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Institut für Baustatik und Stahlbau

Stahlbau III
Stabilitätsprobleme im Stahlbau

Skriptum zur Vorlesung

Jürgen Priebe

WS 2009 / 2010

Februar 2010
I

Inhaltsverzeichnis
1 Überblick 1
1.1 Stabilitätsprobleme mit Gleichgewichtsverzweigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1
1.1.1 Knicken (Stab, Rahmen, Bogen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1
1.1.2 Biegedrillknicken (Kippen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2
1.1.3 Beulen (Platten, Schalen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3
1.1.4 Gesamtstabilität (Stab, Balken, Rahmen, Bogen) . . . . . . . . . . . . . . . . . 3
1.2 Stabilitätsprobleme ohne Gleichgewichtsverzweigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4
1.2.1 Durchschlagprobleme (Stabwerke, Schalen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4
1.2.2 Traglastproblem (alle Tragwerke) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4
1.2.3 Kippproblem mit wirklichkeitsnaher Belastung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4
1.3 Spannungsprobleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5
1.3.1 Planmäßig außermittiger Druck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5
1.3.2 Biegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5
1.4 Unterschied zwischen Stabilitätsproblem und Spannungsproblem . . . . . . . . . . . . . 6
1.5 Beurteilung von Stabilitätsproblemen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6

2 Beulen 9
2.1 Das Ausbeulen von Steg und Gurt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
2.1.1 Herleitung der Beuldifferentialgleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
2.1.2 Lösung für einen Sonderfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
2.1.3 Vergleich zwischen Knickstab und Platte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14
2.1.4 Zusammengesetzte Beanspruchungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
2.1.5 Beulfelder mit Aussteifungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
2.1.6 Steifigkeit der Steifen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
2.1.7 Bezeichnung der Beulfelder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
2.1.8 Tragsicherheit der beulgefährdeten Bleche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
2.1.9 Nachweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22
2.1.10 Dreiseitig gelagerte Platten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23
2.1.11 Beulfelder mit knickstabähnlichem Verhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24
2.1.12 Gedrungene Beulfelder ohne Beulsicherheitsnachweis . . . . . . . . . . . . . . 25
2.2 Vollwandige Stäbe mit planmäßig mittigem Druck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27
2.2.1 Querschnittsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27
2.2.2 Querschnitt mit gedrungenen Querschnittsteilen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27
2.2.3 Querschnitt mit schlanken Querschnittsteilen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27

3 Torsion 31
3.1 Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31
3.1.1 Definitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31
3.1.2 Querschnittsarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32
3.2 Wölbkraftfreie Torsion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33
3.2.1 Bedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33
3.2.2 Gesuchte Größen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33
3.2.3 Differentialgleichung der wölbkraftfreien Torsion und Verdrehung ϑ . . . . . . 34
3.2.4 Ergebnisse der wölbkraftfreien Torsion dickwandiger Querschnitte , N, •, usw. 35
3.2.5 Ergebnisse der wölbkraftfreien Torsion offener dünnwandiger Querschnitte . . . 40
3.2.6 Ergebnisse der wölbkraftfreien Torsion geschlossener dünnwandiger Querschnitte 45
3.3 Wölbkrafttorsion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46
II

3.3.1 Bedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47
3.3.2 Gesuchte Grössen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47
3.3.3 Differentialgleichung der Wölbkrafttorsion, Verdrehung ϑ und Schnittkräfte . . 47
3.3.4 Spannungen aus Wölbkrafttorsion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53
3.3.5 Wölbwiderstand und Schubmittelpunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54
3.4 Nochmals Wölbnormalspannungen und Analogie zum Balkenbiegeproblem . . . . . . . 59

4 Stabilitätsprobleme der Stäbe 60


4.1 Elastisches Biegeknicken von Stäben und Stabwerken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60
4.1.1 Kragarm und Einfeldträger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60
4.1.2 Einfeldstab mit Vorausbiegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67
4.1.3 Einfeldstab auf elastischer Bettung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68
4.1.4 Einfeldstab mit konstanter Querbelastung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71
4.1.5 Spannungs- und Stabilitätsprobleme bei Stabwerken . . . . . . . . . . . . . . . 74
4.1.6 Spannungsproblem mit Gleicgewichtsverzweigung . . . . . . . . . . . . . . . . 74
4.2 Elastisches Biegedrillknicken von Stäben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75
4.2.1 Längskraftbelastete Stäbe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75
4.2.2 Quer zur Stabachse belastete Stäbe und Stäbe mit Endmomenten . . . . . . . . . 83
4.2.3 Längs- und querbelastete Stäbe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88
1

1 Überblick
1.1 Stabilitätsprobleme mit Gleichgewichtsverzweigung
1.1.1 Knicken (Stab, Rahmen, Bogen)

a) Biegeknicken

P P P Hook’scher
v Werkstoff

Pki
Baustahl
P=M M
z.B. beim Stab: S y P=S y Verzweigungspunkt

vy, vz
z z
⊥ z-z Achse ⊥ y-y Achse

Knickprobleme mit planmäßigen Biegemomenten


Zimmermann-Stab
P P

P v
Pki

Verzweigungspunkt

P P
v
v

Das Kriterium von Klöppel / Lie1 gibt Aufschluss, ob ein Verzweigungsproblem oder ein Span-
nungsproblem vorliegt.

b) Biegedrillknicken

zentrisch gedrückter Stab

M
P P P=S y

1 Stahlbau 1943, S. 17
2

exzentrisch gedrückter Stab


P P P

P Pki

M Verzweigungspunkt
S y

c) Drillknicken

P P P=M=S y

P - ϑ - Kurve ähnlich wie beim Biegedrillknicken, wird selten maßgebend.

1.1.2 Biegedrillknicken (Kippen)

q
Q P,M,Q,q
P P
M1 M2

z.B. beim Balken: Verzweigungspunkt


y

z
j
3

1.1.3 Beulen (Platten, Schalen)

z.B. Platte:

b)
s1 s1 s (t) a)

c)
spi
a) v (tpi)
Verzweigungspunkt

y×s1 y×s1
v
v

überkritische Tragfähigkeit möglich:


b) t t
Laststeigerung bei geringen verformungen

Flansche:
c) dreiseitig gelagerte Platten
auf Druck beansprucht

1.1.4 Gesamtstabilität (Stab, Balken, Rahmen, Bogen)

q
Q P,M,Q,q
P
M

keine Querschnittstreue
wie beim Kippproblem
z.B.: Verzweigungspunkt

J
J
Bei der Gesamtstabilität wird die Voraussetzung der Querschnittstreue aufgegeben.
4

1.2 Stabilitätsprobleme ohne Gleichgewichtsverzweigung


1.2.1 Durchschlagprobleme (Stabwerke, Schalen
P
P
h
h
Pmax
q

P=0
v
h

2h

1.2.2 Traglastproblem (alle Tragwerke)

Werkstoff- und / oder geometriebedingte Stabilitätsprobleme


z.B. exzentrisch gedrückter Stab aus Baustahl

P P P s
v0 v
Pki plastisch
fy
PTr
P PF
elastisch
M=S y

v0 v e
z

1.2.3 Kippproblem mit wirklichkeitsnaher Belastung

Q q Q,q

z j
5

1.3 Spannungsprobleme
Vorausgesetzt wird Hook’scher Werkstoff

1.3.1 Planmäßig außermittiger Druck


a) Last auf einer Hauptachse (Annahme: seitliches Ausweichen sei ausgeschlossen)

P P P
v0 v
Pki
(Biegeknicken)

M Mögliche Lagen der


S y Biegedrillknicklast

v0 v

Theorie II. Ordnung


z

b) Last außerhalb der Hauptachse

P P

M Pki
S y (Biegedrillknicken
oder Biegeknicken)

J J

1.3.2 Biegung
Q,q
q a)
Q
v b)

a) Hook’scher Werkstoff
b) Baustahl
v
Theorie I. Ordnung
6

1.4 Unterschied zwischen Stabilitätsproblem und Spannungsproblem


Für eine Last gibt es beim Stabilitätsproblem mehrere Gleichgewichtslagen, d.h das Problem ist
„mehrdeutig“. Beim Spannungsproblem ist dies nicht der Fall 1

P P
I II I

v v

Das Gleichgewicht kann sein:

stabil labil indifferent


Eine kleine Störung bewirkt eine Auslenkung und

Rückkehr in die Ausgangs- Aufsuchen einer Gleich- Verharren in der unmittel-


lage gewichtslage, die entfernt bar benachbarten Gleich-
oder nicht vorhanden ist gewichtslage

Am Verzweigungspunkt wird, vom stabilen Gleichgewicht her kommend, das Gleichgewicht zum ersten
Mal indifferent.

1.5 Beurteilung von Stabilitätsproblemen


Die Beurteilung von Stabilitätsproblemen ist nicht allein mit Hilfe der Verzweigungslast, oder all-
gemeiner, der kritischen Last möglich. Es muss vielmehr gefragt werden, wie sieht die ganze Last-
Verformungskurve aus, was kann durch Imperfektionen oder Störungen (z.B. Verbiegungen, Exzentrizi-
täten, Materialimperfektionen), ungleiche Lasteintragungen und ungenaue Erfassbarkeit der Randbedin-
gungen geschehen.
Es ist jedoch nicht die theoretische kritische Last von Bedeutung, sondern die „Traglast“ und das Last-
Verformungsverhalten nach Erreichen der Traglast. Diese Traglast ist die maximal erreichbare Last unter
Berücksichtigung von baupraktischen Imperfektionen.
Je nach Stabilitätsproblem und Schlankheit der Bauglieder kann die Traglast unter oder auch über der
kritischen Last liegen, im letzten Fall spricht man von überkritischer Tragfähigkeit
1 Teilweise werden auch einige Stabilitätsprobleme ohne Gleichgewichtsverzweigung in der Praxis als Spannungsprobleme

bezeichnet. Hierbei wird nur ein Teil der Last-Verformungskurve ins Auge gefasst, also z.B. der abfallende Ast nicht mehr
berücksichtigt. Beispiel: Exzentisch gedrückter Stab aus Baustahl
7

• Beispiel Knicken und Biegedrillknicken

P
P P
s
fy v
P
sk Knickkurve ski
sp
Traglast < Knicklast
Traglastkurve su v

• Beispiel Plattenbeulen
s s
s
fy
sk Beulkurve spi
sp
Traglast ≷ Beullast
Traglastkurve su überkritische
Tragfähigkeit

• Beispiel Schalenbeulen
s
s
fy
sk
sp
Beulkurve ssi Traglast  Beullast

Traglastkurve su

Aus den Beispielen ist zu ersehen, dass große Unterschiede zwischen der maßgebenden Traglast und der
Verzweigungslast vorhanden sein können. Bezöge man die Tragfähigkeit auf die Verzweigungslast, dann
müssten unterschiedliche „Sicherheitsfaktoren“ verwendet werden1 .
1 Dies war beispielsweise in der alten DIN 4114 und der DASt-Ri. 012 so.
8

Die Ermittlung der kritischen Last ist demnach nur eine Teilhilfe bei der Beurteilung von Stabilitätspro-
blemen. Wichtig ist auch, dass die Übersetzung der Konstruktion in ein zu berechnendes System richtig
erfolgt. So können falsch angesetzte Randbedingungen einen großen Einfluss auf die rechnerische
Versagenslast haben:

P P

P
=

2
P p ×EI
Grenzfall 1: Pki= 2
l
2
P p ×EI
Grenzfall 2: Pki=2,04 2
l
9

2 Beulen
2.1 Das Ausbeulen von Steg und Gurt
Ideal ebene Platten, die durch Druck oder Schub beansprucht werden, können vor Erreichen der Materi-
alfestigkeit ausbeulen.

Abbildung 2.1: Platte mit allgemeiner Beanspruchung in Plattenebene

Wie beim Knickstab gilt auch hier der Grundsatz, je schlanker die Platte ist, desto früher beult sie aus.

Abbildung 2.2: Eulerkurve für Platten

2.1.1 Herleitung der Beuldifferentialgleichung


Für querbelastete Platten gilt die Kirchhoff’sche Plattengleichung
E · 1 · t3
 4
∂ 4w ∂ 4w

∂ w
· + 2 · + =p
12(1 − µ 2 ) ∂ x4 ∂ x2 ∂ y2 ∂ y4
Gleichgewichtsbedingung

Summe aller Vertikalkräfte am Plattenelement ist Null

Eine Querbelastung p ist im Grundzustand nicht vorhanden. Sie ergibt sich jedoch aus Abtriebskräften
im ausgebogenen Nachbarzustand.
10

Die Abtriebskräfte können am infinitesimalen Element aus den Scheibenkräften gewonnen werden.

Abbildung 2.3: Infinitesimales Element

mit

σx · t = Nx
σy · t = Ny
τxy · t = Nxy

Abbildung 2.4: Abtriebskräfte im Schnitt in x-Richtung

Unter der Voraussetzung kleiner Winkel ist

∂ w ∂ 2w
   
∂w ∂ Nx
PNx dxdy = Nx dy − Nx dy + dxdy · + dx
∂x ∂x ∂ x ∂ x2
11

∂ 2w ∂ Nx ∂w
PNx dxdy ≈ −Nx dy 2
dx − dxdy
∂x ∂x ∂x

∂ 2 w ∂ Nx ∂ w
PNx ≈ −Nx −
∂ x2 ∂x ∂x
analog

∂ 2 w ∂ Ny ∂ w
PNy ≈ −Ny −
∂ y2 ∂y ∂y

∂ 2 w ∂ Nxy ∂ w
PNxy ≈ −Nxy −
∂ x∂ y ∂x ∂y

∂ 2 w ∂ Nyx ∂ w
PNyx ≈ −Nyx −
∂ x∂ y ∂y ∂x

p = pNx + pNy + pNxy + pNyx

 
∂w
Aus ∑ x = 0 ergibt sich mit cos ≈1
∂x

∂ Nx ∂ Nyx
+ =0
∂x ∂y

Aus ∑ y = 0 ergibt sich entsprechend

∂ Ny ∂ Nxy
+ =0
∂y ∂x

Damit ergibt sich p zu


∂ 2w ∂ 2w ∂ 2w
 
p = − Nx 2 + 2 · Nxy + Ny 2
∂x ∂ x∂ y ∂y

∂ 2w ∂ 2w ∂ 2w
 
= −t · σx 2 + 2 · τxy + σy 2
∂x ∂ x∂ y ∂y

Die Beulgleichung, die angibt, dass der ausgebogene Nachbarzustand als Gleichgewichtszustand neben
dem Grundzustand bei ungeänderter Last existiert, lautet somit

E · 1 · t3
 4
∂ 4w ∂ 4w ∂ 2w ∂ 2w ∂ 2w
  
∂ w
· + 2 · 2 2 + 4 = −t · σx 2 + 2 · τxy + σy 2
12(1 − µ 2 ) ∂ x4 ∂x ∂y ∂y ∂x ∂ x∂ y ∂y

wobei σx und σy Druckspannungen sind und

E · 1 · t3
K=
12(1 − µ 2 )

der Plattenfaktor ist.


12

Der Übergang zum Stab ergibt

E · 1 · t 3 ∂ 4w ∂ 2w
· 4 = −t · σx 2
12 ∂x ∂x

oder

EIw0000 + Pw00 = 0

2.1.2 Lösung für einen Sonderfall

Betrachtet wird der Sonderfall, dass nur Spannungen σx = const. vorhanden sind.

Ansatz
mπx nπy
w(x, y) = Amn · sin · sin
a b
mit
m =b Anzahl der Wellen in x−Richtung
n =
b Anzahl der Wellen in y−Richtung
Der Ansatz erfüllt die Differentialgleichung und die Randbedingungen.
Randbedingungen sind
w=0 für x = 0, x = a, y = 0, y = b
0
w 6= 0 für x = 0, x = a, y = 0, y = b
00
w =0 für x = 0, x = a, y = 0, y = b
Die Differentialgleichung lautet dann
  mπ 2  nπ 2  nπ 4 
mπ 4 mπx nπy
Amn +2 · + · sin · sin
a a b b a b

t  mπ 2 mπx nπy
= σx · · Amn · sin · sin
k a a b

und daraus
" #
 mπ 2  nπ 2 2 t  mπ 2
Amn + − σx · · =0
a b k a
13

Triviale Lösung Amn = 0 nicht ausgebogene Lage 1

Beulbedingung [ ] = 0 ausgebogene Lage 2


    2
m 2 n 2
π2 +
K a b
σ pi =  m 2
t
a
oder mit
a
= α
b 2
m n2 π2 · E · t2

σ pi = + α ·
α m 12 · (1 − µ 2 )b2
σ pi = k · σe

σe kann als Eulerknickspannung eines Stabes gedeutet werden, der 1 cm breit ist, die Länge b hat und
auf Druck belastet ist.

