Als pdf oder txt herunterladen
Als pdf oder txt herunterladen
Sie sind auf Seite 1von 111

ICS 03.100.

50 VDI-RICHTLINIEN Dezember 2010

VEREIN VDI 2870


DEUTSCHER Ganzheitliche Produktionssysteme
Entwurf
INGENIEURE

Lean production system Einsprüche bis 2011-05-31


x vorzugsweise in Tabellenform als Datei per E-Mail an
[email protected]
Die Vorlage dieser Tabelle kann abgerufen werden unter
http://www.vdi-richtlinien.de/einsprueche
x in Papierform an
VDI-Gesellschaft Produktion und Logistik
Fachbereich Fabrikplanung und -betrieb
Postfach 10 11 39
40002 Düsseldorf

Inhalt Seite
Vorbemerkung ................................................................................................ 2
Einleitung ........................................................................................................ 2
1 Anwendungsbereich................................................................................ 3
2 Begriffe ..................................................................................................... 3
3 Ganzheitliche Produktionssysteme (GPS) ............................................ 5
3.1 Von Vision und Mission zu Unternehmenszielen ............................. 5
3.2 Aufbau und Struktur eines Ganzheitlichen Produktionssystems ...... 5
3.3 Ziele .................................................................................................. 5
3.4 Unternehmensprozesse ..................................................................... 7
3.5 Gestaltungsprinzipien ....................................................................... 8
3.6 Methoden und Werkzeuge ................................................................ 9
3.7 Ansätze zur Auswahl geeigneter Methoden .....................................11
3.8 Aufbau der Methodendatenblätter ...................................................11
4 Einführung Ganzheitlicher Produktionssysteme .................................14
4.1 Genereller Ablaufplan für die Einführung eines GPS ......................14
4.2 Unternehmensführung und -kultur ...................................................19
4.3 Organisation der Einführung ............................................................22
4.4 Management der Veränderung bei der GPS-Einführung .................28
5 Bewertung der GPS-Einführung ............................................................31
5.1 Anforderungen an die Bewertung ....................................................31
5.2 Phasenorientierte Betrachtung der Bewertung von GPS..................32
5.3 Vorgehensweise zur Bewertung in der GPS-Konzeptionsphase ......33
5.4 Vorgehensweise zur Bewertung in der GPS-Implementierungs-
phase ................................................................................................40
5.5 Vorgehensweise zur Bewertung in der GPS-Übergangsphase.........42
5.6 Vorgehensweise zur Bewertung in der GPS-Betriebsphase.............42
Anhang Methodenkatalog ..................................................................44
Schrifttum ....................................................................................................109

VDI-Gesellschaft Produktion und Logistik (GPL)


Fachbereich Fabrikplanung und -betrieb

VDI-Handbuch Produktionstechnik und Fertigungsverfahren, Band 1: Grundlagen und Planung


–2– VDI 2870 Entwurf

Vorbemerkung Einleitung
Der Inhalt dieser Richtlinie ist entstanden unter Produzierende Unternehmen in Deutschland sind
Beachtung der Vorgaben und Empfehlungen der sich ständig verändernden Rahmenbedingungen
Richtlinie VDI 1000. ausgesetzt. Seit den 1990er Jahren reagieren immer
Alle Rechte, insbesondere die des Nachdrucks, der mehr deutsche Unternehmen auf diese veränderten
Fotokopie, der elektronischen Verwendung und der Anforderungen, indem sie Ganzheitliche Produkti-
Übersetzung, jeweils auszugsweise oder vollstän- onssysteme (GPS) implementieren. Im Rahmen
dig, sind vorbehalten. dieses bereits seit mehreren Jahren aktuellen
Trends wird sowohl in der Industrie als auch in der
Die Nutzung dieser VDI-Richtlinie ist unter Wah-
Forschung intensiv über das Toyota-Produktions-
rung des Urheberrechts und unter Beachtung der
system, das als Grundlage der Lean Production/
Lizenzbedingungen (www.vdi-richtlinien.de), die
Lean Management und Ganzheitlicher Produkti-
in den VDI-Merkblättern geregelt sind, möglich.
onssysteme betrachtet wird, diskutiert [21]. Jedoch
An der Erarbeitung dieser VDI-Richtlinie waren bauen Ganzheitliche Produktionssysteme nicht
beteiligt: ausschließlich auf die Inhalte des Toyota-Produkti-
Markus Ahorner onssystems auf. So sind auch Elemente, die aus
Univ.-Prof. Dr.-Ing. Uwe Dombrowski dem Taylorismus oder aus Konzepten innovativer
(Vorsitzender) Arbeitsformen stammen, in GPS enthalten [78].
Dipl.-Wirtsch.-Ing. (FH) Nadine Doden Ein GPS bildet ein unternehmensspezifisches, me-
Dipl.-Logist. Markus Droste thodisches Regelwerk für die kontinuierliche Aus-
richtung sämtlicher Unternehmensprozesse am
Dr. Bernhard Eich Kunden, um die von der Unternehmensführung
Dipl.-Ing. Klaus Fernholz vorgegebenen Ziele zu erreichen. Die Anwendung
Dr.-Ing. Volker Große-Heitmeyer einzelner Methoden und Werkzeuge in den Unter-
Dipl.-Wirtsch.-Ing. Tobias Hanke nehmensprozessen führt nicht zwingend zu einem
Gesamtoptimum. Erst deren Einbindung in ein
Dipl.-Ing. Armin Hultzsch GPS, welches die Auswahl und Synchronisation
Dipl.-Ing. Knuth Jasker von Gestaltungsprinzipien, Methoden und Werk-
Dr. Oliver Kessing zeugen vorgibt und von allen Mitarbeitern auf
Dr.-Ing. Ernst Krämer sämtlichen Ebenen des Unternehmens verstanden,
akzeptiert und umgesetzt wird, führt zum nachhal-
MSc Dipl.-Ing. (FH) Christoph Kortmann tigen Erfolg.
Dipl.-Ing. Florian Oelschig
Ein GPS zeichnet sich im Allgemeinen durch fol-
Dipl. Wirtsch.-Ing. Rouven Popp gende Merkmale aus:
Dr. Rolf Ruthenberg x Ausrichtung aller Unternehmensprozesse auf
Dipl.-Wirtsch.-Ing. Carsten Reise den Kunden, Vermeidung von Verschwendung
Dipl.-Ing. Burkhard Schallock und kontinuierliche Verbesserung zur Sicher-
stellung einer nachhaltigen Gewinnrealisierung.
Dipl.-Wirtsch.-Ing. Stefan Schmidt
Hans-Jürgen Sobiech x GPS ist als methodisches Regelwerk zur Siche-
rung und Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit
Prof. Dr.-Ing. Sascha Stowasser des Unternehmens zu verstehen.
Dipl.-Ing. Georg Ullmann
x Kulturwandel bei Mitarbeitern aller Ebenen hin
MSc MEng Yilmaz Uygun zu einer kontinuierlichen Verbesserungsmenta-
Dipl.-Wirtsch.-Ing. Sören Wesemann lität.
Dr. Hans Wintrich Dabei ist nicht die Anzahl der angewendeten Me-
Dipl.-Ing. Thimo Zahn thoden und Werkzeuge für den Erfolg des GPS
entscheidend, sondern vielmehr das Verständnis
Allen, die ehrenamtlich an der Erarbeitung dieser
der Wirkzusammenhänge („Kapieren statt Kopie-
VDI-Richtlinie mitgewirkt haben, sei gedankt.
ren“).
Mit der vorliegenden VDI-Richtlinie soll dem Le-
ser zum einen ein Überblick über Ganzheitliche
Produktionssysteme und zum anderen eine Hand-
lungshilfe zur Einführung gegeben werden. Die
Entwurf VDI 2870 –3–

Richtlinie adressiert in erster Linie Unternehmen,


die bereits ein GPS implementiert haben oder zu-
künftig ein GPS einführen möchten. Dabei werden
alle Ebenen von der kleinsten Organisationseinheit
bis zur Unternehmensleitung eingeschlossen. Die
Richtlinie soll darüber hinaus auch die Organisati-
onseinheiten befähigen und unterstützen, die eine
GPS-Einführung planen und durchführen. Des
Weiteren sind die Inhalte für unterschiedliche
Branchen und sowohl für Großunternehmen als
auch für kleine und mittlere Unternehmen (KMU)
beschrieben und anwendbar.

1 Anwendungsbereich
Ein Ganzheitliches Produktionssystem ist nicht auf
die Produktion begrenzt, sondern ist ein methodi-
sches Regelwerk, das für alle Prozesse im Unter-
nehmen gilt. Grundsätzlich sind somit alle Kern-
prozesse, Führungsprozesse und Unterstützungs-
prozesse betroffen. Da die Unternehmen nach Bild 1. Betrachtungsebenen eines GPS
Wirtschaftszweig und Art der Leistungserstellung
sowie nach Kernkompetenzen variieren, wird für 2 Begriffe
die vorliegende Richtlinie eine Eingrenzung auf
Für die Anwendung dieser Richtlinie gelten die
produzierende Unternehmen vorgenommen.
folgenden Begriffe:
Zudem sind für einige Unternehmensprozesse
(z. B. Produktentstehungsprozess) die Auswirkun- Funktion
gen der GPS-Einführung nicht ausreichend unter- In einer Funktion werden bestimmte Tätigkeiten
sucht. Daher fokussieren die Gestaltungsprinzi- zusammengefasst, die zur Erfüllung spezifischer
pien, Methoden und Werkzeuge dieser Richtlinie Aufgaben notwendig sind.
vornehmlich auf die Anwendung innerhalb des Anmerkung: Die Funktion gibt an, welchen Beitrag der
Mensch bzw. eine Organisationseinheit zur Erfüllung der
Auftragsabwicklungsprozesses, mit den Teilpro-
Aufgabe leisten soll. Eine Funktion entspricht einer Organisa-
zessen Fertigung und Montage sowie den Unter- tionseinheit in einer Aufbauorganisation. Die Aufbauorganisa-
stützungsprozessen Logistik, Human-Ressource-, tion bildet das hierarchische Gerüst einer Organisation [72].
Qualitäts- und Instandhaltungsmanagement.
Führungsprozess
Innerhalb der Auftragsabwicklung und der betrach- Führungs- oder Managementprozesse sind Prozes-
teten Unterstützungsprozesse gilt ein Ganzheitli- se, deren Ziel es ist, die langfristige Daseinsbe-
ches Produktionssystem für alle Betrachtungsebe- rechtigung einer Organisation sicherzustellen.
nen eines Unternehmens sowie für die Supply- Anmerkung: Sie haben die Aufgabe, die Kern- und Unter-
Chain. Die Einbeziehung der drei Betrachtungs- stützungsprozesse zu planen, zu lenken und aufeinander abzu-
ebenen Arbeitsplatz, Standort und Unternehmen ist stimmen [10].
aufgrund der vielfältigen Wechselwirkungen not-
Ganzheitliches Produktionssystem
wendig. Eine ausschließliche Betrachtung einzel- Ein Ganzheitliches Produktionssystem stellt ein
ner Arbeitsplätze oder Standorte führt nur zu punk-
unternehmensspezifisches, methodisches Regel-
tuellen Verbesserungen ohne nachhaltige und um- werk zur umfassenden und durchgängigen Gestal-
fassende Wirkung. tung der Unternehmensprozesse dar [20].
Gestaltungsprinzip
Ein Gestaltungsprinzip fasst inhaltlich ähnliche
oder verknüpfte Methoden und Werkzeuge zu-
sammen.
Anmerkung 1: Ein Prinzip ist ein Gesetz, das anderen Geset-
zen übergeordnet ist.
Anmerkung 2: Es dient dazu, einen Themenbereich abzude-
cken, der zur Umsetzung von zusammengehörigen Unterneh-
mens(teil)zielen dient. Durch die dort gebündelten Methoden
–4– VDI 2870 Entwurf

und Werkzeuge wird sichergestellt, dass alle Elemente zuein- Unternehmensziel


ander passen und es trägt dazu bei, dass ein stimmiges Ge- Unternehmensziele sind angestrebte zukünftige
samtsystem entsteht (vgl. auch [20]).
Zustände eines Unternehmens, die aus der überge-
Kernprozess ordneten Unternehmensstrategie abgeleitet sind.
Kernprozesse sind Prozesse, die sich am Unter- Anmerkung: Sie sind von autorisierten Entscheidungsträgern
nehmenszweck orientieren und die vorhandenen festgelegt, für verbindlich erklärt und sind nach Inhalt, Aus-
Kernkompetenzen so einsetzen, dass der angestreb- maß und zeitlichem Bezug zu charakterisieren [29].
te Prozess-Output den vorher mit dem Kunden Unternehmenszielsystem
vereinbarten Nutzen tatsächlich erreicht [10]. Die Unternehmens(teil)ziel(e) stehen nicht unver-
Methode bunden nebeneinander, sondern sind als geordnete
Eine Methode beschreibt eine bestimmte standar- Gesamtheit von Elementen zu verstehen, die durch
disierte Vorgehensweise, die einem Gestaltungs- Beziehungen miteinander verbunden sind und
prinzip zugeordnet ist und zur Erreichung von durch die gemeinsame Ausrichtung auf ein obers-
Unternehmens(teil)zielen eingesetzt wird [20]. tes Ziel ein Zielsystem bilden (vgl. [46]).
Produktion Unterstützungsprozess
Zur Produktion gehören alle Bereiche eines Unter- Unterstützungsprozesse sind Prozesse, die zur Un-
nehmens, die an der Herstellung von Erzeugnissen terstützung der Kernprozesse dienen. Die Anforde-
mittelbar und unmittelbar beteiligt sind. rungen an diese Unterstützungsprozesse ergeben
Anmerkung: Diese sind die Entwicklung sowie gegebenen-
sich aus der Analyse der Kernprozesse [10].
falls die Projektierung und Angebotsbearbeitung, die Beschaf- Vision und Mission
fung von Material auf dem Markt bzw. im eigenen Unterneh-
men, die Fertigung unterteilt in Fertigungsorganisation, Vor- Die Vision und Mission eines Unternehmens ent-
und Teilefertigung, Montage, Instandhaltung, Qualitätswesen sprechen einer Wiedergabe oder Formulierung der
und die innerbetriebliche Logistik. Des Weiteren sind die Unternehmensphilosophie.
Produktionsorganisation, also die Ziel- und die Aufgabenpla- Anmerkung: Die Unternehmensphilosophie stellt das oberste
nung, die Makrogestaltung der Arbeitssysteme, die Steuerung Wertesystem des Unternehms dar und umfasst somit die
der Aufgabenerfüllung sowie die Fertigungsorganisation Teile Grundhaltung des Unternehmens und der Führungskräfte. Die
der Produktion [72] Unternehmensphilosophie bildet die Grundlage für die Ent-
Prozess wicklung der Unternehmensstrategie. Während eine Vision
eher nach „innen gerichtet“ ist (Wo und wie wollen wir zu-
Ein Prozess ist ein Satz von in Wechselbeziehung künftig sein?), wendet sich eine Mission nach außen, an Kun-
oder Wechselwirkung stehenden Tätigkeiten, der den, Kapitalgeber oder die Gesellschaft (Frage: „Wie wollen
Eingaben in Ergebnisse umwandelt. [nach DIN EN wir von anderen gesehen werden, was ist unserer Auf-
ISO 9000] trag/Auftraggeber = außen stehende Zielgruppen?“) [in An-
lehnung an [6; 34; 40].
Anmerkung: Ein Prozess ist somit eine sachliche-logische
zusammengehörige Folge von Aktivitäten, die dem Kunden Werkzeug
des Prozesses einen messbaren Nutzen bringen, einen Beitrag Als Werkzeug wird ein standardisiertes, physisch
zur Erreichung der Unternehmensziele leisten sowie von
betrieblichen Aufgabenträgern nach bestimmten Regeln vorhandenes Mittel bezeichnet (inklusive Soft-
durchgeführt werden [10]. Kunden können in diesem Zusam- ware), das zur Anwendung bzw. Umsetzung von
menhang sowohl interne (nachgelagerte Tätigkeiten) als auch Methoden notwendig ist.
externe (Kunde im eigentlichen Sinn) sein. Prozesse können in Anmerkung 1: Werkzeuge sind einem Gestaltungsprinzip
Kern-, Führungs- und Unterstützungsprozesse unterschieden zugeordnet und werden zur Erreichung von Unternehmenszie-
werden [10]. len eingesetzt [20].
Strategie Anmerkung 2: Zwischen Methoden und Werkzeugen können
Eine Strategie ist ein rational geplantes, in sich Beziehungen bestehen: Ein oder mehrere Werkzeuge können
stimmiges, komplexes Maßnahmenbündel, das von einer oder mehreren Methoden zugeordnet sein. Jedoch ist es
möglich, dass sowohl Methoden als auch Werkzeuge für sich
der Unternehmensführung vorgegeben wird und
allein in einem Gestaltungsprinzip stehen.
auf deren Grundlage die Unternehmensziele fest-
gelegt werden.
Anmerkung: Entscheidungen über die Strategie stellen somit
Grundsatzentscheidungen dar, welche die prinzipielle Rich-
tung des vom Unternehmen eingeschlagenen Wegs bestimmen
sollen [15].
Entwurf VDI 2870 –5–

3 Ganzheitliche Produktionssysteme sollen die Erreichung dieser sicherstellen (Bild 2).


(GPS) Dadurch wird gewährleistet, dass die Unterneh-
In dem einführenden Abschnitt wird der Zielfestle- mensziele nicht unverbunden nebeneinander ste-
gungsprozess, in dem aus Vision und Mission die hen, sondern in einem Unternehmenszielsystem
Unternehmensziele abgeleitet werden, erläutert miteinander verknüpft und synchronisiert sind. Die
(Abschnitt 3.1) und anschließend auf den Aufbau Ziele sind dabei immer spezifisch, messbar, akzep-
und die Struktur von GPS eingegangen (Ab- tiert, realistisch und terminiert (SMART) zu gestal-
schnitt 3.2). Darauf aufbauend werden die Unter- ten, sodass Maßnahmen zur Erreichung abgeleitet
nehmensprozesse (Abschnitt 3.3) und die Elemente werden können. Tabelle 1 stellt mögliche Unter-
von GPS vorgestellt. In Abschnitt 3.5 werden die nehmensziele beispielhaft für die Kernprozesse
Gestaltungsprinzipien sowie in Abschnitt 3.6 die Vertriebs- und Marketingprozess, Produktent-
Methoden und Werkzeuge dargestellt. wicklungs- und Auftragsabwicklungsprozess dar.
Im Beispiel sind die Unternehmensziele in Quali-
3.1 Von Vision und Mission zu Unterneh-
menszielen
täts-, Zeit-, Kosten- und Innovationsziele unterteilt.
Der Zielfestlegungsprozess in Unternehmen sollte 3.2 Aufbau und Struktur eines Ganzheit-
lichen Produktionssystems
ein abgestimmter, zeitlich festgelegter und gelenk-
ter Prozess sein, innerhalb dessen aus Vision und Aufbau und Struktur Ganzheitlicher Produktions-
Mission die Unternehmensstrategie und daraus die systeme besteht in der Regel aus den Elementen
Unternehmensziele abgeleitet werden. In Bild 2 Ziele, Unternehmensprozess, Gestaltungsprin-
sind die Abhängigkeiten dargestellt. Um zu ge- zipien sowie Methoden und Werkzeuge. Grund-
währleisten, dass die Ziele mit der Strategie sowie sätzlich ist davon auszugehen, dass das Grundge-
mit Vision und Mission konform sind, sind regel- rüst eines GPS immer gleich ist, es inhaltlich aber
mäßige Überprüfungen sicherzustellen. kein einheitliches Produktionssystem geben kann,
sondern immer eine unternehmensspezifische
(kontextspezifische) Anpassung notwendig ist [10;
20; 73]. In Bild 3 sind, neben den Elementen und
ihren prinzipiellen Wirkzusammenhängen, die
Unternehmensprozesse enthalten sowie ein Bei-
spiel, das in den folgenden Abschnitten weiter
detailliert wird, vorgestellt.
Bild 2. Zielfestlegungsprozess
3.3 Ziele
Vision und Mission eines Unternehmens entspre-
Der Anwendungsbereich der Richtlinie bezieht
chen der Wiedergabe oder Formulierung der Un-
sich auf den Auftragsabwicklungsprozess sowie
ternehmensphilosophie und geben an, wo das Un-
relevante Unterstützungsprozesse. Innerhalb des
ternehmen in Zukunft stehen will. Zu dieser Stand-
Auftragsabwicklungsprozesses geht es in erster
ortbestimmung gehören z. B. Marktsegmente,
Linie darum, Aufträge möglichst kostengünstig
Kundengruppen, angestrebtes Absatzvolumen,
abzuwickeln. Hierzu sind die Zielgrößen Qualität,
Qualitätslage und Gewinnsituation. Die kommuni-
Kosten und Zeit relevant. Andere Ziele, wie Inno-
zierte und akzeptierte Vision und Mission ist dar-
vation, die in den Prozessen Produktentstehung
auf ausgelegt, über mehrere Jahre Bestand zu ha-
und Vertrieb und Marketing durchaus relevant
ben und gilt für alle Prozesse eines Unternehmens
sind, dienen im Bereich der Auftragsabwicklung
als Leitbild, um eine Synchronisation aller Unter-
dazu, Qualität, Kosten und Zeit zu optimieren.
nehmenseinheiten zu bewirken. Mitarbeitern soll
über die Vermittlung von Vision und Mission das In Bild 3 ist als Ziel beispielsweise die Erhöhung
Verständnis der Unternehmensstrategie und -ziele der Qualität gefordert. In Abhängigkeit der jewei-
erleichtert werden. ligen Perspektive könnte dieses Ziel z. B. aus Fer-
tigungssicht in folgendem Teilziel präzisiert wer-
Aus Vision und Mission werden Strategien für das
den: Die Qualitätsverbesserung ist im Bereich der
Unternehmen bzw. die betrachteten Prozesse abge-
Produktqualität zu erzielen und durch eine nach-
leitet. Diese Strategien können unspezifisch sein
haltige Prozessbeherrschung in der Fertigung zu
und werden erst in den Unternehmenszielen spezi-
erreichen (Teilziel 1). Ein weiteres Teilziel könnte
fiziert. Die erarbeiteten Strategien sollen das Errei-
sein, die Produktqualität durch eine montagege-
chen von Vision und Mission langfristig sicherstel-
rechte Produktentwicklung zu verbessern (Teil-
len.
ziel 2).
Die Unternehmensziele werden für die einzelnen
Prozesse wiederum aus der Strategie abgeleitet und
–6– VDI 2870 Entwurf

Tabelle 1. Ziel eines Unternehmens (Beispiele)

Teilprozesse im Unternehmen

Vertriebs- und Marketing- Produktentstehungsprozess Auftragsabwicklungsprozess


prozess

x genaue Vertriebsprognosen x kein Overengineering x hohe Produktqualität


Qualität

x Erfüllung funktionaler Anforde-


rungen
x
Beispielhafte Unternehmensziele

Gewährleistung wirtschaftlicher
Herstellbarkeit

x minimale Durchlaufzeiten (z. B. in Auftragsvorbereitung, Auftragsbearbeitung, Auftragsliegezeiten)


Zeit

x hohe Lieferleistung

x geeignetes Vertriebskonzept x Fehlentwicklung vermeiden x Vermeidung nicht wert-


Kosten

x minimierte Bestandskosten x Prototypen ersetzen durch schöpfender Prozessschrit-


Virtual Reality Technologien te
x effiziente Personalsteue-
rung

x x vollständige digitale Produktab- x


Innovation

Online-Vertrieb Einsatz neuer Fertigungs-


bildung prozesse und -technologien

Bild 3. Aufbau und Struktur eines Ganzheitlichen Produktionssystems


Entwurf VDI 2870 –7–

3.4 Unternehmensprozesse rungen des Kunden abgestimmt. Dadurch werden


Die Ziele wirken auf die gesamte Organisations- eine hohe Transparenz der Prozesse und ein hohes
struktur eines Unternehmens, die die Abwicklung Verantwortungsgefühl für das Ergebnis erreicht.
der Kernprozesse, Unterstützungsprozesse und Im Beispiel in Bild 3 ist der Fertigungsprozess
Führungsprozesse unterstützt. In Bild 4 ist ein inklusive ausgewählter Fertigungsprozessschritte
mögliches Unternehmensmodell dargestellt. (z. B. Drehen, Fräsen, Schleifen) für die Errei-
In herkömmlichen Organisationsstrukturen wird chung der geforderten Produktqualität (Teilziel 1)
die Zielerreichung häufig durch funktionsorientier- notwendig. Für die Erfüllung von Teilziel 2 sind
te Strukturen mit vielen Schnittstellen behindert. z. B. konstruktive Prozessschritte im Entwick-
Dies führt zu einem hohen Koordinationsaufwand, lungsprozess entscheidend, die die Zusammenbau-
fehlendem Verständnis für andere Bereiche, gerin- reihenfolge in einem nachgelagerten Prozess (z. B.
ger Kundenorientierung und unklaren Zuständig- Montage) bestimmen. Anhand dieses Beispiels
keiten. Unternehmen sollten daher ein prozessori- wird deutlich, dass die möglichen Potenziale erst
entiertes Unternehmensmodell entwickeln. Bei durch die Betrachtung aller Prozesse realisiert
einer ausgeprägten Prozessorientierung wird jeder werden können.
Prozess nach Möglichkeit ohne Schnittstellen ges-
taltet (integrierte Bereiche) und auf die Anforde-

Bild 4. Unternehmensmodell
–8– VDI 2870 Entwurf

3.5 Gestaltungsprinzipien methoden und Methoden zur Gestaltung der Quali-


Durch die Festlegung auf unternehmensindividuel- tätsprozesse. Darüber hinaus sind Methoden des
le Gestaltungsprinzipien werden die anzuwenden- Total Quality Managements enthalten, die auf die
den Methoden und Werkzeuge eingeschränkt und Einbeziehung der Mitarbeiter fokussieren [74].
sichergestellt, dass ein stimmiges Gesamtsystem Fließprinzip
inhaltlich ähnlicher oder verknüpfter Methoden Das Fließprinzip bezeichnet eine umfassende Un-
und Werkzeuge entsteht. Die Gestaltungsprinzi- ternehmensgestaltung, die darauf gerichtet ist,
pien haben unter verschiedenen Synonymen und einen schnellen, durchgängigen und turbulenzar-
leicht variierenden Bedeutungen Einzug in viele men Fluss von Materialien und Informationen über
Unternehmen gefunden. In der vorliegenden Richt- die gesamte Wertschöpfungskette zu ermöglichen.
linie werden folgende Gestaltungsprinzipien be- Ziel ist es, kurze Durchlaufzeiten dadurch zu erzie-
handelt: len, dass die Werkstücke nach einem Arbeitsgang
x Standardisierung direkt zum nächsten Arbeitsgang transportiert wer-
x Null-Fehler-Prinzip den und nicht auf die Fertigstellung anderer Teile
warten müssen. Gleichzeitig sollen die eingesetz-
x Fließprinzip ten Methoden und Werkzeuge nicht die Flexibilität
x Pull-Prinzip verringern [78].
x Kontinuierlicher Verbesserungsprozess Pull-Prinzip
x Mitarbeiterorientierung und Führung Durch das Pull-Prinzip wird eine Materialversor-
x Vermeidung von Verschwendung gung angestrebt die sich an den Bedarfen des Kun-
den ausrichtet und dabei einen geringstmöglichen
x Visuelles Management Steuerungsaufwand und geringe Bestände errei-
Im Weiteren werden die Gestaltungsprinzipien chen soll. Die Umsetzung eines Pull-Prinzips imp-
vorgestellt. liziert, dass kein Arbeitsplatz oder -bereich strom-
Standardisierung aufwärts in einer Wertschöpfungskette eine Leis-
Unter Standardisierung wird die Festlegung des tung produzieren sollte, bevor diese der stromab-
Ablaufs und der Handlungsverantwortlichen eines wärts-liegende Kunde anfordert. Alle Aktivitäten
sich wiederholenden technischen oder organisato- werden durch Kundenaufträge ausgelöst und somit
rischen Vorgangs verstanden. Das Gestaltungs- „zieht“ der Kunde an der Versorgungskette [78].
prinzip umfasst dabei unterschiedliche Bereiche, Kontinuierlicher Verbesserungsprozess
wie die Standardisierung der Arbeitsabläufe und Ein Kerngedanke des GPS ist das unablässige
Fertigungsschritte oder die Standardisierung bei Streben nach Perfektion, welches sich in einer
der Planung. Sind beispielsweise Abläufe und Ar- stetigen „Veränderung zum Besseren“ äußert und
beitsmethoden nicht klar definiert, führt dies im im Gestaltungsprinzip Kontinuierlicher Verbesse-
Allgemeinen zu verstärkter Improvisation und rungsprozess (KVP) verankert ist. Die ständige
unerwünschten Handlungen. Diese Abweichungen Verbesserung ist auch unter dem Namen Continu-
werden durch die Standardisierung und die An- ous Improvement Process (CIP) oder Kaizen be-
wendung standardisierter Methoden und Werkzeu- kannt. Zu diesem Gestaltungsprinzip zählen auch
ge reduziert, sodass sich ein stabiler, planbarer die Planung und Gestaltung eines innerbetriebli-
Prozess ergibt. Die Standardisierung ist somit Vor- chen Ideenmanagements und die Anwendung eines
aussetzung zur Absicherung und zur Verbreitung iterativen Regelkreises zur Problemlösung. Dabei
von Best Practice Ansätzen. Des Weiteren ist die unterscheidet sich der Prozess des Ideenmanage-
Standardisierung als Momentaufnahme zu begrei- ments im Sinn der kontinuierlichen Verbesserung
fen und unterliegt bzw. bildet die Basis für die deutlich von dem in vielen Unternehmen prakti-
kontinuierliche Verbesserung [20; 78]. zierten Vorschlagswesen. Durch den KVP werden
Null-Fehler-Prinzip alle Mitarbeiter von ihrer unmittelbaren Führungs-
In das Gestaltungsprinzip Null-Fehler-Prinzip sind kraft angehalten, Methoden, Werkzeuge und Ar-
in erster Linie Methoden eingeordnet, die der beitsabläufe zu hinterfragen, zu verbessern, den
Vermeidung der Fehlerweitergabe an nachfolgende Erfolg der Maßnahmen zu überprüfen und dadurch
Prozessschritte dienen sowie der Fehlervermeidung neue Standards zu schaffen. Bei der Einführung
und Sicherstellung einer hohen Produkt- und Pro- des Ideenmanagements ist die betriebliche Mitbe-
zessqualität. Dazu zählen neben Prozesskontrollen stimmung zu berücksichtigen [63; 80; 81].
Sicherstellung der Maschinen-/Prozessfähigkeit, Neben dem Ideenmanagement ist die Einführung
Problemidentifikationsmethoden, Problemlösungs- und Aufrechterhaltung eines Kontinuierlichen
Entwurf VDI 2870 –9–

Verbesserungsprozesses eng an die Installation Visuelles Management


eines Regelkreises zur Problemlösung (z. B. Die Ziele einer Visualisierung, also einer bildli-
PDCA) geknüpft. Der Regelkreis zielt auf die Si- chen Darstellung von Informationen über Arbeits-
cherstellung der Wirksamkeit von Verbesserungen abläufe und -ergebnisse sind, Transparenz über
ab und dient zur Identifikation von Abweichungen. Ziele, Prozesse und Leistungen zu erzeugen. Hier-
Ohne einen nachhaltigen Regelkreis ist der KVP durch soll die Identifikation der Mitarbeiter mit
weitestgehend wirkungslos [45]. dem Unternehmen, dem Arbeitsbereich und der
Mitarbeiterorientierung und Führung Arbeitsaufgabe gestärkt werden. Zudem sollen
Im Gegensatz zu tayloristischen Arbeitsformen deren Motivation zur Zielerreichung, kontinuierli-
findet im GPS keine Trennung von Hand- und chen Verbesserung und Vermeidung von Ver-
Kopfarbeit statt. Die Mitarbeiter gelten als wich- schwendung erhöht werden. Weiterhin wird das
tigste Ressource und Quelle von Ideen zur kontinu- Sichtbarmachen von Problemen verfolgt und damit
ierlichen Verbesserung. Es wird davon ausgegan- eine Grundlage für jegliche KVP-Aktivitäten ge-
gen, dass die Mitarbeiter, die täglich einen Prozess schaffen. Dadurch wird es Mitarbeitern und Füh-
ausführen, am besten wissen, wie er zu verbessern rungskräfte erleichtert „auf einen Blick“ den aktu-
ist. Das Gestaltungsprinzip Mitarbeiterorientierung ellen Zustand der Prozesse zu erkennen [78].
und Führung beinhaltet daher Methoden, die die Die Gestaltungsprinzipien sind unternehmensindi-
Kultur der Fehler- und Verschwendungsvermei- viduell auszuwählen. Allerdings sind die Prinzi-
dung bei Führungskräften und Mitarbeitern unter- pien Vermeidung von Verschwendung, Kontinu-
stützen [61]. ierlicher Verbesserungsprozess (inklusive der Me-
Vermeidung von Verschwendung thode PDCA) und Standardisierung immer aufzu-
nehmen. Ohne die Berücksichtigung dieser grund-
Ziel des GPS ist die konsequente Ausrichtung
legenden Prinzipien, ist eine Umsetzung ein GPS
sämtlicher Unternehmensprozesse am Kundenbe-
weitestgehend wirkungslos.
darf. Der Mehrwert für den Kunden (englisch:
customer value) umfasst hierbei alle Tätigkeiten im Die Teilziele in Bild 3 können durch das Gestal-
Unternehmen, die wertschöpfend sind. Wertschöp- tungsprinzip Null-Fehler-Prinzip logisch zusam-
fend sind die Vorgänge, bei denen der Wert des mengefasst werden. In dieses Gestaltungsprinzip
(halbfertigen) Produkts erhöht wird und für die der sind neben weiteren Zielen alle Methoden einzu-
Kunde bereit ist, zu bezahlen. Alle Vorgänge die ordnen, die der Fehlervermeidung und Sicherstel-
keine Wertschöpfung leisten, sind Verschwendung. lung einer hohen Produkt- und Prozessqualität
Verschwendung wird in diesem Zusammenhang dienen. Dazu zählen z. B. Prozesskontrollen und
auch häufig mit dem japanischen Ausdruck „Mu- die Sicherstellung der Maschinen-Prozessfähigkeit.
da“ bezeichnet. Neben „Muda“ sind auch „Muri“ 3.6 Methoden und Werkzeuge
(Überlastung) und „Mura“ (Unausgeglichenheit) Methoden und Werkzeuge stellen den ausführba-
zu vermeiden. Unausgeglichenheit entsteht, wenn ren Teil eines Produktionssystems dar. Zwar sind
Fertigungskapazitäten und -bedarfe nicht genügend die Begriffe „Methode“ und „Werkzeug“ grund-
aufeinander abgestimmt werden. Überlastungen sätzlich zu trennen, stehen aber in enger Verbin-
können sowohl bei Mitarbeitern als auch Anlagen dung zueinander. Letztlich dienen sie dazu, die
auftreten und äußern sich z. B. durch Fehler von Ziele, die für die einzelnen Unternehmensprozesse
Mitarbeitern oder durch Betriebsmittelstörungen. bestimmt wurden, zu erreichen. Um Verbesse-
Generell lassen sich sieben Arten der Verschwen- rungspotenziale optimal ausschöpfen zu können,
dung unterscheiden: [68] sind Methoden und Werkzeuge als „flexible Stan-
x Überproduktion dards“ nötig. Da Methoden und Werkzeuge in der
x Wartezeiten Regel auf Grundlage allgemeingültiger Beschrei-
bungen eingeführt werden, die die unternehmens-
x unnötige Transporte spezifischen Gegebenheiten nicht berücksichtigen,
x unnötige Bearbeitungsschritte sind Experimentierschleifen erforderlich, um eine
x Bestände optimale Standardisierung von Methoden zu errei-
chen. Sind die Standards von den Mitarbeitern
x Bewegungen
akzeptiert und werden konsequent angewandt,
x Fehler und Nacharbeit muss im folgenden Schritt eine vom Management
initiierte und im Idealfall von allen Mitarbeitern
getragene kontinuierliche Verbesserung der Pro-
– 10 – VDI 2870 Entwurf

zesse (KVP) unter Anwendung der Methoden und Die in Tabelle 2 dieser VDI-Richtlinie betrachte-
Werkzeuge erfolgen. ten 36 Methoden und die dazugehörigen Werkzeu-
Die Anwendung von Methoden und Werkzeugen ge stellen eine Auswahl an in der Literatur be-
sollte einem Vorgehen in kleinen Schritten durch schriebenen oder in der industriellen Praxis einge-
wiederkehrende Zyklen (Regelkreise) entsprechen. setzten Methoden und Werkzeugen dar. Die vor-
Im Rahmen der Richtlinie wird der PDCA als Re- liegenden Methoden wurden durch Literaturre-
ferenz gewählt. Durch den PDCA manifestiert sich cherchen und Expertengespräche ausgewählt und
das ständige Streben eines Unternehmens, den erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. In
Beharrungs- und Rückfalltendenzen der Organisa- Tabelle 2 sind die betrachteten Methoden nach
tion entgegenzuwirken. An diesem Zyklus sollten Gestaltungsprinzipien aufgelistet. Generell sind
alle Mitarbeiter teilhaben, indem sie am eigenen auch Einordnungen in mehrere Gestaltungsprinzi-
Arbeitsplatz auf Missstände aufmerksam werden, pien möglich, jedoch wurde hier aufgrund der bes-
Verbesserungen anregen und unter Führung des seren Übersicht nur nach hauptsächlich zugehöri-
Vorgesetzten kreativ zu Lösungen finden [45]. Da gen Prinzipien klassifiziert. An dieser Stelle wird
es sich um einen Regelkreis handelt ist zudem erneut darauf hingewiesen, dass die vorgestellten
sichergestellt, dass Methoden nicht starr im Unter- Methoden vor allem auf die Fertigungs- und Mon-
nehmen eingeführt sind. tageprozesse sowie auf dazu notwendige Unter-
stützungsprozesse, wie Instandhaltungsmanage-
In wird die Methode Statistische Prozessregelung,
ment, Human Ressource Management, Logistik
die zur Erreichung des Teilziels „Steigerung der
und Qualitätsmanagement fokussieren. In Tabel-
Produktqualität durch Prozessbeherrschung“
le 2 sind die Methoden und ihre Wirkung auf die
(Werkzeug: Qualitätsregelkarte) angewendet wer-
Ziele Qualität, Kosten und Zeit zusammengestellt.
den kann, und die Methode Poka Yoke eingesetzt.
Tabelle 2. Methoden nach Gestaltungsprinzipien und ihre Wirkung auf die Ziele Qualität, Kosten und Zeit
Entwurf VDI 2870 – 11 –

