A. Wipf - Mechanik
A. Wipf - Mechanik
he Me
hanik
Prof. A. Wipf
07743 Jena
Wintersemester 2002/2003
Inhaltsverzei
hnis
i
3.1 Die träge Masse und Kräfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47
3.4.1 Matrix-Exponentialfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74
3.4.2 Stabilität von linearen Systemen I . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82
3.5 Erzwungene S
hwingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84
4 Mehrkörpersysteme 93
4.1 Erhaltungssätze der Punktme
hanik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94
ii
4.5.3 Rutherford Streuung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123
5.5.1 Die elliptis hen Funktionen von Ja obi und Theta-Funktionen . . . . 155
iii
7 Lagranges
he Me
hanik 179
7.1 Verallgemeinerte Koordinaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179
iv
9.3.1 Einges
hränkte kanonis
he Transformationen . . . . . . . . . . . . . . 230
v
Kapitel 1
Ursprünge der klassis
hen
Me
hanik
1.1 Literaturhinweise
R.P. Feynman, R.B. Leighton und M. Sands, The Feynman Le
tures on Physi
s , Vol. I,
Addison-Wesley Publishing Company, Reading 1971.
A. Budo, Theoretis
he Me
hanik , Wiley, 1990.
N. Straumann, Klassis
he Me
hanik , Le
ture Notes in Physi
s, Vol. 289, Springer, 1987.
F. Kuypers, Klassis
he Me
hanik , 5. Au., Wiley-VCH, Weinheim 1997
F. S
he
k, Theoretis
he Physik 1, Me
hanik, 6. Auage, Springer, 1999.
S. Brandt, H.-D. Dahmen, Me
hanik: eine Einführung in Experiment und Theorie , 3. Aua
ge, Springer 1996
1
H. Stephani und G. Kluge, Theoretis
he Me
hanik , Spektrum Akademis
her Verlag, 1995.
W. Nolting, Grundkurs Theoretis
he Physik, Band 1, Klassis
he Physik; Band 2, Analytis
he
Me
hanik, Vieweg & Son, Brauns
hweig 1997/1998.
E. S
hmutzer, Grundlagen der Theoretis
hen Physik , Teil I; Wissens
haftsverlag, 1989.
W. Greiner, Theoretis
he Physik: Me
hanik I, II, Verlag Harri Deuts
h, Thun und Frankfurt
am Main, neueste Auage
T. Flieÿba
h, Lehrbu
h zur theoretis
hen Physik , Bd. 1, Me
hanik , 3. Auage, Spektrum
Akademis
her Verlag, 1999.
Mathematis
he Aspekte der Me
hanik:
V.I. Arnold, Mathematis
he Methoden der klassis
hen Me
hanik , Birkhäuser, 1988.
R. Abraham und J.E. Marsden, Foundations of Me
hani
s , Addison-Wesley, Reading, 1981.
W. Thirring, Lehrbu
h der mathematis
hen Physik , Bd. 1: Klassis
he Dynamis
he Systeme ,
Springer, 1988.
Klassis
he Werke:
I. Newton, Philosophiae Naturalis Prin
ipia Mathemati
a, 1687, 2. Auage 1713; deuts
h
von J. P. Wolfers, Berlin 1872 (Na
hdru
k Darmstadt 1963).
L. Euler, Me
hani
a, sive Motus s
ientia analyti
e exposita , Petersburg 1736, und Theoria
Motus Corporum Solidorum seu Rigidorum , deuts
h von J. P. Wolfers, Greifswald 1853
J.L. de Lagrange, Mé
anique Analytique , Paris 1788
W.R. Hamilton, On a general method in Dynami
s und Se
ond Essay on a general method
in Dynami
s 1834, Colle
ted Papers II, 103-211, Cambridge 1940
http://www.physik.tu-muen hen.de/rwagner/physik/skripten.html.
I
h fand zum Beispiel die Skripten von H.A. Kastrup von der RWTH Aa
hen und J. Wess
von der LMU-Mün
hen sehr nützli
h. Au
h das Skript von G. Wels
h vom TPI unserer
Universität ist empfehlenswert.
Die Bü
her von Greiner, Nolting, S
hmutzer und Sommerfeld, Landau/Lifs
hitz
sind jeweils die ersten Bände einer Reihe über Theoretis
he Physik. S
he
k und Flieÿba
h
haben damit begonnen die theoretis
he Physik in mehreren Bänden darzustellen. Es dürfte
2
si
h für jeden Physiker empfehlen, mindestens einer dieser Reihen zu besitzen. Dabei sind
die Werke von Sommerfeld und Landau/Lifs
hitz qualitativ sehr gut, d.h. mit gröÿter
Sorgfalt und physikalis
her Einsi
ht ges
hrieben. Die Bü
her von Sommerfeld sind teilweise
natürli
h etwas veraltet, aber sein Bu
h über Me
hanik ist na
h wie vor sehr empfehlenswert.
Die Bü
her von Landau/Lifs
hitz sind etwas s
hwer zu lesen. Sie werden die einzelnen
Bände immer dann zu Rate ziehen, wenn Sie den Kurs s
hon einmal erfolgrei
h absolviert
haben. Das Bu
h über Me
hanik gefällt mir weniger gut wie einige der anderen in der Reihe.
Das Bu
h von S
hmutzer ist sehr explizit und als Ergänzung zur Vorlesung geeignet.
Greiner und Nolting sind etwa von glei
her Güte und für Anfänger ges
hrieben, rei
h an
Aufgaben, aber ni
ht immer systematis
h. Flieÿba
h kann i
h sehr empfehlen.
Goldstein (im Westen) und Budo (im Osten) waren lange Zeit die Standardbü
her, auf
die man si
h hinsi
htli
h Fragen der Notation und dessen, was jeder Physiker über klassis
he
Me
hanik wissen sollte, bezog. (Goldstein transportierte weiter, was vorher die Bü
her von
Born und Whittaker, beide von 1925, vorgelegt hatten.) Das Bu
h von Goldstein wurde
vor einigen Wo
hen neu aufgelegt und die dritte Auage (bisher nur in englis
her Spra
he)
sieht sehr ordentli
h aus.
Arnolds Bu
h ist ein e
hter Klassiker und sei denjenigen Hörern nahegelegt die Sinn für
Mathematik haben. Es ist sehr kompakt und anspru
hsvoll (auf andere Weise als Land-
au/Lifs
hitz, eher mathematis
h als physikalis
h tiefgründig). Die Bü
her von Strau-
mann und S
he
k kann man als Brü
ke zwis
hen Arnold und der Physik ansehen, für
Hörer mit Sinn für Mathematik viellei
ht als die beste Einführung in die Me
hanik.
Die Bü
her von Flieÿba
h, Kuypers und Stephani/Kluge sind ohne Eins
hränkungen
empfehlenswert. Sie führen sorgfältig in die Systematik und die Problemstellungen der Me
hanik ein und geben der Physik Priorität gegenüber der Mathematik. Kuypers ist dabei
am ausführli
hsten und vermutli
h am lei
htesten verdauli
h (au
h wegen der Einbeziehung
des Computers in das Lösen von Aufgaben), Stephani/Kluge am kompaktesten. Jede/r
sollte selbst ents
heiden, wel
hes Bu
h am besten ihrer/seiner Vorbildung und Interessen
entspri
ht.
In allen erwähnten Bü
hern mit Ausnahme von Arnold, S
he
k und Straumann kommt
die Geometrie etwas kurz, also die von Hamilton, Ja
obi und Poin
aré begründete Tradition,
die heute grundlegend für ein Verständnis
haotis
her Bewegungen ist.
Ziel der Theoretis
hen Physik ist ein Verständnis der Natur dur
h Abbildung der Erfahrun
gen auf mathematis
he Modelle. Es sollen mögli
hst viele Naturvorgänge mögli
hst einfa
h
erklärt und na
hprüfbare Vorhersagen gema
ht werden. Dabei werden die physikalis
hen
Ers
heinungen auf die wesentli
hen Aspekte reduziert und Idealisierungen vorgenommen.
Die theoretis
he Me
hanik ist die erste Vorlesung des Theorie-Zyklus bestehend aus der
theoretis
hen Me
hanik, Elektrodynamik, Quantenme
hanik I, Quantenme
hanik II, Ther
modynamik und statistis
he Physik. Sie befaÿt si
h mit dem Studium der Bewegungen von
materiellen Körpern und den Kräften, die diese Bewegungen hervorrufen.
Es gibt gute Gründe die Vorlesungsreihe mit der Theoretis
hen Me
hanik zu beginnen:
3
Die Me
hanik war die erste erfolgrei
he Theorie und dient als Vorbild für andere Theo
rien.
Grundlegende physikalis
he Gröÿen und Begrie wurden in der Me
hanik eingeführt
und dann auf andere Theorien übertragen.
Viele mathematis
he Methoden der Physik wurden auf dem Gebiet der Me
hanik ent
wi
kelt.
Die Me
hanik ist unserer Erfahrungswelt relativ nahe (was man von der Quantenme
hanik ni
ht sagen kann).
Die Me
hanik ist jener Teil der Physik, in dem es zuerst gelang, dem Ziel der theoretis
hen
Physik nahe zu kommen, d.h. es gelang dur
h Verallgemeinerung von Erfahrungen einige
allgemeine Axiome aufzustellen, aus denen die einzelnen Gesetze auf mathematis
hen Wege
ableitbar sind. Die Me
hanik war im vorletzten Jahrhundert so erfolgrei
h, daÿ man ver
su
hte jede physikalis
he Ers
heinung auf eine me
hanis
he zurü
kzuführen. Obwohl dieses
so-genannte me
hanis
he Weltbild ni
ht mehr haltbar ist, stellt die Me
hanik do
h die all
gemeine Grundlage der Physik dar.
Wie jede physikalis
he Theorie ist au
h die klassis
he Me
hanik nur begrenzt gültig und muÿ
in bestimmten Fällen erweitert werden. Sie verliert ihre Gültigkeit
bei Ers
heinungen an wel
hen sehr s
hnell bewegte Körper beteiligt sind (zum Beispiel
Elektronen mit Ges
hwindigkeiten nahe der Li
htges
hwindigkeit). Hier wird die klas
sis
he Me
hanik dur
h die relativistis
he Me
hanik der speziellen Relativitätstheorie
abgelöst, in deren Rahmen die herkömmli
hen Newtons
hen Begrie wie absoluter
Raum und absolute Zeit ihre Bedeutung verlieren.
bei atomaren Abständen, bei denen die Naturphänomene dur
h die Quantenme
hanik
und deren relativistis
he Verallgemeinerung, den Quantenfeldtheorien, ri
htig bes
hrie
ben werden.
bei Anwesenheit von groÿen Massen und/oder Energiendi
hten, wo der Euklidis
he
Raum dur
h eine gekrümmte Raumzeit ersetzt wird. Die zugrundeliegende erfolgrei
he
Theorie ist die allgemeine Relativitätstheorie.
Bereits im antiken Grie
henland begannen Mathematiker und Naturwissens
haftler wie Py-
thagoras (580-496 v.u.Z), Herakleides (544-483 v.u.Z.), Eudoxos (408-355 v.u.Z.),
Calippos (370-300 v.u.Z.), Aristoteles (384-322 v.u.Z.), Aristar
h (320-250 v.u.Z.)
oder Eratostenes (276-194 v.u.Z.) aus eigenem Antrieb Fragen an die Natur zu stellen
und Antworten von ihr zu erwarten. Dabei trat eine enge Verknüpfung von Mathematik
und Physik zu Tage. Aus der Beoba
htung von Naturphänomenen wurden mathematis
h
formulierte Regeln und Gesetze abgeleitet und in der Mathematik hielt die Beweisführung
Einzug.
Die Me
hanik hatte hier mit den Hebelgesetzen und der kinematis
hen Bes
hreibung der
Himmelskörper ihre Anfänge. Als bedeutendster Mathematiker und Physiker dieser Epo
he
muÿ wohl Ar
himedes (287-212 v.u.Z) angesehen werden1 .
1 Ar
himedes wurde 287 v.u.Z. in Syrakus, dem mä
htigsten grie
his
hen Stadtstaat auf Sizilien, als
4
Abbildung 1.1: Ar
himedes
Er hat in seinen teilweise erhaltenen Arbeiten den heutigen Anforderungen an eine Beweis
führung weitestgehend entspro
hen. Bekannt wurde er dur
h seine ranierte S
hraube, die
heute no
h im Nildelta als Wasserpumpe dient, die Bestimmung des Silbergehaltes des s
hein
baren Goldkranzes von König Hieron II. von Syrakus, die Entde
kung des statis
hen Auf
triebs (Heureka! Heureka! ) oder die Aufstellung des Hebelgesetzes (Gebt mir einen Platz
zum Stehen und i
h werde die Erde bewegen ). Er selbst hielt seine theoretis
hen Arbeiten
für seine wirkli
hen Werke. Hierzu gehört seine Abhandlung 'Über das Glei
hgewi
ht ebener
Flä
hen' in wel
hem das Prinzip der Hebel aufgestellt wurde, der S
hwerpunkt eingeführt
und für vers
hiedene ebene Flä
hen bestimmt wurde. Mit dieser S
hrift legte Ar
himedes
den Grundstein für die theoretis
he Me
hanik. In seiner Arbeit 'Kreismessung' nden si
h
die ersten Re
hnungen mit kontrollierten Näherungen und die Anfänge der Innitesimalre
h
nung. In seiner S
hrift 'Über Kugel und Zylinder' wurden Flä
hen von Kreis-, Parabel- und
Hyperbelsegmenten bestimmt und die Volumina der zugehörigen Rotationsguren bestimmt.
Bei seinen Bere
hnungen benutzt Ar
himedes die vereinfa
hte Form der Integralre
hnung.
In 'Von den Spiralen' befasste er si
h mit der na
h ihm benannten Spirale und benutzte
eine Methode, die der Dierentialre
hnung sehr nahe kommt. So nebenbei löste er zwei der
drei berühmten Probleme der Antike: die Dreiteilung eines Winkels und die Quadratur des
Kreises. Es ist eine Ironie des S
hi
ksals, daÿ Newton und Leibniz die 'Methodens
hrift',
in wel
her der Vorläufer der Innitesimalre
hnung dargelegt wurde, ni
ht kannten, als sie
im 17. Jahrhundert die modernen Innitesimalre
hnung s
hufen. Ar
himedes S
hrift 'Über
s
hwimmende Körper' wird als erste Abhandlung über den statis
hen Auftrieb angesehen
und gilt als eines seiner groÿen Meisterwerke.
Erst als seine Arbeiten im neunten Jahrhundert ins Arabis
he übersetzt wurden, führte
seine Methode, bei der er Näherungs- und Grenzwerte zu Hilfe nahm, zu neuen mathema
tis
hen Entde
kungen. Für die spätere Entwi
klung der Mathematik und Physik war die
Übersetzung seiner Werke vom Grie
his
hen ins Lateinis
he dur
h den Dominikanermön
h
W. Moerbe
ke von Bedeutung. Ab Mitte des 16. Jahrhunderts lieÿen si
h Vieta, Kep-
Sohn des Astronoms Pheidias geboren und lernte in Alexandria bei dem Na hfolger Euklids. Den gröÿten
Teil seines Lebens verbra hte er in seiner Geburtsstadt, wo er 212 v.u.Z. bei der Einnahme der Stadt dur h
die Römer getötet wurde. Zusammen mit F. Gauÿ und I. Newton wird er oft als einer der drei besten Mathe
matiker aller Zeiten angesehen. Für historis h Interessierte verweise i h auf das Bü hlein von P. Strathern
1
[ ℄
5
ler, Cavalieri, Huygens, Tori
elli, Fermat, Pas
al und viele andere Gelehrte von
Ar
himedes inspirieren.
Die Kinematik der Planetenbahnen wurde eingehend von Nikolaus Kopernikus (1473-1543),
und Ty
ho de Brahe (1546-1601), der die astronomis
he Beoba
htungsgenauigkeit um eine
Gröÿenordnung verbesserte, untersu
ht und s
hlieÿli
h von Johannes Kepler (1571-1630),
einer der interessantesten Persönli
hkeiten der Wissens
haftsges
hi
hte, aufgeklärt2.
Neben den bekannten Keplers
hen Gesetzen arbeitete er am Bre
hungsgesetz für kleine Win
kel, der Theorie des astronomis
hen Fernrohrs, der Volumenbestimmung von rotationssym
metris
hen Körpern ('Neue Raumbere
hnung der Weinfässer' ) und einem genauen Tafelwerk
mit den wi
htigsten astronomis
hen Daten. In seinem bahnbre
henden Werk 'Astronomia
Nova' gelang ihm die Entde
kung, daÿ die Bahn des Planeten Mars eine Ellipse ist, in de
ren einem Brennpunkt si
h der Mittelpunkt der Sonne bendet, und daÿ der Radiusvektor
in glei
hen Zeiten glei
he Flä
hen überstrei
ht. Mit seiner Feststellung Die Sonne ist die
Quelle der bewegenden Kraft, die in der Nähe stärker, in der Ferne s
hwä
her wirkt war
er 78 Jahre vor Ers
heinen von Newtons Werk der Gravitationstheorie am nä
hsten. Er
ging den Weg von der einfa
hen kinematis
hen Bes
hreibung der Marsbewegung zu ihrer dy
namis
hen Erklärung. Die in seinem Werk auftretenden Integrationsaufgaben hat Kepler
in Anlehnung an Ar
himedes dur
h Summierungen gelöst. Im Jahre 1619 waren die fünf
Bü
her der 'Weltharmonien', lateinis
h 'Harmoni
es mundi' fertiggestellt. Hierin ndet si
h
das dritte Keplers
he Gesetz, na
h dem die dritten Potenzen der mittleren Abstände der
Planeten von der Sonne proportional den Quadraten ihrer sideris
hen Umlaufzeiten sind.
Au
h Galileo Galilei (1564-1642) kommt ein zentraler Platz bei der Herausbildung der
2 Kepler 1571 in Weil der Stadt geboren, studierte Theologie in Tübingen und hatte von 1594-1600
wurde
ein Lehramt in Graz inne. Von 1600 bis 1612 wirkte er in der kaiserli hen Sternwarte in Prag, wo er 1601
die Na hfolger des Hofastronoms Ty ho Brahe als kaiserli her Mathematiker antrat. Von 1612 bis 1626 war
er in der Lands hafts hule in Linz tätig und 1626-1628 weilte er in Ulm und Regensburg. Kepler starb 1930
6
modernen Naturwissens
haften zu3 . S
hone früh bemerkte er, daÿ die Periode eines Pendels
für kleine Amplituden von der Auslenkung unabhängig ist (Iso
hronismus). Er experimen
tierte mit fallenden und rollenden Gegenständen und bestimmte deren Orte na
h glei
hen
Zeitintervallen. Die entspre
henden Resultate wurden in seinem Bu
h 'De Motu' (Zur Bewe
gung) veröentli
ht. Na
hdem er existierende Teleskope mit dreifa
her Vergröÿerung wesent
li
h verbessert hatte und eine zwanzigfa
he Vergröÿerung errei
hte, beoba
htete und vermaÿ
er die Mondberge, untersu
hte die Sonnene
kenbewegungen und entde
kte die Jupitermon
de. Diese und weitere Beoba
htungen hat er in seiner S
hrift 'Sidereus nun
ius' dargestellt.
Wie der 'Dialogo' hat diese S
hrift wesentli
h zur Popularisierung der Wissens
haften bei
getragen. Für unsere Vorlesung ist sein Abhandlung 'Dis
orsi von groÿer Bedeutung. Hier
hat Galileo das heute in der Physik bezei
hnete Galileis
hes Relativitätsprinzip klar for
muliert. Er ist mit seinen Untersu
hungen der Bewegung auf einer s
hiefen Ebene den Träg
heitsgesetzen der Newtons
hen Me
hanik, na
h denen die Kraft zur Veränderung und ni
ht
zur Aufre
hterhaltung des Bewegungszustandes benötigt wird, sehr nahe gekommen. Wir
zitieren Galilei (Dis
orsi): Indes ist zu bea
hten, daÿ der Ges
hwindigkeitswert, den der
Körper aufweist, in ihm selbst unzerstörbar enthalten ist (impresso), während äuÿere Ur
sa
hen der Bes
hleunigung oder Verzögerung hinzukommen, was man nur auf horizontalen
Ebenen bemerkt, denn bei absteigenden nimmt man Bes
hleunigung wahr, bei aufsteigenden
Verzögerung. Hieraus folgt, daÿ die Bewegung in der Horizontalen eine unaufhörli
he sei.
Etwas expliziter zeigte er, daÿ bei der Bewegung auf der s
hiefen Ebene die Ges
hwindig
keit proportional zur Laufzeit anwä
hst und der zurü
kgelegte Weg proportional zu Quadrat
der Zeit ist. Galileis Arbeiten müssen au
h deshalb als Meilenstein in der Ges
hi
hte der
Wissens
haft angesehen werden, weil er erstmalig sehr explizit von der Notwendigkeit der
Verna
hlässigung von Störeinüssen spri
ht und idealisierte Versu
hsbedingungen auswählt.
Er hat bereits Ges
hwindigkeit und Bes
hleunigung für die geradlinige Bewegung deniert
und mathematis
h bes
hrieben.
3 Galilei wurde 1564 als Sohn eines Mathematikers und Musikers in Pisa geboren, studierte Medizin und
wurde 1589 in seinem Geburtsort Professor für Mathematik. 1592 nimmt er ein Lehramt an der Universität
zu Padua an. 1610 tritt er in Florenz in die Dienste der Medi
i. Na
h dem berühmten Galilei-Prozess 1633
hatte er bis zu seinem Lebensende 1642 Hausarrest in Ar
etri nahe Florenz.
7
In den Jahrzehnten na
h Galilei bes
häftigten si
h Fran
is Ba
on und Rene Des
ar-
tes4 mit den Methoden zur Aundung si
herer Wahrheiten. Im Gegensatz zu Ba
on, dem
Vater der englis
hen empiris
hen Philosophie und dem Begründer der induktiven Methode,
hat Des
artes ein vollständiges philosophis
hes System vorgelegt. Alles sollte neu über
da
ht werden, da es keine über jeden Zweifel erhabene Wahrheit gäbe - mit einer einzigen
Ausnahme: die Wahrheit der Mathematik. Zur Aundung der Wahrheit hat Des
artes
vier Regeln aufgestellt. Seine Betonung der mathematis
hen oder deduktiven Methode war
im Folgenden sehr wi
htig für die theoretis
he Dur
hdringung der Physik. Im zweiten Teil
der 'Prin
ipia Philosophiae' formulierte er seine (fehlerhaften) Grundgesetze der Bewegung
und arbeitete diese sehr detailliert aus. In der unveröentli
hten Arbeit 'Le monde' hat
Des
artes bereits erkannt, daÿ eine Kraft benötigt wird, um einen Körper auf einer Kreis
bahn zu führen. S
hon im nä
hsten Kapitel dieser Me
hanikvorlesung werden wir von seiner
analytis
hen Geometrie Gebrau
h ma
hen, die in 'La Géometrie' entwi
kelt wurde. Das
re
htwinklige Koordinatensystem nennen wir ihm zu Ehren kartesis
hes System. Die gröÿte
S
hwä
he von Des
artes Methoden liegt in der Überbetonung der Ratio auf Kosten des
Experimentes.
Christiaan Huygens5 hat erkannt, das Vernunft und Erfahrung von glei
her Bedeutung
bei der Wahrheitsndung sind. Die wissens
haftli
he Tätigkeit von Huygens fällt in die
Epo
he zwis
hen Galileis Entde
kung der Dynamik und deren Anwendung auf die Gravi
tationsme
hanik dur
h Newton und sie überragte weitaus die seiner Zeitgenossen.
Er verbesserte die Objektivgläser von Fernrohren und entde
kte einen se
hsten Saturnmond
(den gröÿten) und den Orionnebel. In der kurzen S
hrift 'Traité de la Lumière' legte Huy-
gens den Grundsto
k zur Undulationstheorie des Li
hts, wel
he zum Beispiel die Reexion,
Refraktion und Doppelbre
hung erklärt. Er gilt als Miternder der Pendeluhr und behandelte
eine wi
htige me
hanis
he Aufgabe seiner Zeit: das Problem des physis
hen oder zusammen
gesetzten Pendels. Er konnte die au
h no
h heute gültige Formel für die S
hwingungsdauer
eines mathematis
hen Pendels der Länge l,
s
l
T = 2 ;
g
ableiten. Er hat gezeigt, das für eine Zykloide die Laufzeit eines Körpers zum Fuÿpunkt ni
ht
vom Startpunkt abhängt. Er hat dieses so-genannte Zykloidenpendel, dessen S
hwingungs
dauer unabhängig von der Amplitude ist, au
h selbst gebaut.
In seinem Werk 'Horologium os
illatorium' ndet si
h die Theorie der Kurvenevolutionen.
So wird gezeigt, daÿ die Zykloide ihre eigene Evolute ist. Des weiteren ndet si
h hierin au
h
das Trägheitsprinzip und das Prinzip der Superposition von Bewegungen. Die von Huygens
4 Des
artes wurde 1596 in Le Haye als Sohn eines Juristen geboren. Vom 8. bis 16. Lebensjahr besu
hte
er das Jesuitenkolleg La Fle
he. Na
h unruhigen Jahren in Paris und ans
hlieÿenden Aufenthalten in Holland
und im Heer der Herzogs von Bayern bereiste er Italien und ist 1629 na
h Holland übersiedelt. Im Jahre 1649
ist er auf Einladung der s
hwedis
hen Königin Christine na
h Sto
kholm gegangen. Im darauolgenden Jahr
ist er an einer Lungenentzündung gestorben.
5 Huygens wurde am 14. April 1629 in Haag geboren. Er studierte an der Universität Leyden und später in
Breda. Seine besondere Begabung für Mathematik wurde s
hon früh von Des
artes gerühmt. 1649 bereiste
er Deuts
hland und Dänemark und promovierte dana
h in Angers (Frankrei
h). Er kehrte na
h Holland
zurü
k, wurde 1665 Mitglied der neu gegründeten Pariser Akademie und übersiedelte na
h Paris. Ab 1681
wohnte er wieder in Holland, wo er 1695 in Haag verstarb.
8
Abbildung 1.4: Christiaan Huygens
abgeleiteten Ergebnisse haben si
h ausnahmsweise bis zum heutigen Tage behauptet und
sind Bestandteil der an den Universitäten gelehrten Me
hanik.
Nur einige Monate na
hdem Galilei starb wurde Isaa
Newton
6,
dessen bahnbre
hende Leistungen im Zentrum dieser Vorlesung stehen werden, geboren.
Wahrs
heinli
h hat niemand die mens
hli
he Naturerkenntnis so weit vorangetrieben wie er.
Newton studierte die mathematis
hen S
hriften von Des
artes, Euklid's Elementargeo
metrie, die Arithmetik des Unendli
hen von Wallis, die Optik Kepler's und die Logik
Saunderson's.
Während einer erzwungenen einjährigen Abwesenheit von Cambridge, dem annus mirabilis
1665/66, bewies er die Abhängigkeit der Li
htbre
hung von der Farbe (Dispersion), entwi
kel
te die Dierential- und Integralre
hnung7 und dur
h Verknüpfung von Keplers Gesetzen und
Galileis Erkenntnissen entde
kte er die S
hwerkraft.
Diese Entde
kungen und das später formulierte Gravitationsgesetz wurden 20 Jahre später in
seinem Meisterwerk, der 'Prin
ipia' veröentli
ht. Newtons drei Bewegungsgesetze lauten:
ein Körper verharrt im Zustand der glei
hförmigen geradlinigen Bewegung oder Ruhe,
solange keine aktive Kraft auf ihn einwirkt,
die Veränderung der Ges
hwindigkeit eines si
h bewegenden Körpers ist proportional
zur auf ihn ausgeübten Kraft,
jeder Aktion entspri
ht eine glei
h groÿe und entgegengesetzt geri
htete Reaktion.
6 Newton wurde am 25.12.1642 in Lin
olnshire, in der Nähe von Grantham, geboren. Ab 1661 studierte
er am Trinity College in Cambridge. 1669 wurde er zum Lukasis
hen Professor für Mathematik ernannt.
1696 siedelte er von Cambridge na
h London um, wo er bis zu seinem Tode blieb. Er starb am 20.02.1727
3
Kensington, London. Siehe [ ℄
7 Wegen dieser Methode der Fluxonen kam es später zu einem erbitterten Prioritätenstreit mit Leibniz.
9
Abbildung 1.5: Isaa
Newton
Er folgerte, dass die S
hwerkraft zwis
hen zwei Körpern proportional zum Produkt der
beiden Körpermassen und umgekehrt proportional zum Quadrat der Entfernung ihrer Mit
telpunkte ist8 ,
F = G
m1 m 2
r
2
:
Bei der Ableitung dieses Gesetzes hat Newton keinen Gebrau
h des ihm bekannten Integral
und Dierentialkalküls gema
ht. Obwohl seine Bere
hnungen si
h nur auf die Beoba
htungen
des Mondes und der damals bekannten Planeten stützte, bezei
hnete er es ausdrü
kli
h als
allgemeines Gesetz der S
hwerkraft: Hypotheses non ngo(I
h ernde keine Hypothesen).
Mit der einheitli
hen Darstellung der klassis
hen Me
hanik, der Formulierung eines darauf
aufbauenden physikalis
hen Weltbildes, der Vollendung der (ni
htrelativistis
hen) Gravita
tionstheorie sowie der Entwi
klung der Innitesimal- und Integralre
hunung hat si
h Isaa
Newton unsterbli
h gema
ht. Poeten haben zu seinen Ehren Gedi
hte verfasst, von denen
der folgende Zweizeiler Popes das wohl bekannteste ist:
Kurz na
h Newtons bahnbre
henden Beiträgen wurde die theoretis
he und analytis
he
Me
hanik von den Bernoullis, Euler und Lagrange weiterentwi
kelt und in ihre heu
tige Form gebra
ht. Die Brüder Jakob und Johann Bernoulli9 ma
hten si
h zusammen
8Hook hatte vor Newton die 1=r2 -Abhängigkeit der Gravitationskraft postuliert.
9Jakob (1654-1705) wurde als fünftes von elf Kindern in Basel geboren. Er hatte einen Lehrstuhl in seiner
Heimatstadt Basel inne. Jakob pegte einen wi
htigen Briefwe
hsel mit Leipniz und war Mitglied der Pariser
10
Abbildung 1.6: Jakob Bernoulli
um die Entwi
klung und Verbreitung der Innitesimalre
hnung verdient. Jakob löste das
Problem der Iso
hrone und Bra
histo
hrone, befasste si
h mit der Kettenlinie, der Loxodro
me und mit der logarithmis
hen Spirale (diese 'spire mirabilis' lieÿ er in seinen Grabstein
einmeiÿeln).
Ein für die damalige Zeit typis
hes Problem war dasjenige der Bra
histro
hrone. Diese ist
diejenige Kurve, wel
he zwei im homogenen Kraftfeld gelegene Punkte derart verbindet, daÿ
die Zeit, die ein Körper benötigt, um entlang der Kurve reibungsfrei vom Punkt mit dem
höheren Potential zum Punkt mit dem geringeren Potential zu gelangen, minimal wird. Die
gesu
hte Kurve wird dur
h diejenige Funktion y (x) bes
hrieben, für die
Z Z Z Z s 2
dt =
ds
v
= p2 ds
gy
= p12 g
1+y0
y
dx
minimal wird. Die Lösung ist eine Zykloide, die im höheren Punkt senkre
ht beginnt und
im niedrigen Punkt waagre
ht endet,
x(t) = k (t sin t) ; y (t) = k (1
os t):
Die Zykloide ergibt si
h als Bahnkurve eines Kreispunktes beim Abrollen eines Kreises mit
Radius k auf einer Geraden, und zwar desjenigen Kreispunktes, der im Ursprung der Berühr
punkt war. Ans
hauli
h gespro
hen bewegt si
h ein Punkt auf dem Reifen eines Fahrrads auf
einer Zykloide. Weiter s
hrieb Jakob Arbeiten über die Reihenlehre, die Lösung von Die
rentialglei
hungen (die Bernoullis
he Dierentialglei
hung ist na
h ihm und seinem Bruder
benannt) und die Variationsre
hnung.
und Berliner Akademien. Johann (1667-1748) war das zehnte Kind und sein Bruder Ja
ob war sein Lehrer,
mit dem er in späteren Jahren bezügli
h wissens
haftli
her Arbeiten und Entde
kungen wetteiferte. 1695
nahm er eine Professur in Groningen an und 1705 trat er na
h Ja
obs Tod dessen Na
hfolge in Basel an.
Daniel Bernoulli (1700-1782), der Sohn von Johann, wurde in Groningen geboren. Er studierte in Basel,
Heidelberg und Straÿburg. Er arbeitete einige Jahre in Petersburg und kehrte 1729 na
h Basel zurü
k.
11
Das Iso
hronenproblem wurde ebenfalls von Jakob gelöst: bewegt si
h ein Teil
hen unter
dem Einuss der Gravitation längs einer Iso
hronen, dann brau
ht es vom Startpunkt bis
um Fuÿpunkt immer die glei
he Zeit, unabhängig vom Startpunkt. Die entspre
hende Ber
noullis
he Dierentialglei
hung
y 0 = p(x)y + q (x)y n
löste Jakob Bernoulli 1696 indem er die Variablen separierte. Obwohl wir hier ni
ht mehr
weiter darauf eingehen, sei do
h angemerkt, dasJakobs wohl originellste Arbeiten auf dem
Gebiete der Wahrs
heinli
hkeitstheorie zu nden sind.
Johann Bernoulli hatte ähnli
h gelagerte Interessen wie sein älterer Bruder. Er war wohl
der bedeutendste Mathematiker seiner Epo
he und wurde Ar
himedes seiner Zeit genannt.
In der Newton-Leibniz Kontroverse unterstützte er Leibniz indem er gewisse, mit Newtons
Fluxionenmethode unlösbare Probleme, mit dem Kalkül von Leibniz löste. Johann führte
heftige Prioritätenstreite mit l'Hpital (dessen Regel von Johann gefunden wurde) und
seinem eigenen Sohn Daniel. Bekannt sind seine Arbeiten über die Erhaltung der kinetis
hen
Energie, den Impulssatz und der Bedeutung des Prinzips der Verrü
kungen, wel
hes in dieser
Vorlesung eine wi
htige Rolle spielen wird. Des weiteren unterri
htete er Leonhard Euler.
Daniel Bernoulli gilt als Begründer der Hydrodynamik und kinetis
hen Gastheorie und
lieferte wesentli
he Beiträge zur Statistik und Wahrs
heinli
hkeitsre
hnung. Er formulier
te das Superpositionsprinzip für die s
hwingende Seite und lieferte wi
htige Beiträge zur
Theorie der Dierentialglei
hungen.
Leonhard Euler (1701-1783) war einer der produktivsten Naturwissens
haftler und hat
unter anderem die Newtons
hen Gedanken wesentli
h weiterentwi
kelt
10 . Er lieferte wi
h
tige Beiträge zur Kartographie, Astronomie, Geometrie (Theorie der Flä
hen, Krümmung
von Flä
hen), Topologie (Euler Charakteristik), Analysis (Dierentialglei
hungen, Beta- und
Gamma Funktionen, Sinus- und Cosinusfunktionen) und Zahlentheorie (Eulerkonstante). So
konnte er zeigen, daÿ
n
2 +1 mit n=2 ; m m = 1; 2; 3; : : :
ni
ht immer eine Primzahl ist (wie von Fermat vermutet) und bewies eine andere Fermat
s
he Vermutung. Bemerkenswert und bea
htet waren seine Resultate über die Summation
von unendli
hen Reihen. So löste er das so-genannte Basler Problem an wel
hem si
h seine
Vorgänger und Zeitgenossen vergebli
h versu
hten, nämli
h eine ges
hlossene Form für
X 1
(2) =
n2
X Y
(s) = n s= 1 p s 1
Primzahlen
10 Leonhard Euler wurde am 15. April 1707 in Basel geboren. Ab 1727 trat er eine Stelle an der Aka
dademie der Wissens
haften in St. Petersburg an wo er 1930 zum Professor ernannt wurde. 1741 nahm er
eine Stelle in Berlin an (ab 1744 in der neugegründeten Akademie der Wissens
haften). Na
h Maupertuis
Tod wurde er 1759 Leiter der Akademie. 7 Jahre später kehrte Euler na
h 25 Jahren in Berlin na
h St.
Petersburg zurü
k, wo er teilweise erblindete und ab 1771 vollständig blind wurde. Am 18. September 1783
verstarb er ebenda.
12
Abbildung 1.7: Leonhard Euler
13
Abbildung 1.8: Joseph-Louis Lagrange
werden im zweiten Teil der Vorlesung eine groÿe Rolle spielen. Lagrange lieferte wi
htige
Beiträge zur S
hallausbreitung, der Theorie der s
hwingenden Saite, der Dynamik der Flüs
sigkeiten (wo er die Lagrangefunktion einführte), den Planetenbewegungen und dem Drei
körperproblem (die Lagranges
hen Punkte werden wir no
h kennenlernen). Wie bei Euler
sind seine Beiträge zur Zahlentheorie bea
htli
h. So zeigte er, daÿ jede natürli
he Zahl die
Summe von vier Quadraten ist oder daÿ n eine Primzahl ist genau dann, wenn (n 1)! + 1
dur
h n teilbar ist. In seinem 1788 ers
hienen Bu
h 'Mé
anique analytique' fasste er die
seit Newton errei
hten Resultate in der Me
hanik zusammen und ma
hte wesentli
hen Ge
brau
h von der Theorie der Dierentialglei
hungen (das Bu
h enthält keine einzige Figur,
und Lagrange war stolz darauf).
William Rowan Hamilton (1805-1865) 12 war einer der bedeutendsten Mathematiker
und theoretis
hen Physiker seiner Zeit. Er lieferte wi
htige Beiträge zur Wellentheorie des
Li
hts und der Strahlenoptik, die er auf Variationsprinzipien gründete. Aufbauend auf den
Arbeiten von Lagrange, entwi
kelte er die analytis
he Me
hanik weiter. Er fand das Ha
miltons
he Prinzip und stellte die Hamilton-Glei
hungen auf. Beide, wie au
h die Hamil
ton-Ja
obi-Glei
hung, werden einen groÿen Raum in dieser Vorlesung einnehmen. Seine For
mulierung der Me
hanik im Phasenraum ist die Hamiltons
he Me
hanik. Hamilton begrün
dete 1843 die Quaternionenre
hnung, die in den Rest seines Lebens bes
häftigte. Die von
ihm in die Steine der Brougham Brü
ke eingemeiselten berühmten Formeln
2 2 2
i = j = k = ij k = 1;
12 Hamilton wurde am 4. August in Dublin geboren. Er war ein Wunderkind und spra
h bereits im
Alter von 5 Jahren Latein, Grie
his
h und Hebräis
h und no
h in jugendli
hen Jahren 14 Spra
hen. Mit 15
Jahren studierte er die Arbeiten von Newton und Lapla
e und als 17-jähriger fand er einen Fehler in der
'Mé
anique
éleste' von Lapla
e. 1827 wurde er zum Professor für Astronomie ans Trinity College berufen.
Von 1837-45 war er Präsident der Royal Irish A
ademy. Er starb am 2. September 1865 im Observatorium
Dunsink nahe Dublin. Sein Leben verlief ni
ht immer geradlinig, woran seine Beziehung zu Frauen, und hier
insbesonders Catherine Disney, und dem Alkohol ni
ht ganz unwesentli
hen Einuss hatten.
14
Abbildung 1.9: William Rowan Hamilton
deuten an, wie wi
htig er seine Entde
kung der Quaternionen beurteilte: I still must assert
that this dis
overy appears to me to be as important for the middle of the nineteenth
entury
as the dis
overy of uxions [the
al
ulus℄ was for the
lose of the seventeenth.
Im Jahre 1905 publizierte Albert Einstein (1879-1955)13 drei berühmte Arbeiten in den
Annalen der Physik, eine davon über die spezielle Relativitätstheorie mit dem Titel Zur
Elektrodynamik bewegter Körper. Darin zeigte er, dass für s
hnelle Relativges
hwindigkei
ten die Gesetze der klassis
hen Newtons
hen Me
hanik ihre Gültigkeit verlieren. Man n
det eine Längenkontraktion in Bewegungsri
htung und eine Zeitdilatation. Im Gegensatz
zur Newtons
hen Me
hanik war die relativistis
he Me
hanik mit den Maxwells
hen Glei
hungen der Elektrodynamik verträgli
h. Mit seiner Speziellen Relativitätstheorie von 1905
und der Allgemeinen Relativitätstheorie von 1915 revolutionierte Einstein das Verständnis
von Raum und Zeit. Diese und und eine Fülle weiterer Beiträge (zur Li
htquantenhypo
these, Browns
hen Bewegung, ersten Quantentheorie der spezis
hen Wärme, Atomphysik,
Bose-Einstein-Statistik) ma
hen ihn zu einem der bedeudendsten Wissens
haftler des ver
gangenen Jahrhunderts. Im letzten Kapitel dieser Vorlesung werden wir die relativistis
he
Me
hanik bespre
hen und einige der interessantesten Anwendungen, zum Beispiel die be
rühmte Formel
E = 2
m
;
wel
he die Äquivalenz zwis
hen Energie und Masse ausdrü
kt, kennenlernen. Hier ist ni
ht
der Platz um auf Einsteins unglaubli
h tiefgründige Beiträge zur Physik näher einzugehen.
13 Einstein wurde am 14.3.1879 in Ulm geboren und ging in Mün
hen und Aargau zur S
hule. Er studierte
an der ETH in Züri
h. 1902 wurde er vom Patentamt in Bern als Guta
hter angestellt. 1911 nahm er ein
Professur in Prag an und ein Jahr später in Züri
h. Im Jahr 1914 wurde er als hauptamtli
hes Mitglied
der Preuÿis
hen Akademie der Wissens
haften berufen und 1917 wurde er Direktor am neu gegründeten
Kaiser Wilhelm Institut für Physik in Berlin. Zwanzig Jahre später we
hselte er aus politis
hen Gründen
ans Prin
eton Institute for Advan
ed Studies. 1921 wurde ihm für die Erklärung des li
htelektris
hen Eekts
der Nobelpreis verliehen. Albert Einstein starb am 18.4.1955 in Prin
eton.
15
I
h verweise auf die unzähligen Biographien über diesen interessanten theoretis
hen Physiker,
z.B. [4℄
-260: Ar
himedes arbeitet die Hebelgesetze mathematis
h aus und entde
kt das Prin
zip des Auftriebs.
60: Hero von Alexandria s
hreibt Metri
a Me
hani
sund Pneumati
s.
1589: Galileo Galilei zeigt, daÿ auf s
hiefen Ebenen rollende Bälle von unters
hied
li
hem Gewi
ht mit derselben Bes
hleunigung fallen.
1638: Galileo Galilei veröentli
ht die Dialoge über zwei neue Wissens
haften.
1658: Christian Huygens ndet, daÿ Bälle in einer invertierten Zykloide den nied
rigsten Punkt der Zykloide zur glei
he Zeit errei
hen und zeigt damit experimentell,
daÿ die Zykloide die Iso
hrone ist.
1668: John Wallis s
hlägt die Erhaltung des Impulses vor.
1687: Isaa
Newton veröentli
ht die .
'Prin
ipia Mathemati
a'
1690: Jakob Bernoulli beweist das die Zykloide die Lösung des Iso
hronenproblems
ist.
1696: Johann Bernoulli zeigt, daÿ die Zykloide das bra
histo
hrone Problem löst.
1734: Daniel Bernoulli löst die gewöhnli
he Dierentialglei
hung für die S
hwin
gungen eines einseitig xierten elastis
hen Stabes.
1738: Daniel Bernoulli untersu
ht Flüssigkeitströmungen.
16
1739: Leonhard Euler löst die gewöhnli
he Dierentialglei
hung für den angetriebe
nen harmonis
hen Oszillator und bemerkt das Resonanzphänomen.
1742: Colin Ma
laurin entde
kt glei
hmäÿig rotierende und selbst-gravitierende Ro
tations-Ellipsoide.
1747: Pierre-Louis Moreau de Maupertuis wendet das Minimalprinzip auf die
Me
hanik an.
1759: Leonhard Euler löst die partielle Dierentialglei
hung für die S
hwingungen
einer re
hte
kigen Trommel.
1764: Leonhard Euler untersu
ht die partielle Dierentialglei
hung für eine kreis
förmige Trommel und entde
kt die Besselfunktionen.
1788: Joseph Lagrange stellt seine Lagranges
hen Bewegungsglei
hungen in 'Mé
a
nique Analytique' vor.
1789: Antoine Lavoisier formuliert das Gesetz von der Erhaltung der Masse.
1821: William Hamilton beginnt seine Untersu
hungen über seine
harakteristis
he
Funktion.
1834: Carl Gustav Ja
obi entde
kt seinen glei
hmäÿig rotierenden selbst-gravitierenden
Ellipsoid.
1834: John Russell beoba
htet eine stabile solitonartige Wasserwelle im Union Kanal
nahe Edinburgh.
1835: William Hamilton stellt seine kanonis
hen Bewegungsglei
hungen auf.
1835:Gaspard de Coriolis untersu
ht die Bewegungen auf einer drehenden Ober
ä
he und deduziert den Corioleseekt.
1842: Christian Doppler untersu
ht die Dopplervers
hiebung von S
hall.
1847: Hermann Helmholtz formuliert das Gesetz von der Energieerhaltung.
1851: Jean-Bernard Fou
ault zeigt die Erdrotation mit einem riesigen Pendel.
1902: James Jeans ndet die Längenskala die nötig ist, damit gravitative Instabilitä
ten anwa
hsen können.
1905: Albert Einstein legt die Grundlagen zur Speziellen Relativitätstheorie.
17
Kapitel 2
Kinematik des Massenpunktes
2.1 Einführendes
In der Me
hanik wird die Bewegung von materiellen Körpern untersu
ht. Zur Bes
hrei
bung einer Bewegung im Raum benötigen wir stets eine Bezugsbasis. Dies sind mindestens
vier ni
ht in einer Ebene liegende gegenständli
he Punkte, bezügli
h wel
her die Bewegung
bes
hrieben wird. Die Erfahrung lehrt uns, daÿ genügend weit weg von sehr di
hten und
s
hweren Körpern die Bewegungen in guter Näherung in einem drei-dimensionalen Raum
mit Euklidis
her Metrik ablaufen. Dazu werden wir dur
h Messung der Winkelsummen in
Dreie
ken geleitet, deren Seiten aus den kürzesten Verbindungen zwis
hen den E
kpunkten
gebildet werden. Das Ergebnis ist in sehr guter Näherung immer 1800 , was für die Euklidi
s
he Geometrie
harakteristis
h ist. Nur in der Nähe von sehr kompakten Körpern oder auf
kosmologis
hen Skalen sind die Abwei
hungen von der Euklidis
hen Geometrie ni
ht mehr
verna
hlässigbar. Dann wird sie dur
h die Riemanns
he Geometrie zu ersetzen sein und die
entspre
henden physikalis
hen Gesetze sind Gegenstand der allgemeinen Relativitätstheorie.
In dieser Vorlesung wollen wir also den physikalis
hen Raum dur
h einen kontinuierli
hen,
homogenen, isotropen und unendli
hen Euklidis
hen Raum modellieren. Der Abstand zwei
er Punkte im Raum ist die Länge der verbindenden Geraden, wel
he mit einem (mögli
hst
idealen) Maÿstab bestimmt werden kann.
Obwohl Bewegungen von materiellen Körpern unabhängig vom Beoba
hter ablaufen, benöti
gen wir zu ihrer Bes
hreibung ein Bezugssystem, zum Beispiel vier E
ken in diesem Hörsaal.
Die Bewegungsgesetze werden vom gewählten Bezugssystem abhängen und zu ihrer Formu
lierung muss das Bezugssystem, oder zumindest eine Klasse von Systemen, festgelegt werden.
In der klassis
hen Me
hanik gibt es ideale Bezugssysteme, die sogenannten Inertialsysteme
in wel
hen Newtons 1. Axiom Gültigkeit hat:
1. Axiom (lex prima): Es gibt Inertialsysteme, in denen die kräftefreie Bewegung dur
h
r_ (t) = v =
onst. bes
hrieben wird.
Zu ihrer Denition benötigt man aber no
h den Begri der Zeitmessung. Zur Zeitbestim
mung brau
ht es eine Uhr, d.h. einen mögli
hst periodis
hen Vorgang, dessen Periode eine
18
Zeiteinheit deniert. Die aktuelle Zeitdenition erfolgt über Atomfrequenzen, wobei man be
kannte Störungen (wie zum Beispiel den Einuss des Gravitationsfeldes) mögli
hst korrigiert.
Die Zeitdierenz zwis
hen zwei am Ort der Uhr stattndenden Ereignissen ist proportional
zur Anzahl der S
hwingungen zwis
hen den Ereignissen. Um den zeitli
hen Abstand zweier
Ereignisse an zwei vers
hiedenen Orten zu denieren, stellt man am anderen Ort eine glei
h
artige Uhr auf und syn
hronisiert die Uhren, indem man sie dur
h ein geeignetes Verfahren
glei
h stellt. Dies kann zum Beispiel mit einem elektromagnetis
hen Signal mit Laufzeitkor
rektur ges
hehen. Auf diese Weise ist der Begri der Glei
hzeitigkeit eingeführt. Legt der
Beoba
hter no
h einen (willkürli
h gewählten) Bezugspunkt für die Zeit fest, so kann er
einem Ereignis eine eindeutige Zeit zuordnen (89.1 Zeiteinheiten na
h dem Zeitursprung).
Bewegt si
h eine Uhr mit einer Ges
hwindigkeit v
relativ zu einer anderen Uhr, so
gehen die Uhren syn
hron. Nähert si
h die Relativges
hwindigkeit der Li
htges
hwindigkeit,
so verstrei
hen auf den beiden Uhren vers
hiedene Zeitdierenzen zwis
hen zwei Ereignissen.
Au
h der Begri der Glei
hzeitigkeit zweier Ereignisse hängt vom Bewegungszustand des Be
oba
hters ab. Bis auf das letzte Kapitel dieser Vorlesung werden wir allerdings von sol
hen
relativistis
hen Eekten absehen und folgendes Axiom als Arbeitshypothese benutzen:
Oder mit Newton: 'Die absolute, wahre und mathematis
he Zeit verieÿt an si
h und
vermöge ihrer Natur glei
hförmig und ohne Beziehung auf irgendeinen äuÿeren Gegenstand'.
Dabei lässt er oen, woher er seine absolute Zeit nimmt.
Mit diesem Axiom ist die Glei
hzeitigkeit zweier Ereignisse eine systemunabhängige Eigen
s
haft. Wir werden bei der Entwi
klung der Me
hanik weiter annehmen, daÿ der räumli
he
Abstand zweier Punkte absolute Bedeutung hat:
Newtons Formulierung 'Der absolute Raum bleibt vermöge seiner Natur und ohne Bezie
hung auf einen äuÿeren Gegenstand stets glei
h und unbewegli
h' lässt oen, wie er seinen
unbewegli
hen absoluten Raum von einem dagegen glei
hförmig bewegten Raum unters
hei
den könne.
Man sollte jedo
h in Erinnerung behalten, daÿ es qualitativ vers
hiedene Raumzeit-Modelle
gibt
Modelle, bei denen die Struktur von Raum und Zeit unabhängig von der
vorhandenen Materie ist.
Das Galilei-Newtons
he Modell mit einer absoluten Zeit, d.h. das Zeitmaÿ ist vom
Bezugssystem unabhängig. Bis auf das letzte Kapitel der Vorlesung werden wir
diese Annahmen treen.
Das Einstein-Poin
arés
he Modell, in dem das Zeitmaÿ vom Bezugssystem ab
hängt. Dieses Modell wird dur
h die spezielle Relativitätstheorie implementiert
und wird im letzten Kapite diskutiert. Das Galilei-Newtons
he Modell ist ein
Grenzfall desjenigen von Einstein und Poin
aré.
19
Modelle, bei denen die Struktur von Raum und Zeit dur
h die vorhan-
dene Materie bestimmt ist.
Die wi
htigste Theorie mit dieser Eigens
haft ist Einsteins Allgemeine Relativitäts
theorie. Sie ist eine Erweiterung der Newtons
hen Theorie und wird in dieser Vorle
sung ni
ht behandelt.
In der ersten Klasse von Raumzeitmodellen gibt es ausgezei
hnete Bezugssysteme. Ein sol
hes ist nahezu ideal oder inertial, wenn in ihm für einen hinrei
hend kräftefreien Körper
das Galileis
he Trägheitsgesetz hinrei
hend genau gilt, also wenn der Körper in seinem Zu
stand der Ruhe oder glei
hförmigen geradlinigen Bewegung beharrt. Für drei Massenpunkte,
die si
h auf ni
ht parallelen Geraden bewegen, s
heint dies eine leere Aussage zu sein, aber
für jede weitere kräftefreie Bewegung liefert dies eine operative Denition von Inertialsy
stemen. Innerhalb eines frei auf die Erde fallenden Kastens oder in einem weit weg von
Himmelskörpern antriebslos iegenden Raums
hi hat man in guter Näherung ein (lokales)
Inertialsystem.
In einem Bezugssystem, sei es nun inertial oder au
h ni
ht, führen wir Ortskoordinaten ein,
wel
he die Lage jedes Punktes im uns interessierenden Raum eindeutig
harakterisieren. Ein
lokales Ereignis ist dur
h die Angabe seines Ortes und seiner Zeit
harakterisiert und na
h
Wahl eines Bezugssystems und einer Uhr dur
h seine Ortskoordinaten und dur
h t. Wir
wollen die soeben an-diskutierten Begrie nun formalisieren und weiter analysieren.
1. Punkte P1 ; : : : ; Pm : Ein Punkt kann die Spitze eines Zirkels, der S hnittpunkt zweier
Die Existenz von Maÿstäben folgt aus der Annahme der Existenz von starren Körpern.
Dies sind Körper, die beim Vers
hieben oder Drehen in kongruente Körper übergehen. Oder
anders ausgedrü
kt, die an vers
hiedenen Raumpunkten bendli
hen materiellen Punkte
ändern ihre relativen Abstände und Winkel zueinander ni
ht. Wir idealisieren und setzen
unendli
h dünne Maÿstäbe voraus. Sol
he Maÿstäbe können addiert werden. Der Maÿstab
s2 wird zu s1 addiert, indem man s2 parallel zu si
h selbst vers
hiebt bis sein Anfangspunkt
A2 mit dem Endpunkt E1 des ersten Maÿstabes zusammenfällt. Dann ist A1 E2 der neue
Maÿstab s1 + s2 . Die Addition von Maÿstäben ist kommutativ. Falls A = E dann spre
hen
wir vom 'Nullmaÿstab' o. Addieren wir o zu einem Maÿstab s, dann erhalten wir wieder s.
Vertaus
hen wir End- und Anfangspunkt eines Maÿstabes, dann ergibt si
h der Maÿstab s
mit der Regel s + ( s) = o.
Wir können Maÿstäbe mit Zahlen multiplizieren, zum Beispiel
m s2 = s3
n s2 =)
oder s1 = 1
s
|1
+ : : : + s1 =
{z }
ns1 = s2 m s1 = n :
n mal
20
Damit ist die Multiplikation von Maÿstäben mit rationalen Zahlen erklärt. Mittels Stetigkeit
ergeben si
h die folgenden Regeln für reelle Zahlen:
(a + b)s = (as) + (bs); a(bs) = (ab)s;
1 s=s und a(s1 + s2 ) = (as1 ) + (as2 ):
Die Regeln implizieren, das Maÿstäbe einen Vektorraum V3 über den reellen Zahlen R bilden.
In der Literatur benutzt man au
h oft das Symbol ~s anstelle von s für einen Vektor. Wir
nennen Maÿstäbe linear unabhängig, falls keiner der Maÿstäbe eine Linearkombination der
übrigen Maÿstäbe ist. Mehr als drei Maÿstäbe sind in drei Dimensionen immer linear ab
hängig. Anderseits kann man in drei Dimensionen immer drei linear unabhängige Maÿstäbe
nden. Dann lässt si
h jeder Maÿstab s eindeutig als Linearkombination dieser Maÿstäbe
s
hreiben,
s = s1 e1 + s2 e2 + s3 e3 =
Xs i ei se: i i (2.1)
i
Das Tripel fe1 ; e2 ; e3 g bildet eine Basis des 3-dimensionalen Vektorraumes V3 . Wir haben
die Einsteins
he Summenkonvention benutzt, na
h der über doppelt auftretende Indizes
summiert wird. Von groÿer Bedeutung für die Physik sind die metris
hen Eigens
haften
von Punkten im Raum und Maÿstäben, bei denen es um die Bestimmung von Längen und
Winkel geht.
Längen- und Winkelmessungen: Wir können Längen nur verglei
hen, zum Beispiel mit
dem Urmeter, und ni
ht absolut angeben. Sei e ein 'Einheitsmaÿstab' und s ein beliebiger
Maÿstab. Man bringe die beiden Anfangspunkte zu De
kung und ri
hte die beiden Maÿstäbe
parallel aus. Dann ist
s = `e; ` = `(s; e) 0 (2.2)
und ` ist die Länge von s bezogen auf den Einheitsmaÿstab e. Man s
hreibt
l(s) = kske:
Mittels Zirkel und Lineal können wir zwei senkre
hte Maÿstäbe konstruieren oder Winkel
Halbierungen vornehmen. Winkel werden damit operativ erklärt.
Skalarprodukt: Längen und Winkel lassen si
h am besten mit Hilfe des Skalarproduktes
(inneren Produktes) zweier Maÿstäbe (Vektoren) bes
hreiben. Es seien s1 ; s2 2 V3 mit Län
gen `1 ; `2 und der Winkel zwis
hen den Maÿstäben. Dann ist das Skalarprodukt der
beiden Vektoren deniert dur
h
: V3 V3 ! R;
s1 s2 := `1 `2
os : (2.3)
Oft s
hreibt man au
h (s1 ; s2 ) für das Skalarprodukt. Das Skalarprodukt ist eine symmetri
s
he und positive Bilinearform auf dem Vektorraum V3 der Maÿstäbe:
symmetris
h:
s1 s2 = s2 s1
bilinear:
s (a1 s1 + a2 s2 ) = a1 s s1 + a2 s s2 ; (2.4)
positiv: 2
s s=` = s
2
kk
> 0 oder s = o:
Ist e1 ; e2 ; e3 eine Basis und s=
s s=
Xs s
si ei ein beliebiger Vektor, dann gilt
i j s s e e :
ei ej i j i j
ij
21
Die Koezienten si hängen von der gewählten Basis ab. Ersetzen wir zum Beispiel e1 dur
h
2e1 dann geht s1 in s1 =2 über. Wir werden auf diese Basisabhängigkeit der Koezienten
zurü
kkommen. Von besonderer Bedeutung sind die orthonormierten Basen
ei ej = Æij ; i; j = 1; 2; 3; (2.5)
für die ksk
2 glei
h der Quadratsumme der Koezienten in der Entwi
klung von s na
h ei
ist,
X
ss= s2i : (2.6)
i
Die reellen Koezienten si in dieser Entwi
klung heiÿen kartesis
he Koordinaten von s
bezügli
h der orthonormierten Basis ei ; i = 1; 2; 3. Bei vorgegebener Basis hat man die
ein-eindeutige Zuordnung zwis
hen Vektoren und Koordinatentripeln,
0s 1
s = s2 A :
1
s ! (2.7)
s3
Ist die Basis orthonormiert, dann sind die Koezienten si lei
ht zu bere
hnen,
X
si = ei s =) s = (ei s) ei : (2.8)
i
Meistens legt man bei der Basiswahl au
h no
h die Orientierung der Einheitsvektoren ei
fest. Eine positiv orientierte Basis bildet ein Re
htss
hraubensystem, vgl. Abbildung (2.1).
Eine Basis fei g heiÿt kartesis
h, falls sie positiv orientiert und orthonormal ist. Sein nun
6 e3
3 e2
-e1
O ein fester Raumpunkt und P ein beliebiger zweiter Punkt. Dann heiÿt der von O na
h P
zeigende Maÿstab
r(P ) = OP (2.9)
Ortsvektor von P bezügli
h O. Diese geometris
he Denition nimmt keinen Bezug auf eine
Basis. Für eine kartesis
he Basis ei in O, sind die Koezienten (x1 ; x2 ; x3 ) (x; y; z ) in der
Darstellung
r = xi ei xex + y ey + z ez (2.10)
22
die kartesis
hen Koordinaten von P bezügli
h O und fei g. Der Abstand des Punktes P von
O ist glei
h der Länge des Maÿstabes, r = krk. Entspre
hend gilt für den Abstand zweier
Punkte P; Q mit Ortsvektoren r; r0 und kartesis
hen Koordinaten xi und yi
(X
3
)1=2
kr rk=
0
(xi yi )2 : (2.11)
i=1
Dieser Abstand ist unabhängig von der Wahl des Ursprungs O und der kartesis
hen Basis.
Dies bedeutet, daÿ der euklidis
he Raum homogen und isotrop ist. Der Zahlenwert für den
Abstand hängt von der Wahl des Einheitsmaÿstabes ab und die Koordinaten sind ursprungs-
und basisabhängig.
Zwei Vektoren in a; b 2 V3 denieren einen dritten (Pseudo)Vektor über das bilineare s
hief
symmetris
he Vektorprodukt V3 V3 ! V3 :
Denition: a ^ b ist deniert dur
h
1. ka ^ bk = kak kbk sin
Hier ist der von den Vektoren a; b denierte Winkel. Das Vektorprodukt zwis
hen zwei
Vektoren vers
hwindet genau dann wenn sie linear abhängig sind. Aus der Denition folgt,
daÿ a ^ b = b ^ a gilt und daÿ das Produkt bilinear ist. Eine orthonormierte Basis fei g ist
genau dann positiv orientiert wenn
e1 ^ e2 = e3 ; e2 ^ e3 = e1 ; e3 ^ e1 = e2 : (2.12)
Sind a = ai ei und b = bi ei zwei beliebige Vektoren und ei eine kartesis
he Basis, dann ist
wegen der Linearität von ^ in beiden Argumenten
a^b (a2 b3
=
0 e a3be2)e1 e 1(a1b3 a3 b1 )e2 + (a1 b2 a2 b1 )e3
1 2 3
= det a1 a2 a3 A : (2.13)
b1 b2 b3
Der (Pseudo)Vektor a ^ b steht senkre
ht auf der von den Vektoren a und b aufgespannten
Ebene und seine Länge ist glei
h der Flä
he des aufgespannten Parallelogramms. Es gelten
die folgenden Identitäten
a ^ (b ^
) = (a
)b (a b)
a ^ (b ^
) + b ^ (
^ a) +
^ (a ^ b) = 0; (Ja
obi) (2.14)
(a ^ b) (
^ d) = (a
)(b d) (a d)(b
): (Lagrange)
Aus drei Vektoren a; b;
kann man das Spatprodukt (s
hiefe Produkt) bilden,
V3 V3 V3 ! R; a; b;
! [a; b;
℄ (a ^ b)
: (2.15)
Das Spatprodukt ist das orientierte Volumen des dur
h a; b;
aufgespannten Parallelepipeds.
Es vers
hwindet genau dann, wenn die drei Vektoren linear abhängig sind. Bezügli
h einer
kartesis
hen Basis gilt
0a a2 a3
1
1
[a; b;
℄ = det b1 b2 b3 A : (2.16)
1
2
3
23
K a^b
V
b F
K
: b
a
:
a
[e1 ; e2 ; e3 ℄ = 1 = ) [e ; e ; e
i j k℄ = ijk ; (2.17)
hat. Verjüngt man den Tensor über einen, zwei oder alle drei Indizes, so ergibt si h
ijk ipq = Æjp Ækq Æjq Ækp ; ijk ijp = 2Ækp ; ijk ijk = 6: (2.19)
24
Diese Annahme muss in der relativistis
hen Me
hanik aufgegeben werden, da Signalge
s
hwindigkeiten die Li
htges
hwindigkeit ni
ht übers
hreiten können. In der speziellen
Relativitätstheorie benutzt man Li
htsignale, um die Glei
hzeitigkeit von zwei räum
li
h getrennten Ereignissen zu denieren1 .
