Tobial Kollmann E-Business

Das könnte Ihnen auch gefallen

Als pdf oder txt herunterladen
Als pdf oder txt herunterladen
Sie sind auf Seite 1von 1055

Tobias Kollmann

E-Business
Grundlagen elektronischer Geschäfts-
prozesse in der Digitalen Wirtschaft
7. Auflage
E-Business
Tobias Kollmann

E-Business
Grundlagen elektronischer Geschäfts­
prozesse in der Digitalen Wirtschaft
7., überarbeitete und erweiterte Auflage
Tobias Kollmann
Lehrstuhl für E-Business
und E-Entrepreneurship
Universität Duisburg-Essen
Essen, Deutschland

Ergänzendes Material zu diesem Buch finden Sie auf http://extras.springer.com.

ISBN 978-3-658-26142-9 ISBN 978-3-658-26143-6  (eBook)


https://doi.org/10.1007/978-3-658-26143-6

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detail-
lierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Springer Gabler
© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2007, 2007, 2009, 2011, 2013, 2016, 2019
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht
ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags.
Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die
Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.
Die Wiedergabe von allgemein beschreibenden Bezeichnungen, Marken, Unternehmensnamen etc. in diesem
Werk bedeutet nicht, dass diese frei durch jedermann benutzt werden dürfen. Die Berechtigung zur Benutzung
unterliegt, auch ohne gesonderten Hinweis hierzu, den Regeln des Markenrechts. Die Rechte des jeweiligen
Zeicheninhabers sind zu beachten.
Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informationen in
diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag, noch
die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des
Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und
Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral.

Lektorat: Barbara Roscher

Springer Gabler ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH und ist ein
Teil von Springer Nature
Die Anschrift der Gesellschaft ist: Abraham-Lincoln-Str. 46, 65189 Wiesbaden, Germany
Vorwort V

Vorwort zur 7. Auflage

Warum sollte man sich mit dem Buch „E-Business“ in der nun vorliegenden 7. Auflage
befassen und sich durch die inzwischen über 1.000 Seiten rund um digitale Geschäftspro-
zesse und -modelle arbeiten? Die Antwort ist klar: Damit man sich im Hinblick auf eine
wirkliche Kompetenz und echtes Fachwissen von denen unterscheidet, die nur mit Buzz-
words um sich werfen. Digital Leadership bedeutet heute, dass man den Dreiklang der
Digitalen Transformation aus Wollen, Können und Machen beherrscht. In allen drei Be-
reichen beobachtet man gerade in Deutschland aber auf allen Management-Ebenen immer
noch erhebliche Defizite! Nicht alle „Wollen“ sich mit digitalen Veränderungen ausein-
andersetzen, nur wenige haben wirklich das fundierte Wissen für das „Können“ und es
scheitern immer noch zu viele an dem „Machen“ und damit an der konkreten Umsetzung
von digitalen Projekten. Aber nur, wenn alle drei Bereiche gleichermaßen betrachtet wer-
den und wirksam zusammenkommen, kann eine Digitale Transformation und Digitale In-
novation für Deutschland im Hinblick auf Industrie, Mittelstand und Startups gelingen.
Im Hinblick auf das „Wollen“ muss man es direkt am Anfang deutlich sagen: Digitalisie-
rung bedeutet Veränderung! Und die muss man eben zunächst einmal wirklich „wollen“.
Viele Verantwortliche tun sich hier schon schwer, denn eigentlich wollen sie von ihrem
Erfahrungswissen und den erarbeiteten Positionen weiter so profitieren wie in der Ver-
gangenheit. Das führt aber in der Regel zu einer Verteidigungshaltung, einem Festklam-
mern am Status Quo, und das funktioniert angesichts der tiefgreifenden Veränderungen
durch die Digitalisierung nicht mehr. Denn diese werden von außen aggressiv an die Un-
ternehmen herangetragen und können nicht von innen heraus verwaltet werden. Hinzu
kommt, dass in den meisten Anreiz- und Belohnungssystemen von Geschäftsführern und
Vorständen die Ergebniszahlen aus dem laufenden Stammgeschäft im Vordergrund ste-
hen, nicht die mutige und risikoreiche Ausrichtung auf neue digitale Geschäftsmodelle.
Dadurch verkümmern viele vermeintliche Digitalisierungsoffensiven zu einer reinen IT-
Automatisierung, um vorhandene Prozesse noch effizienter zu machen. Das Ergebnis sind
dann eher inkrementelle statt disruptive Fortschritte.
Auch dass der Mensch – insbesondere mit zunehmendem Alter – Veränderungen grund-
sätzlich eher kritisch gegenübersteht, hilft beim dynamischen Thema Digitalisierung über-
haupt nicht weiter, da die Veränderung ja gerade ihr wesentliches Merkmal ist. Wo früher
Erfahrung ein wesentliches Qualitätsmerkmal war, ist es heute der Faktor Ausprobieren.
Das bedingt aber Entscheidungen unter Unsicherheit und dafür sind die aktuellen Struk-
turen unserer Wirtschaft zu wenig ausgelegt. Es widerspricht auch der deutschen Kultur
der klaren Planung und mehr oder weniger abgesicherten Prognose. Wer allerdings wirk-
lich digital sein will, muss die Veränderungen im Kopf starten. Also wollen! Das Digital
Mindset ist die erste wesentliche Komponente für einen echten Digital Leader. Dabei ist
das freiwillige Wollen allemal besser, als von neuen digitalen Wettbewerbern dazu ge-
zwungen zu werden.
VI Vorwort

Nach dem Wollen stellt sich schnell die zweite Frage, nämlich die nach dem „Können“.
Digitale Veränderungen sind kein technischer Knopf, den man einfach so drücken kann.
Es geht vielmehr um das konkrete Wissen und das zugehörige Know-how rund um eine
digitale Wertschöpfung. Die Grundlagen der digitalen Ökonomie sind unerlässlich für
jeden Manager. Neben Fach- und Sozialkompetenz wird er künftig zwingend auch Digi-
talkompetenz brauchen, um unternehmerisch führen zu können. Und das gilt nicht nur
für die Führungsetagen, sondern für jeden Mitarbeiter im Unternehmen. Digitale Werte,
digitale Wertschöpfung, digitale Wertschöpfungsketten als Grundlage digitaler Geschäfts-
modelle müssen jedem in Fleisch und Blut übergehen. Alle wirtschaftlichen Aktivitäten
sind immer auch von einer digitalen Handelsebene aus zu betrachten und alle Maßnahmen
ganzheitlich zwischen einem analogen und einem digitalen Handelsraum zu bedenken.
Untersuchungen haben gezeigt, dass das Wissen rund um digitale Technologien, digitale
Ökonomie und digitale Märkte auf allen Arbeitsebenen und in den Führungsetagen nicht
besonders ausgeprägt ist. Nur durch konkrete Aus- und Weiterbildung lässt sich dieser
Zustand ändern. Das Können ist daher die zweite wesentliche Komponente, die einen Di-
gital Leader ausmacht – aber auch diese Digital Skills sind bei vielen deutschen Unter-
nehmen kritisch zu sehen. Genau an diesem Punkt will das vorliegende Werk „E-Busi-
ness“ ansetzen und auch weiterhin als das führende Lehrbuch im deutschsprachigen
Raum einen einzigartigen Gesamtüberblick zu wirklich allen Themen und Facetten rund
um die Digitale Wirtschaft schaffen. Kein anderes Lehrbuch hat es vor diesem Hinter-
grund geschafft, sich weit über 10 Jahre lang so konsequent aufzubauen, zu erweitern und
zu strukturieren, wie dieses. Es ist und bleibt der perfekte und umfassendste Einstieg in
die digitale Geschäftswelt mit allen Grundlagen, Plattformen und Geschäftsmodellen aus
technischer und managementorientierter Perspektive. Ein echter „Allrounder“ für das E-
Business, wie vielleicht der „Wöhe“ für die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre.
Was letztlich aber auch zählt, ist die konkrete Umsetzung digitaler Projekte und damit
das „Machen“. Alle Beteiligten werden daran gemessen, was konkret passiert und wie das
Unternehmen und seine Mitarbeiter auf diesem Weg mitgenommen werden. Dabei stehen
die drei „digitalen P“ im Mittelpunkt: Prozesse, Produkte und Plattformen sowie deren
Aufbau und Gestaltung. Die Automatisierung von Prozessen ist eine schlichte Notwen-
digkeit, ebenso die Beantwortung damit zusammenhängender Fragen wie Digital Custo-
mer Journey, Dynamic Pricing, Interaktives Bestellwesen, Tracking und so weiter. Dane-
ben wird die Digitalisierung der Produkte eine immer wichtigere Rolle spielen: Sensoren,
Internet der Dinge, künstliche Intelligenz und Fernwartung sind hierzu nur einige Stich-
worte. Nicht außer Acht gelassen werden darf aber auch der Aufbau digitaler Plattformen,
denn diese haben sich als überlegenes Geschäftsmodell im Netz erwiesen. Leider haben
wir derzeit keine echten digitalen Weltmarktführer aus Deutschland und kaum welche
aus Europa, was zu dem Schluss führt, dass es auch mit dem Machen in unseren Breiten-
graden nicht weit her ist. Die Digital Execution ist aber die dritte wesentliche Kompo-
nente, die einen Digital Leader auszeichnet und auch hierfür gibt es im Rahmen des Pro-
jektmanagements in jedem Kapitel konkrete Hinweise in diesem Lehrbuch, so dass auch
Praktiker wertvolle Anregungen finden sollten.
Vorwort VII

Fazit: Da die Digitalisierung nicht mehr aufzuhalten ist, müssen wir das digitale Zeitalter
aktiv gestalten und gemeinsam das Deutschland 4.0 für unsere digitale Wirtschaft bauen.
Dies wird abhängig sein von einem Digital Mindset (Wollen), den zugehörigen Digital
Skills (Können) sowie der Digital Execution (Machen), und damit von den Digital Lea-
dern, die unsere Unternehmen ins digitale Zeitalter führen. Das Lehrbuch „E-Business“
möchte für alle drei Bereiche einen Impuls setzen. Zunächst soll es die Chancen und Mög-
lichkeiten der Digitalisierung hervorheben und somit das „Wollen“ motivieren. Es setzt
den Hebel aber natürlich insbesondere beim zweiten Aspekt an und möchte gerade das
notwendige „Wissen“ vermitteln, damit ein erfolgreiches „Können“ mit klaren Hinweisen
auf ein zugehöriges Projektmanagement wahrscheinlicher wird. Dafür wurden erneut alle
Kapitel überarbeitet und aktuelle Entwicklungen wie u. a. Künstliche Intelligenz (KI),
Blockchain, Datenschutz (DSGVO) usw. einbezogen. Aktuelle Praxisbeispiele sowie ein-
mal mehr neue Klausur- und Übungsaufgaben wurden ebenso aufgenommen. Daneben
gibt es nun die Möglichkeit, sich selbst im Hinblick auf das eigene „Digital Leadership“
zu testen. Dafür gibt es nun im Internet den neuen begleitenden Digital Leadership Index
(www.digital-leadership-index.de), bei dem man über einen Fragebogen seine eigene Fä-
higkeit im Hinblick auf die drei Attribute Digital Mindset, Digital Skills und Digital Exe-
cution kostenlos einschätzen kann. Dieses Tool wird auch für Unternehmen im Rahmen
einer Gesamtanalyse der vorhandenen Mitarbeiter angeboten, um eine übergreifende Ein-
schätzung für die „Digital Readiness“ abgeben zu können. Hinzu kommt ein neuer be-
rufsbegleitender Studiengang zum „E-Business-Leader“ (www.e-business-leader.de)
mit Zertifikat der Universität Duisburg-Essen, bei dem sich die Teilnehmer die Kompe-
tenzen für die Unternehmensführung im digitalen Zeitalter erarbeiten können.
Die Zielgruppe des Lehrbuchs sind weiterhin Dozenten und Studierende der Studien-
richtungen Betriebswirtschaftslehre und Wirtschaftsinformatik/Informatik, die sich mit
den Themen E-Business bzw. E-Commerce oder jetzt auch M-Commerce bzw. T-Com-
merce, (E-)Entrepreneurship, Marketing und Innovationsmanagement beschäftigen. Prak-
tiker, Politiker, Berater und Investoren, die sich mit Geschäftsmodellen bzw. -prozessen
in der Digitalen Wirtschaft oder im Rahmen der Digitalen Transformation befassen oder
dort bereits tätig sind, erhalten wertvolle Anregungen. Insbesondere ist das Lehrbuch aber
auch weiterhin die Basis für den berufsbegleitenden Studiengang zum zertifizierten „E-
Business-Manager“ (www.e-business-manager.de). Dieser bietet den Teilnehmern als
berufsbegleitendes Fernstudium die einmalige Möglichkeit, die Grundlagen elektroni-
scher Geschäftsprozesse und -modelle in den Bereichen Einkauf (E-Procurement), Ver-
kauf (E-Shop) und Handel (E-Marketplace) im Blended-Learning-Verfahren zu erlernen.
Schon über 140 erfolgreiche und zufriedene Absolventen aus allen Branchen haben hier-
von Gebrauch gemacht! Daneben gibt es weiterhin die Möglichkeit, die Grundlagen (Ka-
pitel 1) aus diesem Lehrbuch auch mit einem Online-Kurs zu begleiten. Dieses E-Busi-
ness-Seminar (www.e-business-seminar.de) ist ein Premium-Angebot im Internet mit ei-
ner aufwendigen Produktion der Lerninhalte in Text, Bild, Ton, Video, Animation, inter-
aktiven Grafiken usw. Aufgeteilt in sechs Kapitel mit vielen interessanten Medien und
VIII Vorwort

Inhalten erhalten die Teilnehmer das Rüstzeug für einen erfolgreichen Weg durch die Di-
gitale Wirtschaft bequem für zu Hause oder Ihren Arbeitsplatz. Durch das cloudbasierte
Angebot lernt man zeit- und ortsunabhängig. Die professionell aufbereiteten Inhalte und
attraktive Medienformate machen Spaß und vermehren nochmals das Wissen.
Ferner bietet der Autor unter der Marke „netSTART – WE START YOUR E-BUSINESS”
(www.netstart.de) ein umfassendes Angebot von Keynotes, Vorträgen, Seminaren und
Workshops zu den Themen Digitale Innovation, Digitale Transformation und Digitale
Wirtschaft an. In der Kombination aus dem Vortragsangebot und den Weiterbildungskur-
sen ist auch die „netSTART-Academy“ entstanden (www.netstart-academy.de). Das re-
sultierende Aus- und Weiterbildungssystem für das Digitale Zeitalter bietet als Baukasten
das Wissen und die Kompetenz für die Digitale Transformation und die Digitale Wirt-
schaft an. In diesem Zuge bieten wir nun auch den Unternehmen erstmalig an, nicht nur
die eigenen Mitarbeiter weiterzubilden, sondern auch über die Bereitstellung eines neuen
netSTART-Stipendiums (www.netstart-stipendium.de), mit talentierten Nachwuchskräften
in Kontakt zu kommen.
Mein besonderer Dank für die Unterstützung bei der Fertigstellung dieses Werkes gilt
erneut den wissenschaftlichen Mitarbeitern meines Lehrstuhls, die unter der zugehörigen
Marke „netCAMPUS – WE START YOUR E-ENTREPRENEURSHIP“ (www.netcampus
.de) nun schon seit 18 Jahren mit mir gemeinsam Forschung und Lehre für die Digitale
Wirtschaft betreiben. Dazu zählen in diesem Auflagen-Durchgang Herr Simon Hensellek,
Frau Katharina de Cruppe, Herr Philipp Jung und Herr Lucas Kleine-Stegemann. Weiter-
hin möchte ich mich sehr bei Herrn Ingo Kummutat für die Betreuung der zugehörigen
Webplattform und meinem Sekretariat mit Frau Denise Goldkuhle für die Korrekturarbei-
ten bedanken. Auch die studentischen Hilfskräfte haben sich mit den Recherche- und um-
fangreichen Layout-Arbeiten für dieses Werk verdient gemacht. Mein besonderer Dank
gilt aber erneut meiner lieben Frau Frauke Stefanie und meinen beiden Söhnen Kilian und
Niklas, die mir einen vorbehaltlosen Rückhalt bieten. Sie sind Ansporn und Erfüllung zu-
gleich und geben meinem Leben einen Sinn.
Essen, im Frühjahr 2019
Tobias Kollmann
Universität Duisburg-Essen, Campus Essen
Lehrstuhl für E-Business und E-Entrepreneurship
Internet: www.netcampus.de / www.netstart.de
Universitätsstrasse 9, D – 45141 Essen
E-Mail: [email protected]
Facebook: www.facebook.de/prof.tobias.kollmann
LinkedIn: www.linkedin.com/in/tobiaskollmann
Xing: www.xing.com/profile/tobias_kollmann
Twitter: www.twitter.com/prof_kollmann
Vorwort IX

Vorwort zur 6. Auflage

Ein Gegensatz zwischen „realer“ und „virtueller“ Welt existiert nicht – so lautet ein
Grundsatz der Digitalpolitik der Bundesregierung. Deswegen sind Digitaler Wandel, Di-
gitale Transformation, Digitale Wirtschaft, Digitale Gesellschaft, Digitale Zukunft und
viele andere „Digitalthemen“ kein Sonderfeld oder gar nur ein vorübergehendes, tagespo-
litisches Momentum, sondern die elementare Herausforderung für Politik, Wirtschaft
und Gesellschaft für diese und die nächsten Generationen. Die zugehörigen Veränderun-
gen sind dabei leider kein „technischer Knopf“, den man so einfach drücken kann, sondern
in erster Linie ein „evolutionärer Kopf“, der benötigt wird, um digitale Geschäftsprozesse
und -modelle wirklich zu verstehen und anzugehen. Es geht dabei nicht um ein wenig
mehr IT in den Unternehmen unter dem Deckmantel „Industrie 4.0“ und auch nicht um
ein Mehr oder Weniger an Bandbreite in der Spitze der digitalen Infrastruktur. Es geht um
das digitale Know-how für die Entwicklung, den Aufbau und den Betrieb von elektroni-
schen Wertschöpfungen in Online- und Offline-Geschäftsmodellen. Dieses digitale
Know-how bildet sich in den Köpfen der handelnden Akteure und da gibt es massiven
Nachholbedarf! In diesem Zusammenhang lassen folgende Meldungen die Alarmsirenen
für unsere Wirtschaft laut aufheulen:

„ Alarmsirene Nr. 1: Laut Vodafone Institute Survey will kaum ein junger Deutscher
seine Karriere in der Digitalen Wirtschaft machen oder etwa in einem zugehörigen
Startup arbeiten. 33 % der Deutschen im Alter zwischen 18 und 30 Jahren schließen
eine Karriere in der Digitalen Wirtschaft für sich aus. Umgekehrt beantworten nur
13 % der Befragten die Frage nach einem möglichen Berufseinstieg im digitalen Sek-
tor mit einem eindeutigen Ja. 70 % der ‚Digital Natives‘ in Deutschland kann sich
zudem nicht vorstellen, für ein Startup zu arbeiten oder gar ein Unternehmen der
Digitalen Wirtschaft zu gründen (77 %). Das bedeutet, wir werden nicht nur kurzfris-
tig, sondern auch mittel- und langfristig nicht über ausreichend „Digitale Köpfe“ als
Manager für etablierte Unternehmen sowie Gründer für Startups verfügen.

„ Alarmsirene Nr. 2: In der Studie „Digital Business Readiness“ von Crisp Research
gaben über 50 % der Befragten im deutschen Mittelstand an, dass sie noch keine
umfassende Digitalstrategie besitzen und Pläne allenfalls auf dem Papier existieren.
Gleichwohl gaben fast 75 % der Mittelständler an, dass der Digitale Wandel großen
Einfluss auf ihre Unternehmensstrategie habe und IT-Expertise als unerlässliche
Qualifikation angesehen werde. Vor diesem Hintergrund gab der Deutschland-Chef
von Dimension Data, Sven Heinsen, im Handelsblatt zu Protokoll: „Vielen Unterneh-
men mangelt es neben den finanziellen oft auch an personellen Ressourcen, um den
digitalen Wandel intern voranzutreiben.“ Und BDI-Chef Ulrich Grillo ergänzte an
gleicher Stelle, „dass der deutsche Mittelstand in Schwierigkeiten geraten werde,
sollten sich die Firmen der Digitalisierung verweigern.“ Das bedeutet, wir haben zu
X Vorwort

wenig Fachkräfte und Manager, die als „digitale Köpfe“ die bestehenden KMU-Un-
ternehmen auf den Online-Wettbewerb ein- bzw. umstellen.

„ Alarmsirene Nr. 3: Die Manager in den Chefetagen der klassischen Industrie unter-
schätzen immer noch den Einfluss von digitalen Geschäftsprozessen und -modellen
auf das reale Kerngeschäft. Google arbeitet schon heute an Produkten für die Auto-
mobil-, Medizin- und Energieindustrie. Facebook und andere Startups bereiten welt-
weite Finanzprodukte vor, die auch für die heimische Versicherungs- und Finanzbran-
che zum Problem werden könnten. Schon heute kann man über GMAIL von Google
sein Geld als Überweisung versenden. Auch das Transportwesen mit Uber, die Le-
bensmittelbranche mit Amazon Fresh und viele andere werden betroffen sein. Wenn
es diesen Schwergewichten aus dem Online-Bereich gelingt, die digitalen Wertschöp-
fungsprozesse mit den dahinterliegenden realen Produkt- und Plattformentscheidun-
gen zu verbinden, dann werden Nachfrageströme umgeleitet, neue Handelsstruktu-
ren etabliert und die Wahl zu eigenen Endgeräten diktiert. Das bedeutet, wir haben
zu wenig visionäre Manager und Konzernlenker, die als „digitale Köpfe“ unsere
Industrie durch die Digitale Transformation führen können.

Im Ergebnis bedeutet dies, dass wir uns aufgrund der fehlenden „digitalen Köpfe“ auf
folgende Probleme für die deutsche Wirtschaft einstellen müssen: 1. Unsere heimische
Startup-Szene wird weiterhin viele Digitale Innovationen verpassen und sich an den
Vorgaben aus dem Silicon Valley orientieren. Eigene digitale Weltmarktführer werden so
nicht entstehen. 2. Unser Mittelstand als oft zitiertes Rückgrat der Wirtschaft wird die
notwendige Digitale Transformation weiter unterlassen oder notgedrungen hinaus-
schieben. Das werden viele nicht überleben, Arbeitsplätze werden verloren gehen und da-
mit Substanz in unserem größten Wirtschaftssektor. Und 3. Unsere klassische Industrie
unterschätzt weiter den Digitalen Wettbewerb(er) und bleibt in der vermeintlich noch
sicheren realen Komfortzone anstatt eigene elektronische Wertschöpfungsprozesse als di-
gitale Geschäftsmodelle zu integrieren. Dass die notwendigen Maßnahmen und Instru-
mentarien nicht da wären, kann kaum einer bestreiten und die Maßnahmen im Bereich
Kapital oder Kooperation könnten wir ohne weiteres in den Griff bekommen. Aber es
mangelt offenbar vor dem Hintergrund der beschriebenen Alarmsirenen gerade an der An-
zahl, dem Willen, dem Mut oder dem zugehörigen Know-how in dem Bereich „Köpfe“
auf allen Ebenen. Im Ergebnis lauten die drei größten Baustellen für die Digitale Wirt-
schaft: Fehlende Gründer von neuen digitalen Unternehmen; fehlende Fachkräfte für not-
wendige Digitalisierung im Mittelstand; fehlende Manager mit einer digitalen Strategie in
der Industrie.
In einer Rede am 27.10.2015 im Rahmen der gemeinsamen deutsch-französischen Kon-
ferenz zur Digitalen Wirtschaft im Élysée-Palast zu der sowohl der Staatspräsident der
Französischen Republik François Hollande als auch die deutsche Bundeskanzlerin Angela
Merkel eingeladen hatte, richtete der Autor des Buches die folgenden Worte an Sigmar
Gabriel, Bundesminister für Wirtschaft und Energie und Emmanuel Macron, Minister für
Wirtschaft, Industrie und Digitales in Frankreich: „Wissen ist nun einmal auch für die
Vorwort XI

Digitale Welt die notwendige Basis für den Einsatz und die kompetente Nutzung von
digitalen Technologien, die Entwicklung von neuen innovativen Online-Startups sowie
die Digitale Transformation unserer klassischen Industrie und unserem Mittelstand.“ Vor
diesem Hintergrund soll die vorliegende 6. Auflage des Lehrbuchs „E-Business“ einen
erneuten Beitrag dazu leisten, das dringend benötigte Know-how für die Digitale Wirt-
schaft aufzubauen. Dafür wurden erneut alle Kapitel überarbeitet und aktuelle Entwick-
lungen u.a. in den Bereichen Digitale Transformation (z. B. Big Data, Internet of Things,
Industrie 4.0), M-Commerce (z. B. Mobile Couponing, Mobile Marketing, Mobile Pay-
ment) und der sozialen Netzwerke (z. B. Social Media Commerce, Social Media Marke-
ting, Open Innovation) einbezogen. Aktuelle Praxisbeispiele sowie neue Klausur- und
Übungsaufgaben wurden ebenso aufgenommen. Da sich inzwischen im sprachlichen Ge-
brauch der Begriff „Digitale Wirtschaft“ durchgesetzt hat, wurde auch der Titel dement-
sprechend angepasst.
Die Zielgruppe des Lehrbuchs sind weiterhin Dozenten und Studierende der Studien-
richtungen Betriebswirtschaftslehre und Wirtschaftsinformatik/Informatik, die sich mit
den Themen E-Business bzw. E-Commerce oder jetzt auch M-Commerce bzw. T-Com-
merce, (E-)Entrepreneurship, Marketing und Innovationsmanagement beschäftigen. Prak-
tiker, Politiker, Berater und Investoren, die sich mit Geschäftsmodellen bzw. -prozessen
in der Digitalen Wirtschaft oder im Rahmen der Digitalen Transformation befassen oder
dort bereits tätig sind, erhalten wertvolle Anregungen. Insbesondere ist das Lehrbuch aber
auch die Basis für einen neuen berufsbegleitenden Studiengang geworden. Unter dem
Titel „E-Business-Manager“ (www.e-business-manager.de) bietet der Autor mit Beginn
eines jeden Semesters nun auch einen Zertifikatskurs an der Universität Duisburg-Essen
an, der es den Teilnehmern als Fernstudium ermöglicht, die Grundlagen elektronischer
Geschäftsprozesse und -modelle in den Bereichen Einkauf (E-Procurement), Verkauf (E-
Shop) und Handel (E-Marketplace) mit Hilfe von E-Learning-Komponenten zu erlernen.
Ferner bietet der Autor unter der Marke „netSTART – WE START YOUR E-BUSINESS”
(www.netstart.de) ein umfassendes Angebot von Keynotes, Vorträgen, Seminaren und
Workshops zu den Themen Digitale Innovation, Digitale Transformation und Digitale
Wirtschaft an. Über 200 Unternehmen, von der klein- und mittelständigen Firma bis hin
zum Großkonzern, haben in den letzten zehn Jahren von diesem Angebot Gebrauch ge-
macht, darunter namhafte Vertreter von Konzernen und KMUs, Verlagen, Banken, Bil-
dungseinrichtungen und Hochschulen, Interessensvertretungen und politischen Parteien
bzw. Organisationen, Messen, Seminarveranstaltern, Berufsverbänden, Clubs, Kunden-
versammlungen, Initiativkreisen, Medienunternehmen usw.
Mein besonderer Dank für die Unterstützung bei der Fertigstellung dieses Werkes gilt
erneut den wissenschaftlichen Mitarbeitern meines Lehrstuhls, die unter der zugehörigen
Marke „netCAMPUS – WE START YOUR E-ENTREPRENEURSHIP“ (www.netcampus
.de) nun schon seit 15 Jahren mit mir gemeinsam Forschung und Lehre für die Digitale
Wirtschaft betreiben. Dazu zählen in diesem Durchgang Herr Dr. Christoph Stöckmann,
Herr Simon Hensellek, Frau Julia Kensbock, Frau Jana Linstaedt und Frau Anika Peschl.
Ein besonderer Dank gilt weiterhin Herrn Alexander Michaelis, der sich insbesondere um
XII Vorwort

das Kapitel „E-Company“ verdient gemacht hat. Weiterhin möchte ich mich sehr bei
Herrn Ingo Kummutat für die Betreuung der zugehörigen Webplattform und auch bei
Herrn Sven Ueberdick für die umfangreichen Layout-Arbeiten bedanken. Mein besonderer
Dank gilt aber erneut meiner lieben Frau Frauke Stefanie und meinen beiden Söhnen Ki-
lian und Niklas, die mir einen vorbehaltlosen Rückhalt bieten. Sie sind Ansporn und Er-
füllung zugleich und geben meinem Leben einen Sinn.
Essen, im Frühjahr 2016
Tobias Kollmann

Vorwort zur 5. Auflage

„E-Commerce hat im Jahr 2012 weltweit die magische Umsatzgrenze im B2C-Bereich


von 1 Billion US-Dollar geknackt. Damit konnten die Erlöse um 21,1 % im Vergleich zu
2011 gesteigert werden. (Marktforschungsinstitut eMarketer)“ – Das war (mal wieder)
eine TOP-Meldung zum Jahreswechsel, die einmal mehr dokumentiert, dass E-Com-
merce und das übergeordnete E-Business weiter an wirtschaftlicher Kraft gewonnen hat
und die Net Economy längst zu einer der wichtigsten Branchen geworden ist. Auch wenn
dieses Wachstum vor allem auf Nordamerika und den asiatisch-pazifischen Raum zu-
rückzuführen ist, so haben auch in Deutschland 2012 knapp die Hälfte der Einwohner
schon online eingekauft. Die das E-Business repräsentierende IT- oder eben in Erweite-
rung besser die IKT-Branche (Informations- und Kommunikationstechnologien) ist in
den letzten Jahren vor diesem Hintergrund zu einem bedeutenden Faktor der deutschen
Wirtschaft geworden. So wird in Deutschland nach Informationen des Bundesministeri-
ums für Wirtschaft und Technologie (2012) laut Monitoring-Report Digitale Wirtschaft
2012 im IKT-Bereich von rund 843.000 Beschäftigten ein Umsatz von 222 Mrd. Euro
erwirtschaftet. Sie hat damit eine höhere Wertschöpfung als der deutsche Automobilbau
und ist umsatzstärker als der Maschinenbau. Die reine Internetwirtschaft erreicht zudem
einen Umsatz von 75 Mrd. Euro und ist damit größer als die Elektrotechnik.
So ist es nicht verwunderlich, wenn die Prognosen für die Net Economy weiter positv
sind. In vier Jahren wird beispielsweise laut dem Verband der deutschen Internetwirt-
schaft „eco“ ca. 53 % des deutschen Bruttoinlandsprodukts (BIP) in Verbindung mit
E-Commerce bzw. dem E-Business stehen. Der Verband fasst dabei alle Aktivitäten im
Internet zusammen, bei denen „verbindliche Geschäftsprozesse“ wie beispielsweise Be-
stellen, Bezahlen oder Reklamieren abgewickelt werden, sowie den Online-Handel, das
Cloud Computing und elektronische Verwaltungsprozesse, unabhängig davon, mit wel-
Vorwort XIII

chem Gerät (PC, Tablet oder Smartphone) sie genutzt werden. Unanbhängig von Zuord-
nungen und begrifflichen Definitionen oder Branchenbezeichnungen wird vor diesem
Hintergrund eines ganz deutlich: E-Business ist ein zentraler Wirtschaftsfaktor gewor-
den, der nicht mehr wegzudenken ist!
Im Hinblick auf das Angebot von Literatur zum Thema „E-Business“ kann man im
Markt durchaus eine Zweiteilung beobachten. Da sind zum einen die eher wissenschaft-
lich- und lehrorientierten Abhandlungen und zum anderen die anleitungs- und praxisori-
entierten Leitfäden. Das vorliegende Werk gehört sicherlich zu der ersteren Gruppe. Ziel
ist es also weiterhin, einen theoriegeleiteten Überblick über das Themenfeld zu geben,
welches insbesondere in Forschung und Lehre eingesetzt werden kann. Auch wenn Prak-
tiker in den Ausführungen selbstverständlich ebenso wertvolle Anregungen und damit ein
solides und umsetzbares Fundament für ihre Arbeit finden werden, so ist es eben doch
kein reines „Kochbuch“ mit Checklisten für die Tagesarbeit. Dieses Buch befasst sich
analog zu seinem Untertitel eben mit den „Grundlagen elektronischer Geschäftsprozesse
in der Net Economy“ und soll dem Leser einen ersten strukturierten Überblick über die
Vielfalt und die Möglichkeiten des Themas „E-Business“ geben. Aufgrund der vorhande-
nen Akzeptanz des Werkes im Markt, kann nun erneut nach nur etwas mehr als zwei Jah-
ren eine weitere Auflage angeboten werden. Diese fünfte Auflage erfährt dabei eine we-
sentliche Erweiterung und Komplettierung, denn mit dem neuen Kapitel „E-Company“
wurde nun die noch fehlende Plattform der Net Economy aufgenommen. Damit sind nun
alle Plattformen im E-Business abgedeckt und der Leser hat erstmalig den kompletten
Überblick zu allen Bereichen elektronischer Geschäftsprozesse.
Aber auch alle anderen Kapitel wurden erneut überarbeitet und mit den jeweiligen aktu-
ellen Entwicklungen ergänzt. Besonders deutlich wird dies im Zusammenhang mit dem
Thema „Online-Marketing“ im Rahmen des E-Shops, wo sämtliche Aspekte des Social-
Media-Marketings nun auch vertreten sind. Aber auch in anderen Themen, wie Interak-
tives Fernsehen (ITV), elektronische Geschäftsmodelle oder den zahlreichen Fallbeispie-
len bzw. Übungs- und Klausuraufgaben wurden Überarbeitungen durchgeführt. Ferner
wurden neue Video- (E-Business) und Podcasts (E-Community) produziert, die auf der
Internet-Seite des Lehrstuhls (www.e-entrepreneurship.de) kostenlos abrufbar sind und
zudem auch teilweise bei Apple iTunes U erhältlich sind. Ziel war und ist es vor diesem
Hintergrund, dem Leser einen jeweils aktuellen und umfassenden Überblick rund um
elektronische Geschäftsprozesse in der Net Economy zu geben, der sicherlich mit der je-
weiligen Spezialliteratur in den einzelnen Themen theorie- oder praxisorientiert ergänzt
werden kann. Aufgrund der immer noch hohen Dynamik in diesem Themenfeld kann dies
jedoch leider immer nur eine Momentaufnahme sein.
Im Hinblick auf die dynamische und praxisorientierte Unterstützung seitens des Autors,
sei daher an dieser Stelle auf das zugehörige Angebot von netSTART (www.netstart.de)
verwiesen. „netSTART – WE START YOUR E-BUSINESS” ist ein integratives Angebot
der Bausteine Beratung, Finanzierung, Entwicklung, Umsetzung und Forschung von und
XIV Vorwort

für Unternehmen, die im E-Business und damit in der Net Economy aktiv(er) werden wol-
len. Von der Marktforschung, Analyse, Entwicklung und Gestaltung sowie der Umset-
zung, Programmierung und Implementierung von elektronischen Geschäftsmodellen und
-prozessen für klein und mittelständische Unternehmen sowie Großunternehmen bis hin
zur Finanzierung, Unterstützung und Aufbau von innovativen Startups – netSTART bietet
alles aus einer Hand!
Die Zielgruppe des Lehrbuchs sind weiterhin Dozenten und Studierende der Studien-
richtungen Betriebswirtschaftslehre und Wirtschaftsinformatik, die sich mit den Themen
E-Business bzw. E-Commerce oder jetzt auch M-Commerce, (E-)Entrepreneurship, Mar-
keting und Innovationsmanagement beschäftigen. Praktiker, Berater und Investoren, die
sich mit Geschäftsmodellen bzw. -prozessen in der Net Economy befassen oder dort be-
reits tätig sind, erhalten wertvolle Anregungen. Mein besonderer Dank für die Unterstüt-
zung bei der Fertigstellung dieses Werkes gilt erneut den wissenschaftlichen Mitarbeitern
meines Lehrstuhls. Dazu zählen Herr Dr. Christoph Stöckmann, Herr Tom Denneman,
Herr Jan Ely, Frau Jana Linstaedt, Frau Anika Peschl und Frau Bettina Waldau. Ein be-
sonderer Dank gilt Herrn Alexander Michaelis, der sich insbesondere um das neue Kapitel
„E-Company“ verdient gemacht hat. Weiterhin möchte ich mich sehr bei meiner Sekretä-
rin Frau Cornelia Yano für die Korrekturarbeiten sowie bei Herrn Ingo Kummutat für die
Betreuung der Webplattform „www.e-entrepreneurship.de“ bedanken. Mein besonderer
Dank gilt erneut meiner lieben Frau Frauke Stefanie und meinen beiden Söhnen Kilian
und Niklas, die mir einen vorbehaltlosen Rückhalt bieten. Sie sind Ansporn und Erfüllung
zugleich und geben meinem Leben einen Sinn.
Essen, im Frühjahr 2013
Tobias Kollmann

Vorwort zur 4. Auflage

E-Business 4.0 macht sich auf den Weg! Dass die neuen Entwicklungen in der Net Eco-
nomy rasend schnell voranschreiten, ist vor diesem Hintergrund keine neue Erkenntnis,
aber auch die zeitliche Frequenz der Neuauflagen dieses Lehrbuchs ist durchaus beacht-
lich. Erfreulich daran ist sicherlich die Tatsache, dass somit die Inhalte dieses Werkes
ständig aktualisiert werden können und die neuen Entwicklungen schnell zum Bestandteil
werden. Auf der anderen Seite werden aber auch strategische Planungen für die Lehrbuch-
Erweiterung durch die Notwendigkeit der Aufnahme dieser neuen Inhalte überholt. So
muss die Komplettierung der Plattformen im E-Business mit einem weiteren Kapitel „E-
Company“ nun auf die 5. Auflage verschoben werden, da die neuen Entwicklungen im
mobilen Bereich mit iPhone, iPad & Co und den zugehörigen Möglichkeiten des Mobile
Vorwort XV

Commerce (M-Commerce) mit mobilen Applikationen den Vorrang bekommen muss-


ten. Diese Revolution im Hinblick auf den Einsatz von E-Business über mobile Endgeräte
hat Informations-, Kommunikations- und Transaktionsprozesse schon bereits so stark be-
einflusst, dass diese Aspekte nun auch in diesem Lehrbuch zu finden sein mussten. Ent-
sprechend wurde diesem Thema ein breiter Stellenwert eingeräumt. Dieses Thema schlägt
sich aber auch auf die Kommunikation des Autors und seines Lehrstuhls rund um das
Thema „E-Business und E-Entrepreneurship“ und damit den Inhalten dieses Lehrbuchs
nieder. So sind in den letzten Wochen eine ganze Reihe von neuen Angeboten und Kom-
munikationsplattformen entstanden, die auch mobil über diese Themen aktuell und zeitnah
informieren und so eine ideale Ergänzung zum Lehrbuch darstellen sollen.
Mobile Applikationen für das Handy sind spätestens seit 2007 mit dem Siegeszug des
iPhone von Apple quasi in jeder Hosentasche zu finden. Jetzt präsentiert auch der Lehr-
stuhl für E-Business und E-Entrepreneurship eine eigene iPhone-App „E-Business“ für
den Bereich Forschung und Lehre. Diese Applikation ermöglicht es Studenten, Dozenten,
Praktikern, Beratern und Investoren, sich unterwegs über aktuelle Lehrstuhlnachrichten,
Marktentwicklungen und Unternehmensnachrichten zu informieren. Im Bereich Lehre
finden Studenten zudem Informationen zu Veranstaltungen, Seminaren, Abschlussarbei-
ten und vielem mehr. Aktuelle Entwicklungen der Forschung gehören ebenfalls zum In-
formationsumfang.
Neben den statischen Informationen rund um das Lehrstuhlangebot erhalten die App-In-
haber besonders über die Integration von Twitter und Facebook die wichtigsten Nachrich-
ten des Lehrstuhls in Echtzeit. Die Applikation ist mit dem Titel „E-Business“ im App-
Store auf dem iPhone zu finden. Die Applikation ist natürlich kostenlos. Der Link zur App
bei iTunes: https://itunes.apple.com/de/app/e-entrepreneurship/id728401750?mt=8/. Na-
türlich ist der Lehrstuhl aber auch getrennt davon in den sozialen Netzwerken und mobilen
Kommunikationskanälen zu finden. Hierzu gehören die folgenden Plattformen:

„ Internet: http://www.netcampus.de als allgemeine Webseite des Lehrstuhls.

„ Facebook: http://www.facebook.de/eentrepreneurship als allgemeines Profil für den


Lehrstuhl.

„ Twitter: http://www.twitter.com/netcampus_start als allgemeiner Mikro-Blogging-


Kanal für den Lehrstuhl.

Aber auch in anderen Bereichen wurde an der multimedialen Unterstützung dieses Lehr-
buchs gearbeitet. Der neue Multiple-Choice-Test „E-Wissenstest“ soll bspw. die Gele-
genheit geben, den Stoff des Lehrbuchs und der zugehörigen Lehrveranstaltung „E-Busi-
ness-Grundlagen“ zu überprüfen. Der Test gibt dafür eine Rückmeldung über den eigenen
Wissensstand und eventuelle Wissenslücken. Er kann die üblichen Lernmethoden dabei
natürlich nicht ersetzen und soll lediglich als Hilfsmittel angesehen werden. Es geht nur
darum, die Basiszusammenhänge zu wiederholen und somit das Basiswissen besser zu
XVI Vorwort

vertiefen. Der Test ist über die oben angeführte Webseite des Lehrstuhls im Menüpunkt
„Tools“ zu finden. Ebenso neu sind die eigens für dieses Lehrbuch entwickelten „E-Po-
dcasts“, in denen wichtige Lehrinhalte über Audiofiles nochmals nachvollzogen werden
können. Dabei werden die einzelnen Themen sowohl mit Studentendialogen, als auch pra-
xisorientierten Interviews mit der theoretischen Wissenserzählung im Hörbuchstil vermit-
telt. Die Podcasts sind über die Webseite des Lehrstuhls im Menüpunkt „Medien“ abruf-
bar.
Aber auch die vorliegende vierte Auflage des Lehrbuchs wurde natürlich in den Inhalten
wieder einmal erweitert: Neben dem bereits angesprochenen Schwerpunkt der mobilen
Internet-Nutzung, der zugehörigen mobilen Kommunikation und des M-Commerce über
mobile Applikationen wurden auch u. a. Themen wie Geo-Daten, Geo-Tagging und mo-
bile Communities sowie darauf basierend neue Geschäftsmodelle und Trends im E-Busi-
ness aufgenommen. Dabei wurden zahlreiche Anregungen in Rezensionen berücksichtigt,
in dem ein besonderer Wert auf einen noch stärkeren Praxisbezug der Ausführungen
und die Neu-Aufnahme von zahlreichen Praxisbeispielen gelegt wurde. Neben einer Ak-
tualisierung von Zahlen und Beispielen wurden für jedes Kapitel erneut auch zahlreiche
neue Übungsaufgaben konzipiert, um den Lehrstoff weiter vertiefen zu können. Zum
besseren Verständnis wurde zudem das Akronymverzeichnis in Bezug auf die neuen In-
halte weiter ausgebaut.
Die Zielgruppe des Lehrbuchs sind weiterhin Dozenten und Studierende der Studien-
richtungen Betriebswirtschaftslehre und Wirtschaftsinformatik, die sich mit den Themen
E-Business bzw. E-Commerce oder jetzt auch M-Commerce, (E-)Entrepreneurship, Mar-
keting und Innovationsmanagement beschäftigen. Praktiker, Berater und Investoren, die
sich mit Geschäftsmodellen bzw. -prozessen in der Net Economy befassen oder dort be-
reits tätig sind, erhalten wertvolle Anregungen. Mein besonderer Dank für die Unterstüt-
zung bei der Fertigstellung dieses Werkes gilt erneut den wissenschaftlichen Mitarbeitern
meines Lehrstuhls. Dazu zählen Herr Dr. Andreas Kuckertz, Herr Dr. Christoph Stöck-
mann, Herr Marvin Karczewski, Frau Ina Kayser, Herr Patrick Krell, Frau Yvonne Meves,
Herr Nils Middelberg, Herr Carsten Schröer und Frau Stefanie Skowronek. Weiterhin
möchte ich mich sehr bei meiner Sekretärin Frau Cornelia Yano für die Korrekturarbeiten
sowie bei Herrn Ingo Kummutat für die Betreuung der Webplattform „www.e-entrepre
neurship.de“ bedanken. Mein besonderer Dank gilt erneut meiner lieben Frau Frauke Ste-
fanie und meinen beiden Söhnen Kilian und Niklas, die mir einen vorbehaltlosen Rückhalt
bieten. Sie sind Ansporn und Erfüllung zugleich und geben meinem Leben einen Sinn.
Essen, im Herbst 2010
Tobias Kollmann
Vorwort XVII

Vorwort zur 3. Auflage

E-Business 3.0 geht an den Start – gemeint ist diesmal tatsächlich die dritte Auflage dieses
Lehrbuchs, welches in der Taktung der Neuauflagen der immer noch rasanten Entwick-
lungsgeschwindigkeit bei neuen Trends und Technologien in der Net Economy in nichts
nachzustehen scheint. Neben der Freude des Autors über diesen Markterfolg, steht das
Werk dadurch aber auch in der Verpflichtung, diesen neuen Trends und Technologien
nachzugehen und sie kontinuierlich zu integrieren, um auch weiterhin dem Leser einen
möglichst vollständigen Überblick über das E-Business und die zugehörige Net Economy
zu bieten. Neuauflagen bieten dazu die Chance und so wurde die dritte Auflage nochmals
erheblich erweitert, um dem vom Markt inzwischen zugestandenen Titel eines „Standard-
werkes“ gerecht zu werden. Diese Erweiterung bezieht sich auf ein komplett neues Kapitel
zum Thema „Web 2.0“ und damit der Plattform der „E-Community“. Auch wenn diese
Plattform rein definitorisch ursprünglich nicht zum E-Business zählte, da hier hauptsäch-
lich die Information und Kommunikation, nicht aber die Transaktion im Mittelpunkt stand,
so konnte in der Realität doch beobachtet werden, dass sich diese Kommunikation und die
Aktivitäten in solchen E-Communities aber zunehmend auch auf wirtschaftliche und da-
mit transaktionsrelevante Inhalte bezogen. Dies ist z. B. dann der Fall, wenn in einer E-
Community durch die Nutzer verschiedene Produkte besprochen und bewertet werden und
der anschließende Kauf in einem E-Shop dadurch beeinflusst wird. Daher müssen auch
die Betreiber von E-Business-Aktivitäten zunehmend auf die Kommunikation in und über
E-Communities eingehen und diese aus Marketing- und Vertriebssicht verstehen lernen.
Gleichzeitig wird der Betrieb von E-Communities selbst zum E-Business, da die Gründer
von Xing & Co. inzwischen zeigen, dass man mit solchen Plattformen Geld verdienen
kann. Es gibt also gute Gründe, die Aspekte rund um Web 2.0-Plattformen in einem ei-
genständigen Kapitel „E-Community“ zu behandeln und den Bereich „E-Business“ da-
mit zu erweitern. Für die 4. Auflage ist dann auch folgerichtig die Komplettierung mit
einem weiteren Kapitel „E-Company“ geplant.
Das E-Business ist aber nicht nur inhaltlich gewachsen. Nach Hype-Phase (1995-2000)
und Anti-Hype-Phase (2000-2004), konnte die Web 2.0-Phase (2004-2008) wieder den
Anspruch der Internet-Technologie auf ein dauerhaftes und wertbeständiges Geschäfts-
feld unterstreichen. „Die Technologie wurde nie in Frage gestellt“ lautet entsprechend
dann auch der Titel eines Interviews des Autors auf deutsche-startups.de, in dem nochmals
unterstrichen wird, dass sich in den letzten 200 Jahren alle Technologien durchgesetzt ha-
ben, die auf Kosten- und Zeitreduktion ausgerichtet waren. Das E-Business spiegelt die-
sen Anspruch wider und hat sich entsprechend durchgesetzt! Inzwischen ist laut dem
Fachverband BITKOM weltweit jeder fünfte Mensch im Internet, was einer Verdoppelung
der Teilnehmer in den letzten fünf Jahren entspricht und zusätzlich nimmt der Zeitanteil,
der auf die Nutzung von Online-Medien verwendet wird, sowohl im beruflichen, als auch
privaten Bereich stetig zu. Bereits fest etablierte E-Business-Firmen wie z. B. ebay.de,
amazon.de, autoscout24.de, youtube.de, xing.de, google.de, skype.com und viele andere
XVIII Vorwort

Plattformen sind aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken. E-Business-Startups wie se-
venload.de, mymuesli.de, amiando.de, cellity.de, zanox.de, studivz.de, qype.de, smava.de,
dawanda.de, panfu.de, brands4friends.de, mixxt.de, viif.de und weitere stehen bereit, in
diese Fußstapfen zu treten. Es ist also sprichwörtlich „wieder eine ganze Menge los“ in
der Net Economy. Es ist zudem erkennbar, dass viele dieser jungen Plattformen den Web
2.0-Gedanken verfolgen, was die Notwendigkeit für ein eigenständiges Kapitel „E-Com-
munity“ einmal mehr unterstreicht.
So wurden mit der vorliegenden dritten Auflage des Lehrbuchs insbesondere die The-
men rund um Social Networks (Web 2.0) bearbeitet. Dazu gehören Aspekte wie Ajax,
Mashups, Peer Collaboration, User-generated Content, Community Marketing, Wikis,
Weblogs sowie Bild- und Videoportale. Die grundsätzliche Struktur des Lehrbuches wur-
de dabei nicht verändert: Die Unterteilung in Einkauf (E-Procurement), Verkauf (E-Shop)
und Handel (E-Marketplace) als die drei zentralen Plattformen im E-Business wurde le-
diglich ergänzt um den Aspekt Kontakt (E-Community). Neben einer Aktualisierung von
Zahlen und Beispielen wurden für jedes Kapitel erneut auch zahlreiche neue Übungsauf-
gaben konzipiert, um den Lehrstoff weiter vertiefen zu können. Zum besseren Verständnis
wurde zudem das Akronymverzeichnis weiter ausgebaut.
Zielgruppe des Lehrbuchs sind weiterhin Dozenten und Studierende der Studienrichtun-
gen Betriebswirtschaftslehre und Wirtschaftsinformatik, die sich mit den Themen E-Bu-
siness bzw. E Commerce, Entrepreneurship, Marketing und Innovationsmanagement be-
schäftigen. Praktiker, Berater und Investoren, die sich mit Geschäftsmodellen bzw.
-prozessen in der Net Economy befassen oder dort bereits tätig sind, erhalten wertvolle
Anregungen. Mein besonderer Dank für die Unterstützung bei der Fertigstellung dieses
Werkes gilt erneut den wissenschaftlichen Mitarbeitern meines Lehrstuhls. Dazu zählen
Herr Dr. Andreas Kuckertz, Frau Nicola Breugst, Herr Matthias Häsel, Frau Carina Lom-
berg, Herr Carsten Schröer, Herr Christoph Stöckmann und Frau Christina Suckow. Wei-
terhin möchte ich mich sehr bei meiner Sekretärin Frau Cornelia Yano für die Korrektur-
arbeiten sowie bei Herrn Ingo Kummutat für die Betreuung der Webplattform „www.e-
entrepreneurship.com“ bedanken. Mein ganz besonderer Dank gilt abermals meiner lieben
Frau Frauke Stefanie und meinen beiden Söhnen Kilian und Niklas, die mir einen vorbe-
haltlosen Rückhalt bieten. Sie sind Ansporn und Erfüllung zugleich und geben meinem
Leben einen Sinn.
Essen, im Sommer 2008
Tobias Kollmann
Vorwort XIX

Vorwort zur 2. Auflage

Das neue E-Business 2.0 ist da! Gemeint ist damit aber nicht nur die zweite Auflage dieses
Lehrbuchs, sondern eine Reihe von neuen Trends und Technologien, die gerade in den
letzten Monaten dazu geführt haben, dass sich die Wahrnehmung von dem, was wir Inter-
net nennen, zu verändern beginnt. Über viele Jahre hinweg wurde das Internet als Tech-
nologie erlebt, die es erlaubt, Daten, Informationen oder multimediale Inhalte zu publizie-
ren und zu verteilen. Die Rollenverteilung der beteiligten Personen war zweiteilig: Zum
einen gab es aktive Ersteller von Web-Inhalten, die, teils kommerziell, teils privat, Infor-
mationen einstellten und publizierten. Zum anderen gab es passive Konsumenten, die sich
lediglich die bereitgestellten Inhalte ansehen konnten und auch gar keine andere Option
hatten, als die Informationen zu empfangen und zu konsumieren. Ohne dass man es an
einer bestimmten Technologie oder einem einzelnen Ereignis festmachen kann, hat sich
ab etwa 2004 das Gefühl verbreitet, dass sich eine wesentliche Veränderung anbahnt, wie
das Netz wahrgenommen und genutzt wird. Das „Web 2.0“ war geboren. Wenn man sich
die einschlägigen Web 2.0-Plattformen anschaut, geht es stets um die Beiträge vieler Men-
schen. Der Community-Gedanke steht ganz klar im Vordergrund und bildet nicht zuletzt
die Basis vieler neuer Geschäftsideen, an die vor einigen Jahren noch nicht zu denken war.
Aber das Web 2.0 bietet noch viel mehr als erfolgreiche Geschäftsideen: Mit Hilfe von
Wikis, Blogs, RSS-Feeds, Mashups, Web Services, Ajax und Rich Internet-Technologien
können Unternehmen jeder Art in einen engeren Dialog mit ihren Kunden treten als dies
jemals zuvor möglich war und ihre Webpräsenz in vielerlei Hinsicht bereichern. Die
Trends und Technologien des Web 2.0 sind somit für Unternehmensgründer und etablierte
Unternehmen in der Net Economy gleichermaßen relevant, da sie nicht nur neue Ge-
schäftsmodelle ermöglichen, sondern auch einen erheblichen Einfluss auf die Wettbe-
werbssituation derjenigen Unternehmen haben, die im wirtschaftlich genutzten Bereich
des Web bereits seit längerem aktiv sind.
Und damit nicht genug: Inzwischen steht schon das „Web 3.0“ vor der Tür. Die Vision
eines intelligenten Semantischen Web ist schon allgegenwärtig. E-Business 3.0-Konzepte
machen sich die offensichtliche Not der Nachfrager zur Tugend und rücken den Kunden
mit seinem individuellen (Informations-)Bedürfnis in den Mittelpunkt der eigenen Ge-
schäftsidee. Und damit ist nicht nur die reine Personalisierung bereits bestehender Web-
Angebote gemeint – denn diese erwartet der Kunde laut aktueller Studien ohnehin. Ge-
meint ist hier vielmehr der mögliche Wechsel von einem Angebots- zum Nachfragermarkt
– aus E-Business wird (M)E-Business! Während er aus seiner Sicht aber den sozialen
Aspekt der Vernetzung in den Vordergrund stellt, kann der Begriff aus meiner Sicht auch
kommerzielle Perspektive öffnen. Die „pauschale“ Informations- und Angebotsflut in den
Datenbanken macht es dem Nachfrager nämlich oftmals unmöglich, ein dem individuellen
Bedürfnis entsprechendes Angebot zu finden. Es ist daher das Bedürfnis selbst („me“),
welches es elektronisch zu erfassen und zu befriedigen gilt. Der Kunde möchte nicht lange
und erfolglos auf verschiedenen Plattformen nach dem passenden Objekt suchen, er
XX Vorwort

möchte direkt ein persönlich auf ihn zugeschnittenes Angebot haben. Es wird also in Zu-
kunft zunehmend wichtig sein, über Request-Systeme zur Erfassung der Nachfrage noch
näher am Kunden zu sein. Dabei kann folgende Maxime unterstellt werden: Der Erste, der
das Bedürfnis des Kunden kennt, kann auch ein Angebot unterbreiten.
Vor diesem Hintergrund kann man durchaus von einer Wiedergeburt des Internets und des
E-Business sprechen. E-Business war keine Grippe, die wieder vorbeigeht! Das Internet
hat sich als Medium bei der Bevölkerung inzwischen durchgesetzt und ist schon ein paar
Jahre nach dem Crash am „Neuen Markt“ bereits fester Bestandteil unserer Gesellschaft
geworden und kaum mehr wegzudenken. Unternehmen wickeln Teile ihrer Geschäftspro-
zesse über das Internet ab, um ihre Effektivität und Produktivität zu steigern, immer mehr
Unternehmen basieren sogar ihr gesamtes Geschäftskonzept auf dem weltweiten Daten-
netz (E-Entrepreneurship). E-Business ist ein anerkanntes Betätigungsfeld geworden
und man kann sogar von einem neuen „Online-Mittelstand“ in Deutschland sprechen.
Die Nachfrage nach Wissen rund um elektronische Geschäftsprozesse steigt wieder signi-
fikant bei Unternehmen, Nachfragern, Studenten, Presse, Medien und Politik an. Nicht
zuletzt der Erfolg der ersten Auflage dieses Lehrbuchs kann als weiteres Indiz hierfür ge-
wertet werden.
So wurde mit der vorliegenden zweiten Auflage des Lehrbuchs die Chance genutzt, die
neuen Themen im E-Business einzuarbeiten bzw. auszuweiten. Hierzu gehören insbeson-
dere die Themen Web 2.0, Web 3.0, Second Life, V-Entrepreneurship, RFID, Online-Be-
schwerdemanagement, Permission-Marketing, Oszillationseffekte bei elektronischen
Marktplätzen und Online-Auktionstypen. Die grundsätzliche Struktur des Lehrbuches
wurde dabei aber nicht verändert, da die Unterteilung in Einkauf (E-Procurement), Ver-
kauf (E-Shop) und Handel (E-Marketplace) als die drei zentralen Plattformen im E-Busi-
ness weitgehend Anerkennung als Basis für Forschung und Lehre gefunden hat. Neben
einer Aktualisierung von Zahlen und Beispielen wurden für jedes Kapitel auch zahlreiche
neue Übungsaufgaben konzipiert, um den Lehrstoff weiter zu vertiefen. Zum besseren
Verständnis wurde auch eine Abkürzungsübersicht (Akronymverzeichnis) aufgenommen.
Zielgruppe des Lehrbuchs sind weiterhin Dozenten und Studierende der Studienrichtun-
gen Betriebswirtschaftslehre und Wirtschaftsinformatik, die sich mit den Themen E-Bu-
siness bzw. E Commerce, Entrepreneurship, Marketing und Innovationsmanagement be-
schäftigen. Praktiker, Berater und Investoren, die sich mit Geschäftsmodellen bzw.
-prozessen in der Net Economy befassen oder dort bereits tätig sind, erhalten wertvolle
Anregungen. Mein besonderer Dank für die Unterstützung bei der Fertigstellung dieses
Werkes gilt weiterhin natürlich den wissenschaftlichen Mitarbeitern meines Lehrstuhls.
Dazu zählen Herr Dr. Andreas Kuckertz, Frau Julia Christofor, Herr Matthias Häsel, Frau
Carina Lomberg, Herr Carsten Schröer, Herr Christoph Stöckmann und Frau Christina
Suckow. Weiterhin möchte ich mich sehr bei meiner Sekretärin Frau Cornelia Yano für
die Korrekturarbeiten, sowie bei Herrn Ingo Kummutat für die Betreuung der Webplatt-
form „www.e-entrepreneurship.com“ bedanken. Mein ganz besonderer Dank gilt ab-
Vorwort XXI

schließend abermals meiner lieben Frau Frauke Stefanie und meinen beiden Söhnen Ki-
lian und Niklas, die weitgehend auf ein ruhiges Privatleben verzichten und mir so einen
vorbehaltlosen Rückhalt bieten. Sie sind Ansporn und Erfüllung zugleich und geben mei-
nem Leben einen Sinn.
Essen, im Sommer 2007
Tobias Kollmann

Vorwort zur 1. Auflage

In den vergangenen Jahren wurden die internen und externen Informations- und Kommu-
nikationsprozesse von Unternehmen aus nahezu allen Wirtschaftszweigen zunehmend
durch elektronische Informationstechnologien unterstützt. Die grundsätzlichen Vorteile
derartiger Systeme, insbesondere hinsichtlich Effizienz und Effektivität, sind heute weit-
gehend anerkannt und ständige Innovationen in diesem Feld werden diesen Trend auch in
Zukunft weiter fortschreiben. Teilweise können traditionelle Geschäftsprozesse sogar
schon vollständig durch digitale Prozesse substituiert werden. Zusammenfassen lässt sich
diese Entwicklung unter dem in Wissenschaft und Praxis etablierten Stichwort des
Electronic Business (E-Business), womit die generelle Nutzbarmachung von digitalen
Informationstechnologien zur Unterstützung von Geschäftsprozessen in der Vorberei-
tungs-, Verhandlungs- und Durchführungsphase bezeichnet wird. Dabei werden die Bau-
steine Information, Kommunikation und Transaktion zwischen den beteiligten ökonomi-
schen Partnern über weltweite Netzwerke transferiert bzw. abgewickelt.
Das E-Business polarisierte lange Zeit die Führungsetagen der Geschäftswelt: Auf der ei-
nen Seite standen die Optimisten, die in den Möglichkeiten der elektronischen Kommuni-
kation und Transaktion die Management-Herausforderung der Zukunft sahen. Für sie
war vollkommen klar, dass die eigene Wettbewerbsposition nur mit der klaren Berück-
sichtigung der elektronischen Handlungsebene gesichert werden konnte. Auf der anderen
Seite standen die Pessimisten, die sich weiterhin auf die traditionelle Handlungsebene für
den Aufbau und die Pflege von Geschäftsbeziehungen konzentrierten. Vertreter der letz-
teren Gruppe interpretierten folgerichtig die Möglichkeiten der elektronischen Abstraktion
von Geschäftsprozessen eher als Spielerei, denn als gleichwertigen Ersatz für den persön-
lichen Kontakt. Anhänger der zuerst genannten Gruppe sahen dagegen in der elektroni-
schen Unterstützung das Potenzial zur Reduktion von Transaktionskosten, zum Ange-
bot verbesserter Produkt- und Serviceleistungen und zur Schaffung eines neuen Absatz-
kanals. Und sie sollten Recht behalten! Das E-Business war nämlich keine Grippe, die
nach dem Zusammenbruch des sog. Neuen Marktes im Jahr 2001, an dem die zugehörigen
XXII Vorwort

jungen Technologiefirmen gehandelt wurden, wieder vorbeiging. Das E-Business ist zu


einem anerkannten und derzeit wieder sehr geachteten Feld geworden. Aktuelle Zahlen
scheinen das zu belegen.
Laut einer aktuellen Studie von Forrester Research werden im Jahr 2006 rund 100 Mio.
Europäer ihre Einkäufe im Internet tätigen. Damit soll der Online-Handel erstmals die
100 Mrd. Euro-Marke übersteigen. Der größte Umsatz wird dabei zwar (noch) in Groß-
britannien erwirtschaftet, der deutsche Onlinehandel folgt aber schon auf dem 2. Platz. Bis
zum Jahr 2011 wird sogar eine Verdopplung des Umsatzvolumens erwartet. Der Anstieg
des Online-Handels steht auch im Zusammenhang mit der steigenden Anzahl an Internet-
Usern. Waren laut der Studie 2005 rund 54 % der Europäer mindestens einmal im Monat
online, werden es in fünf Jahren 74 % sein. 53 % von ihnen werden dabei zu der wirt-
schaftlich relevanten Gruppe der Online-Shopper zählen, was einen Anstieg um fast zwei
Drittel im Vergleich zu 2006 bedeuten würde. Das Gesamtumsatzvolumen wird dabei von
geschätzten 102 Mrd. Euro im Jahr 2006 auf knapp 263 Mrd. Euro steigen und sich somit
mehr als verdoppeln. Auch das ECC-Handelsinstitut in Köln meldet, dass sich der Onli-
nehandel schon längst rehabilitiert habe. Deutschland verzeichnet zehn Jahre nach dem
Start Rekordumsätze im E-Business.
Der Lehrstuhl für E-Business und E-Entrepreneurship vermittelt vor diesem Hinter-
grund schon seit 2001, zunächst an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel und seit
2005 an der Universität Duisburg-Essen, ausschließlich Grund- und Gründungswissen für
das E-Business bzw. die Net Economy. Ziel war und ist es, eine wissenschaftliche und
zugleich praxisrelevante Forschung zu initiieren, die zur Weiterentwicklung des E-Busi-
ness beiträgt. Die Studierenden im Schwerpunkt „E-Business und E-Entrepreneurship“
werden vor diesem Hintergrund zum einen mit dem Einsatz von E-Business in bestehen-
den Unternehmen vertraut gemacht, um so die Nutzung digitaler Geschäftsprozesse zu
intensivieren.
Zum anderen erwerben sie spezielles Gründungswissen für das E-Business, wodurch es
ihnen gelingen soll, erlerntes Branchenwissen auf neue Geschäftskonzepte zu transferie-
ren. Als Kontakt- und Informationsplattform zur Vermittlung der Ergebnisse wurde unter
www.e-entrepreneurship.de ein zugehöriges Forum eingerichtet. Die Webseite bietet
nicht nur tagesaktuelle Nachrichten zum Markt und den handelnden Unternehmen im E-
Business, sondern bietet z. B. mit dem „Start-up-Monitor“ auch eine Datenbank mit jun-
gen Firmen dieser Branche. Ferner werden zahlreiche Online-Tools angeboten. Die Nut-
zung des „E-Scanner“ kann z. B. zur Identifikation von Stärken und Schwächen und des
Reifegrads von E-Business-Aktivitäten im Unternehmen genutzt werden. Eine Übersicht
zu weiteren Informationsquellen zum Thema E-Business in Form von Linklisten, Artikeln
und Medienberichten runden das Angebot ab.
Das vorliegende Werk soll vor diesem Hintergrund die „Grundlagen elektronischer Ge-
schäftsprozesse in der Net Economy“ darstellen, vorliegende wissenschaftliche Erkennt-
nisse reflektieren und einen Überblick zu relevanten Fragestellungen für die Akteure in
diesem Bereich geben. Ziel des Lehrbuches ist es somit, folgende Aspekte zu behandeln:
Vorwort XXIII

„ Welche technischen Entwicklungen beeinflussen Geschäftsprozesse und wie be-


einflussen sie die Kommunikation bzw. Transaktion zwischen Geschäftspartnern?
Wie gestaltet sich die elektronische Wertschöpfung bzw. der elektronische Wert-
schöpfungsprozess im E-Business?

„ Wie kann der unternehmerische Beschaffungs- (Einkauf), Absatz- (Verkauf) und Ver-
mittlungsprozess (Handel) mit Hilfe elektronischer Technologien gestaltet werden?
Welche technischen Rahmenbedingungen müssen hierbei berücksichtigt werden?

„ Welche Voraussetzungen gelten für die elektronische Kundengewinnung und -bin-


dung und damit für das Angebot von Produkten bzw. Dienstleistungen? Wie können
elektronische Plattformen für die Geschäftsabwicklung implementiert werden?

Die Darstellungen basieren dabei sowohl auf betriebswirtschaftlichen, als auch techni-
schen Gesichtspunkten, womit erstmalig die gesamte Bandbreite im E-Business abgedeckt
wird. Zielgruppe des Lehrbuchs sind Dozenten und Studierende der Studienrichtungen
Betriebswirtschaftslehre und Wirtschaftsinformatik, die sich mit den Themen E-Business
bzw. E Commerce, Entrepreneurship, Marketing und Innovationsmanagement beschäfti-
gen. Praktiker, Berater und Investoren, die sich mit Geschäftsmodellen bzw. -prozessen in
der Net Economy befassen oder dort bereits tätig sind, erhalten wertvolle Anregungen.
Mein besonderer Dank für die Unterstützung bei der Fertigstellung dieses Werkes gilt an
erster Stelle natürlich den wissenschaftlichen Mitarbeitern meines Lehrstuhls. Dazu zäh-
len Herr Dr. Andreas Kuckertz, Frau Julia Christofor, Herr Matthias Häsel, Herr Chris-
toph Stöckmann und Frau Christina Suckow. Eine weitere Anerkennung gilt meiner stu-
dentischen Hilfskraft Frau Carina Lomberg, die bei der Fertigstellung der Druckvorlage
sowie der Bearbeitung der Abbildungen sehr gute Dienste geleistet hat. Weiterhin möchte
ich mich sehr bei meiner Sekretärin Frau Cornelia Yano für die Korrekturarbeiten und das
reibungslose Prozessmanagement, sowie bei Herrn Ingo Kummutat für die Betreuung der
Webplattform „www.e-entrepreneurship.de“ bedanken. Mein ganz besonderer Dank gilt
abschließend meiner lieben Frau Frauke Stefanie und meinen Söhnen Kilian und Niklas,
die weitgehend auf ein ruhiges Privatleben verzichten und mir so einen vorbehaltlosen
Rückhalt bieten. Sie sind Ansporn und Erfüllung zugleich und geben meinem Leben einen
Sinn.
Essen, im Winter 2006/2007
Tobias Kollmann
XXIV Medienhinweise

Medienhinweise

Parallel zum Lehrbuch „E-Business“ bieten wir zahlreiche multimediale Lehrmaterialen


an. Dazu zählen folgende Inhalte:

Video-Podcasts „E-Business“ mit u.a.

„ Die elektronische Kommunikation im E-Business

„ Die elektronische Wertschöpfung im E-Business

„ Der Informationswettbewerb im E-Business

Video-Podcasts „E-Procurement“ mit u.a.

„ Aufgaben im E-Procurement

„ Produktanalyse im E-Procurement

„ E-Procurement und E-Supply-Chain-Management

Sowie zahlreiche Audio-Podcasts zu den Themen „E-Business“ und „E-Community“.


Kostenlos abrufbar (Video- und Audio-Podcasts) unter www.netcampus.de/podcasts

Online-Kurs „E-Business-Seminar“
Alle Grundlagen für elektronische Geschäftsprozesse und -modelle (Kapitel 1) gibt es jetzt
auch als Online-Kurs. Nie war es einfacher, sich für die Digitale Wirtschaft fit zu machen!
Unser Premium-Angebot mit einer aufwendigen Produktion der Lerninhalte in Text, Bild,
Ton, Video, Animation, interaktiven Grafiken usw. Durch unser cloudbasiertes Angebot
lernen Sie zeit- und ortsunabhängig. Die professionell aufbereiteten Inhalte und attraktive
Medienformate machen Spaß und vermehren Ihr Wissen. Die Themen sind Digitale Tech-
nologien, Digitale Mehrwerte, Digitale Geschäftsmodelle und Digitaler Wettbewerb.

Kostenpflichtig abrufbar unter anmeldung.e-business-seminar.de


Inhaltsverzeichnis XXV

Inhaltsverzeichnis

1. Die Grundlagen des E-Business ........................................................... 1


1.1 Die Informationstechnik als Voraussetzung für die Digitale Wirtschaft .................. 1
1.1.1 Die Entwicklung der Rechnerleistung ........................................................... 1
1.1.2 Die Kraft der Digitalisierung ........................................................................ 3
1.1.3 Die Zunahme der Vernetzung ........................................................................ 6
1.1.4 Das Wachstum der Datenmenge ................................................................... 9
1.1.5 Die Mobilisierung der Datenübertragung ................................................... 13
1.1.6 Die Dezentralisierung der Datenspeicherung ............................................. 17

1.2 Die Informationstechnologie als Basis für die Digitale Wirtschaft ........................ 22
1.2.1 Das Internet (WWW) .................................................................................. 22
1.2.2 Der Mobilfunk (UMTS/LTE) ...................................................................... 26
1.2.3 Das interaktive Fernsehen (ITV) ................................................................ 33

1.3 Der Informationsaustausch als Notwendigkeit für die Digitale Wirtschaft ............ 38
1.3.1 Die Chancen der Virtualität ........................................................................ 40
1.3.2 Die Möglichkeiten von Multimedia ............................................................ 43
1.3.3 Die Notwendigkeit der Interaktivität........................................................... 46
1.3.4 Die Möglichkeit der Individualität .............................................................. 48
1.3.5 Die Perspektive der Mobilität...................................................................... 51
1.3.6 Die Anforderungen des Datenschutzes ....................................................... 54

1.4 Die Informationsökonomie als Ausgangspunkt für die Digitale Wirtschaft ........... 56
1.4.1 Die elektronische Wertschöpfung ................................................................ 58
1.4.2 Die elektronische Wertschöpfungskette ....................................................... 59
1.4.3 Der elektronische Wertschöpfungsprozess .................................................. 62

1.5 Der Informationswettbewerb als Ergebnis für die Digitale Wirtschaft .................. 64
1.5.1 Die Plattformen der Digitalen Wirtschaft ................................................... 65
1.5.2 Die Geschäftsmodelle der Digitalen Wirtschaft .......................................... 67
1.5.3 Das Akzeptanzmodell der Digitalen Wirtschaft ........................................... 74
1.5.4 Die Unternehmensgründung in der Digitalen Wirtschaft ............................ 79
1.5.5 Die Unternehmensführung in der Digitalen Wirtschaft .............................. 91
1.5.6 Das Schalenmodell der Digitalen Wirtschaft .............................................. 95

1.6 Die Informationsexplosion als Perspektive für die Digitale Wirtschaft ................. 97
1.6.1 Die Möglichkeiten im Web 2.0 (User-generated Content) .......................... 97
XXVI Inhaltsverzeichnis

1.6.2 Die Entwicklung zum Web 2.X (Semantic Content) ................................. 100
1.6.3 Die Aussichten im Web 3.0 (Request Content) ......................................... 103
1.6.4 Die Transformation zum Web 4.0 (Industrial Content) ............................. 115
1.6.5 Die Intelligenz des Web 5.0 (Artificial Content) ....................................... 117

1.7 Die Handlungsmatrix als Modularstruktur für die Digitale Wirtschaft ................ 121

Übungsaufgaben ........................................................................................................... 124


Klausuraufgaben ........................................................................................................... 128
Literatur zum Kapitel .................................................................................................... 136

2. Die Grundlagen des E-Procurement .............................................. 139


2.1 Die Systeme beim elektronischen Einkauf ........................................................... 141
2.1.1 Die Systemanforderungen beim elektronischen Einkauf ........................... 141
2.1.1.1 Online-Datenformate ................................................................... 141
2.1.1.2 Online-Standardisierung.............................................................. 144
2.1.1.3 Online-Produktkataloge .............................................................. 146
2.1.1.4 Online-Katalogmanagement ........................................................ 149
2.1.1.5 Online-Warenwirtschaftssysteme ................................................ 152
2.1.2 Die Systemlösungen beim elektronischen Einkauf .................................... 153
2.1.2.1 Sell-Side-Modell ......................................................................... 153
2.1.2.2 Buy-Side-Modell ......................................................................... 155
2.1.2.3 Marketplace-Modell .................................................................... 156
2.1.3 Die Systemarchitekturen beim elektronischen Einkauf ............................. 157
2.1.3.1 Client-Komponenten ................................................................... 157
2.1.3.2 Server-Komponenten .................................................................. 158
2.1.3.3 Katalog-Komponenten ................................................................ 160
2.1.3.4 Order-Komponenten ................................................................... 162
2.1.3.5 Lieferanten-Komponenten .......................................................... 163

2.2 Die Prozesse beim elektronischen Einkauf ........................................................... 165


2.2.1 Die Prozessanforderungen beim elektronischen Einkauf ......................... 166
2.2.1.1 Online-Beschaffungskosten und -zeit ......................................... 169
2.2.1.2 Online-Beschaffungsflexibilität und -qualität ............................. 171
2.2.1.3 Online-Beschaffungsmobilität .................................................... 172
2.2.2 Die Prozessgestaltung beim elektronischen Einkauf ................................ 174
2.2.2.1 eSearch- und eOrder-Prozess ...................................................... 175
2.2.2.2 eTransaction- und eFulfillment-Prozess ...................................... 176
2.2.2.3 eTracking- und eDistribution-Prozess ......................................... 178
2.2.2.4 ePayment- und eReporting-Prozess............................................. 179
Inhaltsverzeichnis XXVII

2.2.3 Das Prozessmanagement beim elektronischen Einkauf ............................ 180


2.2.3.1 Operativer Einkauf ...................................................................... 181
2.2.3.2 Taktischer Einkauf ...................................................................... 182
2.2.3.3 Strategischer Einkauf .................................................................. 182

2.3 Das Management beim elektronischen Einkauf ................................................... 183


2.3.1 Die Produktanalyse beim elektronischen Einkauf .................................... 184
2.3.1.1 ABC-Analyse .............................................................................. 185
2.3.1.2 Kosten/Standard-Matrix .............................................................. 187
2.3.1.3 Wert/Risiko-Matrix ..................................................................... 188
2.3.1.4 Strategie/Automatisierungspotenzial-Matrix .............................. 190
2.3.2 Die Lieferantenanalyse beim elektronischen Einkauf ............................... 192
2.3.2.1 Online-Lieferantensuche ............................................................. 192
2.3.2.2 Online-Lieferantenauswahl ......................................................... 193
2.3.2.3 Online-Lieferantenportfolio ........................................................ 193
2.3.3 Die Strategieanalyse beim elektronischen Einkauf ................................... 195
2.3.3.1 eCollaboration ............................................................................. 195
2.3.3.2 eSupply Chain Management ....................................................... 196
2.3.3.3 eProduktidentifikation ................................................................. 199

2.4 Das Marketing beim elektronischen Einkauf........................................................ 201


2.4.1 Die Lieferantenbeziehung beim elektronischen Einkauf ........................... 202
2.4.1.1 Online-Lieferantenbeziehungsziele ............................................. 203
2.4.1.2 Online-Lieferantenbeziehungsstrategien ..................................... 205
2.4.1.3 Online-Lieferantenbeziehungscontrolling ................................... 206
2.4.1.4 eSupplier Relationship Management........................................... 209
2.4.2 Das Wissensmanagement beim elektronischen Einkauf ............................ 212
2.4.2.1 Online-Marktkommunikation...................................................... 213
2.4.2.2 Online-Ausschreibungsverfahren ................................................ 215
2.4.2.3 Online-Auktionsverfahren ........................................................... 216
2.4.2.4 Online-Beschaffungsgemeinschaften .......................................... 218
2.4.2.5 Online-Beschaffungsagenten ...................................................... 219

2.5 Die Implementierung beim elektronischen Einkauf ............................................. 221


2.5.1 Die Projektplanung beim elektronischen Einkauf..................................... 221
2.5.1.1 Erfolgsfaktoren ............................................................................ 222
2.5.1.2 Unternehmensanalyse ................................................................. 225
2.5.1.3 Produkt- und Lieferantenanalyse................................................. 226
2.5.1.4 Prozessanalyse ............................................................................ 228
2.5.1.5 Projektorganisation ..................................................................... 229
2.5.1.6 Projektkalkulation ....................................................................... 232
XXVIII Inhaltsverzeichnis

2.5.2 Die Projektumsetzung beim elektronischen Einkauf ................................. 234


2.5.2.1 Systemauswahl ............................................................................ 236
2.5.2.2 Systemgestaltung......................................................................... 238
2.5.2.3 Systemaufbau .............................................................................. 240
2.5.2.4 Systemeinführung ....................................................................... 240
2.5.2.5 Systemkontrolle........................................................................... 242

Übungsaufgaben ........................................................................................................... 244


Klausuraufgaben ........................................................................................................... 248
Literatur zum Kapitel .................................................................................................... 257

3. Die Grundlagen des E-Shop ............................................................... 259


3.1 Die Systeme beim elektronischen Verkauf ........................................................... 261
3.1.1 Die Systemanforderungen beim elektronischen Verkauf .......................... 262
3.1.1.1 Online-Produktkatalog ................................................................ 264
3.1.1.2 Online-Produktpräsentation ........................................................ 266
3.1.1.3 Online-Produktwarenkorb ........................................................... 269
3.1.1.4 Online-Produktbestellung............................................................ 271
3.1.1.5 Online-Produktbezahlung............................................................ 272
3.1.1.6 Online-Produktlieferung.............................................................. 274
3.1.2 Die Systemlösungen beim elektronischen Verkauf ................................... 275
3.1.2.1 Betreiber-Modell ......................................................................... 276
3.1.2.2 Dienstleister-Modell .................................................................... 277
3.1.2.3 Partner-Modell ............................................................................ 278
3.1.3 Die Systemarchitekturen beim elektronischen Verkauf ............................ 279
3.1.3.1 Front- und Back-End-Komponenten ........................................... 280
3.1.3.2 Systemkomponenten ................................................................... 283
3.1.3.3 Oberflächenkomponenten ........................................................... 284
3.1.3.4 Programmkomponenten .............................................................. 286

3.2 Die Prozesse beim elektronischen Verkauf .......................................................... 290


3.2.1 Die Prozessanforderungen beim elektronischen Verkauf ......................... 291
3.2.1.1 Online-Einkaufskosten und -zeit ................................................. 292
3.2.1.2 Online-Einkaufssicherheit und -qualität ...................................... 294
3.2.1.3 Online-Einkaufsmobilität ............................................................ 297
3.2.2 Die Prozessgestaltung beim elektronischen Verkauf ................................ 300
3.2.2.1 eSearch-Prozess........................................................................... 302
3.2.2.2 ePricing-Prozess .......................................................................... 304
3.2.2.3 eSales-Prozess ............................................................................. 309
3.2.2.4 ePayment-Prozess ....................................................................... 311
3.2.2.5 eFulfillment-Prozess ................................................................... 319
Inhaltsverzeichnis XXIX

3.2.2.6 eDistribution-Prozess .................................................................. 321


3.2.2.7 eControlling-Prozess ................................................................... 323
3.2.3 Das Prozessmanagement beim elektronischen Verkauf ............................ 327
3.2.3.1 Operativer Verkauf...................................................................... 327
3.2.3.2 Taktischer Verkauf ...................................................................... 329
3.2.3.3 Strategischer Verkauf .................................................................. 330

3.3 Das Management beim elektronischen Verkauf ................................................... 331


3.3.1 Die Produktanalyse beim elektronischen Verkauf .................................... 332
3.3.1.1 Online-Produkteignung ............................................................... 332
3.3.1.2 Online-Produktdarstellung .......................................................... 335
3.3.1.3 Online-Produktbewertung ........................................................... 338
3.3.1.4 Online-Produkterweiterungen ..................................................... 339
3.3.1.5 Online-Produktkonfiguration ...................................................... 340
3.3.2 Die Nachfrageranalyse beim elektronischen Verkauf .............................. 343
3.3.2.1 Online-Käufergruppen ................................................................ 344
3.3.2.2 Online-Käuferverhalten ............................................................... 349
3.3.2.3 Online-Käufererwartungen.......................................................... 351
3.3.2.4 Online-Käuferzufriedenheit ........................................................ 353
3.3.3 Die Strategieanalyse beim elektronischen Verkauf .................................. 355
3.3.3.1 Online-Wettbewerbsanalyse ........................................................ 355
3.3.3.2 Online-Wettbewerbsvorteile ....................................................... 360
3.3.3.3 Online-Wettbewerbspositionierung............................................. 362
3.3.3.4 Online-Wettbewerbsstrategien .................................................... 364
3.3.3.5 Online-Kooperationen ................................................................. 368
3.3.3.6 Cross-Channel-Kooperationen .................................................... 370

3.4 Das Marketing beim elektronischen Verkauf ....................................................... 374


3.4.1 Die Kundengewinnung beim elektronischen Verkauf ............................... 377
3.4.1.1 Search-Engine-Marketing ........................................................... 378
3.4.1.2 Banner-Marketing ....................................................................... 383
3.4.1.3 Video-Marketing ......................................................................... 388
3.4.1.4 Social-Media-Marketing ............................................................. 390
3.4.1.5 Affiliate-Marketing ..................................................................... 405
3.4.1.6 E-Mail-Marketing ....................................................................... 408
3.4.1.7 Couponing-Marketing ................................................................. 413
3.4.2 Die Kundenbewertung für den elektronischen Verkauf ............................ 414
3.4.2.1 Online-Marktforschung ............................................................... 415
3.4.2.2 Data Warehouse .......................................................................... 418
3.4.2.3 Data Mining ................................................................................ 420
3.4.2.4 Database-Marketing .................................................................... 424
3.4.2.5 Online-Profiling .......................................................................... 427
3.4.2.6 Predictive Analytics .................................................................... 431
XXX Inhaltsverzeichnis

3.4.3 Die Kundenbindung beim elektronischen Verkauf ................................... 434


3.4.3.1 One-to-One-Marketing ................................................................ 436
3.4.3.2 eCustomer Relationship Management ......................................... 437
3.4.3.3 Online-Markenführung ............................................................... 441
3.4.3.4 Online-Beschwerdemanagement ................................................. 446
3.4.3.5 Online-Loyalitätsprogramme ...................................................... 449

3.5 Die Implementierung beim elektronischen Verkauf ............................................. 450


3.5.1 Die Projektplanung beim elektronischen Verkauf .................................... 451
3.5.1.1 Erfolgsfaktoren ............................................................................ 451
3.5.1.2 Produkt- und Käuferanalyse ........................................................ 454
3.5.1.3 Strukturanalyse ............................................................................ 457
3.5.1.4 Marktanalyse ............................................................................... 460
3.5.1.5 Prozessanalyse ............................................................................ 462
3.5.1.6 Projektorganisation ..................................................................... 463
3.5.1.7 Projektkalkulation ....................................................................... 467
3.5.2 Die Projektumsetzung beim elektronischen Verkauf ................................ 469
3.5.2.1 Systemauswahl ............................................................................ 471
3.5.2.2 Systemgestaltung......................................................................... 473
3.5.2.3 Systemaufbau .............................................................................. 474
3.5.2.4 Systemeinführung ....................................................................... 476
3.5.2.5 Systemkontrolle........................................................................... 477

Übungsaufgaben ........................................................................................................... 480


Klausuraufgaben ........................................................................................................... 484
Literatur zum Kapitel .................................................................................................... 492

4. Die Grundlagen des E-Marketplace ............................................... 495


4.1 Die Systeme beim elektronischen Handel ............................................................ 497
4.1.1 Die Systemanforderungen beim elektronischen Handel ............................ 498
4.1.1.1 Online-Systemschnittstellen ........................................................ 500
4.1.1.2 Online-Produktklassifikation ...................................................... 502
4.1.1.3 Online-Katalogaustausch ............................................................ 504
4.1.1.4 Online-Katalogmanagement ........................................................ 506
4.1.1.5 Online-Koordination ................................................................... 508
4.1.2 Die Systemlösungen beim elektronischen Handel ..................................... 510
4.1.2.1 Anbieter-Modell .......................................................................... 514
4.1.2.2 Nachfrager-Modell ...................................................................... 516
4.1.2.3 Makler-Modell ............................................................................ 517
Inhaltsverzeichnis XXXI

4.1.3 Die Systemarchitekturen beim elektronischen Handel .............................. 523


4.1.3.1 Marktplatz-Komponenten ........................................................... 523
4.1.3.2 Server-Komponenten .................................................................. 525
4.1.3.3 Teilnehmer-Komponenten .......................................................... 527
4.1.3.4 Konverter-Komponenten ............................................................. 529

4.2 Die Prozesse beim elektronischen Handel ............................................................ 531


4.2.1 Die Prozessanforderungen beim elektronischen Handel .......................... 532
4.2.1.1 Online-Matchingkosten und -zeit ................................................ 535
4.2.1.2 Online-Matchingquantität und -qualität ...................................... 536
4.2.1.3 Online-Matchingmobilität ........................................................... 539
4.2.2 Die Prozessgestaltung beim elektronischen Handel ................................. 541
4.2.2.1 eOffer- und eSearch-Prozess ....................................................... 543
4.2.2.2 eMatching-Prozess ...................................................................... 547
4.2.2.3 eTransaction-Prozess................................................................... 555
4.2.2.4 After-eSales-Prozess ................................................................... 558
4.2.2.5 eFulfillment-Prozess ................................................................... 559
4.2.3 Das Prozessmanagement beim elektronischen Handel ............................. 560
4.2.3.1 Operativer Handel ....................................................................... 561
4.2.3.2 Taktischer Handel ....................................................................... 566
4.2.3.3 Strategischer Handel ................................................................... 568

4.3 Das Management beim elektronischen Handel .................................................... 571


4.3.1 Die Produktanalyse beim elektronischen Handel ..................................... 571
4.3.1.1 Online-Verbundeffekte................................................................ 574
4.3.1.2 Online-Quantitätseffekte ............................................................. 575
4.3.1.3 Online-Qualitätseffekte ............................................................... 578
4.3.1.4 Online-Oszillationseffekte .......................................................... 586
4.3.2 Die Kundenanalyse beim elektronischen Handel ...................................... 592
4.3.2.1 Online-Nachfragererwartungen ................................................... 592
4.3.2.2 Online-Anbietererwartungen ....................................................... 593
4.3.2.3 Online-Marktplatzanforderungen ................................................ 595
4.3.3 Die Strategieanalyse beim elektronischen Handel .................................... 598
4.3.3.1 Online-Informationsebene ........................................................... 599
4.3.3.2 Online-Transaktionsebene ........................................................... 600
4.3.3.3 Online-Wettbewerbspositionierung............................................. 602

4.4 Das Marketing beim elektronischen Handel ......................................................... 604


4.4.1 Die Kundengewinnung beim elektronischen Handel ................................. 605
4.4.1.1 Online-Anbieteraktivierung ........................................................ 607
4.4.1.2 Online-Nachfrageraktivierung .................................................... 609
4.4.1.3 Online-Marktplatzmarketing ....................................................... 610
XXXII Inhaltsverzeichnis

4.4.2 Die Kundenbindung beim elektronischen Handel ..................................... 613


4.4.2.1 Online-Anreizstrategien .............................................................. 616
4.4.2.2 Online-Loyalitätsstrategien ......................................................... 617
4.4.2.3 Online-Bewertungssysteme ......................................................... 621

4.5 Die Implementierung beim elektronischen Handel .............................................. 624


4.5.1 Die Projektplanung beim elektronischen Handel ...................................... 624
4.5.1.1 Erfolgsfaktoren ............................................................................ 625
4.5.1.2 Strukturanalyse ............................................................................ 626
4.5.1.3 Marktanalyse ............................................................................... 629
4.5.1.4 Teilnehmeranalyse ...................................................................... 630
4.5.1.5 Matchinganalyse ......................................................................... 632
4.5.1.6 Projektorganisation ..................................................................... 635
4.5.1.7 Projektkalkulation ....................................................................... 637
4.5.2 Die Projektumsetzung beim elektronischen Handel .................................. 642
4.5.2.1 Systemauswahl ............................................................................ 645
4.5.2.2 Systemgestaltung......................................................................... 646
4.5.2.3 Systemaufbau .............................................................................. 647
4.5.2.4 Systemeinführung ....................................................................... 648
4.5.2.5 Systemkontrolle........................................................................... 651

Übungsaufgaben ........................................................................................................... 654


Klausuraufgaben ........................................................................................................... 658
Literatur zum Kapitel .................................................................................................... 668

5. Die Grundlagen der E-Community ................................................ 671


5.1 Die Systeme beim elektronischen Kontaktnetzwerk ............................................ 672
5.1.1 Die Systemanforderungen beim elektronischen Kontaktnetzwerk ............ 673
5.1.1.1 Online-Mitgliederprofile ............................................................. 674
5.1.1.2 Online-Mitgliedercontent ............................................................ 676
5.1.1.3 Online-Contentschnittstellen ....................................................... 680
5.1.1.4 Online-Mitgliederzugriff ............................................................. 682
5.1.2 Die Systemlösungen beim elektronischen Kontaktnetzwerk ..................... 683
5.1.2.1 Board-Modell .............................................................................. 684
5.1.2.2 Weblog-Modell ........................................................................... 686
5.1.2.3 Wiki-Modell ................................................................................ 688
5.1.2.4 Mashup-Modell ........................................................................... 690
5.1.2.5 Social-Networking-Modell.......................................................... 693
5.1.2.6 Geotagging-Modell ..................................................................... 695
5.1.3 Die Systemarchitekturen beim elektronischen Kontaktnetzwerk .............. 696
5.1.3.1 Web-Service-Komponenten ........................................................ 696
Inhaltsverzeichnis XXXIII

5.1.3.2 REST-Komponenten ................................................................... 698


5.1.3.3 Ajax-Komponenten ..................................................................... 700
5.1.3.4 Single-Source-Publishing-Komponenten .................................... 702
5.1.3.5 Framework-Komponenten .......................................................... 704

5.2 Die Prozesse beim elektronischen Kontaktnetzwerk ............................................ 705


5.2.1 Die Prozessanforderungen beim elektronischen Kontaktnetzwerk........... 706
5.2.1.1 Online-Vernetzungskosten und -zeit ........................................... 706
5.2.1.2 Online-Vernetzungsflexibilität und -qualität ............................... 708
5.2.1.3 Online-Vernetzungsmobilität ...................................................... 712
5.2.2 Die Prozessgestaltung beim elektronischen Kontaktnetzwerk .................. 713
5.2.2.1 eRegistration- und eProfile-Prozess ............................................ 715
5.2.2.2 eUpload- und eBlogging-Prozess ................................................ 717
5.2.2.3 eTagging- und eBuying-Prozess ................................................. 720
5.2.2.4 eVoting- und eRanking-Prozess .................................................. 723
5.2.2.5 eRecommendation-Prozess ......................................................... 726
5.2.2.6 eSyndication- und ePodcast-Prozess ........................................... 729
5.2.3 Das Prozessmanagement beim elektronischen Kontaktnetzwerk ............. 731
5.2.3.1 Operative Vernetzung ................................................................. 731
5.2.3.2 Taktische Vernetzung.................................................................. 732
5.2.3.3 Strategische Vernetzung .............................................................. 737

5.3 Das Management beim elektronischen Kontaktnetzwerk..................................... 738


5.3.1 Die Produktanalyse beim elektronischen Kontaktnetzwerk ...................... 739
5.3.1.1 Online-Produktausrichtung ......................................................... 739
5.3.1.2 Online-Produktzugang ................................................................ 741
5.3.1.3 Online-Produktregeln .................................................................. 743
5.3.2 Die Mitgliederanalyse beim elektronischen Kontaktnetzwerk .................. 746
5.3.2.1 Online-Mitgliedertypen ............................................................... 746
5.3.2.2 Online-Mitgliederkopplung ......................................................... 748
5.3.2.3 Online-Mitgliederentwicklung .................................................... 749
5.3.3 Die Strategieanalyse beim elektronischen Kontaktnetzwerk .................... 750
5.3.3.1 Online-Zielsetzungsebene ........................................................... 750
5.3.3.2 Online-Positionierungsebene ...................................................... 752
5.3.3.3 Online-Crossingebene ................................................................. 754

5.4 Das Marketing beim elektronischen Kontaktnetzwerk ......................................... 756


5.4.1 Die Mitgliedergewinnung beim elektronischen Kontaktnetzwerk ............ 757
5.4.1.1 eRecommendation-Marketing ..................................................... 758
5.4.1.2 eIncentive-Marketing .................................................................. 759
5.4.1.3 eContent-Marketing .................................................................... 761
5.4.1.4 eActivity-Based-Marketing ......................................................... 762
XXXIV Inhaltsverzeichnis

5.4.2 Die Mitgliederbindung beim elektronischen Kontaktnetzwerk ................. 765


5.4.2.1 Bewertungs- und Rewardsysteme ............................................... 767
5.4.2.2 Behavioral Targeting und Widgets.............................................. 769
5.4.2.3 Open-Source-Marketing .............................................................. 771
5.4.2.4 Newsfeeds und Weblogs ............................................................. 772

5.5 Die Implementierung beim elektronischen Kontaktnetzwerk .............................. 774


5.5.1 Die Projektplanung beim elektronischen Kontaktnetzwerk ...................... 775
5.5.1.1 Erfolgsfaktoren ............................................................................ 776
5.5.1.2 Strukturanalyse ............................................................................ 778
5.5.1.3 Marktanalyse ............................................................................... 780
5.5.1.4 Wachstumsanalyse ...................................................................... 782
5.5.1.5 Projektorganisation ..................................................................... 784
5.5.1.6 Projektkalkulation ....................................................................... 786
5.5.2 Die Projektumsetzung beim elektronischen Kontaktnetzwerk .................. 787
5.5.2.1 Systemauswahl ............................................................................ 789
5.5.2.2 Systemgestaltung......................................................................... 792
5.5.2.3 Systemaufbau .............................................................................. 794
5.5.2.4 Systemeinführung ....................................................................... 796
5.5.2.5 Systemkontrolle........................................................................... 797

Übungsaufgaben ........................................................................................................... 799


Klausuraufgaben ........................................................................................................... 803
Literatur zum Kapitel .................................................................................................... 811

6. Die Grundlagen der E-Company ..................................................... 813


6.1 Die Systeme bei der elektronischen Kooperation ................................................. 814
6.1.1 Die Systemanforderungen der elektronischen Kooperation ...................... 815
6.1.1.1 Virtuelle Unternehmen ................................................................ 816
6.1.1.2 Virtuelle Teamstrukturen ............................................................ 823
6.1.1.3 Virtuelle Arbeitsplätze ................................................................ 826
6.1.2 Die Systemlösungen der elektronischen Kooperation ............................... 831
6.1.2.1 Groupware Tools-Modell ............................................................ 831
6.1.2.2 Workflow Process Modell ........................................................... 835
6.1.2.3 Executive Information-Modell .................................................... 837
6.1.3 Die Systemarchitekturen der elektronischen Kooperation ........................ 839
6.1.3.1 Service-Komponenten ................................................................. 839
6.1.3.2 Web-Komponenten ..................................................................... 842
6.1.3.3 Cloud-Komponenten ................................................................... 844
Inhaltsverzeichnis XXXV

6.2 Die Prozesse bei der elektronischen Kooperation ................................................ 847


6.2.1 Die Prozessanforderungen der elektronischen Kooperation ..................... 847
6.2.1.1 Online-Kooperationskosten ......................................................... 847
6.2.1.2 Online-Kooperationsflexibilität .................................................. 848
6.2.1.3 Online-Kooperationskomplexität ................................................ 849
6.2.2 Die Prozessgestaltung der elektronischen Kooperation ............................ 851
6.2.2.1 eIdentification-Prozess ................................................................ 852
6.2.2.2 eInitiation-Prozess ....................................................................... 853
6.2.2.3 eAgreement-Prozess .................................................................... 853
6.2.2.4 eExecution-Prozess ..................................................................... 855
6.2.2.5 eDissolution-Prozess ................................................................... 856
6.2.3 Das Prozessmanagement der elektronischen Kooperation ........................ 857
6.2.3.1 Operative Kooperation ................................................................ 857
6.2.3.2 Taktische Kooperation ................................................................ 859
6.2.3.3 Strategische Kooperation ............................................................ 860

6.3 Das Management bei der elektronischen Kooperation ......................................... 862


6.3.1 Die Arbeitsanalyse der elektronischen Kooperation ................................. 862
6.3.1.1 Online-Vertrauenskultur.............................................................. 863
6.3.1.2 Online-Dialogkultur .................................................................... 863
6.3.1.3 Online-Lernkultur ....................................................................... 864
6.3.2 Die Partneranalyse der elektronischen Kooperation ................................ 865
6.3.2.1 Online-Partnersuche .................................................................... 865
6.3.2.2 Online-Partnerauswahl ................................................................ 868
6.3.2.3 Online-Partnerintegration ............................................................ 869
6.3.3 Die Strategieanalyse der elektronischen Kooperation .............................. 870
6.3.3.1 Online-Wettbewerbsverzerrungen ............................................... 870
6.3.3.2 Online-Wettbewerbsstrategien .................................................... 871
6.3.3.3 Online-Wettbewerbsvorteile ....................................................... 873

6.4 Das Marketing bei der elektronischen Kooperation ............................................. 875


6.4.1 Das Marktmanagement der elektronischen Kooperation .......................... 875
6.4.1.1 Individuelles Marketing .............................................................. 877
6.4.1.2 Gemeinsames Marketing ............................................................. 877
6.4.1.3 Übergeordnetes Marketing .......................................................... 878
6.4.2 Das Wissensmanagement der elektronischen Kooperation ....................... 880
6.4.2.1 Online-Wissensprozesse.............................................................. 880
6.4.2.2 Online-Wissensgemeinschaften .................................................. 884
6.4.2.3 Online-Wissensleitlinien ............................................................. 887

6.5 Die Implementierung bei der elektronischen Kooperation ................................... 890


6.5.1 Die Projektplanung bei der elektronischen Kooperation .......................... 891
6.5.1.1 Erfolgsfaktoren ............................................................................ 891
XXXVI Inhaltsverzeichnis

6.5.1.2 Unternehmensanalyse ................................................................. 894


6.5.1.3 Teilnehmeranalyse ...................................................................... 896
6.5.1.4 Prozessanalyse ............................................................................ 898
6.5.1.5 Projektorganisation ..................................................................... 900
6.5.1.6 Projektkalkulation ....................................................................... 903
6.5.2 Die Projektumsetzung bei der elektronischen Kooperation....................... 905
6.5.2.1 Systemauswahl ............................................................................ 907
6.5.2.2 Systemgestaltung......................................................................... 908
6.5.2.3 Systemaufbau .............................................................................. 910
6.5.2.4 Systemeinführung ....................................................................... 911
6.5.2.5 Systemkontrolle........................................................................... 912

Übungsaufgaben ........................................................................................................... 914


Klausuraufgaben ........................................................................................................... 918
Literatur zum Kapitel .................................................................................................... 926

Literaturverzeichnis ................................................................................................... 929


Akronymverzeichnis ................................................................................................... 989
Stichwortverzeichnis ................................................................................................... 995

Autor .......................................................................................................................... 1011


Die Grundlagen des E-Business 1

1. Die Grundlagen des E-Business

1.1 Die Informationstechnik als Voraussetzung


für die Digitale Wirtschaft
Die innovative Informationstechnik induziert spätestens seit Beginn der 1990er Jahre
einen Strukturwandel im gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bereich (Tapscott 1996,
S. 17 ff.). Waren noch vor einigen Jahren Computer und Netzwerke nur wenigen Spezia-
listen vorbehalten, sind sie heute bereits Bestandteil des täglichen Lebens. Die digitale
Technik und ihre Auswirkung auf die Informationsübertragung sind allgegenwärtig. Der
stetige Fortschritt und die wachsende Bedeutung der Informationstechnik sowie der Aus-
bau und die Vernetzung von elektronischen bzw. digitalen Datenwegen sind notwendige
Voraussetzungen für eine neue Dimension des wirtschaftlichen Miteinanders: dem elekt-
ronischen Handel auf elektronischen Datenwegen (Weiber/Kollmann 1997a, S. 513 ff.;
Kollmann/Krell 2011a, 2011b). Welche Entwicklungen bei den technischen Rahmenbe-
dingungen spielen also für das E-Business eine besondere Rolle?

1.1.1 Die Entwicklung der Rechnerleistung

Die Basis dieser Entwicklung bildet das Leistungsvermögen der Computer- und Infor-
mationstechnik. Waren die ersten Computer in der Mitte des letzten Jahrhunderts gerade
einmal in der Lage, einfache Additionen durchzuführen, wobei sie dafür mehrere Stunden
Rechenzeit benötigten, die Standfläche einer Lagerhalle in Anspruch nahmen und An-
schaffungskosten im siebenstelligen Bereich verursachten, so sorgte die exponentiell stei-
gende Rechnerleistung bei gleichzeitig rapide sinkenden Hardwarepreisen in Kombina-
tion mit zunehmender Miniaturisierung der Hardware dafür, dass heutzutage die Informa-
tionsübertragung mobil und ohne zeitliche und räumliche Beschränkungen vollzogen
werden kann. Die zukünftige Entwicklung dieser stetigen Leistungssteigerung kann an-
hand der folgenden technologischen Entwicklungstendenzen verdeutlicht werden:

„ Logikchips: Der als „erster Computer auf einem Chip“ gefeierte Prozessor aus dem
Jahre 1971 besaß 2.300 Transistoren. Die maximale Anzahl der Transistoren pro Chip
beträgt derzeit hingegen mehr als 7,1 Mrd., abhängig von der Ausstattung des jeweiligen
Prozessors. Dank moderner Fertigungstechnik ist es möglich, immer kleinere Transis-
toren und immer komplexere Schaltungen zu bauen, wodurch Prozessoren schneller,
leistungsfähiger und zugleich kleiner werden können.

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019
T. Kollmann, E-Business, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26143-6_1
2 Die Grundlagen des E-Business

„ Speicherchips: Gegenwärtig werden überwiegend Hauptspeicherchips mit 8-16 Gi-


gabyte (GB)-Modulen produziert, wobei häufig mehrere parallele Hauptspeicher-
chips zur Leistungssteigerung in einem Computer eingesetzt werden. Diese Möglich-
keit erklärt zum Teil auch, dass, wenngleich es bereits Speicherchips mit höherer Ka-
pazität gibt, diese sich aufgrund des ansteigenden Preises bislang noch nicht durch-
gesetzt haben. An der industriellen Entwicklung von Speicherchips mit deutlich mehr
Kapazität und höherer Taktfrequenz wird dennoch ständig gearbeitet.

„ Taktfrequenzen: Die Taktfrequenzen von Prozessoren, die in gegenwärtigen Perso-


nalcomputern (PCs) und Workstations eingesetzt werden, befinden sich meist in der
Größenordnung von 3-4 Gigahertz (GHz), wobei sich die Rechnerleistung durch PCs
mit mehreren Kernen, also CPUs (Central Processing Unit, aktuell bis zu zwölf Kerne
pro Prozessor), in den vergangenen Jahren deutlich gesteigert hat. Damit bietet ein
handelsüblicher Heim-PC heutzutage deutlich mehr Leistung als ein Cray 2-Super-
rechner aus dem Jahre 1985. Nach dem Mooreschen Gesetz (Moore ist Mitbegründer
des Chipherstellers Intel) verdoppelt sich die Prozessorleistung alle 18 Monate; wobei
sich die jüngste Entwicklung aufgrund von Hitzeentwicklung und Stromverbrauch
bei Zunahme an GHz verlangsamt hat. Dieses Gesetz ist auch wegen der Einführung
der Multikernprozessoren zur Leistungssteigerung in die Kritik geraten und in den
letzten Jahren nicht mehr zum Tragen gekommen.

Die in der Anschaffung immer günstiger werdenden leistungsstarken Systeme führten zu


einer beschleunigten Verbreitung des Mediums Computer. Betrug der Ausstattungsgrad
mit PCs in deutschen Haushalten 1998 lediglich 38,7 %, so stand im Jahr 2006 erstmals in
drei von vier Haushalten ein PC. Im Jahr 2017 betrug laut dem Statistischem Bundes-
amt (2017) dieser Anteil schon 90 %. Häufig wird bereits neben dem stationären PC ein
mobiler Laptop als Zweitgerät genutzt. Computer sind schon lange nicht mehr nur Spezi-
alisten vorbehalten, sie sind heute fester Bestandteil des täglichen Lebens. Die aktuelle
Entwicklung der Informationstechnik wird hierbei von drei grundsätzlichen Technologie-
aspekten bestimmt: Neben der im folgenden Kapitel ausführlich fokussierten Digitalisie-
rung (s. Kapitel 1.1.2) sind es besonders die Miniaturisierung und die Integration, die der
Informationstechnik zu weiter steigender Marktpenetration verhelfen werden (Harms
1995). Jede einzelne von ihnen bedeutet insbesondere einen technologischen Quanten-
sprung.
Der Terminus Miniaturisierung steht für die technologische Umsetzung der Devise „klein
und stark“ (Picot/Reichwald/Wigand 2003, S. 145 ff.). Technisch gesehen handelt es sich
dabei um den Prozess der Verkleinerung von Strukturen insbesondere verschiedenartiger
Bauteile bei technischen Geräten unter Beibehaltung der Funktion. Die treibenden Mo-
mente sind Forderungen nach der Verringerung von Größe, Gewicht und Strombedarf bei
gleichzeitig steigender Leistung und Geschwindigkeit. Verfeinerte Fertigungsmethoden in
der Elektrotechnik, Elektronik und Feinmechanik ermöglichen die Herstellung von hand-
lichen Tablet-PCs, Notebooks oder Smartwatches, die kleiner und leichter als ein Telefon-
Die Informationstechnik als Voraussetzung für die Digitale Wirtschaft 3

buch sind. So nutzt laut einer Umfrage, die vom Hightech-Verband BITKOM (2017b) durch-
geführt wurde, knapp jeder fünfte Deutsche ein Tablet-PC. Auch die Nutzung der Smartwatch
hat sich in den letzten Jahren etabliert. Sie ermöglicht eine Verbindung mit dem Smartphone,
sodass eingehende Nachrichten oder Anrufe auf dem Smartwatch-Display angezeigt werden
und diese auch direkt beantwortet werden können. Zudem können sie mittlerweile auch
Schritte zählen oder die Herzfrequenz messen und damit im Gesundheitsbereich (eHealth)
eingesetzt werden. Im Jahr 2017 wurden alleine in Deutschland 1,26 Mio. Smartwatches ab-
gesetzt, was ein Umsatzanstieg von 44 % bedeutet (BITKOM 2017a).
Die technische Integration statt Separation prägt die wirtschaftliche Entwicklung zuneh-
mend. Eine möglichst universelle Verwendbarkeit bei gleichzeitiger Nutzenoptimierung
ist die Bedingung, der Technologien heute genügen müssen. Multimediale Anwendungen
und Systeme zielen genau auf diese Ziele ab. Sie vereinen informationstechnische, kom-
munikationstechnische, unterhaltungs- und optoelektronische Elemente (Kollmann 1998a,
S.164 ff.) In einem komplett ausgestatteten Multimedia-PC sind Fernseher, Radio und
Soundkarte, Fotobearbeitung und Dia-Show, Telefax, Telefon, Anrufbeantworter und On-
line-Dienst neben den klassischen Computeranwendungen integriert. Eine sehr starke
Rechnerleistung in verschiedenen Medien (PC, Telefon, TV usw.) als Technologiebasis
bei gleichzeitig verbesserter Technologieanwendbarkeit durch die Miniaturisierung im
Hardwarebereich ist eine notwendige Bedingung für die Entwicklung elektronischer Ge-
schäftsmöglichkeiten. Diese Rechnerleistung ist letztendlich dafür verantwortlich, dass der
Anwender über ein Zugriffsmedium die zahlreichen heterogenen Informationen (z. B. Pro-
dukt- und Zahlungsinformationen, Kommunikation mit dem Handelspartner), die für eine
Transaktion notwendig sind, überhaupt erfassen und kontrollieren kann. Die Schnelligkeit
der Informationsverarbeitung der elektronischen Medien basiert dabei gerade auf der
technischen Form der Inhalte, der digitalen 0/1-Informationen.

1.1.2 Die Kraft der Digitalisierung

Die Digitalisierung der Informationen im Softwarebereich stellt eine weitere Grundvo-


raussetzung für die Digitale Wirtschaft dar. Die Digitalisierung ermöglicht es, große Men-
gen von Text, Bildern und anderen Informationen ohne Qualitätsverlust und mit hoher Ge-
schwindigkeit zu bearbeiten, zu kopieren, zu übertragen und anzuzeigen (Bode 1997,
S. 449 ff.). Diese neue digitale Welt wird dabei vom Takt von 0 und 1 bestimmt; Daten, die
dann über Netzwerke übertragen werden können. Für eine optimale Gestaltung elektroni-
scher Geschäftsprozesse mit hohem Informationsgehalt werden die verschiedenen grund-
legenden Datenarten in ihre digitale Form umgewandelt:

„ Text: Bei der Digitalisierung von Text sehr verbreitet ist der American Standard
Code for Information Interchange (ASCII) -Code, bei dem jeder lateinische Buch-
stabe durch eine Folge von sieben Ziffern ausgedrückt wird. Jede Ziffer kann dabei nur
4 Die Grundlagen des E-Business

den Wert 0 oder 1 annehmen. Die Ziffernfolge 1000001 stellt bspw. den Großbuch-
staben „A“ dar.

„ Bild: Die Digitalisierung eines Bildes basiert auf dessen Zerlegung in Zeilen und Spal-
ten. Bei einfachen Rastergrafiken mit ausschließlich schwarzen und weißen Bildpunk-
ten nimmt jedes Element dieser Matrix entweder den Wert 0 für weiß oder 1 für schwarz
an. Die Matrix wird zeilenweise ausgelesen, wodurch man eine Folge von Ziffern
erhält, die das Bild repräsentiert. Um demgegenüber ein Farbbild darzustellen, wird
jedem Pixel z. B. eine 16- oder 32-stellige Ziffernfolge zugeordnet.

„ Ton: Die Umwandlung von Tonsignalen erfolgt in der Regel mit einem Analog-Digi-
tal-Wandler, der die analogen Eingangssignale in einen digitalen Datenstrom überführt.
Auflösung und Abtastrate des Wandlers bestimmen dabei, mit welcher Genauigkeit
das ursprüngliche Signal in digitaler Form dargestellt wird und somit die Tonqualität.

Alle in elektronischen Geschäftsprozessen übermittelten Informationen lassen sich auf


diese grundlegenden Datenarten zurückführen. Die Datenmenge, die bei der Erstellung
von Ton- und Bildinformationen entsteht, ist enorm. Ein Bild nach dem internationalen
Standard für professionelles digitales Video der International Telecommunication Union
Radiocommunication Sector (ITU-R) „ITU-R BT 601“ (frühere Bezeichnung: CCIR 601)
ist 830 KB groß und eine Minute Videodaten benötigen 1,26 GB. Das Fassungsvermögen
einer CD-ROM beträgt gegenwärtig in der Regel 800 MB, also etwa 30 Sekunden Video-
signal. Selbst handelsübliche DVDs (4,7 GB) und USB-Speichersticks (ca. 64-128 GB)
könnten dementsprechend nur wenige Informationen aufnehmen.
Zur Reduktion des Speicherbedarfs bei der Datenhaltung und zur Reduktion des Daten-
aufkommens, insbesondere während der Übertragung von Daten, werden die Informatio-
nen nach Möglichkeit komprimiert. Bei der Datenkompression wird die Datenmenge
dadurch verringert, dass eine günstigere Repräsentation bestimmt wird, mit der sich die
gleichen Informationen in kürzerer Form darstellen lassen. Unterschieden wird zwischen
einer verlustfreien und/oder verlustbehafteten Kompression. Bei der verlustfreien Redun-
danzkompression wird die Datenreduktion durch das Entfernen von Redundanzen erreicht
und es entsteht somit kein Informationsverlust. Die Irrelevanzreduktion hingegen reduziert
die Information. Dabei wird ein Modell zugrunde gelegt, das entscheidet, welcher Teil der
Information für den Empfänger entbehrlich ist. Ein Beispiel für eine entbehrliche Infor-
mation sind akustische Signale, die außerhalb des Bereichs des menschlichen Hörvermö-
gens liegen, aber dennoch z. B. in Musiktiteln enthalten sind. Wie bereits aus dem Beispiel
hervorgeht, orientiert sich die Irrelevanzreduktion an den menschlichen physiologischen
Wahrnehmungsmöglichkeiten. Die Einsatzgebiete der verlustbehafteten Kompression sind
insbesondere Ton, Bild und Film. In jedem dieser Bereiche existieren definierte Methoden
und Standards zur Datenkompression. Ohne diese Informationsreduktion wären die oft-
mals enormen Datenmengen im E-Business (z. B. Produktbilder, Produktvideos) nicht zu
handhaben.
Die Informationstechnik als Voraussetzung für die Digitale Wirtschaft 5

„ Bild: PNG, JPG, GIF, TIFF

„ Ton: MP3, WMA, OGG, AAC

„ Video: MP4, AVI, WMV, MPEG

Diese Methoden verursachen aber auch Signalstörungen, sog. Kompressionsartefakte, wie


Unschärfe, Farbverfälschungen, Verzerrungen etc. Diese Störungen sind allerdings erst
für den Menschen sichtbar, wenn die Informationen zu stark komprimiert wurden. Derzei-
tig im Videobereich verwendete MPEG4-Komprimierungsverfahren erlauben eine Kom-
pressionsrate von bis zu 600 zu 1 ohne bemerkbaren Qualitätsverlust. Mit der digitalen
Telefonie, z. B. über ISDN und der Evolution von Folgetechnologien für die Datenüber-
tragung wie z. B. xDSL oder IP-Telefonie sowie mit der flächendeckenden Einführung
von digitalem Radio und Fernsehen hat die Digitalisierung in allen Lebensbereichen Ein-
zug gefunden. Diese Digitalisierung ermöglicht überhaupt die schnelle Übertragung von
umfassenden und damit komplexen Informationsinhalten, die für die Abwicklung geschäft-
licher Transaktionen notwendig erscheint.

Ø Kosten aus Ø Gewinn aus


Datenproduktion Datenkonsumtion

First- Critical-
Copy- Mass-
Cost Revenue

Datenverwendung
Anzahl der Kopien

Abb. 1: Kostendegressions- und Gewinnskalierungseffekte bei der Produktion und


Konsumtion von digitalen Informationen
Quelle: in Anlehnung an bzw. Erweiterung von Wirtz 2018, S. 219.

Im Hinblick auf die wirtschaftliche Dimension der Auswirkung einer Digitalisierung


von Informationen kann festgehalten werden, dass die elektronische Erfassung, Verarbei-
tung und Weitergabe von 0/1-Daten erhebliche Skalen- und Kostenvorteile für wirtschaft-
liche Transaktionen im Hinblick auf die Datenproduktion mit sich bringt (s. Abb. 1). Im
6 Die Grundlagen des E-Business

Gegensatz zu realen Informationsprodukten bzw. -trägern, die mit der Zunahme der Aus-
bringungsmenge der Informationsinhalte nur bedingt Kosteneinsparungen realisieren
können (z. B. bei der Produktion von Broschüren und/oder deren postalischer Versen-
dung), ist bei digitalen Informationsprodukten bzw. -trägern in der Regel lediglich die
erstmalige Erstellung des digitalen Inhaltes mit größeren Kosten verbunden (sog. First
Copy Costs). Die nachfolgende Vervielfältigung und Verbreitung der 0/1-Daten ist dann
nur noch mit marginalen Kosten, z. B. für die digitale Speicherung oder die Datenüber-
tragung über elektronische Netzwerke, verbunden. In der Folge kommt es mit steigender
Anzahl der Kopien der digitalen Informationsprodukte zu einem erheblichen Kostende-
gressionseffekt (s. Abb. 1), der auch zu einem Anstieg der wirtschaftlichen Attraktivität
der Nutzung digitaler Informationen und deren mengenmäßigen Distribution über elekt-
ronische Datennetze führt (Gewinnskalierungseffekt, s. Kapitel 1.1.3). Diese Effekte
sind ein zentrales Merkmal für die Etablierung der Digitalen Wirtschaft. Damit diese Ef-
fekte innerhalb des Datenaustausches zwischen Handels- und Kommunikationspartnern
wirksam bzw. realisiert werden, müssen die von ihnen genutzten Übertragungsmedien und
zugehörigen Nutzer aber miteinander vernetzt sein.

1.1.3 Die Zunahme der Vernetzung

Die Vernetzung von Computersystemen lässt neue Freiheitsgrade für eine elektronische
Kommunikation zu. Die zunehmende Vernetzung der einzelnen, in der Anschaffung im-
mer günstiger werdenden PCs, führt dazu, dass quasi jeder am „Datenhighway“ teilneh-
men kann. Dabei führt die weltweite Vernetzung von digitalen Daten und Informations-
wegen im Rahmen der „Informationsrevolution“ zu einer neuen Phase des Aufschwungs
mit neuen Spielregeln für das wirtschaftliche Zusammenleben. Kommunikationsformen
ändern sich, Marktgrenzen lösen sich auf, die Globalisierung schreitet fort und individu-
elle Informationen lassen sich ohne räumliche Beschränkungen nahezu unendlich schnell
von einem Punkt zum anderen innerhalb dieser Netze übertragen. Hält man sich vor Au-
gen, dass die ersten Rechner erst im Jahr 1969 vernetzt wurden, so wird einem immer
wieder deutlich, wie kurz eigentlich die Zeitspanne von den Ursprüngen der Entwicklung
bis zu den heutigen Strukturen des vorhandenen globalen Informationsnetzes ist bzw.
war (s. Abb. 2). Der Global Digital Report (2018) zeigt, dass heutzutage mehr als 4 Mrd.
Menschen weltweit das Internet nutzen.
Noch immer verläuft diese Entwicklung so rasant, dass es unmöglich erscheint anzuge-
ben, wann das Internet (s. Kapitel 1.2.1) seine endgültige Form annehmen wird. Aktuelle
Zahlen, z. B. über die Größe des Datennetzes, die angeschlossenen Nutzer oder den Wert
elektronischer wirtschaftlicher Transaktionen scheinen in dem Moment überholt zu sein, in
dem sie publiziert werden. Entscheidend für die generelle Entwicklung und Notwendigkeit
einer Auseinandersetzung mit dieser Materie sind auch nicht in erster Linie konkrete Zah-
len, sondern das Einvernehmen darüber, dass mit der elektronischen Datenwelt eine neue
allgemein akzeptierte Dimension des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Zusammen-
Die Informationstechnik als Voraussetzung für die Digitale Wirtschaft 7

lebens entsteht. Aktuelle Studien bestätigen die wichtige Rolle, die die Vernetzung heute
im Alltag der deutschen Bevölkerung einnimmt (z. B. ARD/ZDF 2015).
Insbesondere für die jüngeren Generationen gilt das weltweite Datennetz als das zentrale
und wichtigste Informations- und Unterhaltungsmedium. Die Nutzung ist zu einem
Kennzeichen eines innovativen und zukunftsgerichteten Lebensstils und somit zu einer ge-
sellschaftlichen Kulturfrage geworden. Gleichermaßen bestimmt die zunehmende Vernet-
zung die wirtschaftliche Entwicklung maßgeblich. Internationale Experten sind sich einig,
dass sich zunehmend auch überlegene breitbandige Netz-Infrastrukturen zu einem ent-
scheidenden Erfolgsfaktor im internationalen Standortwettbewerb entwickeln.

Millionen Nutzer in
90 Deutschland
Digital

80
Stereo
Handy DVD
70 TV
UKW Tablet
60
Radio Farbe
50 Computer
Mobil
40 Tonband Mobiles
Schall- Internet
30 Telefon platte
Fern- Internet
Volksempfänger wahl
20 Standard-
Lautsprecher Kassette werk-
Füll- Internet
schrift zeuge
10
Kopfhörer PC
Web Browser Zeit
0
1900 1910 1920 1930 1940 1950 1960 1970 1980 1990 2000 2010 2020

Abb. 2: Die Penetration von Computer und Internet zum Massenmedium


Quelle: in Anlehnung an Pagé/Ehring 2001, S. 93 und Erweiterung durch Daten von
statista.com zu Internet- und Computernutzern (2001-2020).

Differenziert betrachtet wird die Nutzung der Infrastruktur durch die drei zentralen
Faktoren Verfügbarkeit, Geschwindigkeit und Kosten determiniert. Die Verfügbarkeit ist
hier ein bedeutender Schlüsselbegriff. Die Möglichkeit, jederzeit online zu sein (always-
on) und über eine hohe Bandbreite verfügen zu können, bildet die Basis für die Attrakti-
vität des Mediums. Die derzeit ländlich noch vorzufindenden Bandbreiten von unter 16
Mbit/s werden in den nächsten Jahren zurückgehen. Bis 2018 sollen Bandbreiten von min-
destens 50 Mbit/s in Deutschland flächendeckend verfügbar sein, doch schon zu Beginn
von 2017 hatten nur ca. 80 % der deutschen Haushalte einen Breitbandanschluss. Die
Städte liegen dabei weit vor den ländlichen Gebieten, in denen nur 36 % aller Haushalte
8 Die Grundlagen des E-Business

mit einer Geschwindigkeit von 50 Mbit/s surfen (Müller 2017). Im OECD-Vergleich


schneidet Deutschland mit einer Glasfaser-Entwicklung von 2,3 % (Stand: Ende 2017)
sehr schlecht ab, so dass das Ziel der Bundesregierung nicht erreicht werden kann (OECD
2017). Dabei konkurrieren verschiedene Zugangswege wie Telefonnetz, Kabelfernseh-
netz, direkte Glasfaseranbindung, Elektrizitätsnetz, Satellitenzugang oder Terrestrische
Funktechnologien (Mobilfunknetz) miteinander. Gerade im letzteren Bereich ist unlängst
die Long-Term-Evolution-(LTE)-Technologie gestartet, die eine Übertragungsrate von
bis zu 150 Mbit/s ermöglicht (s. Kapitel 1.3.5). Bereits heute ist LTE in Deutschland schon
in vielen Gebieten über verschiedene Anbieter verfügbar. Zukünftig soll das LTE-Netz
sogar abgelöst werden durch das 5G-Mobilfunknetz, welches die bisherigen Leistungs-
daten um ein Vielfaches übersteigen würde und Datenraten bis zu 10 Gbit/s erlauben wür-
de (s. Kapitel 1.1.5). Eine hohe Geschwindigkeit im Netz ist gleichbedeutend mit einem
hohen Komfort sowohl für den Nutzer als auch den Anbieter, einer breiten Gestaltungs-
vielfalt und einer wettbewerbsfähigen Wirtschaft. Nach wie vor gilt folglich in Bezug auf
Datennetze: „Geschwindigkeit ist alles“ (Kollmann/Schmidt 2016, S. 121 ff.).
Neue Netzwerke auf Glasfaserbasis und neue Satellitentechnologien bieten das Potenzial
für Datenübertragungsgeschwindigkeiten im Gigabitbereich (s. Abb. 3). Ihre flächende-
ckende Einführung wird weniger durch technologische Restriktionen als durch derzeit
noch zu hohe Einführungskosten gebremst. Doch bereits die derzeit realisierten Daten-
übertragungsraten der Breitband-Technologie ermöglichen, das Web intensiver und viel-
fältiger als jemals zuvor zu nutzen. Neben der klassischen leitungsgebundenen Daten-
übertragung kommt der leitungsungebundenen Datenübertragung mittels mobiler Geräte
und Techniken (s. Kapitel 1.1.5) eine immer größere Bedeutung zu. Das Ausmaß der
Nutzung hängt jedoch nicht zuletzt von den dabei für den Endverbraucher entstehenden
Kosten ab. Teure zeit- oder volumenbasierte Tarife werden zunehmend von der sog. Flat-
rate abgelöst (Wirtz 2008, S. 32 f.). Dabei bezahlt der Konsument einen Festpreis unab-
hängig von der Nutzungsdauer oder dem übertragenen Datenvolumen und kann sich somit
frei im Datennetz bewegen. Im mobilen Bereich werden die Übertragungsgeschwindig-
keiten heute jedoch oft nach Erreichen eines vordefinierten inklusiven Datenvolumens ge-
drosselt.
Ein ständig verfügbares Netz mit hohen Bandbreiten und moderaten Preisen fördert die
Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen und bietet Konsumenten vielfältige neue Mög-
lichkeiten zur Bewältigung und Gestaltung des Alltags. So betrug laut Statistischem Bun-
desamt (2015) der Anteil von Informations- und Kommunikationsdienstleistungen am
deutschen Bruttoinlandsprodukt im Jahr 2014 etwa 4,7 % mit einem Anstieg von 2,0 %
im Vergleich zum Vorjahr. Der vor einigen Jahren prognostizierte Anstieg auf 11,8 % bis
zum Jahr 2015 wird somit wohl nicht ganz erfüllt, dennoch lässt sich die steigende Bedeu-
tung dieses Sektors feststellen. Experten erkennen ebenfalls einen Trend zur persönlichen
Vernetzung über Breitband. So werden insbesondere Kommunikationsservices und Enter-
tainmentangebote als wachsende Gruppen im Bereich Breitband-Nutzung angesehen
(Wirtz 2008, S. 18 ff.). Die Breitband-Technologie stellt somit den Ausgangspunkt von
zukünftigen Veränderungen dar, die den Einzelnen genauso wenig unberührt lassen wie
Die Informationstechnik als Voraussetzung für die Digitale Wirtschaft 9

die Wirtschaft oder die Gesellschaft als Ganzes. Erst mit einer ausreichenden Bandbreite
können die umfassenden und komplexen Informationen für eine geschäftliche Transaktion
übertragen werden. Mit dieser technischen Möglichkeit wuchs die Attraktivität für Han-
delsteilnehmer, das Datennetz wirtschaftlich zu nutzen, und damit wuchs die Vielfalt der
Datenquellen und der verfügbaren Datenmenge.
Im Hinblick auf die wirtschaftliche Dimension der Auswirkung einer Vernetzung der
Teilnehmer im und über das Datennetz kann festgehalten werden, dass mit einer Zunahme
der Datenkonsumtion ein Skalierungseffekt für den Gewinn aus digitalen Transaktionen
entstehen soll bzw. kann (s. Abb. 1). Der Grund hierfür ist die sog. kritische Masse (engl.
Critical-Mass). Sie bezeichnet die subjektive Attraktivität der von einem Individuum emp-
fundene Mindestzahl an Angeboten oder Nutzern auf einer elektronischen Plattform, die
erforderlich ist, damit ein ausreichender Nutzen für die eigene langfristige Verwendung
wahrgenommen wird. Dies kann z. B. bei einem E-Shop die Anzahl an angebotenen Pro-
dukten, bei einer E-Community die Anzahl der registrierten und/oder aktiven Nutzer oder
auf einem E-Marketplace die Anzahl der Anbieter und Nachfrager bzw. der durch sie de-
terminierten Handelsaktivitäten sein. Je größer diese installierte Basis, desto größer ist der
Derivativnutzen für den (nächsten/vorhandenen) Kunden (s. Kapitel 4.3.1.2). Wenn hier-
bei eine bestimmte Angebots- bzw. Nutzerzahl überschritten ist und der Derivativnutzen
ein bestimmtes Niveau überschritten hat, ist zu erwarten, dass nicht nur die vorhandenen
Nutzer das elektronische Angebot auch in Zukunft akzeptieren, sondern auch die Anzahl
der Neukunden und die damit verbundenen Einnahmen exponentiell zunehmen (Skalie-
rungseffekt, Critical-Mass-Revenue, s. Abb. 1). Dies gilt gerade vor dem Hintergrund,
dass die dafür notwendigen Informationen aus der Datenproduktion gleichzeitig aufgrund
des bereits dargestellten Kostendegressionseffektes immer weiter sinken (s. Kapitel 1.1.2).

1.1.4 Das Wachstum der Datenmenge


Abhängig von der Zahl und der Leistung der vernetzten Rechner auf der Hardwareebene
erfolgt parallel eine enorme Zunahme hinsichtlich der über die Datennetze transferierten
Datenmenge der Bits und Bytes. Die mit ihnen übermittelten Informationseinheiten und
damit die eigentlichen Inhalte des Datenaustauschs werden zunehmend auch zum Träger
wirtschaftlicher Transaktionen. Geschäftliche Prozesse werden vermehrt von der persön-
lichen Ebene (Face-to-Face) auf die Kanäle der weltweiten Datennetze (Bit-to-Byte) ver-
lagert. Das hiermit verbundene Informationsaufkommen erreicht bisher unvorstellbare Di-
mensionen. So wurden in den Jahren 2000 bis 2002 genauso viele Daten produziert wie in
den gesamten 2.000 Jahren davor. In den drei Jahren darauf hat sich das weltweite Daten-
volumen vervierfacht. Einer von IDC (2012) durchgeführten Studie folgend verzehnfacht
sich das weltweite Datenvolumen bis zum Jahr 2020, wobei die im Jahr 2013 erzeugte
Datenmenge auf 4,4 Zettabyte (4,4 Billionen Gigabyte) geschätzt wurde. Nach neuesten
Erkenntnisen wird sich die weltweite Datenmenge bis zum Jahr 2025 verzehnfachen auf
bis zu 163 Zettabyte (Kroker 2017).
10 Die Grundlagen des E-Business

Übertragungsgeschwindigkeit

10 Gigabit 5G
10 GBps
Ethernet

Gigabit
1 GBps LTE
Ethernet
ATM

DQDB Fast Breitband


100 MBps
Ethernet
FDDI

10 MBps UMTS
Ethernet

ISDN
1 MBps

Standleitungen GSM
100 Kbps

Datex-L Datex-P
10 Kbps
Telefonnetz
Zeit

1970 1980 1990 2000 2010 2020

Abb. 3: Datenübertragungsraten in der zeitlichen Entwicklung


Quelle: in Anlehnung an Picot/Reichwald/Wigand 2003, S.150.

Diese Datenexplosion konfrontiert die Menschen mit so vielen Informationen, dass sie nur
noch einen geringen Teil wahrnehmen können. Der breite Datenstrom muss daher sowohl
logistisch wie inhaltlich organisiert werden und bietet daher viele Chancen für neue Ge-
schäftsmodelle im Bereich der Informationsverarbeitung, -systematisierung und -übertra-
gung (Kollmann 2006, Kollmann/Krell 2011b). Ein aktuelles Stichwort ist in diesem Zu-
sammenhang der Begriff „Big Data“, der die Zusammenführung von hohen Datenmengen
und deren Auswertung umfasst. 90 % der heute gespeicherten Daten wurden allein in den
letzten zwei Jahren erzeugt, womit diese Datenvolumina vier Mal schneller wachsen als
die gesamte Weltwirtschaft. Täglich werden weltweit ca. 2,5 Trillionen Byte an Daten
erzeugt, wovon jedoch 90 % in unstrukturierter Form vorliegen, also z. B. als Posts, Fotos,
Nutzerhistorien, Log-Files etc. (Kroker 2015). Zudem zeichnet sich eine enorme Verlage-
rung bei der Datenquelle ab. So wird bis zum Jahr 2025 nicht mehr der Großteil der Daten
durch Privatnutzer, sondern durch Unternehmen generiert (Kroker 2017). Diese großen,
heterogenen Datenmengen gilt es sinnvoll zu analysieren und somit (wirtschaftlich) nutz-
bar zu machen. Die vier zentralen Facetten von Big Data sind vor diesem Hintergrund
gemäß der BITKOM (2014a):

„ Datenmenge (Volume) bezeichnet den stetig ansteigenden Umfang an gespeicherten


Daten. Dabei können einzelne Organisationen oder Unternehmen bereits über enorme
Datenvolumina verfügen, welche von mehreren Terabytes bis hin zu einigen Peta-
bytes reichen können.

„ Datenvielfalt (Variety) bezieht sich auf die wachsende Vielfalt an Datenquellen und
-formaten, welche in Big Data-Datensätze einfließen. Dabei lassen sich diese oft sehr
Die Informationstechnik als Voraussetzung für die Digitale Wirtschaft 11

heterogenen Daten grob in die drei Oberkategorien von unstrukturierten, semistruk-


turierten und strukturierten Daten einordnen. Optional ist auch die Verwendung einer
vierten Oberkategorie, den sog. polystrukturierten Daten, möglich. Dabei wird oft-
mals auch versucht, die unternehmensintern vorliegenden Daten mittels externer Da-
ten, z. B. aus sozialen Netzen, zu ergänzen und besser zu strukturieren.

„ Geschwindigkeit (Velocity) bezieht sich auf die Notwendigkeit einer immer schnel-
len Auswertung der Datenmengen. Die Geschwindigkeit der Datenverarbeitung und
-auswertung muss dabei generell mit den stetig wachsenden Datenvolumen Schritt
halten, um eine zeitnahe Analyse der Daten zu gewährleisten – oftmals sogar in Echt-
zeit. Die Datengenerierung und -übertragung mit hohen Geschwindigkeiten, Analyse
großer Datenvolumina mit Antwortzeiten im Sekundenbereich sowie Analysen in
Echtzeit sind hierbei besondere Herausforderungen.

„ Analysemethoden (Analytics) bezeichnen die Methoden zu Erkennung und Auswer-


tung von Mustern, Zusammenhängen und Bedeutung innerhalb der Datenmengen.
Aufgrund der drei vorgenannten Facetten ist ein höchstmöglicher Grad der Automa-
tisierung essentiell für Big-Data-Analysemethoden. Unter anderem zählen hierzu
Verfahren der Statistik, Prognosemodelle, Optimierungsalgorithmen, Data Mining,
Data Warehousing, Semantik- und Bildanalysen.

Neben dem sich ergebenden großen Potenzial für neue Geschäftsmodelle im Bereich Big
Data sind auch Risiken mit der Ansammlung, Auswertung und weitere Nutzung solch
großer Datenmengen zu berücksichtigen. Hier lassen sich grob die drei Bereiche der Data
Compliance (rechtliche und soziale Aspekte), der datensatzbasierten Risiken (sicherheits-
und Qualitätsaspekte) sowie Definitions- und Aussagerisiken (modell- und interpretati-
onsbezogene Aspekte) nennen (BITKOM 2014a). Ein bekanntes aktuelles Erfolgsbeispiel
für den Einsatz von Big Data stellt Microsofts Vorhersage der Fußball-Weltmeisterschaft
im Jahr 2014 dar. Durch die Analyse enormer Datenmengen war es dem Microsoft-Team
gelungen, sowohl alle Teilnehmer der K.o.-Runde als auch die jeweiligen Gewinner aller
16 K.o.-Rundenspiele korrekt zu prognostizieren.
Wenn über elektronische Datennetze nun aber immer mehr Daten und damit Informationen
zur Verfügung stehen, dann stellt sich die Frage nach deren Funktion im wirtschaftlichen
Wettbewerb. Ein zentrales Charakteristikum der postindustriellen Computer-Gesellschaft
ist vor diesem Hintergrund die systematische Nutzung, Aneignung und Anwendung von
Informationen, was die Arbeit und das Kapital als ausschließliche Wert-, Produktions- und
Profitquelle komplementiert. Informationen bzw. die damit zusammenhängende „informa-
tionsverarbeitende“ Industrie werden zum eigenständigen Wirtschaftssektor. Die Com-
putertechnik hat dazu geführt, dass Informationen als Produktionsfaktor auf einer breiten
Basis und auf wirtschaftliche Weise genutzt werden können (s. Kapitel 1.4). Arbeit wird
mehr und mehr von programmierten Maschinen geleistet. Dabei fließt das Kapital dorthin,
wo gute Ideen generiert werden. „Die Ausgangsvoraussetzung für Erfolg im Informations-
zeitalter“, sagt der englische Wirtschaftsphilosoph Charles Handy, „ist heute ein großer
12 Die Grundlagen des E-Business

Kopf: Die richtigen Ideen, die richtigen Informationen, sind in Zukunft ausschlaggebend.
Der Rest ist kein Problem mehr.“

Prozent

Landwirtschaft
70
Information
60
Produktion
50
Dienstleistung
40

30

20

10

0
1800 1850 1900 1950 2000 2050 Jahr

Abb. 4: Der Wirtschaftssektor „Information“


Quelle: in Anlehnung an Nefiodow 1990, S. 27.

Analog lässt sich gesamtwirtschaftlich betrachtet eine Verschiebung von den traditionellen
Wirtschaftssektoren Landwirtschaft, Produktion und (reale) Dienstleistung hin zum Sek-
tor „Information“ feststellen (s. Abb. 4). Der Transport von Informationen ist dabei nicht
sichtbar. Das macht es umso schwerer, die Umwälzungen unserer Zeit und die Bedeutung
der Ressource „Information“ zu begreifen. Der massive Einsatz von Informations- und
Kommunikationstechniken in der gesamten Wirtschaft führt nicht nur zu Produktivitäts-
und Effizienzsteigerungen. Ein anderer Punkt ist genauso, wenn nicht sogar noch bedeut-
samer: Auch neue Märkte, neue Geschäftsprozesse und -modelle, neue Geschäftsfel-
der/-branchen und neue Unternehmen entstehen (Kollmann 2019).
Der Informationsaustausch mit Hilfe von Datennetzen beinhaltet nicht nur eine dezidierte
Zweierbeziehung zwischen einem Anbieter und einem Nachfrager, sondern schafft die Vo-
raussetzung zu weltweiten Verbindungen zwischen allen Anbietern (Angebot) und Nach-
fragern (Nachfrage) unabhängig von ihrer geografischen Lage. Durch die Zunahme an
vernetzten Kommunikationswegen (Computer- bzw. Telekommunikationsnetze) wird es
immer einfacher, zweckgerichtete Informationen an bestimmten Punkten in den Netzen zu
platzieren, abzurufen, anzubieten, auszutauschen usw. Während Informationen bisher le-
diglich eine unterstützende Funktion für physische Produktionsprozesse übernahmen, wer-
den sie in Zukunft zu einem eigenständigen Wettbewerbsfaktor (s. Kapitel 1.4). Dieser
Wettbewerbsfaktor begründet sich darin, dass durch die Gewinnung, Verarbeitung und
Übertragung von Informationen sowohl die Effizienz von wirtschaftlichen Leistungssyste-
men als auch die Effektivität wirtschaftlicher Aktivitäten im Hinblick auf die Erstellung
erfolgreicher Marktleistungen signifikant erhöht werden (Day/Wensley 1988, S. 2 ff.; Bohr
1993, S. 859 ff.; Weiber/Jacob 2000, S. 526 f.).
Die Informationstechnik als Voraussetzung für die Digitale Wirtschaft 13

Damit können Informationen generell als „zentraler Wettbewerbsfaktor” in weltweiten Da-


tennetzen interpretiert werden (Kollmann 1998a, S. 44 ff.). Die Verarbeitung der produ-
zierten und übertragenen Informationsmenge scheint das schwache Glied zu sein. Diese
Engpässe sind sowohl menschlicher als auch organisatorischer Natur, repräsentiert durch
die begrenzte Fähigkeit von Individuen und Individuengruppen, Informationen mental zu
speichern, zu verarbeiten und zu benutzen (Noam 1997, S. 36). Die wirkliche Aufgabe des
zukünftigen elektronischen Handels scheint deshalb nicht in der Informationsproduktion
und sicherlich nicht in der Informationsübermittlung zu liegen, sondern eher in der Infor-
mationsverarbeitung und -darstellung mit Hilfe verschiedener Informationstechnolo-
gien. Diese Informationstechnologien stellen quasi das Zugriffsmedium auf die zwischen
vernetzten Rechnern transferierten digitalen Datenmengen dar. Dabei kann bzw. muss hin-
sichtlich einer Darstellung dieses Zugriffs generell auf die Weiterentwicklungen bei den
Basistechnologien Computer, Telefon und Fernsehen eingegangen werden.

1.1.5 Die Mobilisierung der Datenübertragung

Neben der zunehmenden Vernetzung von stationären Computern ist in letzter Zeit ein An-
stieg an mobiler Datenübertragung zu beobachten. Der mobile Internet-Zugang wird dabei
ein selbstverständlicher und allgegenwärtiger Zugang zum Netz im täglichen Gebrauch.
Dieser Trend wird durch zwei Entwicklungen angetrieben: Auf der einen Seite durch die
Verbreitung von mobilen Endgeräten sowie auf der anderen Seite durch die Entwicklung
der mobilen Übertragungstechnologien.
Unter mobilen Endgeräten werden Endgeräte für mobile Anwendungen verstanden bzw.
solche Geräte, die für den mobilen Einsatz konzipiert sind. Obgleich unter mobilen Endge-
räten streng genommen auch mobile Personalcomputer wie Laptops oder Netbooks, Bord-
computer wie z. B. in Flugzeugen oder Wearables zusammenzufassen sind, begründet sich
die gegenwärtige Mobilisierung der Datenübertragung schwerpunktmäßig auf die Klasse
der sog. Handhelds. Hierunter fallen PDAs (Personal Digital Assistant), also Mobiltele-
fone, die mit speziellen mobilen Funktionen ausgestattet sind, sowie Smartphones (Turo-
wski/Pousttchi 2004, S. 57 f.). PDAs wurden als Universalgeräte konzipiert, die neben
einer Organizer-Funktion auch das zu dem jeweiligen Betriebssystem passende Aufspie-
len von Software ermöglichen.
Kommuniziert wurde zumeist über Infrarot, Bluetooth und WLAN (Wireless Local Area
Network). Mobiltelefone wurden ursprünglich nur für die Kommunikation mittels Sprach-
übertragung entwickelt. Schnell entwickelten sich Geschäftsmodelle, wie z. B. der äu-
ßerst populäre Short Message Service (SMS). Mittlerweile ist es schwierig, ein Mobilte-
lefon ohne Kamera, Global Positioning System (GPS)-Empfänger, MP3-Player, Radio,
Videoabspielfunktion oder Speicherplatz mit weniger als 8 GB zu finden. Die modernen
Smartphones, wie z. B. das iPhone vereinen die Funktionen des PDAs mit denen des
Mobiltelefons und bieten somit Chancen zur Generierung von Mehrwerten durch neue
14 Die Grundlagen des E-Business

Geschäftsgründungen. Laut einer Erhebung des comScore-Dienstes MobiLens (Statista


2018a) hat sich die Anzahl der Smartphone-Nutzer in Deutschland bis 2018 auf 57 Mio.
erhöht. Auch in Zukunft ist von einem rasanten Wachstum auszugehen.
Wearables bezeichnet die Gruppe der am Körper tragbaren Computersysteme und unter-
scheiden sich in der Nutzung von klassischen Computern oder mobilen Endgeräten da-
durch, dass nicht ihre Nutzung selbst, sondern vielmehr eine durch Wearables unterstützte
Tätigkeit im Mittelpunkt steht. Beliebte Einsatzbereiche von Wearables sind unter ande-
rem sportliche Aktivitäten oder gesundheitliche Aspekte, da diese Computersysteme Da-
ten direkt am Körper ihres Trägers sammeln, analysieren und auswerten können. Wearab-
les werden außerdem oftmals in Kombination mit einem weiteren Gerät, z. B. einem PC
oder Smartphone, genutzt und können deren Funktionen so durch nutzerindividuelle Da-
ten verbessern. Wearables sind dabei kaum an eine festgelegte Form gebunden und kön-
nen sowohl außerhalb des Körpers, z. B. als Brille (Google Aura), Armband (fitbit), Smart-
watch (Apple Watch) oder Schuh (Volvorii Timeless), getragen werden als auch im Körper
des Nutzers integriert werden, wobei letzteres auch bereits in den Bereich der Bionik ge-
hen kann.
Eine weitere neue Technologie ist die Virtual Reality (VR), eine virtuelle Realität, die
vom Computer erzeugt wird (s. Kapitel 1.3.1). Im Jahr 2016 kamen die High-End-Brillen
von Playstation VR, HTC Vive, Oculus Rift und die Virtual-Reality-Plattform Daydream
von Google auf den Markt. Mittlerweile kann mit dieser VR-Technologie fast jeder Be-
reich weiter ausgebreitet werden. Der räumliche Eindruck wird vermittelt, in dem zwei
Bilder aus verschiedenen Sichtweisen aufgenommen werden. Mit diesen Brillen können
bspw. Filme realitätsnah angeschaut werden, ebenso sind Computerspiele lebendiger, da
die Umgebungen in 360-Grad hervorgerufen werden. Der Nutzer wird dabei in eine Art
künstliche Umgebung hineinversetzt (BITKOM 2017a).
Im Hinblick auf mobile Übertragungstechnologien kann grundsätzlich zwischen Tech-
nologien im Bereich der Mobiltelefonie und der Computernetze unterschieden werden.
Aus dem Bereich der klassischen Computernetze stammen die Technologien IrDA Data,
Bluetooth sowie WLAN. Wenngleich diese vor dem Hintergrund der rasanten Entwicklun-
gen im Bereich der Mobiltechnologie zunehmend an Bedeutung verlieren, sind sie, bis auf
Infrarot (IrDA), heutzutage zumeist auch in modernen Smartphones verbaut. Diese Über-
tragungstechnologien charakterisieren sich wie folgt:

„ IrDA Data ist ein von der Infrared Data Association (IrDA) entwickelter Standard
zur Übertragung von Daten mittels Infrarotlicht. Es bedarf einer Sichtverbindung. Die
Reichweite beträgt ein bis zwei Meter und die Datenübertragungsrate in der Regel nicht
mehr als 16 Mbit/s.

„ Bei Bluetooth handelt es sich um eine Funktechnik, mit der drahtlos zwischen zwei
oder mehreren mobilen Endgeräten kommuniziert werden kann. Die im Rahmen der
Bluetooth SIG (Bluetooth Special Interest Group) von mehreren Hard- und Software-
herstellern entwickelte Technologie garantiert Kompatibilität zwischen Bluetoothge-
Die Informationstechnik als Voraussetzung für die Digitale Wirtschaft 15

räten verschiedener Anbieter. Außerdem handelt es sich hierbei um eine öffentliche


und lizenzfreie Spezifikation. Die maximale Übertragungsgeschwindigkeit beträgt ca.
24 Mbit/s. Vorteilhaft an diesem Übertragungsweg ist der vergleichbar geringe Ener-
gieverbrauch, welcher insbesondere durch die jüngste Bluetooth-4-„Low Energy“-
Technologie nochmals deutlich gesenkt werden konnte.

„ Unter dem Begriff Wireless Local Area Network (WLAN) versteht man ein lo-
kales Funknetz. WLAN-Netzwerke können sowohl im Infrastruktur-Modus als auch
im Ad-hoc-Modus betrieben werden. Beim Infrastruktur-Modus übernimmt ein
drahtloser Router die Koordination aller anderen Netzknoten, wobei beim Ad-hoc-Mo-
dus alle Stationen gleichwertig sind. Mit dem derzeit neuesten im Dezember 2013 von
der IEEE (Institute of Electrical and Electronics Engineers) ratifizierten 802.11 ac-
Standard lassen sich bis zu 867 Mbit/s übertragen; handelsübliche Geräte schaffen
durch Mehrfachverbindungen mittels Multiple Input Multiple Output (MIMO) ca.
1,3 Gbit/s. Üblicherweise lässt sich eine Übertragungsreichweite von 30 bis 100 Me-
ter auf freier Fläche erzielen.

Standard für alle Smartphones bzw. Mobiltelefone ist mittlerweile ein Datenempfang so-
wohl über GPRS als auch im Mobilfunknetz der dritten Generation mittels UMTS. Be-
gonnen hat die mobile Datenübertragung mit dem Standard Global System for Mobile
Communication (GSM). Dieser Standard wurde 1987 definiert und löste die überwiegend
analogen Mobilfunkstandards der ersten Generation ab. Im März 2006 nutzten weltweit
1,7 Mrd. Menschen diesen Standard. Wenngleich die Datenübertragung möglich war, han-
delt es sich um eine sehr geringe Kapazität (9,6-14,5 Kbit/s). Auf Basis dieser geringen
Übertragungskapazität konnten M-Business-Aktivitäten kaum oder nur erschwert umge-
setzt werden. Das Verfahren HSCSD (High Speed Circuit Switched Data) veränderte zwar
nicht die zugrunde liegende Technik, erreichte aber durch ein besseres Kodierungsverfah-
ren und mittels Bündelung von bis zu zwölf Kanälen eine reale Datenrate von bis zu 57,6
Kbit/s (Roth 2005).
Mit GPRS (General Packet Radio Service) wurde ein Übertragungsverfahren geschaf-
fen, das eine paketorientierte Datenübertragung unterstützt. Im Gegensatz zu vorherigen
Verfahren wurden die Kosten nicht nach der Verbindungszeit, sondern nach dem Übertra-
gungsvolumen abgerechnet. GPRS eignet sich somit insbesondere für mobile Anwendun-
gen mit schwankendem Kommunikationsbedarf, wie das Lesen von Emails, die Partizipa-
tion in sozialen Netzwerken oder auch mobiles Surfen (Roth 2005). Mit GPRS können pro
Kanal maximal 21,4 Kbit/s übertragen werden. Durch die Bündelung von acht Kanälen
liegt die maximale Übertragungsrate bei 171,2 Kbit/s. Das sog. EDGE (Enhanced Data
Rates for GSM Evolution) baut weitgehend auf der bestehenden Infrastruktur von GPRS
auf. Durch ein neues Modulationsverfahren wird jedoch die Datenrate gesteigert. Pro Ka-
nal werden durch das Modulationsverfahren Übertragungsraten von bis zu 59,2 Kbit/s
möglich. Durch die Bündelung von acht Kanälen waren somit bis zu 473,6 Kbit/s realisier-
bar.
16 Die Grundlagen des E-Business

Mit UMTS (Universal Mobile Telecommunications System) wurde im Jahr 1998 der
europäische Mobilfunkstandard der dritten Generation (3G) und der Nachfolger der da-
mals aktuellen GSM-Netze geschaffen. Durch die Erweiterung mit HSDPA (+) (High
Speed Downlink Packet Access) und HSUPA (High Speed Uplink Packet Access) sind
Geschwindigkeitserhöhungen durch weiterentwickelte Modulationsverfahren ermöglicht
worden. Mit UMTS ist eine Übertragungsrate von 384 Kbit/s üblich. Mit HSDPA sind
Übertragungsgeschwindigkeiten von 3,6 bzw. 7,2 Mbit/s je nach Netzanbieter (die Netz-
anbieter in Deutschland haben in unterschiedlichen Regionen unterschiedliche Angebote)
üblich. Theoretisch möglich sind maximal 13,98 Mbit/s. Die vierte Generation (Kurzform:
4G) der Mobilfunknetze integriert drahtlose LAN und WLAN-Netze in die Mobilinfra-
struktur. Als revolutionär könnte sich die Technik dahingehend erweisen, als dass sie Fest-
netzanschlüsse vollständig vom Markt verdrängen könnte und somit eine komplette Mo-
bilisierung der Datenübertragung realisiert werden würde und somit die übrigen beschrie-
benen Übertragungstechnologien obsolet werden.
Mit LTE (Long Term Evolution) wird dieser neue Mobilfunkstandard (4G) mittlerweile
eingeführt. Auslöser für diese neue Entwicklung war der weiterhin stark anwachsende
Markt für mobile Endgeräte wie Smartphones und Tablets und der damit einhergehende
höhere mobile Datenverbrauch (s. Kapitel 1.3.5). Die Downloadgeschwindigkeit erreicht
bis zu 150 Mbit/s, die Uploadgeschwindigkeit hingegen 50 Mbit/s. Dies ist jedoch immer
noch ein Vielfaches von dem Vorgänger UMTS. Ermöglicht wird dies durch die neuen
Funktechnologien OFDM (Orthogonal Frequency Division Multiplexing) und MIMO
(Multiple-Input/Multiple-Output). Sie passen die Übetragungsgeschwindigkeit an die An-
forderung des jeweiligen Nutzers und teilen die Radiosignale in Subsignale ein, wodurch
mehrere Funkzellen gleichzeitig benutzt werden können und zusätzlich der Leistungsver-
brauch von LTE-Geräten gesenkt werden kann. Ein weiterer Vorteil von LTE ergibt sich
durch geringere Latenzzeiten (Verzögerungen in der Versendung von Datenpaketen), die
die Verwendung der Technologie durch den Endnutzer noch attraktiver machen und zu-
sammen mit den hohen Übertragungsraten sogar die Ablösung von stationären DSL-An-
schlüssen ermöglichen. Der nächste technologische Schritt ist LTE Advanced, der bis zu
1.000 Mbit/s erreichen soll, und damit eine flächendeckende Versorgung mit Breitband,
auch in ländlicheren Regionen sorgen soll.
Mit dem Mobilfunknetz 5G liegen bereits Pläne für eine erneute technische Weiterent-
wicklung vor, welche die bisherigen Leistungsdaten von LTE-Netzen um ein Vielfaches
übersteigen würden. In diesem Zusammenhang wird mit Datenraten von bis zu 10 Gbit/s
gerechnet. Das wäre 100 Mal schneller als aktuelle LTE-Netze und ungefähr 625 Mal
schneller als durchschnittliche DSL-Anschlüsse mit 16 Mbit/s. Ein weiterer enormer Vor-
teil würde sich durch die weiter sinkenden Latenzzeiten (Verzögerungen in der Versen-
dung von Datenpaketen) ergeben, welche im 5G-Netz unter 1 Millisekunden liegen wür-
den. Ebenso könnte bei geringerem Energieverbrauch durch die Einführung des 5G-Net-
zes eine größere Menge an Endgeräten bedient werden sowie die Verfügbarkeit und Zu-
verlässigkeit von mobilen Anwendungen gesteigert werden. Ermöglicht werden diese Ge-
schwindigkeiten durch eine enorme Steigerung der Kapazitäten und Datenraten von bisher
Die Informationstechnik als Voraussetzung für die Digitale Wirtschaft 17

genutzten MIMO (Multiple Input, Multiple Output) Technologien, indem die Anzahl der
Sende- und Empfangsantennen massiv erhöht werden würden. Netzwerkausrüster gehen
von einer kommerziellen Einführung der Technologie im Jahr 2020 aus (o. V. 2018a),
wodurch sich radikale Implikationen beispielsweise im Bereich der Mobilität (bspw. Car-
to-Car-Kommunikation), Logistik und Handel (bspw. automatisierte Transportwesen),
Medizin (bspw. telemedizinische Anwendungen) und Industrie (bspw. vernetzte Maschi-
nen) ergeben könnten (Rügheimer 2017).

1.1.6 Die Dezentralisierung der Datenspeicherung


Neben der zunehmenden Vernetzung von stationären und mobilen Endgeräten und dem
damit verbundenen enormen Anstieg an Daten und deren Übertragung, spielt in diesem
Zusammenhang auch deren Speicherung eine immer größere Rolle. Hintergrund ist die
ständige Verfügbarkeit und die Konzentration dieser Daten (Vermeidung von redundanten
Mehrfachdaten und -abfragen), die von überall auch von verschiedenen Nutzern abgerufen
und verwendet werden sollen. Diesbezüglich können zwei wesentliche Entwicklungen für
die Dezentralisierung der Datenspeicherung beobachtet werden. Die dezentrale Speiche-
rung von Arbeitsdaten innerhalb und außerhalb eines Organisationssystems im Rahmen
der Cloud-Technologie und der dezentralen Speicherung von Transaktionsdaten inner-
halb und außerhalb eines Handelssystems im Rahmen der Blockchain-Technologie.

Datensicherung Versionsverwaltung v3
v2
v1

Synchronisation File-Sharing

Abb. 5: Die Nutzung von Cloud-Speichern


Quelle: in Anlehnung an www.sit.fraunhofer.de

Sowohl Privatkunden als auch Unternehmen nutzen zunehmend die Möglichkeiten von
Cloud-Lösungen, um ihre (Arbeits-)Daten dezentral zu speichern und auch zu bearbeiten
18 Die Grundlagen des E-Business

(Pols/Heidkamp 2018). Ein Cloud-Speicher (Storage-as-a-service) bezeichnet ein Cloud-


Computing-Modell (vgl. Kapitel 6.1.3.3), mit welchem Daten über das Internet oder
Netzwerk in einem standortexternen System gespeichert und verwaltet werden. Die ge-
speicherten Informationen, wie bspw. Dokumente, Bilder und Videos, sind somit stets on-
line zugänglich und durch mehrere Benutzer mit entsprechender Autorisierung an ver-
schiedenen Standorten und Endgeräten abrufbar. Genutzt werden Cloud-Speicher daher
insbesondere zur Datensicherung (Backup), Versionsverwaltung, Synchronisation zwi-
schen verschiedenen Endgeräten oder zum File-Sharing zwischen autorisierten Nutzern
(s. Abb. 5).
Parallel zu den immer weiterwachsenden Datenmengen und schnelleren Bandbreiten (vgl.
Kapitel 1.1.4) werden entsprechend die Größen der Speichersysteme an die Bedürfnisse
einzelner Personen und Unternehmen angepasst. Somit werden häufig geringe Datenmen-
gen als Freeware zur Verfügung gestellt und zusätzlicher Speicherbedarf proportional zur
Datenmenge bepreist. Kunden können in der Regel zwischen drei Hauptmodellen wäh-
len: Die öffentliche Cloud (Public Cloud) wird von einem Drittanbieter bereitgestellt und
kann von jedem Privat- und Firmenkunden erworben und verwendet werden. Die Cloud-
dienstleister verfügen somit über eine bereits existierende Serverinfrastruktur und sind für
die gesamte Verwaltung und Wartung des Systems verantwortlich, sodass Unternehmen
dem Erwerb und der Verwaltung von lokalen Speichern entgehen können (Cohen 2009).
Dem gegenüber dient die private Cloud (Private Cloud) nicht der Allgemeinheit, sondern
steht nur ausgewählten Benutzern über das Internet oder Intranet zur Verfügung, sodass
sie oftmals auch als interne oder Unternehmenscloud bezeichnet wird. Aus Gründen von
Datenschutz und IT-Sicherheit ziehen es Unternehmen häufig vor, die Computinginfra-
struktur selbst zu betreiben und ausschließlich den eigenen Mitarbeitern zugänglich zu
machen (Hentschel/Leyh 2018, S. 4 ff.). Die hybriden Cloud-Dienste (Hybrid Cloud)
stellen eine Mischform der öffentlichen und privaten Cloud dar, sodass bestimmte Trans-
fers über öffentliche Anbieter und datenschutzkritische Anwendungen im Unternehmen
selbst verarbeitet werden. Somit werden die Vorzüge aus beiden Cloud-Typen vereint,
nämlich die Flexibilität, Skalierbarkeit und Kosteneffizienz bei niedrigen Risiken der Da-
tenenthüllung. Die Herausforderung besteht hierbei in der Trennung von datenschutzkri-
tischen und –unkritischen Workflows, sodass eine saubere und konsequente Klassifizie-
rung im Unternehmen Voraussetzung ist (BITKOM 2010, S. 59 ff.).
Die Blockchain-Technologie bezeichnet ein Konzept, welches Daten nicht in einer zent-
ralen Datenbank, sondern mithilfe von mathematischen und kryptografischen Verfahren
dezentral auf den Systemen der Nutzer speichert (Burgwinkel 2016, S. 3). Die Blockchain
(auf Deutsch „Blockkette“) funktioniert dabei wie ein Logbuch, in welchem die gesamten
Transaktionen des Netzwerkes verwahrt, geprüft und auf zahlreichen Servern des Peer-to-
Peer-Netzwerks verschlüsselt werden. Unter einem Peer-to-Peer-Netzwerk wird dabei
ein verteiltes Softwaresystem verstanden, welches aus sog. Knoten („Nodes“) besteht. Je-
der Knoten stellt dabei einen Einzelcomputer eines Nutzers dar, die über das Internet mit-
einander interagieren können. Analog zu den Seiten eines Buches werden diese Transak-
Die Informationstechnik als Voraussetzung für die Digitale Wirtschaft 19

tionen zwischen Sender und Empfänger in Blöcken gespeichert und durch eine krypto-
grafische Signatur chronologisch miteinander verknüpft, so dass sich in der Gesamtheit
eine kontinuierlich erweiterbare Kette ergibt (Drescher 2017, S. 53). Jeder sich im Netz-
werk befindende Teilnehmer verfügt demnach über eine irreversible Abbildung der Block-
chain auf seinem Server. Das gewährt Sicherheit, weil eine Manipulation oder Änderung
des Logbuches dazu führt, dass der Code nicht mit Datensätzen der anderen Server über-
einstimmt, sodass ein Fehlercode gemeldet wird. Dieser Aspekt führt dazu, dass interme-
diäre Kontrollinstanzen obsolet werden, weil die Kontrolle und die Koordination der Da-
ten durch die Benutzer selbst übernommen werden. Vor diesem Hintergrund kann der Be-
griff „Blockchain“ wie folgt definiert werden (in Anlehnung an Burgwinkel 2016, S. 6):

Der Begriff Blockchain bezeichnet ein technisches Konzept, welches Datensätze chro-
nologisch und irreversibel zu Blöcken zusammenfasst und mithilfe von kryptografi-
schen Verfahren auf dezentralen Systemen der Nutzer speichert, sodass die Datenin-
tegrität gewährleistet ist und eine Manipulation nachweisbar wäre.

Abb. 6: Die Funktionsweise der Blockchain-Technologie


Quelle: https://learn.g2crowd.com

Mit dem Einsatz von Blockchain-Technologien gehen demnach verschiedene Vor- und
Nachteile einher, die sowohl auf Geschäftsprozesse als auch die Marktstruktur Einfluss
nehmen können.

„ Die Nutzung der Blockchain-Technologie schlussfolgert die Obsoleszenz von Inter-


mediären. Hierdurch ergeben sich Vorteile, sodass Transaktionskosten deutlich redu-
20 Die Grundlagen des E-Business

ziert werden sowie Prozesse schneller und mit einer höheren Sicherheit bezüglich
Manipulation von sensiblen Daten durchgeführt werden können.

„ Aufgrund der sequentiellen Datenstruktur einer Blockchain kann eine beachtliche


Größe erlangt werden. Daraus ergeben sich Nachteile hinsichtlich der Fehlerfindung-
und -behebung sowie eine Steigerung von Energiekosten.

Die Blockchain basiert auf verschiedenen Technologien, welche in einem neuen Gesamt-
system kombiniert werden. Das sind Elemente aus den Bereichen verteilter Systeme, wie
Peer-to-Peer-Netzwerke (s. Abb. 6) und Kryptografie (s. Abb. 7), aber auch der Prozess-
modellierung (Schütte et al. 2017).

„ In Peer-to-Peer-Netzwerken (P2P) kommunizieren gleichberechtigte Rechnerkno-


ten („Nodes“) miteinander (Schütte et al. 2017, S. 11). Im Gegensatz zu Client-Server-
Architekturen können somit alle Netzwerkteilnehmer die gleichen Funktionen ausü-
ben und sich Berechnungsressourcen gegenseitig zur Verfügung stellen (Drescher
2017). Sämtliche Transaktionen werden dabei dezentral auf den beteiligten Compu-
tern gespeichert. Dadurch sind P2P-Netzwerke sehr robust gegenüber Ausfällen und
es gibt keinen „Single Point of Failure“ (Walport 2015, S. 22). Ebenso haben P2P-
Systeme im Vergleich zu zentralisierten Systemen den Vorteil, dass ein Intermediär
zur Vermittlung der Interaktionen nicht mehr erforderlich ist, wodurch Verarbeitungs-
zeiten und Kosten gesenkt werden können (Drescher 2017). Nachteilig zeigt sich,
dass potenziell auftretende Fehler in allen Knoten behoben werden müssen, da sämt-
liche Nodes über die Transaktionshistorie verfügen (Schütte et al. 2017, S. 11).

„ Die Grundidee der Kryptografie ist es, den Zugriff auf Daten gegenüber Dritten
durch Verschlüsselung digital zu schützen, was mit dem Verschließen und Öffnen
eines Türschlosses durch den passenden Schlüssel in der physischen Welt vergleich-
bar ist (Drescher 2017, S. 113). Originaldaten werden demzufolge kryptografisch ver-
schlüsselt, indem sie in eine Art Geheimtext (Hashwert) umgeschrieben werden, der
ausschließlich durch die berechtigte Person mittels eines passenden kryptografischen
Schlüssels wieder entschlüsselt werden kann. Für diejenigen, die nicht wissen, wie
sich der Geheimtext entschlüsseln lässt, sieht dieser wie eine zufällige Anhäufung von
Zahlen und Buchstaben aus. Berechtigte Personen können jedoch mithilfe des kryp-
tografischen Schlüssels den Geheimtext entschlüsseln und in die Originaldaten um-
wandeln (s. Abb. 7). Die Kryptografie ist ein zentrales Element der Blockchain-Tech-
nologie und bildet die Grundlage für das Mining und die Integrität von Blöcken sowie
für die Authentizität aller Transaktionen und Teilnehmer (Schütte et al. 2017, S. 8).
Bei der Ver- und Entschlüsselung der Daten wird unterschieden zwischen symmetri-
scher und asymmetrischer Kryptografie. Bei erstgenannter Kryptografie wird der-
selbe Schlüssel zum Ver- und Entschlüsseln der Daten genutzt, sodass derjenige, der
den Geheimtext erstellt automatisch in der Lage ist, diesen auch zu entschlüsseln. Bei
der asymmetrischen Kryptografie hingegen werden sog. sich ergänzende Schlüssel-
Die Informationstechnik als Voraussetzung für die Digitale Wirtschaft 21

paare verwendet, sodass ein erzeugter Geheimtext nur durch einen passenden ande-
ren Schlüssel entschlüsselt werden kann und umgekehrt. Die Blockchain macht sich
die asymmetrische Kryptografie zunutze, um einerseits die Anwender bzw. die An-
wenderkonten zu identifizieren und andererseits die Transaktionen zu autorisieren.

Abb. 7: Schematische Darstellung der grundlegenden kryptographischen Konzepte


Quelle: Drescher 2017, S. 113.

Blockchain-Anwendungen lassen sich im Wesentlichen in drei Kategorien aufteilen.


Blockchain 1.0 umfasst die Kryptowährungen, Blockchain 2.0 im Wesentlichen Smart
Contracts im Finanzsektor und Blockchain 3.0 die Smart Contracts in autonomen Orga-
nisationseinheiten. Diese unterschiedlichen Kategorien implizieren verschiedene Anwen-
dungsbereiche der Blockchain (Schütte et al. 2017, S. 4). Aktuell sind die meisten Anwen-
dungsfelder im Finanz- und Versicherungssektor zu finden. Bei Kryptowährungen, wie
z. B. Bitcoin, Etherum und Monero, wird sich die Blockchain-Technologie zu Nutze ge-
macht, um internationale Zahlungen, ohne Mittelsmann wie eine Bank, sicher und bei
gleichzeitig sinkenden Transaktionskosten sowie erhöhter Geschwindigkeit abzuwickeln
(Talin 2018). Aber auch die Banken selbst befinden sich gerade in dem Prozess die Block-
chain für sich zu nutzen um ihre internationalen Transaktionen sowie Kapitalmarktge-
schäfte einfacher und sicherer zu gestalten. Erste Blockchain-Anwendungen im Bereich
der Finanztransaktionen werden bereits durch Corda oder Ripple zur Verfügung gestellt.
Ebenso wird die Blockchain-Technologie teilweise bereits in Unternehmensnetzwerken
eingesetzt. Dazu zählen Anwendungen im Smart-Contracting und Datenaustausch, wie
z. B. Hyperledger und MultiChain. Insbesondere in der Zukunft wird mit weiteren Block-
chain-Anwendungen sowohl im Geschäftsbereich als auch im öffentlichen Bereich ge-
rechnet. Dazu zählen unter anderem Verwendungen im Supply-Chain-Management, um
das Vertrauensproblem zwischen Wertschöpfungspartnern hinsichtlich der Vertrags- und
Zahlungsabwicklungen zu lösen. Darüber hinaus sind Anwendungen im Gesundheitswe-
sen denkbar, um das Speichern und den Austausch hochsensibler Patientendaten zu si-
chern und nur berechtigten Personen Einblicke zu gewähren. Auch in der Medienbranche
sind Veränderungen zu prognostizieren. In Zeiten von schneller digitaler Verbreitung und
22 Die Grundlagen des E-Business

Raubkopien, kann die Blockchain dazu dienen Eigentumsrechte, Lizenzen und Transakti-
onen sicher und transparent abzuwickeln. Im öffentlichen Sektor ist von Veränderungen
im Bereich der Datenverwaltung von Bürgern auszugehen, so dass zukünftig Änderungen
schnell und unkompliziert online erledigt werden können. Außerdem könnte das Steuer-
system einfacher und nachvollziehbarer ausgestaltet werden, indem automatisierte und
transparente Prozesse die Steuerberechnung und -bezahlung übernehmen und menschliche
Fehler vermeiden (Schütte et al. 2017, S. 16 f.; Talin 2018).

1.2 Die Informationstechnologie als Basis


für die Digitale Wirtschaft
Die Bedeutung der Telekommunikation zusammen mit der Informations-, Medien- und
Elektrotechnologie (sog. TIME-Märkte) für den Wirtschaftsstandort Deutschland steigt
unaufhörlich. So wird in Deutschland nach Informationen des Bundesministeriums für
Wirtschaft und Energie (2018a) gemäß Monitoring-Report Wirtschaft DIGITAL 2018 al-
lein im zugehörigen IKT-Bereich von rund 1,1 Mio. Beschäftigten ein Umsatz von 230
Mrd. Euro erwirtschaftet. Verantwortlich dafür ist insbesondere die steigende Nutzung in-
novativer Informationstechnologien wie Internet, Mobilfunk und Interaktives Fernsehen
(Kollmann 1998a). Unter dem Begriff „Technologie“ ist dabei sowohl die Basistechnolo-
gie (z. B. das Internet, UMTS) als auch die darauf aufbauende Serviceleistung (z. B. Shop-
ping über das Internet, Location Based Services über UMTS) zu verstehen. Welche Ei-
genheiten können im Hinblick auf diese durch die Informationstechnik (s. Kapitel 1.1)
hervorgebrachten Informationstechnologien für das E-Business angeführt werden?

1.2.1 Das Internet (WWW)


Das Internet ist ein weltweiter Zusammenschluss von Computer-Netzwerken, die einen
gemeinsamen Standard benutzen. Es dient in erster Linie der Kommunikation und dem
Austausch von Informationen. Jeder Rechner innerhalb des Netzwerks kann dabei prin-
zipiell mit jedem anderen Netzteilnehmer kommunizieren. Die Entwicklung des Internets
beruht auf dem 1969 entstandenen ARPANet (Advanced Research Project Agency Net)
des US-Verteidigungsministeriums. Es wurde hauptsächlich benutzt, um Universitäten und
Forschungseinrichtungen zu vernetzen mit der Zielsetzung, die begrenzten und teuren Re-
chenkapazitäten effizienter zu nutzen und über die Dezentralisierung besser gegen Ausfälle
geschützt zu sein. Die Kommerzialisierung des Internets beginnt erst 1987. Seit diesem
Zeitpunkt steht das „größte Netzwerk weltweit“ nicht mehr nur Wissenschaftlern, Militärs
und Universitätsangehörigen zur Verfügung, sondern ist auch für Privatpersonen und Fir-
men nutzbar (s. Abb. 8).
Die Informationstechnologie als Basis für die Digitale Wirtschaft 23

Das Internet steht prinzipiell für alle Anwendungen und Dienste offen. Die heutige große
Aufmerksamkeit in Wirtschaft und Gesellschaft verdankt es in erster Linie der Entwick-
lung des World Wide Web (WWW). Mit Hilfe des Hypertext Transfer Protocol
(HTTP) und der Seitenbeschreibungssprache HTML (Hypertext Markup Language) ist es
gelungen, trotz der anfangs stark begrenzten Bandbreite des Internets dem Nutzer grafi-
sche Oberflächen (Browser) mit einer einfachen Steuerung (Mausklick) und multimedia-
len Inhalten anzubieten (s. Abb. 8). Damit wurde erstmalig, basierend auf einheitlichen
„Standards“, eine für den normalen Nutzer wichtige „Einfachheit für den Abruf“ und die
„Einstellung von Inhalten“ (Content) bei einem gleichzeitig hohem „Komfort“ (Maussteu-
erung) realisiert. Insgesamt sind es diese vier Schlüsselfaktoren, die jeweils auf Einfach-
heit und geringe Kosten der Nutzung abzielen, die das rapide Wachstum des Internets
vorangetrieben haben (s. Abb. 9).

Abb. 8: Die Internetseite von Lufthansa


Quelle: www.lufthansa.de

Es ist somit nicht verwunderlich, dass die Anzahl der erreichbaren Webseiten sprunghaft
anstieg. Allein in Deutschland sind nach Angaben der zentralen Registrierungsstelle für
alle Domains in Deutschland (DENIC 2017) insgesamt 16,3 Millionen .de-Domains regis-
triert. Nach eigenen Angaben sind bereits mehr als 75 % aller Deutschen im Internet aktiv.
Studien (z. B. Wirtz/Burda/Beaujean 2006, S. 22 ff.) belegen, dass sich die Intention der
24 Die Grundlagen des E-Business

Internetnutzung in den letzten Jahren verändert bzw. erweitert haben. Neben den tradi-
tionellen Internetnutzungszwecken „E-Information“ und „E-Kommunikation“ besteht
heute auch vermehrt Nachfrage in den Bereichen „E-Trading“ und „E-Entertainment“. Es
wird prognostiziert, dass diese vier Schlüsselbereiche der Internetnutzung weiter an
Bedeutung gewinnen:

„ E-Information: Ungefähr 80 % aller User nutzen das Internet zu Informationszwe-


cken. Im Zentrum der Informationsbeschaffung stehen z. B. Nachrichten, Börsen-
kurse, Wetter oder aktuelle regionale und überregionale Veranstaltungen. Als Bei-
spiele können focus.de, sueddeutsche.de, wetter.de aber auch meinestadt.de genannt
werden. Zunehmend werden auch immer mehr öffentliche Einrichtungen an das In-
ternet angeschlossen, wodurch vor diesem Hintergrund z. B. Informationen zu Öff-
nungszeiten, Adressen, Zuständigkeiten usw. problemlos von zu Hause aus abgefragt
werden können.

„ E-Kommunikation: Die Kommunikation ist ein weiterer zentraler Nutzungszweck.


Neben den klassischen Kommunikationsinstrumenten E-Mail, Chats und Diskussi-
onsforen bspw. in virtuellen Gemeinschaften und sozialen Netzwerken wie Facebook
& Co. werden vermehrt sog. VoIP-Anwendungen (Voice over IP) genutzt. Bei dieser
Art der Internet-Telefonie wird das weltweite Datennetz für die kostengünstige
Sprachübertragung anstelle des herkömmlichen Telefons eingesetzt. Hohe Bandbrei-
ten erlauben sogar die Videotelefonie, also die parallele Echtzeit-Übertragung von
Bild- und Tonsignalen. Mehr Geschwindigkeit bedeutet in diesem Falle also auch
mehr Komfort. Als Beispiele können dabei skype.com, facebook.de, webchat.de oder
auch spreed.de und xing.de angeführt werden.

Standards

• WWW ist offen für jeden


• TCP/IP-Standard
Content-Erstellung Content-Nutzung
• Weltweite Einigung (W3C)
• Entwicklung der Browser • Einfacher Zugang
• Multimediafähigkeit • Keine spezifischen Kosten
• Technische Offenheit Browser • Konvertierbarkeit

• Geschwindigkeit
• Unkomplizierter Download
• Plattformunabhängigkeit

Abb. 9: Schlüsselfaktoren des Internetwachstums


Quelle: in Anlehnung an Rayport/Jaworski 2002, S. 52.
Die Informationstechnologie als Basis für die Digitale Wirtschaft 25

„ E-Trading: Der elektronische Handel erfreut sich weiterhin vermehrter Beliebtheit in


Deutschland. Laut dem Handelsverband Deutschland (2018) steigen die Umsatzzah-
len im E-Commerce seit 2005 konstant. Mittlerweile werden 53,4 Mrd. Euro Umsatz
im E-Commerce erzielt. Prominente Beispiele sind dabei Plattformen wie amazon.de,
ebay.de, hrs.de oder zalando.de. Der gesamte Online- und Versandhandel übersprang
erstmals die 70 Mrd. Euro Brutto-Umsatz Hürde, was ungefähr 13 % des gesamten
Einzelhandelsvolumens entspricht (Handelsverband Deutschland 2018).

„ E-Entertainment: Immer mehr User nutzen das Internet zur „Unterhaltung“. Neben
den bereits heute umfassend genutzten Downloadmöglichkeiten von Filmen und Mu-
sik (z. B. netflix.com oder spotify.com), wird ebenfalls der Bereich „Gaming“ eine
tragende Rolle einnehmen (z. B. bigpoint.de). Insbesondere die Nutzerstrukturen in-
nerhalb dieser Branche unterliegen einem deutlichen Wandel. Waren Online-Spiele
bis vor einigen Jahren primär auf Jugendliche ausgerichtet, sind heutzutage zwar be-
sonders Männer, aber auch zunehmend Frauen an dieser Form der Unterhaltung inte-
ressiert. Zusätzlich erfreuen sich Portale, auf denen die User selber zur Content-Er-
stellung beitragen und für Unterhaltung sorgen können (z. B. das Portal youtube
.com), immer größerer Beliebtheit.

Produktbezogene Angebote
Evaluation

• Bessere
Vergleichsmöglichkeiten
• Abbau von Informations-
Suche asymmetrien Transaktion

• Niedrigere Suchkosten • Verringerung von


• Verbesserte Leistung der Servicebezogene Angebote Transaktionskosten
Suche • Beschleunigung des
Problemlösung Transaktionsprozesses

• Kunden- und
problemorientierte
Lösungsfindung
• Individualität

Abb. 10: Schlüsselfunktionen der Internetaktivitäten


Quelle: in Anlehnung an Lumpkin/Dess 2004, S. 162.

In jedem dieser Bereiche bietet das Internet weiterhin Möglichkeiten für die Etablierung
neuer Geschäftsmodelle, die neue Formen der Wertschöpfung realisieren. Dabei ist es je-
doch wichtig, dass hierbei die vier Schlüsselfunktionen wertschöpfender Internetakti-
vitäten (s. Abb. 10) adressiert werden (Lumpkin/Dess 2004). Dazu zählt zunächst eine
einfache und kostengünstige „Suche“ nach und damit zusammenhängend das Auffinden
von geeigneten Produkten oder Dienstleistungen im großen Angebot des WWW bzw. auf
einzelnen Webseiten (z. B. google.de). Bezogen auf das Angebot selbst rücken vermehrt
26 Die Grundlagen des E-Business

bessere Vergleichsmöglichkeiten und der damit verbundene Abbau von Informationsasym-


metrien zugunsten des Nachfragers in den Mittelpunkt (z. B. idealo.de oder ciao.de). Un-
ternehmen haben dagegen die Möglichkeit ihr Angebot auf den einzelnen Webseiten-Nut-
zer anzupassen und individualisierte Angebote zu unterbreiten.
Im Ergebnis stehen für beide Seiten aufgrund des schnellen und günstigen Transfers von
digitalen Informationen über das WWW eine Senkung von Transaktionskosten und eine
Beschleunigung des Transaktionsprozesses. Ein Beispiel für diese Schlüsselfaktoren
bietet die Reise-Webseite von expedia.de: Hier findet sich eine Suchmaschine mit Ver-
gleichsmöglichkeiten und Zusatzinformationen für die verschiedenen Flugangebote bzw.
Reiseziele, eine Möglichkeit zur Personalisierung (meinExpedia) und die Möglichkeit, den
gesamten Transaktionsprozess (Suche, Auswahl, Buchung und Bezahlung) über das Inter-
net abzuwickeln. Darüber hinaus existieren grundlegende Anforderungen an elektronische
Geschäftsprozesse, deren Befriedigung als Mindestvoraussetzung für den Markterfolg be-
trachtet werden können. Dazu zählen insbesondere die zeitliche Flexibilität der Nutzung,
ein adäquater Preis sowie ein komfortabler und unkomplizierter Zugriff auf die Angebote.
Vor diesem Hintergrund werden transaktionsorientierte Prozesse, die über die Informati-
onstechnologie „Internet“ abgewickelt werden, auch mit dem Begriff „E-Commerce“
bezeichnet, wobei dieser wie folgt definiert werden kann:

Mit dem Begriff „E-Commerce“ wird die Nutzung von stationären Computer-Endge-
räten als Informationstechnologie bezeichnet, um über Informations-, Kommunikati-
ons- und Transaktionsprozesse zwischen den Netzteilnehmern reale oder elektronische
Waren und Dienstleistungen anzubieten und abzusetzen, wobei der tatsächliche Ver-
kauf im Mittelpunkt steht.

1.2.2 Der Mobilfunk (UMTS/LTE)

Die Verschmelzung der Erfolgskonzepte des Internets und der mobilen Kommunikation
resultieren beim Mobilfunk im sog. Mobile Commerce (M-Commerce). Elektronische
Transaktionen können nicht mehr nur über stationäre Datennetzwerke, zuhause oder am
Arbeitsplatz, sondern „jederzeit“ und „überall“ mit Hilfe des ohnehin ständigen Begleiters
Mobiltelefon bzw. Smartphone resp. anderer mobiler Endgeräte (Handhelds, Tablets,
PDAs etc.; s. Kapitel 1.1.5) abgewickelt werden (Kollmann 2001b, S. 59 ff.). Aufbauend
auf den Nutzungsattributen der mobilen Kommunikation können dem Konsumenten
innovative Produkte und Dienstleistungen angeboten werden, die weit über ein „nur“ mo-
biles Internet hinausgehen (Durlacher Research 1999, S. 66 ff.):

„ Zugangsgeschwindigkeit: Die Steigerungen in der Übertragungsleistung von Daten


über mobile Endgeräte ermöglichen auch die Darstellung komplexer Sachverhalte
(Wort und Bild) und damit eine effektive Kommunikation.
Die Informationstechnologie als Basis für die Digitale Wirtschaft 27

„ Ortsunabhängigkeit: Ein mobiles Terminal (z. B. Mobiltelefon) verbindet den An-


wender mit Real-Time-Information und dies unabhängig von dessen Standort.

„ Bequemlichkeit: Daten und Informationen sind „immer zur Hand“ und können einfach
und unkompliziert per Tastendruck abgerufen werden.

„ Erreichbarkeit: Bestimmte Geschäftstransaktionen sind direkt abhängig von der per-


manenten Verfügbarkeit des Transaktionspartners. Nur mit einem mobilen Endgerät
kann der Nutzer jederzeit und überall kontaktiert werden. Gleichzeitig besteht für den
Anwender die Möglichkeit, die Erreichbarkeit zu begrenzen.

„ Sicherheit: Mobile Endgeräte verwenden bereits die Secure Socket Layer (SSL)-
Technologie innerhalb eines geschlossenen End-to-End-Systems. Subscriber Identifi-
cation Module (SIM)-Smartcards prüfen mit Hilfe der Personal Identification Num-
ber (PIN) die Autorisierung des Nutzers und eröffnen so ein höheres Maß an Sicher-
heit hinsichtlich der Identifikation der Transaktionspartner.

„ Personalisierung: Die direkte Zuordnung eines Mobilgerätes zu einem Nutzer ermög-


licht – zusammen mit seinen Nutzungsspuren – einen individuellen Zuschnitt der Kom-
munikation zwischen Sender und Empfänger. Individuell zusammengestellte Informa-
tionsquellen, persönliche Daten sowie transaktionsrelevante Informationen schaffen
über mobile Portale ein derart kundenspezifisches Umfeld, dass das mobile Endgerät
zum individuellen Alltagswerkzeug wird.

„ Lokalisierung: Der Bezug von Dienstleistungen und Anwendungen auf den konkre-
ten Standort des Nutzers (sog. Location Based Services) ist der zentrale added-value
der mobilen Kommunikation (Faber/Prestin 2012, S. 123). Über die Identifizierung
des Standortes können relevante Informationen direkt vor Ort gegeben werden. Stand-
ortabhängige Applikationen stellen dem Anwender nur situationsrelevante Dienste zur
Verfügung, wodurch dieser schneller zu den gewünschten Resultaten kommt.

„ Routing: Mit Hilfe der Verknüpfung mit Navigationssystemen (z. B. GPS) kann der
Nutzer nun direkt zu einem informations-, produkt- oder dienstleistungsbezogenen
Standort geführt werden.

Zur Realisierung dieser Nutzungsattribute der mobilen Telekommunikation müssen aber


die zugrundeliegenden Technologien und Übertragungswege den reibungslosen Austausch
von großen Datenmengen ermöglichen. Mit UMTS (s. Kapitel 1.1.5) steht in Europa in-
zwischen ein zur sog. dritten Mobilfunkgeneration (3G) gehörender Mobilfunkstan-
dard bereit, der die interaktive und multimediale mobile Kommunikation mit hohen Band-
breiten gewährleistet. Nutzungsbarrieren, basierend auf begrenzten Darstellungsmöglich-
keiten, langen Verbindungsaufbau- und Download-Zeiten sowie sehr hohe, auf Minuten-
tarife gestützte, Kosten gehören der Vergangenheit an. Diese multimediale Freiheit wurde
im Jahr 2000 von den Netzanbietern im Rahmen der Versteigerung der UMTS-Lizenzen
28 Die Grundlagen des E-Business

erworben und untrennbar mit der Verpflichtung zum Betrieb verbunden. Seit 2004 sind
die UMTS-Netze flächendeckend im Einsatz und mittlerweile hat sich die Nutzung von
UMTS fest etabliert. Dem Endgerätehersteller Vodafone zufolge sind mittlerweile acht
von zehn Geräten, die verkauft werden, UMTS-fähig. Bereits Mitte 2012 wurden die ers-
ten mobilen Endgeräte mit dem neuesten 4G Standard (LTE, s. Kapitel 1.1.5) ausgelie-
fert.

Abb. 11: Erste mobile Applikation in Deutschland für die Kieler Woche 2004

Die technische Bereitstellung von schnellen mobilen Datennetzen ist jedoch nur die not-
wendige Grundbedingung für deren Nutzung. Viel entscheidender ist das Angebot von
speziellen mobilen Anwendungen über mobile Endgeräte, die dem Endnutzer den einfa-
chen Zugang zu mobilen Dienstleistungen eröffnen und somit die Nutzungsattribute in Ab-
hängigkeit der Beschaffenheit der Endgeräte (z. B. Größe und Bedienbarkeit des Displays),
sinnvoll übersetzen. Diese sog. mobilen Applikationen (Apps) sind also der Schlüssel
zum Erfolg, da erst durch sie die mobilen Dienste durch den Endkunden bedienbar und
erfahrbar werden. Die erste mobile Applikation in Deutschland wurde schon 2004 vom
Lehrstuhl für E-Business und E-Entrepreneurship des Autors dieses Lehrbuches, damals
noch am Standort Kiel, entwickelt. Zusammen mit den Partnern T-Mobile, Motorola,
beLocal und vielen weiteren Unternehmen wurde dabei eine mobile Applikation für die
Kieler Woche aufgebaut. Dabei kam eines der ersten UMTS-Handys zum Einsatz, wel-
ches Motorola damals überhaupt im Testbetrieb hatte. 200 dieser Geräte konnten inklusive
der mobilen Applikation täglich an die Besucher der Kieler Woche ausgeliehen werden.
Die Informationstechnologie als Basis für die Digitale Wirtschaft 29

Über die ersten UMTS-Sendemasten von T-Mobile, die teilweise sogar extra für dieses
Pilotprojekt aufgestellt wurden, wurde die App mit aktuellen Daten versorgt. Mit Hilfe
dieser Applikation konnten sich die Besucher auf einem sog. Touchscreen über Veranstal-
tungshinweise, Bühnenprogramme, Zieleinläufe der Segelregatten und Erläuterungen zu
touristischen Sehenswürdigkeiten mit Text-, Bild- oder auch Videoelementen informieren.
Auch die Ortung des Nutzers mit einer kartenbasierten Routenführung zu den einzelnen
Veranstaltungen und Eventorten war schon integriert. Abb. 11 zeigt vor diesem Hinter-
grund das UMTS-Handy von Motorola und einige Screenshots der Inhalte dieser ersten mo-
bilen Applikation, die in Deutschland im Jahr 2004 an den Start ging (s. Abb. 11).

Telefonieren
100 %
Foto & Video
90 %
Suchmaschine
79 % Soziale
Nachrichten Netzwerke Musik Navigation/
69 % 68 % 69 % Kartendienste
64 %

Banking
46 % Shopping
43 %

Dating
22 %

Information
Information Kommunikation
Kommunikation Unterhaltung & Freizeit
Unterhaltung & Tools&
Tools & Transaktion
Transaktion
Freizeit

Abb. 12: Nutzung der mobilen Applikationen


Quelle: BITKOM 2017a

Damit war der Grundstein für erfolgreiche mobile Dienste und Anwendungen gelegt. Der
eigentliche Durchbruch für mobile Applikationen kam dann jedoch erst 2007 mit der
Einführung des Apple iPhones sowie der Lancierung des AppStores. In der Kombination
eines modernen Endgerätes mit einem integrierten Vertriebsweg für viele verfügbare mo-
bile Anwendungen wurde eine rasante Entwicklung angeschoben: Apple selbst gibt an,
dass im Januar 2017 mehr als 2,2 Mio. Applikationen für das iPhone im Apple Store
verfügbar waren (Apple 2017). Im Google Play Store waren es im Juli 2018 ca. 3,3 Mio.
(Google 2018). Die Anzahl der kumulierten Downloads aus den App Stores iOS, Google
Play und allen Drittanbieter-Stores, beliefen sich 2017 weltweit auf insgesamt 175 Mrd.
(App Annie 2018; Apple 2018). Die Gesamtnutzungsdauer von Apps lag 2016 bei fast 900
Mrd. Stunden, was durschnittlich zwei Stunden am Tag bedeutet. Dabei werden haupt-
sächlich die Apps Facebook, YouTube, Google Maps und WhatsApp genutzt. Das spiegelt
sich bei den weltweiten App Store Umsätzen wider, sodass Publisher im Jahr 2016 im iOS
30 Die Grundlagen des E-Business

App Store und auf Google Play 35 Mrd. USD generierten. Jedoch führt hier der iOS App
Store die Rangliste an und ist beim weltweiten Umsatz deutlich vor dem Google Play
Store und baut damit seine Führung aus (App Annie 2017). Zweifelsohne hat Apple den
Markt für mobile Applikationen mit Werbesprüchen wie „es gibt für alles eine App“ als
erster erfolgreich erschlossen. Aber auch andere Anbieter folgen dem Beispiel und versu-
chen in das erfolgsversprechende Feld der mobilen Applikationen vorzudringen. So ist
auch Google darum bemüht, diesen Markt mit dem mobilen Betriebssystem Android zu
erschließen und hatte mit dem Google Nexus One sogar ein dazu passendes Smartphone
auf den Markt gebracht, welches jedoch nur bedingt erfolgreich war. Im Gegensatz zu
dem Betriebssystem iOS von Apple gibt es aber diverse Smartphones (z. B. HTC, LG,
Samsung), die das Betriebssystem von Google verwenden.
Mit dem im Frühjahr 2010 auf den Markt gebrachten iPad hat Apple inzwischen ein weiteres
neues Endgerät (einen sog. Tablet-PC) auf den Markt gebracht, welches extra für das
Browsen im Internet, das Anschauen von Fotos und Videos sowie das Lesen von E-Books
genutzt werden soll. Zu den bisherigen Apps des iPhones, die problemlos auf dem iPad
zu benutzen sind, gibt es bereits im März 2016 über 1.000.000 Applikationen, die speziell
für die technischen Besonderheiten des iPads abgestimmt sind (Costello 2018). Obwohl
die Idee des Tablet-PCs nicht neu war, schaffte es das iPad, dieser Art von Geräten zum
Durchbruch zu verhelfen und das Marktvolumen in diesem Bereich enorm zu steigern.
Mit dem sog. WePad (später WeTab) gab es aber auch bereits ein deutsches Produkt, das
denselben Markt bediente, jedoch mittlerweile nicht mehr erhältlich ist. Dafür gibt es viele
Konkurrenzprodukte von anderen Herstellern (z. B. Samsung Galaxy Tab), die größere
Marktanteile erreichen konnten. Aufgrund des wachsenden Marktes und des wachsenden
Wettbewerbs tendieren die Hersteller dazu größere Smartphones in die Produktpalette zu
integrieren, um eine Mischung zwischen Smartphones und Tablets, den sog. „Phablets“,
zu erreichen (BITKOM 2017a).

Vorteile auf der Anbieterseite Vorteile auf der Nachfragerseite

Zuverlässige Ortsbestimmung der Kunden Ortsunabhängigkeit und Routing

Ständige Erreichbarkeit der Kunden Ständige Verfügbarkeit der Dienste

Vereinheitlichung durch wenige Standards Interaktivität und Individualität

Personalisierung und One-to-One-Beziehungen Multimedialität (Text, Audio und Video)

Erhöhte Sicherheit im Zahlungsverkehr Geschwindigkeit und Komfort

Abb. 13: Vorteile der mobilen Kommunikation


Quelle: in Anlehnung an Kollmann 2001b, S. 61.
Die Informationstechnologie als Basis für die Digitale Wirtschaft 31

Mit einem Blick auf die Nutungsverteilung von Smartphone-Funktionen wird die Erfolgs-
möglichkeit von mobilen Applikationen sehr schnell deutlich: Am Beispiel der Con-
sumer Technology Studie (BITKOM 2017a) wird deutlich, in welchen Bereichen die
meisten mobilen Applikationen Verwendung finden. Obwohl sich die Anwendungsfel-
der immer weiter ausdifferenzieren, werden Kernfunktionen im Rahmen der Kom-
munikation (z. B. Telefonieren) durch den Nutzer sehr geschätzt. Zusätzlich werden
mobile Applikationen vermehrt für Unterhaltung und Freizeit genutzt (s. Abb. 12).
Wenn man die modernen mobilen Applikationen außerhalb des Spiele-Sektors genauer
analysiert, dann wird in der Regel versucht, insbesondere die Vorteile der mobilen Kom-
munikation (s. Abb. 13) im Rahmen von sog. Location Based Services (Kollmann
2001b, S. 59 ff.) umzusetzen. Basierend auf den Attributen Lokalisierung, Personalisie-
rung und Routing werden den Konsumenten dabei zielgerichtet Produkte und Dienstleis-
tungen angeboten, die speziell auf den Anwender und die Situation, in der dieser sich
momentan befindet, ausgerichtet sind. Hierzu zählen bei den angeführten Beispielen im-
mer wieder Hotel- oder Gastronomie-Angebote mit dynamischem Routenplaner sowie
standortbezogene Veranstaltungstipps und Shopping-Informationen. Dies bedeutet im
letzteren Fall, dass man in einem Laden einen Preisvergleich zu dringend benötigten
Produkten über das Handy durchführen kann. Der Betreiber einer entsprechenden mobilen
Applikation informiert über den mobilen Begleiter nicht nur direkt über günstigere Ange-
bote im näheren Umkreis, sondern führt über GPS den Kunden auch noch dorthin.

Abb. 14: Situativer Nutzen am Beispiel von Yelp


Quelle: www.yelp.com
32 Die Grundlagen des E-Business

Durch die Location Based Services wird vor diesem Hintergrund aus theoretischer Sicht
insbesondere der sog. situative Nutzen als Bestandteil der Akzeptanz von mobilen An-
wendungen adressiert. Dieser situative Nutzen ist demnach dann gegeben, wenn ein orts-
abhängiges und zeitkritisches Kundenbedürfnis mit Hilfe des mobilen Angebotes direkt,
individuell, standortbezogen und damit besser gelöst werden kann als über vergleichbare
stationäre Technologien. Als Beispiel kann das mobile Angebot von yelp.com genannt wer-
den. Das akute Bedürfnis, schnell zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten
Ort ein hochklassiges Restaurant in einem bestimmten Umkreis zu finden, bei dem auch
noch ein Tisch kurzfristig frei und die direkte Online-Reservierung möglich ist, zu dem
man per Navigationsfunktion hingeführt wird und wo die anschließende Rechnung auch
noch mit der Bezahlfunktion im Handy beglichen werden kann, würde den situativen Nut-
zen im M-Commerce bestens repräsentieren. yelp.com erlaubt es ortungsbasiert, die in der
Nähe befindlichen Restaurants, Bars, Hotels etc. anzuzeigen und diese zudem im Rahmen
einer an dieses Netzwerk angeschlossenen Community (s. Kapitel 5) zu bewerten bzw. be-
reits vorhandene Bewertungen anzusehen (s. Abb. 14).
In der weiteren Entwicklung dieses Bereichs spielen aufgrund der technischen Möglich-
keiten zukünftig sog. Augmented-Reality-Anwendungen eine zunehmend entschei-
dende Rolle. Bei diesen Anwendungen geht es im Wesentlichen um eine computerge-
stützte Realitätserweiterung. Praktisch wird die reale Fotografie von der Augmented-Re-
ality-Anwendung um in der Realität nicht vorhandene Elemente erweitert oder aber die
Realität wird für die Bedürfnisse mit entsprechenden Informationen erweitert. Für erstge-
nanntes kann als Beispiel das Augmented-Reality-Spiel „Pokémon-Go“ genannt wer-
den. Das Location Based Game nutzt eine reale Spielumgebung mit dem Prinzip der
Augmented Reality, wobei die Spieler virtuelle Fantasiewesen entwickeln, fangen und ge-
geneinander kämpfen lassen. Gespielt wird dabei in der freien Umgebung, sodass auffäl-
lige Objekte der materiellen Umgebung zur Gestaltung der virtuellen Spielwelt genutzt
werden. Für die zweite Form ist als Beispiel die im AppStore vorhandene „Augmented
Driving”-Anwendung zu nennen, die als Fahrassistent dienen soll und beim Autofahren
die eigene Fahrspur erkennt und den Abstand zum vorausfahrenden Auto messen kann.
Vor diesem Hintergrund können abschließend transaktionsorientierte Prozesse, die über
die Informationstechnologie „Mobilfunk“ abgewickelt werden, auch mit dem Begriff
„M-Commerce“ bezeichnet werden, wobei dieser wie folgt definiert werden kann:

Unter dem Begriff „M-Commerce“ wird die Nutzung von mobilen Telefon-Endgerä-
ten als Informationstechnologie bezeichnet, um über Informations-, Kommunikations-
und Transaktionsprozesse zwischen den Netzteilnehmern reale oder elektronische
Waren und Dienstleistungen anzubieten und abzusetzen, wobei der tatsächliche Ver-
kauf im Mittelpunkt steht.
Die Informationstechnologie als Basis für die Digitale Wirtschaft 33

1.2.3 Das interaktive Fernsehen (ITV)

Der Wechsel zu einer aktiven Kommunikationstechnologie bedeutet eine grundlegende


Veränderung für Wirtschaft und Gesellschaft. Insbesondere dem Medium interaktives
Fernsehen (ITV) wird im Bereich multimedialer Dienste für die Zukunft eine wichtige
Rolle beigemessen (Kollmann 1996). Aus dem Konvergenzprozess zwischen Fernsehen
und neuen, multimedialen Medien resultierend, ermöglicht ein interaktives Fernsehsystem
es dem Nachfrager, individuelle Informationen und regionale resp. überregionale Service-
angebote vom heimischen TV-Gerät aus abzurufen und angebotene Waren auch direkt über
diesen Kanal zu bestellen (Kollmann 1997; s. Abb. 15).

Abb. 15: Ein interaktives Fernsehangebot am Beispiel von RTL now


Quelle: www.nowtv.de/rtl

Damit die euphorischen Erwartungen, die mit ITV verbunden werden, Realität werden
können, müssen jedoch bestimmte erfolgskritische Voraussetzungen (Weiber/Kollmann
1996a, S. 163 ff.) erfüllt sein. Zu den grundlegenden Erfolgsfaktoren zählen zunächst die
34 Die Grundlagen des E-Business

flächendeckende Verfügbarkeit und der Standard eines ITV-Systems, was mit erhebli-
chen Investitionen in die Technik verbunden ist. Beispielsweise muss die Verfügbarkeit
von DVB-Standards (Digital Video Broadcast) zur Übertragung von digitalen Signalen ge-
währleistet werden. Die gängigsten Möglichkeiten sind DVB-T (Terrestrik), DVB-C (Ka-
bel) und DVB-S (Satellit). Dadurch wird das klassische Fernsehen um einen Rückkanal
zum Sender erweitert, der z. B. über eine Set-Top-Box (Zusatzgerät zum Fernseher für das
Versenden und Empfangen von Daten) initialisiert wird. Fernseher der neueren Generation
verfügen bereits über eingebaute Technik zum Empfangen und Versenden von digitalen Sig-
nalen.
Vor diesem Hintergrund sind verschiedene Formen des interaktiven Fernsehens zu unter-
scheiden, die sich anhand von drei Stufen der Interaktivität voneinander abgrenzen las-
sen (Rimmelspacher 2007):

„ Auf der niedrigsten Stufe, der lokalen Interaktion, beschränkt sich die Interaktivität
auf die Interaktion des Fernsehzuschauers mit der Rechnereinheit im Empfangsgerät.
Sie erlaubt die individuelle Anforderung von Inhalten durch den Zuschauer und somit
eine signifikante Erweiterung des passiven Konsums des Rundfunkprogramms. Auf
diese Weise kann sich der Zuschauer ein individuelles Fernseherlebnis erstellen. So
stehen bspw. häufig verschiedene Bild- und Tonspuren bereit (Multifeed), aus denen
der Zuschauer wählen kann. Ebenfalls bereits als Standard zu betrachten sind die
Timeshift-Funktion, mit der laufende Programme pausiert werden können, um diese
später weiteranzusehen, sowie elektronische Programmführer (EPG), die ausführliche
und ergänzende Informationen zum aktuellen Fernsehprogramm bereitstellen. Aufbau-
end auf Informationen über das Konsumverhalten des Zuschauers besteht außerdem
die Möglichkeit, individuelle Profile zu ermitteln und dem Zuschauer darauf basierend
automatisch passende Programme anzubieten (s. Kapitel 1.3.4). Durch sog. nichtline-
are Geschichten kann dem Zuschauer die Gelegenheit gegeben werden, die Handlung
des Films an bestimmten Zeitpunkten zu beeinflussen. Ferner können Applikationen
verwendet werden, die zur Sendung synchronisiert sind, um eine Quiz- oder Sport-
sendung mit einem interaktiven Spiel zu verbinden.

