GA 345 Überblick Gesamtausgabe R.Steiner
GA 345 Überblick Gesamtausgabe R.Steiner
Band 3 Vom Leben des Menschen und der Erde. Über das Wesen des
Christentums
Vierzehn Vorträge, 17. Februar bis 9. Mai 1923
Band 5 Mensch und Welt. Das Wirken des Geistes in der Natur -
Über die Bienen
Fünfzehn Vorträge, 8. Oktober bis 22. Dezember 1923
Band 8 Die Schöpfung der Welt und des Menschen. Erdenleben und
Sternenwirken
Vierzehn Vorträge, 30. Juni bis 24. September 1924
Ernährungsfragen
2000
RUDOLF STEINER VERLAG
DORN ACH/SCHWEIZ
Weitere Veröffentlichungen
siehe zu Beginn der Hinweise S. 243
Bibliographie-Nr. 354
Zeichnungen im Text nach den Wandtafelzeichnungen Rudolf Steiners,
ausgeführt von Leonore Uhlig (siehe auch S. 243)
Alle Rechte bei der Rudolf Steiner-Nachlaßverwaltung, Dornach/Schweiz
© 1977 by Rudolf Steiner-Nachlaßverwaltung, Dornach/Schweiz
Printed in Germany by Greiserdruck, Rastatt
ISBN 3-7274-3540-2
Hinweise
Zu dieser Ausgabe 243
Hinweise zum Text 244
Personenregister 247
Ausführliche Inhaltsangaben 248
Marie Steiner
Man kann diese Vorträge auch Zwiegespräche nennen, denn ihr Inhalt
wurde immer, auf Rudolf Steiners Aufforderung hin, von den Arbei-
tern selbst bestimmt. Sie durften ihre Themen selber wählen; er regte
sie zu Fragen und Mitteilungen an, munterte sie auf, sich zu äußern,
ihre Einwendungen zu machen. Fern- und Naheliegendes wurde be-
rührt. Ein besonderes Interesse zeigte sich für die therapeutische und
hygienische Seite des Lebens; man sah daraus, wie stark diese Dinge zu
den täglichen Sorgen des Arbeiters gehören. Aber auch alle Erschei-
nungen der Natur, des mineralischen, pflanzlichen und tierischen Da-
seins wurden berührt, und dieses führte wieder in den Kosmos hinaus,
zum Ursprung der Dinge und Wesen. Zuletzt erbaten sich die Arbeiter
eine Einführung in die Geisteswissenschaft und Erkenntnisgrundlagen
für das Verständnis der Mysterien des Christentums.
Diese gemeinsame geistige Arbeit hatte sich herausgebildet aus eini-
gen Kursen, die zunächst Dr. Roman Boos für die an solchen Fragen
Interessierten, nach absolvierter Arbeit auf dem Bauplatz, gehalten
hat; sie wurden später auch von andern Mitgliedern der Anthroposo-
phischen Gesellschaft weitergeführt. Doch erging nun die Bitte von
Seiten der Arbeiter an Rudolf Steiner, ob er nicht selbst sich ihrer an-
nehmen und ihren Wissensdurst stillen würde — und ob es möglich wäre,
eine Stunde der üblichen Arbeitszeit dazu zu verwenden, in der sie
noch frischer und aufnahmefähiger wären. Das geschah dann in der
Morgenstunde nach der Vesperpause. Auch einige Angestellte des Bau-
büros hatten Zutritt und zwei bis drei aus dem engeren Mitarbeiter-
kreise Dr. Steiners. Es wurden auch praktische Dinge besprochen, so
zum Beispiel die Bienenzucht, für die sich Imker interessierten. Die
Nachschrift jener Vorträge über Bienen wurde später, als Dr. Steiner
Q
Copyright Rudolf Steiner Nachlass-Verwaltung Buch: 3 5 4 Seite: 9
nicht mehr unter uns weilte, vom Landwirtschaftlichen Versuchsring
am Goetheanum als Broschüre für seine Mitglieder herausgebracht.
Nun regte sich bei manchen andern immer mehr der Wunsch, diese
Vorträge kennenzulernen. Sie waren aber für ein besonderes Publikum
gedacht gewesen und in einer besonderen Situation ganz aus dem Steg-
reif gesprochen, wie es die Umstände und die Stimmung der zuhören-
den Arbeiter eingaben - durchaus nicht im Hinblick auf Veröffent-
lichung und Druck. Aber gerade die Art, wie sie gesprochen wurden,
hat einen Ton der Frische und Unmittelbarkeit, den man nicht ver-
missen möchte. Man würde ihnen die besondere Atmosphäre nehmen,
die auf dem Zusammenwirken dessen beruht, was in den Seelen der
Fragenden und des Antwortenden lebte. Die Farbe, das Kolorit möchte
man nicht durch pedantische Umstellung der Satzbildung wegwischen.
Es wird deshalb der Versuch gewagt, sie möglichst wenig anzutasten.
Wenn auch nicht alles darin den Gepflogenheiten literarischer Stilbil-
dung entspricht, so hat es dafür das unmittelbare Leben.
Marie Steiner
#*m #m
Memch Menxch
Tier Tier /ißt*
Pflanze pflanze
Da konnte der Mensch schon leben. Das Tier konnte da noch nicht
leben, aber der Mensch konnte da schon leben. Das Tier konnte da
noch nicht leben, weil beim Tiere, wenn das Körperliche zerstört wird,
das Seelische mit beeinträchtigt wird. Beim Tier hat das Feuer auf das
Seelische einen Einfluß. So daß wir bei diesem ersten Zustande anneh-
men: Der Mensch ist schon da, das Tier noch nicht. Als diese Umwand-
lung (Sonnenzustand) stattgefunden hat, war Mensch und Tier da.
Das ist eben das Merkwürdige, daß nicht eigentlich die Tiere ursprüng-
o
Copyright Rudolf Steiner Nachlass-Verwaltung Buch: 354 Seite: 17
lieh da waren und der Mensch aus ihnen entstanden ist, sondern daß
der Mensch ursprünglich da war und nachher die Tiere, die sich ge-
bildet haben aus demjenigen, was nicht Mensch werden konnte. Der
Mensch war natürlich nicht so als ein Zweifüßler herumgehend da,
als nur Wärme da war, selbstverständlich nicht. Er lebte in der Wärme,
war ein schwebendes Wesen, lebte nur im Wärmezustand. Dann, als
sich das umwandelte und ein luftförmiger Wärmekörper entstand, da
bildeten sich neben dem Menschen die Tiere, da traten die Tiere auf.
Also die Tiere sind schon verwandt mit dem Menschen, aber sie ent-
stehen eigentlich erst später als der Mensch entstehen kann im Lauf
der Weltentstehung.
Was tritt jetzt weiter ein? Weiter tritt das ein, daß die Wärme noch
mehr abnimmt. Und wenn die Wärme noch mehr abnimmt, dann bil-
det sich nicht nur Luft, sondern auch Wasser. So daß wir also einen
Tafel 1 dritten Weltenkörper haben (Zeichnung, gelb). Ich habe ihn - aus dem
Grunde, weil er ähnlich sieht unserem Mond, aber doch nicht dasselbe
ist - Mond genannt. Er ist nicht dasselbe wie der heutige Mond, aber
etwas Ähnliches. Da haben wir also einen wässerigen Körper, einen
richtig wässerigen Körper. Natürlich bleiben Luft und Wärme dabei,
aber was da noch nicht vorhanden war beim zweiten Weltenkörper,
das Wasser, das tritt jetzt auf. Und jetzt, weil Wasser auftritt, kann
da sein: der Mensch, der schon früher da war, das Tier, und aus dem
Wasser heraus schießen die Pflanzen auf, die ursprünglich nicht in der
Erde wuchsen, sondern im Wasser wuchsen. Also da schießen heraus
Mensch, Tier und Pflanze.
Sehen Sie, die Pflanzen wachsen ja scheinbar aus der Erde heraus.
Wenn aber die Erde gar kein Wasser enthält, dann wachsen keine
Pflanzen heraus; die Pflanze braucht zu ihrem Wachstum eben das
Wasser. Es gibt ja auch Wasserpflanzen. So müssen Sie sich die ur-
sprünglichen Pflanzen vorstellen wie die heutigen Wasserpflanzen -
sie schwammen im Wasser drinnen —, wie Sie sich auch die Tiere vor-
stellen müssen mehr als schwimmende Tiere, und gar hier, im zweiten
Zustand, mehr als fliegende Tiere.
Von allem, was ursprünglich da war, ist eben etwas zurückgeblie-
ben. Weil ursprünglich, als der Sonnenzustand da war, als nur Mensch
18
Copyright Rudolf Steiner Nachlass-Verwaltung Buch:354 Seite: 18
und Tier da war, alles nur fliegen konnte - denn es war ja nichts zum
Schwimmen da, es konnte nur alles fliegen -, und weil die Luft zu-
rückgeblieben ist, auch jetzt noch, haben diese fliegenden Wesen Nach-
kommen gefunden. Unser heutiges Vogelgeschlecht, das sind die Nach-
kommen der ursprünglichen Tiere, die da entstanden sind im Sonnen-
zustand. Nur waren sie dazumal nicht so wie heute. Dazumal waren
sie nur aus Luft bestehend; luftartige Wolken waren diese Tiere. Hier
(Mondenzustand) haben sie sich dann das Wasser eingegliedert. Und
heute, meine Herren - ja, schauen wir uns nur einmal einen Vogel an! Tafel i
Der Vogel wird heute zum größten Teil recht gedankenlos angeschaut.
Wenn wir die Tiere, die da vorhanden waren während des Sonnenzu-
standes, uns vorstellen sollen, müssen wir sagen: Die waren nur aus
Luft; die waren schwebende Luftwolken. Wenn man sich heute einen
Vogel anschaut: Dieser Vogel hat hohle Knochen, und in den hohlen
Knochen ist überall Luft drinnen! Es ist sehr interessant, den heutigen
Vogel auf das hin anzuschauen: Überall drinnen in diesem Vogel, in die
Knochen hinein, überall hinein ist Luft. Denken Sie sich weg alles, was
nicht Luft ist, so kriegen Sie nur ein Luftiges: den Vogel. Und hätte er
nicht diese Luft, so könnte er überhaupt nicht fliegen. Der Vogel hat hohle
Knochen, und dadrinnen ist er ein Luftvogel. Das erinnert noch an den
Zustand, wie es früher war. Das andere hat sich erst ringsherum gebildet
in der späteren Zeit. Die Vögel sind wirklich die Nachkommen dieses
Zustandes.
Schauen Sie sich den heutigen Menschen an: Er kann in der Luft
leben; fliegen kann er nicht, dazu ist er zu schwer. Er hat nicht wie der
Vogel hohle Knochen gebildet, sonst könnte er auch fliegen. Und dann
würden sich nicht bloß Schulterblätter bei ihm finden, sondern die
Schulterblätter würden auslaufen in Flügel. Der Mensch hat nur noch
die Ansätze von Flügeln da oben in den Schulterblättern; wenn die
auswachsen würden, würde der Mensch fliegen können.
Also der Mensch lebt in der umgebenden Luft. Diese Luft muß aber
Wasserverdunstung enthalten. In der bloß trockenen Luft kann der
Mensch nicht leben. Also Flüssigkeit muß da sein und so weiter. Aber
es gibt ja einen Zustand, in dem der Mensch nicht in der Luft leben
kann: das ist der Zustand während der Keimeszeit, während der Em-
Copyright Rudolf Steiner Nachlass-Verwaltung Buch: 354 Seite: 19
bryonalzeit. Man muß sich also diese Dinge nur richtig anschauen.
Während der Embryonalzeit bekommt dasjenige, was Menschenkeim
ist - man nennt es Menschenembryo -, die Luft und alles, was es
braucht, aus dem Leib der Mutter. Da muß es sein in einem Lebendigen
drinnen.
Nun sehen Sie, die Sache ist aber so: Wenn der Mensch als Keim-
wesen noch im Leibe der Mutter ist und herausoperiert wird, da kann
er noch nicht In der Luft leben. Während des Keimzustandes ist also
der Mensch darauf angewiesen, in einer lebendigen Umgebung zu le-
ben. Und in diesem Zustand, wo es zwar Mensch, Tier und Pflanze gab,
wo es jedoch noch nicht so war wie in der heutigen Welt, weil es da
noch keine Steine gab, keine Mineralien, da war noch immer alles le-
bendig, da lebte der Mensch in diesem Lebendigen drinnen, geradeso
wie er heute im Mutterleibe lebt. Nur wuchs er natürlich größer aus.
Denken Sie sich, wenn wir nicht geboren werden müßten und in der
Luft leben müßten, selber atmen müßten, so würde ja unsere Lebens-
zeit mit der Geburt zu Ende sein. Wir könnten als Embryo, als Keim
nur zehn Mondmonate leben. Es gibt ja solche Wesen, die nur zehn
Mondmonate leben; die würden nicht an die äußere Luft herankom-
men, sondern aus dem Inneren, aus dem Lebendigen das bekommen.
So war es mit dem Menschen vor langer Zeit. Er wurde zwar älter,
aber er kam nie aus dem Lebendigen heraus. Wäre dieser Zustand ge-
blieben, er lebte noch immer darin. Der Mensch schritt nicht vor bis
zur Geburt, sondern er lebte als Keim. Und dann war noch kein Mine-
ral da, kein Stein da.
Wenn Sie heute den Menschen sezieren, so haben Sie seine Knochen;
dadrinnen finden Sie ebenso den kohlensauren Kalk, wie Sie ihn hier
finden im Jura. Da ist zwar das Mineral drinnen - das war damals
noch nicht drinnen ~, aber im Embryo, namentlich in den ersten Mona-
ten, ist auch noch kein Mineral eingelagert, sondern da ist alles noch
geformte Flüssigkeit, nur ein bißchen verdicklicht. Und so war es
wahrend dieses Zustandes, daß der Mensch noch nicht knochig war,
sondern höchstens nur knorpelig war. Und so haben wir hier einen
Menschen, an den uns nur noch dasjenige erinnert, was heute Men-
schenkeim ist. Warum kann der Menschenkeim nicht gleich außer dem
in
Copyright Rudolf Steiner Nachlass-Verwaltung Buch: 3 54 Seite: 2 0
Leibe der Mutter entstehen? Weil heute die Welt eine andere gewor-
den ist. Während der alte Mond bestanden hat - ich will es jetzt den
alten Mond nennen, es ist nicht der heutige Mond, sondern das, was
die Erde früher war —, während der alte Mond bestanden hat, war die
ganze Erde ein Mutterleib, innerlich lebendig, ein richtiger Mutter-
leib. Und Steine und Mineralien gab es noch nicht. Alles war ein rie-
siger Mutterleib. So daß wir sagen können: Unsere heutige Erde ist
aus diesem riesigen Mutterleib hervorgegangen.
Noch früher, da war überhaupt auch dieser riesige Mutterleib nicht
da; sondern noch früher, was war denn da vorhanden? Ja, noch früher,
war eben, ich möchte sagen, das Frühere. Jetzt überlegen wir uns ein-
mal, was das Frühere ist! Sehen Sie, der Mensch, wenn er im Mutter-
leibe entstehen soll, wenn er ein Menschenkeim werden soll, muß ja
zuerst empfangen werden. Da findet die Konzeption, die Empfängnis
statt. Aber geht denn der Konzeption nicht etwas voraus? Der Kon-
zeption geht voraus dasjenige, was bei der Frau die monatliche Periode
ist. Da findet im weiblichen Organismus ein ganz besonderer Vorgang
statt, der mit Ausstoßung von Blut verknüpft ist. Aber das ist ja nicht
das einzige. Das ist ja nur das Physische davon, wenn das Blut ausge-
stoßen wird. Jedesmal, wenn das Blut ausgestoßen wird, wird etwas
Geistig-Seelisches, etwas, was geistig-seelisch bleibt, mitgeboren, das
es nur nicht, weil keine Empfängnis stattfindet, bis zum physischen
Körper bringt, sondern das geistig-seelisch bleibt, ohne daß es zum
physischen Menschenkörper wird. Dasjenige, was da vor der Emp-
fängnis schon da sein muß, das war während des Sonnenzustandes da!
Da war die ganze Sonne, diese ganzen Vorgänge der Erde, noch ein
Weltenwesen, das von Zeit zu Zeit ein Geistiges ausstieß. Und so leb-
ten Mensch und Tier im luftförmigen Zustande, ausgestoßen von die-
sem ganzen Körper. So daß also zwischen diesem Zustand (siehe Zeich- Tafel 1
nung, Sonne) und diesem Zustand (Mond) das eintritt, daß überhaupt
der Mensch ein physisches Wesen wurde im Wasser. Vorher war er
ein physisches Wesen nur in der Luft. Auch während dieses Zustandes
(Mond), da war es zum Beispiel so, daß etwas Ähnliches da war wie die
Empfängnis, aber noch nicht etwas Ähnliches wie die Geburt. Und wie
war diese Empfängnis, währenddem dieser alte Mondenzustand da war?
Copyright Rudolf Steiner Nachlass-Verwaltung Buch: 354 Seite: 21
Ja, meine Herren, der Mond ist da ein ganz weibliches Wesen; diesem
ganz weiblichen Wesen, dem stand nicht gegenüber zunächst ein männ-
liches Wesen, aber es stand ihm gegenüber alles, was außerhalb seines
Weltenkörpers in der Zeit noch da war. Dieser Weltenkörper war ja
da; aber außer ihm waren auch viele andere Weltenkörper; die hatten
einen Einfluß. Und jetzt kommt die Zeichnung heraus, die ich schon
einmal da gemacht habe.
Also es war da dieser Weltenkörper, ringsherum die anderen Wel-
tenkörper, und diese hatten Einfluß in der verschiedensten Weise; von
außerhalb kamen die Keime herein und befruchteten die ganze Mond-
erde. Und wenn einer von Ihnen damals schon hätte leben können und
hingekommen wäre und er hätte diesen ursprünglichen Weltenkör-
per betreten, so würde er nicht gesagt haben, wenn er wahrgenommen
hätte: Da herein kommen allerlei Tropfen -, er würde nicht gesagt ha-
ben: Es regnet - heute sagen Sie: Es regnet -, damals würden Sie ge-
Tafel 1 sagt haben: Die Erde wird befruchtet! - Und so gab es Jahreszeiten,
"bS w0 v o n überallher die Befruchtungskeime kamen, und andere Jahres-
zeiten, wo die Sache ausreifte, wo die Befruchtungskeime nicht kamen.
So daß also dazumal eine Weltbefruchtung war. Aber der Mensch
wurde nicht geboren, sondern nur befruchtet; er wurde nur durch
Empfängnis hervorgerufen, und die Menschen kamen eben aus dem
Ganzen des Erdenkörpers, wie er dazumal als Mondkörper war, her-
aus. Und ebenso wirkte die Befruchtung für Tier und Pflanzen aus
der ganzen Weltumgebung herein.
Nun, sehen Sie, aus alledem, was da jetzt lebt als Mensch, Tier und
Pflanze, aus alldem entsteht durch weitere Abkühlung eine spätere
Verhärtung. Da (Mondenzustand) haben wir es noch mit Wasser zu
tun, und höchstens durch weitere Abkühlung eine spätere Verhärtung.