3. Um vom qualitativen früher, jetzt und später zu einem quantitativen Zeitmaÿ zu kom
men, brau
ht es einen periodis
hen physikalis
hen Vorgang, eine Uhr. Die periodis
hen
Vorgänge denieren ein Zeitintervall-Maÿ2. Ist T0 ein Zeit-Nullpunkt, T ein beliebiger
Zeitpunkt und et das zeitli
he Einheitsintervall (Sekunde, Stunde et
.) so gilt
T0 T = t et ; t 2 R: (2.21)
Man kann die Zeitmessung auf Längenmessungen zurü
kführen wenn man die Bewegung von
sehr kleinen freien Materiekörpern in Inertialsystemen untersu
ht. Sol
he Probekörper sind
hinrei
hend kleine Materiestü
ke ohne innere Struktur, die dur
h genügendes Entfernen von
der restli
hen Materie isoliert werden können und mit dieser ni
ht mehr we
hselwirken. In
der Natur gibt es bekanntli
h vier We
hselwirkungen von Materie aufeinander:
die Gravitation ,
der Elektromagnetismus,
die starke We
hselwirkung (Kernkräfte),
die s
hwa
he We
hselwirkung ( -Zerfall).
Die Rei
hweite der beiden letzten ist sehr klein, < 10 13
m, und sie können daher in der
makroskopis
hen Me
hanik verna
hlässigt werden. Die elektromagnetis
he We
hselwirkung
ist zwar langrei
hweitig, aber elektris
h neutrale Probekörper werden von elektromagneti
s
hen Einüssen abges
hirmt. Dagegen ist die Gravitation langrei
hweitig und universell,
das heiÿt jede Form von Energie und damit Materie (und Antimaterie) erzeugt ein Gra
vitationsfeld und das Gravitationsfeld wirkt auf alle Materie. Die Gravitation kann ni
ht
abges
hirmt werden und der Raum ist nur frei von Gravitationsfeldern, falls er au
h frei
von Materie ist. Hier kommt uns aber die Universalität der Gravitation zugute: In einem
räumli
h und zeitli
h homogenen Gravitationsfeld erfahren alle Materieteil
hen, unabhängig
von ihrer Zusammensetzung die glei
he Bes
hleunigung. In einem im S
hwerefeld frei fallen
des Raums
hi (Einsteins Fahrstuhl) erfahren elektromagnetis
h abges
hirmte Probekör
per keine Bes
hleunigung und wir können lokal die Gravitation 'abs
halten'. Die Erfahrung
lehrt uns, daÿ si
h in sol
hen Bezugssystemen von einem Punkt aus in vers
hiedene Ri
h
tungen ges
hossene Teil
hen auf Geraden bewegen. Ein System mit dieser Eigens
haft heiÿt
Inertialsystem .
Ein Inertialsystem wird realisiert dur
h ein 'frei fallendes' Raums
hi im S
hwerefeld, wobei
das Gravitationsfeld über die Ausdehnungen des Raums
hies konstant ist. Inertialsysteme
sind nur räumli
h und zeitli
h 'lokal' realisierbar.
1 Die heute gebräu
hli
hste Methode für Präzisionszeitverglei
he von Ereignissen an vers
hiedenen Orten
25
Nun können wir die Zeit- auf die Längenmessung zurü
kführen, indem wir folgenden Zeitmaÿ
denieren: In einem Inertialsystem legt ein freies Teil
hen in glei
hen Zeiten glei
he Stre
ken
zurü
k. Zum Beispiel könnten wir als Zeitmaÿ die Li
htsekunde nehmen, also die Zeit, die
ein Photon (Li
htteil
hen) brau
ht, um 2:998 : : : 108 m zurü
kzulegen.
Wir wählen nun ein Bezugssystem und zei
hnen darin einen Ursprung O aus. Dann können
die Punkte des dreidimensionalen Euklidis
hen Raumes bijektiv auf die Menge der Ortsvek
toren OP = r abgebildet werden. Na
h Wahl eines Zeitnullpunktes T0 und eines Zeitskala
wird jedes Ereignis dur
h ein Paar t; r bes
hrieben.
Nun folgen wir Euler und führen den idealisierten Begri des Massenpunktes oder des
Punktteil
hens ein. Dies ist ein Körper, für dessen Bewegung nur sein Ort relevant ist. Bei
spielsweise kann man die Erde bei der Bere
hnung ihrer Bahn um die Sonne in sehr guter
Näherung dur
h einen Massenpunkt in ihrem S
hwerpunkt ersetzen. Sobald man si
h aber
für Eigens
haften interessiert die mit ihrer Ni
htstarrheit und Eigenrotation verknüpft sind,
müssen wir die Punktteil
hennäherung aufgeben. Die Bewegung eines Massenpunktes ist eine
Kette von Ereignissen und wird dur
h eine über einen Zeitintervall denierte Vektorfunkti
on r(t) bes
hrieben. Es ist oft vorteilhaft ein re
htwinkliges kartesis
hes Koordinatensystem
im Euklidis
hen Raum zu benutzen. Die orthonormierten Basisvektoren des Koordinatensy
stems werden mit
e1 ; e2 ; e3 oder mit ex ; ey ; ez
bezei
hnet. Ein Ortsvektor wird dann dur
h die kartesis
hen Komponenten (x1 ; x2 ; x3 ) =
eindeutig
harakterisiert,
(x; y; z )
26
Für allgemeinere, bes
hleunigte Bewegungen denieren wir die (basisunabhängige) Ges
hwin
digkeit dur
h einen Grenzprozess. Der Massenpunkt bende si
h zur Zeit t in dem dur
h
den Ortsvektor r(t) gekennzei
hneten Punkt P , und na
h der Zeitspanne t in dem dur
h
r(t +t) = r(t)+r bestimmten Punkt P 0 , d.h. die Verrü
kung des Massenpunktes während
des Zeitintervalls t ist P P 0 = r. Die auf die Zeiteinheit bezogene (mittlere) Verrü
kung
ist dur
h den Vektor
r = r( + ) r( )t t t
(2.26)
t t
gegeben. Sie hängt von der Zeit t und der gewählten Zeitspanne t ab. Den von t un
abhängigen Vektor der Ges
hwindigkeit v(t) ndet man dann als Grenzwert von (2.26) für
t ! 0,
= lim!0 r( + ) r( )
vr _ d
dt
r
t
t t
t
t
: (2.27)
v( ) = ( )e = _ ( )e also
t vi t i ( )= _ ( )
xi t i vi t xi t : (2.28)
Die Ges
hwindigkeiten bilden einen 3-dimensionalen Vektorraum3 .
Es seien I und I 0 zwei beliebige Inertialsysteme mit glei
her Zeiteinheit und glei
hem Län
genmaÿstab, also et = e0t und e = e0 und zunä
hst glei
hem Zeitursprung T0 = T00 .
Die Ursprünge O; O0 brau
hen aber ni
ht übereinzustimmen. Zum Beispiel könnte O ein
Punkt auf dem Gehsteig und O0 ein Punkt auf dem vorbeifahrenden Zug sein. Ein und
dasselbe freie Teil
hen, wel
hes si
h zur Zeit t am Ort P (t) aufhält, hat in I und I 0 die
Ortsvektoren
r()=t OP t ( ) = r(0) + v t und r0 (t) = O0 P (t) = r0 (0) + v0 t: (2.29)
Hieraus folgt
OO
0= ( )+ ( ) 0 =
OP t P t O OP t () 0 ( ) = r(0)
O P t r0 (0) + (v v0 )
t:
Die Vektoren
a = r(0) r0 (0) und u = v v0
3 Dies ist ni ht mehr der Fall in der relativistis hen Me hanik, in der si h Ges hwindigkeiten ni ht mehr
einfa h addieren.
27
e3
0
O
7e 0
2
P
y r0
:
e3 6
e1 0
*0
O
r
e2
> OO0
-e
O 1
Abbildung 2.3: Es werden zwei Inertialsysteme I; I 0 betra
htet, deren Ursprünge O und O0
dur
h den zeitabhängigen Vektor OO0 verbunden sind. Demselben Raumpunkt P werden
dur
h eine (t-unabhängige) räumli
he Translation a gegeneinander vers
hoben sind und/oder
si
h mit konstanter Ges
hwindigkeit u relativ zueinander bewegen.
Eine äquivalente Formulierung ist:
Hat ein Teil
hen in einem beliebigen Inertialsystem I 0 den Ortsvektor r (t) = r (0) + v t, so
0 0 0
Wir haben dabei nur die Bes
hreibung der Bewegung des Massenteil
hens geändert und ni
ht
die Bewegung selbst (passive Transformation). Die Menge der räumli
hen Translationen
r ! r = r + a bildet eine 3-parametrige kommutative Gruppe. Ebenso erzeugen die Menge
0 0
Gruppe.
Nun wollen wir annehmen, dass die Zeit- und Ortsursprünge der Inertialsysteme zusammen
fallen, a = 0, und sie keine Relativges
hwindigkeit u haben. Dann können die kartesis
hen
Basen in I und I 0 no
h vers
hieden sein. Wir untersu
hen die lineare Transformation R
wel
he zwis
hen den beiden Basen vermittelt,
e R! e
i
0
i =( e ; e )e R e =) R
j
0
i j ji j ji = e e :
j
0
i (2.31)
28
Die Umkehrtransformation lautet oensi
htli
h
Nun bes
hreiben wir einen festen Ortsvektor r = OP bezügli
h den beiden Basen,
r = xi ei = xj ej ; 0 0
(2.33)
d.h. wir interpretieren die Drehung passiv wie in der linken Figur der folgenden Abbildung.
e
62 e
62
I
r0
e2 r e2
o
0 x2
o
0
R
>
e1 0
R >
e1
0
x01 1
x2
0
K
R
K r
- -
x1 e1 e1
0x 1 0x 1 0
r = x2 A = x2 A :
1 1
und r 0 0
x3 x03
29
In Matrixs
hreibweise nehmen diese Bedingungen folgende kompakte Form an,
= 1l: (2.37)
T T
RR = R R
Die transponierte Matrix RT ist also glei
h der inversen Matrix. Wegen det RT = det R folgt
dann det R det R = 1 oder au
h
R
T
= R
1
und det R = 1 : (2.38)
Da R
T
R eine symmetris
he Matrix ist, ergeben die Glei
hungen (2.37) 6 Bedingungen für
die 9 Koezienten Rij , von denen also nur 3 voneinander unabhängig sind.
Eine Drehung kann passiv oder aktiv interpretiert werden. Betra
hten wir einen festgehalte
nen Punkt P mit Ortsvektor r = OP von zwei gegeneinander gedrehten Basissystemen aus,
wie soeben ges
hehen, dann handelt es si
h um eine passive Transformation . Die Drehung
der kartesis
hen Basis
e R! e0 =
i i Rji j e (2.39)
wird dann dur
h die entspre
hende Drehung der Koordinaten
xi ! xi
0 = Rji xj oder r 0 = R
T
r (2.40)
kompensiert, so dass (2.33) gilt. Die Koordinatentransformation (2.40) ist wegen (2.38) äqui
valent zu (2.36). Bei einer passiven Drehung wird ein fester physikalis
hen Vorgang von zwei
gegeneinander gedrehten Koordinatensystemen aus bes
hrieben. Man ändert sozusagen nur
die Si
htweise.
Dagegen wird bei einer aktiven Transformation das Koordinatensystem festgehalten und die
materiellen Körper bewegt. Aus der bekannten Transformation (2.31) für die Basisvektoren ei
unter Drehungen folgt unmittelbar die Transformationsregel für einen beliebigen Ortsvektor,
r = e ! r0 = R r = Re
xi i xi i
(2:31)
= xi Rji j e 0e xj j ;
wie in der re
hten Figur in der Abbildung (2.4) dargestellt. Bei aktiven Drehungen transfor
mieren die kartesis
hen Koordinaten also wie folgt,
xi ! xi
0 = Rij xj oder r 0 = Rr ; (2.41)
also umkehrt wie bei passiv interpretierten Drehungen, siehe (2.40).
Passiv und aktiv interpretierte Drehungen sind bei festen kartesis
hen Basen dur
h die Trans
formationen (2.36,2.41) eindeutig bestimmt. Wir können Drehungen also immer als Trans
formation der (kartesis
hen) Koordinaten ansehen. Die Drehungen
R : r0
! r = r 0 mit r r = r 0 r 0 R (2.42)
sind Elemente der 3-parametrigen ni
htkommutative orthogonale Gruppe (3): O
Die Drehungen mit det R = 1 denieren eine Untergruppe, die spezielle orthogonale Gruppe
S O (3), da wegen (2.38) det R
1
= det R ist. Sie erhalten die Orientierung und heiÿen eigent
li
he Drehungen . Die uneigentli
hen Drehungen oder Spiegelungen ändern die Orientierung.
Zum Beispiel ist die Raumspiegelung
0 1 0 0
1
P = 0 1 0 A
0 0 1
30
uneigentli
h. Da die Einheitsmatrix in SO(3) liegt, bilden die uneigentli
hen Drehungen
keine Untergruppe. Es gilt
O(3) = SO(3) [ P SO(3): (2.43)
Für eine explizite Parametrisierung von eigentli
hen Drehungen benutzt man den
Satz 1 (Euler) Jede eigentli
he Drehung (spezielle orthogonale Abbildung) besitzt eine Dreh
a
hse, d.h. einen 1-dimensionalen Unterraum aus lauter Fixpunkten.
Wir müssen zeigen, daÿ Rn = n für ein n 6= 0 lösbar ist, oder daÿ n im Kern von R 1l
liegt. Die von n denierte Gerade ist dann die Dreha
hse von R. Eine Lösung existiert genau
dann, wenn R 1l den Eigenwert 0 hat oder wenn det(R 1l) = 0 ist. Wegen
T = det(R 1
det(R 1l) = det(R 1l) 1l) = det R 1 (1l R)
1
= det R det(1l R) = det(1l R) = det(R 1l)
ist dies der Fall. Für eine explizite Parametrisierung von Drehungen um eine A
hse, deniert
dur
h den Einheitsvektor n , um den Winkel betra
hte man die Figur (2.5) Man sieht,
n ^r n ^ (n ^ r )
j *
...............
............
-
.......
......
...
6 7
n ; r )n
( - Rr r
n6
31
Transformationen zwis
hen den zwei Koordinatensystemen mögli
h:
Drehung der ei e0
i = Rji ej t = t0 r = Rr 0
Dabei bezei
hnen a und u die den konstanten Vektoren a und u zugeordneten Tripel,
0 1 0 1
a1 u1
a = a2 A und u = u2 A :
a3 u3
0 0 0 0 0
(; a ; u ; R)( ; a ; u ; R ) = + ; a + Ra + u ; u + Ru ; RR :
0 0 0 0 (2.47)
In der relativistis
hen Me
hanik werden die Galilei- dur
h die Poin
aré-Transformationen
abgelöst und die Galileitransformationen mit = 0 und a = o dur
h die Lorentztransfor
mationen.
Der erste Teil des Galileis
hen Relativitätprinzips bes
hreibt die physikalis
he Darstellung
ein und desselben Vorgangs von vers
hiedenen Inertialsystemen aus:
32
Äquivalenz von Inertialsystemen: Me
hanis
he Vorgänge laufen von vers
hiedenen In
ertialsystemen aus gesehen 'glei
hartig' ab, d.h. sie können si
h in ihrer quantitativen Be
s
hreibung nur dur
h eine Galileitransformation (; a ; u ; R) unters
heiden.
Hier werden die Transformationen als passive Transformationen interpretiert. Die Vorgänge
werden von zwei Experimentatoren in I und I dur
h Gesetze der glei
hen Form bes
hrieben
0
(Kovarianz). Beide wenden Newtons Axiome an; dabei verknüpft die Galileitransformati
on die Orts- und Zeitkoordinaten, wel
he einem festen Ereignis in beiden Inertialsystemen
zugeordnet werden.
Der zweite Teil des Äquivalenzprinzips besagt, daÿ ein Vorgang, der in irgendeinem Iner
tialsystem mögli
h ist, in derselben quantitativen Form au
h in jedem fest vorgegebenen
Inertialsystem im Prinzip realisierbar ist:
Äquivalenz von Vorgängen in einem Inertialsystem: Ist in einem gegebenen Inertial
system ein bestimmter Vorgang realisierbar, so sind in diesem System im Prinzip au
h alle
Vorgänge realisierbar, die si
h in ihrer Bes
hreibung dur
h Galileitransformationen unter
s
heiden.
Hier interpretieren wir die Transformationen aktiv. Man betra
htet zwei physikalis
he Sy
steme innerhalb eines Inertialsystems, wel
he dur
h eine Galileitransformation auseinander
hervorgehen. Die Vorgänge in beiden physikalis
hen Systemen werden dur
h Gesetze der
glei
hen Form bes
hrieben (Kovarianz).
Als Beispiel betra
hten wir die Bewegung eines freien Teil
hens, das si
h in jedem Inertialsy
stemen unbes
hleunigt längs Geraden bewegt. In jedem sol
hen ausgezei
hneten Systemen
lautet seine Bewegungsglei
hung
mr
= 0; (2.49)
wobei m die träge Masse des Teil
hens bezei
hnet4 . Diese ist invariant unter Galileitransfor
mationen. Um dies explizit zu sehen untersu
hen wir die Transformation der Ges
hwindig
keiten. Mit (2.46) gilt
dt = dt0 und dr = u dt 0
+ Rdr :
0
Wie erwartet ist das 1. Newtons
he Axiom kovariant unter allgemeinen Galileitransforma
tionen
mr
(t) = 0 () mr 0 0
(t ) = 0:
33
Eigens
haften eines physikalis
hen Systems. Wir werden später beweisen, daÿ zu jedem der
10 Parameter der Galileigruppe eine erhaltene Gröÿe gehört. Dies ist der Inhalt eines Satzes
von Emmy Noether. Folgende Symmetrien bedingen folgende Erhaltungsgröÿen:
Zeittranslationen ! Energieerhaltung
Raumtranslationen ! Impulserhaltung
Spezielle Galileiinvarianz ! konstante S
hwerpunktsbewegung
Drehinvarianz ! Drehimpulserhaltung.
Wir betonen no
h einmal, daÿ die Bewegungglei
hung für ein freies Teil
hen in jedem System
die Form
_ =0
p
p = pi ei ; p ;
p 3
da nur in diesen Systemen O unbes
hleunigt ist und die Basisvektoren ei ni
ht rotieren.
Wir wählen ein Bezugssystem mit Ursprung O und vorerst orthonormierten Maÿstäben ei .
Die Bewegung eines Massenpunktes P ist bekannt, wenn der Ortsvektor r(t) als Funktion
der Zeit bekannt ist
r = r( ) t : (2.51)
Bei festgelegter Basis ist die Bewegung dur
h die Koordinatenfunktionen xi (t) in der Zerle
gung
r ( ) = ( )e
t xi t i (2.52)
eindeutig bestimmt. Wir nehmen an, daÿ diese Funktionen mindestens zweimal dierenzier
bar sind. Die Raumkurve r(t) heiÿt au
h Bahnkurve des Massenpunktes.
Der von t abhängige Vektor der Ges
hwindigkeit (siehe Abs
hnitt 2.4.1)
v = r_ = lim!0 r( + ) r( )
t
t t
t
t
(2.53)
ergibt si
h als Grenzlage der Sekante dur
h die Vektoren r(t + t) und r(t) pro Zeitintervall
t im Grenzfall t ! 0. Damit ist die Ges
hwindigkeit v(t) tangential an der Bahnkurve
34
................................ ................................
K = v vt
K
.................. ..................
.............. .............
.......... ..........
.........
..........
.......
.......
......
........
.......
......
t
..... .....
M +
..... .....
.... .....
.... ....
.... t t ....
... ...
... ...
... ...
3
... ...
... ...
+
... ..
... ...
... ...
r r
()
.. ...
r ....... r t
..
..
..
... ...
:
... ..
.. ..
... ..
.. ..
. .
. t
.
. .....
.
. ...
.
.
..
.. ...
r .. ....
.
0 0
.
. .
.
. ..
Bahnkurve Bahnkurve
am Punkt r(t). Auf Bahnpunkten wo v = 0 können wir den Ges
hwindigkeitsvektor in seinen 6
Betrag und Tangenteneinheitsvektor zerlegen, t,
Führen wir die Bogenlänge s (au
h als natürli
her Parameter bezei
hnet) des Kurvenstü
kes
von P0 bis P1 ein (siehe Abbildung 2.7),
i t
.....................................................
.......................
..................
.............. s 1
7
..............
............
..........
...........
........
.......
.......
P 1 ......
.....
......
......
......
..... Bogen-
.....
....
.....
.... länge
....
....
....
...
...
...
...
...
...
:
...
r1 ...
...
...
... s
... 0
..
..
..
P ......
0 ...
...
..
r0 ..
..
...
..
..
..
O Kurve C
Abbildung 2.7: Zur Bogenlänge
Z
=k k =) = k _k =
s1
s C ( )= ds; ds dr
ds
dt
r v; (2.55)
s0
v = dr
dt
= dr ds
ds dt
=t v: (2.56)
woraus wir entnehmen, daÿ der Tangenteneinheitsvektor t die 'Ges
hwindigkeit' der Bahn
mit der Bogenlänge als 'Zeit' ist.
35
Der Vektor der Bes
hleunigung ist die zeitli
he Änderung des Ges
hwindigkeitsvektors,
Der Bes
hleunigungsvektor ist tangential am Hodographen , daÿ heiÿt an der Kurve t ! v(t).
Wir gebrau
hen die Darstellung (2.54) und nden
Im letzten Term ersetzen wir die Ableitung na h der Zeit dur h die na h der Bogenlänge,
t_ = dt ds = v dt vt0 ;
ds dt ds
wobei der Stri
h die Ableitung na
h s kennzei
hnet. Die Änderung des Tangenteneinheits
vektors zerlegen wir na
h seinem Betrag und seiner Ri
htung,
d2 r
t0 = kt0 k =
2
;
dt
ds
= n = n=R;
ds
n n = 1; (2.59)
sowie t ? t_, dann können wir die Krümmung der Kurve am Punkte r(t) folgendermaÿen
s
hreiben:
= kt ^ t0 k =
kr_ ^ r k : (2.60)
kr_ k3
Die re
hte Seite ist unabhängig von der Parametrisierung der Kurve.
Dur
h Einsetzen von (2.59) in (2.58) ergibt si
h die Bes
hleunigung
2
a = v_ = v_ t + vR n: (2.61)
Damit ist der Bes
hleunigungsvektor zerlegt in einen Anteil der von der Betragsänderung
der Ges
hwindigkeit herrührt und einen Anteil, dessen Ursa
he die Ri
htungsänderung der
Ges
hwindigkeit ist. Für Planeten auf Kreisbahnen ist v_ = 0; kak = v 2 =R und für Elektronen
im Linearbes
hleuniger ist R = 1; kak = v_ .
Der Einheitsvektor n steht senkre
ht auf dem Tangentenvektor, da
36
Die dur
h die orthonormalen Vektoren t; n aufgespannte Ebene heiÿt S
hmiegebene der Bahn
kurve. Sie ist diejenige Ebene, in wel
her der S
hmiegkreis mit Radius R = 1= liegt. Man
kann diese zwei Vektoren no
h dur
h den Binormaleneinheitsvektor b = t ^ n ergänzen. Die
orthonormalen Vektoren
t ; n; b = t ^ n
sind das begleitende Dreibein. Es deniert das so-genannte natürli
he Koordinatensystem für
Ges
hwindigkeit und Bes
hleunigung.
Der Vollständigkeit halber diskutieren wir no
h die Torsion einer Kurve . In jedem Punkt
der Kurve, in dem die Krümmung ni
ht vers
hwindet, denieren
ft; n; bg ft1; t2 ; t3 g
ein positiv orientiertes orthonormiertes System. Damit ist Ableitung von ti na
h dem Bo
genparameter eine Linearkombination der tj ,
X
t0i = aij tj :
j
Wegen (2.59) ist die erste Zeile der Matrix (aij ) glei
h (0; ; 0). Weiterhin ist diese Matrix
antisymmetris
h,
ti tj = Æij = )t t 0
i j + ti t 0
j = aij + aji = 0;
Die Funktion ! (s) heiÿt Torsion oder Windung der Kurve. Sie ist ein Maÿ für die Ges
hwin
digkeit, mit der si
h die S
hmiegebene dreht. Bei ebenen Kurven vers
hwindet die Torsion
identis
h. Sie tritt in den Frenets
hen Formeln
t0 (s) = k (s)n(s)
n0 (s) = k (s)t(s) + ! (s)b(s)
b0 (s) = ! (s)n(s);
einem System von 9 linearen Dierentialglei
hungen erster Ordnung, auf. Für beliebige Pa
rameter, und insbesondere der Zeit, ist die Torsion
[v; a; a
_℄
!= :
(v ^a)2
In kartesis
hen Koordinaten sind die Koordinatenlinien Geraden. Oft ist es jedo
h hilfrei
h,
die Koordinaten dem physikalis
hen Problem anzupassen und krummlinige Koordinaten zu
wählen. Dann ändern die Basisvektoren und Koordinatenlinien ihre Ri
htung. Stehen die
37
Koordinatenlinien senkre
ht aufeinander, so spri
ht man von re
htwinkligen krummlinigen
Koordinaten. Zum Beispiel sind die Zylinderkoordinaten (; ; z ) deniert dur
h
x = x1 =
os '; y = x2 = sin '; z = x3 = z (2.64)
und die Kugelkoordinaten (r; ; ) in
x1 = r sin
os '; x2 = r sin sin '; x3 = r
os (2.65)
re
htwinklig. Für kartesis
he Basen und Koordinaten ist ea = ea und xa = xa und wir
brau
hen ni
ht zwis
hen unteren und oberen Indizes zu unters
heiden. Zur besseren Unter
s
heidung indizieren wir in diesem Abs
hnitt die kartesis
hen Gröÿen mit den Anfangsbu
h
staben des Alphabets. Für Gröÿen die si
h auf krummlinige Koordinatensysteme beziehen
muss man zwis
hen unteren und oberen Indizes unters
heiden: Koordinaten haben obere
Indizes. Wir betra
hten ein Koordinatentripel
q i = q i (x1 ; x2 ; x3 ) (2.66)
und wollen voraussetzen, dass die Umkehrtransformation
xa = xa (q 1 ; q 2 ; q 3 ): (2.67)
existiert. Na
h dem Theorem über implizite Funktionen ist dies der Fall, wenn die Determi
nante der Transformationsmatrix
q i
eai = (2.68)
xa
ni
ht vers
hwindet. Die inverse Transformationsmatrix
xa
ei a = mit eja eai = Æj i und ebi ei a a
= Æb ; (2.69)
q i
ist dann ebenfalls regulär. Wir wollen au
h voraussetzen, daÿ die Transformation (2.67) die
Orientierung erhält, oder daÿ
1
e = det(ei a ) = > 0: (2.70)
det(eai )
deniert werden, die si
h tangential an die Koordinatenlinien q i ans
hmiegen. Zum anderen
können über Gradientenbildung kontravariante Basisvektoren
i
g = rq i = e
a q i = ea e i (2.72)
xa a
eingeführt werden, die auf den Niveauä
hen q i =
onst. senkre
ht stehen, siehe Abbildung
(2.8).
38
gi gi ..
..
...
qi - Koordinatenlinie
...
M Æ .......
...
..
...
..
...
....
.
...
...
...
...
...
.
.
...
...
..
...
.
...
.
...
..
...
..
...
...
.
.
...
...
...
... I
...
.
.
...
...
..
...
...
.
.
...
qi=
onst
..
..
.
.
...
...
... Niveauä
he
..
...
..
...
...
..
Im Gegensatz zur kartesis
hen Basis fea = ea g sind die ortsabhängigen Basen fgi g und fgi g
vers
hieden. Für re
htwinklige Systeme sind sie no
h parallel, gi jjg i . Die Skalarprodukte
gij = gi gj = ei a eja = gji und g ij =g
i g j = e i eaj = g ji
a (2.73)
sind ortsabhängig, da die Basisvektoren ortsabhängig sind. Die Matrix gij ist der metris
he
Fundamentaltensor . Invariant sind demgegenüber die Skalarprodukte von kovarianten und
kontravarianten Basisvektoren
i a i q i i
gj g = ej ea = = Æj : (2.74)
q j
Ein beliebiger Vektor kann als Linearkombination der kartesis
hen, kontra- oder kovarianten
Basisvektoren ges
hrieben werden,
a
u = u ea = u gi = ui g
i i (2.75)
wobei si
h mit (2.74) die Koezienten als Skalarprodukte von u mit den Basisvektoren
s
hreiben lassen,
ua = u e = u ei
a = e iu
a i
a i
ui =
i a i ij
g u = u ea = g uj (2.76)
ui =
a j
gi u = ei ua = gij u :
Wir können also kovariante Indi
es lei
ht in kovariante oder kartesis
he umre
hnen und um
gekehrt. Insbesondere ist (gij ) die zu (g jk ) inverse Matrix, wie man au
h direkt na
hre
hnen
kann:
gij g jk = (gi gj )(g j g k ) = gi g k = Æik : (2.77)
Das Skalarprodukt zweier Vektoren u und v ist
a
u v = u va = gij u v = g ui vj :
i j ij (2.78)
Die symmetris
he Matrix gij bestimmt die Längenmessung in den gewählten krummlinigen
Koordinaten,
dr = gi dq i =) ds2 = dr dr = gij dq i dq j ; (2.79)
39
und dieser wi
htigen Eigens
haft verdankt sie ihren Namen: metris
her Tensor. Das von den
drei innitesimalen Vektoren
r g
1
d 1 = 1 dq ; r g
d 2 = 2 dq
2
und r
d 3 = 3 dq g 3
aufgespannte Parallelepipedon hat ein Volumen proportional zum Spatprodukt der kovari
anten Basisvektoren,
dV = r r r g g g 1 2 3 a b
e e e1 2 3
[d 1 ; d 2 ; d 3 ℄ = [ 1 ; 2 ; 3 ℄ dq dq dq = e1 e2 e3 [ a ; b ;
℄ dq dq dq
=
1 2 3 a
ab
e1a e2b e3 dq dq dq = det ei dq dq dq = g dq 1 dq 2 dq 3 ;
1 2 3 p
wobei g die Determinante des metris
hen Tensors gij bezei
hnet. Im letzten S
hritt ma
hten
p
wir von (2.73) Gebrau
h, d.h. von e = g . Um die Volumenform
dV =
pg dq1 dq2 dq3 ; g = det gij
(2.80)
zu erhalten, muss man also das Produkt der Dierentiale no
h mit der Wurzel der Determi
nante g des metris
hen Fundamentaltensors im betreenden Koordinatensystem multiplizie
ren. Insbesonders haben wir bewiesen, daÿ
g g g
[ 1; 2; 3℄ = e = ) [gi ; gj ; gk ℄ = e ijk ijk ; e= pg (2.81)
gilt. Diese Formel für das Spatprodukt der kovarianten Basisvektoren ist korrekt für beide
Orientierungen der kovarianten Basisvektoren. Für ein ni
ht-positiv orientiertes Tripel ist e =
pg < 0. Hier haben wir den total antisymmetris
hen Levi-Civita Tensor dritter Stufe ijk
eingeführt. Dur
h 'ho
hziehen' der Indizes mit der Metrik erhält man den entspre
henden
kontravarianten Tensor
g g g
ijk = [ i ; j ; k ℄ = det(e i ) 1
a ijk = e ijk ijk : (2.82)
Entspre
hend können die Flä
hen des das Volumenelements dV bildenden Parallelepipedons
als vektorielle Flä
henelemente angesehen werden, beispielsweise
d A1 = dr2 ^ dr3 = g2 ^ g3 dq2 dq2
Der Vektor g2 ^ g3 hat ein vers
hwindendes Skalarprodukt mit g2 und g3 und muss daher
proportional zu g1 sein,
g2 ^ g3 = C g1 =) [g1 ; g2 ; g3 ℄ = e = C:
Wir s
hlieÿen, daÿ
gi ^ gj = ijk gk : (2.83)
Die geri
hteten Flä
henelemente haben damit die Form
d A1 = e g1dq2 dq3 ; d A2 = e g2 dq3 dq1 und d A3 = e g3 dq1 dq2 : (2.84)
Zum Beispiel steht dA1 senkre
ht auf den Niveauä
hen q 1 =
onst.
40
2.6.2 Dierentialoperatoren
Für viele Re
hnungen, insbesondere in der Elektrodynamik, ist es nützli
h die gängigsten
Dierentialoperatoren in beliebigen krummlinigen Koordinatensystemen zu kennen.
Gradient: Der Gradient ist deniert dur
h
df = r r ) r = ea
d f f a f = ea ea i f
i = gi i f; a = x
a; i = q
i:
r a = lim 1 Z
Aa (2.87)
V !0
d :
V V
q
1 A1 ..
..
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1
... ..
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... q .... .
. .
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... .. .
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..
........................... ... ..
. .
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. .
. .
. ....................
....................... .
.... .. .
. .........................
3
.................... .. . .........................
.
2
............... ..
................. .... .. .................
.............. .
.
. .
.
. ..
..
..
..
..
................
.
............. .. .......
q ............. .... .. ..............
2
............ .. ............ q
........... .. ............
..........
... ..........
...........
.. ..........
.......... ...........
3
.......... .
.. ..
..
..
..
. q
.......... . .......
......... .... .................
..............
q ...
Wir bere
hnen den Beitrag der in Abbildung (2.9) gekennzei
hneten Flä
hen zum Oberä
henintegral. Mit dA aus (2.84) und a = ai gi nden wir dA a = e (a1 dq 2 dq 3 + a2 dq 3 dq 1 +
3 1 2
a dq dq ), und damit ist dieser Beitrag
n o
( 1)( 1 + 1 2 3) ( 1)( 1 2 3) 2 3 1 dq1 dq2 dq3 :
ea q q ;q ;q ea q ;q ;q q q
q
1 ea
Dividieren wir dur
h V = e dq 1 dq 2 dq 3 , dann erhalten wir für den Beitrag der beiden
gekennzei
hneten Flä
hen zur re
hten Seite in (2.87)
1 1 ):
1 (ea
e q
41
Berü
ksi
htigen wir nun no
h die beiden anderen Terme von den Flä
hen mit konstantem
q 2 beziehungsweise q 3 , so nden wir
Auf der gekennzei
hneten unteren innitesimalen Flä
he in (2.9) bedeutet dies
g (r ^ a) q2a2 (q1; q2; q3) a2(q1 ; q2; q3 +q3)
e q2 q3 1
+ q3 a3 (q1; q2 +q2; q3) a3(q1; q2; q3 ) ;
oder na
hdem wir die Dierenzen auf der re
hten Seite in q 3 beziehungsweise in q 2
entwi
keln,
g (r ^ a) = a
e 1
3
q 2
a2
q 3
bzw. g1 (r ^ a) = 1jk a k
q j
;
wobei der total antisymmetris
he Tensor ijk s
hon in der Formel (2.82) auftrat. Mit den
analogen Resultaten für die verbleibenden Komponenten erhalten wir folgende Formel für
die Rotation eines Vektorfeldes in beliebigen krummlinigen Koordinaten:
r ^ a = gi ijk a k
q j
(2.90)
Lapla
e-Operator: Um den Lapla
e-Operator zu bere
hnen, bilden wir zuerst den Gra
dienten einer Funktion f und dana
h die Divergenz des so gewonnenen Vektorfeldes rf ,
woraus si
h
4 = p1 g q i
pggij
q j
(2.91)
ist. Dann sind die gi und gi parallel zueinander (die Koordinatenlinien s
hneiden die Koor
dinatenä
hen senkre
ht) und die Vektoren
42
bilden ein Orthonormalsystem. Entspre
hend hat das Wegelement dr von fq g na
h fq +dq g
i i i
die Form
X
dr = i ei dq i : (2.94)
i
Es bietet si
h nun an, ein Vektorfeld na
h der orthonormierten Basis ei = ei anstelle der
kovarianten Basis gi zu entwi
keln,
X
a = ai gi = ai g i = a~i ei =) a~i = i ai ; ai = i a~i : (2.95)
i
h
(2 3 a~1 ) (1 3 a~2 ) (1 2 a~3 ) i
r a = 1 q 1
+
q 2
+
q 3
; (2.97)
1 2 3
Wir wollen die Bewegung eines Punktteil
hens in beliebigen (mögli
hst angepassten) Koor
dinaten bes
hreiben. Wegen dr = dq i gi ist die Ges
hwindigkeit
dr
v= = q_ gi (2.100)
i
dt
und die Bes
hleunigung
a = v_ = r = q i gi + q_i g_ i : (2.101)
Für re
htwinklige Koordinatensysteme lassen si
h die Glei
hungen für Ges
hwindigkeit und
Bes
hleunigung wie folgt vereinfa
hen:
X
r_ = q_i i ei (2.102)
i
und
X n d i o
r= (q_ i ) ei + q_ i e_ i : (2.103)
i
i
dt
43
Da die ei orthonormiert sind, steht e_ i senkre
ht auf ei .
Zylinderkoordinaten: Oft gebrau
ht werden die Zylinder- und Kugelkoordinaten. Für die
Zylinderkoordinaten (2.64) ist das Linienelement
= dr dr = d2 + 2 d'2 + dz 2 ds2
bere
hnen si
h die kovarianten Basisvektoren dur
h Ableiten von r na
h den Zylinderkoor
dinaten. Normiert man diese, so ergibt si
h folgende orthonormierte Basis,
r
e = = =
os ' ex + sin ' ey
g
x3
6 ez 6 x3
6 er
z
: :
.... .
...
... ...
.... ....
..... .....
...... ......
..
..
.
..
......... ..
..
..
.........
.......... .
...........
............. .............
................
..................
........................
e' ..............
..................
........................
e'
..................................... .....................................
r
s r
U
................
......
e ....
....
.
e
- -
........................ ' ...........
................................................
x2 ........................
' ............................
...............................
x2
x1
x
1
_ = _ e + '_ e' + z_ ez
r
r = '_ 2 e + ' + 2_ '_ e' + zez : (2.105)
Kugelkoordinaten: Für die Kugelkoordinaten (2.65) ist
r = r sin
os ' ex + r sin sin ' ey + r
os ez (2.106)
und man ndet das Linienelement
ds2 = dr dr = dr2 + r2 d2 + r2 sin2 d'2 ; (2.107)
44
so daÿ r = 1; = r und ' = r sin . Dur
h Ableiten von dr na
h den Kugelkoordinaten
und ans
hlieÿender Normierung ndet man die orthogonalen Einheitsvektoren
er = sin
os ' ex + sin sin ' ey +
os ez
e =
os
os ' ex +
os sin ' ey sin ez ; (2.108)
e' = sin ' ex +
os ' ey ;
siehe Abbildung (2.10). Damit kann man die Ges
hwindigkeit und Bes
hleunigung in Koor
dinaten bere
hnen. Man ndet für die Ges
hwindigkeit und die Bes
hleunigung die Formeln
r_ = r_ er + r _ e + r sin '_ e'
h1 d i
r
= r r_2 r sin2 '_ 2 er + r2 _ r sin
os '_ 2 e (2.109)
r dt
1 d 2
+ r sin2 '_ e'
r sin dt
2f 1 f 1 2f 2f
4f =
r2
+
r r
+
r2 '2
+
z 2
45
Kapitel 3
Dynamik von Massenpunkten
Na
h dem 1. Newtons
hen Axiom bewegen si
h freie Körper in einem Inertialsystem gerad
linig und glei
hförmig. Sind die We
hselwirkungen mit der Umgebung (beabsi
htigt oder
unbeabsi
htigt) ungenügend abges
hirmt, dann sind Körper äuÿeren Einüssen ausgesetzt.
In der makroskopis
hen Me
hanik sind dafür die gravitative und die elektromagnetis
he
Kraft verantwortli
h. Es wirken Kräfte auf die Körper und diese führen zu Abwei
hungen
ihrer Bahn von der geradlinigen und glei
hförmigen Bewegung. Die bes
hleunigten Bewegun
gen sind bestimmt dur
h die Kräfte und die Fähigkeit der Materie des Teil
hens, auf diese
Einüsse zu reagieren, seine Trägheit. Na
h der Erfahrung gibt es ein für jedes Materieteil
hen universelles Maÿ an Trägheit, unabhängig von den jeweiligen Einüssen. Das eigentli
he
Bewegungsgesetz gibt an, wie si
h der Körper in Inertialsystemen unter dem Einuss von
Kräften bewegt:
2. Newtons
hes Axiom (lex se
unda) Die Änderung der Bewegungsgröÿe ist der Ein
wirkung der bewegenden Kraft proportional und ges
hieht in Ri
htung der Kraft.
Für Bewegungsgröÿe benutzen wir heute das Wort Impuls . Der Impuls p ist deniert als
Produkt von träger Masse m und Ges
hwindigkeit,
p = mv; v = r_ : (3.1)
Das 2. Newtons
he Gesetz ist demna
h glei
hwertig mit
d
p_ = (mv) = F: (3.2)
dt
In den meisten Fällen ist die Masse konstant1, und dann gilt
m r = ma = F (3.3)
gilt. In diesem Kapitel werden wir uns ausführli
h mit der Bedeutung und den Anwendungen
der Glei
hung (3.2) bes
häftigen. Sie beinhaltet die Begrie träge Masse und Kraft, die zuerst
als messbare Gröÿen erklärt werden müssen.
1 Für eine Treibsto verlierende Rakete ist die Masse zeitabhängig.
46
3.1 Die träge Masse und Kräfte
Wir setzen voraus, dass Länge und Zeit bereits deniert sind. Dann ist die Bes
hleunigung
a = r eine messbare Gröÿe. Wir betra
hten eine bestimmte, in ihrer Gröÿe unbekannte Kraft
(zum Beispiel eine Federkraft) und zwei Körper. Wir messen die Bes
hleunigungen a1 und
a2 wel
he dur
h die unbekannte Kraft hervorgerufen werden. Na
h (3.3) ist das Verhältnis
m1 =m2 glei
h dem Verhältnis ka2k=ka1k. Damit ist das Verhältnis der trägen Massen als
Messgröÿe festgelegt. Man deniert nun willkürli
h die träge Masse eines bestimmten Kör
pers als 1 Masseneinheit, bekanntli
h ist dies das Kilogramm (kg). Hierdur
h ist dann die
träge Masse jedes Körpers bezogen auf das Kilogramm als Messgröÿe bestimmt.
Au
h der Stoÿprozess zweier Teil
hen (Körper) erlaubt die operative Denition der trägen
Masse. Zwei freie Teil
hen bewegen si
h in einem Inertialsystem längs Geraden mit kon
stanten Ges
hwindigkeiten v1 und v2 aufeinander zu, stoÿen zusammen und bewegen si
h
na
h dem Stoÿ mit konstanten Ges
hwindigkeiten w1 und w2 wieder auseinander. Der Stoÿ
brau
ht ni
ht elastis
h zu sein. Es wird ledigli
h vorausgesetzt, dass die Teil
hen dur
h
den Stoÿ ihre Identität ni
ht verlieren, und dass die Ges
hwindigkeiten vor und na
h dem
Stoÿ gemessen werden können. Man ndet, dass bei glei
hen Teil
hen aber veränderli
hen
Ges
hwindigkeiten v1 und v2 das Verhältnis
=
kv1 w1 k
kv2 w2 k
immer denselben Wert hat. Weiter stellt man fest, dass si
h bei Vervielfa
hung der Materie
eines Teil
hens dur
h Volumenänderung das obige Verhältnis umgekehrt proportional ver
ändert. Verdoppelt man die Materie des zweiten Teil
hens, so verdoppelt si
h der Wert von
, verdoppelt man die Materie des ersten Teil
hens, so halbiert si
h der Wert von , usw.
Man setzt daher
m2
= : (3.4)
m1
und nennt m1 ; m2 die trägen Massen der beiden Teil
hen. Damit ist das Verhältnis von
trägen Massen operational deniert. Na
h Wahl einer Einheitsmasse sind damit alle Massen
bestimmt.
Das Verhältnis ist invariant gegenüber beliebigen Galilei-Transformationen, da mit (2.50)
die Komponenten der Ges
hwindigkeiten folgendermaÿen transformieren,
vi = u + R vi ; wi = u + R wi ;
0 0
so daÿ
kv i wi k = kR (vi 0
wi )k = kvi
0 0
wi k
0
gilt. Benutzt man die glei
he Einheitsmasse in allen Inertialsystemen, dann ist die in (3.4)
denierte träge Masse eines Körpers unabhängig vom Inertialsystem. Die oben zur Denition
der trägen Masse benutzte Beziehung m1 kv1 w1 k = m2 kv2 w2 k folgt aus dem no
h
zu beweisenden Impulssatz . Dana
h ist die Summe der Impulse vor und na
h einem Stoÿ
dieselbe. Für den Stoÿ zweier Teil
hen gilt also
m1 v1 + m2 v2 = m1 w1 + m2 w2 ; (3.5)
47
Neben der trägen Masse gibt es die begrii
h vers
hiedene s
hwere Masse , die proportional
zur Stärke der Gravitationskraft auf einen Körper ist. Die s
hweren Massen zweier Körper
sind glei
h, wenn sie dur
h einen dritten Körper dieselbe Anziehungskraft erfahren. Sie
kann experimentell dur
h eine Kraftmessung festgelegt werden. Die s
hwere Masse könnte
eine von der trägen Masse unabhängige Eigens
haft eines Körpers sein. Experimentell stellt
si
h jedo
h heraus, daÿ das Verhältnis der beiden Massen immer glei
h groÿ ist. Daher
verzi
htet man in der Notation zumeist auf eine Unters
heidung der beiden Begrie und
setzt beide Massen glei
h m. Die Eigens
haft der Glei
hheit von träger und s
hwerer Masse
wird axiomatis
h oft angenommen und dieses sogenannten Äquivalenzprinzip ist ein zentraler
Ausgangspunkt in der Allgemeinen Relativitätstheorie.
Äuÿere Kräfte: Die Ursa
he für die Abwei
hung von der geradlinigen und glei
hförmigen
Bewegung ist in den am Körper angreifenden Kräften zu su
hen, die zu einer zeitli
hen
Änderung des Impulses führen. Fast immer ist die Kraft F auf ein Teil
hen eine Funktion
der Zeit t, des Ortsvektors r(t) und der Ges
hwindigkeit v(t) des Teil
hens
F=F t; r(t); v(t) : (3.6)
Eine Ausnahme ist die bes
hleunigungsabhängige Kraft auf ein elektromagnetis
he Wellen
abstrahlendes geladenes Teil
hen. Wir werden derartige Strahlungsdämpfungen in dieser
Vorlesung verna
hlässigen. Sie werden in der Elektrodynamik behandelt.
Na
h Einführung eines kartesis
hen Koordinatensystems können wir die Bewegungsglei
hung
(3.3) für eine Kraft von der Gestalt (3.6) in ein gekoppeltes System von gewöhnli
hen Die
rentialglei
hungen 2. Ordnung umformen,
a
mx = Fa (t; x1 ; x2 ; x2 ; x
_ 1; x
_ 2; x
_ 3 ): (3.7)
Wel
hes kartesis
he Koordinatensystem für die Lösung dieser Glei
hungen besonders geeig
net ist und ob überhaupt die Verwendung von kartesis
hen Koordinaten günstig ist, hängt
von der konkreten Form von F(t; r; r_ ) ab.
Man spri
ht von äuÿeren Kräften, wenn die Rü
kwirkung des betra
hteten Teil
hens auf
das die Kräfte erzeugende System verna
hlässigt wird. Dies ist si
her eine gute Näherung
für die Bewegung einer Rakete im Gravitationsfeld der sehr viel s
hwereren Erde oder eines
Elektrons im elektris
hen Feld eines Kondensators. Dagegen wird ein Elektron auf ein mit
ihm we
hselwirkendes Elektron zurü
kwirken. Über diese Rü
kwirkung ma
ht das dritte
Newtons
he Axiom die einfa
he, oft unter dem S
hlagwort a
tio = rea
tio zusammengefasste
Aussage:
Newtons 3. Axiom (lex tertia): Der Kraft, mit der die Umgebung auf einen Massen
punkt wirkt, entspri
ht stets eine glei
h groÿe, entgegengesetzt geri
htete Kraft, mit der der
Massenpunkt zurü
kwirkt,
48
3.1.1 Bes
hleunigte Bezugssysteme und S
heinkräfte
Inertialsysteme sind dadur
h ausgezei
hnet, daÿ in ihnen das Trägheitsgesetz gilt, d.h. ein
kräftefreier Körper ist in Ruhe oder bewegt si
h mit konstanter Ges
hwindigkeit. Ruht der
Ursprung O in einem Inertialsystem und rotiert die Basis fea g ni
ht gegenüber den Fix
sternen, so impliziert die Newtons
he Bewegungsglei
hung (3.2) für die Komponenten des
Orts-, Impuls- und Kraftvektors in
r = xa ea ; p = pa ea und F = Fa ea
die Dierentialglei
hungen
_ =
pa Fa !
m=
onst
=
mx a Fa oder m
d
2 r =F : (3.9)
dt
2
Wie wird die letzte Bewegungsglei
hung für die Komponenten von r in Ni
ht-Inertialsystemen
aussehen? Die Beantwortung dieser Frage ist relevant, da die meisten der unseren Re
hnun
gen zugrundeliegenden Systeme, zum Beispiel die Erdoberä
he, eigentli
h keine Inertialsy
steme sind. Genaue Messungen sollten daher Abwei
hungen von den Vorhersagen der New
tons
hen Gesetze zeigen. Wir werden sehen, daÿ man die Gesetze für Ni
ht-Inertialsysteme
dur
h Einführung von Trägheitskräften (S
heinkräften) so modizieren kann, daÿ sie mit
den Beoba
htungen übereinstimmen.
Die Bewegung eines beliebigen Systems S mit Ursprung O , kartesis
her Basis ea und Ko
0 0 0
ordinaten xa relativ zu einem Inertialsystem I S mit kartesis
her Basis ea und Koordinaten
0
xa setzt si
h aus der Bewegung des Ursprungs O von S und der Drehung der A
hsen von
0 0
S zusammen. Es gilt
0
OP =r= xa ea = r0 + r 0
= r0 + xa
0
ea ;
0
r0 = OO ; 0
(3.10)
siehe Abbildung (3.1). Wir nehmen an, daÿ die Zeit Uhren S und I S syn
hronisiert sind. Für 0
e3
0
O
7e 0
2
:
P
y r0
e3 6 m S
0
e1 0
*0 Syste
O
r
e2 r0 = OO
>
0
-
O Inertialsystem IS e1
49
Drehmatrix (Rab ) 2 SO(3) wäre dies eine Galileitransformation und damit S 0 ebenfalls ein
Inertialsystem. Für beliebig bes
hleunigte Systeme sind r_ 0 und e0a zeitabhängig und
_ = r_ 0 + x_ 0 e0 + x0 e_ 0 :
r a a a a
(3.11)
Für einen mitrotierenden
Beoba
hter ändern si
h die A
hsenri
htungen e0a ja ni
ht und er
würde dem Massenpunkt die Ges
hwindigkeit
v
0 = x_ 0 e0 (3.12)
a a
zus
hreiben2 . Der letzte Term in (3.11) rührt auss
hlieÿli
h von der Drehung des Systems
S 0 relativ zu Inertialsystem her. Zusammen mit dem ersten Term bes
hreibt er die Ge
s
hwindigkeit eines - vom Inertialsystem aus gesehenen - in S 0 ruhenden Massenpunktes.
Ein mitrotierender Punkt hat konstante Koordinaten x0a .
Hier müssen wir no
h einmal auf die Drehungen zurü
kkommen. Da wir zwei kartesis
he
Bezugssysteme wählten, können na
h (2.31) die Basen ineinander gedreht werden,
0 =R
ea ba b e oder _ 0 = R_
ea ba b e = R_ R e0 = (R R_ ) e0 :
(2:32)
ba b
T
a
(3.13)
Für eine Drehung ist RT R = 1l und entspre
hend ist die innitesimale Drehmatrix
0 = R R_ = R 1R_ T
(3.14)
antisymmetris
h, wie man lei
ht beweist:
0 = dtd R R) = R_ R + R R_ = (R R_ ) + R R_ =
0 +
0 :
T T T T T T T
(3.15)
Damit nden wir für die Ges
hwindigkeit bezügli
h des Inertialsystems
_ = r_ 0 + x_ 0 e0 + x0
0 e0 = r_ 0 + x_ 0 +
0 x0 e0 :
r a a a ba b a ab b a
(3.16)
Hier ist es angebra
ht, den Vektor der Winkelges
hwindigkeit w einzuführen,
w =! e
a a = !0 e0 :
a a
Die Komponenten der Winkelges
hwindigkeit im bes
hleunigten System parametrisieren die
s
hiefsymmetris
he innitesimale Drehmatrix,
0 1
0 !30 !20
0 = !30 0 !10 A =)
0 x0 e0 = w ^ r0 (3.17)
!20 !10
ab b a
0
Damit erhalten wir endgültig
_ = r_ 0 + v0 + w ^ r0 = r_ 0 + d + w ^ r0 :
r (3.18)
dt S0
Selbst ein Teil
hen mit konstanten S 0 -Koordinaten hat eine Ges
hwindigkeit r_ 0 wegen der
Bewegung des Ursprungs O0 relativ zu O und eine Ges
hwindigkeit w ^ r0 aufgrund der Dre
hung des Ni
htinertialsystems bezügli
h IS . Diese Drehung erfolgt um die dur
h den Vektor
2 Bea
hte:
Für r0 = 0 ist oensi
htli
h r = r0 . Aber für die soeben denierte Ges
hwindigkeit v0 im System
S ist v trotzdem ni
ht glei
h r_ . Ein mitbewegter Punkt hat v0 = o aber r_ = o .
0 0
6
50
der Winkelges
hwindigkeit denierte Dreha
hse mit der momentanen Winkelges
hwindigkeit
! = kwk. Die in (3.18) abgeleitete Vors
hrift zur Bildung der Zeitableitung eines Vektors
u = uaea , der in einem rotierenden Koordinatensystem dargestellt wird,
u=u e ; 0
a a
0
zusammenfassen. Die vom Inertialsystem aus gesehene Zeitableitung d=dtjI S eines im Ni
hti
nertialsystem aufges
hriebenen Vektors bildet man, indem man zunä
hst die Zeitableitung
der Komponenten in S 0 ausführt, d=dtjS , und dann den Einuss der Rotation berü
ksi
htigt.
0
Um die Bes
hleunigung bezügli
h des IS zu bere
hnen, benötigen wir die zweite Zeitablei
tung der Basisvektoren e0a :
e = e
_ + e_
= e
_ + e (
2 ) :
0
a
0
b
0
ba
0
b
0
ba
0
b
0
ba
0
b
0
ba
Hierbei bezei
hnen v0 und a0 die Ges
hwindigkeit und Bes
hleunigung, wie sie vom bes
hleu
nigten System aus gesehen werden,
v = x_ e
0 0
a a
0
und a0 = x0a e0a :
Die S
heinkräfte , die neben F auf der re
hten Seite der Bewegungsglei
hung (3.20) stehen,
dienen nur dazu den Massenpunkt in Abwesenheit einer wirkli
hen Kraft F glei
hförmig auf
einer Geraden im Inertialsystem zu führen. Sie rühren alle von der Trägheit der Masse her,
sind proportional zur trägen Masse und werden deshalb Trägheitskräfte genannt. Sie werden
sehr verständli
h, wenn man das Trägheitsgesetz in Betra
ht zieht, na
hdem eine kräftefreie
Bewegung in dem Inertialsystem IS unbes
hleunigt vor si
h geht. Die s
heinbare Bes
hleuni
gung eines freien Körpers in einem ni
ht-Inertialsystem rührt dann von den Trägheitskräften
her.
Die S
heinkraft mr0 in (3.20) bes
hleunigt die Insassen eines bremsenden Fahrzeuges na
h
vorne, weil sie infolge ihrer Trägheit die Tendenz haben, die frühere, höhere Ges
hwindigkeit
beizubehalten. Um den Fahrer auf dem Sitz zu halten brau
ht es einer entgegengesetzten
Zwangskraft, die von den Si
herheitgurten übertragen wird. Die Insassen eines dur
h eine
51
Kurve fahrenden Fahrzeuges werden na
h der äuÿeren Seite des Fahrzeuges gedrü
kt, weil
sie si
h in dem Inertialsystem, wel
hes mit der ursprüngli
h geradlinigen glei
hförmigen
Bewegung des Fahrzeugs verbunden ist, kräftefrei bewegen und daher, infolge ihrer Trägheit,
diese geradlinige Bewegung fortzusetzen bestrebt sind. Die Ges
hwindigkeit v ist ja na
h dem
Trägheitsgesetz ni
ht nur dem Betrag, sondern au
h der Ri
htung na
h konstant, wenn keine
Kräfte wirken. Die entspre
hende S
heinkraft ist die wohlbekannte Zentrifugalkraft
Fz = mw ^ (w ^ r0 ): (3.21)
Sie ist proportional zu ! 2 und zum Abstand von der Dreha
hse und zeigt von der A
hse weg.
Die Zentrifugalkraft ist der zur Dreha
hse hinzeigenden Zentripedalkraft betragsglei
h und
entgegengeri
htet. Für konstantes w und für d2 r0 =dt2 = 0 ist die Zentrifugalkraft die einzig
wirksame Trägheitskraft auf ein in S 0 ruhendes Teil
hen. Für einen Körper am Äquator ist
die von der Erddrehung herrührende Zentrifugalbes
hleunigung
!2 r = 3:38
m/s2 ;
was etwa 0:3% der gravitativen Bes
hleunigung ist. Die Resultante der zum Erdmittelpunkt
geri
hteten Gravitationskraft
mM
FG = G s 3 s r; ms s
hwere Masse,
r
und der Zentrifugalkraft (3.21) ist für einen irdis
hen Beoba
hter das Gewi
ht eines Körpers,
das na
h Denition mg - vektoriell mg - ist, wenn unter g die an dem Ort des Massenpunktes
gemessene Fall- oder Erdbes
hleunigung verstanden wird. Hier haben wir die träge und
s
hwere Masse glei
h gesetzt. Das Gewi
ht bzw. g ändert si
h infolge der Zentrifugalkraft
mit der geographis
hen Breite , vom äquatorialen Wert 978:0 bis auf 983:2
m/s2 , dem Wert
an den Polen. Aus dem glei
hen Grund ist die Form der Erde, das Geoid, von der Kugelform
vers
hieden, und g zeigt ni
ht genau na
h dem Erdzentrum, sondern steht senkre
ht auf der
Geoidä
he. Bei den meisten Problemen sind jedo
h die Bewegungen so kurz, daÿ g mit
genügender Genauigkeit als konstant angenommen werden kann.
Am ungewöhnli
hsten ist wohl die Coriolis -S
heinkraft
F
= mw ^ v0 ;
2 (3.22)
die immer senkre
ht zur Ges
hwindigkeit in S 0 und zur Dreha
hse steht, und zu überra
s
henden Eekten führt. Sie nimmt proportional mit der Winkelges
hwindigkeit und der
Ges
hwindigkeit in S 0 zu. Man stelle si
h etwa eine um eine senkre
hte A
hse rotierende
waagre
hte S
heibe vor. Auf dieser S
heibe lasse man reibungsfrei eine Kugel rollen, und
zwar erteile man ihr im Drehzentrum ein Ges
hwindigkeit v relativ zum Inertialsystem IS ,
worauf man sie si
h selbst überlasse. Von einem mit der S
heibe rotierenden System S 0 aus
betra
htet, wird aber die Kugel ni
ht einer Geraden, sondern einer Kurve des in der Abbil
dung (3.2) gezeigten Typs folgen. Von S 0 aus gesehen führt die Kugel also keine kräftefreie
Bewegung aus und dies wird auf die Coriolis-S
heinkraft zurü
kgeführt.
Die Erde dreht si
h entgegen dem Uhrzeigersinn um den Nordpol mit einer Winkelges
hwin
digkeit von
! 7:29 10 5
s 1
relativ zu den Fixsternen. Auf der nördli
hen Erdhalbkugel zeigt der Kreisfrequenzvektor
w aus der Erdoberä
he heraus und auf der südli
hen Halbkugel in sie hinein. Ein auf der
52
w 6 r - Fz-
e02 6 ...................
..........
........
zv
..........................................................................
.
m1 ......
F
.....
.....
.
-0 ?
...
?
..
...
...
..
...
m2 e1
! -
>
Abbildung 3.2: Zur Zentrifugal- und Corioliskraft
nördli
hen Halbkugel längs der Erdoberä
he abges
hossenes Projektil wird aufgrund der
Corioliskraft na
h re
hts (in Bewegungsri
htung) abgelenkt. Auf der südli
hen Halbkugel
wird es na
h links abgelenkt. Die Coriolis Bes
hleunigung ist immer kleiner als
v
2!v 1:5 10 4
;
se
wobei v die Ges
hwindigkeit des Projektils ist. Sie spielt eine wi
htige Rolle in vielen ozeano
graphis
hen und meteorologis
hen Phänomenen. So ma
ht sie si
h zum Beispiel bemerkbar
bei der Ablenkung der Passatwinde na
h links auf der Südhalbkugel und na
h re
hts auf der
Nordhalbkugel.
Bewegt si
h dagegen ein geführtes Teil
hen auf der um die e3 -A
hse rotierende S
heibe radial
von der Dreha
hse weg, 0 = v 0 t und '0 =
onstant, dann muÿ der Corioliskraft 2m !v e0'
dur
h eine führende Zwangskraft entgegengewirkt werden. Dies erklärt die stärkere Abnut
zung der re
hten S
hienen auf der Nordhalbkugel und der linken auf der Südhalbkugel.
Flüsse werden auf der Nordhalbkugel auf der re
hten Seite stärker ausges
hwemmt als auf
der linken.
Die dritte Trägheitskraft in (3.20) tritt nur auf, wenn si
h die Dreha
hse und/oder die Win
kelges
hwindigkeit ändern. Ruht das Teil
hen in S 0 , dann bes
hreibt es im Inertialsystem IS
eine si
h zeitli
he ändernde Drehbewegung und dies führt zu einer zusätzli
hen Trägheits
kraft.
Als mitrotierende Beoba
hter auf der Erde bemerken wir bei der Bewegung von Körpern die
beiden S
heinkräfte Zentrifugalkraft und Corioliskraft. Zur Bes
hreibung der Bewegungen
benutzen wir das angepasste Koordinatensystem am Beoba
htungsort der geographis
hen
Breite na
h Abbildung (3.3).
Wir benötigen die Transformation von der kartesis
hen Basis ea des dur
h die Fixsterne
denierten Inertialsystems und der am Beoba
htungsort bendli
hen mitrotierenden karte
53
w 6
w6 e3
0 = er
......
.
.......................
O0
:
e02 = e'
e3 6
0
R .....
..... N e1 = e
o
....
:e
...
West Ost
...
O ..
..
..
..
..
2
..
.
.
.
.
.
.