Eine Beschreibung der Methoden und Werkzeuge Probleme, ohne Berücksichtigung der Ziele, muss
ist im Anhang dieser Richtlinie in einem Metho- vermieden werden.
denblätterkatalog zusammengefasst. Ansätze zur Gestaltungsprinziporientierter Ansatz
Auswahl geeigneter Methoden sind Abschnitt 3.7
dargestellt. Detaillierte Informationen zum Aufbau Bei diesem Ansatz werden, wie in, Methoden nach
der Datenblätter sind in Abschnitt 3.8 beschrieben. Gestaltungsprinzipien thematisch zusammenge-
fasst. Je nach Zielstellung des Unternehmens sind
3.7 Ansätze zur Auswahl geeigneter Gestaltungsprinzipien auszuwählen und aufgrund
Methoden
der Auswahl entsprechende Methoden und Werk-
Im Vorfeld der Einführung der Methoden muss auf zeuge zu definieren.
deren prinzipielle Eignung für das Unternehmen
3.8 Aufbau der Methodendatenblätter
oder den Bereich eingegangen werden. So ist es
beispielsweise nicht zielführend, Schnellrüsten als Um einen schnellen Überblick über die Methoden
Methode an einer Linie ohne Varianten festzu- zu erhalten und eine Vergleichbarkeit zu ermögli-
schreiben. Zur Auswahl bestehender Methoden chen, sind die Methodenblätter einheitlich aufge-
werden zwei unterschiedliche Ansätze im Folgen- baut. Der Gesamtumfang einer einzelnen Be-
den beschrieben. schreibung ist auf ca. zwei DIN-A4-Seiten ausge-
legt. Bei diesem Umfang können die Beschreibun-
Problemorientierter Ansatz gen nur einen Eindruck von der Wirkungsweise
Der problemorientierte Ansatz bietet sich an, wenn und den Rahmenbedingungen der Anwendung
Unternehmen bei der GPS-Konzeption zunächst liefern. Durch die Kürze der Darstellung ist schnell
nicht eindeutig definieren können, welche Gestal- ein Überblick über passende Methoden gewonnen.
tungsprinzipien eingesetzt werden sollen. Tritt Die Sammlung stellt typische Methoden aus dem
diese Situation ein, sind genaue Analysen der Un- GPS-Umfeld vor und erhebt somit nicht den An-
ternehmens-, Fertigungs- und Prozessstruktur not- spruch auf Vollständigkeit oder Befähigung zur
wendig, um Probleme und deren Ursache zu identi- qualifizierten Anwendung der Methode bzw. der
fizieren. Dabei sollte beachtet werden, keine vor- dazugehörigen Werkzeuge. Hierzu ist in den meis-
dergründigen Ursachen zu identifizieren, sondern ten Fällen weiterführende Literatur erforderlich,
den eigentlichen Kern des Problems darzustellen die am Ende jedes Datenblattes angegeben ist.
(z. B. mit der Methode „5×Warum“).
Bezeichnung
In der Regel lassen sich die Problemursachen auf
Das Feld Bezeichnung gibt auf jedem Datenblatt
Qualitäts- (Q), Kosten- (K) oder Zeitprobleme (Z)
den Namen der Methode an, unter dem sie typi-
zurückführen (vgl. Abschnitt 5.3.2). Folgende
scherweise anzutreffen ist. Als Beispiel wäre hier
Aussagen können beispielhaft als Ergebnis der
die Methode „5S“ zu nennen.
Analysen angeführt werden.
Synonyme
Da GPS stets unternehmensspezifisch ausgeprägt
werden, existieren oftmals für eine Methode meh-
rere Begriffe. Etwaige Synonymbezeichnungen
sind in diesem Feld zu finden. So ist die Methode
5S auch unter dem Synonym 5A-Methode oder
Rote Karte Aktion zu finden.
Gestaltungsprinzip
Bild 5. Formulierung der Problemstellung als Aus- Ein Gestaltungsprinzip bündelt thematisch zusam-
wahlhilfe mengehörige Methoden und Werkzeuge (vgl. Ab-
Der problemorientierte Ansatz ist aus GPS-Sicht schnitt 5.2, Gestaltungsprinzipien). Im Datenblatt
bei der Konzeption des GPS sinnvoll. Der Ansatz ist in diesem Feld das übergeordnete Gestaltungs-
soll nicht dazu dienen, eine nachträgliche Anpas- prinzip der beschriebenen Methode eingetragen.
sung des GPS zu rechtfertigen. Sobald ein GPS Für das Beispiel 5S wäre dies das Gestaltungsprin-
erfolgreich eingeführt wurde, soll ausgehend von zip „Standardisierung“.
Vision und Mission, Unternehmensstrategie und - Ergänzende Methoden
zielen sowie den GPS-Elementen eine kontinuier- Häufig werden nicht einzelne Methoden isoliert
liche Verbesserung der Unternehmensprozesse angewendet, sondern sie stehen in kausalem oder
erreicht werden. Das unkoordinierte Reagieren auf zeitlichem Zusammenhang mit anderen Methoden.
So wird z. B. 5S in Kombination mit Prozessstan-
– 12 – VDI 2870 Entwurf

dardisierung oder dem Shopfloor Management (z. B. Geschäftsführung). Im Beispiel 5S ist die
eingesetzt. Anwendergruppe tendenziell auf „operativer Mit-
arbeiter“ zu sehen.
Werkzeuge
In diesem Feld werden untergeordnete Werkzeuge Übliche Dauer der Implementierung
zur Realisierung der beschriebenen Methode dar- Die Umsetzung von Methoden und stabile Anwen-
gestellt. Beispielhaft wird bei 5S ein Standard- dung von Werkzeugen bedürfen einer gewissen
Arbeitsblatt (SAB), eine Rote Karte oder ein Umsetzungszeit. In diesem Feld erfolgt eine Unter-
Schattenbrett genutzt. teilung der Implementierungsdauer nach „kurzfris-
tig“ (< 6 Monate), „mittelfristig“ (6 bis 12 Monate)
Ziel
und „langfristig“ (> 12 Monate). 5S ist kurzfristig
Dieses Feld beschreibt das Ziel der Methode. Ziel durchführbar.
der 5S-Methode ist beispielsweise die Bildung von
Übersicht und Ordnung durch Standardisierung. Vorgehensweise
Weiterhin erfolgt eine Bewertung der Auswirkun- Das Feld Vorgehensweise stellt nach der Kurzbe-
gen auf die Zielgrößen Qualität (Q), Kosten (K) schreibung die Schritte zur Implementierung der
und Zeit (Z). Diese Bewertung führt zu einem er- Methode dar. Für das Beispiel 5S wären hier die
leichterten, zielorientierten Zugang zu den Metho- fünf Schritte „Seiri (Aussortieren), Seiton (Auf-
den. So wirkt sich 5S am stärksten auf die Zielgrö- räumen), Seiso (Sauber halten), Seiketsu (Standar-
ße Qualität aus, da durch eine konsequente Ord- disieren) und Shitsuke (Selbstdisziplin)“ zu nen-
nung und Sauberkeit am Arbeitsplatz zum einen nen.
erforderliche Betriebsmittel sowie Abweichungen
Wirkung in Unternehmensprozessen
vom Standard leichter auszumachen sind und zum
anderen durch die Standardisierung eine qualitäts- Dieses Feld gibt an, in welchen Unternehmenspro-
fördernde Stabilisierung erfolgt. zessen die Methode wirkt. Im Rahmen dieser
Richtlinie wird vornehmlich auf die Anwendung
Kurzbeschreibung innerhalb des Auftragsabwicklungsprozesses, mit
Das Feld Kurzbeschreibung stellt eine kurze Cha- den Teilprozessen Fertigung und Montage, einge-
rakterisierung der Methode dar. Hier liegt der Fo- gangen. Zudem werden die Unterstützungsprozes-
kus primär auf der Übermittlung von Grundlegen- se Logistik, Human-Ressource-, Qualitäts- und
dem und Hintergrundinformationen zur Methode. Instandhaltungsmanagement betrachtet. So ist es
Eine Kurzbeschreibung für 5S wäre demnach denkbar, dass die Einführung und Anwendung
„Wiederholtes Abarbeiten einer in fünf Schritten einer Methode im Unternehmensprozess Montage
systematisierten Folge, die Aussortieren, Aufräu- zusätzliche Auswirkungen auf einen weiteren Un-
men, Arbeitsplatz sauber halten, Anordnungsstan- ternehmensprozess hat. Die Methode 5S entfaltet
dardisierung und Selbstdisziplin (Aufrechterhalten) in allen Unternehmensprozessen ihre Wirkung.
beinhaltet (japanisch: Seiri, Seiton, Seiso, Seiketsu,
Potenziale und Risiken
Shitsuke)“.
Die Felder Potenziale und Risiken geben an, wel-
Durchführung
ches Potenzial mit der Einführung der Methode
Die Feldergruppe Durchführung besteht aus den verbunden ist und welche Risiken dabei entstehen
Feldern Anwendergruppe, PDCA-Phase, übliche können. Ein Potenzial von 5S wäre z. B., dass die
Dauer der Implementierung und Vorgehensweise. erhöhte Ordnung und Sauberkeit die Qualitätsar-
Diese Unterteilung bietet eine standardisierte Be- beit fördert und die Arbeitsbereiche transparent
schreibung der wichtigsten Aspekte in Bezug auf macht. Ein Risiko besteht durch die Gefahr über-
die Durchführung einer Methode. triebener Formalisierung.
Anwendergruppe Ergänzende Bilder
Dieses Feld beschreibt, welche Anwendergruppen Einige Methoden sind komplex. Daher ist es sinn-
in einem Unternehmen typischerweise mit der voll, die Beschreibung durch geeignete Bilder zu
Methode in Berührung kommen und diese anwen- unterstützen.
den. Es existiert eine Unterteilung zwischen „ope-
rativer Mitarbeiter“ (z. B. Werker, Vorarbeiter), Literatur
„operatives Management“ (z. B. Meister, Planer), Das Feld verweist auf die verwendeten und weiter-
„taktisches Management“ (z. B. Fertigungsleiter, führenden Literaturquellen.
Logistikleiter) und „strategisches Management“
Entwurf VDI 2870 – 13 –

Tabelle 3. Datenblattmuster zur Beschreibung der Methoden


Bezeichnung 5S
Synonyme SA-Methode, Rote Karte Aktion
Gestaltungsprinzip Standardisierung
Ergänzende Methoden Prozessstandardisierung, Shopfloor Management
Werkzeuge Rote Karte, Standard-Arbeitsblatt (SAB), Schattenbrett

Ziel Qualität OO Kosten O Zeit OO


Ziel der SS-Methode ist die Bildung von Übersicht und Ordnung durch Standardisierung

Kurzbeschreibung
Wiederholtes Abarbeiten einer in fünf Schritten systematisierten Folge, die Aussortierung, Aufräumen, Arbeitsplatz
sauber halten, Anordnungsstandardisierung und Selbstdisziplin (Aufrechterhaltung) beinhaltet (japanisch: Seiri, Sei-
ton, Seiko, Seiketsu, Shitsuke)

Durchführung
Anwendergruppe operative Mitarbeiter
Übliche Dauer der Imple- kurzfristig (< 6 Monate)
mentierung
Vorgehensweise (1) Seiri (Aussortieren)
x Trennung notwendiger von überflüssigen Gegenständen im Arbeitsbereich
x Indizien für Überflüssigkeit sind beispielsweise:
 Dopplungen (z. B. Schraubendreher, Hilfsstoffbehälter)
 unbrauchbare (zu stark verschlissene) Werkzeuge
 verschmutzte Kisten oder Aufbewahrungsbehälter für Werkzeuge
(2) Seiton (Aufräumen) usw. …

Wirkung im Unternehmensprozessen
Kernprozesse universell einsetzbar
Unterstützungsprozesse universell einsetzbar
Führungsprozesse universell einsetzbar

Potenziale und Risiken


Potenziale x Ordnung und Sauberkeit fördert Qualitätsarbeit
x transparenzfördernd
x hohe Mitarbeitereinbindung
x einfache Handhabung und leichte Erlernbarkeit
x fördert Arbeitsroutine
Risiken x Gefahr übertriebener Formalisierung
x Nachhaltigkeit muss durch zyklische (z. B. quartalsweise) Aktivitäten organisiert
werden (mitunter Kampagnencharakter)
x nur sinnvoll in Verbindung mit Arbeitsstandards
– 14 – VDI 2870 Entwurf

4 Einführung Einführung des GPS. Es ist daher wichtig, die


Ganzheitlicher Produktionssysteme Kommunikation mit allen Mitarbeitern zu suchen,
Die Einführung eines Ganzheitlichen Produktions- um der menschlichen Neigung, Veränderungen zu
systems ist von entscheidender Bedeutung für den misstrauen, proaktiv zu begegnen. In Abschnitt 4.4
nachhaltigen Erfolg der Umsetzung. Der folgende wird daher das Management der Veränderung bei
Abschnitt stellt daher die für eine erfolgreiche der GPS-Einführung beschrieben. Bild 6 stellt die
Einführung relevanten Themen vor [23]. Zuordnung der Themen zu den Phasen der Einfüh-
rung dar.
In Abschnitt 4.1 wird ein genereller Ablaufplan für
die Einführung von GPS gegeben, in dem die
wichtigsten Aufgaben, Erfolgsfaktoren und Me-
thoden, die bei der Einführung zu beachten sind,
vorgestellt werden. Auch wenn Unternehmen sich
in der Struktur und Zielsetzung unterscheiden und
es notwendig ist, die Einführung eines GPS an die
individuellen Gegebenheiten und Notwendigkeiten
in einem Unternehmen anzupassen, ist es wichtig,
ein Modell der Einführung zu erstellen, das einen
übertragbaren Rahmen für jedes Unternehmen
bietet. Um den Ablaufplan in einen Rahmen einzu- Bild 6. Schwerpunkte im Phasenmodell
ordnen, wurden in der Richtlinie die vier Phasen
Konzeption, Implementierung, Übergang und Be- 4.1 Genereller Ablaufplan für die Einführung
trieb definiert, die sich grundsätzlich in jedem Ein- eines GPS
führungsprojekt wiederfinden sollten. Im generellen Ablaufplan werden allgemeingültig
Die GPS-Einführung bewirkt gravierende Verän- die wichtigsten Aufgaben, Erfolgsfaktoren und
derungen der Prozesse als auch der Kultur, Unter- Methoden vorgestellt, die bei der Einführung zu
nehmensführung und des Wertesystems des Unter- beachten sind und die unternehmensindividuell
nehmens. Die Integration von externen Beratern anzupassen sind. Da zahlreiche Inhalte konkrete
für die Einführung ist erfahrungsgemäß hilfreich, Vorgaben für Elemente der Aufbauorganisation
entbindet das Unternehmen und die Führungskräfte treffen, werden im Weiteren drei Ebenen der Auf-
aber nicht von der Aufgabe, die Rollen und Aufga- bauorganisation verwendet:
ben bei der Einführung klar zu definieren, die x Strategische Ebene (z. B. Geschäftsführung):
„Treiberrolle“ zu übernehmen sowie Unterneh- Hier werden die strategischen und oft das ge-
mensführung und -kultur zu berücksichtigen bzw. samte Unternehmen betreffenden Entscheidun-
anzupassen. Die Inhalte zu Unternehmensführung gen getroffen. Generell sind die Entscheidungen
und -kultur sind in Abschnitt 4.2 zusammenge- auf dieser Ebene langfristig orientiert (ca. 1 bis
stellt. 6 Jahre).
In Abschnitt 4.3 ist die Organisation der Einfüh- x Taktische Ebene (z. B. Fertigungsleiter, Logis-
rung beschrieben. Für die GPS-Einführung, die tikleiter): Hier werden die Entscheidungen der
insbesondere während der Konzeptions- und Imp- strategischen Ebene umgesetzt. Generell sind
lementierungsphase Projektcharakter hat, ist eine die Entscheidungen in dieser Ebene mittelfristi-
Unternehmensanalyse nötig, die dem Rahmen und ger (1 Monat bis ca. 1 Jahr).
der Tragweite der Einführung gerecht wird. Des x Operative Ebene (z. B. Meister, Vorarbeiter,
Weiteren werden in dem Abschnitt Einführungs- Werker, Planer): Ebene, die die Vorgaben der
szenarien und -strategien abgeleitet sowie Hinwei- taktischen Ebene im Tagesgeschäft umsetzt.
se zur Einführungsverantwortung gegeben. Der Planungszeitraum ist maximal monatlich.
Vor allem in den Phasen nach der Konzeption stellt Innerhalb der operativen Ebene ist noch die Un-
die GPS-Einführung eine weitreichende Verände- terteilung in operatives Management (z. B.
rung in vielen Bereichen dar. Ein GPS kann nicht Meister, Planer) und die operativen Mitarbeiter
nur top-down durch das Management eingeführt (z. B. Werker, Vorarbeiter) möglich.
werden, sondern alle Beteiligten (Führungskräfte, x In Bild 7 ist das Phasenmodell der GPS-
Mitarbeiter, Betriebsrat) müssen motiviert werden, Einführung dargestellt, bei dem in vier Phasen
die Veränderungen gemeinsam umzusetzen und zu unterschieden wird. In den einzelnen Phasen
leben. Insbesondere eine nachhaltige Mitarbeiter- sind die drei Entscheidungsebenen strategische,
motivation ist ausschlaggebend für den Erfolg der
Entwurf VDI 2870 – 15 –

taktische und operative Ebene unterschiedlich x Auf taktischer und operativer Ebene wird das
am Einführungsprozess zu beteiligen. Methoden- und Performance-Profil erstellt. Das
Im Weiteren werden die Phasen und die dazugehö- Performance-Profil beinhaltet Aussagen über
rigen Aufgaben im Detail vorgestellt. Die Zusam- die Iststruktur des Unternehmens, insbesondere
menstellung erfolgte u. a. in Anlehnung an [4; 12; seine Leistungsfähigkeit in Bezug auf Ressour-
13; 14; 26; 52; 56; 67; 71]. ceneffektivität und Erbringung von Kundennut-
zen. Das Methodenprofil baut auf dem Perfor-
4.1.1 Konzeption
mance-Profil auf und beinhaltet die Methoden,
Die Konzeptionsphase beginnt mit einer initialen die derzeit im Unternehmen eingesetzt werden.
Teilphase, bei der vor allem die Kommunikation
über alle betroffenen Unternehmensebenen zu leis- x Des Weiteren sind abteilungsspezifische Analy-
ten ist. Aufgaben in dieser Teilphase sind: sen der Kundenanforderungen (auch interne
Kunden), der Produkteigenschaften sowie der
x Wichtige Stakeholder identifizieren und einbe- Produktions- bzw. Prozessabläufe durchzufüh-
ziehen. ren. Dafür eignet sich die Geschäftsprozessmo-
x Kulturelle Gegebenheiten feststellen (Ab- dellierung.
schnitt 4.2.2). x Auf strategischer und taktischer Ebene wird
x Die strategische Ebene entscheidet über die nach internen Best-Practice-Lösungen gesucht,
generelle Einführung eines GPS. die mit einem günstigen Aufwand/Nutzen-
x Die strategische Ebene legt fest, welche Rah- Verhältnis für andere Unternehmensbereiche
menbedingungen für die Ausgestaltung des Vorbild sein können.
GPS relevant sind. Abschließend enthält die dritte Teilphase der Kon-
x Danach wird die Entscheidung von der strategi- zeption die Zieldefinition und die Festlegung des
schen Ebene über die taktische Ebene an die Sollzustands mit folgenden Kernaufgaben:
operative Ebene kommuniziert. Dabei muss ein x Die strategische Ebene sollte bei hohem
Bewusstsein für generelle Veränderung ge- Kenntnisstand bezüglich GPS mit der takti-
schaffen werden. Gleichzeitig sollte erste Auf- schen Ebene einen angestrebten Sollzustand
klärungsarbeit erfolgen, um aufkeimenden Be- skizzieren. Eine empfehlenswerte gründlichere
denken zu begegnen. Die Informationen sollten Vorgehensweise beinhaltet einen Leistungsver-
top down in das Unternehmen gebracht werden. gleich der gewonnenen Daten aus dem Perfor-
Die zweite Teilphase der Konzeption stellt die mance-Profil mit Werten anderer Unternehmen.
Unternehmensanalyse dar und dient der Feststel-
lung des Istzustands. Im Rahmen der Unterneh-
mensanalyse sind folgende Aufgaben abzuarbeiten:

a a

Bild 7. Beteiligung der Entscheidungsebenen in den einzelnen Phasen der Einführung (nach [24])
– 16 – VDI 2870 Entwurf

x Anhand des gesammelten Datenmaterials aus beitsplatzsicherung“ überzeugen. Firmen ohne


dem im Performance-Profil festgestellten diesen Wettbewerbsdruck müssen mit deutlich
Istzustand des Unternehmens und dem vorhan- höherem Aufwand eine Zukunftsvision, die ei-
denen Methodenprofil werden unter Berück- ne Veränderung notwendig macht, kommuni-
sichtigung der Vergleichswerte auf taktischer zieren.
Ebene die zu erreichenden Ziele bestimmt und x Ein weiterer wesentlicher Erfolgsfaktor bei der
Zielgrößen vorgegeben. Motivation der Mitarbeiter ist das Vertrauen in
x Das GPS wird von der strategischen und takti- die Führungskräfte, die das GPS einführen wol-
schen Ebene konzipiert. Dies beinhaltet Aufbau len und sollen. Die Projektleiter und -mit-
und Struktur des GPS sowie die Methodenaus- arbeiter sollten idealerweise erfahrene und im
wahl (Abschnitt 3.6). Die Methodenauswahl Unternehmen anerkannte Manager und Mitar-
richtet sich dabei nach dem gewählten Umfang beiter sein.
des Elementekatalogs (Abschnitt 4.3.3) und x In der Konzeptionsphase sind insbesondere die
dem Ansatz zur Auswahl der geeigneten Me- Methoden Audits, Benchmarking, Verschwen-
thoden (Abschnitt 3.7). Hierbei sind Freiheits- dungsbewertung und Zielmanagement einsetz-
grade für die Mitgestaltung der Mitarbeiter zu bar.
berücksichtigen.
4.1.2 Implementierung
x Eine Aufwand/Nutzen-Betrachtung (Ab- In der Implementierungsphase sind folgende Auf-
schnitt 5.3.2 – Wirtschaftlichkeitsbetrachtung) gaben durchzuführen:
ist durchzuführen. Die Betrachtung ist nur sehr
grob möglich, da Aufwandarten (z. B. Qualifi- x Im Rahmen der Implementierung sollten Quali-
zierungen, Trainings und Schulungen) und Nut- fizierungskonzepte, Trainings und Schulungen
zenarten zu diesem Zeitpunkt kaum abzuschät- geplant und durchgeführt werden.
zen sind. x Ein Projektplan inklusive Vorgehensschritte
x Der Betriebsrat ist einzubinden. und -zeitplan sollte ermittelt und die Aufwand-
arten im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsbe-
x Die Konzeption beinhaltet, dass je nach ge- trachtung (z. B. Trainings und Schulungen) für
wähltem Umfang des Methodenkatalogs (Ab- die Einführung weiter detailliert werden. Zu-
schnitt 4.3.3), die anzuwendenden Methoden dem sollte ein Kommunikations- und Feed-
und Werkzeuge für den Umsetzungsbereich backsystem aufgebaut werden.
(Abschnitt 4.3.3) bestimmt werden.
x Motivationssysteme sollten entwickelt und in-
x Die Ziele müssen durch Kommunikationsmaß- stalliert werden (z. B. Beförderungs-, Persona-
nahmen (vgl. Abschnitt 4.4) an alle Ebenen lentwicklungs-, Anreiz- und Entlohnungssys-
weitergegeben und verständlich gemacht wer- teme gegebenenfalls mit Kopplung an die GPS-
den. Ziele).
x Die strategische Ebene setzt einen Starttermin x Kunden und Lieferanten sollten frühzeitig in-
für die Implementierung des GPS fest. formiert und integriert werden.
Erfolgsfaktoren in der Konzeptionsphase
x Durch die operative Ebene sind die ersten Me-
x Bereits in der Phase der Konzeption sollte der thoden einzuführen. Parallel zur Einführung
Sinn und Zweck den Mitarbeiter und insbesonde- von Methoden und Werkzeugen ist ein geeigne-
re der taktischen Führungsebene glaubhaft vermit- tes Controlling (Abschnitt 5.4) aufzubauen und
telt werden. Eine verordnete Anwendung neuer durchzuführen, das erlaubt, die Erreichung der
Methoden ohne vorher Ziele (für die betrachteten festgelegten Ziele zu verfolgen.
Bereiche), abgeleitet aus den Unternehmenszie-
x Pilotprojekte zu Themen mit hoher Erfolgs-
len, klar zu definieren und zu kommunizieren,
wahrscheinlichkeit sollten aufgesetzt und der
würde Unverständnis erzeugen und damit Wider-
Erfolg kommuniziert werden.
stand bei der Belegschaft generieren.
x Organisatorische Veränderungen zur Unterstüt-
x Der gemeinsame Nutzen ist für Mitarbeiter,
zung der GPS-Einführung sind durchzuführen.
Führungskräfte und Unternehmensleitung klar
herauszustellen. Unternehmen, die sich unter x Die Phase schließt damit, dass die strategische
starkem Wettbewerbsdruck oder in einer Krise Ebene den erreichten Zwischenstand verab-
befinden (siehe Abschnitt 5.2 – Krisenansatz), schiedet und die Ausweitung des Umsetzungs-
können ihre Mitarbeiter mit den Argumenten bereichs oder des Umfangs des Methodenkata-
„Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit“ und „Ar- logs beschließt.
Entwurf VDI 2870 – 17 –

x Bereitstellung notwendiger Ressourcen. Insbe- auf strategischer Ebene nötig. Eine Zielüberprü-
sondere IT-Systeme, die z. B. die Methoden des fung anhand von Kennzahlen und Festlegung
Pull-Prinzip nicht unterstützen, können eine von Maßnahmen ist wichtig, um die Entschlos-
Implementierung verhindern oder verkompli- senheit des Managements zu belegen.
zieren. x Durch den Wettbewerbscharakter interner oder
x Durchführung eines Systemaudits. externer Benchmarkings kann eine zusätzliche
Erfolgsfaktoren in der Implementierungsphase Motivation entstehen und ein positiver Anreiz
auf die taktische und operative Führungsebene
x Mit Beginn der Implementierung sollte es ge- ausgeübt werden.
lingen, eine Aufbruchsstimmung zu erzeugen.
Wichtige Führungskräfte und Mitarbeiter, die x In der Übergangsphase müssen die Strukturen
die operativen Mitarbeiter kontinuierlich moti- (z. B. Reporting-Vorgaben) und Systeme (z. B.
vieren und Widerstand abbauen sowie für IT-Systeme) zur Unterstützung der optimierten
schnelle und sichtbare Erfolge in ausgewählten Prozesse angepasst werden, um Widerstände zu
Pilotprojekten sorgen, sollten identifiziert und vermeiden.
gefördert werden. Ebenso ist eine entsprechen- 4.1.4 Betrieb
de Anerkennung durch monetäre und nicht mo- In der Betriebsphase sind folgende Aufgaben
netäre Prämien (englisch: incentives) motivati- durchzuführen:
onsfördernd.
x Durch die ständige Überwachung der Kennzah-
x Um eine nachhaltige Methodenkompetenz zu len (Abschnitt 5.3.1) und durch Audits (Ab-
erreichen, haben sich Pilotprojekte mit externen schnitt 5.6.1) werden der Umsetzungsgrad und
Trainern und das praktische Lernen in Planspie- der Erfolg der Methoden und Werkzeuge in der
len bewährt. Darüber hinaus sollten Projektlei- operativen Ebene bewertet.
ter und -mitarbeiter nach Erfahrung, Vertrau-
x Ergebnisse werden regelmäßig von der operati-
enswürdigkeit, Kommunikationsstärke und
ven Ebene an die taktische Ebene kommuniziert
Entwicklungspotenzial ausgewählt und ausge-
und diskutiert. Die taktische Ebene fasst die re-
bildet werden. Diese Mitarbeiter können später
levanten Ergebnisse zusammen und stellt diese
wichtige Multiplikatoren darstellen.
der strategischen Ebene vor.
x Umfassende, transparente und regelmäßige
x Auf strategischer Ebene werden Ist-Soll-
Kommunikation über den Stand der GPS-
Vergleiche der Rückmeldungen mit den strate-
Implementierung an alle Beteiligten.
gischen Zielwerten durchgeführt und auf Basis
4.1.3 Übergang der Ergebnisse Anpassungen vorgenommen o-
In der Übergangsphase sind folgende Aufgaben der neue Ziele vorgegeben.
durchzuführen: x Diese Ziele werden nach Kommunikation durch
x Eine Zielüberprüfung durch das strategische die taktische Ebene konkretisiert und durch die
Management ist durchzuführen. Dabei sind in operative Ebene umgesetzt.
Abstimmung mit der taktischen und operativen x Der Umsetzungsstand wird erneut durch Kenn-
Ebene und der Einführungsverantwortung die zahlen und Audits festgestellt und an die takti-
Methodenauswahl und die festgelegten Ziele zu sche Ebene weitergegeben, sodass sich ein wie-
diskutieren und gegebenenfalls anzupassen derholter Regelkreislauf ergibt.
(falls die gewählte Einführungsstrategie dies
zulässt). x Die vereinbarten Standards müssen aufrechter-
halten und kontinuierlich hinterfragt werden.
x Je nach Implementierungsstrategie: Einführung
aller Methoden in allen Umsetzungsbereichen. x Kundenorientierung muss verstärkt und Liefe-
rantenentwicklung durchgeführt werden.
x Einführung von routinemäßigen Review-
Prozessen, die die Zielüberprüfung und Ziel- x GPS muss auf bisher nicht betrachtete Unter-
festlegung beinhalten. nehmensprozesse übertragen werden.
Erfolgsfaktoren in der Übergangsphase x Um den Erfolg des GPS langfristig abzusichern,
ergeben sich für die einzelnen Ebenen im Un-
x In der Übergangsphase ist die Einführung von ternehmen während der Betriebsphase konkrete
routinemäßigen Review-Prozessen wichtige Aufgaben (Tabelle 4).
Voraussetzung für das Erreichen einer nachhal-
tigen Einführung. Dabei sind Besprechungen
– 18 – VDI 2870 Entwurf

Tabelle 4. Aufgaben der Ebenen bei der GPS-Einführung


Ebene Aufgaben
Strategisches Management x Strategie(weiter)entwicklung
(z. B. Geschäftsführung) x Ableitung der Ziele
x Definition und Monitoring von Kennzahlen
x (Weiter)Entwicklung unterstützender Anreizsysteme (Entgelt)
Taktisches Management x Übertragung der Ziele auf taktische Ziele
(z. B. Fertigungsleiter, x Bewusstseinsschaffung für einen Kulturwandel bei Mitarbeitern schaffen, um zu
Logistikleiter) einer kontinuierlichen Verbesserungsmentalität zu kommen
x Umfeld für die Umsetzung der kontinuierlichen Verbesserung schaffen
(z. B. Schulungen, KVP-Workshops)
x Führen nach Zielen
Operatives Management x Kommunikation und Visualisierung von operativen Zielen und Kennzahlen
(z. B. Meister, Planer) x Sicherstellung der Einhaltung der Methodenstandards
x Sicherstellen, dass ständig Projekte zur kontinuierlichen Verbesserung initiiert
werden
x Unterstützung von Gruppenaktivitäten zur Problemlösung
x Durchführung interdisziplinärer Schulungen
Operative Mitarbeiter x Arbeit nach aktuellen Standards ausführen
(z. B. Werker, Vorarbeiter) x Prozessbeobachtung und Suchen nach Verbesserungsmöglichkeiten
Betriebsrat x GPS als Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitsplatzsicherung begreiflich
machen
x Kompatibilität des Entgeltsystems sicherstellen

Erfolgsfaktoren in der Betriebsphase x Um auch im laufenden Betrieb Nachhaltigkeit


x Während in den Anfangsphasen Konzeption bis zu gewährleisten und nicht in alte Verhaltens-
Übergang die Erfolgsfaktoren eher in der Pro- weisen zurück zu fallen, ist es notwendig alle
jektarbeit liegen, sollte im Betrieb die Auf- Mitarbeiter zu Beteiligten zu machen. Dabei
merksamkeit darauf gelenkt werden, die Nach- sollte mit potenziellen Widerständen oder
haltigkeit der Maßnahmen zu erreichen. Dies ist Ängsten offen umgegangen werden und nicht
durch die sinnvolle Kombination der Gestal- angenommen werden, dass technische Lösun-
tungsfeder Kontinuierliche Verbesserung (in- gen ausreichen. Wenn der Widerstand einzelner
klusive PDCA-Zyklus) und Standardisierung zu Personen dem Teamgeist zu schaden droht, ist
erreichen. Durch eine routinemäßig erneuerte angemessen darauf zu reagieren, um nicht den
Zielsetzung halten die Führungskräfte ihre Mit- Erfolg des gesamten GPS zu gefährden. Ein
arbeiter an, Standards immer wieder zu hinter- kooperatives Verhältnis zum Betriebsrat ist ein
fragen und zu verbessern. Um die Motivation weiterer wesentlicher Erfolgsfaktor.
aufrechtzuerhalten ist es wichtig, dass die Ideen x Wenn das Produktionssystem in den operativen
schnell und möglichst direkt von den Mitarbei- Bereichen erfolgreich eingeführt und etabliert
tern umgesetzt werden. Dabei ist eine angemes- wurde, wird die Ausweitung in andere Unter-
sene Unterstützung durch die Führungskraft un- nehmensbereiche wie Verwaltung und Vertrieb
erlässlich. Durch Standardisierung einer als verfolgt, um auch dort Potenziale zu erschlie-
Best-Practice erprobten Vorgehensweise kann ßen und alle Prozesse (ganzheitlich) aufeinan-
jeweils wieder ein stabiler Prozess etabliert der abzustimmen.
werden, bis sich ein erneuter Verbesserungs-
x Review-Prozess zur Überprüfung der Zielerrei-
schritt erfolgreich etabliert hat.
chung einführen.
x Bei gemeinsam getragener Vision, Mission,
x Neue Mitarbeiter (insbesondere im Manage-
Strategie und Zielen, verbunden mit einer er-
ment) in das GPS einführen und einbinden.
folgsorientierten Unternehmenskultur, können
Fehler den Erfolg der GPS-Einführung nicht x Ziele nicht laufend ändern, nicht zu viele Ziele
gefährden. ausgeben oder zu wenige Ressourcen zur Ver-
fügung stellen.
Entwurf VDI 2870 – 19 –

Bild 8. Erfolgsfaktoren der Nachhaltigkeit


4.2 Unternehmensführung und -kultur 4.2.1 Unternehmensführung
Bei der Einführung eines GPS müssen die Einflüs- Unternehmensführung ist die soziale (auch wech-
se der Art der Unternehmensführung und kulturelle selseitige) Einflussnahme auf die Strukturen und
Gegebenheiten berücksichtigt werden, da in jedem Systeme des Unternehmens vor dem Hintergrund
Kulturkreis Vorgaben und Anweisungen anders verbindlicher Ziele [41].
aufgenommen und umgesetzt werden. Im Folgen- Zur Einführung eines GPS ist es wichtig, den rich-
den werden daher die Grundlagen von Unterneh- tigen Führungsstil anzuwenden. Die Entscheidung
mensführung (Abschnitt 4.2.1) und -kultur (Ab- für einen bestimmten Führungsstil kann nicht ver-
schnitt 4.2.2) in Bezug auf die GPS-Einführung allgemeinert werden, vielmehr ist die Auswahl
vorgestellt. Abschließend werden zwei Konzepte eines Führungsstils abhängig von der jeweiligen
vorgestellt, die den Umgang des Unternehmens mit Situation, den Mitarbeitern und den Zielen. Ein
der Gesellschaft und den Mitarbeitern regeln (Ab- „richtig“ oder „falsch“ gibt es in diesem Zusam-
schnitt 4.2.3) sowie konkrete Handlungsempfeh- menhang nicht. Für Führungskräfte leitet sich dar-
lungen (Abschnitt 4.2.4) geben. aus die Anforderung ab, die verschiedenen Füh-
rungsstile zu beherrschen, um diese situationsspe-
zifisch einsetzen zu können. Bild 9 stellt anhand
des Führungskontinuums die situationsbedingte
Partizipation in Entscheidungsfragen von Füh-
rungskräften und Mitarbeitern dar.

Bild 9. Führungskontinuum [84]


– 20 – VDI 2870 Entwurf

Das Kontinuum der Führungsstile reicht von einem 4.2.2 Unternehmenskultur


autoritären bis zu einem Laissez-faire-Führungs- Kultur wird in der Forschung verstanden als die
stil. Bei einem autoritären Führungsstil trifft der Gesamtheit von Attitüden, Grundsätzen, Annah-
Vorgesetzte alle Entscheidungen alleine und die men, Werten und Wertvorstellungen, Verhaltens-
Mitarbeiter führen die Anweisungen aus, ohne normen und Grundeinstellungen die von einer
offene Kritik zu üben. Um den reibungslosen Ab- Gruppe geteilt werden, die das Verhalten der
lauf zu gewährleisten, benötigt die Führungskraft Gruppenmitglieder beeinflussen und mit wessen
dabei ein enormes Fachwissen. Motivation, Selb- Hilfe diese das Verhalten anderer interpretieren
ständigkeit und Kreativität der Mitarbeiter werden [82]. Da die Einführung eines GPS vielfach feste
unterdrückt. Im Gegensatz zum autoritären Füh- Verhaltensmuster hinterfragt und Veränderungen
rungsstil steht der Laissez-faire-Führungsstil, bei in der Denkweise (interne und externe Kundenori-
dem der Vorgesetze den Mitarbeitern sehr viele entierung, Fokussierung auf die Vermeidung von
Freiheiten bei der Bewältigung ihrer Aufgaben Verschwendung) voraussetzt, ist die Unterneh-
lässt. Dabei besteht die Gefahr, dass beispielsweise menskultur ein wichtiger Einflussfaktor bei der
durch neue Aufgabenstellungen und dann fehlen- GPS-Einführung. Hinzu kommt, dass bei vielen
den positiven oder negativen Feedbacks die Ergeb- internationalen Unternehmen bei der GPS-
nisse schlechter werden und Beteiligung und Moti- Einführung die Kommunikation und Zusammenar-
vation der Mitarbeiter stark abnehmen. beit von Menschen unterschiedlicher Kulturen
Zwischen diesen beiden Führungsstilen liegt der bewältigt werden muss. Vor der Einführung eines
kooperative Führungsstil. Der kooperative Füh- GPS in einem Unternehmen, sind daher die kultu-
rungsstil ist von gegenseitigem Respekt und Be- rellen Gegebenheiten festzustellen.
mühung um einen Konsens zwischen Führungs- Eine Möglichkeit zur näheren Betrachtung der
kraft und Mitarbeitern geprägt. Der Vorgesetzte kulturellen Einflüsse bieten die Kulturdimensionen
trifft Entscheidungen zusammen mit den Mitarbei- nach Geert Hofstede [38]. Dieser beschreibt die
tern und beteiligt sie somit am Prozess. Hierdurch Unternehmenskultur eines Landes in folgenden
steigt die Motivation, Selbständigkeit und Kreativi- fünf Dimensionen:
tät des Mitarbeiters. Das Erreichen der gesetzten Machtdistanz
Ziele wird gemeinsam angestrebt.
x hoch: patriarchalischer Stil, Vorgesetzte treffen
Ein kooperativer Führungsstil ist für die GPS-
Entscheidungen alleine
Einführung erfolgsversprechend bei Unternehmen
mit gutem Bildungsniveau und Gewerkschaftsein- x niedrig: Vorgesetzte und Untergeordnete sollen
fluss. Abweichungen zu mehr Entscheidungsspiel- gleich sein
raum des Vorgesetzten (autoritärer Führungsstil) Maskulinität
oder der Gruppe (Laissez-faire-Führungsstil) kön- x hoch: hart, materiell orientiert, Aggression,
nen sinnvoll sein. Die Entscheidung dazu wird Durchsetzungsvermögen
stark beeinflusst durch die Veränderungsbereit-
x niedrig: sensibel, sozial, fürsorglich, Verhand-
schaft, Motivation, Fähigkeiten in Bezug auf seine
lung, Intuition, Anpassungsbereitschaft
Tätigkeiten und das Bildungsniveau des einzelnen
Mitarbeiters sowie durch die kulturellen Rahmen- Individualismus
bedingungen. Allerdings ist neben dieser Fähigkeit x hoch: auf sich selbst bedacht, eigenständiges
auch die Wandlungsfähigkeit, also die Anforde- Arbeiten, Aufgabe wichtig
rung sich selbst effizient und schnell an veränderte x niedrig: Kollektivismus, auf das Allgemeinwohl
Anforderungen anpassen zu können, bei Führungs- bedacht, Beziehungen wichtig
kräften und Mitarbeitern gefragt.
Unsicherheitsvermeidung
Für die GPS-Einführung gilt zu beachten:
x hoch: Widerstand gegen Veränderung, viele
x Verhaltens- und Lernmuster sind kulturell be- schriftliche Regeln
dingt
x niedrig: offen gegenüber Veränderung, flexibel
x dieselbe Informationsdarbietung hat nicht über-
all dieselbe Bedeutung Langfristige Orientierung

x jede Kultur hat eigene Werte, Symbole, Verhal- x hoch: Anpassen der Traditionen, sparsamer
tensmuster Umgang mit Ressourcen, langfristiges Errei-
chen von Zielen
Im Folgenden werden daher die Einflüsse und
Rahmenbedingungen der Unternehmenskultur auf x niedrig: Respektieren der Traditionen, schnelle
die GPS-Einführung näher beschrieben. Ergebnisse erwartet
Entwurf VDI 2870 – 21 –

Bild 10. Vergleich der Kulturdimension: Deutschland - Japan [39]