Da (Erde) kommt das Feste heraus, das Mineralische. So daß wir einen
Tafel 1 vierten Zustand haben (siehe Zeichnung Seite 17, blau): der ist unsere
Erde, so wie wir sie heute haben, und der enthält Mensch, Tier, Pflanze,
Mineral.
Meine Herren, betrachten wir jetzt einmal, wie es auf der Erde ge-
Tafel l worden ist, sagen wir mit einem Vogel. Der Vogel war hier noch,
oben während der Zeit (im Sonnenzustand), ein reiner Luftibus, da bestand
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Copyright Rudolf Steinet Nachlass-Veiwaltung Buch: 354 Seite: 22
er nur aus Luft, als solche Luftmasse schwebte er dahin. Jetzt während
dieser Zeit (Mondenzustand) wird er wässerig, dicklich-wässerig, und Tafel 1
es schwebten eisartige Wolken dahin - nur nicht wie unsere Wolken °J£ts
sind, sondern so, daß die Gestalt schon drinnen war. Was bei uns nur
ungeformte Wasserbildungen sind, das waren dazumal geformte Was-
serbildungen; das hatte so Skelettform, aber es war nur Wasserbildung.
Und jetzt kommen die Mineralien; jetzt gliedert sich in dasjenige, was
nur Wasserbildung ist, das Mineralische herein, kohlensaurer Kalk,
phosphorsaurer Kalk und so weiter. Das geht dem Skelett entlang; da
bilden sich die festen Knochen hinein. So haben wir zuerst den Luft-
vogel, dann den wässerigen Vogel und zuletzt den festen Erdenvogel.
Beim Menschen konnte das nicht so gehen. Der Mensch konnte sich
nicht einfach eingliedern dasjenige, was nur als Mineral entstand wäh-
rend seiner Keimzeit. Der Vogel kann das. Warum kann er das? Sehen
Sie, der Vogel, der hat hier (Sonnenzustand) seine Luftgestalt bekom-
men ; er lebt dann den Wasserzustand durch. Jetzt hat er nötig, das Mine-
ralische, während er im Keim ist, nicht zu stark an sich herankommen
zu lassen. Denn wenn zu früh dieses Mineral an ihn herankommt, dann
wird er eben ein Mineral, dann verhärtet er. Der Vogel ist also jetzt,
während er entsteht, noch gewissermaßen wässerig und flüssig; das
Mineralische will aber schon heran. Was tut der Vogel? Ja, er weist
es zunächst ab, er macht es um sich herum: er macht um sich herum die
Eischale! Da ist das Mineralische. Die Eischale bleibt so lange, als der
Vogel innerlich das Mineralische von sich fernhalten muß, also flüssig
bleiben muß. Woher kommt das beim Vogel? Das kommt beim Vogel
daher, daß er erst entstanden ist beim zweiten Zustand der Erde. Wäre
er beim ersten dagewesen, so wäre er gegen die Wärme viel empfind-
licher, als er es schon ist. Er ist gegen die Wärme nicht so empfindlich,
weil er während des ersten Wärmezustandes noch nicht da war. Jetzt
kann er dadurch, daß er damals noch nicht da war, die feste Eischale
um sich herum bilden.
Der Mensch war während des ersten Wärmezustandes schon da und
kann daher das Mineral nicht abhalten, solange er im Keimzustande
ist; er kann keine Eischale bilden. Daher muß er anders organisiert
werden. Er muß etwas Mineralisches schon aus dem Mutterleibe auf-
Copyright Rudolf Steiner Nachlass-Verwaltung Buch: 354 Seite: 23
nehmen; deshalb haben wir die Mineralbildung schon am Ende des
Keimzustandes da. Er muß aus dem Mutterleib etwas Mineralisches
aufsaugen. Da muß aber doch erst der Mutterleib das Mineral haben,
das sich absondern kann. Es muß sich also beim Menschen das Minera-
lische ganz anders eingliedern als beim Vogel. Der Vogel hat luft-
durchsetzte Knochen, wir haben markdurchsetzte Knochen. Wir haben
Mark in den Knochen - ganz anders als der Vogel, nicht luftdurchsetzt
wie der Vogel. Dadurch, daß wir solches Mark haben, dadurch hat die
Mutter eines Menschen die Möglichkeit, innerlich schon Mineralisches
an den Menschen abzugeben. Aber in der Zeit, in der nun Mineralisches
abgegeben wird, kann der Mensch nicht mehr leben in der mütterlichen
Umgebung; da muß er nach und nach geboren werden. Da muß er erst
dann herankommen an das Mineralische. Beim Vogel haben wir das
Geborenwerden nicht, sondern ein Auskriechen aus der Eischale - beim
Menschen das Geborenwerden, ohne daß eine Eischale auftritt. Wa-
rum? Weil der Mensch eben früher entstanden ist, so kann bei ihm alles
durch Wärme und nicht durch Luft abgemacht werden.
Sie sehen daraus diesen Unterschied, der heute noch da ist, den man
heute noch beobachten kann, den Unterschied zwischen einem Ei-Tier
und einem solchen Wesen, das wie der Mensch ist oder auch wie die
höheren Säugetiere. Dieser Unterschied beruht darauf, daß der Mensch
viel älter ist als zum Beispiel das Vogelgeschlecht, vor allen Dingen
viel älter ist als die Mineralien. Daher muß er vor der Mineralnatur,
wenn er noch ganz jung ist, während seiner Keimzeit im Mutterleib
geschützt werden, und es darf ihm nur das zubereitete Mineralische ge-
geben werden, was durch den mütterlichen Leib kommt. Ja, es muß
ihm sogar noch dasjenige, was durch den mütterlichen Leib zubereitet
wird an Mineralischem, nach der Geburt eine Zeitlang verabreicht
werden in der Muttermilch! Während der Vogel gleich geatzt werden
kann mit äußeren Stoffen, muß der Mensch und das höhere Tier ge-
nährt werden mit demjenigen, was auch nur durch den mütterlichen
Leib kommt.
Und nun ist die Sache so: Dasjenige, was im heutigen Erdenzustand
der Mensch hat durch den mütterlichen Leib, das hatte er durch die
Luft, durch die Umgebung während des früheren Zustandes. Da war
Guten Morgen, meine Herren! Nun will ich heute weiterreden über
Erdenschöpfung, Menschenentstehung und so weiter. Es ist Ihnen ja
wohl klargeworden aus dem, was ich Ihnen'gesagt habe, daß unsere
ganze Erde ursprünglich nicht so war, wie sie sich heute darstellt, wie
sie heute ist, sondern sie war eine Art von Lebewesen. Und wir haben
ja den vorletzten Zustand vor dem eigentlich irdischen Zustand, den
wir besprochen haben, dadurch kennengelernt, daß wir sagen mußten:
Wärme war da, Luft war da, Wasser war auch da; aber es war noch
nicht eigentliche feste mineralische Erdenmasse da. Nur müssen Sie
sich nicht vorstellen, daß das Wasser, das dazumal da war, schon so
aussah wie das heutige Wasser. Das heutige Wasser ist ja erst so gewor-
den dadurch, daß diejenigen Stoffe, die vorher im Wasser aufgelöst
waren, sich aus dem Wasser heraus abgeschieden haben. Wenn Sie heute
nur ein ganz gewöhnliches Glas Wasser nehmen, etwas Salz hineinge-
ben, so löst sich das Salz im Wasser auf; Sie bekommen eine Flüssig-
keit, eine Salzlösung, wie man sagt, die viel dicker ist als das Wasser.
Wenn Sie hineingreifen, spüren Sie die Salzlösung viel dichter als das
Wasser. Nun ist aufgelöstes Salz verhältnismäßig noch dünn. Es kön-
nen auch andere Stoffe aufgelöst werden; dann kriegt man eine ganz
dickliche Flüssigkeit. So daß also dieser Flüssigkeits-, dieser Wasser-
zustand, der einmal auf unserer Erde in früheren Zeiten da war, nicht
heutiges Wasser darstellt. Das gab es überhaupt dazumal nicht, da in
allen Wassern Stoffe aufgelöst waren. Denken Sie doch: Alles dasjenige,
was Sie in heutigen Stoffen drinnen haben, das Jurakalkgebirge zum
Beispiel, das war aufgelöst dadrinnen; alles dasjenige, was Sie in här-
teren Gesteinen haben, die Sie nicht mit dem Messer ritzen können —
Kalk können Sie immer noch ritzen mit dem Stahlmesser -, das war
auch aufgelöst im Wasser. Man hat es also während dieser alten Mon-
denzeit mit einer dicklichen Flüssigkeit zu tun, in der alle Stoffe, die
heute fest sind, aufgelöst enthalten waren.
Das heutige dünne Wasser, das im wesentlichen aus Wasserstoff und
/////?///,. Tafel 2
ffitii
Nun, so müssen Sie sich vorstellen, daß die Erde einmal ausgesehen
hat. Hätten Sie sich mit heutigen Augen auf dieser Erde befunden, dann
würden Sie auch nicht auf eine solche Ansicht gekommen sein, daß
da draußen Sterne sind, Sonne und Mond sind; denn die Sterne hätten
Sie nicht gesehen, sondern Sie hätten eben in ein unbestimmtes Luft-
meer hineingeschaut, das aufgehört hätte nach einiger Zeit. Man wäre
sozusagen, wenn man dazumal mit den heutigen Sinnesorganen hätte
leben können, wie in einem Weltenei drinnen gewesen, über das man
nicht hinausgesehen hätte. Wie in einem Weltenei drinnen wäre man
gewesen! Und Sie können sich schon vorstellen, daß dann auch die
Copyright Rudolf Steinet Nachlass-Veiwaltung Buch:354 Seite: 31
Erde dazumal anders ausgesehen hat: ganz ausgefüllt mit einem riesigen
Eidotter, einer dicklichen Flüssigkeit, und mit einer ganz dicklichen
Luftumgebung - das ist das, was heute das Eiweiß im Ei darstellt.
Wenn Sie sich das ganz real vorstellen, was ich Ihnen da schildere,
so werden Sie sich sagen müssen: Ja, dazumal konnten solche Wesen
nicht leben, wie es die heutigen Wesen sind. Denn, natürlich, solche
Wesen, wie die heutigen Elefanten und dergleichen, aber auch Men-
schen in der heutigen Gestalt, die wären da sozusagen versunken;
außerdem hätten sie nicht atmen können. Und weil sie da nicht hätten
atmen können, haben sie ja auch nicht Lungen in der heutigen Gestalt
gehabt. Diese Organe bilden sich ganz in dem Sinne, wie sie gebraucht
werden. Das ist das Interessante, daß ein Organ gar nicht da ist, wenn
es nicht gebraucht wird. Also Lungen haben sich erst in dem Maße
entwickelt, in dem die Luft nicht mehr so schwefelhaltig und metall-
reich war, wie sie in dieser alten Zeit war.
Nun, wenn wir uns eine Vorstellung bilden wollen, was für Wesen
dazumal gelebt haben, dann müssen wir zuerst diejenigen Wesen auf-
suchen, welche in dem dicklichen Wasser gelebt haben. In diesem
dicklichen Wasser haben Wesen gelebt, die heute nicht mehr existieren.
Nicht wahr, wenn wir heute von unserer gegenwärtigen Fischform
reden, so ist diese Fischform da, weil das Wasser dünn ist. Auch das
Meerwasser ist ja verhältnismäßig dünn; es enthält viel Salz aufgelöst,
aber es ist doch verhältnismäßig dünn. Nun, dazumal war alles mög-
liche in dieser dicklichen Flüssigkeit, in diesem dicklichen Meere, aus
dem eigentlich die ganze Erde, der Mondensack bestanden hat, aufge-
löst. Die Wesen, die darinnen waren, die konnten nicht schwimmen,
wie die heutigen Fische schwimmen, weil eben das Wasser zu dick war;
aber sie konnten auch nicht gehen, denn gehen muß man auf einem
festen Boden. Und so können Sie sich vorstellen, daß diese Wesen eine
Organisation hatten, einen Körperbau hatten, der zwischen dem, was
man braucht zum Schwimmen: Flossen, und dem, was man braucht
zum Gehen: Füße, mitten drinnen liegt. Sehen Sie, wenn Sie Flossen
haben - Sie wissen ja, wie Flossen ausschauen -, die haben solche stache-
Tafd2 lige, ganz dünne Knochen (es wird gezeichnet), und dasjenige, was da-
zwischen ist an Fleischmasse, das ist vertrocknet. So daß wir eine
Tafel 3
zum Schluß ab. Und es entstand statt dem da hier ein Körper draußen
im Weltenraum, der das Luftförmige, das da in der Umgebung ist,
Copyright Rudolf Steiner Nachlass-Verwaltung Buch: 354 Seite: 36
innerlich hatte, und außen die dickliche Flüssigkeit hatte. Also ein
umgekehrter Körper spaltete sich ab. Während die Mondenerde dabei
blieb, ihren innerlichen Kern dickflüssig zu haben, außen dickliche
Luft zu haben, spaltete sich ein Körper ab, der außen das Dickliche
hat und innen das Dünne. Und in diesem Körper kann man, wenn
man nicht mit Vorurteil, sondern mit richtiger Untersuchung an die
Sache herangeht, den heutigen Mond erkennen. Heute kann man schon
ganz genau wissen, so wie man zum Beispiel das Natrium in der Luft
finden kann, aus was die Luft besteht. So kann man ganz genau wis-
sen: Der Mond war einmal in der Erde drinnen! Was da draußen als
Mond herumkreist, war in der Erde drinnen und hat sich von ihr ab-
getrennt, ist hinausgegangen in den Weltenraum.
Und damit ist dann aber eine ganze Veränderung eingetreten sowohl
mit der Erde wie mit demjenigen, was hinausgegangen ist. Vor allen
Dingen: Die Erde hat da gewisse Substanzen verloren, und jetzt erst
konnte sich das Mineralische in der Erde bilden. Wenn die Monden-
substanzen in der Erde drinnen geblieben wären, so hätte sich nie-
mals das Mineralische bilden können, sondern es wäre immer ein
Flüssiges und Bewegtes gewesen. Erst der Mondenaustritt hat der Erde
den Tod gebracht und damit das Mineralreich, das tot ist. Aber damit
sind auch erst die heutigen Pflanzen, die heutigen Tiere und der Mensch
in seiner heutigen Gestalt möglich geworden.
Nun können wir also sagen: Es ist aus dem alten Mondenzustand
der Erde der heutige Erdenzustand entstanden. Damit ist das Mineral-
reich entstanden. Und jetzt haben sich alle Formen ändern müssen.
Denn jetzt ist eben gerade dadurch, daß der Mond herausgetreten ist,
die Luft weniger schwefelhaltig geworden, hat sich immer mehr und
mehr genähert dem heutigen Zustand in der Erde selber. So hat sich
auch abgesetzt dasjenige, was in der Flüssigkeit aufgelöst war, und
gebirgsartige Einschlüsse gebildet, und das Wasser wurde immer mehr
ähnlich unserem heutigen Wasser. Dagegen der Mond, der dasjenige
in der Umgebung hat, was wir in der Erde im Inneren haben, der bil-
dete nach außen eine ganz hornartig dickliche Masse; auf die schauen
wir hinauf. Die ist nicht so wie unser Mineralreich, sondern die ist so,
wie wenn unser Mineralreich hornartig geworden wäre und verglast
Nun, meine Herren, Sie haben gesehen aus demjenigen, was wir be-
sprochen haben, daß eigentlich in unserer Erde ein Zustand vorliegt,
der nur der letzte Rest von vielem anderem ist, das wesentlich anders
ausgeschaut hat. Und wenn wir heute den früheren Zustand der Erde
mit etwas vergleichen wollen, so können wir ihn eigentlich nur, wie
Sie gesehen haben, vergleichen mit demjenigen, was wir in einem Eikeim
haben. Wir haben heute in der Erde einen festen Kern aus allerlei Mine-
ralien und Metallen; wir haben ringsherum die Luft und haben in der
Luft zwei Stoffe, die uns vor allen Dingen auffallen, weil wir ohne
sie nicht leben können: den Sauerstoff und den Stickstoff. So daß wir
also sagen können: Wir haben in unserer Erde einen festen Erdenkern
mit allen möglichen Stoffen, siebzig bis achtzig Stoffen, und ringsher-
um die Lufthülle, vorzugsweise drinnen Stickstoff und Sauerstoff (es
Tafel4 wird gezeichnet).
Aber das ist ja nur, daß vorzugsweise drinnen sind Stickstoff und
Sauerstoff! Immer sind in der Luft auch andere Stoffe enthalten, nur
eben in sehr geringer Menge, unter anderem Kohlenstoff, Wasser-
stoff, Schwefel. Aber das sind ja auch die Stoffe, die zum Beispiel in
dem Weißen im Ei, im Weißen eines Hühnereies enthalten sind: Sauer-
stoff, Stickstoff, Wasserstoff, Kohlenstoff und Schwefel! Die sind auch
im Weißen eines Hühnereies enthalten. Der Unterschied ist bloß der,
daß in dem Weißen eines Hühnereies, ich möchte sagen, der Schwefel,
der Wasserstoff, der Kohlenstoff mehr sich anschmiegen an den Sauer-
stoff und Stickstoff, während sie in der äußeren Luft viel loser vor-
handen sind. Also eigentlich ist doch dasselbe in der Luft vorhanden,
was in dem Hühnerei drinnen enthalten ist. In ganz geringer Menge
sind auch dieselben Stoffe im Eidotter drinnen vorhanden. So daß wir
also sagen können, daß es, wenn es sich verhärtet, verdichtet, zu dem
wird, was die Erde ist. Sie sehen also, man muß auf solche Dinge hin-
schauen, wenn man wissen will, wie es in der Welt einmal ausgesehen
hat.
Copyright Rudolf Steiner Nachlass-Verwaltung Buch: 3 5 4 Seite: 4 4
Heute aber macht man die Sache auf eine ganz andere Art, und da-
mit Sie in der Beurteilung desjenigen, was ich Ihnen hier vorbringe,
nicht beirrt werden durch dasjenige, was eben allgemein anerkannt ist,
möchte ich Ihnen doch einiges von dem sagen, was allgemein aner-
kannt ist, und was dennoch durchaus übereinstimmt mit demjenigen,
was ich sage. Man muß es nur richtig betrachten. Sehen Sie, heute
denkt man ja nicht so, wie hier gedacht worden ist in den zwei letzten
Stunden, sondern heute denkt man so, daß man sagt: Da haben wir
die Erde. Die Erde ist einmal mineralisch. Diese mineralische Erde, die
ist bequem zu untersuchen. Zunächst einmal untersuchen wir das-
jenige, was obenauf ist, was wir mit unseren Füßen betreten. Dann
sehen wir da, wenn wir Steinbrüche machen, wenn wir die Erde auf-
schließen, um Einschnitte zu machen beim Eisenbahnbau, wie gewisse
Schichten vorhanden sind in der Erde. Da ist die oberste Schicht, auf
die wir treten. Kommen wir irgendwo in die Tiefe hinein, dann finden
wir tieferliegende Schichten. Aber diese Schichten liegen nicht so über-
einander, daß man sagen kann, sie haben sich so hübsch übereinander
aufgetürmt, immer ist die eine über der anderen —, sondern die Sache
ist ja so: Sehen Sie einmal, nehmen Sie an, da haben Sie eine solche
Schichte (siehe Zeichnung, rot); die ist nicht eben, diese Schichte, die
ist gebogen; eine andere Schichte ist darunter (grün), die ist auch ge-
bogen. Und jetzt kommt darüber diejenige Schichte, welche wir mit
den Füßen betreten (weiß). Solange wir, sagen wir, auf dieser Seite
Tafel 4
TafeH
gelb
tungen schauen, dann kommt es Ihnen doch vor, wie wenn das, was ich
da grün gezeichnet habe, die untere Schichte wäre, und dasjenige, was
ich gelb gezeichnet habe, die obere Schichte. Hierher können Sie ein-
fach nicht; da können Sie nicht eingraben, da ist keine Eisenbahn, kein
Tunnel, noch irgend etwas anderes, wodurch man hinkommen kann.