.
e1~
Süd
sis
hen Basis e0a . Wir nehmen an, daÿ zur Anfangszeit t = 0 die mitrotierende Basis am
Nordpol glei
h der Basis ea ist. Aus Abbildung (3.3) oder (2.108) entnimmt man, daÿ für
t = 0 die Beziehungen
54
die Stri
he an den mitbewegten Koordinaten weg. Die Koordinatentripel im erdgebundenen
System gehor
hen den Dierentialglei
hungen
r = 2w ^ r_ + g mit
r =( 1x ; x2 ; x3 T
) ; w = !(
os ; 0; sin )
T; g = (0 0 ; ; g )T : (3.25)
In Abwesenheit des Gravitationsfeldes bes
hreibt das Ges
hwindigkeitstripel v des dann
freien Teil
hens eine Drehung um die Dreha
hse mit der Kreisfrequenz 2! ,
v_ = 2w ^v
und entspre
hend ist
^ v0 ) w
v (t) = (w ^ w
^ ^ v0 sin 2!t + w
^ ^ v0
os 2!t ; (3.26)
wobei w^ das Koordinatentripel des in Ri
htung des Kreisfrequenzvektors zeigende Einheits
vektors im erdgebundenen System ist. Das zugehörige Koordinatentripel r bes
hreibt dann
ebenfalls eine derartige Drehung, überlagert mit einem konstanten Drift parallel zur Dreh
a
hse,
n o
^ v0 ) w ^ ^ v0 ) sin 2!t :
1
r (t) = r0 + (w ^ t+ w
^ v0 (
os 2!t 1) (w
^ (3.27)
2!
Das Dierentialglei
hungssystem erster Ordnung (3.25) für die Ges
hwindigkeit hat die all
gemeine Lösung
v (t) = (w
^ v0 ) w^ 2
1
!
w
^ ^ g + (w^ g )w^ t
n o
w
^ ^ v0 +
1
2!
^g w
^ sin 2 !t + w^ ^ v0
2
1
!
g
os 2 !t :
Im Grenzfall g ! 0 geht sie über in die einfa
here Lösung (3.26) für ein freies Teil
hen. Nun
integrieren wir bezügli
h der Zeit und nden folgende Zeitabhängigkeit für die Position eines
Teil
hens in erdgebundenen Koordinaten,
^ v0 ) w ^ g ) t + 21 (w^ g ) w^ t2
1
r (t) = r0 + (w ^ t (w
^
n
!
2
o
+
1
2!
^w
^ v0 +
1
2!
^ g )(
os 2!t
w
^ 1) w
^ ^ v0 2
1
!
g sin 2 !t (3.28)
Zuerst betra
hten wir den freien Fall mit den Anfangsbedingungen
r0 = (0 0 ; ; h)T und v0 = (0; 0; 0)T :
Wegen
0 1 0 1
0 sin
^ g
w = g sin ; w^ ^ g = g
os 1A; w
^ ^ (w^ ^ g ) = g
os 0 A (3.29)
0
os
55
Erst na
h einer Fallzeit von mehreren Stunden ist !t 1. Damit dürfen wir !t 1 anneh
men und die trigonometris
hen Funktionen entwi
keln,
!t !t + : : : und !t 1
1
sin
os !t)2 + : : : :
(
2
Berü ksi htigen wir Terme bis zur Ordnung g (!t)3 =! 2 , so erhalten wir
x1 0; x2 gt2 (!t)
os h
1 1
und x3 gt2 : (3.30)
3 2
Da wir die (erdfeste) 2-A
hse in der Ost-Ri
htung gewählt haben, bedeutet der immer po
sitive x2 -Wert, daÿ ein frei fallende Körper von der Vertikalen na
h Osten abwei
ht. Auf
unserem Breitenkreis ist die Abwei
hung bei 100 m Fallhöhe etwa 1:5
m.
3.2 Erhaltungssätze
Es gibt einige grundlegende Naturgesetze, die mathematis
h in der Form von Erhaltungssät
zen formuliert werden können. Ein Erhaltungssatz sagt aus, daÿ in einem abges
hlossenen
physikalis
hen System eine bestimmte physikalis
he Gröÿe (zum Beispiel der Gesamtimpuls
oder die Energie) für alle Zeiten unverändert erhalten bleiben. Erhaltungsätze spielen eine
zentrale Rolle in allen Gebieten der Physik. Sie erlei
htern oder ermögli
hen oft die Lösung
von physikalis
hen Problemen.
Dieser Erhaltungssatz drü
kt die Newtons
hen Bewegungsglei
hung (3.2) in Abwesenheit
von äuÿeren Kräften aus,
p_ = 0 oder p =
onst. (3.31)
Ist die Summe aller auf einen Körper wirkenden Kräfte Null, dann ist sein Impuls erhalten.
Multiplizieren wir das Newtons
he Bewegungsgesetz vektoriell mit r dann erhalten wir
d
r ^ p_ = (r ^ p) = r ^ F; (3.32)
dt
da r_ ^ p = 0 ist. Denieren wir den Drehimpuls L des Teil
hens und das auf ihn einwirkende
Drehmoment M,
L = r ^ p = mr ^ r_ und M = r ^ F; (3.33)
so wird (3.32) zur Bewegungsglei
hung für den Drehimpuls,
L_ = M: (3.34)
56
Wie der Ortsvektor beziehen si
h der Drehimpuls und das Drehmoment auf den Ursprung
des gewählten Inertialsystems. Bei einer Vers
hiebung des Systems ändern si
h L und M im
Gegensatz zu p und F. Vers
hwindet das Drehmoment, dann ist der Drehimpuls erhalten.
Für F 6= 0 vers
hwindet M genau dann, wenn r und F parallel sind. Die Kraft muss also in
Ri
htung zum Zentrum des Bezugssystems (oder entgegengesetzt) wirken,
F= K t; ; r r_ ~
r: (3.35)
Eine sol
he Kraft heiÿt Zentralkraft . Bewegt si
h ein Punktteil
hen unter dem Einuss einer
Zentralkraft, dann ist sein Drehimpuls erhalten,
L =
onst = L0 : (3.36)
Obwohl r und p für ein bewegtes Teil
hen beide von der Zeit abhängen, ist für eine Zen
tralkraft der Drehimpuls zeitunabhängig. Man nennt (3.36) Drehimpulserhaltungssatz . Wir
haben bei unserer Ableitung an keiner Stelle vorausgesetzt, daÿ die träge Masse des Punkt
teil
hens konstant ist.
Um den Drehimpulserhaltungssatz (3.36) zu verans
hauli
hen, multiplizieren wir (3.33) ska
lar mit dem Ortsvektor r(t) und erhalten mit Hilfe von (3.36)
0 = r( ) L = r( ) L0 t (3.37) t :
Dies bedeutet, daÿ alle mögli hen Bahnen r( ) in derjenigen Ebene dur h den Ursprung t
liegen, die senkre ht auf dem Drehimpuls L0 steht. Damit ist für L0 = 0 die Konstanz 6
der Ri
htung von L0 verans
hauli
ht. Der Betrag des Drehimpulses hängt eng mit der vom
Ortsvektor r( ) =
t ( ) überstri
henen Flä
he pro Zeiteinheit zusammen, siehe die folgende
OP t
Abbildung (3.4).
6e yBahn
2
..............
............
..........
..........
.........
.........
} r r_ ( )
........
........
.......
.......
r( + )
.......
.......
....... t t
......
t t ......
......
*
.....
.....
.....
.....
....
....
....
....
....
...
...
...
...
r( )
...
...
...
...
t ...
...
...
...
...
..
-e
1
Abbildung 3.4: Der Ortsvektor überstrei ht in glei hen Zeiten glei he Flä hen
ein Teil
hen während der kurzen Zeit t von r(t) na
h r(t +t) r(t)+_r(t)t +
Bewegt si
h
O (t)
2 , dann ist die dabei überstri
hene geri
htete Flä
he
A = 21 r( ) r = 21 r( ) r_
t ^ t ^ t
A_ = 21 r v = 21 L ^
m
: (3.38)
57
Für einen erhaltenen Drehimpuls und eine zeitunabhängige träge Masse ist die vom Fahr
strahl pro Zeitintervall überstri
hene Flä
he konstant,
A = 21m L t: (3.39)
Damit ist der Betrag und die Ri
htung des erhaltenen Drehimpulses geometris
h verans
hau
li
ht:
Satz 2 (Konstanz der Flä henges hwindigkeit) Unter der Wirkung jeder Zentralkraft
ist die Flä henges hwindigkeit eines Massenpunktes konstant, d.h. die Bewegung ist eben
und der Radiusvektor überstrei ht in glei hen Zeiten glei he Flä hen.
Dieser Satz ist im speziellen Fall der Planetenbewegung als das zweite Keplers
he Gesetz
bekannt. Der Flä
hensatz ist eine Vektorglei
hung und enthält entspre
hend drei Integrati
onskonstanten. Zwei bestimmen die Bahnebene und die dritte legt den Betrag der Flä
hen
ges
hwindigkeit in der Bahnebene fest. Ist die Bahn-Ebene die x y -Ebene, dann ist
r ^ r_ = (x1 x_ 2 x2 x_ 1 )e3 :
In Polarkoordinaten x1 =
os ' und x2 = sin ' ist
r ^ r_ = 2 '_ e3 = m1 L: (3.40)
Der Drehimpuls L = Le3 zeigt in die Ri
htung von e3 und der Drehimpulserhaltungs- und
Flä
hensatz können folgendermaÿen ges
hrieben werden,
ea = Rba eb ;
0
R 2 SO(3);
die Komponenten des Drehimpuls vektoriell transformieren, d.h. genauso wie der Orts- und
Impulskoordinaten,
r = Rr 0
und p = Rp : 0
und dies beweist die gema
hte Aussage. Dagegen transformiert der Drehimpuls unter Raum
spiegelungen anders als r und p:
r = Pr 0
= r ; p = Pp
0 0
= p =) L = L ;
0 0
(3.42)
siehe Abbildung (3.5), in wel
her die Raumspiegelung aktiv interpretiert wurde. Ein Vek
tor, der unter Raumspiegelung in si
h übergeht heiÿt Pseudovektor . Im Gegensatz zu den
Vektoren r; p und F ist L ein Pseudovektor.
58
6L Spiegelung
6L0
j
....................................................................
............. .........
.........
(aktiv)
.........
......... .......
...
........
. .......
.. .
r 0
-
p p 0
r
Abbildung 3.5: L ist ein Pseudovektor
3.2.3 Energiesatz
Ein Punktteil
hen bewege si
h unter dem Einuss einer äuÿeren Kraft von r na
h r + dr.
Dann ist das Skalarprodukt der Kraft am Ort r mit der innitesimalen Vers
hiebung,
dA =F d r
die von der Kraft an dem Teil
hen geleistete innitesimale Arbeit. Die längs eines Weges C
von P1 (mit Ortsvektor r1 ) na
h P2 (mit Ortsvektor r2 ) geleistete Arbeit ist
Z Z P2
A = dA = F dr: (3.43)
C P1
Die Arbeit hängt von der Kraft, von Anfangs- und Endpunkt des Weges und im allgemeinen
Fall au
h vom gewählten Weg C selbst ab. Die Wegabhängigkeit merkt ein S
hwimmer, der
P2
6666 66
P1
59
gegen sie s
hwimmt. Die pro Zeit verri
htete Arbeit wird Leistung genannt,
P =
dA
dt
= F r_ = F v : (3.44)
Auf der linken Seite dieser Glei hung erkennen wir die Zeitableitung der kinetis hen Energie ,
T =
m
2
r_ 2 ; (3.45)
also die mit der Bewegung verbundenen Energie. Damit können wir die Glei
hung au
h in
der Form
d
dt
T = F r_ = P (3.46)
s
hreiben. Die zeitli
he Änderung der kinetis
hen Energie ist glei
h der zu- oder abgeführten
Leistung. Oft hat man es mit Kräften zu tun für die
F r_ = d
dt
V r
( ) (3.47)
gilt. Diese Bedingung an die Kraft kann für beliebiges r_ auf zweierlei Weise erfüllt werden.
Eine erste Mögli
hkeit ist eine Kraft, die immer senkre
ht zur Ges
hwindigkeit steht. Dann
wäre F r_ = 0 und (3.47) mit V = 0 erfüllt. Ein wi
htiges Beispiel ist die Lorentzkraft
F = r_ ^ B
e
die in einem Magnetfeld B auf ein geladenes Teil
hen mit elektris
her Ladung e wirkt.
Ein Magnetfeld kann an einem geladenen Teil
hen keine Arbeit leisten. Die zweite, für die
Me
hanik wesentli
he Mögli
hkeit der Erfüllung von (3.47) sind Potentialkräfte , für wel
he
die Kraft F ein Potential besitzt,
F = r (r) =) F r_ =
V
V
xa
_a
x =
d
dt
V r
( ): (3.48)
dt
T +V( ) r = 0; (3.49)
E =
m
2
r_2 + (r) =
onst.
V (3.50)
60
Im konservativen Kraftfeld ist die Summe aus kinetis
her Energie und V erhalten. Die Funk
tion V (r) ist eine Energie und heiÿt potentielle Energie oder Potential .
Aus (3.49) kann man sofort eine notwendige Bedingung ablesen, wel
her die Komponenten
Ka einer konservativen Kraft genügen müssen: Da für ein genügend glattes Potential V die
zweiten Ableitungen vertaus
hen, gilt
0=( a b b a V ) = ( a Kb b Ka ; ) wobei a = x
a
ist. Mit Hilfe der früher eingeführten Dierentialoperatoren können wir au
h s
hreiben,
F = r =) r ^ F = o V : (3.51)
Ein konservatives Kraftfeld ist also wirbelfrei. Auf einfa
h zusammenhängenden Gebieten
kann man au
h die Umkehrung beweisen. Es sei C irgend eine Kurve in einem einfa
h zu
sammenhängenden Gebiet die P0 mit P verbindet und sei r^ F = 0 im betra
hteten Gebiet.
Dann ist die Rbei festgehaltendem Anfangs- und Endpunkt von der Kraft am Teil
hen gelei
stete Arbeit F dr unabhängig vom gewählten Weg C . Bei festem Anfangspunkt deniert
sie dann eine bis auf eine Konstante eindeutige Funktion des Endpunktes. Ist P = P0 , dann
vers
hwindet das Linienintegral, und wir dürfen
Z
V (r) V (r0) = F(r) r d (3.52)
C
s
hreiben. Um die Wegunabhängigkeit der geleisteten Arbeit zu beweisen, betra
hte man
den auf einen Punkt zusammenziehbaren Rand A der von den beiden Wegen C und C 0
einges hlossenen Flä he, siehe Abbildung (3.7). Mit dem Stokess hen Satz vers hwindet die
*
...
...................
C ............
...........
..................................................
................. ........
.......... ............ ........
.......
+ 1 e1
........
......... ......... ..... .......................
......
........ ...
......
. ................
......
.......
P ...... .............
.....
.......
...... ...........
.
..
. .......
..... .......... P x
.
......
. .
..... .......
..........
. .
.... ..... ........
.
.
...
. .... ........
.
. ..... .......
.
.... .... .......
.. A .... ......
... .
..... ..........
... ..
.
......
..
... ....
.. ... .....
... .... .....
.. .... .....
.... ......
3
.
.
.
... ..... ........
.
... ... ...
.. .... .....
... .... ....
.. ... ....
.
. 0 .... ....
... C ..........
.
.. .
.......
... ......
...
. ........
.
... .....
.......
... .........
.
.. .
......
... ......
...
. .....
. ....
... ...
P0 P0
A A C0 C
was beweist, daÿ die längs C und C geleisteten Arbeiten glei h sind, 0
Z Z
F r = F r d d : (3.53)
C 0 C
61
Wir haben berü
ksi
htigt, daÿ C und C 0 vers
hiedene Orientierungen haben. Umgekehrt ist
0 P + 1
ZP Z x1 e1
F dr = lim 1
1 F drA = F(r) e1 = K1 (r); (3.54)
x1
P0
x1!0 x
P
was bedeutet, daÿ F = rV ist. Damit haben wir bewiesen, daÿ ein Kraftfeld dann und
nur dann ein Potential besitzt, wenn die Rotation der Kraft vers
hwindet, d.h. wenn das
Kraftfeld wirbelfrei ist.
Das Potential wird dur
h die Denition F = rV nur bis auf eine beliebige additive Kon
stante bestimmt. Daher kann der Wert von V in einem willkürli
h gewählten Punkt P0 mit
Ortsvektor r0 glei
h Null angenommen werden. Dann hat das Potential
ZP Z P0
V (r) = F dr = F dr
P0 P
folgende Bedeutung: In einem Punkt P ist der Wert des Potentials glei
h der Arbeit, wel
he
die Feldkräfte leisten, bis sie den Massenpunkt von P na
h P0 vers
hieben, oder es ist glei
h
der Arbeit, die gegen die Feldkräfte geleistet werden muÿ, wenn der Massenpunkt von P0 in
P überführt wird.
Die Punkte in denen das Potential denselben Wert V0 hat, bilden eine dur
h die Glei
hung
V (r) = V 0
bestimmte Flä
he, die Äquipotentialä
he oder Niveauä
he genannt wird. Wird der Mas
senpunkt längs einer Äquipotentialä
he bewegt, so entsteht keine Potentialdierenz und es
muÿ keine Arbeit aufgebra
ht werden. Hieraus oder aus F = rV folgt, daÿ die Kraft F
senkre
ht auf der Niveauä
he steht.
Ni
ht alle Kräfte sind konservativ. Dissipative Kräfte treten immer dann auf, wenn mit
Leistungsverlusten einhergehende Reibungseekte auftreten. Entspre
hend teilen wir eine
Kraft in ihre konservativen und dissipativen Anteile auf,
F = FKons + FDiss : (3.55)
Ersetzen wir in (3.46) die Leistung der konservativen Kräfte entspre
hend (3.48) dur
h ihr
Potential, so erhalten wir
m
r_ 2 + V (r) = FDiss r_ :
d
(3.56)
dt 2
Die Summe aus kinetis
her Energie T und potentieller Energie V ist die Energie des Mas
senpunktes. Entspre
hend ist (3.56) die Bilanzglei
hung der Energie, der Energiesatz:
Lemma 1 (Bilanzglei
hung für die Energie) Die zeitli
he Änderung der Energie ist
glei
h der Leistung der dissipativen Kräfte. In Abwesenheit von dissipativen Kräften ist die
Energie erhalten.
62
3.3 Lösungen der Bewegungsglei
hung
Für ein freies Teil
hen ist die allgemeine Lösung der Bewegungsglei
hung
r=0
(3.57)
eine lineare Funktion der Zeit. Bei bekannter Anfangslage r0 und Anfangsges
hwindigkeit v0
hat sie die Form
r(t) = r0 + v0 t; (3.58)
und bei bekannter Anfangslage r0 und Endlage r(T ) = r1
t
r(t) = r0 + r r0 : (3.59)
T 1
Au
h wenn Kräfte wirken ist (für genügend kleine Zeitintervalle und reguläre Kräfte) eine
Lösung dur
h Angabe von Anfangsort und Anfangsges
hwindigkeit, oder dur
h Anfangs-
und Endlage, eindeutig bestimmt.
Die einfa
hsten Kräfte sind sol
he, bei denen F konstant ist. Beispiele hierfür sind die nähe
rungsweise konstante Gravitationskraft in der Nähe der Erdoberä
he oder die Kraft auf ein
elektris
h geladendes Teil
hen im Innern eines Kondensators. Es genügt hier, den Fall der
Bewegung im S
hwerefeld zu betra
hten. Wir lassen die Erdanziehungskraft in die negative
3-Ri
htung zeigen und haben dann
r0 = o und v0 = v0 (
os ; 0; sin )T
ist die Lösung
x(t) = v0 t
os ; y(t) = 0 und z (t) = v0 t sin 1
2 g t2 (3.62)
und bes
hreibt eine Parabel
gx2
z (x) = x tan
v
2 02
os2
63
6z
.......
.........
..........
........
........
..
..
.........
.
.....
.......
......
......
......
......
..
.......
.
.
.
......
.....
.....
.....
....
}
..
....
...
....
....
....
....
-x
....
.
...
...
...
...
in der von x z Ebene. Die Wurfzeit T ist dur
h z (T ) = 0 bestimmt und ergibt si
h mit der
Lösung z (t) in (3.62) zu
2
T = v0 sin :
g
Die Rei
hweite des Wurfs ist
2 1
R = x(T ) = v02
os sin = v02 sin 2
g g
und sie ist maximal v0 =g für einen Wurfwinkel =4. Die maximal mögli
he Wurfhöhe v02 =2g
2
wird natürli
h für den senkre
hten Wurf errei
ht. Für beliebige Winkel ist die Wurfhöhe
1
h= v02 sin2 :
2 g
Konstante Kräfte sind konservativ Kräfte,
F= rV; V (r) = F r + V0 : (3.63)
Für die Wurfbewegungen ist es sinnvoll die Konstante V0 so zu wählen, daÿ V auf der
Erdoberä
he vers
hwindet. Dann ist
V (r) = mgz;
und der Energiesatz nimmt folgende einfa
he Form an
m _2
r + mgz = E: (3.64)
2
Für die obige Lösung sind die kinetis
he und potentielle Energie
m 2 2 m 2
T (t) = (_ x + _ )= z v0 2 gv0 t sin + g2 t2
2 2
m
V (t) = mgz (t) = 2 gv0 t sin g2 t2
2
und die gesamte Energie E = T + V = mv = ist natürli
h konstant. Solange der geworfene 2
0 2
Stein steigt verliert er kinetis
he Energie, da die S
hwerkraft ihn verlangsamt: der Stein
muÿ Arbeit gegen die S
hwerkraft leisten. Der Verlust an kinetis
her Energie bedeutet Ge
winn an potentieller Energie. Na
h Errei
hen der maximalen Höhe gewinnt der Stein wieder
kinetis
he Energie auf Kosten seiner potentiellen Energie; die S
hwerkraft leistet am Stein
Arbeit.
64
3.3.2 Oszillatoren
Ein Teil
hen bewege si
h in einer Umgebung O des Koordinatenursprungs mit Ortsvektor
r = 0 unter dem Einuss einer konservative Kraft F = rV . Wir nehmen an, daÿ V in der
Umgebung des Ursprungs in eine Taylorreihe entwi
kelt werden kann,
V 1 2 V
V (r) = V 0 + xa + xa xb + höhere Potenzen in xa
xa 0 2! xa xb 0
1
V (0) + Va xa + Vab xa xb + höhere Potenzen in xa :
2
(3.65)
Der erste konstante Term V (0) in der Entwi
klung, die nullte Näherung, trägt ni
ht zur Kraft
bei und kann ignoriert werden. Die erste Näherung
V (1) = V (0) + Va xa ;
liefert eine konstante Kraft Ka(1) = Va , die s
hon behandelt wurde. Die zweite Näherung
1
V (2) (r) = V (0) + Va xa + Vab xa xb (3.66)
2
r~ = R 1r (3.69)
erfüllen dann die einfa
hen entkoppelten Bewegungsglei
hungen
0 1
!12 0 0
65
Für !a2 > 0 bezei
hnet man die !a als Eigen(kreis)frequenzen des Systems und die Koordi
naten x~a , für wel
he die Bewegungsglei
hungen entkoppeln, als Normalkoordinaten. Da jede
Normalkoordinate x~a der Bewegungsglei
hung eines 1-dimensionalen Oszillators gehor
ht,
genügt es, die eindimensionale Bewegung
1 1
x = !02 x = V ;
0
V = m!02 x2 ; (3.71)
m 2
zu untersu
hen. Diese Bewegungsglei
hung ist ein gutes Modell für kleine Auslenkungen
einer Feder, für wel
he die rü
ktreibende Kraft proportional zur Auslenkung ist. Die Feder
konstante ist k = m!02 .
k m k
- -x
0
Stabiles Glei
hgewi
ht !02 > 0: Ein System mit V = m!02 x2 =2 heiÿt harmonis
her Oszil
lator,
wobei der Zusatz harmonis
h erst aus der Art der Lösung klar wird. Die Kraft zeigt
immer in Ri
htung des Ursprungs und die triviale Glei
hgewi
htslösung x(t) = 0 ist stabil.
Aus dem Energiesatz
m
E= x_ 2 + !02 x2 ) (3.72)
2
66
Für das negative Vorzei
hen ist die Lösung bis auf die Ersetzung '0 ! '0 + identis
h. Die
allgemeine Lösung hängt also von den beiden Integrationskonstanten a 0 und '0 2 [0; 2 )
ab. Die positive Gröÿe a ist der Maximalwert der Auslenkung und heisst Amplitude oder
S
hwingungsweite der Oszillation. Die Phase !0 t + '0 gibt den momentanen Auslenkungs
zustand der S
hwingung an. Für den harmonis
hen Oszillator ist die Kreisfrequenz !0 un
abhängig von der Amplitude.
Der Ort und die Ges
hwindigkeit des Oszillators zur Zeit Null sind
x0 = x(0) = a sin '0 und v0 = x_ (0) = a!0
os '0 ;
so daÿ wir au
h s
hreiben können
v0
x(t) = x0
os !0 t + sin !0 t: (3.77)
!0
Die Ortskoordinate x ist eine periodis
he und harmonis
he Funktion der Zeit und die Peri
odendauer T ist deniert dur
h
!0 T = 2: (3.78)
Die Gröÿe !0 heiÿt Kreisfrequenz . Die Frequenz der S
hwingung ist gegeben dur
h
1 !0
= = : (3.79)
T 2
Instabiles Glei
hgewi
ht !02 < 0. Für negatives !02 ist !0 imaginär und die lineare Kraft
vom Ursprung weggeri
htet. Damit wird die Glei
hgewi
htslösung x = 0 instabil. Die allge
meine Lösung der Bewegungsglei
hung
= j!0 j x
2
x
Mit zunehmender Zeit wä
hst die Koordinate x über alle Grenzen. Wie erwartet ist die
Bewegung instabil.
Phasenbahnen: Zwis
hen den Koordinaten x(t) und p(t) = mx_ (t) besteht wegen der Ener
gieerhaltung
1 1
p2 + m!02 x2 = E
2m 2
die Beziehung
x2 p2 2E
+ =1 mit A2 = ; B2 = 2mE: (3.81)
A2 B2 m!02
Für !02 > 0 ist dies die Glei
hung einer Ellipse mit dem Mittelpunkt im Ursprung und den
Halba
hsen A und B . Der Massenpunkt dur
hläuft in der (x; p) Ebene, dem sogenannten
Phasenraum des eindimensionalen Oszillators, eine Ellipse mit den Halba
hsen A und B ,
und zwar im Uhrzeigersinn, siehe Abbildung (3.10).
67
6
p
......
......
......
.......
6 p
.......
...
.......
.......
z
........ ........
........ .
...
..
..
......... .........
........... ..........
............ .............
.................
.................................................................................
A
- x W - x
O
............
..........
y
...................................................................................
................ ...........
...........
:
.........
..
..
..........
. ........
..
..
........ .......
.......
..
..
..
....... .......
......
..
..
...... ......
.....
...... ..
Abbildung 3.10: Phasenportrait für den harmonis hen Oszillator. Die dur hgezogenen Pha
Die Lösung der Bewegungsglei
hung ist dur
h Vorgabe von Anfangsort und -ges
hwindigkeit
oder äquivalent dur
h Angabe von Anfangsort und Anfangsimpuls eindeutig bestimmt. Jeder
Punkt im Phasenraum bestimmt also eine eindeutige Lösung und damit eine Lösungskurve
f g im Phasenraum. Eine Lösungskurve bezei
hnet man als Phasenbahn und die Ge
x(t); p(t)
samtheit aller mögli
hen Phasenbahnen eines vorgegebenen Systems als . Für Phasenportrait
den instabilen Oszillator ist A2 = A j j
2 und die Glei
hung (3.81) bes
hreibt eine Hyperbel
mit Mittelpunkt im Ursprung. Nur für die stabile Bewegung verläuft die Phasenbahn für
alle Zeiten in einem bes
hränkten Gebiet.
3.3.3 Reibungskräfte
Den idealen Oszillator, der beliebig lange mit konstanter Amplitude s
hwingt, gibt es ni
ht,
da Reibungsverluste unvermeidli
h sind. Reibungskräfte sind in der Regel ges
hwindigkeits
abhängig, und für dissipative Systeme hat die Bewegungsglei
hung die allgemeine Form
Für kleinen Ges
hwindigkeiten kann F = Fa ea in der Nähe des Ursprungs in eine Taylorreihe
entwi
kelt werden
Fa
Fa = Fa j0 + Fa
xb
x +
0 b x
_b + : : : ;
_b
x
0
wobei die Ableitungen an der Stelle r = r_ = o zu bere
hnen sind. Im folgenden verna
hlässi
gen wir die dur
h die Punkte angedeuteten höheren Potenzen in xa und x_ a und bes
hränken
uns auf Kräfte der Form
Fa
Fa = Fa j0 + Fa
xb
x +
0 b x
_ b:
_b
x
0
(3.83)
Wir wollen annehmen, daÿ in Abwesenheit des letzten Terms die Kraft konservativ sei, also
FKons = ea Fa j0 + Fa
xb
xb
0
= r V; (3.84)
68
gelte, mit einem oensi
htli
h quadratis
hen Potential
1
V = V
(0)
+ Va xa + Vab xa xb : (3.85)
2
Wir haben hier die Notation aus (3.65) übernommen. Für die Koezienten des konservativen
Kraftanteils in (3.84) nden wir
Fa 0 j = Va und
Fa
xb
=
0
Fb
xa 0
= Vab : (3.86)
damit die Formeln etwas übersi
htli
her werden. Damit s
hreiben si
h die Bewegungsglei
hungen (3.82) für die Ortskoordinaten in einem Inertialsystem wie folgt
a
mx = Va Vab x
b _ :
Wab x
b (3.88)
Setzen wir no
h
(Va ) = V 0
; (Vab ) = V
00
und (Wab ) = W;
dt
T +V = _ a x_ b
Wab x = r_ r_ W ; (3.90)
mit dem quadratis
hen Potential V ( ) r in (3.85). Da bei Reibungskräften die Energie stets
abnimmt, muÿ
_ a Wab x
x _b 0 (3.91)
für alle Ges
hwindigkeiten gelten. In die Formel für die Abnahme der Energie geht nur der
symmetris
he Anteil der Matrix W ,
1
W(ab) = 2 (Wab + Wba );
ein. Die Bedingung (3.91) bedeutet, daÿ die Eigenwerte von W(ab) ni
ht-negativ sind. Der
antisymmetris
he Anteil von W ,
1
W[ab℄ = 2 (Wab Wba );
69
trägt zur Leistungsbilanz ni
ht bei, ganz ähnli
h wie die Lorentzkraft im magnetis
hen Feld.
Deshalb ma
hen wir jetzt die vereinfa
hende Annahme, daÿ die Matrix W symmetris
h ist.
Den allgemeinen Fall werden wir später behandeln.
Wir untersu
hen nun wi
htige Spezialfälle der Bewegungsglei
hung (3.88) beziehungsweise
(3.89). Ist die Matrix V 00 invertierbar dann können wir unser Koordinatensystem vers
hie
ben,
r = r~ (V 00 ) 1V 0 ;
und bezügli
h der neuen Koordinaten r~ vers
hwindet der konstante Kraftanteil. Wir dürfen
also annehmen, daÿ V 0 = 0 ist.
Für W = 0 handelt es si
h um den bereits diskutierten harmonis
hen Oszillator.
Für V 00 = 0 erfüllt der Ortsvektor die einfa
he lineare Dierentialglei
hung
r=
m W_ r (3.92)
Jede symmetris
he Matrix W kann na
h einem Satz der linearen Algebra mit einer Drehma
trix R diagonalisiert werden,
0 1
1 0 0
R 1 ~ ;
WR = W mit W
~ = m 0
2 0 A;
a 0: (3.93)
0 0
3
Die Eigenwerte von W sind also m
a , wobei die ni
ht-negativen
a die Dimensionen einer
Frequenz haben. Nun benutzen wir die diagonalisierende Drehung R um auf Normalkoordi
naten zu transformieren,
r = R r~: (3.94)
Bezügli
h der ges
hlängelten Normalkoordinaten lauten die Bewegungsglei
hungen
r=
m ~ R 1
r=
W R ~_ ~ ~
W _: r (3.95)
Da W ~ diagonal ist, siehe (3.93), entkoppeln die drei Dierentialglei
hungen na
h der Trans
formation auf Normalkoordinaten r~ . Es genügt daher, den eindimensionalen Fall zu betra
h
ten,
x =
x;
_
wobei x eine der Koordinaten x~a bezei
hnet und entspre
hend
einer der
a in (3.93). Diese
einfa
he Dierentialglei
hung für die Ges
hwindigkeit hat die Lösung
x_ (t) = e
t v0 ; v0 =x
_ (0): (3.96)
Eine weitere Integration führt auf folgende Zeitabhängigkeit der Ortskoordinate
v0
x(t) = x0 + 1 e
t ; x0 = x(0): (3.97)
Die Lösung hat das asymptotis
he Verhalten
v0
x(t ! 1) = x0 + ; (3.98)
70
d.h. das Teil
hen legt nur eine endli
he Stre
ke zurü
k, au
h wenn man beliebig lange wartet.
Im Phasenraum verläuft die Bewegung längs der Stre
ke vom Punkt (x0 ; p0 = mv0 ) zum
Punkte (x0 + v0 =
; 0).
Für V 00 6= 0 und W 6= 0 ist die Lösungsu
he für die lineare Bewegungsglei
hung
mr = V 00 r W r_ (3.99)
relativ s
hwierig ohne zusätzli
he Annahmen an die Kraft, d.h. an die symmetris
hen Ma
trizen V 00 und W . Wir wollen vorerst annehmen, daÿ sie vertaus
hen
V 00 W W V 00 [V 00 ; W ℄ = 0:
Der allgemeine Fall wird dann später analysiert. Na
h einem Theorem aus der linearen Al
gebra können zwei kommutierende und diagonalisierbare Matrizen glei
hzeitig diagonalisiert
werden,
V 00 = RV~ 00 R 1
und W = ~R
RW 1
; mit diagonalen V~ 00 ; W
~: (3.100)
Für V~ 00 wählen wir die Parametrisierung (3.68) und für W
~ diejenige in (3.93). In den entspre
henden Normalkoordinaten r~ = Rr~ entkoppeln dann die Dierentialglei
hungen wieder,
x
~a = !a2 x~a
a x~_ a
und es genügt, die eindimensionale Bewegungsglei
hung
x = !02 x
x_ (3.101)
zu untersu
hen. Aus den Analysis ist bekannt, daÿ jede Lösung einer derartigen linearen
Dierentialglei
hung mit konstanten Koezienten eine Linearkombination von zwei Funda
mentallösungen ist
x(t) = P1 (t) e1 t + P2 (t) e2 t ; (3.102)
wobei die Pi Polynome in t sind. Ist 1 und 2 vers
hieden, dann sind die Pi Konstanten.
Ist 1 = 2 , dann können sie sie Polynome vom Grade 1 sein. Setzen wir nun den Ansatz
x(t) = et
ins (3.101) ein, so ergibt si
h
2 et = !02 et
et :
Diese Glei
hung kann nur erfüllt werden, wenn die Konstante im Exponent die
harakte
ristis
he Glei
hung erfüllt,
2 +
+ !02 = 0: (3.103)
Die beiden Lösungen dieser quadratis
hen Glei
hung sind
q
1 = + und 2 = mit = +
2 =4 !02 : (3.104)
2 2
Für 6= 0 ist 1 6= 2 und die allgemeine Lösung der Bewegungsglei
hung hat na
h dem
zitierten Theorem die Form
x(t) = a1 e1 t + a2 e2 t : (3.105)
71
Die beiden Integrationskonstanten a1 und a2 werden dur
h Vorgabe von Anfangsort und
Anfangsges
hwindigkeit festgelegt. Für
2 = 4!02 ist 1 = 2 und (3.105) ist ni
ht mehr die
allgemeine Lösung, siehe weiter unten. Wir diskutieren nun die vers
hiedenen Lösungstypen.
Starke Dämpfung (Krie
hfall): Für
2 =4 > !02 und mit obiger Denition von s
hreibt
si
h die Lösung gemäÿ
x(t) = e
t=2 a1 et + a2 e t : (3.106)
Da
=2 > ist, gilt
x(t ! 1) = 0: (3.107)
Die Bewegung ist ni
ht periodis
h. Man kann lei
ht die Konstanten a1 und a2 mit den
Anfangswerten x0 = x(0) und v0 = x_ (0) in Verbindung bringen und ndet
1
x(t) = e
t=2 x0
osh t + v0 + 12
x0 sinh t : (3.108)
S
hwa
he Dämpfung (S
hwingfall): Hier ist
4 =4 < !02 und wird imaginär. Setzen
wir
q
= i!
; !
= + !02
2 =4; (3.109)
Hier handelt si
h um eine periodis
he S
hwingung mit Kreisfrequenz !
< !0 und abklin
gender Amplitude
a e
t=2 !0 für t ! 1: (3.112)
Das Verhältnis der Auss
hläge in zwei bena
hbarten Maxima, deren zeitli
her Abstand T =
2=!
ist, beträgt exp(
T =2). Die Zeit = 2=
, na
h der die Amplitude auf den e-ten Teil
abgesunken ist, heiÿt Relaxationszeit der S
hwingung. Für
! 2!0 wird der S
hwinger so
stark abgebremst, daÿ !
! 0 strebt.
Kritis
he Dämpfung (aperiodis
her Grenzfall): Für
= 2!0 ist
1 = 2 =
2
72
und (3.105) gibt zunä
hst nur eine Lösung,
x(t) = ae
t=2 = ae !0 t ; a = a1 + a2 :
Da die Bewegungsglei
hung aber eine Dierentialglei
hung 2. Ordnung ist, muÿ die allge
meine Lösung 2 Integrationskonstanten enthalten. Eine zweite unabhängige Lösung gewinnt
man mittels der Methode der Variation der Konstanten. Dazu lässt man die Integrations
konstante a von der Zeit abhängen und setzt
x(t) = a(t)e !0 t :
Nun setzen wir
x_ (t) = a_ (t) !0 a(t) e !0 t und x(t) = a(t) 2!0 a
2
_ (t) + !0 a(t) e !0 t
in die Bewegungsglei
hung x + 2!0 x_ + !02 x = 0 ein. Wir erhalten
2
2
a
2!0 a
_ + !0 a + 2!0 a
_ !0 a + !0 a = a
=0
woraus folgt, dass a(t) eine lineare Funktion der Zeit sein muss, a(t) = a1 +a2 t: Die allgemeine
Lösung für
= 2!0 ist deshalb
x(t) = e !0 t a1 + a2 t = e !0 t x0 + (!0 x0 + v0 )t : (3.113)
Der Bewegungsablauf ist ähnli
h dem der starken Dämpfung. In Abbildung (3.11) sind die
S
hwingungsformen eines gedämpften Oszillators mit !0 = 1 ; x0 = 1 ; v0 = 0 für die Werte
= 8 (Krie
hfall),
= 2 (kritis
h) und
= 1=2 (S
hwingfall) gezeigt.
1
6
Krie
hfall
= 8
Grenzfall
= 2
0 -t
I
S
hwingfall
= 1=2
Abbildung 3.11: Die vers hiedenen Lösungstypen für den Oszillator mit Dämpfung.
73
mit Matrizen A und B . Für ein 1-dimensionales System sind A und B Zahlen und für eine
3-dimensionales System 3 3-Matrizen. Mit r_ = v sind die Bewegungsglei
hungen äquivalent
zu folgendem gewöhnli
hen Dierentialglei
hungssystem erster Ordnung:
r_ l r r
v_
=
0
A B
1
v
M
v
; (3.115)
oder wenn wir Orts- und Ges
hwindigkeitsvektor in einen Vektor vereinigen,
r
= (3.116)
v
s
hreibt si
h die Bewegungsglei
hung gemäÿ
_ = M mit Anfangsbedingung (0) = 0 : (3.117)
Diese gewöhnli
he Dierentialglei
hung erster Ordnung bes
hreibt die Bewegung im Raum
mit Koordinaten r und v . Für 1-dimensionale Systeme ist M eine 22 und für 3-dimensionale
Systeme eine 6 6 Matrix. Wäre M eine reelle oder komplexe Zahl, dann könnten wir die
Lösung dieser dann sehr einfa
hen Dierentialglei
hung sofort angeben. Für Systeme von
Dierentialglei
hungen, d.h. wenn M keine Zahl sondern eine Matrix ist, ist die Lösung
ähnli
h einfa
h, wie wir jetzt sehen werden.
3.4.1 Matrix-Exponentialfunktion
Formal hat die Dierentialglei
hung (3.117) mit beliebiger Matrix M die folgende Lösung,
(t) = eMt 0 : (3.118)
Dabei brau
ht M ni
ht die spezielle Form in (3.115) zu haben. Wir wollen uns hier ni
ht auf
1 oder 3-dimensionale Bewegungen in der klassis
hen Me
hanik bes
hränken. Deshalb soll
Der Beweis der Behauptung (3.118) ist einfa
h und benutzt die Reihendarstellung der Ma
trix-Exponentialfunktion,
2 3
Mt
e l
= 1 + tM +
t
M
2+t M
3 + ::::
2! 3!
Für beliebige Matrizen ist dies eine absolut konvergente Potenzreihe. Deshalb vertaus
hen
Dierenzieren und Summieren und wir nden
2
d
e
Mt = M 1 + tM + l
t
M
2 + : : : = M etM = e
tM M: (3.119)
dt 2!
Daraus folgt unmittelbar, daÿ in (3.118) die Dierentialglei hung (3.117) löst,
_ (t) =
d
e
Mt 0 = Me
Mt 0 = M (t): (3.120)
dt
Nur wenn zwei Matrizen vertaus
hen, [M; N ℄ = 0, hat die Exponentialfunktion die für Zahlen
harakteristis
he Eigens
haft
e
M +N M N e e = e
N M ()
e [M; N ℄ MN N M = 0: (3.121)
74
Da M und ( M) vertaus
hen folgt sofort, daÿ
(e
M )
1
= e
M : (3.122)
Für zwei ni
ht-kommutierende Matrizen kann man die Baker-Hausdorff und Baker-
Campbell-Haussdorf Formeln benutzen. Die erste lautet
tM tM
1
X n
M
t
e Ne = [M; [M; [: : : ; [M ; N ℄ : : :℄℄ = exp (t ad ) N; (3.123)
n=0 n! | {z
n mal
}
ad M : N ! [M; N ℄
Im Exponent auf der re
hten Seite stehen neben M und N nur Glieder, die (von Zahlen
faktoren abgesehen) nur dur
h Kommutatoren von M und N allein gebildet werden. Dieses
Hausdorffs
he Ergebnis ist grundlegend für eine Theorie der Liegruppen und kommt in
der Quantenme
hanik zur Anwendung.
Wir beweisen die Baker-Hausdorff-Formel (3.123) indem wir zeigen, daÿ beide Seiten
in dieser Formel identis
he Taylorentwi
klung bei t = 0 haben. Die Ableitungen der linken
Seite bei t = 0 sind
n tM tM Mn
d
dt
n e Ne
t=0 = (ad ) N;
und die Glei hheit aller Ableitungen beweist die Formel (3.123).
Falls M mit dem Kommutator von M und N vertaus
ht, dann folgt aus (3.123) die nützli
he
Formel
tM
e N = N + t[M; N ℄
e
tM :
75
Damit nden wir für die Ableitung der linken Seite in (3.125)
d tM etN + etM NetN tM etN :
(lhs) = Me = (M + N + t[M; N ℄) e
dt
Die Ableitung der re
hten Seite ist
d
(rhs) = (M + N )(rhs) + (rhs)t[M; N ℄ = M + N + t[M; N ℄ (rhs):
dt
Oensi
htli
h erfüllen beide Seiten in (3.125) die glei
he Dierentialglei
hung. Da zusätzli
h
beide Seiten für t = 0 die Einheitsmatrix ergeben, folgt dann die Behauptung (3.125).
Diagonalisierbare Matrizen
Die Bere
hnung von Exponentialfunktion ist relativ einfa
h für diagonalisierbare Matrizen.
Eine Matrix M heisst diagonalisierbar, wenn es eine reguläre Transformation S gibt, so daÿ
0 1
1 0 :::
B 0 2 0 :::C
S 1 MS = M
~ =B
.. C
A (3.126)
0 . 0
0 ::: 0 n
diagonal ist. Die Spalten der diagonalisierenden Transformationsmatrix S sind die Eigenvek
toren von M. Mit der
1 1
f (M ) = f (S MS
~ )= Sf (M
~ )S
_ = M () S _
~ = MS ~ () ~_ = M
~~;
76
Eine n n Matrix M ist diagonalisierbar wenn die Nullstellen 1 ; : : : ; n ihres
harakteristi
s
hen Polynoms
PM () = det(1l M ) = n Sp (M )n 1 + : : : + ( )n det M
= ( 1 )( 2 ) ( n ) (3.128)
vers
hieden sind. Mit k ist au
h k eine Nullstelle von PM (), denn das
harakteristis
he
Polynom einer reellen Matrix hat reelle Koezienten.
Bei einer expliziten Bere
hnung von exp(M t) ist es oft au
h hilfrei
h, si
h an den Satz von
Cayley-Hamilton zu erinnern, na
h dem
sind die Nullstellen des
harakteristis
hen Polynoms 2 +
+ !02 , siehe (3.104). Für 6= 0
sind die Eigenwerte vers
hieden und die Matrix M kann diagonalisiert werden,
~S
M = SM 1; ~=
M
1 0 ; S=
1 1 :
0 2 1 2
77
Nun ist es lei
ht die Matrix tM zu exponentieren,
t
e 1 1
=2
S 1 = e
t=2
osh t 1l +
0 1
eMt = S sinh t :
0 e2 t !02
=2
Wir nden wieder die frühere Lösung (3.108) für den Krie
hfall
1
x(t) = e
t=2
osh t x0 + (
x0 =2 + v0 ) sinh t
1 2
v (t) = e
t=2
osh t v0 (!0 x0 +
v0 =2) sinh t : (3.131)
Den S
hwingfall erhalten wir, wenn wir dur
h i!
ersetzen. Deshalb ist für einen Oszillator
mit s
hwa
her Dämpfung
eMt = e
t=2
os ! t 1l + 1
=2 1
sin !
t : (3.132)
!
!02
=2
Interessanter ist der aperiodis
he Grenzfall, für wel
hen das
harakteristis
he Polynom von
0 1 !0 0 !0 1
M=
!02 2!0
=
0 !0
+
!02 !0
D+N
eine doppelte Nullstelle bei !0 hat. Die beiden Matrizen D und N vertaus
hen oensi
htli
h
und N ist nilpotent, N 2 = 0. Für die Exponentialfunktion erhalten wir
1 + !0 t t
eMt = eDt+Nt = eDt eNt = eDt 1l + N t = e !0 t ;
!02 t 1 !0 t
wobei wir benutzten, daÿ D und N kommutieren. Daraus gewinnen wir sofort die Lösung
für den aperiodis
hen Grenzfall
x(t) = fx0 + (!0 x0 + v0 )tg e !0 t
v (t) = fv0 (!0 x0 + v0 )!0 tg e !0 t (3.133)
in Übereinstimmung mit (3.113). Im Gegensatz zum Krie
h- und S
hwingfall sind die beiden
Eigenwerte des
harakteristis
hen Polynoms im aperiodis
hen Grenzfall glei
h.
Hat das
harakteristis
he Polynom PM () einer n n Matrix M mehrfa
he Nullstellen, dann
ist M im Allgemeinen ni
ht mehr diagonalisierbar. Das Polynom hat dann die Form
r
Y
PM () = det(1l M) = k )nk ; n1 + : : : nr = n;
k=1
wobei 1 ; : : : ; r die paarweise vers
hiedenen Nullstellen von PM und die nk > 0 ihre alge
brais
hen Vielfa
hheiten sind. Wie im diagonalisierbaren Fall heissen die k Eigenwerte der
Matrix M . Hat k die Multiplizität nk , so ist au
h k ein Eigenwert derselben Multiplizität,
denn das
harakteristis
he Polynom der reellen Matrix M hat reelle Koezienten.
78
Wir erinnern daran, daÿ eine n n-Matrix der Form
0 1
1 ::: 0
B .. .. .. C
B . . .C
Jn () = B .. C (3.134)
. 1A
0
Jordan-Blo
k mit Eigenwert heisst. Eine Jordan-Matrix ist eine quadratis
he Matrix
der Form
0 1
Jn1 (1 ) 0 0
B C
~ =B
M 0 Jn2 (2 ) 0 C; n1 + : : : + nr = n: (3.135)
A
..
0 0 .
Eine Jordan-Basis einer linearen Abbildung (Matrix) M : V ! V ist eine Basis von
V, bezügli
h der die Matrix von M eine Jordan Matrix ist, also die Jordan-Normalform
(3.135) hat. Es gilt der
Jordan-Matrix ~
M ist eindeutig, bis auf eine Permutation der Jordan-Blö
ke.
..
0 .
und es genügt vollauf, exp Jn ()t zu bere
hnen. Nun s
hreiben wir Jn () = 1ln + Jn (0),
wobei die Summanden auf der re
hten Seite oensi
htli
h vertaus
hen, und nden
exp J (0) t:
exp Jn ()t = e n
Da die Matrix Jn (0) oensi
htli
h n
nilpotent ist, Jn (0) = 0, kann sie mit
Jnm (0) ij = Æi;j m ; i; j 2 f1; : : : ; ng;
lei
ht exponentiert werden. Wir nden
0 1
1 t ::: ::: tn 1
( n 1)!
B C
B .. C
B 1 t . C
exp Jn ()t = e
t B
B
B
..
.
..
.
..
.
C
C:
C
(3.138)
B .. C
. t A
0 1
79
Satz 4 In Normalkoordinaten (bezügli
h einer Jordan Basis) hat exp(Mt
~ ) die Form (3.137)
mit exp Jn ()t aus (3.138).
ist, oder, da die n1 -te Potenz von Jn1 (0) vers
hwindet,
0 1
0 0 0
n1 B Jnn21 (2 1 ) C
M
~ 1 1l = 0 A
..
.
80
gilt. In expliziten Re
hnungen ist das Aunden der Jordan Basis der s
hwierigste Teil der
Aufgabe. Wir wollen dies an einem einfa
hen dynamis
hen System illustrieren.
Beispiel: Gegeben sei folgendes dynamis
he System
0 1
1 1 2
_ = M mit M = 0 1 4 A: (3.140)
0 0 1
~_ = M
~~; mit M
~ = S 1 MS:
Na
h unserem allgemeinen Theorem muÿ M ~ eine Jordan-Matrix sein, d.h. die Summe einer
diagonalen und einer nilpotenten Matrix,
0 1
1 1 0
1l2 0 J1 (0) 0
M
~ = 0 1 0A = + :
0 1 0 0
0 0 1
81
Damit wäre die Dierentialglei
hung (3.140) für beliebige Anfangsbedingungen gelöst.
Für explizite Re
hnungen kann man zum Beispiel auf das algebrais
hen Computerprogramm
Maple zurü
kgreifen. Mit dem with(linalg) Befehl lädt man die in der linearen Algebra
gebräu
hli
hen Funktionen. Deniert man die Matrix M,
M:=matrix(3,3,[-1,1,-2,0,-1,4,0,0,1℄)
so liefert der Befehl J:=jordan(M,'SI') die Jordan Matrix
0 1
1 0 0
J = 0 1 1 A:
0 0 1
S = 1 0 0 A;
0 1 2
Eine wi
htige Frage ist diejenige na
h der Stabilität von (Glei
hgewi
hts)Lösungen der Be
wegungsglei
hungen. Wir werden nun untersu
hen, wann die Glei
hgewi
htslösung = 0 des
linearen dynamis
hen Systems
_ = M ; (0) = 0 (3.143)
stabil oder instabil ist. Für die Stabilitätsanalyse zerlegen wir den Vektor 0 = 01 + : : : + 0r ,
wobei 0k im verallgemeinerten Eigenraum Vk liegt. Im Gegensatz zu 0 können die 0k
komplex sein. Dann ist
r
X
(t) = eMt 0 = ek t Pnk (t) 0k ; wobei
k=1
tnk 1
Pnk (t) = 1+ tNk + : : : + Nknk 1
(3.144)
(nk 1)!
ein matrixwertiges Polynom in t der Ordnung < nk ist. Daher ist zur Zeit t der quadrierte
Abstand des Teil
hen vom Ursprung = 0 glei
h
X
r (t) r (t) + v (t) v (t) = (t) (t) = e(k +l )t Pk (t) 0k Pl (t) 0l :
k;l
Hier können die k ; Pk und 0k komplex sein. Für reelles M ist die Summe aber reell.
Generis
h wird für späte Zeiten der Abstand dur
h die Exponentialfunktionen, also die
Eigenwerte k von M, und ni
ht dur
h die Polynome bestimmt3 . Hat nur ein Eigenwert
3 Nur wenn alle k imaginär sind, bestimmen die polynomialen Anteile das asymptotis
he Verhalten.
82
R ?
I 6
- -
?R
6 I
Senke Quelle
-
- 3
-
-
Zentrum Einlaufender Strudel
Abbildung 3.12: Asymptotis h stabile, instabile und stabile Glei hgewi htslösung
von M einen positiven Realteil, dann gibt es immer Bahnen auf denen si
h das System
exponentiell s
hnell vom Ursprung entfernt. In diesem Fall ist die Glei
hgewi
htslösung =0
instabil . Ist zum Beispiel der Realteil von 1 positiv, so entfernen si
h alle Teil
hen mit
01 = o
6 exponentiell s
hnell vom Ursprung weg, siehe Abbildung (3.12).
Sind dagegen die Realteile aller Eigenwerte von M negativ, dann ist die Glei
hgewi
htslösung
asymptotis
h stabil. Alle Lösungen streben exponentiell s
hnell gegen den Ursprung. Man
nennt die Glei
hgewi
htslösung =0 daher Attraktor der Bewegung. Allgemein bezei
hnet
man für ein vorgegebenes dynamis
hes System als Attraktor eine Teilmenge des -Raumes,
der si
h das System für groÿe Zeiten mehr und mehr annähert.
Der interessanteste Fall liegt zwis
hen Stabilität und Instabilität, nämli
h wenn alle Eigen
werte rein imaginär sind. Dies ist der Fall für den harmonis
hen Oszillator ohne Reibung.
Ist M diagonalisierbar und damit alle Pk Konstanten, dann ändert si
h der Abstand vom
Ursprung periodis
h in der Zeit. Das Teil
hen bleibt in der Umgebung der Glei
hgewi
hts
lösung, nähert si
h ihr asymptotis
h aber ni
ht an. Diese Bewegungen heissen stabil, sind
aber ni
ht asymptotis
h stabil.
Der bisher untersu
hte harmonis
he Oszillator ist ein s
hwingungsfähiges System mit einer
in die Glei
hgewi
htslage zurü
ktreibenden linearen Kraft sowie mit energieverbrau
henden
83
Reibungskräften. Ein sol
her Oszillator kann dur
h eine äuÿere zeitabhängige Kraft F( )
t
Die allgemeine Lösung dieser inhomogenen Dierentialglei
hung lässt si
h aus folgendem
Zusammenhang zwis
hen den Lösungen der homogenen Dierentialglei
hung
_ = M (3.147)
und einer Lösungen der inhomogenen Glei
hung (3.146) ableiten. Ist (s) eine spezielle Lö
sung der inhomogenen Glei
hung
_ = M + (3.148)
und (h) eine Lösung der homogenen Glei
hung, dann ist ihre Summe eine neue Lösung der
inhomogenen Glei
hung,
Umgekehrt, sind 1 und 2 zwei beliebige Lösungen der inhomogenen Glei
hung, dann löst
ihre Dierenz die homogene Glei
hung. Wir folgern:
Lemma 2 Ist (h) die allgemeine Lösung der homogenen Glei hung und (s) eine spezielle
Lösung der inhomogenen Glei
hung, so ist (s) + (h) die allgemeine Lösung der inhomogenen
Glei
hung.
Um eine spezielle Lösung von (3.146) zu nden ma
hen wir den folgenden Separationsansatz
(t) = eMt (t): (3.149)
Für ein konstantes wäre eine Lösung der homogenen Glei
hung. Der Ansatz (3.149)
entspri
ht einer Variation der Konstanten (Anfangsbedingung). Die Zeitableitung von in
(3.149) ist
_ = M eMt +e
Mt _ = M + eMt _ ;
und deshalb erfüllt die inhomogene Dierentialglei
hung genau dann, wenn
_ = e
Mt 1
=e Mt (3.150)
gilt. Die allgemeine Lösung dieser Glei
hung lautet
Z t Ms
(t) = e ( s) + 0
0
84
mit einer Integrationskonstante 0 . Damit lautet die formale Lösung von (3.148) wie folgt,
Z t
(t) = eM (t s) (s) + eMt 0 : (3.151)
0
Die Integrationskonstanten 0 tritt als Anfangsbedingung auf, 0 = (0). Der zweite Term
ist die Lösung der homogenen Glei
hung mit Startpunkt 0 und der erste Term die spezielle
Lösung der inhomogenen Glei
hung die für t = 0 vers
hwindet. Wir wollen wieder annehmen,
daÿ V 00 und W in M diagonal sind (oder beide glei
hzeitig diagonalisiert werden können).
Dann entkoppeln die Dierentialglei
hungen und es genügt den eindimensionalen Fall zu
untersu
hen, d.h. die Dierentialglei
hung (3.145) oder (3.146) mit
0 1 1 0
M =
!02
; = F
: (3.152)
m
Die Re
hnungen werden einfa
her wenn wir als untere Integrationsgrenze in (3.151) ni
ht 0
sondern 1 nehmen. Dies ist äquivalent zu einer Vers
hiebung von 0 in dieser Formel. Mit
eM (t s) aus (3.132) und aus (3.146) lautet die spezielle Lösung
Zt Zt
1 sin !
(t s)
eM (t s) (s) = e
(t s)=2 F (s);
m!
!
os !
(t s)
=2 sin !
(t s)
1 1
p
mit !
= !02
2 =4. Addieren wir die allgemeine homogenen Lösung (3.111), dann nden
wir folgende allgemeine Lösung der inhomogenen Glei
hung für eine beliebig zeitabhängige
Antriebskraft,
Z t
1
x(t) = a e
t=2 sin !
t + '0 + e
(t s)=2 sin !
(t s)F (s): (3.153)
m!
1
Zu den wi
htigsten Kräften, die einen gedämpften harmonis
hen Oszillator 'treiben', gehören
die periodis
hen, zum Beispiel
F (t) = F0 sin !t: (3.154)
Für diese einfa
he treibende Kraft ist
Zt Zt h i
(t s)=2 sin ! (t F0
e
s)F (s) = e
(t s)=2 ei!s sin !
(t s) + kompl. konj.
2i
1 1
!
F0 ei!t
= + kompl. konj.
2i !
2 ! 2 +
2 =4 + i
!
!
F0 ei!t
= + kompl. konj.
2i !02 ! 2 + i
!
Um zu einer einfa
heren Darstellung der inhomogenen Lösung zu kommen s
hreiben wir
(!0
2
! 2 + i
! ) 1
= b(! )e
iÆ(!)
85
Eingesetzt in (3.153) führt dies dann auf folgende allgemeine Lösung für den s
hwa
h ge
dämpften harmonis
hen Oszillator mit harmonis
her Treibkraft (3.153)
F0
x(t) = a e
t=2 sin !
t + '0 + b(! ) sin !t Æ (! ) : (3.156)
m
Während des Zeitintervalls t = 2=
s
hwingt das System ein. Dieser Eins
hwingvorgang
wird dur
h die homogene Lösung, also die Parameter !0 und
des s
hwingenden Systems,
bestimmt. Na
h der Relaxationszeit strebt die homogene Lösung gegen Null und spielt
keine Rolle mehr. Für t verbleibt nur die spezielle Lösung, die eine periodis
he Bewegung
mit der auferlegten Kreisfrequenz ! der treibenden Kraft bes
hreibt. Die Amplitude der
S
hwingung ist proportional zur Kraftstärke F0 und umgekehrt proportional zur trägen
Masse des S
hwingers.
Resonanzen: Bei vorgegebener Eigenfrequenz !0 und Dämpfung
des S
hwingers sind
die Phasenvers
hiebung Æ und die Amplitude F0 b(! )=m Funktionen der Kreisfrequenz der
treibenden Kraft F0 sin !t. Diese Funktionen zeigen in der Umgebung der 'Eigenfrequenzen'
!0 bzw. !
ein typis
hes Verhalten, das nun genauer untersu
ht werden soll:
Die Phasenvers
hiebung Æ ist ein Maÿ für die Verzögerung, mit der die Kraftphase !t am
Oszillator wirksam wird. Wir haben
Æ (! = 0) = 0; Æ (! = !0 ) = und Æ (! ! 1) = : (3.157)
2
Bei ! = !0 ist das Argument von ar
tan in (3.155) unendli
h. Also ist die Phasenverzögerung
=2, wenn die aufgezwungene Frequenz ! glei
h der ungedämpften Eigenfrequenz !0 ist. Für
! > !0 müssen wir bei der Bestimmung von ar
tan auf den 'nä
hsten Zweig' dieser Funktion
gehen. Die funktionale Abhängigkeit der Amplitude b von der Kreisfrequenz in (3.155) ist
dur
h eine Verteilung mit Maximum !r in der Nähe von !0 und Breite
gegeben. Es gilt
und b(! ! 1) = 0:
1
b(! = 0) = (3.158)
!02
Die Amplitude hat ein Maximum bei derjenigen Kreisfrequenz wel
he den Nenners von b(w)
minimiert,
2
(! !02 )2 +
2 ! 2 !2 2
= 2(!r !02 ) +
2 = 0:
! 2 r
Damit nden wir für die Lage des Maximums !r , der sogenannten Resonanz , und die Am
plitude an der Resonanzstelle die Werte
q
2 =2 !
!0 1
!r = !02 und b(!r ) = : (3.159)
!
In diesem Anhang wollen wir die wi
htigsten Eigens
haften von Matrixfunktionen zusam
menstellen. Für eine diagonalisierbare nn-Matrix mit Eigenwerten 1 ; : : : ; n sind Matrix
86
6b !( )
0:5
0:4
= 1; !0 =2
0:3
1=!02
0:2
0:1
0
0 1 !0 3 4 5
-!
!r
6Æ ! ( )
2 = 1; !0 =2
2
0
1 !0 3 4
-
!
87
funktionen lei
ht zu bere
hnen,
0 1
f (1 ) 0 0 :::
B 0 f (2 ) 0 ::: C
f (M ) = f S MS
~ 1
= Sf (M
~ )S 1
= SB
.. .. C
A S 1:
. .
0 0 f (n )
Allgemeine Matrizen sind ni
ht diagonalisierbar. Wir können natürli
h immer die Jor-
dans
he Normalform als Ausgangspunkt für eine Bere
hnung von Matrixfunktionen wählen
und diesen Weg haben wir bei der Exponentialfunktion gewählt. Hier mö
hte i
h aber den
Residuenkalkül zur Anwendung bringen, wel
her von der Resolvente
R() =
1
M
; M 2 Matn C ( ); (3.160)
der Matrix M Gebrau
h ma
ht. Für ni
ht-diagonalisierbare Matrizen kann man nämli
h
folgende konstruktive Formel für eine analytis
he Funktion f () benutzen:
I I
1 1 f ()
f (M ) = f () R() = : (3.161)
2i 2 i M
Die Integration ist entlang einer S
hleife in der komplexen -Ebene, die alle Nullstellen des
harakteristis
hen Polynoms ums
hlieÿt. Zum Beispiel, für die Matrix
0 1
1 1 2
M = 0 1 4 A;
0 0 1
R() = 0 ( + 1)
1
4(2 1)
1 A:
(
1
0 0 1)
Für die Bere
hnung des S
hleifenintegrals in (3.161) erinnern wir uns an folgende bekannte
Formel aus der Analysis:
I
f ()
d = f (n) (0 );
1 1
(3.162)
2 i ( 0 )n+1 n!