„ Die zweite Stufe beinhaltet die Rückkanal-Interaktion. In Erweiterung der ersten


Stufe wird hierbei die Interaktivität bis zum Sender erweitert. Somit wird das einseitig
ausgerichtete Kommunikationsmodell des Rundfunks um einen diametralen Übertra-
gungsweg vom Zuschauer zum Sender ergänzt. Über SMS, Telefon, Webseiten oder,
wie bereits im Rahmen der technologischen Erfolgsfaktoren zu Beginn dieses Kapi-
tels erwähnt, eine in das Empfangsgerät integrierte Set-Top-Box wird ein Rückkanal
zum Sender errichtet. Hierdurch kann der Zuschauer an Abstimmungen teilnehmen
(sog. Voting), um bspw. über das Weiterkommen von Kandidaten in Casting-Shows
zu entscheiden. Ein weiteres Beispiel der zweiten Stufe ist der Call-in. Hierbei wird
der Zuschauer für kurze Zeit Teil des Programms, indem er in die aktuelle Sendung
geschaltet wird. Ein Beispiel ist der bekannte „Anruf-Joker“ in Quiz-Shows. Auch ist
Die Informationstechnologie als Basis für die Digitale Wirtschaft 35

die Erfassung von Stimmungsbildern und Zuschauerreaktionen auf verschiedenste Er-


eignisse ein viel beachtetes Phänomen in der Fernsehlandschaft. Zusätzlich können
durch einen Rückkanal ausgewählte Kommentare innerhalb einer Sendung einge-
blendet und Zuschauerreaktionen gesammelt werden. Eine wirtschaftliche Perspekti-
ve eröffnet der Rückkanal, indem dem Zuschauer Produkte, die im Zusammenhang
mit dem ausgestrahlten Programm stehen, offeriert werden.

„ Die höchste Stufe der Interaktivität adressiert die Rückkanal-Integration. Während


grundsätzlich jede aktive Mitwirkung des Zuschauers und somit bspw. die Teilnahme
eines Kandidaten an einer Casting-Show als Integration des Zuschauers in das Gesche-
hen zu betrachten ist, ist ein besonderer Fokus auf die technologische Integration
von Austauschkanälen zwischen dem Zuschauer und dem Sender sowie den Zuschau-
ern untereinander gerichtet. So können bspw. Laien und Experten in speziell für die
Sendung eingerichteten Chatrooms miteinander über die verschiedensten Themen
diskutieren. Auf diese Weise wird die Auseinandersetzung des Zuschauers mit den In-
halten des Programms intensiviert, womit letztendlich ein nachhaltigeres Fernseher-
lebnis für den Zuschauer geschaffen wird.

Zur erfolgreichen Etablierung einer jeden Form des interaktiven Fernsehens müssen auf
der Anbieterseite intelligente, die neuen Möglichkeiten von ITV nutzende Angebote (te-
levisuelle Applikationen oder kurz ITV-Apps bzw. T-Apps) erstellt werden, die eine
entsprechende Nachfrage erzeugen. Diese televisionären Applikationen sollten eine Ser-
viceleistung quasi über das laufende TV-Programm legen und zudem mit diesem inhalt-
lich verknüpft sein. Im Idealfall besteht also eine Konvergenz zwischen dem Fernsehpro-
gramm und den angebotenen Serviceleistungen, sodass der Zuschauer bspw. genau das
Auto zum Kauf angeboten bekommt, dass der Held in dem Actionfilm gerade fährt. Z. B.
bot im Jahr 2001 der Fernsehsender NBC in einer Werbepause der Serie Will and Grace ein
Polo-Shirt an, das auch die Hauptdarstellerin in dieser Folge trug. In weniger als einer
Woche sind 3.000 Bestellungen eingegangen, obwohl die Fernsehzuschauer das Polo-Shirt
über eine externe Internetseite bestellen mussten. Als weiteres innovatives Beispiel kann
auf 3suisses.fr verwiesen werden. Dieses Unternehmen nutzt seit Kurzem Videos auf
YouTube für den Verkauf von Produkten in Videos und ist ein Tochterunternehmen der
Otto Unternehmensgruppe. Die finalen Angebote sollten dem ITV-Kunden dann also ei-
nen fernsehgerecht aufgebauten Produktkatalog präsentieren, dessen Inhalt sich aus den
laufenden TV-Sendungen ergibt. Mit der Fernbedienung kann der Kunde sodann unkom-
pliziert durch die präsentierte Auswahl bestimmter Produkte navigieren und diese direkt
bestellen, ohne auf andere Endgeräte wie PC oder Handy zurückgreifen zu müssen.
Resultierend aus dem Konvergenzprozess zwischen Fernsehen und neuen, multimedialen
Medien ergeben sich drei grundsätzliche Modelle für interaktive Fernsehsysteme:

„ Mono-Screen: Bei diesem Verfahren wird zwischen laufendem Fernsehprogramm


und eine ITV-Anwendung hin und her geschaltet und je nach aktivem Bereich der
komplette TV-Bildschirm ausgefüllt.
36 Die Grundlagen des E-Business

„ Split-Screen: Bei diesem Verfahren wird eine ITV-Anwendung in das laufende Fern-
sehprogramm zusätzlich eingeblendet. Der TV-Bildschirm wird nicht komplett, son-
dern nur zum Teil ausgefüllt und somit „gesplittet“. Über diese „Bild in Bild“-Funk-
tion kann eine ITV-Anwendung parallel zum laufenden TV-Programm auf demselben
Bildschirm bedient werden.

„ Second-Screen: Bei diesem Verfahren wird eine ITV-Anwendung parallel zum TV-
Programm auf einem zweiten Gerät ausgeführt (z. B. Tablet-PC oder Smartphone),
wodurch ein „zweiter Bildschirm“ hinzukommt. Entscheidend sind dann die Synchro-
nisation der ITV-Anwendung (Second-Screen) mit dem laufenden TV-Programm
(First-Screen) und die Qualität der Übertragung.

Abb. 16: Second-Screen für ITV am Beispiel von Sportschau


Quelle: www.mediascale.de

Als Beispiel für eine Second-Screen-Technologie kann das Angebot von TVSquared an-
geführt werden. TVSquared erkennt und analysiert das TV-Sendesignal und ermöglicht
damit interaktive Second Screen-Lösungen we z. B. die automatische Erkennung in Echt-
zeit, welchen Kanal der Zuschauer schaut, zum validierten „Check-in“ in die Sendung und
die damit verbundene Interaktivität mit dem Zuschauer, dessen Ergebnisse in Echtzeit in
Die Informationstechnologie als Basis für die Digitale Wirtschaft 37

die Sendung jederzeit zurückgespielt werden können (tvsquared.com). Als weiteres Bei-
spiel können die Zusatzfunktionen bei Sportschau.de genannt werden (Abb. 16). Dabei
kann der Zuschauer während einer Sportübertragung auf Zusatzinformationen zurückgrei-
fen, wie bspw. Mannschaftsaufstellungen oder Informationen zu Spielern (Ley 2016).
Aus wirtschaftlicher Perspektive steht mit dem T-Commerce über interaktive ITV-An-
wendungen vielleicht die nächste große Welle im E-Business an. Nachdem im E-Com-
merce die Möglichkeiten scheinbar ausgenutzt sind, im M-Commerce die mobilen Ange-
bote mit Millionen von Apps bereits voll auf dem Weg sind, stehen das ITV und die zu-
gehörigen Werbeformen noch in den Startlöchern. TVSmiles bietet hierfür bereits die au-
tomatische Erkennung eines Werbespots in Echtzeit, um dem Zuschauer zusätzliche In-
formationen per Push-Notification anzubieten. Zur Online-Bestellung ist es dann nur noch
ein kleiner Schritt. So ist es nicht verwunderlich, dass ITV das Thema auf der Consumer
Electronics Show (CES) 2012 in Las Vegas war und nach Smartphones und Tablets die
IT-Community ein neues Lieblingsthema zu haben scheint – SmartTVs und ITV. Und es
ist nicht nur ein neues Elektronikspielzeug, sondern kann analog zum Smartphone eine
neue Plattform mit und für T-Apps werden. Anders als bei den mobilen Apps, müssten
diese T-Apps allerdings anders gestaltet werden. Die Umgebungssituation ist eine andere:
Mann bzw. Frau ist nicht aktiv unterwegs (lean forward), sondern sitzt entspannt auf dem
heimischen Sofa (lean back), was einer völlig anderen Erwartungshaltung des Users ent-
spricht. Wie bereits in diesem Kapitel einleitend erwähnt, kann T-Commerce ferner nur
dann eine Chance haben, wenn es sich vom E-Commerce insofern unterscheidet, als dass
die T-Apps direkt und unmittelbar mit dem laufenden Fernsehprogramm verbunden wer-
den. Vor diesem Hintergrund können im Moment drei Szenarien für das T-Commerce
diskutiert werden:

„ T-Commerce zur Fernsehsendung: Während der Betrachtung einer laufenden Sen-


dung (Fernsehfilm, Magazin, Nachrichten usw.) ergibt sich ein Kauf- oder Informa-
tionsimpuls für ein bewusst (Product Placement) oder unbewusst (Product
Usement) gezeigtes Produkt oder Thema. Über eine entsprechende Markierung oder
Klick auf das Produkt wandert dieses in den Telewarenkorb und kann anschließend
bestellt werden oder weitere Informationen können abgerufen werden.

„ T-Commerce über Advertisement: Während der Betrachtung der Werbespots ergibt


sich ein Kaufimpuls und über einen direkten Klick öffnet sich eine Produktinforma-
tionsseite mit einer direkten Bestellmöglichkeit. Mit einer Anbindung von Social-Me-
dia-Netzwerken könnten einzelne Produkte mit Empfehlungen des persönlichen
Netzwerkes erweitert werden.

„ T-Commerce über Apps: Analog zu den Smartphones können über einen ange-
schlossenen App-Store spezielle Applikationen aus den Bereichen Nachrichten,
Sport, Wetter, Spiele usw. auf dem App-Bildschirm hinterlegt und jederzeit abgerufen
werden.
38 Die Grundlagen des E-Business

Weitere interaktive TV-Angebote zum „Film oder Spiel on demand“ sind bereits bekannt
und werden weiterhin angeboten oder genutzt oder es können auch neue T-Circles zur
gemeinsamen Betrachtung von Fernsehserien im Social-Media-Verfahren entstehen (Pos-
tings, Einladungen, Videochats usw.). Es wird auf die Kombination aus Freizeit, Entspan-
nung und Medienkanal ankommen, ob und inwieweit sich T-Commerce durchsetzen und
auf Nutzungsakzeptanz treffen wird. Nur die genaue Kenntnis dieser Nutzungsakzeptanz
kann den nachhaltigen Erfolg von ITV sicherstellen (Kollmann 1998a). Die Vorausset-
zung für eine hohe Nutzungsakzeptanz sind attraktive Angebote, die auf der Teilnehmer-
seite nicht nur einen ausreichend hohen Nutzen erzeugen, sondern gleichzeitig auch mit
einer entsprechenden Zahlungsbereitschaft seitens der Teilnehmer einhergehen (Kollmann
1999d). Bei der konkreten Ausgestaltung des interaktiven Fernsehsystems sollten folglich
die folgenden fünf Leistungsfaktoren berücksichtigt werden, die großen Einfluss auf die
Nutzungsbereitschaft haben (Weiber/Kollmann 1996b, S. 98):

„ Individualität der Nutzung

„ Preis-Leistungs-Verhältnis

„ Benutzerfreundlichkeit des Systems

„ Datensicherheit

„ Qualität der Übertragung

Vor diesem Hintergrund werden transaktionsorientierte Prozesse, die über die Informati-
onstechnologie „Fernsehen“ abgewickelt werden, abschließend auch mit dem Begriff
„T-Commerce“ bezeichnet, wobei dieser wie folgt definiert werden kann:

Unter dem Begriff „T-Commerce“ wird die Nutzung von stationären Fernseher-End-
geräten als Informationstechnologie bezeichnet, um über Informations-, Kommunika-
tions- und Transaktionsprozesse zwischen den Netzteilnehmern reale oder elektroni-
sche Waren und Dienstleistungen anzubieten und abzusetzen, wobei der tatsächliche
Verkauf im Mittelpunkt steht.

1.3 Der Informationsaustausch als Notwendigkeit


für die Digitale Wirtschaft
Die stetige Weiterentwicklung im Bereich der Informationstechnik (s. Kapitel 1.1) sowie
die wachsende Bedeutung innovativer Informationstechnologien (s. Kapitel 1.2) führen zu
einer Veränderung in der Art und Weise, wie sich der Informationsaustausch und damit
die Kommunikation zwischen Individuen in digitalen Datennetzen gestaltet. Damit zu-
Der Informationsaustausch als Notwendigkeit für die Digitale Wirtschaft 39

sammenhängend ist ein gesellschaftlicher Strukturwandel zu erkennen: Die Allgemeinheit


kommuniziert zunehmend unter den virtuellen Rahmenbedingungen des Informationszeit-
alters, arbeitet verstärkt in der Informationswirtschaft und wird durch das enorme Leis-
tungspotenzial der Informationstechnologie umgeben (Noam 1997, S. 35 f.). Der Wandel
zur Informationsgesellschaft ist allgegenwärtig. Die besonderen Bedingungen für den Da-
tenaustausch und damit die Kommunikation in dieser Informationsgesellschaft können auf
einige wenige, aber dafür sehr gravierende Eigenschaften reduziert werden: Dazu gehört
die Virtualität, die es erlaubt, dass Kommunikationspartner (Sender und Empfänger) sich
nicht mehr real gegenüberstehen müssen, sondern dass sie das Internet als Medium zum
Senden und Empfangen von Informationen benutzen und so die reale Präsenz überflüssig
wird. Multimedialität erlaubt den Einsatz und die Einbindung verschiedenster Medien
bzw. Kommunikationsmittel und eröffnet damit ganz neue Möglichkeiten der Informa-
tionsübermittlung. Das Internet als Medium zur Interaktivität ermöglicht den Kommu-
nikationsprozess in beide Richtungen (zwischen Sender und Empfänger) und kann damit
den Dialog zwischen einzelnen Handelspartnern fördern. Dies ist ganz besonders hinsicht-
lich der Reaktionszeiten eine grundlegende Veränderung im Vergleich zum realen Handel,
da auf diese Weise die Kommunikation wesentlich effektiver gestaltet werden kann. Auch
der Individualität kommt eine große Rolle zu, da das Internet aufgrund seines interakti-
ven Charakters und der Möglichkeit der Datenspeicherung und Auswertung zum Zwecke
der Personalisierung, Bedürfnisse individuell befriedigen kann. Zuletzt ist noch die Mo-
bilität zu nennen, die es ermöglicht, jederzeit und überall zu kommunizieren.
Abb. 17 zeigt vor diesem Hintergrund den aufgrund der veränderten Rahmenbedingungen
angepassten Online-Kommunikationsprozess, der zwar prinzipiell auf das ursprüngliche
Sender-Empfänger-Schema der traditionellen Kommunikation zurückzuführen ist, diesen
Prozess allerdings durch die Möglichkeiten des Internets auf eine globale Ebene hebt
(Faulstich 2000). Kommunikation besteht immer aus einem Kommunikator (Sender), ei-
nem Empfänger, einem Medium, einer Botschaft (Schramm 1955), die je nach Einsatz von
technischen Mitteln kodiert und dekodiert werden muss, und einer Reaktion des Empfän-
gers (Feedback). Das Internet bietet nun jedoch die Möglichkeit, dass der Empfänger einer
Botschaft auch (unmittelbar) zum Sender einer Botschaft wird und so die ursprünglichen
Rollen der Kommunikationspartner somit z. T. aufgehoben bzw. vermischt werden. Die
Gleichzeitigkeit der Sender-/Empfänger-Rolle wird durch die besonderen Eigenschaften
des Mediums Internet ermöglicht (Virtualität, Multimedialität, Interaktivität und Indivi-
dualität). Sie bietet einerseits gerade im Online-Marketing (Kollmann 2013) enorm viele
Potenziale, da der reziproke Dialog weitaus einfacher wird und die Partner ein direktes
Feedback auf ihre Botschaft erhalten können. Allerdings bergen die neuen Bedingungen
auch Gefahren, da z. B. auch Kunden untereinander kommunizieren können. Die globale
Ebene bedeutet in diesem Zusammenhang, dass der Kommunikationsprozess nicht mehr
unbedingt zwischen einzelnen Partnern bzw. zwei Individuen stattfinden muss, sondern
dass sich (sofern technisch ermöglicht) jeder in den Kommunikationsprozess einklinken
kann. Prinzipiell kann also jeder mit jedem kommunizieren und einmal im Internet veröf-
fentlichte Inhalte können von beliebig vielen Usern eingesehen, manipuliert, kopiert oder
40 Die Grundlagen des E-Business

kommentiert werden. Weiterhin muss der Teilnehmer nicht mehr auf das passive Empfan-
gen einer gewünschten Nachricht warten, er kann sich aktiv Informationen „holen“ und
dadurch selektiv das Informationsangebot auf seine Bedürfnisse zurechtschneiden.

Botschaft

Kodierung Medium Dekodierung

Sender / Virtualität Sender /


Empfänger Multimedialität Empfänger

Interaktivität
Dekodierung Kodierung
Individualität

Feedback / Feedforward

Abb. 17: Der Online-Kommunikationsprozess über das Internet

1.3.1 Die Chancen der Virtualität

Den Ausgangspunkt dieser Entwicklung stellt eine neue Dimension wirtschaftlicher In-
teraktionen dar: die virtuelle Welt des elektronischen Handels auf digitalen Datenwegen.
Der Begriff „virtuell“ bezeichnet in diesem Kontext etwas, „was möglich oder künstlich
ist, etwas das wirkt ,als ob’, der Kraft oder der Möglichkeit nach vorhanden, ,scheinbar’
ist (Duden) oder ,existing in the mind, especially as a product of imagination’ (Amercian
Heritage Dictionary)“ (Klein 1994, S. 309). Das bedeutet, dass sich der Umgang mit di-
gitalen Informationen als nicht-reale Kommunikationsform ausschließlich aufgrund eines
Verbundes von Datenströmen bzw. Informationskanälen zusammensetzt. Dabei ist es zu-
nächst unerheblich, ob sich die Informationsinhalte auf reale Güter oder lediglich entspre-
chende Verfügungsrechte beziehen (Kosiol 1975, S. 119 f.). Wirtschaftliche Transaktionen
mit 0/1-Informationen sind im Gegensatz zu realen Gütern nicht direkt physisch greifbar.
Dennoch sind die Auswirkungen der über die Datennetze transferierten Informationen auf
reale wirtschaftliche Strukturen von zunehmender Relevanz. Aufgrund der Bedeutung von
Information als unterstützendem und eigenständigem Wettbewerbsfaktor sowie der Zu-
nahme der Digitalisierung muss in Zukunft von einer Zweiteilung relevanter Handelsebe-
nen für die Möglichkeit des Wirtschaftens ausgegangen werden (Weiber/Kollmann 1998,
S. 603). Neben der realen Ebene der physischen Produkte bzw. Dienstleistungen (reale
Handelsebene) ist eine elektronische Ebene der digitalen Daten- bzw. Kommunikations-
kanäle (virtuelle Handelsebene) entstanden.
Demnach wird die physische Geschäftswelt der Rohstoffe, Ressourcen und Produkte als
unverzichtbare Größe im Wirtschaftsleben bestehen bleiben. Hier werden die traditionel-
len Probleme der realen Wertkette eines Produktes bzw. einer Leistung (z. B. Beschaffung,
Der Informationsaustausch als Notwendigkeit für die Digitale Wirtschaft 41

Produktion, Distribution usw.) gelöst. Durch die Zunahme elektronisch vernetzter Infor-
mationssysteme tritt neben diese physische Welt komplementär eine virtuelle Geschäfts-
welt, welche durch vernetzte Informationen und Kommunikationswege gekennzeichnet
ist. Hier werden Informationen gehandelt, verarbeitet und eingesetzt, wodurch elektroni-
sche Wertketten innerhalb von Datennetzen impliziert werden (s. Kapitel 1.4). Als Beispiel
kann immobilienscout24.de genannt werden, dessen Betreiber nicht mit dem realen Pro-
dukt „Haus“ oder „Wohnung“ handelt, sondern lediglich den Austausch von Informatio-
nen zu diesen Produkten organisiert. Beide Ebenen können sich dabei durchaus ergänzen
(z. B. Bestellung realer Produkte über das Internet), aber auch separat funktionieren (z. B.
Kauf einer Software im Laden auf der realen Handelsebene oder direkter kostenpflichtiger
Download dieser Software auf der virtuellen Handelsebene).
Virtuelle Realitäten in Form von Virtual Reality (VR) eröffnen in diesem Zusammen-
hang weitere Potenziale, welche dazu führen, dass reale und digitale Handelsebenen sich
zunehmend ergänzen und gegenseitig ersetzen. VR bezeichnet das Entstehen und Eintau-
chen in eine computergenerierte virtuelle Welt, die von den Betrachtern authentisch und
lebensecht wahrgenommen wird. Dabei geht es insbesondere um die elektronische Simu-
lation von Umgebungen und Interaktionen in dreidimensionalen Darstellungen (Coates
1992). Erforderlich sind dafür technologische Hilfsmittel in Form von VR-Brillen (head-
mounted-displays) mit Kopfhörern, um höchste Bildqualität bei größerem Sichtfeld und
Hören zu ermöglichen. Das führt zu einer Immersion, sodass Hintergründe ausgeblendet
werden und die virtuelle Umgebung als real empfunden wird. Demnach können die VR-
Anwendungen große Implikationen auf digitale Geschäftskonzepte und -prozesse haben.
Im B2B-Bereich ergeben sich durch VR diverse Potenziale in der Produkt- und Prozess-
entwicklung sowie im Verkauf. So werden VR-Anwendungen u. a. zum Prototyping oder
für die (Verkaufs-)Beratung genutzt (Deutsch et al. 2016, S. 10). Im B2C-Geschäft zeigt
sich, dass VR noch vorwiegend im Bereich der Medien und Videospiele genutzt wird
(Statista 2018b). Aber auch im Verkauf werden zunehmend die Funktionen erkannt und
genutzt. Ikea entwickelt und nutzt bereits VR-Anwendungen, sodass Kunden ihre Räume
virtuell einrichten und gestalten können (Ikea 2018). In einer 360-Grad Betrachtung kann
der Kunde dabei in unterschiedlichen Lichtstimmungen die Produkte und bspw. Farbkom-
binationen auf sich wirken lassen und nach Gefallen bewerten. Was aktuell noch als reine
Showroom-Anwendung gedacht ist soll dabei langfristig als Multi-Channel Ansatz ge-
nutzt werden, indem durch eine direkte Anbindung an den Onlineshop Produkte gekauft
werden können (Weidemann 2017). Kunden müssten demnach nicht mehr physisch die
Produkte im Geschäft sehen und testen, sondern könnten sich ihre Räume virtuell erstel-
len. Aus Anbietersicht sind dies enorme Potenziale aufgrund der Reduktion realer Ver-
kaufsflächen und der Möglichkeiten neue Vertriebskanäle zu erschließen.
Die virtuelle bzw. elektronische Handelsebene impliziert dabei Möglichkeiten einer Ent-
kopplung der Kommunikation von Raum und Zeit, d. h. die Übertragung von Informati-
onen ist nicht an örtliche Gegebenheiten gebunden und kann jederzeit „virtuell“ initiiert
werden. Waren verschiedene Kommunikationsmittel bislang entweder an räumliche oder
zeitliche Gegebenheiten gebunden (z. B. Wochenzeitung für regionales Gebiet), verspricht
42 Die Grundlagen des E-Business

die direkte Kommunikation über Datennetze nun ubiquitär (anytime/anyplace) zu werden


(s. Abb. 18). Als Beispiel kann amazon.de genannt werden, auf dessen Internetseite je-
derzeit und, über den elektronischen Netzzugang, von überall her zugegriffen werden
kann. Dabei müssen Buchverkäufer (Verlage) und -käufer nicht zum gleichen Zeitpunkt
online sein, da die Informationen über die Datenbank der Webseite ausgetauscht werden
können und die ist „anytime/anyplace“ erreichbar.

Zeitungebundenheit

unterschiedliche Zeit unterschiedliche Zeit

gleicher Ort unterschiedlicher Ort

Anytime/Anyplace

gleiche Zeit gleiche Zeit

gleicher Ort unterschiedlicher Ort

Ortsungebundenheit

Abb. 18: Charakteristika der virtuellen Kommunikation


Quelle: in Anlehnung an Picot/Reichwald/Wigand 2003, S. 394.

Neben den allgemeinen Auswirkungen dieser „Virtualität“ auf die Rahmenbedingungen


des wirtschaftlichen Zusammenlebens bedeuten die digitalen Datennetze aber auch eine
grundsätzliche Chance für einen neuen Absatzweg für Güter und Dienstleistungen. Das
Potenzial liegt in der Möglichkeit der virtuellen Abwicklung von Transaktionen über
Datennetze mit Hilfe von interaktiven Bestell- bzw. Kommunikationsmodulen. Die An-
gebotssuche, -auswahl, -bestellung und -bezahlung ist per Internet bereits heute weltweit
möglich. Invers eröffnet dies den Unternehmen die Möglichkeit, Produkte und Dienstleis-
tungen weltweit über das Internet „anytime“ und „anyplace“ abzusetzen, sodass lediglich
die physische Lieferung außerhalb der elektronischen Ebene durchgeführt werden muss.
Trotz eventueller Probleme technischer (z. B. Sicherheit der Zahlungsmöglichkeiten) und
rechtlicher Art (z. B. Eigentumsrechte oder Haftungsfragen) antizipiert die Geschäftswelt
eine weitere Zunahme von preisgünstigen, schnellen und anonymen Transaktionen in welt-
weiten Datennetzen (Kollmann 2006; Spar/Bussgang 1996).
Mit der Virtualität des Internets wächst allerdings auch die Anonymität der Beteiligten.
Zwar müssen bei der Durchführung von Transaktionen gewisse Informationen der Trans-
aktionspartner preisgegeben werden (z. B. Zahlungsinformationen, Impressum), bei allen
Der Informationsaustausch als Notwendigkeit für die Digitale Wirtschaft 43

anderen Aktionen, bei denen Informationen über das Internet ausgetauscht werden, kön-
nen die Beteiligten jedoch weitestgehend anonym auftreten. Personen können sich, ohne
ihre Identität zu offenbaren, frei im Internet bewegen oder sogar auch fremde Identitäten
annehmen. Die rege Beteiligung vieler Internet-User an sog. Chat-Rooms oder Foren un-
terstreicht den allgemeinen Wunsch, sich zwar mit anderen auszutauschen, aber dabei
möglichst anonym zu bleiben. Trotz ihres verlockenden Charakters hat die Anonymität
auch klare Nachteile, die sich besonders im Bereich der Sicherheit von Daten und Daten-
missbrauch bewegen. Im Hinblick auf den Online-Handel versuchen viele Anbieter, die
ihre Ware und Dienstleistungen über das Internet vertreiben wollen, durch Professionali-
sierung des Datenmanagements die Anonymität ihrer Kunden so zu reduzieren, dass die
Informationen, die während des gesamten Kommunikationsprozesses mit den Kunden ent-
stehen, zur Personalisierung und Individualisierung der Angebote (s. Kapitel 1.3.4) her-
angezogen werden können.

1.3.2 Die Möglichkeiten von Multimedia

Der virtuelle Kontakt zu anderen Netz- bzw. Marktteilnehmern ist nun nicht mehr einer
Frage der räumlichen Distanz (s. Kapitel 1.3.1), sondern eine Frage der Ausgestaltung des
virtuellen Kontakts. Für diese Ausgestaltung steht eine Reihe von Medienformen (Bild, Vi-
deo, Ton, Text etc.) zur Verfügung, die durch die Leistungen der digitalen Informationsnetze
ad libitum kombiniert werden können. Die Integration verschiedener Datenquellen resp.
Medienformen resultiert dabei in der Entstehung eines Multimediums. Das Wortkompo-
situm Multimedia ist aus den beiden lateinischen Begriffen Multi (zu Deutsch: mehrere)
und Media (Plural von Medium, Kommunikationsmittel) entstanden und bezeichnet folg-
lich ein aus mehreren Medienformen bestehendes Kommunikationsmittel (Rougé 1994,
S. 5). Diese triviale Formel spiegelt jedoch kaum die umfassenden Veränderungen in der
Kommunikationswelt wider, welche mit der multimedialen Entwicklung verbunden wer-
den. Obwohl in jüngster Zeit zum Schlagwort geworden, ist Multimedia jedoch kein neuer
Begriff der Computer- oder Medienindustrie, sondern er ist bereits Mitte der 50er Jahre
des letzten Jahrhunderts in Verbindung mit wissenschaftlichen Visualisierungen und auf-
wendigen Präsentationen entstanden.
Entsprechend den möglichen Sinneskanälen können als Leitsysteme bei der Informati-
onsaufnahme und Kommunikation visuelle, auditive, haptische, gustorische und olfakto-
rische Leitsysteme unterschieden werden. Aufgrund des Mangels an geeigneten kommer-
ziell einsetzbaren Ein- und Ausgabegeräten ist die gegenwärtige Diskussion jedoch fast
ausschließlich auf die Integration visueller und auditiver Medien konzentriert. Dabei ste-
hen insbesondere die Möglichkeiten einer animations-, video-, text- und audioorientierten
Medienverknüpfung zum Zweck der Informationsübermittlung im Mittelpunkt. Durch
diese multimediale Informationsübermittlung kommt es zu einem Wechsel von einer ein-
dimensionalen zu einer mehrdimensionalen Medienkommunikation. Informationen wer-
den durch die quasi simultane Nutzung von komplementären Medienbausteinen effektiver
44 Die Grundlagen des E-Business

vermittelt, sodass auch komplexe Inhalte dem Kommunikationspartner zugänglich ge-


macht werden. Hierdurch ergibt sich gegenüber traditionellen Medien eine höhere Kom-
munikationswirkung bzw. eine Verbesserung der Informationsübermittlung bei dem
Kontakt mit dem Kommunikationspartner. Der Informationsaustausch wird auf eine ver-
ständliche und leicht zugängliche Ebene transformiert, ähnlich dem Wandel von einer
Computer- bzw. Programmsprache zu bildlichen Bedienungselementen. Damit wird die
elektronische Handelsebene einer breiten Anwenderschicht zugänglich gemacht. Durch die
multimediale Informationsübermittlung wird der Kommunikationsprozess im Vergleich
zum klassischen Kommunikationsprozess effektiver, da die Attraktivität des Informati-
onsaustausches steigt und die virtuelle Beziehung beider Kommunikationspartner dadurch
intensiviert wird.
Heutzutage lässt sich allerdings nicht nur eine reine Kombination der verschiedenen Me-
dienformen feststellen, sondern vielmehr geht die Entwicklung dahin, dass verschiedene
Medienformen innerhalb einer Anwendung vollständig integriert werden. Die Integration
bezieht sich hierbei in erster Linie auf die Zusammenführung von statischen und dynami-
schen Daten (Faulstich 2000, S. 297). Das bedeutet, dass das simultane Angebot von ver-
schiedenen Medienbausteinen sowohl statischer (Daten, Text, Bild) als auch dynamischer
(Musik, Film, Animation) Daten ohne Probleme möglich ist. Durch die Ergänzung bzw.
Kombination von Medienbausteinen innerhalb dieser quasi simultanen Nutzung eröffnet
sich dem Teilnehmer ein „neuer“ Zusatznutzen, der sich in einer Verbesserung der Infor-
mationswahrnehmung und -verarbeitung niederschlägt. Insbesondere in dieser Verbes-
serung liegt ein Hauptargument für den Einsatz multimedialer Technologien. Entschei-
dend ist daher für ein Multimedia-System nicht allein das Angebot mehrerer Medienbau-
steine, sondern vielmehr deren tatsächliche, bewusste und simultane Nutzung (Kollmann
1998a, S. 167) durch den jeweiligen Anwender. Nur dieser Sachverhalt ermöglicht die
intendierte Verbesserung der Informationsverarbeitung durch den Einsatz von Multime-
dia. Die Inhalte der digitalen Informationen werden durch die multimediale Darstellung
besser wahrnehmbar und damit nutzbar. Als Beispiel kann musicload.com genannt wer-
den, bei denen die Informationen zum einzelnen Musikstück sowohl als Bild (Plattenco-
ver), Text (Beschreibung des Musikstils), Ton (Hörprobe) und Bewegtbild (Videoaus-
schnitt) angeboten werden. Dadurch kann sich der potenzielle Kunde auch ohne direkten
physischen Kontakt einen umfassenden Eindruck der angebotenen Produkte verschaffen.
Durch die neue Form der Multimedialität entstehen jedoch auch neue Anforderungen an
die Partner des Kommunikationsprozesses. Im Gegensatz zu sog. Primärmedien und Se-
kundärmedien sind Tertiärmedien davon abhängig, dass auf beiden Seiten (also bei Sender
und Empfänger der Botschaft) technische Mittel bereitstehen müssen (Faulstich 2000,
S. 21). Primärmedien sind Medien, die ganz und gar ohne technische Mittel auskommen,
wie z. B. das Theater. Sekundärmedien setzen auf Produktionsseite technische Mittel ein,
wie z. B. bei der Zeitung. Tertiärmedien setzen auf Produktions- und Rezeptionsseite tech-
nische Mittel ein, wie z. B. bei der CD (Faulstich 2000, S. 21). Prinzipiell sind Online-
Medien demnach Tertiärmedien, da der Kommunikationsprozess durch die technische
Kodierung der Botschaft auf Produktionsseite und die technische Dekodierung auf der
Der Informationsaustausch als Notwendigkeit für die Digitale Wirtschaft 45

Rezeptionsseite definiert wird. Inzwischen spricht man jedoch auch schon von Quartär-
medien, da Online-Netzwerke das bisherige Sender-Empfänger-Schema (s. Abb. 17) auf-
hebt und z. B. die Information und Kommunikation auf ein globale Ebene hebt, die durch
das Paradigma einer reziproken Kommunikationsbeziehung geprägt ist. Abb. 19 fasst
die historische Entwicklung der Medientypen zusammen.

Mitteleinsatz

Quartärmedien (Digitale Medien)

Tertiärmedien (Elektronische Medien)

Sekundärmedien (Druck-Medien)

Primärmedien (Mensch-Medien)

1500 1900 2000 2010 Jahr

Abb. 19: Historische Betrachtung der Medientypen

Neben den technologischen Voraussetzungen, die für die Dekodierung der Botschaft not-
wendig sind, entscheiden jedoch noch andere Faktoren darüber, ob und welches Medium
verwendet wird. Hierbei kommt die Theorie der subjektiven Medienakzeptanz zum
Tragen, da der Einsatz und Nutzen eines bestimmten Mediums im hohen Maße vom per-
sönlichen Stil der Aufgabenerfüllung abhängt (Picot/Reichwald/Wiegand 2003, S. 108).
Akzeptanz oder Ablehnung eines Mediums werden durch den subjektiv wahrgenomme-
nen Nutzen und die Bequemlichkeit der Nutzung des Mediums bestimmt (Kollmann
1998a; Davis 1989). Im Bereich der digitalen Medien wird die Medienakzeptanz zusätz-
lich von sog. Netzeffekten beeinflusst. Durch jeden zusätzlichen Teilnehmer im digitalen
Datennetz wird der Gesamtnutzen des Netzes erhöht, da die Netzgröße steigt. Je mehr
User also ein bestimmtes Medium oder einen bestimmten Standard (wie z. B. JPEG, MP3)
nutzen, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass weitere Nutzer hinzukommen und
die allgemeine Nutzerakzeptanz wächst. Da die Integration verschiedener Datenformate
und Medien technologisch immer einfacher wird, ist davon auszugehen, dass sich der Me-
dieneinsatz in Zukunft verstärkt an dem wahrgenommenen Nutzen und der Bequemlich-
keit der Medienverwendung orientieren muss.
46 Die Grundlagen des E-Business

1.3.3 Die Notwendigkeit der Interaktivität

Unter den Rahmenbedingungen des virtuellen Kontaktes (s. Kapitel 1.3.1) und der indivi-
duellen Einwahl ins digitale Datennetz (z. B. IP-Adresse), wird jeder Teilnehmer zu einer
aktiven Komponente für den Kommunikationsaustausch. Da Informationen nicht nur abge-
rufen, sondern auch von jedem eingestellt werden können (s. Kapitel 1.2.1; Abb. 9), kommt
es zu einem Wechsel von einer passiven zu einer aktiven Kommunikation zwischen den
Marktindividuen, da jede Einheit durch die digitale Verarbeitung von Informationen im
Netz zum Sender und Empfänger wird. Der Begriff der Interaktivität bezeichnet dieses
„miteinander in Verbindung treten“, das „kooperative Agieren“ sowie die „wechselseitige
Kommunikation zwischen Sender und Empfänger“. Interaktivität zeichnet sich vor diesem
Hintergrund insbesondere durch die Möglichkeit zu individuellen Aktionen und Reakti-
onen der Kommunikationspartner aus, welche unabhängig von vorgegebenen Ablaufmus-
tern sind. Die Interaktivität ermöglicht es dem Empfänger zum Sender zu werden und
vice versa. Der Grad der Interaktivität ist jedoch immer abhängig von den durch die Soft-
ware determinierten, zugelassenen Interaktionsmöglichkeiten. Ein weiterer Parameter der
Interaktivität wird durch die Differenzierung nach Online- und Offline-Technologien be-
stimmt. Hierbei wird „echte Interaktivität“ ausschließlich mit dem Online-Bereich verbun-
den, da nur hier eine ständige Verbindung und damit eine permanente Wechselbeziehung
zwischen Sender (Mensch/Maschine) und Empfänger (Mensch/Maschine) besteht. Ein
Kernelement der elektronischen Handelsebene ist vor diesem Hintergrund die multimedi-
ale Kommunikation mit digitalisierten Informationen, die einen interaktiven medienüber-
greifenden und damit höchst effektiven Datenaustausch ermöglicht. Insbesondere die Ver-
änderungen hin zu einer interaktiven Kommunikation beinhalten ein enormes Potenzial
für wirtschaftliche Aktivitäten. Die digitalen Informationsnetze und die Möglichkeiten
der Interaktivität bewirken, dass es zu einem Wechsel von der passiven Massen- zu der
aktiven Einzeltransaktion kommt. Jeder Marktteilnehmer wird zu einer eigenständigen In-
formationsadresse, d. h. jeder wird einzeln selektierbar und ansteuerbar. Die Marktkom-
munikation braucht daher nicht mehr nur auf die anonyme Massenansprache über einzelne
Medien zurückgreifen, sondern kann multimedial auf jeden einzelnen Marktteilnehmer ge-
zielt zugeschnitten werden (Individualisierung; s. Kapitel 1.3.4). Auch hierdurch wird die
Kommunikationswirkung entscheidend verbessert (s. Abb. 20).
Im Mittelpunkt steht allerdings die Umkehrung der Kommunikationsrichtung auf der elek-
tronischen Handelsebene. Durch die zweiseitige Kommunikationsbedingung der Interak-
tivität (Sender/Empfänger) werden in Zukunft nicht nur Informationen „one-way“ von
einem zum anderen Marktteilnehmer verteilt, sondern die Teilnehmer können sich die ge-
wünschten Informationen selbst beschaffen („two-way“). Die Akteure der elektronischen
Handelsebene können/müssen durch den Interaktionskanal „Datennetz“ die Kommunika-
tion gleichberechtigt beeinflussen und zugleich die Rolle von Informationsbereitstellern
und Informationsanbietern ausfüllen. Durch diese duale Rolle jedes einzelnen Akteurs
drückt sich auch ein Wechsel von einer reinen Push- zu einer Push/Pull-Kommunikation
Der Informationsaustausch als Notwendigkeit für die Digitale Wirtschaft 47

aus, d. h. Informationen werden nicht nur über Massenmedien an möglichst viele Empfän-
ger „gedrückt“, sondern die Empfänger „ziehen“ sich aus Informationsnetzen auch selbst
die jeweilig gewünschten Informationen heraus. Als Beispiel kann eltern.de genannt wer-
den. Bei diesem Angebot können zukünftige oder junge Eltern zum einen Informationen
zu den einzelnen Entwicklungsstadien des Nachwuchses aus dem angebotenen Pool von
Nachrichten, Artikeln oder Berichten abrufen. Zum anderen können aber auch aktiv Fra-
gen an Kinderärzte oder andere Eltern über ein angebotenes Forum eingegeben werden.

Präferenzprofile/Kundenwünsche

Lern-
prozess

Dialog
Anbieter Nachfrager
Interaktion

Wissens-
prozess

Individualisierung/Personalisierung

Abb. 20: Der individuelle Informationsaustausch als Basis des Wissensaufbaus

Hinsichtlich der Kommunikationsrichtung unterscheidet man in der Praxis zwischen Pull-


und Push-Methoden. Bei der „Push-Kommunikation“ versucht der Informationsanbie-
ter, automatisch die Informationen bereitzustellen, die für den Informationsnachfrager re-
levant sind. Diese Form der Kommunikation findet nur einseitig statt und wird vom An-
bieter kontrolliert bzw. „aufgezwungen“ (Hünerberg 2000, S. 131). Das Problem bei die-
ser Vorgehensweise sind daher die sog. Streuverluste, da z. B. die Anzeige eines Banners
nicht nur von der ausgewählten Zielgruppe wahrgenommen wird, sondern auch von vie-
len, die nicht zur Zielgruppe gehören. Der Einsatz der Mittel führt jedoch nicht dazu, dass
diese Streuverluste per se zusätzliche Kosten verursachen (wie in den klassischen Me-
dien), sondern vielmehr die Tatsache, dass die Mittel häufig über die Seite von Dritten
geschaltet werden (z. B. Banner auf einer Partnerseite) und daher bei zu hohen Streuver-
lusten sehr teuer werden können. Bei der „Pull-Kommunikation“ hingegen ist die Kom-
munikation beidseitig, da beide Kommunikationspartner auf direktem Wege miteinander
kommunizieren. Der Kunde kann hier also selber entscheiden, ob, wann und wie er mit
dem Unternehmen/Anbieter in Kontakt treten möchte. Er sucht sich die gewünschten In-
formationen selbständig heraus und ruft diese bei den relevanten Informationsquellen ab.
48 Die Grundlagen des E-Business

Auch wenn die Vorteile dieser dialogbasierten Kommunikation auf der Hand liegen, blei-
ben insbesondere Aktivitäts- und Findungsprobleme bestehen. Diese entstehen allein
durch die Tatsache, dass es sich hierbei um eine empfängerinduzierte Informationsnach-
frage handelt und die Empfängeraktivität notwendig wird (Riedl 1999, S. 87). Die Akteure
auf der elektronischen Handelsebene stehen aufgrund dieser selbstständigen Suche der
Empfänger jedoch vor der Aufgabe, ihr Informationsangebot den sich ständig wechseln-
den Interessen der Suchenden anzupassen. Pull-Kommunikation setzt sich ändernde In-
formationsinhalte für einzelne Individuen voraus, wohingegen sich Push-Kommunikation
auf allgemeine Informationen für eine breite Interessensgruppe beschränkt. Sämtliche
Kommunikationsmaßnahmen müssen demnach an die Bedingungen der gegenseitigen fle-
xiblen Abfrage angepasst werden. Die flexible Abfrage ist Kennzeichen für die steigende
Individualität in der multimedialen Kommunikation. Das Online-Angebot der Firma my-
toys.de kann hier als Beispiel genannt werden. Die Suche nach dem passenden Spielzeug
kann über eine eigene Suche im Produktkatalog erfolgen (Pull). Darüber hinaus besteht
aber auch die Möglichkeit, sich nach Eingabe von „Alter“, „Geschlecht“ und „Preisvor-
stellung“ konkrete Vorschläge machen zu lassen (Push/Pull) oder sich auch per Newsletter
regelmäßig aktuelle Angebote zusenden zu lassen (Push).
Interaktive Kommunikation im Internet wird nicht nur ermöglicht, sondern insbesondere
auch zur Individualisierung und Personalisierung der Aktivitäten genutzt. Vorteile im Ver-
gleich zu Offline-Kanälen entstehen hier aufgrund der Tatsache, dass sämtliche Bewegun-
gen, Transaktionen und Informationen der Nutzer in Form von digitalen Daten gespeichert
werden können. Auf diese Weise kann der Anbieter unmittelbar nachdem ein potenzieller
Kunde seine Seite öffnet und in bestimmter Form agiert, auf dieses Verhalten reagieren
und je nachdem, wie dieser sich auf der Seite bewegt, spezielle und auf seine Interessen
zugeschnittene Informationsangebote bereitstellen. Je mehr beide Partner miteinander
kommunizieren und interagieren, desto mehr Daten fallen an, die der Anbieter analysieren
und zur Personalisierung aufbereiten kann. Interaktivität ist daher nicht nur die Basis guter
Kommunikation (Dialog), sondern auch Voraussetzung für die Ausschöpfung des Indivi-
dualisierungs- und Personalisierungspotenzials.

1.3.4 Die Möglichkeit der Individualität


Eng verbunden mit dem Wechsel von einer aktiven zu einer interaktiven Kommunikation
ist die Personalisierung und damit einhergehende Individualität der Kommunikationsin-
halte. Sollte der interaktive Kontakt zwischen Anbieter und Nachfrager auf der elektroni-
schen Handelsebene möglich sein, dann hilft die Personalisierung, das grundlegende Be-
dürfnis des Kunden nach Individualität und nutzergerechter Information zu befriedigen. Da-
bei ist vollkommen klar, dass der persönliche Kontakt die höchste Form der individuellen
Kommunikation darstellt. In der „persönlichen“ Kommunikation gibt der Kommuni-
kator die Nachricht direkt, folglich ohne zeitliche Verzögerung, an den Rezipienten weiter.
Es handelt sich dabei um eine interaktive und mindestens bidirektionale Kommunikation,
Der Informationsaustausch als Notwendigkeit für die Digitale Wirtschaft 49

d. h. der Empfänger kann sofort nach Erhalt der Nachricht rückkoppelnd selbst zum Sender
einer Information werden. Innerhalb der persönlichen Kommunikationsform können zwei
Unterarten angeführt werden. Bei der „Face-to-Face communication“ findet der Prozess
ohne zwischengeschaltete technische Medien durch den unmittelbaren Kontakt des Sen-
ders zum Empfänger statt. Als „point-to-point communication“ werden hingegen persön-
liche Kommunikationsprozesse unter Einschaltung technischer Medien (z. B. Telefon) be-
zeichnet. Die „unpersönliche“ Kommunikation findet nahezu ausschließlich über sog.
technische Massenmedien statt. Traditionell werden in der Massenkommunikation Zeit-
schriften, Zeitungen, Hörfunk, Fernsehen, Film, Bücher und Werbeflächen eingesetzt
(Kollmann 1994, S. 56 ff.). Die Aussagen werden indirekt über diese Medien verbreitet
und richten sich an ein disperses, also räumlich und vielfach auch raumzeitlich zerstreutes
Publikum. Somit sind die Botschaften in der Regel an eine inhomogene, unstrukturierte
und anonyme Öffentlichkeit gerichtet. Die Informationen werden einseitig unidirektional
verbreitet, d. h. es gibt keine direkte Rückkopplung vom Empfänger zum Sender.
Die derzeitige Kommunikationsansprache der realen Handelsebene ist entweder noch ge-
prägt durch den persönlichen Kontakt von Handelspartnern (Individualkommunikation)
oder durch die Forderung nach einer möglichst hohen Reichweite der unpersönlichen Bot-
schaften einzelner Handelsanbieter, repräsentiert durch die Ansprüche einer Massenkom-
munikation. Im ersten Fall bedeutet dies eine direkte reale One-to-One-Beziehung zwi-
schen zwei in Verbindung getretenen Wirtschaftssubjekten. Dieser Kontakt unterliegt der
Ausschließlichkeit, da in der Regel kein weiteres Subjekt in diese Beziehung eingebun-
den wird. Problematisch hierbei ist jedoch, dass diese in Beziehung getretenen Subjekte
jeweils nur eine Verbindung nach der anderen eingehen können (sequentielle Kommuni-
kation), da sie real nicht an mehreren Orten gleichzeitig sein können. Im zweiten Fall
wird auf die persönliche Beziehung in der Kommunikation verzichtet: Nicht der Einzelne,
sondern die Masse der erreichbaren Marktteilnehmer steht hier im Mittelpunkt von Kom-
munikationsaktivitäten (Link/Hildebrand 1995, S. 5).
Es handelt sich folglich um eine indirekte reale One-to-All-Beziehung. Problematisch
hierbei ist, dass diese relativ unreflektierte bzw. anonymisierte Art der Kommunikation den
veränderten Marktbedingungen zunehmend nicht mehr gerecht wird. Mit der Entstehung
der elektronischen Handelsebene und der damit verbundenen Entkopplung von Raum und
Zeit (anytime/anyplace; s. Kapitel 1.3.1) bieten sich Potenziale für neue Formen der Kom-
munikation. Die Kommunikationsansprache der elektronischen Handelsebene wandelt
sich von einer passiven, anonymen und massenmedialen Kommunikation zu einer (in-
ter)aktiven, individualisierten und multimedialen Kommunikation. Dies bedeutet, dass
über das Medium „Datennetz“ neben der Massen- (indirekte virtuelle One-to-All-Bezie-
hung, z. B. über Werbebanner) ebenfalls die Individualkommunikation kontrolliert reali-
siert werden kann. Da annähernd alle Netzteilnehmer eine individuelle Netzadresse besit-
zen (z. B. E-Mail oder Web-Page), können alle einzeln angesteuert werden, wodurch eine
direkte virtuelle One-to-One-Beziehung aufgebaut werden kann. Der Hauptunterschied
zur realen Ebene liegt hierbei in der Dimension der Ausgestaltung dieses Kontaktes. Wa-
50 Die Grundlagen des E-Business

ren die direkten Kontakte auf der realen Ebene noch beschränkt auf das unmittelbare Um-
feld, so erweitert sich durch die innovative Informations- und Kommunikationstechnik die-
ser direkte Kontakt um alle am Internet partizipierenden Subjekte. Die anonyme Masse
der Anbieter und Nachfrager in einem Bereich wird für die jeweilige andere Seite zuneh-
mend individualisiert (s. Abb. 20). Der einzelne Anbieter kann mit dem nun greifbaren
einzelnen Nachfrager in Kontakt treten, der einzelne Nachfrager kann sich ohne die Zwi-
schenschaltung des Handels direkt mit einzelnen Herstellern in Verbindung setzen.
In der Konsequenz bedeutet Individualisierung und damit Personalisierung die Anpas-
sung von Informationen, Angeboten, der Webseite sowie von Produkten an die Bedürfnisse
identifizierter Kunden. Ziel der damit in Verbindung stehenden virtuellen one-to-one-Be-
ziehung ist es laut Riemer/Klein (2001), „jedem Kunden auf Basis individueller Informa-
tionen die relevanten und interessanten Informationen, Produkte und Angebote in einer für
ihn geeigneten Form anzubieten und so der computer-vermittelten Kommunikation quasi
eine menschliche, persönliche Anmutung zu verleihen.“ Personalisierung kann dabei ne-
ben den Inhalten einer Webseite auch das Design eines Web-Angebots und die Art und
Weise der Kommunikation umfassen (Klein/Güler/Lederbogen 2000). Die Personalisie-
rung kann nach Riemer/Klein (2001, S. 141 ff.) „zum einen durch den Kunden (explizit)
erfolgen, der das Web-Angebot anhand von Parametern, die der Anbieter definiert, selbst
konfiguriert. Zum anderen kann die Personalisierung durch automatischen Abgleich der
Bedürfnisse des Kunden – bzw. seines elektronisch hinterlegten Profils – mit einer Klas-
sifikation der angebotenen Produkte oder mit dem Wissen über andere Kunden erfolgen
(implizit)“. Als Beispiel für die explizite Personalisierung kann der Produktkonfigurator
von dell.de angeführt werden, bei dem sich die Nachfrager die Komponenten für ihre Lap-
tops selbst zusammenstellen können. Als Beispiel für die implizite Personalisierung kann
das Empfehlungssystem bei amazon.de genannt werden, bei dem die Nachfrager Hinweise
bekommen, wer sich bestimmte Titel auch angesehen hat. Dieses Empfehlungssystem
wird weitergeführt, wenn nach der Identifikation des Nutzers auf der Startseite individuelle
Empfehlungen gemacht werden.
Im Hinblick auf das Beispiel von amazon.de wird deutlich, dass die stetige Verbesserung
der Kundenansprache auf Basis der Individualisierung und Personalisierung eine bedeu-
tende Rolle spielt und damit die sog. lernenden Kundenbeziehungen zunehmend in den
Mittelpunkt rücken. Aufbauend auf dem Ausgangswissen über Kundenwünsche finden
Interaktion und Dialog zwischen Anbieter und Nachfrager statt. Diese direkte Interaktion
zwischen den Handelspartnern ermöglicht Lern- und Wissensaufbauprozesse auf der An-
bieterseite, die auf die Verbesserung der Kundenansprache zielen (s. Abb. 20). Durch die
individuellen Erfahrungen mit dem Kunden wird ein Lernprozess angestoßen, in dessen
Ergebnis der Aufbau von kundenindividuellen Präferenzprofilen steht. Aufbauend auf die-
sen Profilen ist zukünftig eine zielgerichtetere, individuellere Interaktion zwischen Anbie-
ter und Nachfrager möglich, die auf den spezifischen Wünschen des einzelnen Kunden
basiert. Ebenfalls wird ein Wissensaufbauprozess in Gang gesetzt, der auf der Individu-
alisierung und Personalisierung durch den Kunden basiert. Eine explizite Personalisie-
rung ermöglicht, dass der Kunde seinen Interaktionsprozess nach seinen individuellen
Der Informationsaustausch als Notwendigkeit für die Digitale Wirtschaft 51

Vorstellungen gestalten kann und somit den Wissensstand über die Kundenanforderungen
an die Interaktionsprozesse auf der Anbieterseite erhöht. Die Prozesse des Lernens und
Wissensaufbaus beeinflussen sich dabei gegenseitig in hohem Grade positiv, da das Wis-
sen durch die Personalisierung das Lernen im Hinblick auf die Präferenzprofile erleichtert
und im umgekehrten Fall auf der Basis von Präferenzen Optionen für die Personalisierung
geschaffen werden können. So entsteht ein geschlossenes System eines kontinuierlichen-
Lern- und Wissensaufbauprozesses, in dessen Ergebnis eine stetige Verbesserung der Kun-
denansprache steht.

1.3.5 Die Perspektive der Mobilität

Sowohl im Zuge der technologischen Weiterentwicklung der mobilen Datennetze als auch
der zunehmenden Verbreitung von mobilen Endgeräten entsteht für den Kunden eine
„always-on“-Situation (s. Kapitel 1.1.5). Der Kunde hat zu jeder Zeit und an jedem Ort
die Möglichkeit, sich mit elektronischen Datennetzen wie z. B. dem Internet zu verbinden.
Hierdurch lässt sich ein Trend zur Integration von Offline- und Online-Welt beobach-
ten. Beispielsweise sind die in den vorhergehenden Kapiteln genannten Faktoren wie z. B.
die Chancen der Virtualität (s. Kapitel 1.3.1) sowie die Möglichkeiten der Individualität
(s. Kapitel 1.3.4) auch auf den mobilen Bereich übertragbar. Als eine wichtige Perspektive
der Mobilität ist die Ortung mittels GPS, digitalem Kompass, WLAN oder Mobilfunknetz
zu nennen. Hierdurch ist es möglich, dem Kunden die an dem jeweiligen Ort notwendigen
Informationen zur Verfügung zu stellen. Aus Unternehmersicht galt es beim stationären
Internet die Empfänger der Informationen richtig zu typologisieren, um dann dem jewei-
ligen Kunden die für ihn wertvollen Informationen zukommen zu lassen. Um dem Nutzer
mobiler Datennetze bestimmte Angebote mit einem Mehrwert bieten zu können, muss im
Rahmen der Mobilität die Situation antizipiert werden, in der sich der Kunde befindet (sog.
situativer Nutzen; s. Kapitel 1.2.2).
Im Hinblick auf die mobil oft genutzten Nachrichtenportale wie z. B. m.faz.net, die mobilen
Applikationen von Bild und Welt und weiteren Anbietern bedeutet dies, dass der Inhalt ent-
sprechend der Situation, in der der Nutzer die Nachrichten liest, aufbereitet werden muss.
Mobile Nachrichten werden bspw. in Situationen genutzt, in denen schnelle und kurze
Information benötigt werden (z. B. Fahrplanauskunft auf einem Bahnsteig) oder es Zeit
zu überbrücken gilt, z. B. Wartezeiten am Bahnhof oder am Flughafen. Des Weiteren sind
störende externe Einflüsse, wie z. B. Lautstärke und geschäftiges Treiben für die Aufberei-
tung der Nachrichten zu antizipieren. Die Aufbereitung der Nachrichten in mobiler Form
muss diesen Umständen genügen und somit zumindest in mehreren Aggregationsstufen
(Aufteilung in Überschrift, Zusammenfassung, Hintergrundinformationen) sowie leicht
verständlich vorliegen.
Ähnliches gilt für das mobile Angebot von Internet-Shops (s. Kapitel 3.2.1.3) oder mobilen
Marktplätzen (s. Kapitel 4.2.1.3). Steht ein Kunde z. B. im Elektronikfachhandel und hat
52 Die Grundlagen des E-Business

sich gerade im Hinblick auf ein technisches Gerät beraten lassen, so muss er ohne Umwege
die Möglichkeit haben, das Produktangebot mit einem mobilen Endgerät zu überprüfen.
Eine zentrale Anforderung ist dabei, dass Vorteile wie der günstigere Preis oder die güns-
tigere Anlieferung dabei sofort verfügbar sein müssen. Mobile Einkaufs- oder Handels-
plattformen stellen somit auch ein Beispiel für die durch die mobile Nutzung des Inter-
nets möglich werdende Integration der Offline- und Online-Welt dar. So kann sich der
Kunde offline ein reales Bild von dem Produkt machen und dieses dann online direkt über
das Internet preisgünstiger bestellen. Mit modernen Smartphones ist es heute problemlos
möglich, Barcodes von Produkten zu fotografieren und sich dann – mittels entsprechender
mobiler Applikationen (z. B. barcoo) – verschiedenste online verfügbare Informationen
anzeigen zu lassen. Auch die direkte Online-Bestellung (M-Commerce) der Waren in
entsprechenden E-Shops oder E-Marketplaces ist mit wenigen Klicks möglich. Dies
könnte insbesondere beim Kauf von Bekleidungsartikeln von Interesse werden, bei denen
auf Seiten des Kunden zumeist ein sog. „Touch&Feel“-Bedürfnis existiert, um zu einer
sicheren Entscheidung zu gelangen.
Einer aktuellen Studie zufolge werden über das Mobilgerät im internationalen Durch-
schnitt 30 % aller Onlinekäufe abgewickelt. Laut der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungs-
gesellschaft PwC (2016) kaufen inzwischen 35 % der Deutschen mindestens einmal im
Monat über ihr Smartphone ein. Vor vier Jahren waren es noch 11 %. Deutschland kann
im ersten Halbjahresvergleich von 2015 bis 2016 in dem Bereich des Mobile Shoppings
einen signifikanten Anstieg der Transaktionen um 55 % verzeichnen, was nicht zuletzt auf
einen Anstieg der durchschnittlichen Warenkörbe auf 93 Euro für Tablets und 63 Euro für
Smartphones zurückzuführen ist (Affiliateblog 2016). Insgesamt lässt sich auch erkennen,
dass Geräte mit größeren Displays regelmäßig höhere Warenkörbe verzeichnen können,
sodass die Bildschirmgröße scheinbar ein Kriterium für Mobile Shopping ist (BITKOM
2017a, S. 14).
Mit zunehmender Mobilität der Nutzer steigt demnach auch der Druck auf Unternehmen,
sowohl Ihre Online- als auch Offline-Angebote auf sämtlichen Geräten zur Verfügung zu
stellen. Der Begriff Multichanneling bezeichnet hierbei im Allgemeinen die Kombina-
tion dieser beiden Welten und muss heutzutage insbesondere auch über die Grenzen ein-
zelner Geräte hinweg erfolgen. Das Responsive Webdesign muss daher eine zentrale
Rolle in jeder Mehrkanalstrategie einnehmen und die zunehmende Verbreitung mobiler
Endgeräte zwingt Unternehmen, sich auf verschiedene Benutzertypen und die immer un-
terschiedlicheren Bildschirmgrößen zur Darstellung ihrer Inhalte flexibel einzustellen, um
dem Nutzer so ein möglichst optimales Nutzungserlebnis zu ermöglichen (Kollmann/
Michaelis 2015). Deutschlandweit waren im Jahr 2012 bereits knapp 90 % der Deutschen
Multichannel-Konsumenten, die ihre Informations- und Kaufkanäle flexibel ihren Bedürf-
nissen entsprechend wechseln (Absatzwirtschaft 2012). Die Konzentration auf nur einen
Kanal für Information, Kommunikation und Vertrieb kann somit zum entscheidenden
Wettbewerbsnachteil für Unternehmen werden.
Der Informationsaustausch als Notwendigkeit für die Digitale Wirtschaft 53

Ein weiteres Beispiel für den wachsenden Einzug des Internets in die Offline-Welt ist die
Nutzung von ortungsbezogenen Communities wie foursquare. Hierbei handelt es sich um
soziale Communities, die die Geotagging-Funktion (s. Kapitel 5.1.2.6) moderner Smart-
phones nutzen. Mittels GPS und Internetortung kann man sich an bestimmten Orten ein-
loggen und auf diesem Weg der Community seinen Aufenthaltsort mitteilen. Für erstbe-
suchte oder am meisten besuchte Orte gibt es als Anreiz Badges bzw. Abzeichen. Völlig
neue Dimensionen bieten Touch-Geräte wie das iPad: So wird es dadurch möglich, Kun-
den im Vertriebsgespräch zu Hause und in angenehmer Atmosphäre mit dem Touch-Gerät
Angebote zu offerieren, um dann mittels digitaler Unterschrift sowie einer Verbindung zu
vertragsverarbeitenden Backend-Prozessen über das mobile Internet einen direkten Ver-
tragsabschluss durchzuführen. Ein Beispiel ist die mobile Applikation von wefox, über
welche sowohl Kunden als auch Markler und Versicherungsgesellschaften, Versiche-
rungs- und Finanzprodukte effizient verwalten können (s. Abb. 21).

Abb. 21: Die mobile Applikation wefox


Quelle: App Store (Apple)

Wirtschaftlich beliefen sich im Jahr 2017 die Verbraucherausgaben für mobile Applika-
tionen in den App Stores weltweit auf 86 Milliarden USD. Das entspricht einem Wachs-
tum von 105 % seit 2015. Im selben Zeitraum stiegen die Downloads um 60 % auf über
175 Mrd. Somit verbrachte jeder Nutzer fast 1,5 Monate pro Jahr mit der Nutzung von
mobilen Applikationen (App Annie 2018). Dies liegt auch darin begründet, dass viele Ap-
plikationen kostenlos angeboten werden. Das aktuelle jährliche Wachstum liegt jedoch im
hohen zweistelligen Bereich und zeigt dadurch das hohe Marktpotenzial mobiler Anwen-
dungen auf. Da der Zielmarkt im Internet oftmals international ist, lohnt sich jedoch auch
54 Die Grundlagen des E-Business

ein Blick auf die globale Entwicklung. Weltweit werden laut Gartner (2012) im Jahr 2016
ca. 21,67 Mio. kostenpflichtige Anwendungen in den verschiedenen Stores heruntergela-
den. Bis 2017 wird ein Anstieg auf fast 15 Mrd. bezahlte Downloads erwartet, was einer
Steigerung von fast 125 % entspricht. Gehörte das mobile TV aufgrund Beschränkungen
bei der mobilen Datenübertragung im Gegensatz zu mobilen Nachrichtenportalen bisher
zu den weniger stark genutzten Anwendungen, weisen die Wachstumsraten im Bereich der
mobilen Datenübertragung in diesem Bereich auf einen sich ändernden Trend hin. Laut
Cisco (2017) hat sich der weltweite monatliche mobile Datenverkehr im Jahr 2016 auf 7,2
Exabyte (ca. 7.200 Mio. Gigabyte) belaufen. Bis 2021 wird in diesem Zusammenhang ein
Anstieg auf ca. 49 Exabyte prognostiziert. Dies entspricht einer Steigerung um ca. 680 %
in fünf Jahren. Diese Zahlen belegen die Bedeutung des mobilen Datenaustauschs für die
wirtschaftliche Entwicklung.

1.3.6 Die Anforderungen des Datenschutzes


Daten und deren Austausch sind die Grundlage der Digitalen Wirtschaft. Nur durch den
virtuellen Informationsaustausch können digitale Geschäftsmodelle entwickelt und umge-
setzt werden. Insbesondere im Rahmen der elektronischen Wertschöpfung werden (per-
sönliche) Daten interaktiv gesammelt, individuell verarbeitet und multimedial übertragen
(s. Kapitel 1.4.3). Auf Grund der rasant wachsenden Datenmengen und der vereinfachten
Datenhaltung, -erfassung, -analyse und -weitergabe im Zuge der Digitalisierung und der
zugehörigen Diskussion über die Datenverwendung durch die dahinterstehenden Unter-
nehmen und Organisationen (s. Kapitel 1.1.4), hat der Datenschutz in den letzten Jahren
deutlich an Bedeutung gewonnen, so dass im E-Business die rechtlichen Anforderungen
an den Datenschutz ausdrücklich beachtet werden müssen.
Das Grundgesetz gewährleistet jedem Bürger das Recht, „über die Verwendung und Preis-
gabe seiner persönlichen Daten zu bestimmen“ (Bundesbeauftragte für den Datenschutz
und Informationsfreiheit 2018). Das bedeutet, dass nicht nur die Daten, sondern auch die
Freiheit und Privatsphäre des Menschen geschützt werden sollen. Seit dem 25.05.2018 gilt
daher die neue Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), welche die bisherigen Da-
tenschutzrechte einzelner Mitgliedsstaaten der Europäischen Union vereinheitlicht. Die
DSGVO hat dabei zum Ziel, persönliche Daten besser zu schützen und den freien Verkehr
personenbezogener Daten in der europäischen Union im Zuge des digitalen Binnenmark-
tes zu gewährleisten. Demnach soll verstärkt sichergestellt sein, dass Nutzer die Datenho-
heit bewahren und die Privatsphäre geschützt ist. Als personenbezogene Daten werden
mithin sämtliche Informationen bezeichnet, die sich auf eine natürliche Person beziehen
(Amtsblatt der Europäischen Union 2016). Diese Informationen umfassen unter anderem
Namen, Adressen, Standortdaten, IP-Adressen, besondere Merkmale, Kennzeichen, Coo-
kies etc. und sind somit von enormer Bedeutung für die Digitale Wirtschaft. Viele Berei-
che des Datenschutzes werden durch die DSGVO nicht neu geregelt. Insbesondere bleibt
Der Informationsaustausch als Notwendigkeit für die Digitale Wirtschaft 55

der Begriff der „personenbezogenen Daten“ im Artikel 4 DSGVO weiterhin weit ge-
fasst: „personenbezogene Daten“ [sind] alle Informationen, die sich auf eine identifizierte
oder identifizierbare natürliche Person (im Folgenden „betroffene Person“) beziehen; als
identifizierbar wird eine natürliche Person angesehen, die direkt oder indirekt, insbeson-
dere mittels Zuordnung zu einer Kennung wie einem Namen, zu einer Kennnummer, zu
Standortdaten, zu einer Online-Kennung oder zu einem oder mehreren besonderen Merk-
malen, die Ausdruck der physischen, physiologischen, genetischen, psychischen, wirt-
schaftlichen, kulturellen oder sozialen Identität dieser natürlichen Person sind, identifiziert
werden kann.“ Weiterhin gilt ebenfalls, dass die Verarbeitung personenbezogener Da-
ten nur aufgrund eines Erlaubnistatbestands zulässig ist. Diese sind in dem Artikel 6
DSGVO aufgeführt:

„ Die betroffene Person hat ihre Einwilligung gegeben;

„ die Verarbeitung ist für die Erfüllung eines Vertrags oder zur Durchführung vorver-
traglicher Maßnahmen erforderlich;

„ die Verarbeitung ist zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung erforderlich;

„ die Verarbeitung ist erforderlich, um lebenswichtige Interessen zu schützen;

„ die Verarbeitung ist für die Wahrnehmung einer Aufgabe erforderlich, die im öffent-
lichen Interesse liegt;

„ die Verarbeitung ist zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen
oder eines Dritten erforderlich.

Im letzten Fall ist eine Interessensabwägung gegenüber den Interessen der betroffenen
Person erforderlich. Die DSGVO führt im Artikel 5 desweiteren explizit folgende sechs
Grundsätze für die Verarbeitung personenbezogener Daten auf:

„ Rechtmäßigkeit, Verarbeitung nach Treu und Glauben, Transparenz

„ Zweckbindung (Verarbeitung nur für festgelegte, eindeutige und legitime Zwecke)

„ Datenminimierung („dem Zweck angemessen und erheblich sowie auf das […] not-
wendige Maß beschränkt“)

„ Richtigkeit („es sind alle angemessenen Maßnahmen zu treffen, damit [unrichtige]


personenbezogene Daten unverzüglich gelöscht oder berichtigt werden“)

„ Speicherbegrenzung (Daten müssen „in einer Form gespeichert werden, die die Iden-
tifizierung der betroffenen Personen nur so lange ermöglicht, wie es […] erforderlich
ist“)
56 Die Grundlagen des E-Business

„ Integrität und Vertraulichkeit („angemessene Sicherheit der personenbezogenen Da-


ten […], einschließlich Schutz vor unbefugter oder unrechtmäßiger Verarbeitung und
vor unbeabsichtigtem Verlust, unbeabsichtigter Zerstörung oder unbeabsichtigter
Schädigung“)

Der Verantwortliche muss die Einhaltung dieser Grundsätze nachweisen. Die Nichtein-
haltung dieser Grundsätze und der Rechenschaftspflicht kann mit einem angemessenen
Bußgeld in Höhe von bis zu 20 Mio. EUR oder im Fall eines Unternehmens von bis zu
4 % seines gesamten weltweit erzielten Jahresumsatzes geahndet werden (Artikel 83, Ab-
satz 5, Buchstabe a, DSGVO). Vor diesem Hintergrund kann eine weitreichende Diskus-
sion geführt werden, inwieweit die DSGVO förderlich oder hinderlich für digitale Unter-
nehmen aus Europa gerade auch im internationalen Kontext ist. Ist das DSGVO-Gebot der
Datenvermeidung, Datensparsamkeit und Transparenz wirklich die richtige Antwort auf
das digitale Zeitalter – auch und wenn man gerade an KI-Technologien (s. Kapitel 1.6.5)
und Blockchain-Anwendungen (s. Kapitel 1.1.6) denkt? Droht womöglich eine Diskus-
sion darüber, welches Geschäftsmodell „gut“ ist, weil es wenig Daten verwendet, und
welches dagegen „schlecht“ ist, weil es viele Daten benötigt? Wie die Umfragen des Deut-
schen Startup Monitors belegen, beeinflusst die DSGVO bei über 90 % der Startups die
Geschäftstätigkeit (Kollmann et al. 2018). Um die digitalen Geschäftsmodelle weiterhin
rechtskonform umsetzen zu können, muss im Rahmen der nachfolgenden Ausführungen
zu Informationsökonomie (s. Kapitel 1.4) der Datenschutz berücksichtigt und eingehalten
werden. Aus volkswirtschaftlicher Perspektive muss ferner eine nötige Balance zwischen
dem Datenschutz des Einzelnen einerseits und der notwendigen Datennutzung zur Durch-
führung digitaler Geschäftsmodelle andererseits gewahrt werden, um die digitale Wettbe-
werbsfähigkeit Deutschlands und Europas zu sichern (Kollmann 2018a).

1.4 Die Informationsökonomie als Ausgangspunkt


für die Digitale Wirtschaft
Die Entwicklungen der Informationstechnik (s. Kapitel 1.1) haben über den enormen An-
stieg an digitalen Informationen, die über verschiedene Informationstechnologien (s. Ka-
pitel 1.2) unter den Bedingungen des virtuellen, multimedialen und interaktiven Informa-
tionsaustausches (s. Kapitel 1.3) transferiert werden, zu radikalen Veränderungen auf der
wirtschaftlichen Ebene geführt. Die Verwendung von Informationen in ökonomischen Pro-
zessen ist so intensiv geworden, dass die „Arbeit“ und das „Kapital“ als ausschließliche
Wert-, Produktions- und Gewinnquelle durch einen neuen Faktor komplementiert werden.
Informationen werden zum eigenständigen Produktionsfaktor (Krüger/Pfeiffer 1991,
S. 21; Weiber/Kollmann 1997a, S. 517 f.) und begründen somit die neue Dimension der
Informationsökonomie. Historisch gesehen waren zunächst einzig die Produkteigenschaf-
Die Informationsökonomie als Ausgangspunkt für die Digitale Wirtschaft 57

ten (Qualität) und die zugehörigen Konditionen (z. B. Preis, Rabatte) für den Erfolg verant-
wortlich (Mises 1940; Porter 2013; Kirzner 1974; s. Abb. 22). Es kam darauf an, das
eigene Leistungsangebot für den Nachfrager entweder kostengünstiger (Kostenführer-
schaft) oder qualitativ besser (Qualitätsführerschaft) als die Konkurrenz anbieten zu kön-
nen. Später traten mit den Erfolgsgrößen Zeit (Schnelligkeit) und Flexibilität zwei weitere
Faktoren hinzu (Simon 1988; s. Abb. 22). Es kam hier darauf an, die Leistung zu einem
bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort anbieten zu können (Verfügbarkeitsfüh-
rerschaft) bzw. bei wichtigen Merkmalen des Produktes eine kundenorientierte Differen-
zierung vorzunehmen (Bedarfsführerschaft).
Die Informationstechnologien haben nun dazu geführt, dass Informationen einfacher zu-
gänglich und verstärkt auf wirtschaftliche Art und Weise und damit als eigenständiger
Wettbewerbsfaktor (s. Abb. 22) genutzt werden können. Die Quelle für den Wettbewerbs-
vorteil der Zukunft wird aufgrund der dargestellten technologischen Entwicklung die Wis-
sens- und Informationsüberlegenheit gegenüber der Konkurrenz sein (Informationsfüh-
rerschaft). Wer bessere Informationen zum Markt und seinen (potenziellen) Kunden be-
sitzt, wird sich im Wettbewerb durchsetzen. Während Informationen bisher lediglich eine
unterstützende Funktion für physische Produktionsprozesse übernahmen, werden sie somit
in Zukunft, gerade für das E-Business, zu einem eigenständigen Produktions- und Wett-
bewerbsfaktor (Weiber/Kollmann 1998). Die daran anschließende ökonomische Frage lau-
tet: Wie wird mit Hilfe von Informationen ein Wert für den Kunden erzeugt, für den er am
Ende auch bereit ist zu bezahlen? Die Antwort liegt in der elektronischen Wertschöpfung.

Qualität/Service Kosten

Das Leistungsangebot muss Das Leistungsangebot wird


den qualitativen Ansprüchen dem Nachfrager kosten-
des Nachfrager genügen günstiger als vergleichbare
(Qualitätsführerschaft) Konkurrenzprodukte offeriert
(Kostenführerschaft)
Information

Die Information hat


eine eigene Bedeutung
für den Wirtschaftsprozess
und den Wettbewerb
(Informationsführerschaft)
Zeit Flexibilität

Die Leistung kann zu einem Bei wichtigen Merkmalen des


bestimmten Zeitpunkt an Produktes kann eine kunden-
einem bestimmten Ort orientierte Differenzierung
angeboten werden vorgenommen werden
(Verfügbarkeitsführerschaft) (Bedarfsführerschaft)

Abb. 22: Der Wettbewerbsfaktor „Information“ als Basis der Informationsökonomie


Quelle: in Anlehnung an Weiber/Kollmann 1997a, S. 519.
58 Die Grundlagen des E-Business

1.4.1 Die elektronische Wertschöpfung

Ausgehend von der Möglichkeit, Informationen über die drei zentralen Informationstech-
nologien Internet, Mobilfunk und interaktives Fernsehen (s. Kapitel 1.2) virtuell, multi-
medial, interaktiv und individuell (s. Kapitel 1.3) zwischen Transaktionspartnern auszu-
tauschen, muss nun geklärt werden, was für ein elektronischer Wert durch diesen innova-
tiven Informationstransfer für den Kunden „geschöpft“ werden kann, wodurch ein Online-
Angebot überhaupt erst attraktiv wird. Für eine elektronische Wertschöpfung können dies
z. B. folgende Aspekte sein (Kollmann 2006, S. 70 f.):

„ Überblick: In diesem Fall schafft ein Online-Angebot einen Überblick über eine Viel-
zahl von Informationen, die sonst nur sehr mühselig zu beschaffen wären. Damit wird
ein Strukturierungswert geschöpft.

„ Auswahl: In diesem Fall schafft ein Online-Angebot die Möglichkeit, über Daten-
bank-Abfragen für die Nachfrager die gewünschten Informationen, Produkte oder
Dienstleistungen gezielter und damit effizienter zu identifizieren. Damit wird ein Se-
lektionswert geschöpft.

„ Vermittlung: In diesem Fall schafft ein Online-Angebot die Möglichkeit, Anfragen


von Anbietern und Nachfragern effizienter und effektiver zusammenzuführen. Damit
wird ein Matchingwert geschöpft.

„ Abwicklung: In diesem Fall schafft ein Online-Angebot die Möglichkeit, ein Geschäft
effizienter und effektiver zu gestalten (z. B. Kostenaspekt oder Bezahlmöglichkeit).
Damit wird ein Transaktionswert geschöpft.

„ Kooperation: In diesem Fall schafft ein Online-Angebot die Möglichkeit, dass ver-
schiedene Anbieter ihr Leistungsangebot effizienter und effektiver miteinander verzah-
nen können. Damit wird ein Abstimmungswert geschöpft.

„ Austausch: In diesem Fall schafft ein Online-Angebot die Möglichkeit, dass verschie-
dene Nachfrager effizienter und effektiver miteinander kommunizieren können. Damit
wird ein Kommunikationswert geschöpft. Dabei ist es durchaus möglich, dass auch
eine multiple Wertschöpfung stattfindet und durch ein Online-Angebot sowohl ein
Strukturierungswert als auch ein Auswahl- und Vermittlungswert erzeugt wird. So
bietet amazon.de sowohl einen Überblicks- (Bücherangebot), Auswahl- (Bücherse-
lektion) und Abwicklungsmehrwert (Bücherkauf).

Der eigentliche Wert der Information bzw. -verarbeitung ist als Ergebnis jedoch auch ab-
hängig von der zeitlichen, inhaltlichen und äußeren Form der Vermittlung (s. Abb. 23).
So können noch so gut aufbereitete Informationen zu Börsenkursen keinen Wert erzeugen,
wenn sie nicht schnell, im besten Fall „real-time“ übertragen bzw. bereitgestellt werden.
Die Informationsökonomie als Ausgangspunkt für die Digitale Wirtschaft 59

Dagegen nutzt einem Segelflieger die schnelle Information über das Wetter nur wenig. Er
ist vielmehr an der Genauigkeit und Differenziertheit, z. B. an Aussagen über Luftverän-
derungen, interessiert. Nach der Identifikation der elektronischen Wertschöpfung wechselt
die Perspektive und es stellt sich sodann die Frage: Wie wird der Wert erzeugt? Hierzu
kann die elektronische Wertschöpfungskette angeführt werden.

Austausch
Überblick (Kommunikationswert) Kooperation
(Strukturierungswert) (Abstimmungswert)

Elektronische Mehrwerte

Auswahl Abwicklung
(Selektionswert) Vermittlung (Transaktionswert)
(Matchingwert)

Zeit Inhalt Form

Pünktlichkeit Richtigkeit Verständlichkeit


Aktualität Relevanz Detailgrad
Alterung Vollständigkeit Anordnung
Frequenz Wirksamkeit Präsentation
Beschaffungsperiode Verlässlichkeit Medium

Art und Weise der Informationsvermittlung

Abb. 23: Die elektronische Wertschöpfung in der Digitalen Wirtschaft

1.4.2 Die elektronische Wertschöpfungskette

Die elektronische Wertschöpfungskette basiert auf dem Ansatz von Weiber/Kollmann


(1997a, 1998): Durch die neue Dimension von Informationen als eigenständige Quelle
von Wettbewerbsvorteilen können auch unabhängig von einer physischen Wertschöp-
fungskette elektronische Wertschöpfungsaktivitäten in digitalen Datennetzen entstehen.
Diese elektronischen Wertschöpfungsaktivitäten sind jedoch nicht mit den von Porter her-
ausgestellten physischen Wertaktivitäten vergleichbar, sondern liegen in dem besonderen
Umgang mit Informationen innerhalb von informationsverarbeitenden Prozessen. Die ent-
sprechenden Wertaktivitäten können bspw. in der Sammlung, Systematisierung, Auswahl,
Zusammenfügung und Verteilung von Informationen liegen (s. Abb. 24).
Durch diese spezifischen Wertschöpfungsaktivitäten innerhalb von digitalen Datennetzen
manifestiert sich eine „elektronische“ Wertschöpfungskette, deren Ursprung und Auswir-
kung allein auf der elektronischen Handelsebene zu finden ist. Im Resultat ergibt sich auf
Basis dieser neuen Wertschöpfungsebene ein elektronisches Informationsprodukt, für des-
sen elektronische Wertschöpfung (s. Kapitel 1.4.1) der Kunde zu zahlen bereit ist. Dieses
60 Die Grundlagen des E-Business

Produkt könnte dann entsprechend auch die Basis einer Unternehmensgründung in der Di-
gitalen Wirtschaft sein (Kollmann 2006; Kollmann 2014). Als Beispiel für die elektroni-
sche Wertschöpfungskette kann autoscout24.de angeführt werden. Im Rahmen eines elekt-
ronischen Marktplatzes (Kollmann 2001b) wird hier der Handel von Gebrauchtwagen
über das Internet angeboten. Der Wert für den Nutzer wird dabei nicht über den Ge-
brauchtwagen als solches geschaffen, sondern liegt vielmehr in der Überblicks-, Auswahl-
und Vermittlungsfunktion (s. Kapitel 1.4.1) der diesbezüglich notwendigen Informationen
und deren Verfügbarkeit, unabhängig von zeitlichen und räumlichen Restriktionen. Dieses
„elektronische Informationsprodukt“ wird nur über die zugrundeliegende Informati-
onstechnologie und die informationsverarbeitenden Prozesse ermöglicht. autoscout24.de
ist somit ein Unternehmen mit einer elektronischen Wertschöpfungskette, da die innova-
tive Wertschöpfung für den Kunden auf der elektronischen Ebene erfolgt. Das bedeutet
nicht, dass keine realen Ressourcen (Personal, Logistik usw.) benötigt werden. Eine reale
Wertschöpfungskette ist existent, hat jedoch nur einen Unterstützungscharakter, um die
elektronische Wertschöpfung anbieten zu können. Diese Zusammenhänge gelten nicht für
ein Angebot wie z. B. seat.com. Hier wird der Wert für den Kunden über das reale Produkt
„Auto“ geschaffen und der Shop im Internet ist „nur“ ein weiterer Distributionskanal. Die-
ser vereinfacht zwar das Bestellverfahren, jedoch wird hierdurch kein eigenständiger Wert
geschaffen, für den der Kunde bereit wäre gesondert zu bezahlen.

Wertkette der Realwirtschaft


Unternehmensinfrastruktur

Personalwirtschaft
Technologieentwicklung
Beschaffung Reales
Produkt
Eingangs- Operationen Ausgangs- Marketing Kundendienst
logistik logistik & Vertrieb

Unterstützungsmöglichkeit

Informationen sammeln

Informationen systematisieren
Informationen auswählen
Informationen kombinieren Elektronisches
(Informations-)
Informationen verteilen Produkt
Informationen austauschen

Informationen bewerten
Informationen anbieten
Wertkette der Digitalen Wirtschaft

Abb. 24: Die elektronische Wertschöpfungskette in der Digitalen Wirtschaft


Quelle: in Anlehnung an Kollmann 2019.
Die Informationsökonomie als Ausgangspunkt für die Digitale Wirtschaft 61

Die elektronische Wertschöpfungskette gliedert eine Unternehmung in der Digitalen


Wirtschaft also ebenso in strategisch relevante Tätigkeiten wie die reale Wertschöp-
fungskette, um dadurch Kostenverhalten sowie vorhandene und potenzielle Differenzie-
rungsquellen zu verstehen (Kollmann/Krell 2011b, S. 671 ff.). Dabei stellt die elektroni-
sche Wertschöpfungskette aber entsprechende spezifische informationsverarbeitende
Prozesse dar, die in ein „elektronisches Informationsprodukt“ münden, welches dann ei-
nen elektronischen Wert (s. Kapitel 1.4.1) für den Kunden erzeugt. Die elektronische
Wertschöpfungskette zeigt somit den Gesamtwert, der sich aus einzelnen elektronischen
Wertaktivitäten und der Gewinnspanne zusammensetzt. Innerhalb der Wertschöpfungs-
kette werden nun insbesondere die Wertaktivitäten identifiziert, die für die Wertschöpfung
eine besondere Relevanz aufweisen.

Handel mit gebrauchten Fotokameras im Internet


Was ist die Idee? Geschäftsidee Gründersicht
Plattform: E-Marketplace

Welcher Wert Elektronische Kundensicht


Überblick Auswahl Vermittlung
wird erzeugt? Wertschöpfung

Informationen sammeln

Informationen systematisieren
Informationen auswählen

Wie wird der Elektronische Informationen kombinieren


Wert erzeugt? Wertkette Informationen verteilen

Informationen austauschen
Informationen bewerten

Informationen anbieten

Elektronischer
Welcher Prozess Informations- Informations- Informations- Unternehmens-
erzeugt den Wert? Wertschöpfungs-
sammlung verarbeitung übertragung sicht
prozess

Abb. 25: Beispiel für eine elektronische Wertschöpfung in der Digitalen Wirtschaft

Als Beispiel kann eine Plattform für den Online-Handel mit gebrauchten Fotokameras
angeführt werden (Kollmann 2019, s. Abb. 25). Die elektronische Wertschöpfung spiegelt
sich unmittelbar in dem resultierenden Mehrwert für den Nutzer wider und bezieht sich in
dem angeführten Beispiel im Kern auf die Überblick-, Auswahl-, und Vermittlungsfunk-
tion. Somit könnte der Anbieter der Fotokameras bereit sein, insbesondere für die Vermitt-
lungsfunktion zu bezahlen, während der Nachfrager eventuell für die Überblicksfunktion
eine Gebühr zahlen würde. Um diese Wertschöpfung zu realisieren, werden im Unterneh-
men mit Hilfe der elektronischen Wertschöpfungskette insbesondere die Wertaktivitäten
identifiziert, die hinter der angebotenen elektronischen Wertschöpfung stehen (s. Abb. 25).
Dabei müssen zunächst die Informationen über das Objekt, den Standort und den Anbieter
62 Die Grundlagen des E-Business

der Gebrauchtkamera gesammelt werden, um in einem nächsten Schritt in einer Daten-


bank strukturiert abgelegt zu werden. Über diese Datenbank werden die Informationen
den Nachfragern angeboten, die über entsprechende Suchmechanismen eine Anfrage for-
mulieren können. Wird ein passendes Objekt gefunden, so werden die diesbezüglichen
Informationen verbunden mit der Vorstellung ausgetauscht, dass es anschließend zu einer
Transaktion kommt. Nach der Identifikation der elektronischen Wertschöpfung und der zu-
gehörigen elektronischen Wertschöpfungskette wechselt nun erneut die Perspektive und es
stellt sich die Frage: Wie kann das elektronische Informationsprodukt nun konkret erzeugt
werden? Hierzu kann aus Unternehmenssicht der zentrale elektronische Wertschöpfungs-
prozess angeführt werden.

1.4.3 Der elektronische Wertschöpfungsprozess

Der elektronische Wertschöpfungsprozess beschreibt die Informationsaktivitäten bzw.


die Abfolge von Informationstätigkeiten, die zusammengenommen einen Mehrwert für
den Kunden schaffen (Kollmann 2019). Dabei gibt es Kern- und Serviceprozesse. Die
Kernprozesse haben eine echte Wertschöpfungsfunktion, während die Serviceprozesse die
Abläufe in der Wertschöpfungskette unterstützen. Der elektronische Wertschöpfungspro-
zess beginnt in der Regel mit dem Informationsinput. Um den avisierten Mehrwert (s.
Kapitel 1.4.1) anbieten zu können, müssen zunächst die benötigten Informationen gesam-
melt werden (z. B. Wer fragt was in welcher Qualität nach bzw. bietet an?). In einem zwei-
ten Schritt werden die Informationen intern so bearbeitet, dass sie in gewünschter Form als
Informationsoutput wieder an den Kunden mehrwertorientiert übertragen werden kön-
nen. Dieser Vorgang kann als zentraler elektronischer Wertschöpfungsprozess bezeichnet
werden und beschreibt den Kernprozess der meisten Aktivitäten im E-Business. Somit
kann in der Regel der folgende idealtypische elektronische Wertschöpfungsprozess, als
sog. Informationsdreisprung für die Digitale Wirtschaft unterstellt werden (Kollmann
1998b):

„ Im ersten Schritt steht die Informationsgewinnung, bei der es darum geht, relevante
Daten als Informationsinput für die weitere Wertschöpfung zu sammeln. Im Ergebnis
steht der Aufbau eines nutzbaren Datenbestandes. Dieser Wertschöpfungsschritt kann
auch als Informationssammlung bezeichnet werden (s. Abb. 25). Ziel dieser Infor-
mationssammlung ist eine Effektivitätssteigerung: Die einfache, schnelle und umfas-
sende Gewinnung von Informationen über die Ansprüche bzw. Vorstellungen der po-
tenziellen Kunden soll die Basis für die Realisierung eines auf die individuellen Wün-
sche zugeschnittenen Leistungsangebotes sein (s. Kapitel 1.3.3, Kapitel 1.3.4). Kun-
deninformationen können aktiv in die Produktgestaltung einfließen.

„ Im zweiten Schritt steht die Informationsbearbeitung, bei der es um die Umwandlung


des Datenbestandes in ein Informationsprodukt für den Kunden geht. Dieser Wert-
schöpfungsschritt kann dementsprechend auch als Informationsverarbeitung be-
Die Informationsökonomie als Ausgangspunkt für die Digitale Wirtschaft 63

zeichnet werden (s. Abb. 25). Ziel dieser Informationsverarbeitung ist insbesondere
eine Effizienzsteigerung: Die einfache, schnelle und umfassende Verarbeitung von
Informationen kann unternehmensinterne Prozesse verbessern und kostengünstiger
gestalten (s. Kapitel 1.1.4).

„ Im dritten Schritt steht der Informationstransfer, bei dem es um die Umsetzung des neu
erlangten oder bestätigten Wissens über die gesammelten, gespeicherten, verarbeiteten
und ausgewerteten Daten gegenüber dem Kunden geht. Im Resultat steht ein wertschaf-
fender Informationsoutput. Dieser Wertschöpfungsschritt kann auch als Informa-
tionsübertragung bezeichnet werden (s. Abb. 25). Ziel dieser Informationsüberar-
beitung ist insbesondere eine Effektivitätssteigerung: Die einfache, schnelle und um-
fassende Übertragung von Informationen kann zu einer verbesserten Wahrnehmung
der Vorteilhaftigkeit eines Angebotes führen. Die relevanten und individuell benötig-
ten Informationen werden dabei vom Empfänger selektiert und aktiv ausgewertet (s.
Kapitel 1.3.3 und 1.3.4).

Wichtig bei dieser Betrachtung ist die Erkenntnis, dass ein einmaliger Durchlauf durch
diesen idealtypischen elektronischen Wertschöpfungsprozess alleine nicht ausreicht, son-
dern der Durchlauf durch Informationsgewinnung, -verarbeitung und -übertragung viel-
mehr permanent notwendig ist. Dies gilt umso mehr, als die Daten, aus denen Informatio-
nen gewonnen werden, Veränderungen unterliegen. Insofern muss deren Aktualität stetig
überprüft werden. Einige Beispiele für den elektronischen Wertschöpfungsprozess in der
Digitalen Wirtschaft bietet vor diesem Hintergrund die Abb. 26.

Informations- Informations- Informations-


Mehrwert
sammlung verarbeitung übertragung

Daten zu Webseiten Abstimmung von Liste mit passenden


Überblick,
google.com und Suchanfragen Suchwörtern und Webseiten
Auswahl
(=Input) Webinhalten (=Output)
Daten zu Produkten, Vergabe von Punkteinformationen,
miles-and- Kunden und Bonuspunkten für Eintauschoptionen, Abwicklung,
more.com Webangeboten die Nutzung von Kundeninformationen Kooperation
(=Input) Webangeboten (=Output)
Liste mit passenden
Daten zu Reifen Angeboten und deren Überblick,
Abstimmung von
delticom.de und Kundenanfragen Online- Auswahl
Anfrage und Angebot
(=Input) Bestellmöglichkeit Abwicklung
(=Output)

Daten zu Strukturierung Produktinformationen,


Überblick,
Produktpreisen von Produktpreisen, Preisinformationen,
guenstiger.de Auswahl,
und Kundenanfragen Abstimmung von Kundeninformationen
Vermittlung
(=Input) Anfrage und Angebot (=Output)
Abstimmung von
Daten zu Reisezielen, Reiseangebote, Überblick,
Anfrage und Angebot,
Buchungsmöglichkeiten Zielortinformationen, Auswahl
travelchannel.de Strukturierung von
und Reiseberichten Reiseberichte Abwicklung
Reiseangeboten und
(=Input) (=Output) Austausch
Reiseberichten

Abb. 26: Beispiele elektronischer Wertschöpfungsprozesse der Digitalen Wirtschaft


64 Die Grundlagen des E-Business

1.5 Der Informationswettbewerb als Ergebnis


für die Digitale Wirtschaft
Die wachsende Bedeutung der Informationstechnologie (s. Kapitel 1.2) und der Ausbau
von elektronischen Datennetzen führte zu einer neuen wirtschaftlichen Dimension der
Informationsnutzung und damit zum Informationswettbewerb, der auch als Netzwerk-
oder Informationsökonomie bzw. Digitale Wirtschaft bezeichnet werden kann (s. Kapitel
1.4). Es ist dies insbesondere der Bereich der elektronischen Geschäftsprozesse auf digi-
talen Datenwegen (Kollmann 2001b, S. 11 f.). Die Besonderheiten dieser elektronischen
Geschäftsprozesse liegen vor dem Hintergrund der bisherigen Ausführungen in den fol-
genden Bereichen (Kollmann 1998b, S. 45):

„ Produktangebot: Produkte und Dienstleistungen können über Informationstechno-


logien (Internet/Mobilfunk/ITV) rund um die Uhr, an sieben Tagen pro Woche und
ganzjährig virtuell angeboten bzw. verkauft werden.

„ Informationsangebot: Die Darstellung von digitalen Informationen zu den Produk-


ten, Dienstleistungen und dem Unternehmen kann mit Hilfe von multimedialen Bau-
steinen und unter den Bedingungen des virtuellen Kontaktes einfach, schnell und
umfassend erfolgen.

„ Informationsnachfrage: Der an den Produkten, Dienstleistungen oder Unternehmen


interessierte Nachfrager kann aufgrund interaktiver Kommunikationsmöglichkeiten
die benötigten Informationen einfacher, schneller, umfassender und insbesondere aktiv
abrufen.

„ Informationsaustausch: Der Kontakt mit dem an den Produkten, Dienstleistungen


oder Unternehmen interessierten Nachfrager kann direkter und individueller gestaltet
werden.

„ Informationsverarbeitung: Unternehmen haben mit Hilfe der elektronischen Infor-


mationsverarbeitung die Möglichkeit, eine enorme Menge an relevanten Kunden- und
Prozessdaten einfacher, schneller und umfassender zu verarbeiten und die Ergebnisse
direkt in den Kundenkontakt mit einfließen zu lassen.

Die zugehörigen wirtschaftlichen Möglichkeiten werden in diesem Zusammenhang auch


als „Electronic Business“ bzw. E-Business bezeichnet. Für eine genauere Definition des
Begriffes kann sowohl eine eher theoretische, als auch eine praxisorientierte Sichtweise
herangeführt werden (Kollmann 2001b, S. 64 ff.):
Der Informationswettbewerb als Ergebnis für die Digitale Wirtschaft 65

E-Business ist die Nutzung der Informationstechnologien für die Vorbereitung (Infor-
mationsphase), Verhandlung (Kommunikationsphase) und Durchführung (Transakti-
onsphase) von Geschäftsprozessen zwischen ökonomischen Partnern über innovative
Kommunikationsnetzwerke (theoretische Sichtweise).

E-Business ist die Nutzung von innovativen Informationstechnologien, um über den


virtuellen Kontakt etwas zu verkaufen, Informationen anzubieten bzw. auszutauschen,
dem Kunden eine umfassende Betreuung zu bieten und einen individuellen Kontakt
mit den Marktteilnehmern zu ermöglichen (praxisorientierte Sichtweise).

Für beide Sichtweisen gilt, dass die notwendigen Bausteine Information, Kommunikation
und Transaktion zwischen den beteiligten ökonomischen Partnern über digitale Netzwerke
transferiert bzw. abgewickelt werden (Kollmann 2002a, S. 883). Ferner ist beiden Defini-
tionen gemein, dass Information als zentraler Wettbewerbsfaktor angesehen werden kann,
die Bedingungen der elektronischen Handelsebene (Informationsökonomie) Beachtung
finden und damit insbesondere die Nutzung von Informationen zum speziellen Fokus
des Managements wird.

1.5.1 Die Plattformen der Digitalen Wirtschaft

Als Basis für die Abwicklung elektronischer Geschäftsprozesse haben sich in der Praxis
drei zentrale Plattformen gebildet, die den Austausch aller drei Bausteine (Information,
Kommunikation und Transaktion) zum Inhalt haben und damit zum engeren Kreis des
E-Business gezählt werden können. Mit den zugehörigen Stoßrichtungen Einkauf, Ver-
kauf und Handel adressieren sie die zentralen Betätigungsfelder einer Unternehmung
bzw. eines Marktes:

„ Das E-Procurement ermöglicht den elektronischen Einkauf von Produkten bzw.


Dienstleistungen durch ein Unternehmen über digitale Netzwerke. Damit erfolgt
eine Integration von innovativen Informations- und Kommunikationstechnologien
zur Unterstützung bzw. Abwicklung von operativen und strategischen Aufgaben im
Beschaffungsbereich.

„ Ein E-Shop ermöglicht den elektronischen Verkauf von Produkten bzw. Dienstleis-
tungen durch ein Unternehmen über digitale Netzwerke. Damit erfolgt eine Integra-
tion von innovativen Informations- und Kommunikationstechnologien zur Unterstüt-
zung bzw. Abwicklung von operativen und strategischen Aufgaben im Absatzbereich.

„ Ein E-Marketplace ermöglicht den elektronischen Handel mit Produkten bzw.


Dienstleistungen über digitale Netzwerke. Damit erfolgt eine Integration von innova-
tiven Informations- und Kommunikationstechnologien zur Unterstützung bzw. Ab-
wicklung einer Zusammenführung von Angebot und Nachfrage.
66 Die Grundlagen des E-Business

Allerdings muss festgestellt werden, dass diese Bezeichnungen nicht überschneidungsfrei


sind. So kann z. B. der elektronische Einkauf durchaus als Marktplatzlösung angeboten
werden. Daneben existieren aber auch noch zwei weitere Plattformen, welche ebenfalls
dem erweiterten Kreis des E-Business zugerechnet werden können, die jedoch nicht alle
drei Bausteine in gleicher Weise betonen, sondern sich insbesondere auf Information und
Kommunikation konzentrieren. Allerdings bezieht sich insbesondere die Kommunikation
bei diesen Plattformen zunehmend direkt oder indirekt auf wirtschaftliche und damit trans-
aktionsrelevante Inhalte. Dies ist z. B. dann der Fall, wenn im Rahmen der Kommunika-
tion durch die Nutzer verschiedene Produkte besprochen und bewertet werden und der an-
schließende Kauf in einem E-Shop dadurch beeinflusst wird. Auch bei der Vernetzung
von Unternehmen geht es neben dem Informationsaustausch zunehmend um transakti-
onsrelevante Ergebnisse im Rahmen gemeinsamer Produktentwicklungen, die in der
Folge dann gemeinsam dem Markt angeboten werden. Mit den zugehörigen Stoßrichtun-
gen Kontakt und Kooperation begleiten die beiden Plattformen also zunehmend die
Transaktionsentscheidung, wodurch sie im Rahmen des E-Business ebenfalls behandelt
werden sollten:

„ Eine E-Community ermöglicht den elektronischen Kontakt zwischen Personen bzw.


Institutionen über digitale Netzwerke. Damit erfolgt eine Integration von innovativen
Informations- und Kommunikationstechnologien sowohl zur Unterstützung des Da-
ten- bzw. Wissensaustausches als auch der Vorbereitung transaktionsrelevanter Ent-
scheidungen.

„ Eine E-Company ermöglicht die elektronische Kooperation zwischen Unternehmen


über digitale Netzwerke. Damit erfolgt eine Integration von innovativen Informations-
und Kommunikationstechnologien zur Verknüpfung von einzelnen Unternehmens-
leistungen im Hinblick auf die Bildung eines virtuellen Unternehmens mit einem zu-
sammengesetzten Transaktionsangebot.

Die anhaltend rasante technologische Entwicklung in der Digitalen Wirtschaft geht dabei
zwangsläufig mit vielfältigen Möglichkeiten einher, innovative Geschäftskonzepte auf Ba-
sis elektronischer Informations- und Kommunikationsnetze zu entwickeln und diese nicht
nur im Rahmen von bereits vorhandenen Unternehmen einzusetzen, sondern auch gänzlich
neue Unternehmen (Startups) zu gründen. Unter der Unternehmensgründung wird dabei
allgemein die Schaffung einer selbständigen und originären rechtlichen Wirtschaftseinheit
verstanden, innerhalb der die selbständigen Gründerpersonen mit einem spezifischen An-
gebot (Produkt bzw. Dienstleistung) einen fremden Bedarf decken möchten (Kollmann
2019). Bezogen auf das E-Business würde der übergeordnete Begriff „E-Entrepreneu-
rship“ somit die Gründung von jungen Unternehmen in der Digitalen Wirtschaft auf Basis
elektronischer Geschäftsprozesse beschreiben (Kollmann 2019; Kollmann/Kuckertz/Stöck-
mann 2010).
Der Informationswettbewerb als Ergebnis für die Digitale Wirtschaft 67

1.5.2 Die Geschäftsmodelle der Digitalen Wirtschaft

Das E-„Business“ ist unmittelbar mit der Frage nach der Geschäftsgenerierung und damit
nach verschiedenen Geschäftsmodellen verbunden. Die Antwort auf eine diesbezüglich
erste Frage „Wo sollen die Einnahmen im E-Business generiert werden?“ ist insbesondere
über eine Analyse der handelnden Akteure in den einzelnen Geschäftsbereichen zu beant-
worten. Danach folgen die Überlegungen zu den verschiedenen Geschäftskonzepten, den
einzelnen Erlösmodellen und der spezifischen Erlössystematik.
Geschäftsbereiche
Dabei kann im E-Business im Grunde zunächst eine grobe Unterscheidung in Anbieter und
Empfänger der elektronisch basierten Leistungen erfolgen. Entsprechend findet man als
mögliche Anbieter bzw. Empfänger hauptsächlich Unternehmen (Business), öffentliche
Institutionen (Government) und private Konsumenten (Consumer). In Kombination dieser
drei Gruppen ergeben sich die typischen Geschäftsbereiche für das E-Business (s. Abb.
27):

„ Der Leistungsaustausch zwischen Business-to-Consumer (B2C) impliziert den On-


line-Handel zwischen Unternehmen und Kunden. Charakteristisch für diese Transak-
tionsbeziehung ist die Geschäftsanbahnung, -vereinbarung und die Zahlungsabwick-
lung. Die Beziehung ist dabei geprägt durch die Kurzfristigkeit des Marktkontaktes
und die relativ kleinen bis mittleren Transaktionsbeträge (Merz 2002, S. 22 ff.). Im
Vordergrund des Kaufprozesses steht die Auswahl des Produkts, die Bestellung und
Bezahlung. Klassisches Beispiel ist amazon.de. Als Plattformen im B2C-Bereich kom-
men hauptsächlich E-Shop und E-Marketplace zum Tragen (s. Kapitel 1.5.1).

„ Die Leistungsbeziehung zwischen Unternehmen, Business-to-Business (B2B) ist im


Gegensatz zu B2C von einer längerfristigen Geschäftsbeziehung und komplexeren
Wertschöpfungsstrukturen geprägt. Es handelt sich dabei nicht unbedingt nur um ein-
zelne Unternehmen, die miteinander interagieren, sondern auch um Unternehmens-
gruppen (z. B. Autohändler oder Werkstätten-Verbünde). Ziel ist es, dass Unterneh-
men mittels Informations- und Kommunikationstechnologien miteinander Geschäfte
abwickeln. Die Ausprägungen von B2B im Sinne von Handel, Kommunikation,
Transport sind in der Praxis vielfältig und treten bspw. in Form einer internetba-
sierten Beschaffungsplattform auf. Ein Beispiel stellt hierbei supplyon.de dar. Als
Plattformen im B2B-Bereich kommen hauptsächlich E-Company, E-Procurement
und E-Marketplace zum Tragen (s. Kapitel 1.5.1).

„ Der Bereich Government-to-Business (G2B) bezieht sich überwiegend auf Trans-


aktionen im Bereich der öffentlichen Beschaffung und kommt insbesondere bei for-
malisierten Ausschreibungsverfahren zum Einsatz. Mit der Unterstützung der Infor-
mationstechnologie erlangen diese einen höheren Grad an Transparenz und Effizienz
(Merz 2002, S. 22). Wenn Staaten oder öffentliche Institutionen und Ämter, wie etwa
68 Die Grundlagen des E-Business

Zollämter über das Internet kommunizieren (E-Community), so dient der Govern-


ment-to-Government (G2G)-Leistungsaustausch in erster Linie der Unterstützung
von Unternehmen beim Handel (Merz 2002, S. 29). Bestrebungen im Hinblick auf E-
Government sind häufig auch unter dem Stichwort „virtuelles Rathaus“ zu finden. Dies
beinhaltet E-Services für den Bürger wie z. B. die Bereitstellung von Informationen,
Formularen und die Abwicklung der Kfz-Anmeldung. Aber auch die An- und Um-
meldung des Wohnsitzes und Wahlen sollen in Zukunft Online erfolgen. Die Bunde-
sagentur für Arbeit ist ferner eine öffentliche Institution, die im Government-to-
Consumer (G2C)-Bereich Leistungen wie etwa Vermittlungsbörsen, aber auch aus-
führliche Informationen zum Arbeitnehmerrecht, zur Greencard-Initiative und ande-
rem anbietet (Kollmann/Kayser 2010; Kollmann/Kayser/Stöckmann 2012; Wirtz
2018). Als Plattformen im G2X-Bereich kommen hauptsächlich E-Shop, E-Market-
place und E-Procurement zum Tragen (s. Kapitel 1.5.1).

Information, Kommunikation,
Transaktion zwischen
Behörden

G2G

Behörden

Information,
Kommunikation,
G2B Transaktion zwischen G2C
Behörden, Unternehmen
Information, Kommunikation, bzw. Konsumenten Information, Kommunikation,
Transaktion zwischen Transaktion zwischen
Unternehmen Konsumenten

B2B Unternehmen Konsument C2C


B2C
Information, Kommunikation,
Transaktion zwischen
Unternehmen und Konsumenten

Abb. 27: Die elektronischen Geschäftsbereiche in der Digitalen Wirtschaft


Quelle: in Anlehnung an Merz 2002, S. 24.

„ Der Bereich Consumer-to-Consumer (C2C) bezeichnet einen Bereich, wo es um


die Organisation des Produkt- bzw. Informationsaustausches zwischen Privatperso-
nen geht. Prominentes Beispiel für diesen Bereich sind Handelsbörsen im Internet
wie ebay.de, bei denen Privatpersonen als Anbieter und Empfänger einer Leistung fun-
gieren können. Dieses Verhältnis wird häufig auch als Peer-to-Peer (P2P) bezeichnet,
da sog. Peers (Gleichberechtigte) in einem Verbund gegenseitig Ressourcen (z. B.
Informationen) austauschen können (Schoder/Fischbach 2002, S. 101). Die bekann-
testen P2P-Technologien finden speziell im Instant Messaging (z. B. WhatsApp),
Der Informationswettbewerb als Ergebnis für die Digitale Wirtschaft 69

File Sharing (im Sinne von einer Musiktauschbörse) und Web Services (im Sinne
von web.de) Anwendung (Oram 2001). Als Plattform kommen hauptsächlich E-Com-
munity und E-Marketplace zum Tragen (s. Kapitel 1.5.1). Ein aktueller Trend im C2C
ist auch die Entwicklung zur sog. Sharing Economy. Dieser ursprünglich durch
Weitzman (1984) geprägte Begriff beschreibt einen Wohlfahrtsgewinn durch das kol-
lektive Teilen unter allen Marktteilnehmern. Im Internet bezieht sich der Begriff ins-
besondere auf das Teilen von Wissen und Informationen, beschreibt jedoch auch Ap-
plikationen, die es den Marktteilnehmern ermöglichen, Ressourcen wie z. B. Essen
oder Wohnraum miteinander zu teilen.

Prinzipiell gilt, dass die Rollen der Akteure in der Digitalen Wirtschaft nicht hundert-
prozentig fix sind. Das bedeutet, dass sich in Anhängigkeit vom Markt die Rollen wieder
verändern und umkehren können (Wirtz 2018, S. 25 f.). Klassisches Beispiel ist der Kon-
sument, der ab einem bestimmten Zeitpunkt auf ebay.com zum Profianbieter (Powersel-
ler) wird und damit eher die Rolle eines Unternehmers einnimmt. Auch kann es vorkom-
men, dass ein Marktplatz wie z. B. autoscout24.de sowohl den Handel zwischen Unter-
nehmen und Privatpersonen (B2C) als auch den Handel unter Privatpersonen (C2C) orga-
nisiert und damit eine Mischform bei der Wahl des Geschäftsbereiches präferiert.
Geschäftskonzepte
Die Antwort auf die nachfolgende Frage „Wie können Einnahmen im E-Business generiert
werden?“ ist direkt über eine Analyse des elektronischen Geschäftskonzeptes zu beantwor-
ten. Dieses Geschäftskonzept beschreibt dabei den Austausch einer angebotenen Leistung
(Produkt oder Service) zwischen bestimmten Geschäftspartnern hinsichtlich des Inhalts
und der dafür zum Tragen kommenden Vergütung. Dabei können für das E-Business fünf
typische Geschäftskonzepte identifiziert werden: Content, Commerce, Context, Connec-
tion und Communication (Wirtz 2003, S. 106 ff.; Rayport/Jaworski 2002, S. 184 ff.).
Das Geschäftskonzept „Content“ (s. Abb. 28) beinhaltet die Sammlung, Selektion, Sys-
tematisierung, Kompilierung (Packing) und Bereitstellung von Inhalten auf einer eigenen
Plattform innerhalb eines Netzwerkes. Dabei zielt dieses Geschäftskonzept auf die einfa-
che, bequeme, visuell ansprechend aufbereitete und online zugängliche Präsentation und
Handhabung der Inhalte für den Nutzer. Varianten dieses Geschäftskonzepts sind im Hin-
blick auf E-Information, E-Entertainment und E-Education zu sehen und verfügen dement-
sprechend über informierende, unterhaltende oder bildende Inhalte. Die Erlöse werden bei
diesem Konzepttyp entweder über direkte (z. B. Verkauf von Premiuminhalten) oder in-
direkte (z. B. Werbung bei Inhaltspräsentation) Erlösmodelle erzielt. Ein Beispiel für ein
direktes Modell wäre genios.de, bei der Inhalte über eine Datenbank nur gegen eine Nut-
zungsgebühr zu erhalten sind. Dagegen sind die Beiträge auf der Plattform manager-ma-
gazin.de bis auf Premiumartikel grundsätzlich kostenlos, wobei die Einnahmen indirekt
über Werbeeinblendungen generiert werden (z. B. Banner).
70 Die Grundlagen des E-Business

Das Geschäftskonzept „Commerce“ (s. Abb. 28) umfasst die Anbahnung, Aushandlung
bzw. Abwicklung von Geschäftstransaktionen über Netzwerke. Die traditionellen Trans-
aktionsphasen werden somit elektronisch unterstützt, ergänzt oder substituiert. Dieses Ge-
schäftskonzept zielt dabei auf die einfache, bequeme und schnelle Abwicklung von Kauf-
bzw. Verkaufsprozessen ab. Die Erlöse werden bei diesem Konzepttyp wiederum über
direkte (z. B. Verkauf von Produkten und Dienstleistungen) oder aber indirekte (z. B. Wer-
bung) Erlösmodelle erzielt. Ein Beispiel ist das Reiseunternehmen expedia.de, das einen
Großteil seines Reiseangebots direkt von den Anbietern erwirbt und anschließend Hotel-
zimmer und Flugtickets über seine Webseite an Endkunden direkt weiterverkauft – und
zwar zu einem Preis, den das Unternehmen nach Angebot und Nachfrage selbst kalkuliert
(Hirn/Rickens 2003, S. 77 f.).

Content Commerce Context Connection Communication

Sammlung, Selektion, Anbahnung, Klassifikation, Herstellung der


Repräsentation des
Systematisierung, Kompi- Aushandlung und/oder Systematisierung und Möglichkeit eines
Grades der formalen
Definition lierung und Bereitstellung Abwicklung von Zusammenführung
Verknüpfungen in
Informations-
von Inhalten über Geschäftstransaktionen verfügbarer Infor- austausches in
Netzwerken
Netzwerke über Netzwerke mationen in Netzwerken Netzwerken

Komplexitätsreduktion Schaffung von


Bereitstellung von Ergänzung bzw. Sub- Schaffung von
und Bereitstellung von technologischen oder
konsumentenorientierten, stitution traditioneller kommunikativen
Ziel personalisierten Inhalten Transaktionsphasen
Navigationshilfen und kommerziellen
Verbindungen in
Matchingfunktionen Verbindungen in
über Netzwerke über Netzwerke Netzwerken
über Netzwerke Netzwerken

Direkte (Objektaufnahme/
Direkte (Premiuminhalte) Transaktionsabhängige, Direkte (Inhalts- Direkte (Verbindungs-
Verbindungsgebühr) oder
Erlösmodell und indirekte direkte und indirekte aufnahme) und indirekte
Indirekte Erlösmodelle
gebühr) und indirekte
Erlösmodelle (Werbung) Erlösmodelle (Werbung) Erlösmodelle (Werbung) Erlösmodelle (Werbung)
(Werbung)

E-Community,
E-Shop, E-Shop, E-Marketplace,
E-Community, E-Shop,
Plattformen E-Community, E-Procurement,
E-Marketplace
E-Company,
E-Marketplace,
E-Company E-Marketplace E-Community
E-Company

sueddeutsche.de, mytoys.com, yahoo.de, autoscout24.de, ebay.com,


Beispiele manager-magazin.de, amazon.com, google.de, travelchannel.de, facebook.com,
guenstiger.de expedia.de ciao.com t-online.de elitepartner.de

Überblick,
Überblick, Überblick, Überblick,
Überblick, Auswahl,
Auswahl, Auswahl, Auswahl,
Mehrwert Kooperation,
Auswahl,
Vermittlung,
Vermittlung,
Vermittlung,
Abwicklung Abwicklung,
Abwicklung Austausch Austausch
Austausch

Abb. 28: Die elektronischen Geschäftskonzepte der Digitalen Wirtschaft


Quelle: in Anlehnung an Kollmann 2019.

Das Geschäftskonzept „Context“ (s. Abb. 28) zeichnet sich durch die Klassifizierung,
Systematisierung und Zusammenführung von verfügbaren Informationen und Leistungen
in Netzwerken aus. Hierdurch wird das Ziel verfolgt, eine Verbesserung der Markttranspa-
renz (Komplexitätsreduktion) und Orientierung (Navigation) für den Nutzer zu erreichen.
Die Erlöse werden bei diesem Konzepttyp entweder über ein direktes (z. B. Gebühr für
Der Informationswettbewerb als Ergebnis für die Digitale Wirtschaft 71

die Aufnahme oder Platzierung von Inhalten) oder indirektes Modell (z. B. Werbung, Sta-
tistiken, Inhalte) generiert. Als Beispiel können hier in erster Linie die Suchmaschinen,
wie bspw. google.de (Röhle 2010) und lycos.de oder die Web-Kataloge, wie web.de ge-
nannt werden. Während Suchmaschinen die Netzinhalte quasi automatisch suchen und ka-
talogisieren, beinhalten Web-Kataloge qualitative Bewertungen von Webseiten und werden
von Redakteuren eigenhändig erstellt (Fritz 2004, S. 53).
Bei dem Geschäftskonzept „Connection“ (s. Abb. 28) wird die Interaktion von Akteuren
in Datennetzen ermöglicht bzw. organisiert. Dieser Zusammenschluss kann auf kommer-
zieller aber auch technologischer Ebene erfolgen. Als Erlösmodell kommen erneut direkte
(z. B. für die Objektaufnahme/-anbindung oder Verbindungsgebühren) oder indirekte
(z. B. Werbung, Statistiken, Cross-Selling) Modelle zum Einsatz. Als Beispiel für eine
technologische Zusammenführung kann t-online.de genannt werden, die einen generellen
Zugang zum Internet anbieten und somit gegen eine Verbindungsgebühr die „Connec-
tion“ ermöglichen. Als ergänzendes Beispiel für eine kommerzielle Zusammenführung
kann autoscout24.de genannt werden, die Autohändler zum Zwecke des Gebrauchtwagen-
verkaufs mit einer Datenbankanbindung auf einen E-Marketplace bringen.

Content Commerce Context Connection Communication

autoscout24.de

reifendirekt.de

expedia.de

yahoo.de

ciao.de

Abb. 29: Beispiele für Mischformen der Geschäftskonzepte der Digitalen Wirtschaft
Quelle: in Anlehnung an Wirtz 2018, S. 309.

Bei dem Geschäftskonzept „Communication“ (s. Abb. 28) wird die Interaktion von Ak-
teuren in Netzwerken ermöglicht bzw. unterstützt. Dies schließt sowohl die Kommunika-
tion zwischen Nutzern einer Seite untereinander als auch die Kommunikation von Nutzern
72 Die Grundlagen des E-Business

mit einer Plattform und umgekehrt ein. Die Erlöse werden bei diesem Geschäftskonzept
entweder über ein direktes (z. B. Verbindungsgebühr) oder ein indirektes Modell (z. B.
Werbung) generiert. Im Hinblick auf die Werbung wird dabei insbesondere auf die vor-
handenen Kommunikations- und Nutzerprofile zurückgegriffen. Als Beispiel können hier
in erster Linie E-Communities (social networks), wie facebook.com oder elitepartner.de,
bzw. Informationsangebote, wie durch E-Mail-Benachrichtigungen auf ebay.com reali-
siert, genannt werden.
Waren die Geschäftskonzepte Content, Commerce, Context, Connection und Communica-
tion zu Beginn des E-Business noch vorwiegend in der „Reinform“ vorzufinden, so können
heute fast nur noch Mischkonzepte (sog. hybriden Geschäftskonzepte) im Netz beo-
bachtet werden (s. Abb. 29). Dieser Entwicklungsprozess nimmt vor allem durch Adaption,
Kombination und Aggregation der obenstehenden Typen weiter zu. Die Gründe für die
Veränderungen liegen vor allem in den strategischen Veränderungen von Konzepten durch
die Zielsetzung von Verbundeffekten, multiple Kundenbindung, Preisbündelung und Di-
versifikation sowie Expansion der Erlösquellen (Wirtz 2003, S. 106 ff.).
Erlösmodell
Die Erlöse im E-Business ergeben sich primär aus der direkt angebotenen elektronischen
Kernleistung (Kollmann 2019). Somit stellt die Kernleistung gerade den elektronischen
Mehrwert (s. Kapitel 1.4.1), eventuell im Zusammenhang mit einem realen Produkt oder
Dienstleistung dar, für den das Geschäftsmodell ursprünglich entwickelt worden ist und
welches zu direkten Einnahmen (s. Abb. 30) führt. Daneben existieren aber auch indirekte
Einnahmequellen (s. Abb. 30), die sich aus dem Angebot der Kernleistung ableiten. Dabei
werden über die Kernleistung Informationen generiert, die für Dritte von Interesse sein
könnten. Voraussetzung dafür ist, dass diese sog. Nebenleistungen wiederum einen elek-
tronischen Mehrwert für den Abnehmer darstellen (Kollmann 2019). Der Abnehmerkreis
für diese Nebenleistungen kann sich dabei von dem der Hauptleistung durchaus unter-
scheiden. Entsprechend ergeben sich vor diesem Hintergrund für die Produktstrategie
drei Varianten:

„ Singular-Prinzip: Hier steht die bezahlte Kernleistung im Mittelpunkt (z. B. Verkauf


über E-Shop) und eine Nebenleistung ist nicht vorhanden bzw. wird bewusst nicht
erzeugt und/oder genutzt. Das bedeutet, dass die im elektronischen Wertschöpfungs-
prozess produzierten Informationen (Informationsverarbeitung; s. Kapitel 1.4.3) über
die Erstellung der Kernleistung hinaus nicht wirtschaftlich genutzt werden. Typisches
Beispiel ist der E-Shop.

„ Plural-Prinzip: Hier steht sowohl die bezahlte Kernleistung (z. B. Vermittlungsleis-


tung auf einem E-Marketplace) als auch die vermarktbare Nebenleistung (z. B. Ver-
kauf von Marktdaten/-statistiken) im Mittelpunkt. Das bedeutet, dass die im elektro-
nischen Wertschöpfungsprozess produzierten Informationen (Informationsverarbei-
tung; s. Kapitel 1.4.3) auch über die Erstellung der Kernleistung hinaus wirtschaftlich
genutzt werden. Typisches Beispiel ist der E-Marketplace.
Der Informationswettbewerb als Ergebnis für die Digitale Wirtschaft 73

„ Symbiose-Prinzip: Hier steht, wie schon beim Plural-Prinzip, sowohl die Kern- als
auch die Nebenleistung im Mittelpunkt. Allerdings wird die Kernleistung kostenlos
angeboten (z. B. Teilnahme an E-Community), um die Informationen für die Neben-
leistung (z. B. personalisierte Werbung) überhaupt zu erhalten. Das bedeutet, dass die
im elektronischen Wertschöpfungsprozess produzierten Informationen (Informations-
verarbeitung; s. Kapitel 1.4.3) nur über die Nebenleistung wirtschaftlich genutzt wer-
den. Die Kernleistung ist Mittel zum Zweck, wobei diese ohne die Einnahmen aus der
Nebenleistung nicht aufrechterhalten werden kann und umgekehrt die Nebenleistung
ohne die Kernleistung gar nicht existieren würde (Symbiose). Ein typisches Beispiel
ist die E-Community.

Für jede elektronische Plattform lassen sich Nebenleistungen identifizieren. Abb. 30


gibt exemplarisch einen Überblick. Ein E-Shop (z. B. ein Internetverkauf für Spielsachen)
sammelt bei jeder Transaktion Kundendaten, die dann sowohl individuell (in Form von
Einzelauswertungen) als auch die gesamte Kundendatenbank umfassend ausgewertet
werden können. Dadurch entstehen neue Informationen, wie z. B. Kaufhistorien oder
Trendentwicklungen, die ihrerseits den Herstellern oder anderen Marktsegmenten angebo-
ten werden können (z. B. Holzspielsachen sind wieder gefragt). Das indirekte (sekundäre)
Leistungsangebot (z. B. Marktinformationen als Nebenleistung) im E-Business besitzt da-
bei einen eigenständigen Mehrwert, der jedoch ohne die direkte Leistungserbringung (z. B.
die Bereitstellung einer E-Community als Kernleistung) nicht geschaffen werden könnte.
In der gleichen Systematik sind für die anderen Plattformen die Leistungsunterschiede zu
verstehen.

Kernleistung Nebenleistung
(direkt) (indirekt)

E-Shop Spielsachen Trendinformationen

E-Marketplace Autohandel Versicherungen

E-Community Kommunikation Werbefläche

E-Procurement Bürobedarf Kundendaten

Abb. 30: Beispiele für Kern- und Nebenleistungen in der Digitalen Wirtschaft

Erlössystematik
Im E-Business lassen sich, unabhängig ob es sich um eine Kern- oder eine Nebenleistung
handelt, drei idealtypische Erlössystematiken identifizieren (Kollmann 2019). Die kon-
krete Ausgestaltung ist dabei abhängig von der elektronischen Plattform (s. Kapitel 1.5.1)
und dem eigentlichen Leistungsgegenstand (Kollmann 2019; Skiera/Spann 2002, S. 691 ff.;
Wirtz 2018):
74 Die Grundlagen des E-Business

„ Margenmodell: Diese Form findet meistens Anwendung, wenn eine eigene Leistung
direkt an den Kunden verkauft wird. Die für die Leistungserstellung entstehenden Kos-
ten werden errechnet und um eine Gewinnmarge erweitert. Der daraus entstehende
Betrag repräsentiert den Preis, den es für das elektronische „Produkt“ zu zahlen gilt.
Die Gewinnmarge ist dabei so zu wählen, dass neben den variablen Kosten auch die
Fixkosten gewinnbringend gedeckt werden. Typisches Beispiel ist ein E-Shop.

„ Provisionsmodell: Werden über die elektronische Plattform insbesondere Fremdleis-


tungen an den Kunden vermittelt, erfolgt für die Leistungsvermittlung eine erfolgs-
abhängige Provisionszahlung. Gerade bei den Affiliate-Programmen (s. Kapitel
3.4.1.5) wird diese Form der transaktionsabhängigen Vergütung sehr häufig einge-
setzt. Typisches Beispiel ist ein E-Marketplace.

„ Grundgebührmodell: Bei dem Angebot von transaktionsunabhängigen elektroni-


schen Leistungen wird in der Regel ein Entgelt in Form einer Gebühr erhoben (z. B.
Zugangsgebühr, Bereitstellungsgebühr oder Aufnahmegebühr). Sie kann als einzige
Erlösform verwendet werden oder in Kombination mit transaktionsabhängigen Leis-
tungen. Typische Beispiele sind eine E-Community oder ein E-Marketplace. Aber
auch neuere E-Geschäftsmodelle wie z. B. das Abo-Commerce-Modell (monatliche
Gebühr für regelmäßige Lieferung) beim E-Shop greifen auf diesen Ansatz zurück.

Die Umsetzung der jeweiligen Erlössystematik wird nicht immer in ihrer Reinform erfol-
gen. Vielmehr sind im E-Business häufig Mischformen anzutreffen, die sich nach preis-
politischen und wettbewerbspolitischen Gesichtspunkten ergeben. An dieser Stelle sei da-
rauf hingewiesen, dass die dargestellten Erlössystematiken analog für wirtschaftliche An-
gebote im mobilen Bereich gelten können.

1.5.3 Das Akzeptanzmodell der Digitalen Wirtschaft

Bei der Vermarktung der Informationstechnologien (s. Kapitel 1.2) und den zugehörigen
Plattformen der Digitalen Wirtschaft (s. Kapitel 1.5.1) kann im Hinblick auf deren Ak-
zeptanz ein entscheidender Unterschied gegenüber den meisten Angeboten in der Real-
wirtschaft beobachtet werden: Der Markterfolg wird nicht allein von dem Verkauf eines
Objektes bzw. dem Anschluss von Teilnehmern an eine Plattform, sondern primär durch
die Art und Weise der Nutzung durch die Nachfrager bestimmt (Kollmann 1998a). Erst
mit dem permanenten Einsatz einer E-Plattform (s. Kapitel 1.5.1) auf der Nachfrager- bzw.
Verwenderseite ergibt sich ein vom Anbieter beabsichtigtes ökonomisches Gewinnpoten-
zial. Der Grund ist darin zu sehen, dass gerade die variablen Nutzungskosten bzw. Nut-
zungseinnahmen oftmals den Großteil der Erlöse eines E-Angebotes bestimmen. Diese
Überlegung soll vor diesem Hintergrund anhand von drei Beispielen für Akzeptanz ver-
deutlicht werden:
Der Informationswettbewerb als Ergebnis für die Digitale Wirtschaft 75

„ Akzeptanz im Internet: Für den Erfolg einer E-Community ist nicht die (zum Teil
kostenlose) Anmeldung durch den Teilnehmer entscheidend, sondern die anschlie-
ßend stattfindende intensive Nutzung der Kommunikationsmöglichkeiten. Das gilt
sowohl für die Quantität als auch die Qualität der Eingaben der Nutzer. Das gleiche
gilt für einen E-Marketplace oder eine E-Procurement-Plattform, bei denen ebenfalls
nicht nur die Anzahl der angeschlossenen Teilnehmer alleine ausschlaggebend ist,
sondern die intensive Inanspruchnahme des Matching-Angebotes bzw. der Koordina-
tionsleistung (Anzahl und Qualität der eingestellten Objekte und der abgewickelten
Transaktionen). Dies gilt speziell dann, wenn ein Provisionsmodell gewählt wird.
Auch bei einem E-Shop wie z. B. amazon.de zählt nicht nur die Kaufentscheidung
hinsichtlich des Objektes „Buch“. Ebenfalls ist die Häufigkeit der Inanspruchnahme
des Online-Vertriebsweges als eine wichtige Erfolgsgröße anzusehen.

„ Akzeptanz im Mobilfunk: Neben der fixen monatlichen Grundgebühr werden teil-


weise über nur bedingt gedeckelte Flatrates (z. B. 200 Frei-SMS pro Monat oder Re-
duktion der Bandbreite ab einem gewissen Download-Volumen) immer noch auch
tarif- und uhrzeitabhängige variable Nutzungsgebühren für einzelne Gesprächsminu-
ten, SMS-Versendungen oder Datennutzungen berechnet. Ferner sind mobile Endge-
räte inzwischen auch Musik- und Videoplayer geworden, für die der Download von
Titeln ebenfalls variabel berechnet wird (z. B. iTunes bei Apple). Auch der kosten-
pflichtige Download von mobilen Applikationen führt zu einer besonderen Berück-
sichtigung von variablen Nutzungsgebühren (z. B. Apple App Store, In-App-Käufe).
Der ökonomische Erfolg ergibt sich daher nicht aus dem Kauf bzw. Verkauf des End-
gerätes (Handy), sondern vielmehr aus der intensiven Nutzung heraus.

„ Akzeptanz im ITV: Für den Erfolg im interaktiven Fernsehen wird nicht der Verkauf
von Set-Top-Boxen, der Kauf von SmartTV-Geräten oder die Installation von Se-
cond-Screen-Apps als Zugangstechnologie alleine entscheidend sein, sondern viel-
mehr auch hier die variable Inanspruchnahme von digitalen Serviceleistungen und
Angeboten des T-Commerce (Kollmann 1996). Schon heute hofft der Pay-TV-Sender
Sky, dass die Kunden nicht nur das Standardangebot in Anspruch nehmen, sondern
darüber hinaus auch intensiv die kostenpflichtigen Premium-Angebote von Sky Select
nutzen. Das gleiche gilt für die Buchung von Filmen bei Apple TV. Auch die variablen
Gebühren für die Nutzung von T-Commerce-Impulsen aus dem laufenden TV-Pro-
gramm heraus wird ein wachsendes Thema werden.

Die Nutzung kommt in der Digitalen Wirtschaft somit von vornherein als Entscheidungs-
kriterium auf der Nachfrager- und als Erfolgskriterium auf der Anbieterseite zum Tragen.
Dies bedeutet eine Zweidimensionalität hinsichtlich der Erfolgsmessung: Nicht nur der
Kauf-/Teilnahmeakt ist für den Markterfolg entscheidend, sondern auch insbesondere der
Nutzungsakt bzw. die Nutzungsphase, d. h. die wiederkehrende Entscheidung zur intensi-
ven Verwendung. Im negativen Extremfall ist z. B. eine Mehrheit der potenziellen Teil-
nehmer technisch an einen E-Marketplace angeschlossen, aber nur eine Minderheit dieser
76 Die Grundlagen des E-Business

Teilnehmer nutzt die Plattform auch tatsächlich (Abruf der Matching-Leistung). Dies be-
deutet, dass sich eine Messung bzw. Prognose des Erfolgs von Angeboten in der Digitalen
Wirtschaft nicht auf den Verkauf respektive die Teilnehmerzahlen beschränken darf, son-
dern aufgrund des zeitlichen Verlaufs auch auf Art und Ausmaß der Nutzung eingehen
muss. Entsprechend kann man hier auch von Nutzungsgütern sprechen, für deren Erfolgs-
messung nicht die Adoptions- (Kaufakt) alleine, sondern vielmehr die Akzeptanztheorie
(Nutzungsakt) zum Einsatz kommen muss (Kollmann 1998a).
Die Frage nach der Akzeptanz beinhaltete schon immer die Betrachtung der Nutzung
bzw. Nutzungsbedingungen, während die verwandten Theorieansätze der Einstellungsfor-
schung lediglich die innere Begutachtung eines Objektes zum Gegenstand haben – ohne
jedoch direkt mit einer konkreten Handlung verbunden zu sein – und die der Adoptions-
forschung auf den Übernahmezeitpunkt bzw. Kaufakt abstellen, ohne jedoch die Phase ei-
nes konkreten Einsatzes der Innovation zu analysieren (Rogers 2003, S. 155 ff.; Meffert
1976, Kroeber-Riel/Gröppel-Klein 2013, S. 737 f.). Nur wenn es aber gelingt, die Akzep-
tanz bei den Nachfragern anhand von Kauf- (im Sinne einer erstmaligen Teilnahme bzw.
eines Anschlusses) und Nutzungsbedingungen zu erfassen, ist eine wirkungsvolle Er-
folgsmessung und -prognose für Angebote in der Digitalen Wirtschaft möglich. Benötigt
wird daher eine Akzeptanzforschung, welche Kauf- (Teilnahme-/Anschluss-) und Nut-
zungsbedingungen beachtet und insbesondere letztere nach Art und Ausmaß analysiert
(Kollmann 2000e, S. 68 ff.; Kollmann/Stöckmann 2007b; Kollmann/Stöckmann/Schröer
2009a).
Aufgrund einer umfangreichen Kritik an den klassischen Akzeptanzansätzen zur Erfas-
sung der Vermarktungsbesonderheiten bei Angeboten der Digitalen Wirtschaft wurde von
Kollmann (1998a) ein alternatives Akzeptanzmodell entwickelt, an dem sich seitdem
viele andere Modelle orientiert haben (z. B. Amberg/Hirschmeier/Schobert mit dem
DART-Modell 2003 und Amberg/Hirschmeier/Wehrmann mit dem Compass-Modell
2004, sowie die Akzeptanzmodelle von Simon 2001 und Frenzel 2003). Dieses Modell
zeichnet sich insbesondere durch folgende Gegebenheiten aus (s. Abb. 31): Es handelt sich
erstens um eine dynamische Akzeptanzbetrachtung über verschiedene Phasen hinweg. Ak-
zeptanz wird zweitens als Nutzungskontinuum (zwischen hoher Akzeptanz = tendenziell
hohe Nutzungshäufigkeit/Nutzungsintensität und niedriger Akzeptanz = tendenziell ge-
ringe Nutzungshäufigkeit/Nutzungsintensität) interpretiert. Die Intensität der Nutzung ist
drittens entgegen der zeitpunktbezogenen Kauf- bzw. Teilnahme-/Anschlussentscheidung
eine variable Größe, welche zeitlichen Veränderungen unterliegt. Akzeptanz wird viertens
als multidimensionales Konstrukt interpretiert. Letzterer Punkt führt zu der Abhängigkeit
des Begriffes der „Akzeptanz“ von drei Erklärungsebenen (Kollmann 1998a):

„ Der Einstellungsebene, bei der eine Verknüpfung von Wert- und Zielvorstellungen mit
einer rationalen Handlungsbereitschaft hinsichtlich Kauf- und Nutzungsentscheidung
gebildet wird. Die Handlungsbereitschaft formt sich anhand einer inneren Begutach-
tung von Vor- und Nachteilen aus kognitivem Wissen heraus und bestimmt den Willen
zum Kauf und die Vorstellung über eine geplante Nutzungsintensität.
Der Informationswettbewerb als Ergebnis für die Digitale Wirtschaft 77

Sozio-kulturelle Umwelt
potenziell tatsächlich
Akzeptierer Akzeptierer
Prognoseebene Indifferente Indifferente
Nicht-Akzeptierer Nicht-Akzeptierer

1 = „Bewusstsein“
2 = „Interesse“ Abbruch des Akzeptanzprozesses
3 = „Erwartung/Bewertung
4 = „Versuch/Erfahrung“
5 = „Implementierung“
6 = „Einsatzbestimmung“ Akzeptanzprozess
7 = „Nutzung“
1 2 3 4 5 6 7
Prozessebene
(+) (+) (+)
Schranke

Schranke

Schranke
Zeit
Makroökonomische Umwelt

(-) (-) (-)

Technologische Umwelt
Einstellungs- Handlungs- Nutzungs-
Konstruktebene akzeptanz akzeptanz akzeptanz

Akzeptanzebene

Nutzungsebene erwartete Werte tatsächliche Werte

Handlungsebene erwartete Werte tatsächliche Werte

Einstellungsebene tatsächliche Werte

vor dem Kauf / Kauf bzw. nach dem Kauf / Zeit


vor der Nutzung Übernahme bei Nutzung
t1 t2 t3
produktbezogene,
akzeptiererbezogene,
unternehmensbezogene, Einstellungsphase Handlungsphase Nutzungsphase
Einflussdeterminanten

produktbezogen akzeptiererbezogen unternehmensbezogen


- relativer Vorteil - Erprobbarkeit - sozio-ökonomische Kriterien
- Komplexität - Kompatibilität - Organisation
- psychographische Kriterien
- Kommunizierbarkeit - Buying-Center
- beobachtbares Kaufverhalten
- Unsicherheit - Preis/Gebühr - Entscheidungsträger
- tatsächliches Nutzungsverhalten
- Nutzungsbereitschaft

Politisch-rechtliche Umwelt

Abb. 31: Das Akzeptanzmodell für Angebote in der Digitalen Wirtschaft


Quelle: Kollmann 1998a, S. 135.
78 Die Grundlagen des E-Business

„ Der Handlungsebene, bei der die aktive Umsetzung der rationalen Bereitschaft und
der vorgegebenen Handlungstendenzen in Form einer freiwilligen Übernahme (Teil-
nahme/Anschluss) bzw. eines freiwilligen Kaufs (konkrete Handlung) des Produkts
erfolgt. Die Handlungsebene beinhaltet auch eventuell modifizierte Überlegungen zur
geplanten Nutzungsintensität.

„ Der Nutzungsebene, bei der sich die durchgeführte Handlung des Kaufes bzw. Über-
nahme eines Produktes auch in eine freiwillige, konkrete, aufgabenbezogene bzw.
problemorientierte Nutzung (Verhalten) umgesetzt wird. Die geplante Nutzungsinten-
sität wird real umgesetzt oder den realen Gegebenheiten angepasst.

Die hergeleiteten Erklärungs- bzw. Akzeptanzebenen stehen in den ersten beiden Punkten
in enger Verbindung zu den klassischen Konstrukten der Einstellung und Adoption, da
diese nicht ersetzt, sondern nur um das Konstrukt der Akzeptanz ergänzt werden sollen.
Entscheidend ist, dass nun zu jedem Zeitpunkt Überlegungen zum quantitativen und
qualitativen Nutzungsakt eingeschlossen werden. In ihrer unterschiedlichen zeitlichen
Ausprägung begleiten die Ebenen den Akzeptanzprozess, der drei zentrale zeitliche Eck-
punkte umspannt (s. Abb. 31): Eine Phase der Einstellungsbildung vor dem Kauf bzw. der
Teilnahme oder dem Anschluss an eine E-Plattform (Einstellungsphase), dem Kauf-/Teil-
nahme-/Anschluss- bzw. Übernahmezeitpunkt (Adoption) mit seiner spezifischen Über-
nahmesituation (Handlungsphase) und eine Phase nach dem Kauf bzw. Anschluss, in der
das elektronische Produkt zum Einsatz kommt (Nutzungsphase).
Eine Besonderheit des Akzeptanzprozesses ist, dass innerhalb der zeitabhängigen Phasen
jeweils unterschiedliche Akzeptanzkonstrukte gebildet werden können. Diese Kon-
strukte repräsentieren die Zwischenstadien der Akzeptanzbildung des Nachfragers und ge-
ben Aufschluss über den weiteren Verlauf des Prozesses. Das Konstrukt „Einstellungs-
akzeptanz“ umfasst hierbei die gegenwärtige Bewertungsebene, die erwartete Hand-
lungsebene und die erwartete Nutzungsebene (s. Abb. 31). Es beinhaltet die Möglichkeit
der Prognose auf den zukünftigen Kauf bzw. Anschluss und die Nutzung eines Produktes
(Einstellungsphase). Das Konstrukt „Handlungsakzeptanz“ (s. Abb. 31) umfasst dage-
gen die konkrete Kauf- bzw. Anschlussentscheidung und die hier gegebene Produktbe-
wertung, sowie eine Prognose auf die zukünftige Nutzung (Handlungsphase). Das Kon-
strukt „Nutzungsakzeptanz“ gibt innerhalb der Nutzungsphase einen Eindruck zur ge-
genwärtigen Bewertung des Produktes, zur rückwirkenden Betrachtung der Kauf- bzw.
Anschlussentscheidung (Dissonanzen) und zur aktuellen Nutzungshäufigkeit bzw. -in-
tensität (s. Abb. 31).
Durch Messungen dieser Konstrukte in den einzelnen Phasen kann damit auf eine positive
Fortsetzung bzw. negativen Abbruch des Akzeptanzprozesses geschlossen werden. Durch
die Feststellung eines tatsächlichen Akzeptanzergebnisses hinsichtlich Nutzungshäufig-
keit und -intensität in der Nutzungsphase kann dann eine vorläufige Aussage zum
Markterfolg in der Digitalen Wirtschaft formuliert werden. Der Markterfolg ist z. B.
dann gegeben, wenn der Median der Nutzungsintensitäten über dem mathematischen
Der Informationswettbewerb als Ergebnis für die Digitale Wirtschaft 79

Durchschnitt liegt. Die Interpretation des Markterfolgs kann sich aber auch an Vorgaben
der Unternehmen richten (z. B. durchschnittlich 20 Beiträge pro Monat pro Teilnehmer
als Zielgröße einer E-Community), sodass vor diesem Hintergrund allgemein unter dem
zentralen Begriff „Akzeptanz“ folgender Zusammenhang verstanden werden kann (Koll-
mann 1998a, S. 69):

„Akzeptanz ist die generelle Verknüpfung einer inneren Begutachtung und Erwar-
tungsbildung (Einstellungsebene), einer Übernahme bzw. eines Kaufs (Anschluss)
des Produktes (Handlungsebene) und einer freiwilligen – gemessen am Nutzungsver-
halten aller Teilnehmer – überdurchschnittlich intensiven Nutzung (Nutzungsebene)
bis zum Ende des gesamten Akzeptanzprozesses (System wird vom Markt genommen
oder ersetzt).“

1.5.4 Die Unternehmensgründung in der Digitalen Wirtschaft

Im Rahmen der Unternehmensgründung (Entrepreneurship) in der Digitalen Wirt-


schaft können grundsätzlich drei Formen unterschieden werden. Beim E-Entrepreneurship
werden mit Hilfe der elektronischen Wertschöpfungskette (s. Kapitel 1.4.2) die elektroni-
schen Geschäftsmodelle (s. Kapitel 1.5.2) mit dem Ziel umgesetzt, reale Umsätze und Ge-
winne für das reale Unternehmen zu erwirtschaften (Kollmann/Krell 2011b). Beim V-
Entrepreneurship handelt es sich dagegen um rein virtuelle Akteure (Einzelpersonen oder
Unternehmen), die mit Hilfe der elektronischen Wertschöpfungskette in und für „virtuelle
Welten“ wirtschaftlich agieren. Im Mittelpunkt stehen dabei zunächst virtuelle Gewinne,
die unter Umständen auch in reale Gewinne getauscht werden können. Letztere kommen
insbesondere im Zuge der Entwicklungen um digitale Währungen wie Bitcoins oder Platt-
formen wie z. B. secondlife.com in die Diskussion. Eine weitere jüngere Entwicklung, die
aufgrund ihrer Besonderheiten und ihres Einflusses auf wirtschaftliche Entwicklungen be-
sondere Beachtung verdient, besteht im M-Entrepreneurship. Hierbei handelt es sich um
unternehmerische Aktivität speziell für und mit mobilen Netzwerken.
E-Entrepreneurship
Für die Gründung eines Unternehmens in der Digitalen Wirtschaft ist neben einem Pro-
dukt mit elektronischer Wertschöpfung (s. Kapitel 1.4.1) auch ein Management mit spe-
zifischen Kenntnissen über Zusammenhänge in der Netzwerkökonomie notwendig, um
den Betrieb sicherzustellen (Kollmann 2019). Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund
bedeutsam, dass sich die Informationen und damit die Basis für Wertschöpfungsaktivitäten
in digitalen Datennetzen sehr schnell verändern können. Neben der elektronischen Wert-
schöpfungskette (s. Kapitel 1.4.2) ist eine weitere Besonderheit der Digitalen Wirtschaft,
dass es sich um ein relativ neues Betätigungsfeld handelt, bei dem langjährige Erfahrun-
gen weitgehend fehlen. Entsprechend orientieren sich die elektronische Wertschöpfung
und die darauf basierende Unternehmung insbesondere an zukünftigen Entwicklungen
80 Die Grundlagen des E-Business

(Labhard 1999, S. 254; Müller 1998, S. 125). Ferner existiert bezüglich des Einsatzes von
innovativen Informationstechnologien (z. B. Nutzung des elektronischen Einkaufs bei In-
ternet-Startups) eine hohe Unsicherheit über den Umfang und das zeitliche Eintreten der
Akzeptanz (Kollmann 1998a) auf Kundenseite. Aus den skizzierten Gegebenheiten resul-
tiert ein hohes Risiko hinsichtlich der Entwicklung in der Digitalen Wirtschaft und damit
auch für die entsprechenden Investitionen in diesem Bereich.

Gründungstyp Gründungsumfeld

Originär
Unternehmungs- Wachstumsaspekt
Selbstständig
gründung Risikoaspekt
Innovativ

Gründungsbezug Gründungsbasis

Informationstechnologie E-Wertschöpfung (Konzept)


Digitale Wirtschaft Informationsökonomie E-Plattform (Umsetzung)
Netzwerkökonomie E-Management (Betrieb)

Unternehmungsgründung in der Digitalen Wirtschaft


(E-Venture)

Abb. 32: Besonderheiten einer Unternehmensgründung in der Digitalen Wirtschaft


Quelle: Kollmann 2019.

Dem Risiko steht die Tatsache gegenüber, dass es sich bei der Digitalen Wirtschaft und
deren zugrundeliegenden Technologien um einen zentralen Wachstumsbereich handelt
und hiermit zahlreiche Chancen verbunden werden. So kann immer noch eine anhaltend
rasante Verbreitung und Nutzung des Internets in Deutschland beobachtet werden. Inzwi-
schen sind knapp neun von zehn Deutschen mit dem Internet verbunden. Davon sind ca.
72 % sogar täglich im Internet, womit die Möglichkeiten der elektronischen Geschäftspro-
zesse nahezu alltäglich geworden sind. Die durchschnittliche Nutzungsdauer pro Tag von
in Deutschland lebenden Personen ab 14 Jahren lag laut ARD/ZDF (2018) im Jahr 2017
bei 149 Minuten. Verglichen mit dem Vorjahr ist das ein Anstieg von 21 Minuten. Auch
die mobile Internet Nutzung stieg im Vorjahresvergleich um 2 Prozentpunkte auf nunmehr
30 %, sodass Nutzer, die über mobile Endgeräte verfügen, das Internet mit 209 Minuten
pro Tag deutlich intensiver nutzen. Ferner befinden sich die Investitionen in Informations-
technologien immer noch auf einem hohen Niveau, womit zwei Aspekte deutlich werden:
Der Informationswettbewerb als Ergebnis für die Digitale Wirtschaft 81

Informationstechnologien erfordern erstens einen gewissen Kapitalbedarf für die erst-


malige Entwicklung und/oder den Betrieb und zweitens unterliegen Informationstechno-
logien einer ständigen Veränderung/Weiterentwicklung und erfordern somit Folgeinvesti-
tionen. Neben dem Kapitalbedarf für die Technologie werden weitere Aufbauinvestitionen
bei einer Unternehmensgründung in der Digitalen Wirtschaft notwendig (z. B. Personal,
Organisation, Markenaufbau, Vertrieb, Produktion).
Zusammen mit den bisherigen Ausführungen zur Informationstechnologie (s. Kapitel 1.2)
und -ökonomie (s. Kapitel 1.4) sind nun die Rahmenbedingungen für eine Unterneh-
mensgründung in der Digitalen Wirtschaft, für die auch der übergeordnete Begriff „E-
Entrepreneurship“ (Kollmann 2019; Kollmann/Kuckertz/Stöckmann 2009) verwendet
werden kann, beschrieben. Im Mittelpunkt steht das junge Unternehmen in der Digitalen
Wirtschaft, welches als konkretes Forschungsobjekt auch unter dem Begriff „E-Venture“
in die Literatur eingeführt wurde (Kollmann 2002b, S. 56; Kollmann 2003a, S. 5) und bei
dem insbesondere vier zentrale Merkmale identifiziert werden, die auch als Unterschei-
dungspunkte zur „klassischen“ Gründungssituation für Unternehmen in der realen Wirt-
schaft herangeführt werden können (s. Abb. 32):

„ Gründungstyp: Ein E-Venture ist meist eine selbständige, originäre und innovative
Unternehmensgründung innerhalb der Digitalen Wirtschaft.

„ Gründungsumfeld: Ein E-Venture ist geprägt durch ein enormes Wachstumspoten-


zial bei gleichzeitiger Unsicherheit über die zukünftige Entwicklung hinsichtlich des
tatsächlichen Erfolgs kapitalintensiver Informationstechnologien.

„ Gründungsbezug: Ein E-Venture basiert auf einer Geschäftsidee, die durch die Nut-
zung innovativer Informationstechnologien erst ermöglicht wird und die der beson-
deren Bedeutung des Wettbewerbsfaktors „Information“ innerhalb der Netzwerköko-
nomie Rechnung trägt.

„ Gründungsbasis: Ein E-Venture basiert auf einem Unternehmenskonzept mit einer


elektronischen Wertschöpfung für den Kunden, welche über eine elektronische Platt-
form der Digitalen Wirtschaft angeboten wird und einer ständigen Weiterentwick-
lung bzw. Betreuung bedarf.

Aus Sicht des E-Gründers resultiert aus diesen Vorgaben folgende Fragestellung: Mit
welchen Informationen kann ich über welche elektronische Plattform einen Wert für den
Kunden erzeugen und wie stelle ich die Attraktivität meines Informationsproduktes im
Zeitverlauf so sicher, dass mein innovatives Unternehmen selbständig wachsen kann?
Um die zentralen Begriffe „E-Entrepreneurship“ (Forschungsfeld) und „E-Venture“
(Forschungsobjekt) dabei deutlich zu trennen, können vor diesem Hintergrund folgende
zwei Definitionen genutzt werden (Kollmann 2019; Kollmann 2009a, S. 87; Kollmann
2009b, S. 112):
82 Die Grundlagen des E-Business

Geschäftsidee Plattform Wertschöpfung Mehrwert Bausteine

Informationen
Handel mit sammeln, Überblick Information
autoscout24.de Gebrauchtwagen E-Marketplace systematisieren, Auswahl Kommunikation
über das Internet anbieten, Vermittlung Transaktion
austauschen

Informationen
Verkauf von sammeln, Überblick Information
amazon.de Waren über das E-Shop systematisieren, Vermittlung Kommunikation
Internet anbieten, Abwicklung Transaktion
austauschen

Informationen
Professionelle
sammeln, Überblick Information
testberichte.de Warentests im E-Community
bewerten, Auswahl Kommunikation
Internet
anbieten

Informationen
Online-Software Überblick Information
sammeln,
sonepar.de für den Einkauf E-Procurement Vermittlung Kommunikation
systematisieren,
über das Internet Abwicklung Transaktion
verteilen, anbieten

Informationen
Online-Verbund
sammeln,
für die Küchen- Kooperation Information
koncraft.de E-Company kombinieren,
Produktion über Austausch Kommunikation
austauschen,
das Internet
verteilen

Abb. 33: Beispiele für Unternehmensgründungen in der Digitalen Wirtschaft


Quelle: Kollmann 2019.

Unter „E-Entrepreneurship“ wird die Schaffung einer selbständigen und originären


rechtlichen Wirtschaftseinheit in der Digitalen Wirtschaft (E-Venture) verstanden, in-
nerhalb der die selbständige(n) Gründerperson(en) mit einem spezifischen Online-
Angebot (Produkt bzw. Dienstleistung) einen fremden Bedarf decken möchte(n).

Unter einem „E-Venture“ wird ein gegründetes und damit junges Unternehmen mit ei-
ner innovativen Geschäftsidee innerhalb der Digitalen Wirtschaft verstanden, welches
über eine elektronische Plattform in Datennetzen seine Produkte und/oder Dienstleis-
tungen auf Basis einer rein elektronischen Wertschöpfung anbietet, wobei dieses Ange-
bot erst durch die Entwicklungen der Informationstechnologie ermöglicht wurde.

Die Geschäftsideen und -konzepte sind vor diesem Hintergrund ebenso vielfältig wie die
neuen Möglichkeiten der Informationstechnologie. Abb. 33 skizziert Beispiele von E-
Ventures anhand der Geschäftsidee, Plattform, elektronische Wertschöpfung, Mehrwert
und Bausteinbezug.
Der Informationswettbewerb als Ergebnis für die Digitale Wirtschaft 83

V-Entrepreneurship
E-Entrepreneurship nutzt also die Möglichkeiten der Digitalen Wirtschaft, um basierend
auf einer elektronischen Wertschöpfung neue Unternehmen zu etablieren. Die technologi-
sche Weiterentwicklung weg von der virtuellen Datenautobahn hin zu virtuellen Welten
wird dabei in naher Zukunft zu einem Unterphänomen des E-Entrepreneurship führen,
welches als „virtuelles Unternehmertum“ bezeichnet werden kann. So waren 2007 be-
reits rund 10 % aller User in virtuellen Welten ökonomisch aktiv (Breuer/Küpers 2007,
S. 20) und insbesondere diejenigen, die sich unternehmerisch und nicht als Arbeitnehmer
engagieren, können potenziell signifikante Umsätze generieren. Dieses Phänomen führt
zusammen mit den Wachstumsraten der Ökonomien virtueller Welten zum virtuellen Un-
ternehmertum bzw. dem virtuellen Entrepreneurship (V-Entrepreneurship) in ernstzuneh-
menden Größenordnungen. Abzugrenzen ist das virtuelle Unternehmertum dabei insbe-
sondere von der E-Company als virtuelles Unternehmen (s. Kapitel 6), das die virtuelle
Kooperation zwischen unterschiedlichen und eigenständigen Unternehmen darstellt.
Die vorangegangenen Kapitel haben gezeigt, wie Digitalisierung, Verbreitung von Perso-
nal Computern und eine immer stärker zunehmende Vernetzung einhergehend mit sich ste-
tig erhöhenden Datenübertragungsraten die Entwicklung hin zum E-Business ermöglicht
und getrieben haben. Das transaktionsorientierte E-Business innerhalb der Digitalen Wirt-
schaft bedient sich zwecks Zusammenführung von Angebot und Nachfrage dabei primär
unterschiedlich gestalteter Produktkataloge, welche zweidimensional über die Plattfor-
men E-Shop, E-Procurement oder E-Marketplace dargestellt werden. Technische Entwick-
lungen jüngeren Datums sind darüber hinaus dafür verantwortlich, dass zahlreiche Ge-
schäftskonzepte im E-Business zukünftig von der zweidimensionalen virtuellen Daten-
autobahn in dreidimensionale virtuelle Welten übertragen werden können. In diesen vir-
tuellen Welten interagieren Nutzer in computersimulierten Umgebungen miteinander, wo-
bei der einzelne Nutzer über eine künstliche Figur, einen sog. Avatar, repräsentiert wird.
Diese Entwicklung hin zu virtuellen Welten wird getrieben durch vier grundlegende Tech-
nologien (Ondrejka 2005, S. 3 f.). Dazu sind zu zählen:

„ Technologien zur Ermöglichung virtueller Realität,

„ das World Wide Web,

„ Massive Multiplayer Online Role-Playing Games (MMORPG) sowie

„ dezentralisierte Avatar-Welten.

Virtuelle Welten integrieren diese vier Entwicklungen. Technologien virtueller Realität


werden seit den 1960er Jahren eingehend erforscht; bislang hat sich die Forschung jedoch
stark auf die Entwicklung visueller und haptischer Schnittstellen fokussiert (bspw. Head-
Mounted-Displays, d. h. Datenhelme als Hardware zur visuellen Darstellung), die ein
hochgradig überzeugendes Erleben der geschaffenen virtuellen Realität ermöglichen sol-
84 Die Grundlagen des E-Business

len (Ondrejka 2005, S. 7). Eine möglichst vollständige Approximation an reale Verhältnisse
ist jedoch nicht zwingend notwendig, um virtuelle Welten zu kreieren, die auf Akzeptanz bei
den Nutzern stoßen können. Nicht das möglichst vollständige Eintauchen in die virtuelle
Welt aufgrund realistischer graphischer Darstellungen, sondern die Ermöglichung von In-
teraktivität innerhalb der virtuellen Welt ist als entscheidender Erfolgsfaktor derartiger
Projekte zu betrachten, der die Immersion des Nutzers ermöglicht (Breuer/Küpers 2007,
S. 9). Bereits die virtuellen Gemeinschaften des WWW (Weiber/Meyer 2002, S. 343 ff.)
haben einen hohen Grad an Interaktion zwischen den Nutzern ermöglicht; sie sind jedoch
auf die zweidimensionale, hauptsächlich textbasierte Darstellungsform beschränkt. Dieser
Nachteil wird durch dreidimensionale virtuelle Welten kompensiert, die das WWW mit
Konzepten der virtuellen Realität zusammenführen. Ihren Ursprung haben diese Welten in
MMORPGs wie z. B. World of Warcraft. Diese MMORPGs können allerdings nur be-
dingt als virtuelle Welten verstanden werden, da sie sich durch eine thematisch klare Ab-
grenzung auszeichnen (bspw. Fantasy- oder Science Fiction-Welten) und mit starren, un-
veränderlichen Regelwerken einhergehen. Massive Multiplayer Online Games (MMOGs)
sind den MMORPGs gegenüber eher sozial orientiert und auf Interaktion der Spieler aus-
gerichtet, werden aber immer noch durch eine eindeutig abgegrenzte Thematik geprägt
(z. B. Die Siedler Online). Erst virtuelle Welten überwinden diese Restriktionen, verzich-
ten auf Spielregeln und thematische Orientierung (Breuer/Küpers 2007, S. 11) – der
Schwerpunkt liegt auf der Ermöglichung sozialer Interaktion der Nutzer. Das umfas-
sendste Beispiel einer virtuellen Welt ist sicherlich das von Linden Lab entwickelte Second
Life. Das 1999 gegründete Unternehmen hat seine virtuelle Welt 2003 als kommerzielles
Onlineangebot bereitgestellt und strebte nach eigener Aussage danach, mit Hilfe der Kre-
ativität seiner Nutzer eine virtuelle Welt zu schaffen, deren Komplexität an die reale Welt
heranreichen soll (Linden Lab 2018). Diese virtuelle Welt zeichnet sich durch mehr oder
minder realitätsnahe 3D-Darstellungen, simultane Anwesenheit einer Vielzahl von Usern
und vor allen Dingen Dauerhaftigkeit der Veränderungen der virtuellen Welt und der Ava-
tare aus, die durch die User durchgeführt werden (Breuer/Küpers 2007, S. 8).
Absolut gesehen stellt sich die Verbreitung der Nutzung virtueller Welten momentan noch
als eher gering heraus. Bekannte Plattformen wie secondlife.com verzeichneten zwar zu
Beginn sehr hohe Wachstumsraten (Breuer/Küpers 2007, S. 13), diese konnten jedoch
in den letzten Jahren nicht mehr beobachtet werden. Das Fallbeispiel secondlife.com zeich-
nete sich als virtuelle Welt durch diese Charakteristika aus (Breuer/Küpers 2007, S. 14):

„ thematische Offenheit,

„ nutzergenerierte Inhalte und

„ marktwirtschaftliche Prinzipien.

Bereits im Zusammenhang mit MMORPGs haben sich umfangreiche Sekundärmärkte ent-


wickelt, auf denen virtuelle Währungen, Gegenstände und Charaktere gehandelt werden;
Schätzungen gehen von einem Marktvolumen für derartige Gegenstände in Höhe von welt-
Der Informationswettbewerb als Ergebnis für die Digitale Wirtschaft 85

weit 880 Mio. US$ aus (Ondrejka 2005, S. 4 f.). Second Life stellt jedoch die erste virtuelle
Welt dar, in der eine ökonomische Komponente fester Bestandteil des Konzeptes ist.
Die Ernsthaftigkeit des ökonomischen Handelns in dieser virtuellen Welt kann daran er-
messen werden, dass bspw. der gemeinsame Wirtschaftsausschuss des US-Senates und
des US-Repräsentantenhauses bereits im Jahr 2006 die eingehende Prüfung der Rechtslage
im Zusammenhang mit finanziellen Transaktionen in virtuellen Welten angekündigt hat
(Rötzer 2007). Ökonomisches Handeln in Second Life wird zum einen durch die Vergabe
von Eigentumsrechten (z. B. an virtuellen Landparzellen) und zum anderen durch die
Bereitstellung einer virtuellen Währung ermöglicht.
Der Kreativität der Nutzer bei der Generierung von virtuellen Objekten wird durch das
atomistische Konstruktionsprinzip mittels sog. Primitives kaum Grenzen gesetzt (Onder-
jka 2005, S. 9); was Nutzer von Second Life schaffen, ist in der Folge ihr Eigentum, sodass
die Möglichkeit besteht, die eigenen Kreationen zu handeln. Das Handeln innerhalb dieser
virtuellen Welt beruht auf dem von Linden Lab kreierten Linden-Dollar (L$). Geschaf-
fene Werte müssen jedoch nicht in der virtuellen Welt verbleiben, da der Linden-Dollar
frei in reale Währungen konvertierbar ist (Linden Lab 2004). Typische ökonomisch moti-
vierte Aktivitäten von Second Life-Nutzern beschäftigen sich mit dem Design von Objek-
ten oder aber dem Handeln von Immobilien. Anfang 2007 wurden rund 3.500 profitable
Nutzer gezählt; dabei wurde sogar von 300 bis 500 Personen berichtet, die ihren realen
Lebensunterhalt über virtuelle ökonomische Aktivitäten bestreiten können (Breuer/Küpers
2007, S. 18). Als Nachfolger von Second Life war für Ende 2017 Project Sansar geplant
(Bezmalinovic 2016). Unabhängig von der Entwicklung von Second Life gab es auch beim
sozialen Netzwerk Facebook lange Zeit entsprechende Überlegungen mit den sog. „Face-
book-Credits“ eine eigene virtuelle Währung zu etablieren.
Die heute wohl erfolgreichste virtuelle Währung Bitcoin wurde im Jahr 2008 erstmals von
einem Nutzer mit dem Pseudonym Satoshi Nakamoto (2008) beschrieben und 2009 dann
als quelloffene Software publiziert. Der Begriff Bitcoin steht dabei stellvertretend sowohl
für das weltweite dezentrale Zahlungssystem als auch für die am häufigsten genutzte
Kryptowährung (s. Kapitel 3.2.2.4). Da das Bitcoin-Zahlungssystem ein Peer-to-Peer-
Netzwerk nutzt und die Datenbank aus sog. Blockchains besteht, kann dieses System ohne
geographische Beschränkungen überall eingesetzt werden, wo eine Internetverbindung
vorhanden ist (s. Kapitel 1.1.6). Zur Nutzung des Zahlungssystems ist nur die entspre-
chende Software „Bitcoin Core“ bzw. der Zugang zu einem entsprechenden Onlinedienst
notwendig. Die Generierung oder das „Schöpfen“ der virtuellen Geldeinheit erfolgt eben-
falls dezentral durch das sog. Mining, bei dem neue Blöcke und anschließend neue Block-
ketten erzeugt werden, wodurch schließlich neue Bitcoins geschöpft werden. Dieser Vor-
gang ist enorm rechenintensiv und daher mit handelsüblichen PCs nicht rentabel; vielmehr
werden rechenstarke Grafikprozessoren oder aber spezielle Hardware (Field Pro-
grammable Gate Arrays, FPGA oder Application-specific Integrated Circuits, ASICs)
hierfür genutzt. Nach Angaben der Webseite blockchain.info wurden im Juni 2018 täglich
um die 212.000 Transaktionen getätigt. Die Gesamtzahl der Bitcoins im Umlauf betrug
im Juni 2018 knapp 1,7 Mio. mit einer Marktkapitalisierung von ca. 101,9 Mrd. US$.
86 Die Grundlagen des E-Business

Ökonomische Aktivität in virtuellen Welten ist jedoch nicht allein eine Möglichkeit für
deren Nutzer – auch für etablierte Unternehmen ergibt sich eine Reihe von Betätigungs-
möglichkeiten mit potenziellem Mehrwert. Offenkundig ist ein diesbezügliches Engage-
ment aus der Marketingperspektive. So sind virtuelle Welten durchaus gut dazu geeig-
net, Marken zu prägen, Images aufzubauen, Kundenbeziehungen zu pflegen und virtuelle
Gemeinschaften von Kunden zu etablieren (o. V. 2007c). Auftritte von Unternehmen in
der virtuellen Welt, die ohne direkten Mehrwert für den Kunden gestaltet werden, verspre-
chen jedoch nur wenig Erfolg (o. V. 2007b); das hohe Involvement, welches User virtuel-
ler Welten auszeichnet (Breuer/Küpers 2007, S. 2) wird gerade durch die Möglichkeit der
Interaktion verursacht, d. h. das soziale Element derartiger Plattformen ist ein entschei-
dender Faktor, der zur Teilnahme motiviert (Schroll/Neef 2007) und Marketingkampag-
nen von Unternehmen müssen dem explizit Rechnung tragen. Marketingkampagnen stel-
len jedoch nicht die einzige Möglichkeit für ein Engagement von Unternehmen im virtu-
ellen Raum dar (s. Abb. 34). Aus dem Zusammenspiel von virtueller und realer Welt er-
geben sich – neben dem reinen Verbleib in der konventionellen Wirtschaft (R2R) – drei
grundsätzliche Möglichkeiten ökonomischer Aktivität:

„ Im R2V-Segment werden in der realen Welt geschaffene Werte in den virtuellen Raum
übertragen. Dies ist die momentan vorherrschende Art der Betätigung von Unterneh-
men – bspw. werden real bestehende Markenimages transferiert, indem virtuelle De-
pendancen eröffnet werden. Hier bietet sich auch die Möglichkeit des Behavioral Tar-
geting von Konsumenten an (o. V. 2007a); d. h. eine Kombination aus Nutzerprofilen
und Data-Mining-Methoden (s. Kapitel 3.4.2.3) führt in Echtzeit zur Konfrontation der
Avatare mit geeigneten Werbebotschaften.

„ Im V2R-Segment erfolgt ein Transfer geschaffener Werte aus der virtuellen Welt in
die reale Welt. Dies kann so simpel sein wie der dreidimensionale Ausdruck von
Avataren in der realen Welt, kann sich aber auch auf die Gestaltung von Wunschpro-
dukten für Konsumenten im 3D-Konfigurator beziehen. Auch sind Schulungen oder
Verkaufsgespräche direkt am dreidimensionalen Objekt im dreidimensionalen Raum
möglich (Schroll/Neef 2007). Ebenfalls besteht die Möglichkeit, innerhalb der vir-
tuellen Welt Trends (z. B. Mode) zu identifizieren und diese in der physischen Welt
zu realisieren (Ondrejka 2005, S. 20). Dadurch werden z. B. virtuelles Prototyping
für Produkte sowie vShopping möglich (Breuer/Küpers 2007, S. 7).

„ Im V2V-Segment werden letztlich virtuelle Werte geschaffen, die in der virtuellen Welt
verbleiben, wie bspw. modische Bekleidung. Nichtsdestotrotz sind diese real kapita-
lisierbar; so werden bspw. Anfang 2007 in Second Life geschätzte 1,5 Mio. US$ zwi-
schen den Teilnehmern umgesetzt und gleichzeitig jeden Tag rund 150.000 US$ an den
Börsen in reale Währungen konvertiert (Breuer/Küpers 2007, S. 18). Wirtschaftliche
Aktivitäten im V2V-Segment können ebenfalls geschäftliche Treffen, Workshops o-
der Tagungen umfassen.
Der Informationswettbewerb als Ergebnis für die Digitale Wirtschaft 87

Vor dem Hintergrund der bisherigen Ausführungen und in Anbetracht, dass die Entwick-
lung virtueller und zugleich ökonomischer Welten im World Wide Web noch am Anfang
steht, kann der noch junge Begriff des „V-Entrepreneurship“ wie folgt definiert wer-
den:

Unter „V-Entrepreneurship“ wird die unternehmerische Aktivität in rein virtuellen


Welten der Digitalen Wirtschaft verstanden, bei der die selbständige(n) Gründerper-
son(en) mit einem spezifischen virtuellen Angebot einen fremden Bedarf decken
möchte(n), um mittels elektronischer Umsätze zunächst virtuelle, später reale Gewinne
zu erzielen.

Realwelt Virtuelle Welt

Konventionelle Wirtschaft
Virtuelle Dienste (R2V)
Realwelt (R2R)
Skill-per-Click, Remote Services
Materielle Produktion, Dienstleistung
und Handel

Customized Fabbing (V2R) Virtuelle Waren (V2V)


Virtuelle Welt
Herstellung von Wunschprodukten Immobilien, Kleidung und Design

Abb. 34: Das ökonomische Verhältnis von virtueller und realer Welt
Quelle: in Anlehnung an Schroll/Neef 2007.

M-Entrepreneurship
Wenn sich E-Entrepreneurship (s. Kapitel 1.5.4) als Oberbegriff allgemein auf die Unter-
nehmensgründung einer selbständigen und originären rechtlichen Wirtschaftseinheit für
und mit elektronischen Netzwerken bezieht und V-Entrepreneurship (s. Kapitel 1.5.4) als
Unterbegriff die unternehmerische Aktivität speziell für und mit rein virtuellen Welten der
Digitalen Wirtschaft adressiert, dann bezieht sich das sog. M-Entrepreneurship entspre-
chend als weiterer Unterbegriff auf die unternehmerische Aktivität speziell für und mit
mobilen Netzwerken. Die Schaffung eines Verständnisses für den Begriff „M-Entrepre-
neurship“ erfordert dabei folgerichtig eine Auseinandersetzung mit den Gemeinsamkeiten
und Unterschieden zum E-Entrepreneurship. So beschreibt das E-Entrepreneurship die
88 Die Grundlagen des E-Business

Nutzung der Möglichkeiten der Digitalen Wirtschaft, um basierend auf einer elektroni-
schen Wertschöpfung neue Unternehmen zu kreieren. Dabei werden in der Theorie die
Ansätze des M-Business oftmals als Teilmenge des E-Business angesehen (Nicolai/Pe-
termann 2001, S. 4). Auch in einer praktischen Perspektive mit Blick auf momentan am
Markt vorhandene mobile Applikationen ließe sich hinsichtlich des M-Business von einem
„verlängerten Arm“ des E-Business sprechen. So erweitern derzeit viele am Markt agie-
rende Unternehmen ihr Internetangebot um mobile Versionen oder stellen ihr Angebot
komplett auf mobile Versionen um. Es treten aber auch gänzlich neue Unternehmer und
Unternehmen mit mobilen Geschäftsideen auf, welche speziell den situativen Nutzen (s.
Kapitel 1.2.2) und damit nur die mobilen Nutzungsattribute (s. Kapitel 1.2.2) adressieren
und mit Hilfe mobiler Applikationen ein mobiles Angebot für den Markt unterbreiten.
Den Kern des M-Entrepreneurship machen also insbesondere all jene Unternehmensgrün-
dungen aus, die erst unter Hinzunahme spezieller mobiler Techniken möglich werden, wie
z. B. Geschäftsmodelle die auf der GPS-Ortungsfunktion basieren. Die Entwicklung der
zugehörigen mobilen Anwendungen wird dabei weitgehend vorangetrieben durch die Ent-
wicklung mobiler Endgeräte und der entsprechenden Übertragungstechnologie (s. Kapitel
1.1.5). Auf Seiten der Endgerätetechnologie lässt sich eine zunehmende Verbreitung von
intelligenten Smartphones beobachten, die neben einem schnellen Internetzugang auch
über Ortungsfunktionen verfügen. Auf der Ebene der Übertragungstechnologien wurde mit
der Versteigerung der Übertragungsfrequenzen der vierten Generation eine neue Ge-
schwindigkeitsdimension für die nächsten Jahre in Aussicht gestellt.
Wird vor diesem Hintergrund nun die Frage nach spezifischen Aspekten des M-Entrepre-
neurship gestellt, so ist festzuhalten, dass die Elemente der Wertschöpfungskette der Di-
gitalen Wirtschaft nach Weiber/Kollmann (1997a, 1998; s. Kapitel 1.4.2) grundsätzlich
beizubehalten sind; jedoch mit dem wesentlichen Unterschied, dass Informationen nun
mobil gesammelt, mobil verteilt, mobil ausgetauscht, mobil bewertet und mobil angebo-
ten werden können. Mit Bezug auf diese mobile Wertschöpfungskette bieten sich neue
Betätigungsfelder und somit Gründungsmöglichkeiten in den Bereichen einer mobilen
Eingangslogistik, mobilen Operationen, mobiler Ausgangslogistik, mobilem Marketing
und Vertrieb sowie einem mobilen Kundendienst. Mit Blick auf den UMTS-Report von
Durlacher Research (2001) zum B2C-Markt lassen sich Geschäftsmodelle mit einem zent-
ralen mobilen Mehrwert basierend auf dem situativen Nutzen (s. Kapitel 1.2.2) in die
Kategorien Information, Kommunikation, Unterhaltung & Freizeit sowie Tools & Trans-
aktion einteilen. Innerhalb dieser Kategorien lassen sich unterschiedlichste aktuelle Bei-
spiele identifizieren (s. Abb. 35). Die in den nachfolgend dargestellten Kategorien dis-
kutierten Geschäftsmodelle können dabei als Denkanstöße für mögliche neue Gründun-
gen im Bereich des M-Entrepreneurship angesehen werden:

„ Die Kategorie Informationen umfasst neben mobilen Nachrichtendiensten wie z. B.


den Applikationen von Spiegel, Bild oder Welt auch Wetternachrichtendienste, mobil
lesbare E-Books, mobile Kataloge wie den Video- und DVD-Informationsdienst
IMDb (Internet Movie Database) oder aber auf mobilen Endgeräten nutzbare Lexika.
Der Informationswettbewerb als Ergebnis für die Digitale Wirtschaft 89

„ Die Kategorie Kommunikation umfasst alle datenorientierten person-to-person-


Kommunikationen auf mobilen Endgeräten. Dies beinhaltet neben klassischen
Diensten wie der SMS auch mobile Versionen von Netzwerken wie facebook.com als
auch rein mobile Netzwerke wie z. B. foursquare.com, deren Mehrwert erst durch die
Location Based Services entsteht. Beim Onlinedienst von foursquare.com kann sich
das Netzwerkmitglied an bestimmten Orten mit dem Smartphone einloggen und an-
dern Usern seinen Aufenthaltsort mitteilen. Ein Anreiz hierbei ist es, den Community
Mitgliedern besonders viele interessante Orte zu zeigen. Der Nutzer, der als erstes ei-
nen bestimmten Ort erkundet, erhält eine Auszeichnung. Letztlich sind in dieser Sparte
zudem die Geotracking-Tools zu nennen. Die für Hobbysportler entwickelte mobile
Applikation Runtastic bietet den Usern die Möglichkeit, selbst gelaufene Strecken an-
deren Community Mitgliedern zu zeigen.

„ Mobile Geschäftsmodelle in der Kategorie Unterhaltung & Freizeit dienen dem U-


ser hauptsächlich zum privaten Zeitvertreib. In diesem Bereich lässt sich in letzter Zeit
beobachten, dass Spiele, die bislang exklusiv für den Konsolenmarkt oder den PC-
Markt programmiert wurden, nun in Form von Applikationen angeboten werden. An
dieser Stelle sind die Spiele von EA Sports wie Fifa Soccer oder Need for Speed zu
nennen. Zudem gehören in dieses Segment die Augmented Reality Spiele. Unter dem
Begriff Augmented Reality versteht sich eine computergestützte Erweiterung der Re-
alitätswahrnehmung. Als Beispiel sei hier die Applikation junaio genannt, welche Be-
nutzern webbasierte Informationen passend zu ihrem GPS basierten Standort geben.
Hierfür muss man die Kamera in eine bestimmte Richtung halten oder auf einen be-
stimmten Platz, wobei die Informationen dann auf dem Bildschirm eingeblendet wer-
den. Zudem gehören in diese Kategorie die Klingeltöne, mobile Musik und Video-
Communities.

„ In der Kategorie der Tools & Transaktion geht es darum, über mobile Endgeräte
mobile Transaktionen zu ermöglichen. Sehr populär in diesem Zusammenhang ist mo-
mentan das Mobile Ticketing, wie das Angebot von Touch & Travel, mit dem nach
Plänen der Deutschen Bahn der Ausdruck des Tickets obsolet werden soll. Zudem
sind die Angebote im Bereich der mobilen Finanztransaktionen zu nennen, die es er-
möglichen, Bankgeschäfte komplett über das Smartphone abzuwickeln. Die Ansätze
im Mobile Payment beschäftigen sich mit der Möglichkeit der Bezahlung über das
Smartphone. In den genannten Bereichen werden sich in Zukunft durch Technologien
wie bspw. Near Field Communication (NFC) vielfältige Möglichkeiten ergeben und
neue Geschäftsmodelle werden ermöglicht. Der Aspekt der mobilen Sicherheit ist hier
(momentan jedoch noch) ein Faktor, der die Entwicklung und Verbreitung dieser
Konzepte hemmt.

Wichtig für die Gründung einer mobilen Unternehmung ist sicherlich auch die Auswahl
eines zukunftsfähigen mobilen Betriebssystems, auf dem die mobile Applikation betrie-
ben wird. Momentan am Markt befindliche Betriebssysteme sind iOS, Google Android,
90 Die Grundlagen des E-Business

BlackBerry OS, Firefox OS, Symbian (in 2010 eingestellt), Tizen, WebOS und Windows
Phone bzw. Windows 10 Mobile. Während Google Android für eine breite Palette von Han-
dys und Smartphones bereitsteht, wurde Apples iOS lediglich für Produkte von Apple ent-
wickelt. Symbian kam in Sony- und Nokia-Handys zum Einsatz. Ebenfalls sind viele End-
geräte mit Microsoft Windows Phone bzw. Windows Mobile kompatibel. Vor allem Nokia
verwendet dieses Betriebssystem in seinen neuen Modellen. Linux-basiert sind die Sys-
teme Firefox OS, Tizen und WebOS. Will man den Marktanteil als Kriterium heranziehen,
so gehörte, gemessen an der weltweiten Verteilung, Symbian vor einigen Jahren noch zu
den wichtigsten Betriebssystemen (44,3 %), gefolgt von BlackBerry OS (19,4 %), iOS
(15,4 %), Google Android (9,6 %), Microsoft Windows Mobile (6,8 %), Linux (3,7 %)
und anderen (0,7 %) (vgl. Gartner 2010). Aktuelle Zahlen zeigen, dass bei Smartphones
mittlerweile die Betriebssysteme Apple iOS (18,97 %) und Google Android (76,53 %) die
mit Abstand größten Marktanteile haben. Es folgen weit abgeschlagen Symbian/
Nokia/Serie 40 (0,64 %), Windows (0,49 %), Samsung (0,26 %) und Blackberry OS (0,11
%) (StatCounter 2018). Somit sind Google Android und Apple iOS die beiden am meisten
benutzen mobilen Betriebssysteme, alle weiteren wie auch WebOS oder Firefox OS sind
nur noch auf wenigen Endgeräten verfügbar (Elektronik Kompendium o. J.).

Information Kommunikation
Dynamischer Inhalt M-Messaging
• Mobile Nachrichten (Welt, FAZ, Spiegel • SMS
mobile…) • E-Mail
• Mobiler Wetterbericht (Wetter.de …) M-Networks
• Augmented Reality Ortungs- und • Verlängertes Online Angebot (Facebook
Informationstools (Yelp, Around Me, mobile, StudiVZ mobile…)
meinestadt.de…) • Begründet auf Location-based-Services
Inhalt mit identifizierbarer Quelle (locr.com, Foursquare…)
• Mobile E-Books (Amazon…) Mobile Services
• Mobile Kataloge (IMDb…) • Geo Tracking (SmartRunner, Family
• Mobile Übersetzungsbücher (Leo Tracker…)
mobile…)

Unterhaltung & Freizeit Tools & Transaktion


Mobile Spiele Mobile Abwicklung
• Erweiterung von bisherigen Konsolen Spielen • Mobile Auktionen (eBay App…)
(EA Sports Need For Speed, Fifa…) • Mobile Verkäufe (Autoscout 24 mobile…)
• Augmented Reality Games (AR Easter Egg • Mobiles Ticketing (Touch & Travel DB, Maxis
Hunt, Zombie Shooter…) Movies…)
Mobile Musik Mobile Finanzen
• Klingeltöne (Jamba oder Produkte von Cliq • Mobile Brokerage (CIBC, TD Ameritrade…)
Digital) • Mobile Banking (Outbank...)
• MP3 (Itunes...) Mobiles Payment
• Radio (TuneIn…) • Mikro (ClickAndBuy, Paypal, Paybox…)
Mobile Videos • Makro (Mpass, PayPal…)
• Fotos (Flickr mobile…)
• Mobile Video Clips (Youtube mobile…)

Abb. 35: Systematisierung mobiler Applikationen


Quelle: in Anlehnung an Durlacher Research 2001.
Der Informationswettbewerb als Ergebnis für die Digitale Wirtschaft 91

Für den gesamten Markt zu produzieren ist, insbesondere vor dem Hintergrund der in der
Regel beschränkten Ressourcen eines Startups, wohl mit zu großen Aufwendungen ver-
bunden, sodass über die Vor- und Nachteile einer Fokussierung auf ein Betriebssystem
oder einer sukzessiven Markteinführung nachgedacht werden muss. Mit Blick auf die Ver-
breitung von mobilen Betriebssystemen und die Kompatibilität mit verschiedenen Endge-
räten würde die Wahl daher zunächst wohl auf Google Android fallen. Das äußerst hohe
Öffentlichkeitsinteresse an Apple und seinen Endgeräten wie dem iPhone und dem iPad
sind auf der anderen Seite sicherlich auch ein bei der Auswahl des Betriebssystems zur
Programmierung von mobilen Applikationen zu berücksichtigender Faktor.
Vor dem Hintergrund der bisherigen Ausführungen und in Anbetracht, dass die Entwick-
lung des M-Business noch vergleichsweise am Anfang steht, kann der noch junge Begriff
„M-Entrepreneurship“ wie folgt definiert werden:

Unter „M-Entrepreneurship“ wird die Schaffung einer selbstständigen und originä-


ren rechtlichen Wirtschaftseinheit unter Nutzung der mobilen Datennetze verstanden,
wobei die selbständige(n) Gründerperson(en) ein spezifisches Angebot schaffen
möchte(n), das einen mobilen Mehrwert aus Sicht des Kunden bietet.

1.5.5 Die Unternehmensführung in der Digitalen Wirtschaft

Neben den Überlegungen zu neuen Unternehmungen auf Basis digitaler Geschäftsmodelle


und dem zugehörigen E-Entrepreneurship (s. Kapitel 1.5.4) können natürlich auch be-
reits etablierte Unternehmen neue digitale Geschäftsmodelle entwickeln (E-Intrapreneu-
rship) oder bereits vorhandene Geschäftsprozesse bzw. -modelle digital transformieren.
Gerade diese Digitale Transformation ist in der jüngeren Vergangenheit zu einem allge-
meinen Schlagwort geworden. Doch entgegen der weitläufigen Annahme, dass die zuge-
hörigen Maßnahmen eher die technische EDV- und IT-Landschaft im Zuge der Automa-
tisierung betreffen, betreffen die Auswirkungen das gesamte Unternehmen in allen Berei-
chen und Funktionen. Laut einer Umfrage der Unternehmensberatung Accenture gehen
fast ein Viertel der Führungskräfte vor diesem Hintergrund davon aus, dass ihre Unter-
nehmen, wie sie heute existieren, zukünftig verschwinden werden (Axson/Delawalla
2016). Somit ergeben sich für Unternehmen sowohl Chancen als auch Risiken für die Ge-
genwart und Zukunft aufgrund der Digitalisierung. Das bedeutet auch, dass sich die Un-
ternehmensführung und der zugehörige Führungsstil an die Rahmenbedingungen der Di-
gitalisierung anpassen müssen. Entsprechend rückt das Digital Leadership in den Mittel-
punkt der diesbezüglichen Betrachtungen (Kollmann/Schmidt 2016, S. 72f.).
Leadership kann dabei zunächst allgemein definiert werden als der zwischenmenschliche
Einfluss, welcher in bestimmten Situationen durch Kommunikationsprozesse zur Errei-
chung bestimmter Ziele ausgeübt wird (Tannenbaum/Weschler/Massarik 1961, S. 24). Da
92 Die Grundlagen des E-Business

sich im Rahmen der digitalen Transformation insbesondere die Umwelteinflüsse stark ver-
ändert haben, sollten Führungskräfte nach dieser Logik ihr Verhalten an die externen Her-
ausforderungen der Digitalisierung anpassen (Kensbock 2018, S. 146). Die Unterneh-
mensberatung Capgemini charakterisiert dabei folgende Einflussgrößen, welche die Zu-
sammenarbeit im digitalen Zeitalter besonders stark verändert haben und von den Füh-
rungskräften beachtet werden sollten (Crummenerl/Kemmer 2015):

„ Vernetzung: Durch zunehmende Globalisierung und stärkere Verknüpfung der


Märkte, sind zunehmend sämtliche Marktteilnehmer miteinander vernetzt. Durch di-
gitale Technologien, wie bspw. Cloud-Lösungen, sind Daten jederzeit verfügbar und
zu bearbeiten.

„ Kommunikation: Digitale Informations- und Kommunikationstechnologien sind zu-


nehmend fester Bestandteil vieler Arbeitsplätze. Dadurch hat sich die Kommunika-
tion der Mitarbeiter deutlich vereinfacht und beschleunigt. Virtuelle Kommunikati-
onsformen wie bspw. Mail, Chats oder Videokonferenzen ergänzen die Kommunika-
tion.

„ Arbeitsmittel: Digitale Arbeitsmittel ermöglichen es zunehmend jederzeit und an je-


dem Ort (s. Kapitel 1.3.1) zu arbeiten. Daraus ergibt sich keine Standortgebundenheit
mehr, sodass unter anderem flexible Arbeitszeit- und Ortsmodelle (Home-Office etc.)
implementiert werden können. Durch digitale Systeme und Tools können weiterhin
Arbeitsprozesse besser gemessen und effizienter verteilt werden.

„ Schnelligkeit: Schnelligkeit ist eine entscheidende Eigenschaft der Digitalisierung.


In nahezu allen Arbeitsbereichen wird der Innovations- und Veränderungsrhythmus
erhöht, sodass ein erhöhter Anpassungsdruck entsteht. Denn nur das Unternehmen,
welches rechtzeitig handelt kann langfristig am Markt bestehen.

Insgesamt kann demnach unter Digital Leadership ein Führungsverhalten zusammenge-


fasst werden, welches die äußeren Einflüsse und Muster der Digitalisierung integriert und
in einen zeitgemäßen Führungsstil transferiert (Buhse 2014, S. 230). Damit wird aber auch
klar: Digitalisierung bedeutet Veränderung! Und die muss man zunächst einmal wirklich
wollen. Viele Verantwortliche tun sich hier schon schwer, denn eigentlich wollen sie von
ihrem Erfahrungswissen und den erarbeiteten Positionen weiter so profitieren wie in der
Vergangenheit. Das führt aber in der Regel zu einer Verteidigungshaltung, einem Fest-
klammern am Status Quo - und das funktioniert angesichts der tiefgreifenden Verände-
rungen durch die Digitalisierung nicht mehr. Denn diese werden von außen aggressiv an
die Unternehmen herangetragen und können nicht von innen heraus verwaltet werden.
Dabei ist es laut Kollmann (2018b) für Unternehmen in der Digitalen Wirtschaft besonders
wichtig, dass Führungskräfte einen digitalen Wandel wollen (Digital Mindset), für diesen
digitalen Wandel auch das notwendige Wissen haben (Digital Skills) und schließlich die
Der Informationswettbewerb als Ergebnis für die Digitale Wirtschaft 93

sich daraus ergebenen Maßnahmen im Rahmen der digitalen Transformation auch konse-
quent umsetzen (Digital Execution). Nur dann ist der komplette Handlungsrahmen ei-
nes Digital Leadership adressiert (s. Abb. 36).

Digital Mindset (Wollen) Digital Skills (Können)


• Offenheit und Neugierde gegenüber digitalen • Konkretes Wissen und digitales Know-how
Technologien, Führungsmodellen und rund um die digitale Wertschöpfung.
Führungsebene

Vorgehensweisen.
• Kenntnisse und Fertigkeiten im Umgang mit
• Kritisches Hinterfragen etablierter modernen digitalen Tools, Technologien, Geräten
Geschäftsmodelle oder Strategien mit Blick und Software.
auf sich verändernde Umweltzustände. • Kompetenzen digitale Potenziale zu erkennen
• Wille, Veränderungen aktiv mitzugestalten und ein Unternehmen im Rahmen der digitalen
und Neues auszuprobieren. Transformation weiterzuentwickeln.

Digital Execution (Machen)


Organisationsebene

Objektansatz (Was?) Managementansatz (Wie?)

• Prozesse: Kosten senken und Prozesse optimieren. • Agilität: Schnelle Anpassungsfähigkeit gegenüber
• Produkte: Angebot sollte aktuelle Trends antizipieren Veränderungen.
und den Kundenwünschen entsprechen. • Flexibilität: Befähigung sich verändernden
Umwelteinflüssen anzupassen.
• Plattformen: Digitale Geschäftsmodelle prüfen,
entwickeln und einführen, um Potenziale • Proaktivität: Initiatives und vorausplanendes
auszuschöpfen. Handeln.

Abb. 36: Der Handlungsrahmen für das Digital Leadership

Damit Unternehmen und deren Führungskräften der digitale Wandel gelingt, müssen sie
sich an Veränderungen und äußere Umwelteinflüsse anpassen. Wo früher „Erfahrung“ ein
wesentliches Qualitätsmerkmal war, ist es heute der Faktor „Ausprobieren“. Das bedingt
aber Entscheidungen unter Unsicherheit - und dafür sind die Strukturen in den Unterneh-
men meist nicht ausgelegt. Es widerspricht auch der deutschen Kultur der klaren Planung
und mehr oder weniger abgesicherten Prognose. Von daher muss die Frage nach dem Wol-
len in vielen Führungsetagen schon als kritisch betrachtet werden. Wie verschiedene Stu-
dien hierzu belegen, schaffen es viele Unternehmen nicht, sich auf die veränderten Spiel-
regeln von digitalisierten Märkten einzulassen. Im Hinblick auf den ersten Faktor Digital
Mindset spielen somit die alte Unternehmenskultur, die fehlende Risikobereitschaft
und die starre Unternehmensorganisation (Goran/Srinivasan/LeBerge 2016) eine große
Rolle. Hinzu kommt, dass in den meisten Anreiz- und Belohnungssystemen von Ge-
schäftsführern und Vorständen die Ergebniszahlen aus dem laufenden Stammgeschäft im
Vordergrund stehen und nicht die mutige und risikoreiche Ausrichtung auf neue digitale
Geschäftsmodelle. Dadurch verkümmern viele vermeintliche Digitalisierungsoffensiven
zu einer reinen IT-Automatisierung, um vorhandene Prozesse noch effizienter zu machen.
Das Ergebnis sind dann eher inkrementelle als disruptive Fortschritte. Viele Führungseta-
gen delegieren die Digitalisierung vor diesem Hintergrund an ihre IT-Abteilungen, so dass
dieses Thema kein integraler Bestandteil der gesamten Unternehmensstrategie ist. Aus
diesem Grund muss die digitale Transformation in den Köpfen der Führungskräfte und
94 Die Grundlagen des E-Business

Mitarbeiter universell verankert werden und ein fester Bestandteil der Unternehmenskul-
tur sein bzw. werden. Wie eine Studie des SAP Center for Business Insights (o. V. 2017a)
zeigt, ist es daher für den Erfolg einer digitalen Transformation unverzichtbar, ein Digital
Mindset im Unternehmen zu entwickeln, welche die Digitalisierung als Chance interpre-
tiert und Veränderungen annimmt. Ein Digital Mindset zeichnet sich dadurch aus, offen
und neugierig gegenüber aktuellen Technologien, Führungsmodellen und Vorgehenswei-
sen zu sein. Dabei ist ein zentraler Punkt, eine Unternehmenskultur zu implementieren,
welche Veränderungen aktiv mitgestaltet und Neues ausprobiert. Dabei müssen auch
etablierte Abläufe, Geschäftsmodelle oder Strategien kritisch hinterfragt und mit Blick auf
sich verändernde Umweltzustände angepasst werden.
Digital Leader sollten nicht nur aufgeschlossen gegenüber Veränderungen und disruptiven
digitalen Innovationen sein (Digital Mindset), sondern sollten auch über die notwendigen
digitalen Kompetenzen verfügen eine entsprechende Strategie im Unternehmen zu imple-
mentieren. Digitale Veränderungen sind kein technischer Knopf, den man so einfach so
drücken kann. Es geht vielmehr um das konkrete Wissen und das zugehörige Know-how
rund um eine digitale Wertschöpfung. Der zweite Faktor Digital Skills bezeichnen ent-
sprechende Kenntnisse und Fertigkeiten mit digitalen Technologien, Prozessen und Ge-
schäftsmodellen umzugehen. Die zugehörigen Grundlagen der digitalen Ökonomie sind
unerlässlich für jeden Manager. Neben Fach- und Sozialkompetenz wird ein Digital Lea-
der künftig zwingend auch eine Digitalkompetenz brauchen, um unternehmerisch führen
zu können. Dabei geht es darum, ob Führungskräfte über das Wissen und digitale Know-
how rund um die digitale Wertschöpfung verfügen und dieses auch anwenden können.
Es beschreibt im Detail, über welche Fähigkeiten und Kompetenzen eine digitale Füh-
rungskraft verfügen sollte, um digitale Potenziale zu erkennen und ein Unternehmen im
Rahmen der digitalen Transformation weiterzuentwickeln. Zu den klassischen Führungs-
kompetenzen gehören demnach einerseits digitale Anwendungskenntnisse, wie der Um-
gang mit digitalen Tools für Entscheidungsfindungen, aber auch digitale Verhaltenswei-
sen, wie das Nutzen entsprechender Software im Arbeitsalltag (Crummenerl/Kemmer
2015). In diesem Zusammenhang spielt insbesondere die Persönlichkeit und Einstellung
einer Führungskraft zum ersten Faktor Digital Mindset eine wichtige Rolle im digitalen
Zeitalter.
Damit Unternehmen im Rahmen der digitalen Transformation erfolgreich agieren, müssen
Digital Leader insbesondere auch die erforderlichen Maßnahmen ergreifen und richtig in
Bezug auf den dritten Faktor Digital Execution umsetzen. In diesem Zusammenhang
sollten Führungskräfte zum einen beachten „Was“ (Objektansatz) umgesetzt werden
sollte. Der Objektansatz beinhaltet die drei digitalen P’s: Prozesse, Produkte und Platt-
formen, beziehungsweise deren Aufbau und Gestaltung. Digitale Prozesse, wie bspw. in-
teraktives Bestellwesen oder Tracking, haben vor allem die steigende Produktivität, sin-
kende Kosten und kürzere Reaktionszeiten bei Lieferanten- und Kundenanfragen zum
Ziel. Dafür ist es notwendig bestehende Arbeitsabläufe zu hinterfragen und aktuelle Pro-
zesse gegebenenfalls zu verändern (Keller 2017). Ebenso muss das Produktangebot stetig
hinterfragt und angepasst werden, um den rasant ändernden Kundennachfragen gerecht zu
Der Informationswettbewerb als Ergebnis für die Digitale Wirtschaft 95

werden. Unternehmen müssen sich demnach mit Innovationen, wie bspw. der künstlichen
Intelligenz (s. Kapitel 1.6.5) oder der Blockchain (s. Kapitel 1.1.6), beschäftigen und ana-
lysieren inwieweit eigene Produkte von Veränderungen betroffen sind oder inwiefern neue
Potenziale genutzt werden können. Nicht außer Acht gelassen werden darf aber auch der
Aufbau digitaler Plattformen (E-Marketplace, s. Kapitel 4), die sich als überlegendes Ge-
schäftsmodell in der Digitalen Wirtschaft erwiesen haben. Erfolgreiche Unternehmen, wie
beispielweise Alphabet, Amazon, Facebook und Alibaba, fungieren demnach als Vermitt-
ler für Anbieter und Nachfrager und kontrollieren damit immer mehr die bestehenden Ab-
satzmöglichkeiten oder schaffen sogar neue Märkte. Neben dem „Was“, müssen sich Di-
gital Leader auch damit befassen, „Wie“ dies geschehen kann (Managementansatz). Füh-
rungskräfte sollten demnach agil, flexibel und proaktiv im Führungsstil agieren, um die
notwendigen Veränderungen herbeizuführen. Folglich sollten sie die Fähigkeit besitzen
sich bestmöglich an verändernde Umwelteinflüsse anpassen zu können. Dies kann sowohl
reaktiv, indem flexibel auf Veränderungen reagiert wird, oder proaktiv geschehen, um
Veränderungen selbst herbeizuführen. In diesem Zusammenhang sind insbesondere die
Aspekte „Geschwindigkeit“, „Anpassungsfähigkeit“, „Kundenzentriertheit“ und eine
„Haltung“ von zentraler Bedeutung. So ist es für digitale Leader insbesondere wichtig
schnell und dynamisch auf digitale Veränderungen, wie sich ändernde Kundenwünsche,
einzugehen und eigene Verhaltensweisen dynamisch anzupassen (Fischer 2016).

1.5.6 Das Schalenmodell der Digitalen Wirtschaft

Die Vielzahl der bisher verwendeten Begriffe (z. B. Informationstechnik/-technologie/


-ökonomie, Netzwerkökonomie, Digitalen Wirtschaft (Net Economy) die in der Literatur
zum Teil synonym verwendet werden (Wirtz 2018, S. 17 ff.), bedürfen abschließend einer
genaueren Strukturierung. Für die Klärung von Begriffen, Bereichen und Anwendungsge-
bieten bietet sich ein zentrales Schalenmodell der Digitalen Wirtschaft (Kollmann
2019) an, welches im Folgenden beschrieben werden soll (s. Abb. 37). Ausgangspunkt des
Schalenmodells ist die allgemeine Entwicklung zur Informationsgesellschaft (s. Abb. 4; s.
Kapitel 1.1.4). Ursache für diese Entwicklung sind die stetigen Innovationen in der Infor-
mationstechnik in Bezug auf Rechnerleistung, Digitalisierung, Vernetzung und Daten-
menge (s. Kapitel 1.1). Die Umsetzung dieser Technik erfolgt in innovativen Informations-
technologien wie Internet, Mobilfunk und Interaktives Fernsehen (s. Kapitel 1.2). Diese
Technologien verändern dabei die Welt ebenso radikal wie Dampfmaschine, Webstuhl und
Eisenbahn (Nefiodow 1990, S. 27). Die durch sie stattfindende Digitalisierung von Informa-
tionen und die Verbreitung über elektronische Datenwege bzw. Netzwerke erfüllen eine
Schrittmacherfunktion für das zukünftige Wirtschaftswachstum, vergleichbar mit der Be-
deutung des Buchdrucks im 15. und der Motorisierung im 20. Jahrhundert (Schrape 1998,
S. 26 ff.). Die Informationsgesellschaft ist entsprechend geprägt durch den intensiven Um-
gang mit Informationstechnologien und dem damit einhergehenden Wandel von einer In-
dustrie- zu einer Wissensgesellschaft (Evans/Wurster 1998, S. 51 ff.).
96 Die Grundlagen des E-Business

Informationsgesellschaft Landwirtschaft Produktion Dienstleistung Information

Informationsökonomie

Wettbewerbs-/Produktionsfaktoren
Information

Wirtschaftssektoren
Netzwerkökonomie (Digitale Wirtschaft)

Information / Kommunikation
E-Business E-Community Flexibilität

Kontakt Zeit
E-Procurement E-Shop E-Marketplace

Qualität
Verkauf E-Company
Einkauf Handel
(E-Commerce)
Transaktion Kosten
Kooperation

Innovationen
Informationstechnologie Internet/WWW Mobilfunk ITV

Informationstechnik Rechnerleistung Digitalisierung Vernetzung Datentransfer

Abb. 37: Das Schalenmodell der Digitalen Wirtschaft

Eine der zentralen Charakteristiken der postindustriellen Computer-Gesellschaft war vor


diesem Hintergrund die systematische Nutzung von Informationstechnologien (IT) für die
Kommunikation (s. Kapitel 1.3) sowie die Aneignung und Anwendung von Informatio-
nen, welche die Arbeit und das Kapital als ausschließliche Wert-, Produktions- und Pro-
fitquelle komplementieren (s. Kapitel 1.4). Im Zentrum dieser Informationsökonomie
steht die Digitale Wirtschaft, in der auf der Basis des Einsatzes der Bausteine Information
und Kommunikation die Plattformen E-Community und E-Company im erweiterten Kreis
des E-Business und die Plattformen E-Procurement, E-Shop und E-Marketplace, mit dem
zusätzlichen Baustein Transaktion, im engeren Kreis des E-Business zu finden sind (s.
Kapitel 1.5.1). Gemeinsames Merkmal der Plattformen ist jedoch der Bezug, dass sich
der Austausch von digitalen Daten direkt oder indirekt auf elektronische Geschäftspro-
zesse (E-Business) bezieht bzw. diese vorbereitet oder begleitet und in der Folge zuge-
hörige Einnahmen generiert werden (Kollmann 2019).