Da merken Sie: Das Gelbe ist die Oberschichte, das Grüne ist die un-
tere Schichte. Aber Sie dürfen das nicht gleich sagen, sondern Sie müs-
sen erst die Versteinerungen suchen. Nun findet man sehr häufig in
dem, was da oben liegt, Versteinerungen, die älter sein müssen. Man
findet zum Beispiel da oben merkwürdige Fischskelette, und unten
findet man, sagen wir, merkwürdige Säugetierskelette, die jünger sind.
Jetzt widersprechen die Versteinerungen der Lage: Oben erscheint das
Ältere, unten erscheint das Jüngere. Jetzt muß man sich eine Vor-
stellung machen, woher das kommt. Ja, sehen Sie, das kommt davon
her, daß durch irgendein Erdbeben oder eine innere Erschütterung das-
jenige, was hier unten war, sich herumgeschmissen hat über das Obere,
so daß also dieses entstanden ist, daß, wenn ich hier Ihnen den Stuhl
über den Tisch legen würde, wenn das die ursprüngliche Lage wäre
der Stuhllehne und hier der Tischplatte -, so würde es geschehen, daß
durch einen Erdstoß, der hier erfolgt ist, die Tischplatte sich über die
Stuhllehne drüberstülpt.
A n
Tafel4
gischen bekannt sind, in der Regel kleiner sein. Nun, dieses Tier ver-
endet, indem es auf diesem Erdreiche liegt. Nehmen wir an, das Erd-
reich ist so, daß es nicht recht hinein kann in das Tier; dieses Erdreich,
das meidet sozusagen irgendeine Säure, die in dem Tier enthalten ist.
Dann entsteht etwas sehr Merkwürdiges; dann geht die Erde, in der
dieses Tier dadrinnen liegt, überall an das Tier heran und umhüllt das
Tier (gelb), und es bildet sich ein Hohlraum von der Form des Tieres.
Das ist sehr häufig entstanden, daß sich solche Hohlräume bilden (grün).
Um das Tier herum lagert sich die Erde. Aber es ist nichts drinnen, es
>wm
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durchsaugt nicht das Tier, sondern ringsherum, weil das Tier schalig
war, bildet sich solch ein Hohlraum. Nun, später wird aber die Schale
aufgelöst; und noch später windet sich irgendein Bach da durch; der
füllt dann mit seiner Gesteinsmasse das, was ein Hohlraum ist, aus
(grün), und da drinnen wird fein modelliert ein Abdruck des Tieres
mit einer ganz anderen Materie, mit einem ganz anderen Stoffe. Solche
Abdrücke sind ganz besonders interessant, denn da haben wir nicht
die Tiere selber, sondern Abgüsse der Tiere.
Nun, sehen Sie, Sie dürfen sich aber auch die Dinge nicht so ganz
leicht vorstellen. Von dem heutigen Menschen zum Beispiel mit seiner
verhältnismäßig weichen Stofforganisation bleibt außerordentlich we-
nig vorhanden, und von höheren Tieren ist auch verhältnismäßig wenig
vorhanden gewesen. So zum Beispiel gibt es Tiere, von denen nur
Abgüsse der Zähne vorhanden geblieben sind; eine Art Abgüsse ur-
weltlicher Haifischzähne, die sich auf diese Weise gebildet haben,
findet man. Jetzt muß man schon die Fähigkeit haben, sich zu sagen:
Jede Tierform hat ihre eigene Zahnform - der Mensch hat eine andere
Zahnform -, und die Zahnform richtet sich immer nach der ganzen Tafel 4
Gestalt, dem ganzen Wesen. Jetzt muß man das Talent haben, aus den
Zähnen, die man da findet, sich vorstellen zu können, wie das ganze
Tier gewesen sein kann. Also so ganz leicht ist die Sache doch nicht.
Aber sehen Sie, man kommt, indem man diese Schichten da stu-
diert, auch darauf, wie eigentlich sich die ganze Sache entwickelte.
Und daraus geht einfach hervor, daß es Zeiten gegeben hat, in denen
solche Tiere, wie sie heute da sind, nicht da waren, sondern in denen
Tiere dagewesen sind, die viel, viel einfacher waren, die so ausgeschaut
haben wie unsere ganz niederen Tiere, das Schnecken-, das Muschel-
getier und so weiter. Aber Sie müssen überall wissen, was von diesen
Tieren übriggeblieben ist. Denken Sie nur einmal, es könnte ja folgen-
des eintreten.
Nehmen Sie einmal an, ein kleiner Junge, der Krebse nicht mag,
stibitze sich einen Krebs von der Mahlzeit seiner Eltern und spiele mit
ihm. Er wird nicht erwischt und gräbt ihn ein in den Garten. Nun hat
der im Garten den Krebs eingegraben. Über die ganze Sache kommt
Erde drüber; es wird vergessen. Den Garten hat ein anderer später;
Copyright Rudolf Steiner Nachlass-Verwaltung Buch: 354 Seite: 51
der gräbt um, wird aufmerksam an einer Stelle: Da findet er ko-
TafeH mischerweise zwei kleine Dinger, die so wie kleine Kalkschalen aus-
unten s c n a u e n « Sie wissen, daß es die sogenannten Krebsaugen gibt, die ja nicht
Augen sind, sondern kleine Kalkschalen, die im Leibe des Krebses sind.
Das sind die einzigen Zeichen, die von seinen Spuren geblieben sind.
Jetzt können Sie nicht sagen: Das sind Versteinerungen von irgendeinem
Tier -, sondern das sind Versteinerungen nur von einem Teil des Tie-
res. So kann man in älteren Schichten irgendwelche Gebilde finden,
meinetwillen so aussehend, wie eine Schale aussehend, namentlich in
den Alpen. Die sehen so ähnlich aus; die gibt es heute nicht mehr,
die findet man in älteren Schichten. Man darf nicht annehmen, daß
dies die ganzen Tiere gewesen sind, sondern man muß eben annehmen:
Da war eben etwas herum, das hat sich aufgelöst, und nur ein kleines
Stück von dem Tier ist geblieben.
Darauf geht schon die heutige Wissenschaft wenig ein. Warum?
Ja, weil sie eben nur so sagt: Dieses mächtige Alpenmassiv, das zeigt
ja, daß es durcheinandergeschmissen worden ist, das Unterste zuoberst,
das Oberste zuunterst; das zeigen die Schichten. - Aber, meine Herren,
können Sie sich vorstellen, daß mit den Kräften, die heute auf der Erde
vorhanden sind, solch ein Alpenmassiv in der Weise durcheinander-
geschmissen werden kann? Das bißchen, was heute geschieht auf der
Erde, geschieht ja so, daß vergleichsweise die Erde durchtanzt wird,
daß die Erde von einem Fleck ein bißchen auf einen anderen geworfen
wird; das ist heute alles, dieses Durchtanztwerden. Würde der Mensch
statt zweiundsiebzig Jahre siebenhundertzwanzig Jahre alt, dann
würde er erleben, wie er in seinem Greisenalter schon über einen ein
wenig höheren Boden geht als vorher. Aber wir leben ja zu kurz. Den-
ken Sie nur, wenn uns eine Eintagsfliege, die nur vom Morgen bis zum
Abend lebt, erzählen würde, was sie erlebt, die würde uns erzählen, da
sie nur im Sommer lebt: Es gibt überhaupt nur Blüten, die ganze Zeit
nur Blüten. - Die würde ja gar keine Ahnung davon haben, was im
Winter geschieht und so weiter; sie würde glauben, der nächste Som-
mer schließe sich an den vorigen an. Wir Menschen sind zwar ein biß-
chen länger dauernde Eintagsfliegen, aber etwas von Eintagsfliegen
haben wir doch schon an uns mit unseren siebzig bis zweiundsiebzig
52
Copyright Rudolf Steiner Nachlass-Verwaltung Buch: 354 Seite:52
Jahren! Nun, die Sache ist schon so, daß wir wenig sehen von dem,
was vorgeht. Und so muß man sagen: Mit den Kräften, die heute
wirksam sind, geschieht zwar mehr, als der Mensch gewöhnlich sieht,
aber es geschieht doch verhältnismäßig nur das, daß der Boden ein
bißchen aufgeschwemmt wird, daß Flüsse gegen das Meer hinfließen,
Flußsand zurücklassen, daß dann an den Ufern der Flußsand weiter-
geht, daß die Felder eine neue Schichte bekommen. Das ist verhält-
nismäßig wenig. Hält man sich vor Augen, wie so etwas wie dieses
Alpenmassiv durchgerüttelt und durchgeschüttelt worden ist, dann
muß man sich klar sein, daß die Kräfte, die heute wirksam sind, früher
in einer ganz anderen Weise wirksam waren.
Nun aber müssen wir uns Bilder machen, wie so etwas vor sich
gehen kann. Ja, nehmen Sie nur einmal irgendeinen Eikeim, einen Ei-
keim von irgendeinem Säugetier. Der schaut anfangs verhältnismäßig
sehr einfach aus: ringsherum Eiweißmasse, drinnen ein Kern (es wird
gezeichnet). Aber nehmen Sie an, dieser Eikeim wird befruchtet. Se- Tafel 4
hen Sie, wenn er befruchtet wird, da macht der Kern dann allerlei
Sperenzchen; er bildet sich, sehr merkwürdig, zu einer Summe von
solchen Spiralen aus, die wie ein Schwanz heraufgehen. So bildet sich
der Kern aus. In dem Moment, wo diese Knäuelchen entstehen, ent-
stehen aus der Masse heraus sternförmige Gebilde; da kommt die ganze
Masse dadurch, daß Leben in ihr ist, in Gestaltungen hinein. Da geht
es schon anders zu als heute auf unserer Erde! Dadrinnen entstehen
schon solche Umstülpungen und Überwerfungen, wie wir sie im Alpen-
massiv sehen!
Was ist natürlicher, als daß wir sagen: Also war die Erde einmal
lebendig, sonst hätten diese Umstülpungen und Überwerfungen gar
nicht entstehen können! Die heutige Gestalt der Erde zeigt uns eben,
daß sie in der Zeit, in der noch nicht Menschen, in der noch nicht hö-
here Tiere gelebt haben, selber lebendig war! So daß wir auch aus die-
ser Erscheinung heraus sagen müssen: Aus der lebendigen Erde ist die
heutige tote Erde erst hervorgegangen. - Aber nur in dieser heutigen
toten Erde können die Tiere leben! Denn denken Sie einmal, es hätte
in der Luft sich nicht abgesondert für sich der Sauerstoff und Stick-
stoff und hätte sozusagen den Wasserstoff, den Kohlenstoff, den
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Copyright Rudolf Steiner Nachlass-Verwaltung Buch: 354 Seite: 53
Schwefel zu einer verhältnismäßigen Tatenlosigkeit verdammt, so
müßten wir atmen in so etwas, was ähnlich wäre dem Eiweiß im
Hühnerei, denn so war es ringsherum um die Erde.
Nun könnte man sich zum Beispiel denken - denn in der Welt kann
ja alles entstehen -, daß sich statt unserer Lunge auch Organe gebildet
hätten, durch die man einsaugen könnte solch ein atmosphärisches Ei-
weiß. Wir können es ja heute durch den Mund verzehren. Warum sollte
nicht etwas mehr gegen den Mund hinüber eine Art Lungenorgane ent-
standen sein? Auf der Welt kann alles entstehen. Es entsteht auch das,
was da noch möglich ist. Also am Menschen liegt es eigentlich, zunächst
so, wie er heute ist, eigentlich körperlich nicht. Aber bedenken Sie doch
nur, meine Herren: Wir gucken, wenn wir heute in die Luft gucken,
in die tote Luft hinein. Die ist abgestorben. Früher war das Eiweiß
lebendig. Die Luft ist abgestorben; gerade dadurch, daß der Schwefel,
der Wasserstoff, der Kohlenstoff weg ist, ist der Stickstoff und Sauer-
stoff abgestorben. Wir gucken hinein in die lichterfüllte Luft, die abge-
storben ist. Dadurch können unsere Augen auch physikalisch sein, sind
auch physikalisch. Ware in unserer Umgebung alles lebendig, so müß-
ten auch unsere Augen lebendig sein. Wenn sie lebendig wären, könnten
wir nichts mit ihnen sehen, und wir waren fortwährend in einer Ohn-
macht, geradeso wie wir in Ohnmacht kommen, wenn es in unserem
Kopf zu stark zu leben anfängt, wenn wir in unserem Kopf, statt daß
wir die regelmäßig ausgebildeten Organe haben, allerlei Gewächse
haben, werden wir auch ohnmächtig, zuerst ab und zu und später wird
die Anzahl so stark, daß Sie wie tot daliegen. Also so, wie wir ursprüng-
lich waren, hätten wir doch nicht mit Bewußtsein leben können in die-
ser Erde. Das Menschenwesen konnte erst zum Bewußtsein erwachen,
als die Erde allmählich abgestorben war. So daß wir uns als Men-
schenwesen entwickeln eben auf der abgestorbenen Erde.
So ist es ja auch, meine Herren! So ist es ja nicht nur mit der Natur,
sondern auch mit der Kultur. Wenn Sie noch einmal auf das hin-
schauen, was ich gesagt habe, daß da unten heidnische Tempel sein
konnten, oben christliche Kirchen, so verhalten sich diese christlichen
Kirchen zu den heidnischen Tempeln geradeso wie die oberen zu den
unteren Schichten; nur in dem einen Fall haben wir es mit der Natur,
Copyright Rudolf Steiner Nachlass-Verwaltung Buch: 3 54 Seite: 5 4
im anderen Fall mit der Kultur zu tun. Aber man kann auch nicht
verstehen, wie das Christliche sich entwickelt, wenn man es nicht be-
trachtet, wie es sich auf der Grundlage des Heidentums entwickelte.
So ist es schon mit der Kultur. Auch da muß man diese Schichten be-
obachten.
Nun sagte ich Ihnen aber: Der Mensch war eigentlich immer da,
nur nicht als solches physisches Wesen, sondern als mehr geistiges We-
sen. — Und das wiederum führt uns dazu, den eigentlichen Grund ein-
zusehen, warum der Mensch nicht schon früher sich als physisches
Wesen entwickelte. Sehen Sie, ich habe Ihnen gesagt: Da sind in der
Luft heute Stickstoff, Sauerstoff - Kohlenstoff, Wasserstoff und
Schwefel weniger. Heute bringen wir selber den Kohlenstoff, den wir
in uns haben, bei der Atmung mit dem Sauerstoff, den wir einatmen,
zusammen, verbinden den Kohlenstoff mit dem Sauerstoff, stoßen
den miteinander verbundenen Kohlenstoff und Sauerstoff, was man
Kohlensäure nennt, wieder aus. Wir Menschen leben also so, daß
wir Sauerstoff einsaugen durch die Atmung und Kohlensäure aussto-
ßen. Darin besteht unser Leben. Längst hätten wir als Menschen die
Erde, die Erdenluft ganz angefüllt mit Kohlensäure, wenn nicht etwas
anderes wäre. Das sind die Pflanzen; die haben einen ebensolchen
Hunger, wie wir nach dem Sauerstoff haben, nach dem Kohlenstoff.
Die Pflanzen wiederum nehmen gierig die Kohlensäure auf, behalten
den Kohlenstoff zurück und geben Sauerstoff wieder her.
Sie sehen, meine Herren, wie wunderbar sich eigentlich das er-
gänzt! Es ergänzt sich ganz famos. Wir Menschen brauchen aus der
Luft den Sauerstoff, den atmen wir ein; wir geben ihm den Kohlen-
stoff mit, den wir in uns haben, atmen Kohlenstoff und Sauerstoff zu-
sammen aus als Kohlensäure. Die Pflanzen atmen sie ein und atmen
den Sauerstoff wieder aus. Und so ist immer wiederum in der Luft
Sauerstoff da.
Ja, das ist heute so; aber in der Entwickelung der Menschheit auf
Erden war es nicht immer so. Gerade wenn wir die alten Wesen fin-
den, die da gelebt haben, die wir sogar noch in den Versteinerungs-
schichten drinnen finden können, dann sagen wir uns: Ja, die können
nicht so gewesen sein, wie unsere heutigen Tiere und Pflanzen sind,
Meine Herren! Ich habe Ihnen gesagt, daß wir noch etwas die Ge-
schichte betrachten wollen, die sich anschließt an die Weltbetrachtung,
die wir angestellt haben. Sie haben gesehen, wie sich so allmählich das
Menschengeschlecht aus der übrigen großen Natur herausgebildet hat.
Und erst als die Lebensverhältnisse für die Menschheit eben da waren
auf der Erde, als sozusagen die Erde abgestorben war, die Erde nicht
mehr ihr eigenes Leben hatte, konnte sich menschliches und auch tieri-
sches Leben so entwickeln auf der Erde, wie ich es Ihnen dargestellt habe.
Und wir haben ja auch gesehen, daß sich das erste menschliche
Leben noch ganz anders als das heutige eigentlich da abspielte, wo
heute der Atlantische Ozean ist. In der Zeit müssen wir uns vor-
stellen, daß also die Erde da, wo heute der Atlantische Ozean ist, als
fester Boden da war. Ich werde Ihnen also die Sache so ungefähr noch
Tafeln einmal aufzeichnen (es wird gezeichnet): Da kommt man jetzt nach
7+8
Asien herüber. Das ist das Schwarze Meer. Da unten ist dann Afrika.
Da ist dann Rußland, und da kommen wir nach Asien herüber. Da
würde dann England, Irland sein. Da drüben ist Amerika. Hier war
also überall früher Land, und nur ganz wenig Land hier überall; dahier,
in Europa, hatten wir eigentlich damals ein ganz riesiges Meer. Diese
Länder, die sind alle im Meer. Und wenn wir da hinüberkommen, so
ist Sibirien auch noch Meer; das ist alles noch Meer. Und da unten, wo
heute Indien ist - da ist dann Hinterindien -, dahier war es wiederum
so, daß es etwas aus dem Meer herausgestiegen ist. Also wir haben
eigentlich hier etwas Land; hier haben wir wieder Land. In dem Teil,
wo heute die Asiaten, die Vorderasiaten und die Europäer leben, da
war eigentlich Meer, und das Land ist erst später daraus emporgestie-
gen. Und dieses Land, das ging viel weiter, das ging noch bis in den
Stillen Ozean hinein, wo heute die vielen Inseln sind; also die Inseln
Java, Sumatra und so weiter, das sind Stücke von einem ehemaligen
Land, der ganze Inselarchipel. Da also, wo heute der-Große Ozean
ist, war wiederum viel Land; dazwischen war Meer.