Hier umläuft der ges
hlossene Integrationsweg den Punkt 0 einmal entgegen dem Uhrzei
gersinn. Damit nden wir
0 1
f( 1) f 0( 1) 2f 0( 1)
f (M ) = 0 f( 1) 2( f (1) f ( 1)) A:
0 0 f (1)
Insbesondere für f () = exp(t) ndet man das bekannte Resultat (3.142) für exp(Mt).
Im Folgenden werden wir weitere Eigens
haften der Resolvente bespre
hen, die Spektralzer
legung eines linearen Operators auf einem endli
h-dimensionalen Vektorraum ableiten und
insbesondere die obige Formel (3.161) beweisen. Erinnern wir uns an die Kramers
he Regel
zur Bildung einer inversen Matrix, so folgt sofort, daÿ die Resolvente meromorph ist. Sie hat
88
Pole der Ordnung n bei den Nullstellen f1 ; : : : ; r g (M ) des
harakteristis
hen Poly
noms PM () von M , d.h. bei den Eigenwerten von M . Wir untersu
hen nun das Verhalten
der Resolvente bei einem Eigenwert den wir der Einfa
hheit wegen na
h = 0 legen.
Die Koezienten in der Laurent-Reihe
1
Ap p
X
R() = (3.163)
p= 1
bere
hnen si
h na
h der bekannten Formel aus der Funktionentheorie gemäÿ
I
1 p 1 R():
Ap = d (3.164)
2i
Hier ist ein (kleiner) Kreis um den Eigenwert 0, der auÿer diesem keinen weiteren Punkt
des Spektrums (M ) eins
hlieÿt. Da die Pole maximal die Ordnung n haben ist
Ap = 0 für p< n:
Das Produkt zweier Koezientenmatrizen Ap und Aq ist entweder die Nullmatrix oder eine
dritte Koezientenmatrix:
1
I I
p q 0
1 R( ) R() :
= dd0 1 0
(2i)2 0 0
Wählen wir mit gröÿerem Radius als 0 , dann kann das Linienintegral über 0 lei
ht
bere
hnet werden, wenn wir die Laurent-Entwi
klungen für die Resolventen auf der re
hten
Seite einsetzen und
1
I
1 0 m m
d0 = m 1
2i 0 0 0
benutzen. Man ndet
I
1 X
dk q p 2
Ap Aq = q k q Ak
2i k
= p 1 q Ap+q+1 = (1 p q )Ap+q+1 ;
89
d.h. die Behauptung (3.166) des Lemmas. Daraus folgt unmittelbar, dass die Matrizen Ap
paarweise kommutieren.
Dieselben Relationen erlauben uns, alle Matrizen Ap dur
h
A0 S; A 1 P und A 2 D: (3.167)
auszudrü
ken. In der Tat, wir nden
Ap A0 = Ap+1 ! Ap = S p+1; p = 0; 2; 3; : : :
A 1A 1 =A 1 ! P2 = P
A 2A p = A p 1 ! A p = Dp 1 ; p = 2; 3; : : : (3.168)
A0 A 1 = 0 ! SP = P S = 0
A 1A 2 = A 2 ! DP = P D = D
Somit erhalten wir folgende Laurent-Entwi
klung der Resolvente um einen beliebigen Ei
genwert i 2 (M ),
1
X Pi
1
X
R() = ( i )
p
S
+1 +
p
+ ( i ) p p
Di
1: (3.169)
i
i
p =0 p =2
Die letzte Reihe bri
ht spätestens na
h p = n ab. Pi heisst der Eigenprojektor und Di die
Eigennilpotente zum Eigenwert i . Die folgende Relationen sind lei
ht zu beweisen,
das Resultat (3.169) einsetzt und Koezienten verglei
ht. Nun sind wir in der Lage, daÿ
folgende Lemma zu beweisen
Lemma 4 Es sei ein positiv orientierter Kreis, der das ganze Spektrum (M ) von M
ums
hlieÿt. Dann ist
I X
1 r
11 = d R() = Pi ; (3.171)
2i i =1
wobei P1 ; : : : ; P r die Eigenprojektoren zu den Eigenwerten 1 ; : : : ; r von M. Diese erfüllen
Pi Pj = Æij Pj : (3.172)
Zum Beweis des Lemmas führen wir auf dem Raum der Matrizen eine Norm ein. Für jj >
kM k ist dann
1
1 1 M 1 M M2
= 1 = 1+ + +::: :
M 2
90
Somit ist R() 1= für ! 1 und dies führt zur ersten Glei
hung in (3.171). Andererseits
kann man auf r kleine Kreise i um i zusammenziehen; dies führt auf
I
1 X
r
d R() = Pi :
2i i =1
Die Glei
hung (3.172) folgt aus der Formel
I I
1
Pi Pj = dd0 R()R(0 )
(2i)2 0
die man wie im Beweis von Lemma 3 bere hnet. Nun folgt der wi htige
X
r
X
r
M = i Pi +D = i i + D )P ;
i i (3.173)
i =1 i =1
wobei Pi der Eigenprojektor und Di die Eigennilpotente zum Eigenwert i ist, Pi Pj =Æ ij Pj
und Di Pi =PD =D.
i i i
Diese Zerlegung ist identis
h zur Jordans
hen Normalform, allerdings in einer beliebigen
Basis. Dana
h ist der Vektorraum V die direkte Summe der Eigenräume Vi = Pi V die
invariant unter M sind,
[M;Pi ℄=0
M Vi = MP V i = Pi M V 2V: i
Insbesondere ist Di = 0 für dim Pi = 1, d.h. für einen einfa
hen Eigenwert. Es sei nun
X
1
1
f (z ) = f (n) (0)z n
n!
n =0
eine ganze Funktion. Wir denieren die entspre
hende Matrixfunktion
X
1
1
f (M ) = f (n) (0) M n : (3.174)
n!
n=0
Auf jedem Eigenraum Vi sind die Potenzen von M einfa
h auszure
hnen,
1 1 X p
i Di
q
PM = n
P ( + D ) = n
Pi :
n! n! p! q !
i i i i
p +q=n
91
Wir setzen in (3.174) ein und erhalten die Spektraldarstellung der Matrixfuntion f (M ):
X X 1 1 X X
ni
1
f (M ) = Pi f (p+q) qi Dip = f ( )P i + f (p) (i )Dip :
i p;q
q! p! i
i
p
p!
Diese Darstellung kann auf alle Funktionen ausgedehnt werden, die in einer Umgebung jedes
Eigenwertes hinrei
hend oft dierenzierbar sind. Speziell erhält man für f (z ) = ( z ) 1
die Partialbru
hentwi
klung der Resolventen,
r
1 X Pi Di Dini 1
= + +:::+ : (3.175)
M i=1 i ( i )2 ( i )ni
Mit (3.162) folgt daraus die Darstellung (3.161) für eine (beinahe) beliebige Matrixfunktion.
92
Kapitel 4
Mehrkörpersysteme
Die für den einzelnen Massenpunkt aufgestellte dynamis
he Grundglei
hung kann auf mehre
re Massenpunkte erweitert werden. Ist der Ortsvektor des i-ten Teil
hens in einem Inertialsy
stem ri , seine Masse mi , sein Impuls pi = mi r_ i und die Resultante aller an ihm angreifenden
Kräfte Fi , dann gilt na
h dem zweiten Axiom
p_ i = Fi ; pi = mi r_ i ; i =1; : : : ; N: (4.1)
Sind die Kräfte Fi als Funktionen der Orte und Ges
hwindigkeiten der Massenpunkte sowie
der Zeit bekannt, so ist die Bewegung der Punktteil
hen dur
h ihre anfängli
hen Orte und
Ges
hwindigkeiten und die Lösung des obigen Glei
hungssystems eindeutig bestimmt. Das
System enthält 3N skalare Dierentialglei
hungen zweiter Ordnung für die 3N Koordinaten
der N Teil
hen. Das mathematis
he Problem der Punktme
hanik besteht in der Integration
dieses im Allgemeinen gekoppelten ni
htlinearen Dierentialglei
hungssystems.
Für ein ni
ht abges
hlossenes System teilt man die Kräfte in zwei Gruppen auf: in die von
Teil
hen auÿerhalb des untersu
hten Systems wirkenden äuÿeren Kräfte und die zwis
hen
den Teil
hen des Systems wirkenden inneren Kräfte. Dabei wird die Rü
kwirkung der Sy
stemteil
hen auf die äuÿeren Teil
hen verna
hlässigt. Diese Aufteilung ist natürli
h etwas
willkürli
h. Vergröÿern wir das System und s
hlieÿen die vorher als äuÿere Teil
hen betra
h
teten Massenpunkte ein, so werden äuÿere Kräfte zu inneren. Verkleinern wir hingegen das
System, so können innere Kräfte in äuÿere übergehen.
Bezei
hnet man die Resultante der auf den Massenpunkt i des Systems wirkenden äuÿeren
Kräfte mit F(i a) , und die vom Massenpunkt j auf das Teil
hen i wirkende Kraft mit Fij , so
ist die auf i wirkende Gesamtkraft
Fi = F(ia) +
XN Fij ; i =1 ;:::;N (4.2)
j=1
In der Summe wird das Glied j = i fortgelassen oder Fii Null gesetzt, da der Massenpunkt
auf si
h selbst keine Kraft ausübt. Die äuÿeren Kräfte werden in der Regel als gegeben
vorausgesetzt. Die Grundglei
hungen der Punktme
hanik sind somit die folgenden:
94
Die Newtons
hen Bewegungsglei
hungen
p_ i = F(ia) +
X
N
F ij ; i = 1; : : : ; N (4.3)
j=1
und das Reaktionsprinzip, na
h dem
Fij = Fji (4.4)
gilt. Neben der Einteilung in äuÿere und innere Kräfte wird oft au
h zwis
hen Zwangskräften
und eingeprägten Kräfte unters
hieden. Wir werden später darauf eingehen.
Ähnli
h wie in Abs
hnitt (3.2) leiten wir hier Bilanzglei
hungen für Impuls, Drehimpuls und
Energie ab. Für idealisierte abges
hlossene Systeme ohne äuÿere Kräfte sind diese Gröÿen
zeitli
h konstant.
Greifen keine äuÿeren Kräfte an, dann ist der Gesamtimpuls erhalten. Um zu einer ans
hau
li
heren Form des Satzes zu gelangen, führen wir den S
hwerpunkt 1 ein,
P P
R= P m i ri
mi
=
M
m i ri ; (4.7)
M = F(a) :
R (4.8)
1 Der Begri S
hwerpunkt, oft au
h Massenmittelpunkt genannt, geht auf Ar
himedes zurü
k.
95
S
hwerpunktsatz: Der S
hwerpunkt eines Systems von Massenpunkten mit konstanten
Massen bewegt si
h so, als ob in ihm die Gesamtmasse des Systems konzentriert wäre und
als ob auf ihn die Resultierende der äuÿeren Kräfte wirke.
Dieser Satz bere
htigt uns, einen ausgedehnten Körper als Massenpunkt zu betra
hten, denn
der S
hwerpunkt des Körpers bewegt si
h wie ein Punktteil
hen der Masse M unter der
Wirkung der von auÿen angreifenden Gesamtkraft. Bei der Bewegung des S
hwerpunktes
spielen die inneren Kräfte keine Rolle. Kompensieren si
h die äuÿeren Kräfte gegenseitig, so
folgt aus (4.6) und (4.8) der Satz von der
Impulserhaltung: Vers
hwindet die Resultierende der äuÿeren Kräfte, dann ist der Ge
samtimpuls des Systems konstant. Für konstante Massen bewegt si
h dann (in einem Inerti
alsystem) der S
hwerpunkt geradlinig und glei
hförmig.
kR r1 k = m2 ;
kr2 Rk m1
siehe die folgende Abbildung (4.1). Bei einem Körper von kontinuierli
her Massenverteilung
m1 R r1 - r2 R -3m2
I 6
r1 R r2
Abbildung 4.1: Der S hwerpunkt liegt näher bei der gröÿeren Masse.
denkt man si
h diesen in sehr kleine Teile mit Volumen Vi und Massen mi zerlegt. Man
kann dann in dem Ausdru
k (4.7) für den S
hwerpunkt statt der Summe das entspre
hende
P rimi R rdm
Integral s
hreiben,
R = P m
i
!0
V!
i
R dm :
Dieses läÿt si
h na
h Einführung der Massendi
hte gemäÿ
dm = dV (4.9)
96
in Volumenintegrale umformen,
R
r dV
R= R : (4.10)
dV
Sind ri und ri0 die Koordinatentripel des i'ten Teil
hens bezügli
h zweier kartesis
her Basen
in IS und IS 0 , dann sind diese dur
h eine Galileitransformation verbunden,
ri = a + u t + Rri 0
und r_ i = u + Rr_ i ; 0
Multiplizieren wir die Bewegungsglei
hung (4.3) des i-ten Massenpunktes vektoriell mit dem
Ortsvektor ri und summieren über alle Teil
hen, dann nden wir
X X X X
ri ^ p_ i = ri ^ F(ia) + ri ^ Fij : (4.11)
i i i j
s
hreiben, wobei Li der Drehimpuls des i'ten Teil
hens ist. Fassen wir nun die Summe der
Drehimpulse zum Gesamtdrehimpuls zusammen,
X
L= Li ; Li = ri ^ pi ; (4.12)
dann ist die linke Seite von (4.11) die Zeitableitung von L. In der Doppelsumme gibt es zu
jedem Term ri ^ Fij au
h den Term rj ^ Fji . Die Summe beider Terme ist wegen Fij = Fji
glei
h (ri rj ) ^ Fij .
Die inneren Kräfte für Punktteil
hen sind meistens Zentralkräfte . Dann zeigt die vom Mas
senpunkt j auf den Massenpunkt i wirkende Kraft Fij in Ri
htung der Verbindungslinie der
beiden Massenpunkte,
Fij = (ri rj )F (ri ; rj );
und das Vektorprodukt (ri rj ) ^ Fij vers
hwindet. Damit ergibt (4.11) den
Drehimpulssatz: Für Zentralkräfte ist die zeitli
he Änderung des Gesamtdrehimpuls glei
h
der Summe der Drehmomente der äuÿeren Kräfte,
d X X
L= ri ^ F(ia) Mi : (4.13)
dt i
97
Bei der Ableitung des Drehimpulssatzes setzten wir voraus, dass die inneren Kräfte zen
tral sind. Der Satz kann aber im Rahmen der Lagranges
hen Formulierung der Me
hanik
unter sehr allgemeinen Voraussetzungen bewiesen werden. Er folgt bereits aus der Isotro
pie des Euklidis
hen Raumes, siehe unten. Der Drehimpulssatz ist ein Naturgesetz, dessen
Gültigkeitsberei
h weit über die Newtons
he Me
hanik hinausgeht.
In einem abges
hlossenen System wirken keine äuÿeren Kräfte und es gilt der Drehimpulser
haltungsatz
L_ = 0; (4.14)
die Verallgemeinerung des Flä
hensatzes auf mehrere Punktteil
hen. Bei ni
ht abges
hlos
senen Systemen ist das S
hwerpunktsystem im allgemeinen kein Inertialsystem. Trotzdem
ist es in Anwendungen oft nützli
h, den Drehimpulssatz im S
hwerpunktsystem aufzus
hrei
ben. Dabei wollen wir annehmen, dass die Basen im Inertial- und S
hwerpunktsystem über
einstimmen. Dann rotieren die A
hsen des S
hwerpunktsystems ni
ht und es treten keine
Zentrifugal- und Corioliskräfte auf. Im S
hwerpunktsystem hat der i'te Massenpunkt den
Ortsvektor r0i ,
X
ri = R + ri mit 0
mi ri = M R
0 0
= o: (4.15)
i
X X
L= R + ri ^
0
mi R_ + mi r_ i 0
= M R ^ R_ + mi ri ^ r_ i
0 0
i i
oder folgende einfa
he Beziehung zwis
hen den Drehimpulsen bezügli
h der beiden Systeme,
L=R^P+L : 0
(4.16)
Mit P = M R
_ und dem Impulssatz (4.6) folgt dann
X
L_ = R ^ P_ + L_ 0
= R ^ F(a) + L_ ; 0
F(a) = F(ia) : (4.17)
i
Wir haben somit den folgenden wi
htigen Satz bewiesen: Der Drehimpulssatz gilt au
h im
S
hwerpunktsystem, d.h. wenn man als Bezugspunkt den S
hwerpunkt des Systems wählt und
die A
hsen parallel den A
hsen eines Inertialsystem sind.
98
4.1.3 Der Energiesatz
Ähnli
h wie beim 1-Körperproblem multiplizieren wir die Bewegungsglei
hung ( . ) skalar 43
mit r_ i
Xr p XF r XF
und summieren über alle Massenpunkte,
_i _i = i _i = ij r_ i +
XF (a)
i r_ i :
i i ij i
X
Für konstante träge Massen ist die linke Seite die Zeitableitung der kinetis
hen Energie,
1
T = mi r_ 2i : 4 20)
( .
2
i
Für die Lorentzkraft ist Fi senkre
ht zu r_ i und entspre
hend ist die kinetis
he Energie kon
stant. Wir werden diesen Spezialfall von ges
hwindigkeitsabhängigen konservativen Kräften
Nun wollen wir versu hen, au h die re hte Seite als Zeitableitung zu s hreiben. Kräfte, für
Potential (r1 ; : : : ; rn ),
XF r Xr
die dies mögli
h ist, besitzen ein V das der Glei
hung
i _i =
dV
dt
= iV r_ i bzw. Fi = ri V; 4 21)
( .
i i
genügt, und diese Kräfte heiÿen Potentialkräfte 2 . Der Index i am Gradienten bedeutet, dass
die partiellen Ableitungen na
h den Koordinaten des i-ten Massenpunktes zu bilden sind.
Notwendig und hinrei hend für die (lokale) Existenz eines Potentials sind die Bedingungen
an die Kraftkomponenten, die aus der Glei hheit aller gemis hten Ableitungen des Potentials
bedeutet dies
2
Fai V Fbj
= = (Fi = Fai ea ): 4 22)
( .
xbj xbj xai xai
Diese Bedingungen bedeuten starke Eins hränkungen an die mögli he Form der auf das i'te
Fi = F(ia) (ri ) +
XF ik (ri ; rk ):
k=i
6
Die auf das Teil hen i wirkende äuÿere Kraft F(ia) ist unabhängig vom Ort der anderen
Teil hen. Sie ist eine Potentialkraft wenn sie wirbelfrei ist, also wenn
ri ^ Fia ( )
=0 (keine Summe über i) 4 23)
( .
gilt. Die zwis
hen zwei Massenpunkten i und k wirkenden inneren Kräfte Fik und Fki hängen
ri rk
X X
nur von den Ortsvektoren und der beiden Teil
hen ab, und damit bedeutet ( . 4 22)
Faik = Fbjk :
xbj xai
k=i
6 k=j
6
2 Potentialkräfte leisten keine Arbeit und sind deshalb immer konservativ. Die Umkehrung gilt aber ni ht:
Die Lorentzkraft ist konservativ obwohl sie aus keinem Potential im Ortsraum V (r) abgeleitet werden kann,
d.h. sie ist keine Potentialkraft.
99
Insbesonders für i = j folgt daraus
r ^Fi ik = 0; k 6= i (keine Summe!) (4.24)
und für i 6= j
Fbji Faij A=R Faji (4:24) Fbji
= = = oder + Fbji = 0;
xai xbj xbj xaj xai xaj
wobei wir A
tio = Rea
tio und (4.24) benutzten. Die letzte Dierentialglei
hung impliziert,
dass Fij folgende Form haben muÿ
F ij = F (rij ij ) = F (rji ji ); r ij = ri r j: (4.25)
Fassen wir zusammen: die am Teil
hen i angreifende äuÿere Kraft F(i a) kann aus einem
Potential abgeleitet werden wenn sie wirbelfrei ist. Die inneren Kräfte Fij besitzen ein Po
tential wenn Fij nur von der Dierenz ri rj rij abhängt und als Funktion dieser Variable
wirbelfrei ist. Sind diese Bedingungen erfüllt, dann gibt es ein Potential
X X
(r1 ; : : : ; rn ) = r (ri );
(a)
V Vij ( ij ) + Vi (4.26)
Paare(i;j ) i
Energiesatz: Die zeitli
he Änderung der Gesamtenergie eines Systems von Massenpunkten
ist glei
h der Leistung der dissipativen Kräfte,
X
d
dt
T +V = F
i Diss r_ i (4.28)
i
r i = R+r 0
i
und r_ i = R_ + r_ i : 0
Da das letzte Glied der re hten Seite wegen (4.15) oensi htli h vers hwindet, folgern wir:
100
1
Die gesamte kinetis
he Energie des Systems setzt si
h aus der kinetis
hen Energie
2
M _
2
R
der im S
hwerpunkt vereinigt geda
hten Gesamtmasse M und der Energie der Bewegung der
Teile des Systems relativ zum S
hwerpunkt zusammen.
1 1X
T = M R_ 2 + m i r_ i 2 :
0
2 2
S
hlussendli
h wollen wir no
h die Bedingungen an die Potentiale Vij ableiten, so dass neben
dem Energiesatz au
h no
h der Drehimpulssatz gilt.
In der Zeitableitung des Gesamtdrehimpulses
X X X X
L_ = ri ^ F(ia) + ri ^ Fij = ri ^ F(ia) rij ^ ri Vij (rij );
i ij i i<j
worin wir A
tio = Rea
tio setzten, tragen die inneren Kräfte ni
ht bei, wenn
0= rij ^ ri Vij (rij ) für alle i; j
gilt. Also muÿ der Gradient von Vij in Ri
htung von rij zeigen, was bedeutet, dass die
Niveauä
hen von Vij (rij ) Kugeloberä
hen um rij = 0 sind. Deshalb kann Vij nur eine
Funktion von rij = krij k sein. Für ein System mit inneren Potentialkräften gilt also der
Drehimpulssatz (4.13), wenn
Fij = ri V ij (rij ) = ^rij Vij rij 0
; (4.29)
wobei
r V (r ) =
dV
dr
(r )
r r r V (r)
=^
0
benutzt wurde. A
tio = Rea
tio ist erfüllt, falls no
h zusätzli
h gilt
V ij (r) = Vji (r): (4.30)
Bezügli
h der Integrale der Bewegungsglei
hungen können wir zusammenfassend folgendes
sagen. Unter den drei Integralsätzen für ein abges
hlossenes me
hanis
hes System mit Be
wegungsglei
hungen
X
m iri = r
^ ij Vij (rij );
0
i = 1; : : : ; N; (4.31)
j
ergibt der Erhaltungssatz des S
hwerpunktes 6 Integrale, der Erhaltungssatz des Drehimpul
ses 3 Integrale und der Energiesatz 1 Integral. Die maximale Anzahl der allgemein angebba
ren Integrale ist 10,
R; P; L und E:
Ein System aus N Punktteil
hen hat 6N Freiheitsgrade, 3N Koordinaten und 3N Impulse
(oder Ges
hwindigkeiten) und eine Lösung ist na
h Angabe von 6N Anfangsbedingungen
(lokal) eindeutig bestimmt. Für ein abges
hlossenes 2-Körpersystem, für wel
hes alle Erhal
tungssätze gelten, verbleiben na
h Berü
ksi
htigung der Integrale der Bewegung eektiv 2
Freiheitsgrade.
101
4.2 Gekoppelte Pendel
In Abs
hnitt (3.4) haben wir die Lösungsmethoden für allgemeine lineare Systeme disku
tiert, aber bisher nur auf S
hwingungen eines Massenpunktes angewandt. Wir behandeln
jetzt S
hwingungen von zwei s
hwingungsfähigen Massen, die miteinander gekoppelt sind.
Derartige S
hwingungen spielen au
h bei elektris
hen Messanordnungen eine wi
htige Rolle.
Man spri
ht dort von einem primären und einem sekundären Kreis. Der primäre Kreis wird
angeregt, der sekundäre s
hwingt mit, besonders stark dann, wenn Resonanz vorliegt. Hier
bes
häftigen wir uns natürli
h mit gekoppelten me
hanis
hen S
hwingungen, die vielfa
h als
Modelle für die elektris
hen S
hwingungen herangezogen werden.
Wir betra
hten zwei s
hwingende Massenpunkte wie in Abbildung (4.2) dargestellt. Es wir
L -
m1 m2
- - -
O1 x1 O e O2 x2
ke auf den von der Glei
hgewi
htslage O1 in der Entfernung x1 bendli
he Punkt m1 die
harmonis
he Rü
kstellkraft m1 !12 x1 und auf den von O2 in der Entfernung x2 bendli
hen
Punkt m2 die Rü
kstellkraft m2 !22 x2 . Dies sind äuÿere Kräfte, die vom S
hwerefeld der
Erde herrühren (die Erde wird als ni
ht zum System gehörend angesehen). Die beiden Mas
senpunkte seien dur
h eine Spiralfeder miteinander verbunden, die im ungedehnten Zustand
sein soll, wenn m1 in O1 und m2 in O2 ist. Dieses System können wir annähernd dur
h zwei
lange, über einer Feder verbundene Pendel mit kleinen Auslenkungen verwirkli
hen. Ist die
Federkraft pro Dehnung um eine Längeneinheit glei
h k , dann wirkt die Feder auf m1 mit
der Kraft k (x2 x1 ) und auf m2 mit k (x1 x2 ). Diese inneren Kräfte erfüllen das A
tio =
Rea
tio Gesetz.
Also lauten die Newtons
hen Bewegungsglei
hungen für das gekoppelte System
m1 x1 m1!12 x1 + k(x2 x1 )
=
m2 x2
= m2!22 x2 k(x2 x1 ): (4.32)
Je na
hdem ob der Kopplungskoezient k groÿ oder klein vergli
hen mit den mi !i2 ist,
spri
ht man von starker oder s
hwa
her Kopplung. Die wirkenden Kräfte sind konservativ,
102
1 K2 = 2 K1 = k , mit Potential
1
V (x1 ; x2 ) = m1 !12 x21 + m2 !22 x22 + k (x1 x2 )2 :
2
Entspre hend ist die Summe aus kinetis her und potentieller Energie konstant,
1
E= m1 x_ 21 + m2 x_ 22 + V = konstant.
2
k k
!1 = !2 !0 und = : (4.34)
m1 m2
Die Lösungen sind einfa
her zu konstruieren, wenn wir die neuen Koordinaten
1
R= (x1 + x2 ) und x = x2 x1 : (4.35)
2
einführen. R ist der Ort des S
hwerpunktes im System (O; e) in der Abbildung (4.2) und
L + x der Abstand zwis
hen den s
hwingenden Massenpunkten.
Na
h Addition beziehungsweise Subtraktion der beiden Glei
hungen in (4.32) ergeben si
h
die entkoppelten Glei
hungen
R + !02 R = 0 und x + (!02 + 2)x = 0: (4.36)
Der S
hwerpunkt der beiden Pendel s
hwingt mit der Kreisfrequenz !0 und ihr Abstand mit
! = (!02 + 2)1=2 ,
der Kreisfrequenz
Wir bringen anfängli
h m2 aus seiner Ruhelage na
h x2 =
und lassen beide Pendel ohne
Anfangsges
hwindigkeit los,
103
Für diese Anfangsbedingungen vers
hwinden die Phasenvers
hiebungen und 2A = a =
:
Für die Positionen der Pendel bedeutet dies, dass
! !0 ! + !0
x1 =
os !0 t
os !t =
sin t sin t
2 2 2
! !0 ! + !0
x2 =
os !0 t +
os !t =
os t
os t:
2 2 2
Die ersten Faktoren auf den re
hten Seiten sind für s
hwa
he Kopplung !02 langsam
veränderli
h mit der Zeit und die beiden Pendel führen eine S
hwebung aus: hat die Am
plitude von m1 ihren gröÿten Wert, dann ist diejenige von m2 Null und umgekehrt, siehe
Abbildung (4.3).
x1 6
0 -
!0 t
2
x2 6
0 -
!0 t
2
Abbildung 4.3: Die Amplituden des sympathis hen Pendels für s hwa he Kopplung.
Die Energie we
hselt periodis
h von dem einen zu dem anderen Pendel hinüber.
Werden anfängli
h beide Pendel glei
h stark im glei
hen oder im entgegengesetzten Sinne
aus der Ruhelage entfernt, d.h. wählt man folgende Anfangsbedingungen für t = 0
a) x1 =
; x2 =
; x_ 1 = x_ 2 = 0 bzw. R =
; x = 0; R_ = x_ = 0;
b) x1 =
; x2 =
; x_ 1 = x_ 2 = 0 bzw. R = 0; x = 2
; R_ = x_ = 0;
dann ndet kein S
hweben der Energie statt. Im Fall a) ist x = 0 und die beiden Pendel
s
hwingen syn
hron mit der Kreisfrequenz !0 ,
x1 = x2 =
os !0 t:
104
Im Fall b) ruht der S
hwerpunkt, R = 0, und die Pendel s
hwingen entgegengesetzt mit der
Kreisfrequenz ! > !0 ,
x1 = x2 =
os !t:
Die zwei S
hwingungszustände a) und b) heiÿen Normals
hwingungen oder Eigen- oder Fun
damentals
hwingungen unseres gekoppelten Systems von zwei Freiheitsgraden. Die Frequen
zen !0 =2 und !=2 sind die zugehörigen Eigenfrequenzen. Wir haben früher gesehen, dass
ein s
hwingungfähiges System von N Freiheitsgraden genau N Fundamentals
hwingungen
hat.
Ni
ht ganz so einfa
h ist die Theorie, wenn die beiden Pendel gegeneinander verstimmt sind,
wenn sie also ni
ht genau glei
h lang oder ni
ht genau glei
h s
hwer sind. Es ndet zwar au
h
Energieaustaus
h statt, do
h derart, dass das angeregte Pendel ein von Null vers
hiedenes
Minimum hat. Nur das ursprüngli
h ruhende Pendel kommt dann im Verlauf der Bewegung
wieder zur Ruhe. Die Energieübertragung ist als Folge der Verstimmung unvollkommen.
Das Zweikörperproblem ist: Wie bewegen si
h zwei Massenpunkte - zum Beispiel die Sonne
und die Erde - in ihrem gegenseitigen Kraftfeld. Wir betra
hten also das abges
hlossene
Zweikörperproblem mit zentralen inneren Potentialkräften, so dass Drehimpuls und Energie
erhalten sind. In einem Inertialsystem lauten dann die Bewegungsglei
hungen
m1r1 = r1 V (r12 ) = ^r12 V 0
(r12 )
m2r2 = r2 V (r12 ) = ^r21 V 0
(r12 ); (4.38)
wobei r12 der Abstand zwis
hen den beiden Teil
hen ist. Na
h Addition dieser Glei
hungen
erhalten wir den gekannten S
hwerpunktsatz ,
MR
= 0; M R = m1 r1 + m2 r2 ; M = m1 + m2 ; (4.39)
na
h dem si
h der S
hwerpunkt geradlinig glei
hförmig bewegt oder ruht,
R(t) = R(0) + R_ (0)t: (4.40)
Dividiert man die Bewegungsglei
hung für r1 dur
h m1 und diejenige für r2 dur
h m2 und
subtrahiert die entspre
henden Dierentialglei
hungen, dann ndet man für die Bes
hleuni
gung der Relativkoordinate r r1 r2
r = ^r V (r) 0
(4.41)
wobei die reduzierte Masse der beiden Körper auftritt,
m1 m2
= : (4.42)
m1 + m2
Damit ist das Zweikörperproblem auf das Einkörperproblem für die Relativbewegung redu
ziert. Aus der Lösung r(t) für die Relativbewegung und R(t) in (4.40) können dann mit Hilfe
die Umkehrtransformationen
r1 = R + mM2 r und r2 = R mM1 r (4.43)
105
die Bahnkurven r1 (t); r2 (t) bere
hnet werden.
Au
h für allgemeinere Zentralkräfte der Form
F12 = ^r12 K (r12 ; r_ 12 ) = F21 ; (4.44)
kann man das 2-Körperproblem auf ein 1-Körperproblem für die Relativbewegung reduzie
ren, wie si
h lei
ht zeigen läÿt. Dann lautet die Bewegungsglei
hung für die Relativbewegung
r = ^r K (r; r_ ); r r12 : (4.45)
In den meisten physikalis
h wi
htigen Anwendungen sind die inneren Kräfte aber Potential
kräfte, und wir haben es mit der Glei
hung (4.41) zu tun.
Mit (4.43) s
hreibt si
h der erhaltene Gesamtdrehimpuls gemäÿ
L = L1 + L2 = R ^ P + r ^ r_ = M R(0) ^ R_ (0) + r ^ r_ : (4.46)
Der erste Term auf der re
hten Seite ist der Drehimpuls der im S
hwerpunkt vereinigten
Gesamtmasse und der zweite Term der relative Drehimpuls Lrel = r ^ r_ . Ein Verglei
h
mit (4.16) oder eine einfa
he Re
hnung zeigen, dass Lrel glei
hzeitig der Drehimpuls im
S
hwerpunktsystem ist. Er ist eine Konstante der Bewegung und damit liegt r(t) in der
Ebene dur
h r = 0 und senkre
ht zum relativen Drehimpuls.
Wir legen e3 in Ri
htung von Lrel , so dass der Ortsvektor der Relativbewegung r(t) für
alle Zeiten in der x1 x2 Ebene liegt. Wir wählen Kugelkoordinaten, wobei = =2 und
entspre
hend sin = 1 zu setzen ist. Aus (2.109) entnehmen wir
1 d 2
r = rer ; r_ = r_ er + r'_ e' ; r = (r r'_ 2 )er + _ )e' :
(r '
r dt
Die Bewegungsglei
hungen (4.41) s
hreiben si
h dann folgendermaÿen,
1 d 2
(
r r'_ 2 ) = V 0 (r) und (r '_ ) = 0: (4.47)
r dt
Die erhaltene Energie und der erhaltene Drehimpuls der Relativbewegung sind
E=
2
r_ 2 + r2 '_ 2 + V (r) und Lrel = r2 '_ ez ` ez : (4.48)
Die zweite Bewegungsglei
hung in (4.47) ist gerade der Flä
hensatz für die Relativbewegung.
Damit können wir '_ in der ersten Dierentialglei
hung in (4.47) eliminieren und erhalten
folgende Bewegungsglei
hung für den Abstand der beiden Punktteil
hen,
`2 `2
r = V 0 (r) = Ve
0
(r ) mit Ve (r) = V (r) + : (4.49)
r3 2r 2
Ve heiÿt eektives Potential. Für positives Ve ist r negativ und die beiden Teil
hen ziehen
0
Diese Bewegungsglei
hung hat als Integral die konstante Energie der Relativbewegung (4.48),
1
E= r_ 2 + Ve (r): (4.50)
2
106
Da das eektive Potential für einen Relativdrehimpuls ` 6= 0 bei r ! 0 über alle Massen
anwä
hst, können si
h die beiden Teil
hen ni
ht zu nahe kommen. Man spri
ht von der
Zentrifugalbarriere. Bei fester Energie und bei festem Drehimpuls ist der minimale Abstand
der beiden Teil
hen rmin der kleinste Radius für den
`2
E = Ve (rmin ) = V (rmin ) + 2 ; (4.51)
2rmin
gilt, siehe Abbildung (4.4). Ob es no h weitere Umkehrpunkte gibt, an denen die Ges hwin
6Ve
...
...
...
...
...
...
...
...
Abstossung
...
...
...
...
...
...
...
..
...
...
...
...
...
...
...
...
E
...
...
...
...
...
r0 rmax
-r
...
...
...
...
7 :
...
...
i
... ............................................
... ...............................
.... .........................
.... ...................
.... ..................
.... ..
..
..
..
................
.
..... ...........
...... .........
....... .........
..........
Anziehung
........
rmin
.............
.............................................
Abbildung 4.4: Für ` 6= 0 können si h die beiden Teil hen ni ht beliebig nahe kommen.
digkeit vers
hwindet, hängt vom Potential V (r) ab. Für ein für groÿe Abstände anwa
hsendes
Potential wird es immer einen gröÿten Abstand zwis
hen den Teil
hen geben. Die beiden Teil
hen sind dann aneinander gebunden. Besitzt das eektive Potential ein Extremum bei r0 ,
Ve (r0 ) = 0, dann ist r(t) = r0 eine Lösung der Bewegungsglei
hung (4.49) mit konstantem
0
Radius und bes
hreibt eine Kreisbahn mit Relativenergie und Relativdrehimpuls
E = Ve (r0 ) und ` = r02 ':
_ (4.52)
Die Kreisbahn ist stabil wenn r0 ein Minimum von Ve ist und andernfalls instabil.
Die Auösung von (4.50) na
h r_ ergibt dann die s
hon bei der eindimensionalen Bewegung
gefundene Lösung,
r Z r
dr 0
t t0 = p ; (4.53)
2 r0 E Ve (r ) 0
107
4.3.1 Kepler- und Coulomb-Problem
In der Absi
ht, die s
hon bekannten Keplers
hen Gesetze zu beweisen, postulierte Newton
sein allgemeines, dem A
tio = Rea
tio-Prinzip genügendes Anziehungsgesetz zwis
hen je zwei
massiven Körpern, gemäÿ dem der Betrag der Kraft auf jeden der beiden Körper umgekehrt
proportional zum Quadrat ihres gegenseitigen Abstands und die Ri
htung der Kraft längs
der Verbindunglinie der beiden Körper ist. Die Kräfte sind also zentrale Zweiteil
henkräfte,
r12
F12 3 :
r12
Das Besondere an diesem Gesetz ist, dass die Kraft auf einen Körper proportional zu dessen
(s
hweren) Masse sein soll,
r12
F12 = m12 3 : (4.55)
r12
Kein anderes Kraftgesetz hat diese Eigens
haft. Das Phänomen der universellen Anziehung
von massiven Körpern heiÿt Gravitation
. Die Konstante 2 muÿ positiv sein, damit der
Körper m1 von Körper m2 angezogen wird. Das A
tio = Rea
tio - Gesetz verlangt, dass
1 2
m1 2 = m2 1 oder
m1
=
m2
;
eine universelle Konstante ist. Damit ergibt si
h die folgende Form für die Newtons
he Gra
vitationskraft,
r12
F12 =
m1m2 3 : (4.56)
r12
Die positive universelle Konstante
heiÿt Gravitationkonstante.
Au
h zwis
hen elektris
h geladenen Körpern wirken Kräfte, die vom Ladungszustand der
Körper abhängen. Ladungen mit entgegengesetzten Vorzei
hen ziehen si
h an, sol
he mit
glei
hen Vorzei
hen stoÿen si
h ab. Für zwei kleine Körper, deren Dur
hmesser klein relativ
zu ihrem Abstand ist, ist das Kraftgesetz besonders einfa
h. Die Experimente zeigen, dass die
Kraft zwis
hen zwei elektris
h geladenen kleinen Teil
hen proportional zu den elektris
hen
Ladungen q ;q
1 2 und invers proportional zum Quadrat des Abstands 12 der beiden Ladunr
gen ist. Diese Coulombkraft
wirkt in Ri
htung der Verbindungslinie der beiden Ladungen.
Damit ergibt si
h das folgende Kraftgesetz für zwei Punktladungen
q1 q2 r12
F12 =
40 r123 : (4.57)
Die Dielektrizitätskonstante des Vakuums 0 bestimmt die Stärke der We
hselwirkung; ihr
numeris
her Wert hängt von der gewählten Maÿeinheit für die Ladungen ab3 . Im Gegensatz
zur Gravitationskraft kann die elektris
he Kraft anziehend oder abstoÿend sein, je na
h
relativem Vorzei
hen der beiden Ladungen. Während die Gravitation universell auf jede
Form von Masse und/oder Energie wirkt, erfährt ein neutrales Teil
hen keine Coulombkraft.
Die Newtons
he Gravitationskraft und die Coulombkraft haben dieselbe funktionale Form:
beide sind Zentralkräfte und invers proportional zum Quadrat des gegenseitigen Abstand
der beiden Teil
hen,
r12
F12 = 12 3 ; 12 =
m1m2 bzw. 12 = q1 q2 =40: (4.58)
r12
3 Dies wird im nä
hsten Semester detailliert erklärt werden.
108
Also nden wir folgende Newtons
hen Bewegungsglei
hungen für gravitativ und elektris
h
we
hselwirkende Körper,
miri =
XN ij rij ; ij =
mi mj
qi qj
: (4.59)
j =1
rij3 40
j =i6
Links stehen die trägen Massen und re
hts die s
hweren Massen und elektris
hen Ladungen.
Wir werden wieder annehmen, dass das Äquivalenzprinzip gilt und entspre
hend träge und
s
hwere Massen glei
hsetzen. Es handelt si
h hier um Potentialkräfte, da
ij
Fij = ri Vij mit Vij =
rij
(4.60)
E=
XN mi ri XN ij
_2 (4.63)
i=1 2 i;j =1
rij
i=j6
L=
XN miri ^ ri _ (4.64)
i=1
Konstanten der Bewegung.
Für das N -Körperproblem ist für N > 2 keine ges
hlossene Lösung von (4.59) angebbar4,
so dass man auf numeris
he und/oder Näherungsmethoden angewiesen ist. Bei den Nähe
rungsmethoden geht man davon aus, dass der Hauptbeitrag der We
hselwirkung dur
h das
zunä
hst als abges
hlossen betra
htete exakt lösbare Zweikörperproblem, zum Beispiel Son
ne - Planet (oder Komet), gegeben ist, während die Kräfte der anderen Körper als äuÿere
Störungen betra
htet werden, von denen man die dominanten berü
ksi
htigt.
Die Glei
hung für die Relativbewegung des Zweiteil
hensystems hat mit der reduzierten
Masse
m1 m2
= ; M = m1 + m2 ; (4.65)
M
und r = r1 r2 als Relativvektor von Teil
hen 1 zu Teil
hen 2 die Form
r
r = 3 : (4.66)
r
4 Abgesehen von einigen sehr speziellen und symmetris
hen Kongurationen, siehe Übungen.
109
Wir legen e3 wieder in Ri
htung des erhaltenen Relativdrehimpulses. Die erhaltene Energie
der Relativbewegung ist dann
1 `2
E = r_2 + Ve (r); wobei Ve = (4.67)
2 2r 2 r
ist. Wir könnten nun versu
hen, das Integral in (4.53) für das Newtons
he oder Cou-
lombpotential zu bere
hnen, um die Bewegungsglei
hungen zu lösen.
Wir s
hlagen einen direkteren Weg zur Lösungssu
he ein. Für eine Anfangsbedingung '_ 0 =
0 vers
hwindet der erhaltene Drehimpuls ` = r 2 '_ und ' =
onst für alle Zeiten. Dann
bes
hreibt die Relativkoordinate eine radiale Bahn. Für ` 6= 0 ist dagegen '_ = `=r2 nie
Null und '(t) ist eine monotone Funktion der Zeit. Damit dürfen wir ' anstelle von t als
neuen Parameter einführen. Dabei ist es bequem den inversen Radius u = 1=r als abhängige
Funktion zu betra
hten. In den folgenden Formeln bezei
hnet der Punkt die Ableitung na
h
der Zeit und der Stri
h die Ableitung na
h '. Mit den Identitäten
u_ u 0
` d' `2 2
r_ = = '_ = u und r = r_ 0 0
= u 00
u
u2 u2 dt 2
kann die Bewegungsglei
hung (4.49) für den Abstand wie folgt umgeformt werden,
`2 2 `2 3
uu 00
= u u2 bzw. u 00
+ u= : (4.68)
`2
Eine spezielle Lösung dieser inhomogenen linearen Dierentialglei
hung ist u = =`2 und
die allgemeine Lösung hat damit die Form
u(') = 1
os(' '0 ) : (4.69)
` 2
Die erhaltene Gesamtenergie der Bewegung ist
1 `2 2 2 (4 69) 2
E = r_2 + Ve (r) = u +u u = :
:
0
1 (4.70)
2 2 2`2
Kegels hnittgeometrie:
Da es vermutli
h s
hon einige Zeit her ist, dass Sie si
h mit Kegels
hnitten bes
häftigt haben,
erinnere i
h hier an die Parameterdarstellungen der Ellipse, Hyperbel und Parabel.
110
x2 x2
6 ...... .....
...... .....
..... .....
> ..... .....
.... .....
b r ....
....
.... ....
........
.... ....
...
...
...
r0 :......
..
r0 ...
...
...
...
.
... O r
... ..
... ...
... ..
...
O 2e - x1 ...
.
...
... 2e ..
.
.. x1
? . ..
.. -
..
. ..
..
a -
..
..
.
..
.
a - ..
...
... O
.. ...
...
.
...
...
. ...
... ...
... ...
... ...
... ....
....
. ....
..
a a ....
...
....
....
....
....
.... ....
.... ....
.....
.
....... .....
..... ......
..... ...
Ellipse: Wir wählen den linken Brennpunkt in Abbildung (4.5) als Koordinatenursprung.
Aus der Figur liest man ab:
0
r = 2e + r ;
Da die Ellipse der geometris
he Ort aller Punkte mit r0 + r = 2a ist, haben wir ferner
r0 + r = 2a:
Dur
h Auösen dieser beiden Glei
hungen na
h r0 beziehungsweise r0 und quadrieren erhal
ten wir
r
0 2
=
2
r + 4e
2
4r e
0 2 2 2
r = r + 4a 4ar;
wobei die lineare Exzentrizität e = kek < a als Länge des Vektors e auftritt. Zieht man diese
Glei
hungen voneinander ab, so nden wir na
h Einführung der numeris
hen Exzentrizität
in e = a^
e,
0 = 4 (a
|
2
{z
2
e ) = 4a(r
}
r ^
e);
= b2
r=
1
p
os '
mit p = (1
2
)a > 0 und
r e = re
os ': (4.73)
Hyperbel: Wir wählen als Koordinatenursprung den re
hten Brennpunkt in der Abbildung
(4.5) und bes
hreiben den re
hten Ast der Hyperbel. Aus der Figur liest man ab:
0
r = 2e + r;
111
Dieser Ast der Hyperbel ist der geometris
he Ort aller Punkte mit
r 0
r = 2a:
Damit ergeben si
h na
h Einführung der linearen Exzentrizität e = kek > a die beiden
Glei
hungen
r2
0
= r2 + 4e2 + 4r e
r2
0
= r2 + 4a2 + 4ar:
Zieht man diese Glei
hungen voneinander ab und eliminiert r, so erhalten wir wieder na
h
Einführung der numeris
hen Exzentrizität = e=a die Formel
p b2
r= mit p = (2 1) a > 0: (4.74)
1
os ' a
Wählen wir als Koordinatenursprung den linken Brennpunkt, so ndet man ganz analog für
denselben re
hten Hyperbelast die Darstellung
p b2
r= mit p = ( 2 1) a= < 0: (4.75)
1
os ' a
Oensi
htli
h ist 0 < 1 für die Ellipse und > 1 für die Hyperbel. Für = 1 ergibt si
h
eine Parabel und für = 0 ein Kreis.
Gebundene Bahnen
Nun können wir mit den Bahnen (4.72) im Newtons
hen oder Coulombpotential verglei
hen. Die Relativkoordinate der Bewegung bes
hreibt einen Kegels
hnitt relativ zu einem
seiner Brennpunkte. Für eine anziehende Kraft ( > 0) ist die Bahn zum Brennpunkt hin
gekrümmt und für eine abstoÿende Kraft ( < 0) vom Brennpunkt weggekrümmt. Wegen
`2
2E`2 1=2
p= und = 1 + (4.76)
2
ist die Bahn eine Ellipse für E < 0 und eine Hyperbel für E > 0. Dies bestätigt die frühere
Überlegung, na
h der gebundene Bewegungen in einem Potential mit V (r) 0 negative
Energien haben. Für < 0 ist E > 0 und es gibt keine gebundenen Bahnen. Für E = 0 ist
= 1 und der Relativvektor bes
hreibt eine parabolis
he Bahn. Für = 0 vers
hwindet die
Exzentrizität der Ellipse und wir erhalten eine Kreisbahn.
Für Ellipsenbahnen gilt das dritte Keplers
he Gesetz wie man lei
ht einsieht: Aus der Kon
stanz des Relativdrehimpulses folgt, dass die von r(t) pro Zeiteinheit überstri
hene Flä
he
konstant glei
h `=2 ist. Bezei
hnet A die Ellipsenä
he und T die Umlaufzeit, dann ist
dA A ab `
= = = :
dt T T 2
Mit p = b2 =a folgt
r r
ab ` (4:76) 1 p b
= = = :
T 2 2 a 2
112
Der Flä
hensatz impliziert also folgende Relation zwis
hen T und der groÿen Halba
hse a:
a3 1
= : (4.77)
T2
4 2
a3
m1 m2
M
= = : (4.78)
T2 4 2 4 2
Die Massen aller Planeten im Sonnensystem sind klein vergli
hen mit der Sonnenmasse. Wir
dürfen also in guter Näherung M dur
h mS ersetzen und dann sind die Konstanten auf
der re
hten Seite für alle Planeten der Sonne dieselben. Also gilt für zwei Planeten in guter
Näherung
a31 a32
= : (4.79)
T12 T22
Dies Beziehung ist das wohlbekannte
Dritte Kepler s
he Gesetz: Die Quadrate der Umlaufzeiten zweier Planeten verhalten
si
h wie die Kuben der groÿen Halba
hsen.
In der folgenden Tabelle sind die groÿen Halba
hsen, Umlaufzeiten und Verhältnisse a3 =T 2
für die Planeten im Sonnensystem angegeben:
Also hängt die Energie im Falle einer Ellipsenbahn nur von der groÿen A
hse ab; allen
Ellipsen mit glei
hem a (und vers
hiedener Exzentrizität) entspri
ht dieselbe Energie.
113
Im Prinzip kann neben der Bahnglei
hung au
h die Zeitabhängigkeit der Koordinaten r
und bestimmt werden. Aus dem Flä
hensatz ` = r2 '_ folgt nämli
h, da r = r(') s
hon
Z
' 2
t= r (') d' = t('): 4 81)
` '0
( .
Die Umkehrfunktion liefert ' = '(t), und damit ist mit r = r('(t)) au h der Radius als
Funktion der Zeit bestimmt. Das Integral ( . 4 81) kann aber ni ht in ges hlossener Form
angegeben werden.
Ungebundene Bahnen
Ist die Energie der Relativbewegung zweier Körper positiv, so sind diese ni
ht gebunden. Für
sehr frühe und sehr späte Zeiten haben die beiden Körper einen sehr groÿen ('unendli hen')
Abstand. Wir können uns vorstellen, dass sie in sehr groÿem Abstand mit einer Relativge
s hwindigkeit v1 starten. Von Interesse ist die relative Winkelablenkung der Teil hen, der
sogenannte Streuwinkel. Er ergibt si h aus dem S hnittwinkel 2'1 der Asymptoten, siehe
46
Figur ( . ) zu = 2 '1 . Für den Winkel '1 divergiert der Radius r in (4.74). Dies ist
+
>0
v 1 <0 ℄ *
+v1
℄ b
r b r ^
1
' '
' ' 1^ R
' 1 ' ' ' 1
B B
s s
Führt man statt E und ` neben v1 den Abstand des Ursprungs von der Asymptoten, den
sogenannten Stoÿparameter b als neue Konstante ein, so erhält man für > 0 und na
h der
L'Hospitals
hen Regel
114
Der Stoÿparameter b ist diejenige Stre
ke, um die si
h die Teil
hen bei kräftefreiem Flug
verfehlen würden5 . Wegen
1
sin
2
'1 = 1
os
2
'1 = 1
2
nden wir folgenden einfa
hen Zusammenhang zwis
hen dem Stoÿparameter und den Hy
perbelparametern,
Für die Streuung zweier Himmelskörper aufgrund der Newtons
hen Gravitationskraft ist
=
m1 m2 und entspre
hend
v1
2
ot = b: (4.86)
2
M
Wir werden später in diesem Kapitel auf diese Resultate zurü
kgreifen, wenn wir den Streu
quers
hnitt für Rutherfordstreuung bere
hnen werden.
Ein Teil
hen der Masse m0 zerfalle in zwei Teil
hen der Massen m1 und m2 . Beispiele aus
der Kernphysik sind:
Be8 ! 2(= He4); P u236 ! U 232 +
Die
harakteristis
hen Gröÿen der am Zerfallsprozess beteiligten Teil
hen sind ihre Massen
mi und inneren Energien i (Anregungsenergien, Bindungsenergien et
.). Für die Anwen
dungen sind zwei Koordinatensysteme von besonderer Bedeutung: das S
hwerpunktsystem,
in dem R = 0 und P = p1 + p2 = 0 gilt, und das Laborsystem, in dem der Beoba
hter ruht.
5 Die kleine Ellipsenhalba
hse und der Stoÿparameter werden in der Literatur beide mit b bezei
hnet.
115
Bes
hreibung des Zerfalls im S
hwerpunktsystem
In diesem System ruht das zerfallende Primärteil
hen und es gilt p0 = 0. Aus dem Impulssatz
folgt dann, dass p1 + p2 = 0 und daher
p p1 = p2 oder m1 v1 = m2 v2 : (4.87)
Die Energiebilanz lautet
0 = 1 +
1
2m1
2
p1 + 2 +
1
2m2
p2 ;
2
(pi = kp k)i
oder
1 1 1 2 1 m1 m 2
0 1 2 = + p = p ;
2
wobei = (4.88)
2 m1 m2 2 m1 + m2
die reduzierte Masse der beiden Teil
hen im Endzustand ist. Das S
hwerpunktsystem ist für
theoretis
he Überlegungen oft vorteilhaft, da in ihm die Formeln in der Regel eine symme
tris
he und einfa
he Form annehmen.
Bei der Umre
hnung des gemessenen Zerfallswinkels L in das S
hwerpunktsystem sind zwei
Fälle zu unters
heiden, je na
hdem ob der S
heitel des Winkels L innerhalb oder auÿerhalb
des Kreises mit dem Radius v1 liegt:
116
3Æ
vL1 v1
v1 sin
L
-
u = vL0
>
vL1 v1 vL1
I v1
=
L
u
- m
u
-
Abbildung 4.8: Die Fälle u < v1 und u > v1 müssen unters hieden werden.
Für u < v1 liegt der S
heitel innerhalb des Kreises mit Radius v1 und die Werte von
L können im Intervall [ ; ℄ liegen. Da L = 0 zu = 0 gehört, kommt nur das
Plus-Zei
hen in (4.91) in Frage:
1 =2
u u2
os = v1
sin2 L +
os L 1 v12
sin2 L : (4.92)
Für u > v1 liegt der S
heitel des Winkels auÿerhalb des Kreises mit Radius v1 und
der Vektor vL1 s
hneidet den Kreis an zwei Stellen mit den Winkeln L und L0 relativ
zu u, die dur
h die beiden Lösungen der obigen Glei
hung für
os gegeben sind. Der
Zerfallswinkel liegt im Intervall
Für sehr groÿe Ges
hwindigkeiten des ersten Teil
hens ndet im Laborsystem die Streu
ung vorwiegend in die Vorwärtsri
htung, d.h. in Ri
htung von vL1 = u statt.
117
4.5 Elastis
he Streuung
In der Atom-, Kern- und Elementarteil
henphysik spielen Streuexperimente und deren theo
retis
he Bes
hreibung eine sehr wi
htige Rolle. Obwohl die hierbei benutzten Methoden und
Konzepte aus der Quantenme
hanik kommen und in der entspre
henden Vorlesung behandelt
werden, lassen si
h wi
htige Eigens
haften der Streuung s
hon in der klassis
hen Me
hanik
behandeln. Dies trit insbesondere auf die Anwendung von Energie- und Impulserhaltung
zu, deren Gültigkeitsberei
h weit über die Newtons
he Me
hanik hinausgeht. Au
h läÿt si
h
in der Newtons
hen Me
hanik die Rutherfords
he Formel für den Wirkungsquers
hnitt
für die Streuung von elektris
h geladenen Teil
hen ableiten.
Charakteristis
h für Stöÿe von Teil
hen ist, dass bei ihnen nur während einer begrenzten Zeit
wirkende Kräfte eine Rolle spielen. Dabei müssen si
h die Körper ni
ht unbedingt berühren;
die gegenseitige Wirkung ihrer Kraftfelder genügt ebenfalls, um eine Ri
htungsänderung
herbeizuführen. Man spri
ht in diesem Fall au
h von Streuung. Die Änderung des Impulses
des Teil
hens i folgt aus der Newtons
hen Bewegungsglei
hung,
Anfangszustand: Zu sehr frühen Zeiten sind die Teil
hen weit voneinander entfernt
und bewegen si
h kräftefrei aufeinander zu.
We
hselwirkungsberei
h: Wenn si
h die Teil
hen hinrei
hend nahe gekommen sind,
üben sie Kräfte aufeinander aus, die sie aus ihrer ursprüngli
h geradlinig glei
hförmigen
Bahn ablenken. Dies ist der eigentli
he Streuprozess. Seine analytis
he Bes
hreibung
setzt die Kenntnis der für die Streuung verantwortli
hen We
hselwirkung voraus.
Endzustand: Zu späten Zeiten haben die Teil
hen den We
hselwirkungsberei
h wie
der verlassen und bewegen si
h kräftefrei voneinander fort.
Die Massen der Körper seien mi und ihre Ges
hwindigkeiten (in einem Inertialsystem) vor
dem Stoÿ vi . Die Ges
hwindigkeiten vi na
h der Stoÿ sind dur
h die Art der We
hselwirkung
0
bestimmt. Ohne die Bewegungsglei
hung zu lösen, lassen si
h bei gegebenen Anfangsbedin
gungen Eins
hränkungen an die mögli
hen Endzustände allein mit Hilfe der Erhaltungssätze
für Energie, Impuls, Drehimpuls und S
hwerpunkt ableiten.
Xp Xp
Da wir äuÿere Kräfte verna
hlässigen dürfen, gilt in jedem Fall der Impulssatz
P= i =
0
i: (4.95)
118
Bei der Formulierung des Energiesatzes sind ergänzende Annahmen notwendig. Bei der ela
stis
hen Streuung ändern si
h die inneren Zustände der Teil
hen, zum Beispiel deren innere
Energien, ni
ht. Sie sind vor und na
h der We
hselwirkung dieselben. Beispiele für elastis
he
Streuung sind der Stoÿ zweier Stahlkugeln, die Streuung von Elektronen an Ionen oder die
Streuung von Neutronen an Atomkernen. Bei der vollkommen elastis
hen Streuung ist die
Xm v Xm v :
kinetis
he Energie vor und na
h dem Stoÿ glei
h,
2
i i = i i
0 2
(4.96)
Dieser Erhaltungssatz für die me
hanis
he Bewegungsenergie gilt ni
ht mehr, wenn einer der
Stoÿpartner unelastis
h ist. Er nimmt beim Zusammenprall kinetis
he Energie auf und gibt
diese ni
ht vollständig zurü
k. Der unelastis
he Körper verändert seinen Zustand (wird ange
regt) und kann später dur
h Abgabe von Strahlung (Wärme) wieder in seinen ursprüngli
hen
Zustand zurü
kkehren.
Wir werden hier nur die elastis he Streuung behandeln, bei der si h die Identität der Teil hen
Xm r Xm r
ni
ht ändert und für die (4.95) die Beziehung
i _i = i _i
0
(4.97)
na h si h zieht.
r1 = R + mM2 r = R + m1 r
r2 = R mM1 r = R m r: (4.100)
2
Nun seien wieder die ungestri
henen Gröÿen diejenigen der einlaufenden Teil
hen (t !
1) und die gestri
henen diejenigen der auslaufenden Teil
hen (t ! 1). Die ni
httrivialen
Erhaltungssätze im S
hwerpunktsystem lauten
1 1
Energiesatz: v 2 = v 2 0
2 2
Drehimpulssatz: r ^ v = r 0
^v 0
(4.101)
Die Beziehung zwis
hen den Ges
hwindigkeiten der beiden Teil
hen im S
hwerpunktsystem
folgt sofort aus (4.100) (mit R = 0):
m2
v1 = M
v = m v = m2
v
m1 2
1
m2 m2
v1 =
0
M
v =m v =
0 0
m1 2
v: 0
(4.102)
1
119
Setzen wir dies in den Energieerhaltungssatz ein, so nden wir
v1 = v10 und v2 = v2 :
0
(4.103)
Die kinetis
he Energie jedes Teil
hens ist vor und na
h der Streuung die glei
he. Im S
hwer
punktsystem gibt es keinen Energieübertrag.
Der Streuwinkel , um den das erste Teil
hen (und damit au
h das zweite Teil
hen) abgelenkt
wird, ist
v1 v1 0
v2 v2 0
vv 0
os = = = : (4.104)
v12 v22 v2
q2 = 2m21v12 (1 2 2
os ) = 4 m1 v1 sin
2
: (4.105)
2
v0
I2
S
hwer-
punkt
v2
m2
b 6 R 6b
?2
m1 - ?6
b1
? Y
v1 r(t) = r1 (t) r2 (t)
v1
0
120
} 02v 6 6
Bahn der
Relativkoordinate
-2v
!
r (t 1) 2' 1
-
- N
v1
r (t !1)
~
v10~
Relativkoordinate r(t) mit dem Streuwinkel in Verbindung zu bringen betra
hte man die
Abbildung (4.10).
Oensi
htli
h ist ( ist positiv)
+ 2'1 = oder = j 2'1 j: (4.107)
Aus der Formel (4.50) für die konstante Energie der Relativbewegung und unter Verwendung
von r2 '_ = ` nden wir folgende Formel für die Variation des Radius r mit dem Winkel ':
2 dr 2 2 dr 2 ` 2
(E Ve ) = r_ 2 = '_ = :
d' d' r2
Diese lösen na
h d'=dr auf und integrieren über den Radius. Den Winkel '1 zwis
hen der
Asymptoten und dem Punkt der gröÿten Annäherung ist dann
Z1
dr0 1 `2 1=2
V (r0 )
`
'1 = p 2 r 02 2
v 2
2r 02
; (4.108)
rmin
wobei wir die erhaltene Energie dur
h ihren Wert v 2 =2 für groÿe Abstände der beiden
Teil
hen ersetzten. Bei der gröÿten Annäherung vers
hwindet die radiale Ges
hwindigkeit,
so dass der minimale Abstand rmin über
E = Ve (rmin )
bere
hnet werden kann. Ersetzen wir no
h den Drehimpuls dur
h den Stoÿparameter gemäÿ
(4.106), dann nden wir s
hlussendli
h den Streuwinkel
Z1
dr b2 2V (r ) 1=2
= 2b 1 : (4.109)
r2 r2 p2
rmin
121
Hier haben wir no
h den (asymptotis
hen) Impuls eines gestreuten Teil
hens im S
hwer
punktsystem,
p m1 v1 = m2 v2 = v
als Funktion
eingeführt. Dies ist die grundlegende Formel zur Bere
hnung des Streuwinkels
vom Betrag p der S
hwerpunktimpulse der beiden Teil
hen im Anfangs- und Endzustand
und vom Stoÿparameter b.
Bei den Experimenten zur Untersu
hung von Streuprozessen hat man es in der Regel zu
einem bestimmten Zeitpunkt ni
ht mit einem einzelnen Projektilteil
hen zu tun, dass an
einem isolierten Targetteil
hen gestreut wird, sondern man hat, im S
hwerpunktsystem,
zwei si
h entgegenkommende Strahlen mit vielen Teil
hen, die zwar alle annähernd die glei
he Energie haben, deren relative Stoÿparameter aber statistis
h verteilt sind. Eine sol
he
experimentelle Situation kann man folgendermaÿen quantitativ bes
hreiben: Es sei j die
N (p; )
-
-
-
- 2bb
-
-
-
- Ib
-
-
-
Strom j
j
j
Abbildung 4.11: Zur Denition des Streuquers
hnitts.
senkre
ht zur Strahlri
htung gemessene Stromdi
hte der von einer Seite einfallenden Teil
hen, also die Anzahl der Teil
hen pro Flä
hen- und Zeiteinheit. Es sei N (p; ) die Anzahl
der Teil
hen, die pro Zeiteinheit und pro Targetteil
hen in das kegelförmige und bezügli
h
der dur
h den Punkt R = 0 gehenden (verlängerten) Strahla
hse rotationssymmetris
hen
Raumwinkelsegment [; +℄ gestreut werden. Diese Anzahl wird vom Impulsbetrag p und
dem Streuwinkel abhängen sowie der als räumli
h und zeitli
h konstant angenommenen
Stromdi
hte proportional sein,
122
Na
h dem Übergang zu Dierentialquotienten heiÿt d=d
dierentieller Wirkungsquer
s
hnitt für die Streuung von Teil
hen am Potential V (r) in das Winkelintervall [; + d℄.