Die „Digitale Wirtschaft“ bezeichnet den wirtschaftlich genutzten Bereich von elekt-
ronischen Datennetzen (E-Business) und ist damit eine digitale Netzwerkökonomie,
welche über verschiedene elektronische Plattformen die direkte oder indirekte Ab-
wicklung oder Beeinflussung von Informations-, Kommunikations- und Transaktions-
prozessen erlaubt.
Die Informationsexplosion als Perspektive für die Digitale Wirtschaft 97

1.6 Die Informationsexplosion als Perspektive


für die Digitale Wirtschaft
Eine Reihe von neuen Trends und Technologien hat in den letzten zwei Jahren dazu ge-
führt, dass sich die Wahrnehmung des Internets zu verändern beginnt. Über viele Jahre
hinweg wurde das Internet als Technologie erlebt, die es erlaubt, Daten, Informationen
oder multimediale Inhalte zu publizieren und zu verteilen. Die Rollenverteilung der betei-
ligten Personen war zweiteilig: Zum einen gab es aktive Ersteller von Web-Inhalten, die,
teils kommerziell, teils privat, Informationen einstellten und publizierten. Zum anderen
gab es passive Konsumenten, die sich lediglich die bereitgestellten Inhalte ansehen konn-
ten und auch gar keine andere Option hatten, als die Informationen zu empfangen und zu
konsumieren. Ohne dass man es an einer bestimmten Technologie oder einem einzelnen
Ereignis festmachen kann, hat sich ab etwa 2005 das Gefühl verbreitet, dass sich eine
wesentliche Veränderung anbahnt, wie das Netz gesehen und genutzt wird. Web 2.0 war
geboren (O’Reilly 2005). Im Folgenden sollen einige grundlegende Trends und Techno-
logien des Web 2.0 (s. Kapitel 5) vorgestellt sowie danach ein Einblick gegeben werden,
wie das Web 3.0 (Kollmann/Lomberg 2010), Web 4.0 und Web 5.0 aussieht bzw. ausse-
hen wird.

1.6.1 Die Möglichkeiten im Web 2.0 (User-generated Content)

Wenn man sich die einschlägigen Web 2.0-Plattformen wie XING/Linkedin, YouTube oder
Facebook anschaut, geht es stets um die Beiträge vieler Menschen. Der Community-Ge-
danke steht ganz klar im Vordergrund und bildet nicht zuletzt die Basis vieler neuer Ge-
schäftsideen, an die vor einigen Jahren noch nicht zu denken war. Das ökonomische Po-
tenzial dieser Geschäftsideen verdeutlichen hochvolumige Börsengänge wie der OPEN Bu-
siness Club AG (XING AG) in Deutschland oder insbesondere der von Facebook in den USA
sowie spektakuläre Übernahmen wie die von YouTube (1,65 Mrd. Dollar) durch Google
oder die von StudiVZ (85 Mio. Euro) durch die Handelsblatt-Verlagsgruppe (Kollmann/
Häsel 2007a, S. 1). Aber das Web 2.0 bietet noch mehr als erfolgreiche Geschäftsideen:
Mit Hilfe von Konzepten wie Wikis, Blogs und Mashups (s. Kapitel 5.1.2) können Un-
ternehmen jeder Art in einen engeren Dialog mit ihren Kunden treten als dies jemals zuvor
möglich war (Suckow 2007) und ihre Webpräsenz in vielerlei Hinsicht bereichern. Voran-
getrieben werden die aktuellen Entwicklungen dabei zu einem großen Teil vom sozialen
Kapital, von dem eine Person umso mehr besitzt, je mehr Beziehungen sie zu anderen
Personen unterhält, die untereinander wiederum möglichst unverbunden sind. Herkömm-
liche Rollenverteilungen wie Verkäufer und Kunde, Autor und Leser, Profi und Amateur
oder Experte und Laie werden dabei aufgebrochen. Es sind vielmehr gemeinsame Ziele
und Interessen, die die Menschen in für jedermann offenen Netzwerken verbinden – aus
dem „Web of Companies“ ist somit und gerade auch ein „Web of People“ geworden (Wahl-
ster/Dengel 2006, S. 3).
98 Die Grundlagen des E-Business

Die in Kapitel 1.4.2 vorgestellten informationsverarbeitenden Prozesse, die in ihrer Sum-


me ein elektronisches (Informations-)Produkt bzw. die Grundlage eines innovativen Ge-
schäftsmodells bilden können, stehen im Web 2.0 mehr denn je im Mittelpunkt unterneh-
merischer Aktivitäten. In Anlehnung an den das Begriffsverständnis des Web 2.0 prägen-
den Artikel von O’Reilly (2005) lassen sich mit dem Web 2.0 sieben Grundprinzipien in
Verbindung bringen, die das veränderte Netzverständnis charakterisieren und zudem in ei-
ner Reihe von Implikationen für die in der Digitalen Wirtschaft aktiven Unternehmen re-
sultieren (Kollmann/Häsel 2007a, S. 6 ff.):

„ Globale Vernetzung: Das Web stellt zunehmend eine Plattform wiederverwendbarer


Dienste und Daten dar, die es Nutzern und Unternehmen unter der Verwendung of-
fener Standards ermöglicht, bei der Lösung eigener Aufgaben und Probleme auf die
Leistungen anderer zurückzugreifen (Neimarlija 2007; Hommen 2007). Nicht mitei-
nander kompatible Informationsinseln gehören der Vergangenheit an, erfolgreiche
Unternehmen werden Informationen innerhalb ihrer elektronischen Wertschöpfungs-
prozesse vielmehr auf einer globalen Ebene sammeln, anbieten und austauschen.

„ Kollektive Intelligenz: Mit der Entstehung offener Systeme, die die kooperative
Erstellung von Inhalten ermöglichen, ist eine Webkultur entstanden, die sich durch
die aktive Partizipation der Netzteilnehmer auszeichnet. Anstelle der Inhaltspflege
bzw. -kontrolle tritt aus Sicht der Plattformbetreiber das Vertrauen in die Nutzerge-
meinschaft, deren kollektive Intelligenz die nötige Informationsqualität sicherstellt
(Mikloweit 2007; Schenk 2007). Dabei gilt stets das Prinzip, dass die Qualität eines
Angebots aufgrund von Netzeffekten mit der Anzahl der Nutzer ansteigt, die die In-
formationen austauschen, systematisieren und bewerten (Kollmann/Stöckmann 2007b,
S. 212).

„ Datengetriebene Plattformen: Im Mittelpunkt elektronischer Wertschöpfungspro-


zesse im Web 2.0 stehen Datenbanken, deren Daten wichtiger sind als die Anwen-
dungen bzw. Plattformen, die diese nutzen. Erfolgreich werden diejenigen Unterneh-
men sein, die in der Lage sind, durch Sammlung und Systematisierung von Informati-
onen einzigartige Datenbanken (z. B. mit geographischen oder bibliographischen Da-
ten) aufzubauen und diese anderen Marktteilnehmern als Kern- oder Nebenleistung
zur Verfügung zu stellen, ohne dabei kontrollieren zu müssen, was mit den Daten ge-
schieht.

„ Perpetual Beta: Plattformen des Web 2.0 werden nicht über einen längeren Zeitraum
entwickelt und dann als fertiges Produkt an den Markt gebracht, sondern auf Basis des
Kundenfeedbacks sowie der Auswertung von Nutzerverhalten kontinuierlich gepflegt
und weiterentwickelt. Durch die zunehmende Verschmelzung von Produktentwick-
lung und Tagesgeschäft befinden sich Web-2.0-Plattformen in einem ewigen, konti-
nuierlichen Änderungen unterliegenden Beta-Stadium (Häsel 2007, S. 188 f.; Reitler
2007, S. 32). Dies ist allerdings keineswegs als Zeichen schlechter Planung zu ver-
Die Informationsexplosion als Perspektive für die Digitale Wirtschaft 99

stehen, sondern stellt einen inhärenten Bestandteil der Produkt- bzw. Marktstrategie
erfolgreicher Unternehmen dar (Coldewey 2002).

„ Leichtgewichtige Architekturen: Da die Syndizierung qualitativ hochwertiger, spe-


zifischer Informationen zunehmend zur treibenden Kraft der Digitalen Wirtschaft
avanciert, gilt es zukünftig verstärkt die Möglichkeit Informationen aus verschiede-
nen Quellen einfach auswählen, verbinden, erweitern und kombinieren zu können. Aus
Sicht der beteiligten Unternehmen erfordert dies vor allem offene, auf leichtgewichti-
gen Technologien basierende Programmierschnittstellen und (z. B. mittels des sog.
REST-Stils realisierte) Architekturen, die eine schnelle Erstellung eigener Dienste
(sog. Mashups) und eine einfache Nutzung fremder Dienste ermöglichen (Hommen
2007). Viele innovative Geschäftsideen des Web 2.0 basieren auf der neuartigen und
effektiven Kombination bestehender Komponenten; Mehrwerte entstehen erst durch
das Zusammenspiel verschiedener, spezialisierter Informationsdienste.

„ Geräteunabhängigkeit: Web 2.0-Plattformen werden sich langfristig nicht mehr auf


den stationären oder mobilen PC beschränken, sondern mit fortschreitender Konver-
genz von Internet, Mobilfunk und Digitalfernsehen ihre Informationen auch auf we-
niger leistungsfähigen Endgeräten wie Mobiltelefonen und Navigationssystemen so-
wie Musik- und/oder Videoabspielgeräten anbieten (Balci/Bülbül 2007, S. 79 ff.). Zu-
dem wird die Kombination aus satellitengestützter Positionsbestimmung und geogra-
phischen Daten die Grundlage vieler innovativer Anwendungen bilden, die ihren Nut-
zern situationsadäquate Informationen anbieten (Gabriel 2007, S. 163).

„ Reichhaltige Benutzeroberflächen: Webapplikationen im Web 2.0 präsentieren sich


dem Nutzer nicht länger nur in Form von einfachen Hypertext-Dokumenten, sondern
vereinen interaktive Elemente, die zuvor nur Desktopanwendungen vorbehalten wa-
ren. Möglich werden diese „Rich Internet Applications“ (Allaire 2002; Häsel 2007)
des Web 2.0 durch zunehmend mächtiger werdende Technologien wie Flash sowie
durch Ajax, einem Konzept der asynchronen Datenübertragung zwischen Server und
Browser, das es ermöglicht, innerhalb eines Hypertext-Dokuments eine Serveranfrage
durchzuführen, ohne das Dokument dabei neu laden zu müssen (Gebhardt 2007).

Die sieben Grundprinzipien (s. Abb. 38) zeigen eindeutig, dass es sich beim Web 2.0
keineswegs um eine Menge neuer Technologien, sondern vielmehr um eine Reihe beo-
bachtbarer Trends handelt, die den Umgang mit Informationen und die Einbindung von
Personen in informationsverarbeitende Prozesse beschreiben (Wahlster/Dengel 2006). Er-
folgversprechende Produktstrategien scheinen vor diesem Hintergrund verstärkt dem Plu-
ral-Prinzip, vor allem aber dem Symbiose-Prinzip zu folgen (s. Kapitel 1.5.2), da die
Informationen, die aus der die Kernleistung in Anspruch nehmenden Nutzergemeinschaft
hervorgehen, in der Regel die Basis weiterer Wertschöpfungsaktivitäten darstellen (Koll-
mann/Häsel 2007a, S. 8). Abb. 38 stellt die Grundprinzipien des Web 2.0 sowie die daraus
folgenden Implikationen für informationsverarbeitende Prozesse zusammenfassend dar.
100 Die Grundlagen des E-Business

Grundprinzipien
Implikationen für informationsverarbeitende Prozesse
des Web 2.0

Informationen auf globaler Ebene sammeln, anbieten und austauschen;


Globale Vernetzung
Informationsinseln entgegenwirken

Informationen durch Nutzer bzw. Kunden


Kollektive Intelligenz
austauschen, systematisieren und bewerten lassen

Datengetriebene Informationen sammeln und systematisieren, um einzigartige, wertvolle


Plattformen Datenbestände aufzubauen und zu syndizieren

Feedback einholen und Nutzerverhalten aufzeichnen, um


Perpetual Beta
Produkte kontinuierlich zu pflegen und weiterzuentwickeln

Leichtgewichtige Offene Schnittstellen verwenden, die eine schnelle Erstellung eigener und
Architekturen eine einfache Nutzung fremder Dienste ermöglichen

Informationen plattformunabhängig und situationsadäquat


Geräteunabhängigkeit
sammeln und anbieten

Reichhaltige Nutzer- bzw. Kundeninteraktion mit informationsverarbeitenden Systemen


Oberflächen dem Stand der Technik entsprechend gestalten

Abb. 38: Grundprinzipien des Web 2.0 im Kontext der Digitalen Wirtschaft
Quelle: Kollmann/Häsel 2007a, S. 9.

1.6.2 Die Entwicklung zum Web 2.X (Semantic Content)

Das aktuelle Web 2.0 ist – einfach betrachtet – in erster Linie eine Sammlung von Infor-
mationen, die von unterschiedlichen Organisationen und, mit dem Einzug von Web 2.0-
Konzepten, verstärkt auch von Privatpersonen veröffentlicht werden (User-generated Con-
tent, s. Kapitel 1.6.1). Da seit Anbeginn des Webs prinzipiell jeder in der Lage ist, belie-
bige Dokumente und multimediale Inhalte online zu stellen, ist das Web nicht nur schnell,
sondern vor allem auch unkontrolliert gewachsen. Das Resultat dieser chaotischen Ent-
wicklung ist eine Informationslandschaft, in der Inhalte in vielen unterschiedlichen For-
maten und nur wenig strukturiert vorliegen. Der immense Umfang der im World Wide
Web verfügbaren Information ist Segen und Fluch zugleich: Es ist nämlich gerade die
Vielfalt an verfügbarem Material, die das Finden der gewünschten Information bzw. des
gewünschten Produktangebotes letztendlich erschwert. In der Tat entwickelt sich die Be-
wältigung dieser Informationsflut in der modernen Wissensgesellschaft immer stärker zu
einem bedeutenden Wirtschaftsfaktor, denn der Zeit- und Kostenaufwand für Informati-
onsbeschaffung und -verarbeitung nagt zunehmend an der Produktivität der Unternehmen
und nicht zuletzt auch an den Nerven der Kunden. Letztere nämlich sind zunehmend damit
Die Informationsexplosion als Perspektive für die Digitale Wirtschaft 101

überfordert, sich in den Informations- und Angebotswüsten des World Wide Web zurecht-
zufinden (Kollmann/Häsel 2007b, S. 225). Diese Problematik begründet sich vor allem
darin, dass Information hauptsächlich in natürlicher Sprache (in der Regel in Form von
textuellen Dokumenten oder audiovisuellen Reizen) präsentiert wird. Aus diesem Grunde
besteht stets eine Lücke zwischen der Information, über die der Urheber einer Webseite
verfügt, und der Information, die (in einer für den Menschen verständlichen Form) auf
dieser Webseite präsentiert wird (Fensel et al. 2003). Zwar ist der Mensch dank seiner
Intelligenz oft in der Lage, diese Lücke zu schließen. Bei der maschinengestützten In-
formationsverarbeitung verursacht diese Lücke jedoch Probleme, die sich für den Nutzer
vor allem beim Zugriff auf die jeweilige Information, also beim Suchen (und Finden) be-
stimmter Inhalte äußern (Kollmann/Häsel 2007b, S. 226).
Generell setzt sich Information aus einer syntaktischen und einer semantischen Kompo-
nente zusammen. Die syntaktische Komponente gibt dabei die reine aus der Syntax der
zugrundeliegenden Daten resultierende Informationsmenge an, während die semantische
Komponente sich auf die Bedeutung und die Qualität bezieht (Shannon/Weaver 1976). Im
aktuellen Web wird fast ausschließlich die syntaktische Informationskomponente gespei-
chert, verarbeitet und übertragen. Das sog. Semantische Web (Semantic Web) soll diese
Lücke schließen. Dabei handelt es sich nicht etwa um ein separates Web, sondern um eine
Reihe von Konzepten und Technologien, die das aktuelle Web in Zukunft so erweitern sol-
len, dass Information eine eindeutig definierte Bedeutung bekommt, die von Maschinen in-
terpretiert werden kann (Berners-Lee/Hendler/Lassila 2001). Das Semantic Web steht
prinzipiell nicht in Zusammenhang mit dem Web 2.0, ergänzt den Web 2.0-Gedanken aber
dadurch, dass Informationsressourcen durch Metadaten ergänzt werden, die Sinngehalt
ausdrücken und zwischen Computersystemen ausgetauscht werden können (Wahls-
ter/Dengel 2006). Im Gegensatz zu den im Web 2.0-Umfeld verwendeten Tags haben
Metadaten im Semantic Web jedoch sowohl eine Tiefenstruktur als auch eine fest defi-
nierte Bedeutung, anhand derer sie mit Hilfe von logischen Regeln interpretiert werden
können (Falk et al. 2006). Computersysteme sind dementsprechend in der Lage, die be-
schriebene Information tatsächlich zu verstehen und können ihre menschlichen Nutzer
durch die Interpretation und Integration sowie die Bewertung und den Vergleich von In-
formationsressourcen bei der Lösung von Problemen unterstützen (Grütter 2006). Damit
entwickelt sich das World Wide Web von einem „Netz aus Verweisstrukturen“ zu einem
„Netz aus Inhaltsstrukturen“ (Wahlster/Dengel 2006). So ist sich eine Suchmaschine bei
der Eingabe von „Essen“ heutzutage noch nicht bewusst, dass der Nutzer entweder Infor-
mationen über die Stadt Essen sucht oder lediglich hungrig sein könnte. Auch wenn der
Nutzer „Stadt Essen“ eingibt, weiß die suchende Software noch nicht automatisch, dass
es sich bei Essen um eine Stadt im Ruhrgebiet handelt, die zudem noch den Titel „Kultur-
hauptstadt 2010“ trägt. In einem semantischen Web, in dem die Zusammenhänge zwischen
Informationsressourcen sowie die Bedürfnisse des anfragenden Nutzers entsprechend mo-
delliert sind, wäre eine intelligente, die Information verschiedener Quellen integrierende
Reaktion der Suchmaschine (z. B. in Form einer Nachfrage, ob der Nutzer hungrig sei
oder sich aber für Kultur interessiere) jedoch ohne weiteres möglich.
102 Die Grundlagen des E-Business

Vertrauen Sicherheit und Identität


Logik Inferenzmechanismen

Ontologien DAML+OIL OWL


Semantik RDF, RDF Schema

XHTML
Kodierung, Datenbereiche HTML XML, XML Schema

Ressourcenadressierung Unicode, URI


Semantic Web
Web 2.0

Abb. 39: Schichtenmodell des Semantic Web


Quelle: Kollmann/Häsel 2007b, S. 234.

Das Semantic Web beruht auf unterschiedlich weit entwickelten Technologien, die sich
in einem sechsschichtigen Modell anordnen lassen (s. Abb. 39). Dabei ist eine höhere
Schicht jeweils auf die Funktionalität der darunterliegenden Schichten angewiesen. Auf
syntaktischer Ebene setzt eine semantische Vernetzung von Informationen deren eindeutige
Auffindbarkeit und standardisierte Lesbarkeit voraus, die durch Verwendung von Unicode,
eindeutiger Ressourcenadressen (URIs) und in der Auszeichnungssprache XML beschrie-
bener Datenbereiche gewährleistet ist. Derartige Technologien kommen zwar auch schon
im aktuellen Web 2.0 zum Einsatz, werden letztendlich aber nicht konsequent genug an-
gewendet, um die Basis eines Semantischen Webs zu bilden. So liegt ein Großteil der Infor-
mation immer noch in unstrukturierten HTML-Dokumenten vor, die sich als Ganzes zwar
durch Metadaten annotieren lassen, jedoch keine klar voneinander abgrenzbaren und fest
definierten Datenbereiche enthalten, die sich effizient automatisiert weiterverarbeiten las-
sen.
Mit Hilfe des Resource Description Framework (RDF) können beliebige Informations-
ressourcen durch unabhängige Metadatenbeschreibungen ergänzt werden. Semantische
Beziehungen werden dabei als Tripel (Ressource, Eigenschaft, Wert) modelliert. Durch
RDF Schema (RDFS) lassen sich hierzu eigene Vokabulare erzeugen, welche die mög-
lichen Eigenschaften und Werte eines Ressourcentyps definieren. Die Konzepte einer be-
stimmten Anwendungsdomäne und deren reziproke Beziehungen werden in sog. Ontolo-
gien definiert, z. B. mit Hilfe der Ontology Web Language (OWL). Eine Ontologie ist
das einer bestimmten Gruppe gemeinsame begriffliche Verständnis eines Anwendungsbe-
reiches, das durch Konzepte, Beziehungen zwischen den Konzepten und Regeln explizit
und formal dargestellt wird (Ziegler/Kaltz/Lohmann 2006). Ontologien bilden also eine
zwischen beteiligten Parteien geteilte Konzeptionalisierung eines Realweltausschnittes und
können so zur Kommunikation zwischen Vertretern der Anwendungsdomäne und zur Re-
präsentation von Wissen des abgebildeten Realweltausschnittes genutzt werden (Falk et al.
Die Informationsexplosion als Perspektive für die Digitale Wirtschaft 103

2006). Für eine Reihe von E-Business-Anwendungen im B2B-Bereich existiert bereits


eine Vielzahl von Ontologien (s. Kapitel 2.1). Allerdings sind diese Ontologien sehr spezi-
fisch und leisten oft nur eine unvollständige Abdeckung der jeweiligen Anwendungsdo-
mänen (Fensel et al. 2003). Zudem kommen sie primär beim interorganisationalen Daten-
austausch zum Einsatz und setzen daher nur bedingt die Vision eines Semantischen Webs
um.
Neben Ressourcen, Semantik und Ontologien ist auch die auf diesen basierende automa-
tische Regelverarbeitung durch sog. Inferenzmechanismen ein entscheidender Bau-
stein des Semantischen Web, da erst sie die eigentlich wertvolle, zur Bewältigung der In-
formationsflut mit sich bringende Funktionalität automatischer Schlussfolgerungen und
Entscheidungen nach sich zieht. Hinzu kommen Bausteine zur Prüfung von Sicherheit
und Identität, die die Vertrauenswürdigkeit der durch die Inferenzmechanismen geliefer-
ten bzw. zusammengestellten Inhalte garantieren. Allerdings existieren gerade auf diesen
beiden obersten Schichten des Modells noch keine allgemein akzeptierten Verfahren (Falk
et al. 2006). Dennoch kann man davon ausgehen, dass die auf Semantic-Web-Konzepten
basierende strukturierte und semantische Definition von Inhalten einen entscheidenden
Beitrag zum Netz der Zukunft leisten wird: Nur durch ein Mapping von Ontologien ist
nämlich ein wirklich beliebiger Austausch von Dokumenten möglich, und nur wenn die in-
formationsverarbeitenden Systeme die inhaltliche Bedeutung interpretieren können, kann
eine intelligente Suche an die Stelle eines Abgleichs von Stichworten treten und die pure
Bereitstellung von Information einer Beantwortung von Anfragen weichen (Falk et al.
2006). Schon jetzt entwickelt sich das Web 2.0 zu einem Web 3.0, das die weiter anstei-
gende Informationsflut zu bändigen versucht und neue Mechanismen für die Befriedigung
der Nachfrage mit Hilfe elektronischer Geschäftsprozesse anbieten wird.

1.6.3 Die Aussichten im Web 3.0 (Request Content)


Information zu einer beliebigen Zeit von einem beliebigen Ort aus verfügbar zu machen,
ist im Web 2.0 weder für Unternehmen noch Privatleute ein Problem. Ohne jedoch zu
wissen, ob und wo eine bestimmte Information verfügbar ist, kann sich der individuelle
Nutzer diese kaum nutzbar machen und aktuelle Suchmechanismen sind zunehmend we-
niger in der Lage, die Informationsprobleme des Nutzers für diesen effizient und effektiv
zu lösen. Die Tatsache, dass Informationssuchende zunehmend überfordert sind und
Nachfrager immer weniger Lust haben, sich in den Angebotswüsten im Internet zurecht-
zufinden, stellt für Unternehmen der Digitalen Wirtschaft gleichermaßen Chance und Ri-
siko dar. Künftige Technologie- und Markttrends werden sich daher in erster Linie dadurch
auszeichnen, dass die Informationsprobleme des Nutzers oder – aus betriebswirtschaftli-
cher Sicht – die Informationsbedürfnisse des individuellen Kunden mehr denn je im
Mittelpunkt stehen werden. Aus E-Business wird (M)E-Business. Es ist das Bedürfnis
selbst (me), welches es auf eine optimale Weise zu erfassen und zu befriedigen gilt. Dabei
ist insbesondere zu berücksichtigen, dass das Bedürfnis des Nutzers von einer ganzen
104 Die Grundlagen des E-Business

Reihe von Kontextfaktoren abhängt. Damit zukünftige Plattformen in der Lage sind, Kon-
textinformationen und Webressourcen automatisiert miteinander in Zusammenhang zu
setzen, gilt es die im aktuellen Web verfügbaren, lediglich auf einer syntaktischen Ebene
modellierten Informationen durch Annotationstechniken mit Metadaten zu ergänzen, die
die Informationsinhalte zusätzlich auf einer semantischen Ebene klassifizieren und be-
schreiben.

Web 1.0 Web 2.0 Web 3.0

E-Procurement
E-Community
Plattformtyp E-Shop E-Desk
E-Company
E-Marketplace

Erstellung von Teilnehmer


Anbieter Nachfrager
Inhalten („User-generated Content“)

Durch Teilnehmer, mit Durch Nachfrager, mit


Annotation von
Durch Anbieter ambigen Stichworten eindeutig definierten
Inhalten
(„Tagging“) Metadaten

Suche nach Stichwortsuche findet Dokumente Strukturierte Suche findet


Inhalten („Trefferliste“) Daten, erzeugt Dokumente

Probleme für Inferenz durch Anbieter/Nachfrager/Teilnehmer selbst Inferenz durch Plattformen


Inhalte („Informationsflut“) und Software-Agenten

Abb. 40: Vom Web 1.0 zum Web 2.0 zum Web 3.0
Quelle: Kollmann/Häsel 2007b, S. 246.

Erste Ansätze dazu bieten Web 2.0-Plattformen, deren Nutzer bestimmte Webressourcen
mit ambigen Stichworten versehen. In Bezug auf eine automatische Auswahl und Verar-
beitung vernetzter Webressourcen ist ein einfaches Tagging jedoch nicht ausreichend,
sondern muss durch eine formale Repräsentation von Ressourcen und der verwendeten
Annotationssystematik ergänzt werden. Das Semantic Web (s. Kapitel 1.6.2) bietet eine
Reihe von Konzepten und Technologien, mit deren Hilfe eine entsprechende gleichzeitige
Modellierung von syntaktischen und semantischen Informationskomponenten möglich ist.
Kommen diese in einem Web 3.0 zum Einsatz, können darauf aufbauend kontextadaptive
Plattformen entstehen, die verteilte Webressourcen entsprechend der Bedürfnislage des
Nutzers aufbereiten und dem Nutzer in Form eines dynamisch erzeugten Dokumentes
präsentieren. Die für die Extraktion relevanter Informationen nötigen Schlussfolgerungen
werden im optimalen Falle dabei nicht mehr vom Informationsnachfrager selbst, sondern
von den beteiligten Plattformen und Software-Agenten getroffen. Abb. 40 stellt die Ent-
wicklung vom Web 2.0 zu einem möglichen Web 3.0 zusammenfassend dar. Auf einzelne
Elemente dieser Entwicklung wird im Folgenden noch detaillierter eingegangen.
Die Informationsexplosion als Perspektive für die Digitale Wirtschaft 105

Die Konvergenz von Web 2.0 und Semantischem Web


Eine weltweite Wissensinfrastruktur, wie sie für die Vision eines Semantischen Webs (s.
Kapitel 1.6.2) nötig wäre, kann nicht automatisiert erzeugt werden, sondern kann nur
durch die Beteiligung von Nutzern in großem Maßstab entstehen. Die Erschaffung von
Ontologien sowie die Erstellung strukturierter Dokumente und deren Annotation mit kom-
plexen Metadaten sind jedoch sehr arbeits- und somit kostenintensive Prozesse, die eine
weite Verbreitung des Semantic Web durch Netzeffekte bisher verhindert und eine Semantic
Gap (Wahlster/Dengel 2006) haben entstehen lassen.

Abb. 41: Visualisierung eines Twitter-Accounts


Quelle: www.twitter.com/prof_kollmann

Ein vielversprechender Ansatz, diese Lücke zu schließen, ist die Verwendung von Web
2.0-Konzepten, um insbesondere die wichtigen Metadaten zumindest halbautomatisch ge-
nerieren zu können und die Nutzer an das Thema heranzuführen. Unter dem Web 3.0
verstehen Wahlster/Dengel (2006) in diesem Zusammenhang die Konvergenz von Web 2.0
und Semantischem Web: “Only the combined muscle of semantic web technologies and
broad user participation will ultimately lead to a Web 3.0, with completely new business
opportunities in all segments of the ITC market” (Wahlster/Dengel 2006, S. 3). Insbeson-
dere Blogs und Wikis (Mikloweit 2007, S. 57 ff.) könnten vor diesem speziellen Hinter-
grund die Basis für ein Web 3.0 legen, indem sie dem Semantic Web als Pilotanwendun-
106 Die Grundlagen des E-Business

gen dienen. Nach dem Konzept, Informationen in hierarchisch strukturierte Gruppen ein-
zuordnen und in Beziehung zueinander zu setzen, sind Blogs und Wikis nämlich bereits
aufgebaut – existierende Strukturen müssen lediglich entsprechend einer Ontologie, in der
die verschiedenen Komponenten der Blogging- und Wiki-Welt und ihre Beziehungen zu-
einander festgehalten sind, in RDF überführt werden (Kollmann/Häsel 2007b, S. 236).
Als großer Anbieter in diesem Bereich hat sich im Jahr 2009 das Mikrobloggingsystem
Twitter etabliert (s. Abb. 41). Bei Twitter handelt es sich um ein soziales Netzwerk in Ver-
bindung mit einem Mikro-Blogging-Dienst. Registrierte User können sog. Tweets oder
Updates – Nachrichten mit 140 Zeichen – senden und empfangen. Dies funktioniert so,
dass der User die Nachrichten anderer User abonniert, wobei der Abonnent der Follower
ist. Auf der Twitter-Startseite können Nachrichten eingegeben werden und die Nachrichten
der Personen, denen man folgt, chronologisch sortiert werden. Der Absender kann ent-
scheiden, ob er anonym bleiben will oder nicht. Eingaben werden dann über die Twitter-
Homepage, über Desktop-Applikationen oder in den USA, Kanada und Indien auch via
SMS gemacht. Auch wenn sich Twitter in Deutschland noch nicht im gleichen Maße ver-
breitet hat, wie in den USA, so ist die Bedeutung für das E-Business nicht zu unterschät-
zen, da auch über dieses Medium nachweislich Interessens- und damit Nachfragerströme
umgeleitet werden können.
Nachfragerorientierte Plattformen
Obwohl Web 2.0 und Semantisches Web langsam zusammenwachsen und damit potenzi-
elle Lösungsansätze zur Bewältigung der Informationsflut evolvieren, wird es noch einige
Zeit dauern, bis die entsprechenden Technologien und darauf aufbauenden Geschäftsmo-
delle damit beginnen, das Web wirklich zu revolutionieren und erste Lichtungen in den
Informationsdschungel schlagen. Viele alltägliche Informationsprobleme der Nutzer blei-
ben zunächst also noch ungelöst. Trotz zunehmender Verbreitung von Tags und Metada-
ten werden dabei insbesondere offene Fragestellungen, so z. B. die Frage nach dem „op-
timal zu mir passenden Auto“, zunächst kaum von Softwaresystemen beantwortet werden
können. Allerdings möchte der Kunde nicht mehr lange und erfolglos auf verschiedenen
Plattformen nach dem passenden Objekt suchen, sondern hat das Bedürfnis eines persön-
lich auf ihn zugeschnittenen (M)E-Business-Angebots. Erste innovative Plattformen des
Web 3.0 werden sich diese offensichtliche Not der Nachfrager zur Tugend machen und
den Kunden mit seinem individuellen (Informations-)Bedürfnis in den Mittelpunkt des
eigenen Geschäftsmodells stellen. Damit ist nicht nur die reine Personalisierung bereits
bestehender Produkte und Dienstleistungen gemeint – denn diese erwartet der Kunde laut
aktueller Studien ohnehin (Schenk 2007, S. 36). Gemeint sind hier jedoch vielmehr nach-
fragerorientierte Plattformen bzw. Request-Systeme, die die Nachfrage des Kunden
mit Hilfe intelligenter und benutzerfreundlicher (z. B. Ajax-basierter; s. Kapitel 5.1.3.3)
Oberflächen erfassen und/oder aus bereits gesammelten Informationen über den Kunden
ableiten. Der jeweiligen Nachfrage entsprechende Objekte werden dann weniger aus der
Informationsflut des Web, sondern vielmehr durch menschliche Referenz aus einem über-
Die Informationsexplosion als Perspektive für die Digitale Wirtschaft 107

sichtlich strukturierten Pool von Partnerunternehmen generiert, die für die Vermittlungs-
leistung des Plattformbetreibers eine Provision entrichten. Ein Beispiel einer nachfrager-
orientierten Plattform ist bewertet.de (Online-Request-Prozess; s. Kapitel 4.2.2.2; s. Abb.
42).

Abb. 42: Das Online-Request-Prinzip bei bewertet.de


Quelle: www.bewertet.de

Dabei handelt es sich um ein Portal, welches Kunden und Dienstleister zusammenführt.
Unternehmen erhalten über bewertet.de neue Aufträge und Kunden können dank Bewer-
tungen und relevanten Firmeninformationen den für sie am besten geeigneten Anbieter
finden. Die Suchwunsch-Erfassung ist hierbei völlig kostenfrei. Umsätze werden erst
durch Provisionen, die bei einem erfolgreichen Vertragsabschluss zu bezahlen sind, gene-
riert.
E-Customization-Systeme
Im Rahmen von Produktkonfigurationen wird versucht, dem Kunden bei der Spezifika-
tion seines Produktwunsches bestimmte Individualisierungsmöglichkeiten anzubieten. Zu
diesem Zweck werden bestimmte Produkteigenschaften oder -zusammensetzungen mit
Hilfe von Optionsmenüs durch den Kunden wählbar. Die Wahloptionen bieten dabei
dem Kunden die Möglichkeit, aus einem vorgegebenen Set an Produktvariationen sein
108 Die Grundlagen des E-Business

eigenes Individualprodukt zu wählen (zur Gestaltung von Angebotsalternativen s. Wei-


ber/Mühlhaus/Hörstrup 2010b; Weiber et al. 2010), während der Anbieter durch die Ein-
bindung des Kunden im Rahmen seiner Produktanalyse zusätzlich wertvolle Hinweise auf
die vom Markt nachgefragten Produktmerkmale erhält. Speziell im Rahmen möglicher Pro-
duktkonfigurationsangebote wird die Individualisierung bzw. Personalisierung dabei im-
mer öfter auch selbst zu einem wesentlichen Bestandteil des elektronischen Geschäfts-
modells. Dies ist bspw. bei mymuesli.com zu beobachten, wo die Kunden die Möglichkeit
haben, aus verschiedenen Zutaten ihre eigene Müslimischung zusammenzustellen. Als ex-
plizite Personalisierung beschreiben Riemer/Klein (2001, S. 141 ff.) die Möglichkeit,
dass Kunden anhand von produktspezifischen Parametern, die vom Anbieter selbst defi-
niert und vorgegeben werden (müssen), das Angebot nach ihren eigenen Wünschen kon-
figurieren können.
In vielen Bereichen lassen sich bereits solche sog. E-Customization-Systeme beobach-
ten. Im Bereich „Computer“ war und ist dell.com Vorreiter für solche Produktkonfigura-
tionsmöglichkeiten, bei denen sich der Kunde die Komponenten seines Laptops (z. B. Pro-
zessor, Arbeitsspeicher, Grafikkarte) selbst zusammenstellen kann. Auch in dem
Bereich „Nahrungsmittel“ lassen sich neuerdings viele junge Startups finden, die auf der
Grundlage der Produktkonfiguration ihr Geschäftsmodell aufgebaut haben (z. B. bei my
muesli.com oder sonntagmorgen.com). Im Rahmen der Produktanalyse lassen sich dabei
im Wesentlichen drei Aspekte herausfiltern, mit Hilfe derer sich die Online-Produktkon-
figuration beschreiben lässt:

„ Hauptbestandteil: Die Anzahl der einzelnen Komponenten des Endproduktes, das in


dem E-Shop verkauft werden soll, kann je nach Komplexität variieren. Viele Geschäfts-
modelle setzen ganz gezielt nur auf einen Hauptbestandteil (z. B. Kaffee bei sonn-
tagmorgen.com), der lediglich nach eigenem Geschmack variiert und verfeinert wer-
den kann. Im Gegensatz dazu versuchen andere Modelle über die Zusammenstellung
verschiedener Einzelprodukte zu einem neuen, individuellen Endprodukt zu kommen
wie eben bei mymuesli.com. Dort können zu dem Basisprodukt Müsli noch weitere
Zutaten (Nüssen, Kerne, Früchte) für das individuelle Müsli ausgewählt werden.

„ Variationsmöglichkeiten: Auch die Form und Anzahl der Variationsmöglichkeiten


(z. B. verschiedene Nuss- oder Fruchtsorten) muss bei der Analyse der Produktkon-
figuration berücksichtig werden – in der Regel setzen die Geschäftsmodelle mit nur
einem Hauptbestandteil darauf, möglichst viele Variationen und Sorten anbieten zu
können, um damit die ganze Bandbreite an möglichen, individuellen Geschmäckern
abdecken zu können. Andere versuchen die Variationen bei den Einzelprodukten hoch
zu halten, um möglichst viele verschiedene Endprodukte anbieten zu können. Dabei
ist jedoch darauf zu achten, dass die potenziellen Variationsmöglichkeiten einen in-
haltlichen und wirtschaftlichen Sinn ergeben. Inhaltlich müssen die Variationen zu-
einander passen bzw. sich nicht gegenseitig ausschließen. Wirtschaftlich bedeutet ein
mehr an Variationen ein mehr an Aufwand und Kosten für den Zusammenstellungs-
prozess.
Die Informationsexplosion als Perspektive für die Digitale Wirtschaft 109

Abb. 43: Die Online-Produktkonfiguration bei mymuesli


Quelle: www.mymuesli.com

„ Anteilsmenge und Preis: Wichtiges Kriterium bei der Produktanalyse sind ferner
die Bestimmung der Anteilsverhältnisse verschiedener Komponenten und die Preiszu-
sammensetzung. Gerade, wenn Kunden die Möglichkeit haben, selbst sein Produkt zu
konfigurieren, so muss die Auswirkung eines jeden Schrittes (z. B. Auswahl einer
Sorte oder Veränderung des Anteils am Endprodukt) inhaltlich und wirtschaftlich
transparent gemacht werden. Bei sonntagmorgen.com bspw. werden die Anteile der
einzelnen Kaffeesorten automatisch unter den ausgewählten Sorten gleichmäßig ver-
teilt. Der Kunde kann jedoch den Anteil erhöhen oder verringern und sieht sofort, wie
sich der Endpreis dadurch verändert. Bei mymuesli.com bestimmt sich dagegen der
Endpreis über die Basismischung hinaus auch über die Hinzunahme einzelner Cere-
alien wie Früchte, Nüssen und Kernen oder anderen Zutaten (s. Abb. 43).

Eine noch weitergehende Variante des E-Customization-Konzepts stellen Geschäftsmo-


delle im Social Media Commerce dar, welche explizit soziale Netze bereits bei der Pro-
duktentwicklung miteinbeziehen, wie z. B. seedshirt.de und so den gesamten Prozess von
Design bis zur Preissetzung und Fertigung der Produkte weiter demokratisieren (s. Kapitel
5.2.3.2).
110 Die Grundlagen des E-Business

Semantische Web Services


Während viele E-Shops und E-Marketplaces (s. Kapitel 1.5.1) heute noch Informations-
inseln darstellen, über die ein Konsument nur schwer einen Überblick gewinnen kann,
werden Plattformen des Web 3.0 zu einem wesentlich höheren Grad miteinander vernetzt
sein. Eine Basistechnologie stellen dabei sehr wahrscheinlich Web Services dar, wie sie
auch im aktuellen Web schon zum interorganisationalen Datenaustausch verwendet wer-
den. So bieten bspw. Amazon und Google Web-Service-Schnittstellen, über die Kunden-
und Partnerplattformen nahezu übergangslos auf die angebotenen Produkte und Dienste
zugreifen können (Neimarlija 2007, S. 100 f.). Standards wie SOAP und WSDL lösen
die Problematik heterogener Systeme und sorgen dank XML für Plattformunabhängigkeit.
Google‘s Android Softwaresystem für mobile Applikationen ist bspw. quelloffen (open-
source). Jeder Programmierer einer mobilen Applikation für Android kann bei der Pro-
grammierung von mobilen Applikationen auf den Quellcode von Android zugreifen. Aller-
dings bieten aktuelle Standards im Web Services-Bereich lediglich eine syntaktische In-
teroperabilität. Ein semantisches Verständnis darüber, was ein Dienst tut, welche Daten er
erwartet bzw. liefert, wie er dies zur Laufzeit bewerkstelligt und unter welchen Bedin-
gungen er dies tut, ist jedoch eine entscheidende Voraussetzung, um das volle Potenzial
des Web Service-Gedankens auch wirklich ausnutzen zu können (Sheth et al. 2006). Eine
Ergänzung der Dienstbeschreibungen um auf einer standardisierten Ontologie basierende
Metadaten würde in Zukunft Vorteile hinsichtlich vier Merkmale von Diensten im Web
3.0 mit sich bringen (Sheth/Verma/Gromadam 2006; Kollmann/Häsel 2007b, S. 239):

„ Suche und Auffindung: Sind die Eigenschaften eines Dienstes klar definiert und
von Computersystemen interpretierbar, sind diese selbstständig in der Lage, passende
Wertschöpfungspartner, Kunden und Lieferanten zu finden. Die kostenintensive Suche
nach kompatiblen Partnern wird im Web 3.0 entfallen.

„ Wiederverwendung: Sofern die verwendeten Dienste klar definierte Ontologien nut-


zen, kann die vorhandene Softwareinfrastruktur bei der Nutzung neuer Dienste unver-
ändert weiter genutzt werden. Kostenintensive Mapping-Verfahren oder gar eine Im-
plementierung spezieller Schnittstellen werden im Web 3.0 entfallen.

„ Interoperabilität: Mit Hilfe semantischer Web Services können Plattformen problem-


los und ohne Verlust von Semantik beliebige Daten miteinander austauschen. Dienste
sind zudem austauschbar, können also beliebig durch Ersatzdienste mit gleichen Ei-
genschaften ersetzt werden. Das Risiko einer technologischen Abhängigkeit wird im
Web 3.0 entfallen.

„ Komposition: Nicht zuletzt werden Unternehmen im Web 3.0 in der Lage sein, meh-
rere semantische Web Services zu kombinieren, um diese gemeinsam komplexe elekt-
ronische Geschäftsprozesse ausführen zu lassen. Eine kostenintensive manuelle Koor-
dination beteiligter Wertschöpfungspartner (z. B. verschiedener Lieferanten, Logis-
tik- und Payment-Dienstleister) wird im Web 3.0 entfallen.
Die Informationsexplosion als Perspektive für die Digitale Wirtschaft 111

Garantiert werden diese vier Merkmale semantischer Web Services durch das Zusammen-
spiel der bereits vorgestellten Semantic Web-Technologien und aktuellen Web-Services-
Standards. Man kann jedoch davon ausgehen, dass sich neben SOAP/WSDL-basierten
bzw. service-orientierten Architekturen (SOA) auch weborientierte Architekturen
(WOA) durchsetzen werden (Sheth/Verma/Gromadam 2006). Die dadurch entstehenden
leichtgewichtigen Web Services basieren auf dem sog. REST-Architekturprinzip (Hom-
men 2007; s. Kapitel 5.1.3.2). Anders als klassische Web Services werden sie also durch
einfache HTTP-Requests aufgerufen, sind dank eines URIs als Ressourcen identifizierbar
und nutzen einfache XML-Dokumente für den Datenaustausch (Sheth/Verma/Gromadam
2006). Einen besonders populären Anwendungsbereich dieses Prinzips stellen schon jetzt
Mashups dar (Hommen 2007; s. Kapitel 5.1.2.4). Diese nutzen von verschiedenen An-
bietern zur Verfügung gestellte leichtgewichtige Web Services, um die dadurch gelieferten
Inhalte wirkungsvoll zu aggregieren. Um die auf der syntaktischen Ebene dank XML zwar
homogenen, auf der semantischen Ebene aber hochgradig heterogenen Dienste verschie-
dener Anbieter nahtlos zu integrieren, ist jedoch zusätzlich eine Erweiterung dieser betei-
ligten Dienste um semantische Beschreibungen notwendig (Sheth/Verma/Gromadam
2006). Das dabei wohl am meisten für die Programmierung von Mashups genutzte Tool
ist Google Maps. Um bei dem Trend Twitter zu bleiben, wird das Mashup trendsmap als
Beispiel angeführt (s. Abb. 44). Trendsmap ist eine Mischung aus dem Mikroblogging-
Dienst Twitter und der Anwendung Google Maps. Es ordnet einzelnen Orten Tweets zu,
wodurch der User sehen soll, welche Themen an welchen Orten der Welt am meisten dis-
kutiert werden.

Abb. 44: Trendsmap als Beispiel für ein Mashup


Quelle: www.trendsmap.com
112 Die Grundlagen des E-Business

Haben sich Semantic Web Services einmal etabliert, lassen sich mit wenig Aufwand Meta-
Shops erstellen, also E-Shops, die sich hinsichtlich der von ihnen präsentierten Produkt-
daten lediglich aus externen Quellen bedienen (Kollmann/Häsel 2007b, S. 240). Ein Bei-
spiel wäre ein Online-Buchladen, dessen Angebot sich ausschließlich aus den Angeboten
anderer Buchhändler zusammensetzt. Ähnliche Geschäftsmodelle sind zwar auch im heu-
tigen Web bereits vertreten, können sich aufgrund fehlender Semantik allerdings noch
nicht voll entfalten. Dies liegt insbesondere daran, dass sich die XML-Schemata der be-
teiligten Buchhändler unterscheiden. Werden die Schemata der Ein- und Ausgabedaten
der beteiligten Dienste jedoch durch Metadaten ergänzt, die einer von allen beteiligten
anerkannten Ontologie des Anwendungsbereiches Online-Buchverkauf entsprechen, kann
das Websystem des Meta-Buchladens schlussfolgern, welche Datenelemente der genutz-
ten Dienste semantisch ähnlich sind, und diese dem Kunden dann in einer einheitlichen
Form präsentieren.
Selbstverständlich können semantische Web Services nicht nur von E-Shops, sondern
auch von elektronischen Marktplätzen, Preissuchmaschinen und Produktvergleichsplatt-
formen genutzt werden. Mit der Verbreitung semantischer Web Services wird sich das
Web 3.0 daher in einer steigenden Anzahl von Produktkategorien durch eine beinahe voll-
ständige Markttransparenz auszeichnen – sowohl hinsichtlich einer Vergleichbarkeit von
Preisen, als auch hinsichtlich diverser anderer Produktmerkmale (Fensel et al. 2003).
Zwar tragen auch jetzige Preisvergleichssysteme schon zu einem hohen Grad zu einer
weitgehenden Preistransparenz bei; findet der Preisvergleich jedoch auf einer semanti-
schen Ebene statt, in die zudem noch weitere Produkteigenschaften, Lieferbedingungen
und Anbietermerkmale einbezogen werden, wird der Preis als Unterscheidungskriterium
in der Digitalen Wirtschaft zunehmend an Bedeutung verlieren. Die zukünftige Heraus-
forderung für Unternehmen der Digitalen Wirtschaft wird vor diesem Hintergrund nicht
mehr darin bestehen, in den Suchmaschinen präsent zu sein und durch möglichst günstige
Preise zu überzeugen, sondern die eigenen Informationsdienste in bestmöglicher Qualität
anzubieten. Je höher nämlich die Informationsqualität eines Dienstes ist, desto eher wird
dieser gefunden und von möglichen Kunden bzw. Vertriebspartnern genutzt (Kollmann/
Häsel 2007b, S. 241).
Kontextadaptive Plattformen
Während das Web 3.0 im vorherigen Unterabschnitt eher aus interorganisationaler Pers-
pektive bzw. aus Sicht der beteiligten Systeme betrachtet wurde, stellt sich nicht zuletzt
die Frage, wie die (M)E-Business-Plattformen des Web 3.0 zukünftig auf die Bedürfnisse
des Nutzers reagieren werden. Allgemein hängen die Informationsbedürfnisse eines Nut-
zers zu einem großen Teil von der Situation bzw. Umgebung ab, in der sich dieser gerade
befindet. Plattformen, die diesen sog. Kontext eines Nutzers bei der Zusammenstellung
von Informationen und Diensten berücksichtigen, kann man als kontextadaptiv bezeich-
nen. Kontextadaptive Plattformen des Web 3.0 werden dem Nutzer also gezielt Webres-
sourcen anbieten, die seine individuelle Bedürfnislage befriedigen bzw. in der aktuellen
Situation mit hoher Wahrscheinlichkeit von Nutzen sind. Ein kontextadaptives System
Die Informationsexplosion als Perspektive für die Digitale Wirtschaft 113

passt sich unterschiedlichen Interaktionssituationen an, indem es z. B. individuelle Merk-


male eines Nutzers oder Ortsinformationen für Adaptionen des Systemverhaltens einsetzt
(Ziegler/Kaltz/Lohmann 2006). Diese Kontextinformationen können zum einen vom Nut-
zer selbst angelegt werden (z. B. in Form eines Nutzerprofils). Man spricht in diesem Fall
von adaptierbaren oder personalisierbaren Anwendungen, die basierend auf den statischen
Informationen über den Nutzer die Auswahl und Darstellung von Inhalten steuern (Schenk
2007). Zum anderen können Kontextinformationen aber auch aus dem aufgezeichneten
Nutzerverhalten und der jeweiligen Nutzungssituation resultieren. In diesem zweiten Fall
spricht man von auto-adaptiven Systemen (Ziegler/Kaltz/Lohmann 2006), die Inhalte
und Darstellung entsprechend einer dynamischen Kontextinformation automatisch anpas-
sen.
Um die Kontextinformation für das System verständlich zu machen, muss sie in einer
abstrakten, strukturierten Form erfasst werden. Kommen zur Formalisierung des Kontex-
tes Semantic Web-Technologien zum Einsatz, kann die Plattform im Netz verfügbare In-
formationen sowie den Kontext in Zusammenhang miteinander setzen und schlussfolgern,
welche Informationsauswahl bzw. -zusammenstellung das Bedürfnis des Benutzers aktu-
ell optimal befriedigen würde. Zudem würde eine derartige Formalisierung des Kontextes
die Wiederverwendbarkeit statischer Kontextinformationen für verschiedene Anwendun-
gen erhöhen. So könnte ein Nutzer ein einmalig angelegtes und an zentraler Stelle gepfleg-
tes Nutzerprofil mehreren Anbietern zur Verfügung stellen, die ihre Dienste dann entspre-
chend dieses Profils individualisieren. Unabhängig davon, ob die von einer (M)E-Busi-
ness-Plattform verwendeten Kontextinformationen statischer oder dynamischer Natur
sind, können Adaptionsleistungen auf drei unterschiedlichen Ebenen stattfinden (Zieg-
ler/Kaltz/Lohmann 2006; Kollmann/Häsel 2007b, S. 242):

„ Inhaltliche Ebene: Wenn die Bedürfnisse und Präferenzen des Nutzers bekannt sind
bzw. sich aus dessen Umfeld ableiten lassen, kann die Auswahl und/oder Neuzusam-
menstellung von Inhalten, Diensten bzw. Produktangeboten an diesen ausgerichtet
werden. Diese Ebene betrifft zudem den Detaillierungsgrad der dargestellten Inhalte.

„ Navigationale Ebene: Nicht nur die benötigte Information als solche, sondern auch
die optimale Positionierung einzelner Inhaltselemente in einer Navigationsstruktur ist
kontextabhängig. So sollten im aktuellen Kontext besonders relevante Informationen
direkt erreichbar sein, während bei weniger relevanten Informationen eine Erreichbar-
keit über mehrere Interaktionsschritte ausreicht.

„ Präsentationsebene: In Bezug auf die (audio-)visuelle Darstellung der Inhalte, gilt


es Layout, Schriften, Farben, Formen etc. an die Eigenschaften des verwendeten End-
gerätes (z. B. in Hinblick auf das Display), die Eigenschaften des Nutzers (z. B. in
Hinblick auf Behinderungen) und das aktuelle Nutzungsumfeld (z. B. aktuelle Licht-
oder Lautstärkeverhältnisse) anzupassen.
114 Die Grundlagen des E-Business

Die für ein wirkliches M(E)-Business nötigen Adaptionsleistungen auf Inhalts-, Naviga-
tions- und Präsentationsebene bedingen, dass Informationen nicht mehr als natürlichspra-
chige, für einen festen Kontext verfasste Dokumente vorliegen, sondern in einer strukturier-
ten Form, strikt getrennt von der letztendlichen Darstellung (Balci/Bülbül 2007, S. 77)
und ergänzt durch semantische Beschreibungen abgelegt werden. Die für den menschlichen
Nutzer gedachten Dokumente werden dabei erst zum Zeitpunkt der Anfrage generiert. In
einem Web, das sich durch eine Trennung von Inhalt (Semantik), Struktur (Syntaktik) und
Darstellung auszeichnet, werden kontextadaptive Plattformen allerdings nicht nur eine
Adaptation von Informationen vornehmen, sondern vor diesem Hintergrund zudem auch
als Berater fungieren, die aus den Anforderungen des Nutzers auf nötige Produkteigen-
schaften schließen und dem Nutzer entsprechende Kaufvorschläge unterbreiten.
Software-Agenten
Zur Zusammenstellung der für eine umfassende Beratung nötigen Informationen müssen
M(E)-Business-Plattformen zu einem großen Teil unabhängig von Benutzereingriffen ar-
beiten. Die dafür benötigte Funktionalität werden Software-Agenten liefern, die in der Lage
sind, den aktuellen Kontext zu interpretieren, sich verschiedener Web Service-basierter In-
formationsquellen zu bedienen und mit Hilfe von Inferenzmechanismen intelligente Ent-
scheidungen zu treffen (Berners-Lee/Hendler/Lassila 2001). Diese Software-Agenten
stellen also eine Art „virtuelle Handlungsreisende“ (Grütter 2006, S. 3) dar, die für ihre
Benutzer Aufträge ausführen. Dafür werden sie zunehmend mit anderen Software-Agen-
ten interagieren und in einer gemeinsamen Agentenkommunikationssprache kommuni-
zieren müssen, welche Gegenstand der aktuellen Forschung auf diesem Gebiet darstellt
(Grütter 2006). Diese spezielle Sichtweise, die Software-Agenten im Web 3.0 gleichzeitig
als Erbringer und als Benutzer von Diensten versteht, spiegelt den aktuellen Trend hin zu
Web Services wider. Sind diese wie weiter oben beschrieben weitgehend durch semanti-
sche Beschreibungen ergänzt und somit wiederverwendbar, interoperabel und miteinander
kombinierbar, werden auch solche Software-Agenten miteinander interagieren können, die
nicht explizit für eine Zusammenarbeit geschaffen wurden (Berners-Lee/Hendler/Lassila
2001).
Die Effektivität von Software-Agenten wird exponentiell ansteigen, während weitere ma-
schinenlesbare Inhalte und zusätzliche automatisierte Dienste (einschließlich anderer Soft-
ware-Agenten) verfügbar werden (Berners-Lee/Hendler/Lassila 2001). So ist es sogar
denkbar, dass intelligente Agenten für sich wiederholende Standardeinkäufe abseits der Im-
pulskäufe den Kaufvorgang von der Produktsuche über den Preisvergleich bis hin zur
Bestellung komplett übernehmen werden. Selbst wenn Software-Agenten des Web 3.0 zu
solchen autonomen Handlungen befähigt sein werden, bedeutet dies aber nicht, dass
der menschliche Nutzer nicht mehr aktiv ins kommerzielle Geschehen eingebunden ist.
Vielmehr werden Software-Agenten ihrem Benutzer in Form einer Entscheidungsgrund-
lage mehrere alternative Problemlösungsvorschläge aufzeigen und ihm dann vor diesem
Hintergrund die Wahl überlassen, auf welche Art der Lösungsweg eingeschlagen werden
soll (Hendler 2001).
Die Informationsexplosion als Perspektive für die Digitale Wirtschaft 115

Ein derartiges Zuarbeiten des Nutzers erinnert in seinen Grundzügen an bereits verfügbare
Preis- bzw. Produktsuchmaschinen wie guenstiger.de oder preis.de. So stellt die Möglich-
keit einer automatisierten semantischen Inferenz für den Nutzer keinen Paradigmenwech-
sel dar, wird derartige Plattformen jedoch hinsichtlich ihrer Effizienz und Effektivität
grundlegend revolutionieren. Mit Hilfe von leichtgewichtigen Web Services und den vom
Web 2.0 zur Verfügung gestellten Mashup-Konzepten können die Dienste fremder Soft-
ware-Agenten wiederum in bestehende Plattformen (z. B. E-Shops oder E-Communities)
eingebunden werden. Absehbar ist in diesem Zusammenhang eine noch weiter zuneh-
mende Reduzierung der Zwischenhändler (Disintermediation). Betroffen werden davon
vor allem die Märkte sein, in denen die Verarbeitung von Metadaten über verfügbare
Ressourcen bislang die Aufgabe spezialisierter Informationsdienstleister war (Falk et al.
2006). Dazu zählen keineswegs nur Internetsuchmaschinen und Preisvergleichsdienste,
sondern bspw. auch Finanz- und Versicherungsmakler, Arbeitsagenturen oder Reisebüros,
deren Rolle zumindest in Teilen von softwarebasierten Akteuren übernommen wird (Koll-
mann/Häsel 2007b, S. 244).

1.6.4 Die Transformation zum Web 4.0 (Industrial Content)

Die stetig fortschreitende Digitalisierung macht auch vor der klassischen Industrie, die
zusammen mit dem Mittelstand als das Rückgrat der deutschen Wirtschaft gilt, keinesfalls
Halt. Ganz im Gegenteil muss man sogar behaupten, dass die Digitalisierung einige Bran-
chen der Realwirtschaft – im besten Sinne disruptiver Innovation nach Christensen
(2016) – regelrecht durchrüttelt und neu ordnet. So geschehen unter anderem bereits in
den Branchen Buchhandel durch Amazon, Musikindustrie durch Spotify, Personenbeför-
derung durch Uber oder im Hotelgewerbe durch Airbnb. Damit die klassische Industrie
hierbei nicht den Anschluss verliert, muss sie sich notwendigerweise der Digitalisierung
stellen und elektronische Wertschöpfungsprozesse in ihre Abläufe integrieren (s. Abb. 21;
s. Kapitel 1.4.2) sowie gänzlich neue wertschöpfende Aktivitäten bzw. intelligente Dienste
auf Basis von Informationen erschaffen. Es kann dabei davon ausgegangen werden, dass
die sog. Industrie 4.0, also die vernetzte Produktion, mindestens Potenziale für disruptive
und strukturverändernde Prozessinnovationen birgt (Hirsch-Kreinsen/Weyer 2014). Wert-
schöpfungsketten können darüber hinaus jedoch auch gänzlich neu gestaltet und somit die
Geschäftsmodelle der deutschen Leitindustrien wie z. B. Maschinen- und Automobilbau
signifikant beeinflusst werden, wodurch hier auch von einer vierten industriellen Revolu-
tion gesprochen wird (Schwab 2016). Das zentrale Merkmal der Industrie 4.0 ist dabei
eine Vernetzung der physischen mit der virtuellen Welt hin zu sog. Cyber Physical Sys-
tems (CPS). Dies geschieht durch größtenteils bereits vorhandene Technologien, welche
hierzu in neuartiger Weise (gemeinsam) genutzt bzw. rekombiniert werden und in der Re-
gel über das Internet miteinander in Verbindung gesetzt werden. Cyber Physical Systems
umfassen drei wesentliche Bereiche:
116 Die Grundlagen des E-Business

„ Machine to Machine Communication (M2M): Dieser Begriff bezeichnet den auto-


matisierten Informationsaustausch von Endgeräten (z. B. Maschinen, Fahrzeuge,
Workstations etc.) mit jeweils anderen Endgeräten eines Systems oder mit einer zent-
ralen Applikation bzw. Leitstelle mittels innovativer Informationstechnologien. Da-
bei wird neben lokalen (Firmen-)Netzwerken auch vermehrt auf das Internet als Kom-
munikationsnetzwerk zum Informationsaustausch gesetzt. Wichtig ist hier die Mög-
lichkeit des bilateralen Informationsaustausches, sodass M2M über reine Statusüber-
wachung von Maschinen durch eine Leitstelle hinausgehen kann.

„ Internet of Things (IoT): Dieser Begriff steht für eine Verlängerung des Internets in
die reale (physische) Welt mit dem Ziel, dass nicht mehr der Computer bzw. das In-
ternet selbst aktiv vom Menschen genutzt werden, sondern vielmehr der Mensch un-
merklich in seinen Tätigkeiten durch Computer bzw. das Internet unterstützt wird und
so einen Mehrwert erhält. Bei solchen Computern handelt es sich oftmals um sog.
eingebettete Systeme, welche die üblichen Funktionen von Objekten (things) mit dem
Internet verbinden und ein Abbild des Objekts im Internet erschafft. Die Objekte wer-
den somit zu sog. Smart Devices und selbst ein Teil des Internets. Eine zentrale Rolle
solcher Smart Devices spielen dabei auch Sensoren und Aktoren, welche laufend Da-
ten aufzeichnen und Befehle ausführen. Die Anwendungsfelder des Internet der
Dinge erstrecken sich heutzutage auf nahezu alle Lebensbereiche (Wortmann/Flüch-
ter 2015).

„ Cloud Computing: Die dezentrale Nutzung von M2M und IoT, oftmals über physi-
sche Distanzen hinweg, wird erst durch innovative Informationstechnologie zum Da-
tenaustausch und zur Datenspeicherung ermöglicht. Neben lokalen Netzwerken und
Speichern liefert im Zusammenhang mit diesen Entwicklungen das Cloud Computing
eine innovative Möglichkeit, die Maschinen und Objekte zu verbinden, deren Daten
zu speichern und ohne lokale oder physische Beschränkungen zugänglich zu machen.
Mit Hilfe der Cloud kann eine globale Infrastruktur geschaffen werden, die es jedem,
der darauf Zugriff hat, erlaubt, neue Services, Inhalte oder Applikationen zu schaffen.

Die gemeinsame Nutzung dieser Technologien kann im Rahmen der Industrie 4.0 zu ei-
nem hohen Automatisierungsgrad und damit verbunden zu signifikanten Produktivitäts-
zuwächsen führen (Reinhart et al. 2013). Bei konsequenter Digitalisierung durch Nutzung
der Technologien der Industrie 4.0 können mithin sog. Smart Factories entstehen, in de-
nen sich die Maschinen und Systeme weitestgehend selbstständig über „Industrial Con-
tent“ organisieren und der Mensch nur noch eine überwachende Rolle einnimmt. Wege
und Fertigungsreihenfolgen werden so z. B. automatisch über drahtlose Kommunikation
optimiert und Bestellungen von Material direkt von den jeweiligen Maschinen zum opti-
malen Zeitpunkt ausgelöst. Neben den Einsatzbereichen in Produktion, Logistik und im
B2B-Bereich, streben Unternehmen jedoch auch danach, dass das Internet der Dinge, über
das Tragen von Wearables (s. Kapitel 1.1.5) hinaus, ebenfalls Einzug in Privathaushalte
nimmt. Durch die Entwicklung von modernen, smarten Haushaltsgeräten im Zusammen-
Die Informationsexplosion als Perspektive für die Digitale Wirtschaft 117

spiel mit intelligenten Stromnetzen (Smart Grids) sollen Stromerzeugung und –verbrauch
dezentralisiert und neu strukturiert werden. Eine weitere aktuelle Entwicklung im Bereich
Smart Devices stellen die sog. Amazon Dash Buttons dar, wobei es sich um kleine Geräte
mit einem Knopf handelt. Diese können vom Kunden im Haushalt (z. B. an der Wasch-
maschine) angebracht und mit bestimmten Produkten (z. B. Waschmittel) verknüpft wer-
den. Auf Knopfdruck wird dann automatisch die Bestellung des Kunden direkt über ama-
zon.de ausgelöst.
Intuitiv mit dieser nahezu vollständig automatisierten Übertragung, Speicherung und Aus-
wertung von Informationen verbunden ist der Begriff Big Data (s. Kapitel 1.1.4). Bei der-
art großen Datenmengen, die sekündlich automatisch wachsen, ist es essentiell, über pas-
sende Analysemethoden die benötigten Informationen aus den Daten hinausziehen und
aufarbeiten zu können, um diese z. B. der Geschäftsleitung über passende Kennzahlen als
Entscheidungsgrundlage zugänglich zu machen. Neben den hohen Investitionskosten für
die Anschaffung neuer Technologien im Bereich der Industrie 4.0 nennen viele Unterneh-
men jedoch noch die Angst ihrer Mitarbeiter vor dem Verlust des Arbeitsplatzes an eine
Maschine als mögliche Hinderungsgründe einer Digitalisierung in Mittelstand und Indust-
rie. Mittel- und langfristig ist die Digitale Transformation von Unternehmen der klassi-
schen Wirtschaft jedoch unausweichlich, um im internationalen Wettbewerb mithalten zu
können und wird, sofern sich Unternehmen und Arbeitnehmer ihr gemeinsam stellen,
deutlich mehr Chancen als Risiken bieten können.

1.6.5 Die Intelligenz des Web 5.0 (Artificial Content)

Informationstechnologien sind die Basis für die Digitale Wirtschaft und entwickeln sich
permanent weiter. Demnach wird auch über die weitere Entwicklung der digitalen Tech-
nologien spekuliert und Zukunftsszenarien erstellt. Wie aufgezeigt wurde, können im
Rahmen von Web 4.0 die Maschinen miteinander vernetzt werden (bspw. Machine-to-
Machine-Communication), so dass durch sog. Smart Factories Maschinen und Systeme
weitestgehend automatisiert arbeiten können und der Mensch nur noch eine kontrollie-
rende Funktion einnimmt. Wachsen nun die bisherigen Schlüsseltechnologien mit der
künstlichen Intelligenz und Blockchain-Technologie zusammen, ergeben sich insbeson-
dere in Kombination mit dem Internet der Dinge (s. Kapitel 1.6.4) spannende neue As-
pekte und Perspektiven welche zukünftig in einem Web 5.0 münden. Künstliche Intelli-
genz (KI) ist dabei sicherlich einer der größten Treiber dieser Entwicklung und wird zu
einer Querschnittstechnologie für alle Branchen. Jeden Monat dringen KI-basierte An-
wendungen in weitere Bereiche des Alltags und des Arbeitslebens vor. Ihnen ist gemein,
dass sie bestehende Geschäftsmodelle produktiver machen, verändern oder sogar ablösen
können während gleichzeitig die Entscheidungen vieler Menschen gestützt und damit be-
einflusst werden. Die Gesellschaft reagiert mit Hype, Hysterie oder Gemeinplätzen, denn
nur ein kleiner Teil der Gesellschaft versteht die KI-Techniken. Die politischen Reaktio-
nen sind von Land zu Land unterschiedlich. Bislang liegen Deutschland und Europa bei
118 Die Grundlagen des E-Business

der strategischen und konzertierten Förderung von KI-Technologien deutlich hinter den
anderen Wirtschaftsräumen zurück. Die steigende Datenmenge sowie die rasant wachsen-
den Möglichkeiten der Verarbeitung von Daten ermöglicht vor diesem Hintergrund aber
eine zunehmend bessere maschinelle Nachahmung menschlicher Denk- und Verhal-
tensmuster. Vor diesem Hintergrund wird insbesondere der Begriff Künstliche Intelli-
genz (KI; Englisch: Artificial Intelligence, AI) zunehmend im Sprachgebrauch verwen-
det. In der Fachliteratur findet sich eine Vielzahl verschiedener Definitionen von Künstli-
cher Intelligenz, so dass keine einheitliche Definition im engeren Sinne anzutreffen ist.
Einheitlich wird die Künstliche Intelligenz aber als Teilgebiet der Informatik beschrieben,
in dem sog. „intelligente Agenten“ (Franklin/Graesser 1997, S. 21) erforscht und entwi-
ckelt werden (Buxmann/Schmidt 2018). Ein „intelligenter Agent“ zeichnet sich dabei
durch seine Fähigkeit aus, selbstständig Problemstellungen lösen zu können und somit
autonom Artificial Content zu produzieren (Carbonell/Michalski/Mitchell 1983; Bux-
mann/Schmidt 2018; Kollmann/Schmidt 2016, S. 49 ff.).
Ein kritischer Aspekt der Künstlichen Intelligenz ist insbesondere das sog. Maschinelle
Lernen. Samuel (1959) definierte es grundlegend als Forschungsfeld, welches Maschinen
ermöglicht, zu Lernen, ohne explizit programmiert worden zu sein. Diese Fähigkeit er-
möglicht somit eine Wissensgenerierung auf Basis von Erfahrungen. So können Maschi-
nen mit bestehenden Datensätzen (Erfahrungen) gespeist werden, diese auswerten und auf
einer entwickelten Funktion basierend optimale Schlussfolgerungen ziehen. Ein zuneh-
mend an Bedeutung gewinnendes Teilgebiet des Maschinellen Lernens ist das sog. Deep
Learning. Deep Learning ist ein Konzept, durch das Muster (auch Repräsentationen ge-
nannt) in Daten besser erkannt werden sollen, indem mehrere aufeinanderfolgende Lern-
schichten übereinandergelegt und miteinander verknüpft werden (Chollet 2018). Durch
den Aufbau der verschiedenen Schichten, die angelehnt an ein natürliches neuronales Netz
sind und diesem somit ähneln, wird in der Literatur oft auch von (künstlichen) neuronalen
Netzen gesprochen (Rojas 1996). Grundsätzlich werden beim maschinellen Lernen fol-
gende zwei Verfahrens- und Analysetypen unterschieden:

„ Das überwachte Lernen - Supervised Learning: Überwachtes Lernen dient dazu


ein Ergebnis mittels vorgegebenen Inputs zu schätzen und somit Vorhersagen zu tref-
fen. Im Rahmen des Lernprozesses erhält der Algorithmus ein Feedback. Durch diese
Rückmeldung wird dem Algorithmus mitgeteilt, ob das vorhergesagte Ergebnis rich-
tig oder falsch ist. In Folge dessen werden die Informationen verwendet, um interne
Parameter anzupassen. Diese Vorhersage-Modelle basieren auf Algorithmen wie bei-
spielsweise klassischen Regressionen, künstlichen neuronalen Netzwerken (KNN) o-
der Entscheidungsbäumen und bestimmen wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass
ein gewisses Ergebnis in Kraft tritt.

„ Das unüberwachte Lernen - Unsupervised Learning: Unter diesem Begriff wird


die Entschlüsselung versteckter Muster im Datensatz verstanden, ohne das ein be-
stimmtes Ergebnis bereits vorher geschätzt oder prognostiziert wurde. Ein gängiges
Verfahren ist hierbei das sog. „Clustering“ respektive die Clusteranalyse. Indessen
Die Informationsexplosion als Perspektive für die Digitale Wirtschaft 119

wird anhand eines Algorithmus unter Einbezug verschiedener Variablen der Daten-
satz in verschiedene Gruppen/Segmente eingeteilt. Hierbei werden ebenfalls Verfah-
ren wie etwa die lineare Regression und Entscheidungsbäume angewendet.

Abb. 45: Das Computerprogramm AlphaGo als Beispiel für künstliche Intelligenz
Quelle: www.deepmind.com
Eines der prominentesten Beispiele für Maschinelles Lernen ist AlphaGo, ein Computer-
programm, das von dem Unternehmen Google DeepMind entwickelt wurde. Es ist das
erste Computerprogramm, dass es geschafft hat einen menschlichen professionellen Go-
Spieler sowie den Weltmeister in Go zu schlagen. Go ist ein äußerst komplexes Brettspiel,
das seinen Ursprung vor ca. 3000 Jahren in China fand. AlphaGo wurde durch eine Viel-
zahl von bereits gespielten Go-Spielverläufen gespeist, auf deren Basis das Programm
lernte und sich so inkrementell verbessern konnte.
Die Möglichkeit des Maschinellen Lernens eröffnet ein sehr großes Spektrum für potenti-
elle Anwendungsfelder der Künstlichen Intelligenz, die in nahezu allen Lebensbereichen
vorstellbar sind. Für Unternehmen kann der Einsatz von Künstlicher Intelligenz zu Effizi-
enz- sowie Produktivitätssteigerung führen und ein besseres Eingehen auf Kunden ermög-
lichen, wodurch Mehrwerte geschaffen werden können (Gentsch 2018). Insbesondere in
Branchen, in denen große Datenmengen generiert werden kann eine Anwendung mit
Künstlicher Intelligenz zu wettbewerbsentscheidenden Vorteilen führen. Praxisbespiele
für Unternehmen, die bereits Programme im Feld der Künstlichen Intelligenz anwenden,
sind mannigfaltig. Die Otto Group nutzt beispielsweise ein Feature, welches dem Kunden
ermöglicht die wichtigsten Aspekte einfach und gezielt aus den bestehenden Produktbe-
wertungen herauszufiltern. Dieses Feature wird durch einen Algorithmus durchgeführt,
der automatisch die häufigsten Aspekte der Bewertung erkennt und die Tonalität in diesen
Bewertungen identifiziert. Ein Prinzip, das durch die Künstliche Intelligenz ermöglicht
wird.
120 Die Grundlagen des E-Business

Abb. 46: Produktbewertungen mit Hilfe der Künstlichen Intelligenz bei der Otto Group
Quelle: www.otto.de

Nimmt man die neusten technologischen Entwicklungen, wie bspw. Künstlicher Intel-
ligenz und Blockchain zusammen, stellt sich die Frage, inwieweit diese Fortschritte im
Bereich der Digitalisierung eine Entwicklung hin zum Web 5.0 bedeuten. Nach aktuel-
lem Verständnis wird unter Web 5.0 das selbstständige teilnehmen von Geräten und
Maschinen im Alltag und im Wirtschaftskreislauf verstanden. Aufgaben und Tätigkei-
ten von Mensch und Maschine würden zunehmend miteinander verschmelzen und Com-
puter sowie Roboter dem Menschen vermehrt als persönliche Assistenten dienen (Smith
2018). Im Gesundheitswesen wird in diesem Zusammenhang bereits diskutiert inwie-
weit Pflegeroboter Aufgaben des Menschen erfüllen können und diesen sowohl fachlich
als menschlich hinsichtlich ihrer Empathie ersetzen können (Schulz 2018). Auf Grund
dieser engen Verbindung von Mensch und Maschine, die über rein technische Funktio-
nen hinausgeht, wird in der Wissenschaft häufig der Begriff „Emotional Web 5.0“ an-
geführt (Benito-Osorio et al. 2013). Dabei ist davon auszugehen, dass zukünftig auf
Grund von künstlicher Intelligenz Roboter in der Lage sein werden, wie Menschen zu
kommunizieren, zu denken und zu handeln, was zu einer emotionalen Interaktion zwi-
schen Mensch und Maschine führt (Smith 2018). Inwieweit dies zu ethischen Problemen
und Diskussionen führt, kann an dieser Stelle nur angedeutet werden.
Die Handlungsmatrix als Modularstruktur für die Digitale Wirtschaft 121

1.7 Die Handlungsmatrix als Modularstruktur


für die Digitale Wirtschaft
Elektronische Geschäftsprozesse in der Digitalen Wirtschaft können über zwei wesentli-
che Ansätzen beschrieben werden: Erstens anhand der Plattformen für das E-Business
(i. e. S. E-Procurement, E-Shop und E-Marketplace sowie i. w. S. E-Community und E-
Company; s. Kapitel 1.5.1) und zweitens anhand der fünf zentralen Bausteine im E-Bu-
siness, die für die grundsätzliche und erfolgreiche Umsetzung notwendig sind. Zu den
Inhalten in diesen Bausteinen zählen insbesondere (s. Abb. 47):

„ Systeme: Hier werden alle Aspekte bezüglich der technischen Grundlagen für die
Durchführung elektronischer Geschäftsprozesse behandelt. Dazu gehören insbeson-
dere Entscheidungen über die eingesetzte Hard- und Software, den technischen Auf-
bau und die Nutzung von Datenbanken und Katalogen sowie Fragen hinsichtlich der
Gestaltung von Systemarchitekturen, Systemschnittstellen und Benutzeroberflächen.
Ferner werden auch die technischen Grundlagen in den Bereichen Content Manage-
ment- und Warenwirtschaftssysteme angesprochen.

„ Prozesse: Hier werden alle Aspekte bezüglich der prozessualen Grundlagen für die
Durchführung elektronischer Geschäftsprozesse behandelt. Dazu gehört besonders
die Darstellung der konkreten Abläufe für verschiedene Einkaufs- (z. B. eTracking),
Verkaufs- (z. B. eSales oder ePayment) und Handelsprozesse (z. B. eMatching oder
eAuction). Dazu zählen auch die prozessualen Grundlagen in den Bereichen Distri-
bution und Controlling.

„ Management: Hier werden alle Aspekte bezüglich der strategischen Grundlagen zur
Durchführung elektronischer Geschäftsprozesse behandelt. Dazu gehört besonders
die Analyse des Online-Angebotes (z. B. eService), des Online-Marktes (z. B. eCus-
tomer) und des Online-Wettbewerbs (z. B. Markteintritt). Dabei sollen auch die spezi-
ellen Erfolgsfaktoren für das Management der drei zentralen Plattformen angespro-
chen werden (z. B. kritische Masse). Hinzu kommen strategische Grundlagen in den
Bereichen Online-Kooperation und eSupply Chain Management.

„ Marketing: Hier werden alle Aspekte bezüglich der absatzpolitischen Grundlagen


für die Durchführung elektronischer Geschäftsprozesse behandelt (inkl. des Beschaf-
fungsmarketings). Dazu gehören bspw. Fragen der Online-Marktforschung, des Data
Mining und Database-Marketing, sowie der elektronischen Werbe- und Kommunika-
tionsformen von Online-, Viral- (s. Kapitel 3.4.1.4) und One-to-One-Marketing (s.
Kapitel 3.4.3.1). Ferner werden absatzunterstützende Verfahren des eCustomer Rela-
tionship Managements (s. Kapitel 3.4.3.2) und auch des Online-Geschäftsbeziehungs-
managements angesprochen.
122 Die Grundlagen des E-Business

„ Implementierung: Hier werden alle Aspekte bezüglich der praxisorientierten Grund-


lagen für die Durchführung elektronischer Geschäftsprozesse behandelt. Dazu gehö-
ren insbesondere Entscheidungen über die Planung, Organisation und Einführung von
elektronischen Systemen. Im Mittelpunkt einer erfolgreichen Implementierung stehen
dabei das plattformbezogene Projektmanagement und die Darstellung spezieller Auf-
gaben. Ferner werden auch die praxisbezogenen Grundlagen in den Bereichen
Schnittstellenmanagement und Change Management behandelt.

Grundlagen des E-Business


(Kapitel 1)
Informations- Informations- Informations- Informations- Informations- Informations-
Basis technik technologie austausch ökonomie wettbewerb explosion
(Kapitel 1.1) (Kapitel 1.2) (Kapitel 1.3) (Kapitel 1.4) (Kapitel 1.5) (Kapitel 1.6)

Plattformen des E-Business

Einkauf Verkauf Handel Kontakt Kooperation


Umsetzung E-Procurement E-Shop E-Marketplace E-Community E-Company
(Kapitel 2) (Kapitel 3) (Kapitel 4) (Kapitel 5) (Kapitel 6)

Hardware, Software, Datenbanken, Kataloge, Architekturen, Standards, Design, CMS, ERP, Ajax, SOA, Groupware
Systeme
(Kapitel 2.1) (Kapitel 3.1) (Kapitel 4.1) (Kapitel 5.1) (Kapitel 6.1)

eSales, eTracking, ePayment, eFulfillment, Anbahnung, Matching, Vereinbarung, Auktionen, eDistribution, eControlling, eBlogging
Prozesse
(Kapitel 2.2) (Kapitel 3.2) (Kapitel 4.2) (Kapitel 5.2) (Kapitel 6.2)

Produkt, Markt, Wettbewerb, Strategie, Analyse, Erfolgsfaktoren, Kooperationen, eSCM, Kopplung, Vertrauen, Dialog
Management
(Kapitel 2.3) (Kapitel 3.3) (Kapitel 4.3) (Kapitel 5.3) (Kapitel 6.3)

Research, Data Mining, DBM, eBranding, Online-/Viral-/One-to-One-Marketing, eCRM, Markenmanagement, Recommendation


Marketing
(Kapitel 2.4) (Kapitel 3.4) (Kapitel 4.4) (Kapitel 5.4) (Kapitel 6.4)

Analyse, Planung, Gestaltung, Organisation, Umsetzung, Projektmanagement/-phasen/ -team, Schnittstellen, Interaktion


Implementierung
(Kapitel 2.5) (Kapitel 3.5) (Kapitel 4.5) (Kapitel 5.5) (Kapitel 6.5)

Abb. 47: Die Handlungsmatrix als Modularstruktur für die Digitale Wirtschaft

In der Kombination beider Ansätze resultiert folgerichtig eine im Regelfall idealtypische


Handlungsmatrix im E-Business, bei der die einzelnen Bausteine über alle Phasen der
Entwicklung hinweg betrachtet werden (s. Abb. 47). Der Logik dieser Handlungsmatrix
folgend, ergibt sich auch der weitere Aufbau des Lehrbuchs. Dabei wird jeder Plattform
im E-Business ein eigenes Kapitel gewidmet (z. B. Kapitel 2): E-Procurement), innerhalb
dessen jeder einzelne Handlungsbaustein in einem eigenständigen Unterkapitel (z. B. Ka-
pitel 2.1: Systeme im E-Procurement) behandelt wird (s. Abb. 47). Somit werden nach
den Grundlagen (Kapitel 1) nun die spezifischen Besonderheiten der einzelnen Plattfor-
men bezogen auf jeden einzelnen Baustein im Detail behandelt. Dieser modulare Aufbau
hat den Vorteil, dass man sich sowohl an den einzelnen Plattformen (z. B. Kapitel 4:
E-Marketplace), als auch an den einzelnen Bausteinen orientieren kann. Besteht das Inte-
resse bspw. nur an dem Baustein „Prozesse“, so kann das Lehrbuch horizontal herange-
zogen werden (s. Kapitel 2.2, 3.2 und 4.2). Bezieht sich ein elektronischer Geschäftsprozess
Die Handlungsmatrix als Modularstruktur für die Digitale Wirtschaft 123

auf eine spezielle Plattform (z. B. Online-Verkauf von Produkten: E-Shop), so kann es
bzw. er sich mit einem entsprechenden Gesamtkapitel vertikal befassen (s. Kapitel 3) und
erhält hier alle Ausführungen zu den Handlungsbausteinen. Durch die Kombination von
technischen („Systeme“), managementorientierten („Prozesse“, „Management“ und
„Marketing“) und praxisorientierten Bausteinen bildet das Lehrbuch zudem eine Schnitt-
stelle zwischen BWL und Wirtschaftsinformatik und ist damit für eine breite Zielgruppe
aus Theorie und Praxis von Interesse.

Dabei bleibt es weiterhin das Ziel, einen umfassenden Gesamtüberblick zum Themen-
feld „E-Business“ zu liefern, womit auch der Umfang dieses Werkes gerechtfertigt er-
scheint, ohne jedoch einen Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben. Es geht dabei um
einen theoriegeleiteten Überblick über das Themenfeld, welches insbesondere in For-
schung und Lehre (Bachelor/Master-Studiengänge) eingesetzt werden kann. Auch wenn
Praktiker in den Ausführungen selbstverständlich ebenso wertvolle Anregungen und da-
mit ein solides und umsetzbares Fundament für ihre Arbeit finden werden, so ist es eben
doch kein reines „Kochbuch“ mit Checklisten für die Tagesarbeit. Dieses Buch befasst
sich analog zu seinem Untertitel eben mit den „Grundlagen elektronischer Geschäftspro-
zesse in der Digitalen Wirtschaft“ und soll dem Leser einen ersten strukturierten Überblick
über die Vielfalt und die Möglichkeiten des Themas „E-Business“ geben. Ferner wird da-
rauf Wert gelegt, dass die theoretischen Ursprünge nicht verloren gehen. Es ist deswe-
gen eben kein Anliegen dieses Lehrbuchs, nur die Quellen der letzten drei Jahre aufzuar-
beiten, sondern sich vielmehr auch mit den Ursprüngen der theoretischen Überlegungen
auseinanderzusetzen, deren Erkenntnisse heute immer noch Gültigkeit haben. In Ergän-
zung zu den Ausführungen im Buch sei an dieser Stelle auch nochmals auf die multime-
dialen Ergänzungen im Internet und Weiterbildungsangebote hingewiesen:

„ Onlinekurs „E-Business-Seminar“: Dieses Angebot bietet eine multimediale Auf-


arbeitung der Inhalte aus Kapitel 1 (Grundlagen) in einem interaktiven Lerntool im
Internet mit einer aufwendigen Produktion der Lerninhalte in Text, Bild, Ton, Video,
Animation, interaktiven Grafiken usw. www.e-business-seminar.de

„ Zertifikatskurs „E-Business-Manager“: Innerhalb dieses dreimonatigen berufsbe-


gleitenden Fernstudiums (Blended-Learning) werden die fachrelevanten Inhalte aus
Kapitel 1 (Grundlagen), Kapitel 2 (E-Procurement), Kapitel 3 (E-Shop) und Kapitel
4 (E-Marketplace) vermittelt. www.e-business-manager.de

„ Zertifikatskurs „E-Business-Leader“: Innerhalb dieses sechsmonatigen berufsbe-


gleitenden Fernstudiums (Blended-Learning) wird auf die führungsrelevanten Inhalte
aus Kapitel 1 (Grundlagen), Kapitel 2 (E-Procurement), Kapitel 3 (E-Shop) und Ka-
pitel 4 (E-Marketplace) eingegangen. www.e-business-leader.de
124 Die Grundlagen des E-Business

Übungsaufgaben

1. Die drei technologischen Aspekte von Digitalisierung, Vernetzung und Datentrans-


fer bestimmen maßgeblich die Entwicklung in der Informationstechnik. Beschreiben
Sie die Auswirkungen dieser drei Aspekte für die Entwicklung elektronischer Ge-
schäftsprozesse und nennen Sie praktische Beispiele für deren Umsetzung.

2. Innovative Informationstechnologien stellen die Basis für die Digitale Wirtschaft


dar. Beschreiben und vergleichen Sie diese Informationstechnologien und bewerten
Sie deren derzeitige Bedeutung für das E-Business.

3. Welche Potenziale für elektronische Geschäftsprozesse liefert die Entwicklung hin


zu einer interaktiven Kommunikation? Erklären Sie in diesem Zusammenhang ins-
besondere die Begriffe „Push-Kommunikation“ und „Pull-Kommunikation“.

4. Worin liegt der generelle Unterschied zwischen der Realwirtschaft und der Digitalen
Wirtschaft? Argumentieren Sie hierbei besonders anhand der differierenden Mög-
lichkeiten zur Abwicklung von Geschäftsprozessen und der Ausgestaltung einer dies-
bezüglichen Wertschöpfung.

5. Beschreiben Sie die Wertschöpfungsketten in der realen und Digitalen Wirtschaft


und erläutern Sie insbesondere die Möglichkeiten einer daraus ableitbaren elektro-
nischen Wertschöpfung. Worin liegen die Unterschiede zu einer realen Wertschöp-
fungskette basierend auf dem Ansatz von Porter? Finden Sie drei Praxisbeispiele für
eine elektronische Wertschöpfung im Internet.

6. Welche zentralen Plattformen existieren in der Digitalen Wirtschaft und wie unter-
scheiden sich diese bezüglich der Bausteine „Information“, „Kommunikation“ und
„Transaktion“? Nutzen Sie den folgenden Tabellenansatz als Grundlage Ihrer Ant-
wort und finden Sie je drei Praxisbeispiele pro Plattform im Internet.

Plattform Funktion Information Kommunikation Transaktion

Ja, direkt durch Ja, direkt zwischen Ja, direkt über


E-Shop Verkauf
Produktauswahl Anbieter/Nachfrager Produktverkauf

... ... ... ... ...

... ... ... ... ...


Übungsaufgaben 125

7. Charakterisieren Sie die Besonderheiten einer Unternehmensgründung in der Digi-


talen Wirtschaft (E-Entrepreneurship). Worin liegen die wesentlichen Unterschiede
zu einer Unternehmensgründung in der realen Wirtschaft?

8. Beschreiben Sie die historische Entwicklung von Wettbewerbsfaktoren und begrün-


den Sie den besonderen Stellenwert des Wettbewerbsfaktors „Information“ im Rah-
men der Entwicklung zur Informationsökonomie.

9. Im Rahmen der Individualität spielt die Personalisierung eine bedeutende Rolle. Er-
läutern Sie in diesem Kontext das Konzept der lernenden Kundenbeziehungen.

10. In der Digitalen Wirtschaft spielt „Information“ als eigener Wettbewerbsfaktor eine
zentrale Rolle. Um den Wert zu erfassen, werden in der Literatur drei Dimensionen
für die Form der Informationsübermittlung herangezogen. Benennen Sie zunächst
diese Dimensionen und beschreiben Sie ferner kurz jeweils zwei dazugehörige Attri-
bute.

11. Um in der Digitalen Wirtschaft einen elektronischen Mehrwert zu erzeugen, wird ein
zentraler, aus drei Schritten bestehender elektronischer Wertschöpfungsprozess un-
terstellt. Beschreiben Sie zunächst das allgemeine Konzept dieses sog. „Informati-
onsdreisprungs“. Erläutern Sie Ihre Ausführungen sodann im Hinblick auf die kon-
krete Ausgestaltung mit Hilfe je eines Beispiels Ihrer Wahl für einen E-Marketplace
und einen E-Shop.

12. Beschreiben Sie die sieben Grundprinzipien des Web 2.0 und geben Sie jeweils Pra-
xisbeispiele für deren Umsetzung. Welche Implikationen bringen die einzelnen
Grundprinzipien in Hinblick auf das E-Business mit sich?

13. Erläutern Sie den Unterschied zwischen der syntaktischen und der semantischen In-
formationskomponente und erklären Sie, welche Rolle diese beiden Informations-
komponenten (a) im Web 1.0, (b) im Web 2.0 und (c) im Web 3.0 spielen.

14. Beschreiben Sie die vier entscheidenden Merkmale, die Dienste im Web 3.0 bzw.
Semantic Web Services mit sich bringen werden. Wo liegt der Unterschied zu den im
aktuellen Web eingesetzten Web Services und zu REST-basierten Diensten?

15. Kontextadaptive Systeme nehmen Adaptionsleistungen auf drei verschiedenen Ebe-


nen vor. Nennen Sie diese Ebenen und geben Sie jeweils Beispiele, zu welchen An-
passungen es auf diesen Ebenen kommen kann.

16. Nennen und beschreiben Sie die fünf zentralen Bausteine im E-Business.
126 Die Grundlagen des E-Business

17. Nennen und beschreiben Sie die Nutzungsattribute der mobilen Kommunikation nach
Durlacher. Identifizieren Sie momentan am Markt vorhandene Geschäftsmodelle,
die auf den einzelnen Attributen basieren.

18. Beschreiben Sie die beiden wesentlichen Treiber für die zunehmende Mobilisierung
in der Gesellschaft und diskutieren Sie die wirtschaftliche Bedeutung der mobilen
Datenübertragung.

19. Adaptionsleistungen können auf drei Ebenen stattfinden. Nennen und beschreiben
Sie diese drei Ebenen.

20. Online-Produktkonfigurationen lassen sich anhand dreier Aspekte beschreiben.


Nennen und beschreiben sie diese. Charakterisieren Sie dann deren mögliche Aus-
gestaltung im Falle einer Parfüm-Plattform.

21. Grenzen Sie Web 4.0 und 5.0 möglichst umfassend voneinander ab. Finden Sie für
alle vier Ausprägungen drei existierende Plattformen im Internet.

22. Mögliche Gründungen im M-Entrepreneurship lassen sich in drei Kategorien eintei-


len. Beschreiben Sie diese zunächst. Erdenken Sie die je Kategorie eine mögliche
Gründungsidee.

23. Erläutern Sie das ökonomische Verhältnis von virtueller und realer Welt.

24. Erläutern Sie, was sich hinter den 5Cs verbirgt. Geben Sie dann je „C“ ein prakti-
sches Beispiel.

25. Beschreiben Sie die fünf Leistungsfaktoren, die ein interaktives Fernsehsystem erfül-
len sollte.

26. Anhand von drei Stufen der Interaktivität lassen sich verschiedene Formen des in-
teraktiven Fernsehens voneinander abgrenzen. Beschreiben Sie diese drei Stufen an-
hand eines praktischen Beispiels.

27. Aus dem Konvergenzprozess zwischen Fernsehen und neuen, multimedialen Medien
resultieren drei Modelle für ein interaktives Fernsehsystem. Beschreiben Sie diese
drei Modelle und erdenken Sie je Modell ein praktisches Beispiel.

28. Im Rahmen der mobilen Kommunikation lassen sich verschiedene Vorteile identifi-
zieren. Stellen Sie die Vorteile für die Anbieter- und Nachfragerseite gegenüber.
Übungsaufgaben 127

29. Erläutern Sie die derzeit gängigen Übertragungstechnologien, die in Smartphones


vorzufinden sind.

30. Für das T-Commerce können drei Szenarien unterschieden werden. Beschreiben Sie
diese drei Szenarien und erdenken Sie für jedes Szenario ein praktisches Beispiel.

31. Geschäftsmodelle im Bereich der E-Customization etablieren sich immer mehr in


der Digitalen Wirtschaft. Stellen die die grundsätzlichen Vor- und Nachteile sowohl
für Kunden als auch Anbieter dar. Gehen Sie dabei auch auf die Begriffe Kunden-
nutzen, Kundenbindung und Preisfindung ein.

32. Beschreiben Sie die Wesensmerkmale von „Industrie 4.0“ und grenzen Sie diesen
Begriff von dem der „Digitalen Wirtschaft“ ab.

33. Nennen und beschreiben Sie vor dem Hintergrund des Datenmengenwachstums die
fünf Facetten von Big Data. Gehen Sie anschließend auf die Mobilisierung der Da-
tenübertragung ein, indem Sie die neuen technischen Entwicklungen in diesem Zu-
sammenhang erläutern.

34. Nennen und beschreiben Sie die Anforderungen an den Datenschutz. Gehen Sie da-
bei insbesondere auf die Wichtigkeit des Datenschutzes in der Digitalen Wirtschaft
ein.

35. Beschreiben Sie die Ziele der neuen Datenschutz-Grundverordnung und erläutern
Sie dabei kritisch die Implikationen für die Plattformen der Digitalen Wirtschaft.

36. Beschreiben Sie die Besonderheiten von Augmented- und Virtual Reality. Gehen Sie
dabei insbesondere auf die unterschiedlichen Anwendungsfelder im Bereich der Di-
gitalen Wirtschaft ein.

37. Erklären Sie die Künstliche Intelligenz (KI), indem Sie explizit auf Maschinelles Ler-
nen sowie Deep Learning eingehen. Zeigen Sie anschließend Anwendungsfelder von
KI auf und erörtern mögliche Implikationen für die Plattformen der Digitalen Wirt-
schaft.

38. Erklären Sie die Blockchain-Technologie, indem Sie explizit auf die zugrundeliegen-
den Technologien eingehen. Zeigen Sie anschließend Anwendungsfelder sowie Vor-
und Nachteile der Blockchain-Technologie auf.
128 Die Grundlagen des E-Business

Klausuraufgaben

1. Klausuraufgabe: „x-print.de“
Zusammen mit Ihrem Kommilitonen Kim Werners-Li sind Sie auf die Idee gekommen, ein
eigenes Internet-Startup mit dem Namen „x-print.de“ zu gründen. „x-print.de“ soll es den
Betreibern von Internetseiten ermöglichen, den Publikumserfolg ihrer Homepages
schnell, einfach und unabhängig zu vermarkten. Homepagebetreiber sollen es mit den von
„x-print.de“ zur Verfügung gestellten Internetdiensten schaffen, binnen weniger Minuten
einen eigenen E-Shop mit selbstgestalteten Fanartikeln (T-Shirts, Caps, Buttons, Mouse-
pads, u. ä.) einzurichten und diesen dann in die eigene Homepage zu integrieren. Dazu
müssen die Homepagebetreiber lediglich die Dateien ihrer Grafiken bzw. Logos in das
System einspielen und die in ihrem E-Shop anzuzeigenden Fanartikel auswählen – alle
notwendigen Funktionen, um die individuellen Merchandisingprodukte online zu vertrei-
ben, übernimmt „x-print.de“. Sie und Herr Werners-Li geben dabei einen Basispreis für
die entsprechenden Fanartikel vor, der von den Homepagebetreibern jedoch durch eine
eigene Marge erweitert werden kann. Zusammen mit Ihrem Partner prüfen Sie in einem
Workshop die gemeinsame Geschäftsidee. Dabei diskutieren Sie die folgenden Fragen:
(a) Als Unternehmen der Digitalen Wirtschaft verfügt „x-print.de“ über einen elektroni-
schen Wertschöpfungsprozess, dem die Sammlung, Verarbeitung und Übertragung
von Informationen zugrunde liegt. Beschreiben Sie, welche Informationen im Falle von
„x-print.de“ gesammelt, wie diese verarbeitet und anschließend übertragen werden.
Berücksichtigen Sie, dass in diesem Zusammenhang sowohl die Homepagebetreiber
als auch die Endkunden eine wichtige Informationsquelle darstellen.
(b) Die Geschäftsidee von „x-print.de“ umfasst auch eine physische Wertschöpfungskette.
Beschreiben Sie zunächst drei Wertschöpfungsaktivitäten innerhalb der realen Han-
delsebene, die für das operative Geschäft von „x-print.de“ von zentraler Bedeutung
sind. Beschreiben Sie dann anhand von zwei konkreten Beispielen Ihrer Wahl, welche
Unterstützungsmöglichkeiten aus der virtuellen Wertschöpfungskette für die Durch-
führung des operativen Geschäftes zum Tragen kommen können.
(c) Welche produktbezogenen Formen der „Individualisierung“ könnte ein Nutzer
(Homepage-Betreiber und Endkunde) des Systems von „x-print.de“ noch erwarten?
Geben Sie für beide Zielgruppen je ein Praxisbeispiel Ihrer Wahl.

2. Klausuraufgabe: „get-a-camera.com“
Herr Knipser ist ein begeisterter Hobby-Fotograf und denkt schon seit längerem über eine
Selbständigkeit auf diesem Gebiet nach. Vor diesem Hintergrund hat er unlängst in der
Klausuraufgaben 129

Zeitung vom erfolgreichen Verlauf der diesjährigen „Sommerakademie für Existenzgrün-


der“ der Universität Duisburg-Essen gelesen und sich entschieden, im nächsten Jahr eben-
falls dabei zu sein. Nach einigen Diskussionen mit Freunden und Bekannten bewirbt er
sich für die kommende Sommerakademie mit der Idee, eine elektronische Handelsplattform
(virtueller Marktplatz) für gebrauchte digitale und analoge Fotoapparate im Internet zu
etablieren. Als angehender Internet-Experte wurden Sie von Herrn Knipser angespro-
chen, ihm bei der Ausarbeitung der Unternehmensidee zu helfen. Entsprechend entwi-
ckeln Sie das Konzept zu „get-a-camera.com“, welches im Rahmen der Sommerakademie
vor der dortigen Jury präsentiert werden soll. Doch während einer ersten Präsentation
im Rahmen eines Existenzgründer-Seminars an der Universität Duisburg-Essen werden
folgende Punkte kritisch zur Sprache gebracht:
(a) Beschreiben Sie kurz das Konzept des elektronischen Wertschöpfungsprozesses (Infor-
mationsdreisprung). Wie könnten die drei zentralen Prozessschritte im Hinblick auf
„get-a-camera.com“ konkret aussehen?
(b) Welche fallbezogene elektronische Wertschöpfung kann aus Kundensicht Ihrer Meinung
nach durch „get-a-camera.com“ erzeugt werden? Wie würde sich dieser Mehrwert ver-
ändern, wenn gleichzeitig mit dem elektronischen Handel auch eine Online-Community
für Hobby-Fotografen eingeführt werden würde?
(c) Der Einsatz von Multimedia intendiert eine Verbesserung der Informationsverarbei-
tung. Geben Sie drei konkrete Beispiele an, wie Herr Knipser multimediale Elemente in
seinen Internetauftritt integrieren könnte.

3. Klausuraufgabe: „flipperhit.de“
Auf einer der vielen Social-Networking-Veranstaltungen, die Sie neuerdings besuchen,
treffen Sie Herrn Schöngeist. Herr Schöngeist ist Mitgründer und Geschäftsführer von
„flipperhit.de“ – einer Tauschcommunity für Musik-CDs. Da Sie nach dem Besuch der
E-Business-Grundlagen-Vorlesung ernsthaft mit dem Gedanken spielen sich ebenfalls
selbstständig zu machen, nutzen Sie die Gelegenheit, um Herrn Schöngeist nach seinem Un-
ternehmen zu befragen. Dabei erfahren Sie, dass man sich kostenlos bei „flipper
hit.de“ anmelden kann, um einen Zugang zu erhalten, mit dem man sowohl Musik-CDs
zum Tausch einstellen kann als auch selbst Artikel „wegtauschen“ kann. Auf Ihre Anmer-
kung hin, dass es ärgerlich ist, dass beim Tauschen der jeweilige Tauschpartner einen
Artikel besitzen müsste, der Ihnen mindestens so viel wert ist, wie Ihre eigene CD, entgeg-
net Ihnen Herr Schöngeist, dass bei „flipperhit.de“ kein 1:1 Tausch stattfindet. Stattdessen
ist jede erworbene CD mit „Flippern“, einer virtuellen Währung, an den Anbieter und
mit 99ct. an „flipperhit.de“ zu begleichen. Die „Flipper“, die der Anbieter der CD erhält,
kann er für seinen nächsten Tausch einsetzen. Weil die „Flipper“ aber auch käuflich zu
erwerben sind, können sich auch diejenigen, die keinen eigenen Artikel anzubieten haben,
eine Musik-CD ertauschen. Sie sind von der Idee ganz begeistert und fragen, warum Herr
Schöngeist ausgerechnet eine Tauschbörse für Musik-CDs ins Leben gerufen hat. Darauf
130 Die Grundlagen des E-Business

antwortet Ihnen Herr Schöngeist, dass Musik eben eine optimale Eignung für den Online-
Verkauf und deshalb auch für den Online-Tausch aufweist. Dann wendet er sich dem nächs-
ten Gesprächspartner zu. Bevor auch Sie weitere Kontakte pflegen, halten Sie noch einmal
die wichtigsten Informationen fest, die Sie im Gespräch mit Herrn Schöngeist zu seinem
Unternehmen „flipperhit.de“ erhalten haben:
(a) Worin besteht die Kernleistung von „flipperhit.de“? Welche Nebenleistungen wären
denkbar? Nennen Sie zunächst die Kernleistung von „flipperhit.de“ und geben Sie
zwei konkrete Beispiele wie Nebenleistungen aussehen könnten?
(b) Welches Geschäftsmodell verfolgt „flipperhit.de“? Begründen Sie Ihre Antwort, indem
Sie auf das Erlösmodell und den Mehrwert eingehen?
(c) Welche Instrumente des Viral-Marketings (s. Kapitel 3.4.1.4) würden Sie Herrn Schön-
geist empfehlen? Machen Sie zwei konkrete Vorschläge und begründen Sie Ihre Wahl.

4. Klausuraufgabe: „mob-i-uni.de“
Der vom Lehrstuhl für E-Business & E-Entrepreneurship veranstaltete netSTART-Award,
ein Ideenwettbewerb für innovative Ideen innerhalb der Digitalen Wirtschaft, widmet
sich im diesem Jahr ganz dem Thema der mobilen Applikationen. An diesem Wettbewerb
möchte Felix Schumann, ein Student der Universität Duisburg-Essen teilnehmen, der zwei
Ideen für das mobile Internet unter dem Titel „mob-i-uni.de“ entwickelt hat, die er für
vielversprechend hält. Bei der ersten Idee handelt es sich um eine mobile Version des
Studentenportals „skripte4u.de“. In diesem Fall soll eine mobile Version programmiert
werden, die über das Smartphone aufgerufen werden kann. Hierbei wird der gleiche
Inhalt der Homepage lediglich mobil verfügbar sein. Als Erlösmöglichkeit will er auf
Banner-Werbung zurückgreifen. Bei der zweiten Idee handelt es sich um eine mobile
Applikation, mit der Studierende mittels moderner Ortungsmethoden über den Aufent-
haltsort ihrer Kommilitonen informiert werden. Mit dieser Applikation können sich Stu-
dierende schnell und unkompliziert auf dem Campus treffen, um sich über studienrele-
vante Themen auszutauschen oder gemeinsam die Mensa zu besuchen. Diese Applikation
soll über den App-Store angeboten werden. Bei dieser Idee soll auf Werbung verzichtet
werden. Teilnahmevoraussetzung für den netSTART-Award ist die Einreichung eines
Ideenpapiers, bei der eine mobile Applikation im engeren Sinne beschrieben wird. Leider
hat Felix nicht die Vorlesung E-Business und E-Entrepreneurship von Professor Kollmann
besucht und verfügt auch sonst über keine Erfahrungen in diesem Bereich. Aus diesem
Grund bittet Felix Sie um Rat bei der Beantwortung der folgenden Fragen:
(a) Grenzen Sie basierend auf den Definitionen von M-Entrepreneurship die beiden Ideen
von Felix voneinander ab und diskutieren Sie sich ergebende Mehrwerte für den Kun-
den. Welche der beiden Ideen von Felix hat Ihrer Meinung nach eine höhere Chance auf
den Gewinn beim diesjährigen Ideenwettbewerb? Begründen Sie Ihre Antwort.
Klausuraufgaben 131

(b) Die Planung des Erlösmodells ist für die Geschäftsidee von zentraler Bedeutung. Be-
nennen und beschreiben Sie zunächst allgemein die unterschiedlichen grundsätzlichen
Erlösmodelle. Schlagen Sie Felix dann für seine beiden Ideen jeweils ein geeignetes Er-
lösmodell vor. Begründen Sie Ihre Antwort.
(c) Mit den Nutzungsattributen der mobilen Kommunikation können dem Konsumenten
innovative Produkte und Dienstleistungen angeboten werden, die weit über ein „nur“
mobiles Internet hinausgehen. Erläutern Sie zunächst drei dieser Nutzungsattribute
und bewerten Sie dann mit Begründung, inwieweit die beiden Ideen von Felix diese
Attribute aufweisen oder nicht.

5. Klausuraufgabe: „meinmotorrad.de“
Die zwei Studenten Kai und Felix sind im Startup-Fieber! Ihre Idee basiert auf der Ver-
marktung von neuen Motorrädern. Das Unternehmen soll unter dem Namen und der Do-
main „meinmotorrad.de“ gegründet werden. Das Ziel ist dem Kunden den kostengüns-
tigsten Preis für ein neues Motorrad anbieten zu können. Nach ersten Kalkulationen
möchten die beiden Studenten mit einem Absatz von 25.000 Motorrädern der größte Mo-
torradhändler für Neufahrzeuge in Deutschland werden. Da diese große Stückzahl logis-
tische Herausforderungen mit sich bringt, sollen die Motorräder beim Vertragshändler
abgeholt werden. Bereits von Beginn an sollen Kooperationen mit den führenden Herstel-
lern von Motorrädern geschlossen sein, damit das Unternehmen seinen Kunden alle gän-
gigen Marken anbieten kann. Die Fahrzeuge sollen direkt vom Großhändler, also ohne
weitere Zwischenhändler, vermarket werden. Nur das beste Angebot wird auf der Inter-
netseite von „meinmotorrad.de“ angezeigt, sodass dem Kunden der günstigste Preis ga-
rantiert wird. Zusätzlich soll mittels eines Online-Forums und einer Telefon-Hotline eine
enge Kommunikation mit dem Kunden sichergestellt sein, um bei möglichen Problemen
eine schnelle Hilfe anbieten zu können. Die zwei Studenten möchten, anstelle von Ver-
kaufsräumen, einen Konfigurator entwickeln, der es den Kunden ermöglicht eine virtuelle
360°-Ansicht auf das Motorrad zu nehmen. Zusätzlich werden detaillierte Informationen
über das Motorrad sowie Fotos und Videos bereitgestellt, um dem Kunden einen möglichst
genauen Eindruck des Motorrads geben zu können. Vor der Gründung von „meinmotor-
rad.de“ haben die beiden noch einige ungeklärte Fragen, die Sie als guter Freund und
Experte in diesem Bereich gerne beantworten:
(a) Im Rahmen der elektronischen Wertschöpfung werden sechs Mehrwerte unterschie-
den. Beschreiben Sie zunächst drei elektronische Mehrwerte Ihrer Wahl allgemein.
Entscheiden Sie dann, inwieweit jeder dieser drei Mehrwerte von „meinmotorrad
.de“ geschöpft werden könnte. Begründen Sie Ihre Entscheidungen.
(b) Verbunden mit den zu schöpfenden Mehrwerten können im E-Business fünf typische
Geschäftskonzepte unterschieden werden. Nennen Sie diese fünf Konzepte. Wählen Sie
dann das für „meinmotorrad.de“ passende Konzept aus. Begründen Sie Ihre Wahl.
132 Die Grundlagen des E-Business

(c) Die Erlöse im E-Business ergeben sich primär aus der direkt angebotenen elektroni-
schen Kernleistung. Dennoch können auch über die Nebenleistung Einnahmen gene-
riert werden. Beschreiben Sie zunächst die drei existierenden Erlösmodelle. Wählen
Sie dann – mit Begründung – das auf „meinmotorrad.de“ passende Modell aus.

6. Klausuraufgabe: „meinemarmelade.de“
Basierend auf der Vorlesung E-Business-Grundlagen und dem darin behandelten zuneh-
menden Trend zur individuellen Produktgestaltung hat Herr Schöngeist eine neue Ge-
schäftsidee entwickelt, die Kunden die Möglichkeit geben soll, eine nach ihren Präferen-
zen zusammengestellten Marmelade erwerben zu können. Das Unternehmen soll „meine-
marmelade.de“ heißen. Als Basisbestandteil kann der Kunde zwischen diversen Früchten
wie beispielsweise Erdbeere, Pfirsich oder Waldfrucht wählen, die auch untereinander
gemischt werden können. Zusätzlich können weitere Inhaltsstoffe wie Gewürze oder Nüsse
hinzugemischt werden. Über die Menge und Anteile der Zutaten, die letztlich den Preis
der Marmelade bestimmen, entscheidet der Kunde selbst. Um die Auswahl an Inhaltsstof-
fen bestimmen zu können, erkundigt sich Herr Schöngeist bei Freunden nach deren Prä-
ferenzen, was zu der Erkenntnis führt, dass er neben den üblichen Zutaten auch exotische
Gewürze wie Chili, Pfeffer und Kümmel anbieten sollte. Dies verwundert ihn anfangs,
aber nach weiteren Überlegungen entscheidet er sich dennoch diese Zutaten zur Auswahl
bereitzustellen. Der Verkauf erfolgt über einen E-Shop, um möglichst viele potenzielle
Kunden ansprechen zu können und somit die Kosten des E-Customizationprozesses mög-
lichst gering zu halten. Die Gestaltung des E-Shops übernimmt eine IT-Agentur. Bisher
sind Herrn Schöngeist keine weiteren Anbieter von individualisierter Marmelade in
Deutschland bekannt, wobei bereits einige Unternehmen auf dem englischen und ameri-
kanischen Markt individualisierte Marmelade anbieten bzw. auch Anbieter von individu-
alisierter Schokolade oder Müsli als potenzielle Konkurrenten anzusehen sind. Vor der
Gründung und Umsetzung seiner Geschäftsidee hat Herr Schöngeist noch einige unge-
klärte Fragen, die Sie als guter Freund und Experte in diesem Bereich gerne beantworten:
(a) Die Customization von Produkten durch einen sogenannten Produktkonfigurator er-
möglicht die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle, sodass ein E-Shop über die Nut-
zung von Konfigurationsmodellen dem Kunden ein individuelles Produkt anbieten
kann. Nennen und erklären Sie am Fallbeispiel von „meinemarmelade.de“ die drei
Prozessschritte zur Customization.
(b) Die Erlöse im E-Business ergeben sich primär aus der direkt angebotenen elektroni-
schen Kernleistung. Dennoch können auch über die Nebenleistung Einnahmen gene-
riert werden. Beschreiben Sie zunächst das hinter “meinemarmelade.de“ stehende Er-
lösmodell theoretisch. Identifizieren Sie dann drei mögliche Nebenleistungen, die für
Herrn Schöngeist infrage kommen könnten.
Klausuraufgaben 133

(c) Im E-Business lassen sich, unabhängig davon ob es sich um eine Kern- oder eine Ne-
benleistung handelt, drei idealtypische Erlössystematiken identifizieren. Beschreiben
Sie diese kurz. Begründen Sie dann für jede der drei Systematiken, inwieweit sich diese
für „meinemarmelade.de“ eignet.

7. Klausuraufgabe: „Miri AppRequest“


Sie und Ihr Kommilitone Tim Koch, der neben seinem Wirtschaftsinformatikstudium auch
Werkstudent bei einem bekannten Technologiekonzern ist, entschließen sich nach dem Be-
such der Veranstaltung E-Business-Grundlagen dazu, eine eigene App zu programmieren.
Sie möchten sich so den Traum eines eigenen Startups erfüllen und am weltweit wachsen-
den Markt für mobile Applikationen partizipieren. Nach nächtelangem Brainstorming
kommen Sie zu dem Entschluss, dass Sie sich an den neuesten Trends des E-Business ori-
entieren möchten und sich die App daher im Bereich des Web 3.0 bewegen soll. Dabei
planen Sie konkret, dass die Nutzer per Text- oder Spracheingabe mit der App kommuni-
zieren und so individuelle Informationsanfragen starten können. Mit dieser kontextadap-
tiven App möchten Sie den Nutzern, unterstützt durch mobile Datenübertragung, ein in-
novatives Nutzungserlebnis bieten, indem die App intelligente und individualisierte Infor-
mationen liefert. So kann der Nutzer z. B. fragen „Miri, wie wird das Wetter morgen Mit-
tag?“ und die App liefert automatisch das morgige Wetter für den Standort, der als Termin
für den morgigen Business Lunch im Kalender eingetragen ist. Ebenso wäre es möglich,
auch noch ein gutes Restaurant für einen solchen Termin durch die App suchen zu lassen.
Damit Sie bei Ihrer demnächst bevorstehenden Präsentation vor einem Business Angel
auf alle wichtigen Fragen vorbereitet sind, gilt es jedoch noch folgende Fragen zu klären:
(a) Definieren Sie die Begriffe Web 1.0, Web 2.0 und Web 3.0 und grenzen diese Begriffe
gegeneinander ab. Nennen Sie jeweils zwei Beispiele für Geschäftsmodelle in diesen
Bereichen und ordnen Ihr persönliches App-Geschäftsmodell entsprechend ein.
(b) Erläutern Sie die drei unterschiedlichen Ebenen von Adaptionsleistungen im Web 3.0
bzw. (M)E-Business. Gehen Sie dabei auch explizit darauf ein, welche Möglichkeiten
sich im Rahmen Ihrer mobilen Applikation „Miri AppRequest“ im Web 3.0 Kontext
ergeben.
(c) Um das zukünftige Nutzererlebnis im Rahmen semantischer Web (und App) Services
noch weiter zu erhöhen, wird in der Literatur eine Ergänzung der Dienstbeschreibun-
gen um Metadaten, welche auf einer standardisierten Ontologie basieren, diskutiert.
Diskutieren Sie die daraus resultierenden Vorteile hinsichtlich der vier entscheidenden
Merkmale von Diensten im Web 3.0 anhand des hier vorliegenden Beispiels „Miri App
Request“.
134 Die Grundlagen des E-Business

8. Klausuraufgabe: „Müllers-Fahrradwerk.de“
Bereits seit 35 Jahren führen die Eltern von Jan das Familienunternehmen „Müllers-
Fahrradwerk“, ein kleiner stationärer Fahrradladen in Essen speziell für Rennräder und
Mountainbikes. Das Geschäft zeichnet sich insbesondere durch hochwertige Produkte und
ausgezeichnete Beratung aus, sodass Fahrradfahrer aus dem gesamten Ruhrgebiet nach
Essen kommen. Zu der angebotenen Produktpalette gehören sowohl Kompletträder &
Einzelteile als auch Rad-Bekleidung sowie Werkzeug & Zubehör. Neben dem reinen Ver-
kauf werden auch Reparaturen, Wartungen und persönliche Anpassungen angeboten.
Trotz des hohen Bekanntheitsgrades sowie der ausgesprochen guten Reputation, sinken
die Absatzzahlen in den letzten Jahren kontinuierlich und die Gewinne schrumpfen. Eine
mögliche Begründung könnte darin liegen, dass die (potenziellen) Kunden nicht mehr in
das Geschäft kommen, sondern Fahrräder und Nebenprodukte vermehrt über das Internet
kaufen. Die geschäftsführenden Eltern möchten aus diesem Grund ihren Sohn und Nach-
folger mit der Aufgabe betrauen „Müllers-Fahrradwerk“ wieder erfolgreich und zu-
kunftsfähig zu machen. Dafür soll eine elektronische Plattform der Digitalen Wirtschaft
genutzt werden, um die elektronischen Geschäftsprozesse abzuwickeln. Da Jan zwar ein
guter Programmierer ist, aber nur eingeschränkte Kenntnisse in den Bereichen Digitale
Wirtschaft hat, werden Sie als guter Freund und E-Business Manager kontaktiert und um
Hilfe gebeten. Bitte nehmen Sie dabei zu den folgenden Aussagen Stellung:
(a) Im E-Business haben sich verschiedene zentrale digitale Plattformen gebildet, welche
als Basis für die Abwicklung elektronischer Geschäftsprozesse dienen. Nennen und
beschreiben Sie die Plattformen der Digitalen Wirtschaft. Erläutern Sie anschließend
zu welcher digitalen Plattform Sie Jan raten würden, um die aufgezeigten elektroni-
schen Geschäftsprozesse bestmöglich abzuwickeln.
(b) Damit das Online-Angebot von Jan für die Kunden attraktiv wird, muss zunächst ge-
klärt werden, welche elektronischen Mehrwerte geschöpft werden. Nennen und be-
schreiben Sie zunächst die elektronischen Mehrwerte allgemein. Erläutern Sie an-
schließend welche elektronischen Mehrwerte bei „Müllers-Fahhradwerk.de“ erzeugt
werden.

(c) Der elektronische Wertschöpfungsprozess beschreibt die Informationsaktivitäten bzw.


die chronologische Abfolge von Informationstätigkeiten. Nennen und beschreiben Sie
zunächst die drei Informationsaktivitäten (Informationsdreisprung). Erläutern Sie an-
schließend anhand von „Müllers-Fahrradwerk.de“ die drei Informationsaktivitäten.

9. Klausuraufgabe: „Guccini.de“
Ihre gute Freundin Gerda Guccini betreibt das Familienunternehmen Guccini, eine kleine
Mode-Boutique in der Hamburger Innenstadt speziell für exklusive Designerkleidung. Ge-
Klausuraufgaben 135

rade setzt Gerda als Geschäftsführerin vor allem auf exklusive und handgefertigte Einzel-
stücke, die direkt vom Pariser Laufsteg zu ihr ins Geschäft geliefert werden und die es in
keinem anderen Laden zu kaufen gibt. Die Möglichkeit exklusive Designerkleidungsstücke
zu erwerben, wird von ihren Kunden sehr positiv wahrgenommen. Während das Geschäft,
das seit ca. 80 Jahren im Familienbesitz ist, durch die viele, wenn auch meist anonyme
Laufkundschaft bis vor einigen Jahren hohe Absatzzahlen und dadurch relativ hohe Ge-
winne erzielen konnte, ist der Umsatz in den letzten Jahren stetig zurückgegangen, was
vor allem daran liegt, dass potenzielle Kunden nicht mehr in das Geschäft kommen, son-
dern Mode vermehrt im Internet bei Konkurrenten wir haute-couture-paris.de kaufen. Als
zukünftiger E-Business-Manager verfügen Sie über wichtiges und hilfreiches Wissen über
die Digitale Wirtschaft und möchten Ihrer Freundin Gerda dabei helfen, eine mögliche
Geschäftsaufgabe zu verhindern, indem Sie mit ihr über die Möglichkeit der Einrichtung
des E-Shops „Guccini.de“ als möglichen zusätzlichen Vertriebskanal nachdenken. Neh-
men Sie dabei zu den folgenden Fragen Stellung:
(a) In der Digitalen Wirtschaft wird für Kunden beim elektronischen Wertschöpfungspro-
zess mittels des Guts „Information“ in drei chronologischen Schritten (Informations-
dreisprung) ein Mehrwert bzw. mehrere Mehrwerte erzeugt. Nennen Sie diese drei In-
formationsaktivitäten und beschreiben Sie jeweils anhand des Fallbeispiels, wie diese
genau aussehen könnten.
(b) Jedes elektronische Geschäftsmodell folgt mindestens einem der „fünf Cs“. Nennen
Sie zwei dieser fünf Cs und diskutieren kurz deren Ausprägung im vorliegenden Fall.
Beurteilen Sie außerdem, was im Fallbeispiel als Kernleistung und was als Nebenleis-
tung in Betracht kommt.
(c) Im E-Business gibt es, unabhängig von Kern- oder Nebenleistung, drei idealtypische
Erlössystematiken. Beschreiben Sie zunächst die drei unterschiedlichen Erlössystema-
tiken. Begründen Sie anschließend jeweils, inwieweit sich die drei jeweiligen Erlös-
systematiken für „Guccini.de“ eignen.
Alternativ:
(c) Im E-Business lassen sich über E-Customization Potenziale zur Umsatzsteigerung
durch Individualisierung ausschöpfen. Erläutern Sie das Prinzip der E-Customization
im Allgemeinen und gehen dabei auch auf die einzelnen Schritte des E-Customization-
Prozesses ein. Beschreiben Sie in diesem Zusammenhang eine konkrete Möglichkeit
zur E-Customization im vorliegenden Beispiel.
136 Die Grundlagen des E-Business

Literatur zum Kapitel (Auswahl)

ARD/ZDF (2018): ARD/ZDF-Onlinestudie 2017: Neun von zehn Deutschen sind online.
Bewegtbild insgesamt stagniert, während Streamingdienste zunehmen - im Ver-
gleich zu klassischem Fernsehen jedoch eine geringe Rolle spielen, http://www.
ard-zdf-onlinestudie.de/ardzdf-onlinestudie-2017/, Zugriff am 30.07.2018.
BITKOM (2017a): Zukunft der Consumer Technology – 2017, http://www.digita-
lestadt.org/bitkom/org/noindex/Publikationen/2017/Studien/2017/CT-Stu-
die/170901-CT-Studie-online.pdf, Zugriff am 30.07.2018.
Bundesbeauftragte für den Datenschutz und Informationsfreiheit (2018): Was ist Da-
tenschutz?, https://www.bfdi.bund.de/DE/Datenschutz/datenschutz-node.html,
Zugriff am 21.09.2018.
Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (2018a): Monitoring-Report Wirt-
schaft DIGITAL 2018, https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Publikationen/Digi-
tale-Welt/monitoring-report-wirtschaft-digital-2018-ikt-standort-deutsch-
land.pdf?__blob=publicationFile&v=22, Zugriff am 31.01.2019.
Burgwinkel, D. (2016): Blockchain Technology: Einführung für Business- und IT Mana-
ger, Berlin.
Buxmann, P./Schmidt, H. (2018): Künstliche Intelligenz: Mit Algorithmen zum wirt-
schaftlichen Erfolg, Berlin/Heidelberg.
Cohen, A.M. (2009): Types of Clouds, in: Futurist, Jg. 43, Nr.18.
Crummenerl, C./Kemmer, K. (2015): Digital Leadership: Führungskräfteentwicklung
im digitalen Zeitalter, in Personal Entwickeln Dezember 2015, Capgemini. https://
www.capgemini.com/consulting-de/wp-content/uploads/sites/32/2017/08/14-10-
16_digital_leadership_v11_web_17102016.pdf, Zugriff am 14.11.2018.
Deutsch, M./Ebert, D./ Von der Gracht, H./ Lichtenau, P. (2016): Neue Dimensionen
der Realität – Executive Summary zur Studie der Potenziale von Virtual und Aug-
mented Reality in Unternehmen.
Drescher, D. (2017): Blockchain Grundlagen. Eine Einführung in die elementaren Kon-
zepte in 25 Schritten, Frechen.
Fischer, S. (2016): Agilität als höchste Form der Anpassungsfähigkeit, https://www.haufe
.de/personal/hr-management/agilitaet/definition-agilitaet-als-hoechste-form-der-
anpassungsfaehigkeit_80_378520.html, Zugriff am 14.11.2018.
Literatur zum Kapitel (Auswahl) 137

Hentschel, R./Leyh, C. (2018): Cloud Computing: Status quo, aktuelle Entwicklungen


und Herausforderungen, in: Reinheimer (Hrsg.): Cloud Computing – Die Infra-
struktur der Digitalisierung, Wiesbaden, S. 3-19.
Hommen, N. (2007): Mashups und weborientierte Architekturen als Technologie-Trends
des Web 2.0, in: Kollmann, T./Häsel, M. (Hrsg.): Web 2.0 – Trends und Technolo-
gien im Kontext der Net Economy, Wiesbaden, S. 103-120.
Kollmann, T. (1998a): Akzeptanz innovativer Nutzungsgüter und -systeme: Konsequen-
zen für die Einführung von Telekommunikations- und Multimediasystemen, Wies-
baden.
Kollmann, T. (2001b): Virtuelle Marktplätze. Grundlagen – Management – Fallstudie,
München.
Kollmann, T. (2006): What is E-Entrepreneurship? – Fundamentals of Company Found-
ing in the Net Economy, in: International Journal of Technology Management, Jg.
33, Nr. 4, S. 322-340.
Kollmann, T. (2013): Online-Marketing – Grundlagen der Absatzpolitik in der Net Eco-
nomy, 2. Aufl., Stuttgart.
Kollmann, T. (2018a): Deutschland droht eine Datenflucht – Folgen der neuen Daten-
schutzgrundverordnung DSGVO, in: Manager Magazin, http://www.manager-ma-
gazin.de/digitales/it/datenschutzgrundverordnung-dsgvo-die-folgen-der-regulie-
rung-a-1208932.html, Zugriff am 08.08.2018
Kollmann, T. (2018b): Digitale Meinungsmache – 60 Ratschläge an Gründer, Unterneh-
mer und Politik für die Digitale Transformation, Essen/Köln 2018. www.digitale-
meinungsmache.de, Zugriff am 31.01.2019
Kollmann, T. (2019): E-Entrepreneurship: Grundlagen der Unternehmensgründung in der
Digitalen Wirtschaft, 7. Aufl., Wiesbaden.
Kollmann, T./Hensellek, S./Jung, P./Kleine-Stegemann, L. (2018): Deutscher Startup
Monitor (DSM) 2018, Berlin.
Kollmann, T./Krell, P. (2011a): Innovative Electronic Business: Current Trends and Fu-
ture Potentials, in: International Journal of E-Entrepreneurship and Innovation, Jg.
1, Nr. 2, S. 16-25.
Kollmann, T./Krell, P. (2011b): Innovationsmanagement in der Net Economy – E-Busi-
ness, in: Albers, S./Gassmann, G. (Hrsg.): Handbuch Technologie- und Innovati-
onsmanagement, 2. Aufl., Wiesbaden, S. 665-688.
Lumpkin, G. T./Dess, G. (2004): E-Business Strategies and Internet Business Models:
How the Internet Adds Value, in: Organizational Dynamics, Jg. 33, Nr. 2, S. 161-
173.
138 Die Grundlagen des E-Business

Mikloweit, T. (2007): Social Software – Zusammengehörigkeit und Demokratisierung im


Web 2.0, in: Kollmann, T./Häsel, M. (Hrsg.): Web 2.0 – Trends und Technologien
im Kontext der Net Economy, Wiesbaden, S. 53-68.
Picot, A./Reichwald, R./Wigand, R. T. (2003): Die grenzenlose Unternehmung. Infor-
mation, Organisation und Management, 5. Aufl., Wiesbaden.
Pols, A./Heidkamp, P. (2018): Cloud-Monitor 2018, KPMG, BITKOM Research.
Rayport, J. F./Jaworski, B. J. (2002): Introduction to E-Commerce, New York.
Rimmelspacher, U. (2007): Interaktives Fernsehen: Technik, Entwicklungspotenziale
und Bedeutung im CRM, Aachen.
Rojas, R. (1996): Neural Networks: A Systematic Introduction, Berlin/Heidelberg.
Schütte, J./ Fridgen, G./ Prinz, W./ Rose, T./ Urbach, N./ Hoeren, T./ Guggenberger,
N./ Welzel, N./ Holly, S./ Schulte, A./ Sprenger, P./ Schwede, C./ Weimert, B./
Otto, B./ Dalheimer, M./ Harz, M./ Kreutzer M. (2017): Blockchain. Technolo-
gien, Forschungsfragen und Anwendungen, https://www.aisec.fraunhofer.de/con-
tent/dam/aisec/Dokumente/Publikationen/Studien_TechReports/deutsch/FhG-Po-
sitionspapier-Blockchain.pdf, Zugriff am 16.07.2018.
Wahlster, W./Dengel, A. (2006): Web 3.0: Convergence of Web 2.0 and the Semantic
Web, in: Technology Radar Feature Paper Edition II/2006, S. 2-22, Deutsche Tele-
kom Laboratories.
Weiber, R./Kollmann, T. (1997a): Wettbewerbsvorteile auf virtuellen Märkten – Vom
Marketplace zum Marketspace, in: Link, J./Brändli, D./Schleuning, Ch./Kehl, R.E.
(Hrsg.): Handbuch Database Marketing, Ettlingen, S. 513-530.
Weiber, R./Kollmann, T. (1998): Competitive Advantages in Virtual Markets – Perspec-
tive of „Information-based-Marketing“ in Cyberspace, in: EJM – European Journal
of Marketing, Jg. 32, Nr. 7/8, S. 603-615.
Wirtz, B. W. (2003): Geschäftsmodelle in der Net Economy, in: Kollmann, T. (Hrsg.): E-
Venture-Management – Neue Perspektiven der Unternehmensgründung in der Net
Economy, Wiesbaden, S. 101-130.
Wirtz, B. W. (2018): Electronic Business, 6. Aufl., Wiesbaden.
Wirtz, B. W./Burda, H./Beaujean, R. (2006): Deutschland Online 3 – Die Zukunft des
Breitband-Internets, Darmstadt.
Wortmann, F./Flüchter, K. (2015): Internet of Things: Technology and Value Added,
in: Business and Information Systems Engineering, Jg. 57, Nr. 3, S. 221–224.
Ziegler, J./Kaltz, J./Lohmann, S. (2006): Das ‚intelligente’ Web – Entwicklung kon-
textadaptivler Webanwendungen, in: Essener Unikate, Nr. 28, S. 18-29.
Die Grundlagen des E-Procurement 139

2. Die Grundlagen des E-Procurement

Das E-Procurement steht allgemein als Begriff für den elektronischen Einkauf von Pro-
dukten bzw. Dienstleistungen durch ein Unternehmen über digitale Netzwerke. Damit
erfolgt eine Integration innovativer Informations- und Kommunikationstechnologien zur
Unterstützung bzw. Abwicklung von operativen, taktischen und strategischen Aufgaben
im Beschaffungsbereich. Das „E-Procurement“ stellt dabei im Prinzip einen Sammelbe-
griff für die elektronisch unterstützte Beschaffung dar, ohne dass jedoch eindeutig definiert
werden kann, was alles darunter zu verstehen ist. Einigkeit herrscht in der Literatur aller-
dings darin, dass der Einsatz von Internettechnologien ein Kernelement von E-Procure-
ment-Konzepten darstellt (Nekolar 2013; Bogaschewsky 1999). Die Grundidee des elekt-
ronischen Einkaufs ist also darin zu sehen, dass die Beziehung und die einkaufsrelevanten
Abläufe zwischen einem Unternehmen (Einkäufer) und einem Lieferanten (Verkäufer)
über die mit Hilfe des Internets vernetzten Computer (s. Kapitel 1.2.1) mit dem zugehöri-
gen elektronischen Informationsaustausch (s. Kapitel 1.3) abgewickelt werden (s. Abb.
48).
Obwohl das E-Procurement bereits seit Anfang der 2000er-Jahre Einzug in den Alltag
vieler Unternehmen gefunden hat, zeigen Untersuchungen, dass Unternehmen auch wei-
terhin mit steigenden Bestell- bzw. Beschaffungsvolumina über E-Procurement-Tools pla-
nen (Bogaschewsky 2015). Hintergrund für die Zunahme des Einsatzes elektronischer
Informationstechnologien im Beschaffungsbereich und damit Kerntreiber für das E-Procu-
rement waren zahlreiche Probleme in der realen Beschaffung, die mit Hilfe der elektro-
nischen Informationsverarbeitung gelöst werden sollten. Zu diesen Problemen gehören
insbesondere die folgenden Aspekte (Dolmetsch 2000, S. 11 f.):

„ Routinearbeiten: Die Einkaufsabteilung verwendet sehr viel Zeit für wiederkehrende


Aufgaben (Hartner 2008, S. 43), so z. B. mit dem Verbuchen von Beschaffungsanträ-
gen, dem Anfordern von Lieferantenkatalogen und der manuellen Suche nach Liefe-
ranten und Produkten. Studien gehen davon aus, dass nahezu 70 % aller Einkaufsvor-
gänge in diesen Bereich fallen. Für Aufgaben mit höherer Wertschöpfung (wie z. B.
der Durchführung von Ausschreibungen und Lieferantenverhandlungen) bleibt dem-
entsprechend wenig Zeit.

„ Einkaufsregularien: Bis zu einem Drittel aller zu beschaffender Güter und Dienstleis-


tungen werden außerhalb der formalen Beschaffung und damit abseits von gültigen Re-
gularien eingekauft. Trotz verhandelter Rahmenverträge werden von den Mitarbeitern
oftmals Produkte von Unternehmen beschafft, mit denen nicht vorab Vereinbarungen
getroffen wurden. Teilweise liegen überhaupt keine Regularien für die Beschaffung
vor, sodass es immer wieder zu Einzelfallentscheidungen kommt. So führt eine Viel-
zahl von Unternehmen im diesem Zusammenhang auch Prozesstransparenz und Com-
pliance als wichtige Punkte an (Bogaschewsky 2015).

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019
T. Kollmann, E-Business, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26143-6_2
140 Die Grundlagen des E-Procurement

„ Beschaffungszeit: Der reale Beschaffungsprozess benötigt enorme Zeitressourcen,


da die einzelnen Ablaufschritte unter der Hinzunahme realer Mitarbeiter erfolgt. Dies
gilt sowohl für die Bedarfsformulierung und die Genehmigungsverfahren, als auch für
die Bestellabwicklung (z. B. Lieferantenauswahl und Eingangskontrolle). Studien ha-
ben ergeben, dass reale Beschaffungsprozesse bis zu neun Tage dauern können.

„ Beschaffungskosten: Der reale Beschaffungsprozess ist relativ kostspielig, was nicht


nur an dem eingesetzten Personal liegt, sondern insbesondere in der Tatsache begründet
ist, dass immer noch ein beachtlicher Anteil aller Bestellungen papierbasiert ist. Stu-
dien im internationalen Umfeld haben ergeben, dass die Beschaffungskosten für einen
$ 5-Artikel und einen $ 4.000-Artikel in etwa gleich hoch sind und sich die Gesamt-
kosten für einen einzelnen Beschaffungsvorgang bei etwa $ 70 - $ 300 bewegen. Die
anfänglich prognostizierten Einsparungspotenziale in Höhe von 50-60 % durch Ein-
satz von E-Procurement-Systemen mussten jedoch nach ersten Studien auf 10-20 %
korrigiert werden (Andreßen 2010, S. 294).

Vor dem Hintergrund dieser Problemfelder soll das E-Procurement eine deutliche Verbes-
serung darstellen. Um dies zu erreichen, müssen jedoch spezifische Anforderungen bezüg-
lich der fünf Bausteine „Systeme“, „Prozesse“, „Management“, (Beschaffungs-) „Marke-
ting“ und „Implementierung“ (s. Kapitel 1.7) erfüllt werden, auf die im Folgenden einge-
gangen wird.

Situationsanalyse
Konstellationen/Ziele/Strategien/Potenziale
Lieferant
Bedarfsanalyse

Beschaffungsmarktanalyse und -auswahl

Lieferant Unternehmen

Lieferantenanalyse und -auswahl

Lieferantenverhandlung
Lieferant

Beschaffungsabwicklung

Abb. 48: Die Grundidee des E-Procurement


Quelle: in Anlehnung an Koppelmann/Brodersen/Volkmann 2001, S. 81.
Die Systeme beim elektronischen Einkauf 141

2.1 Die Systeme beim elektronischen Einkauf


Die technische Systemebene im E-Procurement unterstützt jegliche Prozesse, die mit dem
innerbetrieblichen Einkauf von Produkten und Dienstleistungen zusammenhängen. Die
zentrale Herausforderung auf der Systemebene im elektronischen Einkauf sind dabei der
Aufbau von Produktkatalogen und die Übertragung von elektronischen Produkt- und
Prozessdaten zwischen den eingesetzten Systemen, z. B. zwischen dem Verkaufssystem
des Lieferanten und dem Einkaufssystem des Kunden. Nicht zuletzt müssen unter Einsatz
von definierten Formaten und Protokollen also auch Unternehmensgrenzen (Schnittstel-
len) überbrückt werden. Auf der Systemebene des elektronischen Einkaufs gilt es also,
elektronische Standards zu definieren, Systemlösungen zu gestalten und diese adäquat im
Kontext der jeweiligen Beziehung zwischen einkaufender Organisation und Lieferanten
einzusetzen. Vor diesem Hintergrund stellen sich eine Reihe zentraler Fragen, die zugleich
auch als Lernziele angesehen werden können:

„ Welche technischen Anforderungen ergeben sich für ein E-Procurement-System?

„ Wie können diese technischen Anforderungen im E-Procurement insbesondere mit


Hilfe der Internet-Technologie erfüllt werden?

„ Wie kann man den technischen Aufbau eines E-Procurement-Systems beschreiben?


Welche verschiedenen Arten von E-Procurement-Systemen gibt es?

„ Wer ist für den Aufbau, die Verwaltung und die Pflege eines E-Procurement-Systems
verantwortlich?

2.1.1 Die Systemanforderungen beim elektronischen Einkauf


Umfangreiche Produktkataloge, komplexe Beschaffungsprozesse sowie die Integration in
die bestehende EDV-Systemlandschaft der jeweiligen Organisation bringen eine ganze
Reihe von Anforderungen an E-Procurement-Systeme mit sich. Im Folgenden wird dem-
nach zunächst diese technische Seite eines Aufbaus von E-Procurement-Systemen, die
als Basis der managementorientierten Nutzung angesehen werden kann, beschrieben. Da-
bei wird sowohl auf die soft- und hardwarebezogenen Grundlagen von internetbasierten
Systemlösungen, als auch auf die einzelnen beschaffungsspezifischen Lösungsansätze des
E-Procurement eingegangen.

2.1.1.1 Online-Datenformate
Ein besonderes Charakteristikum der im E-Procurement verwendeten Daten ist, dass diese
nicht in den Grenzen eines Unternehmens verbleiben, sondern anderen Unternehmen (z. B.
142 Die Grundlagen des E-Procurement

Kunden und Lieferanten) zur Weiterverarbeitung zur Verfügung gestellt werden. Damit
kommt es zu einem Wechsel von einem unternehmensinternen zu einem unternehmens-
übergreifenden technischen Betrachtungsfokus. Der Austausch von Katalog- und Trans-
aktionsdaten zwischen beteiligten Handelspartnern erfolgt dabei auf Grundlage definierter
Datenformate.

Abb. 49: Beispiel für eine auf XML basierende Auszeichnungssprache erstellt mit
Liquid XML Studio 2018 Designer Edition

Allgemein lassen sich diese hinsichtlich ihrer Formatstruktur einteilen. Die drei bedeut-
samsten Datenformate des zwischenbetrieblichen Datenaustausches sind CSV-, EDI- und
XML-basierte Formate. Unter dem Akronym EDI (Electronic Data Interchange) ist seit
etwa Mitte der 1970er Jahre eine Vielzahl von Standards hervorgegangen, die national oder
international in einzelnen Branchen oder branchenübergreifend eingesetzt werden. Eine
besondere Rolle nimmt dabei UN/EDIFACT, ein internationaler Rahmen für EDI-Stan-
dards zur Abwicklung von Geschäftstransaktionen, ein. In EDI-Nachrichten können sehr
komplexe Daten zusammengefasst werden, allerdings sind die Datenelemente nur wenig
selbsterklärend ausgezeichnet. EDI-Nachrichten werden über eine Punkt-zu-Punkt-Ver-
Die Systeme beim elektronischen Einkauf 143

bindung zwischen den EDI-Systemen der Partner ausgetauscht. Im Gegensatz zu EDI er-
möglichen aktuelle Internet-Technologien wie das einheitliche Netzwerkprotokoll TCP/IP
(Transmission Control Protocol/Internet Protocol) die Kommunikation heterogener Com-
putersysteme. Dabei werden die Daten in standardisierten „Paketen“ an eindeutige IP-Ad-
ressen versendet. Aktuelle E-Procurement-Systemlösungen basieren allesamt auf dem Da-
tenaustausch über IP-basierte Netzwerke. Aufgrund der damit verbundenen Plattformun-
abhängigkeit und Erweiterbarkeit werden dabei sog. XML-basierte Formate genutzt.

Abb. 50: Beispiel für ein XML-Dokument

Die eXtensible Markup Language (XML) ist ein universeller Standard zur Beschrei-
bung strukturierter Dokumente und Daten. XML ist eine Metasprache, mit der beliebige
Auszeichnungssprachen (z. B. für elektronische Produktkataloge) definiert werden kön-
nen. Eine Auszeichnungssprache besteht aus einer Menge von ineinander geschachtelten
Elementen (s. Abb. 49). Durch die Möglichkeit der Schachtelung erhält das resultierende
Dokument eine hierarchische Struktur. Weil einzelne Elemente einen Namen tragen, sind
XML-Dokumente selbstbeschreibend und können sowohl von Mensch als auch Maschine
interpretiert werden. Abb. 50 zeigt beispielhaft ein auf der in Abb. 49 definierten Auszeich-
nungssprache basierendes XML-Dokument. Die formale Spezifikation XML-basierter
Auszeichnungssprachen unterstützt die Erstellung und Verarbeitung von XML-Dokumen-
ten. Beispielsweise kann durch einen automatisierten Vergleich von XML-basierten Pro-
duktdaten und der jeweiligen Spezifikation die Gültigkeit und damit die Konformität zum
definierten Format überprüft werden. So wird sichergestellt, dass keine fehlerhaften oder
unvollständigen Dokumente verarbeitet werden – was bei CSV-/EDI-Formaten nicht
möglich ist (Leukel 2004, S. 77 f.).
Zur Beschreibung gültiger XML-Dokumente kommen in der Regel die Formate Docu-
ment Type Definition (DTD) oder XML Schema Definition (XSD, s. Abb. 49) zum
Einsatz. XML erlaubt zudem die Repräsentation von komplexen Multimediadaten. Dies
ist insbesondere für elektronische Produktkataloge von Bedeutung, da neben den textuel-
144 Die Grundlagen des E-Procurement

len Daten in der Regel auch Abbildungen der Produkte von hoher Wichtigkeit sind. Wei-
tere Unterschiede zwischen den Formatgruppen sind in Abb. 51 zusammengefasst.

CSV-Formate EDI-Formate XML-Formate

Datenmodell satzorientiert satzorientiert hierarchisch

Strukturkomplexität gering hoch hoch

Dateien je Nachricht z.T. mehrere 1 1


selbstbeschreibend nein eingeschränkt ja

Übertragungsgröße minimal gering hoch

formale Spezifikation nein nein ja

Werkzeugunterstützung hoch gering hoch

Multimediadaten nein nein ja

plattformunabhängig nein nein ja

erweiterbar nein nein ja

Abb. 51: Der Vergleich von CSV-, EDI- und XML-basierten Datenformaten
Quelle: Leukel 2004, S. 78.

Eine Alternative zum XML-Standard bietet die JavaScript Object Notation (JSON) an.
Hierbei handelt es sich um ein Datenaustauschformat, das für die Kommunikation zwi-
schen Server und Clients genutzt wird und insbesondere Vorteile bei dem Transfer von
festen Werten in starren Datenstrukturen ermöglicht (Bray 2017).

2.1.1.2 Online-Standardisierung
Um den Datenaustausch im E-Procurement und damit auch im E-Business effizienter
und kostensparender zu machen, sind besonders international nutzbare Standards not-
wendig (s. Abb. 52). Online-Standards legen Datenformate fest, die dem Informations-
austausch zwischen Unternehmen zugrunde liegen. Im Vergleich zu proprietären Forma-
ten lassen sich Standards leichter gegenüber Partnern durchsetzen, werden von vielen
Produktherstellern unterstützt und benötigen kein schwer zu akquirierendes Know-How
(Quantz/Wichmann 2003, S. 10). E-Business-Standards sind – anders als viele Standards
in traditionellen Umfeldern – inhärent konvertierbar. So lassen sich Daten eines XML-
basierten Formats mit Hilfe der passenden Transformationsregeln prinzipiell immer in ein
anderes XML-basiertes Format umwandeln. Dies ist auch die Grundlage für eine erhöhte
Interoperabilität, z. B. aufgrund der Nutzung von Metadaten im XML-Format (Nekolar
2013).
Die Systeme beim elektronischen Einkauf 145

Austausch ohne Standards Standardisierter Austausch

Einkäufer Einkäufer Einkäufer Einkäufer Einkäufer Einkäufer

einheitlicher Katalogstandard

Lieferant Lieferant Lieferant Lieferant Lieferant Lieferant

Abb. 52: Die Notwendigkeit von Standards im E-Procurement


Quelle: in Anlehnung an Hentrich 2001, S. 71.

Standards lassen sich allgemein anhand ihrer Komplexitätsebene systematisieren. Dabei


bauen komplexere Standards oft auf weniger komplexen Standards auf. Insgesamt lassen
sich fünf Arten E-Business-relevanter Standards identifizieren. Einige Standards sind vor
diesem Hintergrund dabei durchaus mehreren Kategorien zuzuordnen (Quantz/Wichmann
2003, S. 12 f.):

„ Auf der niedrigsten Komplexitätsebene sind Standards zur Produktidentifikation an-


zusiedeln. In handelsnahen Bereichen hat sich in diesem Bereich die EAN (European
Article Number, s. Abb. 53) sowie der UPC (Universal Product Code) durchgesetzt.
Beide Standards geben Produkten eine eindeutige Identifikationsnummer.

„ Standards zur Klassifikation und Beschreibung (s. auch Kapitel 4.1.1.2) von Pro-
dukten bauen insbesondere auf den Identifikationsstandards auf und bieten die vor
diesem Hintergrund die Möglichkeit, Informationen zu spezifizieren, die über die
Angabe einer eindeutigen Identifikationsnummer hinausgehen. Beispiele für derar-
tige Standards sind eCl@ss und UN/SPSC, ein von den Vereinten Nationen verab-
schiedeter Standard, der jedes Produkt einer eindeutigen, standardisierten Produkt-
klasse zuordnet.

„ Katalogaustauschformate (s. auch Kapitel 4.1.1.3) setzen auf den Standards zur Pro-
duktbeschreibung auf und erweitern diese um Möglichkeiten zum Austausch von Pro-
duktdaten oder sogar ganzen Produktkatalogen. Beispiele sind das XML-basierte
BMEcat-Format, cXML oder die EDIFACT-Nachrichten PRICAT und PRODAT. In
technisch weniger ausgefeilten Umgebungen kommen aber auch CSV-Formate zum
Einsatz.
146 Die Grundlagen des E-Procurement

„ Bei Transaktionsstandards geht es insbesondere um die Modellierung von speziel-


len Geschäftsdokumenten (z. B. Bestellung, Lieferschein, Rechnung), die Transaktio-
nen zwischen den Geschäftspartnern anstoßen. Beispiele sind EDIFACT und cXML.

„ Die höchste Komplexität weisen jedoch Standards zur Modellierung ganzer Ge-
schäftsprozessen auf. Hier geht es eben nicht nur um die Repräsentation einzelner
Nachrichten oder Dokumente, sondern insbesondere auch um die spezielle Festle-
gung von Sequenzen von Nachrichten als komplexe Abläufe. Beispiel sind Biztalk
und ebXML.

978 317023024 8
Spezialtyp: Buch Land + Verlag + Titel Prüfziffer

Abb. 53: EAN am Beispiel der ISBN-Nummer des Buchs „Online-Marketing“

2.1.1.3 Online-Produktkataloge
Katalogdaten sind eine für die rechnergestützte Verarbeitung notwendige Darstellung
von Informationen über Produkte. Sie sind allerdings keinesfalls eine neue Erscheinung
des elektronischen Handels, denn auch für die Herstellung papierbasierter Kataloge wer-
den und wurden Katalogdaten benötigt. Katalogdaten stehen in engem Zusammenhang zu
Material- und Produktdaten und lassen sich nicht eindeutig von diesen abgrenzen. Bei Ma-
terialdaten stehen kaufmännische Daten über Produkte im Vordergrund. Sie werden in
erster Linie von betriebswirtschaftlichen Informationssystemen, also den ERP-Systemen
(Enterprise Resource Planning) genutzt und verwaltet. Im Vordergrund stehen Informatio-
nen über die bei der Produktion eingesetzten Materialien (Materialstammsatz) sowie über
die letztendlich erzeugten Produkte. Während in Industrieunternehmen von Materialien
gesprochen wird, spricht man im Handel und auch im Vertrieb von Artikeln, die in Waren-
wirtschaftssystemen (WWS) verwaltet werden. Entsprechend wird von Artikelstamm, Ar-
tikelnummer, Artikelbeständen und Artikelgruppen gesprochen (Leukel 2004, S. 12 ff.).
Unter dem Begriff Produktdaten werden alle Informationen zusammengefasst, die wäh-
rend des aus Planung, Entwicklung/Konstruktion, Arbeitsvorbereitung, Herstellung, Ver-
Die Systeme beim elektronischen Einkauf 147

trieb, Nutzung und Entsorgung/Recycling bestehenden Lebenszyklus eines Produktes ent-


stehen (Leukel 2004, S. 12). Produktdaten werden in sog. PDM- bzw. PLM-Systemen
(Product Data Management/Product Lifecycle Management) verwaltet. Da sich Produkt-
daten auf den Produktlebenszyklus aus Sicht des Herstellers beziehen, fehlt im Bereich der
Produktdaten in der Regel die eher kundenorientierte Sichtweise.

Materialdaten
Katalogdaten
Preise
Herstellungskosten
Vertriebstexte
Bestände
ERP-System
Identifikation Produktabbildungen
Arbeitspläne für Browserausgabe
Klassifizierung
Stücklisten Keywords für
Merkmale Katalogsuche
PDM-System
3D-Geometriedaten
Simulationsdaten
Zeichnungen

Produktdaten

Abb. 54: Das Verhältnis von Material-, Produkt- und Katalogdaten


Quelle: in Anlehnung an Leukel 2004, S. 19.

Der Zusammenhang zwischen Material-, Produkt- und Katalogdaten lässt sich als Men-
gendiagramm darstellen (s. Abb. 54). Dabei entstehen sieben inhaltlich sinnvolle Teilmen-
gen. Neben den Katalogdaten, die sich auch dem Bereich der Material- oder Produktdaten
zuordnen lassen, existieren Katalogdaten, die einzig in Online-Produktkatalogen Verwen-
dung finden. Beispiele hierfür sind Abbildungen und Multimediadaten für die Ausgabe
im Webbrowser sowie Stichworte, die bei der elektronischen Suche zum Einsatz kommen.
Es ist einschränkend festzuhalten, dass Material-, Produkt- und Katalogdaten nicht immer
exakt voneinander zu trennen sind. Zudem lässt sich in der Praxis zunehmend eine In-
tegration von ERP- bzw. WWS-, PDM- und internetbasierten Katalogsystemen feststel-
len, sodass auch die von den Systemen verwalteten Daten zunehmend anwendungsüber-
greifend genutzt werden.
Ein elektronischer Online-Produktkatalog kann als Menge logisch zusammenhängender
Katalogdaten betrachtet werden. Dabei lassen sich vier Datenbereiche (s. Abb. 55), zwi-
schen denen allerdings zahlreiche Beziehungen existieren (Leukel 2004, S. 20 ff.), identi-
fizieren. Katalogmetadaten sind gemäß des Metadatenbegriffs („Daten über Daten“) Da-
ten über Katalogdaten. Sie repräsentieren keine Daten über die im Katalog beschriebenen
148 Die Grundlagen des E-Procurement

Produkte, sondern spezifizieren den Katalog selbst. Als Beispiele für Katalogmetadaten
können die Katalogversion, Bezeichnung, Erstelldatum, Ersteller, Empfänger, zugehörige
Rahmenverträge sowie genutzte Sprache(n) und Währung(en) genannt werden.

Katalogmetadaten

Katalog-
Kataloggruppensystemdaten Produktklassifikationssystemdaten
strukturdaten

Identifikations-/ Spezifikations- Bestell- und


Produktdaten Preisdaten
Beschreibungsdaten daten Logistikdaten

Produkt-
Referenzierungsdaten Parametrisierungsdaten Konfigurationsdaten
strukturdaten

Abb. 55: Ein Modell für Katalogdatenbereiche


Quelle: Leukel 2004, S. 23.

Der Bereich der Katalogstrukturdaten dient der Systematisierung der im Katalog ent-
haltenen Produkte. Auch hier werden also noch nicht die Produkte selbst, sondern Kate-
gorien von Produkten beschrieben. Das beschriebene Kataloggruppensystem strukturiert
zunächst das im Katalog enthaltene Sortiment, in dem gleichartige Produkte zu Katalog-
gruppen zusammengefasst werden. Diese sind in der Regel mehrstufig angelegt, sodass
eine Baumstruktur entsteht, die das Produktspektrum des Lieferanten widerspiegelt. Diese
Struktur wird auf Käuferseite zur Navigation und Suche im Katalog verwendet. Die Ge-
staltung dieser Gruppenhierarchie liegt daher allein beim Lieferanten. Das dann eben-
falls im Bereich der Strukturdaten beschriebene Produktklassifikationssystem hingegen
ordnet jedes Produkt eindeutig einer definierten Produktklasse zu. Diese kann standardi-
sierte Merkmalsleisten (also eine Menge möglicher Produktmerkmale) definieren, z. B.
Farbe, Länge und Gewicht. Zum Einsatz kommen hier die bereits in Kapitel 2.1.1.2 be-
schriebenen Klassifikationsstandards.
Die Produktdaten müssen jedes Produkt so beschreiben, dass es aus dem elektronischen
Katalog heraus bestellt werden kann und alle nachfolgenden Teilprozesse (Auftragsbear-
beitung, Auslieferung, Wareneingang, Rechnungsstellung, Zahlung) unterstützt werden.
Produktdaten enthalten Daten zur (eindeutigen) Identifikation und Beschreibung, eine Spe-
zifikation der konkreten Produktmerkmale, Bestell- und Logistikdaten (z. B. mögliche
Bestelleinheiten, enthaltene Mengen, enthaltene Einheiten und Mindestbestellmengen) so-
wie Preisdaten. Insbesondere bei den Preisdaten handelt es sich um hochkomplexe Infor-
mationen, da hier z. B. kundenindividuelle Preise, Produktvarianten zu unterschiedlichen
Die Systeme beim elektronischen Einkauf 149

Preisen, Sonderpreise, Abhängigkeiten des Preises von der Bestellmenge, Preisbündelung


beim Kauf von Produktsets sowie räumlich-regionale und zeitliche Faktoren modelliert
werden müssen. Im Datenbereich der Produktstrukturdaten werden die innere Struktur
von Produkten und die im Produktsortiment bestehenden Beziehungszusammenhänge ab-
gebildet. So enthalten Produktstrukturdaten zugehörige Referenzierungsdaten, die über
Artikelreferenzen semantische Beziehungen zwischen Produkten beschreiben, die über die
hierarchischen Gruppensysteme hinausgehen. Beispiele sind Beziehungen zu passenden
Ersatzteil-, Zubehör-, Alternativ-, Nachfolge- und Zusatzartikeln. Durch Artikelreferenzen
wird es zudem möglich, auf andere relevante Produkte hinzuweisen, die bei der Bestell-
entscheidung zu berücksichtigen sind (Cross-Selling; s. Kapitel 3.3.1.4).
Einen zweiten Unterbereich bilden die Parametrisierungsdaten: Parameter definieren da-
bei variante Merkmale, deren Werte in einem bestimmten Wertebereich liegen. Oft sollen
die in einem Katalog enthaltenen Produkte nämlich nicht nur anhand fester Merkmale
beschrieben werden, sondern eine Bestimmung der Merkmale durch den Besteller ermög-
lichen. Beispiele für derartige Merkmale sind die Farb- und Größenwahl. Die Abgrenzung
zwischen varianten Merkmalen und potenziell varianten Merkmalen (die dennoch zu fixen
Produkten führen) bestimmt das katalogerstellende Unternehmen. Auch bei Produktvari-
anten ist der Grad der kundenseitigen Produktspezifikation jedoch noch recht gering.
Sollen die zu bestellenden Produkte erst durch die Auswahl und Spezifikation ihrer Kom-
ponenten entstehen, muss der Katalog die für die kundenseitige Produktzusammenstel-
lung benötigten Konfigurationsdaten abbilden. Ein Beispiel für die Produktkonfigura-
tion bilden Arbeitsplatzrechner, bei denen der Besteller über geeignete Eingabemasken Ge-
häuse, Prozessor, Laufwerke, Festplatte und Hauptspeicher konfigurieren kann. Im End-
effekt entstehen also kundenindividuelle Produkte, die dank Internettechnologien effizient
zusammengestellt und anschließend auf individuelle Kundenbedürfnisse zugeschnitten
produziert werden können (s. Kapitel 3.4.2.5).
Jeder spezifische Katalog zeichnet sich durch seine strukturelle Komplexität aus. Diese
setzt sich prinzipiell aus dem Umfang der Katalogdaten selbst und den inhaltlichen Ab-
hängigkeiten zwischen den Katalogdaten zusammen. So hängt die Komplexität zum einen
von den Kataloginhalten ab, z. B. dem Grad der Nutzung von Kataloggruppensystem
(en), Klassifikationssystem(en), Produktmerkmalen, kundenspezifischen Preisen, Pro-
duktabbildung(en), Artikelreferenzen, Varianten und Konfigurationen. Darüber hinaus
spielen bei der Komplexität des Kataloges die Anzahl verschiedener Kunden, Währungen,
Gebiete, Sprachen und Zeiträume eine entscheidende Rolle (Leukel 2004, S. 62).

2.1.1.4 Online-Katalogmanagement
Das Online-Katalogmanagement umfasst alle für den Betrieb und die Nutzung eines
existierenden Online-Produktkataloges benötigten Funktionen. Hierbei handelt es sich in
erster Linie um die Darstellung des Produktsortiments sowie um Funktionen für die Ak-
tualisierung bzw. Übermittlung der Kataloge. Für die Darstellung von Katalogen und den
150 Die Grundlagen des E-Procurement

Austausch von Katalogen zwischen Unternehmen werden vermehrt XML-Standards ver-


wendet (s. Kapitel 2.1.1.1). Der Grund hierfür liegt in den vielschichtigen Anforderungen,
die das Online-Katalogmanagement mit sich bringt. Dabei kommen zum einen allge-
meine, aus der Informatik bekannte Datenmanagementziele zum Tragen, so z. B. die
Sicherstellung von Richtigkeit, Vollständigkeit oder Aktualität der Katalogdaten. Auf die
Notwendigkeit der zugehörigen Standardisierung wurde in Zusammenhang mit Online-
Datenformaten bereits eingegangen (s. Kapitel 2.1.1.1).
Ein wesentliches Element vieler Systemlösungen im E-Procurement ist vor diesem Hin-
tergrund der Multi Supplier Product Catalogue (MSPC). In einem derartigen Multilie-
ferantenkatalog sind die Artikel verschiedener Lieferanten zusammengeführt, um die
Auswahl der gewünschten Produkte und Lieferanten für die Mitarbeiter zu vereinfachen.
Um die Mitarbeiter bei ihrer Sourcing-Entscheidung zu unterstützen, stellen MSPC ver-
schiedene Suchfunktionalitäten zur Verfügung. Beispiele hierfür sind ein hierarchisches
Browsen entlang einer Produkthierarchie, eine Stichwortsuche oder eine parametrische
Suche in einem abgegrenzten Suchbereich (z. B. in einem bestimmten Preisbereich). Zur
Sicherstellung derartiger Funktionalitäten müssen die Daten eines MSPC entsprechend
strukturiert und aufgearbeitet sein (Dolmetsch 2000, S. 166 ff.). Dabei ist zu berücksichti-
gen, dass die einzelnen Lieferantenkataloge sich sowohl strukturell als auch inhaltlich in
hohem Maße voneinander unterscheiden können. Vor diesem Hintergrund bringen MSPC
zwei zentrale Anforderungen mit sich:

„ Die Konsolidierung stellt sicher, dass die verschiedenen Lieferantenkataloge in einer


einheitlichen Metastruktur zusammengeführt sind. Quer durch die Lieferantenkata-
loge wird dabei eine Clusterung von Produkten nach wesentlichen Produktmerkma-
len vorgenommen. Vergleichbare Produkte verschiedener Anbieter werden innerhalb
des MSPC so derselben Produktgruppe zugeordnet. Bei der Konsolidierung werden
also insbesondere die Katalogstrukturdaten (s. Kapitel 2.1.1.3) berücksichtigt.

„ Ziel der Rationalisierung ist es, eine Vergleichbarkeit der Produkte auf der Ebene der
Produkt- und Produktstrukturdaten zu ermöglichen, also die einzelnen Produkte an-
hand ihrer spezifischen Eigenschaften vergleichbar zu machen. Rationalisierung be-
deutet somit die syntaktische und semantische Vereinheitlichung der Wertebereiche
mit Hilfe eines standardisierten Beschreibungsvokabulars. Abb. 56 illustriert das
Problem unterschiedlicher Produkt- und Produktstrukturdaten bei verschiedenen An-
bietern.

Den Anforderungen der Konsolidierung und Rationalisierung lässt sich mit den in Kapitel
2.1.1.2 beschriebenen Standards zur Klassifikation und Beschreibung begegnen. Diese
geben einerseits einen Kategorisierungsvorschlag für Produkte vor, der unabhängig vom
Aufbau der einzelnen Lieferantenkataloge ein Ordnungssystem zur Konsolidierung vor-
gibt. Andererseits geben sie einheitliche Formate und definierte Wertebereiche für Pro-
dukt- und Produktstrukturdaten vor. Diese wiederum ermöglichen parametrische Such-
Die Systeme beim elektronischen Einkauf 151

anfragen und einen elektronisch unterstützten, anbieterübergreifenden Vergleich von Pro-


dukten. Neben der zum Zwecke der Konsolidierung und Rationalisierung geforderten
Standardisierung, ohne die Austausch und Integration von Katalogdaten nur bedingt mög-
lich wären, stellt die Medienneutralität der elektronischen Produktdaten eine wesentliche
Anforderung des Online-Katalogmanagements dar (Leukel 2004, S. 148). Medienneutrale
Katalogformate sind durch eine strikte Trennung von Inhalt, Struktur und Layout unab-
hängig von Übertragung und Darstellung und verzichten bewusst auf medienspezifische
Restriktionen und Anforderungen.

Produktdaten Anbieter A Anbieter B Anbieter C rationalisiert Wertebereich

Kurzbeschreibung Filzstift Farbstift Stift Filzstift Filzstift

blau, rot,
Farbe königsblau bl Blau blau
schwarz, gelb

0,5 mm, 1 mm,


Strichdicke 2 mm 2 Millimeter 0,2 cm 2 mm
2 mm, …

Abb. 56: Die Notwendigkeit der Rationalisierung im Online-Katalogmanagement

Ein Beispiel für eine Katalogmanagement-Lösung kommt von der POOL4TOOL AG, die
durch einen verbesserten Katalog-Upload und ein neues Staging für Einkäufer und Liefe-
ranten einen großen Mehrwert bietet. Die eCatalog-Applikation ermöglicht die Freigabe
neuer Preise und Artikel („Staging“) für Einkäufer und Lieferanten, eine flexible Defini-
tion von Prüfregeln, eine einfache Freigabe von einzelnen Artikeln und schnellere Kata-
log-Updates. Entscheidend für einen hohen Nutzungsgrad der Katalogmanagement-Lö-
sung ist die Akzeptanz seitens der Lieferanten (POOL4TOOL AG 2015). Trotz derartiger
Lösungen erfordert die initiale Erstellung und laufende Pflege von Online-Produktkatalo-
gen noch immer einen beachtlichen Zeitaufwand, weshalb die Nutzung von KI (s. Kapitel
1.6.5) in diesem Bereich eine interessante Zukunftsperspektive darstellt. Bereits heute gibt
es erste Anbieter von KI-gestützten Systemen zur automatisierten Erstellung von Pro-
duktbeschreibungen anhand reiner Produktdaten. Ein Beispiel hierfür stellt vor diesem
Hintergrund die Beschreibungssprache ATML3 (Automated Text Markup Language) dar
(Weissgraeber 2018).
152 Die Grundlagen des E-Procurement

2.1.1.5 Online-Warenwirtschaftssysteme
Eine zentrale Anforderung an elektronische Beschaffungssysteme ist insbesondere die
Möglichkeit des Datenaustausches mit bereits bestehenden Informationssystemen auf An-
bieter- und Nachfragerseite. Somit ist eine Integration von E-Procurement-Systemen in die
bestehende Systemlandschaft eines Unternehmens unerlässlich. Von besonderer Relevanz
ist dabei der Datenaustausch zwischen Beschaffungssystemen und Warenwirtschaftssys-
temen oder auch sog. ERP-Systemen.
„Als ERP-System bezeichnet man ein Informationssystem, das Geschäftsprozesse und Ge-
schäftsregeln sowohl innerhalb der Hauptfunktionsbereiche eines Unternehmens als auch
über Bereiche hinweg abbildet und teilweise oder ganz automatisiert“ (Kurbel 1990,
S. 241). Dabei wird ein Informationsfluss zwischen den verschiedenen Funktionen eines
Unternehmens (z. B. Einkauf, Produktion, Personal- und Finanzwesen) ermöglicht. Auf
die zunehmend anwendungsübergreifende Nutzung von Katalogdaten (die gerade in Form
von Material- bzw. Artikelstammdaten auch in ERP- bzw. Warenwirtschaftssystemen auf-
tauchen) wurde zuvor bereits eingegangen. Zwischen E-Procurement-Systemlösungen und
bestehenden Informationssystemen lässt sich vor diesem Hintergrund jedoch eine Reihe
von weiteren in diesem Zusammenhang sehr wichtigen Integrationspunkten identifizie-
ren (Nekolar 2003, S. 51):

„ ERP-Module für das Personalwesen und Human Resources-Programme dienen u. a.


der Verwaltung von Mitarbeiterdaten, Benutzerprofilen, Zugriffsrechten, Vorgesetz-
ten, Budgets und Adressdaten, die bspw. im Rahmen des E-Procurement für Sourcing-,
Bestell- und Lieferprozesse benötigt werden.

„ ERP-Module für die Materialwirtschaft des einkaufenden Unternehmens verwalten


bspw. Materialstammsätze, Lieferantendaten und Lagerbestände, auf Basis derer Sour-
cing-Entscheidungen getroffen werden. Bei der Bestellung spielen darüber hinaus u. a.
vom ERP-System verwaltete Bestellanforderungen, Freigabeprozesse, und Lagerre-
servierungen eine Rolle. Analog dienen Warenwirtschaftssysteme auf Seite des Lie-
feranten der Verwaltung von Artikel- und Kundenstammdaten.

„ ERP-Module für das Finanzwesen dienen der Verwaltung von Kostenstellen, Kosten-
arten, Budgets und Produktbewertungen. Für die Prüfung der über das E-Procurement-
System getätigten Bestellungen spielen zudem die hier verwalteten Sach- und Anlage-
konten, Rechnungen und Überweisungen eine Rolle.

Der offensichtliche Integrationsbedarf zwischen E-Procurement-Lösungen und der bereits


bestehenden Systemlandschaft erfordert standardisierte Schnittstellen, über die die An-
wendungen auf Basis einer einheitlichen, auf etablierten Standards basierenden Kommu-
nikationsinfrastruktur Daten austauschen können.
Die Systeme beim elektronischen Einkauf 153

2.1.2 Die Systemlösungen beim elektronischen Einkauf

Wichtige Ziele internetbasierter Beschaffungslösungen sind unter anderem, einen dezent-


ralen Einkauf am Arbeitsplatz der Mitarbeiter zu ermöglichen, Kosten zu sparen sowie
definierte Rechte an Einkäufer zu vergeben. Ähnlich wie bei den anderen beiden Plattfor-
men des E-Business (E-Shop, E-Marketplace), bei denen elektronische Geschäftsprozesse
nach ihrem Veranstalter differenziert werden, lassen sich auch die Systemlösungen im
E-Procurement anhand der Frage differenzieren, wer die resultierenden Geschäftspro-
zesse durch die Implementierung der Systemlösung ermöglicht. In Abhängigkeit von der
Partei, die die Beschaffungslösung in ihrem System hält, kann zwischen insgesamt drei
Grundmodellen bzw. Ausprägungen von internetbasierten E-Procurement-Lösungen un-
terschieden werden, auf die im Folgenden jeweils detailliert eingegangen werden soll.

2.1.2.1 Sell-Side-Modell
Bei Sell-Side-Lösungen werden sowohl die Einkaufssoftware als auch der Online-Kata-
log vom Lieferanten (Anbieter) zur Verfügung gestellt (Nekolar 2003, S. 8 f.). Bei der-
artigen Lösungen hat der Bedarfsträger des einkaufenden Unternehmens nach Anmeldung
über die Lieferanten-Webseite Zugriff auf die eventuell individuell vereinbarten Produkte
und Preise. Bei Sell-Side-Lösungen handelt es sich somit prinzipiell auch um eine, hier
primär im Bereich B2B zum Einsatz kommende E-Shop-Lösung (s. Kapitel 3). Aus Sicht
der Beschaffung unterscheidet sich diese „E-Shop-Lösung“ aber sehr im Grad der Integra-
tion mit der Beschaffungsseite, die in erster Linie von der Intensität der Geschäftsbezie-
hung zu einem beschaffenden Unternehmen abhängt. Da die Kataloge verschiedener An-
bieter weder konsolidiert noch rationalisiert sind, sind Sell-Side-Lösungen unfähig, den
Besteller elektronisch beim Vergleich der Angebote verschiedener Anbieter zu unterstüt-
zen. Ein weiterer Nachteil von Sell-Side-Lösungen ist, dass sich der Bedarfsträger mit den
unterschiedlichen Designs und Navigationsstrukturen der verschiedenen Lieferanten
auseinandersetzen muss. Da die Transaktionsdaten beim Lieferanten anfallen, kommt es
auf Einkaufsseite zudem zu einer manuellen Übertragung der Bestellungen in das eigene
ERP-System, sofern die Lösung keine zusätzlichen Schnittstellen zum Datenaustausch mit
der EDV des einkaufenden Unternehmens zur Verfügung stellt (Stoll 2007, S. 21; Schubert
2002, S. 5).
Der wichtigste Vorteil einer derartigen Lösung liegt darin, dass der Lieferant seine Produkte
optimal präsentieren und produktspezifische Funktionen integrieren kann. Regelbasierte
Produkt- und Preiskonfiguratoren ermöglichen es dem Bedarfsträger, ein Produkt nach ei-
genen Wünschen dynamisch zu konfigurieren. Zudem erlauben viele Sell-Side-Lösungen
eine Integration mit dem ERP-System bzw. der Warenwirtschaft des Lieferanten. Mittels
integrierter Systeme kann der Beschaffer Informationen wie die Bestellhistorie oder den
Auftragsstatus abfragen. Dem Lieferanten erspart die Integration die erneute Eingabe von
Bestellungen und eine wesentlich effizientere Auftragsabwicklung (Dolmetsch 2000,
154 Die Grundlagen des E-Procurement

S. 141). Im Wesentlichen unterstützen Sell-Side-Lösungen den Beschaffer beim Sour-


cing, nicht jedoch bei unternehmensinternen Verfahren wie z. B. Genehmigungsprozes-
sen. Viele Sell-Side-Lösungen verfügen allerdings über umfangreiche Personalisierungs-
funktionen, wie die Abbildung kundenindividueller Regeln für den Beschaffungsprozess.
Aus Sicht des beschaffenden Unternehmens verursachen Sell-Side-Lösungen außerdem
nur geringe Kosten, da das Katalogmanagement komplett von den Lieferanten übernom-
men wird.

Abb. 57: Das Beispiel eines Sell-Side-Modells im E-Procurement


Quelle: www.festo.com

Als Beispiel für ein Sell-Side-Modell kann das E-Procurement-System von festo.com
genannt werden. Das Unternehmen stellt im Internet nach den eigenen Angaben über
33.000 Produkte aus dem Feld der pneumatischen Komponenten und Systeme für das ein-
kaufende Unternehmen bereit. Über einen Online-Katalog (s. Abb. 57) hat der Beschaffer
Zugriff auf alle dazugehörigen technischen Daten, CAD-Modelle und Produktdokumenta-
tionen. Nach Produktauswahl, Verfügbarkeitsprüfung und einer eventuellen Konfiguration
kann über eine Warenkorbfunktion abschließend der Einkauf erfolgen.
Die Systeme beim elektronischen Einkauf 155

2.1.2.2 Buy-Side-Modell
Im Gegensatz zu einer Sell-Side-Lösung werden bei einer Buy-Side-Lösung die Einkaufs-
software und der überwiegende Teil des Online-Kataloges von dem einkaufenden Unter-
nehmen (Nachfrager) betrieben (Nekolar 2003, S. 8 f.). Der Einsatz einer eigenen Ein-
kaufslösung bringt zwei wesentliche Vorteile mit sich: Zum einen ermöglicht der zu einer
Buy-Side-Lösung zugehörige Multilieferantenkatalog (MSPC) die lieferantenübergrei-
fende Auswahl der gewünschten Produkte. Zum anderen ermöglicht eine Buy-Side-Lö-
sung die einmalige und lieferantenunabhängige Abbildung von Regeln für den Beschaf-
fungsprozess und sorgt so für die Einhaltung von Rahmenvereinbarungen, Kompetenzen
und Genehmigungsabläufen. Buy-Side-Lösungen werden oft auch als Desktop-Purch-
asing-Systeme (DPS) bezeichnet, da sie es jedem Mitarbeiter ermöglichen, vom eigenen
Schreibtisch aus über eine einheitliche Benutzeroberfläche Bestellungen zu generieren. Sie
basieren verbreitet auf einem MSPC, der über das Intranet des Unternehmens zugänglich
ist. Zum Einsatz kommt auf Seite des Bedarfsträgers dabei lediglich ein Webbrowser. An-
ders als fremdbetriebene Systeme lassen sich Buy-Side-Lösungen optimal in die beste-
hende Systemlandschaft des Unternehmens integrieren. So bieten viele ERP-Systeme
Schnittstellen für den Datenaustausch mit Buy-Side-Lösungen bzw. eigene Module zur
Unterstützung des elektronischen Einkaufs. Diese erlauben zudem das Tracking von Ge-
nehmigungs- und Bestellprozessen, unterstützen den Warenempfang sowie die finanzielle
Verbuchung der beschafften Produkte.

Abb. 58: Das Beispiel eines Buy-Side-Modells im E-Procurement


Quelle: https://s2c.siemens.com
156 Die Grundlagen des E-Procurement

Abhängig von der jeweiligen Lösung und Implementierung können DPS das beschaf-
fende Unternehmen in allen Teilprozessen der Beschaffung unterstützen, worauf in Kapi-
tel 2.2 noch detailliert eingegangen wird. Eine Buy-Side-Lösung muss nicht zwangsweise
von der eigenen Einkaufs- bzw. IT-Abteilung gepflegt und administriert werden: Wird
eine Buy-Side-Lösung von einem externen Dienstleister (einem sog. Procurement Service
Provider) unterhalten, spricht man von einer Hosted-Buy-Side-Lösung.
Als Beispiel für ein Buy-Side-Modell kann das E-Procurement-System SCM Star (s. Abb.
58) von Siemens genannt werden. Laut eigenen Aussagen verfügt das Unternehmen über
einen internationalen, konzernweiten elektronischen Einkaufsmarktplatz, der die Lieferan-
ten und die eigenen Mitarbeiter in ihren täglichen Hauptaufgaben im Beschaffungspro-
zess unterstützt. Die Registrierung in diesem eigenen E-Procurement-Portal ist dabei die
Grundvoraussetzung für die Zusammenarbeit mit Siemens.

2.1.2.3 Marketplace-Modell
Bei einer E-Marketplace-Lösung (s. Kapitel 4) werden die für die Bestellabwicklung er-
forderlichen Funktionen sowie Online-Kataloge in der Regel durch einen Marktplatzbe-
treiber (Intermediär) betrieben, dessen MSPC-basierte Internet-Plattform von mehreren
einkaufenden und verkaufenden Unternehmen genutzt wird (Nekolar 2003, S. 9 f.). Dabei
müssen Marktplätze nicht zwangsweise allgemein offen sein. Oft werden im Rahmen des
E-Procurements auch gemeinschaftlich betriebene Portale eingesetzt, bei denen eine
Gruppe einkaufender oder verkaufender Unternehmen federführend ist und die für die
Geschäftsvorgänge gültigen Regeln aufstellt (Schubert 2002, S. 5).

Abb. 59: Das Beispiel eines Marketplace-Modells im E-Procurement


Quelle: www.mercateo.de

Ähnlich wie Sell-Side-Lösungen unterstützen Marketplace-Lösungen das einkaufende Un-


ternehmen beim Sourcing, weniger aber beim Genehmigungsprozess. Zwar werden einige
Die Systeme beim elektronischen Einkauf 157

der Nachteile von Sell-Side-Lösungen durch den vorhandenen Multilieferantenkatalog und


die einheitliche Benutzeroberfläche ausgeglichen, eine optimale Integration mit bestehen-
den Systemlösungen auf Nachfragerseite ist aber auch bei der Nutzung einer reinen Mar-
ketplace-Lösung nicht gegeben. So bieten viele Marktplatzbetreiber zusätzliche modular
aufeinander abgestimmte Dienstleistungen an. Diese wiederum können von einzelnen Un-
ternehmen für den Betrieb ihrer Sell-Side- bzw. Buy-Side-Lösungen in Anspruch genom-
men werden. Beispiele für derartige Leistungen sind die Pflege, Konsolidierung und Ra-
tionalisierung von Online-Katalogen. Auch die Aufbereitung privater Produktkataloge mit
verhandelten Preisen und individuellen Katalogstrukturen und Produktdaten für jedes
einzelne beschaffende Unternehmen zählt zu den von einem Content Provider angebo-
tenen Diensten (Dolmetsch 2000, S. 165). Besonderheiten eines E-Marketplace – auch im
E-Procurement – werden ausführlich in Kapitel 4 behandelt.
mercateo.de kann mit seinem E-Procurement-System als Beispiel für ein Marketplace-
Modell angeführt werden (s. Abb. 59). Das Unternehmen betreibt nach eigenen Angaben
mit ca. 16.400 Herstellern/Lieferanten, 223 Markenwelten und ca. 25,5 Mio. Artikeln bei
über 1,5 Mio. Geschäftskunden derzeit den größten offenen B2B-Marktplatz innerhalb
des deutschsprachigen Internet. Bei mercateo.de hat der Einkäufer den Zugang zu einem
Multilieferantenkatalog, in dem nach Artikeln verschiedener Lieferanten gesucht werden
kann. Die nach einem Login ausgewählten und bestellten Artikel werden dann direkt vom
einzelnen Lieferanten versendet, die Rechnung für Ihre gesamte Bestellung erhält der Ein-
käufer dagegen vom Marktplatzbetreiber mercateo.de.

2.1.3 Die Systemarchitekturen beim elektronischen Einkauf

Um ein grundlegendes Verständnis für die Architektur von E-Procurement-Systemen zu


vermitteln, werden im Folgenden die zugehörigen Komponenten derartiger Systeme vor-
gestellt. Der Fokus liegt dabei auf Desktop-Purchasing-Systemen im Buy-Side-Bereich,
da diese aus Sicht des beschaffenden Unternehmens eine wesentlich höhere Komplexität
als Sell-Side- und Marketplace-Lösungen aufweisen. Anschließend wird auf die unterneh-
mensübergreifende Kommunikation zwischen Systemkomponenten eingegangen, die den
Server, den Katalogaustausch bzw. Content Management-Bereich sowie die Durchführung
standardisierter Bestellprozesse betrifft.

2.1.3.1 Client-Komponenten
Bei Desktop-Purchasing-Systemen handelt es sich um auf Internet-Technologien basie-
rende Client/Server-Architekturen. Sie bestehen aus in Komponenten aufgeteilten Infor-
mationssystemen, bei denen Serverkomponenten den sog. Clients bestimmte Dienste zur
Verfügung stellen. Client-Komponenten nehmen diese Dienste in Anspruch. Die Kom-
munikation zwischen Server und Clients erfolgt wie bereits erwähnt über Standards der
TCP/IP-Protokollfamilie (s. Kapitel 2.1.1.1). Das Internet-Protokoll (IP) hat die Aufgabe,
158 Die Grundlagen des E-Procurement

Datenpakete unternehmensintern und über Unternehmensgrenzen hinweg vom Sender zum


Empfänger zu transportieren, ohne dass vorher eine Verbindung zwischen Sender und
Empfänger aufgebaut werden muss. Auf Clientseite werden im Rahmen einer Desktop
Purchasing-Lösung lediglich einfache Arbeitsplatzrechner mit Webbrowser benötigt, über
die die Bedarfsträger den MSPC durchsuchen und Bestellungen generieren können. Auch
die Administration und Pflege des Systems erfolgt über webbasierte Benutzerschnittstel-
len. Die Kommunikation zwischen clientseitigem Webbrowser und serverseitigem Procu-
rement-System basiert dabei stets auf dem auf TCP/IP aufbauenden Hypertext Transfer
Protocol (HTTP).

2.1.3.2 Server-Komponenten
Während die Clients also lediglich die Benutzerschnittstelle bilden, stellen die Server-
Komponenten diejenige Software dar, die für die eigentliche Applikationslogik sowie für
die Datenhaltung verantwortlich ist. Auch die serverseitigen Komponenten sind in der Re-
gel über mehrere Rechner verteilt. Gründe für die Nutzung solch eines verteilten Systems
sind die Realisierung echter Nebenläufigkeit (also die gleichzeitige Ausführung mehrerer
Prozesse) sowie die resultierende Skalierbarkeit: Durch Hinzufügen weiterer Rechner
kann die Leistungsfähigkeit des Gesamtsystems (vor allem in Hinblick auf eine hohe An-
zahl gleichzeitiger Nutzer) erhöht werden. Ein häufig anzutreffendes Szenario ist auch die
Bereitstellung von entfernten Ressourcen, wie es bei der Anbindung von unternehmensin-
ternen ERP-Systemen oder sogar unternehmensexternen, bspw. beim Lieferanten liegen-
den Datenbanken der Fall ist. Eine Verteilung dient zudem auch der Fehlervermeidung,
indem bestimmte Funktionalitäten von mehreren Rechnern angeboten werden (Redun-
danz). Beim Ausfall eines Rechners wird die gleiche Funktionalität so von einem anderen
angeboten. Desktop-Purchasing-Systeme bestehen in der Regel aus drei verschiedenen Ar-
ten von Server-Komponenten (Dolmetsch 2000, S. 216):

„ Komponenten für Prozesse und Workflows enthalten die Logik zur Verwaltung
von Bestellanforderungen und zur Ausführung von Bestellungen durch die Bedarfs-
träger. Sie greifen auf Datenbanken zu, in denen konfigurierte Warenkörbe, Bestel-
lanforderungen und Bestellungen gespeichert werden.

„ Komponenten für Produktkatalog und Content Management (s. Kapitel 2.1.3.3)


enthalten die Logik zu Suche, Sourcing und Produktkonfiguration durch den Bedarfs-
träger sowie zur Pflege der Katalogdaten durch Einkaufsabteilung, Dienstleister
oder Lieferanten. Sie greifen direkt auf den MSPC zu.

„ Komponenten zur Systemadministration werden in der Regel von der Einkaufsab-


teilung genutzt, um Benutzerprofile, Genehmigungsregeln und Lieferantenprofile zu
verwalten und in einer entsprechenden Datenbank abzulegen.
Die Systeme beim elektronischen Einkauf 159

Benutzerschnittstelle/Webbrowser

Sicherheit (SSL)

Prozesse und Workflows


E-Mail
Bestelldaten-APIs
Integration mit internen Informationssystemen

Bestellanforderung Genehmigungs- Bestellung


workflow EDI
Statuscheck, Verfügbarkeits-/ Status, Verbuchung,
Preisprüfung, Ausschreibungen Abwicklung, Warenempfang

Kommunikation/Integration
mit Lieferantensystemen
Konfigurierte Bestell- Bestellungen
Datenbank-APIs Warenkörbe anforderungen

Produktkatalog und Content Management


Katalog-APIs

Suche/Sourcing/Konfiguration Content Management


MSPC
Datenbank-APIs
Admin.-APIs

Systemadministration
XML
Profilverwaltung Regelverwaltung
Benutzer-/ Genehmigungs-
Lieferantenprofile regeln …
Datenbank-APIs

Netzwerkinfrastruktur

Abb. 60: Die Server-Komponenten eines Desktop-Purchasing-Systems


Quelle: Dolmetsch 2000, S. 216.

Insbesondere Komponenten für Produktkatalog und Content Management sind oft als se-
parate Katalogsysteme erhältlich, die in Verbindung mit verschiedenen Prozess- und
Workflow-Komponenten genutzt werden können. Diese wiederum sind oft als Erweite-
rungsmodule für bestehende ERP-Systeme erhältlich. Die Kommunikation zwischen den
einzelnen Komponenten sowie die Integration zu internen Informationssystemen wird
durch sog. Application Programming Interfaces (APIs) sichergestellt. Hierbei handelt es
sich um standardisierte Schnittstellen, die teils noch auf Basis von Technologien verteilter
Applikationskomponenten (z. B. Java RPC oder Microsoft COM/DCOM), teils allerdings
auch auf aktuelleren XML-basierten Web Services (s. Kapitel 4.1.3.4) basieren. Die ser-
verseitige Struktur eines DPS ist zusammenfassend in Abb. 60 dargestellt.
160 Die Grundlagen des E-Procurement

2.1.3.3 Katalog-Komponenten
Wie bereits erwähnt erfolgt die Erstellung und Pflege der elektronischen Produktkataloge
(Content Management) mittels spezieller Katalog-Komponenten. Dass die von diesen
Komponenten verwalteten Katalogdaten in einem engen Zusammenhang mit Material-
und Produktdaten stehen, wurde bereits in Kapitel 2.1.1.3 erläutert. Die für einen Online-
Katalog benötigten Daten lassen sich demnach anhand ihrer Herkunft und Bestimmung
differenzieren. Prinzipiell fließen bei der Katalogerstellung drei Datenarten zusammen
(Wannenwetsch 2002, S. 119):

„ Öffentliche Daten: Hier handelt es sich um allgemeine, für alle einkaufenden Un-
ternehmen identische Informationen zu den im Katalog dargestellten Artikeln. Sie sind
dabei hersteller- bzw. lieferantenspezifisch und werden demnach vom Lieferanten (un-
ter Verwendung der vom Hersteller kommenden Produktdaten) gepflegt.

„ Private Daten: Hier handelt es sich um für das einkaufende Unternehmen indivi-
duell erstellte bzw. zusammengestellte Informationen. Dazu zählen die konkreten
Preise und Bestellmengen, aber auch einkaufsspezifische Katalogstrukturdaten. Pri-
vate Daten repräsentieren demnach die konkrete Geschäftsbeziehung zwischen ein-
kaufendem Unternehmen und Lieferanten.

„ Back-End-Daten: Hier handelt es sich vor allem um Materialdaten des einkaufenden


Unternehmens, die der Integration der Kataloglösung in bestehende ERP- bzw. Waren-
wirtschaftssysteme dienen und daher systemspezifisch sind.

Diese drei Typen von Daten werden beim Content Management durch sog. Mapping-
Verfahren miteinander verknüpft (s. Abb. 61). Auf diese Weise entsteht für jeden Artikel
ein individuelles Profil (Wannenwetsch 2002, S. 119). Handelt es sich bei dem zu erstel-
lenden Online-Katalog um einen MSPC, müssen die privaten und öffentlichen Daten ver-
schiedener Lieferantenbeziehungen zudem konsolidiert und rationalisiert werden (s. Ka-
pitel 2.1.1.4).
Den vom Hersteller definierten Produktdaten fügt der Lieferant weitere öffentliche Daten
hinzu. Diese werden im Content Management (entweder durch den Lieferanten selbst
oder einen entsprechenden Dienstleister) kategorisiert und in ein einheitliches Format ge-
bracht. Auf Basis dessen fügt der Kataloganbieter (Lieferant, Dienstleister oder Markt-
platzbetreiber) private und systemspezifische Katalogdaten hinzu und verwandelt den zu
diesem Zeitpunkt oftmals noch kundenunabhängigen Katalog auf diese Weise in einen
kundenspezifischen Katalog. Am Ende dieser Informationsprozesskette steht somit ein
Online-Katalog, der den spezifischen Anforderungen der vom Einkäufer eingesetzten
E-Procurement- und ERP-Lösungen genügt (s. Abb. 62). Von Stufe zu Stufe erweitern so
die am E-Procurement beteiligten Parteien den Umfang der Informationen und reichern die
Qualität der Artikeldaten entsprechend an (Wannenwetsch 2002, S. 120).
Die Systeme beim elektronischen Einkauf 161

Einkauf Private Daten Öffentliche Daten Lieferant


(Artikel-/Einkaufsspezifisch) (Hersteller-/Lieferantenspezifisch)

Preis, Lieferzeit Produktname, Artikelnummer


Mindestbestellmenge Mengeneinheiten
EK-Warengruppe Bilder/Datenblätter

Lieferantennummer
WWS Stammsätze
Back-End-Daten
(Systemspezifisch)

Mapping-Verfahren Mapping-Verfahren

Konsolidierter und rationalisierter Katalog, Geschäftsbeziehung zwischen Einkäufer und Lieferant

Abb. 61: Die Herkunft und Bestimmung von Daten der Katalog-Komponenten
Quelle: Wannenwetsch 2002, S. 119.

Bei der Kommunikation mit dem Kataloganbieter nimmt das XML-basierte Katalogdoku-
ment eine zentrale Rolle ein. Dieses enthält, abhängig vom jeweiligen Anwendungsfall,
den gesamten Katalog des Lieferanten oder auch nur ein Katalog-Update und liegt im op-
timalen Fall in einem zuvor festgelegten Katalogaustauschformat (z. B. cXML) vor. In Zu-
sammenhang mit der Übertragung des Katalogdokuments in das Procurement-System
sind folgende Fälle denkbar:

„ Im einfachsten Fall sendet der Lieferant das Dokument (bspw. per E-Mail) an die Ein-
kaufsabteilung der einkaufenden Organisation, die es nach erfolgter Konsolidierung
und Rationalisierung manuell in ihren MSPC einpflegt.

„ Analog kann der Lieferant das Dokument per Upload über eine entsprechende Brow-
serschnittstelle auch eigens in das Procurement-System einspielen. Nach einer (even-
tuell automatisierten) Prüfung der Konformität zum definierten Format des MSPC kön-
nen neue Produkte durch die Einkaufsabteilung freigeschaltet werden.

„ Alternativ kann die Kommunikation mit den Lieferanten auch automatisiert ablaufen.
Procurement-System und lieferantenseitige Systemlösung tauschen die Katalogdaten
in diesem Fall bei Bedarf oder in festen Intervallen über standardisierte (z. B. auf Web
Services basierende) Schnittstellen aus.
162 Die Grundlagen des E-Procurement

öffentliche Daten Vereinheitlichung Erstellung des Genehmigung


kundenspezifischen
Bildmaterial Kategorisierung Katalogs Bestellabwicklung

verschiedene Formate

Content Katalog-
Produzent Lieferant Einkauf
Management anbieter

Daten Daten Daten Daten

Abb. 62: Die Informations-Prozesskette im E-Procurement


Quelle: Wannenwetsch 2002, S. 121.

2.1.3.4 Order-Komponenten
Nachdem der Bedarfsträger seinen virtuellen Warenkorb durch Auswahl der entsprechen-
den Produkte und Dienstleistungen zusammengestellt hat und der Genehmigungsprozess
abgeschlossen wurde, müssen die resultierenden Bestellungen über Order-Komponenten
an den bzw. die Lieferanten versendet werden. Einige DPS übergeben die Bestellanforde-
rung bzw. Bestellung dabei an das ERP-System, mit dessen Hilfe die Bestellung dann
weitergeleitet wird. Andere DPS wickeln den Geschäftsvorfall bis zur Bestellung ab und
verschicken die Bestellung sowohl an das interne ERP-System als auch direkt zum Liefe-
ranten (s. Abb. 63). Für die Kommunikation mit dem Lieferanten kommen dabei neben den
klassischen elektronischen Formaten für Geschäftsdokumente (E-Mail, Fax, EDI) ver-
mehrt XML-Formate zum Einsatz. Diese sind wesentlich flexibler, günstiger und einfa-
cher zu implementieren als klassisches EDI (Arcache 2003, S. 129). Der cXML-Standard
bspw. erlaubt neben der Übertragung von Katalogdokumenten auch die Übertragung von
Bestellungen zwischen Procurement-System und Lieferanten. Auf dessen Seite können
die Bestellungen dann ebenfalls automatisiert verarbeitet werden.
Viele E-Procurement-Lösungen bieten darüber hinaus spezielle Lieferantenportale.
Diese über einen Web-Browser erreichbaren Zugänge zum Intranet des beschaffenden
Unternehmens erlauben es den Lieferanten, Informationen zum von ihnen angebotenen
Produktspektrum einzugeben und zu pflegen, auf Lieferanteninformationen zuzugreifen
und Aufträge abzuwickeln. Oft spricht man in diesem Zusammenhang auch von Supplier
Self Services (Große-Wilde 2004, S. 62). Als Beispiel wurde bereits SCM Star (s. Abb. 58)
von Siemens angeführt (s. Kapitel 2.1.2.2).
Die Systeme beim elektronischen Einkauf 163

einkaufende
Organisation

Bedarfsträger Content Provider/


Marktplatz-System Lieferant

Bedarfsträger
Procurement-
System
Validierung Sell-Side-Lösung
Konvertierung
Publikation
Abonnement
Bedarfsträger Routing

Abb. 63: Kommunikation von Procurement-System und Lieferanten-Komponenten

2.1.3.5 Lieferanten-Komponenten
Buy-Side-, Sell-Side- und Marketplace-Lösungen wurden bisher in einer stark vereinfach-
ten Sichtweise als alternative, voneinander unabhängige E-Procurement-Lösungen dar-
gestellt (s. Kapitel 2.1.2). Mit Hilfe von Standards wie cXML ist es allerdings zuneh-
mend möglich, einen Datenaustausch zwischen anbieter- und nachfragerseitigen Lösungen
sowie elektronischen Marktplätzen und Dienstleistern zu organisieren. Infolgedessen sind
verschiedenartige Systemlösungen im E-Procurement zunehmend eng mit externen Liefe-
ranten-Komponenten verbunden. Zudem bieten viele Hersteller (z. B. wallmedien.de)
mittlerweile miteinander kompatible Produkte für beschaffende Unternehmen und Anbie-
ter an (Dolmetsch 2000, S. 154). Mit Hilfe von offenen Standards und Schnittstellen
kann eine Buy-Side-Lösung ihre aktuellen Katalogdaten über das Marktplatz-System eines
E-Procurement-Dienstleisters beziehen – bspw. im Rahmen eines vollautomatisierten
Abonnements. Der Marktplatz wiederum bezieht die Katalogdaten vom Lieferanten, der
diese manuell, per Upload oder automatisiert über seine Sell-Side-Lösung zur Verfügung
stellt (s. Kapitel 2.1.3.3).
Neben der Konvertierung, Validierung und Publikation von Katalogdokumenten können
Marktplätze auch eine Konvertierung und Weiterleitung der resultierenden Bestellungen
(„Routing“) an den entsprechenden Lieferanten anbieten. Abb. 63 zeigt mögliche Kom-
munikationsbeziehungen zwischen Buy-Side-, Sell-Side- und Marketplace-Lösungen. Wie
schon mehrfach angedeutet, muss die Kommunikation zwischen Buy-Side- und Sell-Side-
Lösung nicht zwangsweise über ein Marktplatz-System erfolgen. Der sog. Round Trip
164 Die Grundlagen des E-Procurement

kombiniert die Vorteile einer Sell-Side-Lösung mit denen einer Buy-Side-Lösung (Schu-
bert 2002, S. 16): Während die Logik des Beschaffungsprozesses auf Seite der einkaufen-
den Organisation liegt, erfolgt ein Online-Zugriff auf den Katalog der Sell-Side-Lösung.
Eine Bestellung wird im E-Shop des Lieferanten allerdings nicht ausgelöst; nach Zusam-
menstellung des virtuellen Warenkorbs wird dieser von der Buy-Side-Lösung bzw. direkt
vom einkäuferseitigen ERP-System weiterverarbeitet. Dadurch kann das einkaufende Un-
ternehmen die Software auf seine individuellen Bedürfnisse anpassen, ohne sich dabei je-
doch um ein aufwendiges Online-Katalogmanagement kümmern zu müssen.

einkaufende Organisation
Punch-Out-Sitzung

Produktbeschreibungen
Bedarfsträger

E-Shops/Sell-Side-
Lösungen mit
Content Provider/ Punch-Out-Katalogen
Marktplatz-System bei Lieferanten
Bedarfsträger
Procurement-
System

Bedarfsträger (cXML Path Routing)


Punch Out Chaining

Abb. 64: Darstellung einer interaktiven Punch Out-Sitzung und Punch Out-Chaining

Teils analog zum Round Trip wird der Begriff Punch Out verwendet. Er beschreibt den
Online-Zugriff vom Webbrowser des Bedarfsträgers auf aktuelle Kataloginhalte beim Lie-
feranten. Procurement-Systeme mit Punch-Out-Unterstützung zeigen im Katalog-Frontend
anstelle der jeweiligen Produktinformation einen Button an, über den der Bedarfsträger
Zugriff auf aktuelle Produktinformationen aus dem Quellsystem hat, Konfigurationsmög-
lichkeiten überprüfen oder die Liefermethode festlegen kann. Ist die Punch-Out-Sitzung
abgeschlossen, werden alle Informationen zurück an das Procurement-System übermit-
telt, welches die entsprechenden Daten dann wiederum an die entsprechenden Back-End-
bzw. ERP-Systeme weiterleiten kann. Mit Hilfe des Standards cXML können Buy-Side-
Lösungen mit Punch-Out-fähigen Sell-Side- bzw. auch Marketplace-Lösungen kommu-
nizieren. Analog zu vollständigen Katalogdokumenten und Bestellungen erlaubt cXML
auch das Routing von Punch-Out-Produktbeschreibungen und den resultierenden Bestel-
lungen durch einen Marktplatz. Eine indirekte Kommunikation dieser Art wird als Punch
Out Chaining bezeichnet. Abb. 64 zeigt die Kommunikationsbeziehungen interaktiver
Punch-Out-Sitzungen ohne und mit Punch Out Chaining.
Die Prozesse beim elektronischen Einkauf 165

Lieferant
Sell-Side-
System

Katalog- Marktplatz-
PDM-System Katalog- System
system
system
ERP-System

WWS/
ERP-System
Dienst-
Katalog- leister
system

Buy-Side-
ERP-System System

Einkäufer Austausch statischer Katalogdaten


(manuell, Upload oder automatisiert)
Online-Zugriff auf Katalog und Warenkorb
(Round Trip/Punch Out)

Abb. 65: Formen der Kopplung von Informationssystemen im E-Procurement

Abhängig vom Integrationsgrad der verbundenen Systeme im Rahmen der Lieferanten-


Komponente sind offensichtlich verschiedene Arten der Koppelung denkbar. Abb. 65 fasst
dabei die Möglichkeiten zur Integration von E-Procurement-Systemlösungen nochmals
zusammen. Während auf der Ebene der (in diesem Fall jeweils als separate Komponente
dargestellten) Katalogsysteme ein statischer Austausch von Katalogdaten stattfindet, die
anschließend in der Datenbank des jeweiligen Betreibers gespeichert werden, können einige
E-Procurement-Systeme zusätzlich mittels Round Trip bzw. Punch Out auch auf eine dyna-
mische Weise, auf die aktuelle Produktdaten des Lieferanten bzw. Marktplatzes zugreifen.

2.2 Die Prozesse beim elektronischen Einkauf


Nach den technischen Darstellungen der Systemebene (s. Kapitel 2.1) gilt es nun auf der
Prozessebene, die spezifischen Anforderungen an und die besondere Gestaltung von
elektronischen Beschaffungsprozessen zu beschreiben. Auf der Prozessebene des elekt-
ronischen Einkaufs geht es also insbesondere darum, die Anforderungen an eine Umstel-
lung auf elektronische Beschaffungsabläufe zu definieren, die einzelnen Prozessschritte
166 Die Grundlagen des E-Procurement

hinsichtlich ihrer Gestaltung zu analysieren und die Ziele im Rahmen des Prozessmana-
gements festzulegen. Vor diesem Hintergrund stellt sich eine Reihe von zentralen Fragen,
die zugleich auch als Lernziele angesehen werden können:

„ Welche grundlegenden Ziele und damit im Zusammenhang stehenden prozessualen


Anforderungen werden im Unternehmen an das E-Procurement gestellt und müssen
beachtet werden?

„ Wie gestalten sich im E-Procurement konkret die verschiedenen Teilprozesse und was
sind ihre Besonderheiten?

„ Welche operativen, taktischen und strategischen Basisfunktionen entstehen im Rahmen


des Prozessmanagements für das E-Procurement?