π 2 · E · I∗
σe =
b2 · 1 · t
π2 · E · 1 · t3
σe =
12 · (1 − µ 2 )b2 · 1 · t
Es geht also nicht die Länge a ein wie beim Stab, sondern erfreulicherweise die Breite b.
Der Wert k ist von den Variablen m und n abhängig. Sie sind also so zu wählen, daß k und somit σ pi ein
Minimum wird.
Es muss sein n = 1

   
∂k α 1m α 1 α
=0 ⇒ 2 + − =0 ⇒ − =0 ⇒ m=a
∂m α m α m2 α m2
somit
m α 2
kmin = + =4
α m
und
π2 · E · t2
σ pi = 4· = k · σe
12 · (1 − µ 2 )b2
14

Zusammenhang zwischen k-Wert und Seitenverhältnis α


Für α = 2 ist sowohl m = 1 als auch m = 2 möglich.

In DIN 18800, Teil 2 wird die Näherung k = 4 angegeben.

Treten auch Abmessungen der Bleche mit α < 1 auf, dann ist genauer:
 2
1
α ≤1 k = +α
α
α ≥ 1 k = 4 Näherung

2.1.3 Vergleich zwischen Knickstab und Platte


π2 · E · I π 2 · E · I∗
Knickstab: σ pi = 1 · Platte: σ pi = 4 ·
a2 · 1 · t b2 · 1 · t

Man erkennt bei der Platte zwei Vorzüge. Einmal ist k = 4 und zweitens steht nicht a sondern b im
Nenner. Dies bedeutet, daß beliebig lange Platten dieselbe Beulspannung besitzen wie kurze Platten mit
α ≥ 1.
Entsprechend der vorhergehenden Ableitung können auch Beulspannungen oder k-Werte für andere Be-
lastungsfälle abgeleitet werden. Es werden daher auch zur Unterscheidung weitere Indizes eingeführt:
Ideale Einzelbeulspannungen für weitere Beanspruchungen (Druck positiv)

σxPi = kσ x · σe
15

τPi = kτ · σe
σyPi = kσ y · σe

Die k-Werte sind abhängig von der Belastung, den Abmessungen und den Randbedingungen.

σe ist jeweils

π2 · E · t2
σe =
12(1 − µ 2 )b2
k−Werte wurden für viele Fälle ermittelt und sind der Literatur zu entnehmen oder im Einzelfall neu zu
ermitteln, bspw. mit Programmen (Finite-Streifen-Methode, FEM).

Auszug aus DIN 18800 Teil 2 - Tabelle 26, Beulwerte kσ (für α ≥ 1!)
16

Auszug aus DIN 4114 Tafel 6

Auszug aus DIN 4114 Ri 17.21

und insbesondere in
[ ] Klöppel/Scheer; Beulwerte ausgesteifter Rechteckplatten, Verlag W. Ernst und Sohn
[ ] Klöppel/Möller; Beulwerte ausgesteifter Rechteckplatten II. Band, Verlag W. Ernst und Sohn.
17

2.1.4 Zusammengesetzte Beanspruchungen

Auch in diesen Fällen gibt es grundsätzlich für jede Belastungskombination ideale Versagenswerte
∗ ∗ ∗
σxPi ; σyPi ; τPi (zugehörige Werte für das gegebene Belastungsverhältnis σx : σy : τ)

Der * zeigt an, daß dies der Wert bei einer zusammengesetzten Beanspruchung ist. Er ist meist geringer,
als wenn andere Beanspruchungen nicht wirken. Später wird jedoch auf diese Werte bei zusammenge-
setzter Beanspruchung im Nachweis nicht zurückgegriffen, vielmehr wird dieser mit den Werten aus den
Einzelbeanspruchungen geführt. Dadurch tritt eine wesentliche Erleichterung ein, denn die * - Werte
sind für jede Belastungskombination verschieden.

2.1.5 Beulfelder mit Aussteifungen

Um ein frühzeitiges Ausbeulen zu verhindern, kann das Blech dicker gewählt werden. Wirtschaftlicher
ist die Anordnung von Beulsteifen. Sie sind dort besonders wirkungsvoll, wo das Blech ohne Steife seine
größte Beulamplitude erhalten würde. Längssteifen sind meist effektiver als Quersteifen. Fällt eine Steife
mit einer natürlichen Knotenlinie zusammen, dann ist sie wirkungslos.

Auch ohne Steife wäre hier m = 2.

IStei f e IStei f e AStei f e AStei f e


γ= = δ= =
IPlatte bG · t 3 APlatte bG · t
12(1 − µ 2 )
18

Dabei bezeichnet bG die maßgebende Beulfeldbreite für Gesamt- und Teilfelder. Erreicht γ den Wert
γ ∗ , dann erzwingt die Steife hier eine Knotenlinie. Eine Steigerung von γ über γ ∗ bringt keine höhere
Beulspannung mehr, da die Einzelfelder dann maßgebend sind.
Der k - Wert des Gesamtfeldes variiert demnach zwischen
kγ=0 ≤ k ≤ kγ=γ ∗
Aus den Beulwerttafeln von Klöppel/Scheer und Klöppel/Möller kann der k - Wert für γ < γ ∗ entnommen
werden.

An der oberen Begrenzung der Girlandenkurven kann die zu einem bestimmten α - Wert gehörende
Mindeststeifigkeit γ ∗ abgelesen werden. In der alten DIN 4114, Blatt 2, Tafel 9 sind für einige wenige
Fälle auch Formeln zur Ermittlung von γ ∗ angegeben. (Für γ ≥ γ ∗ könnte man den Beulnachweis durch
Nachweis des ungünstigsten Einzelfeldes führen.)
Meist genügt jedoch für den Nachweis ausreichender Beulsicherheit eine Steifigkeit γ < γ ∗ , d.h. die
Steifen können dann schwächer ausgeführt werden. Die k - Werte können wieder aus den Kurventafeln
von Klöppel/Scheer und Klöppel/Möller abgelesen werden oder für einige wenige Fälle aus Formeln, die
in der alten DIN 4114, Blatt 2, Tafel 10 angegeben sind, errechnet werden.
Während die Beulspannung σPi = k · σe durch γ > γ ∗ in Fällen, in denen die Steifen auf natürlichen
Knotenlinien liegen, nicht und in anderen Fällen nur wenig gesteigert werden kann, läßt sich mit γ > γ ∗
teilweise die Traglast der Bleche erhöhen, da die Steifen von den ausbeulenden Einzelfeldern abfließende
Kräfte übernehmen können. DIN 18800, Teil 3 läßt daher nach Abschnitt 6 für γ > γ ∗ größere k - Werte
als die in den Tafeln von Klöppel/Scheer bzw. Klöppel/Möller angegebenen Höchstwerte kσ (γ ∗ ) zu.
Die kritische Beulspannung erhält man wieder aus
σPi = kσ · σe
oder
τPi = kτ · σe

π2 · E · t2
mit σe =
12(1 − µ 2 )b2
mit b = Breite des ausgesteiften Beulfeldes und den k−Werten der ausgesteiften Felder.
19

2.1.6 Steifigkeit der Steifen


IStei f e IStei f e
Um die Steifigkeit γ = 3
=
bG · t bG · t 3 · 0, 092
12(1 − µ 2 )

berechnen zu können, muss das Trägheitsmoment der Steife bekannt sein. Es darf unter Berücksichti-
gung eines wirksamen Plattenquerschnitts ermittelt werden. Da die Felder zwischen den Steifen (bi,k und
bi,k+1 ) selbst ausbeulen können, ist teilweise b0i,k < bi,k . Für die einem Steifensteg zugeordnete wirksame
Gurtbreite b0 gilt nach DIN 18800, Teil 3:

b0i,k b0i,k+1
b0 = +
2 2
Die wirksame Breite b0i,k ergibt sich zu:
 
t · λa
b0i,k
= 0, 605 · t · λa · 1 − 0, 133 · bzw. bi,0 = 0, 138 · t · λa bei Randsteifen
bi,k

92, 9(S235)
mit λa =
75, 9(S355)
Weiter muss bik ≤ ai /3 und b0i,0 ≤ ai /6 sein (siehe DIN 18800, Teil 3, Abschnitt 3).
0

2.1.7 Bezeichnung der Beulfelder

Ausgesteifte Beulfelder werden durch Längssteifen, Quersteifen und die Beulfeldränder unterteilt. Die
DIN 18800, Teil 3 unterscheidet

Gesamtfeld =
b Feld aG · bG
Teilfelder =
b Felder ai · bG
Einzelfelder =
b Felder ai · bi,k
20

• Gesamtfelder sind versteifte oder unversteifte Platten, die in der Regel an den Längsrändern (z.B.
bei Stegen an den Gurten und bei plattenartigen Gurten an den Stegen) und an den Querrändern
(z.B. durch Querschotte) unverschieblich gelagert sind. Ränder des Gesamtfeldes können auch
elastisch gestützt, Längsränder können auch frei sein.

• Teilfelder sind längsversteifte oder unversteifte Platten, die zwischen benachbarten Quersteifen
oder einem Querrand und einer benachbarten Quersteife und den Längsrändern des Gesamtfeldes
liegen.

• Einzelfelder sind unversteifte Platten, die zwischen Steifen oder zwischen den Steifen und Rändern
längsversteifter Teilfelder liegen. Querschnittsteile von Steifen sind ebenfalls Einzelfelder. Als
Seitenverhältnis α eines Beulfeldes wird definiert

Längsrandlänge aG
α= also z.B. α= für Gesamtfelder.
Querrandlänge bG

Die maßgebenden Beulfeldbreiten sind im folgenden Bild festgelegt:

Obige Unterscheidung der Beulfelder ist nicht nur bei der Ermittlung der k-Werte, sondern auch später
bei den Abminderungsfaktoren zu beachten.

2.1.8 Tragsicherheit der beulgefährdeten Bleche

Bislang wurde die ideale Beulspannung ermittelt. Sie ist, wie schon einmal dargelegt, um so kleiner, je
schlanker die Konstruktion ist. Für sehr gedrungene Konstruktionen geht die ideale Beulvergleichsspan-
nung gegen ∞.
Weder im gedrungenen noch im schlanken Bereich gibt sie die Versagenslast an.
21

Im gedrungenen Bereich kann die Materialfließgrenze nicht überstiegen werden (Verfestigung vernach-
lässigt) und im sehr schlanken Bereich tritt häufig das Versagen mit dem Ausbeulen noch nicht ein, da
Kräfte umgelagert werden können. Die randnahen Zonen können z.B. bei Druckbeanspruchungen noch
Kräfte aufnehmen bis die Fließgrenze erreicht ist.

Die Traglast kann also sowohl kleiner als auch größer als die ideale Beullast sein. Die Absicherung der
Konstruktion sollte gegen diese Traglast erfolgen.
In DIN 18800, Teil 3 werden die Traglastkurven für verschiedene Fälle (Einzel-, Teil- oder Gesamtfeld,
Lagerungsart, Belastung) durch Abminderungsfaktoren κ angegeben.

Tabelle 1 (DIN 18800, T. 3)


22

Abminderungsfaktoren κ (= bezogene Tragbeulspannung) in Abhängigkeit vom bezogenen


Schlankheitsgrad λ P (Bild 9 aus DIN 18800 Teil 3)

2.1.9 Nachweis
Spannungen σ und τ werden vereinfachend für σd und τd geschrieben, die mit γF -fachen Lasten zu
ermitteln sind.
• bei alleiniger Wirkung von Randspannungen σx , σy oder τ:
σ τ
≤1 bzw. ≤1
σP,R,d τP,R,d
wobei sich die Grenzbeulspannungen folgendermaßen ergeben:
fy,d
σP,R,d = κ · fy,d bzw. τP,R,d = κ · √
3
• bei gleichzeitiger Wirkung von Randspannungen σx , σy und τ:

|σx | e1 |σy | e2
       e3
|σx · σy | τ
+ −V · + ≤1
σx,P,R,d σy,P,R,d σx,P,R,d · σy,P,R,d τP,R,d
Hierin bedeuten:
e1 = 1 + κx4
e2 = 1 + κy4
e3 = 1 + κx · κy · κτ2
V ergibt sich zu:
V = (κx · κy )6 falls σx und σy Druckspannungen sind!
σx · σy
V = falls σx oder σy Zugspannungen sind!
|σx · σy |
Die oben verwendeten Abminderungsfaktoren und Grenzbeulspannungen gelten für alleinige Wirkung
der entsprechenden Spannungen; sie sind nach DIN 18800, Teil 3, Tab. 1 zu ermitteln. Sofern einzelne
Spannungen nicht vorhanden sind, sind die zugehörigen Abminderungsfaktoren κ = 1 zu setzen.
23

2.1.10 Dreiseitig gelagerte Platten


Beispiele für dreiseitig gelagerte Platten zeigt das folgende Bild

Bezüglich der Belastung sind hier zu unterscheiden


a) Konstante Stauchung b) Exzentrische Normalkraft, die stets
in der gleichen Wirkungslinie wirkt

Beispiele:
24

Die Tabelle 1 der DIN 18800, T. 3 gibt in den Zeilen 4 und 5 Abminderungsfaktoren für zwei Sonderfälle
an:

2.1.11 Beulfelder mit knickstabähnlichem Verhalten

Es gibt nun aber auch Fälle, bei denen die Traglast im ganzen Schlankheitsbereich unter der Beullast
liegt, wie dies entsprechend auch beim Knickstab der Fall war.

Beispiele

a
Bleche mit α  1, α = Bleche mit starker Aussteifung
b

In beiden Fällen ist die Längsrandlagerung in ihrem Einfluss stark herabgesetzt. Der Extremfall wäre der
freie Längsrand. Liegt ein solcher Fall vor, dann muss der Abminderungsfaktor κPK ermittelt werden.
Dieser wird durch eine in der Norm festgelegte Interpolation zwischen dem Abminderungsfaktor für
Beulen und Knicken gewonnen. Auch das Kriterium, wann ein solcher Fall vorliegt, ist dort angegeben,
25

nämlich wenn der Wichtungsfaktor


Λ − σPi /σKi
ρ = >0 ist,
Λ−1 p !
2 fy,k
mit Λ = λ P + 0, 5 , jedoch 2 ≤ Λ ≤ 4 λP =
σPi

σKi ist die Knickspannung des Feldes unter Annahme von freien Längsrändern. Den Abminderungsfaktor
κPK erhält man aus
κPK = 1 − ρ 2 · κP +ρ 2 · κK


(Beulen) (Knicken)

2.1.12 Gedrungene Beulfelder ohne Beulsicherheitsnachweis


Bei folgenden Verhältnissen tritt ein Instabilwerden durch Beulen nach DIN 18800, Teil 1 nicht ein:
DIN 18800, Teil 1

Wie man erkennt, ist der Grenzwert (b/t) auch belastungsabhängig. Je geringer die Spannung ist, um so
größer darf das Verhältnis b/t sein, ohne daß Beulen auftritt.
26

Die 2. Spalte in Tab. 12 und Tab. 13 entspricht der Tab. 26 aus DIN 18800, Teil 2. Für den Tragsicher-
heitsnachweis nach dem Verfahren Plastisch-Plastisch gelten die grenz(b/t)-Werte nach Tab. 18 der DIN
18800, Teil 1.
27

2.2 Vollwandige Stäbe mit planmäßig mittigem Druck


2.2.1 Querschnittsformen
Im Gegensatz zu den behandelten Druckstäben aus Walzprofilen sollen hier aus Blechen zusammenge-
setzte Querschnitte betrachtet werden.

Kastenstützen (oder Querschnitt eines Druckbogens oder Druckriegels)

Schwere Hallenstütze

2.2.2 Querschnitt mit gedrungenen Querschnittsteilen


Sind die Gurte und Stege gedrungen, dann kann der Druckstab ohne Berücksichtigung des Einflusses des
örtlichen Ausbeulens, wie früher dargelegt, behandelt werden (siehe Stahlbau I). Für den Nachweis der
Schweißnähte, welche die Querschnittsteile zusammenhalten, ist die auftretende Querkraft maßgebend.

2.2.3 Querschnitt mit schlanken Querschnittsteilen


Schlanke Querschnittsteile können vor Erreichen der Knicklast des Stabes ausbeulen. Ist dies der Fall,
dann wird hierdurch die Knicklast reduziert. Es tritt das sogenannte Beulknicken auf. Unter Ausbeulen
ist hierbei ein wegen vorhandener Imperfektionen schon unterhalb der Beullast auftretendes Ausweichen
zu verstehen. Im Falle des sehr gedrungenen Knickstabes tritt das Versagen nur durch Ausbeulen ein.
Folgende Fälle sind zu unterscheiden:
28

DIN 18800, Teil 1 gibt in Tabelle 12 und 13 (siehe oben) Hinweise, was unter relativ gedrungen zu
verstehen ist. Wenn Grenzwerte grenz(b/t) einzelner Querschnittsteile überschritten sind, dann ist der
Einfluss des Beulens einzelner Querschnittsteile auf das Knicken zu berücksichtigen. Dieser Einfluss
besteht darin, daß die Steifigkeit des Stabes durch das Ausbeulen einzelner Teile herabgesetzt wird.