Copyright Rudolf Steiner Nachlass-Verwaltung Buch: 354 Seite: 76
Nun sind also die ersten Bevölkerungen, die wir verfolgen können,
hier geblieben, wo etwas das Land sich erhalten hat. Wenn wir in
Europa uns umschauen, so können wir eigentlich sagen: In Europa ist
die Sache so, da ist vor heute etwa zehn-, zwölf-, fünfzehntausend
Jahren erst die Erde soweit fest geworden, der Boden, daß Menschen
da wohnen konnten. Vorher waren nur Seetiere da, die aus dem Meere
sich herausentwickelten und so weiter. Wollte man dazumal nach den
Menschen schauen, so müßte man da hinüber schauen, wo heute der
Atlantische Ozean ist. Aber da drüben in Asien, in Ostasien, da waren
eben auch schon Menschen in der Zeit vor zehntausend Jahren und
so weiter. Diese Menschen, die haben natürlich Nachkommen hinter-
lassen; und die sind sehr interessant, meine Herren, diese Nachkommen
gerade, denn das sind eigentlich diejenigen, die die älteste sogenannte
Kultur haben auf der Erde. Das sind Völker, die wir heute als Mon-
golenvölker bezeichnen, das sind Japaner und Chinesen. Die sind eigent-
lich deshalb sehr interessant, weil sie Überreste sind sozusagen der
ältesten Erdenbevölkerung, von der noch etwas geblieben ist.
Natürlich gibt es ja, wie Sie gesehen haben, eine viel ältere Erden-
bevolkerung; die ist aber ganz zugrunde gegangen. Das ist die Bevöl-
kerung, die hier in der alten Atlantis gelebt hat. Von der ist nichts
mehr vorhanden. Denn da müßte man, selbst wenn Reste davon vor-
handen wären, auf dem Boden des Atlantischen Ozeans graben. Man
müßte erst herunterkommen auf den Boden - das ist schwerer als man
denkt —, und dann müßte man da graben; dann würde man höchst-
wahrscheinlich nichts finden, weil die einen weichen Leib gehabt ha-
ben, wie ich Ihnen sagte. Und die Kultur, die sie mit den Gebärden
gemacht haben, kann man auch nicht aus der Erde ausgraben, weil es
nicht geblieben ist! Also das, was da viel älter ist als Japaner und Chi-
nesen, das kann man nicht mit der äußeren Wissenschaft erreichen.
Man muß Geisteswissenschaft treiben, wenn man solche Sachen er-
reichen will.
Aber interessant ist, was von Chinesen und Japanern geblieben ist.
Sehen Sie, diese Chinesen und die älteren Japaner — nicht die heuti-
gen; ich will gleich darüber einige Worte sagen -, die Chinesen und
Japaner haben eigentlich eine Kultur, die ganz verschieden ist von der
77
Copyright Rudolf Steiner Nachlass-Verwaltung Buch: 354 Seite: 77
unsrigen. Man würde viel mehr richtig von der Sache denken, wenn
nicht die braven Europäer in den letzten Jahrhunderten eben ihre
Herrschaft ausgedehnt hätten über diese Gebiete und alles ganz anders
gemacht hätten. Das ist ja zum Beispiel bei Japan vollständig gelungen.
Wenn Japan auch dem Namen nach sich selber bewahrt - das sind ja
ganz Europäer geworden; die haben ja alles von den Europäern nach
und nach angenommen, und es ist ihnen nur als Äußerlichkeit geblie-
ben, was ihnen von ihrer alten Kultur vorhanden war. Die Chinesen
haben sich schon stärker bewahrt; aber jetzt können sie es ja auch nicht
mehr. Denn die europäische Herrschaft hat sich zwar dort nicht als
Herrschaft festgesetzt, aber dasjenige, was die Europäer denken,
das gewinnt in diesen Gegenden die Oberhand. Denn es ist so, daß da
alles verlorengeht, was einmal vorhanden war. Das ist ja nicht zu be-
dauern. Das ist einmal so in der Entwickelung der Menschheit. Aber
sagen muß man es.
Nun, wenn wir zunächst, weil es bei denen reiner erscheint, die
Chinesen betrachten, so ist das so, daß sie eine Kultur haben, die sich
schon deshalb von aller anderen Kultur unterscheidet, weil die Chine-
sen in ihrer alten Kultur eigentlich gar nicht dasjenige haben, was man
Religion nennt. Die chinesische Kultur war noch eine religionslose
Kultur.
Sie müssen sich darunter nur etwas vorstellen, meine Herren, unter
«religionsloser Kultur». Nicht wahr, wenn man die Kulturen in Be-
tracht zieht, die Religionen haben, so hat man überall, zum Beispiel
in diesen altindischen Kulturen, die Verehrung von Wesenheiten, die
unsichtbar sind, die aber doch so ähnlich ausschauen wie der Mensch
auf der Erde. Das ist die Eigentümlichkeit aller späteren Religionen,
daß sie sich die unsichtbaren Wesen so menschenähnlich vorstellen.
Nicht wahr, das tut die Anthroposophie nicht mehr. Die stellt sich
die übersinnliche Welt nicht mehr menschenähnlich vor, sondern so wie
sie eben ist, und geht auch dazu über, in den Sternen und so weiter den
Ausdruck des Übersinnlichen zu sehen. Das Merkwürdige ist, daß
etwas Ähnliches die Chinesen schon gehabt haben. Die Chinesen ver-
ehren nicht unsichtbare Götter, sondern die Chinesen sagen: Dasjenige,
was hier auf der Erde ist, das ist verschieden, je nach dem Klima, je
7Q
Copyright Rudolf Steiner Nachlass-Verwaltung Buch: 354 Seite: 78
nach der Bodenbeschaffenheit, in der man ist. - Sehen Sie, China war
ja schon in den allerältesten Zeiten ein großes Land, ist ja heute noch
größer als Europa! Es ist ein Riesenland, ist immer ein Riesenland ge-
wesen, hat eine ungeheuer große, starke Bevölkerung gehabt. Nicht
wahr, daß die Bevölkerung auf der Erde zunimmt, das ist ja nur eine
abergläubische Vorstellung der heutigen Wissenschaft, die immer nur
rechnet mit dem, womit sie rechnen will. In Wahrheit waren in ältesten
Zeiten auch die Riesenbevölkerungen in China und auch drüben in
Südamerika und auch in Nordamerika. In ältesten Zeiten ging ja auch
dort das Land heraus gegen den Stillen Ozean. Nun, gegen das ist eigent-
lich unsere Erdenbevölkerung nicht gewachsen.
Also es ist da eine ganz alte Kultur, meine Herren. Diese Kultur
kann man heute noch beobachten so, wie sie vor zehntausend, acht-
tausend Jahren durchaus vorhanden war. Da hatten sich diese Chinesen
gesagt: Ja, da oben, da ist ein anderes Klima, ein anderer Boden als da
unten; da ist alles verschieden. Da ist das Pflanzenwachstum verschie-
den, da mußten die Menschen in verschiedener Weise leben. Aber die
Sonne kommt überall hin: Die Sonne scheint da oben, die Sonne scheint
da unten, die geht ihren Weg, die geht aus den wärmeren Gegenden zu
den kälteren Gegenden und so weiter. - So sagten sich diese Leute: Auf
der Erde herrscht Verschiedenheit; die Sonne macht alles gleich. - Und
sie sahen daher in der Sonne dasjenige, was alles befruchtet, was alles
gleich macht. Deshalb sagten sie: Wenn wir einen Herrscher haben, so
muß der auch so sein. Die einzelnen Menschen sind verschieden, aber
der muß wie die Sonne die Leute beherrschen. - Deshalb nannten sie
ihn den Sohn der Sonne. Der war also verpflichtet, so zu regieren auf
Erden, wie die Sonne in der Welt regiert. Die einzelnen Planeten: Ve-
nus, Jupiter und so weiter treiben Verschiedenes; die Sonne macht
alles gleich als Herrscher über diese Planeten. Und so stellten sich die
Chinesen vor, daß derjenige, der der Herrscher ist, der Sohn der Sonne
ist. Nicht wahr: Unter «Sohn» verstand man eigentlich im wesent-
lichen dasjenige, was zu irgend etwas gehört.
Und nun war das ganze übrige Leben so eingerichtet, daß die Leute
sich sagten: Nun ja, der Sohn der Sonne, das ist unser wichtigster
Mensch; die anderen sind seine Helfer, so wie die Planeten und so
Copyright Rudolf Steiner Nachlass-Verwaltung Buch:354 Seite:79
weiter die Helfer der Sonne sind. - Und sie richteten auf Erden alles
so ein, wie es ihnen oben bei den Sternen erschien. Und das alles mach-
ten sie, ohne daß sie beteten. Die Chinesen kannten das nicht, was man
ein Gebet nennt. Das taten sie, ohne daß sie im Grunde so etwas hatten,
was später ein Kultus war. Sie richteten sich dasjenige, was man ihr
Reich nennen konnte, so ein, daß es ein Abbild des Himmels war. Man
kann das noch nicht Staat nennen; das ist ein Unfug, den die heutigen
Menschen treiben. Aber sie richteten sich dasjenige, was auf Erden
war, so wie ein Abbild desjenigen ein, was ihnen am Sternenhimmel
erschien.
Sehen Sie, dadurch kam etwas heraus, was natürlich ganz anders
war als das Spätere; dadurch wurde man Bürger eines Reiches. Man
gehörte nicht zu einem Religionsbekenntnis, man fühlte sich nur als zu
einem Reich gehörig. Götter hatten die Chinesen ursprünglich schon
gar nicht; wenn sie später Götter hatten, so waren die von den Indern
übernommen. Ursprünglich hatten sie keine Götter, sondern sie drück-
ten alles das, was sie als Beziehung zu den übersinnlichen Welten hatten,
in ihrem Reichswesen aus, in dem sie ihre Einrichtungen hatten. Daher
hatten diese Einrichtungen so etwas Familienhaftes. Der Sohn der
Sonne war zugleich der Vater der übrigen Chinesen, und die dienten
ihm. Wenn es auch ein Reich war, es hatte das Ganze etwas von Fami-
lienhaftem.
Das alles ist nur möglich, wenn die Menschen überhaupt noch gar
kein solches Denken haben wie die späteren Menschen. Und die Chi-
nesen hatten noch kein solches Denken wie die späteren Menschen.
Was wir heute denken, war den Chinesen noch ganz fremd. Wir den-
ken zum Beispiel Tier und denken Mensch; wir denken Vase, wir
denken Tisch. So dachten die alten Chinesen nicht, sondern die Chi-
nesen wußten: Es gibt einen Löwen, einen Tiger, einen Hund, einen
Bären - aber nicht, daß es ein Tier gibt. Sie wußten: Der Nachbar hat
einen eckigen Tisch; der andere hat einen etwas runderen Tisch. Die
einzelnen Dinge nannten sie; aber das, was Tisch ist, das kam ihnen
gar nicht in den Sinn. Den Tisch als solchen, den kannten sie nicht. Sie
wußten: Da ist der eine Mensch mit einem etwas größeren Kopf, mit
längeren Beinen, da ist der andere Mensch mit einem etwas kleineren
«n
Copyright Rudolf Steiner Nachlass-Verwaltung Buch: 354 Seite: 8 0
Kopf, mit kürzeren Beinen und so weiter. Da ist ein kleiner Mensch,
da ist ein großer Mensch; aber Mensch im allgemeinen kannten sie
nicht. Sie dachten ganz anders. Der heutige Mensch kann sich nicht
hineinversetzen in die Art und Weise, wie die Chinesen dachten. Daher
brauchten sie auch andere Begriffe. Wenn man so denkt, sehen Sie:
Tisch, Mensch, Tier - was ist dann? Das kann man juristisch ausbilden,
denn die Juristerei besteht nur aus solchen Begriffen; aber die Chi-
nesen konnten sich noch keine Juristerei ausdenken. Da war alles so
eingerichtet wie in einer Familie. In der Familie sieht man nicht nach
im Obligationenrecht, wenn der Sohn oder die Tochter etwas tun wol-
len. Wenn man heute etwas tun will in der Schweiz, schlägt man das
Obligationenrecht, Eherecht und so weiter auf. Da ist dann alles drin-
nen. Das muß man dann auf das einzelne anwenden.
Insofern die Menschen noch ein bißchen etwas vom Chinesischen
in sich haben — es bleibt ja immer ein bißchen was! —, da kennen sie sich
noch nicht recht aus im Obligationenrecht; da müssen sie dann zum
Advokaten gehen. Sie kennen sich auch noch nicht in allgemeinen Be-
griffen aus, die Leute. Die Chinesen, die hatten auch keine Juristerei.
Sie hatten überhaupt eigentlich alles dasjenige noch nicht, was dann
später zum Staatswesen wurde. Sie hatten nur dasjenige, was der ein-
zelne Mensch wiederum im einzelnen sehen konnte.
Nun weiter. Davon ist zum Beispiel die ganze Sprache der Chine-
sen beeinflußt. Nicht wahr, wenn wir sagen: Tisch - so stellen wir uns
darunter unbedingt etwas vor, was eine Platte hat und entweder eins,
zwei oder drei Beine und so weiter, aber es muß etwas sein, was eben
so wie ein Tisch stehen kann. Und wenn einer kommt und vom Stuhl
sagt, das wäre ein Tisch, würden wir ihm sagen: Du bist ein Esel, das
ist doch kein Tisch, das ist doch ein Stuhl. - Und wenn gar einer kom-
men würde und würde zu dem da (Wandtafel) Tisch sagen, da würden
wir ihm sagen: Das ist ein doppelter Esel, denn das ist doch eine Tafel
und kein Tisch! - Wir müssen eben nach dem, wie wir gerade unsere
Sprache haben, jedes Ding mit einem Namen bezeichnen.
Das ist bei den Chinesen nicht der Fall, sondern sagen wir - ich will
es nur hypothetisch anführen, es ist nicht genau so, aber Sie bekommen
eine Vorstellung davon -, sagen wir, der Chinese hat einen Laut OA,
6 Q1
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I O A , T A O meinetwillen, er hat den Laut für Tisch zum Beispiel.
Aber dieser selbe. Laut, der bedeutet dann noch vieles andere. Also,
Tafel8 sagen wir, so ein Laut, der kann bedeuten: Baum, Bach, auch, sagen
wir, Kieselstein und so weiter. Dann hat er einen anderen Laut, der
kann bedeuten, sagen wir Stern, auch Tafel und zum Beispiel Bank.
Ich meine nicht, daß das in der chinesischen Sprache so wirklich ist,
aber es ist so aufgebaut. Jetzt weiß der Chinese: er hat zwei Laute,
sagen wir zum Beispiel Lao und Bao, und beides bedeutet ganz Ver-
schiedenes, nur Bach bedeuten sie beide; dann setzt er beides zusammen:
Baolao. So baut er seine Sprache auf! Er baut seine Sprache nicht auf
Namen auf, die dem einzelnen gegeben sind, sondern er setzt sie so zu-
sammen, wie die verschiedenen Laute Verschiedenes bedeuten. Es kann
Baum, aber auch Bach bedeuten. Wenn er dann einen Laut hat, der
unter vielem anderem Baum, aber auch Bach bedeutet, so setzt er die-
sen mit einem anderen zusammen; dann weiß der andere, daß er den
Bach meint; aber wenn er nur einen Laut ausspricht, dann weiß keiner,
was gemeint ist. Und so kompliziert ist es auch mit dem Schreiben.
So daß also die Chinesen eine außerordentlich komplizierte Sprache
und eine außerordentlich komplizierte Schrift haben.
Ja, aber daraus folgt vieles, meine Herren. Daraus folgt, daß man
nicht so leicht wie bei uns lesen und schreiben lernen konnte, nicht
einmal sprechen. Bei uns kann man wirklich sagen: Lesen und Schrei-
ben ist kinderleicht, und wir sind sogar alle unglücklich, wenn unsere
Kinder nicht lesen und schreiben lernen; es muß eben «kinderleicht»
sein. Das ist bei den Chinesen nicht so; da wird man ein alter Bursche,
bis man schreiben lernen kann oder die Sprache beherrscht. Daher kann
man sich auch vorstellen, daß eigentlich das Volk das alles nicht kann,
und daß nur diejenigen, die bis ins höchste Alter lernen, das alles beherr-
schen. Daher ist in China von selbst den Gebildeten ein geistiger Adel
gegeben. Also in China ist dieser geistige Adel durch das, was in der
Sprache und Schrift ist, hervorgerufen. Und wiederum ist es nicht so,
wie es im Westen der Fall ist, wo der Adel einigermaßen ernannt ist
und dann sich forterbt, sondern in China ist es nur möglich, eine
solche Rangstellung sich zu erringen durch Bildung, durch Gelehr-
samkeit.
Copyright Rudolf Steiner Nachlass-Verwaltung Buch: 3 5 4 Seite: 8 2
Es ist sehr merkwürdig, meine Herren: Wir müssen natürlich, wenn
wir äußerlich heute beurteilen wollen, immer betonen: Wir wollen
nur ja keine Chinesen werden! - Also Sie müssen das nicht so auf-
fassen, als ob ich sagen wollte, wir wollen Chinesen werden oder
China besonders bewundern. Das ist etwas, was natürlich einige Leute
einem leicht nachsagen können, und als wir in Wien vor zwei Jahren
einen Kongreß hatten, da hat einer von uns davon geredet, daß die
Chinesen heute noch verschiedene Einrichtungen haben, die weiser
sind als die unsrigen. Flugs haben die Zeitungen geschrieben, wir woll-
ten für Europa die chinesische Kultur haben! - Nicht wahr, das ist also
nicht damit gemeint! Nur wird man, wenn man die chinesische Kultur
beschreibt, so sprechen, daß man in eine Art, nur in eine Art von Lob
hineinkommt, weil sie ja etwas Geistiges hat. Nur ist sie primitiv; sie
ist so, daß man sich jetzt nicht mehr darauf einlassen kann. Also Sie
müssen deshalb schon nicht glauben, daß ich wünsche, daß man China
in Europa einführt! Aber ich will Ihnen doch beschreiben diese älteste
Menschheitskultur, wie sie eben wirklich war.