2.2.1 Die Prozessanforderungen beim elektronischen Einkauf

Die konkreten Prozessanforderungen im E-Procurement ergeben sich aus den vor der
Implementierung einer internetbasierten Systemlösung bestehenden Beschaffungsprozes-
sen. Diese unterscheiden sich nicht nur von Unternehmen zu Unternehmen, sondern auch
innerhalb eines Unternehmens in Abhängigkeit des jeweils zu beschaffenden Produktes.
So werden Güter, die direkt in den Produktionsprozess einfließen, in der Regel über auto-
matisierte und fest definierte Prozesse beschafft, bei denen z. B. EDI-Technologien zum
Einsatz kommen. Güter wie Büromaterialien hingegen, die nicht in den Produktionspro-
zess einfließen, werden meist über manuelle und nicht genau definierte Prozesse einge-
kauft. Automatisierte und manuelle Beschaffungsprozesse in einer Nicht-Internet-Umge-
bung lassen sich als zwei Extrema eines Kontinuums auffassen (Subramaniam/Shaw
2004, S. 170):

„ Eine strukturierte Beschaffung ist, was die Bedarfsidentifikation, Bestellung und


Lieferung angeht, durch automatisierte Prozesse gekennzeichnet, die essentiell für ein
zukunftsorientiertes, strategisches E-Procurement sind (Nekolar 2013, S. 4; s. Kapitel
2.2.3.3). Um die hinsichtlich unternehmensspezifischer Bedürfnisse und hoher Be-
stellvolumina aus Lieferantensuche, Genehmigung, Bearbeitung und Bestellung re-
sultierenden Prozesskosten weitestgehend zu minimieren, verhandeln Unternehmen
langfristige Lieferverträge mit ihren Lieferanten und gestalten dementsprechend vor-
definierte, strukturierte Prozesse. Beispielgüter hierfür sind Schweißdrähte oder kun-
denspezifische Ersatzteile, die regelmäßig und mit identischen Spezifikationen einge-
kauft werden.

„ Eine unstrukturierte Beschaffung liegt bei Produkten vor, die sich nicht für ein au-
tomatisiertes Vorgehen eignen. Bei der Bestellung von Büromöbeln bspw. macht es nur
wenig Sinn, die Beschaffung an produktspezifische Beschaffungsschritte oder gar
Die Prozesse beim elektronischen Einkauf 167

einen bestimmten Lieferanten zu binden. Die Bedarfsträger haben dementsprechend


einen höheren Freiheitsgrad, was die Auswahl von Produkten und Lieferanten sowie
die sonstige Gestaltung des Beschaffungsprozesses angeht. In Abhängigkeit des Auf-
tragsvolumens und des Hierarchiestatus des Angestellten müssen ggf. allerdings Ge-
nehmigungsprozesse durchlaufen werden.

Die Produkt- und Prozesscharakteristika von strukturierter und unstrukturierter Be-


schaffung in einer Nicht-Internet-Umgebung sind in Abb. 66 gegenübergestellt. Während
Nachfragesicherheit, -volumen, -standardisierung und -risiko bei einer strukturierten Be-
schaffung allesamt hoch sind, sind sie bei einer unstrukturierten Beschaffung allesamt
niedrig. Auch im Hinblick auf die Prozesscharakteristika können diese beiden Extrema im
beschriebenen Kontinuum herangeführt werden. So handelt es sich bei der strukturierten
Beschaffung insbesondere um im Prozess implementierte und bereits im Voraus entschie-
dene Nachbestellungen, während eine unstrukturierte Beschaffung durch individuelle, ei-
nen produkt- und mitarbeiterspezifischen Prozess durchlaufende Bestellungen gekenn-
zeichnet ist. Strukturierte und unstrukturierte Beschaffung bringen verschiedene Anforde-
rungen an Suche, Verarbeitung, Koordination und Steuerung für ein E-Procurement-Sys-
tem mit sich. Während die Generierung des Auftrages bei der strukturierten Beschaffung
voll automatisiert ist oder nur geringes menschliches Eingreifen erfordert, erfordert die
unstrukturierte Beschaffung bei jeder Bestellung ein Eingreifen der Mitarbeiter, sei es in
Form von Produktsuche, Bestellanforderung, Genehmigung, Lieferantenauswahl und Auf-
tragsgenerierung.
Insbesondere bei der strukturierten Beschaffung eröffnen die hochautmatisierten Prozesse
im Rahmen der Entwicklung hin zur Beschaffung 4.0 interessante Potenziale, derartige
Beschaffungsprozesse noch weiter zu automatiseren und das Eingreifen von Menschen
somit noch weiter zu minimieren. Der Ansatz des sog. Cognitive Sourcing macht sich in
diesem Zusammenhang kognitive IT-Technologien und aktuelle Entwicklungen im Be-
reich Big Data (s. Kapitel 1.1.4) sowie Machine Learning und KI zu Nutzen (Präuer/Thies
2016). So lernt das System in der Interaktion mit Einkäufern aus den (bisherigen) Ein-
kaufsvorgängen und wendet dieses Wissen auf zukünftige Einkaufsvorgänge an, können
aber auch darüber hinaus externe Informationsquellen (z. B. minutengenaue Preisinforma-
tionen aus dem Internet) miteinbeziehen. Werden solche aktuellen Marktinformationen
genutzt, spricht man auch von Market Intelligence, die schließlich auch für weitere Quer-
schnittsbereiche des E-Procurement wie z. B. das strategische Lieferantenmanagement (s.
Kapitel 2.4.1) oder auch das Qualitätsmanagement im Rahmen von Nachhaltigkeits- und
ähnlichen übergeordneten Compliance-Zielen genutzt werden kann. Die Nutzung von Big
Data und Cognitive Sourcing ermöglicht Unternehmen schließlich auch bessere Zukunfts-
prognosen im Sinne von Prognosen hinsichtlich steigender oder fallender Rohstoffpreise,
wodurch Gewinn- und Cashflow-Prognosen unterstüzt werden können. Die Nützlichkeit
bzw. Genaugikeit dieser Verfahren hängt jedoch maßgeblich von Relevanz und Güte der
als Input genutzten Daten ab, weshalb der Art der Informationsquellen bei Implementie-
168 Die Grundlagen des E-Procurement

rung diesbezüglicher Verfahren eine besondere Beobachtung geschenkt werden sollte, um


vor diesem Hintergrund gerade dann auch eine verlässliche Entscheidungsbasis zu erzeu-
gen.

Hochautomatisierter Prozess Manueller Prozess

Strukturierte Beschaffung Unstrukturierte Beschaffung

Nachfrage Regulär, niedrige Unsicherheit Sporadisch, hohe Unsicherheit

Nachfragevolumen Hoch Niedrig

Gleiche Spezifikationen bei Höhere Produktvielfalt


Standardisierung
jeder Bestellung und -variationen

Hohes Risiko bei Niedriges Risiko bei


Risiko
Lieferunsicherheiten Lieferunsicherheiten

Automatisierung Hohes Automatisierungsniveau Bestellung wird manuell initiiert

Art der Bestellung Hauptsächlich Nachbestellungen Meist einmalige Bestellungen

Produktauswahl,
Entschieden und im Prozess Einzelentscheidungen
Lieferantenauswahl
implementiert
und Bestelldetails

Keine Bestätigungen für Individuell, basierend auf


Bestätigung
individuelle Transaktionen Kaufsumme u. Mitarbeiterstatus

Abb. 66: Die Charakteristika der strukturierten und unstrukturierten Beschaffung


Quelle: in Anlehnung an Subramaniam/Shaw 2004, S. 171.

Abb. 67 zeigt die entsprechenden Prozessverläufe: System A repräsentiert ein vollauto-


matisiertes Programm zur Bestellgenerierung, das mit anderen internen Informations-
systemen (z. B. ERP-Systemen) integriert ist. Der Datenaustausch mit den Lieferanten fin-
det über eine EDI-Schnittstelle statt. Anders gestaltet sich der Prozessverlauf im Falle der
unstrukturierten Beschaffung: In den meisten Fällen wird die genehmigte Bestellanforde-
rung in Form eines papierbasierten Dokuments an die Einkaufsabteilung weitergegeben,
deren Mitarbeiter die Daten in System B eingeben. Auch die Bestellgenerierung erfordert
wiederum vermehrt menschliches Eingreifen, z. B. um über Produktspezifikation, Liefe-
rant und die Gruppierung verschiedener Bestellanforderungen zu einer lieferantenspezifi-
schen Bestellung zu entscheiden. Da die entsprechenden Lieferanten in der Regel nicht
durchweg EDI-fähig sein werden, werden die Bestellungen mit Hilfe anderer Kommuni-
Die Prozesse beim elektronischen Einkauf 169

kationskanäle an die Lieferanten versendet. Aufgrund der völlig verschiedenen Prozess-


verläufe bringen strukturierte und unstrukturierte Beschaffung verschiedene Anforderun-
gen und Zielformulierungen an internetbasierte Systemlösungen mit sich.

Bedarfs-
ermittlung

Strukturierte Erstellen der


ja EDI
Beschaffung? Bestellung

System A

nein Fax

Telefon Lieferant

Suche, Lieferanten-
Erstellen der
Anforderung, suche/
Bestellung
Bestätigung -kompatibilität E-Mail

System B
Post

Abb. 67: Grundlogik der prozessualen Beschaffung ohne Internet-Technologie


Quelle: Subramaniam/Shaw 2004, S. 172.

2.2.1.1 Online-Beschaffungskosten und -zeit


Vor dem Hintergrund der Ausführungen zu den generellen Problemen in der realen Be-
schaffung (s. Einführung in Kapitel 2) ist das Hauptziel elektronischer Beschaffungspro-
zesse zweifelsohne die Erzielung von Zeit- und Kostenersparnissen für die einkaufen-
de Organisation (Bogaschewsky 2015; Fernandes/Vieira 2015). So soll und ergibt sich
auch durch den elektronischen Austausch von Geschäftsdokumenten und die internetba-
sierte Distribution von Produktdaten eine Reduktion von operativen, taktischen und stra-
tegischen Beschaffungsprozesszeiten (s. Abb. 68). Analog kommt es auf der Kostenseite
zu einer Reduktion der Beschaffungsprozesskosten sowie der Kosten zur Informationsbe-
schaffung und -distribution. Dies liegt insbesondere am Verzicht auf papierbasierte Infor-
mationsübertragung und dem geringeren Personaleinsatz. Kosteneinsparungen für die ein-
kaufende Organisation ergeben sich also insbesondere durch eine Reduktion von Personal-
kosten und eine deutliche Reduktion von Ausfallzeiten (Kleinecken 2004, S. 93). Laut Un-
tersuchung von corps-verlag.de kann als Beispiel für diese Zusammenhänge die Frank-
furter Flughafen AG (Fraport AG) angeführt werden: Dort kostete der Einkauf eines Blei-
stiftes, unter der Berücksichtigung der gesamten Prozesskosten (inkl. Personaleinsatz) vor
170 Die Grundlagen des E-Procurement

einer Einführung des E-Procurement-Systems immerhin ca. 143 Euro und die Beschaf-
fung dauerte ca. drei Stunden pro Vorgang. Durch die elektronische Bestellung kostet
derselbe Bleistift nun ca. 17 Euro und der Vorgang der Bestellung dauert nur noch 18 Mi-
nuten.

Klassischer Bestellprozess
9 Tage

1 Tag 2 Tage 2 Tage 3 Tage 1 Tag

Bedarfs- Genehmigung Genehmigung Prüfung der Preis- Auswahl der Bestell-


Bestellung
anforderung Vorgesetzter Controlling Verfügbarkeit vergleich Lieferanten bestätigung

-83%

Bedarfsanforderung
Bestell-
Verfügbarkeit Genehmigungs- Automatische
bestätigung
Preisvergleich workflow Bestellung
(E-Mail)
Lieferantenauswahl

1 Tag 0,5 Tage 0 Tage

1,5 Tage

Elektronische Beschaffung

Abb. 68: Beispiel für die Zeitersparnis durch E-Procurement-Systeme


Quelle: Wirtz/Eckert 2001, S. 155.

Bei unstrukturierten Beschaffungsprozessen liegt dabei der Fokus auf der Nutzung von
Echtzeitinformationen über interne Beschaffungstransaktionen zur Überwachung und
Steuerung der aktuellen Beschaffungskosten (Subramaniam/Shaw 2004, S. 173). Desktop-
Purchasing-Systeme sorgen hier einerseits für effizientere Prozesse, andererseits aber auch
für günstigere Einstandspreise durch die Beschaffung über Volumenkontrakte und eine
Verringerung der Beschaffung außerhalb bestehender Lieferverträge („Maverick Buying“;
Hartner 2008, S. 45). DPS erleichtern zudem eine Zentralisierung des Einkaufs und mi-
nimieren einen eventuell vorhandenen Zeitverzug, der bei der Distribution neuer Kata-
logdaten im Unternehmen entsteht (Dolmetsch 2000, S. 16 f.). Bei strukturierten Beschaf-
fungsprozessen hingegen gilt es vor allem, mit Hilfe des Internets Echtzeitinformationen
über externe Marktbedingungen zu beschaffen, um die bestehenden Lieferverträge zu ver-
gleichen und so eventuell eine Reduktion der Einstandspreise herbeizuführen. Zudem steht
hier das Ersetzen der kostenintensiven EDI-Lösungen durch wesentlich günstigere Inter-
net-Lösungen im Mittelpunkt (Subramaniam/Shaw 2004, S. 173).
Durch den geringeren Lagerbestand aufgrund verkürzter Durchlaufzeiten und erhöhter
Transparenz für den Bedarfsträger ergeben sich zusätzliche Einsparungen im Bereich der
Lager- und Logistikkosten (Kleinecken 2004, S. 93). Zeiteinsparungen ergeben sich zu-
dem durch die mögliche Automatisierung von Ersatzbestellungen. Eine weitere Facette
Die Prozesse beim elektronischen Einkauf 171

zukünftiger Lieferanten-Kunden-Beziehungen ist die automatisierte Auslagerung des ge-


samten Lagerbestandsmanagements zu Lieferanten, was zu einer Reduktion des auf Kun-
denseite gebundenen Kapitals und einer schnelleren Auftragsbearbeitung führt (Braun-
stetter/Hasenstab 2001, S. 506).
Zeit- und Kostenersparnisse ergeben sich analog auch auf der Lieferantenseite. Die ver-
einfachte Verarbeitung von Informationen und Transaktionen führt zu einer optimierten
Produktionsplanung und zu reduzierten Auftragsbearbeitungskosten. Auch elektronische
Kataloge bringen für den Lieferanten oft erhebliche Einsparungen mit sich: Anders als
Papierkataloge sind sie stets aktuell, wodurch hohe Druck- und Distributionskosten ver-
mieden werden können. Zudem sind die Lieferanten dank E-Procurement in der Lage,
ihre Angaben selbstständig, zeitnah, fehlerfrei und wettbewerbsorientiert zu aktualisieren
und an den Abnehmer zu übermitteln.

2.2.1.2 Online-Beschaffungsflexibilität und -qualität


Neben Kosten- und Zeitvorteilen spielen in der Beschaffung auch die Anforderungskrite-
rien Sicherheit- und Flexibilitätserhöhung eine entscheidende Rolle. So geht mit der
Einführung von E-Procurement in der Regel eine Erhöhung der Lieferquellen sowie eine
Erhöhung der Liefertreue bestehender Lieferanten einher. Gleichzeitig wird die Lieferan-
tenbasis flexibilisiert (Kleinecken 2004, S. 93). Auch Kommunikation und Informations-
beschaffung und -distribution werden durch E-Procurement flexibilisiert: Während die
strukturierte Beschaffung durch internetbasierte Lösungen vor allem bei der Suche und
Verhandlung (also vor Vertragsabschluss) unterstützt werden sollte, betrifft die Unterstüt-
zung der vormals unstrukturierten Beschaffung alle Phasen des Beschaffungsprozesses –
unabhängig von den spezifischen Eigenschaften des zu beschaffenden Produktes (Subra-
maniam/Shaw 2004, S. 173). Darüber hinaus erlauben Desktop-Purchasing-Systeme bzw.
Online-Kataloge durch die Abbildung von Produktstrukturdaten (s. Kapitel 2.1.1. 3) eine
weitaus flexiblere Konfiguration und Zusammenstellung von Produkten als klassische Ka-
taloge. Eine Erhöhung der Flexibilität wird nicht zuletzt auch durch die mit der Einfüh-
rung von E-Procurement einhergehende Reallokation der personellen Ressourcen in der
Beschaffung herbeigeführt (Kleinecken 2004, S. 93). Durch die Automatisierung von
wertschöpfungsneutralen Aufgaben in Einkauf und Controlling bleibt den entsprechenden
Mitarbeitern mehr Zeit, sich auf ihre eigentlichen Kernaufgaben zu konzentrieren.
Eine Qualitätserhöhung innerhalb beschaffungsbezogener Prozesse findet ebenfalls auf
mehreren Ebenen statt. Eine entscheidende Rolle spielt zunächst die erhöhte Informations-
qualität, die mit der Verwendung von Online-Katalogen einhergeht: Während Papierka-
taloge meist lediglich Listenpreise ausweisen, sodass der Bedarfsträger den verhandelten
Preis oft erst erfragen muss, sind elektronische Kataloge auf das einkaufende Unternehmen
zugeschnitten und lassen sich zusätzlich sogar für den einzelnen Bedarfsträger personali-
sieren. Produktspezifikationen und sonstige technische Angaben sind dank elektronischer
Anbindung der Lieferanten stets aktuell. Im Gegensatz zu klassischen Katalogen ist zudem
172 Die Grundlagen des E-Procurement

eine Einbindung komplexer, interaktiver Grafiken, Audio- und Videosequenzen möglich.


Insbesondere bei der vormals unstrukturierten Beschaffung gilt es, mit Hilfe von Internet-
Technologien die bestehenden Beschaffungssysteme zu zentralisieren und zu integrieren
(Subramaniam/Shaw 2004, S. 173). Durch die elektronische Erfassung und Übermittlung
werden Medienbrüche vermieden und Erfassungsfehler reduziert. Mit steigender Informa-
tionsqualität steigt offensichtlich also auch die Qualität der Beschaffungstätigkeiten, ins-
besondere vor dem Hintergrund einer optimalen Auswahl von Produkten und Lieferanten.
Damit steigt nicht zuletzt auch die Qualität der eingekauften Produkte.
Eine weitere qualitätsbezogene Auswirkung für die Umsetzung eines E-Procurement-
Systems soll die Intensivierung der wichtigen Beschaffungsbeziehungen sein. So wer-
den durch elektronische Prozesse zum einen die Kommunikations- und Informationsbe-
ziehungen zu den Lieferanten verbessert. Zum anderen entstehen durch E-Procurement-
Lösungen aber auch neue Möglichkeiten des Managements von Lieferantenbasis und Ge-
schäftsbeziehungen (s. Kapitel 2.4).

2.2.1.3 Online-Beschaffungsmobilität
Um sowohl Kosten- und Zeitvorteile als auch Flexibilität und Qualität der Beschaffung
realisieren zu können, spielen mobile Endgeräte zunehmend eine wichtige Rolle, da durch
mobile Bestellungen und eventuell einhergehendes Mobile Payment Wettbewerbsvorteile
genutzt werden können (Nachtmann/Trinkel 2002, S. 15). Unternehmen weltweit setzen
verstärkt auf mobile Technologien wie bspw. Laptops und Handys, um orts- und zeitunab-
hängig Beschaffungsaktivitäten auszuführen. So werden unternehmensinterne sowie un-
ternehmensübergreifende Prozesse mit Lieferanten und Partnern revolutioniert und neu-
artige Anwendungsbereiche erschlossen. Mobile Procurement kann dabei alle Prozess-
schritte von der Anfrage, der Bestätigung und dem Empfang von zu beschaffenden Waren
abdecken (Gebauer/Shaw 2004). Dabei ist zu beachten, dass eine Vereinheitlichung des
Datenflusses eines Unternehmens stattfindet, welche insbesondere bei Unternehmen mit
stark verteilter Struktur von Bedeutung ist. Zwei Schnittstellen sind vor allem maßgeb-
lich für die einheitliche Verknüpfung von Procurement-Prozessen mit mobilen Endgeräten:

„ Mobile Availablility Checks erlauben Mitarbeitern, die Verfügbarkeit von benötig-


ten Produkten oder Ersatzteilen online auch von unterwegs zu prüfen. Nach erfolg-
reicher Prüfung ist eine sofortige Reservierung oder Bestellung möglich, ohne sich
notwendiger Weise in den Geschäftsräumen der Firma aufzuhalten (Scheer et al. 2001,
S. 34). Dadurch sollen vorrangig Zeitersparnisse erzielt werden.

„ Mobile Procurement Management erlaubt mittels Datenkommunikation über GPS


die mobile Verfolgung von Aufträgen und Bestellungen sowie Bestandsmengen (s.
auch Kapitel 2.2.2.3). Dies ermöglicht die sofortige Ermittlung verfügbarer Kapazitä-
ten und ggf. die Aufdeckung von Fehlmengen, welche daraufhin direkt vor Ort doku-
Die Prozesse beim elektronischen Einkauf 173

mentiert werden können (Barata/Cunha 2016). Dieser Zeitgewinn für warenempfan-


gende Unternehmen stellt einen wichtigen Wettbewerbsvorteil dar, da bestandsbe-
dingte Produktionsausfälle minimiert werden können (Kreutzer 2002, S. 387).

Abb. 69: Mobile Procurement im Verbund mit anderen Unternehmensfunktionen am


Beispiel der Enterprise Solution von AMTEL
Quelle: www.amtelnet.com

Ein Beispiel für die Umsetzung von Mobile Procurement Management bietet die einsetz-
bare Enterprise Solution der Firma AMTEL (s. Abb. 69), welche es erlaubt, alle Verände-
rungen in der mobilen Umgebung eines Unternehmens zu überwachen. Mit dem darin
implementierten Procurement Manager können nicht nur mobil Bestellungen getätigt wer-
den, sondern bspw. auch der Verleih von Equipment gesteuert werden. Dieses System ist
eingebunden in einen größeren Kontext anderer Lösungen, die etwa das zeitgleiche Update
der Inventarliste oder eine Verbindung zur Rechnungsabteilung erlauben. Dadurch sollte
eine umfassende Integration und Konsistenz sichergestellt werden.
174 Die Grundlagen des E-Procurement

2.2.2 Die Prozessgestaltung beim elektronischen Einkauf

Ein E-Procurement-System ist eine internetbasierte Client/Server-Anwendung (s. Kapitel


2.1.3.1 und 2.1.3.2), die den traditionellen Beschaffungsprozess ersetzt. Das System ist
über entsprechende Schnittstellen mit anderen Informationssystemen des Unternehmens
verbunden (z. B. mit ERP- oder EDI-Systemen; s. Kapitel 2.1.1.5). Diese Verbindung ist
notwendig, damit das Beschaffungssystem die Daten bzw. Kommunikationsdienste der
anderen Systeme nutzen kann. Auf der Seite der Lieferanten existieren ebenfalls Schnitt-
stellen, die eine Verbindung zu Fulfillment- oder Katalogsystemen der Lieferanten er-
möglichen (s. Kapitel 2.1.3.5). Im Hinblick auf die daraus folgende Prozessgestaltung im
E-Procurement lassen sich dabei systemübergreifend drei Prozessbereiche (s. Abb. 70)
identifizieren (Subramaniam/Shaw 2004, S. 163 f.):

Beschaffungsmanagement

Entscheidungsuntersützung Benutzerverwaltung Online-Katalogmanagement


eCollaboration Sicherheitsmanagement Content Management

Kommunikation und Koordination


Suche & Bestellung
Bestellungsmanagement
Transaktionsunterstützung
Warenempfang &
eFulfillment
Buchhaltung
Versand & Logistik

Marketmaking

Angebots- und Auktionen und Angebote,


Vertragsmanagement Börsen Verhandlungen & Verträge

Nachfragerseite Zwischenbetrieblich Lieferantenseite

Abb. 70: Funktionen der drei Prozessbereiche im E-Procurement


Quelle: Subramaniam/Shaw 2004, S. 163.

„ Transaktionsunterstützung: Dieser Prozessbereich ist der unmittelbar für den Be-


darfsträger sichtbare Teil des Systems. Autorisierte Nutzer durchsuchen über ihren
Webbrowser den elektronischen Katalog und generieren elektronische Bestellanfor-
derungen, die einen elektronischen Genehmigungsprozess durchlaufen. Aus den ge-
nehmigten Anforderungen werden elektronische Bestellungen generiert, die über das
Internet an den Lieferanten geschickt werden.
Die Prozesse beim elektronischen Einkauf 175

„ Beschaffungsmanagement: Dieser Prozessbereich umfasst zum einen alle Funkti-


onen zum Online-Katalogmanagement (s. Kapitel 2.1.1.4), zum Content Manage-
ment (s. Kapitel 2.1.3.3) und zur Benutzer- und Regelverwaltung. Zum anderen stel-
len Beschaffungsmanagement-Funktionen analytische Werkzeuge zur Entschei-
dungsunterstützung für Manager und Bedarfsträger dar.

„ Marketmaking: Dieser Prozessbereich unterstützt die Organisation bei arbeitsinten-


siven Aufgaben wie dem Angebotsmanagement sowie dem Management von Gebo-
ten und Verhandlungen. Auf einer höheren Ebene gehören zum Bereich Marketma-
king auch Funktionalitäten zur Durchführung von Auktionen und B2B-Handelsplät-
zen, auf denen interne Nutzer und externe Lieferanten mit Gütern handeln können.

Im Folgenden soll vor allem auf die gezielte Gestaltung der zentralen Prozesse in den Be-
reichen „Transaktionsunterstützung“ und „Beschaffungsmanagement“ eingegangen wer-
den. Für weitere Ausführungen zum Bereich „Marketmaking“ sei auf die Ausführungen
in Kapitel 4 verwiesen, in dem diese Prozesse aus der Sicht des Marktplatzbetreibers dar-
gestellt werden.

2.2.2.1 eSearch- und eOrder-Prozess


Nahezu alle Phasen des elektronischen Beschaffungsprozesses können wirkungsvoll durch
E-Procurement-Systeme unterstützt werden. Wie in Kapitel 2.1.2.2 erläutert, ermöglichen
insbesondere Desktop-Purchasing-Systeme (DPS) jedem Bedarfsträger im Unternehmen,
aus den Produkten der im Vorfeld ausgewählten und technisch verbundenen Lieferanten
auszuwählen (eSearch), um diese anschließend auch tatsächlich zu kaufen und damit zu
beschaffen (eOrder). Abb. 71 bietet einen Überblick zu diesem Kernprozess, auf den im
Folgenden immer wieder zurückgegriffen werden soll.
Bei dem ersten Schritt der Produktauswahl (1; s. Abb. 71) greift der Bedarfsträger mit
Hilfe seines Webbrowsers auf den Online-Katalog bzw. unternehmensindividuellen und
ggf. für den Bedarfsträger personalisierten MSPC des DPS zu. Neben einem einfachen
Browsen in der Produkthierarchie unterstützen DPS verschiedene Arten der Suche (s. Ka-
pitel 2.1.1.4). Zudem erlauben einige Systeme – wie schon mehrfach erwähnt – eine
regelbasierte Konfiguration von Produkten, so bspw. die Zusammenstellung eines Ar-
beitsplatz-Rechners über vordefinierte und voneinander abhängige Menüs. Sollten die
DPS und Lieferantensysteme über eine entsprechende Kommunikationsverbindung ver-
fügen, können Produktverfügbarkeit und Preisinformationen in Echtzeit beim Lieferanten
abgerufen werden. Zudem kann die Software allen Beteiligten (Kunde, Spedition, Liefe-
rant, Hersteller) einen präzisen Zeitpunkt der Anlieferung nennen.
Sollte eine Organisation das gewählte Produkt von mehreren Lieferanten beziehen, wird
die Priorisierung beim eSourcing entsprechend der Beschaffungspolitik des Unterneh-
mens durch die Reihenfolge der Suchtreffer angezeigt. Ausschlaggebend können an die-
ser Stelle sowohl der Preis als auch die Beziehung zu einem speziellen Lieferanten sein.
176 Die Grundlagen des E-Procurement

Unternehmen, die ein eigenes Lager unterhalten, können dieses (analog zu einem externen
Anbieter) ebenfalls im MSPC repräsentieren und mit hoher Priorität versehen (Dolmetsch
2000, S. 156). Die zu bestellenden Produkte werden in einem virtuellen Warenkorb abge-
legt. Produkte, die besonders häufig nachgefragt werden, lassen sich in vielen Systemen
als Bookmark kennzeichnen. Zudem besteht vor diesem Hintergrund oft die Möglichkeit,
repetitiv beschaffte Warenkörbe abzuspeichern – bspw. einen Warenkorb zur kompletten
Ausstattung des Arbeitsplatzes für einen neuen Mitarbeiter (Dolmetsch 2000, S. 157).
Nach der Zusammenstellung seines virtuellen Warenkorbs durchläuft die Bestellung den
Genehmigungsworkflow (2; s. Abb. 71). Dieser ist entweder im DPS selbst oder im da-
mit integrierten ERP-System abgebildet. Liegt die Bestellung innerhalb der Kompetenz
des Bedarfsträgers, kann sie umgehend weiterverarbeitet werden. Ist dies nicht der Fall,
wird die Bestellanforderung (BANF) zunächst zu der entsprechenden Genehmigungs-
instanz weitergeleitet. Diese kann bspw. per E-Mail auf die zu genehmigende Anforde-
rung aufmerksam gemacht werden.

(5) Bestellüberwachung
(6) Wareneingang
(2) Bestellung
Elektronischer ja
Bedarfsträger im Rahmen der (3) Bestellung Lieferant
Katalog
Kompetenz?

nein

(1) Produktauswahl Bestellanforderung


(4) Datenübergabe

Genehmigungs- (8) Zahlungs-


instanz abwicklung

ERP-System/
(7) Wareneingangsbestätigung
WWS

Abb. 71: Die Kernprozesse bei einem Desktop-Purchasing-System


Quelle: Kleinecken 2004, S. 117.

2.2.2.2 eTransaction- und eFulfillment-Prozess


Nach erfolgreichem Genehmigungsworkflow wird der eigentliche Kaufprozess (eTrans-
action) angestoßen. Aus der Bestellanforderung werden dabei ein oder mehrere Bestel-
lungen (3; s. Abb. 71) generiert, die umgehend an den bzw. die Lieferanten weitergeleitet
werden. Je nach Implementierungsvariante geschieht dies auch hier entweder durch das
DPS selbst, oder durch das entsprechende ERP-System. In beiden Fällen findet zwischen
DPS und ERP-System eine Datenübergabe (4; s. Abb. 71) statt, damit Wareneingang bzw.
Die Prozesse beim elektronischen Einkauf 177

Zahlungsabwicklung durch das ERP-System unterstützt werden können. Trotz enger Ein-
bindung des ERP-Systems ist es allerdings nicht zwingend notwendig, alle Produkte mit
Materialstammsatz im WWS bzw. ERP-System zu repräsentieren. Dies ist der Fall, wenn
die resultierenden Prozesse nicht auf wesentliche ERP-Funktionen (wie z. B. Rechnungs-
prüfung, Wareneingang oder Lagerhaltung) zurückgreifen müssen. Auf Lieferantenseite
wird nach Empfang der Bestellung das eFulfillment angestoßen. Eine perfekte Auftrags-
abwicklung wird dabei zum entscheidenden Kriterium für den Folgekauf (Wannenwetsch
2002, S. 182). Auf Produktebene kann die Auftragserfüllung danach unterschieden wer-
den, ob es sich um einen Lagerkauf handelt, oder ob das entsprechende Produkt noch
beschafft oder produziert werden muss. Ist ein Produkt nicht vorrätig, muss lieferanten-
seitig erneut ein Beschaffungs- bzw. Produktionsprozess angestoßen werden. eFulfillment
spielt hierbei insbesondere im Rahmen der integrierten Planung der Lieferkette eine ent-
scheidende Rolle. Auf diese wird in Kapitel 2.3 noch eingegangen.

Kunde Auslieferung der Ware 4 Dropshipping Hersteller/Großhändler

4 Trackinginformationen Trackinginformationen 4

Produktinformationen 1 1 Produktinformationen

Bestellung der Ware


2 Bestellung der Ware
3
(B2C) (B2B)
E-Shop

Abb. 72: Nutzung des Dropshipping-Konzepts

Aufgrund der zunehmenden Vernetzung der gesamten Supply Chain rücken im Bereich
des eFullfillment auch Konzepte wie das Dropshipping in den Vordergrund (Kemkes
2015). Hierbei wird die Möglichkeit der Zeit- und Ortsunabhängigkeit im E-Business (s.
Kapitel 1.3) dazu genutzt, dass Lieferanten ihren Kunden ganze Produktpaletten ihrer ei-
genen Lieferanten oder Hersteller anbieten können, ohne diese physisch im Lager zu ha-
ben. Abb. 72 stellt die grundlegenden Zusammenhänge des Dropshippings an einem bei-
spielhaften Ablauf dar. Durch die automatisierte Übermittlung der Bestelldaten, welche
178 Die Grundlagen des E-Procurement

heute ohne nennenswerte Verzögerung auch über mehrere Parteien hinweg möglich ist,
wird trotzdem eine reibungslose Abwicklung und Auslieferung (z. B. direkt vom Herstel-
ler) an den Procurement-Kunden ermöglicht. Dabei bestehen diverse Ausgestaltungsmög-
lichkeiten des Dropshippings. So kann bspw. ein verdecktes Dropshipping mit individua-
lisiertem Branding erfolgen, sodass für den Endkunden suggeriert wird, dass das Produkt
von seinem direkten Vertragspartner und nicht von dessen Lieferanten oder Hersteller ver-
schickt wurde. Es besteht aber auch die Möglichkeit eines offenen Dropshippings, bei dem
die Procurement-Plattform offen kommuniziert, dass das Fulfillment durch Dropshipping-
Partner vorgenommen wird. Besonderes Augenmerk muss der Procurement-Anbieter bei
diesem Konzept auf ein reibungsloses eFullfillment legen, da z. B. die Qualität der Ware
als auch der Auslieferung etc. durch dritte Parteien immer Risiken birgt und Fehler durch
Partnerunternehmen direkt auf ihn zurückfallen.

2.2.2.3 eTracking- und eDistribution-Prozess


Während des Fulfillment-Prozesses ermöglicht die eTracking-Funktionalität des Beschaf-
fungssystems eine Bestellüberwachung (5; s. Abb. 71) durch den Bedarfsträger bzw. die
Einkaufsabteilung des Unternehmens. Dieser durchgängige Einblick in den Lieferstatus
war früher nicht oder nur beschränkt möglich und oft mit einem zeitintensiven „Hinterher-
Telefonieren“ verbunden. Heute ist eTracking zu einem der wichtigsten Kontrollinstru-
mente der operativen Beschaffungslogistik geworden (Braunstetter/Hasenstab 2001,
S. 509). Denkbar ist im Rahmen dieser Prozesse auch eine Integration üblicher Tracking-
Informationen von Transportintermediären wie FedEx oder UPS (Dolmetsch 2000,
S. 158). Die eTracking-Funktionalität kann aber auch schon vor der Bestellung genutzt
werden, um bspw. den Genehmigungsstatus einer BANF abzufragen. Der zugehörige Pro-
zess der eDistribution endet mit der elektronischen Registrierung des Wareneingangs (6;
s. Abb. 71). Für diesen existieren zwei Alternativen: Einerseits kann die Lieferung direkt
an den Schreibtisch des Bedarfsträgers erfolgen, der die Ware im DPS bzw. ERP-System
verbucht. Andererseits kann die Lieferung auch an eine zentrale Anlieferungsstelle erfol-
gen. Das E-Procurement-System zeigt die Transaktion als nicht beliefert an, bis der Emp-
fang der Ware durch eine elektronische Wareneingangsbestätigung (7; s. Abb. 71) be-
stätigt ist.
Einen Sonderfall bei Lieferung und Empfang stellen Dienstleistungen dar, da der Zeit-
punkt, zu dem ein Vertrag erfüllt ist, schwieriger festzustellen ist als bei physischen Gü-
tern. Einige DPS ermöglichen es den jeweiligen Dienstleistungserbringern daher, die Er-
füllung der Dienstleistung über eine entsprechende Weboberfläche selbst anzuzeigen. In
diesem Fall erhält der Auftraggeber eine Nachricht, die ihn auffordert, den „Warenein-
gang“ zu bestätigen (Dolmetsch 2000, S. 157). Einen zweiten Sonderfall stellen digitale
Güter wie Software, elektronische Dokumente, Audio- oder Videoinhalte dar. Sie können
direkt über das DPS abgewickelt werden, da die Lieferung umgehend und ohne Medien-
bruch über das Internet abgewickelt werden kann.
Die Prozesse beim elektronischen Einkauf 179

2.2.2.4 ePayment- und eReporting-Prozess


Nach erfolgter Wareneingangsbestätigung wird die Zahlungsabwicklung (8; s. Abb. 71)
angestoßen. Auch diese kann natürlich durch elektronische Prozesse unterstützt werden
(ePayment). Dabei kann zunächst die Rechnungsprüfung – falls aufgrund des damit ver-
bundenen Aufwands überhaupt erwünscht – mit Hilfe des ERP-Systems stattfinden. Mit
Hilfe von E-Procurement-Systemen kann dabei die Vielzahl von Einzelrechnungen in
schlüssigeren Sammelrechnungen zusammengefasst werden. Aus Sicht des Rechnungswe-
sens werden so auf Lieferantenseite Zeitverzögerungen und Aufwände bei der Rechnungs-
erstellung und -versendung vermieden sowie die Steuerung des Cashflows optimiert. Ein-
kaufende Organisationen können einen Vorteil wahrnehmen, wenn sie ihre Positionen über
einen Dritten (z. B. eine Bank) zwischenfinanzieren lassen und gegen einen Aufschlag spä-
ter bezahlen. Durch die daraus folgende spätere Übertragung liquider Mittel können kurz-
fristige Liquiditätsengpässe überbrückt werden (Braunstetter/Hasenstab 2001, S. 509).
Die Rechnungsverarbeitung kann auch elektronisch mittels eInvoicings erfolgen. Ein
Vorteil ist hierbei, dass der komplette Rechnungsverarbeitungsprozess papierfrei erfolgt.
Damit kann eine beschleunigte, automatisierte und weniger fehleranfällige Verarbeitung
zwischen den Buchhaltungssystemen der Handelspartner erfolgen. Bei einer elektroni-
schen Rechnung ist das Einverständnis des Rechnungsempfängers notwendig (Elter 2014,
S. 35 ff.). Zudem ist es bei der digitalen Rechnung erforderlich, sich an zusätzliche ge-
setzliche Vorschriften zu halten. So müssen die elektronischen Rechnungen bspw. mit ei-
ner qualifizierten elektronischen Unterschrift versehen sein, um die Validität von elektro-
nischen Zahlungen zu gewährleisten (Laga 2013, S. 9 ff.).

Neuer Prozess:

Warenlieferung, Lieferschein

Gutschriftsanzeige
Mengen- und Wareneingangs-
Preiskontrolle bestätigung
automat. Bezahlung
Besteller

Lieferant

Beschwerdemanagement

Alter Prozess:
Wareneingang, Lieferschein und Rechnung

Beschwerdemanagement

Mengen- und Rechnungsprüfung


Bezahlung
Preiskontrolle und -speicherung

Abb. 73: Das Gutschriftverfahren im E-Procurement


Quelle: Wannenwetsch 2002, S. 106.
180 Die Grundlagen des E-Procurement

Im Hinblick auf die Bezahlung unterstützen gängige DPS mehrere Prozessvarianten. Ne-
ben klassischer Rechnungsprüfung mit anschließender Überweisung sei an dieser Stelle
das Gutschriftverfahren genannt. Bei Gutschriftverfahren wird durch den Lieferanten
selbst keine Rechnungsstellung vorgenommen (s. Abb. 73). Anstelle dessen sendet das
DPS bzw. ERP-System nach Buchung des Wareneingangs eine elektronische Mitteilung
an den Lieferanten, die besagt, dass eine Zahlung über die gebuchten Produkte zu den im
Katalog definierten Preisen erfolgen wird. Parallel wird eine interne Rechnung erzeugt,
die direkt zur Zahlung freigegeben ist und automatisch finanziell verbucht und beglichen
wird. Eine Prüfung kann entfallen, da eine Zahlung nur über den vom Warenempfänger
bestätigten Betrag erfolgt. Eventuell auftretende Differenzen können direkt zwischen Lie-
ferant und Bedarfsträger geklärt werden.
Zu den Vorteilen innovativer ePayment-Prozesse gehören des Weiteren auch gesteigerte
Auswertungsmöglichkeiten im Rahmen des eReportings, die die Grundlage für weitere
Beschaffungsentscheidungen bilden können. Im Prozessbereich „Beschaffungsmanage-
ment“ (s. Kapitel 2.2.2) bieten fast alle E-Procurement-Systeme die Möglichkeit, umfang-
reiche und fast beliebig detaillierte Reports zu einzelnen Mitarbeitern, Abteilungen, Pro-
dukten, Produktgruppen, Lieferanten und Lieferantengruppen auf Basis von konkreten Be-
stell- und Bezahldaten zu generieren. Somit kann das Management auf eine einfache Art
und Weise Beschaffungsmuster und auch -volumen erheben sowie Lieferanten beurteilen.

2.2.3 Das Prozessmanagement beim elektronischen Einkauf

Für das Prozessmanagement und daraus abgeleitet für die gesamte Unternehmensfüh-
rung, lässt sich die Nutzung der generierten Informationen im bzw. aus dem elektroni-
schen Einkauf nach operativen, taktischen und strategischen Aufgaben differenzieren (s.
Abb. 74). Dabei sind der operative und der taktische Einkauf in großen Unternehmen or-
ganisatorisch meist in spezielle Einheiten gegliedert, die für ein oder mehrere Einkaufs-
bzw. Produktsegmente verantwortlich sind und über ein entsprechendes Domänenwissen
verfügen (Dolmetsch 2000, S. 128 f.). Übergreifendes Ziel aller Aktivitäten ist dabei ein-
mal mehr die Nutzung des Informationsdreisprungs (s. Kapitel 1.4.3), bei dem über die
Informationssammlung (Daten aus dem operativer Einkauf) und die Informationsverar-
beitung (Auswertung und Analyse der Daten aus dem operativen Einkauf) im Rahmen
der Informationsübertragung an die Entscheidungsträger aus strategischer Sicht konkrete
Veränderungen im Lieferanten- oder Beschaffungsmanagement begleitet bzw. vorbereitet
werden können. Im Folgenden soll auf die einzelnen Aufgaben in den drei Bereichen des
Prozessmanagements eingegangen werden.
Die Prozesse beim elektronischen Einkauf 181

Strategisches Beschaffungsmanagement
Management von Beschaffungs- und Beschaffungspläne
Konzernanalyse Produkt- und Sourcingstrategien und Sourcingricht-
Lieferantenportfolio festlegen linien festlegen
Strategischer
Einkauf
Beschaffungs-Controlling

Reporting Analyse Steuerungsmaßnahmen

Taktischer
Einkauf
Stammdatenpflege/Content Management

Anlegen und Pflegen der Anlegen und Pflegen der


Online-Kataloge/Materialstämme Lieferantenstämme

Operativer
Einkaufsprozess Einkauf
Ausschrei- Angebot/ Bestell- Lieferüber- Rechnungs-
Abwicklung/
bungs- Vertrags- abwicklung/ wachung/ prüfung/
BANF
vorbereitung verhandlung Lieferabrufe -eingang -bezahlung

Abb. 74: Prozessmanagement im E-Procurement


Quelle: in Anlehnung an Braunstetter/Hasenstab 2001, S. 508.

2.2.3.1 Operativer Einkauf


Der operative Einkauf ist für den unmittelbaren Einkaufsprozess im Bereich „Transakti-
onsunterstützung“ verantwortlich (s. Kapitel 2.2.2). E-Procurement-Systeme übernehmen
dabei fast alle Aufgaben im Bereich der Bestell- und Bezahlprozessunterstützung und
automatisieren Sourcing und Genehmigung, Bestellanforderung und Bestellung, Liefe-
rung und Empfang sowie Rechnungsprüfung und Bezahlung (s. Kapitel 2.2.2.1-2.2.2.4).
Viele operative Beschaffungstätigkeiten können durch E-Procurement direkt an den Be-
darfsträger delegiert werden. In allen Teilprozessen sind die Aufgaben der Einkaufsabtei-
lung somit nur noch unterstützend; die Einkaufsdisponenten bearbeiten bspw. Bestellan-
forderungen und verschicken Bestellungen. Neben den Aufgaben im Bereich der Bestell-
und Bezahlprozessunterstützung ist der operative Einkauf für Ausschreibungen und Sour-
cing-Entscheidungen bei bedarfsausgelösten Beschaffungsvorgängen verantwortlich.
Auch hier bringt die internetgestützte Beschaffung diverse Vorteilen mit sich. Neben der
Verminderung der Aufwände in Zeit und Personal sowie Qualitätsvorteilen im Sinne einer
Fehlerminimierung unterstützt E-Procurement den operativen Einkauf bei der Auswahl ge-
eigneter Beschaffungscluster und der Ausschreibungsformulierung und ermöglicht eine
effizientere Abwicklung und eine erhöhte Anzahl von Ausschreibungen (Braunstetter/
Hasenstab 2001, S. 508). Die Aufgaben des operativen Einkaufs sind in Abb. 74 darge-
stellt. Mit der Einführung von E-Procurement wird der Einkauf in hohem Maße von wert-
schöpfungsneutralen operativen Aufgaben entlastet, sodass sich die Einkaufsabteilung auf
Aufgaben des taktischen und strategischen Einkaufs konzentrieren kann.
182 Die Grundlagen des E-Procurement

2.2.3.2 Taktischer Einkauf


Die Aufgaben im taktischen Einkauf zeichnen sich in vielen Unternehmen dadurch aus,
dass sie mit wenigen Schnittstellen nachhaltig den Ist-Zustand des Einkaufs überprüfen
und diesen möglichen Verbesserungspotenzialen gegenüberstellen (Braunstetter/Hasen-
stab 2001, S. 507). Der taktische Einkauf ist somit für die Analyse von Bedarfs- und Aus-
gabemustern, Nachfrage und Marktangebot verantwortlich. Auf Basis des gewonnenen
Wissens über interne Prozesse und Beschaffungsmärkte werden Lieferanten ausgewählt
und Rahmenkontrakte mit ihnen ausgehandelt. Zudem definiert der taktische Einkauf in
enger Zusammenarbeit mit den jeweiligen Abteilungen den Bedarf an Produkten innerhalb
eines Segments (Dolmetsch 2000, S. 129). Die elektronisch gestützte Beschaffungsmarkt-
analyse ermöglicht das Auffinden von Restbeständen, sorgt für eine Erweiterung des Be-
schaffungsmarktes, ermöglicht schnelle Firmenauskünfte und weltweite Firmenvergleiche
sowie das Platzieren von Anfragen auf Internetplattformen. Eine Stärkung seiner Position
gewinnt der taktische Einkauf vor allem durch Angebots- und Vertragsverhandlungen, die
durch Internettechnologien aufgrund des schnellen Informationsabgleichs und der erhöh-
ten Markttransparenz ermöglicht werden (Braunstetter/Hasenstab 2001, S. 508). Dabei
profitiert der taktische Einkauf insbesondere auch von dynamischen Preisbildungsverfah-
ren wie z. B. Online-Einkaufsauktionen (Reverse Auctions) auf elektronischen Marktplät-
zen (s. Kapitel 4).
Ebenfalls in den Aufgabenbereich des taktischen Einkaufs fällt in vielen Fällen das Con-
tent Management (s. Kapitel 2.1.3.3) sowie die Verwaltung von Benutzerprofilen, Zu-
griffsrechten, Vorgesetzten, Budgets und Adressdaten, die bei Sourcing-, Bestell- und Lie-
ferprozessen verwendet werden. Neben dieser internen Prozessführung übernimmt der tak-
tische Einkauf aber auch Aufgaben im Bereich der Erfolgsmessung. Dabei kontrolliert er
nach definierten Faktoren und Parametern mögliche und erzielte Einsparungen, bewertet
die Lieferanten-Performance und misst die Kundenzufriedenheit. Zum Einsatz kommen
dabei die bereits beschriebenen Reporting-Funktionen von E-Procurement- und ERP-
Systemen (s. Kapitel 2.2.2.4). Nicht zuletzt gehört auch die Durchsetzung der Beschaf-
fungsrichtlinien des Unternehmens zu den Aufgaben des taktischen Einkaufs, die vor die-
sem Hintergrund in Abb. 74 noch einmal zusammenfassend dargestellt sind.

2.2.3.3 Strategischer Einkauf


Der strategische Einkauf wird in vielen Unternehmen auch als „Corporate Supply Ma-
nagement“ bezeichnet. Er trägt die produktsegment- und unternehmensübergreifen-
de Verantwortung für alle beschaffungsbezogenen Prozesse sowie Richtlinienkompetenz
für beschaffungsstrategische Entscheidungen und IT-Entscheidungen (Dolmetsch 2000,
S. 128). Prozesse im Rahmen des strategischen Einkaufs umfassen somit die Analyse
von Konzerninformationen, das Management der einzukaufenden Produktsegmente, die
Entwicklung von Beschaffungs- und Sourcingstrategien sowie das Festlegen der daraus
resultierenden Pläne und Richtlinien. Basierend auf den bestehenden Lieferanten- und
Das Management beim elektronischen Einkauf 183

Produktportfolios unterstützt und forciert das strategische Lieferantenmanagement eine


optimale An- und Einbindung der für den Unternehmenserfolg wichtigen Lieferanten. Das
häufig undurchsichtige Lieferantenportfolio wird mit Hilfe von elektronischen Systemen
und elektronischen Märkten nach den Prinzipien Positionierung, Entwicklung, Koopera-
tion und Integration optimiert und bereinigt (Braunstetter/Hasenstab 2001, S. 508). Die
Aufgaben des strategischen Einkaufs zeigt ebenfalls Abb. 74. Nach Andreßen (2010,
S. 291 ff.) fällt dem strategischen Einkauf aufgrund des sog. Produktivitätsparadoxons
eine besondere Rolle zu: Obwohl ein E-Procurement-System generell eine höhere Produk-
tivität im Vergleich zum bisherigen (manuellen) Einkauf aufweist, kann es passieren, dass
die Gesamtbeschaffungsproduktivität gar nicht oder nur eingeschränkt zunimmt. Dieses
Problem ergibt sich aus potenziell fehlender organisatorischer Integration, unzureichen-
dem Change Management (z. B. fehlende Schulungen), zu mächtigen und dadurch un-
übersichtlichen Einkaufskatalogen und der Angst vor Fehlentscheidungen aufgrund von
Nachverfolgbarkeit und potenziell möglicher Überwachung der eigenen Aktionen. Empi-
rische Studien zeigten schließlich, dass der abgestimmte Einsatz sowohl von E-Procure-
ment als auch strategischem Einkauf positive Effekte auf die Unternehmensperformanz
ergeben (Kim/Suresh/Kocabasoglu-Hillmer 2015). Aus diesen Gründen ist die Erarbei-
tung einer ganzheitlichen E-Procurement-Strategie von großer Bedeutung. Die im Rah-
men der einzelnen Prozesse zum Einsatz kommenden Managementmethoden zur Pro-
dukt-, Lieferanten- und Strategieanalyse werden im Folgenden ausführlich beschrieben.

2.3 Das Management beim elektronischen Einkauf


Nach den technischen Darstellungen der Systemebene (s. Kapitel 2.1) und den Ausfüh-
rungen zur Prozessebene (s. Kapitel 2.2) gilt es nun auf der Managementebene, die
spezifischen Anforderungen an den Entscheidungsträger zu beschreiben. Die Grundan-
forderung der Beschaffung ist die optimale Versorgung des Unternehmens mit externen
Gütern und Dienstleistungen, welche zur Erreichung des Geschäftsziels benötigt werden
(Weiber/Mühlhaus/Egner-Duppich 2007). Die drei wesentlichen Kriterien, die die optimale
Beschaffung ausmachen, sind Zeit, Qualität und Kosten (Tripp 2002, S. 2). So muss
das Beschaffungsmanagement vor allem sicherstellen, dass die zu beschaffenden Objekte
zur richtigen Zeit am richtigen Ort im Unternehmen ankommen, Qualitätsanforderungen
für den gesamten Beschaffungsprozess sowie für die Lieferanten und Beschaffungsob-
jekte definieren, und die durch die Preise der Beschaffungsobjekte und die Prozess- und
Transaktionskosten getriebenen Kosten der Beschaffung reduzieren. Aufbauend auf die-
sen Grundanforderungen der Beschaffung befassen sich die folgenden Ausführungen mit
den managementbezogenen Aspekten des E-Procurement. Dabei stehen folgende Fragen
im Mittelpunkt der Betrachtungen, die zugleich auch die Lernziele dieses Abschnittes
darstellen:
184 Die Grundlagen des E-Procurement

„ Welche Produkte eignen sich grundsätzlich für das E-Procurement?

„ Wie werden die Lieferanten im E-Procurement ausgewählt?

„ Wie kann das Management ein E-Procurement-System für eine strategische Zusam-
menarbeit mit dem Lieferanten nutzen?

2.3.1 Die Produktanalyse beim elektronischen Einkauf

Oft wird von einer allgemeinen Vorteilhaftigkeit der Beschaffung über E-Procurement-
Lösungen gesprochen. Dabei wird der Aspekt vernachlässigt, dass sich E-Procurement
keineswegs pauschal für alle Güter und Dienstleistungen eignet. Vielmehr sollte der Ein-
satz von E-Procurement zunächst natürlich nur für diejenigen Beschaffungsobjekte erfol-
gen, bei denen über den elektronischen Einkauf substantielle Einsparpotenziale hinsicht-
lich des Preises und der Beschaffungskosten zu erwarten sind. Darüber hinaus gilt für
die elektronische Beschaffung aber auch, dass nur die Güter als geeignet erscheinen, die
sich durch eine geringe Erklärungsbedürftigkeit, eine hohe Standardisierbarkeit, hohe
Beschaffungsprozesskosten, große Bestellvolumina sowie einen geringen Materialwert
und eine geringe strategische Bedeutung für das Unternehmen auszeichnen (Dolmetsch
2000, S. 11 ff.). Denn nur bei diesen Gütern erscheint auf den ersten Blick eine Beschaf-
fungsentscheidung, die nur auf digitalen Informationen und nicht auf eine reale Prüfung
basiert, durchführbar. Der Entscheidung über den Einsatz eines E-Procurement-Systems
im Unternehmen muss demnach eine umfangreiche unternehmensinterne Produktanalyse
vorausgehen. Dabei steht zunächst die Frage nach der grundsätzlichen Verwendung der zu
beschaffenden Güter im Mittelpunkt. Die Anforderungen der Beschaffung von Rohmate-
rialien, Handelsartikeln und Dienstleistungen unterscheidet sich teilweise erheblich. Die
elektronischen Beschaffungsprozesse und Systemlösungen müssen daher den Material-
klassen angepasst werden. Primär unterscheidet man dabei zunächst zwischen zwei Be-
schaffungsgütern:

„ Den direkten Gütern werden diejenigen Materialien zugeordnet, die in die direkte
Wertschöpfungskette des Unternehmens einfließen. Die Beschaffungsobjekte fließen
also direkt und damit unmittelbar in die Produktion oder Bereitstellung höherwertiger
Produkte bzw. Dienstleistungen ein, die dem Kunden angeboten (z. B. bei Handels-
unternehmen) bzw. für den Wiederverkauf vorbereitet werden (Tripp 2002; We-
ber/Kabst/Baum 2018).

„ Den indirekten Gütern hingegen werden Produkte bzw. Dienstleistungen zugeord-


net, die nur mittelbar zum Unternehmensziel beitragen. Sie werden von Unternehmen
konsumiert, um die primäre Wertschöpfungskette überhaupt zu ermöglichen. Es han-
delt sich in diesem Zusammenhang demnach hauptsächlich um sog. Gebrauchs- und
Verbrauchsmaterialien (Tripp 2002).
Das Management beim elektronischen Einkauf 185

Es liegt nun auf der Hand, dass es bezüglich des Einsatzes eines E-Procurement-Systems
hier zu unterschiedlichen Auswirkungen kommen kann. So ist ein möglicher Ausfall des
Systems bei der Beschaffung von direkten Gütern möglicherweise viel gravierender als bei
indirekten Gütern. Die wohl wichtigste Gruppe von indirekten Gütern bilden dabei die sog.
MRO-Materialien (Maintenance, Repair and Operations). Klassische MRO-Materialien
sind bspw. Büromaterialien, Reinigungsmittel oder Dienstreisen. Derartige Produkte wer-
den in allen Unternehmensteilen bis hin zum Management benötigt. Dabei werden einzelne
Beschaffungsprozesse überall im Unternehmen mit relativ kleinen Volumen initiiert (z. B.
ein Aktenordner für Abteilung I). Der relative Anteil der Prozesskosten gegenüber den
eigentlichen Produktkosten ist somit sehr hoch (s. Kapitel 2.2.1.1). Zudem werden MRO-
Güter aufgrund mangelnder Koordination zwischen den einzelnen Abteilungen häufig von
verschiedenen Lieferanten beschafft, obwohl zum Teil günstige Rahmenverträge auf Un-
ternehmensebene existieren (Maverick Buying).
Indirekte Güter bzw. MRO-Materialien machen in der Regel einen sehr beachtlichen An-
teil an den Gesamtausgaben eines Unternehmens aus. Rechnet man Anlage- und Investi-
tionsgüter hinzu, entsprechen indirekte/MRO-Produkte bei amerikanischen Unternehmen
durchschnittlich etwa einem Drittel des Umsatzvolumens. Besonders hoch ist der Anteil
dabei naturgemäß in Dienstleistungs- und Verwaltungsorganisationen (Dolmetsch 2000,
S. 14). Durch die hohe Standardisierung der Produkte sind deren Lieferanten austausch-
bar. Beschaffungsmenge und Beschaffungshäufigkeit von MRO-Materialien variieren
stark und sind kaum vorhersagbar. Eine enge Lieferantenbeziehung und gemeinsame
Produktionsplanung sind daher – im Gegensatz zu direkten Gütern – nicht notwendig
(Tripp 2002, S. 118). Daher sollte eine E-Procurement-Lösung für die indirekte Beschaf-
fung zum einen Vergleichbarkeit und Unabhängigkeit schaffen, zum anderen durch eine
Prozessautomatisierung zwischen Lieferanten und Bedarfsträger zu einer Reduktion der
Prozesskosten führen. Ein Desktop-Purchasing-System (s. Kapitel 2.1.2.2) mit Multilie-
ferantenkatalog (s. Kapitel 2.1.1.4) wird diesen Anforderungen in optimaler Weise gerecht.
Während sich indirekte MRO-Güter also in hohem Maße für die internetbasierte Beschaf-
fung eignen, lassen sich direkte Güter in verschiedene Materialklassen einordnen, die
wiederum verschiedenen Anforderungen an die elektronische Beschaffung mit sich brin-
gen. Da aus der Produktanalyse neben der prinzipiellen E-Procurement-Eignung vor allem
aber auch die Wahl der letztendlich zu implementierenden Systemlösung hervorgeht (s.
Kapitel 2.2), muss die detailliertere Produktanalyse über eine Unterscheidung in direkte
und indirekte Güter hinaus, wesentlich systematischer erfolgen. Im Folgenden soll daher
auf eine Auswahl möglicher Systematiken zur Produktanalyse im elektronischen Einkauf
eingegangen werden.

2.3.1.1 ABC-Analyse
Ausgangspunkt vieler realer Einkaufsentscheidungen ist eine Klassifikation der einzu-
kaufenden Objekte anhand einer ABC-Analyse (Werner 2017). Sie erlaubt neben einer
Tätigkeiten- und Ressourcenpriorisierung eine differenzierte Bearbeitung der einzelnen
186 Die Grundlagen des E-Procurement

Bedarfspositionen und bietet sich daher auch im Vorfeld der Einführung von E-Procure-
ment-Systemen für die notwendige Produktanalyse an (Wannenwetsch 2002, S. 93). Je
nach Beschaffungskomplexität, Beschaffungsvolumen und Beschaffungshäufigkeit unter-
scheidet man dabei verschiedene Güterarten (s. Abb. 75):

A-Güter niedrig
• auftragsbezogene Bewirtschaftung
• exakte Disposition bzgl. Menge und Termin Ziel:
• Bestand vermeidende Bewirtschaftung Optimales
• Nutzung webbasierter Informationsquellen Sourcing
• Marktforschung, Markt- und Preisanalyse

E-Procurement-Potenzial
• intensive Preisverhandlungen

B-Güter

• vorratsbezogene Bewirtschaftung
• Bestellung in kostenoptimalen Losgrößen Ziel:
• geringer Aufwand bei Bestandsführung Prozesskosten-
und -überwachung senkung
• einfache Bestellabwicklung
C-Güter hoch

Abb. 75: Die ABC-Analyse im E-Procurement

„ Bei A-Gütern handelt es sich um Produkte mit einem hohen Wertanteil, die nur in
geringen Mengen und relativ selten beschafft werden. Die Wirksamkeit der Einkaufs-
instrumente ist hier am höchsten, sodass entsprechende elektronische Lösungen primär
auf eine Erhöhung der Markttransparenz, eine Verbreiterung der Lieferantenbasis so-
wie auf eine Intensivierung der Lieferantenbeziehungen zielen. Diese Ziele sollen vor
allem ein optimales Sourcing hinsichtlich Einstandspreisen und Qualität ermöglichen.

„ Bei B-Gütern handelt es sich um Produkte mit mittlerem Wertanteil, mittlerer Bestell-
häufigkeit und mittlerem Bestellvolumen. Hier empfiehlt sich eine selektive Vorge-
hensweise in Einkauf und Beschaffung, die sich je nach Wert und Eigenheiten der Pro-
dukte an das Management im E-Procurement der A- oder C-Güter anlehnt (Wannen-
wetsch 2002, S. 95).

„ Bei C-Gütern handelt es sich um Produkte mit einem niedrigen Einzelbestellwert,


einer hohen Bestellhäufigkeit und einer hohen (kumulierten) Bestellmenge. Die Anfor-
derungen von C-Teilen an ein E-Procurement-System sind denen der bereits erwähn-
ten MRO-Materialien sehr ähnlich (s. Kapitel 2.3.1), sodass diese Güter oftmals als
Das Management beim elektronischen Einkauf 187

Standardbeispiel für die C-Kategorie genannt werden. Grundsätzlich können C-Güter


relativ standardisiert, jedoch nur mit einem relativ hohen Prozesskostenanteil be-
schafft werden. Anders als bei A-Teilen steht bei ihnen daher insbesondere die weit-
gehende Vereinfachung der Einkaufs- und Versorgungsprozesse bzw. eine Senkung
der Prozesskosten über ein E-Procurement-System im Vordergrund.

Es lässt sich festhalten, dass die internetbasierte Beschaffung ihr Potenzial vor allem im
Bereich der C-Güter voll entfalten kann. Durch eine ABC-Analyse ist allerdings lediglich
eine generelle Priorisierung der Einkaufsaktivitäten möglich (s. Abb. 75). Um letztendlich
Entscheidungen bei der Auswahl der Systemlösung treffen zu können, werden differen-
ziertere Analyseinstrumente benötigt.

2.3.1.2 Kosten/Standard-Matrix
Ein weiterer Ansatz zur ersten Produktanalyse von Beschaffungsobjekten im E-Procure-
ment ergibt sich aus der Erweiterung der C-Güter-Klassifikation (s. Kapitel 2.3.1.1) und
den Ausführungen zur allgemeinen Eignung von Gütern in der elektronischen Beschaf-
fung (s. Kapitel 2.3.1). Dabei werden vor diesem Hintergrund insbesondere die Aspekte
Prozesskosten, Beschaffungswert und Standardisierbarkeit als Beurteilungskriterien hin-
zugenommen (Wannenwetsch 2002, S. 49):

„ Die Prozesskosten (z. B. Personalkosten) ergeben sich dabei aus den einzelnen Ar-
beitsschritten und Aufwendungen, die gegenwärtig im Unternehmen anfallen, um ein
Produkt bzw. eine Dienstleistung zu beschaffen (s. Kapitel 2.2.1.1).

„ Der Beschaffungswert ergibt sich aus der Beschaffungshäufigkeit und den Bestell-
volumina einer Gruppe von Beschaffungsobjekten. Hier ist also nicht der Wert eines
einzelnen Objektes, sondern vielmehr der summierte Wert aller zu beschaffenden Ob-
jekte einer Gruppe gemeint.

„ Die Standardisierbarkeit widmet sich den Produktcharakteristika. Vor allem stan-


dardisierbare und homogene Waren und Dienstleistungen eignen sich aufgrund ihrer
geringen Erklärungsbedürftigkeit für das E-Procurement. Obwohl dies vor allem für
C- und MRO-Güter zutrifft, kann auch die Komplexität vieler A- und B-Teile durch
Festlegen von Funktions- und Qualitätsmerkmalen weitgehend reduziert werden.

Aus der visuellen Zusammenführung der drei Aspekte resultiert nun eine dreidimensionale
Kosten/Standard-Matrix (Abb. 76). Insbesondere der Aspekt der Standardisierbarkeit
erweitert dabei die zugrundeliegende ABC-Analyse, wodurch auch ein differenzierteres
Augenmerk auf die Art der Beschaffung gelegt wird, die somit auch A- und B-Güter für das
E-Procurement interessant macht. Wichtig ist stets, dass für eine internetbasierte Be-
schaffung das Kriterium der Standardisierbarkeit prinzipiell erfüllt sein muss. Sind zu-
188 Die Grundlagen des E-Procurement

sätzlich die Kostenaspekte hoch ausgeprägt, lassen sich durch ein effektives E-Procure-
ment hohe Effizienzsteigerungspotenziale generieren (Wannenwetsch 2002, S. 46). Wie
schon bei der ABC-Analyse ist aber auch bei der Kosten/Standard-Matrix noch keine Aus-
sage über eine konkrete Systemlösung im E-Procurement möglich. Trotzdem wird die Pro-
duktanalyse für die elektronische Beschaffung hierdurch erweitert.

Optimale
Eignung

hoch

Prozesskosten

hoch

Standardisierbarkeit

niedrig niedrig
hoch Beschaffungswert niedrig

Abb. 76: Die Kosten/Standard-Matrix im E-Procurement


Quelle: Wannenwetsch 2002, S.47.

2.3.1.3 Wert/Risiko-Matrix
Ein weiterer Ansatz zur ersten Produktanalyse von Beschaffungsobjekten im E-Procure-
ment ergibt sich aus der Erweiterung der C-Güter-Klassifikation (s. Kapitel 2.3.1.1) zu-
sammen mit den Ausführungen zum Beschaffungswert (s. Kapitel 2.3.1.2). Dabei wird
vor diesem Hintergrund mit dem Aspekt „Risiko“ ein weiteres Beurteilungskriterium hin-
zugenommen. Mit dem Risiko sind dabei die Konsequenzen aus einer Nicht- bzw. Teil-
lieferung bzw. einer zeitlich verspäteten Zustellung der zu beschaffenden Güter für die
weiteren Unternehmensprozesse gemeint. Bei einem hohen Risiko würden Unregelmäßig-
keiten in der Lieferung zu massiven Schwierigkeiten führen, während bei einem niedrigen
Risiko der weitere Unternehmensablauf nicht gefährdet wäre. Im Resultat ergibt sich eine
Das Management beim elektronischen Einkauf 189

Wert/Risiko-Matrix (s. Abb. 77), die anzeigt, wie die zu beschaffenden Produkte die
Wettbewerbsfähigkeit und die Profitabilität des Unternehmens beeinflussen und welche
Konsequenzen bzw. Vorgaben sich für eine E-Procurement-Lösung daraus ergeben kön-
nen (Smeltzer/Carter 2001, S. 78). Folgende Fälle der Objektkategorisierung werden da-
bei unterschieden (s. Abb. 77):
hoch

Kritische Objekte Strategische Objekte


Unregelmäßigkeiten in der Lieferung können
Tragen zum Wettbewerbsvorteil am Markt bei
zu Marktschwierigkeiten führen

Beispiele Ersatzteile, Spezialchemikalien Beispiele Individualanfertigungen

Objekte reduzieren Strategische Partnerschaften,


Strategie Strategie
oder eliminieren begrenztes globales Sourcing

Lösung eSupply Chain Management


Risiko

Taktische Objekte Hebelobjekte


Routineteile, Rohstoffe, Verbrauchsgüter,
Gewöhnliche Einkäufe und Rahmenkäufe
Dienstleistungen

Beispiele MRO-Güter und -Dienstleistungen Beispiele Verpackungen, Produktionsgüter

Hebel maximieren, Transaktions-


Beschaffungsprozesse
Strategie Strategie kosten senken, Liefermengen
optimieren
niedrig

standardisieren, globales Sourcing

Lösung Desktop Purchasing Lösung eSourcing

niedrig Kosten/Wert hoch

Abb. 77: Die Wert/Risiko-Matrix im E-Procurement


Quelle: in Anlehnung an Smeltzer/Carter 2001, S. 78.

„ Bei taktischen Objekten handelt es sich um Routine-Teile, die nicht direkt in den
Mehrwert der fertigen Produkte eingehen (z. B. MRO-Güter). Hier gilt es insbeson-
dere, den Beschaffungsprozess soweit wie möglich zu automatisieren – z. B. mit Hilfe
einer Desktop-Purchasing-Lösung (s. Kapitel 2.1.3).

„ Hebelobjekte sind generische, über Rahmenkaufverträge bezogene Güter, die auf-


grund ihrer Anzahl einen hohen Einkaufswert ausmachen, jedoch lediglich ein gerin-
ges Risiko mit sich bringen (z. B. Verpackungen und elementare Produktionsgüter).
Sie sollten z. B. durch ein internetbasiertes Sourcing – z. B. über elektronische Markt-
plätze (s. Kapitel 4) – möglichst effizient und günstig beschafft werden.
190 Die Grundlagen des E-Procurement

„ Obwohl kritische Objekte einen relativ geringen Wert haben, würde eine Unterbre-
chung ihrer Versorgung zu Marktschwierigkeiten führen. Beispiele für derartige Pro-
dukte sind Ersatzteile oder Spezialchemikalien. Die Anzahl der einzukaufenden kri-
tischen Objekte gilt es daher nach Möglichkeit zu reduzieren bzw. zu eliminieren.

„ Strategische Objekte, bei denen sowohl Wert als auch Risiko hoch sind, geben den
Produkten eines Unternehmens ihren unverkennbaren Wert. Dieser ergibt sich aus Kun-
denzufriedenheit und Kundenmehrwert, der Einkaufspreis spielt nur eine untergeord-
nete Rolle. Hier gilt es, langfristige strategische Beziehungen mit den entsprechenden
Lieferanten (s. Kapitel 2.3.2) einzugehen, die durch ein eSupply Chain Management
gepflegt werden können.

Im Gegensatz zu den ersten beiden Verfahren bietet die Wert/Risiko-Matrix nun auch Hin-
weise auf die Verwendung eines E-Procurement-Systems (s. Abb. 77). Nutzungs- und
Sicherheitsanforderungen an dieses System stehen dabei in Verbindung zu der zugehö-
rigen Risikoausprägung (z. B. Desktop-Lösung für risikoarme taktische Objekte). Obwohl
die Produktanalyse für die elektronische Beschaffung hierdurch systemorientiert erweitert
wird, lässt der geringe Detaillierungsgrad noch weitere Verbesserungen zu.

2.3.1.4 Strategie/Automatisierungspotenzial-Matrix
Ein weiterer Ansatz zur ersten Produktanalyse von Beschaffungsobjekten im E-Procure-
ment ergibt sich aus der Erweiterung bzw. Kombination der Wert/Risiko-Matrix mit der
hier vorhandenen strategischen Wertdimension (s. Kapitel 2.3.1.3) und den Ausführungen
zu der Kosten/Standard-Matrix mit dem in diesem Unterkapitel vorgestellten Ansatz zur
Automatisierung von Beschaffungsprozessen. Im Ergebnis steht die sog. Strategie/
Automatisierungspotenzial-Matrix, bei der die strategische Bedeutung der Möglichkeit
einer automatischen Bestellabwicklung gegenübergestellt und mit konkreten Umsetzungs-
möglichkeiten im Rahmen eines E-Procurement-Systems verbunden wird. Im Hinblick
auf ihre strategische Bedeutung weisen Beschaffungsobjekte durchaus unterschiedliche
Dimensionen auf. So weisen direkte Güter, die den Kerngeschäfts- bzw. Produktionsbe-
darf eines Unternehmens decken, bspw. eine wesentlich höhere strategische Bedeutung
als indirekte Güter, die die primären Wertschöpfungsaktivitäten eines Unternehmens le-
diglich unterstützen, auf. Da aber auch indirekte Güter durchaus eine hohe strategische Be-
deutung aufweisen können (z. B. Gebäude), bietet sich für eine detailliertere Produktana-
lyse im E-Procurement die Betrachtung aus einem strategischem Blickwinkel eher an, als
die reine Unterscheidung in direkte und indirekte Güter (s. Kapitel 2.3.1). Im Hinblick auf
das Automatisierungspotenzial kann ein ähnlicher Zusammenhang beobachtet werden.
Zwar geht eine hohe Standardisierung in der Regel auch mit einem hohen Automatisie-
rungsgrad einher, aber auch bei wenig standardisierten Produkten kann nach der erstma-
ligen Spezifikation, z. B. für Wiederholungsbestellungen, eine Automatisierung über E-
Procurement-Systeme erreicht werden (s. Abb. 78).
Das Management beim elektronischen Einkauf 191

hoch

Investitionseinkauf: Kapitalbildung Logistikeinkauf: Ausfallminimierung

Kerngeschäftsbedarf, Produktionsbedarf, regelmäßige


Kenn- Kenn-
individuelle Anforderungen, Beschaffung, Produktauswahl im
zeichen zeichen
hoher Wert/kleine Stückzahl Vorfeld, große Stückzahl
Strategische Bedeutung

Werkzeugmaschinen,
Beispiele Beispiele Reifen, chemische Grundstoffe
Grundstücke/Gebäude

Lösung Ausschreibungen/eSourcing Lösung EDI/eSupply Chain Management

Auswahleinkauf: Konditionenmanagement Bedarfseinkauf: Standardisierung


Verschiedene Bedarfsarten,
Individueller Bedarf, regelmäßige
Kenn- unregelmäßige Bestellung, Kenn-
Beschaffung, Produktauswahl im
zeichen Produktauswahl im Bedarfsfall, zeichen
Bedarfsfall, geringer Wert
Wert und Stückzahl variieren

Einzelne Dienstwagen, MRO-Güter,


Beispiele Beispiele
einzelne Büromöbel produktionsnahe Kleinteile
niedrig

Lösung Individuallösungen Lösung Desktop Purchasing

niedrig Automatisierungspotenzial hoch

Abb. 78: Die Strategie/Automatisierungspotenzial-Matrix im E-Procurement


Quelle: KPMG 1999, S. 27.

In der Kombination beider Blickrichtungen können typischerweise vier Einkaufstypen


identifiziert werden, die dann für die Entscheidung über die Nutzung eines bestimmten
E-Procurement-Systems genutzt werden können. Aus der Strategie/Automatisierungspo-
tenzial-Matrix ergeben sich der Investitions-, der Logistik-, der Auswahl- und der Be-
darfseinkauf (KPMG 1999, S. 27; s. Abb. 78). Der Einsatz von E-Procurement-System-
lösungen bietet sich vor allem bei Bedarfs- und Logistikkäufen an, bei denen insbeson-
dere die Standardisierung des Einkaufsprozesses (Desktop-Lösung) bzw. die Ausfallmi-
nimierung produktionskritischer Materialien (EDI/eSupply Chain Management, s. Kapitel
2.3.3.2 im Vordergrund steht. Für Investitions- und Auswahleinkäufe hingegen bietet sich
eher der Einsatz von elektronischen Ausschreibungsverfahren und Individuallösungen
(z. B. Auktionsportal) an. Der Vorteil der Strategie/Automatisierungspotenzial-Matrix für
die Produktanalyse ist vor diesem Hintergrund, dass die Dimensionen „Produktart“, „Ein-
kaufssituation“ und „E-Procurement-Lösung“ miteinander verbunden werden.
192 Die Grundlagen des E-Procurement

2.3.2 Die Lieferantenanalyse beim elektronischen Einkauf

Neben der Analyse der zu beschaffenden Produkte spielt die Analyse und hier insbeson-
dere die Suche und die Auswahl von geeigneten Online-Lieferanten eine entscheidende
Rolle für die Managementebene im elektronischen Einkauf. Hintergrund ist die Tatsache,
dass die geforderten Verbesserungen bezüglich der Komponenten Zeit, Qualität und Kos-
ten (s. Kapitel 2.3) nur mit Hilfe der passenden Lieferanten, die über digitale Netzwerke
mit dem Unternehmen verbunden sind, optimal erfüllt werden können. Das im Mittelpunkt
stehende Ziel der Lieferantenanalyse ist es daher, mögliche Online-Lieferanten zu identi-
fizieren, eine Bewertung vorzunehmen, den Online-Kontakt zu suchen und eine stabile
Geschäftsbeziehung auf Online-Basis aufzubauen. Dabei gilt es nicht nur, den möglichen
Online-Lieferanten für die Unternehmung zu identifizieren, sondern auch die eigene Rolle
im Verhältnis zum Online-Lieferanten und die dazu passenden Reaktionsmuster zu be-
stimmen (Riemer/Klein 2002, S. 12). Diese Aktivitäten zählen zu den Aufgaben, die ins-
besondere in den strategischen Aufgabenbereichen des E-Procurement einzuordnen sind.

2.3.2.1 Online-Lieferantensuche
Während bei der klassischen Anbindung an einen Standardlieferanten ein Wechsel auf der
realen Handelsebene oft mit einem erheblichen Aufwand verbunden ist, wird beim Einsatz
einer E-Procurement-Lösung bewusst eine höhere Flexibilität in der Auswahl von mögli-
chen Online-Lieferanten über produktbezogene Einzelfallentscheidungen angestrebt.
Dazu ist es wichtig, sich im E-Procurement einen hinreichend großen Online-Lieferan-
tenstamm aufzubauen. Neue und alte Lieferanten können dabei gleichermaßen über die
neue E-Lösung angebunden werden, sofern sie sich bereit erklären, die neuen Prozesse im
elektronischen Einkauf aktiv zu unterstützen. Dazu zählt insbesondere, dass sie die benö-
tigten technologischen Voraussetzungen mit sich bringen bzw. bereit sind, diese zu imple-
mentieren. Wählt ein Unternehmen einen Einkaufsdienstleister (z. B. einen virtuellen
Marktplatz; s. Kapitel 4; s. Abb. 59), werden die möglichen Online-Lieferanten größten-
teils von diesem vorgegeben (Möhrstädt/Bogner/Paxian 2001, S. 122).
Neben den eigentlichen Beschaffungsanfragen und dem zugehörigen Angebotsprozess
(Einholen und Bewerten von Angeboten, s. Kapitel 2.2.2.1) spielt bei der Suche nach
geeigneten Online-Lieferanten auch der Prozess der Lieferantenfreigabe eine Rolle. So
haben insbesondere Lieferanten von Produktionsmaterialien in vielen Fällen einen Frei-
gabeprozess zu durchlaufen, bevor sie sich an regulären Anfragen und Ausschreibungen
(s. Kapitel 2.4.2.2) beteiligen dürfen. Dies gilt auch für die Aufnahme von Online-Lieferan-
ten – z. B. im Rahmen eines Buy-Side-Modells (s. Kapitel 2.1.2.2) – bevor die einzelnen
Produkte in das Desktop-Purchasing-System (s. Kapitel 2.1.3) eingestellt werden sollen.
Ausgangspunkt dafür ist oftmals das Ausfüllen eines Fragebogens (Request for Informa-
tion) durch potenzielle Online-Lieferanten, z. B. auf der Homepage des zu beschaffenden
Unternehmens. Dieser bildet die Grundlage für eine Vorauswahl (Roland/Kleeberg 2002,
S. 307). Vor der Vergabe von wichtigen Auftragsumfängen für direkte Güter, aber auch
Das Management beim elektronischen Einkauf 193

bei der Festlegung von Kataloglieferanten ist ein weiterer Prozess zu durchlaufen, bei dem
die Lieferanten zur Abgabe von Angeboten aufgefordert werden (Request for Quota-
tion). Informationen hinsichtlich der Anforderungen, die das zu beschaffende Unterneh-
men an die Beschaffungsobjekte und die elektronische Lieferantenbeziehung stellt, können
zuvor mit Hilfe des Internets kommuniziert werden und sollten dabei so genau und ver-
bindlich wie möglich sein.

2.3.2.2 Online-Lieferantenauswahl
Erst nach einer konkreten Bewertung der Angebote wird entschieden, mit welchen Online-
Lieferanten tatsächlich in die darauffolgende Verhandlungsphase eingetreten wird. In dieser
kann dann mit Hilfe technischer Kommunikationsplattformen das Ziel verfolgt werden, den
geeignetsten Lieferanten auszuwählen. Dabei kann man den Lieferanten die Möglichkeit
bieten, sich innerhalb eines festgelegten Zeitraumes noch zu unterbieten (Roland/Klee-
berg 2002, S. 308). Soll die Lieferantenauswahl in kürzeren Zeiträumen stattfinden, be-
steht die Möglichkeit, mit Hilfe von Internet-Auktionen (s. Kapitel 2.4.2.3) synchrone
Preisverhandlungen mit mehreren Lieferanten durchzuführen. Auch in diesem Fall werden
die Lieferanten zur Teilnahme an einem Bietverfahren eingeladen (Request for Bid). Ne-
ben der Bewertung neuer Lieferanten, ist es im Hinblick auf Folgeverhandlungen wichtig,
die Leistungsfähigkeit aktueller Lieferanten bewerten zu können. Das Beschaffungsma-
nagement hat allerdings das Problem, die Lieferantenleistungen nur in geringem Maße be-
urteilen zu können, da die Beschaffung direkt über den Bedarfsträger abgewickelt wird.
Aus diesem Grund sind in viele E-Procurement-Lösungen Module zur Lieferantenbe-
wertung und Lieferantenleistungsüberwachung integriert. Anhand einer Maske erhält der
Bedarfsträger so einen Einblick in die Lieferantenperformance bezüglich Zeit, Qualität
und Kosten. Diese Bewertung kann dann eine fundierte Grundlage zu Problemlösungen
und Verbesserungen schaffen (Wannenwetsch 2002, S. 85). Auf darauf aufbauende An-
sätze des eSupplier Relationship Managements (s. Kapitel 2.4.1.4) wird im Rahmen der
Marketingebene der elektronischen Beschaffung (s. Kapitel 2.4) noch detailliert eingegan-
gen.

2.3.2.3 Online-Lieferantenportfolio
Ein fundiertes Wissen über die eigene Lieferantenstruktur stellt eine unverzichtbare Vor-
aussetzung für die Gestaltung der Lieferantenbeziehungen dar. In Analogie zu den bereits
vorgestellten Portfolio- bzw. Matrix-basierten Modellen zur Produktanalyse (s. Kapitel
2.3.1), lässt sich zur Bewältigung der Analyse der Lieferantenstruktur ebenfalls ein On-
line-Lieferantenportfolio bilden (s. Abb. 79). Wichtig bei der Verwendung eines derarti-
gen Instruments ist es, die Lieferanten nicht nur undifferenziert über die Gesamtheit aller
Beschaffungsobjekte zu bewerten. Vielmehr muss die Analyse nicht nur abgestuft nach
Beschaffungsobjekten erfolgen, da die Situation bezüglich der Beschaffungsobjekte teil-
194 Die Grundlagen des E-Procurement

weise stark differiert, sondern auch nach der Qualität der übermittelten elektronischen Da-
ten zu den Beschaffungsobjekten, damit eine Entscheidung tatsächlich über Online-Me-
dien getroffen werden kann.

Kataloge im Kataloge in
Ansatz 1 definierten abweichendem
Format Format

Hinreichende Lieferanten Lieferanten Hohe


Datenqualität Klasse A Klasse B Bereitschaft

Schlechte Lieferanten Niedrige


Datenqualität Klasse C Bereitschaft

Unzureichende
Gute technische
technische Ansatz 2
Fähigkeiten
Fähigkeiten

Abb. 79: Das Online-Lieferantenportfolio auf Basis technischer Kategorisierungen


Quelle: in Anlehnung an Dolmetsch 2000, S. 202.

Neben Marktmacht und Lieferanteil spielen bei der Kategorisierung innerhalb eines Lie-
ferantenportfolios im E-Procurement vor allem auch technische Aspekte eine Rolle. Be-
vor dem beschaffenden Unternehmen von einem Lieferanten regelmäßig aktualisierte Ka-
talogdaten übermittelt werden (s. Kapitel 2.1.2.1), muss zunächst eine Lieferantenadop-
tion stattfinden, da die Fähigkeit der Lieferanten, Produktdaten in gewünschtem Format
und hinreichender inhaltlicher Qualität bereitzustellen, höchst unterschiedlich ist (Dol-
metsch 2000, S. 201). Ist die Datenqualität unzureichend oder das Format inkompatibel,
müssen im Rahmen des Katalogmanagements des beschaffenden Unternehmens manuelle
Anpassungen bzw. Konvertierungen vorgenommen werden. Auch die Bereitschaft der Lie-
feranten, überhaupt einen elektronischen Produktkatalog zur Verfügung zu stellen, spielt
hier eine Rolle. Abb. 79 zeigt beispielhaft zwei Ansätze zur technischen Lieferantenkate-
gorisierung. In Kombination mit einer ausführlichen Produktanalyse schafft die Segmen-
tierung der Lieferanten zwar Transparenz bezüglich Materialien und Lieferanten, diese
reicht aber nicht aus, um die relevanten Beschaffungspotenziale zu realisieren und nach-
haltig zu sichern. Dennoch bietet die Produkt- und Lieferantenanalyse eine gute Basis,
um entsprechende Normstrategien abzuleiten, Handlungsalternativen auszuwerten und
den sinnvollen Einsatz neuer Informationstechnologien zu beurteilen (Eyholzer/Kuhl-
mann/Münger 2002, S. 67).
Das Management beim elektronischen Einkauf 195

2.3.3 Die Strategieanalyse beim elektronischen Einkauf

Lange Zeit folgte die Beschaffung bzw. der Einkauf im Unternehmen lediglich den An-
forderungen der Produktion ohne jedoch eine eigene Steuerungsfunktion und somit wirk-
liche Kompetenzen zu besitzen. Im Vordergrund standen dabei Prozesskosten und Ein-
kaufspreise (s. Kapitel 2.2.1.1). Durch die mit Hilfe der elektronischen Vernetzung und
Kommunikation voranschreitenden Möglichkeiten einer arbeitsteiligen Organisation in-
nerhalb des Wertschöpfungsprozesses und den damit einhergehenden Veränderungen der
Markt- und Wettbewerbssituation in nahezu allen Branchen, rückt die zwischenbetriebli-
che Organisation mit verschiedenen Partnerunternehmen immer stärker in den Vorder-
grund (Riemer/Klein 2002, S. 9 f.). Basierend auf der Produkt- und Lieferantenanalyse
befasst sich die Strategieanalyse im E-Procurement mit den kritischen Entscheidungen,
die im Rahmen der Einkaufs- bzw. Versorgungsstrategie eines Unternehmens getroffen
werden müssen. Dabei kommt der Zusammenarbeit einzelner Organisationseinheiten so-
wie der Kollaboration zwischen beschaffendem Unternehmen und Lieferanten zentrale Be-
deutung zu und ist Voraussetzung für die erfolgreiche Umsetzung der erarbeiteten Strate-
gie.

2.3.3.1 eCollaboration
Unter dem Begriff eCollaboration wird eine Fülle von Maßnahmen zusammengefasst,
die die Zusammenarbeit zeitlich und/oder räumlich getrennter Organisationen bzw. Or-
ganisationseinheiten durch neue Informations- und Telekommunikationstechnologien er-
möglichen (s. auch Kapitel 6). Klassische Beispiele für den Einsatz derartiger Technolo-
gien für die Zusammenarbeit sind Videokonferenzen, Internetanwendungen oder EDI (s.
Kapitel 2.1.1.1). Diese und andere Tools für die eCollaboration sollen im Rahmen der
elektronischen Beschaffung die Zusammenarbeit zwischen Abnehmer und Zulieferer un-
terstützen. Dies schließt bspw. Werkzeuge zur gemeinsamen Entwicklung von Produkten
(Collaborative Design), zur gemeinsamen Bedarfsplanung (Collaborative Forecasting and
Planning) oder zur gemeinsamen Beschaffung (Collaborative Sourcing) ein. Die Tools
bieten dabei u. a. die Möglichkeit, auf einen gemeinsamen Datenbestand dezentral zuzu-
greifen oder Projekte und/oder Dokumente zentral zu verwalten. Entsprechend der Inten-
sität des Einsatzes solcher Technologien und des Grades der Integration der Partner sind
verschiedene Stufen der eCollaboration zu unterscheiden, die in Abb. 80 dargestellt sind
(Wirtz/Vogt 2003):

„ Auf der ersten Stufe kommt es zu einer rein kommunikativen Interaktion, also einem
Austausch von Informationen. Ein Beispiel wäre das Versenden von Bestelldaten über
EDI oder eine Auftragsbestätigung per E-Mail, die entweder manuell oder automa-
tisch erfolgen kann.
196 Die Grundlagen des E-Procurement

„ Auf der zweiten Stufe werden kommerzielle Transaktionen vorgenommen. Es


kommt zum Abschluss von Kaufverträgen, zu einer elektronischen Zahlungsabwick-
lung und zu einer Wertschöpfungsverknüpfung zwischen den Transaktionspartnern.
Ein Desktop-Purchasing-System (s. Kapitel 2.1.3) bspw. wäre auf dieser Stufe einzu-
ordnen.

„ Eine dritte Stufe schließlich lässt sich durch die weitgehende Integration der betei-
ligten Partner in die Wertschöpfung des Unternehmens beschreiben, wobei die Part-
ner an gemeinsamen Projekten arbeiten und auf gemeinsame Ressourcen zugreifen
können. Ein Beispiel für diese höchste Stufe der Integration sind Systeme zur inte-
grierten Planung der Versorgungskette bis hin zu Endkunden (eSupply Chain Ma-
nagement; s. Kapitel 2.3.3.2).

Geschäftstätigkeit/
Wertschöpfung 3
Wert- und
Partnerintegration
• Elektronische
Integration von
2 Kooperationspartnern
Kommerzielle
• Gemeinsame
Transaktion
Wertschöpfung und
• Online-Transaktionen Ressourcennutzung
• Elektronische • Höchste Stufe der
1 Zahlungsabwicklung
Kommunikative Integration
Interaktion • Wertschöpfungs-
verknüpfung
• Bestellungen auf
elektronischem Weg
(z.B. per E-Mail)
• Elektronische
Auftragsbestätigung

Komplexität

Abb. 80: Stufen der eCollaboration


Quelle: Wirtz/Vogt 2003, S. 272.

2.3.3.2 eSupply Chain Management


Aufgrund der Konzentration vieler Unternehmen auf ihre Kernkompetenzen und der damit
einhergehenden strategischen Zusammenarbeit von Unternehmen haben die Komplexität
und somit auch die Schwierigkeit der Koordination der Lieferkette (sog. Supply Chain)
zugenommen. Die Zuverlässigkeit der Lieferanten und Lieferungen hat aus diesem Grunde
Das Management beim elektronischen Einkauf 197

eine immer weitergehende Bedeutung. Supply Chain Management (SCM) bezeichnet


vor diesem Hintergrund die „integrierte Planung, Simulation, Optimierung und Steuerung
der Waren-, Informations- und Geldflüsse entlang der gesamten Wertschöpfungskette vom
Kunden bis hin zum Rohstofflieferanten“ (Nenninger/Hillek 2000, S. 2 f.). Eine effiziente
Supply Chain ist ein wichtiger Wettbewerbsfaktor und die Basis von nachhaltigen Kon-
kurrenzvorteilen. Die Supply Chain umfasst dabei die vollständige Aktivitätenkette von
der Rohmaterialgewinnung bis zur Entsorgung. Wird sie optimal gesteuert, verknüpft sie
durch strikte Kundenorientierung die Nachfrage- mit der Zuliefererseite und betrifft alle
logistischen Unternehmensfunktionen in Beschaffung, Produktion, Distribution und Ent-
sorgung. Schon binnen eines jeden Unternehmens innerhalb der Supply Chain entstehen
durch Aufteilung der primären Wertschöpfungsaktivitäten auf verschiedene Unterneh-
mensfunktionen Schnittstellen in den Bereichen Produkt-, Informations- und Kapitalfluss.
Durch die Erweiterung auf die Ebene der Supply Chain ergeben sich neue, unternehmens-
übergreifende Schnittstellen. Die Folge ist, dass interne Prozessverbesserungen der Un-
ternehmen nicht ausreichen – vielmehr gilt es, sämtliche Ineffizienzen in der gesamten
Prozesskette vom Rohstoff bis zum Endverbraucher zu beseitigen (Wildemann 2001,
S. 2). Die Vorteile einer schnittstellenübergreifenden, effizienten Zusammenarbeit
hinsichtlich Kosten, Zeit und Qualität innerhalb der Supply Chain ergeben sich laut Wilde-
mann (2001) aus:

„ der Schaffung von Transparenz über die gesamte Wertschöpfungskette,

„ der daraus resultierenden Vermeidung von Informationsasymmetrien zwischen den be-


teiligten Unternehmen bzw. Personen,

„ der Verbesserung der Kosten- und Leistungsstruktur sowie

„ der Veränderung der Bilanzstruktur der Unternehmen durch die mit einer Bestandssen-
kung einhergehende Reduzierung des Umlaufvermögens.

Elektronische Systemlösungen im Bereich SCM erweitern die Betrachtungsweise reiner


ERP-Systeme um die in der Wertschöpfungskette wichtigen Partner. Im Resultat steht ein
eSupply Chain Management (eSCM), bei dem die integrierte Planung, Simulation, Op-
timierung und Steuerung der Waren-, Informations- und Geldflüsse insbesondere über die
miteinander vernetzten elektronischen Systeme der beteiligten Partner erfolgt. Derartige
eSCM-Systeme bieten weitreichende Funktionen und gliedern sich in verschiedene eSup-
ply Chain Module (Wannenwetsch 2002, S. 181):

„ Konfiguration: Hier steht die strategische Zusammensetzung und Organisation der


Supply Chain sowie die Definition der Art und Weise der strategischen Zusammen-
arbeit im Mittelpunkt. Hierbei kommt es häufig zu einer Konzentration auf entschei-
dende Partner bzw. zu einer Reduktion der Zulieferer und deren direkte elektronische
Anbindung. Dies schmälert den Aufwand der Koordination vieler Lieferanten.
198 Die Grundlagen des E-Procurement

„ Planung: Hierunter fallen alle strategischen, taktischen und operativen Aufgaben in-
nerhalb der Supply Chain, die zur Steigerung der Produktivität des Liefernetzwerkes
beitragen. Hierbei finden rechnergestützte Planungsmethoden und Simulationen zur
Verbesserung der logistischen Abläufe verstärkt Anwendung.

eSupply Chain Management

Planung

Primäre
Wertschöpfung Lieferant Eingang Produktion Ausgang Kunde

Direkte
Beschaffung

Unterstützende Indirekte
Funktionen Beschaffung

E-Procurement

Abb. 81: eSupply Chain Management versus E-Procurement


Quelle: Tripp 2002, S. 131.

„ Ausführung: Bei der eigentlichen Vollziehung der integrierten Planung kommen Vi-
sualisierungs- bzw. Informationslösungen sowie Kommunikations- und Transaktions-
lösungen (s. Kapitel 2.1.3.4) zur Unterstützung der operativen Aufgaben in Disposition
und Auftragsabwicklung innerhalb des Liefernetzwerkes zum Einsatz.

„ Wertschöpfung: Im Gegensatz zu einer isolierten E-Procurement-Lösung fokussiert


das eSCM den gesamten primären Wertschöpfungsprozess. Dabei bildet die direkte
Beschaffung die Schnittmenge des eSCM und des E-Procurement (s. Kapitel 2.3.1.4,
Abb. 78 und Abb. 81). Der zentrale Schwerpunkt des eSCM, die Planung von Pro-
duktion und Beschaffung, kommt nur in der primären Wertschöpfungskette zur An-
wendung. Die hier zu lösenden Planungsprobleme sind aufgrund der engen Vernet-
zung von Unternehmen innerhalb der Wertschöpfungskette und den enormen Beschaf-
fungsvolumina für die beteiligten Unternehmen von hoher strategischer Bedeutung
(Tripp 2002, S. 131). Typische Beispiele dafür finden sich insbesondere in der Zu-
lieferindustrie der Automobilbranche.
Das Management beim elektronischen Einkauf 199

Im Gegensatz zu eSCM adressiert das E-Procurement zusätzlich zur direkten Beschaffung


auch die Beschaffung indirekter Güter, die nur unterstützend in die primäre Wertschöp-
fungskette einfließen (s. Kapitel 2.3.1). Der Verbrauch dieser Güter ist vor diesem Hinter-
grund nicht direkt mit der Kundennachfrage bzw. Produktion verbunden und kann daher
auch nur schlecht prognostiziert oder geplant werden. Die hier eingesetzten Desktop-
Purchasing-Systeme (s. Kapitel 2.1.2.2) haben aus diesem Grund nichts mit der Lieferkette
(eSCM) zu tun.

2.3.3.3 eProduktidentifikation
Im Zeitalter der Digitalen Wirtschaft sind es die Prozesse der Kunden eines Unterneh-
mens, die den Ausgangspunkt für die Gestaltung eigener Prozessabläufe bilden. Die zuvor
dargestellten SCM-Lösungen erfüllen diese Anforderungen durch die überbetriebliche In-
tegration von Informationen und Prozessen. Um die Vision eines grenzenlosen Unterneh-
mens jedoch zu vollenden, gilt es die Lücke zu überwinden, die zwischen realer und di-
gitaler Welt existiert (Lampe/Flörkemeier/Haller 2005, S. 69). Erstere Welt ist durch phy-
sische Produkte und Warenflüsse gekennzeichnet, letztere Welt besteht aus ERP-, E-Pro-
curement- und SCM-Lösungen, die Informationen über ebendiese verwalten. Kurzum be-
nötigen Informationssysteme „Augen und Ohren“ (Fleisch/Christ/Dierkes 2005, S. 3),
die eine automatische Erkennung physischer Gegenstände ermöglichen. Durchgesetzt ha-
ben sich in diesem Bereich RFID-Transponder, die eine kontaktlose, Mikrochip-ge-
stützte Identifikation von realen Gegenständen ermöglichen. Der Einsatz von RFID-Tech-
nologien bringt im Rahmen der Lieferkette niedrigere Fehlerquoten, eine höhere Prozess-
effizienz, eine gesteigerte Produktqualität sowie daraus resultierende Kosteneinsparungen
mit sich (Lampe/Flörkemeier/Haller 2005, S. 69). RFID-Transponder (auch: Smart
Chips) verfügen über eine Antenne und einen Mikrochip, auf dem in der Regel eine Se-
riennummer gespeichert ist, die mittels drahtloser Kommunikation von einem speziellen
Lesegerät, das in der Regel einige Meter entfernt ist, ausgelesen werden kann. Im Gegen-
satz zu den bisher eingesetzten Barcodes bringen RFID-Technologien vor diesem Hinter-
grund folgende Vorteile mit sich (Lampe/Flörkemeier/Haller 2005, S. 70; Tellkamp/Hal-
ler 2005, S. 226 f.):

„ Der mit dem Lesen von Barcodes verbundene manuelle Aufwand entfällt, da eine Sicht-
verbindung zwischen Scanner und Barcode (auf Produkt, Karton oder Palette) nicht
mehr nötig ist.

„ RFID-Scanner erlauben das gleichzeitige Auslesen mehrerer Transponder (z. B. in


einem Karton). Dies erhöht in diesem Zusammenhang die Effizienz bei Warenein-
gang und -ausgang.

„ RFID-Transponder können in Objekte eingebettet werden und sind so weitestgehend


vor Umwelteinflüssen und/oder Manipulation gesichert.
200 Die Grundlagen des E-Procurement

„ Mittels RFID lassen sich einzelne Produkte identifizieren, während Barcodes in der
Regel für alle Instanzen eines bestimmten Produktes identisch sind. So ist z. B. die
Überprüfung der Haltbarkeit eines Produktes möglich.

„ Da RFID-Transponder über Datenspeicher verfügen, können die gespeicherten Infor-


mationen während des Einsatzes verändert werden.

Smart Chips werden in Industrie und Handel auf logistischen Einheiten (z. B. Paletten, Pa-
keten oder Hängewaresendungen), Handelseinheiten (z. B. Kartons und Unterkartons) oder
einzelnen Produkten angebracht (auch: Paletten-, Karton- und Einzelproduktebene; Tell-
kamp/Haller 2005, S. 228). Der auf dem Chip gespeicherte elektronische Produktcode
(EPC) hilft, die entsprechenden Versandeinheiten eindeutig zu identifizieren. Auf der
Ebene der Informationssysteme werden dem EPC dann sowohl produkt- als auch prozess-
bezogene Informationen zugeordnet, um innerhalb der Supply Chain bisher nicht befriedi-
gend gelöste Themen wie mangelhafte Produktverfügbarkeit, Produktverfall, Rückver-
folgbarkeit, Diebstahl und administrative Probleme (z. B. im Umgang mit fehlerhaften
Lieferungen) zu lösen (Tellkamp/Haller 2005, S. 225 ff.). Mittels RFID können Zustände
der realen Welt (z. B. Lagerbestände, Ortsinformationen) erfasst werden, die nicht nur
interne Prozesse verbessern, sondern im Sinne eines unternehmensübergreifenden SCM
allen Wertschöpfungspartnern zur Verfügung gestellt werden können. Nutzenpotenziale
von RFID zeigen sich vor diesem Hintergrund auf den folgenden Ebenen (Tellkamp/Haller
2005, S. 229 ff.):

„ Wareneingang und -ausgang: Durch die Installation von RFID-Lesern an Warenein-


gängen und -ausgängen wird die Erfassung eingehender bzw. ausgehender Ware we-
sentlich effizienter. Smart Chips an Kartons und Paletten ermöglichen eine eindeutige
Identifizierung von Lieferungen. Darüber hinaus ist eine Überprüfung der Korrektheit
einer Lieferung möglich, wenn deren Einheiten (z. B. Kartons oder einzelne Produkte)
mit RFID-Transpondern ausgestattet sind. Dies ermöglicht gleichzeitig die automa-
tische Verbuchung von Entnahmen aus einer Lieferung. Zu berücksichtigen ist hier-
bei, dass eine Erfassung auf Produktebene technisch oft nicht möglich ist (z. B. im Falle
von Flüssigkeiten oder Metallgegenständen, welche die Funkübertragung stören kön-
nen).

„ Lagerbestand und Produktverfügbarkeit: Die automatische Produktidentifikation


kann dabei helfen, den Lagerstand zu reduzieren und gleichzeitig die Verfügbarkeit
der gelagerten Produkte zu erhöhen, indem Lagerungenauigkeiten eliminiert werden.
Alternativ zu den stationären RFID-Lesern können Unternehmen zur Erfassung der
Lagerinformationen mobile Leser (z. B. an Gabelstaplern oder Handleser) einsetzen.
Eine vollständige Eliminierung von Lagerungenauigkeiten setzt aber auch hier wiede-
rum voraus, dass auf Karton- bzw. Produktebene eine ausreichend hohe Leserate er-
zielt werden kann.
Das Marketing beim elektronischen Einkauf 201

„ Diebstahl: Die Vermeidung von Diebstahl kann auf direkte oder aber indirekte Art und
Weise erfolgen. Bei direkter Vermeidung wird gestützt durch einen RFID-Leser Alarm
ausgelöst, während eine indirekte Vermeidung lediglich darauf abzielt, Quellen für
Diebstahl zu identifizieren und entsprechende Sicherungsmaßnahmen bei der Lage-
rung zu implementieren.

„ Unverkäufliche Produkte: RFID-Chips können helfen, den Anteil unverkäuflicher


Produkte zu reduzieren (z. B. Produkte mit abgelaufenen Haltbarkeitsdatum oder
kurzzeitig verfügbare Angebote). Sind dem System die hierzu nötigen Produktinfor-
mationen bekannt, können auf Basis dieser Information automatisch geeignete Maß-
nahmen angestoßen werden, um Verderb bzw. Wertverlust zu verhindern.

„ Rückverfolgbarkeit: Mit RFID-Technologien auf Kartons und/oder Paletten lässt


sich erfassen, welche Produkte bzw. Produktchargen in die Produktion eingeflossen
sind bzw. an welche Kunden diese ausgeliefert worden sind. Sind darüber hinaus auch
einzelne Produkte mit Smart Chips versehen, kann darüber hinaus eine Rückverfol-
gung über die Supply Chain hinaus bis zum Endkunden erfolgen. Eine Rückverfolgung
kann dabei vorwärts (von der Produktion zum Kunden) oder rückwärts (vom Kunden
zur Produktion) gerichtet sein. Anzumerken ist hierbei, dass eine rückwärts gerichtete
Rückverfolgung nur dann möglich ist, wenn der Smart Chip beim Verkauf nicht deak-
tiviert wird (was aus datenschutzrechtlichen Gründen generell möglich sein muss).

Für den Einzelhandel lassen sich Effizienzvorteile beim Kassiervorgang durch die sog.
Selbst-Check-out-Systeme (Tellkamp/Haller 2005, S. 234) als weiteres Nutzenpotenzial
identifizieren. Im Rahmen des hier betrachteten B2B-Kontextes soll hierauf allerdings
nicht näher eingegangen werden.
Die Implementierung von RFID-Technologien gestaltet sich komplex, wobei die Komple-
xität eines Projektes mit zunehmender Reichweite der horizontalen und/oder vertikalen In-
tegration ansteigt (Gross/Thiesse 2005, S. 303). Eine Einbeziehung aller beteiligten Wert-
schöpfungspartner und eine enge Zusammenarbeit stellen vor diesem Hintergrund einen
entscheidenden Faktor für die erfolgreiche Umsetzung eines E-Procurement- bzw. SCM-
Projektes, bei dem RFID-Technologien zum Einsatz kommen sollen, dar (s. dazu Kapitel
2.4.1 sowie im Detail die Ausführungen von Gross/Thiesse 2005).

2.4 Das Marketing beim elektronischen Einkauf


Nach den Darstellungen bezüglich der System- (s. Kapitel 2.1), der Prozess- (s. Kapitel
2.2) und der Managementebene (s. Kapitel 2.3) gilt es nun auf der Marketingebene, die
spezifischen Anforderungen an die Gestaltung von Geschäftsbeziehungen im Rahmen des
E-Procurement zu beschreiben. Die primär verfolgte Zielsetzungen des diesbezüglichen
202 Die Grundlagen des E-Procurement

Beschaffungsmarketings sind insbesondere die aktive Erweiterung der Reichweite und


Vollständigkeit potenzieller Anbieter sowie eine Effizienzsteigerung in der Ausschrei-
bungs- und Angebotsphase (Peukert/Ghazvinian 2001, S. 195). Auf dieser Marketingebe-
ne im elektronischen Einkauf stehen daher Geschäftsbeziehungen zu Lieferanten und Ko-
operationspartnern, die Informationsbeschaffung über potenzielle Lieferanten und den je-
weiligen Markt sowie die gezielte, internetgestützte Ausschreibung im Vordergrund. Die
folgenden Fragen stellen demzufolge die Lernziele dieses Kapitels dar:

„ Wie können Online-Geschäftsbeziehungen im E-Procurement aufgebaut und gestaltet


werden?

„ Welche Instrumente und Softwarelösungen können zur Steuerung und zum Monitoring
der Online-Geschäftsbeziehung zum Lieferanten im E-Procurement genutzt werden?

„ Wie können elektronische Netzwerke im Rahmen von Online-Geschäftsbeziehungen


genutzt werden, um die Suche nach passenden Lieferanten bzw. die Durchführung von
speziellen Beschaffungsprozessen (z. B. Ausschreibungen) zu unterstützen?

2.4.1 Die Lieferantenbeziehung beim elektronischen Einkauf


Auf die zunehmende Relevanz externer Beziehungen und stabiler Partnerschaften mit Lie-
feranten wurde bereits eingegangen (s. Kapitel 2.3.2). Die Rolle des Lieferanten, der frü-
her im Rahmen von Preisverhandlungen als Gegner betrachtet wurde, hat sich zu der eines
Wertschöpfungspartners hin entwickelt, der in die Beschaffungsprozesse integriert werden
kann (Große-Wilde 2004, S. 61). Lieferanten werden zunehmend als Quelle weitreichender
Vorteile für das Unternehmen erkannt und die Beziehungen zu wichtigen Lieferanten wer-
den so zur Quelle einer strategischen Differenzierung (Riemer/Klein 2002, S. 9 f.). Parallel
hierzu ist aufgrund der zunehmenden informationstechnischen Einbindung der Unterneh-
men in globale Netzwerke ein Technologiedruck festzustellen.
Um den daraus resultierenden Chancen und Risiken zu begegnen, gehen Unternehmen
auch im E-Procurement zunehmend langfristige Online-Geschäftsbeziehungen ein. Um
die vielfältigen Vorteile einer langfristigen Geschäftsbeziehung im elektronischen Einkauf
jedoch zu erschließen, bedarf es eines sorgfältigen Managements der Lieferantenbeziehun-
gen. Hierzu gehören nicht nur die bereits behandelten strategischen Aspekte der Lieferan-
tenauswahl (s. Kapitel 2.3.2), sondern auch organisatorische Fragestellungen zum Ma-
nagement einzelner Beziehungen sowie technische Fragestellungen zur bestmöglichen
EDV-Unterstützung der Geschäftsbeziehung.
In Anlehnung an den Begriff Customer Relationship Management, welcher die strategi-
sche Bedeutung der Kundenbeziehungen zum Ausdruck bringt, wird ein strategisches
Lieferantenmanagement auch als Supplier Relationship Management (SRM) bezeich-
net. Dieses Konzept stammt aus dem Bereich der Zulieferer-Abnehmer-Beziehungen in
Das Marketing beim elektronischen Einkauf 203

der Industrie, wird zunehmend aber auch für Handelsunternehmen verwendet. Toporows-
ki/Zielke (2006, S. 763) fassen die in Literatur gegebenen unterschiedlichen Sichtweisen
in einer Definition zusammen: „SRM beinhaltet ein selektives, partnerschaftliches, häufig
EDV-unterstütztes Lieferantenmanagement, das sich auf den Aufbau, die Ausgestaltung
und die Kontrolle von Lieferantenbeziehungen im Sinne einer langfristigen Geschäftsbe-
ziehung erstreckt, um die Nachfrage der eigenen Kunden besser, schneller und effizienter
bedienen zu können“. Die veränderte Rolle des Lieferanten spiegelt sich in einem ganz-
heitlichen Ansatz bei der Planung, Durchführung und Kontrolle der Zusammenarbeit wi-
der. Zur Integration des Partners in die realen und elektronischen Wertschöpfungsprozesse
sieht das (e)SRM vor, die einzelnen Lebensphasen einer Lieferantenbeziehung, wie Son-
dierung, Gewinnung und Einbindung des Lieferanten sowie Verbesserung und planvolle
Beendigung der Zusammenarbeit, mithilfe geeigneter Methoden und Instrumente zu bei-
derseitigem Nutzen zu unterstützen (Große-Wilde 2004, S. 61).
Anders als das Supply Chain Management (s. Kapitel 2.3.3.2), das sich auf die integrierte
Ausgestaltung der gesamten Lieferkette bezieht (und somit Logistik, Produktion, Marke-
ting, Verkauf, Finanzen und Information betrifft), erstreckt sich die Zusammenarbeit der
Akteure im Rahmen des SCM lediglich auf die dem Beschaffungs- und Logistikbereich
zuzurechnenden Funktionen. Allerdings beschreibt der Kooperationsansatz des SRM nicht
zwangsläufig ausschließlich die Verbindung zu den unmittelbar in der Wertschöpfungskette
vorausgehenden Unternehmen, sondern mag sich auch vereinzelt auf weiter entfernte Stu-
fen, so z. B. den Zulieferer des Lieferanten, erstrecken (Große-Wilde 2004, S. 61). SRM be-
zieht sich auf das Management der dyadischen Beziehungen mit Lieferanten und kann
somit als Teil von SCM aufgefasst werden. Als Erweiterung des SCM als auch des SRM
gilt nach diesem Verständnis das Supplier Network Management (SNM). Dieses hat das
ganzheitliche Management des Lieferantennetzwerkes zum Ziel und nimmt auf Interdepen-
denzen und Abhängigkeiten zwischen einzelnen Lieferantenbeziehungen Rücksicht (Rie-
mer/Klein 2002, S. 9). Sowohl für das SCM als auch das SNM liefert das Supplier Rela-
tionship Management einen notwendigen Grundbeitrag: Nur, wenn die Beziehungen zu
den Lieferanten entsprechend gepflegt werden, kann die Idee der unternehmensübergrei-
fenden und zwischenbetrieblichen Informations- und Prozessvernetzung im Rahmen einer
dauerhaften Online-Geschäftsbeziehung verwirklicht werden.

2.4.1.1 Online-Lieferantenbeziehungsziele
Aus dem primären Ziel der besseren, schnelleren und effizienteren Bedienung der Kun-
denwünsche im Customer Relationship Management (s. Kapitel 3.4.3.2) lassen sich auch
vier Ziele für eine dauerhafte Online-Lieferantenbeziehung ableiten (Toporowski/Zielke
2006, S. 764; Koppelmann 2004, S. 111 ff.):

„ Beschaffungskosten (Senkung): Kostenorientierte Ziele schlagen sich nicht nur im


Unternehmensgewinn nieder, sondern tragen auch zur besseren Bedienung der Kun-
204 Die Grundlagen des E-Procurement

denwünsche bei, da sie preislich wettbewerbsfähige Produkte sicherstellen und Kos-


teneinsparungen an die Kunden weitergereicht werden können. Kostenziele im Bereich
des Einkaufs können sich sowohl auf die direkten Produktkosten als auch auf Prozess-
und Transaktionskosten beziehen (s. Kapitel 2.2.1.1 und 2.3.1).

„ Beschaffungsqualität (Steigerung): Qualitätsziele betreffen sowohl die Qualität der


zu beschaffenden Produkte als auch Modalitäten der Beschaffung, so z. B. Lieferzeit
und Servicegrad (s. Kapitel 2.2.1.2). Durch eine koordinierte Abstimmung zwischen
einkaufendem Unternehmen und Lieferanten kann zum einen die Versorgung innerhalb
der Lieferkette verbessert werden, zum anderen lassen sich auch im Marketingbereich
Promotions- und Produkteinführungen kundengerechter gestalten.

„ Beschaffungsrisiko (Senkung): Das Beschaffungsrisiko beschreibt die Möglichkeit,


dass durch ein ungeplantes Ereignis der extreme Fall der Nichterhältlichkeit eines Pro-
duktes eintritt (s. Kapitel 2.3.1.3). Wie bei der Qualitätsbetrachtung erstreckt sich die-
ses Risiko sowohl auf das Beschaffungsobjekt (z. B. Leistungs- und Mengenrisiko)
als auch auf die mit der Beschaffung verbundenen Modalitäten (z. B. Risiken hin-
sichtlich Lieferzeit, Lieferort und Lieferservice). Risiken können dabei partiell (z. B.
verspätete Lieferung) oder total (z. B. keine Lieferung nach Deutschland) wirken.

„ Beschaffungsflexibilität (Steigerung): Je weniger zukünftige Ereignisse vorherseh-


bar sind, desto flexibler muss die Planung sein (s. Kapitel 2.2.1.2). Während Risikoziele
vor dem Eintritt eines Ereignisses ansetzen, sollte eine Geschäftsbeziehung unter Fle-
xibilitätsgesichtspunkten möglichst viele Handlungsmöglichkeiten, auf ein Ereignis
zu reagieren, zulassen. Auch die Beschaffungsflexibilität besteht aus einer Objektdi-
mension (z. B. Leistungs- und Mengenflexibilität) und einer Modalitätskomponente
(z. B. Zeit- und Serviceflexibilität).

Im Rahmen einer dauerhaften Online-Lieferantenbeziehung können sich hinsichtlich jeder


dieser vier Zieldimensionen Vorteile ergeben, die nicht zuletzt auf die verbesserte Kom-
munikation zwischen den beteiligten Unternehmen zurückzuführen sind. So beinhaltet eine
Online-Lieferantenbeziehung den Austausch von besseren, schnelleren und anderen In-
formationen. Koppelmann (2004, S. 118) spricht in diesem Zusammenhang auch von der
Kommunikationsbereitschaft, der Kommunikationsfähigkeit und einem problemge-
rechtem Wissen.
Die Vorteile einer dauerhaften Online-Lieferantenbeziehung ergeben sich darüber hinaus
nicht nur für die Beschaffungsfunktion: So lassen sich durch eine engere Abstimmung
mit Lieferanten bspw. auch die Produktionskosten senken. Durch ein verbessertes Problem-
verständnis des Lieferanten für die Prozessabläufe und Produktinterdependenzen zwischen
Zulieferprodukt und Produktionsablauf lassen sich zudem Reibungen reduzieren. Analog
kann der Lieferant zu Qualitäts- und Serviceverbesserungen beitragen, indem er eigene,
neue Ideen in den Leistungserstellungsprozess einbringt. Weitergehende Maßnahmen, wie
ein verbesserter zwischenbetrieblicher Informationsfluss, können die Auskunftsfähigkeit
Das Marketing beim elektronischen Einkauf 205

des eigenen Unternehmens verbessern (z. B. hinsichtlich Lieferzeiten). Tiefgehende Pro-


zessvernetzungen im Sinne eines Just-in-Time-Ansatzes können Lieferzeiten verkürzen.
Auch dies wirkt sich positiv auf die Gesamtqualität aus und verbessert den Servicegrad
des Unternehmens gegenüber dem Endkunden (Riemer/Klein 2002, S. 10).
Zukünftige Online-Geschäftsbeziehungen zwischen Lieferanten und Kunden werden sich
zunehmend durch eine automatisierte Auslagerung des Lagerbestandsmanagements an den
Lieferanten auszeichnen (Vendor Managed Inventory). Dabei ist das Bestellwesen bei
Unterschreitung von Sicherheitsbeständen, zeitlichen Intervallen, aber auch kurzfristigen
Bedarfszyklen über einen unternehmensübergreifenden elektronischen Prozess abge-
deckt. Eine derartige Verbindung ist geografisch uneingeschränkt und sowohl bei lokalen
Lieferanten als auch im Rahmen einer globalen Beschaffung möglich. Für das beschaf-
fende Unternehmen bringt eine derartige Gestaltung der Geschäftsbeziehung weniger ge-
bundenes Kapital, eine schnellere Auftragsbearbeitung sowie günstigere Preise mit sich.
Vorteile für den Lieferanten ergeben sich aus einer optimierten Produktionsplanung, dem
Wegfallen von Zwischenlagern, reduzierten Auftragsbearbeitungszeiten und der höheren
Kundenbindung (Braunstetter/Hasenstab 2001, S. 506). Die Zusammenarbeit zwischen
Industrie und Handel im Bereich der Logistik und des Marketings mit dem Ziel, Kunden-
wünsche besser und effizienter zu erfüllen, wird häufig unter dem Begriff Efficient Con-
sumer Response (ECR) subsumiert. Durch die Nachfrage des Konsumenten, so eine der
zentralen Ideen des ECR, werden in der Versorgungskette Prozesse ausgelöst, die eine ef-
fiziente Versorgung des Konsumenten mit den nachgefragten Waren sicherstellen (To-
porowski/Zielke 2006, S. 767). Man spricht in diesem Zusammenhang auch von „Efficient
Replenishment“, einem Teilkonzept des ECR, das die gesamten Versorgungskette bis hin
zum Endverbraucher umspannt und so einen wichtigen Teil des Supply Chain Manage-
ment eines Handelsunternehmens darstellt.

2.4.1.2 Online-Lieferantenbeziehungsstrategien
In Bezug auf die Planung und Vorbereitung einer Online-Lieferantenbeziehung ist eine
klar strukturierte Vorgehensweise geboten (s. Kapitel 2.3.2). Da die strategische Partner-
schaft oft kostenintensiv bezüglich Anbahnung und Koordination ist, erscheint es notwen-
dig, die Lieferanten, die für intensivere, langfristig angelegte Online-Kooperationen geeig-
net scheinen, herauszufiltern (Große-Wilde 2004, S. 61). In Anlehnung an die merkmals-
basierte Segmentierung von Abnehmerbeziehungen ist dazu zunächst eine Lieferanten-
kategorisierung vorzunehmen (s. Kapitel 2.3.2.3), um diejenigen Lieferanten-Gruppen
zu identifizieren, die eine höhere Allokation der knappen Managementressourcen verdie-
nen. Insbesondere sollte dabei zwischen solchen Lieferanten unterschieden werden, die
primär operativer Kostenreduktion dienen, und anderen, von denen sich das Unternehmen
langfristige strategische Wettbewerbsvorteile erhofft (Riemer/Klein 2002, S. 12 ff.). Ein
Werkzeug zur Lieferantenkategorisierung ist das bereits vorgestellte Online-Lieferan-
tenportfolio (s. Kapitel 2.3.2.3).
206 Die Grundlagen des E-Procurement

Ist die Wichtigkeit der Lieferanten erst einmal evaluiert, ist für jeden einzelnen Lieferanten
eine geeignete Online-Lieferantenbeziehungsstrategie auszuwählen. Dabei stellt sich in
erster Linie die Frage, wie die Interaktionen zwischen Unternehmen und Lieferant im Rah-
men des E-Procurement bzw. eSCM vertraglich gesteuert werden sollen. Eine Lieferanten-
beziehung kann dabei durch einen eher erzwungenen bis hin zu einem kollaborativen Cha-
rakter gekennzeichnet sein. Das Kontinuum möglicher Strategieansätze ist dabei in Abb. 82
dargestellt. Dabei können Online-Lieferantenbeziehungen auf der einen Seite auf Dauer
ausgelegt werden, wobei tendenziell die Unabhängigkeit der beteiligten Partner zurück-
geht. Als E-Procurement-Lösung kommt hier wohl eher eine EDI-Lösung (s. Abb. 78) oder
technische Integration im Rahmen des eSCM zum Tragen. Es können aber auf der anderen
Seite auch eher unabhängige, kurzfristig ausgelegte Online-Lieferantenbeziehungen ver-
folgt werden, wobei hier wohl eher Desktop-Purchasing-Systeme (s. Kapitel 2.1.3) zum
Einsatz kommen (Wannenwetsch 2002, S. 196 f.). Das (e)Supplier Relationship Manage-
ment (s. Kapitel 2.4.1) machte ferner bereits deutlich, dass die Gestaltung einer strategi-
schen Online-Lieferantenbeziehung auch Überlegungen beinhaltet, mit welchen Lieferan-
ten eher eine transaktionale und mit welchen Lieferanten eher eine partnerschaftliche Be-
ziehung anzustreben ist (Toporowski/Zielke 2006, S. 764).

zwingend kollaborativ

Open Traditional Performance Specialized Strategic


Sourcing Supplier Contract Relationships Partnerships

Unabhängigkeit Dauer

Vendor
Purchase Co-Managed
Managed eCollaboration
Order Inventory
Inventory

Abb. 82: Strategien für Online-Lieferantenbeziehungen


Quelle: in Anlehnung an Wannenwetsch 2002, S. 200.

2.4.1.3 Online-Lieferantenbeziehungscontrolling
Insbesondere im Rahmen der täglichen Zusammenarbeit mit strategisch wichtigen Liefe-
ranten kommt auch dem Online-Lieferantenbeziehungscontrolling eine entscheidende
Bedeutung zu. Dabei geht es zum einen darum, die Leistungen der Lieferanten zu bewer-
ten, zum anderen muss aber auch die Qualität der Geschäftsbeziehung an sich überwacht
Das Marketing beim elektronischen Einkauf 207

werden (Toporowski/Zielke 2006, S. 773). Die Überwachung der Leistungen eines Liefer-
anten wird in der Literatur auch als Supplier Performance Management (SPM) bezeich-
net. Durch ständiges Monitoring wird die Performance-Entwicklung verfolgt, um etwa bei
Planabweichungen umgehend korrigierend eingreifen zu können. Für mittel- und langfris-
tige Entscheidungen dienen die Informationen der weiteren Beziehungsentwicklung, z. B.
indem sie objektivierte Anhaltspunkte für eine intensivere oder aber eine schwächere Ko-
operation geben (Große-Wilde 2004, S. 63). SPM umfasst neben der kontinuierlichen Lie-
ferantenbewertung aber auch die Wirkungskontrolle herstellerseitiger Maßnahmen,
bspw. im Rahmen von ECR-Aktivitäten (s. Kapitel 2.4.1.1). Zentes/Knörr (2004) schla-
gen im Rahmen des SPM in Anlehnung an die Balanced Scorecard eine „Supplier Evalu-
ation Card“ vor. Zur Anwendung kommen häufig aber auch Punktbewertungsverfahren,
Notensysteme, Kennzahlenverfahren oder Lieferantenprofile. Die Wahl des Bewertungs-
zeitraumes und der Zeitabstände zwischen den einzelnen Beurteilungen orientiert sich
wesentlich an der Bedeutung und dem Umfang des Wertschöpfungsbeitrages des jewei-
ligen Partners (Präuer 2004, S. 218). Supplier Performance Management erfasst Kennzah-
len zu den Leistungsdimensionen Einkauf (Nettowareneinsatz, Preisbeurteilung, Qualitäts-
sicherung), Absatzmarkt (Marktentwicklung, Nettoumsatz, Umsatzwirkung) und Logistik
(Bestellkosten, Bestellabwicklungsqualität, Transport- und Lagerkosten, Lieferqualität).
Diese werden im Rahmen einer Online-Lieferantenbeziehung – bspw. durch die E-Pro-
curement-Systemlösung – weitestgehend automatisch erfasst und können daher auch mit
Hilfe entsprechender Softwaremodule ausgewertet werden. Lieferantenbewertungen kön-
nen dabei sowohl vom Beschaffungsmanagement, als auch vom Bedarfsträger eingesehen
werden (s. Kapitel 2.3.2.2).
Von entscheidender Wichtigkeit ist in diesem Zusammenhang das gemeinsame und posi-
tive Verständnis des Bewertenden und Bewerteten über die Funktion der Leistungsbeur-
teilung. So geht es beim (e)Supplier Performance Management zwar einerseits um die
Sicherstellung regelkonformen Verhaltens, andererseits aber auch um die Erkenntnisge-
winnung und die Initiierung von Lern- und Verbesserungsprozessen. Für die Entwicklung
der Online-Lieferantenbeziehung kann es daher nur fruchtbar sein, wechselseitige Bewer-
tungen, bei denen nicht nur der Abnehmer den Zulieferer, sondern auch der Zulieferer
den Abnehmer beurteilt, zuzulassen (Präuer 2004, S. 218). Auf diese Weise erhalten beide
Partner wertvolle Verbesserungsvorschläge, um gemeinsame elektronische Beschaffungs-
prozesse weitgehend zu optimieren.
Neben der Steuerung der Lieferantenleistungen ist auch die Überwachung der Bezie-
hungsqualität zum Lieferanten von großer Bedeutung. Hierbei sollten, neben der Bezie-
hungsqualität selbst, aber auch die Treiber, die die Qualität einer Online-Lieferantenbezie-
hung besonders stark beeinflussen, untersucht werden. Dabei sind insbesondere das jewei-
lige Engagement für die Aufrechterhaltung einer langfristigen Beziehung und das gegen-
seitige Online-Vertrauen in die Verlässlichkeit und Integrität des jeweiligen Partners zu
nennen (Toporowski/Zielke 2006, S. 773). Gegenseitiges Vertrauen wird umso wichtiger
sein, je höher die spezifischen Investitionen zum Aufbau der Online-Lieferantenbeziehung
208 Die Grundlagen des E-Procurement

sind. Ferner spielen die Erwartungen an das Verhalten des Partners in dem durch das E-Pro-
curement repräsentierten Distanzhandel ohne reale Zusammenkunft (Kollmann 2003b) eine
bedeutende Rolle. Neben dem gegenseitigen Vertrauen zwischen Abnehmer und Zuliefe-
rer steht innerhalb einer Online-Lieferantenbeziehung somit nicht zuletzt auch das institu-
tionelle Vertrauen der Geschäftspartner in das der Beziehung zugrunde liegende E-Procu-
rement-System im Mittelpunkt (Arcache 2003, S. 209). Damit im Zusammenhang ste-
hende Fragen sind bspw.:

„ Wie bindend ist eine Online-Bestellung?

„ Wer ist für Fehler in der Datenübertragung verantwortlich?

„ Wie wird mit Fehlbestellungen umgegangen?

„ Was ist, wenn die einzelne Online-Produktbeschreibung fehlerhaft ist oder die Aus-
führungen einen Interpretationsspielraum lassen und das gelieferte Ergebnis dann
nicht den Erwartungen entspricht?

Persönliches Vertrauen
Abnehmer Zulieferer
Institutionelles Vertrauen

Institutionelles Institutionelles
Vertrauen Vertrauen

E-Procurement-
Einsatz System Einsatz

Abb. 83: Vertrauensaspekte bei einer Online-Lieferantenbeziehung


Quelle: Arcache 2003, S. 129.

Die spezifischen Vertrauensaspekte in den Beziehungen zwischen Abnehmer und Zulie-


ferer unter Einsatz eines E-Procurement-System sind nochmals in Abb. 83 illustriert.

Die letztendliche Online-Lieferantenbeziehungsintensität wird vor dem Hintergrund der


bisherigen Ausführungen durch eine Reihe von Indikatoren bestimmt. Dazu gehört neben
dem Grad an Engagement und an Vertrauen auch der Grad der Vernetzung, der Systemin-
tegration, der gemeinsamen Datennutzung, die Anzahl bereits erfolgreich abgeschlossener
Das Marketing beim elektronischen Einkauf 209

Projekte, die Anzahl und Intensität persönlicher Kontakte sowie die klare Absprache von
Zielen der Lieferantenbeziehung und den jeweiligen Aufgaben der Online-Partner (Wan-
nenwetsch 2002, S. 198).

2.4.1.4 eSupplier Relationship Management


Es ist bereits deutlich geworden, dass in der Praxis ein SRM durch geeignete Softwarelö-
sungen unterstützt wird (s. Kapitel 2.4.1.2). Diese technischen Systeme sollen gerade im
Zuge des E-Procurement den Datenaustausch zwischen Abnehmer und Zulieferer unter-
stützen, der Datenkonsolidierung/-verwaltung dienen sowie Analyseinstrumente für das
strategische Beschaffungsmanagement bereitstellen (Toporowski/Zielke 2006, S. 774). Zu
denen für ein eSupplier Relationship Management (eSRM) angebotenen Informations-
systemen gehören einfache Systeme zur Informationsbereitstellung genauso wie komplexe
eSCM-Systemlösungen zur integrierten Planung (s. Kapitel 2.3.3.2), die Funktionen zur
Koordination von Lieferantenprozessen bieten. Aufgrund der großen Anzahl verschiedener
Softwaretools ist es zweckmäßig, Systeme zunächst hinsichtlich ihrer Funktion für das
eSRM zu unterscheiden. Vor diesem Hintergrund ordnen Riemer/Klein (2002, S. 19 f.) be-
kannte Systeme aus diesem eSRM-Umfeld in sechs Kategorien ein:

„ Information: eSRM-Systeme zur Unterstützung der Informationsfunktion umfassen


vor allem elektronische Produktkataloge, Lieferantenportale und Supplier Self Ser-
vices, die es Lieferanten ermöglichen, auf wichtige, den Lieferanten betreffende Daten
in den internen Systemen des Käufers zuzugreifen (s. Kapitel 2.1.3.4). Ein Beispiel ist
ein käuferseitiges Katalogsystem, das dem Einkäufer einen Überblick über die verfüg-
baren Produkte und dem Lieferanten eine Oberfläche zur Pflege seiner Katalogdaten
(Upload-Funktion) zur Verfügung stellt (s. Kapitel 2.1.3.3). Ebenso gehören in diese
Klasse Systeme, die der Lieferant seinerseits zur Nutzung durch den Abnehmer anbie-
tet.

„ Kommunikation: Die Kommunikationsfunktionen beziehen sich zum einen auf den


standardisierten Datenaustausch zwischen Informationssystemen (z. B. über EDI o-
der Internet-Standards/XML), zum anderen aber auch insbesondere auf die Mensch-
Mensch-Kommunikation (z. B. über E-Mail oder Videokonferenzen).

„ Transaktion: Transaktionssysteme decken das Bestellwesen und die reinen Beschaf-


fungsprozesse ab. Hierzu gehören die in Kapitel 2.1.2 vorgestellten E-Procurement-
Systemlösungen, E-Payment-Tools, Online-Ausschreibungen und Reverse Auctions
(s. Kapitel 4.2.2.2) sowie sog. Demand-Aggregation-Systeme zur Auftragsbündelung
im Rahmen der kollaborativen Beschaffung (s. Kapitel 2.4.2.4).

„ Kollaboration: Kollaborationssysteme dienen der gemeinsamen Entscheidungsfin-


dung und Bearbeitung von Daten. Die Kollaborationsfunktion wird bspw. von CPFR-
Systemen (Collaborative Planning, Forecasting and Replenishment) abgedeckt. Diese
210 Die Grundlagen des E-Procurement

haben zum Ziel, die individuell angefertigten Pläne und Prognosen der Partner abzu-
stimmen, um so einen Vorteil für alle Teilnehmer zu erzielen.

„ Koordination: Koordinationssysteme unterstützen die Koordination von Abläufen so-


wie den Informationsaustausch entlang von stufenübergreifenden Wertschöpfungs-
prozessen. Hier finden sich SCM- und ECR-Lösungen sowie Systeme zum Manage-
ment von Lagern beim Käufer durch den Lieferanten (Vendor Managed Inventories).

„ Auswertung: Analytische Systeme umfassen Software zur Unterstützung des Port-


folio-Managements und der Lieferantenauswahl und -bewertung (s. Kapitel 2.3.2). Un-
terstützt werden solche Systeme durch Data-Warehouse-Lösungen (s. Kapitel 3.4.
2.2) und entsprechende Data-Mining-Werkzeuge (s. Kapitel 3.4.2.3). Entscheidungs-
unterstützende Systeme (Decision-Support-Systeme) helfen den Verantwortlichen,
die vorliegenden Angebote und Informationen strukturiert aufzubereiten und auszu-
werten.

Je nach Komplexität der Beziehung zwischen Käufer und Lieferanten bieten sich unter-
schiedliche Systeme an. In eher unabhängigen, transaktionalen Beziehungen steht die Nut-
zung elektronischer Marktplätze (s. Kapitel 4) und marktlicher Mechanismen wie Online-
Ausschreibungen und -Auktionen im Vordergrund. In losen, auf operative Aspekte kon-
zentrierten Beziehungen bieten sich dagegen E-Procurement-Systemlösungen und Supp-
lier Self Services zur Information, Kommunikation und Transaktion an. In dauerhaften
Partnerschaften mit tiefgehender Prozessintegration hingegen werden Kollaborations- und
Koordinationssysteme benötigt (Riemer/Klein 2002, S. 20). Einen abschließenden Über-
blick über die einzelnen Instrumente des eSRM gibt Abb. 84. Dabei lassen sich diese
Instrumente auf die Phasen Sourcing, Procurement und Monitoring aufteilen. Insbesondere
in der strategisch entscheidenden Sourcing-Phase spielt der Faktor „Information“ eine ent-
scheidende Rolle, sodass das Sourcing als Teil des Wissensmanagements im elektronischen
Einkauf betrachtet werden kann.
Laut einer Studie des Bundesverbands Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V.
(BME) in Zusammenarbeit mit der Julius-Maximilians-Universität Würzburg und der
HTWK Leipzig, die regelmäßig Untersuchungen zum Stand der Nutzung von Anwendun-
gen im Bereich E-Procurement durchführen, haben elektronische Tools für Ausschreibun-
gen, eSRM und eSCM noch nicht die Akzeptanz von Katalogsystemen erreicht. Dabei
zeigt sich, dass im Feld „Plan‐to‐Strategy“, (dem Einsatz von Procurement-Tools für die
Planung, Strategiegenerierung und Vorbereitung von Beschaffungen), die Mehrzahl der
Unternehmen bis dato keine Verwendung finden (Bogaschewsky/Müller 2018, S.16). Le-
diglich 22,1 % der befragten Unternehmen haben diese im Betrieb, 48,4 % sind sich aller-
dings über eine Inbetriebnahme unschlüssig. Katalogsysteme kommen bei 76 % der be-
fragten Unternehmen zum Einsatz. Elektronische Auktionen hingegen haben nach Anga-
ben der Unternehmen nur eine geringe Relevanz. So geben 66 % der mittelständischen
Unternehmen und 42 % der Konzerne an, dass Auktionen in ihren Unternehmen nicht er-
forderlich seien. Elektronische Ausschreibungen werden von 36 % und Systeme für eSRM
Das Marketing beim elektronischen Einkauf 211

werden von etwa 31 % der befragten Unternehmen genutzt. Ursachen für den geringeren
Einsatz dieser Tools im Vergleich zu Katalogsystemen könnten laut Untersuchungsteil-
nehmern deren eingeschränkte technische Reife und Flexibilität sein. Auch wurden als
Hauptursachen für den mangelnden Einsatz von eSRM-Systemen hohe Kosten, Mangel
an notwendigen Ressourcen bzw. Mitarbeitern und eine nicht signifikante Verbesserung
zum bisherigen Vorgehen genannt (Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Lo-
gistik e.V. 2015).

Ausschreibung
(RFI, RFQ, RFP) Monitoring und
Controlling
Auktion (Reverse Auction)

Collaborative/Simultaneous Supplier Performance


Engineering Monitoring
Sourcing
Supplier Performance
Collaborative Sourcing
Measurement

Collaborative Planning,
Forecasting and Replenishement

Supplier Evaluation

Begleitende
Aktivitäten
Desktop Purchasing-Systeme

Plan-Driven-
Procurement Lieferantenportale
Procurement-Systeme

ePayment Supplier Self Services

Abb. 84: Die Instrumente des eSupplier Relationship Managements


Quelle: Große-Wilde 2004, S. 62.

Allerdings können Unternehmen durch kluges SRM von Zeit- und Kostenersparnissen
profitieren. Ein Beispiel für eine eSRM-Software stellt clevercure dar, die Unternehmen
hilft ihren kompletten Beschaffungsprozess von der Bedarfsentstehung bis zur Rech-
nungsprüfung zu automatisieren. Dabei werden die Lieferanten komplett in das System
eingebunden, indem Unternehmen über das SRM-System ihre Bedarfs- und Prognoseda-
ten automatisch an ihre Lieferanten übermitteln. Dadurch können auch „just in time“ Lie-
ferungen und eine Reduktion der Lagerbestände realisiert werden (Bundesverband Mate-
rialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. 2015). Mit dem Ziel einer globalen Einkaufslö-
sung entwickelte Roche Diagnostic gemeinsam mit der apsolut GmbH und auf Basis der
SAP SRM 7.0 Plattform eine „Global e-Procurement Solution“. Damit kann neben der
212 Die Grundlagen des E-Procurement

Zeit- und Kostenersparnis mehr Transparenz und Qualität in der direkten Beschaffung er-
langt werden. Eine Besonderheit ist hier, dass Anwender in mehr als zehn Ländern Zugriff
auf die neue Einkaufslösung haben (Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Lo-
gistik e.V. 2013).

2.4.2 Das Wissensmanagement beim elektronischen Einkauf

Im Rahmen des Beschaffungsmarketings werden Denk- und Handlungsweisen des Ein-


kaufs primär an den relevanten Beschaffungsmärkten ausgerichtet (Wannenwetsch 2002,
S. 51 f.). Der sich intensivierende Wettbewerbsdruck stellt – neben dem bereits geforder-
ten effektiven Management von Lieferantenbeziehungen (s. Kapitel 2.4.1) – auch hier vor
allem Anforderungen an die permanente Informationsgewinnung und -verarbeitung (s. Ka-
pitel 1.4.3), da dies eine Quelle für den gegenwärtigen Wettbewerbsvorteil in der Digitalen
Wirtschaft gegenüber der Konkurrenz sein kann (s. Kapitel 1.4). Wer bessere Informati-
onen zum Markt besitzt, wird sich im derzeitigen Wettbewerb durchsetzen. Während der
Informationsvorsprung damit gewissermaßen eine zeitlich gegenwärtige Komponente be-
sitzt, konzentriert sich das Wissensmanagement auch auf die bereits vorliegenden Erfah-
rungen und vergangenheitsorientierten Informationen als Basis zukünftiger Entscheidun-
gen. Diese können sich im E-Procurement bspw. auf die Beschaffungshistorie zu einem
bestimmten Lieferanten beziehen.

Potenziale Informationen

(Weltweiter) Wissensaustausch • Strategische/operative Beschaffungsziele


zwischen Beschaffungsmitarbeitern • Einkaufs- und Beschaffungstrategien
• Ergebnisse von Verhandlungen
Informations- und Wissensaustausch • Brancheninformationen
zwischen Beschaffungsfunktion • Beschaffungsmarktinformationen
und anderen Funktionen
• Warengruppenübersichten
• Produktinformationen
Kommunikation mit regionalen,
nationalen und internationalen • Messzahlen der Beschaffung
Zulieferern • Gesetze, Richtlinien, Verordnungen
• Lieferantenbewertungen

Schnelle und kostengünstige • Umweltinformationen


Distribution von Informationen • Schulungsangebote und -unterlagen

Abb. 85: Informationen für das Wissensmanagement im Beschaffungsmarketing


Quelle: Kleinecken 2004, S. 106.
Das Marketing beim elektronischen Einkauf 213

Abb. 85 gibt einen allgemeinen Überblick über die im Rahmen des Beschaffungsmarke-
tings relevanten Informationen als Basis für das Wissensmanagement und führt Potenziale
auf, die sich aus der Möglichkeit des globalen Datenaustausches ergeben. Mögliche
Informationsquellen stellen in diesem Zusammenhang sowohl die eigenen Datenbanken
als auch Internetpräsenzen von Lieferanten und Herstellern, Portale und Suchdienste mit
Produkt- und Lieferantendatenbanken, redaktionell bearbeitete Webseiten sowie Marktfor-
schungsdienstleister dar.
Vor dem Hintergrund der Beschaffungsfunktion werden relevante interne Informationen
über die eigenen Beschaffungsprozesse sowie externe Informationen bezüglich gesamt-
wirtschaftlicher Größen, Branchencharakteristika, potenzieller Lieferanten und des Nach-
fragerwettbewerbs zur Verfügung gestellt (Wannenwetsch 2002, S. 52). Mithilfe geeigne-
ter Werkzeuge werden die bspw. im Data Warehouse (s. Kapitel 3.4.2.2) zusammenge-
fassten Informationen in anwendbares Wissen transferiert. Dieses Wissen bildet die Basis
zur Erreichung betriebswirtschaftlicher Ziele. Mit Hilfe des Wissensmanagements im Zu-
sammenhang von Beschaffungsmarketing können somit zahlreiche unternehmerische
Ziele erreicht werden. Einen Überblick über die Ziele und Werkzeuge des einkaufsbezo-
genen Wissensmanagements gibt Abb. 86.

Ziele Werkzeuge

Überblick über die weltweiten


Einkaufsaktivitäten • Analytische Tools

Entdeckung und Minimierung von


• Messwerkzeuge für die Beschaffung
möglichen Risikofaktoren

Aufdeckung von • Knowledge-Management-Methoden


Konsolidierungspotenzialen
• Supplier Integration Tools
Bündelung von Beschaffungsvolumina
innerhalb des Unternehmens
• Tools zur Qualitäts- und
Optimierung und Erhöhung der Leistungssteigerung
Transparenz der Lieferantenbasis

Abb. 86: Ziele und Werkzeuge des Wissensmanagements im Beschaffungsmarketing


Quelle: Kleinecken 2004, S. 106.

2.4.2.1 Online-Marktkommunikation
Im Rahmen des Wissensmanagements im E-Procurement ist es eine wesentliche Aufgabe,
mit Hilfe von elektronischen Suchmechanismen (eSourcing) immer wieder neue Bezugs-
quellen und neue Erkenntnisse über den Lieferantenmarkt zu erlangen. So kann sich ein
214 Die Grundlagen des E-Procurement

Unternehmen mit Hilfe des Internets eine verbesserte und nahezu weltweite Markttrans-
parenz hinsichtlich der zu beschaffenden Güter und Dienstleistungen verschaffen. Neben
der Standardisierung routinemäßig ablaufender Prozesse bei Wiederholungskäufen kann
über das Internet in Neukauf-Situationen ein erster Kontakt zu potenziellen Lieferanten
aufgenommen werden – z. B. mit Hilfe des World Wide Web oder E-Mail. Damit ist auch
im Rahmen der Beschaffung eine aktive Online-Marktkommunikation gewährleistet.
E-Procurement ist somit nicht nur ein inaktives Warten auf neue anfragende Lieferanten,
sondern auch die gezielte Suche nach neuen Bezugsmöglichkeiten (aktives eSourcing).
Insbesondere der Erstkontakt zu ausländischen Lieferanten im Rahmen eines globalen
Sourcings kann wesentlich ressourceneffizienter stattfinden. Mit Hilfe von Software-
Agenten (s. Kapitel 2.4.2.5) ist es darüber hinaus sogar möglich, das Internet automati-
siert nach potenziellen Lieferanten und deren Angeboten zu durchsuchen (Wirtz 2018,
S. 340 ff.).
Die Kontaktmöglichkeit für Lieferanten auf der Webseite einer einkaufenden Organisa-
tion wird dagegen als passives eSourcing bezeichnet (Schubert 2002, S. 8). Potenzielle
Lieferanten können sich über Bedarfs- und Einkaufsstrukturen informieren, sich um eine
Berücksichtigung bei zukünftigen Anfragen bewerben oder Angebote für offen auf der
Webseite ausgeschriebene Aufträge abgeben. Eine solche Beschaffungs-Homepage hat im
Rahmen des Beschaffungsmarketings also die Aufgabe, das Unternehmen als potenziellen
und attraktiven Transaktionspartner zu präsentieren. Daher zeichnet sich eine Beschaf-
fungs-Homepage u. a. durch folgende Elemente aus (Kleinecken 2004, S. 108):

„ Darstellung von Einkaufsvolumina, Lieferantenanzahl, Aufbaustruktur und regionaler


Verteilung

„ Präsentation von Beschaffungsstrategien

„ Anforderungen an gegenwärtige und zukünftige Lieferanten

„ Multimediale Darstellung der Bedarfsstruktur

„ Bereitstellung exakter technischer Spezifikationen der benötigten Produkte

„ Kontaktadressen der Beschaffung

„ Prozesse zur Vorselektion von Lieferanten

„ Lieferantenbewerbungsformulare oder interaktive Bewerbungsprozesse

Neben der Darstellung der Beschaffungsfunktion für ein breites Spektrum an Lieferanten
und Stakeholdern hilft eine Beschaffungs-Homepage bei der Entdeckung von alternativen
und attraktiven Lieferquellen und unterstützt durch interaktive Bewerbungsprozesse auch
die Vor- bzw. Ausselektion von unqualifizierten Lieferanten (Kleinecken 2004, S. 108).
Das Marketing beim elektronischen Einkauf 215

2.4.2.2 Online-Ausschreibungsverfahren
Neben dem zuvor beschriebenen aktiven eSourcing im Rahmen der Suche und Prüfung
passender Lieferanten und Angebote sowie dem passiven eSourcing über eine Beschaf-
fungs-Homepage versetzt das Internet das einkaufende Unternehmen auch in die Lage,
durch den Einsatz von Online-Ausschreibungsverfahren eine dynamische Rolle bei der
Gewinnung neuer Bezugsquellen einzunehmen (Wirtz 2018, S. 655). Ausschreibungen eig-
nen sich als Methode zur Lieferantenselektion sowohl für Investitionseinkäufe zur Kapi-
talbildung (s. Kapitel 2.3.1.4) als auch für das Ausloten des aktuellen Marktpreises. Zuvor
selektierte Lieferanten werden aufgefordert, auf einer Internetplattform ein Angebot zu
einer Anfrage zu platzieren. Diese Plattform kann dabei sowohl ein Teil der eigenen Be-
schaffungs-Homepage sein als auch von einem unabhängigen Dienstleister zur Verfügung
gestellt werden (Schubert 2002, S. 9).
Ein beispielhafter Prozessablauf für Ausschreibungen über die eigene Homepage kann
folgendermaßen aussehen (Block 2001, S. 104 f.): In einem ersten Schritt wird der Bedarf
durch die Einkaufsabteilung auf der eigenen Einkaufsseite im Internet veröffentlicht. Hier-
bei wird der Bedarf zunächst nur grob spezifiziert, sodass nicht jedermann Einblick in das
volle Einkaufsspektrum des Unternehmens erhält. Im zweiten Schritt müssen die potenzi-
ellen Lieferanten, nachdem sie eine Art Einladung zur Gebotsabgabe erhalten haben, einen
Fragebogen ausfüllen um dadurch zu beweisen, dass sie für die Erstellung des Bedarfs
qualifiziert sind (Request for Information). So wird von vorne herein verhindert, dass
unqualifizierte Unternehmen Angebote abgeben und die Einkaufsabteilung unnötig mit
Arbeit belasten. Nach dem Prüfen und Bewerten der Fragebogen erhalten die in Frage
kommenden Lieferanten in der Regel einen Zugangscode, um Einblick in die Details zu
bekommen. Dieser beinhaltet die Aufforderung, ein Angebot (Request for Quotation)
bzw. einen unverbindlichen Vorschlag (Request for Proposal) abzugeben. Nachdem die
Lieferanten diese Aufforderung abgerufen haben, können sie dann selbst entscheiden, ob
sie technisch in der Lage sind, den gewünschten Bedarf zu liefern. Nach der Abgabe von
Angeboten entscheidet die Einkaufsabteilung, welcher Lieferant den Auftrag erhält. Dabei
wird nicht immer der günstigste Lieferant gewählt. Vielmehr gibt es eine Reihe von Kri-
terien, anhand derer ein Lieferant ausgewählt werden kann. Hier können bspw. Qualität,
Region des Bedarfsträgers, beste Lieferkonditionen (z. B. Lieferdauer) sowie Branchener-
fahrung genannt werden (Merz 2002, S. 779).
Im Rahmen von Online-Ausschreibungen kann neben einer käuferseitigen Lösung auch
auf elektronische Marktplätze zurückgegriffen werden (s. Kapitel 4). Im Unterschied zu
Ausschreibungen über die eigene Homepage wird hier eine dritte Partei (Marktplatzbetrei-
ber) in den Geschäftsprozess des Ausschreibens involviert. Dabei erhält der Marktplatzbe-
treiber einen Dienstleistungsauftrag vom ausschreibenden Unternehmen. Die Veröffentli-
chung des Bedarfes im Internet und die Suche nach den richtigen Lieferanten liegen nun
nicht mehr im Aufgabenbereich der Einkaufsabteilung, sondern werden an den Markt-
platzbetreiber weitergegeben. Dieser stellt die Ausschreibung in einer auf den Bedarf pas-
senden Kategorie auf seiner Plattform ein. Lieferanten können nun über eine Suchfunktion
216 Die Grundlagen des E-Procurement

oder durch Suche in den entsprechenden Kategorien die Ausschreibung finden und ihre
Gebote dafür abgeben. Da der Marktplatzbetreiber auf ein Lieferantenprofil (Branche, In-
teressen, Unternehmensgröße usw.) zurückgreifen kann, informiert er bei Eingang des
Ausschreibungsauftrages automatisch alle potenziellen Lieferanten. Wenn z. B. ein Be-
darf über 1.000 Holztische ausgeschrieben wird, werden automatisch alle Lieferanten, die
sich in dieser Rubrik als Interessenten gemeldet haben, über den Bedarf informiert. Nach-
dem die Lieferanten auf den Bedarf aufmerksam gemacht worden sind, geben sie ihre An-
gebote ab. Der Marktplatzbetreiber leitet diese Angebote an den Nachfrager weiter, der
wiederum im letzten Schritt den aus seiner Sicht besten Lieferanten auswählt (Tripp 2002,
S. 205 f.).
Da nicht jedes kleine und mittlere Unternehmen finanziell in der Lage ist, eine teure
Beschaffungs-Homepage zu erstellen, stellt die Teilnahme an einem Ausschreibungsmarkt-
platz eine sehr gute Alternative dar (Block 2001, S. 104 f.). Ausschreibungsmarktplätze
stellen zudem eine gute Möglichkeit zum Verkauf von Auslaufmodellen, Überhangmate-
rial, Sonderposten und schwer veräußerbaren Gütern dar. Unabhängig davon, ob die ei-
gene Beschaffungs-Homepage oder ein externer Marktplatz genutzt wird, zeichnen sich
Online-Ausschreibungsverfahren in der Regel durch eine statische Preisbildung aus, da
jeder Lieferant nur ein einziges Angebot abgeben kann und über keine Informationen über
Angebote von Mitbewerbern verfügt. Reine Ausschreibungen können eher dort zum Ein-
satz kommen, wo komplexe Produkte und Dienstleistungen, für die aufwändige techni-
sche Klärungen oder umfangreiche Kalkulationen nötig sind, verhandelt werden.

2.4.2.3 Online-Auktionsverfahren
Soll im Gegensatz zu einem Online-Ausschreibungsverfahren (s. Kapitel 2.4.2.2) insbe-
sondere eine dynamische Preisbildung stattfinden, müssen Online-Auktionsverfahren
zum Einsatz kommen. Eine effektive Lösung für viele aufwändige Beschaffungsaufgaben
ist daher die Kombination aus Ausschreibung (Request for Information/Request for
Proposal; s. Kapitel 2.4.2.2) für die Vorbereitungszeit und Klärungsphase und anschließ-
ender Auktion für die endgültige Preisfindung. Im Beschaffungsbereich kommen dabei
überwiegend sog. Reverse Auctions zur Anwendung. Dabei handelt es sich um umgekehrt
verlaufende Auktionen, in denen sich die Anbieter im Zeitverlauf gegenseitig unterbieten
(s. Kapitel 4.2.2.2). Die Auktion wird vom Einkäufer initiiert, die ausgewählten Bieter wer-
den zugelassen und der Einkaufspreis fällt im Verlauf (Mueller/Windhaus 2002, S. 131).
Im Gegensatz zu reinen Ausschreibungsverfahren ist der Nachfrager im Rahmen einer Re-
verse Auction meist verpflichtet, dem günstigsten Anbieter den Zuschlag zu erteilen. Viele
Anbieter bieten allerdings Auktionsverfahren an, die auch eine Berücksichtigung und Ge-
wichtung von über den Preis hinausgehenden Kriterien zulassen, so z. B. ein Qualitäts-
rating sowie Liefer- und Zahlungskonditionen (Schubert 2002, S. 10).
Hauptmerkmal von Online-Auktionsverfahren ist, dass alle Anbieter während des gleichen
Zeitraumes ihre Gebote abgeben müssen. Die Gebotshöhe ist dabei für alle Mitbewerber
Das Marketing beim elektronischen Einkauf 217

sichtbar, die Bieter selbst bleiben aber anonym. Stehen ausreichend viele verkaufswillige
Bieter zur Verfügung, entsteht aufgrund der Preistransparenz und der zeitlich begrenzten
Bietmöglichkeit ein starker Wettbewerb, aus dem in der Regel niedrigere Preise hervorge-
hen als aus einer realen manuellen Verhandlungsrunde (Mueller/Windhaus 2002, S. 131 f.).
Generelle Ziele von Online-Auktionsverfahren sind die Nutzung des Wettbewerbs, die Er-
höhung der Markttransparenz sowie die Verkürzung des Verhandlungsprozesses (Schubert
2002, S. 10). Oftmals werden Auktionen mit Hilfe eines – häufig branchenspezifischen
– elektronischen Marktplatzes initiiert (s. Kapitel 4). Trotz der durch die Verwendung
derartiger Plattformen entstehenden Prozesseinsparungen hinsichtlich des traditionellen
Beschaffungsmarketingprozesses, erfordert allerdings auch eine Reverse Auction inten-
sive Vorbereitungen. Kleinecken (2004, S. 104) unterteilt den auktionsgestützten Beschaf-
fungsmarketingprozess in vier Phasen: Die Auswahl der Beschaffungsobjekte und Umset-
zungsplanung, die Bedarfsspezifikation und Lieferantenselektion, die Vorbereitung der
Auktion sowie schlussendlich die Durchführung der Auktion. In Abb. 87 werden die ein-
zelnen Phasen von Online-Auktionsverfahren im Beschaffungsmarketing nochmal detail-
liert dargestellt.

Auswahl Bedarfsspezifikation
Vorbereitung Durchführung
Beschaffungsobjekte und
der Auktion der Auktion
u. Umsetzungsplan Lieferantenselektion

Erstellung Lieferantenanfragen
Auktionseröffnung
Beschaffungsgüter/ Bedarfsspezifikation und -gespräche
Beschaffungs- anhand
Lieferantenangebote
märkteportfolio vorliegender Festlegung
Ausschreibungs- Auktionsspielregeln
Hotline-Service
Potenzial- unterlagen
abschätzung Vergabe der
Auswertungen zum
Lieferantenauswahl Zugangs-
Auktionsverlauf
Priorisierung der und -bewertung berechtigung
Umsetzungs-
Auktionsende
schwerpunkte Zusammenstellung Vertragliche
der Fixierung der
Lieferanten-
Umsetzungs- Lieferantenliste Auktion
zuschlag
planung

Ausgewählte Spezifikation der Vertragsschluss


Auktions-
Pilot- Lieferleistung und zwischen Lieferant
Set-up
Materialgruppen Lieferantenliste und Abnehmer

Abb. 87: Phasen von Online-Auktionsverfahren im Beschaffungsmarketing


Quelle: in Anlehnung an Kleinecken 2004, S. 104.
218 Die Grundlagen des E-Procurement

2.4.2.4 Online-Beschaffungsgemeinschaften
Eine weitere Möglichkeit der Zusammenarbeit im Rahmen des elektronischen Einkaufs
sind Online-Beschaffungsgemeinschaften oder auch Buying-Communities: Um durch
die Bündelung ihrer Beschaffungsvolumina bestmögliche Konditionen und Leistungen
von Lieferanten zu erreichen, schließen sich zwei oder mehrere unabhängige Unternehmen
formell oder informell zu einer Online-Einkaufsgemeinschaft zusammen. Elektronische
Marktplätze (s. Kapitel 4) bieten für diesen auch vielfach als Co-(e)Sourcing bezeichne-
ten Transaktionsmechanismus entsprechende Möglichkeiten der Bekanntgabe von Be-
schaffungs- und Bündelungsabsichten, wobei sich Mitinteressenten online melden können.
Marktplätze erleichtern den Informationsfluss, realisieren eine globale Reichweite und
vereinfachen das Auffinden potenzieller Kooperationspartner (Tripp 2002, S. 148 f.).
Neben elektronischen Marktplätzen bieten aber auch viele käuferseitige Systemlösungen
über entsprechende Module eine Co-(e)Sourcing-Funktionalität (Aust et al. 2001, S. 106).
Die Verhandlungen gegenüber den Anbietern übernimmt ein sog. Lead Buyer, der im
Vorfeld zu bestimmen ist. Dabei handelt es sich in der Regel um einen Einkäufer des
Unternehmens mit dem höchsten zu beschaffenden Volumen oder dem größten Know-
how. Neben dem Lead Buyer ist auch die Möglichkeit des Beitritts weiterer Mitinteressen-
ten stets gemeinsam abzustimmen. In vielen Fällen nutzt der Lead Buyer die Online-Aus-
schreibungen oder Reverse Auctions als dynamische Preisfindungsmechanismen für das
Gesamtvolumen (Tripp 2002, S. 148 f.).

Partner Vorteile Gestaltungsmöglichkeiten

Erhöhung der Einkaufsmacht


Partner
Co-Sourcing-Module in
Beschaffungssystemen
Preisliche Zugeständnisse
Unternehmen

Erfahrungsaustausch
Kombination von
Partner
Co-Sourcing mit
Online-Ausschreibungen
Effiziente Zusammenarbeit
und -Auktionen
durch eCollaboration
Partner

Abb. 88: Vorteile und Gestaltungsmöglichkeiten von Internet-basiertem Co-Sourcing


Quelle: in Anlehnung an Aust et al. 2001, S. 106.

Zwar sind Online-Beschaffungsgemeinschaften produktseitig prinzipiell nur für weit ver-


breitete unspezifische Beschaffungsobjekte geeignet, trotzdem bringt das Prinzip des Co-
(e)Sourcings insbesondere für nicht-strategische Produkte entscheidende Vorteile mit sich.
Diese liegen in erster Linie in Einkaufspreisreduktionen, die mit der Erhöhung der Ein-
Das Marketing beim elektronischen Einkauf 219

kaufsmacht einhergehen. Zudem bietet die Nutzung der Bedarfspoolung eine Möglich-
keit, am Know-how der Poolungspartner mit zu partizipieren. Bereits das Offenlegen der
jeweiligen bisherigen Preise kann vor diesem Hintergrund bspw. ein erhebliches Potenzial
in sich bergen (Tripp 2002, S. 149). So ist nicht zuletzt auch der Erfahrungs- und Wis-
sensaustausch der Partner von einem nicht zu unterschätzenden Wert für das Beschaf-
fungsmanagement. Für die Lieferanten wiederum können in diesem Zusammenhang die
Prozesskosten gesamthaft sinken, da diese mit nur noch einem Abnehmer und nicht mit
mehreren Unternehmen verhandeln müssen. Abb. 88 fasst die Vorteile und Gestaltungs-
möglichkeiten von Internet-basiertem Co-(e)Sourcing nochmals im Überblick zusammen.

2.4.2.5 Online-Beschaffungsagenten
Durch Internet-Technologien, E-Procurement und E-Marketplaces (s. Kapitel 4) entste-
hen neue Möglichkeiten, im Rahmen des Beschaffungsmarketings von fremdbezogenen
Dienstleistungen im Rahmen von sog. Online-Beschaffungsagenten zu profitieren. Die
Problematik der Schnittstellen zwischen einkaufendem Unternehmen, Dienstleistern und
Lieferanten wird durch neue Möglichkeiten der Online-Zusammenarbeit reduziert. Zudem
erfordern die neuen Technologien Know-how und Organisationsformen, die in den Ein-
kaufsabteilungen von Unternehmen nur unzureichend vorhanden sind. Allerdings ändert
sich durch die Inanspruchnahme von Dienstleistungen auch die Geschäftsbeziehung zwi-
schen Kunden und Lieferanten, da diese zum Teil den direkten Kontakt auf Prozessebene
und vertraglicher Ebene verlieren (Tripp 2002, S. 145).
Angebote von Online-Beschaffungsagenten helfen Unternehmen dabei, die Potenziale des
E-Procurement auszunutzen, ohne zusätzliches Know-how und Ressourcen aufbauen zu
müssen. Die Zielsetzung von Online-Beschaffungsagenten besteht darin, „den Beschaf-
fungsorganisationen eine kostengünstigere und/oder qualitativ hochwertigere Versorgung
mit notwendigen Fremdprodukten oder Dienstleistungen bei gleichzeitiger Konzentration
auf ihr Kerngeschäft zu ermöglichen“ (Tripp 2002, S. 148). Auf diese Dienstleistungen
kann auf verschiedenen technischen und betriebswirtschaftlichen Ebenen zurückgegriffen
werden. Sie reichen von der Übernahme ganzer Beschaffungsprozesse bis hin zu unter-
stützenden Maßnahmen. Die Angebote sind vielfältig; für fast jeden Bedarf eines einkau-
fenden Unternehmens wird eine Dienstleistung angeboten. Online-Beschaffungsagenten
sind in der Regel auf eine ganz bestimmte Tätigkeit, Region oder Warengruppe fokussiert.
Die Anbieter lassen sich nach den Hauptmerkmalen der Dienstleistungsfunktion kate-
gorisieren, wobei viele Anbieter verschiedene Funktionen zu einem Komplettpaket bün-
deln (Schneider 1998; Tripp 2002, S. 151 ff.):

„ Händler-Dienstleister sind Händler, die ihren Kunden gleichzeitig die Übernahme


von Teilprozessen der Beschaffung anbieten. Dazu gehören bspw. die Bedarfserfas-
sung im Kundenlager, das automatische Nachfüllen des Lagers und eine monatliche
Gesamtrechnung. Händler-Dienstleister unterhalten oft Sell-Side-Lösungen (s. Kapi-
tel 2.1.2.1) und treten auf Märkten mit einer Vielzahl standardisierter Güter auf (z. B.
220 Die Grundlagen des E-Procurement

Büromaterialien). Die Procurement-Dienstleistungen sind dabei meist nicht das Kern-


geschäft dieser Anbieter, sondern lediglich ein Zusatzangebot zur Kundenbindung.

„ E-Procurement-Marketplaces sind elektronische Marktplätze wie z. B. Amazon Bu-


siness oder Alibaba, die über ihre jeweilige Online-Plattform registrierte Unterneh-
men mit einer Vielzahl an Lieferanten zusammenbringen. Vorteilhaft erscheinen hier
im Besonderen die Standards, die zentral von den Plattformen gesetzt werden und von
Anbietern entsprechend einzuhalten sind. Somit können einkaufende Unternehmen
über Filter sicherstellen, dass z. B. eine Rechnung automatisiert zur Verfügung ge-
stellt wird, so wie es Amazon Business aktuell forciert.

„ Preisagenturen konzentrieren sich weniger auf MRO-Güter, sondern vielmehr auf ein-
malige Bedarfe (z. B. Anlagegüter oder Güter für einen neuen Produktionsbedarf).
Preisagenturen übernehmen primär Aufgaben aus dem Beschaffungsmarketing und
Sourcing und werden vom Unternehmen dann eingesetzt, wenn der Wert der Beschaf-
fung einen hohen, einmaligen Aufwand für das Beschaffungsmarketing rechtfertigt.

„ Systemprovider bieten ihren Kunden, die in Kapitel 2.1.2 vorgestellten Systemlö-


sungen an. Dabei zahlen die Kunden entweder für die Nutzung der Software oder für
die Nutzung eines vom Systemprovider betriebenen Gesamtsystems (Hardware und
Software). Kunden sind in diesem Zusammenhang in der Regel einkaufende Unter-
nehmen, deren Buy-Side-Lösung vom Systemprovider zur Verfügung gestellt wird,
können je nach angebotenen Systemlösungen aber auch Marktplatzbetreiber oder Lie-
feranten sein.

„ Full-Service-Dienstleister bieten nicht nur die Systemlösung, sondern gleichzeitig


auch Beschaffungsmarketing und zugehöriges Reporting an. Zu den Kernkompeten-
zen dieser Dienstleister gehören die Kostenreduzierung des Beschaffungsprozesses
sowie die Preisoptimierung durch Bedarfsbündelung mehrerer einkaufender Kunden.
Neben der Rechnungskontrolle bieten einige Dienstleister auch eine Terminüberwa-
chung, die Abwicklung von Mängelrügen und eine Beratung zur Bedarfskonzentration
an. Im Gegensatz zum Händler-Dienstleister ist das Interesse nicht die Absatzsteige-
rung, sondern die Unterstützung des Kunden, der einen Großteil seiner Beschaffungs-
prozesse an den Full-Service-Dienstleister auslagern kann.

„ Purchasing Card-Dienstleister entstammen zumeist Banken oder Kreditkartenun-


ternehmen und unterstützen ihre Firmenkunden beim Purchasing Card-gestützten
ePayment-Prozess (s. Kapitel 2.2.2.4). Dabei übernimmt der Dienstleister die vom
Kunden zur Verfügung gestellten Artikel-, Preis- und Lieferantendaten und nutzt diese
für die angebotenen Dienstleistungen. Diese umfassen die Autorisierung einzelner Be-
schaffungsvorgänge aufgrund zugeordneter Beschaffungsrahmen, die Bündelung von
Zahlungsströmen, die Prüfung und Bezahlung der Rechnung sowie ein detailliertes
Reporting im Bereich der Zahlungsabwicklung.
Die Implementierung beim elektronischen Einkauf 221

2.5 Die Implementierung beim elektronischen Einkauf


Nach den Darstellungen bezüglich der System- (s. Kapitel 2.1), der Prozess- (s. Kapitel
2.2), der Management- (s. Kapitel 2.3) und der Marketingebene (s. Kapitel 2.4), kommen
nun im Rahmen der Implementierungsebene die spezifischen Anforderungen an die
praxisbezogene Einführung von E-Procurement-Systemen zum Tragen. Die folgenden
Ausführungen sollen dabei einen groben Überblick über das Vorgehen bei der unterneh-
mensweiten Umsetzung von E-Procurement vermitteln. Dabei ist grundlegend festzuhal-
ten, dass die Implementierung einer E-Procurement-Lösung keinesfalls mit einer reinen
Software-Implementierung gleichzusetzen ist. So sind eine Vielzahl vor- und nachgela-
gerter Prozesse und Schnittstellen sowie Systemanforderungen gleichermaßen Teile ei-
nes E-Procurement-Projektes und wirken sich nachhaltig auf Mitarbeiter, Unternehmens-
prozesse, Organisation und andere Informationstechnologien aus (Braunstetter/Hasen-
stab 2001, S. 509). Im Folgenden wird daher vor allem auf die Besonderheiten, die E-Pro-
curement-Projekte von üblichen Software-Implementierungen unterscheiden, eingegan-
gen. Die hohe Komplexität und Interdisziplinarität eines E-Procurement-Projektes brin-
gen dabei eine Reihe von Fragen mit sich, die zugleich die Lernziele auf der Implemen-
tierungsebene im elektronischen Einkauf darstellen:

„ Welche Überlegungen müssen im Rahmen der Projektplanung bei einer Implemen-


tierung eines E-Procurement-Systems erfolgen?

„ Welche Erfolgskriterien für die Implementierung eines E-Procurement-Systems kön-


nen angeführt werden?

„ Welche Phasen lassen sich für die Projektumsetzung erkennen und welche Personen
sind an der Implementierung von E-Procurement-Systemen beteiligt?

„ Was sind die konkreten Kriterien bei der Auswahl einer spezifischen E-Procurement-
Systemlösung?

„ Wie wird die E-Procurement-Systemlösung letztendlich wirtschaftlich bewertet und


im Unternehmen konkret eingeführt?

2.5.1 Die Projektplanung beim elektronischen Einkauf


Die Komplexität von Projekten im elektronischen Einkauf steigt mit den mit der Imple-
mentierung verbundenen Zielen. Dies ist schon bei der Projektplanung zu berücksichti-
gen. Bei der Beschaffungsoptimierung kann vor diesem Hintergrund zwischen drei Ent-
wicklungsstufen bzw. Zieldimensionen unterschieden werden. So kann das E-Procure-
ment von der Einkaufsabteilung zunächst „nur“ als zusätzlicher Beschaffungskanal zur
Reduzierung der Einkaufs- und Prozesskosten eingesetzt werden (Entwicklungsstufe I).
222 Die Grundlagen des E-Procurement

Hier würden die Funktionen des operativen Einkaufs (s. Kapitel 2.2.3.1) im Mittelpunkt
stehen. Darüber hinaus könnte das E-Procurement aber auch als Informationsquelle für
Prozessoptimierungen und eine umfassende Analyse des Einkaufsverhalten genutzt wer-
den, wodurch eher Aspekte des taktischen Einkaufs (s. Kapitel 2.2.3.2) zum Tragen kämen
(Entwicklungsstufe II). Für die höchste Zieldimension würden dagegen die Aspekte des
strategischen Einkaufs (s. Kapitel 2.2.3.3) im Mittelpunkt stehen, die bis zu einer Opti-
mierung der gesamten Supply Chain (s. Kapitel 2.3.3.2) und einer starken Integration von
Lieferanten in die eigenen Informationssysteme führen können (Entwicklungsstufe III).
Insbesondere in den letzten beiden Fällen kommt es zu einer Neuausrichtung der internen
Prozesse bzw. zu einer Umstellung der Unternehmensorganisation. Ein besonderes Ge-
wicht ist daher bereits im Vorfeld auf die organisatorische Ausrichtung des Projektes zu le-
gen.
Der Projekterfolg wird dabei in hohem Maße von umfangreichen Vorbereitungen und ei-
ner zielgerichteten Planung bestimmt (Möhrstädt/Bogner/Paxian 2001, S. 4). Zusätzlich
dazu sind Projekte, die die Beschaffung indirekter Güter betreffen, zwar anspruchsvoll,
trotzdem aber überschaubar in Sachen Zielsetzungen und Projektdesign. Projekte zur di-
rekten Beschaffung hingegen sind wesentlich komplexer, weisen in vielerlei Hinsicht aber
die gleichen Strukturen und Prinzipien auf (Neef 2001, S. 189 f.). Im Folgenden wird daher
nicht immer explizit zwischen direkter und indirekter Beschaffung unterschieden.

2.5.1.1 Erfolgsfaktoren
Im Hinblick auf die Erfolgsfaktoren muss zunächst festgestellt werden, dass die Einfüh-
rung eines E-Procurement-Systems insbesondere bei einer vollkommenen Neuimplemen-
tierung eine völlig neue Herangehensweise an die Beschaffung darstellt und daher neue
Denk- und Arbeitsweisen auf Seiten der Mitarbeiter erfordert. Bei der Implementierung
eines E-Procurement-Projektes spielen daher prinzipiell vier Risikofaktoren eine Rolle,
die sich im Zusammenspiel zwischen Technik und handelnden Akteuren wiederfinden
(Peukert/Ghazvinian 2001, S. 214 f.; s. Abb. 89):

„ Die Technologie (Systemlösung und Hardware/Infrastruktur) erscheint zunächst als


größtes Hemmnis. Sofern die Standards der Hersteller jedoch übernommen werden
und eine Modifizierung der Systemlösung nur in wirklich begründeten Fällen erfolgt,
ist dieser Bereich beherrschbar. Ein kritischer Punkt ist die Gestaltung von Katalogaus-
tausch und Content Management (s. Kapitel 2.1.3.3). Hier muss insbesondere frühzei-
tig entschieden werden, welche Partei in welchem Maße für die Pflege der Online-
Kataloge verantwortlich ist (einkaufende Organisation, Lieferant oder Dienstleister).
Trotzdem ist die Technologie heute schon so ausgereift, dass dieser Punkt nicht unbe-
dingt als besonders kritisch eingestuft werden muss. Eine potenzielle Fehlerquelle
(z. B. im Schnittstellenmanagement) ist hier jedoch auf alle Fälle zu identifizieren.
Die Implementierung beim elektronischen Einkauf 223

„ Auch die Zusammenstellung des Projektteams ist tendenziell als unkritisch einzu-
stufen. Dieses muss klar strukturiert und jedes Mitglied mit entsprechender Kapazität
ausgestattet sein, um eine Verzögerung der Implementierung zu verhindern. Die Mit-
glieder des Projektteams müssen sich selbst ergänzen, sodass jeder anderen Mitglie-
dern helfen kann, spezifische Lösungsmöglichkeiten für Implementierungsprobleme
zu entwickeln. Auf die optimale Zusammensetzung des Projektteams wird in diesem
Zusammenhang noch in Kapitel 2.5.1.5 näher eingegangen.

Eher unkritische
Faktoren

Wodurch/ Wer/
Technologie Projektteam
womit? wie?

E-Procurement

Wer/ Was/
Organisation Lieferanten
wo? von wem?

Kritische
Faktoren

Abb. 89: Risikofaktoren bei der Implementierung von E-Procurement


Quelle: in Anlehnung an Peukert/Ghazvinian 2001, S. 214.

„ Für die Organisation des einkaufenden Unternehmens bedeutet die Implementierung


jedoch eine massive Veränderung. Selbst wenn ein standardisiertes System eingesetzt
und ein besonders schlanker Beschaffungsprozess implementiert wird, muss es in allen
mit den Einkaufsprozessen verbundenen Abteilungen zu einem schnellen und radika-
len Umdenken kommen: Teilprozesse entfallen, der Einkauf zieht sich aus der ope-
rativen Beschaffung zurück und Bedarfsträger bekommen mehr Verantwortung.
Diese Veränderungen müssen im Rahmen der Implementierung proaktiv begleitet
und gefördert werden. Die Projektorganisation ist dabei insbesondere auf die Un-
terstützung der Geschäftsführung angewiesen.

„ Die Lieferanten des einkaufenden Unternehmens werden zukünftig die Bestellungen


auf elektronischem Wege erhalten. Sie müssen entsprechend vorbereitet sein, sodass
224 Die Grundlagen des E-Procurement

es Sinn machen kann, dass einzelne Lieferanten direkt in die Implementierung ein-
gebunden werden. Dazu empfiehlt sich die Erstellung eines Anforderungskataloges,
der das Zusammenspiel mit den Lieferanten sowie Katalogaustauschformate, Trans-
aktionsstandards und technische Schnittstellen (s. Kapitel 2.1.1.2) definiert. Eine Ent-
lastung bietet hier das Outsourcing an einen Online-Beschaffungsagenten, der je
nach Vertragsgestaltung sämtliche Aufgaben von der Lieferantenauswahl bis zur
Pflege der Online-Kataloge übernimmt (s. Kapitel 2.4.2.5).

Die Erfahrungen mit den oben genannten Risikofaktoren zeigt, dass die technischen Fra-
gestellungen eher kontrollierbar sind, während insbesondere Fragen zur „Organisation“
und „Lieferanten“ oft emotional behandelt werden und daher von sachlichen Fragestel-
lungen wegführen können (Peukert/Ghazvinian 2001, S. 215). Vor diesem Hintergrund
ist eine genaue Projektkommunikation der Potenziale der Anwendungen im zu imple-
mentierenden E-Procurement-System an die beteiligten und betroffenen Personen von ent-
scheidender Bedeutung für den späteren Projekterfolg. Für die folgenden Anwendungen
können beispielhaft folgende kommunizierbare positive Potenziale einer E-Procure-
ment-Einführung identifiziert werden (Wirtz/Eckert 2001, S. 155):

„ Elektronischer Katalog: Durch Online-Katalogsysteme verringert sich erwiesener-


maßen die Anzahl von Fehlbestellungen und Bedarfsträger haben einen wesentlich
besseren Überblick über die zur Verfügung stehenden Produkte. Die entsprechenden
Daten sind durch die elektronische Verarbeitung und Online-Zugriffe auf Lieferan-
tensysteme zudem wesentlich aktueller als in einem Papierkatalog.

„ Bedarfsanforderung: Die elektronische Abbildung von Workflows im E-Procure-


ment-System entlastet die Beschaffungsabteilung, die sich vermehrt taktischen und
strategischen Einkaufsaktivitäten widmen kann (s. Kapitel 2.2.3). Zudem führt die
elektronische Bedarfserfassung zu einer Vermeidung von Medienbrüchen und damit
zu einer Senkung der entstehenden Prozesskosten.

„ Genehmigungsverfahren: Die elektronisch unterstützte Genehmigung entlastet


Kontrollinstanzen (vor allem also leitende Mitarbeiter) und führt zu einer Beschleu-
nigung des Beschaffungsprozesses. Dies begründet sich insbesondere durch die neue
Möglichkeit der Automatisierung von beschaffungsbezogenen Entscheidungen, die
mit der Einführung von E-Procurement-Lösungen einhergeht (s. Kapitel 2.3.1.4).

„ Bestellverfahren: Auch die elektronische Bestellung an sich entlastet die Beschaf-


fungsabteilung, da die aus der Verwendung von traditionellen Kommunikationsme-
dien (Post, Fax, Telefon) resultierenden Medienbrüche vermieden werden können (s.
Kapitel 2.2.1). Zudem lassen sich Ersatzbestellungen durch die Integration mit Wa-
renwirtschafts- und ERP-Systemen (s. Kapitel 2.1.1.5) in vielen Fällen automatisie-
ren.
Die Implementierung beim elektronischen Einkauf 225

„ Bestellverfolgung: Ebenso wird die Beschaffungsabteilung durch eTracking-Funk-


tionen, die einen durchgängigen Einblick in den Lieferstatus (z. B. Aufenthaltsort der
Ware) ermöglichen und somit wesentlich bessere Reaktionsmöglichkeiten mit sich
bringen, entlastet (s. Kapitel 2.2.2.3). Für elektronische Bezahlfunktionen gilt dies
analog, da zeitintensive Prozesse wie z. B. die manuelle Rechnungsprüfung entfallen
(s. Kapitel 2.2.2.4).

Generell gilt es, Veränderungen hinsichtlich der Organisation und Lieferanten mit einem
entsprechenden Change Management, auf welches im Rahmen der Systemeinführung (s.
Kapitel 2.5.2.4) noch ausführlicher eingegangen wird, zu adressieren. Insbesondere in
Verbindung mit dem kritischen Erfolgsfaktor „Organisation“ empfiehlt es sich, vor der Ein-
führung eine Unternehmensanalyse durchzuführen.

2.5.1.2 Unternehmensanalyse
Den Ausgangspunkt der Implementierung von E-Procurement-Systemen bildet in der Re-
gel eine Unternehmensanalyse, in der insbesondere die vorhandene Unternehmensstruk-
tur bzw. die organisatorischen und strategischen Rahmenbedingungen der Implementie-
rung untersucht werden. Ziel der Unternehmensanalyse ist es, erste beschaffungsbezogene
Annahmen zu Schwachstellen zu treffen und anschließend, basierend auf den gesammel-
ten Daten, Ziele und Potenziale für die Einführung des E-Procurement identifizieren zu
können (Wirtz 2018, S. 690 f.).
Eine Analyse der Infrastruktur hilft in diesem Zusammenhang bei einer Identifikation
von Beschaffungsstrategien mit dem höchsten Potenzial zur Implementierung. Zunächst
gilt es, sich einen Überblick über die Gesamtorganisation der Beschaffung, z. B. in Form
eines Organigramms des Einkaufs, zu verschaffen. Neben der Organisationsstruktur be-
zieht sich die Unternehmensanalyse auch auf die im Einkauf bereits eingesetzten Informa-
tionstechnologien, Fähigkeiten der Mitarbeiter und aktuelle Beschaffungsabläufe des Un-
ternehmens. Eine besondere Rolle spielen dabei die nachfolgenden fünf Charakteristika
der Beschaffungsfunktion (Smeltzer/Carter 2001, S. 79):

„ Der Grad der Zentralisierung der Beschaffungsfunktion: Ist der Beschaffungspro-


zess für bestimmte Güter bereits zentral organisiert, kann das Unternehmen Vorteile
aus Volumenkontrakten ziehen und langfristige Geschäftsbeziehungen zu Online-
Lieferantenbeziehungen (s. Kapitel 2.4.1) ausbauen. Vor allem in größeren Unterneh-
men kann hier großes Verbesserungspotenzial beobachtet werden.

„ Die Beziehung zwischen Einkaufsleitung und Geschäftsführung: Eine enge Bezie-


hung zur Geschäftsführung führt dazu, dass diese einen engagieren Beitrag zum
Erfolg des Projektes leistet. Sie ist in der Regel sowohl Kunde als auch Sponsor des
Projektes.
226 Die Grundlagen des E-Procurement

„ Die Kompetenzen der Einkaufsabteilung: Nur qualifizierte und unter den Mitarbei-
tern anerkannte Einkäufer sind in der Lage, die mitunter radikalen Veränderungen im
Beschaffungsprozess zu implementieren.

„ Die Interdisziplinarität der Einkaufsabteilung: Funktionsübergreifende Teams, die


die betrieblich zusammenhängenden Abläufe in ihrer Gesamtheit analysieren, sind ein
Schlüssel zur erfolgreichen Prozesskostenreduktion, Produktstandardisierung und
Lieferanteneinbeziehung.

„ Der Grad der Technisierung: Hier spielen sowohl die vorhandene informationstech-
nische Infrastruktur als auch die IT-Kompetenzen zur Pflege und Weiterentwicklung
der vorhandenen EDV-Systemlandschaft eine entscheidende Rolle. Modulare Sys-
teme, die Schnittstellen bereitstellen und die Verwendung von Standards (s. Kapitel
2.1.1.1) ermöglichen, vereinfachen die Integration einer E-Procurement-Lösung.

Die Ergebnisse der Unternehmensanalyse bilden den Ausgangspunkt für die Auswahl der
elektronisch zu beschaffenden Produktsegmente sowie für die darauf folgende Lieferan-
tenanalyse.

2.5.1.3 Produkt- und Lieferantenanalyse


Da der Einsatz von E-Procurement nur für diejenigen Beschaffungsobjekte erfolgen sollte,
bei deren Einkauf substantielle Einsparpotenziale hinsichtlich des Preises und der Beschaf-
fungskosten zu erwarten sind, muss in der Projektplanung eine Auswahl der elektronisch
zu beschaffenden Produkte erfolgen. Dies bedarf einer möglichst vollständigen Pro-
duktanalyse, von der das Unternehmen Einkaufsstrategien und E-Procurement-Lösungen
ableiten kann (Smelzer/Carter 2001, S. 79). Dabei kann auf die in Kapitel 2.3.1 vorge-
stellten Methoden zur Produktanalyse im elektronischen Einkauf zurückgegriffen werden.
Zusammen mit der Unternehmensanalyse stellt die Produktanalyse den Status Quo der ak-
tuellen Beschaffung in organisatorischer und produktbezogener Hinsicht fest (Wirtz 2018,
S. 690 f.). Die Auswahl der zu beschaffenden Produkte muss dabei nicht bereits zu Beginn
statisch zementiert werden. Vielmehr kann hier ein Entwicklungspfad für die zukünftige
Produktbeschaffung im E-Procurement skizziert werden. So können in einer zeitlichen Ab-
folge mehr und mehr Produkte hinsichtlich der Kriterien „Standardisierbarkeit“ und
„Prozesskosten“ der elektronischen Beschaffung hinzugefügt werden (s. Abb. 90).
Dabei gelten indirekte C-Güter (s. Kapitel 2.3.1.1) aufgrund ihrer meist hohen Standardi-
sierbarkeit als am besten geeignet für den ersten Schritt in das E-Procurement. In diesem
Bereich lassen sich die größten Prozesskosteneinsparungen erzielen (s. Kapitel 2.2.1.1). Zu-
dem wird der überwiegende Teil dieser Produkte repetitiv beschafft, was das Bestreben na-
helegt, das Einkaufsvolumen bzw. die Einkaufsmacht des Unternehmens zu bündeln. Vor
allem bei diesen Produkten bietet es sich an, im Zuge der Implementierung Rahmenver-
Die Implementierung beim elektronischen Einkauf 227

träge, in denen bestimmte Lieferkonditionen (z. B. der Preis in Abhängigkeit vom Beschaf-
fungsvolumen oder der Beschaffungshäufigkeit) fixiert werden, abzuschließen (Wirtz
2018, S. 648). Hat ein Unternehmen dann die ersten Erfahrungen mit elektronischen Be-
schaffungsprozessen gemacht, kann E-Procurement auf höherwertige Objekte ausgeweitet
werden. Dabei können zunächst geringwertige, später aber auch höherwertige direkte Gü-
ter, bei denen neben Prozesskostenreduktion vor allem auch Informationskostenredukti-
onen im Rahmen der Automatisierung realisierbar sind (s. Kapitel 2.3.1.4), in den Be-
schaffungsprozess eingebunden werden. Die weitere Entwicklung kann bis zu einer In-
tegration von Lieferanten in die eigene primäre Wertschöpfungskette im Sinne des in
Kapitel 2.3.3.2 vorgestellten eSupply Chain Managements gehen.

hoch niedrig

Standardisierungsgrad der Produkte

Direkte Güter
von hohem Wert
Rohstoffe
Direkte Güter • Lieferantenintegration
von niedrigem Wert • eCollaboration
Indirekte Güter • Produktionskostensenkung
(MRO) • Informationskostensenkung • Auktionen, Börsen
• Intelligente Agenten
• Prozesskostensenkung
• Online-Produktkataloge Wichtigkeit der Produkte
(relativ zu den Beschaffungsprozesskosten)

hoch niedrig

E-Procurement-Potenzial

Abb. 90: Entwicklung einer produktbezogenen Implementierung im E-Procurement


Quelle: Wirtz 2018, S. 647.

Basierend auf der Entscheidung über die zu beschaffenden Produkte über das E-Procure-
ment-System muss in einem nächsten Schritt festgestellt werden, mit welchen bestehenden
oder neuen Lieferanten dies überhaupt möglich ist. Die diesbezügliche Lieferantenanalyse
beurteilt demnach zunächst die bestehenden Lieferantenbeziehungen hinsichtlich ihrer
Eignung für die geplante elektronische Zusammenarbeit (Wirtz 2018, S. 692). Untersucht
werden dazu zunächst die wichtigsten Lieferanten der zuvor ausgewählten Produktseg-
mente. Die Lieferantenanalyse, auf die in Kapitel 2.3.2 bereits ausführlich eingegangen
wurde, beurteilt Lieferanten zum einen auf einer technologischen Ebene. Dabei geht es in
erster Linie um ihre Fähigkeit, Online-Kataloge in gewünschter Qualität und im geforder-
ten Format zu liefern (s. Kapitel 2.1.1.1 und 2.1.1.2) und Schnittstellen für elektronische
228 Die Grundlagen des E-Procurement

Zahlungsvorgänge (s. Kapitel 2.2.2.4) oder den elektronischen Austausch von Geschäfts-
dokumenten (s. Kapitel 2.1.3.4) zur Verfügung zu stellen. Zum anderen sollten die Liefe-
ranten aber auch bezüglich ihrer Bereitschaft beurteilt werden, als exklusiver Lieferant
zusätzliche Preiszugeständnisse zu machen. Typische Fragen der Lieferantenanalyse sind
zudem, ob und in welchem Ausmaß man auf Lieferantenseite ein entsprechendes Engage-
ment für die Durchführung von E-Procurement-Prozessen erwarten kann (Dolmetsch
2000, S. 245). Ergebnis der Lieferantenanalyse sollte neben der Beurteilungsübersicht der
Lieferanten auch eine Abschätzung der Integrationskosten sein. Fällt die Entscheidung
für die Integration eines Lieferanten positiv aus, gilt es am Ende der Lieferantenanalyse
eine individuelle Adoptionsstrategie, die Ziele, Budget, Zeitplan und Ressourcen der In-
tegration festlegt, zu definieren (Wirtz 2018, S. 692 f.).

2.5.1.4 Prozessanalyse
Durch die Implementierung von E-Procurement-Systemen werden eine Reihe von Prozes-
sen radikal geändert (s. Abb. 91). Im Rahmen der sich der Produkt- und Lieferantenaus-
wahl anschließenden Prozessanalyse wird dabei zunächst der bisherige (reale) Beschaf-
fungsprozess detaillierter untersucht, um Verbesserungspotenziale bzw. kritische Erfolgs-
faktoren zu identifizieren. Ergebnisse sollten also eine Detailbeschreibung der untersuch-
ten Beschaffungsprozesse und eine Analyse der jeweils möglichen Prozesseinsparungen
sein (Wirtz 2018, S. 664 f.). Entfällt die Prozessanalyse, bildet das Unternehmen beste-
hende ineffiziente Prozesse ab und verpasst die wertvolle Gelegenheit, seine Beschaf-
fungsprozesse grundlegend zu ändern (Dolmetsch 2000, S. 17).

Prozess Vor E-Procurement Mit E-Procurement

Bedarfsträger suchen
Produkt- Produktauswahl und -bestellung
Papierkataloge und füllen komplexe
suche durch Online-Produktkataloge
Bestellformulare aus

Papierbasierte Prüfprozesse für Online-Zusage-Flow; Business-


Zusage- Bestellzusagen zur Unterstützung Regeln in E-Procurement-System
prozesse der Einkaufspolitik eingebettet

Manuelle Dateneingabe von Direkte ERP-Integration;


Daten- Bestellungen in das ERP-System Eliminierung von Zwischenschritten
eingabe nach Annahme der Anforderung bei der Dateneingabe

Daten- Unmittelbare Onlineübertragung


Mehrheit der Bestellungen werden
übertra- von Bestellungen an Lieferanten
per Telefon oder Fax übermittelt
gung nach letzter Zusage

Bestell- Prüfung des Bestellstatus per


Online-Prüfung des Bestellstatus
status Telefon/Fax

Abb. 91: Prozessanalyse zur Darstellung von Veränderungen im E-Procurement


Die Implementierung beim elektronischen Einkauf 229

Zu einem erfolgreichen operativen Beschaffungsprozess gehört viel mehr als der direkte
Kontakt zwischen Bedarfsträger und Lieferanten. Durch E-Procurement-Systeme kann
nämlich eine Vielzahl an Teilfunktionen mit übernommen oder zumindest unterstützt so-
wie mit Informationen versorgt werden (Möhrstädt/Bogner/Paxian 2001, S. 117). Zu be-
rücksichtigen ist auch die Tatsache, dass Beschaffungsprozesse variantenreich sind: So
gibt es zumeist zwar eine unternehmensweite Beschaffungspolitik, die der einzelnen Ge-
schäftseinheit jedoch oft Freiräume lässt, ihre eigenen Beschaffungsregeln zu definieren
(Dolmetsch 2000, S. 238). Damit zusammenhängende Abläufe dabei nicht nur in Teilab-
schnitten optimiert werden, ist für alle Geschäftsprozesse ein funktionsübergreifendes
Denken erforderlich. Die betrieblich zusammenhängenden Prozesse sind also in ihrer Ge-
samtheit zu analysieren. Der Sinn einer Prozessanalyse besteht demnach vor allem darin,
eine Durchgängigkeit von Beschaffungsprozessen zu erreichen, denn durchgängige Pro-
zesse reduzieren Doppelbearbeitungen und Blindleistungen sowie die Verschwendung von
Zeit und Material (Möhrstädt/Bogner/Paxian 2001, S. 33). Auf diese Weise trägt die Pro-
zessanalyse zu den geforderten Zielen einer Umstellung im Beschaffungsmanagement bei
(Zeit, Qualität, Kosten; s. Kapitel 2.2).
Als weitere Aufgabe im Rahmen der Prozessanalyse werden aufbauorganisatorische As-
pekte wie z. B. die Einbettung der Prozesse, Funktions- und Personalzuordnung untersucht.
Anschließend können in einem Workshop mit den die Prozesse ausführenden Personen
ablauforganisatorische Aspekte wie z. B. Informationsfluss, Workflows sowie Hilfs- und
Sachmittel untersucht werden. Zur Erstellung der Grundlagen für eine spätere Prozessop-
timierung sowie für eine quantitative Bewertung der Ausgangssituation (z. B. Bearbei-
tungszeiten, Liegezeiten und interne Transportzeiten) bietet sich die Verwendung von EDV-
Tools zur Geschäftsprozessanalyse an (Möhrstädt/Bogner/Paxian 2001, S. 34). Die antei-
ligen Kosten der jeweiligen Beschaffungsprozesse können dann mit Hilfe einer Prozess-
kostenanalyse (PKA) ermittelt werden. Dieses Verfahren ermöglicht die Kontrolle und
systematische Zuordnung von Gemeinkosten auf der Basis einer umfassenden Prozessori-
entierung (s. o.). Im Mittelpunkt steht dabei zum einen die Sensibilisierung der Prozess-
beteiligten am Prozess selbst und am eigenen Handeln, zum anderen die Analyse des Ist-
Zustandes in Bezug auf die Prozesse und die damit verbundenen Kosten. Der Vorteil dieses
Verfahrens liegt in der einfachen Aufdeckung von Kostentreibern und Maßgrößen und in
der schnellen Identifizierung und Darstellung von Rationalisierungspotenzialen. Zwar sind
die entstehenden Kosten oft nur schwer durchschaubar, eine mangelnde Transparenz der
Prozesse steht allerdings in direktem Zusammenhang mit der Höhe der Kosten (Möhr-
städt/Bogner/Paxian 2001, S. 34 f.). Die Ergebnisse stehen dabei auch im Zusammenhang
mit einer späteren Erfolgsmessung des E-Procurement.

2.5.1.5 Projektorganisation
Die Einführung eines E-Procurement-Systems stellt vor dem Hintergrund der bisherigen
Ausführungen hohe Anforderungen an die Projektorganisation, da ein breites Wissens-
spektrum aus den Bereichen Einkauf, Lager, Rechnungsprüfung und Logistik sowie der
230 Die Grundlagen des E-Procurement

Fachgebiete Prozessgestaltung, Systemintegration und Internettechnologien notwendig er-


scheint (Dolmetsch 2000, S. 238). Daher spielt die Zusammensetzung des Projektteams
eine besondere Rolle und es muss sichergestellt werden, dass die für die erfolgreiche
Implementierung nötigen Ressourcen und Fähigkeiten verfügbar sind. Abb. 92 zeigt eine
entsprechende Projektstruktur mit Rollen und Verantwortlichkeiten, die diese Vorausset-
zungen garantieren soll. Das dargestellte Projektteam setzt sich aus folgenden Struktu-
relementen zusammen (Neef 2001, S. 189 ff.):

„ Der Lenkungsausschuss, in dem der Projektsponsor, leitende Mitarbeiter aus den Be-
reichen Einkauf, IT und Logistik sowie die Projektleitung vertreten sind, entwickelt
den strategischen Plan, erstellt Projektrichtlinien, definiert Ziele und ordnet dem Pro-
jekt die entsprechenden Ressourcen zu. Er wird optimalerweise von der Geschäfts-
führung gebildet. Dieses Vorgehen stellt sicher, dass das Projekt der Unterstützung der
Geschäftsführung sicher ist und diese engagiert ihren Beitrag zum Erfolg des Projek-
tes leistet.

„ Der Projektleiter trägt die Gesamtverantwortung für das Projekt. Er ist entweder ein
Mitarbeiter des eigenen Unternehmens oder entstammt einem Software- oder Bera-
tungshaus. Er stellt die Konsistenz des Projektes und die Befolgung von Projektricht-
linien und Meilensteinen sicher. Er muss dafür sorgen, dass die Geschäftsführung
stets informiert und involviert ist, ohne dass das Projekt jedoch von ihr dominiert
wird. Dafür muss der Projektleiter neben langjähriger Erfahrung im Projektmanage-
ment über ein entsprechendes Taktgefühl, technisches Wissen und den Respekt der
Top-Manager verfügen.

„ Der technische Projektmanager ist für das Design und die Implementierung der Sys-
temlösung sowie der unterstützenden Hardware verantwortlich. Er sorgt dafür, dass
das System in die bestehende Systemlandschaft integriert wird, überwacht die Imple-
mentierung von Schnittstellen, stimmt die erforderlichen Ressourcen ab, kommuni-
ziert mit Softwareherstellern, klärt Betriebsfragen und verantwortet die Datenmigra-
tion. Zudem ist er für die Durchführung von Schulungen und die Bereitstellung des
technischen Supports verantwortlich. Gefragt ist in dieser Position ein erfahrener IT-
Projektmanager, der ein gutes Verständnis für die Beschaffungsprozesse des Unterneh-
mens und unternehmensweite Geschäftsziele mit sich bringt.

„ Der betriebswirtschaftliche Projektmanager ist für alle Aspekte des Projektes,


die außerhalb der IT liegen, zuständig. Diese sind u. a. den Bereichen Projektrisiko-
management und Change Management zuzuordnen, sowie der Geschäftsprozessana-
lyse und den aus E-Procurement resultierenden Änderungen an Prozessen. Der nicht-
technische Projektmanager verantwortet alle personellen und wirtschaftlichen Fragen-
stellungen sowie die Ableitung und Dokumentation von Änderungen an bestehenden
Workflows und Mitarbeiterpositionen. Zudem unterstützt er die einzelnen Abteilun-
Die Implementierung beim elektronischen Einkauf 231

gen bei der Erstellung von Änderungsplänen und der Durchführung von Schulungen im
nichttechnischen Bereich.

„ Das Kernteam sollte aus etwa sechs bis acht Repräsentanten der vom Beschaffungs-
prozess betroffenen Unternehmensfunktionen bestehen. Im Falle der indirekten Be-
schaffung könnte es sich dabei um Lieferantenmanagement, Beschaffung, Buchhal-
tung, IT und Wareneingang handeln. Bei der direkten Beschaffung hingegen kämen
bspw. Lagermanagement, Produktdesign, Produktion, Logistik und Hauptlieferanten
hinzu. Auch die Mitglieder des Kernteams sollten anerkannte Führungspersönlich-
keiten sein und ihre Kollegen von dem zu bewältigenden Projekt überzeugen können.
In vielen Fällen macht es zudem Sinn, einen Mitarbeiter der Personalabteilung zu
integrieren, da mit der Einführung von E-Procurement eine Reihe von personellen
Veränderungen einhergeht.

Oft wird das Projektteam in Abhängigkeit von der aktuellen Projektphase durch E-Procure-
ment-Experten eines Beratungsunternehmens oder Softwarehauses, die in vielen Fällen
auch Positionen in der Projektleitung übernehmen, ergänzt. Da sich der Bedarf an Fach-
experten im Kernteam im Laufe des Projektes ändern kann, sollten eigene Mitarbeiter und
externe Berater stets flexibel zuziehbar sein (Dolmetsch 2000, S. 241 f.). Gerade im Fall
der Einbeziehung externer Hilfe ist es wichtig, dass die Mitglieder des ursprünglichen
Projektteams das Projekt als ein Teil ihres Verantwortungsbereiches sehen und versuchen,
von den Best Practice-Erfahrungen von Beratern und Softwarespezialisten zu profitieren,
anstatt eine passive Rolle einzunehmen und die Zukunft des eigenen Unternehmens durch
externe Spezialisten gestalten zu lassen (Neef 2001, S. 194).

Lenkungsausschuss
(leitende Mitarbeiter aus Einkauf, IT und Logistik)

Projektleiter
Betriebswirtschaftlicher Technischer
Projektmanager Projektmanager

Kernteam
• Lieferantenmanagement • Lagermanagement
• Beschaffung • Produktdesign
• Buchhaltung • Produktion
• IT • Logistik
• Wareneingang • Hauptlieferanten

Abb. 92: Projektorganisation und Teamzusammensetzung im E-Procurement


Quelle: Neef 2001, S. 193.
232 Die Grundlagen des E-Procurement

2.5.1.6 Projektkalkulation
Aus den vorangegangenen Analysen von Infrastruktur, Produkten, Prozessen und Liefe-
ranten kann ein Soll-Konzept erarbeitet werden, das im Rahmen der Projektkalkulation
die Grundlage einer Kosten-Nutzen-Betrachtung darstellt. Um den Return on Invest-
ment (ROI) des Projektes zu bestimmen, muss im Rahmen der Projektkalkulation dazu
grundsätzlich zwischen Potenzialen und GuV-wirksamen Maßnahmen unterschieden wer-
den (Peukert/Ghazvinian 2001, S. 216):

„ Zu den Potenzialen gehören alle theoretischen Einsparungen, die zu einer Umvertei-


lung von Kapazitäten führen. Die Beschleunigung des Genehmigungsworkflows (s.
Kapitel 2.2.2.1) bspw. wird kaum zum Unternehmensergebnis beitragen und darf da-
her auch nicht dem ROI zugerechnet werden. Denn selbst wenn alle Abteilungsleiter
durch die entfallenden Genehmigungen viel Zeit einsparen, wird kein Abteilungsleiter
freigesetzt. Die Folge ist vielmehr, dass den Abteilungsleitern nun mehr Zeit für Füh-
rungsaufgaben bleibt, was für die Mitarbeiter einen Zugewinn an Arbeitsqualität und
Motivation bedeutet.

