen. Nach der Telekommunikation geraten jetzt auch die Energiemärk-
te in Bewegung:
„Nach mehr als 50 Jahren verlieren die deutschen Energiekonzerne ihre Gebietsmo-
nopole bei der Stromversorgung. Der Bundeswirtschaftsminister geht davon aus, dass
das neue Gesetz zu einer spürbaren Senkung der Strom- und Gaspreise beitragen
wird.“531

b.) Mengenoptimierung bei vollkommener Konkurrenz


Je mehr Anbieter sich am Spiel um Angebot und Nachfrage beteiligen, desto gerin-
ger ist der Einfluss eines einzelnen Anbieters auf den Marktpreis. Mit Zunahme von
Macht und Wahlmöglichkeiten der Käufer steigt die Nachfrageelastizität, d.h. der
PAF-Verlauf wird flacher (elastischer; s. oben), bis die PAF schließlich im Extrem-
fall der vollkommenen Konkurrenz eine Steigung von Null ( [e] = unendlich) auf-
weist (Parallele zur x-Achse). In diesem Grenzfall des sog. Polypols müssen alle
Anbieter den geltenden Marktpreis akzeptieren (Der Marktpreis ist für sie ein „Da-
tum“), und sie können ihren Gewinn nur über die Absatzmengen optimieren.532
Die Preistheorie beschreibt je nach Kostenverlauf zwei Grundmodelle:
(1) Anbieter im Polypol mit linearem Kostenverlauf (Teilgrafik ) und
(2) Anbieter im Polypol mit s-förmigem Kostenverlauf (Teilgrafik ).

In beiden Fällen gilt wieder die Optimierungsbedingung: Grenzerlöse = Grenz-


kosten. Im Polypol entspricht der Grenzerlös stets dem Marktpreis und ist folglich
konstant.533 Mit Blick auf seine Kostenentwicklung wird der Anbieter bei vollkom-
mener Konkurrenz also seinen Absatz so lange ausweiten, solange die Kosten der
nächsten Absatzeinheit (Grenzkosten) den Marktpreis nicht übersteigen. Das bedeu-
tet für die Fälle und aus der Abb.5-15:

Bei linearem Kostenverlauf K = kV x + Kfix realisiert der Anbieter seinen maxima-


len Gewinn (bzw. seinen minimalen Verlust) an der Kapazitätsgrenze xmax, solan-
ge seine Grenzkosten kv unter dem Verkaufspreis liegen. Tun sie das nicht (Dek-
kungsbeitrag negativ), wird er wegen mangelnder Wettbewerbsfähigkeit aus dem
Markt ausscheiden. Zur Abdeckung seiner fixen Kosten (in Teilgrafik der Ab-
schnitt auf der K-Achse von 0 bis zum Beginn der Kostenfunktion K) muss er erst
die Gewinnschwelle (Break-Even-Punkt) erreichen. Oberhalb der Gewinnschwel-
le produziert (vertreibt) er in einem mit wachsender Absatzmenge zunehmenden
Gewinnbereich.

530
die Bahn wird auch ihr Monopol bei Regionalverbindungen verlieren
531
o.V., Monopolstellung beendet, in: Landshuter Zeitung v. 29.4.98, S. 10
532
Es gilt theoretisch: Würde ein Anbieter seinen Angebotspreis erhöhen, würde er sofort alle Käufer
verlieren. Bei einer Preissenkung fiele ihm die gesamte Nachfrage zu. Daraufhin wären auch alle
anderen Anbieter zur Preissenkung gezwungen. Das Preissenkungsspiel setzt sich solange fort, bis der
Preis Grenzkostenniveau erreicht. Sogenannte Grenzanbieter, deren Kosten über dem Marktpreis
liegen, scheiden schrittweise aus dem Wettbewerb aus.
533
Der Grenzerlös ist bei jeder Absatzmenge gleich groß, nämlich gleich dem Preis: vgl. Hüttner; von
Ahsen; Schwarting, (Marketing-Management), 1999, S. 215
254 Marktorientierte Unternehmensführung

Mit Annäherung an die Vollbeschäftigung (Kapazitätsgrenze) verlaufen die Kos-


ten in der Praxis nicht linear. Hingewiesen sei auf Überstundenzuschläge, Aus-
schuss und zunehmende Wartungskosten. Teilgrafik geht in diesem Sinne da-
von aus, dass sich mit wachsender Kapazitätsauslastung erst Effizienzvorteile
(abnehmende Grenzkosten) und später Effizienznachteile (zunehmende Grenz-
kosten) zeigen. Die Auslastungseffekte bewirken die bekannten s-förmigen Kos-
tenverläufe. Die gewinnmaximale Menge Xopt eines Anbieters im Polypol ergibt
sich mathematisch und grafisch nach dem klassischen marginalanalytischen An-
satz, wie bereits im Monopolfall aufgezeigt.

Übertragen wir die theoretischen Erkenntnisse in die Praxis. Für die Märkte der heu-
tigen Wirtschaftswelt sind zwei Trends erkennbar:
(1) Der weltweite Kauf und Verkauf von kernkompetenz-tragenden Unternehmens-
teilen und die enorm wachsende Kapitalintensität durch technischen Fortschritt
verursachen eine Oligopolisierung auf Anbieterseite.
(2) Eine hieraus zu befürchtende Monopolisierung der Anbieterpreise ist aber für die
Abnehmer (zum Glück) noch nicht feststellbar, weil die Investitionsgüternach-
frager im technischen Geschäft wie auch die Handelskonzerne im Konsumge-
schäft eben dieser Monopolisierung durch Aufbau von Alternativlieferanten ent-
gegenwirken. So akzeptieren die Einkäufer der Automobilindustrie zwar starke
Systemlieferanten, die ihnen auf Grund ihrer Größe Kostendegressionseffekte in
den Angebotspreisen weitergeben534, halten diese aber mit Hilfe von ausgesuch-
ten Zweitlieferanten in Schach.

Zusammengefasst gilt:
(1) Auf Anbieterseite ist eine zunehmende Spezialisierung und damit Oligopolisie-
rung der Märkte feststellbar.535
(2) Die Nachfrager gehen in die Preisverhandlungen jedoch mit polypolistischen
Preiserwartungen. Wir sehen in diesem preispolitischen Spannungsfeld eine Ur-
sache dafür, dass die Listenpreisauszeichnung immer mehr an Bedeutung verliert.
Entscheidender ist die Zuordnung zur Preislage. In monopolistischen und oligo-
polistischen Märkten lassen sich Preise leichter stabilisieren. Man weicht aber auf
andere, „nebenpreisliche“ Konditionenelemente aus.

Erschwerend kommt für die Anbieter bei der Angebotspreisbestimmung hinzu, dass
die Bedingungen des vollkommenen Marktes in der Praxis nicht gegeben sind und
die Kunden auf vielfältige Weise subjektive Produkt- bzw. Anbieterpräferenzen ent-
wickeln. Diese, von den klassischen Annahmen des vollkommenen Marktes abwei-
chenden Präferenzen kennzeichnen den unvollkommenen Markt.

c.) Preisbestimmung auf unvollkommenen Märkten:


Die doppelt geknickte PAF nach Gutenberg
Gutenberg entwickelte das Modell der doppelt geknickten PAF. Sie bringt Käufer-
präferenzen, als ein wesentliches Merkmal unvollkommener Märkte, gut zum Aus-
druck.536 Teilgrafik der Abb.5-15 sowie der linke Teil der Abb.5-16 erläutern den
Zusammenhang. Innerhalb einer an sich elastischen (polypolistischen) PAF bildet
sich infolge von Käuferpräferenzen ein Preisveränderungsbereich mit einer ver-
gleichsweise unelastischen Preiselastizität der Nachfrage heraus. In diesem PAF-

534
und keinesfalls monopolähnliche Preisstellungen wagen würden
535
Immer mehr Spezialmärkte werden weltweit durch eine abnehmende Zahl von Spezialanbietern
bedient. Diese kumulieren Know-how und nutzen Erfahrungskurveneffekte.
536
vgl. Gutenberg, (Absatz), 1984, S. 243-260
5. Kapitel: Die Konditionenpolitik 255

Abschnitt verbirgt sich das akquisitorische Potenzial.537 Zwischen den beiden


Preisschwellen kann sich der Anbieter tendenziell wie ein Monopolist verhalten. Er
kann, wieder nach dem Postulat Grenzkosten = Grenzerlös, Preis und Menge zu
einem gewinnmaximalen Angebotspreis kombinieren. In der Bandbreite seines ak-
quisitorischen Potenzials A – B wird er bei einer Preiserhöhung also vergleichs-
weise weniger Kunden verlieren als außerhalb, wo er als Anbieter stärker den Markt-
preis als Datum akzeptieren müsste. Die Zielsetzung eines Anbieters wird es folglich
sein, sich ein akquisitorisches Potenzial durch gute Produkte und präferenzbildende
Marketingmaßnahmen zu schaffen und zu sichern.

Diese Problematik weist sehr enge Bezüge zu den Themen Kundenbindung (zu
behandeln im Rahmen der Verkaufspolitik) und Markenpolitik (zu behandeln im
Rahmen der Kommunikationspolitik) auf.
Abb.5-16

p DIE DOPPELT GEKNICKTE PAF NACH GUTENBERG


9
8
7 p DIE DOPPELT GEKNICKTE PAF
6 A Bereich des 45 FÜR DIE AUTOMOBILNACHFRAGE
akquisitorischen40
5
Potenzials 35
4 A
3 B 30
2 25
20 B
1
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 15 C
x 10
5 D
1 2 3
Preise in 1000 Euro - Mengen in Mio. Einheiten x
(Quelle: Schirmer, (Einführung), ZfbF 1990, S. 892-907)

d.) Preisbestimmung auf unvollkommenen Märkten:


Die doppelt geknickte PAF für die Automobilnachfrage
Die Elastizitätsverhältnisse der rechten PAF der Abb.5-16 sind konträr zu der von
Gutenberg. Die rechte Grafik stellt die Gesamtfunktion über alle Segmente der Au-
tomobilindustrie dar (allerdings nach dem Stand 1990).538 Die PKW-Preise sind in
1.000 Euro ausgewiesen. Die x-Achse zählt die kumulierten PKW-Zulassungen in
Millionen Einheiten. Die Preise in der Grafik müssten allerdings deutlich nach oben
korrigiert werden. Denn die Erhebung (ca. 1988) entstammt einer Zeit, als 40 Prozent
der Automobile unter 10 TEUR Listenpreis lagen. Dennoch dürften die von Schirmer
entdeckten vier Elastizitätsklassen heute noch Gültigkeit besitzen:
(1) Bereich-A: Bei Preisen über 25.000 Euro geringe Preiselastizität (Preisunter-
schiede spielen im gehobenen Preissegment keine ausschlaggebende Rolle).
(2) Bereich-B: Mittlere Preiselastizität der Nachfrage in einem Bereich zwischen
17.500 und 25.000 Euro.
(3) Bereich-C: Hohe Preiselastizität im hart umkämpften Mittelklassesegment mit
Preisen zwischen 7.500 und 17.500 Euro.
(4) Bereich-D: Geringe Preiselastizität wieder im Segment der Kleinwagen mit
Preisen bis zu 7.500 Euro. Diesen Sachverhalt führt Dietz auf das begrenzte Pro-

537
Gutenberg, (Absatz), 1984, S. 243
538
vgl. Schirmer, (Einführung), in: ZfbF, 10/1990, S. 892-907
256 Marktorientierte Unternehmensführung

Abb.5-17 duktangebot in diesem Segment zurück; DIE TOP LUXUS -


eine Situation, die sich in den letzten Jah- KONSUMGÜTERBEREICHE
ren geändert haben dürfte.539
Schuhe 46,3 %
Bettwaren 41,1 %
Das bedeutet: In den Segmenten der (1) Lu-
Wohn-/Schlafzimmermöbel 40,2 %
xusgüter und der (4) preigünstigen Kult- Restaurantbesuche 37,6 %
produkte stecken bei diesem PAF-Typ die Urlaubsreisen 37,0 %
akquisitorischen Potenziale. Die Hersteller Kücheneinrichtungen 35,9 %
sollten diese Schwellen bei ihrer Preispolitik Oberbekleidung 34,8 %
nicht nach unten bzw. nach oben überschrei- Elektronische Geräte 33,3 %
ten, um zu verhindern, dass die Kunden auf Uhren / Schmuck 32,6 %
Autos 30,8 %
das stark besetzte Anbieterfeld der Mittel- Rangfolge von Luxuskonsumprodukten nach Ein-
klasseprodukte umschwenken. Welche Lu- schätzung von 540 Befragten
(Quelle: Agamus Research, Starnberg, zit. in:
xusgut-Segmente bieten den Herstellern fle- PM-Beratungsbrief, Nr. 473 v. 14.4.1998, S. 5)
xiblere Preisspielräume? Abb.5-17 bietet
hierzu eine interessante Auflistung.

Neuere empirische Untersuchungen belegen derartige Elastizitätsphänomene auch


für weniger komplexe Produkte.540 Im unteren Preisbereich bis ca. 250 Euro verlau-
fen Nachfragekurven im allgemeinen verhältnismäßig steil und flachen dann bei hö-
heren Preisen stark ab, bis wiederum das Hochpreis-Segment des jeweiligen Produk-
tes erreicht ist. Erfahrungen mit dem Euro liegen noch nicht vor. Diese klassischen
Erkenntnisse der Preistheorie erhalten jüngst durch das Internet neue Impulse. Ge-
schäftsmodelle im Internet führen zu einer ungewohnten Preistransparenz.

5.3.2. Preisfindungsmodelle im Internet


a.) Produktbörsen
Google- Das Internet kann auf Grund der hohen Transparenz und einer schnellen Reaktions-
Umsatz geschwindigkeit der Markteilnehmer nahezu die Bedingungen vollkommener Märkte
2004: 1,26
Mrd. US-$, nachstellen. Analog den klassischen Börsenbedingungen (Wertpapier-, Warenbör-
+93% sen) können auch im Internet viele Anbieter und Nachfrager zu simultanen Preisakti-
gegenüber onen und -reaktionen veranlasst werden. Bei Produktbörsen bewegen sich Kauf- und
Vorjahr.
Verkaufangebote rasch aufeinander zu, bis sich ein Kaufpreis einstellt, den alle Par-
teien akzeptieren. POWER SHOPPING
UND PRODUKTBÖRSEN
b.) Power Shopping / Co Shopping www.marktplaats.nl
www.billiger.de
Abb.5-18 Am Anfang setzt der Betreiber nur einen Anfangspreis. www.yahoo.de
Je mehr Käufer sich zusammenschließen, umso günsti- www.qxl.de
www.ebay.de
ger wird dieser Preis.541 Liegen ausreichend Anmeldun- www.letsbuyit.com
gen vor, gibt der Anbieter ein endgültiges, verbindliches www.mobshop.de
Preisangebot ab. Alle Nachfrager bekommen dann das www.coshopper.com
Gut zum gleichen Preis. Ziel ist also das Spiel um Men- www.atrada.de
www.sparsam.de
genrabatte. Wegen dieses möglicherweise "sittenwidri- www.pricecontrast.com
gen Ausnutzens der Spiellust" sind Gruppenkäufe nicht www.preisauskunft.de
unumstritten. Ein Verbot ist erfolgt.542 www.guenstiger.de
www.dooyoo.de
www.intec2000.de
(Recherche 2007)
539
vgl. Dietz, (Automobilmarketing), 1997, S. 121
540
vgl. Bilstein; Bieker, (Nachfragekurve), in: ASW, 11/2000, S. 68
541
vgl. die interessanten Beispiele in o.V., (Geschenke), in: www.tomorrow.de, 25/2000, S. 66-68
542
vgl. Urteil gegen PrimusOnline von OLG Köln (Aktenzeichen 6 U 204/00). Ein gleiches Urteil
gegen Letsbuyit.com wurde von höherer Instanz aufgehoben.
5. Kapitel: Die Konditionenpolitik 257

c.) Klassische Auktionen


Lt. GfK wird In bekannter Weise sind Mindestpreis und Gebotsaufschläge festgelegt. Die Auktion
heute jeder findet in einem festgelegten Zeitraum statt. Der Kaufinteressent mit dem höchsten
vierte Euro
im Internet Gebot innerhalb dieses Zeitraums erhält den Zuschlag.
bei Auktio-
nen ausge- d.) Top-Down-Auktionen
geben.
Die Top-Down-Auktion ist eine spannende Angelegenheit. Man geht von einem
Höchstpreis aus, der in bestimmten Zeitabständen um jeweils einen bestimmten Be-
trag sinkt. Der Interessent, der am schnellsten reagiert (als erster "Nerven" zeigt),
erhält den Zuschlag.

e.) Ausschreibungen / Reverse-Auctions


Bei den Online-Ausschreibungen bestimmt der Käufer selbst den Preis für sein
Wunschprodukt. Er setzt die Anbieter unter Zugzwang, indem er am PC aus einem
Katalog ein Produkt auswählt und angibt, wieviel er für dieses Gut maximal zu zah-
len bereit wäre. Nach Abschluss einer Frist kann er dann aus den günstigsten Ange-
boten (sofern diese vorliegen) auswählen. Mit Hilfe der Transparenz und der
schnellen Reaktionen im Internet wird es möglich, den optimalen Preis für ein
Produkt anhand echter Nachfragedaten zu bestimmen. Denn jedem realistischen
Preisgebot werden entsprechende Angebotsmengen gegenüberstehen. Mit einer auf
diese Weise erzeugten Datenbasis wurde es dem Internet-Auktionator IhrPreis.de
möglich, "im Februar 2000 die erste Nachfragekurve in der Geschichte der Marke-
tingforschung zu generieren, die auf echten, verbindlichen Kaufbereitschaften ba-
siert"; wie man stolz verkündet.543

Abb.5-19 zeigt eine PAF für ein Elektronikprodukt. IhrPreis.de hat Nachfragefunk-
tionen für zahlreiche Konsumprodukte analysiert und dabei durchweg Anpassungs-
güten der linearen Regressionen von über 90 Prozent festgestellt.544 Überdurch-
schnittlich häufig konzentriert sich die Nachfrage auf runde Preise (z.B. 100 Euro).

Abb.5-19 Alle Preismodelle im


P RE IS -A B S A TZFUNK TION FÜR E IN E LE K TRONIK P RODUK T
Internet sprechen für
eine abwärts gerich- 500

tete Preisspirale. Das 450 y = -0,9909x + 350,29


400 R = 0,8817
Internet forciert Bil-
2

350
Preis gebote in Euro

liganbieter. Back- 300


haus mildert die Be- 250

fürchtungen: "Un- 200

ternehmer werden 150

Produktvarianten 100
50
und Preismodelle 0
entwickeln, die trotz 0 100 200 300 400 500

Internet einen Ver- (Q uelle: IhrPreis .de, z it. in: ASW , 11/2000, S. 64) Nac hf rage in Stüc k

gleich mit vertretba-


rem Aufwand sinnlos
erscheinen lassen."545 Wer kennt sich schon mit den Telefontarifen aus? Sein Fazit:
"Der Markt wird nicht in die Transparenzfalle tappen."546

543
Bilstein; Bieker, (Nachfragekurve), in: ASW, 11/2000, S. 64. Siehe dort auch die Grafik.
544
Übliche Werte für nachempfundene PAF-Regressionen liegen bei 65 Prozent: vgl. Bilstein; Bieker,
(Nachfragekurve), in: ASW, 11/2000, S. 64
545
Backhaus, (Preis-Dickicht), in: MM, 10/2000, S. 117
258 Marktorientierte Unternehmensführung

5.3.3. Kostenorientierte Preisbestimmung und Break-Even-Analyse


Abb.5-20 Kommen wir jetzt zu konventionellen Preisfin- PROGRESSIVE PREISBESTIMMUNG
dungen zurück, bei denen ein Anbieter zwar Preis- DURCH ZUSCHLAGSKALKULATION
lagen und Konkurrenzpreise beachten muss, sich Einzelmaterialkosten
+ Materialgemeinkosten
aber dennoch zu einer autonomen Preispolitik im-
= Materialkosten
stande fühlt. Die im Abschnitt 5.1.2. geschilderten + Lohneinzelkosten
Sachverhalte führen zu zwei grundlegenden Vorge- + Lohngemeinkosten
hensweisen. Im idealtypischen Fall einer monopo- = Herstellungskosten
listischen oder stark oligopolistischen Angebotssi- + Verwaltungsgemeinkosten
+ Vertriebsgemeinkosten
tuation werden die Unternehmen den Angebotspreis + Sondereinzelkosten Vertrieb
auf dem Wege der Kostenermittlung plus Gewinn- = Selbstkosten
aufschlag festlegen. Man spricht von progressiver + Provisionsaufschlag
Preiskalkulation oder Zuschlagskalkulation. + sonst. Erlösschmälerungen
+ Gewinnaufschlag
Abb.5-20 zeigt hierzu das klassische Schema der
= Nettoverkaufspreis
Vollkosten-Zuschlagskalkulation. Abb.5-21 zeigt + Rabattaufschlag
die vertriebsrelevante Umsetzung des Ansatzes in = Bruttoverkaufspreis o. MwSt.
Form der GEZ-Zuschlagskalkulation (GEZ =
Gewinnzuschlag) in einem Zahlenbeispiel. Ausgehend von Selbstkosten in Höhe von
84 Euro und gegebenen Skonto- und Provisionssätzen soll ein Gewinn auf Selbstkos-
ten in Höhe von 25% „in den Preis kalkuliert“ werden. Ebenso wird „vorsichtshal-
ber“ eine Rabatt-Verhandlungsspanne in Höhe von 5% berücksichtigt. Der Kontroll-
blick auf die stückbezogenen variablen Kosten zeigt: Vom Nettoerlös bleibt ein posi-
tiver Deckungsbeitrag von 56,3% zur Deckung der Fixkosten. Die endgültige Preis-
entscheidung fällt nach Beantwortung von zwei kritischen Fragen:
(1) Entspricht der Bruttoverkaufspreis (Listenpreis) von 147 Euro dem am Markt
herrschenden Preisnivau (Liegt der Preis in der Wettbewerbspreislage)?
(2) Steht der Listenpreis im Einklang mit der aktuellen Produkt- und Preispolitik der
Unternehmung bzw. mit den Preisen anderer, firmeneigener Produkte und deren
Preis-/Leistungsverhältnissen?

Die Gewinnzuschlagskalkulation ist mit allen bekannten Nachteilen der Vollkos-


tenkalkulation547 behaftet und vernachlässigt zudem den Wirkungsverbund der Preis-
elastizität der Nachfrage. Die Vollkostenrechnung kann insbesondere dazu führen,
dass innovative, neue Produkte in derart großem Umfang Gemeinkosten sterbender
Produkte mittragen müssen, dass sie wegen vermeintlicher Unwirtschaftlichkeit gar
nicht erst zur Markteinführung kommen. Aber selbst wenn eine Zuschlagskalkulation
nur mit Teilkosten erfolgt, so bleibt doch der wichtige Aspekt der Nachfrageelastizi-
Abb.5-21
ELEMENTE EINER GEZ-PREISKALKULATION
Brutto-Verkaufspreis : 147 EUR = 105 %
Selbstkosten Gewinnspanne Provision Skonto Rabattaufschlag
60% 25% 3% 12% 5%
56 EUR = 40% 7 EUR
Beispiel: 84 EUR = 60%
35 EUR 16,80 EUR 4,20 EUR
Netto-Verkaufspreis: 140 EUR
Nettoerlös: 119 EUR = 85%

Nettoerlös: 119 EUR = 100%


52 EUR = 43,7% 67 EUR = 56,3%
variable Kosten Netto-Deckungsbeitrag

546
Backhaus, (Preis-Dickicht), in: MM, 10/2000, S. 117
547
Ein Kritikpunkt bezieht sich auf die Verrechnung der Gemeinkosten, die auf der Grundlage von
Bezugsgrößen nicht immer dem Prinzip der Kostenverursachung gerecht werden. Auch beeinflussen
5. Kapitel: Die Konditionenpolitik 259

In der deut- tät außer Acht. Ist ein Bruttoverkaufspreis als Einstandspreis für den Handel nicht
schen Indus- wettbewerbsfähig, so wird versucht, an der Rabattstaffel, der Vertreterprovison oder
trie verliert
die Zu- letztlich dann doch am Gewinnaufschlag zu „drehen“, um einen Auftrag zu sichern
schlagskal- oder ein Produkt in den Märkten zu halten.
kulation auch
deshalb In polypolistischen Märkten müssen die Anbieter eine Marktpreislage (Preisrahmen)
zunehmend
an Sinn, weil und oft sogar einen fixen Marktpreis als Datum akzeptieren. Im Wege der retrogra-
immer mehr den Preisermittlung549 bzw. der retrograden Kalkulation versuchen sie dann, die
Fixkosten Kosten von den Marktpreisen her zu bestimmen und zu gestalten. Vom Marktpreis
auf immer ziehen sie ihre Kosten ab und beurteilen die verbleibende Restgröße, den Gewinn
weniger
variable oder den Verlust, auf betriebswirtschaftliche Vertretbarkeit.
Kosten um-
gelegt wer- Überhaupt gilt es als ein Zeichen einer modernen Unternehmensführung, Marktpreis
den müs-
sen.548
und Gewinnrate als feste Größen zu betrachten. Die Anstrengungen der Unterneh-
men laufen dann darauf hinaus, Kosten als veränderliche Größe zu optimieren.550
Die Frage lautet: Wie hoch dürfen die Kosten (Kostenbestandteile) sein, damit spä-
ter aus Zielpreis und Ziel-Absatzmenge ein bestimmter Zielgewinn erwartet werden
kann? Dieser moderne Preis- und Kostenfindungsansatz wird auch als Target
Costing bezeichnet. So haben sich über die Jahrzehnte unterschiedliche Preiskalku-
lations-Philosophien entwickelt, wie die Abb.5-22 verdeutlicht.
Abb.5-22
PREIS-, KOSTEN- UND GEWINNPHILOSOPHIEN

70er Jahre: K + G = P Kosten und Gewinn bestimmen Preis


80er Jahre: P - K = G erzielbarer Preis und Kosten bestimmen Gewinn
90er Jahre: P - G = K Preis- und Gewinnziel bestimmen Kosten

Betriebswirtschaftlich korrekte Preisentscheidungen können allein durch eine Tren-


nung von fixen und variablen Kosten getroffen werden. Die Break-Even-Analyse
bietet einen betriebswirtschaftlich interessanten Ansatz, um das Zusammenspiel zwi-
Abb.5-23 schen Preis, Absatzmenge sowie variablen und fixen Kosten aufzuzeigen (s. Teilgra-
Abb.5-24 fik der Abb.5-15, sowie Abb.5-23). Abb.5-24 zeigt die rechnerische Herleitung.

BREAK-EVEN-ANALYSE
p
Kapazitätsgrenze-2
Kapazitätsgrenze-1

13 BREAK-EVEN-ANALYSE
12 1.) Gewinnschwellen-Bestimmung
11 Gewinn- G = U(x) - K(x)
10 zone G = px - (kv x + Kfix)
9 Verlust- U1 = p x G = (p - kv) x - Kfix (DB = p - kv)
8 zone 0 = DB x - Kfix
7 Kfix : DB = x (Break-even-Absatz)
6 K = KFix + kv x
5 2.) Preisuntergrenzen-Bestimmung
4
x = vorgegeben (Auftragsmenge)
3
G = px - kv x - Kfix
2 U2 KFix
G=0
1
p = kv + (Kfix : x) (krzfr. Preisuntergrenze)
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 17
Liegt der übliche Marktpreis über p? Nur
Break-Even- x dann ist ein positiver DB zu erwarten.
Menge Andernfalls ist die Produktion einzustellen.

die Preise über die Absatzmengen wiederum die Kosten (Zirkelschluss-Problem). Vgl. die Zusam-
menfassung und das anschauliche Beispiel bei Scharf; Schubert, (Marketing), 2001, S. 145-147
548
vgl. Backhaus, (Fixkostenfalle), in: MM, 3/1998, S. 137
549
da ja der Angebotspreis durch die Marktverhältnisse vorgegeben ist. Wenn der Preis Datum ist,
bleiben nur noch Kosten und Mengen als Stellschrauben der Angebotspolitik. Vgl. zum Begriff der
retrograden Preisermittlung Weis, (Marketing), 2004, S. 338 und 344. Bei der Zielkostenrechnung
werden im übrigen Market into Company, Out of Company und Out of Competitor unterschieden.
260 Marktorientierte Unternehmensführung

Ein Beispiel mag die dadurch mögliche Koordination von Kostenrechnung und
Preispolitik verdeutlichen. Nehmen wir einmal an, eine Abfülllinie für Holzleim ist
mit 70.000 Litern monatlich ausgelastet, die variablen Kosten pro Liter liegen bei
1,45 € und die monatlichen Fixkosten bei 125.000 €. Die Konkurrenz bietet den
Heimwerkerketten die 1,5 Lt. Dose zu 4,60 € an. Dann ergibt sich nach Formel 2.)
der Abb.5-22 für einen Liter ein kostendeckender Angebotspreis von 3,24 €, d.h. für
die 1,5 Lt. Dose 4,85 €. Liegen nun die Einkaufspreise für den Handel bei entspre-
chender Qualität darüber, z.B. zwischen 5,20 € und 5,60 €, dann ist ein positiver De-
ckungsbeitrag zu erwarten, und das Produkt ist wettbewerbsfähig. Der Angebotspreis
für den Handel wird nun z.B. auf 5,35 € pro 1,5 Lt.-Gebinde (3,57 €/Lt.) festgelegt.
Setzt man diesen Angebotspreis in Formel 1.) ein, dann errechnet sich für die Unter-
nehmung eine Gewinnschwellen-Menge von 125.000 : (3,57 – 1,45) = 58.963 Lt.
Ab dieser Absatzmenge wären alle Fixkosten abgedeckt und die Unternehmung ar-
beitet in der finanzwirtschaftlichen Gewinnzone (Out-of-Pocket-Schwelle). So zeigt
die deckungsbeitragsorientierte Break-Even-Analyse hier den Vorteil gegenüber der
Zuschlagskalkulation auf Basis der Vollkosten: Unausgelastete Kapazitäten (Leer-
kosten) üben keinen preistreibenden Kostendruck aus.551 Anhand der Break-Even-
Analyse lassen sich auch einige spezielle Preisprobleme gut verdeutlichen.

Preisproblem: Die Kapazitätsgrenze liegt unterhalb des Break-Even-Levels


Im einfachen Fall eines konstanten Preises, einer linearen Kostenfunktion und eines
positiven Deckungsbeitrages realisiert die Unternehmung das Gewinnmaximum stets
an der Kapazitätsgrenze. Liegt die Kapazitätsgrenze aber unterhalb der Break-Even-
Menge, dann führt die Produktion an der Kapazitätsgrenze zu einem Verlustmini-
mum. Eine beliebte Klausuraufgabe an Hochschulen ist es, die Möglichkeiten und
Grenzen einer (1) Senkung der variablen Kosten, einer (2) Preiserhöhung oder einer
(3) Senkung der Fixkosten für diesen Fall durchzuspielen, um die Break-Even-
Menge unter die Kapazitätsgrenze zu bringen.

Abb.5-24 enthält die wichtigsten Konstellationen:


(1) Der Break-Even-Punkt, für den gilt G = U – K = 0, liegt bei x = 7.
(2) Bei der Kapazitätsgrenze-1 wird bei x = 4 ein Verlustminimum realisiert.
(3) Bei der Kapazitätsgrenze-2 liegt das Gewinnmaximum bei x = 10.
(4) Beim Preis von U2 liegt ein negativer DB vor. Die Produktion ist einzustellen.
Die Break-Even-Betrachtungen gelten unter den Annahmen einer unelastischen
Preiselastizität der Nachfrage und konstanter variabler Kosten.

Preisproblem: Der Kunde fordert Zusatzrabatt


Im folgenden wollen wir zwei typische Kampfpreissituationen betrachten. Gege-
ben seien folgende Werte eines Angebotes: x = 200 Stück, p = 5 €, kv = 2 € und Kfix
= 200 €. Als Deckungsbeitrag errechnen sich 600 €, so dass ein Gewinn auf Vollkos-
ten von 400 € verbleibt. Wie kann der Anbieter reagieren, wenn der Kunde einen
Zusatzrabatt, d.h. einen Abschlag vom Angebotspreis von m € oder von n % fordert.
Der neue, erreichbare Preis ist dann pn. Der Vertrieb sollte nun versuchen, bei dem
Kampfpreis eine höhere Verkaufsmenge herauszuhandeln. Verhandlungsziel sollte es
sein, wieder auf den ursprünglichen Deckungsbeitrag zu kommen. Nehmen wir an,
der Kunde fordert einen 20%igen Zusatzrabatt, so dass nur noch 4 € Umsatzerlös pro
Stück realisiert werden können. Abb.5-25 zeigt die Lösungsformel: 200 mal 3 : 2 =

550
zum Target-Costing vgl. Kenter, (Target Costing), 1996, S. 121-138
551
Wie Meffert aufzeigt, führt die Kosten-plus-Preisbildung somit zu einem prozyklischen Verhalten
der Anbieter. Die Folge: in der Rezession liegen die Preisforderungen der Anbieter zu hoch, im Boom
zu niedrig: vgl. Meffert, (Marketing), 2000, S. 509.
5. Kapitel: Die Konditionenpolitik 261

Abb.5-25 300 Stück. Wieder errechnet sich ein DB von 600 KAMPFPREISSITUATIONEN
€ und bei unveränderten Fixkosten ein unverän- 1.) Kunde fordert Rabatt
derter Vollkostengewinn von 400 €. G1 = (p - kv) x - Kfix
G2 = (pn - kv) xn - Kfix
Preisproblem: Der Kunde will weniger abneh-
men als vereinbart G1 = G2 bzw. DB1 = DB2

Wie kann der Anbieter reagieren, wenn der Kun- (p - kv) x = (pn - kv) xn
de nicht bereit ist, die dem Angebotspreis zugrun- x (p - kv) : (pn - kv) = xn (neue Menge)
de liegende Verkaufsmenge abzunehmen? Wieder 2.) Kunde reduziert Angebotsmenge
gilt für den Anbieter das Verhandlungsziel, den G1 = (p - kv) x - Kfix
ursprünglich geplanten Gesamt-Deckungsbeitrag G2 = (pn - kv) xn - Kfix
zu retten. Abb.5-25 zeigt unter 2.) die Lösung. G1 = G2 bzw. DB1 = DB2
Man stelle sich vor, der Kunde möchte nach dem (p - kv) x + kv xn = pn xn
obigen Beispiel nur 150 Stück der Ware abneh- (x : xn) (p - kv) + kv = pn (neuer Preis)
men. Ohne Gegenforderung des Vertriebs würde
der Deckungsbeitrag dann von 600 auf 450 (- 25%), der Gewinn sogar um 150 € (-
37,5%) abnehmen. Nach der Formel wäre eine Preiserhöhung auf (200 : 150) x 3 +
2 = 6 € erforderlich, um den ursprünglichen Deckungsbeitrag in Höhe von 600 zu
sichern.

Gewinnstei- Preisproblem: Kleine Preiszugeständnisse – große Gewinneinbußen!


gerung bei Diese Ausführungen verdeutlichen die dramatische Hebelwirkung des Deckungs-
2% Preisstei- beitrages auf den Gewinn. Wenn der Anbieter dem Kunden im obigen Beispiel beim
gerung:
VW +111% Verkaufspreis nur um 20 % entgegenkommt (p sinkt von 5 auf 4 €), dann geht der
DaimlerChrys- Gewinn gleich um 50 % zurück (von 400 auf 200 €). Der Grund liegt in der Kon-
ler +87% stanz der Fixkosten. Deckungsbeitragsverluste schlagen in vollem Umfang auf
Metro + 82%
TUI +61%
den Vollkostengewinn durch. Die Beispiele beweisen also, wie wichtig es für eine
ZF +53% Preisverhandlung ist, alle gewinnrelevanten Angebotspunkte genau festzulegen und
MAN +46% unter Preisdruck gezielt über Preis, Menge, Zahlungskonditionen etc. zu verhandeln.
Siemens +36% Was dieser Abschnitt deutlich machen soll: Stets sollte die Deckungsbeitragssiche-
(nach Simon-
Kucher &
rung das vorrangige Verhandlungsziel eines Anbieters sein.
Partne; zit. in
salesBusiness, Abb.5-26 zeigt noch einmal in einigen Vergleichsrechnungen, wie stark Auf- oder
7/2007, S. 25) Abschläge von den Parametern der betriebswirtschaftlichen Erfolgsgleichung
G = (p - kv) x - Kfix
auf den Gewinn durchschlagen.

Die höchsten Sensivitäten (Gewinn-Volatibilität) ergeben sich bei den Parametern,


die unmittelbar den Deckungsbeitrag beeinflussen. Das Beispiel soll auch davor war-
nen, bei Preisverhandlungen nur den Kunden im Auge zu behalten und die betriebli-
che Kostenseite zu übersehen. Bei Preisverhandlungen sollten die Verkäufer be-
triebswirtschaftlich denken und die Kostenstrukturen kennen.
Abb.5-26 DIE SENSITIVITÄT DER GEWINNGLEICHUNG
( p - kv ) * x - Kfix = G
Situation ⌦ ( 20 - 14 ) * 800 - 2300 = 2500 100%
p: -10% ( 18 - 14 ) * 800 - 2300 = 900 -64%
kv: +10% ( 20 - 15,4 ) * 800 - 2300 = 1380 -45%
x: -10% ( 20 - 14 ) * 720 - 2300 = 2020 -19%
Kfix: +10% ( 20 - 14 ) * 800 - 2530 = 2270 -9%
262 Marktorientierte Unternehmensführung

Preisproblem: Wie kann man den Preis von anderen Gewinneinflußgrößen isolie-
ren?
Abb.5-27 Abb.5-27 zeigt GEWINN-FLUSSRECHNUNG IM VERTRIEB
einen Fall eines 2007 2008 2008/2007 Änd. in %
dramatischen Ge- p 5,00 € 5,10 € 0,10 € 2,0%
winneinbruchs um kv (pro Stück) 3,00 € 3,50 € 0,50 € 16,7%
2,00 € 1,60 € -0,40 € -20,0%
37,8%. Die Ge- DB pro Stück
Absatzmenge 1.000.000,00 1.100.000,00 100.000,00 10,0%
winnflussrechnung Umsatz 5.000.000,00 € 5.610.000,00 € 610.000,00 € 12,2%
ergibt: Die Preise Kv Gesamt 3.000.000,00 € 3.850.000,00 € 850.000,00 € 28,3%
(+2%) und Men- DB Gesamt 2.000.000,00 € 1.760.000,00 € -240.000,00 € -12,0%
gen (+10%) sind Fixkosten 1.100.000,00 € 1.200.000,00 € 100.000,00 € 9,1%
900.000,00 € 560.000,00 € -340.000,00 € -37,8%
zwar gestiegen. Gewinn
Doch eine Kosten- Preiseffekt 100.000,00 € (Menge alt x Preisänderung)
160.000,00 € (Mengenänderung x DBneu)
strukturverschlech- Mengeneffekt (DB)
Effizienzeffekt (kv) -500.000,00 € (Menge alt x Veränderung kv)
terung im Fixkos- Kostenstruktureffekt -100.000,00 € (Änderung Fixkosten)
tenbereich steht Gewinneffekt -340.000,00 €
dem entgegen.
Eine Effizienzverschlechterung mit Niederschlag bei den variablen Stückkosten er-
weist sich als Hauptbelastungsfaktor. Die gestiegenen variablen Kosten verschlech-
tern das Ergebnis insgesamt um minus 500.000 Euro.

5.3.4. Wettbewerbsorientierte Preisbestimmung


"Wer als Marketing-Manager versucht, den optimalen Preis für sein Produkt zu
bestimmen, hat meist keine andere Wahl, als sich irgendwie in das existierende Preis-
gefüge des Wettbewerbs einzupassen. Denn valide Daten über die Preisbereitschaft
der Kunden liegt in den seltensten Fällen vor."552

Die Preispolitik darf auch die Wettbewerber und deren Preisverhalten nicht außer
Acht lassen. Über den Hebel der Markenpolitik formen bzw. stabilisieren die Kon-
kurrenten die Preislagen. Oft kristallisieren sich im Zeitablauf unabgestimmte (oder
verbotenerweise abgestimmte) Preisstrategien der Hauptanbieter in einem Markt
heraus. Typische strategische Verhaltensweisen sind z.B.
(1) Preisführerschaft (hier im Gegensatz zur Porter-Matrix die höchsten Preise),
(2) Preis-Dumping (ein Wettbewerber setzt grundsätzlich die niedrigsten Preise),
(3) koalierendes Verhalten (die Konkurrenzpreise nähern sich an) und
(4) barometrische (wechselnde) Preisführerschaften (z.B. der Mineralölkonzerne).
Diese sind ein Ausweg, um kartellrechtlichen Anschuldigungen hinsichtlich
Preisabsprachen auszuweichen.

Im Bausektor oder bei öffentlichen Ausschreibungen werden die Preisverhandlungen


reglementiert. Gemäß VOB holen die Einkäufer i.d.R. drei Vergleichsangebote ein.
Vor der Öffnung der Angebote dürfen diese nicht eingesehen werden. I.d.R. geht der
Zuschlag an den billigsten Anbieter. In den Geschäftsmärkten sind ansonsten takti-
sche Kampfpreissituationen mit fallweisen Vertragsabschlüssen typisch. Hat ein
Einkäufer oder auch ein Techniker für einen Anbieter eine Präferenz (Protektion),
dann deutet er diesem nicht selten an, wo die Offerte preislich liegen müsste, um den
Auftrag zu vergeben. Derartige Situationen zwingen den Anbieter immer wieder zur
Überprüfung der Kalkulation. Sind seine Kapazitäten nicht voll ausgelastet, dann
wird ein Anbieter eventuell ein Deckungsbeitragsangebot unterbreiten. Kurzfristig
bilden hierbei die variablen Kosten die Untergrenze für den Angebotspreis. Die
kurzfristige Angebotspreisuntergrenze liegt in der Praxis allerdings erfahrungs-

552
Bilstein; Bieker, (Nachfragekurve), in: ASW, 11/2000, S. 62
5. Kapitel: Die Konditionenpolitik 263

gemäß bei „variable Kosten plus 10 bis 15% Deckungsbeitrag“, um die mit der An-
gebotsbearbeitung verbundenen direkten Kosten abzudecken. Langfristig muss aller-
dings auch unter härtesten Wettbewerbsbedingungen ein vollkostendeckender
Preis553 erreicht werden (langfristige Preisuntergrenze).

BtoB-Mengengeschäfte werden vom Nachfrager oft auf einige (wenige) Lieferanten


aufgeteilt. Das senkt das Einkaufsrisiko und stärkt die Verhandlungsmacht. Zumin-
dest gibt es Erst- und Zweitlieferanten. Der Anbieter sollte Erfahrungen entwickeln,
um wie viel sich sein zu erwartender Lieferanteil erhöht oder vermindert, wenn er
um x Prozent über oder unter dem Konkurrenzangebot einer Ausgangssituation liegt.
Im Fall der Preiszuschlagsfunktion554 der Abb.5-28 kann ein Anbieter mit knapp
über 60% des Einkaufsbudgets eines OEM für bestimmte Zulieferanteile rechnen.
Angesichts der harten Wettbewerbssituation muss er befürchten, beim Zuschlag ü-
berhaupt nicht mehr berücksichtigt zu werden, sollte der Angebotspreis um 10%
über der Konkurrenz liegen. Bei Preissenkungen sind zunächst nur mäßige Lieferan-
teilserhöhungen zu erwarten. Bei Preissenkungen um 10% wird ein maximaler
Lieferanteil von ca. 90% erreicht. Die Preiszuschlagsfunktion gilt unter der Annah-
me, dass der Konkurrent bei seinem Angebotspreis bleibt, was in der Praxis wohl
kaum zu erwarten ist.

Abb.5-28 MODELL EINER PREISZUSCHLAGSFUNKTION Auch bei Konsumgütern sind Fälle


3 bekannt, in denen Angebotspreise
80%
aggressiv gegen Konkurrenten
zu erwartender Lieferanteil

70%
60%
1
ausgerichtet wurden.
50% Scharf und Schubert erwähnen die
40% Markteinführung der Tankstellenkette Jet.
30%
Um sich den Marktzutritt zu verschaffen,
20%
10%
hatte Jet die etablierten Markentankstel-
0% len grundsätzlich um einen Pfennig un-
2
terboten.555 TV Today wurde im Februar
-10% -8% -6% -4% -2% 0 2% 4% 6% 8% 10%
Preissetzung unter / über Konkurrenzpreis
1996 aus Gründen eines Angriffs gegen
die Konkurrenz von 2,30 DM auf 1 DM
gesenkt. In allen Fällen entsteht die Gefahr einer abwärts gerichteten Preisspirale, bei der es letztlich
nur einen Sieger gibt: den Kunden.

Ohne dass es aber gleich zu einer Wettbewerbsauseinandersetzung kommen muss:


⌦ Vor jeder Angebotsabgabe für einen interessanten Auftrag sollte ein Querver-
gleich mit erfahrbaren Wettbewerbsofferten durchgeführt werden.

5.3.5. Preispolitik im Preiskrieg


Nach Simon, Kucher & Partner liegt ein Preiskrieg vor, wenn
• Preise als Folge von Aktionen und Reaktionen der Konkurrenten unablässig
fallen,
• die Preissenkungen dabei in so rascher Abfolge auftreten, dass die Mengenef-
fekte der Preissenkungen nicht nachvollzogen werden können,
• die Vollkosten einer ganzen Branche über einen längeren Zeitraum nicht mehr
gedeckt werden können und
• der Preisdruck sich nicht auf einzelne, preissensitive Kundensegmente bezieht,
sondern den gesamten relevanten Markt betrifft.556

553
bzw. eine vollkostendeckende Produktions- und Absatzmenge (Break-Even Menge)
554
vgl. das Beispiel von Paul (Simon, Kucher & Partners) in Anlehnung an Edelmann (1965), zit. in
ASW, 5/2002, S. 41. Dort wird allerdings von einem s-förmigen Verlauf ausgegangen.
555
vgl. Scharf; Schubert, (Marketing), 2001, S. 165
556
vgl. Laker; Zinöcker, (Preisschlacht), in: ASW, 12/2006, S. 44-47
264 Marktorientierte Unternehmensführung

Es kann von einem Pricing-IQ ganzer Branchen gesprochen werden.557 Intelligente


Branchen schöpfen alle Möglichkeiten aus, um einen exzessiven Preiskrieg zu ver-
meiden. Denn Preiskriege schwächen die Substanz und die Markenwahrnehmungen
des Anbieterkollektivs. So verringerte sich der Durchschnittspreis von Haushaltsge-
räten zwischen 1995 und 2002 um 10 Prozent und die Preise für Winterreifen um 25
Prozent. Die Vereinigung der Luftfahrtbranche IATA weist auf erhebliche Bran-
chenverluste 2001 (8,2 Mrd. Euro) und 2005 hin (6 Mrd. Euro).

Folge Maßnahmen können die Gefahr eines „Branchenselbstmordes“ eindämmen:


(1) eine umfassende Marktforschung hinsichtlich der Rolle des Preises bei der Kun-
denentscheidung, der eigenen Kompetenzen, der eigenen Kostenposition, der
Preissensibilität der Kunden, der Reaktionen der Wettbewerber und der Dynamik
der Branche,
(2) intelligente Produktdifferenzierung (s. Abschnitt 4.4.1.),
(3) innovative Preismodelle und Preisstrukturen (d.h. Preisdifferenzierung, s. Ab-
schnitt 5.3.6.) und ein
(4) Preis-Signaling als konzertierte Aktion der Hauptwettbewerber; d.h. das klare
Signale über eine marktgerechte Preispolitik (Bsp.: Stromanbieter 2005).
In eine Falle scheinen Unternehmen regelmäßig zu laufen: Sie überschätzen die
durch Preissenkungen induzierten Mengensteigerungen.

5.3.6. Strategien der Angebotspreis-Differenzierung


a.) Horizontale Preisdifferenzierung
In Tokio gibt Bei allen bisherigen Überlegungen ist das Dilemma der Einzelpreissetzung zu be-
es Cola- achten: Eigentlich kann der Vertriebsleiter mit seiner Preissetzung nie zufrieden sein.
Automaten,
bei denen der Zu jedem beliebigen Einzelpreis gibt es Käufer, die auch zu höheren Preisen kaufen
Preis mit der würden. Und es gibt Käuferschichten, die zu niedrigeren Preisen mehr kaufen wür-
Außentem- den. Jede Einzelpreissetzung bedeutet also auch Umsatzverzicht. An dieser Idee,
peratur diffe- durch mehrere Preissetzungen die Umsatzfläche unter der PAF besser auszuschöp-
riert.
fen, setzt die horizontale Preisdifferenzierung an.

Bei horizontaler Preisdifferenzierung wird ein Produkt auf einem Markt


systematisch verschiedenen Zielgruppen (Marktsegmenten) zu verschiedenen
Preisen angeboten.
Übliche Differenzierungen erfolgen nach: gewerblichen/privaten Kunden,
Berufsgruppen (z.B. Studentenpreise), Altersgruppen (z.B. Seniorenpreise)
Abnahmemengen (z.B. Vielfliegerrabatt), Mitglieder von Kundenclubs /Kun-
Beispiel: für denkarten etc.
Value-
based-
Preisdifferenzierung beruht auf der Idee des Value-based-Pricing: Welcher
Pricing: Nutzen eines Angebotes bewirkt beim Kunden welche Preisbereitschaft? Und
Express die gilt es durch ein Ansetzen differenzierter Preise abzuschöpfen.
Service DHL
für ein
Paket 12,50 Eine Preisdifferenzierung bedingt folglich eine nutzen-/preisbezogene Marktsegmen-
Euro, Anlie- tierung, mit dem Ziel, „das vorhandene Marktpotenzial dadurch möglichst optimal
ferung vor auszuschöpfen, dass man die unterschiedlichen Preisbereitschaften von Konsumen-
10 Uhr: 23
Euro, Anlie-
tengruppen bei der Preisgestaltung berücksichtigt, um dadurch den Unternehmens-
ferung vor 9 gewinn zu erhöhen.“558 Eine bestehende PAF (mit gegebener Preiselastizität für den
Uhr: 33 Gesamtmarkt) ist derart in Abschnitte zu zerlegen, dass sich jeweils Kundensegmen-
Euro.

557
vgl. Laker; Zinöcker, (preisschlacht), in: ASW, 12/2006, S. 45
558
Scharf; Schubert, (Marketing), 2001, S. 171-172; Value based-Pricing wird stark von Simon Ku-
cher & Partner vertreten.
5. Kapitel: Die Konditionenpolitik 265

Abb.5-29 te mit unterschiedlicher Preisbereit-


Umsatzzuw achs bei horizontaler Preisdifferenzierung
schaft ergeben.559 Anhand der
p Preis für gehobenes Abb.5-29 lässt sich zeigen, dass
Käufersegment KU1 zwei Preis-Mengen-Kombinationen
Preis für KU-alle unterhalb der PAF zu größerem
3 oder für Niedrigpreis - Flächeninhalt führen (d.h. zu höhe-
segment KU2 rem Umsatz) als lediglich eine ein-
1 2 zelne Preissetzung; selbst wenn die-
se beim Umsatzmaximum liegt.
x
KU1 KU2 Beim Einheitspreis wird von KU-
KU-alle KU = Kundengruppe alle das Umsatzmaximum der
Quadrate 1+2 realisiert. Bei Preis-
differenzierung bringt das gehobene Käufersegment KU1 den Umsatz 1+3. Beim
niedrigeren Preis kommt KU2 mit Quadrat 2 hinzu. 1+2 wurden vorher auch schon
realisiert. Der Mehrumsatz gegenüber der Ausgangssituation liegt also im Quadrat 3.
Es leuchtet ein, dass jede weitere Preis-Mengen-Kombination die Fläche unterhalb
der PAF vollständiger ausschöpft. Im Fachjargon heißt das: Die horizontale Preisdif-
ferenzierung schöpft die Konsumentenrente ab.560
Im Extremfall, der in der Praxis sicher kaum zu realisieren ist, würde jeder Abneh-
mer das Produkt zu „seinem“ individuellen Höchstpreis erhalten. Das würde dann
aber auch bedeuten, dass ein Kunde, falls er selbst mehrere Produkte nachfragt, diese
zu unterschiedlichen Preisen beziehen möchte. Denn mit jedem Bezug nimmt ja sein
individueller Grenznutzen ab. Für jede nächste Einheit verlangt er eine Preisermäßi-
gung. Kann er aber dann die n+1te Einheit zu einem Preis von z.B. 5 € bekommen,
dann sieht er nicht ein, warum er für die letzte Einheit z.B. 6 € bezahlen muss.
Genau hier liegt die Schwachstelle des Konzeptes. Kein Kunde zahlt freiwillig
mehr als er muss. Die horizontale Preisdifferenzierung ist nur durchsetzbar, wenn
sich die Käufersegmente durch Barrieren voneinander abschotten lassen. Dolan und
Simon unterscheiden vier Barrieretypen:561
(1) Produktqualität: Bei der Barriere Produktqualität wird das Produkt in mehreren
Ausführungen angeboten, die sich nur geringfügig voneinander unterscheiden
(Produktdifferenzierung). Oft sind es nur kleine Veredelungen oder Zusatzleis-
tungen, durch die Billigkäufer einerseits und Prestigekäufer andererseits getrennt
werden sollen. Die Preisdifferenzen sind deutlich höher als die Unterschiede bei
den Herstellkosten (Bsp: Das gleiche Buch im Ledereinband und im Paperback –
Preisdifferenzierung im Zeitablauf, eine typische Strategie der Buchverlage).
(2) Verfügbarkeit: Hier wird versucht, die preiswerteren Produktvarianten den ge-
hobeneren Zielgruppen nicht zugänglich zu machen. So werden z.B. die preis-
werten Labels von Mode-Designern in den Top-Geschäften nicht angeboten.
Umgekehrt: Rolex. Im Werksverkauf wird (angeblich) nur zweite Wahl verkauft.
(3) Käufermerkmale: Sonderpreise für Schüler, Sonderangebote für Club-Mit-
glieder, Vorzugsrabatte für Mietwagen für ADAC-Mitglieder, Sonderangebote für
Clubmitglieder, Ehepartner-Rabatte kennzeichnen Preisdifferenzierungen, die an
nachvollziehbaren Käufermerkmalen festgemacht sind. Wichtig ist, dass die aus-
gegrenzten Käufer diese Barrieren auch als fair empfinden.

559
vgl. Nieschlag; Dichtl; Hörschgen, (Marketing), 2002, S. 844-847
560
Zur Konsumentenrente: links vom Cournot´schen Punkt liegen die Käuferschichten, die das Pro-
dukt zu einem günstigeren Preis erhalten als sie maximal zu zahlen bereit wären. Durch Preisdifferen-
zierung wird dieses Dreieck unterhalb der PAF aufgebrochen: vgl. Nieschlag; Dichtl; Hörschgen,
(Marketing), 2002, S. 844
561
vgl. Dolan; Simon, (Power Pricing), 1997, S. 147 ff.
266 Marktorientierte Unternehmensführung

(4) Kaufbedingungen: Diese Barriere entsteht durch Bedingungen, durch die sich
ein Käufer einen Sonderpreis erdienen muss. Beispiele sind unterschiedliche Rei-
sepreise; je nachdem, ob der Kunde Clubmitglied ist (mit Jahresbeitrag) oder
nicht.

Neben den hierin enthaltenen Formen der Preisdifferenzierung (1) nach Käufer-
gruppen, (2) nach Produktkriterien, (3) nach Verfügbarkeiten und (4) nach Kauf-
bedingungen lassen sich als weitere Differenzierungsformen nennen:
(5) zeitliche Preisdifferenzierung (unterschiedliche Telefon- im Tagesverlauf, sai-
sonbedingte Preisunterschiede bei Urlaubsreisen, Abendkassenpreise),
(6) mengenmäßige (z.B. Bahncard, Mengenrabatte),
(7) nach Inanspruchnahme (Handy Minutenabrechnung oder sekundengenau),
(8) nach Verwendungszweck (z.B. bei Salz: Speisesalz, Viehsalz, Industriesalz),
(9) nach Value based Konzept (Parkgaragen nach Auslastung).

Die marktorientierte Unternehmensführung wird stets abzuwägen haben,


⌦ welche Vorteile es bringt, den Gesamtmarkt nicht einheitlich, sondern mit diffe-
renzierten Zielgruppenpreisen anzugehen, dadurch aber evtl. auf Kostendegres-
sionsvorteile durch hohe Stückzahlen zu verzichten (Diese Problematik wird re-
gelmäßig dann nicht so gravierend sein, wenn die zielgruppenspezifischen Pro-
dukte über gleiche Fertigungslinien laufen. Auf jeden Fall wird deutlich, dass
hier Leistungsprogrammpolitik und Preispolitik zusammen zu betrachten sind),
⌦ wie stark die Barrieren zwischen den Käuferschichten ausgeprägt sind bzw. wie
hoch der Aufwand wäre, diese Käuferbarrieren aufzubauen.
Die rechtliche Zulässigkeit der Barrieren ist im Einzelfall zu überprüfen.

b.) Vertikale Preisdifferenzierung


Bei vertikaler Preisdifferenzierung wird ein Produkt auf unterschiedlichen
Märkten systematisch zu unterschiedlichen Preisen angeboten.

Bestehen mehrere voneinander getrennte Teilmärkte mit unterschiedlichen PAF und


unterschiedlichen PAF-Elastizitäten nebeneinander und können auf diesen Teilmärk-
ten die Angebotspreise für ein Produkt isoliert voneinander optimiert werden, dann
bietet sich eine vertikale Preisdifferenzierung an. Die Literatur hebt hervor, dass
dadurch ein höherer Gewinn erzielt werden kann als bei einheitlicher Gewinnmaxi-
mierung einer alle Teilmärkte aggregierenden PAF.562 Dies gilt unter folgenden Vor-
aussetzungen:
(1) Auf den Teilmärkten müssen verschiedene PAF existieren.
(2) Für die Nachfrager müssen Weiterverkäufe auf einem anderen Markt ausge-
schlossen sein.
(3) Die Konkurrenzsituation muss die Durchsetzung der unterschiedlichen Preisfor-
derungen zulassen.
(4) Die Zusatzerträge des Anbieters müssen höher liegen als etwaige zusätzliche
Marketing- und Logistikkosten.

Für Anbieter technischer Produkte ist die vertikale Preisdifferenzierung auf Aus-
landsmärkten Normalität; vor allem im außereuropäischen Ausland. Im Zuge der
europäischen Marktöffnung werden vertikale Preisdifferenzierungen in Europa an
Bedeutung verlieren:

562
vgl. das Berechnungsbeispiel bei Nieschlag; Dichtl; Hörschgen, (Marketing), 2002, S. 844-846
5. Kapitel: Die Konditionenpolitik 267

„Je enger Europa zusammenwächst, desto weniger sind diese Preisdifferenzen durch-
zuhalten. Und nun kommt auch noch der Euro, der alle Preissysteme völlig transpa-
rent macht. Den Herstellern droht ein enormer Preisverfall.“ 563

Abb.5-30 Allerdings ist es noch nicht soweit. Ein wirklich plastisches BIG-MAC-PREISE
Beispiel hierfür ist der EURO-BIG-MAC-Index gemäß IN EUROPA
Abb.5-30, der in etwa auch heute noch gilt. Bei 19% Unter- 1. Belgien 2,70 €
schied im Preisniveau zwischen Portugal und Deutschland 2. Frankreich 2,67 €
3. Deutschland 2,53 €
lohnt es sich fast, zum Burger-Abendessen nach Lissabon 4. Niederlande 2,47 €
zu fahren. Auch deutsche Automobilkäufer profitieren da- 5. Österreich 2,47 €
6. Irland 2,35 €
von, dass sie eine deutsche PKW-Marke im Ausland preis- 7. Italien 2,32 €
günstiger bekommen als im Inland. Die Metro-Gruppe ar- 8. Spanien 2,25 €
9. Portugal 2,19 €
beitet übrigens mit EDV-Programmen, durch die die Ein- (Quelle: McDonald´s ), MM-
käufer die Konditionen für jeden beliebigen Artikel in ganz Berechnungen; vgl. MM,
2/99)
Europa vergleichen können.564

c.) Preisbündelung / Entbündelung / psychologische Preisgestaltung


Preisdifferenzierungen sollen unterschiedliche Preisbereitschaften der Kunden ab-
schöpfen. Dieses Ziel kann auch durch eine Preisbündelung erreicht werden.

Echte Preisbündel: "Unter Preisbündelung versteht man die Zusammenfas-


sung mehrerer Teilleistungen zu einem Angebotsbündel, das zu einem
Gesamtpreis angeboten wird."565
Bei einem gemischten Bündel hat der Käufer die Wahl zwischen dem
Angebotsbündel und dem Kauf der einzelnen Teilleistungen. Bei einem
echten Bündel besteht diese Wahlmöglichkeit nicht.
Entbündelung: Die psychologische Preispolitik tendiert eher zur Entbünde-
lung. Es gilt die Hypothese: Bei rechnerisch identischen Gesamtpreisen kann
durch eine unterschiedliche Verteilung der Preise auf einzelne Produkt-
elemente die subjektive Preisgünstigkeit aus Kundensicht deutlich variieren.

Ein gutes Beispiel sind die Menüpreise von McDonalds. Echte Preisbündel können
Mehrumsätze generieren, wenn der Kunde eigentlich auf eine Teilleistung verzich-
ten könnte, jedoch stark an ein Kernprodukt gebunden ist. Außerdem werden die
Preis-/Leistungsrelationen der Einzelteile verdeckt. Ein gutes Beispiel hierfür sind
HiFi-Kompaktanlagen. Ein Package-Preis mutet sehr günstig an. Jedoch ist eine
Komponente (oft das Kassettendeck oder die Lautsprecher) von minderer Qualität.
Preisbündel werden auch oft für Dienstleistungen quotiert. In einer neuen Heizungs-
anlage ist z.B. bereits ein Wartungsvertrag enthalten. Auf der anderen Seite nehmen
die Anbieter zunehmend Entbündelungen vor. Serviceleistungen werden z.B. aus
Sachleistungen herausgelöst und als eigenständige Dienstleistungen vermarktet. Um
diese Entbündelung dem Kunden schmackhaft zu machen, wird der Preis für die
Kernleistung (geringfügig) gesenkt.

Preisbündel haben eine wachsende Bedeutung für die psychologische Preisoptimie-


rung. Ein effektiver Preis ist keinesfalls mit dem vom Kunden empfundenen Preis
identisch. So ergeben sich interessante Spielräume, um durch eine intelligente Bün-
delung von Kern- und Sonderleistungen Mehrumsatz zu generieren und zudem
Wettbewerbsvorteile zu erringen. Abb.5-31 bietet ein Beispiel aus der Automobi-

563
vgl. den aufschlussreichen Aufsatz von Jensen, (Preis), in: MM, 3/1998, S. 119-131; Zitat: S. 119
564
vgl. Jensen, (Preis), in: MM, 3/1998, S. 122
565
Dietz, (Automobilmarketing), 1997, S. 142
268 Marktorientierte Unternehmensführung

Abb.5-31 lindustrie.566 Bei-


de Angebote sind PSYCHOLOGISCHE PREISOPTIMIERUNG DURCH PREISBÜNDEL
vom Gesamtwert
identisch. Es wer- Angebot-1 Angebot-2

den lediglich die ⌦ Beifahrer-Airbag ⌦ Beifahrer-Airbag


Zuordnungen der Grund-
⌦ Nebelscheinw erfer ⌦ Nebelscheinw erfer
Ausstattungs- und modell mit
⌦ Alarmanlage ⌦ Alarmanlage
Preis: je
Preiselemente Serienaus-
stattung
⌦ Zentralverriegelung ⌦ Allradantrieb
21.719 Euro

variiert. Dabei ⌦ elektrische Antenne ⌦ Klimaanlage


⌦ Fußmatten ⌦ Leichtmetallfelgen
zeigt sich, dass
der Preiswertig-
Sonder- ⌦ Allradantrieb ⌦ Zentralverriegelung 690 Euro
keit einer Sonder- aus- ⌦ Klimaanlage ⌦ elektrische Antenne 519 Euro
ausstattung eine stattungen ⌦ Leichtmetallfelgen ⌦ Fußmatten 349 Euro
hohe Bedeutung
zukommt. Beim
Angebot-1 hat der em pfundene em pfundene
Preisgünstigkeit: Preisgünstigkeit:
Käufer das Ge- (Quelle: Durchschnitt der Durchschnitt der
fühl, hochwertige Vocatus Kundenurteile: 2,75 Kundenurteile: 4,17
(1 = günstig, 6 = teuer)
Sonderausstattun- 2002) (1 = günstig, 6 = teuer)

gen preisgünstig
zu erhalten. Beim Angebot-2 tritt der gegenteilige Effekt ein. Die Zusatzpreise für
Commodity-ähnliche Ausstattungen wirken weniger attraktiv. Kunden sollen also
den Eindruck eines preisgünstigen Angebotes bekommen. Einmal durchschnittlich
günstig (Grundmodell beim Angebot-1) und drei als günstig empfundene Teilange-
bote bewirken, dass das Angebot-1 als preislich attraktiver empfunden wird.

5.3.7. Pauschalpreise (Flatrates)


"AOL hatte keine Wahl. Alle Anbieter rechnen heute nach Pauschalpreisen ab, so
dass AOL nicht bei seiner nutzungsabhängigen Preispolitik bleiben konnte. Der ent-
scheidende Fehler war die viel zu späte Umstellung."
(Der "Preisexperte" Eric G. Mitchell in einer Stellungnahme zum Preissystem von
AOL)567

Im Dezember 1996 reagierte AOL auf den Markteinstieg von Billiganbietern wie AT
& T und stellte seine nutzungsabhängige Preispolitk auf Pauschalpreise um. Pau-
schalpreise bieten folgende Vorteile:
(1) Der Kunde wird zur Nutzung und damit zur Kundenbindung animiert. Er geht
kein Risiko ein, was der Mentalität vieler Verbraucher entgegenkommt.
(2) Pauschalkunden bringen konstante Einnahmen (Vorteil fürLiquiditätspolitik).
(3) Wenn die Zusatzkosten für neue Kunden relativ gering sind, kann mit Pauschal-
preisen problemlos kalkuliert werden.
(4) Kostenersparnis: Rund 50 Prozent der Kosten eines Telefongesprächs entfallen
auf die Abrechnung. Pauschalpreise bieten durch das einfache Konzept Ein-
sparmöglichkeiten.
(5) Pauschalpreise bringen Servicevorteile. Wenn z.B. in einem Restaurant kosten-
los Kaffee nachgeschenkt wird, dann kostet die zusätzliche Tasse nicht viel. Die
Servicewirkung dagegen ist enorm.

Zu prüfen ist, ob eine Nachfrage eine "natürliche Sättigungsgrenze" hat. Bei Pau-
schalpreis-Buffets können nur Wenige unbegrenzt essen. In Freizeitparks regulieren
Warteschlangen die Nachfrage. Wer aber nicht aufpasst, den ereilt das Schicksal von
566
vgl. vocatus AG, (Feedback), 4/2002, S. 3
567
zit. in: o.V., (Pauschalpreise), in: PM-Beratungsbrief v. 14.4.1998, S. 4-5
5. Kapitel: Die Konditionenpolitik 269

T-Online: Dauersurfer blockierten die Leitungen und sorgten nicht für die erwarte-
ten, zusätzlichen Werbeeinnahmen und E-Commerce-Umsätze. Die Strategie der
Deutschen Telekom, Internet-Nutzer durch eine attraktive Flatrate an T-Online zu
binden, hat sich über lange Zeit als Verlustgeschäft erwiesen. "Das dicke Ende der
Flatrate-Coups kommt noch."568

5.3.8. Werteorientierte Preispolitik (Value based Pricing)


Value based Bei jedem Kaufakt spielen Beziehungen und Gefühle eine Rolle. Doch hat die psy-
Pricing ist chologische Preisbestimmung in BtoB-Märkten Grenzen. Den Geschäftskunden geht
Teil der
werteorien-
es weniger um Design und Anmutung, um Preisschwellen und um persönliches
tierten Un- Kauf-Wohlbefinden. Technische Notwendigkeiten stehen im Vordergrund und die
ternehmens- entscheidende Frage: Was bringt ein Angebot für meine Firma? Der Druck auf Un-
führung ternehmer und Führungskräfte, im Zuge der Shareholder Value Theorie permanent
bzw. des
Customer
Mehrwerte für ihre Unternehmen zu generieren, lässt sie auch vorrangig die Werthal-
Value and tigkeit von Zulieferer-Angeboten hinterfragen. Hier setzt das Value based Pricing
Equity an, auch Cash Value Pricing genannt.569 Diese Preispolitik beinhaltet die systemati-
Manage- sche Anwendung der Erkenntnisse des Wertemanagements auf die Preisgestaltung.
ments.
Die Vorteilseffekte (1) direkte Kosteneinsparungen, (2) frühere Rückflüsse, (3) spä-
ter anfallende Kosten, (4) Wettbewerbsvorsprünge sowie (4) Kosten- und Zeiterspar-
nisse bei Re-Investitionen sind aus Sicht eines BtoB-Kunden zu bewerten und in die
Preisverhandlung mit dem Kunden einzubringen. Beim Value based Pricing verhan-
deln Lieferant und Kunde gemeinsame Wertschöpfungspotenziale und nicht vor-
rangig technische Produkteigenschaften. In der Folge steigern wertvollere Angebote
die Kundenwerte und diese wiederum beidseitig den Sharholder Value.

5.4. Dynamische Preispolitik


5.4.1. Initialpreissetzungen und Preisdynamik
Die Angebotspreisstellungen unterliegen im Zeitablauf vielfältigen strategischen und
situationsbezogenen Änderungseinflüssen. Aspekte dieser Art betreffen die dynami-
sche Preistheorie. Eine besondere Rolle spielen hierbei die preispolitischen Maß-
nahmen, die ein Produkt über den Lebenszyklus begleiten. Bereits bei der Marktein-
führung stellt sich die Frage, ob die Unternehmung einen zeitlichen Vorsprung zum
Abschöpfen schneller Gewinne und damit zur schnellen Amortisation einer Investiti-
on nutzen sollte oder ob sie eher darauf bedacht sein sollte, durch möglichst modera-
te Preissetzungen Konkurrenten wenig Anreiz zum Markteintritt zu bieten. Simon
stellt als Extreme die Penetration-Preisstrategie der Skimming-Preisstrategie ge-
genüber (Abb.5-32).570

Die Penetration-Strategie mit dem Merkmal niedriger Einstiegspreise hat sich in


Massenmärkten bewährt. Dort es kommt darauf an, Produkte ohne besondere Wett-
bewerbsvorteile (ohne USP´s) schnell in die Flächendistribution zu bringen, um lang-
fristige Erfahrungskurven- und Kostendegressionseffekte zu nutzen. Wie im 2. Kapi-
tel aufgezeigt, drängen die Portfoliostrategien die Unternehmen zur schnellen Markt-
durchdringung und damit tendenziell zur Penetrations-Preisstrategie. Mitanbieter
werden gezwungen, ebenfalls schnell zu wachsen. Denn Marktanteilsverluste führen
zu Kostennachteilen gegenüber schneller wachsenden Konkurrenten. Die Kunden
erwarten, dass Anbieter Kosteneinsparungen in den Preisen weitergeben.

568
Müller; Preissner, (Kippe), in: MM, 2/2001, S. 12
569
vgl. hierzu das Beispiel von Schrank; Litschke, (Preispoker), in: ASW, 9/2002, S. 46-51
570
vgl. Simon, (Preismanagement), 1992, S. 295
270 Marktorientierte Unternehmensführung

Abb.5-32
PREISSTRATEGIEN BEI DER EINFÜHRUNG NEUER PRODUKTE
Wirkungen der Skimming-Preisstrategie Wirkungen der Penetration-Preisstrategie
kurzfristig sind höhere Gewinne realisierbar hoher Gesamt-DB nur über Stückzahlen möglich
schnellere Amortisation von F&E-Investitionen schnelles Ausnutzen von Economies of Scale
Gewinnabschöpfung im frühen Prod.-Lebenszyklus dadurch schneller Aufbau einer Marktführerposition
Preisspielraum nach unten gegeben Kosten-, Synergie-, Erfahrungsvorsprünge
bzw. Kalkulationsreserven vorhanden Reduzierung eines preislichen Fehlschlagrisikos
horizontale Preisdifferenzierung gut möglich Abschreckung möglicher Konkurrenten
weniger Druck zu Preiserhöhungen geringere Forcierung von Substitutionsprodukten
evtl. positives Image als Qualitätsführer evtl. Aufbau eines positiven Marktführerimages
evtl. aber negatives Preisführer-Image spätere Preiserhöhungen evtl. erleichtert
weniger Kapazität ist vorzuhalten höhere und flexiblere Kapazitätsauslastung

Die Skimming-Preisstrategie ist vorteilhaft, wenn Die Penetration-Preisstrategie ist vorteilhaft, wenn
die Zielgruppe relativ preisunempfindlich ist langfristige Gewinnmaximierung angestrebt wird
Preissenkungen neue Zielgruppen erschließen bedeutende Economies of Scale bestehen
zukünftig keine Preiserhöhungen möglich sind ausreichend Kapazität vorhanden ist
Markt-, Absatzentwicklung unsicher ist das Produkt wenig innovativ ist
kurzfristig hohe Gewinne angestrebt werden Preis-/Qualitätszusammenhang schwach ist
Kapazitäten begrenzt sind die Markteintrittsbarrieren niedrig sind
ein innovatives Produkt eingeführt wird Substitutionsprodukte drohen
ein deutlicher Wettbewerbsvorsprung besteht spätere Preiserhöhungen durchsetzbar sind
der Produkt-Lebenszyklus kurz ist eine Systemführerschaft angestrebt wird

Eine Skimming-Preisstrategie bietet sich dagegen an, wenn


(1) das Marktsegment der innovativen Kunden (Innovators) ausreichend groß ist,
(2) das neue Produkte schnell veraltet; oder eine
(3) USP besteht bzw. die Substitutionsgefahr durch Konkurrenzprodukte gering ist,
(4) deutliche Markt-Eintrittsbarrieren für Konkurrenten existieren
(5) und / oder die eigenen Produktions- und Vertriebskapazitäten begrenzt sind.571

Die Praxis arbeitet, wie so oft, mit Kombinationen. Eine Markteinführung mit mar-
ketinggerechter Anpreisung neuartiger Produktvorteile erfolgt zumeist als Skim-
ming-Strategie. Sind die markentreuen Kunden und die Innovatoren bedient, wird
auf Penetration-Strategie umgeschaltet, um die weniger preisempfindlichen Käufer-
gruppen zu erobern und fortan Wettbewerber gezielt abzuwehren.

5.4.2. Langfristige Preislagenstrategien


Losgelöst von der speziellen Preispolitik bei der Markteinführung neuer Produkte
kann nach langfristig durchhaltbaren Preislagenstrategien für das Gesamtpro-
gramm gefragt werden. In idealtypischer Weise sind zu unterscheiden:
(1) die Prämienpreisstrategie als Ausdruck eines dauerhaft hohen Preisniveaus und
abgesichert durch eine entsprechend hohe Qualität (Qualitätsführerschaft),
(2) die Promotionspreisstrategie als das andere Extrem, mit dauerhaften Tiefstprei-
sen (die Strategie der Discounter) und
(3) die Preisstrategie eines dauerhaften mittleren Preises, die sich i.d.R. an
Marktpreisniveaus (Preislagen) orientiert.572

Die marktorientierte Unternehmensführung wird stets einen langfristig ausgerichte-


ten Preis- und Gewinnpfad (= strategische Preispolitik) mit den Verlockungen
kurzfristig realisierbarer, höherer oder im Rahmen von Abverkaufsaktionen auch
niedrigerer Preise (= operative Preispolitik) in Einklang zu bringen haben. Dabei
wird die finanzielle Lage der Unternehmung und die Konkurrenzsituation sowohl die
strategische wie auch die operative Preispolitik beeinflussen. Hinzu kommt die Auf-
gabe, auch Vertriebspartner, insbesondere den Handel, durch leistungsgerechte Kon-
ditionensysteme in die Preispolitik einzubinden.

571
vgl. zu einigen Punkten Meffert, (Marketing), 2000, S. 566-567
572
vgl. Sander, (Internationales Preismanagement), 1997, S. 88 sowie die dort angegebene Literatur
5. Kapitel: Die Konditionenpolitik 271

5.5. Konditionensysteme in der Konsumgüterindustrie


5.5.1. Preisdruck bei den Konsumgüterherstellern

Abb.5-33 DIE PREISTREPPE: WAS BLEIBT DEM HERSTELLER VOM BRUTTOPREIS?

Bruttopreis
28,40 Euro =
Händlerrabatt
Verhandlungspreis
4,26 €
Mengenrabatt 0,71 €

Sonderrabatt 2,27 €

Skonto 0,25 €

Verwaltung Außenstände 0,22 €

Werbung 0,85 €

Verkaufsförderung 0,60 €

Bonus 0,74 €

Fracht 0,32 €
18,18 Euro = erzielbarer
erzielbarer Preis Preis

15,00 € 17,00 € 19,00 € 21,00 € 23,00 € 25,00 € 27,00 € 29,00 €

Abb.5-33 veranschaulicht den Kostendruck bei den Konsumgüterherstellern.573 Die


gegenwärtigen, manchmal undurchschaubar erscheinenden Konditionensysteme sind
das Erbe einer langjährigen Verhandlungstradition von Hersteller und Handel. In
dem Beispiel von Laker bleiben von einem Listenpreis von 28,40 € nach Abzug von
normalem Händlerrabatt (4,26 €), Mengenrabatt (0,71 €), Sonderrabatt (2,27 €),
Skonto (0,25 €), Verwaltung der Außenstände (0,22 €), gemeinsamer Werbung (0,85
€), Vergütung für verkaufsbegleitende Maßnahmen (0,60 €), Bonus (0,74 €) und
Fracht (0,32 €) gerade noch einmal 18,18 € als tatsächlich erzielbarer Preis. Die Her-
steller geraten in eine 8-stufige Konditionenspirale:574
1. Die Hersteller gewähren dem Handel bessere Konditionen
2. und investieren deshalb weniger in Produktentwicklung und Werbung.
3. So gewinnen Handelsmarken weiter an Boden. Die Marktanteile der Markenartikel sinken.
4. Der Handel fordert deshalb stärkere Verkaufsförderungsmaßnahmen durch die Hersteller und
droht mit Auslistung.
5. Die Hersteller müssen höhere Werbekostenzuschüsse zahlen und mehr Verkaufsflächen betreuen.
6. Ihre Werbe-, Außendienst- und Merchandisingkosten steigen.
7. Die Kosten lassen sich nur über höhere Verkaufsmengen abdecken. Dem Handel müssen ver-
stärkt Anreize zur Förderung der Markenartikel gwährt werden.
8. Das Karussell des Anreizwettkampfes beginnt wieder bei 1.

Diese Konditionenspirale kann in drei Richtungen abgemildert werden:


⌦ durch schrittweise Umstellung auf ein nachvollziehbares, leistungsorientiertes
Konditionensystem, das von allen Partnern akzeptiert wird,
⌦ durch Aufbau alternativer Absatzkanäle, in denen hochpreisige Nischenpro-
dukte gezielter vermarktet werden können als über den klassischen Lebensmit-
teleinzelhandel (falls möglich),575
⌦ kritisch zu beurteilen ist hierbei der Aufbau von Online-Direktvertriebskanälen
über das Internet (Gefahr der generellen Auslistung durch den Handel),
⌦ durch Ausrichtung der Konditionenpolitik auf eine ganzheitliche, kundenorien-
tierte Strategie (s. den Abschnitt zum Preis-Eisberg; Abb.5-36).

573
Quelle: vgl. Laker, (Preislisten), in: ASW, 3/1996, S. 49 (Originalquelle in DM)
574
vgl. Jensen, (Abzocker), in: MM, 10/1997, S. 66
575
zu denken wäre an den Vertrieb über Theater, Discos, Fitness-Clubs, Sportvereine oder über eigene
Filialen (Shops), vgl. Lorenzer, (Pricing-Konzepte), 1998, S. 16
272 Marktorientierte Unternehmensführung

5.5.2. Preisdruck im Einzelhandel

Abb.5-34
DIE KOSTENTREPPE:
WAS BLEIBT DEM FACHEINZELHANDEL VON 100 EURO UMSATZ

Umsatz
Von 100 Euro Umsatz im 3,70 €
Gewinn
Facheinzelhandel bleiben
3,70 Euro Gewinn vor 3,40 €
sonstiges
Steuern
Gewerbesteuer 0,30 €

KFZ-Kosten 0,70 €

Sachkosten 1,30 €

Abschreibungen 1,40 €

Zinsen 1,50 €

Werbung 2,40 €

Miete 4,90 €

Mehrwertsteuer 13,40 €

Personalkosten 16,30 €

Wareneinkauf 50,70 €

15,00 € 25,00 € 35,00 € 45,00 € 55,00 € 65,00 € 75,00 € 85,00 € 95,00 € 105,00 €

Aber nicht nur die Hersteller klagen über den zunehmenden Kosten- und dadurch
Preisdruck. Auch der Facheinzelhandel bangt um seine Existenz. Das Saarbrücker
Institut für Handelsforschung legte 1999 eine Untersuchung vor, nach der dem Fach-
handel (nicht Lebensmittel-Einzelhandel) von 100 € Umsatz nur 3,70 € Gewinn vor
Steuern bleiben.576 Abb.5-34 analysiert die Kostenpositionen. Noch stärker sind die
Umsatzrenditen im deutschen Lebensmittel-Einzelhandel zusammengeschmolzen:
von knapp 5 Prozent im Jahr 1971 auf ca. 0,7 Prozent im Jahr 2003. "In erbarmungs-
losen Preiskriegen ruinieren sich die Lebensmittelhändler gegenseitig."577

5.5.3. Gestaltung von Konditionensystemen (Performance Pricing)


Ein Deckungsbeitrag kann im Vertriebskanal nur einmal verteilt werden. Hersteller
und Handel müssen ihn sich teilen. Leistungsorientierte Konditionensysteme können
die Fundamente langfristiger Partnerschaften zwischen den Parteien bilden. Leider
jedoch belegt eine Umfrage von TCC Consulting, Hamburg, zahlreiche Mängel in
den Konditionensystemen der Hersteller:578
• Umsatz- und Mengenrabatte werden oft einzelkundenbezogen ausgehandelt.
• Klare Vereinbarungen über Leistungen und Gegenleistungen nach festgelegten,
standardisierten Regeln existieren nicht.
• Ein Performance Pricing, als ein Instrument, das erfolgsabhängige Preiskom-
ponenten zum Inhalt hat, ist nicht vorhanden.
• Nur die Hälfte der Unternehmen analysiert die Preissensitivität der Kunden
(Preiselastizitäten) durch Kunden- und Expertenbefragungen und durch nach
Vertriebskanälen abgestufte Preistests.
• Neuprodukte werden nicht im Rahmen klarer Richtlinien gefördert.
• Zahlungsziele und Mindestabnahmemengen werden nicht straff kontrolliert.
• Nur knapp die Hälfte der befragten Unternehmen arbeitet mit Bündelpaketen als
Instrument einer taktischen Preispolitik.

576
Quelle: Institut für Handelsforschung, Stand 1999, Globus Grafik Nr. 6798
577
Hirn, (Magere Kost), in: MM, 5/2000, S. 158; die Renditedaten entstammen dem Bundesverband
des Deutschen Lebensmittel-Einzelhandels.
578
Vgl. Krah, (Konditionenpoker), in: salesBusiness, 7/2002, S. 26-27
5. Kapitel: Die Konditionenpolitik 273

Bei der Gestaltung eines Konditionensystems sollte deshalb auf folgendes geachtet
werden:579
(1) Einfachheit und Klarheit des Angebotsprogramms, auch zum Zwecke effizienter
Aktualisierungen der Preislisten,
(2) Abgehen von „Mond-Bruttopreisen mit astronomischen Rabattabschlägen“. Statt
dessen Umschwenken auf kundengruppenbezogene Nettopreise. Dazu Kunden-
qualifizierung und Entscheidung über Kundenstatus mit Rabattabzug.
(3) Transparenz nach außen und nach innen, damit jeder weiß, wer welchen Rabatt
wofür bekommt. Hierzu auch Eindämmung der Rabattkompetenz des Außen-
dienstes, um das neue System zu stabilisieren.
(4) Leistungsorientierung: Jeder Rabatt oder Bonus muss an eine klar definierte Ab-
nehmerleistung gekoppelt sein (Performance Pricing).
(5) Berücksichtigung von Substitutions- und Komplementäreffekten (zur Nutzung
von Cross-Selling-Chancen) innerhalb des eigenen Leistungsprogramms,
(6) dabei auch Einbezug von Chancen und Risiken gegenüber dem Wettbewerb,
(7) Berücksichtigung der Preisbereitschaft der Konsumenten (Preiselastizitäten!),
(8) konsequente Durchsetzung des neuen Konditionensystems,
(9) aber auch Kalkulationsflexibilität und Ermessensspielräume im Tagesgeschäft.

Diese Empfehlungen sind bei einem systematischen Aufbau eines Konditionen-


systems zu berücksichtigen. Öllrich schlägt hierzu fünf Schritte vor:
Abb.5-35
ARBEITSSCHRITTE ZUR NEUAUSRICHTUNG VON KONDITIONENSYSTEMEN

Handlungsprinzip Arbeitsschritte Ergebnis

1 - Erfassung sämtlicher kundenbezogener


Transparenzprinzip Konditionen und Leistungen Konditionenanalyse
- Bestimmung der Kostenstruktur

2 - Bestimmung von Konditionenblöcken Identifikation


Gegenleistungs- - Zuordnung der Konditionenelemente auf die nicht leistungsgerechter
prinzip Konditionenblöcke Konditionen

3 - Kundenbewertung nach strategischen


Fokussierungs- Leistungskriterien Kundensegmentierung
prinzip - Erstelllung von Produktportfolios

4 Prinzip der - Abgleich der Konditionenanalyse mit der Segmentspezifische


limitierten Kundensegmentierung Konditionen-
Konditionenspreizung - Bestimmung von Konditionenzielbandbreiten korridore

5 - Bestimmung der operativen Umsetzungs-


Umsetzungs- mechanik zur Konditionenreduktion Umsetzungsfahrplan
prinzip - Erstellung von Simulationsszenarien

(Quelle: Öllrich (Konditionenmanagement) / www.verkauf-aktuell.de)

Procter&Gamble hat 1996 ein neues Konditionensystem dieser Art mit dem Namen
"New Way" eingeführt. Dazu gehörten:
neue, niedrigere Listenpreise bei Streichung der meisten Rabatte, Rückvergütun-
gen und zeitlich begrenzten Preissenkungen,
Weitergabe von Kostenvorteilen an die Handelspartner, die auf kostengünstigere
Bestellmengen übergehen,
Optimierung des Auftrags- und Warenflusses,
eine verbesserte, gemeinsame Kundenorientierung mit dem Handel.

Procter&Gamble konnte New Way nur Dank seiner starker Marken (Pampers, Ariel,
Oil of Olaz etc.) erfolgreich im Handel durchsetzen.580 Kurzfristig ist es allerdings zu
einem Umsatzrückgang in Höhe von 3% gekommen.

579
vgl. zu der Entwicklung eines Konditionensystems Homburg; Daum, (Erlöse), in: ASW, 10/1997,
S. 96-101
580
vgl. zu diesem Beispiel das ASW-Experten-Forum zur Preispolitik: Kostensenkung ist keine Lö-
sung, in: ASW, 3/1996, S. 54 sowie den Aufsatz von Laker, (Preislisten), in: ASW, 3/1996, S. 48-52
274 Marktorientierte Unternehmensführung

Doch allein durch Optimierung des Konditionensystems mit dem Handel kann dem
preislichen Verdrängungswettbewerb nicht entronnen werden. Schließlich entschei-
det in letzter Konsequenz der Käufer über den Ausgang des Preiskampfes. Also soll-
te eine ganzheitliche Strategie bei den Preisempfindungen und Preisängsten der Inte-
ressenten und Kunden ansetzen.

5.5.4. Kundenorientierte Konditionenstrategie: Der Preis-Eisberg


Gemäß dem ökonomischen Prinzip der Betriebswirtschaftslehre stehen die Unter-
nehmen bei der Preisfindung unter Gewinnmaximierungsdruck. Statt ihr Preismana-
gement strategisch auf Zielgruppen auszurichten, „missbrauchen viele Unternehmen
ihre Preise, um Defizite bei Produkt und Service auszugleichen.“581 Diller beklagt
darüber hinaus, dass die klassische Preistheorie von einem konfliktären Verhältnis
zwischen Anbietern und Nachfragern ausgeht.582 Die Aspekte des Beziehungsmarke-
ting kämen zu kurz. Wie empfinden Kunden die Preisauszeichnungen?

Abb.5-36 veranschaulicht die Schichten des Preisempfindens der Käufer. Das Bild
ähnelt einem Eisberg.583 Die meisten Preisempfindungen entstehen unterhalb einer
bewussten Wahrnehmungsebene. Vordergründig scheinen immer nur die beiden ers-
ten Ebenen, d.h. Preishöhe und Preisattraktivität, die Kaufentscheidungen der Kun-
den zu beeinflussen. Hier werden die größten Probleme des Käufers gesehen (sein
Kaufrisiko, seine finanzielle Belastung, Dissonanz zwischen Verstand und Gefühl
etc.). Diese versucht die unternehmerische Konditionenpolitik mit konventionellen
Problemlösungen wie Niedrigpreisen, Rabatten, Preisaktionen, geschickten Preisaus-
Abb.5-36
DER PREIS ALS EISBERG-PHÄNOMEN

PREISPROBLEME PROBLEM PROBLEMLÖSUNG

• Geldausgabe (Budget) • Niedrige Preise


• Liquidität Preis- • Rabatte
• Kaufleistung höhe • Preisaktionen
• Preisoptik

Wasserlinie = • Preis-Leistungs-Präferenz Preis- • Preisbaukästen


Wahrnehmungs- • Ratio versus Emotion attrak • Nutzen-Kommunikation
ebene tivität • Preisberatung
• Target-Pricing

• Preistransparenz
• Preisdynamik Preis- • Preisübersichtlichkeit
• Preis-Leistungs-Risiko sicherheit • Preisgarantien
• Liquiditätsrisiko • Kulanz

• Produktzuverlässigkeit
• Zuverlässigkeit • Servicequalität • Garantien
• Servicequalität Preis- • Servicepreise • Serviceverträge
• Servicekosten zufriedenheit
• Teilpreise
• Preispflege

Enttäuschung • Individuelle Ansprache


• Preisvertrauen
Übervorteilung • Preisfairneß, Offenheit

Ohnmacht • Preisehrlichkeit

• Mund-zu-Mund-Werbung
• Kundenclub,
• Kundenzeitschrift

581
Schlote, (würfeln), in: MM, 4/1996, S. 63
582
vgl. Diller, (Preismanagement), 1997, S. 71
5. Kapitel: Die Konditionenpolitik 275

zeichnungen, Preisbaukästen, Kaufberatungen etc. zu lösen. Unter den beiden obers-


ten Schichten liegen jedoch mit Preissicherheit, Preiszufriedenheit und Preisver-
trauen weitaus sensiblere und langfristig wichtigere preisliche Erfolgsfaktoren. Ge-
rade das Preisvertrauen schafft eine emotionale Beziehung zwischen Anbieter und
Nachfrager. Im Preisvertrauen schlagen sich alle Erfahrungen des Kunden mit dem
Lieferanten ganzheitlich nieder. Die marktorientierte Unternehmensführung muss
sich deshalb der besonderen Preisprobleme der einzelnen Eisberg-Schichten anneh-
men und dem Kunden hierfür Problemlösungen bieten. Diese sind in der rechten
Spalte der Abb.5-36 aufgeführt.

Beim indirekten Vertrieb über den Handel ist ein gemeinsames Vorgehen von Indus-
trie und Handel ratsam, um im Sinne des Preis-Eisbergs Preissicherheit, Preiszufrie-
denheit und -vertrauen bei den Kunden zu schaffen. Die Reaktionen der Verbraucher
auf die Angebotspreise werden stark vom preispolitischen Verhalten des Handels am
POS mitbestimmt.

In letzter Konsequenz sind Preisentscheidungen Ausdruck von Machtverhältnissen


im Absatzkanal. In grober Form werden für die Konditionenverhandlungen zwi-
schen Markenartikelherstellern und Handel drei Machtkonstellationen unterschie-
den:584
(1) Handelsdominanz,
(2) Herstellerdominanz und
(3) gleichstarke Verhandlungspositionen von Hersteller und Handel.

Der marktorientierten Unternehmensführung kann es aber letztlich nur um den ge-


meinsamen Erfolg von Hersteller und Handel/Handwerk beim Endkunden gehen.
Die verbraucherorientierten Problemlösungen nach den Leitlinien des Preis-Eisbergs
sollten unabhängig von der Frage der Verhandlungsmacht von Hersteller und Handel
realisierbar sein. Für die immer wieder beklagten Konflikte zwischen Markenartikel-
industrie und Handelskonzernen ist bei einer kundenorientierten Konditionenpolitik
kein Platz.

583
vgl. die Zusammenfassung des Preis-Eisbergs von Diller in der ASW, 7/1997, S. 77; die Graphik
verdanke ich meiner Studentin Frau Lorenzer: vgl. Lorenzer, (Pricing-Konzepte), 1998, S. 20
584
vgl. hierzu das Grundlagenwerk von Steffenhagen, (Konditionengestaltung), 1995
Jeder lebt
davon, dass
6. DIE VERTRIEBSPOLITIK
er etwas
verkauft.585
6.1. Grundbegriffe und Grundzusammenhänge
6.1.1. Vertrieb / Verkauf im Rahmen des Marketing-Mix
Abb.6-1
E in Produkt ist entwi-
ckelt und verkaufs-
reif. Ein hoffentlich
Arbeitnehmer und Unternehmer in Verkauf - Schätzung 2007
Verkäufer im Handel (mit Teilzeit)
konventioneller Außendienst (Reisende)
2.400.000
400.000
52,0%
8,7%
sonst. Finanzdienstleister (geschätzt) 180.000 3,9%
wettbewerbsfähiger Ver- Außendienst Versicherungswirtschaft (mit Innendienst 300.000) 200.000 4,3%
kaufspreis ist bestimmt. Versicherungsvertreter (inkl. nebenberuflich)
Handelsvertreter (inkl. Teilzeit)
350.000
270.000
7,6%
5,9%
Nach Gutenberg wird Pharmareferenten 15.000 2,1%

nun die Leistungs- KFZ-Verkauf


Direktverkauf sonstige
120.000
100.000
2,6%
2,2%
verwertung, der Vertrieb Key Account Manager (inkl. 150.000 Vertriebsingenieure) 250.000 5,4%
Verkauf 3. Führungsebene 120.000 2,6%
oder Verkauf, zur über- Verkauf 2. Führungsebene 50.000 1,1%
lebensnotwendigen un- Verkauf 1. Führungsebene
akquirierende Unternehmer, sonstige (ohne Beratungsgewerbe)
10.000
150.000
0,2%
3,3%
ternehmerischen Auf- 4.615.000 100%
gabe. Verkaufen ist eine ohne Tankstellen, Apotheken, Brennstoffhandel, Großhandel,
bei Verkäufern im Handel: ca. 1,1 Mio. Teilzeitbeschäftigte,
Grundfunktion des bei Handelsvertretern 96.000 Teilzeit (40%); Vertriebsing. 15% von 1 Mio. Ingenieure
Wirtschaftens. Die Un- (diverse Quellen und Schätzungen - Marketing und Vertrieb FH Landshut)

ternehmung „lebt“ vom


Verkauf. Oder, wie Witt es ausrückt: „Der Verkauf ist die Speerspitze des Marke-
ting“, „eine Brücke des Unternehmens zum Markt“.586 Und dies mindestens seit dem
3. Jahrhundert vor Christus, als chinesische Händler Zeitungen auf Marktplätzen und
in Wohnstätten vertrieben. Abb.6-1 soll die Bedeutung dieses umfangreichen und für
Hochschulabsolventen und Führungskräfte höchst attraktiven Berufsfeldes „Ver-
kauf“ unterstreichen.587 Die Arbeitsmarktstudien von Staufenbiel zeigen dann auch,
dass die betriebswirtschaftlichen Absolventen am zweithäufigsten ihre Ersteinstel-
lung im Vertrieb/Verkauf finden; nach den Tätigkeitsfeldern Rechnungswesen / Con-
trolling und vor dem klassischen Marketing/Produktmanagement.588

Die Marke- Hierauf ist die Hochschulausbildung nicht eingerichtet. Der Verkauf wird nach Belz
tingausbil- an den meisten Hochschulen „sträflich verdrängt“.589 Steffenhagen sieht den Vertrieb
dung an den
Hochschulen in seinem Marketinglehrwerk als Spezialgebiet, das „teilweise den Rahmen der Aus-
ist strategie- einandersetzung mit Marketing-Strategien und mit Marketing-Instrumenten
und kon- sprengt.“590 Verkaufen wird als "Klinkenputzen" abgetan. Es wird dabei übersehen,
sumgüter- dass die guten Jobs in der Praxis - durchaus nach einer Lernphase im aktiven Ver-
lastig und
vernachläs- kauf - in der Vertriebsleitung liegen. Gesucht werden Verkaufsmanager. Und auch
sigt die IT! eine Marketingkarriere ist heute in renommierten Unternehmen ohne Kundenerfah-
rungen kaum mehr möglich. Man wird nicht ernst genommen. Zwar ist die Bedeu-
tung des persönlichen Verkaufs mittlerweile auch in der Theorie unbestritten,591
• die Verkaufspolitik hat jedoch in der Literatur keinen gefestigten Platz im Rah-
men der zentralen Marketinginstrumente erhalten. Namhafte Autoren behandeln

585
Howard Louis Stevenson, schottischer Autor 1850-1894
586
Witt, (Verkaufsmanagement), 1996, S. 1 und 7
587
Fortführung einer älteren Quelle: vgl. Fischer; Risch, (Kunden), in: MM, 7/1996, S. 173 unter
Bezug auf SalesProfi; unter Mithilfe des Hauptverbandes des Deutschen Einzelhandels e.V.; ohne
Großhandel, KFZ- und Brennstoffhandel sowie Apotheken und Tankstellen
588
Quelle: Staufenbiel Studie Berufsplanung für den Management-Nachwuchs, START 2004
589
was Belz in seinem Zitat auf Universitäten bezieht: vgl. Belz, (Verkaufskompetenz), 1996, S. 8
590
Steffenhagen, (Marketing), 2004, S. 162
591
Rogge zitiert z.B. eine Untersuchung, nach der die Absatzpolitik hinter dem Preis das zweitwich-
tigste Marketinginstrument ist: vgl. Rogge, (Werbung), 2004, S. 23
6. Kapitel: Die Vertriebspolitik 277

Abb.6-2
DIE EINORDNUNG DES VERTRIEBS / VERKAUFS IN DEN MARKETING-MIX
Vertrieb/Verkauf ist eigen-
Distributionspolitik statt Ver-
Verkauf ist Teil der ständiger Instrumental- Doppelte Zuordnung oder
kauf, Verkauf ist Teil der
Kommunikationspolitik bereich (anstelle der unklare Zuordnung
Distributionspolitik
Distributionspolitik)
• Baum • Ahlert • Albers, Krafft • Albers (Bindeglied
• Bruhn • Backhaus • Belz (Verkauf steht über zwischen Distr.- und
• Meffert (Version-1) • Becker Distributionspolitik) Komm.-Politik)
• Pepels (1) • Berndt • Czech-Winkelmann • Haller (Distr.Pol. und
• Seiler • Godefroid • Dehr, Donath Teil der Komm.-Pol.)
• Steffenhagen • Kuß, Tomczak • Gutenberg (Absatzpoli- • Kotler; Keller; Bliemel
• Tietz • Lauer, Geml tik) • Kotler, Armstrong,
• Vergossen • Nieschlag, Dichtl, Hörschgen • Hofbauer Saunders, Wong
• Vossebein • Hüttner, v. Ahsen, Schwar- • Hill • Meffert (Version-2:
• Weis ting • Homburg, Krohmer Verkauf als mixübergrei-
• Zentes • Olbrich • Krafft fender Entscheidungs-
• Poth • Müller-Hagemann tatbestand)
• Scharf, Schubert • Oehme • Pepels (2)
• Specht • Winkelmann
• Weeser-Krell

sie als „Anhängsel“ der Kommunikationspolitik. Sie wird in den Buchglie-


derungen hinter Werbung und Verkaufsförderung behandelt.592
• Immerhin, die Mehrheit der Marketingautoren behandelt den Verkauf als Unter-
instrument der Distribution, d.h. der physischen Warenverteilung in den Märk-
ten.593 Wenn aber der Verkaufsvorgang im juristischen Sinne aus Angebot und
Annahme (BGB §145) sowie Einigung und Übergabe (BGB §929) besteht: Folgt
dann nicht die Warenverteilung dem Verkaufsvorgang? Geht nicht ein Ver-
kaufsprozess der absatzwegorientierten (physischen) Distribution voran?

Meinungsverschiedenheiten bestehen also (1) hinsichtlich der Einordnung des Ver-


kaufs in den Marketing-Mix und (2) hinsichtlich der inhaltlichen Begriffsauslegung
(Welche Funktionen gehören zum Verkauf?). Abb.6-2 vergleicht verschiedene Lite-
raturmeinungen. Die Unklarheiten und vor allem die Dominanz des „technokrati-
schen“ Distributionsbegriffes lassen sich vielleicht wie folgt erklären:

Irrtum 1.) Priorität für die Warenverteilung: Der Distributionsbegriff entstand Ende des
19. Jahrhunderts mit dem Aufkommen der amerikanischen Händlernetze. Diese
„Distributoren“ schafften die Erzeugnisse der Farmer in die bevölkerungsmäßig ex-
plodierenden Städte.594 Dort fanden sie reissenden Absatz (Verkäufermärkte). Mög-
licherweise verstehen auch die vom Konsumgütervertrieb über Absatzmittler (Han-
del) geprägten Autoren den Verkauf lediglich als eine Verteilungsfrage. Der Verkauf
reduziert sich auf den Griff ins Regal. Der Pull-Ansatz dominiert in den Konsumgü-
termärkten. Diese Dominanz der Distribution über den Verkauf aus der Sicht von
Konsumgüterindustrie und Handel bringt Ahlert treffend zum Ausdruck:
„Kennzeichnend für die so definierte Distributionspolitik ist die Zwecksetzung der Un-
ternehmung, ihren Absatzgütern physische und kommunikative Präsenz im Absatz-
markt zu verschaffen, ihr „Regalplatz“ im Sinne von Konfrontationsmöglichkeiten mit
der Verbraucherzielgruppe zu sichern.“ 595
Hiernach wird nicht verkauft, sondern "konfrontiert". Eine andere Begriffssicht be-
tont den logistischen Hintergrund, wie bei Olbrich nachzuvollziehen ist:596
592
vgl. z.B. die Gliederung bei Bruhn, (Kommunikationspolitik), 2005
593
„Als Distributionspolitik bezeichnet man alle Aktivitäten, die mit der Verteilung der Erzeugnisse
zusammenhängen“, stellvertretend für viele Autoren: Seiler, (Marketing), 2001, S. 263
594
vgl. hierzu noch einmal Abschnitt 1.2.1. ; USA: distribution = der Handel; Frankreich: la grande
distribution = der Handel
595
Ahlert, (Distributionspolitik), 1996, S. 21.
596
und lt. Kollegen Olbrich auch wiederum auf Ahlert zurückzuführen: Olbrich, (Marketing), 2006, S.
218; zur Doppelzuordnung vgl. z.B. S. 270; Ahlert, (Distributionspolitik), 1996, S. 8
278 Marktorientierte Unternehmensführung

"Häufig fallen Produktion und Konsumtion eines Absatzgutes auseinander ..., so dass
eine Übermittlung des Absatzgutes vom Produzenten zum Konsumenten erforderlich
ist. Die Distributionspolitik umfasst alle Entscheidungen, die die Übermittlung von
materiellen und/oder immateriellen Gütern betreffen."

Wo bleiben hier z.B. die Dienstleistungen, d.h. die immateriellen Leistungen, die
beim Entstehen sofort verbraucht werden? Sie werden selbstverständlich auch ver-
kauft, sind aber nach dieser Begriffsauslegung nicht von der Distributionspolitik er-
fasst. Wohin gehört der Verkauf von Dienstleistungen dann?

Diese Warenverteilungssicht könnte auch erklären, dass Unternehmen,


• die Sachgüter nicht über eigene Verkaufsorganisationen vertreiben,
• im Konsumgütergeschäft über den Handel (d.h. indirekt) verkaufen und sich
vorrangig an der Zielgröße Distributionsrate (= prozentualer Anteil der Han-
delsgeschäfte, in denen das betreffende Produkt präsent ist) orientieren oder
• im globalen Maßstab über internationale Distributoren-Netzwerke (Beispiele:
Texas Instruments, Hitachi) arbeiten,
den Begriff Distributionspolitik bevorzugen und, je nach innerbetrieblicher Gepflo-
genheit, die Begriffe Vertriebs- oder Verkaufspolitik entweder gar nicht verwenden
oder sie der Distributionspolitik unterstellen.

Wir halten den Begriff der Distributionspolitik in den Zeiten von CRM und E-
Business jedoch für kaum noch zeitgemäß und vor allem für nicht kundenorientiert.
Er entstammt einer verflossenen Epoche der Verkäufermärkte, in der der Verkäufer
das Sagen hatte und in der der Kunde sich nur schüchtern zu Wort melden durfte:
„Im Zusammenhang mit dem Absatz von Gütern und Dienstleistungen kommt es bei
den unterschiedlichsten Gelegenheiten zu bewusst herbeigeführten persönlichen Kon-
takten zwischen Käufern und Verkäufern, in deren Verlauf dem Kunden nicht nur
(Werbe-)Informationen vermittelt werden, sondern dieser auch Gelegenheit zur Mei-
nungsäußerung erhält.“597

Nach diesem Verständnis sind Kunden „Distributionssubjekte“.598 Doch der Markt-


wind weht aus einer anderen Richtung: Der Kunde hat die Macht. Wir können froh
sein, wenn er Zeit für uns hat und mit uns spricht! Der marktorientierten Unterneh-
mensführung liegt eine Konfrontation mit dem Kunden (vgl. noch einmal die Defini-
tion von Ahlert) absolut fern. In gesättigten Märkten ist “Verkaufskunst“599 angesagt.
Es geht nicht um "Subjekte", sondern um Menschen mit ihren Zielen und Wünschen!

Ein Einkäu- Vermutlich übersieht die konsumgüterlastige Literatur die hohen Umsatzvolumina in
fer im Food- den Industriemärkten.600 Und selbst im Konsumgütergeschäft „spielt die Musik“ im
Bereich
führt mit Verkauf: Jedes Joghurt, das an einen Konsumenten indirekt über den Handel abge-
Lieferanten setzt wird, muss erst einmal bei mächtigen Handelsunternehmen gelistet worden
ca. 80-150 sein. Push-Strategie bedeutet, an Key Accounts des Handels zu verkaufen, und
Jahresge-
nicht, 2 Mio. Ritter Sport in die Handelsregale zu drücken. Und auch beim Fachhan-
spräche.
del am POS wird persönliche Beratung und Verkaufen groß geschrieben – denn sonst
fallen immer mehr Märkte in die Hände der Discounter.

Irrtum 2.) Verkauf folgt Kommunikation: Viele Marketing-Wissenschaftler haben ihre


597
aus einer älteren Auflage: Nieschlag; Dichtl; Hörschgen, (Marketing), 1985, S. 420. Mittlerweile
findet auch der Vertrieb mehr Raum in dem Lehrbuch: vgl. die 19. Aufl., 2002, S. 935 ff.
598
vgl. Ahlert, (Distributionspolitik), 1996, S. 72
599
Eine Entgegnung an Witt: Wenn Marketing das Konzept einer marktorientierten Unternehmens-
führung ist (vgl. Witt, (Verkaufsmanagement), 1996, S. 5), dann ist die Verkaufskunst notwendiger
Bestandteil der Marketing-Kunst; zu diesem Disput vgl. S. 6
600
die laut Simon fünfmal so hoch liegen wie der Umsatz für Konsumgüter.
6. Kapitel: Die Vertriebspolitik 279

fachlichen Wurzeln in der Kommunikationspolitik. Wenn Weis schreibt,


„die Aufgabenbereiche, die Verkäufer erfüllen müssen, ergeben sich aus den spezifi-
schen Verkaufszielen, die sich wiederum aus den Kommunikations- und Marketingzie-
len ableiten“,601
dann folgt hier die Verkaufspolitik der Kommunikationspolitik.602 Aus Sicht der Pra-
xis ist dies ein Irrtum. Tatsächlich ist es der Verkauf, der unmittelbar die zentralen
Erfolgsgrößen Umsatz und Ergebnis bestimmt. Die Kommunikationspolitik wie auch
die anderen Mix-Instrumente haben sich den Verkaufszielen unterzuordnen. Im Ge-
gensatz zu der Definition von Weis hat in der Praxis die Kommunikationspolitik dem
Vertrieb/Verkauf zu dienen (Marketing als Verkaufsunterstützung).

Wie hilflos die Theorie bei der Einordnung des Verkaufs argumentiert und wie stark
sie zudem die Rolle des Handels in der Absatzwirtschaft überschätzt, bringt auch die
folgende Definition für das Verkaufsmanagement zum Ausdruck:
„Das vielfach dem Kommunikations-Mix zugeordnete Verkaufsmanagement (vgl.
Goehrmann) bzw. der persönliche Verkauf kann aus der Behandlung von Distributi-
onsfragen nicht völlig ausgeklammert werden, denn der Aufbau einer eigenen Ver-
kaufsaußendienstorganisation ersetzt nicht selten die Inanspruchnahme betriebsfrem-
der Absatzmittler und –helfer.“603
Das klingt fast so, als sei die Kundenbetreuung mit eigenen Außendiensten eine
Ausnahme. Wenn wir den Distributionsbegriff akzeptieren, dann steht bei ihm das
Verkaufen im Mittelpunkt – egal mit welchen Verkaufsorganen.

Irrtum 3.) Verkaufen ist Kommunikation: Einige Autoren begründen die Einordnung des
Verkaufs in die Kommunikationspolitik damit, dass beim Verkaufsvorgang der Aus-
tausch von Botschaften im Mittelpunkt stehe und dass deshalb der (persönliche) Ver-
kauf als Form der Kommunikation zu betrachten sei. Dann wäre aber sofort zu fol-
gern, dass eigentlich alle unternehmerischen Handlungen Botschaften vermitteln und
dass daher alle Marketing- und Vertriebsinstrumente der Kommunikationspolitik
zugeordnet werden müssten. Der Marketing-Mix würde sich auflösen. Gutenberg
trifft hierzu eine geniale Klarstellung:
Solange die Schuhverkäuferin sich bemüht „den Verkaufsvorgang dahingehend zu be-
einflussen, dass der Kunde sich zum Kauf der Schuhe entschließt, versucht sie „zu
verkaufen“. Damit treibt sie aber noch keine Werbung.“604

Nach Abb.7-1 im Folgekapitel erfüllt alle Kommunikationsinstrumente ganz spezifi-


sche Aufgaben und vermitteln dabei besondere Kategorien von Botschaften. Und so
bleiben Vertrieb/Verkauf „neben der Werbung stehende Instrumente eigener Art.“605

Wir wollen damit die kritische Auseinandersetzung mit der Theorie beenden und
schlagen vor, den Begriff Verkauf in doppelter Weise zu verwenden:

als Verkauf im weiteren Sinne, den wir als Vertrieb bezeichnen und der
dann auch die physische Distribution (Warenverteilungsfunktion) umfasst
und als Verkauf im engeren Sinne, der dann nur die Kundenbearbeitung,
(Kundengewinnung und –sicherung, Verkaufsvorgänge) enthält.

Daraus ergeben sich folgende Überlegungen:


601
Weis, (Marketing), 2004, S. 526
602
vgl. auch die Klage von Dannenberg, der diese Fehlzuordnung bei 1/3 aller Lehrbücher sieht: vgl.
Dannenberg, (Vertriebsmarketing), 1997, S. 18
603
Specht; Fritz, (Distributionsmanagement), 2005, S. 37
604
Gutenberg, (Absatz), 1984, S. 358
605
Gutenberg, (Absatz), 1984, S. 357. Interessant auch, dass sich Meffert bei seiner Zuordnung des
persönlichen Verkaufs zur Kommunikationspolitik gar nicht so sicher ist: vgl. Meffert, (Marketing),
2000, S. 887.
280 Marktorientierte Unternehmensführung

• Kommunikationsbotschaften spielen unbestreitbar beim Verkaufen eine große


Rolle. Dennoch trägt der Vertrieb eine ganz spezifische Verantwortung: Kunden
zu suchen, deren Aufträge zu gewinnen und zu sichern sowie den Käufern auf-
tragsgemäß die Ware bereitzustellen, um letztlich die Absatz- und Umsatzziele
zu erreichen. „Das zentrale Ziel der Verkaufspolitik ist es, durch Verkaufsge-
spräche einen Verkaufsabschluss zu bewirken.“606 Daher wird in dieser Schrift
der Verkauf eben nicht der Kommunikationspolitik zugeordnet.
• Alle Aktivitäten auf der Absatzseite – welche Begriffe man auch immer wählen
möchte – werden zu einer Instrumentalgruppe zusammengefasst, die wir als
Vertrieb bezeichnen möchten. Wegen der größeren Praxisrelevanz ziehen wir
den Begriff Vertrieb dem der Distributionspolitik vor. Die Vertriebspolitik kann
auch als Verkaufspolitik im weiteren Sinne verstanden werden.607
• Der Distributionsbegriff wird durchaus akzeptabel für die Unternehmen, die im
Sinne der konsumgütergeprägten Absatzwirtschaft den Warenverteilungsaspekt
betonen wollen. Insofern kommen wir der herrschenden Literaturmeinung sogar
weiter entgegen als Belz, der die Distribution praxisgerecht auf die physische
Distribution reduziert und dann dem Vertrieb unterordnet.608
• Der Vertrieb (die Distribution) besteht aus einer akquisitorischen (Verkauf im
engeren Sinne) und einer logistischen Komponente.609
• Die Vertriebslogistik ist Teil des Gesamtvertriebs (der Distribution). Die Logis-
tik umfasst lediglich die Überbrückung von Raum und Zeit durch Transport und
Lagerhaltung. Sie erstreckt sich nach Literaturmeinung auf alle Maßnahmen,
„die den Leistungsübertragungsweg zum Kunden sicherstellen"610 und damit
auch auf die Struktur- und Ablaufregelungen für den Absatzweg und die darin
handelnden Vertriebspartner. Die Praxis verspürt hier große Schwierigkeiten,
Distribution und Logistik auseinander zu halten. Dies ist ein weiteres Argument,
den Vertriebsbegriff zu bevorzugen.

6.1.2. Vertriebskonzeptionen als strategischer Überbau


Es ist heute wichtig, die operative Arbeit einer Vertriebsorganisationen mit der Un-
ternehmen- bzw. Marktstrategie zu verbinden. Andernfalls träumen Vorstände und
Geschäftsführer von den großen Entwürfen, während sich die operativen Geschäfts-
bereiche in ihrer Alltagsarbeit verselbständigt haben. Die Verbindung von Marktstra-
tegie und operativem Verkauf wird in einer Vertriebskonzeption verankert.611 Fol-
gende Konzeptionen werden unterschieden:
• Power-Selling / Rattenjagd-Vertrieb: Zielsetzung dieser Verkaufskonzeption
ist der schnelle Umsatz, der Abverkauf. Es geht i.d.R. um nicht erklärungsbe-
dürftige Produkte. Aber es gibt durchaus Ausnahmen, bei denen auch Beratung
und Kundenbindung eine wichtige Rolle spielen (z.B. Vorwerk). Der Erfolg die-
ses Verkaufphilosophie hängt von Verkaufs“kanonen“ ab, die dem Geschäft ih-
ren persönlichen Stempel aufdrücken. Es ist alles erlaubt, was zum Verkaufsab-
schluss führt. Strukturvertriebe gehen oft so vor.
• Der methodische Verkauf stellt dagegen, Beratung, Kundenbindung und lang-
fristige Geschäftspartnerschaften in den Mittelpunkt. Für den Markterfolg ist
hierzu eine intelligente Methodik entscheidend. Nicht der Einzelne entscheidet
606
Scharf; Schubert, (Marketing), 2001, S. 323
607
ebenso setzt Dannenberg Vertrieb und Verkauf gleich, vgl. Dannenberg, (Vertriebsmarketing),
1997, S. 17
608
„Nach unserem Verständnis umfasst Vertrieb den Verkauf und die Distribution (ohne Logistik).“:
Belz, (Verkaufskompetenz), 1996, S. 18
609
vgl. Homburg; Krohmer, (Marketingmanagement), 2006, S. 558
610
Die Definition für Distributionspolitik: Backhaus; Voeth, (Industriegütermarketing), 2007, S. 263.
611
vgl. hierzu ausführlich: Winkelmann, (Vertriebskonzeption), 2005, S. 173 ff.
6. Kapitel: Die Vertriebspolitik 281

über Märkte, sondern Teams von Technikern, Beratern und Kaufleuten. In je-
dem Fall handelt es sich um Beratungsverkauf. Der Systemverkauf oder
Problemlösungsverkauf in der Investitionsgüterindustrie zielt in diese Rich-
tung. Für den Verkäufer zählen nicht Produktumsätze sondern akquirierte Pro-
jekte. Eine Verfeinerung findet der methodische Verkauf derzeit durch den
Werteverkauf im Rahmen von Customer Value and Equity Management (s.
Abschnitt 6.4.4.i.). Nicht mehr Produkte werden vertrieben, sondern Mehrwerte.
Dies ist z.B. die Verkaufsstrategie der Outsourcing-Dienstleistungsanbieter.
• Der systemgestützte Vertrieb geht bezüglich Instrumentalisierung noch einen
Schritt weiter und stützt die Prozesse vom und zum Kunden auf IT-Systeme;
d.h. auf Datenbanken und Software-Funktionalitäten. Hierzu zählen die Konzep-
tionen des Computer Aided Selling (CAS) und des Customer Relationship
Managements (CRM) (s. hierzu Abschnitt 6.3.3.).

Abb. 6-3 zeigt die Arbeitsbereiche, die im Rahmen einer Vertriebskonzeption festzu-
legen sind. Zum Leben erweckt werden die konzeptionellen Bausteine durch die Ver-
triebspolitik. Die folgenden Abschnitte gehen auf die Arbeitsbereiche ein.
Abb.6-3
GRUNDELEMENTE EINER VERTRIEBSKONZEPTION

Grund-
Trends und Kunden- Besuchs-, funktionalitäten
Restriktionen qualifizierung, Kontaktstrategie in
im Umfeld Kundenschlüssel den Kanälen - Angebotswesen
- Lead-Generierung
Vorgaben - Opportunity-
der strate- Management
gischen
Planung;
Verfügbares Operative
insb. auch
Angebots- Basis- und Ausbau-Vertriebsprozesse Zielgruppen
strategische
programm Zielgruppen
und Ziel- - Arbeits-/Zeit-
Regionen Management
- Kundenschlüssel
Trends und Funktionen und Vertriebspartner- - Kundenhistorie
Restriktionen Stellen im Vertrieb, konzept, Aufgaben - Besuchsberichte
von Seiten Anzahl der Stellen in den Kanälen - Beschwerdeman.
Konkurrenz und Vergütungen - GIS
- Kunden-Cockpit
- Partner-Cockpit
© Prof. Dr. P. Winkelmann

6.1.3. Ziele und Aufgaben der Vertriebspolitik


Die operative Vertriebspolitik und deren Teilbereiche werden nun wie folgt definiert:

Die Vertriebspolitik umfasst alle Maßnahmen zur Gewinnung von Aufträgen


(Umsatzgenerierung) zur Güterbereitstellung und zur Kundenpflege
(1) durch eine geeignete Gestaltung des Vertriebssystems, bestehend aus
Verkaufsform, Vertriebsorganisation und Vertriebssteuerung,
(2) durch die Gewinnung, Pflege und Sicherung (Bindung) von Kunden (=
Verkaufspolitik i.e.S. = die akquisitorische Komponente des Vertriebs)
(3) und die Bereitstellung der Waren (Güter oder Dienstleistungen) in der
richtigen Menge am richtigen Ort zur richtigen Zeit (die logistische
Komponente des Vertriebs = Distributionslogistik, Vertriebslogistik).
(4) Mit der Vertriebspolitik ist in vielen Märkten die Aufgabe der Gewinnung
und Führung von Vertriebspartnern und der Organisation des Absatzwege
verbunden (Vertriebskanal-, Absatzwege-, Vertriebspartnerpolitik).
Die Vertriebspolitik besteht somit aus den Bereichen Vertriebssystempolitik,
Verkaufspolitik (i.e.S.), Vertriebslogistik sowie der Vertriebskanal- oder Ver-
triebspartnerpolitik (Absatzwegepolitik).
282 Marktorientierte Unternehmensführung

Diese Begriffsinhalte decken sich in etwa mit Ahlert, wenn man in der folgenden
Definition einfach den Begriff Distribution gegen Vertrieb austauscht:
„Die Distributionspolitik beinhaltet demnach einerseits als absatzpolitische Einzel-
instrumente die Lieferungspolitik (Gestaltung der Lieferungskonditionen, Marketing-
logistik) und die Verkaufs- und Außendienstpolitik und andererseits als instrumenten-
übergreifenden Entscheidungsbereich die Gesamtheit aller absatzpolitischen Instru-
mente, soweit sie auf die Absatzmittler ausgerichtet sind.“612

Abb.6-4 VERKAUFSPOLITIK i.e.S.


Elemente der (Akquisitionspolitik)

Marketing Vertriebspolitik Kunden suchen


Kunden kontakten VERTRIEBSSYSTEM
(Distributionspolitik) Kunden qualifizieren Verkaufsform
Anbieten / Preispolitik Vertriebsorganisation
Aufträge gewinnen (Frontoffice, Backoffice,
evtl. auch Kunden-
VERTRIEBSLOGISTIK Aufträge abwickeln
service)
(Distributionslogistik) Kunden sichern / binden
Vertriebssteuerung
Lagerkonzepte Kunden rückgewinnen (Vertriebsinformations-
CRM Transportkonzepte
Versandinformationssystem
Beschwerdemanagement
über alle Kanäle: persön-
system, Auftragsab-
wicklungssystem,
licher Verkauf; Telefon- Außendienststeuerung,
verkauf, Internet-Verkauf Reporting)

VERTRIEBSKANALPOLITIK
(Vertriebspartnerpolitik - Absatzwegepolitik)
Suchen und Qualifizieren von Vertriebspartnern (z.B. Händler)
Führen von Vertriebspartnern und Controlling der Vertriebswege
Kundendienst,
Koordination der Vertriebskanäle (unter Einbezug von Internet),
Service Folge: Multikanalvertrieb (Multi Channel Marketing)
Spezielle Kanalsteuerung (ECR, Category Management)

Abb.6-4 zeigt die vier Themenfelder der Vertriebspolitik im Zusammenhang. Diese


Teilbereiche des Vertriebs werden in den folgenden Abschnitten näher erläutert. Sie
haben ihre Wurzeln im absatzpolitischen Instrumentarium von Gutenberg.

6.1.4. Das vertriebspolitische Instrumentarium


a.) Traditionelle Absatzmethoden nach Gutenberg
Die Betriebswirtschaftslehre verdankt Gutenberg das erste geschlossene Begriffssys-
tem für die betriebliche Absatztätigkeit. Als Absatzmethode bezeichnete er die
„...mit Aktivität geladene Einflußgewinnung auf die Entwicklung des Absatzvolumens,
das das Unternehmen anstrebt.“ 613

Sein Schema enthält die Elemente (1) Absatzform, (2) Vertriebssystem und (3)
Absatzweg. Es hat auch heute noch eine hohe Praxisbedeutung. Innerhalb der Kern-
elemente nahm Gutenberg klassische Unterteilungen vor: 614
(1) Nach der Art, wie und wo dem Kunden verkauft wird, ist eine Einteilung der
Verkaufsformen in die Eigengestaltung (Residenzprinzip = POS beim Liefe-
ranten, Domizilprinzip = POS beim Kunden, Treffprinzip = POS in neutraler
Umgebung und Distanzprinzip = medialer Verkauf), die Fremdgestaltung (über
Absatzmittler und Absatzhelfer) und die gebundene Gestaltung (Verkaufshol-
ding, Verkaufssyndikat, Kontraktmarketing) sinnvoll.615
612
Ahlert, (Distributionspolitik), 1996, S. 21. Man beachte: Ahlert stellt in der Reihenfolge die Wa-
renverteilung wieder vor die Verkaufstätigkeit. Tatsache ist aber, dass auch die Konsumgüter erst
dann „verteilt“ (distribuiert) werden können, wenn zuvor die Konsumgüterhersteller die entsprechen-
den Verkaufskontrakte mit den Handelsunternehmen geschlossen haben. Gemäß den im 1. Kapitel
dargestellten Marktspielregeln der Konsumgüterindustrie wird ein Produkt also zweimal verkauft,
vom Hersteller an den Handel (Push) und vom Handel an den Konsumenten (Pull), und dazwischen
wird distribuiert.
613
Gutenberg, (Absatz), 1984, S. 8
614
vgl. zur Begriffsgrundlegung: Gutenberg, (Absatz), 1984, S. 123 ff.
615
vgl. zu diesen Begriffen Pepels, (Marketing), 2004, S. 786
6. Kapitel: Die Vertriebspolitik 283

(2) Das Vertriebssystem setzt die Verkaufsform in die Praxis um. Es umfasst die
Entscheidungsfreiheiten und Verantwortungen für die Verkaufstätigkeit in einem
Spannungsfeld zwischen Zentralisation (in eigener Regie verkaufen) und De-
zentralisation (Verkauf auf Partner übertragen):
1. Beim eigenen Vertrieb übernehmen eigene Verkaufsorgane, i.d.R. ein Au-
ßendienst (rechtlich: Reisende) die Kundenbearbeitung. Diese Verkaufsform
hat die größte Durchschlagskraft (qua Weisungsbefugnis), ist jedoch ver-
gleichsweise kostspielig. Auch wirtschaftlich selbständige Tochtergesell-
schaften im Ausland gelten als eigener Vertrieb.
2. Beim gebundenen Vertrieb nehmen rechtlich selbständige Verkaufsorgane
die Kundenarbeit wahr, die jedoch stark an die Weisungen des Herstellers
gebunden sind. Übliche Organe sind z.B. Handelsvertreter, Vertragshändler
mit Lieferantenbindung und Franchise-Systeme. Die gebundenen Vertriebs-
systeme sind flexibel. Der Ressourceneinsatz wird auf externe Ressourcen
abgewälzt. Nachteilig können sich dagegen die geringeren Durchgriffsrech-
te im Vergleich zum Vertrieb mit eigenen Angestellte auswirken.
3. Beim ausgegliederten Vertrieb sind sog. Absatzmittler rechtlich und wirt-
schaftlich unabhängig. Dies gilt für den Großteil der Handelsorganisationen.
Der Hersteller wird dann aber Verkaufsbeauftragte einsetzen, die wiederum
die Fachhandwerk und Fachhandel wie „Kunden“ pflegen und im Rahmen
gewisser Machtspielräume „führen“. Dieses Absatzsystem lebt mit einem
„gesteuerten Konflikt“.
4. Letztlich hat Gutenberg noch den Vertrieb in planwirtschaftlichen Systemen
als erwähnenswertes Vertriebssystem beschrieben (Verteilungssysteme).
Beispiel (3) Der Absatzweg (modern: Vertriebskanal) umfasst die Vertriebsstufen vom Her-
Direktver- steller bis zum Endkunden. Folgende, im Abschnitt 1.1.4. bereits definierte Ab-
trieb Luft-
satzwegearten sind zu unterscheiden (s. noch einmal Abb.1.9.):
hansa: Mit
Call Cen- 1. Der Direktvertrieb durch einen eigenen Außendienst oder über Absatzhel-
tern, Stadt- fer (diese übernehmen kein Eigentum an der Ware!) in den Formen Busi-
büros, Rei- ness-to-Consumer (z.B. Dell-Computer für Privatkunden) oder Business-
semärkten
und Online-
to-Business (Geschäfte mit Firmenkunden mit der speziellen Zielgruppe
Verkauf der Geschäftskunden). Bei beiden Formen ist der Absatzweg in der Hand
sollten bis des Herstellers.
2003 1,25 2. Der indirekte Vertrieb über Absatzmittler (Handel, Handwerk). Diese ü-
Mrd. Euro
erwirtschaf-
bernehmen Eigentum, bzw. verkaufen in eigenem Namen und auf eigene
tet werden. Rechnung, (z.B. Groß- oder Einzelhandel oder Exporteure). Oft läuft der
indirekte Verkauf über mehrere Kanalstufen (typischerweise in drei Stufen
über Groß- und Einzelhandel). Indirekter Vertrieb bedingt i.d.R. Verkauf an
/ über Partner und Marketingaktionen am Point of Sale.

Indirekter
Abb.6-6 Direkter Vertrieb
Vertrieb
direkter indirekter
Abb.6-5 Vertrieb Vertrieb Innendienstverkauf,
Nullstufiger Versandhandel oder
-
BtoBtoC: der Vertrieb E-Commerce der Her-
klassische steller an Endkunden
BtoC, z.B.
Konsum- Konsumgü-
Direktverkauf Außendienstverkauf,
güter- terverkauf Verkauf durch Agenten,
von Flugrei- Vertrieb über Niederlas-
verkauf über Groß- Einstufiger Strukturvertrieb durch
sen sungen oder Tochterge-
und Einzel- Vertrieb Handelsvertreter, Fran-
handel sellschaften an Endkun-
chising
Z.B. Ersatz- den
BtoB, z.B.
Ge- teilverkauf
Key Account
schäfts- über den Verkauf über Großhandel
Management Drei- bzw. zweistufi-
güter- techn. Handel - oder direkt an Handel,
in der Auto- ger Vertrieb
verkauf an Firmen- Handwerk
mobilindustrie
kunden
284 Marktorientierte Unternehmensführung

Wir verwenden anstelle des Begriffs Absatzmethode lieber den heute gängigen Be-
griff Vertrieb. Und wir sehen die Verkaufsform als Merkmal des Vertriebssystems.
Damit sind die wesentlichen Strukturelemente des Vertriebs im Sinne von Gutenberg
umrissen. Im folgenden werden Aktualisierungen bzw. praxisrelevante Erweiterun-
gen des klassischen Schemas vorgenommen.616

b.) Praxisrelevante Differenzierungen des Vertriebssystems


Abb.1-9 hatte die grundsätzlichen Unterscheidungen zwischen dem direkten (BtoC,
BtoB) und dem indirekten Vertrieb herausgearbeitet. Abb.6-5 kommt hierauf zurück,
und Abb. 6-6 kombiniert die Formen des direkten und indirekten Vertriebs mit dem
null-, ein- und mehrstufigen Vertrieb. In der Konsumgüterindustrie dominiert der
indirekte Vertrieb über den Handel, in den technischen Märkten mit beratungsinten-
siven Produkten der direkte Vertrieb durch Außendienstmitarbeiter; evtl. in Zusam-
menarbeit mit Handelsvertretern oder mit Organisationen des technischen Handels.

6.2. Strategische Stoßrichtungen


Typische Zielsetzungen und Ansatzpunkte für Vertriebsstrategien sind:
⌦ Umsatzausweitung durch Neukundengewinnung und/oder durch verstärkte Po-
tenzialausschöpfungen im vorhandenen Kundenstamm,
⌦ dabei gezielter Angriff auf Schlüsselkunden der Konkurrenz bzw. Abwehr von
Kampfangeboten des Wettbewerbs bei eigenen wichtigen Kunden,
⌦ verstärkte Stammkundenpflege; dabei besondere Betreuung für sog. Schlüssel-
kunden (Key Accounts), kostenbedingter Kundenabbau, z.B. durch Übertragung
von „unrentablen“ Kleinkunden an Handelspartner,
⌦ strukturelle Stärkung des Kundenstammes durch Kundenumschichtungen, insbe-
sondere auch durch einen verstärkten Ausbau von Lieferanteilen bei mittelgros-
sen Kunden,617
⌦ strategischer Ausbau der Verkaufsorganisation, Gründung von Vertriebsnieder-
lassungen oder Vertriebsgesellschaften im In- und Ausland, Verstärkung von In-
nendienst, Außendienst, Key Account Management oder Kundendienst,
⌦ Erhöhung der Effizienz im Verkauf; z.B. durch verbesserte Besuchsplanung,
⌦ Erhöhung der Schlagkraft im Markt durch innovative Verkaufsformen des verti-
kalen Marketing, z.B. durch Aufbau von Franchise-Systemen,
⌦ Ausbau, Umschichtungen oder Rückführungen des Vertriebspartnernetzes; Ge-
winnung neuer, leistungsfähiger Handelsvertreter oder Händler, Aussortieren
leistungsschwacher Handelspartner,
⌦ Verstärkung von Kundennähe, Kundenzufriedenheit und Kundenbindung durch
vertriebsunterstützende Marketingmaßnahmen,
⌦ dazu Stärkung von Lieferservice und Liefertermintreue, in Zusammenarbeit mit
Materialwirtschaft, Lager- und Transportwesen und Fertigung,
⌦ Entlastung der Verkaufsarbeit des eigenen Außendienstes und / oder von Han-
delspartnern durch neue Medien (Internet, E-Commerce) oder durch den Einsatz
von Call-Centern,
⌦ Stärkung von Kunden- und Kostenorientierung durch eine computergestützte
Steuerung aller Kundenprozesse (CRM, CAS),
⌦ Outsourcing der Verkaufsmannschaft als extremer Fall eines Ausstiegs aus einer
eigengesteuerten Marktbearbeitung.

616
"da nicht ganz überschneidungsfrei", wie Pepels bemerkt: vgl. Pepels, (Marketing), 2004, S. 783
617
vgl. Winkelmann, (Kundenportfolios), in: acquisa, 7/1997, S. 58-62
6. Kapitel: Die Vertriebspolitik 285

Diese Verkaufsstrategien werden durch aktuelle Trends beeinflusst:


(1) Die Entwicklung zum weltweiten Vertrieb (Global Selling) ist für die Großin-
dustrie abgeschlossen. Die europäische Marktöffnung zwingt nun aber auch klei-
ne und mittlere Unternehmen zum internationalen Wettbewerb.
(2) Vor dramatischen Umwälzungen stehen die Verkaufsorganisationen von Indus-
trie und Handel durch die Neuen Medien. Das Internet führt mit neuen Markt-
spielregeln Hersteller und Endkunden zusammen (vgl. noch einmal Abb.1-44).
Konsequenzen ergeben sich auf zwei Ebenen:
• Im Internet werden zukünftig vor allem standardisierte Erzeugnisse (MRO-
Teile: Maintenance, Repair, Operations) vertrieben. Expertenmeinungen zu-
folge müssten weniger Vertriebsingenieure als vielmehr Betriebswirte um
Verkaufsarbeitsplätze fürchten.618 Neuer Personalbedarf im Verkauf ist
durch Verknüpfungen von Außendienststeuerung und E-Commerce zu er-
warten. Dennoch sind insgesamt Ausdünnungen der Verkaufsorganisationen
(Lean-Selling) zu erwarten.619 In jedem Fall aber geht der Trend hin zu
mehr Beratungsqualität im Vertrieb und zu Wertschöpfungspartnerschaften.
• Die Zusammenarbeit der Markenartikelhersteller mit dem Handel wird eine
neue strategische Dimension erhalten. Auf der einen Seite werden Unter-
nehmen wie Dell konsequent auf Direktvertrieb setzen und den Handel aus-
schalten.620 Großunternehmen wie Nestlé geben offen zu, direkte Online-
Wege zum Konsumenten nutzen zu wollen.621 Auf der anderen Seite steht
z.B. das Karstadt-Konzept, bei dem der Handel selbst in die Initiative geht
und Lieferanten in seine virtuellen Kaufwelten einbindet.622 Weitere Aus-
führungen zu den Neuen Medien folgen in Abschnitt 6.3.1.c.
Der neue (3) Anhaltende Unternehmenskonzentrationen in allen Marktbereichen und auf allen
Verkäufer: Stufen unserer Wirtschaft drängen die Verkaufsstrategien und -organisationen
Vom Um- weiter in Richtung Schlüsselkundenbetreuung (KAM = Key Account Manage-
satzjäger
zum Markt- ment).623 Kundenbetreuung wird immer komplexer und anspruchsvoller. Der
manager. Vertrieb muss hinsichtlich Qualität der Mitarbeiter, Flexibilität von Entschei-
(Eine Devise dungsstrukturen und Niveau der Instrumente mithalten. „Die weichen Faktoren,
des VDI) wie Service oder Image schlagen die harten.“624 Hier bestehen besonders gute
Berufschancen für gut ausgebildete Hochschulabsolventen aus dem Studien-
schwerpunkt Marketing und Vertrieb oder für Wirtschaftsingenieure. Der
„hemdsärmelige Verkaufsfürst“ wird durch den akademisch geschulten, konzep-
tionell denkenden und wirtschaftlich rechnenden Vertriebsmitarbeiter ersetzt.
(4) Das richtige Timing von Verkaufsaktionen (Time to Market) wird angesichts
kürzerer Produktlebenszyklen weiter an Bedeutung gewinnen.625 Schnelligkeit
und Effizienz werden zu strategischen Erfolgsgrößen im Verkauf. Oft schlägt der
Schnellere den Besseren.
(5) Konnten es sich Vertriebler früher leisten, einseitig auf ihre Persönlichkeit und
Erfahrung zu setzen und ihren eigenen Stil zu prägen (Vertriebskünstler), so wer-

618
vgl. o.V., (Konkurrenz Internet), in: ASW, 6/1998, S. 108
619
vgl. Bußmann, (Lean Selling), 1995
620
vgl. z.B. die Hinweise in Boldt, (Maßstab), in: MM, 4/1998, S. 140; www.dell.de
621
„Die Firma Nestlé bekennt sich ausdrücklich dazu, auch am Handel vorbei, mit dem Endverbrau-
cher in Kontakt zu treten. Der Handel wird seine Leistungen neu positionieren müssen.“ Zitat des
Vorstandsmitglieds der Nestlé AG, in: Hallensleben, (Markenvertrieb), in: ASW, 10/1997, S. 179-
184
622
vgl. Hallensleben, (Markenvertrieb), in: ASW, Sondernummer Oktober 1997, S. 180 und
www.karstadt.de
623
vgl. zum Key Account Management das Grundlagenwerk von Senn, (Key Account Management),
1997 sowie Sidow, (KAM), 2000
624
Haucke, (Strategischer Verkauf), in: ASW, 4/1998, S. 31
625
vgl. Haucke, (Strategischer Verkauf), in: ASW, 4/1998, S. 30
286 Marktorientierte Unternehmensführung

den sie zukünftig stärker den Regeln der unternehmerischen Imagepolitik (der
CI-Strategie) und der Teamkultur in Projekten zu folgen haben.
(6) Ebenso deutet sich eine zunehmende Vernetzung von aktivem Verkauf mit Di-
rektmarketing, Call-Center und Hotline-Marketing an.
(7) Viele der aktuellen Strömungen im Vertrieb lassen sich auf einen kurzen Nenner
bringen, der die Themen der bedeutenden Messen und Konferenzen der letzten
Jahre (ceBIT, CRM-expo, CRM-World, systems, VIT des VDI) dominiert: Der
Vertrieb auf Zuruf, mit Zettelwirtschaft oder mit Formularen wird abgelöst durch
eine Vertriebsführung mit System. Kundenmanagement mit modernen
CRM/CAS-Systemen ist angesagt (vgl. Abschnitt 6.3.3.).626
Neben diesen strategischen Trends kommt es zu Neuorientierungen auf operativer
Ebene. Diese werden im folgenden, im Rahmen des Vertriebssystems, beschrieben.

6.3. Gestaltung des Vertriebssystems


6.3.1. Festlegung der Verkaufsform
a.) Persönlicher Verkauf (Face to Face)
„Die Zukunft Nach der Art des Kontaktes mit dem Kunden und nach dem Medieneinsatz können
gehört der die Verkaufsformen nach Abb.6-7 unterschieden werden. Der persönliche Verkauf
vertriebsori-
entierten gilt als Karrierepfad für Vertriebsführungskräfte. Erst der zwischenmenschliche Kon-
Bank mit takt von Verkäufer und Kunde bietet durch die Face-to-Face-Situation und durch den
Verkaufs- Austausch menschlicher Schwingungen (die sog. „Chemie“) eine Chance zum Auf-
profis im bau und zur Pflege von Beziehungen. Das gilt besonders für den Verkauf erklärungs-
Außendienst,
die auch bedürftiger Produkte, wo der Kunde eine Gesprächsperson seines Vertrauens sucht.
nach Feier- Ein Relationship-Marketing tritt an die Stelle des verkäufermarktgeprägten Trans-
abend gerne aktionsmarketing (s. weiter hinten Abb. 6.51). Je nach Ort des Verkaufsgesprächs
den Kunden
mit dem Kunden (je nach Point of Sale, POS) sind drei Grundformen des persönli-
zu Haus
beraten."627 chen Verkaufens zu unterscheiden:
(1) Beim stationären Verkauf ist der Verkäufer an einen POS gebunden (Residenz-
prinzip). Dies ist die klassische Form des Laden- (Handel) und des Schalterhal-
lenverkaufs (Banken). Beraten und verkauft wird in eigenen Verkaufsräumen.
Daher sind attraktive Verkaufsräume wichtig, um Kunden anzuziehen. Die Kun-
denbetreuer der Banken lösen sich derzeit vom festen Standort Schalterhalle und
suchen den Weg zum Kunden.
Abb.6-7
TYPOLOGIE DER VERKAUFSFORMEN

persönlicher Verkauf distanzpersönlicher = unpersönlicher =


(Face-to-Face ) mediengestützter Verkauf mediengeführter Verkauf
(Voice-to-Voice )
- Besuchsverkauf
- Haustürverkauf - Telefonverkauf - Katalogverkauf
- Ladenverkauf - Videokonferenzverkauf - E-Commerce
- Schauraumverkauf - M-Commerce (Handy,PDA)
- Schalterhallenverkauf - Internet-Auktionsverkauf
- Messeverkauf - Internet-Marktplatzverkauf
- Aktions-/Promotionverkauf - TV-Shopping
- Event-/Partyverkauf - Automatenverkauf
- Marktverkauf - Couponverkauf
- Strukturvertriebsverkauf

626
vgl. zu den damit verbundenen Umwälzungen im klassischen Vertrieb: Winkelmann, (Vertriebs-
konzeption), 2005, S. 196-269; Winkelmann, (Umdenken), in: CRM-Report 2001, S. 36-40
627
Kundenbrief der Iltis GmbH, Nr. 3, 6/1998, S. 4
6. Kapitel: Die Vertriebspolitik 287

(2) Wechselnde POS kennzeichnen den nicht-stationären Verkauf (Domizilprin-


zip). Außendienstmitarbeiter und deren Vorgesetzte (Verkaufsleiter) besuchen
ihre Kunden (Besuchsverkauf oder Außendienstverkauf) oder treffen sich mit
ihnen in Hotels oder Restaurants, auf Messen, auf neutralen Plätzen oder auch,
z.B. in Verbindung mit Betriebsbesichtigungen oder Produktpräsentationen, in
der eigenen Zentrale. Eine besondere Form ist der Strukturvertrieb (Multi-
Level-Marketing), bei dem der Verkäufer seine Kunden im engeren Kreis von
Freunden und Bekannten findet (Schneeball-Prinzip).
(3) Wechselnde stationäre Standorte kennzeichnen den Messe- oder Marktverkauf,
den Aktionsverkauf (z.B. vor Kaufhäusern) oder den Partyverkauf (Treffprin-
zip). Hierzu gehören auch Verkaufsfahrten mit Sonderangeboten.

b.) Mediengestützter Verkauf (Voice to Voice)


Auch beim mediengestützten oder semipersönlichen Verkauf befinden sich Käufer
und Verkäufer in einem interaktiven Dialog, allerdings nicht von Angesicht zu An-
gesicht. Man ist online über ein Medium verbunden.
Karstadt- (1) Von überragender Wichtigkeit ist hier der Telefonverkauf. Call-Center ergänzen
Quelle AG oder ersetzen den Außendiensteinsatz, so lautet die Schlagrichtung. Ohne kost-
generiert die
Hälfte des
spielige Außendienstreise wird ein Frage-Antwort-Dialog mit dem Kunden er-
Geschäftes möglicht. Das Direktmarketing hat diese Verkaufsform insbesondere zur Anspra-
am Telefon. che von Interessenten perfektioniert, um deren Potenzial und Kaufinteresse abzu-
klären und ggf. Besuchstermine für den Außendienst zu vereinbaren.
(2) Von wachsender Bedeutung sind Kundenkontakte und Verkaufsverhandlungen
über Videolinse oder Web-Cam (Videokonferenzen). Es kommt dann zum Tele-
fonverkauf mit Bildübertragung. Wenn auch Mimik und Kinsetik im Gegensatz
zum Telefonverkauf das Verkaufsgespräch mit beeinflussen, so fehlt doch die
persönliche Nähe (das Face-to-Face-Feeling). Dennoch wird mit zunehmender
Technisierung das Videogespräch weiter vordringen und insbesondere bei etab-
lierten Kundenkontakten einen Großteil der Kundenbesuche erübrigen. Mit ca.
500 Euro Anschaffungskosten pro Anschluss ist die Videokommunikation per PC
bereits heute erschwinglich. Im Konsumentenbereich wird es vorerst noch Zufall
sein, wenn ein Kunde über eine Web-Cam verfügt. Bei Geschäftskunden wird es
nicht mehr lange dauern, bis Key Account Beziehungen durch Videokonferenzen
gepflegt werden. Routinebesuche erübrigen sich. Erhebliche Kosteneinsparungen
sind möglich.

c.) Mediengeführter Verkauf (Unpersönlicher Verkauf)


Beim unpersönlichen Verkauf laufen die Kundenkontakte ausschließlich über Me-
dien.
• Die dominierende Verkaufsform ist der Versandhandel mit schriftlichen, tele-
fonischen und Internet-getragenen Kontakten zwischen Kundenbetreuer und
Kunden. Der klassische Versandhandel beläuft sich in Deutschland ca. auf 2,5
Mrd. Euro Umsatz. Unterschieden werden Großversender (Quelle, Otto-
Versand, Neckermann) und Spezialversender (z.B. Heine, Hach, Viking, Conrad
u.a.). Abb.6-87 listet die größten Versandunternehmen auf.
• Der moderne Vertrieb ist ohne Internet-Verkaufskanal schon nicht mehr vor-
stellbar. Conrad liefert ein gutes Beispiel für das unaufhaltsame Vordringen von
E-Commerce auf den Versandmärkten.628 Durch die Fortschritte bei Hardware
und Software und die zunehmende Computerisierung der Haushalte bereitet es
heute kein Problem mehr, Verbraucher optimal mit Produktinformationen zu

628
vgl. www.conrad.de
288 Marktorientierte Unternehmensführung

Der Pionier versorgen, Auftragsentgegennahme und auch -abwicklung über EDV-Systeme


im Tele- zu steuern und vor allem für ausreichend Sicherheit bei der Zahlungsabwicklung
shopping:
OTTO in
im Internet zu sorgen. Kleidung, Bücher, Elektronik, Hardware, CD´s, Compu-
Kooperation ter und Software, Reisen und Büromaterial verzeichnen die höchsten Internet-
mit Sat. 1. Umsätze. Die stärksten Wachstumssprünge für E-Commerce sind in den BtoB-
Die Nr. 1: Märkten zu erwarten. Das Kaufen (M-Commerce) und Verkaufen im Web
QVC
Deutschland
(E-Commerce) mit den speziellen Handelsformen der Internet-Auktionen und
mit 629,4 -Marktplätze wird eingehend in Abschnitt 6.5. beschrieben.
Mio. Euro in • Für Teleshopping werden 1,6 Mrd. Euro Umsatz bis 2010 erwartet. Marktführer
2005. sind QVC und Home-Order-TV (H.O.T). Die Zukunft heißt Triple-Play mit ei-
Prognose für ner Vernetzung von TV, Internet und Telefonie durch V-DSL.
Triple-Play: • Der Verkauf über Automaten ist nur für Convenience-Goods (Zigaretten, Süß-
3 Mio. waren) oder für Zeitdruck-Käufe (Blumen, Spirituosen, Fahrkarten, Benzin) ge-
Haushalte
und 7 Mrd. eignet. Der Verkauf erfolgt durch Innenautomaten, Außenautomaten oder in Au-
Euro Umsatz tomatenläden mit vollständiger Selbstbedienung.
in Deutsch-
land bis
Zusammengefasst hängt die Verkaufsform stark vom Produkt und den Marktbedin-
2010.
gungen ab. Sie prägt die Vertriebsorganisation. Godefroid verbindet bestimmte Gü-
terarten (Geschäftsarten) mit geeigneten Verkaufsformen.629 Abb.6-8 zeigt sein
Schema. Generell gilt: Der persönliche Verkauf ist umso bedeutsamer,
• je erklärungsbedürftiger ein Produkt ist,
• je langwieriger ein Kaufprozess abläuft,
• je riskanter der Kauf vom Kunden empfunden wird,
• je teurer ein Produkt ist,
• je stärker der Dienstleistungscharakter eines Produktes ist.
Abb.6-8
GESCHÄFTSARTEN UND VERKAUFSFORMEN
Automaten
(in Anlehnung an Godefroid) E-Commerce
Telefonverkauf Versandhandel
Persönlicher Verkauf / Außendienst-Verkauf Ladenverkauf

sehr groß convenience


anonym goods
Anzahl der Kunden

groß
Produkt- hochwertige
überschau- geschäft Gebrauchsgüter
bar Syst em- z.B. Immobilien-
geschäft Ersatz- geschäft
klein
Anlagen- teil-
sehr geschäft geschäft
klein

komplexes mittleres einfaches komplexes mittleres einfaches


Beschaffungsverhalten: Industriegeschäft Einkaufsverhalten: Konsumgeschäft

Leben mit
einer Pin-
d.) Multiverkaufsformen und Multi Channel Marketing
Nummer: Früher wurden den Verkaufsformen Vertriebswege zugewiesen, die dann unabhängig
Die Symbo- voneinander operieren. Doch der Markterfolg in der Praxis hängt von der Kombination
lik dafür,
dass ein der Verkaufsformen und von deren Bündelung zu Multikanalsystemen ab. Verkaufsfor-
Kunde im men und Vertriebsorganisationen fließen ineinander. Dabei wird zukünftig die folgende
Rahmen des Unterscheidung von zunehmender Bedeutung sein:
Multi Chan- (1) Contents sind die Inhalte typischer Verkaufsvorgänge, z.B. Kundenanfrage,
nel Marke-
ting wie aus
Preisabgabe, Angebotserstellung, Kundenbeschwerde, o.ä.,
einer Hand (2) Styles sind die sichtbaren Präsentationen von Contents abgestimmt auf den Ver-
betreut wird. triebskanal. Ein Angebot sieht als Brief oder als E-Mail unterschiedlich aus.

629
in Anlehnung an eine Grafik von Godefroid, (BtoB), 2003, S. 37
6. Kapitel: Die Vertriebspolitik 289

Abb.6-9

Multi-Channel Marketing

Portal - Marktplatz

CRM Kundendienst-
Integration

Virtuelles Customer-
Care-Center

Call-Center Anbindung
E-Commerce
Online-Kanal

Außendienstbesuche
Marketing-Kampagnen

Innendienstbetreuung

Händleranbindung

Abb.6-9 zeigt eine Abfolge von Verkaufsformen und Kanälen nach einem Grad der
Komplexität; ausgehend von der fundamentalen Innendienstbetreuung bis hin zu inter-
net-gestützten Mehrkanalvertriebssystemen. Die einzelnen Bausteine der Kette werden
in den folgenden Abschnitten behandelt.

6.3.2. Aufbau der Vertriebsorganisation


a.) Berufsfelder und Rollen im Vertrieb
Unserer Schätzung nach gibt es in Deutschland bis zu 350.000 Vertriebsorganisatio-
nen. In größeren Unternehmen sind Tausende oder Hunderte von Mitarbeitern in
Außen- und Innendienst nicht selten über große Entfernungen hinweg zu organisie-
ren. Der Siemens-Konzern meldet mehr als 60.000 „Vertriebler“, Vorwerk über
30.000. Für die MLP betreuen 2.500 Berater von 300 Geschäftsstellen aus 620.000
Kunden. Würth steuerte 2006 27.488 Außendienstler. Das sind herausfordernde ver-
triebliche Größenordnungen. Aber schon beim Aufbau einer kleineren bzw. mittel-
ständischen Vertriebsorganisation gilt es, eine Reihe von Fragen zu klären:
(1) Welche Funktionen müssen vom Vertrieb, passend zu Angebotsprogramm und
Verkaufsform, bei den Verkaufstätigkeiten erfüllt werden?
(2) Welche Stellen sollen zur Erfüllung dieser Funktionen in welchen Personalstär-
ken besetzt werden, und welche Kompetenzen und Verantwortungen sind den
Mitarbeitern zuzuweisen (Stellenbeschreibungen)?
(3) Wie werden die Mitarbeiter vergütet (fix und variabel)?
(4) Wie wird die Verkaufsabteilung in die Unternehmensorganisation verankert (s. 2.
Kapitel)? Welche Über- und Unterordnungsbeziehungen sollen im Verkaufsbe-
Abb.6-10 GESCHÄTZTE ZAHL DER DEUTSCHEN VERTRIEBSORGANISATIONEN

geschätzte Anzahl
Beschäftigte Vertriebsorganisationen
große Konzerne 500
500 dto. über 500 10 x 500 = 5.000
Großunternehmen 2.500
4.500 über 500 5 x 4.500 = 22.500
großer Mittelstand 12.500 200 bis 499 2 x 12.500 = 25.000
mittlere Mittelbetriebe 20.000 100 bis 199 20.000
kleinere Mittelbetriebe 45.000 50 bis 99 45.000
größere Kleinbetriebe 50.000
120.000 20 bis 49 120.000
kleine Kleinbetriebe 250.000
200.000 10 bis 19 50% = 100.000
Einzelfirmen, Kleingewerbe 2.500.000
1.700.000 bis 9 0
30.000.000 Summe 337.500
(Quelle: ausgehend von den BA Zahlen Stand 2001)
290 Marktorientierte Unternehmensführung

reich herrschen? Wie sind die Schnittstellen zu anderen Ressorts (z.B. zu Produk-
tion, Lager, Fuhrpark) zu gestalten?
(5) Wie sollen Verkaufsgebiete (VKB), Kunden und / oder Produkte mit den ent-
sprechenden Umsatzverantwortungen den Außendienstmitarbeitern zugeordnet
werden?
(6) Wie sollen die Verkaufsprozesse ablaufen? Welche Ressourcen und Werkzeuge
(Tools) werden den Mitarbeitern zur Verfügung gestellt?

Nicht alle Fragen können in diesem Grundlagenbuch behandelt werden. Auf ein ver-
tiefendes Buch wird daher verwiesen.630 Abb. 6-11 gibt einen Überblick über die
Hauptaufgaben der operativen Funktionsbereiche Außendienst, Innendienst, Key
Account Management (KAM) und Verkaufsleitung. Welche Arbeitsschwerpunkte
und Trends sind für Verkaufsmitarbeiter wichtig?

Außendienstmitarbeiter - Frontoffice
In der Kun- Die Zeit des „Klinkenputzens“ ist passé. Junge BetriebswirtInnen erobern den Ver-
denbetreu-
ung gibt es trieb.631 Der „Verkaufsbückling“ oder das „Drückergeschäft“ an der Haustür (der
feine Gradu- traditionelle ambulante Handel) spielen nur noch in Randbranchen eine Rolle. Das
ierungen. gilt insbesondere auch für das „Heer“ der Vertriebsingenieure, die sich dem bera-
Siemens ICN
kennt z.B.
tenden Verkauf und dem Verkauf von technischem Fortschritt verschrieben haben.
drei Arten Von den rund 900.000 Ingenieuren in Deutschland arbeiten nach Schätzung des VDI
von Kun- ca. 40 Prozent in kundennahen Bereichen. Weit über 100.000 stehen als Vertriebsin-
denbetreu- genieure in direkter Verkaufsverantwortung.632
ern: die
normalen
VBs (Gene- Verlangt werden heute vom Außendienstler
ralisten), die (1) Involvement, d.h. unbedingter Einsatzwille und Freude an Verantwortung,
Solution (2) die Fähigkeit, Umsatz- und Ergebnisziele mit den Bedürfnissen der Kunden in
Manager
(Spezialisten Einklang zu bringen,
mit Ver- (3) von Nicht-Technikern das Interesse, sich die technischen (oder die naturwissen-
triebsauf-
trag) und die
Consul- HAUPTZIELE UND -AUFGABEN DER MITARBEITER IM VERKAUF
tants. Außendienst: Umsatzzielerreichung Key Account Manager: Umsatz-/Projektzielerreichung

1. Interessentensuche und Potenzialklärung 1. Schlüsselkundengewinnung und -sicherung


Abb.6-11 2. Kundenqualifizierung 2. Kontraktmanagement, Konditionenverhandlungen
3. Neukundengewinnung 3. Projektabwicklung mit Kunden
4. Stammkundensicherung 4. Prozessoptimierung mit Kunden
5. Konditionenverhandlungen 5. Marktforschung mit Kunden
6. Marktforschung beim Kunden 6. Firmen- und Produktpräsentationen
7. Produktvorstellungen 7. Abwicklung Beanstandungen
8. Abwicklung Beanstandungen mit Innendienst 8. Abstimmung mit Flächenvertrieb
9. Mitarbeit an strategischer u. operativer Planung 9. Mitarbeit an strategischer u. operativer Planung
10. Mitarbeit an Verkaufsförderung, Messen 10. Mitarbeit an Verkaufsförderung, Messen

Innendienst: Effizienzzielerreichung Vertriebsleitung: Umsatz-und Ergebniszielerreichung

1. Unterstützung Außendienst, Bedarfsklärungen 1. Führung der Verkaufsmitarbeiter


2. Eigenverantwortliche Kleinkundenbetreuung 2. Förderung der Verkaufsmitarbeiter
3. Telefonische und schriftliche Kundenbetreuung 3. Richtlinien für die Kundenbetreuung
4. Auftragsabwicklung 4. Erarbeitung Akquisitionsstrategie
5. Fakturierung 5. Festlegung Konditionenpolitik
6. Beschwerdebearbeitung 6. Verhandlungen mit Schlüsselkunden
7. Abstimmung mit Logistik 7. Steuerung Vertriebspartner
8. Unterstützung für Vertriebspartner 8. Festlegung Berichtswesen
9. Mitarbeit an Mailingaktionen, Telefonmarketing 9. Erarbeitung strategische und operative Planung
10. Mitarbeit an Verkaufsförderung, Messen 10. Abstimmung mit anderen betrieblichen Bereichen

630
Zu den Themen Vertriebsorganisation und Personaleinsatz im Vertrieb vgl. Winkelmann, (Ver-
triebskonzeption), 2005, S. 38-78
631
vgl. Winkelmann, (Durchbruch), in: ASW, 3/1998, S. 72
632
vgl. Müller, (Technischer Vertrieb), in: ASW, 3/2005, S. 100-102
6. Kapitel: Die Vertriebspolitik 291

In USA wird schaftlichen) Grundkenntnisse über das Verkaufsprogramm anzueignen,633


hinsichtlich (4) Überzeugungskraft beim Präsentieren von Produkten und beim Darstellen von
Verläuferei-
genschaften
Produktvorteilen (auch: Präsentationstechnik),
oft unter- (5) die Qualifikation, auch international arbeiten zu können (mindestens Fremdspra-
schieden: che Englisch),
Hunters (6) konzeptionelle Fähigkeiten, d.h. qualifizierte Mitarbeit am Berichtswesen, an den
jagen neue
Kunden,
Soll-/Ist-Analysen von Vertriebsplanung und Vertriebscontrolling. Erforderlich
Farmers sind auch gute Kenntnisse in der Methodik der strategischen Planung.
haben ihre (7) Wissen und Kenntnisse im Umgang mit den modernen Kommunikationsmitteln,
Stärken eher insbesondere mit dem Laptop, mit dem Datenaustausch mit der Zentrale und mit
in der
Stammkun- computergestützter Vertriebssteuerung
denpflege. (8) und schließlich die menschlichen Fähigkeiten (Sozialkompetenz), in flachen
Hierarchien und in ambitionierten Marketing- und Vertriebsteams wie auch in
ressortübergreifenden Projektgruppen mitzuarbeiten.