Der Name hat folgenden geometris
hen Hintergrund:
Der Streuwinkel ist eine Funktion des Stoÿparameters, gegeben dur
h die sogenannte Deek
tionsfunktion (b). Daher gehört zu dem Winkelintervall d ein Intervall db, siehe Abbildung
(4.11). Die Anzahl dN ist daher gegeben dur
h
dN = 2b db j; (4.111)
woraus dann
d = 2bdb (4.112)
folgt. Dana
h ist der Streuquers
hnitt ein kreisförmiger Ring mit Radius b und 'Di
ke' db.
Mit d
= 2 sin d ergibt si
h der dierentielle Wirkungsquers
hnitt zu
d
d
= sinb d
db
: (4.113)
Die Betragsstri
he sind erforderli
h, da generis
h die Deektionsfunktion (b) monoton ab
nimmt: wird b gröÿer so wird kleiner (weit entfernte Teil
hen werden weniger gestreut als
nahe) und die Ableitung des Stoÿparameters na
h dem Winkel ist in den meisten Fällen
negativ. Da aber d=d
positiv sein muÿ, benötigt man die Betragsstri
he. Sollte aber zu
einem gegebenen Winkel vers
hiedene Stoÿparameter bi () gehören, dann erhält man den
dierentiellen Wirkungsquers
hnitt
d X bi (p; ) dbi (p; )
(p; ) =
sin
d
: (4.114)
i
S
hlieÿli
h ist der totale Wirkungsquers
hnitt deniert als das Integral
Z
d (p; )
tot (p) = d
: (4.115)
d
Alle Teil
hen, die innerhalb der Flä
he tot ankommen, werden gestreut. Bei einem Festkör
per, an dem die Teil
hen abprallen, ist gewöhnli
h tot glei
h der Quers
hnittsä
he.
Als einfa
hes Beispiel untersu
hen wir den Stoÿ zweier harter Kugeln mit Radien R=2. Das
Potential ist gegeben dur
h eine unendli
h hohe Stufe am Abstand rmin = R,
V (r)
0 für r > R
= 1 (4.116)
für r R,
und mit (4.109) erhalten wir den Streuwinkel
Z 1 bdr b
= 2 p = 2 ar
sin :
R r2 1 b2 =r2 R
Daraus ergibt si
h
b = R
os (4.117)
2
und ein isotroper Wirkungsquers
hnitt
d R
os 2
123
Na
h Integration über den vollen Raumwinkel ergibt si
h s
hlieÿli
h der totale Wirkungs
quers
hnitt
R2
tot = 4
4 = R ;
2
(4.119)
d.h. der totale Wirkungsquers
hnitt ist glei
h dem geometris
hen Quers
hnitt der We
hsel
wirkungskugel.
Wir betra
hten die elastis
he Streuung von elektris
h geladenen Teil
hen. Ein Beispiel wä
re die Streuung von -Teil
hen am Coulombfeld eine Kerns mit der Ladung Ze. Wenn
der Kern keinen Spin besitzt und das -Teil
hen ebenfalls Spin 0 hat, heiÿt sie Ruther-
fordstreuung. Der Wirkungsquers
hnitt für die Streuung von Teil
hen mit Spin 0 an Ker
nen ohne Spin kann klassis
h oder quantenme
hanis
h bere
hnet werden, was zum selben
Ergebnis führt. Die Rutherfords
he Streuformel ist eine der wenigen Glei
hungen, die
ohne Änderung in der Quantenme
hanik gelten und auf diese Tatsa
he war Rutherford
auÿerordentli
h stolz6 .
In (4.85) haben wir bereits den Streuwinkel für das Coulombpotential
V (r) = ;
r
als Funktion der Energie und des Stossparameters bestimmt. Die Deektionsfunktion hat
die explizite Form
b=
jj
2E
ot 2 ; (4.120)
wel
he auf
db 2
os 2
b
d
= 2 4E sin3 2
führt. Dividiert man dur
h sin und berü
ksi
htigt sin = 2 sin 2
os 2 , so erhält man fol
genden dierentiellen Wirkungsquers
hnitt für die Streuung von -Teil
hen an Kernen,
d 2 1
d
= 4E : (4.121)
sin4 2
Der Parameter ist proportional zum Produkt der Ladungen der am Streuprozeÿ beteiligten
Teil
hen. Diese Formel von Rutherford ist unabhängig vom Vorzei
hen von , d.h. der
Wirkungsquers
hnitt ist identis
h für glei
h und unglei
h geladene Teil
hen. Sie wurde im
S
hwerpunktsystem abgeleitet. Bei s
hweren Targetteil
hen ist sie au
h im Laborsystem
annähernd gültig; sonst muÿ auf das Laborsystem umgere
hnet werden.
Der totale Wirkungsquers
hnitt divergiert und die Divergenz kommt von groÿen Stoÿpara
metern oder kleinen Streuwinkeln. Dies hat mit der langen Rei
hweite der Coulombkraft
zu tun, ist jedo
h für praktis
he Fälle ohne Bedeutung, da realistis
he Ladungen immer
abges
hirmt sind.
6Rutherford vera
htete komplizierte Theorien und pegte zu sagen, eine Theorie tauge nur dann etwas,
wenn au
h eine Bardame sie verstehen kann (Gamov, My World Line, Viking, New York, 1979).
124
4.5.4 Transformation ins Laborsystem
Bei Experimenten ruht im allgemeinen eines der Teil
hen (Target) vor dem Stoÿ im Labor
system, d.h. der S
hwerpunkt bewegt si
h. Die Teil
hen der Sorte 1 seien die Projektile und
diejenigen der Sorte 2 die ruhenden Targetteil
hen. Man muÿ also den in Relativkoordina
ten bere
hneten Wirkungsquers
hnitt zuerst ins Laborsystem umre
hnen, bevor man ihn
mit experimentellen Daten verglei
hen kann. Dazu erinnern wir uns an den Zusammenhang
zwis
hen dem Streuwinkel im Laborsystem L und demjenigen im S
hwerpunktsystem :
Wir brau
hen in der Abbildung (4.7) nur vL1 dur
h vL1 zu ersetzen und berü
ksi
htigen,
0
dass die Ges
hwindigkeit u des S
hwerpunktes parallel zur Strahlri
htung verläuft. Damit
ergibt si
h
tan L = u +v1vsin
os
0
: (4.122)
1 0
v1 = v1 = m
0
v;
1
wobei v die Relativges
hwindigkeit der Teil
hen vor der Streuung (oder mit (4.101) au
h
na
h der Streuung) ist. Da das Targetteil
hen im Labor ruht, gilt mit (4.100) au
h no
h
0 = vL2 = u
m2
v bzw. u =
m2
v; u = R_ :
Damit können wir (4.122) umformen,
2j dd
sin d = 2j dd
L sin L dL : (4.124)
L
Der dierentielle Wirkungsquers
hnitt im Laborsystem ist also
dL sin
= dd
sin d
: (4.125)
d
L L L
d
Wir betra
hten no
h einige Spezialfälle:
m1 m2 : Dann ist L und der Wirkungsquers
hnitt ist in beiden Systemen etwa
glei
h.
m1 = m2 : Dann ist tan L = tan =2, d.h. L = =2 und
dL d
d
L
(L ) = 4
os L
d
(2L): (4.126)
125
Bei glei
hen Massen stehen die Impulse der beiden Teil
hen na
h einem elastis
hen
Streuvorgang im Laborsystem senkre
ht aufeinander. Bei glei
hen Massen m1 = m2 =
m ist nämli
h die reduzierte Masse = m=2 und wegen (4.100)
v2
vL1 vL2 = u2 4
und damit ist der Winkel zwis
hen den beiden Ges
hwindigkeiten vor und na
h der
Streuung glei
h. Vor dem Stoÿ vers
hwindet aber vL2 , also au
h vL1 vL2 = 0 na
h
dem Stoÿ.
Falls man annimmt, dass im S
hwerpunktsystem alle Streuwinkel mögli
h sind, gilt dies im
Laborsystem nur für m1 < m2 , denn bei m1 > m2 gibt es einen maximalen Wert für L , der
si
h aus der Glei
hung
d sin =0
d m1 =m2 +
os
ergibt und den Wert sin Lmax = m2 =m1 hat.
Das Dreikörperproblem hat eine lange Ges
hi
hte und viele Anwendungen [5℄. S
hon New-
ton verwandte viel Mühe auf das Studium des Systems Sonne, Erde und Mond. Seit etwa
1750 haben si
h bedeutende Mathematiker wie etwa Euler, Lagrange oder Poin
aré
daran versu
ht. Au
h eine der von Mittag-Leffler für den s
hwedis
hen König Os
ar
formulierten Preisfragen war eine Version des Mehr-Körperproblems:
Gegeben sei ein System von beliebigen vielen Massenpunkten, die si
h gemäÿ dem New-
tons
hen Kraftgesetz anziehen. Gesu
ht ist eine konvergente Reihendarstellung der Koordi
naten eines jeden Körpers in einer Variablen, die eine bekannte Funktion der Zeit ist.
Obwohl Poin
are das Problem ni
ht lösen konnte, gewann er den ausges
hriebenen Preis.
Na
h Poin
are, in den 1920ern, löste K.F. Sundman die Preisfrage für drei Massen7 . Er
fand die Lösung in Form einer zu allen Zeiten konvergenten Reihe [6℄. Allerdings konvergiert
seine Reihe extrem langsam und ist daher von geringem praktis
hen Wert.
r1 =
m2
r12
3
r12
m3
r13
3
r13
r2 =
m1
r21
3
r21
m3
r23
3
r23
(4.127)
r3 =
m1
r31
3
r31
m2
r32
3 :
r32
7 und gewann einen von der französis
hen Akademie der Wissens
haften ausges
hriebenen Preis.
126
Falls wir Dreierstösse auss
hliessen und falls die Gesamtenergie des Systems negativ ist,
können die Bewegungen der drei Körper klassiziert werden. Dann gibt es nur folgende
mögli
he 'Endstadien' für die drei Körper:
Die Bewegung ist bes
hränkt, d.h. der Abstand rij (t) zwis
hen zwei beliebigen Körpern
ist endli
h für alle Zeiten.
Zwei Massen bilden ein enges Binärsystem und der Abstand des dritten Körpers von
diesem System strebt für t ! 1 gegen unendli
h.
Es bildet si
h eine oszillierende Lösung bei der si
h zwei Körper periodis
h sehr nahe
kommen und weit voneinander entfernen, d.h. es gibt ein Paar ij mit lim supt!1 rij (t) =
1 und lim inf t!1 rij (t) < 1.
Ist die Gesamtenergie positiv, dann gibt es weitere Lösungsklassen. Zum Beispiel können die
Abstände zwis
hen allen Körpern für groÿe Zeiten gegen Unendli
h streben.
Die ersten Versu
he zum Verständnis des Dreikörpersystems zielten auf das Aunden von
expliziten Lösungen. Euler fand 1767 kollineare periodis
he Bahnen, bei denen die drei
Körper längs einer rotierenden Linie oszillieren. Fünf Jahre später konstruierte Lagrange
periodis
he Lösungen, bei denen die drei Körper zu allen Zeiten die E
ken eines glei
hseitigen
Dreie
ks bilden, wel
hes seine Gröÿe periodis
h ändert.
127
m1 S
hwerpunkt m2 m3
r21 = s
6 - r32
-
Abbildung 4.12: Anordnung der Massen.
Diese Konguration soll um den gemeinsamen S
hwerpunkt rotieren. Nun können wir die
Ortsvektoren ri und relativen Ortsvektoren rij in (4.127) alle dur
h den Relativvektor s
ersetzen und erhalten
s
s=
i (; mi ) ; i = 1; 2; 3 (4.131)
s3
mit den eektive Massen
M (1 + )2 m2 + m3
1 =
2
(1 + ) m2 + (1 + )m3
M 2 m1 m3
2 =
2 m1 m3
M 2 m1 + (1 + )2 m2
3 =
2 2 :
(1 + ) (1 + )m1 + m2
Oensi
htli
h müssen diese eektiven Massen glei
h sein,
1 = 2 = 3 = :
Diese drei (abhängigen) Bedingungen sind genau dann erfüllt, wenn eine Nullstelle von
5 4 3
P () = (m1 + m2 ) + (3m1 + 2m2 ) + (3m1 + m2 )
2
(m2 + 3m3 ) (2m2 + 3m3 ) (m2 + m3 ) (4.132)
ist. Da nur ein Vorzei
henwe
hsel in der Koezientenfolge des Polynoms P () vorhanden
ist, kann na
h der Des
artess
hen Vorzei
henregel hö
hstens eine positive reelle Wurzel
auftreten. Na
h derselben Regel hat das Polynom entweder 4; 2 oder gar keine negative reelle
Wurzeln. Für eine Massenanordnung wie in der Abbildung (4.12) hat aber nur die positive
Wurzel eine physikalis
he Bedeutung. Für gegebene drei Massen sind dann dur
h zyklis
he
Vertaus
hung der Körper zwei weitere Kongurationen mögli
h:
m1 m2 m3 m3 m1 m2 m2 m3 m1
Ist eine Nullstelle des Polynoms (4.132), so liegt mit (4.131) ein reduziertes Zweikörper
problem vor,
s
s=
; (4.133)
s3
128
dessen Lösung die Relativbewegung der kollinearen Massenpunkte bezügli
h des gemeinsa
men S
hwerpunktes ergibt. Bei der Lösung des Keplerproblems haben wir gesehen, dass s
eine Ellipse mit einem der Brennpunkte im Ursprung überstrei
ht,
C2 1
s(') = ; mit C = s2 '_ = konst.
1
os '
Kollineare Kreisbahnen: Vers
hwindet nun die numeris
he Exzentrizität der Relativ
bewegungen, dann ist s konstant und die drei Massen bewegen si
h kollinear auf Kreisbahnen
um den gemeinsamen S
hwerpunkt. Insbesondere für glei
he Massen mi = m ist
5
= 1; = m; r2 = 0 und r3 = r1 = s
4
und man ndet folgende Beziehung zwis
hen dem Radius s und der Umlaufzeit
s3 5
m 5
M
= = :
T2 4 4 2 12 4 2
Kollineare Ellipsenbahen: Der Relativvektor s = r21 bewegt si
h auf einer Ellipse unter
Einhaltung des Flä
hensatzes. Mit Hilfe der Formeln (4.130), worin die positive Nullstelle
des Polynoms fünften Grades (4.132) ist, können dann die Positionen der drei kollinearen
Körper im S
hwerpunktsystem bestimmt werden. Zum Beispiel, für
m1 = 3m; m2 = 2m und m3 = m
ist 0:7801 und mit (4.130) folgt
r1 0:63 s; r2 0:37 s und r3 1:15 s:
Die drei Körper bewegen si
h auf ähnli
hen Ellipsen, d.h. Ellipsen mit der glei
hen Exzentrizi
tät aber im Allgemeinen vers
hiedenen Halba
hsen. Deren groÿe Halba
hsen liegen auf einer
Geraden und ihre Brennpunkte im S
hwerpunkt des Systems. Wegen mi ri = 0 können
P
die Mittelpunkte der Ellipsen ni
ht alle auf derselben Seite des S
hwerpunktes liegen.
Für m3 m1;2 handelt es si
h um das ausgiebig studierte einges
hränkte Dreikörperproblem.
Der Probekörper m3 stört die Bewegungen der s
hweren Körper kaum und diese bewegen
si
h auf Ellipsenbahnen um einander. Der sehr lei
hte Körper m3 kann in drei Punkten
verbleiben, je na
hdem, in wel
her Reihenfolge man die drei Körper anordnet.
Dreie kslösungen
Das von drei beliebigen Massenpunkten gebildete Dreie
k ist dann eine strenge Lösung des
Dreikörperproblems, wenn das Dreie
k dauernd si
h selbst ähnli
h und glei
hseitig bleibt.
Um dies einzusehen führen wir wieder die relativen Ortsvektoren ein,
s1 r32 ; s2 r13 ; s3 r21 ; mit rij = ri rj ; (4.134)
die oensi
htli
h zu Null addieren,
s1 + s2 + s3 = 0: (4.135)
129
2
2
S
m3
K
s2 s1
S hwerpunkt
m1
s3
-m
2
ri = M1 ijk mj sk : (4.136)
s =
M
si
+
m
X 3
sj
: (4.137)
s3 s3j
i i
i j =1
Nun folgen wir Lagrange und setzen die 3 Körper auf die E
kpunkte eines glei
hseitigen
Dreie
ks. Wegen s1 = s2 = s3 und (4.135) vers
hwindet dann der letzte Term in (4.137) und
die Bewegungsglei
hungen für die relativen Ortsvektoren entkoppeln,
s =
i
M
si
s3i
: (4.138)
130
Die Vektoren si verbinden also die E
ken eines glei
hseitigen Dreie
ks und liegen glei
hzeitig
auf drei Ellipsen. Dann handelt es si
h um drei Kopien einer Ellipse wel
he in einer raum
festen Ebene liegen und um 2=3 gegeneinander verdreht sind. Wir legen e1 und e2 in die
Bahnebene und nden
p 2 k k
2
sk = '+
e1
os( ) + e2 sin( '+ ) ; k = 1; 2; 3
1
os ' 3 3
gilt. Das glei
hseitige Dreie
k hat also seinen Mittelpunkt im S
hwerpunkt und entspre
hend
haben alle drei Ortsvektoren zu allen Zeiten dieselbe Länge. Für glei
he Massen sind die drei
Ellipsen kongruent und um 1200 gegeneinander verdreht.
Neben den bespro
henen exakten Lösungen gibt es nur no
h wenige explizit angebbare Lö
sungen. Das Dreikörperproblem ist ni
ht integrabel8 . Will man die Bewegungsglei
hungen für
beliebige Anfangsorte und Ges
hwindigkeiten der drei Körper lösen, so ist man gezwungen
die Bewegungsglei
hungen numeris
h zu integrieren. Kommen si
h die Massenpunkte ni
ht
zu nahe, so kann man die Dierentialglei
hungen mühelos zum Beispiel mit Maple, Ma-
themati
a, Matlab, S
ilab oder O
tave lösen. Kommen si
h mindestens zwei Körper
8 Diese Eigens haft wird am Ende der Vorlesung bespro hen werden.
131
sehr nahe oder treen sie si
h sogar, dann müssen die Newtons
hen Bewegungsglei
hun
gen regularisiert werden. Dies ges
hieht dur
h eine ges
hi
kte Transformation der Zeit- und
Raumvariablen. Für Interessierte verweise i
h auf den lehrrei
hen Artikel von Gruntz und
Waldvogel [7℄.
Beim ebenen Dreikörperproblem bewegen si
h alle Massenpunkte in einer Ebene. Wir legen
die Basisvektoren e1 und e2 in diese Ebene, so dass
r1 = x1 e1 + y1 e2 ;= x2 e2 + y2 e2 und r3 = x3 e3 + y3 e3 :
r2
für die Anfangsorte gewählt. Die drei Körper seien anfängli
h in Ruhe,
t=0: v1 = v2 = v3 = o:
Der S
hwerpunkt liegt für alle Zeiten im Ursprung. Bei der numeris
hen Integration der Sy
stems (4.127) kann diese Bedingung zu jeder Zeit na
hgeprüft werden. Zur Zeit t = 15:8299
kommen si
h die Massen m1 und m3 sehr nahe. Die Ges
hwindigkeiten bei diesem Bei
nahe-Zusammenstoss werden sehr groÿ und dana
h wird die Genauigkeit der numeris
hen
Integration s
hle
ht.
132
3
−1
−2
−3 −2 −1 0 1 2 3
Abbildung 4.16: Orbits für t 10 . dur hgezogen: m1 , gestri helt: m2 , Stri hpunkt: m3
133
Kapitel 5
Starre Körper
5.1 Bewegungen des starren Körpers
Wir erhalten den starren Körper aus dem im vorangehenden Kapitel behandelten System
von N Massenpunkten, indem wir die Abstände zwis
hen den Massenpunkten festhalten und
N sehr groÿ wählen. Für die Konstanz der Abstände sorgen innere Kräfte F , von denen wir ij
annehmen, daÿ sie zentrale Potentialkräfte sind. Zu F gehört also ein Potential V (r ), ij ij ij
wel
hes etwa wie in Abbildung (5.1) aussehen sollte, falls es für die Konstanz des Abstands
zwis
hen dem i-ten und j -ten Massenpunkt verantwortli
h sein soll1 .
6Vij
...
... ...
..
... ..
... ..
..
... .
... ..
.
.
... .
..
... .
... ...
.
... ..
.
... ..
..
... .
... ..
..
...
... ....
... ...
-
... ...
... ..
... ...
... ..
.......
a r
..
ij ij
Abbildung 5.1:
Dur
h das Festhalten der Abstände, r ij = a ij , wird der Körper starr und behält seine Form
bei. Es wird si
h herausstellen, daÿ unter gewissen Umständen ein ausgedehnter Körper
wie ein Massenpunkt behandelt werden kann. Wir haben davon s
hon mehrfa
h Gebrau
h
gema
ht, etwa bei der Behandlung des Keplerproblems.
Das Festhalten der Abstände der den starren Körper bildenden N Massenpunkte s
hränkt
1 Hier sei nur bemerkt, daÿ es den idealen starren Körper in diesem Sinne in der Natur ni
ht gibt: er
133
die Bewegungen der Massenpunkte stark ein. Für das allgemeine N -Körperproblem benö
tigen wir 3N Funktionen der Zeit um die zeitli
he Entwi
klung des Systems im Ortsraum
vollständig zu bes
hreiben. Für den starren Körper sind es sehr viel weniger: seine Lage ist
dur
h die Lage dreier beliebiger seiner Punkte vollständig bestimmt, die ni
ht in einer Ge
raden liegen. Die Bedingung, daÿ der gegenseitige Abstand zweier Punkte je konstant sein
muÿ, ergibt 3 Glei
hungen zwis
hen den 9 Koordinaten der 3 Punkte. Es sind also nur 6
Koordinaten voneinander unabhängig, mit anderen Worten:
Mit unseren Annahmen an die inneren Kräfte können wir gemäÿ Abs
hnitt (3.2) die S
hwer
punktsbewegung abspalten, ähnli
h wie beim 2-Körperproblem. Die Bewegung des S
hwer
punktes ist glei
h der Bewegung eines ktiven Punktteil
hens mit der Masse M des starren
Körpers, siehe Abbildung (5.2).
e3 6
-e
e3 6 e1+ 2
e3 6 M
R R
-e -e
+e 1
2
+e 1
2
Die Impulsänderung dieses ktiven Teil hens ist glei h der Summe der angreifenden äuÿeren
134
Kräfte,
M = F(a) ;
R (5.1)
seine Drehimpulsänderung glei h dem von allen äuÿeren Kräften erzeugten Drehmoment,
L_ trans R^P R ^ F(a)
d
= (5.2)
dt
1
Ttrans = M R_ 2: (5.3)
2
Kann die auf das i-te Teil
hen wirkende äuÿere Kraft aus einem Potential abgeleitet werden,
F(ia) = ri V
(a)
i (ri ), dann gilt au
h der der Energieerhaltungssatz für die S
hwerpunktsbe
wegung,
X (a)
(a) (a)
Etrans = Ttrans +V =
onst. mit V = i
V : (5.4)
Ist die Summe der äuÿeren Kräfte Null, dann bewegt si
h der S
hwerpunkt glei
hmäÿig
geradlinig.
5.1.2 Drehbewegungen
Da die Bewegung des S
hwerpunktes separat behandelt werden kann, genügt es vollkom
men, die Bewegung des starren Körpers im S
hwerpunktsystem zu untersu
hen. Der Ur
sprung dieses Systems ist der S
hwerpunkt und die A
hsen sind parallel zu den A
hsen in
einem Inertialsystem, siehe Abbildung (5.2). In Abwesenheit von äuÿeren Kräften ist das
S
hwerpunktsystem ein Inertialsystem. Der Gesamtdrehimpuls L ist glei
h dem Drehim
puls der S
hwerpunktsbewegung Ltrans plus dem Drehimpuls im S
hwerpunktsystem Lrot .
Die Gesamtenergie E ist die Energie der S
hwerpunktsbewegung Etrans plus diejenige im
S
hwerpunktsystem Erot , siehe Abs
hnitt (4.1).
Wegen der einges
hränkten Bewegungsmögli
hkeit der Konstituenten eines starren Körpers
lassen si
h die Ausdrü
ke für die kinetis
he Energie und den Drehimpuls im S
hwerpunkt
0
system vereinfa
hen. Starr sein heiÿt ja, daÿ wir im Körper einen Ursprung O und eine
kartesis
he Basis ea
0
markieren können und das relativ zu diesem System die Koordinaten
0
aller Teil
hen des starren Körpers zeitli
h konstant sind. Man läÿt den Ursprung
O dieses
2
Systems zwe
kmäÿig mit dem Massenmittelpunkt (S
hwerpunkt) zusammenfallen . Das so
konstruierte Koordinatensystem ist das am S
hwerpunkt verankerte körperfeste System. Es
ist ni
ht identis
h mit dem S
hwerpunktsystem. Die Basisvektoren des S
hwerpunktsystems
sind fest gegenüber den A
hsen eines Inertialsystems während die A
hsen im körperfesten
System mit dem starre Körper rotieren.
2 Wird ein Punkt des starren Körpers festgehalten, so wählt man diesen als Ursprung O 0
, siehe unten.
135
Das körperfeste Koordinatensystem mit dem Ursprung ebenfalls im S
hwerpunkt und
gegenüber dem S
hwerpunktsystem mit-rotierenden Basisvektoren e0a (t). Jeder Punkt
des starren Körpers hat zeitunabhängige Koordinaten x0a bezügli
h der mitrotierenden
Basis.
e3
6
e03 0
I e2
y r
P -
e2
e e01
+
1
Abbildung 5.3: Ein starrer Körper bezügli h des S hwerpunktsystems und des am S hwer
Wir entwi
keln den Ortsvektor eines Punktes im starren Körper bezügli
h der beiden Basen,
( ) = xa (t)ea = x0a e0a (t):
r t (5.5)
Die Basisvektoren e0a (t) des körperfesten Systems bes
hreiben eine Drehung im S
hwerpunkt
system genauso wie die Koordinaten xa (t) im S
hwerpunktsystem eine Drehung gegenüber
denjenigen im körperfesten System bes
hreiben,
0 ( ) = eb Rba (t); oder
ea t ( ) = Rab (t)x0b : xa t (5.6)
Wir haben früher bewiesen, daÿ die innitesimalen Drehungen
;
0 in
x_ a (t) =
_ (t)R 1 (t)ab xb (t)
ab (t) xb (t)
R
0 0 1 _ (t) e0 (t)
0 (t)
e_ a (t) = eb (t) R (t)R (5.7)
ba b ba
antisymmetris
h sind. Des weiteren ist
0 = R 1
R;
wobei alle auftretenden Matrizen zeitabhängig sind3 .
Damit nehmen die Ges
hwindigkeiten bezügli
h der beiden Systeme die einfa
he Form
r_ = ea
ab xb = e0a
0ab x0b (5.8)
an. Parametrisieren wir die s
hiefsymmetris
he innitesimale Drehung
wie früher gemäÿ
136
e3 6'
* e02
_
k*
e03
_
#
-
e2
z
0
e1
'
#_
K^
e1
e
ein, dann hat der Punkt des starren Körpers mit Ortsvektor ri die Ges
hwindigkeit
r_i = w ^ ri : (5.10)
Je na
h Situation ist es vorteilhaft die re
hte Seite im S
hwerpunktsystem oder im körperfe
sten System auszuwerten.
Jede Drehung ist dur
h die drei Eulers
hen Winkel '; und #, die die Ri
htung der A
hsen
des körperfesten Systems relativ zu einem Inertialsystem festlegen, bestimmt. Zur Denition
der Eulers
hen Winkel betra
hten wir die Abbildung (5.4). Die von e1 und e2 aufgespannte
Ebene und die von e01 und e02 aufgespannte Ebene s
hneiden si
h in der Knotenlinie K ; ihrer
Ri
htung wird der Einheitsvektor eK zugeordnet. Die Winkel sind dann folgendermaÿen
deniert:
' : Winkel zwis
hen x1 -A
hse und K
: Winkel zwis
hen K und der x01 -A
hse (5.11)
# : Winkel zwis
hen x3 und x03 A
hse.
Jede Drehung der Inertialbasis in die körperfeste Basis kann also in drei S
hritten vorgenom
men werden:
137
1. einer Drehung um die e3 -A
hse mit dem Winkel ',
2. einer ans
hlieÿenden Drehung um die neue e1 A
hse mit dem Winkel #,
3. und einer darauolgenden Drehung um die neue e3 A
hse mit Winkel .
Die erste Drehung um n = e3 mit dem Winkel ' transformiert na
h (2.44) die Basisvektoren
gemäÿ
e1
0
= e1
os ' + e2 sin ' ; 0
e2 = e1 sin ' + e2
os ' ; 0
e3 = e3 :
Die zweite Drehung um e1 mit Winkel # gemäÿ
0
e1
00
= e1 ;
0 00
e2 = e2
os # + e3 sin # ;
0 0 00
e3 = e2
0
sin # + e3
os #;
0
000
e1 = e1
os + e2 sin
00 00
; 000
e2 = = e3
00
e1 sin + e3
os 00
; e3
000 00
Diese drei Drehungen denieren na
h (5.6) entspre
hende Drehmatrizen R(e3 ; '); R(e1 ; #)
und R(e3 ; ) und führen, da die Gesamtdrehung als Produkt der drei Drehungen deniert
wurde, auf die Drehmatrix
R( '; #; ) = R(e3 ; ')R(e1 ; #)R(e3 ; )
0
os ' sin ' 0 1 0 1 0 0
1 0
os sin 0
1
= sin '
os ' 0 A 0
os # sin # A sin
os 0A (5.12)
0 0 1 0 sin #
os # 0 0 1
0
os '
os sin '
os # sin sin '
os #
os
os ' sin sin ' sin #
1
= sin '
os +
os '
os # sin
os '
os #
os sin ' sin
os ' sin # A :
sin # sin sin #
os
os #
Die erste Drehung steht links, die zweite in der Mitte und die dritte re
hts. Diese Reihenfolge
rührt daher, daÿ in (5.6) die Drehmatrix von re
hts auf die Basisvektoren wirkt.
Jede Bewegung des starren Körpers im S
hwerpunktsystem ist dur
h die Zeitabhängigkeit
der Eulers
hen Winkel gegeben. Zu jedem Zeitpunkt ist dies eine Drehung um die A
hse,
deniert dur
h den momentanen Drehvektor w (Vektor der Winkelges
hwindigkeit). Der
Betrag ! von w bestimmt wie s
hnell um diese A
hse gedreht wird. Mit Hilfe von (5.7)
können wir nun die innitesimalen Drehungen
oder äquivalent dazu die Komponenten
w im S
hwerpunktsystem beziehungsweise im körperfesten System bere
hnen. Wir nden
folgenden Zusammenhang zwis
hen dem Komponenten des Drehvektors w einerseits und
den Eulers
hen Winkeln und deren Zeitableitungen anderseits,
0
os '#_ + sin ' sin # _ 1 0
os #_ + sin sin #'_ 1
(!a ) = sin '#_
os ' sin # _ A ; (!a ) = sin #_ +
os sin #'_ A
0
(5.13)
'_ +
os # _ _ +
os #'_
Die drei speziellen Drehungen, bei denen jeweils zwei Eulers
he Winkel festgehalten werden,
haben die Form,
d' = d = 0 : w# = #_ eK
d = d# = 0 : w' = '_ e3 (5.14)
d# = d' = 0 : w = _ e3 :
0
138
Im ersten Fall drehen wir um die Knotenlinie, also um den Vektor
e K =
os 0
e1 sin 0
e2 ; (5.15)
im zweiten Fall um die e3 -A
hse und im dritten um die e3 -A
hse. 0
Es ist zu vermuten, daÿ das Trägheitsverhalten eines starren Körpers, der ja eine unverän
derli
he Gestalt hat, ni
ht nur von seiner Gesamtmasse M bestimmt wird, sondern au
h
von Gröÿen, in wel
he die relative Lage und die Massenzahlen der einzelnen Massenpunkte
des Körpers eingehen. Wir werden sehen, daÿ zusätzli
h zu M nur se
hs sol
her von der
Gestalt und Massenverteilung des starren Körpers abhängigen Zahlen nötig sind, um seine
Trägheitseigens
haften vollständig in einem beliebigen körperfesten Koordinatensystem zu
bes
hreiben.
Für die kinetis
he Energie im S
hwerpunktsystem nden wir mit (5.10) den einfa
hen Aus
dru
k
12 _ = 21 mi w ^ ri 2 :
X X
Trot mi r2i (5.16)
Die gesamte kinetis
he Energie des starren Körpers ist dann die Summe aus der kinetis
hen
Energie Ttrans seiner S
hwerpunktsbewegung und der Energie Trot der Drehbewegung seiner
Konstituenten um den gemeinsamen S
hwerpunkt, T = Ttrans + Trot : Wir werten Trot im
körperfesten KS mit den kartesis
hen Koordinaten xa aus. Wegen 0
X
(w ^ r)2 = r2 Æab x0a x0b !a0 !b0 ;
ab
s
hreibt si
h die kinetis
he Energie der Rotation wie folgt
= 12
X X
Trot ab !a !b ;
0 0 0
wobei ab =
0
mi ri02 Æab x0ia x0ib (5.17)
ab i
oenbar die Trägheit des starren Körpers gegenüber Drehungen bes
hreibt. Diese Trägheit
ist also ni
ht wie bei der Translationsbewegung einzelner Massenpunkte dur
h eine Zahl,
nämli
h die träge Masse,
harakterisiert, sondern man benötigt au
h die Lagen der Massen
punkte bezügli
h des Ursprungs und hat die neun Gröÿen ab zu bilden, von denen allerdings 0
nur se hs voneinander unabhängig sind. Wir nennen deshalb ab den Trägheitstensor des 0
starren Körpers.
Zur Verdeutli
hung stellen wir den Trägheitstensor no
h in Matrixs
hreibweise dar,
0 2 10
N
X yi zi2 + xi y i xi zi
(ab ) =
0
mi yi xi x2i +
zi2 yi zi A ; (5.18)
i=1 zi xi zi yi 2
xi +yi2
wobei der Stri
h bedeutet, daÿ die Koordinaten im körperfesten System gemeint sind. Er ist
ein Tensor, da er si
h bei Transformationen des Koordinatensystems wie das Produkt zweier
Vektoren verhält, was si
h aus seiner Denition (5.17) ergibt.
139
Man kann die kinetis
hen Energie natürli
h au
h im S
hwerpunktsystem auswerten. Das
entspre
hende Resultat lautet
= 21
X X
Trot ab!a!b ; mit ab = (
mi ri2 Æab + xia xib ):
ab i
Wenn das S
hwerpunktsystem relativ zum Laborsystem eine Ges
hwindigkeit R_ = uaea
aufweist, dann beträgt die gesamte kinetis
he Energie im Laborsystem
Wenn ein rotationssymmetri
her Körper, zum Beispiel ein homogener Kreiszylinder, eine
Rampe mit Neigung herunterrollt, können wir seine Bes
hleunigung aus der Energieerhal
tung bere
hnen. Es zeige e03 in Ri
htung der Symmetriea
hse des Körpers, wel
he mit der
6 M Rs
-
q
R_ = ua ea
e3
140
Dreha
hse übereinstimme. Dann ist die kinetis
he Energie der Rotation
= 21 !2 = 21 C!2 ;
X
Trot mi ri2 (5.21)
i
wobei ri der Abstand des Massenelementes mi von der Dreha
hse bezei
hnet. Wir werden
später sehen, wie das Trägheitsmoment C 33 zu bere
hnen ist. Ist u der Betrag der
S
hwerpunktsges
hwindigkeit, dann ist für einen rollenden Zylinder ! = u=R und deshalb
1 1
T = C! + M u =
1
C
2 R2 + M u :
2 2 2
2 2
In einem kurzen Zeitintervall dt verändert si
h dann die kinetis
he Energie um
C
dT = R2
+M udu:
Eine entspre
hende Änderung erfährt au
h die potentielle Energie im S
hwerefeld. Während
dt legt der rollende Zylinder eine Stre
ke udt parallel zur Oberä
he der s
hiefen Ebene
zurü
k, was mit eine Verringerung der Höhe um u sin dt verbunden ist. Also folgt
= M gu sin dt:
dV
dt
=CM R
+ M R2 g sin :
Für einen homogene Zylinder ist C = 21 M R2 und für eine homogene Kugel 2M R2=5, so daÿ
du
= 2 g sin und du = 57 g sin :
dt Kreiszyliner 3 dt Kugel
Interessanterweise hängen diese Ergebnisse weder von der Masse des Zylinders oder der Kugel
no
h von ihren Radien ab. Die Notwendigkeit des Aufbringens von kinetis
her Energie der
Rotation führt immer zu einer geringeren translatoris
hen Bes
hleunigung, als wenn das
Objekt einfa
h reibungsfrei die s
hiefe Ebene hinunterruts
ht. Die Rotationsträgheit wirkt
eektiv wie eine Art Bremse für die Bewegung.
In den zwanziger Jahren verwendete man Motorgeneratoren mit groÿen S
hwungrädern, die
Ilgner-Umformer, zum Abfangen von Lastspitzen in Walzwerken und bei Fördermas
hinen.
1924 lieferte die AEG einen Ilgner-Umformer, dessen S
hwungrad einen Dur
hmesser von
4 m, eine Breite von 1 m und ein Gewi
ht von 50 t hatte. Das Trägheitsmoment von C =
193 760 kg m2 kam demjenigen eines Kreisrings mit demselben Radius nahe, da für einen
Kreisring mit Radius R gilt
C =
X
mi ri2
ri=
=R
M R2 = 200 000 kg m2
141
Die maximale Drehzahl des S
hwungrads betrug 750 rpm (revolutions per minute, Umdre
hungen je Minute), was einem maximalen Energieinhalt von
1
Trot = C! 2 = 0:5 193 760 (2 750=60)2J = 5:98108 J 166 kWh
2
entspri
ht. Ein weiteres eindru
kvolles Beispiel eines S
hwungradenergiespei
hers bendet
si
h am National Magneti
Laboratory des MIT. Dort gibt es zwei S
hwungräder, jedes mit
einer Masse von 77 t und einem Radius von 2:4 m. Die Umdrehungsges
hwindigkeit jedes
der S
hwungräder liegt bei 390 rpm. Die S
hwungräder am MIT können in guter Näherung
als homogene S
heiben behandelt werden, so daÿ jedes Rad ein Trägheitsmoment von
C = 12 MR2 2 105 kg m2
hat. 390 rpm entspre
hen etwa 40 rad/s und man erre
hnet für jedes Rad eine kinetis
he
Rotationsenergie von
1
Trot = C! 2 1:6 108 J 44 kWh:
2
Die Räder sind so konzipiert, daÿ sie in 5 s von 390 auf 300 rpm abgebremst werden können
um als Kraftquelle zu dienen. Dem entspri
ht eine Leistungsausbeute von etwa 15 MW.
Ni
ht unerwähnt bleiben soll die Verwendung des S
hwungrades bei Spielzeugen wie zum
Beispiel Kreisel, Jo-Jo und Diabolo. Bevor die handelsübli
hen Tro
kenbatterien auf dem
Markt waren, wurden Spielzeugautos neben Spei
herfedern vorwiegend mit S
hwungrad
energiespei
hern angetrieben.
Es handelt si
h um einen symmetris
hen Tensor. Damit kann er auf Haupta
hsen trans
formiert werden, d.h. es gibt ein körperfestes kartesis
hes Basissystem, die Haupta
hsen
des Tensors, in dem er Diagonalgestalt hat:
0A 0 0 1
(ab ) = 0 B 0 A :
0
(5.22)
0 0 C
Die reellen Eigenwerte A; B und C heiÿen Hauptträgheitsmomente.
Die Hauptträgheitsmomente sind ni
htnegativ und genügen der Unglei
hung
A+B C (5.23)
und zyklis
h. Dies folgt unmittelbar na
h Transformation auf die Haupta
hsen,
X X
A+B = mi (x0i2 + yi02 + 2zi02 ) und C = mi (x0i2 + yi02 ):
i i
142
Die Unglei
hung (5.23) wird zu einer Glei
hung genau dann, wenn der starre Körper
in einer Ebene senkre
ht zur dritten Haupta
hse liegt. Die Glei
hung
A + B = C für a
he Objekte (5.24)
ist als Theorem der senkre
hten A
hsen bekannt.
Als einfa
hes Beispiel betra
hten wir eine homogene S
heibe mit Masse M und Radius
R und bere
hnen ihr Trägheitsmoment in Bezug auf eine Rotationsa
hse in Ri
htung
eines Dur
hmessers, sagen wir der e1 - A
hse in der Abbildung (5.6).
6e3
O -
m e2
e1
Abbildung 5.6: Ein a
her Körper, für den C = A + B gilt.
Wir wissen, daÿ das Trägheitsmoment in Bezug auf jeden Dur
hmesser denselben Wert
hat. Das Trägheitsmoment C bei Rotation der S
heibe um die A
hse senkre
ht zur
S
heibe dur
h ihren Mittelpunkt ist lei
ht zu bere
hnen: Ist die Flä
henmassendi
hte
der S
heibe, so folgt
ZR 1
C = r0 2 r0 dr0 d'0 = R4 = MR2 :
| {z } 2 2
0
dx1 dx2
0 0
0 0 C 0 0 1
d.h. der Trägheitstensoren im mitbewegten und raumfesten System sind genau dann
glei
h, wenn der Körper um die dritte A
hse mit Hauptträgheitsmoment C dreht. Beim
143
Beweis benutzt man die allgemeine Beziehung (5.19) zwis
hen den Trägheitstensoren
und . Die Forderung na
h Glei
hheit der Trägheitstensoren lautet dann R = R =
0 0
R : Mit der obigen Form für die Matrix folgt dann, daÿ R eine Drehung um die
0 0
dritte A
hse sein muÿ. Wir haben diese Eigens
haft s
hon früher bei der Behandlung
des die s
hiefe Ebene hinunterrollenden Zylinders benutzt, siehe (5.21).
S
hwerpunkt r0
ÆI
r 00
:
R
Daraus folgt, daÿ das Trägheitsmoment eines Körpers um eine A
hse dur
h den beliebigen
Punkt O glei
h seinem Trägheitsmoment um die parallele A
hse dur
h den S
hwerpunkt ist,
vermehrt um M s2 , wobei s der Abstand der beiden A
hsen ist. Das Trägheitsmoment wird
bei fester A
hsenri
htung minimal wenn die A
hse dur
h den S
hwerpunkt geht.
Der Beweis von (5.25) ist einfa
h: Gemäÿ Abbildung (5.7) ist x00
a = xa 0
a und entspre
hend
gilt
X X
ab
=
0
mi x00 00
ip xip Æab x00 00
ia xib = mi x0ip x0ip Æab x0ia x0ib +M
2 Æab
a
b ;
P
wobei wir wieder einmal von mi x0ia = 0 Gebrau
h ma
hten. Wir legen nun e1 0
in die
Rotationsa
hse. Liegt der S
hwerpunkt in der Rotationsa
hse, dann ist das Trägheitsmoment
0
11 . Geht sie dur
h R+
, dann ist das Trägheitsmoment glei
h 0
11 M
22
23 . Aber + ( + )
s 2 + 2 2
2
3 ist genau das Quadrat des Abstands der beiden Dreha
hsen voneinander.
Für Körper mit Symmetriea
hsen ist es oft mögli
h die Haupta
hsen und Trägheitsmomente
explizit anzugeben. In der folgenden Abbildung haben wir einige typis
he Beispiele skizziert.
Die Körper haben eine homogene Massendi
hte , eine Gesamtmasse M und die angegebenen
Trägheitsmomente beziehen si
h auf den S
hwerpunkt. Die Gröÿen A; B und C sind die
Hauptträgheitsmomente um die in der Abbildung (5.8) eingezei
hneten A
hsen 1; 2 und 3.
144
1) 2) 3)
m 62
63
6
3
L
3 -m L - R
-
1
1
2
1
2
6 6
4) 5) 6)
3 3
63
R
-
R
- 3h
2
R
-
2 1 4 2
h
1 h 1
1. Drei glei
hs
hwere Massenpunkte an den E
ken eines glei
hseitigen Dreie
ks:
ML2
(A; B; C ) = 1; 1; 2 :
2
145
6. Gerader Kreiszylinder mit Radius R und Höhe h:
2 2 2
(A; B; C ) = MR h h
12 3 + R2 ; 3 + R2 ; 6 :
7. Kubus mit Kantenlänge L:
2
(A; B; C ) = ML
6 1; 1; 1 :
8. Quader mit Kantenlängen L1 ; L2 ; L3 :
(A; B; C ) = M
L22 + L23 ; L21 + L23 ; L21 + L22 :
12
Wir skizzieren die Bere
hnung des Trägheitsmomentes A für den Kreiskegel. Wir setzen den
Koordinatenursprung in den S
hwerpunkt, so daÿ die Kegeloberä
he dur
h die Glei
hung
p
r x2 + y 2 =
R
z+
3h (5.26)
h 4
deniert ist. Bei konstanter Massenbelegung ist die Kegelmasse
M = V = hR2 :
3
Wir bere
hnen zuerst den Beitrag einer S
hi
ht mit konstantem z zum Trägheitsmoment A,
Z Z 4
(y2 + z 2 )r dr d' = (r 2 sin2 ' + z 2 )r dr d' = ( r4 + z 2r2 );
0 0 0 0 0
wobei wir die obere Integrationsgrenze r aus (5.26) eingesetzt haben. Die ans
hlieÿende
Integration über z von 3h=4 bis h=4 ergibt
R2 h
80 (4R + h ):
2 2
Mit dem obigen Ausdru
k für die Masse des Kreiskegels erhalten wir folgende Hauptträg
heitsmomente bezügli
h des S
hwerpunktes,
A=B=
3M (4R2 + h2 );
80
wie in der obigen Liste angegeben. Vers
hieben wir die Dreha
hse 1 parallel zu si
h selbst
bis sie dur
h den Kegelspitze geht, dann ist na
h dem Steiners
hen Satz das entspre
hende
Trägheitsmoment
A=
3MR2 1 + 4h2 ):
20 R2
Für alle angebenden Körper mit Ausnahme des Quaders sind mindestens zwei Hauptträg
heitsmomente glei
h. Sol
he Körper nennt man symmetris
he Kreisel . Für einen symmetri
s
hen Kreisel mit A = B vereinfa
ht si
h die kinetis
he Energie der Rotation,
A _2 C
_ +
os #'_ 2 :
Trot = # + sin2 #'_ 2 + (5.27)
2 2
Sind alle drei Hauptträgheitsmomente voneinander vers
hieden, dann spri
ht man vom un
symmetris
hen Kreisel , sind dagegen alle drei glei
h, dann handelt es si
h um den Kugelkrei
sel. Die Vollkugel oder der Kubus sind Kugelkreisel. Für A = B = C ist die Rotationsenergie
1
Trot = ab !a !b = 0 0
'_ + # + + 2
os #'_ _
A 2 _2 _2
0
(5.28)
2 2
146
5.3 Drehimpuls und kräftefreie symmetris
he Kreisel
Wir sehen uns jetzt den Drehimpulssatz genauer an. Im allgemeinen ist der Trägheitstensor
nur im körperfesten Koordinatensystem konstant, so daÿ es notwendig ist, die Bewegungs
glei
hung, d.h. in erster Linie die Zeitableitung des Drehimpulses Lrot auf das körperfeste
System umzure
hnen.
= 21 !aab !b = 21 !a ab !b
Trot 0 0 0
(5.32)
und die Spitze von w liegt auf dem bewegli
hen Poinsots
hen Energieellipsoid,
E(t) = !a !a ab (t)!b = 2Trot ;
das kongruent zum Trägheitsellipsoid E0 ist
E(t) = R(t)E0 ; E0 = !b !a ab !b = 2Trot :
0 0 0 0
folgt, daÿ die Spitze des Drehvektors w au
h no
h in einer invariablen Ebene liegt wel
he
senkre
ht zu Lrot ist, siehe die Abbildung (5.9).
147
L
6 rot
L
6 rot
P invariable Ebene P
Æ
w
℄
w
e3 0 e3
0
O
O
Abbildung 5.9: Zur Poinsot s hen Darstellung der Bewegung für den verlängerten und ab
Wir zeigen nun, daÿ die invariable Ebene und der Poinsot s he Ellipsoid genau einen ge
meinsamen Punkt haben und si h deshalb in diesem Punkte berühren müssen. Dazu nehmen
wir an, daÿw und m beide in der S
hnittmenge von Ebene und Ellipsoid liegen,
w; m 2 invariabler Ebene \ E(t);
und beweisen, daÿ dann w = m gelten muÿ. Es seien ! und m die zu w und m gehörigen a a
(! a m a ) (!
ab b m b ) = !a ab !b 2! m + m
a ab b a ab m b
=
(5:33)
2T rot 2w L + 2T = 0:
rot rot
Sind alle Hauptträgheitsmomente positiv, so ist invertierbar und damit folgt in der Tat
w = m. Die Spitze von w ist der Berührpunkt zwis
hen invariabler Ebene und Energieellipso
id. Die Gröÿe der Winkelges
hwindigkeit ist dur
h den Abstand zwis
hen dem festen Punkt
O und dem Berührpunkt P gegeben. Der Berührpunkt hat als Punkt auf der Dreha hse die
Ges
hwindigkeit Null, und die Bewegung von w kann deshalb dur
h das Abrollen des Ener
gieellipsoids auf der invariablen Ebene erhalten werden. Der kräftefreie Kreisel bewegt si
h
so, daÿ das körperfeste Poinsot s he Ellipsoid auf der invariablen Ebene abrollt, ohne zu
gleiten. Man nennt die Bahn, wel
he die Spitze von w auf der invariablen Ebene bes
hreibt
die Spurbahn , die entspre
hende Bahn auf dem Energieellipsoid bezei
hnet man als Polbahn .
Für den symmetris
hen Kreisel sind zwei Hauptträgheitsmomente glei
h, zum Beispiel A=
B. Der körperfeste Basisvektor e3 0
zeige in Ri
htung der Figurena
hse des symmetris
hen
148
und bes
hreibt einen Kegel um L, der als Spurkegel oder Rastpolkegel bezei
hnet wird. Die
Bewegung der Symmetriea
hse des Kreisels nennt man Nutation . w bes
hreibt einen Kegel
um diese Symmetriea
hse, der als Gangpolkegel bezei
hnet wird.
Wir wählen e3 in Ri
htung des konstanten Drehimpulses Lrot ,
Lrot = `e3 bzw. La = `Æ a3 : (5.34)
Dann nden wir für die (zeitabhängigen) Komponenten des Drehimpulses im körperfesten
System
0 1
sin # sin
(L ) = (L R ) = (`R
0
b ba
(5:34)
3a ) = ` sin #
os A: (5.35)
os #
a
Der Zusammenhang zwis
hen den Komponenten des Drehvektors und denjenigen des Dre
himpulses ist La = ab !b und hat ausges
hrieben folgende Form
0 0 0
Multiplizieren wir die erste Glei
hung mit
os und die zweite mit sin und bilden die
Dierenz der entstehenden Glei
hungen, so erhalten wir A#_ = 0, oder
# = # =
onst: 0 (5.37)
Benutzen wird dies wieder in den ersten beiden Glei
hungen, so ergibt si
h ` = A'_ , also
Setzen wir diese Resultate für ' und # in die letzte Glei hung in (5.36) ein, dann folgt
(t) = ` t
os # C1 0
1+
A
0: (5.39)
Deshalb sind für den kräftefreien symmetris
hen Kreisel alle Eulers
hen Winkel, und da
mit die Drehung vom S
hwerpunktsystem ins körperfeste System, als Funktionen der Zeit
bestimmt. Das körperfeste System dreht si
h um das raumfeste, wobei der Winkel #0 zwi
s
hen e3 und e3 konstant bleibt. Die Winkel ' und nehmen linear mit der Zeit zu.
0
Wie s
haut die Bewegung im S
hwerpunktsystem aus? In diesem System sind die Kompo
nenten des Drehimpulses fest. Mit (5.13) erhalten wir den Drehvektor
wobei wir (5.13) und (5.37-5.39) benutzten. Der Drehvektors w hat die quadrierte Länge
! 2
=` 2 sin 2
#0
+
os
2
#0
(5.41)
A2 C2
149
und s
hlieÿt mit der raumfesten Drehimpulsa
hse einen konstanten Winkel ein,
2
#0
os2 #0
e3 w = !
os \(w; e3 ) = `
sin
A
+
C
:
Dies ist der analytis
he Beweis, daÿ die momentane Dreha
hse einen geraden Kreiskegel, den
so-genannten Rastpolkegel , um die feste Drehimpulsa
hse bes
hreibt. Die Winkelges
hwin
digkeit der Dreha
hse auf diesem Kegel ist _ = ' `=A, wie man aus (5.40) ablesen kann.
Lrot
A=B>C Rastpolkegel
(abgeplatted) w
Präzessions- e3
0
kegel
#0
Gangpolkegel
A=B<C Lrot
(verlängert)
Präzessions-
kegel e3
0
Rastpol-
kegel
Gangpolkegel
Abbildung 5.10: Bewegungsverhältnisse des freien symmetris hen Kreisels: Die momentane
Dreha
hse, gegeben dur
h w, bewegt si
h mit konstanter Winkelges
hwindigkeit '_ auf dem
Rastpolkegel um die raumfeste Drehimpulsa
hse, während die Figurena
hse mit derselben
körperfesten Bezugssystem bes hreibt die momentane Dreha hse mit der konstanten Win
Die körperfeste e03 -A
hse, die Symmetriea
hse des Körpers, hat im raumfesten S
hwerpunkt
system die Darstellung
und nimmt gegen die raumfeste Drehimpulsa
hse den konstanten Winkel #
0 ein. Sie be
s
hreibt damit einen Kegel, den man als Präzessionskegel bezei
hnet. Die konstante Win
kelges
hwindigkeit der Figurena
hse um die Drehimpulsa
hse ist ebenfalls _ = ' `=A. Die
150
Vektoren e03 ; w und Lrot liegen wegen
Lrot = Aw + (C A) !3 e3 0 0
in einer Ebene, die si
h mit der Winkelges
hwindigkeit '_ um den Drehimpulsvektor dreht.
Für abgeplattete Rotationskörper mit A > C liegt der Drehvektor w zwis
hen Drehimpuls
vektor und Symmetriea
hse. Für verlängerte Rotationskörper mit A < C liegt die Figuren
a
hse zwis
hen Drehimpulsvektor und momentaner Dreha
hse, siehe Abbildung (5.10).
Wie sieht nun die Bewegung im körperfesten System aus. Wir entwi
keln den Drehvektor
na
h der körperfesten Basis und erhalten
`
(t) + e2
os (t) + C`
os #0 e3 :
w = !a ea =
0 0
sin #0 e01 sin 0 0
(5.42)
A
Vom mitbewegten Bezugssystem aus betra
htet, umkreist w die Figurena
hse auf dem Gang
polkegel mit konstanter Kreisfrequenz _ . Figurena
hse und w s
hlieÿen einen festen Winkel
ein. Für den Drehimpuls erhalten wir
Lrot = ` sin #0 sin e1 +
os e2 + `
os #0 e3 :
0 0 0
(5.43)
Im köperfesten System rotiert also au
h Lrot mit der konstanten Kreisfrequenz ( _ ) auf
einem Kegel, dessen A
hse mit der Figurena
hse e03 zusammenfällt. Die einfa
he Bewegung
der glei
hförmigen Rotation um eine feste A
hse tritt nur auf, wenn die Ri
htung von Lrot mit
einer Haupta
hse zusammenfällt. Dagegen ist die allgemeine Bewegungsform die Präzession.
Für den kräftefreien Kugelkreisel ist (0ab ) = A1l3 , und wegen
Lrot = Aw
ist w konstant. Die Dreha
hse fällt dauernd mit der raumfesten Drehimpulsa
hse zusammen
und alle Punkte des Körpers bes
hreiben einen Kreis mit konstanter Umlaufges
hwindigkeit.
Die obige Bes
hreibung der Bewegung vom Standpunkt des si
h auf dem Kreisel bendli
hen
Beoba
hters ist gerade im Fall der Erde angemessen. Die momentane Rotationsa
hse fällt
na
h der bespro
henen Eulers
hen Theorie mit der Figurena
hse der Erde ni
ht zusammen,
sondern führt eine Nutation um sie aus. Wenn man den Dur
hstoÿpunkt der Figurena
hse
bzw. der Dreha
hse der Erde dur
h die Erdoberä
he geometris
hen Nordpol bzw. kinemati
s
hen Nordpol nennt, so läÿt si
h au
h sagen, der kinematis
he Nordpol bes
hreibt um den
geometris
hen Nordpol einen Kreis. Die (reguläre) Präzession oder Nutation erfolgt na
h
(5.42) mit der Winkelges
hwindigkeit
_ = `
os #0 1 1=! 0
3
C
1;
A C A
oder, da für die Erde
C A 1
300 und !30 =
2
A Tag
ist, etwa mit der Eulers
hen Periode von
151
Tatsä
hli
h wandert der kinematis
he Nordpol mit der dur
hs
hnittli
hen Umlaufzeit 433
Tage (Chandlers
he Periode) auf einer spiralförmigen Bahn innerhalb eines Kreises von
10 m Radius im Sinne der Erddrehung. Die Verlängerung der Periode läÿt si
h dur
h die
elastis
he Deformation der Erde (und ni
ht mit dem von Sonne und Mond erzeugten Dreh
moment) erklären.
= !10
(C A)(A B ) 1=2
:
BC
152
Sie sind oensi
htli
h imaginär für
A < min(B; C ) oder A > max(B; C ) (5.48)
und reell für
min( B; C ) < A < max(B; C ): (5.49)
Im ersten Fall ist die (linearisierte) Drehung um die erste Haupta
hse stabil, im zweiten Fall
instabil. Damit haben wir den Satz:
Stabilität der Drehungen um die Haupta
hsen: Die Rotation eines freien Kreisels um
eine Hauptträgheitsa
hse ist stabil, wenn es si
h um eine A
hse mit minimalen oder maxima
len Trägheitsmoment handelt. Ist die A
hse diejenige mit dem mittleren Trägheitsmoment,
so ist die Drehung instabil.
Insbesondere hat die Figurena
hse beim symmetris
hen Kreisel immer einen stabilen Cha
rakter.
Wir legen die Basisvektoren ea in Ri
htung der Haupta
hsen des starren Körpers. Für den
0
kräftefreien Kreisel sind die kinetis
he Energie und der Drehimpuls der Drehbewegung um
den S
hwerpunkt konstant,
T
2 rot = A!12 + B!22 + C!32 =
onst.
0 0 0
2
` = L2rot = A2 !12 + B 2 !22 + C 2 !32 =
onst.
0 0 0
(5.50)
Stellt man die Eulers
hen Kreiselglei
hungen für die Bewegung eines freien Kreisels (An
nahme: A < B < C ) neben die Glei
hungen für Ableitungen der Ja
obis
hen elliptis
hen
Funktionen
C B
!_ 1 +
0
!2 !3 = 0
0 0
n (u; k ) + sn(u; k )dn(u; k ) = 0
0
A
C A
!_ 2
0
!1 !3 = 0
0 0
sn (u; k )
0
n(u; k )dn(u; k ) = 0 (5.51)
B
B A
!_ 3 +
0
!1 !2 = 0
0 0
dn (u; k ) + k 2 sn(u; k )
n(u; k ) = 0;
0
C
wobei = d=du ist, so liegt es nahe, folgenden Lösungsansatz für die Komponenten des
0
153
und erfüllen die Anfangsbedingungen
dn(0; k ) =
n(0; k ) = 1 und sn(0; k ) = 0: (5.54)
Trägt man den Lösungsansatz (5.52) in die Eulers
hen Kreiselglei
hungen ein, so erhält
man folgende notwendigen Bedingungen an die Koezienten a und :
1 C B
=
2 3 A
C A
2 = (5.55)
3 1 B
B A
k2 3 = :
1 2 C
Multiplizieren wir je zwei dieser Glei
hungen, dann nden wir
2 k2 BC 2 k2 AC 2 AB
21 = ; 22 = ; 23 = : (5.56)
(C A)(B A) (C B )(B A) (C A)(C B )
Es verbleiben no
h die 2 Integrationskonstanten und k . Wir bestimmen sie, indem wir die
Erhaltungsätze für die kinetis
he Energie und L2rot bei t = t0 auswerten:
(5:54) ABC2 h i
T
2 rot = A21 + C23 = (C B )k2 + (B A)
(C A)(C B )(B A)
(5:54) ABC2 h i
`2 = A2 21 + C 2 23 = (C B )Ak2 + (B A)C : (5.57)
(C A)(C B )(B A)
Dividiert man die erste dur
h die zweite Glei
hung dann gewinnt man eine Glei
hung nur
für k 2 und ndet
B A h 2TrotC `2 i C Bh2 i
k2 = ; 2
= ` 2ATrot : (5.58)
C 2B ` 2ATrot ABC
T C `2
2 rot 2T C `2 `2 2Trot A
21 = ; 22 = rot ; 23 = : (5.59)
A(C A) B (C B ) C (C A)
Mit den Formeln (5.50) für die Energie und den Drehimpuls folgt sofort
T C `2
2 rot = (C A)A!12 + (C B )B!22 0
0 0
154
11
4K(k2 )
10
2π k2
6
0 0.2 0.4 0.6 0.8 1.0
der Periodenlänge
s
4K ABC
T = = 4K :
(C B )(`2 2ATrot )
Na
h Ablauf der Zeit T = 4K= kehrt der Drehvektor w(t) im körperfesten System wieder
in seine Ausgangslage zur Zeit t0 zurü
k. Im Fall des symmetris
hen Kreisels (A = B )
vers
hwindet na
h (5.58) der Modulus k der Ja
obis
hen elliptis
hen Funktionen. Diese
entarten dann zu Kreisfunktionen und wir erhalten die früheren Resultate für den kräftefreien
symmetris
hen Kreisel.