1. Unversteifte Querschnittsteile
Bei dem in der DIN 18800, Teil 2 verwende-
ten Modell wird die geometrische Breite b des
Querschnittsteiles ersetzt durch eine wirksa-
me Breite b0 . Die Größe und Aufteilung der
wirksamen Breite kann für beidseitig gelager-
te Querschnittsteile DIN 18800, Teil 2, Tab.
27 entnommen werden.
Für die einseitige Lagerung gilt nach DIN 18800, Teil 2, Abschnitt 7.3:

0, 7
b0 = ·b mit b0 ≤ b und
λ Pσ

r
σ1
λ Pσ =
k · σe /γM

Die Aufteilung der wirksamen Breite ist DIN 18800, Teil 2, Tab. 27 zu entnehmen.
29

Die Querschnittswerte müssen am reduzierten Querschnitt (mit eventueller Schwerpunktverschie-


bung) ermittelt werden. Für diesen reduzierten Querschnitt mit A0 , I 0 usw. muß nun ein Knick-
bzw. Biegeknicknachweis nach DIN 18800, Teil 2, Abschnitt 3 bzw. 7 geführt werden.

• Mittiger Druck:
N
Nachweis: ≤1 (mit N: γF -fache Last)
κ 0 · A0 · fy,d
1
mit κ 0 = q jedoch κ 0 ≤ 1
02
k0 + k02 − λ K
0
 
0 02 ∆w0 · rD
k0 = 0, 5 · 1 + α 0 · (λ K − 0, 2) + λ 0 λ K +
i02
i·r 0 sK
0
α0 = α· 0 D und λ K = 0
i · rD i · λa
∆w0 = Schwerpunktsverschiebung durch Querschnittsreduktion

0
rD , rD = Abstand des Biegedruckrandes von der Schwerachse des
vollen bzw. wirksamen Querschnitts
i, i0 = Trägheitsradius des vollen bzw. wirksamen Querschnittes
• Druck mit Biegung:
N βm · M
Nachweis: 0 + 0 + ∆n ≤ 1
κ 0 · Npl,d Mpl,d
0
mit Npl,d = A0 · fy,d

0 I0
Mpl,d = 0 · f y,d
rD
Alle anderen Größen sind dem Abschnitt ”Mittiger Druck” zu entnehmen.
30

2. Versteifte Querschnittsteile
Für Stäbe mit versteiften Querschnittsteilen kommt DIN 18800, Teil 3, Abschnitt 5 zur Anwen-
dung.
Falls für das zentrisch gedrückte Bauteil, in dem das zu untersuchende Beulfeld liegt, der Nach-
weis des Biegeknickens erforderlich ist, sind die Grenzbeulspannungen nach DIN 18800, Teil 3,
Element 503 folgendermaßen zu ermitteln:

σ
Nachweis: ≤1
σP,R,d

mit σP,R,d = κK · κP · fy,d

κK = Abminderungsfaktor für das Knicken nach DIN 18800,

Teil 2, Abschnitt 3, Element 304


31

3 Torsion
3.1 Übersicht
3.1.1 Definitionen
Schnittbezeichnungen
Koordinaten Verschiebungen Verdrehungen

f
y v
x u J
z w y

Schnittkräfte Schnittmomente

Qy My
N MT
Qz Mz

äußere angreifende Kräfte äußere angreifende Momente

Py(py) MLy(my)
N(n) MLT(mT)
Pz(pz) MLz(mz)

Man spricht von Torsion, wenn der Querschnitt des betrachteten Stabes infolge der Belastung eine Ver-
drehung ϑ erfährt. Im Allgemeinen wird die Verdrehung durch ein Torsionsmoment hervorgerufen.

Torsionsarten
Die angreifenden Torsionsmomente rufen, abhängig von verschiedenen Bedingungen, innerlich hervor:

a) nur b) oder aber


primäre Schubspannungen τ p primäre Schubspannungen τ p
Wölbnormalspannungen σ
sekundäre Schubspannungen τs

Druck
Zug

Druck Zug
tp tp s ts
Man spricht dann von wölbkraftfreier Torsion Man spricht dann von Wölbkrafttorsion
32

Das infolge der äußeren Kräfte im Inneren als Schnittgröße entstehende Torsionsmoment MT wird dann
abgetragen als

MT = MT P MT = MT P + MT S
(primäres Torsionsmoment) (primäres + sekundäres Torsionsmoment)
(St. Venant’sche Torsion) (St. Venant’sche + Wölbkrafttorsion)

3.1.2 Querschnittsarten

wölbfreier Querschnitt nicht wölbfreier Querschnitt


Querschnitt bleibt bei der Verdrehung eben, Querschnitt verwölbt sich bei der Verdrehung.
auch wenn eine Verschiebung u der einzelnen Die Verschiebung u ist keine lineare Funktion
Querschnittpunkte auftritt. von den Querschnittkoordinaten.

wölbfreie Querschnitte nicht wölbfreie Querschnitte


alle übrigen Querschnitte, z.B.

Kreis und Kreisring


Vollquerschnitte
M M

offene Querschnitte
schmale rechteckige Streifen, die sich in einem
Punkt M schneiden t1

t2 t2

t1
Hohlkästen mit t = const. in die sich ein Kreis
geschlossene Querschnitte
einbeschreiben lässt
t1

R R
t2 t1

R
R
t2

Hohlkästen, deren Wanddickenresultierenden R


sich in einem Punkt treffen
33

Beispiele:

e
a chs
reh
D

Querschnitt bleibt eben und sogar ⊥ zur


Drehachse

se
a ch
eh
Dr Querschnitt nicht eben
(Draufsicht nach Verdrehung)

Querschnitt bleibt eben

3.2 Wölbkraftfreie Torsion


Kennzeichen:
nur τp
somit MT = MT P

3.2.1 Bedingungen
Damit die Torsionsbeanspruchung nur durch primäre Schubspannungen abgetragen wird sind folgende
Bedingungen einzuhalten:
1. Gegengleiche Endmomente
2. Endquerschnitte gegen Verschiebung u nicht behindert (z.B. an Einspannstellen)
3. Stabquerschnitt konstant
Jede beliebige Stabfaser kann Drehachse sein. Der Querschnitt kann wölbfrei oder nicht wölbfrei sein.
Sonderfall: Endquerschnitt gegen Verschiebung u behindert, wölbfreier Querschnitt, Drehachse nicht
erzwungen, somit entsteht keine Endverschiebung u und die Behinderung wird nicht angesprochen.

3.2.2 Gesuchte Größen


τp maximale Schubspannung und ihre Verteilung im Querschnitt
ϑ Verdrehung der Querschnitte
[ϕ Verwölbungen (Einheitsverwölbung)]
(
IT Torsionswiderstand
und als Mittel zum Zweck
M Schubmittelpunkt
34

3.2.3 Differentialgleichung der wölbkraftfreien Torsion und Verdrehung ϑ

g=r . dJ
dx
dJ

dx
r
J+dJ


Es ist die Verwindung oder Verdrillung.
dx
Die Verwindung ist dem Torsionsmoment proportional


∼ MT
dx
Die Verwindung ist dem querschnittsabhängigen Widerstand gegen die Verwindung umgekehrt propor-
tional

dϑ 1
∼ IT =
b Torsionswiderstand
dx IT

Die Verwindung ist außerdem der Nachgiebigkeit des Materials prportional. Da die Torsionsbeanspru-
chung Schubkräfte hervorruft wird der Schubmodul herangezogen

dϑ 1

dx G
Man schreibt zusammenfassend

dϑ MT
ϑ0 = =
dx G · IT

daraus folgt:

MT
dϑ = · dx
G · IT
MT
Z
ϑ = · dx +C
G · IT

ist am Stabanfang ϑ (x = 0) = 0, so ist C = 0

Zx
MT
ϑ= · dx
G · IT
x=0

Für MT = const. und IT = = const. wird

MT
ϑ= ·x
G · IT
35

3.2.4 Ergebnisse der wölbkraftfreien Torsion dickwandiger Querschnitte , N, •, usw.


Schubspannungen und Seifenhautgleichnis
Man geht aus von den bekannten Gleichgewichtsbeziehungen am Volumenelement des betrachteten Sta-
bes

∂ σx ∂ τyx ∂ τzx
+ + + X = 0
∂x ∂y ∂z
∂ τxy ∂ σy ∂ τzy
+ + + Y = 0
∂x ∂y ∂z
∂ τxz ∂ τyz ∂ σz
+ + + Z = 0
∂x ∂y ∂z
und setzt voraus, dass nur Schubspannungen τxy und τxz entstehen, sowie X, Y und Z fehlen.
(Der erste Index der Schubspannungen bezeichnet die Ebene senkrecht zur Koordinatenachse, der zweite

y
tzx
tyx
x txy
txz

Index gibt die Richtung der Spannung an. Dabei gilt τxy = τyx , τxz = τzx , τyz = τzy .)
Dann erhält man

∂ τyx ∂ τzx
+ = 0
∂y ∂z
∂ τxy
= 0
∂x
∂ τxz
= 0
∂x
(τxy und τxz sind über x konstant)
Nun führt man eine Torsionsfunktion Φ(y, z) so ein, dass die oben angegebene erste Gleichung erfüllt ist.

∂Φ
= τxy
∂z
∂Φ
= −τxz
∂y
∂ 2Φ ∂ 2Φ
⇒ − = 0
∂ y∂ z ∂ y∂ z
Zusammen mit den hier nicht angeschriebenen Verformungsbeziehungen erhält man die Differentialglei-
chung für Φ zu

∂ 2Φ ∂ 2Φ
+ 2 = −2G · ϑ 0
∂ y2 ∂z
Diese enthält den Zusammenhang zwischen Verdrillung ϑ 0 und der Schubspannungsverteilung über die
Querschnittsfläche. Ist Φ bekannt, dann sind auch τxy und τxz bekannt. Die Lösung entspricht jener einer
Membran unter konstanter vertikaler Belastung.
36

p(y,z)
∂ 2w ∂ 2w p
H H 2
+ 2 =−
w ∂y ∂z H

Auf der Analogie der Differentialgleichungen beruht das Seifenhautgleichnis von Prandtl (1903) mit
dem man experimentell die Größe der Schubspannungen, des Torsionswiderstandes IT und der Einheits-
verwölbung bestimmen kann.
Außerdem ist es ein ausgezeichnetes Hilfsmittel zur ingenieurmäßigen Beurteilung von Querschnitten,
die unter Torsionsbeanspruchung stehen. Man schneidet die Kontur des Querschnitts aus einer ebenen
Platte aus und lässt sich darüber eine Seifenhaut bilden, die unter einem konstanten Druck steht. Die
Durchbiegung w ist dann gleich der Wölbfunktion Φ, wobei die Randbedingung Φ = const. erfüllt ist
durch w = 0, wenn man w von der Platte aus misst.
Handelt es sich um einen mehrfach zusammenhängenden Querschnitt mit einem oder mehreren Löchern,
so bildet man die Kontur der Löcher durch kleine Plättchen nach, die an den Stellen der Löcher so in
die Seifenhaut einfügt, dass sie parallel zur Grundplatte liegen. Dadurch wird wieder die Bedingung am
Lochrand Φ = const. (≡ w = const.) erfüllt.
Aufgrund der Torsionsfunktion

∂Φ ∂w
= τxy ≡
∂z ∂z
∂Φ ∂w
= −τxz ≡
∂y ∂y
erhält man die Größe der Schubspannungen in y−Richtung proportional zur Tangente an die Seifenhaut
in z−Richtung und umgekehrt.
Zeichnet man die Linien mit w =const., also die Höhenlinien im Grundriss ein und definiert nun ein neu-
z A Schnitt A-A
B B dw
txy dz
w=const.

txz
y
s

n
A

w=const.
Schnitt B-B

dw
dy

es, nicht ortsfestes Koordinatensystem n, s, x so, dass s in Richtung der Höhenlinie läuft und n senkrecht
dazu, so ist ∂ w/∂ s = 0, während ∂ w/∂ n = 0 die größte Neigung am betrachteten Punkt in Richtung der
Fallinie angibt.
Daraus folgt, dass τxn = 0 ist, während τxs die maximale Schubspannung im betrachteten Punkt ist. Man
nennt die auf den Grundriss projizierten Höhenlinien daher auch Schubspannungslinien.
Der Inhalt des Seifenhauthügels ist dem Drillmoment und dem Drillwiderstand proportional (siehe spä-
ter).
37

Beispiele für das Seifenhautgleichnis: (nach Chwalla: Einführung in die Baustatik )

Übergang vom Recht-


eck zum Hohlquer-
schnitt

Übergang vom Recht-


eck zum Doppel-T-
Querschnitt

Übergang vom Recht-


eck zum 2-zelligen
Hohlquerschnitt

Abbildung 3.1: Seifenhautgleichnis - Beispiele

Die bisher festgestellten Analogien werden im Folgenden noch einmal zusammengestellt:

Seifenhaut Torsion

w Φ
∂w
τxy
∂z
∂w
−τxz
∂y
Höhenlinie Schubspannungslinie

Tabelle 3.1: Vergleich Seifenhautgleichnis - Torsion

Da nur die Ableitungen der Funktion w ≡ Φ interessieren, kann man statt der Bedingung ΦRand ≡
wRand = const. für den äusseren Rand des Querschnitts auch schreiben
ΦRand ≡ wRand = 0
38

Beispiele
Schubspannungsverteilung Schubfluss Querschnittsverwölbung

tmax

b
+
_
+ _

tmax

+
+_
tmax _
_ +

a =1,5 _ +
a

b + _

b
tmax

_+ _+
+_ _
+
39

Torsionswiderstand IT

Das Torsionsmoment ist nach Definition

x
txy
txz z

Z
MT = (τxz · y − τxy · z) dA
A
Z  
∂Φ ∂Φ
MT = − ·y+ · z dA
∂y ∂z
A
ZZ ZZ
∂Φ ∂Φ
= − · y dydz − · z dydz
∂y ∂z

Die Integration soll am ersten Summanden vorgeführt werden.


Integriert man zuerst nach y, wobei z Rkonstant ge- yl yr
halten wird und beachtet man dass ∂∂Φy dy = Φ
und die Ableitung von y nach y eins ist, so erhält y
man durch partielle Integration: z

Zyl iyl Zyl


∂Φ h
· y · dy = Φ · y − Φ · 1 · dy
∂y yr
yr yr

Da für die Ränder yr und yl gilt: Φ = 0, ist dort auch Φy = 0 und man kann für den ersten Summanden
schreiben:
ZZ ZZ
∂Φ
· y dydz = − Φ dydz
∂y

Entsprechend erhält man für den zweiten Summanden


ZZ ZZ
∂Φ
· z dydz = − Φ dydz
∂z
und damit für MT :
Z ZZ
MT = 2 Φ dA = 2 Φ dydz

Setzt man dies in ϑ 0 = MT


GIT ein, so folgt für IT :
R
2 Φ dA
IT =
G·ϑ0
40

R R
Da Φ dA identisch ist mit dem Volumen unter der Seifenhaut w dA, ist der Torsionswiderstand diesem
Volumen proportional.
2 2
Ist die Torsionsfunktion Φ berechnet worden, so kann man die Differentialgleichung ∂∂ yΦ2 + ∂∂ zΦ2 = −2Gϑ 0
im Nenner einsetzen und erhält so für IT :
Z
2·2 Φ dA
IT =
∂ 2Φ ∂ 2Φ
+ 2
∂ y2 ∂z

Tabelle 3.2: IT und max τ einiger Querschnitte (max τ = γ · MT )

Querschnitt IT γ Querschnitt IT γ

πa4 2 π 4 2·a
a − b4

2 πa3 2 π (a4 − b4 )
a a

πa3 b3 2 a4 20
a

a2 + b2 πab2 a3
b

46, 2
a a

a4 4, 81 β
αab3
b

7, 11 a3 ab2
a a

Die maximale Schubspannung τb an der kurzen Seite eines Rechteckquerschnittes berechnet man aus
max τ zu:

τb = κ max τ

Tabelle 3.3: Beiwerte α, β und κ für Rechteckquerschnitte

a
b 1 1.5 2 2,5 3 4 5 6 8 10 ∞
α 0,141 0,196 0,229 0,249 0,263 0,281 0,291 0,299 0,307 0,312 0,333
β 4,81 4,33 4,06 3,88 3,74 3,55 3,43 3,35 3,26 3,20 3,00
κ 1,000 0,858 0,796 0,768 0,753 0,745 0,744 0,743 0,743 0,743 0,743

Für den Torsionswiderstand kann man bei Rechteckquerschnitten mit a/b ≥ 2 setzen:

ab3
 
b a
IT = 1 − 0, 630 für ≥ 2
3 a b

3.2.5 Ergebnisse der wölbkraftfreien Torsion offener dünnwandiger Querschnitte

Schubspannungen und Torsionswiderstand


Über einem schmalen Rechteck entsteht folgender Seifenhauthügel:
41

y x
x F

b= GJ’(t/2)
2
z t
y
a t/2 t/2

 2 
t
dabei ist Φ = G·ϑ0 − y2
2
In den Mittelschnitten ergibt sich die Seillinie eines straff gespannten Seiles unter konstanter Querbela-
stung, also eine quadratische Parabel.
In diesem Bereich ist
jF
∂Φ jy x
= 0 ⇒ τxy = 0 txz=G .J’.t
∂z y
∂Φ
= −G · ϑ 0 · 2 · y ⇒ τxz = G · ϑ 0 · 2 · y -t/2 +t/2
∂y
MT
mit Gϑ 0 = erhält man:
IT
MT 3
max τxz = · t = MT ·
IT a · t2
Bei den dickwandigen Querschnitten war
R
2 ΦdA
IT =
G·ϑ0
dem Rauminhalt des Seifenhauthügels proportional.
Näherungsweise wird hier eine Zylinderfläche angesetzt:
+t/2 +t/2  2 
t
Z Z
0 2
a· Φdy a· G·ϑ −y dy
2
−t/2 −t/2
IT = 2· = 2·
G·ϑ0 G·ϑ0
t 2 · y y3 +t/2 a · t3
 
= 2·a − =
4 3 −t/2 3

also
a · t3
IT =
3
Dieser Wert stimmt mit jenem der genauen Lösung überein, wenn das Rechteck unendlich lang ist. (siehe
Tabelle 3.3).
Im Bauwesen kommen sehr oft aus schmalen Rechtecken zusammengesetzte Profile vor. Man begeht
keinen großen Fehler, wenn man diese Querschnitte in einzelne Rechtecke zerlegt, deren kurze Seiten
durch die Schnittpunkte der Profilmittellinien gehen (siehe Bild 3.2).
Für den Torsionswiderstand IT erhält man dann

1
IT = · siti3
3 ∑i
42

s1
1

s1
tx
t1
T2-T1
T1 T1

txs2

2
s2

t2 T2 T2

T3 txs3 T3
T3-T2
t3

s3 3

Abbildung 3.2: Schubspannungen bei zusammengesetzten dünnwandigen Profilen

Die größte Schubspannung entsteht an der Aussenseite des dicksten Querschnittsteiles.