Nun weiter: Das, was ich da sagte, hängt nun überhaupt zusammen
mit der ganzen Art und Weise, wie diese Chinesen dachten und fühl-
ten. Die Chinesen nämlich und auch die älteren Japaner beschäftigten
sich auch sehr viel, außerordentlich viel mit ihrer Kunst, ihrer Art von
Kunst; sie malten zum Beispiel. Ja, wenn wir malen, dann ist das etwas
ganz anderes, als wenn diese Chinesen malen! Sehen Sie, wenn wir
malen - ich will das Einfachste machen -, wenn wir zum Beispiel eine
Kugel malen (es wird gezeichnet), sagen wir, wenn so das Licht kommt, Tafel 8
dann ist diese Kugel hier hell, dahier ist sie dunkel, da ist sie im Schatten,
da trifft das Licht vorbei; da ist sie wiederum auf der Lichtseite ein biß-
chen hell, weil da das zurückgeworfene Licht kommt -, dann sagen
wir, das ist Selbstschatten, weil da das zurückgeworfene Licht kommt;
und dann müßten wir hier noch extra aufmalen den Schatten, den sie
auf den Boden wirft, den Überschatten. Das ist das eine, wie wir ma-
len. Wir müssen Licht und Schatten auf unseren Dingen haben. Wenn
wir ein Gesicht malen, dann malen wir hierher Helligkeit, wenn da das
Licht kommt; dahier machen wir es dunkel. Ebenso sehen wir vom Men-
schen, wenn wir richtig malen, einen Schatten, der auf den Boden fällt.
Copyright Rudolf Steiner Nachlass-Verwaltung Buch:354 Seite: 83 "~
Aber außerdem müssen wir bei unserem Malen noch etwas berück-
sichtigen. Nehmen wir an, ich stehe da und ich will malen. Da sehe
ich da vorne den Herrn Aisenpreis sitzen, und da hinten sehe ich den
Herrn Meier und die beiden Herren, die da hinten sind; die muß ich
auch malen: Herrn Aisenpreis ganz groß, Herrn Meier und die beiden
Herren da hinten ganz klein. So werden sie auch auf der Photographie,
wenn ich photographiere, ganz klein. Wenn ich das male, mache ich das
so, daß ich die Herren, die auf der vordersten Reihe sitzen, ganz groß
male, die nächsten kleiner, die nächsten noch kleiner, und der da ganz
hinten sitzt, der hat einen winzig kleinen Kopf, ein winzig kleines
Gesicht. Da sehen Sie, man muß nach der Perspektive malen. Das muß
man auch bei uns. Wir müssen nach Licht und Schatten malen, wir
müssen nach der Perspektive malen. So ist es einmal in unserer Denk-
weise.
Ja, die Chinesen, meine Herren, die kannten weder Licht noch
Schatten beim Malen, noch kannten sie eine Perspektive, weil sie über-
haupt nicht so gesehen haben wie wir! Die haben gar nicht geachtet
auf Licht und Schatten, auf die Perspektive; denn die haben so gesagt:
Aisenpreis ist doch nicht ein Riese, und Meier ist doch nicht ein kleiner,
winziger Zwerg! Die können wir doch nicht so durcheinanderstellen
auf einem Bild, daß der eine ein Riese, der andere ein Zwerg wäre; das
ist doch eine Lüge! Das ist doch gar nicht wahr! - Die haben sich so
hineingedacht in alles und haben so gemalt, wie sie sich hineingedacht
haben. Und die Chinesen und Japaner, wenn sie in ihrer Art malen
lernen, lernen sie es nicht so, daß sie es von außen anschauen, sondern
sich hineindenken in die Dinge; sie malen alles von innen heraus, wie
sie sich es denken müssen. Das macht das Wesen der chinesischen und
japanischen Malerei aus.
Also Sie sehen: Das Sehenlernen, das tritt erst später in der Mensch-
heit auf. Die Menschen, die da im alten China waren, die haben nur in
ihrer Art bildlich gedacht; sie haben nicht allgemeine Begriffe gebildet,
wie Tisch und so weiter, aber das, was sie gesehen haben, haben sie inner-
lich erfaßt. Das ist auch gar nicht wunderbar, meine Herren, denn die
Chinesen kamen ja von einer solchen Kultur her, bei der man nicht so
gesehen hat. Wir sehen heute so, weil die Luft zwischen uns und dem
Guten Morgen! Nun, meine Herren, hat sich jemand während der lan-
gen Zeit eine Frage zurechtgelegt?
Herr Burle: Ich möchte Herrn Doktor einmal fragen über die Nahrungsmittel - über
Bohnen, Gelbe Rüben und so weiter, was die für einen Einfluß auf den Körper haben?
Über Kartoffeln hat Herr Doktor ja schon gesprochen. Vielleicht können wir über
andere Nahrungsmittel noch etwas hören. Manche Vegetarier essen nicht hängende
Sachen, wie Bohnen, Erbsen. Wenn man zum Beispiel ein Kornfeld sieht, so gibt
das einem auch wieder verschiedene Gedanken über die Brotfrucht, die sehr wahr-
scheinlich alle Volker der Erde, mit Variationen, haben.
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Kraut \
Und wenn Sie nun da die Pflanze haben (siehe Zeichnung): Wurzel,
Stengel, Blätter, Blüte, so saugt also die Pflanze überall Kohlensäure
ein; die geht hinein. Und jetzt setzt sich der Kohlenstoff, der da in der
Kohlensäure drinnen ist, in der Pflanze nieder, und der Sauerstoff
wird wiederum ausgeatmet von den Pflanzen. Da haben ihn die Men-
schen und die Tiere wieder. Der Mensch gibt Kohlensäure her und tö-
tet alles; die Pflanze behält den Kohlenstoff zurück, gibt den Sauer-
stoff frei und belebt damit alles. Und nichts könnte die Pflanze machen
mit der Kohlensäure, wenn nicht der grüne Pflanzensaft, das Chloro-
phyll, da wäre. Dieser grüne Pflanzensaft, meine Herren, der ist ein
Zauberer, der hält den Kohlenstoff in der Pflanze zurück und gibt den
Sauerstoff wieder frei. Das Blut verbindet den Sauerstoff mit dem
Kohlenstoff; der grüne Pflanzensaft nimmt den Kohlenstoff wiederum
aus der Kohlensaure heraus und gibt den Sauerstoff frei.
Denken Sie, was das für eine feine Sache ist in der Natur, daß die
Pflanzen, die Menschen und die Tiere sich auf diese Weise ergänzen!
Sie ergänzen sich vollständig.
Nun muß man das Folgende sagen. Sehen Sie, der Mensch braucht
aber nicht bloß von der Pflanze dasjenige, was sie ihm gibt durch den
7 OT
Copyright Rudolf Steiner Nachlass-Verwaltung Buch:354 Seite: 97
Sauerstoff, sondern er braucht die ganze Pflanze; mit Ausnahme der
Giftpflanzen und mit Ausnahme solcher Pflanzen, die wenig von die-
sen Stoffen enthalten, braucht der Mensch alle Pflanzen, indem er
sie nicht durch Atmung, sondern durch Ernährung bekommt. Und da
ist wiederum ein solcher merkwürdiger Zusammenhang. Sehen Sie, die
Pflanze besteht ja aus der Wurzel, wenn es eine einjährige Pflanze ist -
vom Baum wollen wir jetzt absehen -, aus der Wurzel, aus dem Kraut
und aus der Blüte mit Frucht. Nun, schauen wir uns einmal die
Wurzel an. Die Wurzel, die ist ja in der Erde drinnen; sie enthält na-
mentlich viele Salze, weil in der Erde die Salze drinnen sind. Und die
Wurzel hangt mit ihren feinen Würzelchen an dieser Erde; da zieht sie
fortwährend aus der Erde die Salze heraus. So daß die Wurzel eben
dasjenige ist, was mit dem Mineralreich der Erde, mit den Salzen in
besonderer Verbindung steht.
Nun, sehen Sie, meine Herren, verwandt mit der ganzen Erde ist
der menschliche Kopf - nicht die Füße, sondern gerade der Kopf ist
mit der Erde verwandt. Wenn der Mensch anfängt Erdenmensch zu
sein im Mutterleibe, hat er ja zunächst fast nur den Kopf. Beim Kopf
fängt er an. Der Kopf ist dem ganzen Weltenall, aber auch der Erde
nachgebildet. Und der Kopf braucht vorzugsweise Salze. Denn vom
Kopf gehen die Kräfte aus, die den menschlichen Körper zum Beispiel
auch mit Knochen durchsetzen. Alles dasjenige, was den Menschen
fest macht, geht von der Kopfbildung aus. Wenn der Kopf selber noch
weich ist, wie im Mutterleib, dann kann er nicht ordentlich Knochen
bilden. Indem der Kopf selber zuerst immer härter und härter wird,
gibt er die Kräfte an den Leib ab, damit der Mensch und die Tiere die
festen Dinge, vorzugsweise die Knochen bilden können. Daraus sehen
Sie schon, daß man die Wurzel, die mit der Erde verwandt ist und die
Salze enthält - und zum Knochenbilden braucht man Salze, die Kno-
chen bestehen aus kohlensaurem Kalk, phosphorsaurem Kalk; Salze
sind das -, daraus sehen Sie, daß man die Wurzel braucht, um den
menschlichen Kopf zu versorgen.
Also, meine Herren, wenn man zum Beispiel merkt, sagen wir, daß
ein Kind schwach wird im Kopf, woran können Sie das merken? Man
kann das manchmal an entsprechenden Zuständen merken: Wenn ein
oo
Copyright Rudolf Steiner Nachlass-Verwaltung Buch: 3 54 Seite: 9 8
Kind im Kopf schwach wird, dann kriegt es leicht Würmer im Gedärm.
Würmer halten sich im Gedärm auf, wenn die Kopfkräfte zu schwach
sind, weil dann der Kopf nicht stark genug in den übrigen Körper her-
unterwirkt, während die Würmer keine Behausung im Menschen fin-
den, wenn die Kopfkräfte stark in die Gedärme herunter wirken.
Daraus können Sie am allerbesten sehen, wie großartig der mensch-
liche Körper eingerichtet ist: Alles hängt in ihm zusammen. Und wenn
man ein Kind hat, das Würmer hat, soll man sich sagen, das Kind ist
im Kopf schwach; man kann auch sagen - namentlich derjenige, der
Pädagoge sein will, muß solche Dinge wissen -, wenn man später im
Leben Menschen hat, die kopfschwach sind, so haben sie in der Jugend
ihre Würmer gehabt. - Was muß man denn da tun, wenn man das be-
obachtet? Nun, meine Herren, das einfachste ist, wenn man Gelbe
Rüben nimmt, Möhren, und füttert die Kinder eine Zeitlang damit -
unter anderem; natürlich darf man sie nicht nur mit Gelben Rüben
anfuttern, aber eine Zeitlang. Gelbe Rüben sind ja dasjenige, was vor-
zugsweise Pflanzenwurzel in der Erde ist. Die haben viel Salze; die
sind imstande, da sie die Kräfte der Erde haben, wenn sie aufgenommen
werden in den Magen, durch das Blut bis in den Kopf wieder zu wir-
ken. Nur salzreiche Stoffe sind fähig, in den Kopf zu dringen. Salz-
reiche Stoffe, wurzelhafte Stoffe machen den Menschen durch den
Kopf stark. Das ist dasjenige, sehen Sie, was außerordentlich wichtig
ist. Und gerade bei den Gelben Rüben, bei den Möhren, da ist es so, daß
die allerobersten Partien des Kopfes stark werden, also dasjenige, was
man gerade braucht für den Menschen, damit er innerlich kräftig, steif
wird, damit er nicht weichlich wird.
Sehen Sie, wenn Sie die Pflanze von einer Gelben Rübe anschauen,
so werden Sie sich sagen: Der Pflanze sehe ich etwas ganz Bestimmtes
an, die ist vorzugsweise zu der Wurzel hingewachsen. Es ist ja fast
alles Wurzel an der Gelben Rübe. Man interessiert sich nur für die
Wurzel, wenn man die Pflanze hat. Das andere, das Kraut, ist nur so
obenauf, hat nicht viel Bedeutung. Also diese Gelbe Rübe ist vorzugs-
weise geeignet, den menschlichen Kopf als ein Nahrungsmittel zu ver-
sorgen. Wenn Sie daher manchmal fühlen, Sie haben so eine Kopf-
schwäche, eine Leere im Gehirn, können nicht gut denken, dann ist
QQ
Copyright Rudolf Steiner Nachlass-Verwaltung Buch: 354 Seite: 99
es auch gut, wenn Sie sich Gelbe Rüben einmal eine Zeitlang in die
Nahrung tun. Aber am meisten hilft das natürlich bei Kindern.
Nun, wenn Sie jetzt aber die Kartoffel vergleichen mit der Gelben
Rübe - ja sehen Sie, die schaut ganz anders aus als die Gelbe Rübe.
Sie wissen ja, die Kartoffel hat Kraut, aber sie hat dann gerade das,
was man ißt, diese Knollen; die stecken in der Erde drinnen. Nun kann
man, wenn man oberflächlich die Sache betrachtet, sagen: Bei der Kar-
toffel sind diese Knollen die Wurzeln. Das ist aber nicht wahr; diese
Knollen sind keine Wurzeln. Wenn Sie nämlich genauer zuschauen,
so werden Sie überall sehen: Da hängen eigentlich erst die Wurzeln
daran an den Knollen in der Erde. Die eigentlichen Wurzeln sind kleine
Würzelchen, die daranhängen an den Knollen; sie fallen nur leicht ab.
Wenn man die Kartoffeln ausnimmt, sind sie schon abgefallen; aber
wenn man sie ganz frisch ausnimmt, sind sie überall noch dran. Wenn
wir die Knollen nehmen und essen, haben wir schon so etwas wie Sten-
gel oder Kraut, das sich nur scheinbar wie Wurzeln ausbildet; in Wirk-
lichkeit ist das ein Stengel oder ein Kraut; die Blätter sind umgestaltet.
Das ist also etwas, was zwischen der Wurzel und dem Kraut drinnen
ist. Daher hat die Kartoffel nicht so viel Salze in sich wie zum Beispiel
die Rübe, ist nicht so erdenhaft; sie wächst zwar in der Erde, aber sie
ist nicht so verwandt mit dem Erdigen. Und die Kartoffel, die hat
vorzugsweise Kohlehydrate, nicht so viel Salze, aber Kohlehydrate.
Jetzt müssen Sie sich folgendes sagen: Wenn ich Gelbe Rüben esse,
dann kann mein Körper eigentlich ein richtiger Faulenzer sein, denn
er braucht nur den Mundsaft, den Speichel zu verwenden bei der Gel-
ben Rübe, um sie aufzuweichen im Speichel; er braucht nur den Ma-
gensaft zu verwenden, das Pepsin und so weiter, und die ganze wich-
tige Sache von der Gelben Rübe geht in den Kopf. Der Mensch braucht
die Salze. Diese Salze werden geliefert durch alles das, was Pflanzen-
wurzel ist, und im besonderen Maß von einer solchen Wurzel wie der
Gelben Rübe.
Nun, wenn der Mensch aber Kartoffeln ißt, gibt er sie auch zunächst
in den Mund, in den Magen; da wird aus der Kartoffel erst durch die
Anstrengung des Leibes Stärke gebildet. Dann geht es weiter durch den
Darm. Damit es bei weiterer Verdauung bis ins Blut geht und auch
£\we\ß: Vnterleibsorqane
Feite t Herz vr\ö TjMgefciße
Kohlehydrate: Lunge, Ha/i,
5cilze: Kopf
Ich möchte heute einiges noch beifügen zu dem, was vorigen Donners-
tag auf die Frage von Herrn Burle gesagt werden konnte. Ich habe
also auseinandergesetzt, wie vier Dinge zur Ernährung für jeden Men-
schen notwendig sind: Salze; dasjenige, was man Kohlehydrate nennt,
was also vorzugsweise in Kartoffeln enthalten ist, was aber auch ganz
besonders enthalten ist in den Körnerfrüchten unserer Felder, und auch
in den Hülsenfrüchten. Und dann, sagte ich, braucht der Mensch außer-
dem Fette; und er braucht Eiweiß. Aber ich habe Ihnen auseinander-
gesetzt, wie ganz verschieden die Ernährung ist beim Menschen in be-
zug auf Eiweiß zum Beispiel und, sagen wir, Salz. Das Salz nimmt der
Mensch in seinen Körper bis zum Kopfe hin so auf, daß es Salz bleibt,
daß es sich eigentlich nicht anders verändert, als daß es aufgelöst wird.
Aber es behält seine Kräfte als Salz bei bis in den menschlichen Kopf
hinein. Dagegen das Eiweiß, also dasjenige, was wir im gewöhnlichen
Hühnerei haben, was wir aber auch in den Pflanzen haben, dieses Eiweiß,
das wird sogleich im menschlichen Körper, noch im Magen und in den
Gedärmen, vernichtet, bleibt nicht Eiweiß. Aber jetzt hat der Mensch
die Kraft aufgewendet, dieses Eiweiß zu vernichten, und die Folge
davon ist, daß er auch wieder die Kraft bekommt, weil er Eiweiß ver-
nichtet hat, Eiweiß wieder herzustellen; und so macht er sich sein eige-
nes Eiweiß. Er würde es sich aber nicht machen, wenn er nicht erst
anderes Eiweiß zerstören würde.
Stellen Sie sich einmal vor, meine Herren, wie das beim Eiweiß ist.
Denken Sie sich einmal, Sie sind ein ganz verständiger Mensch gewor-
den und sind so gescheit, daß Sie sich die Geschicklichkeit zutrauen,
eine Uhr zu machen, Sie haben aber nichts gesehen als eine Uhr, wie sie
von außen ausschaut - nun, da werden Sie nicht gleich eine Uhr machen
können. Aber wenn Sie es riskieren, die Uhr ganz zu zerlegen, ganz
auseinanderzunehmen, in ihre einzelnen Stücke zu zerlegen und sich
dabei merken, wie die Geschichte zusammengesetzt war, dann lernen
Sie aus dem Zerlegen der Uhr, wie Sie sie wiederum zusammensetzen
Frage: Herr Doktor hat das vorige Mal etwas von Arterienverkalkung gespro-
chen. Diese Arterienverkalkung soll ja, wie man allgemein sagt, vom vielen Fleisch-
und Eiergenuß und dergleichen herrühren. Ich kenne eine Person, die hat mit fünfzig
Jahren Arterienverkalkung bekommen, ist bis zum siebzigsten Jahre steif geworden,
und nun ist die Person fünfundachtzig, sechsundachtzig Jahre alt, ist heute viel
rüstiger als in den Fünfziger-, Sechzigerjahren. Ist die Arterienverkalkung da zu-
rückgegangen? Ist dies möglich, oder was kann da schuld sein? Nebenbei bemerkt,
hat diese Person niemals Tabak geraucht, auch wenig Alkohol getrunken, ziemlich
solid gelebt. Nur hat er in seinen jüngeren Jahren ziemlich viel Fleisch genossen,
mit siebzig Jahren nur noch wenig arbeiten können; heute aber, mit fünfundachtzig,
sechsundachtzig Jahren ist er dauernd noch tätig, lebt noch.
Dr. Steiner: Nicht wahr, Sie sagen, das war eine Persönlichkeit, die
mit fünfzig Jahren etwa Arterienverkalkung bekommen hat, steif ge-
worden ist, wenig arbeitsfähig war - ich weiß nicht, ob auch das Ge-
dächtnis zurückgegangen ist; das werden Sie nicht bemerkt haben.
Dieser Zustand ist bis zu den Siebzigerjahren geblieben; dann wurde
diese Person wieder rüstig, lebt heute noch. - Nun aber, was hat sie
denn heute noch, was an Arterienverkalkung erinnern könnte? Oder
ist er so, daß er rüstig und beweglich ist?