„ Im Gegensatz dazu führen GuV-wirksame Maßnahmen direkt zu Veränderungen


beim Unternehmensergebnis und müssen daher auch beim ROI berücksichtigt wer-
den. So wird die Einführung von Sammelrechnungen oder die Einführung von ePay-
ment-Prozessen (s. Kapitel 2.2.2.4) bspw. zu einer echten Entlastung im Bereich der
Rechnungsprüfung führen. Ist diese Reduzierung hoch genug, kann dies zu einer Frei-
setzung von Kapazitäten führen. Allerdings kann dies nur mittelfristig oder kurzfristig
durch Fluktuation erfolgen, da die Investitionen in Hardware, Software und Beratungs-
leistungen ebenfalls GuV-wirksam sind. Ebenfalls GuV-wirksam sind Freisetzungen in
Einkauf und Wareneingang sowie Einsparungen durch die Bündelung des Einkaufsvo-
lumens.

Der GuV-wirksame Wert einer E-Procurement-Lösung berechnet sich aus der Summe von
Preis- und Transaktionskostenvorteilen, abzüglich der bei der Implementierung entste-
henden Opportunitätskosten (s. Abb. 93). Transaktionskostenvorteile ergeben sich dabei
aus einer Reduktion der Bestellabwicklungskosten. Dabei handelt es sich um fixe Kosten,
die für die Beschaffung von Gütern und Dienstleistungen anfallen. Sie sind nicht von der
Beschaffungsmenge, sondern lediglich von der Anzahl der Bestellungen bzw. getätigten
Transaktionen abhängig. Zu den Bestellkosten zählen u. a. Personal- und Sachkosten der
Unternehmensfunktionen Beschaffung, Materialprüfung und Rechnungsprüfung (Möhr-
städt/Bogner/Paxian 2001, S. 37). Der Wert des E-Procurement hängt freilich vom be-
trachteten Produktsegment, den jeweiligen Beschaffungsvolumina und der Komplexität
des Beschaffungsprozesses ab. Zudem besteht ein Zusammenhang zum Ist-Ablauf der Be-
schaffung, der während der Prozessanalyse untersucht wurde (s. Kapitel 2.5.1.4).
Die Implementierung beim elektronischen Einkauf 233

Insbesondere lassen sich Unterschiede zwischen bereits vor der Implementierung auto-
matisierten, fest definierten Ist-Abläufen und manuellen, nicht genau definierten Beschaf-
fungsprozessen feststellen (s. Kapitel 2.2.1). Generell kann man dabei davon ausgehen,
dass der durch die Implementierung von E-Procurement erzeugte Wert bei einer vormals
unstrukturierten Beschaffung höher ist als bei einer vormals strukturierten Beschaffung
(Subramaniam/Shaw 2004, S.168 f.).

Procurement-
Prozess:
Transaktions- Implementierungs-
Preisvorteile + - = Wert
Typ kostenvorteile kosten
Volumen
Komplexität

Einsparungen bei
Differenz zwischen Opportunitätskosten
Quelle der der Suche,
verhandeltem Preis bei Auswahl, Aufbau
Vorteile bzw. Verarbeitung,
und durchschnitt- und Einführung der
Kosten Verhandlung und
lichem Marktpreis Systemlösung
Koordinationskosten

Produktsubstitution, Prozesskomplexität, Änderung in der Zentralisierung


Faktoren,
die den Wert
Fragmentierung
beeinflussen
der Supply Chain,
Anzahl der
Business Units

Abb. 93: Berechnung des GuV-wirksamen Wertes einer E-Procurement-Einführung


Quelle: in Anlehnung an Subramaniam/Shaw 2004, S. 168 f.

Die Implementierungskosten sind im Vorfeld der Implementierung nur schwer zu be-


stimmen, da die Anzahl der unbekannten Variablen hoch ist. Sie beinhalten bspw. Investi-
tionen in die ausgewählte Systemlösung, Kosten für die Integration mit internen und exter-
nen Systemen sowie Kosten für die Ausgestaltung des Online-Katalogmanagements. Die
Implementierungskosten hängen von der im Unternehmen vorhandenen Infrastruktur (s.
Kapitel 2.5.1.2), vom Ist-Zustand der Beschaffungsprozesse sowie vom Lieferantenport-
folio ab und müssen für jede elektronisch zu beschaffende Produktart in Beziehung zu
den Produktgesamtkosten gesetzt werden.
Diese Gesamtkosten eines einzukaufenden Produktes wiederum setzen sich aus Verwal-
tungskosten, Nutzungskosten und Einkaufspreis zusammen (Smeltzer/Carter 2001, S. 82).
Anhand der Ergebnisse der (positiven) Projektkalkulation kann nun die konkrete Projek-
tumsetzung, bei der die Auswahl der Systemlösung und die Neuausrichtung der Organisa-
tion eingeleitet werden, erfolgen.
234 Die Grundlagen des E-Procurement

2.5.2 Die Projektumsetzung beim elektronischen Einkauf

Basierend auf den Ergebnissen der initialen Projektplanungsphase kann nun die technische
und betriebswirtschaftliche Projektumsetzung erfolgen. Die unternehmensweite Imple-
mentierung von E-Procurement lässt sich in verschiedene Projektphasen einteilen. Abb.
94 gibt einen Überblick über die wesentlichen Aktivitäten eines Projektes und setzt diese
in eine Ablauffolge. Dargestellt ist ein aus der vorhandenen Literatur synthetisiertes Vor-
gehensmodell, das die Projektphasen und deren zentrale Ergebnisse in Beziehung zuei-
nander setzt.

Kick-Off-Phase
Projekt- Projekt-
auftrag organisation

Analysephase

Unternehmensanalyse Produktauswahl Prozessanalyse Lieferantenanalyse

Abgrenzung Projekt-
Ist-Zustand
Pilotprojekt kalkulation

Systemauswahl
vorläufiges (Kauf-)
Soll-Konzept Vertrag

Systemgestaltung
Integrations-
Soll-Ablauf Pflichtenheft
bedarf

Systemaufbau
Pilot-
system

Systemeinführung
System
(Roll-Out)

Abb. 94: Phasen eines unternehmensweiten E-Procurement-Projektes

Angestoßen wird ein E-Procurement-Projekt meist von Einkauf, Controlling, der Finanz-
oder der IT-Abteilung. Das Projekt startet mit einer Kick-Off-Phase, in der Geschäfts-
probleme formuliert, erste Informationen bei Systemherstellern eingeholt und Kostensen-
kungspotenziale grob abgeschätzt werden. Zudem wird ein Projektsponsor gefunden und
Die Implementierung beim elektronischen Einkauf 235

überzeugt, ein Projektteam (s. Kapitel 2.5.1.5) aufgestellt sowie ein Projektauftrag formu-
liert (Dolmetsch 2000, S. 240). Ziel dieses Projektauftrages ist es, eine Vision internetge-
stützter Beschaffung zu formulieren und daraus Projektziele abzuleiten. Der Detaillie-
rungsgrad ist dabei abhängig von der organisatorischen Stellung, also der Fachabteilung
und Hierarchiestufe des Projektsponsors. Dieser ist im Idealfall Mitglied der Geschäfts-
leitung, z. B. Logistik- und Finanzvorstand (CFO). Ergebnisse der Kick-Off-Phase sind ne-
ben dem Projektauftrag eine Grobabschätzung der Einsparungspotenziale, die Festlegung
der Projektorganisation und eines Projektbudgets sowie Verträge und Projektvereinba-
rungen mit externen Beratungsunternehmen (Dolmetsch 2000, S. 241 f.).
Wenngleich die Entscheidung für E-Procurement in letzter Instanz der Geschäftsführung
vorbehalten bleibt, ist es Aufgabe des Projektteams, durch präzise Analysen von Unter-
nehmensstruktur, Produkten, Prozessen und Lieferanten (s. Kapitel 2.5.1) eine attraktive
Entscheidungsvorlage zu erstellen. Dem Kick-Off folgt daher eine Analysephase, die ne-
ben den organisatorischen Rahmenbedingungen zur Realisierung das Einsparpotenzial
für jede Geschäftseinheit und die entsprechenden Produktsegmente möglicher Prozess-
und Produkteinsparungen prüft. Die Analysephase setzt sich – wie in den Kapiteln 2.5.1.2
bis 2.5.1.4 bereits erläutert – aus Unternehmens-, Produkt-, Prozess- und Lieferantenana-
lyse, die den Ist-Zustand der Beschaffung festhalten, zusammen. Aufgrund der Ergebnisse
der Unternehmensanalyse und der getroffenen Produktauswahl kann ein erster Vorschlag
zur Abgrenzung eines Pilotprojektes gemacht werden. Dieses definiert sich durch eine
begrenzte Anzahl von Benutzern, die einbezogenen Abteilungen und die abgebildeten
Produktsegmente. Unternehmensanalyse und Produktauswahl legen somit implizit fest,
welche Beschaffungsprozesse und Lieferanten im weiteren Verlauf der Analysephase un-
tersucht werden (Dolmetsch 2000, S. 244). Die Analysephase, auf deren Werkzeuge und
Methoden im weiteren Projektverlauf immer wieder iterativ zurückgegriffen wird, endet
mit einer ausführlichen Projektkalkulation, die die Grundlage für die Budgetgenehmigung
und die Projektumsetzung bildet (s. Kapitel 2.5.1.6).
Die Projektumsetzung beginnt mit der Phase der Systemauswahl (Kapitel 2.5.2.1), in der
sich das Team für eine Systemlösung (s. Kapitel 2.1.2) entscheidet und in der Regel einen
Vertrag mit einem Systemanbieter abschließt. Dabei wird geprüft, ob ein System das sich
aus den Ergebnissen der Analysephase ergebende vorläufige Soll-Konzept abbilden kann.
Ist die Entscheidung für eine Systemlösung gefallen, können die Soll-Abläufe in der Phase
Systemgestaltung (Kapitel 2.5.2.2) weiter ausgebaut werden. Dazu wird ein unterneh-
mensweites Modell entwickelt, das so standardisiert ist, dass es in allen Geschäftsberei-
chen und an allen Standorten angewendet werden kann. Grundlagen sind dabei nicht nur
der bereits in der Analysephase festgehaltene Ist-Zustand, sondern auch die verfügbare
Funktionalität der Systemlösung. Zusätzlich definiert das Projektteam den Integrationsbe-
darf mit internen und externen EDV-Systemen, der zusammen mit den Soll-Abläufen in
ein Pflichtenheft überführt wird (Peukert/Ghazvinian 2001, S. 212).
Generell ist es von Vorteil, das System zunächst als Pilotlösung mit wenigen Benutzern
und ausgewählten Produktsegmenten zu betreiben. Ziel ist hier ein Proof-of-Concept,
236 Die Grundlagen des E-Procurement

also ein Meilenstein, an dem die prinzipielle Durchführbarkeit des Vorhabens belegt wird.
In der Phase Systemaufbau (s. Kapitel 2.5.2.3) wird daher entsprechend der im Pflich-
tenheft festgehaltenen betriebswirtschaftlichen und technischen Anforderungen des Un-
ternehmens eine erste lauffähige Pilotlösung für die für das Pilotprojekt ausgewählten
Abteilungen, Benutzer, Produktsegmente und Lieferanten implementiert. Dies beinhaltet
die Entwicklung zusätzlicher Funktionalitäten, die Integration mit bestehenden Syste-
men, die Realisierung des Online-Kataloges und die Anbindung der ersten Anbieter.
In der abschließenden Phase Systemeinführung (s. Kapitel 2.5.2.4) werden die mit den
Pilotanwendern und ersten Transaktionen im Tagesgeschäft gemachten Erfahrungen doku-
mentiert und die sich daraus ergebenden zusätzlichen Anforderungen an die Systemlösung
nachträglich ins Pflichtenheft aufgenommen. Iterativ werden die notwendigen Änderun-
gen dann während der Einführungsphase implementiert. Nachdem die im Laufe der Ein-
führung des Pilotsystems aufgetretenen Probleme gelöst sind, kann das System unterneh-
mensweit und auf die übrigen Produkte und Lieferanten ausgebreitet werden (Dolmetsch
2000, S. 250 f.). Gleichzeitig führt das Implementierungsteam Tests am System durch und
bereitet das Projektteam und die zukünftigen Systembenutzer durch Schulungen auf den
Produktivstart vor.

2.5.2.1 Systemauswahl
Zu Beginn der Projektumsetzung muss im Rahmen der Systemauswahl zunächst die Ent-
scheidung für eines der in Kapitel 2.1.2 vorgestellten Grundmodelle internetbasierter
E-Procurement-Lösungen getroffen werden (Sell-Side, Buy-Side, Marketplace). Dazu las-
sen sich mit Hilfe der verschiedenen Systematiken zur Produktanalyse (s. Kapitel 2.3.1)
Handlungsempfehlungen und Normstrategien ableiten. Diese sind in der Regel mit der spä-
teren Anzahl von einkaufenden und verkaufenden Unternehmen verknüpft und leiten sich
aus den unterschiedlichen Wertbeiträgen der Grundmodelle ab (s. Abb. 95):

„ Existieren in einem Marktsegment viele Käufer und viele Verkäufer, ist das Markt-
platz-Modell die sinnvollste Alternative, da sich aus der Bündelung von Angebot und
Nachfrage auf beiden Seiten Kostenvorteile ergeben (s. Kapitel 4). Zudem bringt die
Nutzung eines elektronischen Marktplatzes die geringsten Implementierungskosten
mit sich. Marktplätze eignen sich insbesondere für taktische Objekte und Hebelobjekte
der Wert/Risiko-Matrix (s. Kapitel 2.3.1.3).

„ Stehen einem einzelnen Unternehmen eine Vielzahl von Lieferanten zur Verfügung,
sollte es auf das Buy-Side-Modell zurückgreifen, da die angebotenen DPS eine ein-
malige und lieferantenunabhängige Abbildung von Regeln für den Beschaffungspro-
zess erlauben und die Online-Kataloge der Lieferanten in einem MSPC vereinen (s.
Kapitel 2.1.1.4). Das Buy-Side-Modell erfordert allerdings eine ausreichend große
Marktmacht, um unter den Anbietern ein einheitliches Format für den Austausch von
Katalogen und Transaktionsdaten durchzusetzen. DPS bieten sich insbesondere für
Die Implementierung beim elektronischen Einkauf 237

Bedarfseinkäufe der Strategie/Automatisierungs-Matrix an (s. Kapitel 2.3.1.4). Zu-


dem bieten viele Buy-Side-Lösungen auch Funktionen zur Durchführung von On-
line-Ausschreibungsverfahren (s. Kapitel 2.4.2.2) im Rahmen von Auswahl- und In-
vestitionseinkäufen.

Sell-Side-Modell Marketplace-Modell
hoch

ƒ Geringe Implementierungskosten ƒ Geringe Implementierungskosten


ƒ Katalogmanagement und -pflege in der ƒ Aggregation reduziert Transaktionskosten
Verantwortung des Lieferanten ƒ Bündelung erhöht Einfluss kleinerer
Anzahl einkaufender Unternehmen

ƒ Möglichkeit der Produktkonfiguration Unternehmen


ƒ Effektives Einkaufstool für kleinere Unternehmen ƒ Vermittlung sorgt für optimales Matching

Liquidierung des Gebrauchsgegenstände,


Produkte Produkte
Warenbestandes Trödelkram, Nahrung

Integrierte Planung Buy-Side-Modell

ƒ Reduzierung von Zykluszeiten und ƒ Einheitliche Benutzeroberfläche (MSPC)


Verbesserung der Produktion durch ƒ Einhaltung definierter Workflows
durchgehende Planung ƒ Prozesseffizienz erlaubt Fokussierung auf
ƒ eSCM-Tools verbessern Kundenservice und strategische Einkaufsaktivitäten
reduzieren die Lieferkettenkosten ƒ Übergangslose Bestell- und Bezahlprozesse
niedrig

Güter, deren Beschaffung einen MRO-Materialien,


Produkte hohen Grad an Zusammenarbeit Produkte Büroausstattung,
mit Lieferanten erfordert Verpackungen, etc.

niedrig Anzahl verkaufender Unternehmen hoch

Abb. 95: Wertbeiträge der E-Procurement-Lösungen für die Systemauswahl


Quelle: Smeltzer/Carter 2001, S. 78.

„ Das Sell-Side-Modell (s. Kapitel 2.1.2.1) ist angebracht, wenn ein Lieferant auf seiner
Webseite Mehrwerte (z. B. zur Produktkonfiguration) anbietet oder ein effizienteres
Content Management bewerkstelligen kann. Ähnlich wie der Marktplatz bringt der
Einkauf über Sell-Side-Lösungen nur geringe Implementierungs- und Pflegekosten
mit sich und bietet sich insbesondere für kleinere Unternehmen mit einer geringen
Marktmacht an.

„ Arbeiten im Rahmen des Beschaffungsprozesses wenige einkaufende Unternehmen


mit wenigen Lieferanten zusammen, sollten diese auf eSupply Chain Management-
Lösungen zur integrierten Planung (s. Kapitel 2.3.3.2) zurückgreifen. Dieses bietet
sich insbesondere dann an, wenn der Grad der kollaborativen Planung besonders hoch
238 Die Grundlagen des E-Procurement

ist und die Optimierung der Supply Chain im Vordergrund des Projektes steht. Dies ist
vor allem bei kritischen Objekten bzw. Logistikeinkäufen mit einer hohen strategischen
Bedeutung der Fall.

Ist die Entscheidung für eines der vier Grundmodelle gefallen, müssen Softwareprodukte,
die den individuellen Anforderungen des Unternehmens genügen, gefunden werden. Dazu
sollte sich das Projektteam zunächst einen Überblick über den Markt und die unterschied-
lichen Philosophien der Software-Hersteller verschaffen. Von diesen wird letztlich der am
besten geeignete Hersteller ausgewählt (Dolmetsch 2000, S. 247 f.). Der anschließende
Prozess der Systemprüfung beginnt mit dem Zusammenstellen einer Herstellerrangliste.
Dazu wird zunächst eine Anfrage an die Hersteller verschickt. Zusätzlich empfiehlt es
sich aber, Gespräche mit den verschiedenen Anbietern zu führen. Ziel dieses Evaluati-
onsprozesses ist es, einen Überblick über die Funktionalität und die Besonderheiten der
jeweiligen Systeme und der damit verbundenen Lösungen zur Lieferantenintegration zu
bekommen (Dolmetsch 2000, S. 247). Hat sich das Projektteam einen Überblick über die
verfügbaren Softwareprodukte verschafft, bietet es sich in manchen Fällen an, mit den
zwei bis drei am besten geeigneten Anbietern einen Workshop, bei dem die Anbieter die
zuvor in der Prozessanalyse dokumentierten Prozesse implementieren, durchzuführen.
Das Projektteam erhält so einen Eindruck von der Anpassbarkeit des Systems auf die
Unternehmensbedürfnisse und der Problemlösungskompetenz der Anbieter. Basierend auf
den Erfahrungen der Workshops wählt das Team eine der Systemlösungen aus und
schließt einen Vertrag mit dem Anbieter ab (Dolmetsch 2000, S. 247 f.).

2.5.2.2 Systemgestaltung
Ist die Entscheidung für eine Systemlösung gefallen, gilt es nun im Rahmen der System-
gestaltung basierend auf den in der Analysephase erhobenen Rahmenbedingungen und
Ist-Abläufen die zukünftigen Soll-Abläufe zu definieren bzw. das schon in ersten Zügen
vorhandene Soll-Konzept weiter auszubauen. Zum kritischen Hinterfragen der Ist-Abläufe
und vorgesehenen Lösungsansätze bieten einige Systemanbieter auf ihr Softwareprodukt
zugeschnittene Referenzprozesse, Fragebögen und Checklisten an. Weiterhin muss das
Projektteam die Anforderungen der späteren Benutzer und Lieferanten erheben. Für jedes
Produktsegment und jeden Lieferanten muss anschließend ein Konzept für Katalogaus-
tausch und Content Management, das Soll-Abläufe für die Übertragung und die Pflege
der Katalogdaten definiert, festgelegt werden (s. Kapitel 2.1.3.3). Dabei muss nicht zuletzt
auch die Hierarchie und Struktur des Produktkataloges entworfen werden, der im Falle
eines MSPC die Online-Kataloge mehrerer Lieferanten und einer Oberfläche vereint. Die
an dieser Stelle im Projektverlauf neu entstehende Funktion des Katalogmanagements
verbindet mehrere Funktionsbereiche untereinander und stellt zusätzlich die Verbindung
nach außen dar (s. Abb. 96). Hier wird abermals deutlich, dass E-Procurement-Implemen-
tierungen stark interdisziplinäre Projekte mit einer Reihe von organisatorischen und tech-
nischen Schnittstellen sind.
Die Implementierung beim elektronischen Einkauf 239

Neben der Definition der Soll-Abläufe muss das Projektteam basierend auf den in der
Unternehmensanalyse erhobenen Dokumentationen den Integrationsbedarf mit internen
Informations-Systemen und externen Lieferantensystemen erheben sowie Schnittstellen
und Formate für den Datenaustausch definieren (s. Kapitel 2.1.1.1 und 2.1.1.2). Einige
Schnittstellen sind von den vorhandenen Systemen bereits vorgegeben und müssen daher
nicht mehr spezifiziert werden. So verfügen viele E-Procurement-Systeme über Schnitt-
stellen zu weit verbreiteten ERP-Systemen oder sind sogar als Module für diese Systeme
verfügbar. Die entstehenden Anforderungen werden in einem Integrationsplan festgehal-
ten (Dolmetsch 2000, S. 249). Dieser stellt oft eine der größten Herausforderungen bei
der Projektumsetzung dar, da im Projektverlauf häufig weitere Schnittstellen erkannt oder
neue Forderungen für einen Datenaustausch mit bestehenden Systemen gefordert werden
(Möhrstädt/Bogner/Paxian 2001, S. 108).
Soll-Abläufe und Integrationsplan werden anschließend in Anforderungen an das System
übersetzt. Zusammen mit dem in der vorherigen Projektphase ausgewählten Systeman-
bieter muss das Projektteam aus den Soll-Abläufen die noch fehlende Funktionalität und
aus dem Integrationsplan die noch fehlenden Schnittstellen identifizieren. Darauf aufbau-
end wird entschieden, welche Funktionen und Schnittstellen speziell entwickelt werden
müssen, in der nächsten Version des Herstellers ohnehin geplant sind oder wie ein alterna-
tiver Soll-Ablauf aussehen könnte, um auf kostenintensive Zusatzentwicklungen eventuell
verzichten zu können. Alle Zusatzentwicklungen werden in Form eines Pflichtenheftes
festgehalten (Dolmetsch 2000, S. 249).

IT Einkauf
Abstimmung der erforderlichen
Abstimmung der gewünschten
Systemressourcen, Klärung
Produkte und Lieferanten, der
von Betriebsfragen,
Entscheidungskriterien und
Integration in ERP-/
der Konditionen
Warenwirtschaftssystem
Katalog-
management

Bedarfsträger Lieferanten
Software-Hersteller
Erhebung der Abstimmung der
Definition der
Anforderungen, technischen
Anforderungen der
Beobachten des Voraussetzungen,
Software, Einführung im
Benutzerverhaltens, Anwendungsberatung,
Unternehmen,
Anwenderschulung Übernahme/Übermittlung
Weiterentwicklung
der Daten

Abb. 96: Die Systemgestaltung für Aufgaben beim Katalogmanagement


Quelle: in Anlehnung an Preißner 2002.
240 Die Grundlagen des E-Procurement

2.5.2.3 Systemaufbau
Nach Auswahl der Systemlösung (s. Kapitel 2.5.2.1) und der darauf aufbauenden Sys-
temgestaltung (s. Kapitel 2.5.2.2), steht nun der Systemaufbau im Mittelpunkt, der sich
an den individuellen betriebswirtschaftlichen und technischen Bedürfnissen des Unterneh-
mens orientieren muss. Dabei kann zwischen vier verschiedenen Projektmodulen unter-
schieden werden, die unter enger Abstimmung parallel von verschiedenen IT-Teams bear-
beitet werden können (Dolmetsch 2000, S. 250):

„ Anpassung und Entwicklung: Die vorhandene Funktionalität der eingekauften Sys-


temlösung wird konfiguriert und auf die Bedürfnisse des Unternehmens zugeschnit-
ten. Noch fehlende Funktionalität wird basierend auf dem erstellten Pflichtenheft ent-
wickelt.

„ Systemintegration: Die Systemlösung wird mit der vorhandenen betriebswirtschaft-


lichen Software, so z. B. ERP- und Warenwirtschaftssystemen, integriert (s. Kapitel
2.1.1.5).

„ Katalogrealisierung: Die Server-Komponenten für Produktkatalog und Content Ma-


nagement (s. Kapitel 2.1.3.3) werden installiert und konfiguriert; das Katalogsystem
wird mit ersten Produktdaten gefüllt.

„ Anbieterintegration: In enger Absprache mit den ausgewählten Lieferanten werden


die technischen Schnittstellen zu Lieferantensystemen entwickelt (s. Kapitel 2.1.3.4
und 2.1.3.5).

Das Ergebnis des Systemaufbaus ist eine lauffähige Systemlösung, die in der nun folgen-
den Pilotphase der Systemeinführung genutzt werden kann.

2.5.2.4 Systemeinführung
Nach der Systemgestaltung führt das Projektteam im Rahmen der Systemeinführung kon-
tinuierliche Tests durch. Dabei wird das System zunächst als Pilotlösung mit wenigen Be-
nutzern und ausgewählten Produktsegmenten betrieben, um seine prinzipielle Eignung für
den unternehmensweiten Einsatz zu belegen. Die mit den Pilotanwendern und ersten Trans-
aktionen im Tagesgeschäft gemachten Erfahrungen werden dokumentiert und die sich da-
raus ergebenden zusätzlichen Anforderungen an Systemlösung, Hardware und Netzwerk
nachträglich ins Pflichtenheft aufgenommen. Iterativ werden die notwendigen Änderun-
gen dann während der Einführungsphase implementiert. Nachdem die während der Pi-
lotphase aufgetretenen Probleme hinsichtlich Benutzeroberfläche, Datenintegrität und
Netzwerkinfrastruktur gelöst sind, kann das System unternehmensweit und auf die übrigen
Produkte und Lieferanten ausgebreitet werden. Zu diesem Zeitpunkt werden alle Mitar-
Die Implementierung beim elektronischen Einkauf 241

beiter geschult, alle notwendigen Änderungen am System durchgeführt und dementspre-


chend dokumentiert. Die Lieferanten sind in der Lage, die notwendigen Katalogdaten in
regelmäßigen Abständen zu aktualisieren (Dolmetsch 2000, S. 250 f.).
Im Gegensatz zu ERP-Systemen, die bei ihrer Implementierung ein bestehendes System
von einem auf den nächsten Tag ablösen, setzen E-Procurement-Systemlösungen in der
Regel auf die Prozesslogik existierender Systeme auf und greifen auf bereits existierende
Daten zu (s. Kapitel 2.1.3.2). Insbesondere die Implementierung von Desktop-Purchasing-
Systemen (s. Kapitel 2.1.2.2) erfolgt daher als Roll-Out, bei dem phasenweise weitere
Lieferanten integriert und Geschäftseinheiten angebunden, die Anzahl der Nutzer stufen-
weise erhöht und Einsparungspotenziale mehr und mehr erschlossen werden. Ergebnis der
Roll-Out-Phase ist die vollständige unternehmensweite Ablösung der traditionellen Be-
schaffungsprozesse (Dolmetsch 2000, S. 239 ff.). E-Procurement-Projekte scheitern vor
allem in dieser Roll-Out-Phase an Problemen, die aus den vom Projekt betroffenen Per-
sonen resultieren – weniger aus Technologien oder Prozessen (s. Kapitel 2.5.1.1). Dies be-
gründet sich in der Tatsache, dass es in allen mit den Einkaufsprozessen verbundenen
Abteilungen zu einem schnellen und radikalen Umdenken kommen muss. Konkrete Gründe
für ein Scheitern eines E-Procurement-Projektes sind dabei (Neef 2001, S. 188):

„ Zugehörigkeitsproblem: Die nicht der Einkaufsabteilung zugehörigen Manager be-


trachten das Projekt nur als eine den Einkauf und die IT betreffende Investition und
erkennen die Vorteile für die eigene Abteilung nicht. E-Procurement wird für einen
Ersatz für schlechtes Einkaufs-Management gehalten.

„ Strategieprobleme: Das Projekt wird von der Geschäftsführung als nicht strategisch
eingestuft und daher als ein isoliertes Werkzeug, das das traditionelle Abteilungs-
denken weiter forciert, betrachtet und implementiert.

„ Organisationsprobleme: Änderungen an Workflows und Mitarbeiterpositionen wer-


den erst nach der eigentlichen Implementierung in Angriff genommen, wodurch sich
die positiven Auswirkungen des Projektes verzögern.

„ Kommunikationsprobleme: Fehlende Kommunikation innerhalb der Unterneh-


menshierarchie führt dazu, dass die Mitarbeiter nicht verstehen, welche Zielsetzung
mit dem Projekt verfolgt wird, inwiefern sie selbst davon betroffen sind und wie das
Projekt Vorteile für das Unternehmen als Ganzes mit sich bringt.

„ Akzeptanzprobleme: Das Projekt stößt auf Mitarbeiterseite auf Widerstand, da diese


eine gestiegene Transparenz ihrer Bestellungen fürchtet oder nicht in der Lage ist,
mit den neuen Technologien umzugehen.

Im Zuge der E-Procurement-Einführung lassen sich diese Aspekte der Veränderung als
die oftmals größten Problemquellen identifizieren und werden in vielen Fällen sogar kri-
tischer als die technische Komplexität des Systems angesehen (Andreßen 2010, S. 308).
242 Die Grundlagen des E-Procurement

Um den genannten Problemen zu begegnen wird die Einführung eines E-Procurement-


Systems oftmals von einem sog. Change Management begleitet. Dabei werden zwei Per-
spektiven verfolgt: Die erste Perspektive bezieht sich auf die aktive Projektbegleitung,
um die Implementierung erfolgreich abzuschließen. Die zweite Perspektive soll ferner si-
cherstellen, dass auch nach der Einführung die neuen, unternehmensweiten Einkaufsricht-
linien durchgesetzt bzw. in die bestehenden Arbeitsweisen integriert werden. Nur durch
eine langfristige Kontrolle der Änderungen an Geschäftsprozessen und Arbeitsweisen ist
garantiert, dass E-Procurement nicht dazu führt, dass alte Fehler mit Hilfe einer neuen
Technologie gemacht werden (Neef 2001, S. 138). Erfolgreiche E-Procurement-Projekte
zeichnen sich dementsprechend u. a. dadurch aus (Neef 2001, S. 188), dass das Manage-
ment die Ziele, Vorgehensweise und Zeitplan des Projektes versteht und unterstützt. E-Pro-
curement wird ferner als einzelnes, unternehmensweites Projekt implementiert. Das Pro-
jekt wird dabei durch ein einflussreiches, teilnehmendes Projektmanagement koordiniert,
das Struktur, Klarheit, Integration und Richtung des Projektes vorgibt. Das Unternehmen
nutzt bei der Implementierung ferner die Chance, bestehende Beschaffungsprozesse von
Fehlern zu bereinigen. Änderungen an Prozessen und Arbeitsweisen werden formal be-
schrieben und das Change Management basiert auf einem formalen Plan. Mit Hilfe eines
verständlichen, von der Geschäftsführung geleiteten Kommunikationsprogramms wird ab-
schließend Enthusiasmus erzeugt und der interne Widerstand gegen das Projekt reduziert.
Zudem werden (Nach-)Schulungen mit betroffenen Anwendern durchgeführt, um Unsi-
cherheiten und potenzielle Risiken zu minimieren (Andreßen 2010, S. 309).

2.5.2.5 Systemkontrolle
War die Systemeinführung (s. Kapitel 2.5.2.4) erfolgreich, beginnt im Rahmen der ab-
schließenden Systemkontrolle ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess, der jedoch
nicht mehr Teil des eigentlichen Implementierungsprojektes ist. Er umfasst die Opti-
mierung und den weiteren Ausbau des bestehenden Systems (Peukert/Ghazvinian 2001,
S. 212). Die Systemkontrolle umfasst somit zum einen die weitere Integration in die be-
stehende Systemlandschaft der Organisation sowie die Anbindung an zusätzliche Markt-
platz- und Lieferantensysteme (s. Kapitel 2.1.3.5). Zum anderen schließt sie eine weitere
Kostenoptimierung ein. Mit der Implementierung von E-Procurement schöpft ein Unter-
nehmen nämlich keineswegs automatisch alle Einsparungspotenziale aus. Der Umfang
wirklich realisierter Einsparungen orientiert sich nachfolgenden Bedingungen, die mul-
tiplikativ miteinander verknüpft sind (Dolmetsch 2000, S. 17 f.):

„ Benutzer: Wird das System nicht von allen Mitarbeitern genutzt, kann nur ein Teil der
Einsparungen realisiert werden.

„ Prozesse: Die Prozesseinsparungen sind abhängig von der Vollständigkeit der Bestell-
prozessunterstützung entlang des gesamten Beschaffungsprozesses sowie vom Abde-
ckungsgrad aller Prozessvarianten.
Die Implementierung beim elektronischen Einkauf 243

„ Katalog: Unvollständige, veraltete oder qualitativ nicht ausreichende Produktinfor-


mationen vermindern die Systemakzeptanz seitens der Mitarbeiter und führen zu Be-
schaffungsvorgängen, die am System vorbei getätigt werden.

„ Integration: Ist die Systemlösung nicht vollständig in die bestehende Systemland-


schaft integriert (insbesondere mit ERP-Systemen), fallen manuelle Mehrfacheinga-
ben sowie redundante Datenbestände an.

„ Standards: Die Nutzung von offenen Standards wie bspw. cXML (s. Kapitel 2.1.1.1
sowie 2.1.1.2) erleichtert die Integration zusätzlicher Lieferanten, Marktplätze und
Dienstleistungsunternehmen.

Insbesondere die rapiden technologischen Entwicklungen in den Bereichen Unterneh-


menssoftware und E-Business-Standards machen es erforderlich, dass ein E-Procurement-
System auch nach erfolgreicher Implementierung niemals ruht, um die offensichtlichen
Vorteile der elektronischen Beschaffung nicht einzubüßen.

Um eine laufende Kontrolle und daraus abgeleitet ständige Verbesserungen zu gewhär-


leisten, muss ein effektives Controlling der elektronischen Beschaffung erfolgen. Als ein
mögliches Tool zum Controlling im Bereich E-Procurement kann der E-Procurement
Value Added (E-PVA) dar. In Anlehnung an den Procurement Value Added (PVA; Rusch
2017) und den etablierten Economic Value Added TM (EVA; Stewart 1991) misst er den
Wertbeitrag des E-Procurement zum Unternehmenswert unter Berücksichtigung des ope-
rativen Ergebnisses der elektronischen Beschaffung und den Kosten für Implementierung
und weitere Kapitalkosten bezogen auf das E-Procurement im Unternehmen.
244 Die Grundlagen des E-Procurement

Übungsaufgaben

1. Vergleichen Sie das E-Procurement mit den beiden anderen Plattformen aus dem
Bereich E-Commerce. Erarbeiten Sie hierbei Gemeinsamkeiten, aber vor allem Un-
terschiede zwischen den einzelnen Konzepten.

2. XML ist eine universelle Metasprache zur Beschreibung strukturierter Dokumente


und Daten. Definieren Sie (analog zu Abb. 49) eine auf XML basierende Auszeich-
nungssprache zur Beschreibung von Produkten der Produktklasse „Stift“. Erstellen
Sie anschließend ein auf dieser Sprache basierendes XML-Dokument, das einen ein-
fachen Produktkatalog mit fünf verschiedenen Stiften beschreibt.

3. Standards im E-Business lassen sich allgemein anhand ihrer Komplexitätsebene


kategorisieren. Nutzen Sie das Internet, um einige die für das E-Procurement re-
levanten Standards näher zu systematisieren. Nutzen Sie den folgenden Tabellenan-
satz als Grundlage Ihrer Antwort.

Kategorie Beispiele für Standards

Produktidentifikation EAN, UPC . . .

Klassifikation und Beschreibung eCl@ss, UN/SPSC . . .

... BMEcat, cXML. . .

4. Beschreiben Sie die Standards XML, BMEcat und eCl@ss und stellen Sie sie gegen-
über.

5. Erweitern Sie die in Aufgabe 2 definierte Auszeichnungssprache sowie das erstellte


Beispieldokument um mögliche Referenzierungs-, Parametrisierungs- und Konfigura-
tionsdaten. Welche Vorteile bringt das Modellieren derartiger Produktstrukturdaten
im Falle der Produktklasse „Stift“ mit sich?

6. Warum müssen die in einen Multilieferantenkatalog einfließenden Teilkataloge zu-


nächst konsolidiert und rationalisiert werden? Beschreiben Sie die dazu notwendigen
Mapping-Verfahren.

7. Welche Arten von Daten müssen in der einem Desktop-Purchasing-System zugrunde


liegenden Datenbank gespeichert werden? An welchen Stellen macht es Sinn, das
DPS mit bereits im Unternehmen vorhandenen Datenquellen zu integrieren?
Übungsaufgaben 245

8. Erläutern Sie die Begriffe „Round Trip“, „Punch Out“ und „Punch Out Chaining“
und visualisieren Sie die entstehenden Kommunikationsbeziehungen anhand einer
Grafik. In welchen Fällen macht der Einsatz der beschriebenen Mechanismen Sinn?

9. Erläutern Sie den Unterschied zwischen strukturierter und unstrukturierter Beschaf-


fung, indem Sie die konkrete Beschaffungssituation eines fiktiven Unternehmens
beschreiben.

10. Die mobile Unterstützung von Geschäftsprozessen gewinnt in der heutigen Zeit mehr
und mehr an Bedeutung. Auf welche Art können E-Procurement-Prozesse mobil un-
terstützt werden?

11. Funktionen im E-Procurement lassen sich auf die Prozessbereiche Beschaffungsma-


nagement, Transaktionsunterstützung und Marketmaking aufteilen. Geben Sie für
jeden dieser Bereiche vier Beispiele für die Unterstützung durch E-Procurement-Lö-
sungen.

12. Erläutern Sie anhand eines fiktiven Beispiels das allgemeine Prinzip hinter eTrack-
ing-Prozessen. Welche Arten von Informationen werden für einen durchgängigen
Einblick in den Lieferstatus benötigt?

13. Erläutern Sie die Funktionsweise des Gutschriftverfahrens. Was sind die besonde-
ren Vorteile dieser Art des ePayment?

14. Erstellen Sie eine Kosten/Standard-Matrix für das Beschaffungsmanagement eines


Fünf-Sterne-Hotels.

15. Erstellen Sie eine Wert/Risiko-Matrix für ein fiktives mittelständisches Unterneh-
men, das Fahrräder herstellt. Welche E-Procurement-Lösung(en) kommen für wel-
che Produkte in Frage?

16. Erstellen Sie eine Strategie/Automatisierungspotenzial-Matrix für einen Automobil-


hersteller. Welche E-Procurement-Lösung(en) kommen für welche Produkte in
Frage?

17. Welche technischen Anforderungen sollte ein Lieferant im E-Procurement erfüllen?


Inwiefern hängen diese Anforderungen von der gewählten Systemlösung (Sell-Side,
Buy-Side, Marketplace) ab?

18. Erläutern Sie den Unterschied zwischen eSupply Chain Management (eSCM) und e-
Supplier Relationship Management (eSRM).
246 Die Grundlagen des E-Procurement

19. Grenzen Sie aktives und passives eSourcing voneinander ab. Erläutern Sie zudem,
für welche der beiden Formen die Beschaffungs-Homepage eine wichtige Rolle spielt
und nennen Sie die Elemente, durch die sich eine Beschaffungs-Homepage auszeich-
net.

20. Nennen Sie die generellen Ziele von Online-Auktionsverfahren und erläutern Sie die
vier Phasen von Online-Auktionsverfahren im Beschaffungsmarketing.

21. Beschreiben Sie die fünf Ebenen, auf denen sich die Nutzenpotenziale von RFID-
Technologien manifestieren. Geben Sie für jede Ebene ein Praxisbeispiel, welches
die Vorteile gegenüber alternativen Lösungen (z. B. Barcodes) veranschaulicht.

22. Welche Beziehungsstrategien (zwingend vs. kollaborativ) bieten sich für das Ma-
nagement der Lieferanten der in den Aufgaben 15 und 16 identifizierten Produkte an?

23. Beschreiben Sie den Ablauf eines Online-Ausschreibungsverfahrens zur Beschaf-


fung von Werkzeugmaschinen. Für welche Produkte bieten sich Ausschreibungen und
Auktionen im Allgemeinen an?

24. Für welche der in den Aufgaben 15 und 16 identifizierten Produkte bietet sich für
das jeweilige Unternehmen eine Teilnahme an Online-Beschaffungsgemeinschaften
an?

25. In welchen Bereichen bietet es sich für die aus den Aufgaben 15 und 16 bekannten
Unternehmen an, auf Online-Beschaffungsagenten zurückzugreifen? Aus welchen
Gründen sind in Sachen E-Procurement viele Unternehmen auf fremde Hilfe ange-
wiesen?

26. Was sind die zentralen Risikofaktoren bei der Implementierung eines E-Procure-
ment-Projektes, die bei dem Zusammenspiel zwischen Technik und handelnden Akt-
euren auftreten können?

27. Was sind die zentralen Erfolgsfaktoren bei der Implementierung von E-Procurement
und wie hängen diese zusammen?

28. Erläutern Sie den Sinn und Zweck von Unternehmens-, Produkt-, Lieferanten- und
Prozessanalyse. Warum ist die Analysephase für den langfristigen Erfolg eines E-Pr-
ocurement-Projektes unabdingbar?

29. Grenzen Sie E-Procurement-Implementierungsprojekte von anderen Projekten im


Bereich des E-Business ab.
Übungsaufgaben 247

30. Beschreiben Sie die optimale Projektorganisation und Teamzusammensetzung für


ein E-Procurement-Projekt und visualisieren die zwischen den einzelnen Personen
bzw. Personengruppen bestehenden Abhängigkeiten. In welchen Fällen macht es
Sinn, das Team durch einen externen Berater zu ergänzen?

31. Aus welchem Grund sollte eine E-Procurement-Lösung zunächst in Form eines Pi-
lotsystems eingeführt werden? Welche zusätzlichen Schritte sind nach Einführung des
Pilotsystems bis zum unternehmensweiten Roll-Out noch notwendig?

32. Erläutern Sie anhand von fünf kurzen Beispielszenarien, welche Gründe für das
Scheitern eines E-Procurement-Projektes verantwortlich sein können.

33. Warum darf ein E-Procurement-System auch nach erfolgreicher Implementierung


niemals „ruhen“? Geben Sie Beispiele für technologische Entwicklungen, die die
Aktualisierung einer E-Procurement-Lösung notwendig machen könnten.

34. Erläutern Sie allgemein das Prinzip des Dropshipping. Worin bestehen aus Sicht
eines E-Procurement-Anbieters die besonderen Vorteile und Risiken bei Nutzung von
Dropshipping?

35. Diskutieren Sie die Potenziale von künstlicher Intelligenz (KI) im Bereich der elekt-
ronischen Beschaffung. In welchen Teilbereichen des E-Procurement verspricht diese
technologische Entwicklung Ihres Erachtens die meisten Chancen? Begründen Sie
Ihre Antwort.

36. Was versteht man unter dem Begriff „Cognitive Sourcing“? Welche Rolle kommt
hierbei der Qualität von Daten als Inputfaktor zu?

37. In den letzten Jahren haben sich zunehmend sog. E-Procurement-Marketplaces ent-
wickelt. Erläutern Sie kurz, worum es sich dabei handelt. Diskutieren Sie anschlie-
ßend, warum etablierte B2C-Marktplätze wie z. B. Amazon auch zunehmend in das
B2B-Marktplatz-Geschäft drängen.
248 Die Grundlagen des E-Procurement

Klausuraufgaben

1. Klausuraufgabe: „Knüllermilch“
Die Molkerei „Knüllermilch“ ist Hersteller von Frisch- und H-Milch. Der Leiter der Ein-
kaufsabteilung, Herr Kefir, ist für die Beschaffung von Rohmilch verantwortlich, die – bis-
her problemlos – über bestehende Lieferverträge mit lokalen Landwirten abgewickelt
wurde. Allerdings laufen in seiner Abteilung fast täglich papierbasierte Bestellanforderun-
gen von Büromaterial und Reinigungsmitteln aus anderen Abteilungen ein, die seine Mit-
arbeiter ggf. genehmigen und zu wöchentlichen telefonischen Sammelbestellungen bei vie-
len verschiedenen Lieferanten zusammenfassen. Als der Geschäftsführer Dr. Zuckertz be-
schließt, neben den klassischen Milchsorten nun auch aromatisierte Produkte auf den
Markt zu bringen, kommt eine weitere Herausforderung für die Einkaufsabteilung hinzu,
da die dafür benötigten Aromastoffe ebenfalls eingekauft werden müssen. In Hinblick auf
das Chaos in der Einkaufsabteilung bittet Dr. Zuckertz Sie als Unternehmensberater,
genau zu untersuchen, in welchem Rahmen für „Knüllermilch“ eine Einführung eines
Desktop-Purchasing-Systems (DPS) mit Multi Supplier Product Catalogue (MSPC) Sinn
geben würde.
(a) Beschreiben Sie kurz, was man unter einem DPS mit MSPC versteht. Argumentieren
Sie, welche der genannten Güter die Firma „Knüllermilch“ über ein solches System
einkaufen sollte und welche nicht.
(b) Nennen Sie drei Möglichkeiten, das DPS mit Katalogdaten zu versorgen. Welche tech-
nischen Anforderungen an die aktuellen Lieferanten von „Knüllermilch“ würden diese
jeweils mit sich bringen?
(c) Mit der Einführung von E-Procurement geht eine Veränderung der Rolle der Ein-
kaufabteilung von „Knüllermilch“ einher. Inwieweit werden sich die neuen Aufgaben
von Herrn Kefir und seinem Team von den aktuellen Aufgaben unterscheiden? Nennen
Sie Beispiele und differenzieren Sie dabei zwischen strategischen, taktischen und ope-
rativen Aufgaben.

2. Klausuraufgabe: „Stadt Essen“


Der Bürgermeister von Essen, Dr. Kliener, sieht sich mit einem enormen Dilemma konfron-
tiert, da der unausgeglichene Haushalt der Stadt korrigiert werden muss. Anstatt Kosten
im Bildungs- und Kulturbereich einzusparen (was seine Wiederwahl gefährden würde),
entscheidet er sich, die eigenen Beschaffungsprozesse zu verbessern, um der Finanzkrise
zu entkommen. Analysen des Beratungsunternehmens McAllknow belegen, dass ein Groß-
teil der Beschaffungskosten der Stadt auf sog. MRO-Güter zurückzuführen ist, die die Stadt
Klausuraufgaben 249

von einer Vielzahl von Lieferanten bezieht. Außerdem ergaben interne Analysen, dass teil-
weise eine Reduktion der Prozesskosten von bis zu 90 % möglich wäre (z. B. bei öffentli-
chen Ausschreibungen). Darüber hinaus erhofft Dr. Kliener sich einen positiven Kommu-
nikationseffekt, wenn er die Vision eines „E-Government in Essen“ verkünden könnte. Vor
dem Start des Projektes fragt Dr. Kliener Sie als seinen persönlichen Assistenten, sich den
folgenden Aspekten zu widmen:
(a) Was unterscheidet indirekte von direkten Gütern allgemein und inwiefern eignen sich
beide Gütergruppen für das E-Procurement? Inwieweit spielt der Einkauf von indirek-
ten und direkten Gütern bzw. Dienstleistungen in Bezug auf das Beispiel „Behörde“
eine Rolle? Geben Sie Beispiele.
(b) Welche E-Procurement-Lösung (Sell-Side, Buy-Side, Marketplace) käme für die Stadt
Essen Ihrer Ansicht nach in Frage? Bitte begründen Sie Ihren Vorschlag und beschrei-
ben Sie die Voraussetzungen für mögliche Lieferanten, die sich aus Ihrem Lösungssze-
nario heraus ergeben.
(c) Welche Probleme könnten bei der Einführung eines E-Procurement-Systems für die
Stadt Essen auftauchen? Geben Sie Beispiele und machen Sie Vorschläge, wie man der-
artigen Risiken vorbeugen kann.

3. Klausuraufgabe: „ChaoTech GmbH“


Die „ChaoTech GmbH“ ist ein schnell expandierendes Unternehmen mit Sitz in Essen,
dessen wichtigstes Geschäftsfeld der Direktvertrieb von Personalcomputern ist. Die Bau-
teile der Computer werden bei verschiedenen Lieferanten eingekauft und in den Essener
Produktionshallen dann lediglich zusammengesetzt. Der Leiter der Einkaufsabteilung,
Herr Dolmetsch, beschaffte die Bauteile bisher – je nach aktueller Preislage – bei verschie-
denen Zulieferern, meist telefonisch oder über deren Webseiten. Zur Vermeidung von Eng-
pässen wurde eine gewisse Menge eines jeden Bauteils zudem auf Lager gehalten, da die
Lieferanten oft verspätet oder gar nicht lieferten. Aufgrund der starken Expansion des
Unternehmens kam es in letzter Zeit allerdings vermehrt zu Streitigkeiten zwischen Ver-
trieb, Produktion und Einkauf, da benötigte Bauteile nicht mehr auf Lager waren und –
entgegen der aktuellen Angebote und Kundenwünsche – durch Komponenten anderer Her-
steller ersetzt wurden. Zusätzliches Chaos in der Einkaufsabteilung entstand durch häufige
Reklamationen von defekt gelieferten Festplatten und Speicherbausteinen, für die sich Herr
Dolmetsch jeweils per Post oder Telefon an die betroffenen Lieferanten wenden musste.
Für den Geschäftsführer Dr. Mell ist klar, dass sich in Hinblick auf die Einkaufsprozesse
seines Unternehmens einiges tun muss. Vor diesem Hintergrund bittet Dr. Mell Sie als
E-Procurement-Spezialisten, genau zu untersuchen, in welchem Rahmen elektronische
Prozesse die „ChaoTech GmbH“ vor dem langfristigen Aus bewahren können. Dabei warf
er zwei Konzepte in den Raum, von denen er von einem Geschäftskollegen gehört hatte:
Desktop Purchasing und eSupply Chain Management.
250 Die Grundlagen des E-Procurement

(a) Erläutern Sie den Unterschied zwischen einem Desktop-Purchasing-System (DPS) und
einer Lösung für das eSupply Chain Management (eSCM). Gehen Sie dabei auf die
Rolle der zu beschaffenden Produkte im Wertschöpfungsprozess des Unternehmens, auf
die Rolle der eigenen Mitarbeiter und auf die Rolle der Lieferanten ein.
(b) Argumentieren Sie anhand der im Text beschriebenen Probleme, welches der beiden
Lösungskonzepte (DPS oder eSCM) sich für die „ChaoTech GmbH“ anbietet. Erläutern
Sie dabei, inwiefern die von Ihnen vorgeschlagene Lösung die Einkaufsprozesse verbes-
sern würde.
(c) Inwieweit wäre es sinnvoll, das System mit einem Lieferantenbewertungsmodul auszu-
statten? Illustrieren Sie den möglichen Einsatz eines solchen Moduls anhand der Be-
ziehungen zwischen Lieferant, Lieferantenbewertungsmodul und den beteiligten Abtei-
lungen der „ChaoTech GmbH“.

4. Klausuraufgabe: „Schwarz AG“


Die „Schwarz AG“ möchte in ihrem neuen Werk im Taunus mit der Produktion einer völlig
neuartigen Kaffeemaschine namens FANTASSIMO beginnen, mit der man durch einfachen
Knopfdruck verschiedene Heißgetränke zubereiten kann. Das FANTASSIMO-System er-
kennt den Strichcode auf den im Handel erhältlichen, den Grundstoff für das Heißgetränk
enthaltenden F-DISCS, stellt sich automatisch auf das jeweilige Getränk ein und garan-
tiert so stets höchsten Trinkgenuss. Die „Schwarz AG“ beschäftigt in ihrem neuen Werk
insgesamt 400 Angestellte, von denen knapp die Hälfte in der Produktion beschäftigt ist.
Herr Jakobs, der Einkaufsleiter der „Schwarz AG“, wird damit beauftragt, die Einkaufs-
prozesse des neuen Werkes zu gestalten. Dabei geht es um den Einkauf von Kunststoff-
granulaten, Reinigungsmitteln, elektrischen Pumpen, Büromaterialien, Styropor, Strich-
code-Lesern, Kartons, Netzteilen, Metallschrauben, Heizstäben, Temperatursensoren,
Plastikfolien und verschiedenen Kabeln. Hinzu kommen Steuerungsplatinen für die FAN-
TASSIMO, die von einem bereits bestehenden Partnerunternehmen der „Schwarz AG“ pro-
duziert werden. Da der derzeitige Geschäftsführer Dr. Braun in den bestehenden Werken
sehr schlechte Erfahrungen mit der Lagerhaltung gemacht hat, hat er Herrn Jakobs in
Hinblick auf das neue Werk angewiesen, eine Lagerhaltung von beschafften Gütern so
weit wie möglich zu minimieren und die entsprechenden Beschaffungsprozesse weitestge-
hend elektronisch zu unterstützen. Da Herr Jakobs bisher ausschließlich im klassischen
Beschaffungsmanagement tätig war, ist die konkrete Ausgestaltung elektronischer Beschaf-
fungsprozesse absolutes Neuland für ihn. Vor diesem Hintergrund holt er Sie als Spezia-
listen für E-Business-Lösungen mit an Bord.
(a) Nutzen Sie ein bekanntes Verfahren zur Produktanalyse (z. B. Wert/Risiko-Matrix oder
Strategie-/Automatisierungspotenzial-Matrix), um die zu beschaffenden Produkte in
Produktgruppen einzuteilen (graphische Lösung). Argumentieren Sie anschließend, für
welche Produkte sich aus welchen Gründen welche Art von E-Procurement-Lösung
anbietet.
Klausuraufgaben 251

(b) Erläutern Sie, welche Voraussetzungen die jeweiligen Lieferanten in Hinblick auf die
von Ihnen vorgeschlagenen E-Procurement-Lösungen mit sich bringen müssen. Gehen
Sie dabei zum einen auf informationstechnische, zum anderen aber auch auf betriebs-
wirtschaftliche (die Art der Zusammenarbeit und das gelieferte Produkt betreffende)
Voraussetzungen ein.
(c) Als neu errichtete Produktionsstätte verfügt das Werk im Taunus über keine etablier-
ten Beschaffungsprozesse. Argumentieren Sie, inwiefern diese Tatsache hinsichtlich
der Implementierung elektronischer Beschaffungsprozesse als Vor- oder Nachteil zu
werten ist.

5. Klausuraufgabe: „Hüpfer GmbH“


Die „Hüpfer GmbH“ ist einer der führenden deutschen Fachverlage in den Bereichen
Informatik, Wirtschaftsinformatik und Betriebswirtschaftslehre. Der Verlag beschäftigt
insgesamt rund 600 Mitarbeiter an drei Standorten (Berlin, Heidelberg und Wiesbaden).
Vor dem Hintergrund einer durch verschiedene Akquisitionen kleiner Verlage bedingten
grundlegenden Neustrukturierung des Unternehmens möchte der Geschäftsführer der
„Hüpfer GmbH“, Dr. Alex Hüpfer, auch die bestehenden Beschaffungsprozesse auf mögli-
che Kosteneinsparungen überprüfen. Er bittet daher den Chef seiner Einkaufsabteilung,
Herrn Löffler, einen Plan zu erarbeiten, wie man die Beschaffungsprozesse des Verlages
effizienter gestalten könnte. Beschafft werden sollen u. a. Büromaterialien, Computer,
Reinigungsmittel, Drucker, Büromöbel, Dienstwagen, Immobilien und IT-Zubehör. Außer-
dem vergibt der Verlag immer wieder kleinere Druckaufträge an verschiedene Druckereien.
Herr Löffler hat von einem Lektor im Wirtschaftsinformatik-Bereich von sog. E-
Procurement-Lösungen gehört, die die Beschaffung angeblich revolutionieren könnten.
Da Herr Löffler bisher ausschließlich im klassischen Beschaffungsmanagement tätig war,
ist die konkrete Ausgestaltung elektronischer Beschaffungsprozesse allerdings absolutes
Neuland für ihn. Vor diesem Hintergrund holt er Sie als Spezialisten für E-Business-
Lösungen mit an Bord. Zusammen diskutieren Sie den Einsatz eines nachfragerseitigen
Desktop-Purchasing-Systems (DPS).
(a) Argumentieren Sie anhand einer Wert/Risiko-Matrix (grafische Lösung!), welche der
genannten Produkte die „Hüpfer GmbH“ über Desktop Purchasing beschaffen sollte
und bei welchen Produkten sich eher der Einsatz von eSourcing (d. h. Ausschreibun-
gen und Auktionen) anbieten würde. Erklären Sie Herrn Löffler ferner, warum der
Einsatz von eSupply Chain Management im Falle der „Hüpfer GmbH“ keinen Sinn
macht.
(b) Während der Diskussion kommt die Frage auf, inwiefern es sinnvoll ist, das DPS über
XML-Schnittstellen auf einen auf MRO-Material spezialisierten Marktplatz („E-Com-
merce-Hub“) zugreifen zu lassen. Erläutern Sie jeweils einen zentralen Vorteil, der sich
für die „Hüpfer GmbH“ dadurch in Hinblick auf (a) den Austausch von Katalogdaten
und (b) die Übermittlung von Bestellungen ergeben würde.
252 Die Grundlagen des E-Procurement

(c) Um sich endgültig für oder gegen die Einführung eines DPS zu entscheiden, möchte Herr
Löffler den Wert berechnen, den diese E-Procurement-Lösung für die „Hüpfer GmbH“
mit sich bringt. Beschreiben Sie kurz die drei Komponenten, aus denen sich dieser Wert
berechnet, und geben Sie Herrn Löffler für jede Komponente zwei Beispiele aus seinem
eigenen Unternehmen.

6. Klausuraufgabe: „Busch AG“


Die „Busch AG“ möchte in ihrem neuen Werk im Schwarzwald mit der Produktion einer
völlig neuartigen Kaffeemaschine namens CAPPUMAT beginnen, mit der man durch ein-
fachen Knopfdruck verschiedene Heißgetränke zubereiten kann. Die „Busch AG“ beschäf-
tigt in ihrem neuen Werk insgesamt 400 Angestellte, von denen knapp die Hälfte in der
Produktion beschäftigt ist. Herr Jakobs, der Einkaufsleiter der „Busch AG“, wird damit
beauftragt, die Einkaufsprozesse des neuen Werkes zu gestalten. Dabei geht es um den
Einkauf von verschiedenen Kunststoffgranulaten, Reinigungsmitteln, Schreibmaterialien,
Produktionsmaschinen, Verpackungsmaterialien, Dienstfahrzeugen, Drucker-Verbrauchs-
materialien, Metallschrauben und Kabeln. Hinzu kommen verschiedene elektronische Bau-
teile, die in Zusammenarbeit mit Partnerunternehmen der „Busch AG“ exklusiv für den
CAPPUMAT produziert werden sollen. In den bereits bestehenden Werken der „Busch AG“
werden elektronische Bauteile in der Regel strukturiert und hochautomatisiert über EDI
beschafft, während MRO-Materialien unstrukturiert und manuell über klassische Papier-
kataloge und Telefon/Fax beschafft werden. Der Geschäftsführer der „Busch AG“, Dr.
Dallmaier, hat Herrn Jakobs in Hinblick auf das neue Werk allerdings angewiesen, die
entsprechenden Beschaffungsprozesse mit Hilfe internetbasierter Systemlösungen völlig
neu zu gestalten. Da Herr Jakobs bisher ausschließlich im klassischen Beschaffungsma-
nagement tätig war, ist die konkrete Ausgestaltung derartiger Beschaffungsprozesse ab-
solutes Neuland für ihn. Vor diesem Hintergrund holt er Sie als E-Business-Absolventen
der Universität Duisburg-Essen und somit Spezialisten für E-Procurement-Lösungen mit
an Bord.
(a) Nutzen Sie die Strategie/Automatisierungspotenzial-Matrix von KPMG, um die zu be-
schaffenden Produkte in Produktgruppen einzuteilen (graphische Lösung). Argumen-
tieren Sie anschließend, für welchen Quadranten der Matrix sich aus welchen Grün-
den welche Art von E-Procurement-Lösung anbietet. Während der Diskussion kommt
die Frage auf, inwiefern es sinnvoll ist, das DPS über XML-Schnittstellen auf einen
auf MRO-Material spezialisierten Marktplatz („E-Commerce-Hub“) zugreifen zu las-
sen. Erläutern Sie Herrn Jakobs jeweils einen zentralen Vorteil, der sich für die
„Busch AG“ dadurch in Hinblick auf (a) den Austausch von Katalogdaten und (b) die
Übermittlung von Bestellungen ergeben würde.
(b) Argumentieren Sie, welche Art von E-Procurement-Lösung man in dem neuen Werk
anstelle von EDI bzw. anstelle klassischer Papierkataloge und Telefon/Fax jeweils
Klausuraufgaben 253

einsetzen sollte. Gehen Sie bei ihrer Argumentation insbesondere auf die Anforderun-
gen an die jeweilige Systemlösung ein, die den vormals automatisierten bzw. manuel-
len Beschaffungsprozess ersetzt.
(c) Herr Jakobs hat gehört, dass es sinnvoll ist, sich in Hinblick auf die MRO-Materialien
mit Produktidentifikationsstandards, Klassifikationsstandards und Katalogaustausch-
formaten zu beschäftigen. Erläutern Sie ihm anhand eines Beispiels aus seinem eige-
nen Unternehmen, welchen Zweck diese drei Arten von Standards jeweils erfüllen.

7. Klausuraufgabe: „Hempell‘s Germany GmbH“


Die „Hempell‘s Germany GmbH“, Tochter des Mutterkonzerns Hempell‘s Soup Inc. mit
Sitz in Lübeck ist deutscher Marktführer für Fertiggerichte aller Art. Der Schwerpunkt des
Unternehmens liegt auf Suppen und Eintöpfen, die im Lübecker Hauptwerk produziert wer-
den. Weitere Standorte befinden sich in Hamburg, Kiel, Osnabrück und Essen. Das Unter-
nehmen hat deutschlandweit 15.000 Mitarbeiter. Die Nudeln für die Vielzahl der in Lübeck
produzierten Nudeleintöpfe bezieht Hempell‘s bislang unterstützt durch EDI-Technologien
von der Zirkel AG, wobei man sich jedoch darauf geeinigt hat, die EDI-Systeme aufgrund
ihrer Kostenintensivität abzuschaffen. Die „Hempell‘s Germany GmbH“ hat in unregel-
mäßigen Abständen immer wieder Bedarf an neuen Produktionsmaschinen, die während
des Betriebs spezielle Schmierstoffe und Ersatzteile benötigen. Die tägliche Reinigung der
Produktionsanlagen erfolgt mit Standardreinigungsmitteln, die die Produktionsabteilung
bislang bei dem gerade günstigsten Anbieter telefonisch nachbestellt, wenn sich der Vorrat
dem Ende neigt. Gleiches gilt für das Metall zur Dosenproduktion, welches im Vergleich
zu den Reinigungsmitteln aber immens viel Lagerfläche beansprucht. Über das Jahr hin-
weg produziert Hempell‘s verschiedene Gerichte, wobei Gemüse und Kartoffeln immer
frisch von einem Großhändler, mit dem Hempell’s sehr eng zusammenarbeitet, kommen.
Geordert wird bislang telefonisch. Einmal im Jahr wird an drei hintereinander folgenden
Tagen der Eintopf „Grüne Bohne“ produziert, wobei die dafür nötigen Bohnen jedes Jahr
aufgrund der stark schwankenden Preise von einem anderen Lieferanten kommen. Büro-
material wird papierbasiert und unstrukturiert über die Beschaffungsabteilung bestellt,
wobei man sich auch in Zukunft nicht auf nur einen Anbieter beschränken möchte. Die
Geschäftsführung holt Sie als E-Business-Absolventen der Universität Duisburg-Essen
und somit passenden Berater nach Lübeck, um Verbesserungspotenziale in der Beschaf-
fung aufzudecken.
(a) Positionieren Sie alle Beschaffungsgüter von „Hempell‘s Germany GmbH“ sowohl in
der Strategie/Automatisierungspotenzial-Matrix als auch in der Wert/Risiko-Matrix.
Geben Sie für jeden Quadranten auch die Systemlösung an, die die jeweilige Matrix vor-
sieht.
(b) Argumentieren Sie anhand der erstellten Matrizen, welche Güter Hempell’s nun tat-
sächlich auf welche Art und Weise beschafft sollte. Machen Sie konkrete Vorschläge
für die Ausgestaltung der Systemlösungen und Lieferantenbeziehungen.
254 Die Grundlagen des E-Procurement

(c) Um abzuschätzen, ob sich die Implementierung eines Desktop Purchasing-Systems


(DPS) rechnet, greifen Sie auf die Formel „Preisvorteile plus Transaktionskostenvor-
teile minus Implementierungskosten“ zurück. Geben Sie jeweils zwei Beispiele, an wel-
chen Stellen sich Preisvorteile, Transaktionskostenvorteile und Implementierungskos-
ten ergeben könnten, wenn „Hempell‘s Germany GmbH“ ein DPS einführt.

8. Klausuraufgabe: „Gentlemen GmbH“


Die „Gentlemen GmbH“ ist ein expandierendes Unternehmen, das hochwertige Acces-
soires für den modernen Geschäftsmann herstellt. Die Produktpalette reicht von qualitativ
hochwertigen Krawatten und Fliegen bis hin zu den dazu passenden Einstecktüchern, aus-
gefallenen Manschettenknöpfen, Schnürsenkeln, Gürteln und Anzugsocken. Der Hauptsitz
des Unternehmens befindet sich in Düsseldorf, seit kurzem gibt es allerdings auch Filialen
in Essen und Köln und weitere Niederlassungen in ganz Deutschland sollen folgen. Der-
zeit produziert die „Gentlemen GmbH“ noch in Deutschland vor Ort, sodass jede Filiale
ihre eigene Produktionsstätte hat. Somit ist es den Geschäftsführern Herrn Schick und
Herrn Lang aktuell möglich, die Qualitätskontrollen eigenständig durchzuführen. Um
Produktionskosten zu sparen, denken sie allerdings darüber nach, die Produktion zukünf-
tig nach China auszulagern. Die Materialien wie Stoffe und Nähgarne, genauso wie Näh-
maschinen und Nähmaschinenzubehör, die immer wieder benötigt werden, werden bereits
aus China bezogen. Aktuell verwenden die Mitarbeiter der Einkaufsabteilung sehr viel
Zeit für wiederkehrende Aufgaben, so z. B. mit dem Verbuchen von Beschaffungsanträgen
und der Suche nach Lieferanten. Derzeit läuft die Beschaffung über klassische Papierka-
taloge und über Telefon oder Fax. Aufgrund dessen benötigt das Unternehmen aktuell
enorme Zeitressourcen für den Beschaffungsprozess, welcher zudem relativ kostspielig ist.
Auch um den zukünftig wachsenden Bedarf an Beschaffungsgütern der „Gentlemen
GmbH“ decken zu können, denken Herr Schick und Herr Lang darüber nach, den Be-
schaffungsprozess zu automatisieren. Allerdings verfügen sie nur über sehr begrenzte
Kenntnisse aus dem Bereich E-Procurement. Deswegen holen die Geschäftsführer Sie als
Spezialisten für E-Business-Lösungen mit an Bord, um ihnen bei den ersten Schritten der
Einführung eines elektronischen Beschaffungsprozesses Hilfestellung zu leisten. Dabei
werden insbesondere die folgenden Aufgaben an Sie herangetragen:
(a) Zunächst führen Sie eine Produktanalyse der zu beschaffenden Güter der „Gentlemen
GmbH“ durch. Dabei stellen Sie fest, dass das Unternehmen zwei unterschiedliche
Arten von Beschaffungsgütern benötigt. Grenzen Sie zunächst direkte Güter und indi-
rekte Güter theoretisch voneinander ab. Nehmen Sie im Anschluss Bezug auf das Fall-
beispiel und erläutern Sie, welche Beschaffungsgüter der „Gentlemen GmbH“ den di-
rekten und welche den indirekten Gütern zuzuordnen sind.
Klausuraufgaben 255

(b) Unternehmen gehen auch im E-Procurement zunehmend langfristige Online-Ge-


schäftsbeziehungen ein. Dies wollen Sie auch den Geschäftsführern der „Gentlemen
GmbH“ deutlich machen. Erläutern Sie deshalb die vier Ziele, die sich für eine dau-
erhafte Online-Lieferantenbeziehung ableiten lassen. Argumentieren Sie zudem, wel-
ches Ziel für die „Gentlemen GmbH“ am Wichtigsten erscheint.
(c) Zudem kommt Ihnen in den Sinn, dass es hilfreich wäre, sogenannte Smart Chips zu
verwenden, um mittels RFID die Lagerbestände automatisiert elektronisch zu erfassen.
Nennen und erläutern Sie vier Nutzenpotenziale von RFID.

9. Klausuraufgabe: „Pulver AG“


Ein in NRW stationierter Werkstoffhersteller, die Pulver AG, ist seit 2015 im Dax vertre-
ten. Ihr Kerngeschäft liegt in der Herstellung von Polymeren und Polycarbonaten. Im
letzten Jahr erwirtschaftete das Unternehmen einen Umsatz von 16,5 Milliarden Euro.
Die Kunden der international agierenden AG sind Produzenten von Schaum-und Dämm-
stoffen, in Fahrzeugen, Baumaschinen- und Elektronikgeräten. Im vergangenen Jahr kün-
digte die Pulver AG eine innovative Digitalisierungsstrategie an. Auch die Entwicklung
einer digitalen B2B-Einkaufsplattform ist Teil der Digitalisierungsstrategie. Sie werden
nun als Unternehmensberater für dieses Projekt engagiert. Durch Interviews mit den An-
gestellten der Pulver AG und deren Kunden erhalten Sie folgende Informationen: Die Be-
stellvorgänge laufen zumeist noch per Fax, Telefon und E-Mail. Die Kunden haben Prob-
leme mit der Höhe ihrer Lagerbestände und der Lagerbestandsplanung. Aufgrund von
fehlender Transparenz der Liefervorgänge und Lieferzeiten und beklagen sie sich zudem
über die schlechte Erreichbarkeit der zuständigen Mitarbeiter und die lange Bearbei-
tungsdauer sowie viele Fehler in Bestellungen. Der Hauptteil an Kunden sitzt in den USA,
China und Taiwan, diese stellen sich als recht digitalaffin heraus und können mit dem
bisher einmal jährlich per Post versandten Produktkatalog wenig anfangen, da häufig
aufgeführte Produkte schon verkauft sind, wenn der Katalog weltweit bei den Kunden ein-
trifft und dieser, laut ihrer Aussagen, recht unübersichtlich sei. Außerdem werden in
China die analogen Faxanschlüsse nächstes Jahr abgestellt. Angesichts dieser großen
Herausforderungen ist Ihre Expertise als E-Business Experte/in bei den folgenden kon-
kreten Problemstellungen gefragt:
(a) Welche Systemlösung empfiehlt sich bei Einführung einer ersten Digitalen B2B-Platt-
form der Pulver AG? Begründen Sie Ihre Entscheidung anhand einer Beschreibung
dieser Lösung und kurzen Abgrenzung zu anderen Systemlösungen.
(b) Nach einer erfolgreichen Go-Live-Phase hat sich die neue Online-Plattform bei den
Kunden etabliert und 92 % aller Kunden bestellen hierüber. Als Folge kam die Über-
legung auf, dass Kunden neben den hauseigenen Polymeren und Polycarbonaten auch
Elektrobauteile oder Farbstoffe benötigen könnten. Diesen Bedarf kann die Pulver AG
selber nicht decken und sucht nun nach einer Lösung hinsichtlich der Transformation
256 Die Grundlagen des E-Procurement

des derzeitigen Geschäftsmodells. Erläutern Sie, weshalb eine entsprechende Anpas-


sung der Systemlösung nach der Go-Live-Phase sinnvoll sein könnte. Beschreiben Sie
die durch die Transformation des Geschäftsmodells veränderte Rolle der Pulver AG.
Ergänzen Sie dazu die entsprechenden Begrifflichkeiten im interaktiven Lückentext.
(c) Ordnen Sie die Situationen vor und nach der Transformation des Geschäftsmodells
den verschiedenen Stufen der eCollaboration zu. Geben Sie zu der von Ihnen getroffe-
nen Zuordnung jeweils eine kurze Begründung.
Literatur zum Kapitel (Auswahl) 257

Literatur zum Kapitel (Auswahl)

Andreßen, T. (2010): Erfolgreiches strategisches Management des E-Procurement, in:


Bogaschewsky, R./Eßig, M./Lasch, R./Stölzle, W. (Hrsg.): Supply Management
Research – Aktuelle Forschungsergebnisse 2009, Wiesbaden, S. 291-312.
Barata, J./ Cunha, P.R. (2016): Mobile Supply Chain Management: Moving Where?, in:
Proceedings of the 13th European, Mediterranean and Middle Eastern Conference
on Information Systems (EMCIS), S. 1–13.
Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik (BME) e.V. (2015): eSO-
LUTIONS Report 2015: Procurement, Sourcing, Integration, https://shop.bme
.de/products/esolutions-report-2015, Zugriff am 14.02.2019.
Dolmetsch, R. (2000): eProcurement – Einsparungspotentiale im Einkauf, München.
Elter, C. (2014): Rechnung stellen – Umsatz sichern: Alle Vorschriften mit Tipps und
Beispielen, Wiesbaden.
Fernandes, T./Vieira, V. (2015): Public e-procurement impacts in small-and medium-
enterprises, in: International Journal of Procurement Management, Jg. 8, Nr. 5, S.
587-607.
Große-Wilde, J. (2004): SRM – Supplier Relationship Management, in: Wirtschaftsin-
formatik, Jg. 46, Nr. 1, S. 61-63.
Hartner, A. (2008): e-Procurement, Saarbrücken.
Hentrich, J. (2001): B2B-Katalog-Management. E-Procurement und Sales im Collabora-
tive Business, Bonn.
Kemkes, S. (2015): E-Commerce. Möglichkeiten und Grenzen von Multichannel-Marke-
ting und E-Logistiksystemen, Hamburg.
Kleinecken, A. (2004): eProcurement, in: Wannenwetsch, H./Nicolai, S. (Hrsg.): E-
Supply Chain Management, Wiesbaden, S. 90-118.
Koppelmann, U./Brodersen, K./Volkmann, M. (2001): Electronic Procurement im Be-
schaffungsmarketing, in: WiSt, Nr. 2, S. 81.
Laga, G. (2013): Fünf Thesen zur E-Rechnung, in Laga, G. (Hrsg.): Handbuch E-Rech-
nung und E-Procurement – Rechtliche und technische Rahmenbedingungen, Wien,
S. 9-34.
Leukel, J. (2004): Katalogdatenmanagement im B2B E-Commerce, Lohmar.
Möhrstädt, D. G./Bogner, P./Paxian, S. (2001): Electronic Procurement planen, einfüh-
ren, nutzen, Stuttgart.
258 Die Grundlagen des E-Procurement

Nekolar, A. (2013): E-Procurement – Euphorie und Realität, Berlin.


Nenninger, M./Hillek, T. (2000): eSupply Chain Management, in: Lawrenz, O./Hilde-
brand, K./Nenninger, M. (Hrsg.): Supply Chain Management – Strategien, Konzepte
und Erfahrungen auf dem Weg zu E-Business Networks, Braunschweig, Wiesba-
den, S. 1-14.
Präuer A./ Thies, A. (2016): Digitalisierung und Cognitive Sourcing, https://beschaf-
fung-aktuell.industrie.de/einkauf/digitalisierung-und-cognitive-sourcing/, Zugriff
am 04.10.2018.
Preißner, A. (2002): Electronic Procurement in der Praxis, München.
Quantz, J./Wichmann, T. (2003): E-Business-Standards in Deutschland: Bestandsauf-
nahme, Probleme, Perspektiven. Ein Forschungsauftrag des Bundesministeriums
für Wirtschaft und Arbeit, Berlecon Research, Berlin.
Riemer, K./Klein, S. (2002): Supplier Relationship Management: Supplier Relationships
im Rahmen des Partnership Managements, in: Hildebrandt, K. (Hrsg.): HMD –
Praxis der Wirtschaftsinformatik: Supplier Relationship Management, Jg. 39, Nr.
228, S. 5-22.
Stoll, P.P. (2007): E-Procurement: Grundlagen, Standards und Situation am Markt, Wies-
baden.
Subramaniam, C./Shaw, M. J. (2004): The Effects of Process Characteristics on the Value
of B2B E-Procurement, in: Information Technology and Management, Jg. 5,
S. 161-180.
Tellkamp, C./Haller, S. (2005): Automatische Produktidentifikation in der Supply Chain
des Einzelhandels, in: Fleisch, E./Mattern, F. (Hrsg.): Das Internet der Dinge.
Ubiquitous Computing und RFID in der Praxis: Visionen, Technologien, Anwen-
dungen, Handlungsanleitungen, Berlin/Heidelberg, S. 225-249.
Wannenwetsch, H. (2002): E-Logistik und E-Business, Stuttgart.
Weber, W./ Kabst, R./ Baum, M. (2018): Einführung in die Betriebswirtschaftslehre, 10.
Aufl., Wiesbaden.
Weissgraeber, R. (2018): ATML3 Documentation, https://support.ax-semantics.com
/where-to-get-help-at-ax-semantics/documentation/atml3-documentation, Zugriff
am 04.10.2018.
Werner, H. (2017): Supply Chain Management: Grundlagen, Strategien, Instrumente und
Controlling, 6. Aufl., Wiesbaden.
Wirtz, B. W. (2018): Electronic Business, 6. Aufl., Wiesbaden.
Die Grundlagen des E-Shop 259

3. Die Grundlagen des E-Shop

Der E-Shop steht allgemein als Begriff für den elektronischen Verkauf von Produkten bzw.
Dienstleistungen durch ein Unternehmen über digitale Netzwerke. Damit erfolgt eine In-
tegration innovativer Informations- und Kommunikationstechnologien zur Unterstützung
bzw. Abwicklung von operativen, taktischen und strategischen Aufgaben im Absatzbe-
reich. Die zunehmende Akzeptanz elektronischer Medien bei den Nachfragern geht mit
einem wachsenden Angebot an Produkten und Dienstleistungen einher, die entweder teil-
weise oder sogar ausschließlich über das Internet durch diese „virtuellen Läden“ vertrieben
werden. Ein E-Shop ist somit ein „eigenständiges System aus Hard- und Software, das ei-
nem Händler erlaubt, seine Wirtschaftsgüter über Rechnernetze anzubieten, zu verkaufen
und gegebenenfalls zu vertreiben“ (Zwißler 2002, S. 32). Man kann also vereinfacht sagen,
dass ein E-Shop ein virtueller Verkaufsraum eines Unternehmens ist (s. Kapitel 1.3.1). Die
Grundidee des elektronischen Verkaufs ist also darin zu sehen, dass die Beziehung und die
verkaufsrelevanten Abläufe zwischen einem Unternehmen (Anbieter) und einem Kunden
(Nachfrager) über die mit Hilfe des Internets vernetzten Computer (s. Kapitel 1.2) und den
damit einhergehenden Rahmenbedingungen des elektronischen Informationsaustausches
(s. Kapitel 1.3) abgewickelt werden (s. Abb. 97).

Bedarfserkennung

Kunde
Informationssuche, -bereitstellung

Bestellung

Unternehmen Kunde

Bezahlung

Distribution
Kunde

After-Sales-Service

Abb. 97: Die Grundidee beim E-Shop

Der elektronische Verkauf (E-Commerce) über einen E-Shop unterscheidet sich vom re-
alen Verkauf dabei in drei wesentlichen Faktoren (Choi/Stahl/Whinston 1997, S. 16 ff.; s.
Abb. 97): Dazu gehört zunächst der Verkäufer (Shopanbieter) an sich, welcher Produkte
über das Internet absetzen möchte. Im traditionellen Sinne ist der Verkäufer im Laden

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019
T. Kollmann, E-Business, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26143-6_3
260 Die Grundlagen des E-Shop

physisch präsent, d. h. er ist „persönlich“ oder über Angestellte anwesend. Im elektroni-


schen Handel erfolgt ein Kontakt nur virtuell (s. Kapitel 1.3.1), d. h. der Shopbetreiber
braucht nicht persönlich anwesend zu sein, die Kundenkommunikation und der Verkaufs-
prozess finden aus Kundensicht über eine Mensch-Maschine-Beziehung im Rahmen der
individuellen Webseitennutzung statt. Außerdem kann das Produkt, mit dem gehandelt
wird, nicht nur physischer (z. B. Computer), sondern teilweise auch digitaler Natur sein
(z. B. Software). Dies hat Auswirkungen auf die zugehörigen Prozesse, denn im ersten
Fall wäre der virtuelle Verkauf auch mit einer realen Distribution als notwendige Unter-
stützungsleistung verbunden (s. Kapitel 1.4.1), während im zweiten Fall auch die Logistik
per Download rein elektronisch erfolgen kann. In Abhängigkeit dieser beiden Fälle können
sich E-Shops sehr unterschiedlich gestalten, wobei insbesondere die Digitalisierung des
Verkaufsraums immer gegeben sein muss, um vom elektronischen Verkauf sprechen zu
können. Im Endeffekt können aber dann sowohl physische Produkte, wie Bücher und Au-
dio-CDs genauso über E-Shops vertrieben werden, wie digitale Produkte (z. B. MP3-ko-
dierte Musikstücke oder Software).
Hintergrund für die Zunahme des Einsatzes elektronischer Informationstechnologien im
Absatzbereich und damit Kerntreiber für den E-Shop waren zahlreiche Probleme im realen
Verkauf, die mit Hilfe der elektronischen Informationsverarbeitung gelöst werden sollten.
Zu diesen Problemen gehören insbesondere die folgenden Aspekte:

„ Kapazitätsbegrenzungen: Im realen Verkauf sind die Verkaufsflächen eines Ladens


begrenzt, da die gesamte Ladenfläche durch räumliche Gegebenheiten und Abgrenzun-
gen bestimmt ist. Mit Rücksicht auf die limitierte Verkaufsfläche muss der Verkäufer
sich für eine Auswahl an Produkten entscheiden, die er in seinen Regalen zum Verkauf
anbieten will und hat u. U. nicht die Möglichkeit, die gesamte Produktpalette seines
Sortiments dem Kunden angemessen zu präsentieren.

„ Handelsstrukturen: In den meisten Branchen existiert kein direkter Kontakt zwischen


dem Anbieter (Hersteller) einer Ware und dem Endkunden. Mehrstufige Handelsstruk-
turen (z. B. Großhändler und/oder Einzelhändler) stehen dazwischen und erschweren
die ungefilterte Kommunikation in beide Richtungen, sodass die Effizienz und
Schnelligkeit der Marktbearbeitung darunter oftmals leidet.

„ Marktanonymität: Auf klassischen Massenmärkten ist der Kommunikationskontakt


zwischen Hersteller und Endkunden oftmals anonym und die zugehörigen Werbebot-
schaften richten sich nicht gezielt an eine einzelne Person, sondern werden über Medien
an möglichst viele Endkunden gleichförmig versendet. Individualität und persönliche
Ansprache wertvoller Kunden ist dadurch kaum möglich.

„ Intransparenz: Der Nachfrager hat in der realen Wirtschaft keinen Einblick in die
Abläufe innerhalb der Handelsstruktur. Sämtliche Prozesse hinter dem reinen Ver-
kaufsakt bleiben für den Kunden intransparent. Gibt es Probleme mit den Produkten,
Die Systeme beim elektronischen Verkauf 261

bleibt dem Kunden lediglich der Kontakt zum Händler, um z. B. Beschwerden, Man-
gelware, Verbesserungsvorschläge etc. zu kommunizieren. Ferner ist es für den Kun-
den in der realen Wirtschaft schwierig, sich über einen umfassenden Vergleich von
Produkten, Preisen und Anbietern einen wirklichen Marktüberblick zu verschaffen.

Vor dem Hintergrund dieser Problemfelder soll ein E-Shop eine deutliche Verbesserung
darstellen. Um dies zu erreichen, müssen jedoch spezifische Anforderungen bezüglich der
fünf Bausteine „Systeme“, „Prozesse“, „Management“, “Marketing“ und „Implementie-
rung“ (s. Kapitel 1.7) erfüllt werden, auf die im Folgenden eingegangen wird.

3.1 Die Systeme beim elektronischen Verkauf


Die technische Systemebene beim E-Shop unterstützt jegliche Prozesse, die mit dem elek-
tronischen Verkauf von Produkten und Dienstleistungen zusammenhängen. Die zentrale
Herausforderung ist dabei der Aufbau von Produktkatalogen und die multimediale Dar-
stellung von elektronischen Produkt- und Prozessdaten für den Nachfrager, damit dieser
die Einkaufsentscheidung im digitalen Verkaufsraum treffen kann. Die technische Basis
eines E-Shops ist damit unmittelbar ausschlaggebend für den nachhaltigen Erfolg. Eine
Online-Transaktion kann nämlich nur dann stattfinden, wenn der Kunde ein Produkt im
Online-Katalog suchen, finden und auswählen sowie dieses unter Angabe seiner Adressda-
ten an der „virtuellen Kasse“ bezahlen kann. Eine anschließende digitale Lieferung wäre
dann noch von der Produktart abhängig (s. Kapitel 3.3.1). Damit der gesamte Einkaufspro-
zess über das Internet abgewickelt werden kann, muss das E-Shop-System eine Reihe von
Funktionen bereitstellen, die in der Regel in verschiedene Komponenten unterteilt sind.
Die entsprechende Systemarchitektur beschreibt den zugehörigen Aufbau der Hard- und
Software, Server-Strukturen, sowie die Anbindung des Shop-Systems an bereits bestehende
Informationssysteme. Von der eigenen Unternehmenssituation ausgehend gilt es, die für
die Realisierung des E-Shops benötigten Hard- und Softwarebausteine zu identifizieren und
Entscheidungen hinsichtlich der Beschaffung bzw. Implementierung der Komponenten zu
treffen. Unabhängig davon ergeben sich folgende Fragen, die die Lernziele dieses Kapi-
tels darstellen:

„ Welche Anforderungen an ein E-Shop-System bringen elektronische Verkaufsprozesse


mit sich?

„ Wie sieht die Pflege und äußere Gestaltung eines E-Shop-Systems aus?

„ Welche Methoden zum Betrieb eines E-Shop-Systems können grundsätzlich unter-


schieden werden?

„ Über welche Basisfunktionen sollte ein E-Shop generell verfügen?


262 Die Grundlagen des E-Shop

„ Wie können die technischen Komponenten eines E-Shop-Systems beschrieben werden


und wie interagieren diese miteinander?

„ Worauf ist bei der Entwicklung bzw. Beschaffung eines E-Shop-Systems zu achten?

3.1.1 Die Systemanforderungen beim elektronischen Verkauf


Multimediale Produktkataloge, benutzerfreundliche Einkaufsprozesse sowie die Verbin-
dung von Informations-, Kommunikations- und Transaktionsmodulen bringen eine ganze
Reihe von Anforderungen an E-Shop-Systeme mit sich. Im Rahmen der diesbezüglichen
technischen Umsetzung stellt sich dabei zunächst die Frage, welche spezifischen Anfor-
derungen der elektronische Verkauf an das zu implementierende System mit sich bringt.
Erste übergreifende Systemanforderungen ergeben sich dabei aus den allgemeinen Quali-
tätsmerkmalen internetbasierter Software (Kollmann 2019):

„ Die Benutzbarkeit (Usability) der Plattform ist die Qualität des Angebots aus Sicht
des Kunden und somit entscheidend für dessen Akzeptanz. Die Benutzbarkeit bewertet,
wie gut der Kunde die gegebene Funktionalität anwenden kann. Damit eine E-Shop-
Plattform benutzbar ist, muss diese unterschiedliche Kriterien erfüllen, u. a. in den
Bereichen Fehlertoleranz, Lernförderlichkeit, Aufgabenangemessenheit, Erwartungs-
konformität, Individualisierbarkeit, Selbstbeschreibungsfähigkeit und Steuerbarkeit
(Heinemann 2018a, S. 188 ff., Markotten/Kaiser 2000, S. 532).

„ Die Barrierefreiheit (Accessibility) gibt an, inwiefern ein Internet-Angebot von al-
len Nutzern unabhängig von ihren körperlichen und/oder technischen Möglichkeiten
uneingeschränkt genutzt werden kann. Dies schließt sowohl Menschen mit Behinde-
rungen als auch Benutzer mit technischen (z. B. Textbrowser) oder altersbedingten
Einschränkungen (z. B. Sehschwächen) sowie Software-Agenten ein. Zudem sollte
ein E-Shop dem Kunden nicht die Pflicht auferlegen, eine spezielle Hard- und Soft-
warekonfiguration zu verwenden. Neben der Zugänglichkeit geht es also beim The-
ma Accessibility auch um die Plattformunabhängigkeit: Oft soll ein Internetangebot
sowohl auf einem Bildschirm als auch mit einem PDA oder Handy nutzbar bleiben
und unabhängig vom verwendeten Betriebssystem oder Webbrowser funktionieren.

„ Die Skalierbarkeit bezeichnet das Verhalten des Shop-Systems bezüglich seines Res-
sourcenbedarfs bei einer wachsenden Anzahl von Nutzern bzw. gleichzeitigen Verbin-
dungen. Eine Plattform zeichnet sich durch eine gute Skalierbarkeit aus, wenn sie
bspw. bei der zehnfachen Last mit etwa den zehnfachen Ressourcen auskommt und
dementsprechend aufgestockt werden kann. Ein schlecht skalierendes System hinge-
gen würde bspw. bei doppelter Last bereits die zehnfachen Ressourcen benötigen und
bei zehnfacher Last komplett ausfallen.
Die Systeme beim elektronischen Verkauf 263

„ Die Erweiterbarkeit und die Änderbarkeit geben an, inwiefern es möglich ist, der
Plattform zusätzliche Funktionen und/oder Bausteine hinzuzufügen bzw. aktuelle
Funktionen und/oder Bausteine an aktuelle Bedürfnisse anzupassen. Die Notwendig-
keit der Anpassung kann bspw. aus einer Änderung des Corporate Design oder einer
Erweiterung der Funktionalität des Shop-Systems entstehen. Für E-Shops geeignete,
skalierbare, erweiterbare und änderbare Software-Architekturen werden im Rahmen
von Kapitel 3.1.3 noch ausführlich beschrieben.

„ Die Internationalisierbarkeit bezieht sich auf die länderspezifische Erweiterung


und Anpassung der Plattform. Dabei spielt vor allem die Aufbereitung von Transak-
tionsinformationen eine Rolle, da Sprache, Währung, Steuersätze und Lieferbedin-
gungen von Land zu Land unterschiedlich sind. Das Qualitätsmerkmal der Internati-
onalisierbarkeit ist insbesondere in der Phase der Ideenfortführung von Bedeutung,
wenn ein Unternehmen den elektronischen Verkauf auf den globalen Internet-Markt
ausweiten möchte.

„ Die Sicherheit der Plattform, insbesondere hinsichtlich des Transaktionsprozesses, ist


eine unabdingbare Voraussetzung für das Vertrauen der Kunden und somit für den Er-
folg des E-Business (Markotten/Kaiser 2000, S. 532). Grundlegende Fragen der Si-
cherheit spiegeln sich in den Kriterien Datenschutz, Datenintegrität und Verfügbarkeit
wider. Dabei fordert der Datenschutz (Confidentiality) das Sichern privater oder sen-
sibler Daten (z. B. Passwörter oder Kreditkartennummern) vor dem lesenden Zugriff
durch nicht-autorisierte Dritte. Die Sicherstellung der Integrität (Integrity) hingegen
erfordert das Verhindern der Datenmanipulation oder Datenzerstörung auf eine nicht-
autorisierte oder unbeabsichtigte Art und Weise. Das Kriterium der Verfügbarkeit
(Availability) besagt, dass ein lesender bzw. schreibender Zugriff auf die Daten durch
autorisierte Parteien möglich sein muss, wann immer diese es wünschen (Turban et al.
2018, S. 413). Die Verfügbarkeit der Plattform ist dabei eng mit den Kriterien der
Skalierbarkeit verknüpft, kann aber auch durch Dritte (z. B. Hacker-Attacken) beein-
trächtigt werden. Durch die am 25.05.2018 in Kraft getretene neue Datenschutz-
Grundverordnung (DSGVO) wurde ein weiterer Schritt unternommen persönliche
Daten besser zu schützen, sodass jeder Nutzer einer elektronischen Plattform die Da-
tenhoheit bewahren und seine Privatsphäre schützen kann (Amtsblatt der Europäi-
schen Union 2016). Diese Neuerungen im Rahmen der DSGVO haben demnach we-
sentliche Implikationen auf das Sammeln, Verarbeiten und Übertragen sämtlicher In-
formationen, welche unter anderem Namen, Adressen, Standortdaten, IP-Adressen,
besondere Merkmale, Kennzeichen, Cookies etc. umfassen. Somit müssen im Rah-
men der Digitalen Wirtschaft verstärkt die rechtlichen Rahmenbedingungen im Sinne
des Datenschutzes beachtet werden (s. Kapitel 1.3.6).

Neben diesen allgemeinen Anforderungen an internetbasierte Software zeigen sich aber


auch spezifische Anforderungen hinsichtlich der gewünschten Funktionalität eines E-
Shop-Systems. Solche Anforderungen hinsichtlich der Funktionalität ergeben sich dabei
264 Die Grundlagen des E-Shop

insbesondere hinsichtlich der Bereiche Produktkatalog, Produktauswahl, Warenkorb, Pro-


duktbestellung und Produktauslieferung. Im Folgenden wird demnach zunächst die tech-
nische Seite eines Aufbaus von E-Shop-Systemen beschrieben, die als Basis der manage-
mentorientierten Nutzung angesehen werden kann.

3.1.1.1 Online-Produktkatalog
Über einen Online-Produktkatalog kann der Besucher eines E-Shops allgemeine Infor-
mationen zu der angebotenen Ware abrufen. Dabei gelten auch für die im elektronischen
Verkauf eingesetzten Online-Produktkataloge grundsätzlich dieselben Anforderungen,
wie sie für die im E-Procurement eingesetzten Kataloge bereits gelten (s. Kapitel 2.1.
1.3). Die im elektronischen Verkauf benötigten Katalogdaten stehen allerdings weniger
in Zusammenhang mit Materialdaten, sondern bestehen zu einem großen Teil aus den
Artikelstammdaten, die Handelsunternehmen in der Regel mit Hilfe von Warenwirt-
schaftssystemen (s. Kapitel 2.1.1.5) verwalten. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Fra-
ge, inwiefern das Shop-System mit bestehenden Informationssystemen interagieren und
Daten austauschen kann. Die Integration von Katalogsystem und bestehender Warenwirt-
schaft stellt daher also auch im elektronischen Verkauf eine zentrale Systemanforderung
dar, insbesondere für solche Unternehmen, die vor der Implementierung ihres E-Shops
bereits auf der realen Handelsebene aktiv waren. Auch das in Kapitel 2.1.1.3 bereits vor-
gestellte Modell für die Katalogdatenbereiche besitzt im elektronischen Verkauf weiter-
hin seine Gültigkeit.
Allerdings lässt sich das vorgestellte Modell in Hinblick auf die von einem Shop-System
verwalteten Katalogdaten stark vereinfachen. Dies begründet sich darin, dass einem
E-Shop meist nur ein einzelner Online-Produktkatalog zugrunde liegt, während im E-Pro-
curement komplexe Multilieferantenkataloge zum Einsatz kommen (s. Kapitel 2.1.1.4). So
sind an dieser Stelle in vielen Fällen insbesondere Katalogmetadaten und Produktklassi-
fikationssystemdaten zu vernachlässigen, sofern sich ein Shopbetreiber lediglich auf die
Konsumentenseite konzentriert und nicht an einem Online-Katalogaustausch mit Ge-
schäftskunden oder elektronischen Marktplätzen interessiert ist (s. Kapitel 2.1.3.5). Auch
im B2C-Bereich bleibt die Forderung der Medienneutralität der Katalogdaten, welche
zukünftig insbesondere durch XML-basierte Katalogformate (s. Kapitel 2.1.1.1) er-
reicht wird, die eine strikte Trennung von Inhalt, Struktur und Präsentation ermöglichen,
von besonderer Relevanz. Auf diesem Wege können die in einem Online-Produktkatalog
befindlichen Artikeldaten z. B. parallel als Basis für einen entsprechenden Printkatalog
und ein Shop-System für mobile Endgeräte genutzt werden. Man spricht dann auch von
„Single Source Publishing“.
Abb. 98 zeigt beispielhaft ein in diesem Sinne stark vereinfachtes, allgemeines Katalogmo-
dell, das sich zur Abbildung eines einfachen Online-Produktkataloges in einer sog. relatio-
nalen Datenbank eignen würde. Dargestellt sind neben den einzelnen Relationen auch die
zwischen den möglichen Datensätzen bestehenden Beziehungen. Ein mit der Notation
Die Systeme beim elektronischen Verkauf 265

„0..n“ versehener Pfeil zwischen den Relationen „Produkt“ und „Bild“ bedeutet dabei
bspw., dass einem Produkt beliebig viele Bilder zugeordnet werden können. Neben der
eigentlichen Präsentation der Artikel müssen Online-Produktkataloge dem Nutzer aber
auch verschiedene Suchfunktionen zur Verfügung stellen: Beispiele hierfür sind ein hie-
rarchisches Browsen entlang einer Produkthierarchie, eine Stichwortsuche oder eine para-
metrische Suche in einem abgegrenzten Suchbereich (z. B. in einem bestimmten Preisbe-
reich). Als Beispiel hierfür kann der E-Shop von hutshopping.de genannt werden. Die dort
angebotenen Suchfunktionen beziehen sich sowohl auf eine direkte Artikeleingabe (z. B.
Batson Cattleman Westernhut), eine Kategoriensuche (z. B. Caps), eine Funktionssuche
(z. B. Anglerhüte), eine Materialsuche (z. B. Stroh), eine Markensuche (z. B. Bench) oder
eine Stichwortsuche (z. B. Gore-Tex). Ein weiteres Beispiel der Bereichssuche (z. B. Preis
bis Euro) bietet der E-Shop von zalando.de. Dabei kann der Nutzer auch mehrere Pro-
duktattribute beliebig kombinieren, um so sein gesuchtes Produkt aus dem Katalog heraus-
zufiltern (z. B. Sportschuhe, Adidas, bis 100 Euro).
Zudem erlauben viele Kataloge durch die Abbildung von Parametrisierungs- und Konfi-
gurationsdaten (s. Kapitel 2.1.1.3) eine individuelle, wenn auch auf Regeln basierte Kon-
figuration von Produkten. Ein sehr bekanntes Beispiel ist in diesem Zusammenhang der
E-Shop von dell.de, bei dem der Kunde seinen Arbeitsplatz-Rechner über vordefinierte
und voneinander abhängige Menüs quasi selbst zusammenstellen kann. Dabei sollten
der logische Aufbau und die Bereitstellung derartiger Hilfsmittel ein gewisses Maß an
Bedienungskomfort mit sich bringen, damit sich jeder Besucher schnell intuitiv bei der
Produktsuche zurechtfinden kann. In Hinblick auf die Interaktion mit dem Kunden unter-
scheidet Stanoevska-Slabeva (2001, S. 527 ff.) vor diesem Hintergrund zwischen vier Ar-
ten von Online-Produktkatalogen:

„ Attributbasierte Kataloge: Attribute (Keywords oder Schlagwörter) dienen als


Suchbegriffe und Klassifikation bei der Produktsuche (Verschlagwortung).

„ Konstruierende Kataloge: Unterstützung einer kombinierten Suche mehrerer kom-


plementärer Produkte. Hierbei werden den Produkten Referenzierungsdaten (s. Kapi-
tel 2.1.1.4) zugeschrieben, die durch den Zusatz einer Auswertungskomponente eine
sinnvolle Zusammensetzung verschiedener Produkte ermöglichen.

„ Natürlichsprachige Kataloge: Diese Kataloge basieren auf Spracherkennungssys-


temen, die eine intuitive Abfragemöglichkeit bieten. Natürlichsprachige Kataloge be-
inhalten oft virtuelle Verkaufspersonen oder Avatare.

„ Beratende Kataloge: Diese Kataloge bieten neben der Darstellung der Produkte auch
eine Bedürfnisanalyse, die mit „künstlicher Intelligenz“ zur Beratung bei der Pro-
duktauswahl hinzugezogen werden kann.
266 Die Grundlagen des E-Shop

0..n
0..n ProduktTyp Bild
AttributTyp
1..n BildID
AttributTypID ProdukTypID ArtikelID
MinWert Name Typ
MaxWert URL
0..n Einheit
Name
IstSuchbar
AttributWert 0..n
0..n Produkt Link
AttributWertID 0..n
Wert ProduktID
AttributTypID 0..n 0..n ProduktTypID LinkID
Status ArtikelID
Typ Name
Attribut 1..n Beschreibung URL
KategorieID
AttributID
BereichVon 0..n 0..n
BereichBis
WertID Relation 0..n Kategorie
… 0..n

RelationsTyp KategorieID
ProduktVonID Name
ProduktNachID Beschreibung

Abb. 98: Ein allgemeines Metamodell für Online-Produktkataloge im E-Shop


Quelle: Merz 2002, S. 415.

Diese vier Arten von Online-Produktkatalogen schließen sich selbstverständlich keines-


wegs gegenseitig aus. Allerdings liegt es auf der Hand, dass die Anforderungen an das
Shop-System bei konstruierenden, natürlichsprachigen und beratenden Katalogen wesent-
lich höher sind, als bei einfachen attributbasierten Katalogen. Im Gegensatz zu den hier
vorgestellten, lediglich in einem einzigen Shop-System genutzten, Katalogen stehen sog.
vermittelnde Kataloge, die die einzelnen Kataloge verschiedener Anbieter integrieren
und kombinieren, wie es z. B. auf elektronischen Marktplätzen der Fall ist. Da derartige
Kataloge für den Betrieb eines einfachen E-Shops jedoch nicht von unmittelbarer Bedeu-
tung sind, sei an dieser Stelle auf Kapitel 4 verwiesen.

3.1.1.2 Online-Produktpräsentation
Neben der reinen Datenorganisation im Rahmen des Online-Produktkatalogs (s. Kapitel
3.1.1.1) spielt gerade im E-Shop, aufgrund des Datenabrufs durch den Kunden, auch die
Online-Produktpräsentation eine besondere Rolle. Es ist diesbezüglich die Aufgabe des
Web-Designs, die Erwartungen und Wünsche des Nachfragers hinsichtlich ihres Besuchs
auf der Webseite zu verstehen und diese so ansprechend zu gestalten, dass die Informati-
onsabfrage (z. B. Katalognutzung) optimal erfolgen kann (Arnold 2018, Vatovec 2001).
Dabei gibt es zwei Schwierigkeiten. Erstens ist es relativ schwer, die genauen Wünsche
und Erwartungen der Kunden zu erfassen und zu analysieren. Zweitens ist es sehr auf-
wendig, die unterschiedlichen Motive und Informationswünsche der Besucher so zu in-
Die Systeme beim elektronischen Verkauf 267

tegrieren, dass jeder Kunde optimal auf seine Bedürfnisse zugeschnittene Inhalte vorfin-
det. Kunden gelangen auf die Seite, weil sie z. B. ein bestimmtes Produkt suchen, sich nur
etwas umschauen möchten oder gezielte Unternehmensinformationen brauchen etc. Jeder
dieser Kunden muss sich sehr schnell zurechtfinden können, um den Besuch der Webseite
erfolgreich und befriedigt abschließen zu können. Bei der Erstellung eines Webauftritts
ist vor diesem Hintergrund zunächst insbesondere auf folgende Anforderungen zu achten
(Silberer 2000, S. 37):

„ Attraktivität: Interessante Inhalte sollten graphisch ansprechend aufbereitet sein und


bei der Seitengestaltung mit Texten, Bildern, Musik und Animationen kombiniert wer-
den (Multimedia; s. Kapitel 3.3.1.2). Wichtig ist dabei die Reduzierung der Komple-
xität, damit z. B. Übertragungszeiten den Kunden nicht vom Einkauf abhalten.

„ Einfache Bedienung: Auch unerfahrene Nutzer sollten sich intuitiv in Breite und
Tiefe des Informationsangebotes (Produktkatalog) zurechtfinden. Dafür müssen die
Inhalte klar strukturiert und die Navigation leicht verständlich und barrierefrei sein.

„ Integration: Verschiedene Informationsquellen sollten unter einer einheitlichen Ober-


fläche integriert werden.

„ Interaktivität: Das Informationsangebot einer Seite sollte in Form und Inhalt vom
Nutzer beeinflussbar sein.

„ Flexibilität: Das Informationsangebot sollte sich den Bedürfnissen des Nutzers an-
passen können.

Neben diesen allgemeinen Aspekten müssen noch weitere Aufgaben des Webdesigns be-
achtet werden, die insbesondere auf die grafische Gestaltung und den Einsatz verschie-
dener Elemente abzielt (Vatovec 2001, S. 354 ff.):

„ Text: Texte auf einer Webseite werden vom Kunden meistens nur gescannt und nicht
vollständig gelesen. Um das Interesse der Kunden zu wecken, sollten Keywords in
den Text eingebaut werden und nur große, klare und gut lesbare Schriften verwendet
werden. Der Text sollte knapp gehalten werden, ohne jedoch an Informationsqualität
zu verlieren.

„ Navigation: Die Navigation sollte nicht nur auf eine Liste oben links auf der Home-
page beschränkt sein. Vielmehr zählen auch Links (im Text und in Grafiken) und
Werbeelemente zur Navigation. Beinhaltet ein E-Shop viele Unterseiten, so muss der
Kunde trotzdem immer den Überblick behalten können. Die Navigation kann mit De-
sign-Elementen unterstützt werden (z. B. durch die Verwendung von Pull-Down-Me-
nüs, um Platz zu sparen oder einer Anzeige, auf welcher Hierarchieebene der Nutzer
sich derzeit befindet).
268 Die Grundlagen des E-Shop

„ Grafiken: Grafiken werden oftmals so eingesetzt, dass sie wichtigen Text verdrängen
oder nicht von einfachen Werbeelementen unterschieden werden können. Manche Sei-
ten wirken aufgrund ihrer vielen Grafiken zu überladen und sind deshalb nur schwer in
der Lage, dem Benutzer sinnvolle Informationen bereitzustellen, da diese in der Fülle
der Informationen untergehen oder nicht auffindbar sind.

„ Sound: Eine Webseite lässt sich auch durch die Verwendung von Sound oder anderen
speziellen Effekten unterstützen. Wichtig dabei ist jedoch, die Seite so zu gestalten,
dass sie auch ohne Sound den Kunden vollkommen zufrieden stellen kann. Außerdem
kann die Seite mit zu vielen akustischen und visuellen Elementen die Rechnerleistung
so sehr beanspruchen, dass ein einfaches Hin-und-her-Navigieren nicht mehr möglich
ist.

Als Orientierungshilfe dient oftmals die Einhaltung einer durchgehenden und eindeutigen
Gestaltung der Webseite. Dafür ist es hilfreich, ein eigenes Corporate Design mit einheit-
lichen Bedienungs- und Seitenelementen zu entwickeln, das sich durch alle Informations-
und Kommunikationskanäle hindurchzieht. Somit können graphische Elemente auch als
Navigationsmittel fungieren. Eine Navigationsleiste dient der zusätzlichen Orientierung,
besonders bei einer umfangreichen Webseite. Am Ende steht das Ziel, dass durch die Ge-
staltung des E-Shops die Produktsuche und die abschließende Kaufentscheidung mög-
lichst einfach gestaltet wird (s. Kapitel 3.3.1.2).

Abb. 99: Optimale Produktzentrierung mittels Live-Shopping


Quelle: www.1dayfly.com
Die Systeme beim elektronischen Verkauf 269

Neben diesen Gestaltungsmöglichkeiten sei an dieser Stelle auch auf den Präsentations-
trend des Live-Shoppings zur Produktzentrierung hingewiesen. Beim Live-Shopping wird
für kurze Zeit, meist für einen Tag, ein Produkt zu einem besonders günstigen Preis ange-
boten. Ein spezifisches Produkt wird unter Beachtung der oben genannten Gestaltungs-
möglichkeiten in den Mittelpunkt gerückt. Dabei muss der Kunde durch die zeitliche
Restriktion schnell entscheiden. Beispiele für Live-Shopping-Portale in Deutschland sind
dailydeal.de oder 1dayfly.com (s. Abb. 99). Eine diesbezügliche Erweiterung ist das sog.
Speed-Shopping. Bei dealclub.de kann sich der Nutzer nach der Anmeldung und Aus-
wahl eines Produkts aus immer wieder wechselnden Verkaufsaktionen „seinen Preis“ für
ein Produkt anzeigen lassen, der nach Angaben der Betreiber weit unter dem Standardpreis
liegt. Der Nutzer hat dann vor diesem Hintergrund 33 Sekunden Zeit, um sich für den Deal
zu entscheiden.

3.1.1.3 Online-Produktwarenkorb
Werden im Anschluss an die gezielte und durch ein ansprechendes Webdesign unter-
stützte Suche im Produktkatalog (s. Kapitel 3.1.1.1) dann ein oder mehrere Produkte vom
Kunden gefunden und ausgewählt, so müssen diese vom E-Shop-System in einem Online-
Warenkorb hinterlegt werden. Dort können dann je nach Wunsch einzelne Produkte hin-
zugefügt oder wieder gelöscht werden, die Mengenangaben verändert oder nochmals De-
tailinformationen abgerufen werden, bevor der eigentliche Kaufvorgang an der virtuellen
Kasse abgeschlossen wird. Der Warenkorb dient also als Zwischen- und Kontrollspeicher
bei der Produktauswahl. Das Ablegen eines Produktes in den Online-Warenkorb verpflich-
tet dabei noch nicht zum Kauf, sondern er dient als weitere Überblicks- und Prüfmöglich-
keit bezüglich der eigenen Kaufabsicht. Die Auswahlfunktionalität des Produktkatalo-
ges und des Online-Warenkorbes sollten vor diesem Hintergrund insbesondere die fol-
genden Anforderungen erfüllen:

„ gleichzeitiges Aufnehmen mehrerer Artikel des gleichen Typs

„ Löschen bzw. „Zurücklegen“ eines bereits aufgenommenen Artikels

„ Ansicht der Artikeldetails auch vom Warenkorb aus

„ nachträgliches Ändern der gewünschten Bestellmenge eines Artikels

„ nachträgliche Konfiguration von konfigurierbaren Artikeln

„ Brutto- und Nettopreiskalkulationen

„ Anzeige der Versandkosten

„ Anzeige möglicher Zahlungsarten


270 Die Grundlagen des E-Shop

Als Beispiel für einen Online-Warenkorb kann der E-Shop von otto.de genannt werden,
in dem sich die zuvor ausgewählten Artikel schnell wiederfinden lassen (s. Abb. 100).
Der Kunde hat hier sodann die Möglichkeit sich nochmals Detailinformationen anzeigen
zu lassen, oder über die Funktion „Artikel ändern“ sowohl die Menge als auch ggf. die
Beschaffenheit (z. B. bei Textilien die Größe oder Farbe) nochmals anzupassen. Hinzu
kommen noch Angaben zur Verfügbarkeit und zu den Versandkosten.
Damit Kunden ihre ausgewählten Produkte in einem Warenkorb ablegen können, muss
die E-Shop-Software dabei in der Lage sein, den Warenkorb des jeweiligen Nutzers eindeu-
tig zu identifizieren. Dazu bietet sich die Verwendung von Cookies oder die Vergabe einer
sog. Session-ID an, die beim Anklicken eines jeden Links an den Shop Server übertragen
wird. So können die vom Kunden ausgewählten Produkte problemlos im Warenkorb zwi-
schengespeichert werden und bei Bedarf dann bestellt werden. Cookies erlauben darüber
hinaus eine Identifikation des Client-Rechners, die über die aktuelle Sitzung hinausgeht.
Dies ermöglicht die Nutzung persistenter Online-Warenkörbe, deren Inhalte dann bei
einem erneuten Besuch des E-Shops erhalten bleiben, ohne dass sich der Kunde im Shop-
System anmelden muss.

Abb. 100: Das Beispiel eines Online-Warenkorbs beim E-Shop


Quelle: www.otto.de
Die Systeme beim elektronischen Verkauf 271

3.1.1.4 Online-Produktbestellung
Damit der Kunde im Anschluss an die erfolgreiche Artikelsuche im Produktkatalog (s.
Kapitel 3.1.1.1) und der diesbezüglichen Produktablage in einem Warenkorb (s. Kapitel
3.1.1.3) letztendlich auch eine Bestellung (Kauf) aufgeben kann, muss der Weg von der
Produktwahl bis zur virtuellen Kasse im Rahmen der Online-Bestellung so einfach wie
möglich gehalten werden. Eine Faustregel besagt dabei, dass es dem Kunden mit nur drei
Mausklicks technisch möglich sein sollte, seine elektronische Produktbestellung über einen
E-Shop abzuschließen. Unabhängig von der letztendlichen Anzahl der einzelnen Schritte,
sollte der Kunde aber genau darüber informiert werden, wo er sich im Rahmen des Be-
stellprozesses befindet und wie viele Schritte noch vor ihm liegen. Als Beispiel für diese
Kommunikation kann wiederum der bereits vorgestellte E-Shop von otto.de genannt wer-
den (s. Kapitel 3.1.1.3). Mit der Anzeige des Online-Warenkorbs erscheint gleichzeitig
auch eine graphische Anzeige des 4-stufigen Bestellprozesses (s. Abb. 100). Technisch
gesehen muss der E-Shop mit Start der Online-Produktbestellung, oftmals eingeleitet
durch einen „zur Kasse“-Button, die Artikelangaben aus dem Warenkorb mit den persön-
lichen Angaben zum bestellenden Kunden zusammenführen. Dazu werden die Katalogda-
ten mit einer aktiven Dateneingabe des Kunden über sog. Online-Formulare auf der
Webseite verknüpft, um anschließend als ein kombinierter Datensatz weitergeführt zu
werden. Im Zuge dieses benötigten Dateninputs seitens des Kunden sollten nur die nötig-
sten Informationen erfragt werden (z. B. Adressangaben für die Lieferung). Muss der
Kunde erst seitenlange Bestellformulare ausfüllen, so ist die Hemmschwelle zum Kauf
sehr groß.

Abb. 101: Dash Button von amazon.de zur Online-Bestellung


Quelle: www.amazon.de
272 Die Grundlagen des E-Shop

E-Shop-Systeme sollten deshalb ermöglichen, dass Bestellungen weitgehend automati-


siert ablaufen (Rönisch, 2018). Eine einmalige Eingabe der Kundendaten beim Erstkauf
sollte bspw. genügen, damit bei jeder weiteren Bestellung sofort auf diese Daten zugegrif-
fen werden kann. Der Kunde erhält so ein virtuelles Benutzerkonto, wie es z. B. bei ama
zon.de („Mein Konto“) der Fall ist. Mit der einfachen Eingabe des Benutzernamens und
des Passwortes stehen hier sodann sämtliche, mit dem Bestellprozess in Verbindung ste-
henden Informationen (Zahlungsmodalitäten, Lieferadresse etc.) zur Verfügung. Damit
würde auch die Forderung nach dem „3-Klick-Online-Kauf“ (s.o.) wahrscheinlich einfa-
cher umzusetzen sein. Zudem können teilweise schon ausgeführte Bestellungen eingese-
hen werden oder auf sog. Wunschlisten zurückgegriffen werden (Zwißler 2002, S. 277 ff.).
Zur weiteren Vereinfachung der Online-Produktbestellung bietet amazon.de seit 2015 sei-
nen Kunden in den USA die Möglichkeit, Produkte, die wiederkehrend bestellt werden,
wie bspw. Waschmittel oder Rasierklingen, mit nur „einem Knopfdruck“ auf einen sog.
„Dash Button“ zu bestellen (s. Abb. 101). Dieser wird einfach dort angebracht, wo die
Bestellung ausgelöst werden soll (bspw. auf der Waschmaschine). Je automatisierter die
Online-Produktbestellung abläuft, desto einfacher ist auch die Weiterleitung z. B. an den
Lieferanten oder an das Lager und die Rechnungserstellung. Besonders bei einer hohen Zahl
von Bestellungen oder bei dem Rückgriff auf mehrere Lieferanten ist die automatisierte
Produktbestellung von Vorteil.

3.1.1.5 Online-Produktbezahlung
Den tatsächlichen Abschluss der Online-Produktbestellung (s. Kapitel 3.1.1.4) bildet in
der Regel erst die Online-Produktbezahlung (ePayment), wodurch der elektronische Ver-
kauf und damit das E-Business ein wesentliches ökonomisches Element erhält. Auch für
die Produktbezahlung gibt es gewisse technische Anforderungen, denen die einzelnen Ver-
fahren innerhalb eines E-Shop-Systems gerecht werden müssen, um den Bezahlungspro-
zess reibungslos und mit geringem Risiko für den Online-Kunden zu beenden. Bei der
Auswahl eines ePayment-Systems als Teilkomponente des E-Shops, dienen die folgenden
Bewertungskriterien als erste Anhaltspunkte für die Entscheidung (Dannenberg/Ulrich
2004, S. 49 ff.):

„ Sicherheit: ePayment-Verfahren müssen insbesondere ausreichend Schutz vor An-


griffen, Missbrauch oder Manipulation von Finanztransaktionen in offenen Kommu-
nikationsnetzen (Internet) gewährleisten. Deshalb müssen die Verfahren Authentizität
(eindeutige Identifizierung der Beteiligten), Integrität (kein Zugriff von außen oder
Veränderung der Daten) und Abhörsicherheit (Vertraulichkeit der Transaktionsdaten)
gewährleisten.

„ Bedienbarkeit/Benutzerfreundlichkeit: Das Zahlungsverfahren muss für den An-


wender einfach zu bedienen und die Einleitung des Zahlungsvorgangs offensichtlich
sein. Außerdem muss das System transparent hinsichtlich der Funktionalitäten, Ge-
bühren und technischer Kommunikationsabläufe sein.
Die Systeme beim elektronischen Verkauf 273

„ Akzeptanz/Verbreitung: Die Annahmebereitschaft für ein neues Zahlungsprodukt


muss durch die Akteure sichergestellt sein, um Fehlinvestitionen oder Umsatzeinbu-
ßen vorzubeugen. Eng verknüpft mit der Akzeptanz ist auch der Verbreitungsgrad, also
die Dichte der Teilnehmer am System. Bei zunehmender Teilnehmerzahl steigt die Ak-
zeptanz bei den Benutzern.

„ Skalierbarkeit/Verfügbarkeit: Die Konzeption des Zahlungssystems sollte in Bezug


auf die Anzahl der Teilnehmer und Währungen jederzeit erweiterbar sein und autori-
sierte Zugriffe jederzeit ermöglichen.

„ Wirtschaftlichkeit/Kosten: Die Transaktionskosten müssen im Verhältnis zu den


Rechnungsbeträgen stehen. Insbesondere für kleine und kleinste Rechnungsbeträge
(Micropayment) äußert sich dies in der Wirtschaftlichkeit einer Transaktion. Zudem
müssen die Anschaffungskosten, Integrationskosten, Wartungskosten und Gebühren
für den Betreiber des E-Shops kalkulierbar bleiben.

System Kunden Händler

• Atomarität • Sicherheit gegenüber Händler • Zahlungssicherheit


• Consistency (Konsistenz) • Sicherheit gegenüber Dritten • Technische Aspekte
• Isolation • Bequeme, einfache Handhabung • Enge Kundenbeziehung
• Dauerhaftigkeit • Breite Akzeptanz • Hohe Verbreitung
• Reputation und Verlässlich- • Niedrige Kosten
keit des Verfahrens
• Nachvollziehbarkeit
• Internationalität
• Anonymität
• Fälschungssicherheit,
• Portabilität
Konvertierbarkeit,
Umlauffähigkeit • Zusatzleistungen

Abb. 102: Anforderungsbereiche an die Online-Produktbezahlung im E-Shop


Quelle: in Anlehnung an Henkel 2001, S. 113.

Über diese Aufzählung hinaus können aber auch noch weitere technische Anforderun-
gen identifiziert werden, die ein Zahlungssystem erfüllen sollte, um von Handelsteilneh-
mern der Digitalen Wirtschaft akzeptiert zu werden (Henkel 2001, S. 107 ff.; Schinzer
2001, S. 393; s. Abb. 102). Es muss bspw. gewährleistet sein, dass die Zahlungstransak-
tion entweder ganz oder gar nicht durchgeführt wird, damit bei technischen Unterbrech-
ungen keine Teilzahlungen erfolgt sind (Atomarität). Bei der Übertragung der Zahlungs-
informationen muss die Integrität der Daten gewährleistet sein, damit alle Beteiligten an
der Zahlungstransaktion die gleichen Zahlungsinformationen erhalten (Konsistenz). Die
im Internet geleisteten Zahlungen innerhalb eines Zahlungssystems dürfen sich nicht ge-
genseitig beeinflussen, müssen also unabhängig voneinander bestehen (Isolation). Im Fall
274 Die Grundlagen des E-Shop

eines technischen Ausfalls (Verlust von Speichermedien wie z. B. Festplatte) ist zu gewähr-
leisten, dass vorhandenes virtuelles Geld (z. B. eCash) nicht verloren geht (Dauerhaf-
tigkeit). Zusammen bilden Atomarität, Konsistenz, Isolation und Dauerhaftigkeit die in der
Informatik als ACID-Eigenschaften bekannten Anforderungen an ein Transaktionssys-
tem. Neben diesen und weiteren Anforderungen können weitere Aspekte identifiziert wer-
den, die insbesondere für Kunden und Händler eine Rolle spielen. Abb. 102 gibt dazu einen
Überblick. Verschiedene (Akzeptanz-)Probleme und Anforderungen an das ePayment im
Zusammenspiel von System, Kunden und Händler haben dazu geführt, dass auch die Off-
line-Rechnung immer noch einen Stellenwert besitzt.

3.1.1.6 Online-Produktlieferung
Wird eine Online-Produktbestellung (s. Kapitel 3.1.1.4) im E-Shop ausgelöst und ist die
zugehörige Online-Bezahlung (s. Kapitel 3.1.1.5) durchgeführt worden, so muss sich der
Shopbetreiber umgehend um die (Online-)Produktlieferung kümmern. Hierbei unter-
scheidet man zwischen elektronischen Produkten, die direkt, z. B. per Download, auf der
Seite bereitgestellt werden können und physischen Produkten, die entweder direkt aus dem
Lager zum Kunden geliefert werden oder zunächst noch erstellt bzw. produziert werden
müssen.
Da sich Online-Shops häufig auf den Vertrieb von Produkten beschränken, steht hier die
Auslieferung bereits fertiger Produkte im Vordergrund. Die Benutzung von sog. KEP-
Diensten (Kurier-, Express- und Paketdienste) bietet sich für die Auslieferung der Pro-
dukte besonders dann an, wenn es sich um Pakete innerhalb der üblichen Paketmaße
handelt. Werden diese Maße überschritten, so müssen Speditionen für die Auslieferung
eingesetzt werden (Wannenwetsch 2002). Hinsichtlich der technischen Anforderungen ist
bezüglich der Nutzung von KEP-Diensten festzuhalten, dass der über die Online-Produkt-
bestellung definierte Datensatz aus Produkt-, Bestell- und Kundeninformationen nun an
den Logistikpartner über eine eingerichtete System-Schnittstelle übergeben und dort wei-
terverarbeitet wird.
Die Auslieferung auf elektronischem Wege, bei welcher der über die Online-Produktbe-
stellung definierte Datensatz aus Produkt-, Bestell- und Kundeninformationen nun mit ei-
genen Distributionsinformationen (z. B. Zugriffsrechte) ergänzt wird, setzt natürlich die
Verfügbarkeit des entsprechenden Ausgabemediums beim Nachfrager voraus. Erst mit
dieser Verfügbarkeit des entsprechenden Ausgabemediums können digitalisierte Produkte
vertrieben und ausgeliefert werden (z. B. MP3- und MPEG 4-Files). Ein wesentlicher Vor-
teil bei elektronischer Auslieferung sind sicherlich die geringen Kosten, die im Prinzip
überwiegend aus Bereitstellungskosten bestehen. Eine weitere Randbedingung bei der
elektronischen Produktauslieferung ist die Handhabung der Datenmenge. Je größer die Da-
tenmenge, desto länger wird die Downloadzeit. Werden die Datenmengen zu groß, so
muss bei entsprechender Komprimierung mit Qualitätseinbußen gerechnet werden. Außer-
dem können digitalisierte Produkte leichter vervielfältigt und somit illegal weitergegeben
Die Systeme beim elektronischen Verkauf 275

werden (Albers/Clement/Peters 2001). Die Anforderungen an die elektronische Pro-


duktauslieferung hängen also zusammenfassend von folgenden Faktoren ab:

„ Digitalisierbarkeit der Produkte

„ Datenmenge/Komprimierung

„ Einsatz von Kopierschutz

„ Verfügbarkeit des entsprechenden Ausgabemediums beim Kunden

„ Möglichkeiten der Kosteneinsparung

3.1.2 Die Systemlösungen beim elektronischen Verkauf


Für Systemlösungen im E-Shop-Bereich hat sich eine Vielzahl von Anbietern etabliert, die
in den unterschiedlichsten Formen ein solches System zur Verfügung stellen können.
Das Spektrum reicht dabei von sehr umfangreichen, kommerziellen Shoplösungen, wie sie
etwa von intershop.de angeboten werden, bis zu kostenlosen Open-Source-Anwendungen,
die sich Online in relativ kurzer Zeit einrichten lassen (z. B. oscommerce.de oder
xt-commerce.de). Open-Source-Lösungen bieten zudem die Möglichkeit der internen
Weiterentwicklung und bedarfsgerechten Anpassung des Systems. Unterschiede sind in
der Mächtigkeit und Ausbaufähigkeit der Systeme zu sehen, wodurch ein genauer Ab-
gleich der eigenen Anforderungen mit den Lösungsangeboten zu erfolgen hat. Diverse
verfügbare Checklisten können dabei hilfreich sein, um einen Vergleichsstandard festzu-
legen.
Neben der Funktionalität und den Qualitätsmerkmalen des Systems spielen im Falle des
Einkaufs auch die Serviceleistungen des Anbieters eine wichtige Rolle (z. B. kostenfreier
Support). Aufgrund der hohen Qualitätsunterschiede der am Markt vorhandenen Systeme
ist beim Ein- oder Zukauf von externer Software bzw. der Nutzung kostenloser Lösungen
mindestens genauso sorgfältig vorzugehen, wie beim Entwickeln und Implementieren von
eigenen Lösungen. Die Hauptentscheidung muss der Betreiber also darin treffen, inwie-
fern er ein Shop-System kaufen, mieten oder selber entwickeln soll. Im Allgemeinen gibt
es aber zunächst einige Auswahlkriterien, die berücksichtigt werden müssen und bei der
Entscheidung zu dem Shop-System helfen können:

„ Der Integrationsgrad zwischen dem E-Shop und dem eventuell schon vorhandenen
Warenwirtschaftssystem sowie den möglichen Schnittstellen zwischen E-Shop, rea-
lem Lager und Logistiklösung

„ Die Administrationsfähigkeit des Systems zur einfachen und flexiblen Handhabung


administrativer Tätigkeiten
276 Die Grundlagen des E-Shop

„ Die Rentabilität des Systems hinsichtlich der Total Cost of Ownership (TCO)

Neben diesen Auswahlkriterien gelten auch hier die allgemeinen Qualitätsmerkmale von
internetbasierter Software, wie z. B. die Benutzbarkeit, Barrierefreiheit, Skalierbarkeit, Er-
weiterbarkeit, Internationalisierbarkeit und Sicherheit (s. Kapitel 3.1.1). Berücksichtigt der
Shopbetreiber nun die obigen Faktoren, so muss er sich für eine Methode der Umsetzung
entscheiden, die seinen Ansprüchen und Ressourcen entsprechend realisierbar ist. Drei
Grundmodelle kommen dabei in Frage: Entweder er entwickelt die Lösung selbst (Be-
treiber-Modell), mietet (Teil-)Komponenten der Lösung (Dienstleister-Modell) oder er
gibt den gesamten E-Shop-Betrieb an einen Dritten weiter (Partner-Modell).

3.1.2.1 Betreiber-Modell
Ein wichtiges Kriterium bei der Auswahl des Betreiber-Modells sind die Kosten, die
nicht nur mit dem Kauf der Hard- und Software verbunden sind, sondern vor allem auch
mit personellem Aufwand. Schließlich muss das System nach der aufwendigen Program-
mierung und Implementierung regelmäßig gewartet und gepflegt werden. Für einen rei-
bungslosen Ablauf müssen deshalb genügend Kapazitäten zur Verfügung stehen, die die
Instandhaltung und den Unterhalt des Systems gewährleisten können. Ferner müssen beim
Betreiber die Fähigkeiten (E-Kompetenz) zum Aufbau und Betrieb des E-Shops vorhanden
sein (Kollmann 2019). Folgende Aufwendungen müssen bei der Auswahl des Betreiber-
Modells beachtet werden (Krause 2000, S. 535):

„ Webserver: Entscheidet sich der Shopbetreiber für einen eigenen Server, so stellt sich
die Frage, ob dieser entweder bei einem Provider untergestellt wird oder über eine
eigene Datenfestverbindung zum Internet versorgt wird (Serverhosting vs. In-House
Hosting). Entscheidend dabei ist das monatliche Übertragungsvolumen. Steht der Ser-
ver im eigenen Haus, so können Änderungen beliebig oft durchgeführt werden, steht
der Server beim Provider, so zählt jeder Online-Zugriff (auch bei eventuellen Preisän-
derung und Verkaufsaktionen) zum Übertragungsvolumen, für das letztendlich bezahlt
werden muss.

„ Schnittstellen: Gemeint sind hier nicht nur die Schnittstellen zur Warenwirtschaft,
sondern auch Schnittstellen zu eventuell verwendeten Zusatzmodulen, wie Call-Cen-
ter-Systemen oder CRM-Systemen. Hier zählt die Möglichkeit, Artikel- und Bestell-
daten regelmäßig aktualisieren und übertragen zu können. Dafür müssen die Schnitt-
stellen professionell verwaltet werden und idealerweise auf Standards basieren.

„ Design: Erst eine clevere Benutzerführung und ein gutes Design sind ausschlaggebend
für einen erfolgreichen E-Shop. Hierfür müssen Spezialisten vorhanden sein, die in der
Lage sind, alle gestalterischen Elemente zu bearbeiten und auch eingesetzte Templates
zu erstellen.
Die Systeme beim elektronischen Verkauf 277

„ Programmierung: Selbst standardisierte Softwarelösungen müssen oftmals an eini-


gen Stellen an die Bedürfnisse des Shopbetreibers angepasst werden. Deshalb sollten
Aufwendungen für anfallende Entwicklungsarbeiten nicht unterschätzt werden. Erst
durch Konfiguration kann das Shop-System individuellen Ansprüchen genügen.

„ Unterhalt: Anfallende Kosten für die Internetanbindung, Online-Gebühren, Updates,


technischer Support, Pflege, Fehlersuche etc. müssen im Budget mit eingeplant wer-
den. Besonders durch ihren wiederkehrenden Charakter werden diese Kosten zu einem
wichtigen Entscheidungskriterium.

3.1.2.2 Dienstleister-Modell
Während beim Betreiber-Modell (s. Kapitel 3.1.2.1) der Aufbau und der Betrieb eines E-
Shops quasi „aus eigener Hand“ erfolgt, kann im Rahmen des Dienstleister-Modells für
den physischen Betrieb einer Webseite ebenso die Option des Outsourcings in Frage kom-
men. Diese Dienstleistung kann unter bestimmten Voraussetzungen für den E-Shop eine
sinnvolle Alternative zum „In-House Hosting“ des Betreiber-Modells darstellen (Bar-
reca/O’Neill 2003, S. 61 ff.). Insbesondere dann, wenn die räumliche Umgebung für ein
komplexes Rechensystem nicht vorhanden ist (z. B. unbeschränkter Zugang zu den Rech-
nerstandorten, Klimaanlage, Notstromversorgung bei Energieausfall etc.) oder der Betrieb
nicht umfassend gewährleistet werden kann (z. B. Datensicherung, Bewältigung des Daten-
aufkommens, Kompetenzen in softwaretechnischer Problemlösung etc.). Das Outsourcing
umfasst im Allgemeinen die Auslagerung von Informations- und Kommunikationstechno-
logien an dritte, externe Unternehmen (Kuhl 2002, S. 300). Dienstleister können aber auch
für sämtliche, mit einem E-Shop-System zusammenhängende Aufgaben eingesetzt wer-
den (z. B. Call Center, Katalogpflege oder Content Management).
Eine spezielle Form des Outsourcings ist die Auslagerung von Software. Diese Auslage-
rung wird auch Application Service Providing (ASP) genannt. Der Application Service
Provider bietet dabei bestimmte Software (Application) einem Kunden zur Miete an. Die
Software steht in einem Rechenzentrum zur Verfügung, auf das der Kunde über eine Da-
tenfestverbindung zugreifen kann. Oftmals wird die Software mehreren Kunden angebo-
ten, was im Allgemeinen keine Individualisierung des Angebotes auf die Bedürfnisse des
Kunden erlaubt. Im Gegensatz zum Outsourcing bleibt die Lizenz für die Software beim
Service Provider. Zusätzliche Leistungen neben dem „Ausleihen“ der Software kann z. B.
die Bereitstellung der Infrastruktur oder die Bereitstellung von Service und Support sein.
So bietet bspw. der Webhoster strato.de seinen Kunden mit dem Erwerb einer Domain-
Adresse auch direkt die notwendige Software für einen E-Shop an, mit der ein Betreiber
auch ohne Programmierkenntnisse schnell und einfach seine Produkte online anbieten
kann. Die Software wird in vier verschiedenen Versionen angeboten, sodass der Kunde
zwischen Basic, Plus, Pro und Ultimate wählen kann (s. Abb. 103).
Überlegungen bei der Auslagerung bestimmter Anwendungen müssen auch im Hinblick
auf den Datenschutz und die Datensicherheit gemacht werden. Überlässt ein E-Shop-
278 Die Grundlagen des E-Shop

Betreiber bestimmte Anwendungen einem Dienstleister, so muss er sichergehen, dass alle


juristischen Anforderungen an Datensicherheit gewährleistet sind. Im Prinzip hat jeder
Systemadministrator oder Programmierer des Providers Zugang zu den sensiblen Kun-
dendaten und kann somit das Vertrauen des Kunden missbrauchen (Kuhl 2002, S. 300 ff.).

Abb. 103: Das Beispiel eines Dienstleister-Modells für E-Shops


Quelle: www.strato.de

3.1.2.3 Partner-Modell
Im Vergleich zu dem Dienstleister-Modell (s. Kapitel 3.1.2.2) wird bei einem Partner-
Modell nicht nur eine Komponente oder mehrere Teilkomponenten (Hard- oder Software)
an einen Dienstleister abgeben, sondern gleich der gesamte E-Shop-Betrieb. Hierzu wer-
den lediglich die Artikeldaten (s. Kapitel 3.1.1.1) in den E-Shop des Partners eingepflegt.
Die nachfolgende Abwicklung des Online-Bestell- und Bezahlprozesses obliegt dann al-
leine dem Partner, der für seine erfolgreiche Durchführung in der Regel eine Provision
erhält. Der Fremdbetrieb von kompletten Shopsystemen eignet sich nur, wenn einige der
folgenden Bedingungen erfüllt sind (Krause 2000, S. 534):

„ die Artikeldaten ändern sich nur selten

„ die Artikeldaten sind vergleichsweise gering


Die Systeme beim elektronischen Verkauf 279

„ die Umsatzerwartungen sind gering

„ der Shop wird als eine Art „Nebengeschäft“ betrieben

Sollte der E-Shop in seiner Gesamtheit (also Hard- und Software) von Dritten betrieben
werden, so müssen auch hier vor allem die Angebotsverwaltung, die Bestellung und die
Logistik der Waren, die Verwaltung der Kunden- und Händlerdaten, die Preisgestaltung,
der Einsatz von Zahlungssystemen, Abrechnungen, Kooperationen, die Anbindung an be-
stehende Systeme usw. gewährleistet sein (Zwißler 2002, S. 280 f.). Somit bleiben quasi nur
noch die Produktaktualisierung und die Content-Erstellung in den eigenen Händen, die
dann z. B. an eine Service-Agentur weitergegeben werden können. Alle anderen Aufgaben
übernimmt der Dienstleister (Technologielieferant oder Service-Agentur). Die Wahl des
Service- oder Technologiepartners ist entsprechend an eine Reihe von Aspekten zu
knüpfen, da sich der Produktanbieter, wenn er die E-Kompetenzen nicht selbst besitzt, in
eine Abhängigkeit begibt, die vor dem folgenden Hintergrund nicht zu unterschätzen ist:

„ Hält der Partner den Anschluss an die neuen Technologien und führt dadurch regelmä-
ßig Updates durch?

„ Werden die aktuellsten Softwareversionen bereitgestellt und inwieweit finden sich zu-
gehörige Kompetenzen beim Partner?

„ Inwieweit kann der Partner den laufenden Betrieb des E-Shops sicherstellen und auf
diesbezügliche Risiken (z. B. interne Fluktuation bei Mitarbeitern) ohne Handlungs-
unfähigkeit reagieren?

„ Bietet der Partner schnelle, technologisch ausbaufähige und elegante Problemlösun-


gen?

„ Welche zeitliche Verfügbarkeit ist im Notfall (z. B. Absturz) gegeben (z. B. Vermei-
dung von langen Download-Zeiten)?

„ Ist der Partner in der Lage mit den Anforderungen des E-Shops zu wachsen bzw. diese
zu bedienen?

3.1.3 Die Systemarchitekturen beim elektronischen Verkauf


Um ein grundlegendes Verständnis für die Architektur von E-Shop-Systemen zu vermit-
teln, werden im Folgenden die zugehörigen Komponenten derartiger Systeme vorgestellt.
Dabei lassen sich allgemeingültige Aussagen nur schwer treffen, da die Konfiguration der
Informationstechnologie den jeweiligen geschäftsspezifischen Anforderungen genügen
280 Die Grundlagen des E-Shop

muss. Um sich aber prinzipiell eine Vorstellung darüber machen zu können, welche Kom-
ponenten vor diesem Hintergrund notwendig sind, ist es hilfreich, zunächst eine Refe-
renzarchitektur heranzuziehen. Abb. 104 zeigt eine solche Referenzarchitektur eines E-
Shops, welche die wichtigsten Komponenten und deren Zusammenspiel abbildet. Darauf
aufbauend müssen im Kern zunächst die Front- und Back-End-Komponenten gefolgt von
den System-, Server- und Multimedia-Komponenten vorgestellt werden. Den Abschluss
bildet dann die Darstellung eines typischen 3- bzw. 4-Schichtenmodells für E-Shop-Ar-
chitekturen.

Client-Rechner
Browser

Internet

Redaktionssystem Shop - Software Banner - Management

Payment / Billing Provider


Unstrukt. Katalog- Produkt- Download- Transakt.- Kunden- Banner-
Inhalte struktur info bereich daten profile Pool

Recommendation
Daten- OLAP-Werkzeug
Engine
austausch

Data-
ERP-System (FiBu, WaWi etc.) Warehouse

Abb. 104: Beispiel einer Referenzarchitektur für einen E-Shop


Quelle: Merz 2002, S. 409.

3.1.3.1 Front- und Back-End-Komponenten


Generell lassen sich alle benötigten Funktionen eines E-Shop-Systems in Front- und
Back-End-Komponenten aufteilen. Das Front-End stellt dabei die direkte und unmittel-
bare Schnittstelle zum Kunden dar. Über die zum Front-End gehörende Benutzeroberflä-
che interagiert der Kunde mit der Internetplattform. Im Gegensatz dazu dient das Back-
End der internen Abwicklung der elektronischen Prozesse seitens des Shopbetreibers so-
wie der Administration der Plattform. Zu den Funktionen im Front-End-Bereich einer
E-Shop-Software gehören dabei insbesondere (Kollmann 2019):

„ Kundenregistrierung/Kundenkonto: Über ein Anmeldeformular findet die Regist-


rierung der Kunden statt (s. Kapitel 3.1.1.4). Die Eingabe der persönlichen Daten er-
folgt nur einmal, denn durch die Vergabe eines Passwortes kann zu jeder Zeit auf das
Die Systeme beim elektronischen Verkauf 281

Benutzerprofil zurückgegriffen werden. Das bei der Registrierung errichtete Kunden-


konto wird zudem mit sämtlichen Informationen über die abgewickelten Transaktio-
nen des Kunden verknüpft, so z. B. Lieferadresse, Zahlungsinformationen oder Kauf-
historie.

„ Online-Katalog(e): Über Kataloge kann der Plattformbesucher Informationen über


die angebotenen Produkte abrufen. Kataloge stellen verschiedene Suchfunktionen so-
wie ggf. Funktionen zur regelbasierten Konfiguration von Produkten zur Verfügung (s.
Kapitel 3.1.1.1).

„ Download-Funktion: Erfolgt die Lieferung der Produkte auf elektronischem Weg (s.
Kapitel 3.1.1.6), so geschieht dies über die Download-Funktionen. Allerdings
können auch andere Informationen per Download angeboten werden, so z. B. Unter-
nehmensbroschüren als PDF.

„ Warenkorb-Funktion: Der Warenkorb beinhaltet alle ausgesuchten Artikel eines


Kunden. Dieser kann Produkte hinzufügen, konfigurieren oder löschen, bevor er weiter
zur „virtuellen Kasse“ geht (s. Kapitel 3.1.1.3).

„ Zahlungssystem: Auch die „virtuelle Kasse“ ist Teil des elektronischen Shops, der
für den Kunden sichtbar ist. Durch die Angabe der Zahlungsmodalitäten des Kunden
(die evtl. schon im Benutzerkonto gespeichert sind) wird der Zahlungsprozess in
Gang gesetzt. Hier spielen die unterstützenden Zahlungssysteme eine zentrale Rolle
(s. Kapitel 3.2.2.3). Diese werden üblicherweise von spezialisierten Payment/Billing
Providern bereitgestellt und stellen Schnittstellen zum Clearing Server der Kreditkar-
tengesellschaften oder Banken dar (Merz 2002, S. 403 ff.).

„ After-Sales-Funktionen: Nach erfolgter Transaktion können dem Kunden weitere


Funktionen bereitgestellt werden. So erlaubt eine eTracking-Funktion die Bestellüber-
wachung und gewährt dem Kunden einen durchgängigen Einblick in den aktuellen
Lieferstatus. Weitere Beispiele sind Kommunikationsangebote und Bewertungsmög-
lichkeiten.

Funktionen des Back-End werden demgegenüber nicht vom Kunden im Rahmen seiner
Webseitennutzung, sondern von dem E-Shop-Betreiber selbst bzw. dessen eigenen Mitar-
beitern genutzt. Zu den Funktionen im Back-End-Bereich einer E-Shop-Software gehö-
ren dabei insbesondere (Kollmann 2019):

„ Content Management und Redaktionssystem: Die Pflege der auf der Plattform dar-
gestellten Inhalte (Katalogdaten und sonstige Informationen) erfolgt über die manuelle
Eingabe der Daten in vorgefertigte Vorlagen (Templates), oder aber durch entspre-
chende Funktionen für den Import aus Dateien oder externen Datenbanken. Von Be-
deutung ist zudem, ob und inwiefern die Content-Management-Funktionalität eine
282 Die Grundlagen des E-Shop

beliebige Definition von Produktgruppen und -untergruppen bzw. eine beliebige An-
passung der Navigationsstruktur der Plattform erlaubt.

„ Verkaufsunterstützung: Hier kommen über das einfache Content Management hin-


aus Cross- und Up-Selling-Funktionen zur Erstellung von Kaufalternativen bzw. Er-
gänzungen zum Einsatz (s. Kapitel 3.3.1.4). Wichtig kann oft auch die Verwaltung
von speziellen Sonderaktionen, Rabatten oder Bonuspunkte-Programmen (s. Kapitel
3.4.3.5) sein. Genannt sei an dieser Stelle auch die Möglichkeit, Produkte und Wer-
bebanner möglicher Kooperationspartner über eine Administrationsoberfläche in die
eigene Plattform zu integrieren (s. Kapitel 3.3.3.5).

„ Kundenverwaltung: Die Kundendaten werden in der zugehörigen Kundendatenbank


abgelegt bzw. verwaltet und können anschließend für Transaktions- oder Kommuni-
kationsprozesse genutzt werden. Hier stellt sich die Frage, ob Kundendaten einfach
und ohne detaillierte Vorkenntnisse der Datenhaltung eingepflegt, verändert und aus-
gewertet werden können. Eine Auswertung könnte dann im Hinblick auf den Aufbau
einer nachhaltigen Kundenbeziehung durch eine individualisierte Kundenansprache
(s. Kapitel 1.3.4) erfolgen. Ein Beispiel für eine Funktion im Bereich E-Shop wäre
das sog. One-to-One-Marketing (s. Kapitel 3.4.3.1) oder die kundenindividuelle
Preisdifferenzierung (s. Kapitel 3.2.2.2).

„ Transaktionsverwaltung: Beim Bestellvorgang werden Transaktionsdaten generiert


und in der Datenbank gespeichert. Sie dienen als Grundlage für die Auftragsbearbei-
tung und Abrechnung. Im optimalen Falle unterstützt ein System die komplette Bear-
beitung des Auftrages und Rechnungserstellung, so dass für diese Prozesse seitens des
E-Shop-Betreibers vor diesem Hintergrund dann keine zusätzliche Software einge-
setzt werden muss.

„ Lagerverwaltung: Die hinter einem E-Shop stehende IT kann auch Funktionen zur
Lagerverwaltung und Logistik übernehmen. Der Vorteil einer integrierten Lagerver-
waltung ist u. a. die Möglichkeit, dem Kunden die Verfügbarkeit eines Produktes an-
zuzeigen.

„ Statistik-Funktionen: Verschiedene Funktionen im Bereich Statistik helfen bei der


flexiblen Auswertung der Besucher-, Kunden- und Transaktionsdaten, um mit Hilfe
von OLAP oder Data Mining-Methoden Know-how über Kundenbedürfnisse und de-
ren Verhalten zu gewinnen (s. Kapitel 3.3.2.3), bzw. um datenbankgestützte Database-
Marketing-Aktivitäten durchzuführen (s. Kapitel 3.4.2.4).

An dieser Stelle ist jedoch zu betonen, dass diese Auflistung von Funktionen höchstens
einen Anhaltspunkt darstellen kann und im Einzelfall die Rahmenbedingungen bzw. die
konkrete Ausgestaltung des Geschäftsmodells ausschlaggebend für den Anforderungska-
talog sind. Die für die Umsetzung dieser Funktionen nötigen Softwarekomponenten lassen
Die Systeme beim elektronischen Verkauf 283

sich ferner danach unterscheiden, ob sie als spezialisierte, von kommerziellen Softwareher-
stellern angebotene oder frei verfügbare Open-Source-Bausteine zur Verfügung stehen
(Systemkomponenten; s. Kapitel 3.1.3.2), oder aber im Rahmen einer Anwendungsent-
wicklung individuell erstellt werden müssen. Letztere lassen sich in Benutzeroberflächen-
und Programmkomponenten unterteilen (s. Kapitel 3.1.3.2 und Kapitel 3.1.3.3). Unabhän-
gig davon müssen die Softwarekomponenten aber in ein Gesamtsystem eingebettet sein,
welches ebenfalls in mehrere Komponenten unterteilt werden kann.

3.1.3.2 Systemkomponenten
Systemkomponenten bilden die technische Infrastruktur zur Realisierung der Front-End-
und Back-End-Funktionen (s. Kapitel 3.1.3.1) und interagieren im Sinne einer Anforde-
rungsabstimmung mit den zugehörigen Benutzeroberflächen und Programm-komponen-
ten. Eine für die Benutzung eines E-Shops durch den Kunden entscheidende erste Sys-
temkomponente ist dabei natürlich der Webbrowser (z. B. Microsoft Internet Explorer,
Mozilla Firefox oder Opera). Browser ermöglichen die einfache Darstellung der Plattform
und die Navigation im Web (s. Kapitel 1.2.1). Sie kommunizieren über das HTTP mit dem
vom Shopbetreiber betriebenen (bzw. bei einem Internet Service Provider gehosteten) Ser-
ver und entscheiden, ob sie die empfangenen Datenpakete selbst interpretieren (wie es z. B.
bei einer einfachen HTML-Seite der Fall ist) oder an sog. Plugins weiterleiten (wie es z. B.
bei einem PDF-Dokument oder bei Flash-Inhalten der Fall ist).
Damit ist der sog. Webserver eine zweite wichtige Systemkomponente, der für andere
(Teil-)Systeme (Clients) Dienstleistungen erbringt. Solche Dienstleistungen können z. B.
Datenverwaltung, Rechnen, Drucken, Kommunikation oder die Verwaltung von Webin-
halten sein. Ein Webserver ist somit nichts Anderes als ein standardisiertes Software-
produkt, das dem Browser des Nutzers auf dessen Anfrage (HTTP Request) die für die
Darstellung der Webseite benötigten Daten zur Verfügung stellt (HTTP Response). Bei-
spiele für Webserver sind der frei verfügbare Apache HTTP Server oder der Microsoft
Internet Information Server (IIS). Webserver verfügen über ein sog. Application Progra-
ming Interface (API), über das Applikationsentwickler benutzerspezifische Funktionen in
den Server einbringen können (Noack et al. 2000, S. 6). Da HTTP ursprünglich für den
freien Austausch wissenschaftlicher Arbeiten entwickelt wurde, ist die Sicherheit einer
HTTP-Verbindung gering. Sensible Daten (z. B. Nutzer- und Zahlungsinformationen)
sollten daher über das um Mechanismen zur Verschlüsselung der Verbindung erweiterte
HTTP-S übertragen werden (Noack et al. 2000, S. 6). In diesem Fall ist der Schutz der
Daten durch ein in den Webserver integriertes Modul zur SSL-Verschlüsselung gewähr-
leistet, dass für einen E-Shop prinzipiell eine ebenfalls fast unverzichtbare System-kom-
ponente darstellt.
Da ein E-Shop meist mit einem immensen Datenvolumen verbunden ist (z. B. Produktda-
ten, Benutzerprofile und Transaktionsdaten), wird für die Verwaltung des Datenbestandes
284 Die Grundlagen des E-Shop

eine auf diese Aufgabe spezialisierte Software benötigt. Datenbank-Management-Sys-


teme (DBMS) sind demnach die dritte Systemkomponente zur Speicherung, Abfrage und
Manipulation großer Datenmengen. Ein DBMS erlaubt die Verwaltung strukturierter Da-
ten, deren Struktur im Rahmen der mit der Softwareentwicklung einhergehenden Daten-
modellierung festgelegt wird. Die interne Speicherung ist dabei zweitrangig und wird vom
DBMS gesteuert. Im Gegensatz zur herkömmlichen Speicherung von Daten in Dateien,
überwacht ein DBMS aktiv die zuvor definierten Regeln zur Gewährleistung der Daten-
integrität, in dem es bspw. Verweise auf nicht vorhandene Daten ablehnt und auf korrekte
Wertebereiche achtet (z. B. durch Bildung der Prüfsumme einer ISBN). Zudem koordi-
nieren DBMS die Datenzugriffe von mehreren Nutzern, sodass einzelne Applikationen da-
von ausgehen können, dass sie allein auf die Datenbank zugreifen. Dies garantiert die kor-
rekte Ausführung von Transaktionen und verhindert Inkonsistenzen in der Datenbank. Der
Zugriff auf die Datenbank durch die Internetapplikation erfolgt mit Hilfe der Standard
Query Language (SQL), einem Standard für DBMS, der von den einzelnen DBMS-
Herstellern allerdings um proprietäre Elemente erweitert wurde. Die Auswahl des ge-
wünschten DBMS ist für den Shopbetreiber eine absolut kritische Entscheidung, da von
der Verfügbarkeit, Vollständigkeit und Richtigkeit der Daten die Aktionsfähigkeit und da-
mit das Überleben des E-Shops abhängt. Beispiele für DBMS sind Oracle und IBM DB2.
Insbesondere für finanzschwache Betreiber kommen aber auch die frei verfügbaren Sys-
teme mySQL und PostgreSQL in Frage.

3.1.3.3 Oberflächenkomponenten
Obwohl die Gestaltung von modernen E-Shops mit ihren dynamischen Inhalten und In-
teraktionsangeboten nicht mehr viel mit den statischen Webseiten der Anfänge des Inter-
nets gemein zu haben scheint, beruhen sie doch noch auf denselben Basiskonzepten (Weitz
2002, S. 207). Eine zentrale Oberflächenkomponente für den Benutzer eines E-Shops ist
nämlich das in der Hypertext Markup Language beschriebene HTML-Dokument, das dem
Webbrowser vom Webserver zur Verfügung gestellt wird. Der Zugriff erfolgt dabei durch
die Angabe eines Uniform Resource Locator (URL). In einem HTML-Dokument lassen
sich neben rein textuellen Inhalten und Grafiken auch Multimedia-Elemente wie Anima-
tionen, Audio- und Videoinhalte einbetten, die von clientseitig installierten Plugins wie-
dergegeben werden (s. Kapitel 1.3.2).
Das inzwischen in die Jahre gekommene HTML wird immer mehr von seinem Nachfolger,
der eXtensible Hypertext Markup Language (XHTML), abgelöst. XHTML wiederum ba-
siert auf XML, einem universellen Standard zur Beschreibung hierarchisch strukturierter
Dokumente und Daten (s. Kapitel 2.1.1.1). Im Gegensatz zu HTML-Dokumenten, in denen
der eigentliche Textinhalt und Informationen über dessen visuelle Formatierung oft unzer-
trennlich miteinander vermischt sind, verfolgt XHTML in seiner aktuellen Version eine
strikte Trennung von Struktur und Layout (s. dazu auch Formen der Informationsvermitt-
lung in Kapitel 1.4.1). Die resultierenden Dokumente enthalten somit eine vom Ausgabe-
Die Systeme beim elektronischen Verkauf 285

medium unabhängige Beschreibung der reinen Inhalte. Plattformabhängige Formatierun-


gen (z. B. Schriften, Abstände, Rahmen, Hintergrundfarben, Positionierung) von struktu-
rierten Dokumenten führen Autoren mit Hilfe sog. Cascading Style Sheets (CSS) durch.
CSS ist wie XHTML selbst ein softwareunabhängiger Standard, der vom World Wide
Web Consortium (W3C) überwacht wird. Diese Trennung der Präsentation eines Doku-
ments vom Inhalt des Dokuments vereinfacht nicht nur die Verwaltung der Produkte und re-
daktionellen Inhalte des E-Shops (Content Management; s. Kapitel 2.1.3.3), sondern er-
möglicht gleichzeitig auch ein effizientes Single Source Publishing (s. Kapitel 3.1.1.1),
indem bspw. für Bildschirm-, PDA- und Printdarstellung drei völlig unterschiedliche Sty-
lesheets verwendet werden (Heinrich/Morisse/Niehoff 2003, S. 430). Zudem erhöht
XHTML die Barrierefreiheit eines E-Shops, da die ausgabeunabhängigen Inhalte problem-
los von Softwareagenten und Werkzeugen zur nicht-visuellen Ausgabe interpretiert wer-
den können (s. Kapitel 3.1.1). Abb. 105 illustriert vor diesem Hintergrund, wie aus struktu-
riertem Inhalt (z. B. den in Kapitel 3.1.1.1 vorgestellten Produktdaten) und einer entspre-
chenden Layoutvorlage für die Browserausgabe (Template) das dann letztendlich im
Browser eines Kunden angezeigte (X)HTML-Dokument entsteht. Diese dynamische Ge-
nerierung von (X)HTML-Dokumenten sorgt nicht zuletzt auch für die strenge Einhaltung
von Stilvorgaben (Corporate Design) und Formaten.

Strukturierter Layout-Vorlage Resultierende


Inhalt (Template) HTML-Seite

Überschrift Überschrift

Grafik

Fließtext

Abb. 105: Trennung von Inhalt und Layoutvorlage


Quelle: in Anlehnung an www.pinuts.de

Trotz der offensichtlichen Vorteile bietet XHTML selbst aber nur sehr eingeschränkte
Möglichkeiten bei der Entwicklung interaktiver Benutzeroberflächen. Für die interaktive
286 Die Grundlagen des E-Shop

Gestaltung von E-Shops setzen Entwickler daher in das HTML-Dokument eingebettete,


clientseitige Skriptsprachen wie JavaScript ein, die vom Webbrowser interpretiert und
bei entsprechenden Aktionen des Nutzers ausgeführt werden (Noack et al. 2000, S. 6).
Problematisch dabei ist, dass der Browser bei fast jeder Nutzeraktion eine neue Anfrage
an den Webserver sendet. Um eine Seite zu aktualisieren, überträgt der Webserver also
stets das komplette (X)HTML-Dokument an den Browser. Verzögert sich die Antwort des
Servers oder bleibt diese gar aus, entstehen unweigerlich längere Wartezeiten oder ein-
schränkende Brüche im Ablauf der Anwendung. Der Ajax-Standard (ein Akronym für
die Wortfolge Asynchronous JavaScript and XML) begegnet dieser Problematik. Ajax
sieht vor, dass jede Antwort auf eine Aktion des Nutzers, die keine Verbindung zum Ser-
ver erfordert (z. B. das Prüfen eingegebener Daten, das Verändern von Daten im Speicher
des Nutzers oder das Navigieren zwischen einzelnen Elementen der Webseite) von der
sog. Ajax-Engine des Webbrowsers bewältigt werden. Benötigt die Ajax-Engine Daten
vom Webserver, um eine bestimmte Aktion erfolgreich durchführen zu können (z. B. für
das Nachladen einzelner Elemente der Benutzeroberfläche), führt diese eine asynchrone
Anfrage an den Server durch. Dabei wird jedoch die Interaktion des Benutzers mit der
Anwendung (wie es bei gewöhnlichen, HTML-basierten Internetapplikationen der Fall ist)
nicht unterbrochen (Garrett 2005; Crane/Pascarello/James 2006).

3.1.3.4 Programmkomponenten
Während die zuvor beschriebenen Oberflächenkomponenten (s. Kapitel 3.1.3.3) insbe-
sondere der Präsentation von Inhalten und der Benutzerinteraktion dienen und somit in di-
rektem Kontakt mit dem E-Shop-Besucher stehen, bilden die Programmkomponenten
die serverseitige Logik der Internetapplikation und somit die letztendliche Umsetzung der
in Kapitel 3.1.3.1 vorgestellten Front- und Back-End-Funktionen ab. Hinsichtlich der zu-
gehörigen Server-Programmierung bestehen dabei zwei grundsätzliche Alternativen: Ser-
verseitige Skriptsprachen und sog. Hochsprachen.
Bei Verwendung von serverseitigen Skriptsprachen wird der Programmcode in eine
(HTML-) Dokumentvorlage (Template) eingebettet. Bevor der Webserver das Dokument
an den Client sendet, wird die Vorlage durch Übersetzung und Ausführung dieses Pro-
grammcodes von einem in den Webserver eingebetteten Template-Prozessor vervollstän-
digt (s. Abb. 106). Von Template-Prozessoren interpretierte Programmiersprachen wie
PHP oder Perl verfügen über eine Fülle von Funktionen zur Lösung gängiger Aufgaben.
Dazu gehören u. a. die Auswertung der vom Webbrowser gesendeten Daten, die Verar-
beitung von Zeichenketten, der Zugriff auf Datenbanken über SQL, die Verarbeitung von
XML-Dokumenten und der Versand automatisch generierter E-Mails (Weitz 2002, S. 209).
Sind die elektronischen Prozesse eines E-Shops nicht zu umfangreich, lassen sich mit
Hilfe von serverseitigen Skriptsprachen und Template-Prozessoren mit verhältnismäßig
geringem Aufwand gute Ergebnisse erzielen, dem die meisten frei verfügbaren Shoplö-
sungen (z. B. xt-commerce.de oder oscommerce.de) dieser Alternative zuzuordnen sind.
Die Systeme beim elektronischen Verkauf 287

Bei der Verwendung von Hochsprachen wie C# oder Java wird der Programmcode nicht
erst zur Laufzeit von einem Template-Prozessor übersetzt, sondern liegt zum Zeitpunkt
der Ausführung bereits in kompilierter Form vor (wie es bei klassischer Anwendungs-
software der Fall ist). Um die Funktionalität eines Servers zu erweitern, können separat
ausführbare Erweiterungen geschrieben werden. Diese Erweiterungen existieren für zahl-
reiche Plattformen (z. B. existiert für den Microsoft IIS die so genannte Internet Server API
(ISAPI)). In Java geschriebene Server-Erweiterungen werden Servlets genannt. Servlets
nehmen über den Webserver Anfragen von Clients entgegen und beantworten diese. Sie
werden bei Bedarf von einer speziellen Systemkomponente, dem sog. Servlet Container
(z. B. Apache Tomcat) ausgeführt und von ihm aus angesprochen. Die Verwendung von
Hochsprachen bietet sich insbesondere für komplexe E-Shops mit hohen Zugriffszahlen
sowie für Individuallösungen an, die dann mit Hilfe von serverseitigen Skriptsprachen nur
schwer realisiert werden können.

Client Webserver

HTTP Request

Template-
1 1 Prozessor
Prozessor
1 1
2
2 HTTP Response 2
2

Ergebnis

X
Y
Vorlage

Abb. 106: Der Template-Prozessor bei der Verwendung serverseitiger Skriptsprachen


Quelle: in Anlehnung an Weitz 2002, S. 209.

Aus den drei zentralen Systemkomponenten Webbrowser, Webserver und DBMS (s. Ka-
pitel 3.1.3.2) ergibt sich nun ein physisches 3-Schichtenmodell (s. Abb. 107), auf
dessen Schichten die erstellten Benutzeroberflächen- und Programmkomponenten (logi-
sche Schicht) verteilt werden. Dabei abstrahiert jede Schicht einen definierten Problembe-
reich und besitzt Schnittstellen, über die sie einer hierarchisch höher liegenden Schicht
Dienste zur Verfügung stellt. Bei der Betrachtung von Architekturen muss zwischen logi-
schen und physischen Softwareschichten sowie der zugrundeliegenden Hardware-Infra-
struktur unterschieden werden. Während logische Softwareschichten die Modularisie-
rungseinheiten einer Anwendung darstellen, repräsentieren physische Software-schichten
in der Regel die Systembausteine, die wiederum auf verschiedenen Rechnern verteilt
288 Die Grundlagen des E-Shop

werden können (Noack et al. 2000, S. 8). Stehen die Systemkomponenten fest, geht es
ferner um die Frage, auf welchen Rechnern sie zur Ausführung gebracht werden sollen.
Dabei befindet sich der Webbrowser a priori auf dem PC des E-Shop-Besuchers, während
Webserver und DBMS auf einem einzigen oder zwei separaten Server-Rechnern betrieben
werden können. Aus Gründen der Skalierbarkeit ist es häufig sinnvoll, die Anwendung
von vornherein in mehrere Verwaltungseinheiten aufzuteilen. Systemkomponenten, die zu-
nächst auf dem gleichen Rechner ablaufen, können dann später bei einer Erweiterung der
Hardware-Infrastruktur ohne großen Aufwand auf hinzukommende Rechner verlagert wer-
den (Noack et al. 2000, S. 8).

Webbrowser

Präsentation
HTTP(-S)

Anwendung Webserver

SQL

Datenhaltung DBMS

Datenbank

Logische Physische Hardware-Infrastruktur


Schichtenarchitektur Schichtenarchitektur (Beispiel)

Abb. 107: 3-Schichtenmodell für Systemkomponenten im E-Shop


Quelle: in Anlehnung an Noack et al. 2000, S. 8.

Das in der Informatik allgemein anerkannte Standardmodell zur Beschreibung von logi-
schen Schichten besteht aus Präsentationsschicht (Kommunikation mit dem Benutzer),
Anwendungsschicht (Programmlogik) und Datenhaltungsschicht (Verwaltung der Daten).
Eine Besonderheit von Internetapplikationen ist dabei die Tatsache, dass Funktionen der
Präsentationsschicht sowohl vom Client-Rechner (Anzeige der Benutzeroberfläche und
Die Systeme beim elektronischen Verkauf 289

Interaktion mit dem Nutzer) als auch vom Webserver (Generierung der Benutzeroberflä-
che und Verarbeitung der Nutzereingaben) untergebracht sind. Die Einbettung serverseiti-
ger Skriptsprachen wie PHP in (X)HTML kann in diesem Zusammenhang dazu verleiten,
zunächst einen Prototyp der Internetapplikation zu erstellen und diesen dann mit der be-
nötigten Funktionalität zu ergänzen. Dadurch leiten Fragen der visuellen Gestaltung und
der Navigationsstruktur den Entwicklungsprozess der Internetapplikation. Dies kann zu
Lasten softwaretechnischer Architekturerwägungen gehen, worunter im Endeffekt sowohl
Usability als auch Erweiterbarkeit der Plattform leiden.
Ein fundamentales Prinzip bei der Entwicklung der Internetapplikation sollte daher die ser-
verseitige Entkopplung von Oberflächen- und Programmkomponenten sein. Ist diese
Trennung nicht gegeben, ziehen Änderungen am optischen Erscheinungsbild der Platt-
form, die gestalterisch einfach umzusetzen wären und keine funktionale Änderung mit sich
bringen, in vielen Fällen einen großen Aufwand für die Reorganisation des eingebetteten
Programmcodes mit sich. Zudem ist die vormals übliche Personalunion von Web-Designer
und Softwareentwickler heute nur noch selten anzutreffen. Auch wenn der E-Shop das
Grafikdesign an eine Agentur ausgelagert hat, kann ein Designer nur schwer abschätzen,
welche Auswirkungen seine Arbeit auf den eingebetteten Programmcode haben könnte
(Weitz 2002, S. 210). Bei der Verwendung von Skriptsprachen gilt es daher, XHTML- und
Programmcode weitestgehend voneinander zu trennen. Dies ist mit modernen Skriptspra-
chen durchaus möglich und wird zudem durch eine Anzahl von (meist frei verfügbaren)
Programmbibliotheken zur Template-Verarbeitung unterstützt.
Ähnlich wie die Trennung von Struktur und Layout innerhalb der Präsentationsschicht
selbst (s. Kapitel 3.1.3.3), ermöglicht die explizite Trennung von Präsentationsschicht und
Anwendungslogik, die Plattform des E-Shops auf verschiedenen Endgeräten verfügbar zu
machen, ohne dabei die in der Anwendungslogik realisierte Funktionalität replizieren zu
müssen. Treten weitergehende Anforderungen bezüglich der Skalierbarkeit und Verfüg-
barkeit auf, stößt das 3-Schichtenmodell jedoch relativ schnell an seine Grenzen
(Sinz/Knobloch/Mantel 2000, S. 552). Dies kann zu einem physischen 4-Schichtenmo-
dell führen, welches die oben geforderte Trennung von Benutzeroberflächen- und Pro-
grammkomponenten durch die Verwendung von Hochsprachen (s. Kapitel 3.1.3.3) impli-
zit voraussetzt (s. Abb. 108). Dabei werden die serverseitigen Funktionen der Präsentati-
onsschicht (Dialogsteuerung) vom Webserver übernommen, während ein sog. Applica-
tion Server für die Steuerung der elektronischen Geschäftsprozesse und der Anwen-
dungsbereichsobjekte zuständig ist (Noack et al. 2000, S. 9). Webserver und Application
Server können allerdings auch in einer als Web Application Server bezeichneten Sys-
temkomponente vereint sein (Sinz/Knobloch/Mantel 2000, S. 551). In der Praxis lassen
sich die vorhandenen Serverprodukte nicht eindeutig voneinander abgrenzen: Tomcat bie-
tet zwar gleichzeitig die Funktionalität eines Webservers, wird in der Produktion aber zu-
meist in Kombination mit einem Apache HTTP Server eingesetzt. In diesem wird vor die-
sem Hintergrund ein Plugin eingebunden, das Requests für dynamische Inhalte an Tomcat
weiterleitet.
290 Die Grundlagen des E-Shop

Benutzer- Webbrowser
oberfläche
Präsentation
Dialog-
Web Application Server
steuerung
Webserver

Geschäftsprozess-
steuerung Application Server
Anwendung
Anwendungs-
bereichsobjekte

Datenbankabstraktion
logischer
Datenzugriff
Datenhaltung
physischer DBMS
Datenzugriff

Logische Physische Hardware-Infrastruktur


Schichtenarchitektur Schichtenarchitektur (Beispiel)

Abb. 108: 4-Schichtenmodell für Systemkomponenten im E-Shop


Quelle: in Anlehnung an Sinz/Knobloch/Mantel 2000, S. 551.

3.2 Die Prozesse beim elektronischen Verkauf


Nach den technischen Darstellungen der Systemebene (s. Kapitel 3.1) gilt es nun auf der
Prozessebene die spezifischen Anforderungen an und die besondere Gestaltung von elekt-
ronischen Verkaufs- bzw. Absatzprozessen zu beschreiben. Die Prozessebene beschreibt
somit den Ablauf sämtlicher Arbeitsschritte, die in einem E-Shop gewährleistet sein müs-
sen, damit Transaktionen optimal durchgeführt werden können. Jeder Prozess ist eine Art
„Baustein“ in dem Gesamtkonzept des E-Shops. Je optimaler die Bausteine zusammenge-
setzt und aufeinander abgestimmt sind, desto schneller, kostengünstiger und gehaltvoller
können Daten verarbeitet und damit Transaktionen durchgeführt werden.
Es ergeben sich vor diesem Hintergrund folgende Lernziele für dieses Kapitel:

„ Welche grundlegenden Ziele und damit im Zusammenhang stehenden prozessualen


Anforderungen werden an einen E-Shop gestellt?

„ Wie gestalten sich im E-Shop konkret die verschiedenen Teilprozesse?


Die Prozesse beim elektronischen Verkauf 291

„ Welche operativen, taktischen und strategischen Basisfunktionen entstehen im Rahmen


des Prozessmanagements für den E-Shop?

3.2.1 Die Prozessanforderungen beim elektronischen Verkauf


Die konkreten Prozessanforderungen im E-Shop ergeben sich aus der Umsetzung des
realen Verkaufsprozesses in einen internetbasierten elektronischen Verkaufsprozess. Die-
ser muss grundsätzlich so gestaltet sein, dass das Einkaufen im E-Shop im Vergleich zum
realen Shop vorteilhafter ist. Hinsichtlich der Prozessanforderungen bedeutet dies insbe-
sondere eine Verbesserung bei Einkaufskosten und -zeit bei gleichzeitig hoher Sicherheit
und Qualität für die Einkaufsabwicklung. Diese Kernziele werden aber auch noch von
weiteren allgemeinen Aspekten bezüglich des Einkaufprozesses begleitet:

„ Bedienbarkeit: Die Nutzung eines E-Shops und die damit zusammenhängenden Pro-
zesse sollten so einfach wie möglich gehalten werden, damit der Nachfrager seine
Kaufentscheidung im virtuellen Verkaufsraum nur mit Hilfe der Maussteuerung steu-
ern bzw. treffen kann (s. Kapitel 3.1.1.4).

„ Zuverlässigkeit: Der Einkaufsprozess sollte basierend auf der Funktionalität der da-
hinter stehenden Systemarchitektur technisch zuverlässig und damit stabil ablaufen.
Nur so können die richtigen Webinhalte an den richtigen Stellen jederzeit aufgerufen
werden.

„ Verfügbarkeit: Der Einkaufsprozess sollte 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche, 52


Wochen im Jahr und damit ohne technische Unterbrechung angeboten werden kön-
nen. Dies kann nur durch eine entsprechend hohe Verfügbarkeit des dahinterstehenden
Servers geschehen. Nur so können Kundenbestellungen und -wünsche jederzeit entge-
gengenommen werden.

„ Schnelligkeit: Der Aufruf von relevanten Webinhalten im Rahmen des Einkaufspro-


zesses sollte in einer angemessenen Zeit erfolgen, damit die Nutzung durch den Kun-
den nicht aufgrund von zu langen Ladezeiten abgebrochen wird. Mit Schnelligkeit
ist aber auch gemeint, dass die Zeitabstände zwischen Anfragen von Kunden und
deren Beantwortung durch das E-Shop-System bzw. dem E-Shop-Betreiber deutlich
gesenkt werden kann.

„ Individualisierbarkeit: Im Rahmen des Einkaufsprozesses sollte es die Möglichkeit


einer Individualisierung des Informations- und Produktangebots geben. Dadurch hat
der Shopbetreiber die Möglichkeit, eine Personalisierung bezüglich der individuellen
Wünsche des einzelnen Kunden anzubieten und somit die Absatzwahrscheinlichkeit zu
steigern (s. Kapitel 1.3.4).
292 Die Grundlagen des E-Shop

3.2.1.1 Online-Einkaufskosten und -zeit


Vor dem Hintergrund der Ausführungen zu den generellen Prozessanforderungen (s. Ka-
pitel 3.2.1) ist es aber sicherlich das Hauptziel elektronischer Verkaufsprozesse, die Erzie-
lung von Kosten- und Zeitersparnissen sowohl für den E-Shop-Betreiber als auch für den
-Nutzer (Kunden) zu gewährleisten. Die Reduzierung von Online-Einkaufskosten und
-zeit gegenüber dem realen Einkaufsprozess ist also eine der wesentlichen Anforderungen
an die Prozessabläufe eines E-Shops. Im Hinblick auf die Betreiberkosten können dabei
mehrere Bereiche identifiziert werden, bei denen die elektronische Informationsverarbei-
tung zum Tragen kommt:

„ Bereitstellungskosten: Durch den Wegfall der physischen Verkaufsflächen und den


daraus resultierenden Mieteinsparungen bei gleichzeitig geringeren Kosten für den
Aufbau und Betrieb eines E-Shops (z. B. Hard- und Softwarekosten oder Server-
miete), sind die Bereitstellungskosten für ein elektronisches Produktangebot geringer.

„ Betriebskosten: Durch den Wegfall der physischen Verkaufsflächen entfallen auch die
diesbezüglichen Betriebskosten (z. B. Strom oder Heizung), während die diesbezüg-
lichen Kosten beim E-Shop (z. B. Hosting) deutlich geringer ausfallen.

„ Informationskosten: Durch den Wegfall einer papierbasierten Informationsübertra-


gung entfallen Kopier- und Vertriebskosten für die Weitergabe an den Kunden. Im
elektronischen E-Shop werden die digitalen Informationen nur einmal produziert und
können dann ohne weitere Kosten beliebig oft abgerufen werden. Beleg- oder Bestell-
zettel müssen so nicht mehr per Hand ausgefüllt werden, sondern können mit Hilfe von
elektronischen Formularen kostengünstiger bearbeitet werden.

„ Personalkosten: Durch den Einsatz von elektronischen Systemen können viele Pro-
zessaufgaben (z. B. Versendung einer Bestellbestätigung) automatisch ablaufen.
Dadurch kommt es zu einem geringeren Personaleinsatz und einer entsprechenden
Reduktion der zugehörigen Personalkosten.

„ Bearbeitungskosten: Elektronische Prozesse verringern aufgrund des Wechsels von


einer manuellen zu einer maschinellen Datenerfassung die laufenden Kosten im Zeit-
ablauf (s. Abb. 109). Die laufenden Kosten steigen bei maschineller Erfassung der Da-
ten nämlich nur geringfügig an, während die manuelle Erfassung die laufenden Kos-
ten deutlich schneller in die Höhe treibt. Da aber eine automatisierte Datenerfassung
gewisse Anfangsinvestitionen in Technik und Schulung der Mitarbeiter benötigt, re-
lativiert sich der Kostenvorteil der elektronischen Datenerfassung besonders am An-
fang (Krause 2000, S. 479). Sind die hohen Anfangsinvestitionen jedoch getätigt, so
ist der Unterhalt des Systems mit steigender Anzahl an Transaktionen relativ gering.
Höhere Kosten fallen dann überwiegend durch Upgrades oder den Erwerb von neuen
Komponenten an.
Die Prozesse beim elektronischen Verkauf 293

„ Lagerkosten: Durch den Wegfall der physischen Verkaufsflächen entfallen auch die
Kosten für den Betrieb eines zugehörigen Lagers zur Produktmitnahme, da aufgrund
der Online-Bestellung die Ware sowieso geliefert werden muss. So kann entweder das
eigene Auslieferungslager zentral und damit kostengünstiger organisiert werden, oder
die Bestellung kann direkt an den eigentlichen Produzenten weitergegeben werden.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass durch einen E-Shop und den darüber
angebotenen elektronischen Verkaufsprozess für den Betreiber die Transaktionskosten
deutlich gegenüber einer realen Verkaufslösung sinken, sodass der E-Shop-Betreiber seine
Produkte in der Regel deutlich günstiger anbieten kann als vergleichbare ortsgebundene
Geschäfte.

Laufende Kosten

Zeit
Anzahl
Transaktionen

Break-Even

Manuelle Erfassung

Investitionskosten Maschinelle Erfassung

Abb. 109: Reduzierung der Bearbeitungskosten bei einem E-Shop


Quelle: Krause 2000, S. 480.

Im Hinblick auf die Nutzerkosten auf der Kundenseite eines E-Shops können ebenso
mehrere Bereiche identifiziert werden, bei denen die elektronische Informationsverarbei-
tung zum Tragen kommt:

„ Einkaufskosten: Durch den Wegfall der physischen Verkaufsflächen entfallen die all-
gemeinen Anfahrtskosten (z. B. Benzin, Parkgebühren) zu einem realen Verkaufs-
raum, um sich die Produkte anzusehen.
294 Die Grundlagen des E-Shop

„ Suchkosten: Durch den Wegfall der physischen Produktinformationen und der in der
Regel im Internet kostenlosen Bereitstellung von elektronischen Produktinformatio-
nen (z. B. Kataloge, Testberichte) werden die Suchkosten für den Nachfrager gesenkt.
Ferner hat er die Möglichkeit über elektronische Suchmechanismen deutlich mehr In-
formationen wahrzunehmen und zu nutzen.

„ Transportkosten: Durch den Wegfall der physischen Verkaufsflächen können auch


die Kosten für den Transport der gekauften Ware nach Hause entfallen (z. B. Anmie-
tung eines LKW). Allerdings sind die entsprechenden Versandkosten, die für die Lie-
ferung durch den E-Shop-Betreiber bzw. seine Dienstleister erhoben werden, mögli-
chen Einsparungen gegenüberzustellen.

Eine Reduzierung der Transaktions- und Prozesskosten auf beiden Seiten (Betreiber und
Nutzer), insbesondere über eine Optimierung der Prozessabläufe, geht gleichzeitig ein-
her mit einer Verkürzung von Bearbeitungs-, Durchlauf- und Lieferzeiten (Ganser/Frick/
Maucher 2003, S. 59). Die Bearbeitungszeiten sind dabei die Zeiten, die benötigt werden,
um einzelne Aufgaben, die während oder durch den Prozess anfallen, zu verrichten. Die
Durchlaufzeiten sind dagegen die Zeiten, die benötigt werden, um einzelne Aufgaben zwi-
schen Aufgabenträgern weiterzuleiten. Die Lieferzeiten sind wiederum Zeiten, die für die
Zustellung von Materialien, Produkten und Informationen innerhalb der Leistungsbezie-
hung anfallen. Die Zeitersparnisse können durch die Möglichkeiten der elektronischen
Informationsverarbeitung in allen drei Bereichen erzielt werden und dabei bspw. zu einer
Verringerung der Anzahl der Arbeitsschritte und der Aufgabenträger führen. Bei standar-
disierten Vorgängen und Routineprozessen, die durchgängig elektronisch unterstützt wer-
den, können automatisierte Workflow-Systeme eingesetzt werden (z. B. Versendung von
Auftragsbestätigungen). Je einheitlicher dabei der einzelne Prozessschritt gestaltet wird,
desto höher ist das Potenzial der Zeiteinsparung (Ganser/Frick/Maucher 2003, S. 55 ff.).

3.2.1.2 Online-Einkaufssicherheit und -qualität


Die Online-Einkaufssicherheit bezüglich aller Prozessabläufe richtet sich beim E-Shop
in besonderem Maße an die Transaktionssicherheit des Systems. Kunden kaufen erst in
einem E-Shop, wenn sie darauf vertrauen, dass ihre Personen- und Zahlungsdaten nicht
missbraucht werden. Es gibt vor diesem Hintergrund gewisse Gefahrenquellen nicht nur
innerhalb des E-Shops selber, sondern auch in seiner Umwelt, die die Sicherheit des Sys-
tems und den reibungslosen Ablauf der Prozesse beeinträchtigen und im schlimmsten Fall
den E-Shop sogar ruinieren können. Zu solchen potenziellen Gefahren zählen vor diesem
Hintergrund bspw. (Schwarze/Schwarze 2002, S. 116):

„ Schwachstellen in der Informationsinfrastruktur: Gefahren entstehen hierbei z. B.


durch technische Fehler oder Defekte, menschliches Versagen, Programmfehler oder
Systemfehler, die das System meist nur vorübergehend unterbrechen.
Die Prozesse beim elektronischen Verkauf 295

„ Schwachstellen in der Umgebung: Gefahren entstehen hierbei in der Umgebung der


Informationsinfrastruktur, wie z. B. Erdbeben, Schadstoffe, Überschwemmungen,
Unwetter, Feuer etc., die das System lahmlegen oder sogar ganz zerstören können.

„ Schwachstellen durch Delikte: Gefahren entstehen hierbei durch deliktische Hand-


lungen, wie z. B. Datendiebstahl, Datenmanipulation oder Datenvernichtung durch
Dritte, Zerstörung oder Beschädigung der Hardware, Viren.

„ Schwachstellen durch Social Engineering: Beim Social Engineering wird versucht,


über den direkten Kontakt zu Mitarbeitern des E-Shops, Zugriff auf vertrauliche Da-
ten wie Passwörter oder Zahlungsdaten zu erhalten (Günter 2007).

All diese Schwachstellen müssen laufend überprüft werden, damit die möglichen Gefahren
nicht die Einkaufssicherheit der Online-Kunden beeinträchtigen und den E-Shop nachhal-
tig negativ durch Mund-zu-Mund-Propaganda oder Austausch schlechter Erfahrungen in
E-Communities (s. Kapitel 1.5.1) belasten. Prioritäten werden dabei anhand verschiede-
ner Kriterien gesetzt, mit deren Hilfe die Gefahren für den weiteren Unternehmensverlauf
besser eingeschätzt werden können. Diese Kriterien evaluieren Gefahren nach Schadens-
höhe, Schadensumfang, Schadensdauer und Schadenswirkung, um anhand der Auswer-
tung eine Prioritätenliste für die Ausgestaltung der Sicherheitsmaßnahmen aufzustellen.
Meist ergibt sich jedoch das Dilemma, dass zunehmende Sicherheit mit überproportiona-
len Kosten verbunden ist (Schwarze/Schwarze 2002, S. 119). Der Nutzen der Sicherheit
steigt jedoch mit dem Umfang der Sicherheitsmaßnahmen an, was sich durch sinkende
Schadenskosten ablesen lässt. Abb. 110 zeigt den diesbezüglichen Verlauf der Kosten für
Sicherheitsmaßnahmen und der Schadenskosten. Um nun das Prinzip der Wirtschaftlich-
keit zu wahren, muss das System so gesichert sein, dass die Gesamtkosten möglichst ge-
ring sind. Die Diskrepanz beider Kostenfaktoren (Kosten für Sicherheitsmaßnahmen und
Schadenskosten) sollte dabei möglichst gering sein.
Bei der Realisierung der Sicherheitsmaßnahmen darf allerdings nicht nur ausschließlich
auf die Wirtschaftlichkeit und damit auf die Gesamtkosten geachtet werden. Es gibt einige
zusätzliche Anforderungen, die bei der Umsetzung eines Sicherheitskonzeptes beachtet
werden müssen (Schwarze/Schwarze 2002, S.118 f.):

„ Integrität: Die Unterstützung der Prozesse zur Gewährleistung der Transaktionssi-


cherheit muss durch die Integration des Sicherheitskonzeptes in alle Schichten der Un-
ternehmensstruktur gegeben sein.

„ Verfügbarkeit: Jegliche Sicherheitsmaßnahmen müssen ständig und überall verfüg-


bar sein, damit der gesicherte Datenaustausch zu jeder Zeit unterstützt wird und bei
Gefahren schnell geschützt werden kann.
296 Die Grundlagen des E-Shop

„ Vertraulichkeit: Der Austausch persönlicher Daten oder vertraulicher Unternehmens-


daten darf nur unter Aufsicht bestimmter, autorisierter und vertrauenswürdiger Per-
sonen geschehen. Je mehr Personen auf wichtige Daten zugreifen können, desto
schwieriger werden der Schutz der Daten und das Auffinden der Schwachstelle für die
Nachprüfbarkeit von Datenmissbrauch.

„ Authentizität: Der Zugang der Daten über bestimmte, autorisierte Personen muss
durch Authentifizierung sichergestellt sein, d. h. die Personen müssen bekannt sein
und sich ausreichend erkennbar bzw. identifizierbar machen.

„ Verbindlichkeit: Das Sicherheitskonzept muss die Verbindlichkeit des Datenaustau-


sches gewährleisten. Wird z. B. ein Kauf getätigt, so geht der Käufer mit Übermittlung
seiner Daten eine Verbindlichkeit ein.

„ Wirtschaftlichkeit: Das Prinzip der Wirtschaftlichkeit unterstellt dem E-Shop die


finanzielle Ausgewogenheit zwischen Aufwand und Nutzen des Sicherheitskonzep-
tes. Die Ausgaben für die Sicherheitsmaßnahmen müssen gegenüber den Schadens-
kosten angemessen sein (s. Abb. 110).

Die Forderung nach einer hohen Online-Einkaufsqualität beinhaltet die Weiterverarbei-


tung der über die Webseite angestoßenen Prozesse zur vollkommenen Zufriedenheit der
Kunden. Dies bezieht sich im Rahmen einer gesamten Prozessqualität nicht nur auf die (in-
ter)aktive Online-Nutzung des E-Shops, sondern auch auf Aufgaben, die erst nach Beendi-
gung des eigentlichen Online-Besuches durch den Kunden zum Tragen kommen können.
Die Interaktivität (s. Kapitel 1.3.3) wird aber bei der Prozessqualität zu einem entscheiden-
den Faktor, da sie sich nicht nur mittelbar durch die Zufriedenheit der Kunden auf den Um-
satz des E-Shops auswirkt, sondern auch unmittelbar z. B. über durchgeführte Bestellun-
gen. Die Prozessqualität darf dabei jedoch nicht mit der Kontaktqualität verwechselt wer-
den. Bei der Kontaktqualität geht es um die klassischen Webseiten-Evaluationskriterien,
wie Attraktivität, Ergonomie, Informations- und Funktionalitätskonzept (Bauer/Herrmann
2004, S. 366). Die Prozessqualität geht jedoch einen Schritt weiter und betrachtet auch die
Weiterbearbeitung der angestoßenen Prozesse, die meistens im Hintergrund und für den
Kunden unsichtbar ablaufen (z. B. Bestellabwicklung).
Dabei ist die Prozessqualität im E-Shop nicht nur eine generelle Anforderung an jeden
einzelnen Prozessschritt, sondern insbesondere auch an die diesbezüglichen Übergänge.
Bewertungskriterien hierfür sind z. B. die Durchgängigkeit, Redundanzfreiheit, Vollstän-
digkeit und Flexibilität (Ganser/Frick/Maucher 2003, S. 59). Werden Prozesse weitestge-
hend elektronisch unterstützt, muss darauf geachtet werden, dass keine Medienbrüche auf-
treten, die die Übertragung der Daten an Schnittstellen behindern können. Damit werden
eine Durchgängigkeit und ein reibungsloser Ablauf der Prozessschritte unterstellt und
effizient gestaltet. Bei der Redundanzfreiheit geht es um die Vermeidung von Mehrfach-
ausführungen einzelner Prozessschritte (z. B. Doppeleingabe der Kundenadresse), die un-
ter Umständen zu Übertragungsfehlern und Ineffizienzen führen können. Dies beinhaltet
Die Prozesse beim elektronischen Verkauf 297

auch die Verbesserung der Kommunikation und die Erleichterung der Datenpflege. Zusätz-
lich sollten alle Prozessbereiche durchgängig abgedeckt werden, damit die Vollständig-
keit hinsichtlich der gesamten Prozesskette gegeben ist und somit einen flüssigen und
kontinuierlichen Ablauf gewährleistet. Durch Flexibilität können dann die einzelnen Pro-
zessbereiche je nach Bedarf bearbeitet und angepasst werden sowie nach wirtschaftlichen
Aspekten verbessert werden.

Kosten

Gesamtkosten

Kosten für Sicherheits- Schadenskosten


maßnahmen

Optimum Umfang der


Sicherheitsmaßnahmen

Abb. 110: Optimierungsproblem von Sicherheitsmaßnahmen


Quelle: Schwarze/Schwarze 2002, S. 119.

3.2.1.3 Online-Einkaufsmobilität
Neben dem stationären Online-Einkauf bei dem der Kunde mit Hilfe eines Computers
oder Laptops auf Basis des vielfältigen Angebotes im Internet seine Einkäufe tätigt, was
ihm vor allem Kosten- und Zeitvorteile sowie Flexibilität ermöglicht, bestehen heutzutage
zunehmend Wunsch und Möglichkeit, mit mobilen Smartphones, losgelöst vom heimischen
PC, z. B. während einer Wartezeit am Bahnhof, Konsumgüter zu erwerben (Heinemann
2018b, S. 1 ff.). Laut dem eCommerce Mobile Shopping 2018 kaufen in Deutschland 45
% online über ihr Smartphone ein und bei mobilen Routinebestellungen liegt Deutschland
mit 23,5 % nur knapp unter dem weltweiten Durchschnitt von 25,1 %. Als Gründe für
mobiles Shopping werden vorrangig die Zeitersparnis und die Möglichkeit, außerhalb
von Ladenöffnungszeiten einzukaufen, genannt. Während diese Gründe im Wesen auch
auf das stationäre Einkaufen im Internet zutreffen, kommen auch Faktoren zum Tragen,
die nur mobile Applikationen oder Webseiten (s. Kapitel 1.2.2) bieten können. Dazu zäh-
298 Die Grundlagen des E-Shop

len, dass unterwegs und ohne einen Computer online eingekauft werden kann. Selbst der
alleinige Umstand, dass es eine App dafür gibt, wird nicht selten als Anlass genannt, sich
mit mobilem Shopping auseinanderzusetzen, was einen bedenkenswerten Impuls für
Shop-Betreiber zur Entwicklung einer entsprechenden mobilen Shoppingmöglichkeit dar-
stellen kann. Dabei hat der Shop-Betreiber grundsätzlich die Wahl, eine Mobile-Shop-
ping-Webseite oder eine Mobile-Shopping-App aufzusetzen (Heinemann 2012, S. 8 f.).
Vorteil einer mobilen Webseite, die nicht betriebssystemspezifisch entwickelt wurde, ist,
dass sie theoretisch auf allen Betriebssystemen mobiler Endgeräte funktioniert. Auch kann
der Shop-Betreiber die Webseite selbst warten und aktualisieren. Der Kunde muss nicht
erst eine Applikation herunterladen und wird in der Regel beim Aufruf der Webseite eines
E-Shops automatisch auf die mobile Version der Seite weitergeleitet. Mobile Applikatio-
nen bieten hingegen den Vorteil, dass sie optimal auf ihre zugrundeliegende Funktion aus-
gerichtet sind und durch ihre auf das jeweilige Betriebssystem ausgerichtete Optimierung
schneller, einfacher und intuitiver zu bedienen sind. Insbesondere wenn ihnen der Zugriff
auf bestimmten Daten und Funktionen des Smartphones erlaubt wird, wird ebenfalls eine
personalisierte Anwendung (s. Kapitel 1.2.2 und 1.3.4) möglich. Auch geht mit der Instal-
lation einer Anwendung eines spezifischen E-Shops eine erhöhte Kundenbindung einher
(s. Kapitel 3.4.3). Unabhängig von der Wahl der Herangehensweise auf der mobilen Seite
ist es wichtig, dass die mobile Version des E-Shops eng mit dem vorhandenen Online-
Shop verknüpft und bspw. ein wechselseitiger Datenaustausch möglich ist.
Aus früheren Studien ist bekannt, dass vor allem bekannte Marken und Online-Shops von
dem Trend zum M-Commerce (s. Kapitel 1.2.2) profitieren, da vor allem das Vertrauen
beim Internet-Shopping eine ausschlaggebende Rolle spielt. So kauft ein Großteil der Be-
fragten nur bei denjenigen Shops ein, die den Kunden vom stationären Handel bereits be-
kannt sind. Zu den bevorzugten Produkten zählen primär mobile Güter wie Fahr- und Ver-
anstaltungskarten sowie Flugtickets. Weiterhin sind Bücher, DVDs und CDs, Produkte des
klassischen Online-Shoppings, auch bei den Mobile-Shoppern beliebt. Der Einsatz des
Smartphones ist nicht auf einen einzelnen Prozessschritt, wie den Produktkauf, be-
schränkt, vielmehr unterstützt es eine Vielzahl der Prozesse beim elektronischen Verkauf
(s. Kapitel 3.2.2). So werden laut oben zitierter Studie Smartphones intensiv für die Pro-
duktrecherche genutzt. In diesem Zusammenhang ist ebenfalls zu erwähnen, dass einige
Unternehmen ganze Prospekte in ihrer mobilen Applikationen anbieten (z. B. Media
Markt). Auch erfreuen sich Bonusprogramme und Gutscheine bzw. Coupons (Couponing-
Marketing, s. Kapitel 3.4.1.7) steigender Aufmerksamkeit im mobilen Shopping. Beim
sog. Mobile Couponing wird das Smartphone zum Abruf bzw. Empfang von Gutscheinen
bzw. Coupons verwendet. Dabei werden zwei Übertragungsformen unterschieden (Sei-
fert 2013, S. 227 f.):

„ Push-Verfahren: Hierbei werden die Coupons direkt auf das Handy des Nutzers ge-
sendet bzw. von diesem mobil als Nachricht empfangen.

„ Pull-Verfahren: Hierbei werden die Coupons vom Nutzer aktiv über eine entspre-
chende mobile Applikation standortbezogen abgerufen.
Die Prozesse beim elektronischen Verkauf 299

Als Beispiel für eine Reihe von Anbietern sei hier die COUPIES-App genannt, bei der
nach dem Kauf eines beworbenen Produkts der entsprechende Kassenbon über die App
zu fotografieren ist, um den Rabatt gutschreiben zu lassen (s. Abb. 111). Bei dieser Form
des Couponing-Marketings (s. Kapitel 3.4.1.7) entstehen bei konsequenter Anwendung
der Nutzungsattribute der mobilen Kommunikation (s. Kapitel 1.2.2), wie Lokalisierung
und Personalisierung, spezifische Vorteile, wie geringere Streuverluste durch erhöhte ge-
ografische und persönliche Relevanz. Auch über die konkreten Anwendung im Rahmen
des Mobile Couponings ist festzuhalten, dass dem Mobile Marketing und damit der Um-
setzung der Nutzungsattribute der Mobilkommunikation im Rahmen verschiedenster Mar-
ketingformen (s. Kapitel 3.4.1) eine steigende Bedeutung zukommt. Durch die Lokalisie-
rung ist es bspw. möglich nur Konsumenten mit einem spezifischen Aufenthaltsort eine
Werbebotschaft zukommen zu lassen (Seifert 2013, S. 227).

Abb. 111: Mobile-Couponing-App von COUPIES


Quelle: www.coupies.de

Die Studie weist als häufigste Aktivität des Smartphone-Einsatzes im Zuge von Einkaufs-
prozessen den Preisvergleich aus. Durch den schnellen Zugriff auf eine Vielzahl von An-
geboten, inklusive damit verbundener weiterer Konditionen, wie Versandkosten oder Lie-
ferzeit, erscheint diese Feststellung wenig überraschend. Auf eine Möglichkeit, die auf
den neuen Möglichkeiten der mobilen Kommunikation basiert, soll in diesem Kontext be-
sonders hingewiesen werden. So bieten moderne Smartphones mit Kamera die Möglich-
keit, den Barcode eines Produktes zu scannen, um sich sofort alle verfügbaren Informati-
onen zu diesem Produkt ortsunabhängig anzeigen zu lassen. Informationen können die
Produktbeschreibung, der Online-Preis oder die Lieferkonditionen sein. Anhand dessen
kann der Nutzer die Kaufkonditionen zwischen Offline- und Online-Welt vergleichen, um
300 Die Grundlagen des E-Shop

dadurch zu einer fundierten Kaufentscheidung zu gelangen. Außerdem besteht die Mög-


lichkeit, sich in der Offline-Welt einen reellen Eindruck vom Produkt zu machen, den
Einkauf anschließend aber aus Kostenvorteilen online zu tätigen. Zur Veranschaulichung
sei als Beispiel die mobile Applikation barcoo (s. Abb. 112) angeführt. Die Applikation
bietet einen kostenlosen Barcode-Scanner und liefert nach der Fotoaufnahme den aktu-
ellen Preis und weitere Informationen zum gewählten Produkt und leitet auf Wunsch bis
zur direkten Bestellmöglichkeit weiter.

Abb. 112: Online-Einkaufsmobilität am Beispiel der barcoo-Applikation


Quelle: www.barcoo.com

3.2.2 Die Prozessgestaltung beim elektronischen Verkauf

Je größer ein E-Shop wird, desto komplexer und umfangreicher werden die Prozesse, die
den Shop-Betrieb beschreiben. Eine Übersicht der einzelnen Prozesse und ihre Einbettung
in den Transaktionsablauf helfen dabei, Schnittstellen zu erkennen und Subprozesse ein-
zuordnen. Eine schematische Darstellung der Prozessarchitektur kann im Laufe der Zeit
als Referenz für Erweiterungen oder Anpassungen in der Prozessstruktur herangezogen
werden. Je detaillierter die Prozessdarstellung, desto eher können Schwachstellen im Rah-
men der Qualitätssicherung erkannt und behoben werden. Folgende Aspekte sollten dabei
beachtet werden (Hausen 2005, S. 170): Ohne auf die Integration aller Prozessschritte in
Die Prozesse beim elektronischen Verkauf 301

das Gesamtkonzept des E-Shops zu achten (Prozessmanagement), sollten zunächst die ein-
zelnen Prozesse unabhängig voneinander betrachtet werden. Hauptsächlich geht es dabei
um die Verarbeitung von Daten, die mit bestimmten Transaktionen verbunden sind und die
im Zusammenhang mit allen auftragsrelevanten Kunden- und Produktinformationen ste-
hen. Die effiziente Verarbeitung der Daten eines jeden Prozesses setzt den reibungslosen
Durchlauf der Daten vom Beginn der Prozesskette bis zum Ende voraus, damit unnötige
Verzögerungen und Fehler in der Datenübernahme und Datenweitergabe vermieden wer-
den. In der Zusammenführung der einzelnen Prozessschritte kann dann der gesamte Ver-
kaufsprozess über einen E-Shop dargestellt werden. Dabei lassen sich generell drei Pro-
zessbereiche erkennen (s. Abb. 113):

Vorkaufphase Kaufphase Nachkaufphase

Interne
Suche im
Info-
E-Shop
Suche Online- Online-Abwicklung Retoure Online-
Warenkorb (eFulfillment) Beschwerde

Produkt-
Problem- suche Alternativen- Online-Kauf Auslieferung Konsum/ Steuerung
erkennung (eSearch) identifikation (eSales) (eDistribution) Nutzung (eControlling)

Externe Online-Bezahlung
Suche über Evaluierung
Info- (ePayment)
Suchmaschine
Suche

Abb. 113: Die Prozessbereiche beim Online-Kauf über einen E-Shop


Quelle: in Anlehnung an Foscht/Swoboda/Schramm-Klein 2017, S. 184.

„ Vorkaufphase (Pre-eSales): In der Vorkaufphase werden potenzielle Kunden über


Offline- oder Online-Werbung bzw. Eintragungen in Suchmaschinen „gelockt“ und
dann mit dem Produktangebot im Online-Produktkatalog (s. Kapitel 3.1.1.1) über eine
ansprechende Online-Produktpräsentation (s. Kapitel 3.1.1.2) konfrontiert. Kern die-
ser Phase bildet der eSearch-Prozess (s. Kapitel 3.2.2.1), über den ein passendes An-
gebot zum Bedarf des Kunden durch diesen gesucht und gefunden werden soll. Mit
der Auswahl eines oder mehrerer Produkte aus dem Online-Angebot des E-Shop und
dessen bzw. deren Platzierung im Online-Produktwarenkorb (s. Kapitel 3.1.1.3), er-
folgt der Übergang in die nächste Phase.

„ Kaufphase (eSales): Der eigentliche Online-Kauf startet dann in der Regel mit
einem Klick auf den „zur Kasse gehen“-Button aus dem Online-Produktwarenkorb
302 Die Grundlagen des E-Shop

bzw. aus anderen E-Shop-Webseiten. Innerhalb des dann beginnenden eSales-Pro-


zesses (s. Kapitel 3.2.2.3) geht es vor allem um die Vereinbarung eines Leistungs-
austausches und die Abwicklung der Transaktion (Bezahlung/Warenlieferung). Hier
erfolgen dann auch die ePayment-, eFulfillment- und eDistribution-Prozesse (s.
Kapitel 3.2.2.4, 3.2.2.5, 3.2.2.6) als notwendige Unterstützung, wobei die Schnitt-
stelle zum Kunden (Datenaustausch) vor diesem Hintergrund die besondere Einzel-
betrachtung rechtfertigt.

„ Nachkaufphase (After-eSales): Die Nutzung des E-Shops und die Bewertung der
gelieferten Produkte führen im Anschluss an den eigentlichen Online-Kauf zu einer
Zufriedenheitseinschätzung auf der Kundenseite. Diese ist nicht unerheblich, da die
Online-Kunden dem E-Shop treu bleiben und zum Wiederkauf animiert werden sol-
len. Dies wird durch einen besonderen Online-Support und durch Service-Angebote
im Rahmen des eControlling-Prozesses (s. Kap. 3.2.2.7) unterstützt (Wannen-
wetsch/Nicolai 2004, S. 168 ff.). Teilweise werden hier die Aufgaben des eFulfill-
ment mit eingebunden (Retourenmanagement und Kundenservice). Viel wichtiger ist
aber die Aufgabe, alle relevanten Daten der gesamten Transaktionsabwicklung zu
analysieren und auszuwerten, damit mögliche Schwachstellen innerhalb der Prozesse
oder auch prozessübergreifend aufgedeckt und verbessert werden können. Das eCon-
trolling dient dabei allerdings nicht nur zur Optimierung der Prozessgestaltung, son-
dern auch der Steuerung und Überprüfung aller E-Shop-Aktivitäten.