Abb.6-12 ROLLEN UND ORGANISATORISCHE Im Mittelpunkt der Außendiensttätigkeit steht


ERFOLGSFAKTOREN FÜR DEN AUSSENDIENST selbstredend der Kunde. Um diesen zufrieden zu
stellen oder gar zu „begeistern“, sind die Rollen
Partner- des Verkäufers zu definieren. Nach Abb.6-12
Funktion wird der Außendienstmitarbeiter zum Partner,
Problem-
Koordinator- Problemlöser und zum Koordinator zwischen
Die ameri- löser-
Funktion
Funktion Kunde und Unternehmen.634 Als Partner
kanischen sucht er die für beide Seiten beste Lösung (Win-
Fachbegriffe
lauten: Win-Lösung), fördert den Markterfolg des Kun-
(1) business Erfolgsvoraussetzungen für Mitarbeiter:
den und bezieht den Kunden in die eigenen ge-
consultant, - klare Aufgabenstellung schäftspolitischen Überlegungen mit ein. Als
(2) long
term ally
- sichere Einbindung in die Organisation
- Kongruenz von Kompetenz und Verantw ortung
Problemlöser ermittelt er den Kundenbedarf,
(3) business - angemessene Ausstattung und Budgets kennt die Marktverhältnisse des Kunden und
orchestrator - Persönlichkeitsstärken / Sozialkompetenz optimiert das eigene Leistungsangebot im Hin-
blick auf den Kundennutzen. Als Koordinator
ist er der Ansprechpartner des Kunden und dessen Sprachrohr bei innerbetrieblichen
Belangen von Produktmanagement, Lieferservice und Produktentwicklung. Diese
Ausrichtungen bringen dem Außendienstmitarbeiter heute mehr Entscheidungs- aber
auch Verantwortungsspielräume. Man spricht von Empowerment.635

Seine Betreuungs- und Beratungsleistungen kann ein Verkäufer nach Abb.6-13 im


Rahmen von zahlreichen Formen des Verkaufens erbringen. Immer stärker wünschen
die Unternehmen (z.B. im IT-Bereich) Projektbetreuer als eine besondere Kombi-
nation von Außendienstmitarbeiter, Beratungs- und Dienstleistungsverkäufer. Diese
haben dafür zu sorgen, dass Organisationsprojekte (z.B. CRM-Einführungen) sach-
lich und zeitlich korrekt ablaufen und die Anwender dabei ein Höchstmaß an Betreu-
ung erfahren. In diesen Tätigkeitsfeldern bestehen besonders gute Berufschancen für
Hochschulabsolventen mit Studienschwerpunkt Marketing und Vertrieb.

Den Erfolg eines Außendienstlers aber nur von dessen Fähigkeiten, von seinem
Einsatzwillen und von seiner Persönlichkeit abhängig zu machen, wird nicht funktio-
nieren. Nach Abb.6-12 müssen das Management und die Verkaufsorganisation för-

633
Man geht heute davon aus, dass ein Außendienstmitarbeiter 60% aller Kundenfragen beantworten
sollte (FAQ: frequently asked Questions).
634
vgl. Esser; Steven, (Kunden-Beziehungsmanagement), in: ASW, Sondernummer Oktober 1996, S.
200, die allerdings in der Grafik (Quelle: TMT Europe) von einer Berater- statt Problemlöserfunktion
sprechen.
635
Vgl. Rentzsch, (Erfolgsfaktoren), 1995, S. 113
292 Marktorientierte Unternehmensführung

Abb.6-13
10 FORMEN DES PERSÖNLICHEN VERKAUFS

Außendienstverkäufer Angestellter (Reisender) mit Besuchstätigkeit


Haustürverkäufer Variante des Besuchsverkaufs in BtoC (z.B. Vorwerk)
Strukturvertriebsverkäufer verkauft im Rahmen von Netzwerken (Multi-Level-Marketing)
Innen(dienst)verkäufer bedient die Kundschaft vom Schreibtisch aus
Call-Center-Verkäufer verkauft am Telefon
Ladenverkäufer wird im stationären Ladengeschäft oder Schauraum tätig
Beratungsverkäufer Beratung, Problemlösungen im Fokus (z.B. Pharmareferent)
Aktionsverkäufer verkauft an wechselnden Standorten (z.B. Messeverkauf)
Auslieferungsverkäufer übernimmt auch Distributionsaufgaben: Bofrost, Eismann
Dienstleistungsverkäufer verkauft seine Arbeitsleistung

dernde Voraussetzungen für eine erfolgreiche Arbeit im Verkauf schaffen. Einen


rechtlichen Schutz genießt der angestellte Außendienstmitarbeiter wegen seiner be-
sonderen Verantwortung und seiner besonderen Handlungsrisiken im Rahmen der
§§55 ff. HGB. Er gilt als Reisender und kann mit Abschlussvollmacht (i.V.: Ab-
schlussreisender) sein Unternehmen rechtlich vertreten und Geschäfte abschließen.636
Neben (meist) außertariflichem Gehalt und überdurchschnittlichen Sozialleistungen
haben Außendienstler i.d.R. Anspruch auf Provision und Prämie und profitieren von
großzügigen Dienstwagen- und Spesenregelungen im Rahmen der steuerlich gelten-
den Vorschriften. Die juristische Formulierung des Reisenden ist antiquiert und spielt
in der Praxis keine Rolle.

Key Account Manager (Schlüsselkundenbetreuer)


Die dargestellten Verkaufsaufgaben gelten im Prinzip auch für die Schlüsselkun-
denbetreuer (Großkundenbetreuer).
„Fast immer lassen sich „wichtige“ und „weniger wichtige“ Kunden identifizieren.
Bei den besonders wichtigen Kunden handelt es sich in der Regel um jene, die zu ver-
lieren sich die Unternehmung einfach nicht leisten kann. Denn von ihnen hängt der
Unternehmungserfolg weitgehend ab. Die Praxis bezeichnet diese Kunden üblicher-
weise als Schlüsselkunden oder Key Accounts.“637

Bei einem Der Außendienst muss mit der zunehmenden Akademisierung der Einkaufsstäbe von
bedeutenden großen Handelsgruppen und Industriekunden Schritt halten. Das erfordert noch mehr
Industrieun-
ternehmen
Markt- und Problemlösungskompetenz für die Kundenbetreuung. Die Idee eines ge-
wie der Festo meinsamen Markterfolgs von Lieferant und Schlüsselkunde ist im KAM-Bereich viel
AG betreuen stärker ausgeprägt als im Flächenvertrieb. Folgerichtig werden den Key Accountern
10 Key Ac- besondere Kenntnisse und Erfahrungen abverlangt, um in ressort- und firmenüber-
count Mana-
ger je 2 bis 3 greifenden Projekt-Teams
Schlüssel- (1) mit dem Großkunden gemeinsam neue Produkte zu entwickeln,638
kunden. (2) mit dem Großkunden gemeinsam Prozesse zu optimieren; um schneller zu wer-
den (z.B. bei der Auftragsabwicklung) und Kostensenkungen zu realisieren.

Wegweisend für diesen Trend zu einer verstärkten Zusammenarbeit zwischen Liefe-


rant und Kunde war die Automobilindustrie mit veränderten Beschaffungsstrategien.
Aufgrund der hohen Anforderungen liegen Key Account Manager üblicherweise
gehaltlich im AT-Bereich. Weitere Ausführungen erfolgen im Abschnitt 6.4.10.a.
636
Der Reisende ist aufgrund seines Dienstvertrages damit beauftragt, für seinen Dienstherrn ständig
Geschäfte zu vermitteln (ohne Vollmacht) oder abzuschließen (mit Vollmacht); HGB § 55. Mit Ab-
schlussvollmacht ist eine Bestätigung durch den Vertretenen nicht notwendig.
637
Senn, (Key Account Management), 1997, S. 1; Miller; Heiman, (Schlüsselkunden-Management),
1992, S. 27
638
vgl. zur kundenorientierten bzw. marktorientierten Produktentwicklung mit dem Postulat der Kun-
deneinbindung: Backhaus; Voeth, (Industriegütermarketing), 2007, S. 213-215
6. Kapitel: Die Vertriebspolitik 293

Kundenservice - Innendienst (Backoffice – Customer Service)


Die MitarbeiterInnen im Innendienst haben in den letzten Jahren eine erhebliche
Aufwertung erfahren. Aus Auftragsabwicklern werden Service-Dienstleister:639
• Zum einen gibt es Erfahrungen, nach denen die überwiegend weiblichen Mitar-
beiter in den Innendiensten die Computerisierung, d.h. die computergestützte
Vertriebssteuerung (CAS, CRM) leichter angenommen haben als manche Au-
ßendienstkollegen. Ihre Machtstellung wurde dadurch gestärkt. Die Nähe zum
Chef und vor allem die ohnehin schon seit Jahren laufende Anbindung des Ver-
kaufs an die EDV (im Rahmen von Warenwirtschaft, Auftragsabwicklung und
Fakturierung) haben diesen Effekt noch begünstigt.
• Zum anderen führt der Lean-Selling Trend – mit Kostensenkung als Hauptziel
– dazu, dass die bislang überwiegend „abwickelnden Innendienste“ nun ver-
mehrt mit (Klein)Kundenbetreuung und Marketingservice-Aufgaben (vor allem
mit Mailings, Potenzialklärungen, Folgeauftrags-Abfragen) betraut werden.640
Hinzu kommt eine verstärkte Einbindung der Innendienste in die höher qualifi-
zierten Arbeitsgebiete E-Commerce und Telefonmarketing.
• Der Trend im Servicebereich geht unverändert hin zu mehr Verkaufsdenken und
zu mehr Effizienz (z.B. papierlose Verarbeitung) im Verkauf.641 Eine besondere
Rolle spielt dabei das Team-Selling.642 Im Kern bedeutet das: Auflösung der
zentralen Innendienste und Zuordnung der Servicemitarbeiter zu schlagkräftigen
Verkaufsgruppen mit gemeinsamer Erfolgsverantwortung. Nicht mehr: „Ihr da
draußen, wir da drinnen“, sondern "Außendienst und Innendienst in einem
Boot" lautet die Devise. Der Ansatz bedingt aber ein Abgehen von der leistungs-
feindlichen Tarifgruppensystematik und Einbezug des Innendienstes in die für
den Außendienst geltenden Provisionsregelungen.
Derzeit gibt es große Unsicherheit, ob der zunehmende Trend zu Heimbüros der Idee
des Team-Selling zuwiderläuft.

Kunden- Technischer Kundendienst - Anwendungstechnik


diensttech- Für viele Unternehmen ist die organisatorische Zuordnung der Kundendiensttechni-
niker schaf-
fen eine
ker, bzw. der technischen Kundenberater, eine „Frage der Weltanschauung“. Es kann
starke Kun- hier nur empfohlen werden, die technischen Kollegen, die regelmäßig mit Problem-
denbindung lösungsaufgaben beim Kunden betraut sind, auch organisatorisch dem Vertrieb zu-
und sehen zuordnen. Einbezogen in die erfolgsverantwortlichen Verkaufsteams wird es den
die Anwen-
dungen beim
Kundendiensttechniker leichter fallen, Bedarfsklärungen und Wettbewerbsforschung
Kunden, die beim Kunden vorzunehmen und Verkäuferbesuche zu initiieren.
dem Ver-
trieb ver- Vertriebsleitung
schlossen
sind. Die Vertriebsleiter sind zunehmend gefordert, gut ausgebildete Außendienstmitarbei-
ter zu führen und sich stärker um konzeptionelle Themen zu kümmern. Markt-
untersuchungen belegen ein auf Führungsebene noch stark ausgeprägtes Festhalten
am „hemdsärmeligen“ Geschäft. Die Verkaufsmitarbeiter beklagen, dass sich ihre
Führungskräfte zu wenig Zeit für regelmäßige Auswertungen von Marktdaten neh-
men und vermissen schnelle Rückmeldungen an den Außendienst zum Anstoßen von
Kundenaktionen.643 Es ist nicht mehr tragbar, wenn sich Vertriebsleiter wichtigen
Strategiegesprächen mit der Bemerkung verschließen: „Ja soll ich nun verkaufen
oder soll ich hier rumsitzen.“ Und noch immer lassen sich hochdekorierte Ver-
triebsmanager ihre Mails als Ausdruck von Sekretärinnen vorlegen.

639
zu den Aufgaben des Backoffice vgl. Hofbauer; Hellwig, (Vertriebsmanagement), 2005, S. 126 ff.
640
vgl. Winkelmann, (Durchblick), in: acquisa, 2/1998, S. 40; Bußmann, (Lean Selling), 1995
641
vgl. z.B. Zahn; Pawlowitz, (Verkaufsinnendienst), in: acquisa, 5/1998, S. 12-16
642
vgl. zum Thema Team-Selling Bußmann, W.F.; Rutschke, K., (Team-Selling), 1996
643
vgl. die Zusammenfassung bei Winkelmann, (Besuchsberichte), in: ASW, 2/1998, S. 82
294 Marktorientierte Unternehmensführung

b.) Strukturorganisation im Vertrieb


Unterstellung unter die Geschäftsführung
Die Einordnung des Vertriebs in die Gesamtorganisationen wurde im 2. Kapitel be-
handelt. Auf ein Problem möchten wir aufmerksam machen: Wir halten es für keine
optimale Lösung, wenn das Marketing der Geschäftsführung zugeordnet ist und der
Vertriebsleiter der Geschäftsführung nicht angehört. Die Marketingverantwortung
gehört nahe an den Vertrieb, hierarchisch zumindest neben den Vertrieb!

Anzahl der Mitarbeiter


Bitte stellen Sie sich vor: In annähernd zwei gleichen Verkaufsgebieten arbeiten zwei
Verkäufer. Beide haben den gleichen Umsatz. Beide verfügen über die gleiche ver-
kaufsaktive Zeit pro Jahr. Wer ist dann der Bessere? Beide sind gleich gut oder gleich
schlecht - das sagt die Potenzialanalyse. Der zweite Blick verrät: Der eine arbeitet mit
einer Arbeitslast von 60 Prozent, sein Kollege mit 120 Prozent. Der erste betreut eine
Handvoll Großkunden. Der zweite erreicht den gleichen Umsatz nur mit Kleinkunden.
Wer ist jetzt der Bessere? Kann man das überhaupt sagen? Oder lässt der zweite Blick
(gemäß sog. Arbeitslastanalyse) nur die Feststellung zu, dass die Gebiete (Kunden)
nicht effizient verteilt sind und dass daher noch Reserven im Verkauf stecken?

Gesucht wird eine Richtschnur zur Bemessung der Anzahl der Mitarbeiter im Au-
ßendienst. Zwei Verfahren stehen sich ergänzend gegenüber:
(1) Das Potenzialverfahren, das den Außendienstmitarbeitern nach „Daumenre-
geln“ ungefähr gleich große Potenziale zuweist und deren Leistung sich dann al-
lein nach Umsatzzielerreichung bemisst,
(2) das Arbeitslastverfahren, das Arbeitsbelastung und Kundenstruktur eines jeden
Außendienstmitarbeiters individuell optimiert.

Abb.6-14 In der Praxis werden die beiden ZEIT- UND KOSTENANALYSE FÜR DEN AUSSENDIENST
Verfahren verknüpft, um die (1)
Laut Proud- VORGABEN:
foot Consul- Personalstärke im Vertrieb und Besuchsvorgabe pro Tag 3,0 Besuche

ting beträgt die (2) Gebietsoptimierung, Arbeitszeit pro Reisetag 10 Std.


Fahrleistung p.a. 40.000 km p.a.
die verkaufs- d.h. die optimale Zuordnung von Durchschnittsgeschwindigk. 60 km/h
aktive Zeit Kunden bzw. Kundenregionen KFZ-Kostensatz 0,50 € / km
eines Verkäu-
fers beim mit deren Kundenumsätzen zu Sozialkostensatz 42% Prozent

Kunden 11%, den einzelnen Außendienstmit- Tage 365


Neukunden- arbeitern, vorzunehmen. Dabei ./. Wochenenden
./. Urlaub und Feiertage
-104
-38
akquise 9%, wird wie folgt vorgegangen: ./. Sonderurlaub, Krankheit -3
Reisen 15%,
interne Ab- (1) Das Potenzialverfahren lie- ./. Stammhaus
./. Regionalbüro (40 x 0,5)
-6
-20
stimmung fert zunächst eine Richtgröße ./. Tagungen -2 Gesamtzahl Besuche
18%, Verwal- für eine angemessene Au- ./. Sonstiges, Seminare etc.
Besuchstage
-2
190
gemäß Vorgabe
570
tung 31%.
(Hinweis in
ßendienststärke.
salesBusi- (2) Diese wird nach Plausibili- Arbeitszeit p.a.
Reisezeit p.a.
1900
-667
Stunden
Stunden
ness, tät, vorhandenen Ressourcen ./. Pausen, Staus, Ausfälle -200 Stunden
12/2006, S. 7) und in Bezug auf finanzielle verkaufsaktive Zeit p.a. 1033 Stunden

Tragfähigkeit (Personalkos- AD-Einkommen fix+variabel 75.000,00 € Kosten pro


ten) abgeprüft und dann Sozialkosten 31.500,00 € Reisetag:
KFZ-Kosten 20.000,00 € 855,26 €
(3) nach dem Arbeitslastverfah- Spesen, Kommunikation 24.000,00 € Kosten pro
ren das Feintuning für die sonstiges 12.000,00 € Besuch:

endgültige Kadergröße, die Bruttokosten gesamt 162.500,00 € 285,09 €


Kosten pro
Gebietsgrößen und die zuge- Besuchsstunde:

ordneten Kundenanzahlen 157,26 €

vorgenommen.
6. Kapitel: Die Vertriebspolitik 295

Abb.6-15
PERSONAL- UND BESUCHSPLANUNG FÜR AUSSENDIENSTMITARBEITER
Kundengruppe Anzahl Besuchsfrequenz Soll-Besuche Besuchsdauer Soll-Stunden
A-Kunden 285 12 3420 2,5 8550
B-Kunden 450 12 5400 1,5 8100
C-Kunden 920 4 3680 1,0 3680
D-Kunden 60 1 60 0,5 30
Ziel-Kunden 90 3 270 1 270
Neukunden 88 18 1584 1,5 2376
Händler 24 6 144 2,5 360
1917 14558 23366
Summe Kontakte Summe Besuche Summe Stunden

100% = 1 ADM Arbeitslast nach Besuchsvorgaben: 2426,3%


Arbeitslast nach verkaufsaktiver Zeit: 2062,3%

Alles beginnt mit einer Zeit- und Kostenanalyse für den „durchschnittlichen“ Au-
ßendienstmitarbeiter (s. Abb.6-14) und einer Kundenstrukturplanung (s. Abb.6-15),
deren Grundlagen in Abschnitt 6.4.4. erklärt werden. Nach Abb.6-14 kommt dieser
auf 190 Besuchstage mit 570 Soll-Besuchen (Richtschnur).

(Anmerkung: Das Potenzialverfahren geht bildlich „mit der Gießkanne“ über die Verkaufsgebie-
14.558 / 570
= 25,5)
te. Ausgehend von der Faustregel, dass ein Außendienstmitarbeiter zwischen 5 und
7,5 Mio. Euro Umsatz verantworten sollte644, wären nach Abb.6-13 in Verbindung
mit Abb.6-14 zwischen 22 und 26 Außendienstmitarbeiter zur Erfüllung der Betreu-
ungsaufgaben erforderlich. Diese sollten auf einen Jahresumsatz von mindestens 110
(22 Mitarbeiter à 5 Mio. Euro) bis max. 195 Mio. Euro (26 Mitarbeiter à 7,5 Mio.
Euro) kommen. Für die Verkäufer wird dann die gesamte Vertriebsregion in Bezirke
(Verkaufsgebiete = VKB) mit annähernd gleich großen
(1) Umsatzpotenzialen (Umsatzpotenzialverfahren)
(2) Gebieten (Gebietspotenzialverfahren) oder
(3) Kaufkraftpotenzialen; z. B. nach ACNielsen-Kaufkraftkennziffern (Kaufkraftpo-
tenzialverfahren) eingeteilt.

Abb.6-16 Abb.6-16 lässt die Schwach-


stellen dieser Vorgehenswei- Wenige Kunden Viele Kunden
se erkennen. Im Extremfall
könnte ein Außendienstmit- Kleines
Verkaufs- Sinnvoll nur bei Key Konzentrierte Bear-
arbeiter mit einem Großkun- gebiet Account Management beitung möglich
den das Umsatzsoll erreichen. Großes Hohe Reisekosten Arbeitsbelastung?
Im anderen Fall müsste eine Verkaufs- pro Kunde – Neukunden Kundenqualifizierung! Zu
gebiet
Heerschar kleinerer Kunden lokalisierbar? viele Kleinkunden?

betreut werden. Treten erheb-


liche strukturelle Unterschiede zwischen den Verkaufsgebieten auf, so wird dieses
Praktikerverfahren von den Verkäufern schnell als ungerecht empfunden.

Das Arbeitslastverfahren strebt dagegen nach gleichmäßiger Auslastung der Au-


ßendienstmitarbeiter unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Kundenstrukturen
und der Entfernungen in den Verkaufsgebieten. Wenn kein Computerprogramm zur
Gebietsoptimierung verfügbar ist, dann ist die Prozedur gemäß Abb.6-14 für jeden
einzelnen Außendienstmitarbeiter durchzuspielen. Jede Tabelle spiegelt die spezifi-
sche Kundenstruktur eines Außendienstmitarbeiters oder einer Region wieder. Ge-
sonderte Arbeitszeitanalysen müssen die unterschiedlichen Reisezeiten in den Regi-
onen erfassen. Wenn dann ein Außendienstmitarbeiter deutlich über 100% der ver-
fügbaren Zeit belastet ist (im schlimmsten Fall reicht dann seine verfügbare Jahres-
besuchszeit nicht aus, um alle Kunden gemäß Soll-Vorgaben zu besuchen), ein ande-

644
gilt z.B. für BtoB, hier Maschinenbau; hängt aber generell von Branche und Produkt ab
296 Marktorientierte Unternehmensführung

rer dagegen stark unterausgelastet ist, dann müssen Gebiets- bzw. Kundenzuordnun-
gen so lange schrittweise modifiziert werden, bis für alle Aussendienstmitarbeiter in
etwa gleiche Arbeits- und Erfolgsvoraussetzungen bestehen.

So bietet das Arbeitslastverfahren Ansatzpunkte, um Besuchshäufigkeiten und Be-


suchszeiten zu überprüfen und den Außendienst im Hinblick auf gerechte Ar-
beitsauslastungen zu optimieren.645

Organisation der Umsatzverantwortungen


Das Thema Außendienststärke geht unmittelbar in die Thematik der Gebietsorganisa-
tion über. Drei Kernfragen sind zu beantworten:646
LEITFRAGE-1: Wie sollen die zu erreichenden Umsatzplanzahlen den Außen-
dienstmitarbeitern zugewiesen werden? Konkret gefragt:
Wer verkauft welche Produkte an welche Kunden in welchen Verkaufsge-
bieten mit welcher Umsatzvorgabe?
LEITFRAGE-2: Sind dabei die Umsatzverantwortungen eindeutig zugeteilt?
Überlappungen (Overlays: Flächenvertrieb und KAM sind beide für einen wich-
tigen Kunden zuständig) oder graue Zonen (Gaps: In einer Verkaufsregion küm-
mert sich um die Kunden, wer gerade Zeit hat) führen in der Praxis unweigerlich
zu Konflikten im Verkaufsteam.
LEITFRAGE-2: Sollen die Außendienstmitarbeiter generalistisch arbeiten und
alle Produkte an alle in Frage kommenden Interessenten und Kunden verkaufen
oder sollen sie sich auf bestimmte Kunden- oder Produktgruppen konzentrieren?

Die Beantwortung der Fragen bedingt ein Abwägen der Vor- und Nachteile der fol-
genden Organisationsformen; im Detail dargestellt in Abb.6-17:647

(1) In der Praxis dominiert als durchgängige Gebietsorganisation der Regionalver-


trieb (territoriale Verkaufsorganisation). Ein nationaler Verkauf wird z.B. in die
Verkaufsgebiete (VKB) D-Nord, D-West, D-RPS (Rheinland-Pfalz-Saar), D-Süd
und D-Ost eingeteilt; geleitet von je einem Regional-Verkaufsleiter mit Unter-
gruppen z.B. für Baden-Württemberg, Bayern und Osten-Nord und Osten-Süd.
• Vorteile der Gebietsorganisation: Sie berücksichtigt regionale Besonderheiten
im Kundenverhalten, schafft kurze Entscheidungswege innerhalb der Ver-
kaufsbüros, führt zu flexibel einsetzbaren Mitarbeitern und begünstigt eine
besondere Identifikation der Außendienstmitarbeiter mit „Land und Leuten“.
Das Regionalteam kann wie ein Profit Center geführt werden. Wichtig ist der
Leitsatz: One Face to the Customer.
• Nachteile der Gebietsorganisation: Sie verhindert eine Spezialisierung der
Verkäufer auf Produkte oder Kundengruppen und damit eine spezielle Kom-
petenzbildung.648 Sie verlangt daher einen höheren Ausbildungsaufwand und
verursacht erhöhte Fixkosten wegen der parallel geschalteten Verkaufsbüros.
Vor allem aber sind Gebietsgrenzen immer willkürlich gesetzt und Gegen-
stand interner Vertriebskonflikte. Kritische Themen sind z.B. das „Wildern“
im Verkaufsgebiet des Kollegen bzw. Probleme, wenn Kunden (in der Praxis
auch oft Händler) gebietsüberschreitend tätig sind.

645
vgl. auch die ausführlichere Darstellung der Verfahren in Winkelmann, (Außendienst-
Management), 1999, S. 92 ff.
646
vgl. Winkelmann, (Verkaufspolitik), 1999
647
vgl. Kotler; Keller; Bliemel, (Marketing-Management), 2007, S. 796-802
648
vgl. Godefroid, (BtoB), 2003, S. 269-274
6. Kapitel: Die Vertriebspolitik 297

Abb.6-17
VOR- UND NACHTEILE VON GRUNDFORMEN DER VERKAUFSORGANISATION
Spezialisierung: Vorteile von Produktgruppen-
Keine Spezialisierung: Vorteile des Regionalvertriebs
und Kundengruppenorganisation
• Besondere Kompetenzbildung
• Vertrauen durch One-face-to-the Customer
• Evtl. Imagevorteile bei den Kunden
• Eingehen auf regionale Besonderheiten
• „Expertenstolz“: Motivation der Mitarbeiter
• Hohe regionale Identifikation der Mitarbeiter
• Klare Konzentration auf Zielgruppen
• Kurze Entscheidungswege innerhalb des Teams
• Bei KAM besonders hohe Kundennähe
• Mitarbeiter flexibel einsetzbar
• Schnelle Reaktion auf „frühe Marktsignale“
• Ausgleich von Arbeitsbelastungen
• Produktsteuerung erleichtert
• Ausgleich von Umsatzausfällen
• Gezieltere Produktsteuerung möglich
• Ausschöpfen von Cross-Selling-Potenzialen
• Evtl. Verzicht auf Produktmanagement
Nachteile von Produktgruppen-
Nachteile des Regionalvertriebs
und Kundengruppenorganisation
• Weniger Synergien zwischen Mitarbeitern
• Hohe Vertriebskosten der Regionalteams
• Hohe Firmenabhängigkeit von Spezialisten
• Hoher Ausbildungsaufwand
• Führungsprobleme durch „Elitedenken“
• Einheitliche Vertriebsführung d. Zentrale erschwert
• Geringere Flexibilität beim Mitarbeitereinsatz
• Hoher Koordinationsaufwand VKB mit Zentrale
• Bei Produktspezialisierung evtl. Überschneidungen
• Gefahr von „Regionalegoismus“
• Verkäufer „stirbt“ mit seinem Produkt / Kunden
• Konflikte an Gebietsgrenzen
• d.h. Ausgleich für Misserfolge eingeschränkt
• Verkäufer forcieren „Lieblingsprodukte“
• Längere Anfahrtwege zum Kunden

(2) Die Kundengruppenorganisation (oder auch Branchenorganisation) bietet sich


an, wenn in unterschiedlichen Branchen oder Kundensegmenten signifikant von-
einander abweichende Marktspielregeln herrschen oder ganz spezielles Know-
how verlangt wird. Denkbar für einen Teilelieferanten sind z.B. getrennte Ver-
kaufsgruppen für das OEM-Geschäft, das Kleinkunden-, das Ersatzteilgeschäft,
das Geschäft mit Handelspartnern und das Geschäft mit der öffentlichen Hand.
Oft fordern bestimmte Kundensegmente auch eine exklusive Betreuung durch
Spezialisten. Das Umsatz- bzw. Ergebnispotenzial eines Großkunden bzw. einer
Kundengruppe muss den Einsatz eines Spezialisten rechtfertigen. Typische Bei-
spiele für Kundengruppen-Zuordnungen sind daher das Key Account Manage-
ment, zentrale Händlerbetreuung oder ein zentrales Kleinkunden-Management.
• Vorteile der Kundengruppenorganisation: Kundenspezialisierung des Außen-
dienstes, dadurch besondere Know-how- und Kompetenzbildung, Möglich-
keiten zu besonders intensiven Kundenbeziehungen mit Ausprägung beson-
ders enger Vertrauensverhältnisse und geringerer Koordinationsaufwand in-
nerhalb der Vertriebsorganisation.
• Nachteile der Kundengruppenorganisation: Abgrenzung zum „Nicht-Schlüs-
selkunden-Verkauf“ konfliktträchtig, höhere Abhängigkeit des Unternehmens
vom Know-how der Key Account Manager, keine Kompensationsmöglich-
keiten für einen Kundenbetreuer bei Kundenausfällen.
(3) Die Produktgruppenorganisation bietet sich bei stark erklärungsbedürftigen
Produkten an, die in Anwendungen verschiedener Branchen zum Einsatz kom-
men. Das Umsatzpotenzial einer Produktgruppe muss ausreichend groß sein, um
einen Spezialisten zu finanzieren. Wenn bestimmte Produkte nur bei bestimmten
Kundengruppen eingesetzt werden, dann decken sich die Produktgruppen- und
Kundengruppenorganisation. Im Prinzip gelten die gleichen Vor- und Nachteile
einer Spezialisierung wie bei der Kundengruppenorganisation.
• Vorteile der Produktgruppenorganisation: Produktspezialisierung des Außen-
dienstes, dadurch besondere Know-how- und Kompetenzbildung, geringerer
Koordinationsaufwand innerhalb der Vertriebsorganisation, Einsparen eines
Produktmanagement.
• Nachteile der Produktgruppenorganisation: Gefahr von „Über-Spezialisten“,
Inflexibilität (Mitarbeiter schwerer austauschbar), hohe Abhängigkeit des
Mitarbeitererfolgs vom Lebenszyklus bzw. vom Erfolg eines Produktes, Ab-
kehr vom One-face-to-the-Customer-Prinzip. Ein Kunde wird möglicherwei-
298 Marktorientierte Unternehmensführung

se von mehreren Außendienstmitarbeitern des gleichen Lieferanten betreut,


woraus leicht Abstimmungsprobleme resultieren können.

Im Kern geht es um die Frage: Generalist oder Spezialist im Vertrieb. So verlo-


ckend die Heranbildung hochkompetenter Fachleute auch scheinen mag, nicht selten
nehmen Organisationsumstellungen einen kritischen Verlauf:
Die Henkel Ecolab Hygiene ist in den Bereichen Chemikalien, Engineering und Servi-
ce tätig. Früher hatte man in den Verkaufsgebieten D-Nord, -Süd und -West einen ty-
pischen Regionalvertrieb betrieben, ausgerichtet auf die Branchen Brauereien, Mol-
kereien, Feinkost, Fleisch- und Wurstwaren sowie Großkunde Coca Cola. Im Zuge ei-
ner Reorganisation wurden die Verkaufsniederlassungen und die Lager aufgelöst und
auf eine deutschlandweite Kundengruppen-Organisation umgestellt. Drei Verkaufs-
gruppen konzentrieren sich auf (1) die Getränkeindustrie, (2) die Molkereien und (3)
Food Processing. Über Jahre gewachsene Strukturen wurden zerschlagen. Wegen der
größeren Entfernungen wurden mehr Außendienstmitarbeiter notwendig. Die Rendite
ging zurück. Jetzt versucht man, beide Organisationsformen zu kombinieren.

In der Praxis sind Mischformen gängig, die hier nicht im einzelnen dargestellt wer-
den.649 Im Konsumgütergeschäft dominiert der regionale Flächenvertrieb in Ver-
bindung mit Merchandising-Unterstützung (Regalpflege und Promotion) und einem
parallel geschalteten Key Accounting zur Betreuung der Einkaufszentralen. Im Ma-
schinenbau dominiert der Regionalvertrieb, im Anlagenbau das Key Accounting als
Kombination von Kundengruppen- und Produktgruppenvertrieb. Das Auslandsge-
schäft ist i.d.R. mehrstufig organisiert, wobei oft auf erster Ebene nach Ländern
(Verkaufsregionen) und nachgeordnet nach Kundengruppen differenziert wird.

Generalisten und Spezialisten wirken oft zusammen. Generalisten übernehmen die


allgemeine Kundenbetreuung. Spezialisten lösen in der Zentrale Spezialprobleme.

c.) Ablauforganisation im Vertrieb


Zuständigkeiten, Abläufe, Formulare etc. sind so festzulegen, dass die Arbeitsabläufe
im Hinblick auf Schnelligkeit, Ressourceneinsatz und Kosten optimiert werden. Im
Mittelpunkt werden die Vorgänge der Auftragsentgegennahme und –abwicklung
(Order Processing), die kundenbezogene Produktanpassung und –entwicklung sowie
die Beschwerdeabwicklung stehen. Der Erfolg einer kundenbezogenen Auftragsab-
wicklung wird stets davon abhängen, wie die Abstimmungen mit Schnittstellen, z.B.
mit Fertigung, Lager und Transportwesen, geregelt sind. In den Vertriebsabläufen
muss sich letztlich auch die Strukturorganisation bewähren. Von schnellen und fle-
xiblen Abwicklungsprozessen hängt in starkem Maße die Kundenzufriedenheit ab.
Kritische und daher besonders behutsam zu regelnde Vorgänge sind vor allem:
• Bearbeitung von Kundenanfragen,
• Angebotserstellungen,
• Lieferzeitprognosen,
• nachträgliche Änderungen von Angeboten,
• Entscheidungen über Sonderpreise,
• Auftragsbestätigungen,
• nachträgliche Änderungen bei Angebotspositionen in Art (andere, leicht veränderte
Produkte) und Menge,
• Terminauslieferungen,
• Rechnungserstellungen (Fakturierung),
• Regelungen bezüglich besonderer Versandmodalitäten,
• Entgegennahme und Abwicklung von Beanstandungen (Beschwerdemanagement),
• Entgegennahme von und Reaktionen auf Kundenanregungen.

649
vgl. z.B. das Beispiel bei Winkelmann, (Verkaufspolitik), 1999, S. 224
6. Kapitel: Die Vertriebspolitik 299

Computergestützte Abwicklungssysteme ermöglichen und optimieren die Abläufe:


(1) Das Warenwirtschaftssystem für Beschaffungs-, Materialwesen und Fertigung
stellt dem Verkauf alle Produktbestands- und Produktflussinformationen zur Ver-
fügung. Lagerbestände und Lieferzeiten stehen im Vordergrund des Interesses.
(2) Das Auftragsabwicklungssystem steuert den Kundenauftrag vom Angebot bis
zur Auslieferung. Alle Vorgänge werden in der Kundenhistorie (Übersicht über
alle offenen und abgeschlossenen Vorgänge mit dem Kunden) dokumentiert.
(3) Das Fakturierungssystem übernimmt Rechnungsstellung und Auslieferung. Es
stellt die Brücke zur Debitorenbuchhaltung dar.

d.) Optimierung der Verkaufsgebiete


Märkte entwickeln sich stetig weiter. Geographische Informationssysteme (GIS) hel-
fen, die Verkaufsorganisation an veränderte Bedingungen anzupassen:
(1) Verkaufsgebietsanalyse: GIS visualisieren Markt- und Kundendaten auf Land-
karten und analysieren die Stärken und Schwächen von Vertriebsregionen anhand
der in Abschnitt 2.6.4. dargestellten Außendienst- und Ergebniszahlen. Zu er-
wähnen sind etablierte Programme wie RegioGraph von GfK GeoMarketing,
map&market der PTV AG oder map&sales von der map&guide GmbH.
(2) Gebietsoptimierung: Der Verkaufsgebietsanalyse folgt die Gebietsoptimierung.
Hinweise zur Funktionsweise wurden bereits im Rahmen des Arbeitslastverfah-
rens gegeben. Ein führendes System ist z.B. District von GfK GeoMarketing. In-
teressant ist auch der Ansatz von VisiTour von FLS, bei dem eine Tourenplanung
für die Außendienstmitarbeiter mit integriert ist.
Darstellungen der Verfahren erfolgen an anderer Stelle.650 Die Idee ist nun nahelie-
gend, alle Verkaufsvorgänge softwaremäßig zu integrieren und den gesamten Ver-
trieb mit modernen IT-Systemen zu steuern.

6.3.3. Vertriebssteuerung mit Systemen (CRM, CAS)


a.) Überblick über die Systemrichtungen
Vertrieb: Bei der Aufgabe, die Arbeitsabläufe von Außendienst, Innendienst, Key Account-
Das bedeutet und Produktmanagement, Anwendungstechnik (Kundendienst), Call-Center und
bei BMW
täglich Marketing-Service sowie die Vertriebsleitung mit Tausenden von Kunden und Arti-
weltweit keln zu vernetzen und dabei schnell und effizient das Tagesgeschäft zu bewältigen,
250.000 kommt die Unternehmung an einer Vertriebsführung mit System nicht vorbei.
Kundenkon- Marktorientierung kann nicht herbei gepredigt werden. Sie muss durch EDV-
takte. Auf
Zuruf oder Systeme unterstützt werden. Folgende Systemansätze werden heute unterschieden:
mit Zetteln
lässt sich (1) Systeme mit Fokus Informationsbereitstellung
dieser Ar- Vertriebssteuerung geht nicht ohne IT-Systeme. Hat der Vertrieb keine eigene
beitsanfall
nicht bewäl- Datenbank, dann liegen die Kundendaten (im Minimum Adress-, Telefon- und
tigen. Auftragsdaten) in Finanzbuchhaltung und Warenwirtschaft. Erhält der Vertrieb
ein eigenes Datenmanagement, dann werden die Daten im Vertriebsinforma-
tionssystem (VIS) separiert. Viele Vertriebe betrachten nur den Kunden und ü-
berlassen die Fakturierungsdaten dem Rechnungswesen. Sie begnügen sich dann
mit einem Kundeninformationssystem (KIS). Die Marketingfachleute möchten
die Kundendaten für gezielte Aktionen nutzen. Marketingmaßnahmen sollen mit
spitzem Degen auf die „weichen Stellen“ (Nutzenbedürfnisse, Eigenheiten) der
Kunden zielen. Insbesondere Versand- und Direktmarketing-Unternehmen schaf-
fen sich ihre Database und praktizieren Database-Marketing.

650
vgl. Winkelmann, (Vertriebskonzeption), 2005, S. 359-375
300 Marktorientierte Unternehmensführung

Kundenori- (2) Systeme mit Fokus Außendienststeuerung


entierung Die Art, wie Daten gehalten werden, sagt noch nichts darüber aus, wie die Unter-
kann nicht nehmen ihre Kunden betreuen. Sales Force Automation (SFA) ist der aus USA
herbeigepre-
digt werden.
stammende Ursprungsbegriff für die Computerisierung der Verkaufsarbeit. In
Die Kun- Deutschland ist hierfür der Begriff Computer Aided Selling (CAS) gängig. Im
denarbeit im einfachen Fall verwalten Innen- und Außendienst nur Adressen, Vorgänge und
Vertrieb Termine. Hierfür sind Begriffe wie Kunden-Kontaktmanagement (KKM) oder
sollte durch
Methoden Kunden-Kontaktsoftware üblich. Computer Aided Selling (CAS) geht weiter.
und Systeme Bei CAS werden alle Vorgänge der Kundengewinnung und Kundensicherung,
unterstützt incl. Auftragsbearbeitung, über Laptop und PC abgewickelt.
werden.
(3) Systeme mit Fokus Kundenorientierung
Seit Beginn der 90er Jahre übt das Marketing auf den Verkauf einen immer stär-
keren Druck in Richtung „systematischer Aufbau und Pflege von Beziehungen“
aus. Weg vom Verteilungsdenken und hin zur kundenorientierten Integrati-
on aller kundenbezogenen Prozesse lautet die Devise. Die im folgenden Ab-
schnitt b. dargestellten Begriffe Relationship-Marketing, Customer Relations-
hip Marketing oder Customer Relationship Management (CRM) stehen für
diesen Trend. Am weitesten gehen Ansätze, die den Kunden mit Hilfe von EDV-
Systemen in die eigene Wertschöpfungskette integrieren (z.B. integrierte Bestell-
abwicklung). Man spricht dann von Customer Integration Management (CIM)
und zuweilen auch von Customer Integration (Interaction) Systems (CIS).
Heute ist es üblich, von CRM zu sprechen; unabhängig davon, wie stark die be-
reichsübergreifende Integration der Kundenprozesse in einer Unternehmung tat-
sächlich fortgeschritten ist. Viele Unternehmen sprechen von ihrem CRM-
System und meinen damit nicht mehr als eine nicht vernetzte CAS-Verkaufs-
unterstützung für Innen- und Außendienst.

(4) Systeme mit Fokus Gesamtvernetzung der Unternehmung


ERP = der Enterprise Resource(s) Planning (ERP) ist der Fachbegriff für die vertikale Da-
Mengen- tenvernetzung der Gesamtunternehmung (über alle Wertschöpfungsstufen). Alle
und Werte-
fahrstuhl Mengen- und Wertströme der Unternehmung werden mit Hilfe von Datenban-
durch die ken sowie von Reporting- und Steuerungssoftware erfasst und gelenkt; vom
Unterneh- Wareneingang, über die Produktion bis hin zu Verkauf, Fakturierung und Logis-
mung. tik. Fachlich aufgehängt ist eine ERP-Software üblicherweise im Ressort Rech-
CRM = Die
Ausgestal- nungswesen und Controlling. Führende Anbieter sind z.B. SAP mit SAP/R3, Na-
tung der vision, I2, Oracle mit PeopleSoft und JD Edwards, SAGE, KKH etc. Da bei den
Kundeneta- ERP-Programmen die Gesamtvernetzung der Unternehmung im Vordergrund
ge, damit
sich der
steht, haben diese vertikalen Gesamtsysteme zuweilen Schwächen auf der Ebene
Kunde wohl- der Fachabteilungen mit deren ressortspezifischen Bedürfnissen und Aufgaben.
fühlt. Deshalb klinken sich spezialisierte Abteilungsprogramme (z.B. CRM, CAS) mit-
tels Schnittstellen, sozusagen horizontal, in die ERP-Programme ein.

b.) Von der klassischen Vertriebssteuerung (CAS) zu CRM


Der Trend von der CAS-Vertriebsautomatisierung zu CRM betrifft vor allem die
Vertriebssoftware zur Kundenansprache und zur Kundenbetreuung. Die Plattform,
das Database-Marketing, ermöglicht die Analyse und Ansprache von Zielgruppen
auf der Grundlage systematisch angelegter Datenbanken mit dem Ziel individuali-
sierter Kundenstrategien. CAS (Computer Aided Selling) unterstützt, wie oben be-
reits betont, die Außendiensttätigkeit. CRM unternimmt darüber hinaus einen großen
Schritt in Richtung marktorientierte Unternehmensführung durch Integration aller
Abteilungen mit Kundenkontakt.
6. Kapitel: Die Vertriebspolitik 301

Computer Aided Selling (CAS; in USA: Sales Force Automation (SFA))


umfasst jede Art von Computerunterstützung im Verkauf – von der Neukun-
dengewinnung über die Kundenbetreuung bis hin zu strategischen Aufgaben
wie Kundenqualifizierung, Wettbewerbsbeobachtung, Vertriebsplanung.
Customer Relationship Management (CRM) geht über die Verkaufs-
steuerung hinaus. Nach einer Definition des CRM-Expertenrates im CRM-
Jahresgutachten 2004 „integriert CRM alle Prozesse zum und vom Kunden
mit dem Ziel, eine Balance zwischen Kunden- und Kostenorientierung zu
erreichen.“
Eine frühere, merkmalsbezogene Definition des DDV lautet wie folgt:
"CRM ist ein ganzheitlicher Ansatz zur Unternehmensführung (kunden-
zentrierte Geschäftsphilosophie). Er integriert und optimiert auf der Grund-
lage einer Datenbank und Software zur Marktbearbeitung sowie eines defi-
nierten Verkaufsprozesses abteilungsübergreifend alle kundenbezogenen Pro-
zesse in Marketing, Vertrieb, Kundendienst, F&E u.a. Zielsetzung von CRM ist
die gemeinsame Schaffung von Mehrwerten auf Kunden- und Lieferantenseite
über die Lebenszyklen von Geschäftsbeziehungen. Das setzt voraus, dass
CRM-Konzepte Vorkehrungen zur permanenten Verbesserung der Kun-
denprozesse und für ein berufslebenslanges Lernen der Mitarbeiter enthalten."
(Zum Folgeschritt zur marktorientierte Unternehmensführung s. Abb.8-5)
Electronic Customer Relationship Management (eCRM) liegt vor, wenn
ein Systemanbieter ausschließlich Internet-Hardware, -Software oder -Service
vertreibt (anbieterorientierte eCRM-Definition) oder wenn ein Anwender seine
Marktbearbeitung ausschließlich online vornimmt (anwenderorientierte
eCRM-Definition).
Für BtoB-Unternehmen bedeutet CRM oft "nur" eine Ausweitung der CAS-
Außendienststeuerung auf andere kundennahe Abteilungen wie Marketing
Service und Anwendungstechnik. Consumer-Unternehmen richten sich unter
der CRM-Flagge oft erstmalig ein Kampagnenmanagement ein und / oder
bauen sich Internet-Verkaufskanäle zu den Kunden auf.
Ein Schwäche liegt darin, dass CRM oft zu softwarelastig verstanden wird.
CRM fängt jedoch im Kopf an. CRM baut auf einer Kundenstrategie auf.
Ein weiteres Problem: CRM suggeriert, dass Kunden Beziehungen ausdrück-
lich wünschen und dass eine direkt beeinflussbare Beziehungsrelation
zwischen Hersteller und Kunde besteht. In vielen Märkten des indirekten
Vertriebs ist das nicht der Fall. CRM gestaltet hier Beziehungen zwischen
Herstellern und Vertriebspartnern (Partner Relationship Management).
Auf den Punkt gebracht: CRM = kundenzentrierte Geschäftsphilosophie.
Alternativ formuliert: CRM bedeutet integriertes Kundenmanagement.
Abb.6-18
KERNELEMENTE VON CRM
Zentrale Wesenselemente Zentrale Funktionalitäten
• ganzheitlicher Ansatz zur Unternehmensführung • Kundenkommunikation und Kundenhistorie
• Mehrwerte in Geschäftsbeziehungen (Win-Win) • Kundenqualifizierung, Kundenprofil-Erstellung
• Integration aller Kundendaten und Applikationen • Individuelle Angebotserstellung, Produktkonfigurator
• Prozessbeschreibungen und -integration, dabei • Opportunity-Management, Angebotsverfolgung
• permanente Prozessverbesserungen (Closed Loop) • Außendienst-, Kundendienststeuerung, Bes.-Berichte
• mit Hilfe von Datenbank und Steuerungssoftware • Closed Loop, Kampagnenmanagement
• Basis: Standard-Verkaufsprozesse (SalesCycle) • Call-Center-Einsatz, Customer Care
• mit Optimierung der Customer Touchpoints • E-Business-Anbindung, E-Commerce-Shop
• Integration aller Vertriebskanäle (Multikanalvertrieb) • Markt-, Wettbewerbsanalyse
• Lebenslange Begleitung des Kunden mit • Beschwerdemanagement
• Kundenbindung über Lebens-, Geschäftszyklen • (GIS), Gebietsanalyse und -optimierung
• integrierte Effizienzmessung (Business Intelligence) • Benchmarking, Frühwarnung
302 Marktorientierte Unternehmensführung

Abb.6-19 Abb.6-18 enthält wesentliche Elemente


und Funktionalitäten von CRM. Abb.6-
19 stellt die wichtigsten in einem House
of CRM dar.

Link und Hildebrand hatten in ihrem


richtungsweisenden Buch den Software-
Systemen für Marketing und Vertrieb
eine rasche Marktdurchsetzung voraus-
gesagt.651 Es waren jedoch technische
Unzulänglichkeiten, mangelnde Akzep-
tanz bei den Anwendern (Mitarbeitern)
und im Management sowie das Fehlen
von Internet-Möglichkeiten, die der
computergestützten Vertriebssteuerung
sogar bis heute - aller CRM-Euphorie
zum Trotz - den großen Durchbruch versagt haben.652 Die enorme Leistungsexplo-
sion bei Hardware und Software bringt allerdings neuen Schwung in den Markt der
Unternehmenssteuerungssysteme.653 1997 erzielten die rund 1.000 CRM/CAS-
Anbieter weltweit einen Umsatz von 1,6 Mrd. US-Dollar. Bis zum Jahr 2008 wird
ein Umsatz von weit ca. 35,7 Mrd. US-Dollar vorausgesagt.654 Der Druck zur Ver-
triebsautomatisierung kommt aber nicht von Seiten der Technik. Nachdem die Ratio-
nalisierungspotenziale in den Fertigungsbereichen der Industrie mittlerweile weitge-
hend ausgeschöpft sind, erhält jetzt der Vertrieb verstärkt Kosten- und Effizienzvor-
gaben. Der Vertrieb soll schneller, kostengünstiger und bei Marktaktionen punkt-
genauer (weniger Streuverluste) werden, so lauten die Zielsetzungen.

c.) Vorteile von CRM/CAS-Systemen


"Ohne Ver- CRM/CAS-Systeme sind prädestiniert, diese Vorgaben zu erfüllen. Sie ermöglichen
triebssteue-
rung zu
auf Knopfdruck die papierlose Verarbeitung tausender von Kunden- und Produktda-
arbeiten ten, den schnellen Datenaustausch und eine effektive Koordination mit der Zentrale
bedeutet, mit sowie eine rasche Anpassung der Ablauforganisation an sich ändernde Kunden- und
einer stump- Marktbedingungen. Link und Hildebrand hoben in ihrer klassischen Übersicht sechs
fen Axt einen
Wald abzu-
Vorteilspotenziale von CAS hervor, die gleichermaßen für CRM gelten:655
holzen. (1) Individualisierungsvorteil: Aufbauend auf den Optionen des Database-Marke-
(Michael ting ermöglicht CRM/CAS eine individuelle Kundenansprache, ein besseres
Wentzke, Eingehen auf Kundenwünsche, höhere Beratungskompetenz, professionelle Prä-
ALD Auto-
leasing) sentationen und maßgeschneiderte Produkte und Dienstleistungen.
(2) Schnelligkeitsvorteil: Durch die Computertechnologie lassen sich alle Ver-
triebsprozesse durch CRM/CAS signifikant beschleunigen. Verkaufschancen
werden früh erkannt und genutzt, Angebote rasch erstellt. Auf Marktsituationen
kann schnell reagiert werden.
(3) Lernvorteil: Durch CRM/CAS kann sich der Vertrieb systematisch weiterentwi-
ckeln und neue Verkaufsmethoden anwenden. Ein Lernanschub kommt durch die
Programme selbst.
651
vgl. Link; Hildebrand, (Database Marketing), 1993
652
vgl. Winkelmann, (Durchbruch), in: ASW, 3/1998, S. 70-73
653
abzugrenzen von den vertikalen ERP-Systemen (= Enterprise Ressource Planning) von SAP, BaaN
oder PeopleSoft, die unternehmensübergreifend alle Waren- und Geldströme der Unternehmung erfas-
sen.
654
Laut Frost & Sullivan Statistik, vgl. Computerwoche, 29/2002, S. 29
655
die Zusammenstellung verbindet die Ausführungen bei Link; Hildebrand, (Database Marketing),
1993, S. 141-147 mit denen von ebenfalls Link; Hildebrand, (Grundlagen), 1997, S. 31-32
6. Kapitel: Die Vertriebspolitik 303

(4) Wiederholungskaufvorteil: CRM/CAS analysiert Bedarfsstrukturen und Be-


stellverhalten der Kunden. Ersatzbedarf wird aufgespürt, der Kunde individuell
darauf hin akquiriert. Gezielter After-Sales-Service wird ermöglicht.
(5) Cross-Selling Vorteil: CRM/CAS spürt Verkaufschancen programm-
übergreifend auf. Das betrifft auch Verkaufschancen für Dienstleistungen in Ver-
bindung mit Sachgüterbedarf des Kunden.
(6) Rationalisierungsvorteil: Laut Link und Hildebrand lassen sich durch CRM/
CAS in vielen Branchen über 30%ige Kostensenkungen in Verwaltung und Ver-
trieb erreichen.656 Kunden mit geringerem Kundenwert (niedrigerer Priorität)
werden aufgespürt und der Vertriebsaufwand entsprechend gedrosselt. Geringere
Streuverluste fallen an. Der Vorgangsdurchsatz pro Mitarbeiter wird durch die
Computerisierung erhöht und beschleunigt. Massenvorgänge und –daten lassen
sich papierlos und stets aktuell verarbeiten.

Auf der CRM-Konzeptionen können weiterführend die folgenden Vorteile bringen:


Basis eines (1) Entlastung der Mitarbeiter von Routinetätigkeiten,
neuen CRM-
Systems (2) alle relevanten Kundeninformationen stehen (a) schnell, (b) stets aktuell und
konnte die (c) für alle Unternehmensbereiche transparent zur Verfügung,
DiBa von (3) dabei insbesondere auch gleicher Informationsstand in allen Vertriebskanälen
August 2001 (Vorausssetzung für Multikanalvertrieb),
bis Juni
2002 (4) schnelle Kundenqualifizierung mit nachvollziehbarer Ableitung von Kunden-
750.000 prioritäten,
neue Kun- (5) abgestimmte Aktionssteuerung (Kampagnensteuerung) in allen Bereichen,
den gewin-
nen.
(6) gezielte Marketing- und Vertriebsmaßnahmen im Laufe der Kundenlebenszyk-
len (Lebenszyklen von Geschäftsbeziehungen),
(7) Einbindung der Kunden in die Prozesse (Interactive CRM),
(8) automatisches Anstossen von Vorgängen durch Ereignisse,
(9) papierlose Verarbeitung, d.h. hohe Effizienz,
(10) Kostensenkung und Rationalisierung; vor allem als Folge von Prozessintegrati-
on und Prozessoptimierung.

d.) Operatives, analytisches und kooperatives CRM


CRM-Systeme werden grob in drei Arbeitsbereiche mit Anwendungen, speziellen
Datenbanken und Software-Funktionalitäten unterteilt:

"Das operative CRM umfasst alle Anwendungen, die im direkten Kontakt mit
dem Kunden stehen (Frontoffice). Lösungen zur Marketing-, Sales- und
Service-Automation unterstützen den Dialog zwischen Kunden und
Unternehmen sowie die dazu erforderlichen Geschäftsprozesse."657
Das analytische CRM ist oft im Marketing (Marktforschung) angesiedelt und
umfasst alle Anwendungen zur Analyse des Kundenverhaltens und zur
Ableitung von Zielgruppen und Kaufprofilen. Im Mittelpunkt stehen Data
Warehouse und Datamining (s. Abschnitt 3.5.). Wir ordnen ganz bewusst
auch die Arbeitsgebiete Marktplanung und -controlling dem analytischen
Bereich zu. Es ist wichtig, die Erkenntnisse des analytischen CRM wieder an
die Frontoffice-Bereiche zurückzuspielen (Closed Loop; s. Abschnitt e). Ziel
des analytischen CRM ist eine Individualisierung von Kundenansprache und
Angeboten im Backoffice und im Rahmen von Marketingkampagnen (da der
Außendienst seine Kunden ohnehin individuell anspricht).

656
vgl. Link; Hildebrand, (Database Marketing), 1993, S. 147
657
Hettich; Hippner; Wilde, (CRM), in: WISU, 10/2000, S. 1346-1366
304 Marktorientierte Unternehmensführung

Abb.6-20 DIE DREI CRM-KOMPETENZBEREICHE

analytisches
operatives kooperatives
CRM
CRM CRM

Vertriebsplanung
Vertriebscontrolling Angebotswesen Auftrags- Führung Händler-/
bearbeitung Niederlassungen
Marktpotenziale Handwerksbetreuung
Zielgruppen- Außendienst-
potenziale steuerung Call-Center Führung
Kundenwert- Handelsvertreter Franchising
analysen
Kundenservice E-Commerce
Regionalanalyse
kollaborative
Kundenzufrieden- Plattformen Referenzmarketing
Kampagnen- Beschwerdewesen
heitsanalysen Datamining
steuerung
Kontakte
Kundenprofile Distributions- Meinungsführer
logistik

Das kooperative CRM (im Schrifttum oft kollaboratives oder auch kommu-
nikatives CRM) umfasst alle Anwendungen zur Steuerung und Abstimmung
der Vertriebskanäle und damit zur Harmonisierung der Zusammenarbeit mit
Vertriebspartnern (auch: Relationware).
Partner Relationship Management geht über den Systemansatz hinaus und
umfasst auch Schulung, Finanzierung u.a. Parterschaftskonzepte.

Abb.6-20 zeigt die CRM-Subbereiche im Zusammenhang. Es bleibt festzustellen,


dass in der Praxis die Ansätze für das operative CRM bei weitem überwiegen.
Der zweite Blick hinter die Unternehmenskulissen verrät dann, dass die CRM-Pro-
zessintegration bei den meisten Unternehmen noch in den Anfängen steht. Den An-
wendern bleibt noch viel zu tun, um erst einmal ihre Datenbanken und ihre Ver-
kaufsautomatisierung (CAS) auf ein akzeptables Niveau zu bringen.658

e.) Multikanalfähiges CRM mit Closed Loop


Die Ausführungen werden in Abb.6-21 durch ein Systembeispiel verdeutlicht. Ohne
Wertung wird der ClientCentralyzer der Viveon AG dargestellt.
Abb.6-21
Die ClientCentralyzerTM Architektur
Anreicherung der Kundenprofile mit Response-Analyse
internen / externen Daten

Subscription-Portal / eigene
Eventbasierte und / Personalisierung des Kunden
oder zeitlich gesteuerte
CRM-Prozesse

Multichannelling

Integration heterogener Kampagnendefinition / -ausführung /


Front- und Backoffice-Systeme -archivierung / -budgetierung

658
vgl. Winkelmann, (Vertriebsaufgaben), in: ASW, 2/2001, S. 56
6. Kapitel: Die Vertriebspolitik 305

Die Viveon AG entstand durch Zusammenschluss erfahrener Mitarbeiter eines be-


kannten Beratungshauses zu einem Start-up. Die Erfahrungen im integrierten Kun-
denmanagement wurden in einem eigenen System umgesetzt. Der Ansatz wird hier
ausgewählt:
• weil die drei Kernbereiche des CRM perfekt miteinander verbunden sind,
• weil der Ansatz durchgängig mehrkanalfähig ist, ausgerichtet auf Call-Center,
Internet, SMS, E-Mail und klassisches Direktmarketing (Kampagnen),
• weil der Kunde konsequent in das Zentrum des Systems gerückt und dort in ei-
nen Closed-Loop-gestützten Dialog (interaktives CRM) betreut wird.
Hinsichtlich der Closed-Loop-Rückkopplungsschleife kann noch einmal auf die
Abb.3-47 zurückgeschaut werden.

Die Arbeitsweise des Systems wird anhand einer Kundenbeschwerde deutlich:


(1) Im Data Warehouse (ClientWarehouse) laufen die Kundeninformationen aus
allen Vertriebskanälen aus Backoffice und Frontoffice zusammen. In unserem
Beispiel geht ein Beschwerde-E-Mail des Kunden im Innendienst ein und wird
mit den anderen aktuellen Kundenvorgängen integriert.
(2) Im Bereich des analytischen CRM, hier ClientProfilingMining (Datamining),
wird der Vorgang gegen das bestehende Kundenprofil gespiegelt. Ein Beschwer-
devorgang ist z.B. unterschiedlich zu bewerten; je nachdem, ob der Kunde sich
zum ersten Mal beschwert, oder ob er ein „notorischer Nörgler“ ist oder ob er
gemäß Kundenqualifizierung als Gelegenheitskunde oder als loyaler Stammkun-
de einzustufen ist. Interessanterweise wird in dem Konzept des ClientCentralyzer
auch von ClientKnowledge gesprochen. Es gilt hier, bestehendes Kundenwissen
zu verfeinern und die Zielgruppenzuordnung der Kunden ständig zu überprüfen.
Nehmen wir jetzt an, ein guter Kunde würde sich zum ersten Mal beschweren.
Dann gibt das analytische CRM besondere Warnsignale.
(3) Diese werden im Bereich des interaktiven CRM (ClientInteraction) anhand
festgelegter Entscheidungsregeln beurteilt. Eine Rule Execution Engine gibt Mel-
dung, welche Reaktion in einem solchen Fall über welchen Kanal ausgeübt wer-
den soll. Der Closed Loop spielt die Aktionsempfehlung dann wieder einem ope-
rativen Ressort zu. Dort wird die Aktion ausgeführt, z.B. ein Angebot zur Waren-
rücknahme und Zahlung eines Kulanzbetrages, und die Aktions- und Reaktions-
daten fließen erneut in den CRM-Kreislauf ein.

Als wichtige Aufgaben von CRM werden sichtbar:


• die Verbindung von Innendienst, Außendienst und Kundenservice,
• das Generieren von Kundenwissen und Ableiten von Kaufprofilen,
• die Personalisierung der Kundenansprache und Individualisierung der Angebote,
• das automatische Anstossen von Aktionen bzw. Kampagnen,
• die Response-Analyse,
• die systematische Zuweisung von Kunden(gruppen) zu Kampagnen
• und die Closed-Loop-Rückführung von Kundeninformationen an die Verkaufs-
mannschaft (permanent vom Kunden lernen).

Betrachten wir einen Tante-Emma-Laden. Dort weiß der Einzelhändler durch den
jahrelangen Kundenumgang sofort, in welcher Weise angemessen auf eine Be-
schwerde zu reagieren ist. Doch wie kann man sich behelfen, wenn Millionen von
Kundenvorgängen täglich zu bewerten sind und der Kunde in der Masse der Vorgän-
ge für einen einzelnen Sachbearbeiter oder einen Call-Center-Agenten anonym
bleibt? Hier schaffen integrierte CRM-Systeme Abhilfe. Auf Knopfdruck, papierlos,
wird eine Kundenhistorie transparent. Der Kundenbetreuer kann gemäß Kundenpri-
orität und in Kenntnis kaufmännischer Konsequenzen reagieren.
306 Marktorientierte Unternehmensführung

Mit der Darstellung struktureller, eigentlich strategischer Bereiche von CRM ist es
nicht getan. Die Unternehmen wünschen konkrete Lösungen für ihre Alltagsaufga-
ben in Marketing, Verkauf und Kundendienst. So kommt CRM wieder auf das Fun-
dament von Datenbanken und Software-Funktionalitäten zurück.

f.) Komponenten eines CRM-Systems (Funktionalitäten)


Abb.6-22 gibt einen Überblick über die Module eines CRM/CAS-Systems. Aus-
gangspunkt ist das Kernmodul mit Auftragsbearbeitung, Adressenmanagement
(Database, Kundenhistorie), Beschwerdemanagement und Chancenmanage-
ment (Opportunity-Management). Die Database ist EDV-technisch eine relationale
Datenbank. Sie speichert in systematischer Form alle Kundeninformationen mit dem
Ziel, Verkaufschancen frühzeitig aufzuspüren und durch maßgeschneiderte Kontakt-
strategien auszuschöpfen. Eine für die Kundenbetreuung wichtige Datei ist in diesem
Kontext die Kundenhistorie. Sie bietet Einsicht in und Zugriff auf alle bisher statt-
gefundenen Vorgänge mit den Kunden (Vorgangs-, Kontaktdokumentation). Ein
ganz entscheidender Vorteil ist die papierlose Suche und Verarbeitung. Mit dem
Grundbaustein verknüpft sind die Arbeitsbereiche Angebotswesen, Auftragsabwick-
lung und Fakturierung. Es ist sinnvoll, dem zentralen Kundenspeicher auch alle Vor-
gänge betreffend Dokumentation und Abwicklung von Kundenbeschwerden und
Reklamationen zuzuordnen. Dem Kernmodul übergeordnet ist ein Maßnahmen-
Abb.6-22
GRUNDBAUSTEINE EINES CRM/CAS-SYSTEMS

2a 2b
CRM:
Direktmarketing Kundenbesuche, Kundendienst
Aktionen, persönlicher und Händler-
Call-Center Verkauf integration

2c

CRM:
Kunden-
ECommerce und
Qualifizierung,
Web-Integration
Kundenanalyse
Kontakt-
berichte

Opportunity-
Management,
Folgebedarfs-
Management 3
Adressenpflege,
Beschwerde- 1 Kundenhistorie Marktanalysen,
Management - Database - Wettbewerbs-
beobachtung
Auftrags-
Strategische und
bearbeitung,
operative
Fakturierung
Absatzplanung

Budgetierung,
Vertriebs-
Projektplanung, controlling
Workflows

Kontinuierlicher Geo-System,
Verbesserungs- 4 Tourenplanung,
prozess (KVP) Routenplanung

Zeitplanung,
Spesen-
abrechnung
© Vertriebssteuerung FH Landshut - Prof. Dr. Winkelmann
6. Kapitel: Die Vertriebspolitik 307

modul für die direkte Kundenansprache. Mit Hilfe der hier enthaltenen Dateien und
Werkzeuge können Außendienst, Online-Vertrieb, Call-Center (Interaction-Center),
Vertriebspartner (kooperatives CRM) und Marketing ihre Kontakte, Aktionen und
Kampagnen planen und durchführen. Verbindende Bausteine sind die Kun-
denqualifizierung und das Besuchsberichtswesen. Ein Marktforschungs-, Pla-
nungs- und Controllingmodul (analytisches CRM) ist, eventuell in Verbindung mit
Datamining, für die strategische Wettbewerbsbeobachtung, die gesamte Vertriebs-
planung und für das Vertriebscontrolling zuständig. Letztlich runden praktische
Hilfsmittel wie Touren- und Routenplanung, Betriebsmittelplanung, Projektsteue-
rung oder kontinuierliche Verbesserungsprozesse (KVP) auf der Grundlage von
Stärken- und Schwächenauswertungen (Grundlage hierzu: Besuchsberichte, Außen-
dienstinformationen) das Spektrum einer CRM-Lösung ab. Auch Terminplanung,
Reisekosten- und KFZ-Abrechnungen gehören in diesen Werkzeugkasten.

Abb.6-23 zeigt eine typische CRM-Maske für einen Firmenkunden. Die Personenda-
ten werden unabhängig hiervon in einer Kontaktpersonen-Datei geführt. Die Intelli-
genz steckt in diesen Details der Arbeitsmasken und damit in den Funktionalitäten,
die die Mitarbeiter bei der Kundenbetreuung unterstützen.

In der Praxis können sich die Systeme daher sehr stark unterscheiden; durch
• Basisfunktionalitäten ("Maskenkultur" der Software-Anbieter),
• Branchenlösungen (Templates) und
• unternehmensindividuelle Anpassungen (Customizing).
Damit ist die Frage der Vorgehensweise beim Aufbau eines CRM-Systems berührt.
Abb.6-23
Typischer Adressteil mit wichtigen Firmen- und Konzern-
daten. Achtung: Firmenblatt ist mit gesonderten Masken
für alle Personen im Buying Center verknüpft

Mögliche und tatsächliche


Produktanwendungen
bleiben stets im Blick

Wichtige
Plandaten, Abweichungs- Steuerungs-
analyse und Kunden- grössen für
qualifizierung bilden den den Vertriebs-
quantitativen Teil chef

Quelle: Ausgewählte CRM-Maske / System ADITO-colum-


bus; ADITO Software GmbH
308 Marktorientierte Unternehmensführung

g.) CRM-Aufbau: Aufgaben- und Prozessintegration


Wie kann sich eine Unternehmung ihren Werkzeugkasten der notwendigen CRM-
Funktionalitäten zusammenstellen? Der Weg zu CRM ist immer auch ein Weg der
Prozessstrukturierung und Prozessoptimierung. Also müssen Strukturen und Prozes-
se der Kundenakquise und Kundenbetreuung abgebildet werden. Drei Vorgehens-
weisen haben sich bewährt:
(1) Netzplanartige Darstellung der Verkaufs- (SalesCycle) und Serviceprozesse
(ServiceCycle) mit Lokalisierung und Optimierung aller Berührungspunkte mit
Interessenten und Kunden (Customer Touchpoints, auch: Moments of Truth),
(2) Zusammenführen von Abteilungen (Verantwortungsbereiche) und SalesCycle
(Phasen des Kundenprozesses) in einer CRM-Integrationsmatrix,
(3) Zusammenführen von Abteilungen (Verantwortungsbereichen) und Kunden-
kontaktformen (Telefon, Mail, Brief, Fax, Besuch) in einer CRM-Kanalintegra-
tionsmatrix.
Die Prozeduren sind ausführlich in einem Fachbuch beschrieben.659 Abb.6.24 be-
schränkt sich hier auf die Darstellung einer CRM-Integrationsmatrix.

Für alle Felder der Integrationsmatrix sind Aufgaben, verbindende Informationsflüs-


se und Leistungsgrößen (Benchmarks) zur permanenten Verbesserung der Marktbe-
arbeitung festzulegen. Erst auf dieser Basis sollten Software-Tools (Module und
Funktionalitäten) anforderungsgerecht ausgewählt und an die spezifischen Unter-
nehmensbedürfnisse angepasst werden. Dazu gibt es drei Vorgehensweisen:
(1) Kauf eines sog. Standardprogrammes und Aktivierung der benötigten CRM-
Funktionen (Bsp.: Siebel),
(2) Kauf eines flexiblen Systems und Anpassen von Prozessen und Funktionalitäten
an die speziellen Bedingungen einer Unternehmung bzw. einer Branche (Custo-
mizing von Branchen-Templates),
(3) vollständige Programmierung einer individuellen Softwarelösung (abzuraten).

Wichtig sind gut funktionierende Schnittstellen zum ERP-System, also zur Auftrags-
abwicklung, zur Fakturierung und zur Warenwirtschaft.
Abb.6-24
DIE ORGANISATION DES SALES-CYCLE (VERKAUFSPROZESS)

Funktionen MARKETING VERKAUF SERVICE


Opportunity-
Kunden- Neukundenge-
Call-Center, Management im
identifi- winnungsprogramm,
Mailingkampagnen Rahmen von Reparatur
zierung Referenzmarketing
und Service
Phasen des Verkaufsprozesses

Klassifikationsschema,
Kunden- Qualifizierungs-
Kundengruppen-
qualifizierung Workshop
analysen
Kunden- Direktmarketing- Vertriebsunterstützung
Besuchsstrategie
gewinnung Aktionen, Kampagnen durch Promotion

Order Abwicklung
--- Innendienst
Processing Wartungsaufträge

Kunden- Kundensicherungs-
Telemarketing, Wartung und Service,
nach- besuche gemäß
Call-Center, Hotline technische Hotline
betreuung Kundenqualifizierung

Spezielle Kundenzeitung, Pflege persönlicher Wartungsverträge,


Kunden- Kundeneinladungen zu Beziehungen, Verfolgung von
bindungen Messen und Events Betriebsbesichtigungen Kundenanregungen

659
vgl. die Beispiele bei: Winkelmann, (Vertriebskonzeption), 2005, S. 178 ff.
6. Kapitel: Die Vertriebspolitik 309

h.) Empfehlungen zur Auswahl von CRM-Anbietern


Es ist kaum möglich, auf die Frage nach den besten Anbietern bzw. nach den besten
CRM/CAS-Systemen eine verbindliche Auskunft zu geben. Auch den in Fachzeit-
schriften zuweilen vorgestellten Programm-Rankings sollte man kritisch gegenüber-
stehen:
(1) Es gibt nicht das "Über-System", das alle Anforderungen, insbesondere auch die
branchenbezogenen, erfüllen kann.
Lt. Markt- (2) Wir gehen davon aus, dass es in Deutschland (nur noch) 50 kompetente Anbieter
analyse von kleinerer und mittlerer Lösungen im Kontaktmanagement- und CAS-Bereich, ca.
Schwetz
Consulting / 10 Full-Range-Anbieter im Bereich mittelgroßer CRM-Lösungen und ca. 5 High-
Trovarit gab End-Anbieter für große CRM-Lösungen im internationalen Maßstab gibt. Hinzu
es Ende kommen die Spezialanbieter für Datenbanken, E-Business (z.B. eShop-Anbieter)
2006 in
Deutschland
und analytisches CRM (Data Warehouse, Datamining, Business- und Sales-
160 defi- Intelligence). Auch ERP-Programme nehmen für sich in Anspruch, CRM-
nierbare Funktionalitäten zu enthalten (z.B. SAP, Oracle), oder sie agieren im Package mit
CRM- einer aufgesetzten CRM-Lösung (SAP/R3 + SAP CRM).
Lösungen.
(3) Umfang, Leistungsfähigkeit und Flexibilität eines CRM-Systems ist von Qualität
und Integrationsgrad der zentralen Kundendatenbank und von der Anbindung an
Warenwirtschaft und Finanz- und Rechnungswesen abhängig (ERP-Anbindung).
Jedes noch so hervorragende CRM-System bleibt eine isolierte Insellösung, wenn
der Datentransfer mit der Betriebswirtschaft nicht klappt.
(4) Viele CRM-Lösungen beruhen auf kundenindividuellen Anpassungen, die nicht
in den offiziellen Kataloge und Demos der Softwarehersteller zu finden sind.
Was CRM-Anbieter wirklich leisten, bleibt unter der Oberfläche der Werbung
verborgen (auch um Ideenklau vorzubeugen).
(5) Die Fachkompetenz der bekannten CRM- und BI-Anbieter ist wohl unbestritten.
Aber jeder Softwareanbieter ist nur so gut wie seine Kunden. Verlangt der Kunde
kein Beschwerdewesen, dann bekommt er auch keines. Wir bewerten die Kom-
petenz eines Softwareanbieters daher in Abhängigkeit von der Qualität des
Pflichtenheftes mit den kundenseitigen Anforderungen.
(6) Bei der Anfertigung des Pflichtenheftes sollten sich die Anwender fachkundig
beraten lassen. Hier jedoch steckt ein Engpass für die Softwareindustrie. Gute
Berater und Projektmanager sind knapp. Die Leistungen etablierter Beratungs-
häuser (Accenture, ADL, Bearingpoint, CMG, CSC Ploenske, Debis, EDS,
Ernst&Young, Gedas, IBM Global Services, KPMG, Mummert + Partner, PWC,
SerCon, Siemens Business Services, SHS u.v.a.m.) sind kostspielig. Jedoch: Ohne
Beraterunterstützung bleiben Projekte schnell im internen Kompetenzgerangel
stecken.
(7) Jede Softwarelösung hat nur einen kurzen Lebenszyklus. Der Markt entwickelt
sich rasend schnell. Auf den Frühjahrs- und Herbstmessen (CeBIT, CRM-expo,
CRM-World, systems) jagen sich die Updates.

Zu den führenden CRM-Anbietern zählen u.a. ADITO, B&R, CAS, CAS Software,
Cursor, Frontrange, Merkarion, Microsoft, Oracle/PeopleSoft/Siebel, Pisa, Salesfor-
ce.com, SAP, SAGE, Saratoga, Selligent, Superoffice, Update. Auf Leistungsverglei-
che von CRM- bzw. Vertriebssteuerungssoftware wird hier verwiesen.660 Es ist an-
zuraten, die Leistungen der Softwareangebote nicht anhand der in den Prospekten
ausgewiesenen Funktionalitäten zu beurteilen, sondern daran, wie effizient sie vor-
gegebene Marketing- und Vertriebsaufgaben in der Praxis lösen (Pflichtenheft!).661

660
vgl. Winkelmann, (Vertriebskonzeption), 2005, diverse Kapitel
661
das ist die Vorgehensweise meines Buches im Vahlen Verlag: (Vertriebskonzeption), 2005
310 Marktorientierte Unternehmensführung

i.) Empfehlungen zur Einführung von CRM-Systemen


Abb.6-25 15 GRUNDVORAUSSETZUNGEN UND EMPFEHLUNGEN ZUR EINFÜHRUNG VON CRM

1.) Ordnung in den Datenbanken schaffen; Datenbankintegration sichern (= das Fundament).


2.) Das Gleiche gilt für die Warenwirtschaft, falls Warenwirtschaft außerhalb des Kern-CRM-Systems liegt (ist
die Regel).
3.) Einigkeit im Vorfeld über ein kundenorientierte Geschäftsphilosophie herstellen. Das System selbst ist nur
Werkzeug. Die entsprechende Firmenkultur muss im Vorfeld gestaltet werden.
4.) Vertriebschef als Werkzeugmacher. Nicht die IT-Abteilung sollte treibende Kraft sein, sondern die Füh-
rungskräfte, die auch letztlich für den Markterfolg verantwortlich sind.
5.) Ein CRM-System löst keine Teamprobleme. Menschliche Probleme in oder zwischen den Abteilungen im
Vorfeld klären.
6.) Task-Force aller von Kundenprozessen beteiligten Abteilungen bilden. Interne Verbündete sollten die trei-
benden Kräfte sein, Projektmitarbeiter des Softwarehauses fungieren nur als Coaches.
7.) Wer hat Spass und Ambitionen, den Veränderungsprozess zu begleiten? Diese KollegInnen sollten vorher
als sog. Administratoren berufen sein.
8.) Teams und Administratoren entwerfen Grundzüge des Pflichtenheftes: Mit welchen Vorgängen, CRM-
Bausteinen und -funktionalitäten, Schlüsselkennzahlen wollen wir künftig unser Kundenmanagement steu-
ern?
9.) Mindestens drei Softwarehäuser gemäss Anforderungen im Pflichtenheft präsentieren lassen.
10.) Bei den Kostenbetrachtungen "Nachholinvestitionen" (Fehler der Vergangenheit, Versäumnisse, z.B. in
EDV-Ausrüstung und -schulung) aus der Rechnung heraushalten. Sonst rechnet man sich selbst aus dem
Projekt!
11.) Nicht den billigsten Anbieter wählen, sondern den, mit dem die eigene Organisation am besten lernen
kann. Je besser das Pflichtenheft, desto gezielter kann das Softwarehaus arbeiten.
12.) Konkurrenzorientiertes und branchenbezogenes Customizing ist wichtig. Man stelle sich vor, alle Unter-
nehmen würden mit einem Siebel-System steuern. CRM muss auf Wettbewerbsvorteile abzielen.
13.) Umstellung mit Pilotprojekt schrittweise beginnen - erst einmal eine Abteilung, eine Region, eine Kunden-
gruppe etc.
14.) Auch Funktionalitäten schrittweise einführen: Kundendatenbank - Historie - Außendienststeuerung - Be-
schwerdewesen - Opportunity-Management usw.
15.) Den Mitarbeitern die Veränderungsangst nehmen. Ausreichend Ressourcen für Schulung bereitstellen.

(Quelle: Winkelmann, in: C-business NEWS - www.CRM-portal.de


Christoph Busch [email protected] / Ausgabe 2/2001)

Abb.6-25 enthält wichtige Einführungsempfehlungen. Immer wieder wird behauptet,


über 50 Prozent aller CRM-Einführungen würden scheitern.662 Dagegen ist anzumer-
ken, dass der Erfolg einer CRM-Konzeption abhängt
(1) von der Qualität des Pflichtenheftes (Artikulation der Anforderungen),
(2) von den technischen Voraussetzungen beim Anwender,
(3) dabei insbesondere von der Qualität der vorhandenen Datenbanken,
(4) von der EDV-Erfahrung der Anwender,
(5) von der Konsequenz (Investitionsbereitschaft) des Managements,
(6) insofern von den zur Verfügung stehenden Budgets (großes Problem: sog. hand-
gestrickte, halbherzige Sparlösungen),
(7) von der Vorbildfunktion der Führungskräfte (Noch immer gibt es Vertriebsleiter,
die keinen PC auf dem Schreibtisch haben und benötigte Daten umständlich vom
Controlling oder von den Niederlassungen abrufen),
(8) von der Akzeptanz der Anwender (User).

Deshalb gilt für eine erfolgreiche CRM/CAS-Einführung die Devise, dass das
Pflichtenheft von Anfang an im Team aller betroffenen Abteilungen zu erarbeiten ist.
Die Einführung von CRM wird scheitern bzw. wird mit großen Problemen verbun-
den sein, wenn sie vom Management den Mitarbeitern ohne Vorbereitung und ohne
gemeinsam vereinbarte Marktzielsetzungen oktroyiert wird. Zu warnen ist auch vor
hektischen Systemeinführungen. Nach einem halben Jahr sollten Grundfunktionen
eingeführt sein und problemlos laufen. Über ein weiteres Jahr sind Ausbaustufen
vorzubereiten und Erfahrungen zu sammeln. Erst nach zwei Jahren sollte man auf
eine erfolgreiche CRM-Einführung zurückblicken können.

662
vgl. z.B. Studie der GartnerGroup, zit. in Winkelmann, (Vertriebskonzeption), 2005, S. 242
6. Kapitel: Die Vertriebspolitik 311

Die Weiterentwicklungen von CRM/CAS gehen in folgende Richtungen:


(1) Integration von Marktforschung und Controlling (Business Intelligence),
(2) verstärkte Berücksichtigung „weicher“ Beziehungsfaktoren und Einbezug neuer
"Metriken" zur Bewertung weicher Faktoren (z.B. Messung der Kundenbindung),
(3) mehr interaktive Elemente im Kundendialog mit integrierter Responsemessung,
(4) dazu Integration von Call-Centern in die Vertriebssteuerung und Weiterführung
der Call-Center zu integrierten Customer-Care-Centern (s. Abschnitt 7.8.6.),
(5) sowie eine enge Verknüpfung der Vertriebssteuerung mit E-Commerce663 und
anderen Kanälen zum Multikanalvertrieb (Multi Channel Marketing),
(6) Ausbau des mobilen Verkaufens (M-Commerce) mit Hilfe von GPRS/UMTS,
(7) Workflows und andere, spezielle Prozeduren zur Messung und Steigerung des
Zeit- und Ressourceneinsatzes im Vertrieb (Ziel: Senkung der Vertriebskosten).

Marktanteile Ohne CRM ist eine qualifizierte Marktbearbeitung heute kaum mehr denkbar. Jedoch
von CRM: arbeiten erst 20 – 30% der Unternehmen mit CRM/CAS-Systemen. Mehr Aufklärung
40-50% der
Großunter- tut Not, um die noch oft auf Geschäftsführungsebene existierenden Vorbehalte gegen
nehmen und CRM abzuschwächen und der Vertriebsführung mit System zum endgültigen Durch-
10-20% im bruch zu verhelfen.664 Entscheidend wird dabei eine Vorbildrolle der Marketing- und
Mittelstand.
Vertriebsleiter im Sinne von Werkzeugmachern und als Coaches ihrer Mitarbei-
ter zur Milderung von Veränderungsängsten sein.

6.4. Verkaufspolitik (im engeren Sinne)


6.4.1. Kunde und Kundenorientierung
"Wie man ein gutes Bier braut, das wissen wir alle - nur das Verkaufen ist ein Pro-
blem." (Brauereibesitzer Herbert Zötler in einem Interview)665
Nach einer
EMNID-
Als Verkauf wollen wir „den Vorgang des Kaufvertragsabschlusses ein-
Umfrage schließlich der zuvor erfolgten Anbahnung in Form der Güterdarbietung, der
2002 bei 500 Kaufberatung und der Kaufverhandlung bezeichnen.“666
Unterneh-
men be- Im Mittelpunkt des Verkaufs steht König Kunde. Wer aber ist unser Kunde? Wer
trachten die
Unterneh-
seinen Kunden verstehen will, muss ihn aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten.
men den Zunächst ist zu fragen:
persönlichen (1) Direkter / indirekter Kunde: Geht es um einen Interessenten oder Kunden, der
Verkauf als bei mir kauft oder geht es um einen Absatzmittler, Meinungsführer, Sachverstän-
das wich-
tigste Markt- digen, der indirekt meine Verkaufsbemühungen unterstützt.
instrument, (2) Firmenkunde / Geschäftskunde / Privatkunde: Wer leistet die Kaufunter-
vor den schrift: eine Firma, eine Geschäftsmann/-frau mit beruflichem Hintergrund oder
Messen und ein privater Endkunde mit persönlichen Bedüfnissen? Es geht hier um die
Ausstellun-
gen. Rechtsdimension des Kunden (s. Punkt (2) der folgenden Auflistung).

Nach Klärung dieser vertriebspolitischen Frage (auch: BtoB, BtoC) sollte ein Interes-
sent oder Kunde in einem 360Grad-Rundumblick durchleuchtet werden (Abb.6-26):
(1) Abrechnungsdimension: Der Kunde muss zunächst als Kundennummer erfasst
sein, damit sich die Transaktionsvorgänge verbuchen lassen.
(2) Rechtsdimension: Der Kunden als Rechtspersönlichkeit (Person und/oder Fir-
663
Quelle: Vortrag von Winkelmann auf dem Vertriebsingenieurtag 1999 in Darmstadt
664
vgl. Winkelmann, (Durchbruch), in: ASW, 3/1998, S. 70 und 72
665
mit dieser Bemerkung würde er mittelständischen Brauern aus der Seele sprechen: vgl. die Mel-
dung "Mit Liebe zum Bier am Markt bestehen" in der Landshuter Zeitung v. 12.10.2000
666
Ahlert, (Distributionspolitik), 2005, S. 27
312 Marktorientierte Unternehmensführung

ma) ist für die Rechtsverbindlichkeit der Geschäfte relevant.


(3) Branchendimension: Den Kunden als Element eines bestimmten Marktes oder
Marktsegmentes zu begreifen, ist bedeutsam im Hinblick auf Wettbewerbsver-
hältnisse, Zukunftseinschätzungen für den Absatzmarkt und damit für die Preis-
politik (Der Kunde als Teil einer Preis-Absatzfunktion).
(4) Potenzialdimension: Die Kunden-Unternehmung ist im Hinblick auf Einkaufs-
potenziale, bestehende und erreichbare Lieferanteile wie auch im Hinblick auf
den Gewinnbeitrag zu betrachten.
(5) Zeitdimension: Den Kunden auf einem Entwicklungspfad vom Interessenten
zum Neukundnen bis zum Stammkunden zu sehen, ist wichtig für einen lebens-
zyklusadäquaten Einsatz von Verkaufsmaßnahmen.
(6) Netzwerkdimension: Die Rolle des Kunden mit seinen Aufgaben und Interes-
sen im Buying-Center-Netzwerk steht im Mittelpunkt der Verkaufstaktik.
(7) Partnerdimension (Dimension der Firmenkultur): Hierbei geht es um die Be-
urteilung der geschäftlichen Beziehung; unabhängig von persönlichen Emotio-
nen. Den Kunden und die Kundenfirma als Wertschöpfungspartner zu gewin-
nen, sollte Ziel jeder Marketingphilosophie sein. Partnerschaften können nur
durch eine Kundenorientierung der Gesamtorganisation verwirklicht werden. Die
(Firmen)Kundenbindung muss halten, auch wenn Einkäufer wechseln.
(8) Persönlichkeitsdimension (die „Chemie“): Hier geht es um persönliche, gegen-
seitige Wertschätzungen und Emotionen. Diese sind letztlich Enklave jedes ein-
zelnen Kundenbetreuers, der mit "seinem Kunden" seine persönliche Geschichte
hat. Diese kann von der Haltung der Gesamtorganisation abweichen. Ein Kunde
kann z.B. ein treuer Freund des ihn betreuenden Verkäufers sein. Er kommt aber
vielleicht mit seinem Ansprechpartner im Innendienst nicht zurecht.

Abb.6-26

6.4.2. Lead-Generierung und Verkaufstrichter-Management


Die Top-5 Diese 360Grad-Kundenbetrachtungen stehen am Anfang einer Neukundensuche.
Unternehmen
mit den meis-
Eine systematische Neukundensuche wird auch als Lead-Managment bezeichnet. Ein
ten Kunden: Lead ist ein aussichtsreicher und daher verfolgungswürdiger Kontakt. Lead-
Ebay 14,9 Qualifizierung bedeutet für den Verkäufer, aus der Fülle seiner möglichen Kontakte
Mio., Amazon (Visitenkarten) die erfolgversprechenden herauszufiltern. Das Lead-Management
8,2 Mio.,
Tchibo 4,4
gibt hierzu und zur Vorgehensweise der daraus folgenden Akquisition die Richtung
Mio., Otto 3,1 vor:
Mio., Welt- (1) Es muss Klarheit darüber bestehen, wie die Verkaufsverantwortlichen zu neuen
bild 2,8 Mio. Kontaktmöglichkeiten, d.h. zu neuen Interessenten kommen. Unabhängig von der
(Acta 20005)
Emsigkeit und dem Akquisitionsgeschick des einzelnen Verkäufers ist eine Kon-
taktstrategie für die gesamte Verkaufsorganisation zu erarbeiten.
6. Kapitel: Die Vertriebspolitik 313

(2) Aus Ressourcen- bzw. Kostengründen muss geregelt werden, welche potenziel-
len Interessenten weiterverfolgt werden sollen und welche nicht. Eine Kunden-
Vorqualifizierung (Vorbeurteilung) übernimmt diese Aufgabe der Lead-Gene-
rierung. Später, nach Kontaktaufnahme mit den Leads, wird die eigentliche
Kundenbewertung folgen. Sie entscheidet über zukünftige Kundenbesuche, Tele-
fonkontakte oder Mailing-Aktionen - gemäß Kundenwertigkeiten.
(3) Die Steuerung der Akquisitionsbemühungen erfolgt im sog. Verkaufstrichter,
auch Sales Pipeline oder Sales Funnel genannt. Dieser Trichter, in den Ver-
kaufschancen quasi hinein- und hoffentlich viele Aufträge hinausfließen, ist zu
organisieren. An ihm lässt sich die Leistungsfähigkeit einer Vertriebsorganisation
messen. Wir bezeichnen ihn deshalb als Kräftespeicher.

Wie finden die Kundenbetreuer neue Interessenten? Übliche Quellen sind:667


• Visitenkarten, Interessenten-Kartei (-Datei),
• Adressbücher, Verbandsadressen, Adressverlage,
• Existenzgründer-Datei,
• Hinweise und Empfehlungen seitens Stammkunden und Lieferanten,
• Rückgewinnung von verlorenen oder inaktiven Kunden,
• Ansprache von bekannten, wechselbereiten Kunden des Wettbewerbs (Zielkun-
den aus der RMP-Gruppe),
• Kontaktsuche via Telemarketing (Call-Center-Aktionen),
• Kontaktsuche durch Direct Mails (Werbebriefe mit Antwortcoupon),
• Kontaktsuche über das Internet, wobei Spamming (unerlaubte Mailings) zu
vermeiden ist,
• Kontakte auf Fachmessen und Ausstellungen,
• Kontaktsuche auf Fachtagungen, Workshops und Konferenzen,
• Hinweise auf mögliche Kunden aus Fachzeitschriften oder aus der Werbung.

Der Ver- Abb.6-27 verdeutlicht das Dilemma des Verkaufstrichters, des wahren Kräftespei-
kaufstrichter chers der Unternehmung. Viele Unternehmen geben sich damit zufrieden, wenn
ist der wahre aus den Angeboten für 100 Leads im Durchschnitt 10 Aufträge mit durchschnitt-
Kräftespei-
cher der lichen Umsatzerlösen resultieren. Drohen Umsatzausfälle und werden dann hektisch
Unterneh- 25 Neukunden zu deren Kompensation gefordert, dann müssen halt 250 neue Leads
mung. akquiriert werden. Doch niemand fragt danach, ob es überhaupt so viele potenzielle
Neukunden gibt, was deren Gewinnung "kostet" (Preiszugeständnisse!) und vor allen
Dingen, was mit den 225 verlorenen Auftragschancen geschieht. Wer gewinnt aus
welchen Gründen diese Geschäfte? Und mit welchem Aufwand hätte man das ver-
Abb.6-27
VERKAUFSTRICHTER NACH DEM VERKAUFSTRICHTER NACH DEM
MASSENMARKETING-MODELL TOTAL SALES QUALITY MODELL

konsequente Angebots- /
Angebotsverluste für Mehrumsatz viele Leadqualifizierung
Kontakte notw endig

konzen-
trierte
Kunden-
bearbeitung
uuuunduuuu
-bindung

Aufträge Aufträge

667
vgl. Winkelmann, (Vertriebskonzeption), 2005, S. 502-503
314 Marktorientierte Unternehmensführung

Nicht weite hindern können? Diese Gedanken führen zu einer neuen Strategie für den Verkaufs-
Verkaufs- trichter gemäß Total Sales Quality:
trichter mit
geringen ⌦ Es kann nicht Ziel sein, den Verkaufstrichter mit möglichst vielen Leads zu fül-
Hit-Rates len. Es ist besser, wenigen, dafür aber besser vorqualifizierte Leads konsequent
(Auftragser- nachzugehen. Ein Verkaufstrichter muss eng, nicht weit gehalten werden.
folgsquoten)
sind sinn- ⌦ Aus diesem Grund darf der Trichter nicht als einfaches Input-Output-Modell
voll, sondern gesehen werden. Er ist als mehrstufiger Prozess zu organisieren.
enge Trich- ⌦ Auf jeder Stufe sind Leads nach festgelegten Regeln zu qualifizieren. Die Kun-
ter mit ho-
hen Hit-
dengewinnung stellt sich dann als eine Folge von Go-No-Entscheidungen dar.
Rates. ⌦ Auf allen Prozessstufen im Trichter sind die Auftragserfolge (Hit-Rates) perma-
nent zu kontrollieren (Controlling des Verkaufstrichters).

Abb.6-28 zeigt die Analyse eines mehrstufigen Verkaufstrichters. Von der Vertriebs-
leitung sind 3 Angebots-Prioritätsstufen mit unterschiedlich komplexen Bearbei-
tungsschritten, Ressourcenzuteilungen und Kostenrahmen definiert. Eingehende An-
fragen sind zunächst im Innendienst Angebotskontakte. Erhalten sie mehr Priorität,
dann werden sie zu Nachfasskontakten hochgestuft. Die Top-Angebote gelangen
schliesslich auf die Ebene der Intensivkontakt, wo dann sogar Chefbesuche erlaubt
sind.668 Ein Unternehmen in der Praxis differenziert z.B. in Contacts, Prospects und
Hot Prospects. Ein Verkäufer sollte schauen, dass er seinem Trichter immer frische
Leads zuführt. Der Trichter darf nicht austrocknen. Aufgabe des Verkaufstrich-
ters- und des Pipeline-Managements ist es, diese regelmäßige Befüllung der Trichter-
Abb.6-28 stufen und die Verweildauern, Kosten und Erfolgsquoten der Stufen zu überwachen.
CONTROLLING
Leads- in Angebote Absagen - noch offen, Veränderung
VERKAUFS- Trichterbestand Aufträge Hit-Rate auf Übergang auf
Zugang lfd. Bearbeitung nicht mehr Angebote Bestand Trichter-
TRICHTER © Prof. Monatsanfang gewonnen Trichterstufe nächste Stufe
Winkelmann Monat im Trichter akut verloren Monatsende bestand

Angebotskontakt 110 60 170 10 20 10 25% 40 90 -18%


Nachfasskontakt 40 40 80 5 10 20 57% 20 25 -38%

Intensivkontakt 20 20 40 2 5 14 67% 19 -5%

neue Leads 60 17 35 44 46% Trichter neu: 134


Monat 04/2004 Trichter alt: 170
Veränd.Trichter -21%

6.4.3. Verkaufsprozess: Der SalesCycle


Durch die Lead-Generierung wird ein Prozess angestossen. Man spricht auch vom
Akquisitions- oder Verkaufszyklus (SalesCycle).669 Zu klären ist, welche Abteilung
bzw. welcher Vertriebsmitarbeiter welche Arbeiten im Kundengewinnungs- und –
sicherungsprozess zu übernehmen haben. Wer seine Prozesse nicht organisiert, dem
drohen Zeit- und Ressourcenverschwendung mit erhöhten Vertriebskosten. Abb.6-29
zeigt ein Grundmodell des SalesCycle. Neben dem Grundprozess der Kundenge-
winnung sind zahlreiche andere vertriebliche Abläufe zu organisieren (z.B. Be-
schwerdeprozess, Einführungsprozess für ein neues Produkt, Kunden-Entwicklungs-
prozess, Händler-Gewinnungsprozess etc.).670

Ein SalesCycle (Verkaufszyklus) unterteilt die Kernprozesse des Verkaufs


von der Kundenansprache bis zur Umsatzgenerierung und Nachbetreuung in
kaufrelevante Phasen und definiert für diese organisatorische Zuständigkeiten.
Ein SalesCycle ist als Organigramm des Verkaufsprozesses zu verstehen.
Zuweilen wird auch vom CRM-Cycle gesprochen.

668
das Verfahren wird ausführlich dargestellt in: Winkelmann, (Vertriebskonzeption), 2005, S. 598
669
vgl. Hofbauer; Hellwig, (Vertriebsmanagement), 2005, S. 53 mit dem 11-Stufen SellingCycle
670
vgl. mit alternativen Prozesskonzepten Winkelmann, (Vertriebskonzeption), 2005, S. 178-190
6. Kapitel: Die Vertriebspolitik 315

Abb.6-29
Kontakte qualifizieren,
mögliche Kunden
(Leads) identifizieren
den Kunden evtl. Interessenten (Leads)
zurückgewinnen ansprechen
(Kontaktmanagement)

den Kunden Der


weiterentwickeln (Up- CRM- den Kunden verstehen,
Chancen bewerten
und Cross Selling) SalesCycle

den Kunden nachbetreuen anbieten, über-


und binden zeugen, gewinnen

den Kunden be-


liefern (Processing)

6.4.4. Kundenbewertung (Kundenqualifizierung)


a.) Ist jeder Kunde König?
Aus einer systematischen Neukundensuche bzw. dem Lead-Management gehen po-
tenzielle Kunden (Interessenten), Gelegenheitskunden oder sogar Stammkunden her-
vor. Die Frage ist, ob nun jeder Kunde König ist. Wollen wir wirklich jeden Kunden
zum König krönen?

Diese lapidare Forderung vieler Marketing-Propheten birgt erhebliche Risiken:


(1) Eine derart verstandene Kundenzufriedenheit (Das hieße im Extremfall, dem
Kunden jeden Wunsch zum Preis von 0 zu erfüllen) kann einen Lieferanten in
den Ruin treiben. Kundenzufriedenheit muss sich rechnen. Die Verkaufsan-
strengungen müssen dem Potenzialbeitrag des Kunden angemessen sein.
(2) Außerdem führt die Forderung, alle Kunden zu Königen zu machen, zu einer
Zersplitterung der Kräfte. Erfüllen Unternehmen alle Wünsche ihrer Kunden,
dann ufern Leistungsangebote schnell aus und der Anbieter erleidet Kostennach-
teile. Gute Kunden müssen die schlechten subventionieren. Belz u.a. sprechen bei
Gleichbehandlung aller Kunden vom Passantenmarketing, das sich allenfalls als
Laufkunden-Philosophie eines Kiosks rechtfertigen lässt.671

So ist Backhaus zuzustimmen, wenn er sagt: „Kundenorientierung heißt


nicht, Wünsche zu erfüllen, sondern Zahlungsbereitschaften abzugrei-
fen.“672 Um diese Zahlungsbereitschaften abzuschätzen, müssen Kunden
qualifiziert werden. Kundenqualifizierung bedeutet, die "Auswahl der
Könige" nach festen Regeln vorzunehmen. Welche Argumente sprechen
für eine Ungleichbehandlung der Kunden?

Pension (1) Die Vertriebsressourcen reichen i.d.R. nicht (nie) aus, um alle Kunden mit glei-
Gartenheim,
Schenna,
cher Intensität zu betreuen. Das wäre zu kostspielig.
Tirol (2) Viele Kunden rechnen sich nicht. Eine Kundenerfolgsrechnung würde für sie
negative Kostendeckungsbeiträge aufzeigen. Geringe Auftragsmengen, nicht kos-
tendeckende Preise und ein unvertretbar hoher Betreuungsaufwand (Nörgelkun-
de); diesem Kundentyp gebührt bestimmt nicht die Betreuungspriorität.

671
vgl. Belz u.a., (Geschäftsbeziehungen), 1998, S. 50
672
Backhaus, (Kunden), in: MM, 6/1998, S. 141
316 Marktorientierte Unternehmensführung

(3) Kunden stellen unterschiedliche Anforderungen:673


„Natürlich will ein Großkunde anders behandelt werden als ein Kunde aus dem Mit-
telstand. Für Großkunden sind zum Beispiel betriebswirtschaftliche und technische
Konzepte gefordert, für einen kleineren Kunden ist es wichtig, sein Problem ganzheit-
lich mit einem Partner aus einer Hand zu lösen.“674
(4) Diese können nicht alle gleich gut erfüllt werden. Blanchard und Bowles meinen:
„Wer sich um einen guten Kundenservice bemüht, meint aber immer noch, er muss es
jedem und in jeder Beziehung recht machen. Und das funktioniert nicht.“ 675
Die Betreuungskräfte sollten daher verstärkt dorthin gelenkt werden, wo die ei-
genen Fähigkeiten die Kundenwünsche besonders gut befriedigen.
(5) Stammkundenpflege und Neukundengewinnung müssen in eine Balance gebracht
werden. Auf einer Seite ist immer ein Kompromiss zu finden.
Gutes Mar-
keting be-
Aufgabe der Kundenbewertung (Kundenqualifizierung) ist somit die
deutet, einen Aufteilung des Interessenten- und Kundenstammes in wichtige und unwichtige
Kunden Kunden. Dazu sind die Kunden aus verschiedenen Blickwinkeln heraus im
nicht spüren Hinblick auf ihren Beitrag zur Zielerreichung zu bewerten und zu
zu lassen,
dass er nicht
klassifizieren. Die Kunden erhalten Prioritäten, nach denen die Besuchsres-
zu den Kö- sourcen und andere Betreuungsmaßnahmen ausgerichtet werden.
nigen zählt.
Eine Kundenbewertung bestimmt Kundenprioritäten. Das bringt folgende Vorteile:
(1) Mehr Aussagefähigkeit über den Wert des Kundenstamms – eine Informations-
pflicht im Rahmen der Basel-II-Unternehmensbewertung.
(2) Bewusste, nachvollziehbare Zuteilung der Unternehmensressourcen auf Interes-
senten, Kunden und Kundengruppen (Zielgruppen),
(3) mehr Effizienz und Kostenbewusstsein im Vertrieb,
Wir können (4) erfolgsorientierte Zielgruppenbildung für Marketingkampagnen,
nur die (5) besseres Eingehen auf Kundenwünsche und dadurch
Kunden zu (6) mehr Souveränität in der Kundenbetreuung,
Königen
machen, die (7) mehr Agieren, weniger Reagieren im Markt und dadurch Wettbewerbsvorteile,
das verdie- (8) mehr Zeit für die richtigen (wichtigen) Kunden,676
nen. (9) kontinuierlicher Lernprozess für die Mitarbeiter.

Verschiedene Betroffene sehen die Notwendigkeit zu einer Kundenbewertung:


(1) Das Management fragt nach den Wichtigkeiten bzw. Wertigkeiten von Markt-
segmenten. Frage: Sind wir überhaupt in einem interessanten Markt?
(2) Das Marketing interessiert sich für Prioritäten für unterschiedlich gefilterte
Kampagnen-Zielgruppen: Sollen erst die Kunden in der Altergruppe 35+ das
Mailing bekommen oder die Gruppe der Jugendlichen – oder soll man auf eine
Kampagnen-Zielgruppe ganz verzichten?
(3) Die Vertriebsleitung fragt nach den Prioritäten für Großkunden. Soll im nächs-
ten Monat eher BMW oder eher DaimlerChrysler mit Priorität besucht werden?
(4) Ein Außendienstmitarbeiter betrachtet z.B. die Adressen möglicher Neukunden
und fragt danach, in welcher Prioritätsreihenfolge er bei einer Neukundenaktion
die potenziellen Interessenten angehen soll.
(5) Der Innendienst fragt nach Prioritäten (Wichtigkeiten) der zur Zeit offenen An-
gebote, bei denen nachgefasst werden muss.
Die Literatur geht überwiegend auf die Stammkundenbewertung ein; mit dem
Problem, dass (wie bei der ABC-Analyse) potente Neukunden übersehen werden.

673
so gibt es Kunden, die von sich aus gar nicht König sein wollen; die z.B. im Einzelhandelsgeschäft
nicht angesprochen und nicht beraten werden wollen. Und auch Könige wollen nicht belästigt werden.
674
Drosten, (SAP), in: ASW, 3/1998, S. 16
675
Blanchard; Bowles, (Kundenbegeisterung), 1994, S. 52
676
vgl. Winkelmann, (Marktsegmentierung), 1999, S. 112-129
6. Kapitel: Die Vertriebspolitik 317

Abb.6-30
DIE ANALYSE VON KUNDENWERTIGKEITEN UND KUNDENPRIORITÄTEN IM VERTRIEB

Frage von Management und Marketing: Was ist eine strategische Zielgruppe wert? Strategische Prioritäten?

Frage von Vertriebsleitung und Marketing: Was ist eine Kampagnen-Kundengruppe wert? Operative Priorität?

Frage für die Vertriebssteuerung: Was ist ein einzelner Kunde wert? Welche Priorität erhält der einzelne Kunde?

Ökonomischer Wert: Referenzwert


Informationswert strategischer Wert
Customer Customer
Equity Value

Adressenqualifizierung / Lead-Vorqualifizierung von potenziellen Interessenten


Frage: Welche Kontaktmöglichkeiten soll der Kundenbetreuer mit welchem Aufwand wahrnehmen?

Lead-Qualifizierung / Bewertung von Interessenten nach Erstkontakt


Frage: Welche Leads soll der Kundenbetreuer mit welchem Aufwand weiterverfolgen?
Wenn sich aus den Lead-Kontakten Angebote ergeben:
Angebots-Qualifizierung / Bewertung von Anfragen und Angeboten
Frage: Welche Angebote soll der Vertrieb mit welchen Zugeständnissen und mit welchem Aufwand
weiterverfolgen?

Kundenqualifizierung i.e.S. / regelmäßige Bewertung im Laufe einer Geschäftsbeziehung


Frage: Welche Kunden soll der Vertrieb mit welchem Aufwand betreuen und binden?

ABC-Analyse nach Umsatz


ABC-Analyse nach Ergebnis (Kundendeckungsbeitrag)
Value from the

kombinierte ABC-Analyse nach Umsatz und Ergebnis (Kundendeckungsbeitrag)


Customer

multifaktorielle Kundenbewertung = Scoring-Modelle


strategische Kundenportfolios (Visualisierung von Prioritäten mit strategischen Beurteilungsgrößen)
operative Kundenportfolios (Visualisierung von Prioritäten mit Parametern aus der Vertriebssteuerung)
Kundenkapitalwert (der idealtypische ökonomische Kundenwert - finanzwirtschaftlicher Kundenwert)
Customer Liftetime Value (im Prinzip nichts anderes - Bewertung über den Lebenszyklus)
Customer Value Potenzialwert (Bewertung des auf Kundenseite generierbaren Wertepotenzials)
Value to the
Customer

Dynamische Kundenpriorität
Frage: Wo steht der Kunde auf dem Weg vom Interessenten zum Stammkunden?

Zusammenfassende (integrierende) Kundenpriorität


Frage: Welche Priorität erhält der Kunde in der Gesamtschau aller Teilbeurteilungen?

© Prof. Dr. P. Winkelmann


318 Marktorientierte Unternehmensführung

Es wäre von Vorteil, wenn sich als Nachweis einer Kundenwichtigkeit (Kundenprio-
rität) ein monetärer Kundenwert (in Euro) berechnen liesse. Branchen wie Banken,
Versicherungen oder Leasinggesellschaften können so vorgehen. Das Problem ist
nur, dass es verschiedene Kundenwerte gibt: 677
(1) Der ökonomische Kundenwert bewertet Kunden monetär, nach Umsatz oder
Deckungsbeitrag. Er fragt letztlich danach, welchen Beitrag ein Kunde zur Ei-
genkapitalstärkung erbringt. Man nennt diesen „klassischen Kundenwert“ auch
Customer Equity (CE).678
(2) Der strategische Kundenwert fragt nach der Kundenwichtigkeit für die eigene
Marktstrategie. Auch ein Kleinkunde kann eine hohe strategische Bedeutung ha-
ben, wenn er dem Lieferanten z.B. Zugang zu einer neuen Technologie eröffnet.
(3) Der Informationswert bewertet Kunden nach ihren Beiträgen zur Stärkung des
eigenen Wissens und der eigenen Kompetenz.
(4) Der Referenzwert bewertet Kunden danach, wie stark sie den eigenen Markter-
folg durch Referenzen, Mund-zu-Mund-Werbung oder eigene Akquisitionsaktivi-
täten unterstützen (Kunden werben Kunden).

b.) Übersicht über die Verfahren zur Kundenbewertung


Praxisbefra- Folgende Verfahren bieten sich für eine Kundenbewertung an:680
gungen er- (1) Klassische ABC-Analyse nach Umsatz (98%),
geben leider:
Nur etwa (2) ABC-Analyse nach Deckungsbeiträgen (Kunden-Deckungsbeiträge) (65%),
jeder sechste (3) Kundenwertanalyse (Kundenkapitalwertrechnung),
Investitions- (4) Kundenlebenszyklus-Analyse (Customer Lifetime Value) (5%),
güterherstel- (5) Multifaktorenanalyse: Punktbewertungen (Scoring-Modelle), z.B. die RFMR-
ler beurteilt
permanent Methode (14%),
und syste- (6) Kundenbewertung in strategischen und operativen Kundenportfolios (23%),
matisch den (7) Kundenprioritäten gemäß Kundenstatus-Analysen (Kunden-Loyalitätsleiter),
Wert seiner
Kunden.679
(8) ganzheitliche, strategische Bildung von Kundenprioritäten.

Abb.6-30 gibt eine Übersicht über die gängigen Verfahren zur Kundenqualifizierung.
Die ABC- Die Zusammenstellung geht auch auf die Problematik ein, dass der Begriff Kunden-
Struktur der wert derzeit doppelt belegt ist:
Deutschen (1) als Customer Equity (CE) = Wert des Kunden aus Lieferantensicht,
Bahn AG: (2) als Customer Value (CV) = Wert des Lieferanten aus Kundensicht.
4% der Kun-
den vereinen
85% vom
Man kann auch von Value from the Customer und Value to the Customer spre-
Umsatz, die chen. Bei Wertschöpfungsparterschaften (bzw. bei Win-Win) halten sich CE und CV
nächsten 7% die Waage. Ein Kunde sollte also auch danach bewertet werden, welche Wertepoten-
10% vom ziale ein Lieferant bei ihm zukünftig generieren kann. Ein Kleinkunde muss folglich
Umsatz, und
89% aller
nicht ewig Kleinkunde bleiben. Durch Value Production kann man ihn eventuell
Kunden zum mittelgroßen Kunden oder sogar zum Top-Kunden entwickeln. Kundenbewer-
tragen ledig- tung sollte deshalb nicht auf den Vergangenheitsblick beschränkt bleiben.
lich 5% zum
Umsatz bei. Die bekanntesten Verfahren werden im folgenden vorgestellt. Weitergehende Dar-
(Aussage stellungen finden sich in ergänzenden Quellen.681
von Bahn-
chef Meh- 677
dorn in vgl. die Zusammenfassung bei Meyer; Dullinger, ( Leistungsprogramme), 1998, S. 772-774 nach
einem TV- einer Einteilung der Wertbeiträge von Schleuning 1994.
678
Interview vgl. Winkelmann, (Kundenstamm), in: IT-Business, 3/2005, S. 2-3
679
11/2000). gemäß einer Untersuchung von VDI und der CEO AG in Krefeld: vgl. Deppermann; Marzian,
(Win-Win), in: ASW, Sondernummer Oktober 1998, S. 142
680
in Klammern die Anzahl der Unternehmen, die in einer Studie des Instituts für Marketing und
Handel der Universität St. Gallen angaben, das Bewertungsverfahren regelmäßig einzusetzen: s. hier-
zu Hassmann, (Kunden), in: salesBusiness, 3/2005, S. 26
681
insbesondere bei Winkelmann, (Vertriebskonzeption), 2005, S. 282-334
6. Kapitel: Die Vertriebspolitik 319

FIRMENRANKING GEMÄSS ABC-ANALYSE


UMSATZKONZENTRATION NACH ABC-ANALYSE
Kundenzahl Umsatz-
Umsatz Umsatz-
Rang Firma in % anteile 100%
in T EUR anteile
kumuliert kumuliert
90%
1 Wilke 10% 1.488 37% 37%

bringen wieviel Prozent vom Umsatz


2 HGM 20% 943 24% 61% 80%
3 Arcom 30% 523 13% 74%
70%
4 H&T 40% 438 11% 85%
5 Bosch 50% 312 8% 93% 60%
Linie der Gleichverteilung
6 Decker 60% 166 4% 97%
7 SZ 70% 56 1% 98% 50%
8 Fabermann 80% 43 1% 99% 40%
9 Ligo 90% 18 0% 100%
10 Derting 100% 9 0% 100% 30%
Umsatz gesamt 3.996 100%
20%

10% A-Kunden- B-Kunden- C-Kunden-


Abb.6-31 Bereich Bereich Bereich

0%
0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%
wieviel Prozent aller Kunden

c.) Konventionelle ABC-Analysen


Nach In der Praxis gilt der Umsatz als Hauptbewertungsmaßstab für die Bildung von Kun-
Amtseintritt denprioritäten. Abb.6-31 zeigt den Aufbau einer konventionellen ABC-Analyse am
von Klein-
feld bei
einfachen Beispiel von zehn Unternehmen. Die grundsätzliche Fragestellung lautet:
Siemens gab Wieviel Prozent der Kunden erbringen wieviel Prozent vom Umsatz?
es im Kon-
zern keine Ausgangspunkt ist eine Rangordnung aller Kunden nach Umsatz bzw. Umsatzantei-
Auflistung
der 100 len. In der Praxis erbringen oft ca. 20% der Kunden ca. 80% des Umsatzes. Dieser
größten Sachverhalt ist als 20/80-Regel oder Pareto-Regel bekannt. Aufgrund zunehmender
Kunden Unternehmenskonzentrationen tendiert diese Erfahrungsregel immer stärker in Rich-
(Hinweis in
tung 10/90.682 Dass die zunehmende Kundenkonzentration als Gefahr gesehen wird
MM,
2/2006, S. (zunehmende Abhängigkeit der Unternehmung von wenigen Kunden), spricht für die
59) Relevanz des Verfahrens. Die ABC-Analyse gibt Aufschluss über
(1) den Grad der Abhängigkeit von Großkunden einerseits, bzw.
(2) über den Grad einer oft kostentreibenden Verzettelung im Kleinkundenge-
schäft andererseits.

Wie werden nun die Grenzen für die Kundenklassen bestimmt?


Die 20/80- (1) Methode der 20/80-Regel: A-Kunden sind die Kunden, die nach Größe geordnet
Regel wird
auch als kumuliert 80% vom Umsatz erbringen. C-Kunden erbringen die „letzten“ 10%.
Methode des B-Kunden sind die im Mittelbereich verbleibenden Kunden. Alternativ werden in
Pareto- der Praxis auch oft die 20% größten Kunden als A-Kunden bezeichnet.
Prinzips (2) Methode der 60/90-Regel: Ansatz-1 bewährt sich dann nicht, wenn der Umsatz
genannt.
nur von 1 bis 3 Großkunden dominiert wird und mit Abstand zahlreiche mittel-
große Kunden folgen. Dann erreichen die Top-Kunden oft zusammen nicht die
80%. Der Ansatz nach Abb.6-31 geht nach einer 60/90-Regel vor: bis 60% Um-
satzkumulation A-Kunden, 60-90% B-Kunden und 90-100% C-Kunden. Bei die-
ser Vorgehensweise wird der mittlere Umsatzbereich gestreckt.
(3) Top-X-Methode: Es werden automatisch z.B. die Top-10-Kunden als Top-
Kunden festgelegt – oder die umsatzschwächsten 200 als Kleinkunden.
(4) Umsatzanteil-Methode: Alle Kunden mit mindestens y %-Umsatzanteil werden
als A-Kunden eingestuft. Alternativ: Nicht Prozent sondern y Mio. Euro Umsatz.
(5) Plausibilitätsmethode: Natürlich entscheiden nicht willkürliche Zahlengrenzen
über Kundenprioritäten. Diese bieten lediglich eine Ausgangslösung. Die Füh-
rungskräfte werden die Umsatzrangfolge in Augenschein nehmen und nach Er-
682
vgl. o.V., (Kunden klassifizieren), in: acquisa, 7/1997, S. 55
320 Marktorientierte Unternehmensführung

fahrung und Plausibilität ihre Kundengruppen bestimmen. In Abb.6-31 könnte


man z.B. die Unternehmen 1 + 2 als Top-Kunden bezeichnen, 3 + 4 als größere
mittelgroße sowie 5 + 6 als kleinere mittelgroße Kunden und letztlich 7 – 10 als
Kleinkunden. Die Unternehmen sind auch keineswegs an die klassische ABC-
Einstufung gebunden. Nach Plausibilität werden sie sich ihre eigenen, sinnvollen
Kategorien schaffen.

Eine Umsatzrangfolge der Kunden ist zweifelsohne das Herzstück jeder Vertriebs-
analyse. Ein Gefühl für die eigene Abhängigkeitssituation (Welche Kunden sichern
momentan unser Geschäft, unsere Auslastung?) zu entwickeln, hat für ein Unter-
nehmen eine existenzielle Bedeutung. Dennoch drohen Gefahren, wenn allein der
Umsatz zur Bestimmung der Kundenprioritäten herangezogen wird:683
(1) Neben dem Umsatz gibt es andere, betriebswirtschaftlich sogar wichtigere Beur-
teilungsgrößen, z.B. Kundendeckungsbeiträge. Was besagt ein hoher Umsatz,
wenn ein Großkunde die Unternehmung in die roten Zahlen führt?
(2) Die Umsatzbetrachtung vernachlässigt die Einkaufspotenziale der Kunden.
(3) Die klassische ABC-Analyse bezieht nur Vergangenheitswerte in das Kalkül
ein. Was bedeutet ein hoher Umsatz, wenn ein Großkunde morgen Konkurs an-
meldet und heute schon Vorinformationen über seine monetäre Lage vorliegen?
(4) Jeder Großkunde startet als Kleinkunde (C-Kunde). Die ABC-Analyse übersieht
den Kundenstatus, d.h. den Weg eines Kunden vom Erstkäufer zum Stammkun-
den mit stabiler Ordertätigkeit.
(5) In diesem Sinne unterdrückt die ABC-Analyse strategische Elemente.
(6) Ein weiterer Nachteil: In der ABC-Graphik geht der einzelne Kunde unter, so
dass keine Akquisitionsmaßnahmen auf ihn ausgerichtet werden können (wohl
aber beim Blick auf die Ranking-Liste der Kunden).

Am Anfang Bezüglich Punkt (1), die fehlende Gewinnberücksichtigung, kann leicht Abhilfe ge-
jeder Ver- schaffen werden, indem die Ergebniskonzentration zusammen mit dem Umsatzran-
triebsanalyse
sollte ein king in der Grafik ausgewiesen wird. Ebenso kann eine isolierte Ergebnis-ABC-Ana-
Umsatz- und lyse in gleicher Form wie die Umsatzanalyse aufgebaut werden (Voraussetzung:
Ergebnis- Kundenerfolgsrechnung). Über Ranking und Konzentrationskurve hinaus kann dann
ranking der ein Portfolio erstellt werden, in dem die Kunden einzeln mit ihren Anteilen am Ge-
Kunden
stehen. samtumsatz und am Gesamtergebnis positioniert sind. Es fällt sofort auf, welche
Kunden überdurchschnittliche Umsätze und welche eher überdurchschnittliche Er-
gebnisbeiträge erbringen. 684

d.) Kundenlebenszyklus-Analysen (Customer Lifetime Value)


Die Fast-Food-Kette Pizza Hut hat berechnet, dass ein Stammkunde im Laufe seines
Lebens für rund 7.500 Dollar in den Restaurants der Kette konsumiert.685

Die Kundenlebenszyklus-Analyse greift die Kritik der statischen Wertrechnung auf.


Nicht die Umsatzerlöse zu einem Beurteilungszeitpunkt sind für die Wichtigkeit ei-
nes Kunden ausschlaggebend, sondern die (abdiskontierten) Gesamtumsätze oder
Gesamtdeckungsbeiträge, die ein Kunde im Laufe seines Lebenszyklus der Ge-
schäftsbeziehung dem Anbieter bringt. Man macht nichts anderes, als das Verfahren
der klassischen Investitionsrechnung (hier: Discounted Cash-Flow) auf die durch

683
vgl. Winkelmann, (Kundenportfolios), in: acquisa, 7/1997, unter Bezug auf meine Ausführungen
auf S. 55, abgedruckt unter o.V., (Kunden klassifizieren).
684
Zu dem Einbezug der Ergebnisanalyse vgl. die Beispiele bei Winkelmann, (Außendienst-
Management), 1999, S. 97; sowie Winkelmann, (Vertriebskonzeption), 2005, S. 290-294
685
vgl. den Hinweis in Homburg; Werner, (Kundenorientierung), 1998, S. 140
6. Kapitel: Die Vertriebspolitik 321

Abb.6-32 KUNDEN-UMSATZWERTE IN VERSCHIEDENEN BRANCHEN


SB-Waren- Super- Stromver- Tages-
PKW Bier
haus markt sorger zeitung
Gesamtumsatz über den Kunden-
210.000 290.000 148.000 66.700 72.800 20.000
Lebenszyklus
durchschnittliche Dauer einer
20 12 12 58 17 4
Geschäftsbeziehung
durchschnittlich realisierbarer
67.000 63.000 32.000 63.400 22.100 2.000
Umsatz für einen Anbieter
Quelle: Prof. Dr. A. Meyer; zit. in acquisa, Nr. 3/1999, S. 17

einen Kunden induzierten Ein- und Auszahlungen anzuwenden.686 Abb.6-32 erläutert


die Auswirkungen von Kundenlebenszyklen in verschiedenen Konsumbranchen.687
Grundlagen sind Erfahrungen und Annahmen über die durchschnittliche Anzahl der
Jahre einer Markentreue. Eine Kunde kann nun über einen Kaufzyklus wie ein Inves-
titionsobjekt gesehen werden; mit prognostizierten Einnahmen und Ausgaben (Kun-
denkapitalwert-Rechnung). Weitergehend soll die Kundenlebenszyklus-Analyse
hier nicht behandelt werden.688 Wenn auch die Vorteilsbeiträge der Kunden jetzt
dynamisch in die Zukunft projeziert werden, es bleibt der Nachteil der monofakto-
riellen Betrachtung von Umsatz oder Ergebnis. Wie aber können gleichzeitig mehre-
re Beurteilungskriterien berücksichtig werden?

e.) Multifaktoren-Analysen (Scoring-Modelle)


Neben dem Umsatz sollten also weitere Größen zur Ableitung von Kundenbetreu-
ungsprioritäten bewertet werden. Immer wieder gerne zitiert wird die RFMR-
Methode.689 Der Kunde erhält nach feststehenden Skalen Punktwerte; je nach (1)
dem zeitlichen Abstand zum letzten Kauf (Recency), (2) der Kaufhäufigkeit (Fre-
quency) und (3) dem zu erwartenden Kaufwert, d.h. dem Umsatz (Monetary-
Ratio). Aus der Summe der Punkte ergibt sich der Kundenwert. Diese Form eines
Scoring-Modells ist nur in BtoC-Marktbereichen sinnvoll anwendbar, in denen die
Kaufzyklen einigermaßen veränderbar und stark von persönlichen Präferenzen der
Kunden geprägt sind. Neben dem Einkaufsvolumen sind noch andere Faktoren
(Kennziffern) zur ökonomischen Beurteilung von Konsumenten und im Besonderen
zur Bewertung von Käufersegmenten gängig:
• Einkommen,
• Kaufkraftkennziffern,
• Besitzkennziffern (z.B. Eigenheim),
• Stornobereitschaft (insbes. im Versicherungsgeschäft).

Umfassende Betrachtungen in den BtoB-Märkten trennen nach kaufmännischen und


technischen Beurteilungsgrößen. Abb.6-33 bewertet drei Kunden anhand relevanter
Erfolgsfaktoren. Von besonderer Bedeutung sind in kaufmännischer Hinsicht:
• die im Rahmen der ABC-Analyse berechneten Umsatzanteile der Kunden, ge-
genwärtig und zukünftig,
• derzeitige Einkaufsbudgets und Potenziale der Kunden im relevanten Markt,
• die eigenen Lieferanteile (Shares of Wallet) bei den Kunden (Potenzialaus-
schöpfungen heute und geschätzt zukünftig),
• die Kundendeckungsbeiträge, in denen die in dem relevanten Markt bestehen-

686
vgl. die ausführliche Darstellung bei Homburg; Werner, (Kundenorientierung), 1998, S. 140-144;
vgl. ferner: Winkelmann, (Vertriebskonzeption), 2005, S. 319-321
687
vgl. das Beispiel von Meyer, abgedruckt in acquisa, 3/1999, S. 17. Vgl. auch den der klassischen
Cash-Flow-Rechnung (Investitionsrechnung) nachempfundenen Ansatz bei Ackerschott, (Vertriebs-
steuerung), 2001, S. 55-57
688
vgl. die Kunden-Cash-Flow-Rechnung in Winkelmann, (Vertriebskonzeption), 2005, S. 320
689
vgl. Link; Hildebrand, (Database-Marketing), 1993, S. 48-49
322 Marktorientierte Unternehmensführung

Abb.6-33
BEISPIEL FÜR EINE KUNDENQUALIFIZIERUNG NACH DER SCORING-METHODE
Kunde-A Kunde-B Kunde-C
Gewich- Bewer- Bewer- Bewer-
KAUFMÄNNISCHE PARAMETER (Gewichtung = 100 ) Scores Scores Scores
tungen tung tung tung
Kundenumsatz (heute und zukünftig) 10 7 70 10 100 3 30
Einkaufsbudget des Kunden für das Produkt (Verkaufspotenzial) 10 6 60 5 50 6 60
erreichbarer eigener Lieferanteil am Potenzial des Kunden 20 8 160 5 100 5 100
Rohgewinnspanne des Kunden (heute, zukünftig) 25 7 175 3 75 10 250
finanzielle Situation des Kunden / Prognose 15 4 60 2 30 9 135
Effizienz der Kundenbetreuung = wenig Betreuungsaufwand 8 3 24 2 16 10 80
gezeigte Treue des Kunden ( Kundenbindung / Kundenloyalität) 10 2 20 2 20 10 100
Referenzwert des Kunden zur Stärkung des eigenen Images 2 9 18 4 8 10 20

TECHNISCHE PARAMETER (Gewichtung = 100 ) 100 58,7% 587 39,9% 399 77,5% 775

Bedeutung der Technologie für das eigene Geschäft 20 9 180 3 60 10 200


Zukunft der Technologie (Stand im Technologie-Lebenszyklus) 30 10 300 2 60 9 270
Sicherheit der Rohstoff- / Teileversorgung (zukünftig) 15 2 30 4 60 9 135
eigene Fertigungssicherheit (effizienter Herstellungsprozess) 20 7 140 5 100 9 180
Technische, rechtliche Absicherung der Liefersituation (Patent, USP) 15 7 105 3 45 7 105
(max. erreichbar sind je 1000 Punkte sind je 1000 Punkte. 1000 Punkte entsprechen 100%) 100 75,5% 755 32,5% 325 89,0% 890

Ist-Umsatzerlöse 2005 in 1000 Euro 450 890 230

den Preisspielräume implizit enthalten sind,690


• sowie eine Reihe „weicher Faktoren“, wie z.B. Betreuungsaufwand für den
Kunden oder dessen absehbares Kooperationsverhalten.
• Analog hierzu können Kundenbewertungen nach technischen Kriterien vorge-
nommen werden, z.B. nach Technologiebedeutung (für das eigene Geschäft),
Zukunftspotenzial der Technologie, Zulieferrisiken (sofern das Geschäft mit
dem Kunden von bestimmten Kaufteilen oder Rohstoffen abhängt), Fertigungs-
sicherheit (in Bezug auf die für den Kunden gefertigten Produkte; besonders
kritisch bei kundenbezogenen Problemlösungen) und nach bestehenden und zu-
künftigen Markteintrittsbarrieren bzw. nach der Sicherheit der eigenen Liefe-
rantenposition (in nicht-kaufmännischer Hinsicht).

Eine besondere Schwierigkeit liegt darin, für die verschiedenen Beurteilungskriterien


sinnvolle Abstufungen (Graduierungen) zu finden, denen feste Skalen-Punktwerte
zugeordnet werden können (= die Skalenkonstruktion). Beim gewichteten Rangrei-
henverfahren sind die Beurteilungskriterien zusätzlich in Relation zueinander mit
Gewichten zu versehen. Sind die Beurteilungsskalen auf diese Weise erstellt, kann
jeder Kunde nach den Bewertungskriterien bewertet werden.691 Nach dem gewichte-
ten oder ungewichteten Rangreihenverfahren werden die Kunden abschließend in
eine Rangfolge der Attraktivitäten (Attraktivitäts-Kundenwerte) gebracht. In Abb.6-
33 liegt Kunde-C sowohl bei den kaufmännischen wie auch bei den technischen Ra-
tings vorne – trotz der vergleichsweise geringeren Umsatzerlöse. Beide Rangfolgen
können auch zu einem Kundenwert (Gesamt-Score) vereinigt werden.692

Die Praxis verwendet das Verfahren nur in Einzelfällen. Es gilt als umständlich; be-
sonders wegen der bekannten großen und der vielen, z.T. weniger bekannten kleinen
Kunden, bei denen die Kundenprioritäten auf der Hand liegen. Interessanter erscheint
es deshalb, sich auf wenige, besonders kritische Beurteilungsfaktoren zu konzentrie-
ren und diese so auszuwerten, dass sich unmittelbar Empfehlungen für eine prioritä-
tengerechte Kundenbetreuung ergeben. Dies leisten Kundenportfolios.
690
Beratungsunternehmen bewerten oft preisliche Situation und Kalkulationssituation parallel. Wegen
der Interkorrelation beider Faktoren messen sie dann den Ergebnisfaktor eigentlich doppelt.
691
Dabei sind die Bewertungsrichtungen genau zu prüfen: Je höher/mehr ..., desto mehr Punkte; bzw.
je niedriger/weniger ..., desto mehr Punkte.
692
Vgl. auch die Beispiele zur Bildung von Kunden-Klassifikationsschlüsseln bei: Verlag Norbert
Müller, 1990, S. 27-31. Diese konventionellen Beispiele trennen allerdings nicht nach kaufmänni-
schen und technischen Qualifizierungsparametern.
6. Kapitel: Die Vertriebspolitik 323

f.) Strategische und operative Kundenportfolios


Abb.6-34 Unter Rückgriff auf die
Grundstruktur für das Kundenwachstum-Lieferanteil-Portfolio
Methoden der strate-
gischen Geschäftsfeld-
planung (s. 2. Kapitel)

Kunden-Umsatzwachstum
Fragezeichen-Kunde: Star-Kunde:
helfen Kundenportfolios,

hoch
investieren oder
investieren
zurückziehen
• die Grenze eindi-
mensionaler Para-
meterbetrachtungen

niedrig
Abbau-Kunde: Melk-Kunde:
desinvestieren
zu überwinden, abschöpfen

• Marktverhältnisse
anschaulich darzu- niedrig hoch
stellen, relativer Lieferanteil
• Kundenbetreuungs- Quelle: Freter, 1992, S. 7
strategien sachlich
begründet abzuleiten.

Strategische Kundenportfolios können die Beurteilungskriterien der bekannten 4-


Felder- oder 9-Felder-Portfolios übernehmen. Logischerweise ist der Begriff Markt
(z.B. bei Marktattraktivität) durch Kunde (Kundenattraktivität) zu ersetzen.693
Abb.6-34 liefert die Struktur gemäß der 4-Felder BCG-Matrix. Gegenübergestellt
werden Lieferanteile bei den Kunden und Umsatzwachstum der Kunden. So ergeben
sich wieder die 4 charakteristischen Klassifizierungsfelder; hier als Felder für Star-
Kunden, Fragezeichen-Kunden, Melk-Kunden und Abbaukunden bezeichnet.
Nach dem 4-Felder-Schema (Kundenattraktivität und eigene Stärke) hat beispielswei-
se die Firma Flender ESAT erfolgreich Akquisitionsprioritäten für die Einführung ei-
nes neuen Dienstleistungsproduktes erarbeitet.694

9-Felder-Portfolios ermöglichen feinere Abstufungen für Kundenprioritäten und


Betreuungsstrategien. Die Achsenbezeichnungen des Portfolios der Abb.6-35 ent-
sprechen sinngemäß denen der McKinsey-Matrix für die Geschäftsfeldplanung.695

Abb.6-35
9-Felder-Kundenportfolio

Ent-
K U N DE N A TT RA K TIVITÄ T

hoch

w icklungs- Starkunden Starkunden


kunden

Ab-
Mitnahme- Perspektiv-
mittel

schöpfungs -
kunden kunden
kunden

Verzichts- Mitnahme- Ab-


niedrig

kunden kunden schöpfungs-


kunden

Niedrig mittel hoch


W ETT BEW ER B SPOSITIO N

693
vgl. Freter, (Kunden-Portfolio-Analyse), 1992, Böing; Barzen, (Kunden-Portfolios), in: ASW,
2/1992, S. 88; 3/1992, S. 102-107
694
vgl. Deppermann; Marzian, (Win-Win), in: ASW, Sondernummer 10/1998, S. 142-146
695
außer, dass Marktattraktivität durch Kundenattraktivität ersetzt ist: Quelle: Link; Hildebrand, (Da-
tabase Marketing), 1993, S. 52
324 Marktorientierte Unternehmensführung

Strategische Portfolios werden nur ein- oder zweimal im Jahr erstellt, üblicherweise
im Rahmen der Marketing- und Vertriebsplanung. Eine andere Kategorie von Kun-
denportfolios beruht dagegen auf Daten des operativen Vertriebsgeschäftes. Diese
zahlen- und nicht einschätzungsgestützten Portfolios können sozusagen im Alltags-
geschäft mit Hilfe von CRM/CAS- oder Business Intelligence-Systemen (BI) abgeru-
fen werden. Es geht dann weniger um die strategische Beurteilung von Kundenstruk-
turen und um den langfristigen Einsatz von Verkaufsressourcen. Vielmehr sollen
aktuelle Betreuungsmaßnahmen durch den Außendienst oder Direktmarketing-
Kampagnen für einzelne Kunden oder für Kundenzielgruppen bestimmt werden.
Plakative Bezeichnungen für die einzelnen Matrixfelder sind deshalb nur von unter-
geordneter Bedeutung. Vor allem Kunden-Umsatzanteile gemäß ABC-Analyse, Ein-
kaufspotenziale (Kundenpotenziale) im relevanten Markt, die eigenen Potenzialaus-
schöpfungen (eigene Lieferanteile bei den Kunden), Kunden-Deckungsbeiträge so-
wie technische und kaufmännische Kunden-Attraktivitäten haben sich als Qualifizie-
rungsparameter gut bewährt.

Kombinationen dieser Parameter führen zu den operativen Kundenportfolios:696


Macht-Portfolio:
eigene Umsatzanteile der Kunden (%) versus eigene Lieferanteile bei den Kun-
den (Shares of wallet) „mehr Priorität für umsatzmäßig wichtige Kunden“,
Chancenpotenzial-Portfolio:
eigene Lieferanteile bei den Kunden (%) versus Einkaufspotenziale der Kunden
„mehr Priorität für potenzialmäßig wichtige Kunden“, und das
Kundenrendite-Portfolio:
eigene Umsatzanteile der Kunden (%) versus Kunden-Umsatzrenditen (Dek-
kungsbeiträge der Kunden in % vom Kundenumsatz) „mehr Priorität für er-
gebnismäßig wichtige Kunden“.
Abb.6-36 beschränkt sich auf das Beispiel eines Macht-Portfolios.

Was ist anders als bei der konventionellen ABC-Analyse? Jetzt sind die Kunden
nicht mehr nur nach Umsatzprozenten bewertet. Sie werden vielmehr in Relationen
zueinander in einer Marktlandkarte positioniert. Kundensegmente mit gegenseitigen
Abhängigkeiten werden deutlich. Im Beispiel-Portfolio sollten vor allem mittelgroße
Kunden wie Harder, Binder, Loda und Bosch verstärkt akquiriert werden. Die
durchgestrichenen Firmen fallen aufgrund zusätzlicher Analysen, die hier nicht dar-
gestellt werden können, aus der Priorität.697 Die Graphik belegt den praktischen Nut-
zen der Portfoliotechnik für die Verkaufspolitik. Die Marktbilder bieten eine fakten-
gestützte Grundlage zur Entscheidung über Kundenbetreuungsstrategien. Sie erset-
zen eine Vertriebsführung „aus dem Bauch heraus“.

g.) Kundenstatus (Kundenbindungs- oder Loyalitätsleiter)


Ein Kunde legt oft einen langwierigen Weg vom potenziellen Interessenten (der das
Produkt noch nicht kennt) bis zum regelmäßig kaufenden Stammkunden zurück.
Nach gängiger Meinung nehmen Kundentreue (Loyalität) und Kundenbindung von
Stufe zu Stufe zu. Kreutzer spricht von der Kunden-Loyalitätsleiter.698 Die vergan-
genheitsorientierten Werte der Portfolios können auf diese Weise durch einen dyna-
mischen Kundenstatus ergänzt werden.
696
vgl. Winkelmann, (Kundenportfolios), in: acquisa, 7/1997, S. 58-62; sowie Winkelmann, (Markt-
segmentierung), 1999, S. 120-123
697
vgl. Winkelmann, (Marktsegmentierung), 1999, S. 120-123; vgl. auch das umfassende Beispiel in
Winkelmann, (Außendienst-Management), 1999, S. 104-113
698
vgl. Kreutzer, (Dialog), in: ASW, 4/1990, S. 106
6. Kapitel: Die Vertriebspolitik 325

Abb.6-36
326 Marktorientierte Unternehmensführung

Abb.6-37 Abb.6-37 beschreibt den Entwick-


lungspfad eines Kunden vom Inte- KUNDEN-STATUS UND VERKAUFSMASSNAHMEN
ressenten zum Stammkunden. Je
nach Branche und Produkt sind un-
Stammkunde
terschiedliche Stufen der Kunden- regelmäßig
Jahres verträge
regelm. Bes uc he
leiter sinnvoll.
Entwic klungs -Meeting
Stammkunde Chefbes uc he
Die AZ Direct unterscheidet z.B. unregelmäßig Rahmenangebote
mit Anonymus, Interessent, Kunde, Serviceverträge
Stammkunde und Helfer fünf Ent- Wiederho- Mailings
wicklungsschritte der Kundenge- lungskäufer Folgebes uche
winnung. Mauch differenziert in Rahmenangebote

seinem SalesCycle sogar 23 Loyali- Erstkäufer


Chefbes uc h

tätsstufen.699 Einladung Stammhaus


Rabattangebote
tec hn. Unters tützung
Ziel der Verkaufspolitik sollte es Testkäufer
Telefon-Follow up´s
sein, den Kunden durch statusge- Preis diskuss ion
rechte Betreuungsmaßnahmen zum Angebots- Kundenbesuch
Stammkunden zu entwickeln – so- kunde tec hnis che Daten
fern nicht Fakten aus der Kunden- Präsentation
qualifizierung (z.B. fehlende Boni- Ansc hreiben
Interessent
tät oder zu geringes Einkaufs- Kundenbesuch

potenzial) dagegen sprechen. Die Angebot


Katalog zusc hicken
Abbildung enthält Maßnahmen, die potentieller
Mailing-Brief
die Weiterentwicklung eines Kun- Interessent
Referenzliste
den jeweils zur nächsten Stufe des
Kundenstatus unterstützen. Dabei
gilt mit dem Ziel einer Effizienzoptimierung im Vertrieb die folgende Leitlinie:
⌦ Es reicht aus, dem Kunden nur die Betreuungsmaßnahmen zukommen zu las-
sen, die ihn auf die nächste Stufe der Kundenleiter führen!

h.) Strategische (integrierende) Setzung von Kundenprioritäten


Die strategische Prioritätensetzung geht von folgenden Erkenntnissen aus:
⌦ Es gibt keinen allgemeingültigen und optimalen Bewertungsmaßstab zur Bil-
dung von Betreuungsprioritäten. Wichtig ist allein, dass sich die Unterneh-
mung zum Zwecke einer marktorientierten Unternehmensführung eine sinnvol-
le und einfache Klassifikation schafft, nach dem der Vertrieb wichtige von un-
wichtigen Kunden trennen kann.
⌦ Es können und sollten quantitative und qualitative Bewertungskriterien heran-
gezogen werden. Die Vertriebsmannschaft sollte den Mut zu subjektiven Wert-
urteilen aufbringen. Weiche Daten, wie Kooperationsverhalten, Kundenzufrie-
denheit, Lieferantentreue etc. lassen sich auf der Grundlage jahrelanger Aus-
sendiensterfahrungen durchaus valide bewerten. Lieber subjektiv bewerten, als
überhaupt nicht bewerten; selbst wenn der nächste Besuch, z.B. als Konse-
quenz einer Reklamation, ein Beurteilungsbild stark verändern kann.

Unter Würdigung der Beurteilungen der Kundenqualifizierung sind abschließend


vom Vertrieb zusammenfassende Prioritäten zumindest für die großen und mittel-
großen Kunden zu vergeben. Dies kann in Workshops im Rahmen der Jahrespla-
nung, geschehen. Externe (Branchenfachleute, Beiräte, Berater, Marketingprofesso-
ren) und interne (Außen- und Innendienst, Key Account Manager, Produktmanager
699
vgl. Mauch, (Sales Cycle), 1990, S. 16
6. Kapitel: Die Vertriebspolitik 327

etc.) Experten sollten für die Prozedur zusammenkommen. Vorgeschlagen wird ein
Schema mit sieben strategischen Kundenprioritäten:
(1) A-Kunde Top-Kunde: ist von hoher kaufmännischer oder technischer Bedeu-
tung für das Geschäft; strategische Stoßrichtung: Geschäft sichern. Es sollte
zusätzlich unterschieden werden in Top-Kunde mit ausgeschöpftem (A1) und
mit noch freiem (erreichbarem) Potenzial (A2).
(2) B-Kunde Mittelgroßer Kunde mit ausgeschöpftem (B1) und Entwick-
lungskunde (B2) mit noch freiem Potenzial: liegt in der Wichtigkeit (heute)
unterhalb des Top-Kunden; sein Potenzial wird oftmals unterschätzt; strategische
Stoßrichtungen: Potenzial klären; falls möglich (bei B2-Kunden) Lieferanteil
ausbauen. Falls das realistisch erscheint, ihm als Entwicklungskunden eine be-
sonders hohe Priorität zuweisen.
(3) C-Kunde Kleinkunde: ist prioritätsmäßig nach den Entwicklungskunden zu
positionieren, die Geschäftsbeziehung wird aber nicht in Frage gestellt; strategi-
sche Stoßrichtungen: hohe Effizienz bei der Auftragsabwicklung, Absiche-
rung eines profitablen Preisniveaus.
(4) D-Kunde Verzichtskunde: sollte nicht mehr mit Priorität betreut werden;
strategische Stoßrichtungen: prohibitive (abschreckende) Preiserhöhungen
oder an Handelspartner übertragen.
(5) Neukunde = neue Kunden können, solange bis die endgültigen, erreichbaren
Potenziale geklärt sind (max. 1 – 2 Jahre), als gesonderte Kundengruppe geführt
werden; strategische Stoßrichtung: mit Priorität aufbauen, Potenziale klären;
absehbare Kleinkunden gleich der C-Kundengruppe zuweisen.
(6) Zielkunde zum Rest-Marktpotenzial gehören ernsthafte Interessenten und
Wettbewerbskunden mit Wechselinteresse; strategische Stoßrichtungen: unter
Beobachtung halten, auf günstigen Zeitpunkt für Akquisitionsbemühungen war-
ten, weil sonst ein Einstieg, wenn überhaupt, nur über den Preis erfolgen kann.
(7) Händler und Wiederverkäufer sollten ratsamerweise als eigenständige Um-
satzgruppe geführt werden. Wichtig: In ihrer Funktion als verlängerter Arm
(Partner) des eigenen Vertriebs sollten sie nicht nach den Beurteilungsmaßstäben
für die „normalen“ Kunden qualifiziert werden. Für sie ist eine gesonderte Leis-
tungsbewertung (Partner-Evaluierung) zu empfehlen.

i.) Neue Kundenwertsicht nach der Customer Value Theorie


Ohne Kun- Bei den klassischen Ansätzen zur Kundenbewertung ergibt sich der Kundenwert aus
denwerte monetären und auch nichtmonetären Vorteilen, die der Kunde dem Anbieter bietet.
sind Mar-
kenwerte Diese Sichtweise des Value from the Customer ist um den Blickwinkel des Value
wertlos. to the Customer zu ergänzen. Ein Anbieter muss erst in einen Kunden investieren,
ehe er – Kundenbindung vorausgesetzt – von den Rückflüssen seitens des Kunden
durch Folge-, Zusatz- oder werthaltigere Geschäfte profitiert. Nach der neuen Kun-
denwertsicht gehören Customer Equity (CE) und Customer Value (CV) zusammen
und formen das Customer Value and Equity Management (CVE).
Customer Equity: Der konventionelle Kundenwert fragt: Welchen Wert hat
der Kunde für uns? Er resultiert aus einer Kundenqualifizierung (Kundenwert-
Analyse), bei der ein Anbieter jeden Kunden nach ausgewählten, ihm für das
Geschäft wichtig erscheinenden Parametern bewertet (Value from the
Customer Prinzip).
Customer Value: Der neue Kundenwert nach dem Customer Value Prin-
zip vertritt die Value to the Customer-Sicht: Welchen Wert haben wir bzw.
hat unser Angebot für den Kunden? Dieser entspricht dem monetär bewerteten
Kundennutzen. Der Wert eines Kunden bemisst sich nach den Nutzenbeiträ-
gen, die der Kunde dem Angebot des Anbieters zurechnet.
328 Marktorientierte Unternehmensführung

Kundenwer- Value Marketing möchte dem Kunden mit seinen Aktionen und Angeboten
te schaffen gezielt Nutzenvorteile bieten. Für Verkaufsverhandlungen bedeutet das, dem
Unterneh- Kunden keine Produkteigenschaften, sondern Wertsteigerungen zu vermitteln.
menswerte
(Shareholder Dazu muss man aber die Nutzenerwartungen seiner Kunden gut kennen.
Value). Das Customer Value and Equity Management zielt auf eine Balance der
Wertegenerierung beim Kunden (Kundeninvestitionen) mit den Rückflüssen
aus der Kundenbeziehung. Es entstehen Win-Win-Partnerschaften.
Ein gutes Bei überragenden Lieferantenleistungen und Kundenloyalität folgt aus dem Value to
Beispiel für the Customer eine Stärkung des Value from the Customer. Gute Anbieter entwi-
Kundenent-
wicklung ckeln also gute Kunden. Der Kundenstamm wird zu einer veränderbaren Größe.
nach Custo- Abb.6-38 zeigt noch einmal den Zusammenhang. Das Konzept führt dann zwangs-
mer Value: läufig zum Value Marketing, bei dem der Verkauf von Produkteigenschaften durch
Bosch und
Siemens
das Individualisieren und Vermitteln von Nutzeninhalten abgelöst wird. Value Mar-
Hausgeräte keting ist konsequent bestrebt, die eigene Wichtigkeit (des Lieferanten) beim Kunden
(BSH). auszubauen. Der DaimlerChrysler Konzern bekennt sich z.B. zu diesem Ansatz:
"Die Zukunft beginnt bei DaimlerChrysler mit einem Abschied vom Kundschaftsma-
nagement. Im Kern basiert dieser Ansatz auf einer simultanen Segmentierung (Simul-
taneous Segmentation - SimSon) der Nachfragerschaft, auf den von ihr geäußerten
Nutzenerwartungen. In Abhängigkeit von den Kundenerwartungen steht dann die
segmentspezifische Gestaltung der Vertriebsprozesse im Mittelpunkt. Eine adäquate
Vertriebsleistung stiftet für die einzelnen Nachfragergruppen einen Wert (Value-to-
the-Customer). Deren Wertschätzung kommt dann in einem loyalen Verhalten zum
Ausdruck. Die gewonnenen Segmente werden zudem hinsichtlich ihrer zukünftigen Er-
tragskraft bewertet (Value from the Customer).700

Als sinnvolle Einteilung der Werte für den Kunden bietet sich an: (1) allgemeine
Mehrwerte und Arbeitserleichterungen, (2) Produktverbesserungen beim Kunden, (3)
Prozessverbesserungen beim Kunden und (4) Vorteile für Kundeskunden.

Als Ergebnis der aufgezeigten, mehrstufigen Kundenqualifizierung liegt eine Rang-


folge aller Kunden nach Wichtigkeiten vor. Diese ist Ausgangspunkt für die Akqui-
sitionsstrategie aus Sicht des Marketing und die Kontaktplanungen von Innen- und
Außendienst.

Abb.6-38
DIE ZWEI SICHTWEISEN DER KUNDENBEWERTUNG

Die alte
VALUE FROM THE CUSTOMER
Sicht: "Mein = CUSTOMER EQUITY
Gewinn ist Umsatzerlöse
Erstklassige
Dein Ver- Anbieter formen
Deckungsbeiträge
erstklassige
lust." Referenzen
Kunden
Die neue Ansehen, Image
Marktmacht
Win-Win-
strategische Vorteile
Sicht nach Ein Anbieter hat
Customer- letztlich die
Kunden, die er
Value: "Dein verdient
Anbieter Kunde
Vorteil ist
Vorausset-
VALUE TO THE CUSTOMER
zung für
= CUSTOMER VALUE
meinen Problemlösung
Vorteil." One-to-one-Solution
(Stefan Mehrw erte (Added-Values)
Brohs, Con- Win-Win-Partnerschaft
gemeinsame Wertsteigerung
tinental AG) © Prof. Dr. P. Winkelmann

700
vgl. Smidt; Marzian, (Kundenwert), 2001; Marzian; Smidt, (Market-Ing.), 2002
6. Kapitel: Die Vertriebspolitik 329

6.4.5. Kundenwertsteigernde Verkaufsstrategien


Für das Marketing bleiben Kundenwerte also nicht unverrückbar fest. Über die Zeit-
räume der Geschäftsbeziehungen hinweg können Kundenwerte durch abgestimmte
Maßnahmen von persönlichem Verkauf und Direktmarketing kontinuierlich ausge-
baut werden. Abb.6-39 zeigt die Strategien der Kundenentwicklung auf:
Abb.6-39 KUND E NW ERTSTEIGERUNGEN D URC H KUND E N-BIND UNGSEFFEK TE

100%

90%

80%

70%

60%

50%

40%

30%

20%

10%

0%

1 2 3 4 +
5
+
6 7
+ + + +
Basis- Kunden- Fre-
C ross- Up- Kosten- P ortfolio
wert L-Zyklus- quenz-
S elling Selling effekte E ffekte
E ffekte Effekte

(1) Der Basiswert eines Kunden ist der transaktionale Kundenwert - der Discoun-
ted Cash-Flow von dessen Umsatzerlösen bzw. aus den Kundendeckungsbeiträ-
gen aus dem laufenden Geschäft.
(2) Durch konzentrierte Kundenbetreuung lassen sich in der nächsten Stufe die
Cross-Selling-Potenziale ausschöpfen. Diese Verkaufschancen in angrenzenden
Produktbereichen aufzudecken, ist Aufgabe von Außen- und Innendienst.
(3) Vielleicht wird es auch möglich sein, den Kunden in höhere Preissegmente hin-
ein zu entwickeln (vom Audi A3- zum A6-Fahrer). Dieser Schritt der Kundenent-
wicklung wird als Up-Selling bezeichnet.
(4) Ferner ist der Kunde langfristig über den Bedarfslebenszyklus zu begleiten: vom
Gameboy über den ersten PC bis zum später beruflich genutzten Notebook.
(5) Mit steigendem Einkommen wird der Kunde auch bereit sein, sein Produkt (z.B.
seinen PKW) schneller zu ersetzen. Die Marketing- und Vertriebsstrategie zielt
dann darauf ab, die Kauffrequenzen der Kunden zu erhöhen.
(6) Sind Geschäftsbeziehungen über Jahre eingefahren, dann steigen die Kundenwer-
te auch durch Kosteneffekte. Gebundene Kunden brauchen z.B. nicht mehr
durch kostspielige Image-Mailings angesprochen werden.
(7) Letztlich können im Rahmen der strategischen Planung ganze Kunden-
Zielgruppen umgeschichtet werden. Es kommt zu Kundenwertsteigerungen durch
Portfolio-Effekte.

Durch die Strategien der Kundenentwicklung erhalten Kundenbesuche einen kun-


denwertbezogenen Sinn. Jetzt stellt sich die Frage nach den Betreuungskonzeptionen.

6.4.6. Betreuungskonzeptionen und Beziehungskonsequenzen


Wer seine Kunden besucht, baut Beziehungen auf. Wer seine Kundenbesuche im
Rahmen einer Betreuungskonzeption (oder Vertriebskonzeption) plant, der darf da-
von ausgehen, dass sich auch seine Kundenbeziehungen in eine bestimmte Richtung
entwickeln und festigen. Chaotische Besuchsplanungen führen andererseits zu einem
330 Marktorientierte Unternehmensführung

chaotischen Beziehungsgefüge, das allein vom Denken und Handeln der Verkäufer
abhängig ist. Und von dem Kunden, „der am lautesten ruft“. Auf der Suche nach
einer optimalen Betreuungskonzeption sind folgende Punkte zu beachten:
• Betreuungskonzeptionen werden in starkem Maße von den Marktspielregeln
einer Branche vorbestimmt (s. Abschnitt 1.4.).
• Betreuungskonzeptionen beeinflussen Verkaufsformen - und umgekehrt (s.
Abschnitt 6.3.1.).
• Betreuungskonzeptionen erfordern entsprechende Verkaufsorganisationen (s.
Abschnitt 6.3.2.). Nicht selten sind organisatorische Rahmenbedingungen vor-
gegeben und die Betreuungskonzeptionen sind dahingehend zu optimieren.

Vorteil Grundsätzlich sind folgende Betreuungskonzeptionen mit ihren Beziehungskonse-


persönlicher quenzen und vertrieblichen Organisationsformen zu unterscheiden:
Verkauf:
„Wenn wir
(1) Regionalvertrieb: Ein regionaler Kundenstamm wird intensiv und generalistisch
nicht mehr betreut; entweder verkäuferisch oder beratend (z.B. Ärtzebesucher). Wichtig sind
vor Ort sind, die im Abschnitt 6.4.4. dargestellten Kundenprioritäten. Es entstehen starke regi-
bestellt der onale Beziehungsgefüge.
Kunde nur
noch nach
(2) Besuchstourenverkauf / Bezirksreisendenverkauf: Bezirksreisende der Mar-
Bedarf.“ kenartikelhersteller besuchen regelmäßig einen festen Kreis von Outlets - in Ab-
(Robert stimmung mit Logistik- und Merchandising-Diensten und den auf Key-Account-
Friedmann, Ebene getroffenen Listungsvereinbarungen folgend.
Sprecher der
Würth- (3) Ad-hoc Verkauf: Beim Ad-hoc Verkauf geht der Verkäufer dorthin, wo gerade
Konzern- Bedarf ist. Auch die Verkaufsform des Haustürverkaufs ist hierzu zu zählen.
gruppe) I.d.R. sind Verkaufsabschlüsse wichtiger als langfristige Kundenbindung.
(4) Key Account Verkauf: Definierte Kundenbetreuer sind definierten wichtigen
Schlüsselkunden zugeordnet. Sie besuchen diese nach Bedarf und in Absprache.
Abschnitt 6.4.10.a. wird auf diese intensivste Konzeption weiter eingehen.
(5) Key Account Verkauf Konsumgüterindustrie: Bei dieser besonderen KAM-
Spielart betreuen hochqualifizierte Marketiers den begrenzten Kreis der Ein-
kaufszentralen des Konsumgüterhandels (z.B. Metro, Rewe, Aldi). Es geht um
Listungen und Regalplatz-Verteilungen. Nachgeschaltet sorgen dann die Bezirks-
reisenden und die Logistik-Dienste für die Betreuung der Oulets in der Fläche.
(6) Projektverkauf: Ist Beratungsgeschäft in Teams von Technikern und Kaufleu-
ten. Über die Zeitspanne der Projektakquisition und -durchführung entwickeln
sich sehr enge menschliche Beziehungen, wobei es nicht um „Verkaufen“ geht.
(7) Strukturvertriebsverkauf: Bedeutet ständige Neukundensuche im Bekannten-
kreis oder im regionalen Umfeld. Es geht weniger darum, Produkte zu verkaufen,
als vielmehr darum, dass die Abnehmer bereit sind, ihrerseits wieder Kunden zu
suchen und sich Kundenstämme zu schaffen (Folge: Provisionsbäume).