Fragesteller sagt: Er ist heute vollständig rüstig und beweglicher als mit fünfund-
sechzig Jahren, siebzig Jahren; es ist mein Vater.
119
Copyright Rudolf Steiner Nachlass-Verwaltung Buch: 354 Seite: 119
Dr. Steiner: Da handelt es sich darum, daß man erst genau fest-
stellen müßte, wie die Arterienverkalkung war. Denn sehen Sie, die
Sache ist diese: Meistens tritt die Arterienverkalkung so ein, daß der
Mensch im ganzen seine Arterien verkalkt bekommt. Nun, wenn der
Mensch im ganzen seine Arterien verkalkt bekommt, dann wird er na-
türlich unfähig, von der Seele und vom Geiste aus den Körper zu beherr-
schen; der Körper wird steif. Nun ist jetzt die Sache so: Nehmen wir
an, jemand bekommt aber Arterienverkalkung nicht im ganzen Kör-
per, die Arterienverkalkung verschont zum Beispiel das Gehirn; dann
ist folgendes der Fall. Sehen Sie, ich kenne ja auch etwas Ihren Ge-
sundheitszustand. Vielleicht darf man von Ihrem Gesundheitszustand
- Ihren Vater kenne ich nicht - etwas auf den Ihres Vaters schließen.
Sie leiden zum Beispiel, oder haben gelitten, es wird ja hoffentlich
absolut gut werden, etwas an Heuschnupfen. Das bezeugt, daß Sie in
sich tragen etwas, was der Körper nur dann ausbilden kann, wenn er
für die Sklerose, für die Arterienverkalkung nicht im Kopf, sondern
nur außer dem Kopf veranlagt ist. Keiner, der im ganzen Leib von
vornherein für die Arterienverkalkung veranlagt ist, kann gut Heu-
schnupfen bekommen. Denn der Heuschnupfen ist gerade das Gegen-
teil von Arterienverkalkung. Nun leiden Sie an Heuschnupfen. Das
bezeugt, daß Ihr Heuschnupfen - es ist ja nicht gut, wenn man Heu-
schnupfen hat; wird er kuriert, ist es besser; aber es kommt dabei auf
die Anlage an -, also Ihr Heuschnupfen, der ist so etwas wie ein Ven-
til gegen die Sklerose, gegen die Arterienverkalkung.
Nun, Arterienverkalkung in geringerem Zustande kriegt aber jeder
Mensch. Man kann nicht alt werden, ohne Arterienverkalkung zu be-
kommen. Bekommt man die Arterienverkalkung im ganzen Körper,
so kann man sich nicht mehr helfen; da wird man steif im ganzen
Körper. Bekommt man aber die Arterienverkalkung - ausgenommen
den übrigen Körper — im Kopf, dann tritt ja das ein, wenn man nur
recht alt wird: Da wird der Ätherleib, von dem ich Ihnen gesprochen
habe, immer stärker und stärker. Und dann braucht der Ätherleib
nicht mehr so stark das Gehirn. Das kann nun alt und steif werden.
Der Ätherleib kann aber nun doch anfangen, diese geringfügige Arte-
rienverkalkung, die einen früher alt und steif gemacht hat, so zu be-
Nun, meine Herren, es sind mir eine Reihe von Fragen überreicht wor-
den, die ganz interessant zu der heutigen Besprechung gehören können.
Jemand aus Ihrem Kreise hat die Frage überreicht:
Nun, sehen Sie, es ist ja zweifellos interessant, sich zu fragen: Wie ha-
ben die Menschen in früheren Zeiten gelebt? - Und es gibt ja, wie Sie
wissen, auch wenn man die Sache nur oberflächlich betrachtet, zwei
Ansichten. Die eine Ansicht geht dahin, daß der Mensch ursprünglich
recht vollkommen war und aus seiner Vollkommenheit herunterge-
fallen ist zu der heutigen Unvollkommenheit. Man braucht sich nicht
besonders daran zu stoßen und damit zu beschäftigen, daß die ver-
schiedenen Völker diese ursprüngliche Vollkommenheit sich in ver-
schiedener Weise auslegen. Der eine spricht vom Paradies, der andere
von etwas anderem; aber die Ansicht war ja noch bis vor ganz kurzer
Zeit vorhanden, daß der Mensch ursprünglich vollkommen war und
er sich erst nach und nach zu seiner jetzigen Unvollkommenheit her-
anbildete. Die andere Ansicht ist diejenige, die Sie ja wahrscheinlich
kennengelernt haben als die, welche allein wahr sein soll: daß der
Mensch ursprünglich ganz unvollkommen war, so eine Art höheres
Tier war, und sich allmählich zu immer größerer Vollkommenheit ent-
wickelt habe. Sie wissen ja, daß man dann versucht, diejenigen Urzu-
stände, die heute noch unter den wilden Völkern sind - sogenannten
wilden Völkern -, daß man diese benützt, um sich ein Ansicht darüber
zu bilden, wie die Menschen ursprünglich, als sie noch tierähnlich wa-
ren, eigentlich haben sein können. Man sagt sich: Wir in Europa und
die Leute in Amerika sind hoch zivilisiert; aber in Afrika, in Austra-
Vielleicht hat noch jemand eine Frage auf dem Herzen? Wir werden ja
jetzt einige Zeit nicht zusammenkommen können; aber vielleicht hat
noch jemand eine Frage?
Herr Erbsmehl: Ich habe eine ganz verworrene Frage. Ich weiß nicht, wie ich
sie formulieren soll. Wenn man Pflanzen sieht, so bemerkt man, daß sie verschiedene
Gerüche haben; auch die Menschenrassen haben verschiedene Gerüche. Herr Doktor
hat zu uns doch schon gesprochen von der Entwickelung der Menschen vom Urzustände
an. Da muß gewirkt haben, daß eine jede Art von Wesen sich dasjenige genommen
hat, was ihr gut getan hat. Es haben ja zum Beispiel auch die verschiedenen Rassen
verschiedene Gerüche. Da muß doch ein geistiger Zusammenhang sein: Wie die
Pflanzen die Gerüche aus der Erde genommen haben, so haben auch die Menschen
der verschiedenen Rassen die verschiedenen Gerüche angenommen. Wie hängt das
mit der Entwickelung von Urzuständen her zusammen?
Dr. Steiner: Sehen Sie, wir wollen einmal die Frage so stellen, daß
sie auf das kommt, worauf Sie vielleicht hinaus wollen. Sie haben zu-
nächst also ins Auge gefaßt die verschiedenen Naturprodukte: Pflan-
zen, Tiere und auch den Menschen, nicht wahr? Es ist das ja auch bei
den Mineralien der Fall, daß sie in verschiedener Weise riechen. Der
Geruch ist nur eine Sinneswahrnehmung. Es gibt die verschiedensten
Sinneswahrnehmungen. Und so kann man sagen: Sie möchten gerne
wissen, wie das mit der ganzen Entstehung der Naturwesen zusam-
menhängt, daß verschiedene Naturwesen in der verschiedensten Weise
riechen.
Nun, schauen wir uns zunächst einmal das an, was eigentlich über-
haupt den Geruch möglich macht. Was ist eigentlich der Geruch? Da
müssen Sie sich zunächst klar sein darüber, daß ja der Mensch, indem
er den Geruch wahrnimmt, sei es an einer Sache, sei es an anderen
Naturprodukten, eigentlich in einer verschiedenen Lage ist. Ich mache
Sie nur darauf aufmerksam, daß zum Beispiel derjenige, der Wein
trinkt, sich in einer Umgebung, wo Wein getrunken wird, an dem Ge-
ruch wenig stößt; dagegen derjenige, der nicht selber Wein trinkt,
IAA
Copyright Rudolf Steiner Nachlass-Verwaltung Buch: 354 Seite: 144
empfindet es gleich unangenehm, wenn er in einer Lokalität ist, wo Wein
getrunken wird, oder wo sich überhaupt nur Wein befindet. Ebenso
ist es mit anderen Dingen. Da müssen wir zum Beispiel ins Auge fas-
sen, daß es Menschen gibt, insbesondere Frauen, die sind nicht im-
stande, sich auch nur, ohne Kopfschmerzen zu bekommen, kurze Zeit
in einem Zimmer aufzuhalten, in dem ein Hund ist. Also die verschie-
denen Wesen sind in verschiedener Weise für Gerüche empfindlich.
Das macht es überhaupt schwer, in solchen Dingen von vorneherein
gleich das Richtige zu treffen.
Das ist aber nicht nur beim Geruch der Fall. Das ist auch bei an-
deren Sinnesempfindungen der Fall. Denken Sie nur einmal daran:
Sie strecken Ihre Hand einfach, so wie Sie sind, sagen wir, in ein Was-
ser von siebenundzwanzig Grad. Dieses Wasser wird Ihnen so vor-
kommen, daß Sie nicht eine besondere Kälte empfinden. Dagegen,
wenn Sie vorher Ihre Hand längere Zeit gewöhnt haben, unterzu-
tauchen in ein Wasser von dreißig Grad, und Sie greifen dann hin-
ein in ein Wasser von siebenundzwanzig Grad, dann kommt Ihnen
das Wasser von siebenundzwanzig Grad kälter vor wie früher. - Das Tafel 12
läßt sich leicht weiter denken. Denken Sie sich eine rote Fläche. Da
kann Ihnen diese rote Fläche sehr rot vorkommen, wenn diese rote
Fläche auf einem weißen Untergrund ist. Wenn Sie aber den Unter-
grund jetzt blau anstreichen, wird Ihnen die rote Fläche nicht mehr
so rot vorkommen. So hängt alles in vieler Beziehung davon ab, wie
sich der Mensch selber zu diesen Dingen verhält. Das hat gerade dazu
geführt, daß man gemeint hat, der Mensch nehme die Dinge überhaupt
nicht wahr, sondern nur, wie sie auf ihn wirken. Wir haben ja schon
darüber gesprochen. Wir können also sagen: Wir müssen erst durch-
dringen zu dem, was eigentlich hinter einer solchen Sache ist. Dennoch
kann man ganz genau dem Gerüche nach unterscheiden das Veilchen
und den Teufelsdreck oder Stinkasant. Das eine, das Veilchen, hat
einen Geruch, der uns durchaus sympathisch ist; der andere hat einen
Geruch, der nicht sympathisch ist, den wir wegbringen wollen von
uns. Und es ist schon richtig, daß in dieser Weise verschiedene Rassen
für den einen und den anderen verschiedene Rassengerüche haben. So
kann derjenige, der, ich möchte sagen, eine feine Nase hat, einen Ja-
in * J 1-
Copyright Rudolf Steinet Nachlass-Vei waltung Buch: 35 4 Seite: 14 5
paner sehr gut dem Gerüche nach von einem Europäer unterscheiden.
Das ist das eine.
Nun muß uns klar sein, worauf der Geruch beruht. Da kommt es
darauf an, daß von dem Körper, der riecht, immer etwas ausgeht, was
an unseren Körper in gasförmiger, in luftförmiger Gestalt herankom-
men kann. Wenn von einem Körper nichts ausgeht, was in gasförmiger,
in luftförmiger Gestalt herankommen kann an uns, dann können wir
den Körper nicht riechen. Es müssen also immer von dem Körper luft-
artige Stoffe, gasartige Stoffe ausgehen, damit wir den Körper riechen
können. Und diese gasförmigen Stoffe müssen mit unserem Riechorgan,
mit der Nase, innerlich in Berührung kommen. Eine Flüssigkeit als
solche können wir nicht riechen, können wir nur schmecken. Erst wenn
die Flüssigkeit Luft ausströmt, also Gasförmiges ausströmt, können wir
sie riechen. Wir riechen unsere Speisen nicht aus dem Grunde, weil sie
flüssig sind, sondern aus dem Grunde, weil sie Luft ausströmen, die
dann durch unsere Nase in unser Inneres kommt. Nun sehen Sie, es gibt
Menschen, die können überhaupt nicht riechen; für die ist also die
ganze Welt geruchlos. Erst neulich ist mir ein Mensch entgegengekom-
men, der außerordentlich leidet daran, daß er nicht riechen kann, denn
er hat einen Beruf, wo man riechen müßte und die Gegenstände ge-
radezu nach ihrem Gerüche unterscheiden müßte. Es stört ihn in sei-
nem Berufe, daß er nicht riechen kann. Das hängt natürlich davon ab,
daß die entsprechenden Riechnerven nicht ordentlich ausgebildet sind.
Nun müssen wir, um an die Frage heranzukommen, uns fragen:
Woher kommt es, daß Körper Gas ausströmen, das man in einer ge-
wissen Weise riechen kann? — Nun, sehen Sie, wenn wir an einen Kör-
per herangehen, so finden wir immer, daß wir die Körper einteilen
können in feste Körper, was man in früheren Zeiten erdige Körper ge-
nannt hat, und in flüssige Körper, was man in früheren Zeiten wässe-
rige Körper genannt hat. Als Wasser bezeichnete man auch das, was
man jetzt nicht mehr als Wasser benennt. In früheren Zeiten hat man
alles, was fließt, als Wasser bezeichnet, also auch Quecksilber. Dann
sind da noch die luftförmigen oder gasförmigen Körper. Wenn man
diese drei Arten von Körpern nimmt - die festen, die flüssigen, die
gasförmigen Körper -, so fällt vor allen Dingen eines auf. Wasser ist
14A
Copyright Rudolf Steiner Nachlass-Verwaltung Buch: 3 5 4 Seite: 146
gewiß flüssig, aber es gefriert zu Eis; dann ist es ein fester Körper.
Irgendein Metall, zum Beispiel Blei, ist fest; wenn Sie es richtig er-
wärmen, wird es flüssig, wird es so wie Wasser. Es können also diese
verschiedenen Stoffe - die festen, flüssigen, gasförmigen -, ineinander
übergeführt werden. Man kann heute schon Luft zu einem festen Kör-
per machen, oder wenigstens zu einer Flüssigkeit machen. Und man
kann hoffen, daß man es immer weiter und weiter darin bringt. Jeder
Körper kann fest, flüssig, gasförmig sein.
Nehmen wir jetzt einen Körper, der riecht, dann ist das ein Kör-
per, der gewissermaßen in sich Gas eingesperrt enthält. Wenn wir
einen festen Körper haben für sich, den riechen wir nicht. Wenn
wir einen flüssigen Körper für sich haben, den riechen wir auch nicht.
Ein Gas können wir riechen, immer riechen. Aber das Veilchen ist ja
kein Gaskörper, und dennoch riechen wir es. Wie ist es mit einem Kör-
per bestellt, der scheinbar fest ist, wie das Veilchen, und den wir den-
noch riechen? Den müssen wir uns so vorstellen, meine Herren, daß
er nicht so ist wie dieses (es wird gezeichnet), sondern daß er solche Tafel 12
feste Bestandteile enthält, und daß dazwischen dasjenige ist, was als
Gas verdunstet. So daß wir also uns sagen: Das Veilchen enthält Gas,
das verdunsten kann. - Dazu ist notwendig, daß das Veilchen eine An-
ziehung zu gewissen Kräften hat. Wenn Sie also das Veilchen abpflük-
ken, dann ist es so, daß Sie eigentlich nur das Feste vom Veilchen ab-
pflücken. Also Sie pflücken das Feste vom Veilchen ab und schauen
dieses Feste an. Nun, in Wirklichkeit besteht das Veilchen nicht bloß
in dem, was Sie als Festes abpflücken. Das Wesen des Veilchens, das,
was es eigentlich ist, das steckt in diesem Festen drin, und man kann
auch sagen: Das wirkliche Veilchen, dasjenige, was duftet, das ist
eigentlich ein Gas. Das ist so, daß es drinsteckt im Blatt und so weiter,
geradeso wie Sie in Ihren Schuhen oder Stiefeln stecken. Und wie Sie
nicht Ihre Stiefel sind, so ist auch dasjenige, was in dem Veilchen duf-
tet, nicht im Festen drin, sondern im Gasförmigen.
Nun aber, meine Herren, wenn Sie in die Welt hinausschauen: Da
glauben die Leute, wenn man so in die Welt hinausschaut, da ist es ja
leer, und in dem leeren Räume leben die Sterne drinnen und so weiter. -
Früher haben die Bauern geglaubt, daß da, wo sie herumgehen, es auch
Copyright Rudolf Steiner Nachlass-Verwaltung Buch: 35 4 Seite: 14 7
leer sei. Heute weiß jeder, daß da Luft ist, daß es da nicht leer ist.
Ebenso kann man wissen, daß es im Weltenraum draußen nirgends leer
ist; entweder ist Materie da, oder es ist Geist da. Sehen Sie, daß es im
Weltenraum nirgends leer ist, kann man geradezu beweisen. Das ist
interessant, das einmal zu überlegen, daß es nicht leer ist. Ich will das
an einem bestimmten Zeichen beweisen, daß es nirgends leer ist. Wir
wollen einmal absehen davon, daß sich die Erde um die Sonne dreht,
was Kopernikus den Menschen gelehrt hat. Wir wollen die Sache so
Tafel 12 nehmen, wie sie sich anschaut. Da haben wir hier die Erde, und da geht
die Sonne um die Erde herum, geht im Osten auf und im Westen unter.
Da ist immer irgendwo die Sonne (es wird gezeichnet). Nun ist da
etwas Eigentümliches. In gewissen Gegenden, eigentlich überall, wenn
man genau zuschaut, ist nämlich, wenn die Sonne aufgeht und unter-
geht, aber auch sonst, nicht bloß die Dämmerung da, sondern es ist
etwas da, was die Welt immer in Erstaunen versetzt. Es ist etwas da
um die Sonne herum, was eine Art von Strahlenlicht bildet. Immer
wenn die Sonne angeschaut wird, namentlich aber gegen Morgen und
Abend, ist außer der Dämmerung noch dieses erstrahlende Licht da.
Es erstrahlt um die Sonne herum ein Licht. Man nennt es das Zodiakal-
licht. Dieses Zodiakallicht, meine Herren, das macht den Menschen
viel Kopfzerbrechen, namentlich denjenigen, die materialistisch den-
ken. Sie denken sich: Die Sonne im leeren Räume kann also leuchten,
und wenn sie leuchtet, so sehen wir, daß sie die anderen Körper be-
leuchtet. Aber woher kommt dieses Licht, das da immer um die Sonne
herum ist, dieses Zodiakallicht? - Unglaublich viele Theorien haben
die Leute darüber aufgestellt, woher dieses Zodiakallicht kommt. Wenn
die Sonne im leeren Räume herumfliegen soll, oder auch nur steht nach
der kopernikanischen Lehre, kann doch dort nicht ein Licht sein! Wo-
her kommt dieses Licht? - Es ist furchtbar einfach, zu finden, woher
dieses Licht kommt. Sie werden ganz gewiß schon an einem sehr reinen
Abend durch die Stadt gegangen sein und da Laternen gesehen haben.
Diese Laternen haben feste Grenzen. An einem luftreinen Abend sieht
man die Lichter ganz fest begrenzt. Aber gehen Sie jetzt an einem neb-
Tafeii2 ligen Abend, dann sehen Sie nicht so feste Grenzen, dann sehen Sie
unten überall eine Art Lichtring herum. Woher kommt der? Weil Nebel da
Guten Morgen, meine Herren! Vielleicht ist eine Möglichkeit, daß Sie
noch weitere Fragen haben?