3.2.2.1 eSearch-Prozess
Der potenzielle Kunde ist im Rahmen des eSearch-Prozesses auf der Online-Suche nach
einem bestimmten Produkt oder einer Dienstleistung und betrachtet entweder schon ge-
zielt auf der E-Shop-Seite die bereitgestellten Produktinformationen oder er stellt
shopübergreifende Suchanfragen an entsprechende Such- (z. B. Google Shopping) oder
Preissuchmaschinen (z. B. guenstiger.de). Um im letzteren Fall überhaupt erst einmal einen
geeigneten Anbieter zu finden, muss der Kunde elementare Informationen zu Art, Spezi-
fikation und Kondition auswerten, damit die vorhandenen Anbieter je nach vorhandenem
Angebot in die engere Wahl gezogen werden können oder ausselektiert werden. Zusätz-
lich benötigt der potenzielle Kunde aber auch weitere Informationen, die er ggf. direkt bei
einem bestimmten Anbieter (in diesem Fall dem E-Shop-Betreiber) per E-Mail, Hotline
oder Kundenservice anfragen kann, oder aus externen Quellen wie Communities (z. B.
ciao.de), Newsboards etc. beziehen kann. Unter diesen zusätzlichen Informationen kön-
nen z. B. Unterschiede zu einer Vorgängerversion, Kompatibilität mit anderen Produkten
oder eine allgemeine Beratung sein. Um die Informationsaktivitäten in eine Angebotsselek-
tion überzuleiten, sollten E-Shop-Betreiber unabhängig vom Zugangsweg (per direkter
URL-Anwahl oder über Suchmaschine) darauf achten, gezielte und ausführliche Informa-
tionen über die Produkte auf der Seite bereit zu stellen und zu hinterfragen, welche Infor-
mationen einem potenziellen Kunden wichtig sein könnten. Diese Phase des eSearch-Pro-
zesses läuft dabei häufig anonym ab, da Kunden lediglich Informationen suchen und sich
Die Prozesse beim elektronischen Verkauf 303

somit zunächst durch die Vielzahl der Angebote eines oder mehrerer Online-Anbieter kli-
cken können (Franke 2002, S. 12). Um die Einleitung eines Online-Kaufes im Rahmen des
eSearch-Prozesses zu unterstützen, sollten folgende Aspekte beachtet werden (Franke
2002, S. 91 ff.; Wamser 2001, S. 115):

„ Bekanntheit: Bevor Kunden einen E-Shop besuchen können, müssen sie zunächst von
der Existenz des Angebots erfahren haben und die Web-Adresse des E-Shops kennen.
Entweder gelangen sie dabei durch die direkte Eingabe der URL (Uniform Resource
Locator) oder über einen Link auf einer anderen Seite (z. B. über Suchmaschinen) zum
E-Shop. Durch Webseiten-Promotion als Teil des Marketings (s. Kapitel 3.4) kann
dabei die Bekanntheit des Shops gesteigert werden, damit sich die Web-Adresse bei
der Zielgruppe einprägt und bei Bedarf dann sofort eingegeben werden kann (z. B.
amazon.de). Die Wahl eines adäquaten Domain-Namens und die dazugehörige Re-
servierung bzw. der Kauf der Domain muss vor dem eigentlichen E-Shop-Auftritt ge-
schehen. Eventuell werden ähnliche Domains dazu gekauft, damit Fehleingaben der
Kunden nicht dazu führen, den Shop nicht auffinden zu können (z. B. amason.de an-
statt amazon.de). Eine direkte Weiterleitung über einen Link zur richtigen Domain
sollte automatisch erfolgen.

„ Produktinformationen: Umfangreiche Informationen zu den einzelnen Angeboten


im E-Shop stehen zweifelsohne im Mittelpunkt. Dabei ist es sinnvoll, das Produktan-
gebot und die zugehörigen Informationen in Gruppen und Kategorien zu unterteilen
und die hierarchische Aufstellung im Online-Katalog (s. Kapitel 3.1.1.1) intuitiv zu
gestalten. Damit die Auswahl für den Kunden erleichtert wird, sollten detaillierte Spe-
zifikations- und Funktionsbeschreibungen aufgestellt werden und besonders Pro-
dukte, die haptisch nicht prüfbar sind, mit ausführlichen Texten und Multimediaele-
menten (s. Kapitel 3.3.1.2) angereichert werden, um den fehlenden persönlichen Kon-
takt mit dem Produkt auszugleichen.

„ Unternehmensinformationen: Der Kontakt der Online-Kunden mit einem E-Shop


wird nicht nur durch die Wahrnehmung des Produktangebotes, sondern auch durch sei-
nen Eindruck vom Unternehmen bestimmt. Daher sollte der E-Shop auch umfangrei-
che Unternehmensinformationen zur Verfügung stellen, die die Seriosität und die Leis-
tungsfähigkeit des E-Shop-Betreibers unterstreichen, und das Unternehmen als mög-
lichen Transaktionspartner in die engere Auswahl rücken lassen. Angaben zu den
AGB, Referenzen, eine Kontaktanschrift sowie Impressum und Ansprechpartner gel-
ten als Mindestmaß für diesen Bereich. Auch ein Hinweis zum sorgfältigen Umgang
mit Kundendaten gehört zum Standard. Diese Informationen müssen sofort und durch
einfache Navigation auffindbar sein.

„ Inhaltsqualität: Ein weiterer wesentlicher Bestandteil für den eSearch-Prozess ist die
Verbindlichkeit und Vollständigkeit der dargestellten Informationen. So müssen Pro-
304 Die Grundlagen des E-Shop

duktinformationen und insbesondere die Preisangaben unbedingt komplett, verbind-


lich und damit aktuell, richtig und gültig sein. Mögliche Zusatzkosten, wie Porto, Ver-
sandkosten, Steuern etc., sollten transparent ausgewiesen werden. Besonders bei Ange-
boten oder Sonderaktionen ist es empfehlenswert, den Kunden über Gültigkeitsdauer
und die gesonderten Bedingungen explizit zu informieren. Eine hohe Inhaltsqualität
setzt also ein professionelles Datenmanagement voraus.

„ Internationalität: Für E-Shops, die ihr Angebot auch für Kunden im Ausland bereit-
stellen wollen, gelten zusätzliche Bedingungen im eSearch-Prozess. Dies bezieht sich
sowohl auf die Zugangswege zur und die Bewerbung der Webseite als auch auf die
Webseitengestaltung. Hierbei sind sprachliche und kulturelle Unterschiede, techni-
sche Ausstattung und Landeswährungen zu beachten. Die Einstellung von E-Shop-
Seiten in verschiedenen Sprachen, meistens durch das Anwählen von kleinen Landes-
flaggen-Symbolen auf der Webseite, wird durch die Nutzung eines Content Manage-
ment Systems erleichtert, da gestalterische Elemente beibehalten werden können und
nur die Textbausteine in verschiedenen Sprachen ausgewechselt werden.

„ Zusatzinformationen: Einen zusätzlichen Nutzen können E-Shops den Online-Kun-


den durch die Bereitstellung von redaktionell aufbereiteten Zusatzinformationen bie-
ten. Darunter fallen z. B. Ankündigungen neuer Produkte/Versionen, Brancheninfor-
mationen, Testberichte, Herstellerinformationen, Events, Jobangebote.

„ Personalisierung: Besuchen Kunden einen E-Shop häufiger, so bietet es sich an,


ihnen eine personalisierte Version des E-Shops zur Verfügung zu stellen. Dies bedeu-
tet, dass der Kunde nicht jedes Mal seine Daten erneut eingeben muss, persönlich
begrüßt wird und nur für ihn relevante Inhalte und Informationen direkt auf der
Homepage oder im weiteren Verlauf dargestellt bekommt (s. Kapitel 3.4.2.2).

Alle bereitgestellten Informationen in dieser Phase sollen abschließend dazu führen, dass
sich der Online-Kunde zum Kauf eines Produktes über den E-Shop entscheidet. Mit der
konkreten Auswahl eines oder mehrerer Produkte aus dem Online-Angebot des E-Shops
und dessen bzw. deren Platzierung im Online-Produktwarenkorb (s. Kapitel 3.1.1.3) er-
folgt der Start des eSales-Prozesses (s. Abb. 113).

3.2.2.2 ePricing-Prozess
Die Preisstrategien für Produkte in einem E-Shop im Rahmen des sog. ePricing folgen
prinzipiell denselben Regeln wie auf traditionellen Märkten. Auch im Internet findet sich
der optimale Preis in Abhängigkeit vom wahrgenommenen Nutzen, Preis-Absatz-Bezie-
hungen, Kostenstrukturen, Wettbewerb und Preiselastizitäten. Trotzdem haben die Beson-
derheiten des elektronischen Absatzes bestimmte Implikationen für das Pricing im Inter-
net (s. Abb. 114). Dazu zählt vor allem der Aspekt der Dynamik, der eine Preisfindung (va-
Die Prozesse beim elektronischen Verkauf 305

riable Preise) im Gegensatz zur Preisfestsetzung (fixe Preise) im Internet erleichtert (Blie-
mel/Eggert/Adolphs 2000).
Da die in Abb. 114 genannten Spezifika des Internets das ePricing zu einem sehr kom-
plexen Teil des E-Shops machen, sollte die Ziele des ePricing vor der Auswahl der ge-
eigneten Strategie definiert und in den restlichen Marketing-Mix integriert werden. Erst
wenn die Zielsetzung erfolgt ist, sollten die einzelnen Determinanten der Preisstrategie
berücksichtigt werden. Zu den Determinanten zählen z. B. die Art des Produktes, die Preis-
bereitschaft der Kunden, die Preisstruktur der Wettbewerber, die Risikoaffinität der Kun-
den, die eigene Kostenstruktur und die Segmentierungsmöglichkeiten der Kunden. Trotz
der hohen Transparenz im Internet sind die Preise für physisch identische Produkte nicht
immer gleich, sondern können sogar bei CDs und Büchern bis zu 50 % variieren
(Pohl/Kluge 2001, S. 143). Diese Unterschiede in der Preisgestaltung hängen zwar auch
von dem Produkt und seinen Eigenschaften selber ab, die Preisbereitschaft der Kunden
wird jedoch zu einem zunehmend wichtigeren Faktor. Manche Kunden legen Wert auf in-
tangible Produktmerkmale, wie z. B. die zeitliche und lokale Verfügbarkeit des Produk-
tes, die zusätzlichen Serviceleistungen, Werbung, die öffentliche Wahrnehmung oder die
Kauferfahrung und das dadurch entstandene Vertrauen.

Spezifika des Internets Implikationen für das Pricing

Hohe (Informations-) • Erleichtert Preisvergleiche


Transparenz • Erhöhte Informationsbasis bei Kunden und Wettbewerbern

• Erschwerte Preisdifferenzierung
Globale Vernetzung • Konflikte zwischen Vertriebskanälen

• Ermöglicht Interaktion zwischen Anbieter und Kunde


Beidseitige Kommunikation • Ermöglicht Interaktion zwischen Kunden untereinander

Einfaches Web-Page- • Schnelle Umsetzbarkeit von Preisänderungen


Management • Preiskontrolle

• Vereinfachte Preisindividualisierung
„Online䇾-Merkmal • Ermöglicht Echtzeit-Pricing

Abb. 114: Spezifika des Internets und deren Implikationen für das ePricing
Quelle: Pohl/Kluge 2001, S. 134.

Diese Merkmale bilden für manche Zielgruppen die Basis der Preisbereitschaft und ma-
chen die Findung einer geeigneten Pricingstrategie zu einem komplexen Vorgang. Auf-
grund der technologischen Möglichkeiten im Internet stehen dem E-Shop verschiedene
Pricing-Modelle zur Verfügung, die sich in Preisfestsetzung (Katalog-Pricing) und Preis-
findung (Preisdifferenzierung und Customer-Driven Pricing) unterteilen. Die drei Modelle
306 Die Grundlagen des E-Shop

können anhand des Individualisierungsgrad und der Dynamik des Pricing wie folgt kate-
gorisiert werden (Pohl/Kluge 2001, S. 148; s. Abb. 115).
Katalog-Pricing
Katalogpreise sind in der Regel für jedes verkaufte Produkt gleich hoch, deshalb werden
diese Preise auch als uniform oder statisch bezeichnet. Da keine dynamische Anpassung
oder Differenzierung vorgesehen ist, werden Katalogpreise oft als Einstiegmethoden im
E-Shop benutzt. Somit können auch undifferenzierte Preise anderer Absatzkanäle ins In-
ternet übertragen werden und verhindern dadurch die Kannibalisierung dieser aufgrund un-
terschiedlicher Preisstrategien. Zudem kann zwischen Preisfixierung durch den Anbieter
und Preisfixierung durch den Nachfrager unterschieden werden. Üblicherweise werden
Preise durch den Anbieter festgelegt, es gibt aber auch die Möglichkeit für Nachfrager
den Maximalpreis für eine Leistung vorzugeben. Reisevermittler, wie z. B. priceline
.com, vermittelt den Nachfrager dann zu einem geeigneten Anbieter, der die Leistung für
den vorgegebenen Preis bereit ist zu erbringen. Eine weitere zugehörige Variante ist das
Abo-Pricing, bei der eine Leistung wiederkehrend zu einem festen Preis geordert wird
(z. B. bloomydays.de für monatliche Blumenlieferung im Abonnement zum festen Preis).
Real-Time

Customer-
Driven
Pricing
Dynamik

Preis-
differenzierung
statisch

Katalog-
Pricing

gering hoch

Individualisierungsgrad

Abb. 115: Die verschiedenen Modelle des ePricing für E-Shops


Quelle: Pohl/Kluge 2001, S. 150.
Die Prozesse beim elektronischen Verkauf 307

Preisdifferenzierung
Bei diesem Pricing-Modell steht die Individualisierung des Angebots im Vordergrund. Je
nach Individualisierungsgrad des Angebots, kann der E-Shop einzelnen Kunden oder
Kundengruppen differenzierte Preise anbieten. Der allgemeinen Preis-Absatz-Funktion zu-
folge wäre eine Gewinnoptimierung somit möglich, wenn jedem einzelnen Kunden ein
auf ihn individuell zugeschnittener Preis offeriert wird und Kunden, die nicht bereit sind,
die untere Preisgrenze einzuhalten, nicht bedient werden. Unterschiede bei der Preisdif-
ferenzierung gibt es noch hinsichtlich der Selbstselektion. Bei Preisdifferenzierung mit
Selbstselektion werden dem Kunden verschiedene Varianten eines Produktes angeboten,
die mit zeit- oder mengenbezogenen Preisen versehen werden. Der Kunde kann also sel-
ber wählen, welche Variante (z. B. wie viel oder wann) er kauft und kann somit den Preis
beeinflussen. Bei der Preisdifferenzierung ohne Selbstselektion werden die Kunden in
unterschiedliche Gruppen eingeteilt, die unterschiedliche Preise zahlen. Die Unterteilung
hängt dabei stark vom Produkt und dem Kundenkreis ab. Zum Beispiel fallen Studenten-
rabatte unter diese Kategorie. Eine Preisdifferenzierung kann jedoch auch zeit-, kunden-,
mengen- oder leistungsbezogen (Wirtz 2018, S. 486 ff.) sein.
Unter dem Stichwort „Dynamic Pricing“ weist Dörner (2015) noch einmal explizit da-
rauf hin, dass Preise oft gar nicht so fest sind, wie sie dem Kunden erscheinen, sondern
viel eher individuell festgelegt werden. Nach Brix (2018) wird dagegen unter dem Begriff
„Dynamic Pricing“ respektive „dynamische Preissetzung“ verstanden, dass sich die Preise
variabel und individuell in bestimmten Abständen verändern. Hierbei können die Preise
individuell zum einen auf Basis vom Preisverhalten der Wettbewerber oder zum anderen
durch Analysen zu Nutzerinformationen und dem Surfverhalten der User angepasst wer-
den (Genth et al. 2016). Der Ansatz der dynamischen Preissetzung stellt vor diesem Hin-
tergrund insbesondere die preisliche Anpassung an die jeweiligen zeitlichen Marktsituati-
onen dar (Frohmann 2018, S. 126). Dabei bedient die individuelle Preisgestaltung Über-
kapazitäten bestimmter Produkte und Engpässe sowie Angebote. Im Kontext von E-Com-
merce-Plattformen unterliegen die variierenden Preisschwankungen bestimmten komple-
xen Algorithmen. Mit in diese algorithmische Berechnung werden neben Wettbewerbs-
preisen auch externe Einflüsse wie bspw. das Wetter, regionale Faktoren oder aber auch
bestimmte Zeitaspekte einbezogen (Frohmann 2018, S. 126). Die Algorithmen analysie-
ren Datenmengen und nehmen Bezug auf bestimmte genannte Preisbildungsfaktoren
(Gläß 2018, S. 9). amazon.com soll je nach Quelle täglich für jedes Produkt den Preis bis
zu 4.500 -mal überprüfen und über 2,5 Mio. Preisänderungen vornehmen. Dabei werden
laut key-values.com „automatisch Vergleichsangebote, Wettbewerber und Portale im In-
ternet nach dem aktuellen Preis durchforstet. Ein Algorithmus entscheidet ob der Preis bei
Amazon erhöht oder reduziert wird. Dadurch wird die so genannte Konsumentenrente (das,
was der Kunde bereit ist für ein Produkt zu zahlen) optimal ausgeschöpft und im Ergebnis
die Marge oder das Verkaufsvolumen erhöht.“ Abbildung 116 bietet eine exemplarische
Übersicht zu einem dynamischen Preisverlauf zwischen den Wettbewerbern Sears (stati-
sche Preissetzung), Amazon (voll dynamische und aktive/reaktive Preissetzung) und Best
Buy (halb dynamische und aktive/reaktive Preissetzung).
308 Die Grundlagen des E-Shop

Abb. 116: Das Dynamic Pricing am Beispiel einer Mikrowelle


Quelle: www.wsj.com

Neben den Markt- und Wettbewerbseinflüssen werden aber natürlich auch die Nutzerin-
formationen und das Surfverhalten bis hin zu technischen Zugangswegen (z. B. Han-
dy-Typ) analysiert und diese Daten können ebenfalls zur individuellen Preisfestlegung
verwendet werden. Neben derartig komplexen Verfahren sind es jedoch oftmals weit ein-
fachere Mechanismen, die zur Preisdifferenzierung verwendet werden. Dazu zählt bspw.,
ob der Kunde über eine Suchmaschine auf die Seite E-Shops gelangt oder welche Infor-
mationstechnologie (s. Kapitel 1.2) er verwendet. Das Startup eBlocker hat dazu eine Stu-
die durchgeführt. Demnach bezahlen im Onlinebüroshop bueromarkt-ag.de Kunden, die
den E-Shop direkt aufrufen etwa 24 % weniger, als Kunden, die über Google Shopping
auf die Seite geleitet werden. Dies kann als Rabatt für Stammkunden interpretiert werden.
Umgekehrt verhält es sich hingegen bei lensbest.de, einem E-Shop für Kontaktlinsen. Hier
zahlt ein Kunde, der die Seite direkt aufruft, mehr, als ein Kunde, der die Seite über die
Google-Suche erreicht. Auch das zur Bestellung verwendete Gerät kann einen Einfluss
auf den Preis haben. So war bei expedia.de die Buchung einer Reise (Flug und Hotel) für
einen iPhone-Nutzer günstiger, als bei einer Buchung mittels PC. Auch zwischen verschie-
denen Smartphones ist eine Preisdifferenzierung beobachtet worden. Bei travelocity.com
zahlten Kunden für dasselbe Zimmer mit dem iPhone weniger, als Smartphone-Nutzer mit
einem Android-System. Beim Dynamic Pricing können Preise aber auch noch von weite-
ren Aspekten, wie Tageszeit oder Verhalten der Wettbewerber, abhängen. Unter Dynamic
Pricing fallen auch die in Abhängigkeit der Zeitspanne bis zum Abflug mitunter stark di-
vergierenden Preise von Flugtickets. Letztendlich geht es für E-Shops unter Berücksichti-
gung der aktuellen Markt- und Nachfragesituation um die Maximierung der Zahlungsbe-
reitschaft der Kunden, um die Gewinnpotenziale optimal auszuschöpfen.
Die Prozesse beim elektronischen Verkauf 309

Customer-Driven Pricing
Wie dem Namen zu entnehmen ist, bestimmt bei diesem Pricing-Modell der Kunde den
Preis. Er legt offen dar, wie viel er bereit ist, für ein bestimmtes Angebot zu bezahlen. Der
Anbieter kann sich daraufhin überlegen, ob er sein Produkt für den angebotenen Preis
verkaufen möchte, oder nicht. Dieses Modell ist als Preisfindungsmechanismus z. B. bei
elektronischen Marktplätzen (s. Kapitel 4.2.2.2) zu finden. Bei traditionellen Auktionen
geben Kunden ihr Preisangebot für das gewünschte Produkt ab und das höchste Gebot
erhält den Zuschlag. Zusätzlich gibt es aber auch die Möglichkeit einer Reverse Auction,
bei der die Preisfindung quasi rückwärts abläuft. Beispiele dafür sind Auktionen, bei de-
nen Aufträge für bestimmte Dienstleistungen von Kunden ausgeschrieben werden, für die
Unternehmen dann Gebote abgeben können. Der Startpreis bildet die vorher vom Kunden
festgelegte maximale Preisbereitschaft, die es dann im Verlauf der Auktion von Dienst-
leistern zu unterbieten gilt. Nach Ablauf der Auktion kann sich der Auftraggeber den pas-
senden Auftragnehmer aussuchen. Dies muss nicht unbedingt aufgrund des niedrigsten
Preises geschehen, sondern kann auch aufgrund weiterer Faktoren, wie Lieferzeit oder
Qualität, geschehen.

3.2.2.3 eSales-Prozess
Nach einer eingehenden Informationssuche und -bewertung zu einzelnen Online-Angebo-
ten im Rahmen des eSearch-Prozesses (s. Kapitel 3.2.2.1) hat der Online-Kunde nun eine
konkrete Auswahl eines oder mehrerer Produkte(s) getroffen, die er im Online-Warenkorb
hinterlegt hat. Mit dem Drücken des graphischen Knopfes „zur Kasse (gehen)“ startet
sodann der eSales-Prozess (s. Abb. 117). Hier müssen alle Rahmenbedingungen für die
Durchführung der Transaktion geschaffen werden. Es werden Lieferungs- und Zahlungs-
bedingungen geklärt und die Partner halten ihre vereinbarten Konditionen der Transaktion
in einem sog. „virtuellen Vertrag“ fest, der über die Zustimmung der AGB des E-Shop-
Betreibers und den entsprechenden Bekundungen zum Kaufwillen durch das Drücken des
Bestellbuttons (z. B. „Bestellung absenden“ oder „Kauf bestätigen“) zustande kommt. So-
mit ist eine adäquate Rechtsgrundlage für den Online-Handel geschaffen, bei der ein Ange-
bot durch den E-Shop-Betreiber formuliert sowie durch den Online-Kunden angenommen
wird (Franke 2002, S. 12; Wamser 2001). Die folgenden Aspekte sollten bei der Vereinba-
rung eines Kaufes beachtet und durch entsprechende Informationen in den eSales-Prozess
eingepflegt werden (Franke 2002, S. 94 ff.):

„ Verfügbarkeitsinformationen: Je nach Art des E-Shops sind die bestellten Artikel


nicht im Lager vorrätig und müssen erst beim Lieferanten angefordert werden. Somit
verlängert sich die Lieferzeit für den Kunden, insbesondere dann, wenn der Lieferant
den Artikel nicht im Lager hat. Dies gilt insbesondere für E-Shops, die nicht selbst
als Händler der Ware auftreten und Versendungen vornehmen, sondern lediglich vir-
tuell die Nachfrage „einsammeln“ und gegen Provision weitergeben. Die Möglichkeit,
die Verfügbarkeit des gewünschten Produktes zu prüfen und die konkrete Lieferzeit
310 Die Grundlagen des E-Shop

angegeben zu bekommen, hilft, Missverständnisse zwischen den Partnern vorzubeu-


gen. Diese Informationen sollten u. U. im „virtuellen Vertrag“ festgehalten werden.

„ Datensicherheit: Soll eine Transaktion zu Stande kommen, so werden zwangsläufig


persönliche Daten des Käufers übermittelt, da diese für die Zahlungsabwicklung und
Anlieferung benötigt werden. Damit diese Daten auf dem Weg zum Verkäufer nicht
von Dritten eingesehen oder manipuliert werden können, muss eine verschlüsselte Da-
tenübertragung stattfinden. Dieser Aspekt spielt bei der Vertrauensbildung eine ganz
entscheidende Rolle und muss somit sehr sorgfältig behandelt werden. Der Hinweis auf
die diskrete und datenschutzrechtliche Behandlung der Kundendaten und die Abfrage
von Daten, die ausschließlich für die Durchführung der Transaktion benötigt werden,
geben dem Kunden Vertrauen in die Seriosität des Anbieters.

„ Konfigurationshilfen: Je nach Komplexität des Produktes bietet sich die Bereitstel-


lung von Konfigurationshilfen an. Somit wird dem Kunden die Auswahl eines nach
seinen Vorstellungen konfigurierten Produktes erleichtert. Er kann durch Online-Hil-
fen bestimmte Variationen, Typen oder Produktmerkmale selber bestimmen und somit
den endgültigen Preis beeinflussen.

„ Zahlungsangaben: Der Zahlungsvorgang muss für den Kunden einfach, transparent


und unter den Bedingungen einer höchst möglichen Sicherheit erfolgen, damit Daten
vor Manipulation und Betrug geschützt sind. Eine ausführliche Anleitung zur Benut-
zung der jeweiligen Zahlungsarten hilft dem Kunden, den Zahlungsvorgang besser zu
Verstehen und die Seriosität des Anbieters einzuschätzen.

Gegeben dieser generellen Aspekte zeigt Abb. 117 nun den detaillierten Prozessablauf der
eSearch- und eSales-Phase. Nach dem ggf. schon vor der Produktsuche stattfindenden
Login besucht der potenzielle Kunde zunächst verschiedene Katalogseiten, damit er die
für ihn passenden Produktangebote findet. Je detailliertere Vorstellungen der Kunde von
seinem Bedürfnis und je mehr Erfahrung er im Umgang mit dem E-Shop hat, desto schnel-
ler ist er in der Lage, das gesuchte Produkt zu finden. Nachdem das gesuchte Produkt
begutachtet wurde, legt der Kunde die Ware in den virtuellen Einkaufswagen (Online-
Warenkorb) und geht zur Online-Kasse. Sucht der Kunde mehrere Produkte, kann er aber
auch wieder auf diverse Produktseiten zurückgehen und weitere Produkte in den Einkaufs-
wagen legen (s. Kapitel 3.1.1.3). Der eSales-Prozess startet mit der Absicht den Kauf nun
zu tätigen. Dazu muss der Online-Kunde als nächstes die genauen Bestellinformationen
(Lieferadresse, Rabattcoupons, Menge etc.) und dann seine Zahlungsinformationen (Kar-
tennummer, Bank, Zahlungsart etc.) bekannt geben. Bei E-Shops, die dem Käufer unbe-
kannt sind, lohnt sich ein Blick auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), um
sich die Vertragsbedingungen anzusehen. Ist die Bestellung abgeschickt, so kommt der
„virtuelle Vertrag“ zwischen Anbieter und Käufer zu Stande. Bei digitalen Produkten steht
dann meist der direkte Download zur Verfügung, bei physischen Produkten erfolgt die
Auslieferung auf traditionellem Wege über einen Logistikpartner (s. Kapitel 3.1.1.6).
Die Prozesse beim elektronischen Verkauf 311

Navigation eSales eDistribution


Login
durch Katalog

Produktseite

Ware im Bestellinfos
Einkaufswagen eingeben

Einkaufswagen Zahlungsinfos
Download
ansehen eingeben

Bestellung
AGBs ansehen Auslieferung
absenden

Tracking und
eSearch Tracing

Abb. 117: Der eSearch-, eSales- und eDistribution-Prozess bei einem E-Shop
Quelle: in Anlehnung an Merz 2002, S. 410.

3.2.2.4 ePayment-Prozess
Innerhalb des eSales-Prozesses (s. Kapitel 3.2.2.3) spielt die Online-Bezahlung und damit
der ePayment-Prozess als Unterkategorie eine besondere Rolle, wodurch eine separate
Betrachtung gerechtfertigt erscheint. Die elektronische Bezahlung der Online-Ware steht
am Ende der Transaktion und stellt für den E-Shop damit die Realisierung von Einnahmen
dar. Dabei werden Internet-Bezahlverfahren als „enabling technology“ bezeichnet, da erst
dadurch der gesamte Transaktionsprozess virtuell abgebildet werden kann (Korell/Kiefer
2001, S. 246 ff.). Insofern ist die Wahl des richtigen Zahlungssystems und die sichere bzw.
fehlerfreie Durchführung des Zahlungsaktes von großer Bedeutung, zumal ein Schutz vor
Missbrauch gegeben sein muss, der wiederum ausschlaggebend für die Akzeptanz (und
das Vertrauen) auf der Kundenseite ist. Das vom E-Shop-Betreiber ausgewählte Bezahl-
verfahren muss vor diesem Hintergrund die komplette Zahlungsabwicklung gewährleisten.
Darunter fallen verschiedene Teilprozesse, die je nach Art des Verfahrens unterschiedlich
ausgeprägt sind. Häufig wird der gesamte Zahlungsprozess komplett an Dritte ausgela-
gert, da der E-Shop bzw. sein Betreiber nicht über die geforderten Kompetenzen verfügt
und besonders die Sicherheitsaspekte eine gewisse Professionalität im Umgang mit sen-
siblen Kundendaten (Zahlungsinformationen) erfordern. Daher sind im Allgemeinen ne-
ben den generellen Überlegungen zur Systemauswahl (s. Kapitel 3.1.2) folgende Aspekte
für den Zahlungsprozess von Bedeutung (Merz 2002, S. 451 ff.):
312 Die Grundlagen des E-Shop

„ Adressvalidierung: Überprüfung der angegebenen Adresse auf ihre Richtigkeit.

„ Scoring: Beim Scoring wird das Zahlungsverhalten des Online-Kunden prognosti-


ziert und damit eine Risikobewertung vorgenommen. Die Bewertung wird anhand
verschiedener Beurteilungskriterien ermittelt.

„ Bonitätsprüfung: Daten des Online-Käufers werden mit Bonitätsinformationen aus


Schuldnerverzeichnissen der Amtsgerichte und Inkassoverfahren abgeglichen.

„ Zahlungsabwicklung: Hier kommen die unterschiedlichen Zahlungsverfahren zum


Einsatz (z. B. Kreditkarte), die die eigentliche Zahlung abwickeln.

„ Forderungs- und Debitorenmanagement: Je nach gewählter Zahlungsabwicklung


(z. B. Rechnung) müssen nach erfolgter Lieferung die Zahlungseingänge überwacht
und kontrolliert werden, damit ausstehende Forderungen sofort an das Mahnwesen
weitergeleitet werden können.

Abb. 118: Beispiele für elektronische Zahlungssysteme in der Digitalen Wirtschaft


Quelle: in Anlehnung an Meier/Stormer 2012, S. 181 ff.

Neben den hinreichend bekannten Offline-Zahlungsverfahren, wie z. B. Überweisung


oder Nachnahme, stehen im ePayment-Prozess zahlreiche Möglichkeiten zur Verfügung,
Die Prozesse beim elektronischen Verkauf 313

den Zahlungsprozess auch online abzuwickeln. Dabei lassen sich zwei zentrale Metho-
den unterscheiden. Entweder es werden herkömmliche Bankinformationen (Kontonum-
mer, Bankleitzahl oder Kreditkartennummer) verschlüsselt übertragen (Kreditkarten-,
Konto-basierend) bzw. über Dritte die Authentizität der Zahlungsgeber und Zahlungsem-
pfänger gewährleistet (Trust Center-basierend), oder die finanzielle Transaktion wird über
elektronisches Geld abgewickelt (Bargeldäquivalent/eCash). Alternativen werden häufig
anhand der folgenden Unterscheidungskriterien für elektronische Zahlungssysteme
kategorisiert:

„ das technologische Konzept, das bestimmt, ob ein virtuelles Konto angelegt, das
Geld in Form einer virtuellen Währung in Software oder Hardware abgelegt oder eine
Kreditkarte wie im stationären Handel verwendet wird,

„ der Zahlungszeitpunkt, der determiniert, ob der zu bezahlende Geldbetrag vor der


Transaktion (Pre-Paid), währenddessen (Pay-Now) oder danach (Post-Paid) bezahlt
werden muss sowie

„ die Zahlungshöhe mit den Varianten Macropayment und Micropayment (Meier/


Stormer 2012, S. 182). Von Macropayment wird gesprochen, wenn die Zahlungs-
transaktionen einen höheren Geldbetrag umfassen (5 bis 500 Euro) und dadurch ein
höherer Sicherheitsstandard erfüllt sein muss. Micropayments stehen für Zahlungs-
beträge, die im niedrigen Euro- bzw. Centbereich (10 Cent bis 5 Euro) angesiedelt
sind.

Gemeinsam ist allen Systemen, dass Sicherheitsmechanismen Vertrauen schaffen sollen,


damit Käufer und Verkäufer bereit sind, den Zahlungsvorgang über das Internet durchzu-
führen. Die Formen der finanziellen Transaktionen bauen meist auf schon bestehenden
Systemen auf bzw. versuchen diese im Online-Zahlungsverkehr zu ersetzen. Eine voll-
ständige Auflistung aller am Markt befindlichen Zahlungssysteme wäre in diesem Rah-
men zu umfangreich. So seien einige davon beispielhaft vorgestellt, wobei jeweils die Lö-
sungen für Zahlungssysteme in ihrer Funktion erläutert und hinsichtlich der angeführten
Anforderungskriterien kurz bewertet werden (s. Abb. 118).

Benutzerkonto-basierte Zahlungssysteme
Zu den Benutzerkonto-basierten Zahlungssystemen zählen vor allem PayPal, Alipay,
Click & Buy und Google Wallet (s. Abb. 118). Bei allen drei Angeboten muss der Benutzer
ein virtuelles Konto erstellen und dort seine Kontoinformationen hinterlegen, die wiede-
rum geprüft und autorisiert werden. Google Wallet akzeptiert dabei, im Gegensatz zu den
beiden anderen Anbietern, nur Kreditkarten als Bankkonto-basierte Zahlungsmethode, er-
möglicht dafür jedoch bei Verträgen mit bestimmten Anbietern die Bezahlung über die
Mobilfunkrechnung. PayPal (s. Abb. 119) bietet zusätzlich zur Lastschriftabbuchung, die
wie bei Click & Buy standardmäßig verwendet wird, die Möglichkeit, im Vorhinein Geld
auf sein virtuelles Konto zu überweisen. Bei einer Online-Bezahlung über einen der eben
314 Die Grundlagen des E-Shop

genannten Anbieter authentifiziert sich der Nutzer mit den entsprechenden Login-Daten.
Der Zahlungssystembetreiber schreibt den Transaktionsbetrag dem Empfänger, der eben-
falls ein entsprechendes Benutzerkonto haben muss, gut und kümmert sich ggf. um die
Abbuchung beim Absender des Geldes. Zur Erhöhung der Sicherheit wird dabei jeder
Geldtransfer und Kontozugriff über das Secure-Sockets-Layer-Protokoll (SSL-Protokoll)
verschlüsselt. Alle drei Anbieter nehmen für die Transaktionen, die sie durchführen, einen
prozentualen Geldbetrag vom Transaktionsempfänger; teilweise wird zudem eine Trans-
aktionsgrundgebühr verlangt. Ebenfalls zu den Benutzerkonto-basierten Zahlungssyste-
men zählt Amazon Payments. Bei diesem Verfahren zahlen Kunden auch außerhalb von
amazon.de, bspw. bei myluca.de, einem E-Shop für hochwertige Handytaschen, mit ihrem
amazon.de-Konto. amazon.de übernimmt dann auch die weitere Zahlungsabwicklung. Für
Kunden ist dieser Service kostenlos, E-Shop-Betreiber, die diese Zahlungsart anbieten
möchten, bezahlen dafür derzeit maximal 1,9 % + 0,35 Euro pro Transaktion (Amazon
Pay).

Abb. 119: PayPal als Beispiel für ein elektronisches Zahlungssystem


Quelle: www.paypal.com

Ein alternativer Anbieter von Benutzerkonto-basierter Bezahlung ist Allopass. Hier wird
die Transaktion ebenfalls über ein Benutzerkonto durchgeführt, das Geld jedoch nicht di-
rekt von einem Bankkonto, sondern in der Regel über die Telefon-/Handyrechnung des
Die Prozesse beim elektronischen Verkauf 315

Absenders bezahlt. Dazu sendet der Benutzer einen spezifischen Code per SMS an Al-
lopass und erhält dann einen Freischaltcode, der ihm Zugang zur entsprechenden Leistung
gewährt.

Guthaben-basierte Zahlungssysteme
Bei Guthaben-basierten Zahlungssystemen kann im Allgemeinen zwischen Guthabenkar-
ten und SmartCards unterschieden werden. Guthabenkarten (z. B. Paysafecard, s. Abb.
118) haben in der Regel das Format einer EC-Karte und können in verschiedenen Ge-
schäften gekauft werden. Bei der Bezahlung wird ein Code eingegeben, der auf der Karte
vermerkt ist. Der zu bezahlende Betrag wird dann vom entsprechenden Guthabenkonto
abgezogen. Sobald das Guthaben verbraucht ist, ist die entsprechende Karte wertlos und
der Kunde muss eine neue erwerben. Die SmartCard stellt im Grunde eine Plastikkarte
dar, auf der ein Mikrocomputer integriert ist, mit dessen Hilfe umfangreiche Informatio-
nen abgespeichert werden können. Dabei handelt es sich, im Vergleich zu einfachen Chip-
karten oder Magnetstreifenkarten, um ein in sich geschlossenes System. Die Geldkarte
(vom Zentralen Kreditausschuss entwickelte Karte für Zahlungsvorgänge im Handel, s.
Abb. 118) baut auf diesem Systemkonzept auf und ermöglicht die Nutzung der SmartCard
als Geldbörse. Vor dem Bezahlvorgang lädt der Kunde seine Karte mit einem Guthaben
auf und kann nun damit Rechnungen begleichen. Voraussetzung ist ein fälschungssicheres
Kartenlesegerät. Der Vorteil dieser Zahlungsform liegt, wie bei einer Guthabenkarte, in
der gewahrten Anonymität des Nutzers. So kommen Guthaben-basierte Zahlungssysteme
den Eigenschaften des Bargeldes sehr nahe, da bei Verlust der Karte auch der Geldwert
verloren ist bzw. eine gefundene Karte von anderen Personen ohne weitere Autorisierung
verwendet werden kann. Hinderlich für den Einsatz im Internet kann bei SmartCards die
Notwendigkeit eines kompatiblen Kartenlesegerätes sein, das bei jedem Medium integriert
sein müsste, mit dem eine Verbindung zum Internet hergestellt werden kann (z. B. auch
in Handys).

Kreditkartenbasierte Zahlungssysteme
Zahlreiche Entwicklungen bauen auf dem System der Kreditkartenzahlung auf und schaf-
fen somit Rahmenbedingungen für deren Einsatz im Internet. Grund ist der relativ hohe
Verbreitungsgrad dieser Zahlungsmethode in der realen Welt. Im Vordergrund stehen
dabei die sichere Übertragung der Kreditkarteninformationen und die Authentizität dieser
Daten, also die Sicherheit, dass der Nutzer der Kreditkarte auch der Inhaber des Kontos
ist. Generell existieren vor diesem Hintergrund zwei Arten der Kreditkartenbezahlung:

„ Kreditkartenzahlung mit SSL: Die einfachste und auch derzeit am häufigsten ver-
wendete Variante ist die Verschlüsselung der Informationen mit dem SSL-Protokoll,
das durch Verschlüsselungsalgorithmen und digitale Zertifikate Datenschutz, Integri-
tät und Authentizität der Kommunikationspartner sicherstellt. Es ist in allen am Markt
verbreiteten Browsern implementiert. Über ein Abfrageformular werden die Kredit-
316 Die Grundlagen des E-Shop

karteninformationen des Kunden erfasst und in verschlüsselter Form an den Rech-


nungssteller übermittelt. Im Gegensatz zur herkömmlichen Vorgehensweise fehlt je-
doch ein vom Kunden unterschriebener Beleg als Beweis für die Rechtmäßigkeit der
Zahlungsforderung gegenüber dem Kreditkartenunternehmen. Darin liegt auch die
Schwäche dieses Verfahrens. Der Händler hat keine Garantie, dass der Benutzer auch
wirklich der Inhaber der Kreditkarte ist. Der Kunde seinerseits muss auf die Abbu-
chung des korrekten Betrags vertrauen, denn auch er erhält keinen Beleg. Im Betrugs-
fall hat der Händler das Nachsehen, denn der rechtmäßige Kreditkarteninhaber kann
aufgrund der Kreditkartenbedingungen für den Einsatz über Telefon und Internet il-
legal erwirkte Zahlungen zurückfordern.

„ Kreditkartenzahlung mit SET: Der Zahlungsstandard Secure Electronic Transac-


tion (SET) ist von einem Konsortium bestehend aus Visa, Mastercard, Microsoft,
Netscape, IBM und weiteren IT-Firmen entwickelt worden. Wie bei SSL geht es um
die sichere Übertragung der Zahlungsinformationen über das Internet. Darüber hinaus
garantiert SET nicht nur die Authentizität der beteiligten Transaktionspartner, son-
dern auch die Bezahlung und die Auslieferung der bestellten Produkte. Dies wird
durch eine Zertifizierungsstruktur erreicht, bei der die Kreditkartenbetreiber als Trust
Centers auftreten. Die Problematik der fehlenden Rückgriffsmöglichkeit direkt auf
den Kunden ist dadurch gelöst. Vorteil dieses Standards ist die globale Verbreitung
durch die im Konsortium beteiligten Kreditkartenunternehmen. Nachteilig für die
Verbreitung wirken sich die hohen Kosten für Bereitstellung und Betrieb aus.

Mobile Payment
Eine weitere Bezahlungsmöglichkeit ist Mobile Payment, bei dem der Nutzer die Mög-
lichkeit hat, mit seinem Mobiltelefon Rechnungen zu begleichen. Diese Technik wurde in
Deutschland erstmals Mitte der 90er Jahre eingeführt. Inzwischen setzen viele Mobile-
Payment-Anbieter weltweit auf Near Field Communication (NFC). Die NFC-Technolo-
gie basiert auf einer Kombination aus Radio Frequency Identification (RFID) und draht-
loser Verbindungstechnologie (Weiber/Hörstrup 2009, S. 286). Insbesondere der rasante
Aufstieg des Zahlungsabwicklers Wirecard in den DAX untermauert den nationalen und
internationalen Wachstumsprozess und globalen Trend zu digitalen Zahlungsprozessen.
Studien zeigen, dass sich inzwischen jeder zweite Deutsche wünscht, mit dem Handy nicht
nur zu telefonieren, sondern auch bezahlen zu können (Scherff 2018, S. 32). Die Bezah-
lungen können sowohl für Produktkäufe im Einzelhandel, zur Begleichung von Rechnun-
gen für Online-Shops sowie zur Übertragung von Geldbeträgen zwischen einzelnen Usern
erfolgen. Allerdings hat sich diese Form der flexiblen Bezahlung in Deutschland sowohl
bei den Käufern als auch bei den Verkäufern noch nicht durchgesetzt. Denn die deutschen
Bundesbürger tun sich mit dem mobilen Bezahlen schwer. Laut einer Studie der Unter-
nehmensberatung Oliver Wyman (2018) bezahlen erst 7 % der Verbraucher am Point of
Sale mit dem Smartphone. Lediglich 33 % der Nicht-Nutzer können es sich vorstellen
zukünftig mobil zu bezahlen. Bisher existieren nur verschiedene Einzellösungen für die
Die Prozesse beim elektronischen Verkauf 317

mobile Bezahlung. Mit technologischen Neuerungen im Smartphone-Segment, steigen


auch die Ziele der jeweiligen Smartphone-Hersteller wie Apple, Samsung und Google, um
im Bereich der mobile Payment-Plattformen als Marktführer zu dominieren (Burge 2016,
S. 1523). Samsung Pay wurde bereits im September 2015 eingeführt, ist jedoch nur be-
dingt auf allen Samsung-Geräten funktionsfähig. Google hat seinen Dienst Android Pay/
Google Pay ebenfalls im September 2015 erstmal publiziert, funktioniert jedoch auch nur
auf bestimmten Geräten. Apple Pay benötigt ebenso ein seit 2014 eingeführtes iPhone 6
oder ein noch neueres Gerät. Alle Geräte basieren dabei auf der NFC-Fähigkeit, die ein
kontaktloses Bezahlen am Point-of-Sale ermöglicht (Burge 2016, S. 1524). Über eine
eigens entwickelte App der jeweiligen Plattformen (das sog. App Wallet) können Kredit-
kartendaten hinterlegt werden. Das Prinzip von Apple Pay funktioniert beispielsweise so,
dass die Kreditkartendaten in der App geschützt sind, da sie nicht auf dem Smartphone
gespeichert werden und bei der Bezahlung nicht geteilt werden. Wenn etwas bezahlt wird,
so benutzt Apple Pay eine gerätespezifische Nummer zusammen mit einem einzigartigen
Transaktionscode. Bei neueren Modellen von Apple-Endgeräten können Transaktionen
über Apple Pay via Touch ID oder Face ID verifiziert werden. Apple Pay und Google Pay
wurden zum Jahreswechsel 2018/2019 auch in Deutschland freigeschaltet. Allerdings
werden noch nicht alle Konten und deren zugehörigen Bankkarten von den jeweiligen
Kreditinstituten in Verbindung mit Apple Pay unterstützt. Auch bieten zunächst nur einige
Händler die Bezahlung vor Ort mit diesem System an (www.apple.com/de/apple-pay).
In Deutschland soll dazu inbesondere das eTicketing weiter verbreitet werden, indem zu-
künftig inbesondere der öffentliche Nahverkehr besser vernetzt wird. Elektronische Ti-
ckets auf dem Smartphone sollen dann Papierfahrkarten in Bussen und Bahnen ersetzen
sowie das Ausleihen von Mietwagen oder das Bezahlen von Parkgebühren ermöglichen
(Zeit Online 2017). Die Universität Duisburg-Essem verfügt bereits über ein solches eTi-
cket. Die Studierenden können sich nach Rückmeldung für das kommende Semester das
Ticket auf ihr Smartphone laden und so die öffentlichen Verkehrsmittel nutzen (Universi-
tät Duisburg-Essen 2018). Die Entwicklung der Zahlungssysteme im Internet unterliegt
einer hohen Dynamik und die Vielzahl der unterschiedlichen Lösungen im Markt zeigt
(Teichmann/Nonnenmacher/Henkel 2001, S. 104 ff.), dass sich noch kein einheitlicher
Standard etabliert hat. Für die weitere Entwicklung des elektronischen Geschäftsverkehrs
stellt dies jedoch kein Hindernis dar und es ist anzunehmen, dass im Zuge der stets kürzer
werdenden Innovationszyklen eine den Anforderungen angemessene Technologie entwi-
ckelt werden wird. Dabei werden die Netzeffekte eine wichtige Rolle spielen. Auch wenn
neue Lösungen den schon bestehenden Zahlungsverfahren technisch überlegen sind, kön-
nen sie sich erst dann durchsetzen, wenn sie von beiden Marktpartnern akzeptiert werden.
Damit Kunden ein neues Zahlungsverfahren im Internet verwenden, muss es von den
Händlern in ausreichender Zahl angeboten werden. Umgekehrt wird die Anbieterseite erst
dann auf ein Verfahren aufsetzen, wenn es bei den Kunden weit genug verbreitet ist (Hen-
kel 2001, S. 120).
Digitale Zahlungsmittel, wie bspw. die Kryptowährungen Bitcoin, Ethereum und Mo-
reno, stellen eine weitere Bezahlmöglichkeit im elektronischen Verkauf dar (s. Kapitel
318 Die Grundlagen des E-Shop

1.5.4). Kryptowährungen machen sich die Blockchain-Technologie zu Nutze (s. Kapitel


1.6.5), um Zahlungen, ohne einen Intermediären, wie bspw. eine Bank, sicher und schnell
abzuwickeln (Talin 2018). Darin besteht ein wesentlicher Unterschied zum konventionel-
len Geld, weil keine zentrale Institution, wie bspw. eine Notenbank, mehr in der Lage ist,
die Produktion von Währungseinheiten zu beeinträchtigen. Das bedeutet gleichsam, dass
Kryptowährungen keinen eigenen (intrinsischen) Wert besitzen, sondern dieser erst durch
die Akzeptanz zwischen Handelspartnern (Zahlern und Empfängern) resultiert. Die dafür
notwendige Vertrauensbasis zwischen den Beteiligten soll durch die sich im Peer-to-Peer-
Netzwerk gegenseitig kontrollierenden Teilnehmer (s. Kapitel 1.6.5) gesichert werden.
Um mit Kryptowährungen bezahlen zu können muss zunächst ein entsprechender Client
auf dem Computer installiert werden. Dabei lädt die Software eine gemeinsame Daten-
bank herunter, die ein Verzeichnis aller Zahlungen im Netzwerk dokumentiert. Diese Da-
tenbank weist jedem Nutzer einen kryptischen Buchstabencode zu, wodurch sich im Netz-
werk ausgewiesen wird. Jede Währungseinheit wird dann einem Nutzer zugeteilt und stellt
sicher, dass kein Falschgeld überwiesen werden kann. Durch Tausch von Fiatgeld in die
entsprechende Kryptowährung kann dann das entsprechende digitale Konto bedient wer-
den. Zahlungen können durch Angabe der Summe und Adresse des Empfängers in der
Software getätigt werden und erscheinen nach ungefähr zehn Minuten beim Empfänger.
Daraus ergeben sich diverse Vor- als auch Nachteile. Durch Kryptowährungen können
Transaktionskosten und -zeiten deutlich gesenkt werden. Bei Auslandsüberweisungen sin-
ken bzw. entfallen die Gebühren von Finanztransaktionen, während bei klassischen Über-
weisungen häufig Gebühren anfallen. Zudem sinkt die Dauer von Transaktionen unabhän-
gig von der geografischen Distanz zweier Konten zueinander. Ein weiterer Vorteil ergibt
sich aus dem Peer-to-Peer-Handel, wodurch ein Intermediär obsolet wird (s. Kapitel
1.6.5). Dadurch sind alle Transaktionen vielfach und dezentral gespeichert. Sie funktio-
nieren demnach ohne Erlaubnis („permissionless“) technischer Aufsichtsbehörden und
ohne Vertrauen („trustless“) in staatliche Aufsichtsbehörden oder Zentralbanken
(Harz/Boman 2018). Das Hauptproblem für Nutzer von Kryptowährungen stellt die starke
Volatilität des Gegenwertes dar. Wie die Kursentwicklung des Bitcoins zeigt, kam es zwi-
schen September und Dezember 2017 zu einer Kurssteigerung von ca. 560 % zu einem
Rekordhoch von knapp 17.000 Euro je Bitcoin. Knapp ein Jahr später beträgt der Gegen-
wert knapp 6.000 Euro, was die hohen Kursschwankungen unterstreicht (o. V. 2018b). Als
eines der ersten deutschen Startups nutzte Lieferando.de die Möglichkeiten von Kryp-
towährungen. Im Jahr 2010 wurden dabei zwei Pizzen für 10.000 Bitcoins gekauft. Bei
einem späteren Wechselkurs von 17.000 Euro pro Bitcoin hatten diese Pizzen also einen
späteren Gegenwert von ungefähr 22,5 Mio. Euro (o. V. 2018c). Diese extremen Kurs-
schwankungen veranlassten die Bundesbank Bitcoins als Spekulationsobjekt einzustufen
und Sparer vor Geldanlagen zu warnen (o. V. 2017b). Ein weiteres Problem der digitalen
Währung sind die nur schwer nachvollziehbaren Zahlungswege und damit einhergehende
Anonymität der Nutzer wodurch Kryptowährungen häufig für kriminelle Zwecke bspw.
im Darknet missbraucht werden.
Die Prozesse beim elektronischen Verkauf 319

3.2.2.5 eFulfillment-Prozess
Der eFulfillment-Prozess umfasst als weitere wichtige Unterkategorie des eSales-Pro-
zesses (s. Kapitel 3.2.2.3) im Rahmen der Auftragserfüllung „die Gesamtheit aller Prozesse
und Funktionen, die durchgeführt werden müssen, um die Kundenbestellung schnell,
komplett und mit vollständigen Begleitinformationen zum Kunden zu liefern und sie dort
bei Bedarf auch wieder abzuholen“ (Merz 2002, S. 445). Durch die Erbringung der ver-
einbarten Leistungen beider Transaktionspartner ist der im eSales-Prozess abgeschlossene
„virtuelle Vertrag“ erfüllt (Wamser 2001, S. 41). Die erbrachte Leistung ist im Falle eines
E-Shops zum einen der Transport der Ware vom Shop zum Kunden und zum anderen die
Bezahlung des Betrages vom Kunden an den Shop. Auf warenlogistischer Ebene
(eDistribution; s. Kapitel 3.2.2.6) muss zwischen digitalen und physischen Produkten un-
terschieden werden (Wamser 2001, S. 41; s. Kapitel 3.3.1). Sobald das Gut beim Käufer
angelangt ist, kann dieser die Einhaltung der Vereinbarung überprüfen und das Gut ent-
gegennehmen (Franke 2002, S. 13). Die finanzlogistische Ebene (ePayment; s. Kapitel
3.2.2.4) erfolgt über verschiedene Zahlungssysteme, die die netzbasierte Transaktion un-
terstützen. Daneben beinhaltet das eFulfillment auch das Lagermanagement und die Ver-
triebslogistik, das Retourenmanagement sowie den Kundenservice (s. Abb. 120).

Lager- Vertriebs- Retouren- Zahlungs- Kunden-


Management Logistik Management Abwicklung Service

• Einlagerung • Zustellung/ • Annahme • Adressvalidierung • Reklamationen


Transport
• Bearbeitung • Kontrolle • Bonitätsprüfung/ • Auskünfte

eFulfillment-Prozess
• Track & Trace Scoring
• Lagerung • Reparatur
• Abholung an • Kreditkarten-
• Kommiss- • Einlagerung
Stationen clearing
ionierung
• Entsorgung
• Nachnahme • Rechnungs-
• Verpackung
• Finanzielle stellung
• Retouren-
• Auslagerung Abwicklung
abholung • Zahlungsein-
• Inventur gangskontrolle
• Bereitstellung von • Mahnwesen
Verfügbarkeits-
• Inkasso
und Status-
informationen

Interne und externe abwicklungsorientierte Unternehmenskommunikation

Abb. 120: Die eFulfillment-Prozesse bei einem E-Shop


Quelle: Merz 2002, S. 446.

Das Lagermanagement beinhaltet weit mehr als nur das Aufbewahren von Produkten.
Besonders die Kommissionierung stellt einen zentralen Aspekt des Lagermanagements
dar. Unter Kommissionierung versteht man die Zusammenstellung von Produkten aus
320 Die Grundlagen des E-Shop

dem im Lager aufbewahrten Produktsortiment nach den Vorgaben der Kundenaufträge


(Gudehus 2012). Es ist dabei immer wieder zu beobachten, dass gerade bei E-Shops oft-
mals mehrere Produkte innerhalb des Online-Warenkorbs zu finden sind und entsprechend
als „gemeinschaftliches Paket“ geliefert werden. Beispielsweise bietet amazon.de seinen
Kunden in diesem Zusammenhang sogar die Einflussnahme an, wenn im Rahmen der On-
line-Bestellung gefragt wird, ob die Produkte je nach Verfügbarkeit getrennt oder zusam-
men geliefert werden sollen. Der Hauptprozess im Lagermanagement beginnt dabei mit
der Einlagerung der Ware, die durch einen Barcode im Lagerverwaltungssystem (LVS)
erfasst wird und dann an den entsprechenden Lagerplatz gelagert wird. Mit Hilfe des Bar-
codes und den dazugehörigen Datenerfassungsgeräten kann dann die Kommissionierung
erfolgen. Die zusammengestellten Waren werden dann zum Versand bereitgestellt. Die
Zusammenstellung einer Bestellung, die mehrere Produkte umfasst, erfolgt somit schon
virtuell im Lagerverwaltungssystem, da auf diese Weise Versandkosten reduziert werden
können. Eine entsprechende Lösung ist jedoch abhängig vom Bedarf des E-Shop-Betrei-
bers.
Neben der Vertriebslogistik (eDistribution; s. Kapitel 3.2.2.6) ist ebenfalls das Retouren-
management ein Bestandteil des eFulfillment-Prozesses. Bei E-Shops kommen Retouren
häufiger vor, da die elektronische Informationsdarstellung nicht immer den realen Erwar-
tungen entspricht und die gelieferte Ware vom Kunden entsprechend postwendend zurück-
gesendet wird. Der Lieferung sollten hierzu direkt die passenden Unterlagen (z. B. Etiket-
ten) beigefügt werden. Nach der Rücksendung wird die Ware ausgepackt und auf Mängel
oder Beschädigungen kontrolliert. Der Zustand der Ware wird dann für Abrechnungs- oder
Versicherungszwecke dokumentiert. Kunden machen Kaufentscheidungen im Internet
häufig davon abhängig, wie leicht sich das Produkt umtauschen oder zurückgeben lässt.
Je größer der Aufwand für den Kunden, desto eher setzt er sich intensiv mit der Bestellung
und den Konditionen auseinander. Somit wirkt sich die Gewährleistung eines unkompli-
zierten Umtausches positiv auf Impulskäufe der Kunden aus, die bei manchen E-Shops ei-
nen hohen Anteil des Umsatzes ausmachen. Zusätzlich reduziert die problemlose Rück-
gabe die durch den Distanzhandel bedingte Unsicherheit, da Kunden die Produkte vor
dem Kauf nicht physisch ausprobieren und beurteilen können und somit ein erhöhtes Ri-
siko beim Kauf eingehen.
Das Retourenmanagement sollte eng an den Kundenservice gekoppelt sein, damit hier
die Warenrückgabe und der Austausch mangelhafter Waren reibungslos und schnell funk-
tioniert und die Mitarbeiter des E-Shops genau kommunizieren können, wo sich der Re-
tourartikel befindet bzw. wie der Käufer entschädigt werden kann. Ganz besonders ist hier
zu berücksichtigen, dass viele Aufgaben und Aktivitäten des Kundenservices schon die
Schnittstelle zur Nachkaufphase (After-eSales) darstellen (s. Kapitel 3.4.2). Der Kunden-
service kann z. B. Zusatzangebote zu dem gekauften Produkt, Informationen zu Produkten
ähnlicher Art oder in neuer Version geben oder produktunabhängige Kundenbindungs-
maßnahmen durchführen, die den E-Shop für zukünftige Transaktionen empfehlen sollen
(Franke 2002, S. 13). Innerhalb des Kundenservices spielen für die eSales-Phase jedoch
folgende Aspekte eine wichtige Rolle (Franke 2002, S. 98):
Die Prozesse beim elektronischen Verkauf 321

„ Umfangreiche Beratung und Betreuung: Eine Transaktion ist nicht mit der Aus-
lieferung des Produktes beendet, sondern beinhaltet auch noch die Nachbetreuung
der Kunden. Die Kundenbetreuung kann z. B. per E-Mail, Chat oder Telefon erfol-
gen. Haben die Kunden Fragen zum gekauften Produkt, zu Garantieleistung oder
Reklamationen, so müssen sie problemlos Kontakt mit dem E-Shop aufnehmen und
ihr Anliegen schildern können. Je umgehender der Support von Seiten des EShops
erfolgt, desto besser fühlen die Kunden sich betreut.

„ Beschwerdemanagement: Nicht nur der problemlose Umtausch (Retourenmanage-


ment), sondern auch ein professionelles Online-Beschwerdemanagement gehört zum
eFulfillment. Die Anzahl an Beschwerden sollte natürlich so gering wie möglich gehal-
ten werden, aber sie sind selbst bei den besten Online-Shops nicht gänzlich vermeidbar.
Der E-Shop-Betreiber sollte jede Beschwerde ernst nehmen und alles dafür tun, die Er-
wartungen des Kunden (gerade bei dem Umgang mit Beschwerden) zu übertreffen und
ihn damit nach dem hoffentlich nur vorübergehenden Vertrauensverlust wieder positiv
zu stimmen. Somit zählt das Beschwerdemanagement zu einem wichtigen Baustein der
Kundenzufriedenheit und sollte deswegen als Chance zur Verbesserung der Unterneh-
mensleistung angesehen werden. Oftmals werden Beschwerden im Zusammenhang
mit einer Warenrückgabe oder einem Umtausch artikuliert und sollten deshalb umge-
hend von den Mitarbeitern des Retourenmanagements an den Kundenservice weiter-
geleitet werden.

Die Zahlungsabwicklung (ePayment-Prozess; s. Kapitel 3.2.2.4) erfolgt zwar als separater


Prozess, der unabhängig vom Versand der Ware stattfindet, allerdings legen viele E-Shops
in ihren AGB fest, dass die Ware erst verschickt wird, wenn die Zahlung des Kunden ein-
gegangen ist. Die Anbindung an das Retourenmanagement ist in diesem Zusammenhang
sehr wichtig, da zurückgegangene oder mangelhafte Ware meistens mit einer Zahlungs-
rückabwicklung der Kunden einhergeht.

3.2.2.6 eDistribution-Prozess
Die Distribution beschreibt generell alle notwendigen Maßnahmen für die Übermittlung
einer Leistung vom Verkäufer zum Käufer. Traditionell steht dabei der Transport realer
Güter im Vordergrund. Das Internet bietet jedoch neue Möglichkeiten diesen Prozess zu
unterstützen, neu zu gestalten und zu vereinfachen, indem die Übermittlung diesbezügli-
cher Informationen auf elektronischer Basis abgewickelt wird. Dabei muss man jedoch
zwischen einem eDistribution-Prozess im engeren und weiteren Sinne unterscheiden.
Unter der eDistribution im weiteren Sinne wird der physische Transport einer Ware ver-
standen, der jedoch durch den Informationsaustausch und die Bestellung per Internet ge-
prägt ist. Im engeren Sinne kann die eDistribution so verstanden werden, dass auch die
Übermittlung der Leistung auf elektronischem Wege erfolgt (Wirtz 2018, S. 452). Diese
elektronische Übermittlung hängt jedoch stark von dem Grad der Digitalisierung und der
Standardisierung eines Produktes ab (s. Kapitel 3.3.1.1). Je digitaler oder standardisierter
322 Die Grundlagen des E-Shop

ein Produkt ist, desto eher lässt es sich über elektronische Wege zum Kunden transpor-
tieren. Bei physischen Produkten läuft die Übermittlung durch Zustellung zum Kunden.
Diese Güter werden deswegen auch Zustellgüter genannt (Bennemann 2004, S. 527). In
beiden Fällen sind jedoch zwei Aspekte entscheidend für eine reibungslose Transaktions-
abwicklung und für die Vertrauensbildung beim Kunden (Franke 2002, S. 97; Wamser
2001, S. 38 ff.):

„ Abwicklungsgeschwindigkeit: Je kürzer die Zeitspanne zwischen Online-Bestel-


lung und realem Erhalt der Ware ist, desto zufriedener ist der Kunde. Deshalb sollten
eventuell auftretende Lieferengpässe sofort mit dem Kunden abgesprochen werden.
Eine transparente Auftragsverfolgung (Tracking) und die Einhaltung der vereinbarten
Konditionen sind für die Vertrauensbildung von Seiten des Kunden förderlich.

„ Logistik/Tracking: In der Regel ist eine Über-Nacht-Lieferung teurer als die normale
Paketzustellung. Der Kunde muss selber bestimmen können, wie die Lieferung vom
Verkäufer ausgeführt werden soll, damit unerwartet hohe Versandgebühren ausbleiben.
Soll die Ware über einen längeren Weg z. B. ins Ausland verschickt werden oder
dauert der Lieferprozess generell mehrere Tage, so bieten größere E-Shop-Betreiber
über eine Identitätsnummer das Tracking an. Damit lässt sich jederzeit nachverfol-
gen, wo sich das Paket derzeit befindet bzw. welcher Schritt für die Versendung aktuell
bearbeitet wird. Bei einem Online-Versand, muss der Verkäufer den Download-Link
oder die Datei nach Eingang der Bezahlung umgehend zugänglich machen. Ein
Download mit hoher Geschwindigkeit und ohne Installation einer zusätzlichen Soft-
ware beschleunigt die Abwicklung.

Vorteile der Online-Bestellung Nachteile der physischen Zustellung

Große Anbieterauswahl Dominanz weniger Paketdienste

Kunde kann Bestellung steuern Kunde kann Zustellung nicht steuern

Kunde kann Bestellzeit wählen Kunde kann Zustellzeit nicht wählen

Relativ geringer Aufwand Hoher Aufwand bei Zustellproblemen

Erfahrung des Kunden Erfahrung des Kunden hat


erleichtert Bestellung keinen Einfluss auf Zustellung

Zustellung ist ortsgebunden


Bestellung ist ortsungebunden
(Abholstelle, Zustellzeit)

Abb. 121: Vorteile der E-Shop-Bestellung und Nachteile der physischen Distribution
Quelle: in Anlehnung an Bennemann 2004, S. 529.
Die Prozesse beim elektronischen Verkauf 323

Vor diesem Hintergrund wird die physische Zustellung oftmals in der Literatur als rein
logistisches Problem der realen Handelsebene dargestellt, wobei die Relevanz für einen
E-Shop vernachlässigt wird. Dagegen sprechen insbesondere drei Gründe (Bennemann
2004, S. 528 ff.): Erstens wird die endgültige Kaufentscheidung im E-Shop nicht durch
die Bestellung an sich bewirkt, sondern erst nach der Beurteilung des Gutes nach Zustel-
lung und damit erst durch die Nichtnutzung des Widerrufsrechts. Eine langwierige, prob-
lematische Zustellung einer E-Shop-Bestellung kann sich also im Vergleich zum realen
Handel ohne Zustellprobleme negativ auf die Kaufentscheidung in einem E-Shop auswir-
ken. Zweitens handelt es sich bei vielen Angeboten in einem E-Shop um Güter, die eben-
falls im realen Handel erhältlich sind und dort durch sofortige Bezahlung und Mitnahme
eine Zustellung unnötig macht. Sollte die Zustellung von bestellten Produkten aus dem
E-Shop problematisch sein, verringert sich der ursprüngliche Transaktionskostenvorteil
und damit sein größter Vorteil gegenüber dem realen Handel. Drittens besteht eine Dis-
krepanz zwischen den Vorteilen der Online-Bestellung und den Nachteilen einer entspre-
chenden physischen Zustellung (s. Abb. 121).

3.2.2.7 eControlling-Prozess
Unabhängig von Unternehmensgröße und -alter ist das oberste Ziel des Controllings die
Sicherstellung der Rationalität des unternehmerischen Handelns (Weber/Schäffer 1999).
Bei jeglichem Controlling-System steht jedoch die Frage nach der Verhältnismäßigkeit,
nach Aufwand und Ertrag im Vordergrund. Dabei sollten sich E-Shop-Betreiber im Rah-
men des eControlling-Prozesses von vorne herein über die Wertigkeit unterschiedlicher
Informationsklassen im Klaren sein und daraus eine eigene Hierarchie der Kennziffern
ableiten, die der Größe des Unternehmens angemessen ist. Diese Wertigkeit mag sich da-
bei in rasant wandelnden Wettbewerbsumgebungen ebenso schnell ändern, wie sich die
äußeren Umstände in der Digitalen Wirtschaft verschieben. Darüber hinaus besteht ein
Bruch zwischen der theoretischen Eignung eines Controlling-Systems (Was wäre gut zu
wissen?) und seiner praktischen Implementierbarkeit (Achleitner/Bassen 2002, S. 1192),
der aufgrund knapper Ressourcen nicht immer überwunden werden kann. Das Problem
zahlreicher E-Shops besteht jedoch meist darin, dass zwar ein Bewusstsein für die Bedeu-
tung des Controllings vorhanden ist, sich vielfach auch ein Sinn für die Bedeutung be-
stimmter Kennziffern im Zusammenhang mit der Unternehmensentwicklung (Bret-
tel/Heinemann 2006; Schubert/Kämker 2001) finden lässt, allerdings eher selten wirklich
kohärente und zielgerichtete Kennzahlsysteme vorgefunden werden. Die massive Kritik
an den zahlreichen Kennzahlensysteme in Bezug auf die zu einseitige Finanzperspektive
begründete die Entwicklung der sog. Balanced Scorecard (Kaplan/Norton 1997) als
Controlling-Instrument. Hierbei werden die traditionellen, finanziellen Kennzahlen um
drei Perspektiven ergänzt (Weber/Schäffer/Freise 2001, S. 449):

„ Kundenperspektive: Reflektiert die strategischen Ziele des Unternehmens im Hin-


blick auf Kundenorientierung des E-Shops. Hier werden Zielvorgaben und Maßnah-
men, z. B. zu Kundenzufriedenheit/-profitabilität und Marktdurchdringung erstellt.
324 Die Grundlagen des E-Shop

„ Interne Prozessperspektive: Reflektiert die Prozesse, die zur Erreichung der Unter-
nehmensziele notwendig sind. Hier werden Zielvorgaben und Maßnahmen zu sämt-
lichen Prozessen z. B. der Wertschöpfungskette erstellt.

„ Lern- und Entwicklungsperspektive: Reflektiert die Infrastruktur zur Erreichung


der drei anderen Ziele. Dabei geht es z. B. um die Qualifizierung von Mitarbeitern,
die Leistungsfähigkeit des Informationssystems oder die Motivation und Zielausrich-
tung von Mitarbeitern.

Indikatoren der E-Performance-Scorecard

Attraction Conversion Retention

• Kundenstamm • Kundenstamm • Stammkunden


• Kosten der Kundengewinnung • Kosten der Kundengewinnung • Kosten der Stammkunden-
gewinnung
• Ertrag aus Marketing- • Umwandlungsrate Besucher-
maßnahmen zur Kunde • Umwandlungsrate Kunde-
Kundengewinnung Stammkunde
• Transaktionen pro Kunde
• Transaktionen pro
• Umsatz pro Transaktion
Stammkunde
• Umsatz pro Kunde
• Umsatz pro Transaktion
• Brutto-Einkommen
• Umsatz pro Stammkunde
• Kosten der Kundenpflege
• Stammkundenverlustrate
• Betriebliche Erträge
• Kundenverlustrate
• Betriebliche Erträge vor
Marketing-Ausgaben

Abb. 122: Die E-Performance-Scorecard im Rahmen des eControlling-Prozesses


Quelle: in Anlehnung an Agrawal/Arjona/Lemmens 2001, S. 32.

Die Balanced Scorecard geht somit über die traditionelle Ergebniskontrolle hinaus, indem
Rückinformationen an die Aufgabenträger zur kontinuierlichen Verbesserung des unter-
nehmerischen Handels geliefert werden. Grundsätzlich findet die Balanced Scorecard
auch im Kontext eines E-Shops eine sinnvolle Anwendung (Weber/Schäffer/Freise 2001,
S. 447 ff.). Allerdings werden hier einige Anpassungen notwendig, die den Besonderhei-
ten des E-Shops Rechnung tragen. Darunter fallen zum einen die Einbeziehung spezieller
Online-Ziele und -Kennzahlen, zum anderen die Erweiterung des Konzeptes um eine
Die Prozesse beim elektronischen Verkauf 325

Front-End-Perspektive. Diese Perspektive dient der Verknüpfung zwischen Kundenper-


spektive und interner Prozessperspektive. Das Front-End ist die mediale Schnittstelle zwi-
schen E-Shop und Kunden und ferner visuelle Schnittstelle zwischen Mensch und Ma-
schine. Die resultierende E-Performance-Scorecard wurde von McKinsey zur besseren
Planung und Steuerung der Zielerreichung des gesamten Kundenbindungsmanagements
bei einem E-Shop entwickelt (Agrawal/Arjona/Lemmens 2001).
Insgesamt werden 21 Indikatoren zur Messung der E-Performance herangezogen, die in
drei Kategorien eingeordnet werden können: Attraction, Conversion, Retention. Während
Attraction auf die Anziehung und Gewinnung von Neukunden abzielt (Pre-eSales; eSe-
arch), geht es bei der wichtigsten E-Performance-Kennzahl Conversion um die Umwand-
lung der Besucher (Surfer) in Kunden (eSales). An dieser Stelle wird oftmals der Begriff
„Conversion Funnel“ herangezogen (Kollewe/Keukert 2016, S. 201). Das englische Wort
für Trichter soll dabei verdeutlichen, dass sich die Anzahl der (potenziellen) Kunden, die
die Startseite des E-Shops oder eine Landingpage, d.h. die Seite, die nach einem Klick auf
ein Werbemittel oder einen Eintrag in einer Suchmaschine erreicht wird, betreten, über
die verschiedenen Schritte des Einkaufsprozesses, wie bspw. Aufruf einer Produkt-Detail-
seite, Aufruf des Warenkorbs, Eingabe der Zahlungsdaten, in der Regel trichterförmig im-
mer weiter reduziert, da potenzielle Kunden den Prozess abbrechen. Zur Optimierung des
Conversion Funnels und der Conversion Rate (s. Kapitel 3.3.2.3) ist eine möglichst genaue
Identifikation der Abbruchursachen von großer Bedeutung. Retention hingegen kon-
zentriert sich auf die Kundenbindung und die Erzielung von Wiederholungskäufen (After-
Sales, s. Abb. 122).
Nach Errechnung der gewichteten Durchschnittswerte wird ein Indexwert erstellt, der den
Grad der E-Performance widerspiegelt. Je nach Bedarf können auch separate Indizes für
die Kategorien erstellt werden. Die E-Performance-Scorecard ist besonders um den lang-
fristigen Kundenwert bemüht und strebt dadurch die Kontrolle bzw. Steuerung und Aus-
schöpfung des „Customer-Lifetime-Value“ (s. Kapitel 3.4.3.2) an (Agrawal/Arjona/
Lemmens 2001, S. 32). In diesem Zusammenhang ist auch der Begriff „Performance
Marketing“ zu nennen. Dieser wird im Kontext von Online-Marketingaktivitäten (s. Ka-
pitel 3.4) verwendet, die auf eine messbare Reaktion des Konsumenten abzielen (Seifert
2013, S. 263). Messbare Reaktionen sind bspw. Klicks auf einen Werbebanner oder eine
durchgeführte Transaktionen mit den für die Leistungsabrechnung zugehörigen „Key Per-
formance Indicators“, wie Pay-per-Click oder Pay-per-Action. Anhand dieser zentralen
Messgrößen können dann gezielt effektive und effiziente Maßnahmen ausgewählt werden,
was dazu beträgt, Streuverlust zu reduzieren und Marketingbudgets sinnvoll einzusetzen.
Abb. 122 macht aber auch deutlich, dass sich diese erweiterte Form der „E-Balanced
Scorecard“ auf weitere Bereiche im E-Business übertragen und anwenden lässt. Da jedoch
gerade ein E-Shop auch besondere Bemühungen auf das Online-Marketing legen muss,
werden im eControlling die Kennzahlen generiert, auf die im weiteren Verlauf für den
Einsatz von Online-Maßnahme für die Kundengewinnung und Kundenbindung noch zu-
rückgegriffen werden muss (s. Kapitel 3.4).
326 Die Grundlagen des E-Shop

Als weiteres prozessorientiertes Steuerungsinstrument im eControlling-Prozess kann das


4-K-Modell von Kollmann/Hensellek (2017) genutzt werden. Das 4-K-Modell umfasst
sowohl quantitative als auch qualitative Steuerungsgrößen und spiegelt die wichtigsten
Kennzahlen der elektronischen Wertschöpfungslogik wieder. Grundsätzlich dient das 4K-
Modell als KPI-Steuerung für Startups in der Digitalen Wirtschaft und kann dementspre-
chend für alle elektronischen Plattformen (E-Shop, E-Procurement, E-Marketplace, E-
Community und E-Company) genutzt werden. Insgesamt deckt das 4-K-Modell unterneh-
mensinterne (Kundengewinnung, Konversion, Kundenbindung) und unternehmensex-
terne (Kommunikation) Bereiche prozessorientiert und anhand jeweils geeigneter KPIs ab
(s. Abb. 123).

Kundengewinnung Konversion Kundenbindung


• TKP: Tausender-Kontakt-Preis • Konversionsrate • Online-Bewertungen
(Cost-per-Click/View/Lead) (quantitativ/qualitativ)
• Umsatz pro Transaktion
Unternehmenssicht

• Visits/individuelle Visits • Kunde-Stammkunde


• Cross-/Up-Selling-Rate
Umwandlungsrate
• Bounce Rate (Absprungrate)
• Payment-/Fulfillmentkosten
• Aktive Kunden/Stickiness
• On-Site-Engagement
• Kosten des Kundenservice
(Seitenaufrufe, Time-on-Site) • Kosten der Stammkunden-
• Online-Deckungsbeitrag aktivierung/-reaktivierung
• Viralkoeffizient
• ROAS: Return on Advertising • MRR: Monthly Recurring Revenue
• CAC: Customer Acquisition Costs
Spending
• CLV: Customer Lifetime Value

Kommunikation
Investorensicht

• Individuelle Visits • Konversionsrate • Aktive Kunden/Stickiness


• Viralkoeffizient • Online-Deckungsbeitrag • MRR: Monthly Recurring Revenue
• CAC: Customer Acquisition Costs • ROAS: Return on Advertising Spending • CLV: Customer Lifetime Value

Abb. 123: Das 4-K-Modell für den eControlling-Prozess


Quelle: Kollmann/Hensellek 2017, S. 50.

Im Rahmen der Kundengewinnung werden alle potenziellen Interessenten des E-Shops


beschrieben, welche potenziell in neue Kunden umgewandelt werden können. Wichtige
Kennzahlen zur Ermittlung der Kundengewinnung bieten dabei unterschiedliche quanti-
tative Kennzahlen, wie bspw. der Tausender-Kontakt-Preis (TKP). Die Konversion bildet
anschließend den Übergang von Interessenten zu tatsächlichen Kunden nebst dazugehöri-
ger Transaktion ab und folgt somit unmittelbar aus dem Prozess der Kundengewinnung.
Eine der wichtigsten KPIs in diesem Zusammenhang ist die Konversionsrate, welche die
Anzahl der Transaktionen (z. B. Verkauf im E-Shop) in Relation zur Anzahl der Seiten-
besuche setzt und so angibt, wie erfolgreich die Umwandlung von Interessenten in Kunden
gelingt. Das dritte Feld im 4-K-Modell bildet die langfristige Perspektive der Kunden-
bindung ab. Es trägt damit der anhaltenden Entwicklung hin zum Relationship- und One-
to-One-Marketing Rechnung und gibt Aufschluss über die Nachhaltigkeit des Erfolgs ei-
Die Prozesse beim elektronischen Verkauf 327

nes E-Shops. Die Nutzung eines digitalen Angebots, als Folge einer erfolgreichen Kon-
version, führt auf Kundenseite zu einer Zufriedenheitseinschätzung, die regelmäßig über
Online-Bewertungen ausgedrückt werden kann. Das vierte Feld des 4-K-Modells bildet
die Kommunikation des E-Shops mit (potenziellen) Investoren ab. Im Rahmen einer er-
folgreichen „Investor Relation“ sollte ein digitales Start-up proaktiv vorgehen und Ein-
blick in die unternehmensindividuelle elektronische Wertschöpfungslogik geben. Dazu ist
es notwendig, auch vermeintlich vertrauliche Informationen mit Investoren zu teilen, denn
es sind nur solche KPIs zur Kommunikation an Investoren zielführend, die vom Start-up
selbst als so relevant eingestuft werden, sodass diese auch intern erhoben, ausgewertet und
als Grundlage für laufende Verbesserungszyklen genutzt werden. Insofern ist intuitiv
nachvollziehbar, dass die zu Kommunikationszwecken zu verwendenden KPIs zwangs-
läufig den drei Bereichen der digitalen Kundengewinnung, Konversion und Kundenbin-
dung entstammen müssen.

3.2.3 Das Prozessmanagement beim elektronischen Verkauf

Für das Prozessmanagement und daraus abgeleitet für den gesamten Betrieb eines E-
Shops, lässt sich die Nutzung der generierten Informationen im bzw. aus dem elektroni-
schen Verkauf nach operativen, taktischen und strategischen Aufgaben differenzieren (s.
Abb. 124). Dabei steht insbesondere die Informationsverwendung für operative und takti-
sche Überlegungen im Mittelpunkt, da hierdurch kurz- und mittelfristig Auswirkungen auf
den E-Shop-Betrieb zu erwarten sind (z. B. Produktpositionierung). Die strategische Nut-
zung der Informationen betrifft dagegen mittel- bis langfristig die Positionierung des ge-
samten E-Shops im Wettbewerb sowie die generelle E-Shop-Gestaltung bzw. die Auswahl
des Online-Angebots. Übergreifendes Ziel aller Aktivitäten ist dabei einmal mehr die Nut-
zung des Informationsdreisprungs (s. Kapitel 1.4.3), bei dem über die Informationssamm-
lung (Daten aus dem operativer Verkauf) und der Informationsverarbeitung (Auswertung
und Analyse der Daten aus dem operativen Verkauf) im Rahmen der Informationsübertra-
gung an den E-Shop-Betreiber aus strategischer Sicht konkrete Veränderungen im E-Shop-
oder eSales-Management begleitet bzw. vorbereitet werden können. Im Folgenden soll ge-
nauer auf die einzelnen Aufgaben in den drei Bereichen operativer Verkauf, taktischer Ver-
kauf und strategischer Verkauf des Prozessmanagements bei einem E-Shop eingegangen
werden.

3.2.3.1 Operativer Verkauf


Die Informationsverwendung beim operativen Verkauf betrifft in der Regel die unmittel-
bare Verbesserung des eSales-Prozesses (s. Kapitel 3.2.2.3). Durch die zeitnahe, im besten
Fall sogar in „real-time“ durchgeführte Analyse der Bedürfnisse der Online-Kunden bei
der Nutzung eines E-Shops soll es an möglichst vielen Stellen zu nutzerübergreifenden
Automatisierungen kommen. Dies kann sich z. B. auf die Bestellung oder die Bezahlung
328 Die Grundlagen des E-Shop

(z. B. der „1-Click“-Kauf bei amazon.de) beziehen. Der Aufwand für wertschöpfungsneut-
rale, operative Aufgaben soll so minimiert werden. Neben zeitlichem und personellem
Aufwand, der durch die Automatisierung der Prozesse reduziert werden kann, sind Quali-
tätsvorteile durch Fehlerminimierung realisierbar (Wohlenberg/Krause 2001, S. 77). Der
operative Verkauf soll also die effiziente Abwicklung von Transaktionen (Verkäufen) er-
möglichen, um dadurch Absatzzahlen zu erhöhen. Die transaktionsunterstützenden Auf-
gaben des operativen Verkaufs betreffen die reine Absatzförderung und entlasten damit die
Verkaufsabteilung bzw. den E-Shop-Betreiber dahingehend, dass diese(r) sich überwie-
gend auf die Aufgaben des taktischen (s. Kapitel 3.2.3.2) und strategischen (s. Kapitel
3.2.3.3) Verkaufs konzentrieren kann (s. Abb. 124). Somit stehen im operativen Verkauf
drei Aspekte im Vordergrund:

„ Automatisierung: Durch die erhöhte Reichweite eines E-Shops im Vergleich zum re-
alen Shop, muss der operative Verkauf bzw. die reine Transaktion so standardisiert
wie möglich ablaufen, um Verkäufe unabhängig von ihrer Anzahl professionell hand-
haben zu können. Durch die Automatisierung von einzelnen Prozessen kann eine
große Anzahl an Transaktionen durchgeführt werden, ohne kostenintensiven Mehr-
aufwand an Zeit und Personal erforderlich zu machen (sog. Skalierbarkeit; s. Kapitel
3.1.1). Stellt man sich einen realen Laden vor, in dem plötzlich hunderte von Kunden
gleichzeitig kaufen wollen, so wird der Vorteil elektronischer Shops durch die Auto-
matisierung offensichtlich.

„ Transaktionsabwicklung: Die Automatisierung von Verkaufsprozessen kommt fast


ohne großen Aufwand von Seiten des E-Shop-Betreibers aus. Dieser muss sich ohne-
hin auf taktische und strategische Aufgaben des Verkaufs konzentrieren und hat wenig
Zeit, sich um wertschöpfungsneutrale Aktivitäten zu kümmern. Somit muss die Au-
tomatisierung der Transaktionsabwicklung im hohen Grade effizient gestaltet sein. Je-
der Verkauf muss schnell und problemlos durchführbar sein, damit Kunden sich auf
den elektronischen Verkauf einlassen und die Nachteile der Online-Bestellung (z. B.
verzögerte Lieferung, kein touch-and-feel etc.) in Kauf nehmen. Die Effizienz in der
Transaktionsabwicklung ist besonders dann wichtig, wenn eine sehr große Anzahl an
Verkäufen bzw. Bestellungen gleichzeitig stattfinden.

„ Absatzförderung: Ist nun die effiziente Transaktionsabwicklung durch die Automa-


tisierung der Prozesse gegeben und können Informationen (z. B. Hilfestellungen) zeit-
nah für einzelne Nutzer aufgrund ihres Online-Verhaltens angeboten werden, so kann
dadurch der Absatz gefördert werden. Nimmt man wieder den Vergleich mit dem re-
alen Shop, so ist es sehr wahrscheinlich, dass sich viele Kunden vernachlässigt fühlen
würden, wenn sie mit hunderten anderen Kunden im Laden stünden, und selbst die
Standardfragen dadurch nicht beantwortet werden. Außerdem wären nur wenige be-
reit, die Wartezeit in Anspruch zu nehmen, die sie zum Bezahlen aufbringen müssten.
Dadurch, dass also die Gleichzeitigkeit vieler Verkäufe keinerlei Problem für den
E-Shop darstellt, können mehr Verkäufe realisiert werden.
Die Prozesse beim elektronischen Verkauf 329

Strategisches Verkaufsmanagement
Verkaufs- und
Management von Absatzkanäle und
Kundenanalyse Pricingstrategien
Produktportfolio -märkte festlegen
festlegen
Strategischer
Verkauf
Verkaufs-Controlling

Reporting Analyse Steuerungsmaßnahmen

Taktischer
Verkauf
Datenpflege

Anlegen und Pflegen der Anlegen und Pflegen der


Produktdaten Kundendaten

Operativer
Verkaufsprozess Verkauf
Informations-
Vertrags- Bezahlung
bereitstellung/ Bestellung Abwicklung Logistik
vereinbarung
Angebot

Abb. 124: Prozessmanagement bei einem E-Shop


Quelle: in Anlehnung an Braunstetter/Hasenstab 2001, S. 508.

3.2.3.2 Taktischer Verkauf


Bei der Informationsverwendung im taktischen Verkauf geht es in erster Linie darum,
die während der Durchführung einzelner Prozesse gesammelten Daten zu analysieren und
die Ergebnisse taktisch einzusetzen. Die Datensammlung erfolgt prozessbegleitend und
wird über Schnittstellen für Zugriffe vom E-Shop-Betreiber bereitgestellt (s. Kapitel
3.4.2.2 und 3.4.2.3). Die Daten betreffen in der Regel Produkt- und Kundendaten, die für
den Verkauf wichtig sind. Eine Überprüfung des Ist-Zustandes im Verkaufsprozess ist
somit jederzeit möglich und liefert wertvolle Einblicke in die prozessinternen Abläufe. Die
Bedeutung des eControlling (s. Kapitel 3.2.2.7) für den taktischen Verkauf ist besonders
für Produktanalysen wichtig, da aus den Analyseergebnissen eventuelle Steuerungsmaß-
nahmen im Rahmen des zum Verkauf stehenden Produktportfolios abgeleitet werden
müssen. Allerdings lassen sich auch Kaufdaten in sog. Kundenprofilen abspeichern und
für Optimierungszwecke im Verkauf genutzt werden. Die folgenden Aspekte dienen der
Erfolgsmessung (Schwarze/Schwarze 2002, S. 233 ff.) und Erfolgssteuerung und sind
Grundlage des taktischen Verkaufs:

„ Produktdatenanalyse: Aus den Ergebnissen der Produktanalyse wird nicht nur


der Bedarf an Produkten ersichtlich, sondern auch eine mögliche Optimierung des
Angebotes. Dies geschieht z. B. mittels einer Analyse der Online-Warenkörbe (s. Ka-
pitel 3.1.1.3) der Kunden oder sogar der Page Impressions bezüglich der Anwahl ein-
zelner Produkte. Werden einige Produkte gar nicht oder nur sehr selten angeklickt
und landen so gut wie nie im Warenkorb, so lässt sich daraus ableiten, dass das Pro-
dukt aus dem Sortiment genommen werden sollte. Zusätzlich können z. B. dynami-
sche Preisstrategien auf ihre Effizienz hin untersucht und angepasst werden, da Aus-
330 Die Grundlagen des E-Shop

sagen u. a. darüber gemacht werden können, ob Kunden z. B. bei Mengenrabatten


mehr kaufen oder Studentenrabatte wirklich genutzt werden.

„ Kaufdatenanalyse: Die Kaufanalyse untersucht z. B. die gespeicherten Kundenpro-


file auf eventuelle Vorlieben beim Produktkauf oder Kombinationen von oft zusammen
gekauften Produkten, um daraus abzuleiten, welche Produkte besonders gut bei be-
stimmten Kundengruppen ankommen, um diese dann gesondert zu promoten. Hierbei
kommt dem klassischen One-to-One-Marketing (s. Kapitel 3.4.3.1) eine große Be-
deutung zu, da solche Maßnahmen durch die professionelle Analyse von Kunden-
und Kaufdaten erst ermöglicht werden.

„ Abbruchanalyse: Für den taktischen Verkauf sind neben den Produkt- und Kundenda-
ten auch Bewegungsverläufe und typische Navigationspfade der Kunden wichtig. Die
Speicherung bestimmter Daten, wie z. B. Seitenbesuche und Verweildauer, ermög-
licht es dem Shopbetreiber, den Weg eines Kunden durch den E-Shop nachzuvoll-
ziehen und hinsichtlich eventueller Kaufabbrüche zu untersuchen. Spezielle Ab-
bruchanalysen lassen den E-Shop-Betreiber erkennen, an welchen Stellen die Kunden
ihren Einkauf abgebrochen haben, um daraus Optimierungspotenzial abzuleiten. Bre-
chen viele Kunden an derselben Stelle ab, kann es sein, dass nur unzureichende In-
formationen über ein Produkt oder Hilfestellungen zur Navigation bereitstehen
oder der Zahlungsprozess nicht transparent genug gestaltet ist.

3.2.3.3 Strategischer Verkauf


Die Informationsverwendung im strategischen Verkauf hat sortiments- und unterneh-
mensübergreifende Verantwortung, da hier grundlegende Fragen zum Angebot und zur
Positionierung des E-Shops geklärt werden, wie z. B. die Frage nach dem zu bearbeiten-
den Marktsegment oder der anvisierten Zielgruppe. Dieser Bereich dient der langfristigen
Festlegung strategischer Ziele des E-Shops, da hier die gesamte Ausrichtung aller Ver-
kaufsprozesse definiert wird. Dazu muss aber zunächst geklärt werden, welche Produkte
(Produktanalyse; s. Kapitel 3.3.1) an welche Kunden (Nachfrageranalyse; s. Kapitel 3.3.2)
mit welcher Strategie (Strategieanalyse; s. Kapitel 3.3.3) verkauft werden sollen:

„ Produktanalyse: Die Produktanalyse bewertet das zu verkaufende Produktangebot


hinsichtlich seiner Eignung für den elektronischen Verkauf. Je nach Art der Grün-
dung, können unterschiedliche Strategien verfolgt werden. Entscheidend bei der Pro-
duktanalyse ist, ob der E-Shop aufgrund eines neu entwickelten Produktes entsteht
und daher evtl. ein neuer Markt geschaffen werden muss, oder aber durch Imitierung
oder Nachahmung bereits bestehender Geschäftsmodelle, wobei es schlichtweg um
das Abgreifen von Marktanteilen der Wettbewerber geht. Beide Varianten benötigen
komplett unterschiedliche Verkaufsstrategien, wobei anzumerken ist, dass diese For-
men als zwei Extreme betrachtet werden können, innerhalb derer sich die meisten
E-Shops bewegen.
Das Management beim elektronischen Verkauf 331

„ Nachfrageranalyse: Die Nachfrageranalyse bewertet das Angebot hinsichtlich der po-


tenziellen Zielgruppe (s. Kapitel 3.3.2.1). Je nach Art des Produktes muss die Marktbe-
arbeitung und Zielgruppendefinition mit der gewählten Verkaufsstrategie in Einklang
gebracht werden. Bei innovativen Produkten gilt es sicherlich, dieses zunächst auf sein
allgemeines Akzeptanzpotenzial bei möglichen Nachfragern hin zu untersuchen. Wer-
den jedoch bloß Geschäftsmodelle anderer E-Shops imitiert, so stellt sich die Frage,
wie die Nachfrager auf einen zusätzlichen Anbieter reagieren und welche Anreize vor
diesem Hintergrund geschaffen werden können, um Kunden der Konkurrenz „abzu-
werben“.

„ Strategieanalyse: Die Strategieanalyse befasst sich mit den Fragen der Wettbewerbs-
fähigkeit des E-Shops und dem Einfluss der gewählten Verkaufsstrategie auf die Ent-
wicklung des E-Shops sowie auf das zu bearbeitende Marktsegment. Dabei geht es
hauptsächlich um die langfristige Positionierung am Markt und der Sicherung des
eigenen Wettbewerbsvorteils gegenüber der Konkurrenz. Je nach Markteintrittsmo-
dus und Zieldefinierung gilt es eine Strategie zu formulieren, die den Weg zum Un-
ternehmenserfolg unterstützt.

3.3 Das Management beim elektronischen Verkauf


Nach den technischen Darstellungen der Systemebene (s. Kapitel 3.1) und den Ausführun-
gen zur Prozessebene (s. Kapitel 3.2) gilt es nun auf der Managementebene, die spezifi-
schen Entscheidungen im Rahmen des eigentlichen E-Shop-Betriebs zu treffen. Die Grun-
dentscheidungen des Produktverkaufs beziehen sich dabei zum einen auf die optimale Aus-
wahl und Gestaltung von Produktangeboten und deren Darstellung im Rahmen eines
E-Shops. Zum anderen gilt es aber auch, dieses Angebot auf die Zielgruppe anzupassen,
was eine umfangreiche Kenntnis über die potenziellen Online-Kunden voraussetzt. Da für
diese Kunden die Konkurrenz im Sinne eines anderen E-Shops mit ähnlichen oder glei-
chen Inhalten quasi nur „einen Mausklick entfernt“ ist, müssen ferner die Entscheidungen
auch bezüglich einer Wettbewerbspositionierung getroffen werden.
Die drei wesentlichen Kriterien für das Management eines E-Shops sind also die Aspekte
Online-Produkt, -Kunde und -Markt. So muss das E-Shop-Management vor allem si-
cherstellen, dass die angebotenen Objekte zur richtigen Zeit im virtuellen Verkaufsraum
für die passende Zielgruppe ansprechend präsentiert und bezüglich preislicher und quali-
tätsorientierter Eigenschaften im Vergleich zu konkurrierenden E-Shops attraktiver ange-
boten werden. Aufbauend auf diesen Grundanforderungen des Online-Verkaufs befassen
sich die folgenden Ausführungen vor diesem Hintergrund mit den managementbezogenen
Aspekten eines E-Shops. Dabei stehen folgende Fragen im Mittelpunkt der Betrachtungen,
die zugleich auch die Lernziele dieses Abschnittes darstellen:
332 Die Grundlagen des E-Shop

„ Welche Produkte eignen sich generell für den Online-Verkauf über einen E-Shop?

„ Wie kann die virtuelle Präsentation von Online-Angeboten in einem E-Shop aussehen?

„ Welche Rolle spielen die innovativen Möglichkeiten der personalisierten Online-Pro-


duktkonfiguration?

„ Welche Zielgruppen gibt es für Online-Angebote im Rahmen eines E-Shops und wel-
che Erwartungen werden an den elektronischen Einkauf gestellt?

„ Wie kann der E-Shop im Online-Markt strategisch positioniert werden und welche Dif-
ferenzierungsmöglichkeiten bestehen gegenüber der virtuellen Konkurrenz?

3.3.1 Die Produktanalyse beim elektronischen Verkauf

Oft wird von einer allgemeinen Vorteilhaftigkeit des Einkaufs über einen E-Shop gespro-
chen. Dabei wird der Aspekt vernachlässigt, dass sich der Online-Verkauf keineswegs pau-
schal für alle Güter und Dienstleistungen eignet. Vielmehr sollte der Einsatz von E-Shop-
Systemen natürlich nur für diejenigen Produkte erfolgen, bei denen über den elektroni-
schen Verkauf substantielle Verbesserungen hinsichtlich der Prozesskosten und/oder -zeit
bzw. -bequemlichkeit zu erwarten sind. Darüber hinaus gilt auch für den elektronischen
Einkauf, dass nur die Produkte als geeignet erscheinen, die sich durch eine geringe Erklä-
rungsbedürftigkeit und eine hohe Standardisierbarkeit auszeichnen. Denn nur bei diesen
Produkten erscheint auf den ersten Blick eine Einkaufsentscheidung, die nur auf digitalen
Informationen und nicht auf einer realen Prüfung basiert, durchführbar. Der Entscheidung
über den Einsatz eines E-Shops im Absatzbereich muss demnach eine umfangreiche Pro-
duktanalyse vorausgehen. Dabei steht zunächst die Frage nach der grundsätzlichen Eig-
nung der zu verkaufenden Güter im Mittelpunkt.

3.3.1.1 Online-Produkteignung
Nicht alle Produkte eignen sich gleichermaßen für den Vertrieb über das Internet. Die
zugehörige Online-Produkteignung ist von mehreren Faktoren abhängig, die insgesamt
im Ergebnis das sog. „E-Potenzial“ eines Produktes (Bliemel/Fassott 2000, S.193) erge-
ben. Das E-Potenzial beschreibt dabei den Grad, zu dem Produkte, gegeben ihren Eigen-
schaften, über ein Online-Medium verkauft werden können. Wichtigstes Kriterium für die
Eignung eines Produktes über Online-Medien stellt die Digitalisierbarkeit dar. Darunter
ist die Umwandlung des Produktes in digitale Informationen zu verstehen. Beispielsweise
ist Musik ist nicht mehr nur in Form einer CD oder Kassette vertreibbar, sondern mittlwer-
weile auch digital als MP3-File. Die Produkte, die also vollständig digitalisierbar sind,
eignen sich somit am besten für den Vertrieb über das Internet. Für die Produkte, die nicht
Das Management beim elektronischen Verkauf 333

digitalisierbar sind, muss hingegen bewertet werden, inwiefern sich zumindest Produktei-
genschaften und damit Informationen über das entsprechende Produkt digitalisieren las-
sen, sodass der Verkauf physischer Produkte über das Internet stattfinden kann, die Liefe-
rung der Ware aber physisch geschehen muss (eDistribution; s. Kapitel 3.2.2.6). Als wich-
tigste Beispiele dafür sind Autos oder Hardware zu nennen. Bei diesen Produkten können
quasi alle für die Kaufentscheidung relevanten Informationen digital bereitgestellt werden
(bei Autos z. B. Modell, Jahrgang, Motorisierung, Farbe, Kilometerstand, Benzinver-
brauch etc.), die Lieferung muss jedoch physisch erfolgen. Neben der Digitalisierbarkeit
des Produktes gibt es allerdings auch noch weitere Bewertungskriterien für die Ermitt-
lung des E-Potenzials, die zur Beurteilung von nicht vollständig digitalisierbaren Produk-
ten herangezogen werden können. Dazu bieten sich vor diesem Hintergrund insbesondere
die folgenden Bewertungskriterien für die Ermittlung des E-Potenzials an:

„ Digitale Beschreibbarkeit: Dieses Kriterium beurteilt die Möglichkeit der digitalen


Informationsdarstellung. Dabei geht es um die Frage, inwiefern sich die Eigenschaften
des Produktes (Produktsicht) dazu eignen, das Produkt für den Kunden ausreichend zu
beschreiben. Beispiele für Produkte, die sich sehr gut digital beschreiben lassen sind
z. B. Autos und Hardwarekomponenten.

„ Digitale Beurteilbarkeit: Dieses Kriterium beurteilt die Prüfungsmöglichkeit eines


Produktes durch den Kunden (Kundensicht). In diesem Zusammenhang wird oft auch
von dem Selbstbedienungspotenzial eines Produktes gesprochen, da der Kunde allein
über das Online-Medium beurteilen muss, ob er das Produkt ohne reale Prüfung kaufen
möchte oder nicht. Als Beispiel können hier Lebensmittel genannt werden, die Kun-
den gerne anfassen und auf ihre Frische hin prüfen möchten, und somit nicht digital
umfassend beurteilbar sind.

„ Digitaler Beratungsaufwand: Dieses Kriterium beurteilt den Informationsumfang


eines Produktes. Einige Produkte können mit nur wenigen Informationen sehr gut
beschrieben werden, andere hingegen benötigen umfassendere Informationen, die
zum Teil nicht ohne weiteres digitalisierbar sind. Darunter fallen insbesondere Pro-
dukte, die erst durch eine Beratungsleistung von Seiten des Anbieters (Anbietersicht)
umfassend dargestellt werden können und danach erst vom Kunden adäquat bewertet
werden können. Beispiele dafür sind Versicherungen oder auch Industrieanlagen.

Vor diesem Hintergrund haben Lebensmittel ein relativ geringes E-Potenzial, da sie mit
Hilfe von digitalen 0/1-Informationen nur eingeschränkt elektronisch beschreibbar und
beurteilbar sind (z. B. Frischebeschreibung und -prüfung) und zudem keine hohe Digita-
lisierungsmöglichkeit aufweisen, da sie Offline geliefert werden müssen (Fritz 2004, S.
187). Dagegen hat Musik z. B. ein hohes E-Potenzial, da ein Musikstück klar beschreibbar
(z. B. Titel, Interpret, Stilrichtung) und über eine Online-Hörprobe auch beurteilbar ist. Es
gibt jedoch auch Produkte, die trotz eines geringeren E-Potenzials doch für den Online-Ver-
trieb geeignet wären. Dazu zählen bspw. Markenartikel oder sonst schwer erhältliche Güter
334 Die Grundlagen des E-Shop

(Bliemel/Theobald 1997, S. 7; Fantapié Altobelli/Fittkau 1997, S. 400). In der Zusam-


mensetzung der drei Eignungskriterien, die zusätzlich zur Digitalisierbarkeit herangezo-
gen werden sollten, ergibt sich das 3-B-Modell zur Eignung von Produkten für den On-
line-Verkauf (s. Abb. 125). Entscheidend ist dabei jedoch immer der subjektive Betrach-
tungswinkel des Konsumenten, der je nach eigener Online-Neigung die Eignung für sich
persönlich anders gewichten kann. So sollen finanziell sehr gut ausgestattete Nachfrager
auch schon komplette millionenschwere Segelyachten ohne Beratung über das Internet
bestellt haben. Die Regel ist das aber sicherlich nicht.

Optimale Eignung
(Software, Musik, Bücher,
hoch Zeitungen, Flugtickets ...)

Mäßige Eignung
(Nahrungsmittel, Kleidung,
Autos …)
Beurteilbarkeit
niedrig

Beratungsaufwand
niedrig hoch
niedrig Beschreibbarkeit hoch

Geringe Eignung Mäßige Eignung


(Industriemaschinen, (Versicherungen, Häuser,
Schmuck, Parfum …) Individualreisen, Möbel ...)

Abb. 125: Produkteignungsmatrix in der Digitalen Wirtschaft (3-B-Modell)


Quelle: in Anlehnung an Hausen 2005.

Hinter den 3-B-Eignungskriterien Beschreibbarkeit, Beratungsaufwand und Beurteil-


barkeit steht insbesondere die Standardisierung von Produktbeschreibungen und damit
die unternehmens- und marktübergreifende einheitliche Beschreibung und Klassifizierung
von Angeboten und Produkteigenschaften. Produktbeschreibungsstandards erlauben es
somit, allgemeingültige Darstellungen und Produktkataloge zu entwerfen (Hausen 2005,
S. 49). Die Verwendung von Standards von Seiten der Anbieter erleichtert dem Kunden,
Produkte verschiedener Shops zu vergleichen, da Produktinformationen immer auf die
gleiche Art und Weise dargestellt werden. Auf der einen Seite gibt es die technischen
Standards (z. B. ORDS, Online Retail Datafeed Standardization), die besonders in
Zusammenhang mit dem Datenaustausch zwischen E-Shops und Suchmaschine genutzt
werden sollten. Hier werden Inhalte und deren Formate, wie Artikelnummer, Farbcodes,
Das Management beim elektronischen Verkauf 335

Produkttext, Preis, verfügbarer Bestand etc. genau festgelegt, damit z. B. Preissuchmaschi-


nen die Ergebnisse diverser E-Shops im Rahmen einer Produktsuche einheitlich und damit
vergleichbar darstellen können und dem Kunden somit den Einkauf erleichtern. Auf der
anderen Seite haben sich jedoch auch Standards entwickelt, die durch ihre Allgemeingül-
tigkeit und Benutzerfreundlichkeit Zuspruch vieler Online-Shops gefunden haben. Darun-
ter fällt z. B. die Möglichkeit, bei der Buchsuche das Bild des Buchdeckels eines gefunde-
nen Buches anzuklicken, damit dieses vergrößert dargestellt werden kann. Dieser „Stan-
dard“ hat sich bei Buchhändlern im Internet durchgesetzt, da so die Kunden das Buch
besser beurteilen können. Ähnlich erlauben Internet-Händler, die z. B. Kleidung auf ihren
Shop-Seiten verkaufen, das Heranzoomen von Produktabbildungen, um so z. B. ein de-
taillierteres Bild von Stoffen und Farben zu ermöglichen. Dadurch lässt sich die Eignung
von Kleidung für den Online-Verkauf erhöhen, da Kunden das Gefühl haben, das Produkt
besser beurteilen zu können. Innerhalb dieser Standardisierungsentwicklungen von Pro-
duktbeschreibungen sind es aber auch insbesondere die Möglichkeiten der visuellen On-
line-Produktdarstellung, die die Eignungskriterien „Beschreibbarkeit“, „Beratungsauf-
wand“ und „Beurteilbarkeit“ positiv beeinflussen können.

3.3.1.2 Online-Produktdarstellung
In einem E-Shop ist die Möglichkeit der Angebotspräsentation auf elektronischem Wege
und damit die Online-Produktdarstellung von großer Bedeutung, da z. B. durch die
Vielzahl an heterogenen Angebotssets die Entscheidungskomplexität für den Kunden zu-
nimmt (Weiber/Mühlhaus/Hörstrup 2010a). Der E-Shop birgt z. B. im Vergleich zu tra-
ditionellen, papierbasierten Produktkatalogen viele Vorteile. Darunter fallen verschiedene
Aspekte, wie die multimediale Darstellung (s. Kapitel 1.3.2) von Produkten, das Angebot
detaillierter Informationen, Suchhilfen, Konfigurationshilfen, Dialogangebote und die
Möglichkeit, interaktive (s. Kapitel 1.3.3) Unterhaltungselemente anzubieten (Silberer
2000, S. 568). So kann die Online-Darstellung der Produkte des E-Shops durch die Zu-
sammenstellung verschiedener Multimedia-Komponenten, wie z. B. Text, Bild, Grafik,
Ton, Video, Animation, aufbereitet werden. Der Einsatz von Multimedia-Elementen er-
laubt eine erlebnisorientierte Präsentation der Produkte, die die Suche und Auswahl für
den Nachfrager erleichtern und angenehmer gestalten können (Silberer 2002, S. 718). Die
einzelnen Elemente der Produktdarstellung werden kurz näher erläutert:

„ Texte: Texte sind bei der Produktdarstellung essentiell, da sie die wichtigsten Infor-
mationen zu einem Produkt beinhalten, wie z. B. Preis, Beschreibung, Größe etc. Al-
lerdings sollte darauf geachtet werden, dass die Texte nicht zu überladen sind und den
Betrachter überfordern. Vielmehr sollten nur Schlüsselinformationen bereitgestellt
werden, die dann nach Bedarf durch weitere Klicks (z. B. auf Links, Bilder, Videos
etc.) angereichert werden können. Am Beispiel von asos.de zeigt sich, dass zunächst
nur Schlüsselinformationen über das Produkt angezeigt werden, die durch entspre-
chende Links ausgeführt werden. Beispiele sind hier Informationen zur Marke oder
Pflegehinweise.
336 Die Grundlagen des E-Shop

„ Bilder: Kaum ein E-Shop vertreibt Produkte, ohne dem Käufer entsprechende Bilder
oder Fotos der Produkte anzubieten. Da im Distanzhandel z. B. besonders die hapti-
sche Prüfung der Produkte nicht möglich ist, wollen viele Kunden zumindest eine
ausreichend visuelle Prüfung des Angebots ermöglicht bekommen. Dabei geht es ent-
sprechend nicht nur um das bzw. ein einziges zentrales Produktfoto, sondern in der
Regel direkt um eine ganze Gruppe an zugehörigen Bildern für die Produktdarstel-
lung. Bei rein digitalen Produkten kommt dem Bild-Element allerdings eine eher
untergeordnete Rolle zu, vielmehr zählt hier die Bereitstellung von Testversionen
(z. B. von Software) oder Proben (z. B. Hörproben von MP3-Files), die das Produkt
besser beurteilbar machen.

Abb. 126: Der Einsatz von Multimedia-Elementen im E-Shop


Quelle: www.asos.de

„ Grafiken: Grafische Elemente werden oft genutzt, dem Kunden Orientierungs- und
Navigationshilfe zu geben. Auswahlleisten oder Statusinformationen werden bei vie-
len Shops grafisch durch Pfaddiagramme dargestellt, um dem Besucher anzuzeigen,
wo er sich gerade befindet. Auf der Beispielseite von asos.de in Abb. 126 sind ver-
schiedene grafische Elemente eingebunden. Unter anderem wird der Kunde durch
Das Management beim elektronischen Verkauf 337

eine Lupe dazu aufgefordert, das Bild des Produktes heranzuzoomen, damit Einzel-
heiten besser zu erkennen sind. Ein weiteres Beispiel ist der „Like-Button“, mit dem
Besucher des Shops ihren Freunden bei Facebook mitteilen können, dass ihnen ein
betrachtetes Produkt in dem E-Shop besonders gefällt.

„ Video: Videos bieten sich vor allem bei komplexen oder beratungsintensiven Produk-
ten an, da in dieser Form Produkte bei ihrem Einsatz (z. B. Maschinen, Geräte etc.)
gezeigt werden, während eine Stimme gleichzeitig das Produkt erklärt. Mit Hilfe von
Videos lassen sich Produkte mit hohem Informationsbedarf darstellen, ohne dem Kun-
den z. B. Unmengen von Texten und Bildern zumuten zu müssen. Wie anhand des
Beispiels von asos.de (s. Abb. 126) ersichtlich, wird die Videofunktion, hier in
Form eines Gangs über einen Laufsteg, auch für die Präsentation von Kleidungs-
stücken genutzt, um durch bewegte Bilder einen noch genaueren Eindruck zu den
angebotenen Produkten zu vermitteln. Die Erstellung von Videos zur Produktdarstel-
lung sollte allerdings immer in Relation zu den Erstellungskosten gesetzt werden. Nur
professionell wirkende Videos animieren den Kunden zum Kauf.

„ Audio: Viele E-Shop-Betreiber untermalen ihren Webauftritt mit Musik, die den Kun-
den in eine angenehme Einkaufsatmosphäre versetzen soll und eine Art multisensori-
sche Erlebniswelt schaffen. Bei einigen Produkttypen ist dadurch das Fehlen des phy-
sischen Kontaktes nicht mehr so entscheidend. Des Weiteren kann die Produktdarstel-
lung bei bestimmten Produkten durch akustische Elemente unterstützt werden. Dies
ist wie schon beschrieben häufig bei Musikdownloads der Fall. Der Kunde hat die
Möglichkeit das Produkt (MP3-File) nach einer Hörprobe zu beurteilen und sich für
oder gegen den Kauf entscheiden.

„ Animationen: Animationen sind im Prinzip bewegte Bilder, die, anders als Videos,
oftmals keine reelle Darstellung eines Gegenstandes beinhalten, sondern sich lediglich
grafischer Zeichnungen bedienen. Bewegte Bilder werden eher selten dazu genutzt,
Produkte zu präsentieren, da wahrheitsgetreue Bilder eine bessere Beurteilungsgrund-
lage bilden. Trotzdem wird diese Art von Multimedia-Element von einigen E-Shops
genutzt, um z. B. den Unterhaltungswert einer Seite zu erhöhen.

„ Interaktive Elemente: Durch den Einsatz interaktiver Elemente können Kunden da-
zu animiert werden, sich intensiv mit einem Produkt auseinanderzusetzen. Beispiel-
haft ist in diesem Zusammenhang die in Abb. 126 dargestellte Zoomfunktion beim E-
Shop von asos.de, die es erlaubt, die genaue Stoffstruktur eines Produkts zu erkennen.
Dazu verwendete Flash-Elemente können auch für dreidimensionale Bilddarstellun-
gen benutzt werden.

Zusammenfassend ergibt die Vielzahl für Produktdarstellungen nutzbarer Multimedia-


Elemente einen wesentlichen Vorteil des Mediums Internet. Dabei ist sicherlich die Si-
multanität und Flexibilität, mit der einzelne Multimedia-Elemente miteinander verknüpft
338 Die Grundlagen des E-Shop

werden können, hervorzuheben. Der Shopbetreiber kann so auf ganz individuelle Weise
sein Angebot im Internet präsentieren und durch Ausnutzung der Vielfältigkeit des Mul-
timedia-Angebots dem Kunden eine echte Alternative zum realen Handel bieten.

3.3.1.3 Online-Produktbewertung
Unter den Voraussetzungen der Online-Produkteignung (s. Kapitel 3.3.1.1) und der diesbe-
züglich unterstützenden Online-Produktdarstellung (s. Kapitel 3.3.1.2) steht die Kaufent-
scheidung auch unter der Prämisse der Online-Produktbewertung. Bei dieser Bewertung
wird nicht nur das eigentliche E-Potenzial des Produktes betrachtet, sondern das Online-
Angebot wird auch anhand der Begleitumstände für den Online-Produkterwerb betrachtet.
Dabei wird auf der einen Seite mit dem Online-Produktkauf ein Nutzen, auf der anderen
Seite aber auch ein Aufwand verbunden. Diese beiden Seiten werden in einem Netto-
Nutzen-Konzept (s. Abb. 127) zusammengefasst, anhand dessen eine endgültige Online-
Produktbewertung durchgeführt werden kann (Billen 2004, S. 343; Gareis/Korte/Deutsch
2000, S. 147). Hintergrund ist dabei die Tatsache, dass Angebote im Online-Bereich nicht
nur als eigenständiges Produkt wahrgenommen werden, sondern auch die Art und Weise
des elektronischen Einkaufs damit verbunden wird.
Als Beispiel könnte man das Produkt „Konzert-Ticket“ nennen. Auch wenn das E-Poten-
zial anhand von den Bewertungskriterien relativ hoch ist (s. Abb. 125), so würde ein
tatsächlicher Online-Kauf z. B. dann nicht stattfinden, wenn nicht auch die Begleitum-
stände als akzeptabel eingestuft werden würden (z. B. Lieferzeit, Datenschutz). Das hängt
damit zusammen, dass Produkte in der Regel sowohl Offline als auch Online erworben
werden können. Während aber die Begleitumstände des Offline-Kaufs (z. B. Benzinver-
brauch für Stadtfahrt) stillschweigend akzeptiert und über jahrzehntelange Gewöhnungs-
effekte aus der Produktbewertung quasi verschwunden sind, muss sich das Produkt beim
Online-Kauf über ein neues Verkaufsmedium wie den E-Shop auch anhand der neuen
bzw. ungewohnten Begleitumstände messen lassen (s. Kapitel 3.2.3.1). Diese werden zu-
sätzlich noch in einen Vergleich mit den bisherigen, bekannten und lange erlernten Be-
gleitumständen gebracht. Online-Produkt und Online-Kaufumstände im Vergleich zur Off-
line-Situation verschmelzen somit im Rahmen der Online-Produktbewertung.
Das Netto-Nutzen-Konzept wurde vor diesem Hintergrund aus dem Uses-and-Gratifica-
tions-Ansatz (Elliot 1974, S. 253 ff.) abgeleitet, welches besagt, dass die wahrgenom-
mene Belohnung, die aufgrund der Handlung (Kauf) vom Kunden erwartet wird, aus-
schlaggebendes Motiv für die Kaufentscheidung ist. Das Netto-Nutzen-Konzept versteht
diese Gratifikation nun als (Netto-)Nutzen (Billen 2004, S. 339). Der Nettonutzen ist dabei
die Differenz aus Nutzensumme und der Aufwandssumme. Um den Nettonutzen zu stei-
gern, muss sich entweder der Nutzen für den Kunden erhöhen oder der Aufwand verrin-
gern. Beeinflusst werden können die Nutzen- und Aufwandssumme durch die Vorteile,
die das Online-Produkt mit sich bringt, als auch durch eine Abschwächung gewisser Nach-
Das Management beim elektronischen Verkauf 339

teile. Je positiver die Vorteile (+) und je schwächer die Nachteile (-), desto höher die Nut-
zensumme bzw. geringer die Aufwandssumme. Je höher dann die Nutzen- (+) bzw. je
geringer die Aufwandssumme (-), desto größer ist am Ende der Nettonutzen, der dann dar-
über entscheidet, ob die Online-Produktbewertung positiv ausfällt und der Online-Kauf
durchgeführt wird.

• Erhöhte Markttransparenz
• Informationsmehrwert
• Unterhaltungswert
Nutzen
• Beurteilungsprobleme
• Kein „Touch-and-Feel䇾
• Keine persönliche Beratung
Nettonutzen
• Einkauf von zu Hause
• Keine Öffnungszeiten
• Schnelle Einkäufe
• Vergleichsmöglichkeit
Aufwand
• Erschwerte
Preisverhandlungen
• Datenschutz und
Zahlungsverkehr

Abb. 127: Das Netto-Nutzen-Konzept im Rahmen der Online-Produktbewertung


Quelle: in Anlehnung an Billen 2004, S. 343.

Der E-Shop-Betreiber muss nun aus Sicht des E-Shop-Managements im Rahmen seiner
beeinflussbaren Möglichkeiten dafür sorgen, dass die Information und Kommunikation
zu den Vorteilen den resultierenden Nutzen erhöht bzw. den wahrgenommenen Aufwand
reduziert. Dazu gehört bspw. die Auswahl von Produkten mit einem hohen „E-Potenzial“
(s. Kapitel 3.3.1.1), die offene Darstellung von Datenschutzaspekten und Sicherheits-
maßnahmen für den Zahlungsverkehr bzw. die umfangreiche und hilfreiche Online-Pro-
duktdarstellung (s. Kapitel 3.3.1.2). Auch verschiedene prozessuale Automatisierungs-
möglichkeiten (s. Kapitel 3.2.3.1) helfen, die Vorteile bezüglich der Aufwandssumme zu
erhöhen und letztere im Ergebnis damit zu reduzieren (s. Abb. 127).

3.3.1.4 Online-Produkterweiterungen
Im Rahmen der Möglichkeit zu einer Online-Produkterweiterung steht die aktive Be-
reitstellung von zum Kauf passenden Zusatzangeboten. Dies ist im E-Shop insofern we-
sentlich einfacher zu gestalten, als dass elektronische Informationen zu Produkten leichter
und schneller bereitgestellt werden können, als wenn Personal weitere Produkte an die
reale Kasse tragen würden. Als Beispiel wäre der Online-Kauf bei amazon.de zu nennen,
340 Die Grundlagen des E-Shop

bei dem der Kunde nach der primären Kaufentscheidung noch weitere dazu passende Emp-
fehlungen erhält und diese Bücher quasi direkt an die virtuelle Kasse gelegt bekommt
(„Kunden, die dieses Buch gekauft haben, haben auch diese Bücher gekauft.“). Derartige
Konzepte werden auch als sog. Cross- oder Up-Selling bezeichnet. Beim Cross-Selling
(„Überkreuz-Verkauf“) werden den Kunden, zusätzlich zu den bisher bezogenen Leistun-
gen oder Produkten, gezielt weitere Produkte des E-Shops oder anderer Anbieter angebo-
ten (Homburg/Bruhn 2013, S. 9 ff.). Dieses zusätzliche Angebot kann dabei direkt während
des initialen Geschäftsprozesses erfolgen (Sales-Phase) oder im zeitlichen Versatz zu der
ursprünglichen Kauf- oder Nutzungsentscheidung (After-Sales-Phase). Demnach zielt das
Cross-Selling insbesondere auf die Realisierung und Erschließung von produktübergrei-
fenden Verkaufschancen als sog. Cross-Selling-Potenzial ab (Schulz 1995, S. 259; Cor-
nelsen 2000, S. 185). Die übergeordnete Zielsetzung ist hier also gerade die Ausschöpfung
des Umsatzsteigerungspotenzials, welches in erster Linie über eine Erweiterung der aktu-
ellen Geschäftsbeziehung erfolgen soll (Schäfer 2002, S. 1 ff.).
Cross-Selling-Potenziale kommen vor allem in dem Moment in Frage, wenn gerade eine
Kauf- oder Nutzungsentscheidung gefällt wurde oder ein Service-Kontakt zustande ge-
kommen ist (Preißner 2001, S. 266; Brandstetter/Fries 2002, S. 195). Der Fokus liegt
hierbei auf Komplementärprodukten, die in einem logischen Zusammenhang zum Pro-
dukt stehen. Die Besonderheit des Cross-Selling liegt darin, dass das zusätzliche Angebot
mit einem selbstbestimmten Kaufvorgang verbunden ist und somit ein Interesse an einem
verwandten Produkt sicher ist. Die eigentliche Auswahl der Cross-Selling-Produkte kann
dabei automatisiert mittels der E-Shop-Software erfolgen (Preißner 2001, S. 267). Dar-
über hinaus kann ein E-Shop auch durch das Verfolgen des Click-streams im Rahmen des
Prozessmanagements (s. Kapitel 3.2.3) den Kunden auf die Cross-Selling-Produkte auf-
merksam machen. Ferner haben gerade die technologischen Konzepte des Data Mining
(s. Kapitel 3.4.2.3) und Database-Marketings (s. Kapitel 3.4.2.4) die Möglichkeiten eröff-
net, dem Kunden insbesondere individualisierte Angebote zu machen (Strauß/Schoder
2001, S. 115).
Beim Up-Selling bietet das Unternehmen den Verkauf höherwertiger Produkte oder Ser-
viceleistungen als ursprünglich vom Kunden erwünscht an (Preißner 2001; Brandstet-
ter/Fries 2002, S. 195). Diese abweichende Empfehlung hat dabei durch den E-Shop be-
sonders vorsichtig und nur unter Angabe von validen Argumenten zu erfolgen. Dies kann
z. B. direkt im Kaufprozess unter einem Hinweis auf die nächstteureren Produkte und un-
ter der zugehörigen Darstellung der Vorteile erfolgen. Darüber hinaus können bestehende
Kunden über personalisierte E-Mails oder Newsletter auf ausgesuchte Angebote einer ge-
hobeneren Produktkategorie aufmerksam gemacht werden.

3.3.1.5 Online-Produktkonfiguration
Die grundsätzlichen Möglichkeiten der Interaktivität (s. Kapitel 1.3.3) und Individualität
(s. Kapitel 1.3.4) kommen auch bei E-Shops zunehmend zum Tragen. Im Rahmen der
Das Management beim elektronischen Verkauf 341

Online-Produktkonfiguration wird entsprechend versucht, dem Kunden bestimmte In-


dividualisierungsmöglichkeiten hinsichtlich des Produktes anzubieten. Zu diesem Zweck
werden bestimmte Produkteigenschaften oder -zusammensetzungen mit Hilfe von Opti-
onsmenüs durch den Kunden wählbar. Wie im Rahmen der Charakterisierung der E-
Customization-Systeme (s. Kapitel 1.6.3) bereits beschrieben, werden dem Kunden dabei
Wahlmöglichkeiten hinsichtlich eines vorgegebenen Sets an Produktvariationen vorgege-
ben, auf deren Basis der Kunde sein eigenes Individualprodukt zusammenstellen kann.
Vor dem Hintergrund der Netzeffekte (s. Kapitel 1) verfügen E-Shops über Vorausset-
zungen für die Selbstselektion, über die reale Verkaufsstätten in der Regel nicht verfü-
gen. Der Gewinn ergibt sich bei der E-Customization von Produkten aus der Differenz des
Preises des individualisierten Produktes und den Kosten für die individuelle Zusammen-
stellung. Da in der Offline-Welt in der Vergangenheit ein individualisiertes Produkt, durch
die geringe Stückzahl und den höheren administrativen Aufwand, im Allgemeinen höhere
Kosten verursachte, konnte ein solches Produkt nur über einen höheren Preis angeboten
werden, der den Preis eines standardisierten Produktes deutlich überstieg. Die Digitale
Wirtschaft bietet verschiedene Möglichkeiten, die Transaktionskosten resp. Gesamtkosten
für bestimmte individualisierte Produkte zu senken, um sie somit Produkte annähernd zu
dem Preis eines Standarderzeugnisses anbieten zu können (Rebstock 2000, S. 9 f.). So
kann durch einen E-Shop eine größere Anzahl an potenziellen Kunden angesprochen wer-
den als über einen stationären Einkaufsladen. Hierdurch können höhere Stückzahlen des
individualisierten Produktes resp. einzelner Produktkomponenten verkauft und somit auch
eingekauft werden, wodurch sich die Einkaufskonditionen verbessern und die entspre-
chenden Kosten sinken. Zusätzlich bietet das Internet die Möglichkeit durch automati-
sierte Prozesse Kosten zu sparen. Beispielsweise können Geschäftsprozesse durch Inte-
gration des E-Shops und des Warenwirtschaftssystems eines Unternehmens automatisiert
verbunden werden, um eine kostengünstigere Bearbeitung von Bestellungen zu ermögli-
chen.
Vorteile der Selbstselektion im E-Shop sind sowohl auf Kunden- als auch auf Betreiber-
seite vorhanden. Ein offensichtlicher Vorteil für den Kunden besteht in der vergrößerten
Auswahl an Endprodukten auf der Basis verschiedener Kombinationsmöglichkeiten von
Produktbestandteilen (Scheer et al. 2003, S. 6). Neben diesem quantitativen entsteht für
den Kunden auch ein qualitativer Vorteil. So muss er – eine entsprechend große Auswahl
an Komponenten im Angebot vorausgesetzt – keine Kompromisslösung erwerben, son-
dern kann sich ein Produkt zusammenstellen, das seinen individuellen Bedürfnissen ent-
spricht (Riemer/Klein 2001, S. 141 ff.). Es ist davon auszugehen, dass der Kunde für die-
ses individuelle Produkt eine höhere Zahlungsbereitschaft aufweist, als für ein oftmals
nicht vollends befriedigendes Standarderzeugnis. In dieser erhöhten Zahlungsbereitschaft
besteht der erste Vorteil für die Betreiber, die somit einen höheren Preis für ihr Angebot
verlangen können. Für den Shopbetreiber besteht dabei die Herausforderung, auf der Basis
der Komponentenpreise für die Zusammenstellung einen Gesamtpreis zu kalkulieren, der
den Mehraufwand für die individuelle Zusammenstellung und ggf. erhöhte Lagerkosten
durch selten nachgefragte Komponenten berücksichtigt, aber dennoch nicht die Zahlungs-
342 Die Grundlagen des E-Shop

bereitschaft des Kunden für die explizite Personalisierung übersteigt. Dabei ist zu berück-
sichtigen, dass dem Betreiber kaum Beratungs- und Opportunitätskosten hinsichtlich der
Selektion der Bestandteile durch den Kunden entstehen, da dieser die Komponentenaus-
wahl auf der Basis einmalig erstellter Menüs selbst durchführt und erst die letztendliche
Bestellung eine Aktivität auf der Betreiberseite auslöst (Stormer 2007, S. 322 ff.). Neben
dem entstehenden Vorteil einer potenziell höheren Gewinnmarge resultiert ein weiterer
Vorteil für den anbietenden E-Shop in einer höheren Kundenbindung (s. Kapitel 3.4.3.2),
die auf der erhöhten Interaktivität des Bestellprozesses einerseits und der Individualität
des Erzeugnisses andererseits entsteht. Gelingt es dem Betreiber, bspw. durch das Angebot
exklusiver Komponenten, dem Kunden ein Angebot fernab der üblichen Standardprodukte
zu offerieren, ist davon auszugehen, dass sich der Kunde auch weiterhin an die Plattform
wendet.

Abb. 128: Die Online-Produktkonfiguration am Beispiel von Chocri


Quelle: www.chocri.de

Nicht zuletzt vor einem ökonomischen Hintergrund ist die Selektionsfähigkeit des Pro-
duktes zu berücksichtigen. So eignet sich nicht jedes Produkt für eine individuelle Se-
lektion (Bliemel/Fassott 2000, S. 193). Ein Grund dafür liegt darin, dass Kunden in der
Regel über kein Expertenwissen hinsichtlich des Produktes verfügen und ihnen auch nicht
zugemutet werden kann, sich dieses zeitaufwendig anzueignen. Vor diesem Hintergrund
ist zunächst festzuhalten, dass sich – mit explizitem Bezug zu der Produkteignungsmatrix
(s. Kapitel 3.3.1.1) – vorrangig solche Produkte für die Selbstselektion eignen, die sowohl
durch einen geringen Beratungsaufwand und eine hohe Beschreibbarkeit, vor allem aber
durch eine hohe Beurteilbarkeit der Komponenten und der Gesamtzusammenstellung cha-
rakterisiert sind. So kann ein Kunde zweifelsohne seine Armlänge und seinen Halsumfang
Das Management beim elektronischen Verkauf 343

durch entsprechende Messungen beurteilen und sich auf diese Weise ein passendes Hemd
bestellen. Fraglich erscheint es allerdings, ob ein Laie in der Lage ist, aus der Vielzahl an
Duftstoffen ein ansprechendes Parfüm zusammenzustellen. Besonders problematisch er-
scheint der Umstand, dass Kunden zwar den Geruch oder auch den Geschmack einzelner
Inhaltsstoffe kennen, diese aber in Kombination nicht zwingend den Präferenzen des Kun-
den entsprechen müssen.
Jedoch können derartige Probleme mit Hilfe eines Produktkonfigurators (Scheer et al.
2003, S. 7) überwunden werden, indem dem Kunden nicht alle individuellen Komponen-
ten, sondern per Vorauswahl nur verschiedene sinnvolle Kombinationsmöglichkeiten ange-
boten werden. Ein weiteres Kriterium für die Selektionsfähigkeit des Produktes stellt die
Wahrscheinlichkeit dar, mit der sich Geschmäcker voneinander unterscheiden und ver-
schiedene Ergebnisse als gleichwertig anzusehen sind. So sind im Nahrungsmittelbereich
verschiedenste Zusammenstellungen möglich und die Geschmäcker unterscheiden sich
höchst individuell, weshalb hier von einer hohen Selektionsfähigkeit auszugehen ist. Be-
stehen jedoch eindeutige Ideallösungen – bspw. auf der Basis anatomischer Voraussetzun-
gen des Kunden oder gesellschaftlicher Konventionen – erscheint eine Selbstselektion we-
nig sinnvoll. Weiterhin spielen die Kosten und damit der Preisanstieg für die individuelle
Zusammenstellung eine große Rolle. So eignen sich vorrangig Produkte, die unkompliziert
und relativ kostengünstig individualisierbar sind (z. B. Müsli) sehr gut, während auf-
wendige und kostenintensive Individualisierungen (z. B. Kunst) wenig geeignet erschei-
nen. Wenig überraschend stellt die Selbstselektion vor diesem Hintergrund den Ausgangs-
punkt für neue Geschäftsmodelle für E-Shops dar. Neben dem bereits in Kapitel 1.6.3
dargestellten E-Shop mymuesli.de, in dem die Kunden die Möglichkeit haben, aus ver-
schiedenen Zutaten ihre eigene Müslimischung zusammenzustellen, und dell.com, dem
Vorreiter für Produktkonfigurationsmöglichkeiten im Computerbereich, bei dem sich der
Kunde die Komponenten seines Laptops (z. B. Prozessor, Arbeitsspeicher, Grafikkarte)
selbst zusammenstellen kann, lassen sich viele junge Startups identifizieren, die auf
Grundlage der Produktkonfiguration ihr Geschäftsmodell aufgebaut haben (z. B. mysaft-
bar.de oder chocolato.de). Hervorgehoben sei an dieser Stelle das Internetangebot von
chocri.de, mit dem der Kunde sich seine Wunschschokolade zusammenstellen kann (s.
Abb. 128). Auch im Bereich der „Textilien“ finden sich Unternehmen, die dem Kunden
durch die individuelle Konfiguration einen speziellen Mehrwert bieten (z. B. shirtinator.de
oder spreadshirt.de). Letztlich sei noch auf den Posterdruckdienst posterxxl.de verwiesen,
mit dem Kunden individuelle Poster oder Fotobücher erstellen können.

3.3.2 Die Nachfrageranalyse beim elektronischen Verkauf

Neben der Analyse der zu verkaufenden Produkte bzw. des Online-Angebots spielt die
Analyse von geeigneten Online-Käufern eine ebenso entscheidende Rolle für die Ma-
nagementebene im elektronischen Verkauf. Die Anbieter von Produkten sollten zwar im-
mer ihre zugehörige Verkaufstätigkeit grundsätzlich am Kunden ausrichten und somit den
344 Die Grundlagen des E-Shop

Nachfrager in den Mittelpunkt aller Überlegungen stellen, dies ist beim E-Shop aber eine
besondere Herausforderung, da der Verkauf über elektronische Medien und damit ohne
den persönlichen Kontakt zwischen Nachfrager und Anbieter stattfindet. Für den E-Shop-
Betreiber ist es daher von besonderer Bedeutung, dass er möglichst schnell Wissen und
Erfahrungen mit seiner anvisierten Zielgruppe von Online-Käufern aufbaut. Daher ist eine
genaue Analyse der Online-Zielgruppe notwendig, um wertvolle Informationen über an-
gesprochene Zielgruppen und deren Erwartungen an die Produkte und Leistungen des
E-Shops zu bekommen. Vor diesem Hintergrund muss sich ein E-Shop-Betreiber insbe-
sondere mit den im Internet vorhandenen Zielgruppen befassen, deren Erwartungen an
den Online-Kauf analysieren und die verschiedenen Kriterien für eine Kundenzufrieden-
heit beim Online-Kauf beachten.

3.3.2.1 Online-Käufergruppen
Die Aufteilung des Marktes in homogene Käufersegmente ist in elektronischen Märkten
ebenso notwendig, wie in traditionellen Märkten, da auch hier die Bearbeitung des ge-
samten Marktes kaum möglich ist. Die Strukturierung des gesamten Nutzerpotenzials und
die Einteilung in Untergruppen, die zu Online-Käufergruppen bzw. Online-Zielgruppen
zusammengefasst werden, können auf unterschiedliche Art und Weise erfolgen. Für die
Bearbeitung der Online-Käufer- bzw. -Zielgruppe werden verschiedene Strategien ge-
wählt, die mit Hilfe unterschiedlicher Zusammensetzung der Marketing-Instrumente (s.
Kapitel 3.4) verfolgt werden. Je heterogener die Zielgruppen untereinander sind, desto
eher lohnt sich die Verfolgung unterschiedlicher Strategien. Zu viele verschiedene Markt-
bearbeitungsstrategien können sich jedoch auch nachteilig auf den Unternehmenserfolg in
der Digitalen Wirtschaft auswirken, da sie zu erhöhten Ausgaben führen und unter Um-
ständen die Kunden irritieren, sofern sie nicht eindeutig trennbar sind. Daher ist bei der
Marktsegmentierung grundsätzlich darauf zu achten, dass die ausgewählten Unterschei-
dungskriterien für die unterschiedlichen Zielgruppen trennbar, messbar, substantiell und
erreichbar sind (Kotler/Keller 2016, S. 285). Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund,
dass durch die Möglichkeiten der elektronischen Kunden- bzw. Zielgruppenansprache
sich die generellen Vorteile des interaktiven und individuellen Informationsaustausches
entfalten sollen (s. Kapitel 1.3.3 und 1.3.4). Die Kriterien zur Einteilung des Online-Mark-
tes können sehr unterschiedlich sein. Insgesamt betrachtet gibt es jedoch zunächst eine
Reihe klassischer Segmentierungsansätze, die auch zur Einteilung der Online-Kunden-
gruppen herangezogen werden. Beispielhaft werden hier die meist verwendeten Segmen-
tierungsansätze aufgelistet (Peter/Olson 2010, S. 368 f.):

„ Geografische Segmentierung: Region, Stadt, Bundesland, Land, Bevölkerungs-


dichte, Klima etc.

„ Demografische Segmentierung: Alter, Geschlecht, Familiengröße, Familienstand,


Einkommen, Beruf, Ausbildung etc.
Das Management beim elektronischen Verkauf 345

„ Soziokulturelle Segmentierung: Kultur, Subkultur, Religion, Rasse, Nationalität,


soziale Schicht etc.

„ Affektive und kognitive Segmentierung: Wissen, Involvement, Einstellung, ge-


suchter Nutzen, Innovatoren, Adoptoren, Aufmerksamkeit, Risikowahrnehmung etc.

„ Verhaltensorientierte Segmentierung: Mediennutzung, Loyalitätsstatus, Nutzungs-


grad, Nutzungssituation etc.

Geografische und demographische Kriterien werden jedoch zunehmend von verhaltensori-


entierten Merkmalen der Kunden abgelöst (Wiedmann/Frenzel/Buxel 2001). Diese Verla-
gerung ist u. a. durch das Wachstum und die zunehmende Akzeptanz des Internets als Han-
delsmedium begründet, da beim digitalen Geschäftsverkehr keine räumlichen Distanzen
für den Bezug von Gütern überwunden werden müssen und die Einteilung in klassische
Verbrauchergruppen (nach Alter, Geschlecht, Einkommen) nicht mehr hinreichend ist.
Heutzutage wird daher auch von hybriden Konsumenten gesprochen, die je nach Situa-
tion unterschiedliche Bedürfnisse haben und deren Kaufverhalten dementsprechend kom-
plex zu analysieren ist. Im digitalen Umfeld sind aber auch die verhaltensorientierten
Merkmale der Kunden schwer zu analysieren, da ein umfassendes Bild des Kaufverhal-
tens nur in der virtuellen Welt möglich ist. Somit beschränkt sich die Analyse der Ziel-
gruppen auf rein digitale Informationen, die die Kunden bei jeder Transaktion und Inter-
aktion als digitale Spuren hinterlassen. Aus diesen Informationen können dann Kunden-
profile erstellt werden, die eine kundenindividuelle Marktbearbeitung (One-to-One-Mar-
keting; s. Kapitel 3.4.3.1) ermöglichen und kostengünstig und in Echtzeit realisierbar ist.
Vor dem Hintergrund der nur eingeschränkten Eignung klassischer Segmentierungsansätze
müssen auch andere Verfahren zusätzlich herangezogen werden. Hierzu zählt insbesondere
die Bildung von sog. Typenclustern für Online-Käufergruppen. Dazu wurden verschie-
dene Untersuchungen als direkte Befragungen von E-Shop-Nutzern durchgeführt, um aus
deren verhaltensorientierten Merkmalen und generellen Einschätzungen zum Online- und
Offline-Shopping gewisse Rückschlüsse auf deren Erwartungen an bzw. deren Potenzial
für einen E-Shop zu ziehen. Ein Beispiel für eine derartige Typenclusterung ist die sehr
praxisbezogene Zielgruppendefinition von Loevenich/Lingenfelder (2004), die in einer
Studie über 500 zufällig ausgewählte E-Shopper in entsprechende Gruppen zusammenge-
fasst haben. Kriterien zur Einteilung der Cluster/Gruppen waren u. a. Markenorientierung,
Convenienceorientierung, Preisorientierung, Erlebnisorientierung, Einkaufsflexibilität und
das wahrgenommene Risiko. Diese Kriterien wurden von den Befragten selbst bewertet
und führten im Ergebnis zu einer Einteilung von sechs Online-Käufergruppen, die sich
signifikant voneinander unterschieden haben (Loevenich/Lingenfelder 2004, S. 53 ff.):

„ „Zeitknappe Conveniencekäufer“: Diese Käufer sind mit dem stationären Einzel-


handel unzufrieden und messen der persönlichen Bedienung wenig Gewicht bei. Sie
nehmen beim Online-Shopping ein geringes Kaufrisiko wahr und schätzen besonders
den Komfort und die Flexibilität beim Einkaufen.
346 Die Grundlagen des E-Shop

„ „Risikoscheue Markenmuffel“: Diese Käufer sind mit dem stationären Handel sehr
zufrieden. Sie empfinden beim Online-Shopping ein hohes Kaufrisiko und orientieren
sich weniger an Marken. Komfort und Flexibilität sind unwichtig.

„ „Preisorientierte Conveniencekäufer“: Bei diesen Käufern stehen Preis und Kom-


fort im Vordergrund. Zufriedenheit mit dem stationären Einzelhandel ist genauso ge-
ring, wie das empfundene Risiko beim Online-Shopping. Diese Gruppe verzeichnet
eine hohe Affinität zum Distanzhandel.

„ „Bedienungsorientierte Einkaufsmuffel“: Diese Käufer haben eine geringe Erleb-


nis- und Markenorientierung, aber eine hohe Bedienungsorientierung. Sie schätzen
die Einkaufsflexibilität, sind aber eher rationale Versorgungskäufer, die dem Einkau-
fen und Marken generell distanziert gegenüberstehen.

„ „Allesforderer“: Diese Käufer bewerten alle Merkmale hoch, was sich mit der Be-
schreibung des multioptionalen Konsumenten (Zentes/Swoboda/Foscht 2012, S. 44)
deckt. Sie stehen dem Online-Shopping positiv gegenüber, haben die höchste Preis-
orientierung und nutzen das Internet als Substitution des stationären Handels.

„ „Zahlungswillige Erlebniskäufer“: Diese Käufer weisen eine sehr geringe Preisori-


entierung auf, dafür aber eine sehr hohe Marken- und Erlebnisorientierung. Sie sind
mit dem stationären Handel zufrieden und legen kaum Wert auf Komfort und Ein-
kaufsflexibilität. Sie unterliegen dem geringsten Zeitdruck beim Online-Kauf.

Eine weitere Typologisierung von Online-Shoppern ist die Zielgruppendefinition von


Rohm/Swaminathan (2004), die in ihrer Studie 412 Shopper zu ihrer Motivation befragten,
im Internet einzukaufen. Ausgangspunkt waren sechs verschiedene, in der Literatur bestä-
tigte Einkaufsmotive anhand derer die Typologisierung vorgenommen wurde. Dazu zäh-
len vor allem Einkaufskomfort, durch den sich besonders Zeit und Aufwand reduzieren
lassen, die Informationssuche, die besonders im Internet erleichtert und individualisiert
werden kann, der unmittelbare Besitz des Produktes, der im Internet nur bedingt möglich
ist und die soziale Interaktion, die durch den Kontakt zu anderen Menschen während des
Einkaufens stattfindet. Außerdem wird noch das Shoppingerlebnis und Wechselneigung
miteinbezogen. Auch hier wurden die Teilnehmer mittels einer Cluster-Analyse gruppiert,
um gewisse Ähnlichkeiten aufzudecken. Im Ergebnis standen vier unterschiedliche Ein-
kaufstypen (Rohm/Swaminathan 2004, S. 752 ff.):

„ „Convenience Shopper“: Dieser Gruppe ist es sehr wichtig, den Aufwand des Ein-
kaufes so gering wie möglich zu halten. Ihnen sind das Einkaufserlebnis und die so-
ziale Interaktion nicht wichtig und sie neigen auch nicht dazu, häufig das Produkt zu
wechseln.

„ „Variety Seeker“: Diese Gruppe neigt insbesondere dazu, die Vielfalt des Angebots
auszukosten und Produkte/Marken häufig zu wechseln. Sie müssen das Produkt nicht
Das Management beim elektronischen Verkauf 347

unbedingt sofort in den Händen halten und legen ein bisschen Wert auf den Einkaufs-
komfort.

„ „Balanced Buyer“: Diese Einkäufer bewerten alle Motive als wichtig, finden aber
keins dieser Motive als besonders ausschlaggebend. Dieser Gruppe ist eher die Aus-
gewogenheit zwischen Komfort, Abwechslung, Shoppingerlebnis und Informations-
suche wichtig.

„ „Store-Oriented Shopper“: Dies Gruppe bewertet das Einkaufserlebnis und die so-
ziale Interaktion als sehr wichtig. Außerdem legen sie viel Wert darauf, die Produkte
physisch zu prüfen und sie gegebenenfalls sofort mitzunehmen.

Die Zielgruppendefinition von Brengman et al. (2005) fokussiert sich auf Values und
Lifestyles der Internet-Shopper, um darauf aufbauend eine Segmentierung vorzunehmen.
Sie machen bei ihrer Typologisierung eine Unterscheidung zwischen Käufern und Nicht-
Käufern, um daraus ableiten zu können, welche „Typen“ die Nicht-Käufer sind und wie
man sie effektiver ansprechen und ihnen den Kauf schmackhaft machen kann. Unter Käu-
fer fallen all diejenigen, die innerhalb der letzten zwei Monate vor Befragung im Internet
gekauft haben. Im Ergebnis waren die Käufer folgende „Typen“ (Brengman et al. 2005,
S. 84 f.):

„ „Tentative Shoppers“: Zu dieser Gruppe gehören die zaghaften und zögernden Käu-
fer, die das Einkaufen nicht unbedingt genießen. Sie haben zwar kaum Bedenken be-
züglich der Sicherheitsrisiken im Internet, sie sehen das Online-Shoppen aber auch
nicht als wesentlich komfortabler oder günstiger.

„ „Suspicious Learners“: In dieser Gruppe sind überwiegend die Käufer, die in der
Regel eher wenig Internet-Affinität aufweisen und daher ängstlich und nur mit großen
Bedenken einkaufen. Insgesamt stehen sie dem Online-Shoppen recht negativ gegen-
über und erwarten daher, dass das Kaufen sehr einfach und kundenfreundlich ist, um
den Bedenken entgegenzuwirken.

„ „Shopping Lovers“: Diese Käufer sind begeisterte Online-Shopper. Sie schätzen das
Internet in all seinen Facetten und nutzen es nicht nur für regelmäßige Einkäufe, son-
dern auch für Unterhaltungs- und Businessaktivitäten. Sie sind in der Regel sehr neu-
gierig und stöbern gerne neue Seite auf.

„ „Business Users“: Zu dieser Gruppe gehören insbesondere die Käufer, die das Inter-
net hauptsächlich im Rahmen geschäftlicher Aktivitäten nutzen. Sie sehen das Inter-
net als wertvollen Zusatz zu ihrem Leben und entdecken gerne neue Möglichkeiten,
wie ihnen das Internet das Leben erleichtern kann.
348 Die Grundlagen des E-Shop

Die Nicht-Käufer konnten folgendermaßen typologisiert werden (Brengman et al. 2005,


S. 86 f.):

„ „Fearful Browsers“: Zu dieser Gruppe gehören die gut ausgebildeten und neugieri-
gen Surfern, die sich gerne und viel im Internet aufhalten. Allerdings hält sie ihr star-
kes Misstrauen bezüglich der Sicherheit und der allgemeinen Vorteilhaftigkeit des
Internets in Fragen des Online-Shoppings von tatsächlichen Einkäufen ab.

„ „Positive Technology Muddlers“: In dieser Gruppe sind diejenigen Nicht-Käufer,


die absolut unsicher im Umgang mit Technik und daher dem Internet sind und daher
das Online-Shopping als große und schwierige Aufgabe ansehen. Generell sind sie
dem Online-Shopping jedoch positiv gestimmt und haben (auch aus Unwissenheit)
wenig Angst vor Sicherheitslücken und Datenmissbrauch.

„ „Negative Technology Muddlers“: Diese Nicht-Käufer sind ebenfalls absolut unsi-


cher im Umgang mit technischen Dingen, haben aber insgesamt auch eine sehr nega-
tive Einstellung dem Internet gegenüber. Sie sind überzeugte Nicht-Käufer und lassen
sich auch nicht durch Freunde und Bekannte von ihrer Meinung abbringen.

„ „Adventurous Browsers“: Diese Surfer stehen dem Internet sehr positiv gegenüber
und sind von den Möglichkeiten bezüglich des Online-Shopping begeistert. Sie sind
diejenigen, die kurz vor einem tatsächlichen Kauf stehen und im Anschluss mit großer
Wahrscheinlichkeit zu „Shopping Lovers“ werden. Bisher konnten sie sich jedoch
nicht überwinden, etwas zu kaufen.

Eine weitere Klassifikation kann in der Studie „Digital Shopper Relevancy“ von Capge-
mini (2012) gefunden werden. Hier wurde untersucht, wie Shopper die digitalen Kanäle
nutzen um ihre Kaufentscheidungen zu treffen und welche Produkte über welche Kanäle
in der Regel gekauft werden. Dazu wurden 16.000 Interviews in 16 Ländern in Bezug auf
die Produktkategorien Lebensmittel, Gesundheit & Körperpflege, Fashion, Heimwerker-
produkte (DIY) und Elektronik durchgeführt. Im Ergebnis standen folgende Online-Käu-
fertypen (Capgemini 2012):

„ „Techno Shy Shoppers“ (13,3 %): Sind nicht an neuen Technologien interessiert und
nutzen selten digitale Kanäle, um einzukaufen oder sich über Produkte zu informie-
ren.

„ „Occasional Online-Shopper“ (16,1 %): Sind eher weiblich und kaufen nur sehr we-
nig online und nutzen das Internet eher zum Produktvergleich. Mobile Apps oder
Social Media Netzwerke werden eher selten genutzt durch diesen Online-Käufertyp.

„ „Value Seekers“ (13,5 %): Haben geringes Interesse an digitalem Shopping und mo-
bilen Apps. Sie sind sehr preisbewusst und kaufen hauptsächlich Fashion & Gesund-
heitsprodukte und sind eher weiblich.
Das Management beim elektronischen Verkauf 349

„ „Rational Online Shoppers“ (14,7 %): Kaufen hauptsächlich Produkte im Bereich


Fashion & Elektronik und sehen das Internet als bevorzugten Shopping-Kanal. Sie
haben aber dennoch wenig Interesse an Social Media und mobilen Apps. Die ge-
schlechtsspezifische Ausprägung ist in etwa ausgeglichen.

„ „Digital Shopaholics“ (17,6 %): Sind Early Adopters, die mit Online-Händlern in-
teragieren und Meinungen zu Produkten abgeben. Sie nutzen Social Media Netzwerke
intensiver und sind eher männlich ausgeprägt.

„ „Social Digital Shoppers“ (24,8 %): Sind sehr Internet- und Social Media-orientiert
und nutzen alle Online-Kanäle für Produktbewertungen usw. Sie sind in der Regel
eher jünger und haben eine geringere Kaufkraft.

Berücksichtigt wurde dabei, in welcher konkreten Phase des Kaufprozesses sich der Be-
fragte befand, welcher Werbekanal genutzt wurde und von welchem Gerät (Internet/Mo-
bile) aus die Aktion stattfand.
Je nach Untersuchungsdesign können auch andere Typen aus der Analyse resultieren.
Wichtig für ein zugehöriges Online-Marketing (Kollmann 2013) ist jedoch, dass sich der
E-Shop-Betreiber bewusst für oder gegen eine Zielgruppe entschieden wird, damit im An-
schluss eine präzise und zielgerichtete Verkaufsstrategie erarbeitet werden kann (s. Ka-
pitel 3.2.3.3). Die Bearbeitung der Online-Zielgruppe(n) erfolgt durch verschiedene Ver-
kaufsstrategien, die mit Hilfe unterschiedlicher Zusammensetzung der Marketing-Instru-
mente definiert werden. Je heterogener die Zielgruppen untereinander sind, desto eher
lohnt sich die Verfolgung unterschiedlicher Strategien zur Bearbeitung der unterschiedli-
chen Segmente. Zu viele verschiedene Marktbearbeitungsstrategien können sich jedoch
auch nachteilig auf den Unternehmenserfolg in der Digitalen Wirtschaft auswirken, da sie
zu erhöhten Ausgaben führen und unter Umständen die Kunden irritieren, sofern sie nicht
eindeutig trennbar sind. Daher lohnt sich die Konzentration in der Kundenansprache (s.
Kapitel 3.4) auf einige wenige, aber eindeutig identifizierbare und trennbare Zielgruppen,
die im weiteren Verlauf der Unternehmung bearbeitet werden.

3.3.2.2 Online-Käuferverhalten
Das Online-Käuferverhalten beschreibt das menschliche Verhalten bei der Nutzung des
Internets für den Online-Kauf (Ahlert/Evanschitzky/Hesse 2004; Kollmann/Kuckertz/
Kayser 2012). Je besser der E-Shop-Betreiber über das Verhalten seiner speziell ausge-
wählten Online-Käufergruppe (s. Kapitel 3.3.2.1) oder aber auch über das Verhalten von
Online-Käufern im Allgemeinen informiert ist, desto besser kann er die Gestaltung der
Webseiten, die Auswahl von Online-Produkten (s. Kapitel 3.3.1), die Maßnahmen zur Ver-
kaufsförderung und Kundenbindung (s. Kapitel 3.4.3) usw. an die Bedürfnisse der Kunden
anpassen. Durch eine reale aber auch elektronische Analyse des Käuferverhaltens können
unter Umständen Rückschlüsse auf die Erwartungen der Online-Kunden (s. Kapitel 3.3.
350 Die Grundlagen des E-Shop

2.3) gezogen werden, die es dann im Sinne einer Erreichung der Online-Käuferzufrie-
denheit (s. Kapitel 3.3.2.4) zu übertreffen oder zumindest zu erfüllen gilt. Bevor jedoch
das Kaufverhalten überhaupt analysiert werden kann, sollte die Aufmerksamkeit auf die
Faktoren gelenkt werden, die generell über Kauf oder Nicht-Kauf beim Online-Kunden
entscheiden. Kaufabbrüche werden häufig mit der fehlenden Möglichkeit zur physischen
Produktbeurteilung vor dem Kauf, der Angst vor Datenmissbrauch und Unsicherheit über
die Abwicklung finanzieller Transaktionen erklärt (Herrmann/Sulzmeier 2001; Pohl/Lit-
fin/Wilger 2001), was im Ergebnis zu einem negativen Nettonutzen (s. Kapitel 3.3.1.3)
führen kann. Folglich wird der Online-Kauf dann mit vergleichsweise höheren Risiken
verbunden als der Kauf im realen Handel (Bauer/Sauer/Becker 2003). Somit ist das
wahrgenommene Risiko eines Online-Kaufs dann als ein kritischer Bestimmungspara-
meter des Online-Käuferverhaltens zu betrachten. Grundsätzlich wird dabei zwischen drei
Einflussgrößen unterschieden (Bauer/Sauer/Becker 2003, S. 186 ff., s. Abb. 129):

„ Person: Hierunter fallen Einzelfaktoren, die zusammen die personenbezogenen Ein-


flussgrößen ergeben. Der erste Faktor dieser Einflussgrößen ist die Kauferfahrung des
Käufers im Internet. Hierunter sind insbesondere die Kaufhäufigkeit und die Zufrie-
denheit mit vorangegangen Käufen zu nennen. Der zweite Faktor ist die Internet-Af-
finität des Käufers, die sich u. a. in der Nutzungsintensität und Nutzungsdauer des
Mediums widerspiegelt. Der dritte Faktor ist das Selbstvertrauen des Käufers, das ei-
nerseits auf allgemeiner Ebene (situationsunabhängig) aber auch auf spezifischer
Ebene (kontextbezogen) evaluiert werden kann. Als letzter Faktor können soziodemo-
graphische Faktoren, wie z. B. Alter, Geschlecht und Einkommen genannt werden.

„ Produkt: Die produktbezogenen Einflussgrößen lassen sich insbesondere hinsichtlich


der Produkteignung für den Internet-Verkauf (s. Kapitel 3.3.1.1) erfassen. Darunter
fallen Digitalisierungs-, Darstellungs- und Beurteilungsmöglichkeiten der angebote-
nen Produkte, sowie Preis, Komplexität und Neuartigkeit des Angebots.

„ Situation: Bei den situationsbezogenen Einflussgrößen geht es in der Regel um Rah-


menbedingungen, die den Kauf und die Nutzung des Produktes bestimmen. Beispiele
hierfür wären der Verwendungszweck (Eigengebrauch, Geschenk etc.), zeitliche Be-
dingungen (z. B. Notwendigkeit eines Sofortkaufs) oder aber auch lokalitätsbezogene
Faktoren (Internetzugang, Umgebung etc.).

Der E-Shop-Betreiber sollte nun versuchen, Informationen zu allen drei Bereichen zu


sammeln und auszuwerten, um das Online-Käuferverhalten speziell seiner Online-Käufer-
gruppe ständig zu analysieren. Dabei können sowohl Verfahren der Online-Marktforschung
(s. Kapitel 3.4.2.1) als auch die Auswertung der direkt oder indirekt gesammelten Nutzer-
daten auf der E-Shop-Seite herangezogen werden.
Das Management beim elektronischen Verkauf 351

3.3.2.3 Online-Käufererwartungen
Die Einschätzung der Online-Käufererwartungen stellt eine anspruchsvolle Aufgabe für
den E-Shop-Betreiber dar. Versuche, den Erfüllungsgrad dieser Erwartungen zu messen,
wie z. B. mit der Conversion Rate (Verhältnis von getätigten Bestellungen zu Anzahl der
Shop-Visits), sind dabei nur Ergebniskontrollen. Sie messen also die Effizienz des Online-
Shops, geben aber keinerlei Aufschluss über die Ausprägung der Käufer- bzw. Kunden-
erwartungen. Bei der Beschreibung der Käufererwartungen einem E-Shop gegenüber kön-
nen generell zwei Erwartungsfaktoren unterschieden werden. Zum einen gibt es dabei die
Erwartungen, die Kunden ganz allgemein an einen E-Shop haben. Hierzu zählen die
Grundanforderungen bezüglich Online-Einkaufskosten und -zeit (s. Kapitel 3.2.1.1)
bzw. von Online-Einkaufssicherheit und -qualität (s. Kapitel 3.2.1.2). Zum anderen gibt es
aber auch Spezialanforderungen, die Online-Kunden gegenüber einem bestimmten E-
Shop oder einer E-Shop-Klasse (z. B. Online-Buchhandel) erwarten. Diese speziellen
Erwartungen können z. B. mit den bisherigen Kauferfahrungen des Kunden mit einem
bestimmten E-Shop zusammenhängen. Wenn z. B. der Online-Käufer bei der Nutzung
von amazon.de das Feature der Wunschlisten-Erstellung kennen und schätzen gelernt hat,
so wird er in Zukunft nicht mehr darauf verzichten wollen und erwartet dieses Feature auch
bei anderen Online-Buchshops. Somit sind Online-Erwartungen eng mit Online-Erfahrun-
gen verbunden, die sich bei der täglichen Nutzung des Internets somit quasi permanent
ändern können. Die Erwartungen wachsen, je mehr der Kunde über E-Shops und deren
Möglichkeiten zur Bedürfnisbefriedigung lernt.

Personenbezogene Einflussgrößen
Online-
Kaufhäufigkeit Zufriedenheit
Kauferfahrung
Internet-
Nutzungsintensität Nutzungsdauer
Affinität

Selbst- Käuferverhalten
Allgemein Spezifisch
vertrauen
• Kauf vs. Nicht-Kauf
Sozio- • Wahrgenommenes Risiko
Alter Geschlecht Einkommen
demographika (finanzielles, funktionales,
persönliches, zeitliches)
Produktbezogene Einflussgrößen

Preis Komplexität Neuartigkeit …….

Situationsbezogene Einflussgrößen
Verwendungs- Einkaufs- …….
zweck Zeitl. Rahmen modus

Abb. 129: Einflussgrößen auf das Online-Käuferverhalten bei einem E-Shop


Quelle: in Anlehnung an Bauer/Sauer/Becker 2003, S. 187.
352 Die Grundlagen des E-Shop

E-Shop-Betreiber sind vor diesem Hintergrund deshalb ständig angehalten, nicht nur von
sich aus den eigenen Shop ständig zu verbessern, sondern auch die E-Shops der direkten
oder indirekten Konkurrenz (s. Kapitel 3.3.3.1) zu beobachten, um dort erkennbare und
wahrgenommene Verbesserungen schnell auch in den eigenen Shop zu implementieren.
Unabhängig davon, ob nun Grund- oder Spezialanforderungen bzw. eigene oder „erlernte
Erwartungen“ adressiert werden, gibt es basierend auf den bisherigen allgemeinen Er-
kenntnissen der Internet-Nutzung doch einen umfangreichen Erwartungskatalog an den
sich E-Shop-Betreiber orientieren können (Franke 2002, S. 88 f.; Spohrer/Blackert 2001,
S. 82):

„ Präsentation: Das Internet muss als visuelles Medium die Darstellung von Informa-
tionen ansprechend und funktional transportieren.

„ Performanz: Ladezeiten und Übertragungszeiten müssen einen reibungslosen Ein-


kauf ermöglichen.

„ Navigation: Die Informationsbeschaffung muss mit wenig Zeit- und Suchaufwand


und somit benutzerfreundlich möglich sein.

„ Eingabefelder: Formulare (z. B. zu Zahlungsinformationen) müssen – trotz ausrei-


chender Hilfe zur Eingabe – intuitiv verständlich sein.

„ Kommunikation: Verschiedene Kommunikationsmöglichkeiten wie E-Mail, Forum,


Community, Webseite, Call Center, Hotline, Avatare etc. müssen für An- oder Rück-
fragen schnell und unkompliziert verfügbar sein. Die Reaktionszeit des E-Shops sollte
bezüglich der Dringlichkeit der Fragen angemessen sein.

„ Produktinformationen: Den fehlenden physischen Kontakt müssen ausführliche und


hilfreiche Produktinformationen ersetzen, damit das Leistungsangebot über elektro-
nische Informationen ausreichend beurteilt werden kann.

„ Zeitungebundenheit: Inzwischen eine Selbstverständlichkeit im Internet, die aber je


nach Produkt einen sehr unterschiedlichen Stellenwert bei der Kaufentscheidung ein-
nehmen kann.

„ Angebotsvielfalt: Durch das Wegfallen zeitlicher und räumlicher Restriktionen, er-


wartet der Kunde eine Angebotsvielfalt, die die Produktpalette eines lokalen, realen
Shops weit übersteigt. Diese Angebotsvielfalt bezieht sich sowohl auf das Internet im
Allgemeinen, als auch auf E-Shops im Speziellen.

„ Bezahlungssicherheit: Die Bezahlungssicherheit muss gewährleistet sein, damit der


Kunde das Einkaufen über das Internet nicht als ein zu hohes Risiko im Vergleich zum
realen Laden einstuft und somit den Online-Kauf verweigert.
Das Management beim elektronischen Verkauf 353

„ Lieferflexibilität: Eine zuverlässige Lieferung der über das Internet bestellten Ware
muss die Nachteile der zeitlich versetzten Zustellung im Vergleich zur sofortigen Mit-
nahme bei realen Shops minimieren.

„ Preissetzung: Die Preise in einem E-Shop sollten in der Regel unterhalb der Preise
im realen Handel sein. Diese Differenz muss aber nicht unverhältnismäßig groß aus-
fallen (z. B. 50 %). Ausschlaggebend ist vielmehr die Angemessenheit des Preises
im Vergleich zum Leistungsangebot, das auch mehr als nur das Produkt selber (z. B.
zusätzliche Dienstleistungen) umfassen kann.

„ Reklamation: Die Bedingungen für Reklamationen oder den Umtausch bestellter


Ware wirken sich oftmals nachteilig auf den empfundenen Mehrwert einer Online-
Bestellung aus, da der Kunde bei geringem Einkaufswert meistens auf den Versand-
kosten sitzen bleibt.

3.3.2.4 Online-Käuferzufriedenheit
In Bezug auf die Online-Kundenzufriedenheit kann man zunächst davon ausgehen, dass
diese dann erreicht ist, wenn die Online-Käufererwartungen (s. Kapitel 3.3.2.3) weitestge-
hend erfüllt sind. Basierend auf dem diesbezüglichen Erwartungskatalog haben Szyman-
ski/Hirse (2000) in einer explorativen Studie diejenigen Faktoren determiniert, die die
Kundenzufriedenheit mit E-Shops direkt beeinflussen. Dazu zählen vor allem die Benut-
zerfreundlichkeit, Qualität und Quantität des Produktangebotes, Seitendesign und -funk-
tionalität, sowie die empfundene Sicherheit über finanzielle Transaktionen. Spätere Stu-
dien zeigten dann, dass diese Faktoren erster Ordnung zu den Faktoren zweiter Ordnung,
nämlich Kundenorientierung (Benutzerfreundlichkeit, Produktangebot und Design/Funk-
tionalität) und Sicherheit verdichtet werden können und durch den Zusatz eines weiteren
Faktors (Multikanal-Strategie: Benutzungsmöglichkeit verschiedener Beschaffungska-
näle beim Kauf eines Produktes) als gutes Erklärungsmodell zur Online-Käuferzufrieden-
heit bei einem E-Shop dienen (Ahlert/Evanschitzky/Hesse 2004; s. Abb. 130). Folgende
Kriterien können die Kundenzufriedenheit in einem E-Shop beeinflussen:

„ Bequemlichkeit: Dieser Faktor bezieht sich auf die Möglichkeit zum Convenience-
Shopping, d. h. der Online-Kunde kann zu jeder Zeit, schnell ohne großen Aufwand
einkaufen ohne Einschränkungen (zeitlich, räumlich) hinnehmen zu müssen.

„ Produktangebot: Dieser Faktor bezieht sich sowohl auf die Sortimentstiefe (Anzahl
angebotener Produkte innerhalb einer Warengruppe), als auch die Sortimentsbreite
(Anzahl der angebotenen Warengruppen) und den Umfang bzw. Qualität der bereit-
gestellten Informationen.

„ Seitendesign/-funktionalität: Da im Distanzhandel das „Touch & Feel“ nicht mög-


lich ist, bietet die Gestaltung und Funktionalität der E-Shop-Seite einen der wenigen
354 Die Grundlagen des E-Shop

Möglichkeiten den Anbieter und seinen Shop zu beurteilen. Dazu zählen z. B. die
Geschwindigkeit des Seitenaufbaus, Such- und Auswahlfunktionen, Verständlichkeit
der Menüführung oder die Komplexität des Bestellvorgangs.

„ Sicherheit: Dieser Faktor bezieht sich in erster Linie auf die Transaktionssicherheit,
die einerseits von der Vertrautheit im Umgang mit dem Medium und andererseits von
strukturellen Risiken des offenen Mediums Internet beeinflusst wird. Mit zunehmen-
dem Gebrauch des Internets wächst auch die Vertrautheit mit dem Medium. Die Trans-
aktionsunsicherheit allerdings nimmt mit zunehmender Informationssensibilität der
Käufer zu.

„ Multikanal-Strategie: Dieser Faktor beinhaltet die Bereitstellung verschiedener Be-


schaffungskanäle, die zur Befriedigung des Kundenwunsches herangezogen werden
können, um damit den Kundennutzen zu erhöhen. Konsumenten entwickeln sich zu-
nehmend zu „Channel-Hoppern“, d. h. sie nutzen die kanalübergreifende Verknüp-
fung des Vertriebs während des Kaufprozesses.

Items Kundenorientierung
Leichtigkeit Browserführung
Zeitaufwand Bequemlichkeit
Einfachheit/Komfort
Qualität Produktangebot/Info
Produktangebot
Quantität Produktangebot/Info

Übersichtlichkeit „E-Zufriedenheit䇾
Einfachheit der Suchanfrage Design/Funktionalität
Schnelligkeit Ergebnispräsentation
Sicherheit

Transaktionssicherheit Finanzielle Sicherheit

Multikanal-Strategie
Kaufmöglichkeit in verschiedenen
Beschaffungskanälen Beschaffungskanäle

Abb. 130: Die Online-Käuferzufriedenheit bei einem E-Shop


Quelle: in Anlehnung an Ahlert/Evanschitzky/Hesse 2004, S. 131.

Die Ergebnisse des vorgestellten Kausalmodells bestätigen die Vermutung, dass die Mul-
tikanalität eines E-Shops zur E-Zufriedenheit beiträgt. Als weiterer Faktor der zweiten
Ordnung wurde nur noch die Kundenorientierung als signifikant identifiziert, die Sicher-
heit hingegen wird eher als grundsätzliche Voraussetzung gesehen, überhaupt über das
Internet einzukaufen. Die Überprüfung der Faktoren erster Ordnung unterstützt dieses
Resultat. Außer Produktangebot und Sicherheit lassen sich alle anderen Faktoren erster
Das Management beim elektronischen Verkauf 355

Ordnung (Bequemlichkeit, Design/Funktionalität, Beschaffungskanäle) zur Erklärung der


E-Zufriedenheit heranziehen, wobei Bequemlichkeit am weitaus meisten Einfluss auf das
Ergebnis hat.

3.3.3 Die Strategieanalyse beim elektronischen Verkauf

In der Strategieanalyse geht es in erster Linie um die Positionierung des eigenen Online-
Angebots im Vergleich zu konkurrierenden E-Shops. Dafür ist die eingehende Betrachtung
aller im Markt beteiligten Akteure eine Grundvoraussetzung für die Entwicklung der eige-
nen Strategie. Erst wenn sich der E-Shop-Betreiber ein detailliertes Bild über die aktuelle
Marktsituation gemacht hat, kann er seine eigene Position im E-Wettbewerb definieren
und den E-Shop anhand der von ihm gewählten Strategie aufbauen bzw. betreiben. Vor die-
sem Hintergrund spielt nicht nur die Eintrittsstrategie eine wichtige Rolle, sondern auch
die Wachstums- und Etablierungsstrategie. Die beeinflussenden Faktoren dafür müssen
aber schon vor dem eigentlichen Online-Start erkannt und antizipiert werden. So kann
z. B. das spätere Wachstum durch Kooperationen ermöglicht werden, was aber durchaus
eine frühzeitige strategische Positionierung voraussetzt, um dann überhaupt geeignete Ko-
operationspartner zu finden.

3.3.3.1 Online-Wettbewerbsanalyse
Die hohe Attraktivität eines Online-Marktes bzw. ein hohes Online-Marktpotenzial ist
meist die Folge des Zusammentreffens einer hohen Online-Produkteignung und einer at-
traktiven Online-Käufergruppe. Diese Situation bedingt meist einen bereits bestehenden
bzw. sich schnell entwickelnden Online-Wettbewerb. Kernaspekt der diesbezüglichen On-
line-Wettbewerbsanalyse ist nun die Identifikation und Betrachtung relevanter Konkur-
renten – Unternehmen also, die durch ihr Leistungsangebot die gleichen Bedürfnisse zu
befriedigen suchen wie der eigene E-Shop (Hungenberg 2014, S. 131 ff.). Dabei stehen
sowohl bereits vorhandene als auch potenzielle (zukünftige) Konkurrenten und mögliche
Ersatzprodukte (Substitute) im Mittelpunkt der Analyse. Insbesondere die letzten beiden
Aspekte bestimmen den Grad des zukünftigen bzw. zu erwartenden Wettbewerbsdrucks
(Wöhe/Döring/Brösel 2016, S. 416). Die Kenntnis um die am Zielmarkt bestehende Situ-
ation ist bedeutsam für einen erfolgreichen und vor allem nachhaltigen Markteintritt. Ge-
rade für einen E-Shop, bei dem sich der Schutz einer Geschäftsidee bzw. eines Pro-
duktangebotes schwierig gestaltet, ist eine Wettbewerbsanalyse somit unverzichtbar (Tim-
mons 2015; Rayport/Jaworski 2002).
Auf den ersten Blick mag die Identifikation der relevanten Wettbewerber unproblema-
tisch erscheinen, zumal dafür neben der eigenen Expertise auf zahlreiche Publikationen
oder Branchenberichte zurückgegriffen werden kann (Hisrich/Peters/Shepherd 2013,
S. 211 f.). Speziell innerhalb der Digitalen Wirtschaft erstrecken sich die möglichen Wett-
bewerber jedoch über die traditionellen Branchengrenzen hinweg (Rayport/Jaworski 2002,
356 Die Grundlagen des E-Shop

S. 124 f.), was bedeutet, dass neben den direkten Online-Konkurrenten auch die indirek-
ten bzw. potenziellen Online-Wettbewerber (z. B. E-Shops für verwandte Produktgruppe
Y) sowie die (noch) Offline-Wettbewerber zu berücksichtigen sind (z. B. Hersteller eines
Produktes aus Gruppe X). Bei den indirekten Wettbewerben kann zwischen drei Arten
unterschieden werden (Kollmann 2019; s. Abb. 131):

„ Expandierender Wettbewerber: Unternehmen dieser Kategorie erweitern ihr bishe-


riges Angebotsspektrum und werden somit zu einem neuen Konkurrenten. Für einen
E-Shop für Uhren war dies bspw. der Fall, als amazon.de, neben Büchern u.a. auch
Uhren verschiedener Hersteller ins Angebot aufnahm (Objektbezug). Die Expansion
erfolgt hier unter der Beibehaltung bzw. Übertragung des elektronischen Mehrwertes.

Wettbewerbsanalyse Wettbewerbsstrategie

Identifikation der Bewertung Positionierung gegenüber


relevanten der relevanten relevanten Wettbewerbern
Wettbewerber Wettbewerber

Direkte Konkurrenten Zielsetzung Produktstrategie


Indirekte Konkurrenten Strategie Preisstrategie
expandierende Reaktionsverhalten Kommunikationsstrategie
Wettbewerber
Stärken Vertriebsstrategie
modifizierende
Schwächen
Wettbewerber
elektronischer Mehrwert
wechselnde Wettbewerber

Abb. 131: Die Wettbewerbsanalyse in der Digitalen Wirtschaft


Quelle: Kollmann 2019.

„ Modifizierender Wettbewerber: Unternehmen dieser Kategorie ändern ihr bisheri-


ges Angebotsspektrum und werden somit zum Konkurrenten. Als Beispiel kann eine
E-Community für Oldtimer angeführt werden (Kommunikationsfokus), die nun auch
Transaktionen (Oldtimer-Vermittlung) anbietet und somit zu einem Konkurrenten
von autoscout24.de oder mobile.de wird. Die Modifikation erfolgt hier aufgrund einer
Erweiterung des elektronischen Mehrwertes.

„ Wechselnder Wettbewerber: Unternehmen dieser Kategorie verlagern ihr bisheri-


ges Angebotsspektrum von der realen Wirtschaft in die Digitale Wirtschaft und wer-
den somit zu einem neuen Konkurrenten. Für dell.de würde bspw. Aldi diese Position
einnehmen, wenn der Discount-Markt seine Computer online verkaufen würde. Der
Wechsel erfolgt hier aufgrund einer Verlagerung des realen Geschäftsmodells auf die
elektronische Handelsebene.
Das Management beim elektronischen Verkauf 357

Hinsichtlich der Bewertung der in der Digitalen Wirtschaft vorhandenen Wettbewerbs-


struktur kann auf eine Reihe von internetbasierten Tools zurückgegriffen werden (Shan-
kar/Sharda 1997). Im Rahmen der sog. Competitive Intelligence (Sammlung von Daten
für die Wettbewerbsbeobachtung) können dabei folgende Verfahren zum Einsatz kommen
(Turban et al. 2018, S.542):

„ Communities: In branchen-/objektverwandten Communities werden Meinungen und


Erfahrungen zu Unternehmen ausgetauscht bzw. Produkte bewertet und verglichen.

„ Homepage-Analyse: Umfangreiche Informationen über Produkte, Unternehmens-


ziele, Neuerscheinungen sowie Hintergrundinformationen zum potenziellen Wettbe-
werber lassen sich hierüber ermitteln.

„ Unternehmenskennzahlen: Viele Unternehmen unterliegen aufgrund ihrer Rechts-


form der Publizitätspflicht. Zahlreiche Unternehmensreports werden auch online zur
Verfügung gestellt. Darüber hinaus kann bei Unternehmen recherchiert werden, die
Unternehmensberichte katalogisieren (z. B. bisnode.de).

Beurteilung
Erfolgskriterien Niedrig Hoch
8 7 6 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 6 7 8
Produkt
• Technologie
• Kundennutzen Unternehmen
• Alleinstellungsmerkmal
• Zahlungsbereitschaft
• Einnahmenpotenzial
• Elektronische Wertschöpfung
Management Wettbewerber
• Branchen-Know-how
• Digitale-Wirtschaft-Know-how
Prozesse
• Arbeitsabläufe
• Organisation relative Stärke
Marktzugang
• Vertrieb
• Kooperationen
Finanzen
• Kapitalbedarf relative Schwäche
• Liquidität

Abb. 132: Die Stärken-Schwächen-Analyse für die Online-Wettbewerbsanalyse


Quelle: Kollmann 2019.

„ Kundenbefragung: Potenzielle Kunden können aufgerufen werden, ihre Meinung zu


den Stärken und Schwächen der Unternehmensidee abzugeben und das Angebot mit
aus ihrer Sicht bekannten Lösungen zu vergleichen. Dabei lassen sich Vergleiche zu
den Wettbewerbern durchführen, die den Kunden bekannt sind und somit eine hohe
358 Die Grundlagen des E-Shop

Relevanz für den E-Shop besitzen. Zwar ist das eine Methode, die nicht unmittelbar
im Vorfeld der Online-Schaltung möglich ist, jedoch für die weitere Identifikation
von Wettbewerbern eine Option darstellt.

„ Informationslieferdienste: Diese auf der Push-Technologie aufbauenden Informati-


onsdienste stellen individuell angefragte Informationen zur Verfügung. Vorteil dabei
ist, dass diese laufend neuen Informationen zur Verfügung stellen und somit ein Mo-
nitoring ermöglicht wird.

„ Chat- Rooms: Innerhalb von Chat Rooms besteht eine gewisse Anonymität, die Nut-
zer eher dazu verleitet, ihre tatsächliche Meinung zu äußern. Insofern können im Vor-
feld wichtige Fragen zu Kundenerwartungen geklärt werden, wobei der E-Shop-Be-
treiber selbst inkognito bleiben kann. Dennoch sind solche Informationen durch wei-
tere Untersuchungen zu stützen.

Auf Basis der gefundenen Informationen kann nun eine einzelfallbezogene Bewertung
für die relevanten Wettbewerber erfolgen (s. Abb. 132). Dabei kommen verschiedene As-
pekte zum Tragen (Kollmann 2019). Dazu zählt z. B. die Identifikation und Bewertung
der Stärken und Schwächen von den identifizierten Wettbewerbern ebenso, wie ein Ver-
gleich der konkurrierenden Leistungen auf Basis von Kriterien wie z. B. Marktanteil, Qua-
lität, Preis, Performance, Lieferbedingungen, Zeit, Dienstleistung oder Garantie. Für einen
E-Shop von besonderem Interesse ist ferner die Frage nach der Vergleichbarkeit und Aus-
gestaltung des elektronischen Mehrwertes (s. Kapitel 1.4.1). Hierzu zählt eine Diskussion
der Vor- und Nachteile, die von der elektronischen Wertschöpfung ausgeht. Ein weiterer
Punkt kann die Bewertung des Know-hows der Wettbewerber sein, um aus Defiziten Vor-
teile für sich abzuleiten. Die Ergebnisse aus der Online-Wettbewerbsanalyse können in
einem Stärken-Schwächen-Profil bewertet werden, welches dann die Grundlage für eine
tiefergehende Analyse sein kann (Kotler/Keller 2016, S. 298 ff.; Meffert/Burmann/Kirch-
georg 2015, S. 223 ff.; s. Abb. 132). Dabei lassen sich auch die Stärken und Schwächen der
Konkurrenten sowohl untereinander, wie auch mit dem eigenen E-Shop vergleichen.
Eine intensivere Auseinandersetzung mit bereits etablierten Marktteilnehmern birgt die
Möglichkeit, effiziente elektronische Prozesse als Vorlage für den eigenen E-Shop zu er-
mitteln. Zu diesem Zweck lassen sich Instrumente wie das Benchmarking sehr wirkungs-
voll einsetzen. Ziel bei dieser von Xerox entwickelten Methode ist die Identifikation von
Verbesserungspotenzialen im eigenen Unternehmen, um ein Defizit im Wettbewerb nicht
nur auszugleichen, sondern durch innovative Adaption von Best Practices einen Vorteil
zu erlangen (Simmelsdorf 2000). Als mögliche Benchmark-Partner können sowohl bran-
cheninterne wie auch branchenexterne Unternehmen herangezogen werden. Wichtig ist,
dass durch den Vergleich mit einem anderen Unternehmen bzw. Wettbewerbern die Ver-
besserungspotenziale im eigenen E-Shop realisiert werden können. Abb. 133 gibt eine
idealtypische Vorgehensweise wieder und zeigt auf, dass es sich eigentlich um einen kon-
tinuierlichen Prozess handelt. Im Rahmen der Wettbewerbsanalyse genügt es jedoch, sich
auf die Ermittlung der Leistungsunterschiede zu konzentrieren und Marktpotenziale dar-
Das Management beim elektronischen Verkauf 359

aus abzuleiten. Das Benchmarking spielt in Zukunft eine wichtige Rolle, da bereits viele
E-Shops am Markt sind und sich die elektronischen Mehrwerte auf den verschiedenen
Plattformen zunehmend wiederholen.
Die Wettbewerbsanalyse soll auch darüber Aufschluss geben, mit welchen Reaktionen
(s. Abb. 133) des Wettbewerbers zu rechnen ist. Dies gilt gerade für einen E-Shop, da Ak-
tion und Reaktion innerhalb der Digitalen Wirtschaft sehr schnell durchgeführt werden
können. Strategieänderungen sind schnell umsetzbar wie auch erkennbar. Insofern ist die
Wettbewerbsanalyse auch als Vorbereitung für die Wettbewerbsstrategie zu sehen. Hin-
sichtlich der Wettbewerbsreaktion kann zwischen vier Typen unterschieden werden (Kot-
ler/Bliemel 1999, S. 412 ff.):

8 Bestimmung der zu 1
vergleichenden
Unternehmensfunktion
Identifikation der
Erstellung eines
zu betrachtenden
Abweichungsprofils
Schlüsselkennzahlen
7 2

Implementierung Identifikation des


und Kontrolle Benchmarking-Prozess Best-Practice-
des Erfolges Unternehmens

6 Erstellen eines Messen der 3


Maßnahmenkatalogs Performance des
zur Best-Practice-
Lückenschließung Unternehmens
Messen der
eigenen
5 Performance 4

Abb. 133: Der idealtypische Benchmarking-Prozess


Quelle: in Anlehnung an Kotler/Bliemel 1999, S. 227 ff.; Kotler/Armstrong 2018,
S. 545 ff.

„ Zurückhaltender Konkurrent: Dieses Verhalten kann daher rühren, dass Unterneh-


men etwa auf die Loyalität ihrer Kunden bauen oder weitere Investitionen in dieses
Kundensegment scheuen. Ebenso kann vermutet werden, dass die Veränderungen am
Markt nicht wahrgenommen werden bzw. die Ressourcen für eine Reaktion fehlen.
In jedem Fall müssen die Gründe für die Zurückhaltung in Erfahrung gebracht werden
(es könnte auch ein Anzeichen für einen unattraktiven Markt sein).

„ Selektiver Konkurrent: Hier ist ein Handeln nur auf bestimmte Aspekte zu erwarten.
Etwa der Markteintritt zu einem niedrigeren Preis als der Wettbewerb kann zur Preis-
senkung seinerseits führen. Je spezifischer Wissen darüber besteht, desto konkreter
kann die Wettbewerbsstrategie ausgerichtet werden.
360 Die Grundlagen des E-Shop

„ Aggressiver Konkurrent: Dieser Typ von Wettbewerber signalisiert im starken Ma-


ße seine Reaktionsbereitschaft, um die Stellung am Markt zu behaupten. Sicherlich ist
das ein Anzeichen für einen attraktiven Markt, eine Finanzressourcen zehrende Kon-
frontation ist jedoch gut zu überlegen.

„ Unberechenbarer Konkurrent: Die Signale dieser Wettbewerbsgruppe sind nur sehr


schwer zu deuten, worin der Name unberechenbarer Konkurrent begründet liegt. Durch
Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen oder Reaktionspfade früherer Zeit lassen sich keine
Szenarien bilden. Dennoch sollte der Versuch unternommen werden, ein Best-Case-
und ein Worst-Case-Szenario zu zeichnen.

Unter dem Strich kann festgehalten werden, dass es das Ziel der Wettbewerbsanalyse ist,
ein Verständnis darüber zu erlangen, in welchen Bereichen Bedrohungen (Threats) seitens
der Konkurrenten am Markt zu erwarten sind. Identifizierte Schwächen bei den Unterneh-
men, die eine ähnliche Leistung anbieten wie der E-Shop, können Chancen (Opportunities)
für einen erfolgreichen Marktauftritt aufzeigen. Auf diesen Erkenntnissen aufbauend kön-
nen dann die eigenen Stärken (Strenghts) und Schwächen (Weaknesses) charakterisiert
werden, um im Anschluss eine SWOT-Analyse (Strengths, Weaknesses, Opportunities,
Threats) durchführen zu können (Turban et al. 2002, S. 682 ff.). Im Ergebnis steht die
(zukünftige) Positionierung des E-Shops.

3.3.3.2 Online-Wettbewerbsvorteile
Allgemein werden vorhandene oder angestrebte Online-Wettbewerbsvorteile als Voraus-
setzung für die Sicherung der eigenen Position am Markt charakterisiert. Darunter versteht
man die Vorteile, die die Online-Kunden aufgrund eines überlegeneren Preis-/Leistungs-
Verhältnisses (bzw. Kosten-/Nutzen-Verhältnis; s. Abb. 134) im Vergleich zum Angebot
anderer E-Shop-Wettbewerber wahrnehmen (Wamser 2001, S. 60). Diese Online-Wettbe-
werbsvorteile können dabei grundsätzlich drei verschiedenen Gruppen zugeordnet wer-
den:

„ Produktvorteile: Das über den E-Shop bereitgestellte Angebot hat für den Kunden
direkte Leistungs- und/oder Preisvorteile und steht damit im Vergleich zu anderen
E-Shops besser dar. Als Beispiel kann ein MP3-Player angeführt werden, der in
einem E-Shop z. B. 10 % günstiger zu erwerben ist als bei der Online-Konkurrenz.
In diesem Bereich können insbesondere Innovations- und Reputationspotenziale lie-
gen (s. Abb. 134).

„ Prozessvorteile: Das über den E-Shop bereitgestellte Angebot kann durch den Kun-
den schneller und/oder einfacher als im Vergleich zu anderen E-Shops bestellt bzw.
durch den E-Shop-Betreiber geliefert werden. Als Beispiel kann der „1-Click“-Kauf
bei amazon.de genannt werden. In diesem Bereich können insbesondere Schnellig-
keits-, Transaktionskosten- und Innovationspotenziale liegen (s. Abb. 134).
Das Management beim elektronischen Verkauf 361

„ Präsentationsvorteile: Das über den E-Shop bereitgestellte Angebot kann durch den
Kunden einfacher erfasst, wahrgenommen oder beeinflusst werden als im Vergleich
zu anderen E-Shops. Als Beispiel kann der Konfigurationskauf bei dell.de genannt
werden. In diesem Bereich können insbesondere Individualisierungs-, Innovations-
und Reputationspotenziale liegen (s. Abb. 134).

Differenzierungs- Individuali- Schnelligkeits- Innovations- Reputations-


potenziale sierungs- potenzial potenzial potenzial
potenzial

Nutzensteigerung

Preis-/
Leistungs-
empfinden
von
Kunden

Kostensenkung

Anbieterspezifisches Abnehmerspezifisches
Differenzierungs-
Transaktionskosten- Transaktionskosten-
potenziale
senkungspotenzial senkungspotenzial

Abb. 134: Online-Wettbewerbspotenziale und das Preis-/Leistungsempfinden


Quelle: in Anlehnung an Wamser 2001, S. 99.

Somit kann der Online-Wettbewerbsvorteil eines E-Shops immer nur in Relation zu ande-
ren E-Shops gesehen werden. Zur Erreichung eines „echten“ Online-Wettbewerbsvorteils
muss dieser des Weiteren aber auch drei strategische Kriterien erfüllen (Simon 1988, S.
464; Wamser 2001, S. 61):

„ Relevanz: Das über den E-Shop bereitgestellte Angebot muss für den Kunden relevant
sein und kann nur durch eine ausgeprägte Kundenorientierung realisiert werden. Der
Online-Wettbewerbsvorteil muss sich also auf die Merkmale beziehen, die bei einer
Online-Kaufentscheidung (s. Kapitel 3.1.1.4) für den Kunden wichtig und tatsächlich
relevant sind.

„ Wahrnehmbarkeit: Die den Online-Wettbewerbsvorteil begründenden Leistungs-


merkmale müssen für den Kunden nicht nur relevant, sondern auch wahrnehmbar sein.
Dabei geht es weniger um die objektiven Eigenschaften, als um die subjektiv vom Kun-
den wahrgenommene Leistungsfähigkeit des Online-Angebotes.
362 Die Grundlagen des E-Shop

„ Dauerhaftigkeit: Für den langfristigen Erfolg des E-Shops sollte der strategische On-
line-Wettbewerbsvorteil eine gewisse Dauerhaftigkeit aufweisen, damit er bei der stra-
tegischen Unternehmensführung eingeplant werden kann und alle folgenden Hand-
lungen zur Realisierung des Online-Wettbewerbsvorteils gesteuert werden können.

Obwohl im Allgemeinen eine gewisse Dauerhaftigkeit des Online-Wettbewerbsvorteils


ratsam ist, bietet gerade die Digitale Wirtschaft mit ihren besonderen Eigenschaften und
der erhöhten Online-Wettbewerbsintensität eine Umgebung, in der Online-Wettbewerbs-
vorteile manchmal über Nacht eliminiert werden können. Somit muss der E-Shop-Betrei-
ber schneller als die Konkurrenz lernen, damit neue Kompetenzen auf- und ausgebaut
werden können, um den Aufbau neuer bzw. die Verteidigung bestehender Online-Wett-
bewerbsvorteile zu realisieren (Wamser 2001, S. 61). Dementsprechend ist die Lernfähig-
keit des E-Shops bzw. des E-Shop-Betreibers eine wesentliche Voraussetzung, um über-
haupt ein überlegeneres Angebot anbieten zu können (Konzept des lernenden Unterneh-
mens; Senge 1990). Vor diesem Hintergrund stellt sich nun die Frage, wie auf einen grund-
legenden Online-Wettbewerbsvorteil eine entsprechende Online-Wettbewerbspositionie-
rung aufgebaut werden kann.

3.3.3.3 Online-Wettbewerbspositionierung
Aufbauend auf den Online-Wettbewerbsvorteilen im Produkt-, Prozess- und Präsentati-
onsbereich (s. Kapitel 3.3.3.2) können nun im Rahmen der Online-Wettbewerbspositio-
nierung vier grundsätzliche Richtungen identifiziert werden. Zwei stammen dabei aus den
klassischen Überlegungen zur realen Wirtschaft, während die anderen beiden auf neuere
Überlegungen zur Digitalen Wirtschaft zurückgehen (Porter 2013; Weiber/Kollmann
2000; Kollmann 2019) und sich sowohl auf die angebotenen Online-Produkte als auch
auf die angebotenen Informationen zu den Online-Produkten beziehen können. Folgende
Richtungen zu der Online-Wettbewerbspositionierung können unterschieden werden:

„ Cost-Leader: Der E-Shop-Betreiber versucht bei dieser Positionierung seine Online-


Produkte günstiger anzubieten als die Online-Konkurrenz. Ziel ist es, über günstige
Preise einen hohen (relativen) Marktanteil zu generieren und über den Mengeneffekt
die Shopgewinne zu realisieren (s. Abb. 135). Dies kann sich zum einen direkt aus
dem Produktpreis (z. B. bessere Einkaufskonditionen), zum anderen aus den niedri-
geren Transaktionskosten ergeben (z. B. Prozessautomatisierung), die dann im Resul-
tat zu niedrigeren Endpreisen für die Online-Produkte führen. Dies kann sich aber
auch auf niedrigere Lieferkosten beziehen. E-Shop-Betreiber mit dieser Online-Wett-
bewerbspositionierung setzen sehr stark auf den Vertriebsweg durch Preissuchma-
schinen und Online-Marketing (s. Kapitel 3.4).

„ Quality-Leader: Der E-Shop-Betreiber versucht bei dieser Positionierung qualitativ


höherwertigere Online-Produkte anzubieten als die Online-Konkurrenz. Ziel ist es,
diese höherwertigen Angebote auch mit höheren Preisen versehen zu können, um
Das Management beim elektronischen Verkauf 363

über Margeneffekte einen hohen (relativen) Marktanteil und damit Shopgewinne zu


realisieren (s. Abb. 135). E-Shop-Betreiber mit dieser Online-Wettbewerbspositio-
nierung setzen sehr stark auf den Vertriebsweg durch Suchmaschinen, eBranding (s.
Kapitel 3.4.3.3) und One-to-One-Marketing (s. Kapitel 3.4.3.1).

ROI

Topical-Leader Digitale Wirtschaft Speed-Leader

Quality-Leader Reale Wirtschaft Cost-Leader

Wettbewerbsvorteil
aufgrund strategischer Grundkonzeption

Kritischer Bereich (relativer)


„Zwischen den Stühlen䇾 Marktanteil

Abb. 135: Die Online-Wettbewerbspositionierung für E-Shops


Quelle: Kollmann 2019.

„ Topical-Leader: Der E-Shop-Betreiber versucht bei dieser Positionierung die Infor-


mationen zu seinen Online-Produkten auf einem höheren qualitativen Niveau anzubie-
ten als die Online-Konkurrenz. Ziel ist es, über die hochwertigen Informationen
eine geringere Preissensibilität bei den Online-Kunden zu erreichen, sodass diese be-
reit sind, die Informationsqualität über etwas höhere Produktpreise quasi mitzube-
zahlen und damit erneut über Margeneffekte einen hohen (relativen) Marktanteil und
damit Shopgewinne zu realisieren (s. Abb. 135). Neben der schnellen Verfügbarkeit
von Produktinformation spielt nämlich auch der Informationsgehalt im Rahmen der
Online-Produktdarstellung (s. Kapitel 3.3.1.2) eine bedeutende Rolle. E-Shop-Be-
treiber mit dieser Online-Wettbewerbspositionierung setzen sehr stark auf den Ver-
triebsweg des Viral-Marketings und einer hohen Reputation, z. B. in Verbraucher-
oder Meinungsportalen (s. Kapitel 3.4.1.4).
364 Die Grundlagen des E-Shop

„ Speed-Leader: Der E-Shop-Betreiber versucht bei dieser Positionierung die Informa-


tionen zu seinen Online-Produkten schneller anzubieten als die Online-Konkurrenz.
Ziel ist es, über schnellere Informationen mehr Online-Kunden zu erreichen und da-
mit einen hohen (relativen) Marktanteil zu generieren und über den Mengeneffekt die
Shopgewinne zu realisieren (s. Abb. 135). Diese Geschwindigkeit kann sich zum einen
„technisch“ auf die Informationssuche und/oder den -aufruf beziehen (z. B. Ladezei-
ten), zum anderen „operativ“ auf die Produktverfügbarkeit (z. B. zeitliche Exklusi-
vität) oder die Informationsübermittlung zum Online-Kunden (z. B. E-Mail) bezie-
hen. E-Shop-Betreiber mit dieser Online-Wettbewerbspositionierung setzen sehr
stark auf den Vertriebsweg einer schnellen und gezielten Informationsübermittlung
z. B. über eCustomer Relationship Management (s. Kapitel 3.4.3.2) und Newsletter-
bzw. E-Mail-Marketing (s. Kapitel 3.4.1.6).

In der möglichen Kombination verschiedener Online-Wettbewerbspositionierungen erge-


ben sich anhand der Zusammenführung von Aspekten zum eigentlichen Produkt (Qua-
lity/Cost) und der Informationsbehandlung zu dem Produkt (Topical/Speed) idealtypi-
sche Doppelstrategien aus Quality- und Topical-Leader bzw. Cost- und Speed-Leader
(s. Abb. 135).

3.3.3.4 Online-Wettbewerbsstrategien
Wenn die grundsätzliche Online-Wettbewerbspositionierung (s. Kapitel 3.3.3.3) erst ein-
mal bestimmt ist, dann gilt es im Rahmen der Online-Wettbewerbsstrategie den Weg
dorthin zu definieren. Dabei kann grundsätzlich zwischen den Strategien bezüglich des
Markteintritts und ferner im Hinblick auf die weitere Entwicklung unterschieden werden.
Der Online-Markteintritt bestimmt den Zeitpunkt, zu dem die Leistungen eines E-Shops
der Online-Käufergruppe (s. Kapitel 3.3.2.1) angeboten werden. Im Gegensatz zu bereits
etablierten E-Shops, die über einen bestimmten Kundenstamm und ein bestehendes Pro-
duktportfolio ein definiertes Marktsegment bedienen, stehen neue E-Shop-Betreiber zu
Beginn ihrer Marktaktivitäten vor der Aufgabe, den Online-Zielmarkt zunächst zu er-
schließen, wobei es drei wesentliche Aspekte zu berücksichtigen gilt (Hutzschenreuter
2000, S. 212 ff.):

„ Der Zeitpunkt des Online-Marktzugangs (Pionier oder Folger)

„ Die Geschwindigkeit der Online-Markteroberung (Generierung von Marktanteilen)

„ Die Identifizierbarkeit am Online-Markt (Schaffung von Online-Wettbewerbsvortei-


len (s. Kapitel 3.3.3.2) und diesbezüglichen Alleinstellungsmerkmalen)

„A crucial strategic choice for competing in emerging industries is the appropriate timing
of entry“ (Porter 1980, S. 232). Zahlreiche Studien haben sich mit der Frage beschäftigt,
ob eine Pionier- oder Folgerstrategie die Antwort auf den richtigen Zeitpunkt liefert
Das Management beim elektronischen Verkauf 365

(Call 1997, S. 70 f.) ohne jedoch übereinstimmende Aussagen zu treffen bzw. stellen sich
diese als eine unsystematisierte Auflistung dar. Vorteile eines frühen oder späten Marktein-
tritts können in Abhängigkeit der unternehmensinternen und -externen Situation betrachtet
werden (Boersch/Elschen 2002, S. 283 ff.). Im Speziellen lassen sich dabei das Unterneh-
menspotenzial, die Kundenbeziehung, die Konkurrenzbeziehung und die meist staatlich
oder technisch vorgegebenen Regulierungsbedingungen präsentieren (s. Abb. 136).

Aspekte Pro früher Markteintritt Pro später Markteintritt

Pionier schafft sich hohe Kosten der „Marktöffnung“


Reputation, nachhaltiges Lernen sind hoch und werden von
Unternehmenspotenzial und frühe Lieferanten- und Nachfolgern eingespart,
Vertriebsbindung, technologischer Fortschritt macht
Kostenvorteile Erstlösung obsolet

Frühe Marktsituation völlig anders


Hohe erwartete Kundenbindung,
als spätere bei hohen
Kundenbeziehung hohe Effizienz beim Einsatz der
Anpassungskosten an die
Marketinginstrumente
veränderten Bedürfnisse

Relativ kostenträchtiger Wettbewerb


mit anderen Start-up-Unternehmen,
Konkurrenzbeziehung Schwierige Imitation
geschwächte Pioniere werden durch
Nachfolger verdrängt

Regulierungswiderstände werden
Regulierungsbedingungen Keine Regulierungswiderstände
durch Pioniere ausgeräumt

Abb. 136: Aspekte der Markteintrittsstrategie für E-Shop-Betreiber


Quelle: Boersch/Elschen 2002, S. 286.

Das Unternehmenspotenzial eines E-Shops kann in diesem Zusammenhang mit dem


elektronischen Mehrwert (s. Kapitel 1.4.1) beschrieben werden, den der neue E-Shop für
den Kunden generiert. Dieser Mehrwert, der durch den E-Shop angebotenen elektroni-
schen Leistung, basiert in der Digitalen Wirtschaft meist auf der Neuentwicklung einer
Technologie oder der innovativen Anwendung einer bestehenden Technologie in einem be-
stehenden oder neuen Umfeld. Der Zeitpunkt des Markteintritts ist nicht nur von der ei-
genen Technologieentwicklung abhängig, sondern auch von bereits bestehenden Marktlö-
sungen. Ein früher Einritt (Innovator) mit einem innovativen E-Shop-Konzept, kann zur
„Leadposition“ in einem neu zu entwickelnden Markt führen. So hat docmorris.com bspw.
in Deutschland als erster E-Shop den Vertrieb von Medikamenten virtualisiert, woraus
sich Wettbewerbsvorteile durch frühzeitige Partnerbindungen und der Markenbekanntheit
ergeben haben. Der Aufbau eines effizienten Vertriebsnetzes schafft dann Kostenvorteile,
die Nachzügler (Imitatoren) in der Regel nicht von Beginn an realisieren können, wenn
diese nicht über eine bessere Lösung verfügen.
366 Die Grundlagen des E-Shop

Hinsichtlich der Kundenbeziehung kann unterschieden werden, ob mit Online-Markt-


eintritt eine hohe Kundenbindung erreicht werden kann bzw. zu erwarten ist. Je eher der
Marktauftritt in Angriff genommen wird, desto frühzeitiger können Kundenbeziehungen
aufgebaut werden, insbesondere, wenn sich der Markt noch in der Entwicklung befindet.
Der Online-Markt an sich unterliegt dynamischen Veränderungen, die sich durch Markt-
bzw. Branchenlebenszyklen beschreiben lassen (Hungenberg 2014, S. 119 f.), die auch
eine Anpassung an die Online-Kundenerwartungen (s. Kapitel 3.3.2.3) erfordert. Sind am
Markt existente E-Shops dazu nicht in der Lage, ergeben sich daraus Chancen für neue
E-Shop-Betreiber.
Ein früher Marktzugang ermöglicht einem E-Shop die Verankerung von Standards und
definiert somit den „State of the Art“. Darüber können Markteintrittsbarrieren aufgebaut
werden, die potenzielle Online-Wettbewerber zunächst am Markteintritt hindern. Derartige
Vormachtstellungen in der Konkurrenzbeziehung sind im Umfeld der Digitalen Wirt-
schaft nicht selten durch technologische Neuentwicklungen bedingt. Ergibt sich durch die
Marktentwicklung ein sehr hoher Kostenaufwand, können die Reserven für eine Marktbe-
hauptung sehr gering ausfallen. Darin bestehen die Chancen für einen späteren Online-
Markteintritt durch neue Unternehmen.

E-Plattform Markt
gegenwärtig neu
Produkt

gegenwärtig Marktdurchdringung Marktentwicklung

neu Produktentwicklung Diversifikation

Abb. 137: Die Produkt-Markt-Matrix zum E-Shop-Entwicklungspotenzial


Quelle: in Anlehnung an Ansoff 1966, S. 132.