Bei diesen aktiven Betreuungskonzeptionen muss der Anbieter auf seine Kunden
zugehen. Ausgeklammert wurden hier die passiven Verkaufsformen des stationären
Verkaufs (Ladenverkaufs). Diese Betreuungskonzeptionen müssen nun in operative
Besuchsaktionen transformiert werden. Was gehört zur praktischen Verkaufsarbeit?

6.4.7. Besuchsziele (Kontaktziele) und Besuchsanlässe


Die strategische und operative Planung, die Kundenqualifizierung und die Kunden-
wertstrategie geben dem Außendienst eine Stoßrichtung für die Kundenbetreuung
vor. Fünf dominierende Zielsetzungen können verfolgt werden:
(1) Neukundengewinnung: gerichtet auf (a) neue Kundensegmente, (b) neue An-
wendungen (Neuprodukte) oder (c) als regionale Akquisitionsausweitung.
(2) Potenzialdurchdringung: Keine Priorität für Neukundengewinnung, dafür Aus-
6. Kapitel: Die Vertriebspolitik 331

schöpfen von bestehenden Kundenpotenzialen oder Preiserhöhungen bei be-


stimmten Kundengruppen (Umsatz-/Ergebnisverbesserungen bei Stammkunden).
(3) Beziehungspflege: verstärkte und intensivere Betreuung von Stammkunden, um
deren Lieferantentreue (Loyalität) zu steigern.
(4) Effizienzsteigerung / Kostensenkung: z.B. durch Outsourcing von Vertriebstei-
len, Geschäftsverlagerung auf Handelspartner oder Verlagerung von Teilen des
Verkaufs auf E-Commerce, gezielter Ausstieg bei Kleinkunden.
(5) Vertriebspartner-Management: Suche nach und Gewinnung von Vertriebspart-
nern sowie deren Förderung (Kontaktaufnahme, Vertragsgespräche, Schulungen,
gemeinsame Kundenbesuche, Händler-, Handwerksbetreuung etc.).

Zusätzlich zur strategischen Ausrichtung bestimmen Sachzwänge den operativen


Vertriebsalltag. Viele Besuchsanlässe werden von Kunden vorgegeben:
• Der Kunden wünscht einen Sachstand über die laufenden Vorgänge.
• Der Kunde ist (endlich) zum Preisgespräch und zur Auftragserteilung bereit.
• Der Kunde lädt zum Jahresgespräch mit Präsentation ein.
• Der Kunde will im größeren Rahmen Preise neu verhandeln; oft in Zusammen-
hang mit einem Jahresgespräch.
• Der Kunde möchte über ein neues Projekt bzw. neuen Bedarf sprechen.
• Der Kunde bittet um Produktpräsentation und Klärung des Leistungsangebotes.
• Der Kunde möchte das Produkt wechseln oder wünscht Produktverbesserung.
• Der Kunde wünscht Reklamationsgespräch bzw. -klärung.
• Der Kunde bittet um persönliche Klärung von Differenzen in einer Auftragsbe-
stätigung oder bei Lieferverzögerungen.
• Der Kunde möchte neue Mitarbeiter oder neue Arbeitsabläufe vorstellen.
• Der Kunde signalisiert Interesse an „Beziehungspflege“ oder würde einen Chef-
besuch und einen Gedankenaustausch „auf höherer Ebene“ schätzen.

Diesen kundenseitigen Besuchsaufforderungen kann sich der Außendienstmitarbeiter


kaum entziehen. Die Herausforderung für den Verkauf liegt darin, die Alltagsnot-
wendigkeiten mit den strategischen Stoßrichtungen in Einklang zu bringen. Dazu
wird der Außendienstmitarbeiter einen routinemäßigen Besuchsrhythmus anstre-
ben. Folgende grundsätzliche Aufgabenstellungen sind zu erfüllen:
(1) Kundenbesuche sind nach Häufigkeit, Reihenfolge und Zeitpunkten so einzu-
planen, dass sie den erarbeiteten Kundenprioritäten entsprechen.
(2) Besuchstouren sind so zu bestimmen, dass einerseits entsprechend der Kunden-
priorität die geforderten Soll-Besuchshäufigkeiten erreicht werden, andererseits
aber genug Raum für die immer wieder auftretenden, ungeplanten Besuchsanfor-
derungen bleibt.
(3) Besuchsrhythmen und -zeiten sind mit den Kundenvorstellungen abzugleichen -
im Vergleich (Benchmark) zu Konkurrenzbemühungen.
(4) Besuchstouren sind zeit- und kostenoptimal in Tages- und Wochenpläne umzu-
setzen.
(5) Großkunden- und Kleinkundenbesuche sind sinnvoll zu kombinieren.
(6) Stammkundenbesuche sind mit Neukundengewinnung sinnvoll zu verbinden.
(7) Feste Besuchstermine (fixed dates) sind durch sog. Cold Calls (Ich bin in der
Nähe und würde bei Ihnen gerne einmal vorbeischauen...) anzureichern.
(8) Die persönlichen Besuchsaktivitäten sind sinnvoll mit Direktmarketing-Kontak-
ten abzustimmen (Schulterschluss zwischen Vertrieb und Marketing).

Die Besuchsanlässe bestimmen i.d.R. weitere, spezielle Besuchsziele:


(1) den Kunden vom eigenen Angebot und von der persönlichen Beratungskompe-
tenz überzeugen,
332 Marktorientierte Unternehmensführung

(2) einen neuen Kunden gewinnen, einen Erstauftrag erhalten,


(3) neue Preise und / oder Konditionenänderungen durchsetzen,
(4) Kundenpotenzial sichern, Wettbewerbsangebote abwehren,
(5) einen Auftrag zu bestmöglichen Konditionen gewinnen (Umsatzgenerierung),
(6) Bedarfsklärung, nicht ausgeschöpfte Verkaufschancen nutzen,
(7) Grundstein für zukünftigen Umsatz legen (neue Projekte besprechen),
(8) Auftragsprognosen und Umsatzvorschau einholen,
(9) Meinungsverschiedenheiten ausräumen, Kompromisse finden (Win-Win),
(10) Marktforschung beim Kunden betreiben (z.B. Hinterfragen von Lieferanteilen
des Wettbewerbs, Informationen zu Wettbewerbern einholen),
(11) Kundenzufriedenheit und Kundenbindung vorsichtig (indirekt) erfragen und
stärken,
(12) allgemeine Beziehungspflege, Vertrauen schaffen.

6.4.8. Kundenbesuche – Planung und Durchführung


a.) Touren- und Routenplanung
Hans Knürr Besuchsstrategie, Besuchsanlässe und –ziele sind nun derart in ein Touren- und Rou-
(Knürr AG): tenprogramm (Besuchsprogramm) umzusetzen, dass die Erfolgsparameter der
Hat 70%
seiner Zeit Abb.6-40, d.h.
für die Kun- die Kontakthäufigkeit (auch Kontaktfrequenz: Wie oft besuchen?),
denpflege die Kontaktdauer (Welche Besuchszeiten sind angemessen?) und
verwendet
(vgl. sales- die Kontaktqualität (Kundenbesuch wie vorbereiten, wie anmelden, welche Be-
Business suchsinstrumente zum Einsatz bringen?)
3/2003, S. 9) marktgerecht berücksichtigt werden.
Die Qualität von
Abb.6-40 Der Außendienstbesuch ist nach Abb.6-41 Kundenbesuchen
unbestritten die teuerste Kontaktform. Eine
Besuchsplanung ist deshalb unabdingbar.701
Kontakt- Kontakt- Kontakt-
Grundsätzlich gelten für die Vorbereitung häufigkeit qualität dauer
der Kundenbesuche folgende Leitlinien:
• Muss-Besuche (z.B. bei Reklamationen)
vor Kann-Besuchen,
Abb.6-41
• wichtige Kunden vor weniger wichtigen
KUNDENKONTAKTKOSTEN
besuchen,
• Umsatzkontakte vor Beziehungskontakten,
Rundfunk-Spot 0,002 €
• Kundensicherungsbesuche vor Kundenrückgewin- ganzseit. Anzeige 0,006 €
nungsbesuchen vor Neukundenbesuchen, TV-Spot 0,008 €
Anzeige Fachzeit. 0,025 €
• Reservebesuche (Füllbesuche) zur Kostenverteilung Mailing 1,50 €
bei langen Anfahrten und als Puffer für Be- Telemarketing 5,00 €
individueller Brief 38,00 €
suchsausfälle in der Rückhand halten, Messekontakt 150,00 €
• pro 4 – 5 Stammkundenbesuche einen Neukunden- Kundenbesuch 130,00 €

besuch einplanen. (Quelle: Dannenberg, 1997, S.


23 und Deutsche Post 2003)

Für die zeit- und kostenoptimale Besuchsplanung gibt es


einige Grundregeln:
(1) Bei der 5-Tage-Methode wird das Verkaufsgebiet in 5 Teilregionen aufgeteilt.
Die Tagesabschnitte werden gegenüberliegend angeordnet, um am Folgetag noch
einmal auf kurzem Wege zurückspringen zu können.

701
Man beachte auch die Erfahrung der ALLIANZ, dass eine Kundenbindung stark von der Kontakt-
frequenz abhängt. Bei Kunden, die länger als 2 Jahre nicht besucht werden, besteht eine hohe Ab-
sprunggefahr: vgl. die Meldung in ASW, 11/1997, S. 26
6. Kapitel: Die Vertriebspolitik 333

(2) Bei der Schwerpunkt-Methode erfolgen Anfahrten in Kundenzentren und von


dort aus (evtl. mit Übernachtung) kurze Anfahrten zu den einzelnen Kunden des
Schwerpunktes.
(3) Bei der Efeu-Methode wird der Reiseweg kreisförmig, wie am Rand eines Blat-
tes zurückgelegt.702
(4) Für die täglichen Routen gilt: Bei einfachen Fahrverhältnissen mit kurzen Etap-
pen früh starten und abends den langen Weg zurückfahren.
(5) Bei schwierigen Fahrverhältnissen den Weg zum am weitesten entfernten Kun-
den sehr früh zurücklegen und nach der Tagesarbeit „zurückhangeln“.

GIS-Anbieter Bei großem Kundenstamm helfen Systeme. Um die umfangreichen Besuchsaktivitä-


z.B.: ten in Bezug auf auf die vorgegebenen Soll-Planungen (s. noch einmal Abb.6-15)
FLS,
und Kostenvorgaben zu optimieren, kommen Geographische Informationssysteme
GfK GeoMar-
keting, (GIS) zum Einsatz.703 Sie platzieren Kunden exakt auf Landkarten, zeigen geografi-
Map&Guide, sche Unterschiede bei den Kunden- und Absatzschwerpunkten auf (Mapping und
PTV. Routing), visualisieren unausgeschöpfte Potenziale, decken Wettbewerbskunden und
Handelsstützpunkte auf und verbinden alle Anlaufpunkte prioritätengerecht im Rah-
men von Mehrfrequenz-Tourenplanungen (Tages-, Wochen- Monatstouren).

Auch bei der Routenplanung (optimale Anfahrts- und Zeitplanung für festgelegte
Besuchsorte) bewähren sich Computerprogramme als Handwerkszeug des Außen-
dienstes. GPS-Systeme bieten heute
• Adressdaten (einschließlich Standorte, optimale Anfahrten zu Hotels, Gaststät-
ten, Werkstätten etc.),
• Routenoptimierung (kürzeste, schnellste, kostenoptimale, angenehmste Route),
• GPS-Navigation (online über Satellit) mit Zielführung (jederzeit präzise Stand-
ortbestimmung) und Stauumgehung,
• aktuelle Verkehrsinformationen und
• Reisekostenabrechnung.
Nur die Fahrt selbst übernehmen, das können die modernen GIS-Hilfsmittel zur Au-
ßendienststeuerung noch nicht.

b.) Gesprächsvorbereitung
Abb.6-42 Schlecht vorbereitete Außendienstmitarbeiter
sind für die Einkäufer ein Greuel. Eine gute Ge- BESUCHS-
ANLASS
generelle
Vorbereitungen
sprächsvorbereitung ist dagegen der halbe Auf- und Ausrüstung

tragserfolg. Gemäß Abb.6-42 werden stets gene-


spezielle
rell gültige sowie spezielle Besuchsvorbereitun- Vorbereitungen
spezielle
gen zu treffen sein. Zu einer professionellen Be- Ausrüstung

suchsvorbereitung gehören:
(1) Abklärung von Termin, Ort und Teilneh-
mern des Gespräches sowie von deren Kompetenzen,
(2) Rückblick auf die Besprechungspunkte des letzten Besuches (laut letztem Be-
suchsbericht),
(3) Informationen über Verhandlungsziele des Kunden sowie Kundenerwartungen
(in Abstimmung mit Innendienst und Vertriebsleitung),
(4) Informationen über die Geschäftsentwicklung mit dem Kunden, d.h. über den
Stand von Auftragseingang, Umsatz, Preisabsprachen und anderen Zielgrößen
sowie über Soll-Ist-Abweichungen gegenüber der Jahresplanung,
(5) Kenntnis über die noch nicht ausgeschöpften Potenziale beim Kunden (Wo
702
vgl. z.B. ähnliche idealtypischen Tourenmuster bei Wolter, (Steuerung), 1972, S. 63-72
703
vgl. die Praxisbeispiele bei Winkelmann, (Vertriebskonzeption), 2005, S. 359-375
334 Marktorientierte Unternehmensführung

bestehen weitere Angebotsmöglichkeiten Cross-Selling?),


(6) Kenntnis über Kundenbeziehungen zur Konkurrenz,
(7) Sachstand über laufende, offene Vorgänge,
(8) insbesondere Sachstand über Termine der nächsten Auslieferungen und über
mögliche Lieferverzögerungen,
(9) sowie Sachstand über laufende Beanstandungen und Reklamationen,
(10) Informationen über besondere geschäftspolitische Vorgänge beim Kunden,
soweit vorher bekannt (z.B. aus der Wirtschaftspresse), evtl. Bonitätsauskunft.

Besonders wichtig ist die Einstimmung auf Kundenerwartungen. Entsprechend


der bereits dargestellten Abb.6-12 erwartet der Kunde,
(1) dass der Außendienstmitarbeiter ihm eine Problemlösungskompetenz bietet,
(2) dass er sich auf dessen Mittlerfunktion (Koordinatorenfunktion) im Stammhaus
verlassen kann,
(3) dass er ihm ein verlässlicher und vertrauenswürdiger Partner ist.
Nicht immer sind diese Erwartungen im Vorfeld eines Besuches bekannt. Nicht im-
mer wissen die Kunden überhaupt, was sie wollen. Trotzdem gilt:

⌦ Ein Besuchserfolg hängt entscheidend von dem Wissen über die produktbezo-
genen und betreuungsbezognen Kundenerwartungen ab. Die Erforschung dieser
Kundenerwartungen beginnt im Innendienst!

Ein guter Außendienstmitarbeiter wird sich seine persönlichen Besuchsziele setzen. Für
wichtige Verhandlungspunkte sollten optimistische, pessimistische und realistische Ein-
zelziele bestehen. Die Ziele zu erreichen, wird nicht zuletzt von einer geschickten Be-
suchsdurchführung abhängen.

c.) Besuchsdurchführung und Verkaufsverhandlungen


Man kann Machtkonstellation als Ausgangspunkt einer Verkaufsverhandlung
nicht alles Beim Kunden ist der Außendienstmitarbeiter auf sich gestellt. Jetzt zählen neben
kaufen, aber
alles verkau-
Produkt und Preis seine Umgangsformen, Vertrauenswürdigkeit und fachliche
fen. Kompetenz. Die Vielzahl der von den Verkaufsgurus proklamierten (mehr oder we-
niger seriösen) „Erfolgsgeheimnisse“ hier darzustellen, würde den Rahmen sprengen.
Vor allem fünf Fragen bestimmen Ablauf und Erfolg von Verkaufsverhandlungen:
(1) In welchen Machtpositionen stehen sich Einkäufer und Verkäufer gegenüber?
(2) In welche Kategorien Käuferrolle und -typ ist der Einkäufer einzuordnen?
(3) Was für ein Gesprächsklima und welcher Gesprächsstil sind zu erwarten?
(4) In welchen Phasen wird das Verkaufsgespräch vermutlich ablaufen, bzw. in
welcher Phase befindet sich ein Gespräch, und was ist verkäuferseitig zu tun, um
in die Phase zu kommen, die zum Verkaufsabschluss führt?
(5) Welche Verkaufspsychologie ist angebracht, um den Einkäufer bzw. die Mit-
glieder des Buying Center für das eigene Leistungsangebot zu gewinnen?

Abb.6-43 Von großer Bedeutung für das Gesprächsklima


schwacher starker
und für den Erfolg des Kundenbesuchs ist zu- Verkäufer Verkäufer
nächst die Machtverteilung zwischen den Ge- defensive
sprächspartnern. Je nachdem, ob starke oder starker Strategie qualifizierte
schwache Einkäufer starken oder schwachen Einkäufer des Verkäu-
fers
Verhandlung

Verkäufern gegenüberstehen, ergeben sich im diktatorische


Verkaufsgespräch unterschiedliche Qualitäten schwacher Versteck- Strategie
des
Einkäufer spiel
der Interessensdurchsetzung. Jain und Laric Verkäufers
zeigen hierzu ein Szenario möglicher Situatio-
6. Kapitel: Die Vertriebspolitik 335

nen gemäß Abb.6-43 auf.704

Die Quintessenz: Mit einem starken Einkäufer (Kunden) zu verhandeln, schafft kla-
rere Verhältnisse und Abschlusschancen als ein Gespräch mit einem unsicheren, la-
vierenden Kunden. Aus Positionen der Stärke heraus kann ein beiderseitig faires
Verhandlungsergebnis erwartet werden.705 Deshalb sollte man schon im Stadium der
Besuchsvorbereitung Klarheit über die Hierarchiestellung und die Kompetenzen des
Gesprächspartners schaffen.

Verhandlungsklima beeinflusst durch Verkäufer- und Käufertyp


Nach dem Grid-Ansatz von Blake und Mouton beeinflussen die Motivationen von
Verkäufer und Käufer das Verhandlungsklima.706 Nach Blake und Mouton agieren
Verkäufer wie auch Kunde im Verkaufsgespräch in einem Spannungsfeld von
Aufgabenorientierung (die Literatur spricht von Sachorientierung) und
Beziehungsorientierung (Menschenorientierung).
In Gitter-Matrizen (den Grids) lassen sich die handelnden Personen zwischen ver-
schieden starken Ausprägungen dieser Orientierungen einordnen. Als Spannungspole
stehen sich in Abb.6-44 gegenüber:
(1) Aus Kundensicht der Verkäufer im Verkaufsgitter: Geringes oder starkes En-
gagement des Verkäufers für den Verkaufsabschluss (Aufgabenorientierung) ei-
nerseits und geringes oder starkes Bemühen um den Kunden (Beziehungsorien-
tierung) andererseits.
(2) Aus Verkäufersicht der Kunde im Kundengitter: Geringes oder starkes Interes-
se am Kauf einerseits (Aufgabenorientierung) und niedriges oder starkes Interes-
se am Verkäufer (Beziehungsorientierung) andererseits.

Blake und Mouton schlagen vor, die Stärke der Orientierungen auf 9-stufigen Skalen
zu bewerten, so dass sich Matrizen mit 81 Feldern ergeben. Nur die Bedeutungen der
Extrempositionen sind in Abb.6-44 plakativ skizziert. Das Grid-Verkaufsgitter ver-
deutlicht fünf charakteristische Verkaufsstrategien:707
(1) Das Hard Selling bzw. die Verkaufsdruck-Strategie will den Kunden „über-
fahren“ und schnell den Kaufabschluss erreichen. Dies ist z.B. die Taktik bei be-
Abb.6-44 stimmten Haustürgeschäften und die unseriöser Abschleppunternehmen, die ge-

DAS VERKAUFSGITTER DAS KUNDENGITTER


9

personen-
Kunden- Top- entschlos-
INTERESSE AM VERKÄUFER
BEMÜHEN UM DEN KUNDEN

fixierter
freund
8

Verkäufer sener Kunde


Kunde
7

ausge-
6

Verkaufs-
w ogener
profi
5

Kunde
4

4
3

demotivierter Hard Seller gleichgülti- emotions-


Verkäufer Druck- ger Kunde loser Kunde
2

Verkäufer
1

1 2 3 4 5 6 7 8 9 1 2 3 4 5 6 7 8 9
BEMÜHEN UM DEN VERKAUFSABSCHLUSS INTERESSE AM KAUF

704
Quelle: Godefroid, (BtoB), 2003, S. 209 unter Bezug auf Jain und Laric 1979 und zit. nach Reeder;
Brierty; Reeder 1991
705
vgl. Godefroid, (BtoB), 2003, S. 209
706
vgl. Blake; Mouton, (Grid), 1979. Die Originalquellen sowie weitere Literatur zu dem Thema ist
übersichtlich dargestellt bei: Kotler; Keller; Bliemel, (Marketing-Management), 2007, S. 828-829. Vgl.
ferner Witt, (Verkaufsmanagement), 1996, S. 119-120
707
unter Abänderung der Begriffe von Blake und Mouton; zu den Strategien einer „prinzipienbe-
stimmten Verhandlungsführung“ vgl. auch Kotler; Keller; Bliemel, (Marketing-Management), 2007,
S. 836-837 sowie die dort angegebene Literatur
336 Marktorientierte Unternehmensführung

zielt eine Notlage des Kunden ausnutzen. Bei Produkten mit zu erwartenden Fol-
gekäufen ist diese Taktik gefährlich.
(2) Im anderen Extrem, der Kundenfreund-Strategie, dominiert die Beziehungs-
pflege über die geschäftliche Seite. Auf Dauer sind Kaufentscheidungen als per-
sönliche Gefälligkeiten für beide Seiten unbefriedigend.
(3) Die Laissez-faire Strategie ist Ausdruck eines unmotivierten (desinteressierten)
Außendienstmitarbeiters, der nur darauf hofft, dass Preis, Lieferzeit und Produkt-
qualität für eine Kaufentscheidung des Kunden ausreichen.
(4) Die Profi-Strategie zeichnet sich durch eine kalkulierte Balance von professio-
neller Verkaufstechnik und menschlichen Zuwendungen aus.
(5) Die Begeisterungsstrategie kennzeichnet den Top-Verkäufer, der sich in sachli-
cher und persönlicher Hinsicht 100%ig in das Verkaufsgespräch einbringt. Für
den Außendienstmitarbeiter können sich aber Loyalitätskonflikte ergeben, wenn
er nicht Geschäftliches und Privates ausreichend trennen kann.708
Ebenso lässt sich ein Kundengitter mit typischen Einkäuferstrategien erstellen.

Verkaufsgesprächsphasen
Wie jedes Gespräch, so läuft auch eine Verkaufsverhandlung in typischen Phasen
ab. Diese zu kennen, ihren schrittweisen Ablauf positiv zu beeinflussen und dabei
auch die Gesprächszeit (das Timing) im Griff zu haben, ist „hohe Verkaufskunst“.
Typischerweise sind folgende Verkaufsgesprächsphasen zu erfühlen:

Kontaktphase Gesprächseröffnungsphase Argumentationsphase Ab-


schlussphase Nachabschlussphase.

Grundsätzlich gilt für Kaufverhandlungen:


⌦ Die Kontaktphase prägt entscheidend die Atmosphäre der folgenden Stufen. Ist
der Kunde emotional verschlossen (ablehnend), so wird er auch sachlichen Ver-
kaufsargumenten gegenüber nicht zugänglich sein.
⌦ Die Gesprächseröffnungsphase sollte kurz gehalten werden.
⌦ In der Argumentationsphase sollte der Kunde gleichgewichtig zu Wort kommen.
⌦ Ein Rücksprung auf frühere Gesprächspunkte (Wiederaufwärmen) kann die ge-
samte Verhandlung aus dem Gleis bringen.
⌦ In der Abschlussphase ist jedes Wort zuviel „gefährlich“.

Für den Ablauf des Verkaufsprozesses sind verkaufspsychologische Phasenmodel-


le entwickelt worden. Sie beziehen Elemente ein, die sich beim Kunden auf mentaler
Ebene abspielen und letztlich den Verkaufsabschluss beeinflussen. Eine überragende
Bedeutung hat hierbei die AIDA-Verkaufsformel nach Abb.6-45 von Lewis er-
langt.709
Abb.6-45 Die AIDA-Verkaufsformel

A I D A Ende
Attention Interest Desire Action

708
vgl. zu den Gefahren der Kundennähe: MacDonald, (Kundennähe), in: HBM, 2/1996, S. 95-103
709
vgl. Weis, (Verkaufsgesprächsführung), 2003, S. 54
6. Kapitel: Die Vertriebspolitik 337

A Bei der Gesprächseröffnung muss die Aufmerksamkeit des Kunden gewonnen wer-
den. Diese Phase ist kritisch bei potenziellen Käufern oder bei überlasteten Einkäu-
fern. Format und Vorgehensweise des Außendienstmitarbeiters sind für den Erfolg
entscheidend. Die Phase ist weniger relevant bei programmierten Kaufanlässen, z.B.
beim notwendigen Ersatzkauf für technische Güter.

I In der Phase der Interessenweckung werden gezielt Produktmuster, Kataloge oder


Vorführungen eingesetzt. Beim Verkaufsgespräch im Facheinzelhandel gilt z.B. die
Faustregel: Nach längstens zwei Minuten muss das Interesse geweckt sein.
D Es gehört mehr dazu, beim Kunden über das Interesse hinaus echtes Kaufbegehren
auszulösen. Voraussetzung ist, sofern der Kunde nicht ohnehin unter Kaufdruck
steht, dass in der Argumentationsphase etwaige Kaufwiderstände ausgeräumt werden
können. Der qualifizierte Verkäufer wird den Kunden auf einem Spannungsbogen
führen, der zum Kaufabschluss führt.
A Der durch Handschlag oder Unterschrift besiegelte Kaufabschluss beendet den Pro-
zess. Action steht hier für die sensiblen Vorgänge kurz vor dem Abschluss (Fachbe-
griff: Closing-Phase). Wie beim „Fußball beim Elfmeterschießen“ beschleichen vie-
le Außendienstmitarbeiter kurz vor dem Erfolg Abschlussängste.710 Fehlt umgekehrt
dem Kunden nur ein geringes Maß an Entscheidungsfreude oder bleiben ihm Rest-
zweifel, ob er jetzt auch wirklich die gewünschte Ware zum richtigen Zeitpunkt zu
einem günstigen Preis erhält, dann wird er es sich im letzten Moment doch noch an-
ders überlegen. Diese Rückschläge gehören zum Verkaufsalltag.
EMPFEHLUNGEN FÜR
Abb.6-46 Bekannt ist auch die DIBABA-Formel von KUNDENBESUCHE
Die DIBA- Goldmann.711 Goldmann unterscheidet sechs Kurz vor dem Besuch noch einmal
BA-Stufen: Phasen für ein Verkaufsgespräch: Angebot defi- Termin überprüfen
Definitions- nieren – Bedarf identifizieren – Vorteile be- Den Kunden nicht warten lassen
stufe / Iden-
tifikations- weisen – Angebot akzeptieren – Angebot be- Über laufende Vorgänge bestens
informiert sein
stufe / Be- gehren - Abschluss. Von besonderer Bedeutung Mindestens eine positive Nachricht
weissstufe / ist im Verkaufsgespräch die Beweisstufe. Der mitbringen
Annahme- Verkäufer sollte eine Gesprächsphase gezielt Fehler sofort zugeben
stufe / Be-
gierdestufe / zum Beweis seiner Produktbehauptungen nutzen. Nie mit dem Kunden streiten
Abschluss- Das überzeugt den Kunden. Neben diesen beiden
Den Kunden reden lassen
stufe Verkaufsformeln gibt es noch weitere Prozess-
schemata, die sich aber nicht allgemein durchset- Namen von Wettbewerbern sind
tabu
zen konnten.712 Ausgewählte Verhaltensregeln Den Kunden nicht zum Abschluss
zur Besuchsdurchführung enthält die Abb.6-46. drängen
Nicht ohne Verhandlungsergebnis
und Folgeaufgabe verabschieden
Verkaufspsychologie
Da viele Verkaufsbücher von Beratern und Trainern geschrieben werden713, nehmen
verkaufspsychologische Empfehlungen für die Verkaufsverhandlung in der Literatur
einen breiten Raum ein. Nur wenige Schriften zeigen auch die theoretischen Hinter-
gründe auf.714 An den Anfang stellen wir die Theorie der offenen und versteckten
Gesprächsbotschaften. Zwei Beispiele deuten die Problematik an:
Sie zu ihm: „Schatz pass auf, die Ampel wird gelb“.
Er zu ihr: „Fahr ich oder fährst Du?“

Einkäufer zum Verkäufer: „Sehen Sie zu, dass Sie das nächste Mal pünktlich liefern“.
Verkäufer zum Einkäufer: „Ich tue doch schon mein Bestes“.

710
vgl. Scheitlin, (verkaufen), 1992, S. 314-315
711
vgl. Goldmann, (Kunden), 1997, S. 245-256
712
vgl. die Zusammenstellung von 7 Ansätzen bei Weis, (Verkaufsgesprächsführung), 2003, S. 53
713
so dass immer wieder die strategische Seite des Vertriebs zu kurz kommt
714
z.B. Bänsch, (Verkaufspsychologie), 2006; aber auch über weite Strecken die entsprechenden
Gliederungsabschnitte bei Weis, (Verkaufsgesprächsführung), 2003
338 Marktorientierte Unternehmensführung

Das quadratische Modell der Kommunikation hilft, diesen Vorgang besser zu


verstehen. Abb.6-47 veranschaulicht den Ansatz.715 Jede Kommunikation spielt sich
nach dieser verhaltenswissenschaftlichen Theorie auf vier Ebenen ab:716
Abb.6-47 (1) Auf der Es-Ebene
wird emotionslos die
DAS QUADRATISCHE MODELL
Sachbotschaft vermit- DER ZWISCHENMENSCHLICHEN KOMMUNIKATION
telt (Es gab bereits
Lieferverzögerungen). Es
(2) Auf der Ich-Ebene
Ich Sachinhalt Du
gibt der Einkäufer et-
was von sich preis

offenbarung
(Bei weiteren Liefer-

Selbst-

Appell
Sender Nachricht Empfänger
verzögerungen folgen
Konsequenzen).
(3) Auf der Du-Ebene
Beziehung
ergeht eine Aufforde-
rung (Kümmern Sie Wir
sich bitte persönlich
um die Angelegen-
heit).
(4) Auf der Wir-Ebene wird etwas über die Beziehung ausgesagt (Ich als Einkäufer
habe hier das Sagen).

Pychologische Kenntnisse und Erfahrungen helfen dem Kundenbetreuer, in kriti-


schen Situationen die sublimen Botschaften des Gesprächspartners richtig zu deuten,
klaren Kopf zu behalten und stets den Weg auf die Sachebene zurückzufinden.

Ähnlich wichtige Bausteine für ein angemessenes Verhalten in Verkaufsgesprächen


und zur Versachlichung kritischer Verhandlungssituationen sind:
(1) die Transaktionsmethode von Berne, die nach den Ebenen Eltern-Ich, Kind-
heits-Ich und Erwachsenen-Ich unterscheidet717
(2) das Modell der psychologischen Spiele mit den manipulativen Rollen Verfolger,
Retter und Opfer im Karpmann-Dreieck718 oder
(3) das aus der Sozialpsychologie stammende Johari-Fenster von Luft und Ingham,
durch das der Außendienstmitarbeiter Konfliktfelder in Gruppenverhandlungen
aufspüren und diplomatisch abmildern kann.
Die Konsequenzen dieser Ansätze für den persönlichen Verkauf wird an anderer
Stelle aufgezeigt.719 Wichtig ist der Spürsinn des Verkäufers, manipulative Spiele zu
vermeiden oder sie schon im Ansatz zu unterbrechen.

Verhandlungsstile
Verhandlungsanlass, Machtverhältnisse, Erfahrung und vor allem umwelt- und er-
ziehungsbedingte Faktoren der Persönlichkeit prägen einen Verhandlungsstil. Grund-
sätzlich werden vier Verhandlungshauptstile unterschieden:720
(1) Beim ethischen Verhandlungsstil wird die Kaufverhandlung auf eine dialekti-
sche Ebene gehoben. Es geht um Größeres. Werte, Vertrauen, der Glaube an ge-

715
vgl. zu dieser Theorie Schulz von Thun, (Reden), 1993, S. 45
716
zu den Ebenen und den mit ihnen verbundenen Interaktionsmöglichkeiten vgl. Jeschke; Schulze,
(Beschwerdemanagement), in: Jahrbuch der Absatz und Verbrauchsforschung, 4/1999, S. 405-407
717
vgl. Harris, (o.k.), 1993; schön kompakt auch: Schulze, (Dienstleistungsqualität), 2000, S. 266-272
718
vgl. Schulze, (Dienstleistungsqualität), 2000, S. 272-274
719
vgl. Winkelmann, (Vertriebskonzeption), 2005, S. 406-410
720
vgl. Mastenbroek, (Verhandeln), 1992, S. 229
6. Kapitel: Die Vertriebspolitik 339

meinsame Werte stehen im Vordergrund des Verkaufsgespräches. Eigentlich


impliziert die CRM-Philosophie mit dem Ziel der gemeinsamen Werteschaffung
diese Art von Verhandlungsführung.
(2) Beim analytisch-aggressiven Stil wird mit Argumenten, Analysen, Fakten um
jeden Zentimeter gefeilscht. Die Verhandlungstaktik führt leicht zu verhärteten
Fronten.
(3) Der flexibel-aggressive Stil ist ist auf Ausgleich angelegt. Auch hier wird hart
verhandelt, doch haben beide Parteien ein Interesse an einer Einigung.
(4) Beim jovialen Stil stehen Harmonie und Kompromissbereitschaft im Vorder-
grund. Meist kennen sich die Verhandlungspartner bereits. Selbst seine härtesten
Forderungen verpackt der Kunde in Watte. Unerfahrene Kundenbetreuer unter-
schätzen oft ihre Verhandlungspartner.

Spezielle Verhandlungstechniken
Neben den allgemeinen, der Psychologie und der Sozialpsychologie entnommenen
Gesetzmäßigkeiten für Art und Ablauf von Verkaufsverhandlungen gibt es spezielle
Regelwerke für Verkaufsituationen. Sie werden typischerweise in Verkaufssemina-
ren trainiert. Im Vordergrund stehen
(1) die Fragetechnik generell (vgl. noch einmal Abschnitt 3.2.7.d.) mit den offenen,
geschlossenen, direkten und indirekten Fragen als grundsätzliche Formen,
(2) die Preisargumentation und mit ihr in engem Zusammenhang stehend
(3) die Einwandbehandlung und letztlich, wie bereits erwähnt,
(4) die Abschlusstechnik (Closing).

„Der Ab- Wir wollen uns hier auf Empfehlungen zum Verhalten in der Endphase des Ver-
schluss ist kaufsgespräches, d.h. auf die Abschlusstechnik (Closing), beschränken.722
die Krönung
des Ver- Bei der Alternativtechnik wird unterstellt, dass der Kunde nicht mehr nein sagt.
kaufsge- Das Gespräch wird auf Wie-Fragen bezüglich der Kaufabwicklung gelenkt (Sol-
sprächs.“721 len wir diese Woche noch liefern oder reicht es Ihnen Dienstag nächste Wo-
che...).
Bei der Teilentscheidungstechnik wird eine (gravierende) Kaufentscheidung in
viele (harmlose) Teilentscheidungen zerlegt, und dann wird der Kunde
mittels der Ja-Folge-Technik in eine positive Antwortfolge gebracht, aus der er
nicht mehr umkehren kann.
Bei der Übertreibungstechnik wird ein schreckhaftes Nein des Kunden provo-
ziert, z.B. durch Ansatz einer überhöhten Bestellmenge, um ihn dann mit einer
maßvollen Bestellorder einzufangen (Gut, dann sollten wir wenigstens mit 5
Stück Lieferorder beginnen...).
Die Technik des letzten Trumpfes überrumpelt den Kunden durch einen Kauf-
vorteil im letzten Moment (Wenn Sie jetzt unterschreiben, dann kann ich Ihnen
noch als Vorteil bieten ...).
Die Zeitdruck-Technik nutzt Termindruck des Kunden aus (Wenn Sie jetzt or-
dern, dann schaffen wir es noch, bis zum .... zu liefern) und die
Panik-Technik weist auf das berühmte letzte Stück Ware hin, das angeblich
schon für einen anderen Interessenten reserviert ist.

721
Scheitlin, (Verkaufen), 1995, S. 314
722
vgl., auch zu den anderen, vorgenannten Techniken, die entsprechenden Abschnitte in den letztge-
nannten Literaturquellen, wie auch die umfassenden Darstellungen in Behle; vom Hofe (Hrsg.), (Au-
ßendienst), 2006, dort speziell auch die S. 216-231; vgl. ferner die zahlreichen Verkaufs“tipps“ bei
Scheitlin, (Verkaufen), 1995, S. 314-318 sowie Bänsch, (Verkaufspsychologie), 2006, S. 90 Auf-
merksam machen möchten wir auch auf Empfehlungen zu einer nutzenorientierten Verkaufsargumen-
tation, dargestellt in Winkelmann, (Außendienst-Management), 1999, S. 186-189
340 Marktorientierte Unternehmensführung

Vorsicht bei einer routinemäßigen (angelernten) Anwendung derartiger Rezepte ist


angebracht! wird. Auch der Einsatz von unbewussten Signalen und die Körperspra-
che erweisen sich immer wieder als gefährliche Waffen in einer Verhandlung. Ganz
besonders ist hier die Neurolingustische Programmierung (NLP) zu erwähnen, wo
der Kunde durch die Stufen Spiegeln, Führen und Ankern (körperliches Fixieren ei-
nes guten Gefühls) regelrecht programmiert wird.

Ein Verkaufsabschluss wird schnell Illusion, wenn beim Kunden nur eine Vor-
ahnung von Misstrauen entsteht. Wer lässt sich schon gerne manipulieren? So soll-
ten seriöse Verkaufsgespräche immer wieder auf drei Punkte hinauslaufen:
⌦ Beide Seiten, Kunde wie auch Verkäufer, sollten ein Verkaufsgespräch als „Sie-
ger“ beenden können (die Win-Win-Situation),
⌦ Für den Kunden ist das abschließende Gefühl beruhigend, dass sich eine so
günstige Einkaufssituation so schnell nicht wieder einstellen wird.723
⌦ Die Partner sollten sich schon beim Auseinandergehen auf den nächsten Kontakt
freuen.

Ein (1) Dank des Außendienstmitarbeiters an den Kunden evtl. mit Gratulation zur
getroffenen Kaufentscheidung, eine (2) Verabschiedung mit Ausblick auf einen Fol-
gebesuch und (3) „Hausarbeiten“ am besten für alle Partner sollten am Abschluss des
Kundenbesuches stehen. Dann hinterlässt ein Besuch beim Kunden auch menschli-
che Spuren.

d.) Besuchsnachbereitung / Besuchsberichte (Kontaktberichte)


Beim Phar- Mit der Verabschiedung vom Kunden ist die Arbeit des Kundenbetreuers keineswegs
mahersteller abgeschlossen. Zur marktorientierten Unternehmensführung gehört ein obligato-
Merck neh-
men ca. 300
risches Besuchsberichtswesen (Reporting). „Des einen Freud, des anderen Leid“
Pharmarefe- wäre hierzu ein passendes Statement aus Sicht des Verkäufers.724 In der Praxis gibt
renten jähr- es leider noch immer Vorbehalte gegen Besuchsberichte; in kleinen und mittleren
lich ca. Unternehmen oft sogar offene Widerstände. Die Verkäufer verweisen auf Zeitmangel
1.500 Arzt-
besuche vor. und Überlastung. Sie fürchten Kontrolle und Reglementierung ihrer Arbeit. Dennoch
Das sind belegt die zitierte Marktstudie: 94% der befragten Unternehmen arbeiten mit Be-
jährlich suchsberichten, 28% bereits computergestützt (aktuelle Schätzung 2005: 60%).
450.000
Besuche.
Vorwerk Als wichtige Grundfunktionen von Besuchs- bzw. Kontaktberichten gelten:
meldet ca. (1) Besuchsberichte dienen vor allem der Kommunikation mit dem Kunden und
160.000 der zielgruppengerechten Betreuung.
Kundenbe-
suche p.a.
(2) Besuchsberichte haben eine wichtige Dokumentationsfunktion. Geschehnisse
und Absprachen werden dokumentiert und dem Gesamt-Informationssystem
(CRN-System) zur Verfügung gestellt. Man spricht auch von Kundenhistorie.
(3) Besuchsberichte haben großen Einfluss auf die Intensität und die Qualität der
Zusammenarbeit zwischen Außendienst und Innendienst. Allerdings können
Besuchsberichte, auch wenn sie computergestützt sind, Probleme im Vertriebs-
team nicht lösen; d.h. sie können keine Zusammenarbeit und kein partnerschaftli-
ches Teilen von Wissen erzwingen. Hierzu bedarf es offener Interessensklärun-
gen und entsprechender ablauforganisatorischer Regelungen. Vor Einsatz des
Reporting muss folglich Einigkeit im Verkaufsteam herrschen (Klärung der
Spielregeln der Zusammenarbeit). Erst danach sind Berichtssysteme einzuführen.

723
was wiederum als „Abschlusstechnik der verscherzenden Gelegenheit“ ausgenutzt werden kann:
vgl. Bänsch, (Verkaufspsychologie), 2006, S. 92
724
vgl. hierzu und im folgenden die Ergebnisse einer Markterhebung bei 68 Unternehmen über com-
putergestützte Besuchsberichte von Winkelmann, (Besuchsberichte), in: ASW, 2/1998, S. 82
6. Kapitel: Die Vertriebspolitik 341

Die großen Nachteile beim Verzicht auf Besuchsberichte:


• Das Markt-Know-how wird zum „Herrschaftswissen“ einiger weniger.
• Kundenentscheidungen werden überwiegend aus dem Bauch heraus gefällt und
nicht auf der Grundlage von Marktfakten.
• Das Marktwissen gerät schnell in Vergessenheit.
• Der Kundenbetreuer nimmt beim Arbeitgeberwechsel sein Marktwissen mit.
• Dringend benötigte Kundeninformationen abzufragen (z.B. Fax-Anfragen an
Regionalbüros oder Vertriebsbüros) ist umständlich und dauert zu lange.
• Ohne Strukturierung des Berichtswesens ist es kaum möglich, die Flut der tägli-
chen Informationen zu strategischem Wissen zu verdichten.

Besuchs- Die Besuchsnacharbeiten des Kundenbetreuers lassen sich wie folgt gliedern:
berichte
sind Teil
(1) Aktualisierung der Kundenhistorie. Nach einem Besuch oder Kontakt sind die
der Markt- wichtigsten Ereignisse und Absprachen mit dem Kunden aus dem Bericht des
for- Kundenbetreuers herauszufiltern. Im Rahmen von CRM/CAS-Systemen ge-
schungs- schieht das automatisch. Gemäß Verteiler sind die Informationen zu streuen. Be-
aufgabe
des
stimmte Ereignisse (z.B. Reklamationen) stoßen Workflows an.
Außen- (2) Die Nachbereitungs-Maßnahmen (Follow-up) erfolgen in Abstimmung und in
dienstes. Arbeitsteilung mit Innendienst, Produktmanagement und Vertriebsleitung. Es
sind Angebote zu erstellen, Bestellungen abzuwickeln, Preisvorstellungen zu ü-
berprüfen, Lieferzeiten zu klären und / oder zu beschleunigen, Produkt-
änderungen in die Wege zu leiten oder Beanstandungen zu bereinigen.
(3) Die strategischen Beiträge (Mithilfe bei Planung und Strategie) des Außen-
dienstmitarbeiters nach den Besuchen erstrecken sich auf Wettbewerbsinformati-
onen, Bemerkungen über Stärken und Schwächen von Produkten, Kundenzu-
friedenheit, Hinweise auf neue Projekte des Kunden etc. Befreit vom Papierkrieg
ist es wichtige Außendienstaufgabe, den betroffenen Betriebsabteilungen die re-
levanten Marktinformationen zukommen zu lassen und aktiv am Prozess der stra-
tegischen Überprüfung und Planung teilzunehmen. Es ist dann aber auch Ver-
pflichtung des Vertriebsleiters, die Außendiensthinweise ernst zu nehmen und in
persönlichen Gesprächen mit den Verkaufsmitarbeitern weiter zu verfolgen.725
Abb.6-48 AUSWAHLKATALOG FÜR BESUCHSBERICHTS-INFORMATIONEN
Besuchshistorie Prozessinformationen Wettbewerbsinformationen
Ort, Datum, Zeit des Gesprächs Stand Auftragseingang Wettbewerbsprodukte
Gesprächspersonen Stand Umsatz Lieferanteile Wettbewerber
Besuchsanlass Preisabsprachen neue Wettbewerber
Besuchsergebnis / Absprachen offene Angebote Preisstellungen Wettbewerb
nächster Schritt / Folgebesuch laufende Aufträge Stärken / Schwächen Wettb.
Beanstandungen Personen des Wettbewerbs
Gesprächspartner-Information Lieferverzögerungen Großabnehmer des Kunden
Rolle in der Kundenorganisation Kundenanregungen Hauptwettbewerber d. Kunden
Vorlieben, Eigenarten, Hobbys Hochrechnung Jahresumsatz
Einfluß im Buying Center Umsatzausblick nächstes Jahr Gesamtbewertungen
Aufgaben und Kompetenzen Lieferanteil beim Kunden Gesamtbewertung Besuch
Spielregeln Verkauf / Technik Gesamtbewertung Klima
Spielregeln Innend. /Außendienst Gesamtbewertung kaufmännisch
Verhandlungstaktiken Technische Informationen Gesamtbewertung technisch
Sekretärin neue Produkte des Kunden Gesamtb. Kundenzufriedenheit
Firmeninformationen neue Projekte des Kunden Gesamtb. Kundenbindung
Lage der Branche Folgeaufträge Abschätzung Einkaufspotential
Situation des Kunden Preisvorstellungen
Bonität Terminvorstellungen
besondere Firmenereignisse Substitutionswettbewerb?
Einkaufspotentiale

725
dass gerade hier noch große Versäumnisse auf Vertriebsleiter-Seite liegen, hat die Studie gezeigt:
vgl. auch Winkelmann, (Durchblick), in: acquisa, 2/1998, S. 39
342 Marktorientierte Unternehmensführung

Abb.6-49 Denn in Aktennotizen, schriftlichen Be-


DIE BEOBACHTUNGSBEREICHE
suchsberichten bzw. strukturierten CRM / DES MARKTMONITORING
CAS-Berichten kann dieses Hintergrund- Besuchsberichte des Außendienstes
wissen nur angerissen werden.
Kontaktberichte des Innendienstes

Das Spektrum möglicher Besuchsberichtsin- Händlerberichte


formationen ist weit gefasst. Abb.6-48 spannt
Kundenbeanstandungen, Reklamationen
den Rahmen. Unterschieden werden als Infor-
mationsbereiche die Besuchshistorie (Ge- Kundenzufriedenheitsbefragungen

schehnisse und Absprachen), Gesprächspart- Lieferantenbewertungen


nerinformationen, Unternehmensinformatio-
Berichte von Verbandstagungen
nen, Prozessinformationen, technische Infor-
mationen, Wettbewerbsinformationen sowie Kundenzeitungen
marktstrategische Gesamtbeurteilungen. „Gerüchteküche“ guter Kunden

Wirtschaftsnachrichten, Fachpresse
Besuchsberichte sind Bestandteil des sog.
Markt- oder Kundenmonitoring. Abb.6-49
listet wichtige Quellen auf, die erst in der Gesamtschau ein vollständiges Marktbild
ergeben. Dabei bleibt der Informationsspeicher des Vertriebs nicht auf Kundenaus-
sagen beschränkt. Es ist wichtig, auch Marktinformationen über die Kunden des
Kunden und deren Branchenentwicklung regelmäßig zu sammeln und auszuwerten.
Auch zu Verbandsführern und Branchenexperten sollte Kontakt gehalten werden, um
das aus den Besuchsberichten gewonnene Marktbild abzurunden.
Abb.6-50
6. Kapitel: Die Vertriebspolitik 343

Dass zu einer vollständigen Marktbeobachtung auch das Auswerten der Wirtschafts-


presse gehört, versteht sich von selbst. Auch die Teilnahme des Vertriebsleiters an
Fachtagungen und Konferenzen trägt zur Kompetenzbildung bei. Keinesfalls können
Aussagen der folgenden Art akzeptiert werden: „Ja soll ich nun verkaufen oder an
der CRM-expo teilnehmen?“
Besuchsberichte sollten sich auf die für eine Unternehmung bzw. Branche wichtigs-
ten Informationen beschränken und im Rahmen eines CRM/CAS-Systems automati-
siert werden. In sog. Drill-down-Menüs sind möglichst viele Antwortvorgaben vor-
zustrukturieren, die dann vom Kundenbetreuer nur noch am Bildschirm markiert
werden brauchen. In das CRM-System fließen dann auch die marktbezogenen (kun-
denunabhängigen) Informationen des Markt- und Kundenmonitoring ein.

Abb.6-50 zeigt beispielhaft Masken eines computergestützten Besuchsberichtes. Die


Besuchshistorie ist im Beispielfall mit speziellen Auswertungsmodulen zur Wettbe-
werbsanalyse verknüpft.726 Dabei werden allgemeine Informationen über den Wett-
bewerber und seine Marktstrategie von den Informationen über dessen Produkte mit
Preisstellungen sowie Stärken und Schwächen getrennt. So lassen sich unabhängig
voneinander Wettbewerber- und Produktvergleiche (in die dann auch die eigenen
Produkte einzubeziehen sind) anstellen.

6.4.9. Spezielle Konzepte für das Marketing


a.) Philosophie des Relationship-Marketing
"Netzwerkexperten schätzen, dass jeder Erwachsene mit 500 bis 1.000 Personen sozi-
ale Kontakte pflegt. Jeder dieser Bekannten verfügt ebenfalls über 500 bis 1.000 Kon-
takte. Rein theoretisch stehen jedem also über die Netzwerke der Kunden und Bekann-
ten rund 1 Mio. Kontakte zur Verfügung, die dazu genutzt werden können, die eigenen
Ziele zu erreichen." (Kippes, 1999727)

Die Art, wie Kunden heute von den Unternehmen angesprochen und betreut werden
und wie Akquisitionsstrategien in eine langfristige Unternehmensplanung eingepasst
werden, hat sich im Laufe der vergangenen zehn Jahre enorm gewandelt. Es sind vor
allem neue Denkweisen und Methoden des Marketing, die das Verkaufen zur
Kunst werden lassen. Die Marketingphilosophie beseelt den Vertrieb. Wichtige,
grundlegende Konzeptionen werden im folgenden dargestellt.

Transakti- Nehmen wir Deal-based-Selling als Ausgangsbegriff. Er gilt als Merkmal des In-
onsmarke- vestment Banking und charakterisiert den klassischen Transaktionsansatz des Ver-
ting kann als
Stop-and- kaufs.728 Das Verkäuferinteresse richtet sich auf eine einmalige Ausführung des Ge-
go-Verkau- schäfts, ohne perspektivischen Blick auf eine langfristige Kundenbeziehung. In ge-
fen verstan- sättigten Märkten hat dieses traditionelle Verteilungsmodell des Verkaufs729 keine
den werden: Erfolgschance mehr. Grundlage erfolgreicher Geschäftsabschlüsse sind gute persön-
Den Kunden
anhauen, liche Beziehungen zwischen Käufer und Verkäufer. Diese werden zur notwendigen,
umhauen, aber nicht hinreichenden Voraussetzung für Kundenzufriedenheit und dauerhafte
abhauen! Kundenbindung. Abb.6-51 stellt die Merkmale des konventionellen, transaktionalen
Verkaufsansatzes denen eines Relationship-Marketing gegenüber.730
726
Die EDV-Masken entstammen dem CRM-Programm adito-columbus der ADITO Software GmbH
727
Kippes, (Beziehungsmarketing), in: Immobilien Praxis & Recht, 11/1999, S. 6
728
Doerig, (Universalbank), 1996, S. 61
729
von Kotler als Philosophie der Verkaufskonzeption beschrieben: vgl. noch einmal Kotler; Keller;
Bliemel, (Marketing-Management), 2007, S. 20-21
730
Quelle: in Anlehnung an Wehrli; Wirtz: (Relationship Marketing), , in: ASW, Sondernummer
Oktober 1996, S. 26. Heute wird von Customer Relationship Management gesprochen. Man geht
davon aus, Beziehungen steuern zu können. Diese Haltung ist in der Praxis zuweilen umstritten.
344 Marktorientierte Unternehmensführung

Abb.6-51
Transaktionsorientiertes
Relationship Marketing
Marketing
• Verkaufsabschluss und Umsatz- • Etablierung langfristiger Geschäfts-
Ziel ⌦ •
generierung, Kurzfristziele
Wert der einzelnen Transaktion
zählt (Case to case)

beziehungen (Langfristziele)
Langfristige Wertgenerierung durch
Kundenintegration zählt
• Mass Production, Economies of • Customized Production, Economies
Paradigma ⌦ •
Scale: Fertigung lenkt Kunden
Standardisierte Leistungen sind
wichtig

of Scope: Kunden lenken Fertigung
Individualisierte Leistungen sind
wichtig
• Bild des anonymen Kunden • Bild des individuellen Kunden, des
Kunden-
verständnis ⌦ • Bild der Laufkundschaft: Verkäu-
fer ist vom Kunden unabhängig •
gläsernen Kunden
Verkäufer und Kunde stehen in
wechselseitiger Abhängigkeit
• Geschäfte erhalten ihre Wertig- • Geschäfte erhalten ihre Wertigkeit
Marktsicht ⌦ •
keit durch Produkte und Profite
Priorität für Neukundengewin-
nung

durch Problemlösungskompetenz
Priorität für Wertsteigerungen von
bestehenden Beziehungen
• Produkt im Mittelpunkt • Service im Mittelpunkt
Marketing-
verständnis
⌦ •

Kundenkontakt als Episode
Standardisierte Verkaufsargu-
• Kundenkontakt als kontinuierlicher
Prozess
mentationen reichen aus • Individualisierter Dialog mit Kunden

„Die Marke- Das Relationship-Marketing nach Berry (1983) basiert auf folgenden Überlegungen:
tingdisziplin (1) Im Konsumgüterbereich sind derart starke Veränderungen (u.a. durch die europä-
muss sich den
Vorwurf ge-
ische Marktöffnung) im Fluss, dass Markenartikelhersteller und Handel ihre Zie-
fallen lassen, le im Endkundengeschäft noch stärker gemeinsam anstreben müssen. Gefragt
die Kundenbe- sind Philosophien für eine vertrauensschaffende und gleichzeitig betriebswirt-
ziehung weitge-
hend ignoriert
schaftlich erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Lieferant und Kunde.
zu haben. Wenn (2) Der Direktvertrieb unter Geschäftsleuten (BtoB-Marketing) sieht im Relation-
der Kunde ship-Ansatz mehr als nur „alten Wein in neuen Schläuchen“. Während früher Ge-
überhaupt eine
Rolle spielt und
schäfte stärker auf „wining and dining“ beruhten, müssen heute hochqualifizierte,
nicht ohnehin in immer stärker akademisch ausgebildete Einkäufer und Verkäufer ihre persönli-
aggregierten chen Interessen mit den betrieblichen Zielvorgaben in Einklang bringen. Die Ge-
Größen wie
Märkten oder
schäftsbeziehungen sind schlichtweg anspruchsvoller geworden. Die Zusammen-
Marktsegmenten arbeit mit guten Kunden kann sich derart eng vertiefen, dass der Kunde mit sei-
verschwindet, nen Fertigungsressourcen Teil des eigenen Wertschöpfungsprozesses wird, die
dann als mani-
pulierbares
Wertschöpfungsprozesse von Anbieter und Kunde sozusagen verschmelzen.
Objekt, das auf „Customer Integration – von der Kundenorientierung zur Kundenintegration“
gewisse Stimuli lautet die Schlagrichtung.731
die erwünschten
Reaktionen
(3) Im stationären Verkaufsgeschäft (Ladengeschäft) ist es Gebot der Stunde, den
zeigt.“ 732 Verkäufer davon zu überzeugen, dass der Kunde lieber wiederkommt und dort
bevorzugt Folgekäufe vornimmt, wo sich eine Beziehung mit dem Einzelhan-
delsverkäufer entwickelt hat. Die Beziehungsbildung ist in weiten Bereichen des
Einzelhandels möglich, z.B. bei Elektrogeräten, Film und Foto, Getränke-Shops,
Computer und natürlich bei Kleidung, Schuhen und Geschenkartikeln. Hier lautet
das Motto: Laufkundschaft zu Beziehungskundschaft zu entwickeln.

Das, was in das Marketing, in zugegeben kopflastiger Form, hineinstrahlt, steht in


enger Beziehung mit persönlichen Werten, wie die folgende Definitionskette zeigt:

Geschäftskontakt: Unter einem Kontakt verstehen wir eine persönliche oder


unpersönliche Berührung von mindestens zwei Personen, bei denen eine Kom-
munikation erfolgt.
Geschäftsbeziehung: Die Personen sind sich bewusst, dass Sie durch
berufliche Ziele, Interessen oder Aufgaben verbunden sind.

731
vgl. Kleinaltenkamp, (Customer Integration), 1996, S. 13 ff. sowie zum Zitat S. 5
732
Stahl, (Kundenbeziehung), in: IO, 9/1997, S. 30
6. Kapitel: Die Vertriebspolitik 345

Relationship Marketing "is marketing based on interaction between


networks of relationships."733
Beziehungsmanagement ist die "konsequente, aktive Analyse und Gestaltung
von Geschäftsbeziehungen zwischen zwei Geschäftspartnern, ... eine auf
spezifische Beziehungsziele des Unternehmens ausgerichtete "Außenpolitik",
... die geeignet ist, Kompetenzen für das Unternehmen aufzubauen, die
Wettbewerbsvorteile begründen können."734
Partnerschaftsmanagement bedeutet behutsame und dauerhafte Beziehungs-
pflege in der Weise, dass sich beiden Partnern (in der Regel unausgesprochen)
Vorteile aber auch Nachteile der Beziehung bewusst sind und dass den
Partnern daran gelegen ist, die Vorteile auszubauen.
Geschäftsfreundschaft entsteht, wenn sich eine geschäftliche Beziehung
noch weiter von den Arbeitsgeberinteressen löst. Die Beziehung wird
vorrangig in die Privatsphäre verlegt. Frage: Welche Ihrer geschäftlichen
Beziehungen bleiben Ihnen nach der Pensionierung?
Geschäftsliebe: Starverkäufer heiratet Chefeinkäuferin!

Die zwischenmenschlichen Beziehungen beeinflussen private wie auch geschäftliche


Netzwerke.735 Hinter jedem Geschäftsfreund können 1000 weitere, interessante und
nutzbare Kontakte stehen. Von "Netzwerkpartnern" erhält man Informationen. Man
wird gezielt weiterempfohlen und kann sich bei eigenen Geschäften auf seine Bezie-
hungen berufen. Gute Beziehungen schaffen Vertrauen und bieten Sicherheit. Aus
diesen Gründen werden Geschäftsbeziehungen verstärkt langfristig bewertet, ver-
zichtet der Anbieter sogar zuweilen auf kurzfristige Preisvorteile, um seinen Kunden
längerfristig zufrieden zu stellen. Die Beachtung von vier Prinzipien bewirkt ein
erfolgreiches Relationship-Marketing:736
(1) Nach dem Integrationsprinzip wächst Partnerschaft aus Problemlösungen (z.B.
Produkt + Dienstleistungskonzept aus einer Hand), die wirklich Kundennutzen
schaffen. Es geht daher darum, Vertrauen in Kompetenzen aufzubauen!
(2) Das Führungsprinzip verlangt eine einvernehmliche Atmosphäre der Zusam-
menarbeit, bei der der Anbieter durchaus die Fäden der Geschäftsbeziehung in
der Hand behalten kann. Die Partnerschaft leidet, wenn sie zum Machtspiel wird.
(3) Das Verrechnungsprinzip fordert von guten Partnern eine angemessene und
gerechte Abgeltung aller Teilleistungen. Beziehungen bewähren sich beim Geld.
(4) Das Adaptionsprinzip legt den Geschäftspartnern einen Mittelweg zwischen
flexiblen Veränderungen einerseits und einer Kontinuität in den die Geschäftsbe-
ziehung prägenden Elementen andererseits nahe. Im Gegensatz zum Beziehungs-
ansatz drängt der Transaktionsansatz beide Partner stets zum kurzfristigen
Durchsetzen eigener Interessen. Transaktionsmarketing kann insofern als ein
Wechselspiel einseitiger Vorteilsgewinnungen verstanden werden, bei denen am
Ende niemand gewinnt.

Eine Beziehungspflege lässt sich nicht dauerhaft mechanisieren oder gar automatisie-
ren. "Wird eine Beziehung gemänätscht, dann ist sie auch schon tot."737 Wo liegen
die Soft Skills, die eine Beziehung wirklich erfolgreich machen? Belz formuliert
hierzu sechs persönlichkeitsbezogene Kriterien für eine Beziehungsqualität:

733
Gummesson, (Relationship Marketing), 2006, S. 3
734
Becker, (Marketing-Konzeption), 2006, S. 628
735
zum Aufbau von Beziehungsnetzwerken vgl. Kippes, (Beziehungsmarketing), in: Input, 3/1999, S.
38-41
736
vgl. Tomczak, (Relationship-Marketing), 1994, S. 200-205
737
Ausspruch eines Managers auf der CRM-expo 2001
346 Marktorientierte Unternehmensführung

Abb.6-52
DIE SECHS KRITERIEN FÜR DIE QUALITÄT EINER (GESCHÄFTS)BEZIEHUNG
Affinität, persönliche Nähe, Freundlichkeit, übereinstimmende "Chemie" der Partner,
Sympathie
Individualität der Beziehung
Anerkennung Persönliche Akzeptanz, Bestätigung, Anerkennung des Partners
Kontinuität und Verlässlichkeit, Stimmigkeit, Fairness und Sicherheit, Transparenz, Of-
Vertrauen
fenheit und Ehrlichkeit
Gemeinsame Interessen, Kooperation, Absichtslosigkeit und Gewicht des Partnerinte-
resses, Engagement beider Partner, Dialog und Lebendigkeit, Flexibilität, Großzügigkeit,
Gegenseitigkeit
Abhängigkeit und Unabhängigkeit (in einzelnen Beziehungen und Beziehungen zu Grup-
pen), "Geben" und "Nehmen"
Intensität Interaktionshäufigkeit und Kontinuität. Beziehungen dürfen nicht "einschlafen".
Sachliche Stützung, Realitätsbezug, Erfahrungen und herausragende Ereignisse und
Kompetenz
frühere Sonderleistungen, positive und negative "Critical Incidents" in Beziehungen
(Quelle: Belz, (Geschäftsbeziehungen), 2000, S. 250)

Wenn CRM heute als Managementansatz zur "Optimierung" von Geschäftsbezie-


hungen proklamiert wird, dann werden leider die Vorleistungen negiert, die das klas-
sische Marketing für die Relationship-Idee geleistet hat. Es ist bedauerlich, dass es
die Marketing-Wissenschaft zugelassen hat, dass aus dem R-Marketing mittlerweile
ein R-Management geworden ist. Aber es ist dem konventionellen Marketing leider
nicht gelungen, die faszinierende Idee des Relationship Marketing in Massenpro-
zesse zu übertragen. Das Marketing hat bis dato die Kraft der Systeme (welcher
Student kennt schon Siebel?), die Kraft der Automatisierung (Standardisierung)
und die Kraft des Internet unterschätzt. Ein Kundenkarten-System, wie die Pay-
back Karte, muss 100 Mio. Kundentransaktionen p.a. bewältigen. Das Relationship-
Marketing blieb darauf beschränkt, Kundenorientierung herbeizupredigen. CRM
dagegen liefert jetzt die Instrumente, um "Marketing im großen Stil" zu verwirkli-
chen. Das ist der Unterschied (vgl. zu CRM den Abschnitt 6.3.3.).

b.) Konzepte der Kundennähe


Der Kunde hat zwei Telefone auf dem Schreibtisch: eines mit einer Leitung zu Ihnen
und eines mit einem direkten Draht zur Konkurrenz. Zu welchem Telefon wird er grei-
fen? Kundennähe bedeutet: Schon in der Leitung zu sein, wenn der Kunde bestellen
möchte. (P.W.)

Abb.6-53 Kundennähe wurde in Abb.1-35


FAKTOREN DER KUNDENNÄHE
Kundennähe als ein Grundbaustein der Kun-
ist Marke- denorientierung vorgestellt. Be-
tingziel ziehungen und Bindungen ent- FAKTOR
DIREKTKONTAKT:
Nr.1: In den
wickeln sich aus einer Nähe ⌦ Außendienstbesuche
persönlichen ⌦ Chefbesuche
Verkauf, in heraus. Dabei muss Nähe kei- ⌦ Innendienstbesuche
⌦ integrierte
Prospekte nesfalls immer körperliche Nähe Auftragsabwicklung
und Katalo- bedeuten. Es reicht, dass ein
ge und in
den Kunden-
Lieferant dem Kunden dauerhaft FAKTOR
VERFLECHTUNG: FAKTOR PROMOTION:
service positiv in den Gedanken präsent ⌦ gemeinsame Patente ⌦ Messeeinladungen
⌦ Event beim Kunden
wollen die ist. Nach Abb.6-53 bestimmen ⌦ gemeinsame Joint
Ventures ⌦ Werbegeschenke
Marketiers vier Faktoren den Grad der ef- ⌦ gemeinsame ⌦ Kundenzeitung
Verbandsarbeit ⌦ Spezialkatalog für
vorrangig
investieren
fektiven bzw. vom Kunden emp- ⌦ EDI, EDIFACT Kunden

(s. den Hin- fundenen Nähe:


weis in: (1) Ein Direktkontakt ist der FAKTOR GEMEINSAME
ASW, Königsweg der Kundennähe. AUFGABEN:
1/2004, S. ⌦ Musterüberlassung
48). Dann sieht der Außen- ⌦ gemeinsame
Produktentwicklung
dienstmitarbeiter jedes Stirn- ⌦ Kundenschulung
runzeln des Kunden. Das
6. Kapitel: Die Vertriebspolitik 347

Prinzip der Kundennähe sollte auch auf die Mitarbeiter des Verkaufsteams (In-
nendienst) und auf die Technik übertragen werden. Das Selling Center sucht die
Nähe zum Buying Center.
(2) Die promotion-beeinflusste Kundennähe schafft Nähe und Erinnerung durch
besondere und idealerweise einzigartige Ereignisse, die dem Kunden positiv im
Gedächtnis bleiben. Die geheime Sorge eines Einkaufschefs, nächstes Jahr nicht
zum Oktoberfest eingeladen zu werden oder nicht die nächste Folge des Kristall-
gläser-Sortiments als Weihnachtsgeschenk zu erhalten, bindet ihn – bis zu einem
gewissen Grad – treu an den Stammlieferanten.
(3) Gemeinsame Aufgaben und Erfolge üben sehr starke bindende Kräfte aus.
Hierzu zählen z.B. gemeinsame Produktentwicklungen, Messeauftritte oder
Schulungen (z.B. das Microsoftpartner-Konzept).
(4) Im Falle von Verflechtungen werden gemeinsame Aufgabenerfüllungen institu-
tionalisiert bzw. sanktioniert (Let´s work together). Es ist dies der Schritt „von
der Verlobung zur Heirat“. Stehen Kunde und Lieferant erst mit einer gemeinsa-
men Firma im Handelsregister, ist diese engste Form der Kundennähe vollzogen.
Erst durch Kundennähe lässt sich die Kundenzufriedenheit beobachten und regeln.

c.) Konzepte der Kundenzufriedenheit


Kundenori- Zufriedene Kunden sind (meist) treue Kunden. Die daraus resultierende Forde-
entierung
am Bahnhof
rung nach Kundenzufriedenheit beruht auf Hypothesen und Erfahrungen:738
Aulendorf, • Zufriedenen Kunden ist es lästig, nach immer neuen Einkaufsquellen zu suchen.
Bodensee- • Wegen 5% Preisunterschied lösen Kunden eine langjährige Geschäftsbeziehung
kreis : nicht, wenn sie ansonsten zufrieden sind.
"Toiletten
haben wir
• Ein zufriedener Kunde teilt durchschnittlich 3 Personen seine positiven Erfah-
nicht mehr. rungen mit. Ein unzufriedener Kunde gibt seine negative „Mund-zu-Mund-
Die sind Propaganda“ an durchschnittlich 11 Personen weiter.739
jetzt in den • Nur 30% der unzufriedenen Kunden beschweren sich wirklich.740
Zügen."
Aussage des • Die Zahlen schwanken zwar beträchtlich, aber es wird behauptet, dass es 8 mal
Bahnhofslei- so teuer sei, einen neuen Kunden zu gewinnen, als einen Stammkunden zu hal-
ters der ten (Achtung: Das gilt nur für kurzfristige Neukundengewinnungskampagnen).
Bahn AG. • Zufriedene Kunden bleiben ihrem Lieferanten treu. Bringt ein Neukunde in der
Akquisitionsphase noch Verluste, so stellen sich positive Deckungsbeiträge erst
mit den Jahren ein. Es ergibt daher keinen Sinn, einen Autokäufer nach seinen
einmaligen Jahresausgaben für einen Neuwagenkauf zu bemessen.Vielmehr
stellt sich sein Potenzial als Kundenlebenszyklus-Potenzial dar.741
• Zufriedene Kunden sprechen Empfehlungen (Referenzen) für ihre Lieferanten
aus (Referenzmarketing).
• Aber Achtung: Ein Anlass zur Unzufriedenheit kann langjährige positive Bemü-
hungen um Kundenzufriedenheit auf einen Schlag zunichte machen. Verärgerte
Kunden erzählen ihre Erlebnisse im Bekanntenkreis weiter. Vor allem aber wer-
den Kunden schlagartig misstrauisch.
738
Diverse, z.T. auch widersprüchliche Quellen in ASW, MM, HBR, PM-Beratungsbrief, acquisa und
anderen Quellen, die sich jeweils auf andere Studien berufen. Vgl. z.B. die Darstellung der Auswir-
kungen von Kundenzufriedenheit auf den langfristigen Geschäftserfolg in: o.V., (Erfolg), in: PM-
Beratungsbrief, v. 28.5.1996, S. 5
739
vgl. Meister; Meister, (Kundenzufriedenheit), 1998, S. 14 unter Bezug auf eine Studie des Techni-
cal Assistance Programs
740
ein Ergebnis der GfK-Zufriedenheitsforschung: vgl. o.V., (Servicewüste), in: Landshuter Zeitung
v. 7.9.1998
741
vgl. Meister; Meister, (Kundenzufriedenheit), 1998, S. 9 mit Bezug auf den Wartungs- und Repara-
turbereich eines Autohauses: Der Gewinn eines über vier Jahre treuen Kunden ist mehr als dreimal so
hoch wie im ersten Jahr.
348 Marktorientierte Unternehmensführung

Ein möglicher Nachteil der Kundenzufriedenheit (um jeden Preis) sollte aber nicht
übersehen werden:
„Zufriedene Kunden sind teuer. Der Kunde wünscht noch dieses und jenes, er erwar-
tet zahlreiche persönliche Gespräche mit dem Verkäufer und fordert dann als lang-
jähriger Stammkunde einen beträchtlichen Rabatt. Ergebnis: Der Kunde ist glücklich,
aber das Unternehmen hat nur Geld gewechselt und keinen Pfennig am Auftrag ver-
dient.“742

Wann ist ein Kunde zufrieden? Zwei Zufriedenheitsformen sind zu unterscheiden:

Kaufzufriedenheit / transaktionale Kundenzufriedenheit: Kundenzufrie-


denheit ist als Ergebnis eines komplexen psychischen Vergleichsprozesses zu
verstehen. „Der Kunde vergleicht seine wahrgenommenen Erfahrungen nach
dem Gebrauch eines Produktes oder einer Dienstleistung, die so genannte Ist-
Leistung, mit den Erwartungen, Wünschen, individuellen Normen oder einem
anderen Vergleichsstandard vor der Nutzung.“ 743 Die transaktionale Zufrie-
denheit bezieht sich auf einen Kaufakt.
Die Beziehungszufriedenheit / dynamische Zufriedenheit fragt dagegen
nach der Zufriedenheit eines Kunden mit seinem Lieferanten über den Zeit-
raum einer Geschäftsbeziehung. Es ist Zeichen hoher Kundenloyalität, wenn
(gelegentliche) Unzufriedenheiten eine Beziehung als Ganzes nicht gefährden.

Folgende Abgleiche nimmt der Kunde beim Kauf eines Sachgutes bzw. bei Inan-
spruchnahme einer Dienstleistung vor (Expectation-Disconfirmation-Paradigma):

⌦ Zunächst entwickelt der Kunde Kauferwartungen, abhängig von744


seinem persönlichen Anspruchsniveau,
dem Image des Anbieters bzw. des Leistungsangebotes,
dem Leistungsversprechen des Anbieters,
seiner Kenntnis über Kaufalternativen.
⌦ Diese Erwartungen wird er nach dem Kauf abgleichen mit
seinen aktuellen Erfahrungen mit dem Produkt,
seiner Wahrnehmung des Problemlösungspotenzials des Produktes (Wie
weit ist das Produkt grundsätzlich zur Problemlösung geeignet?),
der für ihn relevanten, individuellen Problemlösung.

Dieser Abgleich zwischen Erwartungen und Erfahrungen bestimmt sein Zufrie-


denheitsniveau. Wie lässt sich dieses messen? Die Frage „Sind Sie mit uns, bzw. mit
unserem Produkt, zufrieden“ ist zweifelsohne naiv. Es kann von keinem Käufer
(Konsumenten) verlangt werden, sich auf eine direkte Frage nach der Zufriedenheit
euphorisch zu äußern. Welcher Einkäufer gibt z.B. freiwillig zu, dass er mit einem
Preis zufrieden ist. Die Kundenantworten wären nicht valide. Das Niveau der Kun-
denzufriedenheit muss also indirekt messbar gemacht werden. Das geschieht in der
Praxis durch umfassende Kundenbefragungen mit mehreren indirekten Fragen.

Die Messung der Kundenzufriedenheit ist in der Praxis kompliziert. Zum einen ist
Kundenzufriedenheit ein sehr individuell wirkendes und höchst instabiles Phänomen.
Zum anderen haben Menschen oft Probleme, ihre eigene Zufriedenheit zu bewerten
und sich diesbezüglich zu artikulieren. Ein spezieller Umstand gilt in BtoB, wo ein
Einkäufer seinem Lieferanten gegenüber seine Zufriedenheit nicht gerne zugibt.

742
Betz, (Kundenmanagement), in: acquisa, 3/1998, S. 76
743
Homburg; Rudolph, (Perspektiven), 1997, S. 33; eine sehr tiefgehende Auseinandersetzung mit der
„Worthülse“ Kundenzufriedenheit findet sich bei Brendl, (Wandel), 1997, S. 139-140
744
vgl. zu diesem Pardigma Nieschlag; Dichtl; Hörschgen, (Marketing), 2002, S. 1172-1173
6. Kapitel: Die Vertriebspolitik 349

In der Praxis werden folgende Methoden eingesetzt.


(1) Objektivierbare Verfahren (faktengestützte Verfahren) setzen deshalb auch
gar nicht an der Zufriedenheit an. Sie leiten eine Kundenzufriedenheit aus (a)
kritischen Ereignissen ab (z.B. Kundenbeschwerden, Rücksenden) oder (b) aus
Erfolgsgrößen der Geschäftsentwicklung (z.B. Stammkunden-Quote, Wieder-
kaufraten.
(2) Subjektive Verfahren (urteilsgestützte Verfahren) gründen sich auf Erhebun-
gen. (a) Bei den indirekten Erhebungen wird der Begriff Zufriedenheit nicht
explizit in den Vordergrund gestellt. Man untersucht die Erfüllungsgrade von
Kundenerwartungen oder nimmt Rückschlüsse aus Lieferantenbewertungen vor.
(b) Die direkten Befragungen fragen dann ganz gezielt die Zufriedenheiten von
Kunden anhand definierter Schlüsselfragen ab (Deutscher Kundenmonitor).

Oft arbeitet die Praxis bezüglich (2b) mit handgestrickten Fragebögen, in denen der
Befrager nach eigenem Gutdünken Zufriedenheitsfaktoren vorgibt, von denen er
glaubt, dass sie signifikant die Kundenzufriedenheit bestimmen. Weder weiß er, wie
wichtig dem Kunden diese Leistungsmerkmale sind, noch kennt er die Wirkungs-
stärke dieser Attribute auf die Zufriedenheit seines Kunden.745 Homburg gebührt der
Verdienst, in einer varianzanalytischen Praxisstudie den Einfluss allgemeiner Zufrie-
denheitskriterien auf statistische Signifikanz geprüft zu haben.746 Seine Untersu-
chung geht speziell auf die dynamische Kundenzufriedenheit ein.

Die dynamische Zufriedenheit des Kunden mit einer Geschäftsbeziehung wird


nach Homburg bestimmt
(1) auf oberster Ebene von 2 (ursprünglich 3) Kundenzufriedenheits-Dimensionen;
die sich gut durch die Überschriften Leistungsangebot und Interaktionsverhal-
ten mit dem Kunden beschreiben lassen; weiter unterteilt durch
(2) 7 Kundenzufriedenheits-Faktoren747; und zwar
Produkt- und Leistungsqualität,
Qualität der kundenbezogenen Prozesse (z.B. Auftragsabwicklung),
Flexibilität im Umgang mit dem Kunden (z.B. Änderung von Lieferzeiten),
Qualität der Beratung durch Verkäufer (Verkäuferkompetenz),
Offenheit im Informationsverhalten gegenüber dem Kunden,
Offenheit für Kundenanregungen und für die Zusammenarbeit mit dem Kun-
den (Kundenvorschläge und –beanstandungen Ernstnehmen und Umsetzen),
Kundenkontakte durch Nicht-Vertriebsleute (auch Geschäftsleitung),
(3) die sich wiederum in 29 Kundenzufriedenheits-Indikatoren aufspalten, von
denen 26 in der Abb.6-54 enthalten sind.

Der Befragungs-Auswertungsbogen der Abb.6-54 beruht auf einem leicht modifizier-


ten Schema von Homburg. Dieses hat sich bei Befragungen mittelständischer Unter-
nehmen bewährt. Die Abbildung gibt die Zufriedenheitsurteile eines einzelnen Kun-
den wieder. Das aus der Meinung des befragten Kunden resultierende Zufrieden-
heitsurteil (Einzelurteil) liegt mit einem gewichteten Zufriedenheitsindex von 65%
im oberen Mittelfeld. Zufriedenheitswerte sagen im übrigen nur in der Relation zu-
einander und im Vergleich zur Konkurrenz wirklich etwas aus. Was bringt eine hohe
Kundenzufriedenheit, wenn der Kunde mit einem Hauptwettbewerber noch zufriede-
ner ist. Die Urteile mehrerer Kunden müssen rechnerisch zusammengefasst werden.
Üblicherweise geschieht dies durch Mittelwertbildung.
745
diese merkmalsorientierte Vorgehensweise wird z.B. kritisiert bei Meister, Meister, (Kundenzu-
friedenheit), 1998, S. 63-72: „Merkmalsorientierung vernachlässigt die Kundensicht“: s. S. 67
746
vgl. hierzu und im folgenden: Homburg, (Kundennähe), 2000, S. 99 ff.
747
vgl. Homburg, (Kundennähe), 2000, S. 116
MESSUNG DER KUNDENZUFRIEDENHEIT IN ANLEHNUNG AN HOMBURG
Dimensionen Faktoren Indikatoren Indikator- gewichtete
Abb.6-54

Indikator- Gesamt-
Faktor- bewertungen 1 Bewertungen
gewichte gewicht
gewichte bis 10 (auf 100%)
DIMENSION 1. Produkt- und 40 1) Kundenurteil Produktqualität 30 12,0 8 9,60
LEISTUNGS- Dienstleistungsqualität 2) Kundenurteil Servicequalität 20 8,0 7 5,60
350

ANGEBOT 3) Einhalten von Qualitätsanforderungen (Spezifikationen) 30 12,0 9 10,80


4) "Wenigkeit" von Beanstandungen / Reklamationen 20 8,0 8 6,40
(Qualität) 100 40,0 32 32,40

2. Qualität der kunden- 20 5) Einhaltung von Lieferterminen 30 6,0 6 3,60


bezogenen Prozesse 6) Einhaltung sonstiger Terminzusagen (z.B. Projekte) 30 6,0 7 4,20
7) störungsfreier Ablauf von Routineprozessen 20 4,0 7 2,80
8) geringer Kundenaufwand bei Routinevorgängen 20 4,0 9 3,60
100 20,0 29 14,20

(Flexibilität) 3. Flexibilität im Umgang 15 9) Flexibilität in der Preisgestaltung 10 1,5 4 0,60


mit dem Kunden 10) Flexibilität bei technischen Sonderwünschen 50 7,5 5 3,75
11) nachträgliche Produktänd. für Kunden kostengünstig 20 3,0 6 1,80
12) Flexibilität bei Sonder-Terminwünschen des Kunden 10 1,5 6 0,90
13) Flexibilität bei Auftreten unvorhergesehener Probleme 10 1,5 7 1,05
100 15,0 28 8,10

DIMENSION 4. Qualität der Verkaufsarbeit 10 14) Verkäuferkompetenz in Bezug auf Kundenanwendung 20 2,0 10 2,00
INTER- 15) Verkäuferengagement für Kundenprobleme 20 2,0 9 1,80
AKTIONS- 16) fachliche Qualität der Kundenberatung (Wissenstransfer) 30 3,0 7 2,10
VERHALTEN 17) Fairness in der Kundenberatung 20 2,0 9 1,80
18) Betreuungskompetenz des Innendienstes 10 1,0 2 0,20
100 10,0 37 7,90

5. Offenheit im Informa- 5 19) Informationen über kundenbezogene Maßnahmen 30 1,5 9 1,35


tionsverhalten 20) frühzeitige Informationen über Produktänderungen 60 3,0 4 1,20
21) Einweihen des Kunden in strategische Überlegungen 10 0,5 1 0,05
100 5,0 14 2,60

6. Offenheit für Anregungen, 5 22) schnelle Reaktion auf Kundenanregungen 40 2,0 4 0,80
Zusammenarbeit mit Kunden 23) gemeinsame Produktentwicklung 30 1,5 10 1,50
24) gemeinsame Prozessoptimierung / Kostensenkung 30 1,5 2 0,30
100 5,0 16 2,60

7. Kundenkontakte durch 5 25) regelmäßige Kundenkontakte durch Management 30 1,5 7 1,05


Nichtvertriebsleute 26) regelmäßige Kundenkontakte durch F&E / Technik 70 3,5 5 1,75
100 5,0 12 2,80

Su. Gewichtungspunkte 100 Kundenzufriedenheit: erreichte Punkte ➨ 168 70,60%


Kundenzufriedenheits-Index, ungewichtet (% von Max. 260) ➨ 65% gewichtet

01.10.98 - KUZU250.xls/ Prof. Dr. Peter Winkelmann / ( vgl. Homburg, (Kundennähe), 1995, S. 63ff.)
Marktorientierte Unternehmensführung
6. Kapitel: Die Vertriebspolitik 351

Entscheidend für den Erfolg der Befragung ist es, die 26 Zufriedenheits-Indikatoren
dem Kunden auf einem Fragebogen in der richtigen Frageform nahezubringen. Der
Kunde sieht nur den Fragebogen; nicht aber den Auswertungsbogen der Abb.6-54.

Abb.6-55 Eine andere Einteilung von


DAS KANO-MODELL
Zufriedenheitsfaktoren geht
748
auf Kano zurück. Kano un- Kundenzufriedenheit
Begeisterungs-
anforderungen
terscheidet Basis-, Leistungs-
und Begeisterungsanforde-
rungen zur Erreichung von

Anforderungen nicht erfüllt

Anforderungen erfüllt
Kundenzufriedenheit. Abb. 6-
55 verdeutlicht die Faktoren
bzw. die Anforderungen an
Anbieterleistungen:
(1) Basis-/Hygienefaktoren Leistungs-
anforderungen
werden als selbstverständ-
lich vorausgesetzt. Ihre Basis-

Nichterfüllung bewirkt Un- anforderungen Kundenunzufriedenheit

zufriedenheit. Übererfül-
lung kann die Zufrieden-
heit nicht weiter steigern.
(2) Leistungsfaktoren werden ausdrücklich erwartet. Ihre Übererfüllung kann die
Kundenzufriedenheit nur bis zu einer Sättigungsgrenze steigern.
(3) Begeisterungsfaktoren werden eigentlich nicht erwartet. Ihre Nichterfüllung
bewirkt keine Unzufriedenheit. Werden sie angeboten, dann können sie die Zu-
friedenheit in Richtung Kundenbegeisterung steigern (Vorsicht: Gewöhnungsge-
fahr). Die Leistung wird für den Kunden besonders wertvoll.

Die Zufriedenheit der Kunden mit wichtigen Leistungsfaktoren sollte regelmäßig


erfragt werden. Folgende Vorgehensweisen sind üblich:749
(1) Mitarbeit bei Lieferantenbewertungen, wie sie z.B. in der Automobilindustrie
gängig sind (Audits); Nachteil: Die Kunden bestimmen das Procedere.
(2) Dokumentieren von Kundenzufriedenheits-Aussagen und Einschätzungen
durch den Außendienst als Pflichtaufgabe nach jedem Kundenbesuch (einzuge-
ben in ein CRM-System); Nachteil: Manchmal langwieriger Prozess der Harmo-
nisierung der Einschätzungen unterschiedlicher Außendienstmitarbeiter.
(3) Periodische Kundenbefragungen durch ein neutrales Institut, z.B. durch eine
Hochschule. Nachteile: Hier sparen die Unternehmen oft am falschen Ende durch
halbherzige Budgets und zu knappe Zeitvorgaben für die Erhebungen. Außerdem
ermüden die Kunden leicht bei wiederholten Abfragen gleicher Sachverhalte.
(4) Indirekte Ableitung: Rückschlüsse auf Kundenzufriedenheiten durch Erreichen
vereinbarter Benchmark-Zielvorgaben. Ein Beispiel: Unser Kunde ist zufrieden,
wenn wir nachweislich die gemeinsam abgestimmte Zielvorgabe von max. 4
Stunden für Lieferzeitauskünfte einhalten.
(5) Kombination dieser Methoden im Rahmen dauerhafter Zufriedenheitsprogram-
me. Dies dürfte der beste Weg für die Zufriedenheitsmessung sein.

Viele Firmen unternehmen große Anstrengungen, um (a) die Messung der Kunden-
zufriedenheiten und (b) die Verwertung der Ergebnisse in Richtung systematische
Kundenbindungsprogramme zu vollziehen. Beispiele sind das Customer-Focus-

748
vgl. Kano, (Attractive Quality), 1984, S. 39-48
749
Zum wissenschaftlichen Methodenüberblick vgl. Winkelmann, (Vertriebskonzeption), 2005, S. 121
352 Marktorientierte Unternehmensführung

Programm von ABB, das Premier-Customer-Care-Programm von BMW oder das


Total-Customer-Care-Programm von Schott.750 Der Softwareanbieter Oracle setzt
einen Customer Satisfaction Manager als Mittler zwischen Kunde und Vertrieb
ein. Die Mitarbeiter der Marriott-Hotels bitten ihre Gäste inständig, sich am Guest
Satisfaction Survey (GSS) zu beteiligen. Der GSS-Index entscheidet mit über die
Investitionsmittelzuweisung für die einzelnen Hotels. Stets wird es darauf ankom-
men, die Befragungsprogramme für die Kunden attraktiv zu gestalten, um deren Inte-
resse und das der eigenen Verkaufsmannschaft an den Zufriedenheitsergebnissen
wach zu halten. Sonst sind Ermüdungserscheinungen zu befürchten.
Abb.6-56 Wie zufrieden sind Konsumenten mit ihren An- KUNDENMONITOR DEUTSCHLAND
Beste Glo-
bietern? Seit 1992 befragt der Kundenmonitor Ranking der Globalzufriedenheit 2007
balurteile in Deutschland (ServiceBarometer AG / Datenerhe-
Optiker 1,96
ihren Bran- bung TNS Emnid) regelmäßig die Zufriedenheit Buchversand und Clubs 1,99
chen 2006: von ca. 22.000 privaten Verbrauchern mit den Reiseveranstalter 2,12
Toyota
(1,75), Ama-
Dienstleistungen in 23 Kernbranchen. Pro Bran- Hörgeräteakustiker 2,14

zon che werden telefonisch zwischen 500 und 11.000 Elektrohaushaltsgeräte 2,18
Kaffeefachgeschäfte 2,19
(1,83),Gmün Kundenurteile erhoben. Das Ergebnis schlägt Drogeriemärkte 2,23
dener Er- sich im Deutschen Kundenbarometer gemäß der Krankenkassen, -versich. 2,25
satzkasse 751
(1,91), De- Skala der Abb.3-20 nieder. Abb.6-56 zeigt die Banken/SpaKa, Schuhge. 2,29
beka (1,93), Rangliste der zehn 2007 am besten beurteilten Lebensmittelmärkte 2,33
Fielmann Branchen. Die Spitzenbranchen liegen im Be- bezogen auf die Zufriedenheitsskala der
(1,96), dm Abb.3-20. (Quelle: Kundenmonitor Deutsch-
reich der "sehr zufrieden"-Urteile. Die Globalzu- land 2007; ServiceBarometer AG
(2,04), tegut
(2,06), Glo- friedenheit der Konsumenten insgesamt ist z.B.
bus (2,1), im Zeitraum 1995 bis 1999 von 61,0% auf 62,3% leicht angestiegen (bezogen auf
Aldi (2,24), "vollkommen zufrieden" = 100%).752 Die Globalzufriedenheit wird auch als GCSI,
Yello (2,24) German Customer Satisfaction Index, bezeichnet.
und Schwä-
bisch-Hall.
Und wer spricht von Lieferantenzufriedenheit? Einige Automobilzulieferer messen
mit dem SSI (Supplier Satisfaction Index) ihre Zufriedenheit mit ihren Automobil-
kunden. In Bezug auf technische und kaufmännische Fachkompetenz, lange Ver-
tragslaufzeiten und fristgerechte Rechnungsbegleichung werden Porsche und BMW
am besten bewertet. Audi, Opel und VW bewegen sich im Mittelfeld. Keine Frage,
dass eine Zufriedenheit der Mitarbeiter des Lieferanten diese anspornt, sich bei vie-
len Alltagsproblemen stärker für die beliebten Kunden einzusetzen. Von diesem oft
unauffälligen Engagement leben Kunden-Lieferantenbeziehungen.

Aufschlussreich bei Zufriedenheitsuntersuchungen ist ein Vergleich des Fremdbil-


des (der Zufriedenheitsurteile der Kunden) mit dem Eigenbild (der Selbstein-
schätzung der Verkaufsmitarbeiter). Homburg kommt zu dem erstaunlichen Befund,
dass Eigenbewertungen regelmäßig schlechter als Kundenurteile ausfallen.753

Abhängig von Branche, Produkt und firmenindividuellen Besonderheiten sind nicht


alle Zufriedenheitsfaktoren gleich wichtig. Die einzelnen Zufriedenheitsindikatoren
sollten daher nach Durchführung einer Kundenbefragung in einem Spannungsfeld
zwischen Zufriedenheitswertungen und Wichtigkeiten der einzelnen Erfolgsfaktoren
eingeordnet werden. Abb.6-57 zeigt die typische Struktur einer derartigen Positionie-
rung von Zufriedenheitsfaktoren. Je nach Position eines Zufriedenheitsfaktors in der
750
vgl. die entsprechenden Beiträge in: Simon; Homburg (Hrsg.): (Kundenzufriedenheit), 1997
751
vgl. dort auch noch einmal die Quellenangabe zum Deutschen Kundenbarometer; vgl. zu den aktu-
ellen Werten Dornach, (Kundenmonitor), in: DIMA Jahrbuch, 2001, S. 42-54
752
vgl. Kundenmonitor Deutschland; auch abgedruckt in ASW, 1-2/2000, S. 67 sowie 12/2000, S. 74
753
vgl. die unter dem Titel „Große Kluft“ dargestellten Vergleiche von Selbsteinschätzungen und
Kundenbeurteilungen von Homburg in: Blick durch die Wirtschaft vom 17.6.1996, S. 9
6. Kapitel: Die Vertriebspolitik 353

Abb.6-57 4-Felder-Matrix sind bestimmte Konse-


quenzen für die Verkaufspolitik rat- KUNDENZUFRIEDENHEITSPROFIL
KUNDENZUFRIEDENHEITSPROFIL
sam.754 Nach diesem Schema wurden in
diesem Buch bereits Qualitäten von strategische

rfolgsfaktoren-Wichtigkeit
strategische

EErfolgsfaktoren-Wichtigkeit
strategische
Dienstleistungen untersucht (Abb.4-46). Nachteilemit
Nachteile mit strategische

hochh
Vorteile
Vorteile

hoc
Priorität
Priorität ausbauen
ausbauen
beseitigen
Zufriedene Kunden engagieren sich oft beseitigen
bei einem Referenzmarketing (Drei- irrelevante
"akzeptable" irrelevante
ecksverkauf) (s. den 7. Punkt der o.a.

niedrig
"akzeptable"

niedrig
Vorteile,
Vorteile,
Nachteile
Aufzählung). Sie sind auf Anfrage gerne Nachteile abbauen
abbauen
geneigt, ihre positiven Erfahrungen mit
dem Lieferanten an Dritte weiterzugeben Ideal-
Ideal- niedrig hoch
und können deshalb als Referenzgeber bereich
bereich
niedrig hoch
Kundenzufriedenheit
Kundenzufriedenheit
in die eigenen Akquisitionsbemühungen
eingespannt werden. Referenzmarketing
gibt es in vier Varianten:755
1. Variante: Der zufriedene Kunde gibt an einen Interessenten eine Empfehlung mit
der Anregung, sich bei Kaufinteresse an den Lieferanten zu wenden.
2. Variante: Der zufriedene Kunde empfiehlt einen Lieferanten und gibt diesem den
Namen des Interessenten. Nach einer Wartezeitt fasst der Lieferant selbst nach.
3. Variante: Der Interessent wird vom Lieferanten direkt angesprochen (Kaltakqui-
se) mit dem Hinweis, sich bei dem zufriedenen Kunden gerne eine Referenz ein-
holen zu können. Die Möglichkeit dieser Referenzgebung sollte zwischen Liefe-
rant und zufriedenem Kunden vorher abgestimmt sein.
4. Variante: Bei Stukturvertrieben ist z.B. die Variante üblich, dass ein zufriedener
Kunde gegen Erfolgsprämie oder Provision selbst Interessenten ansprechen und
Abschlüsse tätigen kann.

Nach dem in Abb.1-35 im 1. Kapitel dargestellten Konzept steht die Kundenzufrie-


denheit zwischen Kundennähe und Kundenbindung.756 Es ist keinesfalls sicher, dass
zufriedene Kunden automatisch wieder bei ihrem Lieferanten kaufen. Kundennähe,
Kundenzufriedenheit und die letztlich für Folgekäufe entscheidende Kundenbin-
dung (mit Kundenloyalität als Form einer freiwilligen Bindung) müssen ineinander
greifen. Man spricht von der Erfolgskette der Kundenbindung. Anzustreben ist
eine Kundenzufriedenheit, bei der sich Kunden freiwillig und gerne binden (lassen).

d.) Konzepte der Kundenbindung


„Aber Vorsicht! Zufriedene Kunden müssen noch lange nicht treu sein, auch wenn
dies auf den ersten Blick noch so logisch erscheinen mag. In der Realität ist das an-
ders.“757

Kundenbindung umfasst alle Maßnahmen, um die Wahlmöglichkeiten eines


Interessenten oder Kunden einzuengen, (Folge)Käufe bei Wettbewerbern zu
tätigen.

754
Homburg und Daum sprechen hier von einem Idealbereich der Konsistenz bzw. von einer Kon-
sistenzstrategie: vgl. Homburg; Daum, (Kostenmanagement), 1997, S. 48 ff.
755
vgl. zu den Varianten 1 – 3 Belz u.a., (Geschäftsbeziehungen), 1998, S. 140-141
756
vgl. die bahnbrechenden Ausführungen von Peters; Waterman, (Spitzenleistungen), 2006, S. 255ff.
757
Meister; Meister, (Kundenzufriedenheit), 1998, S. 8. Untersuchungen zeigen, dass zwischen 65
und 95 Prozent von Wechselkunden mit ihren früheren Lieferanten durchaus zufrieden oder sogar sehr
zufrieden gewesen waren: vgl. dort S. 8
354 Marktorientierte Unternehmensführung

Eine Unter-
suchung in
Kundenbindung drückt sich in (1) psychologischen (moralischen), (2) präfe-
der Auto- renzmäßigen, (3) technischen (d.h. systembedingten), (4) vertraglich-
mobilindust- rechtlichen und (4) ökonomischen Abwanderungs-/Wechselbarrieren aus.
rie ergab: Kundenloyalität ist eine spezielle Form einer "weichen" Bindung, bei der
90% der
Käufer ga- sich ein Kunde freiwillig an (1) einen Lieferanten, (2) einen Verkäufer, (3)
ben an, eine Marke/ein Produkt oder an (4) eine Einkaufsstätte bindet. In diesem Sinne
zufrieden zu werden Lieferantentreue, Verkäufertreue, Marken-/Produkttreue und
sein. Die Einkaufstättentreue unterschieden.
tatsächliche
Markentreue
lag aber nur Leider stellt die Kundenzufriedenheit „nur“ eine notwendige, nicht aber hinreichende
bei 40%.758 Bedingung für Folgekäufe dar. Der Kunde ist durch zusätzliche Instrumente an das
Lieferunternehmen zu binden. Binden bedeutet Einengen von Handlungs-, in diesem
Fall von Beschaffungsalternativen. Zielsetzung ist die Absicherung eines Lieferantei-
les durch Verbundenheit und Gebundenheit.759

Drei Bindungsformen sind zu unterscheiden:


Moralappell: (1) "Sehr weiche" Moralappellbindungen: Der Kunde soll bei Lieferantenwechsel
"Der Ge- oder bei Nichtkauf eines Produktes ein „schlechtes Gewissen“ bekommen.
sundheit und
der Familie (2) „Weiche" Bindungen, Präferenzbindungen durch überzeugende Anbieterleis-
zuliebe: tungen: Ein Produkt, ein Werbespot oder ein Verkäufer sind so überragend, dass
Nimm Sa- sich der Kunde freiwillig bindet (Bsp.: die Markentreue von PKW-Käufern).
nostol!" (3) „Harte" Bindungen durch Verträge, technische Systeme, Allianzen oder Bin-
dungsinstrumente wie Kundenkarten mit finanziellen Vergünstigungen. Abb.6-58
Abb.6-58 liefert eine Übersicht über mögliche harte Bin-
HARTE INSTRUMENTE DER
dungen.760 Bei den Systembindungen sind z.B. KUNDENBINDUNG
EDI, EDIFACT und ECR zu nennen. Unter die Institutionelle Bindungen
Vertragsbindungen fallen z.B. Teilzahlungs- Kapitalbeteiligungen
kredite an Kunden (z.B. Autofinanzierung) o- gemeinsame Joint Ventures
der Kundenclubs mit Kaufzwang. Mandate in Aufsichtsgremien
Sitze in Beiräten
Nach einer Am schwächsten wirken Bindungen durch Wer- Tätigkeit in gemeinsamen Verbänden
Befragung bung oder Preisvorteile. Auf weiche Bindungen ist Technologische Bindungen
von 30.000 Alleinstellungen
Konsumen- wenig Verlass. Aber auch harte Bindungen greifen Systembindungen
ten sank der bei unzufriedenen Kunden nicht auf Dauer. Jeder gemeinsame Technologien
Treuewert Vertrag kann gekündigt werden. Zulieferer der Just-in-Time Belieferung
für Stamm- Automobilindustrie haben Lehrgeld zahlen müs- Computerized Buying
marken von
1993 bis sen, weil ihre Rahmenverträge den Großkunden Vertragliche Bindungen
2001 von 78 immer wieder Schlupflöcher bieten. Und auch an Monopolbindungen (TüV, Bahn etc.)
Langfristige Lieferverträge
auf 69%. Updates gefesselte Softwarekäufer denken ständig
(Landshuter Exklusivverträge
Zeitung v.
über Auswege aus der Softwarefalle nach. Was F&E-Kooperationen
6.9.2001) bleibt, ist die Erkenntnis, dass man langfristig kei- Lizenz- und Know-how-Verträge
nen Kunden zum Kauf zwingen (binden) kann. Wartungs- und Reparaturverträge
Überzeugende Produkte, Markenwerte und Kun- Marketing-Bindungen
denzufriedenheit mit den Betreuungs- und Service- Rabatt- / Bonuszusagen
leistungen bleiben letztlich die Erfolgsfaktoren der Kundenclubs
Kundenkarten
marktorientierten Unternehmensführung - und kei-
in Anlehnung an Godefroid, 2003, S. 96
ne Knebelkonstrukte.

758
vgl. o.V., (Kundenbindung), in: PM-Beratungsbrief v. 23.11.1998, S. 5. Fast 30% aller Firmen
unternehmen keine besonderen Anstrengungen, um ihre Kunden an sich zu binden.
759
vgl. Bruhn, (Relationship Marketing), 2001, S. 118. Verbundenheiten schaffen beim Lieferanten
Verhaltensabsichten, Gebundenheiten beeinflussen das faktische Verhalten des Käufers.
760
vgl. die Tabelle von Godefroid, (BtoB), 2003, S. 96, in Anlehnung an eine Analyse von Rieker.
Dort sind die Marketing-Bindungen nicht aufgenommen.
6. Kapitel: Die Vertriebspolitik 355

6.4.10. Spezielle Konzepte für das Vertriebsmanagement


a.) Key Account Management

Key Account Management (KAM) bedeutet, ausgewählte, strategisch


wichtige Schlüsselkunden konzentriert durch hochqualifizierte Verkaufsmit-
arbeiter zu betreuen. Im Vordergrund des KAM stehen Kundenberatung und
Projekte mit den Zielen, eine langfristige Partnerschaft aufzubauen und ge-
meinsame Markterfolge zu realisieren (Wertschöpfungspartnerschaft)

KAM tritt in der Praxis in den Spielarten der Abb.6-59 auf. Zu den Key Accounts
zählen die wichtigsten Kunden, die hohe Anteile am Umsatz, am Ergebnis und am
strategischen Zukunftpotenzial eines Lieferanten auf sich vereinen.
Abb.6-59
FORMEN DES KEY ACCOUNT MANAGEMENT

Konsumgüter-KAM BtoB-KAM Service-KAM Pseudo-KAM

• Key Accounts sind die • Key Accounts sind zu • Der Verkauf wird • Um Kunden oder
großen Handelskon- bestimmen durch ein KAM im Mitarbeiter aufzu-
zerne und Handels- • Hochspezialisierte Sinne einer Marketing- werten, erhalten eini-
ketten, definiert durch Key Account Manager Serviceabteilung un- ge oder alle Verkäufer
ACNielsen). betreuen ausschließ- terstützt. den Titel eines Key
• Hochqualifizierte Key lich und mit voller Um- • Die Key Account Account Managers;
Account Manager satz- und Ergebnis- Manager beobachten die Kunden werden
betreuen ausschließ- verantwortung die den Markt, koordi- als Key Accounts an-
lich die Einkaufszent- Großkunden. nieren Einzelakti- gesprochen und auf-
ralen dieser Handels- • Sie koordinieren vitäten und schneiden gewertet.
konzerne (die Inlets). Teams von Kaufleuten individuelle Service- • Die Verkäufer küm-
• Die Key Account und Technikern. programme auf die mern sich daher nicht
Manager tragen die • Oft gibt es keinen Bedürfnisse der gro- ausschließlich um die
volle Umsatz- und Er- Flächenvertrieb wie in ßen Schlüsselkunden wichtigsten Kunden
gebnisverantwortung. der Konsumgüterin- zu. sondern teilen KAM-
• Parallel dazu betreut dustrie, sondern nur • Demzufolge haben die Aktivitäten mit der
ein Flächenvertrieb Betreuung der Werke Key Account Manager Betreuung der ande-
die Outlets, überprüft durch Servicetechni- dann keine Umsatz- ren Kunden. (Teilzeit-
die Einhaltung der Lis- ker und Betreuung und Ergebnisverant- KAM).
tungsverträge, sorgt kleinerer Kunden vom wortung. • Die Kunden leiten aus
für Regalpflege etc. Backoffice aus. dem Titel Key Account
• KAM in der Konsum- • In stark fragmentierten oft Forderungen nach
güterindustrie erfor- Märkten kann es sein, Sonderkonditionen
dert also eine Zan- dass ein Lieferant ü- und höherwertigen
genstrategie. ber keine Klein- Serviceleistungen ab.
kunden verfügt. Der • Man kann auch von
gesamte Kunden- einem "unechten
stamm wird dann nach KAM" sprechen.
den Regeln des Key
Accounting betreut.

(vgl. auch: Winkelmann, (Vertriebskonzeption), 2005, S. 506)

ABB hat ca. Key Accounts sind die Kunden,


800 Groß- „die zu verlieren Sie sich nicht leisten können.... und solche, die das Potenzial haben,
kunden diese Bedeutung für Sie zu erlangen.“761
definiert, die
im Rahmen
individueller Im Bereich des Lebensmitteleinzelhandels sind nach ACNielsen Tengelmann, Met-
Betreuungs- ro EH, Edeka, Rewe, Spar, Markant, ALDI und eine Gruppe restlicher Unternehmen
programme mit insgesamt 55.250 Outlets (2005) als Key Accounts definiert. BtoB-Key Accounts
gepflegt
werden. werden im Rahmen der Kundenqualifizierung meist nach den Schlüsselgrößen Um-
satz und Ergebnis vorselektiert und dann ergänzend strategisch beurteilt. Es zählt
also – wie mehrfach betont – nicht nur der Umsatz.762 Schaut man jedoch nur auf
761
Miller; Heiman, (Schlüsselkunden-Management), 1992, S. 27
762
vgl. die zahlreichen Bestimmungskriterien bei Sidow, (KAM), 2000, S. 28-31
356 Marktorientierte Unternehmensführung

Umsatzerlöse, dann orientiert sich die Praxis immer wieder an bestimmten Umsatzre-
lationen, um die Gruppe der Key Accounts einzugrenzen:
Die Gruppe der Schlüsselkunden erbringt 50 - 60 Prozent vom Umsatz.
Schlüsselkunden sind die ca. 20 Prozent größten Kunden, die nach der Pareto-
Erfahrungsregel ca. 80 Prozent des Umsatzes auf sich vereinen.
Schlüsselkunden sind automatisch die Top 10-Kunden.

Abb.6-60 BtoB-Schlüsselkunden
DIE KEY-ACCOUNT AUSWAHL DER FESTO AG
sollten nicht allein an-
hand quantitativer Definition der interessantesten Branchen (nach Potenzial)
Zahlengrößen be- Suche nach den weltweit größten Unternehmen in diesen Branchen,
gemessen am Umsatz
stimmt werden (analog
Erstellung einer Top200-Liste (größte u. potenzialstärkste Unternehmen)
Kundenqualifizierung; Technische und kaufmännische Analyse der Top200
s. Abschnitt 6.4.4.e). Attraktivität: Umsatz, Potenzial, Wettbewerbssituation, Preissensibilität,
Strategische Beurtei- Kundenimage, Meinungsbildnerfunktion)
Aquisitionschanchen bei jedem der 200 Potenziale: u.a. Beziehungs-
lungsgrößen müssen qualität, Leistungserwartungen
hinzutreten. Großunter- Segmentierungen: produktbezogen, logistisch, nach Auftragsabwick-
lungskompetenz, nach Branche.
nehmen gehen oft stan- Selektion und Clustering der Kunden (mit Portfoliotechnik)
dardisiert vor, um po- Definition der interessantesten Kunden als Key Accounts
tenzielle Schlüssel-
kunden zu lokalisieren und dann innerhalb von wenigen Jahren planmäßig auf-
zubauen. Abb.6-60 zeigt die Methodik der Festo AG.763 Festo verbindet die Schlüs-
selkundenselektion mit einer Globalisierungsstrategie.

Die Aufgaben eines Key Account Managers, der neben den Kollegen vom Flächen-
vertrieb steht, wurden bereits in der Abbildung 6.11. dargestellt. Im Vertriebsmana-
gement ist dafür Sorge zu tragen, dass sich die Schlüsselkundenbetreuer und der Flä-
chenvertrieb (Field Service) synergiehaft ergänzen. Während der Flächenvertrieb
eine möglichst hohe Marktdurchdringung erreichen soll, zielt KAM darauf ab,
(1) durch eine enge Zusammenarbeit mit dem Kunden Kompetenzen beider Seiten
zu nutzen, um überlegene Produkte in oft kritische Märkte (z.B. Automobilzulie-
ferung) zu bringen,
(2) gemeinsame Markterfolge sicher zu stellen,
(3) durch eine intensive Betreuung eine hohe Kundenbindung zu erreichen,764
(4) durch die konzentrierte Bearbeitung (dem Kunden genau das geben, was er wirk-
lich wünscht) Streukosten zu vermeiden (Problem des Flächenvertriebs),
(5) durch Lieferanten-Kunden-Arbeitsgruppen Synergiepotenziale zu erschließen.

Die Vorteile einer KAM-Beziehung stellen sich für den Lieferanten allerdings erst
über Jahre in Abstufungen gemäß Abb.6-61 ein.765 Zunächst sollte die Geschäfts-
beziehung mit einem Großkunden den Nutzen gegenseitiger Frühwarnungen brin-
gen.

Besteht dann eine gefestigte Vertrauensbasis, wird man die Chancen der Erhöhung
von Lieferanteilen durch Cross-Selling besser nutzen können. Weitere Vertrauens-
bildung durch bewährte persönliche Kontakte und bewiesene Win-Win-Transakti-
onen können im Endstadium zu gemeinsamer Zusammenarbeit (z.B. Marktfor-
schung) und strategischen Allianzen führen.

763
vgl. Klebert, (Schlüsselkunden), in: ASW, 4/1999, S. 44-46
764
obwohl eine wissenschaftliche Studie aufzeigt, dass sich KAM-Beziehungen gar nicht so von den
Beziehungen zu "gewöhnlichen" Kunden unterscheiden: vgl. Ivens, (Key), in: ASW, 2/2003, S. 46
765
nach Belz und Senn, dargestellt in Belz u.a., (Geschäftsbeziehungen), 1998, S. 101
6. Kapitel: Die Vertriebspolitik 357

Abb.6-61 Abb.6-62 zeigt die


INTENSITÄTSSTUFEN FÜR DAS KEY ACOUNT MANAGEMENT
Schritte zum Auf-
bau eines Key Allianzen,
Account Mana- Verflechtungen

Stärke der Kundenbindung


gement. Den vier Partnerschaft,
Zusammenarbeit
Hauptschritten sehr intensive
Zielfindung, Stra- Beziehungen
tegiebestimmung, Ausschöpfen von
überw iegend
Cross Selling Chancen
Erarbeitung eines Beziehungsleistungen

Organisationskon- verstärkter Infor-


mationsaustausch
zeptes und Imple- überw iegend
mentierung / Um- Sachleistungen
setzung sind in Zeitablauf der Großkundenbeziehung
Abb.6-62 jeweils in Anlehnung an Belz u.a.: Management von Geschäftsbeziehungen, 1996, S. 101
die wichtigsten
Abb.6-62 Einzelaufgaben zugeordnet. AUFBAU EINES KEY ACCOUNT MANAGEMENTS

In vielen Marktsegmenten gibt es ⌦ KAM-Philosophie festlegen


derzeit einen Trend zum KAM. Ziele des KAM ⌦ Umsatz-, Ergebnisziele
⌦ Ziele Marktanteile, Marktmacht
Wegen der hohen Vertriebskos- ⌦ Ziele Kompetenz, Kundenbindung
ten wird das Standardgeschäft
zunehmend auf effiziente Ver- KAM-Strategie ⌦ Qualifizierung von Key Accounts
⌦ Intensität der Zusammenarbeit
kaufskanäle, wie Innendienst, ⌦ Individuelle Problemlösungen
Call-Center oder E-Commerce, ⌦ Dienst- und Serviceleistungen
⌦ Definition der Mehrw erte
verlagert. Der persönliche Ver-
kauf übernimmt dagegen Ele- ⌦ Echtes KAM, Pseudo-KAM?
mente des KAM. Der Trend KAM-Organisation ⌦

KAM-Personalstellen
Abstimmung mit Flächenvertrieb
geht zur konzentrierten Kun- ⌦ Stellung in der Organisation

denbetreuung und damit zum ⌦



Integration in das CRM-System
Internetunterstützung
Aufbau wertsteigernder Bezie-
hungen in allen Marktbereichen. ⌦ Mitarbeiter-Anforderungsprofil
KAM-Umsetzung Rekrutierung KA-Manager
Ein gutes KAM steigert den Sha- ⌦
⌦ Verantw ortungen, Kompetenzen
reholder Value. Jedoch sollten ⌦ Erfolgs-, Leistungsplanung
⌦ KAM-Erfolgsmessung
Kleinkunden nicht vernachlässigt
werden.

b.) Kleinkunden-Management
Abb.6-63 Nicht nur Großkunden verdienen eine
EMPFEHLUNGEN ZUR KLEINKUNDENBETREUUNG
besondere Aufmerksamkeit, sondern
auch Kleinkunden. Wegen der hohen Außendienstbesuche nur in Ausnahmefällen
Besuchskosten sind sie effizient und Überwiegend Telefonbetreuung und E-Commerce
ressoucensparend zu beraten, zu
Angebotsabgabe per Hand gleich auf Anfragefax
betreuen und zu binden. Abb.6-63 ent-
hält dahingehend ausgewählte Betreu- Mindestpackungsgrößen - Standardisierung
ungsvorschläge. Mindestbestellmengen und Mindermengenzu-
Eine besondere Beachtung verdienen: schläge auf den Grundpreis
Bündelung von Aufträgen – Sonderrabatt für
(1) Kleinkunden, die nach Kunden- Jahresauftrag
status erst am Anfang der Kun- Nebenleistungen in Rechnung stellen
denleiter stehen, jedoch über ein
Bestellmengen-Pooling mit anderen Kleinkunden
großes Einkaufspotenzial verfügen,
(2) Kleinkunden mit erheblicher stra- Kleinmengengeschäft an den Handel übertragen
tegischer Bedeutung; z.B. weil sie Kleinkunden für Referenzmarketing einspannen
358 Marktorientierte Unternehmensführung

ihren Lieferanten mit einer neuen Technologie in Berührung bringen,


(3) Kleinkunden mit hoher Referenzkraft, z.B. weil sie ihrerseits Lieferanten von
Marktführern sind.

In diesen Fällen können Kleinkunden dann durchaus Betreuungsprioritäten erhalten,


wie man sie sonst nur den großen Key Accounts gewährt.

c.) Beschwerdemanagement (Complaint Management)


Wo gehobelt wird, fallen Späne. Eine beanstandungsfreie Geschäftsabwicklung ist
Illusion. Beanstandungen oder Beschwerden sind Ausdruck von Unzufriedenheiten
der Kunden. Sie sind ebenso ernst zu nehmen wie Reklamationen, bei denen der
Kunde seine Unzufriedenheit mit einer kaufrechtlichen Forderung verbindet. Man
beachte, dass der Kunde neben einer Beschwerdeäußerung
(1) stillhalten und Unzufriedenheiten aufstauen kann,
(2) unbemerkt einen Lieferantenwechsel vorbereiten und durchführen kann,
(3) imageschädigende Mund-zu-Mund-Propaganda betreiben kann.

Dann ist es schon besser, der Kunde meldet sich zu Wort und gibt dem Vertrieb die
Chance, die Beanstandung dauerhaft zu bereinigen. Empirische Untersuchungen be-
legen:766
96% der unzufriedenen Kunden melden sich nicht. Hinter jeder Reklamation ste-
hen also 24 schweigende, unzufriedene Kunden.
Unzufriedene Kunden informieren im Schnitt 9 – 10 Personen über ihre schlech-
ten Erfahrungen – auch wenn diese unberechtigt sind.
70% der Kunden, die sich beschwert haben, fühlen sich gebunden und wechseln
den Lieferanten nicht. Das gilt insbesondere dann, wenn sie eine schnelle Ant-
wort auf ihre Beanstandung erhalten.767
Bei exzellenter Beschwerdeabwicklung steigt die Wiederkaufrate auf 95%.

Reklamatio- Beschwerden bieten also wichtige Ansatzpunkte für mehr Kundennähe, Verbesse-
nen bergen rung der Kundenzufriedenheit und zur Erhöhung der Kundenbindung. Deshalb soll
große Risi- es sogar Unternehmen geben, die bis zu einem gewissen Grad Beanstandungen pro-
ken - vor
allem auf vozieren, um nach professioneller Abwicklung Treuebeweise von „begeisterten“
Beziehungs- Kunden zu erhalten.768 Generell ist von dieser Vorgehensweise natürlich abzuraten.
ebene. Zu groß erscheint die Gefahr, eine negative Entwicklung anzuschieben, die später
nicht mehr beherrschbar ist. Und auch bei zufriedenstellender Reklama-
tionsbereinigung hat der Verkäufer höchstens eine zweite Chance. Geht wieder etwas
schief, ist das Kundenvertrauen nachhaltig verletzt.

Um trotz Reklamationen die Kunden zu halten, sollten Marketing und Vertrieb die
Reklamationsaufnahme, -auswertung und -bereinigung kundenorientiert organi-
sieren. Einzurichten ist ein Beschwerdemanagement mit den Funktionen:769
(1) Reparaturfunktion (Problembeseitigung) zur Lösung des faktischen Problems
und dadurch zur Bereinigung eines u.U. auch rechtlich kritischen Vorgangs; bzw.
(2) Kundenbindungsfunktion770 zur Sicherung der durch den kritischen Vorgang
gefährdeten Kundenbeziehung (selbst bei materiell kleinem Schaden!),

766
vgl. Becker, (Marketing-Konzeption), 2006, S. 83-84 sowie die dort angegebenen Studien
767
vgl. Bandorf, (Kunde), 1998, S. 150
768
vgl. das Beispiel bei Bandorf, (Kunde), 1998, S. 81
769
zu den Funktionen 1 bis 3 vgl. Günter, (Beschwerdemanagement), 1997, S. 280-295
770
auf diesen wichtigen Punkt weisen Jeschke und Schulze hin: vgl. Jeschke; Schulze, (Beschwerde-
management), 1999, S. 404-405
6. Kapitel: Die Vertriebspolitik 359

Abb.6-64 (3) Lernfunktion, um die


Beschwerden zur Beseiti- BESCHWERDEMANAGEMENT-PROZESS
gung des Reklamations-
grundes und zur ständigen Beschw erde-

Verbesserungsprozess und Target Design


Beschwerdedokumentation und -reporting
betrieblichen Leistungs-

Beschwerde-
stimulierung

auswertung
verbesserung zu nutzen,
(4) Anreizfunktion, um Mit-

KVP = kontinuierlicher
Beschw erde-
arbeiter und Abteilungen
annahme
für einen kontinuierlichen
Verbesserungsprozess zu
motivieren und die Beschw erde-

Beschwerde-
(5) Imagefunktion, um die bearbeitung

controlling
aufgrund der Beschwer-
den eingeleiteten Verbes- Beschw erde-
serungen positiv in den nachbearbeitung
Markt zu verkünden. Wie
wichtig gerade diese letzte
Funktion ist, zeigen die Störfälle in der deutschen Chemieindustrie oder die
Rückrufaktionen der Automobilhersteller. Bei dieser Funktion geht es dann we-
niger um die einvernehmlichen Lösungen mit einzelnen Kunden, als vielmehr um
die Sicherung eines positiven Unternehmensbildes (des Corporate Image) in der
Öffentlichkeit. Abb.6-64 zeigt die Elemente eines Beschwerdesystems.771 Unter-
nehmen, wie z.B. Rank Xerox, haben ihr Beschwerdemanagement EDV-gestützt
optimiert. Werden Kundenbeschwerden nicht beantwortet oder bestimmte Bear-
beitungsfristen überschritten, wird das System selbst aktiv und gibt z.B. Meldun-
gen an die nächst höhere Vorgesetztenebene (Eskalationsprinzip).772 Abb.6-65
schlägt ausgewählte Empfehlungen für die Beschwerdestimulierung, Be-
schwerdeannahme, die Beschwerdebearbeitung und -nachbearbeitung vor.

Für Kulanzregelungen mit den Kunden können folgende Anhaltspunkte gelten:


⌦ Alltagsbeschwerden ohne große Schäden auf beiden Seiten sollten rasch im We-
ge standardisierter Reaktionen bereinigt werden, die den Kunden keine Anlässe
zu weiteren Diskussionen bieten.

Abb.6-65
EMPFEHLUNGEN FÜR EIN BESCHWERDEMANAGEMENT

Kunden solten aktiv zu Beschwerden ermutigt werden.


Für die Beschwerdeannahme sollten Möglichkeiten, Anlaufstellen und Zuständigkeiten festgelegt und
bekannt gemacht sein (Hotline, Kummerkasten, Kundentelefon, Kundendienst etc.).
Jeder Mitarbeiter sollte sich als Beschwerdemanager begreifen. Es gilt das Prinzip der complaint owners-
hip: Der Ansprechpartner, der die Beschwerde entgegennimmt, ist zuständig. Kunden mit Beanstandun-
gen werden nicht weitergereicht.
Beanstandungen und Reklamationen sollten standardisiert erfasst werden (in einem CRM-System).
Für die effiziente Abwicklung sollten Zeitlimits gelten: Ist eine Beschwerde nicht innerhalb von x Tagen
bereinigt, ist der Vorgang automatisch der nächst höheren Verantwortungsebene zu melden.
Der Stand der Bearbeitung sollte nach dem Workflow-Verfahren für alle betroffenen Abteilungen sichtbar
bzw. verfolgbar sein.
Die Schäden auf Kundenseite sollten nach einem System bewertet werden (s. Text). Für die Schadens-
bereinigungen mit den Kunden sollten klare Regeln gelten.
Bei größeren Reklamationen, insbes. bei Reklamationen seitens Großkunden, sollten gemeinsame Lö-
sungsvorschläge erarbeitet werden. Nach einem festgelegten Zeitraum nach Bereinigung ist nachzufas-
sen und die Kundenzufriedenheit erneut zu überprüfen.
Kleine Reklamationen sollten unbürokratisch und vor allem schnell bereinigt werden. Man komme dem
Kunden ein wenig mehr entgegen, als er erwartet.
Es gilt der eherne Marketinggrundsatz: Ein Kunde reklamiert nie zu Unrecht!

771
vgl. Gabler Online Wirtschaftslexikon: www.gabler-online.de/wilex/daten/54.htm v. 1.5.99
360 Marktorientierte Unternehmensführung

⌦ Ist größerer emotionaler Schaden entstanden, dann sollten zu einer kalkulierten


Kulanz noch persönliche Gesten durch Geschäftsführung oder Vertriebslei-
tung hinzutreten.
⌦ Nicht zu unterschätzen ist diese persönliche Geste auch im Falle eines geringen
materiellen Schadens.
⌦ Sind größere materielle Schäden zu verzeichnen, dann ist nach dem Prinzip der
kalkulierten Kulanz vorzugehen. Trägt der Kunde eine Mitschuld, können
durchaus Kompromisslösungen verhandelt werden.
⌦ Schäden, die die Öffentlichkeit berühren, sollten nicht hinter dem Berg gehalten
werden. Es gilt das Primat der Imagesicherung. Zu groß ist bereits das Miss-
trauen der Öffentlichkeit bezüglich Umweltschäden, Fahrlässigkeiten, Korrupti-
on etc. Entscheidend sind Beweise für Kunden und Öffentlichkeit, dass die Ur-
sachen der Probleme dauerhaft abgestellt sind.
⌦ Nach der Kulanzregelung sollten die "Beschwerdekunden" im Rahmen eines
speziellen Kampagnenmanagments nachbetreut werden.

Zusammenfassend kommt es also darauf an, Kundenbeschwerden positiv zu akzep-


tieren und für kontinuierliche Verbesserungsprozesse zu nutzen (KVP). In jeder
Beschwerde oder gar Reklamation kann auch eine Verkaufschance stecken. Schwie-
riger zu vermeiden sind Umsatzverluste bei schweigenden Kunden.

d.) Churn-Management (Verhinderung von Kundenverlusten)


Abb.6-66 Groß ist die Enttäuschung, wenn ein
FRÜHE SIGNALE DES KUNDENWECHSELS
Kunde seinem Zulieferer überraschend
eröffnet, dass er in Zukunft beim Wett- Nachlassender Druck des Kunden

bewerber einkaufen wird. Sofort Nachlassende Freundlichkeit des Kunden


kommt im Verkaufsteam ein schlech-
Kunde fasst sich zusehends kürzer
tes Gewissen und die Frage auf: Hät-
ten wir das nicht früher schon irgend- Kunde lässt sich nicht mehr zum Essen einladen
wie bemerken können? Lieferanten- Außendienstmitarbeiter wird nicht mehr an den
Messestand oder zum Event eingeladen
wechsel passieren, besonders bei er- Verändertes Bestellverhalten des Kunden. Auf-
klärungsbedürftigen Produkten, nicht träge werden immer kurzfristiger vergeben
über Nacht. Sie kündigen sich durch Kunde reklamiert zunehmend Kleinigkeiten
frühe, stille Signale an. Diese aufzu- Neue Spezifikationen enthalten Referenzwerte

Die Deut- spüren und damit umzugehen, ist Sa- der Konkurrenz
773 Nachlassendes Interesse des Kunden an Rah-
sche Tele- che des Churn-Management. Der menaufträgen
kom hat Begriff Churn ist eine Kombination Kunde ist nicht mehr zur Referenzabgabe bereit
2006 inner-
von Change und Turn. Kunden, die
halb weniger
Monate 2,1 abspringen möchten, sollen "wieder umgedreht" werden. Insbesondere für Banken
Mio. Kun- und Versicherungen ist diese Aufgabenstellung von herausragender Bedeutung.
den verlo- Abb.6-66 enthält eine Auswahl früher Signale für einen Kundenverlust, auf die Mar-
ren.
(Hinweis in:
keting und Vertrieb achten sollten. Auf die Anwendung von Datamining, Data-
MM, Visualisation und Data-Warehousing im Rahmen des Churn-Management wird
1/2007, S. verwiesen.774 Seinen Kunden gut zu kennen, ist eine Grundvoraussetzung zur proak-
69) tiven Verhinderung von Kundenabgängen.

e.) Kundenrückgewinnungs-Management
Ist der schlimmste Fall eingetreten, d.h. bleiben Folgeaufträge eines Kunden aus,
772
vgl. Bandorf, (Kunde), 1998, S. 153-154
773
vgl. z.B. die Ausführungen bei Winkelmann, (Außendienst-Management), 1999, S. 208-209
774
vgl. Improved Customer Control through Churn-Management: www.sgi.com/software/mineset/
tech_info/churn.html
6. Kapitel: Die Vertriebspolitik 361

dann scheut der Außendienst oftmals beharrliche Rückgewinnungsaktionen. Folgen-


de Gründe werden angeführt:
(1) Es ist den Außendienstmitarbeitern peinlich, Fehler einzugestehen und bei den
verlorenen Kunden wie Bittsteller aufzutreten.
(2) Man fürchtet die vernichtende Kundenaussage: „Ja, wenn ich gewusst hätte, wie
gut die Konkurrenz arbeitet, hätte ich schon viel eher beim Wettbewerb gekauft“.
(3) Man befürchtet, dass verlorene Kunden nur unter erheblichen Preiszugeständnis-
sen zurückgewonnen werden können.

Aktuelle Untersuchungen lassen zumindest zweifeln, ob die letzte These Allgemein-


gültigkeit beanspruchen darf. Erhebungen in unterschiedlichen Branchen belegen für
systematische Rückgewinnungsprogramme Erfolgsquoten bei den Zielkunden von
11 bis 40 Prozent. Die Renditen betragen zwischen bemerkenswerten 40 und 80 Pro-
zent.775 Auf Grund einer empirischen Erhebung formulieren Sauerbrey und Henning
folgende Thesen zum Kunden-Rückgewinnungs-Management:776
(1) Die Kündigungsquoten (besonders in den Dienstleistungsbranchen) werden
nicht sinken.
(2) Ein professionelles Rückgewinnungsmanagement verspricht hohe Erfolgsquoten.
(3) Die wichtigsten Erfolgsfaktoren für die Kundenrückgewinnung sind: (a) starke
Motivation und hohe fachliche und kommunikative Fähigkeiten der Mitarbeiter,
(b) ausgereifte Database-/EDV-Unterstützung, (c) richtiges Timing der Rückge-
winnnungsmaßnahmen, (d) Schaffung von kundenindividuellen Anreizen zur
Rückkehr sowie (e) exakte Zielkunden-Selektion.
(4) Die Bindungsdauer zurückgewonnener Kunden ist im Durchschnitt nicht
schlechter als die von Stammkunden.
(5) Die Kostenrelationen zwischen Neukunden-Akquisitionen, Kunden-Rückgewin-
nung und Kundenbindung liegen bei 6 zu 3 zu 1.
(6) Bei Rückgewinnungsaktionen sind ROI von 20% und (weit) mehr erzielbar.

Das Erfolgsgeheimnis liegt in einer systematischen Vorgehensweise:777


⌦ Zunächst sollten die Ursachen des Kundenverlustes schonungslos analysiert und
beseitigt werden. Eine "second Chance" gibt der Kunde noch, aber dann ....
⌦ Im zweiten Schritt sind die Attraktivitäten (Kundenwertigkeiten) der verlorenen
Kunden zu untersuchen.
⌦ und gegen die Chancen und Kosten eines möglichen Rückgewinnungserfolges
abzugleichen.
⌦ Die einzelnen Rückgewinnungsmaßnahmen sind in einem Kontaktprogramm
festzuschreiben (Planung einer Rückgewinnungs-Kampagne),
⌦ wobei mögliche Zugeständnisse und vor allem die Argumente für eine neuerli-
che Aufnahme der Geschäftsbeziehung im voraus festzulegen sind (gut durch-
dachte Vorbereitung der Argumente notwendig).
⌦ Dass eine behutsame und langfristig angelegte Vorgehensweise ins Auge zu
fassen ist, wenn ein früherer Kunde bereits einen längerfristigen Liefervertrag
mit einem Konkurrenten abgeschlossen hat, bedarf keiner weiteren Erläuterung.
⌦ Generell gilt: Nicht der „Schnee von gestern“ sollte im Vordergrund der
Gespräche mit dem Kunden stehen, sondern die konkreten Vorteile, die ein
Wiedereinstieg bei dem früheren Lieferanten bringt.
⌦ Zurückgewonnene Kunden sind eine Zeitlang mit hoher Priorität zu betreuen!

775
vgl. Homburg; Schäfer, (Ehemalige Kunden), in: FAZ v. 15.2.99, S. 29 sowie die Ergebnisse einer
Studie von Sauerbrey; Henning, (Kunden-Rückgewinnung), 2000, S. 13-39
776
Sauerbrey; Henning, (Kunden-Rückgewinnung), 2000, S. 19-20
777
vgl. auch die Handlungsempfehlungen bei Winkelmann, (Außendienst-Management),1999, S. 231
362 Marktorientierte Unternehmensführung

Wir möchten allerdings darauf hinweisen, dass der Kostenvergleich Neukundenge-


winnung versus Kundenrückgewinnung nicht relevant ist. Denn eigentlich müsste
man für zurückgewonnene Kunden doppelte Kosten in Ansatz bringen: Sie waren ja
früher schon einmal Neukunden und haben entsprechende Akquisitionskosten verur-
sacht.

Entscheidender ist vielmehr die Erfahrung, dass eine Kundenrückgewinnung


allemal kostenintensiver ist, als Kundensicherung (Customer Retention). Kun-
denverluste lassen sich allerdings erfahrungsgemäß nicht vermeiden. Von besonderer
Praxisrelevanz sind daher die strategischen Alternativen:
kontinuierliche Neukundensuche, um den Verkaufstrichter nicht austrocknen
zu lassen; allerdings mit der Folge entsprechender Einschränkungen bei der
Stammkundenpflege, versus
diskontinuierliche Rückgewinnungsaktionen im Rahmen von Kampagnen, oft
in Zusammenarbeit mit Call-Center und Direktmarketing-Agenturen.

Bislang stand der persönliche Verkauf durch eigene Außendienstmitarbeiter im Mit-


telpunkt. Der Direktvertrieb in den Formen Business-to-Business oder Business-to-
Consumer ist aber nur eine von mehreren „Straßen zum Endkunden“. Zunehmend
entwickelt sich der Internet-Verkauf von einer Landstraße zu einer Autobahn.

6.5. Exkurs: Verkaufen im Internet (E-Commerce)


6.5.1. Der Entwicklungspfad des E-Business
Im Internet Was 1969 als Arpanet des Pentagon zur Sicherung der Computerdatenbanken dieser
ist die Welt
24 Stunden
Welt gegen einen globalen Atomschlag begann, hat sich mittlerweile zur "größten
am Tag Innovation seit Erfindung der Dampfmaschine" entwickelt. Das Internet verändert
geöffnet. unsere beruflichen und privaten Welten.778

Das Einkaufen und Verkaufen im Internet kennt viele Spielarten. E-Business ist der
gemeinsame Begriff für alle Anwendungen, wobei zum E-Business auch noch die
entsprechende Hardware und Internet-Serviceleistungen zu zählen sind. Abb.6-67
verdeutlicht die Nutzungsfelder des World Wide Web für alle Wirtschaftsbereiche.779
Allen Märkten bietet das Internet die Vorteile einer zeitlich und räumlich unbegrenz-
Abb.6-67
E-BUSINESS IN VERSCHIEDENEN MARKTBEREICHEN
Laut Direkt Consumer Business Administration
Marketing
Monitor sind Consumer-to-
Consumer-to-Consumer: Consumer-to-Business: Administration:
Consumer

71% aller
z.B. Internet- z.B. Jobbörsen mit Anzeigen z.B. Steuerabwicklung von
Unterneh- Kleinanzeigenmarkt von Arbeitssuchenden Privatpersonen (Einkom-
men im
Anbieter der Leistung

menssteuer etc.)
Internet
vertreten.
Business-to-Business: Business-to-Administration:
Business

Business-to-Consumer:
z.B. Bestellung eines Unter- z.B. Steuerabwicklung von
z.B. Bestellung eines Kunden in
nehmens bei einem Zulieferun- Unternehmen (z.B. Umsatz-
einer Internet-Shopping Mall
ternehmen per Web-EDI steuer)

Administration-to-
Administra-

Administration-to-Consumer: Administration-to-Business:
Administration:
z.B. Abwicklung von Unterstüt- z.B. Beschaffungsmaßnahmen
tion

z.B. Transaktionen zwischen


zungsleistungen (Sozialhilfe, öffentlicher Institutionen im
öffentlichen Institutionen im In-
Arbeitslosenhilfe) Internet
und Ausland

778
vgl. für einen umfassenden Überblick: Hermanns; Sauter, (Electronic Commerce), 1999.
6. Kapitel: Die Vertriebspolitik 363

ten und überaus kostengünstigen Kommunikation; mit niedrigen Eintrittbarrieren und


der Vision, dass in der virtuellen Welt kleine wie große Unternehmen die gleichen
Chancen haben. Das Internet ist der Schlüssel zur Globalisierung!
Bezogen auf Der Zusammenbruch der sog. New Economy brachte nur eine Atempause. Das In-
einen Ge-
samtwaren-
ternet und die traditionelle Wirtschaftswelt tun sich zu einer neuen Real Economy
konsum in zusammen. Nach eMarketer betrug der BtoB-Umsatz im Internet in Deutschland im
Deutschland Jahr 2003 bereits 103 Mrd. Euro. Für das zögerlichere Consumer-Geschäft wurden
von 1.488 2006 22,9 und für 2011 62,3 Mrd. Euro Umsatz geschätzt.780 2006 waren bereits
Mrd. Euro
ist das aber
mehr als 61 Prozent der 14 bis 64-jährigen online. 27,7 Prozent der Deutschen surfen
nur ein jeden Tag im Internet (2004: 25,7 %). Statistisch gesehen kauft bereits jeder Dritte
geringer im Internet ein. 31 Prozent von ihnen fühlen sich sicherer als im Jahr zuvor.781
Anteil.
Das Einkaufen im Internet wird Realität. Für die historische Entwicklung des Busi-
ness im Internet können folgende Phasen unterschieden werden:
(1) bis 1995: Brochureware: Übernahme von Katalogen ins Web,
(2) bis 1997: E-Commerce: Online-Verkauf, Shops, digitaler Versandhandel,
(3) bis 1999: Ausweitung auf virtuelle Portale und Marktplätze in BtoC und vor
allem BtoB,
(4) bis 2001: eCRM, d.h. Übernahme des Beziehungsmanagment in das Internet,
(5) bis 2010: E-Enterprise, E-Supply Chain Management, Web 2.0-Konzepte
d.h. Übertragung sämtlicher Geschäftsprozesse in das Web.

Abb.6-68 skizziert hiernach einen Entwicklungspfad für das E-Business.782 Zu-


nächst haben die Unternehmen gelernt und sich durch E-Mail-Marketing und Home-
pages die Grundlagen für das digitale Zeitalter gelegt. Diese Aktivitäten wurden in
Einkaufs- (E-Procurement) und Verkaufskanälen (E-Commerce) institutionalisiert.
Die Einkaufs- und Verkaufs-Shops bieten enorme Kostensenkungspotenziale und
erleichtern eine schnelle und kostengünstige Suche nach neuen Lieferanten- und
Abb.6-68
ENTWICKLUNGSRICHTUNGEN DES E-BUSINESS

Lernstufe Kanalstufe Integrationsstufe Kooperationsstufe totale Vernetzung

Private Exchanges:
geschlossene
Integrations-
plattformen

eCommerce Enterprise Net Markets: Wertschöpfungs-


Web-Marketing, Information Portals kollaborative Han- netzwerke,
eMail-Marketing, (EIP), delsplattformen, Supply Chain
Homepage Unternehmens- integrierte Management
eProcurement portale Marktplätze (eSCM),

Net Markets:
offene Handels-
plattformen,
"echte" Marktplätze
Fachportale,
spezielle Dienste

Informations- Prozessintegration Beherrschung von


Kundenorientierung Kostenorientierung
integration und Synergien Komplexität

© Prof. Dr. Winkelmann unter Mitarbeit von Lars Henze, Head of eCommerce / Competence Center Europe der BASF AG

779
vgl. Hermanns; Sauter, (Electronic Commerce), 1999, S. 23
780
Quelle: Forrester Research, zit. in Horizont 49/2006, S. 27
781
vgl. die Hinweise auf weltweite Internet-Studien in: ASW, 4/2005, S. 94-95
782
vgl. auch zu den folgenden Ausführungen Winkelmann; Heck, (Trends), 2002, S. 4-28
364 Marktorientierte Unternehmensführung

Auf der CC Kundenkontakten. Diese Kanalformen entwickeln sich zu Internet-Portalen (EIPs =


Hubwoo Enterprise Information Portals) weiter und emanzipieren sich zu virtuellen Werks-
Plattform
toren. Die Portale werden dann weiterführend durch kollaborative Funktionen ange-
(CC-Mar-
kets +Chem- reichert. So entstehen Transaktions- (Ziel: kostengünstiger Einkauf und Verkauf im
plorer + globalen Maßstab) und Kooperationsplattformen (Ziel: Prozessintegration mit de-
Avisium) ist finierten Partnern). Die Unternehmen verknüpfen ihre Wertschöpfungsketten. Der
weltweit die
Öl-, Gas-
Weg zu einem internetgestützten Supply Chain Management (E-SCM) ist vorge-
und Chemie- zeichnet. Nicht mehr nur Wertschöpfungsketten werden über bilaterale Lieferstufen
industrie hinweg horizontal oder vertikal verknüpft, sondern ganze Wertschöpfungsnetzwerke
vernetzt. von Unter- und Systemlieferanten mit den Herstellern. Die folgenden Abschnitte
gehen auf die für Marketing und Vertrieb relevanten Bereiche ein.

6.5.2. E-Commerce
"E-Com-
merce ist die
Unter E-Commerce wird der digitale (Versand)Handel im Internet verstanden.
moderne Kriterium für E-Commerce sind Transaktionen (Verkauf), nicht Werbung.
Form des
Versand- Das Verkaufen im In- Umsatzprognose für E-Commerce in Deutschland
handels." ternet befindet sich (in Mrd. Euro)
(Michael
Otto, in:
nach einer Krise wieder 800,0
781
MM, in einem stürmischen 700,0 BtoC BtoB
783
6/2003, S. Aufschwung. Nach 600,0
636

80) dem ersten Abklingen


500,0 438
der Euphorie über die 321
Abb.6-69 BtoC-Internet-Start- 400,0
202
392

289
Umsätze 2006 up´s werden heute die 300,0
180
im Internet in
Mrd. €:
größten Wachstums- 200,0 145,0

Kleidung 2,8; chancen für die BtoB- 100,0 46,0


32,0
Bücher CDs 1,8;
Elektronik 1,4;
Märkte prophezeit. 0,0
22,0

Hobby/Freizeit Abb.6-69 liefert eine 2004 2005 2006 2010


0,7;
Möbel 0,5;
Zeitreihe des E-
Drogerie 0,4; Commerce-Umsatzes mit einer Umsatzprognose bis 2010.784 Es gibt allerdings zahl-
Haushaltsgeräte
0,4; Computer
reiche Studien mit z.T. erheblich voneinander abweichenden Prognosewerten. Die
0,4; Auto und Entwicklung vorauszusagen, gleicht einem Blick in den Kaffeesatz. Eines aber ist
Motorrad 0,4.
(Quelle: TNS
gewiss: Erhebliche Vorteile des Internet machen den Kanal gleichermaßen für Lie-
Infratest) feranten, Anbieter und Käufer attraktiv. Den Stärken stehen allerdings aber auch
Nachteile gegenüber. Abb.6-70 vergleicht wesentliche Vor- und Nachteile von E-
Commerce im Vergleich zum persönlichen Verkauf.
Für die Hersteller wie auch für Absatzmittler (Handelspartner) kann das Verkaufen
im Web auf folgenden Strategien und daraus folgenden Geschäftsmodellen beruhen:
(1) E-Commerce ist als Markterschließungsstrategie für kleine Firmen und Exis-
tenzgründer interessant, die hinsichtlich Verkaufskraft und Flächendistribution
beschränkt sind. Sie können mit Hilfe des Intenet eine weltweite Kundengewin-
nung und Betreuung ohne kostspieligen Außendienst und ohne Absatzmittler an-
streben. Bei Sachgütern gehört zur Web-Strategie eine leistungsfähige Logistik.
(2) E-Commerce ist auch für Unternehmen eine Alternative, die unter Verzicht auf
Handelspartner konsequent auf Direktvertrieb (BtoC) setzen. Bei dieser han-
delsausgrenzenden Vertriebsstrategie sind Fernberatung und eine exzellente
Logistik erfolgsentscheidend. Als Aushängeschild wird immer wieder auf Dell
verwiesen (www.dell.de).
783
vgl. als Bestandsaufnahme zum E-Business: Wilde; Hippner, (eCRM), 2002
784
Quelle: Studie von EITO im Auftrag des Bundesverbandes Informationswirtschaft, Telekommuni-
kation und neue Medien (BITKOM), vgl. salesBusiness 1/2 2007, S. 6
6. Kapitel: Die Vertriebspolitik 365

Abb.6-70
VOR- UND NACHTEILE VON E-COMMERCE IM VERGLEICH ZUM AUSSENDIENST

Vorteile und Chancen gegenüber Nachteile und Risiken gegenüber


konventionellem Außendiensteinsatz konventionellem Außendiensteinsatz
• Einsparung von Außendienstkosten • Manche Kunden bestehen auf persönl. Gespräch
• Entlastung von Innen- und Außendienst • Wettbewerbssituationen undurchschaubar
• Kunde übernimmt Teil der Auftragsabwicklung • Buying Center des Kunden schwerer durchschaubar
• Schnelle Aktualisierung von Preisen u. techn. Daten • Kundenerwartungen weniger transparent
• Kunde kann Infos zeitlich unbegrenzt abrufen • AD ist nicht mehr „alleiniger Hüter“ des Kunden
• Kunde kann Infos standortunabhängig abrufen • Kunde kann nicht persönlich „gecoached“ werden
• Kunde kann Infos bei Bedarf abrufen • Individueller Dienst am Kunden erschwert
• Kunde kann Infos wiederholt abrufen • Klassische Preisverhandlung nicht möglich
• Antwortstandardisierung für ca. 60% aller Fragen • Preisdifferenzierung (insbes. regional) erschwert
• Kunde hat auch privat Zugang zu den Daten • Evtl. wird Provisionssystem des AD unterlaufen
• Präzisere Steuerung von Produktpräsentationen • Markenführung wird wichtiger als Kundenbetreuung
• Flexible Erfassung von Beanstandungen, Reklamat. • Gefahr einer Corporate Identity Verwässerung
• Flexible Terminabsprachen über E-Mail und www • Außendienst muss Web-Inhalt gut kennen
• Surfen regt evtl. zu Spontankäufen an • Innendienst verliert Betreuungskompetenz

(3) Bei einer handelsintegrierenden Vertriebsstrategie baut der Hersteller zwar


ebenfalls einen direkten Kontaktkanal zum Kunden auf, leitet dann aber die Kun-
denkontakte an die Handelspartner zurück, die für die jeweilige Kundenregion
verantwortlich sind (Bsp.: Miele, Philips, Loewe Opta oder die Automobilherstel-
ler). Die Hersteller beschaffen sich gezielt eigenes Markt-Know-how, um ihre
Leistungsangebote besser auf die Kundenwünsche hin ausrichten zu können und
um vertrieblich mehr Druck auf den Handel auszuüben. Sie integrieren den Han-
del in ihre Verkaufsstrategie.
(4) Große Handelskonzerne reagieren mit eigenen Webstrategien, indem sie den
Herstellern Unterschlupf in virtuellen Einkaufswelten bieten: den virtuellen
Malls (Bsp.: die frühere www.karstadt.de von Karstadt oder shopping24 vom Ot-
to Versand). Für die Hersteller wie auch für die websurfenden Kunden sind diese
Cyber-Malls besonders spannend, da attraktive Sortimente gebündelt werden.
Die Konsumenten wollen auch nicht immer sofort kaufen. Mehr und mehr su-
chen sie Vorabinformationen über aktuelle Angebote im Internet, um dann in
kürzerer Shoppingzeit gezielt auf Web-beworbene Produkte zuzugreifen.
(5) Die bisherigen Beispiele betrafen BtoC-Operationen. Noch größer sind die BtoB-
Potenziale. Hersteller können Handwerk und Fachhandel optimal versorgen.
Dem Blaupunkt Extra@net waren bis Mitte 2001 bereits 2.000 von 2.500 Fachhänd-
lern angeschlossen. Man verzeichnet 100.000 Log-Ins und 40.000 Aufträge mit
200.000 Auftragspositionen. 1/3 der Umsätze mit dem Fachhandel läuft bereits über
das Web (1/3 Brief/Fax, 1/3 Aufträge an den Außendienst). Ziel bis 2002: 50%.
(6) Außendienstorientierte Unternehmen können den Verkauf von standardisierten
Artikeln, Ersatzteilen, spezifizierten OEM-Komponenten oder auch von Informa-
tionsdienstleistungen auf E-Commerce-Shops verlagern. Bei der Form der sog.
Extranets sind die Zugriffe für die Kunden durch Passwort gesichert. So kann
jeder Kunde seine individuelle Web-Seite mit den für ihn gültigen Konditionen
und Produktinformationen abrufen. Abgesehen von den enormen Rationalisie-
Die 6 größ-
ten deut-
rungs- und Kostenvorteilen werden in Außendienst und Innendienst Kräfte für
schen Onli- die Beratung erklärungsbedürftiger Produkte und für die Neukundengewinnung
ne-Shops frei. Notwendig ist es jedoch, Außendienststeuerung (CRM) und E-Commerce
2006: Ebay, (sowie ERP) intelligent zu verknüpfen.785 Isoliert neben dem Vertrieb stehende
Amazon,
Tchibo, Internet-Shops verursachen erhebliche firmeninterne Reibungsverluste.
Otto, Quelle, (7) Letztlich bietet E-Commerce auch dem Handel neue Verkaufschancen. Das klas-
Necker- sische Ladengeschäft wird durch einen Internet-Versandshop ergänzt oder er-
mann. setzt. (Click-and-Mortar-Unternehmen). Derartige Online-Shops funktionieren

785
vgl. Winkelmann, (E-Commerce), Vortrag auf dem VDI-Jahrestag VIT´99 am 10.6.99 in Darm-
stadt. Noch immer sind 60% aller Shops nicht integriert!
366 Marktorientierte Unternehmensführung

als komplexe Software-Module (z.B.: www.intershop.de). Der E-Shop erreicht


jetzt 24 Stunden die Privatsphäre des Kunden. Der Kunde bestellt vom PC und
vom TV im Wohnzimmer aus – ohne Parktplatznot und Einkaufsgedränge.
"Wir liefern Auch die großen Versandhandelshäuser sind in dieses Geschäft eingestiegen und machen den
von der lokalen Online-Bringdiensten Konkurrenz. Der Otto-Supermarkt liefert bundesweit: "In 48
Hallig bis Stunden bis zur letzten Wohnungstür." (www.otto-supermarkt.de). Die Häuser Karstadt
zur Alm." (www.karstadt.de) und Kaufhof (www.kaufhof.de) beschränken sich mit ihrem Internet-Lebens-
Helmuth mittelangebot dagegen nur auf Ballungsräume.
Lüchau,
Otto Ver- Die Drogeriekette SCHLECKER warb Anfang 2001 mit folgender Anzeige: "Unter
sand www.schlecker.com kann man bequem von zu Hause aus bestellen. SCHLECKER liefert inner-
halb von 2 Werktagen Ihre Bestellung kostenlos ab 15 Euro Warenkorb an Ihre Wunschadres-
se aus. Sie zahlen mit Ihrem guten Namen per Rechnung, Karte oder Lastschrift. Bereits heute
ist SCHLECKER als Online-Drogeriemarkt Marktführer im Internet.
Die Neckermann-Site verzeichnet jährlich 160 bis 180 Mio. User-Clicks. 14.000 Artikel wer-
den bei www.neckermann.de angeboten. Der Jahresumsatz liegt bei knapp 300 Mio. Euro.

Der Rekord Was nicht übersehen werden darf: Die Initiative, einen E-Shop anzusurfen, geht vom
von Amazon
an einem
Kunden aus. Internet-Händler mit einem langweiligen, ereignisleeren Web-Auftritt
Tag im haben es schwer, Online-Käufer zu gewinnen. Dagegen kommen die Vorteile von E-
Dezember Commerce bei einem lebendigen und mehrwerteübertragenden Kundendialog voll
2006: zum Tragen (Paradebeispiel: Amazon). Die Vorteile liegen
600.000 Be-
stellungen =
(1) in den Möglichkeiten zum automatisierten, reaktionsschnellen Kundendialog,
7 Artikel pro (2) ohne zeitliche oder räumliche Begrenzungen,
Sekunde. (3) in der Schaffung einer Transparenz im Käuferverhalten,
(4) den damit verbundenen vielfältigen Möglichkeiten zur Individualisierung der
Angebote (Personalisierung und Individualisierung)
(5) mit erheblichen Rationalisierungpotenzialen in den Arbeitsabläufen.
(6) Außerdem gilt: Im Web sind alle gleich. Ein Newcomer kann die gleichen Ziel-
gruppen erreichen und auch marketingmäßig ein gleich imposantes Bild abgeben,
wie ein im traditionellen Geschäft dominierender, großer Marktführer.

Um den Online-Dialog mit Interessenten und Kunden lebendig zu gestalten, bieten


sich zahlreiche Werkzeuge an:
(1) In den Webauftritt integrierte Bestell- und Frage-/Antwortfelder,
(2) automatisches Erstellen von E-Mail-Nachrichten an den Anbieter,
(3) Text-Chats, d.h. Felder, in die der Kunde Meinungen, Nachrichten, Fragen etc.
eingeben und mit anderen Kunden in einen Informationsaustausch treten kann,
(4) Call-Back-Routinen, durch die der Kunde auf Knopfdruck (Call-Back-Button)
einen Rückruf des Anbieters, auch zu einer bestimmten Zeit, erbitten kann (oft in
Kombination mit einem Call-Center),
(5) Freecall-Routinen, durch die der Kunde bei entsprechenden technischen Vor-
aussetzungen umgehend eine kostenfreie Internet-Telefonverbindung (durch
Drücken eines Freecall-Buttons) zum Hersteller oder Händler aufbauen kann (oft
900er Nummern ausgehend von einem Call-Center),
(6) Communities, mittels derer ein Anbieter seine Fan-Gemeinde pflegen kann, wo-
bei allerdings bei einer echten Community alle Initiativen von den Internet-Usern
(und nicht vom Anbieter) ausgehen müssen.
(7) Hinzu kommen kommunikationsfähige künstliche Wesen: Avatare, die sich auch
figürlich präsentieren, Bots (Roboter) als körperlose Gesprächspartner der Surfer
und Agenten, die für die Surfer routinemäßige Arbeiten übernehmen.
Diese Werkzeuge sind intelligent in Online-Kundenentwicklungsprozesse einzu-
betten. Die Online-Kundenentwicklung läuft in folgenden Schritten ab:786
786
vgl. Gräf, (Website), in: ASW, 6/2000, S. 52 mit dem Hinweis auf Kierzkowski u.a. 1997
6. Kapitel: Die Vertriebspolitik 367

(1) Attract: Interesse des Surfers wecken,


(2) Engage: den Surfer zum Web-Angebot bewegen,
(3) Retain: den Kunden an das Web-Angebot binden,
(4) Learn: aus den Kundeneingaben lernen und
(5) Relate: mit diesen Erkenntnissen weitere Kundenkontakte individualisieren.
Dabei sollte auf Qualität in folgenden Anforderungsbereichen geachtet werden: (1)
sichere Technologie, (2) attraktives Erscheinungsbild und Funktionalitäten des ei-
gentlichen Shops, (3) reibungslose Logistik, (4) sicheres Inkasso und (5) umfassen-
der Kundenservice. Gerade ein guter Service wird beim Online-Einkauf immer
wichtiger. Als die fünf wichtigsten Merkmale eines guten E-Shops gelten:787
(1) keine Preiserhöhungen zwischen Bestellung und Lieferung,
(2) Umtausch bei Nichtgefallen,
(3) keine Datenweitergabe ohne Kundenzustimmung,
(4) Eingabe persönlicher Daten über einen Sicherheits-Server,
(5) schnelle Auftragsbestätigung per E-Mail.
(6) Beim E-Mail-Marketing (Kundenansprache) kein Spamming (s. 7. Kapitel).
Abb.6-71 Dabei sind neue rechtliche Vor-
schriften zu beachten. Der E-Mail- ECKPUNKTE DES FERNABSATZGESETZES
Kodex wird im 7. Kapitel im Zu-
• Im Internet deutlicher Hinweis auf AGB
sammenhang mit dem E-Mail- • Direkte und unentgeltliche Abrufbarkeit der AGB
Marketing aufgezeigt. Neuartige • Übersichtlichkeit der AGB
Kennzahlensysteme messen den Er- •

Zumutbare Länge der AGB
Einverständnis des Kunden bei Vertragsabschluss
folg von Verkaufskampagnen im • Umfassende Informationspflichten vor Abschluss
Internet. Sie profitieren davon, dass • Widerrufsrecht innerhalb von 2 Wochen ab Erhalt der
Ware bzw. bei Dienstleistungen ab Vertragsabschluss
im Internet das Kundenverhalten • Bei Bestellungen bis 40 EURO trägt der Verbraucher
sofort transparent wird und automa- die Kosten der Rücksendung, darüber der Verkäufer
• Gültig für Verträge ab 30. Juni 2000
tisiert ausgewertet werden kann. (EU-Fernabsatzrichtlinie)
Abb.6-72 liefert ein Beispiel.
Abb.6-72
KENNZAHLENSYSTEME ZUM ONLINE-KUNDENENTWICKLUNGSPROZESS

Stufe Kennzahl / Beschreibung Aufbau

Zielgruppenzugang: Anzahl der Personen, denen das Online-Angebot bekannt ist


(0)
Bekanntmachungseffekt : Größe der anvisierten Zielgruppe

Anzahl der Personen mit einem ersten Kontakt zur Web-Site


(1) Surfer: Kontakteffizienz
: Größe der anvisierten Zielgruppe

Anzahl der Personen, die technische Interaktionsprozesse


(2) Consumer: Interaktionseffizienz
ausüben (= Dialog) : Größe der anvisierten Zielgruppe

oder Dto. : Anzahl der Online-Surfer


Anzahl der Personen, die personelle Interaktionsprozesse
(3) Prosumer: Dialogeffektivität ausüben (= zielgerichteter Dialog)
: Größe der anvisierten Zielgruppe

(4) Buyer: Kaufauslösung Anzahl Erstkäufer : Anzahl der Online-Surfer

(5) Kundenbindung:
Identifizierte User, die mehrfach technische Interaktionsprozes-
Systembindung
se ausüben : Größe der anvisierten Zielgruppe
Identifizierte User, die mehrfach eigene Beiträge leisten
Communitybindung
: Anzahl der anvisierten Zielgruppe

Identifizierte User, die mehrfach gekauft haben


Kommerziell
: Anzahl Erstkäufer (oder Anzahl der Online-Käufer)

(Quelle: ASW, 11/2000, S. 53)

787
Internet-Shopping Report 2001, 10.809 Befragte; vgl. den Hinweis in salesBusiness, 5/2001, S. 50
368 Marktorientierte Unternehmensführung

Abb.6-73 Die Rationalisierungpoten- ABLAUF VON E-COMMERCE


ziale durch E-Commerce
werden in Abb.6-73 deutlich. Kundenbetreuung EDV -Sy stem Back up
Alle Arbeitsschritte zum Auf-
Kundenbes tellung geht
nehmen und Bearbeiten einer ein
Bestellung erfolgen compu- Prüfung
Warenverfügbark eit
tergestützt. Mitarbeiter wer-
den nur noch für die be- Kundenberatung Lieferz eitprüfung

ratenden Tätigkeiten und für Abfrage Zahlungsart


das logistische Backup be-
Kreditk artenprüfung
nötigt. Es darf aber nicht
übersehen werden, dass die Auftrags bes tätigung Kontierung

Menge der Internet- Fak turierung


Anfragen entsprechende
Backoffice-Ressourcen er- Auslieferung

fordert. Unter dieser Voraus-


setzung ermöglicht das Internet eine transparente und kostengünstige Auftragsab-
wicklung. Wie eingangs erwähnt, stellt E-Commerce für die Konsumgüterherstel-
ler deshalb eine große Verlockung zum Direktvertrieb unter Umgehung des Handels
dar (vertikaler Wettbewerb). Hierauf wird im Rahmen des Abschnitts zum vertika-
len Marketing noch einmal eingegangen.

