Als pdf oder txt herunterladen
Als pdf oder txt herunterladen
Sie sind auf Seite 1von 8

Wettbewerb PARLAMENT_PLENARSAAL_NATIONALRAT 011170

Motivenbericht und Projektbeschreibung


(1. Wettbewerbsstufe)

Inhaltsverzeichnis

1. Wesentliche architektonische Absichten


2. Funktion
3. Tragwerk
4. Materialen, Oberflächen und Farben
5. Belichtung/Beleuchtung
6. Akustik
7. Haustechnik
8. Kostenüberlegungen

1
Wettbewerb PARLAMENT_PLENARSAAL_NATIONALRAT 011170

1. Wesentliche architektonische Absichten

Einer Analyse des Bestands erschließt sich der Kompromiss des „Wiederaufbau“-
Saals von ca. 1950. Es wurde Hansens klassischer Raumgedanke übernommen:
eine halbe Arena und halbe Ränge, mit einer monumentalen Wand als stirnseitigem
Abschluss. Die raumbeherrschende Wand blieb jedoch ohne Hansens klassische
Tempelfront und ohne sein Statuenprogramm. Es ist dies ein Fall, wo die
vermeintliche Abstraktion in ungewollte Banalität umschlägt. Auch der Adler hilft
nicht weiter.

Diese trivial gegliederte, inhaltsleere und bezugslose Riesenwand, die man ständig
vor Augen hat, ist das eigentliche räumliche Problem des Saals. Durch
modelliertes Herabziehen der Decke bis auf kaum zwei Drittel der Höhe wird die
Wand in eine Proportion zur Aktionszone von Präsidium und Regierungsbank
gebracht, die visuelle Aufmerksamkeit analog wie in einem Theater auf die
Verantwortungsträger gelenkt.

Das raumbildende Volumen der Decke ist zur Gänze in einer steuerbaren Farbigkeit
hinterleuchtet (es kann auch Projektionen aufnehmen). Wie bisher ist die Decke die
Lichtquelle des Saals.

Mindestens die Gangplätze jeder Reihe (außer der letzten) sind barrierefrei
erreichbar. Auch rollstuhlfahrende Abgeordnete können andere Abgeordnete
an ihrem Sitz aufsuchen. Das gleiche gilt für die vordere Regierungsbank.

Der Verzicht auf das kesselförmige Auditorium wird durch eine horizontale
Ausdehnung des Sichtfeldes kompensiert: Das Plenum — mit bloß leichter Neigung
— ist nun eine besondere Zone innerhalb eines großzügigen Couloirbereichs, der
nach drei Seiten bis ins Freie führt, im Süden sogar bis auf den Balkon zum
Schmerlingplatz.

__________

2
Wettbewerb PARLAMENT_PLENARSAAL_NATIONALRAT 011170

2. Funktion

Die wichtigste funktionelle Maßnahme ist eine räumliche: Auf den Plenarsaal als
markante kesselförmige Halbarena wird verzichtet; dafür ist der Saal visuell und
nutzungsmäßig horizontal nach drei Seiten offen. Über den Südbalkon kann eine
Wahrnehmung der Nationalratstätigkeit vom öffentlichen Platz aus stattfinden.

Die neuen Höhenlagen sind auf die Sichtlinien im flacheren Auditorium abgestimmt:
Die Augenhöhe der an der vorderen Regierungsbank Sitzenden entspricht etwa der
des stehenden Redners, der ihnen halb zugewandt ist (je nach dessen Seitenwahl),
die zweite Bank liegt etwas höher; das Präsidium eine weitere Stufe, d. h. zwei
Stufen über dem Couloir/Gang-Niveau.

Die Berücksichtigung von Rollstuhlfahrern und anderen Gehbehinderten ist in der


Saalebene ein zentrales und nicht nur auf einzelne Plätze bezogenes Kriterium. In
keiner politischen Funktion muss auf Behinderte spezielle Rücksicht genommen
werden. Behinderte Regierungsmitglieder gelangen barrierefrei in die vordere
Regierungsbank, behinderte Abgeordnete finden barrierefreie Plätze an den Enden
aller Reihen außer der letzten; andere Abgeordnete finden dahinter noch knapp
Durchgang. Die Rednerpulte haben zusätzlich zur Höhenverstellbarkeit Hubpodien.
Eine Ausnahme bildet im derzeitigen Planungsstand lediglich das Präsidium: Dort
muss im Falle einer rollstuhlfahrenden Person ein kleines Hubpodium eingebaut
werden; ebenso ist beim Balkonsitz des Bundespräsidenten bzw. der
Bundespräsidentin eine spezielle Vorkehrung nötig. Für die barrierefreie
Zugänglichkeit von Balkon und Galerie ist durch einen zusätzlichen Lift gesorgt;
ebenso für den Krankentransport. Auf der Galerie ist auch die Möglichkeit von
Behinderten-Gruppen angedacht.