MT
max τxsi = ± · maxti
IT

Bei Walzprofilen bringen die Eckausrundungen eine Vergrößerung des Torsionswiderstandes. Diese kann
man rechnerisch erfassen (siehe z.B. Bornscheuer, Anheuser: Tafeln der Torsionskennwerte für Walzpro-
file, Der Stahlbau 1961, S. 81-83).
Für einige Walzprofile sind Korrekturfaktoren η bekannt
1
IT = η · · ∑ si · ti3
3 i

Tabelle 3.4: Korrekturfaktoren für Walzprofile

L U,C T IPE HE I

η 0,99-1,03 1,06-1,12 1,12 1,33 1,16-1,29 1,22-1,31 1,17

Einheitsverwölbung dünnwandiger, nicht wölbfreier Querschnitte


Nicht wölbfreie Querschnitte erleiden bei der wölbkraftfreien Torsion auch eine Verwölbung, die jedoch
nicht behindert wird wie bei der Wölbkrafttorsion und somit zu keinem inneren Widerstand und zu
keinen daraus resultierenden Spannungen führt (siehe Beispiel I-Träger auf Seite 33).
43

Die einzelnen Punkte eines Querschnitts erleiden bei der Verdrehung eine Verschiebung u, welche nicht
in einer Ebene liegt. Diese Verschiebung lässt sich wie folgt darstellen:

u=ϕ· (ϕ =Einheitsverwölbung
b [A])
dx
Sie ist also proportional der Verdrillung ϑ 0 . Die Einheitsverwölbung ist rein geometrischer Natur, also
von der Belastung unabhängig. Sie ist jedoch abhängig von der Wahl der Dillachse. Für dϑ dx = 1 gibt sie
die Verschiebung u eines Querschnittspunktes an. Zu ihrer Ermittlung geht man von der Profilmittellinie
und der Koordinate s längs dieser Profilmittellinie aus

v ist die Verschiebung in Richtung der Tangente


p
s

z
v = p·ϑ
D=S=Schwerpunkt

s=0
Nun sind die Schubspannungen τxs in der Profilmittellinie = 0, somit gilt für ein Element der Profilmit-
telfläche γ = 0, d.h. es tritt keine Verzerrung auf.
x
Damit gilt:
dv du
γ =0⇔ + =0
dx ds
nun ist aber:
s

dv = p · dϑ und du = dϕs
dx
In γ = 0 eingesetzt:

dϑ dϕs dϑ
p· + = 0
dx ds dx
dϕs = −p · ds

oder
Zs
ϕs (s) = − p(s)ds +C0
0

Die Integrationskonstante C0 wird aus der Forderung bestimmt, dass die Axialverschiebung u und damit
auch die Einheitsverwölbung im Mittel bei der Integration über den ganzen Stabquerschnitt verschwin-
det, da ja das Stabelement du bei der Verdrillung des Stabes weder länger noch kürzer wird, d.h. keine
Normalkräfte erhält.
Es gilt
Z Z  Z s  Z Z s  Z
ϕs (s)dA = − p(s)ds +C0 dA = − p(s)ds dA + C0 dA = 0
0 0
A A A A
Z Z s 
⇔ p(s)ds dA = C0 · A
0
A
Z Z s 
1
⇔ C0 = p(s)ds dA
A 0
A
44

Hat der Querschnitt eine Symmetrieachse, so wird der 0−Punkt zweckmässigerweise in den Schnittpunkt
der Profilmittellinie mit dieser Symmetrieachse gelegt, da dann C0 = 0 wird. Es ist dann
Zs
ϕs = − p(s) ds
0

+1200
+800
120
2 1 0
20 40 1,5
20
S S
y
+s -1200
z
1,0
40

3,0
4 3 5
+3200 -3200
5
5

+3000 -3000
+3400 -3400

Abbildung 3.3: Beispiel zur Einheitsverwölbung

Zahlenbeispiel zur Ermittlung


 der Einheitsverwölbung ϕs : 
Man beginnt bei Punkt  0 auf der Symmetrieachse und geht zunächst nach links vor bis Punkt  1 .p
ist ungleichsinnig drehend mit fortschreitendem i, also negativ. Auf der Strecke 3. . .4 ist p gleichsinnig,
also positiv.

ϕ0 = 0
ϕ1 = 0 −( − 40 · 20 ) = 800
ϕ2 = 800 −( − 20 · 20 ) = 1200
ϕ3 = 800 −( − 60 · 40 ) = 3200
ϕ4 = 3200 −( + 5 · 40 ) = 3000
ϕ5 = 3200 −( − 5 · 40 ) = 3400
45

3.2.6 Ergebnisse der wölbkraftfreien Torsion geschlossener dünnwandiger Querschnitte


Vergleich

MT MT

ho

hg

t t t

IT (Seifenhauthügel) IT (Seifenhauthügel)

ITo  ITg
ho  hg

to tg

t t

τo  τg
(für MTo = MTg )

Schubfluss T und Schubspannungen τ im geschlossenen Querschnitt

t1 t2
dx

t2
t1
t1 t2
t1 t2

Für die Summe aller Kräfte in Achsrichtung gilt

∑ Fx = τ1 · t1 · dx − τ2 · t2 · dx = 0
woraus sofort folgt

τ1 · t1 = τ2 · t2 = T = const.
46

d.h. die Schubkraft T [kN/cm] ist längs der Mittellinie konstant.


Die grösste Schubspannung im Querschnitt tritt also an der dünnsten Stelle auf.

T
τmax =
tmin

Beim offenen Querschnitt trat τmax an der dicksten Stelle auf!


Nun ist bezogen auf einen beliebigen Querschnittspunkt P
I I
MT = T · r · ds =
b Umlaufintegral
P
I
r A*
= T r · ds
s
= T · 2A∗ A∗ ist die von der Querschnitts- P .
S r 2ds =A*
mittellinie eingeschlossene
Somit Fläche r.ds
r 2
MT
T =
2A∗
MT ds
τ = Bredt’sche Formel (1896)
t · 2A∗
Bredt leitete folgende Beziehung her 2

dϑ 1 T
I
= ds
dx 2GA∗ t
MT
Setzt man T = ein, erhält man
2A∗

dϑ 1 MT ds
I
= ∗
· ∗
dx 2GA 2A t

Ausserdem ist aber

dϑ MT
=
dx GIT

Somit wird IT für den Hohlquerschnitt

4A∗2
IT = I
ds
t

3.3 Wölbkrafttorsion
Kennzeichen sind das gleichzeitige Auftreten von primären Schubspannungen τ p , Wölbnormalspannun-
gen σw und sekundären Schubspannungen τs . Außerdem wird das Torsionsmoment MT über ein primäres
(MT P ) und ein sekundäres (MT S ) Torsionsmoment abgetragen. Es gilt

MT = MT P + MT S
2 Bredt, R.:Zeitschrift des VDI 1896, S.785 und 813
47

3.3.1 Bedingungen

Wölbkräfte treten auf, wenn die freie Verwölbung der Querschnitte nicht möglich ist. Dies ist der Fall,
bei nicht wölbfreien Querschnitten, wenn

1. bei gegengleichen Endmomenten eine Be-


hinderung der Verschiebung u (Verwöl- MLT MLT
bung) der Endquerschnitte gegeben ist,

2. das Torsionsmoment MLT innerhalb der


MLT
Stablängsachse angreift.

3.3.2 Gesuchte Grössen



τp 

σw Spannungen im Querschnitt und ihre Verteilung


τs
ϑ Verdrehung der Querschnitte
C Wölbwiderstand

3.3.3 Differentialgleichung der Wölbkrafttorsion, Verdrehung ϑ und Schnittkräfte

Bei der St. Venant’schen Drillung war MT = ϑ 0 · G · IT . Nunmehr ist MT = ϑ 0 · G · IT + MT S , d.h. es wird
das innere Torsionsmoment MT nicht mehr nur durch den primären Drillwiderstand abgetragen, sondern
durch einen zusätzlichen Widerstand, den Wölbwiderstand C.
Wie sich das Moment MT aufteilt, hängt vom Querschnitt ab. Es gibt Profile mit grossem Torsionswider-
stand IT und solche mit grossem Wölbwiderstand C.
Bei Vollprofilen oder Hohlprofilen ist IT groß und der Anteil MT S praktisch vernachlässigbar klein.
Bei offenen Profilen (I,H,C,U) jedoch kann der zusätzlich von der Verhinderung der Verwölbung her-
rührende Widerstand dagegen beträchtlich sein, sodass seine Berücksichtigung ein Gebot der Witschaft-
lichkeit und nicht nur des exakteren Spannungsnachweises darstellt.
Im Folgenden soll an einem Beispiel anschaulich dargestellt werden, wie es zu dieser in MT P und MT S
aufgeteilten Lastabtragung kommt.
Greift in der Mitte eines >
⊥-Trägers ein Torsionsmoment 2MLT an, das an den Trägerenden je zur Hälfte
abgenommen wird, so würde man bei dem in der Trägermitte aufgeschnittenen Träger in beiden Teilen
nur St. Venantsche Torsion erzeugen und damit folgende Verformung erhalten:

Gabellagerung
MLT 2MLT MLT

MLT MLT MLT MLT


48

Wie man erkennt, lassen sich die Teilstücke in der Trägermitte wegen der Verwölbung nicht ohne Zwang
aneinanderfügen.
Um die Schnittufer aneinanderfügen zu können, müssen Zwangskräfte angebracht werden. Lässt man
einmal den Steg unbeachtet, dann könnte man sich vorstellen durch das Anbringen von Momenten an
den Flanschen das Ziel zu erreichen:

Zug
sw, ts

sw, ts
Zug

Dadurch würden bei angenommener beidseitiger Lagerung der Trägerhälften folgende Schnittkräfte ent-
stehen:

Moment Moment
MFl MFl
VFl VFl VFl VFl

Querkraft Querkraft

VFl
VFl
MFl

2VFl

2VFl

MFl
VFl
VFl

Tatsächlich sind aber die Trägerhälften in der Stabmitte nicht gelagert, sodass die Lagerkräfte als äussere
Belastung anzusehen sind. Diese äussere Belastung entspricht einem Torsionsmoment 2 ·VFl · h mit h =
Trägerhöhe.
Somit wird das am Stab angebrachte Torsionsmoment 2MLT , das von den aufgeschnittenen Trägerhälften
nur über St. Venant’sche Torsion abgetragen wurde (Spannungen: τ p ) tatsächlich auf zweierlei Tragwei-
sen abgetragen, nämlich

MT P = (MLT −VFl · h) durch Verdrehung mit der Beanspruchung τ p


MT S = VFl · h durch Flanschbiegung mit den Beanspruchungen σw , τs

Dies kann auch noch durch das folgendes Bild veranschaulicht werden
49

Beispiel:

MTP groß MTP klein


MTS klein MTS groß

Diese anschaulichen Darstellungen können auch bei der Abschätzung der Aufteilungen von MT in MT P
und MT S helfen .
Es sei hier schon darauf hingewiesen, dass die Aufteilung von MT in MT P und MT S im Allgemeinen über
die Stablängsachse veränderlich ist.
Nun gilt für den >
⊥-Träger:

MT = MT P + MT S
J
MT P = GIT · ϑ 0

⇒ MT = GIT · ϑ 0 +VFl ·h mit VFl
MT S = VFl · h
dMFl dMFl
⇒ MT = GIT · ϑ 0 + ·h mit VFl =
dx dx
00
d(−EIz,Fl · v ) h
⇒ MT = GIT · ϑ 0 + · h mit MFl = −EIz,Fl · v00
dx VFl
h2 h h
⇒ MT = GIT · ϑ 0 − EIz,Fl · ϑ 000 mit v = · ϑ , v00 = · ϑ 00
2 2 2 v
2 2
Iz · h Iz,Fl · h
⇒ MT = GIT · ϑ 0 − ECM · ϑ 000 mit CM = ≈
4 2
Diese Gleichung geht für CM = 0 über in die bekannte Gleichung der St. Venant’schen Torsion. Die
Lösung der Differentialgleichung 3. Ordnung lautet
r r
G · IT G · IT MT
ϑ = K1 · cosh x + K2 · sinh x + K3 + ·x
E ·CM E ·CM GIT
| {z } | {z }
homogene Lösung + partikuläre Lösung
r
G · IT
mit der Abkürzung λ = ergibt sich
E ·CM
MT
ϑ = K1 · cosh λ x + K2 · sinh λ x + K3 + ·x
GIT
Die Koeffizienten K1 bis K3 müssen aus den vorgegebenen Randbedingungen bestimmt werden.
50

Beispiel: eingespannter Kragträger

MLT

h
l
x

x=0 : ϑ =0 x = l : ϑ 00 = 0 (keine Wölbbehinderung)


(keine Verdrehung)
du
ϑ 0 = 0 (keine Verwölbung) =0
dx

u=ϕ· =0
dx

ϑ (0) = 0 = K1 · cosh 0 + K2 · sinh 0 + K3 + 0 ⇒ K1 = −K3


MT MT
ϑ 0 (0) = 0 = K1 · λ · sinh 0 + K2 · λ · cosh 0 + ⇒ K2 =
GIT λ · GIT
MT sinh λ l
ϑ 00 (l) = 0 = K1 · λ 2 · cosh λ l + K2 · λ 2 · sinh λ l ⇒ K1 = ·
λ · GIT cosh λ l
Somit wird
 
MT sinh λ l 1
ϑ= (cosh λ x − 1) − · sinh λ x + x
GIT λ · cosh λ l λ
Bei bekannten Größen GIT und ECM kann nun
)
MT P = ϑ 0 · GIT
= MT
MT S = −ϑ 000 · ECM
ermittelt werden.
 
MT sinh λ l
ϑ0 = · λ sinh λ x − cosh λ x + 1
GIT λ · cosh λ l
 
MT sinh λ l
ϑ 000 = 3 2
· λ sinh λ x − λ · cosh λ x
GIT λ · cosh λ l
 
sinh λ l
MT P(x=0) = MT · sinh 0 − cosh 0 + 1
cosh λ l
= 0  MLT
h


sinh λ l
MT P(x=l) = MT · sinh λ l − cosh λ l + 1 l
cosh λ l
x
für l  h gilt: sinh x = cosh x
= MT 
−MT · ECM sinh λ l 2
 MTS
2
MT S(x=0) = · λ sinh 0 − λ cosh 0
GIT cosh λ l
−MT · ECM  2  MT=MLT
= −λ = MT
GIT   MTP
−MT · ECM sinh λ l 2 2
MT S(x=l) = · λ sinh λ l − λ cosh λ l
GIT cosh λ l
−MT · ECM Aufteilung des Schnittmomentes in
= [0]
GIT MT = MT P + MT S
= 0
51

Wie man aus dem Bild auf der Seite 50 ersieht, wird das Schnittmoment MT am freien Ende des Stabes
ganz durch MT P , an der Einspannstelle ganz durch MT S abgetragen.
Bei Stäben mit veränderlicher Schnittkraft MT geht man vom infinitesimalen Stabelement aus
mD

dMT .
MT MT+ dx
dx
dx

 
dMT
MT = md · dx + MT + · dx
dx
dMT
⇒ md =
dx
⇒ md = −GIT ϑ 00 + ECM · ϑ 0000
Die allgemeine Lösung lautet
ϑ = K1 · cosh λ x + K2 · sinh λ x + K3 + K4 · x + ϑ p
K1 , K2 , K3 , K4 Koeffizienten, die aus den Randbedingungen zu bestimmen sind
ϑp partikuläre Lösung
Für viele Lastfälle und Randbedingungen gibt es Lösungen3 .