In Bild 10 sind deutliche Unterschiede zwischen zeigt sich, dass die meisten Unternehmen in Kri-
Deutschland und Japan zu erkennen. Japan wurde senzeiten ein GPS einführen.
an dieser Stelle als Referenz zu Deutschland ge- x Vorteile: Krise kann erzwungen werden (z. B.:
wählt, da viele der GPS-Prinzipien aus dem Toyo- Ressourcenverknappung) ĺsehr riskant
ta-Produktionssystem, das als die wesentliche
Grundlage der GPS betrachtet wird, übernommen x Nachteile: Krise erforderlich
wurden. Anhand der Kulturdimensionen Machtdis- Gärtneransatz
tanz und Individualismus wird der Unterschied Management kann versuchen die Kultur zu beein-
zwischen Deutschland und Japan erkennbar. So ist flussen. Ob das gewünschte Ergebnis daraus resul-
die Machtdistanz in Japan höher als in Deutsch- tiert bleibt fraglich.
land. Dies spiegelt sich im alltäglichen Umgang x Vorteile: freier Handlungsspielraum der Mitar-
darin wieder, dass japanische Mitarbeiter ihren beiter führt zu Kreativität und Flexibilität
Vorgesetzten nicht widersprechen und keine Kritik
an deren Entscheidungen üben. In Deutschland x Nachteile: langsam, Erfolg fraglich, uner-
wird ein größeres Augenmerk auf selbständiges wünschte Nebenfolgen (z. B. Verselbstständi-
Arbeiten gelegt, daher ist der Individualismus stär- gung)
ker ausgeprägt. Auch steht im deutschen Kultur- Macheransatz
kreis die Aufgabe im Vordergrund und nicht wie in Kultur wird vom Management beliebig ohne Betei-
Japan die geschäftlichen Beziehungen. ligung der Mitarbeiter versucht zu verändern.
Für die Implementierung eines GPS ist es für ein x Vorteile: Wettbewerbsvorteile, Unternehmens-
Unternehmen wichtig, ein genaues Bild der eige- kultur beliebig veränderbar, großer Handlungs-
nen Unternehmenskultur zu haben, um die anste- spielraum
henden Veränderungen mithilfe des geeigneten x Nachteile: Verunsicherung der Mitarbeiter,
Führungsverhaltens und entsprechender Kommuni- demotivierte Mitarbeiter durch fehlende Wert-
kationsmethodiken umzusetzen. Gestaltungsprin- schätzung
zipien, Methoden und Werkzeuge des GPS sollten
auf das jeweilige Unternehmen und die landestypi- Da Veränderungsbereitschaft der Mitarbeiter nicht
schen Gegebenheiten abgestimmt sein. Ebenfalls als Selbstverständlichkeit unterstellt werden kann,
denkbar ist, die Unternehmenskultur an die Erfor- kann eine Nachhaltigkeit der GPS-Einführung und
dernisse eines GPS anzupassen oder sie neu auszu- eine Veränderung in der Unternehmenskultur nur
richten. durch konsequente und disziplinierte Betreuung,
Schulung oder Ausbildung und Standardisierung
Zur Durchführung einer Veränderung in der Un- von Abläufen erreicht werden. Tendenziell eignet
ternehmenskultur gibt es verschiedene Ansätze sich daher der Krisenansatz für die Einführung
[65; 59]: eines GPS mit einhergehender Veränderung der
Krisenansatz Kultur, da für diesen Ansatz Veränderungsbereit-
Kultur ist unveränderlich, solange keine Krise schaft der Mitarbeiter durch die Krise bewirkt
vorherrscht. Durch eine Krise werden Werte und wird. Der Gärtner-Ansatz (mitarbeiterbasierend,
Normen einer Organisation in Frage gestellt und Teamleistung) ist am besten für die langsame Ein-
gegebenenfalls durch neue ersetzt. In der Praxis führung eines GPS geeignet.
– 22 – VDI 2870 Entwurf

4.2.3 Unternehmensleitlinien Beschreibung verantwortungsvoller Unterneh-


Bei der Einführung eines GPS spielen Werte und mensführung [17].
Verhaltensnormen im Umgang mit Kunden und 4.2.4 Handlungsempfehlung für die Gestal-
Mitarbeitern eine wichtige Rolle. Unternehmens- tung von Unternehmensführung und
leitlinien vermitteln ein einheitliches Bild der je- -kultur
weiligen Unternehmenskultur und geben Orientie- In Tabelle 5 sind praxisorientierte, zielführende
rungshilfe bei fehlenden Vorgaben im Rahmen Handlungsempfehlungen (Dos und Don’ts) ge-
ihrer Weisungsfunktion. Nachfolgend werden zwei nannt.
Konzepte beispielhaft vorgestellt, deren Aufgabe 4.3 Organisation der Einführung
es ist, den Umgang des Unternehmens mit der
Gesellschaft und den Mitarbeitern unter sich zu Jede Zielsetzung braucht Menschen, die von ihr
regeln. begeistert sind, für sie werben und die damit ver-
bundenen Veränderungen vorleben. Mitarbeiter
Co rp o ra te S o c ia l Re s p o n s ib ility (CS R)
sind gefordert, Vorurteile abzubauen und Ziele und
Corporate Social Responsibility betrifft die gesell- Maßnahmen konsequent umzusetzen. Strategisches
schaftliche Verantwortung eines Unternehmens. und taktisches Management müssen daher die Ent-
Das CSR-Konzept nimmt die Idee der Nachhaltig- scheidung treffen, welches Einführungsszenario
keit auf und verbindet die drei Säulen Ökonomie, und welche -strategie am erfolgversprechendsten
Ökologie und Soziales mit konkretem unternehme- erscheint, um die operative Personalebene zu errei-
rischem Handeln. Werte bilden die Basis für Cor- chen und Verantwortungsbereitschaft und Verän-
porate Social Responsibility. Eine gefestigte Un- derungswillen zu erzeugen [78; 44]. Im Rahmen
ternehmenskultur gibt einem Unternehmen Profil der Konzeptionsphase des GPS ist dazu eine Un-
und schafft Wettbewerbsvorteile. Eine langfristige ternehmensanalyse (Abschnitt 4.3.1) nötig, in der
Bestandssicherung ist nur möglich, wenn ein Un- die Systemkomplexität und das Veränderungsmaß
ternehmen sowohl einen gesellschaftlichen als des Unternehmens bestimmt werden. Aus der Ana-
auch einen ökonomischen Mehrwert schaffen kann lyse leiten sich vier generell unterschiedliche Sze-
[83]. narien für die Einführung ab. Die Einführungssze-
Co rp o ra te Go ve rn a n c e narien sind im Abschnitt 4.3.2 beschrieben.
Corporate Governance beschäftigt sich mit den Neben der Wahl eines geeigneten Einführungssze-
Werten und Grundätzen, die zu einer guten, zielge- narios müssen die Größe des Einführungsbereichs,
richteten und verantwortungsvollen Unterneh- der Umfang des Elementekatalogs und die Priori-
mensführung und -überwachung führen. Diese sierung der einzuführenden Elemente durchgeführt
können sowohl gesetzlich fixiert, in Richtlinien werden. In Abschnitt 4.3.3 werden die Themen im
oder Unternehmensleitbildern schriftlich festgelegt Rahmen der Festlegung einer Einführungsstrategie
oder auch als Usus in Unternehmen vorgelebt sein. vorgestellt. Abschließend werden in Ab-
Corporate Governance darf jedoch nicht als inter- schnitt 4.3.4 vier organisatorische Gestaltungsmög-
national einheitliches Regelwerk verstanden wer- lichkeiten zur GPS-Einführungsverantwortung
den – sondern, bis auf einige allgemein gültige vorgestellt.
Grundsätze – als länder- oder branchenspezifische

Tabelle 5. Handlungsempfehlung für die Gestaltung von Unternehmensführung und -kultur


Dos Don’ts
x Einhalten von nicht schriftlich oder explizit festgelegten x Keine falschen Erwartungen erzeugen, dies führt zu
Verhaltensnormen (Selbstverpflichtung zu Werten des Frustration und Demotivation der Mitarbeiter.
Kulturkreises). x Bei Entscheidungen nur auf die sachliche und inhalt-
x Gegenüber den Mitarbeitern für Feedback sorgen, liche Richtigkeit achten, und nicht auf die sozialen
sowohl positiv als auch negativ. Auswirkungen.
x Den Führungsstil situationsbedingt wählen. x Nicht zuhören, nur durch zuhören erlangt der Vorge-
x Selbsterkenntnis besitzen, die Führungsperson sollte setzte die richtigen Informationen.
über ihr Führungsverhalten reflektieren, denn auf jede x Unsorgsam mit Bestrafungen und Tadel umgehen.
Handlung folgt ein Resultat oder Ergebnis (Actio gleich
Reactio).
x Längerfristige Perspektiven entwickeln und Ziele vor-
geben.
Entwurf VDI 2870 – 23 –

4.3.1 Unternehmensanalyse x Systemveränderung: geringes Veränderungs-


Eine erfolgreiche GPS-Einführung benötigt sowohl maß bei großer Systemkomplexität
ein zweckmäßiges Einführungsszenario als auch x Neuordnung: großes Veränderungsmaß bei
eine geeignete -strategie. Die Wahl des Szenarios geringer Systemkomplexität
ist von zwei Hauptgrößen abhängig: der System- x Grunderneuerung: großes Veränderungsmaß
komplexität und dem zu realisierenden Verände- bei großer Systemkomplexität
rungsmaß. Beide Größen müssen individuell für
das Unternehmen analysiert werden. Die System-

hoch
komplexität setzt sich aus Programm- und Pro-

Systemkomplexität
System- Grund-
zesskomplexität zusammen, das Veränderungsmaß veränderung erneuerung
aus den Größen Veränderungsbreite und -tiefe [5].
Alle vier Größen lassen sich aus verschiedenen
Kenngrößen ableiten, die im Weiteren aufgeführt
sind:
x Systemkomplexität: In die Bewertung der Pro- Umgestaltung Neuordnung

gering
grammkomplexität fließen die Bewertungen
Leistungsbreite, Menge der Produkttypen, der
Produktlebenszyklus und die Produktkomplexi- gering hoch
tät ein. Veränderungsmaß
x Systemkomplexität: Die Bewertung der Pro- Bild 11. Grundtypen von Einführungsszenarien [5]
zesskomplexität setzt sich zusammen aus dem
Wiederholungsgrad der Prozesse, den Produkti- Die Grundtypen von Einführungsszenarien sind im
onsstufen, dem Veränderungsgrad der Prozesse Folgenden detailliert charakterisiert:
und dem Automatisierungsgrad bzw. der Pro- Umgestaltung
duktionsform des Unternehmens. Bei einer Umgestaltung müssen im Unternehmen
x Veränderungsmaß: Die Bewertung der Verän- nur geringe Veränderungen umgesetzt und dabei
derungsbreite wird gebildet durch die Anzahl eine geringe Systemkomplexität beachtet werden
der Standorte des Unternehmens, die Internati- (beispielsweise ein kleines mittelständisches
onalität der Standorte, die Standortgröße und Unternehmen, dass seine Produktion auf Kanban
die Fertigungstiefe an den einzelnen Standorten. umstellt oder ein großes Unternehmen, das nur
x Veränderungsmaß: Die Bewertung der Verän- geringe Veränderungen, z. B. 5S implementiert).
derungstiefe wird durch den vorgefundenen Hierzu können viele standardisierte Gestaltungs-
Flexibilitätsgrad des Unternehmens, den vor- prinzipien, Methoden und Werkzeuge (Elemente)
handenen Verbreitungsgrad von GPS- verwendet und diese in allen Bereichen des
Elementen im Unternehmen, dem Einführungs- Unternehmens implementiert werden, ohne die
anlass für GPS und dem Planungsfall (Neupla- Elemente stark anpassen zu müssen. Bei der
nung eines Standorts, Auslastungsgrad in der Planung kann auf vorhandenes Datenmaterial
Produktion usw.) im Unternehmen bestimmt. zurückgegriffen werden, um daraus Zielsetzungen
für die Produkte und die Prozesse ableiten zu
Durch die Bestimmung der Kenngrößen ist eine können [5].
Beschreibung der Systemkomplexität und dem
Systemveränderung
Veränderungsmaß möglich. Beide können nicht
mathematisch exakt erfasst werden, sondern wer- Bei der Systemveränderung steht das Unternehmen
den durch die Tendenzwerte „hoch“ und „niedrig“ zwar geringen Veränderungen gegenüber, muss
erfasst. aber eine große Systemkomplexität beherrschen
(beispielsweise ein Unternehmen, das viele unter-
4.3.2 Einführungsszenarien
schiedliche, sich schnell verändernde Produkte
Je nach Bewertung von Systemkomplexität und herstellt). Für die Lösung dieser Aufgabe ist es
Veränderungsmaß ergeben sich unterschiedliche daher erforderlich, Wissensträger aus den einzel-
Herausforderungen während der Einführung des nen Unternehmensbereichen (Fertigung, Montage,
GPS. In Bild 11 sind die Grundtypen von Einfüh- Logistik etc.) zu vernetzen. Die Analyse der Ver-
rungsszenarien in Abhängigkeit von Systemkom- änderungen kann dabei dezentral in den einzelnen
plexität und Veränderungsmaß vorgestellt. Unternehmensbereichen erfolgen. Als Grundlage
x Umgestaltung: geringes Veränderungsmaß bei kann vorhandenes Datenmaterial verwendet wer-
geringer Systemkomplexität den. In den einzelnen Unternehmensbereichen
– 24 – VDI 2870 Entwurf

sollen hauptsächlich Best-Practice-Lösungen iden- schen vier Umsetzungstypen gewählt werden.


tifiziert und den anderen Unternehmensbereichen Standortweite, themenorientierte, bereichsbegrenz-
zur Verfügung gestellt werden. Bei der Systemver- te oder stichpunktartige Umsetzung:
änderung sollte die Wahl der Elemente für die Standortweite Umsetzung
einzelnen Bereichen nicht eingeschränkt sein (op- Die Einführung aller GPS-Elemente geschieht über
tionale Elemente) [5]. den gesamten Standort in zeitnahen Schritten. Die-
Neuordnung se Art der Umsetzung kennzeichnet eine hohe Sys-
Bei der Neuordnung hat das Unternehmen die temkomplexität und eine hohes Veränderungsmaß
Aufgabe, eine weitreichende Veränderung der aus. Von Vorteil sind das große Potenzial, dass
vorgefundenen Situation herbeizuführen, während erschlossen werden kann, und die einheitliche
die Systemkomplexität nicht sehr hoch ist (bei- Struktur, die über alle Bereiche gelegt wird.
spielsweise ein mittelständisches Unternehmen mit Nachteilig ist der große Umsetzungszeitraum, der
wenigen Mitarbeitern, das nur über einen Standort benötigt wird. Es bedarf eines hohen Ressourcen-
verfügt, oder eine bestimmte Abteilung an einem einsatzes, da umfassende Veränderungen notwen-
großen Standort). Das sich daraus ergebene System dig sind. Die Möglichkeit eines hohen Verände-
sollte hauptsächlich auf hoch standardisierten Ele- rungswiderstands der Mitarbeiter ist gegeben. Ins-
menten beruhen [5]. gesamt ergibt sich eine große Komplexität, die
Grunderneuerung gehandhabt werden muss.
Bei der Grunderneuerung soll ein GPS in einem Themenorientierte Umsetzung
Umfeld mit einem hohen Veränderungsmaß in Es werden ausgewählte Elemente standortweit
einem System mit einer hohen Komplexität einge- implementiert. Weniger erfolgszuträgliche Ele-
führt werden (beispielsweise global agierende Au- mente werden ausgeschlossen. Vorteilhaft sind die
tomobilproduzenten). Diese Zielsetzung kann am geringere Komplexität und damit der geringere
besten mit einer Stabsabteilung und mehreren loka- Aufwand, der betrieben werden muss. Der geringe-
len Champions, die untereinander kommunizieren, re Veränderungsgrad kann eine höhere Akzeptanz
erreicht werden. Das Ziel ist eine GPS-Gestaltung, unter den Mitarbeitern als die standortweite Um-
die Kernelemente und optionale Elemente zulässt. setzung mit sich bringen. Von Nachteil ist, dass
Das gesamte System weist einen mittleren Stan- nicht alle Elemente nach ihrer Erfolgszuträglich-
dardisierungsgrad auf, sodass die einzelnen Berei- keit bewertet werden können. Relevante Potenziale
che Gestaltungsmöglichkeiten in der Umsetzung werden gegebenenfalls nicht erkannt.
haben [5]. Bereichsbegrenzte Umsetzung
4.3.3 Einführungsstrategie Alle GPS-Elemente werden in Schritten in einem
Die Erkenntnis über das jeweilige Einführungssze- Pilotbereich eingeführt. Von Vorteil ist, dass in
nario gibt den betroffenen Unternehmen Ansatz- einem kleinen, überschaubareren Bereich Erfah-
punkte, um aufgrund der Komplexität und des rungen gesammelt werden können, die dann stand-
nötigen Veränderungsmaßes generelle Gestal- ortweit kommuniziert und weitergegeben werden
tungshinweise für die Einführung zu erhalten. Die können. Weiterhin besteht die Möglichkeit, Expe-
Hinweise unterstützen insbesondere bei der Gestal- rimente durchzuführen. Ebenso ist es in einem
tung der Einführungsstrategie. Die Wahl der Ein- kleineren Bereich schneller möglich, Veränderun-
führungsstrategie in der Konzeptionsphase lässt gen umzusetzen. Von Nachteil ist, dass für die
sich auf drei wesentliche Gestaltungsmerkmale Umsetzung im gesamten Produktionsbereich ein
zusammenfassen: größerer Zeitrahmen eingeplant werden muss, so-
x Festlegung des Umsetzungsbereichs dass eventuell Potenziale relativ lange ungenutzt
bleiben. Bei der Einführung von mehreren Pilotbe-
x Umfang des Elementekatalogs reichen kann es sein, dass sich unterschiedliche
x Priorisierung der einzuführenden Elemente Systeme nebeneinander etablieren.
Allerdings kann es während der GPS-Einführung Stichpunktartige Umsetzung
vorkommen, dass die geplante Einführungsstrate- Es werden ausgewählte GPS-Elemente in unter-
gie aufgrund veränderter Rahmenbedingungen, schiedlichen Bereichen eingesetzt. Von Vorteil ist,
einer veränderten internen Situation oder Be- dass Veränderungen nur dann durchgeführt wer-
schränkungen in den Ressourcen neu geplant wer- den, wenn sie für den entsprechenden Bereich re-
den muss. levant sind. Da nicht alle Elemente an die Mitar-
Zunächst wird die Festlegung des Umsetzungsbe- beiter kommuniziert werden müssen, werden mit
reichs detailliert. Dabei kann grundsätzlich zwi- dieser Umsetzung weniger Ressourcen für die
Entwurf VDI 2870 – 25 –

Kommunikation benötigt. Durch den geringeren lich bei einer Grunderneuerung, Neuordnung
Veränderungsgrad ist die Akzeptanz unter den oder Umgestaltung verwendet.
Mitarbeitern höher. Die stichpunktartige Umset- In der Regel können nicht alle Elemente, die in den
zung kann im Vergleich zu umfassenderen Einfüh- zur Verfügung gestellten Katalog aufgenommen
rungsmaßnahmen besser auf ihren Erfolg überprüft worden sind, zeitgleich im vorgesehenen Umset-
und Anpassungen einfacher vorgenommen werden. zungsbereich eingeführt werden. Daher gibt es
Diese Umsetzung eignet sich daher besonders in unterschiedliche Möglichkeiten, die Priorisierung
der frühen Implementierungsphase bevor eine um- der Elemente aus dem vorher festgelegten Katalog
fassende GPS-Einführung erfolgt. Nachteilig ist, durchzuführen und diese stufenweise einzuführen
dass einige GPS-Elemente erst bei flächendecken- [89]. Zur Verfügung stehen das prozessorientierte,
der Einführung ihr volles Potenzial entfalten. das mitarbeiterorientierte oder das wirkungs- und
Während der Implementierungsphase ist es mög- defizitorientierte Stufenmodell.
lich, den Umfang des Elementekatalogs zu vari- Prozessorientiertes Stufenmodell
ieren. Es wird in Kernelemente und optionale Beim prozessorientierten Stufenmodell wird die
Elemente unterschieden: Implementierung der Elemente in vier Stufen ein-
x Kernelemente sind definierte Elemente, die in geteilt: Standardisierung der Strukturen, Standardi-
allen Umsetzungsbereichen angewendet werden sierung der Prozesse, Stabilisierung der Prozesse
müssen. Tendenziell sind es daher wenige Ele- und Optimierung der Prozesse (Bild 12). Zur
mente. Günstig ist, dass weniger Schulungs- Standardisierung der Strukturen und Prozesse ei-
aufwand betrieben wird und kein Selektions- genen sich insbesondere z. B. die Methoden des
prozess im Produktionssystem stattfinden muss. Gestaltungsprinzips „Standardisierung“. Zur Opti-
Kernelemente werden hauptsächlich bei Unter- mierung der Prozesse eigenen sich vor allem Me-
nehmen eingesetzt, die eine weitreichende Ver- thoden, die einen KVP (Gestaltungsfeld Kontinu-
änderung herbeiführen müssen (Grunderneue- ierlicher Verbesserungsprozess) initiieren. Ziel des
rung und Neuordnung). Im Rahmen dieser Modells ist die schnelle Implementierung über den
Richtlinie wurden für die GPS-Einführung die Umsetzungsbereich mit einer nachfolgenden Ver-
Prinzipien Vermeidung von Verschwendung, besserung des Leistungsgrads der eingeführten
Kontinuierlicher Verbesserungsprozess (inklu- Elemente. Stufenweise können weitere Elemente
sive der Methode PDCA) und Standardisierung ergänzt werden, wenn die Auswahl des Umfangs
als minimale Auswahl an Kernelementen defi- des Elementekatalogs dies zulässt. Bei diesem
niert. Stufenmodell werden zuerst die Grundlagen für die
x Optionale Elemente sind Elemente eines Pro- nachhaltige Einführung des GPS gelegt. Die Prio-
duktionssystems die bereichsspezifisch ange- risierung der GPS-Elemente nach diesem Modell
wendet werden können. Die Elemente werden ist die grundlegendste, erfordert aber einen relativ
hierzu in einem Elementekatalog (Toolbox, hohen Anfangsaufwand, bevor in den späteren
Baukasten, Methoden und Werkzeugkatalog Stufen die Erfolge sichtbar und messbar werden.
etc.) zusammengestellt und dezentral entschie- Allerdings lassen sich schrittweise weitere Ele-
den, welche Elemente im spezifischen Bereich mente einfach etablieren. Das Modell eignet sich
eingeführt werden sollen. Es finden auch einige für alle Einführungsszenarien [89].
Elemente keine Anwendung. Bei einer System-
veränderung, bei dem die Systemkomplexität
sehr hoch ist, wird diese Art der Elementeinfüh-
rung häufig angewandt. Die VerbesserungsPo-
tenziale können auf diese Weise optimal geho-
ben werden. Dem entgegensteht, dass der Qua-
lifizierungsaufwand sehr hoch ist.
x Eine Kombination aus Kernelementen und
optionalen Elementen, also die Vorgabe weni-
ger fester Kernelemente sowie die Auswahl-
möglichkeit aus einem zusätzlichen Elemente- Bild 12. Prozessorientiertes Stufenmodell, nach
[89]
katalog, die nicht in allen Umsetzungsbereichen
vollständig implementiert werden, ist eine wei- Mitarbeiterorientiertes Stufenmodell
tere Möglichkeit zur Gestaltung der GPS- Bei dem mitarbeiterorientierten Stufenmodell steht
Elemente. Diese Kombination wird hauptsäch- der Mitarbeiter im Vordergrund (Bild 13). Die
– 26 – VDI 2870 Entwurf

Umsetzung gliedert sich in drei Stufen: Verände- gleich eingeführt werden, da unterschiedliche Po-
rung Arbeitsplatzorganisation, Einführung neuer tenziale bzw. Defizite identifiziert werden und
Organisationsformen, Methoden zur Kontinuierli- dadurch der systemtechnische Zusammenhang des
chen Verbesserung. Jeder Mitarbeiter beginnt zu- GPS verloren geht. Die Wirkung der Elemente ist
nächst in einem kleinen, überschaubaren Bereich daher meist nur kurzfristig. Weiterhin besteht die
mit Veränderungen, z. B. mit der Umsetzung von Möglichkeit, dass einige Elemente nicht berück-
5S am Arbeitsplatz. Damit werden Grundprinzi- sichtigt werden, da diese ihr volles Potenzial erst
pien von GPS jedem Mitarbeiter verdeutlicht und nach einer bereichsübergreifenden Einführung
nahegebracht. Durch die gewonnenen Erkenntnisse entfalten. Das wirkungs- und defizitorientierte
werden mithilfe der Mitarbeiter neue Organisati- Stufenmodell zur Priorisierung ist bei einer Grund-
onsformen geschaffen, z. B. die Gestaltungsprinzi- erneuerung oder Neuordnung geeignet (jeweils
pien Pull-Prinzip, Fließprinzip. In der letzten Stufe hohe Veränderungskomplexität) und eignet sich
werden KVP-Methoden etabliert. Dieses Stufen- nur für eine themenorientiere oder stichpunktartige
modell zur Priorisierung hat den Vorteil, dass die Umsetzung [89].
Mitarbeiter einen annähernd gleichen Wissens-
stand haben und sich eine systemweite einheitliche
Struktur unter Fokussierung des Mitarbeiterwis-
sens entwickelt. Von Nachteil ist, dass durch die
hohe Selbstbestimmung der Mitarbeiter Entwick-
lungspotenziale gegebenenfalls nicht erschlossen
werden, da diese nicht erkannt werden. Weiterhin
erfordert diese Priorisierungsart einen hohen Zeit-
bedarf. Das mitarbeiterorientierte Stufenmodell zur
Priorisierung ist bei Unternehmen, bei denen die
Veränderungskomplexität gering ist, zu verwenden Bild 14. Wirkungs- und defizitorientiertes Stufen-
[89]. modell, nach [89]
4.3.4 Einführungsverantwortlichkeit
Neben der Einführungsszenarien und -strategie ist
im Rahmen der Konzeption die Planungsverant-
wortlichkeit für das GPS zu bestimmen. Die Pla-
nungsverantwortlichen ersetzen dabei nicht die
Beteiligung der Entscheidungsebenen in den Ein-
führungsphasen, sondern unterstützen die organisa-
Bild 13. Mitarbeiterorientiertes Stufenmodell, nach torische Gestaltung der GPS-Einführung im Unter-
[89] nehmen. Es können vier Arten unterschieden wer-
den [89]:
Wirkungs- und defizitorientiertes Stufenmodell
x Einführung in Eigenverantwortung
Bei dem wirkungs- und defizitorientierten Stufen-
modell als Priorisierungsart steht das schnelle Es wird keine spezielle Projektorganisation ein-
Sichtbarwerden von Erfolgen im Vordergrund geführt, sondern dem operativen Management
(Bild 14). Am Anfang steht eine Analyse des Ist- die Verantwortung für die Einführung überge-
zustands, bei der eine Bewertung der Defizite oder ben. Der operativen Ebene innerhalb eines Um-
Potenziale erfolgt. Hier können z. B. die Methoden setzungsbereichs wird je nach Auswahl ein Stu-
Audits, Benchmarking, Wertstromplanung oder fenmodell sowie Kernelemente und optionale
Verschwendungsbewertung verwendet werden. Elemente vorgegeben.
Aufgrund dieser Bewertung wird mit dem Verän- Von Vorteil ist, dass die operative Ebene eigen-
derungsprozess in dem Bereich mit dem größten ständig entscheiden und sehr schnell agieren
Potenzial bzw. Defizit begonnen, optionale Ele- kann. Zudem können selbstständig Potenzialab-
mente einzuführen. Sobald diese Potenziale geho- schätzungen durchgeführt und nach der Analyse
ben oder die Defizite beseitigt worden sind, fokus- Maßnahmen ergriffen werden. Zu beachten ist,
siert sich der Implementierungsprozess auf das dass sich bei der Einführung in Eigenverant-
zweitgrößte Potenzial. Durch die Wahl dieser Prio- wortung in mehreren Umsetzungsbereichen un-
risierungsart werden schnell Erfolge sichtbar. Von terschiedliche Ausprägungen etablieren können.
Nachteil kann sein, dass in unterschiedlichen Um- Das operative Management und die operativen
setzungsbereichen unterschiedliche Systeme zeit- Mitarbeiter benötigen bei dieser organisatori-
Entwurf VDI 2870 – 27 –

schen Gestaltung einen sehr hohen Qualifizie- für die Koordination der GPS-Einführung und
rungsgrad. Aufgrund der sehr großen Eigen- die Qualifikation der Champions zuständig ist.
ständigkeit der Einführung wird diese organisa- Die zentrale Stabsstelle muss dabei nicht einen
torische Gestaltung bei einer Neuordnung ganzen Mitarbeiterstab umfassen, wie bei der
durchgeführt. Wegen des geringen benötigten stabsgeführten Einführung. Die Champions
Aufwands und des großen, persönlichen Enga- verbleiben an ihren angestammten Arbeitsplät-
gements, wird diese organisatorische Gestal- zen. Sie setzen so die Veränderungsimpulse de-
tung der GPS-Einführung in der Regel von zentral, aber geführt und koordiniert im Unter-
kleinen und mittelständischen Unternehmen nehmen. Die Stabsstelle übernimmt auch Re-
durchgeführt, deren Bereiche von der operati- portfunktionen gegenüber der strategischen E-
ven Ebene eher eigenständig geführt werden. bene. Die Veränderungen werden „bottom-up“
x Stabsgeführte Einführung in den Umsetzungsbereich getragen [89].
Bei der stabsgeführten organisatorischen Ges- Die Bündelung von hohem Sachverstand ist ein
taltung der GPS-Einführung übernimmt an ho- großer Vorteil bei der championsgeführten Ein-
her Hierarchieposition, meist auf strategischer führungsart. Von Nachteil ist, dass Sachvers-
Ebene, ein Mitarbeiterstab die Beratung, die tand nicht immer gleichbedeutend mit Kommu-
Festlegung der Ziele und die Einführungsver- nikationsvermögen und Führungsqualität ist.
folgung. Der Stab hat dabei lediglich eine bera- Weiterhin kann die championsgeführte Einfüh-
tende Funktion gegenüber der strategischen E- rung zu Verwirrung bezüglich der internen Hie-
bene und keine direkte Weisungs- und Ent- rarchien führen, da Autoritätsgrenzen verändert
scheidungsbefugnis. Die administrative und ko- werden können und somit ein unerwünschtes
ordinatorische Entlastung der strategischen E- Konkurrenzdenken gefördert wird. Diese orga-
bene, die die Einführungsverantwortung trägt, nisatorische Gestaltung der GPS-Einführung
ist charakteristisch für diese Gestaltungsart der kann bei Umgestaltungen, Systemveränderun-
Einführung. Die stabsgeführte Einführung wird gen oder Grunderneuerungen verwendet wer-
durch das bestehende Hierarchiesystem top den. Aufgrund ihrer geringen Kostenintensität
down durchgeführt [89]. und der geringen erforderlichen Mitarbeiter-
kenntnis wird diese Art der Einführung haupt-
Die bessere Übersicht und Steuerung des Ein-
sächlich in kleinen und mittelständischen Un-
führungsstands sind ebenso Vorteile, wie die
ternehmen angewandt.
daraus entstehende Bildung eines Kompetenz-
zentrums, dass bei Bedarf auch übergeordnete x Einführung durch GPS-Abteilung
Analysen, z. B. ein Benchmarking, durchführen Bei der organisatorischen Gestaltung der GPS-
kann. Nachteilig sind der zusätzliche Koordina- Einführung wird eine separate Abteilung unter-
tionsaufwand und der erhöhte zusätzliche Per- halb der strategischen Ebene neu gegründet.
sonalaufwand durch die Einrichtung der Stabs- Die GPS-Abteilung ist eigenständig und (im
stelle. Weiterhin ist es möglich, dass die nötige Gegensatz zur stabsgeführten Einführung)
Sachkompetenz nicht in alle Bereiche transpor- gleichberechtigt zu den taktischen Ebenen, die
tiert wird. Die stabsgeführte Einführung wird die Wertschöpfung durchführen. Die Abteilung
bei einer geringen Veränderungskomplexität, übernimmt ausschließlich nach Aufforderung
also bei Systemveränderungen oder Umgestal- Projektarbeiten (z. B. Qualifizierungsmaßnah-
tungen, gewählt. Diese Art der organisatori- men) in anderen Abteilungen. Die Abteilung
schen Gestaltung der GPS-Einführung funktio- wird mit fortschreitender GPS-Einführung zu-
niert wegen ihrer hierarischen Ausprägung am nehmend zu einer festen Einrichtung im Unter-
besten in mittelständischen Unternehmen mit nehmen in Form einer KVP-Abteilung.
einer hohen Systemkomplexität (Systemverän- Durch die organisatorische Gestaltung einer se-
derung). paraten Abteilung entsteht eine sehr hohe Me-
x Championsgeführte Einführung thodenkompetenz und konzentriertes Wissen.
Champions sind Mitarbeiter aus der operativen Auch Zielvorgaben können über alle Umset-
Ebene des Umsetzungsbereichs, die über ein re- zungsbereiche hinweg gesammelt werden. Al-
levantes Alleinstellungsmerkmal verfügen. Dies lerdings besteht die Gefahr, dass das GPS-
kann eine besonders hohe Akzeptanz unter den Wissen nicht ausreichend an die operativen
Mitarbeitern oder eine besondere fachliche Mitarbeiter kommuniziert wird und damit keine
Qualifikation sein. Die Champions werden Streuung des Wissens erfolgt. Weiterhin ist ein
durch eine zentrale Stabsstelle angeleitet, die hoher Personalaufwand für diese Einführungs-
art nötig. Die Einführung durch eine GPS-
– 28 – VDI 2870 Entwurf

Abteilung findet daher hauptsächlich in Groß- schließend werden noch konkrete Handlungsemp-
unternehmen statt. Typischerweise wird die Or- fehlungen gegeben (Abschnitt 4.4.4).
ganisationsgestaltung der Einführung bei einer 4.4.1 Widerstand und Motivation
Grunderneuerung oder Neuordnung verwendet.
Organisatorische Veränderungen, wie die Einfüh-
Die vier Arten der GPS-Einführungsverantwortung rung eines GPS, lösen bei den Mitarbeitern Unsi-
können kombiniert werden. So ist z. B. die Einfüh- cherheiten aus [70]. Wenn angemessene Bewälti-
rung durch eine GPS-Abteilung in Kombination gungsstrategien fehlen, können sich die Unsicher-
mit einer championsgeführten Einführung möglich. heiten zu Widerständen weiterentwickeln. Von
4.3.5 Handlungsempfehlung für die Organi- Widerstand kann immer dann gesprochen werden,
sation der Einführung wenn vorgesehene Entscheidungen oder getroffene
In Tabelle 6 sind praxisorientierte, zielführende Maßnahmen auf diffuse Ablehnung stoßen, nicht
Handlungsempfehlungen (Dos und Don’ts) ge- unmittelbar nachvollziehbare Bedenken erzeugen
nannt. oder durch passives Verhalten unterlaufen werden
4.4 Management der Veränderung bei der
[27, S. 323]. Werden solche Widerstände vom
GPS-Einführung Mitarbeiter nicht kommuniziert, können Konflikte
die Folge sein [01].
Die Einführung eines GPS geht über die Umset-
zung eines einfachen Rationalisierungsprojekts Gründe für Widerstände bei Mitarbeitern sind in
hinaus. Neben vielen Neuerungen, z. B. ver- drei Kategorien differenzierbar [22, S. 191]:
schwendungsarme Prozessabläufe oder ein verän- x Mangelnde Information
derter Methodeneinsatz, bewirkt die GPS- Die Betroffenen verstehen die Ziele, Motive
Einführung insbesondere in den Phasen Implemen- und Hintergründe einer Maßnahme nicht (z. B.
tierung, Übergang und Betrieb weitreichende Ver- aus politischen Gründen werden die Ziele des
änderung in vielen Bereichen. Diese Veränderun- Managements nicht offen kommuniziert).
gen führen vielfach zu Widerständen in der Beleg- x Mangelndes Vertrauen
schaft. Die GPS-Einführung erfordert daher auch Die Betroffenen glauben nicht, was ihnen ge-
die Überwindung von Widerständen durch die sagt wird (z. B. Mitarbeiter glauben nicht an die
Motivation der Mitarbeiter (Abschnitt 4.4.1). Die Nachhaltigkeit des Veränderungsprozesses
Phasen, die die beteiligten Mitarbeiter durchleben, durch das Management).
sind die idealtypischen Phasen eines Verände-
rungsprozesses, die von einem anfänglichen x Mangelnde Akzeptanz
Schock bis zur Integration ins eigene Handlungs- Die Betroffenen wollen oder können eine Maß-
repertoire reichen (Abschnitt 4.4.2). Um die auftre- nahme nicht unterstützen (z. B. die Einführung
tenden Widerstände zu überwinden, empfiehlt es bestimmter Methoden wird in seiner Konse-
sich Methoden der Motivation einzusetzen. Die quenz als negativ eingeschätzt).
Methoden sind in Abschnitt 4.4.3 vorgestellt. Ab-

Tabelle 6. Handlungsempfehlung für die Organisation der Einführung


Dos Don’ts
x alle Besonderheiten und Umstände des Unterneh- x GPS gegen den Widerstand der Mitarbeiter (Betriebs-
mens beachten rat) einführen
x von Beginn an vorhandene Potenziale im Unterneh- x GPS ausschließlich von Externen einführen lassen
men (Mitarbeiter, vorhandene Strukturen, Erfah- x Management zieht sich nach Kick-off aus der Gestal-
rungsschätze usw.) nutzen tung zurück (Management by Delegation)
x ausreichend Zeit für alle Phasen der GPS-Einführung x unzusammenhängende Aktionen im Hau-Ruck-
(insgesamt 5 bis 10 Jahre möglich) einplanen Verfahren durchführen
x Externe zur Unterstützung in Konzeption und Imple- x Masse statt Klasse: Überlastung des Unternehmens
mentierung, auch in kleinen und mittleren Unterneh- mit zu vielen Veränderungen auf einmal, sodass nicht
men, hinzunehmen jedes Element konsequent umgesetzt wird, z. B.
x Best-Practice-Beispiele aus dem eigenen Unterneh- Standortweite oder bereichsbegrenzte Umsetzung mit
men oder von anderen Unternehmen zum Ideen- und zu engen Zeitvorgaben,
Erfahrungsaustausch nutzen x Anreizsysteme können keine nachhaltige Verände-
rung der Prozesse ersetzen, sondern können unter
Umständen bei der GPS-Einführung auch kontrapro-
duktiv sein
Entwurf VDI 2870 – 29 –

„Motivation kann allgemein als aktivierende Ver- Phasen der Einführung von GPS dargestellt (siehe
haltensbereitschaft eines Individuums im Hinblick Bild 15).
auf die Erreichung bestimmter Ziele verstanden Zunächst führt die Konzeption und Implementie-
werden“ [36, S. 541]. Herzberg differenziert (Ta- rung des GPS oder eines einzelnen GPS-Elements
belle 7) nach „Motivatoren“ und „Hygienefakto- zu einem Schock und zur Ablehnung der Verände-
ren“. Während Hygienefaktoren als Grundbedürf- rungen. Diese Phasen sind von einer großen Diffe-
nisse angesehen werden können, deren Verschlech- renz zwischen Erwartungen und Realität geprägt.
terung zur Unzufriedenheit führt, sind die Motiva- Tritt ein Schock ein, hat der Mitarbeiter ein gerin-
toren in der Arbeit selbst begründete Bedürfnisse ges Selbstwertgefühl und die subjektiv wahrge-
nach verantwortungsvoller und sinngebender Ar- nommene Kompetenz wird als gering eingestuft.
beit [37]. Eine typische Reaktion ist eine externe Ursachen-
zuschreibung, den Fehler nicht bei sich selbst,
Tabelle 7. Hygienefaktoren und Motivatoren sondern bei anderen zu suchen. Es herrscht die
Hygienefaktoren Motivatoren Überzeugung vor, dass ein Festhalten an alten
angemessene Leistungserfolg Strukturen die bessere Lösung ist und eigene Ver-
Bezahlung haltensänderungen nicht notwendig sind. Es sind
gute Arbeits- Anerkennung die Veränderungstreiber (z. B. Management, exter-
bedingungen/Arbeits- der Arbeitsleistung ne Berater), die nach Ansicht des Mitarbeiters die
platzsicherheit falschen Ansichten vertreten. Es wird Widerstand
akzeptierte Übernahme aufgebaut.
Unternehmenspolitik von Verantwortung Im Prozess folgen die Phasen der rationalen Ein-
hohe Qualität der gute Aufstiegs- sicht und emotionalen Akzeptanz. Durch die
Personalführung möglichkeiten Einführung der GPS-Elemente wird die Notwen-
vertraute Möglichkeiten digkeit des GPS eingesehen und der Betroffene
Arbeitsbeziehungen zur Entfaltung stellt die eigenen Handlungsweisen in Frage. Ins-
4.4.2 Phasen des Veränderungsprozesses besondere die Phase der emotionalen Akzeptanz
wird als Krisensituation erlebt, da mit den eigenen
Im Zuge eines Veränderungsprozesses durchleben
Verhaltensweisen auch die eigene Kompetenz in
die betroffenen operativen Mitarbeiter und Füh-
Frage gestellt und diese als sehr niedrig wahrge-
rungskräfte sieben Phasen der Veränderung, in
nommen wird. Die subjektiv wahrgenommene
denen die subjektiv wahrgenommene Kompetenz
Kompetenz nimmt den niedrigsten Wert an.
des Mitarbeiters schwankt. Dieser idealtypische
Verlauf ist zeitlich für ein Beispiel anhand der