Einen von den E-Shop-Betreibern nur schwer beeinflussbaren Faktor bilden die institutio-
nellen Rahmenbedingungen. Gesetzliche Verordnungen bzw. Reglementierungen definie-
ren u. a. die Regulierungsbedingungen. Als Pionier ergibt sich die Möglichkeit, aktiv
Regulierungen zu schaffen, z. B. über die Anmeldung einer Technologie zum Patent. Mit
einer einstweiligen Verfügung wurde dem Online-Buchhändler barnesandnoble.com
bspw. untersagt, weiterhin die von dem Mitbewerber amazon.de patentierte „1-Click“-
Kauftechnik zu verwenden. Diese ermöglicht es registrierten Kunden, mit nur einem Maus-
klick eine Bestellung aufzugeben. Pionieren obliegt aber auch oft die Aufgabe, Regularien
Das Management beim elektronischen Verkauf 367

zu ändern, um ein Geschäftsmodell am Markt erfolgreich umzusetzen. docmorris.com


musste innerhalb des deutschen Marktes für Arzneimittel zahlreiche Hindernisse überwin-
den, bis der Verkauf von pharmazeutischen Produkten über das Internet gesetzlich geklärt
war. Nachfolgende E-Shop-Betreiber brauchen diesen zeit- und kostenintensiven Prozess
nicht zu durchlaufen.
Die Online-Marktentwicklung beschreibt dagegen die Möglichkeit, den E-Shop bzw.
die Online-Angebote auch auf andere Bereiche/Branchen zu übertragen und damit die
Nutzungs- und Vermarktungsmöglichkeiten zu intensivieren. Im Mittelpunkt der Überle-
gungen steht die Frage, wie und wo man mit dem E-Shop-Angebot noch aktiv werden
kann. Eine entsprechende Darstellung der verschiedenen Online-Wettbewerbsstrategien
kann mit Hilfe der Produkt-Markt-Matrix von Ansoff (1966, S. 132) erfolgen. Ausge-
hend von einer generellen Strategie im Rahmen des Online-Markteintritts den anvisierten
Markt mit dem E-Shop zu durchdringen (Marktdurchdringung; s. Abb. 137) lassen sich
dann grundsätzlich drei Bereiche identifizieren, die das Entwicklungspotenzial eines E-
Shops hinreichend beschreiben können:

„ Marktentwicklung: Hier wird versucht aufzuzeigen, dass der E-Shop auch auf ande-
re Märkte, Segmente bzw. Branchen übertragbar ist (s. Abb. 137). Die neuen Märkte
oder Segmente können sich dabei bspw. auf die Internationalisierung oder die Er-
schließung neuer Kundengruppen beziehen. Als Beispiel kann hier der E-Shop von
allposters.de genannt werden. Dieser E-Shop war zunächst nur auf dem deutschen
Markt tätig und hat – nach erfolgreicher Etablierung im Inland – sein Geschäftsmodell
auf das Ausland übertragen und ist nun ebenfalls in Österreich (allposters.at), in Spa-
nien (allposters.es), in England (allposters.co.uk) und weiteren Ländern tätig.

„ Produktentwicklung: Hier wird versucht aufzuzeigen, dass über eine Weiterent-


wicklung bzw. Ergänzung des E-Shops die bestehenden Märkte, Segmente oder Bran-
chen noch besser bzw. weiter zu erobern sind (s. Abb. 137). Diese Form der Entwick-
lungsfähigkeit zielt entsprechend auf die Erweiterung der Leistungsfunktion des Ge-
schäftsmodells, das bspw. nur darauf basiert, Bücher online zu verkaufen. Nachdem
aber eine gewisse Masse an Kunden erreicht wurde und sich der E-Shop zum Markt-
führer entwickelt hat, wurden zu dem Buchverkauf noch weitere Produktgruppen ins
Sortiment aufgenommen, wie z. B. Elektrogeräte, CDs, Software oder Spielwaren.

„ Diversifikation: Hier wird versucht aufzuzeigen, dass über eine Weiterentwicklung


bzw. Ergänzung des E-Shops neue Märkte, Segmente oder Branchen zu erobern sind
(s. Abb. 137). Dabei lassen sich drei unterschiedliche Formen unterscheiden: Bei der
horizontalen Diversifikation stehen die neuen Produkte/Leistungen im Zusammen-
hang mit den bereits bestehenden Produkt- bzw. Leistungsangeboten. Daher handelt
es sich in der Regel um die Erweiterung der Leistungsbreite innerhalb bestehender
Marktbereiche, wie z. B. bei einer Einführung eines Komplementärproduktes oder
einer Produktvariation. Bei einer vertikalen Diversifikation erweitert der E-Shop sein
bestehendes Angebot um Leistungen, die bis dahin vor (Rückwärtsintegration) oder
368 Die Grundlagen des E-Shop

nach (Vorwärtsintegration) von anderen Unternehmen angeboten wurden. Bei der la-
teralen Diversifikation besteht kein Zusammenhang zwischen der Weiterentwicklung
des E-Shops und den ursprünglich hieraus resultierenden Produkten oder Märkten. Es
wird in einen völlig neuen E-Shop-Bereich expandiert.

3.3.3.5 Online-Kooperationen
Unabhängig von der eigenen Stärke und Ausstattung eines E-Shops kann es vorteilhaft
sein, Online-Kooperationen einzugehen, um bspw. die technische Umsetzung eines
E-Shops durch einen technologisch starken Partner durchführen zu lassen (Dienstleis-
ter-Modell; s. Kapitel 3.1.2.2) oder aber die Internetseiten eines Online-Partners für den
Vertrieb der eigenen Produkte mit zu nutzen (Richard 2003, S. 469 ff.). Die Grundlage
dieser rein operativen Kooperation (Zieltyp I) ist ein für beide Seiten klar erkennbarer
Nutzen im Tagesgeschäft. Dieser kann in der Erweiterung des eigenen E-Shop-Angebo-
tes liegen, wobei mit Hilfe des Partners den eigenen Kunden ein erweiterter Service bzw.
ein größeres Produktspektrum angeboten werden kann. Es kann aber auch darum gehen,
über die komplette Zusammenführung von Produkten einen höheren Marktpreis zu reali-
sieren (Produkterweiterung, s. Kapitel 3.3.1.4). Eine andere Intension hat die strategische
Kooperation (Zieltyp II), bei der versucht wird, bestimmte Signale (z. B. Renommee,
Vertrauen, Glaubwürdigkeit) den Marktteilnehmern (z. B. Kunden, Wettbewerber oder In-
vestoren) zu senden (z. B. über Logopartnerschaft). Beide Zieltypen der Online-Koopera-
tion wirken sich vorteilig auf die Online-Wettbewerbsstrategien (s. Kapitel 3.3.3.4) aus.
Erfahrungen und Kompetenzen lassen sich komplementär ersetzen, wodurch die Schwä-
chen des E-Shops ausgeglichen werden. Dies wirkt sich über Kostenreduktion bzw. Ein-
nahmensteigerung positiv auf die Stabilität des E-Shops aus. In Bezug auf die Ausgestal-
tung der Kooperationshandlung und damit die Spezifikation des Online-Kooperations-
inhaltes, geht es um das Erreichen eines bestimmten Online-Wettbewerbsvorteils (s. Ka-
pitel 3.3.3.2). Hierbei kann zwischen vier grundlegenden theoretischen Denkmustern un-
terschieden werden, wobei diese nicht in Reinform umgesetzt werden müssen, sondern in
einer individuellen Ausgestaltung der Partnerschaft auch als Mischform verfolgt werden
können. Zu den vier Varianten zählen vor diesem Hintergrund der ressourcenorientierte,
der nachfrageorientierte, der wettbewerbsorientierte und der vertriebsorientierte Ansatz
(Kollmann/Herr 2003; Kollmann 2019).
Der ressourcenorientierte Ansatz (Kooperationen aus Ressourcensicht) konzentriert sich
auf die im E-Shop vorhandenen Kompetenzen und Ressourcen, die für den Online-Wettbe-
werbserfolg verantwortlich gemacht werden. Diese Überlegung geht auf Wernerfelt (1984)
und Penrose (2009) zurück, die einen langfristigen Erfolg des Unternehmens auf die Ein-
zigartigkeit von spezifischen Ressourcen zurückführen. Zunächst sind bei einem E-Shop
für eine erfolgreiche Online-Wettbewerbsstrategie (s. Kapitel 3.3.3.4) nicht immer alle not-
wendigen Ressourcen in ausreichendem Maße vorhanden. Dies gilt insbesondere für das
Dienstleister- und Partner-Modell (s. Kapitel 3.1.2.2 und 3.1.2.3). Kooperationen können
hier in erster Linie eine Ergänzung von nicht vorhandenen Kernleistungen ermöglichen,
Das Management beim elektronischen Verkauf 369

wodurch dann eine Wettbewerbsfähigkeit sichergestellt werden kann. Ebenso lassen sich
durch Partnerschaften Ressourcen kombinieren (komplementär oder homogen) um aus
einzelnen, nicht einzigartigen Kernleistungen eine nur schwer zu imitierende Kombinati-
onsleistung zu erbringen (sog. Bundling).
Der nachfrageorientierte Ansatz (Kooperationen aus Kundensicht) setzt an den Erwar-
tungen hinsichtlich eines E-Shop-Angebotes aus Sicht der Online-Kundengruppe (s. Ka-
pitel 3.3.2.1) an. Hierbei geht es darum, neben dem vorhandenen Basisshop weitere Ser-
viceleistungen im Produktumfeld anzubieten, um ein positives Gesamtbild zu erzeugen.
Das Online-Produkt bzw. die Online-Leistung besteht vor diesem Hintergrund aus meh-
reren Ebenen (Kotler/Bliemel 1999, S. 671). Der Kernnutzen beschreibt dabei zunächst
die eigentliche Bedürfniserfüllung seitens des Online-Kunden, welche durch das bzw.
die angebotene(n) Online-Produkt(e) als Kernleistung definiert wird bzw. werden. Die
Online-Kundenerwartungen (s. Kapitel 3.3.2.3) werden dabei mit den Online-Prozessan-
forderungen (s. Kapitel 3.2.1) zusammengefasst. Schon hier können im Online-Bereich
Kooperationen eingegangen werden, um das Online-Angebot aus Nachfragersicht besser
zu gestalten. So verband der Reise-E-Shop travelchannel.de von Anfang an verschiedene
Quellen von zentralen Produktkomponenten im Reisebereich. Hierzu zählen Online-Ko-
operationen mit Datenbanken von Mietwagenfirmen oder Ticketanbietern im Eventbe-
reich. Wird das Basisprodukt in Eigenregie angeboten, so besteht ferner im Produktumfeld
(augmentierter Bereich) die Möglichkeit, über Kooperationen die Erwartungen des Kun-
den zu übertreffen. So ist bspw. die Integration eines zusätzlichen innovativen Zahlungs-
systems (Zusatzleistung) in einen E-Shop (Basisprodukt) ein Beispiel für eine derartige
Online-Kooperation.
Der wettbewerbsorientierte Ansatz (Kooperationen aus Wettbewerbssicht) setzt an dem
Gedanken „if you can’t beat them, join them“ an und postuliert in Anlehnung an Branden-
burger/Nalebuff (1996) einen kooperativen Zusammenschluss von Wettbewerbern (Coo-
petition). Im Mittelpunkt steht hier die Kombination von Ressourcen, um hierüber weitere
Vorteile in einem Marktumfeld zu erlangen oder gemeinsam einen neuen Online-Markt
(s. Kapitel 3.3.3.4) zu erobern. Kooperationen sollen hier demnach in erster Linie die
Markt- und Machtstellung der beteiligten Partner ausbauen, wobei die Kooperations-
partner die Partnerschaft einem Wettbewerb vorziehen. Im Mai 2002 hatten edel music, Eu-
ropas größtes unabhängiges Musikunternehmen und soundbuzz.com, führender asiatischer
E-Shop-Anbieter für den Vertrieb digitaler Musik, eine Partnerschaft für die digitale Dis-
tribution von Musiktiteln im Internet vereinbart. Im Rahmen dieser Zusammenarbeit über-
nahm soundbuzz.com in der asiatisch-pazifischen Region (Asien, Australien/Neuseeland)
das Repertoire aus dem Katalog von edel music und vertrieb diese über eine sichere, kom-
merzielle und digitale Distribution. Über sein weit verzweigtes Netzwerk an Partnern in
Südostasien, Indien, Australien, Korea, Taiwan und Hong Kong stellte soundbuzz.com au-
ßerdem Marketing- und Promotionmöglichkeiten für die Künstler und Produkte von edel
music zur Verfügung. Die Kenntnisse über den neuen Absatzmarkt, die ohne die Koope-
ration über einen eigenen E-Shop hätten selbst erarbeitet werden müssen, sicherten den
dortigen Markteintritt von edel music.
370 Die Grundlagen des E-Shop

Der vertriebsorientierte Ansatz (Kooperationen aus Marketingsicht) konzentriert sich


auf die Gewinnung von Neukunden über Online-Partner, da diese meist sehr kostspielig
und mühsam für einen einzelnen bzw. neuen E-Shop-Betreiber ist. Mit Hilfe verschiede-
ner Kooperationspartner erschließen sich jedoch neue Wege, bisher unerreichte Kunden
direkt und kosteneffizient auf den Webseiten des Partners ansprechen zu können. Die Vor-
teile einer Zusammenarbeit mit Kooperationspartnern liegen dabei insbesondere in der
erfolgsabhängigen Vergütung für die Kundenweiterleitung und der zielgruppengenauen
Ansprache (Albers/Jochims 2003, S. 17). Zu den Zielen von vertriebsorientierten Online-
Kooperationen gehören größtenteils die Kundengewinnung, Umsatzsteigerung und Steige-
rung des Bekanntheitsgrades oder auch ein beschleunigter Online-Markteintritt. Aus Sicht
des Partners geht es jedoch eher um zusätzlichen Umsatz und ein zusätzliches Angebot,
dass er den Kunden seines E-Shops anbieten kann und dadurch seine Webseite aufwertet.
Die Gestaltung von Online-Kooperationen richtet sich vor allem nach der Größe und der
strategischen Bedeutung des Partners. Bei strategisch wichtigen Partnern werden indivi-
duelle Verträge ausgehandelt, da sie bei knapp einem Viertel aller E-Shop-Betreiber einen
Umsatzanteil von mehr als 10 % ausmachen. Bei kleineren Kooperationen werden oft-
mals sog. Affiliate-Programme eingesetzt, die den Kooperationsprozess standardisieren
(Albers/Jochims 2003, S. 18 ff., s. Kapitel 3.4.1.5).

3.3.3.6 Cross-Channel-Kooperationen
Kanäle unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Stärken in den einzelnen Phasen des Kun-
denlebenszyklus bzw. ihrer funktionellen Eignung für die Bereiche Kommunikation, Dis-
tribution und Kundendienst. Online-Kanäle wie das Internet sind stets medial, während
Offline-Kanäle sowohl medial (wie Prospekte oder Zeitschriften) oder institutionell (wie
Warenhäuser oder Verkaufsaußendienste) sein können. Online- und Offline-Kanäle wer-
den zunehmend komplementär genutzt. Sowohl auf Unternehmens- als auch Konsumen-
tenseite verschmelzen Online- mit Offline-Aktivitäten. Die Integration von digitalen und
physikalischen Geschäftsprozessen wird in vielen Märkten zu einer treibenden Kraft. Än-
derungen im Kundenverhalten, insbesondere bezüglich Erwartungen und Bedürfnissen,
führen auf Kundenseite zunehmend zu einer komplementären Nutzung von Internet und
realer Welt: Zum einen werden verschiedene Produkte über verschiedene Kanäle erwor-
ben, zum anderen erwarten die Kunden, dass sie frei wählen können, über welchen Kanal
sie sich über ein Produkt informieren, den Händler kontaktieren, das Produkt kaufen sowie
es ggf. wieder umtauschen (Online-Käuferzufriedenheit; s. Kapitel 3.3.2.4).
Solche hybriden Kunden stellen sich für jede Kaufentscheidung einen individuellen Ka-
nalmix zusammen (Bachem 2002, S. 264). Um ihren Kunden genau dies zu ermöglichen,
müssen sich Unternehmen aus realen und digitalen Wirtschaft unweigerlich einander an-
nähern. Bei begrenzten Ressourcen rückt diese strategische Zusammenarbeit zunehmend
in den Fokus. Gleichzeitg spielen diese strategieschen Überlegungen auch bei Geschäfts-
modellen eine Rolle, wenn z. B. Startups aus der digitalen Welt mit großen Corporates aus
der realen Welt kooperieren wollen (Kollmann 2018b; Kollmann/Schmidt 2016, S. 137 f.).
Das Management beim elektronischen Verkauf 371

Geschäftsmodelle der Partner


Online Offline

Online-Kooperationen
Kanalnutzung durch die

Online
Partner

Offline

Offline-Kooperationen

Digitale Wirtschaft Reale Wirtschaft


Handelsebenen der Partner

Abb. 138: Möglichkeiten der Cross-Channel-Kooperation für E-Shop-Betreiber


Quelle: Kollmann/Häsel 2006, S. 3.

Traditionelle Unternehmen können durch die Zusammenarbeit mit E-Shop-Betreibern neue


Marktsegmente erreichen, ohne sich dabei abseits ihrer Kernkompetenzen zu bewegen
(Partner-Modell; s. Kapitel 3.1.2.3). Dem E-Shop-Betreiber wiederum ermöglicht eine der-
artige Kooperation den Zugang zur realen Welt. Das so entstehende Phänomen der Cross-
Channel-Kooperation (s. Abb. 138) basiert auf der kollaborativen Integration von Online-
und Offline-Geschäftsmodellen mit dem Ziel, durch ein Komplement von Kompetenzen
positive synergetische Effekte für die beteiligten Partner zu erzielen (Kollmann/Häsel
2006, S. 3; Kollmann/Häsel 2008; Kollmann/Häsel 2009). Die Cross-Channel-Koopera-
tion von amazon.de und Wal-Mart bspw. ermöglichte amazon.de eine Offline-Präsenz in
den Warenhäusern von Wal-Mart, während die Webseite der Warenhaus-Kette von der
Kundenakzeptanz des Online-Buchhändlers profitierte.
Basierend auf den von den Partnern eingebrachten Ressourcen lassen sich verschiedene
Cross-Channel-Kooperationsformen ableiten. Dabei ist allerdings zu beachten, dass es
sich keineswegs um diskrete Formen handelt, sondern vielmehr um die Bestandteile einer
kooperativen Cross-Channel-Strategie der beteiligten Partner. Diese werden in der Regel
mit hybriden Formen konfrontiert sein, in denen aus Kombination der generischen Formen
einhergehende Synergien ausgenutzt werden. Die im Folgenden beschriebenen Koopera-
tionsformen sind in Abb. 139 zusammenfassend dargestellt. Zusätzlich zu den Stärken
der Partner zeigt die Abbildung, inwiefern die verschiedenen Kooperationsformen die Ka-
nalfunktionen Kommunikation, Distribution und Kundenservice verbessern können. Durch
372 Die Grundlagen des E-Shop

Hinzunehmen der Faktoren Produkt und Preis wird gleichzeitig deutlich, welche Bau-
steine des Marketing-Mix der Partner durch die Zusammenarbeit beeinflusst werden.

Stärken Marketing Mix / Kanalfunktion Stärken


Partner der Digitalen Kommuni- Kunden- Partner der Realen
Produkt Preis Distribution
Wirtschaft kation dienst Wirtschaft

Cross-Media-Kommunikation
Digitale Klassische
Kommunikationskanäle Kommunikationskanäle

Virtuelle Produkte und Produkt- und Servicebündel Reale Produkte und


Dienstleistungen, Dienstleistungen,
Digitale Distributions- Cross- klassische Distributions-
Angebotserweiterung
und Servicekanäle Selling und Servicekanäle

Cross-Channel-Markenallianzen
Online-Marken Offline-Marken

Informationen über
Informationen über Cross-Channel-Customer-Relationship-Management Offline-Kundenverhalten,
Online-Kundenverhalten, Ressourcen zur
Internet Technologien Mass Kundenbindungsprogramme/
Herstellung und
zur Kundeninteraktion Customization gemeinsames Database Marketing Distribution
Point-of-Sales-Aktivitäten
Institutionelle Kanäle:
Kiosk-Terminals
Internet-Plattform Point-of-Sale und
Personal
Persönlicher Kundenkontakt

Abb. 139: Formen der Cross-Channel-Kooperation für E-Shop-Betreiber


Quelle: Kollmann/Häsel 2006, S. 57.

Eine Cross-Media-Kommunikation kann die Werbewirkung optimieren. Während digi-


tale Medien schnelle und umfangreiche Möglichkeiten zur Interaktion und Markenbil-
dung mit sich bringen, erzeugen Offline-Medien Aufmerksamkeit und wecken Interesse.
Im Rahmen einer Kooperation können die Partner dabei zudem wichtige, auch außerhalb
der eigenen Kanalreichweite liegende Zielgruppen erreichen. Interessant ist eine derartige
Zusammenarbeit insbesondere für E-Shops, die ihre Werbemaßnahmen verbessern kön-
nen, ohne dabei mit den hohen Werbekosten traditioneller Massenmedien konfrontiert zu
sein.
Durch eine Bündelung komplementärer Online- und Offline-Leistungen verfolgen die Part-
ner das Ziel, die Qualität der Bedürfnisbefriedigung auf Kundenseite zu erhöhen, insbeson-
dere bezüglich Verbraucherfreundlichkeit und Geschwindigkeit. Produkt- und Service-
bündel stellen zudem oft zusätzliche Distributionskanäle dar, die zu einer Rentabilitäts-
steigerung und Kostenreduktion führen (Cross-Selling; s. Kapitel 3.3.1.4). So könnte ein
Online-Reiseanbieter für seinen E-Shop bspw. mit einer Autovermietung kooperieren, die
den Kunden am Reiseort Mietwagen zur Verfügung stellt. Ferner bestehen im Produkt-
umfeld Möglichkeiten, die Kundenerwartungen zu übertreffen. Dies kann durch den Auf-
bau eines neuen Servicekanals geschehen, der auf einem existierenden digitalen oder in-
stitutionellen Kanal des Partners basiert. Beispiele sind durch den Online-Partner unter-
Das Management beim elektronischen Verkauf 373

stützte Internetdienste oder durch den Offline-Partner übernommene Dienstleistungen im


Logistikbereich, auf die Online-Shops wie amazon.de trotz ihrer rein internetbasierten
Geschäftsmodelle angewiesen sind.
Um ihren gemeinsamen Produktbündeln eine einzigartige Marktpositionierung zu ver-
schaffen, können etablierte Online- und Offline-Marken gemeinsam auftreten. Auch junge
E-Shops können über Produktbündel, die durch Cross-Channel-Markenallianzen ge-
stützt werden, eine Präferenz für ihr Basisprodukt erzeugen. Da eine Markenkommuni-
kation über traditionelle Massenmedien aus Kostengründen nicht in Frage kommt, stellen
Markenallianzen eine Chance dar, die Unternehmensmarke und das damit verbundene
Leistungsangebot auch Offline-Marktsegmenten vorzustellen.
Bei der Bildung von Online-Wettbewerbsvorteilen (s. Kapitel 3.3.3.2) spielen allerdings
zunehmend die Informationen eine Rolle, die ein Unternehmen zum Markt und seinen
(potenziellen) Kunden besitzt (s. Kapitel 3.3.2.1). Sowohl operative als auch strategische
Marketing-Entscheidungen sind zunehmend datenbankgestützt. Während E-Shops über
ihre Internetplattformen die dafür benötigten Kunden- und Nutzungsdaten mit nahezu kei-
nem zusätzlichen Aufwand sammeln können (s. Kapitel 3.4.2.2), muss der traditionelle
Einzelhandel für die Sammlung kundenindividueller Daten die Mediendiskontinuität zwi-
schen virtueller und realer Welt überwinden. Dies kann bspw. durch kartenbasierte Kun-
denbindungsprogramme á la Payback geschehen. Durch die damit verbundene Möglich-
keit der Kundenidentifikation kann das Kundenverhalten dann sowohl im realen Einzel-
handel als auch in E-Shops aufgezeichnet werden. Werden die sich ergänzenden Informa-
tionsressourcen der Kooperationspartner nun im Sinne eines Cross-Channel-Customer-
Relationship-Management dann zu einer gemeinsamen Datenbasis kombiniert, kann mit
Hilfe des daraus gewonnenen kanalübergreifenden Wissens ein wesentlich effektiveres
kundenindividuelles Marketing (One-to-One) erfolgen (s. Kapitel 3.4.2).
Neben Kommunikation, Distribution, Kundenservice und Preis kann im Rahmen eines
Cross-Channel-CRM auch das Produkt selbst kundenindividuell gestaltet werden. Das
Konzept der Mass Customization bzw. Customer Integration impliziert, dass der Kunde
signifikanten Einfluss auf den Wertschöpfungsprozess nimmt. Produkte bzw. Dienstleis-
tungen werden dabei mit Einbeziehung der individuellen Kundenbedürfnisse, aber gleich-
zeitig kosteneffizient produziert (Weiber/Hörstrup 2009). Durch die auf Internet-Techno-
logien basierenden Möglichkeiten zur Interaktion mit dem Kunden ergeben sich im Bereich
der Mass Customization neue Potenziale (Piller/Schoder 1999). Im Rahmen einer Cross-
Channel-Kooperation kann bspw. ein Portalbetreiber die interaktive Kundenschnittstelle
bilden, über die der Kunde das Produkt (z. B. ein T-Shirt mit individuellem Aufdruck) kon-
figurieren kann, während der traditionelle Produkthersteller über die für die Produktion und
Distribution benötigten materiellen Ressourcen verfügt (Kollmann/Häsel 2006, S. 73 f.).
Die bereits erwähnte Mediendiskontinuität zwischen virtueller und realer Welt überwin-
den viele Einzelhändler auch durch interaktive Kioskterminals, die die Vorteile des Inter-
nets ins Ladenlokal bringen. Im Rahmen gemeinsamer Point-of-Sale-Aktivitäten bietet
es sich für einen Händler an, die Terminals sowohl für die eigenen Angebote, als auch
374 Die Grundlagen des E-Shop

für die Online-Dienste eines E-Shops zu nutzen. Während der Händler sein Leistungsan-
gebot virtuell erweitert, seinen Kunden somit einen Mehrwert bietet und eventuell eine
Umsatzprovision erhält, dehnt der E-Shop-Betreiber sein Geschäftsmodell auf die Ebene
des Point-of-Sale aus. Die Verwendung von Terminals ist dabei keineswegs auf Händler
begrenzt. So könnten Hotelgäste in Zukunft bspw. über ein Terminal ein- und auschecken
und sich gleichzeitig über einen Reise-E-Shop um ihre Rückreise kümmern. Eine Zusam-
menarbeit am Point-of-Sale kann auch auf der Ebene des persönlichen Kundenkontakts
stattfinden. So können die Mitarbeiter des Partners den gemeinsamen Kunden in allen Pha-
sen des Kundenlebenszyklus betreuen. Diese Betreuung kann eine einfache Beratungsleis-
tung, aber auch eine direkte Distribution der virtuellen Produkte des E-Shops beinhalten.
Besondere Potenziale bieten institutionelle Kanäle auch in der Nachverkaufsphase. So kann
ein Internet-Händler über die Geschäftsstelle des Partners eine Umtauschmöglichkeit sowie
Reparatur-/Wartungsdienste für zuvor online erworbene Produkte anbieten.

3.4 Das Marketing beim elektronischen Verkauf


Die Marketingebene eines E-Shops befasst sich generell mit den Methoden der Kunden-
gewinnung, Kundenbewertung und Kundenbindung. Oberstes Ziel dabei ist die Errei-
chung und Zuführung der Online-Käufergruppe (s. Kapitel 3.3.2.1) für den E-Shop, sowie
die Ausschöpfung aller Umsatzpotenziale durch die Steigerung des Online-Absatzes der
Produkte oder Leistungen eines E-Shops. Gerade das Internet bietet vor diesem Hinter-
grund unzählige Möglichkeiten, potenzielle Online-Kunden mit „neuartigen“ Marketing-
Maßnahmen für ein (Online-)Produkt zu begeistern und deren Verkauf über einen E-Shop
zu fördern (Pohl/Weiber 2014). Allerdings steht das gesamte Online- aber auch traditio-
nelle Offline-Marketing für E-Shops anderen Rahmenbedingungen gegenüber (Billen/Wei-
ber 2007). Dazu zählen insbesondere die Möglichkeiten der Interaktivität (s. Kapitel 1.3.3)
und Individualität (s. Kapitel 1.3.4), die auf dem elektronischen Informationsaustausch
bzw. der digitalen Datenübermittlung beruhen (s. Kapitel 1.1 und 1.2). Es müssen daher
nicht nur neue Instrumente und Methoden für das Online-Marketing analysiert werden,
sondern auch deren vorteilhafter Einsatz für die elektronische Handelsebene in Bezug zu
den veränderten Umgebungsfaktoren. Somit ergeben sich folgende Lernziele für dieses
Kapitel:

„ Wie können im Rahmen der Online-Marktforschung relevante Informationen über die


(potenziellen) Online-Käufer gesammelt und für das Online-Marketing bei einem
E-Shop gesammelt werden?

„ Welche Instrumente und Methoden stehen für das Online-Marketing zur Kundenge-
winnung für E-Shops zur Verfügung?

„ Welche Rolle spielt das eBranding im Rahmen des Online-Marketings?


Das Marketing beim elektronischen Verkauf 375

„ Welche Instrumente und Methoden stehen dem E-Shop-Betreiber aufgrund der gesam-
melten Informationen für die Kundenbindung zur Verfügung?

„ Wie kann der E-Shop-Betreiber dabei insbesondere die Zufriedenheit und Loyalität
seiner Online-Käufer fördern?

Der Begriff Online-Marketing wird in der Regel für viele Bereiche netzbasierter Marke-
tingaktivitäten, meist aber weitgehend unreflektiert verwendet. Zur Erreichung eines an-
gemessenen Grundverständnisses ist es jedoch notwendig, den Begriff differenziert zu be-
trachten und die unterschiedlichen Definitionen zu erläutern. Dieses Vorgehen ermöglicht
die Betrachtung der Thematik aus unterschiedlichen Perspektiven. Als Ausgangspunkt
soll die in Kollmann (2013, S. 62) hergeleitete Definition herangezogen werden:

Unter Online-Marketing wird die absatzpolitische Verwendung elektronisch vernetz-


ter Informationstechnologien verstanden, um unter deren technischen Rahmenbedin-
gungen, die Produkt-, Preis-, Vertriebs- und Kommunikationspolitik mit Hilfe der in-
novativen Möglichkeiten der Online-Kommunikation marktgerecht zu gestalten.

Der Begriff „Online-Marketing“ beinhaltet dabei kein neues Marketingverständnis im


Vergleich zur traditionellen Definition von Marketing, da auch hier das Marketing „als
Führung des Unternehmens vom Markt her“ verstanden wird (Tiedke 2000, S. 80). Daher
steht auch hier die Befriedigung der Bedürfnisse und Wünsche der Konsumenten im Vor-
dergrund (Kotler 1995, S. 7). Ziel ist es, die Kunden so anzusprechen, dass sie einen kom-
parativen Vorteil für sich erkennen und eine Kaufhandlung vollziehen, die es möglichst
oft zu wiederholen gilt. Dadurch kann der sog. Customer-Lifetime-Value (CLV) abge-
schöpft werden. Der Unterschied zum traditionellen Marketing besteht jedoch im Hinblick
auf die eingesetzten Technologien und deren Rahmenbedingungen. Die Marketingin-
strumente nutzen hier die neuen Möglichkeiten der Online-Kommunikation über elekt-
ronisch vernetzte Informationstechnologien.
Einen zusammenfassenden Überblick über das Grundverständnis bietet das Schalenmo-
dell des Online-Marketings (Kollmann 2013, S. 64; Abb. 140). Vor diesem Hintergrund
stellt sich nun die Frage, wie die bestehenden Marketing-Grundsätze auf die neuen Medien
übertragen werden können. Generell lässt sich jedoch vorab schon feststellen, dass die
Ansätze der traditionellen Kommunikationsformen den neuen Möglichkeiten des Internets
nicht vollständig gerecht werden (Tiedke 2000, S. 90). Daher fällt unter Online-Marketing
nicht nur „die Übertragung des herkömmlichen Marketings auf Online-Medien“, sondern
auch „die Entwicklung neuer Techniken und Prinzipien zur Arbeit mit dem Kunden, die
ausschließlich auf Online-Dienste gestützt sind“ (Krause 2000, S. 337).
Insbesondere hinsichtlich des Marketing-Mix (Produkt, Preis, Distribution, Kommuni-
kation) lassen diese Entwicklungen die eindeutige Abgrenzung der Teilbereiche im Inter-
net nicht mehr zu, was eine definitive Zuordnung unmöglich macht. Die Teilbereiche nä-
376 Die Grundlagen des E-Shop

hern sich insbesondere durch die neu entstandenen Möglichkeiten der Virtualität, Multi-
medialität, Interaktivität und Individualität immer mehr an. Die zunehmende Konvergenz
bzw. Überlappung der Teilbereiche wird auch durch die synonyme Verwendung des Be-
griffs Online-Marketing unterstrichen. Einerseits wird der Begriff häufig mit reiner On-
line-Werbung im kommerziellen Kontext gleichgesetzt, wodurch das Online-Marketing
als Bezeichnung für eine spezielle Art der Kommunikation verwendet wird und sich daher
den kommunikationspolitischen Aspekt des Marketing-Mix beschränkt. Dieser Gebrauch
im engeren Sinne wird jedoch zunehmend von dem Gebrauch im weiteren Sinne abgelöst,
da das Verschwimmen der Grenzen zwischen den Teilbereichen nicht mehr nur die Be-
trachtung der Kommunikation zulässt, sondern vielmehr den gesamten Marketing-Mix
berücksichtigt. Daher muss das Online-Marketing immer im Zusammenhang mit allen
vier Elementen des Marketing-Mix analysiert werden, damit ein umfassendes und ubiqui-
täres Bild entsteht, das den tatsächlichen Gegebenheiten im Internet eher gerecht wird als
eine begrenzende Sichtweise der reinen Kommunikationspolitik (Kollmann 2013).

Rechnerleistung

Internet (E-Commerce) Mobilfunk (M-Commerce) ITV (T-Commerce)

Produkt- Vertriebs- Preis- Kommunikations-


politik politik politik politik
Digitalisierung

Datentransfer
Online-Marketing

E-Procurement, E-Shop, E-Marketplace, E-Community, E-Company

Virtualität Multimedialität Interaktivität Individualität

Vernetzung

Abb. 140: Das Schalenmodell des Online-Marketings


Quelle: Kollmann 2013, S. 64.

Betrachtet man jedoch den Begriff allein unter kommunikationspolitischen Aspekten, so


versteht man unter Online-Marketing die Platzierung von Werbebotschaften auf fremden
Webseiten, um möglichst viele Besucher direkt auf die eigene Webseite zu führen
(Hans/Hüser 2001, S. 106; Hermanns 2001, S. 110 ff.). Zielsetzung ist die Popularisierung
eines Internetangebots im Rahmen der klassischen Ansätze von werblichen Aktivitäten.
Daher steht die Domain des E-Shops als Kommunikationsgegenstand im Mittelpunkt des
Online-Marketings, und es werden meist kostenpflichtige Kommunikationskanäle (z. B.
Bannerplatzierung auf Trägerseiten, Schalten von Pop-ups) in Anspruch genommen. Da-
her ist das Online-Marketing auch mit einer Nutzenanalyse zu verbinden, um den Werbe-
erfolg per se nachvollziehen zu können (Turban et al. 2018, S. 371 f.).
Das Marketing beim elektronischen Verkauf 377

3.4.1 Die Kundengewinnung beim elektronischen Verkauf

Bei der Kundengewinnung drehen sich alle Maßnahmen um die Akquise von neuen Käu-
fern, die noch keinerlei oder nur wenig Kontakt und Informationen zu den angebotenen
Produkten und/oder zum Anbieter haben. Hierfür stehen eine ganze Reihe an Instrumenten
zur Verfügung, die im umgangssprachigen Gebrauch in der Regel mit dem Begriff „On-
line-Marketing“ gleichgesetzt werden, auch wenn sie sich eigentlich nur auf den Bereich
der Kommunikationspolitik beziehen. Grob lassen sich diese Instrumente in vier Berei-
che kategorisieren (Kollmann 2013, S. 183):

„ Suchmaschinen-Marketing

„ Display-Marketing

„ Community-Marketing

„ Direkt-Marketing

Leider sind diese Bereiche jedoch nicht immer trennscharf (z. B. das Platzieren eines Ban-
ners in einem sozialen Netzwerk), sodass im Folgenden besser direkt auf die einzelnen
Instrumente gesondert eingegangen wird. Ferner können die einzelnen Instrumente bzw.
Formen auch über die verschiedenen Plattformen der Digitalen Wirtschaft, also Internet,
Mobilfunk und Interaktives Fernsehen (ITV) angeboten werden, so dass sich die nachfol-
gende Darstellung (Kollmann 2013, S. 184) auf die grundsätzlichen Möglichkeiten kon-
zentrieren werden. Einen Überblick zu den einzelnen Instrumenten bietet Abb. 141.

Search-Engine-Optimization (SEO) Search-Engine-Advertising (SEA)

Search-Engine-Marketing (SEM)
Affiliate-Marketing

Online-Marketing Banner-Marketing
E-Mail-Marketing/ (Kommunikationspolitik)
Newsletter-Marketing
Internet Mobile ITV Video-Marketing

Couponing-Marketing
Social-Media-Marketing (SMM)

Viral-Marketing Guerilla-Marketing Influencer-Marketing

Abb. 141: Instrumente der Kommunikationspolitik im Online-Marketing


Quelle: in Anlehnung an Kollmann 2013, S. 184.
378 Die Grundlagen des E-Shop

3.4.1.1 Search-Engine-Marketing
Unter Search-Engine-Marketing (SEM) oder auch Search-Engine-Optimization (SEO)
versteht man in der Regel alle Maßnahmen, die für eine bessere Platzierung auf Ergebnis-
seiten der Suchmaschinen hilfreich sind (Lammenett 2017, S. 481). Hierzu zählen im Ein-
zelnen die Aufgaben einer Planung, Optimierung und Analyse des webseitenbezogenen
Contents für dessen verbesserte Erfassung durch die jeweilige Suchmaschine (Alpar/
Wojcik 2012, S. 389 ff.). Dabei stehen zwei Verbesserungsbereiche im Suchmaschinen-
Marketing zur Auswahl:

„ Organischer Bereich: In diesem Ergebnisbereich einer Suchmaschinenabfrage wer-


den die Webseiten gelistet, die aufgrund der durch die Suchmaschine automatisch
erfolgten Indizierung einen besonders hohen Zusammenhang zwischen Suchbegriff
und dem angebotenen Content aufweisen (unbezahlte Ergebnisse).

„ Nicht-Organischer Bereich (Paid Listings): In diesem Ergebnisbereich einer Such-


maschinenabfrage werden die Webseiten gelistet, die dafür bezahlt haben, bei be-
stimmten Suchbegriffen in diesen Bereichen bevorzugt angezeigt zu werden (be-
zahlte Ergebnisse).

Abb. 142: Die Nutzung von Suchmaschinen zur Kundengewinnung bei einem E-Shop
Quelle: www.google.de, in Anlehnung an Brettel/Heinemann 2006.
Das Marketing beim elektronischen Verkauf 379

Abb. 142 veranschaulicht diese Bereiche mit Hilfe eines Screenshots von einer Suche in
der derzeit wichtigsten Suchmaschine im Internet google.de. Suchmaschinen können für
die Ergebnisse im organischen Bereich binnen kürzester Zeit große Mengen an Dokumen-
ten durchsuchen und diejenigen herausfiltern, die zu einem bestimmten Suchwort passen.
Dies wird durch den Einsatz sog. Crawler ermöglicht, die große Teile des Internets erfas-
sen und die in den Dokumenten enthaltenen Wörter indexieren (Neuberger 2005). Der
Stellenwert dieser Art von Online-Marketing wird durch die Tatsache verdeutlicht, dass
ungefähr die Hälfte aller Kaufentscheidungen mit der Nutzung von Suchmaschinen be-
ginnen. Suchmaschinen werden somit zum ersten Anlaufpunkt für viele Kunden. Das
Suchmaschinen-Marketing wird daher auch oft als „Motor der Online-Werbung“ bezeich-
net (Breunig 2004). E-Shops sollten diese Möglichkeit nutzen, um interessierte Kunden
auf die eigene Webseite zu locken, um dadurch das Absatzvolumen und damit das Um-
satzvolumen zu erhöhen.
Wichtigstes Entscheidungskriterium bei den Kunden ist die Platzierung in der Ergeb-
nisliste. In der Regel wird den ersten drei Ergebnissen volle Aufmerksamkeit geschenkt,
weiter unten platzierte Ergebnisse verlieren hingegen an Bedeutung und werden oftmals
nicht angeklickt. Um das Potenzial des Suchmaschinen-Marketings effizient zu nutzen,
sollten sämtliche Bemühungen darauf verwendet werden, den Link zur eigenen Webseite
so weit wie möglich oben zu platzieren und z. B. bei der Suche nach bestimmten Key-
words als erstes aufzutauchen. Dies ist die Aufgabe der Search-Engine-Optimization
(SEO). Die SEO dient dazu, dass Werbetreibende ihren Internetauftritt hinsichtlich rele-
vanter Suchbegriffe für Suchmaschinen so optimieren, dass ihre Platzierung in der orga-
nischen Ergebnisliste verbessert wird. Dabei ist das Zusammenspiel zwischen kundenre-
levanten Suchbegriffen und dem darauf abgestimmten Content der eigenen Webseite
ebenso von entscheidender Bedeutung, wie die externe Verlinkung von anderen Websei-
ten auf den entsprechenden Content als Qualitätsmerkmal für die Relevanzerkennung
durch Dritte. Beides wird durch google.de gemessen und bestimmt das Ranking im orga-
nischen Bereich. Im Hinblick auf die mögliche Optimierung unterscheidet man entspre-
chend auch in On-Page-Optimierung (Gestaltung des eigenen Contents) und Off-Page-
Optimierung (Suchbegriff-relevante Links auf den eigenen Content).
Je nachdem, wie konkret der potenzielle Kunde weiß, wonach er suchen möchte, gibt er
mehr oder weniger konkret seine Stichworte in der Suchanfrage ein. Hat der potenzielle
Kunde nur vage Vorstellung von seiner Produktsuche (z. B. USA-Reise), kann die Suche
u. U. in einer Vielzahl von Shop-Vorschlägen enden. Hat er schon genaue Vorstellung, so
kann er detaillierte und konkrete Angaben machen (z. B. New York, 4-Sterne-Hotel,
Christmas-Shopping) und landet meist deutlich schneller bei einem passenden Angebot.
Berücksichtigt man also, dass der eigene E-Shop einerseits bei sehr allgemeinen Suchan-
fragen, aber auch bei sehr konkreten Anfragen gefunden werden muss, um eine erfolgs-
versprechende Kundengewinnung zu unterstützen, kann der Unternehmer das Registrie-
rungspotenzial seiner Webseite hinsichtlich der passiven Kundengewinnung auf drei Ar-
ten anheben (Brettel/Heinemann 2006; Düweke/Rabsch 2012, S. 491 ff.):
380 Die Grundlagen des E-Shop

„ Technische Eignung (On-Page): Zur Vermeidung von technischen Barrieren sollte


auf unnötige Frames verzichtet werden und eine möglichst einfache, statisch ausse-
hende URL-Struktur und eine nicht zu komplexe Verlinkung innerhalb der Webseiten
aufweisen. Auch die Verwendung von vielen Multimedia-Elementen kann das Über-
tragungsvolumen so weit erhöhen, dass der Kunde die lange Ladezeit der Webseite
nicht in Kauf nimmt.

„ Inhaltliche Eignung (On-Page): Zur Attraktivitätssteigerung der Ergebniseinträge


sollte der E-Shop mit seitenindividuellen Meta-Tags versehen werden. Die Menge
des verwendeten Contents einer Seite muss dabei sowohl in die Breite als auch in die
Tiefe gehen, damit die Keyword-Hierarchie und die Keyword-Dichte so umfangreich
wie möglich ist. Allerdings sollte vermieden werden, durch „Content-Doubling“ u.
U. Verwirrung zu stiften.

„ Externe Validierung (Off-Page): Die Möglichkeit, den eigenen Content mit Page-
Rank starken Webseiten zu verlinken, kann das eigene Ergebnis bei einer Suchanfrage
erhöhen. Auch die Verlinkung zu themenrelevanten Inhalten erhöht die Chance, über
andere Webseiten gefunden zu werden. Dieser Bereich hat durch Verlinkungen aus
traffic-relevanten sozialen Netzwerken wie Facebook massiv zugenommen.

Im Hinblick auf die konkreten Einflussfaktoren für den SEO-Bereich bietet das Unter-
nehmen moz.com einen hilfreichen Überblick (s. Abb. 143). Auf den ersten beiden Plätzen
stehen die Verlinkungsmetriken für die gesamte Webseite und für eine einzelne Seite. Dies
unterstreicht die Bedeutung von Verlinkungen im Allgemeinen für ein gutes Ranking im
organischen Ergebnisbereich von Suchmaschinen. Ein weiteres wichtiges Element ist die
richtige Keyword-Nutzung auf Seiten- und Domain-Ebene (Düweke/Rabsch 2012, S.
493). Es gibt in diesem Bereich einige Anbieter von sog. SEO-Software (z. B. seran
king.com), die einem eine umfangreiche Analyse der Sichtbarkeit der eigenen Webseite
bei Suchmaschinen wie bspw. google.de tagesaktuell ermöglichen und so Potenziale er-
kennen lassen, um ihr Ranking nachhaltig zu verbessern.
Neben dem organischen Bereich können aber auch Maßnahmen im nicht-organischen und
damit bezahltem Ergebnisbereich durchgeführt werden, um die eigene Sichtbarkeit zu er-
höhen. In diesem Fall spricht man vom sog. Search-Engine-Advertising (SEA) oder auch
Keyword Advertising. SEA ermöglicht es dem Werbetreibenden, durch bezahltes
Keyword Advertising sich so weit wie möglich oben innerhalb der bezahlten Suchergeb-
nisse zu platzieren (s. Abb. 142). Zu den Vorteilen dieser Variante zählen laut Keßler/
Rabsch/Mandić (2015, S. 346 ff.) u. a. der günstige Preis im Vergleich zu klassischen
Medien, die Reichweite insbesondere von google.de bei der Produktsuche durch die Inter-
netnutzer, die Schnelligkeit der Buchung von Werbeplätzen, die Flexibilität im Hinblick
auf die Anpassung der Keywords sowie die Messbarkeit durch die Registrierung von
Klicks auf das Werbemittel. Zu den Nachteilen zählen die gleichen Autoren insbesondere
die Auswahl der passenden Keywords und die notwendige Kenntnis über die genauen
Suchmechanismen bei der ausgewählten Zielgruppe.
Das Marketing beim elektronischen Verkauf 381

Domain-Level, Link Features 9,47

Page-Level keyword 8,76

Dwell time or long click metrics 8,66

Page is mobile friendly 8,64

Quantity of searches for this keyword 8,13

Page load speed 8,07

Use of responsive design 7,93

Relative CTR from Google SERPs 7,88

Uniqueness of the content on the page 7,87

Page supports HTTPS/SSL 7,84

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

Abb. 143: Relevanz von Einflussfaktoren auf das SEO


Quelle: Search Engine Ranking Factors 2018 (moz.com).

Grundsätzlich muss der Werbetreibende vor diesem Hintergrund zunächst passende Such-
begriffe (Keywords) identifizieren, die je nach Suchhäufigkeit und Relevanz zur Erstel-
lung einer „Keyword-Hierarchie“ genutzt werden. Im Anschluss können bei einer Such-
maschine wie z. B. bei google.de die vielversprechendsten Suchbegriffe gebucht werden
(Google AdWords), sodass bei deren Eingabe die eigene Anzeige sicher als „Werbung“
auf der ersten Seite erscheint (s. Abb. 142). Bei einigen Suchmaschinenanbietern muss
zunächst eine Aktivierungsgebühr entrichtet werden, damit die Anzeige überhaupt gezeigt
wird. Hinzu kommt oftmals noch eine Zusatzgebühr, die pro Klick gezahlt wird (Cost per
Click). Je öfter die Anzeige angeklickt wird, desto mehr muss für die Schaltung der An-
zeige gezahlt werden. Um unkontrollierte Ausgaben zu vermeiden, wird in der Regel ein
maximales Budget für die Anzeige veranschlagt, das z. B. innerhalb eines Monats nicht
überschritten werden darf. So wird der sog. Click Fraud zwar nicht vermieden, aber die
Kosten bleiben kalkulierbar. Als Click Fraud werden die Versuche der Konkurrenz be-
zeichnet, durch Anklicken der Anzeigen die Kosten für die Anzeigenschaltung in die Höhe
zu treiben und der Konkurrenz damit zu schaden. Die Click-Preise sind jedoch nicht im-
mer festgelegt. Daher findet in vielen Fällen eine „Versteigerung“ der Platzierungen statt,
bei der diejenigen Begriffe am höchsten platziert werden, für die E-Shops am meisten für
einen Click bezahlen wollen. Durch keyword- bzw. anzeigenspezifische Tracking Tools
382 Die Grundlagen des E-Shop

(sog. Webanalytics-Software) kann dann der Erfolg der Anzeige bei den gebuchten
Keywords kontinuierlich optimiert werden und z. B. durch Erhöhung der Click-Preise das
Ergebnis verbessern.
Ein ernstzunehmendes Problem beim Search-Engine-Marketing (SEM) im Allgemei-
nen ist die Tatsache, dass die Sucher in der Regel wirklich nur die ersten Ergebnisse an-
klicken und bei einer nicht zufriedenstellenden Suche, die Suche von Neuen beginnen und
eventuell andere Keywords eingeben. Somit ist der wirtschaftliche Nutzen dieser Art des
Marketings nur dann gegeben, wenn eine angemessene Platzierung stattfindet. Je mehr
Konkurrenz um einen bestimmten Suchbegriff herrscht (z. B. bei Begriffen wie „Fernse-
her“), desto schwieriger wird eine Platzierung im oberen Segment der Ergebnisse und
desto mehr muss der Werbetreibende dafür aufwenden, hier überhaupt eine realistische
Chance auf eine gute Platzierung zu haben. Daher wurde der Ruf nach Suchmaschinen-
Optimierung in der letzten Zeit immer lauter, da schon kleine Fehler eine schlechte Posi-
tionierung begründen können. Gleichermaßen hat sich aber der Konkurrenzkampf um gute
Platzierungen so verschärft, dass immer neue und unlautere Mittel (z. B. Index-Spam-
ming) gefunden werden, dieser Problematik entgegen zu treten (Lammenett 2017, S. 192).
Schon mit einfachen Mitteln können die Ergebnisse der Suchmaschinen manipuliert wer-
den. Das Spamming z. B. ist relativ simpel anzuwenden und wird daher von vielen „Laien“
genutzt, um das eigene Ranking zu verbessern. Dies geschieht durch die falsche Charak-
terisierung von Seiten in den MetaTags, z. B. durch die Verwendung von häufig gesuchten
Suchworten, die aber nichts mit dem tatsächlichen Content der Seite zu tun haben. Zusätz-
lich besteht die Möglichkeit, Seiten auch mehrfach bei einer Suchmaschine anzumelden
oder ganz bestimmte und viel verwendete Suchbegriffe immer wieder so in den Seitenin-
halt einzubauen, dass dadurch das Suchergebnis verbessert wird. Teilweise werden auch
externe Verlinkungen gekauft.
Ein weiterer Aspekt bei der Verwendung des Suchmaschinen-Marketings sind allgemeine
Qualitätsmerkmale der Suchmaschinen. Nicht nur die Relevanz der Treffer spricht für
die Qualität der Suchmaschine, sondern auch die Vollständigkeit der Ergebnisse (Grad der
Erfassung der Dokumente im Internet). Manche Bereiche sind im Internet nur schwer er-
fassbar und werden durch die Kapazitätsbegrenzung der Crawler oftmals vernachlässigt.
Darunter fallen insbesondere dynamisch generierte Seiten, Seiten mit Multimedia-Ange-
boten oder registrierungspflichtige Seiten (Neuberger 2005). Häufig werden auch Berei-
che vernachlässigt, die wenig populär sind und daher sehr selten nachgefragt werden. Da
aber auch solche Bereiche erfasst werden sollen, hat z. B. Google eine eigens für wissen-
schaftliche Artikel und Beiträge entwickelte Suchmaschine bereitgestellt (scholar.google
.de), die den Nutzern ermöglicht, gezielt nach diesen bisher unbeachteten Links zu suchen.
Außerdem werden neue Seiten meistens erst mit zeitlicher Verzögerung in die Indexierung
mit aufgenommen, wodurch manche Ergebnislisten diese neuen Seiten nicht anzeigen. Ein
weiteres Qualitätsmerkmal von Suchmaschinen ist zudem vor diesem Hintergrund die
schlichte, aber eindeutige Trennung von neutral generierten Trefferlisten und bezahlten
Ergebnissen (s. Abb. 142).
Das Marketing beim elektronischen Verkauf 383

Insgesamt betrachtet, sehen viele E-Shops die Vorteile der Nutzung von Suchmaschinen
also hauptsächlich in der Kundenakquise. Sie können aber auch als wertvolle Informati-
onsquelle für die Produktentwicklung dienen, da sie Aufschluss über Problem- bzw. Be-
dürfnishierarchien der potenziellen Kunden geben (Brettel/Heinemann 2006). Werden die
Informationen also systematisch und kontinuierlich ausgewertet, so kann die Neukunden-
gewinnung professionell optimiert und das Produktangebot ständig den sich verändernden
Bedürfnissen der Kunden angepasst werden.
Neben den traditionellen Suchmaschinen werden aber auch Produktsuchmaschinen von
den Kunden herangezogen. Produktsuchmaschinen können mit Hilfe intelligenter Soft-
wareagenten das gesamte Internet vollautomatisch z. B. nach Produktnamen, Preis, Farbe
etc. durchforsten. Teilweise erlauben die Suchdienste auch eine manuelle Eingabe von Pro-
duktinfos von Seiten des Händlers. Die Nutzung dieser Suchmaschinen war in der Vergan-
genheit in der Regel kostenlos und finanzierte sich durch die Einblendung von Werbung
und Anzeigen, mittlerweile existieren aber auch vermehrt kostenpflichtige Angebote
(z. B. bei Google Shopping). Potenziellen Kunden wird es mit Hilfe dieser Art von Such-
maschinen leicht gemacht, Produkte zu vergleichen. Insbesondere der Vergleich von Prei-
sen wird im Internet gerne genutzt, da sich die Käufer einerseits vor einem Produktkauf
vergewissern wollen, dass sie nicht zu viel bezahlen, auf der anderen Seite können sie
aber auch über direkte Links zu dem Shop mit dem günstigsten Angebot gelangen. Aus
diesem Grund haben sich auch viele spezielle Preissuchmaschinen etabliert, z. B. guens-
tiger.de, billiger.de oder check24.de, die sich teilweise sogar auf bestimmte Produkte kon-
zentrieren (z. B. verivox.de auf Tarife oder stromsparer.de auf Strom). Für eine optimale
Ausschöpfung der Funktionsfähigkeit solcher Produkt- und Preissuchmaschinen lohnt es
sich für Shopbetreiber, sich allgemeinen Standards, z. B. hinsichtlich der Produktbe-
schreibung (s. Kapitel 3.3.1.1), anzuschließen, da so das Heranziehen von Informationen
für die Suchmaschinen wesentlich erleichtert wird und das eigene Angebot in möglichst
vielen Ergebnislisten auftauchen kann. Über die herausragende Stellung von Such- und
Preissuchmaschinen hinaus hat der E-Shop-Betreiber aber auch noch weitere Möglichkei-
ten für die aktive Kundengewinnung. Dabei steht folgende Frage im Mittelpunkt: Was soll
wie und an wen mit welchen Methoden kommuniziert werden? Dazu helfen zunächst Er-
kenntnisse aus dem klassischen Online-Display-Bereich, um anschließend die Auswahl
der geeigneten Instrumente vorzunehmen.

3.4.1.2 Banner-Marketing
Das Banner-Marketing beschreibt eine Werbeform im Online-Marketing, die gezielte
Werbebotschaften auf unternehmensfremden Seiten platziert, um darüber Kunden auf die
eigene Seite zu lenken. Die Werbebotschaften sind hierbei immer in Form von sog. Ban-
nern erstellt. Oberstes Kriterium für die Wahl dieser Werbeform ist die Frage nach dem
richtigen Werbepartner, also der Seite, auf der das Banner geschaltet werden soll. Erst
wenn Partner mit z. B. themenrelevanten Seiten oder anderweitig passenden Seiten aus-
gewählt werden, steigt die Effizienz dieser Werbeform. Beispielsweise wäre die Schaltung
384 Die Grundlagen des E-Shop

eines Banners für einen E-Shop, das Babykleidung verkauft, auf der Webseite der Zeit-
schrift „Eltern“ wesentlich erfolgsversprechender als wenn das Banner auf einer Commu-
nity-Plattform für Heavy-Metall Fans platziert wird. Der Bezug zum beworbenen Produkt
oder dem angebotenen Service sollte in der Regel klar erkenntlich sein oder zumindest für
den Besucher nachvollziehbar und nicht absurd erscheinen. Die Kosten für eine Banner-
schaltung hängen meistens von der Click-Through-Rate des Banners oder dem Tausen-
der-Kontaktpreis (TKP) ab. Bezahlt wird also pro Anklicken des Banners oder respektive
pro tausend Besucher der Webseite auf der das Banner geschaltet ist (egal ob diese das
Banner anklicken oder nicht). Ein weiteres Kriterium beim Banner-Marketing ist die Frage
nach der Funktionalität, dem Erscheinungsbild und der Größe des Banners (Lammenett
2017, S. 72 und S. 295). Die Größe des Banners ist oftmals individuell auswählbar und je
nach Partner unterschiedlich platzierbar. Es gibt jedoch sechs Bannergrößen, die von der
European Interactive Advertising Association (EIAA) als gängige Formate festgelegt wur-
den, um die anfallenden Kosten für die Medienerstellung, Verwaltung und Buchung von
Werbeplätzen vergleichbarer und transparenter zu machen. Diese Standardisierung er-
leichtert die Einbettung der Banner in das Seitenlayout der Werbepartner und ermöglicht
somit die seitenübergreifende Gestaltung von Werbemitteln für Werbetreibende. In Abb.
144 werden die gängigsten Formate abgebildet: Fullsize-Banner (468 x 60 Pixel), Rec-
tangle (180 x 150 Pixel), Medium Rectangle (300 x 250 Pixel), Skyscraper (120 x 600
Pixel), Wide Skyscraper (160 x 600 Pixel).

Fullsize-Banner ...............................................................
(468 x 60 Pixel) ......................................................................
......................................................................
......................................................................
...............................................................
............. ......................................................................
...................................................................... ......................................................................
...................................................................... ......................................................................
Sky- Wide Sky-
...................................................................... ......................................................................
scraper scraper
Medium Rectangle
...................................................................... ......................................................................
(120 x 600 (160 x 600
(300 x 250 Pixel)
...................................................................... ......................................................................
Pixel) Pixel)
...................................................................... ......................................................................
...................................................................... ......................................................................
...................................................................... ......................................................................
...................................................................... ......................................................................
Rectangle
............................................................... ...................................
(180 x 150 Pixel)

Abb. 144: Die Schaltung von Bannern auf der Webseite


Quelle: in Anlehnung an Lammenett 2017, S. 295 ff.

Andere Einteilungen unterscheiden in Full-Banner, Super-Banner, Expandable Banner,


Rectangle, Skyscraper und Flash Layer und beschreiben auch Sonderwerbeformen
(XHTML, Streaming-Ads, Wallpaper, Interstitials) oder Premium-Ad-Packages wie
Das Marketing beim elektronischen Verkauf 385

Pushdown-Ads, Maxi-Ads, Banderole-Ads oder Halfpape-Ads (Alpar/Wojcik 2012, S.


116 f.). Die Funktionalität (statische Banner, animierte Banner) ist in der Regel davon
abhängig, welche Programmiersprache zur Erstellung des Banners benutzt wird (HTML,
DHTML, Flash, Gif etc.), um die entsprechenden Funktionen zu ermöglichen. Die fol-
gende Liste bietet einen Überblick über die am häufigsten verwendeten Banner-Arten
(Lammenett 2017, S. 295):

„ Statische Banner: Diese Banner werden in der Regel in den gängigen Grafikforma-
ten erstellt und verweisen durch eine Verlinkung auf eine andere Webseite (Hyper-
link). Die Aufmerksamkeit der User muss dabei lediglich durch ein statisches Bild
erwirkt werden, wodurch die Übermittlung der Werbebotschaft erschwert wird. Sta-
tische Banner werden in manchen Fällen auch als Fake-Banner eingesetzt.

„ Fake-Banner: Fake-Banner werden gerne dazu eingesetzt, die sog. Click-Through-


Rate zu erhöhen. Sie werden selten als Werbung erkannt, da sie entweder so in die
Seite eingebettet werden, dass sie vom echten Content der Seite nicht zu unterschei-
den sind, oder sie täuschen eine Systemmeldung vor, die den User dazu bewegen soll
z. B. auf „Abbrechen“ oder „OK“ zu klicken. Alle Felder sind dann in der Regel nicht
wirklich funktionsfähig und verbinden den User direkt mit der Seite des Werbeträ-
gers.

„ Animierte Banner: Eine neuere Form der Bannerwerbung ist der Einsatz animierter
Banner, die durch die technologische Weiterentwicklung des Internets ermöglicht
wird und als Weiterführung der statischen Banner verstanden werden. Durch die Ani-
mation bestimmter Bilder oder Grafiken wird eine Bewegung vermittelt, die die Auf-
merksamkeit der User auf das Banner lenken soll. Normalerweise werden diese ani-
mierten Banner durch die Hinterlegung von Einzelbildern ermöglicht, die in Sequen-
zen hintereinander abgebildet werden. Auch wenn diese Banner zum „Eye-Catcher“
der Seite werden und kreatives Potenzial für die Vermittlung der Werbebotschaft bie-
ten, ist hier keine weitere Interaktivität außer dem Anklicken des Banners möglich.

„ Mouse-Over-Banner: Mouse-Over-Banner bewegen sich analog zu den Bewegun-


gen des Mouse-Anzeigers. Fährt die Maus über das Banner so verändert es seine
Form. Innerhalb dieser Bannerart gibt es unterschiedliche Variationen, wie z. B. Con-
fetti-Banner oder Explosion-Banner. Das Prinzip ist jedoch immer dasselbe.

„ Flying Banner: Flying Banner bewegen sich beim Neuaufbau einer Seite über den
gesamten Bildschirm, um dann an einem vordefinierten Platz zu verharren.

„ Interaktive Banner: Interaktive Banner ermöglichen es dem User, Aktionen inner-


halb des Banners auszuführen. Dazu zählen z. B. Schaltflächen, Steuerungsknöpfe,
Hyperlinks oder integrierte Pull-Down-Menüs. Betätigt nun ein User eine der Schalt-
flächen, so lassen sich bestimmte Werbebotschaften ein- und ausblenden (Rollout-
Banner, Curtain-Banner bzw. Content Ad).
386 Die Grundlagen des E-Shop

„ Nanosite-Banner: Nanosite-Banner sind im Prinzip voll funktionsfähige Webseiten


in Größe eines Banners. Somit ist es möglich, sämtliche Funktionen z. B. eines E-
Shops in diesem Banner anzubieten, damit der User die eigentliche Webseite nicht
verlassen muss. Die Programmierung dieser Banner ist in der Regel sehr aufwendig
und erfordert spezielles Know-how. Daher ist der Gebrauch dieser Banner eher ge-
ring.

„ Transactive-Banner: Transactive-Banner ermöglichen noch mehr Interaktivität als


Nanosite-Banner und ermöglichen sogar einzelne Transaktionen innerhalb des Ban-
ners, wie z. B. das Bestellen von Produkten, Katalogen oder Ähnliches.

„ Scratch-Banner: Der Scratch-Banner wurde nach dem Vorbild des klassischen Rub-
belloses konzipiert. Dabei wird ein Teil des Bildes (Banners) verdeckt und muss vom
User durch das Bewegen der Maus freigerubbelt werden.

„ Curtain-Banner: Curtain-Banner sind direkt in den Content einer Webseite integriert


(daher auch Content Ad genannt) und werden somit nicht immer unmittelbar als Wer-
bung wahrgenommen. Besteht eine inhaltliche Verbindung mit dem Text, so lassen
sich diese Banner redaktionell in den Content einbinden und erhöhen dadurch die Re-
levanz der Werbebotschaft. Mittels eines Steuerungsknopfes lässt sich das Banner
dann nach Belieben ein- und ausrollen.

„ Rollout-Banner: Rollout-Banner rollen sich über den Content einer Seite aus, sind
aber im Gegensatz zum Curtain-Banner im Ad Frame (definierter Werbebereich im
Layout einer Seite) verankert und daher meistens deutlich als Werbung erkennbar.

„ Rich-Media-Banner: Bei dieser Art Banner werden Multimedia-Elemente in das


Banner eingebunden, um so die Interaktivität aber auch die Attraktivität der Werbe-
inhalte zu erhöhen. So können z. B. Videos oder Musikstücke integriert werden.

„ Streaming-Banner: Ein Streaming-Banner ist ein kleiner Werbespot, der z. B. als


Bestandteil in einem Bannerformat gezeigt wird. Streaming bezieht sich hierbei auf
die eingesetzte Technologie, die es ermöglicht, Film- und Audiodaten ohne längere
Downloads abzuspielen.

„ Pop-Up-Banner: Dieses Banner kann in der Regel eine beliebige Größe haben und
technisch entweder statisch, animiert oder interaktiv sein. Wichtigstes Merkmal die-
ses Banners ist das Öffnen eines neuen Browserfensters. Pop-Ups überlappen die
Hauptseite mit einem neuen Fenster, dass ausschließlich Werbung enthält. Durch die
Entwicklung sog. Pop-Up-Blocker ist diese Werbeform bei E-Shops jedoch nicht
mehr so beliebt.

„ Pop-Under-Banner: Pop-Under-Banner sind im Prinzip eine modifizierte Form des


Pop-Up-Banners. Auch wird ein neues Browserfenster geöffnet, dass sich allerdings
Das Marketing beim elektronischen Verkauf 387

nicht vor, sondern hinter die Hauptseite legt (meist unbemerkt) und dann erst beim
Schließen der Hauptseite bemerkt wird.

„ Sticky Ads: Sticky Ads bezeichnen Anzeigen, die sich beim Scrollen nicht mitbewe-
gen und daher immer an derselben Stelle im Sichtfenster bleiben. Die Anzeige ist also
quasi der Hauptseite vorgelagert und kann daher wichtige Content Bereich überde-
cken. Daher werden diese Banner vom User oft als sehr störend empfunden und meis-
tens direkt geschlossen.

„ Interstitials: Interstitials sind Werbeanzeigen, die beim Wechseln einer Seite zwi-
schengeschaltet werden, um die Wartezeit beim Aufbau der neuen Seite dazu zu nut-
zen, die Aufmerksamkeit des Users zu erreichen. Dabei kann der Wechsel zwischen
den seiten auch bewusst verzögert werden, um diese Werbeform möglich zu machen.

Explizite Werbewirkung

Kontakt Mediatoren

Kurzzeitgedächtnis Awareness

Transfer Relevant Set

Involvement
Display- Aufmerksamkeit Kaufent-
Preis
Werbung scheidung
Relevanz

Langzeitgedächtnis Image

Integration Verhalten

Implizite Werbewirkung

Abb. 145: Explizite und implizite Werbewirkung von Online-Bannern (Displays)


Quelle: Bundesverband Digitale Wirtschaft e.V. 2011, S. 23.

Eine große Diskussion im Zuge der Banner-Schaltung ist die Frage, ob und inwieweit nur
die reine Einblendung (implizite Wirkung für spätere Kaufentscheidung) oder der tatsäch-
liche Klick (explizite Wirkung für direkten Werbeerfolg) auf den Banner entscheidend für
den Werbeerfolg ist. Laut dem OVK Online-Report 2011/01 des Bundesverbands Digi-
tale Wirtschaft e.V. (2011, S. 23) wurde „die explizite, also die unmittelbare und bewusste
Wirkung von Displaywerbung im Internet bereits in verschiedenen Studien nachgewiesen
und ist mittlerweile standardbestandteil jeder Mediastrategie“. Aber auch die implizite
Wirkung wurde in der hier zitierten OVK Werbewirkungsstudie 2010 belegt (s. Abb. 145).
388 Die Grundlagen des E-Shop

Letztendlich wird der Werbetreibende vor diesem Hintergrund selbst entscheiden müssen,
wie er wo und mit welchem Abrechnungssystem er die Werbe-Banner einsetzen möchte.
Eine weitere große Thematik in diesem Zusammenhang ist das zunehmende Aufkommen
von sog. Adblockern. Diese „blockieren“ die Anzeige jeglicher Banner auf einer Web-
seite zum Vorteil der Nutzer und zum Nachteil der werbetreibenden Unternehmen. Hin-
tergrund ist die steigende Anzahl von Banner-Schaltungen im Internet, welche beim Kun-
den eine Reizüberflutung auslösen können (OVK-Report für digitale Werbung 2018/02,
S. 7). Dadurch ist dem Nutzer teilweise nicht mehr möglich sich auf die eigentlichen In-
halte der Webseite zu konzentrieren. Unternehmen müssen sich daher überlegen, in wel-
chem Ausmaß Banner-Werbung eingesetzt werden soll (Furth 2018).

3.4.1.3 Video-Marketing
Video-Marketing setzt insbesondere am Baustein „Multimedia“ an und repräsentiert die
Darstellung von Videobotschaften auf der eigenen Webseite oder anderen Internetpräsen-
zen (Keßler/Rabsch/Mandić 2015, S. 812). Das Präsentationsformat wurde in den letzten
Jahren vorrangig durch den Anstieg von Breitbandverbindungen begünstigt (Alpar/
Wojcik 2012, S. 298). Erst dadurch wurden die Ladezeiten so weit reduziert, dass eine
komfortable Nutzung dieses Marketingformates erst möglich wurde. Im Hinblick auf die
verschiedenen Nutzungsformen kann neben der Grundeinteilung in Produktvideos (PV)
und Unternehmensvideos (UV) auch noch zwischen folgenden (Teil-)Formaten unter-
schieden werden (Keßler/Rabsch/Mandić 2015, S. 817 f.):

„ Produktvideo (PV): Im Mittelpunkt stehen das Produkt und seine übergeordnete


Funktionsweise. Ausgangsbasis kann ein typischer TV-Spot sein, der auch im Internet
verwendet wird oder aber eine Eigenproduktion, die mehr die konkrete Handhabung
in den Mittelpunkt rückt.

„ PV-Screencasts: In dieser besonderen Form eines PVs geht es um die Darstellung


von konkreten Gebrauchsanweisungen, Abläufen und Anwendungen. Ein typisches
Beispiel ist die Erläuterung der Softwareinstallation.

„ PV-Webisodes: Hier werden die einzelnen Abschnitte eines Produktvideos in Teil-


oder Einzelfolgen zerlegt, die einen Gesamtzusammenhang repräsentieren. Durch die
Unterbrechungen besteht die Möglichkeit, interaktive Handlungen seitens des Nut-
zers zuzulassen.

„ PV/UV-Explainer: Diese Videoform erklärt oftmals in animierter Form das grund-


sätzliche Geschäftsmodell, welches hinter einem Produktangebot liegt (s. Abb. 146).
Damit wird dem Nachfrager in der Regel zwischen zwei und drei Minuten ein kom-
plexer Zusammenhang mit Fokus auf das Wesentliche erklärt, um was es bei einer
Webseite/einem Angebot überhaupt geht. Diese Form stellt oftmals den Übergang
zum klassischen Unternehmensvideo dar.
Das Marketing beim elektronischen Verkauf 389

„ Unternehmensvideo (UV): Hierbei handelt es sich um Imagefilme, die ein Unter-


nehmen und/oder dessen E-Shop auf der emotionalen Ebene präsentieren und den
Gesamtumfang der angebotenen Leistungen widerspiegelt.

„ UV-Newschannel: In diesem meist regelmäßigen Format werden die News zu einem


Unternehmen und/oder seiner Branche bzw. seinen E-Shop-Produkten in einem Vi-
deo präsentiert. Dabei kommen in der Regel reale aber auch virtuelle Moderatoren
(sog. Avatare) zum Einsatz, die durch die Sendung führen.

Um auch nicht bewegten Bildern den Zugang zum Videoformat zu ermöglichen, besteht
auch die Möglichkeit, dass Fotos zu Videos konvertiert werden. Anbieter wie mynd.com
bieten hierfür die entsprechenden Tools im Netz an. Im Hinblick auf die Verwendung der
Videos bieten sich eine ganze Menge an Kanälen an, die sich neben der eigenen Webseite
auf die zahlreichen Videoportale wie youtube.de beziehen. Auch in soziale Netzwerke wie
facebook.com können Videos direkt hochgeladen werden. Ziel des Einsatzes eines Video-
Marketings ist die generelle Schaffung von Aufmerksamkeit, Emotionalität und Reich-
weite. Dafür sollte neben einem interessanten Inhalt, der passenden Dauer, der optimalen
technischen Wiedergabe mit passender Tonqualität auch auf den abschließenden Call-to-
Action geachtet werden, bei dem der Betrachter zu einer Handlung aufgerufen wird (z. B.
das Aufrufen einer Webseite über die Einblendung einer URL; Keßler/Rabsch/Mandić
2015, S. 518).

Abb. 146: Das Beispiel eines Explainers auf der Webseite von Wimdu
Quelle: www.wimdu.de
390 Die Grundlagen des E-Shop

3.4.1.4 Social-Media-Marketing
Ein soziales Netzwerk (E-Community) oder auch Social Media Network genannt, steht
allgemein als Begriff für die organisierte Kommunikation innerhalb eines elektronischen
Kontaktnetzwerkes und damit für die Bereitstellung einer technischen Plattform für die
Zusammenkunft einer Gruppe von Individuen, die in einer bestimmten Beziehung zuei-
nander stehen bzw. zueinander stehen wollen (s. Kapitel 5). Diese Beziehung kann thema-
tisch durch die Kommunikationsinhalte, aber auch über den sozialen oder beruflichen Sta-
tus der Community-Teilnehmer bestimmt werden. Im Mittelpunkt stehen dabei jedoch im-
mer die soziale Interaktion und damit der Austausch selbst geschaffener entweder inhalt-
lich oder personenbezogener Informationen (sog. User-generated Content). Entspre-
chend weisen die Individuen gemeinsame Bindungen im Hinblick auf Interessen, Ziele
oder Aktivitäten auf und besuchen zumindest zeitweise einen gemeinsamen Ort (Mühlen-
beck/Skibicki 2008, S. 17).

Abb. 147: Das Beispiel einer Fanpage bei Facebook für Lufthansa
Quelle: www.facebook.com/lufthansa
Das Marketing beim elektronischen Verkauf 391

Im Fall der E-Community stellt dieser gemeinsame Ort eine elektronische Plattform, ins-
besondere im Internet, aber verstärkt auch im Mobilfunk-Bereich dar, über die die Indivi-
duen über einen längeren Zeitraum und wechselseitig miteinander kommunizieren (Tietz
2007, S. 20). Diese Kommunikation ist dabei insbesondere geprägt von dem asynchronen
und ortsunabhängigen Charakter des elektronischen Informationsaustausches (Mühlen-
beck/Skibicki 2008, S. 17). Die Möglichkeiten hinsichtlich der Form und des Inhalts der
Kommunikation sind dabei mehr oder weniger grenzenlos (Markus 2002, S. 26). Als
elektronisches Kontaktnetzwerk dient die E-Community ihren Mitgliedern insbesondere
in zweierlei Richtung: Zum einen soll der Informations- und Kommunikationsaustausch
zwischen bereits einander bekannten aber auch unbekannten Teilnehmern unterstützt wer-
den, zum anderen soll das entstehende Beziehungsgeflecht zwischen den Teilnehmern mit
Hilfe elektronischer Funktionen verwaltet und gepflegt werden können (s. Kapitel 5). Die
Unterstützung dieser beiden Aspekte durch die Plattform und dessen Betreiber(n), erfolgt
dabei im Normalfall auf der Grundlage gemeinsamer Regeln, Werte und Normen (Tietz
2007, S. 20), die in den Teilnahmebedingungen bestimmt werden. Zu den bekanntesten
Vertretern eines sozialen Netzwerkes zählen sicherlich facebook.com, youtube.com oder
twitter.com (Bernecker/Beilharz 2012, S. 22; Safko 2012). Das Social-Media-Marketing
(SMM) beschreibt entsprechend den Einsatz von Marketingaktivitäten in bzw. über sozi-
ale Netzwerke unter besonderer Berücksichtigung der interaktiven Kommunikation und
Weitergabe von Inhalten zwischen den einzelnen Mitgliedern der E-Community.
Durch die Nutzung von Angeboten aus dem Social-Media-Marketing, wie z. B. soziale
Netzwerke, Videoportale oder Communities für Marketingzwecke, ist es möglich, eine
große Zielgruppe anzusprechen. Die dabei stattfindende Interaktion namhafter Marken so-
wohl mit ihren Fans als auch mit ihren Kritikern in sozialen Medien wird mitunter auch
als Netzwerk- oder Mitmach-Marketing bezeichnet (Kilian 2011, S. 62). Der Energy-
Drink-Hersteller RedBull bringt es bei Facebook schon auf 48,9 Mio. Fans und gehört
neben Coca-Cola (108 Mio.), Dell (11,6 Mio.), Adidas (34,4 Mio.), BMW (20,2 Mio.) oder
Lufthansa (3,6 Mio.; s. Abb. 147) zu den Unternehmen, die sehr intensiv auf diese Form
des Online-Marketings setzen (Stand 07/2018). Sie zeigen damit dort Präsenz, wo sie Kun-
den besonders leicht an sich binden und kontinuierlich erreichen können, denn Internet-
nutzer verbringen bereits einen signifikanten Anteil ihrer gesamten Online-Zeit in sozialen
Netzwerken (Zarrella 2012, S. 5). So wird hier fleißig über das Produkt, die Firma, even-
tuell auch einzelnen Mitarbeiter, den Service und Kampagnen diskutiert. Die „Freunde
und Fans“ werden somit Teil der Unternehmenskommunikation mit einem direkten Feed-
back und einer direkten Einbindung (Kollmann/Tanasic 2012). Im Hinblick auf die ver-
schiedenen Möglichkeiten eines Einsatzes von Maßnahmen im Social-Media-Marke-
ting werden in der Literatur eine ganze Reihe an Instrumenten, Formen und Arten be-
schrieben (Bernecker/Beilharz 2012, S. 225 ff.; Keßler/Rabsch/Mandić 2015, S. 723 ff.;
Alpar/Wojcik 2012, S. 314 ff.; Kreutzer 2018, S. 374 ff.):

„ Social-Media-Buttons: Hierbei werden auf der eigenen Webseite community-bezo-


gene Icons mit den Symbolen der jeweiligen sozialen Netzwerke eingebaut, mit deren
392 Die Grundlagen des E-Shop

Hilfe (= einfacher Click auf Icon) der zugehörige Content vom Webseitennutzer di-
rekt in die sozialen Netzwerke übertragen werden kann. Dadurch, dass diese Weiter-
gabe durch den Webseitennutzer und damit einer unternehmensexternen Person er-
folgt und als persönliche Referenz im sozialen Netzwerk auftaucht, wird dort eine
höhere Glaubwürdigkeit erzeugt als über standardisierte (Online-)Werbemaßnahmen
des Unternehmens selbst.

„ Social-Media-Profile: Hierbei bauen die Unternehmen bzw. E-Shops eigene Präsen-


zen in den sozialen Netzwerken auf, über die sie sich mit Kunden und interessierten
Marktteilnehmern vernetzen. Dies kann dann über eine Fanpage bei facebook.com
(s. Abb. 147) ebenso umgesetzt werden wie mit einem Videochannel bei youtube.com
oder einem twitter.com-Kanal im Rahmen des Microblogging. Damit verbunden ist
die Hoffnung, dass die am Profil angeschlossenen User die eingestellten Inhalte direkt
und unmittelbar innerhalb des sozialen Netzwerkes weitergeben und somit weitere
Reichweite für das Unternehmen bzw. den E-Shop erzeugen. Dazu werden meist sys-
temimmanente Funktionen wie der „Like-Button“ oder die „Teilen-Funktion“ im Bei-
spiel bei facebook.com genutzt.

„ Social-Media-Ads: Hierbei werden spezielle Werbeanzeigen oder speziell zuge-


schnittene Kampagnen (Hilker 2010, S. 164) in sozialen Netzwerken gebucht bzw.
platziert, die wie bei facebook.com direkt neben der sog. Timeline oder wie bei you
tube.com als „Einspieler“ vor dem eigentlichen Video platziert werden. Die Ads rufen
dabei die Mitglieder auf, sich mit dem dahinterstehenden Profil zu vernetzen und da-
mit den Newsstream zu abonnieren oder direkt eine Webseite aufzurufen. Die Beson-
derheit im Gegensatz zu der normalen Display-Werbung mit Hilfe von Bannern im
offenen Web liegt in der Tatsache, dass die Einblendung unmittelbar mit den Interes-
sen der Netzwerkmitglieder über deren Angaben im eigenen Profil oder über deren
Nutzungsverhalten innerhalb der sozialen Gemeinschaft verbunden werden. Dadurch
wird der Streuverlust einer Werbemaßnahme reduziert und die Einblendungen kön-
nen zudem vom Werbetreibenden zielgruppengenau durch Vorgaben von Interessen
bei den Nutzern gesteuert werden.

„ Social-Media-Content: Hierbei handelt es sich um die sog. Postings eines Unterneh-


mens bzw. eines E-Shops innerhalb seines Social-Media-Profils (analog sind es sog.
Tweets bei twitter.com oder Videouploads bei youtube.com usw.). Diese Inhalte wer-
den entweder durch die Überspielung von News mit Hilfe von RSS-Feeds von Web-
seiten oder Blogs automatisch erzeugt oder aber eigenständig eingestellt. Die Inhalte
können sich dabei auf textliche Informationen, Links oder aber auch Bilder, Videos
oder spezielle Tools beziehen. Entscheidend ist die Aufbereitung der Inhalte und je
persönlicher und eigenständiger diese sind, umso mehr werden sie von den ange-
schlossenen Nutzern weitergegeben oder kommentiert.
Das Marketing beim elektronischen Verkauf 393

„ Social-Media-Interaktion: Hierbei handelt es sich um den Dialog mit den ange-


schlossenen Nutzern über den oder mit Hilfe des eingestellten Contents. Hierfür wer-
den entweder spezielle Tools angeboten oder der Dialog erfolgt über die Kommentar-
Funktion (Ahlers 2008, S. 96), die in der Regel mit jedem Posting verbunden ist. Da-
bei kann der Unternehmensvertreter bzw. E-Shop-Betreiber als Admin der Seite in
den persönlichen Kontakt mit dem kommentierenden Nutzer treten und entweder di-
rekt über die offene Kommentar-Funktion (für alle sichtbar) oder aber eine geschlos-
sene PM (Private Message; nur für Adressaten sichtbar) antworten.

„ Social-Media-Monitoring: Hierbei handelt es sich um Maßnahmen um den Erfolg


und die Reichweite der eigenen sozialen Aktivitäten zu messen. Dabei werden spezi-
fische KPIs (Key Performance Indicators) definiert, die einmal quantitativer (z. B.
Anzahl der Facebook-Fans oder Twitter-Follower sowie Anzahl von Likes/Shares
bzw. Retweets/@-Erwähnungen) oder aber auch qualitativer Natur (z. B. Inhalt von
positiven Kommentaren) sein können.

Die typischen Vorteile, die mit dieser Form des Online-Marketing im Rahmen der Kom-
munikationspolitik verbunden werden, sind die höhere Kundennähe, die Schaffung einer
Vertrauensbasis über die direkte und interaktive Kommunikation (Borges 2009, S. 37;
Heymann-Reder 2011, S. 17; Kollmann/Stöckmann/Skowronek 2012), die Erweiterung
der Reichweite und die Nutzung von Weiterempfehlungsmechanismen seitens der Teil-
nehmer an sozialen Netzwerken. Vor diesem Hintergrund kann das Social-Media-Marke-
ting sowohl zur Kundenpflege als auch zur Neukundengewinnung eingesetzt werden, wo-
bei sich ein Erfolg oftmals jedoch erst längerfristig einstellt (Weinberg 2014, S. 11 f.). Um
die Vorteile, die Social Media für Unternehmen bietet, nutzen zu können, müssen Unter-
nehmen also nicht unbedingt eine eigene Community aufbauen, auf der die Kunden ihre
Konsumerlebnise teilen können, vielmehr rückt die Nutzung externer E-Communities, wie
Facebook, für Werbezwecke und Kundenakquisition zunehmend in den Fokus (Jodeleit
2013, S. 157; Heinemann 2012, S. 82). Dazu gehört nicht nur der eigene Auftritt in einem
sozialen Netzwerk, mit dem bspw. der Imageaufbau oder die Imagepflege gestärkt werden
kann, sondern insb. auch das „Social Targeting“ bzw. „Social Media Targeting “. Dabei
werden anhand von umfangreichen Informationen, wie persönlichen Interessen, bspw. er-
fasst anhand der „Facebook-Likes“, soziodemographischen Informationen, die dem Fa-
cebook-Profil (s. Kapitel 5.1.1.1) zu entnehmen sind (s. auch Online-Profiling, Kapitel
3.4.2.5), oder Standortinformationen, Zielgruppen für bestimmte Produkte identifiziert,
denen dann zielgerichtet Werbebotschaften angezeigt werden. Die E-Community face
book.com gilt beim Social Targeting als Vorreiter und zeigt Werbetreibenden bei der Ziel-
gruppenauswahl bspw. auch gleich die Größe der Zielgruppe an.
Nachteile bestehen insbesondere über den Aspekt eines Kontrollverlustes über die mög-
lichen negativen Kommentare und Dialoge und deren Weitergabe innerhalb der sozialen
Netzwerke. Entsprechend gilt es, einige typische Fehler beim Social-Media-Marketing
zu vermeiden (Keßler/Rabsch/Mandić 2015, S. 727):
394 Die Grundlagen des E-Shop

„ Planlosigkeit: SMM-Aktivitäten sollten nur mit einer durchdachten Strategie gestar-


tet werden.

„ Fehlende Nachhaltigkeit: SMM-Aktivitäten sollten immer authentisch sein und den


Nutzern einen Mehrwert bieten.

„ Unregelmäßigkeit: SMM-Aktivitäten sollten immer kontinuierlich erfolgen und die


einmal aufgebauten Vernetzungen nicht verkümmern lassen.

„ Uneinheitlichkeit: SMM-Aktivitäten sollten über die verschiedenen Kanäle hinweg


einheitlich gestaltet werden.

„ Fehlende Vorbereitung: SMM-Aktivitäten sollten von Anfang an auch ein ausge-


feiltes Krisenmanagement gegen negative Reaktionen bzw. Kommentare beinhalten.

Zahlung pro Werbekontakt Kostenloser Informationskontakt

Unternehmen
Unternehmen

Informationen

Werbung

Konzept des Online-Marketing Konzept des Viral-Marketing

Abb. 148: Das Konzept des Viral-Marketings


Quelle: Kollmann 2001c, S. 62.

Dem Social-Media-Marketing inzwischen zugehörig wird beim sog. Viral-Marketing be-


wusst versucht, die anderen Internet- oder Netzwerk-Teilnehmer ausschließlich dazu zu
bringen, die eigenen Kommunikationsbotschaften einfach und kostenlos zu verbreiten
(Kollmann 2001c, S. 60 ff.; Rayport/Jaworski 2002, S. 244 f.). Dies war über verschie-
dene Plattformen zwar schon immer möglich, jedoch hat diese Form nochmals einen be-
sonderen Aufschwung durch die sozialen Netzwerke bekommen. Im Gegensatz zu den
Das Marketing beim elektronischen Verkauf 395

kommerziellen Kommunikationsinstrumenten handelt es sich hier um eine sehr kostenef-


fiziente Weiterverbreitung von Werbeinhalten. Es setzt in der Grundidee am Prinzip der
Mund-zu-Mund-Propaganda an, geht jedoch in der Umsetzung einen wesentlichen
Schritt weiter. Es werden gezielt die Netzeffekte des Internets und neuerdings insbeson-
dere der sozialen Netzwerke genutzt, um multiplikativ eine kostenfreie Verbreitung der
Information zu erzielen, die dann mit exponentieller Geschwindigkeit von statten geht
(Scott 2014, S. 19 f.). Somit trägt sich die Werbebotschaft von selbst weiter und erreicht
immer neue Adressaten, wobei die Verbreitung an sich nicht kontrolliert werden kann
(s. Abb. 148). Aus diesen Gründen spricht man in diesem Zusammenhang auch von Vi-
rusmarketing. Beispielsweise kann ein Nutzer auf facebook.com einen Link zu einem in-
teressanten Video bei youtube.com mit seinen Freunden teilen (Holzner 2009, S. 85 f.;
Holzapfel/Holzapfel 2012, S. 37). Zur Initiierung bzw. Umsetzung des Viral-Marketings
stehen dem Werbetreibenden neben den sozialen Netzwerken wie Facebook, Twitter und
Youtube noch weitere verschiedene (Träger-)Instrumente zur Verfügung, die je nach In-
tensität und Zielrichtung der Verbreitung der Werbebotschaft unterschiedlich eingesetzt
werden können (Kollmann 2019, s. Abb. 149):

„ Suchmaschinen und Linklisten: Suchmaschinen (z. B. google.de) bzw. Linklisten


(z. B. de-linkliste.de) helfen über Sucheinträge zu Webseiten mit gewünschten Infor-
mationen zu gelangen (Turban et al. 2018, S. 52 ff.). Diese Instrumente sind mit den
herkömmlichen „Gelben Seiten“ zu vergleichen und helfen dem E-Shop durch ihre
Multiplikatorenrolle eine entsprechende Verbreitung im Internet zu erlangen. Beide
Such- bzw. Strukturierungshilfen werden von den Nutzern des Internets bei ihrer Re-
cherche nach Informationen bzw. Produktangeboten in Anspruch genommen. Inso-
fern ist es vor diesem Hintergrund unerlässlich, sich dort (kostenlos) einzutragen bzw.
von deren Webcrawlern automatisch erfassen zu lassen (s. dazu auch Kapitel 5.1.1).

„ Kostenlose Leistungen: Das Bereitstellen von unentgeltlichen Leistungen steigert


die Attraktivität einer Seite, insbesondere, wenn für die Zielgruppe ein echter Mehr-
wert geschaffen wird. Allerdings darf dieses Angebot einerseits die eigentlichen An-
gebote nicht unterlaufen, muss aber andererseits in einem klaren Sinnzusammenhang
stehen. Bekannt gemacht werden können kostenlose Leistungen in speziellen Link-
listen (z. B. kostnixx.de). Werden Applikationen zur Installation auf anderen Websei-
ten zur Verfügung gestellt, kann die Verbreitung der kostenlosen Leistung und somit
auch des Werbeinhalts wesentlich gesteigert werden.

„ Foren/Chats: In virtuellen Kommunikationsräumen wie Themenforen oder Chats


werden die unterschiedlichsten Angelegenheiten oder Probleme diskutiert. Spezielle
Themenforen werden dafür systematisiert und gepflegt. Neue Besucher von Foren
können sich dann einlesen und finden sehr schnell Antworten auf ihre Fragen, sofern
diese im Forum bereits behandelt wurden. Werden folglich im Zusammenhang ge-
stellter Fragen und diskutierter Themen Hinweise auf die eigenen Leistungen bzw.
den eigenen E-Shop platziert, lässt sich ein weiterer Verbreitungskanal erschließen.
396 Die Grundlagen des E-Shop

„ Weiterempfehlung: Besucher einer Webseite mit einem positiven Eindruck stellen


potenzielle Fürsprecher eines E-Shops dar. Insofern muss ihnen auch die Gelegenheit
gegeben werden, den Internetauftritt weiterzuempfehlen. Über eine Weiterempfeh-
lungsroutine (Eingabefeld zur Aufnahme der Zieladresse) kann der Nutzer dann die
URL bzw. ganze Inhalte (z. B. spiegel.de) an Bekannte weiterleiten. Hier setzen auch
die bereits weiter oben beschriebenen Social-Media-Buttons an.

„ Kommunikationsträger: Werbebotschaften lassen sich mit Services verbinden, die


den Nutzern für deren Kommunikationszwecke kostenfrei zur Verfügung gestellt
werden. Etwa Grußkarten- oder E-Mail-Services können dazu eingesetzt werden. So
werden bspw. auf wwf.de elektronische Postkarten angeboten, mit deren Versand sich
auch der Internetauftritt bekannt macht.

„ Gewinnspiele: Auch innerhalb der Digitalen Wirtschaft sind Gewinnspiele ein sehr
effektives Mittel, um Kunden auf Leistungsangebote aufmerksam zu machen. Ebenso
ist hier darauf zu achten, dass das Gewinnspiel und die E-Shop-Leistung in einem
thematischen Zusammenhang stehen, um die Teilnahme zu einem wirkungsvollen
Kontakt mit der eigenen Werbebotschaft auszubauen. Ähnlich wie bei den kostenlo-
sen Leistungen können die Gewinnspiele in Linklisten wie gewinnspiele.de eingetra-
gen werden.

Eine neuere Variante sind auch die Pinboards oder Posting-Plattformen wie z. B. pin
terest.com und andere, bei denen Fotos oder Nachrichten an ein virtuelles Informations-
brett geheftet werden, von wo aus Sie einfach innerhalb und außerhalb der Plattform wei-
tergepostet werden können. Die Aufgaben des Managements konzentrieren sich im Rah-
men des Viral-Marketings auf die Identifikation der passenden Webseiten, damit die Wer-
bebotschaft auch im richtigen Kontext verbreitet wird (Hünnekens 2010, S. 122). Insbe-
sondere bei Foren und Chats ist darauf zu achten, denn die Zuordnung eines falschen
Images ist nur schwer korrigierbar. Der Eintrag in Linklisten und Suchmaschinen ist als
ein andauernder Prozess zu verstehen, da die Lebenszyklen, speziell von Linklisten, sehr
unterschiedlich ausfallen können.
Ebenfalls dem Social-Media-Marketing inzwischen zugehörig wird beim sog. Guerilla-
Marketing bewusst versucht, mit besonders ungewöhnlichen und unerwarteten Werbe-
bzw. Aktionsinhalten die anderen Internet- oder Netzwerk-Teilnehmer dazu zu bringen,
sich mit einer Marke oder einem Produkt zu befassen. Ziel ist hier die außergewöhnliche
Aufmerksamkeit zu erzeugen und den zugehörigen Effekt ebenfalls bestmöglich viral im
Netz sich verbreiten zu lassen. Somit kann das Guerilla-Marketing auch als Steigerungs-
form des Viral-Marketings bezeichnet werden, um alle Möglichkeiten des Social-Media-
Marketings für sich zu nutzen. Eine der wesentlichen Gefahren bei dieser Form liegt im
Überziehen der Maßnahme über ein erträgliches Maß hinaus, sodass sich ein positiv ge-
wollter in einen negativen Werbeimpuls verwandelt. Im Hinblick auf verschiedene Unter-
formen finden sich in der Praxis auch Begriffe wie Low-Budget-Guerilla-Marketing, Gue-
Das Marketing beim elektronischen Verkauf 397

rilla Mobile, Sensation Marketing oder aber auch (Online-)Ambush- und (Online-)Ambi-
ent-Marketing (Alpar/Wojcik 2012, S. 237 ff.).

Platzierung von Werbe-


botschaften erfolgt über…
Kostenloser Eintrag des eigenen Angebotes in diverse
Suchmaschinen/Linklisten Suchmaschinen zum Zweck des besseren Auffindens

Angebot von kostenlosen Leistungen, die für Kunden einen


kostenfreie Leistungen Mehrwert darstellen und somit in Anspruch genommen werden

Viral- Marketing
Kostenlose Platzierung eines Hinweises auf das eigene Angebot,
Foren/Chats/Blogs aufgrund der Beantwortung eines anderen Eintrags/Kommentars

Kostenlose Weitergabe von Inhalten/Hinweisen durch einen


Weiterempfehlung Nutzer an weitere User, aufgrund elektronischer Kopie

Kostenloses Angebot von z.B. Mail-Services oder digitalen


Kommunikationsträger Grußkarten mit Rückführung/Abruflink für Empfänger

Kostenlose Registrierung des eigenen Gewinnspiels in


Gewinnspiele themenrelevanten Communities

Abb. 149: Instrumente für das Viral-Marketing


Quelle: Kollmann 2019.

Da das SMM den Einsatz von Marketingaktivitäten in bzw. über soziale Netzwerke unter
besonderer Berücksichtigung der interaktiven Kommunikation und Weitergabe von Inhal-
ten zwischen den einzelnen Mitgliedern einer E-Community wie beispielsweise Insta-
gram, Facebook etc. beschreibt, wird auch das sog. „Influencer Marketing“ dem Social-
Media-Marketing beigeordnet. Hierbei beauftragt das Unternehmen individuelle Perso-
nen, sog. Influencer, die über ihre Social-Media-Kanäle (bspw. Instagram, Pinterest,
Twitter, YouTube, Facebook) Werbung schalten mit dem Ziel, die Bekanntheit für einen
E-Shop, eine Marke, ein bestimmtes Produkt oder einen Service zu steigern. Nach Jahnke
(2018, S. 4) wird ein Influencer darüber definiert, dass er als Multiplikator fungiert, der
andere Menschen durch sein Tun und Handeln auf Basis von bestimmten Werbebotschaf-
ten mittels verschiedener Kanäle beeinflussen kann. Dieser Zustand der „Strahlkraft der
Meinungsführer“ (Hedemann 2014) wird mitunter durch eine Studie des Bundesverbands
Digitale Wirtschaft (BVDW) und der INFLURY GmbH (2017) belegt. Indessen bestätigen
38 % der Online-User ab 14 Jahren, dass sie ein Produkt oder einen Service, online gese-
hen haben, indem es von einer Person online präsentiert wurde. Laut BVDW/INFLURY
(2017) liegt das Influencer Marketing somit in unmittelbarer Reichweite zur etablierten
Werbevideo-/Bannerwerbung (s. Kapitel 3.4.1.2 und Kapitel 3.4.1.3). Ferner bestätigt die
Studie, dass jeder sechste 14- bis 29-Jährige aller Online-User später ein Produkt kauft,
dass durch einen Influencer präsentiert wurde. Zudem werden Influencer mit 29 % nach
398 Die Grundlagen des E-Shop

Kundenbewertungen (48 %) und Freunden (63 %) als glaubwürdigste Quelle für Pro-
duktempfehlungen bezeichnet (BVDW/INFLURY 2017). Unter Einsatz von Influencer
Marketing verfolgt ein Unternehmen diverse Ziele (Lommatzsch 2018, S. 25):

„ (Direkte) Absatzsteigerung

„ Reichweitenerhöhung

„ Verbesserung der Conversionrate

„ Aufmerksamkeitssteigerung

„ Markenpflege, und -entwicklung

„ Evaluation der Interaktionen

Das Influencer Marketing basiert auf einem besonderen Vertrauensprinzip und führt auf-
grund dessen oftmals zur Erreichung der zuvor genannten Ziele. Influencer stehen in ei-
nem besonderen Vertrauensverhältnis zu ihren Followern. Über die jeweilige Plattform
stehen sie in einem täglichen Austausch mit ihrer Fangemeinde, besprechen tagesaktuelle
oder bestimmte Trendthemen, regen zum Meinungsaustausch und Meinungsfreiheit an,
bitten um Rat und Entscheidungshilfe und teilen ihre persönliche Einstellung mit der All-
gemeinheit (Hedemann 2014). Durch die Interaktion mit ihrer Zielgruppe bauen Influen-
cer ein gezieltes Vertrauensverhältnis auf (Hedemann 2014). Dieses Verhältnis zu der je-
weiligen Followerschaft steht oftmals in Abhängigkeit zur allgemeinen Reichweite. Nach
Hedemann (2014) werden hierbei fünf verschiedene Influencer-Typen unterschieden, die
gemeinsam den Influencer-Mix bilden:

„ Der Netzwerker (Social Butterfly): Dieser Influencer-Typ ist auf allen Plattformen
vernetzt, allseits bekannt und kennt ebenfalls jeden.

„ Der Entdecker (Trendsetter): Ist durch die stetige Suche nach neuen Trends und als
Early Adopter neuer Plattformen als Influencer-Typ gekennzeichnet.

„ Der Linkverteiler (Reporter): Dieser Typ ist unter Bloggern und Journalisten sehr
beliebt, da er sich vor allem mit der Verbreitung von Neuigkeiten beschäftigt.

„ Der Nutzer (Power User): Der Influencer-Typ ist auf allen Plattformen aktiv, hat je-
doch eine geringere Reichweite. Allerdings weiß er die Funktionen der jeweiligen
Plattformen gezielt einzusetzen.

„ Der Meinungsführer (Thought Leader): Als klassischer meinungsführender Influen-


cer-Typ vertrauen ihm seine Follower. Er regt zu Diskussionen an und vertritt seine
Meinung.
Das Marketing beim elektronischen Verkauf 399

Ferner erläutert Hedemann (2014), dass jeder Influencer-Typ für sich einen speziellen
Wert im Marketing besitzt. Demnach verfügen Influencer mit einer geringeren Reichweite
respektive Follower-Anzahl (< 1.000 Follower) über eine intensivere Beziehung zu ihren
Followern. Influencer mit einer geringeren Reichweite, jedoch einer homogenen Ziel-
gruppe, die vorwiegend aus Freunden, Familie und Bekannten besteht und meist durch ein
starkes Vertrauensverhältnis geprägt ist, werden Micro-Influencer genannt (Wroblewski
2017, s. Abb. 151). Ausgezeichnet durch eine hohe Themenaffinität und eine starke Bin-
dung zu seiner, wenn auch begrenzten Followerschaft, wird dieser Influencer-Typ gerne
von Unternehmen genutzt, da diese Influencer einen großen Einfluss ausüben und gezielt
Kaufimpulse setzen können (Lopez 2017). Diese Influencer zeichnen sich dadurch aus,
dass sie bestimmte Marken und Produkte glaubwürdig in ihr alltägliches Leben integrie-
ren. Nach einer Studie von Markerly.com über das Instagram-Engagement, sinken Likes
und Kommentare mit steigender Follower-Anzahl (s. Abb. 150):

„ Influencer mit < 1.000 Follower haben Like-Raten von ca. 8 %

„ Influencer mit 1.000 – 10.000 Follower haben Like-Raten von ca. 4 %

„ Influencer mit 10.000 – 100.000 Follower haben Like-Raten von ca. 2,4 %

„ Influencer mit 1 – 10 Mio. Follower haben Like-Raten von ca. 1,7 %

Ähnlich sieht es in Bezug auf die Beziehung zwischen Instagram-Kommentar-Rate und


Followerschaft aus:

„ Influencer mit < 1.000 Follower haben eine Kommentar-Rate von ca. 0,5 %

„ Influencer mit > 10 Mio. Follower haben eine Kommentar-Rate von ca. 0,04 %

Abb. 150: Beziehung zwischen Instagram-Like-Kommentar-Rate vs. Followerschaft


Quelle: in Anlehnung an www.markerly.com.
400 Die Grundlagen des E-Shop

Im Vergleich dazu, werden Influencer mit einer höheren Follower-Anzahl (> 100.000
Follower) als Macro-Influencer definiert. Bei diesem Influencer-Typ besteht ein gerin-
geres Beziehungsgeflecht zu der Followerschaft (s. Abb. 151). Ab einer gewissen Reich-
weite gelingt dem Influencer die Pflege zu seinen Followern nur noch bedingt. Diese In-
fluencer sind dafür bekannt, bestimmte Trends zu setzen oder wieder aufleben zu lassen.

Abb. 151: Sozialer Einfluss: Reichweite vs. Affinität


Quelle: in Anlehnung an Maggi 2009 und Hedemann 2014.

Beispielhaft angeführt werden, kann hier der Markenauftritt der Modemarke Dior auf In-
stagram am 19.07.2018. Unter Chef-Designer John Galliano wurde die Dior-Tasche „Dior
Saddle Bag“ im Jahr 1999 entworfen und ist in den Jahren 2000 bis 2011 zum Kult-Objekt
avanciert. Mit Verlassen des Chef-Designers wurde auch die Produktion der Tasche ein-
gestellt. Unter der neuen Dior-Chef-Designerin Maria Grazia Chiura wurde die Tasche
erneut wiederbelebt und durch eine umfassende Influencer-Marketing Kampagne be-
gleitet. An dem genannten Datum haben viele der Top-Influencer, teilweise mit einer sehr
hohen Followerschaft, ein Bild auf Instagram mit der Tasche gepostet (s. Abb. 152). Die
Tasche kann seit Juli 2018 im E-Shop von Dior käuflich erworben werden (Käfferlein
2018).
Zur Auswahl der richtigen Influencer können Unternehmen meist diverse Tools wie bei-
spielsweise Traackr (traackr.com), Little Bird (getlittlebird.com), Scribble (scribble-
live.com), Crowdtap (corp.crowdtap.com), Tapinfluence (tapinfluence.com), Neoreach
(neoreach.com), Hashtracking (hashtracking.com), Tweetreach (tweetreach.com) oder
Das Marketing beim elektronischen Verkauf 401

Peerindex von Brandwatch (brandwatch.com) nutzen (Hedemann 2014; Nirschl/Steinberg


2018). Über Schlüsselbegriffe identifiziert das jeweilige Tool dann die wichtigsten In-
fluencer oder Blogs. Die genannten Tools nutzen quantitative Kennzahlen (Reichweite,
Engagement-Rate etc.), um den Erfolg eines Influencers zu messen (Nirschl/Steinberg
2018). Darüber hinaus beziehen immer mehr Tools auch qualitative Kennzahlen mit ein,
die auf die Expertise des Influencers mit einem bestimmten Produkt oder ein Service ab-
zielen. Ferner wird qualitativ ermittelt, ob der Influencer ein persönliches Interesse an dem
jeweiligen Produkt hegt, sich mit der Marke identifizieren kann und somit dazu prädesti-
niert ist, das Produkt zu vermarkten (Nirschl/Steinberg 2018). Nach Kamps/Schetter
(2018) gehören zu den Auswahlkriterien eines Influencers ebenfalls die verwendete
Bildsprache und -qualität. Zu guter Letzt wird ermittelt wie hoch der finanzielle Aufwand
ist, um die jeweilige Marketing-Maßnahme durch einen Influencer zu begleiten oder aus-
führen zu lassen. Hierbei muss ermittelt werden, ob der Influencer auf eine monetäre Ver-
gütung oder eine Produktprobe etc. abzielt (Nirschl/Steinberg 2018).

Abb. 152: Dior Kampagne auf Instagram


Quelle: Instagram
402 Die Grundlagen des E-Shop

In den letzten Jahren sind zudem immer mehr Agenturen gegründet worden, die als Platt-
formen für Influencer und Werbetreibende gelten. Nirschl/Steinberg (2018) verdeutlichen
hierbei jedoch die Unterschiede zwischen den Plattform-Modellen: zum einen gibt es die
Möglichkeit, dass Unternehmen ihre geplanten Kampagnen ausschreiben und die In-
fluencer sich etwaige bewerben respektive dann mit dem Unternehmen jeweils in Kontakt
treten. Zum anderen gibt es jedoch auch Plattformen auf denen die jeweiligen Influencer
ihre möglichen Ideen ausschreiben und Unternehmen sich auf Basis dessen melden kön-
nen, mit dem Ziel einer Kooperation. Beispielhafte Influencer-Marketing Plattformen
sind u.a. Buzzbird (buzzbird.de), Collabary (Zalando; collabary.com), Hashtaglove (hash-
taglove.de) oder inSocial Media (insocial-media.de) (Nirschl/Steinberg 2018).
Neben der Auswahl der richtigen Influencer spielt auch deren Erfolgsmessung eine wich-
tige Rolle. Kamps/Schetter (2018, S. 144-147) definieren verschiedene Key-Perfor-
mance-Indicators, die im Bereich des Influencer-Marketings zum Einsatz kommen:

„ Interaktionsrate Instagram („Engagement-Rate“): Die Interaktionsrate sollte in der


Regel jeweils bei 5 % liegen. Sofern der Influencer eine sehr hohe Followerzahl hat,
sinkt die Interaktionsrate, sollte jedoch nicht kleiner 2,5 % sein. Als Formel gilt:

ሺ‹‡• ൅ ‘‡–ƒ”‡ሻ
–‡”ƒ–‹‘•”ƒ–‡ ൌ  ‫ͲͲͳ כ‬
œƒŠŽ ‘ŽŽ‘™‡”
„ Interaktionsrate Facebook („Engagement-Rate“): Die Interaktionsrate umfasst die
Likes, Kommentare und Shares im Verhältnis zur Reichweite des Posts. Dabei gilt,
dass die Post-Reichweite meist unter der Fan-Anzahl liegt.

ሺ‹‡• ൅ ‘‡–ƒ”‡ ൅ Šƒ”‡•ሻ


–‡”ƒ–‹‘•”ƒ–‡ ൌ  ‫ͲͲͳ כ‬
‡‹…Š™‡‹–‡†‡•‘•–•
„ Interaktionsrate YouTube („Engagement-Rate“): Bei der Video-Plattform werden
die Interaktionsraten dadurch gemessen, in dem Likes und Kommentare ins Verhält-
nis zu den Abrufen des Videos gesetzt werden. Dabei gilt, dass die Rate immer größer
5 % sein sollte.

ሺ‹‡• ൅ ‘‡–ƒ”‡ሻ
–‡”ƒ–‹‘•”ƒ–‡ ൌ  ‫ͲͲͳ כ‬
œƒŠŽ†‡”‹†‡‘‹‡™•
„ Follower, Fans und Abonnenten (Instagram, Twitter, Facebook, YouTube, Snap-
chat): Die Anzahl der jeweiligen Follower, Fans oder Abonnenten beschreibt die je-
weilige Gesamtreichweite des Influencers.

„ Hashtag-Verbreitung (Instagram, Twitter): Oftmals rufen Influencer ihre Follower


für eine bestimmte Aktion unter einem gezielten Hashtag auf. Mittels dieses Hashtags
(bspw. #GewinnspielFirmaXY) kann dann eine Bonus-Reichweite bestimmt werden.
Das Marketing beim elektronischen Verkauf 403

„ Shares und Retweets (Facebook, Twitter): Facebook-Posts oder Tweets auf Twitter
lassen sich teilen. Hierdurch wird ebenfalls eine bestimmte Reichweite generiert.

„ Video-Views (YouTube): Die Aufrufe der durch das Unternehmen gesponserten Vi-
deos definieren die Reichweite.

„ Total Story Views/Total Story Completions (Snapchat): Ein total Story View wird
bereits ab einer Sekunde gezählt, wohingegen eine total Story Completion erst zählt,
wenn der Nutzer sich die gesamte Snapchat Story angesehen hat. Daher sind letztere
Kennzahlen für das Unternehmen entsprechend relevanter.

„ Social Growth: Sofern der Influencer das jeweilige werbetreibende Unternehmen in


seinem Post/seiner Story nennt, kann verglichen werden, welchen Einfluss dies auch
auf die Social-Media-Kanäle des Unternehmens hat.

„ Website-Traffic: Der Influencer kann bei werblichen Posts auf Facebook oder in der
Videobeschreibung bei YouTube einen direkten Link zur Unternehmenswebseite plat-
zieren. Bei Instagram hingegen ist dies nur bedingt möglich. Über die Swipe-Up-
Funktion kann eine Verlinkung in eine Instagram-Story eingebaut werden. Bei einem
Instagram-Post funktioniert die Einblendung der Webseite nur mittels eines URL-
Shorteners (bspw. Bit.ly).

„ Conversions: Die Conversion bezeichnet Umsatzkennzahlen und die Gewinnung


neuer Nutzer. Mittels Google Analytics können Influencer-Kampagnen gemessen
werden, indem Google drei primäre Quellkategorien analysiert: Direct, Search und
Referral Visitors. Dabei wird über die Suchart der Nutzer entschieden, ob der Nutzer
die URL direkt im Browser eingegeben hat, seine Suchanfrage über Google gestellt
hat oder einem Verweis durch einen speziellen Link gefolgt ist.

Einfluss auf den jeweiligen Erfolg des Influencer-Marketings nehmen auch die neuen
rechtlichen Rahmenbedingungen. Wenn auch eingangs der Vorteil des Influencer Marke-
tings in der erhöhten Glaubwürdigkeit der Beiträge Erwähnung fand, so kann dieser durch
eine werbliche Kennzeichnung und die neue Rechtsprechung getrübt sein und der ent-
sprechende Influencer an Glaubwürdigkeit verlieren. Der Influencer muss erwähnen, dass
er werblich handelt, sofern er vom Unternehmen für das Vorzeigen von Produkten oder
Marken bezahlt wird (Schwenke 2018). Nach § 58 Abs. 1 Satz 1 des Rundfunkstaatsver-
trages (RStV) muss Werbung klar gekennzeichnet und in diesem Sinne klar von weiterem
Inhalt abgegrenzt sein (Fuchs/Hahn 2018, S.164). Desweiteren wird auch über § 2 Abs. 1
Nr. 5 des Telemediengesetzes (TMG) geregelt, dass es sich um kommerzielle Kommuni-
kation handelt, sofern Maßnahmen dazu dienen den Absatz zu fördern (Fuchs/Hahn 2018,
S.164). Influencer kommen dieser Werbekennzeichnungspflicht nach RStV und TMG
nach, sofern sie deutlich machen, dass es sich bei ihrem Beitrag (Video/Post o.Ä.) um
einen werblichen Beitrag handelt (Fuchs/Hahn 2018, S.165). Dabei empfiehlt sich den
Beitrag durch die Worte „Werbung“ oder „Anzeige“ zu ergänzen (Fuchs/Hahn 2018,
404 Die Grundlagen des E-Shop

S. 165). Auf eine gezielte Werbekennung kann nur dann verzichtet werden, sofern durch
Gestaltung und Inhalt eines entsprechenden Angebots wie beispielsweise der Post auf ei-
nem Instagram-Account oder einem Werbevideo auf einem YouTube-Kanal eines Unter-
nehmens direkt der werbliche Charakter erkennbar ist (Fuchs/Hahn 2018, S. 165). Fuchs/
Hahn (2018, S. 166 ff.) verweisen auf die Konkretisierung der Werbekennzeichnungen
durch die Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM) und erläutern hier di-
verse Beispiele, wann eine Kennzeichnungspflicht gegeben ist: Kauf des Produkts durch
den Influencer: Wenn der Influencer ein Produkt selbst käuflich erwirbt und über dieses
seine Meinung preisgibt, dann wird hierbei kein werbliches Interesse verfolgt. Demnach
bedarf es keiner Kennzeichnungspflicht.

„ Kostenlose Zusendung des Produkts an den Influencer: Sobald ein Unternehmen


dem Influencer ein Produkt kostenlos zur Verfügung stellt und die klare Absicht be-
steht, dass dieser das Produkt ausschließlich positiv bewertet und zu Kaufimpulsen
seiner Followerschaft führen soll, muss der Beitrag werblich gekennzeichnet werden.
Bei einer jeweiligen Einblendung des Produkts muss die Kennzeichnung „Werbung“
oder „unterstützt durch Produkt X“ integriert sein. Sofern das Produkt die ganze Zeit
eingeblendet ist und zum Kern des Beitrags wird, muss die Kennzeichnung „Dauer-
werbung“ oder „Werbevideo“ erfolgen. Sobald ein Produkt in einen redaktionellen
Kontext innerhalb einer bestimmten Geschichte eingebettet ist, so wird erst ab einem
bestimmten Produktwert über 1.000 EUR eine Kennzeichnung zur Pflicht. Sollte der
Influencer mehrere Produkte einer bestimmten Marke in einem Beitrag integrieren,
so werden die Werte der Produkte zusammenaddiert. Somit handelt es sich um eine
„Produktplatzierung“. Etwaige Definitionen wie „unterstützt durch Produktplatzie-
rung“ oder „unterstützt durch Produktname“ sind ebenfalls rechtens.

„ Der Influencer bekommt eine monetäre Vergütung oder eine andere Gegenleistung
für die Darstellung des Produkts in einem Beitrag: Hierbei muss für den Zuschauer
analog zu den vorher genannten Begriffen entsprechend gekennzeichnet sein, dass es
sich um eine werbliche Kooperation handelt.

„ Die Setzung von Affiliate-Links durch den Influencer: Über Affiliate-Links (s. auch
Kapitel 3.4.1.5) können Influencer von einem bestimmten Beitrag direkt auf eine ge-
zielte Produktseite verlinken. Dabei erhalten die Influencer meist eine Provision so-
fern es durch ihre Linksetzung zu einem Produktkauf kommt. Bereits die Setzung des
Links bewirbt damit eine bestimmte Seite und ist demnach werblich zu kennzeichnen.
Fuchs/Hahn (2018, S. 168) schlagen die folgende Formulierung für die Werbekenn-
zeichnung vor: „Die mit * gekennzeichneten Links sind sogenannten Affiliate-Links,
die mit dem Partnerprogramm von … verknüpft sind. Kommt über einen solchen Link
ein Einkauf zustande, werde ich mit einer Provision beteiligt. Für Dich entstehen da-
bei keine Mehrkosten. Wo, wann und wie Du ein Produkt kaufst, bleibt natürlich Dir
überlassen.“
Das Marketing beim elektronischen Verkauf 405

Unterschiedliche Begriffe wie „#ad“, „#sponserd by“ oder „#powered by“ wurden in ver-
schiedenen Verfahren abgemahnt oder angeklagt. Mit einem Beschluss vom 08.06.2017
hat das Oberlandesgericht Celle (OLG Celle, Urt. V. 08.06.2017 – Az 13 U 53/17) zudem
entschieden, dass die Kennzeichnungen „#Werbung“ oder „#Anzeige“ an vorderer Stelle
innerhalb eines Beitrags zu erwähnen sind. Eine Erwähnung an zweiter Stelle von insge-
samt sechs Hashtags wurde durch das OLG vor diesem Hintergrund als unzulänglich de-
finiert (Fuchs/Hahn 2018, S. 168).

3.4.1.5 Affiliate-Marketing
Das Affiliate-Marketing basiert auf dem Prinzip der Kommunikations- und Vertriebs-
partnerschaft zwischen einzelnen Unternehmen. Dabei wird vereinbart, dass der Partner
(Affiliate) bestimmte Produkte oder Dienstleistung des Kooperationspartners (Merchant)
auf seiner Seite bewirbt und im Gegenzug für jede Transaktion, die durch seine Werbe-
maßnahmen erfolgreich generiert wird, eine vorher festgelegte Provision erhält (Lamme-
nett 2017, S. 43). Das primäre Ziel des Affiliate-Marketings für den Merchant liegt in der
Ausweitung seiner Online-Reichweite und der Online-Verkäufe und für den Affiliate in
der zusätzlichen Erzielung von Werbe- oder Provisionserlösen (Kreutzer 2018, S. 250 f.).
Die Vergütung des Affiliate ist dabei individuell zu entscheiden und muss nicht unbedingt
an der Durchführung einer erfolgreichen Transaktion gemessen werden. Das Hauptvergü-
tungsmodell bei dieser Art von strategischen Partnerschaften ist das Pay-for-Sale (s. Abb.
153). Dieses Modell beinhaltet die erfolgsabhängige Vergütung der erbrachten Leistung.
Bei einigen Partnerschaften wird auch ein Teil als Fixed Fee ausgehandelt, der sozusagen
als monatlicher Grundbetrag gesehen werden kann. Die endgültige Vergütung innerhalb
dieses Modells kann jedoch verschiedene Ausprägungen enthalten (Albers/Jochims 2003,
S. 26).
Insgesamt ist beim Affiliate-Marketing auf verschiedene Hauptmerkmale zu achten, wel-
che die Ausprägung und damit die Effizienz der Marketingaktivitäten beeinflussen. Dazu
gehören die bereits erwähnten (meist finanziellen) Anreize für den Affiliate, die Auswahl
des geeigneten Partners, die juristischen Vertragsbedingungen, die eingesetzten Werbe-
mittel, die Vermarktungsstrategie und ein geeignetes Tracking-Tool (Lammenett 2017,
S. 58 ff.). Bei der Auswahl eines geeigneten Partners zählen vor allem Kriterien, wie
eine hohe Besucherzahl (Traffic), die Möglichkeit einer geeigneten Zielgruppenansprache
und ein starkes Image des Partners. Bei vielen strategischen Partnern ist der Traffic weit-
aus höher als bei dem Anbieter selber, wodurch ein ungleiches Größenverhältnis entsteht.
Je stärker nun die Position des Vertriebspartners ist, desto mehr richtet sich die Gestaltung
des Kooperationsvertrages nach den Bedingungen des Partners. Die Individualisierung der
Verträge verringert jedoch den Grad der Standardisierung und erhöht damit den Aufwand
für die vertraglichen Vereinbarungen, in denen z. B. auch die Vergütung definiert und
festgehalten wird, sowie Laufzeit und Kündigung der Partnerschaft, Haftung und Daten-
schutz.
406 Die Grundlagen des E-Shop

Fixbetrag pro
Pay per View Einblendung von… Logo
Produktbild
Banner
Fixbetrag pro Firmen-/Produktname
Pay per Click User-Klick auf…

Fixbetrag pro erfolgreiche Kunden-Aktion


Pay per Lead (z.B. Newsletter-Bestellung, Neukunden-Registrierung, Download)

Umsatzabhängige Provision
Pay per Sale (z.B. Verkauf eines Produktes, Download, Reisebuchung)

Dauerhafter Bestandskundenschutz, dauerhafte Gewinnaufteilung


Pay per Lifetime (z.B. monatliche Grundgebühren, regelmäßige Nutzungsgebühren)

Regelmäßiger Fixbetrag
Pay per Period (z.B. zur Abrechnung von festen Monatsgebühren)

Abb. 153: Vergütungsmodelle im Affiliate-Marketing


Quelle: in Anlehnung an Heßler 2003, S. 331 f.

Wichtig ist auch die Einbindung des Angebots auf der Seite des Partners. Hier bieten sich
integrative oder linkbasierte Lösungen an. Z. B. können die Produkte des E-Shops direkt
in den Online-Warenkorb (s. Kapitel 3.1.1.3) des Partners integriert werden, ohne dass der
Nutzer der Partnerseite die Webseite wechseln muss. Bei linkbasierten Lösungen geht
es vor allem um Contenteinbindung. Hier bringt der E-Shop-Betreiber Inhalte zu seinem
Angebot auf der Seite des Kooperationspartners ein und verlinkt darüber auf sein eigenes
Angebot. Das Hauptvergütungsmodell bei strategischen Partnerschaften ist das Pay-for-
Sale (s. Abb. 153). Dieses Modell beinhaltet die erfolgsabhängige Vergütung der erbrach-
ten Leistung. Bei einigen Partnerschaften wird auch ein Teil als Fixed Fee ausgehandelt,
der sozusagen als monatlicher Grundbetrag gesehen werden kann. Die endgültige Vergü-
tung innerhalb dieses Modells kann jedoch verschiedene Ausprägungen enthalten (Al-
bers/Jochims 2003).

Entscheidend ist dabei auch die Einbindung des Angebots auf der Seite des Partners und
die Auswahl der Werbemittel. Hier bieten sich integrative oder linkbasierte Lösungen an.
Zum Beispiel können die Produkte des E-Shops direkt in den Online-Warenkorb des Part-
ners integriert werden, ohne dass der Nutzer der Partnerseite die Webseite wechseln muss.
Bei der linkbasierten Lösung geht es vor allem um Contenteinbindung. Hier bringt der E-
Shop Inhalte zu seinem Angebot auf der Seite des Affiliates ein und verlinkt darüber auf
sein eigenes Angebot. Diese Links können entweder reine Text-Links sein oder aber auch
Banner, Buttons, Formulare usw., die dann beim Anklicken auf die eigene Webseite des
E-Shops verlinken. Da nicht alle Affiliate-Programme gleichermaßen erfolgreich und gut
Das Marketing beim elektronischen Verkauf 407

sind, lohnt es sich für E-Shops, eine klar definierte Vermarktungsstrategie auszuwählen,
die gezielt die Aktivitäten im Affiliate-Marketing steuert, unterstützt und kontrollieren
soll. Dazu gehört zunächst die Aufgabe, proaktiv nach geeigneten Partnern zu suchen, die
eher aufgrund ihrer qualitativen Eignung und nicht aus rein quantitativen Überlegungen
selektiert werden. Des Weiteren ist der regelmäßige Kontakt zum Partner durchaus sinn-
voll, besonders dann, wenn es sich um umsatzstarke Partner handelt, die auch für zukünf-
tige und eventuell auch anderweitige Partnerschaften erfolgversprechend sind.
Der letzte Aspekt im Affiliate-Marketing ist die technische Umsetzung, die die Identifi-
zierung und Zuordnung der Besucher und deren Transaktion zu einem bestimmten Partner
ermöglicht. Dieses „Tracking“ ist insbesondere dann wichtig, wenn ein E-Shop mit meh-
reren Affiliates kooperiert und unter Umständen sogar in einem Netzwerk tätig ist und
daher nicht unbedingt unterscheiden kann, von welchen Seiten die Besucher auf die eigene
Seite weitergeleitet worden sind. Es lassen sich verschiedene Tracking-Tools einsetzen,
die mit unterschiedlichen Methoden an das Besuchertracking herangehen (Lammenett
2017, S. 59 ff.; Woitke 2003, S. 310):

„ URL-Tracking: Beim URL-Tracking wird die Partner-ID direkt in den HTML-Code


einer Seite integriert, sobald ein Besucher die Seite öffnet. Somit wird die Partner-ID
zum Teil der URL und ermöglicht dadurch einen durchgängigen Tracking-Prozess,
der unabhängig von den Browsereinstellungen des Users ist. Nachteil dabei ist aller-
dings das zwingende Aufeinanderfolgen beider Webseiten. Besucht ein User zwi-
schenzeitlich eine andere Seite, geht die ID und damit die Möglichkeit der Zuordnung
verloren.

„ Cookie-Tracking: Cookies sind Teilinformationen, die beim Besuch einer Webseite


im Browser des Besuchers gespeichert werden. Dadurch wird z. B. ermöglicht, dass
ein bestimmter Besucher beim nächsten Besuch der Seite sofort erkannt wird. Die im
Browser gesammelten Informationen können also auch die ID des Affiliates spei-
chern, die beim Kauf auf der eigenen Seite abgerufen werden können und somit iden-
tifizieren, welche Partnerseite der Besucher vorher aufgerufen hat. Sofern der User
die Speicherung von Cookies nicht ausgeschaltet hat, kann durch diese Methode auch
eine zeitlich verschobene Transaktion nachverfolgt werden.

„ Datenbank-Tracking: Das Datenbank-Tracking geht noch einen Schritt weiter und


verbindet quasi die ID in der URL oder dem Cookie mit der Kunden-ID in der Daten-
bank und speichert sie dort gemeinsam ab. Dies ermöglicht das Tracking nicht nur
einer einzelnen Transaktion, sondern auch die der Folgetransaktionen. Die Daten kön-
nen auch im Rahmen der Analyse des Kaufverhaltens (s. Kapitel 3.3.2.2) Verwen-
dung finden, da so bspw. bestimmte Interessen und Bedürfnisse im Laufe der Zeit
erkennbar werden.

„ Webbugs: Neben Cookies können auch HTML-Wanzen für das Tracking eingesetzt
werden. Webbugs sind 1x1-Pixel große transparente Bildchen, die in den HTML-
408 Die Grundlagen des E-Shop

Code einer Webseite eingebettet werden. Für den Nutzer sind sie unsichtbar und wer-
den beim Betrachten einer Webseite oder Öffnen der E-Mail vom externen Server
geladen. Sie hinterlassenen in den Logs des Servers Spuren für eine Verfolgung des
Surfverhaltens.

Eine besonders in der letzten Zeit an Attraktivität gewinnende Form des Affiliate-Marke-
tings ist die Nutzung von sog. Affiliate-Netzwerkbetreibern, wie affilinet.de oder
zanox.de. Dabei wird gegeben der Größe und Reichweite der Netzwerke in der Praxis in
A- und B-Liga-Affiliate-Netzwerke, Nischennetzwerke und kurzfristige Affiliate Netz-
werke unterschieden (Alpar/Wojcik 2012, S. 194 ff.). Die Betreiber der Affiliate-Netzwer-
ke koordinieren und vermitteln zwischen Merchants und potenziellen Affiliate-Partnern.
Durch die Spezialisierung auf die Vermarktung von Partnerprogrammen, sind diese Be-
treiber in der Lage, nicht nur zu vermitteln, sondern auch Werbematerial bereit zu stellen,
vertragliche Modalitäten zu regeln, Statistiken zu erstellen oder Zahlungsabwicklungen zu
betreuen.

3.4.1.6 E-Mail-Marketing
Beim E-Mail-Marketing geht es darum, durch das Verschicken von E-Mails, z. B. in Form
von Newslettern oder ähnlichen Werbeformen an eine ausgewählte Zielgruppe, eine di-
rekte Form der Kundenansprache zu ermöglichen. Der Einsatz von E-Mail-Marketing
kann daher nicht nur für das erfolgreiche Anbahnen von Geschäftsbeziehungen eingesetzt
werden, sondern dient gleichzeitig auch der besonderen Pflege des bestehenden Kunden-
stamms. Für E-Shops ist dieses Marketinginstrument interessant, da es im Wesentlichen
auf dem Grundprinzip des Dialogmarketings aufbaut. Das heißt, dass die angesprochene
Zielgruppe direkt und persönlich angesprochen wird und zu einer Reaktion aufgefordert
wird. Dies passiert meistens mittels Anklicken eines Links in der E-Mail oder dem
Newsletter, der dann auf die Homepage des Werbetreibenden führt um dort z. B. ein spe-
zielles Angebot oder besondere Leistungen anzupreisen. Vor diesem Hintergrund können
folgende vier Ausprägungen im E-Mail-Marketing beobachtet werden (Kreutzer 2018,
S. 318 f.):

„ Trigger-E-Mails: Beim Einsatz dieser Mailing-Form geht es darum, einen allgemei-


nen oder speziellen Auslöser (= engl. „trigger“) für eine Aktion beim Kunden zu ad-
ressieren. Dies kann beispielsweise im Ergebnis der Besuch einer Webseite oder die
Aufforderung sein, sich an einer Gewinnspielaktion zu beteiligen. Typische Aufhä-
nger für den Auslöser können aber auch Rabatte, Jahreszeiten, Feiertage oder der Ge-
burtstag des Kunden sein. Im Kern geht es also immer darum, ein bestimmtes Ver-
halten bei der Zielperson anzustoßen.

„ Transaction-E-Mails: Beim Einsatz dieser Mailing-Form wird der allgemeine Ge-


schäftsvorgang zwischen E-Shop und Kunde begleitet. Zusendungen von elektroni-
schen Nachrichten können sich dabei auf eine Anfrage, eine Bestellung, die Lieferung
Das Marketing beim elektronischen Verkauf 409

oder die Rechnung beziehen. Hiermit soll eine aktive Begleitung auch im Distanz-
handel simuliert werden, die Vertrauen und Involvement erzeugen soll.

„ After-Sales-E-Mails: Beim Einsatz dieser Mailing-Form geht es zum einen um die


Zufriedenheitsmessung nach dem abgeschlossenen Online-Geschäft und der Liefe-
rung des Produktes sowie zum anderen um den Impuls für weitere Online-Käufe sei-
tens des Kunden. Ziel ist es, den Kontakt zum Kunden nicht abbrechen zu lassen,
sondern ihn bestenfalls direkt zum nächsten Kauf zu begleiten. Die After-Sales-
E-Mail liegt damit in der Schnittstelle zwischen Transaction- und Trigger-E-Mail.

„ Newsletter-E-Mails: Beim Einsatz dieser Mailing-Form können die E-Shops ihren


Kunden und Interessenten regelmäßig aktuelle Informationen in einer Übersicht zu-
sammenstellen und elektronisch verschicken. Die News verfügen dabei normaler-
weise über Links, die entweder zum Weiterlesen anregen sollen und die Kunden auf
die Homepage führen oder sogar direkt zum Kauf oder zur Bestellen animieren sollen.
Ziel ist die Bindung zu und die regelmäßige Kommunikation mit dem Kunden.

Durch die Möglichkeit der direkten Ansprache zählt das E-Mail-Marketing zur klassi-
schen Form der Direktwerbung. Die Aufforderung zur Reaktion eröffnet dann den Dialog
zwischen Kunde und E-Shop, der im optimalen Fall zu einer langjährigen, intensiven Be-
ziehung zwischen beiden Partnern führen soll. Die Besonderheiten dieser Form der Kun-
dengewinnung und Kundenbindung sind zum einen die niedrigen Kosten, zum anderen
aber auch die hohe Response-Quote (Schwarz 2003, S. 69). Die Erstellung und Versen-
dung z. B. von Newslettern oder E-Mails ist im Vergleich zum traditionellen Postversand
wesentlich einfacher und kostengünstiger, da die einmal erstellten Inhalte beliebig oft wei-
terverschickt werden können und nur die Kosten für mögliche Softwarelizenzen oder Pro-
vidergebühren entrichtet werden müssen. Im Vergleich zu Postwurfsendungen ist auch die
Resonanz auf die Inhalte wesentlich größer, da der Kunden z. B. nicht zum Telefon greifen
oder eine Antwortpostkarte schicken muss. Er muss lediglich der Verlinkung auf die Web-
seite folgen, wodurch die Reaktionsmöglichkeit deutlich und ohne erheblichen Mehrauf-
wand vereinfacht wird.
Ein wesentlicher Aspekt, der den Erfolg dieses Marketinginstruments enorm beeinflusst,
ist die Tatsache, dass der Kunde dem E-Shop sein Einverständnis zum Erhalt regelmäßiger
Informationen und News per E-Mail geben muss (das sog. Opt-In-Gebot). Somit ist das
Verschicken des Newsletters oder einer personalisierten E-Mail aktiv vom Kunden ge-
wünscht und erfährt dadurch eine höhere Aufmerksamkeit, als andere Werbemittel. In der
Regel wird eine Personalisierung der E-Mail durch die einmalige Registrierung der Kun-
den auf der Webseite ermöglicht. In einigen Fällen kann er auch gezielt seine Interessen
und Informationsbedürfnisse äußern, damit die E-Mail an Relevanz gewinnt. Im Hinblick
auf diese Erlaubnis wird auch vom sog. Permission-Marketing gesprochen. Unter Per-
mission-Marketing versteht man im Allgemeinen die erlaubnisbasierte Versendung einer
Werbebotschaft (Lammenett 2017, S. 125). Dabei gibt ein Kunde einem E-Shop die Er-
laubnis (Permission), ihm bestimmte Werbebotschaften, z. B. eben in Form einer E-Mail
410 Die Grundlagen des E-Shop

zukommen zu lassen. Die Erlaubnis des Kunden wird dabei durch das sog. Opt-In gege-
ben. Durch das Single-Opt-In erhält der Interessent allein durch Eingabe der E-Mail-Ad-
resse regelmäßige Informationen. Wird die Anmeldung vom Anbieter noch einmal aus-
drücklich bestätigt, so nennt man dies Confirmed-Opt-In. Die intensivste Form der Er-
laubniserklärung findet beim sog. Double-Opt-In statt, da der Nutzer noch einmal die
Bestätigungsmail beantworten muss (s. Abb. 154).

Single-Opt-In

Interessent Interessent erhält


gibt E-Mail regelmäßig
Adresse an Informationen

Confirmed-Opt-In

Interessent Interessent erhält Interessent erhält


gibt E-Mail Anmelde- regelmäßig
Adresse an bestätigung Informationen

Double-Opt-In

Interessent Interessent erhält Interessent muss Interessent erhält


gibt E-Mail Anmelde- Erhalt regelmäßig
Adresse an bestätigung bestätigen Informationen

Abb. 154: Opt-In-Modelle beim Permission-Marketing


Quelle: Sonntag 2002, S. 34.

Eine weitere Besonderheit dieses Marketing-Instruments ist die Kontrolle oder Messbar-
keit des Erfolges. Der Einsatz einer per E-Mail oder Newsletter verschickten Werbebot-
schaft lässt sich problemlos bis in alle Details nachverfolgen. So kann der E-Shop genau
sehen, wer die E-Mail gelesen und wer sie eventuell an Bekannte weitergeleitet hat. Zu-
dem ist es möglich, nachzuverfolgen, wer welchen Link angeklickt hat und für welche
Information oder Produkt sich der User interessiert. Somit können klare Aussagen über
Klickraten einzelner Produkte und die Effizienz der gesamten Werbemail-Aktion gemacht
werden. Die Vollautomatisierung der Datengenerierung erfordert kaum Mehraufwand bei
der Erstellung von Reportings und Berichten zu Analysezwecken. Die selbständige Pro-
tokollierung der Daten erlaubt neben der Auswertung des Gesamterfolges nach der Aktion
auch die Kontrolle und Auswertung der verschickten Mails (Anzahl versandter Mails,
Rückläufe, geöffnete Mails etc.) während der Aktion, da alle Daten in Echtzeit an den E-
Shop übertragen werden und diesem daher sofort zur Verfügung stehen.
Wichtig bei diesen andauernden ePermission-Marketing-Aktivitäten ist jedoch die Be-
rücksichtigung, dass Anreize unter Umständen auf Dauer ihren Reiz verlieren und das
Das Marketing beim elektronischen Verkauf 411

Interesse und die Aufmerksamkeit nach dem ersten Kontakt rapide abnehmen. Generell
werden folgende Instrumente des ePermission-Marketings eingesetzt:

„ Newsletter: Newsletter sind eng mit dem E-Mail-Marketing verknüpft. Newsletter


sind Informationsbriefe, die regelmäßig an den Kunden geschickt werden und be-
stimmte Informationen, z. B. zu Angeboten oder Branchentrends enthalten. Aller-
dings wird auch hier zuerst die Zustimmung vom Nutzer benötigt, der den Newsletter
eines Anbieters oder einer Seite abonnieren muss, um den entsprechenden Service
zu erhalten. Die Abbestellung des Newsletters ist jederzeit möglich und muss vom
Anbieter deutlich sichtbar im Newsletter selber angeboten werden.

Abb. 155: Beispiel eines RSS-Feeds


Quelle: www.netcampus.de

„ RSS-Feeds: Unter RSS (Really Simple Syndication) versteht man ein Kommunika-
tionsprotokoll, das hauptsächlich auf XML basiert und es dem Nutzer ermöglicht, über
neue Inhalte auf bestimmten Webseiten informiert zu werden. Der Empfang eines RSS-
Feeds wird erst dann möglich, wenn der Nutzer einen sog. Feedreader (Leseprogramm)
installiert und anschließend die Adresse der XML-Datei in dieses Programm kopiert.
Danach erscheint eine Information im Feedreader, wenn neue Inhalte auf der Webseite
eingestellt werden. Diese Information wird meist in Form eines Kurztextes oder einer
Schlagzeile dargestellt, die direkt zu den Inhalten der Seite verlinkt ist. Viele dieser
412 Die Grundlagen des E-Shop

RSS-Feeds enthalten zwar kaum Werbung, werden aber falls doch, durch das eigene
Einverständnis nicht als störend empfunden. Diese Art von „Abonnement“ kann zu
jeder Zeit wieder gelöscht werden und stellt damit keinerlei Risiko für den Nutzer dar
(Wilkins 2006, S. 115). RSS-Feeds werden bisher jedoch noch sehr selten als eigen-
ständiges Werbeinstrument erkannt, sondern werden vermehrt nur als Online-Dienst
von Zeitungs- und Zeitschriftenanbietern angeboten. Sog. RSS-Verzeichnisse, wie
z. B. rss-verzeichnis.de, erfreuen sich immer größerer Beliebtheit, da dort gezielte
News-Feeds von sämtlichen Anbietern angeboten werden können, um bspw. News
über spezielle Produkte von bestimmten Anbietern zu bekommen (s. Abb. 155).

„ Formulare: Bestimmte Formulare, die auf einer Webseite angeboten werden, können
auch als Instrument des Permission-Marketings eingesetzt werden. So sind z. B. For-
mulare zur Anforderungen von Produktinformationen nichts weiter, als die bloße Zu-
stimmung zum Erhalt der Produktwerbung. Da jedoch ein gezieltes Interesse seitens
des Kunden besteht, wird dies nicht als Werbung, sondern eher als Informationsange-
bot wahrgenommen, das dabei weiterhelfen soll, Kaufentscheidungen zu treffen.

Je nach eingesetzter Software und Systemkapazitäten, können die Analyse der Werbeak-
tion und die Erfolgsmessung in unterschiedliche Detaillierungsgrade aufgesplittet werden.
Manche Systeme erlauben zudem die Aggregation der Daten auf verschiedene Weise. So
kann neben der Messung der „Cost per Interest“ (CPI) und der „Cost per Click“ (CPC)
z. B. auch direkt die Messung des „Return on Investment“ (ROI) erfolgen. Generell gibt
es drei Bereiche, die im Zusammenhang mit der Erfolgsmessung der Kampagnen für
das Marketing-Controlling wichtig sind (Schwarz 2003, S. 79):

„ Messung der An- und Abmeldungen: Alle Ab- und Anmeldungen des Newsletters
können in Echtzeit dokumentiert werden, damit der Adressdatenbestand immer nur
gültige Einträge enthält. Im zeitlichen Verlauf kann z. B. nachvollzogen werden, zu
welchen Zeiten am meisten Abonnenten den Newsletter erhalten haben und nach wel-
chen Aktionen sich viele wieder abgemeldet haben. Auch Thementrends können unter
Umständen durch das An- und Abmeldeverhalten der Abonnenten herauskristallisiert
werden.

„ Kampagnenmessung und -vergleich: Zur Kampagnenmessung kann zunächst der


aktuelle Stand der laufenden Kampagne ermittelt werden (Bouncerate, Öffnungsrate,
Klickrate, Abmeldungen, Weiterempfehlungen etc.), um die Kennzahlen auch in ihrer
zeitlichen Entwicklung beobachten zu können. Hinzu kommt die Filterung und Aus-
wertung der bevorzugten Tageszeiten oder Wochentage, an denen die höchsten Klick-
raten und die niedrigsten Abmeldungen erfolgen, um Folgekampagnen zu optimieren.

„ Responsemessung und Angebotsmessung: Durch die präzise und automatisierte


Dokumentation jedes einzelnen Klicks lassen sich daraus z. B. resultierende Ver-
kaufserfolge messen. Hierzu kann der E-Shop-Betreiber genau verfolgen, welcher
Das Marketing beim elektronischen Verkauf 413

Kunde welchen Link angeklickt hat und welches Produkt er gekauft oder für welches
Thema er sich interessiert hat. Werden die Analysen aufwendiger betrieben, lassen
sich z. B. auch bestimmte Nutzertypen erkennen, die bei anderen Kampagnen noch
gezielter und effizienter angesprochen werden können.

3.4.1.7 Couponing-Marketing
Das Couponing-Marketing setzt an der konkreten Maßnahme der Gewährung eines Ra-
battes an. Rabatte sind preisliche (z. B. 20 % auf Basispreis) oder produktorientierte (z. B.
kostenlose Beigabe eines weiteren Produktes; „Buy one, get one free“) Nachlässe bzw.
Zugaben zur Steigerung der Attraktivität eines Transaktionsangebotes. Im Hinblick auf
das Online-Marketing wird der Coupon in der Regel entweder direkt über eine E-Mail-
bzw. Newsletter-Versendung oder den Download über die eigene Webseite bzw. indirekt
über einzelne Affiliates oder Coupon-Netzwerke weitergegeben bzw. gewährt. Im Ergeb-
nis kommen hierbei zu meist kommunizierte elektronische Gutscheincodes zum Einsatz,
die nach entsprechender Eingabe während des Online-Transaktions- bzw. Bezahlprozes-
ses den Rabatt vom Verkaufspreis abziehen bzw. die Zugabe von Produkten ermöglichen.
Neben einer web-basierten Verbreitung wird das Couponing-Marketing insbesondere im
mobilen Bereich eingesetzt (Mobile Couponing, s. Kapitel 3.2.1.3), wobei dem Nutzer
von mobilen Endgeräten bspw. digitale Coupons direkt auf sein Mobilfunkgerät gesendet
werden (Seifert 2013, S. 227 f.).

Abb. 156: Portal für den Vertrieb von Coupons am Beispiel von DailyDeal
Quelle: www.dailydeal.de
414 Die Grundlagen des E-Shop

Das Thema „Rabatte“ hat innerhalb der elektronischen Netzwerke einen hohen Stellen-
wert bekommen. Hintergrund ist die Tatsache, dass aufgrund der Preistransparenz und der
zugehörigen Suchmechanismen nochmalige, in der Regel zeitraum- oder mengenbe-
grenzte Vergünstigungen mit Hilfe von Coupons besondere Aufmerksamkeit erzeugen.
Entsprechend haben sich spezielle Plattformen rund um den Vertrieb von Coupons gebil-
det, von denen groupon.de und dailydeal.de (s. Abb. 156) sicherlich mit die bekanntesten
sind. Daneben gibt es aber auch Plattformen, auf denen Coupons und/oder entsprechende
Preisrabatte vor diesem Hintergrund dauerhaft einem angeschlossenen Nutzerkreis offe-
riert werden.
Als Beispiel kann incent.de genannt werden, in dem bspw. Mitarbeiter von Unternehmen
in einem Rabatt-Netzwerk organisiert werden. Hier sind die Übergänge zu den sog. Shop-
ping-Clubs wie brands4friends.net allerdings schon als mehr oder weniger fließend zu
bezeichnen. Unabhängig vom Kommunikations- oder Vertriebskanal ist das primäre Ziel
des Couponing-Marketings aber immer die Schaffung einer erstmaligen Aufmerksamkeit
und Attraktivität im Sales-Prozess von bzw. für Neukunden. Die Überlegung dabei ist,
dass aufgrund des Rabattes der Erstkauf des Neukunden kaufmännisch wenig attraktiv ist,
jedoch diese Marge beim Folgekauf wieder steigt, sofern der Kunde auch gehalten werden
kann.

3.4.2 Die Kundenbewertung für den elektronischen Verkauf


Da vor der Kundengewinnung generell noch keine umfassenden Informationen über die
Kunden vorhanden sind, bietet es sich für E-Shops der Digitalen Wirtschaft an, nicht nur
die Kontaktdaten oder Informationen über den getätigten Erstkauf zu sammeln, sondern
alle Daten, die im Laufe der Zeit aufgrund sämtlicher Interaktionen (Anfrage, Newsletter,
Kauf, Beschwerde etc.) mit dem Kunden anfallen, zu sammeln, zu systematisieren und zu
analysieren, um ein umfassendes Bild des Kunden zu erhalten. Die Speicherung der Daten
erfolgt in vielen Fällen automatisiert und kann zur Erstellung sog. Kundenprofile genutzt
werden. Zum Aufbau dieser Kundenprofile lohnt es sich, zunächst einmal externe Daten
über den Markt bzw. die Konkurrenz und die Vorlieben bestimmter Käufergruppen zu
sammeln (Marktforschung), um daraus ein genaues Bild der Zielgruppe zu erlangen. Im
Data Warehouse können dann alle Daten abgelegt und gespeichert werden, die durch jeg-
liche Interaktion mit dem Kunden anfallen. Das heißt, dass zu externen Daten auch die
intern durch Automatisierung generierten Daten zur Weiterverarbeitung zusammenge-
führt werden (s. Abb. 157).
Durch den kontinuierlichen Aufbau dieser Datenbasis entsteht vor diesem Hintergrund ein
Datenpool, der mit Hilfe verschiedener Analyseverfahren systematisiert und durch Data
Mining Methoden zum gezielten Einsatz für verschiedene Werbemaßnahmen genutzt
werden kann (Database-Marketing). Je genauer und umfassender die Kundenprofile
sind, desto besser eigenen sie sich auch für das strategische Customer Relationship Ma-
Das Marketing beim elektronischen Verkauf 415

nagement. Der Vorteil der Profilierung liegt daher meist im langfristigen Nutzen der Daten
durch gezieltes One-to-One-Marketing und nicht in der Erreichung kurzfristiger Ver-
kaufsziele.

Marktforschung

Extern

Data Data Database One-to-One-


Profiling
Warehouse Mining Marketing Marketing

Intern

Prozessdaten (Automatisierung)

Abb. 157: Die Datenanalyse zur Kundenbewertung


Quelle: Kollmann 2013, S. 216.

3.4.2.1 Online-Marktforschung
Effizienz und Erfolg kundenorientierter Kommunikationsmaßnahmen werden maßgeblich
durch den Aufbau und Einsatz einer soliden Wissensbasis über den Kunden und seine
Bedürfnisse erreicht. Erst wenn durch professionelle Online-Marktforschung die syste-
matische Sammlung wertvoller Informationen ermöglicht wird, können die elektronischen
Daten der Käufer (die Nutzerspuren) dazu genutzt werden, personalisierte Produktange-
bote zu unterbreiten und aktiv bestimmte Produkte zu bewerben. Im Unterschied zu
Clickstream-Analysen oder Data-Mining-Verfahren, wird die Marktforschung eher für die
Erreichung strategischer Ziele eingesetzt, da es hier hauptsächlich darum geht, Wissen
über die Zielgruppe insgesamt und über die Branchen- bzw. Marktstruktur usw. zu erhal-
ten und nicht das Kaufverhalten einzelner Kunden zu analysieren (Jacob 2009, S. 32).
Somit werden in der Regel unternehmensexterne Information zur Beurteilung von Markt-
chancen oder zur Bewertung strategischer Wettbewerbsvorteile herangezogen.
416 Die Grundlagen des E-Shop

Generell unterscheidet man bei der Online-Marktforschung zwischen Primär- und Sekun-
därforschung. Die Primärforschung dient der Beantwortung spezifischer Fragestellun-
gen durch die Erhebung oder Sammlung von Daten, die dafür unmittelbar von Bedeutung
sind. Dies kann z. B. durch Befragungen, Beobachtungen oder Experimente erfolgen
(s. Abb. 158). Diese Methoden lassen sich alle mehr oder weniger einfach über das Inter-
net abwickeln. Online-Befragungen können z. B. per E-Mail oder in Newsgroups durch-
geführt werden. Die Beobachtung des Verhaltens von Internet-Nutzern wird dabei meis-
tens mit Hilfe von Logfile-Analysen, Cookies oder Clickstream-Analysen gemacht (Ster-
ne 2011, S. 151). Zur Durchführung von Experimenten im Internet werden Online-Con-
joint-Analysen, virtuelle Produkttests oder Testmärkte herangezogen, welche die Erreich-
barkeit vieler, eventuell geographisch weit entfernter, Versuchspersonen ermöglichen. Im
Gegensatz dazu gibt es aber auch sog. Online-Panels, bei denen eine genau ausgewählte
und gleichbleibende Gruppe von Internet-Nutzern regelmäßig befragt oder beobachtet
wird (Fritz 2004, S. 144 ff.).

Online-Marktforschung

Primärforschung Sekundärforschung

Online- Online- Online-


Befragungen Experiment Datenbanken

Online-
Online-Panel
Beobachtungen

Abb. 158: Verschiedene Methoden der Online-Marktforschung


Quelle: in Anlehnung an Fritz 2004, S. 144.

Die Sekundärforschung baut im Gegensatz zur Primärforschung nicht auf der eigenen
Sammlung der spezifischen und relevanten Daten auf, sondern greift vielmehr auf bereits
vorhandene bzw. bestehende Daten zurück. Dabei handelt es sich z. B. um Datenbanken,
Suchmaschinen, Mailinglisten, Kataloge oder Informationsseiten, die dabei entweder von
kommerziellen oder nichtkommerziellen Anbietern zur Verfügung gestellt werden. Das
Das Marketing beim elektronischen Verkauf 417

Internet bietet daher eine große Menge an Datenquellen, die zur Beantwortung der voran-
gegangenen Fragestellung herangezogen werden können. Dazu müssen die relevanten Da-
ten ausgesucht und angefordert und eventuell bezahlt werden. Werden z. B. Studien von
unabhängigen Instituten angefordert, so sind diese meistens nur gegen Bezahlung erhält-
lich. Je professioneller, vertraulicher und gezielter die Daten sein sollen, desto teurer wird
auch der Einkauf dieser Informationen. Somit ist abzuwägen, inwiefern sich diese Daten
für den eigenen Zweck verwenden lassen und ob das Entgelt angemessen ist.
Zusätzlich zu diesen externen Informationsquellen muss auch die ständige Analyse der
eigenen Online-Datenbank erfolgen, da hierdurch nicht nur Erkenntnisse über bereits
vorhandene Kunden gewonnen werden können, sondern diese Erkenntnisse sich auch auf
Neukunden übertragen bzw. für deren Einwerbung genutzt werden können. Durch den
gesammelten Datenstamm kann der E-Shop somit gezielt Marktforschung betreiben und
z. B. die Kundenzufriedenheit überprüfen. Je spezifischer und umfassender die gesammel-
ten Daten sind, desto höher ist der Informationsgehalt, der als Grundlage jeglicher Markt-
forschungsaktivitäten dient. Um die Handhabung dieser Daten zu vereinfachen und eine
eindeutige Zuordnung zu garantieren, werden spezielle Kundendatenbanken eingesetzt,
die dann die Erstellung von Kundenprofilen ermöglichen. Hier werden z. B. Basisinfor-
mationen über den Kundenstatus (aktuelle, ehemalige, potenzielle Kunden, Adressen,
Interessen etc.) und Kundentypus (Alter, Geschlecht, Lebensstil und Kaufkraft) abgelegt.
Weiterhin werden Daten über die Kaufhistorie bzw. Kontakt- und Responsehistorie
gesammelt, welche die Basisinformationen mit Daten über das kundenspezifische Verhal-
ten anreichern sollen. Zur Kaufhistorie zählen z. B. die Anzahl der Bestellungen, gekaufte
Produkte, Umsätze, Zahlungsweisen und Retouren. Zur Responsehistorie zählt z. B. die
detaillierte Erfassung der bisherigen Kundenkontakte nach Kommunikationskanal, -inhalt
und -gegenstand (Link/Hildebrand 1993, S. 30ff.).
Die bereitgestellten Daten und die Auswertung des Such-, Nutzungs- und Kaufverhaltens
der Kunden ermöglichen eine ausführliche Profilerstellung und Kundensegmentierung,
die für individuelle Informations- und Leistungsangebote im Rahmen der Kundengewin-
nung und -bindung herangezogen werden können (One-to-One-Marketing). Die Möglich-
keit, sowohl für die Primär- als auch für die Sekundärforschung die benötigten Daten über
das Internet zu erheben bzw. die eigenen Datenbestände elektronisch auszuwerten, bietet
einige wesentliche Vorteile, welche die Online-Marktforschung besonders attraktiv er-
scheinen lässt (Fritz 2004, S. 140 ff.):

„ Kosten- und Zeitvorteile: Online-Befragungen können wesentlich schneller über das


Internet realisiert werden als die Befragung per Papier. Die Teilnehmer können ohne
großen Aufwand z. B. per E-Mail erreicht werden und müssen nicht per Interviewer
und Papierbogen langwierig befragt werden. Elektronische Daten können umgehend
übermittelt und ausgewertet werden. Zudem werden die Kosten für den personellen
und materiellen Aufwand eingespart.
418 Die Grundlagen des E-Shop

„ Gestaltungsvorteile: Durch die Unterstützung von multimedialen Anwendungen


werden Befragungen per Internet oftmals interessanter, realitätsnäher und detaillierter
dargestellt als am Telefon oder auf dem Papier. Daher können Daten bei Ausschöp-
fung der multimedialen Fähigkeiten des Internets unter Umständen wesentlich präzi-
ser erhoben werden, was sich wiederum positiv auf die Validität der Zahlen auswirkt.

„ Reichweitenvorteile: Einer der wichtigsten Vorteile der Online-Marktforschung ist


die größere Reichweite gegenüber traditioneller Marktforschung. Das Internet ist ein
globales Medium und erreicht durch die Unabhängigkeit von Raum und Zeit viel
mehr Menschen, als eine Umfrage per Face-to-Face-Interview oder über Telefon. Die
größere Reichweite von Online-Befragungen kann außerdem zu einer größeren Stich-
probe führen, welche die Qualität und Validität der Daten erhöht.

„ Automatische Datenerfassung und -analyse: Elektronisch erfasste Daten haben den


Vorteil, dass sie jederzeit abrufbar sind. Sie können in großen Mengen relativ leicht
verschickt und aufbereitet werden. Viele E-Shops nutzen heute schon die Möglich-
keit, ihre Besucher und Kunden per Logfile-Analyse und Clickstream-Analyse besser
zu verstehen. Diese Daten werden ohne aktives Eingeben von Seiten der Kunden er-
fasst und stehen somit frei zur Verfügung.

Größter Nachteil bei der Online-Marktforschung ist die fehlende Repräsentativität der
Stichproben. Aufgrund der Tatsache, dass die Befragten mit dem Internet umgehen und
Online-Fragebogen o. Ä. beantworten müssen, ist eine Extrapolation der Ergebnisse auf
die Gesamtbevölkerung nicht möglich, da die Meinung derer, die keinen Internetanschluss
besitzen oder das Internet nicht nutzen, nicht ausreichend berücksichtigt werden kann. Die
Stichproben unterliegen somit fast immer einer systematischen Messabweichung, wobei
dieser Nachteil durch die weitere Zunahme der Internetverbreitung mittelfristig reduziert
wird. Da Online-Marktforschung jedoch überwiegend für Fragen innerhalb des Mediums
gebraucht wird, ist dieser Nachteil in vielen Fällen nicht relevant und daher sicherlich zu
vernachlässigen.

3.4.2.2 Data Warehouse


Die Vorteilhaftigkeit der Nutzung elektronischer Informationstechnologien zur individu-
alisierten und personalisierten Kundenansprache wird erst dann ermöglicht, wenn ein ge-
eigneter Datenpool zur Anfertigung eines speziellen Kundenwissens vorhanden ist. Dazu
werden die direkt ausgetauschten Daten zwischen Kunde und E-Shop sowie gesammelte
externe Daten in einem sog. Data Warehouse (DW) abgelegt und gespeichert. Der größte
Teil dieser Daten ist durch die zunehmende Automatisierung vieler Prozesse sehr einfach
zu generieren und wird quasi ohne Eingreifen des E-Shop-Betreibers automatisch in der
Datenbank abgelegt. Die automatisierte Datenspeicherung erlaubt es, zu jeder Zeit den
aktuellen Zustand (z. B. momentaner Auftragsbestand) des E-Shops zu repräsentieren
Das Marketing beim elektronischen Verkauf 419

(Mertens et al. 2017, S. 48 f.). Da jedoch die Daten, die in den verschiedenen Vertriebs-
prozessen (eSales, ePayment etc.) anfallen, oftmals in sehr unterschiedlichen Formaten
gespeichert werden, muss die entstandene heterogene Datenmenge zunächst homogeni-
siert werden. Das heißt, dass Daten, wie z. B. Kundendaten, Kaufhistorie, Beschwerden
etc. konsolidiert werden müssen, um sie dann mittels Data Warehouse-Technologien in
ein einheitliches Format zu transformieren, das die Weiterverarbeitung im Hinblick auf
den Gebrauch für Database-Marketing- oder Kundenbindungsaktivitäten zulässt. „Ein
Data Warehouse ist ein von operationalen Datenverarbeitungs-Systemen getrenntes Da-
tenbanksystem, in dem unternehmungsweit Informationen aus unterschiedlichen Sub-Sys-
temen gespeichert und user-orientiert verarbeitet werden“ (Werner 2017, S. 336 f.). Durch
die Operationalisierung eines Data Warehouse können entscheidungsrelevante Kunden-
daten durch die Anwendung verschiedener Analyseinstrumente (z. B. Data-Mining) auf-
bereitet und für den Zugriff verschiedener Nutzer optimiert werden. Zu den Komponen-
ten eines Data Warehouse sind zu zählen (Wannenwetsch/Nicolai 2004, S. 85): Daten-
bank (Datenbasis und Metadaten), Transformationsprogramme zur Übernahme interner
und externer Daten, Archivierungssysteme zur Datenspeicherung und Datenablage und
Data-Marts als Teilbereich des Data Warehouse für themenspezifisch aufbereitete Daten.
Die resultierende, homogene Datenbasis wird durch die Transformation von internen und
externen Daten über eine Schnittstelle angereichert. Da die Daten nun in einem einheitli-
chen Format vorliegen, können sie themenspezifisch angeordnet und in Data-Marts ab-
gelegt werden, sodass der Zugriff auf diese bereits selektierten und strukturierten Daten
jederzeit möglich ist (s. Abb. 159). Die Datenfilterung kann dann zu Analysezwecken,
z. B. durch Data Mining oder zu Reportingzwecken, verwendet werden. Über Schnittstel-
len zu Back-End-Systemen können die Daten auch direkt z. B. von einem eCustomer-Re-
lationship-Management-System genutzt werden.
Die in der Abbildung grau hinterlegten Teilbereiche zeigen die Grundelemente eines Data
Warehouse. Dazu zählen das Datenmanagement, die Datenorganisation und die Auswer-
tung bzw. Aufbereitung der Daten (Mertens et al. 2017, S. 48 f.). Das Datenmanagement
befasst sich hauptsächlich mit der Transformation der unterschiedlichen Datenformate,
die in der operativen Datenbank hinterlegt worden sind. Dazu wird diese Datenbank in
regelmäßigen Intervallen aufbereitet und in das Data Warehouse übernommen. Zu diesen
internen Daten können dann auch die mittels der Marktforschung gewonnen externen Da-
ten hinzugefügt werden. Bei der Datenorganisation hingegen wird nicht nur die physika-
lische Speicherung festgelegt, sondern auch die logische Ablage und die verwendete Da-
tenstruktur definiert. Dies hilft bei der Festlegung der Zugriffsstellen und der damit ver-
bundenen Verteilung und Einrichtung der Zugriffsrechte. Als letztes Grundelement gehört
die Aufbereitung bzw. Auswertung der Daten zu einem Data Warehouse. Die Aufberei-
tung und Auswertung erfolgt dabei in der Regel mit verschiedenen statistischen Methoden
(Data Mining, OLAP etc.), die Zusammenhänge und Muster in dem gesammelten Daten-
pool erkennen und herausfiltern sollen. Zugriffe der Mitarbeiter sollen dadurch erleichtert
werden, da so insbesondere die Daten schon in einer brauchbaren Form vorliegen und
nicht manuell selektiert und kombiniert werden müssen.
420 Die Grundlagen des E-Shop

Abfrage- und Analysewerkzeuge

Analysen Berichte
Direktzugriff (Data Mining) (OLAP)

Benutzerschnittstelle (Output-Schicht)

Data Verdichtungsstufe n
Marts
Verdichtungsstufe 1
Verdichtungsstufe 2
Metadaten

Datenbasis Archivierungssysteme

Datenschnittstelle (Input-Schicht)
Transformationsprogramme

Unternehmensinterne Transaktionsdaten und externe Daten

Abb. 159: Die Data Warehouse-Architektur für die Datensammlung


Quelle: Wannenwetsch/Nicolai 2004, S. 85.

3.4.2.3 Data Mining


Insbesondere zu Reportingzwecken und der Aufbereitung der zuvor im Data Warehouse
gesammelten Daten dient das OLAP. Die Daten werden anhand unterschiedlicher Dimen-
sionen (z. B. Regionen, Absatzkanäle, Produktgruppe) gegenübergestellt und können so-
mit je nach Fragestellung aufgebrochen und neu zusammengestellt werden. Die ausge-
wählten Dimensionen werden meistens durch Datenwürfel visualisiert (Werner 2017,
S. 52; Wannenwetsch/Nicolai 2004, S. 87, s. Abb. 160). Dies erlaubt eine mehrdimensi-
onale Analyse des Datenbestandes und kann so zur gezielten Beantwortung betriebswirt-
schaftlicher Fragestellungen herangezogen werden, wodurch OLAP in vielen E-Shops zu
einem wichtigen Bestandteil des eControlling wird (s. Kapitel 3.2.2.7). Im Unterschied
zum Data Mining, das dem automatischen Auffinden von Mustern dient, wird OLAP nur
für die Berichterstattung verwendet (Mena 2000, S. 78).
Je nach Analysekriterien können die einzelnen Dimensionen dann weiter aufgebrochen
werden (Hierarchien). So kann die Dimension „geographischer Raum“ z. B. auch in
„Staat“, „Bundesland“, „Region“ oder „Stadt“ unterteilt werden und je nach Verwen-
dungszweck neu zusammengestellt werden. Des Weiteren kann die Analyse auf bestimmte
Das Marketing beim elektronischen Verkauf 421

Bereiche angewendet werden und z. B. eine Analyse eines bestimmten Produkts oder einer
bestimmten Region ermöglichen. So kann je nach Fragestellung ein Datenquerschnitt
herausgefiltert werden, der nur die relevanten Daten zur weiteren Analyse anzeigt (s. Abb.
161). Hier wird die Datenabfrage aktiv vom Anwender aus gesteuert, beim Data Mining
hingegen werden Muster automatisch herausgefiltert. Somit handelt es sich bei OLAP um
die Aggregation von Daten und bei Data Mining um die Ermittlung von Verhältnismäßig-
keiten (Mena 2000, S. 74 ff.). Besonders im Zusammenhang mit einem professionellen
eCustomer-Relationship-Management-System (s. Kapitel 3.4.3.2) kommt der Operationa-
lisierung des Data Warehouse eine wichtige Rolle zu.

Multidimensionaler
Datenwürfel Produkt Produkt

P1

P2 Region Region

P3 Produkt
Zeit Zeit
….
West
Mitte Produkt Produkt
Süd Region
Jan Feb März ….

Zeit Region Region

Zeit Zeit

Abb. 160: Der Multidimensionale Datenwüfel (OLAP-Würfel)


Quelle: Mertens et al. 2017, S. 53.

Das Data Mining bezeichnet das Herausfiltern von besonderen Datenkonstellationen mit
möglicher Ursachenklärung aufgrund der Erkennung von Mustern in den Daten einer
umfangreichen Datenbank (Data Warehouse). Hierbei kommen statistische und mathema-
tische Verfahren zum Einsatz, um aus den Daten wertvolle Informationen und anschlie-
ßend relevantes Wissen zu generieren. Dieses Wissen kann auf der einen Seite zur Ver-
besserung der Prozessgestaltung und auf der anderen Seite zur Verbesserung der externen
Kundenbeziehungen genutzt werden. Für E-Shops der Digitalen Wirtschaft bedeuten diese
Möglichkeiten, dass die auf Grund der elektronischen Kommunikation gewonnenen Kun-
den- und Userdaten in einem Data-Mining-Prozess quantitativ und qualitativ untersucht
werden können (Bodendorf 1999, S. 55). Dieser Prozess umfasst die Selektion und Auf-
bereitung von Daten, die Generierung von Datenmustern bis hin zur Darstellung der Er-
gebnisse und deren Interpretation (Gentsch 2002, S. 282). Der Prozess der Datenauswer-
tung und -darstellung kann auch als Knowledge Discovery-Prozess bezeichnet werden
(Preißner 2001, S. 185). Die Aufgaben des Data Mining umfassen vor diesem Hinter-
grund im Kern (Berry/Linoff 2000, S. 8 ff.):
422 Die Grundlagen des E-Shop

„ Klassifizierung: Klassifizierung und damit die Zuordnung vorhandener oder neu hin-
zukommender Datensätze an definierte Klassen (z. B. Kundensegmente)

„ Schätzung: die Schätzung nicht bekannter Merkmale (z. B. Interessen oder Anzahl
der Kinder)

„ Vorhersage: die Prognose von Verhaltensweisen (z. B. Wechselwahrscheinlichkeit


oder zukünftige Umsätze)

„ Gruppierung von Objekten: Feststellung von Zusammenhängen zwischen einzel-


nen Produkten oder speziellen Angeboten (z. B. Waren, die zusammen in den Waren-
korb gelegt werden)

„ Clusterung/Segmentierung: Einteilung der Kunden in Gruppen mit ähnlichem Ver-


haltensmuster (z. B. Kundentypen)

Data Data Mining Entscheidung/


Warehouse Marketing

Daten Informationen Wissen


• Operative Daten • X wohnt in Z • Platzierung von
• Kundendaten • S ist Y Jahre alt Produkt X auf One-to-One-
• Lifestyledaten • X und S Seite Y Marketing
• Demographische besuchen min. • Installation einer
Daten 20 Webseiten Hilfefunktion auf
• „User“-Spuren • W akzeptiert Seite Y
Cross-Selling
Online-
Angebote
Marketing

Abb. 161: Data Mining und Database-Marketing bei einem E-Shop


Quelle: in Anlehnung an Wietzorek/Henkel 1997, S. 238 ff.

Für die Gewinnung von Informationen mit Hilfe des Data Mining sind vor diesem Hinter-
grund im Kern also drei Schritte notwendig (Wietzorek/Henkel 1997, S. 238 ff.). Im ersten
Schritt müssen als Voraussetzung die Daten aus allen Prozessbereichen integriert (verein-
heitlicht) vorliegen. Zu diesem Zweck wird in der Regel auf ein Data Warehouse zurück-
gegriffen, welches die systematische Datenablage ermöglicht. In einem zweiten Schritt
erfolgt die eigentliche „Minenarbeit“. Dazu werden zunächst die zu verwendenden Daten
ausgewählt. So kann beispielsweise für eine erste Auswertung nur eine Datenstichprobe
verwendet werden, um Ergebnisse zu verifizieren. Anschließend wird dann die Grundge-
samtheit verwendet. Danach erfolgt eine Transformation der Daten, z. B. von nomina-
len in ordinale Werte (bzw. Ableitung von neuen Daten-Attributen). Auf die dadurch ge-
wonnenen Daten werden sodann Mining-Techniken angewandt. Die ermittelten Werte
Das Marketing beim elektronischen Verkauf 423

werden analysiert und ggf. an den Anwender weitergeleitet. Im dritten Schritt gilt es die
Ergebnisse zu präsentieren und im Rahmen des Database-Marketings zu interpretieren.
Dazu ist eine Form zu wählen, die es erlaubt, komplexe Entscheidungsprobleme zu unter-
stützen. Die Anwendung von Data-Mining im Zusammenhang mit elektronischen Daten,
die durch die Nutzung des Internets generiert werden, wird auch als Web Mining bezeich-
net (Alpar/Niedereichholz 2000), das in drei verschiedene Anwendungsbereiche unter-
teilt werden kann (Säuberlich 2003):

„ Web-Content-Mining: Das Ziel der Anwendung von Data-Mining-Verfahren in die-


sem Bereich ist die Vereinfachung der Informationssuche im Internet durch eine
Strukturierung und Systematisierung von Dokumenten-Inhalten, die dann beim Infor-
mationsscreening leichter und besser erkannt werden können.

„ Web-Structure-Mining: Das Web Structure Mining beschäftigt sich mit der Analyse
des Seitenaufbaus einer Webseite und der Struktur der integrierten Links. Außerdem
können auch die Gesamtstruktur aller Seiten und deren hierarchische Beziehungen
untereinander analysiert werden.

„ Web-Usage-Mining: In diesem Bereich wird primär das Verhalten der Besucher ana-
lysiert. Dies geschieht mit Hilfe der automatisch angefertigten Protokolldateien, die
auch als Log-Files bezeichnet werden (daher manchmal auch als Web-Log-Mining
bezeichnet).

Im Mittelpunkt des Data Mining stehen somit große, strukturierte Bestände numerischer,
ordinal- oder nominalskalierter Daten, in denen interessante, aber schwer aufzuspürende
Informationen vermutet werden (Ullman/Widon 2014, S. 12). Die Daten werden durch
Geschäfts- bzw. Verkaufsvorfälle erzeugt und in den verschiedenen Datenbanken und
Geschäftsbereichen gespeichert. Bei vielen E-Shops entstammt ein Großteil der Daten der
elektronischen User- und Kundenregistrierung und den elektronischen Nutzerspuren, die
auf den Webseiten hinterlassen werden. Anhand dieser Daten werden Untersuchungen,
wie z. B. Trendanalysen durchgeführt. Ziel dabei ist es, sowohl auffällige Datenkonstella-
tionen zu beschreiben als auch zukünftige Entwicklungen zu prognostizieren. Das Data
Mining-Tool sucht dabei autonom nach Korrelationen, ohne dass der Anwender eine An-
frage nach einer bestimmten Korrelation formuliert. Im Anschluss daran werden die Er-
gebnisse der Anfrage als Wissen präsentiert (proaktives Vorgehen). Mit der Hilfe von Data
Mining-Tools kann das automatisierte Scannen der Datenbasis, die Hypothesengenerie-
rung, die Datenanalyse und die Ergebnisausgabe erfolgen (Elmasri/Navathe 2015).

Die Verwendung von Informationen zu Kundenbedürfnissen bei Anpassungen von beste-


henden Produkten oder die Entwicklung von Zusatzleistungen, aber auch neuer Produkt-
varianten oder Produktinnovationen, tragen insgesamt zur Erhöhung des Kundennutzens
und damit der Kundengewinnung und -bindung bei. Prominentes Beispiel für eine gebo-
424 Die Grundlagen des E-Shop

tene Leistung durch Data Mining sind die personalisierten Rezensionen und Empfehlun-
gen auf amazon.de. Hierbei wird der Kunde durch die Offenlegung seiner Präferenzen und
subjektiven Meinung zum Associate, also zum Gestalter des Zusatzangebotes (Garczorz/
Krafft 2001, S. 147). Ausschlaggebend in diesem Zusammenhang sind der Aufwand und
die Kosten für eine personalisierte Einbindung des Kunden im Vergleich zum Versenden
individualisierter Umfragen per E-Mail oder sogar der Einsatz von Außendienstmitarbei-
tern (Wirtz 2018).
Insgesamt betrachtet, bietet das Data Mining viele Vorteile, die besonders zur Kundenbin-
dung beitragen. Trotzdem ist die Sammlung der Daten auch mit Schwierigkeiten behaftet.
Durch den zunehmend hohen Stellenwert von Datenschutzaspekten bei Online-Kunden,
sind der aktiven Wiederverwendung von Kundendaten zum Zwecke von Personalisie-
rungsaktivitäten Grenzen gesetzt (Graf/Gründer 2003, S. 88). Der rechtliche Spielraum
im Hinblick auf das Speichern von personenbezogenen Daten im Internet ist in Deutsch-
land stark reglementiert (Wirtz 2018). Dabei ist die Erhebung personenbezogener Daten,
wie z. B. Name, Anschrift und Geburtsdatum, nur mit ausdrücklicher Einwilligung der
Person zulässig. Problematisch sind die in der Digitalen Wirtschaft gebotenen „Grauzo-
nen“, wie die Tatsache, dass die Einwilligung zur Teilnahme an einem Gewinnspiel auch
die Einwilligung der Datenerhebung implizieren kann. Ferner sind Kunden bezüglich der
Übertragung ihrer Daten vor diesem Hintergrund umsichtiger geworden, da der Handel
mit elektronischen Kundendatenbanken bekanntermaßen schon weitverbreitet ist.

3.4.2.4 Database-Marketing
Database-Marketing ist die Filterung von gespeicherten oder aus dem Data-Mining-Pro-
zess stammenden Daten auf Basis definierter Kriterien, um insbesondere Aufschluss über
Bedürfnisse, Kaufmotive, Nachfragepotenziale und vorangegangene Käufe von Kunden
bzw. Usern zu erlangen. Anhand dieser Daten können nicht nur die Marketing-Aktivitäten
individuell gestaltet werden, sondern auch weitere Produkte und Sekundärleistungen an-
hand dieses kumulierten Wissens entwickelt und konzipiert werden. Besonders bei der
Produktauswahl und -entwicklung kann Database-Marketing unterstützend eingesetzt
werden. Zu den allgemeinen Zielen des Database-Marketings zählen (Kotler/Keller
2016, S. 663 f.; Huldi/Kuhfuß 2002, S. 335):

„ Bedürfnisidentifikation: Durch die verschiedenen Feedback-Möglichkeiten wie


z. B. FAQ, Call-Back-Button, Online-Fragebogen und Forum, können Daten über
eine breite Masse an Personen gewonnen und in einer Datenbank gespeichert werden.
Daraufhin können bestimmte Personenkreise und deren Bedürfnisse anhand von ver-
schiedenen Kriterien eingegrenzt und intensiver untersucht werden. Auf diese Weise
können die angebotenen Produkte entsprechend erweitert oder angepasst werden.

„ Personalisierung: Zur Umsatzsteigerung kann aufgrund einer Analyse des Datenbe-


standes eine auf den einzelnen Kunden zugeschnittene Produkterstellung/-anpassung
Das Marketing beim elektronischen Verkauf 425

erfolgen. Die individualisierten Angebote befriedigen vor diesem Hintergrund die


Präferenzen von Kunden gezielter und führen so zu einer höheren Kundenzufrieden-
heit.

„ Loyalitätssteigerung: Durch das Einfließen der einmal gewonnenen Daten in maß-


geschneiderte Produkte wird ein höherer Mehrwert für den Kunden erzeugt. Dieser
Mehrwert erzeugt ein Individualitätsgefühl, welches zu einer Steigerung der Loyalität
beitragen kann bzw. soll.

„ Reaktivierung: Anhand der Kundendatenbank kann festgestellt werden, wann Kun-


den zur erneuten Nutzung bzw. zum Upload einer bestimmten Produktfunktion auf-
gefordert werden können. Dies könnte aber auch eine Benachrichtigung über kom-
plementäre Produktinnovationen implizieren.

Data Warehouse

Ziele/ Kampagne Aktionen Kunden-


Analyse Kontrolle
Zielgruppen (DBM) (DBM) reaktion

Soll Ist

Ableiten von Korrekturmaßnahmen

Abweichung des Kampagnenerfolgs

Abb. 162: Der Regelkreis des Database-Marketings


Quelle: Kollmann 2013, S. 227.

Die dem Database-Marketing zugrunde liegende Methode kann als ein Regelkreis ver-
standen werden, mit der Kundensegmente gezielt mit verschiedenen Kommunikationsmit-
teln angesprochen werden können. Dies bedeutet, dass das Database-Marketing über das
Data Mining hinausgeht, und auch die Reaktionen der Kunden auf umgesetzte Ergebnisse
des Data Mining-Prozesses bzw. Neuversuche der Kundenkommunikation unmittelbar in
eine weitere tiefergehende Analyse eingehen, um u. a. die Kundensegmentierung besser
vorzunehmen bzw. die Produktgestaltung und -entwicklung genauer planen zu können
(Huldi/Kuhfuß 2002, S. 331). Der Ablauf im Regelkreis des Database-Marketings basiert
426 Die Grundlagen des E-Shop

zunächst auf dem Prinzip, alle Informationen eines einzelnen Kunden in einem Data Wa-
rehouse festzuhalten, um ihm dann ein für seine Bedürfnisse optimales Produkt anbieten
zu können (Wilde 1987; Huldi 1992, S. 29; Link/Hildebrand 1993, S. 45). Am Anfang des
Prozesses steht die Analyse der bereits vorhandenen Bestände der Kundendaten. Daraus
werden Ziele und Zielgruppen abgeleitet, die mittels des Database-Marketings erreicht
werden sollen. Diese sind nicht nur durch die Datenbasis bestimmt, sondern ebenfalls
durch exogene Faktoren wie z. B. die Marketingstrategie oder externe Daten. Für die Um-
setzung der Aktivitäten werden Maßnahmen bzw. Vorgehensweisen ermittelt (Kampag-
nen), die mit Hilfe konkreter Aktionen beschrieben und umgesetzt werden. Auf Kunden-
seite erfolgt eine Reaktion (im Optimalfall der Kauf des beworbenen Produktes) auf die
durchgeführten Aktionen. Das Wissen über die Reaktion der Kunden steht dabei im Mit-
telpunkt des Database-Marketings (DBM). Über die Reaktionserfassung der Kundenseg-
mente kann die Zielsetzung bzw. Zielerreichung überprüft werden. Werden durch die Ana-
lysen und Kontrollen Abweichungen des erwarteten Kampagnenerfolgs festgestellt, kön-
nen nun auf Basis der gewonnenen Kundenreaktionsdaten korrigierende Änderungen vor-
genommen werden. Die Bearbeitung der Kundensegmente wird dadurch der Kundenreak-
tion entsprechend angepasst. Abb. 162 stellt diesen zirkulären Zusammenhang nochmals
in einem Überblick dar.
Kern des Regelkreises ist eine Datenbank, in der sämtliche kundenrelevanten Daten ge-
speichert werden. Dabei stehen nicht nur die bestehenden Kunden, sondern auch die po-
tenziellen Interessenten im Mittelpunkt der Datenverwaltung. Die Durchführung der Ak-
tionen innerhalb der Kontaktkampagnen erfolgt mittels der Kommunikationsmittel des
Direktmarketings. Dazu zählen z. B. Direkt-Mailings (Werbebriefe), Telefonaktionen o-
der Besuche von Außendienstmitarbeitern. Wichtig bei diesen Kommunikationsmedien
ist die Interaktionsmöglichkeit, um die Reaktionen der Kunden messen zu können. Er-
folgskritisch für eine nachhaltige Umsetzung von Database-Marketing ist eine ganzheitli-
che Betrachtung der Prozesse, wobei diese in der strategischen Ausrichtung des E-Shops
verankert sein müssen. Das Database-Marketing kann umso besser umgesetzt werden, je
stärker es mit der ursprünglichen Marketing-Strategie abgestimmt ist. Im Wesentlichen
können die Database-Marketing-Daten wie folgt klassifiziert werden (Link/Hildebrand
1994):

„ Produktunabhängige Grunddaten (z. B. Name, Adresse),

„ Produktgruppen- und zeitpunktbezogene Bedarfspotenzialdaten (z. B. bisher einge-


gangene Lieferung),

„ Aktionsdaten (z. B. Hinweise auf Art und Intensität kundenbezogener Marketing-


Maßnahmen),

„ Reaktionsdaten (z. B. Informationen über spezifische Kundenverhaltensweisen).


Das Marketing beim elektronischen Verkauf 427

Voraussetzung einer effektiven Praktizierung des Database-Marketings ist die fortlau-


fende Pflege und Aktualisierung des Datenbestands, um z. B. Kaufwahrscheinlichkei-
ten für bestimmte Produktsparten hinreichend prognostizieren zu können (Meffert/Bur-
mann/Kirchgeorg 2015, S. 185). Dennoch können die erwünschten stark differenzierten
Ergebnisse aus dem Database-Marketing, wie Aktions-, Reaktions- und Kaufverhaltens-
daten, nicht in dem erwünschten Detaillierungsgrad vorliegen (Meffert/Burmann/Kirch-
georg 2015, S. 185). Es kann somit festgehalten werden, dass die Verankerung des Data-
base-Marketings in der Marketingstrategie für die erfolgreiche Implementierung dieses
Instruments unablässig ist. Vor diesem Hintergrund können die kritischen Erfolgsfakto-
ren des Database-Marketings wie folgt zusammengefasst werden (Huldi/Kuhfuß 2002,
S. 338 ff.):

„ Strategie: Anpassung des Database-Marketings an die gesamte Marketingstrategie


des Unternehmens bzw. E-Shops.

„ Anwendung: Situativer, kundengerechter und aufeinander abgestimmter Einsatz der


einzelnen Kommunikationsmittel, z. B. Foren, Test-CD-ROMs, Virtual Communi-
ties, E-Mail- und Newsletter-Kampagnen, Trouble Shooting Guides und Online-Di-
agnostik-Werkzeuge.

„ Validierung: Laufende Überprüfung der Aktualität und Aussagekraft der Daten und
Einrichtung einer funktionstüchtigen und zweckdienlichen EDV-Applikation.

„ Umsetzung: Gründliche Einführung des Database-Marketings im Unternehmen bzw.


im E-Shop, d. h. Bedarf eines professionellen Projektmanagements.

„ Motivation: Die Veränderung des Führungs- und Motivationssystems im gesamten


Unternehmen, d. h. die Wahrnehmung einer verstärkten Kundenorientierung, Festle-
gung des Kundenbindungsgrades in der Produktentwicklung und eventuelle Einbin-
dung des Kunden in den Prozess der Produktenwicklung.

3.4.2.5 Online-Profiling
Im Ergebnis der vorangegangenen Kundenbewertung steht im optimalen Falle die Erstel-
lung aussagekräftiger und gehaltvoller Kundenprofile. Dies funktioniert über die zielge-
richtete Sammlung von Kundendaten und deren Auswertung im Rahmen von Data Mi-
ning- und Database-Marketing-Prozessen, um aus der Komplementierung dieser Daten
ein abgerundetes und facettenreiches Kundenprofil zu schaffen (s. Abb. 163). Bei diesem
Profiling spielen somit nicht nur allgemeine Daten eine Rolle, sondern vor allem Daten
über das spezielle Kaufverhalten, Vorlieben und Persönlichkeitsmerkmale des Kunden.
Denn je besser der E-Shop-Betreiber seine Kunden kennt, desto gezielter können die da-
rauf aufbauenden Werbemaßnahmen sowie Kundenbindungsinstrumente eingesetzt wer-
428 Die Grundlagen des E-Shop

den. Im Mittelpunkt des elektronischen Profilings stehen dabei die Fragen nach der Samm-
lung der Kundendaten und der Zuordnung von Daten zu einzelnen Kunden. Hierzu ist
der E-Shop-Betreiber auf die Bereitschaft des Kunden angewiesen, sich zu identifizieren
und seine persönlichen Informationen preiszugeben. Nur wenige Internet-Nutzer sind aber
bereit, ihre Daten uneingeschränkt zu übermitteln. Besonders bei der Weitergabe persön-
licher Informationen haben immer noch viele User Vorbehalte und geben sich zurückhal-
tend. Einige Fälle von Datenmissbrauch oder Spuren, die jeder Nutzer im Internet hinter-
lässt, machen diese skeptische Einstellung durchaus nachvollziehbar. Somit ist es beson-
ders für junge E-Shops schwierig, an ausführliche Informationen seiner Kunden heranzu-
kommen. Erst wenn sich eine gewisse Vertrauensbasis über die Zeit hinweg zwischen
Anbieter und Nachfrager entwickelt hat, sind die Kunden bereit, Informationen weiterzu-
geben (Michelis 2015, S. 31). Die Käuferzufriedenheit zählt dabei zu den Prämissen für
die Bildung von Vertrauen und sollte in Hinblick auf die Ausschöpfung des Customer-
Lifetime-Values zur Kundenbindung oberste Priorität beigemessen werden.

Datensammlung der Zusammengefügte Daten


Interaktion
Datensammlung der Interaktion

Weitere Daten (MaFo/Historie)

Kunde
Datenverarbeitung/
Wissens-/Informations-
gewinnung (Mining)

Individualisierte Daten-
Kundenprofil
übertragung (One-to-One)

Abb. 163: Prozessablauf der Kundenprofilerstellung im Online-Marketing


Quelle: in Anlehnung an Kleindl 2003, S. 82.

Um Kundenprofile nutzbar zu machen, muss zunächst eine geeignete Datenbasis gewon-


nen werden. Es gibt unterschiedliche Daten, die erhoben werden können. Kommunikati-
onsdaten resultieren aus dem technischen Datentransfer und geben Aufschluss über die
Interaktion zwischen Kunde und Webseite. Identifikationsdaten sind Daten, die den Kun-
den identifizieren, also Name, Anschrift, URL, E-Mail-Adresse etc. und meistens bei ei-
nem Kauf angegeben werden müssen. Neben diesen recht einfach erhebbaren Daten gibt
es aber auch noch die Deskriptionsdaten, die insbesondere die marketingrelevanten
Merkmale einer Person beschreiben, wie z. B. das Kaufverhalten, soziografische oder
psychografische Daten. Diese Daten ermöglichen „die Bestimmung von Affinitäten zu
Leistungsangeboten“ der Kunden (Wiedmann/Buxel 2003, S. 10).
Das Marketing beim elektronischen Verkauf 429

Neben den unterschiedlichen Arten von Daten gibt es auch verschiedene Mittel und Me-
thoden, diese zu erheben (s. Abb. 164). Unterschieden wird dabei zwischen der reaktiven
und nicht-reaktiven Datenerhebung (Batinic/Bosnjak/Breiter 1997). Die nicht-reaktive
Datenerhebung geht in der Regel von einer Passivität des Kunden aus, d. h. der Kunde
reagiert nicht auf bestimmte Aufforderungen der Dateneingabe, sondern wird quasi bei
seinem Besuch auf der Webseite „beobachtet“. Unbemerkt werden seine hinterlassenen,
elektronischen Nutzerspuren aufgezeichnet und zur Anreicherung seines Profils zum
bereits vorhandenen Datenstamm (z. B. aus der Registrierung) hinzugefügt. So können
z. B. Log-Dateien ausgewertet werden, die den Austausch von Dateien zwischen Server
und Client automatisch aufzeichnen. Diese enthalten spezifische Kennwerte, die durch
Protokollierung aller Datenzu- und -abgänge die Zugriffe auf die Webseite beschreiben.
Außerdem kann die Datenerhebung über Log-Dateien mit Umgebungsvariablen oder Spe-
zialanwendungen die Datenerhebung per Log-Datei anreichern. Die so gewonnenen Daten
werden also zur Erstellung von Nutzerprofilen verwendet, welche die Nutzung der Web-
seite und das Verhalten des Kunden auf der Webseite festhalten und analysieren (Krause
2000, S. 388).
Die reaktive Datenerhebung erfolgt dagegen in der Regel durch eine aktive Beteiligung
des Kunden und wird somit von diesem bewusst wahrgenommen. Auf der Webseite wer-
den bei dieser Datenerhebung entweder offene oder geschlossene Formularfelder bereit-
gestellt oder entsprechende Wahlmenüs, welche die Kunden durch Auswahl vordefinierter
Antwortkategorien bei ihren Eingaben unterstützen. Zwar sind Daten über die Nutzer mit
geringem technischem Aufwand zu bekommen, es ist jedoch die Mitarbeit der Nutzer sel-
ber erforderlich, was häufig zu eingeschränkt verwertbaren Ergebnissen führt. Werden zu
viele Fragen gestellt, die nicht direkt mit einem getätigten Kauf oder einer möglichen
Transaktion in Verbindung stehen, werden viele Nutzer skeptisch und brechen die Einga-
ben der Information ab oder lassen viele Felder leer. Die so gewonnenen Daten werden
zur Erstellung von Nutzerprofilen genutzt, die alle Daten über die Person, also den Kunden
selbst, enthalten (Krause 2000, S. 388).
Nachdem eine ausreichend große Datenbasis erstellt worden ist, muss diese für die weitere
Nutzung im Hinblick auf das Profiling aufbereitet werden. Besonders die nicht-reaktiven
Daten unterliegen einer Reihe von Transformationen, damit sie für das Profiling nutzbar
sind. Aus den aufgezeichneten Log-Dateien kann der Betreiber der Webseite nicht ohne
weiteres darauf schließen, wie sich der Nachfrager tatsächlich verhalten hat. Außerdem
sind nicht die einzelnen versandten Dateien von Interesse, sondern aggregierte Datengrö-
ßen. Deswegen ist das „Ziel der Datenaufbereitung [...] die Identifikation und inhaltliche
Aufbereitung geeigneter Schlüsselgrößen in Form von interpretierbaren, nutzerbezogenen
Indikatoren des Nachfragerverhaltens über die intelligente Zusammenfassung der proto-
kollierten Einzeleinträge, auf deren Basis marketingrelevante Nachfrageranalysen anset-
zen können“ (Wiedmann/Buxel 2003, S. 15). Zu den zentralen Schlüsselgrößen werden
User, Page-Views, Server-Sessions und Episoden gezählt.
430 Die Grundlagen des E-Shop

Datensammlung

Nicht-reaktive Reaktive
Datensammlung Datensammlung

CGI-basierte Spezielle Auswahl-


Log files Eingabefelder
Dateien Anwendungen Menüs
• Server logs • Server-related • Cookies • geschlossene • Drop-Down-Listen
• Proxy logs • Client-related • Software agents Felder • Links
• Applicationlogs • Query-related • Modified browser • offene Felder
technologies
• Packet-sniffing
technologies
• Web bugs

Abb. 164: Verfahren zur Datensammlung für das eCustomer-Profiling


Quelle: Wiedmann/Buxel 2004, S. 301.

Der Prozess der Datenbereinigung erfolgt bei nicht-reaktiven Daten über vier Schritte.
Zunächst müssen die irrelevanten oder nur beschränkt nutzbaren Daten eliminiert werden.
Auf diese Datenbereinigung der Rohdaten folgt die Zuteilung der protokollierten Datens-
ätze zu den einzelnen Usern, die aufgrund methodischer Gesichtspunkte oftmals simultan
mit der Identifikation von Server-Sessions stattfindet (Wiedmann/Buxel 2003, S. 17). Da-
nach müssen die User- und Sessiondaten sukzessive zerlegt und umgruppiert werden, da-
mit einzelne Page-Views identifiziert werden können. Die thematische Bündelung zusam-
mengehörender Page-Views ermöglicht dann die Identifikation und Interpretation von
Episoden. Episoden werden als semantisch bedeutungsvoller Teilbereich einer Server-
Session definiert (Cooley/Tan/Srivastava 2000). Die Datenbereinigung bei reaktiven Da-
ten beinhalten die Handhabung von Missing Values, die Identifikation von Falscheinga-
ben, die Strukturierung der Daten aus offenen Eingabefeldern und die Eliminierung un-
brauchbarer Daten.
Der Prozess der Datenspeicherung in einem Data Warehouse unterliegt anschließend
dem allgemeinen Problem der Datenmenge. Log-Dateien viel besuchter Webseiten kön-
nen u. U. mehrere hundert Gigabyte pro Tag an Speicherplatz einnehmen. Eine Zusam-
menfassung und Reduzierung der Daten ist somit auf Dauer unausweichlich und sollte bei
der Überführung der Daten ins Data Warehouse geschehen. Eine Methode ist dabei die
bereits erwähnte Zusammenfassung der Daten zu aggregierten Größen, die teilweise auch
mit einer Vernichtung von Daten einhergeht.
Sind die Daten erst einmal im Data-Warehouse gespeichert, so können sie auf der einen
Seite als Input für Data-Mining- und Database-Marketing-Prozesse herangezogen werden.
Auf der anderen Seite können aber auch die Ergebnisse der Data-Mining- und Database-
Marketing-Prozesse als Input für das eProfiling verwendet werden. Besonders bei E-
Das Marketing beim elektronischen Verkauf 431

Shops kommt dem Profiling und der Auswertung gesammelter Daten eine bedeutende
Rolle zu. Zum Beispiel dienen diese Kundenprofile als Grundlage für den Einsatz intelli-
genter Softwareagenten, die durch automatische Empfehlungen Kundenbedürfnisse bes-
ser befriedigen und dadurch den Absatz erhöhen können. Eine Personalisierung von Web-
bereichen lässt durch Profiling außerdem die benutzerspezifische Darstellung der Inhalte
einer Webseite zu (Wiedmann/Buxel 2003, S. 21). Speziell für die Ansätze der Kunden-
bindung dient die Verwendung von technologischen Mechanismen als Grundlage, z. B.
für die Optimierung eines One-to-One-Marketings. So profitiert der Kunde von mehr oder
weniger sinnvollen Angeboten und der E-Shop von reduzierten Werbeausgaben (Krause
2000, S. 391).
Die Profilerstellung ist ohne ein gewisses Maß an Aufwand nicht realisierbar und die Da-
ten werden erst im Laufe der Aktivitäten umfangreicher und aussagekräftiger. Eine wei-
tere Möglichkeit Kundenprofile zu nutzen ist deshalb gerade für neue Marktteilnehmer in
der Startphase die Einbindung von verschiedenen Werbeträgern, die profilierte Daten
anbieten. Allen voran bieten insbesondere Suchmaschinen die Möglichkeit, die ge-
wünschte Kundschaft über gezielte Einblendung von Bannerwerbung zu erreichen. Dies
macht die Profilnutzung günstiger und schneller. Erst wenn genug „Traffic“ auf der eige-
nen Seite vorhanden ist und die Daten mit statistischen Mitteln ausgewertet werden kön-
nen, lohnt es sich, die Profilerstellung selbst zu betreiben (Krause 2000, S. 390).
Vorsicht ist jedoch mit der Aussagekraft der Daten geboten. Nicht immer werden Daten
wahrheitsgetreu eingegeben. Auch der Weg, den Kunden auf einer Webseite nehmen,
muss nicht unbedingt Rückschlüsse auf deren Profil zulassen. In vielen Bereichen erfolgt
die Profilerstellung ferner nur für statische Profile. Kunden geben ihre Daten, Interessen
etc. ein und werden aufgrund dieser Daten in bestimmte Cluster unterteilt, die dann spezi-
ell beworben werden. Da sich Interessen und Verhalten jedoch ständig ändern können,
verliert diese Art der erstellten Daten schnell an Bedeutung. Die Erstellung dynamischer
Profile wird unter Berücksichtigung der wachsenden Bedeutung „hybrider“ Kunden im-
mer wichtiger. Diese werden zwar auch durch Eingabe der Kundendaten initiiert, lernen
dann aber vom Verhalten der Kunden und passen das Profil entsprechend an. Diese Art
der Profilerstellung kann auch zur Verfeinerung der Zielgruppendefinition herangezogen
werden, um so den Kunden noch besser und vor allem auch über einen längeren Zeitraum
kennenzulernen und zu verstehen sowie besser auf seine Bedürfnisse eingehen zu können.

3.4.2.6 Predictive Analytics


Die zeitintensive Sammlung und Auswertung von Kundendaten standen bislang im Vor-
dergrund. Diese Maßnahmen werden jedoch durch Algorithmen und (Entscheidungs-)Mo-
delle abgelöst (Chamoni/Gluchowski 2017, S. 11). Um die Bedürfnisse der Kunden eines
E-Shops besser zu verstehen, bietet sich der effiziente Einsatz von „Predictive Analytics“
(PA) an. Unter diesem Begriff werden Analysen verstanden, die auf Basis von Kunden-
daten aus dem Data-Mining-Prozess, mögliche Vorhersagen über das Kundenverhalten
432 Die Grundlagen des E-Shop

treffen. Dabei stellt sich insbesondere die Frage: „Was wird passieren und unter welchen
Voraussetzungen“ wird dies geschehen (PAC 2014, S. 6). Dabei wird PA als eine Subka-
tegorie von Business Intelligence (BI) verstanden. Letzterer BI-Bereich beschäftigt sich
hierbei primär mit der Frage „Was ist passiert?“ (PAC 2014, S. 6; s. Abb. 165). Nach
Siegel (2016, S. 152) wird PA als Technologie definiert, die von Erfahrungen auf Daten-
basis lernt, das zukünftige Verhalten von Käufern herzuleiten, um auf Seiten des Unter-
nehmens bessere Entscheidungen zu treffen.

Abb. 165: Einordnung von Predictive Analytics


Quelle: PAC 2014, S. 7.

PA bietet die Möglichkeit Kunden in entsprechende Zielgruppen einzuteilen und bei-


spielsweise deren Abschlusswahrscheinlichkeiten in Bezug auf den Kauf zu ermitteln.
Darüber hinaus dient Predictive Analytics zur Wahrscheinlichkeitsberechnung der Ab-
wanderungsquote der Kunden (Martens et al. 2016). Auf Basis vorhandener Daten können
E-Shop Betreiber mittels Predictive Analytics die Käufer in bestimmte Kundenprofile un-
terteilen und demnach die richtigen Marketingaktivitäten gezielter planen und steuern
(Martens et al. 2016). Dabei werden Daten zum Nutzerverhalten, demografische Daten,
die Nutzung bestimmter Produkte und Services sowie Präferenzen in Bezug auf die Mar-
ketinginteraktionen zur Herleitung der Profile genutzt (Martens et al. 2016). Abbildung
166 zeigt welche möglichen Kundendaten in einem Profil in Verbindung mit PA genutzt
werden können (Artun/Levin 2015).
Das Marketing beim elektronischen Verkauf 433

Allgemeine demografische Daten


• Name • Geschlecht • Google Maps Ansicht des
• E-Mail • LinkedIn/Xing Suche Wohnorts
• Adresse • Standort
(geografische Breite und Tiefe)

Kontaktstrategie
• Bevorzugte Kontaktkanäle • Bevorzugte Marke • Über Email erreichbar?
• Bevorzugte Geschäfte • Über das (Mobil-)Telefon (Ja / Nein)
• Naheliegendes Geschäft erreichbar? (Ja / Nein)
• Marketing per Post? (Ja / Nein)

Verkaufsanalysen
• Gesamtumsatz • Gesamtumsatz innerhalb • Durchschnittlicher
• Gesamtgewinnspanne der letzten 12 Monate Warenkorb
• Gesamter Einkaufswert • Gewinnspanne innerhalb • Umsatzsegment der letzten
der letzten 12 Monate 12 Monate
• Gesamt Einkaufswert (z.B. top 10 % der
innerhalb der letzten 12 einkommensstarken Nutzer)
Monate • Umsatztrend (z.B.: auf- oder
absteigend, neutral)

Variablen des Lebenszyklus-Clusters


• Potenzieller Kunde • Stammkunde • Inaktiver einmaliger Kunde
• Neuer Kunde • Ehemaliger Stammkunde • Inaktiver Stammkunde

Verhaltensvariablen
• Letztes Bestelldatum • Letztes Klick-Datum • Ausgeprägte Kanäle
• Letzter Bestellkanal • Erfassung der E-Mail Öffnung • Ausgeprägte Produkte
• Letzte Bestelleinnahmen letzten Monat/zwei Monate zuvor • Ausgeprägte Kategorien
• Letzter Website-Besuch • Erfassung des Klicks auf die E-Mail • Die letzten 5 Bestellungen
• Anzahl der Besuche letzten Monat/zwei Monate zuvor (Kanal/ Datum/ Produkt/
• Letztes Sendedatum • Erstmaliges Bestelldatum Marke)
• Letztes Öffnungsdatum • Erstmaliger Bestellkanal • Die letzten 5
• Erstmalige Bestelleinnahmen Websitesuchen
(Suchbegriff, Datum)

Predictive Analytics
• Kaufwahrscheinlichkeit • Produktbasierte Cluster • Lebenszyklus-Cluster
(„hoch“) („Notebook-Käufer“) („neuer Kunde“)
• Verhaltensbasierte Cluster • Markenbasierte Cluster • Produktempfehlungen
(„Discount Junkie“) („Dell“)

Abb. 166: Kundendaten zur Profilerstellung im Rahmen der Predictive Analytics


Quelle: in Anlehnung an Artun/Levin 2015, S. 55.
434 Die Grundlagen des E-Shop

Im Bereich des PA sind folgende zwei Verfahrens- und Analyse-Typen geläufig (Artun/
Levin 2015, S. 25), die auf dem Prinzip des Machine Learnings beruhen (s. Kapitel 1.6.5):

„ Das überwachte Lernen - Supervised Learning: Das überwachte Lernen dient dazu
einen Output mittels vorgegbener Inputs zu schätzen und dadurch Vorhersagen zu
treffen (s. Kapitel 1.6.5). Ein Beispiel im Rahmen von PA kann die Analyse einer
Zielgruppe zur Berechnung von Einkaufs- oder Wiederkaufswahrscheinlichkeiten
sein.

„ Das unüberwachte Lernen - Unsupervised Learning: Das unüberwachte Lernen


dient zur Entschlüsselung versteckter Muster im Datensatz ohne ein Ergebnis bereits
prognostiziert zu haben (s. Kapitel 1.6.5). Im Bereich PA kann unüberwachtes Lernen
dazu genutzt werden, ähnliche Kunden innerhalb einer großen Gruppe von potenziel-
len Käufern zu finden. Beispielsweise könnten Kunden, die eine Vorliebe für Lang-
streckenläufe haben abgegrenzt werden von denen, die gerne Skifahren. Dieses Clus-
tering könnte stattfinden, ohne dass vorher überhaupt definiert ist, welche Gruppen
exisitieren.

Auf Basis dieser mathematischen Modelle kann der E-Shop-Betreiber das zukünftige Ver-
halten seiner Kunden besser vorhersagen und verstehen.