"Ich glaube Auf Seiten des Handels forcieren Internet-Geschäftsmodelle zusätzlich einen hori-
noch immer, zontalen Wettbewerb. Wenn es E-Commerce-Unternehmen wie Amazon oder Dell
dass E-
Commerce
gelingt, das Flair von Einkaufsbummel und persönlichen Kontakten am Computer zu
den Handel simulieren, dann werden traditionelle Handelsbereiche stark bedrängt. So sind
revolutionie- Marktanteilsverluste z.B. im stationären Buchhandel und im CD- und Softwarehan-
ren wird. del zu befürchten. Der traditionelle stationäre Handel wird mit werbewirksamen
...Ich halte
einen Anteil
Web-Konzepten aufwarten müssen, um für die Hersteller nützlich und für Endkun-
von 10 bis den attraktiv zu bleiben.
20 Prozent
für realis- Im technischen Vertrieb ist E-Commerce schon wegen der Effizienz- und Kosten-
tisch."
(Bertels- vorteile nicht aufzuhalten. In einem ersten Schritt kann das Internet dem Außen-
mann- dienst und der Anwendungstechnik Verkaufsunterstützung bieten, wie das Beispiel
Vorstand DMG zeigt:
Klaus Ei- Beispielsweise 70% der DMG Deckel Maho Gildemeister Kunden sind an das Internet
erhoff zum angeschlossen. 85% aller Konstruktionszeichnungen sind in einem Intranet erfasst,
Internet- auf das der Außendienst Zugriff hat. „Die Akzeptanz dieses Mediums hängt maßgeb-
Buchhandel, lich von den Kunden ab. Will der Kunde diesen Vertriebsweg und hat er einen er-
in: Focus kennbaren Nutzen davon, können Unternehmen in einem transparenten Markt alles
22/2001, S.
über das Internet verkaufen.“788
136)

Im zweiten Schritt wird der Verkauf von Ersatzteilen und standardisierten Artikeln
(MRO = Maintenance, Repair, Operations) über einen gesonderten Online-Kanal
geleitet. Dieser ergänzt die Arbeit des Verkaufsaußendienstes.
Nach einer Studie der Beratungsgesllschaft Mercer Management Consulting, Mün-
chen, stieg der Direktvertrieb per Außendienst bei den befragten Unternehmen um ü-
ber 37 Prozent, wenn das Internet als zusätzlicher Vertriebskanal genutzt wurde. Über
das Internet laufen die Vorinformationen und alle standardisierbaren Vorgänge. Die
eigentliche Überzeugungsarbeit wird nach wie vor vom Außendienst und von der
Technik geleistet.789

788
Prof. Kleinaltenkamp vom Weiterbildungs-Studium Vertriebsingenieur der FU-Berlin: o.V., (Kon-
kurrenz Internet), in: ASW, 6/1998, S. 108
789
vgl. o.V., (Web), in: PM-Beratungsbrief v. 23.10.2000, S. 6
6. Kapitel: Die Vertriebspolitik 369

Erklärungsbedürftige Produkte, deren Mehrwerte nicht automatisiert vermittelt


werden können und die mit hohen Einkaufsrisiken behaftet sind, lassen sich bislang
nur schwer durch E-Commerce (allein) vermarkten.790 In diesem Bereich setzen sich
jedoch immer mehr verkaufsunterstützende Internet-Services durch.

6.5.3. E-Commerce unterstützende Internet-Dienste


Abb.6-74
INTERNET-LEISTUNGEN ZUR UNTERSTÜTZUNG DES VERKAUFSPOZESSES

Pre-Sales-Phase
• Kundenforen für Produktvorschläge Deutsche Telekom
• Internet als Wegweiser zu Handelsfilialen www.clinique.com
• Online-Infos über neue Verkaufsstellen www.ikea.com
• Newsletter-Infos über Schlussverkaufsangebote Eddie Bauer (USA)
• Kiosksysteme für die Kaufberatung US-Einzelhandelsketten Lands End, W.H.Smith
• Echtzeit-Beratungsplattform für CRM-Systeme www.sol-on.de
• Kaufberatungen Karstadt-Kaufhäuser
• Gemeinsames Shopping (Shopping with a friend) www.landsend.com
• Überregionale Suche nach speziellen Produktvarianten www.mercedes-benz.de

Closing-Phase
• Terminvereinbarung für Außendienstbesuche www.axa-colonia.de
• Rückrufe bei Kaufentscheidung www.autohaus.ford.de
• Bonitätsprüfungen in Echtzeit verschiedene Banken
• Abholung von E-Commerce-Bestellungen beim Handel www.circuitcity.com, Quelle
• Ortsunabhängige Eingabe von Bestelldaten VW-Außendienst, Victoria-Lebensversicherung
• Technische Beratung zur Kaufoptimierung www.dell.de
• Kostenfreie Bestellung nicht im Laden vorrätiger Ware Bekleidungshersteller The Gap, USA
After-Sales-Phase

• Internet-Abruf von Gebrauchsanleitungen www.hermes-tk.de, www.conrad.de


• Internet-Abruf von Kundendienstbesuchen www.hermes-tk.de
• Download neuester Produktvarianten www.hp-deskjet.com, www.netscape.com
• Warenrückgabeavisierung an Ladengeschäfte Einzelhandelsketten Lands End, Eddie Bauer
• Anlaufstellen für Warenumtausch www.quelle.de
• Verfolgung von Warenlieferungen im Web www.ups.com

Der Verkauf kann durch mannigfaltige Web-Leistungen unterstützt werden. Internet-


Services begleiten den Verkaufsprozess über die Phasen des sog. SalesCycle. Sie
schaffen für die Interessenten und Kunden Mehrwerte. Vor allem wollen sich viele
Surfer über das Web erst einmal über Kaufangebote informieren bevor sie ordern.
Abb.6-74 liefert ausgewählte Beispiele für die Dienste im Web-SalesCycle.

So wird sich E-Commerce in Industrie, Handel und Handwerk zu einem macht-


vollen Instrument entwickeln, das den persönlichen Verkauf ergänzt und neue
Zielgruppen anspricht. Ein weiterer Schub bei den Web-Applikationen ist zu er-
warten, wenn sich erst die Idee des mobilen Kaufens durchsetzt.
M-Com-
merce ist
Teil des 6.5.4. M-Commerce (mobiles Verkaufen)
übergeord-
neten M- Gar nicht mehr lange wird es dauern, und Konsumenten wie Geschäftsleute können
Business; ihre Geschäfte permanent im Internet tätigen.
und M-
Business
wiederum
M-Commerce bedeutet, dass die Kunden zu jeder Zeit und an jedem Ort auf
Teil einer das Internet zugreifen, um Informationen abzurufen und Einkaufs- wie Ver-
M-Econo- kaufstransaktionen vorzunehmen (standortunabhängiger Ein-/Verkauf).
my. Für BtoC ist M-Commerce die mobile Variante des Online-Shopping.
Für BtoB steht M-Commerce für den PDA-gesteuerten Außendienst.

790
vgl. zu dieser Meinung des VDMA: o.V., (Konkurrenz Internet), in: ASW, 6/1998, S. 108,
370 Marktorientierte Unternehmensführung

Abb.6-75
DIE WICHTIGSTEN STANDARDS FÜR M-COMMERCE

3G Third Generation: Nach analogen Systemen (A-, B-, C-Netz) und danach digitalen Systemen
(D- und E-Netz) die dritte Generation von Mobilfunknetzen. Ein Kennzeichen: Breitband-
Applikationen (z.B. Videoübertragung).
UM Unified Messaging: Integration aller Kommunikationskanäle auf einer Plattform. Kein Standard
im engeren Sinne sonder vielmehr im Markt erhältliche Systemlösungen
Bluetooth Offener Standard zum schnurlosen Verbinden aller mobilen Geräte.
WAP Wireless Application Protocol: Dieser Softwarestandard regelt die Datenübermittlung im mobi-
len Internet. WAP ist nicht an ein bestimmtes Mobilfunksystem gebunden. WAP funktioniert in
GSM wie auch in den zukünftigen GPRS-Netzen.
2G / GSM Global System für Mobile Communication: Derzeit eingesetztes Mobilfunksystem. Für M-
Commerce schlecht geeignet, da kleine Übertragungsraten, fehleranfälliger Einwahlvorgang
und teuer. Deshalb High Speed Circuit Switched Data (HSCSD): Kanalbündelung
GPRS General Packet Radio System: Das System startete 2001. Es benötigt keine neuen Funknetze.
Allerdings sind Übertragungsraten geringer als bei UMTS. Hauptvorteil: Das Einwählen entfällt.
Bei Einschalten des Handy befindet man sich automatisch im Internet.
UMTS Universal Mobile Telecommunication System: Löst GPRS ab. Soll dem mobilen Internet zum
Durchbruch verhelfen. Hauptvorteil: Schnelle Übertragung großer Datenmengen (Bilder).
I-Mode Von NTT Docomo entwickelter japanischer Übertragungsstandard für M-Commerce. Vorteile
analog GPRS: kein Einwahlvorgang, permanent online, Gebühren nicht für Präsenszeit sondern
nur für die übertragenen Daten. Weltweite Expansion vorgesehen.
VDSL Very High Speed Digital Subscriber Line: Löst DSL ab. Ermöglicht Bandbreiten von mehr als 25
Megabit und wird somit zur Grundlage von Triple Play (Breitband-Internetanschluss).
(diverse Quellen: z.B. MM, Nr. 1/2001, S. 90; ASW, 11/2000, S. 111)

Die beherrschenden Erfolgsfaktoren für M-Commerce sind Ubiquität, Convenience,


Lokalisierbarkeit, jederzeitige Erreichbarkeit, Sofort-Einwahl (Instant Connecti-
vity), Personalisierung und Sicherheit (insbes. auch für die Bezahlung per Handy).
Die Idee ist faszinierend, jedem Handy-Nutzer seine individuelle Werbung und exakt
auf seine Bedürfnisse zugeschnittene Angebote zuspielen zu können. Personalisierte
Werbung ohne Streuverluste. M-Commerce ist jedoch ohne eine entsprechende
Technik (Standards) nicht möglich. Erforderlich sind schnelle, flexible und sichere
Datenkanäle. Abb.6-75 erläutert die neuen Standards.

Ein Boom für das mobile Kaufen und Verkaufen ist vorgezeichnet. Es gab Schätzun-
gen (z.B. durch das Frankfurter Forit Institut), nach denen allein in Deutschland bis
zum Jahr 2010 20 Mrd. Euro mobil gehandelt werden; nach ca. 25 Mio. Euro im Jahr
2000. Bereits im Jahr 2002 haben mehr Menschen mit mobilen Geräten auf das In-
ternet zugegriffen als mit dem PC.791 Wenn die technischen und kaufmännischen
Voraussetzungen gegeben sind, ist mit einem Aufschwung bei den folgenden An-
wendungen zu rechnen:
• Mobile Banking und Mobile Broking (Finanzdienstleistungen),
• Mobile Shopping (Blumen, Musik, Bücher, Kleidung),
• Mobile Ticketing (mobile Reservierungen; auch Reisen, Hotelzimmer etc.),
• Mobile Auktionen (z.B. www.12snap.de),
• Location Based Services (Navigationsdienste, z.B. Verfolgung gestohlener
Autos, Suche nach dem nächstgelegenen Restaurant, Parkhilfen, Stadtführun-
gen),
• Mobile Nachrichtendienste (Regionalnachrichten bei wechselnden Standorten)
• Netzbasierte Spiele für Mobilgeräte.

Trotz der Fülle der noch offenen Fragen (Übertragungsstandards, Betriebssysteme,


Sicherheit, Virenabwehr, hohe Anforderungen an das Backoffice) ist damit zu rech-
nen: Handys und PDA´s werden zum Einkaufsassistenten des Konsumenten und zum
Verkaufsratgeber des Außendienstmitarbeiters.

791
vgl. Garbe, (mobile Zielgruppen), in: ASW, 11/2000, S. 110
6. Kapitel: Die Vertriebspolitik 371

6.5.5. Virtuelle Marktplätze / Internet-Plattformen


Neben die birelationalen E-Commerce-Verkaufskanäle treten zunehmend multirela-
tionale Internet-Marktplätze. Ausgangspunkt ist das Internet Portal. Der Portal-
Begriff geht auf die Einstiegsseite von Yahoo vor einigen Jahren zurück.792

Ein Internet-Portal stellt Interessenten, Lieferanten, Kunden, der Öffentlich-


keit und auch Mitarbeitern das unternehmensweite Know-how und oft perso-
nalisierbare Dienstleistungen auf einer einheitlichen Web-Oberfläche zur Ver-
fügung. Von einem einzigen Zugang aus kann ein offener oder geschlossener
Benutzerkreis weitgehend intuitiv auf alle Informationen zugreifen und
Prozesse anstoßen. Portale bieten i.d.R. Zugang zu E-Commerce-Funktionen.
Mehrere Anbieter und / oder Nachfrager oder neutrale Internet-Dienstleister
können sich auf sog. Internet-Plattformen zu virtuellen Marktplätzen / On-
line-Marktplätzen zusammentun. Online-Marktplätze schaffen ohne Zeit-
verzögerung Kontakte zwischen einer Vielzahl von Anbietern und Interessen-
ten und ermöglichen weltweite geschäftliche Transaktionen im Internet.793
Portale und Plattformen bedeuten: Computer to People / Gateways
bedeuten: Computer to Computer (bzw. Silent Marketing).

Abb.6-76 Den virtuellen Markt- UMSATZPROGNOSE FÜR B2B-PLATTFORMEN


plätzen wird analog (in Milliarden US-Dollar)
dem E-Commerce ein 1600,00
enormes Wachstum 1400,00
1417,00

vorausgesagt; mit ein-


1200,00
deutigem Fokus auf 886,90
1000,00
BtoB-Plattformen.
800,00
Abb.6-76 zeigt eine 465,50
600,00
nicht mehr aktuelle
Voraussage von For- 400,00
146,00
54,70
rester Research.794 Die 200,00

Federal Trade Com- 0,00


2000 2001 2002 2003 2004
mission (FTC) erwartet
weltweit 600 BtoB-
Marktplätze.795

Folgende Vorteile fördern dieses Wachstum:


(1) Portale wie Online-Marktplätze sind zunehmend hardware- und betriebssyste-
munabhängig und bauen auf standardisierten ERP-Schnittstellen auf.
(2) Sie "simulieren" die Bedingungen vollkommener Märkte, d.h. keine räumli-
chen und zeitlichen Begrenzungen, vollständige Markttransparenz, hohe Reakti-
onsgeschwindigkeit.
(3) Sie profitieren von standardisierten Bedienungen und multimedialer Attrak-
tivität.
(4) Sie sind im Vergleich zu realen Börsen, Medien o.ä. kostengünstig.
(5) Neue Angebote können schnell weltweit bekannt gemacht werden.
(6) Und vor allen Dingen: Die Teilnehmer der Einkäufer-Plattformen verspre-
chen sich hohe Rationalsierungseffekte und Kostensenkungen in Beschaf-
fungsprozessen.
792
vgl. Kappe, (Portale), in: Client/Server, 4/2000, S. 23-24
793
vgl. zu den Begriffen Schneider; Schnetkamp, (E-Markets), 2000, S. 100 ff.; Winkelmann, (Ver-
triebskonzeption), 2005, S. 453-477
794
zit. in: Hirn, (Sammelbesteller), in: MM, 10/2000, S. 162
795
vgl. Hirn, (Sammelbesteller), in: MM, 10/2000, S. 160
372 Marktorientierte Unternehmensführung

Wenn wir es aus Anbietersicht sehen, dann bieten Online-Marktplätze gerade mittel-
ständischen und nicht so ressourcenstarken Anbietern die Chance, ihre Angebote zu
bündeln und weltweit schnell an neue Zielgruppen heranzutreten. Unterschieden
werden Portale und Marktplätze:
• nach Trägern: eigengeführte oder neutral geführte Plattformen,
• nach Marktseite: einkäufer- und verkäufergetriebene Plattformen; auch: Ein-
kaufs-, Kunden-, Partner- oder Service-Plattformen,
• nach Märkten: BtoB- oder BtoC-Plattformen,
• nach Branchenzahl: vertikale Plattformen dienen einer Branche über alle
Wertschöpfungsstufen, horizontale Plattformen agieren branchenübergreifend
(Automobilkonzerne tun sich zusammen, um aus allen Zulieferbranchen stan-
dardisierte MRO-Produkte (Maintenance, Repair, Operations) in größeren
Stückzahlen einzukaufen),
• nach Zugangsbeschränkung: offene Plattformen, die sich über Transaktions-
gebühren finanzieren, und geschlossene (private) Plattformen, die nur per Pass-
wort ausgewählten Teilnehmern zugänglich sind (Extranet-Plattform).

Abb.6-77 Mit Blick auf die Marktseite lassen sich


viele
die vier Geschäftsmodelle der Abb.6-77 ein Einkäufer
Einkäufer
796
skizzieren. Die zitierten Autoren be-
werten in einer interessanten Klassifizie- ein Klassisches E- Exklusive Her-
Anbieter Commerce stellerplattform
rung bekannte Handelsunternehmen nach:
(1) Transaktionseffizienz, die um so hö- viele Exklusive Ein-
Marktplatz
her ist, je mehr regelmäßige Bestellun- Anbieter kaufsplattform

gen bei um so weniger Lieferanten


aufgegeben werden; und einer
(2) Markteffizienz, die umso höher ist, je weniger komplexe Produkte an um so
schwächere Abnehmer vertrieben werden.

Bei hoher Markt- und Transaktionseffizienz (ALDI, Lidl) sind bilaterale Systeme
von Vorteil. Bei hoher Markteffizienz und niedriger Transaktionseffizienz (Metro,
Wal-Mart) kann die exklusive Einkaufsplattform (Händlerplattform) empfohlen
werden. Bei niedriger Markt- und hoher Transaktionseffizienz (Swatch, Har-
man&Kardon) kann eine exklusive Herstellerplattform (zur Versorgung des Han-
dels) gewagt werden. Ein Marktplatz bietet sich als Universallösung an, wenn so-
wohl die Markt- wie auch die Transaktionseffizienz niedrig sind (Karstadt, Kaufhof).
In der Praxis entwickeln sich unterschiedliche Transaktionsmodelle und Services für
virtuelle Marktplätze (s. auch Abschnitt 5.3.2.):797
• virtuelle Kaufhäuser (primus-online),
• virtuelle Shopping-Malls (shopping24.de),
• Co Shopping, Power Shopping (www.primus-online.de),
• Live-Auktionen (www.marktplaats.nl, www.intec2000.de),
• Board-Auktionen (www.ebay.de),
• Lieferanten-Suchmaschine (www.wlw.de),
• schwarze Bretter (www.resale.de für BtoB),
• Katalogdienste (www.giswiki.org/wiki/katalogdienste),
• virtuelle Börsen (z.B. die Holzbörse: www.ihb.de).

Online-Marktplätze sollten mindestens fünf Funktionen bieten:798


796
vgl. auch im folgenden: Behrenbeck; Menges; Roth; Warschun, (B2B-Geschäftsmodelle), in:
ASW, 11/2000, S. 42
797
Prof. Schildhauer auf einem Vortrag in Aschaffenburg am 6.2.2001
798
vgl. Schneider; Schnetkamp, (E-Markets), 2000, S. 100-112
6. Kapitel: Die Vertriebspolitik 373

(1) Die E-Commerce-Funktion ermöglicht die wirtschaftlichen Kontakte, Transak-


tionen und Vertragsabschlüsse.
(2) Die Content-Funktion beinhaltet die Zugriffsmöglichkeit aller Marktplatz-
Teilnehmer auf alle Arten von Daten, Datenbanken und Prozessen.
(3) Die Customization-Funktion ermöglicht eine Individualisierung von Web-
Informationen und Angeboten für die unterschiedlichen Marktteilnehmer (1to1-
Angebote).
(4) Die Collaboration-Funktion ermöglicht den Marktteilnehmern eine enge Zu-
sammenarbeit in einzelnen Aufgabenbereichen (Integrationsoptionen: z.B. ge-
meinsame Forschung und Entwicklung, gemeinsame Kataloge).
(5) Die Connectivity-Funktion vernetzt einen Marktplatz mit anderen Plattformen,
Wirtschaftsverbänden, Dienstleistern und auch mit anderen Märkten.

Um einen Eindruck von den Größenordnungen von Internet-Plattformen zu vermit-


teln: Bei GlobalNetXchange (GNX) und WorldWideRetailExchange kooperieren
Handelskonzerne, um mit über 100.000 Lieferanten weltweit Geschäfte zu tätigen.799
Die Chemie-Handelsplattform CC Hubwoo wickelt wöchentlich 15.000 Bestellungen
ab, wobei 60 Konzerne von 1.250 registrierten Lieferanten ordern. Die Marktplätze
werden aber nur dann langfristig erfolgreich sein, wenn es gelingt,
• den Mitarbeitern im Rahmen der Systeme die erforderlichen Freiheiten zu ge-
währen (Online-Marktplätze funktionieren nicht, wenn unverändert fünf Unter-
schriften aus einer Vorgesetztenhierarchie vorgeschrieben sind),800
• die Prozesse entsprechend anzupassen und zu optimieren (z.B. Lieferantenkon-
trolle, Wareneingangs-, Rechnungsprüfung),
• bei jedem Teilnehmer die Internet-Plattform mit dem ERP-System zu verknüp-
fen (die Warenwirtschaft bleibt im Zentrum),
• dem Marktplatz einen gewissen "Kultcharakter" zu geben, denn auf einem lee-
ren Markt lassen sich keine Geschäfte machen
• und vor allen Dingen das Vertrauen aller Marktplatzbesucher zu gewinnen.

So beeindruckend diese Fakten auch sein mögen, die wertschöpfenden Funktionen


Marketing und Vertrieb könnten durch (Integrations)Plattformen zukünftig an Ge-
wicht verlieren,
• wenn der Einkauf nicht mehr einkauft, sondern nur die Beschaffungskonzep-
tionen und die Lieferantenlistungen vorgibt und die Einkaufsvorgänge dann in
den operativen Abteilungen nach standardisierten Regeln ablaufen,
• wenn der Verkauf nicht mehr verkauft, sondern die Großkunden über die
kollaborativen Plattformen direkt in die ERP-Systeme der Zulieferer greifen und
dort Bestellvorgänge abrufen. Der Kunde wird selbst zum Verkäufer.

Es wäre keine gute Vision, wenn die aktive Verkaufarbeit zukünftig den logistischen
Erfordernissen der Supply Chains zum Opfer fallen würde und wir die Kundenorien-
tierung der Effizienz opfern müssten.

Und noch jemand könnte langfristig als Verlierer dastehen: Wenn sich in den BtoB-
oder auch eines Tages in den Consumermärkten Anbieter und Nachfrager überwie-
gend auf virtuellen Plattformen bzw. Marktplätzen begegnen: Bleibt da noch Platz
für den Handel?

799
vgl. Behrenbeck; Menges; Roth; Warschun, (B2B-Geschäftsmodelle), in: ASW, 11/2000, S. 38
800
vgl. Hattwig, (B2B-Marktplätze), in: eCRMprofi, 2/2001, S. 13
374 Marktorientierte Unternehmensführung

6.6. Vertriebskanalpolitik - Vertriebspartnerpolitik


6.6.1. Systematik von Absatzwegen und Vertriebspartnern
a.) Absatzwege-Typologie
In der Praxis erfolgt der Vertrieb in vielen Branchen in Zusammenarbeit mit Ver-
triebspartnern über verschiedene Absatzstufen. Wir verwenden im folgenden die
Begriffe Absatzweg, Vertriebsweg und Distributionsweg bzw. -kanal synonym.
Ein Absatzweg umfasst „die Art und Zahl von Institutionen, die ein Produkt vom
Hersteller bis zum Endabnehmer durchläuft ... “.801 Es müssen aber nicht immer
Institutionen sein oder, wie Kotler es ausdrückt, „ineinandergreifende Organisatio-
nen“.802 Sehr oft sind es Einzelpersonen mit besonderem Branchen-Know-how, die
in den eigenen Verkauf eingeschaltet sind (z.B. Handelsvertreter oder Makler). Wir
wollen deshalb synonym von Vertriebspartnerpolitik sprechen.

Die Vertriebskanal- bzw. Absatzwegepolitik inklusive der Vertriebspart-


nerpolitik umfasst als klassische Aufgaben803
(1) die Entscheidung über die Stufen eines Absatzweges,
(2) die Sichtung, Auswahl und Gewinnung geeigneter Vertriebspartner
(Vertriebspartner-Qualifizierung),
(3) die optimale Ausgestaltung der Vertriebskanalprozesse,
(4) die Koordination und Führung der Vertriebspartner in den Kanälen.
Vertriebskanalstufen sind vertikal zu planen und zu steuern. Eine Kanal-
stufe liegt immer dann vor, wenn eine Instanz außerhalb des Backoffice Kun-
denkontakte hat.804 Ein Außendienst-Vertrieb über Großhändler mit von die-
sem betreuten freien Einzhelhändlern stellt z.B. drei Absatzwegestufen dar.
Wird der Großhandel ausgeschaltet, spricht die Praxis vom zweistufigen Ver-
trieb.
Ein Trend geht zum Mehrkanalvertrieb. Mehrkanalvertrieb (Multi Channel
Marketing) ist die abgestimmte Steuerung paralleler Vertriebswege (oft im
Rahmen eines kooperativen CRM). Dabei ist strikt zwischen organistorischen
Einheiten, die die Verantwortung für den Markterfolg in einem Kanal tragen,
und den Kommunikationsmitteln, die in einem Kanal zum Einsatz kommen,
zu unterscheiden. Mehrkanal-Management bedeutet, dass eine definierte Ka-
naleinheit (z.B. ein Call-Center) mit Hilfe bestimmter Kommunikationsmittel
(z.B. Telefon und Fax) bestimmte Aufgaben (z.B. Verkauf von Flugkarten)
übernimmt. Beim Multi Channel Marketing sind die Partner in die eigene
Vertriebssteuerung mit einbezogen (wichtig: Integration der Kundendaten).

Abb.6-78 skizziert typische Absatzwege für Konsum- und Industriegüter. Auf die
Definitionen des direkten und indirekten Vertriebs im Abschnitt 1.1.4. kann Bezug
genommen werden. Die brisanten, mit den indirekten Vertriebswegen zusammen-
hängenden Fragen kommen in der Marketingliteratur (und auch in der CRM-
Diskussion) zu kurz. Zunächst einmal sind die für einen Absatzmarkt am besten
geeigneten Vertriebspartner zu finden, falls der Hersteller, wie in Massenmärkten
angebracht, den Verkauf nicht mit eigenen Verkaufsorganen durchführen will.

801
Weis, (Marketing), 2004, S. 382
802
Kotler; Keller; Bliemel, (Marketing-Management), 2007, S. 849 unter Bezug auf eine Definition
von Stern und El-Ansary
803
vgl. Kotler; Keller; Bliemel, (Marketing-Management), 2007, S. 849 ff.
804
Wir haben uns damit der Praxisterminologie angeschlossen. Bislang hatten wir den Außendienst
nicht als Vertriebsstufe betrachtet.
6. Kapitel: Die Vertriebspolitik 375

Abb.6-78
TYPISCHE ABSATZWEGE IN PRIVAT- UND GESCHÄFTSMÄRKTEN

direkt, eCommerce
Direkt-
nullstufig verkauf,
B usiness to Werksverkauf
direkt, Co nsumer
einstufig (B to C) Außendienst
Konsument,
indirekt, privater
Konsum-
einstufig Versandhandel Endkunde
güter-
hersteller, Außendienst,
indirekt, stationärer Einzelhandel
Marken- KAM
zw eistufig
artikel-
indirekt, hersteller Großhandel stationärer Einzelhandel
dreistufig
Handels-
indirekt, vertreter
zw eistufig
Handels-
indirekt,
vertreter
dreistufig

direkt,
eCommerce
nullstufig Direkt-
verkauf,
B usiness to Außendienst, KAM gew erb-
direkt, B usiness
Vertreter, Kommissionär licher Kunde
einstufig (B to B )
(Firmen-
Verkaufs- kunde,
gesellschaft Geschäfts-
indirekt, kunde),
zw eistufig OEM,
Industrie- Außendienst techn.Handel
öffent-
güter-
liche
indirekt, hersteller technischer
techn. Fachhandel Hand
dreistufig Großhandel

indirekt, Handels-
techn. Fachhandel
zw eistufig vertreter

b.) Vertriebspartner-Typologie und die Aufgaben des Handels


Welche Arten von Vertriebspartner kommen in Betracht?

Handelsvertreter
Abb.6-79 In Deutschland arbeiten über 60.000 KOSTENVERGLEICH HANDELSVERTRETER
Handelsvertretungen (Handelsvermitt- VERSUS AUSSENDIENSTMITARBEITER
Im Durch- lungsbetriebe), die für 175 Mrd. Euro
FIX-EINKOMMEN UND PROVISION

Vertreter
schnitt vertrat Umsatz vermitteln sowie 5 Mrd. Euro
eine Handels- Eigenumsatz erzielen. Sie sind selbstän-
vertretung
2006 in dige Gewerbetreibende (Istkaufleute i.S.
Deutschland des § 1 HGB), die in fremdem Namen
5,2 Firmen. und auf fremde Rechnung Geschäfte ADM
(www.cdh.de)
abschließen (deshalb: Absatzhelfer). Als
traditionsreiche Kaufmannsform genie-
ßen sie Rechtsschutz im Rahmen der
§§84-92 HGB. §91 HGB trifft die wich-
tige Unterscheidung zwischen Vermitt- Ukrit Umsatz
lungs- und Abschlussvertreter. Der
Handelsvertreter hat die Interessen seines Auftraggebers und Geschäftsgeheimnisse
zu wahren. Für die vermittelten Geschäfte erhält er eine Provision bei relativ gerin-
gen Fixbezügen.
376 Marktorientierte Unternehmensführung

Deshalb bieten sich Handelsvertreter besonders dann an, wenn beim Umsatz die kri-
tische Masse fehlt (der Umsatz also links von Ukrit der Abb.6-79 liegt), um einen ei-
genen Außendienst zu finanzieren. Abb.6-79 veranschaulicht das umsatzabhängige
Entscheidungsproblem der Wahl zwischen Reisenden und Handelsvertretern. Die
Entscheidung für oder gegen den Handelsvertreterverkauf hängt aber nicht nur vom
Umsatz ab. Handelsvertreter bieten Branchenkontakte als Know-how und Mög-
lichkeiten zur Sortimentsbündelung. Je qualifizierter das Know-how ist, desto kriti-
scher muss sich ein Hersteller fragen:
(1) Soll ein Handelsvertreter nur für das eigene Unternehmen tätig sein oder als
Mehrfirmenvertreter auch für andere (Konkurrenten ausgeschlossen)?
(2) In welchem Maße soll ein Handelsvertreter Gebietsschutz erhalten?

Zu beachten ist, dass Handelsvertreter nur selten an Endverbraucher verkaufen. I.d.R.


betreuen sie im Auftrag der Hersteller Fachhandel und Fachhandwerk. Je enger ein
Handelsvertreter dabei vertraglich gebunden wird, desto stärker ist seine Verhand-
lungsposition in Bezug auf einen Ausgleichsanspruch im Falle einer Trennung. Eine
Vertretungsform mit besonders starker Lieferantenbindung ist der Agenturvertrieb
(z.B. Quelle-Agenturen, Tankstellen). Agenturen sind in ein einheitliches Präsentati-
onskonzept eingebunden und erhalten i.d.R. Gebietsschutz. Ihre Räumlichkeiten (die
Agentur) haben die Agenturen weitgehend selbst zu finanzieren. Eingelagerte Ware
brauchen sie nicht vorzufinanzieren.

Kommissionäre
Auch Kommissionäre sind Absatzhelfer, übernehmen also kein Eigentum an der Wa-
re, handeln allerdings in eigenem Namen (§§ 383ff. HGB). Gegen Kommission bzw.
Provision übernehmen sie für ihre Auftraggeber gewerbsmäßig die Warengeschäfte.
Im Gegensatz zum Handelsvertreter braucht ein Kommissionär den Namen seines
Auftraggebers nicht preiszugeben. I.d.R. genießen sie keinen Gebietsschutz. Beispie-
le sind die Depotsysteme von Tchibo oder die der Kosmetikhersteller in Apotheken.

Makler
Auch Handelsmakler (§§ 93ff HGB) gehören zu dieser Kategorie der Absatzhelfer.
Ihre Aufgabe beschränkt sich darauf, vertragswillige Partner zusammenzuführen
(Vermittlung von Verträgen). Sie haben die Interessen beider Seiten zu wahren. Die
Maklergebühr (Courtage) wird bei Nachweis eines Geschäftsabschlusses fällig. Ver-
triebliche Praxisbedeutung haben sie vor allem im Zusammenhang mit Bank-, Versi-
cherungs- und Immobiliengeschäften.

Großhandel und Einzelhandel sowie Fachhandwerk als Absatzmittler


Für viele Handels- und Handwerksbetriebe kaufen in eigenem Namen und auf eigene Rech-
Marktberei-
che typisch
nung. Sie übernehmen Eigentum an der Ware und sind damit Absatzmittler. Der
ist der drei- Handel steht im Mittelpunkt des indirekten Vertriebs (BtoBtoC). Im funktionalen
stufige Ver- Sinne umfasst der Handel den gesamten Warenaustausch einer Volkswirtschaft. Der
trieb: Her- Handel verbindet folglich Gütererstellung und Konsum. Nach dieser traditionellen
steller –
Fachgroß-
Abgrenzung würde auch der direkte Verkauf der Hersteller eine Handelstätigkeit
handel – sein. Die Praxis geht daher vom institutionellen Handelsbegriff aus, der im Gesetz
Installa- über die Berufsausbildung im Einzelhandel verankert ist. Einzelhandel betreibt,
teur.805 (1) wer Waren anschafft (Eigentum!) und sie unverändert oder nach üblicher Be-
oder Verarbeitung in offenen Verkaufsstellen an Endverbraucher in konsumadä-
quaten Mengen anbietet,

805
S. z.B. die Vertriebsorganisation von Grohe: vgl. Clef, (Wasser), in: ASW, Sondernummer Okto-
ber 1998, S. 40. Viele Hersteller sprechen hier auch vom dreistufigen Betrieb (z.B. Vaillant).
6. Kapitel: Die Vertriebspolitik 377

(2) wer Muster oder Proben zur Entgegennahme von Bestellungen zeigt
(3) oder Waren versendet, die nach Katalog, Proben oder Mustern bestellt wurden
(Versandhandel).

In Massenmärkten sind dem Einzelhandel für die Vordistribution Großhandelsbe-


triebe vorgeschaltet. Diese verkaufen regaladäquate Mengen zu günstigeren Groß-
handelspreisen an Wiederverkäufer und Wiederverarbeiter. In manchen Branchen
wird der Großhandel nur noch wegen einer Vorfinanzierungsfunktion geschätzt.
Beim Streckengeschäft liefert der Hersteller direkt an. Im grenzüberschreitenden
Warenverkehr werden noch Ein- und Ausfuhrhandel unterschieden.806

Der Handel vertritt eine historische Kaufmannstradition (Urform: Tauschhandel).


Heute bestimmen große Handelskonzerne unsere Konsumwelt.807 Für den Konsum-
güterhandel kann auf die Abb.6-83 und 6-84 mit den größten Handelskonzernen
verwiesen werden. Beim technischen Handel sind z.B. Konzerne wie Stinnes, Haniel,
Raab Karcher, Thyssen Schulte, Cordes&Graefe, Richter&Frenzel aufzuzählen.
Der Handel begründet seine Bedeutung mit wichtigen Funktionen, die er in volks-
wirtschaftlicher und in einzelwirtschaftlicher Sicht erfüllt. Das historische Funktio-
nenmodell des Handels der Abb.6-80 geht auf Oberparleiter zurück.808
Abb.6-80 AUFGABEN DES HANDELS NACH DEM FUNKTIONENMODELL
I. ÜBERBRÜCKUNGSFUNKTIONEN

1. Raumüberbrückungsfunktion Handel überbrückt für Hersteller räumliche


/ Transportfunktion Entfernungen zu den Kunden; Handel übernimmt
Transportaufgaben (Ausnahme: Streckengeschäfte)
2. Zeitüberbrückungsfunktion
a.) Lagerfunktion Lagerhaltung des Handels gleicht Bedarfsschwan-
kungen des Marktes aus.
b.) Vorausdispositionsfunktion Lagerhaltung des Handels wirkt als Puffer für die
Produktionsplanungen der Hersteller
c.) Kreditfunktion I.d.R. übernimmt der Großhandel durch die
Vorfinanzierung der Ware das Delkredererisiko für
die Hersteller
3. Preisausgleichsfunktion Preispolitik des Handels hält Preis-/Leistungsniveaus
der Sortimente in marktgerechten Relationen
und korrigiert Mengenungleichgewichte durch
Sonderangebots-Aktionen und Zweitplatzierungen
II. WARENFUNKTIONEN
1. Quantitätsfunktion Handel kauft in herstellergerechten Mengen und
/ Mengenumwandlungsfunktion verkauft in abnehmergerechten Mengen (Sammeln und
Teilen)
2. Qualitätsfunktion Handel sortiert, mischt, veredelt oder verpackt Ware
/ Manipulationsfunktion gemäß Kundenwünsche
3. Sortimentsfunktion Handel stellt aus Vielfalt des Warenangebotes eine
attraktive und betriebstypenentsprechende Auswahl
zusammen
III. MARKETINGFUNKTIONEN
1. Markterschließungsfunktion Handel erschließt und betreut lokale und regionale
/ Marktbetreuungsfunktion Märkte zum Vorteil der Hersteller
2. Interessenwahrungsfunktion Handel ist Koordinator und Berater im Interesse von
/ Informations- und Beratungsfunktion Herstellern und Endkunden

806
sowie Außen- und Binnenhandel, vgl. Haller, (Handels-Marketing), 2001, S. 18
807
zur Stellung des Handels in der Volkswirtschaft vgl. Haller, (Handels-Marketing), 2001, S. 25-27
808
vgl. Oberparleiter, (Warenhandel), 1930; vgl. ferner die historischen Schriften von Schär, (Han-
delsbetriebslehre), 1911 sowie in einer späteren Ausgabe Seyffert, (Wirtschaftslehre), 1972
378 Marktorientierte Unternehmensführung

Abb.6-81
AUSGEWÄHLTE GESCHÄFTSMODELLE FÜR
ABSATZWEGE IN VERSCHIEDENEN BRANCHEN

Key Account
Management
indirekt,
dreistufiger
Vertrieb für Konsum- Einkaufs-
Marken- güter- zentralen
Konsument
artikel in hersteller
der KGI
Flächenvertrieb Outlets des
Frischw arenreisende Einzelhandels

indirekt, Textilfach-
Handelsvertreter
zweistufiger handel
Beispiel:
Vertrieb DOB-Textil- Konsument
über hersteller Modemessen - Order
Handels-
der Konzerne, Ketten
vertreter
und auch des FEH

Key Account OEM,


Management öffent-
typische liche
Direkt-
Formen des Hand
verkauf, Verkaufs-
BtoB- B usiness to
Vertriebs, B usiness
gesellschaft mit
Außendienst gew erb-
direkt und
liche
indirekt Industrie- Kunden,
güter- Industrie-
hersteller A ußendienst,
techn.Handel kunden
Handelsvertreter

Außendienst
drei- und KAM
zweistufiger Beispiel:
Vertrieb für Gebrauchs-
Gebrauchs- güter- Großhandel
Konsument
güter über hersteller -
das Heizungs-
Handwerk bauer Fach-
Außendienst
handw erk

Ärzte und
indirekter Pharmaberater
Krankenhäuser
zweistufiger Beispiel:
Pharma- Pharma- Patient
Beratungs- Hersteller
Pharma-
verkauf Apotheken
großhandel
6. Kapitel: Die Vertriebspolitik 379

Durch ihre breite Marktabdeckung und Kundennähe können die Hersteller von fünf
Verstärkungsfunktionen des Handels profitieren:809
(1) Zum einen nutzen die Hersteller den Handel als Distributionsverstärker. Dazu
werden sie (a) entweder keine Händler ausschließen (intensive Distribution) o-
der (b) Händler gezielt nach bestimmten Kriterien auswählen (selektive Distri-
bution) oder (c) sich nur mit wenigen Top-Händlern verbünden (exklusive Dis-
tribution). Diese Auswahl betrifft die Vertriebspartnerstrategie.
(2) Indem Handelspartner den werblichen Marktauftritt eines Herstellers unterstüt-
zen, wirken sie als Imageverstärker.
(3) Als Platzierungsverstärker bringt der Handel die Herstellerprodukte auf die
Regalplätze (Gate-Keeper-Funktion des Handels durch Listung und Auslistung).
(4) Mit seiner Fachkompetenz und den persönlichen Beziehungen zu den Kunden
vor Ort unterstützt der Fachhandel die Hersteller als Beratungsverstärker.
(5) Letztlich übernehmen die Handelspartner für die Hersteller eine Serviceverstär-
kungsfunktion durch ihre Reparatur- und Wartungsdienste.

Was die Hersteller in diesem Zusammenhang beklagen: Der Handel vernachlässige


eine Bindungsfunktion für die Herstellermarken. Vor allem durch die Profilierung
von Handelsmarken würde der Handel in Richtung Einkaufsstättentreue und weniger
in Richtung Lieferantentreue (Markentreue) arbeiten.

c.) Branchentypische Vertriebswege


Im Zusammenspiel von eigenen und fremden Vertriebsorganen ergeben sich in der
Praxis branchentypische Geschäftsmodelle für die Vertriebswege. Abb.6-81 skiz-
ziert ausgewählte Vertriebswegestrukturen. Nicht berücksichtigt sind die zunehmend
wichtigeren Internet-Kontakt- und -Verkaufskanäle. Sie lassen sich unschwer in die
Teilgrafiken eintragen und verbinden dann Hersteller und Endabnehmer, Hersteller
und Handel, Großhandel mit Einzelhandel und den Handel mit den Endabnehmern.
So entstehen Multikanal-Netzwerke, die im Rahmen eines Multi Channel Mar-
keting zu steuern sind.

Für die konsumnahen Verbrauchs- und Gebrauchsgütermärkte ist eine historisch


gewachsene Arbeitsteilung in den Vertriebswegen zwischen Hersteller und Ab-
satzmittler typisch. Aus Sicht der Hersteller erfüllt der Handel gemäß Abb.6-80 Un-
terstützungs- und Koordinierungsaufgaben. Der Handel seinerseits verfolgt u.a. fol-
gende Ziele:
(1) hohe regionale Potenzialausschöpfung,
(2) Gewinnung neuer Kunden,
(3) Erhöhung der Einkaufshäufigkeiten (Kauffrequenzen),
(4) Erhöhung des durchschnittlichen Einkaufsbetrages,
(5) Einkaufsstättentreue des Kunden statt Markentreue (siehe oben).

Wegen der Ziele (1) bis (4) sollte der Handel an starken Herstellern zur Bildung at-
traktiver Sortimente interessiert sein. Ziel (5) aber deutet den systemimmanenten
Konflikt zwischen Hersteller und Handel an.810

809
vgl. hierzu Irrgang, (vertikales Marketing), 1989, S. 3-7 sowie die dort angegebene Literatur
810
vgl. Irrgang, (vertikales Marketing), 1989, S. 7
380 Marktorientierte Unternehmensführung

d.) Zielkonflikte zwischen Hersteller und Handel


„Trotz aller Sonntagsreden von der Partnerschaft: Hersteller und Handel verfolgen
sehr häufig unterschiedliche Ziele.“811
Abb.6-82
ZIELKONFLIKTE ZWISCHEN HERSTELLER UND HANDEL
Herstellerinteressen Handelsinteressen

• Handel soll alle neuen Produkte abnehmen • Listung nur für „Renner“-Produkte
• Dominanz für das Herstellermarken-Image • Dominanz für Handels- und Handelsmarkenimage
• Distribution des Gesamtprogramms • Zielgruppenbezogene Sortimentsauswahl
• Möglichst viele Vororder durch den Handel • Möglichst wenig Vororder bei den Herstellern
• Kontinuierlicher Abverkauf an den Handel • Bestellmengen entsprechend der Nachfrage
• Fertigungsoptimale Bestellmengen • Nur regalfüllende Bestellmengen
• Mindestbestellmengen für den Handel • Flexible Nachbestellmöglichkeit
• Preisprobleme zu Lasten der Handelsspanne • Preisprobleme zu Lasten der Einkaufspreise
• Keine Warenrücknahme (Remissionen) • Rückgaberecht für Lagerware
• Abverkaufrisiken beim Handel • Abverkaufsrisiken beim Hersteller
• Bevorzugte Regalplatzierung für eigene Produkte • Sortimentsgerechte Warenplatzierungen
• Handel wirbt überregional für den Hersteller • Regionale und lokale Standortwerbung
• Hersteller gestaltet POS-Marktauftritt mit • Eigenständige Gestaltung des Marktauftritts

Speziell in Industriegütermärkten
• Hohe Servicekompetenz im Handel • Serviceverantwortung beim Hersteller
• Respektierung von Verkaufsgebietsgrenzen • Keine Gebietsgrenzen für den Handel
• Handel integriert sich in die Vertriebssteuerung • Kampfpreise gehen zu Lasten der Hersteller
• Gemeinsame strategische Marktplanung • Planungsautonomie
• Preisflexibilität bei Kampfangeboten • ECR-Führerschaft beim Handel
• Mitarbeit des Handels am Vertriebscontrolling • Hersteller soll auf vertikales Marketing verzichten

Abb.6-82 stellt die divergierenden Interessen von Hersteller und Handel gegen-
über.812 Sieht man von weichen strategischen Zielsetzungen wie Image- und Markt-
macht ab, dann lassen sich alle Absatzkanalprobleme auf eine betriebswirtschaftliche
Problematik zurückführen: Werden von relativ unbeweglichen Marktpreisen auf ge-
sättigten Märkten die variablen Kosten aller Vertriebspartner abgezogen, dann bleibt
Das größte ein Kanal-Deckungsbeitrag. Und dieser kann nur einmal verteilt werden. Was unter-
Problem für nehmen nun Hersteller und Handel, um den eigenen Kostendruck zu mildern, um
den Handel: Druck auf Handelsspannen bzw. Herstellerpreise auszuüben und vor allem um Käu-
Der Anteil
der Einzel- fern attraktive Einkaufsalternativen zu bieten?
handelsum-
sätze am 6.6.2. Strategien des Handels
Privatkon-
sum sank a.) Konzentration im Handel
von 41,1%
(1991) über Der Einzelhandel schließt sich zu Gruppen und Konzernen zusammen. Seit etwa
35% (1996) 1970 ist ein beschleunigter Konzentrationsprozess im Handel sichtbar.813 Kosten-,
auf 31,7%
(2000) und Synergievorteile und vor allem mehr Marktmacht gegenüber Wettbewerbern und
auf 27,8% Lieferanten sind die zentralen Zielsetzungen. In den Massenmärkten der Lebensmit-
(2005). tel, Textilien oder der „braunen Ware“ (Radio, TV, Hifi) geht der Trend hin zu Zu-
(Quelle:
Stat. BA und
sammenschlüssen zu Filialunternehmen (nach statistischem Bundesamt mindestens
KPMG- 5 Filialen erforderlich: z.B. Metro, Tengelmann, ALDI), zu Verbundgruppen (d.h.
Prognose). Einkaufsverbände und freiwillige Ketten) unabhängiger Händler auf der Grundlage
vertraglicher Regelungen (z.B. Markant) sowie zu Mischformen (z.B. Rewe, Ede-

811
Irrgang, (vertikales Marketing), 1989, S. 7
812
vgl. in ähnlicher Weise Scharf; Schubert, (Marketing), 2001, S. 316 in Verbindung mit Sohm;
Kurz, (Boss-Philosophie), in: ASW, 5/1994, S. 54; vgl. ferner Meffert, (Marketing), 2000, S. 612 in
Anlehnung an Steffenhagen
813
vgl. hierzu die umfangreichen statistischen Daten bei Oehme, (Handels-Marketing), 2001, S. 32-
40; S. 316-322; Jensen, (Groß und schwach), in: MM, 12/1995, S. 110-119
6. Kapitel: Die Vertriebspolitik 381

ka).814 Die Abb.6-83 und 6-84 enthalten die großen Handelsgruppen, die sich mittler-
weile international und national formiert haben.

Eine Folge dieser Entwicklung ist das Sterben des kleinen Einzelhandelsgeschäftes
um die Ecke (Tante Emma), wie die Abb.6-85 verdeutlicht. Jetzt gerät auch das
Fachgeschäft für gehobene Sortimente in der Innenstadt unter starken Ertragsdruck.
Der Einzelkämpfer in der Handelslandschaft kann nur durch Service und erstklassige
Beratung überleben. Dieses Phänomen ist Ausdruck einer Betriebstypendynamik, mit
der der Handel auf den Wandel wirtschaftlicher Rahmenbedingungen, auf ein verän-
dertes Verbraucherverhalten und auf neue Strategien der Hersteller reagiert.

b.) Differenzierung von Betriebstypen


Die Top-3 Im Wandel der Zeit entstehen und vergehen neue Betriebstypen des Handels. Von
der Nicht- einer Dynamik der Betriebsformen ist die Rede. Mit dem Lebenszyklus der Herstel-
discounter:
Edeka, Real,
lerprodukte ist ein Betriebstypen-Lebenszyklus auf Handelsebene vergleichbar.815
Karstadt. Grundsätzlich lassen sich die Betriebsformen des stationären Handels nach (1)
Die 3 Top- Qualitätsniveau des Sortiments, (2) Sortimentsbreite und -tiefe, (3) Preislage, (4)
Discounter: Standort, (5) Rechtsform, (6) Herstellerbindung und vor allem nach (6) Ladengröße
ALDI, Lidl,
Plus.
einteilen. Bezogen auf das Kriterium Geschäftsgröße ergibt sich in etwa die folgende
Rangordnung für die Outlets des Einzelhandels:816

Fachgeschäft
Das Fachgeschäft ist eine Betriebsform des Non-Food-Sektors mit breitem und tie-
fem Sortiment innerhalb einer Branche, mit Verkaufsflächen zwischen 200 und 600
qm, angesiedelt in Wohn- und Citylagen, mit qualifizierter Beratung und Serviceleis-
tungen auf gehobenem Preisniveau.

Lebensmittel-SB-Laden (klein: < 100 qm, groß 200-399 qm)


Angeboten werden Grundlebensmittel des täglichen Bedarfs auf ca. 200 qm Ver-
kaufsfläche in Selbstbedienung; meist ohne Frischwaren.

Supermarkt
Abb.6-83, Der Supermarkt gilt als Fachgeschäft des Lebensmitteleinzelhandels, mit Verkaufs-
84, 85 flächen zwischen 400 und 799 qm und einem Sortiment von 5.000 – 8.000 Artikeln

DIE GRÖSSTEN HANDELSKONZERNE RANGLISTE DER DEUTSCHEN TANTE EMMA STIRBT


DER WELT NACH UMSATZ 2003 HANDELSUNTERNEHMEN NACH
UMSATZ 2005 (Food und Nonfood)
Bedienungsläden im Ein-
Wal-Markt (US) 256,3 Mrd. USD
zelhandel in Westdeutsch-
Carrefour (F) 79,8 Mrd. USD Edeka-Gruppe 35,7 Mrd. EUR land:
Home Depot (US) 64,8 Mrd. USD Metro-Gruppe 32,1 Mrd. EUR 1961: 138.700
1966: 91.200
Metro (D) 60,5 Mrd. USD Rewe-Gruppe 30,9 Mrd. EUR
1971: 31.100
Kroger (US) 53,8 Mrd. USD Schwarz-Gruppe 22,7 Mrd. EUR 1976: 13.950
Aldi-Gruppe 21,7 Mrd. EUR 1981: 8.650
Tesco (GB) 51,5 Mrd. USD 1986: 7.650
Target (US) 46,8 Mrd. USD KarstadtQuelle 15,9 Mrd. EUR 1991: 6.800
Tengelmann 14,1 Mrd. EUR 1996: 6.450
Ahold (NL) 44,6 Mrd. USD
Lekkerland 6,4 Mrd. EUR (Quelle: GLOBUS-Grafik
Costco (US) 41,7 Mrd. USD
Nr. 3827; gemäß EHI)
Aldi (D) 40,1 Mrd. USD Schlecker 5,5 Mrd. EUR
Globus 3,5 Mrd. EUR
Nr. 11 ist Rewe mit 38,9 Mrd. USD (Quelle: M+M EUROdATA; Mediainformatio- Es erfolgt Internet-Aktuali-
(www.stores.org, Stand 1/2005) ne 2007; Analyse der LZ-Empfängerdatei sierung über meine
2006) Homepage

814
zur Struktur des Einzelhandels vgl. Haller, (Handels-Marketing), 2001, S. 39-49
815
vgl. Haller, (Handels-Marketing), 2001, S. 53
382 Marktorientierte Unternehmensführung

mittlerer Qualitäts- und Preislagen. Oft ist ein Frischebereich integriert (Wurst, Kä-
se). Wichtig ist die Nachbarschaftslage. ) 9 Mio. Kunden besuchen täglich Edeka.

Discounter
Was die Der Discounter liegt in ähnlicher Größenordnung und darüber. Sie bieten ein be-
Discounter grenztes Sortiment (ALDI Süd z.B. ca. 600 Artikel) mit hoher Umschlagsgeschwin-
gefährlich
macht: Sie digkeit an, bei einfacher Ladenausstattung und unter Verzicht auf Service. Geworben
rücken ab wird mit Dauertiefstpreisen. Beispiele sind Netto, Plus, Norma, ALDI, Lidl oder
vom Billig- Penny. Laut einer Studie von McKinsey haben die Discounter im Jahr 2005 40,8 Pro-
image: zent Marktanteil am Lebensmitteleinzelhandel erreicht.
ALDI als
Anwalt des
kleinen (Kleiner) Verbrauchermarkt
Mannes, Der Verbrauchermarkt ist eine neue, dynamische Betriebsform, mit Verkaufsflächen
IKEA als
Shopping-
zwischen 800 und 1.499 qm und einem relativ preisgünstigen Sortiment von Food-
Center für und Non-Food-Artikeln. Die Standorte liegen außerhalb des Innenstadtbereiches,
Cocooning, ausreichend Parkplätze sind obligatorisch. Es herrscht Selbstbedienung.
Ryanair als
Unruhe-
stifter im
Kaufhaus
Dienste des Das Kaufhaus ist ein größerer Einzelhandelsbetrieb für die Innenstadt. Geboten wer-
Verbrau- den gestraffte Sortimente spezieller Warengruppen. In mindestens einer Branche
chers. wird ein tiefes Sortiment geführt. Auf einen Food-Bereich (außer Süßwaren, Spiritu-
(vgl. ASW
4/2003, S. osen) wird zunehmend verzichtet. I.d.R. ist keine Selbstbedienung möglich.
14)
Warenhaus
Das Warenhaus liegt größenordnungsmäßig darüber, mit Mindestverkaufsflächen ab
3.000 qm. Vermarktet werden sowohl breite als auch tiefe Sortimente. „Alles unter
einem Dach“ lautet die traditionelle Devise. Es mischen sich Bereiche mit Bedienung
und Selbstbedienung. Fehlende Sortimentsbereiche (z. B. Food) werden als Mietflä-
chen vergeben (Store in the Shop).

Großverbrauchermärkte und SB-Warenhäuser (ab 1500 qm)


Stadtrandlagen, große Parkplätze, umfassende Sortimente und Selbstbedienung
kennzeichnen diese große und preisaggressive Betriebsform. Oft sind Dienstleister
angegliedert. Der Großverbrauchermarkt geht nach internationalen Vereinbarungen
bei etwa 4.999 qm Verkaufsfläche in die Betriebsform des SB-Warenhauses über.
Massa, Toom, Wal-Mart, Allkauf, Real sind Beispiele hierfür.

Mega-Store und Shopping-Center (ab 10.000 qm)


Der Trend geht zu immer größeren Einkaufszentren. Im Jahr 2004 waren in Deutsch-
land 13 Projekte mit jeweils über 10.000 qm Verkaufsfläche in der Planung. In
Dortmund entstand zur Fußball-Weltmeisterschaft 2006 ein Mega-Markt mit 57.000
qm. Das größte Mega-Shopping-Center ist das centro in Oberhausen mit 70.000 qm.
Die Zahl der Großzentren in Deutschland wird auf 350 geschätzt.

Handelskonzerne versuchen, unterschiedliche Betriebstypen zu einem schlagkräfti-


gen Mix zu bündeln. Beim Mix ihrer Verkaufsstellen unternehmen sie:
(1) Größendifferenzierungen (optimale Mischung von Groß- und Kleinbetriebs-
formen),
(2) Regionaldifferenzierungen (optimale Mischung der Outlets in Ballungsgebieten
und in ländlichen Gebieten) und
(3) Sortimentsdifferenzierungen (optimale Mischungen von Food- / Non-Food-

816
vgl. auch die Definitionen in AC Nielsen, (Universen), 2005, S. 71-78
6. Kapitel: Die Vertriebspolitik 383

Abb.6-86 Sortimenten sowie Discount-, Fach- und Spe- DIE HANDELSUNTERNEHMEN MIT
zialsortimenten). DEN MEISTEN OUTLETS 2004

Lekkerland-Tobaccoland 70.000
Marktanteile Der „Branchenriese“ Metro (mit Metro/Makro
im deutschen Schlecker 10.806
C&C, Real, Extra, Media Markt, Saturn, Prakti-
Einzelhandel Ringel 6.000
2005: ker, Galerie Kaufhof) operiert weltweit in 26 Tengelmann 5.477
Edeka 18,1%, Ländern mit 235.283 Mitarbeitern. 1.744 Märkte Rewe 5.179
Metro 16,2%, werden in Deutschland unterhalten. Mit unter- Edeka 4.393
Rewe 15,5%,
ALDI 10,4%,
schiedlichen Strategien bearbeiten die Gebrüder Aldi 4.077
Tengelmann Theodor und Karl Albrecht den deutschen Markt. EGV 3.700
6,5%, sonstige (ALDI Nord und ALDI Süd). Zusammen kommen Kreyenhop 3.500
22,5% Sie auf einen Umsatz von 21 Mrd. Euro in 4.077 Jomo 3.500
(Quelle:
Planet Retail,
Filialen mit 2,9 Mio. qm Verkaufsfläche.817 AL- (Quelle: LebensmittelZeitung, (Handelsunter-
nehmen), 2005, S. 7, div. Quellen aus 2006)
in: MM DI Nord führt ca. 750 Artikel im Sortiment und
2/2006, S. 34) listet mehr originäre Markenartikel und regionale
Produkte. ALDI Süd suchte frühzeitig Standorte DIE GRÖSSTEN
VERSANDHANDELSUNTERNEHMEN
auf der grünen Wiese oder an Stadträndern. Das NACH UMSATZ 2004
Sortiment ist mit 600 Artikeln etwas kleiner. Die
Läden sind stärker technisiert (Scannerkassen). Quelle Gruppe 3.37 Mrd. Euro
Die Auslandsmärkte haben sich die Gebrüder Otto 2.01 Mrd. Euro
ALDI aufgeteilt. ALDI Süd unterhält ca. 600 Out- Neckermann 1.18 Mrd. Euro

lets in den USA. Klingel 0,78 Mrd. Euro


Baur 0,67 Mrd. Euro
Abb.6-87 Von unverändert großer wirtschaftlicher Bedeu- Weltbild 0,60 Mrd. Euro
tung ist der Versandhandel. Unterschieden wer- Heine 0,56 Mrd. Euro
den Großversender und Spezialversender. Abb.6- bonprix 0,56 Mrd. Euro
87 listet die umsatzmäßig größten Versandhan- Conrad Electronic 0,56 Mrd. Euro
delsunternehmen des Jahres 2004 auf.818 Office Depot Int. 0,55 Mrd. Euro

Als Sonderformen des stationären Einzelhandels


sind Tankstellen-Shops, Kiosk zu nennen. Von untergeordneter Bedeutung ist beim
nicht-stationären Einzelhandel der reisende Handel, traditionell auch als ambulanter
Handel bezeichnet ist.
Der Großhandel ist mit seiner Verteiler- und Warenbündelungsfunktion dem Ein-
zelhandel vorgelagert. Dort werden als Betriebsformen der Sortimentsgroßhandel,
Spezialhandel, Streckengroßhandel, Zustellgroßhandel, Cash&Carry-Großhandel und
der Regal-Großhandel (Rack-Jobber) unterschieden.819 Mit wachsenden Betriebsgrö-
ßen und zunehmendem Leistungsvermögen des Einzelhandels wird der Großhandel
in Frage gestellt. In manchen Marktbereichen, z.B. im Pressewesen (Pressegrosso-
System), ist die Funktion der Vordistribution dagegen unverzichtbar.
Etwa 27% Neue Trends beschleunigen einen Strukturwandel der Betriebsformen. Die
aller knapp Handelskonzerne müssen auf Marktsättigung in konventionellen Marktsegmenten,
40 Mio.
Haushalte in
Zunahme von Single-Haushalten, Alterung der Bevölkerung, zunehmendes Schnäpp-
Deutschland chenjäger-Verhalten der Verbraucher (Smart-Shopper), hybride Verbrauchergruppen
sind bereits und vor allem auf Angriffe von internationalen Wettbewerbern reagieren. Die Prob-
Single- leme von KarstadtQuelle sind hier deutlicher Beleg. Neue, aggressive Betriebsfor-
Haushalte.
men kommen auf, die mit wachsender Größe selbst wieder in die Gefahr geraten, zu
erodieren. Store Erosion ist der Begriff für den Betriebstypenverschleiss.820

817
vgl. Schlitt, (Familientrennung), in: MM, 11/2001, S. 186-194; neuere Daten M+M Eurodata 2005
818
Quelle: Fachverlag für Informationsdienste
819
vgl. Scharf; Schubert, (Marketing), 2001, S. 302-305
820
vgl. zur Store Erosion: Haller, (Handels-Marketing), 2001, S. 53
384 Marktorientierte Unternehmensführung

Abb.6-88 ENTWICKLUNG DER BETRIEBSTYPEN DES EINZELHANDELS


ANZAHL DER OUTLETS UMSATZ IN MIO. EURO
Struktur- 1997 .1.1.2006 .06/97 1997 .1.1.2006 .06/97
wandel: SB-Warenhäuser 635 1,1% 705 1,2% 11,0% 15.083 13,2% 16.880 13,5% 11,9%
Verände- grosse Verbrauchermärkte 1.814 3,2% 2.438 4,3% 34,4% 15.339 13,5% 19.475 15,6% 27,0%
rungen kleine Verbrauchermärkte 4.298 7,5% 4.528 7,9% 5,4% 16.668 14,6% 17.065 13,7% 2,4%
LEH seit Verbrauchermärkte 6.747 9,2% 7.671 13,4% 13,7% 47.090 41,4% 53.420 42,8% 13,4%
Discountmärkte 9.813 17,2% 10.660 18,6% 8,6% 18.816 16,5% 28.650 23,0% 52,3%
1997:
Supermärkte 4.750 8,3% 3.860 6,8% -18,7% 13.242 11,6% 10.710 8,6% -19,1%
Anzahl der restl. Märkte 200 - 399 qm 5.530 9,7% 3.360 5,9% -39,2% 7.235 6,4% 3.990 3,2% -44,9%
kleineren restl. Märkte 100 - 199 qm 10.930 19,1% 7.330 12,8% -32,9% 5.890 5,2% 4.020 3,2% -31,7%
Märkte restl. Märkte < 100 qm 32.630 57,1% 20.169 35,3% -38,2% 5.640 5,0% 2.910 2,3% -48,4%
-37,1% restl. Märkte < 400 qm 49.090 66,9% 30.859 54,0% -37,1% 18.765 16,5% 10.920 8,8% -41,8%
Summe ohne Aldi 70.400 123,1% 53.050 92,8% -24,6% 97.913 86,0% 103.700 83,1% 5,9%
und Um-
Aldi 3.002 5,3% 4.125 7,2% 37,4% 15.952 14,0% 21.050 16,9% 32,0%
satz Alle Märkte 73.402 100,0% 57.175 100,0% -22,1% 113.865 100,0% 124.750 100,0% 9,6%
-41,8%. (Quelle: ACNielsen - Universen 2006) - Die schwarzen Felder kennzeichnen die Dramatik der Veränderungen
Dagegen
ALDI:
Märkte Als Beweis für diesen Retail Life Cycle bzw. das Wheel of Retailing821 wird das
+37,4% enorme Marktwachstum der Verbrauchermärkte und SB-Warenhäuser betont. Der
und Um- Trend geht unverändert hin zu größeren, integrierten Flächeneinheiten. Die
satz
+32,0%. zukünftigen Stufen der Betriebstypenevolution im Handel werden Mega-Stores und
Man be- Malls nach US-amerikanischem Vorbild sein. Aber auch Techno-Discount und Au-
achte auch tomatenshops, in Kombination mit Cyber-Stations, werden zum Kauf einladen. 24
die Ent- Stunden einkaufen, frei werden von der Rigidität des deutschen Ladenschlussgeset-
wicklung
der rest- zes: In diese Nischen strömt eine Bugwelle neuer Betriebsformen.
lichen
Discounter. Abb.6-88 belegt den Strukturwandel und den dramatischen Trend zu den größeren
Betriebsformen. Man beachte das starke Wachstum der Verbraucher- und Discount-
märkte und speziell das von ALDI. Sie drängen die kleineren Betriebstypen zurück.

c.) Praxisbeispiele für Betriebstypen im Wandel:


Themenwarenhäuser und Supermärkte der Zukunft
Geiz ist Um gegen Discounter und Konsumsättigung überleben, entwickeln die Handelskon-
geil: zerne neue Konzepte; z.B. das Themenwarenhaus. Wurden Sortimente in der Ver-
„Wir ge-
hen in eine
gangenheit nach Warengruppen präsentiert, so schafft man heute Lebensfelder in
Schnäpp- Szenen und Bildern. Eine Verkaufsraumdramaturgie soll Reize vermitteln, Neu-
chen- und gier wecken und Erlebniswerte beim Einkauf steigern. Zunächst werden Warenleit-
Geizkultur, bilder definiert. Diese entsprechen meist Lebensstil-Bereichen, wie z.B. die Segmen-
weil Kon-
sum eigent- te Mode, Persönlichkeit, Genuss / Geselligkeit, Wohnen, Sport / Freizeit, Multimedia
lich nicht und Business. Im nächsten Schritt werden alle Produkte zu Warenbildern gebün-
mehr span- delt, die zu einem Lebensstilthema passen. Auch die Warenpräsentation selbst soll
nend ist." Spannungsbögen erzeugen, Dramaturgien aufbauen. Dazu werden sog. Attraktoren
(Matthias
Horx, definiert und mit ihnen Lifestyle-Points, Faszinations-Points oder Image-Points ge-
Zukunfts- schaffen (Karstadt-Konzeption).
institut
Kelkheim,
Karstadt hat durch Kundenforen 6 Themenbereiche (Konsumfelder) bestimmt:
www.zu-
kunftsinsti- (1) Living: Wohnen, Gemütlichkeit, Bad und Wellness,
tut.de) (2) Genuss und Geselligkeit: Küche, Essen und Trinken,
(3) Personality: u.a. Lederwaren, Brillen, Uhren/Schmuck, Kosmetik,
(4) Sport und Freizeit: Fitness, Sauna,
(5) Multimedia und
(6) Fashion: Casual, Classics, Dress In, My Line, Cocktail, Landhaus, Pelze.
Jeder Themenbereich wird von einem Themenmanagement-Team geleitet, dem ein
Branchenmanagement vorgeschaltet ist.

821
vgl. zu diesen Begriffen: Specht; Fritz, (Distributionsmanagement), 2005, S. 98 und 99
6. Kapitel: Die Vertriebspolitik 385

Die Gegen- Der Kaufhof setzt auf Lust-Themenhäuser (Lust for Life), die sich in der Marke
meinung: Galaria manifestieren. Im Februar 2004 wurde das neue Konzept für die Galeria-
“Die Geiz-
ist geil- Warenhäuser präsentiert:
Haltung (1) Kernzielgruppe sind die „aktive Mitte“-Kunden in der Altersgruppe 35+,
macht den (2) Präsentation der Sortimente in Lifestyle- und Bedarfszusammenhängen, um mehr
Verbrau- Inspiration und Cross-Shopping zu bieten (Mission: Lifestyle für alle),
chern lang-
fristig keinen (3) Demonstration einer hohen Markenkompetenz durch Fokus auf Premium-Marken
Spaß – es (Niemand verkauft so viele Diamanten in Deutschland wie der Kaufhof),
entwickelt (4) großflächige Häuser in teuren Innenstadtlagen,
sich ein
(5) weitgehender Verzicht auf Rabattauszeichnungen,
Gegenpol.”
(Jörg Blum- (6) Style-Guides für die Filialen sollen ein durchgängiges Visual Merchandising
tritt, Com- sicherstellen,
munity (7) neue Konzepte für eine verkaufsfördernde Warenpräsentation, die aus einem Sto-
Marketing
Burda)
re Design Wettbewerb hervorgingen.
Zum 22.2.2004 wurden alle 114 deutschen Kaufhof-Warenhäuser auf das Galeria-
Konzept umgestellt.

Erlebnis- Und wie werden wir zukünftig einkaufen? Procter&Gamble und A&P treiben im
kauf: „They Rahmen eines Co-Marketing-Ansatzes das One-Stop-Shopping voran. Die Waren-
may not
forget what gruppen Höschenwindeln, Babynahrung oder BabyShampoo werden als Komple-
you say, but mentärsortiment im Regal positioniert.822 In Zeiten rückgängiger Nachfrage sollen
they will Impulskäufe forciert werden. Die Metro testet in Rheinberg bei Düsseldorf einen
never forget
how you
Future-Store (Metro Extra), um gegen die Discounter zu konkurrieren. Im "Super-
made them markt der Zukunft" ist der Einkaufswagen ein fahrbares Informationsterminal. Kas-
feel.” siert wird durch eine vollautomatische Selbstzahlerkasse. Per Funksignal lesbare
(Carl W. Etiketten lenken Kunden und Merchandiser direkt zum richtigen Warenregalplatz.
Büchner)
Die Regaloptimierung erfolgt durch Radio Frequency Identification (RFID). Effi-
zienz domiert über menschliche Zuwendung. Von Tante Emma rücken wir immer
weiter ab.

Auch neue Betriebstypen kommen auf. Die früher als "Tankstellenlieferant" bekann-
te Lekkerland-Tobacco-Gruppe (2004 8,35 Mrd. Euro Umsatz mit 6.211 Mitarbei-
tern, Distribution an 70.000 Tankstellen und Outlets) ist dabei, 250 sog. U-Stores im
Rahmen eines Franchise-Konzeptes installieren. Ein U-Store ist die moderne Form
eines Kiosks. Er bietet das kompakte Convenience-Sortiment (Süßwaren, Getränke,
Tabakwaren) und darüber hinaus Consumer-Dienstleistungen wie Ticket- und Abon-
nementdienste, bei Ladenöffnungszeiten von 5 bis 22 Uhr.823 Aral hat 2006 den ers-
ten C-Store eröffnet: Eine Tankstelle ohne Zapfhahn sozusagen.

Die Bahn installiert mit den DB ServiceStores ein bundesweites Franchise-System


(ausgezeichnet als Franchisesystem des Jahres 2004). Bahnhöfe sollen einen Flair
von Einkaufswelten erhalten. Man möchte die Idee der Tankstellen-Shops adaptie-
ren: Convenience-Shops mit breitem Angebot und langen Öffenungszeiten. Bis Ende
2005 sind 175 und bis zum Jahr 2008 500 DB ServiceStores geplant. Wenn man so
will, offenbaren sich hier clevere Wieder-Auflebungen des Tante-Emma- oder On-
Im Discoun- kel-Mehmet-Ladens zur Sicherung einer Grundversorgung.
ter-Bereich
wird hier
von Aldi-
Auch bei den Discountern tut sich etwas. Zunehmend wird der Ladentyp der Hard-
nativen Discounter durch Aufnahme von Markenartikeln und einer aufwändigeren Laden-
gesprochen. gestaltung zum Soft-Discount-Format aufgewertet (Plus, Rewe).

822
vgl. den Hinweis in ASW, 6/2001, S. 53
823
vgl. Hassmann, (Convenience), in: salesBusiness 10/2003, S. 8-10
386 Marktorientierte Unternehmensführung

d.) Standortdynamik
„Drei Dinge Die Veränderung der Erlebniswerte beim Kauf beeinflusst auch die Standortpolitik
sind ... für des Handels. Wie im 1. Kapitel aufgezeigt wurde, ist die Verkaufsstätte (Outlet) für
den Erfolg
im Einzel- die Imageprofilierung von so großer Bedeutung, dass der Handelsstandort als 5.
handel wich- Marketingmix-Instrument bezeichnet werden kann. 825
tig, nämlich
erstens der
Zu unterscheiden sind 6 Standorttypen: (1) Innenstadt 1a-Lage, (2) Innenstadt 1b-
Standort,
zweitens der Lage, (3) Innenstadt Randlage, (4) Nahversorger im Wohngebiet, (5) Einkaufszent-
Standort und rum in der Vorstadt und (6) die „grüne Wiese“. Aktuelle Bedeutung haben Standort-
drittens noch strategien zur besseren Plazierung von Outlets. Die Handelsunternehmen verfolgen
einmal der
Standort.“824
die Zielsetzungen, ihre Outlets (Verkaufsstandorte)
• noch näher an Kundenpotenzialen,
• noch näher an Verkehrsknotenpunkten,
• noch näher an Passantenströmen,
• noch näher am Angebot von ergänzenden Sortimenten,
• noch näher an Plätzen mit Event-Charakter,
• noch näher an kostengünstigen Verkaufsflächen anzusiedeln.

Zum Thema Negative Folge der letztgenannten Zielsetzung ist das Innenstadt-Sterben. Viele
Ladenster- Innenstadtstandorte sind für unabhängige Fachgeschäfte mittlerweile unbezahlbar
ben: Die
Innenstadt geworden. Hinzu tritt das Phänomen einer allgemeinen Stadtflucht827 und die rück-
von Passau läufige Zahl von Bürobeschäftigten in den Innenstädten. Der Facheinzelhandel
beklagt weicht auf 1b-Lagen aus. Ketten und Schaufensterhöhlen erobern die Stadtbilder.
bereits 45
leerstehende
Läden Stattdessen etablieren sich virtuelle Einkaufswelten im Internet (Cyber Shops). Das
(9%).826 stationäre Ladengeschäft ist nur noch „der Möglichkeit nach“ vorhanden. Shop-
ping24 vom Otto-Versand gilt als gutes Beispiel. Bislang sind Karstadt, Metro u.a.
offenbar wenig erfolgreich gewesen, Kauferlebnisse im Internet zu simulieren. Den-
noch: „ Alle sprechen davon, dass im Web künftig Milliardenbeträge umgesetzt wer-
den. Aber niemand kann sagen, wie der Point of Sale online aussehen kann. Oder ob
es ihn überhaupt noch geben wird.“828

e.) Profilierung von Handelsmarken (Private Labels)


ALDI macht Eine weitere strategische Chance für die Auseinandersetzung mit den Markenartikel-
bereits 2/3
seines Um-
herstellern einerseits und für den Kampf um die Kunden andererseits liegt in der Pro-
satzes von filierung von Handelsmarken. „Handelsmarken gehören zu den Gewinnern bei den
25 Mrd. Markenstrategien.“829 Diese greifen zunehmend die etablierten Herstellermarken an,
Euro mit No die sich ihrerseits in punkto Qualität, Preis und Image in das Premium-Markenseg-
Name Han-
delsmarken.
ment abzusetzen versuchen (s. Abb.7-84). Aktuelle Zahlen von GfK Panel Services
Consumer Research belegen: Im Bereich der Fast Moving Consumer Goods
(FMCG = Lebensmittel, Getränke, Drogeriewaren, Kosmetika) stieg der Umsatzan-
teil der Handelsmarken laut GfK von 1998 bis 2006 von 18,4 auf 35%. Verlierer sind
die Hersteller-me-too-Marken mit einem Rückgang von 37,4 auf 30,5%.Dennoch
können laut TNS Infratest 40% der Verbraucher spontan kein Private Label nennen.

Besonders gefährlich für die klassischen Herstellermarken sind die Gattungsmarken

824
Berekoven, (Einzelhandelsmarketing), 1996, S. 342
825
vgl. generell zu den Standortfaktoren z.B. Müller-Hagedorn, (Handelsmarketing), 1993, S. 111
826
o.V., (Wandel), in: IHK, 7/1999, S. 314; ferner Hinweis in Landshuter Zeitung v. 14.1.2004, S. 9
827
So verloren im Jahr 1997 Berlin 33.000, München 22.000 und Leipzig 10.000 Bewohner.
828
Boulle; Sperlich, (Mehrwert), in: Global Online, 6/1998, S. 28
829
Preissner, (Marketing-Praxis), 1997, S. 93
6. Kapitel: Die Vertriebspolitik 387

im Billigsegment. A&P (Tengelmann), Tip (Metro), Die Weißen (Leibbrand), Ja


(Rewe), Biobio (Plus) sind Beispiele. Vermarktet werden problemlose Produkte des
täglichen Bedarfs mit schnellem Umschlag. Aus dem Blickwinkel der Markenarti-
kelhersteller werden die Verbraucher dahingehend „verdorben“, dass die üblicher-
weise von renommierten Herstellern gebotenen Markenmehrwerte nun auch für na-
menlose Produkte gelten sollen; und dies zu 30 – 40% niedrigeren Preisen. Die größ-
ten Preisdifferenzen der Handels- zu den Herstellermarken gibt es noch bei gekühlten
Lebensmitteln (ca. 45%), tiefgekühlten Lebensmitteln (ca. 43%) und Kosmetika
(knapp 40%). Dramatisch erodiert sind die Markenaufschläge bei Tiernahrung und
Gesundheitsprodukten (ca. 20%) und bei Körperpflegeartikeln (ca. 17%).830

Die Dis- Das Phänomen Aldisierung wurde bereits angesprochen. Der Verbraucher löst sich
counter von der Vorstellung, dass die klassischen Markenartikel automatisch eine bessere
gewinnen an
Image: 76% Qualität bieten. Geiz ist geil - und Gutes muss nicht teuer sein. Der preisagressive
der Käufer Handel verankert seine Store Brands mit Markenkraft im Verbraucherbewusstsein.
verbinden
die Produkte
von ALDI, f.) Category Management (CM)
Lidl u.a.
nicht mehr Unter Category Management (CM) versteht man die dauerhafte Ausrichtung
mit minderer der Warengruppen auf die Wünsche der Kunden unter Einsatz von Software,
Qualität. in Zusammenarbeit mit kompetenten Industriepartnern und als Ausdruck einer
Gesamt-Marketing-Strategie. (Definition des ECR Council Europa, Best
Practice Report)

Beim Category Management werden ganze Warengruppen wie Profit Center ge-
steuert. Die klassische funktionale Organisation im Handel mit der Trennung von
Einkauf und Verkauf wird aufgegeben. Ein Warengruppen-Management (mit Wa-
rengruppen-Managern) ist integrierend für Einkauf, Preisgestaltung, Sortimentsstruk-
tur, POS-Warenrepräsentation, Werbung und Logistik verantwortlich. Der Erfolg
wird am Category-Deckungsbeitrag, am Marktanteil der Warengruppen und an der
Kundenzufriedenheit gemessen. Ein warengruppenbezogener Erfolgsdruck baut sich
auf, den die Hersteller, die sich dem CM unterordnen müssen, zu spüren bekommen.
Category Management läuft in fünf Phasen ab:
(1) Warengruppen-Analyse mit Bestimmung von Abverkauf-Erfolgsfaktoren,
(2) Zielgruppenbestimmung und Analyse der Kundenpotenziale,
(3) Strategieplanung bis zur Regaloptimierung,
(4) Strategieumsetzung und
(5) Ergebnisbewertung.831
Eine besondere Wettbewerbsbrisanz entsteht, wenn der Handel die Category-
Führerschaft für ein bestimmtes Sortiment einem Markenartikler, dem Category
Captain, überträgt und dieser dadurch Einfluss auf die Placements seiner Konkur-
renten bekommt. Ein namhafter Category Captain für viele Handelsketten ist z.B.
Tobacco Lekkerland für das Convenience Sortiment.

g.) Efficient Customer Response (ECR)


ECR hat sich als ganzheitliches Konzept zur Steuerung des gesamten Vertriebs-
weges aus dem Category Management heraus entwickelt.832 Einen großen Schub
bekommt die vom Marktgeschen ausgehende, computergestützte Logistiksteuerung
durch die RFID-Chips.

830
vgl. die Auswertung von A.C.Nielsen Global Services in ASW, 5/2004, S. 55
831
vgl. Haller, (Handels-Marketing), 2001, S. 161-162
832
vgl. als Standardwerk: von der Heydt, (ECR), 1998; s. auch www.ccg.de
388 Marktorientierte Unternehmensführung

Zielsetzung von Efficient Customer Response ist die computergestützte


Steuerung und Optimierung der gesamten Wertschöpfungskette vom
Hersteller bis zum Kunden. Diese Prozessoptimierung erfolgt wie beim
KANBAN-Prinzip vom Markt aus. Der Kunde steuert durch sein Nach-
frageverhalten den Prozess. Man spricht auch von Reverse Economy.
Ein Mantelverkauf bei Marks & Spencer wird simultan von der Scannerkasse erfasst.
Umgehend erfolgt über das Distributionszentrum in der Nähe von London Meldung
an den Lieferanten. Am nächsten Tag hängt der Nachschub wieder im Kölner Textil-
geschäft.833

Beispiels- Die Wertschöpfungskette wird für Hersteller und Handel zum Boot, das der Kunde
weise steuert rudert: „Die neue Methode verknüpft beide Lager, sie produzieren und verkaufen im
die zweit-
größte deut- Idealfall wie ein einstufiges Unternehmen. Von den Einsparungen profitieren im bes-
sche Droge- ten Fall alle Beteiligten. Vor allem der Kunde...“834 Eine Partnerschaft zwischen
riemarktket- Hersteller und Handel ist unabdingbare Voraussetzung für den Erfolg.
te, die DM
Drogerie
Markt Die Zielsetzungen von ECR lauten:
GmbH in • wirkungsvolle Reaktion auf Kundenwünsche
Karlsruhe, • und damit Optimierung der Kundenzufriedenheit,
650 deutsche • bessere „Durchleuchtung“ des Verbrauchers
Filialen und
17 Lieferan- • und damit Erschließung neuer Umsatzpotenziale,
ten durch ein • ein präziser, papierloser Informationsfluss,
ECR- • schnelle Reaktion der gesamten Wertschöpfungskette auf die Nachfrage,
System.
• Minimierung der Kapitalbindung in der Kette,
• Kooperation statt Konfrontation zwischen Hersteller und Handel.

Abb.6-89 verdeutlicht die vier Säulen von ECR:


(1) Efficient Replenishment: im Logistikbereich den von der Nachfrage aus ge-
steuerten Warennachschub (NOS-Konzeption: Never out of Stock),
(2) Category Management: die kunden- und renditeorientierte Sortimentsgestal-
tung,
(3) Efficient Promotion: im Marketingbereich die systemoptimierte Handels- und
Konsumentenpromotion und speziell
(4) Efficient Product Introductions: die Optimierung der Markteinführung neuer
Produkte.835

Trotz einiger Bedenken gilt ECR als zukunftsweisendes Konzept für die Vertriebs-
partnerpolitik, gefördert von einer starken Lobby.836 Studien in USA weisen allein
für die Lebensmittelmärkte Rationalisierungspotenziale von 30 Mrd. US-$ nach.837
Die Durchlaufzeit eines Produktes von der Fertigung bis zum Regal lässt sich von
104 auf 61 Tage reduzieren. ECR funktioniert aber nur bei durchgängiger Standar-
disierung der Datenströme mit Hilfe von EDI = Electronic Data Interchange oder
EDIFACT = Electronic Data Interchange for Administration, Commerce and
Transport. Karstadt wickelte bereits 1998 380.000 Aufträge an 577 Lieferanten mit-
tels EDI-Warensteuerung ab. Das entsprach 50% aller Aufträge.838
833
vgl. Becker, (Kundenschiene), in: MM, 6/1997, S. 121; mit dem Beispiel von TESCO
834
Becker, (Kundenschiene), in: MM, 6/1997, S. 120-121
835
vgl. zu den Einzelinstrumenten die Quelle bei Heinemann, (Dynamisierung), in: ASW, Sonder-
nummer Oktober 1997, S. 189 sowie die entsprechenden Ausführungen bei v.d. Heydt, (ECR), 1999
836
die Top 5 des Handels und die Top 10 der Konsumgüterhersteller haben sich zu einer losen Inte-
ressengemeinschaft mit Namen ECR-Board zusammengeschlossen
837
vgl. von der Heydt, (ECR), 1997, S. 41
838
vgl. zum ECR-Einsatz auch den Beitrag von Müller, (Kunden), in: Textilwirtschaft v. 27.5.1999, S.
40-43
6. Kapitel: Die Vertriebspolitik 389

Abb.6-89
DIE BASISELEMENTE VON EFFICIENT CONSUMER / CUSTOMER RESPONSE (ECR)
Efficient Replenishment Efficient Store Assortments Efficient Promotion Efficient Product Introductions

kunden- und renditeorientierte


nachfragegesteuerter systemoptimierte Handels- und Optimierung der
Sortimentsgestaltung und
Warennachschub Konsumenten-Promotion Produkteinführung
Category Management

automatische Disposition kontinuierliche Waren- volle Warenverfügbarkeit bessere Testmöglichkeit


synchronisierte Produktion gruppenverbesserung Reduzierung des schnelle Reaktion auf
Just-in-Time Belieferung bedarfsorientierte Handlingaufwands Verbraucherverhalten
Cross Docking Warengruppeneinteilung Verbessertes Aktions- Absenkung der Floprate
Bestandsreduktion Denken in geschlossenen Know-how
Geschäftseinheiten schnelle Reaktion auf
funktionsübergreifende Verbraucherverhalten
Organisation
Quelle: Dr. G. Heinemann - Absatzwirtschaft Sondernummer Oktober 1997, S. 189

Derzeit befinden sich die Übertragungstechnologien im Umbruch. EDI und EDI-


FACT sind kostspielig und inflexibel. Gleiche Standards sind oft nur innerhalb einer
Branche zu finden. Integrationsserver und ständige Updates bei Einbindung neuer
Lieferanten mindern die Effizienz. Mit Hilfe des Internet und des XML-Standards
lassen sich wesentlich effizientere und kostengünstigere Datenautobahnen aufbauen.
Der Trend bei der Übersendung von Geschäftsdaten und -dokumenten geht zum
Web-EDI. Web-EDI-Lösungen bedienen sich der Internet-Protokolle und lassen
flexible Datensuche mittels Browsertechnologien zu. Web-EDI ist multimedial und
interaktiv. Die Exklusivität der klassischen EDI-Lösungen entfällt, dafür steigen aber
auch die Sicherheitsrisiken. Fachleuten zufolge haben bereits 2001 Web-EDI-
Anwendungen das klassische EDI abgelöst.839

ECR schafft hohe Transparenz für die Sortimentsentwicklung. Die Hersteller geraten
innerhalb der Wertschöpfungskette in neuartige, computerkontrollierte Wettbewerbs-
situationen. Außerdem droht ihnen die Verpflichtung zur Just-in-Time-Belieferung.
Konzeptionell wird die Entwicklung nicht bei ECR stehen bleiben, sondern sich zu
webbasierten Supply Chain Konzepten weiterentwickeln (s. Abschnitt 8.8.).

h.) RFID-Chips für das Marketing


Barcodes Die Radio Frequency Identification wird – in Verbindung mit dem Electronic
gibt es etwa Product Code (EPC) - zur Schlüsseltechnologie für die Steuerung lückenloser Ver-
seit 1993
(IBM). An-
kaufs- und Logistikketten.840 RFID-Systeme verdrängen die Barcodes. Ein RFID-
geblich war Tag besteht aus einem winzigen Speicherchip (dem Transponder) mit einem ebenso
Wrigleys kleinen Antennenmodul. Aktive RFID-Chips (Autoschlüssel mit Funkbedienung)
Kaugummi agieren selbständig, wirken über große Reichweite, haben aber nur eine kurze Le-
das erste
scannerge- bensdauer. Passive RFID-Tags sind kleiner, kostengünstiger und langlebiger. Sie
steuerte müssen allerdings über ein RFID-Lesegerät angesteuert werden. Ein RFID-Lesegerät
Produkt. kann 200 Transponder auf einmal bedienen.

Für das Marketing wird die RFID-Technologie folgende Konsequenzen haben:


• RFID forciert den Trend zum Pervasive Computing: Die menschliche Kom-
munikation wird partiell durch Computer-Maschinen-Kommunikation abgelöst.
Eine Barbie-Puppe überprüft via Chip ihre Kinderspielzimmerumgebung und
sorgt dafür, dass die Mutter automatisch ein Angebots-E-Mail mit dem Hinweis
auf fehlendes Zubehör erhält.
• Artikel überprüfen ihren Bestand im Regal selbst und lösen bei Unterschreiten

839
vgl. die Hinweise und Statistiken bei Weber, (Electronic-Commerce), 2000, S. 22
840
vgl. Garber, (RFID-Technologie), in: ASW, 2/2005, S. 30-33; o.V., (Chip), in: isReport, 1+2/2005,
S. 34-37
390 Marktorientierte Unternehmensführung

bestimmter Sicherheitsmengen selbst Bestellprozesse aus (Bezug zu ECR).


• Durch den auf der Produktverpackung aufgeklebten Tag kann das Verbraucher-
verhalten ausspioniert werden (Vorwurf an Gillette in USA).
• Die Artikelsuche im Supermarkt entfällt. Produkte können direkt angesteuert
werden.
• Einkaufswagen werden zum Computer. RFID beschleunigt das Kassieren oder
Reklamationsvorgänge.
• Über den Chip und einen Bildschirm lassen sich während des Kaufs direkt In-
formationen an die Käufer vermitteln.
• Markenprodukte können eindeutig gekennzeichnet und besser gegen Piraterie
geschützt werden.

Der Metro- Ohne Zweifel wird sich RFID als starke Kraft für den Trend zum gläsernen Kon-
Futurestore sumenten erweisen. Kein Wunder, dass diese Technologie von Verbraucherschüt-
Duisburg
bekam 2003
zern argwöhnisch beobachtet wird. Daneben gibt es weitere, bedeutsame Trends.
vom
Verbrau- i.) Trends im Handel
cherschutz
den Big Das Handelsinstitut der Universität des Saarlandes führt seit einigen Jahren ein Han-
Brother- dels-Szenario (Handelsmonitor) durch und wagt einen Ausblick in die Zukunft:841
Award für
die Käufer- (1) Ein zunehmendes Bahnhof- und Airport-Shopping ist Ausdruck einer wach-
über- senden Erlebnis- und Freizeitgesellschaft.
wachung. (2) Mit großen Verkaufsflächen und umfassenden Produktangeboten werden interna-
tionale Freizeitkonzerne sog. Urban Entertainment Center schaffen. Ein Signal
hierfür sind die Multiplex-Kinos.
(3) Die Club-/Event-/Fun-/Fan-Bewegung wird zwei Schwerpunkte bilden: Das
Kult-Shopping mit neuartigen Outlets und Standorten (Szene-Lokale, Wellness-
Clubs, Formel1-Pisten, Stadion-Shops, Mercedes-Benz Shops etc.) und das Tou-
rist-Shopping (auch per Internet), bei dem mit der Reisebuchung auch Kleidung
und Reiseausrüstung gekauft werden können.
(4) Für den Bereich Convenience-Shopping werden sich Tankstellen, Nice-Price-
Geschäfte, Bäckereien, Drogerien und Kioske weiter profilieren. Jährliche Um-
satzzuwächse von 5% werden vorausgesagt.
(5) Factory Outlet Center (als Betriebstypen der Hersteller; s.u.) werden trotz aller
Widerstände auf regionaler Ebene in Ballungsgebieten nicht aufzuhalten sein.
(6) Electronic Shopping, TV-Shopping, kurz Home-Shopping in Verbindung mit
Service-Providern, Clearing-Stellen und Finanz- und Logistikdienstleistern wer-
den sich zu einer machtvollen Distributionsschiene entwickeln.
(7) Wochenmärkte, Bauernmärkte und landwirtschaftliche Direktvermarktung
werden über die Stellung einer Marktnische herauswachsen und insbesondere die
Distribution von Öko-Produkten übernehmen.
(8) Die Schnäppchenjäger-Mentalität wird vor den Second Hand Geschäften nicht
haltmachen. Auch höhere Einkommensschichten werden sich vor dem Kauf von
Designer-Ware aus zweiter Hand nicht mehr scheuen.
(9) Die Betriebstypengrenzen verwischen. Der Handel drängt in Herstellerdomänen.
ALDI ist bereits siebtgrößter Textilanbieter in Deutschland. Bei Tchibo und Edu-
scho macht das Kaffeegeschäft nur noch rund die Hälfte des Umsatzes aus. Mit
dem Tchibo-Bestellmagazin dringt Tchibo in Richtung Home-Shopping.

In der Folge werden sich bis zu 40% der Einzelhandelsumsätze auf innovative An-
bieter, andere Orte und neuartige Handelsformen verlagern. Auch die Hersteller sind
von den Umwälzungen betroffen und müssen reagieren.
841
vgl Zentes; Swoboda, (Totalrelaunch), in: ASW, Sonderausgabe 10/1998, S. 24-30
6. Kapitel: Die Vertriebspolitik 391

6.6.3. Strategien der Hersteller – vertikales Marketing


a.) Absatzmittlergerichtete Basisstrategien
Wie reagieren die Hersteller auf die Strategien der Handelsriesen? Auf welche Weise
Abb.6-90 versuchen sie, selbst Regie im Absatzkanal zu Verhalten Handels- Hersteller-
übernehmen? Grundsätzlich können Hersteller der Herstel- dominanz dominanz
ler akzeptieren anstreben
(1) Bei einer Marktführung des Handels eher
Soweit
reaktiv oder eher aktiv operieren eher reakti- Klassische
möglich
ve Strate- Push-/Pull-
(2) oder eher defensiv oder eher aggressiv gien Strategien
Abkoppeln
vom Handel
selbst die Regie im Absatzkanal überneh- Situations-
Vertikales
men. Die Kombination der Möglichkeiten Eher aktive
verbesse-
Marketing,
rung durch
führt zu den vier absatzmittlergerichteten Strategien
Kooperatio-
z.B. eigene
Shops
Basisstrategien der Abb.6-90.842 nen

Von besonderer Brisanz sind alle Maßnahmen der Hersteller, selbst die Regie im
Absatzkanal zu übernehmen. Sie verfolgen dann ein vertikales Marketing:

Unter einem vertikalen Marketing versteht man die Strategien der Hersteller
oder auch des Handels, Macht oder sogar Dominanz im Absatzkanal zu
erreichen, indem man Hersteller- und Distributionsfunktionen selbst
übernimmt. Vertikales Hersteller-Marketing kann mit oder ohne Einbindung
von Vertragspartnern (Absatzmittlern) erfolgen.

Dabei muss nicht immer um die Führerschaft im Absatzkanal gehen. Abb.6-91 bietet
eine Übersicht über die mannigfaltigen Formen des vertikalen Herstellermarketing.

Vier Strategien des vertikalen Marketing werden unterschieden:843


(1) Motivationsstrategien respektieren die Machtverhältnisse im Absatzkanal und
lassen sie unangetastet. Sie vertrauen auf monetäre Anreize und Leistungsvergü-
tungen, um rechtlich unabhängige Vertriebspartner motivierend in die vertikale
Strategie einzubinden. Auf leistungsorientierte Konditionensysteme wurde be-
reits im Rahmen der Preispolitik im 5. Kapitel eingegangen.
(2) Kontraktstrategien streben nach einer stärkeren Bindung von Händlern auf ver-
traglicher Basis. Sie umfassen alle vertraglichen Vereinbarungen zur längerfristi-
Abb.6-91
BESONDERE BETRIEBSFORMEN DES VERTIKALEN MARKETING

Werks-
Hersteller Hersteller
verkauf eCommerce

Handel
Vertragshändler-
FOC Systeme
Store in the Store
Franchise-
Her- Shop in
Systeme
steller the
Shop Shop

Konsument

842
vgl. in Anlehnung an Meffert, (Marketing), 2000, S. 604
843
zu den Punkten 2 bis 4 vgl. Irrgang, (Vertikales Marketing), 1989, S. 14. Die immer stärker auf-
kommende Strategie 4 (Totalausschaltung des Handels) ist in der Literatur kaum zu finden.
392 Marktorientierte Unternehmensführung

gen Kooperation sowie fallweise Regelungen für die Zusammenarbeit mit den
ausgewählten Vertriebspartnern.
(3) Selektionsstrategien setzen auf ausgewählte Partner. Es werden nur Handels-
partner eingebunden, die bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Die Vertriebs-
partner werden nach Leistungsbereitschaft und Leistungsergebnis selektiert.
(4) Emanzipationsstrategien schalten den Handel vollständig aus. Der Hersteller
wird mit eigenen Geschäften und eigenem Personal am Point of Sale aktiv.

b.) Profilierung durch Premium-Marken


Handelsmarken und No-Name-Produkte setzen die klassischen Herstellermarken
unter Druck. Die Hersteller reagieren auf die vordringenden Handelsmarken, indem
sie auf qualitativ, preislich und imagemäßig höher positionierte Segmente auswei-
chen und Premiummarken aufbauen. Im Abschnitt 6.6.2.e. wurden Marken-
Marktanteile genannt. In den geeigneten Warengruppen profitieren sie von einem
Trend zur Konsumpolarisierung. (Verlust der Mittelpreislagen: s. noch einmal
Abb.5-9 im 5. Kapitel und Abb.7-84 im 7. Kapitel). Zwischen den Schichten der
Prestige- und Billigpreis-Käufern dünnen die mittleren Kundensegmente aus.

Neben der verstärkten Markenprofilierung und einvernehmlichen, meist vertragli-


chen Einflussmaßnahmen auf den Handel (den Stimulierungsstrategien), entwickeln
die Hersteller spezielle Betriebstypen und Partnerkonzepte (Partner Relationship
Marketing), um näher an die Interessenten und Kunden heranzurücken (auch: Stra-
tegien der Vorwärts-Integration).

c.) Werksverkauf
In beschränktem Umfang ist für 1b-Ware, Überproduktionen und Auslaufmodelle in
mittleren Preissegmenten ein Werksverkauf möglich und wird durch den Handel
dann geduldet.844 Die Verkaufsmengen sind vergleichsweise gering. Die Hersteller,
z.B. im höherwertigen DOB-Bereich, verschaffen sich jedoch Markt-Know-how, das
sie dann in eigenen Outlet-Konzepten nutzen können. Wegen dieser Gefahr führt
Werksverkauf immer wieder zu Konflikten mit dem Handel.

d.) Shop-Konzepte
Shops soll- Ein Beispiel hierfür ist das Shop in the Shop Konzept. Ein Hersteller wird danach
ten im Ideal-
selbst am POS aktiv, indem er auf untervermieteten Geschäftsflächen seine Marken
fall 12.500
Euro Umsatz in eigener Regie kompakt präsentiert und verkauft. Er bekommt direkten Kontakt mit
pro Qua- den Kunden, kann sich knappen Regalplatz in bevorzugten Lagen sichern und sein
dratmeter Corporate Design wahren. Die Kassenführung kann eigenständig sein, läuft aber üb-
bringen. Die
Praxis liegt
licherweise über die Zentralkasse des Handelsgeschäftes. Dem Käufer gegenüber
bei 4.000 wird das Bild einer integrierten Betriebsform vermittelt. Für den Handel ist diese
bis 5.000 Spielart des vertikalen Marketing ein zweischneidiges Schwert. Auf der einen Seite
Euro. kann das Handelsgeschäft von der starken Herstellermarke profitieren und die La-
denpräsentation auflockern. Auf der anderen Seite werden die Spielräume einer eige-
Flagship-
Stores: Die nen Imageprofilierung des Handels zumindest eingeschränkt. In jedem Fall müssen
Aushänge- die beiden Images und werblichen Auftritte kompatibel sein. Eine Designer-Marke
schilder der wie Escada wird keinen Shop bei einem DOB-Discounter unterhalten.
Hersteller,
z.B. Nivea,
Hamburg, Das Store in the Store Konzept geht darüber hinaus. Ein Hersteller mietet sich fest
Nike, Berlin, abgegrenzte Etagen. Der Charakter einer integrierten Betriebsform wird aufgegeben.
ADIDAS,
Berlin, New 844
eine Zusammenstellung von 1250 Firmen mit Werksverkauf bietet der Zeppelin Verlag unter dem
York, Paris. Titel „Fabrikverkauf in Deutschland“ an
6. Kapitel: Die Vertriebspolitik 393

Die überlassene Fläche wird CI-mäßig als eigenständiges Geschäft geführt. Beispiele
sind auch die Edeka- oder Spar-Läden in großen Warenhäusern.

In Deutsch- Starke Herstellermarken, besonders im DOB-Bereich, haben diesen letzten Schritt


land gibt es vollzogen und machen dem Handel in unmittelbarer Nachbarschaft mit eigenen Lä-
mehr als
2000 Mo-
den Konkurrenz. Der Begriff „Shopperitis“ bringt es auf den Punkt: Argwöhnisch
nomarken- sieht der Handel zu, wie Jil Sander, Bogner, Escada, Zara u.a. aus Partnerschaften
Shops. Wettbewerb werden lassen. Und Schadenfreude kommt auf, wenn sich Hersteller-
Outlets nicht halten können und die Vermutung aufkommt, dass Hersteller und Han-
del wohl doch über unterschiedliche Kernkompetenzen verfügen.

e.) Factory Outlet Center (Fabrikladen)


Im Mai 2006 Politischen Zündstoff bringen die Factory Outlet Center (FOC) mit sich. FOC sind
waren in mittel- bis großflächige Betriebsformen, in denen mehrere Hersteller Überkapazitä-
Deutschland
4 FOC in
ten, Chargen 2. Wahl, Retouren oder Sonder-Labels im hochwertigen Markenartikel-
Betrieb und bereich zu günstigen Preisen direkt an die Endverbraucher vertreiben. Vom Handel
16 in Pla- besonders gefürchtet sind die in den USA erfolgreich eingeführten Factory Outlet
nung. Spit- Malls, in denen mehrere starke Markenartikelhersteller an verkehrsgünstigen Kno-
zenreiter ist
GB mit 36
tenpunkten ihre Sortimente, auch aktuelle Ware, in geballter Form anbieten. Wird die
aktiven FO-Mall noch als Erlebniswelt ausgestaltet, dann entstehen hochattraktive Einkaufs-
FOC. zentren. Verunsichert melden sich Kommunalpolitiker zu Wort.845 Sie tragen Sorgen
vor, dass die Verbraucher den Innenstadt-Fachgeschäften den Rücken kehren. Aber
auch die Markenhersteller gehen Risiken ein. Die möglichen negativen Auswirkun-
gen auf ihr klassisches, über den Handel betriebenes Markengeschäft, sind noch nicht
untersucht (Gefahr einer Markenerosion).

f.) E-Commerce im Rahmen des vertikalen Marketing


Die Web-Strategien der Konsumgüterhersteller ändern die Machtverhältnisse in den
Absatzkanälen. Hintergründe wurden bereits in Abschnitt 6.6.2. beschrieben. Das in
Abb.1-44 skizzierte Konsumgüter-Marktspiel gerät ins Wanken. Im Rahmen des
vertikalen Marketing etablieren die Hersteller direkte, zeitlich nicht begrenzte
(keine Ladenöffnungszeiten), weltweite und vor allem dialogorientierte Online-
Vertriebskanäle zum Endverbraucher. Dadurch umgehen sie den Handel. Ein
gutes Beispiel ist der bereits vorne erwähnte Computerhersteller Dell, der konse-
quent auf den Direktvertrieb an den Verbraucher setzt (www.dell.de).846

g.) Vertragshändler-Systeme in der Automobilindustrie


Automobilhersteller und große Serienteileproduzenten im Maschinenbau steuern
dichte Netze eng gebundener Vertragshändler. Diese Vertragshändler-Systeme847 be-
ruhen auf dem Konzept des selektiven Vertriebs. Ein Hersteller legt Auswahlkrite-
rien für seine Vertriebspartner (qualitative Selektion) sowie die Ausweitung und
Dichte seines Netzes (quantitative Selektion) fest. Er bindet nur die ihm am besten

845
So lauteten Pressestimmen: „Factory-Outlet-Center als Bedrohung für die Region“. In der öffentli-
chen Diskussion sind Projekte mit 23.000 qm Verkaufsfläche in Ingolstadt und 18.000 qm in Schär-
ding. Der Einzugsbereich reicht über 100 km hinaus. Es heißt, die gewachsenen Einzelhandelsstruktu-
ren der Region Landshut werden somit von beiden Seiten buchstäblich „in die Zange genommen“ “;
vgl. o.V., Landshuter Zeitung, April 1998
846
Die Vorteile dieses Direktvertriebs am Handel vorbei werden am Beispiel von Dell aufgezeigt in:
Clement; Peters; Preiss, (Electronic Commerce), 1998, S. 58
847
daneben gibt es noch, allerdings mit untergeordneter Bedeutung, das Alleinvertriebssystem. Im
Gegensatz zum Vertragshändlersystem kann der Handelspartner hier auch an Wiederverkäufer ver-
kaufen, was beim Vertragshändlersystem untersagt ist.
394 Marktorientierte Unternehmensführung

geeignet erscheinenden Vertriebspartner an sich. Der Hersteller kann die Gewährung


eines Händlervertrages mit Verkaufs- und Leistungsauflagen koppeln und offenkun-
dig gleich geeignete Kandidaten ausschließen. Im einzelnen beruhte das deutsche
KFZ-Vertragshändlersystem auf vier Säulen, die bis Ende 2002 durch die EU-Grup-
penfreistellungsverordnungen 123/85 und 1475/95 gedeckt waren:848
(1) Markenexklusivität: Dem Händler ist nur das Führen einer Marke erlaubt.
(2) Quantitative Exklusivität: Der Hersteller hat das Recht, in einem Verkaufsge-
biet nur einen Händler zu beliefern.
(3) Qualitative Exklusivität: Der Hersteller braucht nur an Händler zu verkaufen,
die seine (willkürlichen) Voraussetzungskriterien erfüllen.
(4) Gebietsexklusivität: Der Vertragshändler kann auf ein Verkaufsgebiet be-
schränkt werden.

Diese wettbewerbsbeschränkenden Vorgehensweisen standen nicht im Einklang mit


Artikel 81 Abs.1 des EU-Vertrages, der jede Art von Wettbewerbseinschränkung
untersagt. Die historische Machtstellung der Hersteller wurden daher durch die neue
GVO 1400/2002 ab 1.10.2002 mit einer Übergangsfrist von einem Jahr und einer
Laufzeit bis zum 31.5.2010 eingeschränkt. Die Automobilhändler erhalten nun mehr
Freiheiten gegenüber den Herstellern. Der Wettbewerb im Service- und Ersatzteilge-
schäft soll intensiviert werden. Im Mittelpunkt stehen folgende Änderungen:849
• Erhält ein Händler ein Exklusivrecht (exklusiver Vertrieb), dann kann ihm im Ver-
kaufsgebiet der Verkauf an Wiederverkäufer nicht untersagt werden.
• Im selektiven Vertrieb kann ein Hersteller einem Vertragshändler nicht mehr unter-
sagen, im europäischen Wirtschaftsraum eigene Verkaufsniederlassungen oder Aus-
lieferungslager einzurichten und dort anderen Händlern Konkurrenz zu machen.
• Ab Oktober 2003 darf ein Händler in seinem Schauraum - optisch separiert - mehre-
re Marken anbieten. Mindestens 30% Bezug vom Hersteller ist vorgeschrieben.
• Wettbewerbsbeschränkende Herstellervorgaben für die Händler sind nicht zulässig.
• Herstellerunabhängige Leasinggesellschaften sind zum Schutz der Vertragshändler
bei den Rabattgewährungen Endverbrauchern gleichzustellen.
• Ab Oktober 2003 darf ein Händler den Service an eine andere autorisierte Werkstatt
delegieren. Eine Werkstättenselektion ist nicht mehr zulässig. Jede Werkstatt, die
die Servicestandards erfüllt, muss als Vertragswerkstatt zugelassen werden.
• Das Herstellermonopol für den Vertrieb von Originalersatzteilen entfällt (ca. 16
Mrd. Euro Umsatz). Teilehersteller, die im Erstausrüstungsgeschäft Hersteller belie-
fern, dürfen selbst Ersatzteile mit Garantieanspruch vertreiben.

Als Folge wird sich die dramatische Konsolidierung der Händlernetze fortsetzen.
Gravierende 1996 gab es 25.600 Markenhändlerstützpunkte, 2002 ca. 17.000, und 2010 werden es
Marktunter- voraussichtlich nur noch 8.000 sein. VW hatte bereits seine Händlerzahl deutlich re-
schiede: In
Deutschland duziert und diese 2003 noch einmal von 2.000 auf 1.500 abgebaut. Der Trend geht zu
verkauft ein additiven Netzen mit großen Vertragshändlern, die sich als beratungsintensive Er-
Autohaus lebnishäuser in verkehrsgünstiger Lage präsentieren. Am Stadtrand siedeln sich
jährlich ca. Mehrmarken-Servicehändler an. Die erheblichen Preisdifferenzen in Europa von 20
135 Neuwa-
gen. In Eng- bis 40 Prozent werden sich angleichen. Die Autokäufer müssen dabei allerdings laut
land sind es Dietz mit Mehrkosten pro Fahrzeug in Höhe von ca. 350 Euro rechnen. Wer als Ver-
395 und in tragshändler im Spiel bleibt, hat zwar mehr Macht gegenüber seinem Hersteller,
den USA gar
muss sich allerdings in deren Multi Channel Marketing einfügen. Inhaltlich werden
780.
sich die Vertragshändlersysteme in Richtung Franchising bewegen.

848
vgl. hierzu und im folgenden Dudenhöffer, (Beziehungsnetze), in: ASW, Sondernummer Oktober
1995, S. 122-130
849
vgl. Dietz, (Automobilvertrieb), in: ASW, 9/2002, S. 52-55
6. Kapitel: Die Vertriebspolitik 395

h.) Franchise-Systeme
Abb.6-92
VOR- UND NACHTEILE EINES FRANCHISE-SYSTEMS
Vorteile für den Franchise-Geber Vorteile für den Franchise-Nehmer
im Vergleich zum eigenen Niederlassungsnetz im Vergleich zum eigenen Handelsgeschäft
McDonald´s
• Schnellere Expansion bei dynamischen Partnern • Schnellerer Weg in die Selbständigkeit
2003: 800
• Fixkostenaufbau auf Seiten der Franchise-Nehmer • Geringeres Geschäftsrisiko
der 1.200 • Konkursrisiken auf Vertriebspartner verlagert • Profitieren vom Image des Franchise-Gebers
deutschen • Keine Haftung für Fremdkapital der Partner • Übernahme einer bewährten Marketingkonzeption
Restaurants • Umsatzabhängige Einnahmen • Unterstützung und Beratung
sind Fran- • Laufende Schulung
chise- • Finanzierungshilfen
Betriebe. • Franchisegebühren sind variable Kosten
(Gründung Wesentliche Nachteile für den Franchise-Geber Wesentliche Nachteile für den Franchise-Nehmer
übrigens
1954 durch • Geringere Durchgriffsrechte auf Verkaufspersonal • Nachteile bei einem schwachen Hersteller-Image
Ray Kroc) • Aufwändige Kontrolle der Vertriebspartner • Hohe Abhängigkeit vom Franchise-Geber
• Erfolg hängt von Partnerqualität ab • Keine strategischen Entscheidungsfreiheiten
• Schlechte Partner schaden dem eigenen Image • Geringere Flexibilität in der Preispolitik
• Häufig Mitbestimmung der Partner • Zwang zur Standardisierung
• Geringere Flexibilität bei starken Partnern • Abhängigkeit vom Erfolg des Herstellers
• Bildung von eigenem Markt-Know-how begrenzt • Oft hohe Einstiegskosten / Gebühren

Franchising ist die engste Form der Vertriebspartnerbindung im Rahmen des vertika-
len Marketing. Die oben geschilderte Problematik der Strategieabstimmung wird
verhindert: Der Vertriebspartner (Franchise-Nehmer) übernimmt das Vertriebskon-
zept und den CI-gemäßen Marktauftritt des Franchise-Gebers. Dafür genießt er den
Schutz eines starken Markendaches.850 Franchising wird wie folgt definiert:

Beim Franchising handelt es sich um eine dauerhaft angelegte,


vertragliche Kooperation, bei der ein Franchise-Geber einem
Abb.6-93 Franchise-Nehmer ein definiertes Management- und Marketing-Know-
how zur Verfügung stellt und diesem gegen Entgelt das Recht
einräumt, Leistungen unter Nutzung seines Namens und seiner
Konzeption anzubieten. Der Franchise-Nehmer verpflichtet sich,
vorgegebene Qualitäts- und Leistungsstandards einzuhalten und in
vollem Umfang das Corporate Identity des Lieferanten zu
übernehmen.

Franchise-Systeme wie die von McDonald´s (30.000 Betriebe weltweit!),


Benetton, Holiday Inn, Hertz oder Sixt ermöglichen eine weltweite Durchset-
zung standardisierter Leistungsprogramme und globalisierter Marktauftritte
im Rahmen vertraglich geregelter Partnerschaften. Sie stehen mehr und mehr
in Konkurrenz zu eigenen Vertriebsnetzen. In Deutschland erwirtschafteten
2005 935 Franchisesysteme in 94.000 Betrieben ca. 28 Mrd. Euro Umsatz.
Abb.6-92 zählt Vor- und Nachteile eines Franchise-Systems aus Hersteller-
und aus Partnersicht auf.851

Abb.6-93 bringt die Formen des vertikalen Marketing aus Herstellersicht in


eine Rangfolge der Emanzipation. Die schwächste Form liegt vor, wenn
der Hersteller nur durch Anreize oder durch besonders starke Marken seinen
Einfluss auf den Handel zu verstärken sucht. Die stärkste Emanzipation ist
erreicht, wenn der Hersteller dem Handel durch E-Commerce oder durch
eigene Shops in Nachbarschaft zu den Kaufhäusern Konkurrenz macht.

850
vgl. zu den Daten und einem Ranking der 20 größten deutschen Franchise-Systeme: TUI/First
(1420 Betriebe), Photo Quelle (1311), McDonald´s (1262), Studienkreis (1010), Kamps Bakeries
(963), Schülerhilfe (932), Ihr Platz (824): End, (Frischer Wind), in salesBusiness, 1/2 2006, S. 10-13
851
in Anlehnung an Übersichten von Weis, (Marketing), 2004, S. 393 sowie Scharf; Schubert, (Mar-
keting), 2001, S. 321
396 Marktorientierte Unternehmensführung

6.6.4. Praxiskonzepte führender Handelskonzerne


a.) C&A
Abschließend sollen erfolgreiche Marketingkonzepte führender Handelsunternehmen
vorgestellt werden. Die 1861 gegründete Textilkette C&A gilt als ein Bollwerk des
Handels. In Europa verfügt C&A über 1.100 Filialen und Kid-Stores. Mit 32.000
Mitarbeitern wird ein Umsatz von 5,2 Mrd. Euro erwirtschaftet, davon etwa die Hälf-
te in Deutschland.852 Mitte der 90er Jahre geriet C&A in eine tiefe Krise. Modebe-
wusste Kunden wandten sich Boss und Joop zu. Junge Käufer entdeckten die Verti-
kalen H&M und Zara. C&A reagierte mit übersteigerten Werbeauftritten, die bei den
Kunden nicht auf Glaubwürdigkeit stießen.

„Bei C&A Erst eine Neupositionierung der Marke und ein Zurück zur Glaubwürdigkeit brachten
braucht kein ab 2000 den Umschwung. Das Marketing wurde auf Schlichtheit und Direktheit aus-
Kunde zu
fürchten, im gerichtet. Vor allem legte man sich auf den Preis als imagebildenden Faktor fest. Im
Dickicht Sinne der neuen Strategie gibt es keine Preisschwellen, sondern nur noch runde
zahlloser Preisauszeichnungen. Beispiel: Ein nicht allzu modischer Blazer für 25 Euro. Auf
Rabattaktio- Rabattaktionen wird verzichtet. Fünf strategische Leitlinien stehen im Vordergrund:
nenden den
1. Werbekampagnen: In den Werbebotschaften werden alle Items weggelassen, die nicht un-
richtigen
Kaufzeit-
mittelbar verkaufsfördernd sind. Der Preis steht als Werbeargument im Vordergrund.
punkt zu 2. Preispolitik: Mit dem Ziel eines Discount-Brandings eine langfristig ausgerichtete, aggressi-
verpassen.“ ve Angebotspolitik. Schnörkellose Preisauszeichnungen – keine Schwellenpreise.
(Dominic 3. Rabattpolitik: Keine Beteiligung an ständig wechselnden und zeitlich begrenzten Rabattakti-
Brennink- onen.
meyer) 4. Verkaufsförderung: Pfiffiges, ganzjähriges Aktionsmarketing.
5. Ergebnisziel: Fokus auf Rendite statt auf Umsatz um jeden Preis.

Das aggressive Marketing für die 10 Exklusivmarken geriet in die Medien, als der
Konzern zur Euro-Einführung Ende 2001 den Käufern 20 Prozent Preisnachlass auf
alle EC- und Kreditkartenkäufe einräumte. Die folgende Abmahnung zog ein Ord-
nungsgeld von 200.000 Euro nach sich. Doch nach Schätzung des BGH konnte C&A
in der Zeit vom 2. bis 5.1.2002 25 bis 50 Mio. Euro Umsatzsteigerung erzielen. Und
das Markenimage eines aggressiven, erfolgreichen Unternehmens wurde gestärkt.

b.) Zara
Die „Vertikalen“ bedrängen also die klassischen Handelsbetriebstypen sehr aggres-
siv. Als weiteres Beispiel kann der erfolgreichste Newcomer im DOB-Modebereich
angeführt werden: die spanische Inditex-Gruppe mit 987 Zara-Läden in 63 Ländern
(500 Filialen in Deutschland), einem Umsatzvolumen von über 4 Mrd. Euro und über
11.000 Mitarbeitern. Vertikale Unternehmen haben den Vorteil, dass sie sowohl als
Hersteller wie auch als Fachhandel operieren. Dadurch sind sie sehr flexibel und
kontrollieren die Handelsspannen. Der Eigenfertigungsanteil von Zara beispielswei-
se liegt über 50 Prozent. Den Rest liefern 350 kleine Schneiderbetriebe in Nordpor-
tugal und Galizien, die auf Anweisung von Zara produzieren. Zara´s Erfolg wird auf
folgende strategische Erfolgsfaktoren zurückgeführt:853
1. Totale vertikale Integration: Ausgehend von der Zentrale in Arteixo/Galizien (mit 18 Pro-
duktionsstätten auf einem Gelände mit 2.000 Mitarbeitern) hat Inditex eine vollständige, ei-
gene Wertschöpfungskette über alle Stufen realisiert.
2. Machtvolles Produktmanagement: in Form eines 100 Mitarbeiter starken, interdisziplinär
besetzten Teams.
3. Filigrane Planung und exaktes Timing: zugeschnitten auf die spezifischen Situationen am S.
4. Nachfrageorientierte Produktion: Die Produktion erfolgt erst, wenn sich ein Artikel als gut

852
Stippel, (Preis), in: ASW, 5/2005, S. 14-19.
853
vgl. Müller, (Zara), in: TextilWirtschaft v. 18.3.99, S. 42-50; aktuelle Zahlen: Nr. 46 v. 5.6.2003
6. Kapitel: Die Vertriebspolitik 397

verkäuflich herausstellt. Nur ein geringer Teil der Ware wird vorproduziert. Das modische
Risiko wird minimiert.
5. Permanente Aktualisierung der Sortimente: Innerhalb von zwei Wochen wechseln rund
70% der in einem Zara-Laden geführten Artikel.
6. Flexible Kapazitäten: Inditex nimmt bewusst höhere Produktions- und Beschaffungskosten in
Kauf, um sehr schnell auf veränderte Kundenwünsche (Trends) reagieren zu können.
7. Rigorose Qualitätssicherung
8. Extrem leistungsfähige Logistik: Das System in Arteixo ist in der Lage, bis zu 40.000 Teile
pro Stunde auf bis zu 380 Stores zu verteilen.
9. Kommunikation ausschließlich über den POS: Dabei ist das Design der Schaufenster eines
der bestgehüteten Geheimnisse bei Zara. Auf konventionelle Werbung wird verzichtet.
10. Verkaufsfördernde Outfitpräsentation: Die Läden sind sehr übersichtlich ausgestaltet und
vermitteln eine gepflegte, wertige Atmosphäre.
11. Lockerer Umgangston, aber strenge Regeln: So sind private Gespräche während der Ar-
beitszeit nicht gestattet. Alle Mitarbeiter sind umsatzbeteiligt. Außerdem gibt es Teamprä-
mien.
12. Information und Kommunikation: Die Firmensteuerung ist auf den schnellen Austausch
von Informationen vom und zum POS ausgerichtet. Modernste Computertechnologien kom-
men zum Einsatz.

So kann Zara eine eigenständige, vom klassischen Fachhandel unabhängige Strategie


realisieren und dabei andere Vertikale (Hennes & Mauritz) zurückdrängen.

c.) Wal-Mart international


Weltweit Möglicherweise liegt es an Versäumnissen des traditionellen Einzelhandels in der
besuchen Vergangenheit, dass Wal-Mart die deutsche (europäische) Handelslandschaft so be-
wöchent-
lich 150
drängen konnte. Letztlich aber ist die Wal-Mart-Strategie in Deutschland gescheitert.
Mio. Kun- Dennoch: Die Erfolgszahlen des Gesamtkonzerns sind beeindruckend. Innerhalb von
den die 40 Jahren brachte der bereits 1992 verstorbene Firmegründer Sam Walton Wal-Mart
Stores von an die Weltspitze aller Handelskonzerne: mit 1,6 Mio. Mitarbeitern, einem Umsatz
Wal-Mart.
von 305 Mrd. US-$ im Jahr 2005 und mit insgesamt 5.500 Märkten gilt Wal-Mart als
das größte Unternehmen weltweit. Den Erfolg seines Unternehmens führt Sam Wal-
ton auf persönliche Werte zurück, die er selbst im Unternehmen vorgelebt hat und
die die Mitarbeiter (in USA) verinnerlicht und zu einer typischen Wal-Mart Firmen-
kultur verfestigt haben.854 Die Wal-Mart Unternehmenskultur lässt sich durch acht
Erfolgsfaktoren beschreiben:
1. Open-Door-Policy: Führungskräfte dürfen sich nicht abkapseln sondern müssen Kunden wie
Mitarbeitern jederzeit zur Verfügung stehen. Die Bürotüren stehen offen. Manager haben
stets ein offenes Ohr für Vorschläge und Ideen der Mitarbeiter.
2. Wart-Mart-Family: Alle Mitarbeiter sind Partner, kommunizieren aktiv und schaffen so eine
gemeinsame, kooperative Arbeitsatmosphäre.
3. Wal-Mart Cheer: Zur Motivation der Mitarbeiter sind Incentives institutionalisiert, z.B. ein
We-care-Programm (Gewinnbeteiligung), Auszeichnungen, Erfolgsgeschichten in der mo-
natlichen Mitarbeiterzeitung etc. Das Streben nach hervorragenden Leistungen und nach
permanenten Verbesserungen wird systematisch gefördert. Rituale wirken verstärkend. Der
berühmte Wal-Markt-Cheer, von allen Mitarbeitern bei Dienstbeginn zu absolvieren, oder
die Präsentation von realen Mitarbeitern in den Werbekampagnen sollen den Stolz der Mit-
arbeiter stärken, der Wal-Mart-Familie anzugehören.
4. Every-Day-Low-Prices (EDLP): Für mehrere tausend Artikel werden die Gewinnspannen
langfristig so niedrig angesetzt, dass die Preise praktisch auf Sonderangebotsniveau des
Wettbewerbs liegen. Kostenersparnisse werden andererseits durch Verminderung von Wer-
bekampagnen für Sonderangebote erzielt. Unterstützt wird die EDLP-Preisstrategie durch
eine Roll Back Garantie. Findet der Kunde in einem Umkreis von 50 km einen Anbieter mit
einem noch günstigeren Preis, dann reduziert Wal-Mart den Angebotspreis umgehend um die
entsprechende Differenz.
5. 10 Foot Rule: In den Stores gilt für die VerkäuferInnen die Devise, den Kunden freundlich
anzusprechen und ihm Hilfe anzubieten, sofern dieser sich auf eine Entfernung von weniger
als drei Metern nähert.

854
vgl. zu Wal-Mart: Ortega, (Wal-Markt), 1999; Hirn, (Einkauf), in: MM, 1/2002, S. 58-66
398 Marktorientierte Unternehmensführung

6. Sundown Rule: Kundenanfragen und Aufgaben sind "vor Sonnenuntergang", also noch am
gleichen Tag, zu erledigen. Diese Regel soll Respekt vor dem Kunden ausdrücken.
7. Einheitlicher Grundriss in allen Stores: Die Kunden sollen sich in jedem Wal-Mart sofort
auskennen.
8. Aus Kundendaten lernen: Wal-Mart gilt als führend hinsichtlich der Auswertung von Kun-
dendaten. Scannerkassen und Studien über Einkaufsverhalten zählen zu dem Instrumentari-
um. Hinter diesen Bemühungen steht das Ziel, alles über den Kunden und sein Verhalten zu
wissen, um ganz gezielt auf die wahren Kundenwünsche eingehen zu können.

Wal-Mart ist weltweit groß geworden, weil Konkurrenten einfache Lebensprinzipien,


Die Metro die doch so selbstverständlich erscheinen, nicht erkannt und den Mitarbeitern nicht
hat 50 der nahegebracht haben: Respekt für das Individuum, Kundenservice und ein Streben
85 nach Perfektion. Diese Prinzipien wurden vom Firmengründer persönlich gelebt.
deutschen Aktuell wird sehr bezweifelt, ob diese Erfolgsprinzipien auch im deutschen Markt
Wal-Mart- greifen werden.855 Mittlerweile jedoch lautete das ernüchternde Statement: "Wal-
Märkte als
Real- Marts Auftritt in Deutschland - ein Lehrstück für jedes Business: How not to enter a
Märkte foreign Market."856 Vielleicht ist Wal-Mart als Signal eines amerikanischen Lebens-
über- gefühls zu verstehen, das zu unserer Zeit gehört und Europa schleichend erobern
nommen. wird. In Deutschland hat die Wal-Mart-Philosophie jedenfalls noch nicht gegriffen.

6.7. Vertriebslogistik (Distributionslogistik)


6.7.1. Zielsetzungen und Aufgaben
Die BWL verwendet den Logistikbegriff nicht einheitlich (alternative Begriffe: Dist-
ribution, physische Distribution, Distributionslogistik, Absatzlogistik, Marketinglo-
gistik, Verkaufslogistik etc.). Im Kern geht es um das Halten von Serviceversprechen
gegenüber den Kunden und um eine Optimierung der Wertschöpfungskette.
Abb.6-40
Die Vertriebslogistik / Distributionslogistik / physische Distribution
umfasst alle Systeme, Einrichtungen und Maßnahmen zur Gestaltung eines
kundenorientierten und betriebswirtschaftlich optimierten Material- und Infor-
mationsflusses entlang der Wertschöpfungskette vom Hersteller ggf. über den
Handel (Vertriebspartner) bis hin zum Kunden. Ziel ist eine termin-, mengen-
und qualitätsgerechte Auslieferung der Ware.

„Mit der Aus Kundensicht soll ein logistischer Auftrag folglich


Logistik • die richtigen Produkte,
allein ge-
winnt man
• zum richtigen Zeitpunkt,
keinen • am richtigen Ort,
Krieg, aber • in der richtigen Menge,
ohne Logis- • in der vereinbarten Qualität
tik verliert
man jeden • und mit den dazugehörigen Informationen
Krieg.“857 • zu minimierten Kosten zur Verfügung stellen.

Zur Erfüllung dieser Aufgabe wirken drei Bereiche zusammen:


(1) Lagerwirtschaft,
(2) inner- und außerbetriebliche Transportsysteme sowie
(3) waren- und materialflusssteuernde Informationssysteme.

Wegen der verschärften Wettbewerbsbedingungen darf die Vertriebslogistik nicht

855
vgl. Stippel, (Scott), in: ASW, 12/2000, S. 16-22
856
Hirn, (Einkauf), in: MM, 1/2002, S. 58-59
857
Rupper, (Unternehmenslogistik), 1991, S. 23
6. Kapitel: Die Vertriebspolitik 399

(nur) als transport- und lagertechnisches Instrument verstanden werden858, sondern


vielmehr als Marketingwaffe zum Erreichen von Wettbewerbsvorteilen und zur Si-
cherung von Kundenzufriedenheit. Die Kundenzufriedenheit hängt unmittelbar von
der Leistung (performance) des logistischen Prozesses ab, gemeinhin als Lieferser-
vice bezeichnet.859 Ein Lieferservice verfolgt speziell die logistischen Zielsetzungen:
aus Sicht der Kunden:
(1) schnelle Lieferzeiten,
(2) hohe Lieferzuverlässigkeit (Termineinhaltung, Versorgungssicherheit),
(3) hohe Transparenz über den Status einer Lieferung (z.B. Verfolgung von Lie-
ferungen über das Internet),
(4) Absicherung schadensfreier Lieferungen (keine Schäden, kein Schwund) und
(5) hohe Lieferflexibilität (auch: Befriedigung individueller Kundenwünsche),
aus Sicht der Betriebswirtschaft:
(1) Prozesssicherheit,
(2) Reduzierung von Durchlaufzeiten,
(3) Reduzierung der Warenbestände,
(4) Senkung von Materialflusskosten,
(5) Beherrschung der Variantenvielfalt,
(6) Optimierung des Informationsflusses entlang der logistischen Kette.

Logistik- Oft kommt dabei die Kundenorientierung zu kurz. Die klassische Marketinglite-
Desaster: ratur negiert, dass die Logistik-Verantwortung in den meisten Unternehmen nicht
Zu Weih-
nachten beim Vertrieb und schon gar nicht beim Marketing liegt. Vielmehr ist die Verantwor-
2001 türm- tung für die Logistik üblicherweise bei den Ressorts Materialwirtschaft, Fertigung
ten sich im oder im Einkauf angesiedelt. Aufgrund der sich verschärfenden wirtschaftlichen
Frankfurter
Flughafen
Rahmenbedingungen erwächst die Logistik seit Mitte der 80er Jahre zu einem wich-
18.000 nicht tigen Wettbewerbsfaktor für die marktorientierte Unternehmensführung. Der Blick
oder falsch geht zunehmend über die Bereiche Lager und Versand hinaus; hin zu ganzheitlichen
umgeladene Prozessansätzen im Sinne eines Supply Chain Management (SCM). Hierzu erfol-
Gepächstük-
ke. Zum
gen weitere Erläuterungen im Abschnitt 8.8.
Verzweifeln:
Die zentrale 6.7.2. Lagerwirtschaft
Service-
Nummer der Folgende Entscheidungen sind im Rahmen der Lagerwirtschaft zu fällen:
Lufthansa. • Für unterschiedliche Produkte sind Lagerkategorien (vom Rohstofflager bis zur
Lähmende
Warteschlei- Endproduktlagerung) vorzusehen.
fen, für die • Lagerstandorte sind mit Straßen-, Bahn-, Wasser- oder Luftanbindung einzu-
die Kunden richten.
auch noch • Der Warenstrom kann zentralisiert über Zentrallager oder dezentralisiert über
zahlen müs-
sen. unabhängige Lager bzw. in Verbundkombinationen gesteuert werden.
• Über die Lagermengenpolitik bzw. Sicherheitspolitik ist zu entscheiden. Die
besondere Problematik dieses Punktes wird z.B. deutlich, wenn der Endkunde
Just-in-time Belieferung fordert.
• In den Lägern sind Ablaufsysteme einzurichten (z.B. personalgebundene vs.
automatisierte Lagerung; chaotische vs. systematische Lagerung).

6.7.3. Transportwirtschaft
Auch die Transportwirtschaft leistet einen erheblichen Beitrag zum Vertriebserfolg
und für die Kundenzufriedenheit. Zum Aufbau der inner- und außerbetrieblichen

858
wie es im Begriff der physischen Distribution zum Ausdruck kommt
859
vgl. Meffert, (Marketing), 2002, S. 653
400 Marktorientierte Unternehmensführung

Transportsysteme sind festzulegen:860


(1) die Transportmittel mit den Alternativen LKW, Bahn, Binnenschiff, Seeschiff
und Flugzeug,
(2) die Transportwege, z.B. Güterverkehr, Eisenbahngüterverkehr, Binnenschif-
fahrtsverkehr, Überseeschiffahrtsverkehr oder Luftverkehr,
(3) multimodale Verkehrskonzepte als Kombination verschiedener Transportträger
und / oder Transportketten. Anzuführen wären hier z.B. der Huckepackverkehr
(Verladung von Last- und Sattelzügen auf Bahn oder Schiff) oder auf Container.

Ein Blick in logistische Fachzeitschriften lohnt. Die Vielfalt der in der Praxis mögli-
chen Logistikkonzepte ist enorm. Hierzu ein Beispiel:
Die Bahn AG befördert in Zusammenarbeit mit Mercedes Benz Motoren sowie Vor-
der- und Hinterachsen im kombinierten Verkehr zwischen den im Produktionsverbund
stehenden Werken Untertürkheim und Bremen. Die Motoren und Achsen werden di-
rekt an den Montagelinien des Werkes in Untertürkheim in Wechselbrücken von Spe-
diteuren verladen und wiederum im kombinierten Verkehr zum Umschlagshafen Stutt-
gart-Hafen befördert. Dort findet ein direkter Umschlag auf Tragwagen der Bahn AG
statt.861

6.7.4. Logistische Informationssysteme


Auch der Erfolg der Vertriebslogistik hängt zunehmend stärker von Software (In-
formationen, Steuerung) als von einer Hardware (den technischen Transportmitteln)
ab. Im Mittelpunkt stehen die logistischen Informationssysteme, die das Bestell-,
Lager- und Transportwesen im Hinblick auf die Kundenbedürfnisse koordinieren und
optimieren. Diese Unternehmensbereiche forcieren einen Trend zur Real Time Un-
ternehmung.
UPS Tracking: Über UPS Tracking online werden täglich 14,8 Mio. Warensendun-
gen verfolgt. Schon wenige Minuten nach der Zustellung können die UPS Kunden die
mittels UPS DIAD gespeicherten Daten abrufen und Zustellzeit und Name des Emp-
fängers erfahren. Sogar die Bildschirmunterschrift des Empfängers wird übermittelt.
(vgl. www.ups.com oder die Servicenummer 0800/8826630)

Die Ausführungen zur Logistik und speziell die kritischen Anmerkungen zur inner-
betrieblichen Zuordnung des Logistikbereiches sollten zeigen, dass die marktorien-
tierte Unternehmensführung über die Wirkungshorizonte von Marketing(Service)
und Vertrieb hinausgehen muss. Alle Unternehmensbereiche leben vom Kunden und
sind daher in die kundenbezogenen Überlegungen und Maßnahmen einzubeziehen.
Jedes betriebliche Ressort ist gefordert, das Geschäft des Kunden und das des Kun-
den des Kunden zu verstehen. Hierauf wird das 8. Kapitel weiter eingehen.

Es macht nun keinen Sinn, alle Interessenten und Kunden persönlich anzusprechen
und zu besuchen. Vielmehr müssen werbliche Maßnahmen auf Werbeträgern einge-
setzt werden, um potenzielle Kunden für ein Produkt bzw. eine Marke zu interessie-
ren, die Erinnerung an ein Produkt wachzuhalten und Kaufanreize auszulösen
und zu verstärken. Dies ist Aufgabe der Kommunikationspolitik.

860
vgl. zu diesem Themenbereich z.B. Jaeger; Laudel, (Transportmanagement), 1994
861
vgl. o.V., (Vertrauen), in: DB Cargo aktuell, 1/1996, S. 18-21
6. Kapitel: Die Vertriebspolitik 401

Vertiefende Darstellung von Vertriebsproblemen:

Dieses Buch behandelt die Grundlagen von Marketing und Vertrieb. Deshalb wird das
Tätigkeitsgebiet Vertrieb/Verkauf als Instrument des Marketing-Mix gleichgewichtig ne-
ben die anderen absatzwirtschaftlichen Instrumente gestellt. Wichtige Markt-, Kunden-
und Wettbewerbsfragen konnten deshalb nur angerissen werden. Beispielsweise wer-
den folgende Themenstellungen in einem weiterführenden Buch vertieft und dort mit
Praxisbeispielen behandelt:
Außendienstplanung , -einsatz und -vergütung
Rekrutierung von Fachkräften für den Vertrieb
Leistungsplanung für den Außendienst
Team-Selling
Der Verkäufer als Marktmanager
Die Integration von Service und Kundendienst in den Vertrieb
Verkaufsgebietsoptimierung
Potenzialorientierte Verkaufsplanung
Geographische Informationssysteme
Data Warehouse und Datamining
Systematische Neukundengewinnung
Kundenwertmanagement (Customer Value and Equity Management)
Kampagnenmanagement
Systematische Kundenbindung
Systematisches Beschwerdemanagement
Systematische Kundenrückgewinnung
Kundengespräche und Verhandlungsführung
Einkäufertypen und deren Verhandlungstricks
Abwehr unseriöser Wettbewerbspraktiken
Opportunity Management - Angebotscontrolling
Überwachung von Schlüsselangeboten
Steuerung des Verkaufstrichters
Analyse verlorener Angebote
Referenzmarketing
Spezielle Kundenstrategien
Customer Relationship Management (CRM-Systeme)
Beschreibung und Marktübersicht von CRM-Systemen
ROI, Kosten- und Nutzenanalysen von CRM-Systemen
Einführung von CRM/CAS-Systemen
Wettbewerbsanalyse und Wettbewerbsstrategie
Mitarbeit des Außendienstes an der Strategischen Planung
Planung und Controlling im Vertrieb
Schlagzahlmanagement im Vertrieb
Frühwarnung und Benchmarking
Business Intelligence / Sales Intelligence im Vertrieb
Cockpits / Dashboards als Analyseinstrumente im Vertrieb
Business Performance Management im Vertrieb

Vgl. hierzu die entsprechenden Kapitel vom gleichen Autor in:


- Vertriebskonzeption und Vertriebssteuerung, Die Instrumente des integrierten
Kundenmanagements, 4 . Auflage, Vahlen Verlag, München 2008 ,
(siehe www.amazon.de)
7. DIE KOMMUNIKATIONSPOLITIK

7.1. Grundlagen der Kommunikationstheorie


7.1.1. Grundbegriffe und Grundzusammenhänge

I nformationen sind die „Schmierstoffe“ unserer Wirtschaftswelt. Kommunikation


ist der Austausch von Informationen. Informationen sind Botschaften, die dem
Empfänger etwas bieten und dadurch etwas bewirken sollen. Wie im Eingangskapi-
tel dargelegt wurde, zielt die Kommunikationspolitik auf die optimale Gestaltung
und Verbreitung von Botschaften. Fünf Fragen und daraus folgende Ziele und Auf-
gaben stehen für das Marketing im Vordergrund:
(1) Wie kann die Unternehmung durch (Image- oder Werbe-)Botschaften Inte-
resse wecken? Aufgabe: Aufmerksamkeitswerte schaffen.
Die Informations- (2) Wie kann die Unternehmung mit ihren Botschaften in Erinnerung bleiben?
theorie unter-
scheidet einen Aufgabe: Erinnerungswerte schaffen.
Sender, (3) Wie kann die Unternehmung durch Botschaften Kaufpräferenzen schaffen,
eine Botschaft, so dass der Kunde bei freier Wahl das Produkt dieses Unternehmens vor-
einen Träger der zieht? Aufgabe: Präferenzwerte schaffen.
Botschaft (z.B.
Brief, Fax, Anzei- (4) Wie lassen sich über die Präferenzen hinaus Kaufimpulse auslösen?
ge, TV-Spot), (5) Wie können Botschaften Unternehmen und Produkten eine unverwechselbare
einen Empfänger Identität geben, mit der sich Kunden, Mitarbeiter und externe Partner gerne
und die Wirkung
der Botschaft.
identifizieren, von der sie motiviert werden und durch die sie einem Lieferan-
ten gerne treu bleiben? Aufgabe: Identität schafft Kundenbindung.

Damit sind die Themengebiete der Kommunikationspolitik umrissen.

"Unter Kommunikation wird die Übermittlung von Informationen und


Bedeutungsinhalten zum Zweck der Steuerung von Meinungen, Einstellungen,
Erwartungen und Verhaltensweisen bestimmter Adressaten gemäß spezifischer
Zielsetzungen verstanden."862
Die Kommunikationspolitik umfasst alle Maßnahmen zur Gestaltung und
zur Verbreitung von Botschaften mit den Zielen, Aufmerksamkeiten, Erinne-
rungen, Kaufpräferenzen,863 Kaufimpulse und unverwechselbare Identitäten zu
schaffen. Marktkommunikation wäre ein alternativer Begriff.
Die Kommunikationspolitik unterstützt die Verkaufspolitik.

Die Herausforderung der Kommunikationspolitik steckt in 3 fundamentalen Sätzen:


(1) Es ist nicht möglich, nicht zu kommunizieren! Auch wenn man nicht mitein-
ander spricht, hat dies eine kommunikative Bedeutung!
(2) Kommunikation ist „Träger des sozialen Geschehens“864; und die marktorientier-
te Unternehmensführung prägt in ihrer Qualität die Güte der sozialen Interaktio-
nen mit dem Unternehmensumfeld. „Schlechte“ Kommunikation zerstört Bezie-
hungen, selbst wenn die sachliche Basis stimmt.
(3) Es ist nicht wichtig, welche Botschaft vom Sender ausgeht. Entscheidend ist, was
beim Empfänger der Botschaft ankommt, bzw. wie er die Botschaft interpretiert.

Viele Werbemillionen verpuffen wirkungslos, weil insbesondere die dritte Aussage


zu wenig Beachtung findet. Wenn es nach der ersten Aussage nicht möglich ist, nicht
862
Bruhn, (Kommunikationspolitik), 2003, S. 1
863
Gutenberg sprach in diesem Sinne von Präferenzpolitik, vgl. Gutenberg, (Absatz), 1984, S. 243
864
Kroeber-Riel, (Bildkommunikation), 1996, S. 456 unter Bezug auf eine Studie von Hartley und
Hartley
7. Kapitel: Die Kommunikationspolitik 403

Abb.7-1
BOTSCHAFTENÜBERMITTLUNG DURCH WEITERE MARKETING- UND VERTRIEBSINSTRUMENTE

LEISTUNGSPROGRAMMPOLITIK Botschaften durch Qualität und Image eines Produktes


KONDITIONENPOLITIK Botschaften durch Preislage, Preisauszeichnung, Preisaktionen
VERTRIEBSPOLITIK Botschaften durch Außendienst, Innendienst und Vertriebsleitung
INFRASTRUKTURPOLITIK Botschaften durch Lage und Gestaltung einer Verkaufsstelle (Laden)

zu kommunizieren, dann prägen alle Marketing- und Vertriebsinstrumente zusam-


men die Unternehmenskommunikation, denn sie tragen Botschaften in den Markt.
Abb.7-1 zeigt die Kommunikationsinhalte der Marketingmix-Instrumente auf.865 Es
bringt allerdings wenig, jetzt alle Marketing- und Vertriebsinstrumente der Kommu-
nikationspolitik unterzuordnen. Diese Vorgehensweise entspräche zwar dem vorhin
geäußerten Satz (1) „alles ist Kommunikation“. Das gesamte Marketing würde sich
dann aber leerformelartig auf die Kommunikationspolitik reduzieren. Viel sinnvoller
ist es deshalb, die Kommunikationspolitik als ein Instrument im Rahmen des Marke-
tingmix zu definieren. Die Kommunikationspolitik hat sich dann als ein Instrument
unter mehreren bewähren. Sie soll den wertschöpfenden Verkauf vorbereiten, unter-
stützen und kundenbindend begleiten. Aufgabe dieses Kapitels wird es folglich sein,
(1) den Rahmen einer eigenständigen Kommunikationspolitik für die marktorientier-
te Unternehmensführung aufzuzeigen
(2) und dabei die kommunikativen Einzelinstrumente herauszuarbeiten, die der Ge-
staltung und Übertragung von Werbebotschaften dienen.
Ausgangspunkt aller Überlegungen bilden die Grundmodelle der Kommunikation.

7.1.2. Grundmodelle der Kommunikation


a.) Das klassische, dialogfreie Modell (Einweg-Marketing)
Abb.7-2
Sender Botschaft Werbeträger Empfänger
(Anbieter) (Anzeige) (Zeitung) (Kunde)

Abb.7-2 skizziert das Modell der klassischen Werbung. Ein Anbieter (Sender) co-
diert und sendet seine Botschaft (z.B. Anzeige als Werbemittel) über einen Kanal
(z.B.: Zeitschrift als Werbeträger) an den Kunden (Empfänger). Dieser interpretiert
(decodiert) die Botschaft aus seiner persönlichen Sicht und reagiert auf eine be-
stimmte Weise. Ein Kommunikationsvorgang lässt sich dabei nach der Lasswell-
Formel in folgende Elemente zerlegen:866
• Wer (Kommunikator),
• sagt was (Kommunikationsinhalt),
• unter welchen Kommunikationsbedingungen,
• über welchen Kommunikationskanal (Brief, Mail, Fax, Internet, SMS, TV),
• zu wem (Kommunikant),
• mit welcher Wirkung (Kommunikationseffekt, z.B. Kaufentscheidung).
Als Voraussetzungen für eine erfolgreiche Kommunikation gelten:867
(1) Sender und Empfänger verfügen über den gleichen Code (Sprache) zur Identifi-
kation und Entschlüsselung der Signale.
(2) Die Partner verfügen über ein ausreichend großes, gemeinsames Zeichenreper-
toire (Sprachschatz).
865
dabei ist hier die Standortpolitik des Handels gesondert mit berücksichtigt
866
vgl. Kroeber-Riel; Weinberg, (Konsumentenverhalten), 2003, S. 499 sowie die dort angegebene
Originalquelle.
867
vgl. Rogge, (Werbung), 2004, S. 25-26
404 Marktorientierte Unternehmensführung

(3) Über Bedeutung und Verwendung der Zeichen muss Einigkeit herrschen.
(4) Dem Empfänger muss aufgrund von Informationsrahmen und Erfahrungshinter-
grund eine Interpretation möglich sein.
(5) Die Information muss sich gegen konkurrierende Signale durchsetzen (Überwin-
dung der selektiven Wahrnehmung).
(6) Die Informationsinhalte müssen so gestaltet sein, dass sie gelernt werden können.
(7) Die Informationen müssen die Einstellungs- und Motivationsstruktur des Emp-
fängers ansprechen, um die vom Sender gewünschten Reaktionen auszulösen (al-
so über eine Schwelle der Fühlbarkeit kommen).
Die Informationen wirken sich dann beim Empfänger auf kognitiver (denken, wis-
sen, lernen), affektiver (fühlen, wünschen, anstreben, bedürfen) und konativer Be-
wusstseinsebene (wählen, entscheiden, handeln) aus.

Der Kommunikationsprozess der Abb.7-2 ist eine Einbahnstraße. Der Botschaf-


tenträger bietet keine automatisierte Response-Möglichkeit. Man spricht deshalb von
einstufiger, besser einseitiger Kommunikation. Eine Rückmeldung des Empfängers
an den Absender der Anzeige ist zwar durch Telefonat oder Brief möglich, bedarf
dann aber seiner besonderen Initiative (Anstrengung). Das aufgezeigte Grundmodell
ist kennzeichnend für die klassische Print- (Zeitungen, Zeitschriften) und FFF-
Werbung (Film, Funk, Fernsehen).

b.) Das neue, interaktive Modell (Zweiweg-, Dialog-Marketing)


Die Zahl der Moderne Kommunikation zielt dagegen auf Reaktion (Response) und Dialog. Not-
Unterneh- wendig sind kommunikative Prozesse, die dem Empfänger einen Automatismus für
men, die in
ihrer Wer-
eine Reaktion (eine offene Tür) gegenüber dem Sender bieten. Das Dialog-
bung Res- Marketing und hier speziell der Internetkanal verfügen über diese Fähigkeit und
ponse- haben deshalb seit einigen Jahren ein neues Kommunikationszeitalter eingeläutet.
elemente
einbauen ist
lt. Marktfor-
Ein Beispiel ist die Internet-Werbung. Der Anbieter speist seine Botschaft in das
schung der Web ein. Der Kunde kann im Web raum- und zeitlos kommunizieren. Neben die
Deutschen Kommunikation durch den Botschaftenträger (das Medium) tritt eine Kommunikati-
Post von on mit dem Medium (s. Abb.7-3). Es entsteht eine Lernschleife. Der Sender (Anbie-
260.000 im
Jahr 2002 ter) lernt durch die Reaktion seinen Kunden besser kennen und kann die nächste Bot-
auf 530.000 schaft gezielter auf den Interessenten oder Kunden ausrichten.
im Jahr 2003
gestiegen.
Anbieter Botschaft Internet Kunde

Interaktion

Abb.7-3

Eine Einschränkung ist jedoch vorzunehmen. Bei einer natürlichen Kommunikation


gibt es keine Verständigungsschwierigkeiten (Decodierungsschwierigkeiten). Spra-
che, Musik, Gesten vereinen Menschen auf natürlichem Wege; selbst wenn sie aus
unterschiedlichen Kulturkreisen stammen. Moderne Kommunikationsmedien dage-
gen transformieren das, was Menschen zum Ausdruck bringen, in komplizierte Co-
dierungsstandards (z.B. in den HTML-Standard der Internet-Kommunikation). Es
stehen sich nicht nur zwei Personen, sondern auch zwei Computer gegenüber. Zu-
nehmend hängt es von der Technik (Codierungs- und Decodierungsprotokolle) ab, ob
zwischen diesen überhaupt eine Kommunikation zustande kommt. Wir werden von
der Technik abhängig.
7. Kapitel: Die Kommunikationspolitik 405

7.1.3. Das kommunikationspolitische Instrumentarium


Zunächst kann nach der Art von Botschaften gefragt werden. Grundsätzlich sind
verbale und nicht-verbale Informationsinhalte zu unterscheiden. Zu den verbalen
Ausdrucksformen gehören Text-, Sprach- und Musikbotschaften. Als nicht-verbale
Botschaftsformen sind stehende oder bewegte Bilder, Geräusche, Töne, Mimik, Ges-
tik, Musik, Geschmack, Gerüche oder Anfühlbarkeiten (Haptik) aufzuzählen. Der
Kommunikationspolitik steht eine Fülle von Medien und Gestaltungsformen zur Ver-
fügung. Die Vielfalt der Instrumente ist auch notwendig, denn "der klassische
Produktwettbewerb wird zunehmend durch den Kommunikationswettbewerb er-
setzt."868 Abb.7-4 enthält als wichtige Haupt- und Unter-Instrumente:
Abb.7-4
ÜBERSICHT ÜBER DIE INSTRUMENTE DER KOMMUNIKATIONSPOLITIK

Die alle Instrumente umspannende Imagepolitik

Corporate Identity (CI): 4 übergeordnete Instrumente der Imagepolitik


Corporate Communi-
Corporate Design Corporate Behavior Corporate Culture
cation

Instrumente, die vorrangig Un-


Instrumente, die vorrangig das Instrumente, die vorrangig den
ternehmensleistungen, Produkt-
Gesamtimage einer Unterneh- Verkauf unterstützen, Kunden
gruppen oder Einzelprodukte
mung stärken direkt ansprechen und binden
bewerben

Public Relations (PR) Klassische Printwerbung Klassische Direktwerbung


unechte Direktwerbung, Beilagen
Tages-, Wochenzeitungen
Print, Plakat mit Responseträger
Corporate Publishing (CP) Publikumszeitschriften
Schriftliche Direktansprache
Fachzeitschriften
Geschäftsbericht Tele(fon)Marketing
Branchen-Werbebücher
Flyer, Imagebroschüre E-Mail-Marketing, Newsletter
Kundenzeitschrift
Mitarbeiter- und Partnerzeitschrift Verkaufsförderung
FFFC-Medien
allgemeiner Newsletter Sales Promotion
Sponsoring
Fernsehen klassische Promotion am POS
Hörfunk Messen und Ausstellungen
Event-Marketing Filmwerbung Produktschulungen
Werbung im Internet, Banner Betriebsbesichtigungen
Tag der offenen Tür
Lobbying
Preisausschreiben
Außenwerbung
Verkaufsunterlagen
Plakatwerbung
Verkehrsmittelwerbung
Kataloge
Bandenwerbung
Prospekte
Trikotwerbung
CD-Rom
Lichtwerbung
Preislisten
WERBEMARKT DEUTSCHLAND AUF EINEN BLICK 2006 Branchen-Adressbücher
(75,1 Mrd. Euro) Product Placement
Klassik- Spezielle Bindungsinstrumente
Sonstige Werbe-
Werbung
instrumente Kundenkarten
17,3 Mrd. EUR 34,4%
23,0% 25,8 Mrd. EUR
Co Branding Kunden-Clubs
Couponing, Rabattmarken
27,4 Mrd. EUR

4,6 Mrd. EUR Ingredient Branding Werbegeschenke (Give Aways)


"Reines"
Klassik mit
Direktmarketing
Response Co-Marketing
36,5% Product Licencing
6,1% (gemeinsamer Verkaufsauftritt)
(Quelle: Studie Direkt Marketing Monitor Deutschland 2007, Deutsche Post)

868
Bruhn, (Kommunikationspolitik), 2005, im Vorwort S. V
406 Marktorientierte Unternehmensführung

(1) Instrumente wie die Corporate-Identity-Politik, die Öffentlichkeitsarbeit (PR),


das Corporate Publishing, Sponsoring und Event-Marketing sollen, losgelöst von
einem speziellen Produkt, ein positives Bild der Unternehmung in der Öffent-
lichkeit prägen.
(2) Andere Instrumente, wie die klassische Mediawerbung in Print- oder Funkme-
dien, die Außenwerbung, der große Bereich der Verkaufsförderungsmaßnahmen,
Messen und Ausstellungen sowie eine Reihe von Spezialinstrumenten sollen Er-
innerungs- und Präferenzwerte für bestimmte Angebotsleistungen (Produkte)
schaffen. In ihrer höchsten Vollendung schaffen sie Markenwerte, d.h. Käufer-
präferenzen für Markenprodukte.
(3) Instrumente wie die Direktwerbung, Kataloge und Prospekte, die Werbung in den
neuen Medien oder auch Werbegeschenke dienen speziell der Unterstützung des
persönlichen Verkaufs.
(4) Alle Kommunikationsinstrumente gehen von der Imagepolitik aus und fließen in
ihr wieder zusammen.
Es ist hier kaum möglich, hier alle denkbaren Kommunikationsmaßnahmen aufzu-
zählen und zu erläutern. Welche Instrumente bevorzugt im Einzelfall zum Einsatz
kommen, ist nicht zuletzt eine Frage der strategischen Stoßrichtungen, die eine Un-
ternehmung im Rahmen der strategischen Planung verfolgt.

7.2. Strategische Stoßrichtungen


7.2.1. Zielsetzungen und Strategietypen
Ganz wich- Werbung ohne Ziel und Strategie wird zum finanziellen Fass ohne Boden! Zunächst
tig: Eine
Werbestra-
stellt sich die grundsätzliche Frage, ob Kommunikationsmaßnahmen vorrangig das
tegie ist mit positive Bild der Unternehmung als Ganzes in der Öffentlichkeit stärken sollen oder
einer CRM- ob den Abnehmern eher Produktprogramme oder einzelne Produkte nahegebracht
Konzeption werden sollen. Der erstgenannte Ansatz führt zu imagebildenden Corporate Identity
in Einklang
zu bringen.
Strategien. Im zweiten Fall sind Werbekampagnen zu entwickeln.

Bezüglich Zielgruppen ist zu entscheiden, ob die allgemeine Öffentlichkeit (Stake-


holder), bestehende Kunden oder Interessenten in das Fadenkreuz der Kommunikati-
onsstrategie rücken. Wie können Streuverluste durch Werbung minimiert werden?
Bei der klassischen Mediawerbung beispielsweise können bestimmte Zielgruppen
nur über Einschaltzeiten (Fernsehzeiten) oder über die Auswahl der Printmedien
(Fach-, Zielgruppenzeitschriften) erreicht werden. Beim 1to1-Marketing will der
Anbieter kundenindividuelle Kontaktstrategien verwirklichen.869

Aktive Kommunikationsstrategien verrücken gemäß der bereits behandelten aktiven


Positionierung die Bilder in den Köpfen der Kunden. Passive Kommunikationsstra-
tegien passen sich dagegen an veränderte Kundengewohnheiten an. Auch für die
Wettbewerbsauseinandersetzung ist die Frage nach Aktion oder Reaktion wichtig.
Will man sich durch eine aggressive Werbung deutlich vom Wettbewerb abheben
(Differenzierungskommunikation) oder möchte man eher mit den Werbeaktivitäten
der Konkurrenz mithalten (Anpassungskommunikation)?
Eine veränderte Rechtslage schafft neue Voraussetzungen für eine aggressivere
Kommunikationspolitik. Nach neuem EU-Recht ist vergleichende Werbung jetzt
grundsätzlich zulässig, (1) wenn der Vergleich nicht irreführend ist, (2) nachprüfbare
und typische Eigenschaften miteinander verglichen werden und (3) der Mitbewerber
nicht herabgesetzt oder verunglimpft wird.870

869
vgl. zu diesem neuen Ansatz des Marketing Boldt, (Maßstab), in: MM, 4/1998, S. 139-150
870
vgl. Aktenzeichen I ZR 211/05 und I ZR 2/96 – Urteile vom 5.2. und 23.4.1998
7. Kapitel: Die Kommunikationspolitik 407

Hinsichtlich der regionalen Reichweite sind regionale, nationale, internationale und


globale Kommunikationsstrategien zu unterscheiden. Soll eine Werbemaßnahme im
weltweiten Maßstab durchgeführt werden oder geht es eher darum, eine abgegrenzte,
regionale Zielgruppe in einem speziellen Kulturkreis zu erreichen?