Damit ist u als Funktion von sn dur
h ein elliptis
hes Integral erster Gattung, nämli
h dur
h
sn
Z (u) Z
dy y =sin d
u= p = p ; sn(u) = sin ; (5.64)
(1 y 2 )(1 k2 y2 ) 1 k 2 sin2
0 0
155
gegeben. Dabei haben wir stills
hweigend 0 < k < 1 vorausgesetzt. No
h etwas expliziter:
die elliptis
hen Funktionen von Ja
obi können als Inverse des elliptis
hen Integrals erster
Gattung,
Z
d
u(; k ) = p ; mit k 2 [0; 1℄; (5.65)
0 1 k 2 sin2
wie folgt deniert werden:
p
sn(u; k ) = sin ;
n(u; k ) =
os und dn(u; k ) = 1 (k sin )2 : (5.66)
Insbesondere für k = 0 und k = 1 sind es die wohlbekannten Kreis- und Hyperbelfunktionen,
sn(u; 0) = sin u ;
n(u; 0) =
os u ; dn(u; 0) = 1
sn(u; 1) = tanh u ;
n(u; 1) = dn(u; 1) = 1=
osh u: (5.67)
Die Konstanten
Z =2
d
K = K (k ) = p und K 0 = K (k 0 ); (5.68)
0 1 k 2 sin2
wobei k 0 das Komplement des Modulus k ist, k 2 + k 02 = 1, spielen eine ähnli
he Rolle wie
=2 für die Kreisfunktionen Sinus und Cosinus, und treten in den Verwandlungsformeln für
die Ja
obis
hen Funktionen auf:
u+K u + iK 0 u + K + iK 0 u +2K u +2iK 0 u +2K +2iK 0
sn
n u=dn u 1=k sn u dn u=k
n u sn u sn u sn u
n k 0 sn u=dn u idn u=k sn u ik 0 =k
n u
n u
n u
n u
dn k 0 =dn u i
n u=sn u ik 0 sn u=
n u dn u dn u dn u
Die Tabelle ist so zu verstehen, daÿ man, um zum Beispiel
n(u + K + iK 0 ) dur
h eine
Funktion von u auszudrü
ken, in die zweite Zeile und dritte Spalte eingeht und dann
k0
n(u + K + iK 0 ) = i
k
n (u)
ndet. Die Nullstellen, Pole und primitiven Perioden der elliptis
hen Funktionen sind bei
Nullstellen Pole primitive Perioden
sn 2nK + 2imK 0
2nK + (2m + 1)iK 0
4K; 2iK 0
wobei n und m alle ganzen Zahlen dur
hlaufen. Es gelten folgende Additionstheoreme,
sn(u)
n(v )dn(v ) + sn(v )
n(u)dn(u)
sn(u + v ) =
1 k 2 sn2 (u)sn2 (v )
n(u)
n(v ) sn(u)sn(v )dn(v )dn(v )
n(u + v ) = (5.69)
1 k 2 sn2 (u)sn2 (v )
dn(u)dn(v ) k 2 sn(u)sn(v )
n(u)
n(v )
dn(u + v ) = ;
1 k 2 sn2 (u)sn2 (v )
156
wel
he für k = 0 in die bekannten Additionstheoreme für die Sinus- und Cosinus-Funktionen
übergehen. Die Taylorentwi
klungen bei u = 0 bis zur Ordnung 3 lauten
u3
sn(u; k ) = u (1 + k2 ) + :::
3!
u2
n(u; k ) = 1 + ::: (5.70)
2!
u2
dn(u; k ) = 1 k2 + :::
2!
Bekannter als die meromorphen Ja
obis
hen Funktionen sind die analytis
hen Thetafunk
tionen
#1 (v ) = i
X1 ( 1)
n q (n 1=2)2 (2n 1)iv
e
= 2
n= 1
q 1=4 sin iv
Y1 (1 q 2n )(1 q 2n e2iv )(1 q 2n e 2iv ) (5.71)
#2 (v ) =
X1 2
q (n 1=2) e(2n
1
1)iv
=
n=
2
1
q 1=4
os iv
Y1 (1 q 2n )(1 + q 2n e2iv )(1 + q 2n e 2iv ) (5.72)
#3 (v ) =
X1 2
q n e2niv
1
=
Y
n=
1
1
(1 q 2n )(1 + q 2n 1 e2iv )(1 + q 2n 1 e 2iv ) (5.73)
#0 (v ) =
X1 1
( 1)
n q n2 e2niv
=
Y1 1
n=
v + 21 v + 2 v + 21 + 2 v + 1 v+ v+1+
#1 #2 iA#0 A#3 #1 B#1 B#1
#2 #1 A#3 iA#0 #2 B#2 B#2
#3 #0 A#2 iA#1 #3 B#3 B#3
#0 #3 iA#1 A#2 #0 B#0 B#0
157
Werte von e2iv :
v e2iv
#1 m + n q 2n
#2 1
(m + 2 ) + n q 2n+1
#3 1 1
(m + 2 ) + (n + 2 ) q 2n+1
#0 1
m + (n + 2 ) q 2n+1
Wie oben dur
hlaufen m und n in der Tabelle alle ganzen Zahlen. Der Zusammenhang
zwis
hen den Thetafunktionen und Ja
obis elliptis
hen Funktionen ist
#3 (0) #1 (v )
sn (2Kv ) =
#2 (0) #0 (v )
#0 (0) #2 (v )
n (2Kv ) = (5.75)
#2 (0) #0 (v )
#0 (0) #3 (v )
dn (2Kv ) =
#3 (0) #0 (v )
Das vollständige Integral erster Gattung hat die Darstellung
2
K= #3 (0) und iK 0 = K: (5.76)
2
p # (0) p # (0)
k= 2 und k0 = 0 ; (5.77)
#3 (0) #3 (0)
so daÿ k 2 + k 02 = 1 ist. Für weitere Eigens
haften der doppelperiodis
hen Funktionen sn,
n und dn verweise i
h auf die Literatur [8℄. In den Abbildungen 5.12 und (5.13) sind die
elliptis
hen Funktionen von Ja
obi für einige Werte von k geplottet. Der dabei benutzte
1 1
dn(u) dn(u)
sn(u) sn(u)
0 0
n(u)
n(u)
1 1
0 1 2 3 4 5 6 7
u 0 1 2 3 4 5 6 7 8
u
Abbildung 5.12: sn, n und dn für k2 = 0:2 und 4K = 6:6385 (links) und für k2 = 0:5 und
158
1
dn(u)
sn(u)
0
n(u)
1
0 2 4 6 8 10 12
u
S
ilab-Code lautet:
x=0:0.2:8; y=real(%sn(x,0.2));
z=(1-y.*y)**(1/2); w=(1-0.2*y.*y)**(1/2);
X=[x;x;x℄; Y=[y;z;w℄;
plot2d(X',Y');
Wir wählen wieder e3 in Ri
htung des konstanten Drehimpulses, Lrot = `e3 , und benutzen
die Relationen (5.36), also
0 1 0 1
# sin sin A!1 0
zwis
hen den Komponenten des Drehimpulses und denjenigen des Drehvektors im körperfe
sten System. Wir nden
s
C!3 0
C3 C (`2 2ATrot )
os # = = dn (t t0 ); k = dn (t t0 ); k
` ` `2 (C A)
s
A!1 0
A1
n (t t0 ); k A(C B )
n (t t0 ); k
tan = = = : (5.79)
B!2 0
B2 sn (t t0 ); k B (C A) sn (t t0 ); k
Im Grenzfall A = B , d.h. für den symmetris
hen Kreisel erhalten wir
r
C (`2 2ATrot )
`
os # =
os (t t0 ) und tan = tan ( t t0 ):
C A
Also ist = t + 0 . Berü
ksi
htigt man no
h (5.58) mit A = B so nden wir die früheren
Resultate (5.37) und (5.39) für den symmetris
hen Kreisel.
Die Funktionen auf den re
hten Seiten in (5.79) sind periodis
h mit der Periode 2K .
n/sn
hat Nullstellen bei (2n + 1)K und Pole bei 2nK . Dana
h sind die Eulers
hen Winkel
159
und # periodis
h in der Zeit t. Den dritten Eulers
hen Winkel '(t) bestimmt man, indem
man !10 in
0 1
os #_ + sin sin #'_
!0 ) =
( a
sin #_ +
os sin #'_ A (5.80)
_ +
os #'_
mit sin und !20 mit
os multipliziert und die resultierenden Glei
hungen addiert,
sin !10 +
os !20 = sin #':
_
Wir lösen na
h '_ auf, erweitern mit `2 sin # und erhalten dann
` sin # sin !10 + ` sin #
os !20 (5:78) A!102 + B!202 A21
n2 + B22 sn2
'_ = ` ` ` ;
A2 !102 + B 2 !202
= =
`2 sin2 # A2 21
n2 + B 2 22 sn2
wobei wir bei der letzten Glei
hung für die Winkelges
hwindigkeiten die Lösungen (5.52) ein
setzten. Benutzen wir die Beziehung sn2 +
n2 = 1 und die Formeln (5.56) für die Konstanten
1 und 2 , so nden wir s
hluÿendli
h
(C B ) + (B A) sn2
'_ = ` : (5.81)
A(C B ) + C (B A) sn2
Für den symmetris
hen Kreisel mit A = B erhalten wir wieder das Resultat ' = `t=A + '0 in
(5.38). Für den unsymmetris
hen Kreisel ergibt die unbestimmte Integration über die Zeit
C B ) + (B A) sn2 (t0 t0 ); k
Z
dt0 :
(
'(t) = `
A(C B ) + C (B A) sn2 (t0 t0 ); k
Der Winkel '(t) mit der si
h die Knotenlinie in der raumfesten 1 2-Ebene dreht kann
zerlegt werden in einen konstanten Anteil '0 , einen zeitproportionalen Anteil '1 t und eine
periodis
hen Anteil,
'(t) = '0 + '1 t + 'per (t):
Während si
h '1 t in der Zeitspanne T 0 = 2='1 um den vollen Winkel 2 ändert, ist die
Periode T von 'per glei
h derjenigen von '_ , also
s
2 K ABC
T = =2 K :
C
( B )(`2 2ATrot )
Sie ist kommensurabel mit den Perioden der Eulers
hen Winkel # und , hingegen im
allgemeinen ni
ht mit T 0 . Das hat zur Folge, daÿ der asymmetris
he Kreisel im allgemeinen
ni
ht mehr in eine vorgegebene Anfangslage zurü
kkehrt.
Wir bere
hnen, wie si
h die Drehmatrix (5.12), wel
he die raumfeste in die körperfeste Basis
überführt, ändert, wenn t ! t + T geht. Wegen
' ! ' + T' ; # ! # 1 und !
folgt
R3 (')R1 (#)R3 ( )
t!! R (T '
T +t
3 ')R1 (#)R3 ( )
1 +
= R3 (T '1 )R3 (')R1 (#)R3 ( );
160
beziehungsweise
R('; #; )
!! R3 (T '1 )R('; #; ):
t t+T
(5.82)
Als Beispiel betra
hten wir einen Quader mit Kantenlängen L1 = 3
m, L2 = 2
m und
L3 = 1
m und einer Massendi
hte von 2g/
m3. Dieser hat die Hauptträgheitsmomente
2
(A; B; C ) = diag 5; 10; 13) g
m : (5.83)
Neben den Hauptträgheitsmomenten geben wir die kinetis
he Energie und den Drehimpuls
der Rotation vor. Wir messen ` in g
m2 /s, Trot in g
m2 /s2 und die Zeit in s. Anstelle der
Energie und des Drehimpulses können wir na
h (5.58) au
h den Modulus k und vorgeben.
Gemäÿ unseren Resultaten lauten die Lösungen
C3
os # = dn
s
`
A(C B )
n
tan = (5.84)
B (C A) sn
(C B ) + (B A) sn2
'_ ` ;
B ) + C (B A) sn2
=
A(C
wobei
C B )(CA) 2 A B A 21
2 = 3 ; k2 = ; `2 = A2 21 + C 2 23 :
(
(5.85)
AB C C B 23
Für die Darstellung der numeris
hen Resultate ist es hilfrei
h =
K (k 2 ) zu wählen, so daÿ
die Komponenten von w im körperfesten System eine feste Periode haben. Wir wählen
= 1
und äquivalent dazu = K (k 2 ). Dann ist die Periode 4. In der numeris
hen Bere
hnung
gibt man neben und den Hauptträgheitsmomenten no
h k und t0 = 0 an. Daraus sind (bis
auf '0 ) alle Elemente der Bewegung des freien Kreisels bestimmt:
(A; B; C; ; k; t0 = 0) ! K (k) ! a ! `:
In der folgenden Abbildung (5.14) sind einige typis
he Bewegungen der Eulers
hen Winkel
während des Zeitintervalls [ t; t + T ℄ für vers
hiedene Parameter geplottet. Neben den Werten
für die Hauptträgheitsmomente in (5.83) haben wir au
h die Bewegung des Kreisels für die
Werte
untersu ht.
161
:
19 :
16
:
15 1:2
1:1
0:8
0:7
#
0:4
0:3 #
0:0
0:1
0:5
'1 = 3:7834 'per 0:4 '1 = 4:8767 'per
(A; B; C ) = (5; 10; 13) 0:8
(A; B; C ) = (5; 10; 13)
0:9
k = 2=10 k = 8=10
1:3 1:2
0 :
04 :
08 :
12 :
16 20 : 0 :
04 :
08 12 : :
16 20:
:
16 :
16
1:2 1:2
0:8 0:8
Abbildung 5.14: Die Zeitentwi
klung der Eulers
hen Winkel für vers
hiedene Hauptträgheits
momente und Werte von k. Die oberen zwei Abbildungen gehören zu (A; B; C ) = (5; 10; 13)
und die unteren zu (A; B; C ) = (5; 25; 29). Jeweils eingetragen ist die Steigung '1 des zeit
proportionalen Anteils '1 t zu '(t). Der Winkel # ist periodis h und (0) (T ) = .
162
w=atheta*dn;
theta=a
os(w);
// Lösung der Dierentialglei
hung für '
de([ydot℄=f(t,y),ydot=ell*((
-b) +(b-a)*(real(%sn(K*t,ks)))**2)./...
(a*(
-b)+
*(b-a)*(real(%sn(K*t,ks)))**2));
phi=ode(0,0,x,f);
// Bere
hnung des periodis
hen Anteils von '
[min,max℄=size(x);
xmin=x(min);xmax=x(max);
phimin=phi(min);phimax=phi(max);
steigung=(phimax-phimin)/(xmax-xmin);
phip=phi-steigung*x;
// Vorbereitung der Ausgabe
X=[x;x;x℄;Y=[psi;theta;phip℄;
// Figur setzen und plotten
xsete
h([0,0,0.5,0.5℄);
plot2d(X',Y');
// Bes
hriftung
xstring(0.1,-1.2,(A,B,C)=(5,10,13), k=8/10);
// Zur na
hträgli
hen Bearbeitung
xset();
Als weiteres Beispiel für die Anwendung der Methoden der Dynamik starrer Körper be
tra
hten wir die Bewegung eines symmetris
hen Kreisels, der si
h in einem Gravitationsfeld
bendet und von dem ein Punkt auf der Symmetriea
hse im Raum xiert ist. Einen sol
hen
s
hweren Kreisel bezei
hnet man als Lagrange-Kreisel. Eine Vielzahl physikalis
her Syste
me vom Kinderkreisel bis zu komplizierten gyroskopis
hen Navigationsinstrumenten werden
dur
h einen s
hweren symmetris
hen Kreisel näherungsweise bes
hrieben. Sowohl wegen sei
ner praktis
her Anwendungen als au
h wegen der Illustration der entwi
kelten Verfahren
verdient die Bewegung des s
hweren symmetris
hen Kreisels eine ausführli
he Erläuterung.
In diesem Abs
hnitt werden die Konstanten der Bewegung abgeleitet. Die Bewegungformen
des Kreisels werden dann später im Rahmen des Lagrange-Formalismus diskutiert.
Wir wählen als Ursprung des Koordinatensystems den Stützpunkt anstelle des S
hwerpunk
tes. Der Ortsvektor des S
hwerpunktes sei
R = se 3
0
(5.86)
Wir wollen hier den symmetris
hen Kreisel untersu
hen mit A = B = C wobei A; B und
C die Hauptträgheitsmomente bezügli
h des Stützpunktes seien. Das Moment C bezügli
h
6
diese Punktes ist glei
h dem Moment C bezügli
h des S
hwerpunktes. Die beiden Haupt
trägheitsmomente A und B sind na
h dem Satz von Steiner glei
h denjenigen bezügli
h
des S
hwerpunktes plus Ms2 .
Ganz analog wie in Abs
hnitt (5.4) zeigt man, daÿ au
h für den gestützten Kreisel die
163
6e 3
Ie
0
3
I
R
O
Abbildung 5.15: Der s
hwere symmetris
he Kreisel.
L_ rot = M (5.87)
gelten, wobei si
h hier der Drehimpuls und das Drehmoment der äuÿeren Kräfte auf den
ruhenden Stützpunkt beziehen. Der dritte Basisvektor e3 zeige na
h oben. Dann bere
hnet
si
h das vom homogenen S
hwerefeld herrührende Drehmoment gemäÿ
X X X
M= r i ^F(a)
i
= g mr i i ^e 3 = g mr i i ^e
3 = gM R ^ e3 : (5.88)
Für den s
hweren symmetris
hen Kreisel ist aber au
h die Komponente des Drehimpulses
in Ri
htung der zeitabhängigen Figurena
hse e03 konstant:
L_ 3 + (B A) !1 !2 (5=46) M3 = 0:
0 0 0
: 0
| {z }
=0
L_ 3 = 0
0
oder L3 =
onst.
0
(5.90)
Neben L3 und L3 ist au
h die Energie des Kreisels zeitunabhängig. Diese ist die Summe der
0
kinetis
hen Energie der Drehbewegung um den Stützpunkt und der potentiellen Energie im
konstanten S
hwerefeld,
E = T + V =
onst.
1 1
T = A(!12 + !22 ) + C!32
0 0 0
(5.91)
2 2
X
V = g m e3 r i i = gM e3 R = Mgs e3 e3 : 0
L3 = C ( _ +
os #'_ ):
0
(5.92)
164
Die zweite Konstante der Bewegung kann wie folgt bere
hnet werden,
L3 = e3 Lrot = e3 ea La = R3a La = A(R31 !1 + R32 !2 ) + C!3 R33 :
0 0 0 0 0 0
Der letzte Term ist proportional zu L3 und der erste ist lei
ht zu bere
hnen, wenn man
0
daÿ
A C 2
E= #_ 2 + sin2 #'_ 2 + _ +
os #'_ + Mgs
os #: (5.94)
2 2
Für die weitere Diskussion des s
hweren symmetris
hen Kreisels ist es vorteilhaft, den La-
granges
hen Formalismus zu benutzen. Diesen werden wir in den folgenden Kapiteln ken
nenlernen.
165
Kapitel 6
Zwangsbedingungen und
Zwangskräfte
Für viele me
hanis
he Systeme sind die Newtons
hen Axiome ni
ht unmittelbar anwend
bar, da Zwangs- oder Nebenbedingungen zu Zwangskräften führen, wel
he die (naiven) New-
tons
hen Bewegungsglei
hungen modizieren. Das Problem besteht darin, dass wir in der
Regel die Zwangsbedingungen, ni
ht aber die Zwangskräfte kennen. Die Zwangskräfte kön
nen wir im allgemeinen ni
ht explizit angeben, da sie von der tatsä
hli
hen Bewegung ab
hängen. In diesem Kapitel geben wir ein Verfahren an, dur
h das die Zwangskräfte bei
gegebenen Zwangsbedingungen bestimmt werden können. Die dabei auftretenden Probleme
können anhand des sphäris
hen Pendels illustriert werden.
Die Bewegungen der Massenpunkte eines idealen starren Körpers sind räumli
h einges
hränkt,
da die relativen Abstände von je zwei Massenpunkten des Körpers konstant sind. Diese
Eins
hränkung der Bewegung wird dur
h ein (unrealistis
hes) Potential wie in (5.1) mit
unendli
h tiefer und unendli
h s
hmaler Potentialmulde errei
ht. Die mathematis
hen Glei
hungen rij = aij =
onst., wel
he die Eins
hränkung der Bewegung der Punkte eines starren
Körpers ausdrü
ken, nennt man Zwangs- oder Nebenbedingungen. Allgemeiner nennt man
Bedingungen, die dem Bewegungsablauf eines Systems von Massenpunkten oder Körpern
geometris
he Eins
hränkungen auferlegen, Zwangs- oder Nebenbedingungen. Systeme mit
Zwangsbedingungen sind zum Beispiel das Fadenpendel, bei dem der Abstand der Pendel
masse vom Aufhängepunkt xiert ist, eine auf einem Draht gleitende Perle oder eine auf
einer Flä
he rollende Kugel.
Für die Eins
hränkung der Bewegung sorgt eine Kraft, die man Zwangskraft nennt. Sie ist
für die Bindung des Massenpunktes oder Körpers an eine bestimmte Flä
he oder Kurve im
Raum verantwortli
h. Beispielsweise tritt beim Rollen einer Kugel auf einem waagre
hten
166
Tis
h eine der S
hwerkraft entgegengeri
htete, betragsmäÿig aber glei
h groÿe Zwangskraft
auf, wel
he die S
hwerkraft kompensiert und die Bewegung auf die Tis
hebene eins
hränkt.
Die Zwangskraft steht senkre
ht auf der Flä
he oder Kurve, an wel
he die Bewegung gebun
den ist1 . Sie kann bei starren, unveränderli
hen Bindungen keine Arbeit leisten, und dies
wird beim Prinzip der virtuellen Arbeit ausgenutzt. In Körpern können neben den äuÿeren
Zwangsbedingungen no
h zusätzli
he Bindungen der Massenpunkte untereinander auftreten,
wie im starren Körper, die zu inneren Zwangskräften führen.
Es ist zu bea
hten, dass au
h die Anfangsbedingungen im Einklang mit den Bes
hränkungen
gestellt werden müssen. Mathematis
h bedeutet dies, dass die 6N Anfangsgröÿen ri (0) und
vi (0) ni
ht mehr unabhängig voneinander frei wählbar sind.
Auf einen Massenpunkt der Masse m wirke die S
hwerkraft F = mg mit g = g e3 . Als
Zwangsbedingung sei vorges
hrieben, dass si
h der Massenpunkt auf der Oberä
he einer
Kugel mit Radius R bewege. Wir haben es also mit einem sphäris
hen Pendel zu tun, d.h. der
e3 Ve (z )
# O e2
e1
'
R R
R z1 z2 z3
m
g
Bewegung eines Pendels mit einem 'masselosen' Stab der Länge R. Als Koordinatenursprung
O wählen wir den Aufhängepunkt des Pendels, so dass die (idealisierte) Nebenbedingung
F( r) = r2 R
2
=0 (6.1)
vorliegt. Es gilt also für die gesu
hte Bahnkurve
F r(t) = r2 (t) R
2
= 0: (6.2)
Wir leiten diese Nebenbedingung einmal beziehungsweise zweimal na
h der Zeit ab,
F_ r(t) = 2r(t) r_ ( ) = 0r (6.3)
r(t) 2_r ( ) + 2r( ) r( ) = 0
2
F = t t t : (6.4)
1 Diese plausible Annahme folgt ni
ht aus den Axiomen.
167
Aus (6.2) und (6.3) ergeben si
h für den Anfangsort r0 und die Anfangsges
hwindigkeit v0
folgende Bedingungen
r20 R2 = 0 und r0 v0 = 0: (6.5)
Dies sind zwei unabhängige Beziehungen zwis
hen zunä
hst 6 freien Anfangswerten r0 und
v0 . Die Bahnkurve r(t) hängt also nur von 4 der 6 Anfangswerte ab. Die beiden Bedingungen
(6.5) drü
ken aus, dass zur Zeit t = 0 der Massenpunkt auf der Kugeloberä
he liegt und
im Punkt r0 eine zu r0 senkre
hte Anfangsges
hwindigkeit v0 hat, wel
he also tangential zur
Kugeloberä
he geri
htet ist. Da die Lösung
1
r(t) = gt2 + v0 t + r0
2
Die Zwangskraft hängt von der tatsä
hli
hen Bewegung und der trägen Masse des Pendels
ab. Sie kompensiert die Komponente der S
hwerkraft in Fadenri
htung und wirkt der Zen
trifugalkraft entgegen. Setzt man die Zwangskraft wieder in (6.6) ein, so entsteht die -freie
Bewegungsglei
hung
r=
g
1
R2
r_ 2 + r g r: (6.9)
168
Für eine weitere Vereinfa
hung der Bewegungsglei
hung kann man versu
hen, Konstanten
der Bewegung zu nden. Da die Zwangskraft senkre
ht zur Kugeloberä
he und damit senk
re
ht zur Ges
hwindigkeit steht, leistet sie keine Arbeit am Pendel und es ist zu erwarten,
dass für das System (6.9) die Energie erhalten ist. Zum Beweis multiplizieren wir (6.7) skalar
mit r_ und erhalten
mr r_ = T_ = mg r_ + 2r r_ :
Wegen der Nebenbedingung (6.2), aus wel
her (6.3) folgt, vers
hwindet der letzte Term und
es gilt
m 2
E =T +V = v
2
mg r =
onst. (6.10)
In (6.9) können wir damit die Ges
hwindigkeit dur
h die Energie und den Ort des Pendels
ersetzen, und dies führt auf die einfa
here Bewegungsglei
hung
m 2E
mr = mg + Z; Z=
R2 m
+ 3g r r: (6.11)
Die Zwangskraft hängt bei festen Anfangswerten also nur no
h von r ab.
Ohne S
hwerkraft wäre die dann alleine wirkende Zwangskraft zentral und der Drehimpuls
erhalten. Das Drehmoment der S
hwerkraft hat keine Komponente in die Ri
htung von g,
also in Ri
htung von e3 , und wir erwarten, dass die dritte Komponente ` des Drehimpulses
erhalten ist. In der Tat, wegen
d
`_ =
dt
(e3 L) = e3 (r ^ p_ ) = me3 (r ^ g) = ^ e3 ) = 0
mg e3 (r
ist
` = m(xy_ y x_ ) =
onst. (6.12)
Na
h Wahl von Kugelkoordinaten (2.106) nehmen die beiden Erhaltungssätze (6.10) und
(6.12) folgende einfa
he Form an,
mR2 _2
E = + sin2 '_ 2 + gmR
os
2
` = mR2 sin2 ':
_ (6.13)
Es ist zwe
kmäÿig, anstatt des Winkels die Höhe z einzuführen,
p
z R
os mit dz = R sin d = R2 z 2 d:
169
oder aufgelöst na
h dem vertikalen Anteil der Ges
hwindigkeit z_ ,
1p 2 `2
z_ = Ve (z ) mit Ve (z ) = E gmz R2 z 2) : (6.15)
R m m2
Aus dieser Dierentialglei
hung für z (t) läÿt si
h auf bekannte Weise die Zeit t als Funktion
von z bere
hnen,
Z z
du
t=R p = t(z ): (6.16)
Ve (u)
Die Umkehrfunktion ergibt die Höhe z (t) als Funktion der Zeit und damit den Winkel (t).
Nun lässt si
h au
h ' als Funktion der Zeit bere
hnen, da gemäÿ (6.14) und (6.15) gilt
d' dt ` R
= '_ = p ;
dz dz m(R2 z2) Ve (z )
und damit
Z z
`R du 1
'= p : (6.17)
m R2 u2 Ve (u)
Die Glei
hungen (6.16) und (6.17) geben die Lösung des Problems, da sie die Winkel und
' als Funktionen der Zeit bestimmen. Natürli
h treten in der Lösung no
h zwei Integrations
konstanten auf, entspre
hend den in diesen Formeln auftretenden unbestimmten Integralen.
Diese Integrale sind, da das eektive Potential Ve (z ) ein Polynom dritten Grades ist, ellip
tis
he Integrale.
Nur für positive Werte von Ve ist z_ in (6.15) reell. Wenn die Konstanten der Bewegung
einer wirkli
hen Bewegung entspre
hen sollen, so muÿ es also im Intervall [ R; R ℄ zwei Werte
z1 < z2 geben, zwis
hen denen Ve positiv ist, wie in der Abbildung (6.1) angedeutet. Da
für ` 6= 0 das Potential bei R negativ ist, kann das Pendel den Nord- oder Südpol ni
ht
errei
hen, wenn der Drehimpuls unglei
h Null ist. Es gilt also
R < z1 z z2 < R (` = 0):6
Für z1 = R
os 1 und z2 = R
os 2 vers
hwindet Ve und diese Werte denieren zwei
Breitenkreise, zwis
hen denen der Massenpunkt hin und her pendelt. Wenn die Integration in
(6.16p
) oder (6.17) an eine dieser Grenzen gelangt, dann muÿ sie zuglei
h mit dem Vorzei
hen
von Ve umkehren, um im Reellen und Positiven zu bleiben. Zwis
hen zwei aufeinander
folgenden Umkehrstellen vergeht je ein Viertel der vollen S
hwingungsdauer2
Z z2
T dz
= R p : (6.18)
4 z1 Ve (z )
Die S
hwingung ist aber keine räumli
h periodis
he wie beim ebenen Pendel, sondern eine
mit einer langsamen Präzession. Da '_ na
h (6.14) nie vers
hwinden kann3 ändert si
h ' nur
in eine Ri
htung: es nimmt entweder stets zu oder ab.
2 Dass es ni
ht die Hälfte sein kann, sieht man sofort im Grenzfall ` =0 des ebenen Pendels.
3 Wir wollen ` = 0
6 annehmen. Für ` =0 ist die S
hwingungsebene des Pendels fest und wir haben es mit
170
Die Bewegung ist im allgemeinen ni
ht periodis
h. Der Winkel 1 kehrt na
h der Zeit T zwar
wieder zurü
k, aber ' ändert si
h ni
ht um 2 sondern um
Z z2
2 + ' = 4`R 2 m
dz
2
p
(R:
z ) ()
Ve z
(6.19)
z1
171
In der Abbildung (6.2) haben wir die numeris
he Lösung für ein sphäris
hes Pendel der
Länge10
m skizziert. In der ersten Figur ist der Winkel als Funktion von ' geplottet
und in der zweiten die Zeitabhängigkeit der beiden Winkel. Die untere Figur enthält die
Raumkurve r(t) des Pendels. Für die gewählten Anfangsbedingungen
E 2 2
m
= 8505:653 se
m
2 ;
m
`
= 68:955
m
se
z1 = 9:90105048
m ; z2= 8:77582560
m
T 0:64513 se
; ' 0:1711 rad:
3 8
'
' t [se
℄
2.6 0
0 8 0 0.8
y
A
Abbildung 6.2: Die Bewegung des sphäris
hen Pendels der Länge 10
m mit den im Text
angegebenen Anfangsbedingungen. Die kartesis
hen Koordinaten der Punkte A und B (in
m) sind A = ( 4:8; 2:69; 9:90) und B = (4:8; 2:42; 8:78).
172
6.2 Holonome und anholonome Nebenbedingungen
Der Massenpunkt hat einen Freiheitsgrad, wenn er an eine Gerade oder eine Kurve gebunden
ist, zwei Freiheitsgrade, wenn er gezwungen ist, in einer Ebene oder Flä
he zu bleiben; der
im Raum frei bewegli
he Massenpunkt hat drei Freiheitsgrade. Zwei Massenpunkte, die über
eine starre Stange verbunden sind haben fünf Freiheitsgrade und die Massenpunkte eines
starren Körpers haben 6 Freiheitsgrade. Allgemeiner haben N Massenpunkte, die dur
h
s Bedingungen zwis
hen ihren Koordinaten gekoppelt sind, f = 3N s Freiheitsgrade.
Wir wollen nun die mögli
hen Formen von zulässigen Nebenbedingungen untersu
hen und
mathematis
he Voraussetzungen für sie formulieren.
Nebenbedingungen, die als Eins
hränkungen der Koordinaten in Form von impliziten Glei
hungen
F (t; r1 ; : : : ; rN ) = 0; = 1; : : : ; s < 3N; (6.21)
vorliegen, heissen holonom. Alle anderen Zwangsbedingungen heiÿen anholonom. Ist bei
spielsweise ein Massenpunkt dadur
h in seiner Bewegung einges
hränkt, dass er si
h im
Innern einer Kugel vom Radius R aufhalten muÿ, gilt die Zwangsbedingung
r2 R2 :
Hierbei handelt es si
h um eine anholonome Zwangsbedingung, da die Eins
hränkung der
Koordinaten dur
h eine Unglei
hung gegeben ist. Neben holonomen Zwangsbedingungen
können Zwangsbedingungen au
h in einer dierentiellen Form
A1 (r1 ; : : : ; rN )dr1 + : : : + AN (r1 ; : : : ; rN )drN = Ai dri A = 0 (6.22)
vorliegen, wobei wir der Einfa
hheit wegen die Koezienten Ai als von der Zeit unabhängig
angenommen wurden. Wir müssen zwei Fälle unters
heiden: Wenn die linke Seite von (6.22)
das vollständige Dierential einer Funktion F ist,
A = dF = r1 F dr1 + : : : + rN F drN ;
dann können wir (6.22) sofort integrieren und erhalten eine holonome Bedingung der Form
(6.21),
A = dF =0 () F =
onst: (6.23)
Ist aber die linke Seite von (6.22) kein vollständiges Dierential, so kann sie erst integriert
werden, wenn das Problem s
hon gelöst ist. Die Zwangsbedingung (6.22) ist dann anholonom.
Wir können lei
ht ein notwendiges Kriterium für die Holonomität der dierentiellen Zwangs
bedingung (6.22) angeben, da diese Bedingung genau dann holonom ist, wenn A ein Potential
F besitzt. Hier dürfen wir unsere früheren Resultate in Abs
hnitt (4.1.3) benutzen, na
h de
nen A ein Potential besitzt, wenn die Komponenten von Ai die Integrabilitätsbedingungen
Aai Abj
=
xbj xai
erfüllen. Erfüllt A diese Bedingungen ni
ht, so ist die Zwangsbedingung anholonom.
Ein typis
hes Beispiel für eine ni
ht-holonome oder anholonome Bedingung ist die Eins
hrän
kung für die Bewegung eines S
hlitts
huhs auf einer ebenen Eisä
he. Als vereinfa
htes Mo
dell für den S
hlitts
huh nehmen wir eine (kurze) Gerade, die wir als Massenpunkt mit einem
173
inneren Freiheitsgrad, dem Einstellwinkel ' der Kufe, ansehen können. Die Bewegung des
S
hlitts
huhs ist oensi
htli
h dadur
h einges
hränkt, dass sie nur in Kufenri
htung erfolgen
kann,
y
y_ tan 'x_ = 0 bzw. dy tan 'dx = 0; tan '= :
x
Diese Bedingung ist anholonom, da y tan ' ni
ht Null ist.
'
Eine weitere Unters
heidung der Zwangsbedingungen wird na
h ihrer Zeitabhängigkeit vor
genommen. Ist die Zwangsbedingung eine explizite Funktion der Zeit, so heisst sie rheonom,
andernfalls skleronom. Beispielsweise handelt es si
h bei (6.1) um eine skleronome, holonome
Zwangsbedingung, während ein mathematis
hes Pendel mit zeitli
h veränderli
her Fadenlän
ge eine rheonome, holonome Zwangsbedingung beinhaltet.
Einen wi
htigen Unters
hied zwis
hen holonom-skleronomen und holonom-rheonomen Ne
benbedingungen sieht man wie folgt: Für Bahnkurven eines Massenpunktes, wel
her eine
holonome Bedingung (6.21) erfüllt, gilt
dF
dt
= rF r_ + F
t
=0 ; (6.24)
für r(t) identis
h in t. Für holonom-skleronome Nebenbedingungen fehlt der letzte Term und
die Ges
hwindigkeit des Teil
hen ist immer orthogonal zu der Normalenri
htung rF , also
tangential zu der zeitunabhängigen Niveauä
he F (r) = 0 der die Nebenbedingung denie
renden Funktion F . Für rheonome holonome Nebenbedingungen brau
ht die Ges
hwindig
keit ni
ht tangential zur Niveauä
he von F (t; r) zu sein. Analoge Aussagen gelten au
h für
Mehrteil
hensysteme.
Jetzt müssen wir uns no
h Gedanken ma
hen, wann s holonome Nebenbedingungen F1 ; : : : ; Fs
unabhängig sind. Für stetig dierenzierbare F ist eine hinrei
hende und notwendige Bedin
gung für die Unabhängigkeit, dass
F
Rang
xai=1;:::;s; i=1;:::N = s
a=1;2;3
ist, also dürfen ni
ht alle s-reihigen Unterdeterminanten der 3N s-Funktionalmatrix iden
tis
h vers
hwinden.
174
6.3 Lagrange-Glei
hungen 1. Art und d'Alembert-Prinzip
Wir fassen unsere bisherige Diskussion zu folgendem Ergebnis zusammen: Liegen s unabhän
gige holonome Nebenbedingungen der Form
F (t; r1 ; : : : ; rN ) = 0; = 1; : : : ; s < 3N; (6.25)
vor, so bewegen si
h die N Massenpunkte auf einer dur
h diese Bedingungen denierte (3N
s)-dimensionalen, im R3N eingebetteten Hyperä
he. Die zugehörigen Bewegungsglei
hungen
für die N Massenpunkte lauten
miri = Fi (t; r1 ; : : : ; rN ; r_ 1 ; : : : ; r_ N ) + Zi (t; r1 ; : : : ; rN ; r_ 1 ; : : : ; r_ N ); i = 1; : : : ; N; (6.26)
wobei die Zwangskräfte
X
Zi = (t; r1 ; : : : ; rN ; r_ 1 ; : : : ; r_ N ) ri F (t; r1 ; : : : ; rN ) (6.27)
zu den eingeprägten Kräften Fi zu addieren sind. Die Funktionen sind Lagranges
he
Multiplikatoren. Demna
h sind die 3N + s Funktionen xai ; aus den s Zwangsbedingungen
(6.25) und den 3N Bewegungsglei
hungen (6.26,6.27), d.h. den Langrange-Glei
hungen
erster Art,
s
X
m iri = Fi + ri F (6.28)
=1
zu bestimmen. Au
h in einem lokalen Inertialsystem können die Zwangskräfte (im Gegensatz
zu den Fi ) von den Massen mi abhängen.
Wie bei den Kräften kann man wieder zwis
hen äuÿeren und inneren Nebenbedingungen
unters
heiden. Eine äuÿere Nebenbedingung hängt nur von den Koordinaten eines Massen
punktes ab, F = F (t; ri ), eine innere Nebenbedingung ist eine Bedingung an die relativen
Positionen der Massenpunkte und hängt von deren Koordinaten ab, F = F (t; r1 ; : : : ; rN ):
Entspre
hend unters
heidet man dann au
h zwis
hen äuÿeren und inneren Zwangskräften.
Wir führen nun eine virtuelle Verrü
kung Æ ri der Teil
henpositionen ein, bei denen si
h die
Kräfte und Zwangsbedingungen ni
ht ändern. Virtuelle Verrü
kungen bewirken demna
h,
dass eine kinematis
h mögli
he Bahn in eine andere überführt wird. Die virtuellen Verrü
kun
gen müssen in der dur
h die holonomen Zwangsbedingungen denierten Flä
he bleiben, also
muÿ gelten
X X
0= F (t; r1 + Ær1 ; : : : ; rN + ÆrN ) = |{z}
F + ri F Æri =) Zi Æri = 0: (6.29)
=0 i i
Die Zwangskräfte leisten keine Arbeit bei virtuellen Verrü
kungen. Somit folgt aus (6.28)
das d'Alemberts
he Prinzip der virtuellen Verrü
kungen
X
miri Fi Æri = 0: (6.30)
i
Die Summe aus der eingeprägten Kraft Fi und der Trägheitskraft miri leisten bei virtuellen
Verrü
kungen keine Arbeit. Die Zwangskräfte treten indirekt in Ers
heinung, da sie die
virtuellen Verrü
kungen gemäÿ (6.29) eins
hränken.
175
6.3.1 Energiesatz
Wir nehmen an, dass die eingeprägten Kräfte konservativ sind, so dass sie si
h als Gradient
eines Potentials V (t; r1 ; : : : ; rN ) darstellen lassen,
Fi = ri V:
Die Lagranges
hen Glei
hungen erster Art lauten dann
X
miri = ri V + ri F : (6.31)
Die skalare Multiplikation mit r_ i mit ans
hlieÿender Summation über i führt dann auf
X X XX
mi r_ i ri = r_ i ri V + ri F r_ i :
i i i
Betra
hten wir in einer Nebenre
hnung die Ableitung der Zwangsbedingung F =0 bezüg
li
h der Zeit,
dF
ri F r_ i + F
X
= = 0;
dt i t
so ergibt eine Multiplikation mit und eine Summation über alle
XX X F
ri F r_ i = :
i t
Benutzen wir no
h
dV
ri V r_ i + V
X
=
dt i t
so nden wir den Energiesatz
d V X F
T +V = : (6.32)
dt t t
Die Energie ist demna
h erhalten, wenn das Potential V ni
ht explizit von der Zeit abhängt
und die holonomen Zwangsbedingungen skleronom sind.
Wir wollen ein illustratives und nur s
heinbar paradoxes Beispiel diskutieren5 . Dazu be
tra
hten wir zwei Massenpunkte, die über eine Feder mit Federkonstante k > 0 verbunden
sind. Beide Massenpunkte bewegen si
h auf einer in einem Inertialsystem I ruhenden Ku
gel mit Radius R. Dann gelten in diesem Bezugssystem die skleronom holonomen äuÿeren
Nebenbedingungen
F1 = r21 R2 = 0 und F2 = r22 R2 = 0:
Mit
r1 F1 = 2r1 ; r2 F2 = 2r2
5 Aus M. Heil und F. Kitzka, Grundkurs Theoretis
he Me
hanik, Teubner Studienbü
her Physik, 1984.
176
sind die Zwangskräfte
Z1 = 21 r1 und Z2 = 22 r2 :
Damit lauten die Lagranges
hen Glei
hungen erster Art
m1r1 = k (r1 r2 ) + 21 r1
m2r2 = k (r2 r1 ) + 22 r2 : (6.33)
Ein Beoba
hter, der von einem Inertialsystem I , das si
h mit konstanter Ges
hwindigkeit 0
u bezügli
h I bewegt, die beiden Massenpunkte beoba
htet, stellt fest, dass die beiden Mas
senpunkte den rheonomen Nebenbedingungen
F1 = (r1 + ut)2
0 0
R2 = 0 und F2 = (r2 + ut)2 0 0
R2 = 0
unterliegen, d.h. er ndet die Zwangskräfte
Z1 = 1 r1 F1 = 21 (r1 + ut) und Z2 = 2 r2 F2 = 22 (r2 + ut):
0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0
Entspre
hend sind seine um die Zwangskräfte erweiterten Newtons
hen Glei
hungen
m1r1 0
= k (r1 0
r2 ) + 21 (r1 + ut)
0 0 0
m2r2 0
= k (r2 0
r1 ) + 22 (r2 + ut):
0 0 0
(6.34)
Der Beoba
hter im Inertialsystem I stellt fest, dass der Energieerhaltungsatz T + V =
onst.
gilt, in Übereinstimmung mit (6.32). Dagegen ndet der Beoba
hter in I , obwohl sein System 0
wiederum in Übereinstimmung mit (6.32). Oensi
htli
h haben wir ein mathematis
h korrek
tes Ergebnis erhalten. Anderseits sollte der Energieerhaltungssatz in jedem Inertialsystem
gelten, wenn er in einem Inertialsystem gilt. Wo liegt die Auösung dieses s
heinbaren Wi
derspru
hs?
Die rheonomen, holonomen Zwangsbedingungen und Lagranges
hen Glei
hungen erster
Art seien vorgegeben. Um die zu eliminieren bilden wir die zweite Zeitableitung der
Nebenbedingungen,
d2 F
= 0:
dt2
Hierbei entstehen Glei
hungen, in denen die Bes
hleunigungen ri nur linear vorkommen,
N
X N
X
0 = F_ = ri F r_ i + F
t
=) ri F ri = f : (6.36)
i=1 i=1
177
wobei die re
hte Seite gemäÿ
X 2 F X 2 F 2 F
f = x_ ia x_ jb 2 x_ ia
i;a;j;b xia xjb i;a txia t2
von der Zeit, sowie den Orten und Ges
hwindigkeiten der Massenpunkte abhängt. Nun setzen
wir für die Bes
hleunigungen in (6.36) die Bewegungsglei
hungen (6.28) ein
X s
X
ri F m1
i
Fi + ri F = f : (6.37)
i =1
Wir erhalten ein lineares, inhomogenes Glei
hungssystem für die Lagranges
hen Multipli
katoren , dessen Koezienten von den Orten und Ges
hwindigkeiten der Teil
hen, aber
ni
ht von deren Bes
hleunigungen abhängen. Die Anzahl Glei
hungen ist glei
h der Anzahl
von Unbekannten . Da für unabhängige Nebenbedingungen die quadratis
he Matrix
X
a = ri F ri F
i
den Rang s hat und damit invertierbar ist, können aus (6.37) die Lagranges
hen Multipli
katoren
(t; ri ; r_ i ); = 1; : : : ; s; (6.38)
bere
hnet werden. Die so bestimmten Multiplikatoren können nun in die re
hte Seite von
(6.28) eingesetzt werden, so dass wir die Bewegungsglei
hungen
s
X
miri = Fi + ri F (6.39)
=1
erhalten. Sie werden mit den übli
hen Verfahren untersu
ht, wobei die auftretenden Inte
grationskonstanten dur
h die Anfangsbedingungen bestimmt sind. Es ist jedo
h darauf zu
a
hten, dass die gewählten Anfangsbedingungen mit den Nebenbedingungen verträgli
h sind.
Zur Anfangszeit (die wir willkürli
h als 0 wählen) muÿ gelten
F (t; r1 ; : : : ; rN )t=0 = 0; = 1; : : : ; s
N
X F (t; r1 ; : : : ; rN )
r_ i ri F (t; r1 ; : : : ; rN )t=0 + (6.40)
t t=0 = 0:
i=1
Ist die Lösung bekannt, so können die Lagranges
hen Muliplikatoren und damit au
h die
Zwangskräfte na
hträgli
h bere
hnet und interpretiert werden.
178
Kapitel 7
Lagranges
he Me
hanik
Häug ist man gar ni
ht an der Bere
hnung der Zwangskräfte interessiert. Dann ist es wesent
li
h bequemer, eine Formulierung der Me
hanik zu wählen, bei der diese aus den Bewegungs
glei
hungen eliminiert werden. Im folgenden werden wir sehen, daÿ diese Elimination der
Zwangskräfte von den Lagrange-Glei
hungen erster Art zu den Lagrange-Glei
hungen
zweiter Art führt.
179
Pendels identizieren kann,
x(t; #; ') = R sin #
os '
y (t; #; ') = R sin # sin ' (7.5)
z (t; #; ') = R
os # + z0 (t)
Die Nebenbedingung (7.4) ist damit identis
h erfüllt, wenn R die Pendellänge ist. Wie s
hon
bei früheren Systemen, zum Beispiel dem starren Körper, haben die verallgemeinerten Ko
ordinaten ni
ht die Dimension einer Länge. Im vorliegenden Fall sind die Winkel # und '
dimensionslos.
Nun wollen wir das d'Alemberts
he Prinzip, na
h dem die Summe der eingeprägten und
Trägheitskräfte bei virtuellen Verrü
kungen keine Arbeit leisten,
X
N
F i p_ ) Ær
i i = 0; (7.6)
i=1
in verallgemeinerte Koordinaten ums
hreiben. Für die virtuellen Verrü
kungen lesen wir
wegen Æt = 0 ab:
X ri j
f
Æ ri = Æq : (7.7)
q j
j =1
Damit ergibt si
h für die Arbeit, die von den Kräften Fi bei virtuellen Verrü
kungen geleistet
wird
X X X r X X r
N N f f N
ÆA1 = F i Ær i = F
i q i
j
Æq j = F
i q i
j
Æq j :
i=1 i=1 j =1 j =1 i=1
Qj = F i q i
j
(7.8)
i=1
ein. Dann vereinfa
ht si
h der Ausdru
k für die von den eingeprägten Kräften geleistete
Arbeit zu
X
f
ÆA1 = Qj Æq j : (7.9)
j =1
Entspre
hend erhalten wir für die Arbeit, die von den Trägheitskräften bei virtueller Ver
rü
kungen verri
htet wird
X X X r
N N f
ÆA2 = ri
mi Ær i
(7:7)
= ri
mi q i
j
Æq j : (7.10)
i=1 i=1 j =1
180
Einerseits erhalten wir für den letzten Faktor
d ri X 2 ri k ri 2
dt q j
= q k q jq _ + tq j (7.12)
Die totale Zeitableitung von ri =q j ist also glei
h der partiellen Ableitung der Ges
hwin
digkeit r_ i na
h der verallgemeinerten Koordinate q j . Dies setzen wir in (7.11) ein, mit dem
Resultat
d r r_
dt
_ i qji = ri qij + r_ i qij ;
r
r
Xf (X N h d r r_ i i
)
mi r_ i
i mi r_ i Qj Æq j = 0: (7.17)
dt j q j q
j=1 i=1
Es gilt in dieser Form no
h ganz allgemein. Wi
htig ist die Spezialisierung auf holonome
Zwangsbedingungen. Dann sind die virtuellen Verrü
kungen Æqj der verallgemeinerten Koor
dinaten beliebig, und es folgt aus dem d'Alemberts
hen Prinzip (7.17)
N h
X ri r_ i i
mi
d
dt
_ i q
r
j mi ri_ q j = Qj : (7.18)
i=1
Die beiden Terme auf der linken Seite lassen si
h nun lei
ht mit der kinetis
hen Energie des
Systems in Verbindung bringen. Dazu dierenzieren wir diese na
h den verallgemeinerten
Koordinaten,
X r_ i
T
q j
= mi r i_ qj ;
181
und na
h den verallgemeinerten Ges
hwindigkeiten,
qr__ r
T X X
q_j
= mi r_ i
i
j
(7:13)
= mi r_ i qi
j
:
i i
7.2 Lagrange-Funktion
Um die verallgemeinerten Kräfte zu bestimmen, ersetzt man also die ri im Potential V (t; r1 ; : : : ; rN )
dur
h die verallgemeinerten Koordinaten,
V (t; q 1 ; : : : ; q f ) = V t; r1 (t; q 1 ; : : : ; q f ); : : : ; rN (t; q 1 ; : : : q f ) ;
und bildet den Gradient bezügli
h der qj . Damit vereinfa
ht si
h das d'Alembert s
he
Prinzip zu
N
X d
T V) (T V ) Æq j = 0: (7.21)
dt q_j q j
j =1
Wir haben benutzt, daÿ V ni
ht von den verallgemeinerten Ges
hwindigkeiten q_j abhängt.
Mit der Denition der in der theoretis
hen Physik äuÿerst wi
htigen Lagrange-Funktion
L(t; q 1 ; : : : ; q f ; q_1 ; : : : ; q_f ) = T (t; q 1 ; : : : ; q f ; q_1 ; : : : ; q_f ) V (t; q 1 ; : : : ; q f ) (7.22)
folgt dann
X
f d L L
Æq j = 0: (7.23)
dt q_j q j
j =1
Für ein konservatives System mit holonomen Zwangsbedingungen, der Regelfall in den fol
genden Betra
htungen, erhalten wir die Lagrange-Glei
hungen 2. Art,
d L L
= 0: (7.24)
dt q_ j
q j
Diese Lagrange-Glei
hungen ersetzen die Newtons
hen Bewegungsglei
hungen. Es sind f
gewöhnli
he Dierentialglei
hungen zweiter Ordnung, deren vollständige Lösung die Kennt
nis von 2f Anfangsbedingungen erfordert. Die holonomen Zwangsbedingungen tau
hen in
den Bewegungsglei
hungen ni
ht mehr auf.
182
In der Newtons
hen Me
hanik sind Impuls und Kraft, also vektorielle Objekte, die primären
Gröÿen. In der Lagranges
hen Me
hanik sind es Energie, Arbeit, Lagrange-Funktion so
wie die no
h einzuführende Wirkung, also skalare Objekte. Dies ist ein groÿer Vorteil bei der
Untersu
hung von Symmetrien und der Konstruktion von Erhaltungsgröÿen. Der Lagran-
ge-Formalismus ist au
h für klassis
he Feldtheorien von sehr groÿer Bedeutung. Darüber
hinaus spielt er eine wi
htige Rolle bei der Quantisierung von physikalis
hen Systemen1 . Die
elegante und mä
htige Lagranges
he Formulierung ist aus der modernen theoretis
hen
Physik ni
ht mehr wegzudenken.
Wir wollen hier etwas üben, wie man übli
herweise me
hanis
he Probleme mit Hilfe des
Lagrange-Formalismus löst. Wir setzen zuerst holonome Zwangsbedingungen und konser
vative Kräfte voraus. Die Lösungsmethode besteht aus fünf Teils
hritten:
m1 x
'
g R
m2
Abbildung 7.1:
ein Rollpendel der Länge R. Die Masse m1 bewege si
h reibungsfrei entlang einer horizon
talen Geraden. Wel
he Bahnen bes
hreiben die Massen m1 und m2 unter dem Einuÿ des
S
hwerefeldes?
1 So ma
hen die Pfadintegrale wesentli
hen Gebrau
h von der Lagrange-Funktion.
183
Als Gerade wählen wir die x-A
hse wie in der Abbildung (7.1) angedeutet. Es liegen vier
holonom-skleronome Zwangsbedingungen vor:
0 = z1 = z2
0 = y1 = 0
0 = (x1 x2 )2 + y22 R2 :
Es bleiben 6 4 = 2 Freiheitsgrade übrig. Als verallgemeinerte Koordinaten wählen wir x1
und '. Mit den Transformationsformeln
x2 = x1 + R sin '; y2 = R
os ' (7.25)
lautet die kinetis
he Energie
1 1 1 m2
T = m1 x_ 21 + m2 (x_ 22 + y_22 ) = 2
(m1 + m2 )x_ 1 + R2'_ 2 + 2Rx_ 1'_
os ' ;
2 2 2 2
Wir sehen, daÿ L ni
ht von x1 abhängt. Dies führt uns allgemeiner auf die Denition einer
zyklis
hen Koordinate:
L
q j zyklis
h ()
q j
=0 () L
q_j
pj =
onst. (7.27)
184
gesetzt wurde. Anfängli
h sei der erste Massenpunkt bei x1 = 0 und der zweite Massenpunkt
hänge senkre
ht na
h unten. Der erste Massenpunkt bewege si
h na
h links und der Winkel
' nehme zu. Wir wählen die Anfangsbedingungen so, daÿ die Lösung eine einfa
he Form
hat:
x1 (0) = 0 ; x_ 1 (0) = 2 R !0
'(0) = 0 ; '_ (0) = !0 : (7.29)
p1 = 0 und
= 0:
Mit diesen Anfangsbedingungen s
hwingt der erste Massenpunkt um seine Ruhelage,
m1
x2 (t) = R sin '(t) und y2 (t) = R
os '(t):
M
Wegen
x22 y22 m1
+ = 1; a= R; b = R
a2 b2 M
bewegt si
h dieser auf einer Ellipse mit der horizontalen Halba
hse a = m1 R=M und der
vertikalen Halba
hse b = R > a. Für m2 m1 geht dies über in die S
hwingung eines
Pendels mit festem Aufhängepunkt.
Wir haben das Problem no
h ni
ht vollständig gelöst, da wir die Zeitabhängigkeit des Win
kels ' no
h ni
ht kennen. Wir haben aber no
h eine weitere Lagrange-Glei
hung für ' zur
Verfügung. Mit
L
= m2 R R'_ + x_ 1
os '
'_
d L
= m2 R R' + x1
os ' x_ 1 '_ sin '
dt '_
L
= m2 R x_ 1 '_ + g sin '
'
lautet die entspre
hende Lagrange-Glei
hung 2. Art
R' + x1
os ' + g sin ' = 0: (7.31)
185
Dies ergibt für den Winkel ' folgende linearisierte Bewegungsglei
hung
g M
' + ' 0:
R m1
Mit den gewählten Anfangsbedingen (7.29) ist die Lösung
!0 g M
'(t) = sin !t; !2 = : (7.32)
! R m1
Numeris
he Lösung: Wir wollen die soeben abgeleitete Lösung der linearisierten Glei
hung mit der numeris
hen Lösung verglei
hen. Diese erhält man, indem man die ni
htlineare
Dierentialglei
hung für den Winkel,
sin '
g
+ 2
os ' '_
2
' =
1 2
os ' R
2
y2
0:5 t =4
t =0 linear.
Lösung
numeris he
Lösung
x2
1
0:13 2:86
Abbildung 7.2: Die Bewegung des Massenpunktes m2 für die im Text angegebenen Parameter
und Anfangsbedingungen.
die ni
htlineare Dierentialglei
hung für den Winkel ' in ein System erster Ordnung umge
wandelt und im File kugelpendel.s
i abgespei
hert:
fun
tion phidot=kugelpendel(t,phi)
phidot(1)=phi(2);
sinus=sin(phi(1));
osinus=
os(phi(1));
186
phidot(2)=-sinus/(M-m2*
osinus2)*(m2*
osinus*phi(2)2+9.81*M/R)
endfun
tion
Die numeris
he Bere
hnung der Bahn von m2 und deren graphis
he Darstellung wird von
der Routine kugelpendel.prg geleistet:
getf('kugelpendel.s
i');
p1=1.5; // Gesamtimpuls des Systems
x10=[0,0℄; // Anfangsort/ges
hwindigkeit von m1: [x10,dotx10℄
phi0=[1;1℄; // Anfangswinkel/ges
hwindigkeit von m2: [phi0,dotphi0℄
m2=1;M=3; // Massen in kg
R=1; // Länge des Pendelstabes in m
omega=sqrt(9.81*M/((M-m2)*R)); // Frequenz der linearierten Lösung
t=linspa
e(0,4,100);
// Lösung für phi in linearer Näherung
philin=phi0(1)*
os(omega*t)+phi0(2)/omega*sin(omega*t);
// numeris
he Lösung für phi
phi=ode(phi0,0,t,kugelpendel);
x1=x10(1)+p1/M*t+m2*R/M*(sin(phi0(1))-sin(phi(1,:))); // numeris
h
x1l=x10(1)+p1/M*t+m2*R/M*(sin(phi0(1))-sin(philin)); // linearisiert
// Bewegung des zweiten Körpers
x2=x1+R*sin(phi(1,:));
y2=-R*
os(phi(1,:));
x2l=x1l+R*sin(philin);
y2l=-R*
os(philin);
xbas
();
plot2d([x2',x2l'℄,[y2',y2l'℄);
In der obigen Figur (7.2) haben wir also folgende Parameter (in MKS-Einheiten) gewählt:
p1 = 1:5; m2 = 2; M = 3 und R = 1:
Die anfängli
hen Orte und Ges
hwindigkeiten sind
x1 (0) = x_ 1 (0) = 0; '(0) = '_ (0) = 1:
Für die gewählten Anfangsbedingungen s
hwingt '(t) zwis
hen 1 und 1 hin und her.
Da die Linearisierung der Dierentialglei
hung nur für ' 1 begründet werden kann, ist
es do
h bemerkenswert, dass die Lösung der linearisierten Glei
hung für frühe Zeiten der
numeris
hen Lösung relativ genau folgt.
187
ni
ht explizit von der Zeit abhängen kann. Wir werden sehen, daÿ die Invarianz bezügli
h
einer Vers
hiebung des Zeitursprungs,
L
L(t) = L(t + ) =) = 0: (7.33)
t
auf eine Erhaltungsgröÿe führt, die mit der Energie des Systems identiziert werden kann.
Wegen L=t = 0 hat man nämli
h
( )
dL X L L (7 24) X d L : L j
= q_ + q =
j
q_
j j
+ q
dt q
j
q_ j
dt q_
j
j
j
q_j
X d L d X L
= q_ = q_ :
j j
(7.34)
dt q_
j
dt q_
j
j
j
so folgt für Systeme, deren Lagrange-Funktion ni
ht explizit von der Zeit abhängt, die
zeitli
he Konstanz dieser Funktion,
H (q 1 ; : : : ; q f ; q_1 ; : : : ; q_f ) =
onst. (7.36)
Sei nun L = T V , mit T homogen quadratis
h in den verallgemeinerten Ges
hwindigkeiten.
Wir erinnern daran, daÿ F (x1 ; : : : ; xn ) homogen vom Grade m heisst, wenn
F (x1 ; : : : ; xn ) = m F (x1 ; : : : ; xn ) (7.37)
gilt. Dann gilt der Eulers
he Satz
X Fn
x = mF; (7.38)
=1
j
x j
j
wel
her lei
ht aus (7.37) folgt, wenn man diese Glei
hung na
h ableitet und dann = 1
setzt. Sei ferner das Potential V unabhängig von den verallgemeinerten Ges
hwindigkeiten
q_j . Dann ist die zeitunabhängige Funktion H in (7.35) glei
h
X
H = (T V ) q_j T +V = T +V = E; (7.39)
q_
j
j
also die Energie des Systems. In diesem Fall ist (7.36) der Energiesatz.
Wenn ein Kreisel ni
ht frei ist, empehlt si
h der Übergang von den Eulers
hen zu den La-
granges
hen Glei
hungen. Naheliegende verallgemeinerte Koordinaten sind die Eulers
hen
Winkel. Wählen wir das körperfeste kartesis
he System e0a in Ri
htung der Haupta
hsen,
188
dann s
hreibt si
h wegen ( . 5 17) und (5.13) die kinetis
he Energie des unsymmetris
hen Krei
sels gemäÿ
A B C
T = !12 + !22 + !32
0 0 0
2 2 2
A 2 B 2
= sin sin #'_ +
os #_ +
os sin #'_ sin #_ 7 40)
( .
2 2
C
_ 2
+
os #'_ + :
2
Dieser Ausdru k ist homogen quadratis h in den verallgemeinerten Ges hwindigkeiten. Für
eine Potentialkraft mit Potential V ('; #; ) führt die Lagrange-Funktion L=T V auf
d T T
= Q'
dt '_ '
d T T
= Q# 7 41)
dt #_ #
( .
d T T
= Q
dt _
mit den verallgemeinerten Kräften
V V V
Q' = = M' ; Q# =
0
= M# ; Q 0
= = M : 0
7 42)
' #
( .
Diese sind die Komponenten des Drehmoments um die raumfeste 3-A hse, die Knotenlinie
und die körperfeste 3-A hse. Die Energie E = T + V des Kreisels ist eine Konstante der
Bewegung.
In wel her Beziehung stehen die Lagrange-Glei hungen zu den Euler-Glei hungen? Be
T T
= C!3 0
= A!1 !2 B!2 !1
0 0 0 0
und
_
ist die Lagrange-Glei
hung für identis
h zur dritten Euler-Glei
hung
C !_ 3 0
(A B )!1 !2 = M : 0 0 0
M
Die erste und die zweite Euler-Glei
hung erhält man ebenfalls, allerdings ni
ht unmittelbar
als Lagrange-Glei hungen für ' und #, weil diese die 'fals hen' -Komponenten haben.
Für den freien unsymmetris
hen Kreisel ist die kinetis
he Energie glei
h der Lagran-
ge-Funktion, T = L, und entspre
hend ist der Winkel ' eine zyklis
he Koordinate . Der
L
p' = = sin sin # A!1 +
os sin # B!2 +
os # C!3
0 0 0
'_
= R31 L1 + R32 L2 + R33 L3 = L3
0 0 0
189
7.3.1 S
hwere symmetris
he Kreisel II
Für symmetris
he Kreisel vereinfa
ht si
h die kinetis
he Energie der Rotation (7.40) zu
A C
T = #_ 2 + sin2 #'_ 2 + _ +
os #'_ 2 : (7.43)
2 2
Im Abs
hnitt (5.6) haben wir die potentielle Energie des gestützten symmetris
hen Kreisels
im S
hwerefeld bere
hnet. Damit ergibt si
h folgende Lagrange-Funktion
A C 2
L= #_ 2 + sin2 #'_ 2 + _ +
os #'_ Mgs
os #; (7.44)
2 2
wobei A; A; C die Hauptträgheitsmomente des symmetris
hen Kreisels bezügli
h des ruhen
den Stützpunktes sind. Oensi
htli
h sind ' und zyklis
he Koordinaten. Die entspre
hen
den zeitli
h konstanten konjugierten Impulse sind
p = C ( _ +
os #'_ ) L3 und p' = A sin2 #'_ + L3
os # L3 :
0 0
(7.45)
Sie sind glei
h den erhaltenden Drehimpulsen um die Figurena
hse und die 3-A
hse. Da die
Lagrange-Funktion ni
ht explizit von der Zeit abhängt und da T homogen-quadratis
h in
den verallgemeinerten Ges
hwindigkeiten ist, ist na
h (7.36) die Energie
A C 2
E= #_ 2 + sin2 #'_ 2 + _ +
os #'_ + Mgs
os #; (7.46)
2 2
eine Konstante der Bewegung. Mit (7.45) kann man '_ und _ zu Gunsten von L3 und L3
0
E = #_ 2 + 3 + Mgs
os # + (7.47)
2 2C
2A sin #
2
Dies ist eine Dierentialglei
hung erster Ordnung für #. Führt man die Variable
u =
os #
ein, so erhält man für u(t) die Dierentialglei
hung
u_ 2 = f (u); (7.48)
2
L 02 L3 L 0
u 2
3
f (u) = E 3
Mgsu : (7.49)
1 u 2
A 2C A
Das kubis
he Polynom f (u) ist negativ für u = 1 und positiv für u ! 1. Die Variable u
liegt denitionsgemäÿ im Intervall [ 1; 1℄ und deshalb muÿ das kubis
he Polynom f (u) in
diesem Intervall positive Werte annehmen, damit (7.48) eine reelle Lösung hat. Das Polynom
hat daher zwei Nullstellen u1 u2 in diesem Intervall und die Bewegung ist auf den Berei
h
u1 u u2 bes
hränkt. Die dritte Nullstelle von f ist ebenfalls reell und gröÿer als 1, siehe
Abbildung (7.3).