Beispiele:
x I MLT II x’

a b
l

Bereich I Bereich II

   
MLT b sinh λ b MLT a 0 sinh λ a
λ 2 · ECM · ϑ = λx− sinh λ x λx − sinh λ x0
λ l sinh λ l λ l sinh λ l
   
b sinh λ b a sinh λ a 0
MT P = λ 2 · ECM · ϑ 0 = MLT − cosh λ x MLT − + cosh λ x
l sinh λ l l sinh λ l
   
MLT sinh λ b MLT sinh λ a
MW = −ECM · ϑ 00 = sinh λ x sinh λ x0
λ sinh λ l λ sinh λ l
   
sinh λ b sinh λ a 0
MT S = −ECM · ϑ 000 = MLT cosh λ x MLT − cosh λ x
sinh λ l sinh λ l

3 siehe z.B. Bornscheuer, F.W.: Systematische Darstellung des Biege- und Verdrehvorganges unter besonderer Berücksichti-

gung der Wölbkrafttorsion, Der Stahlbau 21 (1952) und 22 (1953)


52

x MLT x’
I II
a=1/4 b=3/4
l=1
Verdrehung J
+

primäres Tosionsmoment
2 +
MTP=l ECMJ’
-

Wölbbimoment
+ +
MW=-ECMJ’’

sekundäres Torsionsmoment +
MTS=-ECMJ’’’
-

Abbildung 3.4: Beispiel der Aufteilung von MT in MT P und MT S bei Belastung mit MLT

VFl MT S = VZFl · h
MFL ⇒ MW = h VFl dx = h · MFl
Es war:
MW wird Wölbmoment, Bimoment oder Wölbbimoment
VFl MFL genannt.

x mD x’
x2
   
mD 2 l
λ 2 ECM ϑ = λ x − − 1 + S l
λ2 2 2
mD
 
l
  J
MT P = λ − x +C +
λ 2
mD
MW = (1 − S) MTP +
λ2
-
mD
MT S = (−C)
λ
+
Darin gilt: MW

sinh λ x + sinh λ x0
S =
sinh λ l +
cosh λ x − cosh λ x0 MTS
C = -
cosh λ l

Abbildung 3.5: Beispiel der Aufteilung von MT in MT P und MT S bei Belastung mit mD
53

3.3.4 Spannungen aus Wölbkrafttorsion


Wenn die Lösungsfunktion ϑ der Differentialgleichung der Wölbkrafttorsion bekannt ist, können die
Spannungen ebenfalls ermittelt werden.
MT P
τ p : Es war für offene, dünnwandige Profile: τ p = ·t. Mit der bekannten Beziehung MT P = GIT ·ϑ 0
IT
wird

τp = G · ϑ 0 · t

du
σ : Es gilt für eine Stablängsfaser σ = E · ε = E · mit u = ϕ · ϑ 0 . Damit wird
dx

σ = E · ϑ 00 · ϕ

Eine andere Darstellung ist

MW
σ= · ϕM (siehe später)
CM

wobei ϕ = ϕM wird, wenn sich der Querschnitt um den natürlichen Drillruhepunkt M, auch Schub-
mittelpunkt genannt, verdreht.

τs : Aus der Gleichgewichtsbetrachtung am Querschnittswandelement in x−Richtung erhält man

t. t.dx (s+ js dx) . t.ds


jx

(t+ jt ds) . t.dx


s. t.ds js
s

∂τ ∂σ
·t + ·t = 0
∂s ∂x
mit τ · t = T und somit für die Stelle i:
Zsi
∂σ
T =− · t ds + T0
∂x
0

Beginnt man freien Rand (0), dann wird T0 = 0 und es wird

Zsi
∂σ
T =− · t ds
∂x
0

und mit σ = E · ϑ 00 · ϕ schließlich

Zsi
000
T = −E · ϑ · ϕ · t ds
0
54

Zsi
1 000
τs = −E · ϑ · ϕ · t ds
t1
0

wobei ϕ = ϕM ist, wenn sich der Querschnitt um den natürlichen Drillruhepunkt M verdreht.
Bei bekannten Funktionen ϑ können somit die Spannungen ermittelt werden.

3.3.5 Wölbwiderstand und Schubmittelpunkt


Es war die auf den Schwerpunkt bezogene Einheitsverwölbung
Zs Zs
1
Z
ϕs = ϕ0 − p ds +C0 mit C0 = dA · D p ds
A
0 A 0

Wird anstelle des Schwerpunktes S ein anderer Punkt P als Drillruhepunkt gewählt, dann erhält man

y
zp
S
P
yp

ϕ p = ϕs + y p · z − z p · y + K
da die Verwölbung eine von y und z linear abhängige Größe ist.
Der Wölbwiderstand CP auf den beliebigen Punkt P bezogen, wurde von Kappus 4 abgeleitet zu
 2
1
Z Z
CP = ϕ p2 dA −  ϕ p dA
A
A A

Setzt man ϕ p ein, dann erhält man nach Zwischenrechnung, mit


Z Z
y dA = z dA = 0 (da sich y und z auf den Schwerpunkt beziehen)
A A

und mit
Z
y2 dA = Iz , z2 dA = Iy , y · z dA = Iyz (also y, z keine Hauptachsen)
R R
A A
A
 2
1
Z Z Z Z
CP = ϕs2 dA − ϕs dA + z2p · Iz + y2p · Iy + 2y p · ϕs · z dA −2z p · ϕs · y dA −2y p · z p · Iyz
A
A A
|A {z } |A {z }
Rsy Rsz
4 Kappus, R.(Luftfahrtforschung 1937, S.444 und Jahrbuch 1937 der deutschen Luftfahrtforschung
55

Derjenige Punkt P, für den CP ein Minimum wird, ist der natürliche Drillruhepunkt des Querschnitts.
Dies ist der Schubmittelpunkt M.
Somit erhält man für M eine Doppelbedeutung:

1. M ist der natürliche Drillruhepunkt mit dem bezogenen Wölbwiderstand CM = min (für wölbfreie
Querschnitte wird dann CM = 0).

2. M ist jener Punkt, durch den eine Querkraft gehen muss, wenn keine Torsion auftreten soll.

Aus der Forderung CP = min erhält man mit


∂CP ∂CP
=0 und =0
∂ yp ∂ zp
die Koordinaten des Schubmittelpunktes zu

yM

hs t-
ac aup
e
H
M
y
zM S

Ha
z up
tac
hs
e

−Rsy · Iz + Rsz · Iyz


yM = 2
Iy · Iz − Iyz
Rsz · Iy − Rsy · Iyz
zM = 2
Iy · Iz − Iyz

Setzt man nun diese Werte für yM und zM in die Gleichung für CP ein, dann erhält man den Wölbwider-
stand zu

CM = CS + Rsy · yM − Rsz · zM

mit den sogenannten Wölbmomenten


Z Z
Rsy = ϕs · z dA und Rsz = ϕs · y dA
A A

Sonderfälle:
Wenn y und z außerdem Hauptachsen sind, dann vereinfachen sich die Schubmittelpunktskoordianten zu

−Rsy
yM =
Iy
Rsz
zM =
Iz
56

und es wird

CM = CS − Iy · y2M − Iz · z2M

Ist die Hauptachse z darüberhinaus eine Symmetrieachse, dann wird Rsy = 0 und damit yM = 0.

y yM = 0
S
Symmetrieachse
z

Entsprechendes gilt für die y−Achse. Für doppeltsymmetrische Profile folgt sofort M = S.

y yM = 0
S=M zM = 0

Wenn die Lage des Schubmittelpunktes schon bekannt ist, dann kann CM auch einfacher ermittelt werden
aus
 2
1
Z Z
2
CM = ϕM dA −  ϕM dA
A
A A

Wegen σ dA = 0 und σ = E · ϑ 00 · ϕM ist ϕM dA = 0 und somit


R R
A A
Z
2
CM = ϕM dA
A

oder auch
 
Z
2
CM = ∑ ti · ϕM ds
i s
57

Einige Hilfen

M=S M=S M=S M@S M=S M=S

M M M M M
S
S S S r<b
S
M=S

t1 t1 t1 t1
t4 t2
t4 t2 t2
M M=S b

t4 t2 a t1
a =
t3 t3 t3 b t2

Abbildung 3.6: Wölbfreie und quasiwölbfreie Querschnitte (CM ≈ 0)

M S
M=S M=S M=S M=S M=S

M
M M

S S S
M=S
M=S

M
M M
S S S M
S

Abbildung 3.7: Nicht wölbfreie Querschnitte


58

Lage des Schubmittelpunktes Wölbwiderstand CM bezogen


Profil
zM auf den Schubmittelpunkt M
z b
o
to
zM y
M
h S hb3utu 1 2 3
th − h butu − Iz z2M
tu 12Iz 12
bu

z
zM to bo M bo
   
y b 2
S h

b2

hth

2 3
 bu h2tu b − bu + b2u +
h b u tu + − b u tu 2 3
th th Iz 2 2 3 1 2 3
tu + b h th − Iz z2M
6
bu b bu

z
zM to M
h2 b2

y
th S th h b2


hth

2 3
 (3butu + hth ) +
b u tu + − b u tu 3 2
h 
Iz 2 2 3
tu bu bu +b2utu (3b + 2bu ) − Iz z2M
b

z
(
to h a1 − 1
zM y
− +h
M 2 2 (1 + a1 + 6a2 a3 )
S th )
12a22 a3

h ——–
tu +1
(a1 + 1) a2 + 2a1 a3
b to th h
a1 = ; a2 = ; a3 =
tu tu b

tb z

h M=S y Iz h2 bto + 2hth


th 0
tb 8 2bto + hth
b b

M
z
S t
zM r 2r4t (sin α − α cos α) 2 5 3
a a r tα − Iz zM
Iz 3
y

Tabelle 3.5: Schubmittelpunkt zM und Wölbwiderstand CM einiger Profile


59

3.4 Nochmals Wölbnormalspannungen und Analogie zum Balkenbiegeproblem


Es war das Bimoment

Mw = −ECM · ϑ 00

und die Wölbnormalspannnung


MW
σ= · ϕM
CM
Damit lässt sich eine Analogie zur Balkenbiegung herstellen:

Biegung Torsion
Biegemoment M [Ncm] Bimoment Mw [Ncm2 ]
Abstand der Faser ey und ez [cm] Einheitsverwölbung ϕM [cm2 ]
Trägheitsmoment I [cm4 ] Wölbwiderstand CM [cm6 ]
I CM
Widerstandsmoment [cm3 ] Wölbwiderstandsmoment [cm4 ]
e ϕM
M Mw
σmax = · emax [N/cm2 ] σmax = · ϕMmax [N/cm2 ]
I CM
Tabelle 3.6: Analogie Balkenbiegung - Torsion

Einheitsverwölbung ϕM und Wölbnormalspannungsverlauf σ


Beispiel (siehe Seite 44)
-1
36
8 -9
12

M M
+s
120 22,8
2 1 0
20 40 1,5
20
S S
+9
12
+1
36
8

1,0
40
+1
07
4

-1

3,0
90

488
2

+1 88
+1

-14
90

4 3 5 5
2

-1

5
07
4

ϕM0 = 0
ϕM1 = 0 −( 40 · 22, 8 ) = −912
ϕM2 = 912 −( 60 · 22, 8 ) = −1368
ϕM3 = 912 −( − 60 · 40, 0 ) = 1488
ϕM4 = −1488 −( + 5 · 82, 8 ) = 1074
ϕM5 = −1488 −( − 5 · 82, 8 ) = 1902

Die Verteilung der Wölbnormalspannungen entspricht dem ϕM -Verlauf wegen σ = E · ϑ 000 · ϕM .


60

4 Stabilitätsprobleme der Stäbe

4.1 Elastisches Biegeknicken von Stäben und Stabwerken

4.1.1 Kragarm und Einfeldträger

Wie schon in Stahlbau I dargelegt, erhält man die DGL des Knickstabes aus der Gleichgewichtsbedin-
gung

Pki · v = M(x) Pki


v Pki
mit M = −EI · v00
zu Pki · v + EI · v00 = 0 (∑ M = 0) M
Pki
und durch zweimaliges differenzieren: v Pki
zu Pki · v00 + EI · v0000 = 0 (∑ V = 0)
M

Zum gleichen Ergebnis gelangt man, wenn man das Gleichgewicht ∑ M = 0 am herausgeschnittenen
Stabelement formuliert

V · dx + Pki · dv − dM = 0
M
Pki M+dM nach zweimaligem differenzieren und M = −EI · v00
dv =q(x)=0
V Pki
V dv dM
dx V+dV  + Pki · 2 − 2 = 0
dx
 dx dx
Pki · v00 + EI · v0000 = 0

Die allgemeine Lösung lautet

v(x) = C1 · sin αx +C2 · cos αx +C3 · x +C4

Durch Einführung der Randbedingungen erhält man ein homogenes Gleichungssystem, dessen nicht-
triviale Lösung fordert, dass det = 0 wird. Daraus erhalten wir die Knickbedingung, aus der die kleinste
Knicklast ermittelt werden kann.
Im folgenden wird ein allgemeinerer Fall behandelt:

Cj
EI Pki
Pki -l- Cv
Cj×j
C v ×f
Pki
v j Pki Pki f
x
M C v ×f
61

Das Momentengleichgewicht liefert:

M +Cv · f · x − P · v +Cϕ · ϕ = 0

v00 · EI + P · v = Cv · f · x +Cϕ · ϕ
Cv · f Cϕ · ϕ P
v00 + α 2 · v = ·x+ mit α 2 =
EI EI EI

Lösung:

v = vhomogen + vpartikulär

v = C1 · sin αx +C2 · cos αx +C3 · x +C4


| {z } | {z }
vhomogen vpartikulär

vpart. = C3 · x +C4

v0part. = C3

v00part. = 0

Setzt man die partikuläre Lösung ein, erhält man

Cv · f Cϕ · ϕ
0 + α 2 (C3 · x +C4 ) = ·x+
EI EI

somit muss sein:

Cv · f Cϕ · ϕ
C3 = und C4 =
P P

Zur Ermittlung der vier unbekannten Größen C1 , C2 , f , ϕ benötigt man vier Bedingungen

Cϕ · ϕ
v(0) = 0 → C1 · 0 +C2 · 1 + 0 + = 0
P
Cv · f Cϕ · ϕ
v(l) = f → C1 · sin αl +C2 · cos αl + + = f
P P
Cv · f
v0 (0) = ϕ → C1 · α + 0 + +0 = ϕ
P
∑ M(0) = 0 → P · f −Cv · f · l −Cϕ · ϕ = 0

v00 (l) = 0 wäre keine neue Aussage, da sie schon in das Momentengleichgewicht eingegangen ist.

Mit den Abkürzungen


r
Cϕ · ϕ Cv · f P
Cϕ∗ = Cv∗ = ϕ∗ = ϕ · l ε = α ·l = l ·
EI EI EI
62

erhält man:

     
1
 0 1 0 ·C∗   C1   0 
 ε2 ϕ     
1 1
·C∗ − 1 ·C∗
     
 sin ε cos ε   C2   0 
 ε2 v ε2 ϕ ·
 
= 
  
1

·C∗ −1   f   0 
     
 ε 0
 ε2 v     
 1 1     
0 0 ·C∗ ·C ∗
ϕ 0
ε2 v ε2 ϕ

In der Größe ε steckt die gesuchte kritische Last P.

Zum gleichen Ergebnis kommt man, wenn man die DGL 4. Ordnung zum Ausgangspunkt nimmt:

v0000 + α 2 · v00 = 0

Die Lösung ist dieselbe wie bereits oben aufgeschrieben.


Um hier die unbekannten Koeffizienten zu erhalten, sind Rand- und Übergangsbedingungen zu formu-
lieren. Da in ihnen noch die Größen ϕ und f vorkommen, werden insgesamt 6 Gleichungen benötigt:

(1) v(0) = 0
(2) v(l) = f
(3) v0 (0) = ϕ
(4) EI · v00 (0) = ϕ ·Cϕ
(5) v00 (l) = 0
(6) ∑ M(0) = 0

Diese Gleichungen führen wieder zu dem schon oben angegebenen homogenen Gleichungssystem.
Die nicht-triviale Lösung erhält man durch Nullsetzen der Nennerdeterminante

det = 0

Nach Zwischenrechnung ergibt sich die Knickbedingung:

r
ε ε2 1 P
− ∗− = 0 mit ε = l ·
tan ε Cϕ ε2 EI
1− ∗
Cv

Gesucht ist die kleinste Last P, die das System zum Ausknicken bringt. Durch Probieren oder Auf-
zeichnen der Kurve findet man den Wert ε, für den die Gleichung erfüllt ist. Wichtig ist, dass man
den niedrigsten Wert (Eigenwert) ermittelt. Das Aufzeichnen der Kurve schützt oft vor der Gefahr, die
Nullstelle eines höheren Eigenwertes als den niedrigsten Wert anzusehen.