Phasen der GPS-Implementierung

Konzeption Implementierung Übergang Betrieb


Kompetenz des Mitarbeiters
subjektiv wahrgenommene

Erkenntnis
Ablehnung
Integration
Rationale
Einsicht

Lernen

Schock
Emotionale
Akzeptanz

Große Diff. Festhalten Einsicht in die Verlassen Ausprobieren Erkenntnis der Übernahme Zeit
zwischen an alten Notwendigkeit alter der neuen Gründe für das der GPS-
Erwartungen Strukturen des GPS Verhaltens- Methoden, GPS Methoden ins
und Realität weisen „Try `n` Error“ aktive Handl.-
repertoire
Bild 15. Phasen des Veränderungsprozesses [55]
– 30 – VDI 2870 Entwurf

Die Phasen des Lernens und der Erkenntnis im können somit einen Beitrag leisten, um Widerstän-
Übergang des GPS zeichnen sich durch Lernbereit- de zu überwinden. Eine aktive Beteiligung des
schaft und das Verfestigen neuer Verhaltensweisen Managements und der Betroffenen ist in allen Pha-
durch Ausprobieren aus. Durch die Einführung sen des Veränderungsprozesses jedoch unverzicht-
weiterer GPS-Elemente während der Übergangs- bar, um die betroffenen Mitarbeiter zu motivieren
und Betriebsphase schwankt die Veränderungskur- und Widerstände abzubauen.
ve, da mehrere kleine Schockzustände erlebt wer- Tabelle 8 zeigt exemplarisch die Aufgaben, die
den. Jedoch wird durch das ständige Lernen die im Rahmen des Managements der Veränderung
Kompetenz des Mitarbeiters gesteigert. Am Ende auftreten und passende Methoden der Motivation,
des Übergangs sollte jeder Beteiligte Erkenntnis um Widerständen in den Phasen der Veränderung
über die notwenigen Veränderungen im Rahmen bei der GPS-Einführung angemessen zu begegnen.
der GPS-Einführung erlangen.
Effektive Kommunikation ist ein wesentlicher
Im Betrieb des GPS sollte der Mitarbeiter die Pha- Treiber für die Motivation der Mitarbeiter in allen
se der Integration erreicht haben. Die neuen Ver- Phasen des Veränderungsprozesses. Insbesondere
haltensweisen werden als selbstverständlich ange- die Möglichkeit, Standards zu dokumentieren und
sehen und in das aktive Handlungsrepertoire über- zielgruppengerecht zur Verfügung zu stellen, sollte
nommen. Der Mitarbeiter nimmt eine starke eigene genutzt werden. Die verschiedenen Kommunikati-
Kompetenz wahr und ist bestrebt, im Rahmen des onsmittel können nach der Reichweite der erreich-
Kontinuierlichen Verbesserungsprozesses (KVP) ten Mitarbeiter und der Wirkungstiefe klassifiziert
das GPS weiterzuentwickeln. werden, die sich in oberflächlichen Impulsen, deut-
4.4.3 Methoden der Motivation lichen Signalen, Anstoß zum Umdenken und Ver-
Die Methoden der Motivation sind an den Gründen haltensänderungen (siehe Bild 16) unterscheiden.
für Widerstände bei Mitarbeitern auszurichten und

Tabelle 8. Aufgaben und Methoden der Motivation


Phase Aufgaben Methoden der Motivation
Konzeption x Befinden der betroffenen Mitarbeiter x Mitarbeiterbefragung
(Schock) ermitteln x Integrative Kommunikation
x Mitarbeiter-/Gruppengespräche

Implementierung x auf Widerstände eingehen, Mitarbeiter x Informationsveranstaltung


(Ablehnung/ ernst nehmen und Gehör verschaffen x Mitarbeiter-/Gruppengespräche
rationale Einsicht/ x Informationen geben, Vertrauen und x Benchmarking durch Referenzbesuche
emotionale Akzeptanz schaffen.
Akzeptanz) x Interdisziplinäre Workshops
x durch Teilprojekte sinnvolle Aktivitäten
x Planspiele & Simulationen
und Veränderungsziele aufzeigen.
Übergang x „Lernchancen“ nutzen, um neue Ver- x Qualifikation
(Lernen/ haltensweisen auszuprobieren und zu x Teamarbeit
Erkenntnis) festigen
x visuelle Kommunikationsmittel einsetzen
x Identifikation mit den neuen Zielen,
x Erfolge messen und kommunizieren
Rollen und Aktivitäten herstellen, in-
terne Multiplikatoren nutzen
Betrieb x Gruppenarbeit unterstützen, um x Mitarbeiterbefragung
(Integration) Selbstverständnis des Neuen zu ver- x KVP-Workshop
festigen
x Zielvereinbarung
x Situation der Mitarbeiter ermitteln
Entwurf VDI 2870 – 31 –

Bild 16. Kommunikationsmittel [85]


4.4.4 Handlungsempfehlung für Management GPS-Elementen, sondern erfordert eine umfassen-
der Veränderung de Veränderung der Kultur und Organisation des
In Tabelle 9 sind praxisorientierte, zielführende Unternehmens, die letztendlich ein Unternehmen
Handlungsempfehlungen (Dos und Don’ts) ge- dazu befähigt, auf die veränderten Anforderungen
nannt zu reagieren [60].
Aufgrund der Komplexität von GPS und des lan-
Tabelle 9. Handlungsempfehlung für Management gen Einführungszeitraums ist für den Erfolg, neben
der Veränderung der Konzeption des Systems, vor allem die Art der
Dos Don’ts Implementierung entscheidend. Insbesondere eine
x Betroffene aktiv am x keine Berücksichtigung adäquate Steuerung der Implementierung ist für
Veränderungspro- der typischen Phasen das nachhaltige Betreiben des GPS unverzichtbar.
zess beteiligen des Veränderungspro- Dabei beinhaltet der Begriff Steuerung sowohl
x Stakeholder identifi- zesses bei der Kon- Aspekte der Planung, also der Entwicklung eines
zieren und einbinden fliktbewältigung
zukünftigen Zustands und der Ableitung von zum
x Zielsetzungen klar x Mitarbeiter nicht „ins
kalte Wasser stoßen“
Erreichen des Zielzustands erforderlichen Maß-
und offen kommuni-
nahmen, als auch die Rückkopplung der Ergebnis-
zieren x geringer Durchhaltewil-
le bei Rückschlägen se in Form einer Bewertung und Anpassung der
x sichtbar für Verände-
rungen eintreten x keine zu schnelle Planung auf Basis dieser Bewertung. Es werden
x Erfolge gemeinsam Überführung in den daher zunächst die Anforderungen an die Durch-
feiern neuen Status, bevor führung der Bewertung aufgezeigt (Abschnitt 5.1),
Implementierung voll- bevor in Abschnitt 5.2 der phasenorientierte Auf-
ständig abgeschlossen
ist
bau des vorliegenden Richtlinienblatts erläutert
wird. In den Abschnitt 5.3 bis Abschnitt 5.6 wer-
x fehlende Unterstüt-
zung aus dem Mana- den die Vorgehensweisen der Bewertung in den
gement einzelnen Einführungsphasen beschrieben.
5.1 Anforderungen an die Bewertung
5 Bewertung der GPS-Einführung In diesem Abschnitt werden die grundlegenden
Die Vielfalt der Gestaltungsprinzipien, Methoden Anforderungen an eine Bewertung der Einführung
und Werkzeuge des GPS zeigt, dass es sich bei von GPS erläutert, welche sich sowohl aus der
GPS um komplexe Systeme handelt. Für die flä- industriellen Praxis als auch aus der Literatur ab-
chendeckende Einführung und Verankerung des leiten lassen.
GPS im Unternehmen ist deshalb ein entsprechend Projektmanagement und Teamarbeit
langer Zeithorizont für die Konzeption, Implemen- Die Einführung eines GPS weist insbesondere zu
tierung und den Übergang in die Betriebsphase Beginn die Merkmale eines Projekts auf, z. B. die
vorzusehen [78]. Dabei bezieht sich die Einfüh- Einmaligkeit des Vorhabens (vgl. DIN 69901).
rung nicht ausschließlich auf die Anwendung von
– 32 – VDI 2870 Entwurf

Dahingegen trifft der Projektcharakter nicht auf sen. Eine konsequente Prozessorientierung schafft
das GPS als solches zu, weil ein GPS eine langfris- Kunden-Lieferanten-Beziehungen. Innerhalb des
tig angelegte Unternehmensaktivität darstellt. Es Unternehmens bedeutet dies, dass nachfolgende
ist trotzdem unerlässlich, die Einführung eines Prozesse als Kunden betrachtet werden und vorge-
GPS, insbesondere in den Phasen der Konzeption, lagerte Prozesse als Lieferanten. Die Bewertung
Implementierung und des Übergangs durch ein der GPS-Einführung sollte daher prozessorientiert
professionelles Projektmanagement zu unterstüt- statt bereichsbegrenzt angelegt sein.
zen. Als Element des Projektmanagements ist die Standardisierung
Bewertung der GPS-Einführung mit einer Erfolgs- Die Standardisierung ist die Grundlage für die
und Fortschrittskontrolle unentbehrlich, um den kontinuierliche Verbesserung der Unternehmens-
langfristig anvisierten Erfolg sicherzustellen. prozesse. Um eine Vergleichbarkeit der Prozesse
Zur regelmäßigen Erfolgskontrolle wird ein Team oder Bereiche zu erreichen, ist die Bewertung der
zusammengestellt, das die Bewertung durchführt. GPS-Einführung zu standardisieren (z. B. Ablauf,
Die Qualität der Ergebnisse hängt in hohem Maß Dokumentation, Verbreitung von Best-Practice-
von den Fähigkeiten und der Bereitschaft der Beispielen) und unter der Zielsetzung der kontinu-
Teammitglieder zu konstruktiver Mitarbeit ab. Da ierlichen Verbesserung ständig zu hinterfragen.
es während einer GPS-Einführung auch zu Rück- Durch die Standardisierung wird ein hohes Maß an
schlägen kommen kann, ist Durchhaltewillen bei Transparenz erzielt, das das Verständnis durch die
allen Mitgliedern nötig. Zur objektiven Bewertung Mitarbeiter erhöht und damit auch die Reprodu-
ist eine entsprechende Ausbildung des Teams eine zierbarkeit unterstützt.
Grundvoraussetzung. 5.2 Phasenorientierte Betrachtung der
Reproduzierbarkeit und Mitarbeiterunabhän- Bewertung von GPS
gigkeit
Die Phasen der GPS-Einführung (Konzeptions-,
Die Methoden zur Bewertung der Einführung sind Implementierungs-, Übergangs- und Betriebspha-
einfach und transparent zu gestalten, sodass die se) stellen unterschiedliche Anforderungen an eine
Ergebnisse unabhängig von den Fähigkeiten und Bewertung. Daher sind phasenbezogen verschie-
vom Kenntnisstand der Mitarbeiter nachvollzieh- dene Bewertungsmethoden anzuwenden, um eine
bar und reproduzierbar sind. erfolgreiche und nachhaltige Einführung zu errei-
Zudem ist wichtig, dass durch die Einführung eines chen.
GPS eine Lernkultur etabliert wird, die den Men- So wird bei der GPS-Konzeption die grundsätzli-
schen in den Mittelpunkt des kontinuierlichen Ver- che Entscheidung über die Einführung eines GPS
besserungsprozesses stellt. Der KVP prägt die getroffen. In dieser frühen Phase ist die Wert-
Kultur des Unternehmens, in der der Wandel die stromplanung (siehe Methodenblatt) eine ge-
Normalität darstellt und in der sich die Mitarbeiter bräuchliche Methode, um Schwachstellen zu er-
als lebenslange Lerner verstehen. Die Bewertung kennen, Zielsysteme zu definieren und Maßnah-
der GPS-Einführung ist daher ein wichtiger Be- men abzuleiten. Zudem ist es sinnvoll, schon zu
standteil eines GPS, um die Ausrichtung aller Un- Beginn der Einführung des GPS ein geeignetes
ternehmensprozesse auf den Kunden zu erreichen Controlling aufzubauen. Hierzu bieten sich Kenn-
und Verschwendung zu erkennen. Die Bewertun- zahlen(-systeme) an (Abschnitt 5.3.1). Durch diese
gen sind nicht nur als Erfolgsmessung zu verste- lässt sich der Fortschritt in den einzelnen Berei-
hen, sondern auch als mitarbeiterunabhängige I- chen und den einzelnen Methoden darstellen. Auch
dentifizierung von Ansatzpunkten der kontinuierli- eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung ist zu diesem
chen Verbesserung. frühen Zeitpunkt zweckmäßig, um den Nutzen und
Prozessorientierung Aufwand der Einführung eines GPS zu bestimmen
Durch die konsequente Prozessorientierung wird [25]. Die Betrachtung ist im Rahmen der Konzep-
die Transparenz über die bislang weitestgehend im tionsphase nur sehr grob möglich, da Aufwands-
Verborgenen ablaufenden Prozesse, deren Res- und Nutzenarten noch nicht quantifizierbar sind.
sourcenverbrauch und Beitrag zur Wertschöpfung Auf das Vorgehen zur Gegenüberstellung von Nut-
hergestellt. Mit einer detaillierten Prozessbetrach- zen und Aufwand wird in Abschnitt 5.3.2 einge-
tung lässt sich analysieren, wo z. B. unnötige Puf- gangen.
fer-, Transport- und Lagerprozesse die Durchlauf- In den Phasen Implementierung und Übergang
zeit verlängern und wo Abstimmungsaufwände werden Methoden und Werkzeuge eingeführt, er-
und Informationsdefizite durch ein effizienteres probt und von den Mitarbeitern verinnerlicht. Da
Schnittstellenmanagement reduziert werden müs- eine Einführung insbesondere in den ersten Phasen
Entwurf VDI 2870 – 33 –

in der Regel als Projekt betrieben wird, ist es not- der Kennzahlen ist zu beachten, dass für jeden
wendig, neben dem GPS-Umsetzungscontrolling Unternehmensbereich Kennzahlen aufgenommen
ein Projektcontrolling für den Projektfortschritt werden, die für diesen relevant und beeinflussbar
aufzubauen. Um dies zu realisieren, müssen in der sind. Es bietet sich daher eine Abstufung der
Implementierungs- und Übergangsphase weitere Kennzahlen in übergeordneten Unternehmensziel-
Kennzahlen in die Betrachtung aufgenommen größen, abteilungs- oder linienspezifische Kenn-
werden (Abschnitt 5.4 und Abschnitt 5.5). zahlen (Standortkennzahlen) und arbeitsplatzbezo-
Nach dem Übergang in die Betriebsphase wird die gene Kennzahlen an. Des Weiteren muss gewähr-
Einführungsverantwortung in die ausführenden leistet werden, dass die Bedingungen, unter denen
Bereiche übergeben. Die Betriebsphase ist zeitlich die Kennzahlen ermittelt werden, konstant bleiben.
nicht begrenzt und zeichnet sich durch die stetige, Im Folgenden werden häufig verwendete Kennzah-
von den Mitarbeitern getragene Verbesserung aus. len beispielhaft vorgestellt:
„Quantensprünge“, wie zu Beginn der GPS- Verfügbarkeit
Einführung, sind nicht mehr zu erwarten. Neben Die Verfügbarkeit gibt das Verhältnis von Laufzeit
der Fortführung der Umsetzungsbewertung der zur geplanten Gesamtzeit wieder. Geplante Still-
GPS-Einführung durch Kennzahlen (Ab- standzeiten (z. B. Betriebsversammlungen oder
schnitt 5.6.2) besteht in dieser Phase die Notwen- geplante Instandhaltungsmaßnahmen) sind in der
digkeit einer Überprüfung des Einführungsfort- geplanten Gesamtzeit nicht enthalten. Beispiele für
schritts durch Mitarbeiter aus anderen Unterneh- ungeplante Stillstandszeiten sind Maschinenversa-
mensbereichen oder Externe. Zur Messung des gen oder ungeplante Instandhaltungsmaßnahmen.
Grads der Umsetzung und zur Identifizierung des Ob Rüstzeiten als geplante Stillstandszeiten defi-
Handlungsbedarfs in der Betriebsphase werden niert werden, ist unternehmensspezifisch festzule-
regelmäßige Audits durchgeführt (Abschnitt 5.6.1). gen [32; 66].
5.3 Vorgehensweise zur Bewertung in der Laufzeit
GPS-Konzeptionsphase Verfügbarkeit
Laufzeit  ungeplanter Stillstand
Zu Beginn der GPS-Einführung ist der Aufbau
eines Kennzahlensystems zweckmäßig. Ziel des in %
Kennzahlensystems ist es, den Fortschritt der Ein- Leistung
führung in den einzelnen Bereichen und der Me- Zur Messung der Leistung der Produktion dient
thoden objektiv zu bewerten. Aus der Bewertung das Verhältnis zwischen Ist- und Soll-Stückzahl
der GPS-Kennzahlen müssen Maßnahmen mit innerhalb der Laufzeit. Häufige Gründe für Ab-
Aktionslisten sowie Verantwortlichkeiten und weichungen sind Leerlaufzeiten aufgrund fehlen-
Zeitpläne generiert werden. Um deren Umsetzung der Materialien oder reduzierte Arbeitsgeschwin-
zu bewerten, sind spezielle Projektmanagement- digkeiten [32; 66].
kennzahlen (vgl. Abschnitt 5.4) einzuführen.
Ist - Stückzahl innerhalb der Laufzeit
5.3.1 Wesentliche Kennzahlen in der GPS- Leistung
Konzeptionsphase Soll - Stückzahl innerhalb der Laufzeit
Die Ausführungen dieses Abschnitts fokussieren in %
auf Kennzahlen, die innerhalb der Teilprozesse Qualität
Fertigung und Montage des Auftragsabwicklungs- Das Verhältnis der produzierten Gutteile (alle ge-
prozesses angewendet werden sowie auf Kennzah- fertigten Erzeugnisse, bei denen keine Beanstan-
len, die im Rahmen der Unterstützungsprozesse dungen wie z. B. Ausschuss oder Nacharbeit auf-
(Logistik, Human-Ressource-, Qualitäts- und In- treten) zu der Anzahl der produzierten Erzeugnisse
standhaltungsmanagement) relevant sind. Die innerhalb der Laufzeit wird in einem Qualitätsfak-
Kennzahlen sollen dazu in einem Kennzahlensys- tor ausgedrückt [66].
tem unternehmensindividuell verknüpft werden. Je
Qualitätsfaktor
nach Aggregationsebene soll die Kennzahl das
Unternehmen oder einen Unternehmensprozess Produzierte Gutteile innerhalb der Laufzeit
oder -bereich abbilden [11]. Ist - Stückzahl innerhalb der Laufzeit
Für die Anwendung von Kennzahlensystemen im in %
Rahmen der GPS-Einführungsbewertung in der
Konzeptionsphase sind die Ziele hinsichtlich Qua-
lität, Zeit und Kosten zu bestimmen und entspre-
chende Kennzahlen festzulegen. Bei der Auswahl
– 34 – VDI 2870 Entwurf

Overall Equipment Effectiveness – Gesamt- Reichweite drückt aus, wie lange mit dem vorhan-
anlageneffektivität (OEE) denen Material/Fertigwarenbestand bei voraus-
Die Overall Equipment Effectiveness stellt ein sichtlichem Verbrauch eine Versorgung des Pro-
Maß für die Effektivität einzelner Anlagen oder duktionsbereichs/Kunden gewährleistet werden
ganzer Bereiche während der Betriebszeit dar und kann [88].
ist das Produkt aus Verfügbarkeit, Leistung und Vorhandener Bestand
Qualität [9; 66]. Reichweite
Vorraussichtlicher Verbrauch
OEE Verfügbarkeit ˜ Leistung Vorhandener Bestand ˜ Kundentakt
˜ Qualitätsfaktor in % in Tagen
Not Right First Time (NRFT) Lieferleistung
Alle gefertigten Erzeugnisse bei denen Beanstan- Alle Lieferungen im Bezugszeitraum, die in der
dungen (Ausschuss oder Nacharbeit) bei der Ferti- richtigen Menge, in der richtigen Qualität und zum
gung von einer Million (parts per million) Erzeug- geplanten und bestätigten Zeitpunkt den Kunden
nissen auftreten. Erzeugnisse die zunächst von erreichen, gelten als erfüllt. Für Bereiche, in denen
Nacharbeit betroffen sind und bei einem nachfol- ohne konkreten Auftrag oder ohne festen Endter-
genden Arbeitsgang als Ausschuss deklariert wer- min gefertigt wird, ist die Kennzahl anzupassen
den, erhöhen die Anzahl der Ausschusserzeugnisse (VDI 4400 Blatt 2).
und die Anzahl der Nacharbeitungserzeugnisse [9].
Im Gegensatz zur OEE wird die Kennzahl NRFT Lieferleistung
häufig nicht anlagenbezogen, sondern für zusam- Anzahl der Lieferungen mit Abweichungen
mengehörige Anlagen/Bereiche (z. B. festverkette- Anzahl der Lieferungen
te Linien) verwendet. in %
Fehlerhafte Erzeugnisse ˜ 1 000 000
NRFT Anzahl Verbesserungsvorschläge (VV)
Anzahl gefertigter Erzeugnisse
Zur Messung des kontinuierlichen Verbesserungs-
in ppm prozesses wird im Bereich des Vorschlagswesens
Durchlaufzeit (ZDL oder DLZ) die Anzahl der Verbesserungsvorschläge pro Mit-
Die Durchlaufzeit bezeichnet die Zeitspanne, die arbeiter im Bezugszeitraum aufgenommen. Alter-
von der Auslagerung der Materialen bzw. vom nativ kann auch die Summe der Einsparungen der
Einstoßzeitpunkt des Auftrags am ersten Arbeits- Verbesserungsvorschläge pro Mitarbeiter aufge-
gang bis zum Ende der Liegezeit nach Bearbeitung nommen werden [43].
des letzten Arbeitsgangs benötigt wird. Die Durch- Anzahl der VV im Bezugsraum
VV
laufzeit ist somit die Summe aller Rüst- (ZR), Anzahl der Mitarbeiter
Bearbeitungs- (ZBA) sowie Liege- und Transport- Unfallquote
zeiten (ZUE) [88].
Im Handlungsfeld der Arbeitssicherheit können
ZDL ¦ ZR  ZBA  ZUE Kennzahlen aufgenommen werden, die über die
Anzahl der Arbeitsunfälle oder der aus Unfällen
Mitarbeiterproduktivität
resultierenden Ausfalltage informieren. Die Kenn-
Um die Arbeitseffizienz der eingesetzten Mitarbei- zahl Unfallquote gibt die Summe der Ausfallzeiten
ter zu ermitteln, wird das Verhältnis von Gutteilen infolge von Arbeitsunfällen im Verhältnis zu der
(alle gefertigten Erzeugnisse, bei denen keine Be- Summe der Anwesenheitszeit an [43].
anstandungen auftreten, z. B. Ausschuss oder
Unfallquote
Nacharbeit) zu den Anwesenheitszeiten des opera-
tiven Personals durch die Kennzahl Mitarbeiter- ¦ Ausfallzeiten infolge von Arbeitsunfällen
produktivität ausgedrückt [19]. ¦ Anwesenheitszeit
Mitarbeiterproduktivität in %
Anzahl produzierte Gutteile
Die Auswertung des GPS-Kennzahlensystems
¦ Anwesenheitszeiten des Personals sollte in regelmäßigen Steuerkreisen anhand von
Bestandsreichweite Kennzahlentafeln durchgeführt werden. Auf Kenn-
zahlentafeln werden die ausgewählten Kennzahlen
Um Kapitalbindungskosten und Aufwand für die kontinuierlich visualisiert, Probleme beschrieben,
Lagerung zu vermeiden, sind die Bestände inner- Maßnahmen abgeleitet und Aktionslisten mit Ver-
halb der Produktionsbereiche zu minimieren. Die
Entwurf VDI 2870 – 35 –

antwortlichkeiten und Zeitplänen geführt. In Im Hinblick auf die Unterschiede, insbesondere in


Bild 17 ist eine mögliche Kennzahlentafel darge- Unternehmensgröße und Branche, kann auch kein
stellt. allgemeingültiges quantitatives Bewertungsschema
Neben den beschriebenen Kennzahlen können erstellt werden. Vielmehr hängt die Wirtschaftlich-
weitere Kennzahlen in den einzelnen Phasen der keit des GPS von unternehmensspezifischen Rand-
Einführung aufgenommen werden. So sind insbe- bedingungen ab [50; 64]. Zudem verstärken unter-
sondere zum Projektmanagement (Abschnitt 5.4) nehmensübergreifende Anwendungen bzw. Ab-
und zur Bewertung der Wirtschaftlichkeit (Ab- stimmungen der GPS-Elemente die Effekte hin-
schnitt 5.3.2) Kennzahlen in die Betrachtung zu sichtlich des Nutzens [58]. Jedoch ist eine qualita-
integrieren. tive und tendenzielle Aussage in Bezug auf die
Vorteilhaftigkeit stets möglich. Aus diesem Grund
5.3.2 Wirtschaftlichkeitsbetrachtung
wird im weiteren Verlauf die Aufwands-Nutzen-
Einige Unternehmen haben bereits Erfahrungen im Bewertung qualitativ dargestellt.
Einsatz von GPS gewinnen können. Diejenigen,
Im Folgenden wird eine Bewertungssystematik
die GPS an ihre unternehmensspezifische Situation
vorgestellt, anhand derer die Auswirkungen eines
adaptiert haben, konnten meist beachtliche positive
GPS beschrieben werden können. In dieser Syste-
Effekte erzielen. Die Tatsache, dass GPS immer
matik, der sogenannten Dekomposition, werden
mehr Verbreitung finden, deutet auf die Wettbe-
die für den Unternehmenserfolg maßgebenden
werbsrelevanz hin [75]. Vereinzelt sind von GPS-
Zielgrößen Qualität, Zeit und Kosten betrachtet
Anwendern nach der Einführung tendenzielle Er-
[31; 69; 87]. Aus Vereinfachungsgründen werden
gebnisse publiziert worden. Beispiele für publizier-
lediglich eindimensionale Effekte betrachtet. In der
te Resultate nach der Einführung von GPS sind in
industriellen Praxis spielen die vielfältigen Maß-
Tabelle 10 vorgestellt.
nahmen zusammen und sorgen für eine synchrone
Es ist generell anzumerken, dass für einzelne GPS- Optimierung der drei Größen [51].
Elemente eine Quantifizierung der Effekte sehr
schwer durchführbar ist [49] (vgl. Abschnitt 3.6).

Bild 17. Darstellung einer Kennzahlentafel


– 36 – VDI 2870 Entwurf

Tabelle 10. Publizierte Resultate der GPS-Einführung in Unternehmen [7; 8; 30; 53; 54; 57]
Unternehmen

Ausgewählte Siemens Ford Mettler Toledo SUSPA König&Bauer Festool HILD


Kennzahlen Erlangen Saarlouis Albstadt Altdorf Würzburg Wendlingen Herborn
Reduzierung der
80 % 33 % 50 % 40 % 70 % 90 % 66 %
Durchlaufzeiten
Reduzierung der
30 % 10 %
Produktionsfläche
Reduzierung der
fallweise
Werkzeug- 42 %
bis 92 %
wechselzeiten
Reduzierung der über 40
78 % 40 %
Bestände %
Produktivitäts-
20 % 35 % 100 % 30 %
steigerung

In Bild 18 sind die Einflüsse auf die Wirtschaft- geht. Auf den Aufwand wird im folgenden Ab-
lichkeit dargestellt. Der Nutzen wird durch eine schnitt eingegangen.
Reduzierung der Kosten und durch eine Erhöhung Aufwand der GPS-Einführung
der Kundenzufriedenheit erreicht. Durch die erhöh-
Die Dekomposition des Aufwands trennt zwischen
te Kundenzufriedenheit [16] erfolgt eine engere
dispositiven und elementaren Aufwand. Die dispo-
Bindung des Kunden an das Unternehmen und
sitiven Aufwände fallen für die Planung, Organisa-
folglich intensivere Geschäftskontakte. Dies kann
tion und Überwachung der GPS-Einführung an.
durch eine Verbesserung der Zielgrößen Qualität
Die elementaren Aufwände betreffen Produktions-
und kurze Lieferzeiten bei einer hohen Lieferleis-
faktoren, die direkt an der Wertschöpfung beteiligt
tung erreicht werden. Die Lieferzeit wird im Rah-
sind. Zur Bestimmung werden die zu erbringenden
men dieses Abschnitts in die Elemente Beschaf-
elementaren Aufwände in die Produktionsfaktoren
fungs-, Durchlauf- und Distributionszeit getrennt.
gegliedert. Diese Produktionsfaktoren sind:
Eine hohe Lieferleistung ergibt sich aus den in
Abschnitt 5.3.1 vorgestellten Elementen der Lie- x Mitarbeiter
ferleistung und wird im Rahmen dieses Abschnitts x Betriebsmittel (Maschinen und Anlagen,
nicht erneut vorgestellt. Flächen, Hilfsmittel)
Neben dem Nutzen beinhaltet die Dekomposition x Werkstücke und Materialien (Rohstoffe, Zwi-
den Aufwand der mit der GPS-Einführung einher- schenprodukte, Fertigwaren) [3]

Bild 18. Einflüsse auf die Wirtschaftlichkeit der GPS-Einführung


Entwurf VDI 2870 – 37 –

Im Rahmen unternehmensspezifischer Analysen Nutzen der GPS-Einführung


sind die Aufwände für die Produktionsfaktoren im In Tabelle 11 wird die Dekomposition des Nut-
Zusammenhang mit der GPS-Einführung zu zens und die Verknüpfung mit den GPS-Elementen
bestimmen. Hierbei können folgende generelle vorgestellt. Auf Grundlage der Dekomposition
Aufwandsarten verwendet werden: werden die Anwender in die Lage versetzt, unter-
x Qualifizierung: Bei der Einführung vieler Me- nehmensspezifisch den Nutzen eines GPS systema-
thoden und Werkzeuge sind die Mitarbeiter für tisch zu bewerten. Die exakten quantitativen Aus-
einen effektiven Einsatz in Workshops, Semi- wirkungen der GPS-Einführung auf die Qualität,
naren etc. zu schulen. Zeit und Kosten sind mangels spezifischer Wirt-
x Anpassung: Bei der Einführung von Methoden schaftlichkeitsrechnungsverfahren für Produktions-
und Werkzeugen, wie One Piece Flow, sind Be- systeme nicht zu ermitteln [76]. Gründe hierfür
triebsmittel oder organisatorische Abläufe an- sind die Langfristigkeit und die Vernetztheit, mit
zupassen. der die eingeleiteten Maßnahmen wirksam werden
x Erwerb: Bestimmte Methoden und Werkzeuge, In der Zieldimension Qualität trägt ein GPS häu-
wie Andon, bedingen vor ihrer Implementie- fig durch Gestaltungsprinzipien (z. B. Null-Fehler-
rung den Erwerb bzw. die Anschaffung spezifi- Prinzip) und den entsprechenden Methoden (vgl.
scher Hilfsmittel, z. B. Andon-Boards. Tabelle 2) zur Qualitätsverbesserung bei. Diese
Gestaltungsprinzipien schließen an implementierte
x Implementierung: Erworbene Hilfsmittel be- Qualitätsmanagementsysteme an und integrieren
dürfen oftmals einer unternehmensspezifischen diese durch die GPS-Einführung in ein übergeord-
Anpassung (z. B. Software und Hardware). netes methodisches Regelwerk. Praxisbeispiele für
x Wartung und Instandhaltung: Einige Metho- die Gestaltungsprinzipien, die die Zieldimension
den und Werkzeuge bedingen zusätzliche Auf- Qualität fokussieren sind z. B.:
wände, für Wartungen und Instandhaltungen,
x “Total Quality Control” im Toyota-Produk-
wie die Methode Total Productive Maintenance,
tionssystem [68]
die vorbeugende Wartungen und Instandhaltun-
gen von Betriebsmitteln bewirkt. x „Qualität und robuste Prozesse“ im Mercedes-
x Standardisierung: Methoden oder Werkzeuge, Produktionssystem [67]
wie 5S, erfordern die Standardisierung, insbe- x „Qualitätsmanagement“ und „Robuste Prozes-
sondere der Hilfsmittel und der organisatori- se“ im Ganzheitlichen Produktionssystem von
schen Abläufe. MTM [64]
x Neu- bzw. Umplanung: Die Einführung neuar- x „Qualitätsprozesse“ im Audi-Produktions-
tiger Methoden oder Werkzeuge, z. B. eines system [77]
Supermarkts oder von U-Layouts, erfordern die Durch die Gestaltungsprinzipien wird eine wieder-
Neu- bzw. Umplanung der Flächen. holbare hohe Produktqualität durch stabile und
Eine auf dieser Basis durchzuführende Analyse robuste Prozesse angestrebt. Darüber hinaus tragen
stellt die anfallenden Aufwände bei der GPS- die weiteren GPS-Gestaltungsprinzipien ebenfalls
Einführung übersichtlich dar. Durch die kombi- zur Verbesserung der Qualität bei. Beispielsweise
nierte Betrachtung mit dem aus der Einführung unterstützen Methoden zur Standardisierung oder
eines GPS entstehenden Nutzen, auf den im Fol- des Visuellen Managements die Übersichtlichkeit
genden näher eingegangen wird, kann eine unter- und Sicherheit in den einzelnen Prozessen, wo-
nehmensspezifische Bewertung der Wirtschaft- durch sich positive Auswirkungen auf die Qualität
lichkeit der GPS abgeschätzt werden. einstellen. Auch impliziert das Streben nach konti-
nuierlicher Verbesserung, dass der Status quo in
Qualitätsfragen laufend hinterfragt und nach Mög-
lichkeit optimiert wird.
Tabelle 11. Schema für die Dekomposition des Nutzens und die Verknüpfung mit den GPS-Elementen
Gestaltungsprinzip 1 Gestaltungsprinzip n
Methode 1 Methode 2 Methode n Methode n + i
Kundenzufriedenheits- Qualitätsverbesserung x x
und Absatzerhöhung
kurze Lieferzeiten bei x x
Nutzen

hoher Lieferleistung
Kostenreduzierung x x
– 38 – VDI 2870 Entwurf

Die Qualitätsverbesserung wird durch die Reduzie- ziert sowie permanent hinterfragt und verbessert
rung der Abweichungen und die Erhöhung der Pro- werden [74]. Auch die flussorientierte Restruktu-
dukteigenschaften erreicht. Letzteres gliedert sich in rierung des Wertstroms dient der Erzielung einer
die Erhöhung von Lebensdauer, Sicherheit und verschwendungsarmen Verkettung der einzelnen
Funktionstüchtigkeit. Die Reduzierung der Abwei- Wertschöpfungsprozesse und somit der Verkür-
chungen wird aufgeschlüsselt in mitarbeiter-, ma- zung der Übergangszeiten. Ebenso werden die
schinen-, methoden-, material-, umwelt- und mess- wertschöpfenden Prozesse durch den Einsatz der
barkeitsbedingte Abweichungen [90]. Zudem kön- GPS-Methoden (z. B. Autonomation) zeitlich op-
nen Inputfehler (z. B. Rohstoffe im Fertigungspro- timiert. Ferner werden die Prozesse bedienleicht
zess) zu Abweichungen im Prozessergebniss (Pro- und -sicher (z. B. Poka Yoke) gemacht, um das
zess-Output) führen. Auftreten von Störungen zu vermeiden und da-
durch die Durchlaufzeiten zu reduzieren.
Neben der Reduzierung der Durchlaufzeit sind in
der Dimension Zeit die Beschaffungs- und Distri-
butionszeitreduzierungen zu bewerten (vgl.
Bild 18).
Die externe Beschaffungszeit lässt sich durch
schnellere Anfragen, Reduzierung der Angebots-
bearbeitungszeit, Reduzierung der Vergabever-
handlungszeit, zügigere Bestellentscheidung, effi-
zientere Bestellung, zügigere Auftragsbestätigung
und schnellere Lieferung bzw. Kontrolle vermin-
dern [2].

Bild 19. Dekomposition der Qualitätsverbesserung


So ermöglicht die GPS-Methode Werkerselbst-
kontrolle die Reduzierung der mitarbeiterbedingten
Abweichungen, die zur Reduktion von Produktab-
weichungen beitragen, die ihrerseits Qualitätsab-
weichungen reduzieren und somit schließlich zur
Qualitätsverbesserung beitragen. Entsprechend
sind unternehmensspezifisch die Auswirkungen
der Methoden zu analysieren.
Neben der Zielgröße Qualität ist die Betrachtung
der Zeit (kurze Lieferzeiten bei hoher Lieferleis- Bild 20. Dekomposition der Beschaffungszeitredu-
tung) ebenfalls relevant. Die Vermeidung von Ver- zierung
schwendung erfordert die Identifikation wertschöp-
Die Durchlaufzeit ist die Summe aller Rüst- (ZR),
fender und nicht-wertschöpfender Prozesse. Wäh-
Bearbeitungs- (ZBA) sowie Liege- und Transport-
rend die Zeitverluste durch nicht-wertschöpfende
zeiten (ZUE). Die Liege- und Transportzeiten las-
Prozesse (z. B. manueller Transport) durch Maß-
sen sich durch eine Reduzierung der innerbetriebli-
nahmen, die sich aus der Anwendung der GPS-
chen Transportzeiten, der ablauf-, störungs- oder
Methoden (z. B. U-Layout, Poka Yoke) ergeben,
mitarbeiterbedingten Liege- und Transportzeiten
eliminiert werden können, tragen andere GPS-
verringern. Die störungsbedingte Liege- und
Methoden, wie z. B. das Schnellrüsten zur Opti-
Transportzeitreduzierung kann z. B. durch eine
mierung von unvermeidbaren nicht-wertschöpfen-
schnellere Behebung von Störungen und eine sys-
den Prozessen (z. B. Rüsten) und somit zur Zeiter-
tematische Verhinderung von Störungen realisiert
sparnis, bei. Dies geschieht, indem die Prozesse
werden. Die Verminderung der Bearbeitungszeit
aus verschiedenen Perspektiven analysiert und
lässt sich durch technologische Optimierungen
anschließend auf die notwendigen Abläufe redu-
oder konstruktive Veränderungen erreichen. Die
Entwurf VDI 2870 – 39 –

Rüstzeit reduziert sich durch die Bildung optimaler von elementaren und dispositiven Faktoren mini-
Lose und die Optimierung des Rüstablaufs. miert werden. Die zu optimierenden Elementarfak-
toren sind die Betriebsmittel, Werkstücke und der
Einsatz von Mitarbeitern [3]. Die dispositiven Fak-
toren sind an der Produktion nur mittelbar beteiligt
und umfassen im Allgemeinen Planung, Organisa-
tion und Überwachung [40].