Schriftliche Frage von Herrn Burle: Mars steht in Erdnähe. Welchen Einfluß hat das
auf die Erde? Was weiß man überhaupt vom Mars?
Dr. Steiner: Nun, sehen Sie, in der letzten Zeit war ja immer wie-
der und wieder die Rede, daß der Mars in Erdnähe stehe, und die
Zeitungen haben in der allerunnützesten Weise, in der törichtesten Weise
eigentlich von dieser Erdnähe des Mars gesprochen. Denn wir müssen
durchaus auf diese äußeren Verhältnisse in der Planetenkonstellation,
die mit entsprechenden Stellungen von der Erde und so weiter zusam-
menhängen, nicht den allergrößten Wert legen, weil diese Einflüsse,
die von daher kommen, eigentlich keine besonders großen sind. Es ist
überhaupt merkwürdig, daß in der letzten Zeit so viel von der An-
näherung des Mars an die Erde die Rede war, weil ja jeder Planet, zum
Beispiel auch der Mond, sich fortwährend der Erde nähert, und die
Planeten sind schon in einem Zustande, der damit endigen wird, daß
sie sich alle wiederum mit der Erde vereinigen werden, ein Körper mit
ihr werden.
Allerdings, wenn man sich das so vorstellt, wie sich zumeist heute die
Menschen die Planeten vorstellen, daß sie ebensolche feste Körper
wie die Erde seien, dann könnte man schon erwarten, wenn sie mit
der Erde zusammenkommen werden, daß sie alle lebenden Wesen auf
der Erde überall anschlagen! Aber das wird nicht der Fall sein, denn die
Planeten haben nicht dieselbe Festigkeit wie die Erde selber. Wenn der
Mars zum Beispiel wirklich herunterkommen würde und sich mit der
Erde vereinigen würde, dann würde er selber nicht das feste Land
verheeren können, sondern er würde nur die Erde überschwemmen
können. Denn der Mars besteht, soweit man dieses untersuchen kann -
man kann ja diese Dinge eigentlich niemals mit bloß physischen In-
strumenten untersuchen, sondern man muß da schon die Geisteswis-
Weitere Frage des Herrn Burle: Herr Doktor führte in einem der letzten Vorträge an,
daß die Blumen in ihren Düften mit den Planeten zusammenhängen. Ist es mit den
Farben der Blumen und mit dem farbigen Gestein auch so?
Dr. Steiner: Nun, ich will nur ganz kurz wiederholen, was ich ge-
sagt habe. Es war auch auf eine Frage. Ich sagte: Die Blumen, und auch
andere Stoffe der Erde duften, haben also dasjenige, was auf das Ge-
ruchsorgan des Menschen einen entsprechenden Einfluß ausübt. Ich
habe Ihnen damals gezeigt, daß das zusammenhängt mit den Planeten,
daß gewissermaßen die Pflanzen, und so ähnlich auch gewisse andere
Stoffe, große Nasen sind, oder überhaupt Nasen sind, daß sie also
wahrnehmen dasjenige, was als Wirkungen aus den Planeten kommt.
Sehen Sie, auf das feinere Leben — da kommen wir wieder darauf, daß
wir auf das feinere Leben übergehen müssen - haben die Planeten einen
Einfluß; und wir können schon sagen: Die Pflanzen entstehen eigent-
lich aus dem Weltenduft heraus, der nur so dünn und fein ist, daß wir
ihn mit unseren groben Nasen nicht riechen. Aber ich habe Sie dazu-
mal aufmerksam gemacht darauf, wie man noch ganz anders riechen
kann - ich meine nicht von sich aus, sondern etwas beriechen kann an-
ders als der Mensch. Da brauchen Sie sich ja nur an die Polizeihunde
zu erinnern. Die Polizeihunde, die macht man in entsprechender Weise
darauf aufmerksam, daß da irgendwie ein Mensch war, der etwas ge-
stohlen hat; dann nimmt der Polizeihund den Duft auf, und er führt
einen auf die Spur, und man kommt schon manchmal, wenn er die
Spur verfolgt, wohin der Dieb gegangen ist, an den Dieb heran. In
dieser Weise werden ja die Polizeihunde verwendet. Zu allerlei ganz
interessanten Dingen kommt man, wenn man verfolgt, wie diejenigen
Düfte, die dem Menschen gar nicht wahrnehmbar sind, vom Hunde
wahrgenommen werden.
Ja, aber, meine Herren, die Menschen haben nicht immer geahnt,
daß die Hunde solche feine Nasen haben, sonst hätten sie schon längst
die Hunde in Polizeidienste genommen. Man ist erst verhältnismäßig
Frage: Haben die Berg- und Alpenkräuter größeren Heilwert als die Talkräuter?
Wenn das bei den ersteren der Fall ist, woher kommt dann der größere Heilwert?
Dr. Steiner: Sehen Sie, es ist schon der Fall, daß die Berg- und Al-
penkräuter den größeren Heilwert haben als die Talkräuter, nament-
lich als die Krauter, die wir in unseren gewöhnlichen Gärten oder auf
dem Feld angepflanzt haben. Es ist ja auch gut, daß es so ist, denn
würden im Tal unten ebenso die Pflanzen wachsen wie auf den Ber-
gen, so würde ja jedes Nahrungsmittel zugleich ein Heilmittel sein.
Das geht ja doch nicht an. Nun aber ist es schon der Fall, daß der
hauptsächlichste Heilwert der Pflanzen darauf beruht, daß die Pflan-
zen, die Heilkräuter sind, auf den Bergen wachsen. Warum? Ja, da
müssen Sie einmal vergleichen den Boden, aus dem die Bergpflanzen
wachsen, mit dem Boden, aus dem die Talkräuter wachsen.
Sehen Sie, die Sache ist ja schon von großem Unterschied in bezug
auf Wald und künstliche Gartenzucht. Nehmen Sie nur die Erdbeere:
Wenn Sie Walderdbeeren haben, sind sie klein, aber sie sind sehr aro-
matisch; wenn Sie Gartenerdbeeren haben, sind sie nicht so geruchvoll,
so prickelnd, aber sie können riesig werden; es gibt ja gar eigroße
Gartenerdbeeren. Nun, worauf beruht denn das? Das beruht darauf,
daß, wenn wir im Tal unten den Boden nehmen, der Boden nicht mehr
so durchsetzt ist von dem, was so vom Gestein abbröckelt. Am Berg oben
finden Sie ja das eigentliche harte Gestein, das eigentliche Mineral.
Unten im Tal finden Sie eigentlich dasjenige, was schon vielfach durch-
schwemmt ist, was schon vielfach von den Flüssen abgetragen ist, was
also ganz zerklüftet und zerstäubt ist. Am Berg oben ist natürlich auch
Nun, meine Herren, vielleicht ist Ihnen noch etwas auf der Seele, was
Sie heute gern beantwortet haben wollen?
Frage: Ob die Erdnähe des Mars mit dem Wetter zusammenhängt, weil so ein
schlechter Sommer gewesen ist, wie man es sich kaum denken kann - oder über-
haupt die Planeteneinflüsse da hereinspielen?
Frage: Herr Burle sagt, er möchte etwas darüber fragen, ob daran etwas sei
- seine Kollegen werden wahrscheinlich lachen, er habe vor zwei, drei Jahren
schon einmal davon gesprochen -, daß man sagt, wenn man Kaffee hat, und tut
Zucker in den Kaffee, der sich dann auflöst so, daß es schön in der Mitte bleibt:
Es wird schönes Wetter - oder umgekehrt, wenn er sich schlecht auflöst, zerfließt:
Es wird schlechtes Wetter - und so ähnlich?
Dr. Steiner: Ja, nicht wahr, dieses Experiment habe ich in der
Weise noch nicht gemacht. Ich weiß es also nicht, ob da etwas dahin-
tersteckt oder nicht. Aber es könnte schon sein, daß es etwas zu be-
Copyright Rudolf Steiner Nachlass-Verwaltung Buch: 3 5 4 Seite: 19 0
deuten hat, wenn sich der Zucker gleichmäßig oder weniger gleich-
mäßig auflöst - wenn es überhaupt etwas zu bedeuten hat. Aber neh-
men wir an, es hätte etwas zu bedeuten; ich will unter dieser Voraus-
setzung: Es hat etwas zu bedeuten - hypothetisch reden.
Nehmen wir aber etwas anderes an, das etwas an sich hat, denn
das habe ich genügend beobachtet: Das ist die Ergründung des nächsten
kommenden Wetters durch die Laubfrösche, die grünen Laubfrösche.
Das habe ich genügend gemacht: Kleine Leitern gemacht und den
Laubfrosch beobachtet, ob er herauf oder herunter geht. Da finden
Sie, daß der Laubfrosch in der Tat eine sehr feine Empfindung dafür
hat, was da für Wetter kommt. Das braucht Sie nicht zu verwundern,
denn in gewissen Gegenden kommt manchmal folgendes vor: Die
Menschen müssen beobachten, wie plötzlich die Tiere in den Ställen
unruhig werden, fort wollen; und diejenigen, die fort können, die
freigebundenen Tiere, machen sich schnell davon. Die Menschen blei-
ben zurück: es kommt ein Erdbeben! Die Tiere haben das voraus ge-
wußt, daß sich schon früher etwas in der Natur vollzieht. Es verändert
sich alles in der Natur schon vorher. Die Menschen nehmen das durch
ihre Nasen und anderen groben Sinne nicht wahr; die Tiere nehmen
es wahr. Ich habe das schon einmal ausgeführt. So hat natürlich auch
der Laubfrosch eine bestimmte Witterung für dasjenige, was da kommt.
Man nennt das sogar «Witterung», was man da riecht, weil es sich
auf das Zukünftige bezieht.
Nun sehen Sie, im Menschen sind auch recht viele Dinge, von denen
er gar nichts weiß. Ja, meine Herren, das ist schon so: Im Menschen
sind recht viele Dinge, von denen man nichts weiß! Man beobachtet
es einfach nicht. Wenn es ein schöner Sommertag ist, dann sind wir
unter Umständen, wenn wir aufgestanden sind und zum Fenster hin-
ausschauen, ganz anders aufgelegt, als wenn es furchtbar wettert. Wir
beobachten nicht, daß das bis in unsere Fingerspitzen hineingeht. Und
das, was die Tiere können, können wir schon auch; wir bringen es uns
nur nicht zum Bewußtsein.
Also denken Sie einmal, Herr Burle, wenn die Sache so wäre, daß
Sie, nicht irgendwo anders, aber in dem Feingefühl Ihrer Fingerspitzen,
wovon Sie nichts wissen, wittern, so wie der Laubfrosch, die kommende
Copyright Rudolf Steiner Nachlass-Verwaltung Buch: 3 5 4 Seite: 191
Witterung, dann tun Sie instinktiv an dem Tage, wo Sie durch eine gün-
stige Witterung besser aufgelegt sind, den Zucker mit einer größeren
Kraft in den Kaffee hinein - am anderen Tag weniger. Also es braucht
nicht abzuhängen vom Kaffee und Zucker, sondern von Ihrer Kraft, mit
der Sie ihn hineinwerf en. Aber diese Kraft, die ich jetzt meine, die ist ja
nicht diese, daß Sie stark oder schwach bewußt hineinwerfen, sondern
die ist in Ihren Fingerspitzen. In Ihren Fingerspitzen liegt das eben
so, daß Sie, wenn günstige Witterung kommt, anderes in Ihren Finger-
spitzen haben, als an einem anderen Tag, wo trübes Wetter kommt.
Das hängt nicht ab von der Kraft, wie stark oder schwach Sie hin-
einwerfen, sondern von dem, wie in Ihren Fingerspitzen miterlebt
wird die Witterung. Davon hängt es ab, nicht von dem, wie Sie mit
Ihrem Bewußtsein hineinwerfen, sondern wie Sie in Ihren Finger-
spitzen das haben! Das ist ja eine etwas andere Kraft, eine andere Be-
wegung.
Denn, sehen Sie, nehmen Sie einmal die Sache so: Da sitzt eine
Gesellschaft, sie setzt sich um einen Tisch herum; man macht zunächst
irgend etwas Sentimentales, singt ein heiliges Lied, bringt die Gesellschaft
in Stimmung. Dann fangen-es ist eine feine, nicht eine grobe Wendung-,
dann fangen dadrinnen Schwingungen an. Womöglich kommt dann
Musik. Weiter schwingt es; dann fangen die Leute an und geben um
den Tisch alle diese feinen Erzitterungen an den Tisch weiter. Das
summiert sich und der Tisch fängt an zu tanzen. Es ist die spiritisti-
sche Sitzung zustandegekommen durch diese kleinen, durch Musik
und Gesang erregten Bewegungen. So verursacht schon auch die Wit-
terung feinere Bewegungen. Von diesen feineren Bewegungen kann
das wieder beeinflußt sein, was da stattfindet - ich sage es nur hypo-
thetisch; ich kann nicht sagen, daß das absolut stimmt. Aber wahr-
scheinlicher ist es, daß da dasjenige, was der Mensch selber ahnt über
die Witterung, sich ausdrückt, als daß das auf den Zucker einen be-
sonderen Eindruck gemacht hat, was eben nicht gerade sehr wahr-
scheinlich ist; ich sage es ja selbst nur als eine Hypothese. Aber der-
jenige, der auf dem Standpunkt der Geisteswissenschaft steht, der muß
unbedingt eine solche Erscheinung solange abweisen, bis er den strik-
testen Beweis hat. Sehen Sie, wenn ich Ihnen leichten Herzens er-
Copyright Rudolf Steiner Nachlass-Verwaltung Buch: 3 5 4 Seite: 19 2
zählen würde über die Dinge, die ich Ihnen hier erzähle, so brauchten
Sie mir eigentlich gar nichts zu glauben. Nur dadurch können Sie mir
glauben, daß Sie wissen: Solange die Dinge nicht bewiesen sind, wer-
den sie nicht in der Geisteswissenschaft aufgenommen. So kann ich
die Geschichte mit dem Kaffee auch dann nur in die Geisteswissen-
schaft aufnehmen, wenn sie wirklich bewiesen ist. Vorher kann man
nur sagen, daß man zum Beispiel etwas weiß von den feinen Wellen-
schwingungen der Nerven, die ja auch die Ursache sind, daß die Tiere
die Wirkung vorauswissen - auch der Laubfrosch, denn der kommt in
Erzitterung; und wenn er in Erzitterung kommt, dann werden Sie auch
sehen, wie die Blätter, auf denen er sitzt, anfangen zu zittern. Und
so kann das auch - ich sage nicht, daß es so ist, aber es könnte - viel
wahrscheinlicher davon abhängen, daß der Kaffee anders zu erzittern
anfängt, wenn schlechte Witterung kommt, als wenn bessere Witterung
kommt, je nachdem.
Das nächste Mal dann am nächsten Mittwoch. Aber ich denke
schon, daß ich dann regelmäßig wieder die Stunden einhalten kann.
Nun, meine Herren, vielleicht hat heute einer von Ihnen eine Frage?
Frage: Warum kommt der Blitz nicht gerade, sondern im Zickzack? Müßte er
nicht in einer geraden Linie kommen?
Dr. Steiner: Also der Herr redet folgendes: er findet, daß der Blitz,
wenn er sich aus der Luft herauslöst - wie ich es das letzte Mal be-
schrieben habe -, dann in Form einer geraden Linie kommen müßte.
Aber nun kommt der Blitz zickzackförmig. Und das muß man auch
erklären, das kann man auch erklären.
Fassen wir noch einmal auf, wie ich neulich erklärt habe, daß der
Blitz eigentlich entsteht. Ich sagte Ihnen: Der Blitz ist eigentlich das-
jenige, was herauskommt aus der übererwärmten Luft, aus dem über-
erwärmten Weltenall, also aus dem übererwärmten Weltengas. Es kann,
sagte ich, keine Rede davon sein, daß der Blitz etwa durch Reibung
der Wolken entsteht, weil die Wolken selbstverständlich naß sind, und
wenn man die kleinen Blitze mit den Apparaten in der Stube erzeugen
will, muß man alles erst trocken abwischen. Also man muß gerade
vermeiden alles Wäßrige. Es darf also nicht angenommen werden, daß
der Blitz eine wirkliche elektrische Erscheinung ist, die aus dem Rei-
ben eines Trockenen kommen würde. Man weiß, wenn man Glas oder
Siegellack reibt, so entsteht Elektrizität, und so denkt man, wenn
sich die Wolken reiben, nun ja, da entsteht halt auch Elektrizität. So
ist es nicht, sondern infolge des inneren Uberhitztseins des Welten-
gases kommt diese Wärme, die in dem Weltengase lebt, so heraus, wie
ich es Ihnen gesagt habe. Dadurch, daß nach irgendeiner Seite hin die
Luft weniger drückt, geht nach dieser Seite hin die Strahlung der über-
hitzten Kraft, und es kommt der Blitz zustande. Nun stellen wir uns
also vor, wir haben das irgendwo, und infolge der viel überhitzten,
Tafel 16 also nicht Wolken, sondern Weltengase (es wird gezeichnet), strahlt der
Blitz heraus. Und es ist ganz richtig: er müßte jetzt geradlinig strahlen.
Aber sehen Sie, die Sache ist diese. Sie müssen sich vorstellen: Wenn
Copyright Rudolf Steiner Nachlass-Verwaltung Buch: 35 4 Seite: 19 4
irgendwo eine solche Ansammlung von Hitze ist, so ist sie gewöhnlich
nicht allein, sondern es sind in der Nähe ebensolche Hitzeansammlun-
gen. Und zwar stellt sich heraus, daß gerade, wenn, sagen wir, hier
die Erde ist und man guckt da hinauf, und da ist ein Anfang eines
Blitzes, wo solch eine Wärmeansammlung ist, so sind in der Nahe auch
solche Wärmeansammlungen; und wir haben es damit zu tun, daß wir
nicht an einer einzelnen Stelle diese Wärmeansammlungen haben. Sie
können sich ja denken, daß diese Wärmeansammlungen mit der Sonne,
die da einstrahlt, zusammenhängen. Nun sind auf dem ganzen Wege
solche Wärmeansammlungen, und während der Blitz da herausstrahlt,
fangt er in seinem Lauf diese anderen Wärmeausstrahlungen ab. Da-
durch strahlt das so herüber und so weiter (es wird gezeichnet). Er
nimmt alle anderen Ausstrahlungen mit, und dadurch bekommt der
Blitz scheinbar diese Zickzackform; in Wirklichkeit geht er ganz un-
regelmäßig. Und je weiter er herunterkommt, desto gradliniger geht
er ja. Da sind dann nicht mehr diese Wärmeansammlungen; die sind
mehr oben. So daß also der Zickzackblitz dadurch entsteht, daß er
nicht nur von einem Orte ausgeht, sondern von da, wo stärkste Wärme-
anhäufungen sind, ausgeht zwar und die anderen dann mitschleppt
auf seinem Wege. Das ist geradeso, wie wenn Sie jetzt da einen Be-
kannten treffen und nehmen ihn mit; die zwei nehmen wieder einen
mit und so weiter. Das ist die Geschichte.