Betreffend Umfang und Intensität einer Werbestrategie ist als quantitative Kompo-
nente festzulegen, ob das Niveau der Kommunikationsmaßnahmen (Intensität, An-
zahl der sog. Impressions) verstärkt, zurückgenommen und / oder qualitativ verän-
dert werden soll. Qualitativ gelten als strategische Alternativen:
• kontinuierliche Kommunikationsstrategien, die bewusst an bestehenden bildli-
chen oder sprachlichen Kommunikationsaussagen festhalten und
• diskontinuierliche Kommunikationsstrategien, die den Kunden überraschen
und / oder bestehende Bilder verrücken sollen (Benetton, Bluna).

Im Rahmen der dynamischen Kommunikationspolitik ist zu regeln, wie eine


Kommunikationsstrategie ein Produkt im Zeitablauf des Lebenszyklus fördern soll.
In der Praxis schwanken Kommunikationsbudgets im Zeitablauf. Empirische Unter-
suchungen stellen immer wieder fest, dass die Unternehmen mehrheitlich der Kom-
munikation in guten Zeiten größere und in schlechten Zeiten geringere Budgets zur
Verfügung stellen. Nur wenige Unternehmen verfolgen bewusst gegensätzliche Stra-
tegien. In Relation zur Konjunkturlage bzw. zur wirtschaftlichen Verfassung einer
Unternehmung sind folglich prozyklische, antizyklische und konjunkturindif-
ferente Strategien zu unterscheiden.

Isolierte Kommunikationsstrategien laufen in eigener Regie einer Planungseinheit.


Kooperative Kommunikationsstrategien erfordern ein Abstimmen unter Ver-
triebspartnern. Von wachsender Bedeutung ist in diesem Zusammenhang die Ver-
bindung von Herstellerkommunikation und Händlerkommunikation in der Medien-
werbung oder auf gemeinsamen Veranstaltungen.

Nach den 8 W´s ist bei Kommunikationsstrategien/Aktionen zu entscheiden über:


(1) Werbeobjekte (die beworbenen Produkte, Unternehmen, Personen),
(2) Werbezielgruppen (die umworbenen Einzelpersonen und Gruppen),
(3) Werbeziele betreffend Werbeobjekte und definierte Werbezielgruppen,
(4) Werbebudgets,
(5) Werbemittel (d.h. Instrumente wie Anzeige, TV-Spot, Plakat, etc.),
(6) Werbegestaltung / Kreativdimension eines Werbemittels,871
(7) Werbeträger /-medien (welches TV-Programm, welche Zeitschrift, etc.)
Das Werbe- (8) Werbeverteilung, zeitliche Schaltungen.
budet von
Daimler-
Chysler im 7.2.2. Ansätze zur Budgetbestimmung
Jahr 2005:
1,6 Mrd. Kommunikationsstrategien erfordern eine rationale Budgetplanung? Der Werbedruck
US-$. Nr. 1 scheint unbegrenzt – die finanziellen Spielräume sind aber stets zu eng. Mit einem
der Werbe- Patentrezept für ein optimales Werbebudget wäre wohl ein letztes Geheimnis der
spender
2006 war Marketingtheorie gelüftet. Kurzum: Die vob der der wissenschaftlichen Forschung
P&G mit 8,2 erarbeiteten Modelle erweisen sich für die praktische Unternehmensführung zumeist
Mrd. US-$ als nicht umsetzbar.872 Die Budgetrahmen sind in der Praxis meist durch Erfahrungs-
vor Unilever regeln (empirische Normen), Branchengepflogenheiten und aktuelle finanzielle Mög-
mit 4,3 Mrd.
US-$. lichkeiten bestimmt.873 Üblich sind folgende Budgetplanungen:

871
vgl. Meffert, (Marketing), 2000, S. 709. Meffert spricht von Dimensionen
872
vgl. die angesprochenen Ansätze bei: Meffert, (Marketing), 2000, S. 789-799
873
vgl. Rogge, (Werbung), 2004, S. 149-173
408 Marktorientierte Unternehmensführung

(1) Im Idealfall bilden die strategischen Unternehmensziele die Richtschnur für Um-
fang und Qualität der Kommunikationsmaßnahmen. Plastisch ist hierfür der Beg-
riff Ziel- und Aufgaben-Methode (Objective-and-Task-Method).874 Sie dürfte
für die marktorientierte Unternehmensführung die sinnvollste Methode sein; ori-
entiert an Erfahrungen der Vergangenheit und Gegebenheiten der Branche und
unabhängig von Konjunktur - lediglich ausgerichtet auf die strategischen Ziele.
(2) Die verfügbaren finanziellen Mittel sind stets begrenzt. So geht die ausgabenori-
entierte Methode (All-we-can-afford-Method) von dem aus, „was man sich leis-
ten“ kann; betriebswirtschaftlich z.B. vom erwirtschafteten Cash Flow. Ganz da-
von abgesehen, dass diese Budgetierungsmethode die strategischen Zielsetzun-
gen und die Wechselwirkungen im Marketing-Mix außer Acht lässt: Die Vorge-
hensweise verführt zu einem prozyklischen Verhalten. In wirtschaftlich guten
Zeiten wird viel, in schlechten Zeiten zu wenig für das Unternehmensimage und
für die Produktwerbung getan. Bei einem antizyklischen Verhalten würde man
dann also in wirtschaftlich schwachen Zeiten gezielt die Kommunikationsan-
strengungen erhöhen – so weit es sich die Unternehmung leisten kann.
(3) Die Problematik eines prozyklischen Verhaltens wird besonders bei der Pro-
zentsatzmethode (Percentage-of-Method) deutlich. Nach ihr werden die Werbe-
budgets als (a) prozentuale Anteile vom Umsatz (Percentage-of-Sales-Method)
oder vom (b) Gewinn (Percentage-of-Profit-Method) festgelegt. Trotz der ge-
schilderten Nachteile wird die Prozentsatzmethode in der Praxis am häufigsten
verwendet. Für Kommunikationsbudgets gängig sind in der Konsumgüterindust-
rie Werbequoten von 6 – 12% und bei Industriegütern von 2 – 6% vom Umsatz.
Die Prozentanteile gelten als Richtschnur und werden bei der Unternehmenspla-
nung jährlich an die laufende Strategie und an die Wirtschaftslage angepasst.
(4) Bei der Benchmark-Methode orientiert man die Werbeanstrengungen oder gar
die Werbequoten am Branchenschnitt bzw. am Trend der Branche. Der Werbe-
druck kann gemessen werder als Share of Advertising, d.h. die eigenen Werbe-
aufwendungen in Relation zu den Werbeaufwendungen der Branche.
(5) Benchmarken kann man natürlich auch an starken Konkurrenten. Die konkur-
renzorientierte Methode (Competitive-Method) gibt es in zwei Varianten:
(a) Bei der Wettbewerbs-Paritäts-Methode (Competitive-Parity-Method) orien-
tieren sich die Kommunikationsanstrengungen an den Budgets der wichtigsten
Wettbewerber. Die entsprechende Kennziffer hierzu ist der Share-of-Voice, d.h.
die eigenen Werbeaufwendungen in Relation zu den Werbeaufwendungen der
oder des Branchenführers. Eine Unternehmung verfolgt dann Anpassungswer-
bung bzw. Anpassungskommunikation.
(b) Nach der Wettbewerbsanteils-Marktanteils-Methode (Competitive-
Market-Share-Method) korrelieren Werbebudgets mit Marktanteilen. Die Vorge-
hensweise würde aber dem Denkansatz der Portfoliotheorie widersprechen. Ge-
rade wachstumsstarke und innovative Produkte müssen am Anfang ihres Lebens-
zyklus mit Hilfe der Kommunikationspolitik in hohe Marktanteile „gepusht“
werden. Es ist hier allerdings zwischen dem Unternehmensgesamtbudget und den
geschäftsfeldbezogenen Teilbudgets zu unterscheiden. Der Vollständigkeit halber
können im Rahmen der Wettbewerbsorientierung noch eine Kommunikations-
Marktführer- und eine Kommunikations-Nischenstrategie unterschieden werden.

Diese Budgetierungsansätze schließen sich in der Praxis nicht aus. Die Unternehmen
versuchen, alle Aspekte auf einen Nenner zu bringen. Die strategischen Zielsetzun-
gen und die verfügbaren Finanzmittel bestimmen den Rahmen. Keinesfalls aber
hängt der Erfolg der Kommunikation „vom Budget“ ab. Man weiß: Werbedruck
874
vgl. z.B. Weis, (Marketing), 2004, S. 464-465
7. Kapitel: Die Kommunikationspolitik 409

allein bewegt wenig. So gilt z.B. für Markenprodukte die Regel: 100% mehr Wer-
bedruck (Werbeausgaben) bringt nur ca. 3,5% mehr Marktanteil.875 Aber viel
zu oft erfüllen Werbeausgaben leider nur eine Legitimationsfunktion:
„Mein Hauptkonkurrent hat ein Werbebudget von ca. 8 Mio. Euro. Wir geben sogar 9
Mio. Euro aus. Damit haben wir doch alles Notwendige getan?“

Wenn auch eine hohe Korrelation zwischen der Höhe eines Kommunikationsbudgets
und der Bekanntheit eines Produktes bestimmt nicht zu leugnen ist: Die Qualität
muss stimmen. Und es ist dann die Kraft der Bilder, die über die Qualität der Kom-
munikation und damit letztlich über die Kaufpräferenzen der Kunden entscheidet.

7.2.3. Strategieausrichtungen von Werbekampagnen


a.) Kampagnenausrichtung nach der Produktpositionierung
Stehen Kommunikationsstrategie und –budget fest, dann kann ein Rahmen für die
Werbekampagnen abgesteckt werden. Grundsätzlich sind statische und dynamische
(zeitraumbezogene) Aspekte zu beachten. Alle Überlegungen starten mit einem
marktforscherischen Blick auf die derzeitigen und die in der Zukunft angestrebten
Positionierungen der bestehenden und neuen Produkte in der Erinnerung der Interes-
senten und Kunden und im Vergleich zum Wettbewerb.

Abschnitt 4.2.3. hat das Verfahren der Produktpositionierung bereits vorgestellt. De-
sign, Qualität und Funktionalität eines Produktes werden auf eine angestrebte Positi-
on im Raum der Nutzenempfindungen der Konsumenten hin entwickelt. Diese Posi-
tionierungsstrategie muss nun durch adäquate Kommunikationsmaßnahmen umge-
setzt werden. Nicht immer halten die Produkteigenschaften im Sinne des neuen
Verbraucherschutzrechtes das, was aggressive Positionierungskampagnen im Fern-
sehen oder in den großen Publikumszeitschriften versprechen. Oft hat der Verbrau-
cher sogar das Gefühl, ein Produkt bleibe technisch unverändert, und es werde ei-
gentlich nur die „Werbetrommel“ gerührt. Pepels spricht demgemäß von einer Uni-
que Communication Proposition; „ ... eine erlebte Alleinstellung in der Meinung
der Nachfrager ... unabhängig davon, ob ein Produkt nun faktisch unique ist oder
nicht“.876

b.) Kampagnenausrichtung auf Erwartungen von Zielgruppen


Im Visier der Werbung stehen immer auch Zielgruppen. Jüngere Zielgruppen sind
offenbar öfters und intensiver, auf jeden Fall anders zu bewerben als ältere. Abb.1-20
hatte ein theoretisches Modell von Einzeldeterminanten zur Erklärung des Käufer-
verhaltens aufgezeigt. Diese Determinanten lassen sich zu Motivationsfeldern für
Kaufentscheidungen bündeln.877 Sie bergen das eigentliche Geheimnis, warum Käu-
fer ein Produkt einem anderen vorziehen. Es sind:
(1) Nutzenerwartungen: In diesem Fall erwartet der Käufer, dass ihm ein Produkt
eine überlegene Problemlösung bzw. einen signifikant höheren Nutzen bietet.
(2) Identitäten: Bei vielen Produktarten kann sich der Kunde durch eine bestimmte
Kaufwahl selbst verwirklichen. Das gewählte Produkt ist dann Ausdruck seines
persönlichen Lebensstils. Das gilt insbesondere für Designerprodukte, Mode, Au-
tos, Wohneinrichtungen etc.
(3) Programmierungen: Viele Kaufentscheidungen sind bereits im Elternhaus oder
in der Schule angelernt. Von diesen „frühen Programmen“ werden die Kaufent-

875
vgl. Hoffmann, (Profit), in: Welt am Sonntag v. 4.7.1999, S. 54
876
Pepels, (Marketing), 2004, S. 103. S. noch einmal Abschnitt 4.2.3.
877
vgl. Buchholz; Wördemann, (Markenwachstum), in: ASW, Sondernummer 10/1997, S. 166
410 Marktorientierte Unternehmensführung

scheidungen für viele Güter des täglichen Bedarfs bestimmt (z.B. für Strümpfe,
Unterwäsche, Hemden, Biersorten).
(4) Normen: Normen wirken noch stärker als Programmierungen. Mit seiner Kauf-
entscheidung löst der Konsument nicht selten einen inneren Konflikt. Beispiele:
umweltschonende Produkte, alkoholfreies Bier, Zigarettenfilter.
(5) Emotionen: Die kaufbeeinflussende Wirkung von Emotionen wurde bereits im
1. Kapitel erläutert.

c.) Kampagnenausrichtung auf Produktlebenszyklen


Bei den dynamischen Aspekten stehen Kampagnen im Vordergrund, die die Produk-
te über deren Markt- bzw. technologische Lebenszyklen begleiten (s. noch einmal
Abschnitt 4.2.1.). Grob zu unterscheiden sind Kampagnen zur (1) Marktvorberei-
tung (z.B. für neue Intel-Prozessoren), zur (2) Markteinführung, zur (3) Bewer-
bung von Produktverbesserungen (Produktvariationen) oder zur (4) Bewerbung
von Produktdifferenzierungen (z.B. für PKW-Sondermodelle). Die Herausforde-
rung liegt darin, bereits in dieser Phase der strategischen Kampagnenfestlegung den
richtigen Mix für das gesamte Leistungsprogramm zu bestimmen.

d.) Kampagnenausrichtung auf Kundenlebenszyklen


Werbekampagnen werden sich auch an dynamischen Kundenentwicklungen orien-
tieren. Zwei Konzepte sind zu unterscheiden:
(1) Kundenstatus-bezogene Kampagnen (s. noch einmal Abb.6-37) umfassen vor
allem Werbe"feldzüge" zur Neukundengewinnung, zur Erreichung einer größeren
Kundenloyalität von Stammkunden oder speziell zur Kundenrückgewinnung. Um
Streuverluste im Gesamtmarkt zu vermeiden, werden für derartige Kampagnen
meist Instrumente des Direktmarketing eingesetzt (s. Abschnitt 7.8.).
(2) Bei einer anderen Form der Lebenszyklus-Betrachtung geht es darum, Kunden
werblich durch Alterszyklen (Customer Lifetime Cycle) hindurch zu begleiten.
Gehörte Schüler X als 14-jähriger noch zur Zielgruppen von Sony-Playstations,
so kann Herr X zehn Jahre später wegen eines Vario-Notebooks oder einer digita-
len Kamera von Sony akquiriert werden. Man spricht von Up-Selling-Strategie.

e.) Customer Relationship Communication (CRC): Kampagnenaus-


richtung auf die CRM-Strategie
Im Abschnitt 6.3.3. wurde eine wesentliche Schwachstelle von CRM nicht genannt:
In der Praxis beschränkt sich CRM zumeist auf die Vertriebsautomatisierung (insbes.
Außendienststeuerung). Der Schulterschluss mit der Kommunikationspolitik (Wer-
bung, Kundendialog, Corporate Publishing) wird nicht gewagt. Das CRM-Spiel wird
auf Top-Management-Ebene und in der IT-Abteilung gespielt. Werbung und Dia-
logmarketing bleiben auf der Ebene des Marketingleiters "hängen". Insofern erken-
nen wir zwei Säulen von CRM:878
(1) die herkömmliche (beziehungsorientierte) Vertriebssteuerung als Customer Re-
lationship Sales (CRS; konventionelle Verkaufssteuerung) und
(2) die auf den Aufbau werthaltiger Kundenbeziehungen ausgerichtete Kommunika-
tionspolitik: Customer Relationship Communication (CRC).

Abb.7-5 verdeutlicht den Zusammenhang. CRC stellt die Kundenkommunikation


unter die Führung einer CRM-Strategie. Damit soll verhindert werden, dass Vertrieb
(die operativen Geschäftsbereiche) und Marketing wie Inseln nebeneinander stehen.

878
vgl. Winkelmann, (Communication), in: acquisa, 12/2001, S. 8
7. Kapitel: Die Kommunikationspolitik 411

Abb.7-5

„Wollen wir
ernsthaft die
Qualität des
Vertriebs
verbessern,
dann muss
die Kunden-
kommunika- CRS CRC
tion indivi- Customer Customer
dualisiert Relationship Relationship
werden." Sales Communication
(Marzian;
Smidt, 2002,
S. 148)

Aufbauend auf der bekannten CRM-Definition lässt sich CRC wie folgt definieren:

CRM besteht aus den beiden Säulen Customer Relationship Sales (CRS =
integrierte Vertriebssteuerung) und Customer Relationship Communication
(CRC).
„CRC ist eine wesentliche Säule einer CRM-Philosophie. CRC integriert und
optimiert auf der Grundlage einer Kunden-Datenbank und einer
Unternehmens-/Produktpositionierung medienübergreifend alle Prozesse der
Unternehmenskommunikation.
Zielsetzung ist die Harmonisierung aller Kundenbotschaften, ausgerichtet auf
Kunden-Lebenszyklen und mit dem Ziel, Kundenbindungen zu stärken. Das
setzt voraus, dass CRC-Konzepte Vorkehrungen für eine permanente
Verbesserung des Kundenkontaktes und für eine Mitgestaltung des Kunden
beinhalten.“879
CRM ist nur dann wirklich integriertes Kundenmanagement, wenn gilt:
CRM = CRS + CRC.

Die Kunst liegt darin, die Erfolgselemente von CRM geschickt in die Kundenkom-
munikation zu übernehmen. Erste Praxiserfolge liegen vor.880 Da bei CRC den Kun-
denzeitschriften eine zentrale Bedeutung zukommt, wird diese Thematik im Ab-
schnitt 7.12.6 im Zusammenhang mit dem Corporate Publishing vertieft.
Werbekampagnen können nun nach diesen Vorgaben ausgestaltet werden. Aber auch
bei perfekter Planung werden die Strategien nur dann erfolgreich sein, wenn sie in
den Gedanken der Konsumenten erinnerungskräftige Bilder entstehen lassen.

7.3. IMAGERY: Die Kraft der Bilder


7.3.1. Grundlagen der Bildkommunikation
"Denn nicht die Sandburg ist das wichtigste im Sandkasten des Kindes. Das wichtigste
ist das Bild einer Sandburg, die das Kind im Sinn hatte, ehe es mit dem Bauen anfing.
Warum meinst du, dass das Kind sonst die Burg einhaut, sobald sie fertig ist? .... Ist
es dir nie passiert, dass du etwas zeichnen oder basteln wolltest, dass du einfach nicht
richtig hinbekommen hast? Du versuchst es immer wieder, aber es klappt nie. Und
das liegt daran, dass dein inneres Bild immer vollkommener ist als die Kopien, die du
mit den Händen zu formen versuchst." (Gaarder, (Kartengeheimnis), 2000, S. 242) 881

879
vgl. Winkelmann, (Communication), in: acquisa, 12/2001, S. 8
880
vgl. Campillo, (Dialog-Dirigenten), in: acquisa, 5/2003, S. 34-37
881
Gaarder, (Kartengeheimnis), 2000, S. 242
412 Marktorientierte Unternehmensführung

„Was zählt, Bilder sagen mehr als 1000 Worte. Bilder besitzen für das Ansehen und die Mar-
ist die Kraft kenkraft einer Unternehmung eine derart fundamentale Bedeutung, dass ihnen hier
der Erinne-
rungswerte
ein gesonderer theoretischer Abschnitt gewidmet wird.
ausdrucks- „Bilder sind Schnellschüsse ins Gehirn.“883 Kroeber-Riel definiert: „Ein Bild ist die
starker Bil- Aufzeichnung eines realen oder fiktiven Gegenstandes, die dem Gegenstand ähnlich
der in den ist und deswegen wie der Gegenstand wahrgenommen werden kann.“884 Bilder wir-
Köpfen der
Konsumen-
ken wie Wirklichkeiten.885 Tatsächlich besitzen Bild und abgebildeter Gegenstand
ten.“882 die gleiche Wahrnehmungsqualität. Bilder üben folglich die gleichen Reize aus, wie
reale Gegenstände und können Menschen, in unserem Fall Interessenten und Kun-
den, zum Kauf bewegen. Zwischen der Realität und bildlichen Scheinwirklichkeiten
besteht eine magische Verwandtschaft. Manchmal sind Scheinwirklichkeiten sogar
schöner als die Realität, wie das Eingangszitat andeutet. Abb.7-6 fasst Fakten zur
täglichen Reizüberflutung durch werbliche Bilder zusammen.
Abb.7-6
FAKTEN ZUR BILDKOMMUNIKATION

Der Mensch kann in 1,5 – 2 Sekunden ein Bild mittlerer Komplexität, in der gleichen Zeit aber nur 7 – 10
Wörter aufnehmen.
Das Gehirn kann bis zu 200 visuelle Bildinformationen pro Sekunde verarbeiten.
Ein Bildthema wird in 1/100 Sekunde erfasst. 1-2 Sekunden Aufmerksamkeit sind zur Erinnerung für ein Bild
mittlerer Komplexität notwendig.
Im Durchschnitt bleiben einer Anzeige nur 2 Sekunden, um die Aufmerksamkeit eines Lesers zu gewinnen.
In den 2 Sekungen kann der Mensch nur max. 7 Informationen sinnvoll verarbeiten (= die „magical number
7“ des Psychologen Miller (s. ASW, 12/2003, S. 47).
Ein Kunde verwendet durchschnittlich nur 3,44 Sekunden, um ein Angebot im Regal zu registrieren und
auszuwählen.
Der Mensch ist pro Tag rund 1.600 konkreten und 5.200 unkonkreten Werbereizimpulsen (Impressions)
ausgesetzt. Nur 2% der Impressions bleiben in Erinnerung (Problem der Reizüberflutung).
Reale Objekte werden besser erinnert als ihre Bilder – Bilder werden besser erinnert als konkrete Wörter –
konkrete Wörter werden besser erinnert als abstrakte Wörter.
Insofern gilt: Der Mensch behält 10% von dem, was er liest, 20% von dem was er hört, 30% von dem, was
er sieht, 70% von dem, was er sieht und hört und 90% von dem, was er selbst tut (vgl. Focus (2002), S. 72).

Eingängige Werbebilder sprechen alle Sinne an:


(1) Visuelle Bilder: Sie beinhalten Bildmotive, Bildgröße, -form, -farbe, Detailreich-
tum, Platzierung (Darstellung im Kontext) des Bildes als Ganzes, räumliche Or-
ganisation der Bildinhalte sowie die möglichen Verknüpfungen der Bilder mit
Text, Sprache, Musik, Geräuschen etc.
(2) Akustische Bilder: Diese werden in der Kommunikation neben Sprache und
Scratch´n visuellen Bildern regelmäßig eingesetzt. Sie umfassen Musik, Geräusche oder
´Sniffing ist vokale Sprechmuster. Bekannte akustische Werbebilder sind z.B. der Marsch für
eine Son-
das Reinigungsmittel der General, die Hymne von Underberg, das akustische
derwerbe-
form, bei der Signal von Meister Propper oder die Sequenz „nichts ist unmöglich, ...“.886
eine Werbe- (3) Geruchsbilder (Duftbilder): Beispiel: die Parfümierung von Kosmetikanzeigen
fläche mit in Brigitte, Elle oder im Manager-Magazin oder der Zitrusduft von Reinigungs-
Duftstoffen
behandelt
mitteln. Jetzt wird sogar versucht, über das Internet Geruchsimpulse an Zusatzge-
wird, die räte am POS zu geben. In München gibt es ein Duftkino (www.duftkino.de).
sich durch (4) Haptische Bilder: Hierbei geht es um den Tastsinn. Ein Beispiel ist die rauhe
Reibung Verpackung der Underberg-Flasche, das Wellenmuster der Coca Cola-Flasche,
freisetzen.
die typischen Anfühlbarkeiten von Automobillenkrädern oder Armaturenbrettern.

882
Wippermann, P.: (Starke Marken), in: ASW, 12/1996, S. 36
883
Kroeber-Riel, (Bildkommunikation), 1996, S. 53
884
Kroeber-Riel, (Bildkommunikation), 1996, S. 35, s. auch im folgenden zu den Definitionen
885
Die Sprache ist dagegen ein verschlüsseltes und „wirklichkeitsfernes“ Zeichensystem: Kroeber-
Riel, (Bildkommunikation), 1996, S. 36
886
Wenn Sie gerade an Toyota denken, dann ist das ein Beweis für die die Kraft dieses musikalischen,
aber auch sprachlich eingängigen „Erinnerungsbildes“.
7. Kapitel: Die Kommunikationspolitik 413

Bilder entfalten ihre Kraft auf zweistufige Weise:


(1) als Wahrnehmungsbilder: Diese müssen beim Empfänger eine Wahrnehmungs-
schwelle überschreiten und werden dann subjektiv interpretiert und weitergehend
(2) als Gedächtnisbilder (Memory Images, Mental Images): Gedächtnisbilder wer-
den für längere Zeit gespeichert und sind aus dem Gedächtnis abrufbar.

Gedächtnisbilder gelten als die entscheidenden inneren Bilder. Sie werden mit dem
inneren Auge betrachtet. Lt. Kroeber-Riel werden sie „gespeicherte Emotionen“.887
Sie steuern das Verhalten und sind deshalb für die Werbung von herausragender Be-
deutung. Die Gehirnforschung sieht die Verarbeitung dieser inneren Bilder (wie auch
die kreativen Vorgänge) in der rechten Gehirnhälfte angesiedelt. Die linke Ge-
hirnhälfte ist mit den kognitiven Prozessen (sprachlich-analytische Vorgänge) des
Intellekts befasst. Anfang der 70er Jahre nahm in der Psychologie die Lehre von den
inneren Bildern, die Imagery-Forschung, ihren Aufschwung:
„Unter Imagery versteht man die Entstehung, Verarbeitung, Speicherung und
Verhaltenswirkung innerer Bilder. Diese Vorgänge finden in einem
eigenständigen Gedächtnissystem statt.“888 Imagery ist die Wirkung von
informativen und emotionalen Bildern auf das menschliche Verhalten.

Vor allem Kroeber-Riel hat die Imagery-Forschung in die betriebswirtschaftliche


Forschung, und hier speziell in die Kommunikationspolitik, eingebracht. Die Wer-
bung setzt gezielt Imagerytechniken zur Ansprache und Beeinflussung ihrer Ziel-
gruppen ein. Grundlage sind gesetzmäßige Zusammenhänge von Bildwirkungen.
Warum bleiben manche Bilder lange in Erinnerung, andere nicht?

7.3.2. Theorie der Bildgestaltung


a.) Die Aktivierung
Die Aktivierung des Betrachters, d.h. die Erregung von Aufmerksamkeit, stellt die
erste Stufe eines Bilderfolges dar. Im Mittelpunkt von Aktivierungstechniken stehen
(1) physisch intensive, (2) emotional intensive und (3) überraschende Reize. Phy-
sisch intensive Reize gehen vor allem von der Bildgröße und von Farben aus.
Bei einer Auswertung von 600 Anzeigen wurde festgestellt, dass die durchschnittli-
chen Betrachtungsdauern 2,8 Sek. bei einer zweiseitigen, 2 Sek. bei einer 3⁄4 bis einsei-
tigen und 0,6 Sek. bei einer Anzeige von einer halben Seite betragen.889
Vierfarbige Anzeigen erreichen fast dreifache Recallwerte (Erinnerungswerte) wie
schwarz-weiße Bilder. Die Farbwirkung geht jedoch fast noch stärker in Richtung
Sympathie / Antipathie als in Richtung Aktivierung.

Emotionale Bildelemente sind die klassischen Reize der Werbung. Die Werbe-
wirtschaft geht davon aus, dass sich wirksame Schlüsselreize, die biologisch vorpro-
grammierte Reize auslösen, im Zeitablauf kaum abnutzen. Bsp.: Der Marlboro Cow-
boy oder die heile Familienwelt von Jacobs Krönung. Nach der Aktivierung ist der
Kunde bereit, Werbeinformationen anzunehmen.

b.) Die Informationsvermittlung


Nach der werblichen Aktivierung folgt die bildliche Umsetzung von Produktvortei-
len und von Anwendungsbeweisen. Eine besondere Bedeutung hat in diesem Zu-
sammenhang der „dritte Effekt“ von Bildern, d.h. die Kombination eines beworbe-
nen Produktes mit einer inhaltlich unabhängigen Symbolik, die mit dem Gegenstand
887
vgl. Kroeber-Riel, (Bildkommunikation), 1996, S. 42
888
Kroeber-Riel, (Bildkommunikation), 1996, S. 25.
889
vgl. Kroeber-Riel, (Bildkommunikation), 1996, S. 104 ff.
414 Marktorientierte Unternehmensführung

nicht unmittelbar in Beziehung steht, aber markante Eigenschaften aufweist. Diese


Bildanalogie löst beim Betrachter eine sog. freie Bildassoziation aus. Er überträgt
die Eigenschaften der ergänzenden Symbolik auf den beworbenen Gegenstand: „ein
Auto, so wendig wie ein Rennpferd.“890

c.) Das Auslösen von Emotionen


Die Werbebotschaften sollen emotionalisieren. Zu unterscheiden sind (1) Klima-
und (2) Erlebniswirkungen (z.B. Lifestyle). Klimawirkungen sind kurzfristiger Na-
tur. Sie sollen den Bildbetrachter für den Moment in eine positive Stimmung verset-
zen. Erlebniswirkungen haben dagegen dauerhafte Kraft. Sie lösen innere Filme aus
(Abenteuererlebnisse, Produktanwendungen, z.B. Autofahrten, Einkauf als Erlebnis,
Ausleben eines Lebensstils etc.), die der Konsument vor seinem inneren Auge wie-
derholt abrufen kann. Ziel ist die emotionale Konditionierung. Ein Gegenstand
wird immer wieder stereotyp mit einem emotionalen Bild verknüpft, so dass dem
Produkt (langsam) ein emotionaler Erlebniswert zuwächst. So ist die Beck´s-
Werbung (viele Grüntöne) zu einem Symbol für das Erlebnis von seemännischer
Freiheit und Abenteuer geworden. Das Verkaufsprodukt Bier tritt in den Hinter-
grund. Drei Voraussetzungen sollten für die Emotionalisierung erfüllt sein:891
(1) Vorliegen eines starken emotionalen Reizschemas (z.B. Mutter und Kind, Wald
und Natur, Sonne und Speiseeis, Meer und Umwelt, Schwiegermutter),
(2) Einsatz einer Dramaturgie, die diesem Schema wirksam entspricht und eine
(3) lebendige Umsetzung des Bildmotivs bzw. der Dramaturgie.

d.) Die Sprachergänzung


Werbung bindet meist Sprachinformationen ein. Vor allem Slogans sollen Bildele-
mente verstärken und absichern. Die sprachlichen Zusätze helfen, die inneren Bilder
des Betrachters zu stabilisieren. Denn Bilder sind oft mehrdeutig interpretierbar. Der
Text soll das Bild nicht dominieren, sondern gewissermassen nur einen Rahmen bie-
ten. Entscheidend ist die emotionale Verbindung von Bild und Textbotschaft. Die
Sequenz „Wir machen den Weg frei“ der Volks- und Raiffeisenbanken soll hier ex-
emplarisch angeführt werden. Der Konsument soll die komplexe Werbebotschaft
(das komplizierte Produkt Finanzdienstleistungen) sprachlich einfach auf einen
Punkt bringen. Es gibt zahlreiche Kombinationsmöglichkeiten von Bild- und Text-
botschaften.892 Unter Bezug auf Wember weist Kroeber-Riel auf das Problem der
Bild-Text-Schere hin: Werden z.B. eingängige Bilder durch abstrakte Produktinfor-
mationen begleitet, wie es oft bei Messepräsentationen geschieht, dann werden die
Textinformationen einfach nicht wahrgenommen.893 Praktische Hinweise zur Aus-
gestaltung von Slogans erfolgen im Abschnitt 7.7.4.d.

e.) Der Aufbau von Gedächtniskraft


Fotos vergilben. Werbebilder sollen bleiben. Die Gedächtnisleistung eines Informa-
tionsempfängers (Werbeempfängers) hängt vor allem von seiner persönlichen Akti-
vierung, einer einprägsamen Gestaltung und Vermittlung der Botschaft und von den
Bedingungen ab, unter denen eine Botschaft aufgenommen und verarbeitet wird.

Eine Bilderinnerung baut sich gleichmäßig bei einer Darbietungszeit von 2 – 4 Se-
kunden auf. Fernsehbilder sollten daher mindestens 2 Sekunden lang sichtbar sein.

890
Kroeber-Riel, (Bildkommunikation), 1996, S. 135
891
vgl. Kroeber-Riel, (Bildkommunikation), 1996, S. 162
892
vgl. Kroeber-Riel, (Bildkommunikation), 1996, S. 76
893
vgl. Kroeber-Riel, (Bildkommunikation), 1996, S. 185-186
7. Kapitel: Die Kommunikationspolitik 415

Zur reinen Wiedererkennung reichen kürzere Schaltzeiten. Damit sich aber Einstel-
lungsänderungen bei Kunden ergeben, sind zahlreiche Wiederholungen notwendig.
Kampagnen laufen daher mit wiederkehrenden, sehr ähnlichen Bildern im gleichen
Werbemittel über einen längeren Zeitraum. Eine bekannte Technik zur Steigerung
der Gedächtniskraft ist die Reminder-Technik: Ein Werbespot üblicher Länge wird
mit einem verkürzten Ausschnitt einige Minuten später im gleichen Werbeblock
kombiniert. Der Kurzspot greift dann nur noch die Schlüsselszene, den Slogan und
die Kernmelodie auf. Wichtig für den Aufbau von Gedächtniskraft sind Schlüssel-
bilder. Diese sind Bildmotive, die den Kern einer Botschaft visualisieren:

„Ein Schlüsselbild ist ein bildliches Grundmotiv für den langfristigen Auftritt
der Firma oder Marke, das dazu dient, sachliche oder emotionale
Angebotsvorteile im Gedächtnis zu verankern.“894

Man denke z.B. an das grüne Schiff von Beck´s Bier oder an die Balken und weißen
Blasen von O2. Für Schlüsselbilder gilt:895
(1) Die Kernelemente eines Schlüsselbildes müssen eindeutig erkennbar sein.
(2) Das Schlüsselbild muss einprägsam und lebendig gestaltet sein.
(3) Das Schlüsselbild muss in Bezug auf eine Umsetzung in verschiedenen Medien -
möglichst mit Überraschungsmomenten - variationsfähig sein.
(4) Das Schlüsselbild muss sowohl kontinuierlich durchhaltbar wie auch im Zeit-
ablauf anpassungsfähig (für eine Trendanpassung) sein.

f.) Abschluss: Die Beeinflussung des Kaufverhaltens


Abb.7-7

Bild Gedächtnisbild Einstellung Verhalten

In Kenntnis der Wirkungskette der Abb.7-7 kommt es im Endeffekt darauf an, dass
eine Botschaft Käufer-Verhaltensweisen (Kaufentscheidungen und Wiederholungs-
käufe) dauerhaft konditioniert; also im „Konsumentenkopf“ programmiert. Eine ein-
prägsame, lebendige Bildgestaltung und langfristig konsistente Bildwiderholungen
stehen im Vordergrund, um Kaufimpluse auszulösen.896 Die Werbung verwendet
sozusagen eigene Closing-Techniken.

7.3.3. Imagerystrategien – Zusammenhang der Bilder mit Imagepoli-


tik und Werbung
Werbekampagnen vermitteln Botschaften. Die Bild-, Ton- und Sprachbotschaften
sollten im Einklang mit einer Imagery-Strategie stehen. „Imagery-Strategien erhöhen
nachweisbar die Durchsetzungkraft eines Anbieters auf dem Markt.“897 Fünf Wir-
kungszusammenhänge für Botschaften und Bilder sind zu beachten:
⌦ Der formale Marktauftritt der Unternehmung wie auch der aller ihrer Produkte
ist zu vereinheitlichen ( einheitliches Erscheinungsbild = Corporate Design).
In allen Werbebotschaften wie auch auf allen schriftlichen Firmenunterlagen
sollte eine „gleiche, unverwechselbare Handschrift“ erkennbar sein.

894
Kroeber-Riel, (Bildkommunikation), 1996, S. 201
895
vgl. Esch; Andresen, (Botschaften), in: ASW, 8/2000, S. 53
896
vgl. Kroeber-Riel, (Bildkommunikation), 1996, S. 239
897
Kroeber-Riel, (Bildkommunikation), 1996, S. 239, S. 247
416 Marktorientierte Unternehmensführung

⌦ Alle Botschaften sind aufeinander abzustimmen. Von zentraler Bedeutung sind,


wie aufgezeigt, durchhaltbare Schlüsselbilder (die visuellen Leitmotive).
⌦ Die Botschaften sollten zur Unternehmenskultur passen.
⌦ Die Botschaften sollten auf eventuelle interkulturelle Unterschiede in der Akzep-
tanz bestimmter Schlüsselbilder bei den Zielgruppen hin abgestimmt werden
(z.B. ist das Motiv Schwein im Kulturkreis des Islam nicht tragbar).
⌦ Der Zeitrahmen für eine Werbekampagne ist so zu bemessen, dass sich die Wer-
bebilder zur Schaffung langfristiger Kaufpräferenzen auch festigen können.
⌦ Und letztlich sollten im Sinne von Customer Relationship Communication
(CRC) die Botschaften und Bilder, die der Vertrieb den Interessenten und Kun-
den vermittelt, mit denen der Kommunikationspolitik im Einklang stehen. Jede
Kommunikation prägt innere Bilder im Markt. Die Kernbotschaften des Ver-
kaufs dürfen von denen der Werbung nicht abweichen.
Auf der Grundlage dieser strategischen Weichenstellungen sind nun die einzelnen
Instrumente der Kommunikationspolitik zu planen.

7.4. Entscheidungen auf Geschäftsführungsebene:


Imagepolitik und Corporate Identity
7.4.1. Begriff - Bedeutung - Aufgaben
Abb.7-8 Wendlin Wedekind, VW/Porsche,
wird gerne mit folgendem Satz DIE 15 IMAGE-FÜHRER 2006
zitiert: „Ich arbeite für das groß- Rang 2006 Rang 2004 Unternehmen Rufpunkte
artigste Unternehmen der Welt. 1. 1. Porsche 910
Wir stellen etwas her, was nie- 2. 2. BMW 872
3. 3. Audi 841
mand wirklich braucht. Kein 4. 12. Adidas-Salomon 813
Mensch braucht einen Porsche, 5. 16. Puma 811
6. 14. Google 802
und trotzdem will ihn jeder ha- 7. 5. Coca-Cola 794
ben“. Dieser Satz kennzeichnet 8. 13. SAP 784
9. 32. Toyota 775
die Magie der Image-Kraft. Mana- 10. 22. Hugo Boss 773
ger wie Politiker sind deshalb 11. 21. Tchibo 773
12. 8. Sony 771
sorgsam darauf bedacht: 13. 6. Nokia 770
„Oh, I have (1) ein sympathisches Bild in der 14. 14. Dr. Oetker 768
lost my repu- 15. 36. EBay 766
tation. I have
Öffentlichkeit abzugeben und
lost the zu sichern (Schädlich sind (Quelle: MM, 2/2004, S. 56; www.manager-magazin.de)
immortal Image-Pannen: z.B. Shell mit
part of my- der Bohrinsel-Affäre Brent Spa oder Benetton mit einer zwar aufmerksamstar-
self, and
what re-
ken, aber vom Verbraucher überwiegend als unangenehm empfundenen Werbe-
mains is kampagne),
bestial." (2) dabei in der Gesamtschau aller persönlichen und unternehmensbezogenen Akti-
(William vitäten mit einem einheitlichen Erscheinungsbild aufzutreten,
Shakespeare,
Othello, 2. (3) welches sie zudem wohltuend und prägnant von Wettbewerbern abhebt
Akt) (4) und das voraussichtlich über einen längeren Zeitraum stabil ist.
Abb.7-8 zeigt das Meinungsbild von 2.500 repräsentativ ausgewählten deutschen
Führungskräften (Imageprofile 2006).898 Unverändert üben Automobilmarken eine
hohe Faszination aus. Die wichtigsten imageprägenden Faktoren sind: (1) Kun-
denorientierung, (2) Produktqualität, (3) Managementqualität, (4) Innovationskraft
und (Preis-/Leistungsverhältnis). Wenn es gelingt, diese Größen zu bewerten und zu
steuern, dann kann das Management durchaus ein Image im Markt steuern.
898
vgl. zu der Erhebung der Imageprofile die verschiedenen Beiträge im Manager-Magazin, z.B. für
2004: MM, 2/2004, S. 46-57 - auch mit speziellen Branchenauswertungen.
7. Kapitel: Die Kommunikationspolitik 417

Unter einem Image wird das ganzheitliche und gleichzeitig auch differenzierte
Bild verstanden, das eine Person von einem Beurteilungsgegenstand hat.899
Die Imagepolitik umfasst dann alle Maßnahmen, um bei Interessenten,
Kunden und in der Öffentlichkeit ein bestimmtes Bild über eine Unter-
nehmung, eine Person oder über ein Produkt (eine Marke) zu formen oder zu
verändern oder um deren Einstellungen in einer bewussten Weise zu be-
einflussen (verändern).
Das Problem für die Wirtschaft: Die Imagepolitik wird leicht vernachlässigt,
weil das Image nach deutschem Bilanzrecht keine Berücksichtigung in der
Bilanz findet (Thema immaterieller Firmenwert).

In Deutsch- Ein Image entspricht einer persönlichen Einstellung des Betrachters zu dem Gegens-
land misst tand.900 Die Imagepolitik einer Unternehmung versucht in die "Black Box" des Kun-
der ADAC-
AutoMarxx
den zu stossen und diese inneren Bilder zu beeinflussen. Die bereits angeführten
das Image Punkte (1) Anstreben eines positiven Bildes, (2) eines einheitlichen Erscheinungsbil-
von 33 Au- des und (3) einer Wettbewerbsdifferenzierung umreissen die Ziele der Imagepoli-
tomarken tik. Grundlage von Images sind die behandelten inneren Bilder (Schlüsselbilder).
durch Befra-
gung von Die Bedeutung der Imagepolitik für die marktorientierte Unternehmensführung
4000 zufällig
ausgewähl- lässt sich wie folgt belegen:901
ten Autofah- (1) Images beeinflussen den strategischen Unternehmenserfolg und Marktanteile.902
rern. Ran- (2) Images sind daher wesentliche Erfolgsfaktoren für den Shareholder Value.
king 2006:
Audi vor
(3) Positive Unternehmensimages ummanteln "liebevoll" die Marken-Images.
Mercedes (4) Positive Images motivieren auch die eigenen Mitarbeiter stark.
und VW. (5) Images sind hochsensibel und können nur bedingt "erzwungen" werden.
(6) Images besitzen wegen eines langen Zeitbedarfs zum Imageaufbau und bei
gleichzeitig großer Gefahr schneller Imageverluste hohe strategische Brisanz.
(7) Alle unternehmerischen Teilbereiche tragen zum Unternehmensimage bei.
(8) Images im Markt, die nicht mit der Unternehmensvision und der Mission in Ein-
klang stehen, sind schädlich! Eine derartige Situation erfordert eine komplette
Neuausrichtung der Kommunikationspolitik.
Erfolgreiche, starke Images zeichnen sich durch folgende Qualitäten aus:
(1) Prägnanz: Prägnante Images sind durch Klarheit, Richtigkeit und eindeutige
Zurechenbarkeit gekennzeichnet. Problematisch sind diffuse Images.
(2) Konstanz: Ständig wechselnde Imagebotschaften können sich beim Kunden
nicht zu einem positiven Bild verfestigen. Dem Management ist deshalb Kontinu-
ität in der Imagepolitik bzw. Konstanz bei den Botschaften zu empfehlen.
(3) Differenzierung: Anzustreben sind Unverwechselbarkeiten gegenüber der Kon-
kurrenz. Ein Image sollte auf Distanz zu Wettbewerbsimages gehen.
(4) Originalität: Gute Imagebotschaften sind originell, verblüffen den Empfänger,
hinterlassen oft ein Schmunzeln, ohne platt oder anstößig zu wirken. Gute Ideen
werden in der Konsumwelt vom Verbraucher honoriert (z.B.: die Alpenbilder
von Lila Pause oder das Deutschland-Image der BMW-Werbung).
(5) Keine Markenspannungen, d.h. keine signifikanten Abweichungen zwischen
Markenversprechen an und Produkterfahrungen der Käufer.903

899
vgl. z.B. die Definitionen bei Trommsdorff, (Konsumentenverhalten), 2004, S. 158 ff.; Andritzky,
(Operationalisierbarkeit), 1976, S. 215
900
Image als „mehrdimensionales Einstellungskonstrukt“: vgl. Meffert, (Marketing), 2000, S. 118
901
vgl. zu einigen Punkten: Huber, (Imageplanung), 1993, S. 76, wobei wir aber wegen der Uner-
reichbarkeit der inneren Bilder keinesfalls mit Huber übereinstimmen, dass Images vom Management
„direkt beeinflussbar“ sind.
902
vgl. o.V., (Sekt), in: MM, 2/1998, S. 56
903
vgl. Dudenhöffer, (Markenspannung), in: ASW, 3/2003, S. 36-38
418 Marktorientierte Unternehmensführung

(6) Kongruenz: Bei starken Images decken sich Selbst- und Fremdbild. Leider sieht
einen die Umwelt nicht immer so, wie man das gerne hätte. Hauptziel der Image-
politik ist folglich eine möglichst hohe Kongruenz zwischen Selbstimage und
dem im Markt gewachsenen Fremdimage.

Verfügt die Imagepolitik über „eigene“ Instrumente? Zunächst gilt:


⌦ Alle Aktionen eines Unternehmens, alle Botschaften seiner Mitarbeiter sowie
seiner Produkte und Dienstleistungen haben imagebildende Wirkung. So stehen
auch alle Marketing- und Vertriebsinstrumente in einer Beziehung zur Imagepo-
litik. Es macht aber keinen Sinn, „sie alle in die Imagepolitik zu packen“.

Es gilt also, bestimmte Aktionsbereiche zu finden, mit denen Images in der Öffent-
lichkeit positiv beeinflusst werden können. In den letzten Jahren hat sich der Zweig
der Corporate Identity Politik dazu aufgeschwungen, auf der Grundlage eines kon-
trollierten äußeren Erscheinungsbildes das Ansehen und die Bilder von Unternehmen
und Produkten in der Öffentlichkeit und damit auch bei den Kunden zu prägen.

7.4.2. Corporate Identity (CI)


a.) Beziehung zur Imagepolitik
Noch Anfang der 70er Jahre wurden die Begriffe Image und Corporate Identity nicht
voneinander abgegrenzt. Birkigt und Stadler treffen für Ihre Begriffsabgrenzung eine
Unterscheidung in Eigen- und Fremdimag: „Corporate Identity bezeichnet das
Selbstbild des Unternehmens, Corporate Image dagegen sein Fremdbild. Image ist
also die Projektion der Identity im sozialen Feld.“904 Diese Definition stellt eine in-
terne Firmenpersönlichkeit neben ein externes Firmenimage. Wir wollen dem nicht
folgen und die Corporate Identity in eine umfassende Imagepolitik einbetten:

Die Corporate Identity ist das sichtbare Erscheinungsbild, der sichtbare


Marktauftritt einer Unternehmung nach außen und gegenüber den Mitarbeitern.
CI ist somit ein bewusst angestrebtes Erscheinungsbild.
Das Image einer Unternehmung ist das tatsächliche Bild über eine Unterneh-
mung und deren Leistungsprogramm in den Köpfen der Verbraucher
(Fremdbild).
Die Coporate Identity Politik umfasst alle Maßnahmen zur gezielten Gestal-
tung und hierbei gemeinhin zur bewussten Vereinheitlichung von Firmenbild
und Marktauftritt. "Corporate Identity ist Unternehmenskommunikation mit dem
Ziel, die Einstellungen meinungsbildender Gruppen zu einem Unternehmen zu
formen oder zu verändern."905
Dabei ist Corporate Identity nicht als eigenständiges Instrument im Rahmen der
Kommunikationspolitik zu verstehen sondern als eine Gesamtheit von
Gestaltungs- und Ausführungsanweisungen für andere Instrumente.
Die sog. Corporate Identity Politik wird i.d.R. in einem CI-Handbuch be-
schrieben. Über die Einhaltung wacht üblicherweise das Marketing oder eine an
die Geschäftsführung berichtende Stabsstelle.
Die Corporate Identity Politik ist der tragende Kern der Imagepolitik. Die
Imagepolitik geht über die Corporate Identity Politik hinaus. Sie umfasst
ergänzend die Fülle von imagebildenden Handlungen und Ereignissen in der
Praxis, die oft nicht in die gezielte Steuerung des Erscheinungsbildes

904
Birkigt; Stadler; Funck, (Corporate Identity), 2002, S. 23
905
Demuth, (Erfolgsfaktor Image), 1994, S. 27. Diese Definition kann aber ebenso gut auf den Be-
reich Public Relations angewandt werden.
7. Kapitel: Die Kommunikationspolitik 419

eingebracht werden (z.B. Auftragsabwicklung, Reklamationswesen) oder nicht


eingebracht werden können. Bsp.: Mit Handelspartnern werden gemeinsame
imagebildende Maßnahmen abgestimmt. Die Handelspartner wollen sich der
Corporate Identity des Lieferanten aber nicht unterordnen. Oder: Ein neue
Verpackung soll ein Hochpreis-Image fördern, ist aber nicht Angelegenheit von
Corporate Identity).
Abb.7-9

Abb.7-9 veranschaulicht den Zusammenhang zwischen dem Unternehmensimage


und der Corporate Identity.906 Corporate Identity Regelungen sollen also das Unter-
nehmensimage verbessern, indem beeinflussbare Imagekomponenten vereinheit-
licht werden. Vier unterschiedlich weit gefasste Ansätze für eine gewünschte CI-
Standardisierung werden vorgeschlagen:907
(1) Corporate Design: Der designorientierte Ansatz beschränkt sich auf die Ver-
einheitlichung optischer Erkennungselemente (z.B. Porsche Design, Braun-
Design, Bang&Olufsen).
(2) Corporate Behavior: Der führungsorientierte Ansatz will das Selbstverständ-
nis der Unternehmung mit dem Verhalten der Mitarbeiter in Einklang bringen.
(3) Corporate Communication: Der kommunikationspolitische Ansatz be-
schränkt CI auf Maßnahmen von Werbung und PR.
(4) Corporate Culture: Die drei Aspekte verschmelzen langfristig zu einer Unter-
nehmenskultur. Diese ist als Resultierende zu verstehen und weniger ein als ge-
staltbares Instrument der Imagepolitik.
Am einfachsten steuerbar ist das Corporate Design.

b.) Corporate Design


Corporate Design zielt auf Standardisierung visueller Elemente des Auftritts der Un-
ternehmung in der Öffentlichkeit. Das Logo von Unternehmen und Produkten, Pro-
duktgestaltungselemente (z.B. der stilisierte blau-weiße BMW-Propeller), Gebäude-
fassaden (z.B. alle Markentankstellen, Einzelhandelsketten), Briefpapier, Visitenkar-
ten, Lastwagenplanen, Verpackungen, kurz: Alle denkbaren Imageträger werden mit
den gleichen bzw. aufeinander abgestimmten, sichtbaren Identifikationsmerkmalen
ausgestattet. Das Corporate Design legt die Handschrift des Unternehmens fest.

906
Herrn Obitayo danke ich für diese Grafik
907
vgl. in Anlehnung an Meffert, (Marketing-Management), 1994, S. 85-86 sowie die dort angegebe-
ne Literatur
420 Marktorientierte Unternehmensführung

Ein Paradebeispiel für ein konsequentes Corporate Design ist die Marke Coca Cola.
Das Firmenlogo – der markante, weiße Schriftzug auf rotem Hintergrund – wird
weltweit auf Fahrzeugen, Verpackungen, Arbeitskleidung, Briefbögen etc. umgesetzt.

c.) Corporate Behavior


Corporate Behavior „bildet die in sich schlüssige und widerspruchsfreie Ausrichtung
aller Verhaltensweisen der Unternehmensmitarbeiter im Innen- und Außenverhält-
nis.“908 Wichtig ist, dass Firmeninhaber und Führungskräfte – wie Gallionsfiguren –
die Unternehmenswerte vorleben. Der Mann von Mannesmann oder Wolfgang Grupp
von Trigema sind hierfür treffende Beispiele. Auch beinhalten Corporate Identity-
Handbücher Regeln und Empfehlungen, wie die Mitarbeiter Schriftwechsel und ver-
bale Kommunikation (z.B. die Anrufannahme am Telefon: Guten Tag, hier ist die
Deutsche Telekom, mein Name ist xxx, was kann ich für Sie tun?) mit Kunden, Liefe-
ranten und der Öffentlichkeit zu führen haben. Die Grenze zur Corporate Communi-
cation ist hier fließend.
Fußballstars z.B. verletzen die Grundregeln des Corporate Behavior, wenn sie sich in
Funk und Fernsehen in einer Weise zu vereinsinternen Vorgängen äußern, die im Wi-
derspruch zu den Botschaften von Präsidium und Trainer stehen.

d.) Corporate Communication


Corporate Communication umfasst Standardisierungsregeln, nach denen sämtliche
Kommunikationsbotschaften in der Öffentlichkeitsarbeit, in der Werbung, im Mes-
sewesen, in der Verkaufsförderung, beim Sponsoring etc. auf die gewünschte Unter-
nehmens- oder Produktidentitäten hin abzustimmen sind. Auch die Botschaften im
Schriftverkehr und auf Anrufbeantwortern etc. werden vereinheitlicht.

e.) Corporate Culture


Bei einer CI aus einem Guss fügen sich alle Elemente zu einer "fühlbaren" Fir-
menkultur zusammen. Eine Unternehmenskultur lässt sich nicht herbeireden. In
einer Firma mit ausgeprägter Kultur werden sich nur Mitarbeiter dauerhaft wohl-
fühlen, die sich nach eigenem Selbstverständnis mit der Firmenkultur identifizieren.
So wird zur Corporate Culture von DaimlerChrysler gesagt:
„Wer etwas ist oder sein möchte bei Daimler-Benz, der achtet auf die Kleiderord-
nung; man trägt blau im Schwabenkonzern, hell am Fließband, dunkel auf der Füh-
rungsebene.“909

Alle Einstellungen, Normen und das Selbstverständnis der Unternehmung gegenüber


ihrer Umwelt sind berührt. Auch der Begriff Corporate Philosophy versucht das
Phänomen konturierter Imageprofile von Unternehmen zu erfassen.

7.4.3. Imagepositionierung und Imagestrategie


Die Imagepolitik sollte über die operativ gefassten CI-Regelungen und CI-
Handbücher hinausgehen. Sie ist als ein umfassender Prozess zur Analyse und Fest-
legung von Ist- und Soll-Images (Image-Positionierung), zur Auswahl und zum Ein-
satz imagebildender Instrumente sowie zur Imagekontrolle auszugestalten.910

908
Meffert, (Marketing), 2000, S. 708
909
o.V., (Windsor-Syndrom), in: MM, 3/1998, S. 14
910
vgl. Hätty, (Markentransfer), 1989, S. 93
7. Kapitel: Die Kommunikationspolitik 421

Abb.7-10 Ein interessantes Mo-


REPUTATIONS- / IMAGEPORTFOLIO
dell liefert die GfK im
Rahmen des Brand & 100

Communication Re- 90
search. Als wichtig-

Kompetenz in Prozent
BMW
ste Imagefaktoren 80

werden Sympathie 70
Lufthansa

und Kompetenz i-
dentifziert. Unter- 60
Allianz
EOn

nehmen lassen sich 50


nach diesen Faktoren
in einem Reputati- 40
30 40 50 60 70 80
onsportfolio map- Sympathie in Prozent
911
pen. Abb.7-10 lie- (Quelle: Schwaiger; Högl; Hupp, (Unternehmensmarke), in: ASW, 12/2003, S. 35)
fert eine Auswertung.
Ein Zwei-Faktoren-Portfolio ist jedoch zu grob, um differenzierte Imagekampagnen
zu fahren. Deshalb durchleuchten höher qualifizierte Imageanalysen die semanti-
schen Potenziale der Unternehmensbilder.
Abb.7-11 zeigt hierzu das Brand Personality Gameboard der GfK Marktfor-
schung.912 Die GfK Marktforschung und McKinsey haben sich zusammengetan und
auf dem Ansatz zur Messung von Markenpersönlichkeiten von Aaker (1977) ein ei-
genes Verfahren kreiert. Nach dem im 3. Kapitel beschriebenen Verfahren der multi-
dimensionalen Skalierung werden Marken bzw. Unternehmen in einem Spannungs-
feld von 13 Persönlichkeitsmerkmalen in Beziehungen zueinander gesetzt. Kraft ver-
sus Geist und Vernunft versus Lust sind die gegensätzlichen Pole.
Abb.7-11
DAS BRAND PERSONALITY GAMEBOARD DER GfK MARKTFORSCHUNG
( )
Robust
Mutig
Vernunft Kraft
Robin Hood
Intelligent
Gandhi
Authentisch
Nelson Mandela Rocky

Zuverlässig
Alice Freiheitsliebend
Schwarzer Lance
Richard von Armstrong
Weizsäcker
Wohlerzogen
Bruce
Ehrlich Goethe James Bond Willis
Temperamentvoll
Alfred Mick Jagger
Biolek Evita
Vornehm Günther Thomas
Jauch Gottschalk Robbie
Williams Leidenschaftlich

Julia Roberts
Geist Lust
Charmant

Quelle: GfK Marktforschung, n = 900, McKinsey Fröhlich

(Quelle: mit frdl. Genehmigung von Dr. Oliver Hupp, GfK Marktforschung)

911
vgl. Schwaiger; Högl; Hupp, (Uternehmensmarke), in: ASW, 12/2003, S. 35
912
vgl. Hölscher; Hupp, (Persönlichkeiten), in: ASW, Sonderausgabe Marken, 3/2003, S. 122; ferner
Manuskript von Dr. Hupp: ( Markenpersönlichkeit). Vgl. zur Imagepositionierung alternativ auch den
CAPO-Ansatz: Krüger; Buri, (CAPO), in: ASW, Sonderausgabe Marken, 3/2002, S. 92-95
422 Marktorientierte Unternehmensführung

Der Abstand zwischen den Imagepositionen spiegelt den Grad der Ähnlichkeit wider.
Die Biermarke Beck´s (Sail away) ist prägnant in Richtung Freiheitsliebe aufgestellt.
Bruce Willis entspricht dieser Persönlichkeitsposition. L´Oreal repräsentiert französi-
schen Charme. Einem internationalen Image wird am ehesten Julia Roberts gerecht.

Die sich aus der Imagepositionierung ergebenden Fragen lauten:


• in welchem Imagefeld kaufrelevanter Eigenschaften eine Unternehmung, eine
Marke oder eine Person aufgestellt ist,
• ob das Image dort auf ein ausreichend großes Kundensegment trifft,
• welche Positionierungen die relevanten Wettbewerber einnehmen,
• ob eine Position glaubwürdig ist.

Lassen sich diese Fragen eindeutig und positiv beantworten, dann kann nach Hupp
von einer Idealpositionierung gesprochen werden. Das GfK-Gameboard bestätigt
erneut die große Bedeutung der emotionalen Ladung einer Imagepositionierung. Wer
mit den falschen Personen oder Begriffen wirbt, hat keine Chance. Ein konsistenter
Imageaufbau ist Grundstein für den für den Markterfolg wichtigen Vertrauensaufbau.
Krombacher gilt als Positivbeispiel: Seit dem Kampagnenstart mit Günther Jauch
stieg der Umsatz um 3 Prozent.913

7.5. Öffentlichkeitsarbeit (Public Relations)


7.5.1. Begriff - Bedeutung - Aufgaben

"Tue Gutes Public Relations (PR) umfasst alle Maßnahmen, um (1) die Öffentlichkeit
und lass
darüber
über Vorgänge der Unternehmung zu informieren, (2) ein positives Bild im
reden." Unternehmensumfeld zu prägen und (3) um dadurch Vertrauen bei den sog.
(Oeckel) Stakeholdern und in der Öffentlichkeit aufzubauen.
Eine besonders erfolgreiche PR bewirkt, dass Medien und Öffentlichkeit frei-
willig positiv über die eigene Unternehmung oder Institution berichten.

Gegenüber der Werbung gibt es zwei wesentliche Abgrenzungen:


(1) Werbung zielt auf Kaufpräferenzen und letztlich auf Marktanteile von bestimm-
ten Produkten oder Geschäftsfeldern ab. PR will dagegen mit Hilfe vertrauens-
bildender Maßnahmen ein positives Image für die Gesamtorganisation (sachli-
cher Unterschied) erreichen.
(2) Werbung kauft Medien und ist in vollem Umfang für den Inhalt der Werbebot-
schaften selbst verantwortlich. PR muss die Medien (Öffentlichkeit) durch Wich-
tigkeit und Inhalt der Themen und Aussagen überzeugen, um dann (im Idealfall
ohne Nachdruck) in der Berichterstattung berücksichtigt zu werden. Das gilt na-
türlich nicht für eigene PR-Medien, wie z.B. eine Hausmesse oder eine Firmen-
zeitschrift.

Der Begriff Public Relations (PR) hat eine lange Tradition; länger als das Marketing.
Der Begriff passt deshalb gut in die übergeordnete Hemisphäre der marktorientierten
Unternehmensführung. Der PR-Begriff wurde in der heutigen Bedeutung erst-
mals1897 in einem amerikanischen Yearbook of Railway Literature erwähnt.914 Als
Vater der modernen Public Relations gilt Ivy Lee (1877 – 1934) mit den Erfahrun-
gen, die er als Berater und Verteidiger der Familie Rockefeller sammeln konnte. Er
brachte PR in seiner Declaration of Principles wie folgt auf den Punkt:

913
vgl. Manuskript zum Brand Personlity Gameboard von Dr. Hupp, GfK, 2002, S. 8
914
Vgl. Kalt, (Öffentlichkeitsarbeit und Werbung), 1994, S. 17. Zuvor: Dorman Eaton, 1982
7. Kapitel: Die Kommunikationspolitik 423

„Unser Plan ist kurz und offen, die Presse und die Bevölkerung schnell und genau ü-
ber die Tatsachen zu unterrichten, die für sie von Wert und Interesse sind.“

Die PR- Carl Hundhausen übertrug den PR-Begriff 1937/38 nach Deutschland; u.a. durch
Agenturen: seinen Beitrag Public Relations in der ZfB. 1950 übersetzte der damalige PR-Chef
Ca. 25 PR- der BASF, Albert Oeckl, Public Relations mit Öffentlichkeitsarbeit.915 Seither wer-
Marktführer
mit über 50 den die Begriffe synonym verwendet. Der Umsatz der registrierten ca. 3.500 PR-
Mitarbeitern, Agenturen in Deutschland liegt wohl in einer Spannweite zwischen. 3,8 bis 5 Mrd.
ca. 100 Euro.916 Mehr als 50.000 Menschen arbeiten hauptberuflich in der PR-Branche.
mittlere
Agenturen
mit 20 – 50 7.5.2. Aufgabenbereiche
MA, 350
kleine Agen- Sechs Aufgabenbereiche fallen in das PR-Ressort:
turen mit 5 – (1) Informationsaufgaben: Im Rahmen der Informationsaufgaben sind relevante
20 MA, Zielgruppen und die Öffentlichkeit über die Unternehmenssituation, Ereignisse
1.000 PR-
Büros mit
und umfeldrelevante Meinungen des Managements zu informieren. Wie man es
bis zu 5 MA nicht machen sollte, zeigte vor einigen Jahren der Streit um die Versenkung der
und ca. Ölverlade- und Lagereinrichtung Brent Spa der Shell AG. Shell verwies auf recht-
2.000 Ein- liche Positionen und auf Fakten. Greenpeace agierte auf der emotionalen Ebene.
zelberater.
Shell beging den Fehler, sich nicht mit Greenpeace zusammenzuschließen. Auf
Die größten der anderen Seite bewies der Vorgang um das "Elch-Debakel" der A-Klasse von
PR-Agen- DaimlerChrysler, wie man durch eine abgestimmte Vorgehensweise von PR und
turen 2006: Werbung eine Niederlage in einen Sieg verwandeln kann.
PLEON,
Media Con- (2) Investors-Relations: PR hat speziell die Kapitaleigner und Aktionäre wie auch
sulta, He- alle anderen Stakeholder über wertbeeinflussende Vorgänge im Unternehmen zu
ring Schup- informieren.
pener, Fi- (3) Imagebildende Aufgaben: Um über die Informationgebung hinaus in der Öf-
scher-
Appelt, fentlichkeit ein positives und stabiles Bild von der Unternehmung zu prägen,
Scholz& • sind gute Kontakte zu den Medien zu pflegen,
Friends, • ist die Öffentlichkeit durch Geschäftsberichte, Pressekonferenzen u.a. regel-
A&B, Borg-
meier, Oli-
mäßig mit Informationen zu versorgen,
ver Schrott, • ist das Unternehmen für die Öffentlichkeit zu öffnen (Werksbesichtigungen,
Atkon, AM Kontakte mit Hochschulen, Tag der offenen Tür etc.),
(Quelle: • sind öffentliche Anliegen finanziell zu unterstützen (Sponsoring).
Gerhard A.
Pfeffer, PR
(4) Dialog-/Kommunikationsaufgaben: PR sollte alle Gelegenheiten nutzen, um
Journal; einen nutzenbringenden Dialog (Interaktionen) zwischen dem Unternehmen mit
Horizont, den relevanten Zielgruppen zu erreichen und zu pflegen.
14/2007, S. (5) Motivations- und Bindungsaufgaben: PR kann auf diese Weise bewirken, dass
8).
Mitarbeiter, Kunden oder Lieferanten „stolz“ auf ihre Unternehmung bzw. ihren
Geschäftspartner sind und sich loyal (freiwillig) an die Unternehmung binden.
(6) Lobbying: Eine gute PR kann der Unternehmung weltweit Türen öffnen und hel-
fen, Verbündete zu gewinnen. PR ist ein unverzichtbarer Katalysator für die Mei-
nungsbildung auf politischer Ebene.

In diesem Sinne hat PR die öffentliche Meinung zu analysieren und vorauszusagen


und „die Unternehmung auf allen Ebenen der Organisation im Hinblick auf
Grundsatzentscheidungen, Aktivitäten und Kommunikation, unter Berücksichtigung
aller öffentlichen Aspekte und der gesellschaftlichen und staatsbürgerlichen Verant-
wortung der eigenen Organisation“ 917 zu beraten.

915
vgl. Haedrich, (Öffentlichkeitsarbeit), 1982, S. 5
916
vgl. zum PR-Markt in Deutschland: www.neues-prportal.de; www.pr-journal.de
917
Kalt, (Öffentlichkeitsarbeit und Werbung), 1994, S. 45
424 Marktorientierte Unternehmensführung

Wenn sich die Medienwirtschaft gut informiert fühlt, dann wird sie von sich aus po-
sitive Meldungen über die Unternehmung verbreiten. Das ist dann die beste PR und
gleichzeitig die kostengünstigste Werbung!

7.5.3. Gestaltung der Öffentlichkeitsarbeit


Folgende Themeninhalte bieten sich für Unternehmensveröffentlichungen an:
(1) Veränderungen im Management und bei den Kapitalverhältnissen,
(2) Informationen über Geschäftsbericht, Bilanzergebnis, Unternehmensleitlinien,
(3) Mitteilungen über Strategieänderungen oder neue, innovative Produkte,
(4) Informationen über wesentliche geschäftliche Veränderungen, wie Erweiterun-
gen, Aufstockung von Mitarbeitern, Auslandsengagements, Umzug oder Umbau,
(5) Informationen über Mitarbeiter, Auszubildende, Jubiläen, neue Mitarbeiter,
(6) Öko-Engagement und andere sozialpolitische Engagements,
(7) Spenden-Aktionen und Sponsoring-Maßnahmen,
(8) Beteiligung an Messen und Ausstellungen und Events,,
(9) erhaltene Auszeichnungen, wie ISO-Zertifizierung, Gütesiegel, Quality- oder
Design-Awards,
(10) Empfänge für Politiker, Verbandsführer und Meinungsführer im Haus.

Abb.7-12 Abb.7-12 enthält 15 Emp-


fehlungen von Oeckl zur EMPFEHLUNGEN FÜR DIE ÖFFENTLICHKEITSARBEIT
Agieren, nicht Reagieren bei der Veröffentlichung von Firmen-
Planung einer erfolgrei- nachrichten
chen Öffentlichkeitsarbeit. Kein Täuschen, Vernebeln oder Verschweigen
PR ist eine dauerhafte
Sichern der Glaubwürdigkeit
Aufgabe der marktorien-
PR muss kontinuierlich betrieben werden
tierten Unternehmensfüh-
rung. PR-Arbeit ist dabei Pläne, Leistungen, Ergebnisse sind transparent darzustellen
höchst sensibel. Ein über Keine anonymen Aussagen – keine Schleichwerbung
Jahre aufgebautes Firmen- Wahrheit, Klarheit und Einheit von Wort und Tat
image kann über Nacht,
PR muss sich auf Tatsachen gründen
z.B. durch eine Umweltaf-
färe, zerstört werden. Des- PR ist eine Dienstleistungsaufgabe; kein Selbstzweck

halb liegt die Verantwor- Die Beratungsfunktion von PR ist ernst zu nehmen
tung für die Öffentlich- PR muss Zielgruppen motivieren können
keitsarbeit auch in den PR muss "mit einer Zunge" reden
Händen der Unter- PR muss beide Seiten zufriedenstellen: Auftraggeber und Öffent-
nehmensleitung oder zu- lichkeit
mindest in denen einer PR erstreckt sich auf das ganze öffentliche Leben
starken Marketingabtei- PR ist Dialog – keine Kommunikationseinbahnstraße
lung.918

7.6. Spezialinstrument: Sponsoring


Sponsoring ist unternehmerisches Mäzenatentum. Um in der Öffentlichkeit
zum Vorteil eines Geförderten ein positives Image zu bekommen, stellt ein
Sponsor dem Geförderten Geld- oder Sachmittel zur Verfügung.

In den vergangenen Jahren wurden vor allem nichtkommerzielle Einrichtungen d.h.


Organsationen aus Sport, Kunst und Kultur gefördert. Derzeit ist ein Trend zum
918
Nach einer empirischen Untersuchung ist PR bei 61% der Unternehmen organisatorisch der Ge-
schäftsführung und bei 30% der Unternehmen dem Marketing zugeordnet: vgl. Haedrich, (Öffentlich-
keitsarbeit), 1982, S. 33
7. Kapitel: Die Kommunikationspolitik 425

Abb.7-13 Sponsoring von Medien, speziell von TV-Sendungen, augen-


RANGLISTE DER
fällig. Das Sponsoring-Volumen in Deutschland betrug im SPORTSPONSOREN
919
Jahr 2006 auf ca. 4,0 Mrd. Euro geschätzt. Abb.7-13 zeigt 2002
die Rangliste der zehn größten Sportsponsoren nach dem Be- 1. Adidas
kanntheitsgrad ihrer Förderungsmaßnahmen. Drei Besonder- 2. Nike
3. DaimlerChrysler
heiten des Sponsoring sind hervorzuheben: 4. Telekom
(1) Sponsoring ist kein „offen ausgesprochener Deal“. Eine 5. Opel
6. Marlboro
Förderung ist offiziell nicht mit einer Gegenleistung ver- 7. E.ON
bunden, vor allem nicht mit Kaufverpflichtungen seitens 8. Puma
9. Ferrari
des Geförderten. Jedoch stellt der Geförderte den Namen, 10. Hasseröder
Logo und Leistungen des Sponsors positiv heraus, um da-
durch dessen Imagebildung in der Öffentlichkeit zu unterstützen.
(2) Beim Sponsoring geht es nicht unmittelbar um Verkaufsförderung, sondern um
um Imagebildung und Wertetransfer. Doch bringt das Sponsoring den Förderer in
Kontakt mit bestimmten Zielgruppen, die ebenfalls für diese Werte einstehen.
Beispielsweise bekommt der Förderer einer Greenpeace-Veranstaltung Zugang
zu umweltsensiblen Zielgruppen. Geschäftschancen ergeben sich indirekt.
(3) Im Gegensatz zum später zu behandelnden Event-Marketing bleibt der Sponsor
Außenstehenden gegenüber nicht selten in einer passiven Rolle. Ein guter Spon-
sor hält sich zurück. Gewisse Einflussnahmen (Abstimmungen) sind im Vorfeld
möglich und beziehen sich z.B. auf das Motto der Veranstaltung oder auf Ort,
Zeit, Wahrung bestimmter CI-Wünsche und Einsatz bestimmter Werbemittel
(z.B. Trikotwerbung, Aufkleber, Fahnen, Bandenwerbung).

Abb.7-14 Alle Akteure im Sponsoringbe-


Fußball
reich sind im Fachverband für SPONSORING
4,0 Mrd. Euro
WM 2006: Sponsoring & Sonderwerbefor-
15 internati- men e.V. (FASPO; mittlerweile Medien-Sponsoring
onale und 6 auch Mitglied im ZAW) zusam- Sportsponsoring (0,9 Mrd.)
deutsche (2,5 Mrd.)
Sponsoren- mengeschlossen. Abb.7-14 ver-
gruppen deutlicht die Aufteilung der Spon- Public-Sponsoring
Kultur-Sponsoring
investierten sorengelder auf die vier dominie- (0,3 Mrd.)
(0,3 Mrd.)
700 Mio. renden Förderbereiche. Ca. 63%
Euro in das
Sport- fließen in die Sportförderung.
Sponsoring. Neue Sponsoringformen entwi- Schule
Öko
Die meisten ckeln sich im Bereich des Medien-
Sponsoren Sponsoring – wobei eine zu- Wissenschaft Sozio
hatten
schlechte nehmende Kommerzialisierung zu
Wiederer- beklagen ist. Von zunehmender
kennungsra- Bedeutung ist auch der Bereich
ten. (Quelle:
ASW,
des Public-Sponsoring. Über 50 Prozent der deutschen Unternehmen betätigen sich
7/2006, S. bereits als Corporate Citizen, wobei auch hier „zwischen Spendenwesen und kom-
40) merziellem Sponsoring noch eine erhebliche Grauzone herrscht.“920

Zwei Umstände erschweren die Erfolgskontrolle für das Sponsoring:


(1) Die Sponsoring-Beiträge enthalten i.d.R. keine Produktbotschaften (keine Wer-
bung), für die Responses gemessen werden können.
(2) Der Sponsor bleibt im Hintergrund. Ihm schenken die Zielgruppen oft nur indi-
rekt Aufmerksamkeit.921 Allerdings weichen die Sponsoren aus der Wirtschaft
von diesem Grundsatz immer mehr ab und kommerzialisieren ihre Engagements.
919
vgl. die Daten vom Fachverband Sponsoring: www.faspo.de; zaw, (Werbung), 2007, S. 389
920
zaw, (Werbung), 2005, S. 358
921
vgl. Meffert, (Marketing), 2000, S. 729-735
426 Marktorientierte Unternehmensführung

Die eingeschränkte Erfolgskontrolle ist zu aktzeptieren. Denn von der Ethik her soll-
te es den Sponsoren um die Förderung ideeller Werte gehen. Sie fördern regionale
Vereine und Aktivitäten und engagieren sich dort, wo auch ihre persönlichen Nei-
gungen und Interessen liegen. Ginge es nur um Umsatz, Ergebnis und Marktanteil,
dann gibt es wirkungsvollere Kommunikationsinstrumente.

7.7. Unpersönliche Medienwerbung (Klassikwerbung)


7.7.1. Begriff - Bedeutung - Aufgaben
Abb.7-15 Die klassische Medienwerbung spricht die Konsumenten
MARKENTREUE BEI
nicht persönlich an. Die Werbeaufwendungen für die MARKENARTIKELN
Allerdings
gibt es
„Massenwerbung“ sind mittlerweile hinter das Direktmar-
Klassik- keting zurückgefallen. Im Mittelpunkt stehen die Printme- Von den Konsumenten
kaufen immer die gleiche
medien mit dien (Zeitungen, Publikumszeitschriften, Fachzeitschriften, Marke:
Response. Anzeigenblätter, Adressbücher etc.), die FFFC-Medien 87% Zigaretten
2006: 75% Waschmittel
Werbeanteil (öffentlich-rechtliches und privates Fernsehen, Film und 71% Bier
6,1%. Hörfunk, Kino und mit starkem Aufwind die Computer- 71% Röstkaffee
70% Zahncreme
Online-Medien im Internet) sowie das weite Spektrum der
Außen- und Innenwerbung durch Plakate und Aufschrif-
ten. Dabei bewirbt die klassische Medienwerbung vor allem Markenprodukte. Mar-
kensicherung ohne permanente Medienwerbung ist schlichtweg nicht möglich.
Abb.7-15 liefert Ergebnisse einer Analyse der Markentreue von Konsumenten.922 Die
hohen Wiederkaufraten sprechen für die hohen Werbeausgaben der Wirtschaft.

Die gesam- Die gesamten Erlöse aus dem Werbegeschäft 2006 wurden vom Zentralverband der
ten Aufwen- Werbewirtschaft e.V. (ZAW) auf 20,4 Mrd. Euro geschätzt.923 Nach Jahren herber
dungen für
kommerziel-
Rückgänge war 2005 auf 2006 ein Wachstum um +2,6% und 2004 auf 2005 von
le Kommu- +1% zu verzeichnen. Abb.7-16 zeigt die Verteilung der Werbeausgaben 2006 auf die
nikation einzelnen Mediengruppen. Mit 4,5 Mrd. Euro führt unverändert dominierend die
lagen 2006 Werbung in den Tageszeitungen. Hinzu kommen 1,86 Mrd. Euro in Publikumszeit-
bei 75,1
Mrd. Euro. schriften, 0,96 Mrd. Euro in Fachzeitschriften und 0,26 Mrd. Euro in Wochen- und
(Quelle: Sonntagszeitschriften. Werbespots für rund 4,1 Mrd. Euro rieselten auf das Fernseh-
Deutsche publikum nieder. Ca. 350.000 Beschäftige arbeiten in der Werbung.
Post)
NETTO-WERBEEINNAHMEN ERFASSBARER WERBETRÄGER 2006 (20.350 Mio. Euro)
Abb.7-16 Filmtheater
Wochen- 0,6%
Online-Werbung
Hörfunk /Sonntagszeitungen
2,4%
Außenwerbung 3,3% 1,3% Zeitungs-
3,9% supplemente
0,4%
Weltweite Fachzeitschriften
Werbeausga- 4,7% Tageszeitungen
ben in 2005: 22,3%
404 Mrd. Verzeichnismedien
Euro, davon 5,9%
ca. 70% in
USA und Publikumszeit-
Europa schriften
(Schätzung 9,1% Fernsehen
ZenithOpti- 20,2%
media). Anzeigenblätter Werbung per Post
9,5% 16,3%

922
vgl. o.V., (Markenbildung), in: PM-Beratungsbrief v. 16.6.1997, S. 4
923
Quelle: Zentralverband der Dtsch. Werbewirtschaft, (Werbung), 2007, www.zaw.de
7. Kapitel: Die Kommunikationspolitik 427

Die unpersönliche Medienwerbung erhält ihre gesamtwirtschaftliche Bedeutung


durch das in Abb.1-44 im 1. Kapitel dargestellte Marktspiel der Konsumgütermärkte:
Die Hersteller schaffen am Handel vorbei beim Konsumenten Erinnerungswerte
(Markenwerte) und Kaufpräferenzen, die diesen veranlassen, die beworbenen Güter
aus den Regalen zu nehmen (Pull-Effekt). Aber auch im Industriegeschäft ist die
anonyme Massenansprache von Kunden und Öffentlichkeit mittlerweile etabliert -
man schaue nur in Fach- und Wirtschaftszeitschriften. Ebenso unverzichtbar ist die
Werbung heute für den Dienstleistungssektor, für Verbände, politische Parteien etc.

Für alle Werbeträger liegen die Zielsetzungen der Massenwerbung darin,


(1) die Umworbenen über die Existenz eines Angebotes zu informieren,
(2) Leistungsvorteile gegenüber vergleichbaren Angeboten herauszustellen,
(3) Bedürfnisse und Gefühle des Wohlbefindens zu wecken,
(4) dadurch Kaufanreize zu stimulieren
(5) und Vorteile / Belohnungen durch eine Kaufentscheidung herauszustellen.
Für die klassische Medienwerbung gelten allerdings gravierende Begrenzungen:
(1) Dem Interessenten oder Kunden kann die Botschaft lediglich angeboten werden.
(2) Der Beworbene wird nicht persönlich (namentlich) angesprochen. Es fehlen die
persönlichen Beziehungselemente der Kommunikation.
(3) Der Werbetreibende kann nur mit zusätzlichem Aufwand überprüfen, (a) ob und
in welchem Umfang die Botschaft die gewünschte Zielgruppe erreicht, (b) wie
der Beworbene die Botschaft versteht und empfindet (wertet) und (c) wie er sich
schlussendlich bei der Kaufwahl entscheidet.

Diese Beschränkungen lenken den Blick auf das Direktmarketing, das im folgenden
Abschnitt beschrieben wird. In beiden Bereichen, der Mediawerbung wie auch der
Direktwerbung, werden Planung und Umsetzung einer Werbekampagne üblicherwei-
se in die Hände kompetenter Dienstleister gelegt.

7.7.2. Mediakonzeption und Mediaplanung


a.) Ablauf einer Werbekampagne
Werbe- Eine Werbekampagne beruht auf einer Mediakonzeption und daraus folgend der
kampag- Werbeplanung. Abb.7-17 zählt die Schritte auf, nach denen eine Werbeplanung typi-
nen: 2003
gab es ins- scherweise abläuft:
gesamt
4.933 Kam- (1) Welche Werbeobjekte (Angebotsleistungen) sollen
pagnen, (2) bei welchen Werbe-Zielgruppen,
davon 30
mit Budgets (3) mit welchen Marketingzielen (Marktzielen) beworben werden?
von 25-30 (4) Welches Budget ist für die Kampagne notwendig bzw. steht zur Verfügung?
Mio. Euro (5) Welche Aufgaben sollen in der eigenen Werbeabteilung erledigt werden bzw.
und 12
Kampagnen
(6) welche Agenturen und sonstigen Dienstleister sollen eingeschaltet werden?
mit Budgets (7) Welche Kampagnenziele und -instrumente werden eingesetzt?
über 50 Mio. (8) Welche Werbemittel (z.B. Anzeige, Fernseh-Spot, Plakat)
Euro. (9) sollen in welcher Form kreativ umgesetzt (Copy Strategy) und auf
(10) welchen Werbeträgern / Medien (Werbeträgerauswahl, Mediaselektion) an die
Werbe-Zielgruppe herangetragen werden?
(11) Wie sieht das Werbe-Timing (Anzahl Schaltungen, Schaltpläne) aus?
(12) Wie soll der Erfolg der Werbekampagne überprüft werden?
428 Marktorientierte Unternehmensführung

Abb.7-17
PLANUNG UND DURCHFÜHRUNG EINER WERBEKAMPAGNE

Auftraggeber Agentur-Pitching

Werbeobjekte
Auftrag an
Marketingziele Marketingagentur
Werbe-Zielgruppe

Strategie-Briefing: Copy-Strategy:
Werbebudget Wettbew erbsumfeld, Werbemittel, Claims,
Positionierung. Benfits, Reason Why,
Kampagnenziele Tonality

Werbeträgerausw ahl
Mediaagentur: Werbeagentur:
Umsetzung der kreative Umsetzung,
Werbe-Timing: Kampagne in Medien Werbemittelgestaltung
Schalt-, Streupläne

MaFo-Institut: Werbedienstleister:
Kampagnenablauf Werbeerfolgs- technische Umsetzung
messung

b.) Die Aufgaben der Agenturen


„Werbung ist Nur in Sonderfällen erfolgt Werbearbeit vollständig inhouse. Werbewirtschaft ist
keine Spiel- Agenturgeschäft. Nach dem Prinzip der Arbeitsteilung (s. Abb.7-18) übernehmen
wiese für
Künstler.
Marketingagenturen, auch Kommunikationsagenturen genannt, die Werbestrate-
Werbung ist gie (Copy-Strategie). Die kreative Umsetzung (z.B. Umsetzung eines Scribbles in
das Metier ein Plakat) betreiben Werbe- bzw. Kreativagenturen. Diese sind oft Teil der Mar-
der Verkäu- ketingagenturen. Ca. 3.500 Agenturen leisten in Deutschland Konzeptberatung, die
fer. Denn nur
im Verkaufen Vermittlung von Unterleistungen und eventuell die Durchführung der Kampagnen
liegt der Sinn (als Full-Service-Agentur). Die 200 größten Agenturen erwirtschaften einen Umsatz
der Werbung, von knapp 2,5 Mrd. Euro. Ca. 17.000 Mitarbeiter sind in der Werbewirtschaft tätig.
und nur hier- Abb.7-19 liefert eine Rangfolge der größten inhabergeführten deutschen Agenturen.
in findet
Werbung ihre
Existenzbe-
rechtigung.“
(Quelle: Marketingagentur,
Imageflyer (Kommunikationsagentur):
W&P, Strau- Copy-Strategie Werbeagentur
bing) (Kreativagentur):
Werbemittel
Abb.7-18
Mediaagentur: Full-Service-
Die drei Werbeträger Agentur
Mitarbeiter-
funktionen Sonstige Dienst-
in Agentu- leister: z.B.
ren: Contac- Druckerei
ter, Strate-
gen und
Kreative.
7. Kapitel: Die Kommunikationspolitik 429

Abb.7-19 GROSS-INCOME-ANGABEN ETAT-VOLUMEN DER 10 GRÖSSTEN


TOP 10 DER INHABERGEFÜHRTEN MEDIAAGENTUREN 2006
Abb.7-20 KOMMUNIKATIONSAGENTUREN 2006

Aufgrund Serviceplan 83,7 Mio. Euro Mediacom 3,2 Mrd. Euro


des Sarba- Jung von Matt 46,9 Mio. Euro Carat 2,5 Mrd. Euro
nes Oxley Media Consult 38,3 Mio. Euro OMGG Germany 2,1 Mrd. Euro
Acts veröf- Select Communi. 33,3 Mio. Euro Zenith Optimedia 1,7 Mrd. Euro
fentlichen Pact 24,6 Mio. Euro Mediaedge 1,3 Mrd. Euro
viele inter- Schaffhausen 24,4 Mio. Euro Mindshare 1,1 Mrd. Euro
nationale GKK Dialog 21,6 Mio. Euro Mediaplus 0,8 Mrd. Euro
Netzwerk- Fischer Appelt 18,2 Mio. Euro Universal McCann 0,7 Mrd. Euro
agenturen TMS Trademark. 16,2 Mio. Euro Initiative 0,7 Mrd. Euro
seit 2002 GVK 16,2 Mio. Euro Vizeum 0,5 Mrd. Euro
keine Um- Top 10 = 62 % des Gesamtmarktes
satzzahlen (Arbeitsgemeinschaft Rankingliste, siehe
Horizont 11/2007, S. 27) (Quelle: Recma Report, Stand 6/2007, in:
mehr. Horizont 29/2007, S. 6)

Abb.7-21
DER MANAGER-MAGAZIN-KREATIV-INDEX 2006
Das Mana- Agentur Punkte Wichtigste Klienten bzw. Kampagnen
ger-Magazin
spricht im 1.) Scholz & Friends 1387 Tchibo, FAZ, Land Baden-Württemberg
Web von 2.) DBB 1231 VW, Henkel, Premiere, Nike
3.) Jung von Matt 1174 BMW, Deutsche Post, Bild, Sixt
„Meisterver-
4.) Ogilvy-Gruppe 655 Dove, Dresdner Bank, Milka
führern“ und 5.) Nordpol 641 Renault, Asics
„Reklame- 6.) BBDO 519 Allianz, Deutsche Post, BMW
schmieden“. 7.) TBWA 340 Adidas, Apple, Sony Playstation
8.) Heimat 334 Hornbach
9.) Grabarz & Partner 279 VW, DEVK, IKEA, Edeka
10.) Grey 118 Hugo Boss, Eon, O2

(Quelle: www.manager-magazin.de/it/kreativindex)

Abb.7-22 Nach den Platzierungen BEGRIFFE IM AGENTURGESCHÄFT


deutscher Werbeagenturen
bei den 15 wichtigsten Art Director verantwortlich für die kreative Arbeit
Kreativwettbewerben (füh- Berater verantwortlich für die Konzeptionen für die Klienten
rend: Internationales Wer- Billings Umsätze der Werbeagenturen
befestival Cannes) ermit- Booklet kleines Handbuch zur Dokumentation der Strategie
telt das Manager-Magazin Copy Anzeigentext (s.u. den speziellen Gliederungspunkt)
jährlich einen Manager- Copy Strategy Briefing der Agentur mit den Eckpunkten der Kampagne
Magazin-Kreativ-Index. Etat Director verantwortlich für die Kundenetats (Budgets)

Abb.7-21 zeigt das Agen- Flyer kleines Faltblatt; meist zur Imagedarstellung

turranking bis Platz 10 für Kampagne Werbe“feldzug“

das Jahr 2006. Key Idea zündende Kernidee


Key Visual bildliches Leitmotiv einer Anzeige / eines Spots
Layout Gestaltung und grafischer Aufbau von Seiten
Für die Zusammenarbeit
Pappen praktische Hilfsmittel für Kundenpräsentationen
zwischen Auftraggeber,
Pitch, Pitching Präsentation im Wettbewerb mit anderen Agenturen
Werbe- und Medienagen-
Scribble Skizze eines Kreativentwurfes, meist auf Pappen
tur gelten branchenspezifi-
Spendings Werbeausgaben des Klienten
sche Spielregeln924 und ein
Spot Einzelelement der TV- oder Rundfunkwerbung
spezielles Vokabular. Abb.
Storyboard Drehbuch eines Werbe-Spots
7-22 bietet hierzu ein Take die einzelne Foto- oder TV-Aufnahme
Glossar.

924
Der Beitrag von Hoeppe lässt wohl keine Wünsche offen, was einen tiefgehenden Einblick in
Freud und Leid der Agenturarbeit betrifft: vgl. Hoeppe, (Texter), in: MM, 6/1999, S. 242-262
430 Marktorientierte Unternehmensführung

Die Ergebnisse der kreativen Arbeit, also die Anzeigen, Spots etc., werden auf be-
zahlten Werbeträgern (den Werbemedien) platziert und auf einer Zeitschiene „ge-
schaltet“. Auf die Verteilung der Werbebudgets durch Platzierung von Anzeigen und
Spots in den Medien (Mediaselektion, Werbestreuplanung) haben sich die Media-
agenturen spezialisiert. Diese drehen mit 23,5 Mrd. Euro Medienetats in Deutsch-
land im Jahr 2006, 3,2 Mrd. Euro davon beim Branchenführer MediaCom (vor Carat
und OMGG), ein beeindruckendes Umsatzrad. Abb. 7-20 bietet eine Agenturauflis-
tung. Ergänzend werden im Rahmen der Mediaplanung zahlreiche Spezial-
dienstleister, insbes. mit medientechnischen Aufgaben, tätig.

7.7.3. Werbemittelauswahl (Werbeinstrumente)


a.) Übersicht über die Werbemittel
Grundsätzlich sind also Werbemittel (die kreative Dimension: z.B. Anzeige) und
Werbeträger (die kaufmännische Dimension: z.B. Welt am Sonntag) zu unter-
scheiden.925 Werbemittel drücken die Werbebotschaft in einer visuellen (Foto, Film,
Zeichnung), akustischen (Musik, Sprache, Geräusche), haptischer (Anfühlbarkeit)
oder geschmacklichen Form aus. Vier Anforderungen werden an Werbemittel
gestellt:926
(1) Auf ihnen müssen sich die Werbebotschaften sinnvoll "aufbringen" lassen.
(2) Der Kontakt mit dem Medium soll dem Beworbenen Nutzen bieten, um dadurch
zumindest seine Aufmerksamkeit zu erregen.
(3) Ideale Werbemittel bieten die Möglichkeit zur zweistufigen Kommunikation,
also zu einem Dialog zwischen Werber und Umworbenem.
(4) Für ein Werbemittel (z.B. eine Anzeige) sollten reichweitenstarke Werbeträger
vorhanden sein (z.B. ein breites Angebot von Fachzeitschriften).

„Werbemit- Für die kreative Darstellung einer Werbebotschaft bieten sich als Werbemittel an:
tel stellen
(1) Anzeigen (Inserate) in Zeitungen, Zeitschriften oder Adressbüchern,
die Verkör-
perung der (2) Beilagen in Zeitungen und Zeitschriften (Supplemente),
gedankli- (3) Banner auf Web-Seiten im Internet,
chen Werbe- (4) Fernseh-Spots und Video-Clips, Handy-Clips (Podcast-Werbung),
botschaft
dar.“
(5) Kinowerbung,
(Weis, (6) Hörfunk-Spots,
(Marketing), (7) Lautsprecherwerbung, z.B. bei Sportveranstaltungen,
2004, S. (8) Erkennungsmelodien als Bestandteile von TV- oder Funkspots (Jingles),
468). Wer-
beträger
(9) Werbedias, Werbe-CD´s,
dagegen (10) Werbeplakate, Werbeposter, auch Werbeplakate auf Litfasssäulen,
tragen die (11) Aufkleber jeglicher Art, Stickermotive,
Botschaften (12) Aufdrucke (Imprints) auf Kleidung (z.B. das Lacoste-Krokodil), Einkaufstüten,
an die Um-
worbenen. Telefonkarten, Regenschirmen etc.,
(13) Werbeschriften und Bemalungen auf Bahnen, Bussen, Taxen, Flugzeugen
(Verkehrsmittelwerbung),
(14) Werbetafeln, Poster an Häusern oder an öffentlichen Plätzen (City-Lights),
(15) Bannerwerbung in Sportstadien, auf öffentlichen Plätzen, in U-Bahnen,
(16) Schaufensterdekorationen, Aufsteller (Displays).

925
Diese Trennung geht auf Nieschlag, Dichtl und Hörschgen zurück. Der Begriff Werbeträger klingt
altmodisch. Er wird auch den neuen Medien nicht mehr gerecht. Immer stärker wird deshalb von
Werbemedien statt Werbeträgern gesprochen. Eine Trennung zwischen Werbemittel und Werbeträger
wird in Theorie und Praxis nicht immer eingehalten. Auf Abgrenzungsprobleme macht Weis auf-
merksam: vgl. Weis, (Marketing), 2004, S. 469. Im übrigen vertauscht Weis dann Werbeträger und
Werbemittel: „Alle Werbemittel dienen als Medium....“; er meint wohl Werbeträger: vgl. dort S. 469
926
vgl. zu den Anforderungen Nieschlag; Dichtl; Hörschgen, (Marketing), 2002, S. 1075 ff.
7. Kapitel: Die Kommunikationspolitik 431

Jedes dieser Basismedien besitzt für die Werbung besondere Vor- und Nachteile. Oft
stehen Werbemittel mit ihren möglichen Trägern in einer engen Beziehung.927

b.) Print-Anzeigen (Klassische Print-Werbung)


Die großen Tageszeitungen (z.B. FAZ, Süddeutsche, WAZ) und Publikumszeit-
schriften (z.B. Stern, Bunte, Focus) wie auch die Wochen- und Sonntagszeitungen
(Welt am Sonntag) erreichen heute alle Bevölkerungsschichten. Sie sind von regiona-
ler oder überregionaler Bedeutung. Große Zielgruppen sind täglich oder zumindest
wöchentlich zu erreichen. Laut Auswertung der Mediaanalyse (MA) lesen acht von
zehn Bundesbürgern älter als vierzehn Jahre täglich Zeitung. Die Printmedien dienen
vor allem dazu, eine Unternehmung, eine Marke oder ein neues Produkt bekannt zu
machen. Sie sind weniger dazu geeignet, detailliert Produktvorteile darzustellen. Der
Printmedienmarkt ist heute straff nach Streugebieten organisiert. Kontaktzahlen und
andere Mediaselektionskriterien werden im Rahmen qualifizierter Erfolgsmessungen
ständig aktualisiert. So ist für das werbende Unternehmen eine relativ kostengünstige
Mediennutzung möglich.928 Ca. 6,6 Mrd. Euro hat die werbende Wirtschaft 2006
insgesamt in diesem Sektor der breiten Zeitungswerbung investiert. Die dominieren-
den Werbemittel sind Anzeigen und Beilagen.

(Nicht-Publikums)Zeitschriften sind dagegen auf spezielle Zielgruppen fokussiert.


Es gibt sie als Special-Interest-Zeitschriften (z.B. Eltern, Schöner Wohnen, Kicker
Sportmagazin) oder als Fachzeitschriften für bestimmte Berufsgruppen oder An-
wendungsgebiete (Manager Magazin, NWB). Das Werbeaufkommen beträgt ca. 0,96
Mrd. Euro. Für ca. 1.000 Berufs- und Fachgruppen existieren derzeit 1.095 Titel mit
einer Auflage von 22,7 Mio. Exemplaren. Allein im PC-Bereich konkurrieren 70
Zeitschriften. Der Nachteil der gegenüber den Publikumsmedien geringeren Auflage
wird durch geringere Streuverluste wettgemacht. Fachblätter bieten bessere Respon-
se-Möglichkeiten. Auf Adressbücher (Verzeichnismedien) und Anzeigenblätter
wird hier nur verwiesen.929 Deren Werbeaufkommen betrug 2006 ca. 3,1 Mrd. Euro.

c.) TV-Werbung
Ad- Die Fernsehwerbung liegt bei den Werbeausgaben mit 4,1 Mrd. Euro hinter denen
Skipping = der Printmedien. Die Privatsender werden immer mächtiger. Grund sind vor allem
das Über-
springen von einige Restriktionen, die den öffentlich-rechtlichen Sendern durch den Staatsvertrag
Werbung im über den Rundfunk im vereinten Deutschland vom 31.8.1991 noch immer aufer-
Fernsehen legt sind. Allerdings werden die Regeln im Rahmen der EU immer mehr gelockert.
• Gesamt-Werbedauer bei ARD und ZDF werktäglich max. 20 Minuten.
• Abstandsregel: Im Fernsehen darf die Dauer der Spotwerbung innerhalb von
einer Stunde 20 Prozent der Filmdauer nicht überschreiten.
• TV-Sendungen von mehr als 45 Minuten dürfen einmal durch Werbeeinschal-
tungen unterbrochen werden. Bei Sportereignissen ist Pausenwerbung erlaubt.
• Spielfilme dürfen bei einer Spielzeit von mehr als 45 Minuten unterbrochen
werden.
• Rundfunkwerbung werktäglich im Jahresdurchschnitt max. 90 Minuten.
• Keine Werbung oder Teleshopping-Spots bei Gottesdiensten oder Kindersen-
dungen.

Der Vorteil der Fernsehwerbung liegt in der Kraft der bewegten Bilder und in der
multisensorischen Zuschaueransprache. Durch die Kombination von Bild, Musik
927
vgl. Rogge, (Werbung), 2004, S. 179
928
vgl. Scharf; Schubert, (Marketing), 2001, S. 242-247
929
vgl. zu den aktuellen Zahlen www.zaw.de
432 Marktorientierte Unternehmensführung

und Sprache berührt die Werbung alle Sinne der Interessenten und Kunden. Im Se-
kundenbereich können Produktvorteile dynamisiert werden, was beim statischen
Printbild natürlich unmöglich ist. Die Vielfalt der Werbemittelgestaltung, von kurzen
Spots über Doppel-Spots (Reminder-Technik), Werbesendungen, Programmspon-
soring bis hin zu speziellen Werbekanälen prädestinieren die Fernsehwerbung be-
sonders für die Produkteinführung und für die Erhaltungswerbung. Der Nachteil liegt
in der fehlenden Speicherung. Während sich Die Zeit und damit auch die darin ent-
haltenen Anzeigen und Beilagen beim Autor manchmal über 2 – 3 Wochen stapeln,
ist ein 20 - 30 Sekunden Spot schnell vorbei. Ein weiterer Nachteil liegt in den hohen
Streuverlusten infolge eingeschränkter Zielgruppendifferenzierung. Und es klingt
schon widersinnig, wenn die Kulmbacher Aktienbrauerei Sendezeit für die Kulmba-
cher Filmnacht kauft, um die Zuschauer von Werbeunterbrechungen zu verschonen.
Trotz dieser Einschränkungen gilt die verkaufsfördernde Wirkung als erwiesen. So
stieg im MediaScan-Panel der MGM die Kaufwahrscheinlichkeit für die beworbenen
Produkte kurzfristig deutlich an, wenn die Panel-Haushalte Werbekontakte hatten.
Ohne Werbekontakt lag die Kaufwahrscheinlichkeit der Produkte im Durchschnitt
nur bei 1,03 Prozent je Haushalt und Woche, mit Werbung bei 1,31 Prozent. Unter-
sucht wurden 1995 62 Marken mit Fernsehwerbung. 74 Prozent der Produkte konn-
ten von diesem Effekt profitieren.930

Die TV-Spot-Preise schwanken beträchtlich, je nach Zuschauerattraktivität eines


Senders, Sendezeit und laufendem Programm. Spitzenreiter ist die ARD mit der
sonnabendlichen Sportschau. 20 Sekunden Werbezeit während eines deutschen Halb-
finalspiels 2006 kostete bei RTL bis zu 430.000 Euro.931

d.) Hörfunk-Werbung
Dem Hörfunk fehlt die visuelle Attraktivität von Printmedien, Fernsehen und Kino-
werbung. Der Marktanteil ist mit 3,3% (680 Mio. Euro in 2006) relativ gering. Zu-
weilen hört man den Begriff „vergessenes Medium“. Doch die Möglichkeiten der
Radiowerbung sind noch längst nicht ausgereizt. Denn die Vorteile sind:

• Das Radio ist nach Media Analyse Radio das beliebteste Medium. 81,2% aller
Deutschen hören täglich durchschnittlich mehr als 4 Stunden Radio. 340 Hör-
funkprogramme bieten sich als Werbeträger an.
• Alle Botschaften lassen sich akustisch umsetzen.
• Auch akustische Botschaften bauen innere Bilder auf.
• Das Radio begleitet die Konsumenten durch den Tag – in vielen Büros „berie-
selt“ ein „Henkelmann“ die Mitarbeiter.
• „Nichts ist unmöglich, Toyota“ hat wohl jeder im Ohr – aber ehrlich, sieht der
Leser dabei auch gleich ein Bild dieses Autos vor seinem geistigen Auge?

Zuweilen wird dem Hörfunk der Nachteil einer geringeren Aufmerksamkeitswirkung


zugesprochen, mit dem Argument, der Konsument höre Radio nur als Nebenbeschäf-
tigung. Die Fernsehforschung hat das Gegenteil bewiesen. Die Erinnerungsleistung
der Werbung steigt mit der Zahl der erreichten Werbekontakte an, selbst wenn die
Konzentration nicht ausschließlich auf das Medium gerichtet ist.932 Der Verlauf der
Aufmerksamkeiten für Personen mit und ohne Nebenbeschäftigung ist praktisch

930
vgl. die Hinweise auf den Werbewirkungskompaß IPA-plus 1994 und MediaScann MGM/GfK
Testmarktforschung 1995, in: MGM MediaGruppe, (Fakten), 1996, ohne Seitenzahl
931
Vgl. zu anderen Werten auch Rogge, (Werbung), 2004, S. 204. Beispiel: 1 Sek. ZDF am Samstag
19.18 Uhr: 1.112,50 Euro lt. ZDF-Programm-Werbeblockschema 2004.
932
vgl. MGM Media Gruppe, (Fakten), 1996, ohne Seitenzahlen
7. Kapitel: Die Kommunikationspolitik 433

gleich. Es ist also ohne weiteres möglich, einem Fernseh- oder auch Hörfunkpro-
gramm zu folgen, wenn dabei beispielsweise gegessen oder gebügelt wird. Werbe-
spots sind so aufgebaut, dass sie auch die passive Aufmerksamkeit auf sich ziehen
und dass man sie problemlos versteht.933

Die Hörfunkwerbung ist daher für den Aufbau einer Produktbekanntheit gut geeig-
net. Da sie nur einen Bruchteil der Fernsehwerbung kostet, sind mehrfache Schaltun-
gen kostengünstig möglich. Ihr Nachteil liegt allerdings in der regionalen Aufteilung
der Sendegebiete. Das Werbemanagement wird dadurch komplizierter. Bei regiona-
len Produkten könnte dieser Effekt aber auch gerade erwünscht sein.

e.) Sonderwerbeformen
Klassische Fernseh-Werbeblöcke geraten durch sog. Sonderwerbeformen zuneh-
mend unter Druck. Man spricht auch von Special Ads. Infolge der Kreativität der
Privatsender machen klassische Spots nur noch 24 Prozent der Werbezeit aus. 73
Prozent ist bereits Programmsponsoring.934 Pragmatisch betrachtet ist alles Sonder-
werbeform, was nicht klassischer Spot ist. Dabei wird oft das Product-Placement (im
Zusammenhang mit einer Promotion) im Fernsehen mit dazu gezählt. Im Werbe- und
Marketingplaner 2005 sind u.a. genannt:
• Advertiser-Founded Programming (AFP): Bereitstellung von sendefähigem
Material, das in passende Themenfelder eingebaut werden kann (bis zu ganzen
Sendungen: Pampers TV, Lego-Show),
• Informercials/Telepromotions: Dauerwerbesendung mit einer rechlich vorge-
schriebenen Mindestlänge (90 Sekunden), die außerhalb von Werbeblöcken
platziert werden.
• Product-Placements (s. auch 7.11.1.): Gezielte, oft unterschwellige Einbindung
von Produkten in Film- und TV-Produktionen.
• Splitscreen-Spots: Werbung und Programm werden zeitgleich in getrennten
Fenstern ausgestrahlt. Dabei gibt es Unterformen:
(a) Der Diary ist ein 5-, 7- oder 10-Sek.-Splitscreen-Spot im direkten Anschluss
an das Programm, der noch vor Werbetrenner und Werbeblock platziert wird.
(b) Beim Cut-in wird der Spot in die laufende Sendung eingebunden, als
(c) vertikale Banderole oder als Rahmen um das Programm, und beim
(d) Splitbreak laufen Werbeinsel und Programm parallel zueinander.
• Win Ad: Gewinnspiel im Werbeblock im unteren Bildrand.
• TV-Sponsoring: Der Werbetreibende wird zu Beginn und am Ende der gespon-
serten Sendung bis zu 7 Sekunden in Wort und Bild als Sponsor der Werbung
genannt.

f.) Kino-Werbung
Die Wirkung von Kino-Spots ist nicht zu unterschätzen. Der Zuschauer kann ihnen
nicht ausweichen. Nach einer Untersuchung von Media Research ist die Kinower-
bung dem Fernsehen sowohl in der qualitativen Beurteilung wie auch in der Erinne-
rungsleistung der Zuschauer deutlich überlegen.935 Ein Zuschauer merkt sich durch-
schnittlich sieben Spots. Pro Film werden durchschnittlich zehn bis fünfzehn Spots
geschaltet, so dass die Werbeerinnerung bei fünfzig Prozent liegt. Publikumsträchti-
gen Filmen vorgeschaltet, bietet die Kinowerbung so ein effizientes Werbeumfeld.
117 Mio. Euro betrug das Werbeaufkommen für die Kino-Werbung in 2006.
933
Die Fernsehzuschauer bleiben auch nicht gebannt vor der Bildröhre sitzen, wenn der Werbeblock
kommt.
934
vgl. auch zu den folgenden Ausführungen o.V., (Sonderwerbeformen), in: ASW, 3/2005, S. 92-94
935
vgl. o.V., (Kinowerbung), in: PM-Beratungsbrief v. 13.1.2001, S. 6
434 Marktorientierte Unternehmensführung

g.) Werbung im Internet


"Das Web ist ein globales Medium, das schnell und einfach ein Massenpublikum er-
reicht. Die Unternehmen können mit den Kunden interaktiv in Kontakt treten, und sie
können genau messen, wie viele Konsumenten die Werbebotschaften gesehen haben.
Ich glaube, dass die Aufwendungen für Werbung im Internet noch gewaltig wachsen
werden." (Tim Koogle, CEO von Yahoo, in einem Interview mit MM)936

Die neuesten Von stark wachsender Bedeutung für die Unternehmenskommunikation sind die
Zahlen über
Internetnut- Neuen Medien, speziell das E-Mail zur Direktansprache und das World Wide Web
zer: Alter (Internet) als „Datenautobahn“ zum Austausch kreativer Botschaften. Die Erfolgsge-
14-64 Jahre: heimnisse liegen in der dem Werbeträger innewohnenden Dialogmöglichkeit (s.
61%; beruf- noch einmal Abb.7-3) sowie in den Chancen, unabhängig von Raum (weltweit) und
lich: 27,6%;
Schule, Zeit (rund um die Uhr) zu kommunizieren. Abb.7-23 veranschaulicht diese medialen
Ausbildung: Vorteile. Die Werbeeinnahmen der Online-Werbeträger betrugen im Jahr 2006
11,2% 495 Mio. Euro. 1998 waren es erst 23 Mio. Euro. Die Internet-Werbung weist im
(Quelle: Vergleich zu den klassischen Werbemedien ein dramatisches Wachstum auf (+20 bis
Allensba-
cher Compu- 30 Prozent p.a.). Der Internet-Anteil am Werbebudget von DaimlerChrysler macht
ter- und z.B. bereits 20 Prozent vom gesamten Wertebudget aus (d.h. 320 Mio. US-$).
Technikana-
lysen ATA
WELTWEIT 24 STUNDEN
1998-2005).
Vorteile
des Interaktion
Abb.7-23
Internet
MULTIMEDIAL EXTREM SCHNELL

Bei der Internet-Werbung sind zunächst einige gundlegende Fragen zu beantworten


und Punkte zu beachten, die in Abb.7-24 aufgeführt sind.937
Abb.7-24
CHECKLISTE FÜR ERFOLGREICHE INTERNET-WERBUNG
Welche Zielgruppe soll mit dem Online-Auftritt erreicht werden, und welche Inhalte sind für diese User-
Gruppe sinnvoll.
Welche besonderen, webbezogenen Nutzergewohnheiten hat die Zielgruppe?

Verfügt die Web-Agentur über genug Erfahrung im Internetgeschäft?

Keine Schnellschüsse. Wie bei Print ist eine umfassende Copy-Strategie zu erstellen.

Ein Internet-Auftritt ist systematisch auf inhaltliche und technische Fehler zu überprüfen.

Internet-Auftritte sind regelmäßig zu aktualisieren. Sind die Zuständigkeiten für die Pflege geregelt?
Vorsicht, wenn Web-Auftritte dezentral in die Geschäftsbereiche verlagert werden. Ist ein Corporate-
Design festgelegt? (angeblich unterhalten Siemens-Mitarbeiter 1,1 Mio. Webseiten!)
Der eigene Web-Auftritt sollte regelmäßig mit der Konkurrenz auf Stärken und Schwächen hin verglichen
werden.

Stand 2007: Angetrieben wird das Internt-Wachstum vor allem durch Internet-Agenturen, die der
Es gibt 2 werbetreibenden Wirtschaft neuartige Dienste anbieten:938
Mrd. Web-
Seiten welt- (1) Die Bannerwerbung (Platzierung an Kopf oder Fuß einer Seite) war bislang das
weit. wichtigste Kommunikationsinstrument. Ein Banner ist eine Werbefläche und ent-
spricht damit einer Printanzeige. Ein Banner wird üblicherweise so lange zum
Festpreis vermietet, bis eine festgelegte Nutzerzahl das Banner gesehen hat. Die
Bedeutung von Bannern sinkt. Früher klickte jeder zwölfte Surfer einen Banner

936
Schwarzer, (Werbung), in: MM, 3/2001, S. 52
937
vgl. Zu der Checkliste Rickens, (Website-Story), in: MM, 12/2000, S. 290
938
vgl. Rickens, (Geschenke), in: MM, 11/2000, S. 314
7. Kapitel: Die Kommunikationspolitik 435

an; heute nur noch jeder Vierhundertste.939 Deshalb wird die Banner-Technik
weiterentwickelt. Skyscraper nehmen die gesamte Höhe einer Seite ein, Cadil-
lac-Banner die volle Breite. Nanosites verbergen hinter einem Banner weitere
Mini-Websites, die den Surfer nicht aus dem übergeordneten Banner entlassen.
2006: Be- (2) Weblogs (Blogs) sind die derzeit flexibelsten Instrumente für den Internet-
reits 12,8 Dialog. Auf einer Site öffnet sich ein Dialogfeld. Der Nutzer erhält direkten Kon-
Mio. Nutzer.
Täglich takt zum Anbieter bzw. kann direkt das Internet „beschreiben“. Sog. Blogger ver-
werden ca. wirklichen sich in Online-Tagebüchern in verschiedenen Themenbereichen.
1,2 Mio. (3) Abonnement: Internetseiten sind gegen Bezugspreis dauerhaft zugänglich (Auf-
Tagebuch- ruf durch Passwort).
einträge ins
Web ge- (4) Pay-per-View: Zu zahlen ist nur für einzelne Seiten, Texte oder Musiktitel.
stellt. (5) Internet-Provisionsgeschäfte: Es wird auf Angebote von Partnern verwiesen.
Bestellt ein Kunde, erhält der Verweiser eine Provision.
(6) Beim Content-Syndication werden Werbeseiten (oder andere Inhalte) an andere
Unternehmen zur freien Verfügung weitergegeben.
(7) Beim Web-Sponsoring werden Sites durch Sponsoren finanziert oder teilfinan-
ziert. Buttons („powered by“) oder Textlinks geben Hinweise auf den Sponsor.
(8) E-Mercials gehen noch einen Schritt weiter. Das Surf-Programm wird komplett
für einen Werbefilm unterbrochen, der nicht ausgeblendet werden kann.

Abb.7-25 . ONLINE-SONDERWERBEFORMEN
Billboard Große Werbefläche in der rechten Navigationsleiste.
Expanding Ad Kombination aus Banner und Layer Ad. Fährt die Maus darüber, vergrößert sich
das Ad in den Content des Werbemittels.
Floating Ad Schwebt über die Website und wird individuell gestaltet.
Footer Ad Taucht von unten im Browserfenster auf und wird nach wenigen Sekunden
wieder ausgeblendet.
Halfpage Ad Nimmt die Hälfte des Bildschirms ein, liegt aber nicht über dem Content.
Interstitial Wenn der User eine Webseite aufruft, sieht er zunächst statt der Zielseite eine
Bildschirm füllende Werbung (Wie Werbeunterbrechung bei TV).
Leaderboard Extrem breites Banner, das an oberster Stelle platziert wird und sich sich über
die gesamte Seitenbreite erstreckt.
Logo-Cursor/Logo-Icon Eine unterhalb des Mauszeigers angehängte Grafik, die die Cursorbewegungen
mitmacht.
Microsite Wird ein Banner angeklickt, öffnet sich eine eigene Mini-Website mit weiterfüh-
renden Infos zu den beworbenen Produkten.
Power Curtain Beim Öffnen der Seite vergrößert sich das das Werbemittel und schiebt den
Content nach unten. Der Content schließt selbständig und kann durch Mouse-
over wieder geöffnet werden.
Power Diary TV-Werbespots werden ins Internet verlängert. Nach TV-Ausstrahlung werden
sie 10 Minuten online geschaltet.
Power Layer Größflächiges Werbeformat beliebiger Form. Die Animation verdeckt den Con-
tent für eine bestimmte Werbesequenz.
Power Shop Animierte Banner; max. 12 Produkte können untereinander platziert und separa-
te verlinkt werden.
Screensaver Ad Wie bei einem Bildschirmschoner verschwindet die Anzeige und das gesamte
Fenster wird kurz als Werbefläche genutzt.
Stick Ad Kleine Werbefläche, die beim Scrollen immer sichtbar bleibt. Wird neben dem
Content platziert, um ihn nicht zu verdecken.
Split Screen Ad Großflächige Werbefläche, die zumeist von rechts einfährt und bis zu einem
Drittel des Bildschirms abdeckt.
Stopper Banner, das im oberen Drittel der Seite platziert wird.
Superstitial Ähnlich einem Pop-up, jedoch Flash-fähig. Lädt im Hintergrund und öffnet sich in
einem neuen Fenster, wenn die Werbebotschaft geladen ist.
Tandem Ad Die Flash-Werbung endet als Banner und bleibt nach Animation erhalten.
(Quelle: Zunke, (Werbeunterhaltung), in: ASW, 4/2006, S. 26)

939
vgl. o.V. (Banner), in: PM-Beratungsbrief v. 16.6.2001
436 Marktorientierte Unternehmensführung

Neben diesen acht konzeptionellen Ansätzen, die als Web-Geschäftsmodelle zu


verstehen sind, operiert die Werbewirtschaft mit neuartigen Sonderwerbeformen
(Web-Werbemittel). Diese sind in Abb.7-25 zusammengestellt.

h.) Web 2.0 – Eine neue Ära der Internet-Kommunikation


Die Web Eine rein werbende, statische Homepage macht als Werbeträger wenig Sinn. Sie reizt
2.0-Devise: Surfer kaum mehr zum Ansteuern der Web-Adresse, es sei denn, man sucht gezielt
„Ich bin
Internet“. nach Informationen. Die Bedeutung des Internets als Werbeträger steigt aber enorm,
wenn der Kunden zum Dialog mit dem Anbieter animiert wird. Die werbende Ho-
mepage muss mehrwertige Zusatzinformationen und den Surfer zum Mitmachen
aktivieren.940 So entwickelt sich das Internet weiter zum multimedialen Werbeträ-
ger mit Responsemöglichkeit, der alle Vorteile von Print- und Filmwerbung ver-
bindet.

Die Basis Höhepunkt der Entwicklung sind Web-Sites, die ausschließlich oder weitgehend aus
für kommer- Inhalten von Internet-Usern bestehen (User generated Advertising). Der Computer-
zielle Sys-
experte Tim O´Reilly prägte 2004 den Begriff Web 2.0 auf der Basis einer open
teme bilden
Social Net- Source Software. Aus Konsumenten werden Akteure. Werbegestaltung wird in
working Communities transferiert. Die Verbraucher gestalten Contents bzw. ihre Werbung
Plattfor- selbst. Als Beispiele sind zu nennen:
men. Füh-
rend in
das Lexikon Wikipdia mit bald 1 Mio. Einträgen,
Deutschland MySpace mit 500.000 wöchentlichen Registrierungen,
ist Xing, YouTube mit über 70 Mio. Besuchern weltweit pro Tag,
früher Open Flickr als größte Foto-Community,
BC, mit 1,5
Mio. Nut-
MyVideo in enger Verzahnung mit TV-Sendern (Pro 7 Sat 1),
zern und Clipfish als analoger Ansatz von RTL,
einem Po- Secondlife.com in der sich Surfer ihre Markenwelten kreieren.
tenzial von
200 Mio.
Mitgliedern Technisch handelt es sich um die Weiterentwicklung des Internets auf der Basis von
weltweit. Read-and-Write-Technologien. Hinzu kommen aktivierende Gadgets, wie Blogs,
Podcasts ode Tags. Dass sich aber aus diesen Kommunikationsoptionen ein „Wisdom
of the Crowds-Hype“ entwickelt, liegt nach Meinung des Trendforschers Wipper-
mann an einer Schwarmintelligenz: Die Community ist schlauer als jedes ihrer Mit-
glieder. Menschen schließen sich wie Fischschwärme zusammen. Die Frage ist nur,
wohin der Reaktionsdruck der Konsumenten führen wird. Web 2.0 kann zum Bume-
rang werden, wenn die Werbewirtschaft die Kontrolle über die Kanäle verliert.

7.7.4. Gestaltung von Werbemitteln (Anzeigen, Spots)


a.) Copy-Strategie
Zumeist werden die Werbemittel nicht im Vorfeld der Mediakonzeption bestimmt,
sondern erst später bei der Konkretisierung der sog. Copy-Strategie.

Eine Copy-Strategie stellt das "Pflichtenheft" für eine Werbekampagne dar.


Sie dokumentiert alle kreativen Anforderungen an die Kampagne. Sie entsteht
im Rahmen von Briefingsitzungen von Auftraggeber und Agentur. Eine Copy-
Strategie (1) lenkt die kreative Arbeit, (2) dient als Honorargrundlage für die
Agenturleistungen und (3) schafft den Leitfaden für die spätere Kampagnen-
durchführung.941

940
vgl. Roll, (Internet), 1996, S. 73 sowie die dort angegebenen Homepage-Beispiele
941
Sie ist die "schriftliche Fisierung der inhaltlichen Grundkonzeption, die es zu kommunizieren gilt.":
Bruhn, (Kommunikationspolitik), 2003, S. 354. Zu den Aufgaben vgl. a.a.O. S. 383-384
7. Kapitel: Die Kommunikationspolitik 437

Abb.7-26 COPY-STRATEGIEELEMENTE FÜR


Grotherm 2000 DER FIRMA GROHE

Zielsetzung Produkteinführung
Zielgruppe gehobene Käuferschichten / Akademiker
Positionierung umweltfreundliche High-tech Wasserspar-Problemlösung
Consumer Benefit Einspareffekte beim Wasserverbrauch bis zu 700 Euro
Reason why schnell wirkende Dosier- und Temperaturelektronik
Key Visual spannend aufgemachter Klapptext mit Motivvariationen
Key Slogan „Wenn Ihr Geld baden geht“
Tonality gehobenes Genre, kompetente Wassertechnologie

Das Strategiebriefing der Abb.7-17 (strategisches Umfeld, zu bewerbende Leistun-


Ein erfolg-
gen, Werbe-Zielgruppe, Werbeziele, Budgets) gibt den Rahmen vor. In der Copy-
reicher Strategie stimmen Klient und Agentur daraus folgend die kreativen Elemente ab:942
Claim: (1) die gewünschte Positionierung des beworbenen Produktes im Nutzenraum im
Krombacher Vergleich zu den Positionierungen von Wettbewerbern,
- Die Perle
der Natur.
(2) das Nutzenversprechen (Product Claim, Consumer Benefit),
(3) der Nutzenbeweis (Reason why) zur Steigerung des Erinnerungswertes,
Ein hervor- (4) das Aufhängerbild oder generelle Reizbilder (Teaser, Teasing Visual),
ragendes (5) das Kern-Ideenmotiv für die Visualisierung der Problemlösung (Key Visual),
Teasing- und (6) der entsprechende verbale Schlüsselreiz, der Leitspruch (Key Slogan),
Key Visual:
Der Bauch- (7) die atmosphärische Aufmachung, d.h. die Tonalität (Tonality) als Grundstim-
nabel von mung des Werbemotivs.
Schöfferho-
fer Weizen. Abb.7-26 listet beispielhaft die Elemente einer Copy-Strategie für die Grohtherm
2000 Armatur der Firma Grohe auf. Aufgabe der "Kreativschmieden" ist nun die
kreative Ausgestaltung der Werbebotschaft entsprechend den Vorgaben des Auftrag-
gebers - limitiert durch Budgets und die technischen Spielräume der Werbemittel.

b.) Grundtechniken zur Werbemittelgestaltung


Über den Werbeerfolg entscheiden (neben der Zielgruppenpräsenz des Werbeträgers)
visuelle, auditive, haptische oder geschmackliche Ausdrucksformen der Werbung.943
Die Grundregeln zur Werbemittelgestaltung erörtert Rogge umfassend.944 Bei Anzei-
gen oder Spots geht es grundsätzlich zunächst um Formen, Farben, Umrandungen,
Schriftzeichen (Fonts), Symbole, aber auch um Anordnungen, Größenordnungen und
Platzierungen. Für die Auslösung von Erinnerungen, Präferenzen und letztlich
Kaufanreizen entscheidet der Wirkungsverbund. Eine optimale Werbemittelgestal-
tung gibt es nicht. Jedoch sind grundlegende Stile und Techniken für die Wirkungs-
verbünde in Anzeigen, Plakate oder Fernsehspots bekannt.945 So lassen sich für eine
Headline-Gestaltung sieben Grundstile unterscheiden:
(1) der Nachrichtenstil (Ford-Nachrichten),
(2) der Fragestil („Haben Sie heute schon geschweppt?“),
(3) der Erzählstil (Ka-Werbung),
(4) der Aufforderungsstil („Ruf doch mal an“),
(5) der Drohstil („Wer jetzt nicht kauft, wird folgende Nachteile haben...“),
(6) der Aufrüttel-Stil („damit Sie im Alter nicht unter der Brücke sitzen“),
(7) der 1-2-3-Stil („99 Tricks für Mailing-Briefe"),
(8) der Wissensvermittlungs-Stil („Wie Sie mehr aus Ihrer Rente machen“).
942
vgl. in Anlehnung an Scharf; Schubert, (Marketing), 2001, S. 235-237
943
vgl. Rogge, (Werbung), 2004, S. 305 ff.
944
vgl. die umfassenden Aufstellungen bei Rogge, (Werbung), 2004, S. 332-343
945
vgl. Kotler; Keller; Bliemel, (Marketing-Management), 2007, S. 716
438 Marktorientierte Unternehmensführung

Folgende Techniken kreieren die atmosphärische Aufmachung (Tonality):946


(1) Die Slice-of-life-Technik zeigt zufriedene Produktverwender in Situationen
des täglichen Lebens (Jacob´s Krönung).
(2) Die Lifestyle-Technik bringt das beworbene Produkt mit einem bestimmten
Lebensstil in Zusammenhang (Gauloises, Diesel-Jeans).
(3) Die Traumwelt-Technik lockt durch Sehnsüchte und unerfüllbare Wünsche
(Bacardi-Rum, Beck´s Bier).
(4) Die Symbolfigur-Technik stellt eine künstliche Person (Meister Propper), ein
Tier (Trigema-Affe) oder eine natürliche Person (Beckenbauer für O2, Günther
Jauch für Kromwalder) in den Vordergrund.
(5) Die Symbol-Technik symbolisiert Mythen und archaische Bilder (Marlboro).
(6) Die Musical-Technik baut auf Klangbilder (sog. Jingles: Toyota).
(7) Die Nonsense-Technik nimmt sich selbst nicht ernst (Bluna, Media Markt).
(8) Die Kompetenz-Technik stellt die Erfahrungen und technischen Vorteile eines
Anbieters heraus (Audi: Vorsprung durch Technik).
(9) Die Testimonial-Technik (Zeugen-Technik) lässt Produktvorteile durch einen
Fachmann bzw. einen VIP bestätigen (Adidas, Dr. Best) oder bezieht sich auf
Ergebnisse der Stiftung Warentest oder die anderer Institute.
(10) Die Technik des wissenschaftlichen Nachweises (Problemtechnik) geht ei-
nen Schritt weiter und inszeniert eine Beweisführung für die proklamierten
Produktvorteile (Blend-a-med, Dr. Best, Intel).

c.) Gestaltung von Bildbotschaften


90% aller Der theoretische Rahmen für die Bildgestaltung (s. Imagery, Abschnitt 7.3.) soll hier
Zeitungsle- durch wichtige Erkenntnisse aus der Praxis abgerundet werden. Die Kraft der Bilder
ser betrach-
ten zuerst
liegt darin, dass sie
die Bilder,
nur 40 bis (1) informieren (einfache Bilder für sprachlich schwer vermittelbare Sachverhalte),
70% lesen (2) unterhalten (durch Abwechslung),
die Über-
schriften der (3) Erlebnisse vermitteln (Spannung aufbauen, „Story telling“),
Artikel. (4) emotionalisieren (Gefühle auslösen),
(5) Interpretationen ermöglichen (Engagement beim Betrachter auslösen).

Ein markenbildender Einsatz von Bildern verlangt nach


(1) Originalität (eine Bebilderung sollte innovativ sein),
(2) Exklusivität (gute Bildmotive sind "einzigartig"),
(3) Authentizität (ein Bild sollte glaubwürdig sein).947

Professionelle Bildagenturen sind darauf spezialisiert, Bilder nach diesen Kriterien


zur Verfügung zu stellen (z.B. www.ememories.de, www.akg.de, www.corbisimages.
de, www.mauritius-images.de, www.strikingimages.de, www.symbolfotos.de,
www.vividia.de, www.gosee.de, www.photodisc.de).
Werbebilder haben sich ehtischen Maßstäben zu unterwerfen. Das im Stern von Be-
netton veröffentlichte menschliche Gesäß mit dem Stempelaufdruck "H.I.V.-Positiv"
verletze die Menschenwürde, so die Begründung des BGH für ein Verbot der Anzei-
ge im Jahr 2001.

946
vgl. mit Erweiterungen: Kotler; Keller; Bliemel, (Marketing-Management), 2007, S. 713-714; vgl.
auch die umfassenden Zusammenstellungen bei Hünerberg, (Marketing), 1984, S. 249-252
947
vgl. Schmidt, (Ausdruckskraft), in: ASW, 9/2000, S. 151
7. Kapitel: Die Kommunikationspolitik 439

d.) Gestaltung von Sprachbotschaften (insbes. Slogans)


Der Slogan Die einführenden Anmerkungen zur Imagery betonten bereits die Notwendigkeit zu
des Jahres einer Abstimmung der bildlichen mit den sprachlichen Botschaften. Innere Bilder
2003:
"I´m loving entstehen durch das Zusammenspiel von visuellen und sprachlichen Effekten. Aber
it" / Ich liebe auch isoliert betrachtet ist die Generierung einer Sprachbotschaft, eines Slogans,
es", von der eine Kunst. Die Unternehmensberatung Simon-Kucher & Partners hat bekannte Slo-
Agentur
Heye&Part-
gans auf werberelevante Kriterien hin untersucht und daraufhin folgende Grundsät-
ner für den ze für die Gestaltung von Slogans formuliert:948
weltweiten
Relaunch (1) Inhalt: Ein Slogan muss das Thema und die Inhalte, die kommuniziert werden
von McDo-
nald´s.
sollen, prägnant treffen.
(2) Assoziation: Ein Slogan soll eine direkte Assoziation mit dem werbenden Unter-
nehmen hervorrufen.
(3) Differenzierung: Ein Slogan sollte im Vergleich zur Konkurrenzwerbung aus-
reichend differenziert sein.
(4) Klang: Ein Slogan soll gut klingen und dadurch einprägsam sein.
(5) Verständlichkeit: Ein Slogan sollte sprachlich verständlich sein.
(6) Identifikation: Ein Slogan sollte nicht nur der Kommunikation nach außen die-
nen, sondern auch der betriebsinternen Kommunikation und Identifikation.
(7) Internationalität: Wegen der zunehmenden Globalisierung sollte ein Slogan
diese Anforderungen auch in fremdsprachlichen Übersetzungen erfüllen.

Abb.7-27 zeigt Ergebnisse der Auswertung von Simon, Kucher & Partners. Beson-
ders wirkungsvoll sind Slogans, die sich auf vorstellbare (gegenständliche, konkrete)
Eigenschaften eines beworbenen Produktes beziehen.
Abb.7-27
VERGLEICH VON WERBE-SLOGANS
Diffe- Ver-
Asso- Identi-
Firma Slogan Inhalt ren- Klang ständ-
ziation fikation
zierung lichkeit
BMW Freude am Fahren ☺ ☺ ☺☺ ☺ ☺☺
SMART Reduce to the Max ☺ ☺ ☺ ☺
Audi Vorsprung durch Technik ☺☺ ☺ ☺ ☺ ☺☺
Nissan Er kann, sie kann, Nissan ☺
Die Bahn Die Bahn kommt ☺☺ ☺☺ ☺
Otelo For a better understanding ☺ ☺☺ ☺
Nokia Connecting people ☺ ☺ ☺☺ ☺ ☺
AEG Aus Erfahrung gut ☺☺ ☺☺ ☺ ☺
Otto Otto - find ich gut ☺☺ ☺ ☺☺ ☺ ☺☺
Ellen Betrix The care company ☺ ☺ ☺ ☺☺ ☺ ☺
Neckermann Neckermann macht´s möglich ☺☺ ☺☺ ☺ ☺ ☺☺
Dresdner Bank Mit dem grünen Band ... ☺ ☺ ☺☺
Dresdner Bank Die Beraterbank ☺ ☺☺ ☺ ☺ ☺
Tetra Pack Irgendwie clever ☺ ☺ ☺ ☺☺ ☺
Quelle: eigene Bewertungen von Simon, Kucher & Partners nach 5-Punkte-Skala; zit. aus ASW, 11/1999, S. 34

e.) Gestaltung von Lebensstil-und Erlebnisbotschaften


Über die Ausstrahlungskraft der Werbebotschaft der Marlboro besteht wohl Einig-
keit. Marlboro verkörpert den Mythos des freien Cowboys und der Weite des ameri-
kanischen Westens. Die Zigarettenmarke stand noch in den 50er Jahren vor dem
Aus.949 Doch eine Hinwendung zum „Mythos Freiheit“ hat die Marke gerettet und

948
vgl. o.V., (Slogan), in: ASW, 11/1999, S. 34
949
und war übrigens zu jener Zeit eine Frauenzigarette.
440 Marktorientierte Unternehmensführung

Abb.7-28 das heute weltweit starke Image


geprägt. Es ist die Macht einer ERLEBNISINHALTE
BEKANNTER MARKENARTIKEL
Erlebnisimagination, genauer
eines Lebensstils, durch die ein Jacobs Krönung totaler Familienfrieden
Produkt seinen hohen Erin- BMW Freude am Fahren
nerungswert erhält. Daher will Rowenta Toaster Toasten als Frühstückserlebnis
die Lebensstil-Werbung alle pro- Diesel Jeans totale Bewunderung erleben
duktgestalterischen und auch Ford Ka andere aus der Fassung bringen
kommunikativen Elemente eines Krombacher Pils Sport als Erlebnis
Produktes in positive, lebensstil- Volks- u. Raiffeisenbk. den Weg freimachen
fähige Bilder (Imagerys) trans- Beck´s Bier Segeln und Abenteuer
ferieren. Dazu muss sich die Revlon Schönheit erleben
Werbung dem Wandel der Le- AdvoCard Manfred Krug holt Sie „raus“
bensstile und -gewohnheiten
anpassen. Rationale Werbebot-
schaften sind in Lebensgefühlwelten einzubetten. Alle Sinne sind anzusprechen. Pro-
dukt-Management und Werbeagentur müssen gut zusammenarbeiten. Abb.7-28 zählt
bekannte Produkte mit ihren charakteristischen Lebensstilen und Erlebnisinhalten
auf.

f.) Die Integration von Produkt, Bild und Sprache


Die einzelnen werblichen Elemente dürfen (und können) nicht isoliert voneinander
gestaltet werden. Markenwerbung zielt auf Integration aller werblichen Elemen-
te. Gute Chancen zur Verwirklichung von integrativen Markenbildern haben Produk-
te mit nachweisbaren Vorteilseigenschaften. Wenn die Key Visuals mit der Zeit an
Eindruckskraft verlieren, so sind doch sachlich begründete Produktvorteile vom
Verbraucher nicht so leicht zu unterdrücken.

Integrationsprobleme sind auch im Zeitablauf (bei der Kampagnensteuerung) und


beim Zusammenwirken verschiedener Werbeträger (Parallelschaltungen, z.B. von
Anzeige und Spot) zu lösen. Esch und Andresen kritisieren eine Zersplitterung der
meisten Kommunikationsauftritte und vertreten deshalb ein Konzept einer Integ-
rierten Kommunikation.950 Vor allem im Rahmen von Kampagnen sind Werbebot-
schaften formal und inhaltlich zu integrieren, d.h. ganzheitlich aufeinander abzu-
stimmen. Dies geschieht durch sog. Klammern:
(1) Formale Klammern sind die typischen Elemente des Corporate Identity, wie
Farben, Formen, Typographien oder Präsenzsignale (Deutsche Telekom, Sixt,
McDonald´s).
(2) Eine inhaltliche Integration durch Sprache kann durch (2a) identische Aussa-
gen erfolgen (Volksbanken Raiffeisenbanken: Wir machen den Weg frei; Schwä-
bisch Hall: Auf diese Steine können Sie bauen; auch mit stets gleichem Jingle)
oder durch (2b) semantisch gleiche Aussagen (BMW: Vorsprung durch Technik).
(3) Eine inhaltliche Integration durch Bilder erfolgt, indem (3a) immer wieder der
gleiche Bildinhalt nur jeweils mit anderen Texten eingesetzt wird (Beck´s Bier)
oder (3b) indem die einzelnen Bildelemente zwar verändert werden, die Schlüs-
selbilder aber unverändert bleiben (die ökologische AEG-Werbung, O2).

Doch auch eine integrierte Kommunikation führt nicht kurzfristig zum Markenbilder-
folg. Mit 1,5 Jahren sollte man rechnen und dabei so systematisch vorgehen, wie

950
vgl. Esch; Andresen, (Botschaften), in: ASW, 8/2000, S. 52-56; Esch, (integrierte Kommunikati-
on), 1999; aufbauend auf Bruhn, (Kommunikationspolitik), 2005, S. 81 ff.
7. Kapitel: Die Kommunikationspolitik 441

Abb.7-29 beim F&E-Prozess für ein neues


CHECKLISTE FÜR
Produkt.951 Abb.7-29 enthält wei- ERFOLGREICHE ANZEIGEN
tere Empfehlungen zur Gestaltung Hat die Anzeige informativen Wert. Stellt sie einen
einer Anzeige. Produktvorteil oder etwas Neues heraus?
Vermittelt das Bild die Schlüsselbotschaft?

Auf die Werbemittelgestaltung Ist die Headline konkret, klar und direkt?
folgt die Mediaselektion, d.h. die Stehen Bild und Headline in enger Beziehung zueinan-
Auswahl der geeigneten Träger der?
für die Werbebotschaft. Wird der Produkt- oder Firmenname hervorgehoben?
Enthält die Anzeige Elemente, die ablenken oder zuviel
geistige Arbeit verursachen?
Wie steht es um die Integration bei einer doppelseitigen
Anzeige?
Ist die Anzeige insgesamt gesehen einfach, direkt,
aussagekräftig und anschaulich?

7.7.5. Werbeträger / Werbemedien


WERBETRÄGER IN
Abb.7-30 Das als Anzeige, Filmspot oder Plakat gestaltete DEUTSCHLAND 2006
Werbemittel sucht jetzt einen Werbeträger, der die
377 Tageszeitungen
Werbebotschaft an die Umworbenen heranträgt. Ad-
27 Wochenzeitungen
diert man zu den offiziellen Werbeträgern laut ZAW
1.374 Anzeigenblätter
noch alle Taxen, Straßenbahnen, Anschlagtafeln, Te- 899 Publikumszeitschriften
lefonkarten oder auch Internet-Banner, dann über- 1.095 Fachzeitschriften
häufen mehr als 1 Million Werbeträger täglich die 3.500 Kundenzeitschriften
Konsumenten mit Werbeeindrücken (Impressions). 243 Telekomm.-Verzeichnisse
Es ist nicht möglich, hier alle Werbeträger aufzulis- 193 TV-Programme
ten, die als Überbringer einer Werbebotschaft in Fra- 340 Hörfunkprogramme
ge kommen. Abb.7-30 zeigt die wichtigsten. Für eine 4.848 Kino (Leinwände)
erarbeitete Anzeigenserie sind nun die zielgruppen- 358.562 Werbeflächen
adäquaten Träger auszuwählen und im Kampagnen- (Quelle: ZAW, Werbung in
Deutschland, 2007, S. 200)
plan geschickt zu kombinieren.
Deutsch-
lands stärk-
Die Mediaselektion wählt den oder die geeigneten Träger für die Werbemittel
ste Medien- aus. Sie soll z.B. entscheiden, ob eine Anzeige in der Wirtschaftswoche oder
marke ist die im Manager Magazin geschaltet wird. Die Medien stehen in harter
BILD- Konkurrenz zueinander und werben in Leserschaftsprofilen mit ihren
Zeitung. Die
Markenfa-
Erfolgskennziffern. Abb.7-31 zeigt als Beispiel das des Magazins Mercedes.952
milie er- Dominierende Zielsetzung der Mediaselektion ist die Minimierung der
reicht 27 Streuverluste einer Werbebotschaft. Ein Streuverlust entsteht, wenn eine
Mio. Kun- Botschaft eine umworbene Person der Zielgruppe nicht erreicht oder, trotz
den täglich
und erhielt Ansprache, von ihr nicht zur Kenntnis genommen wird.
den Deut-
schen Mar- Die Praxis spricht vom Mediastreuplan und weniger vom Werbeträger-Plan. Zu den
ketingpreis wichtigsten Mediaselektionskriterien zählen:953
2003. (1) Die generelle Attraktivität des Mediums (z.B. Spiegel im Vergleich zu Focus),
(2) Eindrucksqualität und Image des Mediums (Bsp.: Bild versus Die Zeit),
(3) zeitliche Verfügbarkeit des Mediums (Tages-, Wochen- oder Monatszeitung),
(4) räumliche Reichweite (Bsp.: Landshuter Zeitung versus FAZ),
(5) quantitative Reichweite (durch die Botschaft erreichte Personenzahl),
951
vgl. Esch; Andresen, (Botschaften), in: ASW, 8/2000, S. 53
952
erhoben nach der AWA Teilstichprobe im Frühjahr 1997 auf Basis 6.534 Befragte und 3 Belegun-
gen. Quelle: ASW, 4/1998, S. 26
953
vgl. die „historischen“ Ausführungen von Freter, (Mediaselektion), 1974, S. 77 ff.; die umfassende
Darstellung bei Rogge, (Werbung), 2004, S. 255 ff. sowie die dort angegebene Literatur und die Aus-
führungen zum Medienprofil und zur Kontaktqualität bei Pepels, (Marketing), 2004, S. 687-700
442 Marktorientierte Unternehmensführung

(6) in Verbindung mit Kontaktfrequenzen (Kontaktsummen und –verteilungen),


(7) qualitative Reichweite oder Zielgruppeneffizienz (Messung der Streuverluste)
(8) und letztlich der Kontaktpreis (1.000er Kontaktpreis).

Zu unterscheiden ist die ex ante Analyse von Kontaktchancen bei der Medi-
astreuplanung von der ex post Erfolgsanalyse eines Werbemediums im Rahmen der
Werbeträgerforschung. Durch das Leserschaftsprofil aus der Abb.7-31 empfiehlt
sich z.B. Mercedes bei den Werbetreibenden bzw. Mediaagenturen, die die Vertei-
lung der Etatmittel auf die Werbeträger vornehmen.

Abb.7-31

Für die Messung der Mediaselektionskriterien haben sich Kennziffern bewährt. Die
Medienwirtschaft hat sich auf Kennzifferndefinitionen der Informationsgemeinschaft
zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern (IVW) verständigt. Von beson-
ders großer Bedeutung ist der Kontaktpreis. Er wird üblicherweise in Kosten pro
1.000 Werbekontakte ausgedrückt. In ungewichteter Form werden die Gesamtkos-
ten einer Werbeschaltung durch alle Werbekontakte (in 1.000) dividiert. Diese
Kennziffer lässt jedoch den Zielgruppenanteil unter den Lesern, Hörern oder Fernse-
hern unberücksichtigt. Deshalb geht man zum gewichteten Tausenderpreis über.
Die Insertionskosten werden dann nur auf die Zielpersonen (Multiplikation der Brut-
tokontakte mit dem Zielgruppenanteil des Werbeträgers) bezogen. Aber auch die
gewichteten 1.000er Kontaktpreise lassen die Qualität der Werbeschaltung und
differenzierte Werbekontaktchancen außer Acht.

Deshalb wird der in Abb.7-31 herausgestellte Affinitäts-Index zu einem wichtigen


Erfolgsmaßstab für das Erreichen der Zielgruppe. Beträgt der Zielgruppenanteil der
Angler in der Gesamtbevölkerung z.B. 2% und sind in der Leserschaft eines Frei-
zeitmagazins 8% Angler, dann beträgt der Affinitäts-Index 400. Ein Affinitätswert
von 100 bedeutet, dass das gewählte Medium überhaupt keinen Zielgruppenvorteil
gebracht hat. Je höher der Affinitäts-Index ausfällt, desto häufiger (präziser) wird die
Zielgruppe im Vergleich zur Trefferquote in der Gesamtbevölkerung „getroffen“. 43
Gross-Rating-Points würde bedeuten, dass man bei einer Kampagne pro 100 Brutto-
kontakte 43-mal auf Personen der umworbenen Zielgruppe trifft. 57 Kontakte wären
Streuverluste.

Abb.7-32 bietet noch einmal ein Beispiel aus der BAC-Burda Advertising For-
schung.954 Gemäß IVW-Definitionen bedeuten die Kennziffern:

954
vgl. hierzu und im folgenden Burda Advertising Center, (Meßgrößen), 1997
7. Kapitel: Die Kommunikationspolitik 443

Abb.7-32 KENNZIFFERN FÜR INTERMEDIAVERGLEICHE

MEDIASELEKTIONSKENNZIFFERN
1. Werbeimpulse abgegebene Schüsse 8
2. Bruttoreichweite alle getroffenen Objekte 5
3. Zielpersonen Fledermäuse 8
4. Bruttokontakte Treffer auf Fledermäuse 6
5. Nettoreichweite getroffene Fledermäuse 4
6. Nettoreichweite in % Anteil getroffener Fledermäuse 50%
7. K/L = durchschnittliche Kontaktchance durchschnittl. Treffer pro Fledermaus 1,5
8. Affinität in % Nettoreichweite zu Bruttoreichweite 80%
9. GRP = Gross Rating Points Treffer pro 100 Fledermäuse 75

• Die Bruttoreichweite zählt alle Leser mit mindestens einem Kontakt (Kontakt-
chance bzw. erreichte Kontakte gemäß Werteträgerforschung) in Mio.
• Die Nettoreichweite gibt alle erreichbaren oder erreichten Zielpersonen mit
mindestens einem Kontakt in Mio. an (also ohne Mehrfachkontakte).
• Die prozentuale Nettoreichweite errechnet den Anteil der erreichten Zielper-
sonen an den maximal erreichbaren Zielpersonen (Zielgruppenausschöpfung).
• Die Bruttokontakte in Mio. ergeben sich als Summe aller erzielbaren oder er-
zielten Kontakte (Treffer) in der Zielgruppe.
• Die Gross Rating Points (GRP´s) rechnen die erzielbaren oder erzielten Brut-
tokontakte auf 100 Zielpersonen um (Kontakte pro 100 Zielpersonen).
• Die Zielgruppen-Affinität gibt den prozentualen Anteil der mindestens einmal
durch das Medium erreichten Zielpersonen an allen von diesem Medium er-
reichten Personen an (Effizienz der Zielgruppe).
• Der Affinitäts-Index teilt den Anteil der vom Medium erreichbaren Zielperso-
nen durch den Zielgruppenanteil in der Gesamtbevölkerung (x 100).

7.7.6. Messung der Werbewirkungen und des Werbeerfolgs


a.) Werbemittel-, Kampagnenerfolge (Werbemittelforschung)
„I know half the money I spend on advertising is wasted. I just don´t know which
half.“955

Die Messung des Werbeerfolgs kann dreistufig angelegt werden:


(1) Werbemittelerfolg: Welche Wirkungen erreicht eine Anzeige, ein Plakate etc.
aus welchen Gründen durch die kreativen Elemente bei den Umworbenen?
(2) Werbeträgererfolg: Wurden in punkto 1000er-Kontaktpreis, Reichweite, Affini-
tät sowie anderer ökonomischer Parameter die richtigen Medien ausgewählt?
(3) Gesamterfolg: In welchem Ausmaß sind die Werbeziele einer Kampagne insge-
samt erreicht worden (mehr Bekanntheit, neue Leads, Umsatzgenerierung)?

955
Bruhn zitiert diesen berühmten Ausspruch des Händlers John Wanamaker (1837-1922) in seiner 1.
Auflage: Bruhn, (Kommunikationspolitik), 1997, S. 359
444 Marktorientierte Unternehmensführung

Abb.7-33 Die Werbeerfolgs-


kontrolle betrachtet MESSGRÖSSEN FÜR DEN WERBEMITTELERFOLG
zunächst die Qualität Kognitive Erfolgsgrößen Affektive Erfolgsgrößen Konative Erfolgsgrößen
eines Werbemittels, - bewerten / erinnern - - fühlen - - handeln (überprüfbar)

also die kreative Wir- • Werbekontakte • Einstellungen • Kaufabsicht


kung z.B. einer An- • Wiedererkennung • Assoziationen • Effektiver Kauf
(Recognition) • Vergleiche • Kaufempfehlung
zeige oder eines TV- • Erinnerung (Recall), • Wiederholungskauf
Spots. Trifft die An- gestützt oder nicht-
gestützt
zeige nicht in das Herz
des Kunden, dann
bleibt selbst eine Positionierung im reichweitenstärksten Hochglanzmagazin wir-
kungslos. Abb.7-33 zeigt die Messgrößen für die Werbeerfolgsmessung.

DAR-Test In der Praxis liegt der Schwerpunkt im kognitiven Messbereich.956 Um den Erfolg
(Day after einer Anzeige, eines TV-Spots oder eines Plakates festzustellen, werden Käufer nach
Recall):
Telefonin- Wiedererkennung (Recognition) und der inhaltlichen Erinnerung an die TV-
terviews Spots und deren Borschaften (Recall) befragt:
einen Tag (1) Recognition-Tests: Am bekanntesten ist der Starch-Test mit ca. 150 - 200 Test-
nach Aus- personen. Die Tests befragen Leser nach den Kategorien „noted“ (Anzeige gese-
strahlung
eines TV- hen), „seen/associated“ (Anzeige global wahrgenommen) und „read most“ (An-
Spots. zeige zu mehr als 50% gelesen). Die Wiedererkennungstests gelten als recht
zuverlässig.957 Speziell können Ereigniskenntnisse, Werbekenntnisse, Namens-
kenntnisse und Eigenschaftskenntnisse abgefragt werden.
Werbewir- (2) Recall-Tests prüfen weitergehend den Erinnerungsumfang der Umworbenen ab.
kung der
Bei der ungestützten Erinnerung (Unaided Recall) sollen die Befragten Details
E.On-
Kampagnen: einer Anzeige ohne jede Hilfestellung beschreiben.958 Bei der gestützten Erin-
gestützte nerung (Aided Recall) werden Hilfestellungen gegeben, z.B. Nennung eines
Bekanntheit: Markennamens, ein kurzer Blick auf das Logo oder Hinweise zum Produkt. Be-
93%; unge-
stützte Be-
kanntester Vertreter dieser Kategorie ist der Impact-Test, bei dem die Befragten
kanntheit: eine bereits gelesene Zeitung und Kärtchen mit den Namen der beworbenen Fir-
66% men bzw. Produkte vorgelegt bekommen. Wir blicken mit diesen Analysen auf
(s. Hinweis Inhalte des 3. Kapitels zurück: auf die professionelle Marktforschung mit dem
in: MM,
6/2004, S.
Methodenarsenal der Konsumentenbefragungen, Panels und Store-Tests.
84).
Seit 1992 erfasst der Werbewirkungskompass der IP Deutsch-
land quartalsweise die Kommunikationsleistungen von rund WERBEDRUCK-INDEX FÜR
Abb.7-34 GLOBALE WERBERINNERUNG
150 Marken aus 9 Branchen. Ca. 14.000 Interviews werden
durchgeführt, um den Werbedruck in Pfennig pro Person zu + Margarine 145
berechnen. Abb.7-34 liefert Untersuchungsergebnisse. Die + Kaffee 135
zentrale Kennziffer ist die globale Werbeerinnerung (globale + Waschmittel 111
Werbeerinnerung in Relation zu Pro-Kopf-Werbeausgaben). + Milchprodukte 105
- Speiseöle 90
Der Werbedruck von 10 Pfennig erhält den Indexwert 100. - Banken 85
Die Erhebungen belegen, dass das Erinnerungsvermögen - Versicherungen 75
stark branchenabhängig ist. So liegt der Indexwert für Marga- - PKW 55
rine bei 145, der für PKW dagegen nur bei 55. Für PKW müs- (100 = 10 Cent)
sen daher wesentlich mehr Werbeaufwendungen aufgebracht
werden, um dieselben Erinnerungswerte wie für Margarine zu
erzielen.959 (Daten in Euro liegen noch nicht vor)

956
d.h., es werden keine Einstellungen erfragt, sondern Sachverhalte, vgl. Abschnitt 3.3.5 mit einer
Darstellung der etablierten Media-Analysen
957
vgl. Bruhn, (Kommunikationspolitik), 2005, S. 497
958
vgl. Bruhn, (Kommunikationspolitik), 2005, S. 499
959
Werbewirkungskompass IP Deutschland, zitiert in o.V., (Werbeerinnerung), in: PM-Beratungs-
brief v. 25.5.1998, S. 1
7. Kapitel: Die Kommunikationspolitik 445

Die Werbewirkungsmessung im Gefühlsbereich wurde bereits bei der Skalierungs-


technik (Abschnitt 3.2.7.f) beschrieben. Einstellungen (Wie gefällt Ihnen die Anzei-
ge ...?), Assoziationen (Wenn Sie den Markennamen Lacoste hören, woran denken
Sie dann?) oder Vergleiche (Suchen Sie sich aus den Anzeigen jeweils zwei aus, die
sich sehr ähnlich sind, sowie zwei, die Sie als grundverschieden empfinden) stehen
im Vordergrund. Als Werbeauswirkungen auf das Kaufverhalten können im Markt
erfragt werden: (1) Kaufabsichten, (2) konkrete Kaufakte und (3) Weiterempfeh-
lungen.

Die Werbeerfolgsmessung wird durch zwei Phänomene erschwert:


(1) durch einen zeitlichen Übertragungseffekt: Eine Anzeige oder ein TV-Spot
wirkt nicht unverzüglich. Die Wirkung tritt vielmehr mit einer zeitlichen Ver-
schiebung in Proportionen auf; sie überträgt sich stückweise in die Zukunft.960
(2) durch einen Carry-over-Effekt: Dieser verhindert eine isolierte Wirkungserfas-
sung einer Werbemaßnahme. Bereits beim Anblick einer Anzeige beeinflussen
das Produktäußere (Produktdesign), das empfundene Hersteller-Image wie auch
die Kenntnis um den Produktpreis die Wahrnehmung (als Folge des Phänomens
der selektiven Wahrnehmung) und die Wirkung des Werbemittels.

Deshalb wurden Scoring-Modelle entwickelt. Sie messen die Wirksamkeit von An-
zeigen nicht durch Erhebung isolierter Erfolgsparameter, sondern mit Hilfe von mul-
tivariablen Bewertungen. Z.B. analysiert der TachEswa-Index Werbung anhand der
Kriterien Geschwindigkeit (einer Werbeaufnahme), Einstellung und Gedächtnis-
wirkung sowie der Subdimensionen Aufmerksamkeit, Informationsinhalt, Anzei-
generinnerung, Markenerinnerung, Akzeptanz und Persuasion (Überzeugungs-
kraft).961 Jedes Werbemittel wird anhand von 160 Kriterien überprüft. Für erfolgrei-
che Anzeigen oder Spots gilt ein Benchmark (Overall-Score) von 100 und mehr
Punkten. Bei einer Analyse der Anzeigen im Spiegel und im Focus im Oktober 2000
haben vier Anzeigen diese Spitzenwerte erreicht: Hannoversche Leben, Die Bahn,
Fuji und jusline.de. Alle vier Spitzenanzeigen zeichnen sich aus durch:
• eine stark bildorientierte Kommunikation,
• keine "Kopflastigkeit",
• hohe, zielgerichtete Kreativität,
• Fokus auf Dienstleistungen.

Die Erfolgsmessung für Dialogmarketing-Kampagnen wird im folgenden Abschnitt


dargestellt (s. auch Abb.7-45, 7-46).

b.) Werbeträgererfolge (Werbeträgerforschung)


Ein Werbetreibender möchte seine kreativen Werbemittel auf erfolgversprechenden
Werbeträgern platzieren. Die Mediaagenturen greifen hierzu bei ihren Media-
Streuplänen auf die systematisch erhobenen Daten der Werbeträgerforschung zurück.
Renommierte Marktforschungsinstitute haben Erhebungsprogramme zur Messung
der Werbekraft von Werbeträgern laufen. Abb.7-30 hat bereits den Ansatz der
Burda-Leserschaftsanalyse bei Printmedien dargestellt. Die bedeutendsten Reichwei-
ten-Studien sind daneben die
(1) Media-Analyse (MA) der Arbeitsgemeinschaft Media-Analyse: Unabhängige
Marktforschungsinstitute liefern zweimal jährlich Leserschaftsdaten (Der Befrag-
te muss mindestens eine der letzten 12 Ausgaben genutzt haben) von 25.000 nach
dem Random-Route-Verfahren ausgewählten Befragten ab 14 Jahren und die
960
vgl. Rogge, (Werbung), 2004, S. 238
961
vgl. Meyer-Hentschel, (Überdurchschnittlich kreativ), in: ASW, 2/2001, S. 92-93
446 Marktorientierte Unternehmensführung

(2) Allensbacher Werbeträgeranalyse (AWA): Das private Institut für Demoskopie


in Allensbach befragt nach dem Quotenverfahren 21.000 Leser (Der Befragte
muss eine Zeitschrift mindestens sehr selten nutzen), analysiert spezielle Zeit-
schriftenreichweiten und bietet zahlreiche qualitative Zielgruppeninformationen.