Bild 21. Dekomposition der Durchlaufzeitreduzie-


rung
Als Distributionszeit wird im Rahmen der Richtli-
nie die Zeitspanne zwischen dem Eingang des
Auslagerauftrags am Fertigwarenlager bzw. dem
Bild 23. Dekomposition der Kostenreduzierung
Fertigstellen des Auftrags (bei Produktionsberei-
chen ohne Fertigwarenlager) bis zum Eintreffen Neben den vorgestellten Dekompositionen sind mit
der Ware beim Kunden festgelegt. Durch die Re- der Einführung von GPS-Elementen weitere posi-
duzierung der Kommissionier- und Transportzeiten tive Resultate verbunden, deren Auswirkungen auf
ist eine Verringerung der Distributionszeit zu er- die Dimensionen Qualität, Zeit und Kosten jedoch
reichen. kaum nachweisbar sind. Ein nicht zu unterschät-
zendes Resultat ist z. B. der bessere Eindruck, den
Kunden und Lieferanten von einem Unternehmen
gewinnen, in dem die Wertschöpfung leicht nach-
vollziehbar in einem kontinuierlichen Fluss einzel-
ner Werkstücke erbracht wird.
Im Weiteren erfolgt eine Grobabschätzung von
Nutzen und Aufwand für die Phasen der GPS-
Einführung
Grobabschätzung von Nutzen und Aufwand
Die Grobabschätzung von Nutzen und Aufwand
vermittelt einen Eindruck zu den entstehenden
Bild 22. Dekomposition der Distributionszeitredu- Aufwänden und verdeutlicht, dass der Nutzen der
zierung GPS-Einführung die langfristige Optimierung der
Zielgrößen Qualität, Kosten und Zeit ist. Eine
Die GPS-Einführung führt zu einer Verringerung
Quantifizierbarkeit von Gewinnen, durch die Um-
der Kosten. Es ist jedoch schwierig, spezifische
rechnung der Zielgrößen Zeit und Qualität in Kos-
Erfolge mit einzelnen Methoden in Zusammen-
ten ist nicht möglich. Es ist daher auch nicht zu
hang zu bringen oder gar die Vorteilhaftigkeit des
erwarten, dass eine Amortisationsdauer berechnet
Zusammenwirkens verschiedener Methoden quan-
werden kann bzw. dass sich der Nutzen kurzfristig
titativ zu belegen [67]. Durch eine Dekomposition
einstellt. In der industriellen Praxis kommt es statt-
der Kosten, die der Bild 23 entnommen werden
dessen darauf an sowohl den Aufwand als auch
kann, werden die qualitativen Auswirkungen der
den Nutzen (Veränderung der Zielgrößen Qualität,
GPS-Elemente nachvollziehbar. Die Kosten kön-
Kosten und Zeit) unternehmensspezifisch bewert-
nen durch die Vermeidung von Verschwendung
bar zu machen (z. B. durch Kennzahlen, vgl. Ab-
– 40 – VDI 2870 Entwurf

schnitt 5.3.1). Im Folgenden sind in den einzelnen Die Dekomposition von Nutzen und Aufwand
Einführungsphasen Grobabschätzungen vorge- sowie die relevanten Kennzahlen der GPS-
stellt. Einführung sind die wesentlichen Bestandteile der
In der Konzeptionsphase entsteht Aufwand für Bewertung der GPS-Einführung in der Konzepti-
externe Dienstleitungen, Besprechungen und onsphase. Im Weiteren wird auf die Bewertung der
Workshops sowie für Informationsveranstaltun- Konzeptionsphase folgenden Implementierungs-
gen, die den Mitarbeitern Grundlagen zum The- phase eingegangen.
ma GPS vermitteln sollen. Der hohe Aufwand 5.4 Vorgehensweise zur Bewertung in der
muss in Kauf genommen werden, um Mitarbeiter GPS-Implementierungsphase
bereits einzubinden und zu motivieren. Konkre- Die Einführung eines GPS erfordert in der Regel
ter Nutzen ist in dieser Phase nicht zu erwarten. das Management vieler Projekte (Einführung ein-
In der Implementierungsphase entsteht Auf- zelner Methoden) und der GPS-Einführung an
wand für die Einführung von Methoden in Pilot- sich. Um den Projektfortschritt und somit die Ein-
projekten. Hieraus entstehen in der Regel so ge- führung eines GPS zu bewerten, ist ein Projektma-
nannte „Quick Win's“, die zu unmittelbarem nagement sinnvoll, dass Methoden zur Durchfüh-
Nutzen führen. Die Mitarbeiter müssen hinsicht- rung und zum Controlling beinhaltet. In den nach-
lich der Methoden und bezüglich des GPS- folgenden Abschnitten wird eine Vorgehensweise
Einführungsverlaufs intensiv geschult werden. zur Bewertung in der GPS-Implementierungsphase
Entsprechend hoch ist der Aufwand für Bespre- vorgestellt.
chungen, Workshops sowie fachliche und über- 5.4.1 Umsetzungscontrolling in der GPS-
fachliche Qualifizierungen, Trainings und Schu- Implementierungsphase
lungen. Der Nutzen der „Quick Wins“ ist in der Das Umsetzungscontrolling der GPS-Implemen-
Regel deutlich geringer als der Aufwand. Zudem tierung beschreibt alle Tätigkeiten, die notwendig
sollten die Erfolge der „Quick Wins“ kommuni- sind, um die einzelnen Implementierungsmaßnah-
ziert werden, um allen Beteiligten zu zeigen, men und die damit verbundenen Arbeitspakete
dass das GPS als Ganzes bzw. einzelne Metho- über die Laufzeit zu steuern. Grundsätzlich um-
den einen Nutzen haben. Zudem sind Konzepte fasst das Controlling die Prozesse und Regeln, die
für die in Abschnitt 5.1 aufgeführten Aufgaben innerhalb des Projektmanagements zur Sicherung
(z. B. Kommunikations- und Feedbacksysteme, des Erreichens der Projektziele beitragen. Der Beg-
Controlling, Motivationssysteme, organisatori- riff „Controlling“ ist weniger als Kontrolle, son-
sche Veränderungen) zu entwickeln. Dies ist als dern vielmehr als Steuern zu verstehen. Control-
dispositiver Aufwand zu bewerten. Gleichzeitig ling kann in diesem Zusammenhang als Analogie
werden in dieser Phase Ressourcen und Hilfsmit- zum Fahren eines modernen Autos gesehen wer-
tel benötigt (z. B. Kommunikationshilfsmittel, den. Dieses verfügt über einen komplexen Bord-
Betriebsmittel, IT-Systeme). computer, der eine Vielzahl von Parametern stän-
Die zu berücksichtigenden Aufwände in der Ü- dig abfragt, überwacht und bewertet. Dem Fahrer
bergangsphase, in der alle relevanten Methoden werden von diesen Parametern aber nur wenige
eingeführt werden, sind vergleichbar zur Phase signifikante Daten zur Verfügung gestellt (Ge-
Implementierung. Die geplanten Qualifizierun- schwindigkeit, Drehzahl, Tankanzeige usw.). Ana-
gen, Trainings und Schulungen werden beglei- log dazu sollte sich das Umsetzungscontrolling der
tend weiterhin durchgeführt. Es entsteht Nutzen GPS-Implementierung auf die wesentlichen Kenn-
durch die Einführung der einzelnen Methoden zahlen und Parameter beschränken. Wesentliche
und durch die übergreifenden Anwendungen der Kennzahlen sollten konsequent verfolgt werden
GPS-Methoden (Gesamtnutzen höher als Summe (siehe Abschnitt 5.3.1, z. B. Fertigstellungsgrade,
aller Einzelnutzen). Der Gesamtnutzen ist aber Meilensteine und Ressourcenverbrauch) [18; 42].
üblicherweise noch geringer als der Gesamtauf- Damit Umsetzungscontrolling erfolgreich stattfin-
wand. den kann, sind bestimmte Voraussetzungen zu
Aufwand in der Betriebsphase fällt vor allem erfüllen:
für Ressourcen und Hilfsmittel an, die zur Um- x transparente und nachvollziehbare Zielplanung
setzung von Verbesserungsmaßnahmen benötigt x einheitlich definierte und zeitnah erfasste
werden. Qualifizierungen, Trainings und Schu- Kennzahlen
lungen werden weiterhin zu Aufwand führen,
aber auf deutlich geringerem Niveau. Nutzen x Verantwortung personifizieren
entsteht durch die Optimierung von Qualität, x Ehrlichkeit und ein gewisses Maß an Offenheit
Kosten und Zeit.
Entwurf VDI 2870 – 41 –

x Unternehmenskultur, die es erlaubt Fehler zu Abweichungsanalyse


machen und die Fehler als eine Chance zum Die Abweichungsanalyse ermittelt, welche Abwei-
Lernen betrachtet. chungen und warum diese aufgetreten sind. Da
Aufbauend auf diesen Voraussetzungen beginnt Projekte ein komplexes Vorhaben darstellen, ist
der eigentliche Regelkreis des Umsetzungscontrol- fast immer mit Abweichungen zu rechnen. Die zu
lings [18; 42]. klärende Frage ist, ob es sich um eine vernachläs-
Der Regelkreis im Umsetzungscontrolling ist das sigbare (weil unbedeutende) Abweichung handelt,
Grundmuster jeder Steuerung und beschreibt all- ob eine singuläre Abweichung aufgrund eines ein-
gemein den Managementprozess. Er besteht aus maligen Planungsfehlers vorliegt oder ob es sich
den Schritten Soll-Ist-Vergleich, Abweichungsana- sogar um eine systematische Abweichung handelt.
lyse, Korrekturmaßnahmen und Erfolgskontrolle Bei systematischen Abweichungen liegt eine Fehl-
und wird kontinuierlich durchlaufen, bis das Steue- annahme oder eine Veränderung der Rahmenbe-
rungsziel erreicht wurde und/oder eine vorgegebe- dingungen vor, die über das einzelne Ereignis hin-
ne Zeitspanne verstrichen ist. Ein vergleichbarer aus wirkt. Diese Abweichungen werden auch in
Regelkreis ist der PDCA-Zyklus. Auch in dem anderen Arbeitspaketen zu Problemen führen. Als
nachfolgend beschriebenen beispielhaften Control- Grundlage für die Abweichungsanalyse dient ide-
ling-Regelkreis (Bild 24) finden sich die Grund- alerweise ein Problemreport, der alle notwendigen
phasen des PDCA-Zyklus wieder [47; 86]. Aspekte beleuchtet und zur Beschreibung von
notwendigen Gegenmaßnahmen dient.
Erfolgskontrolle
Der Problemreport ist eines der essenziellen Pro-
jektmanagementwerkzeuge für ein laufendes Pro-
jekt. Er wird vom Verantwortlichen des Arbeitspa-
kets verfasst, wenn sich ein Projekt aus dem ge-
Korrektur- Controlling Soll-Ist- planten Rahmen bewegt (konkret: wenn eine Am-
maßnahmen Regelkreis Vergleich
pel auf „gelb“ oder „rot“ geschaltet wird). Dadurch
werden Probleme dem gesamten Projektteam be-
wusst und Auswirkungen auf das Gesamtprojekt
Abweichungs- können abgeschätzt werden. Außerdem wird es
analyse
möglich, durch Gegenmaßnahmen das Problem zu
Bild 24. Controlling-Regelkreis lösen oder zumindest zu entschärfen. Der Problem-
report hat verschiedene Funktionen:
Soll-Ist-Vergleich
x Sensibilisierung des gesamten Projektteams für
Im Rahmen des Soll-Ist-Vergleichs werden die
das jeweilige Problem.
erhobenen Istdaten mit den ursprünglich geplanten
Solldaten abgeglichen. Wichtig ist eine Beschrän- x Benennung verantwortlicher Personen zur Ent-
kung auf den reinen Vergleich, ohne vorschnelle wicklung geeigneter Maßnahmen zur Bewälti-
Schlüsse zu ziehen. Als Grundlage für alle Steue- gung des Problems.
rungsaktivitäten hat sich die sogenannte Ampel- x Sensibilisierung der Projektleitung und gegebe-
steuerung bewährt. Die Ampeldarstellung dient zur nenfalls des Managements, die jeweils verant-
einfachen Zusammenfassung des Umsetzungssta- wortlichen Personen bei der Problemlösung zu
tus. Basierend auf den drei Ampelphasen rot, gelb unterstützen.
und grün wird visualisiert in welchem Zustand sich Wichtig ist, dass der Problemreport immer erstellt
ein Projekt bzw. Arbeitspaket gerade befindet. wird, wenn eine Ampel nicht mehr auf grün steht.
Vereinfacht bedeutet grün, dass die Zielerreichung Nur so kann gewährleistet werden, dass rechtzeitig
aktuell eingehalten wird, gelb, dass signifikante Maßnahmen ergriffen werden, um das Projekt
Abweichungen zu befürchten sind und rot, dass wieder in den Plan zurückzubringen [33; 48].
eine Zielerreichung nicht mehr möglich erscheint.
Korrekturmaßnahmen
Der Vorteil des Ampelcontrollings ist, dass es auf
Anhieb von allen Beteiligten verstanden und nach- Aufbauend auf der Abweichungsanalyse werden
vollzogen werden kann. Der Nachteil ist, dass die bei Bedarf geeignete Maßnahmen durch das Pro-
Abgrenzung nicht immer eindeutig ist und teilwei- jektteam definiert, die ein Gegensteuern ermögli-
se vom subjektiven Empfinden einzelner abhängt. chen. Wenn es sich um Änderungen im Projekt
Dieses Problem kann weitestgehend vermieden handelt, muss auf jeden Fall der Änderungsprozess
werden, wenn die Bedeutung der Farben eindeutig eingehalten werden (vgl. Abschnitt 5.1). Wesent-
definiert wird [62]. lich ist, dass Änderungen auf strukturierte Weise
durchgeführt, alle notwendigen Schritte nachvoll-
– 42 – VDI 2870 Entwurf

ziehbar dokumentiert und vor allem die jeweilige ter Zeit). Bei 0 % hat das Projekt noch nicht be-
Änderung mit allen betroffenen Bereichen abge- gonnen, bei 100 % ist es beendet (DIN 69901).
stimmt werden. Grundsätzliche Verantwortung für 5.5 Vorgehensweise zur Bewertung in der
das Änderungsmanagement trägt die Projektlei- GPS-Übergangsphase
tung. Sie muss dafür Sorge tragen, dass die defi- Im Anschluss an die Implementierungsphase findet
nierten Prozesse eingehalten werden. Für die Steu- der Übergang der GPS-Einführung in den Betrieb
erung der einzelnen Änderungen selbst sind die statt. In Folgenden werden das Umsetzungscontrol-
Änderungsinitiatoren verantwortlich. Die Rolle des ling und die wesentlichen Kennzahlen in der Über-
Änderungsinitiators können alle Projektteammit- gangsphase beschrieben.
glieder und die Projektleitung selbst annehmen. An
dieser Stelle ist zudem das Eskalationsmanagement 5.5.1 Umsetzungscontrolling in der GPS-
Übergangsphase
(vgl. Methode Kurze Regelkreise) zu berücksichti-
gen. Das Eskalationsmanagement beschreibt (vgl. Das Umsetzungscontrolling in der GPS-
Abschnitt 5.1). Regeln, die im Fall einer Störung Übergangsphase folgt derselben Vorgehensweise
bestimmte Entscheidungen kontrolliert eine Ebene wie in der GPS-Implementierungsphase. Die Ü-
„nach oben“ (zu dem jeweiligen Vorgesetzten) bergangsphase sollte allerdings ein terminiertes
delegieren. Dies wird notwendig, wenn die Störung Ende haben, an dem die Prozesse, Methoden und
auf der unteren Entscheidungsebene nicht behoben Werkzeuge in die Betriebsphase übergehen. Offene
werden kann (DIN 31051, [27]). Punkte sollten definiert und ihre Abarbeitung gere-
Erfolgskontrolle
gelt sein. Die Einführungsverantwortlichkeit (Ab-
schnitt 4.3.4), die die Implementierungsphase und
Die Erfolgskontrolle stellt sicher, dass die eingelei- Übergangsphase durchgeführt hat, wird entlastet
teten Maßnahmen zur Problemlösung geführt ha- und gegebenenfalls neu strukturiert. Außerdem
ben. Ausgehend von diesen Maßnahmen, werden sollte zu diesem Zeitpunkt feststehen, wie zukünf-
Ziele neu definiert bzw. erweitert, um so den tige Änderungen durchgeführt werden und wer die
nächsten Zyklus im Controlling-Regelkreis durch- Verantwortung für die Prozesse übernimmt (Pro-
zuführen [DIN 69904]. zesseigner).
5.4.2 Wesentliche Kennzahlen in der GPS- 5.5.2 Wesentliche Kennzahlen in der GPS-
Implementierungsphase Übergangsphase
Neben den bereits unter Abschnitt 5.3.1 beschrie- Die Kennzahlen der GPS-Übergangsphase sind an
benen Kennzahlen sind weitere projektmanage- die Kennzahlen in der Implementierungsphase
mentrelevante Kennzahlen in das Kennzahlensys- angelehnt. Allerdings gilt es in der Übergangspha-
tem mit aufzunehmen. Diese dienen im Wesentli- se die reinen Projektmanagementkennzahlen abzu-
chen der Termin- und Kostensteuerung und Risi- schließen und relevante GPS-Bewertungskriterien
koüberwachung. Typische Kennzahlen beschreiben in das Auditsystem zu überführen.
dabei z. B. Termine, Kapazitäten, Risiken, Ände-
rungen oder Fertigstellungsgrad. Nachfolgend 5.6 Vorgehensweise zur Bewertung in der
GPS-Betriebsphase
werden zwei wesentliche Kennzahlen im Umset-
zungscontrolling genauer erläutert [33; 62]: In der Betriebsphase der GPS-Einführung liegt die
Verantwortung für die kontinuierliche Verbesse-
a) Termine und Projektverlauf werden mithilfe
rung der Unternehmensprozesse in den einzelnen
von Meilensteinen überwacht. Die Meilen-
Bereichen. Die Einführungsverantwortung (Ab-
steintrendanalyse (MTA) ist dabei eine Metho-
schnitt 4.3.4) wird dadurch ersetzt. Es ist in dieser
de, um den Projektfortschritt zu überwachen
Phase sinnvoll, den Stand der GPS-Einführung von
und so Terminverzögerungen frühzeitig erken-
einer neutralen Stelle bewerten zu lassen, um da-
nen zu können.
durch ein objektives Bild der GPS-Umsetzung zu
b) Der Fertigstellungsgrad ist das Verhältnis der erhalten und Verbesserungsmaßnahmen einzulei-
zu einem Stichtag erbrachten Leistung zur Ge- ten. Hierzu bieten sich Audits an (Abschnitt 5.6.1),
samtleistung eines Vorganges oder eines Pro- die in definierten Zeitabständen durchgeführt wer-
jekts. Diese Leistung wird im Allgemeinen mit den. Für die operative Steuerung und Bewertung
Kosten und Zeit gleichgesetzt. Der Fertigstel- der GPS-Einführung sind sie aufgrund der meist
lungsgrad bezeichnet den Prozentsatz von be- langen Zeiträume zwischen den Audits ungeeignet.
reits entstandenen Kosten zu (noch entstehen- Hierzu bieten sich Kennzahlen an (Ab-
den Kosten + bereits entstandenen Kosten) bzw. schnitt 5.6.2).
den Prozentsatz der bereits aufgebrauchten Zeit
zu (noch benötigter Zeit + bereits aufgebrauch-
Entwurf VDI 2870 – 43 –

5.6.1 Audits In vielen Unternehmen bilden Audits die Grundla-


Ziel von Audits ist die Messung des Umsetzungs- ge für die nachhaltige Sicherstellung der GPS-
grads durch die Einstufung eines Bereichs nach Umsetzung im laufenden Betrieb. Im Methoden-
einem festgelegten Bewertungsschema. Die Er- blatt Audit sind die Inhalte detailliert dargestellt.
gebnisse des Audits dienen zur Identifikation be- 5.6.2 Wesentliche Kennzahlen in der GPS-
reichsinterner Verbesserungspotenziale und um Betriebsphase
bereichsübergreifend den GPS-Umsetzungsgrad zu In der Betriebsphase sind die GPS-relevanten
ermitteln. Bei einem Audit wird nach einem festen Kennzahlen aus der Konzeptionsphase weiterzu-
Regelwerk vorgegangen. Abschließend an ein Au- führen (vgl. Abschnitt 5.3.1). Bei Bedarf können
dit findet die Maßnahmenumsetzung (Planung von weitere Kennzahlen in das Kennzahlensystem auf-
Maßnahmen, Benennung von Verantwortlichen, genommen werden.
Meilensteine etc.) statt.
– 44 – VDI 2870 Entwurf

Anhang Methodenkatalog

Gestaltungsprinzip Methode Qualität Kosten Zeit


5S zz z zz
Standardisierung
Prozessstandardisierung zzz zz zzz
5x Warum zzz z zz
8D-Report zz zz zz
A3-Methode zz zz zz
Autonomation zzz zz zz
Ishikawa-Diagramm zz zz zz
Null-Fehler-Prinzip
Kurze Regelkreise zz z zz
Poka Yoke zzz zz zz
Six Sigma zzz zz zz
Statistische Prozessregelung zzz z z
Werkerselbstkontrolle zzz zz zz
Andon zzz z zz
Visuelles Management
Shopfloor Management zzz zzz zzz
Audit zz zz zz
Benchmarking zz zz zz
Kontinuierlicher Verbesse-
Cardboard Engineering z zzz zz
rungsprozess
Ideenmanagement zzz zzz zzz
PDCA zz zz zz
Mitarbeiterorientierung und Hancho zzz zz zz
Führung Zielmanagement zz zz zz
First In First Out zz z z
One Piece Flow zzz zzz zzz
Fließprinzip Schnellrüsten z zz zzz
Wertstromplanung z zz zzz
U-Layout z z zzz
Just-in-time / Just-in-sequence z zz zz
Kanban z zzz zzz
Pull-Prinzip Milkrun z zz zz
Nivellierung z z zz
Supermarkt z zz zz
Chaku-Chaku z zz zz
Vermeidung von Low Cost Automation z zzz zz
Verschwendung Total Productive Maintenance z zzz z
Verschwendungsbewertung z zzz zz
Entwurf VDI 2870 – 45 –

Bezeichnung 5S
Synonyme 5A-Methode, Rote-Karte-Aktion
Gestaltungsprinzip Standardisierung
Ergänzende Methoden Prozessstandardisierung, Shopfloor Management
Werkzeuge Rote Karte, Standard-Arbeitsblatt (SAB), Schattenbrett

Ziel Qualität OO Kosten O Zeit OO


Ziel der 5S-Methode ist die Bildung von Übersicht und Ordnung durch Standardisierung.

Kurzbeschreibung
Wiederholtes Abarbeiten einer in fünf Schritten systematisierten Folge, die Aussortieren, Aufräumen, Arbeitsplatz
sauber halten, Anordnungsstandardisierung und Selbstdisziplin (Aufrechterhalten) beinhaltet (jap.: Seiri, Seiton, Sei-
so, Seiketsu, Shitsuke).

Durchführung
Anwendergruppe operative Mitarbeiter
Übliche Dauer der kurzfristig (< 6 Monate)
Implementierung
Vorgehensweise (1) Seiri (Aussortieren)
 Trennung notwendiger von überflüssigen Gegenständen im Arbeitsbereich
 Indizien für Überflüssigkeit sind beispielsweise:
o Dopplungen (z. B. Schraubendreher, Hilfsstoffbehälter)
o Unbrauchbare (zu stark verschlissene) Werkzeuge
o Verschmutzte Kisten oder Aufbewahrungsbehälter für Werkzeuge
(2) Seiton (Aufräumen)
 Gegenstände nach Anwendung klassifizieren und so ordnen: "Ein Platz für alle
Dinge und alle Dinge an ihrem Platz."
o Aufräumen der benötigten Gegenstände
o Herstellung einer Grundordnung im Arbeitsbereich
o Trennung häufig benutzter von seltener benutzten Gegenständen;
Werkzeuge: "Rote Karte" ("Red Tag")
o Evtl. Klassifizierung, z. B. in ständig, stündlich, täglich, wöchentlich o-
der monatlich genutzte Gegenstände
o Anordnung nach Häufigkeit des Gebrauchs
(3) Seiso (Sauber halten)
 Reinigung des Arbeitsplatzes, der Maschinen und Werkzeuge, des Bodens, der
Wände sowie aller anderen Bereiche des Arbeitsumfelds (Grundreinigung
durchführen)
 Reinigungszyklen festlegen und dokumentieren (z. B. in Checkliste Schichtüber-
gabe)
(4) Seiketsu (Standardisieren)
 Seiri, Seiton und Seiso kontinuierlich praktizieren
 Anordnung zur Regel machen
 Verbesserungen aufrechterhalten
 Wege zur Vorbeugung von Abfall und Schmutz finden
 Ergebnis der 5S-Methode in geeigneter Weise dokumentieren (z.B. mittels Foto/
Skizze als Bestandteil des Standardarbeitsblatts bzw. Stationsblatts)
(5) Shitsuke (Selbstdisziplin)
 Selbstdisziplin entwickeln und die 5S durch Festlegen von Standards zur
Gewohnheit machen
 alle Schritte wiederholt durchlaufen und verbessern
 abschließend Zyklen – besser Ereignisse – definieren, bei denen die Methode
wieder vollständig zu durchlaufen ist
 5S-Audits planen und durchführen
– 46 – VDI 2870 Entwurf

Wirkung in Unternehmensprozessen
Kernprozesse universell einsetzbar
Unterstützungsprozesse universell einsetzbar
Führungsprozesse universell einsetzbar

Potenziale und Risiken


Potenziale  Ordnung und Sauberkeit fördert Qualitätsarbeit
 transparenzfördernd
 hohe Mitarbeitereinbindung
 einfache Handhabung und leichte Erlernbarkeit
 fördert Arbeitsroutine
Risiken  Gefahr übertriebener Formalisierung
 Nachhaltigkeit muss durch zyklische (z. B. quartalsweise) Aktivitäten organisiert
werden (mitunter Kampagnencharakter)
 nur sinnvoll in Verbindung mit Arbeitsstandards

Ergänzende Abbildungen

Vorher Nachher

Foto Foto

 nicht benötigtes Material im Fach  Alle nicht benötigten Werkzeuge werden aussortiert.
 Werkzeuge unübersichtlich angeordnet  Ordnung und Sauberkeit im Werkzeugfach
 visuelles Management: Fehlteile auf einem Blick erkenn-
bar

Literatur
 IfaA (Hrsg.): Methodensammlung zur Unternehmensprozess-Optimierung. Köln: Wirtschaftsverlag Bachem, 2003
 The Productivity Press Development Team (Hrsg.): 5s for Operators. 5 Pillars of the Visual Workplace, New York:
Productivity Press, 1998
Entwurf VDI 2870 – 47 –

Bezeichnung Prozessstandardisierung
Synonyme Standardisierte Prozesse, Geschäftsprozessstandardisierung, standardisierte Arbeit
Gestaltungsprinzip Standardisierung
Ergänzende Methoden Shopfloor Management, Visuelles Management
Werkzeuge –

Ziel Qualität OOO Kosten OO Zeit OOO


Wenn alle Prozesse einem definierten Standard folgen, der den Mitarbeitern bekannt ist, sind Abweichungen schneller
erkennbar.

Kurzbeschreibung
Sind Abläufe und Arbeitsmethoden nicht klar definiert, führt dies im Allgemeinen zu verstärkter Improvisation und
unerwünschten Handlungen. Diese Abweichungen werden durch Prozessstandardisierung reduziert, sodass sich ein
stabiler, planbarer Prozess ergibt. Die aufgenommenen Prozesse sind den Mitarbeiter leicht zugänglich zu machen
und es sollte eine Einführungsphase für die neuen Handlungen, Vorgehensweisen und Standards gewährt werden.
Die Prozesse sollten insbesondere in dieser Phase nicht starr sein, sondern dem Prinzip eines „flexiblen Standards“
folgen. Durch die Standardisierung wird der Prozess bewertbar hinsichtlich Wertschöpfung (Ressourceneinsatz,
Durchlaufzeit und Qualität), Schnittstellen werden transparent sowie die In- und Outputgrößen werden bestimmt. Ide-
alerweise stellt der erzielte Output für das jeweilige Unternehmen einen höheren Wert als der ursprünglich eingesetzte
Input dar. Die Standardisierung ist als „Momentaufnahme“ zudem die Grundlage sowohl für Führungskräfte als auch
für Mitarbeiter, durch kontinuierliche Verbesserung zu einem optimalen Prozess zu gelangen.

Durchführung
Anwendergruppe operative Mitarbeiter, operatives Management, taktisches Management und strategi-
sches Management.
Übliche Dauer der langfristig (> 12 Monate)
Implementierung
Vorgehensweise 1. Prozesse analysieren
2. Standards für die Prozesse festgelegt
3. Standards dokumentieren und kommunizieren
4. Durchführen von regelmäßigen Prozessaudits

Wirkung in Unternehmensprozessen
Kernprozesse universell einsetzbar
Unterstützungsprozesse universell einsetzbar
Führungsprozesse universell einsetzbar

Potenziale und Risiken


Potenziale  schnelle Erkennung von Abweichungen
 flexiblerer Mitarbeitereinsatz, da Prozesse in anderen Bereichen gleich sind und
Mitarbeiter kürzer eingearbeitet werden müssen
 Überwachung der Prozessleistung durch Prozesskennzahlen möglich
Risiken  Verschwendung und Behinderung durch zu hohe und zu unflexible Standards
 zu geringe Standardisierung können zu Wissensverlust führen
– 48 – VDI 2870 Entwurf

Ergänzende Abbildungen
Unternehmen in der westlichen Welt Best-Practice-Unternehmen: Toyota
Standards sollen einen bestehenden bzw. bewährten Zu- Standards sind dynamisch und werden aufgabenspezi-
stand absichern. fisch spezifiziert.
Standards dienen der Vereinheitlichung von Abläufen und Mit Standards wird geplante und ungeplante Variabilität
Prozessen. reduziert
Der Geltungsbereich von Standards ist möglichst weitrei- Standards werden in der Regel von der prozessverant-
chend. wortlichen Führungskraft erstellt und sind in ihrer Gül-
tigkeit lokal begrenzt.
Standards haben statischen Charakter und besitzen mög- Standards dienen als Referenz, um Abweichungen vom
lichst lange Gültigkeit. Zielzustand transparent zu machen und schnell darauf
zu reagieren.
Standards werden durchgesetzt und die Einhaltung kontrol- Standards sind der Ausgangspunkt für Verbesserungs-
liert. maßnahmen.
Die Einhaltung von Standards wird belohnt, die Verletzung
wird geahndet.

Literatur
The Productivity Press Development Team (Hrsg.): Standard Work for the Shopfloor. New York: The Productivity
Press, 2002
Entwurf VDI 2870 – 49 –

Bezeichnung 5×Warum
Synonyme 5W, 5 Whys
Gestaltungsprinzip Null-Fehler-Prinzip
Ergänzende Methoden keine
Werkzeuge keine

Ziel Qualität OOO Kosten O Zeit OO


Die Anwendung der 5×Warum-Methode soll eine schnelle Entdeckung tatsächlicher Problemursachen ermöglichen
und verhindern, dass vorschnell eine vermeintliche Ursache akzeptiert wird, ohne dass die wirkliche Ursache identifi-
ziert ist.

Kurzbeschreibung
5×Warum ist eine einfache Methode zur Ursachenanalyse. Dabei wird nach dem „Warum?“ gefragt, um einem Prob-
lem auf den Grund zu gehen. Ist die Antwort nicht ausreichend, um die Ursache zu bestimmen, soll die Antwort als
Warum-Frage umformuliert werden. Die fünfmalige Wiederholung dieses Vorgehens gilt dabei als Empfehlung. Letzt-
endlich ist entscheidend, dass durch mehrmaliges Hinterfragen eines Problems die Ursache so genau ermittelt wird,
dass keine weitere Rückführung des Problems möglich oder sinnvoll ist.

Durchführung
Anwendergruppe operative Mitarbeiter, operatives Management, taktisches Management , strategi-
sches Management
Übliche Dauer der kurzfristig (< 6 Monate)
Implementierung
Vorgehensweise Das Vorgehen lässt sich am anschaulichsten über ein einfaches Beispiel darlegen:
1. Warum liegt denn Sägemehl hier auf dem Boden?
Weil der Boden rutschig ist.
2. Warum ist der Boden rutschig?
Weil auf dem Boden Öl liegt.
3. Warum liegt denn Öl auf dem Boden?
Weil die Maschine Öl verliert.
4. Warum verliert denn die Maschine Öl?
Weil die Kupplung undicht ist.
5. Warum ist denn die Kupplung undicht?
Weil die Gummidichtung verschlissen ist.

Wirkung in Unternehmensprozessen
Kernprozesse universell einsetzbar
Unterstützungsprozesse universell einsetzbar
Führungsprozesse universell einsetzbar

Potenziale und Risiken


Potenziale  schnelle, effektive Anwendung
 fördert Problembewusstsein
 Fokus auf Problemursachen statt Symptomen
Risiken  keine Dokumentation
 Ergebnis zufallsgetrieben, das heißt es muss nicht die Hauptursache des Prob-
lems gefunden werden
 Es wird nur eine mögliche Kausalkette verfolgt (Komplexitätsreduktion).
Literatur
 Ohno, T.: Das Toyota Produktionssystem. Frankfurt a.M.: Campus, 1993
Imai, M.: Gemba Kaizen. München: Wirtschaftsverlag Langen-Müller/Herbig, 1997
– 50 – VDI 2870 Entwurf

Bezeichnung 8D-Methode
Synonyme 4D-Report, 8D-Report
Gestaltungsprinzip Null-Fehler-Prinzip
Ergänzende Methoden 5x Warum, Ishikawa-Diagramm
Werkzeuge 8D-Formblatt

Ziel Qualität OO Kosten OO Zeit OO


Ziel der 8D-Methode ist es, ein Problem durch eine strukturierte Vorgehensweise zu identifizieren, zu dokumentieren
und nachhaltig zu beseitigen.

Kurzbeschreibung
Bei der 8D-Methodik wird ein standardisiertes Dokument (8D-Report) zwischen Lieferant und Kunde aufgrund einer
Reklamation ausgetauscht. Sobald ein Problem auftritt, wird eine Folge von acht zur Abarbeitung dieser Reklamation
erforderlichen Schritten, den sogenannten obligatorischen Disziplinen (Prozessschritte), durchlaufen, um das Problem
schnellstmöglich zu bewältigen. Die 8D-Methode dient somit der Qualitätssicherung.

Durchführung
Anwendergruppe operatives Management, taktisches Management und strategisches Management
Übliche Dauer der kurzfristig (< 6 Monaten)
Implementierung
Vorgehensweise Häufig wird ein 8D-Report fälschlicherweise erst nach Reklamationsabschluss er-
stellt, da der Kunde einen solchen Bericht verlangt. Die 8D-Methode sollte jedoch
unmittelbar bei Auftreten einer Kundenreklamation zur Anwendung kommen. Dabei
werden die nachfolgenden Schritte durchlaufen, die systematisch die Ursachenana-
lyse und Fehlerbehebung unterstützen.
1. Teamzusammenstellung
Zusammenstellung des Teams mit entsprechenden Pro-
zess/Produktionskenntnissen, Zeit, Bereitschaft zur Mitarbeit, Kompetenz und
Kenntnissen in den notwendigen Techniken
2. Beschreibung des Problems
Exakte Definition des Problems und Erarbeitung des Kernproblems, Sammeln
und analysieren von statistischen Daten, Erfassen und bestimmen des Ausma-
ßes des Problems
3. Sofortmaßnahme
Veranlassen von sofortigen Maßnahmen zur Schadensbegrenzung und Kontrol-
le ihrer Wirkung
4. Ermittlung und Beweis der Fehlerursache(n)
5. Abstellmaßnahmen festlegen und Wirksamkeit beweisen
Suchen nach allen möglichen Maßnahmen, durch die die Ursache(n) beseitigt
und das Problem gelöst werden könnte
6. Einführen von Abstellmaßnahmen und Kontrolle ihrer Wirkung Erstellung
eines Aktionsplan zur Einführung der gewählten Abstellmaßnahmen
7. Fehlerwiederholung vermeiden
Bestimmung von Maßnahmen, die eine Fehlerwiederholung des Problems ver-
hindern
8. Teamleistung und Erfolg würdigen
Wirkung in Unternehmensprozessen
Kernprozesse universell einsetzbar
Unterstützungsprozesse universell einsetzbar
Führungsprozesse –
Entwurf VDI 2870 – 51 –

Potenziale und Risiken


Potenziale  standardisierte Reklamationsbearbeitung
 strukturiertes Problemlösen
 Konzentration auf die wichtigsten Aspekte
 Gewährleistung des Informationsflusses zwischen Kunde und Lieferant
Risiken  Erstellung zu reinen Dokumentationszwecken
 Unterschlagen von Aspekten aufgrund Platzmangels

Ergänzende Abbildungen

Lieferant (Supplier)
Anschrift (Adress/Location)

8 D – REPORT
Beanstandung Beanstand.-Nr. Eröffnet am:
(Concern Title) (Ref. No.) (Start Date)

Berichtsdatum Teilebezeichnung:
(Status Date) (Part Name)

Zeichnungsnummer/Index:
(Part Number/Index)

1 Team 2 Problembeschreibung
Name,Abt.(Depmt) (Problem Description)

Fehlercharakter
Teamleit.(Champ.) (Problem Profile Data)

3 Sofortmaßnahme(n) % Wirkung Einführungs-


(Containment Action(s)) (Effect) datum
(Implem. date)

4 Fehlerursache(n) %Beteiligung (Contribution)


(Root Cause(s))

5 Geplante Abstellmaßnahme(n) Wirksamkeitsprüfung


(Chosen Permanent Corrective Action(s)) (Verification)

6 Eingeführte Abstellmaßnahme(n) Ergebniskon- Einsatztermin


(Implemented Permanent Corrective Action(s)) trolle (Controls) (Implement. date)

7 Fehlerwiederholung verhindern verantwortlich Einführ.termin


(Action(s) to Prevent Recurrence) (responsible) (Implem.date)
Implementation in: Product
FMEA
Process
FMEA
Control
Plan
Pro-
cedure
8 Teamerfolg gewürdigt Abschluß- Ersteller (Rep.by)
(Congratulate your Team) datum
(Close Date) Tel.,Fax-Nr.

Literatur
 Pfeifer, T., Schmitt, R.: Masing Handbuch Qualitätsmanagement. 5. Aufl., München: Hanser, 2007
 Verband der Automobilindustrie e.V. (Hrsg): 8D-Report. Im Internet abrufbar: http://www.vda-
qmc.de/publikationen/formulare
– 52 – VDI 2870 Entwurf

Bezeichnung A3-Methode
Synonyme
Gestaltungsprinzip Null-Fehler-Prinzip
Ergänzende Methoden 5×Warum, Ishikawa-Diagramm
Werkzeuge A3-Blatt

Ziel Qualität OO Kosten OO Zeit OO


Ziel der A3-Methode ist es, durch strukturiertes Vorgehen schnell und effizient Problemlösungen zu finden.

Kurzbeschreibung
Ausgehend von einem Problem werden schrittweise auf einem DIN-A3-Blatt (daher der Name) eine Problemanalyse
durchgeführt sowie Lösungsstrategien entwickelt und dokumentiert. Die komprimierte Form zwingt den Bearbeiter
dazu, nur die wichtigsten Informationen möglichst in graphischer Form darzustellen, sodass ein Betrachter auf einen
Blick das Problem, die Ursachen und die Lösung erkennen kann. Die Dokumentation ist besonders wichtig, da so in
Zukunft bei ähnlichen Problemen auf frühere Lösungen zurückgegriffen werden kann und das Wissen erhalten bleibt.

Durchführung
Anwendergruppe Operatives Management und strategisches Management
Übliche Dauer der Kurzfristig (< 6 Monaten)
Implementierung
Vorgehensweise Die A3-Methode kann je nach Anwendungsbereich in vielen verschiedenen Varian-
ten auftreten. Eine weit verbreitete Struktur ist nachfolgend beschrieben. Auf nur
einem DIN-A3-Blatt werden alle Informationen zusammengefasst.
Hintergrund: Informationen zum Hintergrund, Auftreten des Problems, um es im
richtigen Kontext zu sehen und spätere Leser auf einen identi-
schen Wissensstand zu bringen
Istzustand: detaillierte und anschauliche, möglichst graphische Darstellung
des Istzustands und des auftretenden Problems
Analyse: detailliertes Finden der eigentlichen Ursache, z. B. mit 5x Warum
oder dem Ishikawa-Diagramm
Ziele: konkrete Beschreibung der zu erreichenden Ziele, möglichst quan-
tifizier- und somit messbar
Maßnahmen: Beschreiben von möglichen Lösungswegen und Auswahl der
favorisierten Alternative
Zielzustand: detaillierte und anschauliche, möglichst graphische Darstellung
des gewünschten zukünftigen Zustands
Maßnahmenverfolgung:
Benennung von Verantwortlichen und Terminen für die durchzu-
führenden (Teil-)Maßnahmen

Wirkung in Unternehmensprozessen
Kernprozesse universell einsetzbar
Unterstützungsprozesse universell einsetzbar
Führungsprozesse universell einsetzbar

Potenziale und Risiken


Potenziale  übersichtliche Darstellung einer Problemlösung
 Wissensspeicher für zukünftige Probleme
 strukturiertes Problemlösen
 Konzentration auf die wichtigen Aspekte
Risiken  Dauer der Erstellung eines A3-Blatts bei Ungeübten
 Unterschlagen von Aspekten aufgrund Platzmangels
Entwurf VDI 2870 – 53 –

Ergänzende Abbildungen
Bezeichnung: Nr.: Maßnahmenplan (Zeitplan)
1
Verantwortlich: Stand: 14.01.2010 Bemerkung:

Hintergrund: 2009 2010


Status Bew ertung

Nr. Maßnahmenschritt Verantw ortlich Q1 Q2 Q3 Q4 Jan Feb Mrz Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez

Ausgangssituation (IST): 8

10

11

12

13

14

15

16

17

18

19

20

21

22

Zeit- Zeitplan Bewertung Status

verlauf: nach Zeitplan Im Zeitplan Maßnahme festgelegt Maßnahme in Umsetzung


vor Zeitplan Verzögerung aufholbar Maßnahme beschrieben/ausgeplant Maßnahme umgesetzt
hinter Zeitplan Verzögerung nicht aufholbar

Kennzahlen: vorher nachher/zukünftig


Zielsituation (SOLL):

Namen/Unterschriften

Datum Name (Fachbereich) Unterschrift

Quelle: VW

Literatur
 Liker, J.: Der Toyota-Weg. Das Praxishandbuch. München: FinanzBuchVerlag, 2007
 Womack, J., Jones, D.: Lean Solutions. Wie Unternehmen und Kunden gemeinsam Probleme lösen. Frank-
furt/Main: Campus, New York, 2006
– 54 – VDI 2870 Entwurf

Bezeichnung Autonomation
Synonyme Jidoka, autonome Automation
Gestaltungsprinzip Null-Fehler-Prinzip
Ergänzende Methoden Poka-Yoke, 5×Warum, Andon
Werkzeuge –

Ziel Qualität OOO Kosten O O Zeit OO


Ziel ist die Schaffung kleiner selbständig ablaufender Regelkreise, die den Fertigungsprozess überwachen, sodass
ein Fehler bereits bei der Entstehung entdeckt und die Weitergabe fehlerhafter Produkte (Fehlerfortpflanzung) ver-
mieden.