Durch Grenzübergänge lassen sich die Knickbedingungen von Spezialfällen angeben:


63

System Grenzbetrachtung Knickbedingung


l
Cj EI cϕ · l Cv · l 3 ε ε2 1
P Cϕ∗ = Cv∗ = = ∗+
Cv EI EI tan ε Cϕ ε2
1−
Cv∗

P Cv · l 3 ε 1
Cϕ∗ = ∞ Cv∗ = =
Cv EI tan ε ε2
1−
Cv∗

Cj cϕ · l ε ε2
P Cϕ∗ = Cv∗ = ∞ = 1+ ∗
EI tan ε Cv

Cj cϕ · l ε ε2
P Cϕ∗ = Cv∗ = 0 = ∗
EI tan ε Cv

ε
P Cϕ∗ = ∞ Cv∗ = ∞ =1 Eulerfall III
tan ε

ε
P Cϕ∗ = ∞ Cv∗ = 0 =0 Eulerfall I
tan ε

ε
P Cϕ∗ = 0 Cv∗ = ∞ = ∞ Eulerfall II
tan ε

π 2 EI ε
P Cϕ∗ = 0 Cv∗ > = ∞ Eulerfall II
Cv l3 tan ε

π 2 EI
P Cϕ∗ = 0 Cv∗ < P = Cv · l
l3
Cv

Die beiden letzten Fälle unterscheiden sich in der Ausbiegungsform. Während im letzten Fall die Fe-
der beim Ausknicken ausweicht, wird im vorletzten Fall die Feder vom Stab praktisch als festes Lager
empfunden, da sie eine ausreichende Steifigkeit besitzt.
Für diese beiden Fälle kann man sich nun fragen, wie groß die Federsteifigkeit Cv sein muss, damit die
Knicklast des beidseitig gelenkig gelagerten Stabes erreicht wird, die Feder also die „Mindeststeifigkeit“
besitzt.
64

Für den Fall Cϕ∗ = 0 gilt das Gleichungssystem


     
1
 0 1 0 ·C∗   C1   0 
 ε2 ϕ     
1 1
·C∗ − 1 ·C∗
     
 sin ε cos ε   C2   0 
 ε2 v ε2 ϕ ·
 
= 
  
1

·C∗ −1   f   0 
     
 ε 0
 ε2 v     
 1 1     
0 0 ·C∗ ·C ∗
ϕ 0
ε2 v ε2 ϕ
(Grau unterlegte Spalten und Zeilen werden gestrichen.)

det = 0 liefert:
   
1 ∗ 1 ∗
sin ε · ·C − ·C − 1 · ε = 0
ε2 v ε2 v

ε3 π 2 · EI
Cv∗ = − mit Pki = für den beidseitig gelenkig gelagerten
sin ε − ε l2
π3
r r
Cv∗ = − = π2 Pki π 2 · EI
:−0 π Stab wird: ε = α · l = l =l = π.
sinπ
 EI EI · l 2
somit:

π 2 · EI
Cv = = „Mindeststeifigkeit“ der Feder, damit der Stab an der Federstüzung beim
l3
Knicken keine Verschiebung erleidet.

Ersatzstabknicklänge
Rechnerisch kann die aus der Knickbedingung ermittelte Knicklast eines beliebig gelagerten Stabes mit
der Knicklast eines beidseitig gelenkig gelagerten Stabes (Eulerfall II) verglichen und daraus eine „Er-
satzstablänge“ ermittelt werden.

π 2 · EI
r
EI
Pki = → sk = π
s2k Pki

Die Ersatzstablänge wiederum kann mit dem Faktor β in der Stablänge ausgedrückt werden

sk = β · l mit β = f (Pki )

Beispiel:
l
EI Pki
Cv
Pki
sk=b×l
Das Ergebnis der Auswertung der Knickbedingung kann somit auch in der Form des Knicklängenbei-
wertes β angegeben werden (siehe Beispiele unten).
65
66
67

Berücksichtigung des Werkstoffverhaltens


Obige Berechnungen liefern die idealen kritischen Verzweigungslasten unter der Annahme Hook’schen
Werkstoffs und idealer Geometrie. Die tatsächliche Traglast kann mittels der in DIN 18800, Teil 2 ange-
gebenen Knickkurven ermittelt werden.

Pki bzw. sk → λ → λ → κ

Damit können dann die entsprechenden Nachweise geführt werden.

4.1.2 Einfeldstab mit Vorausbiegung


Analoges Vorgehen wie oben liefert
P · v(x) − M(x) = 0 P P
v0 v
P · v(x) + EI(v00 (x) − v000 (x)) = 0
P
α 2 · v(x) − v00 (x) = v000 (x) mit α 2 =
 π 2 EI
πx πx
α 2 · v(x) − v00 (x) = v0 · sin mit v0 (x) = v0 · sin
l l l
Lösung:

v = vhomogen + vpartikulär
πx
v = C1 · sin αx +C2 · cos αx + K · v0 · sin
{z l }
| {z }
vhomogen |
vpartikulär

Ermittlung von K durch Einsetzen der partikulären Lösung:

πx  π 2 πx  π 2 πx
α 2 · K ·0 · sin − K ·  0· · sin = − · sin
  
v v v
0
  l 2 l  l l  l
π
2 1 l2 1
K = −  π 2 = · 2 =
P π P
α2 − 1− 1−
2 EI Pki
somit

1 πx
v = C1 · sin αx +C2 · cos αx + · v0 · sin
P l
1−
Pki
Bestimmung der Konstanten aus den Randbedingungen:

v(0) = 0 → C2 = 0

v(l) = 0 → C1 · sin αl = 0

Für P = Pki ist αl = π und damit sin αl = 0, für 0 < P < Pki ist αl < π und damit sin αl > 0, somit muss
C1 = 0 sein. Daher ist:

1 πx 1
v(x) = · v0 · sin = v0 (x)
P l P
1− 1−
Pki Pki
68

1
Darin ist der sogenannte „Dischinger-Faktor“.
P
1−
Pki
Dischinger-Methode: Ermittlung von v aus v0 .
P/Pki
1,0
0,9
0,8
0,7
0,6
0,5
0,4
0,3
0,2
0,1
1 2 5 10 v/v0

Nach DIN 18800, Teil 2 kann der Ersatzstabnachweis durch einen Tragsicherheitsnachweis nach der
Spannungstheorie II. Ordnung ersetzt werden.
Dabei sind ausreichend große Ersatzimperfektionen und die normalen Teilsicherheitsbeiwerte für die
Belastung anzusetzen, zusätzlich muss auf der Widerstandsseite der Teilsicherheitsbeiwert γM beim
Steifigkeitswert EI berücksichtigt werden. Damit ist dann nachzuweisen, dass in der ungünstigsten
Faser die Fließspannung fy,d nicht überschritten wird.

Im vorliegenden Fall also:

!
1
P · v0
P
1−
σ II P M II P Pki π 2 · (EI)d
= ± = ± ≤ 1, 0 mit Pki =
fy,d Nel Mel A · fy,d Wel · fy,d s2k

4.1.3 Einfeldstab auf elastischer Bettung


R=c×v
P v P M(x) P

kontinuierliche
2
elastische Bettung c [kN/cm ]

Wenn der elastisch gebette Druckstab ausknickt, dann treten Rückstellkräfte auf:
R(x) = c · v
Es gilt wieder die Gleichgewichtsbedingung
M(x) + MR − P · v = 0
00
−EI · v + MR − P · v = 0
0000 00
−EI · v + c · v − P · v = 0 da die Rückstellkraft R bekannt ist, wird zweimal differenziert
69

Überlegungen zur Ausbiegungsfigur bei diskreten Federn:

P P relativ weiche Federn

P P relativ starre Federn

(relativ bezieht sich auf das Verhältnis Fe-


dersteifigkeit zu Biegesteifigkeit des Balkens)
Entsprechendes gilt bei kontinuierlicher Bettung.
Somit lautet der Ansatz:
mπx
v(x) = C1 · sin wobei die Wellenanzahl m noch nicht festliegt
l
In die DGL eingesetzt erhält man:

 mπ 4 mπx mπx  mπ 2 mπx


EI ·C1 · · sin + c ·C1 · sin − P ·C1 · · sin = 0
l  l l l l
mπx  mπ 4  mπ 2 
C1 · sin · EI · +c−P· = 0
l l l

 mπ 2  2
l
Pki = · EI + c ·
l mπ

Die Anzahl der Wellen m ist so zu bestimmen, dass Pki ein Minimum wird, also

dPki 2 · m · π2 2 · c · l2
= 2
EI − = 0
dm  l4 m3 · π 3
l c
m4 = ·
π EI
 2 r
l c
m2 = ·
π EI

Eingesetzt in Pki :

Pki = 2 · c · EI

Man kann erkennen, dass nicht die Länge des Stabes, sondern die Steifigkeiten von Stab und Federn in
die Knicklast eingehen.
Möchte man bei einem gegebenen Stab mit der Länge l die Anzahl der Halbwellen m wissen, so kann
diese aus
s  r
l 2
r
c l 4 c
m = · = ·
π EI π EI

ermittelt werden. Es muss aber m eine ganze Zahl sein, da der Stab an den Enden keine Verschiebung
erfahren kann. Somit gilt für m entweder der darunter oder der darüber liegende ganzzahlige Wert.
Wird rechnerisch m < 1, dann muss m = 1 gesetzt werden. In diesem Fall wird Pki wieder von l abhängig

π2 l2
Pki = · EI + c ·
l2 π2
70

Möchte man wissen, von welcher Länge an diese Abhängigkeit erfolgt, dann kann man sie aus
π2 l2 √
2
· EI + c · 2
= 2 · c · EI
l π
ermitteln.
Wie beim Plattenbeulen kann man auch hier die Verhältnisse durch die so genannten Girlandenkurven
verdeutlichen.

15,0
0,03
0,15
0,30
0,60
1,50
0,01
0,10
0,25
0,50
1,00

13,0
EI = 21000 kNm²
c=Faktor x EI
0,06
0,20
0,40
0,80
0

11,0
9,0
Länge [m]
7,0
5,0
3,0
1,0
75

70

65

60

55

50

45

40

35

30

25

20

15

10

Pki [MN]
71

Die Lösung des elastisch gebetteten Druckstabes findet z.B. bei der Berechnung von Trogbrücken
Anwendung (siehe auch DIN 18800, Teil 2, Abschnitt 5.3.3).

Die elastische Bettung wird durch die Halbrahmen


h
im Abstand s erzeugt
s s C mit dem Rahmenwider-
c =
s stand C [kN/m]
C ergibt sich mit den Abmessungen von Rahmen-
stiel und Riegel zu
E
C =
h3v h2 · bq
+
3Iv 2Iq
Dabei wird in den Stielen im Bereich (h − hv ) das
Trägheitsmoment I = ∞ gesetzt.

Hiermit kann man bei gegebener Federsteifigkeit die Knicklast ermitteln


r
C
Pki = 2 · · EI
s

4.1.4 Einfeldstab mit konstanter Querbelastung

Gesucht ist das Moment an der Stelle x


q M+dM
P P q
M P
v dv
P V+dV
V dx

Wie schon oben hergeleitet gibt das Gleichgewicht am Element:

−V · dx + P · dv − dM = 0

und nach zweimaligem differenzieren


d2M
−q(x) + P · v00 − = 0
dx2
da das Schnittmoment gesucht ist, schreibt man
P · M d2M
−q(x) − − 2 = 0
EI dx r
d 2M P
q(x) + α 2 · M + 2 = 0 mit α =
dx EI
Lösung für M:

1
M = C1 · sin αx +C2 · cos αx − q ·
α2
72

Randbedingungen:

1 q
x=0 → M=0 → C2 · 1 − q · 2
= 0 → C2 = 2
α α  
q q 1 q q
x = l → M = 0 → C1 · sin αl + 2 · cos αl − 2 = 0 → C1 = − · cos αl
α α sin αl α 2 α 2
r
P
Mit der Stabkennzahl ε = l · = α · l wird
EI
"   #
l 2
 2  2  2
1 l  εx  l  εx  l
M(x) = q −q cos ε · sin +q · cos −q
sin ε ε ε l ε l ε

ql 2 1 − cos ε
 
εx εx
M(x) = · sin + cos − 1
ε2 sin ε l l
ql 2 h ε εx εx i
oder M(x) = tan · sin + cos − 1
ε2 2 l l
ql 2 cos(ε (x/l − 1/2))
 
oder M(x) = −1
ε2 cos(ε/2)
Maximalwert an der Stelle x = l/2:
ql 2
 
1
M(l/2) = −1
ε 2 cos(ε/2)
Die Querkraft ergibt sich zu:
ql 2
 
dM(x) ε sin(ε (x/l − 1/2))
= V (x) = − ·
dx ε2 l cos(ε/2)
Maximalwerte an den Stellen x = 0 und x = l
ql 2 ε ε
V (0) = 2
· · tan
ε l 2
ql 2 ε ε
V (l) = − 2 · · tan
ε l 2
Man kann auch noch die Neigungwinkel v0 der Biegelinie ermitteln:

M(x) = −EI · v00


Z
−EI · v0 = M(x)dx + K
ql 2 l sin(ε (x/l − 1/2))
 
−EI · v0 = · − x +K
ε2 ε cos(ε/2)
für x = l/2 soll v0 = 0 sein
ql 2 l
 
l
0 = · 0 − +K
ε2 ε 2
ql 2 l
K = ·
ε2 2
somit ergibt sich:
ql 2 l sin(ε (x/l − 1/2))
 
l
−EI · v0 = · −x+
ε2 ε cos(ε/2) 2
73

oder
ε2
 
sin(ε (x/l − 1/2)) x 1
−EI · v0 · = −P · l · v0 = ql 2 − +
l cos(ε/2) l 2
Maximalwerte an den Stellen x = 0 und x = l
 
0 2 1 ε 1
P · l · v (0) = ±ql tan −
ε 2 2
Weiter soll die Durchbiegung v ermittelt werden
 
sin(ε (x/l − 1/2)) x 1
−P · l · v0 = ql 2 − +
cos(ε/2) l 2
x2
 
2 l cos(ε (x/l − 1/2)) x
−P · l · v = ql − 2 · − + +K
ε cos(ε/2) 2·l 2

für x = 0 wird v = 0
 
l cos(−ε/2)
0 = ql 2 − 2· +K
ε cos(ε/2)
ql 3
K =
ε2

und damit

x2
 
1 cos(ε (x/l − 1/2)) x·l 1
−P · v = ql 2
− 2· − + +
ε cos(ε/2) 2 · l2 2 · l2 ε 2
   
2 1 cos(ε (x/l − 1/2)) x(x − l)
P·v = ql −1 +
ε2 cos(ε/2) 2 · l2

Der Maximalwert wird an der Stelle x = l/2 angenommen zu:


   
1 cos(1) 1
P·v = ql 2 −1 −
ε 2 cos(ε/2) 8

Für diesen und viele weitere Fälle mit verschiedenen Randbedingungen werden in der Literatur1
entsprechende Angaben gemacht. Sie können z.B. auch für den Nachweis nach Theorie II. Ordnung
herangezogen werden.

Beispiel: IPE 180, S235


r r
Pd 67, 5 qd=5,4kN/m
ε = l = 600 = 0, 982 Pd Pd
(EI)d (21000 · 1320)/1, 1
IPE180
5, 4 · 6, 02
 
1
M II = − 1 = 27, 01kNm 600cm
0, 9822 cos(0, 982/2)
67, 5 2701
σ = + = 21, 3kN/cm2 < fy,d
23, 9 146
1 Stahlbau-Handbuch Teil 1,Kapitel 3.1, Stahlbau-Verlags-GmbH, Köln 1982; Petersen, C.: Statik und Stabilität der Bau-

konstruktionen, 2. Auflage, Vieweg Verlag 1982


74

4.1.5 Spannungs- und Stabilitätsprobleme bei Stabwerken


Durch Verallgemeinerung des im vorigen Kapitel gezeigten Prinzips lassen sich für beliebig gelager-
te Fälle die Schnittgrößen und Verformungen bestimmen. Dies führt auf das Drehwinkelverfahren der
Theorie II. Ordnung mit dem Stabwerke berechnet werden können. Damit ist es möglich sowohl Stabili-
tätsprobleme als auch Spannungsprobleme mit Hilfe des Drehwinkelverfahrens Theorie II. Ordnung zu
behandeln. Dieses Verfahren wird hier jedoch nicht behandelt, sondern nur auf die Vorlesung „Ausge-
wählte Themen der Baustatik (Prof. Starossek) verwiesen.

4.1.6 Spannungsproblem mit Gleicgewichtsverzweigung


Es gibt Belastungsfälle von Stäben, die sofort bei der Laststeigerung Biegespannungen und Ausbiegun-
gen hervorrufen, aber trotzdem ein Verzweigungsproblem beinhalten.
q

2 3
P EI2
P P

-h-
P
EI1 EI1

1 -l- 4
a) b) c)
Zunächst angenommene Verformung
Zur kritischen Last gehörende Knickfigur

Mit Hilfe eines energetischen Kriteriums von Klöppel/Lie1 lässt sich prüfen, ob ein solcher Fall vorliegt.