Aufgabe der Anzeigenmarktforschung ist es, den Weg einer Zeitschrift von der
Druckauflage zu den Leserkontakten und weiter zu den gewünschten Zielgruppen-
kontakten nachzuverfolgen. Im Mittelpunkt steht die verkaufte Auflage, differenziert
nach Einzelverkauf, Abo-Verkauf und sonstigem Verkauf (im wesentlichen Lesezir-
kel). Das Erfolgskriterium ist die Anzahl der Leser pro Nummer (LpN). Die IVW
definiert:
„Im Leser pro Nummer werden alle Personen erfasst, die von der durchschnittlichen
belegbaren kleinsten Einheit eines Werbeträgers, d.h. bei einmaliger Insertion er-
reicht werden. In der Praxis der Werbeträgerforschung ist das die Zusammenfassung
aller Personen, die im jeweiligen Erscheinungsintervall Kontakt mit irgendeiner Ein-
heit des Werbeträgers hatten.“ (Broschüre der IVW)

Der Ansatz beruht auf der Gesetzmäßigkeit, dass die Anzahl der Leser einer be-
stimmten Ausgabe einer Zeitschrift innerhalb eines beliebigen Zeitraums gleich ist
der Leserschaft einer beliebigen Ausgabe in einem bestimmten Zeitraum. Beispiel:
Die Leser von Heft 10 im Zeitraum Woche 10 bis 16 entsprechen den Lesern der
verschiedenen Ausgaben (Hefte 10 bis 16) in der Woche 16. Man kann also die Iden-
tität von Leser pro Nummer und Leser im Erscheinungsintervall unterstellen, so dass
es nicht notwendig ist, wiederholte Befragungen nach der Nutzung einer bestimmten
Nummer durchzuführen. Eine Leserbefragung in Woche 16 ist ausreichend. Durch
Berücksichtigung von individuellen Nutzungswahrscheinlichkeiten wird die Analyse
weiter verfeinert und der LpN-Wert in einen LpA-Wert überführt.962

Die GfK Nicht minder ausgefeilt ist die Fernsehzuschauerforschung. Werbewirtschaft und
führt welt- TV-Sender wollen in Erfahrung bringen, welche Zielgruppen zu welchen bevorzug-
weit das
größte Fern-
ten Zeiten welche TV-Kanäle nutzen. Sie greifen hierzu vor allem auf das Panel der
sehfor- GfK Fernsehforschung zurück. Die Daten werden in 5.640 Panel-Haushalten mit ca.
schungspa- 13.000 Personen erhoben. Hochrechnungsgrundlage für die Grundgesamtheit von 35
nel. Die Mio. deutschen Haushalten mit 73 Mio. Personen ist die ma (Media-Analyse) bzw.
Zuschauer-
daten gelten
der Mikrozensus für die EU-Haushalte.963 Elektronische Messgeräte (GfK-Meter)
als „Wäh- mit Datenfernübertragung erfassen (1) wieviele Haushalte und (2) wieviele Personen
rung“ der mit (3) welchen soziodemographischen Merkmalen (4) welche Sendungen (5) wie
Mediapla- lange sehen. Eine Kontrollfunktion übt in diesem Zusammenhang die Kommission
nung.
zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK) aus.

Man spricht Ein spannender Bereich ist die Plakatforschung. Sie wird vom Fachverband für
auch von
Out-of-
Außenwerbung (FAW) betreut. Folgende Messverfahren kommen zum Einsatz:
Home- (1) die Media-Analyse Plakat (MA) zur Grobplanung von Plakatkampagnen mit
Medien. Abfrage individueller Wahrnehmungen von 10.000 Personen älter als 14 Jahre,
(2) das Plakatbarometer mit regelmäßiger Erhebung von Werbe- und Motiv-
erinnerungen mit Markenzuordnungen auf Ortsebene (1.800 Fälle pro Ort),
(3) der Plakatmonitor, eine regelmäßige Erhebung (2.500 Fälle pro Welle) von Re-
cognition und Medialeistung mit Berechnung von Reichweiten, Kontakthäufig-
keiten/GRP (dient weniger der Standortbewertung),

962
Dazu werden folgende Lesergruppen mit ihren Lesewahrscheinlichkeiten unterschieden: ganz
seltene Leser (1 - 24%), seltene Leser (25 – 40%), gelegentliche Leser (41 – 58%), häufige Leser (59
– 82%), Kernleser (83 – 100%). Kernleser lesen praktisch jede Ausgabe.
963
vgl. GfK (Hrsg.), Fernsehzuschauerforschung, akt. Ausgabe, und interne Infos GfK
7. Kapitel: Die Kommunikationspolitik 447

Mit 403.454 (4) der Niko-Index, eine kontinuierliche Abfrage von Bekanntheit, Werbe-
Werbeflä- erinnerung, Kaufbereitschaft, Image, Medienleistung mit ca. 64.000 Fällen p.a.
chen wurde
im Jahr 2004 (5) und die G-Wert-Messung der GfK für die Feinplanung von Plakatstandorten.964
in Deutsch-
land 720 Der G-Wert der GfK ist ein Maß für die Plakat“leistung“. Grundlage ist eine Pas-
Mio. Euro santenzählung (Passantenfrequenzen) nach verschiedenen Kategorien (z.B. Fußgän-
Werbe- ger, Autofahrer u.a.). Bei zufällig ausgewählten Passanten in den Kategorien werden
umsatz
erzielt. dann die erinnerten Plakatkontakte pro Stunde erfragt (Erinnerungs-Anteile für die
Plakatflächen). 2005/06 wurde erstmalig ein städtischer Frequenzatlas auf der
Grundlage eines erweiterten G-Wertes-2 berechnet.

G-Wert = Passantenfrequenz pro Stunde multipliziert mit Erinnerungs-Anteil.


Der Frequenzatlas gibt für einzelne Straßenabschnitte die Anzahl der
Passanten als Durchschnittswert pro Stunde an, eingeteilt nach Fußgänger,
Autofahrer und Nutzer des öffentlichen Nachverkehrs.
Abb.7-35 Bislang erfasst ANALYSE DER AUSSENWERBETRÄGER
Citylight- der Frequenz- Stellenbestand Durchschnittspreis Durchschn.
Stadt
Poster kos- atlas der GfK 2004 und *2006 pro Tag je Fläche Reichweite
ten im Mi- alle Städte mit 1. Allgemeinstelle *42.854 0,97 € -
nimum ca. 2. Ganzsäule *16.837 14,74 € 47,2
20.000 Euro
mehr als 3. Großfläche Straße *180.159 10,47 € 85,8
pro Monat. 100.000 Ein- 4. Großfl. Einkaufzentrum 21.404 8,95 € 85,8
5. Großfl. U-/S-Bahn 5.965 11,20 € 85,8
Bundesweite wohnern. 6. Beleuchtete Vitrinen 18/1 12.419 43,55 € 55,2
Kampagnen Abb.7-35 lie- 7. Riesenposter *1.121 12,75 € 50,0
in Städten 8. Citylight-Poster Straße *88.138 11,51 € 85,8
über
fert Eckdaten 9. Cityl.-Poster EK-Zentrum 2.244 16,42 € 55,2
500.000 aus der Media- 10. Citylight-Säulen - 28,67 € -
Einwohner: Analyse Plakat (Quelle: Media-Analyse Plakat 2005 – zit. in: ASW 5/2005, S.108; Horizont 40/2006, 62)
ca. 350.000 2005.
Euro.

c.) Probleme der klassischen Medienwerbung


Aller kreativen Perfektion zum Trotz: Die Wirkung von Print- und TV-Werbekam-
pagnen wird zunehmend angezweifelt:
„Früher“, erinnert sich Peter Wippermann, Trendforscher und Professor für Kom-
munikationsdesign, „wussten Unternehmen: Da ist unsere Zielgruppe, da machen wir
einen Kringel drum und hauen die Werbung drauf. Das ist jetzt vorbei. Kein Unter-
nehmen könne mehr vorausberechnen, wo es wen erreicht.“965

„Der hybri- Die klassischen Zielgruppen verlieren ihre festen Konturen. Ein Symbol hierfür
de Konsu- ist der Audi A6 Fahrer, der bei ALDI vorfährt. Es gibt keinen typischen Audi-Fahrer
ment, der
heute Hum- mehr. Nichts scheint mehr vorhersehbar. „Es reicht, blöd zu sein, um Bluna zu trin-
mer speist ken.“966 Die klassische Mediaselektion verliert an Durchschlagskraft. Der Verbrau-
und morgen cher verhält sich zusehends hybrider, „als ungreif- und unbegreifbares Mischwesen,
Fischbulette als Konsument ohne echte Eigenschaften, geschlagen mit einem düsteren Hang zur
– er wird im
Jahr 2020 Individualität.“967 Ein Szene-Marketing bricht traditionelle Zielgruppen auseinander
zum neuen (s. Abschnitt 1.1.7.e). In einem interessanten Beitrag brachten Esch und Andresen
Otto Nor- das Dilemma von klassischer Markenpositionierung (Markenführung) und Wer-
malverbrau-
bung auf den Punkt:968
cher.“
(Christian ⌦ Werbung orientiert sich zu stark vergangenheitsorientiert an vorhandenen und
Rickens, in:
MM 2/2006, 964
S. 91) vgl. zum Kurzüberblick o.V., (Budgetplanung), in: ASW, 7/1998, S. 90
965
Boldt, (wahres Leben), in: MM, 10/1997, S. 228
966
Boldt, (wahres Leben), in: MM, 10/1997, S. 236; s. auch die Ka-Werbung von Ford
967
Boldt, (Maßstab), in: MM, 4/1998, S. 143
968
z.T. in Anlehnung an Esch; Andresen: (Barrieren), in: Tomczak; Rudolph; Roosdorp (Hrsg.): Posi-
tionierung, 1996, S. 78-94
448 Marktorientierte Unternehmensführung

gesättigten Bedürfnissen. (Positivbeispiele: z.B. die Kampagnen für den Ka oder


den Twingo.
⌦ Die Werbung hält zu stark an Sachbotschaften fest.
⌦ Die etablierten Marktforschungsinstitute konservieren überkommene Erfolgsfak-
toren. Als Folge laufen die Wettbewerbsprofile (Produkteinschätzungsprofile)
heute weitgehend parallel. Alle Hersteller werben mit den gleichen Präferenzkri-
terien.
⌦ Zu viele Marken werden zu defensiv positioniert. Es macht z.B. keinen Sinn,
Citroen als „sicheres Auto“ zu bewerben.
⌦ Positionierungsentscheidungen werden vom Top-Management gefällt, sondern
von Produktmanagern mit einer relativ hohen Personalfluktuation.
⌦ Die strategische Werbung kommt zu kurz. Wegen der kurzfristig angelegten
Entlohnungs- und Anreizsysteme sind die Manager auch nicht daran interessiert,
den Erfolg vergangener Kampagnen zu messen.
⌦ Noch immer finden die Gesetze des Imagery zu wenig Beachtung. Beispiel: Vie-
le Marken besetzen den Begriff Frische. Cliff hat diese durch die Dimensionen
Abenteuer und Männlichkeit konsequent umgesetzt. Fa dagegen, mit ständig
wechselnden Farben und Motiven, hat seine Marke nicht unverwechselbar posi-
tionieren können.
⌦ Die eingesetzten Werbebilder passen nicht zur Markenhistorie und zur Realität
(Bsp.: Die Pünktlichkeits-Werbung der Bahn AG).
⌦ Mangelnde Kontinuität der Werbebotschaften gefährdet den Erfolg. Der Citroen
Xantia wurde 1995 mit neun unterschiedlichen Auftritten beworben, die bis auf
das Logo keine inhaltlichen und formal integrierenden Elemente aufwiesen. Das
Markenbild war zersplittert. Als Gegenbeispiel gilt der Renault Clio. Über einen
längeren Zeitraum wurde die Szenerie der Paradieslandschaft mit der Zeichen-
trickschlange in unterschiedlichen Spots durchgehalten. Die gestützte Recall-
Analyse erbrachte dann auch ein für Citroen vernichtendes Ergebnis.969

Consumer Aktuelle Befragungen erhärten die Kritik an der Werbung und deuten auf eine zu-
Resistance nehmende Werbemüdigkeit der Verbraucher hin. So würden einer GfK-Befragung
bezeichnet
das Phäno- zufolge 45,1% von 2.500 Konsumenten die Werbung gerne einschränken. 22,4%
men, dass sprechen sich sogar für ein Abschaffen jeglicher Werbung aus.970 Neuere Untersu-
sich Ver- chungen decken 56 Prozent sog. "Fernsehverweigerer" in der Gruppe der 14- bis
braucher der
Werbung
29-Jährigen auf; mit Abitur oder weiterführendem Schulabschluss. Die durchschnitt-
entziehen liche Sehdauer der 14- bis 49-Jährigen beträgt nur noch 23 Minuten. Gerade die We-
oder sich nig-Seher sind besonders einkommensstark und gebildet.971 Nicht anders sieht das
durch Mar- Bild bei den Pressemedien aus. Ein Leserschwund ist bei den Tageszeitungen unver-
ketingaktivi-
täten gestört
kennbar. Das Wort von den "Zeitungsmuffeln" macht die Runde.972 Die werbenden
fühlen. Hersteller suchen die Ursachen bei den Agenturen und werfen diesen mangelnde
Kreativität und Budget-Opportunismus vor. Die Kreativen wiederum verweisen auf
konservative und risikofeindliche Produktmanager.973 Eine Studie der MGM Media
Gruppe München kommt zu dem Schluss:974
„Die meisten Briefings der Kunden sind falsch. Sie sind unklar, begeistern nicht, sondern
blockieren die Agenturen. Ein gutes Briefing ist jedoch Grundvoraussetzung für gute Ideen.“

969
vgl. die Grafiken 3, 4 und 5 des Aufsatzes von Esch und Andresen: Esch; Andresen, (Barrieren),
in: ASW, 10/1996, S. 97 und 99
970
vgl. o.V., (Einschränkung), in: PM-Beratungsbrief v. 5.5.1997, S. 1
971
vgl. AC Nielsen Single Source, zit. in: o.V., (Werber), in: PM-Beratungsbrief v. 13.1.2001, S. 1
972
Allensbacher Markt- und Werbeträger-Analyse AWA 1991-2000; zit. in: o.V., (Zeitungsmuffel),
in: PM-Beratungsbrief v. 13.1.2001, S. 6
973
zu diesen Argumenten vgl. Kotler; Bliemel, (Marketing-Management), 2001, S. 970 ff.
974
o.V., (kreativste Werber), in: PM-Beratungsbrief v. 25.8.1997, S. 6
7. Kapitel: Die Kommunikationspolitik 449

Es ist also ratsam, Werbeetats nicht aus Alibigründen aufzustellen und Ziele und
Strategien mit den Agenturen detailliert zu vereinbaren. Nichts ist schlimmer für eine
Agentur als ein Auftraggeber, der nicht weiß, was er will. Denn der Werbeetat gilt
als Hebel für die Markenpolitik. Doch die Kräfte der klassischen Medienwerbung
dürfen auch nicht überbewertet werden. Ein Trend in der Kundenkommunikation
geht zur werblichen Direktansprache.

7.8. Direktwerbung / Direktmarketing


7.8.1. Begriff - Bedeutung - Aufgaben
„Wir werden in der Zukunft weniger mit der großen Gießkanne die Kommunikation
betreiben. Für uns sind Database-Management, Clienting die Stichworte. Wir werden
versuchen, die Kundenbeziehungen direkter und mit größerer Erfolgschance aufzu-
bauen und nicht nur über die Fernsehwerbung zu gehen.“975

Die unpersönliche Medienwerbung „macht“ Marken. Sie hat aber auch Grenzen:
• hohe Streuverluste und damit hohe Kosten pro Zielgruppenkontakt,
• Zielgruppendifferenzierung ist nur durch Auswahl zielgruppenbezogener Wer-
beträger möglich (z.B. Essen & Trinken versus Diät),
• Anonyme Werbung schafft keine persönlichen Beziehungen,
• i.d.R. keine Nachfassmöglichkeiten für den Werbenden, da kein Dialog mit dem
Kunden erfolgt (gilt nicht für Anzeige mit Responseträger, Coupon),976
• daher im Regelfall kein kundenangepasstes Kontaktprogramm möglich,
• alle Werbeadressaten werden gleich angesprochen, keine Berücksichtigung des
Kundenstatus auf dem Weg vom Interessenten zum Stammkunden (s. noch ein-
mal die Kunden-Loyalitätsleiter in der Abb.6-37),
• Werbebotschaften werden immer gleichförmiger, Verbraucher sind übersättigt.

Deshalb haben Versandhäuser in den 60er Jahren große Anstrengungen unternom-


men, neue Instrumente für eine direkte Ansprache der Konsumenten zu entwickeln.
Heute übernehmen spezielle Direktmarketing-Dienstleister für die werbetreibende
Wirtschaft die Aufgaben,
(1) Adressen von Interessenten zu suchen (Wer kommt als Kunde in Betracht?),
(2) Adressen zu qualifizieren (Was kauft der Kunde?),
(3) diese Adressen an Anbieter mit besonderen Zielgruppenwünschen zu verleihen
oder zu verkaufen (Wer könnte aus einer Adresse Nutzen ziehen?)
(4) bzw. selbst, im Auftrag eines Anbieters, diese Interessenten anzusprechen,
(5) um Werbebotschaften zu übermitteln
(6) und Kaufabschlüsse zu generieren.
Diese Adressenanbieter prägen den Begriff Direktmarketing-Unternehmen, obgleich
der ursprünglichen Intention gemäß der Name Direktwerbe-Unternehmen angemes-
sener wäre. Im Zeitraum 1988 bis 2006 entwickelte sich ein Wirtschaftsbereich mit
einem Auftragsvolumen, das von 6,4 auf 32,0 Mrd. Euro anstieg.977 2006 wurden für
adressierte Werbesendungen 11,5, für Response-Anzeigen 3,4, für das Telefon-
marketing 5,2 und für teil- und unadressierte Direktsendungen 2,8 Mrd. Euro Auf-
wendungen erfasst. Mittlerweile erreicht die Internet-Direktansprache inkl. Banner-
und E-Mail-Werbung mit 7,9 Mrd. Euro einen Marktanteil von 24,7 Prozent.

975
Interview mit dem früheren DaimlerChrysler Vertriebsvorstand Dr. Zetsche: Zetsche, (Mercedes),
in: ASW, 5/1996, S. 14-18. Interview durch Peter Sippel
976
hier ist allerdings eine wichtige Anmerkung des Deutschen Direktmarketing Verbandes hinzuwei-
sen: Danach enthalten über 30% aller Anzeigen und Beilagen Responseelemente.
977
vgl. Studien der Deutsche Post AG, (Direkt Marketing Monitor Deutschland ) sowie www.ddv.de
450 Marktorientierte Unternehmensführung

Abb.7-36 WERBEAUSGABEN FÜR DIREKTMARKETING-MEDIEN 2006 (32,0 Mrd. Euro) Klassik-


medien mit
Response:
TV/Funkw erbung mit
Anzeigen/Beilagen mit Response (1,1)
Plakat/Außenw er- 15,0%
Resp. (3,4) bung mit Resp. (0,1)
3,4% volladressierte
Teiladressierte 10,6% 1,0%
Sendungen (11,5)
Werbesendungen
35,9%
(0,5)
1,6%
Bannerw erbung (1,4)
4,4%

E-Mail Marketing (1,5)


4,7%

Unadressierte
Werbesendungen Telemarketing (5,2)
(2,3) Internet (5,0) 16,3%
7,2% 15,6%

(Quelle: Studie Direkt Marketing Monitor Deutschland 2007, Deutsche Post)

„Germany is Abb.7-36 zeigt die Verteilung der DM-Werbeausgaben 2006. Ca. 36% aller Kom-
also the munikationsaufwendungen entfallen heute auf die „reine“ Direktwerbung.978 Dabei
World- nimmt Deutschland mit 39% DM-Werbeanteil die führende Position im europäischen
champion
Direktmarketing ein. Laut Schätzung der Deutschen Post stieg die Zahl der direkt-
Mail Order
Country. ... marketingaktiven Unternehmen weiter deutlich von 836.000 (2002) auf 995.000
Germany (2006). Definieren wollen wir Direktmarketing wie folgt:
sets the
Trends in Das Direktmarketing umfasst alle Maßnahmen zur persönlichen und kosten-
Direct Mar-
keting.“ günstigen Ansprache einer großen Anzahl von Interessenten und Kunden;
(Quelle: mittels Brief, Telefon, Fax, Mail, SMS, Coupon oder anderer Response-
DDV- träger979 (kommunikationsorientierte Definition).
Meldung) Echtes Direktmarketing ist werbende Einzelansprache mit dem Ziel, einen
personalisierten und individualisierten Kundendialog zu erreichen.

Diese Definitionen980 bieten zwei Vorteile:


• Sie stellt das Direktmarketing als Direktwerbung neben den Verkauf und ver-
hindert dadurch, dass der persönliche Verkauf seine Bedeutung als eigenständi-
ges Marketinginstrument verliert und im Direktmarketing untergeht981
• und verhindert in gleicher Weise die Vereinnahmung von Verkaufsförderung
und Public Relations durch das Direktmarketing, wie sie Meffert vornimmt,
wenn er von „Direktkommunikation“ spricht.982
Andererseits ist nicht von der Hand zu weisen, dass z.B. ein Werbebrief mit beilie-
gender Rückantwortkarte unmittelbar zum Kauf einlädt. Call-Center sollen zuneh-
mend verkaufen. Die Grenze des Direktmarketing zur Verkaufspolitik ist fließend.
Direktmarketing umfasst alle Maßnahmen, bei denen auf der Grundlage
einer brieflichen, fax-mäßigen, telefonischen, computergestützten oder
sonstigen Kommunikation unmittelbar Kaufabschlüsse erzielt werden sollen.

978
Gemäß den Angaben im Direkt Marketing Monitor 2007 der Deutsche Post AG
979
in Anlehnung an Godefroid, (BtoB), 2003, S. 231
980
vgl. zu der Fülle möglicher Begriffsauslegungen Holland, (Direktmarketing), 2004, S. 5-9
981
Dallmer spricht sogar von „Direktbelieferung“ mit „Hilfe von Reisenden bzw. Handelsvertretern
sowie Verkaufsbüros bzw. Katalog-Show-rooms“. Diese Begriffsauslegung geht zu weit: vgl. dort S.
480. Die Vereinnahmung des Verkaufs bzw. die Schaffung einer alle Marketinginstrumente integrie-
renden, übergeordneten Direktmarketing-Ebene ist verständlicherweise für die Autoren reizvoll, die
sich speziell mit dieser Thematik befassen: vgl. Holland, (Direktmarketing), 2004, S. 6
982
vgl. Meffert, (Marketing), 2000, S. 743-744
7. Kapitel: Die Kommunikationspolitik 451

Oberstes Direktmarketing bietet somit Ansatzpunkte, kostspielige Außendienstbesuche


Ziel des DM
ist die Stei- zu ersetzen (verkaufsorientierte Definition). Kurz: Direktmarketing ist Di-
gerung von rektverkauf ohne Außendienstverkauf.
Kundenzu-
friedenheit Im Grundsatz soll die Direktansprache sowohl in BtoC wie auch in BtoB
und Kun- (1) Streuverluste durch korrekte Adressenqualifizierung minimieren,
denbindung.
Der direkte
(2) verstärkt Erinnerungswerte, Produktpräferenzen und Kaufimpulse durch Indivi-
Abverkauf dualisierung des Angebotes (individuelle Bedürfnisansprache) schaffen
liegt nur auf (3) und dies kostengünstig ohne kostspielige Außendienstkontakte.
Platz 8 der
DM-Ziele
(vgl. Mef- Als spezielle Instrumente des Direktmarketing kommen zum Einsatz:
fert; Schnei- (1) Direktmailing-Verfahren (Direct Mails) als personalisierte, zumeist großzahli-
der; Krum- ge schriftliche Kundenansprache (schriftliches Dialogmarketing),
menerl, in: (2) Teil- und unadressierte Werbesendungen, zwar ohne vollständige Direktan-
ASW,
11/2004, S. sprache, aber nicht Teil der klassischen Werbemedien,
53) (3) Telefonmarketing (Telemarketing) als telefonische Direktansprache; i.d.R. in-
stitutionalisiert in einem internen oder externen Call-Center (Solution-Center),
(4) E-Mailings, Internet-Kontaktprogramme und auch Bannerwerbung zur Kun-
denansprache durch dasInternet; früher als interaktive Dienste bezeichnet,
(5) Klassik-Medien mit Response (Direct-Response-Marketing), bei denen Print-
anzeigen ein Responseträger (Rückantwortkarte) beigelegt wird, Zeitschriften
durch Umhefter oder TV-Spots mit Responsegenerierung angereichert sind.

Mit diesen Instrumenten sollen vorrangig folgende Aufgaben erledigt werden:


• Marktforschung, Zielgruppenbestimmung, Kundenqualifizierung,
• Erhebung von speziellen Kundenmeinungen (Responses), z.B. zu technischen
Eigenschaften von Produkten,
• Kundenbedarfsanalysen mit Hinweisen an den Außendienst, wo sich Besuche
lohnen und evtl. Vereinbarung von Außendienstbesuchen (Terminplanung),
• Suche nach Leads, d.h. Herausfiltern echter Interessenten aus einer Menge von
Kontaktadressen zur Unterstützung des Verkaufs,
• Kundenansprache zur Unterstützung von Handelspartnern (Z.B. bieten Hei-
zungshersteller wie Wolf und Buderus ihren Handwerkern Marketingpakete an,
mittels derer diese neue Kunden ausfindig machen und gewinnen können),
• Hotlines und Servicedienste für Interessenten und Kunden,
• gezielte Einladung von Interessenten und Kunden zu Veranstaltungen,983
• Auftragsannahme (Verkauf), z.B. im Versandhandel und Ticket-Service.

Die große Vision des Direktmarketing ist das Dialogmarketing, d.h. die mediale
Interaktion mit dem Kunden. Die obigen Ansätze (2) und (5) und auch (4) können
Abb.7-37
PRIORITÄTEN UMSATZRANKING DIALOG-AGENTUREN 2006
Abb.7-38 DER MARKETINGLEITER FÜR
DAS DIREKTMARKETING 1. Defacto, Erlangen 46,0 Mio. Euro
2. Schaffhausen Comm. Group, Elmshorn 24,4 Mio. Euro
3. GKK, Frankfurt 21,8 Mio. Euro
Telefonmarketing 38%
4. WOB, Viernheim 11,9 Mio. Euro
Call-Center 31% 5. Arsmedium, Nürnberg 8,9 Mio. Euro
Dialogmarketing 28% 6. Kochan + Partner, München 5,0 Mio. Euro
Kunden-Hotlines 28% 7. Skadialog, Frankfurt 4,9 Mio. Euro
Database-Marketing 24% 8. Brüggemann & Freunde, Borken 3,1 Mio. Euro
Direct Response 21% 9. MSB+K, Stuttgart 2,2 Mio. Euro
(Quelle: ASW, 9/1998, S. 118 zur Planung 10. Jahns and Friends, Düsseldorf 1,9 Mio. Euro
1999) (Quelle: HORIZONT und w&v, in: HORIZONT 29/2007, S. 18)

983
Das Direktmarketing deckt sich mit Verkaufsförderung, wenn z.B. per Mailings zu Produkt-
Promotion Veranstaltungen eingeladen wird.
452 Marktorientierte Unternehmensführung

nur bedingt als Dialoginstrumente betrachtet werden, weil die Initiative doch wieder
auf den Kunden übergeht. Auch das zukünftige Digital-Fernsehen bietet ohne PC-
Vernetzung nicht die Möglichkeit der Direktansprache durch die Hersteller.984
Abb.7-37 zeigt, wie wichtig die einzelnen Direktmarketinginstrumente für die Mar-
ketingleiter sind. Die nachrangige Position des Database-Marketing überrascht. Jede
DM-Aktion sollte doch auf einer Database beruhen. Abb.7-38 listet die größten Dia-
logmarketing-Agenturen nach HORIZONT und W&V auf (Horizont 29/2007, S.18).

7.8.2. Adressen für das Database-Marketing


Die Data- Jede Direktansprache kann nur so gut sein wie die Qualität der Adressen. Eine Data-
base ist die base, bzw. eine computergestützte CRM-Kundendatenbank, geht weit über das Er-
Schatztruhe
des Direkt- fassen und Selektieren soziodemographischer (z.B. Alter, Ausbildung, Wohnver-
marketing. hältnisse und Kinderzahl) und sozioökonomischer (z.B. Beruf, verfügbares Haus-
haltseinkommen, nachweisbare Produktinteressen und Ausgabeverhalten) und kauf-
psychologischer Daten hinaus. Der „gläserne Konsument“ gibt auch seine Hobbys
und Neigungen, sein Freizeit- und Arbeitsverhalten etc., preis. Anforderungen des
Datenschutzes sind dabei allerdings zu beachten. Das Database-Marketing erarbeitet
dann kundenindividuelle Marketingstrategien auf der Grundlage der oft über Jahre
gesammelten Kundendaten. Auf die Ausführungen im 3. und 6. Kapitel wird Bezug
genommen.985 Der Adressenmarkt in Deutschland ist mit mehr als 2000 Datenbanken
sehr gut erschlossen und sehr vielfältig. Abb.7-39 zeigt verfügbare Adressquellen.
Abb.7-39
DER ADRESSENMARKT IN DEUTSCHLAND

Consumer Adressen Business Adressen


Firmen, selbständige Berufsgruppen,
Privatadressen, Privathaushalte
Behörden, Vereine

Postkäufer- / Postkaufinteressenten Postkäufer- / Postkaufinteressenten

Personen, die gerne im Versandhandel kaufen und / Firmen, die eine positive Einstellung zur Bedarfsde-
oder auf schriftliche Angebote reagieren ckung aus Katalogen und Mailings haben

Firmenadressen,
Haushalts-/Privatadressen Datenbanken
Datenbanken von Adressverlagen

Für regionale, flächendeckende Aktionen bzw. unter


Hohe Marktabdeckung in allen Segmenten, beste
Nutzung von microgeographischen Informationen
Branchentiefenselektion
zur Ansprache spezifischer Zielgruppen

Haushalts-/Privatadressen, Firmenadressen, Datenbanken,


spezifische Zielgruppen spezifische Zielgruppen
Zur Erreichung von Zielgruppen in bestimmten Le-
Hohe Marktabdeckung von spezifischen Segmenten
bensphasen (z.B. junge Mütter) mit spezifischen
(z.B. EDV-Anwender) und / oder spezifische Infor-
Interessen (z.B. Golfer) oder mit Besitzmerkmalen
mationen
(z.B. KFZ-Halter)

Befragungs- / Lifestyle-Adressen Befragungsadressen

Durch die Verknüpfung vieler Informationen außer-


Firmen mit aktuell recherchierten Informationen zu
gewöhnlich gute Zielgruppendefinition bei kleinen
Bedarf, Ausstattung, Ansprechpartnern, etc.
Mengen

(Quelle: DDV (Hrsg.): Direkt zum Kunden, 2002, S. 19)

984
Die Vertreter des Digitalfernsehens dagegen argumentieren, dass die Zuschauer von TV-Shopping
Kanälen klar definierte Zielgruppen darstellen. Es sei also (unpersönliche) Werbung mit wesentlich
geringeren Streuverlusten möglich. So ist der Wunsch zu verstehen, unter das Dach des Direktmarke-
ting zu kommen: vgl. o.V., (Direkt-Response), in: PM-Beratungsbrief v. 8.1.1996, S. 4
985
vgl. hierzu auch das Grundlagenwerk von Link; Hildebrand, (Database-Marketing), 1993
7. Kapitel: Die Kommunikationspolitik 453

AZ Direct Der Branchenführer AZ Direct GmbH schöpft aus einem Fundus von
ist ein Me- • mehr als 37 Mio. qualifizierten Adressen der AZ Haushaltsdatenbank, durch AZ
dienhaus DIAS mit mehreren 100 Mio. Konsumentenverhaltensdaten angereichert,
von Ber-
telsmann • ca. 1.900 qualitätsüberprüften BtoC-Listbroking-Adressendateien von Versand-
und dort häusern, Verlagen etc., die Waren über die Post vertreiben,
dem arvato- • ca. 4 Mio. qualifizierten Branchenadressen der AZ Business World Deutschland,
Bereich
• weit über 1 Mio. Handelsregister-Adressen mit vielen Suchmöglichkeiten,
zugehörig.
• Informationen über die 120.000 größten deutschen Unternehmen mit den Daten
von 500.000 Top-Entscheidern nach Funktion und Hierarchie,
• weit über 4,0 Mio. Führungskräfteinformationen aus allen Unternehmen,
• Business Listbroking mit der Vermittlung von Adressen aus mehr als 250 Kun-
dendatenbanken mit Business-Portalen.986

Von besonders hohem Wert sind die Privat- oder Firmen-Postkäuferlisten. In die-
sen sind Privatpersonen oder Firmen vermerkt, die nachgewiesenermaßen bei Ver-
sendern bereits Kaufinteresse gezeigt oder schon einmal auf dem Postweg gekauft
haben.

Die Anonymität der Konsumenten wird heute immer stärker aufgehoben. Davon pro-
fitieren auf der einen Seite die sog. Fund-Raiser, die ihre Zielgruppen relativ grob
qualifiziert über unadressierte Mailings zu erreichen suchen. Auf der anderen Seite
arbeiten Agenturen, die die Zielpersonen für die Direktansprache bis auf Haus- und
Haushaltstyp identifizieren können. Dazu nutzen sie mikrogeographische Systeme.
Als Beispiel sei microm erwähnt.987 In der MOSAIC-Datenbank wird bundesweit bis
auf Hausebene qualifiziert. Die unterste Ebene sind Zellen mit mindestens fünf
Haushalten. MOSAIC erlaubt eine Suche nach (sozio)demographischen, (sozio) öko-
nomischen und geographischen Daten, nach Sinus-Milieus, nach Paneldaten der GfK
und nach Kaufkraft und Zahlungsausfallrisiko.

7.8.3. Direct Mail Marketing (schriftliche Direktansprache)


Direct Mails umfassen alle Formen der schriftlichen Direktansprache. Mit über 5
Mrd. Werbebriefen (pro Haushalt zwischen 1,5 und 2 Briefe pro Woche) und ca. 10
Mrd. Streuprospekten (ca. 5 – 6 pro Haushalt und Woche) sind sie noch immer das
dominierende DM-Instrument. Die Kehrseite für die Werbewirtschaft: Immer wieder
Klagen der Konsumenten über überquellende Postkästen und als Reaktion ihre Ein-
tragungen in die Robinson-Liste, um von einer Direktansprache verschont zu blei-
ben.988 Der Deutsche Direktmarketing Verband DDV e.V. möchte deshalb die Ver-
braucherakzeptanz für das Direktmarketing stärken. Er ruft seine Mitglieder im Sinne
eines Ehrenkodex auf, die Wünsche der in der Liste geführten Konsumenten zu res-
pektieren.989 Hinzu kommen der Konsumentenschutz durch das Bundesdatenschutz-
gesetz (BDSG) bzw. die EU-Datenschutzrichtlinie vom 31.7.02, die Kontrolle des
986
vgl. www.az-direct.com, www.bertelsmann.de, www.bedirect.de; s. ferner das jährlich erscheinen-
de Zielgruppen-Handbuch der AZ Direct GmbH. Sehr zu empfehlen: die CD-ROM von AZ Direct:
Business- und Consumer-Zielgruppen, verschiedene Jahrgänge.
987
Von Micromarketing-Systeme und Consult GmbH; www.microm-online.de
988
Eintrag unter [email protected]. Stand 11/2006 gibt es 440.000 Einträge in der Brief-Robinsonliste des
DDV, 320.000 Einträge in den Schutzlisten eMail/Mobil/Telefon und 100.000 in der Fax-Robinson-
liste von BITKOM. Insgesamt 1,4 Mio. Verbraucher. Ein Eintrag ist auf 5 Jahre befristet. Die Robin-
son-Liste wird viermal jährlich aktualisiert. Auf Seiten des DDV haben sich 940 Unternehmen zu
einer freiwilligen Respektierung der Liste verpflichtet (Stand 2000). 60% der Adress-Händler in
Deutschland gehören nicht dem DDV an und brauchen die Robinson-Liste nicht zu beachten (siehe
auch www.robinsonliste.de).
989
vgl. www.ddv.de: der Verband hat über 700 Mitglieder. Eckpunkte des Ehrenkodex sind der DDV-
Broschüre „Auf direktem Weg“ zu entnehmen; Wiesbaden 1995, insbes. S. 8
454 Marktorientierte Unternehmensführung

Feststellung Adressgeschäftes durch die Datenschutzbeauftragten und eine Beaufsichtigung durch


des Daten- die Regierungspräsidenten. Grundsätzlich gilt:990
schutzbeauf-
tragten:
• Eine Datenspeicherung ist nur zulässig bei einem berechtigten Interesse der
Jeder Deut- speichernden Stelle, wobei Werbung als berechtigtes Interesse gelten kann.
sche über 18 • Nach § 34 BDSG kann jeder Bürger eine Auskunft über Daten fordern, die zu
Jahre ist seiner Person gespeichert sind.
52mal in
Unterneh-
• Schließt ein Konsument die Weitergabe seiner Adresse aus, so darf diese im
mensdaten- Adressenmarkt nicht gehandelt werden.
banken • Im Normalfall werden Adressen „vermietet“, d.h. der Adressenverwender be-
gespeichert kommt diese nicht in seine Verfügungsgewalt. Der Datenbestand bleibt bei der
– ohne den
öffentlichen
DM-Gesellschaft (dem neutralen Dritten), die diese vermittelt (List-Broking)
Bereich. oder selbst im Bestand führt.
90% dieser • Der Verkauf seiner Adresse muss dem Kunden mitgeteilt werden.
Informatio- • Das gilt nicht für öffentliche Daten, die allgemein zugänglich sind, wie z.B. Te-
nen sind
ungenutzt. lefonbücher, Branchenverzeichnisse, Handelsregister oder Messekataloge.
ADRESSE
- Zielgruppen/-auswahl
Abb.7-40 - Lieferung von Adressen
- Adressenbearbeitung/-pflege
- Adressen identifizieren
- Adressen mieten/kaufen
- Adressen qualifizieren
- Adressen optimieren DATABASE
FULFILLMENT - Adressen interpretieren Entwicklung
- Kundenservice / Hotline - Adressen integrieren - Konzeption
- Auftragsabwicklung - Standard- / Individuallösung
- Lagerhaltung - Hardware / Software
- Warenwirtschaft Datenbasis / Adressen
- Versandwesen - Adressenbearbeitung / -pflege
- Fakturierung, Rechnungswesen DIE - Analyse, Aktualisierung, Pflege
- Retourenbearbeitung ERFOLGS- - Adressenqualifizierung
- Controlling BAUSTEINE DES - Kundenstrukturanalyse
Verwaltung / Management
DIRECT MAIL
- Datensicherheit
MARKETING
- Schulung
- Finanzierung

RESPONSE
- Responseoptimierung
- Entgegennahme
(Brief, Telefon, Fax, Mail) DIRECT MAIL
- Datenerfassung - Konzeption
- Statistik / Analyse - Inhalte, Text/Struktur
- Erfolgskontrolle - Beschaffung, Produktion
- Verarbeitung
- Optimierung der Zustellkosten
- Beförderung (Post, Zustelldienste)

Zur Proble- Abb.7-40 enthält die Erfolgsbausteine für das Direkt-Mail-Marketing gemäß DDV.991
matik der Die Marketingfunktionen sind hier um Verkaufs- und Abwicklungsaufgaben erwei-
Personalisie-
rung: Fast tert. Der Erfolg eines Mailings hängt von zwei wichtigen Parametern ab:
50% der Personalisierung (Stammdaten): Kundenadressen sind exakt zu erfassen.
Pekinger Individualisierung (zumeist weiche Daten): Auf das Kaufprofil bzw. auf die
Stadtbevöl- Bedürfnissstruktur des Kunden ist individuell einzugehen. Ziel ist eine bedürfnis-
kerung trägt
die Famili- gerechte Angebotserstellung (Individualisierung des Angebotes).
ennamen
Wang, In Bezug auf die Personalisierung und damit hinsichtlich der Qualität der persön-
Zhang, Li,
Liu oder
lichen Ansprache sind sechs Qualitätsabstufungen zu unterscheiden:
Zhao. (1) Echte Personalisierung: Die Ansprache erfolgt mit korrektem Namen und Ad-
resse sowie mit persönlicher Unterschrift des Absenders. Im Briefinhalt wird das
Bemühen um eine individuelle Kontaktaufnahme und einen Dialog deutlich.

990
vgl. hierzu den Anhang zum §9 des Datenschutzgesetzes
991
Quelle: DDV e.V. (Hrsg.): Direkt zum Kunden, 2002, S. 11
7. Kapitel: Die Kommunikationspolitik 455

„Andrea (2) Pseudo-Personalisierung: i.d.R. erkennbar durch eine Computer-Anrede, z.B.


kauft selten „Sehr geehrte Damen und Herren“; und dies oft ohne Rücksicht auf Single-
neue Schu-
he, denn sie
Haushalte; wenig Sorgfalt bei Unterzeichnung (z.B. Stempel-Unterschrift oder,
geht nicht noch schlimmer, Unterschrift als Fotokopie).
gerne ein- (3) System Postwurf-Spezial der Deutsche Post AG: Das Verfahren ist eine Vorstu-
kaufen. Und fe der Adressierung: „Lieber Bewohner des Hauses Am Lurzenhof 1“ (Quasi-
wenn, dann
kauft sie
Direktansprache = teilpersonalisierte Mailings). Das Angebot besteht seit 1993
Reitstiefel. und soll Streuverluste mindern, indem Zielgruppen auf Hausebene (nach Alter,
Am liebsten Gebäudetyp, Gartenart, Bauweise, Zustand, Wohn-, Ortslage u.a.) selektiert wer-
bestellt sie den. Mindestauflage: 100.000 Stück. Hypothese: Merkmale von Häusern korre-
per Katalog.
Und sie liebt
lieren mit Lifestyle-Kriterien.
ihr Handy, (4) Briefkastenwerbung, Postwurfsendungen mit Tagespost (unechte Direktan-
um ihren sprache, da Qualifizierung nur auf Haushaltsniveau):
Freundinnen Die Post AG unterscheidet bei der unadressierten Haushaltswerbung drei
von den
neuesten Leistungs- bzw. Tarifgruppen: (1) an alle Haushalte, (2) an alle Haushalte mit
Reiterlebnis- Tagespost, (3) an alle Postfachinhaber. Die Distribution lässt sich auf Basis der
sen zu er- Zustellgebiete sehr fein steuern.992
zählen.“ (5) Klassische Werbeträger mit Responsecharakter: Immer mehr Anzeigen, Pla-
Hinter jeder
Adresse kate, Beilagen enthalten auf- oder eingedruckte Responseträger. Auch die offene
steht eine Antwortkarte hat noch nicht ausgedient. Eine persönliche Kundenansprache er-
Geschichte. folgt i.d.R. (Ausnahme Abonnements) nicht. Deshalb handelt es sich ebenfalls
(Quelle:
Werbepros-
um eine unechte Direktansprache.
pekt von AZ (6) Zeitungsbeilage: Sie kommt mit der Tageszeitung auf den Frühstückstisch des
Direct) Konsumenten, ohne ihm „Guten Morgen“ zu sagen (keine Direktansprache).

Für eine Mailingkampagne sind folgende Schritte zu planen:993


(1) Zielsetzung der Kampagne,
(2) Eingrenzung der Zielgruppe,
(3) Anmietung oder Kauf des Adressmaterials (List Research),
(4) Adressenüberprüfung und Abgleich gegen eigene Datenbestände (Adressen-
bereinigung, Matching, List Compiling),
(5) Adressenanreicherung (Einkauf zusätzlicher Profildaten von Adressanbie-
tern, um die Kundenbedürfnisse noch besser qualifizieren zu können),
(6) Potenzialergänzung (Miete oder Kauf zusätzlicher Zielgruppen-Adressen),
(7) Festlegung von Umfang, Text und Layout des Mailing-Package,
(8) Anfertigung und Druck des Mailing-Package,
(9) Durchführung der Mailingaktion,
(10) Response-Erfassung, d.h. Erfassung und Auswertung der Rückläufe,
(11) evtl. Folgemailing – Nachfassaktion, zumindest bei einer Teilstichprobe,
(12) Follow-up bei den Adressaten, die geantwortet haben
(13) und letztlich die abschließende Erfolgskontrolle (Responsekontrolle).
(14) Zukünftig: Adresspflege und Änderungsdienst für Folgekampagnen.
Für die Adressenselektion und Nutzung der Adressen (Schritte 3 bis 6) gibt es
mehrere Möglichkeiten:
(1) Überprüfung (Updating, Abgleich) eines bestehenden Datenbestandes, meist zu-
gleich durchgeführt mit einer
(2) Daten-Anreicherung: Ergänzung und Vervollständigung eigener Adress-Daten-
banken durch Fremddaten,
(3) Grundform für die Neukundensuche: einfache Datenbank-Selektionen (Preis-

992
vgl. zu diesen Informationen über Postwurfsendungen: o.V., (Postweg), in: ASW, 10/1996, S.
110-111
993
vgl. zu den Phasen auch: Randlkofer; Zehetbauer, (Phasenmodell), in: ASW, 3/1997, S. 50-54
456 Marktorientierte Unternehmensführung

beispiel: 200 Euro Mindestauftragswert),


(4) Mietpreis zur einmaligen Nutzung ohne Zusatzinformationen (Beispiel: 0,30
Euro pro Adresse bei 1.000 - 5.000 Adressen; 0,40 Euro mit Regionalzuschlag),
(5) Adressen-Leasing: z.B. zum doppelten Mietpreis Zielgruppen im Laufe eines
Jahres beliebig oft ansprechbar; inklusiv zwei Adressen-Aktualisierungen,
(6) Dauernutzung von Adressen – Adressenkauf (Preisbeispiel: 3 bis 4-facher Miet-
preis),
(7) Daten-Abonnement: Adressenkauf plus regelmäßige Aktualisierung.

Ein typisches Mailing-Package enthält:


(1) das Anschreiben,
(2) die darauf abgestimmte Versandhülle (Briefumschlag = das Kuvert),
(3) einen Prospekt, Katalog, Flyer mit ergänzenden Informationen,
(4) oft ein Preisausschreiben, eine Produktprobe (z.B. Yves Rocher), ein Gadget
(aufgeklebter oder beigefügter Gegenstand), ein Hinweis auf ein Geschenk bei
Rücksendung des Coupons (z.B. Time Life Bücher), Rubbelpunkte etc.,
(5) einen Responseträger (z.B. Coupon, Bestellschein), evtl. auch als Rückseite,
(6) einen frankierten oder mit dem Hinweis „Porto zahlt Empfänger“ versehenen
Rückumschlag.

Nach einer Oft werden kunstvolle Mailing-Kreationen geschaffen, um die Rücklaufquoten zu


Untersu- erhöhen. Diese liegen in Deutschland erfahrungsgemäß bei 0,5 bis 3%.994 Abb.7-41
chung an der
Uni Nürn-
enthält typische Werbemittel zur Steigerung der Attraktivität eines Mailings. Prakti-
berg (Lehr- sche Empfehlungen zur Ausgestaltung von Direktmarketing-Werbemitteln werden
stuhl Prof. auch von Vögele gegeben.995
Diller) wer-
den 25% ATTRAKTIVITÄTSTEIGERNDE MAILING-WERBEMITTEL
aller Mai-
lings ungele- Beilagen liegen lose bei, zum Hausnehmen und Aufheben
sen wegge- Teilbelegung Beilagen z.B. Beilagen nur für Frauen
worfen 3-D-Beilagen stellen sich auf
(Trash Individualbeilage persönlicher Gruß an den Leser – nur bei Abo-Auflage
Rate), 44%
Beihefter fest eingebundene Faltblätter oder Prospekte
werden nach
dem Öffnen Postkarten Beihefter Postkarte durch Perforation mit Zeitschrift verbunden
ungelesen Print Promotion das Heft im Heft, positioniert in der Heftmitte
weggewor- Flyer auch: Titelumhefter; Karte oder Heft umschließt Zeitung
fen und nur
Tip-on-Card Postkarte aufgeklebt auf Basisanzeige, klass. Responseelement
31% werden
gelesen. Briefumschlag beigeklebt, auch: Beihefter genannt
Booklet auf Basisanzeige aufgeklebter, kleiner Prospekt
Warenproben auf Basisanzeige aufgeklebtes Produktmuster
CD/Diskette Datenträger auf Titelseite oder Basisanzeige aufgeklebt
Abb.7-41
Ausschlagbare Seiten gehört zur Gruppe der Anzeigen-Specials, Nachschlageanzeige
Geschlossene Anzeige „Überraschungsei“: Leser muss Perforation einreissen
Duftfarben Duft wird wie Farbe aufgedruckt oder aufgesprüht
(Quelle: s. Beilagen, Beihefter, Beikleber / Arbeitshilfe der Deutsche Post AG)

Wenn man sich vorstellt, dass bei deutschlandweiten Mailing-Kampagnen Millionen


von Interessenten richtig personalisiert und gemäß Bedürfnissstruktur individualisiert
angesprochen werden sollen, dann geht das nicht ohne entsprechende Technik. Ganz
eindeutig wird ein Trend zur 1to1-Individualansprache derzeit von den neuen Mög-
lichkeiten des Hochleistungs-Digitaldrucks getragen. Mit Hilfe von Kundenschlüs-
994
z.B. den reply-o-letter Fensterbrief. Der Brief dient gleich wieder als Rückumschlag. Ein weiteres
Beispiel ist die InfoCard der Deutschen Post (Info Package: Postfach 630763, 22317 Hamburg)
995
vgl. Vögele, (Blickverlauf), 1991, S. 184
7. Kapitel: Die Kommunikationspolitik 457

Abb.7-42

1TO1-MARKETING DURCH DIGITALEN HOCHLEISTUNGS-OFFSETDRUCK

dynamisches Layout
12 (12) jeder Pixel des Druckbogen kann nach Regeln gesteuert werden

11 (11) dynamisches Layout nach festen Regeln mit Inhalten einer Datenbank

10 (10) Verknüpfen beliebiger Inhalte (Bilder) einer Datenbank

9 (9) Kombination personalisierter und statischer Seiten

(8) Verknüpfen beliebiger Inhalte (Texte) einer Datenbank


8
Personalisierung Individualisierung
7
(7) Zusammenführen Name/Adresse/Anrede mit vorgefertigenTextblöcken
6
(6) Zusammenführen vorgefertigter Textblöcke
5
(5) Name / Adresse und korrekte Anrede im Anschreiben
4
(4) Name / Adresse auf Umschlag und auf Anschreiben
3 (3) Name / Adresse auf Umschlag
1 2
(2) Sortierung der Druckbögen nach Postleitzahlen, Kaufkraftgebieten
statisches Layout (1) Jeder Druckbogen gleich

(Quelle: Broschüre der Bosch-Druck GmbH, Ergolding, 2003, www.bosch-druck.de - die Anregungen verdanke ich Herrn Dr. Schmidt)

seln steuert eine Software die Zuordnung von Namen, Textbausteinen und Bildern
Durch-
schnittliche
und sorgt letztlich auch dafür, dass der richtige Inhalt in den richtigen Umschlag
Response- kommt. Nach Abb.7-42 können 12 Stufen der Peronalisierung und Individualisierung
Raten: 0,5 – und der statischen und dynamischen Zuordnung von Inhalten unterschieden werden.
3,0%. Die
Top-
Kampagne
Bei der Kampagnendurchführung sind einige Faustregeln zu beachten: Privatleute
2006: Kun- sollten ein Mailing Freitag, Samstag oder vor Feiertagen erhalten. Bei Geschäftsleu-
denrückge- ten hat sich der Empfang zwischen Dienstag und Donnerstag bewährt. An die gleiche
winnung für Zielgruppe sollten mindestens vier und durchschnittlich sechs Mailingkontakte ge-
Handelshof-
Großmärkte; hen. Bei Nicht-Reagierern empfiehlt sich ein regelmäßiges Nachfassen über einen
16.000 Mai- Zeitraum von ein bis zwei Jahren.996 Abb.7-44 enthält abschließend ausgewählte
lings, Res- Kontrollfragen für eine erfolgreiche Mailingaktion.
ponse 34%.
(Quelle:
mailingstage Mailingkosten variieren erheblich; je nach Auflage und Aufmachung. Im BtoB-
new, 12/ Bereich gestaltet sich die Adressenselektion oft aufwändiger als in BtoC, die Ziel-
2006, S. 5) gruppen sind kleiner, und die Materialien sind edler aufgemacht. Abb.7-43 bietet
Kostenvergleiche aus der Praxis.997
Abb.7-43 BEISPIELRECHNUNGEN FÜR DIRECT MAILS
Business-to-Consumer Business-to-Business
(Kosten pro 1000) Auflage 10.000 Auflage 100.000 Auflage 3.000 Auflage 25.000
Druck und Weiterverarbeitung 155 € 75 € 210 € 80 €
Personalisierung, schneiden,
falzen, kuvertieren, frankieren, 135 € 60 € 150 € 110 €
postaufliefern
EDV-Arbeiten 70 € 35 € 80 € 60 €
Anmietung Fremdadressen für
150 € 150 € 260 € 220 €
einmalige Nutzung
Porto Infopost Standard 20gr 240 € 240 € 240 € 240 €
Gesamtkosten pro 1000 750 € 560 € 940 € 710 €
Gesamtkosten pro Stück 0,75 € 0,56 € 0,94 € 0,71 €
(Quelle: DDV (Hrsg.): Direkt zum Kunden, 2002, S. 26)

996
zu diesen Empfehlungen vgl. ohne Artikel: acquisa, 2/1999, S. 54
997
vgl. DDV e.V. (Hrsg.), (Direkt zum Kunden), 2002, S. 26
458 Marktorientierte Unternehmensführung

Abb.7-44
CHECKLISTE FÜR ERFOLGREICHE MAILINGS
Sind die Adressen ausreichend qualifiziert?

Sind alle Absender- und Kontaktdaten vollständig und korrekt?

Hebt sich der Umschlag von der normalen Post ab? Enthält er alle wichtigen Daten?

Wird der Empfänger namentlich und korrekt angeschrieben und auch in der Anrede angesprochen?

Farbiger Blickfang? Genaues Datum? Zündende Betreff-Zeile?

Wird das Thema konkret und lebendig vorgestellt?

und durch Bildmotive und ein attraktives Layout unterstützt? Unterstreichungen, Farbe!

Verlaufen die Seitenschwerpunkte von links oben nach rechts unten?

Besteht der Text aus kurzen, prägnanten Sätzen? Kein Satz mehr als 15 Worte!
Wird der Text durch Zwischenüberschriften, anregende Aufzählungen (Plus-/Minus; Vor-/Nachteile, etc.)
aufgelockert?
Ist die Sprache auf die Zielgruppe hin abgestimmt? Passen die Bildmotive zur Zielgruppe?

Stehen Layout und Grafiken mit dem Werbeauftritt bzw. mit der Corporate Identity in Einklang?

Ist Unterschriftenteil persönlich gehalten und gut lesbar? Namenswiederholung in Druckschrift!

Gibt es ein erinnerungsstarkes Postskriptum? (PS: Wird auf jeden Fall gelesen)
Ist die Response-Aktivierung stark genug? Sind Rückantwort-Coupon oder Hotline sinnvoll. Motivation
durch Preisausschreiben? Rückseite als Faxantwort einrichten?
(Nach eigenen Erfahrungen und gemäß Empfehlungen des DDV, zit. in: DDV (Hrsg.): Direkt zum Kunden, 2002,
S. 20-23)

Mailing-Erfolgsmessung: Das Direktmarketing gilt als das einzige Marketinginstru-


ment, bei dem der Erfolg einer Aktion zeitnah durch Fakten gemessen werden
kann.998 Spannend ist die Erfolgsprognose einer Mailingaktion während der Durch-
führung. Täglich sind Rückläufe und Rücklaufquoten zu erfssen. Möglichst frühzei-
tig möchte man den Erfolg der Aussendung abschätzen können, um evtl. noch ein
Folgemailing nachzuschieben. Der sog. Halbwertzeitpunkt (HWZ) ist erreicht,
wenn die Rücklaufkurve den höchsten Punkt drei bis vier Tage überschritten hat.
Erfahrungsgemäß ist dann die Hälfte der Rückläufe eingegangen. Nach der Hypothe-
se eines sich abflachenden Kurvenverlaufs schätzen Programme (wie z.B. VALyou)
Zeitpunkte und Häufigkeiten der noch zu erwartenden, weiteren 50% der Antworten
ein. Abb.7-45 liefert hierzu ein praktisches Beispiel. Gemäß HWZ-Analyse wird die
Rücklaufquote (Response-Quote) 10,4% über Plan liegen.999
Abb.7-45

998
o.V., (Formeln), in: PM-Beratungsbrief v. 11.10.1999, S. 2
999
Quelle: VALyou Direkt-Marketing Software der Deutsche Post AG; entnommen aus der Broschüre:
Kundenbeziehungen enger knüpfen, 1998, S. 7
7. Kapitel: Die Kommunikationspolitik 459

Abb.7-46
ERFOLGSKONTROLLE VON MAILINGAKTIONEN

Ein Versandunternehmen führt zwei Mailings durch, bei dem unterschiedlichen Zielgruppen Sonderangebote für
bestimmte Sportgeräte unterbreitet werden. Als Erfolg gelten nur Aufträge gemäß Rücklauf
Kennzahl / Beschreibung Mailing-1 Mailing-2
(1) Zahl der Aussendungen + Bearbeitungen 100.000 Stck. 80.000 Stck.
(2) Gesamtkosten des Mailing (Fixkosten = Investition) 120.000 Euro 140.000 Euro
(3) Kosten pro Aussendung 1,20 Euro 1,75 Euro
(4) Rücklauf - hier: Zahl der Aufträge 2.800 1.600
(5) Rücklaufquote / Response-Quote / Erfolgsquote: (4) : (1) x 100 2,8 % 2%
(6) Auftragswert / Umsatz gemäß Rückläufer 560.000 Euro 360.000 Euro
(7) Durchschnittlicher Auftragswert: (6) : (4) x 100 200 Euro 225 Euro
(8) Umsatz pro EUR-Aussendung: (6) : (2) 4,68 Euro 2,57 Euro
(9) Kosten pro Rücklauf / Auftrag: (2) : (4) x 100 oder (3) : (5) x 100 42,86 Euro 87,50 Euro
(10) Deckungsbeitrag pro Auftrag ohne Bearbeitungskosten 40 Euro 100 Euro
(11) Deckungsbeitrag insgesamt ohne Bearbeitungskosten: (4) x (9) 112.000 Euro 160.000 Euro
(12) Kosten pro abgewickeltem Auftrag 10 Euro 10 Euro
(13) Gesamtkosten der Auftragsabwicklung 28.000 Euro 16.000 Euro
(14) Ergebnis: (11) - (12) - (2) -36.000 Euro 4.000 Euro
(15) Return on Investment: (14) : (2) x 100 - 30 % + 2,9 %
(16) Break-Even-Rücklauf: ((2) : ((10) - (12) - (3))) : (1) 4,2 % 1,98 %

(Quelle: in Anlehnung an VLS-Brief Nr. 684 v. 22.1.2001, S. 2)

So werden Kampagnen zeitnah gesteuert. Für die Erfolgsmessung nach Mailingab-


schluss bieten sich folgende Kennziffern an:
(1) Kosten pro Aussendung (Cost per Package), Umsatz und DB pro Aussendung,
(2) Anzahl der Rückläufe und die wichtige Rücklaufquote (RQ = Rückläufer zu
Angeschriebene), die in der Praxis im einstelligen Prozent-Bereich liegt,
(3) Kosten pro Rückantwort (CPR = Cost per Response) sowie die
(4) Kosten pro Euro Umsatz (CPO = Cost per Order), bei dem die Mailingkosten
auf das aus der Aussendung resultierende Auftragsvolumen (Grundlage: Bestel-
lungen auf Response-Träger) bezogen werden. Der Kehrwert dieses Quotienten
(Umsatz pro Kosteneinheit Aussendung) beantwortet die Frage: Wieviel Euro
Umsatz bringt 1 Euro Mailingkosten?
(5) Break-even-Rücklauf: Notwendiger Rücklauf (Anzahl Aufträge), um die Kos-
ten der Aussendung und Auftragsbearbeitungen zu decken.
(6) Return on Investment (ROI): Verzinsung der Mailingaktion.
Abb.7-46 vergleicht zwei Mailings. Auf einfache Weise können Erfolgsparameter für
die Aktionen errechnet werden.1000 Der Erfolg einer Mailingaktion hängt nicht vom
Rücklauf ab, sondern vor allem von der Deckungsbeitragsstruktur der eingegangenen
Bestellungen. Besonders aufwändig erstellte Mailing-Packages (z.B. der staatlichen
Klassenlotterien) lassen hohe Gewinnaussichten der Anbieter vermuten.

7.8.4. E-Mail-Marketing / Permission Marketing


Das Kon- "Mailings via E-Mail werden immer noch häufig gleichgesetzt mit klassischen Mai-
taktpotenzial lings per Briefpost. Dabei bringt es überhaupt nichts, 250.000 E-Mail-Adressen für 99
ist mittler- Dollar zu kaufen. Denn jeder dieser 250.000 Empfänger in solchen Listen ist abge-
weile enorm: stumpft durch Tausende Werbe-E-Mails und somit wertlos."1001
2007 sind
80% aller Laut IDC gehen täglich 60 Mrd. E-Mails weltweit durch das Internet. Ca. 40% aller
Haushalte
am Netz. Kundenanfragen kommen bereits als E-Mail (GartnerGroup). E-Mail-Marketing
(Quelle: erweist sich als das "effektivste integrierte und anpassbare Marketinginstrument“.1002
Stat. Bun- Große Konzerne verarbeiten mehr als 6 Mio. E-Mails monatlich.
desamt)
1000
vgl. in Anlehnung an ein Beispiel: o.V., (ROI), in: VLS-Brief v. 22.1.2000, S. 2
1001
Schwarz, (Permission-Marketing), in: acquisa, 8/2000, S. 44
1002
Seth Godin, der Begründer des Permission Marketing, zit. in: Schwarz, (Permission-Marketing),
in: acquisa, 8/2000, S. 44
460 Marktorientierte Unternehmensführung

SPAM = Konsumenten unterscheiden zwischen erwünschten Mails und sog. Spam-


Spiced Pok Mails, d.h. unerwünschten Mails, die Verärgerung hervorrufen.1003
and Ham.
Lt. Forrester Unter E-Mail-Marketing versteht man die systematische Kundenansprache im
Research Internet zum Zwecke von Werbung und / oder Verkauf.
gehen 2005 Gutes E-Mail-Marketing beruht auf Permission (= Marketing gemäß
täglich 2,3
Kundenerlaubnis). Der Kunde gestattet als Opt-in; confirmed Opt-in oder
Mrd. Spam-
E-Mails Double-Opt-in, dass ihm E-Mails und Newsletter zu vereinbarten Themen
durch das zugesandt werden. Die Erlaubnis kann er jederzeit durch Klick zurückziehen
Web. (durch einfaches Opt-out).
(Hinweis in:
isReport ,
Permission Marketing beruht auf der Hypothese: Durch sein persönliches
5/2005, S. Engagement nimmt der Kunde die Anbieterkontakte positiv wahr und fühlt
36) sich an den Mail-Absender gebunden.
Automatisierte Personalisierung und Individualisierung eines Mail-Kontaktes
sind als Hauptvorteile des E-Mail-Marketing anzusehen.
Gegenüber Brief und Fax bieten E-Mails folgende Vorteile:
(1) Schnelligkeit: Die Zusendung eines E-Mails dauert nur Sekunden.
(2) Flexibilität: E-Mail-Verteiler können schnell und flexibel gebildet werden.
(3) Anlagen: Anlagen lassen sich auf Knopfdruck anfügen.
(4) Empfangskontrolle: Empfang / Durchlauf kann zeitnah kontrolliert werden.
(5) Messbarkeit: Eine besondere Rolle spielt dabei das Link-Tracking, d.h. die
Verfolgung der weiteren Reaktionen des Mail-Empfängers.
(6) Kopierbarkeit: Infolge ihrer Digitalität können E-Mails ohne Qualitätsverlust
beliebig oft reproduziert werden.
(7) Digitale Weiterverarbeitbarkeit: Durch Einspielen in Softwareanwendungen
lassen sie sich einfach weiterverarbeiten.
(8) Kostengünstigkeit: E-Mails sind digital und sparen deshalb die Kosten für
Papier, Druck und Versendung (Sendekosten: 0,5 bis 5 Cent).
(9) Multimedialität: Im HTML-Format können E-Mails wie Briefe und mit Ani-
mationen formatiert und multimedial aufbereitet werden.
(10) Personalisierbarkeit: Durch Abgleich mit der Kundendatenbank (Database,
Data Warehouse, CRM-System) können E-Mails automatisch personalisiert
(Zuspielen von Personendaten) .....
(11) Individualisierbarkeit: ... und individualisiert werden (durch Entscheidungs-
regeln gesteuertes Zuspielen individueller Texte, Bilder, Angebote etc.).
(12) Rücklaufstärke: E-Mail Aktionen bringen höhere Rücklaufquoten als klassi-
sche Mailings.
(13) Rücklaufgeschwindigkeit: Dabei gehen erfahrungsgemäß 80 Prozent der
Kundenreaktionen innerhalb von 72 Stunden ein.
(14) Automatisierte Reaktionsprofile: Die Kundenreaktionen lassen sich automa-
tisiert messen und Kundenprofile ableiten (Profiling).
(15) Kampagneneignung: E-Mailings lassen sich schnell und im Rahmen standar-
disierter Kampagnen abwickeln.
Wegen dieser Vorteile werden E-Mailings die brieflichen Direktmarketing-Aktionen
zurückdrängen. Allerdings sind bei E-Mailaktionen gravierende Unterschiede zwi-
schen individualisierten Briefen, für die sich der Leser mehr Zeit nimmt, und dem
nervösen E-Mail-Handling zu beachten. Aus diesen Unterschieden resultieren Emp-
fehlungen für erfolgreiche E-Mails gemäß Abb.7-47.1004
1003
Das Landgericht Kiel (AZ.: 8S 263/99) hat das unaufgeforderte Zusenden von Werbe-E-Mails an
private Internet-Nutzer als generell unzulässig eingestuft. Ausdrücklich erlaubt sind allerdings E-
Mails, die ein verbindliches Angebot zum Abschluss eines Vertrages enthalten.
1004
vgl. Schwarz, (Permission), 2001, S. 170-193
7. Kapitel: Die Kommunikationspolitik 461

Abb.7-47 EMPFEHLUNGEN FÜR EIN ERFOLGREICHES E-MAIL-MARKETING


E-Mails und Newsletter können jederzeit abbestellt werden. Deshalb müssen die Inhalte besonders
relevant, interessant und nutzenbringend sein.

E-Mails werden schneller gelesen. Deshalb kurze, prägnante Sätze verwenden.

Im Gegensatz zu klassischen Mailings bestehen nur geringe Gestaltungsmöglichkeiten. Deshalb ist


besonders intelligentes Texten angesagt.
Die Betreffzeile von E-Mails ist der Türöffner. Deshalb ist hier der Kundennutzen präzise herauszustel-
len und positiv zu texten.
Bei E-Mails sind Segmentierungen und Individualisierungen blitzschnell durch Datenbank-Abgleich
möglich. Kunden erwarten auch eine korrekte Anrede und Bedürfnisansprache.
Die Sprache ist lockerer, schneller, weniger formell als in klassischen Direct Mails.
Beim klassischen Mailing werden Fehler auch einmal verziehen. Beim E-Mail-Newsletter heißt es jedes
Mal: „alles oder nichts“. Denn via Opt-out kann eine elektronisches Mail sofort abbestellt werden.

Bei E-Mails kostet es nicht viel mehr, einen ganzen Katalog als Attachment mitzuschicken. Doch Datei-
anhänge sind bei Serien-E-Mails verpönt. Es ist besser, wenn die Kunden selbst per Hyperlink die ge-
wünschten Daten anfordern.

(Quelle: Schwarz, (Permission Marketing), 2001, S. 180)

Abb.7-48 Ihre besondere Wirkung entfalten E-


AUFBAU VON E-MAIL-KAMPAGNEN
Mails im Rahmen von E-Mail-
Kampagnen. Abb.7-48 zeigt den
Ziel der Kampagne
Ablauf einer E-Mail-Kampagne. Die
Praxisbewährung wird immer wieder
dadurch begründet, dass der Kunde Adressen sammeln

durch seine Einwilligung (Nicht-Ab-


bestellung von E-Mail-Verteilern, Adressen
Datenbank einrichten
anreichern
Newslettern etc.) ein starkes Interesse
offenbart. Diese Form des Permissi-
Kundenprofile erstellen
on-Marketing stärkt die Kunden- Kundenprofile
ergänzen
bindung. Drei wichtige Punkte sind
beim Permission-Marketing aller- personalisierte E-Mails
versenden
dings zu beachten:
(1) Erfolgsfaktor für Permission-
Response empfangen
Marketing ist die Freiwilligkeit.
Weiß der Kunde um die Möglich-
keit, ein Abonnement einfach per Response ausw erten
Mausklick abzubestellen, wird er
individualisierte E-Mails
(vielleicht) doch noch die nächste versenden
Ausgabe abwarten.
(2) Der wichtigste Unterschied zwi-
schen E-Mailings und brieflichen Mailings liegt in den Hyperlinks. Gibt man
dem Kunden die Möglichkeit, von dem Mail aus zu alternativen Adressen zu ver-
zweigen (z.B. zu Fleischgerichten einerseits und vegetarischen Gerichten ande-
rerseits), dann kann man Marktforschung betreiben und das Kaufverhalten com-
putergestützt analysieren. Die Erkenntnisse können im nächsten Mail bzw. in in-
dividualisierten Produktangeboten berücksichtigt werden.
(3) Aus Datenschutzgründen müssen die E-Mail-Adressen getrennt von den Infor-
mationen über das Klickverhalten (Verhaltensdaten) gespeichert werden.

Auch kaufmännische Argumente sprechen für das E-Mail-Marketing. Hiel weist in


seiner Betrachtung deutlich niedrigere Kosten von E-Mails im Vergleich zu Direct
462 Marktorientierte Unternehmensführung

Mails nach.1005 Allerdings dürfen die Konzeptionskosten nicht übersehen werden, die
bei erstmaliger Einrichtung eines E-Mail-Systems anfallen. Per E-Mail kann ein An-
bieter auch keine Produktproben versenden. Was letztlich zählt, ist der Mailinger-
folg. Diesbezüglich gibt es erste Hinweise, dass Kunden ca. 15 mal häufiger antwor-
ten (Response-Rate) als beim traditionellen Printversand.1006 Der Erfolg einer E-
Mail-Kampagne sollte sich dann in folgenden Kennziffern niederschlagen:1007
(1) Opening Rate: Anteil der Empfänger, die ein E-Mail öffnen,
(2) Click through Rate: Anteil der Empfänger, die auf einen Hyperlink klicken,
(3) Conversion Rate: Anteil der Empfänger, die eine gewünschte Aktion durchführen
(z.B. eine Registrierung),
(4) Churn Rate: Verhältnis von Ab- zu Anmeldungen für einen Newsletter
(5) Cost per Click: Gesamtkosten für die E-Mail-Aktion dividiert durch die gene-
rierten Klicks,
(6) Cost per Mill: Gesamtkosten der Aktion dividiert durch die Anzahl der Empfän-
ger mal 1000,
(7) Cost per Sale: Kosten für die E-Mail-Kampagne pro verkaufte Einheit oder im
Verhältnis zum generierten Umsatz,
(8) Bounces: Anzahl (Anteil) der nicht zustellbaren E-Mails (z.B. weil die Mailbox
voll ist).

Werden regelmäßige E-Mails an einen definierten Adressatenstamm zu E-Mail-


Newslettern ausgebaut, so sind folgende Erfolgsfaktoren zu beachten. Sie werden
als die „6 P“ des E-Mail-Marketing bezeichnet:1008
(1) Place: die Integration des Newsletters in die Web-Site,
(2) Process: die An- und Abmeldeprozesse,
(3) Permission: der Datenschutz (s.o.),
(4) Periodicity: sinnvolle Versandzyklen,
(5) Personalisation: korrekte Adresse und Ansprache,
(6) Presentation: eine attraktive äußere Form des Newsletters.
Abb.7-49
DER ECO-EHRENKODEX FÜR DAS ONLINE-MARKETING

Die Unternehmen verpflichten sich zu einer klaren, unmissverständlichen Sprache.


Interessenten erhalten nur Informationen, die sie vorher explizit angefordert haben. Die Anforderung
regelmäßiger elektronischer Dienste muss ausdrücklich noch einmal bestätigt werden (confirmed double
Opt-In). Der Empfänger muss stets erkennen, von wem er Informationen erhält.
Die Verwendung einer vom Interessenten angegebenen Adresse geschieht ausdrücklich nur zu dem
Zweck, der dem Interessenten vorab mitgeteilt oder von ihm genehmigt wurde.
Ein Empfänger kann sich bequem und ohne Hemmschwelle selbst vom Verteiler streichen. Eventuell kann
eine Kündigung noch einmal bestätigt werden.
Jede Nachricht enthält einen Hinweis auf Kündigungsmöglichkeit. Dies kann durch einfache Blank-Mails
oder durch OK-Abfrage geschehen.

Kundenadressen dürfen nur auf ausdrücklichen Wunsch des Interessenten weitergegeben werden.

Der Umgang mit persönlichen Daten wird in einer Datenschutzrichtlinie erläutert. Der Nutzer ist umfas-
send über die Verarbeitung von Bestands- und Nutzungsdaten zu unterrichten.

Der Link zu den AGB ist problemlos und in unmittelbarer Nähe zu der Opt -In einzustellen. Der Empfänger
muss die Kenntnisnahme der AGB ausdrücklich bestätigen.

(Konzeption Arbeitskreis Recht des ECO: Electronic Commerce Forum)

1005
bei einem 12-maligen Mailing bei 10.000 Kunden 86 TEUR im Vergleich zu 106 TEUR: vgl.
Hiel, (bessere Mailing), in: acquisa, 11/2000, S. 54-56
1006
vgl. Hiel, (bessere Mailing), in: acquisa, 11/2000, S. 56
1007
vgl. Vergossen, (Marketing-Kommunikation), 2004, S. 318
1008
vgl. Anweiler, (Newsletter), in: ASW, 4/2003, S. 96
7. Kapitel: Die Kommunikationspolitik 463

Zusammenfassend gesagt: Das E-Mail-Marketing wird sich im Rahmen der Kom-


munikationsinstrumente weiter etablieren. Jedoch ist ein Kernproblem zu lösen. Die
Kunden sind infolge von Spamming und unseriöser Internet-Praktiken zunehmend
verärgert. Eigentlich ist die Verwendung von automatischen Anrufsystemen nach §
13 Abs. 1 der EU-Datenschutzrichtlinie nur bei vorheriger Einwilligung des Teil-
nehmers gestattet.1009 Ein Electronic Commerce Forum im Rahmen des DDV hat
sich deshalb einen Ehrenkodex für das Internet-Marketing auf die Fahne geschrieben.
Abb.7-49 enthält die ECO-Leitlinien.

7.8.5. Telemarketing / Call-Center


65% der Das Telefonmarketing verzeichnet hohe Wachstumsraten. In 5.600 Call-Centern ste-
Weltbevöl- hen lt. DDV und Call Center Forum deutschlandweit täglich 380.000 AgentInnen auf
kerung hat
noch nie 196.000 Arbeitsplätzen im Dialog mit Interessenten und Kunden. Dieser hat zwar
einen Tele- nicht die persönliche Nähe eines Außendienstbesuches, wohl aber dessen situative
fonanruf Interaktivität. Nr. 1 der deutschen Call-Center-Dienstleister ist die arvato direct ser-
erhalten. vices mit 5.270 Arbeitsplätzen und 501,7 Mio. Euro Umsatz in 2006; vor der SNT
Deutschland (157,7 Mio. Euro) und der Quelle Contact Gruppe (146,8 Mio. Euro);
beide mit ca. 3.500 Arbeitsplätzen.1010 Unternehmen nutzen Telemarketing für
(1) Marketingkampagnen (Direktansprache-Kampagnen),
(2) interaktive Bearbeitung von Kundenrückmeldungen (Responses) nach Mailings,
Anzeigenkampagnen oder TV- oder Hörfunk-Spots,
(3) Entlastung von Innendienst- und Außendienstmitarbeitern,
(4) Weiterleitung von Serviceanfragen an externe Dienstleister,
(5) Verkaufsförderungsmaßnahmen (VKF) zur Vertriebsunterstützung,
(6) Betreuung von C-Kunden oder anderen definierten Kundensegmenten,
(7) Forderungsmanagement und Inkasso-Dienstleistungen.
(8) Neben den (1) Marketingaufgaben und der (2) Vertriebsunterstützung gibt es
noch den (3) aktiven Telefonverkauf für Institutionen ohne Außendienst (Verkauf
von Theaterkarten, Strom- oder Handytarifen, Versandhandelsverkauf etc.).
Ein typi- Telemarketing bedeutet schnelle und dialogorientierte telefonische Kontakt-
sches Call-
Center hat aufnahme mit Interessenten und Kunden und während des Telefonats ein
laut DDV 72 flexibles Eingehen auf deren Reaktionen und Anliegen.
Seats und Telemarketing ist die Hauptsäule des Dialogmarketing.
beschäftigt
115 Agen- Die Einschränkungen des UWG sind zu beachten. In BtoC dürfen Privatleute bei
ten, davon
80% Frauen. Werbetelefonaten nicht ohne deren Einwilligung angerufen werden. In BtoB muß
von einer „mutmaßliche Einwilligung“ ausgegangen werden.

Call-Center- Professionelles Telefonmarketing wird heute zu 51% von externen (betriebsfremden)


Einsatz: Telemarketing-Dienstleistern erbracht. Nach Untersuchungen des DDV arbeiten
49% Inhou-
se, 18%
bereits 30,9% der 5.000 größten deutschen Unternehmen mit Call-Centern. Die
reine Dienst- Hauptziele sind stärkere Kundenbindung und Neukundengewinnung. Abb.7-50 stellt
leister, 33% die Aufgaben eines Call-Centers gemäß einer Umfrage der Wirtschaftsförderungsge-
Mischfor- sellschaft Bremen (WfG) bei 200 Unternehmen zusammen.1011
men.
(Quelle:
Bench- Die technischen Voraussetzungen zum Betreiben eines Call-Centers sind hoch. Er-
markstudie forderlich ist eine ACD-Anlage (Automatic Call Distribution) mit computerge-
2004 Profi- stützter Durchstellsteuerung, Routing (zwecks Optimierung der Telefonkosten) und
Tel Consul-
ting)
elektronischer Protokollierung.
1009
vgl. zu den Problemen der E-Mails Schwarz, (E-Mail-Adressen), in: acquisa, 12/2002, S. 24-27
1010
vgl. die Top 30 Auflistung in Extrabeilage des CallCenterProfis, Extra Ranking 2006
1011
vgl. o.V., (Call Center), in: PM-Beratungsbrief v. 27.1.1997, S. 6
464 Marktorientierte Unternehmensführung

Abb.7-50 AUFGABEN EINES CALL-CENTERS

Die Zukunft Hotline/ Kundenservice


78,0
liegt in der Auftragsannahme 63,0

Verbindung
Beschwerdemanagement 60,0
von Call-
58,5
Center, Kundenbindung
Außen- Informationssystem 48,0

dienststeue- Adreßqualifikation 38,5

rung und E- 38,0


Auftragsabwicklung
Commerce
32,0
Kundenakquisition
26,0
Terminvereinbarungen
26,0
Business-to-Business-Kontakte
24,0
Buchungssysteme
0,0 10,0 20,0 30,0 40,0 50,0 60,0 70,0 80,0

Angaben in Prozent

Besonders leistungsfähig sind CTI-Anlagen als Integration von Computer und Tele-
fonanlage (Computer Telephony Integration). Mittels Rufnummernerkennung ha-
ben die Telefonagenten ohne Zeitverzug die gesamte Kontakthistorie ihrer Telefon-
partner auf Monitor. Bei IVR-Systemen (Interactive Voice Response) unterhält
sich der Computer sogar mit dem Anrufer. Speziell im Outbound-Bereich (s.u.) be-
währen sich Power-Dialer-Systeme. Diese arbeiten umfangreiche Telefonlisten au-
tomatisch ab und stellen nur dann zum Agenten durch, wenn sich der Angerufene
meldet. Erfolglose Kontaktversuche werden in automatische Wiedervorlageroutinen
gespeichert. Aktuelle Trends bei Call-Centern gehen in Richtung individuelle
Sprachcomputerabfrage (IVR),1012 Integration von Telefon/Handy und Internet
sowie Telefonverkauf per Videokonferenz.

Alle Service- Zwei Grundformen des Telemarketing sind zu unterscheiden (Abb.7-51):


Nummern (1) Beim Inbound-Marketing (passives Telefonmarketing) ruft der Kunde an. Die
zukünftig
unter einem
Call-Center stehen den Anfragenden mit Hotlines, Info-Diensten, Beschwerde-
Portal: management oder Tele-Shopping zur Verfügung. Im strengen Sinne handelt es
0900-DSL- sich nicht um eine Direktansprache sondern um eine „Direkt-Antwort“ und damit
Sprachportale: nicht um Direktmarketing. In der Praxis spielt das allerdings keine Rolle.
0900-1 =
Information, (2) Das Outbound-Marketing (aktives Telefonmarketing) verwirklicht die Philoso-
0900-3 = phie der individualisierten Ansprache. Die Initiative geht vom werbenden Unter-
Unterhaltung, nehmen aus. Das Outbound-Marketing verbindet in der Praxis meist eine kom-
0900-5 = z.B. munikative (Werbung) mit einer akquisitorischen Komponente (Telefonverkauf).
Erotik,
0900-9 =
Internetein-
Die Deutsche Teleko, wie auch Provider wie Tele2 stellen für das Direktmarketing
wahl. spezielle Service-Nummern und Dienste zur Verfügung.1013 Beim TMM-Dienst
Auswahldia- können z.B. mehrere Anrufer gleichzeitig einen Ansagedienst in Anspruch nehmen.
log-Zugang Die kostenpflichtigen Servicenummern erregen zunehmend den Ärger von Stamm-
von Tele2 für
DSL-Kunden:
kunden. Diese sind nicht bereit, sich musikalisch den Tag vertreiben zu lassen und
0900-1- Gebühren wie die Standardkundschaft zu zahlen. Der Ausweg liegt in Sondernum-
605040. mern mit Passwort-Charakter oder in speziellen Extranets, auf die der Kunde nur mit
Firmeneigene Passwort Zugang bekommt. Als besonderer Service sind Free-Call-Buttons im In-
Servicenum-
mern: 0180-x, ternet zu erwähnen. Beim Aktivieren des Buttons stellt der PC selbständig eine kos-
z.B. 180-5 mit tenfreie PC-Serviceleitung zum Werbenden her (Internet-Telefonie).
12 Cents pro
Minute. 0800:
1012
für Anrufer Fragt z.B. ein Kunde bei der British Airways nach dem aktuellen Meilenstand, dann wird ihm über
kostenfrei. eine Sprachanwendung geantwortet: vgl. zu den Trends o.V., (Call Center), in: PM-Beratungsbrief v.
25.5.1998, S. 3. Heute normal: Kontostandabfrage via Handy.
1013
Die Telekom spricht von „intelligenten Netzen“: vgl. z.B. das Telekom-Buch, 1993/94, S. 108
7. Kapitel: Die Kommunikationspolitik 465

Abb.7-51
AUFGABEN VON INBOUND- UND OUTBOUND-TELEMARKETING
Inbound Outbound
Studie Deut- • Nachfassen bei Angeboten, Kundenaktivierung
• Telefonempfangsservice, Abwesenheitsservice; • Marktbefragungen, Umfragedienste
sche Post auch im 24-Stunden-Betrieb
2007 - Wer- • Kundenzufriedenheits-Befragungen
• Auskunftsservice, Börsenhotline mit Auskunftsser- • Adressensuche, Adressenverifizierung, Überprü-
beausgaben vice fung von Datenbanken
2006: Out- • Übernahme telefonischer Überlaufverkehr für • Beantwortung von E-Mails
bound 2,8 Zentrale oder Verkaufsabteilung
• Bedarfsklärung, Lead-Qualifizierung
Mrd. Euro, • Betreiben von Hotlines und Servicenummern,
• Besuchsvereinbarungen für den Außendienst
Stördienste (z.B. 0800-IhrFirmenname.de)
Inbound 2,4 • Händlerbetreuung
• Übernahme von Helpdesks, PC Hotline, First- oder
Mrd. Euro. Second-Level-Support
• Begleitung von Produkteinführungen
• Begleitung von Promotionaktionen, Kampagnen
• Aufnahme von E-Mails, Voice-over-IP-Service
• Veranstaltungsservice, Messe-, Event-Einladungen
• Abwicklung von Paging-, Textnachrichtendiensten
• Produktverkauf, Kartenservice
• Informationsdrehscheibe für den Außendienst
• Aktive C-Kundenbetreuung

(Quelle: Jünger, (Dienstleister), in: salesBusiness, 9/2003, S. 41)

Telemarketing-Kampagnen sind in folgenden Schritten zu planen:


(1) Entscheidung über die Zielsetzung einer Kampagne,
(2) Definition der Zielgruppe,
(3) Anmietung (i.d.R. nicht Kauf) des Adressmaterials,
(4) Selektion und Überprüfung der Adressen (Adressenqualifizierung),
(5) Klärung der Hardware (Telefonanlage und Peripherie),
(6) Erstellen eines Telefon-Scripts (Telefonat-Drehbuch),1014
(7) Telefontraining und Einsprechen der Mitarbeiter (Fachjargon: Agenten),1015
(8) Durchführung der Calls und dabei begleitend die
(9) Call-Protokollierung (Telefonprotokolle),
(10) nach Durchführung der Kampagne Erfolgsauswertung
(11) und Follow-up-Aktionen für die gewonnenen Leads (= verfolgungswürdige,
neue Kontakte).

Bei der Beurteilung und Erfolgsmessung für Call-Center und Telemarketing-Kam-


pagnen stehen drei zentrale Performance-Größen im Vordergrund: (1) die Erreich-
barkeit der Agenten, (2) die Art, d.h. Schnelligkeit und Flexibilität der Bearbei-
tung und (3) die Kompetenz, drängende Kundenprobleme zu lösen. Gängige Kenn-
ziffern für die Erfolgsmessung sind:
Benchmark (1) Durchschnitt für Inbound-Center: das x/y/z-Service-Level. Ein Service-Level
TNT Ex-
press:
von 80/20/3 bedeutet z.B., dass 80% der Anrufer innerhalb von 20 Sekunden mit
90/10/1; einem Agenten verbunden sind; bei maximal zulässiger Abbrecherquote von 3%,
90% Bear- (2) Kosten pro Anrufminute,
beitung nach (3) Anzahl Kontakte pro Stunde,
10 Sekunden
bei Abbre-
(4) Kosten pro Call,
cherquote (5) Erfolgsquote (Erfolge sind z.B.: qualifizierte Adresse, vereinbarter Besuchster-
von 1%. min, erreichter Kaufabschluss, protokollierte Kundenmeinung),
(6) Aufträge pro Stunde,
(7) Aufträge pro Kontakt,
(8) Kosten pro Kontakt und
(9) Kosten pro Auftrag.1016

1014
s. das Beispiel bei Weis, (Verkaufsmanagement), 2005, S. 243-244
1015
Grundtips z.B.: Rechtshänder halten Hörer links, um rechte Gehirnhälfte anzusteuern, Spiegel auf
den Tisch und „Anlächeln“ vor dem Telefonat – es gibt da recht abenteuerliche Empfehlungen, die in
Spezialbereichen des Telemarketing von besonderer Bedeutung sind.
1016
als Beispiel s. o.V., (Aktionen), in: PM-Beratungsbrief v. 16.9.1996, S. 4
466 Marktorientierte Unternehmensführung

Gemini Consulting stellte in einer Marktbefragung bei 160 deutschen Call-Center-


Betreibern durchschnittliche Gesprächszeiten von 168 Sekunden pro Call und eine
Nachbearbeitungszeit von 60 Sekunden fest. Bei Durchschnittskosten von 0,90 Euro
pro Anrufminute kostet dann ein Telefonat ca. 3,40 Euro.1017 400 – 500 Anrufe täg-
lich gelten als Untergrenze für den sinnvollen Betrieb eines externen Call-Centers.

Aber es müssen nicht immer externe Call-Center zum Einsatz kommen, um die
Marktschlagkraft zu stärken. Die Möglichkeiten zur internen Unterstützung des Ver-
triebs durch das Telefon sind noch längst nicht genutzt. Hierzu sollten die Unter-
nehmen mehr Mitarbeiter aus dem Backoffice zu einem Telefontraining entsenden.

Im Vergleich zum Kundenbesuch gilt die telefonische Ansprache bei anspruchsvol-


len Kunden nur als „zweite Wahl“. In der Praxis deutet sich jedoch an, dass durch
ausgefeilte Fragentechnik und vertrauensfördernde Gesprächsführung auch durch
einen Telefonkontakt eine hohe Kundenbindung erreicht werden kann.

7.8.6. Vom Call-Center zum Customer-Care-Center


Im Customer Allerdings werden auf klassische Telefonfunktionen beschränkte Call-Center zukünf-
Assistance tig nicht mehr wettbewerbsfähig sein. Die Kunden legen verstärkt Wert darauf, dass
Center von
Mercedes- ihnen am Telefon, per Fax oder Mail drängende Probleme gelöst werden. Auf an-
Benz in heimelnde Telefonstimmen im Sinne von "Guten Tag, hier ist die Inkompetenz, was
Maastrich kann ich für Sie tun..." können die Käufer verzichten. Ferner sorgt auch in diesem
gehen pro Bereich des Direktmarketing das Internet für eine Ausweitung von Aufgaben und
Tag ca.
11.000 An- Kontaktformen. So zeichnet Abb.7-52 den Weg auf, den das Call-Center von einer
rufe ein. organisatorisch allein stehenden Unterstützungsfunktion bis hin zu einem alle Unter-
nehmensbereiche umfassenden und weltweit operierenden Kundenzentrum auf Basis
CRM nehmen kann.

Abb.7-52
DIE EVOLUTION DES CALL-CENTER
Problemlösungen für die Kunden, hohe

Standortunabhängigkeit
+ weltweite Vernetzung,
Vernetzung mit allen Ressorts
+ echte Problemlösungskompetenzen,

Virtuelle CC-Center:
+ alle Arten von Service und
+ hohe Eigenständigkeit im Kundendialog

Tätigkeitsfeld (z.B. Beschwerden)

Customer-Care-Center:
hohe Vernetzung, spezielles
Solution-Center:
Angebot von Mehrwerten
(Bsp.: Verkauf von Theaterkarten)
+ Umsatz- / Erfolgsverantwortung
Kontaktformen (Call, Fax, Mail, Brief)

Interaction-Center:
operatives Call-Center:
Vorgänge, isolierte Organisationseinheit

+ Verarbeiten aller Arten von


Communication-Center:
reaktive Abwicklungen definierter
Komplexität

klassisches Call-Center:

Zeitstrahl

1017
vgl. zu diesen Werten Thieme; Ceyp, (Call-Center), in: ASW, 5/1998, S. 94
7. Kapitel: Die Kommunikationspolitik 467

Die folgenden Begriffe sind in der Praxis stark fließend. Dennoch sollen hier rich-
tungsweisende Evolutionsstufen voneinander abgegrenzt werden:
• Ein Call-Center soll nicht nur Telefonkontakte "managen" sondern alle Kun-
denkontaktformen (Call, Mail, Brief, Fax) beherrschen. Dies kennzeichnet den
Schritt zum (Multimedia) Communication-Center. Hinzu kommen zunehmend
operative Erfolgsverantwortungen für die Call-Center-Agenten.
• Ein Call-Center soll den Kunden interaktiv betreuen, mit ihm einen aktiven
Dialog führen. So entsteht die Nuance des Interaction-Center.
• Solution-Center zielen auf vorgangsabschließende Bearbeitung. Möglichst vie-
le Vorgänge (80 Prozent) sollen bereits im 1st-Level-Support zu einem Ab-
schluss gebracht werden (s. noch einmal Abb.4-43). Dadurch werden die Spe-
zialisten der zweiten Beratungsstufe entlastet.
• Werden noch mehr Tätigkeitsfelder übernommen, dann entsteht praktisch ein
kompletter Innendienst. Das frühere Call-Center umschließt nun alle Backof-
fice-Funktionen. Für diese Customer-Care-Zentren sind schnelle und flexible
Informationsübergaben an und Vorgangsvernetzungen mit allen Unternehmens-
ressorts (im Sinne von CRM) erfolgsentscheidend. Die Frage ist, ob Customer-
Care-Centren zukünftig eher interne Unternehmensorgane sind, während ja das
klassische Call-Center eine outgesourcte Dienstleistung darstellt.
• Durch Verzicht auf Standortgebundenheit entstehen virtuelle Zentren. Kun-
denprozesse werden jetzt weltweit, für den Kunden unsichtbar, vernetzt.

Communication-Center bilden das Herzstück von Mehrkanal-Vertriebssystemen


(Multi Channel Marketing). Kunden lassen sich einen Kontaktkanal heute nicht
mehr aufzwingen. Sie entscheiden selbst, auf welchem Weg sie einen Anbieter an-
sprechen möchten. Und sie wechseln die Kontaktkanäle ständig. Im Communication-
Center fließen die Marktinformationen aller Kanäle gemäß Abb.7-53 zusammen und
gehen von dort aus in die Kundendatenbank (Database).
Abb.7-53
Innendienst-
Calls Briefe

Calls
Faxe

Messe- Info-Drehscheibe
Informationen Communication E-Mails
Center SMS

Händler- E-Commerce
Informationen Kontakte
Besuchs-
Informationen

Aktuellen Erhebungen zufolge unterhalten 62,4 Prozent aller Unternehmen eine ei-
genständige Abteilung für den Kundenservice. 49 Prozent bewerten den Erfolg durch
die Steigerung der Kundenzufriedenheit. 55,7 Prozent setzen spezielle CC-Software
ein, die alle Vorgänge kanalübergreifend steuern. 23,9 Prozent nutzen ein E-Mail-
response-Management.1018 Ein Beispiel für einen "Service bis ins letzte Level dank
virtueller Vernetzung" bietet die Deutsche Angestellten Krankenkasse:

1018
vgl. End, (Kunden-Service-Center), in: salesBusiness 5/2005, S. 23
468 Marktorientierte Unternehmensführung

24 Call-Center-Geschäftsstellen werden durch ein zentrales Call-Center-Management


(CCM) bundesweit von Hamburg aus gesteuert. Grundlage ist ein Data Warehouse.
Die Kunden sehen von außen nur ein DAK Call-Center, das bundesweit unter einer
Servicenummer erreichbar ist. Tatsächlich aber kann jeder Mitarbeiter mit Erfahrun-
gen im Kundenkontakt von dem System angesteuert werden. Einlaufende Gespräche
werden in das nächste freie der 24 Kundenzentren weitergeleitet.1019

7.8.7. Kampagnenmanagement im Zeitablauf


und Realtime-Marketing
Ein Mailingbrief, ein Kontakt-Call, wie auch im Printbereich eine Zeitungsanzeige
sind schnell vergessen. Ein Recall bei den Käufern baut sich erst durch die richtige
Verteilung von Werbeimpulsen im Zeitablauf auf und, im Fall von Response, durch
eine schnelle Umsetzung der Kundenreaktionen in Marketingaktionen. Diese
Aufgabe verfolgt das Werbetiming im Rahmen eines Kampagnenmanagements.
"Kampagnenmanagement hat die Aufgabe, den richtigen Kunden zum richti-
gen Zeitpunkt die richtige Botschaft über den idealen Kommunikationskanal
bei optimalen Kosten zu senden."1020
Realtime-Marketing zielt darauf ab, nach Kundenreaktionen sofort Marke-
tingaktionen anzustoßen (z.B. ein in dem Moment genau passendes Angebot).
Beim eventgetriggerten Kampagnenmanagement werden diese "kritischen
Ereignisse" (z.B. Heirat eines Bankkunden) von EDV-Systemen automatisch
herausgefiltert und Maßnahmen via Innen- oder Außendienst umgehend
empfohlen oder eingeleitet.

Bei der Planung einer Werbekampagne ist zu entscheiden über


(1) die Zielsetzung,
(2) die Zielgruppe(n) und
(3) das Budget der Kampagne,
(4) den optimalen Startzeitpunkt,
(5) die Dauer der Kampagne,
(6) die Anzahl (Häufigkeit) von Teilaktionen/Schaltungen,
(7) die zeitlichen Abstände zwischen den Schaltungen,
(8) die Erfolgsmessung für die Kampagne.

Hinsichtlich Punkt (5) arbeitet die Werbepraxis oft mit einer intermittierenden
Werbestrategie. Dabei werden kurze, intensive Kampagnen in unregelmäßigen
Zeitabständen durchgeführt. Dies kann bei saisonbezogenen Produkten prozyklisch
(prosaisonal) oder antizyklisch (antisaisonal) erfolgen.1021

Immer wieder gern zitiert wird eine Untersuchung von Zielske aus dem Jahr 1959.
Beim Vergleich einer Diskontinuitätsstrategie (Aktion mit 1 Kontakt pro Woche
über 3 Monate) mit einer Kontinuitätsstrategie (1 monatlicher Kontakt über 12
Monate) wurden folgende Ergebnisse deutlich:
Mit zunehmender Kontakthäufigkeit steigt das Recall-Niveau (Niveau der Wie-
dererkennung).
Der Lernerfolg (Erinnerungszuwachs) nimmt allerdings mit zunehmender Kon-
takthäufigkeit ab.

1019
vgl. Simon, (Call-Center), in: acquisa, 9/2000, S. 59-60
1020
diese umfassende Definition ist zu finden im Glossar zum Beitrag: o.V., (Angebot); in: acquisa,
8/2000, S. 2000
1021
vgl. Weis, (Marketing), 2004, S. 494-497
7. Kapitel: Die Kommunikationspolitik 469

Abb.7-54 Dem Lernvorgang wirkt ein Vergessens- ANLÄSSE VON AUTOHÄUSERN FÜR
vorgang entgegen (Decay). INDIVIDUALANSPRACHEN
Die Ergebnisse insgesamt sprechen für
Zeit nach Kauf 79,1%
einen gleichmäßigen Werbemitteleinsatz Geburtstage 73,3%
(gleichmäßige Streuung von Kampagnen) Serviceintervalle 68,9%
im Zeitablauf.1022 Jahresereignisse
neue Modelle
68,4%
12,6%
Events 6,3%
Die Werbeerfolgsforschung belegt, dass ein- (Quelle: samaxis/IfA 2000; 206 Automobil-
händler; zit. in acquisa, 2/2001, S. 7)
mal gelernte Werbebotschaften zwar nicht
mehr vergessen, jedoch in starkem Maße von
anderen Botschaften überlagert (interferiert) werden.1023 So sind die sich scheinbar
hochschaukelnden Werbebudgets in der Praxis Ausdruck von Marketinganstrengun-
gen, interferierende Botschaften zu überlagern und dadurch zu neutralisieren.1024

Marketing- Gerade im Direktmarketing kommt es darauf an, aus der Fülle der Massendaten
aktionen
haben be-
bzw. aus den Kundendatenbanken besondere (kritische) Kundenereignisse auto-
sondere matisiert herauszufiltern und daraus unmittelbar Betreuungsaktivitäten, z.B. einen
Erfolgs- Glückwunsch, ein neues Angebot, Zusenden eines Testproduktes etc., anzustoßen.
chancen, Sog. Event-Trigger prüfen z.B. bei einem Bankkunden regelmäßig die Finanzdaten
wenn sie
sich an
über alle Konten und unterbreiten dem Kunden bei Erreichen bestimmter Schwel-
persönlichen lenwerte automatisch Angebote für Kapitalanlagen oder Kredite. Der Begriff Real-
Ereignissen time-Marketing beschreibt diese Vorgehensweise.1025 Ereignisauslöser für das
beim Kun- Realtime-Marketing können z.B. sein:
den orientie-
ren.
(1) persönliche Lebensveränderungen,
(2) berufliche Veränderungen,
(3) bestimmte Kaufentscheidungen,
(4) Gesetzesänderungen, von denen ein Kunde betroffen ist,
(5) Änderungen in wirtschaftlichen Rahmenbedingungen (Zinsen, Immobilienpreise,
neue Technologien),
(6) Aktionen von Wettbewerbern. Abb.7-54 zeigt, welche Ereignisse Autohäuser
zum Anlass für individuelle Kundenansprachen nehmen.1026 Viel Kreativität bei
den Kampagnenanlässen ist hier nicht zu entdecken.

Ein neuer Angebote sind erst dann erfolgreich individualisiert, wenn der Interessent oder Kun-
Trend: de "mitmacht". Procter&Gamble hat diesbezüglich einen richtungsweisenden Weg
Kampagnen-
Websites. eingeschlagen (damalige Web-Site: www.reflect.com). Jede Konsumentin konnte
Bsp.: sich im Internet eine persönliche, an ihren Hauttyp angepasste Kosmetikserie kreie-
www.sag- ren. Eine Million Bestellungen pro Tag bestätigten das Konzept. Das Konzept von
uns-deine- P&G gilt als bislang erfolgreichste E-Commerce-Kampagne.
meinung.de;
www.eine- Eine derart starke Kundenbindung mit Hilfe von klassischen, anonymen Werbeme-
klasse- dien zu erreichen, ist kaum möglich. Die strategische Zukunft der Kommunikations-
sportli- politik liegt deshalb im Direktmarketing. Dieses Kapitel hat aber auch die Heraus-
cher.de;
www.glueck-
forderungen aufgezeigt, die mit einer werblichen Direktansprache verbunden sind.
lich-mit- Abb.7-55 stellt den Entwicklungspfad des Direktmarketing mit seinen Elementen
peugot.de. noch einmal in einem Zusammenhang dar. Am Ende steht die 1to1-
Individualansprache, organisiert im Multi Channel Marketing, bei dem Vertrieb
und Marketingkommunikation über alle Kanäle hinweg eng verknüpft sind.

1022
vgl. Meffert, (Marketing), 2000, S. 821-822 mit dem Hinweis auf die Studie von Zielske (1959)
1023
vgl. zur Interferenztheorie Kroeber-Riel; Weinberg, (Konsumentenverhalten), 2003, S. 365-367
1024
vgl. Schmalen, (Kommunikationspolitik), 1992, S. 45
1025
Hinweis auf das Buch Realtime-Marketing von Regis McKenna in: o.V., (Angebot), in: acquisa,
8/2000, S. 50
1026
vgl. die Info in acquisa, 2/2001, S. 7
470 Marktorientierte Unternehmensführung

Abb.7-55
DER ENTWICKLUNGSPFAD FÜR DAS 1to1-MARKETING
(in Anlehnung an Peppers / Rogers)

Multi Channel
Koordination im Sinne
von CRM

korrekte
Angebot von 1to1-
Personalisierung:
Problemlösungen /
Name, Adresse,
massgeschneiderte
Anrede
Produkte

Einhaltung des individuelle Beratung


Datenschutzes
Individualisierung:
Ansprechen
Vermittlung von persönlicher Bedürf-
Vermittlung von nisse und Wünsche
Wertschätzung: man
Vertrauen:
nimmt mich ernst
Versprechen werden
gehalten

7.9. Verkaufsförderung (VKF – Sales Promotion)


7.9.1. Begriff - Aufgaben - Trends
„Wenn ein Kunde Ihren Prospekt durchblättert, dann ist das, als ob er Ihren Laden
betritt. Es kommt darauf an, das Prospekt zu einem Ort zu machen, an den der Kunde
gerne zurückkehrt. Gute Prospekte strahlen eine besondere Persönlichkeit – Ihre Per-
sönlichkeit – aus.“1027

Verkaufsförderung (VKF, Sales Promotion) umfasst die Planung, Organisa-


tion, Durchführung und Kontrolle zeitlich begrenzter und neben der
konventionellen Werbung stehender Aktionen, bei denen in direktem
Kontakt mit Kunden oder Vertriebspartnern Kommunikations- und / oder
Verkaufsziele unterstützt werden. Hinzu kommen Verkaufsunterlagen sowie
sonstige Hilfsmittel zur Förderung der Verkaufsarbeit.
VKF unterstützt den Verkauf. Es geht nicht um unmittelbare Umsatzge-
nerierung.Verkaufsförderung soll vor allem informieren und in der Pre-Sales-
Phase Verkaufsanreize schaffen. In der After-Sales-Phase (Nachkaufphase)
soll VKF vor allem die Kundenbindung erhöhen.

Das Marke- Auch die Verkaufsförderung für Produkte durch Verkaufsunterlagen und Aktionen
ting-Budget
der OTTO
am Point of Sale zielt auf Kundenaktivierung. Zur Mindestausstattung von Außen-,
Group für Innendienst und Service zählen Flyer, Kataloge, Datenblätter und Preislisten. Diese
Katalogver- Medien sollen Interessenten und Kunden ansprechen, interessieren, informieren und
sand beträgt zum Kauf motivieren. Sie unterstützen die Verkaufsarbeit. Sie fördern den Ver-
1,3 Mio.
Euro.
kauf. Sie transportieren Botschaften, die den Nachfrager lebensnaher berühren als
präferenzbildende Werbeanzeigen. Marketingorientierte Unternehmen erkennen dies,
stimmen ihre verkaufsfördernden Unterlagen mit den CI-Vorgaben ab und betrachten
die Verkaufsförderungsunterlagen als vollwertige Instrumente der Kommunikations-
politik.

Neben die Sachmittel zur Verkaufsförderung treten gezielt auf Produkte oder Pro-
duktgruppen hin abgestimmte VKF-Aktionen, bei denen zu bestimmten Zeiten an
bestimmten Orten Marktteilnehmer über die Vorzüge von Produkten informiert und
zum Kauf bewegt werden sollen. Schätzungen zufolge investieren deutsche Unter-
nehmen mehr als 2 Mio. Euro jährlich für ca. 3.000 VKF-Aktionen mit dem Handel
1027
Geller, (Response), 1997
7. Kapitel: Die Kommunikationspolitik 471

Abb.7-56 am POS.1028 Verkaufsförderungsaktio- ENTWICKLUNGSPHASEN DER


nen kamen noch in den 50er Jahren nur VERKAUFSFÖRDERUNG
sporadisch zum Einsatz. Heute sind sie
im Sinne der marktorientierten Unter- 50er Jahre unsystematische, sporadische
VKF-Aktionen
nehmensführung als Teil der Unter- 60er Jahre distributionsgebundene VKF
nehmensstrategie zu verstehen. Abb.7- 70er Jahre VKF als Marketinginstrument
56 bringt die historische Entwicklung 80er Jahre Loslösung der VKF vom Vertrieb
der VKF zum Ausdruck.1029 90er Jahre integrierte, strategische VKF

Die Verkaufsförderung erfüllt im ein-


80% aller zelnen folgende Aufgaben und Ziele:
Produkte (1) Steigerung des Bekanntheitsgrades und Imageprofilierung für ein Produkt
präsentieren
sich ohne (Produkt-/Markenpromotion), für ein gesamtes Leistungsprogramm (Pro-
Werbung im grammpromotion) oder (seltener) für eine Unternehmung als Ganzes (Image-
Handelsre- /CI-Promotion), jeweils in Verbindung mit Abverkaufs-Zielsetzungen,
gal. (2) Information, Schulung,
(zit. in
ASW, (3) dadurch Kaufmotivation und unmittelbare Umsatzgenerierung (POS-Promotion)
4/2005, S. (4) sowie Kundenbindung (allerdings nur im Zusammenhang mit weiterführenden
112) Bindungsinstrumenten).
Im Visier stehen drei Zielgruppen:
(1) die eigene Verkaufsmannschaft (innengerichtete Promotion),
(2) die Vertriebspartner (partner- oder handelsgerichtete Promotion),
(3) Interessenten und Kunden (kundengerichte Promotion).
Abb.7-57 AUSGEWÄHLTE MASSNAHMEN FÜR VERKAUFSFÖRDERUNGSAKTIONEN
Steigerung von Bekannt- Verkaufsanreiz,
Zielgruppen / Hauptziele Information und Schulung
heitsgrad und Image Umsatzgenerierung

innengerichtete Promotion: Verkaufshandbuch Verkäuferwettbewerb

für eigene Verkaufsmannschaft Schulungstage Incentives

handelsgerichtete Promotion: Info-Tage f.d. Handel Händlerkataloge Regalpflege

für Vertriebspartner Händler-Events Händlerschulungen Händlerwettbewerbe

abnehmergerichtete Promotion: Kunden-Clubs Hotline / Beratung Gewinnspiele

für Interessenten und Kunden Tag der offenen Tür Service-Informationen Verkostungen

Verkaufsförderungsmaßnahmen lassen sich als Kombinationen von Zielgruppen und


VKF-Zielen wie in Abb.7-57 ordnen. Die Palette möglicher VKF-Maßnahmen ist
weit gespannt. Die Grenze zum Event-Marketing ist fließend. Abb.7-58 zeigt die
Bedeutung der einzelnen VKF-Maßnahmen in der Praxis.1030 Nicht aufgeführt sind
hier Aktionspreise, die wir abweichend von einigen Literaturmeinungen nicht als
Kommunikationsinstrument betrachten sondern der Konditionenpolitik zuordnen.
Zuweilen wird behauptet, dass in der Verkaufsförderung Innovationen fehlen. Die in
Abb.7-58 wiedergegebene, frühere Befragung von 103 Unternehmen unterschiedli-
cher Branchen bestätigt ein konservatives Bild. Verkaufsunterlagen und Firmenbro-
schüren, Messen und Ausstellungen, Händlerseminare, Merchandising, Promotion-
Material für den POS, Events und Maßnahmen auf Basis der Neuen Medien sind die
bevorzugten VKF-Instrumente. Der wichtige Bereich der Produktdemonstrationen
und Verköstigungen fehlt. Events gehen heute über die „bloße“ VKF hinaus.
1028
gemäß einer Studie der UGW AG, Wiesbaden, zit. in: acquisa 5/2003, S. 32 (www.ugw.de)
1029
vgl. Bruhn, (Kommunikationspolitik), 2003, S. 386-388
1030
vgl. o.V., (Trends), in: PM-Beratungsbrief v. 2.2.1998, S. 1 unter Hinweis auf eine Untersuchung
der Business-to-Business-Agentur Frey Beaumont-Bennett (n = 103 Unternehmen aller Branchen).
472 Marktorientierte Unternehmensführung

Abb.7-58 EINSATZ VON VKF-INSTRUMENTEN zukünftig


heute

Verkaufsunterlagen
Broschüren
Messen u. Ausstellungen
Händlerseminare
Merchandising
POS-Dekomaterial
Events
Elektronische Medien
Händlerwettbewerbe
Gewinnspiele
Personality Promotions
-2 -1,5 -1 -0,5 0 0,5 1 1,5

Einschätzungen waren möglich von -2 bis +2

Durch die direkte Kundenansprache bei VKF-Aktionen können Streuverluste der


Mediawerbung eingedämmt und zu kaufrelevanten Fragen unmittelbar Kundenreak-
tionen erhoben werden. Dieser Vorteil gegenüber der konventionellen Werbung wird
durch den Nachteil relativ hoher Kosten pro Kontakt und die unregelmäßige Durch-
führung vieler Promotion-Aktionen erkauft. Deshalb geht ein Trend in Richtung kon-
tinuierlich ablaufender Kundenbindungsprogramme. VKF-Sachmittel sind rasch ver-
altet. Die jährliche Aktualisierung von Artikelkatalogen und Preislisten bedeutet ge-
rade für mittlere Unternehmen einen erheblichen Kostenfaktor. Deshalb kommen
zunehmend Internet-Kataloge bzw. Downloads von VKF-Materialien zum Einsatz.

Als Schlüsseltrends in der VKF sind weiterhin zu nennen:1031


(1) Die Motive der klassischen Werbung müssen sich in der POS-Kommunikation
wiederfinden.
(2) Als tailormade Promotions werden VKF-Maßnahmen im Rahmen der Jahres-
gespräche mit dem Handel vereinbart.
(3) Nach der Idee des Co-Marketing vereinbaren mehrere Hersteller gemeinsame,
aufeinander abgestimmte Maßnahmen.
(4) Promotion-Displays und Produktauftritt (Design, Verpackung) müssen als Ein-
heit wahrgenommen werden (Homogenität des Erscheinungsbildes).
(5) Promotion-Aktionen dringen in neue Kanäle ein (z.B. in Tankstellen).
(6) Die Promotion am POS ist als Marken-Erlebniswelt zu inszenieren - und zwar
als Erlebnis für alle Sinne (Licht, Farben, Musik, Düfte, bewegte Objekte).
(7) Im Trend liegen Verkostungsaktionen, die die Verweildauer der Konsumenten
im Outlet verlängern.
(8) POS-Promotion soll den Dialog mit den Kunden fördern. Die Kundenreaktionen
sind im Sinne von Database-Marketing und CRM zu speichern und auszuwerten.

7.9.2. Produkt-Promotion
a.) Kundengerichtete Verkaufsförderung
Promotion-Material - Verkaufsunterlagen – Kataloge und Preislisten
Nach der Rangordnung der Abb.7-58 werden die schriftlichen Verkaufsunterlagen
und Informationsbroschüren für Kunden, den eigenen Außendienst und für Ver-
triebspartner auch zukünftig im Vordergrund des Interesses stehen. Das Promotion-
Material fördert in erster Linie die Bekanntheit von Produkten und deren Vorteile.

1031
Vgl. Rivinius, (Verkaufsförderung), in: ASW, 6/2001, S. 80-81
7. Kapitel: Die Kommunikationspolitik 473

Kundenschulungen
Auch Kundenschulungen oder Hotline-Tage gehören zu den Informations- und Schu-
lungsaufgaben der Verkaufsförderung.

POS-Promotion: Verkostungen - Produktvorführungen


Verkostungen (Degustationen) im Food-Bereich sowie Probefahrten oder Versuchs-
überlassungen bei technischen Gütern dienen der unmittelbaren Umsatzgenerierung.
Aktionen dieser Art sind, gemäß der engen Begriffsauslegung der Verkaufsförde-
rung, zeitlich begrenzt und werden meist von unternehmensfremden Promotion-
Firmen durchgeführt. Die Veranstaltungen erhalten zunehmend Event-Charakter.

Allgemeine Stärkung der Kaufanreize und der Präferenzbildung


Preisausschreiben, Incentive-Reisen, Rubbelpunkte, Rabattmarken oder Gimmicks
(kleine Beigaben, Geschenke) am POS dienen der werbeunterstützenden, allgemei-
nen Kundenmotivation. Mit diesen Instrumenten will das Marketing der Reizab-
stumpfung durch starre Anzeigen und Zeitungsbeilagen beikommen. Jedoch gibt es
wohl mittlerweile so viele Preisausschreiben mit so vielen „windigen“ Gewinnen,
dass die Verbraucher zunehmend misstrauischer werden und die präferenzschaffen-
den Werbeeffekte dieser Art von Verkaufsförderung schwinden.

b.) Vertriebspartnergerichtete Verkaufsförderung


In vielen Punkten decken sich die auf Interessenten und Kunden ausgerichteten
VKF-Maßnahmen mit denen, die Vertriebspartner unterstützen und motivieren.

Motivation und Förderung des Push-Hineinverkaufs in den Handel


Hierzu dienen Incentive-Aktionen, Händler-Verkaufswettbewerbe, Platzierungs-
oder Schauraum- / Schaufensterwettbewerbe. Auch Ausschreibungen, wie z.B. Ver-
triebspartner des Monats,1032 sind unter diesem Punkt anzuführen.

Information und Ausbildung


Durch Informations- und Schulungsunterlagen und -maßnahmen versuchen Lieferan-
ten indirekt verkaufssteigernde Kräfte bei den Vertriebspartnern freizusetzen. Auch
spezielle Ausbildungsprogramme für den Handel, Händlertreffen, -tagungen und -
zeitschriften sind hier zu nennen.

Betriebswirtschaftliche Beratung
Die Bandbreite reicht von Existenzgründungshilfen bis hin zu ausgefeilten Unter-
nehmensberatungen für erfolgsorientierte Partner.1033 Die etablierten Fenster- und
Heizungshersteller beispielsweise bieten ihren Handwerkspartnern umfassende
Dienstleistungspakete an; mit Organisations- und Finanzierungshilfen, Kalkulations-
empfehlungen, Beratungen bei Lager und Logistik sowie werksseitig gesteuerten
Adressensuch- und Mailingprogrammen.

Outlet- bzw. POS-Unterstützung


Wichtigster Bereich ist die Regalpflege (Merchandising).1034 Der Lieferant nimmt
seinem Handelspartner die Überwachung, Auffüllung und Optimierung der Regal-
einheiten ab (Spacements). Die Waren sollen am POS wirksam und günstig platziert

1032
VKF-Aktionen dieser Art sind z.B. typisch für Franchise-Systeme
1033
Die Idee ist, den Partnern die Gelegenheit zu geben, sich am besten Kollegen auszurichten (ohne
Gebietsschutz an den stärksten Konkurrenten).
1034
Der Begriff Merchandising wird daneben auch für den Fanartikel-Verkauf von Popgruppen und
Sportvereinen verwendet.
474 Marktorientierte Unternehmensführung

"Wo die werden. Oft werden diese Dienste von selbständigen Spezialunternehmen (Rack Job-
Augen kei- ber) im Auftrag der Hersteller wahrgenommen. Ebenfalls am POS spielt sich die
nen Halt
finden, ge- Beratung bei der Ausgestaltung der Verkaufsräume ab. Die Palette der VKF-
hen auch die Maßnahmen am POS umfasst z.B.
Füße vor- • Gestaltung von Schauraum (Verkaufsraum), Schaufenster und Verkaufsfläche,
bei." (Clau- • Beratung für attraktivere Platzierung von Warengruppen und Artikeln,
dia Rivinus,
ASW • Verbesserung der Auszeichnung der Ware,
6/2001, S. • Aufstellen von Displays und anderen Verkaufshilfen (z.B. von Musterstücken).
80)
7.9.3. Programm-Promotion: Messen und Ausstellungen
a.) Begriff - Bedeutung - Aufgaben
Das Messewesen ist heute ein weltweites Geschäft. Am Anfang der historischen
Entwicklung steht die Weltausstellung 1851 in London mit 6 Mio. Besuchern und
bereits 14.000 Ausstellern. Die Weltausstellung in Paris 1931 zählte 32 Mio. Besu-
cher auf 2 Mio. qm Fläche. Messehallen werden aufgebaut und wieder abgerissen.
Mit den Städte verändern ihr Stadtbild für die internationalen Besuchermagnete. Messen sind
Worten „ite Statussymbole für die austragenden Länder, Städte und Gemeinden.
missa est“
eröffneten
die Priester Im Jahr 2005 fanden in Deutschland 141 internationale und überregionale Messen
mittelalterli- statt. 158.060 Aussteller und 9,6 Mio. Besucher (Auslandänderanteile 53% bzw.
che Märkte. 20%) belegen: Im Rahmen der Verkaufsförderung sind Messen und Ausstellungen
Möglicher-
weise liegt von herausragender Bedeutung.1036 Sie sind die Nabelschauen der Konsum- und
hier der Industriegüterwelt. Ihre Aufgabe ist es, über das gesamte Leistungsangebot einer
Ursprung Unternehmung (einer Branche) zu informieren und durch Messekontakte die Ge-
des Messe- schäftsbeziehungen mit Interessenten und Kunden zu fördern. Abb.7-59 bietet einen
begriffs.1035
Überblick über die größten deutschen Messen Stand Ende 2006.1037 Nach §§ 64 und
65 der Gewerbeordnung und den Richtlinien des ZAW wird definiert:
Abb.7-59 DIE 10 GRÖSSTEN MESSEN IN DEUTSCHLAND 2006 UND FRÜHER
Aussteller Besucher Standfläche qm
Buchmesse, Frankfurt 2006 1 7.272 8 286.621
Int. Tourismus-Börse, Berlin 2006 2 7.053
CeBIT, Hannover 2006 3 6.167 2 433.965 2 291.580
ANUGA, Köln 2005 4 5.930
Hannover Messe, Hannover 2006 5 4.964
Ambiente, Frankfurt 2006 6 4.598 3 190.665
Automechanica, Frankfurt 2006 7 4.583 4 169.536
MEDICA, Düsseldorf 2006 8 4.573
ACHEMA, Frankfurt 2006 9 3.880
Eisenwarenmesse, Köln 2006 10 3.262
IAA-PKW, Frankfurt 2005 1 941.000
bauma + mining, München 2004 3 416.051 1 348.832
Grüne Woche, Berlin 2006 4 407.436
Essen Motor Show, Essen 2006 5 394.700
drupa, Düsseldorf 2004 6 394.478 9 161.332
Rund 67% boot, Düsseldorf 2006 7 291.733
aller welt- AMI AUTO MOBIL, Leipzig 2006 9 285.484
weit führen- IAA-Nutzfahrzeuge, Hannover 2006 10 265.500 5 169.382
den Messen Int. MÖBELMESSE, Köln 2006 6 164.842
(Leitmessen) Interpack Düsseldorf, 2005 7 163.405
finden in EMO, Hannover 2005 8 161.647
Deutschland K, Düsseldorf 2004 10 160.308
statt. (Quelle: Ausstellungs- und Messe-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft e.V. (AUMA) / Stand 7/2007)

1035
vgl. Oehring, (Architektur), 1992, S. 35
1036
vgl. www.auma.de und www.auma-messen.de. Die Branche beschäftigt ca. 100.000 Personen.
1037
Ich danke Herrn Kötter von der AUMA für die Übermittlung der aktuellen Daten.
7. Kapitel: Die Kommunikationspolitik 475

Nach 50
Jahren Aus- Eine Messe ist eine zeitlich begrenzte, im allgemeinen regelmäßig am
richtung darf gleichen Ort wiederkehrende Veranstaltung, auf der eine Vielzahl von
sich die
IHM, Mün-
Ausstellern das wesentliche Angebot eines oder mehrerer Wirtschaftszweige
chen, Inter- darstellt und überwiegend nach Mustern an gewerbliche Wiederverkäufer,
nationale gewerbliche Verbraucher oder Großabnehmer vertreibt. Der Veranstalter kann
Handwerks- in beschränktem Umfang an einzelnen Tagen während bestimmter
messe nen-
nen, obwohl
Öffnungszeiten Letztverbraucher zum Kauf zulassen (§ 64 Abs. 1, GO).
sie eigenlich Eine Ausstellung ist eine zeitlich begrenzte Veranstaltung, auf der eine
eine Ausstel- Vielzahl von Ausstellern ein repräsentatives Angebot eines oder mehrerer
lung für Wirtschaftszweige oder Wirtschaftsgebiete ausstellt und vertreibt oder über
Konsumen-
ten ist.
dieses Angebot zum Zwecke der Absatzförderung informiert.1038
Auf einen kurzen Nenner gebracht: Messen sind Abschlussmärkte für
Einkäufer1039, Ausstellungen sind Informations- und Kaufmärkte für Endver-
braucher.

Der Einfachheit halber wird im folgenden nur von Messen gesprochen. Es gibt:
(1) nach dem Einzugsgebiet: regionale, nationale, internationale Messen,
(2) nach den Märkten: Konsumgüter-, Industriegüter-, Dienstleistungsmessen,
(3) nach der Anbieterstruktur: Gewerbe-, Berufsstände-, Handwerk-, Industrie-,
Dienstleistungsmessen u.v.a.m.,
(4) nach der Angebotsbreite: Universalmessen, Fachmessen, Einbranchen-, Mehr-
branchenmessen,
(5) nach der Funktion: Verkaufsveranstaltung, Informationsveranstaltung; s.o.,
(6) nach dem Standort: fester Messeplatz, Wandermesse,
(7) nach der Dauer: Dauermessen, periodische Messen.

Nach einer Je nach Zielsetzung verfolgen Aussteller wie auch die Besucher bestimmte Strate-
EMNID- gien bei ihrer Messeteilnahme. Sie nehmen teil, um1040
Befragung
2002 bei 500
(1) sich über Anbieter, Kunden, Produkte und Trends zu informieren (Informati-
Unterneh- onsstrategie),
men sind (2) gezielt Preis-Leistungsverhältnisse einer Branche zu eruieren, Wettbewerbsver-
Messen und gleiche vorzunehmen, neue Techniken zu sichten (Marktforschungsstrategie),
Ausstellun-
gen die (3) intensiv bestehende Kunden zu treffen (Stammkundenpflege),
zweitwich- (4) neue Zielgruppen anzusprechen (Zielgruppenerschließungsstrategie),
tigsten Mar- (5) Geschäfte anzubahnen, Verkaufsabschlüsse zu tätigen (Verkaufsstrategie),
keting- (6) neue Produkte zu bewerben und einzuführen (Markteinführungsstrategie),
instrumente.
(7) bekannter zu werden, Image und CI zu stärken (Imageprofilierungsstrategie),
(8) Beziehungen zu pflegen (sowohl Aussteller untereinander, als auch Besucher
untereinander, z.B. im Rahmen von Einkäufer-Erfahrungskreisen, als natürlich
auch Aussteller mit Kunden) (Beziehungspflegestrategie),
(9) neue Vertriebspartner zu finden, z.B. ausländische Handelsvertreter oder Expor-
teure, Importeure (Vertriebspartnerstrategie),
(10) oder um ganz einfach (oft traditionsgemäß) präsent zu sein (Präsenzstrategie).

Wie für VKF-Maßnahmen charakteristisch, spielen werbliche Ausrüstungs- und Ge-


staltungselemente eine große Rolle für den Erfolg.

1038
Die Weltausstellung ist z.B. eine Ausstellung i.e.S., d.h. eine reine Informationsveranstaltung.
1039
Hierzu zählen auch: Börsen, Auktionen, Submissionen, Märkte, Einschreibungen, Lizitationen:
vgl. die Aufstellung bei Pepels, (Marketing), 2004, S. 541-546.
1040
vgl. zu den Zielsetzungen auch Bruhn, (Kommunikationspolitik), 2003, S. 145-146
476 Marktorientierte Unternehmensführung

b.) Messestand-Gestaltung
Mit Messegesellschaft und Messeagentur sind folgende Punkte zu verhandeln:
• Standplatzierung auf dem Messegelände,
• Standgröße (ab 12 qm, ab 20 qm Raumgefühl),
• Art des Standes, Standkonzeption und Standbauweise (z.B. Office, Bistro, Frei-
fläche etc.),1041
• Grafik und Beschriftung,
• Farbe und Licht,
• Vorrichtungen für Exponate (z.B. Wasseranschluss, Extra-Stromanschluss etc.),
• Bewirtung (Catering),
• sonstige, von der Messegesellschaft in Anspruch zu nehmende Dienstleistungen
(z.B.: Telefon, Fax-Anschluss, PC-Netzintegration, Aufnahme in Pressevertei-
ler, Aussteller-Verzeichnis, Katalogservice, Versicherungen etc.).

Messestände sollten mindestens 12 qm Fläche aufweisen. Ab 20 qm stellt sich


Raumgefühl ein. 40 qm erlauben bereits eine kleine Koje mit Besprechungsräumen.
Folgende Standtypen sind zu unterscheiden:
(1) Der Reihenstand (nur zum Gang offen) ist die häufigste und preiswerteste Form.
Messekosten Kostenbeispiel der Elektrotechnik-Messe IHM 2004: 140 Euro/qm.1042
CRM-expo (2) Der Eckstand hat zwei freie Seiten und bietet daher eine bessere Sicht und eine
2005:
größere Gestaltungsfreiheit. Die besten Plätze liegen in der Nähe zum Hauptein-
Platin-Paket
mit 100qm: gang oder bei einem wichtigen Durchgang.1043 Kostenbeispiel: 156 Euro/qm.
25 TEUR, (3) Der Kopfstand ist mit seinen drei offenen Fronten zu empfehlen, wenn die Ex-
Gold-Paket ponate oder Firmeninformation wenig Wandfläche beanspruchen. Er bietet guten
mit 60qm:
14 TEUR,
Freiraum für die flächenmäßige Platzierung der Exponate oder für Besucher-
Silber-Paket Sitzgruppen. Kopfstände ziehen i.d.R. viele Besucher an. Kostenbeispiel für die
mit 15qm: Internationale Handwerksmesse IHM 2004: 160 Euro/qm.
2,9 TEUR. (4) Der Insel- oder Blockstand ist nach allen Seiten zugänglich. Er verlangt erfah-
Zusätzliche
Fläche: 180
rungsgemäß eine Mindestgröße von ca. 500 qm und gute Messeerfahrungen des
Euro/qm. Standpersonals. Durch Kabinen, Displaywände und Besucher-Sitzgruppen ist ei-
ne hochflexible Gestaltung einer Messestand-Landschaft möglich. Kostenbei-
spiel: 165 Euro/qm.
(5) Das Freigelände ist sinnvoll bei großen Exponaten, z.B. aus dem Industriebe-
reich (Kräne, Lastwagen etc.) oder für besondere Aktionsstände (Wasserspiele,
Exponate mit hoher Geräuschentwicklung etc.). Kostenbeispiel: 70 Euro/qm.

c.) Messe-Durchführung
Messebeteiligungen sind kostspielig, vor allem angesichts bei wiederholten Teilnah-
men.1044 Damit eine Messe ein Erfolg wird, sind folgende Punkte sorgfältig zu
durchdenken und vorzubereiten:
• die Messe-Zielsetzung im Einklang mit der laufenden Unternehmensstrate-
gie,1045
• die besonders zu fördernden Produkte (auch: Markteinführungen),
1041
eine anschauliche Übersicht von Standalternativen findet sich bei: Clausen, (Messe), in: acquisa,
1/1998, S. 53
1042
zu den Kostenbeispielen vgl. die Anmeldeunterlagen der GHM zur Internationalen Handwerks-
messe (IHM) 2004
1043
vgl. zu den Vor- und Nachteilen der Standtypen: Leicher, (Messen), 1990, S. 12 ff.
1044
Wir empfehlen eine mindestens dreimalige Teilnahme.
1045
vgl. Amon, (Messe-Ziele), in: Marketing-Journal, 1/1991, S. 56. Für viele Unternehmen ist die
Neukundengewinnung vorrangiges Ziel einer Messebeteiligung. Studien haben jedoch ergeben, dass 7
von 10 Fachbesuchern nicht ausreichend kontaktiert werden und dass nur 2 von 10 mit der Ge-
sprächsqualität auf der Messe zufrieden sind: vgl. Clausen, (Messe), in: acquisa, 1/1998, S. 50
7. Kapitel: Die Kommunikationspolitik 477

• die verstärkt anzusprechenden Besucherzielgruppen,


• eine die Zielgruppen zum Messebesuch animierende Einladungsaktion,
• ein Standkonzept, abgestimmt auf die Ziele der Messeteilnahme und in Har-
monie mit der CI-Strategie, mit für die Besucher attraktiven Beleuchtungen,
Farben, Beschriftungen sowie einem einheitlichen Erscheinungsbild der Stand-
besatzung,
• interessante und anregende Exponate (Ausstellungsstücke),
• Auswahl und Messetraining der Standbesetzung (Messe-Spielregeln),
• ein Aktionsprogramm für den Stand mit Event-Charakter,
• Verhaltensregeln für die Phasen vor, während eines Messegesprächs und nach
dem Kundenkontakt,
• ein Konzept zur Presse- und VIP-Betreuung (wichtig: Pressemappe),
• sinnvolle Messekontakt-Berichte (für die Nachverfolgung),
• eine effiziente und kostengünstige Auf- und Abbauorganisation,
• eine Konzeption für die Auswertung des Messeerfolgs
• und für die Nachverfolgung (Follow-up) der Messekontakte (Leads).
Abb.7-60 gibt weiterführende Empfehlungen für das Messemanagement.
Folgende Besuchertypen sind am Stand interessengerecht zu betreuen:
(1) Der qualifizierte Messebesucher nutzt „seine“ Fachmesse regelmäßig, ist gut
vorbereitet, führt effiziente Gespräche, will sich umfassend informieren und tätigt
auch Kaufabschlüsse. Hierzu zählen auch bestehende Kunden.
(2) Der sporadische Messebesucher hat ein aktuelles Problem, sucht hierzu eine
Lösung, benötigt Beratung, vertritt oft nur ein begrenztes Potenzial.
(3) Der beziehungsorientierte Messebesucher besucht Fachkollegen, erhofft sich
Anregungen für seine Arbeit und Signale für neue Trends. Aktuelle Projekte oder
Aufträge stehen nicht an. Der Kontakt ist aber wichtig für die Beziehungspflege.
(4) Der Messebummler ist nur oberflächlich informiert, sucht Abwechslung, Wer-
begeschenke, liebt Kekse und stiehlt Standzeit.1046
(5) Der Vertretungssuchende nutzt die Messe, um an einem Ort viele Aussteller zu
sichten und sich dann gezielt bei ausgewählten Ausstellern um neue Vertriebs-
partnerschaften zu bemühen. Ausländische Handelsorganisationen gehen i.d.R.
so vor, um in kurzer Zeit möglichst viele Kontakte zu knüpfen.
Abb.7-60
CHECKLISTE FÜR EINEN ERFOLGREICHEN MESSEAUFTRITT
Klare Zielsetzungen für die Messebeteiligung, die mit dem Standteam abgesprochen sind. Nach der
Messe Erfolgsauswertung und Manöverkritik.
Homogenes Erscheinungsbild des Messestandes im Einklang mit Corporate Identity.

Aktionen am Stand: Exponate, die anregen, in Bewegung sind, etwas anschaulich beweisen.

Extraraum und / oder Sitzgruppe für vertrauliche Gespräche. Angemessene Standverpflegung.

Motivierte Standbesetzung - soll sich als Top-Team begreifen.


Mitarbeiter erarbeiten auf Workshop Standspielregeln:
• Besondere Serviceregeln für VIP´s, ausländische Gäste und auch für Wettbewerber am Stand.
• Besondere Vorkehrungen, damit für Stammkunden am Stand ausreichend Zeit bleibt.
• Limitierte Sprechzeiten, falls Besucherandrang Zeitkapazität der Standbesatzung überfordert.
Differenzierte Messegeschenke (give-aways) für gute Kunden und Laufkundschaft.

Keine Katalogherausgabe ohne Visitenkarte!

Messe-Besuchsbericht ist Pflicht nach jedem Kontakt!

Nach der Messe innerhalb von 14 Tagen Follow-up Aktion.


478 Marktorientierte Unternehmensführung

(6) Der VIP-Besucher (z.B. Politiker) und Pressevertreter geht gerne gezielt an
Messestände, die gut zu seinem Image passen oder wo besonders förderungswür-
dige Produkte (z.B. Umwelttechnik, Biotechnologie) ausgestellt werden. Für die-
se Besuchergruppe sind Betreuungs- und Pressekonzepte vorzubereiten.

Abb.7-61 Immer wieder stellt sich die Frage, wie Wettbewer- MICROSOFT-MESSEPHILOSOPHIE
ber am Stand empfangen werden sollten. Mehr Ab- 1. Wir machen die Messe nicht für uns
selbst, sondern für unsere Kunden.
geklärtheit und Offenheit ist angesagt. Das betrifft 2. Der Kunde hat keine Zeit zu ver-
insbesondere den Katalogaustausch. Geht der Aus- schenken, er will neue Erkenntnisse
gewinnen.
steller auf einer Messe nicht nach dem do ut des- 3. Wir wollen nicht langweilen, son-
Prinzip vor, wird sich ein Konkurrent den aktuellen dern so interessant sein wie unsere
Produkte.
Katalog halt über einen Schlüsselkunden besorgen. 4. Messeerfolg heißt: Positive Bot-
Messekontakte bieten auch gute Möglichkeiten, rein schaften mitgeben.
5. Nirgendwo haben wir die Hand so
zufällig etwas über die Preisentwicklung zu erfahren nahe am Puls unserer Kunden wie
und ein Auge auf die besten Mitarbeiter der Konkur- auf Messen.
(Quelle: Auma Messeforum 1998)
renz zu werfen. Personalrekrutierung auf Messen ist
kostengünstiger als über Anzeigen oder Personalver-
mittlungen.

d.) Messe-Erfolgskontrolle
Die Erfolgskontrolle für eine Messe oder für eine Ausstellung kann aus zwei
Blickwinkeln heraus erfolgen:
• Die Messegesellschaft fragt nach dem Erfolg der gesamten Messe.
• Einen Aussteller interessiert vor allem der Erfolg der eigenen Messebeteili-
gung; evtl. unabhängig vom Erfolg der Gesamtveranstaltung.

Die Messegesellschaften aber auch die Aussteller analysieren den Gesamterfolg der
Veranstaltung anhand von Parametern, bei denen die Besucherdichte eine besondere
Rolle spielt. Mit diesen Erfolgsdaten akquiriert sie dann neue Aussteller:
(1) Anzahl der Aussteller; Anteil ausländischer Aussteller, Anteil neuer Aussteller,
(2) Gesamt-Standfläche der Veranstaltung und Veränderung gegenüber Vormesse,
(3) durchschnittliche Netto-Standfläche pro Aussteller,
(4) Anzahl der Besucher; Anteil Fachbesucher, Anteil ausländischer Besucher,
(5) Relation Fachbesucher zu Nettofläche als spezielle Effizienzkennziffer.1047
Ergänzend hierzu erfolgen Besucherbefragungen, wie sie z.B. neutral von der Ge-
sellschaft zur freiwilligen Selbstkontrolle von Messe- und Ausstellungszahlen (FKM)
durchgeführt werden. Diese Besucherstrukturtests erheben Herkunft, Wirtschafts-
zweig, Hierarchieebene, berufliche Stellung, Aufgabenbereich des Besuchers und
sein Verhalten auf der Messe (Häufigkeit von Messebesuchen, Aufenthaltsdauer,
Anzahl der besuchten Aussteller).

Aus Sicht der Aussteller ist der Nutzen einer Messe“investition“ nur schwer messbar,
wenn es sich um keine Ordermesse handelt. Im Anlagengeschäft oder bei Software
kann es ein bis zwei Jahre dauern, bis aus einem Messekontakt ein Geschäft gewor-
den ist. Viele Unternehmen betrachten Messen daher strategisch als „Hygienefakto-
ren“ 1048. Denn schon zwei Jahre Messeabstinenz können zu erheblichen Rückschlä-

1046
vgl. zu den Typen 1 – 4 in Anlehnung an Bruhn, (Kommunikationspolitik), 2003, S. 742-743 auf
der Grundlage einer Untersuchung von Strothmann
1047
vgl. Rominski, (Effizienz-Maßstäbe), in: ASW, 6/1994, S. 104; Dietrich, (Messezahlen), in:
ASW, 8/1995, S. 106-108
1048
Hygienefaktoren: Die Vorteile fallen nicht auf. Doch deutliche Nachteile hat man, wenn sie feh-
len.
7. Kapitel: Die Kommunikationspolitik 479

gen beim Leistungsprofil und beim Image führen. Ein Aussteller versucht den Erfolg
daher zunächst einmal in den standbezogenen Messedaten nachzuweisen:
(1) Besucher pro Tag pro Netto-Standfläche,
(2) Besucher pro Tag pro Teammitglied Standbesetzung,
(3) durchschnittliche Gesprächszeit pro Besucher je Teammitglied,
(4) Gesamtkosten des Messestandes incl. laufende Kosten,
(5) Anzahl der generierten Leads (verfolgungswürdige Messekontakte), gesamt, pro
Tag, pro qm Netto-Standfläche, pro Teammitglied Standbesetzung,
(6) Kosten pro verfolgungswürdigem Kontakt,
(7) Messe-ROI (durch Messe generierte Deckungsbeiträge / Messekosten).

Für die Messekosten nennt die AUMA einen Erfahrungswert von 600 Euro pro qm-
Netto-Standfläche. Andere Hinweise nennen die Faustformel „Standmiete mal Fak-
tor 5 bis 12“.1049 Es gibt allerdings erhebliche strukturelle Unterschiede bei den Er-
folgsmaßstäben; je nachdem, ob es sich um eine Konsumgüter- oder um eine Investi-
tionsgüterveranstaltung handelt und ob bei Messen nur Fachbesucher (insbes. Ein-
käufer) oder auch (an bestimmten Tagen) „Schaulustige“ Zugangsberechtigung er-
halten. Die AUMA hat eine Kostenstrukturanalyse für deutsche Messebeteilungen
erstellt und kommt auf folgende Werte:1050 (1) Standbau/Ausstattung/ Gestaltung:
39%, (2) Personal- und Reisekosten: 21%, (3) Grundkosten (Standmiete u.a.): 20%,
(4) Standservice und Kommunikation: 12%, (5) Transport und Entsorgung: 3%.

Messebesucher werden immer anspruchsvoller, so dass auch die Kundenbetreuung


zum Kostenfaktor wird. Außerdem erhalten Messeveranstaltungen immer mehr E-
vent-Charakter. Um Kosten zu senken, etablieren sich Internet-Messen mit virtuellen
Standbegehungen (www.acquisa-crm-expo.de).

7.10. Event-Marketing
Das Event-Marketing hat frischen Schwung in die oft als eintönig empfundene Akti-
onslandschaft gebracht. Ein Happening-Charakter und das Flair ganz besonderer
Lebensstile sollen die an einer Aktion teilnehmenden Personen begeistern und da-
durch Erinnerungswerte und Kundenbindung stärken. Das Event wird zur „Plattform
zur Unternehmenskommunikation“.1051 Es "bündelt die Faszination einer Marke zu
einem Zeitpunkt, an einem Ort."1052 In diesem Sinne

„wird unter Event-Marketing die Inszenierung von Ereignissen mit deren


Planung, Organisation, Inszenierung und Kontrolle im Rahmen der
Unternehmenskommunikation verstanden. Durch erlebnisorientierte firmen-
oder produktbezogene Veranstaltungen werden emotionale Reize sowie starke
Aktivierungsprozesse ausgelöst.“1053

In Anlehnung an Meffert lassen sich die in der Abb.7-62 aufgezeigten Formen des
Event-Marketing unterscheiden.1054 Gemäß den internen und externen Ausrichtun-
gen dienen Events der Motivation und Bindung firmeninterner Zielgruppen (Aktio-
näre, Händler, Mitarbeiter) wie auch der Ansprache von Interessenten und Kunden.

1049
Harbecke, (Messeerfolg), 1996, S. 30 unter Hinweis auf eine AUMA-Auswertung und Roth,
(Messen), 1981, S. 168
1050
vgl. die Grafik der AUMA in ASW, 10/2004, S. 101. Unter www.auma-messen.de bietet die AU-
MA auch einen kostenlosen Download für einen Messe-Nutzen-Check an.
1051
Bruhn, (Kommunikationspolitik), 2003, S. 328
1052
Zitat aus der Event-Wissensseite ASW, 2/2003, S. 43
1053
Meffert, (Marketing), 2000, S. 737-741 in Anlehnung an eine Definition von Auer und Diederichs.
1054
Quelle: in Anlehnung an Meffert, (Marketing), 2000, S. 740
480 Marktorientierte Unternehmensführung

Abb.7-62
Abb.7-58 FORMEN DES EVENT-MARKETINGS
Art des Events Zielgruppe Veranstaltungen
Firmeninterne Führungskräfte Aktionärsversammlungen
Events Mitarbeiter aller Außendienstkonferenzen
Hierarchieebenen Händlerpräsentationen
Vertriebspartner Festakte, Jubiläen
sehr gute Kunden Weihnachtsfeier
Außendienstkonferenzen
Event im Firmenexterne Events Pressekonferenzen
Trend: 43 Kongresse
bzw. 53 füh- Sportveranstaltungen
rende Eventa- Musikveranstaltungen
genturen Schlüsselkunden kulturelle Veranstaltungen
melden 1999 auch spezielle Interessenten Starauftritte
2.952 und Handels-Events Kunden Prominenten-Talkshows
2003 3.494 Öffentlichkeit Kleinkunst regionaler Künstler
Events Gewinnspiele
(Forum Mar- Kinderbelustigungen
keting Event- Mitmachaktionen
agenturen). Web-Events, z.B. Web-Promi-Chats

Deutsche Unternehmen meldeten in einer Repräsentativbefragung als Ziele:1055 (1)


62% Kundenbindung, (2) 45% Imageverbesserung, 24% Aufmerksamkeit für die
Marke steigern, (3) 13% Umsatzziele und (4) 11% Motivation.

Abb.7-63 Nicht jedes Fest ist auch immer gleich ein


EVENT-AGENTUREN 2006
Event. Ein Event sollte hinsichtlich Erlebnis-
Die Top 30 wert und Kaufstimulanz eine herkömmliche 1. Vok Dams Gruppe 21,9 Mio. Euro
2. Kogag Bremshey & Domning 12,7 Mio. Euro
Event- VKF-Maßnahme übertreffen. Sechs Anforde- 3. Avantgarde 8,1 Mio. Euro
Agenturen
erwirtschafte-
rungen gelten hierfür, auf die sich speziali- 4. Pleon Event +Sponsoring 6,6 Mio. Euro
5. Milla & Partner 6,0 Mio. Euro
ten 2006 160 sierte Event-Agenturen (Abb.7-63) ausrich- 6. Roth & Lorenz 5,8 Mio. Euro
Mio. Euro ten: 7. Scholz & Friends 5,6 Mio. Euro
Honorarum- 8. Quasar Communications 5,2 Mio. Euro
(1) Ein Event soll in der Gefühls- und Er- 9. CB.Clausecker/Bingel/Ereig. 5,1 Mio. Euro
satz.
fahrungswelt des Teilnehmers verankert 10. KFP 4,9 Mio. Euro
(Quelle: Horizont 15/2007, S. 26 – nur Agenturen
werden und bei ihm eine starke positive mit Umsatzangabe berücksichtigt)
Emotionalisierung erreichen.
(2) Ein Event soll wie ein besonderes und idealerweise unwiederholbares Ereignis
empfunden werden.
(3) Ein Event soll Authentizität und Exklusivität vermitteln.
(4) Im Gegensatz zur konventionellen Produkt-Promotion sind Events auf die Be-
dürfnisse eines ausgewählten Publikums zuzuschneiden.
(5) Events sollen den Teilnehmern die Möglichkeit zum persönlichen Dialog bie-
ten.1056 Teilnehmerreaktionen sind für die Erfolgsüberprüfung wichtig.
(6) Events sollen auf die Teilnehmer keinen spürbaren Kaufdruck ausüben.
Die Grenze zwischen Event-Marketing und Sponsoring ist fließend. Fast alle kultu-
rellen Events werden heute durch die Wirtschaft gesponsert.1057 Das Sponsoring ist
jedoch eher dauerhaft ausgelegt, und der Sponsor verhält sich passiv. Events sind
lebendiges Marketing, und sie vertreten ausdrücklich kommerzielle Interessen.
Events sind Ausdruck eines gehobenen Marketing. Das Event-Marketing lebt von der
multisensualen Ansprache der Teilnehmer. Es verlangt nach Kombination neuer Prä-
sentations- und Unterhaltungstechniken mit qualifizierten Inhalten. Abb.7-64 enthält
Empfehlungen der TU Chemnitz für erfolgreiche Event-Veranstaltungen.1058
1055
vgl. die Auswertung in: ASW, 2/2003, S. 43. Mitgliederbefragung des Forum Marketing Eventa-
genturen (FME).
1056
vgl. zu den vorgenannten Punkten Bruhn, (Kommunikationspolitik), 2003, S. 328-329
1057
vgl. Pracht, (emotional), in: acquisa, 5/2003, S. 52-54
1058
o.V., (Event-Erfolg), in: PM-Beratungsbrief v. 28.9.1998, S. 2
7. Kapitel: Die Kommunikationspolitik 481

Abb.7-64 Für die Erfolgsmessung des


EMPFEHLUNGEN FÜR ERFOLGREICHE
kostspieligen Event-Marketing EVENT-VERANSTALTUNGEN
zeigt Brickau Wege auf.1059 Zu- Ein Event sollte strategisch vorbereitet werden und im
meist versucht man den Erfolg Einklang mit den Zielen der Kommunikationspolitik stehen.
Die Zielgruppe sollte klar definiert sein.
eines Events mit Hilfe der Sco- Ein interessantes Motto und eine kreative Umsetzung
ring-Methode zu messen. Die sollten auf die Zielgruppen abgestimmt sein.
Wichtig ist Professionalität (u.a. Mitarbeit von Fachleuten)
erfolgsrelevanten Faktoren wer- bei der operativen Planung und Vorbereitung.
den in ihrer Bedeutung zueinan- Professionalität ist ebenso bei der Umsetzung gefordert;
der gewichtet und die Kriterien z.B. in Bezug auf Medientechnik, Pressebetreuung, Enter-
tainment, Catering etc.
dann nach Punkten bewertet. Ein gutes Event aktiviert die Teilnehmer. Diese werden z.B.
Bewertet werden Erfolgs- in Aktionen mit eingespannt oder können mit dem Veran-
stalter direkt in Kontakt treten.
kriterien (z.B. neue Kontakte) Ein Event soll einen Beitrag zur strategischen Zielerrei-
und Performance-Kriterien zur chung leisten. Es muss deshalb alles getan werden, damit
die Veranstaltung in positiver Erinnerung bleibt. Wichtig ist
Event-Qualität. deshalb eine möglichst breite Medienberichterstattung.

7.11. Produktfördernde Sonderinstrumente


7.11.1. Product-Placement
Bei den Kommunikationsinstrumenten haben sich in den letzten Jahren neue Formen
entwickelt, die Elemente der bewährten Maßnahmen verbinden. Eine Form ist das
Product-Placement, das durch den Auftritt des BMW Z3 im James Bond Film Gol-
den Eye besondere Aufmerksamkeit erfahren hat. Das deutsche Volumen des Pro-
duct-Placement-Geschäftes wurde 2000 auf 125 Mio. Euro jährlich geschätzt.
Product-
Placement in
Das Product-Placement verfolgt eine werbewirksame Platzierung von
Kinofilmen Produkten und / oder Dienstleistungen in FFFC-Medien, vorzugsweise in
wird von Kino- und Fernsehfilmen.
75% der
Konsumen- Gegen eine Drehkostenbeteiligung erhält der Werbende das Recht,
ten als stö-
rend emp- (1) sein Produkt handlungsneutral im Film zu präsentieren (On-Set-Placement),
funden (vgl. (2) oder das Produkt in die Handlung einzubeziehen (Creative-Placement)
Hinweis in: (3) oder auch das Produkt gänzlich zum Filmthema zu machen (Image-Placement).
ASW,
3/2004, S.
84) Product-Placement besitzt folgende Vorteile:
(1) Das Produkt gewinnt unterschwellig an Aufmerksamkeit, ohne dass die kaufbe-
einflussende Absicht sichtbar wird. Im Vordergrund bleibt die Filmhandlung.
(2) Dadurch treten bei den Konsumenten evtl. weniger Kaufwiderstände auf.
(3) Der Schauspieler, der Film oder das Filmumfeld können durch positiven Image-
Transfer die Werbewirkung verstärken.
(4) Mehrfaches Einblenden des Produktes über einen längeren Zeitraum (im Ver-
gleich zum TV-Spot) ist möglich (Vorteile: Lern- und Konditionierungseffekte).
(5) Die Werbewirkung steigt durch emotionale Berührtheit des Zuschauers mit dem
Filmgeschehen.
(6) Gegenüber der konventionellen Werbung erhält das Produkt eine höhere Glaub-
würdigkeit; vor allem, wenn das Produkt mit sichtbaren Produktvorteilen oder
besonderen Nutzenbeiträgen in die Filmhandlung integriert ist.
(7) Das Produkt bleibt im Film. Beim normalen TV-Spot dagegen besteht die Gefahr
der Nichtbeachtung durch Zappen (Kanalwechsel in Werbepausen).

1059
vgl. Brickau; von Ettingshausen, (Effizienzmessung), in: ASW, 11/1999, S. 100-107
482 Marktorientierte Unternehmensführung

7.11.2. Co-Branding (Markenkombination)


Beim Co-Branding kombinieren Anbieter ihre Marken in Werbekampagnen,
um Synergien im Marktauftritt zu nutzen.

Bekannt sind die gemeinsamen Marktauftritte der Star Alliance, Philips und Alessi
sowie das Dreier-Branding des Fahrradherstellers Giant mit Gore Bike Wear und
dem Rucksackspezialisten Deuter Sport und Leder. Als Voraussetzungen für ein
Zusammenbinden der Marketing-Aktivitäten verschiedener Partner gelten:
(1) Die Partner sollten annähernd gleich imagestark sein,
(2) sich auf identische Zielgruppen ausrichten,
(3) sortimentsergänzende Produkte führen,
(4) in der Ausrichtung der Preispolitik ähnlich sein,
(5) ihre Zusammenarbeit langfristig anlegen.

Ein Co-Branding bietet sich dann in folgenden Formen an:


(1) Gemeinsame Präsentationen und Messebeteiligungen,
(2) gemeinsame Werbung,
(3) Sponsoring derselben Veranstaltungen,
(4) gemeinsame Schaufenster- und andere Point of Sale-Layouts für den Fachhandel,
(5) koordinierte Schulungsmaßnahmen für den Handel und für Promotion-Teams.
So steigern die Co-Branding Partner ihren Einfluss gegenüber dem Handel.

7.11.3. Ingredient Branding (Markenintegration)


Co-Branding wird i.d.R. im Rahmen zeitlich begrenzter Aktionen betrieben. Ingre-
dient Branding geht darüberhinaus und zielt auf dauerhafte Markenkombination.

Das Ingredient Branding ist ein Konzept für eine dauerhafte Zusammen-
führung von Marken. Dabei brauchen sich die Produkte (Marken) nicht
gleichberechtigt zu ergänzen. Vielmehr kann eine Marke mit ihren Botschaften
wie eine Beigabe unter das Dach einer übergeordneten Marke schlüpfen.

Dadurch erhält die übergeordnete Marke einen Mehrwert. In der Regel sind es Her-
stellermarken (Allseits bekannt sind Wollsiegel – reine Schurwolle oder Intel-inside),
die die Markenkraft von Endabnehmer-Marken stärken sollen. Auf eine interessante
Praxisbefragung von Freter, Baumgarth und Schmidt (Trevira, Kevlar, Sachs, Tetra
Pack) wird hier verwiesen.1060 Als besondere Vorteile haben sich eine leichtere Ein-
führung neuer Produkte und die Möglichkeit zur Stablisierung der Lieferbeziehungen
der Partner untereinander erwiesen. Ansonsten schätzt die Praxis nach der Studie die
Vorteile des Ingredient Branding Konzeptes eher zurückhaltend ein. Die größten
Probleme liegen darin,
(1) ausgehend von der Herstellermarke über die gesamte Wertschöpfungskette und
verzweigt auf verschiedene Endprodukte den gleichen Qualitätsmaßstab zu ga-
rantieren,
(2) den einzelnen Marken gerechte Erfolgsbeteiligungen für die Partner zuzurechnen
(3) und letztlich ähnlich gelagert den relativ hohen finanziellen Aufwand für das
Ingredient Branding leistungsgerecht auf die Partner zu verteilen.

Außerdem entsteht ein besonderes Konfliktpotenzial, wenn etablierte Markenartikler


ihre Markenpolitik aufeinander abstimmen müssen.

1060
Quelle: vgl. o.V., (Ingredient Branding), in: ASW, 12/1997, S. 92 unter Hinweis auf das Arbeits-
papier von Baumgarth, Freter und Schmidt.
7. Kapitel: Die Kommunikationspolitik 483

7.11.4. Brand-Licencing (Markenlizensierung)


Schätzung Von ständig wachsender Bedeutung ist dagegen das Geschäft mit Lizenzen. Das In-
des Lizenz- stitut für Handel und Marketing, Universität Hamburg, ermittelte für den Zeitraum
umsatzes in
USA: 177,4 2001 - 2004 eine 8-prozentige Umsatzsteigerung mit lizensierten Produkten auf ca.
Mrd. US-$. 26,4 Mrd. Euro.1061 Allein die Lizenzgeber Boss, Gerry Weber, Joop, Marco Polo,
Bogner, Escada, Davidoff, Bäumler, Ahlers, Tom Tailor, Jil Sander, Betty Barclay
und Ravensburger TV kommen auf Lizenzeinnahmen von 1,6 Mrd. Euro.
Der Beginn Unter Brand-Licencing versteht man die gezielte Aufwertung (Veredelung)
des Lizenz-
geschäftes: markenloser Produkte durch eine vertragliche Nutzung von Namen (Brand-
1929 eine Names), Logos oder Warenzeichen starker Markenartikler.
300 Dollar
Lizenz für Die bedeutendsten Markenobjekte sind Film-/TV-Figuren (Fernseh-Maus, Janoschs
Mickey
Mouse zum
Tigerente), Markenartikel (Milka), Designer/Mode (Bogner, Boss), Kunst/Kultur
Bedrucken (Harry Potter), Persönlichkeiten (u.a.). Durch die Lizenzvergabe an einen „würdi-
einer gen“ Lizenznehmer weitet ein Lizenzgeber seine Marktdurchdringung und Marken-
Schreibtafel. kraft aus und verdient an den Lizenzgebühren. Lizenznehmer können ihre Produkte
aufwerten, neue Zielgruppen erschließen und neue Vertriebswege aufbauen. Deshalb
(1) achten Lizenzgeber auf Qualität, Seriosität und Synergiepotenzial der Produkte,
die mit ihren Markennamen verbunden sein wollen,
(2) beurteilen potenzielle Lizenznehmer die Marken danach, wie gut sie zu ihren
Produkten passen und sie an neue Zielgruppen und Vertriebswege (z.B. Handels-
schienen) heranbringen.

Die Parteien haben folgende Punkte zu verhandeln:1062


(1) die Lizenzgebühr, die üblicherweise in einem Rahmen zwischen 4 (Lebensmit-
tel) und 12 Prozent (Verlagswesen) des Handelsabgabepreises liegt,
(2) eine Garantiesumme; i.d.R. als Vorauszahlung auf der Grundlage einer Um-
satzprognose zu leisten,
(3) die Laufzeit (nicht unter 5 Jahren sinnvoll),
(4) das Vertragsgebiet (Vorsicht vor evtl. Kollisionen),
(5) eventuelle Ausschlussklauseln für bestimmte Regionen oder Vertriebswege,
(6) Beginn der Vertragslaufzeit
(7) und Gerichtsstand.