Kurzbeschreibung
Maschinen werden ohne menschliche Überwachung betrieben, da die Prozesse sich selbst überwachen. Dabei wer-
den Sensoren bzw. Funktionsprinzipien eingesetzt, die eine eigenständige Korrektur des Prozesses erlauben, bzw. so
einfach gestaltet sind, dass keine Fehler auftreten können. Im Falle einer Störung hält der Prozess an und ein Mitar-
beiter wird zur Hilfe (siehe Methode Andon) gerufen. Der Mitarbeiter arbeitet für mehrere autonome Maschinen. Mit
dem Anhalten des Prozesses wird ein Handlungsdruck erzeugt, der zum Abstellen der wahren Ursache (siehe Metho-
de 5x Warum) und zur fehlhandlungssicheren Gestaltung (siehe Methode Poka Yoke) beitragen soll. Langfristig ist
Autonomation als kosteneffizienter Zwischenschritt auf dem Weg zur vollständigen Automation für die Verbesserung
von Ergonomie und Qualität zu sehen.

Durchführung
Anwendergruppe operative Mitarbeiter
Übliche Dauer der mittelfristig (6 bis 12 Monate)
Implementierung
Vorgehensweise Beim Auftreten und Erkennen von Fehlern wird die Fehlerursache ermittelt und mit
einfachen Mitteln nachhaltig vermieden.
(siehe 5x Warum und Poka Yoke)

Wirkung in Unternehmensprozessen
Kernprozesse Fertigung, Montage
Unterstützungsprozesse Logistik, Instandhaltung
Führungsprozesse –

Potenziale und Risiken


Potenziale  nachhaltige Vermeidung von Fehlern
 stabile Prozesse durch Vermeidung von Wiederholfehlern
 geringer Mitarbeitereinsatz durch Mehrmaschinenbedienung
Risiken  unverhältnismäßig hoher Aufwand zur Fehlervermeidung

Literatur
Ohno, T.: Das Toyota Produktionssystem. 2. Aufl., Frankfurt/Main: Campus, New York, 2009
Entwurf VDI 2870 – 55 –

Bezeichnung Ishikawa-Diagramm
Synonyme Fischgräten-Diagramm, Ursache-Wirkungs-Diagramm, Ursache-Folge-Kette, 5M,
6M, 7M, Ursachenanalyse
Gestaltungsprinzip Null-Fehler-Prinzip
Ergänzende Methoden 5×Warum
Werkzeuge –

Ziel Qualität OO Kosten OO Zeit OO


Erkennen von Ursachen für die Entstehung von Problemen

Kurzbeschreibung
Systematische Beschreibung durch grafische Zuordnung von Problem oder Wirkung (Fischkopf) und möglicher ein-
zelner Ursachen bzw. Einflussgrößen mit Darstellung der Abhängigkeiten zwischen den Ursachen (Fischgräten).

Durchführung
Anwendergruppe operative Mitarbeiter, operatives Management, taktisches Management und strate-
gisches Management
Übliche Dauer der kurzfristig (< 6 Monate)
Implementierung
Vorgehensweise 1. Problemformulierung (Wirkung)
 Das Problem wird als knappe Formulierung (Stichpunkt) an das Ende (Fisch-
kopf) des Fischgräten-Diagramms geschrieben
 Wird das Fischgräten-Diagramm in einer Arbeitsgruppe erstellt, muss über die
Formulierung des Problems Konsens erreicht werden
2. Festlegung der grundlegenden Ursachenklassen
 Vorgabe weniger Ursachenklassen als Bezeichner für die Gräten des Dia-
gramms, z. B. 6M (Mensch, Methode, Maschine, Material, Management, Mi-
lieu)
 Wird in einer Gruppe gearbeitet, muss Konsens über die Inhalte der Ursa-
chenklassen bestehen.
3. Sammeln möglicher Ursachen
Nennungen von Ursachen erfolgen zunächst spontan, ohne Wertung und in
zufälliger Reihenfolge. Sie werden z. B. auf Karten festgehalten (entweder in
der Gruppe auf Zuruf oder zunächst einzeln im Stillen) und auf die Metaplan-
wand geheftet
4. Bewertung und Einordnung der Ursachen (Überprüfung der Kausalität
Ursache – Wirkung mit Unterursachen):
Ursachen (Nennungen) werden den festgelegten Ursachenklassen zugewiesen
 Gibt es für eine genannte Ursache keine klare Zuweisung, muss untersucht
werden, inwieweit die genannte Ursache
(a) weiter zu zerlegen ist oder
(b) eine neue Ursachenklasse festgelegt werden muss
 Als weitere Ursachenklassen werden häufig verwendet:
o Umwelt
o Organisation
 Komplexe Ursachen sollten in eigenen Fischgrät-Diagrammen aufbereitet
werden
5. Auswertung:
Das Ziel besteht darin, die Ursachen und Ursachenklassen von Probleme zu
erkennen (z. B. mittels ABC-Analyse klassifizieren), um Maßnahmen für deren
Beseitigung ableiten und priorisieren zu können. Dies erfordert in der Regel
das Anstoßen eines PDCA-Zyklus.
– 56 – VDI 2870 Entwurf

Wirkung in Unternehmensprozessen
Kernprozesse universell einsetzbar
Unterstützungsprozesse universell einsetzbar
Führungsprozesse –

Potenziale und Risiken


Potenziale  systematische Ermittlung von Schwachstellen in vielen (Unternehmens-)Be-
reichen
 Aufschlüsselung komplexer Zusammenhänge
 zielgerichtete Maßnahmen zur Problemlösung ableitbar
 Einbindung der Erfahrungen der Mitarbeiter
 kann als Leitfaden für die Problemanalyse dienen
Risiken  Gefahr der Vereinfachung (Visualisierungsfalle)
 Expertenwissen notwendig

Ergänzende Abbildungen

Mensch Maschine Material

Problem

Management Methode Milieu

Beispielproblem: Benzinverbrauch zu hoch. Mögliche Ursachen:


 Mensch: geringe Fahrpraxis
 Maschine: Fahrzeug hat schlechten Luftwiederstand
 Material: Kraftstoff mit falscher Oktanzahl
 Management: ungünstige Routenplanung
 Methode: ungünstiges Fahrverhalten
 Milieu: Fahrbahnbelag

Literatur
 IfaA (Hrsg.): Methodensammlung zur Unternehmensprozess-Optimierung. Köln: Wirtschaftsverlag Bachem, 2003
Entwurf VDI 2870 – 57 –

Bezeichnung Kurze Regelkreise


Synonyme Eskalationsmanagement
Gestaltungsprinzip Null-Fehler-Prinzip
Ergänzende Methoden Shopfloor Management, Andon, Ideenmanagement
Werkzeuge –

Ziel Qualität OO Kosten O Zeit OO


Ziel ist es, eine schnelle und standardisierte Reaktion auf Probleme zu garantieren, um einen nachhaltigen Problem-
lösungsprozess zu unterstützen.

Kurzbeschreibung
Problemen wird in einer standardisierten und angemessenen Weise entgegnet, indem sie eigenständig behoben
werden oder schnellstmöglich Hilfe von höheren Ebenen angefordert werden muss. Durch festgelegte Eskalationsstu-
fen wird eine Transparenz geschaffen, welche Schritte als nächstes erforderlich sind. Beispielweise:
1. Bei Maschinenstillstand sofort Vorarbeiter (operative Mitarbeiter) informieren und gemeinsam Problem beheben.
2. Bei Maschinenstillstand ab 1 Minute Meister (operatives Management) informieren und gemeinsam Problem
beheben.
3. Bei Maschinenstillstand ab 15 Minuten Fertigungsleiter (taktisches Management) informieren und gemeinsam
Problem beheben.
Die Methode eignet sich gut für eine Kombination mit der Methode Andon.

Durchführung
Anwendergruppe operative Mitarbeiter, operatives, taktisches und strategisches Management
Übliche Dauer der kurzfristig (< 6 Monate)
Implementierung
Vorgehensweise 1. Probleme schnell identifizieren
2. Probleme schnell analysieren und kommunizieren
3. Problemlösungen schnell entwickeln und bewerten

Wirkung in Unternehmensprozessen
Kernprozesse Fertigung, Montage
Unterstützungsprozesse Instandhaltung, Qualitätsmanagement, Logistik
Führungsprozesse –

Potenziale und Risiken


Potenziale  schnelle Bearbeitung und Lösungsfindung
 Transparenz über das Vorgehen beim Auftreten von Problemen
 standardisierte Eskalationsstufen
Risiken  Probleme werden „ausgesessen“ und an höhere Ebenen weitergegeben, ohne
die Problemlösung ernsthaft zu betreiben
 Eskalationsgrenzen zu eng gewählt

Literatur
 Witt, J.; Witt, T.; Witt, R.: Der Kontinuierliche Verbesserungsprozess (KVP), Konzept – System – Maßnahmen. 3.
Aufl., Heidelberg: Verlag Recht und Wirtschaft, 2008
 The Productivity Press Development Team (Hrsg.): Kaizen for the Shop Floor. A Zero-Waste Environment with
Process Automation. New York: The Productivity Press, 2002
– 58 – VDI 2870 Entwurf

Bezeichnung Poka Yoke


Synonyme Null-Fehler-Strategie, Schlüssel-Schloss-Prinzip, PY-Prinzip, mistake-proofing
Gestaltungsprinzip Null-Fehler-Prinzip
Ergänzende Methoden Audits, Autonomation
Werkzeuge Poka-Yoke-Checklisten, Best-Practice-Beispiele

Ziel Qualität OOO Kosten OO Zeit OO


Verhinderung und Vermeidung (yoke) zufälliger Fehler (poka).

Kurzbeschreibung
Fehlervermeidung durch technische Vorkehrungen oder Vorgehensweisen („narrensichere“ Prozesse) durch meist
kostengünstige und sofort einführbare Lösungen

Durchführung
Anwendergruppe Operative Mitarbeiter, operatives Management, taktisches Management
Übliche Dauer der Kurzfristig (< 6 Monate)
Implementierung
Vorgehensweise Fehler tritt während Fertigung oder Montage auf bzw. die Fehlermöglichkeit wird
bereits während der Produktentstehung entdeckt:
1. Abgrenzung des fehlerintoleranten Prozesses bzw. Prozessabschnittes
2. Analyse der bekannten und weiterer möglicher Fehler und ihrer Ursachen (z. B.
FMEA, Ishikawa-Diagramm)
3. Entwicklung von Gestaltungsansätzen zur Fehlerverhinderung unter Einsatz
von Kreativitätstechniken wie Morphologie und Methode 635 sowie Checklisten
und Best-Practice-Beispielen nach dem Prinzip Schlüssel-Schloss (am besten
im interdisziplinären Team). Ansätze für Poka Yoke sind:
 Symmetrie bei Verwechslungsgefahr vermeiden
 Formschluss zur exakten Positionierung beim Fügen anstreben (Nuten,
Nasen etc.) bzw. Fügehilfen vorsehen (z. B. Fasen, Anschläge)
 Materialeigenschaften wie Magnetismus, Dichteunterschiede, elektrische
Leitfähigkeit, etc. für Positionierhilfen ausnutzen
 klare Größen- oder Formunterschiede bei Verwechslungsgefahr im
Istzustand definieren (z. B. verwendete Schrauben deutlich stufen, Einfüll-
stutzen für unterschiedliche Medien geometrisch unterscheidbar gestalten)
 Teile im Set bereitstellen, um Gefahr des Vergessens zu mindern
 erforderliche Zuordnungen durch Farben unterstützen (z. B. blaue Behälter
auf blauen Bereitstellplatz, roter Schlauch für roten Anschluss o. Ä.)
 elektrische oder mechanische Verriegelungsmechanismen nutzen
4. Entwicklung und Bewertung von Lösungen aus den gefundenen
Gestaltungsansätzen. Einfache Lösungen sind zu bevorzugen
5. Festlegung von Maßnahmen zur Umsetzung der Lösungen (Aufstellen eines
Maßnahmenplans mit Terminen und Verantwortlichkeiten)
6. Maßnahmenumsetzung:
 Beteiligte schulen
 Wirkung nachweisen und dokumentieren
 Gestaltungslösung als Poka-Yoke-Beispiel verfügbar machen
(z. B. Foto im Intranet)
Entwurf VDI 2870 – 59 –

Wirkung in Unternehmensprozessen
Kernprozesse Fertigung, Montage
Unterstützungsprozesse Logistik, Instandhaltung, Qualitätsmanagement
Führungsprozesse –

Potenziale und Risiken


Potenziale  prospektive Fehlervermeidung (das heißt frühzeitiges Auseinandersetzen mit
Fehlermöglichkeiten)
 stabile Prozesse
 Orientierung zum Einfachen
 Vermeidung von Wiederholungsfehlern
 Synergieeffekte im Arbeitsschutz (z. B. in Kombination mit Sicherheitstechnik)
Risiken  Gefahr verminderter Aufmerksamkeit
 komplexe Lösungen stehen im Widerspruch zur Teilevereinfachung
 Verzögerung bei einzelnen Prozessschritten möglich

Ergänzende Abbildungen

mit Poka Yoke

+
-

ohne Poka Yoke

+
-

Literatur

 IfaA (Hrsg.): Methodensammlung zur Unternehmensprozess-Optimierung. Köln: Wirtschaftsverlag Bachem, 2003


 http://www.qsconsult.be/qscnl/index.php/nl/lean/lean-overzicht
– 60 – VDI 2870 Entwurf

Bezeichnung Six Sigma


Synonyme ı'0$,&-Zyklus
Gestaltungsprinzip Null-Fehler-Prinzip
Ergänzende Methoden Statistische Prozessregelung
Werkzeuge -

Ziel Qualität OOO Kosten OO Zeit OO


Six Sigma ist eine Qualitätsmanagement-Methodik, bei der eine systematische Prozessverbesserung in allen Unter-
nehmensbereichen unter Anwendung analytischer und statistischer Methoden erreicht werden soll. Six Sigma strebt
ein festgelegtes statistisches Qualitätsziel auf 3,4 DPMO (Defects Per Million Opportunities) an.

Kurzbeschreibung
Six Sigma sieht vor, die wichtigsten Kundenanforderungen zu erkennen, hieraus Produktcharakteristika zu definieren
sowie Produkt- und Prozessmerkmale abzuleiten und zu standardisieren, um Null-Fehler zu erreichen. Kernelement
ist die Prozessanalyse und -optimierung, bei der die Schnittstellen zwischen den beteiligten Unternehmensbereichen
besonderes Augenmerk verdienen, da hier häufig das größte Verbesserungspotenzial analysiert werden kann. Die
Six Sigma Vorgehensweise, um Prozesse so zu modellieren, wird durch den DMAIC-Zyklus beschrieben.

Durchführung
Anwendergruppe operatives Management und taktisches Management.
Übliche Dauer der langfristig (> 12 Monate)
Implementierung
Vorgehensweise DMAIC-Zyklus
1. Define: Gewünschten Zielzustand, vermutete Fehlerursachen und Projektziele
festlegen
2. Measure: Fehler definieren und die Auswirkungen messen
3. Analyze: Kernursachen bestimmen sowie Prozess- und Versuchsdaten statis-
tisch analysieren
4. Improve: Verbesserungen zur Problembeseitigung planen, Abhängigkeiten er-
mitteln, Arbeitstoleranzen festlegen, evtl. Prozess neu gestalten
5. Control: Zur langfristigen Verbesserungsverankerung Erkenntnisse transferieren
und Überwachungsmechanismen festlegen

Wirkung in Unternehmensprozessen
Kernprozesse Fertigung, Montage
Unterstützungsprozesse Logistik, Qualitätsmanagement
Führungsprozesse –

Potenziale und Risiken


Potenziale  prozessorientierte kontinuierliche Verbesserung
 fördert das Qualitätsbewusstsein
 stärkt Wettbewerbsfähigkeit
 Fehleranalyse über den gesamten Prozess
 Verknüpfung mit gebräuchlichen Kenzahlen
 Konzentration auf eine Kennzahl (DPMO) zur Beschreibung der Erfüllung der
Kundenanforderungen und Geschäftsergebnisse
Risiken  Reduzierung der Kennzahlenvielfalt
 Schulungsaufwand
 Einsatz professionell ausgebildeter Methodiker
Entwurf VDI 2870 – 61 –

Ergänzende Abbildungen

ɐ
Literatur
 IfaA (Hrsg.): Methodensammlung zur Unternehmensprozessoptimierung. Köln: Bachem, 2008
 Harry, M.; Schroeder, R.: Six Sigma, Campus Fachbuch, 2000
 Kroslid, D.; Faber, K.; Magnusson, K.: Six Sigma, Hanser Fachbuch, 2003
 George, M.L.; Maxey, J.; Rowlands, D.T.: The Lean Six Sigma Pocket Toolbook, Mcgraw-Hill Professional, 2004
 John, A.; Meran, R.; Roenpage, O.: Six Sigma+Lean Toolset: Verbesserungsprojekte erfolgreich durchführen,
Springer, Berlin, 2007
 Rehbehn, R.; Kleinert, A.; Buthmann, A.: Mit Six Sigma zu Business Excellence, Publicis Corporate Publishing,
2005
– 62 – VDI 2870 Entwurf

Bezeichnung Statistische Prozessregelung


Synonyme Statistical Process Control (SPC), Statistische Prozesslenkung
Gestaltungsprinzip Null-Fehler-Prinzip
Ergänzende Methoden Six Sigma, Total Productive Maintenance
Werkzeuge Qualitätsregelkarte

Ziel Qualität OOO Kosten O Zeit O


Statistische Überwachung aller für einen Prozess relevanten Einflussgrößen zur Vermeidung von fehlerhaften Produk-
ten.

Kurzbeschreibung
Die statistische Prozessregelung dient der fortlaufenden Überwachung und Anpassung von qualitätsrelevanten Pa-
ramatern in Fertigung oder Montage. Hierdurch lassen sich entstehende Probleme frühzeitig erkennen und rechtezei-
tig gegenlenken, bevor ein systematischer Fehler auftritt.

Durchführung
Anwendergruppe operative Mitarbeiter und operatives Management.
Übliche Dauer der mittelfristig (6 bis 12 Monate)
Implementierung
Vorgehensweise Mit dem Werkzeug „Qualitätsregelkarte“ lassen sich regelmäßig erhobene Messwer-
te und Zählergebnisse aus Stichproben in Fertigungs- und Montagebereichen gra-
fisch darstellen und auswerten. So ist auf einen Blick ersichtlich, wenn ein Parameter
eine vorher definierte Eingriffs- oder Toleranzgrenze zu über- bzw. unterschreiten
droht und es können rechtzeitig Gegenmaßnahmen ergriffen werden.

Wirkung in Unternehmensprozessen
Kernprozesse Fertigung, Montage
Unterstützungsprozesse –
Führungsprozesse –

Potenziale und Risiken


Potenziale  frühzeitige Erkennung von Qualitätsproblemen
 einfache grafische Darstellung der qualitätsrelevanten Parameter
Risiken  Eingriffs- oder Toleranzgrenze ohne Expertenwissen festlegen
 Zeitaufwand bei manueller Stichprobenmessung
 Investitionsaufwand bei maschineller Stichprobenmessung
 nur systematische Fehler werden entdeckt
Entwurf VDI 2870 – 63 –

Ergänzende Abbildungen

Ausschuss

Messintervall
Warngrenze
Eingriffsgrenze

Literatur
 Quentin, H.: Statistische Prozessregelung–SPC. München: Hanser, 2008.
 Shewhart, W.: Economic control of quality of manufactured product. London: MacMillan, 1931
– 64 – VDI 2870 Entwurf

Bezeichnung Werkerselbstkontrolle
Synonyme Eigenverantwortlichkeit, Process Ownership, Autonome Qualitätssicherung, Selbst-
gesteuerte Fehlererkennung
Gestaltungsprinzip Null-Fehler-Prinzip
Ergänzende Methoden Kurze Regelkreise, Andon, Shopfloor Management, Poka Yoke, Autonomation, Pro-
zessstandardisierung, 5x Warum
Werkzeuge –

Ziel Qualität OOO Kosten OO Zeit OO


Kurzzyklische Identifizierung von Fehlern und Fehlerquellen, Qualitätsverbesserungen, Erhöhung des Verantwor-
tungsbewusstseins der Mitarbeiter.

Kurzbeschreibung
Die Mitarbeiter kontrollieren die Qualität der von ihnen bearbeiteten Teile zur Vermeidung von Fehlern vor der Weiter-
gabe an den nächsten Bearbeitungsschritt. Der nächste Bearbeitungsschritt tritt somit als Kunde auf, an den die feh-
lerhafte Weitergabe verhindert werden soll.

Durchführung
Anwendergruppe operative Mitarbeiter
Übliche Dauer der kurzfristig (< 6 Monaten)
Implementierung
Vorgehensweise Die operativen Mitarbeiter führen im Sinn einer Kunden-Lieferanten-Beziehung eine
Qualitätskontrolle an den von ihnen bearbeiteten Teilen durch. Durch die Qualitäts-
kontrolle nach einer vorzugebenden Prüfanweisung wird die Weitergabe von Fehlern
vermieden. Zusätzlich ist hierdurch eine wechselseitige Kontrolle der Mitarbeiter
sichergestellt. Im Falle eines Problems kann beispielsweise über ein Andon-Board
(vgl. Methode: Andon) Hilfe angefordert oder ein Bandstopp herbeigeführt werden,
bis die Fehlerursachen gefunden und abgestellt sind.

Wirkung in Unternehmensprozessen
Kernprozesse Fertigung, Montage
Unterstützungsprozesse –
Führungsprozesse –

Potenziale und Risiken


Potenziale  Vermeidung der Weitergabe von Fehlern an interne und externe Kunden
 Fehler werden unmittelbar am Entstehungsort entdeckt.
 Verantwortungsgefühl der Mitarbeiter wird gesteigert.
Risiken  Spannungen zwischen den Mitarbeitern infolge wechselseitiger Kontrolle
 erhöhter Zeitbedarf
Literatur
 Brunner, F. J.: Japanische Erfolgskonzepte. München; Wien: Hanser, 2008, S. 117 ff.
 Takeda, H.: Das synchrone Produktionssystem – Just-in-time für das ganze Unternehmen. 4. Auflage, Frankfurt:
Redline Wirtschaft, 2004, S. 169 ff.
Entwurf VDI 2870 – 65 –

Bezeichnung Andon
Synonyme
Gestaltungsprinzip Visuelles Management
Ergänzende Methoden Autonomation, Ishikawa-Diagramm, 5S, 5×Warum , Poka-Yoke, Prozessstandardi-
sierung, One Piece Flow, Kurze Regelkreise
Werkzeuge Andon-Board

Ziel Qualität O O O Kosten O Zeit O Oҏ


Visualisierung von Status oder Störungen in einem festgelegten Fertigungsbereich.

Kurzbeschreibung
Andon (japanisch sinngemäß „Leuchtlaterne“) liefert eine für jeden Mitarbeiter des betrachteten Fertigungsbereichs
erkennbare, elektronische Darstellung von Ist- und Soll-Werten (z. B. Produktionsmengen, Takt, Störungen) und de-
ren Abweichungen auf einem Andon-Board. Aufbauend auf diesem Konzept beinhaltet Andon vielfach ein Reißleine-
konzept, bei dem die operativen Mitarbeiter angehalten sind, beim Erkennen von Störungen eine Reißleine („Andon-
Leine“) zu ziehen. Durch das Ziehen der Reißleine stoppen die Anlagen im Fertigungsbereich (siehe Methode „Auto-
nomation“) und die Störung wird akustisch und optisch signalisiert. Die Störung sollte ebenfalls auf dem Andon-Board
angezeigt werden, sodass das gesamte Mitarbeiterteam sofort erkennen kann, an welcher Stelle im Prozess die Stö-
rung auftritt und durch den gemeinsamen Einsatz die Problemanalyse und -behebung schneller durchführen kann.

Durchführung
Anwendergruppe operative Mitarbeiter, operatives, taktisches, strategisches Management
Übliche Dauer der mittelfristig (6 bis 12 Monate)
Implementierung
Vorgehensweise Die Andon-Methode kann zur Visualisierung verschiedener Kennzahlen und Zustän-
de in der Produktion genutzt werden.
Eine beispielhafte Kaskade von Produktionsstörungen ist im Folgenden dargestellt:
 Status 0 (alles in Ordnung): Alle der Arbeitsgruppe zugeordneten Leuchten
stehen auf „grün“.
 Status 1 (Hilfe benötigt): Mitarbeiter betätigt die Andon-Leine, weil er nicht in
der Lage ist, die vorgegebenen Arbeiten innerhalb des Takts zu erledigen, die
zugeordnete Blinkleuchte wechselt auf „gelb blinkend“, der Störungsort leuchtet
am Andon-Board auf, gegebenenfalls ertönt ein dem Team zugeordnetes Akus-
tik-Signal („Teammusik“), eine Stoppuhr misst das Reaktionsintervall.
 Status 2 (Hilfe kommt): Der Teamleiter oder Vorarbeiter („Hancho“) kommt an
den Störungsort, betätigt die Andon-Leine zweimal und signalisiert „Hilfe anwe-
send“, das Signal wird auf dem Andon-Board mit „gelb“ angezeigt.
 Status 3 (zusätzliche Hilfe erforderlich): Kann das Team mit Vorarbeiter die
Situation alleine nicht bewältigen, betätigt der Vorarbeiter die Andon-Leine drei-
mal und signalisiert dies durch ein blinkendes Feld „Hilfe anwesend“ auf dem
Andon-Board.
 Status 4 (Stopp): Kann das Problem nicht in einer vorgegebenen Zeit gelöst
werden, wird die Produktionslinie angehalten, was auf dem Andon-Board ent-
sprechend mit „rot“ angezeigt wird. Erst nach zufriedenstellender Störungsbehe-
bung wird der Status wieder auf „grün“ zurückgesetzt.
Weiterhin existieren vereinfachte Andon-Systeme, welche nur zwischen zwei Be-
triebszuständen „Keine Störung“ und „Störung“ wechseln (siehe Abbildung).

Wirkung in Unternehmensprozessen
Kernprozesse Fertigung, Montage
Unterstützungsprozesse –
Führungsprozesse –
– 66 – VDI 2870 Entwurf

Potenziale und Risiken


Potenziale  Überwachung des Fertigungsstatus
 Visualisierung von Störungen
 in Verbindung mit einem Reißleinekonzept sowie einer systematischen Fehler-
analyse und -behebung Erreichen einer schrittweisen Steigerung der Prozess-
stabilität
Risiken  Überfrachtung der Mitarbeiter mit Informationen
 reine Visualisierung der Fehler, separate Fehleranalyse erforderlich
 Andon-Boards dürfen nicht die zwischenmenschliche Kommunikation ersetzen
 Ablehnung durch den Betriebsrat (nach §87 BetrVG, Abs. 1/6; technische Über-
wachung der Arbeitnehmer)

Ergänzende Abbildungen

Quelle: Haendel Automatisierungstechnik GmbH

Literatur
 Takeda, H.: Das synchrone Produktionssystem. Just-in-Time für das ganze Unternehmen . Landsberg/Lech:
Moderne Industrie, 2002
Entwurf VDI 2870 – 67 –

Bezeichnung Shopfloor Management


Synonyme Führung vor Ort, Gemba Kaizen, Go To Gemba
Gestaltungsprinzip Visuelles Management
Ergänzende Methoden Hancho-Prinzip, A3-Methode, Ishikawa-Diagramm, kurze Regelkreise, Prozessstan-
dardisierung, Andon
Werkzeuge Kennzahlentafel

Ziel Qualität OOO Kosten OOO Zeit OOO


Durch eine „Führung am Ort der Wertschöpfung“ wird die kontinuierliche Verbesserung nachhaltig betrieben sowie
Entscheidungsprozesse vereinfacht und transparent gestaltet.

Kurzbeschreibung
Beim Shopfloor Management werden Führungskräfte dazu angehalten regelmäßig an den Ort der Wertschöpfung zu
gehen und bei der Problemlösung bzw. der kurzzyklische Zielverfolgung (Definition von Zielzuständen, Kennzahlen-
überwachung) den operativen Mitarbeiter einzubinden. Der operative Mitarbeiter, der die exakte Kenntnis über die
Situation am Arbeitsplatz hat, wird dabei in den Mittelpunkt gestellt. Indem das Expertenwissen des Mitarbeiters ein-
bezogen wird, fungieren Führungskräfte zunehmend als Coaches statt als Problemlösungsexperten. Das heißt, Füh-
rungskräfte geben Lösungen nicht vor, sondern Lenken ihre Mitarbeiter durch Fragen zu eigenen Lösungen.

Durchführung
Anwendergruppe operatives Management, taktisches Management, strategisches Management
Übliche Dauer der kurzfristig (< 6 Monate)
Implementierung
Vorgehensweise Shopfloor Management ist in erster Linie eine Kulturfrage. Deshalb sind generalisie-
rende Vorgehenskonzepte immer an die Gegebenheiten im Unternehmen anzupas-
sen.
Zunächst erfordert die Einführung des Shopfloor Managements die Sensibilisierung
der Führungskräfte für ein neues Führungsverhalten. Dies beinhaltet den Wandel hin
zu einer „Führung am Ort der Wertschöpfung“. Zur Durchsetzung des Führungsver-
haltens bedarf es der Vermittlung von Coaching-Kompetenzen.
Für die Definition von Regeln und Standards (Regeltermine, Art der Kennzahlenvisu-
alisierung, Definition von Zielzuständen, Kennzahlenüberwachung etc.) sind einheit-
liche Dokumente zu erstellen. Insgesamt bedarf das Shopfloor Management einer
Anpassung der Kommunikationsprozesse hin zu kurzzyklischen, wertschöpfungs-
zentrierten und effizienten Besprechungen.
Die kurzzyklische Überwachung von Kennzahlen in den Dimensionen Qualität, Kos-
ten und Zeit erfordert eine Visualisierung. Hier bietet es sich an, Kennzahlentafeln in
einzelnen Bereichen aufzustellen. Auf diesen sind auch die durch Standards zu defi-
nierenden Zielzustände und Aktivitäten zur Lösung von Problemen zu visualisieren.
Für Letzteres wird die A3-Methode genutzt.

Wirkung in Unternehmensprozessen
Kernprozesse Fertigung, Montage
Unterstützungsprozesse Logistik, Instandhaltung, Qualitätswesen
Führungsprozesse –

Potenziale und Risiken


Potenziale  Effiziente und schnelle Problemlösung
 systematische kontinuierliche Verbesserung
 wertschöpfungsorientierte Führungskultur
 Mitarbeiter rückt ins Zentrum der Problemlösung
 Einhaltung von Standards wird sichergestellt.
 Es entsteht eine offene Kommunikationskultur mit objektivem Problemlösungs-
charakter.
– 68 – VDI 2870 Entwurf

Risiken  mangelnde Akzeptanz bei den Führungskräften und Mitarbeitern


 Shopfloor Management wird als zusätzliches Kontroll- und Rationalisierungsin-
strument des Managements missverstanden.
 Führungskräfte lehnen Anwesenheit auf dem Shopfloor ab.
 Starke Personenabhängigkeit macht Shopfloor Management bei Führungs-
wechseln anfällig für Rückschritte.
 Schlecht ausgeprägte Fehlerkultur mit Schuldzuweisungen behindert ein effekti-
ves Shopfloor Management.
 Shopfloor Management wird als reines Instrument zur Visualisierung und Beo-
bachtung von Kennzahlenverläufen missverstanden.
 Führungskräfte erhoffen sich kurzfristig direkt messbare monetäre Effekte.

Literatur
 Suzaki, K.: The New Shop Floor Management – Empowering People for Continuous Improvement. New York:
The Free Press, 1993
 Imai, M.: Gemba Kaizen – A Commonsense, Low-Cost Approach to Management. New York: McGraw-Hill, 1997
 Rother, M.: Toyota Kata – Managing People for Improvement, Adaptiveness and Superior Results. New York:
McGraw-Hill Professional, 2009
Entwurf VDI 2870 – 69 –

Bezeichnung Audit
Synonyme Assessment
Gestaltungsprinzip Kontinuierlicher Verbesserungsprozess, (Standardisierung)
Ergänzende Methoden –
Werkzeuge Checklisten, Kennzahlenblatt, Fragebogen

Ziel Qualität OO Kosten OO Zeit OO


Audits dienen der Kontrolle und Analyse von unternehmensinternen Prozessen und Methoden hinsichtlich der Erfül-
lung von Anforderungen und Richtlinien.

Kurzbeschreibung
Die Auditierung ist der systematische, unabhängige und dokumentierte Prozess zur objektiven Auswertung, inwieweit
die vorher bestimmte Auditkriterien erfüllt sind. Dabei wird häufig mithilfe standardisierter Checklisten, Kennzahlen-
blätter und Fragebögen der Istzustand aufgenommen, um diesen mit dem Sollzustand zu vergleichen. Anschließend
wird die Wirksamkeit des auditierten Systems bewertet und Verbesserungsmöglichkeiten ermittelt. Je nachdem, wer
das Audit durchführt, was auditiert wird und welchen Zweck das Audit verfolgt, wird zwischen internen Audits, exter-
nen Audits (z. B. durch Kunden, unabhängige dritte Organisationen), Systemaudits, Verfahrensaudits und Produktau-
dits unterscheiden. Der Auditor sollte sich bei der Auditierung ethisch korrekt verhalten, eine sachliche Darstellung
anstreben, eine angemessene berufliche Sorgfalt haben, Unabhängigkeit sein und eine Vorgehensweise wählen, die
auf Nachweisen beruht.

Durchführung
Anwendergruppe operatives Management, taktisches Management, strategisches Management
Übliche Dauer der mittelfristig (6 bis 12 Monate)
Implementierung
Vorgehensweise 1. Rahmenbedingungen festlegen
Bereiche auswählen, Auditteam und Auditor bestimmen
2. Audit vorbereiten
Auditplan erstellen, Checklisten vorbereiten, Fragen definieren, Bewertungs-
schema in Anlehnung an das unternehmensindividuelle GPS-Zielsystem festle-
gen
3. Audit durchführen
Inspektion durchführen, Kick-off-Meeting, Interviews durchführen, Abgleich mit
dem Sollzustand
4. Audit dokumentieren
Auditbericht erstellen und der Leitung vorstellen, Zusammenstellung der Resul-
tate des Audits
5. Maßnahmen ableiten
Aktionen aus den Ergebnissen ableiten, Maßnahmenpläne erzeugen, Audit-
system stetig weiterentwickeln
6. Umsetzung überwachen

Wirkung in Unternehmensprozessen
Kernprozesse universell einsetzbar
Unterstützungsprozesse universell einsetzbar
Führungsprozesse universell einsetzbar

Potenziale und Risiken


Potenziale  Identifizierung von Best Practices
 Reifegradmessung des Produktionssystems
 Sicherstellung der kontinuierlichen Verbesserung
– 70 – VDI 2870 Entwurf

Risiken  stichprobenartige Kontrolle


 Auswahl repräsentativer Kriterien bestimmt den Erfolg
 Ohne offene Kommunikation können Akzeptanzprobleme entstehen, Gefühl der
externen Kontrolle.

Ergänzende Abbildungen

Auszug aus einem Auditbogen zur Methode One-Piece-Flow


Auditoren: Datum:
Auditierter Bereich: Verantwortlicher für Bereich:
‡ Wie groß ist der maximale Taktausgleich/die maximale Wartezeit <5% 2 5-10% 1 >10 0
bezogen auf die Taktzeit der Stationen?

‡ Ist der interne Takt auf den Kundentakt abgestimmt?


Ja 2 Nein 0
‡ Sind Arbeitsstationen/Teilprozesse, die aufgrund der Austaktung nicht
in den OPF eingliederbar sind, entkoppelt und über Kanban an den
Ja 2 Teilw. 1 Nein 0
Hauptprozess angebunden?

‡ Müssen Teile zwischen einzelnen Bearbeitungsschritten Ja 0 Teilw. 1 Nein 2


(Arbeitsstationen) in Behälter gefüllt werden, aus denen sie im
nächsten Schritt wieder entnommen werden müssen?

‡ Sind die Mitarbeiter im Thema OPF geschult und ist ihre Qualifikation Ja 2 Teilw. 1 Nein 0
nachgewiesen (Qualifikationsmatrix)?

Ja 2 Teilw. 1 Nein 0

Bemerkungen: Maßnahmen (Nr. aus Maßnahmenblatt):

Literatur
 IfaA (Hrsg.): Methodensammlung zur Unternehmensprozess-Optimierung. Köln: Wirtschaftsverlag Bachem, 2003
 Deutsche MTM-Vereinigung e. V., REFA Bundesverband e. V. (Hrsg.): Standard-Methoden des Organisierens für
Verwaltung und Dienstleistung. Hanser, 2005
 DIN EN ISO 17021. Konformitätsbewertung. Anforderungen an Stellen, die Managementsysteme auditieren und
zertifizieren; Berlin: Beuth Verlag, 2006
Entwurf VDI 2870 – 71 –

Bezeichnung Benchmarking
Synonyme Kennzahlenvergleich, Best Practice
Gestaltungsprinzip Kontinuierlicher Verbesserungsprozess
Ergänzende Methoden Zielmanagement
Werkzeuge –

Ziel Qualität OO Kosten OO Zeit OO


Vergleich der eigenen Position gegenüber der von Mitbewerbern.

Kurzbeschreibung
Aufbau von möglichst dimensionslosen Verhältniszahlen, systematischer Vergleich (Kennzahlenvergleich) und damit
Messbarmachung von Unternehmensprozessen. Durch die Messbarmachung zum Vergleich verschiedener Prozesse
(unternehmensintern oder -extern) ist eine Identifikation von Best-Practice-Prozessen sowie der Hauptverbesse-
rungspotenziale möglich.
Es besteht die Möglichkeit zum Vergleich und zur Übertragung branchenfremder Prozesse.

Durchführung
Anwendergruppe operatives Management, taktisches Management und strategisches Management
Übliche Dauer der mittelfristig (6 bis 12 Monate)
Implementierung
Vorgehensweise  Definition der betroffenen und zu vergleichenden Prozesse (z. B. Rüsten eines
bestimmten Herstellablaufs), Festlegung der in den Vergleich einzubeziehenden
Produktionsstätten
 Festlegung der Rahmenbedingungen und Kriterien für Vergleichbarkeit (z. B.
ähnliche Produktionsprozesse, ähnliche Komplexität, vergleichbare behördliche
Auflagen)
 Definition von Problem (z. B. zu lange Rüstzeiten im Vergleich zu anderen
Standorten) und Aufgabe (z. B. Rüstzeitenreduktion)
 Datenerhebung und -auswertung
 Bildung möglichst dimensionsloser Größen (z. B. Rüstzeit je Gesamt-
Auftragsdurchlaufzeit)
 Aufstellen von Hypothesen über mögliche Zusammenhänge von Ursa-
chen/Wirkungen, Überprüfung anhand von Datenerhebung
(z. B. Komplexität der Prozesse steht in Verhältnis zum Personalaufwand)
 Adjustierung der zu vergleichenden Prozesse oder Bereiche
 Vergleich der so ermittelten Kennzahlen und Aufstellen einer Rangliste (Best-
Practice) für vergleichbare Prozesse
 Bestimmung der Abweichungen, Identifikation der Hauptverbesserungspotenzia-
le sowie Analyse von Ursachen und Wirkung
 Ableitung von Maßnahmen zum Ausgleich der Defizite

Wirkung in Unternehmensprozessen
Kernprozesse universell einsetzbar
Unterstützungsprozesse universell einsetzbar
Führungsprozesse universell einsetzbar
– 72 – VDI 2870 Entwurf

Potenziale und Risiken


Potenziale  Quantifizierung und Vergleich von Prozessdaten und Ablaufschritten möglich
 Visualisierung und Bewusstmachung der Hauptverbesserungspotenziale
 Erzeugen einer Wettbewerbsmentalität bei Mitarbeitern
(Best-Practice-Streben)
 Erkenntnisgewinn durch systematische Prozessanalysen
Risiken  Vergleich von nicht vergleichbaren Prozesse („Äpfel und Birnen“) durch unzurei-
chende Systematik bei der Analyse und Messdatenerhebung
 Ausnutzung der Methode zur Rechtfertigung bereits getroffener strategischer
Entscheidungen
 Verfälschung von Daten oder Kennziffern im Wettbewerb mit anderen Teilneh-
mern
 Die Methode setzt Vertraulichkeit, Offenheit, Wissensaustausch etc. voraus.