Die Lösung ist als elliptis
hes Integral darstellbar,
Z u
du 0
t= p : (7.50)
u0 f (u ) 0
190
f (u)
1 1 u
u1 u2
Die Figurena hse pendelt zwis hen den Werten #1 = ar os u1 und #2 = ar os u2 hin und
her und #(t) bes hreibt die Nutation des s hweren Kreisels, d.h. das 'Ni ken' der Figuren
L3 L3
os #
0
'_ = : 7 51)
( .
A sin2 #
Sie ändert bei der Bewegung ihr Vorzei
hen, wenn u3 = L3 =L3 0
=
os #3 im Berei
h u1 <
u3 < u2 liegt. Der Dur
hstoÿpunkt der Figurena
hse bes
hreibt dann auf der Einheitskugel
74
eine Kurve der in Abbildung ( .
) skizzierten Art. Diese Kurve wird der Lo
us der Figu
rena
hse genannt. Liegt aber #3 ni
ht zwis
hen #1 und #2 , dann ergibt si
h eine Kurve wie
e3 e3 e3
θ1 θ1 θ1
θ2 θ2 θ2
a) b) c)
Abbildung 7.4: Der Lo us der Figurena hse des s hweren symmetris hen Kreisels.
74
in Abbildung ( . a). Die Bewegung der Figurena
hse des s
hweren Kreisels in '-Ri
htung
bezei
hnet man als Präzession. Im allgemeinen hat man eine Überlagerung von Präzession
und Nutation. Wählt man die Bedingungen so, daÿ u1 = u2 gilt, dann ist # =konstant
und '_ =konstant. Diese nutationsfreie Bewegung des Kreisels bezei
hnet man als reguläre
191
Präzession. Die reguläre Präzession ist beim s
hweren Kreisel (im Gegensatz zum Fall des
kräftefreien symmetris
hen Kreisel) ein partikuläre Bewegungsform desselben.
Ähnli
h wie für den unsymmetris
hen kräftefreien Kreisel, kann die Lösung für den symmetri
s
hen kräftefreien dur
h elliptis
he Funktionen ausgedrü
kt werden. Für ein weitergehendes
Studium von Kreiseln verweise i
h auf die Literatur [9℄.
7.4 Ei htransformationen
Wir nehmen an es gäbe ein verallgemeinertes Potential V = V (t; q; q_) als Funktion der
verallgemeinerten Koordinaten und Ges
hwindigkeiten, so daÿ si
h die verallgemeinerten
Kräfte (7.8) wie folgt s
hreiben lassen,
d V V
Qj = : (7.52)
dt q_j q j
f
X f
X
d T T d T T d V V
Qj Æq j = + Æq j
dt q_j q j dt q_j q j dt q_j q j
i=1 i=1
f
X d L L
= Æq j = 0
dt q_j q j
i=1
Für holonome Zwangsbedingungen sind die virtuellen Verrü
kungen Æq j beliebig und es
folgen die Lagrange-Glei
hungen zweiter Art
d L L
= 0: (7.54)
dt q_j q j
Das verallgemeinerte Potential kann ni
ht beliebig gewählt werden. Um dies einzusehen,
wenden wir die Kettenregel auf (7.52) an,
X
f
2V k
X
f
2V 2V V
Qj = q_ + qk + : (7.55)
q k q_ j q_k q_ j t q_j q j
k=1 k=1
Da die verallgemeinerten Kräfte (7.8) ni
ht von den Bes
hleunigungen abhängen sollen, darf
das Potential V hö
hstens linear von den verallgemeinerten Ges
hwindigkeiten q_j abhängen.
Es muÿ deshalb die Form
X
f
V (t; q; q_) = U (t; q ) + Bk (t; q )q_k (7.56)
k=1
f
U Bj X Bj Bk k
Qj = + + q_ ; (7.57)
q j t q k q j
k=1
192
die hö
hstens linear von den Ges
hwindigkeiten abhängen.
Wir betra
hten nun den einfa
hen Fall eines Punktteil
hens, das keine Nebenbedingungen
erfüllt, so daÿ die kartesis
hen Koordinaten als verallgemeinerte Koordinaten gewählt werden
dürfen. Dann gehen die verallgemeinerten Kräfte (7.57) über in Komponenten der Kraft
bezügli
h einer kartesis
hen Basis,
3
X
U Ba Ba Bb
Fa = + + x_ b : (7.58)
xa t xb xa
b=1
E = r' A () Ea =
' Aa
t xa t
B = r ^ A () Ba = ab
A
xb
: (7.60)
Wir setzen dies in die Formel (7.59) für die Komponenten der Lorentz-Kraft ein,
' A
A A a
b a
Fa = q q +q x_ b : (7.61)
xa t xa xb
Demna
h lautet die Lagrange-Funktion eines geladenen (ni
htrelativistis
hen) Teil
hens
im elektromagnetis
hen Feld
rr
L(t; ; _ ) = T (_ ) r rr
V (t; ; _ ) =
m 2
2
_ r r
q'(t; ) + q A(t; r) r_ : (7.62)
wobei F = F (t; q ) eine beliebige Funktion der Zeit und Koordinaten darstellt, so daÿ
f
X F F
0
L (t; q; q_) = L(t; q; q_) + q_k + (7.64)
q k t
k=1
193
gilt. Die partiellen Ableitungen der neuen Lagrange-Funktion na
h den verallgemeinerten
Ges
hwindigkeiten und Koordinaten sind
L 0
L F L 0
L X
f
2F k 2F
= + ; = + q_ + j
q_j q_j q j q j q j k=1
q q
j k
q t;
und führen s
hlieÿli
h zu
d L 0
L 0
d L X
f
2F k 2F
= + q_ +
dt q_j q j dt q_j k=1
q k q j tq j
L X
f
2F k 2F (7:54)
q_ = 0: (7.65)
q j k=1
q j q k q j t
Es wurde benutzt, daÿ man die zweiten partiellen Ableitungen bei zweimal dierenzierba
ren Funktionen vertaus
hen darf. Man kann also die Lagrange-Funktion der me
hanis
hen
Ei
htransformation (7.63) unterziehen, ohne daÿ si
h die Bewegungsglei
hungen ändern.
Demna
h sind alle dur
h (7.63) miteinander verbundenen Lagrange-Funktionen als glei
h
bere
htigt anzusehen. Man nennt die Abbildung L ! L eine Ei
htransformation mit Ei
h 0
' 0
und A = A r;
= '+ (7.66) 0
t
wobei wir F = q gesetzt haben. Die ei
h-transformierten Potentiale ' und A geben 0 0
Anlaÿ zu derselben Lorentz-Glei
hung wie die ursprüngli
hen Potentiale ' und A. Dies
sollte sie ni
ht erstaunen, da ('; A) und (' ; A ) zu demselben elektris
hen Feld und zu
0 0
194
7.5 Forminvarianz der Lagrange-Glei
hungen
q j
!Q j
= Q (t; q)
j
mit det
q k
6= 0; 7 68)
( .
Polarkoordinaten ni ht
V V
mr = mr2 ' =
r '
und (fals
h!),
V
m(r r'_ 2 ) = mr(r' + 2r_'_ ) = 0;
r
und
2 105).
siehe ( . Die Lagrange-Glei
hungen sind dagegen forminvariant, behalten also ihre
Form unter Punkttransformationen bei. Um dies zu beweisen, gehen wir von den Lagran-
ge-Glei
hungen in den alten Koordinaten aus und re
hnen sie in die neuen Koordinaten um.
Mit
X q
f
j
q j
q_ j
q j
q_ j
= Q_ k
+ = : 7 69)
Q t Q
folgt ( .
k=1
k
Q_ k k
Die Lagrange-Funktion in den neuen Koordinaten Q erhalten wir dur h Einsetzen der
inversen Punkttransformation q j
= q (t; Q) in die alte Lagrange-Funktion
j
h i
L (t; Q; Q_ ) = L q(t; Q); q_(t; Q; Q_ ); t :
0
7 70)
( .
Demna h ändern Lagrange-Funktionen zwar ihre Form, ni ht aber ihren Wert. Mit den
Umre hnungen
" #
L 0 X L q
f
L q_ k k
= +
Q j
k=1
q Q q_ Q
k j k j
L 0 X L q_
f
k
(7:69) X L q
f
k
= =
Q_ j
k=1
q_ Q_
k j
k=1
q_ Q k j
" #
d L 0 X f
d L q k
L q_ k
= + ;
dt Q_ j
k=1
dt q_ Q k j
q_ Q k j
wobei wir im letzten S hritt die s hon früher bewiesene Tatsa he benutzten, daÿ die Zeita
" #
d L 0
L 0 X d L
f
L q k
= ;
dt Q_ j Q j
k=1
dt q_ k
q Q k j
d L L
() dtd L L
0 0
=0 =0 7 71)
dt Q_ Q q_ q
( .
j j k k
195
ist. Wenn die Lagrange-Glei
hungen in einem Koordinatensystem erfüllt sind, so sind sie
es au
h in jedem anderen. Die Glei
hungen sind unter Punkttransformationen forminvari
ant. Wegen der im Allgemeinen vers
hiedenen Gestalt der Lagrange-Funktionen ist das
explizite Aussehen der Bewegungsglei
hungen natürli
h von den Koordinaten abhängig. Die
Forminvarianz ist sehr nützli
h, da sie oft eine mühelose Aufstellung der Bewegungsglei
hun
gen in beliebigen (zulässigen) Koordinatensystemen, zum Beispiel au
h in bes
hleunigten
Bezugssystemen, ermögli
ht.
Im Abs hnitt (7.2.1) haben wir bereits gesehen, daÿ die kanonis h konjugierten Impulse
L
pj = (7.72)
q_j
q
von zyklis
hen Koordinaten j Erhaltunggröÿen sind. Es folgt unmittelbar, daÿ Symmetrien
Erhaltungssätze na
h si
h ziehen: Wenn ein me
hanis
hes System unter der Vers
hiebung
q
einer Koordinate j invariant ist (eine Symmetrie aufweist), so kann diese Koordinate ni
ht
in der Lagrangefunktion auftreten und ist daher zyklis
h. Der zugehörige Impuls j bildet p
dann eine Erhaltungsgröÿe. Somit liefern Symmetrien zyklis
he Koordinanten und damit die
Erhaltung der entspre
henden Impulse. Die Ausarbeitung dieser Beoba
htung ist der Inhalt
des Theorems von Emmy Noether2 , das wir jetzt bespre
hen werden.
qj ! q0j = qj + ; (7.73)
q0j = qj + ; q 0k = q k für k 6= j:
Man kommt so ganz natürli
h auf die Idee, daÿ allgemein das Auftreten von Konstanten der
Bewegung mit Transformationseigens
haften von L zusammenhängt. In der Tat ist es Em-
my Noether gelungen, einen sol
hen allgemeinen Zusammenhang herzustellen. Um diesen
einzusehen, untersu
hen wir Koordinatentransformationen
die invertierbar
qj = qj (t; q0 ; ) (7.75)
2 Genau genommen, gibt es zwei Theoreme von E. Noether, wel
he si
h auf Symmetrien beziehen.
196
und in dem kontinuierli
hen Parameter stetig dierenzierbar sein müssen. Für = 0 sollen
die neuen Koordinaten q in die alten übergehen,
0
q j (t; q; = 0) = qj :
0
(7.76)
Beispiele für sol
he Koordinatentransformationen sind die Galilei-Transformationen. Wir
ersetzen die alten Koordinaten dur
h die neuen und nden die Lagrange-Funktion in den
neuen Koordinaten,
h
d i
q(t; q ; ) L (t; q ; q_ ; );
L(t; q; q_) = L t; q(t; q ; ); 0
(7.77)
0 0 0 0
dt
Wir bere
hnen die partielle Ableitung von L na
h dem Parameter , wobei die Variablen
0
q j ; q_ j festgehalten werden:
0 0
" #
f
L 0 X L qj (t; q ; ) L n d j
0 o
= + q (t; q ; )
0
j =1 qj q_j dt
" #
f
:
(7 54) X n d L o qj (t; q ; ) L d n j 0 o
=
j +
j q (t; q ; ) 0
(7.78)
j =1 dt q_ q_ dt
" #
f
d X L qj (t; q ; ) 0
= :
dt j=1 q_j
Diese Identität gilt für alle Werte von . Sie vereinfa
ht si
h für = 0, da wegen (7.76)
dann die neuen Koordinaten glei
h den alten sind.
Interessant sind für uns Koordinatentransformationen, wel
he die Lagrange-Funktion in
variant lassen
:
(7 77)
L(t; q; q_) = L (t; q ; q_ ; ) Invarianz
0 0 0
= L(t; q ; q_ ) 0 0
(7.79)
Wegen der zweiten Glei
hung hängt L bei festgehaltenen q und q_ ni
ht von ab. Dies darf
0 0 0
man ni ht aus der ersten Glei hung s hlieÿen: Ändern wir bei festgehaltenen q und q_ , so 0 0
ändern si
h im allgemeinen die alten Koordinaten q j und alten Ges
hwindigkeiten q_j und
damit L(t; q; q_). Aber wegen der Invarianz von L vers
hwindet die linke Seite in (7.78) und
es folgt sofort das bedeutende
ist eine Erhaltungsgröÿe, wenn die Lagrange-Funktion unter der kontinuierli
hen, stetig
dierenzierbaren Koordinatentransformation (7.74) invariant ist. Zu jeder Transformation
(7.74), wel
he L ni
ht ändert, gehört eine Konstante der Bewegung.
Der zu einer zyklis
hen Koordinate gehörende Erhaltungssatz folgt sofort aus (7.80) mit
q j = q j + .
0
197
Verallgemeinerungen: Man erhält au
h eine Erhaltungsgröÿe, wenn die Lagrange-Funktion
L unter den Transformationen (7.74) in ei
h-äquivalente Lagrange-Funktionen übergeht,
h d i d
L (t; q ; q_ ; ) = L t; q(t; q ; );
0 0 0 0
q(t; q ; ) = L(t; q ; q_ ) + F (t; q ; ):
0 0 0 0
(7.81)
dt dt
In dieser allgemeineren Situation lautet die Erhaltungsgröÿe
f
X L qj (t; q ; ) 0
F (t; q ; )
0
I= j : (7.82)
j =1 q_ =0 =0
Die Glei hungen (7.80) sind ein Spezialfall dieser Glei hung.
Man nennt eine System räumli
h isotrop, wenn si
h die Eigens
haften des Systems bei belie
bigen Drehungen ni
ht ändern. Die Lagrange-Funktion eines räumli
h isotropen Systems
sollte invariant sein unter glei
hzeitiger Drehung der Positionen aller Teil
hen. Zum Beispiel
ist die Lagrange-Funktion
m _2
L(t; r; r_ ) = r V (t; r); r = jrj (7.83)
2
für ein Punktteil
hen in einem rotationssymmetris
hen Potential invariant unter Drehungen
um den Ursprung,
r = R r ; 0
R = R 2 SO(3); (7.84)
L t; R r ; dtd (R r )
L(t; r; r_ ) = L t; r ; r_ ;
0 0 0 0 0
= L t; r ; r_ ):
0 0
Hier könnte man zum Beispiel für einen der drei Euler-Winkel wählen. Na
h dem
Noether-Theorem ist
I = mr_ R r 0
=0
zeitunabhängig. Für R wählen wir nun eine Drehung um die A
hse in Ri
htung von e mit
Winkel . Dann ist3
I = p e ^ r) = e (r ^ p) = e L: (7.85)
Ist L invariant unter Drehungen um beliebige A
hsen, dann sind alle e L Erhaltungsgröÿen,
daÿ heiÿt alle Komponenten des Drehimpulses. Insbesondere sind für die drehinvariante
Lagrange-Funktion (7.72) alle Komponenten des Drehimpulses,
L1 ; L2; L3 (7.86)
198
Wie man lei
ht beweist, ist für ein N -Körpersystem die Lagrange-Funktion
X mi _ 2 X
L= ri V jri rj j (7.87)
2 i<j
ebenfalls drehinvariant, also invariant unter
ri = R ri ; 0
i = 1; : : : ; N; (7.88)
d.h. unter glei
hzeitiger Drehung aller N Teil
hen. Die zugehörige Erhaltungsgröÿe ndet
man ganz analog wie für ein Punktteil
hen. Es ist der gesamte Drehimpuls,
N
X
L= Li ; Li = ri ^ pi : (7.89)
i=1
Ist die Lagrange-Funktion nur invariant unter Rotationen um die z -A
hse, dann ist L3 eine
Konstante der Bewegung, ni
ht aber L1 oder L2 . Dies erklärt zum Beispiel, warum für den
s
hweren symmetris
hen Kreisel die Drehimpulse L1 und L2 ni
ht erhalten sind. Dagegen
wird au
h für den s
hweren unsymmetris
hen Kreisel die Komponente L3 des Drehimpulses
in Ri
htung der S
hwerebes
hleunigung eine erhaltene Gröÿe sein.
Ein System heiÿt räumli
h homogen, wenn seine Eigens
haften unabhängig vom Ort sind,
d.h., wenn eine Vers
hiebung des gesamten Systems die Meÿergebnisse ni
ht ändert. Glei
he Messungen an identis
hen Systemen im Abbeanum und Max-Wien-Platz sollten glei
he
Resultate ergeben. Das ist z.B. dann der Fall, wenn die auftretenden Kräfte nur von den Teil
henabständen abhängen. Zum Beispiel ist die Lagrange-Funktion (7.87) invariant unter
glei
hzeitiger Vers
hiebung aller N Teil
hen um einen konstanten Vektor,
ri = ri + a:
0
(7.90)
Wählen wir für a eine Vers
hiebung um die Länge in Ri
htung von e, so ist die zugehörige
Erhaltungsgröÿe in (7.80) glei
h
X d X
I= mi r_ i r + e =0 = e pi = e P: (7.91)
d i
Damit sind alle drei Komponenten des gesamten Impulses P,
P1 ; P2 ; P3 (7.92)
erhaltene Gröÿen. Ist das System zum Beispiel nur invariant bezügli
h Translationen in die
x-Ri
htung, dann ist nur der Impuls in diese Ri
htung eine Konstante der Bewegung. Dies
ist der Grund dafür, daÿ beim Rollpendel nur der Impuls in die x-Ri
htung erhalten ist.
Die erstaunli
hen Beziehungen zwis
hen Symmetrien der Raumzeit und Erhaltungssätzen
200
Kapitel 8
Hamiltons
hes Prinzip
In diesem Kapitel lernen wir eine neues Prinzip der klassis
hen Me
hanik kennen, wel
hes
si
h den bisher diskutierten Prinzipien von Newton und d'Alembert als zumindest eben
bürtig erweist. Die Gesetze der klassis
hen Me
hanik lassen si
h aus zwei Typen von Variati
onsprinzipien ableiten. Beim dierentiellen Prinzip von d'Alembert wird ein momentaner
Zustand des Systems mit kleinen virtuellen Verrü
kungen aus diesem Zustand vergli
hen.
Beim integralen Prinzip von Hamilton wird eine tatsä
hli
h dur
hlaufene Bahn des Systems
mit einer kleinen virtuellen Abwei
hung von dieser Bahn vergli
hen. Wie beim Prinzip von
d'Alembert ist das Ergebnis au
h hier die Bewegungsglei
hung.
In der Dierentialre
hnung besteht eine einfa
he Aufgabe darin, die stationären Punkte einer
Funktion y (x) zu bestimmen. Die notwendige Bedingung für das Vorliegen eines stationären
Punktes an der Stelle x = a ist y (a) = 0. Hinrei
hende Bedingungen dafür, daÿ es si
h um ein
0
Minimum oder Maximum handelt, sind y (a) > 0 bzw. y (a) < 0. Die Variationsre
hnung
00 00
bes
häftigt si
h mit einem ähnli
hen, allerdings s
hwierigeren Problem: Gesu
ht ist eine
Funktion y (x), für die ein bestimmtes Integral über eine Funktion dieser Funktion (ein
Funktional) einen extremalen Wert annimmt.
Der Name Variationsre
hnung wurde zum ersten Mal von L. Euler im Jahre benutzt. Damit
bezei
hnete er die neue Methode, aus der er selbst sehr virtuos mögli
he Folgerungen zog.
Heute wird der Begri Variationsre
hnung in einem breiteren Sinn verwendet. Gegenstand
der Variationsre
hnung sind das Aufsu
hen von Minima, Maxima und Sattelpunkten (also
kritis
her Punkte) einer Funktion
F : M !R ; R = freelle Zahleng:
In den Anwendungen ist M eine Menge von Zahlen, Funktionen, Wegen, Kurven, Flä
hen,
Feldern, usw. Extremalprobleme spielen ni
ht nur in der theoretis
hen Physik eine wi
htige
Rolle, sondern zum Beispiel au
h in der Wirts
haft, Regelungste
hnik oder Spieltheorie. Ei
201
nes der klassis
hen Probleme der Variationsre
hnung war die isoperimetris
he Aufgabe, d.h.
das Aufsu
hen derjenigen geometris
hen Figur gröÿter Flä
he bei gegebenen Umfang. Eine
wi
htige Anwendung ndet die Variationre
hnung im Fermats
hen Prinzip, na
h dem ein
Li
htstrahl denjenigen Weg nimmt, auf dem die benötigte Zeit minimal ist. Das Fermats
he
Prinzip wurde von Ernst Abbe ges
hi
kt benutzt, um optis
he Geräte zu bere
hnen.
Die Geburt der modernen Variationsre
hnung wird gewöhnli
h auf jenen Tag des Juni 1696
gelegt, als das Problem der Bra
hysto
hrone dur
h Johann Bernoulli gestellt wurde (sie
he unten). Seit 1732 setzte si
h Euler systematis
h mit Extremalproblemen auseinander. Er
fand notwendige Bedingungen für ein Extremum von einfa
hen Funktionalen und erhob die
Variationsre
hnung zu einer eigenständigen mathematis
hen Disziplin. Er stellte das Prinzip
der kleinsten Wirkung auf eine fundierte Grundlage. Lagrange entwi
kelte die Methoden
zur systematis
hen Behandlung einer groÿen Klassen von Variationsproblemen. Diese wur
den von Legendre und Ja
obi fortentwi
kelt und weiter verallgemeinert. Das Prinzip der
kleinsten Wirkung spielte in den späteren Arbeiten von Hamilton eine wesentli
he Rolle.
Für eine spezielle Klasse von Funktionalen, das heiÿt von Funktionen, deren Argumente
Funktionen sind, entde
kte L. Euler eine erste notwendige Bedingung, wel
he ein Extre
mum des Funktionals erfüllen muÿ. Sie trägt heute den Namen Euler-Glei
hung. Diese Glei
hung entspri
ht der Bedingung f (x) = 0 für das Extremum x einer Funktion f : R ! R .
0
Euler betra
htete folgende Aufgabenstellung der Variationsre
hnung: Su
he eine Funktion
y (x), für die das Integral
Z x2
F [y ℄ = f x; y; y 0 dx (8.1)
x1
extremal ist. Der Integrand f ist eine Funktion der unabhängigen Variablen x, der abhängi
gen Variablen y und deren Ableitung y = dy=dx. An den Grenzen x1 und x2 sind die Werte
0
y1 und y2 vorges
hrieben. Das Integral F nimmt für vers
hiedene Kurven y (x) zwis
hen
P1 = (x1 ; y1 ) und P2 = (x2 ; y2 ) im allgemeinen vers
hiedene Werte an. Wir nehmen nun an,
das Funktional habe einen extremalen Wert für y (x), d.h. die Kurve y (x) sei ein Maximum,
Minimum oder Sattelpunkt von F . Nun verglei
hen wir mit dem Wert des Funktionals für
bena
hbarte Kurven y (x) + Æy (x), wobei Æy (x) innitesimal klein sein soll für alle x zwis
hen
x1 und x2 , siehe Abbildung (8.1). Wir denieren
Nun ist y (x) ein stationärer 'Punkt' von F, wenn das Integral längs y in erster Näherung
glei
h demjenigen längs y + Æy ist,
Z x2
Z x2 h f i
(8:3) f d
ÆF = Æf dx = Æy + (Æy ) dx = 0:
x1 x1 y y 0 dx
202
y
y2 .
...........
...........
P2
.........
.........
..
..
..
.........
.....
.......
........
.......
......
.......
..
........
.
..
......
Æy (x) ......
......
......
.....
..
......
.
..
.....
.....
.....
.....
....
y (x)
.
......
.
.
....
.....
....
.....
.....
..
.....
....
....
.....
.....
....
....
.
.
....
....
....
y1 ....
P1
x1 x2 x
Abbildung 8.1: Unter allen dierenzierbaren Kurven, die von P1 na
h P2 laufen, wird dieje
nige gesu
ht, die das Integral F extremal ma
ht.
Hier vers
hwinden die Randterme, weil an den beiden Endpunkten x1 und x2 na
h Voraus
setzung Æy = 0 ist. Die Stationarität von F bedingt also
Z x2 h
f d f i
ÆF = Æy (x)dx = 0: (8.5)
x1 y dx y 0
Die Glei
hung muÿ für beliebige Deformationen Æy der Kurve y vers
hwinden. Dies impliziert,
daÿ der Ausdru
k in e
kigen Klammern Null sein muÿ,
f d f
y (x) dx y 0 (x)
ÆyÆF(x) = 0: (8.6)
Diese Glei
hung stellt die gesu
hte notwendige Bedingung an y (x) dar. Eine Funktion y , die
diese Dierentialglei
hung erfüllt, heiÿt Extremale. In der Menge der Extremalen ist dann
die Minimal- oder Maximalkurve enthalten, falls sie existiert. Die Glei
hung (8.6) heiÿt die
zum Variationsproblem gehörige Euler-Glei
hung.
Wir wollen den oft als selbstverständli
h angesehenen Sa
hverhalt beweisen, daÿ die gerade
Linie die kürzeste Verbindung zwis
hen zwei Punkten in der Ebene darstellt. Das Linienele
ment ist in kartesis
hen Koordinaten dur
h ds2 = dx2 + dy 2 gegeben, also ist die Länge der
203
Kurve x ! y (x) glei
h
Z x2 Z x2 p
s= ds = 1 + y 02 dx:
x1 x1
Soll y ein Minimum von s sein, so muÿ die Euler-Glei
hung (8.6) mit f = (1 + y 2 )1=2
0
oder
y 0
p =
onst.;
1 + y 02
gelten, was y =
onst. na
h si
h zieht. Die minimierende Kurve ist eine Gerade dur
h die
0
Der Ausdru
k in e
kigen Klammern ist glei
h einer Konstanten
. Die resultierende Dieren
tialglei
hung für '(#) hat die Lösung
k
'=a ar
sin(k
ot #) mit
= p =) Rk
ot # = R sin(a '):
1 + k2
Zur Interpretation dieser Bedingung s
hreiben wir sie in kartesis
he Koordinaten um. Na
h
Multiplikation mit sin # ergibt si
h
Rk
os # = R sin #(sin a
os '
os a sin ') bzw. kz = x sin a y
os a:
Dies ist die Glei
hung einer Ebene dur
h den Mittelpunkt der Kugel, die folgli
h die Kuge
loberä
he in einem Groÿkreis s
hneidet. Die kürzeste Verbindung zwis
hen zwei Punkten
auf der Kugeloberä
he ist einer der beiden Bögen auf dem Groÿkreis dur
h diese Punkte.
In diesem von Johann Bernoulli gestellten Problem ist diejenige Kurve gesu
ht, auf der
ein Körper unter dem Einuÿ der S
hwerkraft und ohne Reibung von einem gegebenen Punkt
zu einem zweiten Punkt in der kürzesten (bra
hystos) Zeit (
hronos) gleitet. Die gesu
hte
Kurve, die sogenannte Bra
hysto
hrone, ist eine Zykloide.
204
y
(x2 ; y2 )
Abbildung 8.2: Die Zykloide löst das Bra hysto hronenproblem von J. Bernoulli
Der Massenpunkt soll am Anfang im Ursprung ruhen, der Endpunkt sei (x2 ; y2 ). Bei diesem
Problem ist es bequem, die y -A
hse na
h re
hts zu legen und x na
h unten zu messen. Aus
dem Energiesatz folgt
1 2
p
mv = mgx oder v = 2gx;
2
wobei v die Ges
hwindigkeit des Massenpunktes längs seiner Bahn ist und g die Fallbes
hleu
nigung bezei
hnet. Wegen
p p
vdt = ds = dx
2 + dy 2 = 1 + y 2 dx 0
s
hreibt si
h der Energiesatz gemäÿ
p p
0
1 + y 2 dx = 2gxdt:
Die vom fallenden Körper benötigte Zeit ist gegeben dur
h das Integral
Z Z x2 p
T =
1
dt = p2
1 =2
x
0
1 + y 2 dx
g 0
und diese gilt es zu minimieren. Die entspre
hende Euler-Glei
hung lautet
d y
0
p 0 = 0:
dx x(1 + y 2)
und eine erste Integration führt auf die einfa
he Dierentialglei
hung
y
02 0=p x
02 =
bzw. y
2
:
x(1 + y ) x=
x
ist. Die neue Integrationskonstante
0 muÿ Null sein, damit y bei x = 0 vers
hwindet.
Diese Glei
hung stellt eine Zykloide über der y -A
hse mit einer Spitze im Ursprung dar. Die
Konstante a muÿ so gewählt werden, daÿ die Zykloide dur
h den Punkt (x2 ; y2 ) geht.
205
8.1.3 Mehrere abhängige oder/und unabhängige Variable
In diesem Abs
hnitt verallgemeinern wir die bisherigen Resultate auf Systeme mit mehr
als einer abhängigen Variablen y oder/und mit mehr als einer unabhängigen Variablen x
sowie auf Variationsprobleme, bei denen die Funktion f von höheren Ableitungen y (n) von
y abhängt.
Mehrere abhängige Variablen: Wir wollen voraussetzen, daÿ der Integrand f des Inte
grales
Z x2
F = f (x; y1 ; : : : ; yN ; y10 ; : : : ; yN
0
)dx; (8.9)
x1
wel
hes ein Maximum oder Minimum annehmen soll, eine Funktion einer unabhängigen,
aber mehrerer abhängiger Variablen ist. In der Me
hanik wäre die unabhängige Variable die
Zeit t und die abhängigen Variablen die (verallgemeinerten) Koordinaten q i . Wir su
hen nun
Funktionen y1 (x); : : : ; yN (x), für die das Funktional mit festen Randbedingungen
yi (x1 ) = yi1 und yi (x2 ) = yi2 ; i = 1; : : : ; N (8.10)
stationär wird. Die Bedingung dafür ist wie oben
Z x2
ÆF = Æf dx = 0; (8.11)
x1
nur ist jetzt
f f f f f f
Æf = Æy1 + Æy2 + : : : + Æy10 + Æy20 + : : : = Æyi + Æyi0 ;
y1 y2 y10 y20 yi yi0
wobei wir wieder von der Einsteins
hen Summenkonvention Gebrau
h ma
hten. Bei der
Bere
hnung des Integrales (8.11) formen wir wieder die Summanden der zweiten Gruppe
dur
h partielle Integration um, und erhalten
Z x2 h
f d f i h i x2 f
ÆF = Æyi dx + pi Æyi ; wobei pi =
x1 yi dx yi0 x1 yi0
gesetzt wurde. Bei festgehaltenen Anfangs- und Endpunkten vers
hwindet der letzte Term.
Das Funktional ist stationär bezügli
h beliebiger Variationen Æyi der Funktionen yi , wenn
die Euler-Glei
hungen
ÆF f d f
= =0 (8.12)
Æyi (x) yi (x) dx yi0 (x)
206
Mehrere Argumente: Wir betra
hten nun den Fall, daÿ mehrere Argumente x1 ; : : : ; xM
anstelle von x vorliegen. Gesu
ht ist demna
h eine Funktion y = y (x1 ; : : : ; xM ), die das
Funktional
Z
y (x1 ; ::; xM ) y (x1 ; ::; xM )
F y (: : :) = dM x f x1 ; ::; xM ; y (x1 ; ::; xM ); ;:::; (8.13)
B x1 xM
extremal ma
ht. Hierbei sei die Funktion y = y (x1 ; : : : ; xM ) auf dem Rande des Integrati
onsgebietes B fest vorgegeben. Aus der Stationaritätsbedingung
ÆF [y (:; : : : ; :)℄
=0
Æy (x1 ; : : : ; xM )
f XM
f
= 0: (8.14)
y xi y=xi
i=1
Dies ist eine partielle Dierentialglei
hung zweiter Ordnung für die gesu
hte Funktion y (x1 ; : : : ; xM ).
Eine mögli
he Anwendung für diese Verallgemeinerung der Variationsre
hnung wäre etwa
die Ausdehnung einer dehnbaren Membran oder einer Seifenhaut im S
hwerefeld der Erde,
die längs einer Kurve in der x1 x2 -Ebene eingespannt ist. Hierbei konkurrieren S
hwerkraft
und Oberä
henspannung miteinander und die Glei
hgewi
htskonguration wird dur
h ein
Minimum der Summe der beiden potentiellen Energien bestimmt.
Die beiden Verallgemeinerungen (8.9) und (8.13) können au
h miteinander kombiniert wer
den. Dann enthält das Funktional mehrere Funktionen, die jeweils von mehreren Variablen
abhängen. Diese relativ allgemeine Form des Funktionals,
Z yi
F = dM x f x a ; y i ; ; yi = yi (x; : : : ; xM ); i = 1; : : : ; N; (8.15)
B xa
Höhere Ableitungen: Falls das Funktional höhere Ableitungen von y (x) enthält, wie
z.B.
Z x2
F = f x; y (x); y 0 (x); y 00 (x) dx; (8.16)
x1
dann treten au
h höhere Ableitungen in der Euler-Glei
hung auf. Die Extremalbedingung
ÆF [y (:)℄
=0 (8.17)
Æy (x)
führt zum Beispiel für das Funktional (8.16) auf die Dierentialglei
hung
f d f d2 f
+ = 0: (8.18)
y (x) dx y (x) 0
dx2 y 00 (x)
Es handelt si
h hierbei oensi
htli
h um eine gewöhnli
he Dierentialglei
hung vierter Ord
nung für y (x). Die übli
hen Randbedingungen y (xi ) = yi für die Funktion y legen diese
nun ni
ht mehr eindeutig fest. Um auf die Euler-Glei
hung (8.18) zu kommen, muÿ man
207
mehrfa
h partiell integrieren, wobei zusätzli
he Randterme auftreten. Diese vers
hwinden,
wenn die weiteren Randbedingungen
f
= 0; i = 1; 2;
y (x) xi
gefordert werden.
In Anwendungen tritt oft das Problem auf, bei dem ein Integral stationär sein soll, während
glei
hzeitig ein oder mehrere Integrale, in denen dieselben Variablen vorkommen, konstant
zu halten sind. Ein bekanntes Beispiel ist die Aufgabe, diejenige ebene ges
hlossene Kur
ve vorgegebener Länge zu nden, die eine mögli
hst groÿe Flä
he eins
hlieÿt. Na
h diesem
Beispiel heiÿen sol
he Probleme isoperimetris
he Probleme. Sol
he Nebenbedingungen oder
Zwangsbedingungen können mit der Lagranges
hen Methode der unbestimmten Multiplika
toren bestimmt werden. Man su
ht einen stationären Wert von
Z
F1 = f1 dx = 1 ; : : : ; Fs = fs dx = s (8.20)
gelten soll. Sämtli
he Integranden enthalten dieselben Variablen, und die Grenzen sind glei
h
bei allen Integralen. Nun führen wir s konstante Lagranges
he Multiplikatoren 1 ; : : : ; s
ein, deren Werte wir vorerst unbestimmt lassen. Oenbar ist mit F au
h
F = F + 1 F1 + : : : + s Fs (8.21)
stationär, und zwar wegen (8.20) für jede Wahl der Multiplikatoren i . Wir stehen also vor
einem ganz ähnli
hen Problem wie früher, nämli
h ein einziges Integral extremal zu ma
hen,
nur mit einem abgeänderten Integranden. F muÿ dur
h
Z
Xs
F = f dx; f = f + i fi (8.22)
i=1
ersetzt werden. Eine notwendige Bedingung für die Stationarität von F ist
XN Z
d f f
208
na
h si
h zieht. Na
h dem Lösen dieser Glei
hungen ers
heinen die konstanten, aber zunä
hst
unbekannten i als Parameter in den Extremalen. Man kann sie mit Hilfe der Bedingungen
(8.20) eliminieren. und dann erhalten sie oft eine unmittelbare physikalis
he Bedeutung.
Als Beispiel betra
hten wir das klassis
he isoperimetris
he Problem: Gesu
ht ist diejenige
ebene ges
hlossene Kurve, die eine mögli
hst groÿe Flä
he begrenzt. Wir fragen also na
h
einer Funktion r (') für wel
he die Flä
he
Z 2
1
A= r2 d'
2 0
1 2 p
f = r + r 2 + r 02 ; (8.25)
2
d h 0 i
r+ p r
p 2 r = 0:
r 2 + r 02 d' r + r 02
Führen wir die Ableitung aus, dann folgt unmittelbar
rr00 2r 02 r2 1
= :
(r 2 + r 02 )3=2
Die linke Seite dieser Glei
hung ist gerade die Krümmung der Kurve. Diese muÿ konstant
sein und folgli
h ist die Kurve ein Kreis mit dem Radius .
Wir stellen nun ein Variationsprinzip auf, dessen Euler-Glei
hungen die Lagrange-Glei
hungen
zweiter Art sind. Hierzu betra
hten wir das Zeitintegral der Lagrange-Funktion als Funk
tional der Bahnkurve
Z t2
S [q (:); : : : ; q f (:)℄
1
S [q(:)℄ = L t; q 1 (t); : : : ; q f (t); q_1 (t); : : : ; q_f (t) dt: (8.26)
t1
Dieses Funktional wird als Wirkung oder Wirkungsfunktional bezei
hnet. Da die Lagran-
ge-Funktion die Dimension einer Energie hat, ist die Dimension der Wirkung
2
[S ℄ = Zeit Energie = kg m =s:
Wir untersu
hen nun das Hamiltons
he Prinzip, na
h dem für die klassis
h erlaubten Bah
nen die Wirkung stationär sein soll
ÆS [q (:)℄
= 0; i = 1; : : : ; f: (8.27)
Æq i (t)
209
Hierbei sind die Variationen dadur
h einges
hränkt, daÿ Anfangs- und Endpunkte festgehal
ten werden,
q i (t1 ) = q1i und q i (t2 ) = q2i ; i = 1; : : : ; f: (8.28)
Na
h Abs
hnitt (8.1.3) führt das Hamiltons
he Prinzip auf die Euler-Glei
hungen
L d L
= 0; i = 1; : : : ; f; (8.29)
q i (t) dt q_i (t)
wel
he glei
h den Lagrange-Glei
hungen zweiter Art sind. Deshalb bezei
hnet man (8.29)
oft au
h als Euler-Lagrange-Glei
hungen.
Das Prinzip von Hamilton besagt demna
h, daÿ aus der Menge aller mögli
hen Bahnkurven
diejenige realisiert ist, wel
he die Wirkung (8.26) stationär ma
ht. Es spielt dabei keine Rolle,
ob es si
h beim Extremum um ein Minimum, ein Maximum oder einen Sattelpunkt handelt.
In der Regel wird die Wirkung minimal. Daher kommt der Name Prinzip der kleinsten
Wirkung. Gelegentli
h aber ist S ni
ht minimal.
Da bei der Variation der Bahnkurven deren Endpunkte sowie Anfangs- und Endzeit fest
sind, ist das Hamiltons
he Prinzip invariant unter Ei
htransformationen,
ÆS 0 [q (:)℄ ÆS [q (:)℄
= : (8.31)
Æq (t)
i
Æq i (t)
Die Wirkungen S und S haben also insbesondere die glei
hen stationären Bahnkurven.
0
Die Frage na h der Bedeutung des Hamiltons hen Prinzips läÿt si h wie folgt beantworten:
210
Prinzipien der stationären Wirkung sind allgemeine Prinzipien der Physik, die zum
Beispiel au
h in der Elektrodynamik oder Gravitationsphysik auftreten.
Es ist als fundamentales Prinzip anzusehen, da aus ihm die Lagrange-Glei
hungen
erster und zweiter Art folgen.
Die Variationsglei
hung
Z t2
ÆS = Æ Ldt = 0 (8.32)
t1
ist unabhängig von den gewählten Koordinaten, hat also eine von den Koordinaten
unabhängige Bedeutung.
Für einige weitere Entwi
klungen der klassis
hen Me
hanik, zum Beispiel die Theorie
von Hamilton und Ja
obi oder die Analogie zwis
hen Me
hanik und geometris
her
Optik, ist die im Hamiltons
hen Prinzip auftretende Wirkung S von zentraler Bedeu
tung.
Die Wirkung ist au
h eine sehr wi
htige Gröÿe in der Quantenphysik. Die sogenannte
Pfadintegral-Quantisierung ma
ht wesentli
hen Gebrau
h von ihr.
Bana
h-Räume: In der Regel legt man einen reellen Vektorraum E mit einem Längen
begri oder einer Norm zugrunde. Eine Norm ist eine Abbildung E ! [0; 1) mit den
Eigens
haften
ky k = jj ky k; ky + z k ky k + kz k; y = 0 =) y = 0;
k k 2 R; y; z 2 E: (8.33)
Ein Vektorraum, versehen mit einer Norm k k heiÿt normierter Raum. Ein vollständiger
normierter Raum, d.h. ein normierter Vektorraum, in dem jede Cau
hy-Folge konvergiert,
heiÿt Bana
h-Raum. Für die Physik relevante Beispiele von Bana
h-Räumen sind:
Für p = 2 ist ky k2 die Länge des Maÿstabes y , der am Anfang der Vorlesung bei der
Diskussion von Raumzeit-Strukturen wi
htig war.
2 unter anderem von Volterra, Hadamard und dessen S
hüler Fré
het, Gâteaux, Hilbert
211
Die Folgenräume lp (R ): lp (R ) ist der Vektorraum aller Folgen y = (yn )n 2N reeller
Zahlen yn , für die
X1
j n jp 1
y < ; 1 p < 1
n=1
sind die Folgenräume vollständig, also Bana
h-Räume. Die Folgenräume spielen in
der Matrizenme
hanik von W. Heisenberg eine ganz wi
htige Rolle.
Die Lebesgue-Räume: Für jede reelle Zahl p 1 sei
Lp (R n ) = f : R n ! R
f f meÿbar; jf jp summierbarg:
Lp ist ein reeller Vektorraum und
Z 1=p
k kp =
f
n
j f (x) jp dx (8.36)
R
eine Halbnorm auf Lp . Sie deniert eine Norm auf Lp = Lp =N , wo N den Unterraum
aller Funktionen von Lp bezei
hnet, die fast überall Null sind. Für n = 1 sind die
Elemente von Lp (R ) Funktionen R ! R und können als Bahnen von Punktteil
hen
in R interpretiert werden. Dies deutet bereits die Relevanz der Bana
h-Räume Lp
für die klassis
he Me
hanik an. Diese Räume spielen in der Wellenme
hanik von E.
S
hrödinger eine herausragende Rolle.
Die Fré
het-Ableitung y0 ist ein Element aus L( R ), das heiÿt aus dem Dualraum 0
F E; E
von . Falls in allen Punkten von dierenzierbar ist, so heiÿt auf dierenzierbar.
Man nennt die Abbildung 0 , wel
he jedem Punkt 2 die Ableitung y0 von im Punkt
E F M F M
zuordnet, die Ableitung von . Falls 0 : ! 0 eine stetige Abbildung ist, so heiÿt
F y M F F
y F F M E F
212
Man kann zeigen, daÿ es hö
hstens eine stetige lineare Abbildung Fy 2 E gibt, so daÿ die 0 0
Glei hung (8.33) gilt. Für E = R n kann man die Ableitung Fy in kanonis her Weise mit der 0
= GF (y) Fy (h) + o1 (y; h) + o2 F (y); Fy (h) + o1 (y; h)
0 0 0
= GF (y) Æ Fy (h) + GF (y) Æ o1 (y; h) + o2 F (y); Fy (h) + o1 (y; h) :
0 0 0 0
die Eigens haften (8.38) besitzt, da o1 und o2 diese Eigens haften haben und weil GF (y) 0
und Fy stetige lineare Abbildungen sind. Dies beweist die Dierenzierbarkeit von G Æ F und
0
213
Denition: Es sei E ein normierter Raum. Gilt für die Abbildung F :E !R an der
Stelle y:
F (y + h) F (y )
lim
!0
ÆF (y; h) = 0
8h 2 E
mit einer Abbildung ÆF (y; ) : E ! R , die bezügli
h der 2. Variablen weder stetig no
h linear
sein muÿ, so nennt man ÆF (y; h) Gâteaux-Dierential von F an der Stelle y in Ri
htung
von h. Ist ÆF (y; h) zusätzli
h linear und stetig in h, also ein Element des Dualraumes E 0
von E , so s
hreibt man
( ) = Æy F (h)
ÆF y; h (8.41)
und nennt Æy F die Gâteaux-Ableitung von F an der Stelle y.
In endli
hdimensionalen Räumen folgt aus der Existenz aller stetigen partiellen Ableitungen
die Existenz des totalen Dierentials. Ganz ähnli
h ist es au
h für Ableitungen in unend
li
h-dimensionalen Räumen,
Lemma: Sei F : E ! R . Existiert in einer Umgebung U von y die Gâteaux-Ableitung
und ist sie stetig, so gilt
Æy F
Æy F = Fy0 : (8.42)
Eine stetige Gâteaux-Ableitung ist automatis
h eine Fré
het-Ableitung. Umgekehrt gilt
Lemma: Ist F an der Stelle y Fré
het-dierenzierbar, so ist F au
h Gâteaux-dierenzierbar,
und die beiden Dierentiale sind glei
h.
Wir wollen im Folgenden annehmen, daÿ die Funktionale Fré
het-dierenzierbar sind und
werden deshalb ni
ht mehr zwis
hen Fré
het- und Gâteaux-Ableitung unters
heiden.
Höhere Variationen: Eine bequeme Methode, ein Funktional auf einem Bana
h-Raum
zu untersu
hen, besteht darin, die Funktion F (y + sh) der reellen Veränderli
hen s für belie
bige, aber feste y; h 2 E zu studieren. Informationen über das Verhalten in der Umgebung
von s = 0 erhält man aus dem Taylors
hen Satz:
N
X sn
F y( + sh) = F (y) + n! F (y; h) + RN ;
n
(8.43)
n=1
Für genügend reguläre Funktionale ist die erste Variation glei
h der Gâteaux-Ableitung,
F (y; h) = Æy F (h): (8.45)
214
Die zweite Variation unters
heidet zwis
hen Maxima und Minima eines Funktionals, ähnli
h
wie bei Funktionen im Rn.
Als Beispiel betra
hten wir die Taylor-Entwi
klung des Funktionals (8.1). Wir fordern,
() [ ℄
daÿ h x an den Enden des Intervalls x1 ; x2 vers
hwindet. Die Entwi
klung (8.43) hat die
folgende Form
Z Z
F y ( + sh) = (
f x; y; y 0 )+s
y (x)
( ) + yf(x) h (x)
f
h x 0
0
Z !
+ 2 s2 2f
h (x) +
2 2f
h(x)h (x) +
2f
h (x) + o(s3 ):
2
y 2 (x) y (x)y (x) y 2 (x)
0 0
0 0
Wir dürfen partiell integrieren, wobei wegen h(t1 ) = h(t2 ) = 0 keine Randterme auftreten,
und erhalten folgende Variationen von F :
Z
F (y; h) = ( ) dx y (x) h(x)
f
y x
d f
0
Z !
2f 2f 2f d2
F (y; h) = h(x)
f d
()
0 0
2
y 2 (x) y (x)y (x) () () h x :
0
y 02 x dx y 02 x dx2
Fordern wir das Vers
hwinden der ersten Variation für beliebige h x , so erhalten wir wieder()
die Euler-Lagrange Glei
hungen. Die zweite Variation enthält Information über die Stabi
( )
lität der Lösungen. Ist zum Beispiel 2 F y; h positiv für alle h =6 0
, dann ist y ein (lokales)
Minimum, ist es negativ für alle h 6= 0
, dann ist y ein (lokales) Maximum. Ein Sattelpunkt
( )
liegt vor, wenn Æ 2 F y; h als Funktion von h positive und negative Werte annimmt.
215
Kapitel 9
Hamilton's
he Me
hanik
In der Lagrange-Me
hanik wird der Zustand eines Systems dur
h f verallgemeinerte Koor
dinaten q = (q 1 ; : : : ; q f ) und f verallgemeinerte Ges
hwindigkeiten q_ = (q_1 ; : : : ; q_f ) bes
hrie
ben. Hier ist f = 3N s die Dimension des Kongurationsraumes für N Teil
hen unter
s (holonomen) Zwangsbedingungen; 3N ist die Zahl der kartesis
hen Koordinaten. Dur
h
den Übergang von den kartesis
hen zu den verallgemeinerten Koordinaten haben wir die
holonomen Zwangsbedingungen eliminiert.
In der Hamilton's
hen Me
hanik werden die verallgemeinerten Ges
hwindigkeiten dur
h
die verallgemeinerten Impulse ersetzt
(t; q; q_) !( t; q; p ;) p = (p1 ; : : : ; pf ): (9.1)
Die (q; p) sind die Koordinaten des Phasenraumes . Der Übergang (9.1) wird dur
h ei
ne Legendre-Transformation geleistet. Die Formulierung der Me
hanik im Phasenraum
wurde von Sir William Rowan Hamilton in den Dreiÿiger Jahren des 19. Jahrhunderts
entwi
kelt. Sie bes
hränkt si
h auf die reibungsfreie Bewegung, also auf Systeme, die dur
h
eine Lagrangefunktion bes
hrieben werden1 . Insofern behandelt sie keine neue Physik, die
wir ni
ht au
h s
hon mit Hilfe des Lagrange-Formalismus bes
hreiben könnten. Dass wir
uns no
h heute mit der Hamilton's
hen Me
hanik befassen hat folgende Gründe:
Sie gibt eine Formulierung der Grundgesetze der Me
hanik, die ihre mathematis
hen
Eigens
haften, insbesondere ihre symplektis
he Struktur, besonders deutli
h ma
ht. Sie
ermögli
ht eine qualitative, geometris
he Bes
hreibung der Bewegung im Phasenraum
und ist für die Chaostheorie bedeutsam.
Sie bildet den gängigsten Ausgangspunkt2 für die Erweiterungen der klassis
hen Me
1 Für dissipative Systeme gibt es natürli
h au
h eine Lagranges
he Bes
hreibung. Die Bewegungsglei
hungen
d L
dt q_j
L
qj
= Q(jR)
enthalten aber neben der Lagrange-Funktion no
h Reibungskräfte Q(jR) .
2 Man kann au
h den Lagrange-Formalismus als Ausgangspunkt wählen.
216
hanik zur statistis
hen Me
hanik oder/und zur Quantenme
hanik und ist daher für
ein Verständnis dieser Theorien von grundsätzli
her Bedeutung.
Die im Rahmen dieser Theorie gültigen Bewegungsglei
hungen für die verallgemeiner
ten Koordinaten und Impulse sind explizite Dierentialglei
hungen von erster Ordnung
in der Zeit und daher für numeris
he Re
hnungen besser geeignet als die impliziten
Lagrange-Glei
hungen zweiter Ordnung.
In der Hamilton's
hen Me
hanik lassen si
h die Bedingungen für die Integrierbarkeit
eines me
hanis
hen Systems und für die Mögli
hkeit
haotis
hen Verhaltens am besten
diskutieren.
Wir bes
hränken uns auf Systeme, die dur
h eine Lagrange-Funktion L(t; q; q_) bes
hrie
ben werden können. Die Koordinaten q 1 ; : : : ; q f sind dabei f unabhängige verallgemeinerte
Koordinaten für f Freiheitsgrade. In den Glei
hungen (7.27) und (7.72) haben wir bereits
die kanonis
hen Impulse
L
pj =
j
(9.2)
q_
eingeführt. Die Hamilton's
he Theorie benutzt nun ni
ht mehr die Variablen q und q_, die in
der Lagrange's
hen Formulierung wesentli
h waren, sondern die unabhängigen Variablen
q und p. Man löst dazu die Glei
hungen (9.2) na
h den Ges
hwindigkeiten q_ auf,
j j
q_ = q_ (t; q; p); (9.3)
was na
h dem Theorem über implizite Funktionen (lokal) mögli
h ist, wenn
2
det
L
i
q_ q_
j
6= 0
ist. Wenn man nun in allen Funktionen die verallgemeinerten Ges
hwindigkeiten dur
h die
se Ausdrü
ke ersetzt, erhält man Funktionen der Koordinaten und der Impulse. Die zen
trale Rolle spielt dabei ni
ht mehr die Lagrange-Funktion L(t; q; q_) sondern die Hamil-
ton-Funktion
X
j
H (t; q; p) = pj q_ (t; q; p) L t; q; q_ (t; q; p) = pq_ L: (9.4)
j
Diese Funktion haben wir s
hon in (7.35), dort allerdings als Funktion der Orte und Ge
s
hwindigkeiten, eingeführt. Wir haben gezeigt, dass für kinetis
he Energien, die homogen
quadratis
h in den q_j sind, H die Gesamtenergie des me
hanis
hen Systems ist. Aus der Ho
mogenität der Zeit folgte die Zeitunabhängigkeit der Funktion H . Diese Hamilton-Funktion
hat als natürli
he Argumente die Zeit, die f Koordinaten und die f Impulse.
Mit Hilfe der Lagrange-Glei
hungen zweiter Art lassen si
h nun die Hamilton's
hen Bewe
gungsglei
hungen für die Funktionen q (t) und p(t) ableiten. Dazu dierenzieren wir zunä
hst
217
die Hamiltonfunktion (9.4) partiell na
h den Koordinaten, wobei wir die Impulse festhalten
(und ni
ht die Ges
hwindigkeiten). Wir nden
H
=
X p q_ j
L X L q_ j
(9:2)
=
L
=
d L
=
dp
: i
(9.5)
q i
j
j
q i
q i
j
q_ q
j i
q dt q_
i
dt i
Im zweitletzten S
hritt benutzten wir die Lagrange-Glei
hungen zweiter Art. Des weiteren
folgt
H
= q_ + i
X p q_ X L q_
j j
(9:2)
=
dqi
:
p i
j
j
pi
j
q_ p
j
i dt
Zusammenfassend erhalten wir die folgenden Hamilton's
hen Bewegungsglei
hungen
H H
q_ =i
und p_ = : (9.6)
p i q i
i
Analog zeigt man unter Zuhilfenahme der Denition der kanonis
hen Impulse, daÿ
H L
= : (9.7)
t t
Diese Glei
hung zeigt, daÿ für autonome Systeme die Hamilton-Funktion ni
ht explizit
von der Zeit abhängt. In diesem Fall ist H = H (q; p). Wir haben bereits früher gesehen,
daÿ H mit der Energie des me
hanis
hen Systems identiziert werden kann. Die Hamil-
ton-Funktion ist deshalb die Energie, ausgedrü
kt in verallgemeinerten Koordinaten und
Impulsen.
Die Hamilton's
hen Bewegungsglei
hungen (9.6) sind ein Satz von 2f gewöhnli
hen Die
rentialglei
hungen erster Ordnung in der Zeit für die 2f Variablen q und p. Sie sind äquivalent
zu den f Lagrange-Glei
hungen zweiter Art, die Dierentialglei
hungen zweiter Ordnung
in der Zeit für die f Koordinaten q j sind. Die Lösungen der Hamilton's
hen Bewegungs
glei
hungen sind eindeutig bestimmt, wenn wir zu einer festen Zeit die Orte und die Impulse
des Systems angeben können.
Die q i und pi sind (lokale) Koordinaten des 2f -dimensionalen Phasenraumes , der oft au
h
Zustandsraum genannt wird. Die Lage des Ausgangspunktes in zur Zeit t0 bestimmt,
zusammen mit der Hamilton-Funktion, die Entwi
klung des Systems vollständig. Im Ge
gensatz hierzu brau
ht man zur Charakterisierung des Systems im f -dimensionalen Kongu
rationsraum des Lagrange-Formalismus sowohl den verallgemeinerten Ort q als au
h die
verallgemeinerte Ges
hwindigkeit q_. Die Variablen q i und pi heiÿen zueinander konjugierte
Variable oder kanonis
h konjugierte Variable.
In (9.5) haben wir au
h gezeigt, daÿ H=q i = L=q i gilt. Ist etwa q f eine zyklis
he Ko
ordinate, so hängt die Hamilton-Funktion ni
ht von dieser Koordinate ab. Der konjugierte
Impuls ist dann eine Konstante der Bewegung (ein Integral der Bewegung), pf =
onst= f ,
und H hat die Form
H = H (t; q1 ; : : : ; q f 1
; p1 ; : : : ; p f 1 ; ):
f (9.8)
Man hat es also mit einem Problem mit f 1 Koordinaten zu tun, das man weiter behandeln
kann, ohne die Koordinate q f zu berü
ksi
htigen. Bei den Lagranges
hen Glei
hungen
218
ist diese einfa
he Art der Reduzierung des Problems ni
ht mögli
h. Sind alle Koordinaten
zyklis
h, d.h. ist H eine Funktion nur der Impulse und der Zeit,
H = H (t; p1 ; : : : ; pf ); (9.9)
so lassen si
h die kanonis
hen Glei
hungen sofort vollständig integrieren und ihre Lösungen
können unmittelbar angegeben werden. Bei zyklis
hen Koordinaten folgt nämli
h
H H
p_i = =0 und q_i = = !i (t)
qi pi
wobei die !i (t) wegen pi =
onst bekannte, nur von t abhängige Funktionen sind:
Z
pi = i (=
onst) und qi = !i (t)dt + i ; i = 1; : : : ; f: (9.10)
;
Die ( i i ) sind die notwendigen 2 f Integrationskonstanten. Sie werden dur
h die Anfangs
bedingung festgelegt.
9.1.1 Beispiele
Hier bestimmen wir die Hamilton-Funktionen und kanonis
hen Bewegungsglei
hungen (9.6)
für einige einfa
he me
hanis
he Systeme.
so daÿ der kanonis
he Impuls und die Hamilton-Funktion folgende einfa
he Form haben
L m 1
p= = mx;
_ H = px_ L = x_ 2 + !2 x2 = p2 + (m!)2 x2 : (9.11)
x_ 2 m
2
Wie erwartet ist H die Energie des Oszillators. Die kanonis
hen Bewegungsglei
hungen lau
ten
H p H
x_ = = und p_ = = m!2x; (9.12)
p m x
oder zusammen
x + !2 x = 0: (9.13)
Ein geladenes Teil
hen im elektromagnetis
hen Feld: Aus der Lagrange-Funktion
m _2
L= r q'(t; r) + qA(t; r) r_ ; (9.14)
2
mit einem skalaren Potential ' und einem Vektorpotential A liest man den zu r kanonis
h
konjugierten Impuls ab,
p = L
r_
= mr_ + q A(t; r): (9.15)
219
Wir lösen na
h der Ges
hwindigkeit auf, mr_ = p q A, und bestimmen die Hamilton-Funktion:
2 q
H = p r_ L=
m
p (p
1
A
q )
1
2m
p q A + q'
m
A (p A
q )
1 2
=
2m
p q A + q': (9.16)
Daraus folgen die Lorentz's
hen Bewegungsglei
hungen für ein geladenes Tei
hen im elek
tromagnetis
hen Feld (Übung).
Für kartesis
he Koordinaten sind die Koezienten gij der Metrik ortsunabhängig, und wir
nden wieder die bekannten Newton's
hen Bewegungsglei
hungen.
Der Übergang
q; q;
_ L ! q; p; H
entspri
ht einer mathematis
hen Operation, die man Legendre-Transformation nennt. Da
diese Transformation in mehreren Gebieten der Physik (Me
hanik, Thermodynamik, Quan
tenfeldtheorie) wi
htig ist, wollen wir sie hier etwas näher untersu
hen.
220
Wir betra
hten zuerst den Fall einer Variablen, denn dieser läÿt si
h graphis
h lei
ht dar
stellen.
Denition Es sei L 2 C 2 eine reelle Funktion auf einem oenen Intervall I mit L > 0. 00
L
( L)(p) = max
v 2I
vp L(v ) : (9.22)
Der zu maximierende Ausdru
k in den ges
hweiften Klammern ist extremal für diejenigen
v , wel
he die Glei
hung
L
0
(v ) = p )
= v = v (p); (9.23)
erfüllen. Na
h Denition des Intervalls J existiert für jedes p 2 J mindestens eine Lösung
v (p)von (9.23). Wegen L00 > 0 ist diese Lösung eindeutig. Die Legendre-Transformation ist
damit wohldeniert. Da die zweite Ableitung des Ausdru
ks glei
h L00 (v ) < 0 ist, handelt
es si
h um beim Extremum um ein Maximum.
Zum Beispiel, für I = R und L(v) = e ist J = (0; 1) und
v
( LL)(p) = max(pv
v
e
v
)
v =log p
= p(log p 1):
Wie wir in Abbildung (9.1) sehen, hat die Legendre-Transformierte von L eine ans
hauli
he
Bedeutung: Sie ist der minimale Ordinaten-Abstand zwis
hen dem Graphen von L und dem
Graphen der Geraden pv dur
h den Ursprung. Das Maximum wird für den Wert v = v (p)
L LL
graph(L)
e
Steigung p
1 v e p
221
Aus L00 > 0 folgt die Monotonie von L0 und mit (9.23) wä
hst v monoton mit p. Also wä
hst
(LL)0 (p) = v (p) monoton mit p und damit ist (LL)00 > 0, d.h. die Legendre-Transformation
bildet konvexe Funktionen in konvexe Funktionen ab. Da LL auÿerdem auf einem oenen
Intervall, nämli
h J := L0 (I ) R , deniert ist, können wir auf LL wieder die Legend-
re-Transformation anwenden.
Beweis: Da na
h (9.25) (LL)0 (p) = v (p) ist, ist (LL)0 (J ) = I . Die Legendre-Transformierte
von LL ist gemäÿ Denition
0
L
(
2
L)(u) = max
p
up ( L L)(p) = max
p
up pv (p) +L v (p) mit v (p)
(9:23)
= (L )
1
(p):
Damit wird das Maximum bei u = v (p), also p = L0 (u) angenommen, so daÿ
0 (u) 0 (u)u + L(u) = L(u)
max
p 2J
up ( L L)(p) = uL L
0 2
L
2
L
1
:::
2 v1 v1 v1 vf
L
=
B .. .. C
A
v v
i j
2
. 2
.