Abb.7-65 Außerdem ist zu klären, wie der Lizenz- BEISPIELE FÜR BRAND-LICENCING
nehmer die Markensymbole des Lizenz-
Dunhill auf Brillen, Taschen
gebers nutzen darf. Das Brand-
Delta-Air auf Reisetaschen
Licensing liegt im Trend. Abb.7-65
Haribo-Bär auf Bärenflakons
zählt bekannte und erfolgreiche Beispie-
Jeep auf Hi-Fi-Recordern
le auf. Die Markenlizensierung als Form
Mickey Mouse auf Parfumflaschen
der markenunterstützten Produktförde-
Star Wars auf Raketenmodellen
rung ist Ausdruck eines ungebrochenen
Monopoly Hasbro-Restaurant
Markenglaubens und einer Lebensstil- Coca Cola auf Hemden, Schuhen
sehnsucht der Verbraucher. Gewarnt sei Camel auf Salamander-Schuhen
allerdings vor modischen Trends. Ist das Joop auf Junghans-Uhren
lizensierte Objekt nicht mehr "in", dann
gehen Lizenzerwartungen nicht auf
(Harry Potter Lizenzen).
1061
Im Auftrag des europäischen Lizenzverbandes ELMA: Vgl. Reinstrom, Ch.; Sattler, H.; Lou, M.,
(Lizenzmarkt), in: ASW, 3/2006, S. 51-52
1062
Vgl. die Empfehlungen des Junghans-Chefs Bublath in: Fischer, (Ruhm), in: MM, 8/1999, S. 121.
Dem Beitrag sind auch einige der folgenden Beispiele entnommen.
484 Marktorientierte Unternehmensführung

7.12. Spezielle Kundenbindungsinstrumente


7.12.1. Strategische Bedeutung
Bislang wurden Einzelinstrumente beschrieben, die den Vertrieb unterstützen oder
Markenkräfte stärken sollen. Viele dieser Maßnahmen (VKF, Events, Messen)
kommen nur sporadisch zum Einsatz. Es stellt sich nun die Aufgabe, Marketingin-
strumente programmatisch so zu verbinden, dass sie Kunden koninuierlich analy-
sieren (mehr Transparenz) und mehr Kundenbindungen aufbauen. Der Erfolgsfak-
tor hierfür sind wettbewerbsdifferenzierende Mehrwertleistungen. Im Gegenzug gibt
der Kunde etwas von seinem Kaufverhalten preis. Lernende Kunden-
/Anbieterbeziehungen entstehen. Kundenbindungsprogramme schaffen dann die
Grundlage für individualiserte Angebote.
Cross- und Kundenbindungsprogramme umfassen alle regelmäßigen Maßnahmen, um
Up-Selling:
Kein Kunde Kunden längerfristig zu begleiten und in der Wahl ihrer Kaufalternativen
ist so gut, dass einzuengen. Durch Mehrwertleistungen sollen Kundentransparenz geschaffen,
er nicht noch Folgekäufe auf Partnerprogramm-Anbieter konzentriert und Zusatz-
besser werden
Abverkäufe durch Up- und Cross-Selling gesteuert werden.1063
könnte.
Bindungsprogramme sind also längerfristig angelegt. Sie erfordern Investitionen.
Ihre Ausführung wird vom Anbieter oft an spezialisierte Dienstleister vergeben.
Vorher ist abzuschätzen, ob ein (aufwändiges) Bindungsprogramm im Endeffekt
tatsächlich die kalkulierten Mehr- und Zusatzkäufe beim Verbraucher auslöst.

7.12.2. Kundenkarten - Kreditkarten


Die Kundenkarte kann als Basisinstrument der Kundenbindung bezeichnet werden.
Laut TNS Emnid besitzen 90 Prozent aller Deutschen eine Kundenkarte.1064
Abb.7-66 Kundenkarten sind "Personal-
Zahlungs-
ausweise" für Konsumenten. Sie ziel Kontostand

Es begann
identifizieren Kunden, schaffen Gutscheine

1950 in einem dadurch mehr Transparenz im Kreditkarte


New Yorker Kaufverhalten und bieten den
Restaurent. Kunden Mehrwerte, die sie stärker Kundenkarte von
Info-Drehscheibe
Newsletter
Als Frank Klaus Mustermann
Communication Bargeld-
McNamara
an den Anbieter binden; insbes. Center funktion
mangels Bar- durch die Zahlungsfunktion.
geld sein
Kunden-
Dinner nicht Eine Kundenkarte erfüllt folgende Funk- zeitschrift
Bonus-
punkte
begleichen tionen: Sonder-
konnte, zahlte angebote
er mit seinem (1) Die Ausweisfunktion dient der Iden-
"guten Na- tifikation und Personalisierung des
men". Hieraus Kunden.
kam ihm die (2) Die Treuefunktion kommt in Ver-
Idee, am
28.2.1950 mit bindung mit einem Bonus- oder Rabattsystem zum Tragen.
Partnern den (3) Die Servicefunktion bietet spezielle, nicht-monetäre Mehrwerte.
Diners Club (4) Die Zahlungsfunktion ermöglicht den bargeldlosen Einkauf. Es gibt aber auch
zu gründen.
Das war der
Kundenkarten ohne Zahlungsfunktion (z.B. Steigenberger Award Card).
Geburtstag der (5) Bei der Cobranding-Funktion beteiligen sich mehrere Partner am Kartensys-
Kreditkarte. tem, um Zusatzumsätze und Cross-Selling zu generieren.
1063
vgl. mit vielen Beispielen das Buch von Bruhn; Homburg, (Kundenbindungsmanagement), 2005
1064
vgl. den Hinweis in MM 6/2007, S. 28
7. Kapitel: Die Kommunikationspolitik 485

Abb.7-66 zeigt die Angebote einer Kundenkarte in Kombination mit Mehrwert-


Leistungen (Newsletter, Kundenmagazin; oft auch noch Club-Mitgliedschaft).

Abb.7-67 Abb.7-67 listet die größten Kundenkarten mit Zah- DIE GRÖSSTEN KUNDENKARTEN
lungsfunktion auf.1065 Mit einer Kundenkarte soll MIT ZAHLUNGSFUNKTION
(Stand 2005)
die Vision des "gläsernen Konsumenten" ver-
wirklicht werden. Der im klassischen Consumer- Payback 28 Mio.
Geschäft anonyme Kunde wird durch Name und Happy Digits 16 Mio.
Adresse und seine Kaufverhaltensdaten kalkulier- Miles&More 8 Mio.
bar. Durch die Zahlungs- und Kreditfunktion der BahnCard 4 Mio.
Karte wird seine Bedürfnisstruktur transparent. Webmiles 2 Mio.
Der Kunde wird zum Zielobjekt des Direktmarke-
ting. Quelle: Emnid, zit. in: ASW, Sonderheft
Marken 2005, S. 90. Die Kartenauf-
zählung ist nicht vollständig.
Zwei Änderungen der Rabatt- und Zulagenver-
ordnung begründen den Boom zu Kundenkarten
und zum Couponing:
• Jetzt sind Rabatte von über 3 Prozent an besonders gute Kunden zulässig.
• Sonderaktionen dürfen auf Karteninhaber beschränkt werden.

Nur noch 10 Prozent der Endverbraucher haben keine Kundenkarte. 25 Prozent ha-
ben nur eine, und 6 Prozent mehr als drei.1066 Mittlerweile haben sich allein die bei-
den führenden Systemkarten eine Machtbasis von 100 Mio. Kundenkarten aufgebaut.
Die Payback-Karte von Metro/Miles&More/Berger wartet mit 28 Mio. Kartenkun-
den auf. Der durch Karten generierte Partnerumsatz wurde im Jahr 2004 mit 15 Mrd.
Euro angegeben. Happy Digits von Quelle/Telekom/Karstadt erreicht ungefähr 20
Mio. Konsumenten.1067 Als kundenstärkste Einzelkarte gilt die von Karstadt mit 7
Mio. Nutzern. Bis zum Jahr 2007 wird in Deutschland mit 85 - 100 Mio. Kundenkar-
ten gerechnet.1068 Es gibt noch Reserven. Derzeit werden nach einer Roland Berger
Studie erst 12 Prozent der Marketingbudgets für Bindungsprogramme eingesetzt.

Die gesamte Kundenkarten-Konzeption basiert auf der Hypothese: "Das Geheimnis


nachhaltiger Kundenbindung liegt im kundentyp- und bedarfsgerechten Beziehungs-
management."1069 Gezielte Aktionen für qualifizierte Zielgruppen gelten als erfolg-
reicher als pauschal gewährte Rabatte. Die Wege hierzu werden durch CRM vorge-
zeichnet. Kundenkarten, spezielle Payback-Karten, Coupons oder Clubprogramme
sind nur die Instrumente hierzu. Und diese Bindungsinstrumente sind keine Wun-
dermittel. Systemkarten bergen die Gefahr, dass ein Treue-Bonus (Zusatzumsatz von
Kunden aufgrund von Bonuspunkten) nicht in die eigene Kasse zurückfließt. Das
Verhalten einzelner Systemteilnehmer kann das Image des ganzen Partneransatzes
schädigen. Was ist dann der entscheidende Punkt? Wenn es gelingt, durch die mittels
Kundenkarten geschaffene Transparenz die werthaltigsten Kunden herauszufiltern,
dann lassen sich weiterführende Bindungsprogramme und Cross-Selling-
Kampagnen auf kaufstarke Zielgruppen ausrichten. Kundenkarten helfen, seine bes-
ten Kunden kennenzulernen und zu binden.

1065
vgl. Calabretti, (Kundenbindung), 1998, S. 565
1066
vgl. Hinweis in ASW, 10/2003, S. 53; auf der Basis einer Unternsuchung von Solon.
1067
vgl. Frielinghaus, (Kundenbindung), in: ASW, 3/2003, S. 86; aktuell: Berdi, (Vorteilsbringer),
ASW, Sonderheft Marken 2005, S. 88-90
1068
Im Jahr 2002 waren es erst 62 Mio. Karten: vgl. Kreutzer, (Erfolgsfaktor), 2004, S. 26.
1069
Freilinghaus, (Kundenbindung), ASW, 3/2003, S. 87
486 Marktorientierte Unternehmensführung

7.12.3. Die Payback-Karte als spezielle Co-Branding-Kundenkarte


Die Payback- Bei den Kundenkarten stehen Transparenzschaffung, Kreditfunktion, Mehr-
Karte von
Loyality
wertbietung, Cross-Selling und Kundenbindung im Vordergrund.
Partners Payback-Karten schaffen speziell ein Rabattmarkensystem. Einer oder
verzeichnete mehrere zusammengeschlossene Anbieter offererien den Konsumenten auf der
2004 100 Basis einer Partnerkarte eine bestimmte Anzahl Bonuspunkte pro Euro-Ein-
Mio. Trans-
aktionen. Es
kaufswert. Die Bonuspunkte verbriefen dann monetäre Rückzahlungs- oder
wurden Punk- produktbezogene1070 Bezugsansprüche.
te im Kauf-
wert von Beispiel: branchenübergreifende Payback-Karte des Betreibers Loyality Partner: Die
ebenfalls ca. Galeria Kaufhof beispielsweise schreibt dem Karteninhaber pro Euro 1 Punkt gut.
100 Mio. Für jeden gesammelten Punkt wird ein Cent zurücküberwiesen; abzurufen beim Pay-
Euro einge- back Service Center, sofern 500 Punkte erreicht sind. Das bedeutet: Ab 500 Euro Ein-
reicht. kaufswert erhält der Kunde 5 Euro (1%) zurück. Aber nicht alle der Payback-Karte
angeschlossenen Partner vergüten auf gleichem Niveau. Bei der DEA muss der Kar-
tennutzer 2 Liter DEA Kraftstoff (4 Euro) tanken, um sich Hoffnung auf 2 Cent ma-
chen zu dürfen. Hier liegt der Bonussatz also bei 0,5%. Kaufhof, Sportarena und A-
pollo-Optik haben ihre Sätze von 2 bis 3 auf 1% zurückgenommen.Für eine ca. 20 cm
große Pfanne benötigt man bei Karstadt digits im Warenwert von 1490 Euro. (Zur In-
formation: www.payback.de)

Welche Schlussfolgerungen ergeben sich für das Marketing?


• Es entsteht ein Dienstleistungsbereich, der stärkere Kundenbindung durch Ra-
battvorteile und Cross-Selling zu erkaufen sucht.
"Payback • Der Kunde wird gläsern. In der Beitrittserklärung gibt er seine Zustimmung,
hilft uns, dass alle Partner und auch alle "in diesem Zusammenhang beauftragten Dienst-
mehr über
den Kunden leistungsunternehmen" die Personen- und Einkaufsdaten im Rahmen des Daten-
und sein schutzes für das Programm und zu Werbe- und Marktforschungszwecken (unter
Kaufverhal- Wahrung der Datenschutzgesetze) nutzen dürfen.
ten zu erfah- • Die Kundenbindung begründet sich augenscheinlich verstärkt auf monetäre Vor-
ren."1071
teile. Werbeslogan: "Auf jeden Fall sammle ich Punkte!"
• Jedoch: Die Karteninhaber gehen kein Commitment ein. Die Karte ist kostenlos.
Es gibt keine Exklusivverpflichtungen. Wenn neben Kaufhof auch Karstadt im
Rahmen der Kundenkarte einen Umsatzrabatt vergütet, dann ist es egal, wo der
Verbraucher kauft. Ein Kundenbindungsziel wird nicht erreicht.
• Für die Partner des Loyality-Konzeptes gibt es folgende Nachteile: Der durch
Käufe bei einem bestimmten Anbieter erhaltene "Treuebonus" fließt nicht auto-
matisch zu diesem zurück, und der Marktauftritt oder das Verhalten einzelner
Systemteilnehmer können das Image und die Glaubwürdigkeit aller gefährden.
• Die Anbieter müssen die Rückvergütungen und ihre Kosten für den Payback-
Dienstleister kalkulatorisch berücksichtigen. Was bedeutet das für die Vielzahl
der Käufer, die ihre Einkäufe ganz normal, ohne Karte, vornehmen? Sie sind im
Endeffekt "die Dummen".
Gut 50 Pro- Dem Verbraucher kann nur geraten werden, sich an den mit Geldvorteilen verbunde-
zent der Kun- nen Programmen zu beteiligen, dabei aber die Herausgabe privater Zusatzinformati-
den nennen
freiwillig
onen zu verweigern. Den Anbietern sei geraten, Abschied von Bindungsvisionen zu
Privatda- nehmen, wenn Leistungen (Rabattierungen) und Services geboten werden, die auch
ten.1072 bei Konkurrenten erhältlich sind. Man generiert nur Scheinbindung.

1070
bei der Miles&More-Karte der Lufthansa kann man sich jetzt z.B. bis zu 10.000 Meilen dazu
kaufen, um dann wiederum mit Hilfe einer Meilengutschrift bestimmte Produkte zu beziehen.
1071
Interviewaussage des Vorstandssprechers der Metro: Kaden, (Allein), in: MM, 3/2001, S. 84
1072
vgl. Bunk, (Rabattgesetz), in: ASW, 3/2001, S. 32
7. Kapitel: Die Kommunikationspolitik 487

7.12.4. Couponing
Für die Amerikaner ist die Nutzung von Coupons so selbstverständlich wie das Fah-
ren von Autos. 85,3% der Frauen und 68,8% der Männer in den USA setzen Coupons
regelmäßig ein."
(Coupon Trend Report 2000, zit. in Ploss; Berger, (Couponing), 2003, S. 31)

Im Gegensatz zu den Kartenvorteilen profitiert beim Couponing nur der Konsument,


der mitmacht: durch Schneiden, Falzen, Kleben und vor allem durch Einlösen der
Coupons. Im Jahr 2003 wurden in den USA 280 Mrd. Coupons distribuiert. Das
deutsche Verteilungsvolumen dürfte 2003 bei über 6,5 Mrd. Coupons liegen. Die
Einlösungsquote liegt jedoch deutlich niedriger, da sich erfahrungsgemäß nicht alle
Konsumenten der Mühe des Einlösevorgangs unterziehen.1073 Nach den Änderungen
von Rabattgesetz und Zugabeverordnung im EU-Rahmen wird das Couponing auch
in Deutschland einen Aufschwung nehmen.
"Couponing bezeichnet den geplanten und gezielten Einsatz von
Bezugsscheinen im Rahmen von Promotion-Aktivitäten eines Unternehmens
zur Absatzsteuerung."1074 Coupons sind moderne Rabattmarken.
Die Bezugsscheine berechtigen zu Preisnachlass, Kauf eines Produktes oder
zu einer Serviceleistung.

2001/2002 Abb.7-68 zeigt die Couponing-Prozesskette. Voraussetzung für den Couponing-


gab Aral im Prozess ist eine Clearing-Funktion: das Prüfen, Sammeln, Zählen und zeitgemäße
Rahmen einer
Promotionak- elektronische Abrechnen der eingelösten Coupons (Clearing-Spezialisten z.B.: NCH,
tion 60 Mio. Acardo AG). Coupons gibt es in folgenden Formen:
anonyme (1) Der Informations-Coupon berechtigt zum Bezug von Katalogen und Broschü-
Coupons aus.
Bis Ende
ren.
Oktober 2002 (2) Der Cash-Coupon bietet einen Bar-Rabatt. Es gibt ihn artikel-, mengen- und
wurden da- aktionsbezogen (Bsp. Aktions-Coupon: Kaufen Sie für 100 €, Sie sparen 20 €).
von rund 6,3 (3) Beim Instant-Benefit-Coupon wird ein Vorteil bei Einlösung, unabhängig vom
Mio. Dankes-
noten einge-
Kauf, gewährt. Beim Deffered-Benefit-Coupon zahlt der Käufer zunächst den
löst. Preis. Der Rabatt erfolgt über nachträgliche Gutschrift.
(4) Der Bundling-Coupon (Sampling-Coupon) gewährt eine Zugabe (BOGOF-
Coupon: Buy one, get one free).
(5) Der Pre-Sales-Coupon wird z.B. bei Produkt-Einführungskampagnen versandt.
(6) Der After-Sales-Coupon liegt einer Quittung bei und zielt auf Kundenbindung
Abb.7-68
DIE COUPONING-PROZESSKETTE

Markenartikel Distributor Akzeptor: i.d.R.


Einlöser: Kunde
hersteller (oft der Handel) der Handel

Personalisierte
Coupons

Individualisierung Analyse der


der Coupons Daten: Datamining

Clearing-Stelle

1073
während das Vorlegen der Payback-Karte an der Kasse wohl kein Akt darstellt.
488 Marktorientierte Unternehmensführung

bei Folgekäufen (Sparen Sie 10 Euro bei Ihrem nächsten Einkauf).


(7) Der Treue-Coupon: Treuepunkte sammeln und einreichen durch Folgekäufe.
(8) Mail-In-Coupons sind Treuepunkte zum Sammeln, die der Kunde einsenden
muss.

Distribuiert werden Coupons auf sechs Wegen: (1) durch Massenmedien (in Print-
medien, auf Beilagen), (2) im Rahmen von Direktmarketing-Kampagnen, (3) in
Kundenzeitschriften, (4) am POS durch den Handel, (5) mit dem Produkt fest ver-
bunden und (6) via Internet, spez. durch Coupon-Portale oder Internet-Newsletter.
Der Trend geht zum personalisierten Coupon, weil dort die Einlösungsquoten deut-
lich besser als beim anonymen Coupon liegen (deutlich über 10 Prozent).

Couponing bringt für die Kunden folgende Vorteile:


• sofort wirksame Preisersparnis beim Kauf,
• emotionaler Vorteil durch das Gefühl, bevorzugt zu werden,
• Prestigevorteil (man gehört zur clever einkaufenden Kundenschicht),
• Möglichkeiten des Zieleinkaufs bzw. des Zielsparens.
Auf der anderen Seite steht der Nutzen für den Handel:
• Abverkaufssteigerung und dadurch Steigerung der Flächenrentabilität,
• ohne Einbuße bei der Handelsspanne. Der Handel kann attraktive Preise bieten,
Einlösequo- ohne die Preise reduzieren zu müssen. Durch das Clearing wird der Coupon-
ten für Cou- Wert (der Face Value) von dem Anbieter erstattet.
pons in %: • Zudem Erstattung einer Handling-Pauschale. In den USA haben sich 0,08 US-
Beilagen: 0,3
Handzettel: $ pro Coupon eingebürgert. Die deutsche Tochter des US-Unternehmens Niel-
0,06 sen Clearing House (NCH) lancierte in den deutschen Markt eine Handlingpau-
Zeitung: 0,83 schale in Höhe von 0,08 Euro.1075 Diese dürfte über den Kosten eines elektroni-
POS: 26,7
Mailing: 13,4
schen Clearings liegen.
(Quelle: NCH • Chance auf Neukundengewinnung bei attraktiven Marken.
Promo View • Höhere Durchschnittspreise im Vergleich zu einer Preisaktion. Erfahrungsge-
2002) mäß lösen nicht alle Kunden ihre Coupons ein (bei Payback: 20%).
Die Interessen der Anbieter sind:
• gezielte Absatzförderung für bestimmte Produkte oder Produktgruppen,
• mehr Markttransparenz (Kundenwissen) durch personalisierte Coupons,
• Stärkung der Markenbindung (Coupons klingen nach),
• Preisstützung, da der Normalpreis nicht geändert wird (Coupon wird als Bonus
empfunden - Marke wird nicht "verramscht"),
• Vorteile durch Einbindung des Handels.
Auf der anderen Seite ist es der Industrie allerdings noch nicht gelungen, dass sich
der Handel an den Couponkosten beteiligt. So kostet ein Coupon mit einem Face
Value von 0,50 Euro der Industrie ca. 1,50 Euro.1076 Falls Distributoren eingeschaltet
sind (z.B. Tageszeitung), so können diese mit steigenden Anzeigenerlösen von Seiten
Hersteller und Handel und mit steigenden Auflagenzahlen rechnen. Hinsichtlich der
Steigerung der Zeitungsauflagen sind Zweifel angebracht.

Ein Trend geht zu Abverkaufsaktionen. Die Praxisbeispiele für Coupon-Promotions


sind beeindruckend. In Bild der Frau und in der Bild am Sonntag liegen im Jahr
2003 rund 750 Mio. Coupons bei. Die Spar AG legt ihren 1,3 Mio. wöchentlichen
1074
Ploss; Berger, (Couponing), 2003, S. 45. Die Quelle enthält auch die genannten statistischen Da-
ten.
1075
vgl. Ploss; Berger, (Couponing), 2003, S. 90-91
1076
vgl. Hassmann, (Kundenfang), in: salesBusiness, 10/2003, S. 17
7. Kapitel: Die Kommunikationspolitik 489

Handzetteln ca. 4 Coupons bei. Coupon-Portale (rabatt.de, coupon-web.de,


123coupons.de) erobern das Internet. Alle größeren Handelsunternehmen verfolgen
Couponing-Projekte. Furore machte z.B. die Coupon-Aktion von Procter&Gamble
mit 30 Mio. Coupons für 2 Mio. Haushalte. Procter&Gamble wartet auch mit der er-
folgreichsten Web-Aktion für Putz-, Wasch- und Reinigungsmittel auf: www.ariel.de
registriert pro Woche 50.000 Visits mit 5.000 Coupon-Abrufen.1077 Der Konsument
wird Jäger und Sammler. Doch fördern Coupons eher den Verkauf als dass sie Kun-
denbindung bewirken. Zum Zwecke der Kundenbindung spielt Couponing zuneh-
mend für die Kundenclubs eine wichtige Rolle.

7.12.5. Kundenclubs
Mehr Bindung durch Zugehörigkeit! Kundenclubs fördern die Gemeinschaftsgefühle
der Mitglieder. Wegen der sozialbezogenen und oft prestigeorientierten Kaufmotiva-
tionen gelten Clubs als "Königsweg der Kundenbindung".1078 Allerdings, ganz wie es
einem König gebührt, erfordern Kundenclubs die höchsten Investitionen aller Kun-
denbindungskonzepte.

Kundenclubs sind organisierte Einrichtungen für bestehende, meist gute


Kunden. Sie beruhen auf freiwilligen und i.d.R. kostenlosen Mitgliedschaften.
Es ist aber möglich, die Mitgliedschaften von bestimmten Abnahmemengen
bzw. Kaufhäufigkeiten abhängig zu machen. Kundenclubs sollen den
Mitgliedern ein Gefühl von Exklusivität und konkrete Mehrwerte vermitteln.
Kundenclubs sind u.U. mit versteckten Einkaufsverpflichtungen verbunden.
Das Ende von Rabattgesetz und Zugabeverordnung wird zu einem
Aufschwung der Clubprogramme führen.1079 Ihre wichtigsten Inhalte werden
dann Bonussysteme sein. Zielsetzung: Preisnachlässe ohne Margenerosion.
Die Gesamtheit der materiellen und immateriellen Vorteile der Mitglieder
bilden das Clubprogramm.

Kundenclubs können allen interessierten Kunden offenstehen (offene Clubs) oder


mit Aufnahmebedingungen verbunden sein (geschlossene Clubs). Die Mitglieds-
ausweise können über die reine Legitimationsfunktion hinaus auch die Kreditkarten-
funktion erfüllen. Im Kleingedruckten können sich Kaufverpflichtungen verbergen:
Der Club Bertelsmann wirbt im Direktmarketing u.a. mit den Vorteilen: kein Club-
Beitrag, Mitgliedschaft zum Testen nur 1 Jahr (statt 2 Jahre), 4 mal im Jahr den gro-
ßen Club-Katalog gratis und "Sie behalten nichts, was Ihnen nicht gefällt". Aber Ach-
tung: Im Kleingedruckten heißt es dann: "Viermal im Jahr erhalte ich gratis den Ka-
talog mit exklusiven Angeboten ..., aus dem ich jeweils einen Artikel kaufe, unabhän-
gig von Artikel und Preis. Sollte ich mich bis zum im Katalog angegebenen Termin
einmal nicht für einen Artikel entscheiden, erhalte ich den aktuellen Club-Vorschlag
automatisch nach Hause." Gefällt dem Club-Mitglied das "Zwangsbuch" nicht, dann
bleibt lediglich ein Umtauschrecht: "Wenn Ihnen Ihre Bestellungen nicht zusagen,
bieten wir Ihnen die 14 Tage Umtauschgarantie."

Die praxisfremde deutsche Gesetzgebung hat es lange nicht zugelassen, dass Sonder-
preise nur Club-Mitgliedern zugute kommen. Deshalb entwickelten deutsche Unter-
nehmen Programme, die überwiegend nicht-monetäre Vorteile bringen. In den
USA dagegen bieten die Clubs vor allem "harte", d.h. finanzielle Vorteile (z.B. 15
Prozent Preisnachlass auf einen regulären Verkaufspreis). Das Ende von Rabattge-
setz und Zugabeverordnung bewegt auch deutsche Clubprogramme in diese Rich-
tung. Mit Hilfe der Kundenqualifizierung wird es möglich, kalkulierbare Rabatte an

1077
vgl. die Meldung in salesBusiness 5/2003, S. 32
1078
Kreutzer, (Learning), in: Direkt Marketing, 10/2004, S. 31
1079
vgl. Bunk, (Rabattgesetz), in: ASW, 3/2001, S. 32-38
490 Marktorientierte Unternehmensführung

bestimmte Kundengruppen zu gewähren (z.B. an Vielkäufer, Stammkunden), ohne


die Marge für das Mengengeschäft zu gefährden. Jedenfalls so lange, wie die mate-
riellen Vorteile nur Clubmitgliedern vorbehalten bleiben. Das fordert vom Handel
strenge Verhandlungsdisziplin am POS (was eigentlich bezweifelt werden darf). Ein
sehr treffendes Beispiel für ein Clubprogramm mit einem ausgewogenen Mix von
materiellen und immateriellen Vorteilsleistungen gibt der Volkswagen Club ab. 93
Prozent der 2.800 Volkswagenhändler sind ihm angeschlossen.1080

Kreutzer und Holland unterscheiden nach Abb.7-69 anhand ausgewählter Merkmale


die folgenden Kundenclubs:1081
Abb.7-69
TYPOLOGIE DER KUNDENCLUBS
Club Marketingziel Zielgruppe Leistungen / Merkmale

VIP-Club • Gute Stamm-


• Club Best Hotels kunden, qualifi- • Exklusivität (insbes. auch bei
• Feste Bindung umsatz-
• Airport-Club-Frankfurt ziert nach Um- Zusatz- und Serviceleistungen)
starker Zielgruppen und
• Forum Gelb satzhöhe oder • Geldwerte oder ideelle Vorteile
VIP´s
• Jaguar Finest Club Kundendauer • Prestige-Mehrwerte
• Travelclub • Meinungsführer
Fan-Club
• Bayern München • Stützung und Verbes-
• Meetings, Veranstaltungen
• Barbie Fan-Club serung des Marken-
• Alle Kunden • Einladungen
• RTL-Club images
• Loyale Stamm- • Präsente, Überraschungen
• Pro 7 Club • Markenpflege
kunden • Fanclubpost
• DAB Club • Produktvorteile durch
• Sonderangebote
• Erdinger Weißbier Club Club initiieren
• Harley Owners Group
• Bindung und Schaffung
Product-Interest-Club von Heavy Usern, • Dialog über produktbezogene
• Pampers Eltern Service Stammkunden Themen
• Gesamtes Kun-
• Volkswagen Club • Abbau von Akzeptanz- • Hot-Line
denpotenzial
• Maggi Kochstudio schwellen bei erklä- • Clubzeitschrift und Newsletter
• Auch Nicht-
• Dr. Oetker Back-Club rungsbedürftigen Pro- • Günstige Sonderangebote
Kunden
• IBM Help Club dukten • Exklusive Vorinfos über Neu-
• Microsoft Club • Entwicklung erfahrender heiten
Kunden (Power-User)
• Effektivere Kundenbin-
Kundenvorteils-Club dung und –findung • Liefer-, Bestellservice
• IKEA-Family • Mehr Kundennähe • Prämien, Bonussystem
• Payback • Verbesserter Kunden- • Alle Kunden • Exklusive Sonderangebote
• Happy Digits dialog • Travel- und Entertainment-
• Tengelmann-Club • Steigerung von Kauffre- Leistungen
quenzen
Lifestyle-Club • Bindung und Gewinnung
• Kundensegmen- • Besondere Serviceleistungen
von Kunden mit genau
• Davidoff-Club te mit spezifi- • Prestigebringende Produkte
auf diese Gruppen zuge-
• R6-Club schem Lebens- • Exklusive Travel- und Enter-
schnittenen Service-
• Ferrari Club stil tainment Leistungen
leistungen
(Quelle: Holland, (Direktmarketing), 2004, S. 275; Kreutzer, (Erfolgsfaktor), 2004, S. 29)

Kundenclubs operieren im Verbund mit Kundenkarten. So schaffen sie eine beson-


ders hohe Transparenz im Marktgeschehen. Der Nutzen derartiger Bindungspro-
gramme darf aber nicht isoliert gesehen werden. Kundenbindung ergibt sich erst im
Verbund mit anderen Marketingmix-Instrumenten.1082 Nach unserer Meinung ent-
steht die Hauptbindung durch Mitmachen. Hier liegen noch große Chancen für die
Unternehmenspublikationen. Dies ist der Bereich des Corporate Publishing.

1080
vgl. die interessante Darstellung der Clubvorteile bei Walka, (Rundum-Service), in; Service To-
day, 1/2001, S. 10-13
1081
vgl. Kreutzer, (Erfolgsfaktor), 2004, S. 29; Holland, (Direktmarketing), 2004, S. 275
1082
vgl. Homburg; Werner, (Kundenorientierung), 1998, S. 160
7. Kapitel: Die Kommunikationspolitik 491

7.12.6. Corporate Publishing (CP) - Kundenmedien


"Kundenmedien werden in Zeiten des One-to-one-Marketings zu einem zentralen Ma-
nagement-Werkzeug für Kundenbindung, Markenbildung und Neukundengeschäft.
Über 3500 Magazine und ein boomender Corporate Publishing Markt demonstrieren
die wachsende Bedeutuung dieser Mediengattung."
(Manfred Hasenbeck - Präsident des Forums Corporate Publishing (FCP))

1614: Die
erste Kun-
Aufgabe des Corporate Publishing ist die Erstellung und Distribution von
denzeitung, Unternehmensveröffentlichungen (CP) (z.B. Kundenzeitschriften, Magazine,
wurde durch Newsletter). Diese werden von Herstellern, Handels- und Dienstleistungsunter-
die Fugger nehmen sowie von staatlichen Institutionen regelmäßig und i.d.R. kostenlos an
per reisen-
dem Boten Interessenten und Kunden verschickt.
an Königs- Neben den Kundenmedien stehen Mitarbeiter- und Partnermedien.
und Han- Ein unregelmäßg erscheinendes Kundenmagazin kann aber nur ein Appetit-
delshäuser anreger sein (Appetizer). Das Kundenmagazin sollte im Mittelpunkt eines
auf den Weg
gebracht. integrierten Kommunikationskonzeptes (gemäß CRC) stehen und dann mit
Newsletter und E-Mail-Marketing zusammenwirken.
Abb.7-70 Über 3.500 Kunden-, Händler- und
Mitarbeitermagazine mit einer Auf-
lage von 400 Mio. Exemplaren pro Kunden-
Händler-
Erscheinungsintervall sprechen für zeitschriften
zeitschriften
sich. Der Trend zum Kundendialog Mitarbeiter-
magazine
beflügelt das CP. Kundenmagazine Newsletter,
eMailings
sind ganz nahe beim Kunden. Sie
besitzen die "Lizenz zum Kontak- Messe- CONTENT-
PLATTFORM Presse-Infos
ten". Sie werden zunehmend als berichte
Teil der Öffentlichkeitsarbeit einer
Unternehmung geschätzt und auch
Firmen-
verstärkt in Mediapläne einbezo- broschüren
Investor-
Relations
gen. Abb.7-70 zeigt das Spektrum Geschäfts-
der Unternehmenspublikationen, berichte
deren Inhalte von einer Content-
Plattform gespeist werden.
Response- Kundenmedien haben folgende Aufgaben und Funktionen:
elemente: (1) Positive Berichterstattung über die eigene Unternehmung,
Gewinnspie-
le, Antwort-
(2) zielgruppengerechte Information über neue Produkte und Angebote,
karten, Cou- (3) "Vermenschlichung" des Anbieters (Smiling-Faces-Effekt) und dadurch Inten-
pons, Hotli- sivierung guter Kundenbeziehungen,
ne, Fax- (4) Responsegenerierung durch Responseelemente,
dienste,
Leserbrief, (5) dadurch Aufbau von Wissen über Bedürfnisse und Wünsche der Kunden,
Leserbefra- (6) Motivation für die eigenen Mitarbeiter (Kundenzeitschriften sind bedeuten-
gung, Be- de Instrumente für das interne Marketing) oder Vertriebspartner (Händler),
stellmög- (7) Unterhaltung und Lernen - oft bewusst außerhalb der Unternehmensthemen,
lichkeit,
Mitmach- (8) Erhöhung der Kaufanreize,
Aktion, (9) Stärkung der Kundenzufriedenheit
Dialog mit (10) und zusammen genommen Stärkung der Kundenbindung (Loyalität).
einem VIP,
Call-Back- In Bezug auf das Ziel der Kundenbindungsstärkung könnte man skeptisch sein. Denn
Button.
welche Bindungskraft hat wohl die vierte Zeitschrift, die ein Konsument in dieser
Woche im Briefkasten vorfindet? Eine Pilotuntersuchung des Instituts für Demosko-
492 Marktorientierte Unternehmensführung

Abb.7-71 pie Allensbach lässt jedoch aufhor-


chen:1083 CHECKLISTE FÜR EINE
ERFOLGREICHE KUNDENZEITSCHRIFT
• 80 Prozent der Bevölkerung über
Die Kundenzeitschrift ist auf die Zielgruppe, nicht
14 Jahre kennen eine oder mehre- auf die Wünsche der Geschäftsführung auszu-
re Kundenzeitschriften und lesen richten.
Es darf nicht am falschen Ende gespart werden.
sie auch; allerdings unregelmäßig, Die Aufmachung darf nicht billig wirken.
• etwa jeder Dritte kennt Titel, de- Die Aufmachung muss aber den Bedürfnissen
und Lesegewohnheiten der Zielgruppe entspre-
ren Lektüre er sehr unterhaltsam chen.
findet, Gut recherchierte Beiträge, leichtgängig ge-
schrieben!
• fast jeder Dritte kann sich daran
Tipps und Ideen, die schnell umsetzbar sind!
erinnern, durch eine Kundenzeit-
schrift schon einmal zu einem Bilder sagen mehr als Worte!
Kauf angeregt worden zu sein. Die Zeitschrift darf nicht wie eine Werbeschrift
wirken. Auch neutrale Beiträge!
Mitarbeiter des Unternehmens mit Bild und Fach-
Abb.7-71 enthält Vorschläge zur Ge- gebiet vorstellen!
staltung eines erfolgreichen Kunden- Zeitschrift durch Aktionen beleben, z.B. Preisaus-
schreiben.
magazins. Selbstverständlich entschei- Interaktiven Charakter schaffen; Responsekarte,
den Aufmachung und journalistische Hotline, Mailadresse für Rückmeldungen!
Qualität darüber, wie eine Zeitschrift im Markt angenommen und ob sie gelesen
wird. Doch bedarf es heute mehr als Reiseberichte und bunte Bildchen, damit sich
ein Magazin in den Köpfen der Kunden durchsetzt. Es gilt, Beziehungsbotschaften
an wichtige Zielgruppen zu transportieren und diese ein Kundenleben lang zu beglei-
ten. Dazu darf ein Kundenmagazin nicht das Dasein einer Marketing-Insellösung, im
schlimmsten Fall noch als Hobby des Verkaufsleiters, fristen. Die integrierte
Kommunikation verlangt, die Inhalte und Botschaften aller Medien der Abb.7-69
und aller Marketing- und Vertriebsinstrumente aufeinander abzustimmen.1084

"Bringen Sie Diese Forderungen führen zum Ansatz der Customer Relationship Communicati-
Ihr Corpora- on (CRC), der in Abschnitt 7.13.1. weiter vertieft wird. Kurz gesagt: Eine Kunden-
te Publis-
hing mit den zeitungskonzeption sollte in eine CRM-Strategie eingebettet sein. Kundenmedien
Kundenbin- sollten mit Responseelementen ausgestattet und durch Online-Medien wie News-
dungspro- letter und Websites flankiert werden. Die mittels CRC gewonnenen Daten fließen
grammen zurück in die Kundendatenbank und erlauben wieder neue, zielgerichtete Dialogakti-
und dem
Absatzmar- onen (Closed Loop).1085 Das Corporate Publishing wird zum aktiven Element für die
keting zu- Kundensuche und -bindung. Kundenmedien erfüllen dann in idealer Weise die Auf-
sammen. Es gaben des Dialogmarketing:
lohnt sich."
(Armin
(1) den Kunden zu Reaktionen (Responses) aktivieren,
Cremerius; (2) dadurch Kundenwissen generieren,
CRC-Preis- (3) daraus vom Kunden lernen, d.h. Kaufprofile ableiten,
gewinner (4) um Ansprachen und Angebote zu individualisieren
Microsoft
Kundenma-
(5) und so verstärkt Kaufanreize zu bieten.
gazin, zit. (6) Es geht um Kundenbindung durch Mitmachen (Aktivierung der Kunden).
aus acquisa
5/2003, S. Seit 2003 tut sich die Fachwelt zu einer Award-Verleihung zusammen: dem BCP
37)
(Best of Corporate Publishing). In 26 Kategorien werden aus über 500 Meldungen
die Sieger bestimmt. Das BMW Magazin, McK Wissen von McKinsey oder HVB Va-
lues von der HypoVereinsbank erhielten zahlreiche Auszeichnungen. Mit dem CRC-
Award wurden u.a. die Kundenmagazine von Microsoft, for me von P&G, Südseiten
der Börse München und 2006 die Bleibgesund-Familie der AOK ausgezeichnet.
1083
Quelle: ARMADA Pilotstudie 1999/2000, Institut für Demoskopie Allensbach; zit. in: o.V.,
(Kundenzeitschriften), in: PM-Beratungsbrief v. 13.1.2001, S. 1
1084
vgl. zur integrierten Kommunikation Bruhn, (Kommunikationspolitik), 2003, S. 75-98
1085
Campillo, (Dialogdirigenten), in: acquisa, 5/2003, S. 34
7. Kapitel: Die Kommunikationspolitik 493

7.12.7. Werbegeschenke
Fakten des Mehr als 3,1 Mrd. Euro werden in Deutschland jährlich für Werbegeschenke ausge-
Gesamtver- geben; d.h. jeder zehnte Werbe-Euro. Hinter den Printmedien und der Fernsehwer-
bandes der
Werbearti-
bung nehmen Werbemittel damit den dritten Rangplatz innerhalb der Werbeausgaben
kel-Wirt- ein. Geschenkaktionen, z.B. um die Weihnachtszeit, verursachen immer wieder Hek-
schaft tik im Vertrieb und stellen die Idee der Kundengeschenke in Frage. Besser an ge-
(GWW): meinnützige Organisationen spenden? Dabei gilt die Erinnerungskraft von Werbege-
42% aller
Unterneh- schenken als erwiesen. Untersuchungen der Universität Bochum und TCP-
men ver- Marktforschung auf der IAA und auf einem „Bankentag“ ergaben: 98% der IAA-
schenken Besucher und 78% der Bankkunden konnten sich zwei Monate später noch an die
Werbearti- Geschenke (Give-aways) erinnern.
kel. 33%
aller Artikel
werden für Die Spannweite möglicher Geschenkideen ist groß. Auf der einen Seite stehen Wer-
wichtige beartikel mit hohem Kontakt- aber nur geringem Erinnerungswert (Kugelschreiber,
Kunden
sonder-
Zündhölzer, Kalender). Auf der anderen Seite stehen „erlesene Produkte für ausge-
gefertigt. wählte Zielgruppen“, die Kultcharakter annehmen (z.B. die Microsoft Kaffeetas-
se).1086 Gesucht wird der "nutzbare Artikel mit Charisma."1087 Zuweilen verzichten
Firmen auf Weihnachtsgeschenke und stiften stattdessen einen größeren Betrag für
gemeinnützige Zwecke. Nicht alle Einkäufer, die früher alljährlich in den Genuss
von Weinflaschen und persönlichen Präsenten kamen, sind davon begeistert.

Gegen Werbegeschenke werden oft Vorbehalte ins Feld geführt:1088


• Die Kunden fühlen sich verpflichtet oder in ihrer Privatsphäre bedrängt.
• Sie werten ein Geschenk als Bestechungsversuch.
• Gefährlich sind Geschenke, wenn interkulturelle Spielregeln verletzt werden
(Bsp.: Schweinefleisch an Moslems verschenken).
• Ein Problem sind Gewöhnungseffekte bei den Kunden oder ein
• Anspruchswettlauf (Jedes Jahr erwartet der Kunde ein wenig mehr).
• Oft führen Ungleichbehandlungen zu Ressentiments. Schenkt man dem Abtei-
lungsleiter mehr, fühlen sich dessen Mitarbeiter zurückgesetzt.
• Überflüssige Werbegeschenke sind lästig (der Kalender-Müllberg).
• Werbegeschenke können eine Kostenspirale auslösen.

Insgesamt aber überwiegen aber die Vorteile der Geschenke:


• Für den Kunden bedeuten sie eine nette Geste.
• Sie entkrampfen Beziehungen,
• bringen eine spielerische Note in den Alltag und
• können Anregungen bieten (z.B. Software-Geschenke eines Computerhauses).
• Sie drücken eine besondere Wertschätzung für den Kunden aus,
• stimmen Gate-Keeper (z.B. die Sekretärin) positiv,
• bieten dem Außendienst immer einen Anlass für einen Kontakt,
• sind als Vorinvestitionen für zukünftige Geschäfte zu verstehen.
• Sie üben Werbeeffekte aus und stärken
• die Kundenbindung (Motto: Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft).

Werbegeschenke (Weihnachtsgeschenke) sind die Visitenkarte einer Firma und


daher als Marketinginstrument systematisch zu planen. Über Werbegeschenke sollte
nicht hektisch von Jahr zu Jahr entschieden werden. Sinnvoll sind Geschenke, die im

1086
vgl. die Geschenkauswahl bei Penning-Lother, (Ideen), 1998, S. 24-27
1087
eine Aussage des Bundesverbandes der Werbemittel-Berater: o.V., (Werbeartikelbranche), in:
Landshuter Zeitung v. 11.1.2001, o.S.
1088
vgl. Belz u.a., (Geschäftsbeziehungen), 1998, S. 101-104
494 Marktorientierte Unternehmensführung

Rahmen eines Programmes gleich mehrere Jahre abdecken. Anonyme Firmenkarten


sind zu vermeiden! Alle Weihnachtskarten sollten mit persönlicher Unterschrift und
mit einem Motto für das kommende Jahr versehen werden.

7.12.8. Kauffinanzierung – Absatzkredite


Nur auf den ersten Blick erscheinen finanzielle Unterstützungen für Konsumenten
oder Industriekunden als Instrumente der Preispolitik. Sie dienen zur unmittelbaren
Verkaufsförderung und zur harten Kundenbindung. Durch schnelle Kreditverga-
be und günstige Konditionen (z.B. Autofinanzierung zu 1,9% Jahreszins; bei Möbeln
sehr oft 0%-Finanzierung) verfolgt der Anbieter folgende Ziele:
(1) Trotz fehlender finanzieller Mittel soll der Kunde seinen Kauf bereits heute
tätigen. Er wird dann nicht auf ein preiswerteres Konkurrenzprodukt ausweichen.
(2) Dabei soll der Kunde nicht zu seiner Hausbank gehen, sondern durch den Kredit
an den Lieferanten bzw. an ein dem Lieferanten nahestehendes Finanzierungsin-
stitut (z.B. Fiat-Kreditbank) gebunden werden.
(3) Der Hersteller erhält tiefen Einblick in die finanzielle Situation des Kunden.
(4) Dadurch werden Cross-Selling-Möglichkeiten geschaffen.
(5) Der Hersteller erhält eine Informationsgrundlage, um den Kunden über den
"Kredit-Lebenszyklus" individuell zu betreuen und rechtzeitig ein Folgebedarfs-
angebot vorzulegen.

Diese Zielsetzungen bringen den Verkaufsförderungscharakter der Absatzfinanzie-


rung gut zum Ausdruck. In BtoB sind Instrumente wie Lieferantenkredite, Factoring
oder Leasing gängig. Im Konsumentengeschäft dominieren Teilzahlungskredite als
• direkte Kundenfinanzierung (A-Geschäfte) ohne Verkäufer-Mithaftung, bei der
der Kunde auf Vermittlung des Lieferanten direkt bei dem Finanzierungsinstitut
seinen Kredit beantragt,
• indirekte Kundenfinanzierung (B-Geschäfte), bei der der Lieferant im Rahmen
von Kreditkontingenten über Restkaufsummen-Beträge verfügen kann und in
eine Mithaftung für einen Teilzahlungskredit tritt,
• indirekte Kundenfinanzierung (C-Geschäfte), in gleicher Form, aber auf Wech-
selbasis, was zu günstigeren Kreditkosten führt. 1089

Große Versandhäuser, Handelskonzerne und Automobilhersteller unterhalten eigene


Teilzahlungsinstitute. Besonders im Autogeschäft ist der Ratenkredit eine Alltäglich-
keit. Die oftmals verlockend niedrigen Zinsen dürfen nicht täuschen: Nimmt ein
Kunde die Teilzahlungsmöglichkeit in Anspruch, dann sind seine Verhandlungsmög-
lichkeiten hinsichtlich Rabattgewährung (z.B. im Autogeschäft bis zu 20%) stark
eingeschränkt bzw. verwehrt. Bei voller Rabattgewährung kann sich für den Käufer
dann schon eine Kreditanfrage bei der eigenen Hausbank lohnen.

7.13. Die optimale Kombination


der Kommunikationsinstrumente
7.13.1. Crossmediale und integrierte Kommunikation (CRC)
"Die crossmediale Kompetenz eines Unternehmens zeigt sich darin, die Dialogmarke-
ting-Instrumente so zu kombinieren, dass der Kunde an jedem Ort und zum gewünsch-
ten Zeitpunkt die maßgeschneiderte Unternehmens-, Produkt- oder Markenbotschaft
erhält - ob am PC, am Telefon, in der Zeitung, im Briefkasten, im Fernsehen, zu Hau-
se, am Arbeitsplatz oder unterwegs." (Bernd Kracke, früherer DDV-Präsident,
(Crossmedia), in: Marketingjournal, 2/2002, S.39)
1089
vgl. zu den Instrumenten der Absatzfinanzierung z.B. Weis, (Marketing), 2004, S. 367-376
7. Kapitel: Die Kommunikationspolitik 495

Wie können die einzelnen Kommunikationsinstrumente geschickt kombiniert und zu


einer Werbung und einem Kundendialog aus einem Guss verschmolzen werden?
Hier greift der Begriff der integrierten Kommunikation.
Gute Bei- „Integrierte Kommunikation ist ein Prozess der Analyse, Planung, Durch-
spiele für
integrierte führung und Kontrolle, der darauf ausgerichtet ist, aus den differenzierten
mediale Quellen der internen und externen Kommunikation von Unternehmen eine
Konzepte: Einheit herzustellen, um ein für die Zielgruppen der Kommunikation
Kellog´s
(www.kellog
konsistentes Erscheinungsbild des Unternehmens bzw. eines Bezugsobjektes des
s-pops.de), Unternehmens zu vermitteln.“1090
Procter& Customer Relationship Communication (CRC) bringt den Marketingaspekt
Gamble, der integrierten Kommunikation in eine CRM-Strategie ein. Nur koordiniert re-
Volvo
(www.con-
alisieren Vertrieb und Marketing ein integriertes Kundenmanagement.
cept-lab-
volvo.com) Bereits bei der Beschreibung der Kundenzeitschrift wurde die Wichtigkeit herausge-
(vgl. Spies, stellt, Kundenmedien durch Response-Elemente anzureichern und die Botschaften
(Kunden),
in: acquisa
von Printwerbung, Direktmarketing und Vertrieb kundennutzen-orientiert aufeinan-
9/2001, S. 9- der abzustimmen. Das Corporate Publishing (s. Abschnitt. 7.12.6.) bietet sich als
12). praktische Drehscheibe für die integrierte Kommunikation an. Dies führt zur kom-
munikativen Säule von CRM; sprich Customer Relationship Communication
(CRC) (s. zur Begriffserklärung Abschnitt 7.2.3.e.). CRC bringt die Kommunikati-
onspolitik in eine CRM-Konzeption ein. Vertrieb und Marketing werden vernetzt.
CRC kombiniert hierzu drei bewährte Konzepte des Marketing:
(1) Das Relationship Marketing: Im Mittelpunkt und strategisch den Produktbot-
schaften übergeordnet, sind Beziehungsbotschaften zu kreieren. Frage: Welche
Beziehungen möchte ich zu welchen Kundengruppen aufbauen; und wie kann ich
meine Kunden prioritätengerecht mit Sachinformationen und emotional über den
Kunden-Lebenszyklus (Geschäftszyklus) hinweg begleiten?
(2) Das Permission Marketing: Der Kunde sollte die ihn treffenden Kommunikati-
onsbotschaften und -wege bestimmen dürfen. Er gibt seine Erlaubnis für die Art
und die Intensität der auf ihn gerichteteten Marketingmaßnahmen. Mitgestaltende
Kunden sind loyal-gebundene Kunden. Und - ohne dass die Kunden das merken -
Abb.7-72

1090
Bruhn, (Unternehmenskommunikation), 2006, S. 17
496 Marktorientierte Unternehmensführung

helfen sie mit, das Marketing des Anbieters zielgruppengerecht zu optimieren.


(3) Crossmedialität: Eine Beschränkung auf ein einzelnes und unregelmäßig er-
scheinendes Medium wie die Kundenzeitschrift ist nicht mehr zeitgemäß. News-
letter und andere Medien mit höherer Kontaktfrequenz sind ergänzend einzubin-
den.1091
Es ist Aufgabe aller an einer CRC-Kommunikation beteiligten Medienpartner, die
gewonnenen Kundendaten in eine zentrale Kundendatenbank einzuspeisen. CRC
benötigt also eine integrierte IT-Kommunikationsplattform. Ein medialer Closed
Loop muss dann dafür sorgen, dass Responsedaten stets aktuell ausgewertet werden
(vom Kunden lernen) und neue Kampagnen und Dialoge personalisiert und individu-
alisiert angestossen werden. Abb.7-72 verdeutlicht diesen Vorschlag zur optimalen
Abstimmung des Kommunikations-Mix - mit dem Corporate Publishing als zentra-
lem Träger.

Dies ist der Weg der integrierten Kommunikation, der durch intensive Zielgrup-
pen- und Aktionsabstimmung mit den operativen Bereichen (Vertrieb) zum wirklich
integrierten Kundenmanagement führt. Die größten Hindernisse auf dem Weg
dorthin sind unternehmenspolitischer Natur. Noch sind nur wenige CP-Agenturen
(WDV, BurdaYukom Publishing, ABW, abbé marketing ) interessiert und in der Lage,
die notwendige Beratungskompetenz einzubringen und mit anderen Marketing-
Dienstleistern (vor allem mit den Lead-Agenturen) zu kooperieren.

7.13.2. Kommunikations-Mix nach dem Value-Spectrum Modell


Thedens verteilt Kommunikationsinstrumente in einer Matrix nach einem Grad der
Kundenbindung und nach Kundenwerten. Abb.7-73 zeigt sein Value-Spectrum Port-
folio. 1092 Das Value-Spectrum-Modell beruht auf folgenden Überlegungen:
(1) Die Eignung eines Kommunikationsinstrumentes hängt zum einen von dem Grad
der Kundenbindung (Loyality) ab. Je höher eine Kundenbindung ist, desto eher
sind individuellere, aber auch kostspieligere Werbemaßnahmen anzuraten.
(2) Zum anderen hängt die Eignung eines Kommunikationsinstrumentes vom Kun-
denwert ab (Für wieviel Umsatz ist der Kunde gut?). Je mehr Umsatz- oder Er-
gebnisvolumen ein Kunde repräsentiert, desto eher sind kundenindividuelle und
damit tendenziell kostspieligere Werbemaßnahmen gerechtfertigt.
Abb.7-73 K O M M U NIK A T IO N S IN S T R U M E NT E IM V A L UE - S P E CT RU M -M O D E LL
hoch

V IP - S erv ic e
K un de nk ar te n
T e lefo n

M a ilin gs P r osp ek te
K U N DE N W ER T

K atal oge
S p ec ial O ffe rs
TV
B eil age n

F ir m e nz eits ch r. F unk
k la ss.V K F P r intm ed ien
nie dri g

S po nso rin g

h oc h KU N DE N B IND U NG ni edr ig

1091
vgl. Kracke, (Crossmedia-Strategien), Wiesbaden 2001
1092
vgl. hierzu Thedens, (Integrierte Kommunikation), 1991, S. 28
7. Kapitel: Die Kommunikationspolitik 497

Als Extreme stehen sich gegenüber: Auf der einen Seite das Sponsoring, bei dem
Interessenten oder Kunden kaum in ein Bindungsverhältnis gebracht werden können,
und auf der anderen Seite der VIP-Service als höchste Stufe einer bindenden Kun-
denansprache. Wegen der hohen Kosten ist der VIP-Service nur für ausgesuchte,
wichtige Kunden ratsam. Drei Vorteile kann der Ansatz von Thedens bringen:
(1) Umverteilung der Kommunikationsbudgets nach Dauerwerten der Kunden,
(2) mehr Relevanz in den Botschaften durch Kunden-Zielsegmente,
(3) aufgabengerechte Koordination der Kommunikationsinstrumente.

7.13.3. Branchentypischer Best Practice Kommunikations-Mix


Prof. Homburg und Partner haben den Einsatz unterschiedlicher Kommunikationsin-
strumente in der im Wandel befindlichen Branche der Stromversorger (EVU) unter-
sucht.1093 Bewertet wurde nach der Einsatzhäufigkeit der Werbemittel bzw. Kommu-
nikationsinstrumente und nach deren Wichtigkeiten. Abb.7-74 zeigt ein Befund der
Studie. Alle Instrumente liegen unterhalb der Diagonalen. Das unangefochten füh-
rende Instrument ist traditionell die Massenwerbung in Printmedien. Die schwache
Position der TV-Werbung überrascht. Leider ist das Corporate Publishing nicht be-
rücksichtigt. Denn die Kundenzeitung ist ein beliebtes Medium der Stromversorger.
Letztlich ist dem Werbetreibenden jeder Kommunikations-Mix recht, der die Marke
stärkt.
Abb.7-74

Einsatzbeurteilung der Kommunikationsinstrumente

hoch

Printmedien-
Werbung
Wichtigkeit der Instrumente

Direct Maillings
Kultursponsoring
Call-Center
Sportsponsoring
Maillings
Umweltsponsoring Beschwerde-
management
Sozial-Sponsoring
Kundenforen

Radiowerbung

TV-Werbung

niedrig
0 50 100

Einsatzhäufigkeit in %
(Quelle: Prof. Homburg & Partner, 2002, S. 12; Grafik Robert Hahn)

1093
vgl. Prof. Homburg & Partner, (Energiemarkt), www.homburg-und-
partner.de/knowhow/evu_pk180202.pdf
498 Marktorientierte Unternehmensführung

7.14. Markenpolitik (Branding)


7.14.1. Marke und Markenfaszination
Eine Marke ist: "the Consumer´s idea of a product" (Ogilvy)

Beim deut- "Ein Unternehmen muss zunächst eine grundsätzliche Entscheidung darüber treffen,
schen Pa- ob es ein Produkt anonym anbieten oder als Markenartikel führen will".1094 Das klas-
tentamt in
München sische Marketing ist auf die Konsumgüter fokussiert. Demzufolge werden die Belan-
waren Ende ge einer Marke hauptsächlich auf den klassischen Markenartikel der Konsum- bzw.
2005 Gebrauchsgüterindustrie bezogen. Mit dem Phänomen Marke und der Markenfaszi-
731.039 nation haben sich aber heute alle Wirtschaftsbereiche auseinanderzusetzen. Nie-
nationale
Marken mand, der im Wettbewerb steht, will noch seinem Produkt eine anonyme Maske ver-
registriert. leihen. Deshalb möchten wir lieber Pepels folgen, der ausführt:
Ihr Umsatz "Ohne Markenartikel gibt es kein Marketing, man kann sogar sagen: Marketing heißt,
2005 lt. Marken machen. Zentrales Anliegen der Markenstrategie ist es, aus einem mehr oder
McKinsey: minder austauschbaren Angebot eine Marke zu formen."1095
361 Mrd.
Euro.
In diesem Sinne lässt das Markengesetz die "Markierung" eines Gutes in alle Rich-
tungen zu. Eine Marke ist in unserer Gesellschaft etwas Schützenswertes. Die Marke
stellt ein Bekenntnis der Wirtschaft zum freien Wettbewerb dar.
Nach neuem
Recht reicht Rechtliche, merkmalsorientierte Definition der Marke: Hiernach können
für eine als Marken "alle Zeichen, insbesondere Wörter einschließlich Personennamen,
Markenan- Abbildungen, Buchstaben, Zahlen, Hörzeichen, dreidimensionale Gestal-
meldung tungen einschließlich der Form einer Ware oder ihrer Verpackung sowie
bereits eine
nur geringe sonstiger Aufmachungen einschließlich Farben und Farbzusammenstellungen
Unterschei- geschützt werden, die geeignet sind, Waren oder Dienstleistungen eines
dungskraft Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden." (§3
aus.
Abs. 1 Markengesetz (MarkenG)).
Nach der wirkungsorientierten Definition sind Marken "Vorstellungsbilder
in den Köpfen der Konsumenten (Kunden!), die eine Identifikations- und
Differenzierungsfunktion übernehmen und das Wahlverhalten prägen."1096
Der funktionsorientierte Ansatz definiert Marken über die Möglichkeit, sich
von Konkurrenzangeboten zu unterscheiden und dadurch von den Käufern als
besonders (einzigartig) wahrgenommen zu werden (Produktpositionierung!).
Wichtigste Claims einer Marke sind: (1) Persönlichkeit (Markenidentität),
(2) Anspruch auf gleichbleibende Qualität und (3) auf ein konstantes Preis-/-
Leistungsverhältnis, (4) Kontinuität im werblichen Auftritt und (5) eine ver-
triebliche Präsenz (Ubiquität) in zielgruppenadäquaten Vertriebskanälen.
Zur Markenführung (Markenpolitik) gehören alle Instrumente und Maß-
nahmen, um Markenbilder zu schaffen (zu profilieren), im Zeitablauf zu
sichern und zu stärken und ggf. aufzufrischen (Marken-Relaunch). Dazu
stellen sich alle Instrumente des Marketing-Mix in den Dienst der Marke.

Welchen Platz nimmt die Markenpolitik im Marketing-Mix ein? Es wäre durchaus


angemessen, der "umgreifenden" Markenpolitik ein eigenes Kapitel neben den vier
klassischen Marketinginstrumenten zu widmen. Doch die Markenpolitik ist nicht
isoliert zu sehen. Produktgestaltung, Preissetzung und Verkauf schaffen eine Mar-
kenbasis. Das entscheidende Aufwerten eines Gutes in die Sphäre einer Marke ist
dann ein Erfolg von werblichen Botschaften. Branding ist die "edelste" Aufgabe von
1094
Scharf; Schubert, (Marketing), 2001, S. 124; unter Bezug auf Herrmann 1998
1095
Pepels, (Marketing), 2004, S. 65
1096
nach Meffert; Burmann, zit. in Esch; Wicke; Rempel, (Markenmanagement), 2005, S. 11
7. Kapitel: Die Kommunikationspolitik 499

Produktmanagement und Kommunikationspolitik. Salopp gesagt: Werbung schafft


das Markenvertrauen und verankert Marken in den Köpfen der Abnehmer!

Auf folgende Ausführungen dieses Buches kann Bezug genommen werden:


• Abb.1-7 hatte bereits die typischen Eigenschaften aufgezählt, die ein Sachgut
oder eine Dienstleistung zur Marke machen.
• Abb.4-9 hat die Prozedur der Produktpositionierung erläutert. Marken streben
unverwechselbare Positionen (CBP´s) in Positionierungsräumen an.
• Abschnitt 4.4.3. hat im Rahmen der Produktpolitik enge Zusammenhänge zwi-
schen Namens- und Logofindung und Markenprofilierung herausgeargbeitet.

Bei Hygie- Das klassische Marketing ist auf den Markenartikel der Konsumgüterhersteller ge-
nepapier richtet. Die Markenartikel geraten jedoch unter Druck. Die Smart-Shopper-Bewe-
liegt der
Marktanteil
gung zieht die Markenprodukte immer weiter in einen Preissumpf. Hewlett Packard
der Discoun- betreibt eine kannibalisierende Produkt- und Preispolitik. Der Begriff Aldisierung
ter bereits kommt auf. 76 % der Konsumenten bringen niedrige Preise nicht mehr mit schlechter
bei 70%. Qualität in Verbindung.1097 Der deutsche Markenverband ist sehr daran interessiert,
den guten Ruf des Markenproduktes und die Höherwertigkeit zu wahren.

7.14.2. Der Markenverband: Heimat der Markenartikel


"Markenführung ist eine höchst individuelle Kunst, muss Chefsache in jedem Marken-
artikelunternehmen sein, und dies in permanenter Anpassung an neue Verbraucher-
wünsche. Erfolgreiche Absatzpolitik wird so zusammengehalten durch die Kraft der
Marke, die Märkte prägt und entwickelt. Die Rahmenbedingungen dieser Märkte, in
denen die Mitglieder des Markenverbandes Herstellermarken produzieren oder ver-
treiben, werden vom Verband mitbestimmt.
Im großen Puzzle Tausender von Marken übernimmt er (der Markenverband) die Auf-
gabe, den politischen Rahmen abzustecken, klare Linien zu formulieren, innerhalb de-
rer jedes Unternehmen mit höchstmöglichem Freiheitsgrad agieren kann."
(Markenverband - Anwalt der guten Namen - 1999, S. 5)

Der 1903 gegründete Deutsche Markenverband ist einer der ältesten Industriever-
bände. Über 360 Markenartikler sind dem Verband angeschlossen. Sie erwirtschafte-
ten 2005 361 Mrd. Euro Umsatz und vertraten 1,6 Mio. Arbeitsplätze.1098 80 Pro-
zent aller Konsumgüter sind Markenprodukte. 95 der führenden 100 deutschen Dach-
und Einzelmarken sind im Verband vertreten. Noch dominieren eindeutig die Her-
stellermarken. Bei Nahrungsmitteln beispielsweise lag deren Marktanteil 2005 bei 65
Prozent (Handelsmarken, die sog. Private Labels 35 Prozent mit leicht steigender
Tendenz). Der Markenverband kümmert sich um den "Schutz der Marke als dem
erfolgreichsten Marketing- und Distributionsinstrument einer Volkswirtschaft" und
führt im Sinne der Mitglieder den Dialog mit Handel, Medien, Agenturen, Verwal-
tung und Politik. Dabei orientiert sich der Verband am EU-Leitbild des „durch-
schnittlich informierten Verbrauchers.“ 1099

Im Jahr 2005 hat der Verband zehn Kernbotschaften zur Faszination Marke ver-
öffentlicht:1100
(1) Die Marke ist Kreativität – Marken faszinieren.
(2) Die Marke ist Verbrauchervertrauen.
(3) Marken sind Innovationsführer – Kreativität hat ihren Preis.
(4) Die Marke ist ein Garant für Produktvielfalt.

1097
Befund einer Allensbach-Umfage: vgl. Campillo, (Rabattfalle), in: acquisa, 4/2003, S. 19
1098
vgl. www.markenverband.de
1099
ein Thema aus dem Jahresbericht 1999/2000
1100
vgl. www.markenverband.de die entsprechende Unterseite ; Stand 06/2005
500 Marktorientierte Unternehmensführung

(5) Die Marke ist ein Garant für Medienvielfalt.


(6) Die Marke ist das Original. Das Original schlägt die Kopie (Statement gegen die
bedrohliche Markenpiraterie).
(7) Die Marke ist ein starker Wirtschafts- und Wertschöpfungsfaktor für den Stand-
ort Deutschland.
(8) Die Marke ist Impulsgeber für Wirtschaft und Gesellschaft.
(9) Die Marke ist ein Baustein der Wissensgesellschaft.
(10) Marken benötigen faire Rahmenbedingungen.

An sieben Punkten macht der Markenverband seine Philosophie weiter fest:1101


(1) Der Markenartikel gibt dem Verbraucher Sicherheit beim Einkaufen.
(2) Der Markenartikel ist langfristig konzipiert. Durch Leistung und kontinuierlichen
Marktauftritt schafft er Vertrauen bei den Verwendern.
(3) Produktion und Forschung der Markenartikel liegen auf höchstem Niveau.
(4) Für Markenartikel werden Versorgung, bequemer Einkauf und Service garantiert.
(5) Markenartikel fördern den Wettbewerb und dadurch Produktinnovation.
(6) Die Hersteller informieren durch Markenwerbung und Verkaufsförderung. Der
Markenartikel verhindert auf diese Weise Produktenttäuschungen.
(7) Markenartikel setzen Maßstäbe für wirtschaftlichen und technischen Fortschritt.

Kunden und die Marken in den Köpfen dieser Kunden sind die wesentlichen Ele-
mente unserer Wirtschaftswelt. Booz Allen Hamilton und Wolff Olins identifizieren
in einer Studie zehn Merkmale von markengeleiteten Unternehmen.1102 Diese
Faktoren können allerdings ebenso für kundengetriebene Unternehmen im Lichte
von CRM gelten.
Abb.7-75
10 MERKMALE VON MARKENGELEITETEN UNTERNEHMEN
Sie erreichen mit ihrer Marke überdurchschnittlich ihre strategischen Ziele.

Ihre Marke dient als zentrale Plattform, um Strategien, Kunden und Mitarbeiter zu verbinden.

Ihre Markenbildung (Branding) ist nicht von den anderen Management-Prozessen getrennt.

Ihre Mitarbeiter glauben an die Marke.

Ihre Chefetage übernimmt die Verantwortung für die Marke.


Ihre Anreize, Erfolgsmessung, Entlohnung für die Mitarbeiter sind gekoppelt daran, wieviel sie zu Wert,
Bildung und Stärke der Marke beigetragen.
Ihre Marketingabteilung kann den voraussichtlichen Mehrwert jeder Marketinginvestition bestimmen.
Mit ihren Informationssystemen durchleuchten sie ihre Kunden und schaffen eine Plattform, um ROI-
Methoden effektiv einzusetzen.
Sie messen regelmäßig zentrale Leistungsindikatoren wie die Gewinnspanne und die Shares-of-Wallet
(Anteil des verkauften Produktes an den gesamten Ausgaben des Kunden).
Sie verstehen, welche Faktoren den Wert der Marke erhöhen und wie sie diese beeinflussen.

(Quelle: Booz Allen Hamilton und Wolff Olins – Europäische Studie unter Marketing- und Vertriebs-Chefs
2004) – Zusammenfassung durch Thorsten Garber

7.14.3. Die Markenpersönlichkeit


und weitere Erfolgsfaktoren starker Marken

Durch Gestaltung der beeinflussbaren Elemente der Markenpolitik der Abb.7-75


ist die Markenartikel-Philosophie zu verwirklichen. Doch eine additive Optimierung
dieser Elemente reicht nicht, um einem Produkt den Mythos einer Marke zu verlei-

1101
vgl. www.markenverband.de/verband/markenartikel.html (6/2003)
1102
vgl. die Ergebnisse in Garber, (Marken), in: ASW Sonderheft Marken 2005, S. 26
7. Kapitel: Die Kommunikationspolitik 501

hen. Was Marken aber wirklich ausmacht, liegt auf einer anderen, stärker emotiona-
len Dimension. Starke Marken zeichen sich durch Markenpersönlichkeit und Mar-
kenfaszination aus.1103 Markenkäufer übertragen ihre Persönlichkeitsmerkmale auf
die Marke.1104 Sie identifizieren sich durch "ihre" Marke.
Traditions- "Die Markenpersönlichkeit wird hier als Gesamtheit menschlicher
reiche Mar-
kenpersön- Eigenschaften bezeichnet, die mit einer Marke verbunden sind."1105
lichkeiten: Eine Markenpersönlichkeit motiviert den Käufer zum Kauf durch individuell
Heinz Ket- empfundenen Zusatznutzenfunktionen.
chup seit
1876, Coca
Cola seit
Eine Markenpersönlichkeit ist folg-
1886, Odol lich ein Abbild des typischen Käu- Verpackung
Marken-
seit 1893, fers. Diese Gesetzmäßigkeit über- geschichte
Kellog´s seit Vertriebs-
rascht nicht. Sie ist Konsequenz der weg
1906, Persil Marken-
seit 1907.
in Abb.4-9 dargestellten Produktpo- Logo, Symbol
sitionierung. Markenpersönlichkei-
Elemente der
ten sind als Markenimages bei Käu- Konstante
Markenpolitik Marken-
Preispolitik
Abb.7-76 fern und Nichtkäufern im Markt ab- name
fragbar. Esch und Wicke weisen auf
die bedeutende Rolle von Assoziati- Stil der Wer- Produkt-
onen hin, mit deren Hilfe Marken- bung attribute
Starke Asso-
images Verankerungen im Denken ziationen mit
und Fühlen der Käufer finden.1106 Produkt

Der VW-Konzern verfolgt seit Jahren eine Markenstrategie, die auf eindeutigen Posi-
tionierungen und aufeinander abgestimmten Markenerlebniswelten von zehn selb-
ständigen PKW-Marken beruht. Diese Strategie erlaubt es, über die Massenmärkte
hinaus zu kommen und angrenzende Marktnischen zu besetzen. Noch vor zehn Jahren
gab es nur rund neun strategische Automobilsegmente. Heute findet die Wettbewerbs-
auseinandersetzung um fast dreimal so viele Marktsegmente statt. Abb.7-71 zeigt die
Identitäten der PKW-Marken des VW-Konzerns. Für ihre Markenpolitik bekam der
Volkswagen-Konzern 1999 den deutschen Marketing-Preis zugesprochen.1107

Um diese Persönlichkeiten bzw. Identitäten zu schaffen, bedarf es zunächst eines


tiefen Verständnisses für das Phänomen Markenpersönlichkeit. Aaker hat hierzu
1997 mit seinen Big Five ein persönlichkeitspsychologisches Konzept vorgelegt:1108
(1) Sincerity (Aufrichtigkeit); typische Attribute: bodenständig, ehrlich, gesund,
heiter,
(2) Excitement (Spannung); typische Attribute: gewagt, temperamentvoll, phanta-
sievoll, modern,
Abb.7-77
DIE PERSÖNLICHKEITEN / IDENTITÄTEN DER PKW-MARKEN DES VW-KONZERNS
Audi: Die Herausforderung des Konventionellen Rolls Royce: Ikone des Luxus

Bentley: The Gentlemen´s Sporting Tourer Seat: Automobile Lebensfreude


Bugatti: Das Meisterstück der automobilen Ingenieur-
Skoda: Kreative Lösungen für smarte Kunden
kunst
Lamborghini: Der kompromisslose Sportwagen VW: Maßstab für automobile Werte

(vgl. Clef, (Mehrmarkenstrategie), in: ASW, Sondernummer Oktober 1999, S. 72-80)

1103
vgl. zu den stärksten Markenfaszinationen: www.manager-magazin.de/unternehmen/markenstärke
1104
vgl. Aaker, (Markenpersönlichkeit), 2000, S. 95
1105
Aaker, (Markenpersönlichkeit), 2000, S. 94
1106
vgl. Esch; Wicke; Rempel, (Markenmanagement), 2005, S. 51
1107
vgl. Clef, (Mehrmarkenstrategie), in: ASW, Sondernummer 10/1999, S. 78
502 Marktorientierte Unternehmensführung

(3) Competence (Kompetenz); typische Attribute: zuverlässig, intelligent, erfolg-


reich,
(4) Sophistication (Kultiviertheit); typische Attribute: vornehm, edel, charmant,
(5) Ruggedness (Robustheit); typische Attribute: zäh, stark, überlegen, natürlich.

Das Erfolgsfaktoren-Konzept wirkt etwas griffiger. Hiernach weisen starke Marken


folgende Eigenschaften auf:1109
(1) Vom Kunden wahrgenommene verläßliche Qualität,
(2) Einzigartigkeit (Uniqueness, zumindest hohe Differenzierung),
(3) Vividness (Lebendigkeit, zeitlose Aktualität),
(4) Langlebigkeit (Marken haben ihre Geschichte),
(5) Anspruch einer anerkannt starken Marktstellung,
(6) starke gefühlsmäßige Metapher (Marke löst starke Emotionen aus),
(7) konsistenter Werbeauftritt (Stimmigkeit im Werbeauftritt über die Zeit).

Nach der Theorie der Markenrelevanz sind Marken erfolgreich, wenn sie für Käu-
fer und Anbieter grundlegende Nutzen nach Abb. 7-78 bieten.1110 Starke Marken
bieten eine hohe Nutzenerfüllung durch diese Faktoren für ihre Zielgruppen.
Abb.7-78
MARKENNUTZEN FÜR KÄUFER MARKENNUTZEN FÜR ANBIETER

Orientierungshilfe Ideeller Nutzen Wertsteigerung d. Unternehmung


Entlastungsfunktion (Bsp.: Designerbrillen, PKW) Preispolitischer Spielraum
Qualitätssicherungsfunktion Informationseffizienz Plattform für neue Produkte
Identifikationsfunktion (Bsp.: Waschmittel, Zigaretten) Basis für Marktsegmentierung
Prestigefunktion Risikoreduktion Stärkung der Kundenbindung
Vertrauensfunktion (Bsp.: Pauschalreisen, Arzneien) Wettbewerbsdifferenzierung
Präferenzbildung

Laut einer Studie der GfK und des Gesamtverbandes Werbeagenturen (GWA) gehö-
ren noch hohe Innovationsbereitschaft und die Konzentration auf definierte Zielse-
gemente dazu.1111 Starke Marken verfügen dann über eine hohe Relevanz im tägli-
chen Leben der Käufer.1112 Alle Erfolgsfaktoren steigern aber nur dann die Marken-
Abb.7-79
VORTEILE VON STARKEN MARKEN AUS HERSTELLER- UND KÄUFERSICHT

aus Herstellersicht aus Käufersicht

Starke Marken bewirken Kundenloyalität Zu starken Marken haben die Kunden Vertrauen
Starke Marken bieten Plattformen für Markener- Starke Marken erleichtern dem Kunden die Pro-
weiterungen (für neue, starke Produkte) duktauswahl
Starke Marken sind Ausdruck besonderer Her- Starke Marken reduzieren das Qualitätsrisiko
stellerkompetenzen Starke Marken reduzieren für den Kunden das
Starke Herstellermarken festigen die Macht beim Kaufrisiko
Handel (s. z.B. Haribo Colo Rado bei ALDI) Starke technische Marken geben dem Kunden
Starken Marken werden (wegen des Markengut- mehr Sicherheit bezüglich Ersatzteilbeschaffung
habens) Fehler leichter verziehen (z.B. Elchtest und Nachkaufmöglichkeit
bei der A-Klasse) Starke Marken können dem Kunden bei der Stär-
Starke Marken erholen sich relativ schnell von kung seines Selbstwertgefühls helfen (Prestigeef-
Preisangriffen des Wettbewerbs fekte, Distinktionskonsum)
Starke Marken bieten relativ sichere Kalkulati- Starke Konsumgütermarken können die Lebens-
onsgrundlagen freude des Kunden steigern (Bsp.: der Porsche-
Starke Marken können eine lange Lebensdauer Fahrer)
haben Starke Marken machen einem Kunden das "Preis-
Starke Marken fördern ein positives Image der opfer" leicht
Gesamtunternehmung

(vgl. in Anlehnung an Biel, (Markenwertaufbau), 2000, S. 68-69)

1108
vgl. Aaker, (Brand Personality), Journal of Marketing Research, 8/1997, S. 347-356
1109
vgl. Biel, (Markenwertaufbau), 2000, S. 88
1110
Spalte 1 u. 3: vgl. Meffert; Burmann; Koers, (Markenmanagement), 2005, S. 10-11; Spalte 2: vgl.
Meffert; Schröder; Perrey, (B2C-Märkte), in: ASW, 10/2002, S. 28-33; nach MCM und McKinsey
1111
vgl. den Hinweis auf die Befunde der GfK-Studie in ASW, 9/2001, S. 34
7. Kapitel: Die Kommunikationspolitik 503

kraft, wenn ein Produkt die gefühls- und verstandesmäßige Wertschätzung der Kon-
sumenten auch erhält und zudem Kaufimpulse auslöst. Nur dann wird die Marke
Bestandteil des kaufentscheidenden Evoked-Sets im Kopf des Käufers. Der Toyota-
Slogan "Nichts ist unmöglich" ist zum geflügelten Wort geworden. Nur kaufen viele
Autofahrer deshalb die Marke Toyota noch lange nicht.

Starke Marken bieten Herstellern wie Käufern Vorteile gemäß Abb.7-79. Ein Haupt-
vorteil einer Marke liegt darin, dass sie den Unternehmenswert (den Sharholder Va-
lue) stärkt.

7.14.4. Markenpotenziale und Markenstrategien


a.) Strategische Potenziale einer Marke
Nach Satt- Eine Markenentwicklung erfolgt zweistufig. Zunächst ist ein Produkt überhaupt mit
ler/Price- Markenanspruch (Markennutzen) auszustatten. Im zweiten Schritt ist das Produkt
waterhouse
Coopers dann zu einer starken Marke auszubauen. Denn erst starke Marken sichern durch
repräsentie- Kundenbindung langfristig realisierbare Umsatz- und Ergebnispotenziale. Insbeson-
ren BtC- dere für Konsumgüter gilt: Bei einer guten Markenführung kann der Marktwert einer
Marken ca. Marke den Bilanzwert deutlich übersteigen:1113
56% des
Die Börse bewertet den Kosmetikhersteller Beiersdorf mit ca. 3,5 Mrd. Euro. Doch al-
Unterneh-
lein der Wert der Spitzenmarke Nivea wird auf 3,8 Mrd. Euro geschätzt. Bei Coca Co-
menswertes,
BtoB-Mar- la macht der Markenwert rund 66% des Unternehmenswertes aus..
ken dagegen
nur 18%. Diese Kalkulation von Markenwerten hat in
(Hinweis in MARKENWERTE INTERNATIONALER
der EU ab 2005 eine große Bedeutung bekom- UNTERNEHMEN 2007
ASW
2/2004, S. men. Zuvor ging der immaterielle Markenwert (1) Coca Cola 47,3 Mrd. Euro
27) bei Unternehmensaufkäufen in der Restgröße (2) Microsoft 42,6 Mrd. Euro
(3) IBM 41,5 Mrd. Euro
des sog. Goodwills auf. Jetzt muss ein kaufen- (4) GE 37,4 Mrd. Euro
Abb.7-80 des Unternehmen gemäß US-GAAP Rech- (5) Nokia 24,5 Mrd. Euro
(6) Toyota 23,3 Mrd. Euro
nungslegungsvorschriften neben den erworbe- (7) Intel 22,5 Mrd. Euro
nen Sachvermögenswerten und Schulden auch (8) McDonald´s 21,3 Mrd. Euro
(9) Disney 21,2 Mrd. Euro
die zugegangenen Marken einzeln identifizieren (10) Mercedes 17,1 Mrd. Euro
und bewerten. Im Rahmen dieser Purchase Pri- (Quelle: Interbrand, in: ASW 9/2007,
ce Allocation sind die Marken nach einer Fair- S. 52; www.interbrand.com; w&v 21/2007
mit Angabe in Mrd. Euro)
Value-Bewertung im Zugangszeitpunkt zu ak-
Abb.7-81 tivieren.1114
MARKENWERTE DEUTSCHER
UNTERNEHMEN 2006
Google Abb.7-80 zeigt die Rangliste führender interna-
(1) Deutsche Telekom 23,4 Mrd. Euro
(Platz 21) tionaler Marken im Jahr 2006.1115 75 Marken (2) Allianz 21,5 Mrd. Euro
verzeichnete
2006 eine
liegen über der Wertschwelle von 1 Mrd. US $. (3) DaimlerChrysler 21,1 Mrd. Euro
(4) Deutsche Bank 17,4 Mrd. Euro
Wertsteige- Unter diesen sind deutsche Marken nur einmal (5) BMW 16,5 Mrd. Euro
rung des vertreten: durch Mercedes (nicht DaimlerChrys- (6) Siemens 13,9 Mrd. Euro
Markenwer- (7) E.ON 13,5 Mrd. Euro
ler als Gesamtmarke) auf Platz 10. Abb.7-81 (8) RWE 12,3 Mrd. Euro
tes um 46%.
bietet ein deutsches Markenwertranking nach (9) Deutsche Post 12,0 Mrd. Euro
(10) Volkswagen 11.9 Mrd. Euro
dem Stand 2006. (Quelle: BBDO nach BBDO-BEES, in:
ASW, 8/2006, S. 46)
Markenstrategien sollen Strategische Markenpo-
tenziale aufbauen. Ausgangspunkt ist die aktuelle Bekanntheit einer Marke:

1112
vgl. Joachimsthaler, (kleiner), in: ASW, 8/2002, S. 12
1113
vgl. hierzu Schlote, (Markenmacht), in: MM, 2/1998, S. 59
1114
vgl. Hanser, (Kapitalanlage), in: ASW, 2/2004, S. 27-28
1115
Quelle: Business Week, 4.8.2003, S. 48ff.
504 Marktorientierte Unternehmensführung

Abb.7-82 (1) Wie hoch ist der Bekanntheitsgrad


der Marke (Share of Mind), und wo DIE MARKENBEKANNTHEITSPYRAMIDE
NACH AAKER (1992)
soll sie hin entwickelt werden? Die
höchste Stufe der Markenbekannt-
heitspyramide von Aaker wird auch dominierende Marke
als Exclusive Top of Mind bezeich- (exklusive Erinnerung)

net (Abb.7-81).1116 intensive Markenbekanntheit


(Top of Mind)
(2) Wie positiv und wie stark wird die
Marke von den Käufern und den aktive Markenbekanntheit
(Erinnerung an die Marke)
Nicht-Käufern beurteilt?
(3) In welchem Maße wirkt die Marke passive Markenbekanntheit
(Wiedererkennung nur gestützt)
wettbewerbsdifferenzierend?
(4) Werden die mit der Marke verbunde- Marke ist unbekannt
nen Assoziationen vom Zeitgeist be-
einflusst? Zeichnen sich im Zeitab-
lauf für die Markenidentität und die Markenbotschaften Gefahren ab?
(5) Welche Markenverbundwirkungen sind von der Unternehmung zu beachten?

Das strategische Potenzial einer Marke kann in einem Trichter-Modell (Branding


Funnel) differenziert analysiert werden.1117 Abb.7-83 deckt erhebliche Imagepro-
Abb.7-83 bleme bei der beispielhaft untersuchten Marke auf.
BEISPIEL FÜR EINEN BRANDING-FUNNEL
Branding- Branding-Leistungs-Indikatoren Abschmelz-
Kernfrage Ergebnis Marke X
Dimensionen (KPIs) verluste

Was ist die Zielgruppe bzw. der


Grundgesamtheit 100%
relevante Markt der Marke?

Bekanntheit Wie bekannt ist die Marke? 99% Bekanntheit / Grundgesamtheit -1%
Ist die Marke mit positiven
Image 69% Image / Bekanntheit -30%
Assoziationen besetzt?
Wird die Marke als tatsächlich
Kaufabsicht zukünftige Kaufalternative 53% Kaufabsicht / Image -16%
betrachtet?
Wird die Marke tatsächlich
Kauf 27% Kauf / Kaufabsicht -16%
gekauft?
Wird die Marke wieder gekauft,
Loyalität bzw. handelt es sich um 16% Loyaliltät / Kauf -11%
Stammkunden?
(Quelle: McKinsey Marketing Practice; vgl. Pietralla; Bachem, (Budgets), in: ASW, Sonderausgabe Marken 2002, S. 74)

b.) Hersteller- versus Handelsmarkenstrategien

Markenträgerstrategien zielen auf eine Positionsstärkung im vertikalen Wett-


bewerb in den Absatzkanälen. Hersteller, Handelsunternehmen, Zweit-Label-
Fabrikanten forcieren eigene Marken (s. Abb.7-83).

• Herstellermarkenstrategien erschaffen die kaum zählbaren Konsumprodukte


bekannter Nahrungs- und Genussmittelhersteller (z.B. Jacobs-Suchard: Milka
Lila Pause; Becks: Beck´s Bier; Ferrero: Raffaelo), Arzneimittel- und Reini-
gungsmittelhersteller, der Gebrauchsgüterhersteller (Kärcher-Reinigungsgeräte,
Viessmann-Heizungen, Bosch-Siemens Hausgeräte, Loewe-Fernseher) oder der
Industriegüterhersteller (Linde-Klimatechnik, Uhde-Anlagentechnik, Thys-
senKrupp mit Nirosta-Edelstahl),

1116
vgl. Aaker, (Markenwert), 1992, S. 84
1117
vgl. Pietralla; Bachem, (Budgets), in: ASW, Sonderausgabe Marken 2002, S. 74
7. Kapitel: Die Kommunikationspolitik 505

Lt. GfK Con- • Durch Handelsmarkenstrategien versuchen die Handelskonzerne, sich gegen-
sumerScan ist über den Herstellermarken mit preisgünstigen Eigenmarken (Private Labels)
der Eigen-
markenum-
zu profilieren. So führen ALDI (Medion), Lidl oder Penny eigene Discountmar-
satz-Anteil ken. Rewe forciert Eigenmarken im gehobenen Segment oder Quelle, als großes
des Handels Versandhaus, deckt mit der Marke Privileg den gesamten technischen Ge-
von 14,5% brauchsgütermarkt ab. Produziert werden die Handelsmarken zum einen von
(1980) auf
25,8% (2000)
klassischen Markenartiklern, die den Handel mit Sonderprodukten und Überka-
und 33,6% pazitäten beliefern oder von Produzenten, denen es selbst nicht gelingt, eigene
(2005) gestie- starke Labels aufzubauen. Sie erreichen dies nun indirekt, unter Verzicht auf ei-
gen (Quelle: nen eigenen Markenauftritt, mit Hilfe von Handelsunternehmen.
WuV,
12/2007, S. • Gattungsmarkenstrategien sind Handelsmarken für die „Cheap-price-Segmen-
29). te“; auch bekannt als No Names, generische Marken oder weiße Ware (Bsp.: die
Weißen von Rewe, A&P von Tengelmann).1118 Manchmal erfüllen sie nur quali-
JA von RE- tative Mindestvoraussetzungen. Im Zuge der "Aldisierung" festigt sich jedoch
WE ist die
bekannteste bei den Konsumenten das Bild völlig ausreichender Produktqualitäten.
Eigenmarke. • Herkunftsmarken beziehen den Markenbegriff auf ihre Herkunft, Bsp.: Parma
Schinken, der interessanterweise teilweise vom Schlachthof Bayreuth stammt.

Die Top-10 Der Markenträger-Wettbewerb verschärft sich zunehmend


der Luxus- (1) durch die Eigenmarkenstrategien der durch den Konzentrationsprozess immer
marken:
(1) Louis mächtiger werdenden Handelskonzerne,
Vuitton, (2) durch ein verändertes Verbraucherverhalten, das als Verlust der Mitte be-
(2) Gucci, zeichnet wird.1119
(3) Chanel,
(4) Rolex,
(5) Hermés, Die Käuferschichten polarisieren sich. Entweder man gönnt sich Luxus ohne auf den
(6) Tiffany, Preis zu schauen oder „die ALDI-Tüte wird zum Kultobjekt“. Der Verbraucher erwar-
(7) Hennessy tet gute Qualität zum Schnäppchenpreis. Abb.7-84 deutete diesen dramatischen Pro-
(8) Cartier,
(9) Moet&
zess der Markenerosion in einem Spannungsfeld zwischen Qualitätsanspruch und
Chandon, Niedrigpreis an (Mittlere Segmente: 1973: 49%, 2010 geschätzt: 10-20%).
(10) Bulgari.
MARKENTYPEN
Abb.7-84
IM PREIS- / QUALITÄTSSPEKTRUM
Qualitätsdimension

Luxus-
hohe Qualität

Herstellermarken
Markenerosion: mittle-
re Preis- und Quali- Premium-
Ein Bericht der GfK im tätssegmente Herstellermarken
Juli 2003: unter Druck
• ALDI macht 2/3 Premium-
seines Umsatzes mit Handelsmarken
no name Handels- Klassische
marken. Herstellermarken
niedrige Qualität

• Lidl gewinnt dort,


wo er auf Marken Eigenmarken des
setzt und sich so ge- Handels
gen ALDI differen-
Gattungsmarken
ziert. no names
• Marktanteil der
Discounter ALDI,
Lidl, Penny und
niedriges Preisniveau hohes Preisniveau
Plus am LEH 2006:
knapp über 40%.

Preisdimension

1118
vgl. zu diesen Ausführungen auch Meffert, (Marketing), 2000, S. 872 sowie die Grafik auf S. 875
1119
vgl. zur Ausdünnung der mittleren Preissegmente Becker, (Marketing-Konzeption), 2006, S. 359
506 Marktorientierte Unternehmensführung

Brandtner formuliert es so:


„Markenführung ist Krieg. Es gibt heute zu viele Marken, die auf meist stagnierenden
Märkten ums Überleben kämpfen. Markenführung ist Krieg um Kunden, um Marktan-
teile, um Umsätze, um Gewinn. Krieg um den vielzitierten Shareholder Value und
folglich auch Krieg um die Zukunft von Unternehmen, die diese Marken besitzen.“1120

So stehen die Markenträgerstrategien heute im Zeichen von zunehmendem Wettbe-


werb und Marktsättigung. Hinzu tritt die Frage, ob und in welchem Maße eine Kon-
kurrenz zwischen eigenen Marken verhindert oder gar gefördert werden soll.

c.) Einzelmarken- versus Mehrmarkenstrategien1121


Einzelmarken-
strategie: „Ein
Bei einer Einzelmarkenstrategie (Mono-Marken-Strategie) wird in jedem
Produkt – eine relevanten Markt nur eine Marke vermarktet.
Marke – ein Bei einer Mehrmarkenstrategie werden die Marktsegmente jeweils durch
Versprechen.“ mindestens zwei Marken besetzt. Die Marken bleiben eigenständige Markenper-
(Prof. Esch,
2003)
sönlichkeiten. Ziel ist eine intensivere Abschöpfung der Käuferschichten.
Eine Familienmarkenstrategie (Produktgruppen- oder Range-Marketing-
kenstrategie) fasst mehrere Produkte unter einer Marke zusammen. Von einem
Unternehmen können mehrere Markenfamilien parallel geführt werden. Oft of-
fenbaren die Marken keinen Bezug zum Unternehmen (Bsp.: Nivea Produkt-
familie von Beiersdorf, Vileda-Produkte von Freudenberg).
Eine Dachmarkenstrategie (Company-Markenstrategie) vermarktet sämt-
liche Produkte eines Unternehmens unter einer Marke. I.d.R. sind auch die
Subbrands unterhalb der Dachmarke starke Familien- oder Einzelmarken
(Beispiel: TUI, Dr. Oetker, BMW-Produktrange).

• Einzelmarken im Rahmen einer Einzelmarkenstrategie: Der Hersteller führt


in einem Marktsegment ein einzelnes, starkes Produkt. Der Firmenname tritt oft
in den Hintergrund (Bsp.: Nutella, Scotch Tapes, Tempo, Persil, Underberg).
"Die BMW • Einzelmarken im Rahmen einer Mehrmarkenstrategie: Hier lässt der Her-
Group ist steller Konkurrenz im eigenen Hause zu. Mindestens zwei gleichartige Marken
das einzige
Mehrmar-
werden in einem Marktsegment positioniert. Preislich unterschiedliche Konsu-
ken-Auto- menten-Zielgruppen sollen abgeschöpft werden (Bsp.: VW mit Golf und Polo;
mobilunter- Henkell mit Henkell trocken, Carstens SC und Rüttgers).1123 Das Beispiel Golf
nehmen zeigt auch, wie die Produkte sich wandeln (Golf-Modellgenerationen), die Mar-
weltweit, das
eine reine ke (Golf-Generation als Markenbegriff) jedoch bleibt. Die Gefahr der Mehrmar-
Premium- kenstrategie liegt in einer Kannibalisierung der Marktsegmente. Je ähnlicher
Mehrmar- sich die Konsumentenschichten verhalten, desto stärker werden sich die Marken
kenstrategie untereinander die Zielgruppen streitig machen. Das Preisniveau verfällt.
verfolgt. Das
ist die Basis • Familienmarken (Produktgruppenmarke) im Rahmen einer Familienmar-
für den kenstrategie: Unter einem Markenbegriff werden Einzelprodukte ohne Her-
geschäft- stellerbezug geführt (Bsp.: Nivea von Beiersdorf mit einem umfassenden Sorti-
lichen Er-
ment von Körperpflegemitteln, wie Hautcreme, Sonnencreme, Seife, Shampoo).
folg."1122
• Dachmarken im Rahmen einer Dachmarkenstrategie: Die Dachmarkenstra-
tegie vereint alle Unternehmensleistungen unter einem Markennamen. Oft ist
dies der Firmenname (Bsp.: Boss, Sony, Kodak, Siemens). Der Trend geht zur
Dachmarkenstrategie: "Vorbei ist es mit der Zeit, als wir glaubten, mit jedem
neuen Produkt eine neue Marke etablieren zu müssen."1124
1120
Brandtner, (Krieg), in: MM, 6/1999, S. 186
1121
vgl. z.B. Meffert, (Marketing), 2000, S. 856-865; Becker, (Marketing-Konz.) 2006, S. 195-205
1122
BMW Group, Geschäftsbericht 2000, Kurzfassung, S. 12
1123
vgl. Scharf; Schubert, (Marketing), 2001, S. 128-130
1124
J.C. Lindenberg , Geschäftsführer von Unilever Deutschland, im Interview mit Kerstin Plewe;
Berdi, (aufräumen), in: ASW, Supplement Marken, 2001, S. 6
7. Kapitel: Die Kommunikationspolitik 507

Dramatische Ausmaße nimmt die Dachmarkenstrategie von TUI im Zuge des Um-
baus des Preussag Konzerns an.1125 200 Unternehmen werden unter dem neuen Mar-
kendach TUI zu drei Kategorien formiert: Führende Aligned Brands (z.B. TUI, Ha-
pag-Lloyd), unterstützende Endorsed Brands (z.B. Robinson, Airtour) und Non-
Endorsed Brands ohne visuellen TUI-Bezug (z.B. Vögele).

d.) Regionale versus globale Markenstrategien


• Regionale oder nationale Markenstrategien: Die Regionalmarkenstrategie
beschränkt die Markenführung auf bestimmte Distributionsgebiete (Bsp.: Fein-
kostkette Vinzenz Murr in Süddeutschland).
• Internationale Markenstrategien stehen oft unter dem Motto: „Standardi-
sierung soviel wie nötig, Differenzierung soviel wie länderspezifisch möglich“.
Meffert spricht von multinationalen Markenstrategien mit charakteristischen Lo-
cal Brands (Bsp.: Nestlé mit Sarotti, Alete, Thomy).1126
• Globale Markenstrategien: Die Hersteller tendieren nach weltweiter Standar-
disierung ihres Markenauftritts (Coca-Cola, McDonald´s, internationale Hotel-
ketten).
Nestlé un-
terhält 8.000
Die aufgezeigten Markenstrategien schließen sich nicht grundsätzlich aus:
Marken. "Wir brauchen beide Arten von Marken, die globalen und die regionalen. Globale
Unilever Marken geben uns globale Reichweite und globale Economies of Scale. Durch lokale
will die Zahl Marken verfügen wir über lokale Wurzeln. Die Kombination aus beiden macht das al-
der Marken lerbeste Portfolio aus." (A. Burgmans, Unilever)1127
von 1.600
auf 400
senken.
e.) Eigenmarken- versus Fremdmarkenstrategien
(Quelle: Eigenmarken werden vom Hersteller unter eigenem Namen vermarktet. Fremdmar-
MM,
5/2001, S.
ken lassen den Hersteller nicht deutlich werden. Lizenzmarken nehmen je nach
88) Standpunkt eine Zwitterstellung ein.

f.) Erst-, Zweit-, Drittmarkenstrategien


Erstmarken sind i.d.R. die Stammmarken im Hochpreissegment. Zweitmarken die-
nen zur Abschöpfung niedrigpreis-orientierter Zielgruppen. Drittmarken werden
preisaggressiv geführt, z.B. als Dauerniedrigpreismarken. Man spricht bei dieser Ty-
pologie auch von A-/B-/C-Marken.

7.14.5. Kombinative Markenstrategien (Combinative Branding)


In der Praxis werden die Strategierichtungen der Markenführung kombiniert.1128 Es
ergeben sich Markenhierarchie-Systeme. Markenführung erfordert also die Kreati-
on von Markenarchitekturen. Im Vordergrund stehen dabei Kombinationen von
Einzel-, Familien- und Dachmarken zu markensynergetischen Verbünden.

Eine Basisstrategie liegt darin, starke Einzelmarken zu profilieren und diese durch
eine kompetente übergeordnete Kompetenz zu stärken. Im Fall der Firma Henkel
profitieren die ohnehin überragenden Einzelmarken vom Corporate Image von Hen-
kel als das eines forschungsstarken und ökologieorientierten Großkonzerns.

1125
vgl. Thunig, (World of Tui), in: ASW, Sonderausgabe Marken 2002, S. 56-68
1126
vgl. Meffert, (Marketing), 2000, S. 874
1127
vgl. o.V., (Marke), in: MM, 1/2001, S. 72
1128
Die drei folgenden Abbildungen sind angelehnt an Becker, (Dachmarken), 2005, S. 393-394.
508 Marktorientierte Unternehmensführung

Abb.7-85
Dachmarke

Einzelmarken

Ein weiteres Beispiel für eine zweistufige Kombination bietet Bahlsen durch die Ver-
knüpfung von homogenen, markendifferenzierten Produktfamilien unter einem mit
hohem Imagewert ausgestatteten Markendach.
Abb.7-86
Dachmarke
Dachmarke:
Branded
House;
Familien- Familienmarken
marken:
House of
Brands.

Das Beispiel der Abb.7-87 zeigt die typische dreistufige Markenarchitektur der Au-
tomobilkonzerne am Beispiel von Volkswagen. Unter einem bewährten Markendach
werden Familienmarken aufgezogen. Beim Golf wird regelrecht von Generationen
gesprochen. Darunter stehen dann einzelne PKW-Programmvarianten, die z.T. Kult-
status haben und für die eigene Marktauftritte inszeniert werden. Sofort wird deut-
lich, wie kompliziert es ist, diese Markenarchitekturen synergetisch zu führen.
Abb.7-87
Dachmarke

Familienmarken

Einzelmarken

7.14.6. Phasen der Markenführung (Branding Strategy)


a.) Markenaufbau
Marken- (Kult-) Aufbau im Musikgeschäft: "Solange wir den Mädchen vermitteln,
dass sie kein Produkt sind, wird es funktionieren".
(Aussage der Manager der früheren Kunstgruppe No-Angels, Spiegel, 14/2001,S. 130)
In Deutsch-
land gibt es Bei der Markenaufbaustrategie wird aus Sicht der Käufer eine vollständig
lt. Marken- neue Marke entwickelt. Möglich ist, dass bereits ein Produkt existiert, das
verband ca. jedoch bislang nicht im Sinne einer Marke kommuniziert wurde (z.B. fehlen-
500.000
eingetragene
des Leistungsversprechen, fehlende Wettbewerbsdifferenzierung).
Marken. Die Markenführung hat für die Sicherung und den Aufbau des Markenpro-
Jährlich gramms über den Lebenszyklus zu sorgen. Hauptziel der Markenführung ist
kommen ca. die Steigerung des (der) Markenwerte(s) (Brand Equity).
50.000 neue
hinzu.
7. Kapitel: Die Kommunikationspolitik 509

So wie CRM ein auf Integration aller Kundenprozesse abzielendes Konzept


ist, so fordert der Markenaufbau eine Integration aller Produktbotschaften.
Das beinhaltet auch die Signale (Botschaften), die von den anderen Mar-
ketinginstrumenten ausgehen. Eine erfolgreiche Markenführung erfordert
daher eine integrierte Kommunikation über alle Medienkanäle.

Wie kann auf dem Fundament einer soliden Produktpolitik eine neue Marke schaffen
geschaffen bzw. ein Produkt zur Marke gemacht werden? Von zentraler Bedeutung
ist zunächst die Markierung bzw. das Branding Dreieck mit den zentralen Instru-
menten Markenname, Logo und Produktdesign. Hier liegt die Brücke zu Produkt-
politik. Diese drei und die anderen, in Abb.7-75 aufgezählten markenrelevanten Fak-
toren können in sechs Schritten mit Markenkraft versehen werden:1129
Ca. 150 (1) Festlegen der angestrebten Markenidentität, in der alle charakteristischen
Mio. US-$ Merkmale der Marke enthalten sind.
kostet der
Aufbau einer
(2) Ableiten der Markenpositionierung - wie im Buch geschildert - nach den für
globalen den Markt wichtigsten Nutzenraum-Kriterien. Dabei ist auch der richtige Weg
Marke im 1. zwischen aktiver (Marktbeeinflussung) und passiver (Marktanpassung) Positio-
Jahr. Nach 2 nierung zu finden.
bis 3 Jahren
sollte der
(3) Um in diesem Zusammenhang auch eine starke Wettbewerbsdifferenzierung zu
Break-even- finden, sind die Brandings der konkurrierenden Marken zu analysieren.
Punkt einer (4) Entwicklung eines effektiven Markennamens nebst Logo.
Markenin- (5) Wirkungsvolle Gestaltung der Markenbilder sowie der Produkt- und Verpa-
vestition
erreicht ckungsdesigns.
sein.1130 (6) Festlegen der Vorgehensweise für ein Controlling der Markenwirkung. Zuwei-
len treten Probleme auf, wenn Produkt und Marke unabhängig voneinander im
Markt operieren (BtoB-Marken). Dann ist deren Branding isoliert zu testen.
Ein Markenaufbau darf aber nicht alleinige Angelegenheit der Marketingabteilung
bleiben. Nach Abb.7-88 ist eine abgestimmte Vorgehensweise aller Marketingin-
strumente erforderlich.1131 Alle Marktaktivitäten haben sich in den Dienst der Marke
Abb.7-88 zu stellen. Inkonsistenzen im Marketing-Mix gefährden den Markenaufbau.

VOM PRODUKT ZUR MARKE:


Die Beiträge der Marketingmix-Instrumente zur Markenpolitik

Produkte und Dienstleistungen mit


Leistungsprogrammpolitik
Vision, Kontinuität, Kommunikation

Persönlichkeit und
gehalten werden, Abstimmung aller
von Versprechen in den Markt, die

Differenzierungskraft

berechenbare Preispolitik und


Konditionenpolitik
positive Preis- / Wertrelation
Instrumente

Sind wir eine


Marke? Produktverfügbarkeit in markenimage-
Vertriebspolitik Vertriebspolitik
entsprechenden Vertriebskanälen

konstante Kommunikation von emotionaler


Aufladung, Markenleitbild, Faszination
Kommunikationspolitik
Kommunikationspolitik
und Mythos, hohe Bekanntheit

Produkte suchen Kunden Kunden suchen Marken

1129
vgl. Langner, Esch, (Branding), in: ASW, 7/2003, S. 48-51; Homburg; Krohmer, (Marketingma-
nagement), 2006, S. 634 ff.
1130
vgl. o.V., (Marke), in: MM, 1/2001, S. 72
510 Marktorientierte Unternehmensführung

Abb.7-89
BRAND-ANALYSIS

MARKENFÜHRUNG IN B2B NACH BBDO-CONSULT


MARKENPOSITIONIERUNG
Identifikation von High-Potential-Kunden
Benefit: Das zentrale Nutzenversprechen
Segmentierung und Zielgruppenportfolio
Fokus: Zentrales Kernelement des Benefit?
Ist-Anaylse der Markenstärke
Reason to Believe: funktionale und
Zerlegung der Markenperformance entlang
emotionale Markenattribute
des Kundenentw icklungspfades
Brand Character: Markenattribute, die die
Identifikation von Stärken, Schw ächen und
Markenpersönlichkeit charakterisieren
Optimierungshebeln
Erhebung der Präferenztreiber

HOLISTISCHE IMPLEMENTIERUNG BRAND-CONTROLLING


Leadership: Führung des Wandels Brand Screen Tracking
Commitment: Interner Wandel Strategischer Dialog
Impact: Externer Wandel Zentrale Budgetallokation
Navigation: Steuerung des Wandels Brand Screen Tracking Wettbew erber
Effizienz Controlling
Key Learnings / Best Practices

Die Kärrnerarbeit der Umsetzung ist Sache der Kommunikationspolitik. Dabei kann
eine umfassende Unternehmensberatung notwendig sein. Abb.7-89 zeigt den vierstu-
figen Beratungsansatz zum Markenaufbau von BBDO Consulting.1132
Die kreative Umsetzung folgt nach eigenen Gesetzen. Bei erfolgreichen Marken-
botschaften sind es immer wieder bestimmte Marken-Codes, die aus Produkten
Marken machen. Sie ergänzen die bereits genannten Marken-Erfolgsfaktoren:1133
(1) Nutzen und Vorteile: Bei einer erfolgreichen Markenführung sind Produktvor-
teile stereotyp, aber nicht eintönig an die Zielgruppen zu kommunizieren.
(2) Normen und Werte: Appelle an Stolz und Ehre, an Familiensinn und Innovati-
onsfreude, an Eitelkeit und Umweltbewusstsein, motivieren die Käufer zum Griff
zur Marke.
(3) Wahrnehmung und Programmierung: Bei Schnupfen greife man zum Tempo;
die Schwiegereltern sind am Weihnachtsfest durch Jacobs Krönung zu besänfti-
Die deutsche gen. Diese Beispiele sprechen für sich.
Sprache (4) Identität und Selbstdarstellung: Sage mir, welche Marke zu kaufst, und ich
kennt über sage Dir, zu welcher Gesellschaftsschicht Du gehörst - wie bereits beschrieben:
300 Wörter,
um Emotio-
Markenkäufer übertragen ihre persönlichen Eigenschaften auf die Marke.
nen zu be- (5) Emotion und Liebe: Es gilt, die Emotionen von Verbrauchern zu wecken und
schreiben. Sehnsüchte zu beleben. Greife lieber zur HB.

Für die Biermarke Beck´s bilden die Schlüsselbildstrategie, der Fokus auf Musik mit
der Einbindung der Kultfigur Joe Cocker, Musik-Events und Musik-Sponsoring die
entscheidenden Elemente für den Markenerfolg.1134 Während der Aufbau der Marke
Beck´s im Sinne des klassischen Marketing auf erheblichen Werbedruck beruht, geht
Howard Schultz mit der Kaffee-Shop-Reihe Starbucks einen anderen Weg.1135 Er
setzt auf Public Relations, Meinungsführer-Marketing und Mund-zu-Mund-Propa-
ganda. "Marketingprofessoren schütteln ratlos die Köpfe. So etwas gab es noch nie

1131
Ergebnis einer Themenbearbeitung mit den AbsolventInnen des Marketing- und Vertriebsschwer-
punktes im SS 2001. Die beiden plakativen Aussagen betreffend Produkte und Kunden stammen von
Herrn Schachtl.
1132
Vortragsunterlage von B. Sander, 1. Deutscher Kundenwerttag, Mai 2003
1133
vgl. Buchholz; Wördemann, (Wachstums-Code); zit. in: Hassmann, ( Versprechen), in: salesBusi-
ness, 4/2001, S. 52
1134
Zu diesem Beispiel eines vorbildlichen Markenaufbaus vgl. Andresen; Meermann, (Musik), in:
ASW, 9/1998, S. 50-57
1135
vgl. Hirn, (Rastlos), in: MM, 5/2001, S. 130-138
7. Kapitel: Die Kommunikationspolitik 511

im Land der Werbegläubigen. Aufbau einer Marke ohne teure Kampagnen."1136 Kaf-
fee wird zum Kultprodukt stilisiert; Kaffee-Shops zu Oasen der Ruhe. Markenver-
sprechen, die die Verbraucher in einer hektischen Zeit verinnerlichen, ohne dass es
ausgefallener Werbeslogans bedarf.

Erfolgreiche Markenschaffungen sind aber nicht nur den großen Markenartiklern und
Handelskonzernen vorbehalten. Das Beispiel Red Zac zeigt, wie auch eine kleine
Verbundgruppe (Interfunk) innerhalb kurzer Zeit gegen starke Filialisten (Media
Markt, ProMarkt, Saturn) eine Dachmarke für die angeschlossenen 533 Red Zac-
Fachhändler etablieren kann.1137 Die Aufgabe war nicht zuletzt wegen der schwer zu
gewinnenden Kernzielgruppe der 19- bis 29-Jährigen eine Herausforderung. Grund-
stein des Erfolgs ist ein unverwechselbares neues Logo und ein hybrides, magenta-
farbenes Fabelwesen namens Red Zac. Die Figur wurde Kern aller Botschaften. Um
sie rankt sich ein Konzept zur Modernisierung des Öffentlichkeitsauftritts aller Fach-
händler. Durch den neuen Markenauftritt hat Red Zac eine Werbeerinnung geschaf-
fen, an die selbst Wettbewerber mit höheren Budgets nicht herankommen.

So ist auch dem Mittelstand Mut zur Markenpolitik anzuraten. Laut Joachimsthaler
haben gerade kleinere und mittlere Unternehmen wegen ihrer regionalen Konzentra-
tion und der starken Kundenbindung gute Chancen, sich rasch und kostengünstig
Markenbilder zu schaffen.1138 Abb.7-90 gibt hierzu Empfehlungen.
Abb.7-90
EINE PRÜFLISTE FÜR DEN AUFBAU VON MITTELSTANDS-MARKEN
Die Marke baut Relevanz im Konsumentenalltag auf. Deshalb gilt es vor allem den Verwendungsprozess
zu verstehen.
Die Marke verfügt über eine starke, klare und dauerhafte Identität, die zentral von der Unternehmenslei-
tung gesteuert wird.
Die Marke wird nicht durch die kreative Idee einer Agentur geprägt, sondern durch eine klare Ableitung
der Markenstrategie aus der Unternehmensstrategie.
Die Marke wählt keine Me-too-Positionierung. Sie eröffnet durch neue Sichtweisen des Marktes zukünfti-
ge Wachstumspotenziale.
Die Marke wird nicht nur als Produkt, sondern als integriertes Geschäftsmodell - vom Vertriebskonzept bis
zur Gestaltung von Kundenbindungsmaßnahmen - betrachtet.
Die Marke hat ihre Kundenbeziehungen vor allem über nicht-klassische Markenbildungsprogramme (z.B.
Events) aufgebaut, steht dadurch in intensiver Interaktion mit den Anspruchsgruppen und besitzt eine
hohe Individualität.
Die Strärke und Rolle der Marke wird auch anhand neuer, individueler Methoden untersucht; wie Beo-
bachtung, Video Sampling, Life Szenarien Analysen oder Markencollagen.
Marken sollten leicht (unmittelbar) mit den Assoziationen verknüpft sein.

(vgl. Joachimsthaler, (kleiner), in: ASW, 8/2002, S. 12)

Die Marke- Frische Markenwerte bleiben nicht ewig jung. Durch die Wirren der Zeit und im
ting-Preise seit Fluss neuer eigener und wettbewerblicher Produkte müssen Marken vom Produkt-
1995:
95: OBI
bzw. Markenmanagement sorgfältig gepflegt werden.
96: GROHE
97: Kärcher b.) Markenpflege - Markensicherung
98: SmithKline
99: VW "Markenwerte sind akkumulierte, also gespeicherte Leistungsgeschichte."
00: Miele (J. Plüss, Marketingleiter von Miele)1139
01: Red Bull
02: Loewe
Für eine vorbildliche Markenführung erhielt die Firma Miele & Cie. den Deutschen
03: BILD
04: Porsche Marketing-Preis 2000. Miele besetzt seit mehr als 100 Jahren "fast monopolistisch"
05: Tchibo das Top-Preis- und Top-Qualitätssegment für Haushaltsgeräte. Als Stützpfeiler der
06: Hugo Boss langfristigen Markenführung nennt Miele:
07: Bosch
Power Tools 1136
Hirn, (Rastlos), in: MM, 5/2001, S. 132
1137
vgl. Hessler, (Verbundgruppe), in: ASW, 1/2001, S. 44-46
1138
vgl. Joachimsthaler, (kleiner), in: ASW, 8/2002, S. 12-13
1139
Pälike, (Leistungsgeschichte), in: ASW, Sondernummer Oktober 2000, S. 37
512 Marktorientierte Unternehmensführung

• Mono-Markenstrategie zur Bündelung aller Innovationspotenziale und Strate-


gien auf einen Absender und eine Botschaft,
• dominierende Besetzung des Premium-Qualitätssegmentes (mit Preisabständen
zur Konkurrenz bis zu 75 Prozent),
• Kontinuität bei den elementaren Motivwerten Langlebigkeit, Zuverlässigkeit
und Sicherheit,
• breite Distribution in den Fachhandel mit Just-in-time-Belieferung,
• globale, wettbewerbsunabhängige Preisstrategie,
• konsequente Preispolitik für alle Handelspartner,
• Verzicht auf modische Farben und überflüssige Dekorationen,
• weitgehend unveränderter Werbeauftritt seit rund zehn Jahren,
• behutsames emotionales Aufladen der Markenwerte,
• Unternehmensmission: "Lebensqualität schaffen", Positionierung: "immer bes-
ser", Claim: "Miele - die Entscheidung fürs Leben" konsequent kommunizieren,
• konservative Auswahl der Werbeträger, Hauptmedium Print, wenig TV-Einsatz,
• Partneranzeigen gemeinsam mit dem Handel,
• hochwertige Markenkulisse am POS.

14 von 18 Markenpflege ist nicht allein eine Marketingaufgabe. Das Marketing kann Marken-
Marktführern versprechen nur kommunizieren. Gehalten werden kann es nur aus der Leistungspro-
des Jahres 1973 grammpolitik heraus. "Große Marken verändern ihre Kernwerte auch über Jahr-
liegen 2006
immer noch zehnte nicht."1140 Semper idem gilt als Geheimnis von Underberg. So sind es vorran-
vorne: z.B. gig ständige Leistungsverbesserungen und Kontinuität im Werbeauftritt, die
Persil, Tempo, eine erfolgreiche Markenpflege auszeichnen. Verliert eine Marke dennoch einmal
Odol, Dr. Best,
Lenor, Weißer
trotz guter Pflege an Ausstrahlung, kann ein Relaunch sie wiederbeleben.
Riese.
c.) Markenerweiterung (Line Extension) durch Markentransfer
„Eine Linienausweitung (Line Extension) liegt vor, wenn eine bestehende
Marke auf ein neues Produkt bzw. Produktvariante einer bereits am Markt
etablierten Produktgruppe ausgeweitet wird.“
Beim Markentransfer (Brand Extension) „wird eine bestehende Marke auf
Produkte einer anderen Produktgruppe übertragen.“1141

Über 90 Prozent der neu eingeführten Produkte erhalten ihr Gesicht durch einen
Marken(kraft)transfer seitens einer Dachmarke. Der Anbieter verspricht sich eine
intensivere Produktnutzung bei den bisherigen Kunden und eine Erschließung neuer
Kundensegmente. Die Marktkraft des Angebotsprogramms soll synergetisch gestärkt
werden. Die Dachmarke Nivea wurde so von Beiersdorf zu einer erfolgreichen Mar-
kenfamilie ausgebaut. Ausgehend von Kaffeefiltertüten hat sich Melitta auf vielfälti-
ge Produktkategorien von Lebensmittelfolien über Kaffee bis hin zu Luftbefeuchtern
ausgedehnt. Becks war Anwärter auf den Marken Award 2004. Denn es ist Becks
gelungen, die Marktanteilsbegrenzung für die geschmacklich herbe Basismarke
durch die Einführung des milden Beck´s Gold zu überwinden. Der Vorteil in allen
Praxisbeispielen: Eine neue Marke erhält in der Aura der Dachmarke schnell eine
starke Markenidentität. Aber auch die Muttermarke kann profitieren. Tesa ist es bei-
spielsweise gelungen, sein Image durch die Tesa-Power-Strips in Richtung Innovati-
on zu stärken. Allerdings birgt die Markenerweiterung durch Markentransfer
auch Risiken. Ein zu breites Produktportfolio oder inkonsistente Markenerweiterun-
gen können die Verbraucher irritieren. Die Dachmarke wird kannibalisiert und ver-
liert auf jeden Fall an Markenwert. Eine Untersuchung von 130 Praxisfällen von
1140
und "Vergessen Sie das Thema Repositionierung": Simon, (Gefasel), in: MM, 6/2001, S. 126
1141
Beide Zitate vgl. Homburg; Krohmer, (Marketingmanagement), 2006, S. 643
7. Kapitel: Die Kommunikationspolitik 513

Markentransfers mit Rückwirkungen auf die Dachmarke ergab folgende Vorausset-


zungen für eine erfolgreiche Markenerweiterung:1142
• Markenbreite: Nischenmarken können durch Line Extensions eher gestärkt
werden als breite Dachmarken.
• Markenstärke: Die Dachmarke sollte im Bewusstsein der Zielgruppe verankert,
aber noch nicht erstarrt sein.
• Marken-Fit: Die Ähnlichkeit zwischen Marke und Markenerweiterung sollte
möglichst hoch sein.
• Markenaffinität: Bei zu geringer Imageaffinität sind negative Ausstrahlungsef-
fekte zu erwarten (Phaeton von VW).
• Markenprestige: Marken mit einem prestigestarken Image können eher positi-
ve Auswirkungen einer Extension verbuchen als funktionsorientierte Marken.
• Ein neuer Zweitname: Sub-Branding kann positive Effekte verstärken und ne-
gative abfedern. Gleichzeitig kann ein später zu verselbständiger Markenname
unter dem Schutz der Dachmarke eingeführt werden.
• Stimmiges Markenkonzept: Nur bei konsistentem Konzept und Image können
Extensions die Marke unterstützen.
Kann sich eine Line Extension dann am Markt durchsetzen, so wird der Gesamtwert
der Markenfamilie gestärkt.

d.) Markenrelaunch
DaimlerChrysler mit dem Maybach, die Sprudelmarken Bluna, Sinalco und Afri Co-
la, die Traditionsmarken DUAL und Wega, die Zigarettenmarke Nil, der New Beetle
als Nachfolger des Kult-Käfers von VW oder der BMW MINI können hier als gute
Beispiele für ein Zusammenwirken von Produktmanagement und Markenkommuni-
kation mit dem Ziel eines Relaunchs angeführt werden.1143

BP altes Logo Die Revitalisierung einer Marke (Relaunch-Strategien) sollte alle Schalen des
Produkt-Zwiebelkonzeptes nach Abb.4-3 erfassen. Die Produkt-Zwiebelschalen und
die Werbebotschaften müssen zusammenpassen.
1. Für den Relaunch von DUAL wurde den Elektronikgeräten ein futuristisches De-
sign, gemischt mit den traditionellen Designelementen verpasst. In dem De-
signmix haben die Verbraucher dann die alte Traditionsmarke nicht mehr wie-
BP neues Logo dererkannt.
2. Der Käfer wurde als Massenauto gerade durch seine Unzulänglichkeiten zum
Kultobjekt. Die hochgelifteten technischen Ausstattungen des New Beetle können
nur die Zielgruppe der Lifestyle-Generation ansprechen. Das erweiterte Produkt
deckt sich daher nicht mit dem erwarteten Produkt, so dass der Käfer-Nachfolger
neu positioniert werden muss.

Beispielhaft ging die Loewe AG bei ihrem Relaunch im überaus schwierigen Markt
der Unterhaltungselektronik vor. Für den Erfolg erhielt Loewe den Marketing-Preis
2002.1144 Loewe verfolgt eine Premium-Strategie und nicht zuletzt eine Wettbe-
werbsdifferenzierung durch Design. Als Haupt-Erfolgsfaktor wird jedoch die strin-
gente Markenarchitektur angeführt: von den Kernkompetenzen (Ästhetik, De-
sign, Intelligenz/Technologie, Wertigkeit/Qualität) über die Markenpersönlichkeit
(persönlich, inspirierend, konsequent) zur Markenkompetenz (Loewe macht die
multimediale Welt zu einem Erlebnis) und schließlich zum Markenanspruch ("ein-
fach erleben"). Alle Kommunikationsinstrumente sind aufeinander abgestimmt. Je-
der Kundenkontakt unterliegt einer Wiedererkennung. Die Devise "Erlebnis mit allen
Sinnen" durchzieht als Claim den Kommunikations-Mix.
1142
vgl. Sattler; Kaufmann, (Imagepflege), in: acquisa, 5/2005, S. 24-26
1143
vgl. zu einigen Beispielen Fischer, (Nostalgie), in: MM, 6/1999, S. 176-183
1144
vgl. Bunk, (Loewe), in: ASW, Sonderausgabe Marken 2002, S. 22-28
514 Marktorientierte Unternehmensführung

Abb.7-91

1999
7. Kapitel: Die Kommunikationspolitik 515

Abb.7-92 Abb.7-92 enthält Schlüsselfragen, die bei


SCHLÜSSELFRAGEN ZUM
der Revitalisierung eines Markenproduk- RELAUNCH VON MARKEN
tes zu beantworten sind.1145 Was ist der Produktkern? An welche Kompo-
nenten erinnern sich die Käufer?
Abb.7-91 betrachtet ehrfürchtig Marken- Wie müssen die Produkte beschaffen sein, um
die früheren Werte zu transportieren und
namen, Markendesigns und Logos aus- gleichzeitig mit modernen Produkten konkurrie-
gewählter große Marken im Ablauf der ren zu können?
Welche Einstiegs- und Wachstumsmöglichkei-
Jahrzehnte. Viele große Marken sind ge- ten bietet der Markt?
storben (AEG, Hoechst). Starke Marken Mit welchen Botschaften lässt sich das Produkt
/ die Marke revitalisieren?
passen sich behutsam dem Zeitgeist an.
Welche Vertriebswege stehen zur Verfügung?
Die Abbildung legt Zeugnis ab für Mar-
ken, die Geschichte schreiben. Sind alle Markenrechte gesichert?
Berücksichtigt das Vermarktungskonzept den
Für die marktorientierte Unternehmens- langen Vorlauf für die Listung im Handel und
die Kreation einer Werbekampagne?
führung ist es überlebenswichtig, die ei- Enthält das Budget alle Kosten für Produktion,
gene Stärke im Markenwettbewerb zu Marketing und Vertrieb?
kennen. Doch wie kann der Wert bzw. Was soll geschehen, wenn die Relaunch-
Strategie nicht erfolgreich ist? Gibt es einen
die Kraft einer Marke gemessen werden? Notfallplan?

7.14.7. Die Messung des Markenwertes (Brand Equity)


a.) Eine Systematik bekannter Verfahren
"Markenimage ist taktischer Natur - ein Element, mit dem kurzfristig Ergebnisse zu
erzielen sind und das gut und gerne den Fachleuten für Werbung und Promotion ü-
berlassen werden kann. Der Markenwert dagegen ist strategischer Natur - ein Ver-
mögenswert, der die Grundlage für Wettbewerbsvorteile und langfristige Rentabilität
sein kann und daher von den Spitzenkräften eines Unternehmens gesteuert oder genau
überwacht werden sollte. Das Ziel der Markenführerschaft besteht im Aufbau von
Markenwerten und nicht in der einfachen Verwaltung des Markenimages."1146

"Der Markenwert (Brand Equity) ist die Gesamtheit aller positiven und
negativen Vorstellungen, die im Konsumenten ganz oder teilweise aktiviert
werden, wenn er das Markenzeichen wahrnimmt und die sich in ökonomischen
Daten des Markenwettbewerbs spiegeln."1147

Der Wert einer Marke spiegelt sich gleichsam "in den Köpfen der Konsumenten wi-
der."1148 Daher ist dem ersten der folgenden drei Ansätze der Markenwertmessung
der Vorzug zu geben:
(1) Die konsumentenbezoge (marktbezogene) Bewertung von Marken orientiert
sich an den Erfolgsfaktoren Kundenzufriedenheit, Wiederkaufabsicht, Referenz-
nennung, Einstellung zur Marke.
(2) Die herstellerbezogene (finanzwirtschaftliche) Markenbewertung misst Sub-
stanzwerte, Ertragswerte, auf Markenkraft zurückzuführende Cash-Flows und
Marktanteile.
(3) Analogieverfahren orientieren sich an Markenverkäufen oder nehmen Rück-
schlüsse aus realisierten Markenlizenzen vor.
Drees (FH Erfurt) hat in einer Studie 190 Markenartikelexperten danach befragt, wie
sie die Qualität der Markenbewertungsverfahren führender Marktforschungsinstitute
und Beratungsunternehmen einschätzen und wie bekannt ihnen diese Verfahren sind.

1145
vgl. Fischer, (Nostalgie), in: MM, 6/1999, S. 183
1146
Aaker; Joachimsthaler, (Top-Strategien), in: ASW, 6/2000, S. 30
1147
Schulz; Brandmeyer, (Marken-Bilanz), in: Markenartikel, 7/1989, S. 364-370
1148
Esch; Wicke; Rempel, (Markenmanagement), 2005, S. 11
516 Marktorientierte Unternehmensführung

Abb.7-93
VERFAHREN ZUR MARKENBEWERTUNG
Bekanntheit Einschätzung der Qualität

50 Markenkern-Analyse (generisch) 50

40 Eisbergmodell (ICON) 41

40 Marken&Monopole (Konzept&Analyse) 31

33 Markenbilanz (Nielsen) 26

32 Brand Character (Grey) 28

26 Brand Status (ICON) 42

23 Marken-Potenzial-Ausschöpfung (Grey) 25

18 Brand Potential Analysis (BBDO) 25

17 Brand Asset Valuator (Y & R) 12

17 Markensimulator r 12

50 45 40 35 30 25 20 15 10 5 0 0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50

Quelle: Prof. Dr. Norbert Drees, FH Erfurt

Abb.7-93 zeigt die Rangfolgen der Bekanntheitsgrade und Qualitätsurteile.1149


Nur vier Verfahren erzielten neben der keinem Institut zuzuordnenden generischen
Markenkernanalyse einen Bekanntheitsgrad von mehr als 30 Prozent: das Marken-
steuerrad/Eisbergmodell von icon, die Marken&Monopole von Konzept&Analyse,
die Markenbilanz von ACNielsen und der BrandCharacter von Grey. Verwendet
haben allerdings nur 15% das Modell von icon, 8% den BrandCharacter, 4% die
MarkenMonopole und niemand die Markenbilanz. Viel Analyseaufwand der Institute
und nur wenig Akzeptanz auf Seiten der Markenindustrie, so scheint es. Nach den
Qualitätseinschätzungen der Praxis hat sich offenbar die konsequente Marketingar-
beit von icon ausgezahlt. Ausgewählte Verfahren werden im folgenden erläutert.

b.) Brand navigator - Markensteuerrad und Eisbergmodell von icon


Abschnitt 3.3.2. stellt bereits die icon vor. icon hat sich durch ein achtstufiges Ver-
fahren zur Markenwertanalyse und zur Markenstrategie einen Namen gemacht:
(1) Die Definition der Markenidentität: Am Anfang steht ein Brand Workshop, in
dem das Fundament der Marke, der Markenkern, analysiert wird. Der Marken-
kern repräsentiert die originäre Identität der Marke. Sie muss bei allen Werbe-
botschaften für den Verbraucher spürbar sein. Sie kann mit Hilfe eines Marken-
steuerrades nach Abb.7-94 systematisch erarbeitet werden.1150 Die Markenkern-
elemente für ein Waschmittel sind z.B.:
Markenkompetenz: rosa Perlen mit hoher Weißkraft,
Tonalität: selbstbewusst, innovativ,
Markenbild: Farbgebung, Packung, Werbebotschaft des Waschmittels,
Benefit / Reason why: Belohnung durch die Familie für die weiße Wäsche,
(2) Die Marke aus Verbrauchersicht: Im zweiten Schritt diagnostiziert ein Brand
Status mit Hilfe von Marktdaten den Markenerfolg aus Verbrauchersicht. Die ge-
suchte Präsenz einer Marke in den Köpfen der Verbraucher stellt sich wie ein
Eisberg dar; mit einem Markenbild als sichtbarem und einem langfristig, strate-
gischen Markenguthaben als unsichtbarem Teil. Diese beiden zentralen Erfolgs-
faktoren bestehen im einzelnen aus
Markenbild: Bekanntheit der Marke, Klarheit des inneren Markenbildes, Ein-
zigartigkeit der Marke, Attraktivität des Markenbildes und Markenpräsenz,
1149
vgl. Drees, (Markenbewertung), in: ASW, 10/1999, S. 96-97 sowie ausführlich Heft 6 der Erfurter
Hefte zum angewandten Marketing, Erfurt 1999
1150
vgl. Esch; Andresen, (Barrieren), in: ASW, 10/1996, S. 96
7. Kapitel: Die Kommunikationspolitik 517

Markenguthaben: Markensympathie, -vertrauen und Loyalität zur Marke.


Abb.7-93 veranschaulicht die Markenanalyse. Das Markenguthaben der unter-
suchten Marke ist recht stark. Beim Markenbild im Bereich der Werbeaktivitä-
ten werden dagegen Schwächen sichtbar.
(3) Produktpositionierung im Markt: Matrix stellt dem externen Markenstatus
eine interne strategische Bewertung gegenüber. Matrix betrachtet dazu Märkte,
d.h. Wettbewerber mit deren Marken im Spannungsfeld gemessener Nutzenemp-
findungen der Konsumenten. Matrix besteht aus 5 Bausteinen:
Marktstrukturierung: Die theoretischen Grundlagen hierzu wurden im Ab-
schnitt 4.2.3. näher beschrieben.
Positionierungsmodell: (s. analog Abb.4-9).
Segmentation: Die Segmentation ordnet gemäß Clusteranalyse Kundenseg-
mente im Nutzenraum an. Marken und Konsumenten werden wie üblich in
einem System erfasst (s. ebenfalls Abb.4-9).
Simulation: Mit Hilfe der Simulation können alternative Marken-
Positionierungsszenarien durchgespielt werden.
Dynamische Datenbank: Mit der dynamischen Datenbank können die alter-
nativen Maßnahmen (What-if-Maßnahmen) auf Wirksamkeit überprüft wer-
den.
(4) Die Entwicklung von Markenbildern: Mit Brand Screen steht ein mehrstufiges
System zur Entwicklung innerer Markenbilder zur Verfügung. Brand Screen ori-
entiert sich dabei an den psychologischen Erkenntnissen der Gehirnhälftenfor-
schung (linke Gehirnhälfte Begriffe und rechte Gehirnhälfte Bilder; Prinzip der
dualen Codierung nach Paivio).
(5) Die Überprüfung von Konzepten: Brand plus ermöglicht eine frühzeitige Über-
prüfung geplanter Werbeauftritte mit Hilfe der Datenbank des Eisberg-Ansatzes.
Ein Markenstatus wird vor und nach Werbemittelkontakt geschätzt. Durch Erfas-
sung der Abweichungen zwischen Pre- und Postmessung werden Auswirkungen
auf die Markenwahrnehmung der Konsumenten prognostiziert.
(6) Werbemittelforschung: Der Baustein Ad plus ermöglicht die empirische Analy-
se von Werbemitteln. Kleine Stichproben von 150 oder 100 Konsumenten wer-
den Face to Face so befragt, dass Aussagen über die Beziehungen zwischen
Werbemittel, Produkt und Marke möglich sind. Auch Tests mit Augenkameras
sind in diesem Leistungspaket von icon verfügbar.
(7) Werbetracking: Ad Trek ist ein Instrument zur kampagnenbegleitenden Werbe-

Abb.7-94

DAS MARKENSTEUERRAD
NACH ICON

Kompetenz
Tonality
der Marke

Wer Wie
bin ich? bin ich?

Was Wie trete


biete ich? ich auf?
Benefit &
Markenbild
Reason why
518 Marktorientierte Unternehmensführung

erfolgskontrolle. Bei mehrfach geschichteten Zufallsstichproben von 100 Befrag-


ten werden wöchentlich Telefoninterviews (CATI) geführt. Gemessen werden:
Erinnerungsleistung: Wie viele und welche Personen erinnern sich an eine
Werbung?
Kommunikationsleistung: Welche Werbebotschaften werden erinnert und
richtig verstanden?
Besitzstände: Welche „Besitzstände“ werden kommuniziert und der Marke
zugeordnet?
(8) Kundenzufriedenheit und Kundenbindung: CURS (Customer Retention Sys-
tem) überprüft die Leistungsfähigkeit der Kontaktprozesse einer Vertriebsorgani-
sation mit bestehenden Kunden im Wettbewerbsumfeld. CURS löst drei Kern-
aufgaben:
Benchmarking: Standortbestimmung im Wettbewerbsvergleich,
Monitoring: Definition und Installation von Customer Care Monitoring Sys-
temen zur Beurteilung und Steuerung der Vertriebstätigkeiten,
Kundenzufriedenheit: Ableitung von Maßnahmen zur Weiterentwicklung
von Kundenzufriedenheit und Kundenbindung.

c.) Markenbilanz und Brand Performancer von ACNielsen


ACNielsen hat Scoring-Modelle zur Markenbewertung entwickelt. Sie beruhen auf
Panel-Daten. Dadurch kann ACNielsen die eigenen Datenbasen nutzen. Die Mar-
kenbilanz ist das Grundmodell. Maximal sind auf den 19 Einschätzungsskalen der
Abb.7-95 500 Punkte erreichbar. Anschließend werden die zukünftigen Erträge der
Marke geschätzt und mit einem Diskontierungsfaktor abgezinst. Der Faktor ergibt
sich aus der Höhe der mit dem Scoring-Modell ermittelten Gesamtpunktzahl.

Der Brand Performancer baut auf der Markenbilanz auf und erweitert und verbes-
sert das Verfahren. Im Mittelpunkt steht ein Brand Monitor System, mit den Modu-

Abb.7-95
MARKENWERTMODELLE VON ACNIELSEN UND INTERBRAND
ACNielsen Markenbilanz ACNielsen Brand Performancer Interbrand Multiplikatormethode
I. Was gibt der Markt her?
1. Marktgröße 1. Marktvolumen 1. Markenführerschaft (25 P.)
2. Marktentwicklung 2. Markttanteil 2. Markenstabilität (15 P.)
3. Gewinnpotenzial 3. Marktanteilswachstum 3. Markt (10 P.)
II. Welchen Anteil holt sich die Marke 4. Marktwachstum 4. Internationalität d. Marke
aus dem Markt? 5. Relativer Marktanteil (25 P.)
4. Wertmäßiger Marktanteil 6. Gewichtete Distribution 5. Trend der Marke (10 P.)
5. Relativer Marktanteil 7. Markenbekanntheit 6. Marketing-Unterstützung
6. Marktanteilsentwicklung 8. Markentreue (10 P.)
7. Gewinn-Marktanteil 9. Marken im relevanten Set 7. Markenschutz (5 P.)
III. Wie bewertet der Handel die Marke? Summe: 100 Gewichtungspunkte
8. Gewichtete Distribution
9. Handelsattraktivität der Marke
IV. Was tut das Unternehmen für die
Marke?
10. Produktqualität
11. Preisverhalten d. Marke
12. Share of Voice (Werbeaufwand)
V. Wie stark sind die Konsumenten der
Marke verbunden?
13. Markentreue
14. Vertrauenskapital
15. Share of Mind (ungestützte Bekannt-
heit)
16. Werbeerinnerung
17. Markenidentität
VI. Wie groß ist der Geltungsbereich?
18. Internationalität d. Marke
19. Internationaler Markenschutz
7. Kapitel: Die Kommunikationspolitik 519

len Brand Steering System, Brand Value System und Brand Control System. Eine
ideale Marke kann maximal 1000 Scores erreichen.1151

d.) Multiplikatormethode von Interbrand


Während die ACNielsen-Analysen auf Paneldaten beruhen, analysiert und plant In-
terbrand neue Marken ganzheitlich mit Hilfe von subjektiven Einschätzungen. Inter-
brand arbeitet dazu mit einem Scoringmodell mit 7 Dimensionen und 80 bis 100
Subkriterien. Diese variieren je nach Branche. Eine Übersicht über die Markendi-
mensionen nach Interbrand ist rechts in der Abb.7-95 enthalten.

Die einzelnen Messwerte werden zu einem Gesamtwert der Markenstärke addiert.


Über eine s-förmige Kurve wird dieser in einen Multiplikator transformiert. Im drit-
ten und letzten Schritt wird der Multiplikator mit einem Ertragswert (Durchschnitts-
gewinn der letzten drei Jahre nach Zinsen und Steuern) zu einem Markenwert ver-
knüpft.1152

e.) Brand-Synergy 130 von Grey


Abb.7-96
DIE MARKENKERN-ANALYSE NACH GREY

Das äußere Profil der Käufer: Das Fremd-Image der Marke:


Das äußere Profil der Marke:
Wie präsentiert sich der Wie sehen Nicht-Verw ender
Wie präsentiert sich die Marke
Markenverw ender? die Marke?

DER
MARKENKERN

Das innere Profil der Käufer: Das Eigen-Image der Marke:


Das innere Profil der Marke:
Wie ist die Persönlichkeit des Wie sehen Verw ender die
Was ist die Marke?
Markenverw enders? Marke?

Nach Grey dient die Kommunikation dazu, einer Marke dauerhaft Persönlichkeit.
Einzigartikeit und Meinungsqualität zu verleihen. Zahlreiche Werkzeuge zur Um-
setzung dieser Faktoren fasst Grey unter Brand Synergy 130 zusammen.1153 Im Mit-
telpunkt steht die Markenkern-Analyse der Abb.7-96. Wie in einem Röntgenschirm
wird die Marke aus sechs internen und externen Blickwinkeln heraus durchleuchtet.
Das Brand Character Modell soll für die Marke speziell Nutzenwerte schaffen und
ihr einen Mythos verleihen. Die Grey Kompetenz Pyramide dient der Absicherung.
Sie überprüft die Marke im Hinblick auf ihre zentrale Kompetenz. Eine typische, von
Grey kreierte Marke ist Odol: vom Mundwasser zur Mundhygiene. Der Brand Signal
Check überprüft, welche Werbesignale gut zur Marke passen und welche sich ein-
deutig kommunizieren lassen. Die Dr. Best Zahnbürste ist hier das Referenzbeispiel.
Das Beweissymbol für die Sanftheit der Bürste ist die Tomate. Brand Protect letzt-
lich ist ein Markenschutz-Tool, bestehend aus fünf Modulen. Grey deckt als
Dienstleister alle Aspekte der Schutzdefinition sowie Prüfung und Umsetzung der
Schutzfähigkeit ab. Von den ersten Markenüberlegungen bis hin zum Patentschutz
bieten die etablierten Markenberatungen heute Dienstleistungspakete aus einer Hand.

1151
vgl. Dreefs, (Markenbewertung), 1999, S. 18-19
1152
vgl. hierzu und auch zu der Kritik der Verfahren Esch; Geus, (Markenwertmessungen), in: ASW,
Supplement Marken, 2001, S. 24-27
1153
vgl. Pätzmann; Lehner, (Markenführungstools), in: MARKEting, 3/2002/2003, S. 29-35
520 Marktorientierte Unternehmensführung

f.) VALMATRIX von CONSOR


In den 80er Jahren war General Motors gezwungen, jährlich über 3 Mio. US-$ für
Prozesse zur Verhinderung von Markenverletzungen auszugeben. Heute verwaltet
GM über 1.200 Lizenzvereinbarungen, die einen Zusatzumsatz von 1,1 Mrd. US-$
generieren. Aus gleichem Grund unterhalten 65 Prozent der Fortune 500-Firmen
Lizenzverträge. Was liegt nun näher, als die Lizenzerträge einer Marke zum Aus-
gangspunkt für die Messung der Markenkraft heranzuziehen.1154 In der VAL-
MATRIX-Methode von CONSOR wird die Markenstärke zuvor in bewährter Form
anhand eines Scoring-Modells taxiert. Zwanzig Schlüsselfaktoren werden dazu von
dem US-Markenspezialisten herangezogen; z.B. Profitmargen, Entwicklungskurve,
Lebenszyklusposition der Marke, Wiedererkennung, Ausweitungspotenzial, Eignung
zur Übertragung, internationaler Schutz etc. Danach führt die VALMATRIX-Methode
eine finanzwirtschaftliche Markenbewertung gemäß Beispiel aus Abb.7-97 durch.
Bekannte Unternehmen, wie Procter&Gamble, Ford, Exxon, General Electric, NCR
arbeiten nach dem Verfahren.
Abb.7-97
BEISPIEL ZUR VALMATRIX-METHODE
Bandbreite vergleichbarer Lizenzgebühren 1 - 4%
VALMATRIX-Rating z.B. 59%
hieraus resultierende Lizenzgebühr 1,5 - 2,0%
verbleibende Lebensdauer der Marke 12 Jahre
jährliche Wachstumsrate 2%
Diskontierungsrate für den Cash-Flow 15%
aktueller Umsatz 406 Mio. US-$
Cash-Flow der Marke
1,5-2% x 12 Jahre x 2% Wachstum x 406 Mio US-$ zu 15%
abdiskontiert = Net Present Value (NPV) 35,5 - 47,5 Mio.$
(Quelle: Lou; Anson, (Brand Evaluation), ASW, Sondernummer Oktober 2000, S. 166)

g.) Weitere Markenbewertungsmodelle


Die mehrseitige Abb.7-98 bietet eine Gesamtübersicht über gängige Verfahren zur
Markenbewertung und Markenführung.1155 Daneben sind weitere finanzorientierte
Ansätze zu nennen, z.B. die Markenwertformel von Kern, das Marktwertmodell
von Herp oder auch das Börsenwertmodell von Simon&Sullivan.1156 Vermutlich
wird die Diskussion um eine objektivierbare Markenbewertung nie zu Ende geführt.
Stets stößt man an eine Grenze: "Harte" Finanz- oder Paneldaten sind zwar überprüf-
bar. Durch sie kann man aber der "weichen" Faszinationskraft einer Marke, dem
wahren Markenkern, nicht auf die Spur kommen. Andererseits werden sich weiche
Einschätzungen und Konsumentenurteile immer dem Zweifel der Subjektivität und
der Manipulierbarkeit zu stellen haben. Aber dieses Dilemma ist für das Marketing
Alltag. In dem es immer um Menschen und um deren Gefühle geht.

Die Mehrzahl der Marketinglehrbücher endet hier ....

1154
vgl. Lou; Anson, (Brand Valuation), in: ASW, Sondernummer Oktober 2000, S. 164-168
1155
vgl. eine frühere Auswertung bei Drees, (Markenbewertung), 1999, S. 17-24; spez. S. 23; vgl. die
aktuelle Zusammenstellung in: o.V.: (Marken-Macher), Sonderheft Marken der Absatzwirtschaft
2005, S. 148-52
1156
vgl. die Hinweise bei Drees, (Markenbewertung), 1999, S. 17; vgl. auch die kompakte Zusammen-
fassung von Esch; Geus, (Markenwertmessungen), in: ASW, Supplement Marken, 2001, S. 24-27
7. Kapitel: Die Kommunikationspolitik 521

Abb.7-98
WEITERE MARKENWERT- UND MARKENFÜHRUNGKONZEPTE
Name des Modells Anbieter Kurzbeschreibung
• Absolut ist ein System zum Markenaufbau mit geringem Marke-
tingbudget. Es besteht aus einem Tool-Kit, bei dem Varianten
von Marketingaktivitäten zur Zielerreichung kombiniert werden.
Absolut Ifam
Absolut basiert auf einer Mischung von Marketingeffizienzstra-
tegien und Werbewirkungsmodellen und legt jedem Instrumen-
tarium eine spezifische Wirkungselastizität zu Grunde.
• ABV ist ein integriertes Marken-Wertmodell auf Basis betriebs-
wirtschaftlicher und verhaltenswissenschaftlicher Daten. Das
Instrument ermittelt die markenspezifischen Ergebnisbeiträge
ABV – Advanced Pricewaterhouse
und Risiken unter Anwendung eines kapitalmarktorientierten
Brand Valuation Coopers
Ansatzes. ABV eignet sich für sämtliche Bewertungsanlässe, für
die Markenführung und für das Ermitteln von Kaufpreisen und
Lizenzraten.
ACNielsen Brand ACNielsen / Kon-
• Im Text erläutert
Performance System zept&Markt
• Qualitativer gruppendynamischer Forschungsansatz, der mit
projektiven und expressiven Techniken arbeitet. Apia untersucht
Apia – Analyse projek- die rationalen und emotionalen Assets von Marken im Wettbe-
&Equity
tiver Interaktionen werbskontext. Der Ansatz analysiert vor allem die unbewussten
Gedankenbilder einer Marke im Kopf des Verbrauchers. Das
Ziel ist die Optimierung der Marken-Positionierung.
• Ein gemeinsam mit Ernst&Young entwickeltes und in mehreren
europäischen Ländern eingesetztes Marken-
BBDO Consulting bewertungsverfahren. Es integriert eine strategisch-
Brand Equity Valuation BBDO Consulting marketingorientierte sowie eine bilanziell-finanzwirtschaftliche
for Accounting (BEVA) Perspektive. Die Bündelung beider Expertisen wird als besonde-
re Stärke gesehen. BEVA kann auch für den bilanziellen Aus-
weis von Marken herangezogen werden.
• BASS unterstützt das Marken-Controlling durch eine tiefgehen-
de Analyse der Entwicklung von Markenerfolg, Marken-
Brand Assessment GfK Marktfor- Attraktivität, Markenpositionierung sowie der Wahrnehmung al-
System (BASS) schung ler Marketingaktivitäten einer Marke. Auf Basis dieser Daten
können Aussagen über die Effektivität und Effizienz des gesam-
ten Marketing-Mix abgeleitet werden.
• Der Brand Asset Valuator durchbricht die konventionelle Kate-
gorieperspektive und betrachtet die Markenlandschaft umfas-
send. Denn der Wert einer Marke liegt im Bewusstsein der
Brand Asset Valuator Y&R
Menschen. Diese Beziehung macht das Markenführungstool
Brand Asset Valuator transparent. In der weltweit größten Da-
tenbank sind mehr als 20.000 Marken erfasst.
• Das Brand Efficiency Framework bewertet Branding-Aktivitäten
mit dem Ziel, die Wirksamkeit des Budgeteinsatzes zu steigern.
Auf der Basis von Absatz-, Marktanteils- und Brand-Equity-
Brand Efficiency Boston Consulting
Zielen werden die Kosten und Inhalte der Marketingaktivitäten
Framework Group
analysiert und ihre Einflüsse entlang des Kaufentscheidungs-
prozesses optimiert. Dabei werden neben Kommunikations-
maßnahmen auch andere Brand Driver berücksichtigt.
• Brand Manager ist ein neues Verfahren zur Bestimmung wei-
cher Faktoren des Markenwertes. Bei diesen oft für den mone-
tären Wert einer Marke entscheidenden Faktoren geht es um
ISM Global Dyna- den Markenwert im Kopf der Verbraucher. Brand Manager findet
Brand Manager
mics heraus, welche emotionalen und rationalen Komponenten im
Markenimage den Wert der Marke ausmachen. Damit lassen
sich Preiserhöhungen und Wachstumsstrategien empirisch ab-
sichern.
• Brand Rating ermittelt den monetären Wert der Marke sowie
das Markenwertpotenzial aus Zielgruppen- und Marktsicht. Die
Bewertung basiert auf finanzorientierten und verhaltens-
Brand Rating B.R. Brand Rating wissenschaftlichen Aspekten. Das Werkzeug unterstützt die er-
tragsorientierte Markenführung., die Markensteuerung, die Be-
stimmung bilanzfester Markenwerte sowie die Verwertung von
Markenrechten bei Kaufpreisermittlung und Lizensierung.

Brand Status / Eis-


Icon Brand Navi-
bergmodel / Icon • Im Text erläutert
gator
Brand Navigator

(Quelle: o.V., (Marken-Macher), Sonderheft Marken der Absatzwirtschaft 2005, S. 148-153)


522 Marktorientierte Unternehmensführung

WEITERE MARKENWERT- UND MARKENFÜHRUNGKONZEPTE


Name des Modells Anbieter Kurzbeschreibung
• Die 4 konzeptionellen Stufen Brand Strategy, Brand Drivers,
Brand Equity und Brand Value werden in einen logischen Zu-
Brand Value Creation Boston Consulting sammenhang gebracht und messbar gemacht. Auf dieser Basis
Framework Group werden partielle und ganzheitliche Entscheidungen der Marken-
Positionierung, -Führung, -Organisation und -Bewertung fundiert
und neu auf die Steigerung des Markenwertes ausgerichtet.
• Brand Value Tracking bietet ein kontinuierliches Monitoring von
Markenwerten und Wertesets unterschiedlicher Zielgruppen für
Brand Value Tracking
GIM argo eine synchronisierte Markenführung. Das frühzeitige Erkennen
System
von Veränderungen in Wertekonstellationen dient als Frühwarn-
system.
• Das Taillierte Viereck ist eine bildhafte Darstellung des Marktes,
die als Positionierungsmodell für Marken dient. Die Struktur er-
Schmid Preissler gibt sich aus 3 Marktfeldern: dem Luxus- und Premiummarkt,
Das Taillierte Viereck International Stra- dem Economy-Markt der Durchschnittsansprüchen gerecht
tegy werdenden Massenprodukte und dem Premium-Economy-
Segment mit den darin platzierten Premium-Economy-
Produkten.
• Als Fundament einer strategisch ausgerichteten Markenfor-
schung ermöglicht der Equity Builder die umfassende Beurtei-
lung der Wettbewerbsstärke einer Marke. Gemessen werden
Equity Builder Ipsos die Einstellungen der Konsumenten zur Marke, das kategorie-
und markenspezifische Involvement und das wahrgenommene
Preis-Leistungs-Verhältnis. Als Zielgröße des Markenwertes
kann z.B. der Brand Health Score berechnet werden.
• GAP ist ein Testansatz, der die Vorteile einer Markenstatus-
sowie einer Imageanalyse, einer Marktsegmentierung, eines
Konzept und Ana- Konzepttests und einer klassischen Marktlückenanalyse sub-
GAP-Analyse
lyse summiert. Dabei geht GAP über die klassische Imageanalyse
hinaus, weil auch gezeigt wird, mit welcher Zielrichtung eine be-
stehende Marke erfolgreich weiterentwickelt werden sollte.
• Der Grey Future Brand Character ist ein Arbeitsmodell zur
Ermittlung der zukünftigen Charaktermerkmale einer Marke, die
sie unverwechselbar, begehrenswert und dauerhaft wiederer-
Grey Future Brand kennbar machen. Das Modell definiert die strategischen Mar-
Grey Global Group
Character kenbausteine Produkt, Positionierung und Personality als Basis
für den übergreifenden Charakter der gesamten Leistungspalet-
te und schafft damit die Grundlage für starke, unverwechselbare
Brand Value Signals.
• Grey the Whole Brain ist ein Arbeitssystem zur Steigerung der
Wertschöpfung einer Marke in einem starken Verdrängungs-
wettbewerb. Auf Basis moderner Erkenntnisse der Neuronomics
sichert das Arbeitsmodell eine optimale Balance zwischen ratio-
Grey The Whole Brain Grey Global Group
nalen und emotionalen Markenwerten und legt damit die Grund-
lage für die Entwicklung eines starken und dauerhaften Brand
Characters, insbesondere für Produkte ohne signifikante Vortei-
le.
• Im Mittelpunkt der bilanziellen Markenbewertung steht der
Income Approach mit dem Incremental Cash Flow und der Re-
lief-from-Royalty-Methode. Die Incremental-Cash-Flow-Methode
stellt gedanklich den Cash-flow aus einem Unternehmen mit der
zu bewertenden Marke dem Cash-Flow aus einem fiktiven Un-
ternehmen ohne Marke gegenüber. Der Wert der Marke ent-
Income Approach KPMG
spricht dabei dem Barwert der auf dem Wege einer Differenzbe-
trachtung abgeleiteten markenbedingten Einzahlungsüber-
schüsse. Nach der Relief-from-Royalty-Methode ergibt sich der
bilanzielle Wert der Marke aus der Summe der Barwerte zukünf-
tiger Lizenzzahlungen, die ein Unternehmen aufwenden müsste,
wenn es die Marke von einem Dritten lizensieren würde.
• Integriertes Modell der Markenführung in 3 Phasen mit dem
Ziel, durch integrierte Prozesse Marken-Identitäten zu schaffen,
Profile von Marken zu stärken und werte von Marken zu stei-
Interbrand Zintz- gern. Brand Creation ermittelt Persönlichkeitsmerkmale, defi-
Interbrand Brand Cyle
meyer & Lux niert Strategien und gestaltet das visuelle Erscheinungsbild ei-
ner Marke. Brand Management etabliert die Marke, dokumen-
tiert und pflegt sie. Brand Evaluation analysiert die Marke, findet
Wege, sie zu schützen und bestimmt den Markenwert.
(Quelle: o.V., (Marken-Macher), Sonderheft Marken der Absatzwirtschaft 2005, S. 148-153)
7. Kapitel: Die Kommunikationspolitik 523

WEITERE MARKENWERT- UND MARKENFÜHRUNGKONZEPTE


Name des Modells Anbieter Kurzbeschreibung

Markenbilanz ACNielsen • Im Text erläutert

• Das Instrument hilft, Markenentscheidungen zu treffen und


Markenerfolg systematisch zu managen. Das Herzstück des
Ansatzes sind die Kaufprozessanalyse und deren Anwendung
zum Aufbau und zur Steuerung von Marken entlang des voll-
McKinsey & Com-
Marken-Matrik ständigen Marketingsinstrumentariums. Qualitative Marken-
pany
elemente können so mit ökonomischen Steuerungsgrößen
verknüpft werden. Auf diese Weise lassen sich auch alternati-
ve Wertversprechen entlang aller Kundenkontaktpunkte prä-
zisieren.

Multiplikatormethode Interbrand • Im Text erläutert

• Die Qualitative Markenkern-Analyse ist ein qualitativ-


psychologischer Ansatz auf der wissenschaftlichen Grundlage
Rheingold Institut für
Qualitative Marken- der morphologischen Psychologie. Er dient der tiefenpsycho-
quaitative Markt- und
kern-Analyse (QMA) logischen Durchdringung der Marken-Persönlichkeit, der spe-
Medienanalysen
zifischen Funktion der Marke für den Verbraucher und des
Kompetenzbereiches bzw. Marken-Territoriums.
• Der RB B2B Profiler ist ein ganzheitliches Instrument zur
wertebasierten Analyse und Positionierung von BtoB-Marken.
Poland Berger Stra- Es ist speziell auf stärker rational beeinflusste organisatori-
RB B2B Profiler
tegy Consultants sche Kaufentscheidungen ausgerichtet und eignet sich zur
systematischen Entwicklung und Umsetzung von BtoB-
Markenstrategien.
• Der RB B2C Profiler ist ein Instrument zur psychografischen
Analyse und Positionierung von Marken. Auf der Basis eines
ganzheitlichen Systems von Grundwerten, das quantitativ hin-
Poland Berger Stra- terlegt und verknüpft ist, analysiert und visualisiert das Tool
RB B2C Profiler
tegy Consultants gleichermaßen kommunizierte und wahrgenommene Mar-
kenbilder sowie die Wertesysteme der Verbraucher. Es eignet
sich zur systematischen Entwicklung und Umsetzung von
Markenstrategien.
• Das Programm eröffnet Denkmodelle für die Berechnung von
Markenwerten. Sie reichen von einem neuen Marken-
Marketing bis hin zu zukunftsorientierten Vermögensstruktu-
Schmid Preissler Schmid Preissler ren von Unternehmen, in denen die Markenwerte ausgeglie-
Brand Equity + Per- International Strategy dert werden und selbständig Geld verdienen. Das Programm
formance Program Consultants zeigt, was die Marke zum Unternehmenserfolg beiträgt und
schafft damit die Rahmenbedingungen dafür, dass ein Unter-
nehmen für seinen Markenwert eine angemessene Verzin-
sung erwirtschaftet.
• Das Tool dient der monetären Markenbewertung. Das Verfah-
Semion Brand Valua- Semion Brand- ren bezieht bei der Berechnung wertbestimmende Faktoren
tion Broker wie den Finanzwert, den Markenschutz, die Markenstärke
und das Markenimage mit ein.
• Das Werkzeug ist ein wissenschaftlich fundiertes Modell zur
Analyse von Imagepositionen von Marken. Die Imagekarto-
Semion Brand-
Six(SIGMA)Modell grafie im Six(SIGMA)Modell ist eine sichere Methode, die Ak-
Broker
zeptanz, Influenz und Kompetenz eines Marken- oder Fir-
mennamens zu prognostizieren.

Target Positioning GfK Marktforschung • In diesem Buch erläutert.

(Quelle: o.V., (Marken-Macher), Sonderheft Marken der Absatzwirtschaft 2005, S. 148-153)


8. DIE INTEGRATION ANDERER
UNTERNEHMENSBEREICHE

8.1. Zusammenfassung grundlegender Erfolgsfaktoren für


die marktorientierte Unternehmensführung
8.1.1. Marktorientierte Erfolgsfaktoren

Dieschweigend

Mehrzahl der Marketinglehrbücher endet hier. Die Theorie geht nämlich still-
von den Annahmen aus:
Alle Unternehmensbereiche folgen dem Primat des Marketing.
• Die Kundenzufriedenheit gilt als Maßstab allen betrieblichen Handelns.