Einzelne Erschließungsvorkehrungen wie die Niveaukorrektur der Fluchtstiegen in


der Saalebene sind in den Plänen ersichtlich.

Die Standplätze für TV-Kameras an der Stirnwand entsprechen nahezu dem


Bestand; wegen des größeren Sektorenwinkels empfiehlt sich die Montage von zwei
weiteren TV-Kameras beiderseits der mittleren unter dem Balkon.

3. Tragwerk

Eine modifizierte Stützen- und Tribünenkonstruktion ermöglicht Auflösung der


Rückwand in Saalebene und Balkon sowie geänderte Tribünenneigungen in
Balkon und Galerie. Ob Abbruch und Neuherstellung der gesamten
halbkreisförmigen Tischkonstruktion oder eine Summe von Einzelauswechslungen
und Verankerung neuer Tribünenebenen günstiger ist, ist in der weiteren Planung zu
entscheiden; ebenso ob der Rohbau aus Stahl oder Stahlbeton erfolgt.

3
Wettbewerb PARLAMENT_PLENARSAAL_NATIONALRAT 011170

4. Materialien, Oberflächen und Farben

Der Gesamteindruck entsteht einerseits durch die erhaltenen Bestandselemente:


insbesondere durch die Verkleidung der Stirnwand (mit dem Adler an der gleichen
Stelle) und der Brüstungen, andererseits leitet er sich von einem Anklang an
Elemente des Sitzungssaals des ehemaligen Abgeordnetenhauses her: dem
dunkleren Holz der Pulte, dem Blau der Polstersitze und dem hellen Teppich. Dazu
kommen neue Elemente: die flache Saalneigung mit der horizontalen
Durchlässigkeit — und die Saaldecke.

NR-Saal

Unterkonstruktion neuer flacher Saalboden


halbkreisförmige Saalrückwand in Saalebene und Balkongeschoss in Stützen aufgelöst

Fußböden Abgeordnetenbereich bis zu 8% geneigt


Teppich beige

Präsidium und Regierungsbereich Teppich beige


Stufen im Stiegenverlauf Holz

Balkon Teppich beige


Stufen im Stiegenverlauf Holz

Galerie Teppich beige


Stufen im Stiegenverlauf Holz

Wände Stirnwand hinter der Regierungsbank Holzverkleidung analog Bestand


Bundeswappen über Präsidium unverändert

halbrunde Rückwand
Saalebene und Balkon: Stützen hochwertig beschichtet grau

Galerie: Wand wie Bestand hochwertig beschichtet grau

Brüstungen von Balkon und Galerie


Front höhenversetzt Holzverkleidung analog Bestand
Abwurfschutz Sicherheitsglas

Decke konkav/konvex nach unten gewölbte transluzente Folie


Tageslicht, künstliche Hinterleuchtung

Türen Doppeltüren im Halbrund zu Couloir Holzrahmen, Klarglas


Zargen Holz

Gangtüren Balkon und Galerie Holzrahmen, Klarglas


Zargen Holz

Türe hinter dem Präsidium analog Bestand

Einrichtung Sitze für die Abgeordneten: Fauteuils dunkelblaues Leder


Pulte Eichenholz, Schreibeinlage schwarzes Leder

4
Wettbewerb PARLAMENT_PLENARSAAL_NATIONALRAT 011170

Präsidium
Pulte für Regierung und Präsidium wie Abgeordnetensitze und -pulte
Rednerpult Eichenholz
2 Stenographentische Eichenholz
Sitze dunkelblaues Leder

Sitze auf Balkon und Galerie dunkelblaues Leder

Couloir

Fußboden Bodenbelag Teppich beige

Wände Wand zum Sitzungssaal: Stützen hochwertige Beschichtung

sonstige Wände Farbkonzept in Abstimmung mit ev. vorhandenem


Originalbestand

Decke Decke hochwertige Beschichtung mit hohem Glanzgrad

Türen Türen zum Sitzungssaal Holzrahmen, Klarglas

Fenstertüren zu den Höfen Holzrahmen, Klarglas

sonstige Türen in Abstimmung mit Bestand

Vestibül vor dem Balkon

Vestibül vor der Galerie

Innenhöfe

Boden auf neuer EG-Decke heller Steinbelag, je 2 Pflanzentröge


Platten ca. 80/80cm

Wände Putz entsprechend Bestand

Fenster und
Fenstertüren Holz

Beleuchtung

5
Wettbewerb PARLAMENT_PLENARSAAL_NATIONALRAT 011170

5. Belichtung/Beleuchtung

Die Hauptlichtquelle des Saals ist wie im Bestand die Decke. Die komplexe
Anforderung an dieses auch räumlich zentrale Element des Entwurfs vereinigt
mehrere Aspekte.

Tageslicht. Belichtung des Saals über die Decke wie im Bestand; die Öffnung der
Saalebene nach drei Seiten schafft zusätzlich einen horizontalen Ausblick. Der
Tageslichteintrag könnte differenzierter gesteuert werden.