Beispiel: Fall c)

Mit dem Drehwinkelverfahren Theorie II. Ordnung erhält man folgendes Gleichungssystem
     
C1 + A2 B2 −C1 ϕ2 pl 2 /12
     
 B2 A2 +C1 −C1  ·  ϕ3  =  −pl 2 /12 
     
−C1 −C1 2C1 − qlh ψ 0
Dieses Gleichungssystem beinhaltet zwei Lösungsmöglichkeiten:
1. Spannungsproblem (gestrichelte Verformungsfigur): ϕ2 = −ϕ3 und ψ = 0. Hieraus ergibt sich eine
pl 2 /12
eindeutige Lösung für ϕ2 , nämlich ϕ2 =
C1 + A2 − B2
2. Stabilitätsproblem (strichpunktierte Verformungsfigur): ϕ2 = ϕ3 und ψ 6= 0
Das Gleichungssystem schreibt sich dann, nach Addition der Gleichungen (1) und (2):
     
C1 + A2 + B2 C1 ϕ 0
 · = 
−2C1 2C1 − qlh ψ 0

d.h. aber, dass sich wieder ein homogenes Gleichungssystem ergibt, dessen Lösung die kritische
Last liefert:

(C1 + A2 + B2 )(2C1 − qlh) − 2C12 = 0


1 „Das hinreichende Kriterium für den Verzweigungspunkt des elastischen Gleichgewichtes“, Der Stahlbau 1943, S. 17
75

Die oben dargestellten Ergebnisse lassen sich auch direkt aus den Lösungen für die Formänderungsgrö-
ßen, die hier nach entsprechender Zwischenrechnung ermittelt wurden zu:

pl 2 
(C1 + A2 + B2 ) (2C1 − qlh) − 2C12

ϕ2 = 12  
(C1 + A2 − B2 ) (C1 + A2 + B2 ) (2C1 − qlh) − 2C12
pl 2
− [ ... ]
ϕ3 = 12
( ... )[ ... ]
0
ψ =
( ... )[ ... ]

pl/12
Für [. . .] 6= 0 wird ϕ2 = −ϕ3 =
(C1 + A2 − B2 )
0
Für [. . .] = 0 wird ϕ2 = ϕ3 = ψ =
0

Anmerkung:
Die Hilfsgrößen A, B, C wurden hier analog dem Verfahren der DIN 4114, Blatt 2, Ri. 7.8 angenommen.
Dabei gilt:

EI ε (sin ε − ε · cos ε) EI 0
A = · = ·A
l 2 (1 − cos ε) − ε · sin ε l
EI ε (ε − sin ε) EI 0
B = · = ·B
l 2 (1 − cos ε) − ε · sin ε l
EI ε 2 · sin ε EI 0
C = · = ·C
l sin ε − ε · cos ε l
Diese Hilfswerte werden in der Literatur zum Teil anders bezeichnet.

4.2 Elastisches Biegedrillknicken von Stäben


4.2.1 Längskraftbelastete Stäbe
Grundsätzliches Das Verzweigungsproblem Biegedrillknicken ist gekennzeichnet durch eine unter
der kritischen Last plötzlich eintretende seitliche Ausbiegung verbunden mit einer Verdrehung.

P P
e
P e
S=M

Neben dieser Versagensart sind andere Versagensarten möglich. Maßgebend ist jeweils die Versagensart,
unter der das Versagen zuerst eintritt.
76

An einigen praktischen Sonderfällen von Querschnittsformen soll dies dargestellt werden:

Zentrischer Druck P=S=M


z z

1. Biegeknicken rechtwinklig zur Hauptachse y − y


y
y y
2. Biegeknicken rechtwinklig zur Hauptachse z − z
S=M=P y S=M=P
3. Drillknicken

z z

P = S 6= M

1. Biegeknicken in Richtung der Hauptachse auf der M


M
M liegt
S=M=P S=P
2. Biegedrillknicken

Exzentrischer Druck P = M 6= S
1. Drillungsfreier planmäßig außermittiger Druck in
Richtung dieser Hauptachse
P=M
P=M
2. Biegeknicken rechtwinklig zu dieser Hauptachse
S S
3. Biegedrillknicken (wobei in diesem Fall die Drillru-
heachse mit M zusammenfällt)

M = S 6= P

1. Drillungsfreier planmäßig außermittiger Druck in


P
Richtung dieser Hauptachse
S=M
2. Biegedrillknicken

M 6= S 6= P (P auf der gleichen Hauptachse wie M)


P
1. Drillungsfreier planmäßig außermittiger Druck in
M
M P Richtung dieser Hauptachse
S S
2. Biegedrillknicken
77

Für die einzelnen Versagensarten sind die Versagenslasten zu ermitteln, bzw. der entsprechende Nach-
weis unter Bemessungslasten zu führen. Die Versagensart, die die höchste Auslastung, bzw. die geringste
Versagenslast liefert wird maßgebend.

Herleitung der Biegedrillknicklast für einen einfach symmetrischen Querschnitt


Die kritische Last kann wie schon beim Biegeknicken durch die Bedingung gefunden werden, dass
beim Erreichen der Biegedrillknicklast das Gleichgewicht indifferent wird, d.h. neben der unverform-
ten Gleichgewichtslage besteht eine infinitesimal benachbarte verformte Gleichgewichtslage bei gleicher
Belastung.
Für ein herausgeschnittenes Stabelement infinitesimaler Größe muss daher im verformten Zustand gel-
ten:

∑ Fy = 0; ∑ Fz = 0; ∑ MT = 0

P P
P a
a
M dx
S y

M M
zM S
S Es gilt:
wM z z-zM w
zD dA v = vM − (z − zM ) · ϑ
(1)
v w = wM + y · ϑ
vM
Da ϑ infinitesimal klein ist, konnte in
obigen Gleichungen

J
sin ϑ = ϑ
cos ϑ = 1
D
gesetzt werden.

a) Gleichgewichtsbedingungen:

Am Stabelement dx gelten folgende Gleichgewichtsbedingungen:



∑ Fz = 0 → EIy · w0000 = pz 
bekannt aus Balkenbiegung
∑ Fy = 0 → EIz · v0000 = py  (2)

∑ MT = 0 → ECM · ϑ 0000 − GIT · ϑ 00 = mD siehe Manuskript „Torsion“

b) Ermittlung von py , pz und mD


78

Es sind nun die Größen py , pz und mD zu bestimmen. Es gilt:

d 2 Mz d 2 (P · v)
Z
py = − = − = −v00 · P = − σ dA · v00
dz2 dz2
A
d 2 My d 2 (P · w)
Z
pz = − 2 = − = −w00 · P = − σ dA · w00
dz dz2
A

M
S (3)
z-zm
y dmD = dP · v00 (z − z M ) − dP · w00 · y
dPv’’
dmD = dP (v00 (z − zM ) − w00 · y)
dA
dPw’’
Z Z
v00 (z − zM ) − w00 · y · σ dA

mD = dmD =
A A

Setzt man in die Gleichungen (3) die Spannung unter Vernachlässigung der Theorie II. Ordnung
mit
!
P P·a P a
σ = + · (−z) = 1 + 2 · (−z) (4)
A Iy A iy

ein (streng genommen wäre der Hebelarm (a + w) einzusetzen), dann erhält man:

!
Z  P a
pz = − w00M + y · ϑ 00 · 1 + 2 · (−z) dA
A iy
A
P 00 P 00 *+0 P 00 a *+0 P ϑ 00 · a · y ·
Z Z Z Z
= − w dA − ydA wM · 2 · 
zdA :0
 zdA
ϑ   
 

A M A A iy A i2y
A A A A
P
Z
= − w00M dA
A
A
pz = −P · w00M (5)

!
Z  P a
py = − v00M − (z − zM ) · ϑ 00 · 1 + 2 · (−z) dA
A iy
A
P 00 P 00  *−0 P ϑ 00 z dA
Z Z Z
= − v dA + ϑ ·
zdA

M
A M A A
A A A
IyZ
P 00 a *−0 P 00 a 2  P 00 a *0
Z Z
*
+ vM · 2 · 
zdA

 ϑ · 2 ·
z dA + ϑ · 2 · zM · 
zdA


A iy A iy A iy
A A A
= −P · vM − P · zM · ϑ − P · a · ϑ 00
00 00

−P v00M + ϑ 00 (zM + a)
 
py = (6)
79

!
Z   P a
v00M − (z − zM )ϑ 00 · (z − zM ) − w00M · y + y2 · ϑ 00

mD = · 1 + 2 · (−z) dA
A iy
A

0 Z 00 IyZ
P  P 00 P 2  P  *0
Z Z
v00M · z dA + 2 · ϑ 00 · zM · · 
*
= ·
zdA − vM · zM · dA − ϑ · · 
*
 zdA

A A A A
A A A A
IyZ
P P a 2  P a *0
Z Z
ϑ 00 · z2M · dA − v00M · · 2 · 
z dA + v00M · · 2 · zM · 
*
− zdA


A A iy A iy
A A A
IyZ
P a 3 P a P a *0
Z Z
ϑ 00 · 2 · ϑ 00 z2 dA
 + ϑ 00 · · 2 · z2M · 
*
+ · · z dA − · 2 · zM ·  zdA


A i2y A iy A iy
A A A
IZ
P  *−0 ϑ 00 · P · y2 * z 00 P a :+0 ϑ 00 · P · a · y2 · zdA
Z Z Z
− w00M · ·  · · · ·

ydA  dA + w M y zdA


A i2y A i2y

A A 
A A A A
    
1
 Z 
= −P (zM + a)v00M + (i2y + i2z + z2M ) + a − z(y2 + z2 )dA + 2zM  ϑ 00
 Iy 
A
= −P (zM + a)v00M + i2M + a(2zM − ry ) ϑ 00
  
mD (7)

Darin ist:

i2M = i2y + i2z + z2M = i2p + z2M

iM =
b polarer Trägheitsradius auf den Schubmittelpunkt bezogen
1
Z
ry = z(y2 + z2 )dA (wird bei punkt- und doppeltsymmetrischen Profilen = 0)
Iy
A

c) Differentialgleichungen
Setzt man die Größen py , pz und mD in die Gleichgewichtsbedingungen (2) ein, dann erhält man
die Differentialgleichungen des exzentrisch gedrückten, einfachsymmetrischen Stabes. Hierbei ist
noch zu berücksichtigen, daß das Moment mD in Bezug auf den Schubmittelpunkt angeschrieben
wurde, so dass in Gleichung (2) z = zM und y = yM zu setzen ist.

EIy z0000 00
M + PzM = 0

EIz v0000 00 00
M + PvM + P(zM + a)ϑ = 0
(8)

ECM ϑ 0000 + P[i2M + a(2zM − ry )] − GIT ϑ 00 + P(zM + a)v00M = 0




Die erste Gleichung beschreibt das Biegeknicken ⊥ zur y − y-Achse, die beiden anderen gekop-
pelten Gleichungen das Biegedrillknicken.
Wird a = zM , dann tritt eine Entkopplung der letzten beiden Gleichungen ein, d.h. der Stab kann
biegeknicken ⊥ zur z − z-Achse oder drehknicken um den Schubmittelpunkt M.
Die beiden DGL des Biegedrillknickproblems

P 00 P
v0000
M + ·v + · (zM + a) · ϑ 00 = 0
EIz M EIz (9)
1  2 P
ϑ 0000 + P[iM + a(2zM − ry )] − GIT ϑ 00 + (zM + a)v00M = 0

ECM ECM
80

lassen sich mit

P 1  2
α2 = γ2 =

und P[iM + a(2zM − ry )] − GIT
EIz ECM

wie folgt schreiben

v0000 2 00 2 00
M + α · vM + α (zM + a) · ϑ = 0
P
ϑ 0000 + γ 2 ϑ 00 + (zM + a)v00M = 0
ECM
d) Allgemeine Lösung

vM = A1 · sin Kz + A2 · cos Kz + A3 · z + A4
(10)
ϑ = B1 · sin Kz + B2 · cos Kz + B3 · z + B4

e) Darstellung der Randbedingungen

x
Gabellagerung
x w=0
z w’’=0
horizontale Endeinspannung,
keine Gabellagerung
x

Gabellagerung b=0,5
y b=1
y

b=1: v=0 b=0,5: v=0


z
v’’=0 v’=0

Verwölbung Querschnittsverdrehung J

x
frei
x
(b0=1)
y b0=1: J=0
y J’’=0 J-Verlauf

x
verhindert
x
(b0=0,5)
y b0=0,5: J’=0 J-Verlauf
y J’’=0
/
81

Dass bei freier Verwölbung am Auflager ϑ = 0 ist, kann auch mit Hilfe der Wölbnormalspannun-
gen erklärt werden. Da am freien Ende

σ = Eϑ 00 ϕ
ist, muss am freien Ende auch ϑ 00 = 0 gelten (siehe Manuskript „Torsion“ (Kapitel ??).
f) Einsetzen der Randbedingungen

Für den Fall der Gabellagerung ohne Wölbbehinderung sind die Randbedingungen:

für x = 0 : (1) vM = 0 → A2 = −A4


(2) ϑ = 0 → B2 = −B4
(3) v00M = 0 → A2 = 0 → A4 = 0
(4) ϑ 00 = 0 → A2 = 0 → A4 = 0

für x = l : (5) v00M = 0 → −A1 · K 2 · sin Kl = 0


2
(6) ϑ 00 = 0 → −B1 · K · sin Kl = 0
(7) vM = 0 → A1 · sin Kl + A3 · l = 0
(8) ϑ = 0 → B1 · sin Kl + B3 · l = 0
Setzt man (5) in (7) und (6) in (8) ein, ergibt sich

A3 = 0 und B3 = 0

Die Größen K und K erhält man aus


π
(7) A1 · sin Kl = 0 → K =
l
π
(8) B1 · sin Kl = 0 → K =
l
Damit lautet die Lösung
πx
vM = A1 · sin
l (11)
πx
ϑ = B1 · sin
l
g) Knickbedingung
Setzt man 11 in 9 ein, dann erhält man ein homogenes Gleichungssystem
 π 4 πx  π 2 πx  π 2 πx
A1 · · sin− A1 · α 2 · · sin − B1 · α 2 · · (zM + a) · sin = 0
l
 π 4 l l
 π 2 l l
 π 2 l
πx πx P πx
B1 · · sin − B1 · γ 2 · · sin − A1 · · · (zM + a) · sin = 0
l l l l ECM l l
nach Umformung
 2  
  
π EIz
 l2 · P − 1 − (zM + a) A
 1   0 
 ·   =  

π 2 ECM  2  GIT

− (zM + a) − iM + a (2zM − r y ) + B1 0
l2 · P P
Aus der Knickbedingung det = 0 kann die kritische Biegedrillknicklast ermittelt werden.
82

Anstelle der kritischen Last Pki wurde in DIN 4114, Ri.10.1 eine zur kritischen Last zugehörige „Ver-
gleichsschlankheit“ angegeben.

Pki π 2E
σki = =
A λvi2
π 2 EA
⇒ λvi2 =
Pki

Mit den weiteren Schreibvereinfachungen

l2 A · l2
λz2 = =
i2z Iz
0,039
G
CM + 2 IT · l 2
c2 = π E (c ist der sogenannte „Drehradius“)
Iz
erhält man
     
λvi2
 −1 − (zM + a)   A1   0 

 λz2  
 · 
 
 = 


     
 λvi2 2
2      
− (zM + a) · c − iM + a (2zM − ry ) B1 0
λz2
Nach Nullsetzen der Nennerdeterminante und Umformung erhält man
v
u
u 2 2
 v
u 2 i2 − a(r + a)
  
c + i M + a(2z M − r )
y  u 4c p y

λvi = λz · t 1 ± t1 − 
u 
2
 2c2 c2 + i2M + a(2zM − ry ) 

Umgeformt kann man auch schreiben

π 2 EA π 2 EIz 1
Pki = 2
= 2
·
λvi l {. . .}
 √
Dabei ist in . . . 1 ± . . . das Vorzeichen einzusetzen, das den größeren reellen Wert λvi und damit die
kleinere kritische LastpPki ergibt.
Der Wurzelausdruck {. . .} kann als Vergrößerungsfaktor interpretiert werden, der die zusätzliche Ver-
drehung des Querschnitts im Vergleich zum normalen Biegeknicken ⊥ z − z erfasst.