Nun, meine Herren, vielleicht hat jemand noch eine andere Frage?
Frage: Kann man etwas darüber hören, wie die Vulkane, die feuerspeienden
Berge entstehen?
Dr. Steiner: Das ist eine Frage, die nicht in so ganz kurzer Zeit
zu beantworten ist. Ich will Sie dazu führen, daß Sie eine Antwort auf
die Frage kriegen. Denn, sehen Sie, Sie können zwar heute, wenn Sie in
den Büchern lesen, überall allerlei Ansichten finden, wie feuerspeiende
Berge entstehen; aber wenn Sie wieder in Büchern lesen, die etwas
weiter in der Zeit zurückliegen, älter sind, finden Sie andere Ansichten
darüber, in älterer Zeit wieder andere. Und so haben sich die Ansich-
ten, weil man niemals eingegangen ist auf die wirkliche Erdenentste-
hung, im Laufe der Zeit geändert. Und im Grunde genommen kann
Tafel 16
Sehen Sie, da sind ein, zwei, drei Dreiecke, und das, was vorne ist, ist
das vierte Dreieck. Das steht auf einem Dreieck. Können Sie sich das
vorstellen? Ein Dreieck ist unten, und da dran sind drei andere Drei-
ecke, und das bildet solch eine kleine Pyramide. Also wir stellen uns
solch ein Tetraeder vor, und wir müssen uns klar darüber sein, daß
vier Dreiecke zusammengestoßen sind. Auf einem Dreieck müssen wir
das Tetraeder aufstellen, und die drei anderen Dreiecke ragen pyrami-
denförmig in die Höhe. Das ist ein ganz regelmäßiger Körper.
Nun denken Sie sich aber: ich buchte die Flächen dieser Dreiecke
etwas aus, so wird die Geschichte ein bißchen anders. Da wird die
Geschichte so: Da steht sie jetzt darauf, und das ist rund, aber doch
noch frei. Aber die Seiten vom Dreieck, die früher gerade Linien wa-
ren, sind rund. Können Sie sich das vorstellen? Da entsteht ein solcher
Körper, der eigentlich ein rund gewordenes Tetraeder ist! Und sehen
Sie, ein solches rund gewordenes Tetraeder ist unsere Erde. Das ist
etwas, was man bis zu dem Grad feststellen kann, daß man sogar die
Kanten dieses Erdentetraeders finden kann. Sehen Sie, das ist so: Neh-
men Sie einmal die Erde so gezeichnet, wie man sie oftmals zeichnet, wie
wenn sie auf einer Fläche wäre; dann haben wir hier Nordamerika, hier
Südamerika, dazwischen Mittelamerika; hier herüben haben wir Afrika,
hier haben wir Europa. Und da ist zuerst Kleinasien, Meer, Griechen-
land, Italien, Spanien, Frankreich, also Europa. Dahier hinauf, so her-
über ist dann Skandinavien, da ist England, und dahier, da drüben,
ist dann Asien. Also wir haben hier Asien, hier Afrika, hier Europa,
und wir haben hier Amerika.
Nun, hier ist der Südpol. Namentlich um den Südpol herum sind viele
Vulkane, vulkanische Gebirge. Da ist der Nordpol. Und die Sache ist
jetzt so: Wir können richtig eine Linie verfolgen, die geht von der
Mitte Amerikas, von hier, wo der Vulkan Colima ist, herunter durch
die Berge, die die Anden heißen, bis zum Südpol hin. Sie ist abgerundet,
diese Kante der Erde. Dann geht es weiter: Vom Südpol geht es hier
herüber, hier an Afrika vorbei, und geht bis zu den vulkanischen Ber-
gen vom Kaukasus. Dann geht dieselbe Linie hier herüber, geht just
an der Schweiz vorbei, geht an den Rhein hier hinüber, und geht bis
hierher.
Sehen Sie, wenn Sie diese Linie verfolgen, die wie ein Dreieck aus-
sieht - die schaut ähnlich aus wie ein Dreieck -, das können Sie ver-
gleichen mit diesem Dreieck hier. Also, was ich dort jetzt gezeichnet
habe, das können Sie vergleichen mit diesem Dreieck hier. So daß, wenn
Sie dieses Stück Erde nehmen, das die Grundfläche von einem Tetra-
eder ist.
Denken Sie sich einmal die Grundfläche von einem Tetraeder!
Jetzt: Wie kommen wir zu dieser Spitze da? Nun ja, da muß man da
durchgehen nach der anderen Seite der Erde. Das kann ich aber da
1QQ
Copyright Rudolf Steiner Nachlass-Verwaltung Buch:354 Seite:198
Nordpol Tafel 17
SOdpol
nicht aufzeichnen, ich müßte alles rund machen. Würde ich das rund
machen, so käme ich eben auf der Spitze gerade da hinaus auf Japan.
Also wenn ich das Tetraeder einzeichne, so haben wir hier Mittelame-
rika, hier haben wir den Südpol, hier haben wir den Kaukasus, und
da drüben, was man nicht sieht, da wäre Japan.
Und wenn wir so die Erde vorstellen, so haben wir sie so als eine
ausgebuchtete Pyramide im Weltenall dastehen, die ihre Spitze nach
Japan hinüberschickt und die hier ihre Grundfläche hat; dadrinnen
1QQ
umet-ika
wenn die Erde ein Tetraeder ist, ein so regelmäßiger Körper ist, so er-
klären, als ob eigentlich ein großer Meistergeometer, der die Sache
kennt, die Erde zusammengeschoben hätte von außen nach den Linien,
die wir heute noch bemerken. Denken Sie sich, meine Herren, ich
mache dieses Tetraeder; ich mache es so, daß ich zunächst dieses Drei-
eck hier hereinschmeiße aus der Weltenperipherie, dann dieses Dreieck
hier, dann dieses, dann dasjenige, was da obenauf liegt. Ich mache also
Tafel 16
das Tetraeder, wie es die kleinen Buben machen: sie schneiden sich
vier Dreiecke aus und kitten sie von außen zusammen, und das pappen
sie zusammen zu dem Tetraeder. So ist aber auch die Erde entstanden;
sie ist von außen nach Dreiecken zusammengeschmissen worden. Nun,
schauen Sie sich die kleinen Buben an, wenn sie diese Dreiecke zu-
sammenpappen. Da müssen sie ja ganz besonders überall, wo sie sie
zusammenkitten, eben Kitt>anbringen, Kleister. Die Erde ist an den
Stellen, die ich Ihnen da gezeigt habe: Südamerika, dann hinüber nach
dem Kaukasus, da hier herüber durch die Alpen und so weiter - da ist
die Erde ursprünglich zusammengekittet worden! Aber wenn man die
Gebirge untersucht, so findet man, daß sie überall dort schlecht zusam-
Frage in bezug auf Anthroposophie: Was sie eigentlich ist und will, was für eine
Aufgabe sie in der Welt eigentlich habe und so weiter.
Dr. Steiner: Die Frage, die gestellt worden ist, ist diese: Der Herr
möchte gern wissen, was eigentlich Anthroposophie ist und was sie
für die Menschheit im allgemeinen, und ich könnte auch sagen, für die
Arbeiterschaft oder die Arbeiterklasse, bedeutet.
Natürlich ist es schwer, in ganz kurzen Worten diese Dinge zu
besprechen. Ich möchte bemerken, daß diejenigen Herren, die schon
länger da sind, doch wohl sich immer mehr und mehr überzeugt haben,
daß so etwas wie Anthroposophie in die Entwickelung der Menschheit
hineinkommen muß. Diejenigen, die nun noch weniger lange da sind,
werden natürlich Mühe haben und solch eine Sache erst nach und
nach verstehen.
Sehen Sie, da muß man ja vor allen Dingen zuerst darauf aufmerk-
sam machen, wie wenig eigentlich die Menschen geneigt sind, dann,
wenn etwas Neues in die Welt kommt, dieses Neue anzunehmen. Man
könnte ja da die allermerkwürdigsten Beispiele anführen, wie neue wis-
senschaftliche Entdeckungen in der Welt aufgenommen worden sind.
; Man braucht nur daran zu erinnern, daß ja heute alles im Grunde ge-
nommen beherrscht wird von der Entdeckung der Dampfgewalt, der
Dampfmaschinen. Denken Sie sich nur, was heute die Welt wäre,
wenn es keine Dampfmaschinen gäbe in ihren verschiedensten For-
men! Als die Dampfmaschine zuallererst aufgekommen ist, da fuhr
ein ganz ganz kleines Dampfboot den Fluß hinauf: Die Bauern haben
es kaputt gemacht, weil sie gesagt haben, so etwas ließen sie sich nicht
gefallen; das tauge nichts für die Menschen! Nun, nicht immer waren
es die Bauern, die so etwas kaputt gemacht haben. Als zuerst über die
Meteorsteine in der gelehrten Körperschaft von Paris berichtet wor-
Guten Morgen, meine Herren! Nun will ich heute noch einige Worte
hinzufügen zu dem, was wir das letzte Mal besprochen haben. Und
dann findet sich vielleicht die Möglichkeit, daß der eine oder der an-
dere etwas zu fragen hat.
Sehen Sie, eigentlich kann man die Frage, die gestellt worden ist,
nur dann richtig verstehen und beantworten, wenn man ein bißchen
zurückblickt in der ganzen Entwickelung der Menschheit. Es ist ja
eigentlich ein wissenschaftliches Märchen, daß die Menschen ursprüng-
lich tierähnlich waren, tierähnlichen Verstand und so weiter gehabt
haben. Denn dem widerspricht die Tatsache, daß eben aus den älte-
sten Zeiten, die man geschichtlich verfolgen kann, Dinge da sind, wenn
auch in dichterischer Gestalt, die von einer großen Vollkommenheit der
Menschen sprechen, die damals, in Urzuständen der Erde, gelebt ha-
ben. Die Menschen waren dazumal auch durchaus nicht in dem Sinne
ungleich in der Welt, daß sie diese Ungleichheit so gefühlt hätten wie
heute, sondern es war die Zeit, in der das besonders Ungleiche der
Menschheit hervorgetreten ist, immer der Zeitraum, in dem die Men-
schen mehr oder weniger das richtige Wissen verloren hatten.
Nehmen Sie nur einmal die Tatsache, daß gewiß im alten Ägypten
zu einer gewissen Zeit das in reichlichem Maße vorhanden war, was
man Sklaverei nennt. Aber die Sklaverei war nicht immer da, sondern
sie hat sich herausgebildet aus den früheren Zuständen dann, als die
Menschen das richtige Wissen von der Welt, die richtige Wissenschaft
verloren hatten, nicht mehr wußten, was das eigentlich bedeutet. Und
so müssen Sie sich ja auch bei einem vernünftigen Denken sagen: Wo-
her ist es denn gekommen, daß eine so lebhafte Arbeiterbewegung zum
Beispiel entstehen mußte?
Natürlich mußte sie entstehen, weil allmählich die Verhältnisse das
notwendig machten, weil allmählich die Menschen fühlten: So kann es
nicht weitergehen -, und sagen wollten, in welcher Weise die Sache sich
verbessern sollte. Aber nicht wahr, die eine Seite der Sache, daß die Ar-
Copyright Rudolf Steiner Nachlass-Verwaltung Buch: 354 Seite: 227
beiterfrage so brennend geworden ist, das ist ja der Umstand, daß die
Industrie und alle Erfindungen und Entdeckungen die Gestalt ange-
nommen haben, die sie nun eben einmal heute haben. Als es noch nicht
diese ausgebreitete Industrie gab, war die drückende Lebensnot eben
nicht da. Nun aber, woher kommt denn das, daß mit der Industrie
die drückende Lebensnot entstehen muß?
Man kann natürlich nicht sagen - das wird im Grunde genommen
auch wieder jeder vernünftige Mensch zugeben -, daß diejenigen Men-
schen, die nicht in Not leben, die also wenigere sind, und die also, sa-
gen wir, die Kapitalisten, wie man sie gewöhnlich nennt, sind -, man
kann nicht sagen, daß die aus reiner Freude an der Not diese Not be-
wirken; denn natürlich wäre es ihnen lieber, wenn alle Menschen zu-
frieden wären. Das muß man ja natürlich auch bemerken.
Aber dann entsteht die andere Frage, diese: Woher kommt das,
daß die wenigen, die zu irgendwelchen führenden Stellungen kommen,
eigentlich nicht den Sinn dafür haben, irgendwie zu sorgen dafür, daß
die Sache in irgendeiner Weise so kommt, daß die Menschen im wei-
testen Umkreise zufrieden sein können?
Sehen Sie, meine Herren, Sie müssen ja auch das sehen: Es sind
natürlich, auch wenn man sagt, der Arbeiter verdient nicht solche
Massen, da auch eigentlich nur die wenigen, die führende Stellungen in
den Gewerkschaften haben, von denen dann die anderen abhängen. Es
kommt immer darauf hinaus, auf ganz selbstverständliche Art, daß
immer einige wenige es sind. So wie sich die Dinge entwickelt haben,
können Sie ja schon ganz klar sehen - das spüren die Arbeitermassen -,
daß diese wenigen auch nicht wissen, wie man es machen soll. Das hat
sich besonders in der letzten Zeit sehr klar herausgestellt, daß diese
wenigen auch nicht wissen, wie man es machen soll. So kann man nur
sagen: Da fehlt etwas. - Natürlich fehlt etwas. Dasjenige, was fehlt,
das ist eben nach der Ansicht der anthroposophischen Geisteswissen-
schaft das Wissen von der geistigen Welt. Und das konnte sich Ihnen
bestätigen, wenn Sie eben klar sind darüber, daß man nicht so sagen
kann: Jetzt sind die Menschen aufgeklärt, und anfangs gab es auf der
Erde nur ganz Dumme. - Das ist ja die heutige, so allgemeine Ansicht.
Aber das ist gar nicht wahr. Als die Menschheit im Anfang auf der Erde
Frage: Ob man etwas darüber wissen könne, woher der Mensch stammt, von wo
der Mensch herkommt?
Dr. Steiner: Nun, meine Herren, das ist eine Frage, über die ja sehr
viele von denen, die jetzt hier sind, schon vieles von mir gehört haben;
aber die Herren, die jetzt neu gekommen sind, haben natürlich ein
Interesse daran, daß solche Fragen behandelt werden. Und diejenigen,
die es schon gehört haben, werden ja auch ganz gern die Sache neuer-
dings hören.
Wenn man den Menschen betrachtet, wie er auf der Erde heute
herumgeht, so sieht man ja zunächst vom Menschen den Leib. Man
merkt allerdings, daß er denkt, empfindet, fühlt. Wenn man einen
Stuhl anschaut, so kann man noch so lange warten - er fängt nicht
an herumzugehen, weil er nicht wollen kann. Man merkt: Der Mensch,
der will. Aber im allgemeinen kann man sagen: Man sieht eigentlich
nur den Leib.
Nun aber, wenn man diesen Leib in Betracht zieht, dann kann
man sehr leicht zu der Ansicht kommen - und hier in der Anthroposo-
phie werden nicht Ansichten einfach leichtsinnig vertreten, sondern
Personenregister
Ausführliche Inhaltsangaben
Zu dieser Ausgabe
Der Titel des Bandes und die Zwischentitel gehen auf frühere Ausgaben von
Marie Steiner zurück (siehe unten).
Einzelausgaben:
Dornach, 30. Juni, 3. und 7. Juli 1924: «Die Schöpfung der Welt und des
Menschen», Dornach 1952
Dornach, 9., 12. Juli, 6. August 1924: «Über Welt- und Menschen-Ent-
stehung und den Gang der Kultur-Entwickelung der Menschheit», Basel
1955
Dornach, 31. Juli, 2. August 1924: II. und III. Vortrag in «Ernährungsfragen.
Über das Verhältnis der Nahrungsmittel zum Menschen», Basel 1956
Dornach, 9. (irrtümlich 8.) August, 9., 13., 18., 20., 24. September 1924:
«Erden-Leben und Sternen-Wirken», Dornach 1957
Werke Rudolf Steiners innerhalb der Gesamtausgabe (GA) werden in den Hinweisen
mit der Bibliographie-Nummer angegeben.
zu Seite
14 man macht ihnen auch einen kleinen Versuch vor: Den sog. Plateauschen Ver-
such» entwickelt von dem Physiker Joseph Antoine Ferdinand Plateau (1801—
1883). Man vergleiche hierzu die Darstellung, die Vinzenz Knauer in seinen
Vorlesungen über «Die Hauptprobleme der Philosophie» (Wien und Leipzig
1892) gibt: «Eines der hübschesten physikalischen Experimente ist der Plateau-
sche Versuch. Es wird eine Mischung aus Wasser und Alkohol bereitet, die
genau das spezifische Gewicht des reinen Olivenöles hat, und in diese Mischung
dann ein ziemlich starker Tropfen Öl gegossen. Dieser schwimmt nicht auf der
Flüssigkeit, sondern sinkt bis in die Mitte derselben, und zwar in Gestalt einer
Kugel. Um diese nun in Bewegung zu setzen, wird ein Scheibchen aus Karten-
papier im Zentrum mit einer langen Nadel durchstochen und vorsichtig in die
Mitte der Ölkugel gesenkt, so daß der äußerste Rand des Scheibchens den Äqua-
tor der Kugel bildet. Dieses Scheibchen nun wird in Drehung versetzt, anfangs
langsam, dann immer schneller und schneller. Natürlich teilt die Bewegung sich
der Ölkugel mit, und infolge der Fliehkraft lösen von dieser sich Teile ab, wel-
che nach ihrer Absonderung noch geraume Zeit die Drehung mitmachen, zuerst
Kreise, dann Kügelchen. Auf diese Weise entsteht ein unserem Planetensystem
oft überraschend ähnliches Gebilde: in der Mitte nämlich die größte, unsere
Sonne vorstellende Kugel, und um sie herum sich bewegend kleinere Kugeln
und Ringe, welche uns die Planeten samt ihren Monden versinnlichen können.»
(Vorlesungen während des Sommersemesters, Neunte Vorlesung, S. 281 des
oben angeführten Werkes.)
28 am nächsten Mittwoch: Dieser für Mittwoch angesagte Vortrag fand erst am
Donnerstag, den 3. Juli, statt.
43 am nächsten Samstag: Wurde erst am Montag, den 7. Juli, gehalten.
57 1906 hatte ich Vorträge in Paris zu halten: Paris, 25. Mai - 16. Juni 1906, «Es-
quisse d'une cosmogonie psychologique» (Referate von Edouard Schure), Paris
1928; 2. Aufl. unter dem Titel «L'Esoterisme chretien / Esquisse d'une cosmo-
gonie psychologique», Paris 1957; heute in «Kosmogonie», GA 94.
64 Eugen Dubois, 1858-1940, holländischer Militärarzt. Vgl. seine Publikation:
«Pithecanthropus erectus, eine menschenähnliche Übergangsform auf Java»,
Batavia 1894.
83 als wir in Wien vor zwei Jahren einen Kongreß hatten: Der West-Ost-Kongreß
vom 1.-12. Juni 1922. Siehe den Vortragszyklus «Westliche und östliche Welt-
gegensätzlichkeit», GA 83, ;
PERSONENREGISTER