Literatur
 Watson Gregory H.: Benchmarking – Vom Besten lernen. Moderne Industrie, Camp
 Robert C.: Benchmarking. Hanser Verlag, 1994
Entwurf VDI 2870 – 73 –

Bezeichnung Cardboard Engineering


Synonyme Physical Mock-Up, Kartonagesimulation, Kartonsimulation, 3P
Gestaltungsprinzip Kontinuierlicher Verbesserungsprozess
Ergänzende Methoden Methodenplanung, Poka Yoke, Schnellrüsten
Werkzeuge –

Ziel Qualität O Kosten OOO Zeit OO


Kostengünstige physische Simulation von Tätigkeiten, Abläufen und Anordnungen von Arbeitssystemen durch Einsatz
leicht verfügbarer, günstiger Materialien. Ziel ist es, Wissen und Erfahrung der Mitarbeiter in die Planung zu integrie-
ren.

Kurzbeschreibung
Cardboard Engineering ist eine Methode, bei der geplante Arbeitsplätze aus einfachen leicht verfügbarer, günstiger
Materialien nachgebaut werden, um in dieser Simulationsumgebung mit unterschiedlichen Gestaltungsalternativen
schnell und aufwandsarm experimentieren zu können.

Durchführung
Anwendergruppe operative Mitarbeiter und operatives Management
Übliche Dauer der kurzfristig (< 6 Monate)
Implementierung
Vorgehensweise Nach der Grobplanung eines Arbeitssystems wird dieses aus Materialien,
wie Pappe, Kunststoffboxen, Rohr-Verbinder-Systemen möglichst auf-
wandsarm nachgebaut. Maschinenfunktionen werden improvisiert oder
gedanklich angenommen. Hierdurch lassen sich Gestaltungsalternativen
schnell testen und Mitarbeiter, die später die Tätigkeiten ausführen wer-
den, können sich aktiv in den Planungsprozess einbringen.

Wirkung in Unternehmensprozessen
Kernprozesse Fertigung, Montage
Unterstützungsprozesse Logistik
Führungsprozesse

Potenziale und Risiken


Potenziale  transparente Planung von Prozessen
 aktive Einbeziehung operativer Mitarbeiter
 geringer Kostenaufwand
 Erprobung in einer frühen Planungsphase
Risiken  geringe Akzeptanz bei Mitarbeitern durch „Bastelcharakter“
– 74 – VDI 2870 Entwurf

Ergänzende Abbildungen

Literatur

Entwurf VDI 2870 – 75 –

Bezeichnung Ideenmanagement
Synonyme –
Gestaltungsprinzip Kontinuierlicher Verbesserungsprozess
Ergänzende Methoden PDCA, Verschwendungsbewertung, KVP-Workshops*
Werkzeuge intranetbasierte Ideenmanagement-Software

Ziel Qualität OOO Kosten OOO Zeit OOO


Durch Verwaltung und Lenkung von Ideen und Vorschlägen soll Verschwendung vermieden werden.

Kurzbeschreibung
Das Ideenmanagement ist eine Weiterentwicklung des betrieblichen Vorschlagswesens. Durch die Kombination des
betrieblichen Vorschlagswesens (spontane Ideenfindung) und der Kontinuierlichen Verbesserung (gelenkte Ideenfin-
dung in moderierten Gruppen oder KVP-Workshops) können die Ideen und Vorschläge der Mitarbeiter (insbesondere
der operativen) stärker berücksichtigt werden. Das Ideenmanagement umfasst die Generierung, Sammlung und Aus-
wahl geeigneter Ideen für Verbesserungen und Neuerungen in allen Unternehmensteilen. In vielen Unternehmen wird
ein Ideenmanagement im Intranet umgesetzt und ein Ideenmanager benannt, der die Ideen und Vorschläge zentral
koordiniert und an die passenden Entscheidungsträger weitergibt.

Durchführung
Anwendergruppe operative Mitarbeiter, operatives, taktisches und strategisches Management
Übliche Dauer der Kurzfristig (< 6 Monate)
Implementierung
Vorgehensweise Aufbau eines Ideenmanagement, z. B. im Intranet, Regelung über eine Betriebsver-
einbarung, Durchführung von KVP-Workshops

Wirkung in Unternehmensprozessen
Kernprozesse universell einsetzbar
Unterstützungsprozesse universell einsetzbar
Führungsprozesse universell einsetzbar

Potenziale und Risiken


Potenziale  Einsparungen in allen Kostenarten
 Motivation der Mitarbeiter durch Beteiligung, Anerkennung und gegebenenfalls
monetäre Anreize
 Innovationsförderung
Risiken  Rückentwicklung zu einem statischen betrieblichen Vorschlagswesen
 Demotivation der Mitarbeiter durch fehlende Transparenz und unzureichende
Informationen zum Stand des Bearbeitungsprozesses
 schnelle und unkomplizierte Eingabe in eine Ideenmanagement-Software not-
wendig
 Mitarbeiter ohne Computerarbeitsplatz können bei einem intranetbasierten I-
deenmanagement schwer teilnehmen.

Literatur

– 76 – VDI 2870 Entwurf

Bezeichnung PDCA
Synonyme Deming Kreis, PTCA-Zyklus
Gestaltungsprinzip Kontinuierlicher Verbesserungsprozess
Ergänzende Methoden Verschwendungsbewertung, Ishikawa-Diagramm
Werkzeuge -

Ziel Qualität OO Kosten OO Zeit OO


Fortschreitende Verbesserung von Prozessen durch einen iterativen vierphasigen Problemlösungsprozess.

Kurzbeschreibung
Jede Tätigkeit soll nach dem gleichen einfachen und eingänglichen Zyklus zur Problemlösung durchlaufen werden.
Der Zyklus beinhaltet die Aktivitäten Plan (Planen), Do (Durchführen), Check (Ergebniskontrolle) und Act (Agieren,
Bewerten). Der Zyklus wiederholt sich bei Bedarf ständig oder kann beispielsweise durch allgemeine Probleme oder
Ausgangspunkte aus dem Ideenmanagement oder der Verschwendungsbewertung abgeleitet werden.

Durchführung
Anwendergruppe operative Mitarbeiter, operatives Management, taktisches Management und strategi-
sches Management.
Übliche Dauer der kurzfristig (< 6 Monate)
Implementierung
Vorgehensweise 1. In der Phase des „P – Planen“ wird im Allgemeinen, basierend auf einer Prob-
lemerkennung, eine Planung zur Verbesserung der betrachteten Prozesse oder
Aufgaben entworfen. Die folgenden Tätigkeiten sind während dieser Phase
durchzuführen:
 Themen gemäß der Zielvorgabe wählen
 Daten sammeln
 Ursachen analysieren
 Ziele festlegen
 Kennzahlen zur Erfolgsmessung definieren und messen
 Lösungsideen sammeln und Lösungsmethoden festlegen
 Aktionsplan erstellen (wer, was, wo, wann)
2. Die zweite Phase des PDCA-Zyklus ist das „D – Durchführen“. Dieses zeichnet
sich dadurch aus, dass
 die einzelnen geplanten Aktivitäten umgesetzt und
 die Zwischenergebnisse ermittelt werden.
3. In der sich anschließenden Phase der „C – Ergebniskontrolle“ wird anhand der
Kennzahlen überprüft und dokumentiert, welche Ergebnisse mit den geplanten
Aktivitäten und den geplanten Veränderungen einzelner Prozesse im Vergleich
zur Ausgangssituation erreicht wurden.
4. In der vierten Phase des „A – Agieren, Bewerten“ werden
 die Aktivitäten zusammengefasst,
 die Ergebnisse visualisiert und überprüft und
 bei Bedarf wird der PDCA neu initiiert.

Wirkung in Unternehmensprozessen
Kernprozesse universell einsetzbar
Unterstützungsprozesse universell einsetzbar
Führungsprozesse universell einsetzbar
Entwurf VDI 2870 – 77 –

Potenziale und Risiken


Potenziale  Zusammenarbeit mehrerer Fachbereiche
 standardisierte, systematische Vorgehensweise
 kontinuierliche Kontrolle von Verbesserungen
 von allen Beschäftigten praktizierbar
Risiken  Methodenkompetenz erforderlich
 zu viele Anstöße (Plan, Do) werden ohne Nachhaltigkeit (Check, Act) durchge-
führt
 keine mehrfache Durchführung des Regelkreises

Ergänzende Abbildungen

Literatur
 IfaA (Hrsg.): Methodensammlung zur Unternehmensprozess-Optimierung. Köln: Wirtschaftsverlag Bachem, 2003
 Bokranz, R.; Landau, K.: Produktivitätsmanagement von Arbeitssystemen. Stuttgart: Schaeffer-Poeschel, 2006
– 78 – VDI 2870 Entwurf

Bezeichnung Hancho
Synonyme –
Gestaltungsprinzip Mitarbeiterorientierung und Führung
Ergänzende Methoden Werkerselbstkontrolle, Shopfloor Management, Verschwendungsbewertung
Werkzeuge Arbeitspläne, Fertigungspläne, Zeitstudien

Ziel Qualität OOO Kosten OO Zeit OO


Erhöhung der Mitarbeiterproduktivität und der Anlageneffektivität durch selbstständige Problemlösung in der Gruppe.

Kurzbeschreibung
Im Rahmen von Rationalisierungsmaßnahmen wird in der Regel der bestqualifizierte Mitarbeiter in die Funktion des
Hanchos (Gruppenleiter, Vorarbeiter) befördert. Zu seinen Aufgaben gehören die Sicherstellung der Qualität, die
Einhaltung der Standardisierung, die kontinuierliche Prozessverbesserung sowie die Unterweisung und Motivation der
Mitarbeiter. In dieser Rolle stellt er den Motor für den kontinuierlichen Verbesserungsprozess auf Shopfloor-Ebene dar
und fördert „seine“ Mitarbeiter (sechs bis zehn Mitarbeiter) in der eigenständigen Entwicklung und Umsetzung von
Problemlösungen.

Durchführung
Anwendergruppe operative Mitarbeiter und operatives Management
Übliche Dauer der kurzfristig (< 6 Monate)
Implementierung
Vorgehensweise –

Wirkung in Unternehmensprozessen
Kernprozesse Fertigung, Montage
Unterstützungsprozesse Logistik, Instandhaltung
Führungsprozesse –

Potenziale und Risiken


Potenziale  nachhaltige Betreibung der kontinuierlichen Verbesserung
 Einhaltung der Standards
 Sicherstellung der Qualität durch operative Mitarbeiter
 geringes Akzeptanzproblem durch hohes Expertenwissen und Erfahrung
 geringe Führungsspanne (sechs bis zehn Mitarbeiter) erlaubt „enge“ Führung
Risiken  Probleme werden „ausgessen“ und an den Hancho weitergegeben ohne die
Problemlösung ernsthaft zu betreiben
 Problemlösungsfähigkeiten müssen vorhanden sein oder geschult werden.
 Fachliche Qualifikationen zu GPS müssen vorhanden sein oder geschult wer-
den.
 „Bereichsdenken“ möglich

Literatur
 Teufel, P.: Shopfloor Management à la Toyota. Im Internet abrufbar unter: http://www.dgq.de/dateien/Toyota-
ShopfloorManagement.pdf
Entwurf VDI 2870 – 79 –

Bezeichnung Zielmanagement
Synonyme Policy Deployment, Hoshin Kanri, Management by Objectives (MBO)
Gestaltungsprinzip Mitarbeiterorientierung und Führung
Ergänzende Methoden Benchmarking, Audits, Shopfloor Management
Werkzeuge Kennzahlen, Zielvereinbarungen Balanced Scorecard (BSC), EFQM-Modell

Ziel Qualität OO Kosten OO Zeit OO


Führung über transparente, durchgängige Zielsetzungen für jede Ebene und jeden Mitarbeiter im Unternehmen.

Kurzbeschreibung
Die Ziele der Unternehmensstrategie werden durchgängig von oben nach unten, im Idealfall bis auf die Mitarbeiter-
ebene herunter gebrochen und vereinbart. Hierbei ist darauf zu achten, dass Ziele jeweils spezifisch, messbar, attrak-
tiv, realistisch und termingebunden sind (SMART). Im Rahmen des angestrebten, kontinuierlichen Verbesserungspro-
zesses werden eine klare Richtung (Hoshin) und ein nachvollziehbarer Umsetzungsplan (Kanri) vorgegeben. Auf
Basis eines gemeinsamen Verständnisses für die Unternehmensstrategie kann so jeder Mitarbeiter seinen Beitrag zur
Erreichung der Unternehmensziele erkennen und umsetzen.

Durchführung
Anwendergruppe Operative Mitarbeiter, operatives Management, taktisches Management und strate-
gisches Management.
Übliche Dauer der Kurzfristig (< 6 Monate)
Implementierung
Vorgehensweise  Ableitung einer möglichst überschaubaren Anzahl an Zielen aus der Unterneh-
mensstrategie
 Aufschlüsseln auf Teilziele für die jeweils niedrigere Führungs- oder Prozess-
ebene
 Abstimmung mit den jeweils für die Zielerreichung verantwortlichen Führungs-
kräften oder Mitarbeitern und gemeinsame Verpflichtung auf Zielerreichung
 kontinuierliche, für alle Beteiligten transparente, Überprüfung der Zielerreichung
durch geeignete Messinstrumente, Ableitung von Maßnahmen bei Abweichun-
gen
 Durchführung von Rückkoppelungsschleifen zur Verbesserung der Prozesse,
Überprüfung und gegebenenfalls Anpassung der Ziele und Teilziele

Wirkung in Unternehmensprozessen
Kernprozesse universell einsetzbar
Unterstützungsprozesse universell einsetzbar
Führungsprozesse universell einsetzbar

Potenziale und Risiken


Potenziale  Ausrichtung aller Unternehmenseinheiten auf die Unternehmensstrategie
 eigenverantwortliche Zielerfüllung führt zu Motivation
 hohe Mitarbeitereinbindung (partizipative Führung)
 Förderung der Transparenz
Risiken  In der Praxis schwierige Umsetzung bei Zielkonflikten auf gleichen Ebenen (z. B.
Erhöhung der Qualität bewirkt Kostensteigerung). Fokussierung des Gesamtop-
timums ist notwendig.
 Grenzen beim Herunterbrechen der Zielgrößen
 hoher Steuerungsaufwand und mangelnde Fokussierung bei zu vielen Zielen
 Frust, wenn Ziele nicht SMART sind
– 80 – VDI 2870 Entwurf

Ergänzende Abbildungen

ohne mit
Zielmanagement Zielmanagement

Literatur
 Drucker, P.F.: Die Praxis des Managements. Düsseldorf: Econ, 1998
 Kaplan, R.S.; Norton. D.P.: Balanced Scorecard. Strategien erfolgreich umsetzen. Stuttgart: Schäffer-Poeschel,
1997
Entwurf VDI 2870 – 81 –

Bezeichnung FIFO (First In First Out)


Synonyme FEFO (First Expired First Out), FCFS (First Come First Served)
Gestaltungsprinzip Fließprinzip
Ergänzende Methoden –
Werkzeuge Ausschilderung, Datumsangaben, Durchlaufregale, Rollenbahn

Ziel Qualität OO Kosten O Zeit O


Ziel ist es, durch Produktionsfluss in gleichbleibender Werkstücksequenz eine Qualitätsverbesserung und Steue-
rungsvereinfachung zu erzielen sowie Material in der richtigen Reihenfolge des Produktionszyklus zu verbrauchen.

Kurzbeschreibung
Eine Methode, bei der zuerst Eingegangenes auch zuerst bearbeitet bzw. verbraucht wird. Anwendungsbereiche sind
sowohl die Materialbereitstellung als auch die Auftragssteuerung.

Durchführung
Anwendergruppe operative Mitarbeiter
Übliche Dauer der kurzfristig (< 6 Monate)
Implementierung
Vorgehensweise Festlegung einer Materialgruppe, Festlegung eines Lagerbereichs, Ausschilderung
und Steuerung (durch IT-Systeme oder manuell), Anordnung der Prozesse in der
Bearbeitungsreihenfolge

Wirkung in Unternehmensprozessen
Kernprozesse Fertigung, Montage
Unterstützungsprozesse Logistik, Qualitätsmanagement, Instandhaltung
Führungsprozesse –

Potenziale und Risiken


Potenziale  Verbesserte Qualität durch sichergestellten Regelkreis, da Höchstlagerdauern
von Materialien nicht überschritten werden
 keine Überlagerung von Material, weniger Ausschuss
 besseres Änderungsmanagement bei Bauteiländerungen
Risiken  Durch separate Einlager- und Auslagerflächen kann ein FIFO-gerechtes Lager
zu erhöhten Flächenbedarfen führen (vgl. Bodenblocklagerung)
– 82 – VDI 2870 Entwurf

Potenziale und Risiken

Einlagerung

Entnahme

Durchlaufregal zur Realisierung von FIFO (Quelle: Gleißner Logistik, 2008)

Literatur
 Takeda, H.: Das synchrone Produktionssystem. Just-in-Time für das ganze Unternehmen. 3. Aufl., Lands-
berg/Lech: Moderne Industrie, 2002
 Gleißner, H.; Femerling, J.C.: Logistik. Grundlagen, Übungen, Fallbeispiele. Wiesbaden: Gabler, 2008
Entwurf VDI 2870 – 83 –

Bezeichnung One Piece Flow


Synonyme Synchrone Fertigung, Perlenkette
Gestaltungsprinzip Fließprinzip
Ergänzende Methoden Just-in-time/Just-in-sequence, Wertstromplanung, Schnellrüsten
Werkzeuge -

Ziel Qualität OOO Kosten OOO Zeit OOO


Durchlaufzeiten werden minimiert durch die Reduzierung der Bestände.

Kurzbeschreibung
Einzelstückbezogene Fertigung ohne Losgrößenbildung (Losgröße = 1) synchron zum Kundentakt. Teile oder Produk-
te werden dabei an den nächsten Arbeitsplatz weitergegeben ohne auf die Vollendung des gesamten Auftragsloses
zu warten. Zudem ist eine Verbesserung der Fehlererkennung durch eine schnelle Rückkopplung bei auftreten Stö-
rungen zu erwarten.
Prinzipiell besteht die Möglichkeit (in Kombination mit der Methode U-Layout) einen Mitarbeiter alle Bearbeitungs-
schritte nacheinander abarbeiten zu lassen.

Durchführung
Anwendergruppe operative Mitarbeiter, operatives Management und taktisches Management.
Übliche Dauer der langfristig (> 12 Monate)
Implementierung
Vorgehensweise 1. Schrittweises Absenken der Bestände zwischen den Fertigungsprozessen (Puf-
fer)
2. Schrittweises Stabilisieren der Fertigungsprozesse (z. B. Störungen beseitigen,
Rüstzeiten minimieren, innerbetriebliche Transportsysteme anpassen )
Wiederholung des Vorgehens bis der One Piece Flow erreicht ist.

Wirkung in Unternehmensprozessen
Kernprozesse Fertigung, Montage
Unterstützungsprozesse Logistik
Führungsprozesse –

Potenziale und Risiken


Potenziale  höchste Flexibilität um auf Kundenwünsche zu reagieren
 Flächen- und Bestandsreduzierung
 Durchlaufzeitreduzierung
 Qualitätsverbesserung durch schnelle Rückkopplung
 Transparenz von Problemen, da keine (oder nur geringe) Puffer vorhanden und
somit alle Arbeitsplätze von Störungen unmittelbar betroffen sind
Risiken  Probleme werden nicht (nachhaltig) abgestellt und treten häufig auf
 erfordert hohen Sequenzaufwand bei der Materialbereitstellung bei einem vari-
antenreichen Produktionsprogramm
 erfordert hohe Disziplin in der Fertigung und Logistik
– 84 – VDI 2870 Entwurf

Ergänzende Abbildungen

Quelle: Oeltjenbruns
VORHER: Traditionelle Fertigung (Losgröße = x)

Arbeits- Arbeits-
Produkt station 1 Produkt Produkt station 2 Produkt

Produkt

Produkt Produkt Produkt

Produkt Produkt Produkt Produkt Produkt Produkt Produkt

NACHHER: One-Piece-Flow (Losgröße = 1) Quelle: Oeltjenbruns

Arbeits- Arbeits- Arbeits-


Produkt Produkt Produkt Produkt
station 1 station 2 station 3

Literatur
 Oeltjenbruns, H.: Organisation der Produktion nach dem Vorbild Toyotas. Aachen: Analyse, Vorteile und detail-
lierte Voraussetzungen sowie die Vorgehensweise zur erfolgreichen Einführung am Beispiel eines globalen Au-
tomobilkonzerns. Aachen: Shaker Verlag, 2000
 Erlach, K.: Wertstromdesign – Der Weg zur schlanken Fabrik. Berlin: Springer Verlag, 2007
Entwurf VDI 2870 – 85 –

Bezeichnung Schnellrüsten
Synonyme Single Minute Exchange of Die (SMED), One Touch Exchange of Die (OTED)
Gestaltungsprinzip Fließprinzip
Ergänzende Methoden Nivellierung, Prozessstandardisierung
Werkzeuge –

Ziel Qualität O Kosten OO Zeit OOO


Durch Anwendung von Schnellrüstverfahren werden Rüstzeiten reduziert, um so auch mit kleinen Losgrößen und
häufigen Rüstwechseln wirtschaftlich zu fertigen und eine nivellierte Produktion zu erzielen.

Kurzbeschreibung
Schnellrüstverfahren sind Techniken, die es erlauben, die Rüstzeiten zu reduzieren. Wichtige Aspekte sind die Tren-
nung der Rüstzeit in interne und externe Anteile. Interne Anteile können nur bei Stillstand der Maschine erfolgen,
während externe Anteile hauptzeitparallel während der Betriebsphase durchgeführt werden können.

Durchführung
Anwendergruppe operatives Mitarbeiter und operatives Management
Übliche Dauer der kurzfristig (< 6 Monaten)
Implementierung
Vorgehensweise 1. Trennung von internen und externen Rüstvorgängen
2. Überführung von internen in externe Rüstvorgänge
3. Optimierung und Standardisierung von internen und externen Rüstvorgängen

Wirkung in Unternehmensprozessen
Kernprozesse Fertigung, Montage
Unterstützungsprozesse –
Führungsprozesse –

Potenziale und Risiken


Potenziale  Entwicklung einfacherer Umrüstvorgänge
 schnellere Wechsel zwischen Losen
 Unterstützung/Voraussetzung für Nivellierung
Risiken  Gefahr einer hohen, kostenintensiven Technisierung/Automatisierung bei Nicht-
Engpassprozessen
– 86 – VDI 2870 Entwurf

Ergänzende Abbildungen

Produktion

Trennung von
internen und …letztes Teil Stillstand Erstes Teil…
externen Rüstzeit-
Operationen Rüsttätigkeiten extern intern extern

Umwandlung von
internen in externe …letztes Teil Erstes Teil…
Rüstzeit-
Operationen extern intern extern

Tätigkeiten weiter …letztes Teil Erstes Teil…


reduzieren und
verbessern
extern intern extern

Literatur
 Shingo, S.: Umrüsten in der Variantenfertigung. Das japanische SMED- System für schnellen Werkzeugwechsel.
Landsberg/Lech: Moderne Industrie, 1995
 The Productivity Press Development Team (Hrsg.): Quick Changeover for Operators. The SMED System., New
York: Productivity Press, 1996
Entwurf VDI 2870 – 87 –

Bezeichnung Wertstromplanung
Synonyme Wertstromdesign, Wertstromanalyse, Value Stream Analysis (VSA), Value Stream
Mapping (VSM)
Gestaltungsprinzip Fließprinzip
Ergänzende Methoden Kanban, One Piece Flow
Werkzeuge Metaplantafel

Ziel Qualität O Kosten OO Zeit OOO


Erzeugung einer logistischen Kette und eines Fertigungsflusses, bei der die Kapazitäten harmonisiert und an dem
Kundentakt ausgerichtet sind, damit Durchlaufzeit und Bestände minimal ausgelegt werden.

Kurzbeschreibung
Standardisiertes Verfahren, das Materialflussgestaltung, Durchlaufzeitbetrachtung, Kapazitätsauslastung und Rüst-
verhalten an Kennwerten wie Kundentakt und EPEI (Every Part Every Intervall) sowie dem One Piece Flow (siehe
Methode: One Piece Flow) ausrichtet. Es erfolgt auch die Festlegung des Steuerungsprinzips (Fortschrittszahlen oder
Kanban, zentral oder dezentral).

Durchführung
Anwendergruppe operatives Management und taktisches Management.
Übliche Dauer der kurzfristig (< 6 Monaten)
Implementierung
Vorgehensweise 1. Produktfamilie auswählen – Nur eine Produktfamilie wird betrachtet (Komplexi-
tätsreduktion/Segmentierung).
2. Aufnahme des Istzustands (Wertstromanalyse) – Material- und Informationsflüs-
se dieser Produktfamilie werden aufgenommen.
3. Entwicklung eines Sollzustands (Wertstromdesign) – Sollzustand wird nach
Wertstromgesichtspunkten entwickelt.
4. Umsetzung/Maßnahmenableitung – Durch die Umsetzung werden Differenzen
vom Ist- zum Sollzustand beseitigt.

Wirkung in Unternehmensprozessen
Kernprozesse Fertigung, Montage,
Unterstützungsprozesse Logistik, Instandhaltung, Qualitätsmanagement
Führungsprozesse –

Potenziale und Risiken


Potenziale  Verschwendungsarme Festlegung von Beständen und Durchlaufzeiten
 Störungen und Verschwendungen werden transparent und sichtbar
 Überkapazitäten werden sichtbar
 Der Fokus wird auf den Wertschöpfungsprozess gelenkt
Risiken  Die praktische Überführung eines theoretisch ausgeplanten Ablaufs in die Reali-
tät wird durch Restriktionen erschwert.
– 88 – VDI 2870 Entwurf

Ergänzende Abbildungen

Literatur
 Rother, M., Shook, J: Sehen Lernen. Mit Wertstromdesign die Wertschöpfung erhöhen und Verschwendung
beseitigen. Aachen: Lean Management Institut, 2004
Entwurf VDI 2870 – 89 –

Bezeichnung U-Layout
Synonyme Omega-förmige Aufstellung
Gestaltungsprinzip Fließprinzip
Ergänzende Methoden Just-in-time/Just-in-sequence, Kanban, Chaku-Chaku
Werkzeuge –
Ziel Qualität O Kosten O Zeit OOO
Transparente Anordnung von Fertigung- und Montageeinheiten im Fluss und Flexibilisierung der Ausbringung.
Kurzbeschreibung
Beim U-Layout sind für eine festgelegte Fertigungs- oder Montageeinheit die einzelnen Stationen in einem in der
Draufsicht U-förmigen Profil angeordnet, sodass sich Anfang und Ende des Material- und Produktionsflusses gegenü-
berliegen. Die operativen Mitarbeiter arbeiten innerhalb der U-Form, sodass Sichtkontakt besteht und sie sich im Fall
von Störungen oder Unklarheiten gegenseitig bei der Fehler- und Ursachenbehebung unterstützen können. Die Mate-
rialanlieferung durch die Logistik erfolgt i. A. von außen. Wenn die Anlagen in Bearbeitungsreihenfolge (z. B. Fließfer-
tigung) angeordnet und die Arbeitsinhalte gleichmäßig verteilt sind, kann durch die Anzahl der eingesetzten Mitarbei-
ter (Mehrmaschinenbedienung) die Ausbringung gesteuert werden.
Durchführung
Anwendergruppe operative Mitarbeiter
Übliche Dauer der mittelfristig (6 bis 12 Monate)
Implementierung
Vorgehensweise  Stufe 1: Veränderung von funktionaler Trennung hin zur Bedienung mehrerer
Arbeitsgänge durch einen Mitarbeiter (Linienfertigung)
 Stufe 2: Aufbau linearer Produktionslinien
 Stufe 3: Aufbau von U-Linien (Anlagen entgegen dem Uhrzeigersinn
angeordnet)
 Stufe 4: Aufbau von Produktionsgroßräumen
 Stufe 5: Das ganze Werk zu einer U-Linie machen
Wirkung in Unternehmensprozessen
Kernprozesse Fertigung, Montage
Unterstützungsprozesse Instandhaltung, Logistik
Führungsprozesse –
Potenziale und Risiken
Potenziale  Effizienzsteigerung durch Mehrmaschinenbedienung
 flexible Ausbringung durch flexiblen Mitarbeitereinsatz
 Förderung der Zusammenarbeit in Gruppen
 verbesserte Kommunikation bei Störungen und Schwierigkeiten
Risiken  höhere Anforderung an die Mitarbeiterflexibilität
 Arbeitsinhalte sind ungleichmäßig verteilt.
– 90 – VDI 2870 Entwurf

Ergänzende Abbildungen

1 2

Taktzeit 5 Minuten, 1 Mitarbeiter Taktzeit 2,5 Minuten, 2 Mitarbeiter

3 4

Taktzeit 1,7 Minuten, 3 Mitarbeiter Taktzeit 1 Minute, 5 Mitarbeiter

Materialfluss Mitarbeiterlaufweg
Mitarbeiter Arbeitsplatz

Literatur
 Takeda, H.: Das synchrone Produktionssystem. Just-in-Time für das ganze Unternehmen. 5. Aufl., Lands-
berg/Lech: Moderne Industrie, 2006
 Spath, D. (Hrsg.): Ganzheitlich produzieren: Innovative Organisation und Führung. Stuttgart: LOG_X Verlag, 2003
Entwurf VDI 2870 – 91 –

Bezeichnung JIT (Just-in-time)/JIS (Just-in-sequence)


Synonyme Produktionssynchrone Fertigung und Anlieferung, Perlenkette, Sequenzbelieferung
Gestaltungsprinzip Pull-Prinzip
Ergänzende Methoden Wertstromplanung, Kanban, Milkrun
Werkzeuge –

Ziel Qualität O Kosten OO Zeit OO


Ziel ist die Reduzierung von Beständen und die Reduzierung der Durchlaufzeiten durch synchronisierte Logistikpro-
zesse zwischen Lieferant und Kunde.

Kurzbeschreibung
Eine Bereitstellung von Teilen (Materialen oder Baugruppen) Just-in-time bedeutet die Anlieferung
 ohne Lagerhaltung,
 in der richtigen Menge,
 in der richtigen Qualität
 zum richtigen Zeitpunkt und
 an der richtigen Stelle innerhalb von Fertigung oder Montage.
Die Methode eignet sich vor allem für hochwertige Materialien oder Baugruppen (ABC-Analyse) und hat Vorteile wenn
eine räumliche Nähe zwischen den Partnern besteht (insbesondere bei Störung). Die Bereitstellung der Teile Just-in-
sequence (JIS) erweitert Just-in-time, um die Bereitstellung der Teile
 in der Reihenfolge, in der es im Fertigungs- oder Montageablauf benötigt wird.
Dies ist häufig verbunden mit einer synchronen Fertigung von Lieferant und Kunde.

Durchführung
Anwendergruppe operative Mitarbeiter
Übliche Dauer der mittelfristig (6 bis 12 Monate)
Implementierung
Vorgehensweise  Analyse des Teilespektrums
 Lieferantenbewertungen (hinsichtlich Qualität, Kosten, Zeit)
 Verhandlung/Vereinbarungen mit Prozessbeteiligten,
 Festlegen der Abrufsystematik, Synchronisation und Systemunterstützung
 Pilotlieferanten umstellen
 Überwachen der Umstellung
 Ausweitung

Wirkung in Unternehmensprozessen
Kernprozesse –
Unterstützungsprozesse Logistik
Führungsprozesse –

Potenziale und Risiken


Potenziale  geringe Bestände; Reduzierung der Kapitalbindung
 fest definierte kurze Durchlaufzeiten
 geringere Lagerkapazitäten notwendig
 Qualitätsverbesserung durch schnelle Rückkopplung
– 92 – VDI 2870 Entwurf

Risiken  schlechte Auslastung von Ladungsträgern und LKWs


 Verwechslung der Anlieferreihenfolge kann zu einem Fehlverbau im gesamten
Produktionsprogramm führen (JIS)
 hoher Kontrollaufwand
 hohe Prozessstabilität notwendig
 Mögliche Störungen in der Zuführung erfordern eine räumliche Nähe der Pro-
zessbeteiligten.

Literatur
 Ohno, T.: Das Toyota Produktionssystem. 2. Auflage, Campus, Frankfurt/Main, New York, 2009
 Takeda, H.: Das synchrone Produktionssystem. Just-in-time für das ganze Unternehmen. 3. Aufl., Moderne
Industrie, Landsberg/Lech, 2002
Entwurf VDI 2870 – 93 –

Bezeichnung Kanban
Synonyme –
Gestaltungsprinzip Pull-Prinzip
Ergänzende Methoden Shopfloor Management, Wertstromplanung, Just-in-time/Just-in-sequence, Nivel-
lierung, Milkrun, Supermarkt
Werkzeuge Kanban-Karte, eKanban,

Ziel Qualität O Kosten OOO Zeit OOO


Ziel ist die Einrichtung einer nachfrageorientierten Produktionssteuerung, mittels derer nur produziert wird, was der
Kunde bestellt hat.

Kurzbeschreibung
Bei Kanban ist die Produktion aufgegliedert in ein System vermaschter, sich selbst steuernder, geschlossener Regel-
kreise, bestehend aus jeweils einem teileverbrauchenden Bereich (Verbraucher) und dem dazugehörigen teileerzeu-
genden Bereich (Lieferant). Sobald der Verbraucher Material benötigt, entnimmt er dem Supermarkt (siehe Methode
Supermarkt) die entsprechende Menge und leitet die Information über die Entnahme an den Lieferanten weiter (z. B.
durch einen Milkrun, siehe Methode Milkrun). Diese Informationsweitergabe wird mithilfe einer bestimmten Menge an
Informationsträgern (Kanban deutsch: Karten, eKanban (EDV-gestützt)) signalisiert. Sobald der Lieferant die Karte
erhält, wird diese dem entsprechenden Fertigungslos fest zuordnet und wandert mit dem Fertigungslos durch die
Fertigung oder Montage bis zum Supermarkt, in dem sie die entnommene Menge ersetzt. Die Anzahl der Kanbans
limitiert dadurch den Materialbestand innerhalb der Bereiche. Verschiedene Ausprägungen der Kanban-Steuerungen
sind der Ein-Karten-Kanban, der Zwei-Karten-Kanban oder der Schicht-Kanban. Da Kanban eine ständige Verfügbar-
keit alle Materialien im Supermarkt voraussetzt, eignet sich Kanban für Material mit geringen Bedarfsschwankungen.

Durchführung
Anwendergruppe operative Mitarbeiter
Übliche Dauer der mittelfristig (6 bis 12 Monate)
Implementierung
Vorgehensweise 1. Abgrenzung des für die Kanban-Steuerung vorgesehenen Fertigungs- und
Montagebereichs (z. B. Produktionsprogramm). Mittels Materialflussanalyse
kann überprüft werden, inwieweit die Voraussetzungen für Kanban gegeben
sind.
2. Festlegung und Dimensionierung der einzelnen Kanban-Regelkreise (z. B.
Losgrößen, Kanban-Anzahl). Bei komplexen Materialflusssystemen empfiehlt
sich der Einsatz von Simulationstechniken zur Verifizierung der Planung.
3. Ausrichtung der Auftragsdisposition nach dem Pull-Prinzip. Im Idealfall erhält
dabei der letzte Prozessschritt (z. B. Arbeitsplatz) in der Auftragskette den
Fertigungsauftrag. Die Aufträge an die stromaufwärts liegenden Prozessschritte
werden durch die Kanban-Regelkreise automatisch erzeugt.
4. Schulung der Mitarbeiter: Neben der Befähigung zum Umgang mit den Kanban,
muss den Mitarbeitern die Wirkungsweise des Kanban-Systems vermittelt
werden. Planspiele haben sich dazu als wirksame Hilfsmittel bewährt.
5. Betriebsstart des Kanban-Systems
6. Anlaufoptimierung. In enger Abstimmung zwischen Logistikplanung,
Fertigungssteuerung und operativen Mitarbeitern ist die Anlaufphase
insbesondere bzgl. Durchlaufzeit und Bestandsniveau zu dokumentieren.
Statistische Auswertungen (z. B. mittels Durchlaufzeitanalyse) liefern
Optimierungsansätze zur verbesserten Abstimmung der Regelkreise.
7. Nach dem Anlauf können Kanban-Karten schrittweise aus dem Kreislauf
entfernt werden und dadurch das Bestandsniveau gesteuert und abgesenkt
werden.
– 94 – VDI 2870 Entwurf

Wirkung in Unternehmensprozessen
Kernprozesse Fertigung, Montage
Unterstützungsprozesse Logistik
Führungsprozesse –

Potenziale und Risiken


Potenziale  schnelle Akzeptanz für das Kanban-System durch Einfachheit
 gute Mitarbeitereinbindung, insbesondere in Verbindung mit Gruppenarbeit
 Bestandsverantwortung bei operativen Mitarbeitern und keine zentrale Ferti-
gungssteuerung erforderlich
 Regelkreisprinzip minimiert Steuerungsaufwand
 bedarfsgerechtes Steuern von Material und Vorarbeiten
 konstante Bestände – Überproduktion wird verhindert
Risiken  Gefahr der Aufweichung der Kanban-Regelkreise durch operative Steuerungs-
entscheidungen
 geeignet für Material mit geringen Bedarfsschwankungen
 hohe Verfügbarkeit der Fertigungseinrichtungen notwendig, da Kanban von
immer verfügbaren Kapazitäten im vorgelagerten Bereich ausgeht

Ergänzende Abbildungen

Literatur
 IfaA (Hrsg.): Methodensammlung zur Unternehmensprozess-Optimierung. Köln: Wirtschaftsverlag Bachem, 2003
 Louis, R.S.: Effiziente Materialfluss-Steuerung mit Kanban und MRPII. Landsberg/Lech: Moderne Industrie, 2000
 REFA-Methodenlehre der Betriebsorganisation, Planung und Steuerung Teil 3, München/Wien: Hanser, 1991
 Specht, O.: Produktionslogistik mit PPS-Systemen. Ludwigshafen: Kiehl, 1997
 Suzaki, K.: Modernes Management im Produktionsbetrieb. München/Wien: Hanser, 1989
 Weber, R.: Zeitgemäße Materialwirtschaft mit Lagerhaltung. Renningen-Malmsheim: Expert, 1997
Entwurf VDI 2870 – 95 –

Bezeichnung Milkrun
Synonyme Sammellieferung, Routenverkehr
Gestaltungsprinzip Pull-Prinzip
Ergänzende Methoden Just-in-time/Just-in-sequence, Supermarkt, Kanban
Werkzeuge Regelfahrpläne

Ziel Qualität O Kosten OO Zeit OO


Der Milkrun hat die Aufgabe verbrauchtes Material standardisiert und zyklisch wieder aufzufüllen. Dies führt zu einer
Komplexitätsreduzierung und zu einer höheren Transportauslastung. Ist die Methode mit Kanban und Supermarkt
kombiniert, sind die Bestände am Verbauort nach oben begrenzt.

Kurzbeschreibung
Der Milkrun fährt die An- und Ablieferbahnhöfe zyklisch ab (Regelfahrpläne), sammelt leere Behälter bzw. Kanbankar-
ten ein und füllt die verbrauchte Menge im nächsten Zyklus nach. Dabei werden in der Regel nur ganze Losgrößen
nachgefüllt. Der Milkrun kann extern zwischen dem Warenausgang des Lieferanten und dem Wareneingang des
jeweiligen Unternehmens eingeführt werden. Oder das Konzept kann intern zwischen Lager bzw. Supermarkt und den
Verbrauchsorten (Fertigung, Montage) realisiert werden.
Externer Milkrun: Verbrauchsgesteuerte Abrufe werden an auf einer Route liegende Lieferanten gesendet. Das
Anliefervolumen wird dann auf einer Transporteinheit (z. B. Lkw) gebündelt.
Interner Milkrun: Routenzüge beliefern Produktionsbereiche über standardisierte Routen in festen Zyklen.