λvi = λz · f mit f ≥ 1

Mit der Kenntnis von Pki kann dann der Nachweis auf Biegedrillknicken nach DIN 18800 Teil2, El. 306
erfolgen.
Für die Randbedingungen nach Seite 80 kann man die obigen Gleichungen modifizieren:
v
u  v
u h  2  i 
2 2 2
u β
4c i p − a(ry + a) + 0, 093 β 2 − 1 (a + zM ) 

β · s u c2 + i2M + a(2zM − ry ) 
u u 
u 0
λvi = 1 ± t1 − 
2
u
iz t 2c2
 
c2 + i2M + a(2zM − ry )
 

 

83

CM (β · s)2
+ 0, 039(β · s)2 · IT
(β0 · s0 )2
mit c2 =
Iz
s Netzlänge des Stabes
für die Verdrehung maßgebender Abstand der gehaltenen Punkte, wobei
s0
konstruktive Bedingungen zu berücksichtigen sind
β Einspannung für Biegung ⊥ z − z-Achse

β0 Kennwert für die Verwölbung des Endquerschnitte (siehe Seite 80)

Im Folgenden sollen einige Sonderfälle behandelt werden:


Sonderfall: a = −zM (Kraftangriff im Schubmittelpunkt)
s
β · s i2M + zM (ry − 2zM ) β ·s
λvi = oder λvi =
iz c2 iz
| {z } |{z}
aus „-“ Vorzeichen aus „+“ Vorzeichen
(Biegedrillknicken) (Biegeknicken)
Sonderfall: a = 0 (Kraftangriff im Schwerpunkt)
v  v 
u u h  2  i
2 i2 + 0, 093 β − 1 z2
u
u 2 2 
β · s u c + iM 
u
u 4c p 2
β0 M 
λvi = u 2
1 ± t1 − 2 
iz t 2c 
c2 + i 2 
M

Sonderfall: a = 0 und punkt- oder doppeltsymmetrischer Querschnitt


β · s ip
λvi = · wenn i p > c
iz c
Sonderfall: gebundene Drehachse durch seitliche Halterungen (z.B. Längsverband)

M
s
β ·s i2p + f 2 + a(2 f − ry ) f
λvi = S
iz 2
c2 + (zM − f ) Längsverband

i2p + f 2
wird a = , dann wird λvi = 0 und Biegedrillknicken ist nicht möglich.
ry − 2 f

4.2.2 Quer zur Stabachse belastete Stäbe und Stäbe mit Endmomenten
Früher wurde das Biegedrillknicken dieser Stäbe als „Kippen“ bezeichnet.
v
q j
Q
M1 M2 y
w

z
84

Wie beim gedrückten Stab tritt auch hier unter einer bestimmten Lastintensität (Q, q, M) ein seitliches
Ausweichen des Trägers mit Verdrehung ein, indem sich der gedrückte Querschnittsanteil einer weiteren
Lastaufnahme entziehen möchte.
Auch hier kann mit Hilfe der Gleichgewichtsmethode oder der Energiemethode die kritische Belastung
berechnet werden. Es wird angenommen, dass die gegebenen Belastungen in einem bestimmten Verhält-
nis zueinander stehen, welches über die gesamte Belastungsgeschichte, d.h. von Null bis zur kritischen
Belastung, konstant bleibt. Unbekannt ist somit der Laststeigerungsfaktor γ.
Für den einfachsymmetrischen Querschnitt mit konstanter Querbelastung p lauten die Differentialglei-
chungen (ohne Herleitung):

EIz · v0000 − EIz · zM · ϑ 0000 + (My · ϑ )00 = 0


(12)
ECM ϑ 0000 − EIz · zM · ϑ 0000 − EIz · zM · v0000 − GIT ϑ 00 − ry (My · ϑ 0 )0 + My · v00 + p · zP · ϑ = 0

Darin ist zP der Abstand des Lastangriffspunktes vom Schwerpunkt.


Die Randbedingungen für gabelgelagerte Träger sind:

für x = 0 : v = 0, v00 = 0, ϑ = 0, ϑ 00 = 0
für x = l : v = 0, v00 = 0, ϑ = 0, ϑ 00 = 0

Im allgemeinen Fall lassen sich diese gekoppelten DGL nicht geschlossen lösen, nur für Sonderfälle
gelingt eine geschlossene Lösung.

doppeltsymmetrischer
Sonderfall: M1 = M2 und p = 0 M1 M2
Querschnitt

Die Gleichungen 12 vereinfachen sich zu:

EIz · v0000 + My ϑ 00 = 0

ECM ϑ 0000 − GIT ϑ 00 + My · v00 = 0

Hierbei handelt es sich um simultane Differentialgleichungen, die durch den Ansatz


πx πx
v = A · sin und ϑ = B · sin
l l
die Randbedingungen befriedigen. Nach Einsetzen erhält man:
 π 4 πx  π 2 πx
EIz · A · sin − My · A · sin = 0
l π 4 lπx l  l
π 2 πx  π 2 πx
ECM · B · sin + GIT · B · sin − My · A · sin = 0
l l l l l l
und damit
π2
    
EI ·
 z l2 −My A  0 
· =
  
π2
     
−My ECM · 2 + GIT B 0
l
Nullsetzen der Nennerdeterminante det = 0 liefert:
π2 π2
 
EIz · 2 · ECM · 2 + GIT − My2 = 0
l l
85

woraus sofort folgt:


s
π2
 
π
Mki = EIz · ECM · 2 + GIT
l l
s
ECM π 2
q
π
Mki = EIz · GIT · 1 + ·
l GIT l 2
s
π 2 EIz GIT · l 2 CM
Mki = ·c mit dem Drehradius c = +
l2 EIz · π 2 Iz
Hieraus erkennt man schon die Abhängigkeit des Biegedrillknickmomentes von der Länge und den
Steifigkeiten Iz , IT und CM . Der Einfluss des Wölbwiderstandes CM geht mit wachsender Länge zurück.
Dies ist gut zu verstehen, da der Wölbwiderstand bei I-Profilen dem Biegewiderstand der Flansche
proportional ist (CM = Iz /4 · h2 für I).

p
p
e = Höhe der Last über S
Sonderfall: S
einfachsymmetrischer
Querschnitt
Es gelten die Differentialgleichungen 12.
Da es nunmehr schwierig wäre, Lösungsansätze zu finden, die sowohl die DGL als auch die Randbe-
dingungen erfüllen (Eigenfunktionen), kann man beispielsweise das Galerkinsche Verfahren anwenden.
Die gewählte Funktion muss sowohl die geometrischen (hier v = 0 und ϑ = 0 für z = 0 und z = l) als
auch die statischen (oder dynamischen) Randbedingungen (hier v00 = 0 und ϑ 00 = 0 für z = 0 und z = l)
erfüllen.
πx πx
Der Ansatz v = A · sin , ϑ = B · sin erfüllt diese Forderung. Somit lauten die Galerkinschen Glei-
l l
chungen:
Zl h i πx
EIz v0000 − EIz zM ϑ 0000 + (My ϑ )00 sin dx = 0
l
0
Zl h i πx
ECM ϑ 0000 − EIz zM ϑ 0000 − EIz zM v0000 − GIT ϑ 00 − ry (My ϑ 0 )0 + My v00 + p zP ϑ sin dx = 0
l
0
Setzt man den Ansatz auch in die DGL (1) und (2) ein, dann erhält man unter Berücksichtigung von
p·l p · x2 GIT l 2 CM
My (x) = ·x− , c2 = +
2 2 EIz π 2 Iz
sowie
Zl Zl
2πx l πx πx
sin dx = , sin cos dx = 0
l 2 l l
0 0
Zl Zl
πx l2 πx πx l2
x · sin2 dx = , x · sin cos dx = −
l 4 l l 4π
0 0
Zl
πx l3 l3
x2 · sin2 dx = −
l 6 4π 2
0
86

das homogene Gleichungssystem


     
EIz π4 pl 4 (π 2 + 3) + 12EIz zM π 4
  A   0 
     
2l 3 24l 3

· = 
     

 4 2
 pl (π + 3) + 12EIz zM π 4 4 2 2 4 2
EIz π (c − zM ) pl (12e + ry π − 3ry )  
    
  
+ B 0
24l 3 2l 3 24l 3

und daraus die gesuchte kritische Belastung

9, 2 EIz π 2
 q 
2 2
pki = · 2 (zM − 0, 466e − 0, 267ry ) ± (zM − 0, 466e − 0, 267ry ) + c
l2 l
oder die kritische Spannung in Balkenmitte am Querschnittsrand

pki · l 2
σki = · eRand
8 · Iy

In der Literatur1 findet man als Näherung die Formel


"r #
EIz π 2  e ry 2  e ry 
σki ≈ ζ· · eRand zM + β 2 − + c2 − zM + β 2 −
(β l)2 · Iy 2 3 2 3

mit dem Beiwert β für den Einspanngrad (Gabellagerung:β = 1, 0; starre Einspannung:β = 0, 5), sowie
dem Beiwet ζ für die Form des Momentenverlaufes.

z=1,0

z=1,12

z=1,35

z=1,72 bis 1,84

Die Verwendung dieser Gleichung ist jedoch nur für den Fall der Gabellagerung auf der sicheren Seite,
d.h. für β = β0 = 1 und l = l0 . Für den eingespannten Fall liefert sie zu große Werte. Für diese Fälle sei
hier auf weiterführende Literatur verwiesen.5 Dort sind auch für viele weitere Fälle Lösungen angege-
ben, die z.T. aus numerischen Näherungsberechnungen resultieren, da eine geschlossene Lösung in den
allermeisten Fällen nicht möglich ist.
Von praktischer Bedeutung sind insbesondere folgende zusätzlichen Randbedingungen:

Drehbettung
Cj

Durch die Drehfeder wird die kritische


= S Last pki angehoben.

1 Petersen: Stahlbau, DIN 4114


5 Roik, Carl, Lindner: Biegetorsionsprobleme gerader dünnwandiger Stäbe; Lohse: Kippen (1990)
87

Seitliche Stützung
Noch wirkungsvoller ist eine seitli-
che Stützung: Je nach Höhenlage die-
p
ser Stützung ist bei Einfeldträgern ein
p Kippen sogar ausgeschlossen. Anga-
e ben hierzu finden sich beispielsweise
S f
in DIN 4114. Für den am oberen Trä-
gerflansch durch die Gleichlast p be-
lasteten Einfeldträger mit doppeltsym-
metrischem Querschnitt gilt beispiels-
weise:

 π4 π2
ECM + EIz · f 2 3
+ GI T
pki =  4l2  4l
e·l π 1
− f ·l · +
4 24 8

woraus sich f ≥ 0, 466 aus der Bedingung, dass der Nenner → 0 und damit pki → ∞ gehen muss,
ableiten lässt.
Für Durchlaufträger ist sich eine solche Angabe nicht möglich, da der Druckgurt in Feld- und
Stützbereich wechselt. Aber auch hier können Aussagen gemacht werden, wann ein Kippen prak-
tisch ausgeschlossen ist.1

Auflast (wirklichkeitsnahe Belastung)

e
pz Sind die belasteten Platten sehr drehsteif (Cϕ ≈ ∞), dann setzt
py sich die Last auf der Flanschkante ab und bewirkt ein rückdre-
a hendes Moment. Ein Kippen wird hierdurch völlig unmöglich.
S Allerdings kann eine zusätzliche Horizontallast oder eine an-
gebrachte Verdrehung das Rückstellmoment neutralisieren und
dann doch ein Kippen einleiten.
jM
Aus2 erhält man
 
4 4 py · pz 12 1
(−pz e + py a) + 2l −
π Iy · Iz π 5 π 3
Iy − Iz
ϕM = " ! #
4 2 4 2 p2y

π π l pz 1 3
ECM 4 + GIT 2 − + + − (pz a + py e)
l l 8 EIz EIy 15 π 4

für py = 0 ergibt sich

4
− · pz · e −Z0
ϕM = π =
[. . .] N0
1 Fischer, M.: Zum Kipp-Problem von kontinuierlich seitlich gestützten I-Trägern, Stahlbau Heft 4, 1976
2 Fischer, M.: Das Stabilitätsproblem des in Höhe des oberen Flansches wirklichkeitsnah belasteten I-Trägers, Stahlbau Heft

4, 1970
88

pz
py=0 Setzt man N0 = 0, so erhält man die kritische Last pki für den
p *
ki
Linie c Fall, dass e = 0 ist. Für größere Lasten pz > pki erhält man
−Z0
p_y ϕM = = + (Linie c)
pz =klein −N0
pki −Z1
Ist py > 0, dann ergibt sich mit ϕM = und Setzen von Z1 = 0
p_y −N1
p*ki pz =groß wieder eine kritische Last p∗ki .
Je nach Größe der Last py kann die kritische Last p∗ki auch unter
pki liegen.
jM
Anstelle von py kann auch eine Anfangsausbiegung oder Anfangsverdrehung wieder zu einer kri-
tischen Belastung p∗ki führen.

4.2.3 Längs- und querbelastete Stäbe


P P

}
e
q
M Q M
q
Q P P
M=P.e

Für diesen Fall sind die auf Seite 84 angegebenen Differentialgleichungen 12 um den Beitrag der Druck-
kraft zu ergänzen:

EIz v0000 − EIz zM · ϑ 0000 + (My ϑ )00 + Pv00 = 0


(13)
ECM ϑ 0000 − EIz zM ϑ 0000 − EIz zM v0000 − GIT ϑ 00 − ry (My ϑ 0 )0 + My v00 + pzP ϑ + Pi2p ϑ 00 = 0

Der Beitrag der Druckkraft kann auch aus den Gleichungen 8 auf Seite 79 abgelesen werden.
p
M M
Sonderfall:
P P
Diesen Fall kann man zusammensetzen aus dem Fall Querlast p und zusätzlich M und P. Es kann in den
Gleichungen 13

p·l p · x2
My (x) = M + ·x−
2 2
gesetzt werden. Dann erhält man mit dem gleichen Vorgehen wie im vorigen Kapitel wieder ein ho-
mogenes Gleichungssystem, das die Unbekannten p, M und P enthält. Dieses kann unter Festhaltung
zweier Unbekannter nach der Dritten aufgelöst werden. Man bekommt also beispielsweise ein pki für
vorgegebenes M und P. Auch möglich ist, das Verhältnis der drei Lasten als konstant vorauszusetzen.
Dann können zwei der drei Unbekannten durch Verhältnisse zu der dritten Unbekannten ersetzt werden.
Die verbliebene Gleichung der Nennerdeterminante kann dann aufgelöst werden und man erhält eine
kritische Belastung, die sich aus der Lastkombination von p, M und P zusammensetzt.
89

Wenn man in obigem Szenario die Last p = 0 setzt, dann erhält man für den doppeltsymmetrischen
Querschnitt als Knickbedingung:
h i 
2 2 2 2
EIz (π/l) − P ECM (π/l) + GIT − Pi p − M = 0
| {z }
GITreduziert

aufgelöst nach M

2
M = EIz ECM (π/l)4 + EIz GITred. (π/l)2 − PECM (π/l)2 − PGITred.
2
" #" #
2 z ECM (π/l)4
EI P
= EIz GITred. (π/l) 1+  1−
 2 EIz (π/l)2

EI
 (π/l)
z GITred.
s s
πp ECM (π/l)2 P
M = EIz GITred. · 1+ · 1− (a)
l GITred. EIz (π/l)2

Für jedes festgelegte Verhältnis von M vorh. : Pvorh. gibt es ein Versagenswertepaar M, P jetzt M ki ,
Pki∗ genannt, wobei der ∗ darauf hindeutet, dass M und P gleichzeitig wirken. Man kann daher ein
Interaktionsdiagramm aufzeichnen, hier ist dieses bereits auf 1 normiert.

P_*ki 1,0
Pki Für M = 0 wird das maßgebende
Gl.(a)
π 2 EIz
Gl.(b) Pki∗ = Pki =
l2
und für P = 0 wird
s
∗ πp ECM (π/l)2
M ki = M ki = EIz GITred. · 1+
M *
__ki l GITred.
1,0 Mki

Die Gleichung (a) kann näherungsweise wiedergegeben werden durch


!2
Pki∗ M ki
+ = 1
Pki M ki

denn nach Auflösung erhält man

2 ∗2
Pki∗ · M ki + Pki · M ki
2
=1
Pki · M ki

∗ Pki − Pki∗
M ki = M ki ·
Pki
s s
∗ πp ECM (π/l)2 P
M ki = EIz GIT · 1+ · 1− (b)
l GIT EIz (π/l)2
Diese Gleichung entspricht der Gl. (a) bis auf die Größe ITred. .
90

Die Parabeldarstellung anstelle der wirklichen Lösung erlaubt es, das kritische Wertepaar näherungs-
weise mit Hilfe der Teillösungen Pki und M ki zu berechnen, wenn das Verhältnis M vorh. : Pvorh. bekannt
ist.
Die DIN 18800 Teil 2 geht entsprechend vor. Es werden dort lediglich anstelle der Werte Pki , Mki die
Traglastgrößen Nu,z , Mu,y eingeführt. Der allgemeine Biegedrillknicknachweis lautet dort

N My
+ ≤ 1
Nu,z Mu,y

N, My sind darin die Bemessungsschnittgrößen, d.h. inklusive des Teilsicherheitsfaktors für die Lastseite.
Nu,z = κz · Npl,d ist die Traglast für das Knicken senkrecht zur z-Achse unter alleiniger Wirkung von N.
Mu,z = κM · Mpl,y,d ist das Tragbiegedrillknickmoment unter alleiniger Wirkung von Biegemomenten My .

Man kann also mit Hilfe der Traglastkurven κz und κM (Teillösungen) den zusammengesetzten Lastfall
N, My nachweisen, wenn das Verhältnis N : My festliegt.

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