L L
:::
vf v1 vf vf
gegeben .
Beispiel: für eine symmetris
he positive Matrix A sei L die dur
h
1 i j
L(v ) = v Aij v
2
222
denierte quadratis
he Form. Dann ist
(L )( ) = max
i 1 i j p==Av 1 ( 1
)ij j
L
v p i 2 ij 2 i
p v v A v p A p :
Eine quadratis
he Form geht unter der Legendre-Transformation wieder in eine quadrati
s
he Form über. Eine Anwendung ndet diese Formel in der Umre
hnung der kinetis
hen
Energie von Ges
hwindigkeits- auf Impulskoordinaten.
Nun wenden wir die Legendre-Transformation an, um die Lagrange-Funktion in die
Hamilton-Funktion umzuwandeln und umgekehrt. Es sei also L 2 C 1 (R ; Rqf R fq_ ) und
2
L
_i _j
q q
> 0 : (9.27)
wobei die maximierende Ges
hwindigkeiten q_i (t; q; p) dur
h Auösung der Glei
hungen für
die kanonis
hen Impulse,
zu bere
hnen sind. Die Hamilton-Funktion H ist ebenfalls C 1 . Daÿ H die glei
he Dieren
zierbarkeitsstufe wie L hat, folgt aus der Tatsa
he, daÿ die Abbildung
: R 2f ! R 2f ; ( ) !( )
q; v q; p
wegen (9.27) lokal invertierbar, und damit ein lokaler Dieomorphismus ist.
Na
h unseren allgemeinen Betra
htungen können wir aus der Hamilton-Funktion die La-
grange-Funktion zurü
kgewinnen,
(
L t; q; q_) = max
p i _i p q (
H t; q; p ) = i( p t; q; q _) _i
q (
H t; q; p t; q; q _) ; (9.30)
wobei die maximierenden kanonis hen Impulse pi (t; q; q_) dur h Auösung der Glei hungen
_ i = _i (
q q t; q; p )= H
(9.31)
p i
zu bere
hnen sind. Abs
hlieÿend bemerken wir, daÿ der kanonis
he Impuls pi im Allgemeinen
von dem kinetis
hen (me
hanis
hen) Impuls mq_i zu unters
heiden ist.
223
Dabei wird bezügli
h aller Bahnen im Phasenraum extremiert, wobei diese einen festen
d L = L ;
d L =
L
dt p_ i pi dt q_i q i
Wegen L=q = H=q sind dies gerade die Hamilton 's hen Bewegungsglei hungen,
H H
q_i = ; p_i = ; 9 34)
( .
pi q i
was zu zeigen war. Das Variationsproblem ist singulär, da die Determinante der Matrix der
det L_ q_
2 = q L _ p_
2 = q
= 0:
L_ q_
2 = p L _ p_
2 = p
q
B
B C
qf C
.
x=
p
= B
B C
p1 C
9 35)
( .
B
C A .
.
.
pf
Die kanonis hen Bewegungsglei hungen in sind von erster Ordnung in der Zeit,
Anfangspunkt x0 2 den Punkt x(t) 2 zuordnet, eine Abbildung des Phasenraumes auf
genau eine Tra jektorie. Die Bewegung in entspri ht also einer Strömung.
Hamilton 's he Systeme sind besonders einfa h. In diesem Fall ist der Fluÿ von einer spezi
ellen Form,
H H
q_ 0 1lf
x_ p_
= p
H = 1lf 0
q
H ; 9 37)
( .
q p
3 bei denen die Lips
hitzbedingung ni
ht erfüllt ist.
224
X H (x)
x0 x
X H (x)
x0 x
Abbildung 9.2: Die Lösungen sind Integralkurven zum Hamilton 's hen Vektorfeld X H.
x(t) = X H (x(t))
x(t)
Trajektorie Fluss
x(t 0 ) = x0
_ (t)
x = X H (t; x); wobei X H = J rx H; 9 38)
( .
J =
0 1lf ; 9 39)
( .
1l f 0
J
T J = JJT = 1l2 f; so daÿ J
T = J = J
1
und J
2
= 1l2 f: 9 40)
( .
Die Tangentialvektoren an einer Tra jektorie sind glei
h dem Hamilton's
hen Vektorfeld XH
längs der Tra jektorie und X H (x) ist glei
h der symplektis
hen Metrik J , angewandt auf den
225
Gradienten von H . Für ein autonomes System ist H konstant und jede Trajektorie liegt in
einer dur
h den Anfangspunkt x0 festgelegten Niveauä
he von H in , einer Energieä
he
des untersu
hten Systems.
Diese Glei
hung läÿt si
h mit Hilfe der Poisson Klammer, deniert dur
h
f
X F G F G
fF; Gg = q i pi pi q i
(9.44)
i=1
s
hreiben als
dF F
= fF; H g + : (9.45)
dt t
Vers
hwindet die Poisson-Klammer fF; H g einer ni
ht explizit zeitabhängigen Funktion F
mit der Hamilton-Funktion, so ist F ein Integral der Bewegung,
F
fF; H g = 0 () F Integral der Bewegung
t
=0: (9.46)
Falls die Hamilton-Funktion ni
ht explizit von der Zeit abhängt, ist sie eine Konstante der
Bewegung. Dieses bekannte Resultat führt auf die Erhaltung der Energie für abges
hlossene
Systeme.
Kanonis
he Glei
hungen: Wegen
q i q i
= Æij und =0
q j pj
226
ist die Zeitableitung der Observablen q i glei
h
_i = fqi ; H g =
H
q : (9.48)
p i
Ebenso ist die Zeitableitung der Impulse
_i = fpi ; H g =
H
p
i: (9.49)
q
Ni
ht unerwartet sind dies die bekannten kanonis
hen Bewegungsglei
hungen für die Koor
dinaten im Phasenraum.
Mit Hilfe der symplektis
hen Metrik in (9.39) kann die Poisson-Klammer von zwei Funk
tionen au
h folgendermaÿen ges
hrieben werden,
f
X 2f
X
f F; Gg= F G
i pi
F G
i =
F
J
G
rx rx
F J G: (9.50)
i=1 q p i q
; =1
x x
9.2.1 Poisson-Klammern
Die in (9.44) oder (9.50) eingeführten Poisson-Klammern sind über das Problem der zeit
li
hen Änderung einer Observablen hinaus von Bedeutung, da sie erlauben, die klassis
he
Me
hanik in einer Form darzustellen, wel
he den Zusammenhang zur Quantenme
hanik be
sonders klar aufzeigt. Wir geben daher im Folgenden eine Reihe wi
htiger Eigens
haften
der Poisson-Klammern an, wel
he die Bere
hnung von Klammerausdrü
ken erlei
htern. Es
seien F; G; H 2 C 1 ( ) und a die konstante Funktion. Dann gelten folgende Regeln:
227
Zum Beispiel ist
fF; fG; H gg = F J
GJ
Æ Æ H = F J
GJ
Æ Æ H + F J
GJ
Æ Æ H;
wozu wir die entspre
henden Terme in der zyklis
hen Summe ( . 9 54) addieren müssen,
:
(9 54) = F J
GJ
Æ Æ H + F J
GJ
Æ Æ H
+ GJ
HJ
Æ Æ F + GJ
HJ
Æ Æ F 9 55)
( .
+ HJ
F J
Æ Æ G + HJ
F J
Æ Æ G;
Wir betra
hten diejenigen Terme, wel
he zweite Ableitungen der Funktion F enthalten, also
:
(9 54) = GJ
HJ
Æ Æ F + HJ
F J
Æ Æ G + : : : :
Wählen wir für die Summationsindizes im letzten Term anstelle von ; ;
; Æ) die Bu
hsta
(
ben (
; Æ; ; ) und benutzen, daÿ J s
hiefsymmetris
h ist, so heben si
h diese beiden Terme
gegenseitig weg. Genauso heben si h die verbleibenden vier Terme in ( . 9 55) weg, und dies
werden oft als fundamentale Poisson-Klammern bezei hnet. Sie können mit Hilfe der sym
gebra ht werden.
Drehimpulse: Wir bere
hnen die Poisson-Klammern zwis
hen den Komponenten des Dre
himpulses,
fLi ; Lj g = ipq jrs fxp pq ; xr ps g = ipq jrs xr fxp ; ps g pq + xp fpq ; xr g ps
| {z } | {z }
Æps Æqr
= ipq jrp xr pq ipq jqs xp ps = xi pj xj pi ;
beziehungsweise
Das quantenme hanis he Analogon dieser Klammern ist der Ausgangspunkt für die Quanti
Als Anwendung der Ja obi's hen Identität folgt der Satz von Poisson:
Satz 6 (Poisson) Sind F und G Integrale der Bewegung, dann ist es au h fF; Gg.
228
Zum Beispiel: sind L1 und L2 Integrale der Bewegung, so ist au
h L3 ein Integral der
Bewegung. Der Beweis des Satzes ist denkbar einfa
h: Wegen der Ja
obi-Identität
ffF; Gg; H g + ff| H;{zF g}; Gg + ff| G;{zH g}; F g = 0 ! ffF; Gg; H g = 0 (9:54)
=0 =0
muÿ der erste Term auf der linken Seite vers
hwinden, was bedeutet, daÿ fF; Gg ein Integral
der Bewegung ist.
Wegen der Derivationsregel gilt aber au
h der
Satz 7 Sind F und G Integrale der Bewegung, dann sind au
h aF , F + G und F G Integrale
der Bewegung.
Beweis: Vers
hwinden die Klammern von F und G mit der Hamilton-Funktion, so ver
s
hwindet wegen (9.52) au
h die Klammer jeder Linearkombination von F und G mit H .
Mit der Derivationsregel gilt weiterhin
fF G; H g = (9:53)
F f| G;{zH g} + |fF;{zH g} G = 0:
=0 =0
Die Menge aller C -Integrale der Bewegung bilden einen Vektorraum, der bezügli
h der
1
punktweisen Multiplikation der Funktionen abges
hlossen ist, d.h. eine Algebra AH . Diese
Algebra ist abges
hlossen bezügli
h f:; :g (hier ist C nötig) und damit eine Lie-Algebra .
1
Sie ist ni
httrivial, da für autonome Systeme oensi
htli
h H 2 AH ist. Es kann allerdings
sein, daÿ AH nur Funktionen von H enthält. Dies ist zum Beispiel dann der Fall, wenn
jede Energieä
he (deniert dur
h H = E =
onst.) eine transitive Bahn enthält. Eine Bahn
heiÿt transitiv, wenn ihr Abs
hluss die ganze Energieä
he ist.
Für ein abges
hlossenes System (ohne äuÿere Kräfte und ohne äuÿere Zwangsbedingungen)
mit Hamilton-Funktion
H =
X
N
1 p + X V jr r j
2
(9.60)
i=1
2m i
i
i<j
ij i j
P
sowie der Drehimpuls im S
hwerpunktsystem, L = L R ^ P, Integrale der Bewegung,
0
i
fP ; H g = 0 ; fL ; H g = 0 a = 1; 2; 3;
a
0
a
(9.62)
Diese haben folgende Klammern untereinander,
fH; H g = fH; P g = fH; L g = 0 a
0
a
fP ; P g = fL ; P g = 0 ; fL ; L g =
a b
0
a b
0
a
0
b ab
L0
; (9.63)
229
und erzeugen eine Lie-Algebra AH . Aber AH ist ni
ht Abels
h, d.h. ni
ht alle Klammern
zweier Elemente aus AH vers
hwinden. Zum Beispiel ist fL01 ; L02 g = L03 . Aber die Funktionen
H; P ; a L3
0 und L0 2 = L02 + L02 + L02 (9.64)
1 2 3
haben alle vers
hwindende Klammern untereinander. In der analytis
hen Me
hanik zeigt
man, daÿ ein System mit f unabhängigen Integralen der Bewegung mit vers
hwindenden
Poisson-Klammern4 integrabel ist. Für Details verweise i
h auf das ausführli
he Lehrbu
h
von Marsden und Ratiu [11℄ über analytis
he Me
hanik.
Eine Motivation für die Untersu
hung von kanonis
hen Transformationen ist die Su
he na
h
neuen Koordinaten im Phasenraum
i = Qi (t; q; p) und = Pi (t; q; p); (9.65)
Q P i
so daÿ mögli
hst viele von ihnen zyklis
h werden.
Allerdings muÿ die Form der Hamilton-Glei
hungen beim Koordinaten-We
hsel erhalten
bleiben, denn zyklis
he Koordinaten sind ja gerade im Hamilton-Formalismus so auÿeror
dentli
h nützli
h. Wir brau
hen also neben den neuen Koordinaten (Q; P ) au
h no
h eine
Funktion H 0 , wel
he die Rolle der Hamilton-Funktion übernimmt. Wir denieren also
Denition: Die Transformation
Q
i
= Qi (t; q; p) ; Pi = Pi (t; q; p) (9.66)
0 0
heiÿt kanonis
h, falls eine Funktion H = H (t; Q; P ) existiert, so daÿ
0 0
_i = H
und _i = H
(9.67)
Q
P i
P
Q
i
gilt. Die kanonis
hen Glei
hungen sind forminvariant bei kanonis
hen Transformationen.
Für die folgende Diskussion ist es wieder angebra
ht die Orts- und Impulskoordinaten zu
sammenzufassen, insbesondere da kanonis
he Transformationen Orte und Impulse ineinander
transformieren können. Es sei also
x = (q; p) und y = (Q; P ); (9.68)
zwei Koordinatensysteme in . Eine zeitunabhängige umkehrbare Transformation x ! y =
y (x) ist einges
hränkt kanonis
h, wenn die kanonis
hen Glei
hungen
x_ =
X 2f
J
H J 2 = 1l
() H
=
X 2f
x_ ;
J (9.69)
=1 x x =1
4 und weiteren te
hnis
hen Annahmen über
230
die entspre
henden Glei
hungen in den neuen Koordinaten implizieren,
2f
X H 0
y_ = J mit H 0 (y ) = H x(y ) : (9.70)
y
=1
Die Transformation ist nur einges
hränkt kanonis
h, weil sie zeitunabhängig ist. Für sol
he
Transformationen ist die neue Hamilton-Funktion H 0 (y ) glei
h
der alten Hamilton-Funktion,
umgere
hnet in die neuen Koordinaten, H 0 (y ) = H x(y ) . Weiter unten in diesem Kapitel
werden wir allgemeinere zeitabhängige Transformationen untersu
hen, für wel
he dies ni
ht
mehr der Fall zu sein brau
ht.
Um festzustellen, für wel
he y = y (x) die Hamilton's
hen Bewegungsglei
hungen erfüllt
sind, müssen wir sie auf x Koordinaten umre
hnen:
X y :
(9 70) X H x :
(9 69) X x
x_ = y_ = J = J J x_ : (9.71)
x x y y
; ;;
Hier begegnen wir der Ja
obi-Matrix der als umkehrbar vorausgesetzten Transformation
x! y(x) und ihrer Inversen,
y x
= M und = M
1
: (9.72)
x y
Man zeigt lei
ht, daÿ das Produkt dieser Matrizen glei
h der Einheitsmatrix ist,
X X y x y
1
M M = = = Æ :
x y y
Mit diesen Denitionen der Ja
obi-Matrix und ihrer Inversen lauten die Bedingungen (9.71)
X X
M x_ = JM 1 TJ x_ :
Da diese Glei
hungen für beliebige Ges
hwindigkeiten x_ im Phasenraum gelten müssen,
s
hlieÿen wir mit J 2 = 1l
JM = M 1 T J:
231
3. Die Einheitsmatrix ist symplektis
h.
T J (M T T T
(M1 M2 ) 1 M2 ) =
| {z }
M2 M1 J M1 M2 = M2 J M2 = J;
genauso wie die dritte. Das Matrixprodukt ist assoziativ und es verbleibt der Beweis der
J = (M M
1 T
| {z }) (| {z }) =J MM
1
M
1T
M
T JM
| {z } M
1
= M
1T
JM
1
= ) M
1
2 S p(2f ):
J
1l 1l
M
1T
JM
1
= J = )
Inverse
MJ
1
M
T
= J
1
oder MJM
T
= J
folgt.
! (1 (x1 ; : : : ; x2f )
2f ) y ;:::;y bzw.
( 1
1
f)
q ;:::;q ! ( 1 f f
1
;p ;:::;p f) Q ;:::;Q ;P ;:::;P
ist einges hränkt kanonis h, falls ihre Ja obi-Matrix (9.72) symplektis h ist.
q ! Q = Q(q ) 9 75)
( .
Impulse,
p ! P = P (q; p) 9 76)
( .
sind ( . 9 75) und ( . 9 76) einges hränkte kanonis he Transformationen. Dies folgt aus der In
varianz der Lagrange -Glei hungen unter beliebigen Transformationen der Art ( . 9 75), und
somit na h der Legendre -Transformation au h der kanonis hen Glei hungen. Die Transfor
_)
X
f
L q_
i X L q
j X q
j
Pi = L(Q; Q =
j +
j = pj
i; 9 77)
( .
_ i _ i _ j
Q
j =1 |{z}
q_
|{z} Q
j
q
|{z}
Q
j
Q
pj qj =Qi =0
Die Klasse der kanonis hen Transformationen ist wesentli h gröÿer als ( . 9 75), insbesonde
re können au h Lagekoordinaten und Impulse vermis ht werden. Dies ist ein Vorzug der
Hamilton 's hen Formulierung der Me hanik. Zum Beispiel ist die Transformation
q
p
! Q
P
=
0
1l
1l
0
q
p
; bzw. y = J x; 9 78)
( .
232
wel
he die q und p vertaus
ht, kanonis
h, da
= J =) M T J M = J T J J = J
y
M =
x
ist. Das Beispiel verdeutli
ht, daÿ Koordinaten und Impulse 'austaus
hbar' und damit glei
h
bere
htigt sind. Beide Freiheitsgrade werden zu abstrakten Koordinaten, in denen si
h die
Hamilton-Funktion auf dem 2f -dimensionalen Phasenraum darstellen läÿt.
Es stellt si
h nun die natürli
he Frage, ob wir das glei
he Ergebnis erhalten, wenn wir
die Poisson-Klammern mit den ursprüngli
hen Variablen (q; p) bere
hnen oder den neuen
Variablen (Q; P ), die dur
h eine einges
hränkte kanonis
he Transformation aus den alten
Variablen hervorgingen. Es gilt der
Satz 8 Die Poisson-Klammer ist unabhängig vom Satz der kanonis
hen Variablen, der für
die Denition verwendet wird.
f y T
; y g =
y
J
Æ
T =
= M
J
Æ MÆ = J
y
x
xÆ
MJM
gilt nämli
h
x ! y = y(x) ist kanonis
h () fy; y g = fx ; x g = J ; (9.79)
wie behauptet. Nun nehmen wir an, daÿ
( ) ( )
f ( ) (
F q; p ; G q; p )gq;p
F x
J
G x
= H (q; p) (9.80)
x
x
für beliebige C 1 -Funktionen F und G auf gelte. Dabei wird die Klammer mit den alten
Koordinaten und der symplektis
hen Metrik J bere
hnet. Wir müssen die entspre
hende
Beziehung für die transformierten Funktionen zeigen, daÿ heiÿt wir müssen zeigen, daÿ
0 (y) 0 (y)
f F
0(Q; P ); G0 (Q; P )gQ;P F
J
G
= H 0 (Q; P ); (9.81)
y y
gilt, wobei F 0 ; G0 und H 0 die auf die neuen Variablen transformierten Funktionen F; G und
H sind. Zum Beispiel ist
F
0 (Q; P ) = F q(Q; P ); p(Q; P ) bzw. F
0 (y) = F x(y): (9.82)
Die Klammer in (9.81) wird mit den neuen Koordinaten und der symplektis
hen Metrik J
bere
hnet.
Der Beweis ist ni
ht sehr s
hwierig. Wir führen wieder die Koordinaten x = (q; p) und
y= (Q; P ) in ein und nden
0 0
0 0 gQ;P =
xÆ 1T
fF ;G
F
J
G
=
F x
J
G
=
F
M
1
JM
G
Æ xÆ
y y x
y y x Æ x
= fF; Ggq;p = H (q; p) = H 0 (Q; P );
F G
= J
Æ
x
xÆ
233
was zu zeigen war. Betra
hten wir zum Beispiel den anharmonis
hen Oszillator mit Hamil-
ton-Funktion
1 1
H = p2 + m! 2 q 2 + q 4
2m 2 4
H
q_ = fq; H g = m1 p =
p
H
p_ = fp; H g = m! 2 q q 3 =
q
: (9.83)
1 1
H 0
= Q2 + m! 2 P 2 + P 4 ;
2m 2 4
H
fQ; H g = m!2 P + P 3 =
0
Q_ =
0
P
H
fP; H g =
0
1
P_ =
0
Q = : (9.85)
m Q
Für die einfa
he lineare kanonis
he Transformation (9.84) sieht man sofort, daÿ die Bewe
gungsglei
hungen (9.83) und (9.85) für den anharmonis
hen Oszillator äquivalent sind.
Es gibt Re
henvors
hriften, wel
he erlauben, aus sogenannten erzeugenden Funktionen ka
nonis
he Transformationen abzuleiten. Der Vorteil liegt darin, daÿ diese Erzeugenden frei
wählbar sind, und es somit mögli
h ist, einfa
h auszuprobieren, ob eine gewisse Erzeugende,
bzw. die aus ihr abgeleitete kanonis
he Transformation die Bewegungsglei
hungen verein
fa
ht.
Aus dem Prinzip der kleinsten Wirkung im Phasenraum (9.32) folgt, daÿ die kanonis
hen
Bewegungsglei
hungen bei einer Transformation
und
H (t; q; p) ! H (t; Q; P )
0
(9.87)
Z hX i Z hX i
erhalten bleiben, falls die beiden Funktionale
f f
dt pi q_i H (t; q; p) und dt Pi Q_ i H (t; Q; P )
0
(9.88)
i=1 i=1
234
die glei
hen Extremalpunkte haben. Da beim Variieren der Funktionale nur Wege in mit
festen Anfangs- und Endorten zugelassen werden, sind die beiden Funktionale in (9.88) bis
auf eine Konstante glei
h, wenn die Integranden bis auf eine totale Zeitableitung überein
stimmen, d.h. falls
X X
pi q _i (
H t; q; p )= Pi Q _i H
0
(t; Q; P ) +
d
(
F t; q; p; Q; P )
dt
i i
oder au
h
X X
pi dq
i
(
H t; q; p dt ) = Pi dQ
i
H
0
(t; Q; P )dt + dF (t; q; p; Q; P ); (9.89)
i i
gilt. Hierbei ist die Ei
hfunktion F eine beliebige Funktion, die aber wegen (9.86) nur von
zwei der vier Variablensätze q; p; Q; P abhängt.
Na
h diesen Bemerkungen denieren wir nun eine Transformation als kanonis
h, wenn für
eine beliebige Hamilton-Funktion H (t; q; p) eine Hamilton-Funktion H (t; Q; P ) existiert 0
Die erzeugende Funktion F5 hängt nur von den konjugierten Variablen (q; p) ab, so daÿ wir
(9.90) wie folgt s
hreiben können
X
pi dq
i
Pi dQ
i
+ H
0
(t; Q; P ) (
H t; q; p ) dt
i
X F5 F5
F5
= i
dq
i
+ dpi + dt: (9.92)
q pi t
i
Das totale Dierential der Koordinate Qi können wir ums
hreiben unter Verwendung ihrer
Abhängigkeit von den Variablen (t; q; p),
X Qi Q
i
Q
i
dQ
i
= j
dq
j
+ dpj + dt
q pj t
j
235
Na
h Voraussetzung sind die q; p und damit au
h die dq; dp linear unabhängig und die
Koezienten von dq i und dpi müssen identis
h vers
hwinden. Wir erhalten na
h Koezien
tenverglei
h
F5 X
f
Q
j
i
= pi Pj
i
(9.93)
q q
j =1
F5 X
f
Q
j
= Pj (9.94)
pi pi
j =1
X
f
Q
j F5
H
0
= H + Pj + (9.95)
t t
j =1
Die Glei
hungen (9.93) und (9.94) stellen ein System von 2f gekoppelten Glei
hungen
dar, wel
hes na
h den neuen Koordinaten aufzulösen ist. Die gesu
hte Hamilton-Funktion
H (t; Q; P ) folgt dann aus (9.95) dur
h Einsetzen der Lösungen Q(t; q; p) und P (t; q; p), wo
0
bei die partielle Zeitableitung von F5 no
h beliebig gewählt werden kann. Die Funktion F5
erzeugt somit unendli
h viele kanonis
he Transformationen. Die Auösung des gekoppelten
Glei
hungssystems (9.93,9.94) kann jedo
h sehr aufwendig sein, da alle Glei
hungen die ge
su
hten Variablen Qi und Pi in ni
httrivialer Weise enthalten können. Dieser Sa
hverhalt
trit au
h auf die Erzeugende F6 (t; Q; P ) zu, da sie ebenfalls eine Funktion von konjugierten
Variablen ist.
Wir untersu
hen daher im Folgenden die Funktionen F1 ; : : : ; F4 und beginnen mit F1 (t; q; Q).
Für eine erzeugende Funktion von q und Q lautet (9.90)
f
X
i i 0
pi dq Pi dQ + (H H )dt = dF1 (t; q; Q)
i=1
f
X
F1 i F1 i F1
=
i
dq +
i
dQ + dt: (9.96)
q Q t
i=1
Wegen der Unabhängigkeit der dq; dQ und dt erhalten wir dur
h Koezientenverglei
h
F1 (t; q; Q)
pi =
i
(9.97)
q
F1 (t; q; Q)
Pi =
i
(9.98)
Q
F1 (t; q; Q)
H
0
= H + : (9.99)
t
Als Beispiel bere
hnen wir die von der erzeugenden Funktion F1 (q; Q) = Q=q auf einem
2-dimensionalen Phasenraum induzierte kanonis
he Transformation. Na
h (9.97) ist
F1 Q 2
p = =
2 und damit Q = q p;
q q
236
und na
h (9.98) ist
F1 1
P = = :
Q q
ist eine symplektis
he Matrix, M T J M = J , wie es für eine kanonis
he Transformation sein
muÿ.
Umgekehrt kann man aus einer bekannten Transformation, zum Beispiel aus
Q = log p und P = qp (9.100)
mit symplektis
her Ja
obi-Matrix die Erzeugende F1 bere
hnen. Mit p = exp(Q) führt die
allgemeine Beziehung (9.97) auf folgende Formel für F1 :
Z
Q
F1 (t; q; Q) = p(q; Q)dq + g (t; Q) = e q + g (t; Q):
na
h den Q (t; q; p) auf. Dana
h bere
hnet man die Ableitungen von F1 formal na
h den Qi
i
und setzt die bere
hneten Qi (t; q; p) in den gewonnenen Ausdru
k für die Pi ein, woraus si
h
die neuen Impulse Pi (t; q; p) ergeben.
Wir beginnen zunä
hst mit einer Funktion F2 (t; q; P ), die von den glei
hen Variablen ab
0
hängt wie die später zu denierende Funktion F2 . Eine Transformation (q; p) ! (Q; P ) ist
dann kanonis
h, wenn
X
f
i i
0 0
pi dq Pi dQ + (H H )dt = dF2 (t; q; P )
i=1
X F2
f
0
F2
0 F2
0
=
i
dq
i
+
i
dP
i
+ dt (9.102)
q P t
i=1
237
gilt. Wegen der Abhängigkeit Qi (t; q; P ) der neuen Koordinaten von den q i und Pi folgt
X Qi Q
i
Q
i
i j
dQ = dq + dPj + dt:
j
q Pj t
j
Dies setzen wir in (9.102) ein und verglei
hen die Koezienten, da die Dierentiale dq i ; dPi
und dt unabhängig sind. Der Verglei
h liefert
X j 0 X
Q F2 0 j
pi = Pj + = F2 + Pj Q
i i i
q q q
j j
X j 0 X
Q F2 0 j i
0 = Pj + = F2 + Pj Q Q
Pi Pi Pi
j j
X j 0 X
0
Q F2 0 j
H = H + Pj + = H + F2 + Pj Q ;
t t t
j j
wobei wir mehrfa
h die Unabhängigkeit der Variablen (q; P; t) benutzten. Dies Glei
hungen
führen uns ganz natürli
h auf die Denition
X
F2 (t; q; P ) =
0
F2 (t; q; P ) +
j
Pj Q : (9.103)
F2 (t; q; P )
Q
i
= (9.105)
Pi
F2 (t; q; P )
H
0
= H + ; (9.106)
t
Als Beispiel wollen wir wieder die Erzeugende F2 für die Transformation (9.100) bere
hnen.
Mit p = P =q erhalten wir dur
h Integration von (9.104)
Z
F2 (q; P ) = p(P; q )dq + g (P ) = P log q + g (P )
mit einer beliebigen, stetig dierenzierbaren Funktion g (P ) . Wir nutzen nun (9.105) um
zu bestimmen:
g (P )
F2 g (P )
Q = log p = = log q + :
P P
238
9.4.4 Zusammenhang zwis
hen den Erzeugenden
Wir wollen eine Beziehung zwis
hen denjenigen Erzeugenden F1 (t; q; Q) und F2 (t; q; P ) her
stellen, die zur selben kanonis
hen Transformation Anlass geben. Zum Beispiel, was ist der
Zusammenhang zwis
hen den Erzeugenden
F1 (q; Q)) = q exp(Q) und F2 (q; P ) = P log( P =q ) 1 (9.108)
in (9.101) und (9.107), die zur glei
hen kanonis
hen Transformation (9.100) gehören? Aus
den Denitionsglei
hungen (9.96) und (9.102) folgt sofort
d(F1
0
F2 ) =0 oder F1 =
0
F2 +
onst; (9.109)
wobei die Konstante als 0 angenommen werden kann. Mit (9.103) erhalten wir unter Benut
zung von (9.98) die Beziehung
f f
X (9:98) X F1
F2 (t; q; P ) =
0
F2 (t; q; P ) + Pi Q
i
= F1 (t; q; Q)
i
Q
i
(9.110)
Q
i=1 i=1
na
h den Qi aufzulösen und re
hts in (9.110) einzusetzen. Damit ist die erzeugende Funktion
F2 (t; q; P ) die Legendre-Transformierte von F1 (t; q; Q).
f
X
F1 F1 F1 F1
F4 (t; p; P ) = F1 (t; q; Q)
i
q
i
+
i
Q
i
; pi =
i
; Pi =
i
: (9.112)
q Q q Q
i=1
Die aus den Forderung (9.90) dur
h Koezientenverglei
h folgenden Verknüpfungen sind in
der folgenden Tabelle zusammengefasst:
Übersi
ht
Erzeugende Ableitungen Einfa
her Fall
F1 (t; q; Q) p = + F1 = q P = F1 = Q F1 = qQ; Q = +p; P = q
F3 (t; p; Q) q = F3 = p P = F3 = Q F3 = pQ; Q = q; P = p
239
Die neue Hamilton-Funktion bere
hnet si
h gemäÿ
Fi
H 0 (t; Q; P ) = H (t; q; p) + (9.113)
t
aus der alten. Für zeitunabhängige, d.h. einges
hränkte kanonis
he Transformationen ist die
Hamilton-Funktion selbst eine sogenannte kanonis
he Invariante , d.h. H = H . Als kanoni 0
s
he Invarianten bezei
hnen wir Gröÿen, wel
he si
h bei kanonis
hen Transformationen ni
ht
ändern. Zum Beispiel ist die Formulierung der Dynamik mit Hilfe der Poisson-Klammern
bei zeitunabhängigen Transformationen kanonis
h invariant. In der Tat gilt sogar der
ist genau dann kanonis
h, wenn die fundamentalen Poisson-Klammern in den neuen Va
riablen erfüllt sind, d.h.
Dieser Satz ist oft hilfrei h wenn man prüfen will, ob eine Transformation kanonis h ist.
Das Theorem von Liouville bietet eine eleganten Einstieg in die statistis
he Me
hanik.
Um den Zustand eines me
hanis
hen Systems als Punkt im Phasenraum festlegen zu
240
können, muÿ man die Anfangsbedingung (q 1 ; : : : ; q f ; p1 ; : : : ; pf ) zur Lösung der kanonis
hen
Glei
hungen exakt kennen, was für makroskopis
he Systeme von etwa N 1023 Teil
hen
praktis
h unmögli
h ist. Hinzu kommt, daÿ es für sol
h komplizierte Systeme illusoris
h wäre,
die Lösungen der Bewegungsglei
hungen explizit zu bere
hnen5 . Als eine weniger genaue,
aber für viele wi
htige Fragen dur
haus genügende Zustandsbes
hreibung, bietet si
h dann
die Angabe der Wahrs
heinli
hkeit (t; q; p) = (t; x) an, mit der das System si
h zur Zeit
t am Punkt x = (q; p) 2 bendet. Etwas genauer: Ist ein Gebiet im Phasenraum,
dann ist
Z Z f
Y
w() = d q d p (t; q; p) =
f f
d2fx (t; x); d2fx = dfq dfp = dq i dpi ; (9.120)
i=1
die Wahrs
heinli
hkeit dafür, das System zur Zeit t im Gebiet zu nden. Insbesondere
werden wir die Normierungsbedingung
Z
w( )= d2fx (t; x) = 1 (9.121)
verlangen müssen. Kennt man , so kann man den Erwartungswert einer Observablen F :
! R als Mittelwert bere
hnen,
Z
hF i = d2fx (t; x)F (t; x): (9.122)
Wenn die mittlere quadratis
he Abwei
hung (F )2 = hF 2 i hF i2 genügend klein ist, so
kann man den Mittelwert (9.122) mit dem makroskopis
hen Messwert identizieren.
In der statistis
hen Physik entspri
ht der Wahrs
heinli
hkeitdi
hte ein Ensemble: Man
ersetzt das tatsä
hli
he System, dessen Anfangsbedingungen man nur ungenau (unvollstän
dig) kennt, oder dessen genaue Anfangsbedingungen irrelevant sind, dur
h einen groÿen
Satz glei
hartiger Systeme (dur
h ein Ensemble) mit vers
hiedenen, jeweils genau spezi
zierten Anfangsbedingungen, in Einklang mit den makroskopis
hen Kenntnissen über das
tatsä
hli
he System. Jedes Mitglied des Ensemble wird dur
h einen Punkt im Phasenraum
repräsentiert, das Ensemble also dur
h eine Ansammlung von Punkten in , deren Verteilung
dur
h die Punkts
hwarmdi
hte (Wahrs
heinli
hkeitsdi
hte) gegeben ist.
Nun ändern si
h alle Systeme (repräsentiert dur
h Punkte im Phasenraum) gemäÿ den
Bewegungsglei
hungen, die Punkte im Phasenraum
bewegen si
h. Dadur
h verändert si
h
die anfängli
he6 Punkts
hwarmdi
hte 0; x(0) zu t; x(t) . Es stellt si
h die Frage, wel
her
Bewegungsglei
hung die Punkts
hwarmdi
hte genügt. Hierzu betra
hten wir ein Gebiet
im Phasenraum und die Wahrs
heinli
hkeit dafür, daÿ zur Zeit 0 ein System des Ensemble
in liegt,
Z
w() = d2fx (0; x): (9.123)
Die Trajektorien jedes einzelnen Systems genügen den kanonis
hen Glei
hungen mit den
Anfangsbedingungen
x(0) = x0 : (9.124)
5 Die besten numeris
hen Codes bewältigen einige Millionen Teil
hen.
6 Als Anfangszeit wählen wir t0 = 0.
241
Dur
h die zeitli
he Entwi
klung errei
hen die Punkte in neue Stellen x(t). Insgesamt
gesehen wird dadur
h zur Zeit 0 in eine neue Untermenge t zur Zeit t überführt. Die
Wahrs
heinli
hkeit, daÿ im Ensemble zur Zeit t der Punkts
hwarm in t liegt, ist
Z
w(t ) = d2fx (t; x): (9.125)
t
Der Liouville's
he Satz besagt nun, daÿ die beiden Wahrs
heinli
hkeiten (9.123) und
(9.125) glei
h sind, da keine S
hwarmpunkte im Phasenraum erzeugt oder verni
htet wer
den,
Z Z
d2fx 0 (0; x0 ) = d2fx (t; x): (9.126)
t
Wir wollen aus dieser Bedingung eine Dierentialglei
hung für die S
hwarmdi
hte ableiten.
Als Vorbereitung betra
hten wir den Fluÿ des Hamilton's
hen Vektorfeldes XH = J rx H ,
3 x0 ! x = x(t; x0 ) 2 ; x(0; x0 ) = x0 ; x_ (t; x0 ) = XH x(t; x0 ) ; (9.127)
und zeigen, daÿ für jede feste Zeit die Abbildung x(t; :) : ! kanonis
h ist. Wir müssen
also zeigen, daÿ die Ja
obi-Matrix
x
(t; x0 )
M = (9.128)
x0
für alle Zeiten symplektis
h ist. Für t = 0 ist x = x0 und entspre
hend ist x(0; :) die identis
he
Abbildung, wel
he natürli
h symplektis
h ist. Die zeitli
he Variation der Matrixelemente
M ist
d x H 2 H x
= x_ = J = J
dt x0 x0 x0 x x x x0
und lautet in Matrixform
d 2H
M = JH M mit H =
00 00
= (H )T :
00
(9.129)
dt x x
Es folgt, daÿ M T JM zeitunabhängig ist,
d (9:129)
M T JM = (M T H 00 J T )JM + M T J (JH M ) = M T H M
00 00
M T H 00 M = 0;
dt
wobei wir die Symmetrie von H und die Eigens
haften J 2 =
00
1l sowie J T J = 1l der
symplektis
hen Metrik ausnutzten. Damit gilt
(M T JM )(t) = (M T JM )(0) = J; (9.130)
d.h. die Ja
obi-Matrix des Flusses ist eine symplektis
he Matrix, was zu zeigen war. Der
Fluÿ zu XH ist damit eine kanonis
he Abbildung. Insbesondere ist die Determinante der
Ja
obi-Matrix des Hamilton's
hen Flusses glei
h Eins, det M = 1. Es folgt unmittelbar,
daÿ
Z Z x
(t; x)
d2fx (t; x) = d2fx0 t; x(t; x0 ) det
t x0
Z
= d2fx0 t; x(t; x0 ) (9.131)
242
gilt, und insbesondere au
h
Z Z
V (t ) = d2fx = d2fx0 = V (): (9.132)
t
Das Volumen eines beliebigen Gebietes im Phasenraum bleibt erhalten, wenn si
h die Punkte
seiner Begrenzung entspre
hend den Hamilton-Glei
hungen bewegen. Der Fluÿ im Phasen
raum entspri
ht demna
h dem einer inkompressiblen Flüssigkeit. Der Grund für die Inkom
pressibilität des Flusses ist die Quellenfreiheit des Hamilton's
hen Vektorfeldes,
H
divXH = J = 0: (9.133)
x x
Der Hamilton's
he Fluÿ hat also weder Quellen no
h Senken.
p p
∆t
q q
Abbildung 9.4: Links: Entwi
klung eines Gebietes in . Das Volumen von ist glei
h demjenigen
von t . Re
hts: Der Fluÿ ist inkompressibel.
Zur Illustration betra
hten wir wieder einmal den harmonis
hen Oszillator mit Masse m und
Kreisfrequenz ! . Die Trajektorien im Phasenraum wurden im Abs
hnitt (3.3.2) bere
hnet,
q (t)
p(t)
= sin
os !t m! sin !t
os !t
q0
p0
= M (t) pq0 :
!t=m! 0
Es sind Ellipsen und diese sind in der Abbildung (3.10) dargestellt. Oensi
htli
h ist M eine
symplektis
he Matrix. In der folgenden Abbildung sieht man das Bild des Re
hte
ks auf
der re
hten Seite na
h einem A
htel und einem Viertel der Periode des Oszillators. Einzelne
Punkte bewegen si
h auf Ellipsen. Dies ist für einige Punkte in der Figur angedeutet. Der
zur Zeit t = 0 beinahe quadratis
he Berei
h wird bei der Bewegung aller seiner Punkte wie
angedeutet verzerrt.
Mit diesen Vorbereitungen sind wir nun in der Lage die Glei
hung für die zeitli
he Änderung
der Wahrs
heinli
hkeitsdi
hte abzuleiten. Benutzen wir nämli
h (9.131) in (9.126) dann
folgt
Z Z
d2fx0 (0; x0 ) = d2fx0 t; x(t; x0 ) (9.134)
für alle Zeiten. Wir leiten na
h der Zeit ab und nden, da die linke Seite zeitunabhängig ist,
Z Z Z
d2fx0 t; x(t; x0 ) d2fx0 d2fx0
d d
0= = t; x(t; x0 ) = + f; H g :
dt dt t
243
p ∆
∆ T/4
∆ T/8
Abbildung 9.5: Der Hamilton's he Fluÿ des harmonis hen Oszillators im Phasenraum .
Diese Glei
hung muÿ für beliebige Untermengen des Phasenraumes gelten, und es folgt
die Liouville- Glei
hung
d
dt
= f; H g +
t
= 0: (9.135)
Sie gibt an, wie si
h die Wahrs
heinli
hkeitsdi
hte an einem festen Punkt im Phasenraum
ändert: die Änderung ist proportional zur Poisson-Klammer der Di
hte mit der Hamil-
ton-Funktion.
Zur Erläuterung dieser wi htigen Glei hung s hreiben wir sie um. Mit
2
x
_ = x
x
J
H
x
+ J x x
H
=
x
J
H
x
= f; H g
| {z }
=0
kann die Liouville-Glei
hung (9.135) au
h als Kontinuitätsglei
hung im Phasenraum ver
standen werden,
i
t
+
div x_ = 0 mit _ = pq__i
x (9.136)
als Ges
hwindigkeit im Phasenraum. Das Liouville-Theorem läÿt si
h dann - analog zur
Ladungserhaltung in der Elektrodynamik - als Erhaltung der Zahl der das Ensemble reprä
sentierenden Punkte im Phasenraum interpretieren: Na
h (9.136) kann si
h diese Zahl in
einem Berei
h im Phasenraum nur dadur
h ändern, daÿ Punkte des S
hwarms hinein-
bzw. herauswandern.
Für die Glei hgewi htsthermodynamik sind stationäre Verteilungen von Interesse,
t
= 0: (9.137)
f; H g = 0; (9.138)
= Æ(H E ; ) (9.139)
244
was als mikrokanonis
hes Ensemble bezei
hnet wird. Beim diese Ensemble ist die Gesamt
energie des Systems genau bekannt. Da hier nur von der Hamilton-Funktion abhängt,
ist na
h der Produktregel für die Poisson-Klammern die Glei
hung (9.138) oensi
htli
h
erfüllt.
Falls das System mit einem 'Wärmereservoir' Energie austaus
ht und nur seine mittlere
Energie hH i bekannt ist, wird zu
exp H=kT ; (9.140)
was als kanonis
hes Ensemble bezei
hnet wird. Hier kann T mit der makroskopis
hen Tem
peratur des Systems identiziert werden, während k die Boltzmann-Konstante bezei
hnet.
Daneben treten in der statistis
hen Physik no
h weitere Ensemble auf, die jeweils dadur
h
harakterisiert werden, ob eine thermodynamis
he Observable exakt oder im Mittel erhal
ten ist. Zu den vers
hiedenen Ensembles gehören thermodynamis
he Potentiale, die dur
h
Legendre-Transformationen auseinander hervorgehen.
Die Koordinaten x(t) = q (t); p(t) im Phasenraum
harakterisieren den Zustand des Sy
stems zu einem Zeitpunkt t = t0 vollständig. Ist x(t0 ) bekannt, so kann die Bewegungsglei
hung mit diesem Anfangspunkt eindeutig gelöst werden. Im folgenden wählen wir t0 = 0.
Wie wir im letzten Abs
hnitt gesehen haben, läÿt si
h der Zusammenhang von x(t) und x(0)
als eine spezielle, explizit zeitabhängige kanonis
he Transformation auassen,
q (t) ! Q t; q(t); p(t) = Q
p(t) ! P t; q(t); p(t) = P: (9.141)
mit der Umkehrung
Q ! q(t; Q; P ) = q(t)
P ! p(t; Q; P ) = p(t): (9.142)
Wenn Q und P konstant sind, dann darf die transformierte Hamilton-Funktion H (t; Q; P )
0
weder von Q no
h von P abhängen. Mit Hilfe einer Erzeugenden, die explizit von der Zeit
abhängt, können wir sogar H = 0 errei
hen. Unter einer kanonis
hen Transformation mit
0
Die eigentli
he Aufgabe besteht jetzt also darin, eine geeignete Erzeugende der gesu
hten
kanonis
hen Transformation zu nden, also derjenigen Transformation, wel
he das zeitli
h
veränderli
he x(t) auf seinen Anfangswert x(0) zurü
kführt.
245
9.6.1 Die Prinzipalfunktion F2 (t; q; P )
Wir wählen eine Erzeugende vom Typ F , d.h. ein F (t; q; P ). Dann ist
2 2
F (t; q; P ) F (t; q; P )
pi = 2
und Qi = : 2
(9.144)
q i Pi
Dies setzen wir in den Ausdru
k für die transformierte Hamilton-Funktion H (t; Q; P ) ein, 0
t q t
Wir erhalten also eine ni
htlineare partielle Dierentialglei
hung für F , die sogenannte 2
Die additive Konstante f ist ni
ht interessant und kann Null gesetzt werden. Es bleiben
+1
f Integrationskonstanten übrig. Wir wählen eine sol
he Darstellung der Lösung, daÿ die
Konstanten gerade die (konstanten) kanonis
hen Impulse Pi sind. Die so gewonnene Funktion
F nennt man Prinzipalfunktion oder au
h Hamilton's
he Wirkungsfunktion . Man benutzt
2
Nun wollen wir einen Lösungsweg der Hamilton-Ja
obi-Glei
hung betra
hten. Wir gehen
von der Glei
hung (9.145) aus
S S
H t; q; + = 0; S = S (t; q; P ); (9.148)
q t
d.h. S soll gerade so bestimmt werden, daÿ H (t; Q; P ) 0
= 0 gilt und die neuen Orte und
Impulse damit zeitunabhängig werden,
Q_ i = 0; i = 1; : : : ; f (9.149)
P_i = 0; i = 1; : : : ; f: (9.150)
Übli
herweise bezei
hnet man die Konstanten i Pi (t) = Pi (0). Wenn man die Hamilton-
Ja
obi-Glei
hung gelöst hat, dann löst man die Beziehungen
S (t; q; P )
Qi = =
onst (9.151)
Pi
na
h den q i (t) auf, d.h. man erhält q i (t) als Funktion der Anfangswerte Qi und Pi . Die pi (t)
ergeben si
h aus
S (t; q; P )
pi = ; (9.152)
qi
246
wobei die q
i
(t) entspre
hend dem vorherigen S
hritt dur
h Q und P und t ausgedrü
kt
werden.
Die Erzeugende S (t; q; P ) als Lösung der zeitabhängigen Hamilton-Ja
obi-Glei
hung läÿt
si
h physikalis
h interpretieren. Hierzu betra
hten wir deren totale Zeitableitung, die mit
der Lagrange-Funktion identiziert werden kann:
dS (t; q; P ) X S
f
S
S (9:152;9:150;9:148) X f
=
i
q_
i
+ P_
i + = pi q_
i
H = L: (9.153)
dt q Pi t
i=1 i=1
Die Integration von (9.153) zeigt, daÿ die Erzeugende S (t; q; P ) bis auf eine Integrations
konstante die Wirkung entlang einer Bahnkurve darstellt. Deshalb wird sie häug au
h als
Hamiltons
he Wirkungsfunktion bezei
hnet.
Es stellt si
h die Frage: Wie kann man die Hamilton-Ja
obi-Glei
hung lösen? Zunä
hst
betra
hten wir ein abges
hlossenes System mit H = H (q; p). Wir fordern
S
H (q; p) = : (9.154)
t
heiÿt
harakteristis
he Funktion . Sie gehor
ht der zeitunabhängigen Hamilton-Ja
obi-Glei
hung
W
H q; = H
0
(P ): (9.156)
q
W (q; P )
pi =
i
: i = 1; : : : ; f: (9.158)
q
Es gibt keinen lei
ht übers
haubaren Satz von Bedingungen dafür, daÿ si
h diese Glei
hung
(9.156) lei
ht7 lösen läÿt.
Au
h die
harakteristis
he Funktion W (q; P ) hat eine physikalis
he Bedeutung, die derjeni
gen der Wirkungsfunktion S (t; q; P ) sehr ähnli
h ist. Für die totale Zeitableitung erhalten
wir
dW (q; P )
X W f
W
(9:150;(9:158)) X
f
=
i
q_
i
+ P_
i =
i
pi q_ ; (9.159)
dt q Pi
i=1 i=1
W (q; P ) =
i
pi q_ dt = pi dq :
i
(9.160)
i=1 i=1
247
9.6.2 Beispiele
erhält man dann ungekoppelte Glei
hungen für jedes q i . Wi
htig dabei ist, daÿ die einzelnen
Wi von allen Pj abhängen können, also ni
ht nur von Pi abhängen. Setzen wir unseren
q
i
Wir greifen einen beliebigen Term in der Summe heraus, z.B. denjenigen mit i = j ,
Wj
X
f Wi
j 0 i
Hj q ; = H (P ) Hi q ; :
q
j q
i
i=1
i=j
6
Die beiden Seiten hängen von vers
hiedenen Variablen ab und müssen daher konstant sein.
Wir nennen diese Konstanten jeweils hj (P ). Ohne Bes
hränkung der Allgemeinheit können
wir die einzelnen Separationskonstanten hj (P ) mit den neuen Impulsen identizieren,
hi (P ) = Pi ; i = 1; : : : ; f: (9.164)
wobei deren Summe gemäÿ (9.163) die Energie des Systems ergibt,
X
f
H
0
(P ) = Pi : (9.165)
i=1
Diese f Dierentialglei
hungen hängen jeweils nur von einer Ortskoordinate ab, wohl aber
von allen Konstanten Pi .
248
Beispiel: Eindimensionale Potentialprobleme. Wir untersu
hen die Hamilton-Ja
obi-Glei
hung
für das eindimensionale Potentialproblem mit Hamilton-Funktion
p2
H= + V (q ): (9.167)
2m
Da die Hamilton-Funktion ni
ht explizit von der Zeit abhängt läÿt si
h die Zeitabhängigkeit
abspalten. Die entspre
hende zeitunabhängige Hamilton-Ja
obi-Dierentialglei
hung für
die Prinzipalfunktion lautet
1 W 2
+ V (q ) = H (P ); (9.168)
0
2m q
wobei die Separationskonstante H (P ) als Energie des Systems mit dem neuen Impuls als
0
ist die Hamilton-Ja
obi-Glei
hung eine gewöhnli
he Dierentialglei
hung und läÿt si
h
lösen,
Z
W p p
= 2 m[P V (q)℄ =) W (q) = m[P
2 V (q)℄dq
q Z
p
S = m[P
2 V (q)℄dq P t: (9.169)
Die Ableitung dieser Erzeugenden Funktion na
h dem neuen Impuls liefert die neue Koordi
nate
Z
S mdq
Q= = q t (9.170)
P 2m P
V (q)
ist diese Auösung sogar analytis
h mögli
h. Das Integral (9.170) ndet si
h in jeder besseren
Formelsammlung8
r
1m!2
Q= ar
sint: q (9.172)
! 2P
249
Für p in (9.171) erhalten wir dann
q p
2
p= 2mP 2mP sin (!t + !Q) = 2mP
os(!t + !Q): (9.174)
Die Funktionen q (t) und p(t) in (9.173) und (9.174) bes
hreiben Bahnen des harmonis
hen
Oszillators im Phasenraum. Dabei sind die Integrationskonstanten Q und P proportional
zur Phase und Amplitude der S
hwingungen des Oszillators.
Bisher wurde die
harakteristis
he Funktion W (q; P ) nur als Bestandteil der Hamilton's
hen
Wirkungsfunktion S (t; q; P ) betra
htet. Wir können aber W (q; P ) als Erzeugende einer ei
genen, zeitunabhängigen kanonis
hen Transformation auassen. Es folgt mit (9.143) und
(9.156), daÿ die neue Hamilton-Funktion folgende Form hat
W (q; P ) W (q; P )
H (Q; P ) = H q;
0
+ = H (P1 ; : : : ; Pf );
0
(9.175)
q i | t{z }
=0
so daÿ die verallgemeinerten Koordinaten Qi zyklis
h sind. Die neuen kanonis
hen Glei
hun
gen
H 0 (P ) H 0 (P )
Q_ i = und P_i = =0 (9.176)
Pi Qi
lassen si
h unmittelbar integrieren
H 0
Qi (t) = t + Qi ; Pi (t) = Pi ; i = 1; : : : ; f: (9.177)
Pi
Die zu den zyklis
hen Koordinaten Qi kanonis
h konjugierten Impulse sind Erhaltungsgrö
ÿen. Damit haben wir eine kanonis
he Transformation auf Wirkungs- und Winkelvariablen
gefunden. Diese werden häug über die Diskussion (zeitli
h oder räumli
h) periodis
her
Bewegungen eingeführt. Derartige Bewegungen lassen si
h als Bewegungen auf Kreisen oder
höherdimensionalen Tori darstellen. Die Winkelvariablen, für die man in der Regel den Bu
h
staben benutzt, entspre
hen Polarwinkeln. Die Wirkungsvariablen, die man übli
herweise
mit J bezei
hnet, entspre
hen den von den Bahnen im Phasenraum einges
hlossenen Flä
hen. Wesentli
h ist, daÿ die transformierte Hamilton-Funktion H (; J ) ni
ht mehr von 0
Da die Ji aber zeitli
h konstant sind, sind au
h die !i zeitli
h konstant. Damit wird
i (t) = !i (J ) t + i (0): (9.180)
250
Die Bewegung ist also dur
h 2f Konstanten, die Ji und die i (0),
harakterisiert. Ein me
hanis
hes System für das si
h eine Transformation auf Wirkung- und Winkelvariable nden
läÿt, heisst integrabel . Anstelle von integrabel verwendet man au
h die Bezei
hnung lösbar.
Integrabel sind zum Beispiel
alle Systeme mit nur einem Freiheitsgrad und hinrei
hend oft dierenzierbarer Hamil-
ton-Funktion,
Im nä
hsten Semester wird eine Vorlesung Me
hanik II gelesen, in der allgemeinere dyna
mis
he Systeme behandelt werden. Trotz der S
hönheit und Eleganz der Hamilton's
hen
Me
hanik sollte man ni
ht vergessen, daÿ diese nur für reibungsfreie Systeme gilt. In der
Menge der makroskopis
hen Systeme, deren Bewegung si
h dur
h die Wirkung von Kräften
bes
hreiben läÿt, stellen die Hamilton's
hen Systeme eine kleine Teilmenge dar. Die moder
ne Theorie der dynamis
hen Systeme ist viel umfassender als die Hamilton's
he Theorie.
Anderseits ist Reibung ein Begri, der in wirkli
h fundamentalen Theorien der Physik keinen
Platz hat. Alle fundamentalen We
hselwirkungen der Physik, also Elektrodynamik, s
hwa
he und starke We
hselwirkung und die Gravitation, sind reibungsfrei und passen wunderbar
in das Gebäude der Hamilton's
hen Me
hanik.
In dieser Vorlesung wurde die relativistis
he Me
hanik ni
ht behandelt. Dies wurde nur teil
weise aus Zeitgründen unterlassen. An unserer Fakultät werden regelmäÿig Wahlvorlesungen
über spezielle Relativitätstheorie gelesen, in denen die relativistis
he Me
hanik einen breiten
Raum einnimmt.
251
Index
259
mit Zwangsbedingungen, 176 Gesamtimpuls, 94
Ensemble Ges
hwindigkeit, 27, 34
kanonis
hes, 245 Gewi
ht, 52
mikrokanonis
hes, 245 Glei
hgewi
ht, 65
Erde instabiles, 67
rotierende, 53 stabiles, 66
gröÿen, 34 Gradient, 41
sätze, 56 in Kugelkoordinaten, 45
Erhaltungsgröÿen, 196 in Zylinerkoordinaten, 45
Erwartungswert, 241 Gravitation, 107
erzeugende Funktion, 234, 235 Gravitationskonstante, 107
F1 (t; q; Q), 236 Gravitationskraft, 25, 107
F2 (t; q; P ), 237
Fixpunkt Hodographen, 36
Flä
hensatz, 58
Fluÿ, 224 Impuls, 46
Folgenräume, 212 kanonis
her, 217, 223
Fré
hetableitung,212 me
hanis
her, 223
Impulserhaltung, 95, 199
179
Freiheitsgrade,
Impulssatz, 47, 56, 94
Frenets
he Formeln, 37
Inertialsysteme, 25
Freqenz, 67
integrables System, 251
Fundamentallösungen, 71
Integrale der Bewegung, 100
Fundamentals
hwingungen, 104
isoperimetris
he Probleme, 208
Galileigruppe, 32
Galileis
hes Relativitätsprinzip, 32 Ja
obi-Identität, 227
Galileitransformation, 32 Ja
obis
he Funktionen, 153
Jordan
spezielle, 28
Gangpolkegel, 149 Basis,79
geodätis
he Linien, 203 Blo
k,79
Matrix, 79
Gesamtdrehimpuls, 96
Gesamtenergie, 99 körperfestes System, 136
260
kanonis
he Invariante, 240 Lapla
eoperator, 43
kanonis
he konjugierte Variable, 218 in Kugelkoordinaten, 45
kanonis
he Transformation in Zylinderkoordinaten, 45
einges
hränkte, 230 Lebesqueräume, 212
kanonis
he Transformationen, 230 Legendre-Transformation, 220
Kegels
hnitte, 109 Leistung, 60
Kepler Gesetz Levi-Civita Tensor, 40
drittes, 111 lex
zweites, 58 prima, 18
Keplerproblem, 107 se
unda, 46
kinetis
he Energie, 60 tertia, 48
Koordinate Lie-Algebra, 229
zyklis
he, 184 Liouville-Glei
hung, 244
Koordinaten Liouvilles
her Satz, 240
kartesis
he, 22 Lo
us, 191
krummlinige, 37 Lorentzkraft, 60, 193
verallgemeinerte, 179
zyklis
he, 183 Maÿstab, 20
Krümmung, 36 Masse
Krümmungsradius, 36 reduzierte, 104
Kraft, 46, 47 s
hwere, 48
äuÿere, 48, 93 träge, 47
dissipative, 62, 99 Massendi
hte, 95
innere, 93 Massenmittelpunkt, 94
konstante, 63 Massenpunkt, 26
Kraftstoÿ, 117 Matrix
Kreisbahn, 111 Exponentialfunktion, 74
Kreisel, 134, 188 Mehrkörpersysteme, 93
kräftefreier, 147, 148 metris
her Tensor, 39
s
hwerer, 190
s
hwerer symmetris
her, 163 Nebenbedingung
symmetris
her, 146 siehe Zwangsbedingung, 166
unsymmetris
her, 146 Niveauä
he, 62
unsymmetris
her freier, 153 Nordpol
Kreisfrequenz, 67 geometris
her, 151
Kugelkoordinaten, 44 kinematis
her, 151
Kugelkreisel, 146 Norm, 211
Normalkoordinaten, 66, 79
Längenmessung, 21 Normals
hwingungen, 104
Lagrange-Funktion, 192 normierter Raum, 211
Lagrange-Glei
hungen Nutation, 149, 151, 191
erster Art, 175
zweiter Art, 179, 182 orthogonale Gruppe, 30
Lagrangefunktion, 182 Ortsvektor, 22
Lagranges
he Me
hanik, 179 Oszillator
Lagranges
he Multiplikatoren, 168 harmonis
her, 65
Elimination, 177
parabolis
he Bahn, 111
Langrangeglei
hungen
Pendel
Forminvarianz, 195
gekoppelte, 101
Langranges
he Multiplikatoren, 208
261
physikalis
hes, 134 Rutherfordstreuung, 123
sphäris
hes, 167, 179
sympathis
her, 102 Säkularglei
hung, 102
Periodendauer, 67 Satz
Phase, 67 Existenz einer Jordan-Basis, 79
Phasen von Cayley-Hamilton, 77
bahn, 67, 68 von Euler, 31
portrait, 68 von Gauss, 41
vers
hiebung, 86 von Liouville, 240
Phasenraum, 218, 224 von Stokes, 42
Planetenbahnen Satz von Noether, 197
gebundene, 111 Satz von Steiner, 144
Poinsot Konstruktion, 147 S
heinkraft, 49, 51
Poissonklammer, 226, 227 S
hmiegebene, 37
Polbahn, 148 S
hwebung, 103
Potential, 61 S
hwerpunkt, 94
Coulomb, 108 S
hwerpunktsatz, 95, 104
eektives, 105 S
hwerpunktsystem, 95, 135
Newtons
hes, 108 S
hwingungen
Potentialkraft, 60, 98 erzwungene, 83
potentielle Energie, 61 S
hwungrad, 141
Präzession Skalarprodukt, 21
reguläre, 192 Spatprodukt, 23
Präzessionskegel, 150 Spektraldarstellung, 92
Prinzipalfunktion, 246 Spektralzerlegung, 91
Produkt spezielle orthogonale Gruppe, 30
s
hiefes, 23 Spurbahn, 148
skalares, 21 Spurkegel, 149
Produktregel, 227 Stabilität des Kreisels, 152
Pseudovektor, 58 starre Körper, 133
Punktteil
hen, 26 Bewegungen von, 135
Stoÿparameter, 113
Rü
kwirkung, 93 Streuprozeÿ, 118
Randwertproblem, 210 Streuung
Rastpolkegel, 149, 150 elastis
he, 117
Raum Streuwinkel, 113, 119
absoluter, 19 Stromdi
hte, 121
Raumspiegelung, 30 Superpositionsprinzip, 48
Raumzeit-Modelle, 19 Symmetrien, 34, 196
Reibungskraft, 68 symplektis
he Gruppe, 231
Relativges
hwindigkeit, 118 symplektis
he Matrix, 231
Relativkoordinate, 118 symplektis
he Metrik, 225
Relaxationszeit, 72, 86
Resolvente, 88 Teil
henbahnen
Resolventenglei
hung, 89 in krummlinigen Koordinaten, 43
Resonanz, 86 Thetafunktionen, 155, 157
Rollpendel, 183 Torsion einer Kurve, 37
Rotation, 42 Trägheitskraft, 51
in Kugelkoordinaten, 45 Trägheitsmoment, 140
in Zylinerkoordinaten, 45 Trägheitsmomente
262
Beispiele, 144
Trägheitsprodukte, 140
Trägheitstensor, 139
Trajektorie, 224
Translation
räumli
he, 28
zeitli
he, 28
Variation, 202
Variationsre
hnung, 201
Vektorprodukt, 23
Vektorraum, 21
Basis, 21
virtuelle Verrü
kung, 175
Volumenform, 40
Windung einer Kurve, 37
Winkelges
hwindigkeit, 50
Winkelmessung, 21
Winkelvariable, 250
Wirkung, 209
Wirkungsfunktion, 246
Wirkungsquers
hnitt, 121
dierentieller, 122
totaler, 122
Wirkungsvariable, 250
Zeit
absolute, 19
Zeitbegri, 24
Zentralkraft, 57, 96
Zentrifugalbarriere, 106
Zentrifugalkraft, 52
Zentrifugalmomente, 140
Zentripedalkraft, 52
Zerfall, 114
Zwangsbedingung, 166
äuÿere, 175
anholonome, 173
holonome, 173
innere, 175
rheonome, 174
skleronome, 174
Zwangskraft, 166, 168
äuÿere, 167
innere, 167
Zweikörperproblem, 104
Zykloide, 205
Zylinderkoordinaten, 44
263