Abb.8-1 In erfolgreichen Unternehmen, wie sie Peters und DIE ERFOLGSFAKTOREN VON
Waterman in ihrer wegweisenden Studie über un- SPITZENUNTERNEHMEN
ternehmerische Spitzenleistungen beschreiben, Primat des Handelns: do it, try it,
fix it
mag das auch so sein. Abb.8-1 listet die Grundtu- Nähe zum Kunden mit hoher
genden von Top-Unternehmen nach Peters und Servicequalität
Waterman auf.1157 Jedoch erreichen nicht alle Freiraum für Unternehmertum
Wirtschaftsunternehmen eine bestmögliche Erfül-
Produktivität durch Menschen
lung dieser acht Erfolgsfaktoren. In der zitierten
Untersuchung dürfen nur 14 von 75 Unternehmen sichtbar gelebtes Wertesystem

den Begriff most excellent Company beanspru- Bindung an das angestammte


Geschäft (Kernkompetenzen)
chen. Was darüber hinaus problematisch erscheint:
einfacher, flexibler Aufbau
Die zentralen Marketing-Postulate Kundennähe
und Kundenzufriedenheit erwiesen sich als zwar straff-lockere Führung
notwendige, aber allein noch nicht hinreichende
Bedingungen für unternehmerische Spitzenleistungen.

Denn zu einer unternehmerischen Spitzenleistung gehört es, Kundenzufriedenheit


mit betriebswirtschaftlichem Erfolg in Einklang zu bringen. Die betriebswirtschaftli-
chen Erfolgsgrößen Betriebsergebnis, investitionensichernde Liquidität (Cash Flow)
und Unternehmenswert (Shareholder Value) dürfen vom Marketing nicht vernachläs-
sigt werden. Diejenigen Unternehmen sind die wahren Champions, die in der Abb.8-
2 im Feld rechts oben positioniert sind.
Abb.8-2
Vertretbar ist allerdings die Hypothese, MARKTPARTNER-ZUFRIEDENHEITSPROFIL
dass Markt- und Kundenorientierung
gute Voraussetzungen für einen nach-
haltigen betriebswirtschaftlichen Erfolg Top-
Kundenzufriedenheit

der Kunde ist


hoc h

schaffen. Eine Marktorientierung kann Sieger Unternehmen


in unterschiedlichen Intensitäten ausge-
prägt sein:
(1) Das Minimalniveau einer Marktori- beide sind Vorsicht
niedrig

entierung liegt darin, zukünftige Verlierer Kundenverlust


Kundenbedürfnisse vorauszusagen
und Produktentwicklung und Pro-
duktionsanlagen auf diese Kunden- niedrig hoch
wünsche hin auszurichten (reaktive Unternehmens gewinne
Marktorientierung).
1157
vgl. die Zusammenfassung bei Peters; Waterman, (Spitzenleistungen), 2006, S. 57-60
8. Kapitel: Die Integration anderer Unternehmensbereiche 525

(2) Auf einem höheren Niveau der Marktorientierung arbeiten Unternehmen gezielt
darauf hin, Trends bei den Kundenbedürfnissen und beim Käuferverhalten
schneller aufzunehmen als Konkurrenten und systematisch in Wettbewerbsvortei-
le umzusetzen (differenzierende Marktorientierung).
(3) Die höchste Stufe der Marktorientierung erreichen Unternehmen, die aggressive
Akzente setzen, indem sie selbst Produkt- und Bedürfnistrends bestimmen (akti-
ve Marktorientierung). Diese Unternehmen verändern Marktspielregeln und
formen Märkte. Sie "erziehen" ihre Kunden. Wie sagte es Stephan Kletschke von
Freudenberg Process Seals auf dem 1. Kundenwertkongress 2003: "90 Prozent
aller Win-Win-Beziehungen sind lieferantengetrieben."
Top-Unternehmen schaffen dies bei einer gleichzeitigen betriebswirtschaftlichen
Steuerung und Optimierung von Kosten, Erträgen, Ergebnis, Rendite und Cash Flow.
Dazu haben sie sich tagtäglich Konflikten zwischen kundenbezogenen und betriebs-
bezogene Zielen zu stellen. Beispiel: Die Produktion strebt nach fertigungsoptimalen
Losgrößen, der Vertrieb wünscht kundenindividuelle Fertigung und Lieferung. Top-
Unternehmen verwirklichen einen Konsens für eine Marktorientierung, die sich
rechnet. Das geht nur, wenn auch die KollegInnen außerhalb von Marketing und
Vertrieb marktorientiertes Denken verinnerlicht haben.

8.1.2. Marktorientierte Denkhaltungen


Abb.8-3 Es wird immer wieder
IM MARKT GESCHEITERTE INNOVATIONEN
Auch FAX- behauptet, dass Schwä-
Gerät, MP3
elektromechanischer Digitalcomputer Zuse chen im marktorientier-
3D-Monitor: ten Denken den Erfolg
In Deutsch- Video 2000 Grundig
land entwi- Flüssigkristalle Merck von Innovationen ver-
ckelt, von Compact Disc Grundig/Philips hindern.1158 Abb. 8-3
Japanern Wankelmotor NSU führt Beispiele auf. Des-
weiter ent- halb sei es notwendig,
wickelt und
vermarktet. auch Ingenieure und
Naturwissenschaftler auf fünf Denkkategorien der Marktorientierung einzu-
schwören:
„Deutsche (1) Geschäftsdenken: Marktdenken ist unternehmerisches Denken und erfordert
Produkte eine nüchterne, kaufmännische Überprüfung aller noch so überzeugend wirken-
befriedigen
oft Vorlieben den technischen Ideen. Ingenieure sind oft einseitig auf die technische Problem-
der Ingeni- lösung fixiert. Ihre Schwachpunkte sind Kosten- und Finanzdenken.
eure und (2) Internationales Denken: Marktorientierung lenkt den Blick auf die Weltmärkte.
nicht die
Wünsche der
Ingenieure und Naturwissenschaftler sollten ein Interesse an weltweiter Präsenz
Kunden."1159 haben und ein Verständnis für interkulturelle Unterschiede entwickeln, wie es
eher den Kaufleuten zugesprochen wird.
(3) Kundennutzen-Denken: Technikern fällt es oft nicht leicht, von technischen
Lösungen Abstand zu nehmen, die vom Kunden nicht bemerkt, nicht verstanden
oder nicht honoriert werden. Marktorientierung erfordert aber die strenge Diszip-
lin, dem Kunden gerade die Produktlösungen oder Services anzubieten, die er für
eine Bedürfniserfüllung wünscht und preislich abzugelten bereit ist.
(4) Funktionsübergreifendes Denken: Marktorientierung verlangt danach, interdis-
ziplinäre Arbeitsteams zu bilden und die traditionellen Gräben zwischen Techni-
kern, Kaufleuten und Verkäufern zu überwinden.
1158
vgl. Baur, (Kundenorientierung), in: Handelsblatt v. 9./10.4.99. Baur spricht unter Punkt 5 nicht
vom Differenzierungsdenken, sondern vom Grenzdenken. Er empfiehlt, diese Denkhaltungen obliga-
torisch im ingenieur- und naturwissenschaftlichen Studium zu vermitteln. Es handelt sich also auch
um einen Ansatz zur Modernisierung der technischen Hochschulausbildung in Deutschland.
1159
Jones, (Zuhören), in: MM, 11/1996, S. 238
526 Marktorientierte Unternehmensführung

(5) Differenzierungs-Denken: Marktorientierung fordert, realistisch die Schwächen


eigener Produkte und Prozesse im Vergleich zu Wettbewerbern zu erkennen. Ei-
ne ehrliche Bestandsaufnahme setzt Kräfte und Ideen frei, im Konkurrenzkampf
vorne mitzuspielen.

Diese Forderungen regen zu einem Überdenken der ingenieurwissenschaftlichen


Ausbildung in Deutschland an. Niederschlag derartiger Überlegungen ist z.B. das
Anforderungsprofil für Vertriebsingenieure des VDI.1160

8.1.3. Marktorientierung in der Ingenieurausbildung an deutschen


Hochschulen
„Den Ingenieuren im Vertrieb kommt ... eine ständig wachsende, ja sogar zentrale
Bedeutung in der Industrie und in anderen Sektoren zu ...... Vom Wissen und von den
Fähigkeiten der Vertriebsingenieure wird es abhängen, ob Marktchancen erkannt,
Lösungen für den Bedarf der Zielgruppen entwickelt werden und ob der Abnehmer
/Anwender erkennen kann, durch welche Eigenschaften und Angebotsmerkmale sich
Produkte und andere Anbieterleistungen vom Wettbewerb abheben. Ingenieure ver-
mitteln dem Kunden nicht nur Technik, sondern überzeugen ihn davon, dass der wirt-
schaftliche Nutzen der angebotenen Leistung entscheidend ist.“1161

Deshalb ist es Anliegen des VDI, dass sich die Ingenieure neben dem Fachwissen in
den technischen Disziplinen auch betriebswirtschaftliche Kenntnisse und speziell
Wissen und Fertigkeiten in Marketing- und Vertriebsmethoden aneignen. Einige
Schwierigkeiten stehen diesem Ansinnen entgegen:
(1) Das Berufsbild des Vertriebsingenieurs ist zu wenig bekannt. Techniker im Ver-
trieb geben ferner zu wenig Impulse für eine Kundenorientierung in Richtung
klassische Technikbereiche, wie F&E, Konstruktion, Fertigung.
(2) Junge Ingenieure erkennen diese wichtigen Berufsfeldanforderungen erst nach
ihrem Studium in der Praxis (Thema Praxisschock).
(3) Das ingenieurwissenschaftliche Studium vermittelt „zu viel Kopf- und zu wenig
Bauchwissen“ Die Vermittlung sozialer Kompetenzen wird vernachlässigt.
(4) Ingenieure leben gern in einer Welt der Optimallösungen, die die eher „wei-
chen“ Sozialwissenschaften nicht kennen. Technisch oder naturwissenschaftlich
ausgebildete Kollegen halten das Marketing daher oft für suspekt.
(5) Das Marketing wird leider immer noch oft in die Richtung „exotisch“ und der
Vertrieb/Verkauf mit dem Prädikat „hemdsärmelig“ abgestempelt.
(6) Der Trend aber geht zum intelligenten technischen Vertrieb. Der Vertriebsinge-
nieur sollte sich zum Market-Ing. weiterentwickeln.1162

Nur wenige Ausbildungseinrichtungen stehen zur Verfügung, um diesen Hemmnis-


sen durch qualifizierende Ausbildungsabschlüsse entgegen zu wirken; z.B.
• Product Engineering der FH Furtwangen als Beispiel für einen integrierten
Studiengang mit der Vertiefungsrichtung Technischer Vertrieb,
• Studiengang Vertriebsingenieur an der Ruhr Universität Bochum,
• weiterbildendes Studium Technischer Vertrieb der Freien Universität Ber-
lin; Aufbaustudium im Anschluss an ein ingenieurwissenschaftliches Studium,
• MBA-Studiengang Industriemarketing und Technischer Vertrieb an der FH
Landshut.

Nach Studienabschluss sollen marktorientierte Techniker in der Lage sein,

1160
vgl. hierzu und im folgenden: VDI, (Anforderungsprofil), 1994
1161
VDI, (Anforderungen), 1994, S. 1
1162
vgl. zu diesem Konzept Marzian; Smidt, (Marketing-Ing.), 1999
8. Kapitel: Die Integration anderer Unternehmensbereiche 527

(1) gegenüber den Kunden als Repräsentanten ihres Unternehmens,


(2) als Verkäufer von Problemlösungen und
(3) nach innen als Botschafter der Kunden und deren Bedürfnisse aufzutreten.

So ist eine Höherqualifizierung der Techniker und eine Aufwertung des Vertriebs
auch Hauptanliegen dieses Buches. Im gleichen Tenor geht es der Standesvereini-
gung der Ingenieure darum, „die Tätigkeit des Vertriebsingenieurs durch eine allge-
meine Anerkennung als ingenieurmäßige Disziplin aufzuwerten.“1163 Die Technik
löst sich vom alten Traum, dass allein Spitzenleistungen der Ingenieure den langfris-
tigen Unternehmenserfolg garantieren.

8.1.4. Marktorientierte Wettbewerbsdimensionen


Die Zeiten sind also vorbei, in denen der Wettbewerb allein durch Produktleistungen,
Qualitäten und Lebensdauern ausgefochten wird. Gerade der internationale Preis-
kampf belegt diese Problematik. Ist eine Unternehmung unentrinnbar auf einen
Preiskampf fixiert, wird sie nur als kostenführender Massenanbieter überleben kön-
nen. Ist man dann zu Fusionen und Aufkäufen gezwungen (Zwang zur Größe), dann
gehen Firmenname, Kultur und Tradition unter (AEG, BBC, NSU, DUAL, MAN).

Neue Qualitäten und Aspekte der Wettbewerbsauseinandersetzung treten hinzu,


zwingen die Unternehmen zum Umdenken und zum Heranbilden neuer Kulturen der
Abb.8-4
Kernaussagen Maßnahmen
Gewinner ist die
Unternehmung, die • Gute Ideen sollten durch Systeme abgestützt werden
mit der besseren • Technik, Marketing und Vertrieb sollten sich auf be-
Übersicht und der reichsübergreifende Methoden einigen
Methoden-
wettbewerb ⌦ höheren Anwen-
dungskompetenz mit
der Methoden- und
• Vertriebsführung mit System (CRM/CAS/VIS); (s. die
entsprechenden Ausführungen im Buch)
• ERP/PPS-Systeme zur Steuerung der Gesamtunter-
Systemvielfalt fertig nehmung
wird
• Alle Unternehmensbereiche sind zu vernetzen (Info-
systeme)
Nicht der Bessere, • Data Warehouse-Philosophie: Informationen werden zur
Zeitwett-
bewerb ⌦ der Schnellere ge-
winnt •
Holschuld (und nicht mehr Bringschuld)
Workflow-Programme schaffen Transparenz für alle
kundenorientierten Prozesse
• Benchmarking (s.u.)
• Marketing, Vertrieb und Technik führen regelmäßig
gemeinsame Wettbewerbsanalysen durch
Es geht darum, eine • Ein Produktmanagement fungiert als Mittler zwischen
sichtbare und vom Kunde, Verkauf und Fertigung (Produktmarketing)
Qualitäts-
wettbewerb ⌦ Kunden honorierte
„Ecke“ besser zu sein
als der Wettbewerb •
• Einführung von TQM und QS-Systemen; dabei Verbin-
dung von Technik und Vertrieb
Job-Rotation zwischen Fertigung, F&E und Marke-
ting/Vertrieb. Innen- und Außenwelt durch die Augen an-
derer Bereiche verstehen
Schneller werden –
• Einführung einer Technik und Vertrieb umspannenden
Kosten senken –
Effizienz-
wettbewerb ⌦ permanent nach
Bestleistungen stre-
ben!


Prozessorganisation
Einführung eines bereichsübergreifenden Benchmarking
Honorierung von betrieblichen Spitzenleistungen
• Priorität für Mitarbeiterentwicklung. Dabei sitzen Techni-
„Bauch treibt Kopf ker, Kauf- und Marktleute an den gleichen Schulungsti-
an“: Energien, Identi- schen
Motivati- fikation und Einsatz- • Regelmäßige Leistungsgespräche und Prämiensysteme
ons-
wettbewerb
⌦ freude der Mitarbeiter
setzen die Kräfte und
das Durchhaltever-

(statt Umsatzprovisionen)
Einführung prozessorientierter Vergütungssysteme in
der Technik und kundenzufriedenheitsorientierter Vergü-
mögen für Siegerfir- tungen im Vertrieb
men frei • Individualismus und Querdenker ja – aber nicht zu Las-
ten anderer und nicht zum Aufbau von „Fürstentümern“

1163
VDI, (Anforderungsprofil), 1994, S. 1
528 Marktorientierte Unternehmensführung

Unternehmensführung. Die Grenzen zwischen Technikern und Kaufleuten, zwischen


Marketing und Vertrieb, verschwimmen. Das Marketing beseelt Vertrieb und
Technik. Die Technik reicht ihre Visionen über Möglichkeiten und Grenzen der
Produktgestaltung zum Kunden weiter. Abb.8-4 zeigt die Ebenen, auf denen sich
heute Wettbewerbsauseinandersetzungen abspielen. Wer die Wettbewerbsdimensio-
nen im Griff hat, kann Märkte beherschen.

8.2. Vom Marketing zu CRM - der Zwischenschritt zur


marktorientierten Unternehmensführung
Die Notwendigkeit, Abteilungsgrenzen immer dann zu überwinden, wenn dies im
Markt Vorteile gegenüber dem Wettbewerb bringt, sind bereits besprochen worden.
Abschnitt 6.3.3.g. hatte aufgezeigt, wie die Arbeitsprozesse kundennaher Abteilun-
gen im Sinne von Customer Relationship Management (CRM) integriert werden
können. Dieser Integrationsgedanke von CRM kommt gut in dem folgenden Zitat des
Abb.8-5
Customer Relationship Marktorientierte
Klassisches Marketing
Management (CRM, eCRM) Unternehmensführung

• Ablösung des historischen • In das Zentrum rückt eine integ- • Alle Unternehmensressorts
Transaktionsdenkens: Der Kun- rierte Kundendatenbank. müssen sich in den Dienst der
de rückt in den Mittelpunkt des • Enterprise Application Integrati- Kunden stellen.
Marktgeschehens. on (EAI) vernetzt alle kundenre- • Die Unternehmenspolitik sollte
• Beziehungsdenken vor Ver- levanten Anwendungen. auf einer strategischen Planung
kaufsabschluss-Denken. Ziel: • Der Kundendienst wird an Mar- beruhen.
Win-Win-Beziehungen. keting und Vertrieb angeschlos- • Der Vertrieb (Kunde) erhält
• Präferenzen, nicht Preise sollten sen. Priorität im Spannungsfeld der
über Kaufwahl der Konsumen- • Marketing und Vertrieb definie- betrieblichen Abteilungen.
ten entscheiden. ren Standard-Verkaufsprozesse • Marktforschung wird Dienst-
• Nutzeninhalte von Produkten (SalesCycle). leister für alle Abteilungen.
stehen im Mittelpunkt, nicht • Gemeinsame Prozessoptimie- • Wettbewerbsvorteile ergeben
technische Eigenschaften. rung auf Kunden- und Lieferan- sich durch optimal abgestimmte
• Als Vermittler für den Kunden tenseite mit Hilfe von modulartig Service- und Dienstleistungen.
zwischen Technik und Verkauf zusammengesetzten Software- • Hierzu gehört auch der Erfolgs-
sollte ein Produktmanagement Bausteinen. Gutes Beispiel: faktor Logistik.
agieren. Produktkonfiguratoren. • Das Vertriebscontrolling wird
• Die eigenen Leistungsangebote • Das Internet schafft Vernetzung zum internen Kompass für
müssen den Produktlebenszyk- mit Kunden, Lieferanten und Marktentscheidungen.
len Rechnung tragen. Vertriebspartnern (eCRM). • Forschung und Entwicklung
• Erst Marktforschung (Analyse • So ergeben sich Multikanalkon- haben frühe Signale für Ände-
des Käuferverhaltens) schafft zepte: abgestimmte Kundenan- rungen bei Kundenbedürfnissen
solide Grundlagen für Marktak- sprachen über alle Vertriebska- und beim Kundenverhalten zu
tionen (Kampagnen). näle hinweg. beachten.
• Aktionen sind auf Zielgruppen • Fehlende interne Ressourcen • Produktionsprozesse sind vom
auszurichten, keine Massen- zur Kundenbetreuung werden Markt her, vom Kunden, anzu-
distribution. Wichtig also: tiefge- extern beschafft (Call-Center, stossen (Kanban-Prinzip, Prin-
hendes Wissen über den Kun- Letter Shops, Adressbroker). zip der Reverse Economy).
den und sein Verhalten. • Customer Value Management: • Vorlieferanten und Hersteller
• Bilder, nicht Worte prägen Kundenprioritäten ergeben sich integrieren ihre Wertschöp-
Markenwerte (Käufer- aus den Werten, die die Ange- fungsketten, um alle Möglichkei-
präferenzen). Werbung und bote beim Kunden schaffen. ten von Rationalisierung und
Verkaufsförderunge bereiten • Customer Lifetime Value (CLV): Preissenkung auszuschöpfen
den Verkauf vor. Das klassische Konzept des (Supply Chain Management).
Produktlebenszyklus ist um eine • Systematische Schaffung von
Wertrechnung für die Lebens- Mitarbeiterwissen und dessen
zyklen von Geschäftsbeziehun- Überführung in ein Unterneh-
gen zu ergänzen (nicht für alle menswissen werden zum stra-
Branchen relevant). tegischen Erfolgsfaktor (Know-
• Vertriebscontrolling muss stra- ledge Management).
tegischem CLV-Denken Rech-
nung tragen (Erfassung qualita-
tiver Erfolgsgrößen, Verzicht auf
kurzfristige Gewinnmaximierung
etc.).

(Vgl. Winkelmann, (Tante Emma), in: acquisa, Sonderheft zur CRM-expo, 12/2000, S. 24-25)
8. Kapitel: Die Integration anderer Unternehmensbereiche 529

Versicherungskonzerns Axa Colonia zum Ausdruck:


"Zum ersten Mal werden nicht einzelne Bestandteile betrachtet, sondern die gesamte
Wertschöpfungskette - von der Produktentwicklung bis zum After-Sales-Service. Diese
Kette wird ganzheitlich auf die Bedürfnisse des Kunden ausgerichtet." 1164

CRM ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur marktorientierten Unternehmensfüh-
rung. Abb.8-5 zeigt Kriterien auf, die diese Evolution vom Marketing über CRM
zur marktorientierten Unternehmensführung beschreiben.1165 Die Inhalte der
ersten beiden Spalten wurden im 1. und 6. Kapitel behandelt.

Dieses Buch möchte nun weitere Integrationsschritte tun und über CRM hinaus die
Marketing, Vertrieb und Kundendienst vor- und nachgelagerten Unternehmensfunk-
tionen auf den Kunden einschwören. Es gilt, Kundeninteressen praktisch automa-
tisiert und dabei auch spielerisch in den Betrieb einfließen zu lassen. Marktori-
entierung mit System, so lautet die Vision. Ausgewählte marktorientierte Konzep-
te für die Ressorts Entwicklung, Beschaffung, Qualitätssicherung, Fertigung und
Logistik werden in den folgenden Abschnitten vorgestellt.

8.3. Marktorientierte Entwicklung


8.3.1. Kundenorientierte Qualitätsplanung
„Was fehlt, ist die Bereitschaft zur Zusammenarbeit. Es mangelt an Partnerschaften
zwischen Herstellern und ihren Zulieferern, da die Firmen aus Angst vor der Preisga-
be ihres Know-hows wenig Neigung zeigen, sich bereits in der Phase von Forschung
und Entwicklung miteinander abzustimmen.“1166

Die Automobilindustrie geht sehr weit, um die Forderungen der DIN EN ISO 9001
und 9004-1 in einem QM-Systemaudit zu verankern.1167 Ein Lieferant hat hohe
Kompetenzen hinsichtlich Qualität und Fähigkeiten in der Qualitätsplanung nachzu-
weisen, bevor er sich an Entwicklungszeichnungen für ein neues Produkt eines Au-
tomobilkonzerns heranwagen darf. Die Qualitätsplanung umrahmt die Produkt-
entwicklung. „Die Qualitätspolitik bildet ein Element der Unternehmenspolitik und
ist durch die Leitung genehmigt.“1168 Am Anfang einer Produktentwicklung sind
(1) Kundenanforderungen,
(2) Wettbewerbssituation und Branchenstandards,
(3) gesetzliches Umfeld,
(4) interne Vorgaben und Notwendigkeiten sowie
(5) die Bedingungen zur Einhaltung einer Null-Fehler-Strategie festzulegen. Hier-
aus ergeben sich im Sinne von Qualitätszielen Vorgaben für Produkte und Pro-
zesse, Abläufe und Dienstleistungen für alle Unternehmensebenen.

Bei der Produktentwicklung müssen die vom Kunden festgelegten Aufgaben und
Termine berücksichtigt sowie speziell für die Qualitätsplanung festgelegte Methoden
angewandt werden. Diese Methoden beziehen sich auf die folgenden Phasen bzw.
Elemente der Produktentwicklung:

1164
Schimmel-Schloo, (Schritt), in: acquisa, 10/2000, S. 8
1165
vgl. Winkelmann, (Tante Emma), in: acquisa, Sonderheft zur CRM-expo, 12/2000, S. 24-25
1166
Preissner; Schwarzer, (Alarmstufe), in: MM, 2/1996, S. 126
1167
vgl. Verband der Automobilindustrie e.V., (QM-Systemaudit), Nr. 6, Teil 1, 1996, S. 35 ff.; vgl.
auch Abschnitt 8.6., der auf die Weiterentwicklung der ISO 9000er Normenwelt (Revision 2000)
eingeht.
1168
Verband der Automobilindustrie e.V., (QM-Systemaudit), Nr. 6, Teil 1, 1996, S. 34
530 Marktorientierte Unternehmensführung

Im For- (1) Planung und Festlegung der Bedürfnisse und Erwartungen des Kunden,
schungs-
und Innova-
(2) Produkt-Design und Produkt-Entwicklung einschließlich Verifizierung,
tionszentrum (3) Prozess-Design und Prozess-Entwicklung (Prozess zur Realisierung des
von BMW Produktes) einschließlich Verifizierung,
(FIZ) sind (4) Prozess- und Produkt-Validierung durch Organisation, Durchführung und
5.000 Mitar-
beiter be-
statistische Auswertung von Versuchsserien,
schäftigt. (5) Rückmeldung, Beurteilung und Korrekturmaßnahmen aufgrund der Ergebnisse
der Versuchsserie. Damit soll sichergestellt werden, dass die Produkte die Forde-
rungen des Kunden erfüllen; nach Abschluss der Produktentwicklung wie auch
im Verlauf der Serienfertigung.

Die eigentliche Produktentwicklung gliedert sich in die Phasen Prototypenerstel-


lung, Vorserienfertigung und Serienproduktion mit umfassender Dokumentation
der Produkt- und Prozessmerkmale, der Prozess-Lenkungsmaßnahmen und der Prü-
fungen und Messsysteme, die während der Serienfertigung im Einsatz sind. Verifi-
zierungen spielen eine große Rolle. Alle Messungen, Beurteilungen und daraus fol-
genden Entscheidungen müssen methodisch beschrieben, regelmäßig durchgeführt
und für einen Dritten nachvollziehbar dokumentiert werden.

8.3.2. Quality Function Deployment (QFD) und House of Quality


Auch das von Akao in Japan entwickelte und 1966 vorgestellte Quality Function
Deployment-Konzept (QFD) verankert Kundenorientierung und Kundenzufrieden-
heit bereits in einer frühen Phase der Produktfindung. Das Verfahren eignet sich spe-
ziell für komplexe Neuentwicklungen.1169 Zukünftige Qualitätsstandards sollen be-
reits in der Innovationsphase konsequent berücksichtigt werden.

„Quality Function Deployment ist ein Qualitätsplanungs- und internes


Kommunikationssystem zur Übersetzung der „Stimme des Kunden“
(Kundenanforderungen) in die „Stimme des Ingenieurs“ (Design-
anforderungen bzw. Qualitätsmerkmale). Ziel ist, im Projektteam zur Produkt-
entwicklung die Kundenanforderungen konsequent in Designanforderungen
bzw. Produktspezifikationen umzusetzen. Somit ist QFD eine systematische
Qualitätsplanungsmethode, die externe Kundenanforderungen von der
Entwicklungsphase über die Fertigung bis zum Verkauf und Service in das
Produkt einfließen lässt.“1170

Beschaffung, Entwicklung, Produktion, Qualitätswesen und Marketing stimmen auf


ausgefeilten, tabellarischen und grafischen Übersichten kundenbezogene und techni-
sche Anforderungen ab. Das Programm besteht aus neun Bausteinen:
(1) Erfassen der Kundenbedürfnisse: Sinnvollerweise sind zwischen 30 und 100
kundenwichtige Merkmale (KM) zu erfassen.
(2) Gewichten der Kundenbedürfnisse: Kundenbefragungen sollen zu einer Priori-
tätsfolge der KM-Merkmale führen.
(3) Wettbewerbsanalyse: Aus Kundensicht ist festzustellen, mit welcher Güte
Wettbewerbsprodukte die von den Kunden gewünschten Merkmale erfüllen.
(4) Ableiten der technischen Konstruktionsmerkmale: Im Giebel des House of
Quality stellen die Entwickler die Konstruktionsmerkmale vor, die wahrschein-
lich eines oder mehrere kundenwichtige Merkmale beeinflussen.
(5) Beziehungsmatrix erstellen: Die Beziehungsmatrix ist das Kernstück der Ana-
1169
vgl. die umfassenden Erläuterungen bei Kortus-Schultes, (wertschöpfungsorientiertes Marketing),
1998, S. 87 sowie die dort angegebene Literatur. Vgl. auch den Beitrag von Flik; Heering; Kampf;
Stängel, (Entwicklungsprozess), in: ZfbF, 3/1998, S. 289-294
1170
Kortus-Schultes, (wertschöpfungsorientiertes Marketing), 1998, S. 87
8. Kapitel: Die Integration anderer Unternehmensbereiche 531

Abb.8-6 lyse. In diesem Ar-


beitsschritt ist auf-
zuzeigen, in welchem
Maße die Konstruk-
tionsmerkmale die
einzelnen Kunden-
wünsche erfüllen.
(6) Zusammenhänge
zwischen den techn-
ischen Merkmalen
aufzeigen: Im Dach
des Hauses wird
sichtbar gemacht,
welche technischen
Eigenschaften sich
gegenseitig fördern
und welche in Ziel-
konflikt zueinander
stehen.
(7) Abschätzung der
technischen Anfor-
derungen: Der Fuß-
boden stellt sozusa-
gen eine Bewertung
der technischen An-
forderungen bzw.
Schwierigkeiten dar.
(8) Technischer Wett-
bewerbsvergleich:
Auf dieser Stufe ist
ein technischer Ver-
gleich gegen be-
stimmte Sollwerte
vorzunehmen.
(9) Relevanzanalyse: Das House of Quality umschließt auch eine Abstimmung der
Wichtigkeit der einzelnen Konstruktionsmerkmale.

In einem Die 9 Bausteine des QFD-Ablaufs bilden eine hausähnliche Struktur. Dies erklärt
Usability den Begriff House of Quality auf anschauliche Weise.1171 Abb.8-6 beschreibt die
Lab prüfen
Mitarbeiter Vorgehensweise anhand eines Beispiels.1172 Checklistenartig werden technische und
und Kunden kundennutzenbezogene Merkmale zusammengeführt. Ein abteilungsübergreifendes
von Siemens Projektteam muss das House of Quality mit Leben erfüllen. Es ist ratsam, den Kun-
die neuen den mit in den Produktentwicklungs- bzw. -verbesserungsprozess einzubeziehen.
Produkte auf
Benutzer-
freundlich- 8.3.3. Target Design
keit.
Diesen Weg beschreiten Biermann und Dehr mit ihrem Target Design.1173 Eine kon-
sequente Ausrichtung der Ideenfindung auf Kundenreaktionen zeichnet das Konzept
1171
vgl. Darstellung und Beispiel bei Kortus-Schultes, (wertschöpfungsorientiertes Marketing), 1998,
S. 88-89
1172
Quelle: Hering; Steparsch; Linder: (Zertifizierung), 1997, S. 120 abgedruckt in Kortus-Schultes,
(wertschöpfungsorientiertes Marketing), 1998, S. 89
1173
vgl. auch im folgenden Biermann; Dehr, (Innovation), 1997. Zu einem Beispiel zur konkreten
Vorgehensweise vgl. insbes. S. 143.
532 Marktorientierte Unternehmensführung

Abb.8-7
DIE FREQUENZ- / RELEVANZANALYSE
ZUR AUSWERTUNG VON BEANSTANDUNGEN UND KUNDENANREGUNGEN

Bedienung Beispiel Rasenmäher Gerät zu


nicht laut

RELEVANZ VON BEANSTANDUNGEN


kindersicher

Auffangbeutel Gerät zu
zu klein schwer

Kommt schlecht
Einstellung um Ecken
zu grob

Zu viel
Treibstoff- Bedienungs-
verbrauch anleitung unklar

FREQUENZ VON BEANSTANDUNGEN

Quelle: Biermann; Dehr, Innovation mit System, München 1997

aus. Kundenwünsche werden systematisch erfasst. Abb.8-7 zeigt beispielhaft einen


der Arbeitsschritte des komplexen Verfahrens.1174 Es geht um die Produktvariation
eines Rasenmähers. Kundenbeanstandungen und Anregungen sowie Produktmängel
werden auf Kärtchen gesammelt, die Schwachstellen nach Häufigkeiten und Wich-
tigkeiten bewertet und in einer Frequenz-/Relevanzmatrix veranschaulicht.

Das Verfahren erweitert ein bereits vorhandenes Beschwerdemanagement auf sinn-


volle Weise. Die Auswahl einer Kundenfokus-Gruppe für die Target Design
Workshops sollte mit Bedacht erfolgen. Auf eine ausgewogene Mischung von loya-
len und schwierigen Kunden, qualifizierten Nutzern und weniger Erfahrenen kommt
es dabei an. Das Verfahren sollte nicht einseitig an Beanstandungen und Reklamati-
onen festgemacht werden. Für Produkte ohne technische und anwendungsbezogene
Probleme ergeben sich sonst nicht genug Ansatzpunkte für Verbesserungen.

8.4. Marktorientierte Beschaffung (Lieferantenmanagement)


8.4.1. Beschaffungs-Zielkonflikt
Ein BMW Im Einkaufs- oder Beschaffungswesen sollte man ein hohes Maß an Marketingver-
besteht aus ständnis voraussetzen; bilden doch Einkauf und Verkauf zwei Seiten des Schreibti-
ca. 18.000
Teilen. sches.1175 Der Einkauf sieht sich jedoch einem Konflikt zwischen Marktorientierung
Davon sind und Kostenorientierung ausgesetzt:
40% Kauf- Stellt der Einkauf niedrige Beschaffungspreise über die Qualität, entstehen
teile. Marktrisiken durch Beanstandungen und Reklamationen, und es drohen Nachar-
Die durch- beitungskosten und Imageverluste.
schnittliche Stellt der Einkauf Qualität und Versorgungssicherheit über den Preis, kann der
Wertschöp- Vertrieb die aufgrund höherer Einstandspreise möglicherweise notwendigen
fungsquote
in der deut- Preiserhöhungen nicht im Markt durchsetzen.
schen Au-
tomobilin- Dieser Konflikt erfordert eine enge Abstimmung des Einkaufs mit dem Marketing.
dustrie be- Der Einkauf fügt sich in eine Marktstrategie ein. Abb.8-8 macht die weltweite Ab-
trägt 35%.
Ziel bis
2010: 30%. 1174
Dieser Sachverhalt wurde in diesem Buch im Abschnitt 6.4.10.c angesprochen.
1175
deshalb sollten Themen des Beschaffungswesens auch stärker Eingang in die Rahmenprüfungs-
ordnung Marketing finden
8. Kapitel: Die Integration anderer Unternehmensbereiche 533

Abb.8-8
DIE 4 REGIONEN DES NUTZFAHRZEUGMARKTES VON MERCEDES-BENZ

Europa technologisch anspruchsvolle, an den Life-Cycle-Costs


orientierte Fahrzeugkonzepte
Nordamerika ähnlich hohe Kundenanforderungen, aber keine das Fahrzeug integrierende,
sondern auf Komponenten hin ausgerichtete Produktphilosophie
Südamerika hohe Kundenansprüche an Robustheit, z.B. hinsichtlich Überladefähigkeit und
Schlechtwettertauglichkeit
Asien, Teile Afrikas leichte bis mittelschwere Fahrzeuge, die vor allem an den finanziellen
Möglichkeiten der Kunden in Schwellenländern ausgerichtet sind.

hängigkeit des Beschaffungswesens von den Verkaufsprodukten und den Zielgrup-


pen bei DaimlerChrysler deutlich. Der Nutzfahrzeugbereich steuert Einkauf und
Vertrieb im Rahmen einer Multi-Domestic-Strategie:
Ziel dieser Multi-Domestic-Strategie ist die Sicherung der Weltmarktführerschaft bei
Lastwagen durch die Ausrichtung der Produktkonzepte auf die jeweiligen Marktan-
forderungen....“1176

Marktnähe Der Einkauf agiert unter der Nebenbedingung der Erfüllung von Kundenforderun-
wird nicht gen. Denn der Erfolg des Verkaufs hängt von einer zielgruppenkonformen Beschaf-
nur allein
durch den fung der bestgeeigneten Rohstoffe, Teile, Komponenten und Systeme ab. Dies be-
Vertrieb deutet eine Abkehr von der einseitigen Devise: Der Gewinn liegt im Einkauf. Die
erreicht! neue Zielsetzung für das Beschaffungswesen lautet folglich:
Minimierung der Beschaffungskosten bei zielgruppenentsprechener Materialqua-
lität und hohe Versorgungssicherhei durch Supplier Relationship Management..

Die Erfüllung dieser Zielsetzung setzt voraus:


(1) Technik, Vertrieb und Marketing (Produktmanagement) spezifizieren die Materi-
alqualität in Abhängigkeit von den Anforderungen der Zielgruppen.
(2) Verkauf und Fertigung definieren die notwendigen Versorgungssicherheiten.
(3) Eine integrierte Beschaffungs- und Verkaufskonzeption wird erstellt.

8.4.2. Global Sourcing


Das Global Sourcing ist als ein besonderes Konzept einer marktorientierten Beschaf-
fung anzusehen. Dies bringt die folgende Definition zum Ausdruck:

Global Sourcing kann „... als die systematische Ausdehnung strategisch


ausgerichteter Beschaffungsaktivitäten in einem internationalen, außer-
europäischen Handlungsrahmen zur Schaffung von Wettbewerbsvorteilen
verstanden“ 1177 werden.

Zwei Besonderheiten kennzeichnen diese Beschaffungskonzeption:


(1) Die Ausrichtung auf internationale Märkte: Der Einkauf rückt näher an die inter-
nationalen Kunden heran; ja er folgt den Grosskunden geradezu.
(2) Eine marktstrategische Zielsetzung: Durch Zusammenarbeit mit den in einem
Geschäftsfeld weltweit besten Lieferanten sollen dauerhafte Wettbewerbsvorteile
erzielt werden (Ziel von DaimlerChrysler: durch „weltweit effektivste Lieferan-
tenbeziehungen“.)1178

Global Sourcing bietet folgende, vertriebsunterstützende Vorteile:


(1) Beschaffung dort, wo Rohmaterialien und Komponenten im Hinblick auf Ein-

1176
Werner, (Global Sourcing), in: Beschaffung aktuell, 1/1991, S. 23. Auch Quelle zur Abb.8-9.
1177
Weihermann, (Ausprägungsformen), in: WISU-Kompakt, 5/1995, S. 419
1178
vgl. Schuster, (Wettbewerb), 1994, S. 195
534 Marktorientierte Unternehmensführung

kaufspreise und Verfügbarkeiten am günstigsten sind,


(2) Abmilderung des Wechselkursrisikos,
(3) Einhalten der in gewissen Ländern geforderten Local Content Vorschriften,
(4) Unterstützung der Marktziele.

Die Vorteile der Punkte (2) bis (4) lassen sich wie folgt begründen:
• Der Euro schließt das Wechselkursrisiko im europäischen Wirtschaftsverkehr
aus. Das gilt aber nicht für den außereuropäischen Vertrieb. Also kann es nur
von Vorteil sein, Wechselkursrisiken bei Kundenforderungen durch Wechsel-
kursvorteile bei Lieferantenverbindlichkeiten zu kompensieren. So gibt die glo-
bale Beschaffung dem Vertrieb zusätzlichen Rückhalt.
• Gleiches gilt für die Problematik der Local Content Vorschriften. Länder wie
China, Indonesien, Thailand oder Nigeria zwingen einen Hersteller, einen be-
stimmten Anteil seiner Beschaffungsobjekte bei lokalen Zulieferern einzukau-
fen.1179 Folglich werden auch hier Einkaufsüberlegungen in die Vertriebsstrate-
gie integriert.
Mercedes-Benz fordert wegen der Local Content Vorschriften für das Werk in Tusca-
loosa (USA) von seinen Zulieferern Präsenz vor Ort. 80 - 85% der Wertschöpfung
(außer Motoren) sollen durch US-amerikanische Lieferanten abgedeckt werden.
• Der dritte Punkt ist wohl der bedeutendste: Die globale Beschaffung wird zur
Speerspitze für weltweite Marktführerschaften. Die Einkaufsorganisation be-
nutzt Zulieferer als Türöffner in fremde Absatzmärkte. Markteintrittsbarrieren
werden überwunden oder zumindest abgesenkt.1180
So ist ein gezielter Einkauf von Zulieferprodukten bei japanischen Handelskonglome-
raten (Sogo Shosha) ratsam, damit diese wiederum deutsche Erzeugnisse in ihr Ab-
satzsortiment aufnehmen.1181

Die Beschaffung unterstützt Marketing und Vertrieb, hilft Markteinstiegsbarrieren zu


senken, den Bekanntheitsgrad der Unternehmung zu steigern und im Sinne eines
Frühwarnsystems Informationen über neue technische und marktliche Trends im
Zuliefer- und Absatzland zu sammeln. Doch Produktleistung und Qualität nur zu
entwickeln und die geeigneten Teile zu beschaffen, reicht nicht. Qualität muss in
Serienreife produziert werden können.

8.5. Marktorientierte Fertigung


8.5.1. Lean Production
Der internationale Vertrieb begünstigt Produktionsverlagerungen in das Ausland und
führt zu globalen Produktionsnetzwerken. Die Fertigung folgt Vertrieb und Einkauf:
Die japanischen Hersteller verfolgen schon seit Jahren einen sukzessiven Aufbau neu-
er Produktionsstätten im (vor allem amerikanischen und englischen) Ausland. Dabei
bleiben ihnen ihre angestammten Lieferanten meist erhalten. Sie ziehen mit.1182

Es ist vorteilhaft, dort zu produzieren, wo Absatzchancen und Beschaffungsmöglich-


keiten günstig sind. Teilweise kommt es zu kongruenten Produktions- und Absatz-
strukturen. Mercedes-Benz verkauft 44% seiner Nutzfahrzeuge außerhalb Europas.
40% der Fahrzeuge werden dort auch produziert.1183

1179
vgl. Piontek, (Global Sourcing), 1997, S. 106
1180
vgl. Gruschwitz, (Global Sourcing-Konzeption), 1993, S. 96
1181
vgl. Bea; Göltenboth, (Global Sourcing), in: Der Betriebswirt, 4/1994, S. 8
1182
vgl. Wildemann, (Zulieferunternehmen), in: ZFB, 4/1992, S. 398
1183
vgl. Werner, (Netz), in: MM, 7/1995, S. 119
8. Kapitel: Die Integration anderer Unternehmensbereiche 535

Dadurch nimmt die Komplexität der Betriebsführung enorm zu. Zielsetzung ist des-
halb eine kundenorientierte Fertigung, die auf alle ingenieurmäßigen Finessen ver-
zichtet, die nicht dem Kunden dienen. Die „Stimme des Ingenieurs“ muss die „Stim-
me des Kunden“ wiedergeben.1184 Ein Grundkonzept zur Verwirklichung der kun-
denorientierten Fertigung ist Lean Production.

Lean Pro- Die Lean Production Konzeption hat die japanische Industrie wesentlich geprägt.
duction Deren Ziel ist es, japanische Produkte weltweit wettbewerbsüberlegen zu vermark-
und Kan-
ban gehen
ten. Für eine Nation mit wenig natürlichen Ressourcen ist hierfür eine „entschlackte
auf Taichi Produktion“ Grundvoraussetzung. Mit möglichst geringem technisch-organisato-
Ohno von rischem Aufwand und möglichst wenigen Mitarbeitern sind marktfähige, qualitativ
Toyota hochwertige Produkte zu fertigen. Der Fertigungsprozess wird von allen entbehrli-
zurück
(bereits
chen Personal-, Sach- und Kapitaleinsätzen befreit. Just-in-time und Kaizen sind
1950!) zwei zentrale Säulen von Lean Production.1185

Just-in-time
Abb.8-9 Just-in-time baut gezielt Ineffizienzen in den Haupt-
DIE 7 PRODUKTIONS-
Verschwendungsbereichen der Fertigung, die in WIRTSCHAFTLICHEN
Abb.8-9 genannt sind, ab. Der Abbau der Ineffi- VERSCHWENDUNGSBEREICHE
zienzen wird kundenorientiert durch das Kanban-
Ineffizienzen im Produktionsablauf
Prinzip ermöglicht. Ausgehend vom Kundenauftrag
Wartezeiten
werden retrograd nur diejenigen Teile produziert, die
redundante Bewegungen
zum jeweiligen Zeitpunkt auch benötigt werden. Der
unkoordinierter Transport
Fertigungsfluss ist folglich nach dem Holprinzip or-
überhöhte Lagerhaltung
ganisiert: Es wird nur gefertigt, was der Markt
fehlerhafte Produktion
aktuell verlangt. Das Kanban ist die Laufkarte, die
Überproduktion
das Material begleitet und bei Verbrauch eine sofor-
tige Nachproduktion auslöst.

Die atmende Fabrik


Wie Dudenhöffer ausführt, spart eine Just-in-time-Fertigung bei der Automobilher-
stellung bis zu 10% der Fahrzeugkosten: „Deshalb ist die atmende Fabrik, die ihre
Produktion auf die Nachfrage einstellt, ein hochaktuelles Thema.“1186 Der Erfolg des
Konzeptes hängt von der Einführung neuer, flexibler Arbeitszeitmodelle ab.

Kaizen
„Der Der Abbau von Verschwendung sollte mit Anstrengungen zur Produkt- und Prozess-
nächste verbesserung einhergehen. Kaizen ist die Philosophie der schrittweisen Verbesse-
Prozess ist
der Kun-
rung. Es richtet das Augenmerk noch stärker auf Markt und Kunden. Jeder Mitarbei-
de.“ ter ist aufgerufen, bei seinem Tun und bei allen Ressourceneinsätzen nach permanen-
(Masaaki, ter Steigerung der Leistungsfähigkeit des Unternehmens zu streben. Im Rahmen der
(Kaizen), Produktion geschieht dies z.B. durch Prozessinspektion, Autonomisierung,
1993, S.
76) Bandstop-Prinzip und N-2 Wareneingangskontrolle (nur das erste und letzte Stück
einer Lieferung wird kontrolliert).1187 Außerhalb der Fertigung sind Quality Circles
(QCs) einberufen, um im Rahmen eines umfassenden Qualitätsmanagement (TQM
= Total Quality Management) den Verbesserungsprozess voranzutreiben. Die in-
ternen QCs bestehen aus kleinen Teams von 6 – 12 Mitarbeitern aus allen betriebli-
chen Bereichen. Der Vertriebsmitarbeiter kann seine Kundenwünsche unmittelbar an
die technischen Kollegen herantragen.

1184
Kortus-Schultes, (wertschöpfungsorientiertes Marketing), 1998, S. 87
1185
vgl. hierzu und im folgenden Sekine, (Fertigung), 1995, S. 14 ff.
1186
Dudenhöffer, (Massenmarketing), 1998, S. 89
1187
vgl. Masaaki, (Kaizen), 1993, S. 111 ff.
536 Marktorientierte Unternehmensführung

8.5.2. Virtuelle Fabrik


Die Visi- Die virtuelle Fabrik gilt als innovativer Ansatz eines marktorientierten unternehmeri-
on: Jedes schen Gesamtsystems. Virtuell verweist auf etwas, das nur der Möglichkeit nach vor-
Kunden-
segment
handen ist. Eine virtuelle Fabrik ist eine Als-ob-Organisation. Sie präsentiert sich
erhält für im Markt als Einheit. Hinter den Kulissen stellt sie jedoch ein Netzwerk kooperie-
die Pro- render, rechtlich selbständiger und unabhängiger Unternehmen mit ihren Produkti-
dukterwar- ons- und Vertriebsstätten dar. Ein Höchstmaß an Marktorientierung und Kundenzu-
tungen
seine „ide- friedenheit wird vor allem durch folgende Strategien angestrebt:
ale Fab- Alle virtuellen Partner konzentrieren sich auf ihre Kernkompetenzen und bringen
rik“. nur die Unternehmensbereiche in die virtuelle Organisation ein, in denen sie ex-
akt die Kundenwünsche treffen und zudem ihre besten Leistungen erzielen.1188
Die Zusammenarbeit ist nicht unbedingt auf Dauer angelegt. Die virtuellen Sys-
tempartner halten ihre Kooperation nur solange aufrecht, wie sie sicher sind, dass
sie in diesem Partnerverbund die Kunden optimal bedienen können.
Die Zusammenarbeit beruht auf „lockerer Basis“, um eine hohe marktbezogene
Flexibilität zu gewährleisten.
Um die Schlagkraft der Organisation dem Kunden gegenüber zu sichern, unter-
werfen sich die Partner in den betroffenen Marktsegmenten dem Primat des Mar-
keting. Eine virtuelle Markenführung hat eine einheitliche Imagepolitik, eine
standardisierte Corporate Identity und ein stabiles Produktdesign zu sichern.
Als exemplarisches Beispiel für eine virtuelle Unternehmung gilt heute die Puma AG.
1993 fast am Ende, konnte Puma dank eines virtuellen Konzeptes den Turn-around
schaffen. Man konzentriert sich konsequent auf seine Kernkompetenzen Entwicklung,
Design und Marketing. Produktion, Logistik und Vertrieb sind nahezu vollständig in
rund 80 virtuell miteinander verbundenen Partnerfirmen weltweit verteilt.

Die Austauschbarkeit der Kooperationspartner birgt jedoch die Gefahr, dass die Leis-
tungsanforderungen permanent hochgeschraubt werden. Extreme Lieferantenqualifi-
zierung und hohe Anstrengungen zur Kundenbindung zeichnen die virtuelle Fabrik
aus. Das System tendiert auch zur Kundenselektion. Virtuelle Unternehmen sind fest
auf Zielgruppen fokussiert. Der Aufwand für die Erhaltung des Systems trägt sich
nur für Kundensegmente, die dieses hohe Maß an individueller Kundenorientierung
schätzen und die Mehrwerte auch preislich abzugelten bereit sind. Wie aber kann ein
bestimmtes Qualitätsniveau dauerhaft gesichert werden?

8.6. Marktorientierte Qualitätssicherung:


ISO-Vorgaben und Total Quality Management
8.6.1. Das Paradigma der produzierten, nicht geprüften Qualität
"Ein Qualitätsmanagement ohne betriebswirtschaftliche Kenntnisse ist heute undenk-
bar, und umgekehrt wird Qualitätsorientierung künftig noch verstärkt in kommerzielle
Überlegungen einfließen. Der Mitarbeiter und der Kunde wollen sich auf ein kontrol-
liertes Management verlassen, und sie wünschen gleichzeitig, dass die heutigen Un-
ternehmen durch profitables Wirtschaften auch zukunftsfähig sind."1189

Qualität = Ein wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Wandel führte nach der Versorgungsepo-
Technologie che nach Kriegsende und nach dem Wachstumsboom der 90er Jahre in eine Quali-
+ Kunden-
orientierung.
tätsepoche. Diese ist durch Umwelt- und Gesellschaftsorientierung, durch weltweite
Kooperationen und globale Vermarktungskonzepte gekennzeichnet.1190
1188
vgl. Schräder, (virtuelle Unternehmungen), 1996, S. 85
1189
Hans Peter Homberger, CEO der Schweizerischen Normen-Vereinigung SNV
1190
vgl. Kamiske, (Total Quality Management), 1994, S. 3
8. Kapitel: Die Integration anderer Unternehmensbereiche 537

Abb.8-10 Ein Bekenntnis zur Qualität ist


für moderne Unternehmen ein
ausdrückliches Bekenntnis zum
Kunden. Marktorientierte Un-
ternehmensführung verlangt
dauerhaft marktgerechte Quali-
tät durch ein effektives und ef-
fizientes Zusammenwirken aller
Unternehmensprozesse. Dabei
geht man davon aus, dass Qua-
lität nicht geprüft, sondern pro-
duziert werden muss. Außer-
dem kann es sich nur um Quali-
täten handeln, die von den
Kunden gewünscht und wahr-
genommen werden. Diese mo-
derne Qualitätsphilosophie
kommt gut in einem Mission
Statement der Firma ODU
Steckverbindungssysteme zum
Ausdruck (Abb.8-10).
Große
Rückrufak- Qualität ist das Vermö-
tionen gen einer Gesamtheit in-
2005/2006 = härenter Merkmale eines
Cadburry 1
Mio. Scho- Produktes, Systems oder
koladenta- Prozesses zur dauerhaften
feln, Sony Erfüllung von Forderun-
340 Mio.
gen der Verwender und
Akkus,
Honda von Seiten anderer inter-
270.000 essierter Parteien (Stake-
PKW, Dell: holder).
4 Mio. No-
tebooks.
Es geht nicht um die Frage, wie qualitativ gut produziert wird. Sondern darum, ob
auf dem Weg zum Endprodukt, von der Entwicklung bis zu Auslieferung und Kun-
dendienst, Bedingungen herrschen, die die von den Kunden erwartete Qualität si-
cherstellen. Betriebliche Potenziale und Kundenwünsche bestimmen die Unterneh-
menskultur. Die Kundenorientierung ist auf alle internen Stellen und Mitarbeiter zu
übertragen. Hierzu formulieren Töpfer und Mehdorn vier Leitlinien:1191
(1) Kunde ist jede nachgelagerte Stelle (Phase) in der Wertschöpfungskette. Es gilt
das NOAC-Prinzip: Next Operation as Customer! Damit wird praktisch jeder
Kollege zum Kunden. Betrieb und Markt verschwimmen.
Abb.8-11: (2) Hieraus folgt: Qualität bestimmt sich aus den eigenen
Das klassi- Anforderungen und den Anforderungen nachgelagerter TQM-Erfolgskriterien
sche Con- Abteilungen.
trollerdrei- (3) Jede Wertschöpfungsphase optimiert die eigene Leistung
eck Qualität Zeit
nach den Kriterien Qualität – Zeit – Kosten. Dieses klas-
sische Controllerdreieck liefert den Grundstein für ein
Total Quality Management. Kosten
(4) Jeder Einzelne im Unternehmen ist für die Qualität seiner
Arbeit selbst verantwortlich.

1191
vgl. Töpfer; Mehdorn, (Total Quality Management), 1995, S. 22-42
538 Marktorientierte Unternehmensführung

8.6.2. Die DIN EN ISO 9000 Normenreihe


Die DIN EN ISO-Vorgaben sind Regelwerke zur systematischen Praxisumsetzung
dieser Qualitätsphilosophie.1192 In Audits werden die Regeleinhaltungen überprüft.
Bei positiver Auditierung durch eine neutrale Prüfinstanz (z.B. DQS, DNV) wird die
Unternehmung zertifiziert. In vielen Branchen, z.B. in der Automobilindustrie, ist für
eine Zulieferschaft unabdingbar eine ISO-Zertifizierung gefordert.

DIN EN ISO 9000 beschreibt Grundlagen u. Terminologie für QM-Systeme.


DIN EN ISO 9001 legt Anforderungen an ein Qualitätsmanagement-System
fest. Eine Unternehmung muss ihre Fähigkeit nachweisen, dass sie Produkte
herstellen kann, die den Kundenanforderungen und den behördlichen Anforde-
rungen entsprechen und dass anstrebt, die Kundenzufriedenheit stetig zu er-
höhen.
DIN EN ISO 9004 stellt einen Leitfaden bereit, der sowohl die Wirksamkeit
als auch die Effizienz eine QM-Systems betrachtet. Ziele sind eine Leistungs-
verbesserung der Organisation und eine Verbesserung der Zufriedenheit von
Kunden und interessierten Parteien.
DIN EN ISO 19011 enthält einen Leitfaden zur Auditierung von QM-
Systemen.

Durch acht Grundsätze will die DIN EN ISO 9000:1994 das Erreichen der Quali-
tätsziele gewährleisten:1193
(1) Kundenorientierung: Unternehmen müssen nachweisen, dass sie ihre Kunden
verstehen, Kundenforderungen erfüllen und danach streben, die Kundenerwar-
tungen zu übertreffen.
(2) Führung: Das Management ist selbst für eine kundenorientierte Ausrichtung des
Unternehmens verantwortlich. Diese Verantwortung kann nicht delegiert werden.
(3) Mitarbeiter: Die Mitarbeiter sind vollständig in den TQM-Prozess einzubezie-
hen. Ihre Qualifikationen sind permanent weiter zu entwickeln.
(4) Prozessorientierung: Alle zusammengehörenden Ressourcen und Tätigkeiten
sind als ein Prozess zu definieren und zu lenken.
(5) Systemorientierung: Die miteinander in Wechselbeziehung stehenden Prozesse
sind im Rahmen eines Systems (QS- oder TQM-System) zusammenzufassen. Die
Systemeffizienz ist ständig zu überprüfen und zu verbessern.
(6) Ständige Verbesserung: Die ständige Verbesserung der gesamten Unterneh-
mensleistung ist dominierende Zielsetzung.
(7) Rationale Entscheidungsfindung: Unternehmensentscheidungen haben auf ei-
ner Analyse von Daten und Informationen zu beruhen.
(8) Lieferantenbeziehungen zum gegenseitigen Nutzen: Lieferanten und Kunden
hängen voneinander ab. Sie haben ihre Beziehungen zum gegenseitigen Nutzen
zu steigern und gemeinsame Werte zu schaffen.

Diese Vorgaben schufen ein allgemeines Verständnis. Erst die sich anschließende
DIN EN ISO 9001:2000 definierte die konkreten Anforderungen an ein Total Qua-
lity System. Und die darauf folgende DIN EN ISO 9004:2000 erlaubte wegen der
konsistenten Struktur eine nahtlose Weiterentwicklung zu einem erfolgmessenden
Qualitätsmanagement-System. Durch anhaltende Kundenzufriedenheit soll Nutzen
für alle Interessenpartner der Unternehmung geschaffen werden.
1192
zuständig für die Normung in Deutschland ist das DIN (Deutsches Institut für Normung e.V.). Die
Ergebnisse dieser Normungsarbeit sind die Deutschen Normen (DIN-Normen). ISO: ist die Internati-
onale Organisation für Standardisation. ISO-Normen sind in Deutschland gültig, wenn sie vom DIN
übernommen werden. Man spricht dann auch von den DIN-ISO-Normen.
1193
vgl. Campbell, (Qualität), 2000, S. 32
8. Kapitel: Die Integration anderer Unternehmensbereiche 539

8.6.3. TQM-Systeme nach DIN EN ISO 9004:2000 - ISO/TS16949


"Die von Herrn Schrempp konsequent betriebene Verfolgung des Shareholder Value
steht bisweilen dem Qualitätsdenken im Wege."
(Aussage von Prof. Dr. Wolfgang Meinig, Automobilforschung Bamberg)1194
Abb.8-12
DIE ISO 9000er NORMENWELT

Aspekt ISO 9000-1994 ISO 9001-2000 ISO 9004:2000

Fokus Produkt Kunde Interessierte Parteien


• 20 Kapitel • Prozessmodell • Prozessmodell
Struktur
• QM-Grundsätze • QM-Grundsätze
Verantwortung der • Qualitätspolitik • Fokus auf Kunden • Fokus auf interessierte
Leitung Parteien
• Schulung • Mitarbeiter • Mitarbeiter
• Infrastruktur • Infrastruktur
• Arbeitsumfeld • Arbeitsumfeld
Management der • Informationen
Ressourcen • Lieferanten und Partner-
schaften
• Natürliche Rohstoffe
• Finanzielle Mittel
• Beherrschung • Prozessmanagement • Prozessmanagement
Produktrealisierung • Kundenbezogene Prozesse • Prozesse bezüglich interes-
sierter Parteien
• Prüfung Überwachung und Messung Überwachung und Messung
• Fehlerlenkung von: von:
• Korrektur und • Kundenzufriedenheit • Systemleistung
Vorbeugung • Prozesse • Kundenzufriedenheit
• Produkte • Zufriedenheit der interessier-
• Internes Audit ten Parteien
• Lenkung fehlerhafter Pro- • Finanzen
Messung, Analyse dukte • Prozesse
und Verbesserung • Datenanalyse • Produkte
• Ständige Verbesserung • Internes Audit
• Korrektur und Vorbeugung • Selbstbewertung
• Lenkung von Fehlleistungen
• Datenanalyse
• Ständige Verbesserung
• Korrektur und Vorbeugung
(Quelle: Campbell, (Qualität), 2000, S. 33)

Abb.8-12 zeigt die Übergänge zwischen den Ansätzen. Ein Total Quality Manage-
ment (TQM) geht über die systematische Qualitätssicherung hinaus und berücksich-
tigt verstärkt die Punkte (5) bis (8) der dargelegten acht Grundsätze der ISO-
Vorgaben. Jetzt wird geprüft, ob eine Unternehmung nicht nur qualitätssicher, son-
dern darüber hinaus auch effizient und erfolgreich kundenorientiert arbeitet.
TQM:
Eine Sache
TQM ist eine „auf die Mitwirkung aller ihrer Mitglieder gestützte
von Anfang Management Methode einer Organisation, die Qualität in den Mittelpunkt
an richtig stellt und durch Zufriedenheit der Kunden auf langfristigen Geschäftserfolg
machen. sowie auf Nutzen für die Mitglieder der Organisation und für die Gesellschaft
zielt.“1195 (Die „Väter“: W.E. Demings, J.M. Juran, P.B. Crosby)

Abb.8-13 skizziert den TQM-Prozess nach DIN EN ISO 9001/9004. Erforderlich


sind branchenspezifische Anpassungen und Ergänzungen. Für die Automobilindus-
trie enthalten die QS9000 und die ISO/TS 16949 branchenoptimierte Zertifizie-
rungsregeln. Ziele dieser Modifizierungen sind u.a. ein weltweit standardisierter Zer-
tifizierungsprozess, der von allen Zulieferern akzeptiert wird und eine Kostenreduk-
tion gegenüber den alten Kombiaudits VDA 6.1/QS-9000 ermöglicht.
1194
vgl. o.V., (DaimlerChrysler), in: Landshuter Zeitung v. 31.1.2001, ohne Seitenzahl
1195
nach DIN EN ISO 8402
540 Marktorientierte Unternehmensführung

Abb.8-13
ISO 9001/9004:
STÄNDIGE VERBESSERUNG DES QUALITÄTSMANAGEMENTS

INTERESSENGRUPPEN, KUNDEN,
deren Erwartungen und Anforderungen

INTERESSENGRUPPEN, KUNDEN,
deren Zufriedenheiten
Verantw ortung der
Leitung

Management der Messung, Analyse,


Mittel Verbesserung

Produkte,
Produktrealisierung
Dienstleistungen
Input Output

(Quelle: in Anlehnung an ISO/FDIS 9004:2000)

8.6.4. Exzellenz-Systeme nach Macolm Baldridge, EQA und EFQM


Strebt eine Unternehmung nach höchster Vollkommenheit, dann sind weitere Zertifi-
zierungen möglich. Vor allem drei Konzepte haben sich als Fortsetzung der ISO-
Normen durchgesetzt: der (1) Qualitätsnachweis nach Malcolm Baldrigde sowie
die europäischen Modelle des (2) Euopean Quality Award (EQA) und der (3) Euro-
pean Foundation for Quality Management (EFQM).

Im Hinblick auf eine weltweite Zertifizierung hat der von der US-Regierung verlie-
hene Malcolm Baldrige National Quality Award eine besondere Bedeutung er-
langt.1196 In dem ganzheitlichen TQM-Auditierungsansatz bekommen Kundenorien-
tierung und Kundenzufriedenheit mit 200 von insgesamt 1000 Bewertungspunkten
ein hohes Gewicht. Das Audit evaluiert nach strengen Maßstäben:
• wie die gegenwärtigen und zukünftigen Kundenerwartungen festgestellt wer-
den und in die Pflichtenhefte für neue Produkte unter Berücksichtigung von
Technologie, Wettbewerb und sozialem Umfeld eingehen,
• das Management der Kundenbeziehung: welche Partnerschaftsprogramme
für die Beziehungen zwischen Mitarbeitern und Kunden bestehen,
• welche Leistungsstandards für den Kundendienst festgeschrieben sind,
• welche Regelungen für eine Vorgangsabwicklung im Kundenunterstützungs-
fall getroffen sind,
• welche Ausbildungsprogramme für die Mitarbeiter mit Kundenkontakt ange-
boten werden,
• wie Beschwerde- und Kundenfeedback-Daten erfasst und verarbeitet werden,
• welche Strategien zur Verbesserung der Kundenbeziehungen bestehen,
• welche Produkt- und Servicequalitätszusagen das Unternehmen äußert und
wie diese ständig verifiziert und verbessert werden,
• wie Kundenzufriedenheit ermittelt und die dazugehörige Messgenauigkeit ver-
bessert wird,
• wie die bestehende Kundenzufriedenheit zu beurteilen ist und welche Trends zu
beachten sind,
• wie die eigene Kundenzufriedenheit im Vergleich zu Wettbewerbern ausfällt.

Ähnliche Anforderungen gelten für die von der European Foundation für Quality
Management (EFQM) verliehenen Auszeichnung bzw. Zertifizierung.1197 Interessan-

1196
Lang schildert das Malcolm Baldrige Audit für die IBM-Softwareentwicklung in Böblingen, vgl.
Lang, (Baldridge), 1994, S. 137-167 und speziell S. 162
1197
vgl. www.efqm.org
8. Kapitel: Die Integration anderer Unternehmensbereiche 541

terweise werden über die unternehmerischen Schlüsselprozesse hinaus auch Leis-


tungsnachweise hinsichtlich des Aufbaus von Partnerschaften und der Wahrneh-
mung von Verantwortung gegenüber der Öffentlichkeit (Leistungsmerkmale be-
zogen auf Kunden, Mitarbeiter, Gesellschaft, finanzielle und nicht finanzielle Unter-
nehmensergebnisse) verlangt. Wie hoch die Qualitätsanforderungen gesteckt sind,
zeigen die durchschnittlichen Qualifizierungsergebnisse. 1000 Punkte können in ei-
ner EFQM-Zertifizierung maximal erreicht werden. Bei 700 Punkten liegt der Schnitt
der Spitzenreiter und Preisgewinner. Typische, nach ISO 9001 zertifizierte Unter-
nehmen kommen gerade auf 300 Punkte.1198 Spitzenwerte bei Prozessqualitäten kann
nur erreichen, wer auch die Logistik in das TQM integriert.

8.6.5. Six Sigma


Ein relativ neues Instrument zur systematischen Qualitätsverbesserung zum Vorteil
der Kunden ist das Six Sigma Konzept.1199 Entwickelt wurde Six Sigma Mitte der
80er Jahre bei Motorola, um Qualitätsprobleme zu beheben. Einer der Six Sigma
Pioniere ist ABB. Allerdings geht es bei Six Sigma nicht vorrangig um Produkte,
sondern um Abläufe. Für spezifizierte Kundenanforderungen werden interne kriti-
sche Qualitätskriterien erstellt und regelmäßig gemessen. Sigma steht für die Stan-
dardabweichung der Gauß´schen Normalverteilung. Theoretisches Ziel ist es, bei 1
Mio. Vorgängen nur noch 3,4 Abweichungen von der Norm zuzulassen. Das ent-
spricht einem Perfektionsniveau von 99,99966 Prozent und damit einer Null-Fehler-
Qualität. Das durchschnittliche Qualitätsniveau in industriellen Prozessen liegt heute
in einer Spannweite von 93,3 bis 99,4 Prozent. Seit 2003 hat sich die Zahl der deut-
schen Unternehmen, die mit Hilfe von Six Sigma nach Exzellenz streben, auf fast
200 verdoppelt. Für sie wird Six Sigma zu einem flächendeckenden Management-
System für faktenbasierte Entscheidungen. Gerade in diesem Punkt meldet der
Marketier allerdings Vorbehalte. Six Sigma soll in den Unternehmen Bauchentschei-
dungen ausschalten. Die Qualität bzw. Performance eines Unternehmens aus Sicht
der Kunden ist aber eine wahrgenommene Qualität.

8.7. Marktorientierte Logistik


Der Abschnitt 6.7. hat bereits die Bedeutung der Logistik für die Kundenzufrieden-
heit aufgezeigt. Die Thematik wird hier unter gesamtunternehmerischer Sicht noch
einmal aufgegriffen, weil die Logistik (physische Distribution) im Widerspruch zu
gängigen Marketingbüchern meist nicht in der organisatorischen Verantwortung von
Marketing und Vertrieb liegt.

Vendor Aufgrund der sich ändernden wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und der immer
Managed stärkeren weltweiten Vernetzung von Zuliefer-, Produktions- und Kundensys-
Inventory
(VMI): Der temen wird der Material- und Informationsfluss entlang der Wertschöpfungskette
Lieferant hat zunehmend zu einem entscheidenden Wettbewerbsfaktor. Die Kosten der Distribu-
IT-Zugriff tionslogistik machen bereits im Schnitt 20 bis 45 Prozent der gesamten Logistikkos-
auf den ten aus. "Neue ehrgeizige Kosten- und Leistungsziele sind im Gespräch."1200 Bei gro-
Lagerbe-
stand des ßen internationalen Unternehmen spiegelt sich die strategische Bedeutung der Logis-
Kunden. tik in integrierten logistischen Gesamtkonzepten wieder. Der Trend geht von der ab-
wickelnden hin zur werteschaffenden Logistik. Diese Problematik kommt in einem
Interview mit Mehdorn gut zum Ausdruck:
1198
vgl. Campbell, (Qualität), 2000, S. 101
1199
vgl. Kamiske, (Six Sigma), 2003; www.tritz-online.de
1200
vgl. Wildemann, (Güter verteilen), in: HBM, 1/1997, S. 47
542 Marktorientierte Unternehmensführung

"Die Bahnreform hat der Bahn die Logistikfähigkeit genommen. Sie ist heute ein rei-
ner Bahntransporteur. Den Anschluss zum Kunden haben Speditionen und Logistiker
übernommen. Die Bahn steht heute da und wartet auf Aufträge. Aber so lassen sich
keine Geschäfte mehr machen. Wer nicht den Prozess vom Kunden zum Kunden be-
herrscht, nimmt nicht am Markt teil. Das ist einer der zentralen Punkte, an denen wir
arbeiten müssen."1201

Immer wieder wird beklagt, dass viele kleine und mittelgroße Firmen die Bedeutung
der Logistik als strategischen Wettbewerbsfaktor noch nicht erkannt hätten.1202 Der
Vorwurf betrifft alle drei Teilbereiche der Logistik: (1) die Beschaffungslogistik, (2)
die Produktionslogistik und (3) die im Abschnitt 6.7. betonte Vertriebslogistik.

BMW will Welche Trends auf der Marktseite beeinflussen die Logistik besonders stark?
die Stan-
dardliefer-
(1) Der Wandel von den Verkäufer- zu den Käufermärkten macht auch vor der
zeit von 28 Logistik nicht halt! Die gestiegenen Kundenanforderungen gehen in Richtung
auf 10 Tage kurze Lieferzeiten, hohe Terminsicherheit, Flexibilität und logistische Zusatzleis-
senken. tungen. In vielen Marktbereichen fordern Kunden minutiöse Anlieferung der Wa-
re und Abladung direkt an die Fertigungsbänder (Just-in-time).
(2) Die Logistik muss die Internationalisierung von Marketing und Vertrieb absi-
chern. Das bedingt weltweit abgestimmte Transport- und Lagerkonzeptionen so-
wie das Management von Schnittstellen zu unterschiedlichen Logistikpartnern
mit genauer Kenntnis der jeweils in den Ländern geltenden klimatischen, kultu-
rellen, infrastrukturellen, rechtlichen und administrativen Rahmenbedingungen.
(3) Die Beschleunigung von Innovationsgeschwindigkeit und Produktlebenszyklen
fordert von der Logistik eine schnelle Anpassung der Lade- und Verpackungs-
vorrichtungen und der Transportbehältnisse.
(4) Die verschärfte globale Umweltsituation wie auch das gesteigerte Umweltbe-
wusstsein der Kunden fordern neue Konzepte für umweltfreundlichere Transport-
lösungen, Recycling und Abfallvermeidung.
(5) Informationen sollen den Gütern vorauseilen. Der Güterfluss wird durch einen
Informationsfluss ergänzt.1203 Die Marktorientierung zwingt die Logistik in das
Internet.
Der Kurier und Expressdienst DHL Worldwide Express bietet z.B. einen Sendungsver-
folgungsservice im Internet an. Der jeweils aktuelle Status von 14,5 Mio. Sendungen
täglich kann online am Bildschirm verfolgt werden.1204

Wildemann hat in einer Delphi-Studie 121 Unternehmen und 58 Hochschulprofesso-


ren über Anforderungen an eine moderne Logistik befragt. Folgende Trends wurden
erkennbar:1205
• weitere Verbesserung des Kundenservices, z.B. durch Ausweitung der Wert-
schöpfungskette zum Kunden hin und durch produktnahe Dienstleistungen in
der Distribution,
• verstärkte Verlagerung von distributionslogistischen Aktivitäten auf logisti-
sche Dienstleister (auch Bildung von virtuellen Organisationsformen auf
"Weltklasseniveau"),
• Erweiterung des Aufgabenumfangs von Speditionsunternehmen,
• Verringerung der Zahl der Distributionsstufen und der Lagernetze,
• flussgerechter Einbezug von Auftragsabwicklung, Lagerhaltung und Produktion,

1201
o.V., (fertig), in: MM, 11/2000, S. 83; Interview mit Bahnchef Hartmut Mehdorn
1202
vgl. Krampe; Lucke, (Logistik), 2006, S. 27
1203
vgl. Krampe; Lucke, (Logistik), 2006, S. 38
1204
vgl. o.V., (DHL), in: Güterverkehr, 6/1996, S. 8
1205
vgl. Wildemann, (Güter verteilen), in: HBM, 1/1997, S. 55
8. Kapitel: Die Integration anderer Unternehmensbereiche 543

• Einbindung des Kunden in die Logistikkette durch den Einsatz neuer Informa-
tions- und Kommunikationstechniken.

Analog zur CRM-Philosophie führt der Weg hin zu computergestützten, integrierten


Gesamtkonzeptionen.

8.8. Supply Chain Management (SCM/eSCM)


BMW konn- Was liegt jetzt näher, als die kundenorientiert optimierte Unternehmung mit den
te im Jahr Wertschöpfungsketten der Vorlieferanten und in letzter Konsequenz auch mit dem
2006 ca. 1,3
Mrd. Fahr-
Bedarf des Endabnehmers zu koppeln. So entsteht das Supply Chain Manage-
zeuge abset- ment.1206
zen. Im
Durchschnitt Supply Chain Management (SMC) ist eine computergestützte Steuerung des
enthält ein Material-, Informations- und Kapitalflusses über die gesamte Wert-
BMW
18.000 Tei- schöpfungskette; von der Rohstoffgewinnung bis zum Endkunden. Es ergibt
le. Folglich sich eine integrierte Einkaufs-, Produktions- und Absatzplanung.
hat BMW im Ziel ist die Integration des gesamten Wertschöpfungsprozesses.
Jahr 2006 Ebenfalls ein Ziel ist die Erhöhung der Kundenwerte (Value to the
rund 234
Mrd. Teile Customer) bei Endkunden.
gesteuert.
Die Leitlinien von SCM lauten wie folgt:
(1) Die Marktnachfrage steuert unternehmensübergreifend die gesamte Lieferkette.
(2) Informationen fließen ohne Medienbrüche zwischen den Wertschöpfungsstufen
und stehen allen Geschäftspartnern zeitnah zur Verfügung.
(3) Durchlaufzeiten, Prozesskosten und Lagerbestände werden minimiert.
(4) Problemsituationen werden in Echtzeit gelöst.

Drei Integrationsstufen führen zu SCM:


(1) Integrated Enterprise: Mit Hilfe von PPS / ERP und CRM werden die kunden-
bezogenen Prozesse einer Unternehmung ressortübergreifend optimiert.
(2) Extended Supply Chain: Mit Hilfe kooperierender Systeme und Web-EDI-
Anbindungen werden die wichtigsten Lieferanten und Kunden (Händler) in das
SCM-Konzept eingebunden. Ab diesem Zeitpunkt werden Produktions- und Ab-
satzdispositionen miteinander geteilt.
(3) Supply Chain Networks: Die elektronischen Vernetzungen werden auf Internet-
Basis weiter ausgebaut. Die Supply Chain Mitglieder können wie ein Unterneh-
men im Markt auftreten. Weitere Kunden oder Lieferanten können ad-hoc ange-
schlossen werden.

Die DHL Folgende Vorteile werden für SCM betont:


beziffert die • Abstimmung und Optimierung von Bestellmengen, Lieferzeiten, Transport und
Kosten-
einsparun- Beständen über die gesamte Wertschöpfungskette,
gen in der • Verkürzung der Lieferzeiten,
Logistikette • Verhinderung von ausverkauften Waren,
durch den • frühzeitiges Erkennen von Bedarfsschwankungen,
Einsatz von
SCM auf • Reduktion von Sicherheitsbeständen,
25% (zit. in • Reduzierung von Beschaffungskosten,
IT-Director, • Umsatzsteigerungen durch Mehrwerte
10/2006, S.
• und letztlich höhere Kundenzufriedenheit beim Endabnehmer.
65).

1206
vgl. Kortus-Schultes; Müller, (Supply Chain), 2001; Scholz-Reiter; Jakobza, (Supply Chain Ma-
nagement), in: HMD, 6/1999, S. 10
544 Marktorientierte Unternehmensführung

Wichtige Voraussetzungen für SCM sind offene Informationssysteme, miteinander


gekoppelte ERP-Systeme und die Bereitschaft zur Kooperation bei den Teilnehmern
der Kette. Dann können die Vorteile eintreten, die der Supply Chain Council festge-
stellt hat: Bestandsverringerungen um bis zu 60 Prozent, Senkung von Durch-
laufzeiten um bis zu 50 Prozent, Gewinnsteigerungen bis zu 30 Prozent und Stei-
gerungen bei Umsatzerlösen und Marktanteilen um bis zu 55 Prozent.1207

Beispiel SCM kann zu einer optimierten Kombination von Category Management und ECR
Reiseveran- führen (s. Abschnitte 6.6.2.f. und g.). Durch Verbindung von SCM und CRM ent-
stalter: Vir-
tuelle Anbie- steht die Endkunden-gesteuerte Wirtschaft, die sog. Reverse Economy.
ter wie ex-
pedia bu-
chen keine
Kontingente 8.9. Die abschließende Generallinie
mehr vor
sondern
produzieren
8.9.1. Die Kraft der Werte: Creating Value / Value Production
nur die Abschließend wird nach einem Leitfaden gefragt, der alle Aspekte der Marktorien-
Reisen, die
nachgefragt
tierung von Marketing und Vertrieb, von Beschaffung, Forschung & Entwicklung,
werden. Fertigung, QS und Logistik sowie der administrativen Unternehmensbereiche ver-
knüpft. Abb.8-14 fasst zentrale Leitlinien für eine marktorientierte Ausrichtung einer
Unternehmung zusammen, die in diesem Buch behandelt worden sind.
Die Befolgung dieser Leitlinien wird einer Unternehmung nur dann Markterfolg
bringen, wenn die Handlungen aller Mitarbeiter und damit die gesamte Unterneh-
menspolitik auf die Schaffung von Werten bei den Kunden ausgerichtet sind. "Wert
entsteht durch Marketing an sich ... Unternehmen müssen die Stellhebel für Wertent-
stehung und -steigerung kennen und proaktiv einsetzen ... alle Werttreiber zielen
darauf ab, nicht nur Kundenorientierung zu haben, sondern kundenorientiert zu
sein."1208 Abb.8-15 enthält wichtige Elemente des Creating Value Konzeptes und
zeigt Wertgeneratoren besonders erfolgreicher Unternehmen auf.1209
Diese Überlegungen zu einer werteorientierten Unternehmensführung werden
von interessierten Unternehmen auf den Deutschen Kundenwertkongressen vertie-
fend behandelt. Zwei zentrale Säulen schälen sich heraus:
(1) Value Production (Marzian/Smidt): Die Werteschaffung für einen Kunden, bei-
spielsweise durch eine neue Dienstleistung, hat bereits in einem ganz frühen Sta-
dium des Wertschöpfungsprozesses zu erfolgen und sich quasi produktionswirt-
schaftlichen Gestaltungsregeln zu unterwerfen. Normalerweise gibt es erst ein
Produkt und dann bei der Vermarktung wird darüber nachgedacht, welchen Nut-
zen es dem Kunden wirklich bringt. Kundenutzen ist aber nicht genug. Die An-
gebotsleistung muss dem Kunden ökonomisch nachweisbare Werte bieten.
(2) Wertevermarktung (Werteverkauf): Wenn wir so weitermachen, dann gleitet
die CRM-Bewegung einseitig in Richtung Effizienzerhöhung ab. Das Marketing
wird blutleer. Wir kommen erst dann weiter, wenn die operativen Geschäftsbe-
reiche (Vertrieb) wissen, welche Werte sie beim Kunden vermarkten (= Custo-
mer Value) und welche Werte sie vom Kunden hierfür zurückbekommen (=
Customer Equity). Es entstehen Wertschöpfungspartnerschaften.

1207
vgl. www.lis.iao.fhg.de/scm/ (11/2000)
1208
Kricsfalussy; Semlitsch, (Werttreiber), in: ASW, Sondernummer Oktober 2000, S. 22-34. Die
Autoren sind Mitarbeiter von Droege & Comp. Sie fassen die Ergebnisse der Delphi-Studie des Deut-
schen Marketing-Verbandes zusammen. Frage: Welche sind die aus Marketingsicht wertvollen Unter-
nehmen?
1209
vgl. Kricsfalussy; Semlitsch, (Werttreiber), in: ASW, Sondernummer Oktober 2000, S. 26 und 23
8. Kapitel: Die Integration anderer Unternehmensbereiche 545

Abb.8-14
Leitlinien Kernidee Maßnahmen

Marktvision • Vision für die kommenden 5 – 10 Jahre entwickeln


Ist Grundelement
• Langfristplanung mit Zielen und Maßnahmen
und –strategie
des Top-
Management
⌦ der marktorientier-
ten Unternehmens-
führung


Top-down und Bottom-up-Abstimmung ist nötig
Marktorientiertes Leitbild von den Mitarbeitern in
Workshops erarbeiten lassen
• Definition der besonderen Stärken und Fertigkeiten der
Unternehmung
Management • Welche Stärken können bereichs- und produktübergrei-
Ist der Nährboden
von Kernkom-
petenzen
⌦ der Unternehmens-
zukunft

fend genutzt werden?
Was denken Mitarbeiter und Hauptkunden über die
eigenen Stärken bzw. Kompetenzen?
• Extraktion der Kernkompetenzen und Maßnahmen zur
Sicherung und zum Ausbau der Kernkompetenzen
• Den Kunden „in die Fabrik lassen“.
Abbau von Schnitt-
Integration von • Kundenbesuche auch für die Kollegen aus F&E, Kon-
stellenproblemen
Technik und
Markt
⌦ sowie Überwindung
disziplinärer Denk-


struktion und Fertigung
Gemeinsame Schlüsselentwicklungen mit Top-Kunden
Gemischte Arbeitsteams von Technikern, Kaufleuten
haltungen
und Marktexperten
• Das Marketing (Marketingphilosophie, Marketingmetho-
den) müssen den Vertrieb/Verkauf „beseelen“
Integration von Marketing muss • Job-Rotation zwischen Marketingspezialisten und
Vertrieb und
Marketing
⌦ den Verkauf
beseelen •
Verkaufsgeneralisten
Die strategische Planung geht vom Vertrieb aus –
Marketing unterstützt, konsolidiert und verfeinert
• Produktmanager mit Verkaufserfahrung
Priorität für strate-
gische Kundenpo- • Einrichtung eines Key Account Management
Schlüsselkun-
den-
Management
⌦ tenziale und lang-
fristige, partner-
schaftliche Bezie-



Abgestimmte Strategien mit Flächenvertrieb
Zielrichtung auch: Customer Integration
Einführung von EDI, EDIFACT
hungen
• Erstellen von Technologie-, Wettbewerbs- und Umfeld-
Vorteile im Zeit- prognosen
Zukunfts-
szenarien ⌦ wettbewerb
erringen


Erarbeiten von Ziel-Produkt-/Geschäftsfeldportfolios
Gute Kontakte zu Marktforschungsinstituten halten
• Gezieltes Wissensmanagement
• Verwirklichung einer Unternehmens- und einer Ver-
triebsführung „mit System“
• Steuerungsprogramme an besondere Unternehmens-
verhältnisse anpassen
Online- • und mit den Mitarbeitern gemeinsam ausgestalten und
Einführung eines einführen
Steuerung von
Innen-
und
⌦ ERP-Systems in
Verbindung mit
CRM/CAS


Prinzip des kontinuierlichen Lernens im Vertrieb reali-
sieren
Vertriebscontrolling und Benchmarking
Außenwelt • Leistungsgespräche mit Mitarbeitern, Einführung eines
Prämienlohnsystems
• Vertriebspartner (Handel, Handelsvertreter) an der
Marktplanung teilhaben lassen; Festlegung gemeinsa-
mer Spielregeln

Die Konzeption einer wertorientierten Unternehmensführung steht erst am Anfang.


Die Weiterentwicklung kann sich an folgenden Thesen orientieren, die auf dem 3.
Deutschen Kundenwerttag 2005 erarbeitet worden sind (Auszug):
⌦ Kundenwerte sind nicht fest. Sie sind gestaltbar.
⌦ Mehrwertgeschäfte sind um Kundenwünsche herum zu entwickeln.
⌦ Wettbewerbsvorteile ergeben sich durch Integration aller Leistungen entlang der
Supply Chain. Die Vision: Mehrwertangebote aus einer Hand.
⌦ Der klassische Kundenservice ist out. Der Trend geht vom pannenorientierten,
reaktiven Service zum agierenden, werteschaffenden Servicevertrieb.
⌦ Aus CRM wird CVE (Customer Value and Equity Management).
⌦ Neben der markenorientierten steht die kundenwertorientierte Unternehmensfüh-
rung.
⌦ Bei Wertschöpfungspartnerschaften geht es darum, Customer Value (CV) und
Customer Equity (CE) in eine Balance zu bringen.
546 Marktorientierte Unternehmensführung

Abb.8-15
DAS CREATING VALUE-KONZEPT (AUSZÜGE)

Wertentstehung im
Creating Value durch Marketing Instrumentaleinsatz
Unternehmen durch
Schaffung eines spirituellen Alle Kommunikations-, Strate-
Generierung von neuem Wissen gie- und Analyseinstrumente
Mehrwertes über materielle
und Umsetzung in neue Produk- Marketing-Mix und Sub-Mixes
Werte hinaus
te Markenwertanalyse, -führung,
Innovationsorientierte Produkt-
Kreative Nutzenbündel für Markenaufbau und -pflege
politik
Verbraucher
Wertstabile Produkte F&E, Innovationsmanagement
Vermittlung von Einzigartigkeit
Emotionaler Verbraucherwert CRM, Kundenwertanalyse,
Schaffung einer Marke
Beständigkeit Zielgruppenanalyse
Einsatz des Kunden als positiven
Markenführung und -pflege Markforschung, Research
Botschafter des Unternehmens
Wissensmanagement
Marketing-getriebene Unternehmen und ihre Wertgeneratoren

Beiersdorf Nokia Ferrero Unilever Telekom Coca Cola

• Konsequente • Erfassung von • Fokussierung • Hoher Werbe- • Konsequenter • Vermarktet ein


Wertentwick- Kundenwün- auf wenige, aufwand Imageaufbau Lebensgefühl
lung und Aus- schen und eigenständige • Innovativ durch syste- • Ein Parade-
bau der Mar- Schaffung ei- Produkte / • Gute Positio- matische beispiel für
ken ohne den nes neuen Marken; hohe nierung Kommunikati- langjährige
Markenkern zu Lifestyles Konkurrenz- on Markenführung
gefährden • Fokussierung barrieren • Macht Kom- • Optimaler
• Sehr hohe der Value Pro- durch Produk- munikation Einsatz der
Bedeutung der position auf tion und Wer- populär und Kommunika-
Markenfüh- eine Wertkom- bung massefähig tionsinstru-
rung petenz • Hohe Innovati- • Marke, Innova- mente zur
• Blue-Harmony- • Konsequente onsflexibilität, tionen in Zu- Schaffung ei-
Konzept - Markt- und gute Marken- kunftsbran- nes spirituellen
durchgängiges Kundenorien- führung, klares chen, globale Mehrwertes
internationales tierung mit ho- Konditionen- Strategie
Markenbild hem Marke- system • Deutliche
tingeinsatz Kundenorien-
tierung, ge-
glücktes Re-
engineering
• d.h. funda-
mentales,
neues Market-
ing

(Quelle: Kricsfalussy; Semlitsch, (Werttreiber), in: ASW, Sondernummer Oktober 2000, S. 26 und S. 23)

⌦ Kunden- und Lieferantenbeziehungen werden zu Koordinations- und Kommuni-


kationsprozessen für eine Mehrwertproduktion.
⌦ Kundenwertesteuerung muss in den operativen Systemen möglich sein.
⌦ Führungsaufgabe: Die Mitarbeiter zu Wertemanagern weiterentwickeln.

Wer alle fachlichen Elemente dieses Buches verrwirklichen und alle Werteverspre-
chen wahrmachen kann, der wird seine gesamte Unternehmung als Marke in den
Köpfen von Interessenten und Kunden verankern.

8.9.2. Die Kraft der Marke: Die Unternehmung als Marke


Alle marktorientierten Denkhaltungen können sich zu einer Philosophie verdichten,
die die gesamte Unternehmung als Marke sieht bzw. zu einer Marke entwickelt.

In seinem 6-C-Konzept der Markenführung verbindet Meffert hierzu sechs Er-


folgsprinzipien. Diese sind in der Abb.8-16 dargestellt:1210
1210
vgl. Meffert, (Marketing), 2000, S. 880-881 unter Hinweis auf eine Veröffentlichung aus dem Jahr
1984; hier etwas abgeändert gemäß Puhlmann; Semlitsch, (Marke), in: ASW, Sondernummer Oktober
1997, S. 30
8. Kapitel: Die Integration anderer Unternehmensbereiche 547

Abb.8-16

Customer Orientation:
Wodurch erkennen unsere
Kunden bei Technik und
Vertrieb, dass wir uns auf ihre
Bedürfnisse ausrichten?

Concentration: Commitment:
Wo liegen unsere Stärken, wie Sagen wir Öffentlichkeit und
sichern wir sie ab, wie entwickeln unseren Kunden klar, wozu wir
sich die Kunden weiter, die unsere uns verpflichtet fühlen?
Stärken brauchen?

Credibility: Continuity: Cooperation:


Halten unsere Produkte und Wodurch beweisen wir unsere Haben wir genug Verbündete,
Mitarbeiter das, was sie „gleichbleibende Handschrift“ wie stehen wir zu ihnen? Wie
versprechen? im Markt, d.h. in Technik bauen wir sie auf?
und Marketing?

MARKTORIENTIERTE
UNTERNEHMENSFÜHRUNG:
Die Gesamtunternehmung
als Marke

Marktorien-
tierte Unter-
(1) Customer Orientation: Technische und kundenbezogene Trends sind frühzeitig
nehmensfüh- zu erkennen, das Leistungsprogramm konsequent auf die Kundenbedürfnisse
rung bedeu- auszurichten und ein vorteilhaftes Preis-/Leistungsverhältnis zu realisieren.
tet: (2) Continuity: Kontinuität im Leistungsanspruch und im Marktauftritt gibt dem
Die Ge-
samtunter-
Kunden eine Orientierungshilfe im sich immer schneller verändernden Marktge-
nehmung schehen. Aus dieser Kontinuität erwächst das Vertrauen in den Lieferanten.
wird zur (3) Concentration: Empfohlen wird die Konzentration der Unternehmenskräfte auf
Marke. wenige Produkte (Geschäftsfelder), hinter denen Kernkompetenzen stehen.
(4) Credibility: Eine gleichbleibende Produkt- und Servicequalität sichert das Ver-
trauen der Kunden. Das impliziert auch, nur Versprechen in den Markt ab-
zugeben, die man halten kann.
(5) Commitment: Im Markt muss transparent gemacht werden, wozu die marktori-
entierte Unternehmung sich verpflichtet fühlt. Im Vordergrund der Unterneh-
mensaufträge sollte ein konsequentes Innovationsstreben1211 stehen. Auf den
zweiten Blick wird dann klar: Letzten Endes sind es die Commitments von Mit-
arbeitern, die die Unternehmung weiterbringen – und moderne Systeme der Un-
ternehmensführung, die die Mitarbeiter in ihren Anstrengungen unterstützen.
(6) Cooperation: Wertvorstellungen und Denk- und Verhaltensweisen der Kunden
werden immer instabiler. Um so wichtiger ist eine partnerschaftliche Zusam-
menarbeit zwischen Hersteller und Handel, Hersteller und Zulieferanten, Her-
steller und Großkunden und letztlich auch Mitarbeitern und „Vor“-Gesetzten.
Wir müssen erkennen, dass die Einzelkämpferzeiten vorbei sind. Heute wächst
das Gemeinschaftwissen schneller als das Wissen des Einzelnen. Folglich ist es
Gebot der Stunde, dass Mitarbeiter ihr Einzelwissen in das Gemeinschaftwissen
einbringen. Eine Unternehmung als Einheit wird von den Kunden nie das Prädi-
kat „marktorientiert“ erhalten, wenn die Bruchstücke individuellen Marktwissens
von Vertriebsleuten und Ingenieuren in privaten Karteikästen gehortet werden
und dadurch die Wissens- und Kräftebündelung fehlt.

So präsentieren sich eine Unternehmung mit ihren Geschäftsbereichen und ihren


Mitarbeitern als ein einheitliches Qualitäts- und Leistungsversprechen.

1211
Meffert, (Marketing), 2000, S. 881
548 Marktorientierte Unternehmensführung

8.9.3. Die Kraft der Systeme


Die Ideen des Marketing dürfen nicht in Schönheit erstarren. Marketing muss sich in
Massenprozessen bewähren. Es ist wichtig, in allen Unternehmensbereichen moder-
ne Systeme zu nutzen, die den Dienst am Kunden sinnvoll automatisieren und da-
durch die Mitarbeiter bei ihren arbeitstäglichen Anstrengungen entlasten. CRM, E-
Business und internetgestütztes Supply Chain Management werden bis zum Jahr
2010 die Unternehmen umkrempeln. Marketing und Vertrieb, wie auch die anderen
Unternehmensressorts, gehen mit der IT eine Symbiose ein. Sie formen im Sinne
eines Business Process Management (BPM) neue, integrierte Abläufe und sichern
somit die Qualität im Kundenmanagement. Es ist nicht auszuschließen, dass in den
nächsten Jahren die klassischen Funktionalbereiche der Betriebswirtschaft im Zuge
von BPM miteinander verschmelzen. In der systemgesteuerten Welt disponiert der
Kunde selbst seinen Auftrag über das Web in der Systemwelt des Anbieters – quer
über alle Vertriebskanäle und Marketingfunktionen.

Welche Hochschule kann es daher noch verantworten, AbsolventInnen in die Praxis


zu entlassen, die während ihres Studiums keinen Einblick in die Funktionsweise von
SAP/R3, SAP CRM, Microsoft CRM Dynamics, ADITO online oder von vergleichba-
ren Systemen erhalten haben? Unternehmen wie Hochschulen werden sich anpassen
müssen und verstärkt Methoden- mit Systemkompetenzen verknüpfen.

Für die Unternehmenspraxis ist der Weg in eine Systemwelt, die Kunden- und Kos-
tenorientierung in eine Balance bringt, noch weit. Den meisten Firmen ist es z.B. bis
heute noch nicht gelungen, sich eine integrierte und über Adressdaten hinausgehende
Kundendatenbank aufzubauen.1212 Fragen wir uns ehrlich, wem es gelungen ist, die
Servicetechniker (Kundendienst, Anwendungstechnik) an die Vertriebssteuerung
anzuschließen.

Change-Management ist bei der Einführung von IT-Systemen angesagt. Denn die
Menschen haben Angst vor Systemen. Systeme bringen Veränderungen und drängen
die Arbeit in Richtung Standardisierung. Doch wird die IT immer nur Werkzeug
bleiben. Die Markterfolge werden auch in Zukunft von starken Ideen des Marketing
abhängen - und der Kundenerfolg von den Strategien des Marketing und motivierten
Mitarbeitern in Vertrieb und Service.

So schwer die wirtschaftliche Zeiten auch sein mögen: Es wird immer Sieger in der
Marktauseinandersetzung geben. Die Champions von morgen sind in der Lage,
(1) Angebotsleistungen konsequent auf Kundenutzen hin auszurichten,
(2) innovative Produkte und Dienste zu schaffen, die wirklich Probleme lösen,
(3) Serviceversprechen abzugeben, die von Mitarbeitern auch gelebt werden
(4) und dies auf der Grundlage verständlicher Visionen und Werte,
(5) Preissysteme so zu kreieren, dass die Angebotsleistungen als „preiswert“ emp-
funden werden,
(6) starke Bilder, Botschaften und dadurch emotionale Markenimages zu kreieren,
(7) Klarheit zu schaffen, dass Erfolge weitgehend auf persönlichen Beziehungen
und nicht allein auf kaufmännischen und technischen Fakten beruhen,
(8) innovative Instrumente zu schaffen und diese mit Hilfe von Systemen zu steuern
(CRM, E-Commerce, Solution-Center, Kampagnenmanagement etc.),
(9) dabei die Werbe- und Vertriebspartner mit einzueziehen
(10) und mit Hilfe dieser Konzepte die Balancen zwischen Standardisierung und
Individualisierung sowie Kunden- und Kostendenken zu verwirklichen.
1212
vgl. Winkelmann, (Vertriebsaufgaben), in: ASW, 2/2001, S. 56
8. Kapitel: Die Integration anderer Unternehmensbereiche 549

Wir hoffen, dass dieses Buch einen Beitrag zu einem besseren Verständnis des Mar-
ketingbegriffs in der Öffentlichkeit leisten konnte. Marketing wurde dargestellt
(1) Auf Geschäftsführungsebene ist Marketing eine Denkweise und eine strategische
Haltung, die den Bilanzerfolg aus einem Markterfolg herleitet, bei dem Mitarbei-
ter und Kunden durch Erwartungserfüllung und Mehrwerte zufrieden gestellt
werden (mit dem Vertrieb als einem Instrument im Rahmen des Marketing-Mix).
(2) Auf der Ebene der operativen Alltagsarbeit fungiert die Marketingabteilung als
Partner des Vertriebs, mit der Aufgabe, auf dem Weg zu mehr Umsatz, Ergebnis,
Markanteil und Kundenzufriedenheit alle Arbeitsschritte des SalesCycle zu un-
terstützen.

Marketing ist somit im Sinne von Meffert eine Managementkonzeption für eine
marktorientierte Unternehmenführung:

„Für uns bedeutet Marketing seit jeher eine marktorientierte Unternehmensführung


des Unternehmens, ein funktionsübergreifendes Managementkonzept also, und keine
Einzeldisziplin.“1213

Wenn Marketing und Vertrieb treibende unternehmerische Kräfte und nicht nur Um-
satzplanerfüller und Sklaven des Controllings sind - wenn sie sich mit den anderen
betrieblichen Bereichen zu einer Kultur der marktorientierten Unternehmensfüh-
rung zusammenfinden - dann führt das - bildlich gesprochen – zu einem „Auf-
schwingen in die hohen Weihen der Unternehmensführung“,

„ ... indes die anderen Möwen zur selben Zeit auf dem Boden hockend nichts als Nebel
und Regen kannten.“1214

Dann macht es Spass, in dieser Konsum- und Geschäftswelt zu leben.

1. Hat Ihnen die Konzeption dieses Buches zugesagt? Auf ergänzende Praxislite-
ratur zur Vertriebspolitik und Außendienststeuerung ist am Ende des 6. Kapi-
tels hingewiesen worden.
2. Über Ihre Meinung und über Verbesserungsvorschläge würde ich mich freuen.
Mailen Sie einfach an [email protected]
3. Ansonsten: Schauen Sie doch bitte einmal herein, bei www.vertriebs-
steuerung.de wie auch bei www.crm-scan.de

1213
Heribert Meffert in einem Interview in der Absatzwirtschaft: Berdi, (verzetteln), in: ASW, Son-
derheft Leadership Perspektiven, 2006, S. 31
1214
Bach, (Jonathan), Frankfurt – Berlin 1993, S. 30
Kompetenzfragen mit Internetlösungen
Anhand der folgenden Fragen können Sie Ihr Marketing- und Vertriebswissen überprüfen. Die Fragen
bilden eine bunte Mischung aus theoretischen Grundlagen und den modernen Strömungen unseres
Faches. Die Neuerungen kommen (und gehen) oftmals so rasch, dass man im Stress der Praxis kaum
selbst in der Lage ist, alle Entwicklungen anhand von Fachbüchern, Zeitschriften und Kongressen etc.
zu verfolgen. Die aktuellen Strömungen sind sozusagen für Sie gesichtet und in der Form von 100
Fragen aufbereitet.
Die Lösungen finden Sie in der Download-Sektion meiner Homepage www.vertriebssteuerung.de.
Zum Öffnen brauchen Sie jedoch ein Passwort. Das Passwort ist der Name eines US-
amerikanischen Gitarrenbauers, der durch die Marke Les Paul berühmt geworden ist.

Und nun geht´s los! Viel Spass mit den Fragen

Die Kompetenzfragen:
1. Was ist ein Item
2. Bitte ergänzen Sie ein Wort: gestützte .....
3. Aus welchen drei großen Bereichen besteht CRM
4. Was bedeutet PIMS, und was ist die strategische Bedeutung dieses Ansatzes
5. Was ist ein Starch-Test
6. Was versteht man unter Opportunity-Management
7. Was ist Silent Marketing
8. Ergänzen Sie: .........-Milieu
9. Was ist Permission Marketing
10. Was bedeutet SOR
11. Was besagt die Pareto-Regel, und welche Rolle spielt sie bei der Kundenqualifizierung
12. Welche drei Arten von Kundentreue (Kundenloyalität) werden unterschieden
13. Erstellen Sie graphisch den theoretischen Verlauf einer Werbewirkungsfunktion
14. Wie errechnet sich ein ROCE
15. Wann übt ein Call-Center Linienfunktion aus
16. Was ist CTI
17. Kundenzeitungen dienen der Kundenbindung. Was meinen Sie
18. Was versteht man unter dem Customer Equity Ansatz
19. Was besagen die idealen Kundenpositionen bei der Produktpositionierung
20. Beschreiben Sie den Markeneisberg von icon zur Messung der Kraft einer Marke
21. Was ist eine Flatrate
22. Was heißt Churn genau, und was sind die Aufgaben des Churn-Management
23. Was ist ein G-Wert
24. Was ist ein Cold Call
25. Zeigen Sie den Weg der Vertriebssteuerung auf, von der Zettelwirtschaft zu CRM
26. Effizienz bedeutet ..... und Effektivität .....
27. Was ist das entscheidende Kennzeichen von Datamining
28. Nennen Sie drei große ERP-Systemanbieter
29. Beschreiben Sie den Schlüsselkunden-Gewinnungsansatz von Miller und Heiman
30. Welche drei Erfolgsfaktoren bestimmen die Qualität von Kundenbesuchen
31. Welche kritische Anbieterposition zeigt Porter in seinem Modell auf
32. Wie hoch ist die Preiselastizität der Nachfrage beim Prohibitivpreis und bei der Sättigungsmenge
33. Was ist der Unterschied zwischen einem Data Warehouse und einem Data Mart
34. Was sind die Funktionen einer Kundenkarte
35. Welche drei Arten von Produktanforderungen unterscheidet Kano
36. Beschreiben Sie den Weg vom Call-Center zum virtuellen Customer Care Center
37. Was war bislang der entscheidende Vorteilsunterschied von Kundenclubs in USA und in
Deutschland
38. Was bedeutet Line Extension
39. Was ist der Unterschied zwischen horizontaler und vertikaler Preisdifferenzierung
40. Welche drei Formen der Kundenbindung werden unterschieden
41. Was ist Mystery Shopping
42. Beschreiben Sie die Intensitäten einer Zusammenarbeit beim Key Account Management
43. Beschreiben Sie die Grundidee des Value Marketing
44. Wie ist eine Nachfrageelastizität des Preises aufgebaut und für welche Kaufform (Handelsform)
könnte sie relevant sein
Wissenstest 551

45. Was ist der entscheidende Vorteil einer Payback-Karte für die Anbieter
46. Was besagen die folgenden Effekte: Veblen-Effekt, Snob-Effekt, Mitläufer-Effekt
47. Beschreiben Sie jeweils anhand eines Beispiels die Push und Pull Strategien. Nach welchen vier
Feldern unterscheidet die BCG-Matrix
48. Beschreiben Sie die Eskalationsstufen eines Help Desk Systems
49. Welche Faktoren bilden das 6-C-Konzept der Markenführung von Meffert
50. Was versteht man unter Brand-Licensing
51. Welche (drei) Dimensionen zur Ziel-Konkretisierung definierte Heinen
52. Was bedeutet Complaint Ownership
53. Welches Unternehmen wurde Marketing-Preisträger 2000 und mit welcher Begründung
54. Was bedeutet Residenzprinzip
55. Wie lauten die fünf Schalen des Zwiebelschalenmodells eines Produktes
56. Was bedeutet das NOAC-Prinzip
57. Nennen Sie mindestens fünf Ansätze zur Messung eines Markenwertes
58. Welche Markentypen werden im Preis-/Qualitätsspektrum unterschieden
59. Was bedeutet Power Shopping oder Co Shopping
60. Für welche Märkte eignet sich Datamining
61. Wer (was) ist Clementine
62. Was versteht man unter SCM
63. Welche Rolle spielen Marketingmanager bei den unternehmerischen Grundorientierungen ge-
genüber Kunden und Wettbewerbern bzw. in den sechs historischen Phasen des Marketing
64. Wie heißen die vier Strategien im Ansatz von Ansoff
65. Welche drei Formen der Kundenbindung lassen sich unterscheiden
66. Was bedeutet Voice over IP
67. Was zeichnet eine marketinggetriebene Unternehmung aus. Beantworten Sie die Frage nach dem
Triadenkonzept des Marketing
68. Welche Faktoren bestimmen über die transaktionale Kundenzufriedenheit
69. Nennen Sie die sieben W-Fragen eines Instrumentaleinsatzes
70. Nennen Sie 5 Informationen, die in einer Kundenhistorie festgehalten werden sollten
71. Was ist ein Affinitätsindex
72. Wie lauten die 4 Felder der Porter-Matrix
73. Aus welchen vier Perspektiven (Analysebereichen) ist eine Balanced Scorecard aufgebaut
74. Welche Kundengruppen werden in der Adoptions-/Diffusionstheorie (-kurve) unterschieden
75. Nennen Sie 5 Hauptaufgaben eines Produktmanagers
76. Wieso kann in einer Angebotsbewertung mit Hilfe einer Nutzwertanalyse auch ein teureres An-
gebot den Zuschlag erhalten
77. Preispolitik im elastischen Bereich einer PAF: Preise erhöhen oder senken
78. Was ist die Idee des Closed Loop
79. Was ist der Unterschied zwischen aktiver und reaktiver Positionierung
80. Was ist der Unterschied zwischen einem Panel und einem Tracking
81. Was ist ein 1000er-Kontaktpreis
82. Skizzieren Sie die Strategiepyramide (Konzeptionspyramide) von Becker
83. Welche Ebenen der Nutzenpyramide von Maslow gewinnen an Bedeutung, welche verlieren
84. Nennen Sie drei bekannte CRM-Anbieter
85. Worin liegt die wirtschaftspolitische Brisanz eines FOC
86. Was bietet ein CRM-Scan (www.crm-scan.de)
87. Was ist das Besondere des Single-Source-Ansatzes vom ACNielsen Fernsehzuschauerpanel
88. Skizzieren Sie das Dreieck der Kundenorientierung (die TQM-Erfolgskriterien) nach Droege
(Dreieck der Effizienzfaktoren)
89. Welche 4 Arten von Alleinstellungen (einzigartige Angebotspositionen) werden unterschieden
90. Was ist eine Abandon Rate
91. Skizzieren Sie anhand des Grundmodells (Marktspielregeln) der Konsumgütermärkte: Push-
Strategie und Pull-Strategie
92. Beschreiben Sie den Unterschied zwischen BtoB- und Pseudo-KAM
93. Nennen Sie drei große Marketing- und Vertriebsmessen (für CRM, CAS und E-Business)
94. Was leistet eine relationale Datenbank
95. Was versteht man unter Gross Rating Points
96. Welche Arten von Kundenclubs lassen sich unterscheiden
97. Wie ist die Markenbekanntheitspyramide nach Aaker aufgebaut
98. Was ist der Unterschied zwischen einer Messe und einer Ausstellung
99. Was ist ein CSI
100. Was besagt der Expansionpfad des Marketing
Literaturverzeichnis
Aaker, D.A.: (Strategic Market Management), New York u.a. 1984
Aaker, D.A.: (Brand Personality), Dimensions of Brand Personality, in: Journal of Marketing Re-
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chern, in: ASW, Nr. 6, Juni 2000, S. 30-38
Aaker, J.L.: (Markenpersönlichkeit), Dimensionen der Markenpersönlichkeit, in: Esch, F.-R. (Hrsg.):
Moderne Markenführung, 2. Aufl., Wiesbaden 2000, S. 91-102
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www.acquisa-crm-expo.de www.adito.de www.adm-ev.de
www.aig.org www.cdh.de www.auma.de
www.auma-messen.de www.awa-online.de www.az-direct.com
www.bbdo.de www.bedirect.de www.bertelsmann.de
www.beschaffungswelt.de www.c-und-a.de www.competence-site.de
www.conrad.de www.covisint.com www.crm-expo.de
www.crm-expert-site.de www.crm-portal.de www.crm-scan.de
www.ddv.de www.dell.de www.direktportal.de
www.dresdner-bank.de www.eltec-online.de www.fh-landshut.de
www.genios.de www.gfk.de www.icon-brand-navigation.com
www.ifd-allensbach.de www.ifo.de www.infratest-burke.de
www.inra.de www.inubit.de www.invis-vertriebsoptimierung.de
www.ipsos.de www.kaliber42.de www.karstadt.de
www.kaufhof.de www.manager-magazin.de www.markenverband.de
www.nfoeurope.de www.obi.de www.otto-supermarkt.de
www.oxygon.de www.payback.de www.pr-journal.de
www.rankingdesign.de www.reflect.com www.research-int.com
www.robinsonliste.de www.salesBusiness.de www.scout.de
www.schlecker.com www.servicebarometer.de www.sgi.com
www.shopping24.de www.starbucks.com www.tns-emnid.de
www.tns-infratest.com www.ups.com www.vertriebs-experts.de
www.vertriebssteuerung.de www.vdm.de www.vgw.de
www.wal-mart.com www.webevent.com www.werbeagentur.de
www.wuv.de www.zara.com www.zaw.de
(Stand September 2007)
Stichwortverzeichnis
299, 318, 320, 324, 333, Break-Even-Analyse 259, 260
338, 339, 360, 361 Break-Even-Punkt 253
1 Außendienststeuerung 285, BtoBtoC 8, 283, 376
1st Level Support 223 300, 333, 365, 464 Budget 39, 44, 53, 65, 136,
1to1-Marketing 24, 25, 406 Ausstellungen 28, 424, 471, 427, 448
474, 475 Business Mission 54, 57
Autofinanzierung 494 Business Process Management
6 (BMP) 101, 548
Business-to-Business (BtoB)
6-C-Konzept der B 283, 362, 471
Markenführung 546 Business-to-Consumer (BtoC)
Backoffice 103, 293, 303,
305, 355, 368, 370, 374, 45, 283, 362
A 466, 467 Buying Center 11, 168, 195,
Balanced Scorecard 118 218, 312, 334, 347, 372,
ABC-Analyse 112, 196, 319, Barrieretypen 265 391
320, 321, 324 BCG-Matrix 78, 84, 86, 323
Ablauforganisation 93, 95, 96,
298
Beanstandungen 92, 230, 290,
298, 334, 341, 358, 359,
C
Absatzform 282 365, 532 Call-Center 287, 299, 311,
Absatzhelfer 282, 283, 375, Bedarf 1, 2, 46 357, 366, 451, 459, 463,
376 Bedürfnisse 1, 2, 3, 16, 28, 464, 466
Absatzmittler 25, 282, 283, 185, 192, 427, 480 Carry-over-Effekt 44, 445
376 Beeinflusser 11 CAS 94, 177, 284, 293, 300,
absatzpolitisches Befragung 21, 127, 128, 130, 302, 303, 306, 311, 343,
Instrumentarium 38, 282 131, 132, 136, 137, 146, 351
Absatzpotentialverfahren 295 151, 155, 439, 448, 471 Category Management 387
Absatzprognose 177 Befragungsexperiment 146 Champions 524
Absatzsegmentrechnung 116 Belastungskoeffizient 115 Chancenpotential-Portfolio
Absatzwegepolitik 41, 281, Benchmarking 111, 116, 117, 324
362, 374 118, 158, 518, 527, 545 Change-Management 548
Abschlusstechnik 339, 340 Benchmark-Zielvorgaben 351 Charisma 106
Adressenanbieter 449 Beobachtung 127, 146, 155 Chefsekretärin 11
Affinitäts-Index 442, 443 Beobachtungsexperiment 146 Churn-Management 360, 550
Agentur-Briefing 436 Beratungsverantwortung 97 CI 58, 286, 395, 406, 419,
Agenturvertrieb 376 Berichtssysteme 340 420, 425, 431, 458, 471,
AIDA-Verkaufsformel 336 Beschaffungswesen 399, 532, 477, 481
Akquisition 41 533 Closed Loop 182, 183, 184,
Akquisitionsphase 18, 347 Beschwerdemanagement 228, 301, 303, 304, 305, 492,
akquisitorisches Potenzial 255 290, 298, 306, 342, 358, 496
Aldisierung 246, 387, 499, 359, 532 Closing 337, 339, 369, 415
505 Besucherbefragungen 478 Clusteranalyse 140, 166
Angebotsmonopol 251 Besuchsberichte 293, 307, Co-Branding 482
Angebotspreis 238, 250, 253, 340, 341, 343 Cocooning 94
255, 258, 259, 260, 262, Besuchshäufigkeiten 331 Commitment 547
264 Besuchsplanung 328, 332, 333 Communities 366, 436
Anlagenbau 48, 56, 205, 298 Besuchstermine 331, 465 Computer Aided Selling
Anlagengeschäft 4 Besuchstouren 331 (CAS) 284, 301
Anwender 11 Betriebstypendynamik 381 Conjoint-Measurement 167
Arbeitslastverfahren 294, 295 Bezugsgruppen 14 Consumer Benefit 437
arithmetisches Mittel 161 Blogs 435 Controlling 32, 33, 58, 64, 65,
Attributs-Segmentierung 19, Bonus 108, 249, 271, 273 67, 78, 98, 99, 110, 111,
20, 21, 23 Boston Consulting Group 27, 113, 116, 117, 118, 126,
Auftragsabwicklungssystem 78 204, 276, 300
299 Botschaften 41, 279, 280, 402, Convenience-Goods 288
Auktion 2, 257, 288, 370, 372, 403, 405, 416, 425, 430, Copy-Strategie 436, 437
475 432, 434, 469, 482, 497 Core Benefit Position 191
Außendienst 10, 60, 64, 76, Brainstorming 201, 202 Corporate Culture 41, 420
95, 103, 106, 112, 115, 122, Branchenführer 117, 244, 430, Corporate Design 212, 419
177, 199, 230, 271, 283, 453 Corporate Identity 41, 55, 58,
284, 286, 289, 290, 292, Brand Equity 508, 515, 521, 395, 406, 416, 418, 419,
293, 294, 296, 324, 330, 522, 523 536
340, 341, 351, 368, 376, Branding 31, 45, 212, 230, Corporate Publishing (CP)
451, 470, 472 396, 405, 482, 486, 498, 405, 406, 410, 411, 490,
Außendienstbesuch 332 500, 504, 507, 508, 509, 491, 492, 495, 496, 497
Außendienst-Management 513, 521 Couponing 405, 485, 487, 488
113, 117, 118, 196, 296, Brand-Licencing 483 Creating Value 544, 546
570 Marktorientierte Unternehmensführung

CRM 108, 118, 286, 299, 300, 227, 278, 281, 302, 418, 212, 275, 291, 352, 354,
310, 311, 527, 545 476, 481 387, 396, 417, 448, 524
CRM-Integrationsmatrix 308 Diffusion 198, 200 Erfolgsprinzipien 546
Cross-Selling 76, 218, 222, Direct Mail Marketing 453 Erfolgsverantwortung 63, 95,
273, 297, 303, 329, 334, Direktansprache 451, 452, 293
356, 484, 485, 486, 494 453, 455, 464 Erlebniswelten 384
Cross-Selling-Potenzial 297, Direktgeschäft 65 ERP-Programme 300
329 Direktmarketing 41, 286, 287, Eskalationsprinzip 223, 359
Customer Care 301, 518, 550, 299, 449, 450, 451, 452, EURO-STYLES 21
559, 564 453, 456, 464, 556, 558 EURO-SOCIO-Styles 21
Customer Equity 544, 545 Direktvertrieb 283, 285, 344, Euro-Umstellung 241, 242
Customer Equity (CE) 318, 362, 393 Eventmarketing 406, 425,
327, 544, 545, 550 Direktwerbung 41, 48, 449, 479, 480
Customer Lifetime Value 301, 450 Expansionspfad 35
320, 528 Diskontinuitäten 63, 173, 177, Experiment 145, 146, 559
Customer Lifetime Value 190, 195 Expertenbefragungen 175
(CLV) 318, 320, 528 Diskriminanzanalyse 140, 164 explorative Studie 131
Customer Orientation 547 Distinktkonsum 211, 565 Extranet 365, 464
Customer Relationship Distributionsfilter 379 Exzellenz-Systeme 540
Communication (CRC) Distributionskennzahlen 113
410, 411, 416, 491, 492, Distributionspolitik 41, 277,
494, 495, 496 278, 280, 282, 311 F
Customer Relationship Distributionsrate 112, 115, Fachgeschäft 218, 381
Management 104, 229, 300, 278 Fachpromotor 88
301, 343, 528 Diversifikation 76, 198 Factory Outlet Center 393
Customer Relationship Dumping 262 Faktorenanalyse 140, 166,
Management (CRM) 32, dynamischen Preistheorie 269 167, 191, 193
104, 229, 281, 300, 301, Fakturierungssystem 299
343, 528
Customer Satisfaction Index E Familienmarke 506
Feldexperiment 146
(CSI) 352 E-Business 183, 278, 301, Fernsehforschung 432
Customer Touchpoints 301, 309, 362, 363, 548, 551 Fernsehwerbung 431, 432,
308 E-Commerce 284, 287, 293, 433, 449
Customer Value (CV) 269, 364, 368 Fernsehzuschauerforschung
281, 318, 327, 328, 528, ECO-Richtlinien 463 446, 556
544, 545 ECR 387, 388 Filialunternehmen 380
Customer-Focus-Programm eCRM 300, 301, 310, 363, Firmenkunden 6, 283, 307
352 364, 528 Fit 195, 203
Customer-Relationship EDI 388 Flatrate 268, 269, 550
Marketing 300 EDIFACT 354, 388, 545 Folgekäufe 41, 344, 353, 354,
Cyber Shops 386 Effizienz 58, 64, 86, 94, 285, 445
293, 316, 327, 478 Follow-up Maßnahmen 341
D EFQM 540
Einkäufer 11, 254, 262, 267,
Forecast 66, 87, 90, 112, 173
Fragebogen 127, 128, 137,
Dachmarkenstrategie 506 334, 344, 348, 372, 475, 139, 439
Data Mart 180, 550 479 Fragebogenerstellung 137
Data Warehouse 72, 180, 182, Einkaufsverbände 380 Fragetechnik 137
184, 303, 305, 309, 340, Einstellungen 2, 16, 19, 21, Franchising 395
460, 468, 527 58, 70, 132, 140, 143, 180, Fremdbild 352, 418
Database 71, 72, 121, 180, 417, 420, 444, 445 Frontoffice 290, 303, 305
184, 299, 300, 302, 303, Einstiegspreise 269 Frequenzatlas 447
306, 323, 449, 452 Eintrittsbarrieren 85, 270 Frühwarnsystem 110, 116,
Database-Marketing 452 Einzelhandel 283, 376, 380, 118
Datamining 181, 182, 303, 381, 386 Führungserfolg 105, 106
305, 307, 309 elastische Nachfrage 236 Führungsgrundsatz 56
Data-Warehousing 360 e-Mail 434, 451 Führungskraft 51, 105, 107,
Datenbank 78, 299, 306, 455 E-Mailing 451, 460, 461 109, 199
Deckungsbeitrag 112, 116, Emotionen 2, 15, 16, 413, 414 Führungskräfte V, 9, 50, 72,
196, 244, 253, 258, 260, Enterprise Resources Planning 94, 175, 229, 416
261, 263, 380, 387 (ERP) 300, 302, 308, 309, Führungsphilosophie 106
Delphi-Technik 174 373, 527, 543, 544, 545 Führungsstil 106
Depotsystem 376 Entscheider 11 Führungsverhalten 107
Design 41, 143, 187, 192, Entscheidungsfreudigkeit 51 funktionale Organisation 97,
200, 201, 208, 209, 211, Entscheidungsmethodik 51 387
392, 415, 420, 424, 536 Erfahrungskurve 82, 195
Design-Management 211 Erfahrungskurveneffekt 82,
DIBABA-Formel 337 195 G
Dienstleistungen 3, 4, 5, 6, 9, Erfahrungskurveneffekte 254 Gap-Analyse 69, 173
23, 34, 41, 48, 49, 54, 57, Erfahrungsregel 205, 319 Garantieleistungen 222, 227
59, 122, 185, 217, 219, 221, Erfolgsfaktoren 36, 71, 74, 77, Gateways 371
78, 83, 84, 85, 86, 87, 116, Gebietsoptimierung 294, 299
Stichwortverzeichnis 571

Gebietsorganisation 296 horizontale Preisdifferen- Involvement 17, 106, 290


Gebietsschutz 376, 473 zierung 244, 264, 265, 270 ISO 9004 538, 539
Gebrauchsgüter 4, 8, 12, 48, Horizontale ISO-Zertifizierung 424, 538
208, 224 Preisdifferenzierung 264
Gehirnhälftenforschung 517 Hotline 208, 221, 222, 223,
Geld-zurück-Garantie 227 286, 359, 458, 465, 473, J
generisches Produkt 186 491, 492 Johari-Fenster 338
Gesamtmarktanteil 67, 112 House of Quality 530, 531 Joint Venture 200
Geschäftsfeldentwicklung 76 hybrider Verbraucher 23 Just-in-Time 399, 535
Geschäftsfelder 99, 422 Hypothesenbearbeitung 123
Geschäftsfeldorganisation 97
Geschäftsidee 54, 55, 56, 564 K
geschichtetes Stichproben- I
verfahren 136 Kaizen 535, 560
Image 55, 246, 285, 348, 380, Kampagnen 415, 428, 448,
Gesprächsklima 334 416, 417, 418, 422, 424,
Gesprächsvorbereitung 333 465, 468, 469
440, 441, 479, 481 Kampagnenausrichtung 409,
Gewährleistung 227 Imagepolitik 41, 58, 286, 406,
Gewinnaufschlag 244, 258 410
415, 416, 417, 418, 420, Kampagnenmanagement 181,
Gewinnmaximierung 250, 266 536
Gewinnpotenzial 18 301, 409, 410, 468, 548
Imagepositionierung 420, 421, Kampfpreise 92, 380
Gewinnschwelle 253 422
gleitende Durchschnitte 176 Kampfpreisentscheidung 244
Imageprofilierung 386, 392, Kampfpreissituationen 260
Global Sourcing 533, 534 471
Globalisierung 29, 74, 561 Kanban-Prinzip 535
Imagery 16, 413, 415, 440, KANBAN-Prinzip 388
Grenznutzen 234, 265 448
Grid-Ansatz 335 KANO-Modell 208, 351, 550,
Imagerystrategien 415 559
Großhandel 276, 376 Imagerytechniken 413
Großkunden 29, 45, 47, 77, Karpmann-Dreieck 338
Imagetransfer 420 Katalog 337, 406
78, 196, 233, 245, 292, 316, immaterielle Güter 3
319, 331, 354, 547 Kaufabschluß 41, 337, 465
Inbound-Marketing 464 Kaufabsichten 19, 445
Grundgesamtheit 128, 130, Incentive-Reisen 473
131, 132, 133, 134, 135, Kaufakteure 11
Incoterms 250 Kaufdruck 337, 480
136, 147, 168 Individualisierung 119, 303,
Guerilla-Strategie 89 Kaufentscheidungen 4, 12, 13,
305, 366, 373, 451, 454, 156, 564
Güter 2, 3, 4, 5, 6, 9, 12, 49, 457, 460, 548
200, 217, 218, 245, 251, Käufermärkten 27, 28, 45,
Individualmarketing 24, 25 233, 542
281, 337, 427 Industriegüter 47, 283, 374,
GVO 394, 554 Käuferschichten 65, 147, 234,
475 264, 265, 266, 505
G-Wert 445, 447 Industriegütermarketing 8, 82,
G-Wert-Messung 447 Käuferverhalten 11, 12, 13,
193, 280, 292, 552 15, 16, 17, 26, 70, 128, 139,
Informationsoptimum 121 141, 143, 162, 164, 172,
H Informationsüberlastung 17,
59
525
Kaufhaus 382
Halbwertszeitpunkt 458 Ingredient Branding 482, 562 Kaufkriterium 208
Handel 9, 27, 40, 45, 46, 48, Innendienst 10, 94, 95, 103, Kaufprozess 12, 15, 18
217, 228, 233, 247, 259, 284, 290, 293, 326, 333, Kaufsituation 12, 14
260, 271, 273, 275, 277, 334, 340, 341, 419 Kaufverhandlungen 247
278, 282, 284, 285, 286, innere Bilder 16, 413, 432 Kaufwiderständen 203
344, 376, 377, 379, 380, Innovationen 65, 76, 185, 197, Kennzahlensystem 119
381, 384, 388, 392, 393, 198, 199, 203, 204, 566 Kernkompetenz 76, 195, 203,
398, 427, 473, 494, 505 Innovationscontrolling X, 205 219
Handelsfunktionen 9 Innovationsgeschwindigkeit Kernkompetenzen 54, 57, 76,
Handelskonzerne 46, 47, 103, 542 83, 194, 195, 316, 393, 536,
254, 365, 377, 382, 383, Innovationspolitik 40, 198 547
494, 505 Innovationsrate 205, 206 Key Account Management 29,
Handelsmakler 376 Interfusionstheorie 23 45, 49, 103, 233, 284, 285,
Handelsmarken 49, 271, 386, internationaler Vertrieb 534 290, 292, 297
392, 505 Internet 18, 27, 41, 47, 94, Kleinkunde 320, 327
Handelspanel 113, 153 125, 127, 128, 138, 283, Kleinkundengeschäft 319
Handelsvertreter 10, 59, 283, 284, 285, 287, 288, 302, Klumpenverfahren 136
284, 375, 376 364, 365, 366, 368, 369, Klumpungseffekt 136
Haushaltspanel 153 390, 404, 412, 426, 430, Kommissionär 376
Help Desk 223 434, 436, 439, 441, 451, Kommunikationsbudget 407,
Herstellermarken 386, 393, 464, 472, 479, 542 408, 409, 497
482, 505 Internet-Dienste 369 Kommunikationspolitik 41,
Hidden Champions 548 Internet-Plattform 371, 373 49, 58, 60, 215, 255, 277,
Hochschulen 32, 33, 175, 260, Internet-Portale 364 279, 280, 402, 403, 406,
276, 423, 526 Internet-Shops 365 408, 413, 417, 418, 419,
Homepage 436 Intervallskalen 139, 141 420, 426, 436, 443, 444,
Hörfunk 426, 432 Interviewleitfaden 129, 136 469, 470, 471, 478, 479,
Investitionsgütermärkte 9 480
572 Marktorientierte Unternehmensführung

Kommunikationsprozeß 403, Kundenbindung 17, 36, 41, Kundenzufriedenheit 11, 36,


404 48, 85, 115, 152, 222, 255, 58, 60, 64, 90, 112, 119,
Kompetenzen 56, 93, 289, 284, 324, 332, 343, 353, 143, 164, 166, 168, 180,
333, 335 354, 356, 358, 463, 466, 278, 284, 298, 315, 326,
Komponenten 4, 48, 533 494, 495, 496, 518, 536 332, 341, 343, 347, 348,
Konditionenpolitik 40, 232, Kundenclub 264, 354, 487, 349, 351, 352, 353, 354,
243, 247, 271, 274, 275, 489, 490 358, 359, 387, 388, 399,
471 Kundendienst 40, 60, 219, 524, 536, 540
Konditionensystem 271, 272, 221, 222, 228, 284, 299,
273, 274 359, 540
Konditionensysteme 270, 271, Kundenerfolgsrechnung 59, L
272, 391 111, 116, 315, 562 Laborexperiment 146
Konditionierung 17, 414 Kundenerwartungen 187, 333, Lagerwirtschaft 398, 399
Konfidenzintervall 133, 134, 334, 365, 540 Landlord-Konzept 99
135 Kundengewinnung 41, 300, Lead User 205
Konfliktsituationen 61 326, 364 Leads 115, 205, 312, 313,
Konjunkturbarometer 158 Kundengitter 335, 336 314, 315, 443, 451, 465,
Konkordanzkoeffizient 172 Kundengruppenorganisation 477, 479, 496
Konsument 11, 12, 28, 29, 45, 297 Lean-Production 534, 535
46, 127, 186, 414, 447, 452, Kundenhistorie 299, 306, 341 Lean-Selling 94
454 Kundenkarte 264, 346, 354, Lebensstil 14, 18, 46, 209,
Konsumentenrente 265 405, 484, 485, 486, 490 212, 384, 409, 414, 438,
Konsumgüter 3, 5, 211, 239, Kundenloyalität 36, 37, 328, 440
277, 282, 475, 479 348, 353, 354, 410, 502 Lebenszyklus 66, 186, 188,
Konsumgütermärkte 8, 11, 45, Kunden-Loyalitätsleiter 324, 189, 190, 245, 269, 270,
427 449 297, 320, 407, 408
Konsumnachfrage 8, 47 Kundenmanagement 32, 286, Lebenszyklusanalyse 189
Konsumpolarisierung 392 301, 305, 348, 411, 495, Leistungsprogrammpolitik 40,
Kontaktfrequenz 442 496, 548 72, 185, 186, 187, 188, 189,
Kontakthäufigkeit 468 Kundenmonitor 143, 225, 349 190, 192, 193, 266
Kontaktprogramme 451 Kundenmonitoring 342, 343 Leitlinien 58, 94, 111
Kontaktstrategie 306, 406 Kundennähe 36, 94, 112, 284, Lernprozesse 119
Kontingenztest 172 297, 336, 346, 347, 349, Lieferantentreue 12, 19, 36,
Kontinuität 63, 94 353, 358, 524 326, 331, 354, 379
Kontrahierungspolitik 232 Kundennutzen 34, 35, 56, Lieferservice 284, 291, 399
Konzentrationsprozeß im 191, 228, 239, 245, 291, Lieferverzögerungen 140,
Handel 380 345, 525 331, 334, 338
Konzentrationsverfahren 131, Kundenorientierung 29, 35, Lieferzeiten 103, 107, 299,
136 36, 93, 99, 217, 273, 300, 341, 399, 542
Konzeption 31, 40, 52, 53, 54, 311, 315, 344, 346, 525, Lifestyle 209, 384, 414, 438,
74, 77, 82, 83, 87, 97, 99, 526, 536, 540 455, 513, 553
232, 395, 477, 534 Kundenpflege 41 Line Extension 157, 190, 512,
Koppelgeschäfte 249 Kundenportfolios 284, 320, 513
Korrelation 83, 140, 163, 164, 323, 324 Listenpreis 40, 249, 271
168, 172, 409 Kundenprioritäten 319, 320, Lizenzkauf 76, 200
Korrelationskoeffizient 164 323, 326, 327, 331 Local Content Vorschriften
Kostendegressionseffekte 77, Kundenpsychologie 28 534
82, 254, 269 Kundenqualifizierung 273, Logistik 103, 280, 281, 387,
Kostenführerschaft 77, 244 301, 307, 312, 314, 315, 398, 399, 400, 473, 529,
Kostenorientierung 217, 218 316, 319, 326, 328, 330, 536, 541, 542, 544, 559
Kostensenkungspotential 269 451 Logo 6, 30, 209, 212, 214,
Kostenstruktur 82 Kundenrendite-Portfolio 324 215, 419, 425, 444, 448
Kostenträger 5, 59 Kundenrentabilität 119 Loyalitätskonflikt 336
Kostenverläufe 254 Kundenrückgewinnungs 360
Kreativagenturen 428 Kundenschulungen 473
kreatives Klima 199 Kundensicherung 41, 300, 362 M
Kreativitätstechniken 173, Kundenstatus 273, 318, 320,
201, 202 324, 326, 357 Machtkonstellationen 275
Kreuzpreiselastizität 251 Kundenwechsel 360 Macht-Portfolio 324
Kulanzleistungen 227, 228 Kundenwert (Customer Value) Mailing-Package 455, 456
Kulanzzusagen 40, 250 269, 281, 303, 318, 321, Marke 6, 46, 60, 156, 189,
Kundenattraktivitäten 90, 322 322, 327, 328, 329, 496, 267, 392, 415, 417, 420,
Kundenbarometer 143, 225, 528 431, 439, 448, 471, 482,
348, 352, 553 Kundenwünsche 192, 194, 503, 505, 546
Kundenbetreuung 11, 77, 95, 203, 302, 365, 388, 397, Markenartikel 271, 546
117, 118, 285, 290, 293, 399, 524, 531, 535, 537 Markenartikelindustrie 6, 275
300, 301, 306, 316, 322, Kundenzeitschrift 222, 405, Markenbekanntheitspyramide
355, 357, 365 430, 491, 492, 495, 496 504
Kundenbeziehung 343, 344, Kundenzeitschriften 411, 488, Markenbild 448, 516, 517
540 491, 492 Marken-Code 510
Markenerfolge 213
Markenerosion 393, 505
Stichwortverzeichnis 573

Markenfaszination 498, 501 Marktfeldstrategie 74 Meta-Plan Methode 202


Markenführung 45, 154, 365, Marktformen 9, 250, 251 Metaprozess 50
447, 503, 506, 507 Marktforschung 26, 28, 34, mikrogeografische Systeme
Markenguthaben 516, 517 45, 121, 122, 124, 125, 126, 453
Markenkern 154, 516 127, 128, 129, 135, 139, Milieu-Ansatz 21
Markenkompetenz 385, 513, 141, 142, 146, 147, 163, Mitarbeiterförderung 108
516 166, 168, 174, 176, 183, Mitarbeiterführung 53, 105
Markenkraft 248, 440, 482, 184, 201, 230, 290, 311, Monopole 80, 251, 253
483 332, 444, 451, 493 Motivation 1, 107, 108, 138,
Markennamen 213, 506 Marktforschungsinstitute 122, 473, 479
Markenpersönlichkeit 212, 132, 148, 149, 155, 445, Motive 2, 16
421, 500, 501, 513 448 Multi-Domestic-Strategie 533
Markenpflege 6, 490, 511 Marktführer 74, 75, 81, 83, Multikanalvertrieb 29, 301,
Markenpolitik 45, 255 88, 89, 408 303, 311
Markenpositionierung 447 marktorientierte Unter- multivariate Analysen 159
Markenprofilierung 215 nehmensführung 9, 18, 26, Mystery-Shopping 227
Markenrelaunch 512, 513 32, 36, 37, 42, 44, 45, 46,
Markensteuerrad 516 48, 49, 52, 53, 63, 65, 78,
Markentransfer 420, 512 80, 82, 90, 110, 175, 183, N
Markentreue 12, 13, 164, 354, 190, 217, 233, 243, 270, Nachfrage 2, 38, 46, 47, 48,
379, 426 275, 340, 399, 400, 402, 198, 233, 234, 235, 236,
Markentypen 503, 551 403, 408, 417, 424, 471 241, 251, 253, 258, 388
Markenverband 11, 499, 500, Marktorientierung 59, 94, 97, Namensgebung 212, 213
508 99, 101, 102, 525, 532, 536, Nettopreise 273
Markenwert 354, 406, 427, 542 Netzwerke 278, 343, 345, 379
503, 504, 512, 515, 519, Marktplatz 27, 372, 373 Neue Medien 284, 285, 406,
521, 522, 523 Marktposition 74, 75, 195 430
Market Value Konzept 544 Marktpotential 112, 245 Neueinschätzung 66, 90, 92
Marketing-Forschung 121 Marktpotenzial 67, 84, 115, Neukundengewinnung 61, 76,
Marketinginformationssystem 264 112, 284, 290, 301, 316,
180 Marktsegmentierung 13, 18, 330, 344, 365, 463, 476
Marketing-Mix 27, 44, 45, 21, 25, 74, 166, 191, 264, Neuproduktentwicklung 76,
120, 222, 279, 386, 408, 316, 324, 555, 567 189, 190, 197, 198, 202
553 Marktspielregeln 45, 47, 49, New Economy 34, 363
Marketingphilosophie 25, 28, 282, 285, 525 Niedrigpreise 274
33, 343, 545 Marktstrategie 44, 343 Nischenanbieter 195
Marketingservice 96, 97, 230, Marktwachstum 79, 82, 83, Nischenmarketing 24
293, 299 84, 384 NOAC-Prinzip 537
Marketing-Service 34, 95, 96, Massenmarketing 18, 24, 535, Nominalskalen 139
97 555 Normstrategien 78, 80, 86, 87
Markt 2, 9, 26, 31, 40, 48, 55, Matrixorganisation 99 Null-Fehler-Strategie 529
63, 74, 75, 81, 82, 83, 86, Matrix-Organisation 99, 100, Nutzwertanalyse 551
87, 99, 110, 112, 122, 126, 101
154, 173, 180, 184, 185, McKinsey 27, 78, 83, 87, 323
191, 199, 204, 214, 232, M-Commerce 288, 311, 369, O
236, 242, 250, 251, 253, 370
254, 266, 276, 292, 316, Mediaagenturen 430, 442, 445 Oberziele 58, 59, 60
321, 323, 324, 368, 383, Mediaselektion 427, 430, 431, Objektprinzip 95, 99
392, 403, 415, 417, 418, 432, 433, 434, 437, 438, OEM-Kunden 197
438, 454, 536, 547 439, 441, 442, 447 öffentliche Märkte 9
Marktanalyse 9, 79 Mediaselektionskriterien 431, Öffentlichkeitsarbeit 49, 406,
Marktanteil 29, 64, 67, 74, 75, 441 420, 422, 423, 424
79, 82, 83, 84, 90, 112, 115, Mediastreuplan 441 Öko-Marketing 27
190, 426, 432 Mediawerbung 48, 406, 426, ökonomisches Prinzip 53
Marktanteilsverluste 269 472 Omnibus-Erhebungen 151
Marktattraktivität 84, 323 mehrstufige Auswahl 136 Operationalisierung 54, 87
Marktauftritt 379, 380, 395, Meinungsführer 14, 240, 424 operative Planung 65, 87, 90,
415, 418, 465, 505, 547 Merchandising 298, 471, 473 176
Marktbeobachtung 26, 127, Messeagentur 476 Ordinalskalen 139
564 Messeauswertung 477 Original Equipment
Marktberichte 92 Messebesucher 166, 477, 479 Manufacturer 9
Marktdurchdringung 76, 103, Messebeteiligung 475, 476, Outbound-Marketing 464
112, 113, 115, 269, 534 477, 478 Outlets 46, 115, 386, 390, 393
Markteinführung 123, 189, Messe-Erfolgskontrolle 478 Outsourcing 59, 228, 284
196, 198, 204, 206, 244, Messekontakte 474, 478, 479
258, 263, 269, 270, 388 Messekosten 479 P
Markteintrittsbarrieren 200, Messen 28, 41, 60, 79, 202,
534 287, 424, 471, 474, 475, Panel 21, 122, 128, 157, 158,
Marktentwicklung 76, 190 476, 478, 479 432, 444, 446
Markterkundung 126 Messestand 360, 476 Panelbefragungen 132
Marktexploration 126 Messewesen 420, 474 Pareto-Regel 319
574 Marktorientierte Unternehmensführung

Patentamt 6, 213, 214 Preispolitik 40, 46, 188, 232, Profit-Center 296
Patentanmeldungen 202 233, 237, 250, 251, 258, Prognose 123, 173, 174, 176
Pauschalpreise 268, 562 266, 270, 273, 312, 391, Prognoseverfahren 173, 176
Payback Karte 485, 486 482, 494 Programmbreite 218
Payback-Karte 485, 486, 487 Preisschwellen 239, 241, 255, Programmtiefe 218
Penetrations-Preisstrategie 269, 396 Prohibitivpreis 234, 235
269 Preisvertrauen 228, 275 Projektteam 530
Permission Marketing 459, Premiummarken 392 Promotion-Material 471, 472
460, 461, 495 Pretest 130, 138 Provisionssysteme 107
Personalentwicklung 108 Primat des Absatzes 27 Prozessorganisation 95, 100,
Personalführung 108 Printmedien 406, 426, 431, 105, 527
Personalisierung 305, 366, 445 Prozessprinzip 95
370, 454, 460, 461, 484 Private Labels 499 Public Relations 422, 450
Persönlichkeitsfaktoren 18 Privatisierung 9, 228 Pull-Effekt 46, 427
Pilotphase 130, 138 Privatkunden 8, 224, 249, 283 Pull-Strategie 233
PIMS-Forschung 75 Product-Placement 481 Push-Strategie 233, 278
PIMS-Studie 83 Produktbegriff 186
Planung 39, 52, 53, 63, 64, 65, Produktdifferenzierung 189
66, 67, 72, 75, 78, 87, 88, Produkte 3, 5, 6, 8, 16, 18, 23, Q
90, 92, 110, 111, 116, 117, 29, 46, 48, 55, 64, 69, 73, QM-Systemaudit 529, 566
118, 173, 175, 180, 290, 74, 76, 80, 147, 159, 167, Qualitätsdimension 207
291, 332, 341, 396, 406, 185, 186, 188, 189, 190, Qualitätsführerschaft 61, 77,
424, 470, 479, 481, 530, 191, 194, 196, 197, 198, 270
545 205, 215, 222, 228, 230, Qualitätsmanagement 135,
Planungsebenen 59, 90 231, 242, 245, 249, 258, 535
Planungseinheiten 58, 59, 60, 265, 266, 270, 290, 291, Qualitätsparameter 208
64, 65, 74, 78, 79, 80, 83, 292, 296, 297, 298, 302, Qualitätsplanung 209, 529
84, 90, 110 322, 343, 344, 354, 369, Qualitätssicherung 397, 529,
Planungsgrundsätze 63 387, 388, 392, 398, 408, 536, 537
Planungshorizont 66 415, 418, 424, 427, 431, Qualitätsstandard 152, 530
Planungszeitraum 45, 66, 84, 440, 470, 475, 476, 482 Qualitätsziele 529
85, 87, 88, 177, 195 Produktechnologien 80 Quality Circle 535
Point of Sale (POS) 19, 28, Produktentwicklung 76, 168, Quality Function Deployment
46, 94, 147, 222, 233, 275, 191, 199, 202, 205, 230, (QFD) 530
278, 282, 286, 287, 380, 271, 291, 292, 524, 529, Quotenverfahren 132, 135
386, 387, 392, 396, 397, 530
412, 471, 473, 474, 482 Produktgeschäft 4
Polaritätenprofil 70, 143 Produktgestaltung 40, 191, R
Polypol 253 206, 207, 209, 211
Portfolio 78, 80, 81, 83, 86, Produktgruppenorganisation Rabatte 249
190, 191, 217, 226, 246, 297 Rack Jobber 474
323, 408 Produktideen 185, 200, 201, Ratingskalen 139, 141, 144
Portfolioplanung 86 202, 204 Rationalprinzip 53
Portfolio-Strategie 269 Produktionsorientierung 3, 28 Rationalskalen 140
Portfoliotechnik 194, 324 Produktionsverlagerungen 534 Realtime-Marketing 468, 469
Portfolio-Technik 86 Produktkern 186 Recall-Analyse 448
Positionierung 23, 79, 190, Produktlebenszyklus 80, 188, Reengineering 95
191, 192, 194, 245, 406, 230, 245, 297, 381, 494 Referenzmarketing 353, 357
437, 447 Produktmanagement 29, 45, Regalplazierung 146
Potenzialausschöpfung 113, 96, 102, 153, 229, 230, 276, Regionalvertriebsleiter 96
321, 324 291, 297, 299, 341, 396, Regression 140, 162, 163, 164
Potenzialverfahren 294 397, 527, 533 Regressionsfunktion 162, 177
Power Shopping 256, 372 Produktmanager 28, 96, 230, Reichweite 146, 441, 442
Präferenzraum 191 326, 448, 545 Reklamationen 92, 118, 230,
Präferenzwerte 406 Produktmängel 532 306, 332, 334, 532
Prämienpreisstrategie 270 Produktmarke 506 Relationship-Marketing 48,
Praxisschock 34, 526 Produktnutzen 238 286, 343
Preisbewusstsein 21 Produktpolitik 6, 9, 40, 80, Relationware 304
Preisbündelung 242, 267 185, 188, 189, 190, 191, relativer Marktanteil 67
Preisdifferenzierung 232, 244, 192, 193, 195, 196, 202, Relaunch-Strategien 80, 191
264, 265, 266, 270, 365 204, 206, 207, 208, 212, relevanter Marktanteil 67
Preis-Dumping 262 214, 216, 219 Relevanzanalyse 531
Preisdumping-Strategie 244 Produktpositionierung 166, Reliabilität 128, 130, 131,
Preis-Eisberg 271, 274, 275 191, 193, 194, 409, 517 137, 439
Preiselastizität 234, 235, 236, Produktqualität 206 Reminder-Technik 415, 432
254, 258, 264 Produktspezifikationen 208 Repräsentanz 125, 128, 131,
Preisführerschaft 77, 244, 262 Produktvariation 189, 190, 158
Preiskalkulation 258 191 Repräsentationsschluß 132
Preiskrieg 263, 264 Profilanalyse 71 Responseelemente 449, 491
Preislage 245 Profilanalysen 71 Responseträger 451, 455
Preislagen 218, 245, 382 Profit Center 98, 99, 200, 387 Rest-Marktpotential 327
Stichwortverzeichnis 575

Reverse Economy 388, 528, Sponsoring 406, 420, 423, Tradition 56, 58, 422
544 424, 425, 480, 497 Transaktionsansatz 343, 345
Revitalisierung 513, 515 Sportförderung 425 Transaktionsmethode 338
revolvierende Planung 66 SPSS 138, 178 Transportverpackung 216
Rezepturen 205, 208 Stabsfunktionen 96 Trend 9, 83, 94, 103, 108,
RFID-Chips 208, 385, 387, Stammkundenpflege 316, 331, 175, 177, 211, 217, 228,
389, 390 475 293, 380, 384, 392
Risikofreude 17 Standardabweichung 134, Trendextrapolation 176, 177
Risikomischung 196 161, 162 Trend-Management 205
Risikopräferenz 17, 21 Standbesetzung 477, 479 Triadenkonzept 34
Robinsonliste 453 Standortpolitik 49, 386 Triadenvertrieb 103
Rollenverhalten 11 Standorttypen 386 Türöffner 11, 534
Routenplanung 307, 332, 333 Stellenbeschreibungen 93, 289
Rückgewinnungsprogramme Stichprobe 130, 131, 132,
361 133, 134, 135, 147, 151, U
Rücklaufquote 128, 138, 139, 168, 172 Umsatzrangfolge 196, 320
439, 456, 458, 459 Stichprobenumfang 135 Umtauschservice 222, 228
Store in the Store Konzept Umweltorientierung 3
392
S Streuverlust 441
unelastische Nachfrage 236
Unique Communication
Sachgüter 3, 5, 220 Strukturorganisation 93, 294 Position 194
SalesCycle 301, 308, 314, Strukturvertrieb 283, 287 Unique Selling Proposition
326, 369, 528, 549 Strukturwandel 383, 384 193
SAP 32, 59, 99, 181, 300, 302, Substitutionsgefahr 270 Unternehmensauftrag 54, 56
309, 316, 416, 548 Supermarkt 2, 127, 215, 381 Unternehmensführung 23, 25,
Sättigungsmenge 234, 235 Supply Chain Management 27, 31, 34, 37, 38, 40, 48,
SB-Warenhäuser 382, 384 (SCM) 47, 363, 364, 399, 54, 59, 60, 62, 63, 67, 70,
Schaufenster 397, 474, 482 528, 543, 544, 548 72, 84, 97, 106, 110, 183,
Schlüsselbilder 415, 416, 417 SWOT-Analyse 52 200, 278, 354, 407, 424,
Schlüsselkunden 65, 86, 230, Synergieeffekt 44 547, 549
284, 292, 297, 478 Systemgeschäft 4 Unternehmensgröße 97
Schlüsselreize 16, 413, 437 Systemlieferanten 47, 254 Unternehmensgrundsätze 54,
Scoring Modelle 204 Szenario-Technik 174, 201 56
Selling-Center 347 Szene-Marketing 20, 23, 447 Unternehmenskultur 56, 416,
Semantisches Differential 70 537
Serienreife 205, 534
ServiceCycle 308
T Unternehmensphilosophie 54,
56
Servicequalität 223, 224, 227, Taktik 39, 42, 335 Unternehmensplanung 173,
524, 547 Target Costing 111, 259, 260 343, 408
Servicestrategie 220 Target Design 531, 532 Unternehmenspolitik 38, 39,
SERVQUAL 225 Target Positioning 151 58, 529
Share of Voice 518 Target Pricing 48 Up-Selling 218, 222, 329,
Share of Wallet 112, 115, 321 Taylorismus 26 410, 484
Shop in the Shop Konzept 392 Team Selling 94
Signifikanzprüfung 172 Team-Selling 293
Silent Marketing 371 technischer Handel 7, 48, 284 V
Simulation 146, 517 technischer Kundendienst 293 Validität 128, 131, 137
situativer Führungsstil 108 Teilerhebung 130, 131 Value based Pricing XI, 269
Six Sigma 541, 559 Teilnutzen 167 Value Marketing 328, 550
Skalen 139, 141, 142, 143, Telefonmarketing 290, 449, Varianz 161, 164, 166
166, 193, 335 451, 463, 464 Varianzanalyse 140, 164
Skalentypen 139 Telefonverkauf 287, 464 Variationskoeffizient 161
Skalierungsverfahren 139 Teleshopping 288, 431 VDI 26, 285, 286, 318, 365,
Skimming-Preisstrategie 269 Teststatistik 168 526, 527
Smart-Shopper 240, 383 Testverfahren 139, 159, 161, Veblen-Effekt 240
Snob-Effekt 240 172 Verbrauchermarkt 219, 382,
Sortimentsbreite 218, 381 Themen-Warenhaus 384 384
Sortimentsgestaltung 40, 388 Time to Market 285 Verbraucherschutz 390
Sortimentspolitik 40 Tonalität 437 Verbraucherverhalten 28, 45,
Sortimentstiefe 218 Top of Mind 120, 504 146, 173, 381, 505
Sozialforschung 126, 128, Top-Kunden 319, 320, 323, Verbrauchsgüter 4
132, 137, 139, 140, 141, 327, 545 Vergleichsangebote 262
143, 148, 154 Top-Management 29, 50, 54, Verhandlungsposition 275,
Sozialkompetenz 105, 230, 55, 448 376
291 Top-Unternehmen 524, 525 Verhandlungsziel 260, 261
Sozio-Marketing 27 Top-Verkäufer 336 Verkauf 28, 29, 41, 61, 97,
Special Ads 433 Total Quality Management 102, 103, 105, 107, 112,
Spielregeln 47, 228, 340 (TQM) 527, 535, 539, 540 177, 230, 231, 254, 276,
Spitzenleistungen 117, 353, TQM-Auditierungsansatz 540 277, 278, 279, 280, 282,
524, 527 Tracking 149, 151, 155, 156, 283, 285, 286, 287, 288,
158, 400, 460, 522 289, 292, 295, 296, 297,
576 Marktorientierte Unternehmensführung

299, 301, 311, 362, 376, Vertriebspartnerpolitik 41, Wettbewerbsanalyse 71, 153,
446, 450, 451, 454, 465, 281, 374, 388 203, 301, 343, 530
470, 473, 475, 532 Vertriebsstatistik 111, 126 Wettbewerbsangriff 67
Verkäufermärkte 28, 278 Vertriebssteuerung 41, 177, Wettbewerbsdifferenzierung
Verkaufsabschluß 280, 334, 281, 291, 293, 299, 302 417
335, 336, 344 Vertriebssystem 41, 282, 283 Wettbewerbsfähigkeit 79, 82,
Verkaufsförderung 41, 277, Verzichtskunde 327 253
420, 450, 451, 470, 472, Videokonferenzen 287 Wettbewerbsinformationen
473, 474, 479, 494 Virtualität 94 72, 125, 341, 342
Verkaufsform 286, 288, 292 Virtuelle Fabrik 536 Wettbewerbsorientierung 35,
Verkaufsführungskräfte 9 virtuelle Markenführung 536 408
Verkaufsgebiete 74, 115, 290, Virtuelles Marketing 27 Wettbewerbsprodukte 72,
295 Vision 52, 53, 54, 55, 58, 66 156, 214, 530
Verkaufsgebietscontrolling Visionen 55, 58, 65 Wettbewerbsstärke 84, 85,
113, 116 Vollerhebung 128, 131, 133 190
Verkaufsgitter 335 vollkommene Konkurrenz 253 Wettbewerbsvergleich 71,
Verkaufshilfen 474 Vollkostenkalkulation 258 117, 518, 531
Verkaufskostenanalyse 115 Wettbewerbsvorteile 10, 35,
Verkaufsorgane 283 187, 209, 219, 239, 269,
Verkaufsorientierung 28 W 316, 525, 533
Verkaufspolitik 41, 233, 255, Wahrnehmung 16, 17, 348, Wiedererkennung 415, 444,
276, 278, 279, 280, 281, 404, 445 468
311, 324, 326 Wal-Mart 70, 372, 382, 397 willkürliche Auswahl 131
Verkaufsräume 474 Warenhaus 382 Win-Win-Situation 340
Verkaufstrichter 312, 313 Warenkorb-Analyse 156 Wirtschaftlichkeitsanalysen
Verkaufsunterlagen 470, 471, Warenwirtschaftssystem 299 111, 204
472 Warenzeichen 213 Wissensmanagement 175,
Verkaufsverhandlungen 334 Web 2.0 436 545, 546
Verkostung 471, 473 Wechselkursrisiko 534 Workflow 95, 311
Verpackung 40, 123, 208, Werbeagenturen 45, 428, 452
209, 215, 216, 250, 412,
437
Werbeaufwendungen 444
Werbeausgaben 409, 426,
Z
Verrichtungsprinzip 95, 97 431, 444 Zahlungsbedingungen 249,
Versandhandel 41, 287, 377, Werbebotschaft 414, 430, 441 250
451 Werbebudget 60, 159, 409, Zeitgeist 18, 194, 214, 515
vertikale Preisdifferenzierung 441 Ziel 17, 44, 46, 53, 54, 60, 66,
244, 266 Werbedruck 408, 444 93, 127, 136, 173, 180, 190,
vertikales Marketing 29, 45, Werbeerfolgsforschung 469 259, 264, 280, 300, 326,
49, 284, 379, 380, 391, 392, Werbegeschenke 406, 477, 344, 408, 414, 476, 527,
393, 395 493 533, 545
Vertragshändler 228, 393 Werbekampagne 42, 60, 156, Zielgruppen 2, 18, 19, 20, 24,
Vertragshändler-System 393 222, 396, 397, 406, 409, 59, 65, 74, 75, 76, 77, 130,
Vertrieb 27, 28, 34, 37, 38, 410, 411, 415, 416, 427, 166, 190, 212, 218, 244,
40, 41, 58, 59, 60, 94, 95, 436, 447, 468, 482, 515 264, 265, 270, 274, 297,
97, 102, 105, 106, 110, 111, Werbemittel 403, 415, 425, 300, 406, 407, 413, 416,
112, 113, 121, 123, 146, 427, 430, 431, 456 423, 424, 425, 431, 441,
184, 189, 191, 231, 258, Werbemitteleinsatz 469 442, 443, 446, 447, 452,
276, 277, 279, 280, 282, Werbestrategie 415, 427, 468 453, 455, 456, 465, 471,
283, 284, 285, 289, 290, Werbeträger 403, 427, 430, 475, 477, 479, 481, 482,
293, 294, 298, 299, 302, 434, 436, 441, 442, 564 483, 493, 506, 526, 533,
316, 343, 374, 399, 400, Werbewirtschaft 413, 446 536
532, 533, 536, 541, 549 Werbeziele 443 Zielgruppenstrategie 18
Vertriebsautomation 117 Werbung 21, 31, 44, 60, 210, Zielgruppenstrategien 74, 266
Vertriebsinformationssystem 233, 250, 271, 276, 277, Zielkonflikt 61, 531, 532
299 279, 387, 403, 404, 406, Ziellücken 53, 69
Vertriebsingenieur 368, 526, 407, 413, 414, 415, 417, Zielmerkmale 53
527 420, 422, 423, 424, 425, Zielpyramide 53, 54, 58, 63
Vertriebsingenieure 26, 285, 426, 432, 437, 441, 445, Zufallsprinzip 131, 132, 136
526, 553, 566 447, 448, 452, 454, 464, Zufriedenheitsbefragung 225
Vertriebskosten 86, 111, 175 470, 472, 481 Zukunftsportfolio 82
Vertriebsleiter 102, 103, 108, Werksverkauf 45, 392 Zulieferrisiken 322
117, 132, 184, 234, 236, Werthaltungen 17, 21 Zuschlagskalkulation 258, 260
237, 264, 293, 294, 311, Wertschöpfung 3, 9, 95, 534 Zwiebelkonzept 186
341 Wertschöpfungskette 9, 47, Zwiebelschalenmodell 186
Vertriebslogistik 41, 280, 281, 300, 388, 389, 396, 398,
398, 542 482, 537, 541
Vertriebsorganisation 26, 41, Wertschöpfungsstufen 3, 47
93, 281, 288, 289, 297 Werttreiber 544, 546

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