Beleuchtung. Ergänzung und Ersatz des Tageslichts wie im Bestand; zusätzlich


differenzierte Steuerung der Lichtfarbe. Mögliche einzelne Downlight- bzw.
Scheinwerferfunktionen.

Projektionen. Die nicht hinterleuchtete Decke erlaubt auch Anstrahlung bzw.


(entzerrte) Projektionen verschiedener Art. Einzelne begrenzte Flächen könnten
auch als Display, also zur Videobildwiedergabe dienen.

Das Ziel bleibt aber, dass die Decke nicht die technische Anmutung einer
Funktionsfläche annimmt. Vielmehr soll sie trotz der Optimierung der teilweise
widersprüchlichen Anforderungen, trotz der erforderlichen Oberkonstruktion
(teilweise auch pneumatische Formstabilisierung möglich), trotz einer allfälligen
Naht- oder Fugenteilung ein diffuses, großflächig körperhaftes, rätselhaftes,
über dem Saal schwebendes Volumen bilden, das ambivalent sowohl den
Eindruck einer Begrenzung wie den einer Öffnung macht.

Zusätzlich zur Saaldecke sind Downlight-Funktionen unter dem Balkon, der Galerie
und der Galeriedecke erforderlich.

6. Akustik

Da der Saal elektroakustisch versorgt wird, ist die allfällige Verbesserung der
ersten Reflexionen durch die neue Decke ohne Belang. Jedenfalls bewirkt die neue
Deckenbegrenzung wegen der Verkleinerung des Saalvolumens eine Verkürzung
der Nachhallzeit.

Schalldämpfende Oberflächenausbildungen sind — neben dem Teppichbelag — an


der Decke, an Stirnwand, Balkon- und Galeriebrüstungen sowie an der
Galerierückwand möglich. Ob die transparenten Flächen von Saal- und
Balkonrückwand teilweise mit Mikroabsorbern versehen werden, ist ebenso wie die
Lautsprecherwahl, -anordnung und –steuerung einer sorgfältigen Elektroakustik-
Planung vorbehalten.

6
Wettbewerb PARLAMENT_PLENARSAAL_NATIONALRAT 011170

7. Haustechnik

Die Haustechnik wird in Weiterverfolgung der vorliegenden Bestandsaufnahme


geplant und optimiert werden müssen. Es ist anzunehmen, dass die Haustechnik und
die Installation der Kommunikationstechnik unter 20 % der Bauwerkskosten bleibt.

Die Entfernung des bestehenden Rauchfangs im Couloir ist eine dringende


Forderung des Raumkonzepts. Seine Verlegung scheint angesichts der langen
Zuleitung im Keller möglich, wenn hier auch ohne ausreichende Information keine
Lösung angegeben werden kann.

8. Kostenüberlegungen

1. Grundkosten nach durchschnittlicher Umbauintensität

Zone A: Totaler hochwertiger Umbau und Neumöblierung mit massiven


konstruktiven Eingriffen (Abbruch von vorhandenen Decken bzw. neue
Decken, Stützenauswechslungen tragender Wände)
€ 6.000/m²

Zone B: Totaler hochwertiger Umbau und Neumöblierung.


€ 4.500/m²

Zone C: Umbau vorhandener Bereiche mit geringfügiger Neumöblierung, Gänge


€ 2.000/m²

Zone D: Einfache Adaptierungen in nicht zugänglichen Räumen, Technikräume


€ 750/m²

Zone A: 1. Saal 506 m²


3. Balkon 167 m²
4. Galerie 326 m²
999 m² à € 6.000,- € 5,994.000,-

Zone B: 2. Couloir Höfe 340 m²


2. Raucherzimmer 14 m²
5.2. Besprechungsräume 119 m²
5.3 ORF 52 m²
6. Serviceräume 33 m²
9. Sanitärräume 109 m²
667 m² à € 4.500,- € 3,001.500,-

Zone C: 2. Couloir 390 m²


5.1 Büro 26 m²
5.3 ORF 40 m²
5.4 Presse 140 m²
6. Serviceräume 27 m²
7. Nebenräume 463 m²
10. Gangflächen 456 m²
1.542 m² à € 2.000,- € 3,084.000,-

Zone D: 8. Technik 623 m² à€ 750,- € 467.250,-

€ 12,546.750,-

7
Wettbewerb PARLAMENT_PLENARSAAL_NATIONALRAT 011170

2. Weitere Maßnahmen im Gebäude

Folgende Kosten sind nicht in den Durchschnittsquadratmetergrundkosten enthalten und fallen


zusätzlich an:

Saaldecke samt Tragkonstruktion und Lichttechnik 468 m² à € 2.000,- € 936.000,-


2 Aufzüge € 300.000,-

€ 1,236.000,-

3. Der Rest auf € 17 Mio. steht für Haustechnik, Installation der Kommunikationstechnik und
Reserve zur Verfügung.

Das könnte Ihnen auch gefallen