Durchführung
Anwendergruppe operative Mitarbeiter und operatives Management.
Übliche Dauer der mittelfristig (6 bis 12 Monate)
Implementierung
Vorgehensweise Analyse der Kunden-Lieferantenstrukturen, Analyse des Teilespektrums, Wertstrom-
planung (intern und extern), Analyse der Anlieferfrequenz und Volumen, gegebenen-
falls Lieferantengespräche, Feinterminierung, Festlegen von Regelfahrplänen

Wirkung in Unternehmensprozessen
Kernprozesse Fertigung, Montage (interner Milkrun)
Unterstützungsprozesse Logistik (externer und interner Milkrun)
Führungsprozesse –

Potenziale und Risiken


Potenziale  Reduzierung der Durchlaufzeit, Bestände und Kapitalbindung
 Verhinderung steigender Frachtkosten bei geringen Transportlosgrößen
 Komplexitätsreduzierung
 höhere Transportauslastung
 definiertes Bestandschwankungen (min. und max.) am Verbauort bei internen
Milkruns
 weniger Staplerverkehr
Risiken  wenig Systemunterstützung bei variantenreichen Produktionsprogrammen
 Volumenschwankungen innerhalb des Produktionsprogramms macht Anpas-
sung der Planung erforderlich
– 96 – VDI 2870 Entwurf

Ergänzende Abbildungen

Literatur

Entwurf VDI 2870 – 97 –

Bezeichnung Nivellierung
Synonyme Heijunka, Leveling
Gestaltungsprinzip Pull-Prinzip
Ergänzende Methoden Kanban, Schnellrüsten
Werkzeuge Nivellierungstafel, Heijunka-Board, Leveling Box

Ziel Qualität O Kosten O Zeit OO


Gleichmäßige Auslastung der Produktionskapazitäten und Reduzierung der Durchlaufzeit

Kurzbeschreibung
Bei der Nivellierung werden unregelmäßig eingehende Kundenaufträge in ein regelmäßiges, wiederkehrendes und
standardisiertes Produktionsprogramm überführt („Glättung“), das eine Entkopplung bezüglich Auftragsmenge, zeitli-
cher Reihenfolge durch eine Aufteilung von den Kundenaufträgen (Losgrößenverkleinerung) bewirkt. Bei der Ausle-
gung der Nivellierung werden Kapazitätsangebot und -nachfrage beachtet. Die Nivellierung führt zu verstärkten
Rüstaufwänden, die durch Schnellrüsten im Vorfeld reduziert werden sollten. In Kombination mit der Methode Kan-
ban, werden bei der Nivellierung vor der Einlastung der erzeugten Kanban-Aufträge beim Lieferanten, die Aufträge an
der Nivellierungstafel (Heijunka-Board, Leveling Box) eingesteckt. In der Nivellierungstafel werden die Zeitabschnitte
der Zykluszeit (s. u.) und die Produktgruppen in einer Matrixform angeordnet. Pro Box werden Kanban-Karten bis zu
einer maximalen Anzahl gesammelt, sodass sich das geglättete Produktionsprogramm ergibt.

Durchführung
Anwendergruppe operative Mitarbeiter und operatives Management.
Übliche Dauer der mittelfristig (6 bis 12 Monate)
Implementierung
Vorgehensweise Zunächst erfolgt die Aufteilung der Fertigungsaufträge in einer Periode (z. B. eine
Woche) in gleich große Tagesmengen und die Festlegung einer Abarbeitungsreihen-
folge. Somit wird das komplette Produktionsprogramm einmal pro Tag in einer festen
Abarbeitungsreihenfolge gefertigt. Die Kenngröße, der EPEI (Every Part Every Inter-
val), beträgt in diesem Fall eins. In weiteren Schritten erfolgt eine feinere Glättung,
bei der die einzelnen Tagesmengen weiter (z. B. auf Schichten) aufgeteilt werden,
sodass sich das Produktionsprogramm mit kleineren Losen mehrmals täglich wie-
derholt (EPEI < 1).

Wirkung in Unternehmensprozessen
Kernprozesse Fertigung, Montage
Unterstützungsprozesse –
Führungsprozesse –

Potenziale und Risiken


Potenziale  Minimierung von Auslastungsschwankungen
 standardisiertes Produktionsprogramm
 kontinuierliche Fertigung kleiner Lose
 reduziert Bestände an Fertigwaren
Risiken  erfordert effektive Rüststrategien
 kann erhöhten Steuerungsaufwand bedeuten
– 98 – VDI 2870 Entwurf

Ergänzende Abbildungen

Nivellerungstafel
EPEI > 1
Produkt-
variante 7 00 7 30 8 00 8 30 9 00

Typ A

EPEI = 1
Typ B

Typ C

EPEI = 0,3 Typ D

Typ E

Kanban-
Karten

Literatur
 Smalley, A.: Produktionssysteme glätten. Aachen: Management Institut, 2005
Entwurf VDI 2870 – 99 –

Bezeichnung Supermarkt
Synonyme Pufferfläche, Umschlagpuffer
Gestaltungsprinzip Pull-Prinzip
Ergänzende Methoden Kanban, Milkrun, Wertstromplanung, FIFO
Werkzeuge -

Ziel Qualität O Kosten OO Zeit OO


Entkopplung von Fertigungsprozessen durch Unterbrechung des Materialflusses zwischen Pull- und Push-Bereichen
oder zwischen Pull- und Pull-Bereichen.

Kurzbeschreibung
Es handelt sich um eine Pufferfläche, die bedarfsgenaues Kommissionieren, Umpacken, Vereinzeln, Sequenzieren,
Verteilen, Durchschleusen und Versorgen ermöglicht und in der Regel am Ende eines Kanban-Kreislaufs Fertigungs-
bereiche voneinander entkoppelt. Die Steuerung ist dabei verbrauchsorientiert, das heißt dass nur nachbestellt wird,
was vom nachfolgenden Fertigungs- oder Montagebereich entnommen wird. Ein Supermarkt ist immer so auszule-
gen, dass für den nachfolgenden Fertigungs- oder Montagebereich immer ausreichend Teile im Supermarkt liegen.
Die Nachbestellung von Teilen funktioniert mittels Kanban-Karten, die als Fertigungsaufträge für den vorgelagerten
Bereich funktionieren. Die Kanban-Karten sind häufig den Kisten angehängt (oder das Leergut funktioniert als Kan-
ban-Karte) und werden durch den Milkrun eingesammelt.
Zur Visualisierung der Bestände bzw. des Bedarfs (leere Plätze) ist innerhalb des Supermarkts jede einzelne Variante
auf einer festgelegten Fläche einzulagern. Durch Rollenbahnen oder Durchlaufregale wird die Einhaltung der FIFO-
Methode sichergestellt.

Durchführung
Anwendergruppe operative Mitarbeiter
Übliche Dauer der kurzfristig (< 6 Monaten)
Implementierung
Vorgehensweise Analyse des Teilespektrums, Wertstromplanung,
(Kanban einrichten), Flächenplanung und -kennzeichnung

Wirkung in Unternehmensprozessen
Kernprozesse Fertigung, Montage
Unterstützungsprozesse Logistik
Führungsprozesse –

Potenziale und Risiken


Potenziale  Entkopplung von Prozessen
 Erhöhung des Servicegrads
 Transparente Bestände
 unterstützt die Steuerung von Material
 Bei Kommissionierung (nicht wertschöpfend) im Supermarkt kann sich eine
Optimierung des Personaleinsatzes im Wertschöpfungsprozess ergeben.

Risiken  eignet sich für Teilevarianten mit hohen und konstanten Bedarfen
 hoher Flächenbedarf insbesondere bei großvolumigen Teilen oder einer hoher
Variantenanzahl
 Beim ungeeigneten Teilespektrum ist eine Unterscheidung zwischen Rennern
(Kanban-geeignet) und Exoten (Kanban-ungeeignet) nötig.
 Während der Einführungsphase kann Personalmehrbedarf entstehen
– 100 – VDI 2870 Entwurf

Ergänzende Abbildungen

Quelle: VW

Literatur

Entwurf VDI 2870 – 101 –

Bezeichnung Chaku-Chaku
Synonyme –
Gestaltungsprinzip Vermeidung von Verschwendung
Ergänzende Methoden Just-in-time/Just-in-sequence, One Piece Flow, Low Cost Automation, U-Layout
Werkzeuge –

Ziel Qualität O Kosten OO Zeit OO


Erreichen einer hohen Ausbringungsflexibilität bei gleichbleibender Produktivität und One Piece Flow.

Kurzbeschreibung
Alle an der Produktion eines Erzeugnisses beteiligten Arbeitsplätze stehen so angeordnet, dass die Wege zwischen
den Stationen minimal sind (siehe Methode U-Layout). Ein Mitarbeiter kann dadurch an mehreren Anlagen („Mehrma-
schinenarbeit“) arbeiten. Er beschickt die Anlagen mit Material, entnimmt Fertigteile und ist für den Transport zwi-
schen den Stationen zuständig. Die Bearbeitungsprozesse sind möglichst einfach mechanisiert oder automatisiert
(jap. Chaku-Chaku = Laden Laden). Die einzelnen Prozesszeiten sollten möglichst gering sein (Maschine wartet auf
Mensch). Die Ausbringung ist daher abhängig von der Anzahl der Mitarbeiter im System.

Durchführung
Anwendergruppe operative Mitarbeiter
Übliche Dauer der mittelfristig (6 bis 12 Monate)
Implementierung
Vorgehensweise  Auswahl teilautomatisierter (oft mechanisierter) Stationen
 wertstromorientierte Anordnung der Fertigungseinheiten
 Anlernen der Mitarbeiter

Wirkung in Unternehmensprozessen
Kernprozesse Fertigung, Montage
Unterstützungsprozesse –
Führungsprozesse –

Potenziale und Risiken


Potenziale  minimale Kosten des Arbeitseinsatzes für Be- und Entladung
 flexible Personalkosten in der Fertigung
 Anlagenstörungen werden schnell erkannt.
 Erhöhung der Wertschöpfung im betroffenen Bereich
 Flexibilität (Ausbringung ist über Mitarbeiteranzahl steuerbar)
Risiken  monotone Belastung des Personals
– 102 – VDI 2870 Entwurf

Ergänzende Abbildungen

Laufweg
Montage 1 Mitarbeiter 2
Maschine 2

bestücken

entnehmen

Material 2

Maschine 1 Laufweg
Mitarbeiter 1
entnehmen

bestücken

Quelle: VW

Literatur
 The Productivity Press Development Team (Hrsg.): Cellular Manufacturing: One Piece Flow for Workteams. New
York: Productivity Press, 1999
 Lean Enterprise Institute (Hrsg.): Lean Lexicon: a graphical glossary for lean thinkers. Cambridge: Lean Enterpri-
se Institute, 2006
 Erfahrungsbericht von Boeing: http://www.boeing.com/news/frontiers/archive/2002/august/i_ca1.html
Entwurf VDI 2870 – 103 –

Bezeichnung Low Cost Automation


Synonyme Intelligente Automation, Low Cost Intelligent Automation, LCIA
Gestaltungsprinzip Vermeidung von Verschwendung
Ergänzende Methoden Schnellrüsten, Autonomation, Prozessstandardisierung
Werkzeuge Digitale Planungstools (datenbankgestützte CAD Tools)

Ziel Qualität O Kosten OOO Zeit OO


Durch „intelligente“ Automatisierungskonzepte soll die Produktivität gesteigert werden. Intelligent steht hierbei für
maßvoll, einfach und in Eigenorganisation zu realisieren. Damit sind diese Konzepte mit geringen Investitionen zu
realisieren und in der Regel durch die Fertigungsmitarbeiter in Eigenregie umzusetzen bzw. in Betrieb zu nehmen.
Dafür ist ein operatives Budget vorzuhalten, das den Rahmen der Möglichkeiten vorgibt.

Kurzbeschreibung
Unterstützende Prozesse im operativen Bereich die durch einfache Automatisierungen betrieben werden. So kann
z. B. ein kontinuierlich erforderlicher Transport, der vorher von einem Mitarbeiter ausgeführt wurde, durch ein einfa-
ches, mechanisches und fahrerloses Transportfahrzeug ersetzt werden, das von den Mitarbeitern selbständig gebaut
wird (siehe Abbildung). Bei der Anwendung der Methode werden häufig einfache physikalische Prinzipien wie die
Schwerkraft oder Hebelkräften (z. B. Rutschen, Flaschenzüge) genutzt.

Durchführung
Anwendergruppe operative Mitarbeiter
Übliche Dauer der mittelfristig (6 bis 12 Monate)
Implementierung
Vorgehensweise Definition eines operativen Budgets für Low Cost Automation, Einrichten einer Werk-
statt in der einfache Maschinen bzw. Betriebsmittel hergestellt werden können (z. B.
KVP-Werkstatt), Qualifizieren der Mitarbeiter

Wirkung in Unternehmensprozessen
Kernprozesse Fertigung, Montage
Unterstützungsprozesse Instandhaltung, Logistik
Führungsprozesse –

Potenziale und Risiken


Potenziale  Entlastung des operativen Bereichs durch Einführung einfacher Hilfsmittel
 Entlastung der Planung, wenn diese Hilfsmittel durch die operative Ebene selbst
gebaut werden können
 Reduzierung von Instandhaltungsaufwendungen, wenn der Betrieb durch die
operative Ebene selbst sichergestellt werden kann
Risiken  Da die operative Ebene in der Regel keinen Kostenvergleich anstellt, werden
möglicherweise Schwerpunkte frei definiert.
– 104 – VDI 2870 Entwurf

Ergänzende Abbildungen

Automatisches Transportsystem zum nächsten Bearbeitungsschritt ohne manuelle Eingriffe


1) Transportbehälter liegt am Anschlag des Anlagenauswurfs an.
2) Sobald ein bestimmtes Gewicht im Transportbehälter erreicht ist, wird der gefederte Transportbehälter aufgrund
der Schwerkraft zusammengedrückt und verliert somit den Anschlag des Anlagenauswurfs.
3) Durch die Positionierung auf einer schrägen Ebene rollt der Transportbehälter zum nächsten Bearbeitungsschritt.

Literatur
 Takeda, H.: LCIA - Low Cost Intelligent Automation. Produktionsvorteile durch Einfachautomatisierung. 2. Aufl.,
Landsberg/Lech: Moderne Industrie, 2006
Entwurf VDI 2870 – 105 –

Bezeichnung TPM (Total Productive Maintenance)


Synonyme Total Productive Management, Autonome Instandhaltung, Ganzheitliche Anlagen-
betreuung
Gestaltungsprinzip Vermeidung von Verschwendung
Ergänzende Methoden Ishikawa-Diagramm, Kennzahlen, Prozessstandardisierung
Werkzeuge Standard-Arbeitsblatt (SAB)

Ziel Qualität O Kosten OOO Zeit O


Vermeidung von Produktivitätsverlusten durch ein effizientes, vorbeugendes Instandhaltungsprogramm, durch das
hohe Verfügbarkeiten, wenig Nacharbeit/Ausschuss und eine hohe Leistung erreicht werden.

Kurzbeschreibung
Total Productive Maintenance bedeutet, dass Maschinen, Anlagen und Werkzeuge kontinuierlich vorbeugend in-
standgehalten werden und dass Mitarbeiter für ihre Maschinen, Anlagen und Werkzeuge selbst verantwortlich sind.
Sie dürfen und müssen dementsprechend Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten selbst vornehmen (autonome In-
standhaltung). Die Instandhaltungsabteilung wird dabei nicht aufgelöst, sondern nur weniger mit Routineaufgaben
(Reinigen, Einstellen, Schmieren und Inbetriebnehmen) und stattdessen mehr mit komplizierten Reparaturen, Opti-
mierungen und Inspektionen belastet. Die fünf TPM-Säulen sind:
 Kontinuierliche Anlagenverbesserung
 Autonome Instandhaltung
 Geplante Instandhaltung
 Schulung und Training
 Instandhaltungsprävention

Durchführung
Anwendergruppe operative Mitarbeiter, operatives Management und taktisches Management
Übliche Dauer der mittelfristig (6 bis 12 Monate)
Implementierung
Vorgehensweise Zur Einführung von TPM wird ein Stufenkonzept in sieben Schritten angewandt:
1. Reinigung ist Inspektion und Störungsvermeidung
2. Eliminieren der Quellen für Verunreinigung
3. Erstellen von Standards für Reinigung, Wartung, Justierung und Arbeitssicher-
heit
4. Trainieren der Wartungs- und Inspektionsroutinen
5. Integrieren der Instandhaltung in die Produktion
6. Einführen eigenständiger Arbeitsplatzorganisation
7. Einführung eigenverantwortlicher Teams
Wirkung in Unternehmensprozessen
Kernprozesse Fertigung, Montage
Unterstützungsprozesse Logistik, Instandhaltung
Führungsprozesse –
Potenziale und Risiken
Potenziale  Reduktion der Instandhaltungskosten
 Verfügbarkeitssteigerung von Anlagen
 bessere Zusammenarbeit von Instandhaltung und Produktion
 Verlagerung der Verantwortung an die Nutzer der Maschinen, Anlagen und
Werkzeuge
 kurze Reaktionszeiten bei Problemen
Risiken  Verspätete Einbeziehung von Instandhaltungsfachleuten
 höhere Kosten durch zu starken Fokus auf vorbeugende Instandhaltung
 Schäden durch falschen technischen Einsatz des Bedienpersonals
 Vorsicht vor vollständigem Verzicht auf Instandhaltungsabteilung
– 106 – VDI 2870 Entwurf

Ergänzende Abbildungen

Literatur
 Hartmann, E. H.: TPM (Total Productive Maintenance). Effiziente Instandhaltung und Maschinenmanagement.
3. Auflage, Landsberg/Lech: Moderne Industrie, 2007
 The Productivity Press Development Team (Hrsg.): TPM for Supervisors. New York: Productivity Press, 1992
 Biedermann, H. (Hrsg.): TPM, KVP und Gruppenarbeit. 1. Auflage. Köln: Verlag TÜV Rheinland 1997
Entwurf VDI 2870 – 107 –

Bezeichnung Verschwendungsbewertung
Synonyme Muda, Vermeidung von Verschwendung, 7 Arten der Verschwendung, Muda Hun-
ting
Gestaltungsprinzip Vermeidung von Verschwendung
Ergänzende Methoden x 5S, PDCA, Schnellrüsten
Werkzeuge Standardarbeitsblatt, Maßnahmenplan

Ziel Qualität O Kosten OOO Zeit OO


Eliminierung nicht wertschöpfender Tätigkeiten in Fertigungs- und Montageprozessen

Kurzbeschreibung
Unterscheidung von Verschwendung und Wertschöpfung sowie die Eliminierung von Verschwendung, um eine opti-
mierten Umgang mit Ressourcen zu erreichen.

Durchführung
Anwendergruppe operative Mitarbeiter, operatives Management und taktisches Management.
Übliche Dauer der kurzfristig (< 6 Monate)
Implementierung
Vorgehensweise a) Abgrenzung des zu untersuchenden Arbeitssystems. Untersuchung des Arbeits-
systems hinsichtlich Wertschöpfung und der 7 Arten der Verschwendung:
1) Überproduktion (Wann und wo wird das produzierte eigentlich gebraucht?)
2) Bestände (Welche Lager- und Umlaufbestände werden aufgebaut und wa-
rum?)
3) Transport (Wie oft ist Tragen, Umschichten sowie Transportieren von Teilen
nötig?)
4) Wartezeiten (Worauf wird gewartet und warum?)
5) Ausschuss/Nacharbeit (Was sind Ursachen?)
6) Bewegung (Rückstellbewegungen, Handhabung von Teilen, Justieren)
7) Unnötige Prozesse (Produktionsprozesse ohne Wertschöpfungsanteil, z. B.
Klarlack an Stellen, die der Kunde nicht sieht)

b) Bewertung der ermittelten Verschwendungsarten anhand festgelegter Parame-


ter (z. B. Kapitalbindung, Lohnkosten, Zeit)
 Beispiel 1
Die Verschwendung durch die Produktion eines fehlerhaften Teils beinhaltet
den Wert des Materials und die Wertschöpfung bis zum Bearbeitungszu-
stand, bei dem der Ausschuss entdeckt wird.
 Beispiel 2
Die Verschwendung für einen überflüssigen oder zu weiten Laufweg (z. B.
Hin- und Rückweg zu einem Materialbehälter) beinhaltet die verschwendete
Zeit multipliziert mit der Häufigkeit und den durchschnittlichen Lohnkosten.
a) Bei der Bewertung der Verschwendung ist darauf zu achten, dass eine ein-
heitliche Bezugsbasis zugrunde gelegt wird (z. B. das jährlich geplante Pro-
gramm oder eine Schicht).
c) Finden geeigneter Gestaltungsansätze, Maßnahmen oder Methoden, z. B.:
 Verbesserungen beim Transport (z. B. Milkrun, Kanban)
 Vermeiden von Verzögerungen
 Rüstzeitminimierung (Schnellrüsten)
 Maschinenanordnung nach dem Fließprinzip und in U-Form
 Arbeitsstrukturierung, Mehrmaschinenbedienung (Chaku-Ckaku)
 Optimierung der Herstellungsprozesse
– 108 – VDI 2870 Entwurf

d) Bewertung der Lösungsansätze bzw. Maßnahmen und Bildung einer Umset-


zungsreihenfolge:
 Umsetzungsmaßnahmen nach Umsetzungsaufwand, Umsetzungsdauer
und dem Effekt in kurzfristig, mittelfristig und langfristig umzusetzende
Lösungen einteilen
 Maßnahmen festlegen und Maßnahmenpläne mit der Festlegung von Ziel-
termin, Umsetzungskontrollen und Verantwortlichkeit hinterlegen.

Wirkung in Unternehmensprozessen
Kernprozesse universell einsetzbar.
Unterstützungsprozesse universell einsetzbar.
Führungsprozesse universell einsetzbar.

Potenziale und Risiken


Potenziale  Identifikation von Einsparungspotenzialen
 fördert Ergebnis- und Prozessorientierung
 Initiiert Selbstlernprozesse
 fördert Kritikfähigkeit
Risiken  Ergebnisse werden als Kritik an Konstruktion und Planung wahrgenommen
 schwieriger Umgang mit personalwirksamen Einsparungen

Literatur
 IfaA (Hrsg.): Methodensammlung zur Unternehmensprozess-Optimierung. Köln: Wirtschaftsverlag Bachem, 2003
Entwurf VDI 2870 – 109 –

Schrifttum [11] Bomm – Ein Ziel- und Kennzahlensystem zum Investi-


tionscontrolling komplexer Produktionssysteme Ber-
Technische Regeln lin: Springer,1992
DIN 31051:2003-06 Grundlagen der Instandhaltung (Funda- [12] Bozdogan, K.; Milauskas, R.; Mize, J.; Nightingale,
mentals of maintenance). Berlin: Beuth Verlag D.; Taneja, A.; Tonaszuck, D.: Volume 1 - Executive
Overview. In: Transition to a Lean Enterprise: A
DIN 69901:1987-08 Projektwirtschaft; Projektmanagement; Guide for Leaders. Cambridge, MA: Massachusetts
Begriffe (Project controlling; project management; concepts). Institute of Technology 2000
Zurückgezogen 2009-01. Nachfolgedokumente DIN 69901-1,
DIN 69901-5 [13] Bozdogan, K.; Milauskas, R.; Mize, J.; Nightingale,
D.; Taneja, A.; Tonaszuck, D.: Volume 2 – Transition-
DIN 69901-1:2009-01 Projektmanagement; Projektmanage- to-Lean Roadmap. In: Transition to a Lean Enterprise:
mentsysteme; Teil 1: Grundlagen (Project management; Project A Guide for Leaders. Cambridge, MA: Massachusetts
management systems; Part 1: Fundamentals). Berlin: Beuth Institute of Technology 2000
Verlag
[14] Bozdogan, K.; Milauskas, R.; Mize, J.; Nightingale,
DIN 69901-5:2009-01 Projektmanagement; Projektmanage- D.; Taneja, A.; Tonaszuck, D.: Volume 3 – Roadmap
mentsysteme; Teil 5: Begriffe (Project management; Project Explorations. In: Transition to a Lean Enterprise: A
management systems; Part 5: Concepts). Berlin: Beuth Verlag Guide for Leaders. Cambridge, MA: Massachusetts
DIN 69904:2000-11 Projektwirtschaft; Projektmanagementsys- Institute of Technology 2000
teme; Elemente und Strukturen (Project business; Project mana- [15] Brockhaus: 2007, Band 21, S. 237 (Über den Inhalt
gement systems; Elements and structures). Zurückgezogen des Begriffs „Strategie“ besteht in der Literatur keine
2009-01. Nachfolgedokumente DIN 69901-1, DIN 69901-5 Einigkeit)
DIN EN ISO 9000:2005-12 Qualitätsmanagementsysteme; [16] Cochran, D. S.; Arinez, J. F.; Duda J. W.; Linck, J.
Grundlagen und Begriffe (ISO 9000:2005); Dreisprachige Cambridge: A Decomposition Approach for Manufac-
Fassung EN ISO 9000:2005 (Quality management systems; turing System Design. Massachusetts Institute of
Fundamentals and vocabulary (ISO 9000:2005); Trilingual Technology, 2001
version EN ISO 9000:2005). Berlin: Beuth Verlag
[17] www.corporate-governance-code.de
VDI 1000:2010-06 VDI-Richtlinienarbeit; Grundsätze und
Anleitungen (VDI Guideline Work; Principles and proce- [18] DaimlerChrysler AG: DaimlerChrysler Produktions-
dures). Berlin: Beuth Verlag system – DCPS: Geschäftsfeld Nutzfahrzeuge. Sys-
tembeschreibung. Stuttgart, 2000
VDI 4400 Blatt 2:2004-12 Logistikkennzahlen für die Produk-
tion (Logistic indicators for production). Berlin: Beuth Verlag [19] Dombrowski, U.; Hennersdorf, S.; Schmidt, S.: Kenn-
zahlen im ganzheitlichen Produktionssystem – Ein
Beispiel zur Auswahl, Abstimmung und Verwendung
Literatur von Kennzahlen im Rahmen eines GPS. PPS Mana-
[1] Arkowitz, H.: Towards an Integrative Perspective of gement 10 (2005) 4, S. 19–23
Resistance to Change. JCLP. Session: Psychotherapy [20] Dombrowski, U.; Palluck, M.; Schmidt, S.: Strukturelle
in Practice 58 (2002) 2, pp. 219–227 Analyse Ganzheitlicher Produktionssysteme. ZWF
[2] Arnold, D.; Isermann, H.: Handbuch Logistik. Berlin, 101 (2006) 3, S. 114–118
Heidelberg: Springer-Verlag, 2002 [21] Dombrowski, U.; Hennersdorf, S.; Schmidt, S.: Grund-
[3] Bartzsch, W.: Betriebswirtschaftslehre für Ingenieure. lagen Ganzheitlicher Produktionssysteme. ZWF 101
Berlin, Offenbach: vde-verlag, 1994 (2006) 4, S. 172–177
[4] Baumgärtner, G.: Reifegradorientierte Gestaltung von [22] Dombrowski, U.; Hanke, T.: Erfolgsfaktor Pilotprojekt
Produktionssystemen – Theoretische und empirische im Rahmen des Change Managements. ZWF 102
Analyse eines Gestaltungsmodells. München: TCW (2007)
Transfer-Centrum GmbH 2006 [23] Dombroswki, U.; Crespo, I.; Schmidt, S.: A Holistic
[5] Baumgärtner, G.: Einführung und Gestaltung schlan- Approach to Production Optimization as an Integral
ker Produktionssysteme – die Suche nach dem „own Part of Strategy Development and Implementation in
best way“ in der Produktion, 2006 Small and Medium-sized Enterprises. 40th CIRP In-
[6] Becker, J.: Marketing-Konzeption: Grundlagen des ternational Seminar on Manufacturing Systems, Li-
ziel-strategischen und operativen Marketing- verpool, England, 31.05 bis 01.06.2007
Managements. München: Vahlen, 2006 [24] Dombrowski, U. Hanke, T., Leichnitz, H.: GPS –
[7] Bendeich, E.: Neue Wege in der Arbeits- und Prozess- Einführung bei laufender Produktion. Industrial Engi-
gestaltung – Ganzheitliche Produktionssysteme. RE- neering (2008) 1, S. 8–13
FA-Nachrichten (2002) 4, S. 51–53 [25] Dombrowski, U.; Schmidt, S.: Planung und Steuerung
[8] Bendeich, E.: Was kommt nach Lean Production? der Implementierung Ganzheitlicher Produktionssys-
REFA-Nachrichten (2002) 1, S. 29–30 teme. In: Werkstatttechnik online (2008) 4, S. 236–
241. Düsseldorf: Springer-VDI-Verlag
[9] Bicheno, J.: The new lean toolbox towards fast flexi-
ble flow, Buckingham: PICSIE Books, 2004 [26] Dombrowski, U.; Grollmann, T., Zahn, T.: Roadmap
für die Implementierung Ganzheitlicher Produktions-
[10] Binner, H. F.: Handbuch der prozessorientierten Ar-
systeme. ZWF Zeitschrift für wirtschaftlichen Fabrik-
beitsorganisation. REFA-Fachbuchreihe „Unterneh-
betrieb 104 (2009) 12, S. 1120–1125
mensentwicklung“. 3. Auflage. Carl Hanser Verlag,
München Wien 2008. Copyright REFA Bundesver- [27] Doppler, K.; Lautenburg, C.: Change Management –
band e. V. Darmstadt. 1035 S. ISBN 3-446-40395-7 Den Unternehmenswandel gestalten. Frankfurt/New
York: Campus Verlag, 2002
– 110 – VDI 2870 Entwurf

[28] Doppler, K.; Lauterburg, C.: Change Management – [49] Keßler, S.; Uygun, Y.: Ganzheitliche Produktionssys-
Den Unternehmenswandel gestalten. Frankfurt New teme. Systematische Entscheidungsunterstützung beim
York: Campus Verlag, 2005 Implementieren. Industrie Management 23 (2007) 3,
[29] Eversheim, W.; Schuh, G. (Hrsg.): Produktion und S. 63–66
Management – Betriebshütte Teil 1. 7. Aufl., Springer- [50] Kinkel, S.; Wengel, J.: Neue Produktionskonzepte:
Verlag, Berlin u. a. 1996 Eine Diskussion macht noch keinen Sommer. Produk-
[30] Fraunhofer Institut für Arbeitswirtschaft und Organi- tionsinnovationserhebung des ISI gibt umfassenden
sation (IAO): Kurzdefinition zu Ganzheitlichen Pro- Überblick über den Stand der Verbreitung neuer Pro-
duktionssystemen. URL: duktionskonzepte. In: Mitteilungen aus der Produkti-
http://www.produktionssysteme.iao.fhg.de, Stuttgart, onsinnovationserhebung, Nr. 4. Karlsruhe, 1997
2002 [51] Kobayashi, I.: 20 Keys – Die 20 Schlüssel zum Erfolg
[31] Gudehus, T.: Logistik 1. Grundlagen, Verfahren und im internationalen Wettbewerb. Das Unternehmen-
Strategien. Berlin: Springer, 2000 sentwicklungs- und Benchmarkingprogramm zur stän-
digen Verbesserung von Zuständen und Fähigkeiten in
[32] Hartmann, E.H.: TPM – Effiziente Instandhaltung und Fabrik und Büro. Bochum: Adept Media Verlag, 2000
Maschinenmanagement, Landsberg: Verl. Moderne
Industrie, 2000 [52] Korge, A.: Beginnen Sie, ehe Sie es müssen: Ein Pro-
duktionssystem implementieren. In: Spath, D.(Hrsg.):
[33] Heche, D.: Praxis des Projektmanagements. Berlin: Ganzheitlich Produzieren - Innovative Organisation
Springer Verlag, 2008 und Führung. Stuttgart: LOG_X Verlag, 2003
[34] Haid, D.: Corporate Entrepreneurship im strategischen [53] Korge, A.; Scholtz, O.: Ganzheitliche Produktionssys-
Management. Wiesbaden: Deutscher Universitäts- teme – Produzierende Unternehmen innovativ organi-
Verlag, 2004 sieren und führen. In: wt Werkstattstechnik online, Jg.
[35] Hentze, J.; Brose, P.: Unternehmensplanung. 2. Auf- 94 (2004), H. 1/2, S. 2-6.
lage. Bern: Haupt, 2003 [54] Korge, A.: Lean-Management mit System. Höchste
[36] Hentze, J.; Heinecke, A., Kammel, A.: Allgemeine Wettbewerbsfähigkeit durch menschengerechte und
Betriebswirtschaftslehre aus Sicht des Managements. ganzheitliche Gestaltung. wt Werkstattstechnik online,
Bern: Haupt 2001 95 (2005) 1/2, S. 29–34
[37] Herzberg, F.; Mausner, B.; Snyderman, B. Bloch: The [55] Kostka, C.; Mönch, A.: Change Management. Hanser
Motivation to Work. 2. Auflage New York: Wiley, 2002.
1959 [56] Krause, O.: Performance Management: Eine Stake-
[38] Hofstede, G., „Lokales Denken, globales Handeln – holder-Nutzen-orientierte und Geschäftsprozess-
Kulturen, Zusammenarbeit und Management“, dtv, basierte Methode. Wiesbaden: Deutscher Universitäts-
1997, C.H.Beck [39] Verlag, 2006
[39] Hofstede, G., online auf: www.geert-hofstede.com, [57] Kroh, R.: Produktivitätssteigerungen im Visier. In:
Stand 01.05.2010 MM Das Industrie Magazin, H. 24/2003, S. 16-17.
[40] Hoitsch, H.-J.: Produktionswirtschaft. Grundlagen [58] Kuhn, A.; Uygun, Y.: Robuste Netzwerke durch kolla-
einer industriellen Betriebswirtschaftslehre. 2., völlig borative Anwendung Ganzheitlicher Produktionssys-
überarbeitete und erweitere Aufl., Vahlen, München teme. In: H.-Chr. Pfohl; Th. Wimmes: Robuste und si-
1993 chere Logistiksysteme - Wissenschaft und Praxis im
[41] Hopfenbeck, W.: Allgemeine Betriebswirtschafts- und Dialog. Bundesvereinigung Logistik. Schriftenreihe
Managementlehre: das Unternehmen im Spannungs- Wirtschaft und Logistik. Hamburg: Deutscher Ver-
feld zwischen ökonomischen, sozialen und ökologi- kehrs-Verlag, 2008, S. 472–488
schen Interessen. 11. Auflage. Verlag Moderne Indust- [59] Lauer, T.: Change Management – Grundlagen und
rie, Landsberg/Lech, 1997 Erfolgsfaktoren. Springer Verlag. Berlin, Heidelberg,
[42] Horváth, P.: Controlling. Vahlen Verlag, 11 Auflage, 2010
Mai 2009 [60] Liker, J. K.; Meier, D.: The Toyota Way Fieldbook: A
[43] Institut für angewandte Arbeitswissenschaft: Erfolgs- Practical Guide for Implementing Toyota´s 4Ps. New
faktor Kennzahlen. Köln: Wirtschaftsverlag Bachem York: McGraw-Hill 2006
2000 [61] Liker, J.: Der Toyota-Weg. München: FinanzBuch
[44] Institut für angewandte Arbeitswissenschaft: Ganzheit- Verlag GmbH, 2006
liche Produktionssysteme: Gestaltungsprinzipien und [62] Litke, H.-D.: Projektmanagement: Methoden, Techni-
deren Verknüpfung, Wirtschaftsverlag, 2002 ken, Verhaltensweisen. Evolutionäres Projektmana-
[45] Imai, M.: Kaizen – Der Schlüssel zum Erfolg der gement. 5. Auflage, München: Hanser Verlag, 2007
Japaner im Wettbewerb. München: Wirtschaftsverlag [63] Miller, J.: The Suggestion System is no Suggestion,
Langen Müller Herbig, 1992 online im Internet:
[46] Jung, R.; Kleine, M.: Management. München Wien: http://www.gemba.com/uploadedFiles/The Suggestion
Carl Hanser Verlag, 1993 System is No Suggestion.pdf, Stand: 18.11.2005
[47] Kamiske, G. F.; Brauer, J.-P.: Qualitätsmanagement [64] Deutsche MTM-Vereinigung e.V.: Das Ganzheitliche
von A bis Z. 2. Auflage. München: Hanser Verlag, Produktionssystem. Management-Leitfaden. Hamburg,
1995 2001
[48] Kerzner, H.: Projektmanagement – Ein systemorien- [65] Neuberger; Kompa: Wir, die Firma. Der Kult um die
tierter Ansatz zur Planung und Steuerung. 2. Auflage, Unternehmenskultur. 1987
Bonn: mitp-Verlag, 2008
Entwurf VDI 2870 – 111 –

[66] OEE for Operators: Overall Equipment Effectiveness, – Stand und Ausblick. Bachem Verlag, Köln, 2000,
Productivity Development Team, Productivity Press, S. 59–66
1999 [78] Spath, D. (Hrsg.): Ganzheitlich produzieren: Innovati-
[67] Oeltjenbruns, H.: Organisation der Produktion nach ve Organisation und Führung. Stuttgart: LOG_X Ver-
dem Vorbild Toyotas – Analyse, Vorteile und detail- lag, 2003
lierte Voraussetzungen sowie die Vorgehensweise zur [79] Spath, D. et al.: Vorwort. In: Spath, D. (Hrsg.): Ganz-
erfolgreichen Einführung am Beispiel eines globalen heitlich produzieren: Innovative Organisation und
Automobilkonzerns. Aachen: Shaker-Verlag, 2000 Führung. Stuttgart: LOG_X Verlag, 2003
[68] Ohno, T.: Das Toyota Produktionssystem. Frankfurt a. [80] Spear, S.; Bowen, K. H.: Decoding the DNA of the
M./New York: Campus Verlag, 1993 Toyota Production System. Harvard Business Review
[69] Pfeifer, T.: Qualitätsmanagement. Strategien, Metho- September-October 1999, pp. 97–106. Boston: Har-
den, Techniken. 3. Aufl., München: Hanser Verlag, vard Business School Publishing, 1999
2001 [81] Spear, S.: Learning to Lead at Toyota. In: Harvard
[70] Rafferty, A. E.; Griffin, M. A.: Perception of Organiza- Business Review May 2004, pp. 78–86. Boston: Har-
tional Change: A Stress and Coping Perspective. Jour- vard Business School Publishing, 2004
nal of Applied Psychology 91 (2006) 5, pp. 1154– [82] Spencer-Oatey, H: Culturally speaking: managing
1162 rapport through talk across cultures. London: Conti-
[71] REFA: Methodenlehre in der Betriebsorganisation: nuum, 2004
Planung und Gestaltung komplexer Produktionssyste- [83] www.stenum.at
me. 2. Auflage. München: Carl Hanser Verlag, 1987
[84] Tannenbaum, R.; Schmidt, W. H.: How to choose a
[72] REFA: Methodenlehre in der Betriebsorganisation: leadership pattern. Harvard business review Band 38,
Lexikon der Betriebsorganisation. 1. Auflage, Mün- Heft 2. pp. 95–101. Boston: Harvard Business School
chen: Carl Hanser Verlag, 1993 Publ. Corp. 1958. Übersetzung u. a. in Stähle, W. H.:
[73] Salwiczek, P.: Industriearbeitskreis Ganzheitliche Management. 8. Auflage. München: Verlag Franz
Produktionssysteme: Stand und Tendenzen. In: Nach- Vahlen, 1999
haltig Geschäftsprozesse stabilisieren: Methodenma- [85] Berner, W.: Methoden der Veränderung. 2001, online
nagement in Produktionssystemen. 4. GPS-Sympo- auf:
sium: Amberg, 2005 http://www.umsetzungsberatung.de/methoden/method
[74] Shingo, S.: Das Erfolgsgeheimnis der Toyota- en.php
Produktion. München: Verlag für moderne Industrie, [86] Wagner, K. W.: Qualitätsmanagement für KMU. Mün-
1992 chen: Hanser Verlag, 2005
[75] Schlauß, S.: Alle profitieren – Herausragende Kenn- [87] Westkämper, E.: Einführung in die Organisation der
zeichen eines Produktionssystems In: Spath, D. Produktion. Berlin u.a.: Springer. 2006
(Hrsg.): Ganzheitlich Produzieren – Innovative Orga-
nisation und Führung. Stuttgart: LOG_X Verlag, 2003, [88] Wiendahl, H.-P.: Betriebsorganisation für Ingenieure.
S. 45–52 6., aktualisierte Auflage, München, Wien: Carl Hanser
Verlag, 2008
[76] Scholtz, O.; Korge, A.; Schlauß, S.: Was ein Produkti-
onssystem ausmacht – Erfolgreiche Lösungsbausteine. [89] Wildemann, H., Baumgärtner, G.: Suche nach dem
In: Spath, D. (Hrsg.): Ganzheitlich Produzieren – In- eigenen Weg: Individuelle Einführungskonzepte für
novative Organisation und Führung. Stuttgart: LOG_X schlanke Produktionssysteme. ZWF 101 (2006) 10, S.
Verlag, 2003, S. 53–84 546–552, 2006
[77] Spanner-Ulmer, B.: Produktionssysteme im Vergleich [90] Zollondz, H.-D.: Grundlagen Qualitätsmanagement:
– Audi. In: Institut für angewandte Arbeitswissen- Einführung in Geschichte, Begriffe, Systeme und
schaft: Arbeitsorganisation in der Automobilindustrie Konzepte. München: Oldenbourg Verlag 2002

Das könnte Ihnen auch gefallen