3.4.3 Die Kundenbindung beim elektronischen Verkauf

Bei der Kundenbindung geht es um die Pflege des bestehenden Kundenstamms. Kunden,
die einmal im E-Shop gekauft haben, sollen wiederkommen. Da aber gerade das Internet
den Kunden die Möglichkeit bietet, mit nur einem Klick zu einem anderen Anbieter zu
wechseln, erwarten die Kunden gezielte und personalisierte Bedürfnisbefriedigung. Dies
bedeutet, dass Produkte nicht einfach nur verkauft werden, sondern dass Bedürfnisse be-
friedigt werden müssen. Nur wenn der E-Shop-Betreiber die Bedürfnisse seiner Kunden
kennt (s. Kapitel 3.3.2.3), kann er seine Produkte vermarkten. Je mehr Informationen über
die Kunden vorhanden sind, desto mehr Wissen über Verhalten, Bedürfnisse und Eigen-
schaften kann generiert werden, dass dann wiederum für Marketingmaßnahmen hinsicht-
lich einer höheren Kundenbindungsrate verwendet werden kann. Ziel aller Kundenbin-
dungsmaßnahmen ist die Steigerung der Kundenzufriedenheit und die daraus resultie-
rende Erhöhung des Ertragswerts über den gesamten Kundenlebenszyklus (Customer-
Lifetime-Value). Um dem Kunden nicht nur während des Erstkaufs, sondern auch für
zusätzliche Kaufimpulse eine gezielte und personalisierte Bedürfnisbefriedigung zu bie-
ten und damit im Rahmen der After-eSales-Phase (s. Kapitel 3.2.2) die Kundenbindung zu
unterstützen, gilt es die Informationen zum Erstkontakt intensiv zu nutzen. Dabei kommt
wiederum der Informationsdreisprung (s. Kapitel 1.4.3) zum Tragen, der in diesem Fall
sogar zu einem Informationskreisel (s. Abb. 167) erweitert werden kann:
Das Marketing beim elektronischen Verkauf 435

„ Informationsgewinnung: In diesem ersten Schritt geht es um die Sammlung relevan-


ter Daten für die weitere Kundenansprache. Diese Daten können zum einen aus bereits
vorhandenen Datenquellen (z. B. eControlling; s. Kapitel 3.2.2.7) im E-Shop kommen
(Database Research), zum anderen aus der (Online-)Marktforschung (Online/Offline
Research; s. Kapitel 3.4.2.1). Im Ergebnis steht der Aufbau eines nutzbaren Datenbe-
standes.

„ Informationsspeicherung: In diesem zweiten Schritt geht es um eine systematische


Zusammenführung, Strukturierung und Ablage der gesammelten Daten in einer über-
greifenden Datenbank (Data Warehouse; s. Kapitel 3.4.2.2). Im Ergebnis steht der ein-
fache Zugriff auf und der Umgang mit den Daten für die weitere Verarbeitung, damit
es nicht zu ständigen Wiederholungen bezüglich der Informationsgewinnung kommt.

Intern (Datenbanken)
Extern (Market-Research)

Wissens- Informations- Daten-


verwendung gewinnung aufbau

Online- Informations- Informations- Data


Marketing übertragung E-Shop speicherung Warehouse

Wissens- Informations- Informations- Daten-


aufbau auswertung verarbeitung verwendung
Database-Marketing Data Mining

Abb. 167: Der Informationskreisel für die Kundenbindung bei einem E-Shop

„ Informationsverarbeitung: In diesem dritten Schritt geht es um die Suche nach Zu-


sammenhängen innerhalb der gesammelten und gespeicherten Daten (Data Mining;
s. Kapitel 3.4.2.3). Im Fokus stehen hier strukturerkennende Verfahren, die relevante
Verknüpfungen zwischen Einzelinformationen aufdecken sollen. Hier wird erstmals
neues Wissen oder eine Bestätigung des vorhandenen Know-hows erzeugt.

„ Informationsauswertung: In diesem vierten Schritt geht es um Treffen von markt-


bzw. kundenrelevanten Entscheidungen aufgrund der Analyse von erkannten Zusam-
menhängen zwischen den gesammelten, gespeicherten und verarbeiteten Daten (Data-
base-Marketing; s. Kapitel 3.4.2.4). Ziel ist es darüber hinaus, ein umfassendes Kun-
436 Die Grundlagen des E-Shop

denprofil (eCustomer-Profiling; s. Kapitel 3.4.2.5) aufzubauen, um spezielle Vorstel-


lungen, Wünsche, Erwartungen und Kaufinteressen besser prognostizieren zu können.
Im Ergebnis stehen dann konkrete Vorgaben für die Kundenansprache währen, aber
auch nach dem Erstkauf.

„ Informationsübertragung: In diesem fünften Schritt geht es um die Umsetzung des


neu erlangten oder bestätigten Wissens über die gesammelten, gespeicherten, verarbei-
teten und ausgewerteten Daten. Dabei steht die darauf aufbauende Kommunikation mit
dem Kunden im Mittelpunkt, die dann basierend auf den Erfahrungen und Datenergeb-
nissen individuell und personalisiert erfolgen kann bzw. sollte (One-to-One-Marketing;
s. Kapitel 3.4.3.1).

3.4.3.1 One-to-One-Marketing
Schon der Wortlaut des „One-to-One“-Marketings signalisiert die Erreichung einer „Eins-
zu-Eins“-Beziehung zum Kunden. Dabei geht es um eine möglichst individuelle und in-
teraktive Auseinandersetzung mit den Wünschen und Bedürfnissen der Kunden seitens
des E-Shop-Betreibers, um ihnen mit Hilfe der im Laufe der Beziehung gewonnenen Er-
kenntnisse, personalisierte Angebote zu unterbreiten. Im Gegensatz zum Massenmarke-
ting werden hier die Kundenbedürfnisse hoch differenziert betrachtet (s. Abb. 167),
wodurch der Einsatz von standardisierten Marketing-Methoden unbrauchbar wird. Die an-
gestrebte, hohe Interaktivität zeichnet sich beim One-to-One-Marketing durch einen bidi-
rektionalen Dialog aus, bei dem der Kunde nicht mehr nur Empfänger, sondern auch Sen-
der von Informationen sein kann (Kollmann 1998a, S. 36). Erst durch das Internet und die
dadurch entstandenen Möglichkeiten Kundendaten nahezu automatisch und zeitnah zu ge-
nerieren, gewann das One-to-One-Marketing an Bedeutung. Die zusätzliche Verschiebung
von Anbietermärkten zu Nachfragermärkten im Laufe der Zeit und die zunehmende Trans-
parenz innerhalb der Digitalen Wirtschaft machen den Einsatz von kundenspezifischen
Marketing-Instrumenten unumgänglich, um sich von der Konkurrenz zu differenzieren
und Wettbewerbsvorteile durch die effiziente Abwicklung von Transaktionen mit einem
hohen Grad der Individualisierung zu realisieren. Die Effizienz des One-to-One-Mar-
ketings steigt mit zunehmender Fokussierung auf die profitabelsten Kunden, die für den
langfristigen Erfolg des E-Shops wertvoll sind (Peppers/Rogers 1997).
Das Konzept des One-to-One-Marketings baut darauf auf, umfassende Informationen über
die Präferenzen und dass Verhalten der Kunden zu gewinnen. Benötigte Informationen
werden durch die kundenbezogene Datensammlung und -auswertung im Rahmen des Pro-
filings (s. Kapitel 3.4.2.5) sowie aus den Ergebnissen von Data-Mining- und Database-
Marketing-Prozessen (s. Kapitel 3.4.2.3 und 3.4.2.4) gewonnen. Erst durch das so entstan-
dene Kundenwissen können individualisierte Marketing-Maßnahmen angewendet wer-
den. Durch die ständige Interaktion mit dem Kunden kann das gewonnene Wissen dabei
erweitert und vertieft werden, wodurch der Individualisierungsgrad im Zeitverlauf an-
steigt (dynamische Kundenprofile). Das Konzept der Individualisierung der Marketing-
Das Marketing beim elektronischen Verkauf 437

Maßnahmen ist dabei nicht neu: Die Unterteilung des Marktes in homogene Untergruppen
war stets ein erster Schritt in die Richtung der Individualisierung und bot die Möglichkeit,
zumindest zielgruppenspezifische Marketing-Maßnahmen umzusetzen. Allerdings musste
hierbei der Grad der Individualisierung den zusätzlich anfallenden Kosten angepasst wer-
den, die durch unterschiedliche Maßnahmen für unterschiedliche Kundengruppen entstan-
den. Da aber gerade bei digitalen Daten sehr kostengünstig und zeitnah erhoben werden
kann, verliert das Argument der steigenden Kosten weiter an Bedeutung. Allerdings ist
der Einsatz einer speziellen Technologie für den Aufbau und die Verwaltung der Kunden-
daten ein Kostenfaktor, der nicht zu unterschätzen ist. Die Investition in eine qualitativ
hochwertige Technologie vereinfacht die Automatisierung von Prozessen und reduziert
Streuverluste.

3.4.3.2 eCustomer Relationship Management


Bevor langfristige Kundenbeziehungen aufgebaut werden können, muss ein Online-Un-
ternehmen bzw. ein E-Shop zunächst seinen Kunden identifizieren, um im Anschluss da-
ran gezielte Aktionen auf individueller Kundenebene vornehmen zu können. Um diesen
Identifizierungsvorgang zu vereinfachen, sollten sämtliche Möglichkeiten in der Nutzung
elektronischer Daten verwendet werden, die im Kapitel über Kundenbewertung vorgestellt
wurden. Der Nutzen dauerhafter Beziehungen zu den Kunden wird durch die hohen Kos-
ten der Neukundenakquise unterstrichen. Durchschnittlich werden diese Kosten auf das
Fünffache der Pflege bestehender Kundenbeziehungen geschätzt (Wirtz/Werner 1999,
S. 25). Somit ist es wichtig, den gewonnenen Kunden an den E-Shop zu binden und über
den Erstkauf weitere Umsätze zu generieren und den sog. Customer-Lifetime-Value des
Kunden auszuschöpfen. Die Kundenbindung vollzieht sich aber nicht erst nach dem Ver-
kauf der Leistung, sondern beginnt bereits beim ersten Kundenkontakt und kann beim
Kunden als Wirkungskette interpretiert werden (s. Abb. 169), die sowohl von internen und
externen Faktoren beeinflusst wird.
Schon der erste Kontakt zwischen Kunde und E-Shop stellt den Beginn der Wirkungs-
kette dar. Bereits hier sammelt der (noch potenzielle) Kunde erste Eindrücke zum E-Shop
und seinem Betreiber und dessen Angebote bzw. die Webseite, die sich nachhaltig auf
seine Vertrauensbereitschaft auswirken (Kollmann/Herr 2003). Zudem werden hier die
ersten Grundsteine für eine erfolgreiche Kundenbindung gelegt. Erst wenn der erste Ein-
druck überzeugend ist, kann es im weiteren Verlauf zu einer Leistungstransaktion kom-
men. Ist diese erfolgt, bewertet der Kunde seine gemachten Erfahrungen mit den zuvor
aufgestellten Erwartungen. Dieser Vergleichsprozess entscheidet über Zufriedenheit und
Unzufriedenheit (Hippner/Wilde 2003, S. 94 ff.) und prägt die Einstellung des Kunden zur
Leistung des E-Shops und seines Betreibers (Gröppel-Klein/Königstorfer/Terlutter 2017,
S. 46 ff.). Positive Erfahrungen münden dabei in eine erste Bereitschaft zum Aufbau von
Loyalität. Nicht der Abschluss einer einmaligen Leistungsvereinbarung steht somit im
Vordergrund, sondern der Aufbau einer nachhaltigen Kundenbeziehung. Es geht da-
438 Die Grundlagen des E-Shop

rum, den Customer-Lifetime-Value eines Kunden möglichst im vollen Umfang abzu-


schöpfen (Weiber/Weber 2002, S. 616 ff.; Cornelsen 2003, S. 650 ff.). Eine besondere Be-
deutung kommt hier dem Dialog zwischen Kunden und E-Shop-Betreiber zu, der nicht
unbedingt nur über die bereitgestellte Webseite oder den E-Shop erfolgen muss. Der Dia-
log erfordert vom E-Shop-Betreiber nicht nur die passive Sammlung aller Daten, sondern
auch aktive Teilnahme am Austausch der Informationen. Somit muss jede Aktion und
Reaktion von Seiten des E-Shops auf dem vorangegangenen Dialog aufbauen, um die Be-
ziehung voranzutreiben und zu intensivieren (Peppers/Rogers 1997, S. 163).

Erweiterung der Bedürfnisse

hoch
differenziert

Kosteneffiziente Interaktivität
Frequency- One-to-One-
Marketing Marketing

Wert des
Kunden

Massen- Nischen- und Ziel-


Marketing Marketing

einheitlich

Kunden- hoch
einheitlich
bedürfnisse differenziert

Abb. 168: Die Ausrichtung des One-to-One-Marketings


Quelle: Peppers/Rogers 1997, S. 65.

Das Hauptziel von eCRM-Systemen, die zur technischen Umsetzung eines CRM heran-
gezogen werden, ist die effiziente Zusammenführung aller Komponenten im Verkaufs-
und Marketingprozess (s. Abb. 170). Dazu werden alle gesammelten Daten (z. B. aus dem
Customer-Profiling) wie schon beschrieben in einem zentralen Datenpool gespeichert
(Data Warehouse) und anschließend mit Hilfe von Analysetools (Data Mining und OLAP)
aufbereitet und für Verkaufs- und Marketing-Aktivitäten zur Verfügung gestellt. Dieser
Kreislauf lässt sich am besten mit der Closed-Loop-Architektur eines eCRM-Systems
beschreiben (s. Abb. 170) und besteht aus drei Hauptkomponenten (Wannenwetsch/Ni-
colai 2004, S. 192):
Das Marketing beim elektronischen Verkauf 439

Unternehmensexterne Faktoren
• Heterogenität der • Variety-Seeking-Motive • Ertragspotenzial der Kunden
Kundenerwartungen • Image des E-Shops • Leistungsbedürfnis der Kunden
• Dynamik der Digitalen Wirtschaft • Alternative Angebote • Preisrestriktion bei Leistung
• Komplexität der Digitalen • Bequemlichkeit der Kunden • Kundenfluktuation
Wirtschaft

Erstkontakt Kunden- Kunden- Kunden-


zufriedenheit loyalität bindung
• Besuch der • Soll-Ist- • Wiederkauf
Webseite • Akzeptanz
Vergleich • Vertrauen • Cross-Buying Ökonomischer
• Kauf durch den • Weiter- Erfolg
• Positive
• Inanspruch- Kunden empfehlung
nahme der Einstellung
Leistung

• Individualität der Leistung • Ausgestaltung der kunden- • Wechselbarrieren


• Heterogenität des bezogenen Informationspolitik • Möglichkeit vertraglicher Bindung
Leistungsspektrums • Mitarbeitermotivation • Funktionaler Verbund der
• Leistungskomplexität • Persönliche Beziehungen angebotenen Leistungen

Unternehmensinterne Faktoren

Abb. 169: Die Wirkungskette der Kundenbindung im Online-Marketing


Quelle: in Anlehnung an Homburg/Bruhn 2013, S. 10.

„ Analytisches CRM: Das analytische CRM ist die Komponente des eCRM-Systems,
die hauptsächlich der Datensammlung (Data Warehouse) und Datenaufbereitung
(Data Mining und OLAP) dient. Die gewonnenen Daten werden dann zur Ableitung
von Handlungsempfehlungen für das operative (z. B. Database-Marketing, One-to-
One-Marketing) und kollaborative CRM herangezogen. Sie dienen somit als Grund-
stein für alle weiteren Aktionen im Rahmen des Kundenbindungsmanagements.

„ Operatives CRM: Das operative CRM ist die Komponente, die sämtliche Prozesse,
die im Zusammenhang mit der Abwicklung einer Transaktion stehen, soweit wie
möglich automatisieren und standardisieren soll. Somit können die Mitarbeiter z. B.
Kundentermine einheitlich verwalten oder Kundenanfragen sofort bearbeiten. Da-
durch gewinnt das Kundenbindungsmanagement an Effektivität und ermöglicht den
reibungslosen Ablauf aller Interaktionen mit dem Kunden.

„ Kollaboratives CRM: Das kollaborative CRM ist die Komponente, die sämtliche
Kommunikationskanäle reguliert, unterstützt und synchronisiert. Die Integration aller
Kanäle erfolgt dabei in einem sog. Customer Interaction Center. Hier werden die
Customer Touch-Points aufeinander abgestimmt und das Handling der Kundeninfor-
mationen erleichtert.
440 Die Grundlagen des E-Shop

Kollaboratives
Internet
Mailings Telefon

CRM
E-Mail Mobile
Customer
Persönlicher Kontakt Interaction TV / Radio
Center

Back- Marketing Sales Service


Office Automation Automation Automation

Operatives
CRM
Closed-Loop Data Closed-Loop
Architektur Mining OLAP Architektur

Analytisches
CRM
Data Warehouse

Back- Supply-Chain- Enterprise-Resource-


Office Management-Systeme Planning-Systeme

Abb. 170: Die Closed-Loop-Architektur eines eCRM-Systems


Quelle: in Anlehnung an Wannenwetsch/Nicolai 2004, S. 192.

Im Rahmen des Customer Relationship Managements zählt jedoch nicht nur die aktive
Kundenbindung, sondern auch die Vermeidung von Kundenabwanderung beziehungs-
weise das Erkennen von abwanderungsgefährdeten Kunden (Adler/Halata/Holbert 2001).
Vorhersagen von Wechselwahrscheinlichkeiten (auch Churn-Prediction genannt) kön-
nen z. B. durch Data Mining getroffen werden und diejenigen Kunden aufdecken, die ei-
nem hohen Abwerbedruck oder einer starken Wechselneigung unterliegen (Preißner
2001, S. 268). Der dadurch herausgefilterten Gruppe der wechselbereiten Kunden können
dann spezielle Erhaltungsmaßnahmen oder Maßnahmen zur Wiedergewinnung entgegen-
gebracht werden, wie z. B. zeitlich begrenzte, gesonderte Angebote, temporäre Rabatte
oder einmalige Gutscheine. Alle Aktivitäten der Wiedergewinnung sollten eng mit dem
Beschwerdemanagement verknüpft werden, um sicher zu gehen, dass Abwanderung oder
Wechsel nicht aufgrund unbearbeiteter oder fehlgeleiteter Beschwerden erfolgen. In der
Regel ist es jedoch nicht ganz einfach, einen Wechsel der Kunden zu erkennen. Zwar
macht sich eine Beendigung der Kundenbeziehung immer durch die Inaktivität des Kun-
den bemerkbar (Preißner 2001, S. 171), die Hintergründe dieser Inaktivität sind aber nicht
immer eindeutig identifizierbar. Inaktivität kann in manchen Fällen z. B. nur eine Verän-
derung des Kundenbedürfnisses bedeuten oder die Unzufriedenheit mit bereits getätigten
Käufen. Dem E-Shop-Betreiber obliegt es deshalb, seine Kunden regelmäßig zu kontak-
tieren, um auch bei Inaktivität die Kundenbeziehungen aufrecht zu erhalten und gegebe-
nenfalls den Grund der Inaktivität vorsichtig zu ergründen, um daraus geeignete Maßnah-
men ableiten zu können.
Das Marketing beim elektronischen Verkauf 441

3.4.3.3 Online-Markenführung
Wenn für einen E-Shop die technologische Plattform des Internets gewählt wird, so ist der
Marktauftritt im Web zunächst mit einem Shop- bzw. Markennamen verbunden, der
oftmals auch unmittelbar den Domainnamen und damit die Webadresse widerspiegelt
(z. B. expedia.de, ebay.de, xing.de). Die eindeutige Identifizierung des Webauftritts über
den Domainnamen ist zwingend für Unternehmen im E-Business, da für den Datentransfer
der Name der Zieladresse bekannt sein muss. Ursprünglich erfolgt die Identifikation eines
Rechners, auf dem eine Webseite abgelegt ist, über eine numerische Internet Protocol (IP)-
Adresse. Diese ist etwa vergleichbar mit der postalischen Adresse eines realen Geschäftes.
Sowohl im herkömmlichen Geschäftsleben als auch im Internet ist die Identifikation der
Unternehmung über solche Adressen jedoch kaum praktikabel und wenig kommunikativ;
Unternehmensnamen sind einprägsamer als deren Adressen.
Aus gerade diesem Umstand entwickelte Sun Microsystems in den frühen 1980er-Jahren
das Domain Name System (DNS), mittels dessen eine eindeutige Zuordnung von Namen
zu bestimmten IP-Adressen möglich ist (z. B. entspricht IP-Adresse 178.236.7.219 dem
Domainnamen www.amazon.de). Sämtliche Kommunikationsmaßnahmen, die im Rah-
men eines Markteintritts und damit beim erstmaligen Marktauftritt eingesetzt werden, die-
nen zunächst der eindeutigen Identifizierung und Bekanntmachung der Seite. Entspricht
der Domainname dem Shop- oder Unternehmensnamen, so wird die Suche für den Kun-
den vereinfacht und die Effektivität der Kommunikationspolitik gesteigert. Insofern ist die
Domain als Markenname des E-Shops zu begreifen (eBrand), woraus sich entsprechend
spezifische Anforderungen an die Domain ableiten lassen (Kollmann/Suckow/Peschl
2015). Neben der Berücksichtigung markennamentechnischer Aspekte, sind dabei fol-
gende generelle Aspekte der Domainnamenwahl einzubeziehen (Kollmann 2019):

„ Länge des Domainnamens: Den Namen gilt es so kurz wie möglich, jedoch so lang
wie nötig zu gestalten. Die richtige Balance zwischen Originalität und Einfachheit
führt meist zu einer einprägsamen Internetadresse, die mit einem vertretbaren Auf-
wand einzugeben ist. So ist z. B. ebay.de ein relativ kurzer Name, der jedoch sehr
originell ist und daher das Potenzial für eine kreative Vermarktung hat. Domainna-
men, wie hyz.de oder ktu.de hingegen, sind zwar auch kurz aber bedeutungslos und
daher nicht besonders einprägsam.

„ Shop-, Produkt- oder Unternehmensname: Die Bezeichnung des E-Shops, Produk-


tes oder der Leistung als Domainname ist nur dann sinnvoll, wenn erstens gerade
diese Domain noch verfügbar ist und zweitens eine intuitive Wahl dieser Domain sei-
tens der Kunden zu erwarten ist. Andererseits könnte durch die Wahl eines zu origi-
nären Namens (wie z. B. buecher.de oder blumen.de) die Einzigartigkeit verloren ge-
hen, wodurch sich das Unternehmen nur noch schwer von der Konkurrenz abheben
kann. Einprägsamer sind daher Domainnamen wie immobilienscout24.de, die einer-
seits das Leistungsangebot umschreiben, andererseits aber nicht unbedingt Gefahr
laufen, in der Masse der Wettbewerber unterzugehen.
442 Die Grundlagen des E-Shop

„ Bezug zur Region: Das Aufnehmen geographischer Angaben in die Internetadresse


ist zweckmäßig, wenn ein regionaler Bezug des E-Shop-Angebotes vorhanden ist.
Zwar ist dies über die länderspezifische Top-Level-Domain schon in Ansätzen gege-
ben (.fr, .de oder .ch), jedoch kann darüber hinaus noch weiter spezifiziert werden (z.
B. koeln-souvenirs.com oder bavariashop.com). In der Regel handelt es sich dabei
meistens um Souvenir-Shops, Seiten mit regionalem Sportbezug oder einfach Web-
seiten von lokalen Einzelhändlern (z. B. buecherwurm-nuernberg.de) etc.

„ Kreationen: Wortkreationen können zum einen auf kreative Art Hinweise zum Ge-
schäftsinhalt des Unternehmens oder dem Leistungsangebot der Webseite geben, zum
anderen können so aber auch völlig neu erfundene Wortkompositionen oder Wort-
schöpfungen entstehen, die durch aktive und z. T. aggressive Werbemaßnahmen im
Markt etabliert werden müssen. Der E-Shop lieferando.de, abgeleitet vom Wort „lie-
fern“, steht beispielsweise für einfache mobile Essensbestellungen, die direkt zum
Endkunden ausgeliefert werden. Hierbei ist es jedoch wichtig, auf die Einfachheit der
Ableitung und die Bedeutung der gewünschten Assoziationen zu achten. So ist nicht
unmittelbar klar, was man unter bioplan.de erwarten kann (z. B. Bioprodukte oder
Arzneimittel). Kreationen, denen intuitiv keinerlei Sinn entnommen werden kann,
müssen von ihren Unternehmen mit Bedeutung aufgeladen werden, um somit das
Wort bekannt zu machen und im Laufe der Zeit evtl. zum Synonym einer Leistung
oder eines Angebotes werden zu lassen (wie z. B. bei ebay.de oder amazon.de). Je
weniger Assoziationen also eine Wortkreation hervorruft, desto mehr Raum für krea-
tive Bedeutungsfüllung bleibt, aber die Aufwendungen und Anstrengungen, die damit
in Zusammenhang stehen, können schnell das geplante Werbebudget überschreiten.

„ Wortlaut: Im Rahmen der Kommunikation kommt es oftmals vor, dass die Marken-
bzw. Domainnamen mündlich weitergetragen werden (z. B. Radiospot oder Unterhal-
tung). Somit müssen auch alle sprachverwandten Domainnamen reserviert werden
(z. B. lieferanto.de und lieferando.de). Möglichkeiten der Verwechslung mit bereits
existierenden Domainnamen müssen dabei insbesondere im Vorfeld geprüft werden
(z. B. squeez.de, squeeze.de, sqeez.de).

Bei der Gründung eines E-Shops im Internet ist neben der Domainwahl auch die Tatsache
entscheidend, dass es sich in vielen Fällen anbietet, den Unternehmensnamen (Corporate
Brand) in Anlehnung oder sogar identisch zu der Domain auszusuchen, da auf diese
Weise einerseits die Suchkosten für den Kunden und andererseits die Marketingkosten für
das Unternehmen reduziert werden können. Oftmals gilt bei Angeboten in der Digitalen
Wirtschaft daher die folgende Gleichung: Unternehmens-/Produktname = Marke = Do-
main (Kollmann/Suckow 2007b, S. 6). Somit wird die eBrand zu einem entscheidenden
Bestimmungsfaktor im E-Business (Kollmann/Suckow 2012; Suckow 2007; Freiling/Koll-
mann 2015) und sollte vor allem von E-Shops sorgfältig ausgesucht werden. Aufgrund
begrenzter Ressourcen und der Notwendigkeit schneller Entscheidungen, sehen sich E-
Shop-Betreiber jedoch immer öfter in der Situation, zwischen einer sorgfältigen und
Das Marketing beim elektronischen Verkauf 443

manchmal langwierigen oder einer schnellen und unkonventionellen Methode der Na-
mensfindung entscheiden zu müssen. Je nach Ressourcenausstattung und Dringlichkeit
einen Namen finden zu müssen (z. B. für Einträge im Handelsregister, Domainregistrie-
rung etc.), kann sich somit die Auswahl des Namens sehr unterschiedlich gestalten. Wie
Abb. 171 darstellt, gibt es somit zwei Methoden der Namensfindung in der Digitalen Wirt-
schaft. Bei der einen Methode wird der Name sehr sorgfältig und Schritt für Schritt aus-
gewählt („domain follows name“). Hierbei spielt allerdings der eigentliche Name eine
wichtigere Rolle, als die im Anschluss ausgesuchte Domain. Ein anderes Vorgehen (rechte
Seite) stützt sich mehr auf die Domain, als entscheidendes Auswahlkriterium („name
follows domain“). Erst wenn eine freie, ansprechende Domain gefunden wurde, gilt es,
diese auf die Markenanforderungen hin zu überprüfen. Zusammenfassend kann also fest-
gehalten werden, dass „die eBrand als Online-Markenname eines E-Shops ein wichtiger
Bestandteil im täglichen Kampf um Online-Kunden ist und immer im Spannungsverhält-
nis zwischen Markenanforderungen und Domainverfügbarkeit steht.“ (Kollmann/Suckow
2007b, S. 1).

„domain follows name“ „name follows domain“

Ziele festlegen

Entwicklung
Auswahl des Namens
Namensalternative(n)

Auswertung Entwicklung
Namensalternative(n) Namensalternative(n)

Auswahl des Namens Domainprüfung

Auswertung
Domainprüfung
Namensalternative(n)

Domainregistrierung

Markenzeichen eintragen

Abb. 171: Der Namensfindungsprozess in der Digitalen Wirtschaft


Quelle: Kollmann/Suckow 2007b, S. 23.
444 Die Grundlagen des E-Shop

Sobald ein Unternehmen mit seinem E-Shop in den Markt eintritt und der Domainname
bekannt gemacht worden ist, ist es ratsam, Marketinganstrengungen nicht der Willkürlich-
keit auszusetzen, sondern gezielt und geplant eine Marke bzw. eBrand aufzubauen, die
als großer Rahmen für alle nach außen hin kommunizierten Botschaften dient. Eine Marke
bzw. eBrand eines E-Shops besteht dabei einerseits aus dem materiellen, aber andererseits
auch aus dem immateriellen Wert, der mit einem Produkt oder einer Leistung verbunden
ist (Mattmüller/Tunder 2002). Der materielle Wert bezieht sich auf die Marke im Sinne
eines Kennzeichens des Markenträgers, also auf den Namen, ein Symbol, einen Ausdruck,
eine Form oder auch auf akustische und visuelle Zeichen. In der Digitalen Wirtschaft kann
insbesondere die Wahl des Domainnamens zum materiellen Wert einer Marke beitragen.
Dagegen hat der immaterielle Wert einer Marke eine durchaus größere Tragweite, da
hier der eigentliche Zweck einer Marke verankert ist. Ein Anbieter kann sich über die
Ausgestaltung seiner Marke von den Wettbewerbern abheben, wobei der Erfolg am Markt
von der subjektiven Einschätzung des Kunden und von der Einschätzung anderer Akteure
am Markt abhängt (Mattmüller/Tunder 2002, S. 335). Der immaterielle Wert einer Marke
in der Digitalen Wirtschaft kann auch im „Look and Feel“ einer Seite liegen. Das kann
den Aufbau der Internetseite, die Navigation und die Ausdrucksweise umfassen. Im im-
materiellen Wert ist neben dem Selbstbild der Zielgruppe auch insbesondere die Art der
zum Kunden aufgebauten Beziehung und die kommunizierten Werte enthalten (Kapferer
2012). Ziel des Markenaufbaus ist die Erreichung langfristiger, stabiler Kundenbezie-
hungen (Keller 2008), die es dem Unternehmen bzw. E-Shop ermöglichen, das Customer-
Lifetime-Value des Kunden auszuschöpfen.
Es gilt diese Dimensionen im Einklang mit den Grundwerten und der Unternehmensstra-
tegie zu bestimmen, in die Kommunikationspolitik einzubeziehen und aktiv der potenzi-
ellen Kundengruppe zu kommunizieren (Rüggeberg 2003, S. 136 f.). Diese Verankerung
der Corporate Identity in der Kommunikationspolitik mit dem Online-Kunden kann auch
als „Branding“ bezeichnet werden, das auch als Instrument der Kundenbindung gese-
hen werden kann (Jacken/Selchau-Hansen 2001, S. 220). Wie bei einem physischen Pro-
dukt, kann auf diese Art und Weise die Identifikation der Zielgruppe mit der Marke ver-
stärkt und die Kaufentscheidung ausgelöst werden. Die Instrumente zum Markenaufbau
sind insbesondere im Online-Marketing angesiedelt. eBrands erfüllen gerade für Online-
Kunden wichtige Funktionen. Sie dienen als Orientierungshilfe bei der immer unüber-
schaubarer werdenden Angebotsmenge und werden als Navigationshilfe bei der Suche
nach bestimmten Leistungen und Produkten eingesetzt. Hat ein Kunde gute Erfahrungen
mit einem E-Shop gemacht, so bringt er dessen eBrand ein gewisses Maß an Vertrauen
entgegen, dass bei der nächsten Kaufentscheidung eine wichtige Rolle spielen kann. Durch
den wiederholten Kauf steigt das Vertrauen und die Qualität, die der Kunde dadurch der
eBrand zuspricht und verringert damit das Risiko zukünftiger Fehlentscheidungen. Man-
che Marken üben zusätzlich eine Identifikationsfunktion aus, da ihre Verwendung bei ei-
ner bestimmten Zielgruppe zur Prestigefrage wird und einen gewissen sozialen Status sug-
gerieren soll. Marken haben also eine Orientierungs-, Navigations-, Vertrauens-, Risiko-
reduktions- und Identifikationsfunktion (Fritz 2004, S. 194).
Das Marketing beim elektronischen Verkauf 445

E-Shop-Betreiber unterschätzen die Bedeutung des Markenaufbaus für die erfolgreiche


Umsetzung ihrer Idee und für das Wachstum ihres E-Shops (Mattmüller/Tunder 2002,
S. 336). Dies liegt besonders an der stark divergierenden Wahrnehmung der eBrand
beim potenziellen Online-Kunden, wenn dieser beispielsweise nur aufgrund eines beson-
deren Produktangebotes in einer Preissuchmaschine zur Seite findet und ihm die Marke
relativ egal ist. In solchen Fällen werden dem E-Shop-Betreiber die mit dem Aufbau der
Marke verbundenen Investitionen überflüssig erscheinen. Der nicht bezifferbare Gegen-
wert einer Marke kann dann nicht bilanziert werden und somit geraten die Investitionen
für den Aufbau und die Pflege der Marke in Vergessenheit. Dies geschieht vor allem ge-
rade dann, wenn junge E-Shops sich am Periodenergebnis als Erfolgsmaßstab orientieren
(Cravens/Guilding 1999, S. 56) und so die langfristige Notwendigkeit des Markenaufbaus
unterschätzen. Insbesondere die anfangs versäumten Investitionen in den Markenaufbau
können aber häufig zu einem späteren Zeitpunkt nicht nachgeholt werden. In der Literatur
sind einige Ansätze zur Messung des monetären und nicht-monetären Wertes eines
(e)Brand vorhanden. Diese können gleichzeitig auch als Planungs- und Controlling-In-
strument für die Effektivität der Kommunikationsstrategie angesehen werden. Hierbei un-
terscheidet man zwischen dem aus der Anbieterperspektive bezeichneten „Brand Equity“
und dem aus der Nachfragerperspektive bezeichneten „Brand Value“:

„ Brand Equity: Unter Brand-Equity verstand man lange Zeit „die durch Markierung
ausgelösten gegenwärtigen und zukünftigen Wertsteigerungen von Leistungen auf
Konsumenten- und Unternehmensseite, die ökonomisch nutzbar und in monetären
Maßeinheiten zu bewerten sind“ (Bekmeier-Feuerhahn 1998, S. 46). Diese unterneh-
mensseitige Betrachtung wird jedoch zunehmend von der kundenseitigen Betrach-
tung abgelöst, da insbesondere der finanzielle Wert der Marke und auch der Wert der
zukünftig, allein aufgrund der Marke gemachten Kaufentscheidung, kaum realistische
einzuschätzen sind. Keller (2008) entwickelte daher ein Konzept zur Erklärung des
Brand Equity, das sich explizit mit der Betrachtung aus Kundensicht auseinandersetzt.
Das Ziel des Markenwertaufbaus wird hier in dem Aufbau langfristiger Kundenbe-
ziehungen gesehen, die basierend auf einer kontinuierlich geförderten emotionalen
Verbundenheit mit der Marke, den Kunden markentreu und loyal machen soll.

„ Brand Value: Im Gegensatz zum Brand Equity geht man bei dem Brand Value von
der Quantifizierung des Nachfrageverhaltens in Bezug auf die Marke aus. Nach dem
Prinzip „value for money“ geht der Kunde nach dem Kriterium seiner eigenen Kos-
ten-Nutzen-Betrachtung vor und entscheidet sich für die für ihn optimale Produktva-
riante (Cornelsen 2000, S. 33). Der Nutzen kann in diesem Zusammenhang durch die
Markenstärke erhöht werden. So kann durch die zielgruppenorientierte Wertevermitt-
lung – wie „Abenteuerlust“, „Lebensfreude“ oder „Exotik“ – das Angebot des Reise-
E-Shops von opodo.de zusätzlich attraktiver gemacht werden. Infolgedessen kann
„Brand Value“ als Wert verstanden werden, der „das Ausmaß abbildet, in dem eine
Marke zur Steigerung des Transaktionswertes für den Nachfrager beiträgt“ (Mattmül-
ler/Tunder 2002, S. 346).
446 Die Grundlagen des E-Shop

3.4.3.4 Online-Beschwerdemanagement
Das Beschwerdemanagement ist ein wichtiger Baustein für die Realisierung langfristiger
Kundenbindungsstrategien. Grundsätzlich sind Beschwerden von Seiten der Kunden mit
allen Mitteln zu vermeiden, indem das Leistungsangebot so gut wie möglich den Erwar-
tungen der Kunden entspricht und zu Zufriedenheit führt (s. Kapitel 3.3.2.4). Allerdings
wird es mit den zunehmend hybriden Kunden immer schwieriger, allen Wünschen der
Kunden gerecht zu werden und somit jeden Einzelnen glücklich zu machen. Somit sind
Beschwerden von Kunden nicht unumgänglich und sollten durch einen professionellen
Umgang von Seiten des E-Shop-Betreibers die Möglichkeit offenhalten, trotzdem eine
langfristige Kundenbeziehung mit diesen Kunden zu führen. Wimmer (1985, S. 233) ver-
steht unter Beschwerdemanagement „den komplexen unternehmerischen Handlungsbe-
reich der Planung, Durchführung und Kontrolle aller Maßnahmen, die ein Unternehmen
in Zusammenhang mit Beschwerden ergreift“. Ein erfolgreiches Beschwerdemanagement
zielt nicht nur auf die Wiederholung einer Transaktion (z. B. Kauf eines Produktes) ab,
sondern vor allem auf die (Wieder-) Herstellung von Zufriedenheit. Schließlich können
unzufriedene Kunden dem E-Shop schaden, indem sie ihre Unzufriedenheit mit anderen
teilen. Dies geht von negativer Mund-zu-Mund Propaganda über Meinungsäußerungen in
Diskussionsforen bis hin zu der Einleitung rechtlicher Schritte gegen den E-Shop-Betrei-
ber. Ein professionelles Beschwerdemanagement unterstreicht hingegen den Grad der
Kundenorientierung eines Anbieters. Die Nutzung der durch die Beschwerden gewonnen
Informationen kann dabei ein wertvoller Input für alle weiteren Kundenbindungsmaß-
nahmen sein, da auf diese Weise Schwachstellen und Markt-Chancen identifiziert und die
Qualität nicht nur der Produkte, sondern auch der Kundenservices und daher der Kunden-
beziehungen verbessert werden kann (Wegmann 2001, S. 12). Das Beschwerdemanage-
ment sollte also im besten Fall als eine Art Frühwarnsystem verstanden werden. Die
Ziele des Beschwerdemanagements können folgendermaßen zusammengefasst werden
(Stauss 2010, S. 414 f.):

„ Herstellung von (Beschwerde-)Zufriedenheit,

„ Vermeidung von Kosten durch andere Reaktionsformen unzufriedener Kunden,

„ Umsetzung und Verdeutlichung einer kundenorientierten Unternehmensstrategie,

„ Schaffung zusätzlicher akquisitorischer Effekte mittels Beeinflussung der Mundkom-


munikation,

„ Auswertung und Nutzung der in Beschwerden enthaltenen Informationen,

„ Reduzierung interner und externer Fehlerkosten.

Die Erreichung dieser Ziele setzt voraus, dass der E-Shop-Betreiber den unzufriedenen
Kunden leicht zugängliche Beschwerdekanäle bereitstellt, die eventuell sogar eine
Das Marketing beim elektronischen Verkauf 447

Beschwerdestimulierung vornehmen. Die sachgerechte Beschwerdeannahme und die


systematische Bearbeitung bzw. Reaktion auf Beschwerden erfordert Kundenkontakt
und ist somit dem direkten Beschwerdemanagementprozess zugeteilt (s. Abb. 172). Auf
der Webseite des E-Shops könnten Kunden z. B. in einem Chatforum, einem Newsletter
oder auf der Homepage dazu animiert werden, im Falle der Unzufriedenheit Kontakt auf-
zunehmen und eine Beschwerde zu formulieren. Natürlich müssen für die Beschwerdean-
nahme genügend, für den Kunden leicht erreichbare Kommunikationskanäle bereitgestellt
werden. Zum einen gibt es die Möglichkeit direkt über die Homepage z. B. ein Online-
Formular für Beschwerden bereitzustellen oder eine E-Mail-Adresse für Support anzu-
bieten, zum anderen können aber auch zusätzliche Hotlines oder Call-Back-Buttons das
Kommunizieren einer Beschwerde ermöglichen. Alle Daten, die im Zusammenhang mit
einer Beschwerde entstehen werden im Data Warehouse gesammelt und dann mit Hilfe
des Data Mining ausgewertet. Die Auswertung einer Beschwerde auf ihren informatori-
schen Gehalt und das Controlling bezüglich der Zielerreichung und Aufgabenerfüllung
finden ohne Kundenkontakt und somit im Hintergrund statt (Stauss 2010, S. 414 f.). Diese
Aufgaben gehören zu dem indirekten Beschwerdemanagementprozess. Dabei steht vor al-
lem die Nutzung der Informationen, die während der Bearbeitung einer Beschwerde an-
fallen, im Vordergrund, da diese nicht nur den Ablauf des Prozesses widerspiegeln, son-
dern auch für zukünftige One-to-One-Kommunikation mit dem Kunden genutzt werden
kann. Des Weiteren können etwaige Schwachstellen des Prozesses oder Potenziale für
spätere Marktchancen nach umfassender Auswertung identifiziert werden. Ein Überblick
über die Teilprozesse des Beschwerdemanagementprozesses gibt Abb. 172.

Direkter Beschwerdemanagementprozess

Beschwerde- Beschwerde- Beschwerde- Beschwerde-


stimulierung annahme bearbeitung reaktion

Beschwerde- Beschwerde-
Beschwerde- Beschwerde-
management- informations-
auswertung reporting
Controlling nutzung
Indirekter Beschwerdemanagementprozess

Abb. 172: Der Beschwerdemanagementprozess


Quelle: Stauss/Seidel 2014, S. 502.

Grundsätzlich muss das Beschwerdemanagement zwei Arten von Unzufriedenheiten der


Kunden handhaben. Zum einen können Kunden mit einer Transaktion und deren Abwick-
lung unzufrieden sein, sodass eine Transaktionsunzufriedenheit (Stauss 2010, S. 417)
entsteht. Sind sie mit der gesamten Geschäftsbeziehung unzufrieden, die transaktionsüber-
greifend ist, entsteht eine Beziehungsunzufriedenheit. Hierbei wird deutlich, dass sich
448 Die Grundlagen des E-Shop

die (Un-)Zufriedenheit mit Transaktionen langfristig auch auf die Beziehung zwischen
Kunde und E-Shop auswirkt. Wie schon in Kapitel 3.3.2.4 beschrieben, ergibt sich Zufrie-
denheit aus dem Vergleich zwischen den Erwartungen eines Kunden an eine Transaktion
(Soll-Zustand) und dem tatsächlichen Ablauf (Ist-Zustand). Dieses Diskonfirmationsmo-
dell wurde von Stauss auch auf die Beschwerdezufriedenheit angewandt (Stauss 2010,
S. 417 f.). Kommuniziert ein Kunde eine Beschwerde, so hegt er bestimmte Erwartungen
wie der E-Shop-Betreiber reagiert und welche Lösung ihm vorgeschlagen wird. Diese Er-
wartung wird nun als Standard für den Vergleich mit der tatsächlichen Erfahrung des Kun-
den gesehen. Erfüllt oder übertrifft die Beschwerdebearbeitung die Erwartungen des Kun-
den, so entsteht Beschwerdezufriedenheit, andernfalls Beschwerdeunzufriedenheit (Stauss
2010, S. 418 f.).

Erwartete Beschwerdeantwort Wahrgenommene Beschwerdeantwort


in Bezug auf: in Bezug auf:

Beschwerdeergebnis: Beschwerdeergebnis:
Vergleich
• Angemessenheit/Fairness • Angemessenheit/Fairness

Beschwerdeprozess: Beschwerdeprozess:

• Erreichbarkeit • Erreichbarkeit
• Qualität der Interaktion • Qualität der Interaktion
- Freundlichkeit - Freundlichkeit
Vergleich
- Verständnis - Verständnis
- Bemühen/Hilfsbereitschaft - Bemühen/Hilfsbereitschaft
- Aktivität/Initiative - Aktivität/Initiative
- Zuverlässigkeit - Zuverlässigkeit
• Reaktionsschnelligkeit • Reaktionsschnelligkeit

Beschwerde(un)zufriedenheit

Abb. 173: Dimensionen und Merkmale der Beschwerdezufriedenheit


Quelle: in Anlehnung an Stauss 2010, S. 425.

Es reicht jedoch nicht aus, Erkenntnisse über den Erfüllungsgrad der Kundenerwartungen
an das Beschwerdemanagement zu erlangen. Vielmehr müssen die Dimensionen und
Merkmale analysiert werden, welche die wahrgenommene Qualität des Beschwerde-
managements beeinflussen. Zu den Dimensionen gehört zum einen die Zufriedenheit mit
dem Beschwerdeprozess (funktionale Qualität) und zum anderen die Zufriedenheit mit
dem Beschwerdeergebnis (technische Qualität). Während die Zufriedenheit mit dem Be-
schwerdeergebnis bewertet „was“ der Kunde als Antwort erhält, wird bei der Zufrieden-
heit mit dem Beschwerdeprozess bewertet, „wie“ der E-Shop die Beschwerde abgewickelt
Das Marketing beim elektronischen Verkauf 449

hat (Stauss 2010, S. 414). Die beiden Dimensionen der Beschwerdezufriedenheit wer-
den anhand verschiedener Merkmale charakterisiert und bewertet (Stauss 2010, S. 414 f.,
s. Abb. 173):

„ Beschwerdeergebnis-Zufriedenheit: Grad der Problemlösungskompetenz; Fairness


der angebotenen Wiedergutmachung (Angemessenheit/Fairness)

„ Beschwerdeprozess-Zufriedenheit: Leichtigkeit einen (den richtigen) Ansprech-


partner zu finden (Erreichbarkeit); kundenorientierte Interaktion während der Be-
schwerde-Annahme und Bearbeitung (Freundlichkeit, Verständnis, Bemühen, Initia-
tive, Zuverlässigkeit, Interaktionsqualität); Schnelligkeit der Eingangsbestätigung
und Bearbeitung, Reaktion auf Rückfragen (Reaktionsschnelligkeit)

3.4.3.5 Online-Loyalitätsprogramme
Bonuspunkte-Programme erfahren eine immer größere Verbreitung auch in der Digitalen
Wirtschaft und das bei einer Vielzahl von Anbietern mit verschiedensten Produkten. Dabei
werden Kunden je nach Umfang der jährlichen Umsätze, Werte, Zusammensetzungen o-
der weitergehenden Aktivitäten unterschiedlich hohe Prämien in Form von Punkten gut-
geschrieben (Meffert/Burmann/Kirchgeorg 2015, S. 660; Stolpmann 2001). Weiterge-
hende Aktivitäten können sich z. B. auf die Anzahl der Webseiten-Besuche, die Zahl der
eingestellten Beiträge in Communities, die Beantwortung von Fragebögen, die Abgabe
von Meinungsäußerungen und Ähnliches beziehen. Die gesammelten Punkte können an-
schließend in Produktgeschenke eingetauscht oder zur Preisreduktion eingesetzt werden.
Bonuspunkte-Programme in der Digitalen Wirtschaft können sich vor diesem Hinter-
grund auf das Angebot eines Anbieters oder auf das gesammelte Angebot mehrerer An-
bieter beziehen. Ein prominentes Beispiel ist das von payback.de. Die teilnehmenden
E-Business-Unternehmen und damit auch E-Shops bieten Kunden den Service an, bei ver-
schiedenen Partnerunternehmen Punkte in Form von „Bonus“ zu sammeln. Der dann im
Laufe der Zeit gesammelte Bonus kann beim Bezahlen, in den teilnehmenden Unterneh-
men, eingelöst werden. Durch das Engagement in dem Bonuspunkte-Programm bietet der
E-Shop dem Kunden einen Zugriff auf eine weitaus größere Produktpalette, welche die
eigenen Produkte teilweise ergänzen. Die Ausgestaltung von Bonuspunkte-Programmen
in der Digitalen Wirtschaft bietet jedoch noch weitere Möglichkeiten, wie z. B. der Ra-
battclub shoop.de. Wenn Kunden sich registriert und eingeloggt haben, wechseln sie zu
einem aus über 2.000 Partnershops, wie adidas.de oder otto.de. Zu jedem E-Shop bzw.
einer Produktgruppe in einem E-Shop wird ein prozentuales Cashback kommuniziert.
Nach einem Einkauf bei einem Partnershop erhält shoop.de eine Provision und der Kunde
erhält das Cashback. Zwischen Bestellung und Auszahlung des Cashbacks vergehen in
der Regel acht bis zehn Wochen. Laut eigenen Angaben finanziert sich shoop.de über
Bonuszahlungen der Händler für die Vielzahl an vermittelten Kunden und betreibt keinen
Handel mit Kundendaten.
450 Die Grundlagen des E-Shop

Die Sinnhaftigkeit dieser Programme aus der Perspektive des Anbieters liegt insbesondere
in dem Ausbau der Kundenbeziehung und dem Aufbau einer Kundenbindung. Dies wird
dadurch erreicht, dass sich der Kunde für seine Loyalität (z. B. wiederkehrende Nutzung)
über Prämien quasi selbst belohnt. Für den Kunden stellt das Bonusprogramm eine zusätz-
liche Serviceleistung und damit einen zusätzlichen Mehrwert dar (Silberer 1995, S. 98 f.).
Dabei gilt: Die Vorteile des elektronischen Mediums machen es erst möglich, das Verhal-
ten des Kunden und seine Aktivitäten zu verfolgen und dadurch die notwendigen Daten
für Bonusprogramme zu sammeln. Die gewonnenen Daten können wiederum den Einblick
in die Kundenbedürfnisse und -wünsche, betreffend des eigenen Angebots ermöglichen.
Diese Informationen sind besonders für Unternehmen bzw. die E-Shop-Betreiber auf der
Suche nach Erweiterungsmöglichkeiten des eigenen Leistungsangebotes von strategischer
Bedeutung.

3.5 Die Implementierung beim elektronischen Verkauf


Nach den Darstellungen bezüglich der System- (s. Kapitel 3.1), der Prozess- (s. Kapitel
3.2), der Management- (s. Kapitel 3.3) und der Marketingebene (s. Kapitel 3.4), kommen
nun im Rahmen der Implementierungsebene die spezifischen Anforderungen an die pra-
xisbezogene Einführung von E-Shop-Systemen zum Tragen. Die folgenden Ausführungen
sollen dabei einen groben Überblick über das Vorgehen bei der Umsetzung und Einfüh-
rung eines E-Shops vermitteln. Dabei ist grundlegend festzuhalten, dass die Implementie-
rung einer E-Shop-Lösung erneut keinesfalls mit einer reinen Software-Implementierung
gleichzusetzen ist. Die nachfolgenden Ausführungen sind vielmehr darauf ausgelegt, die
Realisierung eines E-Shops im Rahmen des Projektmanagements zu betrachten. Auch
wenn Projekte normalerweise in einem klar definierten, begrenzten Zeitraum abgewickelt
werden und die Implementierung eines E-Shops hoffentlich auf längerfristiger Ebene statt-
findet, so können doch viele Aspekte des Projektmanagements zur Ausgestaltung des Vor-
gehens übernommen werden. Dies fängt bei der Planung und Analyse aller wichtigen Grö-
ßen an und setzt sich in der Umsetzung aller geplanten Schritte fort. Da die Entwicklung
und strategische Bedeutung des E-Commerce zunehmend komplexer wird, reicht nun nicht
mehr der einfache Aufbau einer statischen Web-Präsenz oder Marketing-Seite, sondern
der E-Shop muss als interaktive, integrierte Plattform erkannt werden. Mit dieser zuneh-
menden Komplexität verändern sich auch die implizierten Frage- und Problemstellungen.
Daher sollte die Implementierung eines E-Shops detailliert geplant und Schritt für Schritt
vollzogen werden. Somit ergeben sich folgende Lernziele für dieses Kapitel:

„ Welche Überlegungen müssen im Rahmen der Projektplanung bei einer Implemen-


tierung eines E-Shop-Systems erfolgen?

„ Welche Erfolgskriterien für die Implementierung eines E-Shop-Systems können ange-


führt werden?
Die Implementierung beim elektronischen Verkauf 451

„ Welche Phasen lassen sich für die Projektumsetzung erkennen und welche Personen
sind an der Implementierung von E-Shop-Systemen beteiligt?

„ Wie definiert man eine übergreifende Strategie für einen E-Shop und wie wird diese in
ein konkretes Konzept umgesetzt?

3.5.1 Die Projektplanung beim elektronischen Verkauf


Die Komplexität von Projekten im elektronischen Verkauf steigt mit den bei der Imple-
mentierung verbundenen Zielen. Dies ist schon bei der Projektplanung zu berücksichti-
gen. Bei der Verkaufsoptimierung kann vor diesem Hintergrund zwischen drei Entwick-
lungsstufen bzw. Zieldimensionen unterschieden werden. So kann der E-Shop von der
Verkaufsabteilung eines realen Unternehmens zunächst „nur“ als zusätzlicher Absatzka-
nal zur Reduzierung der Verkaufs- und Prozesskosten eingesetzt werden (Entwicklungs-
stufe I). Dies gilt auch für einen reinen Online-Händler, der auf ein Partner-Modell setzt
(s. Kapitel 3.1.2.3). Hier würden dann die Funktionen des operativen Verkaufs (s. Kapitel
3.2.2.1) im Mittelpunkt stehen. Darüber hinaus könnte der E-Shop aber auch als Informa-
tionsquelle für Prozessoptimierungen und eine umfassende Analyse des Kundenverhaltens
genutzt werden, wodurch eher die Aspekte des taktischen Verkaufs (s. Kapitel 3.2.3.2) zum
Tragen kämen (Entwicklungsstufe II). Für die höchste Zieldimension würden dagegen die
Aspekte des strategischen Verkaufs (s. Kapitel 3.2.3.3) im Mittelpunkt stehen, die bis zu
einem konsequenten eCustomer Relationship Management (s. Kapitel 3.4.3.5) gehen kön-
nen (Entwicklungsstufe III). Insbesondere in den letzten beiden Fällen kommt es bei be-
reits bestehenden Unternehmen der realen Wirtschaft zu einer Neuausrichtung der internen
Prozesse bzw. zu einer Umstellung der Unternehmensorganisation. Dies gilt auch für ei-
nen reinen Online-Händler, der auf ein Betreiber-Modell setzt (s. Kapitel 3.1.2.1). Ein
besonderes Gewicht ist daher bereits im Vorfeld auf die strategische Ausrichtung des Pro-
jektes zu legen. Der Projekterfolg wird dabei in hohem Maße von umfangreichen Vorbe-
reitungen und einer zielgerichteten Planung bestimmt (Möhrstädt/Bogner/Paxian 2001,
S. 4). Dem E-Shop-Betreiber muss dabei zunächst einmal klar sein, welche Faktoren den
Erfolg beeinflussen, wie die genaue Struktur des E-Shops aussehen soll, wie einzelne Pro-
zesse und der Prozessablauf gestaltet sein sollen und welche finanziellen Rahmenbedin-
gungen gegeben sind.

3.5.1.1 Erfolgsfaktoren
Im Hinblick auf die Erfolgsfaktoren muss zunächst festgestellt werden, dass die Einfüh-
rung eines E-Shops eine ganze Reihe an Anforderungen an den Betreiber stellt. Dies gilt
insbesondere bei einer Neuimplementierung. Erfolg wird dabei im Allgemeinen als mit-
tel- bis langfristige Steigerung des Unternehmens- bzw. E-Shop-Wertes betrachtet (Berens/
Schmitting 2004, S. 173). Für die erfolgreiche Umsetzung sollte sich der Betreiber eines
452 Die Grundlagen des E-Shop

E-Shops aber zunächst vier Risikofaktoren vor Augen führen, die sich vor diesem Hin-
tergrund in einem Zusammenspiel zwischen Technik und Angebot wiederfinden (s. Abb.
174):

„ Die Technologie des E-Shops (Hardware/Software) erscheint besonders im Hinblick


auf die umfangreichen und unumgänglichen Systemanforderungen (s. Kapitel 3.1.1)
als Risikofaktor, da erst die Erfüllung der Anforderungen in ihrer Gesamtheit zu dem
Erfolg des E-Shops beitragen können. Auch der Aufbau der Systemarchitekturen (s.
Kapitel 3.1.3) und die gewählte Lösung der Implementierung (s. Kapitel 3.1.2) spielen
hierbei eine nicht zu unterschätzende Rolle. Allerdings sind die Technologien heute
im Allgemeinen schon so ausgereift, dass dieser Punkt nicht unbedingt als besonders
kritisch eingestuft werden muss.

„ Der Betreiber des E-Shops sollte durch seine Kompetenzen und Fähigkeiten dazu
beitragen, dass die Produktanalyse (s. Kapitel 3.3.1) fachmännisch und professionell
durchgeführt wird, um daraus ein wettbewerbsfähiges, in seinem eigenen Shop anzu-
bietendes Angebot abzuleiten. Dasselbe gilt gleichermaßen für die Nachfrageranalyse
(s. Kapitel 3.3.2) und die Strategieanalyse (s. Kapitel 3.3.3), da hier das erworbene
Wissen über den Markt und dessen Teilnehmer bzw. Nachfrager dazu beiträgt eine
ausgewogene und wohlüberlegte Strategie zu verfolgen, die langfristig über Erfolg
oder Misserfolg entscheiden kann. Somit ist der Betreiber mit seinen fehlenden Fä-
higkeiten und Kompetenzen als kritischer Risikofaktor zu betrachten.

„ Das Angebot des E-Shops kann wiederum als besonders kritischer Risikofaktor be-
trachtet werden, da erst durch ein wettbewerbsfähiges Angebot der Markt so bearbei-
tet werden kann, dass auch genügend Umsätze generiert werden, die den Fortbestand
des E-Shops garantieren. Je nach E-Potenzial eignen sich manche Angebote zwar sehr
gut für den Online-Verkauf, allerdings sind hier die Marktanteile der meist schon vor-
handenen Märkte auch schon stark abgegriffen. Weiterhin muss sich das Angebot
über das Internet optimal bewerben lassen, um die für den Erfolg des E-Shops not-
wendige kritische Nachfragermasse erreichen zu können. Daher stellt das Angebot
einen weiteren kritischen Risikofaktor dar.

„ Die Prozesse innerhalb eines E-Shops (Online-Prozessgestaltung) erscheinen zu-


nächst als hoch komplexer und kritischer Risikofaktor. Allerdings lassen sich die Pro-
zessanforderungen durch gut strukturierte und wohlüberlegte Anordnung der Bau-
steine relativ leicht erreichen. Abläufe und Schnittstellen müssen zwar professionell
gehandhabt werden, sie sind jedoch in der Regel weitestgehend vordefiniert und fest-
gelegt. Die einmalige Implementierung der wichtigsten Prozesse ist daher zwar be-
sonders aufwendig, wenn diese vom Shopbetreiber selber installiert werden müssen,
der Unterhalt sowie notwendige Anpassung sind aber mit wenigen Handgriffen
durchgeführt. Daher stellen die Prozesse einen eher unkritischen Risikofaktor dar.
Die Implementierung beim elektronischen Verkauf 453

Die veränderten Rahmenbedingungen des E-Commerce erfordern dennoch die Konfigura-


tion klassischer Erfolgsfaktoren bzw. sogar die Erkennung neuer Faktoren, da diese nicht
nur der Orientierung und Steuerung dienen, sondern auch direkt die Ausgestaltung eines
eControlling-Systems (s. Kapitel 3.2.2.7) bestimmen. Im Mittelpunkt stehen daher zwei
Fragen: Welche Erfolgskriterien beziehen sich auf das zu verkaufende Online-Produkt
und welche Erfolgskriterien beziehen sich auf den zugehörigen Online-Verkaufsprozess?
Während die erste Frage mit den Online-Wettbewerbsvorteilen (s. Kapitel 3.3.3.2) und der
entsprechenden Online-Wettbewerbspositionierung (s. Kapitel 3.3.3.3) relativ schnell be-
antwortet werden kann, benötigt die zweite Frage eine eingehendere Betrachtungsweise.
Eine diesbezügliche Untersuchung mit fünf zentralen Faktoren zu den hier beobachtbaren
Erfolgsaspekten kann als erster Hinweis für den Erfolg im E-Commerce bzw. bei einem
E-Shop gewertet werden (Böing 2001, S. 214 f.):

„ Technologie- und Prozessorientierung: Dazu zählt die technische Beherrschung


der Transaktionsprozesse (s. Kapitel 3.2.2) inklusive aller Schnittstellen zum Kunden
und die Fähigkeit die angebotenen Produkte und Leistungen weiter zu entwickeln.
Sehr wichtig bei diesem Faktor ist die Kundenorientierung, die sich durch alle Tech-
nologie- und Innovationsprozesse hindurchziehen muss, denn schließlich darf die
Technologie den Kunden nicht überfordern und neue Produkte und Leistungen müssen
einen für den Kunden wahrnehmbaren Zusatznutzen darstellen.

„ Planungsfähigkeit: Die sorgfältige Planung beginnt schon vor dem eigentlichen


Markteintritt, denn dieser sollte auf einer detaillierten Planung (dem Business Plan) ba-
sieren. Detaillierte Planungsaktivitäten lassen sich trotz der hohen Dynamik des Um-
feldes realisieren. Da die detaillierte Planung von Zielgrößen, Kontrollen und Anpas-
sung wesentliche Funktionen und Bereiche des Controllings umfasst, kann das Con-
trolling an sich schon als Erfolgsfaktor gesehen werden (s. Kapitel 3.2.2.7).

„ Kommunikation: Erfolgreiche Unternehmen kommunizieren ihre Leistung konstant


über sämtliche Kanäle hinweg an den Kunden. Erst wenn die Möglichkeiten der In-
dividualisierung und Personalisierung (s. Kapitel 3.4.2.5) ausreichend genutzt wer-
den, kann das Angebot bedarfsgerecht kommuniziert werden. Somit ist auch bei
E-Shops der Einsatz von Suchmaschinen, Homepage, E-Mail, Newsgroups, Banner-
werbung etc. ein wichtiger Erfolgsfaktor für die konstante Vermittlung der Leistung.

„ Zusatznutzen: Transaktionsunterstützende und -begleitende Elemente, wie z. B. Wa-


renkörbe, Kontoabfragen, Bestell- und Versandbestätigungen oder Entertainment-Ele-
mente, fördern den E-Shop-Erfolg. Die Schaffung des notwendigen, elektronischen
Mehrwertes (s. Kapitel 1.4.3) steht in einem engen Zusammenhang mit der oben auf-
geführten Technologie- und Innovationskompetenz.

„ Distribution: Da viele E-Shops letztendlich als weiterer Absatz- oder Vertriebskanal


gesehen werden, ist die physische Auslieferung von Produkten ein wesentlicher Teil der
454 Die Grundlagen des E-Shop

Leistung (s. Kapitel 3.2.2.6). Die Festlegung und Transparenz der Lieferbedingungen
und die Einhaltung der Lieferzeiten sind maßgeblich am Erfolg von E-Shops beteiligt.

Eher unkritische
Faktoren
Wodurch/
Technologie Prozesse Wie?
womit?

E-Shop

Wer/ Was/
Betreiber Angebot
wie? für wen?
Kritische
Faktoren

Abb. 174: Risikofaktoren bei der Implementierung eines E-Shops


Quelle: in Anlehnung an Peukert/Ghazvinian 2001, S. 214.

Auch wenn diese einzelnen Faktoren sicherlich zu dem Erfolg eines E-Shops beitragen
können, sind sie nicht absolut und isoliert zu betrachten. Erst die erfolgreiche Kombina-
tion vieler verschiedener Faktoren ermöglicht die Steigerung des Unternehmenswertes,
worin sicherlich auch die üblichen Erfolgsfaktoren, wie Zeit, Kosten, Qualität etc. eine
nicht unerhebliche Rolle spielen.

3.5.1.2 Produkt- und Käuferanalyse


Den Ausgangspunkt für die Implementierung eines E-Shops bildet in der Regel die Produkt-
und Käuferanalyse. Dabei sollten zwei elementare Fragen beantwortet werden: Erstens,
was für Produkte sollen angeboten werden und zweitens, für wen sollen diese Produkte
angeboten werden? Da der Einsatz eines E-Shops zunächst nur für diejenigen Produkte
erfolgen sollte, bei denen eine hohe Online-Produkteignung (s. Kapitel 3.3. 1.1) festge-
stellt wurde, muss in der Projektplanung zunächst eine Auswahl der elektronisch zu ver-
kaufenden Produkte erfolgen. Dies bedarf einer möglichst vollständigen Produktanalyse,
anhand derer der E-Shop-Betreiber verschiedene Verkaufsstrategien und Shop-Lösungen
ableiten kann. Dabei kann auf die in Kapitel 3.3.1.1 und 3.3.1.3 vorgestellten Methoden
zur Online-Produkteignung und Online-Produktbewertung im elektronischen Verkauf zu-
rückgegriffen werden. Die Auswahl der zu beschaffenden Produkte muss dabei nicht be-
reits zu Beginn statisch zementiert werden. Vielmehr kann hier ein Entwicklungspfad
Die Implementierung beim elektronischen Verkauf 455

für das zukünftige Produktangebot im E-Shop skizziert werden. So können in einer zeit-
lichen Abfolge vor diesem Hintergrund mehr und mehr Produkte hinsichtlich der Kriterien
„Zusatzprodukte“ und „Zusatzservice“ dem E-Shop hinzugefügt werden (s. Abb. 175).
Abb. 175 beschreibt den Entwicklungspfad eines typischen Internet-Angebotes. Ausge-
hend von der Kernleistung des E-Shops werden hier das Kernprodukt (z. B. der Verkauf
von Büchern über den E-Shop) und eine Kernleistung als Basisservice (Versand der Bü-
cher) angeboten. Bei einer Erweiterung der Kernleistung um eine Zusatzleistung wäre es
z. B. möglich, nicht nur den Versand der Bücher anzubieten, sondern auch noch eine 24
Stunden Liefergarantie gegen Aufpreis anzubieten. Möchte der Shopbetreiber zu seinem
Kernprodukt noch zusätzliche Produkte verkaufen, kann er z. B. neben den normalen Bü-
chern in einem nächsten Entwicklungsschritt auch Hörbücher anbieten und damit sein
Sortiment erweitern. Letztendlich ist es nun auch noch möglich, das Angebot durch eine
Kombination aus Zusatzleistungen und Zusatzangeboten weiter zu entwickeln, um so die
bestehende Kundengruppe noch besser bedienen zu können bzw. neue Kunde hinzuzuge-
winnen. Im vorliegenden Beispiel (s. Abb. 175) könnte sich dies in der Möglichkeit, sowohl
das Kernprodukt (Bücher) als auch die Zusatzprodukte (Hörbücher) über das Internet
runter zu laden (Downloadoption), widerspiegeln. Der Entwicklungspfad hängt in der Re-
gel jedoch stark von der Wettbewerbspositionierung (s. Kapitel 3.3.3.3) des E-Shops ab,
da nicht unbedingt die ständige Erweiterung des Angebotes im Vordergrund stehen muss,
sondern vielmehr die kontinuierliche Pflege des Alleinstellungsmerkmals. Erst wenn das
Alleinstellungsmerkmal auch bei der geplanten Erweiterung erfolgreich verteidigt werden
kann, lohnt es sich, den nächsten Entwicklungsschritt konktret zu vollziehen.
Im Rahmen der Kunden- bzw. Käuferanalyse werden bei einem E-Shop insbesondere die
folgenden Aspekte untersucht: Kundenmerkmale, Kundensegmentierung und Kundenziel-
gruppe (Kollmann 2019). Während die Beschreibung eines Marktes eher übergeordnet und
tendenziell anonym ist (Makroebene), wird bei der Kundenanalyse der Fokus auf die ein-
zelne Person als potenzieller Abnehmer der Leistung gelegt (Mikroebene). Wenn es in der
Fortführung des Beispiels „Buchhandel“ darum geht, 5 % der Online-Buchkäufe über die
neue elektronische Plattform abzuwickeln, so muss im Folgenden geklärt werden, welche
Art von Kunden sich dahinter verbergen. Im Mittelpunkt steht die Frage: Wer ist mein
Kunde und welche Eigenschaften können diesem Kunden zugeschrieben werden (s. Kapitel
3.3.2.1 und 3.3.2.2)?
Ausgangspunkt der Analyse ist die Identifikation relevanter Kundenmerkmale. Hierzu
gehören bspw. verhaltensorientierte Kriterien (z. B. Preisverhalten, Mediennutzung, Ein-
kaufsstättenwahl), soziodemographische Kriterien (z. B. Geschlecht, Alter, Einkommen,
Beruf), geographische Kriterien (z. B. Wohnort, Land, Sprache) und psychographische
Kriterien (z. B. Motive, Einstellungen, Akzeptanz) im B2C-Bereich (Freter 2008, S. 93).
Im B2B-Bereich können zusätzlich auch Kriterien des organisatorischen Beschaffungs-
verhaltens hinzukommen (z. B. Entscheidungsträger, Buying Center, Lock-in-Effekte;
Backhaus/Voeth 2014). Diese Kundenmerkmale sind sodann die Grundlage für eine Kun-
den- bzw. Marktsegmentierung. Im Rahmen der Kundensegmentierung geht es darum,
456 Die Grundlagen des E-Shop

den Gesamtmarkt anhand der Kundenmerkmale in intern homogene und untereinander he-
terogene Untergruppen (Marktsegmente) zu zerlegen (Schreiber 1966; Meffert/Burmann
/Kirchgeorg 2015, S. 174 ff.). Damit ist das Ziel verbunden, eine segmentspezifische Be-
dürfnisbefriedigung anzubieten bzw. eine gezielte Bearbeitung mit unterschiedlichen Stra-
tegien zu erkennen. Ein einfaches Beispiel für einen E-Shop ist die Segmentunterschei-
dung bei dem Reiseanbieter expedia.de in Reisen für Singles und Familien, die zu unter-
schiedlichen Angeboten und Bearbeitungsstrategien führt.

Hörbücher Download
Zusatz-Produkt

24 Std.
Bücher
Lieferung

Zusatz-Service

Abb. 175: Entwicklungspfad für das Produkt- und Serviceangebot in einem E-Shop

Für einen E-Shop stellt sich vor diesem Hintergrund die Aufgabe, anhand des elektroni-
schen Angebots (s. Kapitel 3.3.1.1), die verbundenen Kriterien einer Kunden- bzw. Seg-
mentidentifikation vorzugeben (s. Kapitel 3.3.2.1). Wenn bspw. ein E-Shop für Segel-
boote (z. B. Jollen) und Segelzubehör geplant ist, so können folgende Kundenkriterien
relevant sein: Alter/Geschlecht/Einkommen, Wohnort/Land, Mediennutzung, Akzeptanz.
Im Ergebnis hätte man ein Zielkundensegment, mit den Eigenschaften: männlich (2/3
aller Segler), über 40 (Segeln ist Erwachsenensport), hohes Einkommen (Segelboote sind
relativ teuer), Küstenland-Bewohner (Segeln ist hauptsächlich in Ländern mit Meereszu-
gang populär), Küsten-/Seeort-Bewohner (Segelboot braucht Liegeplatz), Internet-Nutzer
(Online-Käufer). Die Implikationen aus diesem Kundenprofil sind darin zu sehen, dass
sich der E-Shop-Betreiber überlegen muss, wie er die identifizierten Kunden erreichen
und für sich gewinnen möchte.
Die Implementierung beim elektronischen Verkauf 457

3.5.1.3 Strukturanalyse
Einen weiteren Punkt für die Implementierung eines E-Shops bildet in der Regel die
Strukturanalyse (s. Abb. 176). Dabei sollte die Frage beantwortet werden: Wie gestal-
ten sich die strukturellen Voraussetzungen für den E-Shop? Bevor daher die Realisierung
eines E-Shops eingeleitet wird, sollten im Rahmen der Strukturanalyse gewisse Aspekte
zu den Rahmenbedingungen des E-Shop-Betriebs und des Online-Marktes betrachtet wer-
den. In einer Vorstudie können diese Aspekte danach kategorisiert werden, ob sie vom
E-Shop beeinflussbar sind oder nicht. Zu den internen Faktoren und damit beeinflussba-
ren Aspekten zählen vor diesem Hintergrund insbesondere (Schwarze/Schwarze 2002,
S. 161):

„ Kostenstruktur: Hier stellt sich die Frage, wie die gesamte Kostenstruktur eines
E-Shops aufgebaut sein kann bzw. soll. Darunter fällt nicht nur die Grundfinanzie-
rung eines E-Shops, sondern auch Personalkosten, Marketingkosten, Mietkosten
usw., die als laufende Kosten in den E-Shop-Betrieb eingehen (Kollmann 2019).

„ Infrastruktur: Die Infrastruktur wird hauptsächlich von der Entscheidung bestimmt,


für welche Systemlösung (Betreiber-, Dienstleister- oder Partner-Modell) sich der
E-Shop-Betreiber entscheidet. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass je nach Grad der
Auslagerung von Komponenten oder Software, die Infrastruktur unterschiedliche
Ausprägungen annehmen kann, wobei jedoch der wesentliche Grundaufbau weitest-
gehend vorbestimmt ist (s. Kapitel 3.1.3).

„ Personalstruktur: Eine Realisierung eines E-Shop-Projekts erfordert ein breites


Kompetenzfeld der handelnden Personen, das durch den oder die E-Shop-Betreiber
abgedeckt sein muss. Dazu zählen technische, kaufmännische, organisatorische, juris-
tische Kenntnisse, die entweder durch Einstellung von geschultem Personal oder
durch den Einsatz von Dienstleistungsunternehmen eingebracht werden können, so-
fern sie nicht von den E-Shop-Gründern selber mitgebracht werden. Dieser Aspekt
sollte immer im Zusammenhang mit der jeweiligen Arbeitsmarktsituation betrachtet
werden.

„ Produkte: Nicht jede Art von Produkten eignet sich gleichermaßen für den Verkauf im
elektronischen Handel (s. Kapitel 3.3.1.1). Die genaue Betrachtung der Branche und
des Marktes lässt erkennen, inwiefern die zu verkaufenden Produkte für den Verkauf
über das Internet geeignet sind. Das Dilemma liegt meistens darin, dass die Märkte für
leicht digitalisierbare Produkte schon von Anbietern überfüllt sind und der Shop nur
als weiterer Konkurrent in den Markt eintreten kann (Musik, Software, Bücher etc.).
Ist das Produkt jedoch nur schwer digitalisierbar, hat es ein E-Shop schwer, diese über
das Internet erfolgreich zu verkaufen. Die Überlegung über das zu verkaufende Produkt
ist somit ein Schlüsselfaktor in der Realisierungsphase, da es den E-Shop-Aufbau und
die Struktur wesentlich beeinflusst (s. Kapitel 3.5.1.2).
458 Die Grundlagen des E-Shop

Die oben aufgelisteten Aspekte sind grundsätzlich von dem E-Shop-Gründer beeinfluss-
bar. Sie können als Stellschrauben für den E-Shop-Erfolg angesehen werden, die es in
bestimmte Richtungen zu drehen gilt. Erst wenn sie optimal aufeinander abgestimmt sind,
sind die Voraussetzungen für den Online-Betrieb gegeben. Somit wird deutlich, dass eine
Einzelbetrachtung der Faktoren nicht sinnvoll ist, da sich z. B. aus der technischen Infra-
struktur das benötigte Personal ergibt, bereits vorhandene Kompetenzen der E-Shop-Be-
treiber jedoch auch die Kostenstruktur verändern zu können. Erst wenn die Wechselwir-
kungen in die Analyse einbezogen werden, kann eine umfassende Strukturanalyse für den
späteren Aufbau des E-Shops erstellt werden. Da die internen Faktoren jedoch nicht allein
den Gesamterfolg der Unternehmung ausmachen, müssen auch die externen Faktoren be-
trachtet werden, die zwar nicht vom E-Shop direkt beeinflusst werden können, aber den-
noch eine entscheidende Rolle für den weiteren Verlauf des E-Commerce-Projektes spie-
len. Auch hier ist darauf zu achten, dass sich die Faktoren nicht nur direkt, sondern auch
indirekt auf den Erfolg auswirken können.

Externe Faktoren

Partner Hemmnisse Technik

Interne Faktoren
Kosten Infrastruktur

E-Shop-
Struktur

Mitarbeiter Produkte

Konkurrenz Kunden
(Markt-)Potenzial

Abb. 176: Die internen und externen Faktoren der Strukturanalyse bei einem E-Shop
Quelle: in Anlehnung an Schwarze/Schwarze 2002, S. 163.

So kann z. B. eine neue Technik am Markt verfügbar sein, die bestimmte Prozesse ver-
einfacht, wenn aber das geeignete Personal zur Bedienung dieser Technik nicht vorhanden
ist, kann diese auch nicht eingesetzt werden. Andere E-Shops, die diese Technik einsetzen,
könnten dann einen Wettbewerbsvorteil erlangen. Zwar kann der E-Shop die vorhandene
Technik nur in den seltensten Fällen beeinflussen, aber er kann darauf in bestimmter Art
Die Implementierung beim elektronischen Verkauf 459

und Weise reagieren, was wiederum auch die E-Shop-Struktur bestimmt. Einige Beispiele
für die externen Faktoren sind (Schwarze/Schwarze 2002, S. 162):

„ Konkurrenz: Die Zusammenstellung von Konkurrenzinformationen hat zum Ziel, die


Stärken und Schwächen der Wettbewerber im Markt zu analysieren und für die Planung
des eigenen E-Shops zu verwenden (s. Kapitel 3.3.3.1). Im besten Fall resultiert aus
dieser Analyse ein Status quo der gesamten Branche.

„ Partner: Der Aufwand für bestimmte Aufgabenbereiche ist zu Beginn des E-Shop-
Betriebs nicht immer angemessen. Der Einbezug externer Dienstleister (s. Kapitel
3.1.2.2) oder Partner (s. Kapitel 3.1.2.3) zur Auslagerung bestimmter Dienste kann
somit eine strategisch wichtige Entscheidung sein. Der Markt der Dienstleister sollte
deshalb analysiert werden, ob und welche relevanten Dienste angeboten werden und
inwiefern es rentabler für den E-Shop ist, die anbietenden Dienstleister in Anspruch zu
nehmen oder welche Partnerschaften einzugehen sind.

„ Kunden: Vor Einführung eines E-Shops sollte die (potenzielle) Online-Käufergruppe


untersucht werden (s. Kapitel 3.3.2.1). Dabei muss erkennbar werden, ob Kunden
erreicht und gewonnen werden können. Eine Testphase zur Untersuchung der Funktio-
nalität und Generierung des Mehrwertes ist zwar aufwendig und selten unter realisti-
schen Bedingungen durchführbar, allerdings lässt sich dadurch zumindest eine Ten-
denz erkennen, ob die Lösung akzeptiert wird und wo es eventuelle Schwachstellen
zu beseitigen gibt (s. Kapitel 3.3.1.3 und 3.5.1.2).

„ Potenziale und Hemmnisse: Die Strukturanalyse sollte schon im Vorfeld die Poten-
ziale und Hemmnisse für die weitere Entwicklung des E-Shops aufdecken. Dieser As-
pekt bezieht sich nicht nur auf technische Erweiterungen, sondern auch auf Verände-
rungen im Kundenstamm oder in der Produktpalette. Sollte sich ein E-Shop z. B. ent-
scheiden, neben seinen Büchern auch noch CDs anzubieten, so kann allein schon ein
Name (z. B. ebooks.com) hinderlich sein. Solche etwaigen Hemmnisse können zwar
nicht gänzlich im Vorfeld berücksichtigt werden, ein paar wenige Grundsätze helfen
allerdings auf zukünftige Potenziale und Hemmnisse zu testen.

„ Technik: Bei der technischen Umsetzung eines E-Shops muss auf die am Markt exis-
tierenden Technologien zurückgegriffen werden (s. Kapitel 3.1.3). Eine eingehende
Analyse der technischen Möglichkeiten kann u. U. dazu führen, dass der E-Shop-Be-
treiber frühzeitig erkennt, dass sein Geschäftsmodell technisch noch nicht realisierbar
ist oder die Beauftragung eines Dienstleisters zur Lösung dieses Problems in Erwä-
gung gezogen werden muss.

„ Marktpotenzial: Bei innovativen E-Shop-Konzepten ist es schwierig, das Marktpo-


tenzial einzuschätzen, da noch keine Zahlen bzgl. Umsatz und Marktvolumen existie-
ren. Das Marktpotenzial kann also nur geschätzt werden. Dieser Nachteil wird jedoch
460 Die Grundlagen des E-Shop

durch die Chance, das Marktpotenzial zu generieren, wieder aufgehoben. Bei der Ein-
führung eines nicht innovativen E-Shops kann der Betreiber auf Zahlen der Konkurrenz
zurückgreifen. Hierbei bleibt meistens nur die Verdrängung der Konkurrenz, um die-
ser Marktanteile wegzunehmen (s. Kapitel 3.3.3.4). Überlegungen zum Marktpotenzial
bilden auch die Schnittstellen zur umfassenden Marktanalyse.

3.5.1.4 Marktanalyse
Einen weiteren Punkt für die Implementierung eines E-Shops bildet in der Regel die
Marktanalyse. Dabei sollte die Frage beantwortet werden: In welchem Marktumfeld soll
der E-Shop platziert werden? Der letzte Punkt der externen Faktoren im Rahmen der Struk-
turanalyse (s. Kapitel 3.5.1.3) führt dabei unmittelbar zu dieser Marktanalyse und umfasst
bei einem neuen E-Shop insbesondere die Aspekte Marktpotenzial, Marktvolumen, On-
line-Marktvolumen und Online-Marktanteil (Kollmann 2019). Das sog. Marktpotenzial
(s. Abb. 177) beschreibt zunächst die Gesamtheit aller möglichen Absatzmengen/-erlöse ei-
nes Marktes (Kotler/Keller 2016, S. 109 f.; Thommen et al. 2017, S. 63). Es geht davon
aus, dass alle mit der erforderlichen Kaufkraft ausgestatteten Zielkunden das Produkt kau-
fen würden. Im Gegensatz dazu beschreibt das Marktvolumen nur die tatsächlich reali-
sierten Umsätze in einer Bezugsperiode. Als Beispiel können die Umsätze bzw. Kunden-
anzahl im gesamten Buchhandel für 2018 angeführt werden. Verfolgt das Geschäftskon-
zept ein variables Erlösmodell, so sind die Umsätze von Interesse (z. B. 2 % pro Transak-
tion). Bei einem fixen Erlösmodell sind es die Kundenzahlen (z. B. 10 Euro pro Nutzer/
Jahr). Entscheidende Fragen in diesem Zusammenhang sind die nach Entwicklung und
Wachstum des Gesamtmarktes und die damit zusammenhängende Feststellung, ob ein
Rückgang, eine Stagnation oder ein Wachstum in den Basiszahlen zu verzeichnen ist.
Es liegt auf der Hand, dass sich eine Unternehmensgründung bevorzugt in einem wach-
senden Markt abspielen sollte, da hier in der Regel noch keine so starren Markt- und Be-
dürfnisstrukturen vorliegen (Meffert/Burmann/Kirchgeorg 2015, S. 284 ff.).
Das Online-Marktvolumen (s. Abb. 177) für einen E-Shop wäre für das einfache Beispiel
„Buchhandel“ jedoch nur durch die Umsätze repräsentiert, die über das Internet oder an-
dere elektronische Online-Medien innerhalb einer Periode abgewickelt wurden (Kollmann
2019). Analog kann nur die Kundenanzahl herangezogen werden, die einen Zugang zum
Internet hat und die Bücher online bestellt. Hier muss entsprechend geklärt werden, ob
beim Online-Marktvolumen noch Wachstumszahlen realisiert werden oder erste Sätti-
gungseffekte eingetreten sind. In der Regel ist das Online-Marktvolumen bei einem E-
Shop durch den Kundenkreis repräsentiert, für den der elektronische Mehrwert (Bedarf)
erstens einen Sinn macht und für den zweitens überhaupt ein technischer Zugang zu dem
Angebot besteht (Internet-Nutzung). Möchte ein neuer E-Shop z. B. Möbel über das In-
ternet verkaufen, so wird man schnell feststellen, dass nur ein Bruchteil der Gesamtum-
sätze in dieser Branche (Marktvolumen) über elektronische Medien abgewickelt wird (On-
line-Marktvolumen). Der Grund liegt darin, dass eine Vielzahl der Möbelhäuser noch gar
nicht für den elektronischen Geschäftsverkehr gerüstet ist.
Die Implementierung beim elektronischen Verkauf 461

Menge, Wert,
Kundenanzahl 100 %

Marktpotenzial
80 %

Online-
Marktvolumen
35 %

Marktvolumen Online-
Absatzvolumen
15 %

Zeit

Abb. 177: Die Marktanalyse für einen E-Shop


Quelle: Kollmann 2019.

Der Online-Marktanteil (s. Abb. 177) spiegelt für ein E-Shop am Ende das Verhältnis
des eigenen Online-Absatzvolumens am gesamten Online-Marktvolumen in Prozent wi-
der (Kollmann 2019). Es ist entsprechend der Anteil an den Online-Umsätzen bzw. On-
line-Kunden innerhalb eines Zielbereiches, den das neue Unternehmen für sich erobern
will. Der gesamte Marktanteil wäre das Verhältnis zwischen Online-Absatzvolumen und
gesamten Marktvolumen in Prozent. Ein entsprechendes Beispiel kann lauten: Von dem
Online-Marktvolumen im Buchhandel sollen 5 % über die neue elektronische Plattform
abgewickelt werden, die von dem neuen E-Shop zur Verfügung gestellt wird. Insgesamt
ist es gerade für junge E-Shops, die häufig Nischenmärkte in der Digitalen Wirtschaft
bedienen, sehr schwierig, die für die exakte Abschätzung des geplanten Online-Marktan-
teils notwendigen Daten zu ermitteln. Trotz hohem Rechercheaufwand ist nur eine grobe
Abschätzung in der Praxis möglich, da gesicherte Marktdaten meist nicht vorliegen und
viele bereits existierende E-Shops ihre Absatz- und Umsatzzahlen nicht publizieren (Rüg-
geberg 2003, S. 47).
Die Ermittlung des Online-Marktanteils ist für ein E-Shop nicht zu unterschätzen. Zum
einen wird den E-Shop-Betreibern hierdurch klar, welchen Spielraum die Geschäftsidee
im Markt eigentlich hat. So müssen bei einem kleinen Markt (Nischenmarkt) relativ viele
Marktanteile gewonnen werden, um bestimmte Umsätze zu erreichen (z. B. 40 % von 1
Mio. Kunden). Bei einem großen Markt (Massenmarkt) reicht dagegen ein kleiner Anteil
(z. B. 2 % von 50 Mio. Kunden). Dies schlägt sich auf die Marketing- und Vertriebsstrategie
nieder. Zum anderen werden mit Hilfe des Online-Marktanteils die Einnahmen und Auf-
462 Die Grundlagen des E-Shop

wendungen für den jungen E-Shop kalkuliert. Ein angestrebter Marktanteil von 10 % sollte
z. B. zu 90.000 Kunden führen, für die dann Werbekosten von durchschnittlich 50 Euro
auf der Kostenseite angesetzt werden.

3.5.1.5 Prozessanalyse
Eine weitere Frage im Zusammenhang mit der Implementierung eines E-Shops ist die
Umsetzung der Vorgaben aus der Produkt- und Käuferanalyse (s. Kapitel 3.5.1.2) sowie
der Struktur- und Marktanalyse (s. Kapitel 3.5.1.3 und 3.5.1.4) in notwendige Prozesse
zum Online-Verkauf der entsprechenden Angebote (Prozessanalyse). Bevor die Prozesse
eines E-Shops eingehend analysiert werden (s. Kapitel 3.2.2), gilt es zunächst einmal die
Prozesse in Intra-Prozesse und Extra-Prozesse zu unterscheiden. Diese Unterscheidung
der Prozessarten ist für das Verständnis einzelner Prozesse und deren Einbettung in das
gesamte System wichtig. Intra-Prozesse sind all diejenigen Prozesse, die vollständig auf
der Webseite durchlaufen werden und dem Nutzer direkt ein Ergebnis liefern (Bauer/
Herrmann 2004, S. 367). Dies kann z. B. die Produktkonfiguration auf der Webseite sein.
Nach jedem Konfigurationsschritt erhält der Nutzer ein Feedback auf seine Aktion bis
letztendlich, am Ende der Prozesse, das gewünschte Produkt fertig konfiguriert ist. Bei
Extra-Prozessen werden Webseiten-externe Schnittstellen in den Prozessablauf eingebun-
den. Dadurch wird der Gesamtprozess meist erst nach dem Besuch der Webseite abge-
schlossen. Dies wäre z. B. eine Produktbestellung oder Produktanfrage über den E-Shop,
die über Schnittstellen direkt zum Kundenservice oder andere Abteilungen geleitet wird.
Dem Nutzer bleiben die durch seine Aktion angestoßenen Folgeprozesse meist verborgen.
Wichtig ist nur die Qualität der Reaktion, egal wie nachgelagerte Prozesse aussehen.
Bei der Prozessanalyse geht es vor diesem Hintergrund darum, die Prozessarchitektur so-
wohl der Intra- als auch der Extra-Prozesse zu analysieren. Da sich die Intra-Prozesse auf
die Webseite des E-Shops beschränken, sollte analysiert werden, welche Rolle die Web-
seite im Rahmen der regulären Geschäftsprozesse spielt. Zudem sollte beantwortet wer-
den, welche Absichten die Benutzer haben und welche konkreten Erwartungen sie an die
interaktiven Funktionalitäten der Webseite haben (Bauer/Herrmann 2004, S. 368). Weiter-
hin müssen die Intra-Prozesse auf etwaige interne oder externe Schnittstellen hin analy-
siert werden und auf die Möglichkeit bestimmte Messinstrumente zur Qualitätssicherung
einzusetzen. Je nach Art des E-Shops kann die Prozessarchitektur dieses scheinbar „ein-
fachen“ Prozesses einen hohen Komplexitätsgrad aufweisen. Die Effizienz einzelner
Schritte, wie z. B. eine Informationsanfrage, kann dadurch sehr beeinträchtigt werden, was
wiederum die Gefahr eines frühzeitigen Prozessabbruchs birgt. Somit sollte auch die Pro-
zessleistung und Effizienz durch quantitative Performanzparameter analysiert werden.
Die Analyse der Extra-Prozesse beurteilt die Qualität der Prozesse aus Kundenperspek-
tive. Hierbei wird versucht den gesamten Verlauf von Webseiten-Initialkontakten über
den „physischen“ Kontakt bis zur Kaufentscheidung abzubilden (Bauer/Herrmann 2004,
S. 372). Dabei kommen folgende Fragestellungen auf: Wie gut ist der Übergang von On-
Die Implementierung beim elektronischen Verkauf 463

line- zu Offline-Prozessen? Wie hoch ist die Request-Fulfillment-Quote? Welche Leis-


tungsdimensionen beeinflussen die Zufriedenheit der Kunden? Welche Auswirkung hat
die Prozessqualität auf die Kaufentscheidung? Diese Fragen werden normalerweise in ei-
ner qualitativen Erstbefragung und einer quantitativen Nachbefragung beantwortet. Steht
der E-Shop allerdings erst am Anfang seiner Aktivitäten wird es schwierig werden, aus-
giebige und detaillierte Informationen zu bekommen. Für erste Anhaltspunkte kann eine
Gruppe von potenziellen Käufern befragt werden, die dann im Laufe der Zeit mit weiteren
Befragungsdaten und Informationen angereichert werden. Damit ist dann eine Analyse
der Ursachen-Wirkungsverhältnisse möglich, die mögliche Gefahren oder bereits beste-
hende Schwachstellen aufdecken kann. Wichtig ist dabei zu beachten, dass ein Gesamt-
prozess immer vom schwächsten Glied in der Kette bestimmt wird. Wird eine Produkt-
anfrage nicht korrekt weitergeleitet oder dauert die Bearbeitung durch umständliche Ver-
knüpfung verschiedener Aktivitäten und Aufgabenträger zu lang, so beeinträchtigt dies
im hohen Maße die Wahrnehmung der Prozessqualität in den Augen der Kunden. Studien
haben gezeigt, dass nicht nur der Nicht-Kontakt, sondern auch die Qualität des Kontaktes
eine entscheidende Rolle für die Zufriedenheit der Kunden spielt (Bauer/Herrmann 2004,
S. 375).
Hat der E-Shop-Betreiber die Prozessanalyse sowohl für Intra-Prozesse als auch für Extra-
Prozesse durchgeführt, so kann die Analyse später im Rahmen des eControlling (s. Kapitel
3.2.2.7) durch eine sog. Abbrecheranalyse (s. auch Conversion Funnel, Kapitel 3.2.2.7)
erweitert werden. Die Abbrecheranalyse umfasst den Gesamtprozess im Hinblick auf
scheinbare und faktische Abbrüche. Scheinbare Abbrüche werden zu einem späteren Zeit-
punkt fortgesetzt, wobei faktische Abbrüche als endgültig angesehen werden. Diese Unter-
scheidung ist bei der Prozessanalyse sehr wichtig, da die Motivation der unterschiedlichen
Abbruchszenarien sehr divergieren kann. Die Ableitung des Optimierungspotenzials bietet
sich besonders in unmittelbar umsatztreibenden Prozessen an (Bauer/Herrmann 2004,
S. 371). Eine einfache Analyse der Logfiles ist hier nicht ausreichend, da nicht zwischen
scheinbaren und faktischen Abbrüchen unterschieden werden kann. Bei einer detaillierten
Analyse müssen einerseits die Motive, die zum Abbruch geführt haben betrachtet werden,
andererseits ist es wichtig, den Zeitpunkt/die Position des Abbruches im gesamten Pro-
zessablauf zu berücksichtigen. So können manchmal faktische Abbrüche durch kleine Ver-
änderungen im Prozessablauf stark reduziert werden. Die Abbrecheranalyse kann von Be-
ginn des Shop-Betriebs an durchgeführt werden, da sie gerade in der Anfangsphase wert-
volle Einblicke in die Prozessabläufe gibt und den Optimierungsbedarf genauestens defi-
nieren kann.

3.5.1.6 Projektorganisation
Im Rahmen der Projektorganisation sollten sodann zwei elementare Fragen beantwortet
werden: Erstens, wer setzt den E-Shop nun konkret um (Projektteam) und zweitens, unter
welchen Rahmenbedingungen erfolgt diese konkrete Umsetzung (Projektdesign)? Im
Hinblick auf das Projektteam sind bei der Einführung eines E-Shops Fachkenntnisse ver-
464 Die Grundlagen des E-Shop

schiedener Bereiche abzudecken. Darunter fallen nicht nur technisches und kaufmänni-
sches Know-how, sondern ganz besonders auch Fachkenntnisse im Bereich der Schnittstel-
len dieser beiden Bereiche. Das erforderliche Fachwissen bei einem E-Shop-Projekt be-
wegt sich also im Spannungsfeld von Informatik, Betriebswirtschaft und Wirtschaftsinfor-
matik (Kollmann 2019):

„ Informatik: Die technologische Seite des E-Shops erfordert ein fundiertes Wissen
über Technologien, Systeme, Datenbanken, Programmierung und die Systemarchitek-
tur (s. Kapitel 3.1 und 3.2).

„ Wirtschaftsinformatik: Die von der Informatik bereitgestellte technologische Basis


muss auf ihren Gehalt für wirtschaftliche Fragestellungen hin bewertet werden können.
Dazu zählt bspw. Wissen über Managementinformationssysteme, IT-Sicherheit, Data
Warehouse und Data Mining oder auch elektronische Zahlungssysteme. Ebenso muss
Klarheit bestehen über bereits vorhandene Geschäftsmodelle und Möglichkeiten der
elektronischen Wertschöpfung (s. Kapitel 3.2 und 3.3).

„ Betriebswirtschaftslehre: Auf der betriebswirtschaftlichen Ebene ist ein solides


kaufmännisches Wissen unerlässlich. Themen, die in diesem Zusammenhang beson-
ders hervorzuheben sind, kommen aus dem Marketing, der Organisation, der Unter-
nehmensführung, der Finanzierung oder auch der Investitionslehre. Neben diesen
grundlegenden betriebswirtschaftlichen Kompetenzen sind zusätzlich spezielle, bran-
chenspezifische Kenntnisse erforderlich (s. Kapitel 3.3 und 3.4).

Da es sich bei einem E-Shop-Projekt häufig um eine echte Unternehmensgründung han-


delt, sind zusätzliche Fachkenntnisse im Bereich des Gründungsmanagements (Kollmann
2019) ebenso von Vorteil wie bestimmte Erfahrungswerte, die in das Projekt mit einge-
bracht werden. Diese Erfahrungswerte sollten sich einerseits in Branchenkenntnissen der
angestrebten Branche widerspiegeln, zum anderen unterstützen Erfahrungen im E-
Commerce oder E-Business den Ablauf des Projektes. Betrachtet man diese vielfältigen
Anforderungen an das Projektteam, so wird deutlich, dass sich diese kaum in einer ein-
zelnen Person wiederfinden lassen und sich daher in der Regel mehrere Personen als E-
Shop-Betreiber zusammenfinden. Betrachtet man vor diesem Hintergrund die Teamzu-
sammenarbeit, so kann man zwei Ebenen unterscheiden, die für den Erfolg des Projektes
berücksichtigt werden müssen. Zum einen stehen die Teammitglieder auf einer sachlichen
Ebene in Beziehung, zum anderen aber auch auf einer emotionalen Ebene (Kuster 2011,
S. 253):

„ Sachebene: Auf der Sachebene findet die Auseinandersetzung mit inhaltlichen The-
men statt. Darunter fällt z. B.: die Definition der Projektziele, die Auswertung der
Analyse-Ergebnisse, die Entwicklung von Lösungsansätzen, Planung und Organisa-
tion, Terminabsprachen usw. Hierbei dominiert der Verstand die Beziehungen inner-
halb des Teams.
Die Implementierung beim elektronischen Verkauf 465

„ Beziehungsebene: Auf dieser psychosozialen Ebene spielen Gefühle, Bedürfnisse,


Sympathie und Antipathie, Werte und Normen eine wichtige Rolle. Hierbei dominieren
Emotionen die Beziehung innerhalb des Teams (Meves 2013).

Beide Ebenen sind eng miteinander verflochten und beeinflussen sich gegenseitig, wobei
die Beziehungsebene die dominantere Ebene ist (Kuster 2011, S. 253). Entstehen zwi-
schenmenschliche Störungen in der Beziehungsebene, so wirken diese sich auf die inhalt-
liche Arbeit aus. Gänzlich vermeiden lassen sich solche Störungen nicht, da sie in Gruppen
immer auftreten. Allein der Grad der Störung ist ausschlaggebend für den Erfolg der Pro-
jektarbeit. Daraus kann man eine aktive Konfliktreduzierung und -vermeidung ableiten.
Vor Projektbeginn sollten Regeln und Verhaltensweisen im Team festgelegt werden, die
es von allen zu beachten gilt. Auch Vorgehensweisen zu Problemlösungen können schon
frühzeitig Ärger innerhalb der Gruppe vermeiden.
Bevor das Projektteam mit der tatsächlichen Realisierung des E-Shops beginnen kann,
müssen die äußeren Rahmenbedingungen im Zuge des Projektdesigns abgesteckt werden.
Erst wenn diese klar definiert sind, kann das Projekt Gestalt annehmen. Die Rahmenbedin-
gungen gelten nicht nur als Orientierungshilfe während des Projektablaufes, sondern schon
vor Projektbeginn zur Einschätzung der Realisierbarkeit und der notwendigen Vorausset-
zung. Zur Klärung der Rahmenbedingungen sollten folgende Aspekte genau diskutiert
und formuliert werden (Eggers 2001, S. 404 ff.):

„ Zielsetzung: Die Formulierung des Projektziels ist für den Erfolg des E-Shops wich-
tig, da daraus alle weiteren Teilziele (Meilensteine) und aus den Teilzielen wiederum
Aufgaben abgeleitet werden müssen. Die strategische Planung und Realisierung des
Projektes muss immer zur Erreichung des Ziels ausgerichtet sein. Erst wenn ein Ziel
definiert ist, können die zukünftigen E-Shop-Betreiber mit externen Stakeholdern ver-
handeln.

„ Anfangs-/Endtermin: Normalerweise sind Projekte jeglicher Art zeitlich begrenzt


und haben somit einen klar definierten Anfangs- und Endtermin. Die Implementie-
rung eines E-Shops ist nur in der Anfangsphase als Projekt zu betrachten, da das Pro-
jekt nach Fertigstellung in der Fortführung des E-Shops endet. Somit ist die zeitliche
Begrenzung des Projektes schwer zu definieren. Zur Sicherstellung des Erfolgs ist es
jedoch ratsam, zumindest eine zeitliche Grobplanung aufzustellen, damit das Projekt
nicht „versandet“. Zudem ist besonders im E-Business der First-Mover-Effekt von
Bedeutung, da dieser meist durch einen hohen Bekanntheitsgrad (z. B. amazon.de,
ebay.com) und große Lerneffekte belohnt wird. Deshalb sollte das Projekt zeitlich
straff organisiert sein, damit strategische Einstiegschancen nicht verpasst werden
(Wohlenberg/Krause 2001).

„ Innovationsgrad: Je nach strategischer Ausrichtung des E-Shops wird bei der Imple-
mentierung entweder eine bereits bestehende Unternehmensidee übernommen oder
unternehmerisches Neuland betreten. Der Innovationsgrad des Projektes bestimmt
466 Die Grundlagen des E-Shop

nicht nur den gesamten Verlauf, sondern auch die Struktur des Projekts. Bei innovati-
ven Lösungen beeinflusst der Novitätsgehalt die gesamte Wertschöpfungskette, die
wiederum die Gestaltung des Projektes bestimmt und deren Aufbau somit von Beginn
an geklärt werden muss.

„ Bedeutung/Risiko: Wird bei der Implementierung des E-Shops eine innovative Ge-
schäftsidee realisiert, so können die Gründer kaum auf Erfahrungswerte zurückgreifen.
Absatzprognosen, Markteinschätzungen und Annahmen über die benötigten Voraus-
setzungen können somit nur relativ wage abgeschätzt werden und stellen dadurch eine
Gefahrenquelle für den Erfolg des Projektes dar. Das Betreten von unbekanntem Ter-
rain bedeutet also einerseits, ein höheres Risiko zu tragen, dafür hat man aber ande-
rerseits mehr Chancen, sich am Markt durchzusetzen und die Vorteile des First-Mover-
Effektes auszuschöpfen.

„ Ressourcenbegrenzung: Die Ressourcenbegrenzung betrifft in erster Linie finanzi-


elle Ressourcen, auf die das Projekt gestützt wird. Erst wenn ausreichend monetäre
Mittel zur Verfügung stehen, können andere Ressourcen (z. B. Humankapital, Tech-
nologie etc.) eingekauft bzw. bezahlt werden. Eine solide Finanzierung benötigt da-
her eine genaue Errechnung des finanziellen Aufwands aller für das Gelingen des Pro-
jektes benötigten Ressourcen. Diese werden dann bei der Projektkalkulation einge-
rechnet und ergeben den finanziellen Rahmen des Projektes.

„ Komplexität: Nicht nur interne und externe Interessengruppen müssen bei der Imple-
mentierung des E-Shops berücksichtigt werden, sondern auch die Dynamik der ein-
zelnen Elemente, auf die das Projekt gestützt ist. Gerade in der Digitalen Wirtschaft
können sich die Rahmenbedingungen, z. B. durch Technologieentwicklungen und
Gesetzesänderungen, sehr schnell ändern. Um dieser Dynamik standzuhalten, benö-
tigt das Projekt ein höchst professionelles Management, das die Komplexität des Pro-
jektes besonders im Hinblick auf externe Rahmenbedingungen nicht unterschätzt.

Jeder dieser Aspekte bestimmt den Aufbau und Ablauf des Projektes, da es sich hierbei
um Rahmenbedingungen handelt, innerhalb derer sich das Projekt bewegt. Je genauer und
zielgerichteter die einzelnen Punkte vom Team diskutiert und festgelegt werden, desto
weniger Spielraum bleibt für die Durchführung des Projektes übrig. Dies kann sich einer-
seits positiv auf den weiteren Verlauf des Projektes auswirken, da das weitere Vorgehen
somit sehr klar bestimmt wird und die Erreichung des Projektziels zielstrebig verfolgt
werden kann. Andererseits bedeutet ein zu straffes Projektdesign aber auch, dass sich die
Dynamik im äußeren Umfeld nur schwer in das Projekt integrieren lässt und eine Reaktion
auf plötzlich auftretende Veränderungen oder Voraussetzungen das gesamte Konzept in
Gefahr bringen kann. Es muss also ein gesunder Mittelweg gefunden werden, den Projekt-
rahmen so eng zu gestalten, dass sich während des Projektes viele Fragen anhand der Rah-
menbedingungen beantworten lassen können, und so viel Spielraum zu lassen, dass Ver-
Die Implementierung beim elektronischen Verkauf 467

änderungen im externen Umfeld flexibel in das Projekt eingebracht werden können und
somit das Projekt nicht gefährden.

3.5.1.7 Projektkalkulation
Unter einer Projektkalkulation versteht man die „Ermittlung der voraussichtlichen kos-
tenwirksamen Projektleistungen und ihre Bewertung“ (DIN 69905). Da jedes Projekt per
Definition einmalig ist, ist die Projektkalkulation eine der schwierigsten Aufgaben bei der
Projektplanung. Erfahrungswerte sind meist nicht vorhanden, sodass gewisse Kosten nur
geschätzt werden können und die Kalkulation somit an Präzision verliert. Trotzdem benö-
tigen die E-Shop-Betreiber vor Realisierung des E-Shops eine Aufstellung der voraussicht-
lichen Aufwendungen, damit eine Kosten-Nutzen-Abwägung durchgeführt werden kann.
Es entsteht eine Diskrepanz zwischen den Anforderungen der Wirtschaftlichkeitsrechnung
und der unsicheren Prognose, die bei verschiedenen Methoden der Projektkalkulation be-
rücksichtigt werden. Die sog. Bottom-Up-Planung versucht, die einzelnen Aufgaben in
möglichst kleine, detaillierte Teilaufgaben aufzubrechen und durch diesen höheren De-
taillierungsgrad die Genauigkeit der Aufwandsschätzung zu vergrößern. Verbindet man
verschiedene Methoden miteinander, so kann es gelingen, den wahrscheinlichen Aufwand
und seine möglichen Abweichungen zu ermitteln. Zur Verringerung des Kostenrisikos ist
es ratsam, schon vor Projektbeginn verbindliche Angebote einzuholen. Weitere Maßnahme
kann die Einplanung von finanziellen Puffern sein, wodurch zwar einerseits der ROI (Re-
turn on Investment) verschlechtert, aber andererseits größere Sicherheit für das Gelingen
des Projektes erlangt wird. Weiterhin kann eine Risikoanalyse mögliche Kostenüberschrei-
tungen abschätzen, die durch Eintreten verschiedener Risiken auftreten können. Sind die
Risiken erkannt und eingeschätzt, können Gegenmaßnahmen zur Verringerung der Risi-
ken eingeleitet werden. Bei der Top-Down-Planung hingegen wird ein Kostenrahmen für
das gesamte Projekt im Voraus festgelegt, sodass sich die Projektplanung mit ihrem Er-
gebnis daran orientieren muss. Die gesamte Projektkalkulation muss sich also innerhalb
der festgelegten Kostenstruktur bewegen. Typischerweise geschieht dies durch die Kos-
tenträgerrechnung, wobei die Projektkosten nach Arbeitspaketen berechnet werden. Bei
kleineren Projekten lohnt es sich dagegen eher, Pauschalen für einzelne Kostenarten (Per-
sonalkosten, Sachkosten, Abschreibungen etc.) für die Kalkulation anzusetzen. Zusammen
mit der Ablaufplanung ergibt die Projektkalkulation den Kostenplan des Projekts. Die Ab-
laufplanung ist wichtig, da sich der Zeitpunkt einzelner Anfangsinvestitionen stark auf den
Kostenplan auswirken kann.
Als Beispiel kann hier Abb. 178 für die Projektkalkulation eines Online-Shops dienen.
Die obere Hälfte zeigt den Bottom-Up-Ansatz, der wie schon beschrieben vom Detail zum
Gesamten geht. Dabei werden zunächst die Kosten einzelner Teilkomponenten (bspw.
Kosten für Server 9.000 Euro, Computer 5.000 Euro, Internetanbindung/Standleitung
4.000 Euro, Bürostühle 8.000 Euro, Miete 9.000 Euro, Telefonkosten 3.000 Euro etc.)
errechnet bzw. geschätzt, um sie dann zu einzelnen Arbeitspaketen zusammenzufassen
468 Die Grundlagen des E-Shop

(Technik z. B. 18.000 Euro, Bürokosten 20.000 Euro, Personalkosten 17.000 Euro etc.).
Die ermittelten Werte werden dann zusammenaddiert und ergeben in ihrer Summe die
Gesamtkosten des E-Shop-Projektes (55.000 Euro). Die Genauigkeit der Projektkalkula-
tion hängt also sehr stark davon ab, wie präzise einzelne Kostenaspekte bewertet werden
können. In einigen Fällen kann es sich lohnen, das eigene Projekt mit einem gleichwerti-
gen/ähnlichen Projekt zu vergleichen oder konkrete Recherchen in der Branche zu betrei-
ben, um die Planung so realistisch wie möglich zu gestalten.
Bei der Top-Down-Methode verläuft die Planungs- und Kalkulationsrichtung vom Gesam-
ten zum Detail. Ausgangspunkt ist hier das gesamte für das Projekt zur Verfügung stehende
Budget (z. B. 50.000 Euro), das je nach Gewichtung der Projektbereiche (Personal, Tech-
nik, Büro) auf die Teilkomponenten aufgebrochen wird. Im vorliegenden Beispiel werden
alle Bereiche als gleichwertig betrachtet und bekommen daher jeweils 1/3 des Gesamtbud-
gets gestellt. Insgesamt sollte der E-Shop-Betreiber bedenken, dass bei dieser Methode die
Einhaltung des Budgets als oberste Priorität gesehen wird, wobei die Kostenverteilung
jedoch sehr unter fehlender Flexibilität leiden kann. Andersherum birgt diese Methode
nicht die Gefahr, die Gesamtkosten so zu übersteigen, dass die Finanzmittel direkt voll-
kommen ausgeschöpft werden und der Spielraum für unvorhergesehene Kosten sehr gering
wird. Je nach Ausgangslage des Projektes lohnt sich evtl. die Kombination beider Ansätze,
um einerseits ein realistisches Bild der Kostenstruktur zu bekommen, aber auf der anderen
Seite auch zu erkennen, wo es unter Umständen Einsparungen geben muss, um das Ge-
samtbudget nicht zu überziehen.

55.000 € (addiertes Ergebnis) Bottom-Up

18.000 € 20.000 € 17.000 €

4T € 5T € 9T € 9T € 3T € 8T € 2T € 5T € 10T €

START
55.000 € (Budget/feste Summe)

1/3*55.000 € 1/3*55.000 € 1/3*55.000 €

1/9 1/9 1/9 1/9 1/9 1/9 1/9 1/9 1/9

Top-Down

Abb. 178: Die Bottom-Up- und Top-Down-Methode


Die Implementierung beim elektronischen Verkauf 469

3.5.2 Die Projektumsetzung beim elektronischen Verkauf

Basierend auf den Ergebnissen der initialen Projektplanungsphase kann nun die techni-
sche und betriebswirtschaftliche Projektumsetzung erfolgen. Die Implementierung eines
E-Shops lässt sich dabei in verschiedene Projektphasen einteilen. Abb. 179 gibt einen
Überblick über die wesentlichen Aktivitäten eines Projektes und setzt diese in eine suk-
zessive Ablauffolge. Dargestellt ist ein aus der vorhandenen Literatur synthetisiertes Vor-
gehensmodell, dass die Projektphasen und deren zentrale Ergebnisse in Beziehung zuei-
nander setzt. Angestoßen wird ein E-Shop-Projekt meist entweder von bestehenden Unter-
nehmen, die den E-Shop als weiteren Vertriebskanal betrachten oder Einzelpersonen, die
ein neues Geschäftsmodell entwickeln und realisieren möchten. Das Projekt startet mit
einer Kick-Off-Phase, in der die zentrale Geschäftsidee formuliert wird, erste Planungs-
schritte erfolgen, Basisinformationen eingeholt werden und Erfolgspotenziale grob abge-
schätzt werden. Nach der klaren Formulierung des Projektvorhabens (evtl. Business Plan)
werden Geldmittel zur Finanzierung des E-Shops akquiriert und ein Projektteam (s. Ka-
pitel 3.5.1.6) bzw. Gründerteam aufgestellt. Ziel der Artikulierung des Projektvorhabens
ist es, eine Unternehmensvision zu formulieren und daraus Projektziele abzuleiten. Der
Detaillierungsgrad ist dabei abhängig von der organisatorischen Stellung des Shops (Shop
als weitere Vertriebsweg oder Shop als Existenzgründung). Ergebnisse der Kick-Off-Pha-
se sind neben der Projektformulierung eine Grobabschätzung der Absatzpotenziale, die
Festlegung der Projektorganisation und eines Projektbudgets sowie eventuell Verträge und
Projektvereinbarungen mit externen Partnern.
Sämtliche Entscheidungen des E-Shop-Projektes liegen zunächst bei der Person, die die
höchste Verantwortung trägt. Dies kann entweder der Mitarbeiter des Unternehmens sein,
der mit dem Aufbau eines E-Shops beauftragt wurde oder die Gründerperson(en) im Fall
der Existenzgründung (Kollmann 2019). Das zusammengestellte Projektteam (evtl. auch
die Gründerperson/-gruppe) erhält die Aufgabe durch präzise Analysen von Branchen-
struktur, Produkten, Prozessen und Kunden (s. Kapitel 3.5.1) eine attraktive Entschei-
dungsvorlage für das weitere Vorgehen zu erstellen. Der Kick-Off-Phase folgt daher eine
Analysephase, die den gesamten organisatorischen Rahmen und die Bedingungen zur Re-
alisierung des Projektes untersucht und bewertet. Die Analysephase setzt sich – wie in
den Kapiteln 3.5.1.2 bis 3.5.1.5 bereits ausführlich erläutert – aus Struktur-, Produkt-, Pro-
zess-, Markt- und Käuferanalyse zusammen. Aufgrund der Ergebnisse der Markt- und
Strukturanalyse und der getroffenen Produktauswahl kann ein erster Vorschlag zur Ab-
grenzung eines Pilotprojekts gemacht werden, dass sich auf nur wenige Produktangebote
und potenzielle Käufer konzentriert, um daraus das weitere Vorgehen abzuleiten. Die Ana-
lysephase, auf deren Werkzeuge und Methoden auch im weiteren Projektverlauf immer
wieder iterativ zurückgegriffen wird, endet mit einer ausführlichen Projektkalkulation (s.
Kapitel 3.5.1.7), die die Grundlage für die Budgetierung und die Projektumsetzung bildet.
Die Projektumsetzung beginnt mit der Phase der Systemauswahl (Kapitel 3.5.2.1), in der
das Team sich für eine Systemlösung (s. Kapitel 3.1.2) entscheidet und in der Regel Ver-
träge mit einem Dienstleister oder Partner abschließt. Dabei wird geprüft, ob ein System
470 Die Grundlagen des E-Shop

das sich aus den Ergebnissen der Analysephase ergebende vorläufige Soll-Konzept abbil-
den kann (Kollewe/Keukert 2016, S. 69 ff.). Ist die Entscheidung für eine Systemlösung
gefallen, können die Soll-Abläufe in der Phase Systemgestaltung (s. Kapitel 3.5.2.2) wei-
ter ausgebaut werden. Grundlage sind dabei nicht nur der bereits in der Analysephase fest-
gehaltene Ist-Zustand, sondern auch die verfügbare Funktionalität der Systemlösung. Zu-
sätzlich definiert das Projektteam den ggf. notwendigen Integrationsbedarf mit internen und
externen EDV-Systemen des bestehenden Unternehmens, der zusammen mit den Soll-Ab-
läufen in ein Pflichtenheft überführt wird.

Kick-Off-Phase
Projekt- Projekt-
formulierung organisation

Analysephase
Strukturanalyse Produktauswahl Prozessanalyse Kundenanalyse

Abgrenzung Projekt-
Ist-Zustand
Pilotprojekt kalkulation

Systemauswahl
vorläufiges (Kauf-)
Soll-Konzept Vertrag

Systemgestaltung
Integrations-
Soll-Ablauf Pflichtenheft
bedarf

Systemaufbau
Pilot-
system

Systemeinführung
System
(Launch)

Abb. 179: Phasen eines E-Shop-Projekts

Generell macht es Sinn, das System zunächst als Pilotlösung mit wenigen Benutzern und
ausgewählten Produkten zu betreiben. Ziel ist hier ein Proof-of-Concept, also ein Meilen-
stein, an dem die prinzipielle Durchführbarkeit des Vorhabens belegt wird. In der Phase
Systemaufbau (s. Kapitel 3.5.2.3) wird daher entsprechend der im Pflichtenheft festge-
haltenen betriebswirtschaftlichen und technischen Anforderungen des Unternehmens eine
erste lauffähige Pilotlösung für die ausgewählten Produktangebote und Kundengruppen
implementiert. Dies beinhaltet die Entwicklung zusätzlicher Funktionalität, die Integration
mit evtl. bestehenden Systemen, die Realisierung des Online-Kataloges und die erste An-
bindung an das Internet.
Die Implementierung beim elektronischen Verkauf 471

In der abschließenden Phase Systemeinführung (s. Kapitel 3.5.2.4) werden die Erfah-
rungen der ersten Testkäufer, die Probe-Transaktionen durchführen, dokumentiert und die
sich daraus ergebenden zusätzlichen Anforderungen an die Systemlösung nachträglich ins
Pflichtenheft aufgenommen. Iterativ werden die notwendigen Änderungen dann während
der Einführungsphase implementiert. Nachdem die im Laufe der Einführung des Pilot-
systems aufgetretenen Probleme gelöst sind, kann das System zunächst auf weitere Pro-
duktangebote und Kundengruppen ausgeweitet werden (Dolmetsch 2000, S. 250 f.) und im
Anschluss vollständig in den Markt eingeführt werden. Dazu kann auch auf die in Kapitel
3.4.1 beschriebenen Methoden der Kundengewinnung zurückgegriffen werden.
Nach Abschluss der eigentlichen Shop-Implementierung bleibt dem Shopbetreiber die
Aufgabe der ständigen Systemkontrolle. Dadurch können einerseits Verbesserungsmög-
lichkeiten am gesamten Shop-System aufgedeckt werden, zum anderen müssen besonders
die einzelnen Kostentreiber regelmäßig im Rahmen eines ausgewogenen eControllings
(s. Kapitel 3.2.2.7) überwacht werden.

3.5.2.1 Systemauswahl
Zu Beginn der Projektumsetzung muss im Rahmen der Systemauswahl zunächst die Ent-
scheidung für eines der in Kapitel 3.1.2 vorgestellten Grundmodelle internetbasierter
E-Shop-Lösungen getroffen werden (Betreiber-, Dienstleister- oder Partner-Modell). Da-
zu lassen sich die Lösungen in verschiedene Wertigkeiten unterteilen, die je nach Aus-
gangslage des E-Shop-Projekts zur Anwendung kommen (s. Abb. 180). Prinzipiell stellt
sich die Frage, ob es bei dem Projekt darum geht, dass ein bestehendes Unternehmen der
realen Wirtschaft einen E-Shop aufbaut, um seine Produkte zusätzlich zu den traditionel-
len Verkaufskanälen nun auch über das Internet anbieten zu können um dadurch eine Un-
ternehmensausweitung zu ermöglichen, oder ob es sich dabei um eine grundsätzliche Neu-
konzeption einer Geschäftsidee handelt und dadurch eine Unternehmenseinführung im
Markt stattfindet. Bei beiden Situationen hängt es einerseits von den finanziellen Ressour-
cen ab, die für den Shop Aufbau zur Verfügung stehen, auf der anderen Seite aber auch
von der strategischen Ausrichtung des Projekts. Bei der Unternehmensausweitung wird
in der Regel auf das Betreiber-Modell oder das Partner-Modell zurückgegriffen:

„ Da eine umfangreiche und groß angelegte Unternehmensausweitung auf das Internet


meistens nur dann geplant ist, wenn auch die nötigen finanziellen Ressourcen dazu
zur Verfügung stehen, kann davon ausgegangen werden, dass sich in dieser Situation
das Betreiber-Modell aus finanzieller Perspektive eher anbietet, als die anderen Mo-
delle. Zusätzlich gilt es hier die strategische Ausrichtung ständig selber zu kontrollie-
ren und bestimmen zu können, da sich Fehlentscheidungen nicht nur auf den E-Shop
auswirken, sondern auf das gesamte dahinterstehende Unternehmen.

„ Eine weitere Alternative ist das Partner-Modell. Dieses Modell bietet sich allerdings
nur an, wenn der E-Shop zunächst als eine Art Testprojekt gehandhabt wird und dem
472 Die Grundlagen des E-Shop

Shop keine strategisch wichtige Bedeutung zukommt. Zwar sind die Kosten, die zur
Bezahlung des Partners anfallen nicht zu unterschätzen, sie halten sich jedoch bei
kleineren Projekten im Rahmen und stellen somit keine großen Kostenfaktoren da.
Die komplette Auslagerung ist vor allem dann sinnvoll, wenn der E-Shop z. B. nur
für kurze Zeit zum Einsatz kommt (z. B. bei einmaligen Events) oder nur ein sehr
kleines und beständiges Angebot über den E-Shop angeboten werden soll.

Bei der Unternehmenseinführung wird in der Regel auf das Betreiber- oder Dienstleis-
ter-Modell zurückgegriffen:

„ Stehen dem neu gegründeten Unternehmen umfangreiche Geldmittel und das nötige
Know-how zur Verfügung, so kommt das Betreiber-Modell zum Einsatz. Fraglich
ist jedoch, ob die Einschätzung der Kosten und besonders auch der finanziellen Auf-
wendungen für den Unterhalt und die Pflege des Systems richtig eingeschätzt werden
können. Zudem müsste die Gründerperson/-gruppe nicht nur über sämtliche betriebs-
wirtschaftliche und branchenspezifische Kenntnisse verfügen, sondern auch über de-
tailliertes technisches Wissen. Erst wenn dies der Fall ist, lohnt sich der komplette
Eigenbetrieb eines E-Shops.

„ In den meisten Fällen wird jedoch ein Dienstleister-Modell verwendet, da hier nicht
das gesamte Systemmanagement und damit das technische Know-how auf den Schul-
tern der Gründer liegt. Durch Outsourcing können zwar wichtige, aber auch strate-
gisch unkritische Komponenten an einen Dienstleister abgegeben werden, damit sich
der Gründer auf sein Angebot und die Markteinführung konzentrieren kann.

Betreiber Dienstleister Partner

Hardware-/Netzwerk- Server- Server-


In-House Partner
Infrastruktur Housing Hosting

Individual- Standard- Partner-


Shopsoftware lösung lösung shop

Eigenver-
Administration antwortung
ASP Partner

Content Eigenver-
Partner
Management antwortung

Ressourcen-
hoch niedrig
bedarf

Strategischer
hoch niedrig
Einfluss

Abb. 180: Wertbeiträge verschiedener E-Shop-Lösungen für die Systemauswahl


Die Implementierung beim elektronischen Verkauf 473

3.5.2.2 Systemgestaltung
Ist die Entscheidung für eine Systemlösung gefallen, gilt es nun im Rahmen der System-
gestaltung basierend auf den in der Analysephase erhobenen Rahmenbedingungen und
Ist-Abläufen die zukünftigen Soll-Abläufe zu definieren bzw. das schon in ersten Zügen
vorhandene Soll-Konzept weiter auszubauen. Das Soll-Konzept kann z. B. Aufgaben zur
phasenweisen Einführung des E-Commerce-Projektes, zur Risikobewertung oder zur Ar-
chitektur des Systems beinhalten. Die Anforderungen speziell an die Systementwicklung
können durch die Erstellung eines sog. Pflichtenheftes differenziert ermittelt werden.
„Allgemein ist ein Pflichtenheft eine Zusammenstellung aller für ein zu entwickelndes
Informationsverarbeitungssystem zu beachtende Vorgaben, Anforderungen, Eigenschaf-
ten, Funktionen, Rahmenbedingungen“ (Schwarze/Schwarze 2002, S. 166), die oftmals
bei Auslagerung der Systementwicklung an Dritte zum wesentlichen Vertragsbestandteil
werden. Ein für den E-Shop erstelltes Pflichtenheft könnte z. B. das Konzept in die vier
Bereiche Commerce, Content, Customization und Community unterteilen (s. Abb. 181).
Dabei ist anzumerken, dass je nachdem auch andere Bereiche für die Konzepterstellung
hinzugenommen werden können. Auch die in Abb. 181 aufgelisteten Punkte sind absolut
nicht als vollständig zu sehen, lediglich als Anhaltspunkte, was ein Pflichtenheft beinhal-
ten könnte. Das Pflichtenheft ist aber ungeachtet der konkreten Inhalte im Hinblick auf
die weitere Entwicklung und für eventuelle spätere Streitfälle an Bedeutung nicht zu un-
terschätzen.
Die Entwicklung eines E-Commerce-Systems auf Basis eines Pflichtenheftes ist ein itera-
tiver Prozess, d. h. die Systemrealisierung erfolgt nicht durch Festlegung des gesamten
Systeminhaltes und der Funktionalitäten, sondern schrittweise unter Einbezug des Benut-
zer-Feedbacks. Allerdings erscheint es trotzdem wichtig, einige grundlegende Entschei-
dungen für den konzeptionellen Entwurf der Systemgestaltung festzulegen, wodurch die
Grobstruktur und der Inhalt des Systems vorgegeben werden (Schwarze/Schwarze 2002,
S. 170 ff.):

„ Inhalt und Strukturierung: Produktspektrum, Inhalt, Informationsstruktur, Min-


destfunktionalitäten

„ Multimedia, Online-Design, Interaktivität: Benutzbarkeit (Einfachheit, Benutzer-


effizienz, Einprägsamkeit, Fehleranfälligkeit, Benutzerzufriedenheit), Verwendung
von Standards, konsistentes und einheitliches Layout, Datensammlung, Kommunika-
tion, Analyse

„ Performance: Applikationen, Hardware-/Software-Performance, Netzwerk-Perfor-


mance des Endbenutzers

„ Kompatibilität: Systemlandschaft, Datenaustausch, Datenformate, Datenbanken,


Standards
474 Die Grundlagen des E-Shop

Commerce Content
Online Shop-Gestaltung
• Design / Layout (Corporate Identity, Grafiken, • Trennung von Layout und Inhalt
Browser Kompatibilität) • Berechtigungskonzept
• Dynamische Seitengenerierung • Unterstützung heterogener Dokumentenformate
• Navigationssystem (Transparenz der Struktur, • Automatisches Link-Management
Bedienbarkeit, Suchfunktion, Sitemap) • Schnittstellen zu Datenbanken
Produktsuche • Automatisches Versionenmanagement
• Produktkategorien
• Suchfunktion (Schnellsuche, Expertensuche,
logische Suchfeldverknüpfung)
• Suchergebnis (Links zu Informationen)
• Produktinformationen (Beschreibung,
Visualisierung, Cross-/Up-Selling) Community
Warenkorb
• Bestückung, Entnahme, Mengenvariationen • Diskussionsforen
Kasse • Chatsysteme
• Steuerberechnung, Währungsumrechnung, • Diskussionsliste
Versand • Rating-Mechanismen
Kundenregistrierung • Effiziente Administration
• Übersichtlichkeit, Plausibilitätsprüfungen
Bestellung
• Auftragsbestätigung
Zahlungssystem
• Sicherheit (Identifizierung, Autorisierung)
• Kundensicht (Einfachheit, Anonymität, Customization
Kostenneutralität)
• Anbietersicht (Verbreitung, Kosten) • Benutzerinformationen
Warenwirtschaft • One-to-One-Marketing
• Beschaffung, Lagerhaltung, Distribution • Kundenkonto (Stammdaten, Profiling)
Marketing • Bestellfortschritt
• Rabatte, Kooperationen, Online-Werbung • Versandstatus
Erfolgskontrolle • Warenkorb (Bestellhistorie)
• Logfile-Analyse
Allgemeine Eigenschaften
• Internationalisierung, schnelle Reaktionszeit,
Skalierbarkeit, Administrierbarkeit

Abb. 181: Inhalte eines Pflichtenheftes für einen E-Shop


Quelle: Schwarze/Schwarze 2002, S. 168.

3.5.2.3 Systemaufbau
Nach Auswahl der Systemlösung (s. Kapitel 3.5.2.1) und der darauf aufbauenden Sys-
temgestaltung (s. Kapitel 3.5.2.2), steht nun der Systemaufbau im Mittelpunkt, der sich
entsprechend an den individuellen betriebswirtschaftlichen und technischen Bedürfnissen
des Unternehmens orientieren muss. Damit erfolgen die technische Umsetzung des Projekts
und damit die eigentliche Realisierung des E-Shops auf Basis des Pflichtenheftes. Die fol-
genden Punkte beschreiben die technische Umsetzung des E-Shops im zeitlichen Ablauf
(Eggers/Hoppen 2001, S. 684 ff.):

„ Prototyp: Zur Realisierung des Prototyps muss zunächst die Ausarbeitung des De-
sign-Konzepts erfolgen, da darauf alle gestalterischen Elemente ausgerichtet werden.
Schon bei der Implementierung des Shops lohnt sich die Berücksichtigung des De-
Die Implementierung beim elektronischen Verkauf 475

sign-Konzepts, um eventuelle Mehrfachbearbeitung bei der Umsetzung in HTML zu


vermeiden. Nach der Installation der Hardwarekomponenten muss auch die notwen-
dige Standardsoftware eingebunden werden. Anschließend erfolgt die Entwicklung in-
dividueller Applikationen.

„ Datenübernahme, Dateneinpflege: Sobald der Prototyp des Shops erstellt ist, kön-
nen Daten (z. B. Produktdaten, Katalogdaten etc.) in die Datenbank(en) eingepflegt
werden oder aus bereits bestehenden Datenbanken übernommen werden.

„ Administrationssystem: Sobald der Prototyp inhaltliche Daten enthält, wird die Ad-
ministrationsoberfläche implementiert. Dort werden Datenzugriffe und die Steuerung
des Systems organisiert und Administratorenrechte vergeben, die Regeln für die Au-
thentifizierung und Autorisierung der Systembenutzer aufstellen.

„ Schnittstellen: Nach Implementierung des Administrationssystems erfolgt die Anbin-


dung an externe Schnittstellen. Darunter fallen alle Punkte eines Systems, über die
bestimmte Daten des Systems mit externen Systemen ausgetauscht werden. So kann
z. B. ein Call-Center-System integriert werden oder die Anbindung an das Lieferanten-
system. Besonders wichtig wird dieser Aspekt bei bestehenden Unternehmen, die den
E-Shop nur als weiteren Vertriebskanal benutzen und somit das gesamte Shopsystem
an das bestehende Warenwirtschaftssystem (ERP) anbinden müssen. Besondere Be-
achtung sollte dabei den Datenaustauschformaten geschenkt werden, da erst die Ver-
einheitlichung der Formate ein Hin- und Herschieben der Daten ermöglicht ohne das
Betriebssystem unnötig zu behindern.

„ Front-End: Das Front-End zählt letztendlich auch zu den Schnittstellen. Hierbei geht
es aber nicht nur um den Datenaustausch, sondern um die medialen und visuellen
Schnittstellen zum Kunden. Das Front-End ist sozusagen das Fenster zum Kunden und
muss kundenorientiert konzipiert sein, damit diese sich auf den Shopseiten zurechtfin-
den. Das oben genannte Design-Konzept sollte nach strengen Vorgaben umgesetzt
werden, damit die E-Shop-Corporate Identity visualisiert werden kann.

„ Testbetrieb: Nachdem alle Teilkomponenten installiert und miteinander vernetzt wor-


den sind, muss der E-Shop getestet werden. Dazu kann man verschiedene Methoden,
wie z. B. das White-Box und Black-Box-Testing, zum Testen von Software verwen-
den. White-Box-Testing testet die installierte Software, um Fehler in Teilkomponen-
ten aufzudecken und zu lokalisieren. Dabei wird die innere Funktionsweise durch Zu-
griff auf den Quellcode geprüft. Das Black-Box-Testing hingegen verläuft funktion-
sorientiert, d. h. die innere Funktionsweise der Software bleibt außen vor (black box)
und nur die Spezifikation (gewünschte Wirkung) wird getestet. Dabei wird aus-
schließlich das nach außen sichtbare Verhalten überprüft. Alle Arbeiten im Rahmen
des Testbetriebs sollen technische Fehler beseitigen. Man spricht dann vom sog. De-
bugging.
476 Die Grundlagen des E-Shop

3.5.2.4 Systemeinführung
Nach dem Systemaufbau (s. Kapitel 3.5.2.3) führt das Projektteam im Rahmen der an-
schließenden Systemeinführung erste Online-Tests durch. Dieses wird zunächst als Pi-
lotlösung mit wenigen Kunden und ausgewählten Produktsegmenten betrieben, um seine
prinzipielle Eignung des erstellten Shop-Systems zu belegen. Die mit den Pilotkunden
und ersten Transaktionen im Tagesgeschäft gemachten Erfahrungen werden dokumentiert
und die sich daraus ergebenden zusätzlichen Anforderungen an Systemlösung, Hardware
und Netzwerk nachträglich ins Pflichtenheft (s. Kapitel 3.5.2.2) aufgenommen. Iterativ
werden die notwendigen Änderungen dann während der Einführungsphase nachimple-
mentiert. Nachdem die während der Pilot-Phase aufgetretenen Probleme hinsichtlich Be-
nutzeroberfläche, Datenintegrität und Netzwerkinfrastruktur gelöst sind, kann das System
intensiv beworben werden. Nach dem Online-Start kann der Betreiber die Einführung des
Systems (Shops) in den Markt durch Zuhilfenahme der verschiedenen Methoden der Kun-
dengewinnung unterstützen. Als erste Maßnahme sollte die Einführung eines E-Shops da-
mit beginnen, die Webseite über sämtliche Suchmaschinen (s. Kapitel 3.4.1) auffindbar
zu machen. Dazu können einerseits die unbezahlten Ergebnisse zielführend eingesetzt
werden, andererseits erhöht sich der Kontakt zu potenziellen Kunden enorm, wenn auch
bezahlte Ergebnisse sehr weit oben im Ergebnisfenster der Suchmaschinen erscheinen.
Außerdem kann zusätzlich die Eintragung in relevanten Linklisten dazu dienen, den
E-Shop zielgerichteter bekannt zu machen.
Eine etwas günstigere Alternative ist dabei die Nutzung von Viral-Marketing (s. Kapitel
3.4.1.4), das im Zuge einer quasi kostenlosen Mund-zu-Mund-Propaganda den E-Shop be-
kannt machen soll. Voraussetzung für das Funktionieren einer solchen Taktik ist allerdings
die Tatsache, dass der E-Shop eine Kampagne startet, die nicht nur interessant ist und
neugierig macht, sondern den Empfänger der Botschaft veranlasst, die Botschaft an andere
weiterzugeben. Weiterhin ist es zwingend notwendig ein Responseelement z. B. in einen
Videoclip einzubauen, damit der Empfänger die Chance hat, direkt auf die Botschaft zu
reagieren und z. B. durch einen Link direkten Zugang zum E-Shop zu bekommen. Um die
Wirkung der Einführung zu erhöhen, sollten solche Maßnahmen allerdings schon ziel-
gruppenspezifisch im Netz gestreut werden. Je nachdem, welche Mittel dem E-Shop-Be-
treiber zur Einführung zur Verfügung stehen, können auch andere Maßnahmen im Online-
Marketing (s. Kapitel 3.4) zur Bekanntmachung herangezogen werden. Hierunter fallen
z. B. Bannerschaltungen auf viel besuchten Webseiten, Einträge in Newslettern oder auch
Gewinnspiele.
Nicht zu unterschätzen ist allerdings in diesem Zusammenhang die ganzheitliche Marktein-
führung, auch im Hinblick auf den Aufbau der E-Shop-Marke. Die Wahl des Shopnamens
sollte wohl überlegt sein, denn eine spätere Änderung ist nicht nur sehr kostspielig, son-
dern führt meistens auch zu Verwirrung bei den Kunden. Gerade bei E-Shops wird der
Namensfindungsprozess jedoch häufig unbedacht vollzogen, was sich im Laufe der Zeit
für den E-Shop als ernstes Manko herausstellen kann (Kollmann/Suckow 2007b). Beson-
ders wenn der Shop- bzw. Unternehmensname eingeführt ist, sich aber international nicht
Die Implementierung beim elektronischen Verkauf 477

einsetzen lässt, kann der Vorteil des vergrößerten Absatzpotenzials des Internet nicht opti-
mal ausgenutzt werden. Insgesamt betrachtet ist für eine erfolgreiche Einführung eines
Shops immer das reibungslose Funktionieren aller Features notwendig. Die Gefahr, dass
Kunden aus Neugier auf eine Shopseite kommen und bei nicht einwandfreier Funktions-
fähigkeit die Seite nie wieder besuchen, kann Ursache für das Scheitern des E-Shops sein.
Somit sollte sichergestellt werden, dass Maßnahmen zur Einführung erst dann getroffen
werden, wenn wirklich alle Funktionen genutzt werden können.

3.5.2.5 Systemkontrolle
War die Systemeinführung (s. Kapitel 3.5.2.4) erfolgreich, beginnt im Rahmen der ab-
schließenden Systemkontrolle ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess, der jedoch
nicht mehr Teil des eigentlichen Implementierungsprojektes ist. Er umfasst die Optimie-
rung und den weiteren Ausbau des bestehenden Shopsystems (Peukert/Ghazvinian 2001,
S. 212). Die Systemkontrolle umfasst auf der einen Seite die ständige Überprüfung aller
Abläufe, zum anderen dient sie als Bewertungs- und Beurteilungsgrundlage über den
Erfolg der Shop-Implementierung. Im Rahmen der Systemkontrolle findet die kontinuier-
liche Überwachung einiger, zentraler Aspekte statt, die wesentlich zur Systemoptimierung
beitragen:

„ Online-Käufer: Eine ständige Überprüfung der Käufer hilft nicht nur bei der Auf-
deckung möglicher Bedürfnisveränderungen der anvisierten Zielgruppe, sondern kann
auch dazu beitragen, dass Funktionen, die auf der Shop-Seite integriert sind und nicht
genutzt werden, verbessert oder herausgenommen werden. Somit kann das System von
überflüssigen Funktionen befreit werden, wodurch die Komplexität des Systems re-
duziert werden kann. Werden Funktionen oder Features nur unzureichend von den
Webseiten-Besuchern verstanden, so gilt es, ihre Benutzung zu vereinfachen oder
die Funktionalitäten besser nach außen hin zu kommunizieren.

„ Online-Prozesse: Die Überwachung sämtlicher Prozesse kann nur mit Mühe vom
Shopbetreiber selber durchgeführt werden. Die Auslagerung von einzelnen Prozessen
oder Anwendungen reduziert zwar den Aufwand, garantiert aber nicht unbedingt die
ständige Verfügbarkeit der E-Shop-Seite oder die Funktionsfähigkeit der dahinterlie-
genden Prozesse. Um die aufwendige Systemkontrolle hinsichtlich der Prozesse zu
erleichtern, können Warnsignale im System integriert werden, die z. B. anzeigen,
wann Vorgänge nicht abgeschlossen worden sind oder der Zugriff auf die Seite auf-
grund fehlender Systemverfügbarkeit fehlgeschlagen ist.

„ Online-Produktkatalog: Unvollständige, veraltete oder qualitativ nicht ausreichen-


de Produktinformationen vermindern die Chance auf hohe Absatzzahlen. Somit sollte
eine ständige Kontrolle und Aktualisierung der Produktkataloge dazu genutzt werden,
das Produktangebot zu optimieren und Informationen, die für den Kauf eines Produk-
478 Die Grundlagen des E-Shop

tes für den Kunden wichtig sind, nicht nur vollständig, sondern auch qualitativ hoch-
wertig und aktuell zu halten.

„ Online-Entwicklung: Die technische Weiterentwicklung des Shop-Systems ist gera-


de in der schnelllebigen Digitalen Wirtschaft enorm wichtig, da der Shopbetreiber
ständig von der Konkurrenz mit neuer Technik überholt wird und seinen Kunden-
stamm nur halten kann, wenn die technischen Gegebenheiten den Kunden nicht be-
nachteiligen und dazu verleiten, die Vorzüge anderer Shops zu suchen.

Zielvorgaben

Zeit Kosten Qualität

Budget- Überein-
überschreitung stimmung
Zeitunter-
schreitung

100% 80% 100% 120% 100% 100%

Soll Ist Soll Ist Soll Ist

Abb. 182: Abweichungsanalyse der Zielvorgaben

Bei der Systemkontrolle wird aber auch das Gesamtprojekt als E-Shop-Implementierung
protokolliert und mit den Zielwerten abgeglichen. Dies ist in erster Linie ein vorwärtsge-
richtetes Controlling, dass die Projektsteuerung ausschließlich mit Soll-Ist-Vergleichen an-
reichert (s. Abb. 182). Bei dieser Abweichungsanalyse werden hauptsächlich die Fakto-
ren Zeit, Kosten und Qualität des Projektes betrachtet.
Diese Art der Projektkontrolle ist allerdings nicht in der Lage, neue technische Entwick-
lungen oder Änderungen von Rahmenbedingungen (z. B. Online-Käuferverhalten; s. Ka-
pitel 3.3.2.2 oder -Käufererwartungen; s. Kapitel 3.3.2.3) zu integrieren. Aus diesem be-
sonderen Grund sollte die Abweichungsanalyse nur als Supplement zum strategischen
Controlling gesehen werden, um die grobe Einhaltung der Projektziele zu überprüfen. Das
strategische Controlling sollte u. a. die folgenden Aspekte umfassen (Eggers/Hoppen
2001, S. 686):
Die Implementierung beim elektronischen Verkauf 479

„ Pflege und Aktualisierung der Inhalte,

„ Planfortschrittskontrolle und Erfolgscontrolling,

„ Modifikation des Leistungsangebots,

„ Anpassung des Marketingkonzepts,

„ Personalsteuerung und -entwicklung.


480 Die Grundlagen des E-Shop

Übungsaufgaben

1. Nennen und beschreiben Sie die allgemeinen Qualitätsmerkmale internetbasierter


Software und erläutern Sie jeweils ihre Bedeutung im Hinblick auf die Realisierung ei-
nes E-Shops. Was versteht man in diesem Zusammenhang unter den „ACID-Eigen-
schaften“ eines Transaktionssystems?

2. Erläutern Sie den Unterschied zwischen Front-End- und Back-End-Komponenten


und geben Sie Beispiele, die das Zusammenspiel zwischen Front-End und Back-End-
Komponenten veranschaulichen.

3. Nennen Sie die drei zentralen Systemkomponenten, die für den Betrieb einer E-
Shop-Software notwendig sind. Nennen Sie für jede Systemkomponente zwei kon-
krete, auf dem Markt verfügbare Softwareprodukte. Liegt die Entscheidung für das
jeweilige Softwareprodukt beim Shopbetreiber oder beim Kunden?

4. Erläutern Sie die allgemeinen Vorteile, die sich aus der strikten Trennung von Inhalt
und Layout bzw. Präsentation ergeben. Visualisieren Sie diese Vorteile anhand eines
frei gewählten Dokument-Beispiels und einem entsprechenden Template.

5. Erläutern Sie den Unterschied zwischen den logischen und physischen Schichten
einer E-Shop-Architektur. Erklären Sie anschließend, wie logische und physische
Schichten in Zusammenhang miteinander stehen.

6. Wieso müssen die E-Shop-Prozesse bestimmten Anforderungen gerecht werden? Wel-


che Anforderungen sind das genau und wie könnte es sich auf den E-Shop auswirken,
wenn nicht alle Anforderungen erfüllt werden?

7. Nennen und erläutern Sie die Gefahren, die die Online-Einkaufssicherheit und -qua-
lität beeinträchtigen können. Nach welchen Kriterien können Gefahren evaluiert
werden und wozu dient diese Evaluation?

8. Was versteht man unter dem eSales-Prozess im engeren und dem eSales-Prozess im
weiteren Sinne? Wie fügen sich die anderen Prozesse in den eSales-Prozess ein?

9. Welche Zahlungsarten kann der E-Shop-Betreiber einsetzen? Welche Anforderun-


gen ergeben sich daraus für die Zahlungsabwicklung?

10. Wie sieht eine E-Performance Scorecard aus? Welche Perspektiven sind generell für
ein funktionierendes eControlling von Bedeutung?
Übungsaufgaben 481

11. Wodurch unterscheiden sich operativer, taktischer und strategischer Verkauf? Wel-
che Ziele werden mit den Ausrichtungen des Prozessmanagements angestrebt?

12. Welche Produkte eignen sich besonders gut für den Verkauf über das Internet? Wel-
che Eigenschaften werden zur Beurteilung herangezogen und wie lassen sich Produkte
über das Internet darstellen?

13. In welchem Zusammenhang wird von einem Netto-Nutzen-Konzept gesprochen? Aus


welchen Faktoren setzt sich der Nettonutzen zusammen und wie kann ein E-
Shop-Betreiber diese Faktoren aktiv beeinflussen?

14. Welche Bedeutung haben die personenbezogenen, produktbezogenen und situations-


bezogenen Einflussgrößen auf das Kaufverhalten der Kunden? Wie hoch ist der Ein-
fluss des E-Shop-Betreibers auf das Kaufverhalten?

15. Mit welchen Arten von Wettbewerbern muss ein E-Shop im Markt konkurrieren?

16. Wodurch können E-Shops ihren Online-Wettbewerbsvorteil generieren? Welche Rol-


le spielt die Wahrnehmung der Kunden in diesem Zusammenhang?

17. Nennen und erläutern Sie die grundsätzlichen Richtungen in der Online-Wettbe-
werbspositionierung. Zeigen Sie auf, wie sich die Online-Wettbewerbspositionierung
grafisch darstellen lässt.

18. Wie lässt sich der Markteintritt für einen neuen E-Shop gestalten? Wann sollte ein
früher und wann ein später Markteintritt erfolgen und welche Entwicklung kann
der E-Shop hinsichtlich der Marktbearbeitung nehmen?

19. Welche Arten von Online-Kooperationen gibt es und wie funktionieren Cross-Chan-
nel-Kooperationen? Welche Vorteile kann die Bindung zu einem Partner für den E-
Shop haben und wie lassen sich die Stärken der Partner kombinieren?

20. Wie kann der E-Shop-Betreiber Such- und Preissuchmaschinen für die Kundenge-
winnung nutzen und welche anderen Methoden eignen sich für die Kundengewin-
nung? Welche Varianten sind besonders günstig für den E-Shop-Betreiber?

21. Im Hinblick auf das Search-Engine-Marketing unterscheidet man in Aktivitäten im


organischen und nicht-organischen Bereich einer Suchmaschine. Erläutern Sie den
Unterschied beider Bereiche und geben Sie je ein Beispiel für eine diesbezügliche
Verbesserung der Sichtbarkeit an.
482 Die Grundlagen des E-Shop

22. Nennen und erläutern Sie drei Banner-Arten, die im Rahmen des Online-Marketings
eingesetzt werden. Welche zwei Wirkungsarten auf den Werbeerfolg lassen sich un-
terscheiden?

23. Stellen Sie die Idee des Couponing-Marketing anhand eines Beispiels dar. Welche
zwei Übertragungsformen des Couponing-Marketings im mobilen Bereich gibt es?

24. Welche Möglichkeiten des Einsatzes von Maßnahmen im Social-Media-Marketing


sind Ihnen bekannt? Erläutern Sie diese anhand von Beispielen. Welche typischen
Fehler beim Social-Media-Marketing sind zu vermeiden?

25. Nennen und erläutern Sie zwei von vier Ausprägungen von E-Mail-Marketing und
bringen Sie diese in einen Zusammenhang mit einem Permission-Marketing.

26. Welche Arten möglicher Kundenzufriedenheit muss das Beschwerdemanagement


handhaben? Welche Dimensionen beeinflussen die Qualität des Beschwerdemana-
gements? Nennen und erläutern Sie anhand welcher Mermale die Dimensionen cha-
rakterisiert und bewertet werden.

27. Was sollte allgemein bei der Domainwahl beachtet werden?

28. Wie kann ein E-Shop-Betreiber die Funktionalitäten des Internets dazu einsetzen,
um den Einsatz von Customer-Driven Pricing zu ermöglichen?

29. Welchen Weg nehmen die gewonnen Daten eines E-Shops im Sinne des Informati-
onskreisels? Warum ist der Informationskreisel im E-Business so wichtig?

30. Welche Faktoren werden bei der Strukturanalyse untersucht? Warum unterscheidet
man interne und externe Faktoren? Wie beeinflussen sich die Faktoren untereinan-
der?

31. Was sind Intra- und was sind Extra-Prozesse? Worin unterscheiden sie sich und wieso
muss diese Unterscheidung bei der Prozessanalyse berücksichtigt werden?

32. Welche Aspekte müssen für das Projektdesign genauestens definiert werden, um eine
erfolgreiche Durchführung des E-Shop-Projektes zu ermöglichen?

33. Was versteht man unter der Bottom-Up- und der Top-Down-Methode? Welche Me-
thode eignet sich besser für ein E-Shop-Projekt?
Übungsaufgaben 483

34. Warum ist es sinnvoll ein Pflichtenheft im Rahmen der Projektumsetzung zu erstellen
und auf welchen Bereich sollte bei einem E-Shop-Projekt besonders Wert gelegt wer-
den? Warum?

35. Wie sieht die technische Realisierung des E-Shop-Projekts aus und welche Schritte
müssen dabei berücksichtigt werden? Was kann passieren, wenn nicht alle Schritte
konsequent eingehalten werden?

36. Welche Möglichkeiten bieten mobile Applikationen wie der Barcode-Scanner bar-
coo? Welche Vorteile bietet diese Applikation dem Kunden? Welche Nachteile kön-
nen dem stationären Einzelhandel entstehen?

37. Was ist ein sog. Dash Button? Überlegen Sie, für welche Produkte sich ein Dash
Button eignet. Notieren Sie fünf Produkte, die aus ihrer Sicht gut geeignet sind.

38. Wie funktioniert Social Targeting bei einem E-Shop? Wie definiert sich eine Ziel-
gruppe für einen E-Shop für hochwertige Handy-Hüllen aus? Benennen Sie die
Merkmale und Merkmalsausprägungen möglichst konkret.

39. Die Datensicherheit einer digitalen Plattform ist eine unabdingbare Voraussetzung
für das Vertrauen der Kunden und den Erfolg des E-Business. Erläutern Sie vor die-
sem Hintergrund die Kriterien und Ziele des Datenschutzes.

40. Zur erfolgreichen Steuerung eines E-Shops sollten Controlling-Instrumente einge-


setzt werden. Nennen und beschreiben Sie die prozessorientierten Steuerungsinstru-
mente und erläutern Sie deren Relevanz im E-Shop.

41. Beim Influencer Marketing beauftragen Unternehmen individuelle Personen damit,


über Social-Media-Kanäle ihre Produkte/Dienstleistungen zu bewerben. Nennen
und beschreiben Sie die unterschiedlichen Ziele des Influencer-Marketings. Erläu-
tern Sie anschließend den Unterschied zwischen Micro- und Macro-Influencern.

42. Im Rahmen neuer Technologien können Kundendaten zunehmend gezielter ausge-


wertet werden. Erklären Sie in diesem Zusammenhang den Begriff „Predicitve Ana-
lytics“ und gehen dabei auf die zwei Verfahrens- und Analyse-Typen des Machine
Learnings ein.
484 Die Grundlagen des E-Shop

Klausuraufgaben

1. Klausuraufgabe: „hollandtulpe24.nl“
Der in Holland gelegene Tulpenhändler Van Claas hat sich entschlossen, neben dem
Großhandelsvertrieb in Europa einen weiteren Vertriebskanal zu etablieren, um seine
Marktposition in dem hart umkämpften Tulpenmarkt zu sichern. Dazu ist vor geraumer
Zeit der Online-Shop „hollandtulpe24.nl“ konzipiert und realisiert worden. Jetzt steht die
Plattform kurz vor dem Start. Zuvor möchte Herr Van Claas jedoch nochmals über die
Erfolgschancen der Plattform mit seinem Marketing-Leiter Herrn DeWallenbourg disku-
tieren. Als Assistent der Marketingleitung werden Sie aufgefordert, folgende Punkte auszu-
arbeiten und zu diskutieren, um Herrn DeWallenbourg auf das Treffen mit Herrn Van Ben-
darien vorzubereiten.
(a) Inwieweit ist das Produkt „Tulpe“ für einen elektronischen Vertrieb geeignet? Wie kann
nach dem Online-Start der Plattform die Aufmerksamkeit im Internet geweckt werden
(Herr DeWallenbourg hat in diesem Zusammenhang von einer fast kostenfreien Werbe-
form gehört und möchte die Besonderheit daran wissen)?
(b) Welche Möglichkeiten bestehen, den Traffic auf „ hollandtulpe24.nl“ auszuwerten?
Wählen Sie jeweils zwei Messgrößen pro Ebene (Produkt, Seite, Kunde, Bestellung) und
erklären Sie, wie mit Hilfe dieser Messgrößen der analysierte Traffic optimiert werden
kann.
(c) Welcher Zweck wird mit dem One-to-One Marketing verfolgt? Geben Sie ein Beispiel
für eine One-to-One Marketing-Maßnahme für den Tulpenhandel.

2. Klausuraufgabe: „ruettenscheid08.de“
Herr Rudi Assemauer, Manager vom bekannten Kicker-Klub Rüttenscheid 08, hat bei der
letzten Mitglieder-Versammlung harsche Kritik einstecken müssen. Der Klub steckt in fi-
nanziellen Schwierigkeiten und viele der anwesenden Mitglieder waren der Meinung,
dass man über den Online-Shop „ruettenscheid08.de“ des Klubs noch wesentlich mehr
Einkünfte generieren könnte. Bisher konnte man hier „nur“ den Spielplan und das Mann-
schaftsportrait auf der Seite abfragen sowie über den E-Shop einige Fanschals und Trikots
bestellen. Richtige Marketing-Aktionen für das Online-Angebot gab es bisher ebenfalls
noch nicht. Bevor Herr Assemauer hier aber investiert, möchte er zunächst den E-Shop
optimieren. Aufgrund einer Studie zu dem Thema „E-Bundesliga“ beauftragt er Studenten
der Universität Duisburg-Essen mit der eingehenden Analyse des bisherigen Shops, um
dann an den richtigen Stellen mögliche Verbesserungen vorzunehmen. Sie, als Mitglied
des studentischen Beratungsteams haben nun die Aufgabe, konkrete Verbesserungsvor-
schläge zu machen.
Klausuraufgaben 485

(a) Wie könnte ein optimales eControlling für den E-Shop aussehen? Erläutern Sie die ver-
schiedenen Perspektiven, die beim eControlling berücksichtigt werden sollten direkt
anhand von fallbezogenen Beispielen im Rahmen des E-Shops von „Rüttenscheid 08“.
(b) Sie wissen nun, dass die meisten Besucher des E-Shops überwiegend junge Männer im
Alter zwischen 20 und 30 sind, die aus der näheren Umgebung stammen. Mit welchen
fallbezogenen Produkt-Angeboten könnte man über das Internet in dieser Zielgruppe
mehr Umsatz erzielen? Nennen Sie hierbei zwei konkrete Möglichkeiten und verbinden
Sie diese mit jeweils einem weiteren Cross-Selling-Angebot.
(c) Wie können weitere E-Shop-Nutzer gewonnen werden? Aus der Vorlesung kennen Sie
vier Ebenen der Internet-Promotion. Bitte beschreiben Sie je zwei fallbezogene Bei-
spiele Ihrer Wahl für eine Promotion in den Bereichen „Andere kommerzielle Websei-
ten“ und „Außerhalb des Internets“.

3. Klausuraufgabe: „hoppigaloppi.de“
Frau Ludmilla Beerbaum möchte aus dem Interesse an ihrem Reithobby eine Existenz
gründen. Daher entschließt sie sich, einen E-Shop für Pferde- bzw. Reiterzubehör zu er-
öffnen, den sie allerdings am Anfang nur neben ihrem Hauptberuf betreiben möchte, da
sie nur ein kleines Budget zur Verfügung hat und sie sich noch nicht sicher ist, ob die
Nachfrage für ihre Produkte groß genug ist. Ihr Shop „hoppigaloppi.de“ soll jedoch nicht
nur ein großes Angebot an Zubehör für den Reitsport umfassen, sondern auch höchst
aktuelle Informationen und Ergebnisse zu allen nationalen und internationalen Reitver-
anstaltungen für eine exklusive Reit-Community bereitstellen. Dies bedeutet, dass sie ne-
ben dem reinen Verkauf auch eine Plattform aufbauen will, auf der sich die Freunde des
Reitsports austauschen können und umfangreiche Informationen über alle wichtigen Er-
eignisse in diesem Bereich erhalten. Auf der Messe PFERD & JAGD, Europas größter
Ausstellung für Reiten, Jagen und Angeln in Hannover trifft sie vor diesem Hintergrund
auf Herrn Peter Schuckenmühle, den Geschäftsführer der Firma „Das glückliche Pferd“,
einem großen Anbieter von Reiterzubehör ohne eigenen Online-Shop aber mit fast 25 Lä-
den in ganz Deutschland. Mit den Worten „Wir sollten mal über ein gemeinsames Konzept
reden“, lässt Herr Schuckenmühle sein Kooperationsinteresse erkennen. Doch zunächst
weiß Frau Beerbaum noch nicht so recht, wie sie ihre Zielgruppe am besten erreichen kann
und fragt Sie als ehemaligen Studienkollegen um Rat.
(a) Gerade zur eigenen Kundengewinnung im Internet eignen sich das Viral-Marketing
und das Online-Marketing. Erläutern Sie kurz beide Methoden und stellen Sie je einen
Vor- und einen Nachteil dar, den diese Methoden für den vorliegenden Fall haben könn-
ten.
(b) Welche Instrumente können im Online-Marketing konkret eingesetzt werden? Be-
schreiben Sie drei Instrumente Ihrer Wahl und zeigen Sie an Hand von „hoppiga-
loppi.de“, wie Frau Beerbaum diese gezielt für die Kundengewinnung einsetzen kann.
486 Die Grundlagen des E-Shop

(c) Es gibt verschiedene Formen von Kooperationen, durch die Frau Beerbaum besonders
zu Beginn an die gesuchte Zielgruppe herankommen könnte. Nennen Sie zwei konkrete
Formen und bewerten Sie diese auf ihre Eignung für „hoppigaloppi.de“. Gehen Sie
dabei bei einer dieser beiden Kooperationsformen insbesondere auf das Angebot von
Herrn Schuckenmühle ein.

4. Klausuraufgabe: „e-glasses.com“
Herr Tielmann ist ein findiger Geschäftsmann. Während seines Urlaubs in der Karibik
ist ihm eine Idee gekommen, die er nun gerne umsetzen möchte. Er hatte vor seinem
Urlaub das Problem, eine schöne und zu ihm passende Sonnenbrille zu finden. Da er viel
unterwegs ist und daher kaum Zeit hat, die Geschäfte der Innenstadt abzuklappern, ist
ihm die Idee gekommen, einen E-Shop für Sonnenbrillen aufzumachen („www.e-glas-
ses.com“). Immerhin gibt es viele Geschäftsleute, die wenig Zeit zum Shoppen haben und
dennoch Wert auf eine hochwertige Sonnenbrille legen. Aber auch normale Urlauber tun
sich oft schwer mit der Auswahl einer geeigneten Sonnenbrille. Allerdings will Herr Tiel-
mann keinen normalen E-Shop aufbauen, sondern er möchte seinen Kunden einen beson-
deren Mehrwert bieten. Er hat in dem Karibik-Urlaub zusammen mit seinem Freund ein
bisschen getüftelt und nun ein Tool für seinen zukünftigen Shop entwickelt. Dieses Tool er-
laubt es den Kunden, digitale Fotos ihres Kopfes im Shop hochzuladen und sämtliche Son-
nenbrillen der verschiedensten Hersteller, die der Shop zur Auswahl hat, am eigenen Kopf
auszuprobieren. Hat der Kunde sogar verschiedene Profilfotos, so kann das Tool eine 3-
D-Ansicht des Kopfes errechnen. Zusätzlich ist es möglich, eine individuelle Typberatung
anzufordern, die in Form eines Avatars bei der Auswahl der richtigen Brille behilflich ist.
Da nun der Winter so langsam zu Ende geht, findet Herr Tilman den Zeitpunkt des
Markteintritts ideal. Ihre Aufgabe als E-Business Spezialist ist es nun, Herrn Tielmann im
Hinblick auf den Markteintritt zu beraten.
(a) Welche drei Kriterien beeinflussen den Markteintritt eines E-Shops hauptsächlich?
Bitte erläutern sie diese drei Hauptkriterien und gehen sie dabei auf „e-glasses.com“
ein.
(b) Ist Herr Tielmann mit seinem Shop nun online (also in den Markt eingetreten), so
steht langfristig eine Entscheidung über die weitere Entwicklung im Markt an. Bitte
zeigen sie die drei Möglichkeiten auf, die insbesondere in der Produkt-Markt-Matrix
aufgeführt sind. Geben sie dabei ganz konkrete Beispiele, wie dies für „www.e-glas-
ses.com“ aussehen kann.
(c) Welche Folgen hat es für Herrn Tielmann als sog. „Innovator“ in den Markt einzutre-
ten? Bewerten sie die Vor- und Nachteile, die hier für das genannte Beispiel entstehen.
Klausuraufgaben 487

5. Klausuraufgabe: „em-fanshop.de“
Frau Philippa Schnell besitzt einen E-Shop, in dem sie Fanartikel für Fußballfans der
Bundesligavereine anbietet. Im Vorfeld der Fußball-Europameisterschaft 2008 hat sie nun
einen weiteren, eigenständigen Shopbereich eröffnet, in dem sie zusätzlich spezielle EM-Fa-
nartikel anbietet. In diesem Bereich lässt sich alles für den eingefleischten Fan der deut-
schen Nationalmannschaft finden. Frau Schnell erwartet kurz vor Beginn und während
der EM einen Ansturm auf Deutschlandfahnen, Trikots der Nationalelf und Fanhüte und
hat sich daher schon reichlich mit passenden Produkten eingedeckt. Allerdings fürchtet sie
auch, dass sie in dieser Zeit mit Anfragen und Bestellungen überrannt wird und dem An-
sturm alleine nicht gerecht werden kann. Sie befürchtet, dass insbesondere eine erhöhte
Nachfrage nach einer individuellen Trikotbeflockung zu erheblichen Problemen führen
kann, da sie ihrem Shop komplett selber führt und sich somit neben der Transaktionsab-
wicklung und dem Versand der Ware auch noch um die Beflockung kümmern muss.
(a) Auf welche Aspekte sollte Frau Schnell in jeden Fall bezüglich des eSales-Prozesses ach-
ten, damit der Verkaufsprozess optimal unterstützt wird und dort keine Probleme wäh-
rend der „heißen Phase“ auftreten? Wählen Sie von den möglichen Aspekten diejeni-
gen zwei, die Sie im vorliegenden Beispiel für besonders wichtig halten und den Mehr-
aufwand für Frau Schnell am ehesten reduzieren können. Begründen Sie ihre Wahl und
erläutern Sie diese beiden Aspekte vor dem Hintergrund ihrer jeweiligen Verkaufsun-
terstützungsfunktion.
(b) Die Zufriedenheit der Kunden ist das oberste Ziel von Frau Schnell. Erläutern Sie
kurz, wie Zufriedenheit bei den Kunden entsteht. Gehen sie dabei auf das Expectancy-
Disconfirmation-Paradigma ein. Welche Aspekte würden in dem vorliegenden Beispiel
die Zufriedenheit wohl am meisten beeinflussen? Begründen Sie Ihre Antwort.
(c) Es gibt verschiedene Möglichkeiten für Frau Schnell, Kunden durch Online-Marketing-
Aktivitäten auf ihre Shop-Seiten zu holen. Sie entscheidet sich jedoch lediglich dafür,
einen Link auf der Internetseite des DFB zu platzieren, da sie hofft, dadurch ohne
großen Aufwand die richtige Zielgruppe zu erreichen. Allerdings ist die Platzierung des
Links nicht kostenlos. Bitte erläutern Sie drei mögliche Vergütungsmodelle für die Plat-
zierung des Links und bewerten Sie, welches dieser Modelle für die Situation von Frau
Schnell am besten geeignet wäre.

6. Klausuraufgabe: „saftfactory.de“
Aufgrund des herrlichen Sommerwetters schmeißt ihr Nachbar Rudi eine Grillparty im
Garten. Bei kühlem Bier und Steaks kommen sie zufällig mit Rudis älterer Schwester Tanja
ins Gespräch. Sie hat sich gerade selbstständig gemacht und das Internet-Startup „saft-
factory.de“ aufgebaut. Als Student mit dem Schwerpunkt E-Business sind sie ganz begeis-
tert, dass sie endlich auch einen dieser Digitalen Wirtschaft Gründer persönlich kennenler-
488 Die Grundlagen des E-Shop

nen. Tanja erzählt, dass die „Saftfactory“ auf dem bekannten Customization-Modell ba-
siert, da sich der Kunde in ihrer „Saftfactory“ seinen Saft aus vielen verschiedenen Safts-
orten selber mischen kann. „Das hört sich sehr spannend an. Die Kunden sind bestimmt
begeistert“ sagen sie. Tanja schüttelt mit dem Kopf: „Ich habe noch nicht so viele Besucher
auf meiner Seite. Ich habe das Gefühl, dass meine ausgelegten Flyer in den Unis nicht der
richtige Weg waren, auf mein Angebot aufmerksam zu machen. Dabei habe ich gedacht,
dass meine Zielgruppe die jungen Leute sind und sie bereit sind, auch mal mehr Geld für
einen leckeren Saft auszugeben.“ Ratlos schüttelt sie den Kopf. Sie bieten ihr Hilfe an, da
sie aufgrund ihres Studiums schon einiges über diesen Bereich gelernt haben. Sie verab-
reden sich für das nächste Wochenende, um gemeinsam zu überlegen, wie man die Be-
kanntmachung der „Saftfactory“ vorantreiben kann.
(a) Bei ihrem ersten Treffen erklären sie Tanja, dass es sehr wichtig ist, zuerst die Ziel-
gruppe so präzise wie möglich zu definieren, um das Angebot zielgerichtet kommuni-
zieren zu können. Nennen sie drei Merkmale, mit denen Tanja die Zielgruppe weiter
eingrenzen kann und zeigen sie auf, warum genau diese Eingrenzung dabei hilft, die
Bekanntmachung der Plattform zu erleichtern. Wie würden sie die Zielgruppe bezeich-
nen?
(b) Nachdem nun die Zielgruppe genau abgesteckt wurde, erklären sie Tanja, dass es ver-
schiedene Marketingmöglichkeiten gibt, die sich speziell für Web 2.0-Geschäftsmodelle
eignen. Erläutern sie drei dieser Möglichkeiten vor dem Hintergrund der Kundenge-
winnung und der daraus abzuleitenden Implikationen für die „Saftfactory“. Begrün-
den sie, welche dieser drei Möglichkeiten für die „Saftfactory“ am besten geeignet ist,
das Angebot bei der gewählten Zielgruppe bekannt zu machen.
(c) Es nützt Tanja nichts, wenn die Leute zwar mit Hilfe eines passenden Marketinginstru-
mentes erreicht werden und auch tatsächlich auf die Plattform kommen, dann aber
keinen Saft bestellen. Daher entwickeln sie beide gemeinsam eine geeignete Kommu-
nikationsstrategie für die „Saftfactory“ und überlegen, mit welcher Botschaft sie die
Zielgruppe ansprechen wollen. Stellen sie dazu jeweils zwei nutzensteigernde und auf-
wandreduzierende Aspekte im Hinblick auf den Zusatznutzen dar, sodass im Resultat ein
positiver Nettonutzen signalisiert werden kann.

7. Klausuraufgabe: „Wahlbosch AG“


Das aus der Vorlesung bekannte Unternehmen „Wahlbosch AG“ ist ein sehr traditions-
reiches Familienunternehmen, das seit vielen Jahrzehnten Textilien per Versandkatalog
verkauft. Neben dem Katalogverkauf werden aber auch Niederlassungen in verschiedenen
deutschen Großstädten betrieben, um den Kunden die Möglichkeit des direkten Einkaufs
zu ermöglichen. Ein zusätzlicher „Vor-Ort-Service“ ist die Vermessung des Körpers, um
den Kunden ein passendes Produkt anbieten zu können. Bei den Produkten handelt es sich
zumeist um Herrenmoden wie beispielsweise Hemden, Hosen oder Anzüge. Die Modelinie
Klausuraufgaben 489

folgt eher einem klassischen Schnitt, wobei über eine kleinere Tochtermarke auch mo-
derne Kleidung angeboten wird. Neben dem Kerngeschäft der klassischen Mode werden
auch Damenmoden angeboten, wobei sich dieser Markt noch in der Entwicklung befindet
und das Kerngeschäft von Wahlbosch eher im Herrensegment zu finden ist. Da die Pro-
dukte der „Wahlbosch AG“ zumeist über einen Katalog bestellt werden und das Internet
sich zunehmend entwickelt und vermehrt an Bedeutung gewinnt, hat das Unternehmen
einen eigenen E-Shop zur Vermarktung seiner Waren gestaltet. Dem Kunden werden alle
Möglichkeiten des klassischen Einkaufs per Katalog geboten, wobei natürlich auch einige
Vorteile der digitalen Technik genutzt werden. Neben den detaillierten Informationen zu
den Produkten, einer sicheren Datenübertragung und gängigen Zahlungsmethoden, hat
der Kunde beispielsweise auch die Möglichkeit per Artikelnummer eine Direktbestellung
aufzugeben. Ein weiterer Vorteil ist der Maßhemden-Konfigurator, der es dem Kunden
erlaubt sein individuelles Hemd nach seinen Präferenzen zu designen. Für die Leitung des
E-Commerce-Bereichs und die Umsetzung des E-Shops ist Herr Herten zuständig. Ihm ist
ein Team mit 10 Mitarbeitern unterstellt, bei denen es sich um Informatiker, Wirtschaftsin-
formatiker und Betriebswirte handelt. Weitere Bereiche des E-Commerce, wie beispiels-
weise das Hosting übernimmt ein externes IT-Unternehmen, dass auch die Stabilität des
E-Shops garantiert. Obwohl Herr Herten ein Experte im Bereich E-Business und E-Shop
ist, hat er noch einige Fragen, die er von Ihnen gerne beantwortet hätte.
(a) Manche Produkte eignen sich aufgrund ihrer Digitalisierbarkeit mehr für den Online-
Verkauf als andere Produkte. Beschreiben Sie das 3-B-Modell anhand aller drei Di-
mensionen und nennen Sie diese explizit. Beurteilen Sie ferner, basierend auf dem 3-
B-Modell und allen drei Dimensionen, inwieweit sich ein Hemd zum Onlineverkauf
eignet.
(b) Die Vor- und Nachteile eines frühen bzw. späten Markteintritts sind genau abzuwägen.
Nennen und erläutern Sie drei der vier Wettbewerbsstrategien beim Markteintritt, die
pro späten Markteintritt votieren. Nehmen Sie anschließend für jeden Aspekt Bezug
zur Fallstudie.
(c) Das Webcontrolling bietet die Möglichkeit den Online-Shop auf vier verschiedenen
Ebenen zu optimieren. Nennen Sie drei der vier Ebenen und erläutern Sie jeweils einen
Unterpunkt jeder Ebene zur Optimierung des E-Shops. Nehmen Sie anschließend für
jede Ebene Bezug zur Fallstudie und erläutern Sie kurz, was Herr Herten jeweils be-
achten muss.

8. Klausuraufgabe: „Hänsel und Gretel GmbH“


Schon vor Ihrer Geburt führten Ihre Eltern das Familienunternehmen „Hänsel und Gretel
GmbH“, einen kleinen Bücherladen in der Essener Innenstadt speziell für Kinder-, Ju-
gend- und Lernbücher. Ihre Eltern setzen als Geschäftsführer vor allem auf Raritäten und
selbst geschriebene Bücher, die es in keinem anderen Buchladen zu kaufen gibt und von
den Kunden sehr positiv wahrgenommen werden, wenn sie sie gekauft haben. Während
490 Die Grundlagen des E-Shop

das Geschäft, das seit ca. 80 Jahren im Familienbesitz ist, durch die viele, wenn auch
meist anonyme Laufkundschaft bis vor einigen Jahren hohe Absatzzahlen und dadurch
relativ hohe Gewinne erzielen konnte, ist der Umsatz in den letzten Jahren stetig zurück-
gegangen, was vor allem daran liegt, dass potenzielle Kunden nicht mehr in das Geschäft
kommen, sondern Bücher vermehrt im Internet als ausgedruckte bzw. digitale Version
kaufen. Als Studierende(r) im Bereich Wirtschaftswissenschaften an der Universität Du-
isburg-Essen verfügen Sie über wichtiges und hilfreiches Wissen über die Digitale Wirt-
schaft und möchten Ihren Eltern dabei helfen, eine mögliche Geschäftsaufgabe zu verhin-
dern, indem Sie mit ihnen über die Möglichkeit der Einrichtung eines E-Shops als mögli-
chen zusätzlichen Vertriebskanal nachdenken. Nehmen Sie dabei zu den folgenden Fragen
Stellung.
(a) Aufgrund ihrer Digitalisierbarkeit eignen sich manche Produkte mehr für den Online-
Verkauf als andere Produkte. Beschreiben Sie das 3-B-Modell anhand seiner drei Di-
mensionen und nennen Sie diese explizit. Beurteilen Sie ferner in wenigen Sätzen die
Eignung der von der „Hänsel und Gretel GmbH“angebotenen Produkte für den Ver-
trieb über einen E-Shop.
(b) Es gibt verschiedene Möglichkeiten für ihre Eltern, Kunden durch Online-Marketing-
Instrumente auf die Shop-Seiten zu holen. Beschreiben Sie zunächst drei Instrumente
allgemein. Erläutern Sie dann für jedes der gewählten Instrumente, wie eine konkrete
Marketing-Aktivität im Falle der „Hänsel und Gretel GmbH“ aussehen könnte.
(c) Beschreiben Sie zunächst allgemein, was unter dem Begriff Social Targeting zu ver-
stehen ist. Erläutern Sie dann anhand von drei Merkmalen und deren Ausprägungen,
wie eine entsprechende Zielgruppe der „Hänsel und Gretel GmbH“ charakterisiert
sein könnte.

9. Klausuraufgabe: „Fanartikel-WM.de“
Herr Manuel Alter besitzt einen E-Shop, in dem er Fanartikel für Fußballfans der Bun-
desligavereine online anbietet. Im Vorfeld der Fußball-Weltmeisterschaft 2018 hat er nun
einen weiteren, eigenständigen E-Shop eröffnet, in dem er zusätzlich spezielle WM-Fan-
artikel ausschließlich online anbietet. In diesem Bereich lässt sich alles für den einge-
fleischten Fußballfan finden. Neben den klassischen Fanartikeln, wie Fahnen, Trikots und
Schals, möchte Herr Alter zu dieser WM auch typisch russische Fankleidung, Fanschmuck
und Lebensmittel verkaufen. Da sich der E-Shop bislang jedoch ausschließlich innerhalb
der Fußball Bundesliga sowie in der Digitalen Wirtschaft etabliert hat und die Zeit bis
zum Anstoß der WM naht, ist sich Herr Alter inzwischen unsicher über die Vertriebs- und
Vermarktungsmöglichkeiten seines E-Shops. Zum einen geht Herr Alter davon aus, dass
seine Produkte auch im stationären Handel absetzbar wären, weil die Kunden dort die
Möglichkeit bekämen sich die Produkte genauer anzusehen und zu testen. Zum anderen
bereitet ihm große Sorge, dass sein WM-Shop in den Internet-Suchmaschinen nur sehr
schwierig aufzufinden ist und auch in den sozialen Netzwerken nur wenige Nutzer (User)
Klausuraufgaben 491

der Profilseite folgen (Follower). Herr Alter möchte dies umgehend ändern, jedoch zu-
nächst kein Geld in die Marketingaktivitäten investieren. Als zukünftiger E-Business-Ma-
nager verfügen Sie über wichtiges und hilfreiches Wissen über die Digitale Wirtschaft und
möchten Ihrem Freund dabei helfen möglichst erfolgreich zu sein. Nehmen Sie dabei zu
den folgenden Fragen Stellung:
(a) Im Rahmen der Sortimentserweiterung macht sich Herr Alter Gedanken um die E-Po-
tenziale seiner Fanartikel. Nennen und beschreiben Sie dazu die Bewertungskriterien
der Online-Produkteignung (3-B-Modell). Erläutern Sie dann auf Basis dieser Krite-
rien die E-Potenziale der typisch russischen Fanartikel.
(b) Als eine Möglichkeit, um Unterstützung im harten WM-Geschäft zu erhalten, fallen
Ihnen Online-/Offline-Kooperationen ein. Beschreiben Sie kurz die verschiedenen Ko-
operationsformen für E-Shops, indem Sie auch auf die Geschäftsmodelle und Handels-
ebenen der Partner eingehen. Beurteilen Sie anschließend, welche mögliche Koopera-
tionsausgestaltung eine sinnvolle Option für Herrn Alter darstellt und begründen Sie
Ihre Antwort, indem Sie konkret auf die Stärken des ausgewählten Kooperationspart-
ners eingehen.
(c) Um möglichst viele Kunden für den digitalen WM-Shop zu gewinnen, möchten Sie ge-
eignete Kommunikationsmittel einsetzen. Nennen und beschreiben Sie kurz die zwei
Online-Marketing-Instrumente, indem Sie explizit auf die Problemstellung von Herrn
Alter eingehen. Empfehlen Sie anschließend je genanntes Marketing-Instrument zwei
mögliche Maßnahmen, die zu einer Verbesserung der Situation führen könnten.
492 Die Grundlagen des E-Shop

Literatur zum Kapitel (Auswahl)

Alpar, A./Wojcik, D. (2012): Webselling: Das große Online Marketing Praxisbuch,


Düsseldorf.
Amtsblatt der Europäischen Union (2016): Verordnung des europäischen Parlaments
und des Rates zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbe-
zogener Daten zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie
95/46/EG (Datenschutz-Grund-verordnung), https://www.datenschutz-grundver-
ordnung.eu/wp-content/uplo-ads/2016/05/CELEX_32016R0679_DE_TXT.pdf,
Zugriff am 16.08.2018.
Artun, Ö./Levin, S. (2015): Predictive Marketing – Easy Ways Every Marketer Can Use
Customer Analytics and Big Data, New Jersey.
Bliemel, F./Fassott, G. (2000): Produktpolitik mit E-Share, in: Bliemel, F./Fassott,
T./Theobald, A. (Hrsg.): Electronic Commerce, 3. Aufl., Wiesbaden, S.191-204.
Düweke, E./Rabsch, S. (2012): Erfolgreiche Websites: SEO, SEM, Online-Marketing,
Usability, Bonn.
Gröppel-Klein, A./Königstorfer/J./Terlutter, R. (2017): Verhaltenswissenschaftliche
Aspekte der Kundenbindung, in: Bruhn, M./Homburg, C. (Hrsg.): Handbuch Kun-
denbindungsmanagement, 9. Aufl., Wiesbaden, S. 37-75.
Hedemann, F. (2014): Influencer Marketing I: Was sind Influencer und wie findet man
sie?, in: UPLOAD Magazin, https://upload-magazin.de/blog/9469-influencer-mar-
keting-i-was-sind-influencer-und-wie-findet-man-sie/, Zugriff am 25.09.2018.
Heinemann, G. (2018a): Der neue Online-Handel - Geschäftsmodelle, Geschäftssysteme
und Benchmarks im E-Commerce, 9. Aufl, Wiesbaden.
Holzapfel, F./Holzapfel K. (2012): Facebook – Marketing unter Freunden, 4. Aufl.,
Göttingen.
Homburg, C./Bruhn, M. (2013): Kundenbindungsmanagement – Eine Einführung in
die theoretischen und praktischen Problemstellungen, in: Bruhn, M./Homburg, C.
(Hrsg.): Handbuch Kundenbindungsmanagement, 8. Aufl., Wiesbaden, S. 3-39.
Jahnke, M. (2018): Influencer Marketing – Für Unternehmen und Influencer: Strategien,
Plattformen, Instrumente, rechtlicher Rahmen. Mit vielen Beispielen, Wiesbaden.
Kamps, I./Schetter, D. (2018): Performance Marketing. Der Wegweiser zu einem mess-
und steuerbaren Marketing – Einführung in Instrumente, Methoden und Technik,
Wiesbaden.
Literatur zum Kapitel (Auswahl) 493

Keßler, E./Rabsch, S./Mandić, M. (2015): Erfolgreiche Websites: SEO, SEM, Online-


Marketing, Usability, 3. Aufl., Bonn.
Kollewe, T./Keukert, M. (2016): Praxiswissen E-Commerce - Das Handbuch für den er-
folgreichen Online-Shop, 2. Aufl., Heidelberg.
Kollmann, T. (1998a): Akzeptanz innovativer Nutzungsgüter und -systeme: Konsequen-
zen für die Einführung von Telekommunikations- und Multimediasystemen, Wies-
baden.
Kollmann, T. (2001c): Viral-Marketing – ein Kommunikationskonzept für virtuelle Com-
munities, in: Mertens, K./Zimmermann, R. (Hrsg.): Handbuch der Unternehmens-
kommunikation, Neuwied, S. 60-66.
Kollmann, T. (2013): Online-Marketing: Grundlagen der Absatzpolitik in der Net Eco-
nomy, 2. Aufl., Stuttgart.
Kollmann, T. (2018b): Digitale Meinungsmache – 60 Ratschläge an Gründer, Unterneh-
mer und Politik für die Digitale Transformation, Essen/Köln 2018. www.digitale-
meinungsmache.de, Zugriff am 31.01.2019.
Kollmann, T. (2019): E-Entrepreneurship: Grundlagen der Unternehmensgründung in der
Digitalen Wirtschaft, 7. Aufl., Wiesbaden.
Kollmann, T./Häsel, M. (2006): Cross-Channel Cooperation – The Bundling of Online
and Offline Business Models, Wiesbaden.
Kollmann, T./Hensellek, S. (2017): KPI-Steuerung von Start-ups der Digitalen Wirt-
schaft, in: Controlling, Jg. 29, Nr. 2, S. 47-54.
Kollmann, T./Schmidt, H. (2016): Deutschland 4.0 – Wie die digitale Transformation
gelingt, Wiesbaden.
Kollmann, T./Suckow, C. (2007b): eBranding – Auswahlprozess und Bewertungskrite-
rien zum Unternehmensnamen in der Net Economy, Essen.
Martens, D./Provost, F./Clark, J./Junqué de Fortuny, E. (2016): Mining Massive fine-
grained behavior data to improve predictive analytics“, in: MIS Quarterly, Jg. 40,
Nr. 4, S. 869-888.
Meffert, H./Burmann, C./Kirchgeorg, M. (2015): Marketing – Grundlagen marktorien-
tierter Unternehmensführung, 12. Aufl., Wiesbaden.
Mertens, P./Bodendorf, F./König, W./Schumann, M./Hess, T./Buxmann, P. (2017):
Grundzüge der Wirtschaftsinformatik, 12. Aufl., Berlin.
Peppers, D./Rogers, M. (1997): Enterprise One to One: Tools for Competing in the Inter-
active Age, New York.
494 Die Grundlagen des E-Shop

Rönisch, S. (2018): Sieben Trends, die den deutschen Onlinehandel 2018 bestimmen,
https://www.ibusiness.de/members/aktuell/db/267490SUR.html, Zugriff am 06.
02.2019.
Talin, B. (2018): Blockchain – Möglichkeiten und Anwendungen der Technologie, in:
More than digital, https://morethandigital.info/blockchain-moeglichkeiten-und-an-
wendungen-der-technologie/, Zugriff am 19.09.2018.
Turban, E./Outland, J./King, D./Lee, J. K./Liang, T.-P./Turban, D. C. (2018): Elec-
tronic Commerce 2018 – A Managerial and Social Networks Perspective, Upper
Saddle River, 9. Aufl., New Jersey.
Wannenwetsch, H./Nicolai, S. (2004): E-Supply-Chain-Management. Grundlagen, Stra-
tegien, Praxisanwendungen, 2. Aufl., Wiesbaden.
Weiber, R/Hörstrup, R. (2009): Von der Kundenintegration zur Anbieterintegration: Die
Erweiterung anbieterseitiger Wertschöpfungsprozesse auf kundenseitige Nut-
zungsprozesse, in: Brun, M./Strauss, B. (Hrsg.): Kundenintegraton, Wiesbaden,
S. 281-312.
Wirtz, B. W. (2018): Electronic Business, 6. Aufl., Wiesbaden.
Die Grundlagen des E-Marketplace 495

4. Die Grundlagen des E-Marketplace

Der E-Marketplace steht allgemein als Begriff für die marktliche Organisation des elek-
tronischen Handels von Produkten bzw. Dienstleistungen durch einen Marktplatzbetreiber
über digitale Netzwerke (Kollmann 2001d). Damit erfolgt eine Integration innovativer In-
formations- und Kommunikationstechnologien zur Unterstützung bzw. Abwicklung von
operativen, taktischen und strategischen Aufgaben im Handels- bzw. Marktbereich.
Während reale Marktplätze durch örtliche Gegebenheiten (z. B. Messe oder Wochenmarkt)
gekennzeichnet sind, setzen elektronische Marktplätze als virtuelle Plattformen auf die di-
gitale Vernetzung der Marktteilnehmer (s. Kapitel 1.1.3). Jeder dieser Teilnehmer kann
auf elektronischem Wege von jedem beliebigen Punkt im Datennetz einen beliebigen
E-Marketplace „betreten“ (z. B. per Mausklick am heimischen Computer), ohne sich real
zu einem bestimmten Ort begeben zu müssen. Dieser nicht-reale Zutritt kann dabei zu
jedem Zeitpunkt erfolgen (7 Tage die Woche/24 Stunden am Tag/365 Tage im Jahr), da
elektronische Marktplätze eine permanent vorhandene und durchgehend geöffnete Ein-
richtung darstellen (s. Kapitel 1.3.1). Anbieter und Nachfrager treffen sich somit nicht
mehr persönlich zur Abwicklung einer Transaktion, sondern treten über digitale Daten-
wege im Internet unter einer spezifischen Adresse (marktplatz-name.de) in Kontakt (Dor-
fer 2016, S. 342). Unter dem Begriff des E-Marketplace wird somit „ein konkreter aber
nicht-realer Ort der Zusammenkunft von nur über vernetzte elektronische Datenleitungen
miteinander verbundenen Anbietern und Nachfragern zum Zwecke der Durchführung von
wirtschaftlichen Transaktionen verstanden, wobei diese von realen Restriktionen losge-
löste Durchführung indirekt und unter Hinzunahme einer übergeordneten marktlichen In-
stanz (Marktplatzbetreiber) vollzogen wird, die die Transaktionsanfragen aktiv koordi-
niert“ (Kollmann 2001b, S. 39).
Man kann also vereinfacht sagen, dass ein E-Marketplace der virtuelle Handelsraum eines
Marktplatzbetreibers ist, den Anbieter und Nachfrager digital betreten können. Die
Grundidee des elektronischen Handelsplatzes ist also gerade darin zu sehen, dass die
Koordination von marktrelevanten Abläufen zwischen einem Anbieter (Unternehmen/
Privatperson) und einem Nachfrager (Unternehmen/Privatperson) über die mit Hilfe des
Internets vernetzten Computer und den damit einhergehenden Rahmenbedingungen des
elektronischen Informationsaustausches (s. Kapitel 1.3) abgewickelt werden (s. Abb.
183). Der elektronische Handel über einen E-Marketplace unterscheidet sich vom realen
marktplatzorientierten Handel in zwei wesentlichen Faktoren (Kollmann 2000c): Die
Rahmenbedingungen der virtuellen Marktplatzkoordination ermöglichen gerade einen
uneingeschränkten Handel ohne physische Restriktionen. Während reale Marktplätze ört-
lichen (z. B. Teilnahme an einer Messe) und zeitlichen Begrenzungen (z. B. Wochenmarkt)
unterliegen, da sie einen physischen Kontakt zwischen Anbietern und Nachfragern er-
fordern, werden diese geografisch-kalendarischen Raum-Zeit-Restriktionen im elektroni-
schen Handel ausgeräumt. Anbieter und Nachfrager brauchen nicht mehr in einen direkten
persönlichen Kontakt zu treten, vielmehr können sie digitale Daten über die weltweiten

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019
T. Kollmann, E-Business, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26143-6_4
496 Die Grundlagen des E-Marketplace

Kommunikationsnetze von jedem Ort aus und zu jeder Zeit über die E-Marketplace-Platt-
form austauschen. Ferner gehen die Möglichkeiten des Marktplatzbetreibers aufgrund
der elektronischen Informationsverarbeitung weit über die eines realen Marktanbieters
(z. B. Messegesellschaft) hinaus. Während ein realer Marktplatzbetreiber lediglich den
Handelsraum zur Verfügung stellt und den Teilnehmern damit einen Überblick zu einem
bestimmten Themenfeld verschafft, kann der E-Marketplace-Betreiber aktiv in das Markt-
geschehen eingreifen. Er sammelt dabei Angebote und Gesuche in seiner Datenbank und
ordnet diese nach einem bestimmten Koordinationsmechanismus (sog. Matching) zu (Koll-
mann 2005d). Diese aktive Vermittlungsleistung zwischen Angebot und Nachfrage wird
als unternehmerisches Produkt offeriert. Er bietet den Marktteilnehmern somit nicht nur
einen Überblick zu einem Themenfeld, sondern übernimmt aktiv die konkrete Vermittlung
von Angebot und Nachfrage und bietet somit Unterstützung bei jeder einzelnen Transak-
tion.

Handelsabsicht

Privatperson/ Privatperson/
Unternehmen Informationsbereitstellung und -suche Unternehmen

Handelspartnersuche

Privatperson/ Privatperson/
Unternehmen Unternehmen

Verhandlung über Preise und Konditionen

Privatperson/ Transaktionsdurchführung Privatperson/


Unternehmen Unternehmen

After-Sales

Abb. 183: Die Grundidee des E-Marketplace

Hintergrund für die Zunahme des Einsatzes elektronischer Informationstechnologien im


Handelsbereich und damit Kerntreiber für den E-Marketplace waren zahlreiche Probleme
im realen Handel, die mit Hilfe der elektronischen Informationsverarbeitung gelöst werden
sollten. Zu diesen Problemen gehören insbesondere die folgenden Aspekte:

„ Kapazitätsbegrenzungen: Im realen Handel sind die Handelsflächen eines Markt-


platzes begrenzt, da die zur Verfügung stehende Handelsfläche durch räumliche Ge-
gebenheiten und Abgrenzungen bestimmt ist. Mit Rücksicht auf die limitierte Han-
delsfläche muss der Marktplatzbetreiber sich für eine Auswahl an Objekten entschei-
den, die er auf seinem Marktplatz (z. B. Messehallen) zum Handel zulässt und hat u. U.
Die Systeme beim elektronischen Handel 497

nicht die Möglichkeit, jedem Anbieter zu ermöglichen, die gesamte Objektpalette sei-
nes Sortiments den Nachfragern angemessen zu präsentieren.

„ Vermittlungsrestriktionen: In der Regel stellen Marktplatzbetreiber lediglich den


Handelsraum zur Verfügung. Die Vermittlungsaufgabe im realen Handel konzentriert
sich somit darauf, den Kunden einen Überblick über Handelspartner und -objekte zu
verschaffen, ohne dass jedoch auf den individuellen Transaktionswunsch eingegan-
gen wird. Eine konkrete Vermittlungsleistung für das einzelne Transaktionsobjekt wird
dabei nicht geboten.

„ Marktintransparenz: Aufgrund der vielen Akteure auf der Anbieter- und Nachfra-
gerseite und dem daraus resultierenden unübersichtlichen Gesamtmarkt ist es für den
Einzelnen nicht oder nur unter sehr hohen (Opportunitäts-)Kosten möglich, sich
eine Marktübersicht zu verschaffen. Dies unterminiert einen effektiven Preiswettbe-
werb unter konkurrierenden Anbietern, was die Nachfrager dazu zwingt, Transaktio-
nen auf einem hohen Preisniveau zu tätigen.

„ Koordinationsineffizienzen: Einem Anbieter ist es in der Regel nicht möglich zu allen


potenziellen Nachfragern direkte Beziehungen zu unterhalten. Im umgekehrten Fall ist
es für den Nachfrager ebenso schwierig, alle Anbieter zu identifizieren und zu kontak-
tieren. Darüber hinaus kann der Nachfrager nicht von jedem Anbieter selbst einzeln
ein Angebot einholen und prüfen. Dies müsste er allerdings, um sicherzustellen, dass
er den bestmöglichen Preis erhält. Im Ergebnis kann kein idealer Transaktionspartner
gefunden werden und es kommt entweder zu gar keinem Leistungsaustausch oder es
müssen weniger bedarfsgerechte Objekte gekauft werden.

Bezüglich dieser Problemfelder soll ein E-Marketplace eine deutliche Verbesserung dar-
stellen. Die genannten Problemlösungsattribute eines E-Marketplace, haben in den letzten
Jahren dazu geführt, dass Online-Marktplätze wie Amazon, Alibaba & Co. ein starkes
Marktwachstum erreicht haben. Nach Altmeyer (2018, S.256) gelten diese Marktplätze
heute als „globale Pioniere im digitalen Zeitalter“. Zu ihren Erfolgsfaktoren zählt Alt-
meyer (2018, S. 256) eine überdurchschnittliche Kundenorientierung, eine enorme globale
Skalierbarkeit, Vielseitigkeit, Dynamik und Risikobereitschaft. Zudem müssen jedoch
spezifische Anforderungen bezüglich der fünf Bausteine „Systeme“, „Prozesse“, „Ma-
nagement“, „Marketing“ und „Implementierung“ (s. Kapitel 1.7) erfüllt werden, auf die
im Folgenden eingegangen wird.

4.1 Die Systeme beim elektronischen Handel


Die Systemebene im elektronischen Handel unterstützt jegliche Prozesse, die mit der
elektronischen Koordination von Produkten und Dienstleistungen zusammenhängen. Die
498 Die Grundlagen des E-Marketplace

zentrale Herausforderung ist dabei zunächst die technische Anbindung der Anbieter und
Nachfrager, der Aufbau von Handelskatalogen und die multimediale Darstellung von elek-
tronischen Koordinationsprozessen für die Anbieter bzw. Nachfrager, damit diese das Ver-
mittlungsangebot im digitalen Handelsraum nachvollziehen können. Die technische Basis
eines E-Marketplace ist damit unmittelbar ausschlaggebend für den nachhaltigen Erfolg.
Damit der gesamte Marktprozess und somit die Zusammenführung von Angebot und Nach-
frage über das Internet abgewickelt werden kann, muss das Marktplatz-System spezifische
Anforderungen erfüllen und eine Reihe von Funktionen bereitstellen, die in der Regel auf
verschiedene Systemkomponenten aufgeteilt sind. Von der vorliegenden Marktsituation
ausgehend gilt es, die für die Realisierung des E-Marketplace benötigten funktionalen
Komponenten zu identifizieren und Entscheidungen hinsichtlich ihrer Beschaffung bzw.
Implementierung zu treffen. Die resultierende Systemarchitektur beschreibt den zugehöri-
gen Aufbau der Hard- und Software sowie das Zusammenspiel des Marketplace-Systems
mit bereits bestehenden Informationssystemen auf Seiten der Marktplatzteilnehmer. Zu-
sammenfassend ergeben sich auf der Systemebene im elektronischen Handel folgende Fra-
gen, die die Lernziele dieses Kapitels darstellen:

„ Welche Anforderungen an die zugrundeliegenden Systemlösungen bringen elektroni-


sche Koordinationsprozesse mit sich?

„ Welche Methoden zum Betrieb eines E-Marketplace-Systems können grundsätzlich


unterschieden werden?

„ Über welche Basisfunktionen sollte ein E-Marketplace generell verfügen?

„ Wie können die technischen Komponenten eines E-Marketplace-Systems beschrieben


werden und wie interagieren diese miteinander?

„ Wie gestaltet sich der Datenaustausch zwischen Marktplatzsystem und den bereits exis-
tierenden Informationssystemen auf Seiten der Anbieter und Nachfrager?

4.1.1 Die Systemanforderungen beim elektronischen Handel

Auf einem E-Marketplace werden in der Regel das Angebot mehrerer Anbieter und die
Anfragen mehrerer Nachfrager unter einer einheitlichen Benutzeroberfläche zusammenge-
fasst präsentiert. Im Gegensatz zu E-Procurement-Plattformen (s. Kapitel 2.1) werden Be-
darfe auf elektronischen Marktplätzen somit nicht nur von dem betreibenden Großunter-
nehmen generiert, sondern es finden sich mehrere Nachfrager auf einer Handelsplattform
ein. Anders als bei E-Shop-Systemen (s. Kapitel 3.1) existieren auf einem elektronischen
Marktplatz darüber hinaus mehrere Anbieter. Generell kann eine Online-Koordination da-
bei nur dann stattfinden, wenn der Anbieter ein oder mehrere seiner Produkte in eine vom
Marktplatz betreute anbieterübergreifende Datenbank einbringen und der Nachfrager die
Die Systeme beim elektronischen Handel 499

gewünschten Produkte in diesem Katalog entsprechend suchen, betrachten, verhandeln


und letztendlich kaufen bzw. bestellen kann. Dieses Kernprinzip beeinflusst dann auch di-
rekt die mehrdimensionalen Systemanforderungen (s. Abb. 184). Auf der einen Seite
muss das technische Marktplatzsystem alle vom Anbieter benötigten Handelskomponen-
ten beinhalten (z. B. Produkteinstellung und -verwaltung, Kontakt- und Kommunikations-
tools, Auftragsbestätigung, Handelsdaten usw.). Auf der anderen Seite muss das techni-
sche Marktplatzsystem aber auch alle vom Nachfrager benötigten Handelskomponenten
beinhalten (z. B. Produktsuche und -auswahl, Preis- und Produktinformationen, Kontakt-
und Kommunikationstools, Bestell- bzw. Lieferbestätigung usw.). Daneben gibt es aber
auch aus Sicht des Marktplatzbetreibers zusätzliche Anforderungen an das technische
Marktplatzsystem. Hierzu zählen insbesondere übergreifende Anforderungen an die Ab-
wicklung der Koordination zwischen Anbieter und Nachfrager wie z. B. Aspekte aus den
Bereichen Sicherheit, Bezahlung und Logistik.

E-Marketplace

Nachfrager
Abruf von Produkt- und
Anbieter

Produkt- und Preispflege Content Management


Preisinformationen

Angebotsverwaltung Preisfindung Gebotsverwaltung

Produktkataloge zur Multilieferanten- Bestellanforderungen und

Nachfrager
Anbieter

Verfügung stellen Katalogmanagement Bestellungen erstellen

Bestellanforderungen,
Bestellungen erhalten Genehmigungen und Produktsuche und -auswahl
Bestellungen verwalten

Produktpromotionen pflegen Plattform-Werbung Produktpromotionen erhalten

Nachfrager
Anbieter

Community-Interaktion Community-Pflege Community-Interaktion

Bonitätsprüfung
Dienst-
Kredite/Kreditkarten
leister
Logistik

Abb. 184: Die mehrdimensionalen Systemanforderungen an einen E-Marketplace


Quelle: in Anlehnung an Rayport/Jaworski 2002, S. 374.

Erste übergreifende Systemanforderungen im elektronischen Handel ergeben sich aus


den allgemeinen Qualitätsmerkmalen internetbasierter Software, wie sie bereits auf der
Systemebene des elektronischen Verkaufs (s. Kapitel 3.1) erläutert wurden. Besondere
Anforderungen stellen E-Marketplaces dabei vor allem an die Sicherheit: So ist bei einer
500 Die Grundlagen des E-Marketplace

Online-Auktion zum einen die Verfügbarkeit der Plattform von entscheidender Bedeu-
tung. Eine Nichterreichbarkeit in der Endphase von Online-Auktionen führt zwangsläufig
zu einer suboptimalen Vermittlung, da nicht alle (potenziellen) Bieter die Möglichkeit
wahrnehmen konnten, ein Gebot abzugeben. Zum anderen werden beim Handel von Pro-
dukten sensible Daten wie bspw. Preisinformationen oder Abteilungsbudgets ausgetauscht.
Die Marktplatzsoftware muss gewährleisten, dass Informationen nur für diejenigen Markt-
platzteilnehmer zugänglich sind, für die sie bestimmt sind. SSL-Verschlüsselung, Sicher-
heitszertifikate, Passwortschutz und Firewalls sind insofern unabdingbare Elemente eines
Marktplatzsystems (Turban et al. 2017, S. 299 ff.; Otto et al. 2000, S. 78). Vor allem die
Umsetzung benutzerfreundlicher Koordinationsprozesse bzw. die Implementierung der
entsprechenden elektronischen Informations-, Kommunikations- und Transaktionspro-
zesse bringt jedoch eine ganze Reihe noch spezifischer Anforderungen mit sich, auf die
im Folgenden näher eingegangen wird.

4.1.1.1 Online-Systemschnittstellen
Der Aufbau elektronischer Marktplätze bringt das Problem mit sich, dass das Füllen der
Datenbank mit produktbezogenen Daten aufwendig und teuer ist. Insbesondere in Fällen,
in denen das Produktspektrum eines Anbieters nicht nur wenige zu vermittelnde Han-
delsobjekte, sondern mehrere tausend (eventuell niedrigpreisige) Produkte umfasst, steht
eine manuelle und damit kostenintensive Katalogpflege in keinem Verhältnis zu dem über
den Marktplatz erzielbaren elektronischen Vermittlungsergebnis (s. Kapitel 4.2.1). Vor
diesem Hintergrund müssen insbesondere B2B- und B2C-Marktplätze ihren Lieferanten
entsprechende Online-Systemschnittstellen anbieten, über die die Übermittlung der ent-
sprechenden Produktdaten weitgehend automatisiert abgewickelt werden kann. B2B-
Marktplätze, die mit nachfragerseitigen E-Procurement-Systemen gekoppelt sind, müs-
sen darüber hinaus zusätzliche Systemschnittstellen anbieten, über die die entsprechenden
Buy-Side-Lösungen über Round Trip oder Punch Out-Verfahren aktuelle Kataloginhalte
abrufen können (s. Kapitel 2.1.3.5). Zudem können angebotsbezogene Objektdaten wie
Verfügbarkeit, Lieferzeit oder Standort auf der einen Seite sowie die konkrete Nachfrage
auf der anderen Marktseite nur auf diese Weise automatisiert auf einem aktuellen Stand
gehalten werden.
Um für alle potenziellen Anbieter und Nachfrager nutzbar zu sein, muss ein Marktplatz
also gerade eine „technische Offenheit“ besitzen. Im Vordergrund steht das Ziel, mög-
lichst vielen Teilnehmern die Partizipation zu ermöglichen. Kennzeichnend für E-Market-
places ist die Verwendung von E-Business-Standards und die daraus resultierende hohe Fle-
xibilität in der Interaktion mit den verschiedenen Akteuren in der Digitalen Wirtschaft (Ab-
rams 2002; Arndt 2002, S. 245 ff.). Ähnlich wie ein einkaufendes Unternehmen im E-Pro-
curement muss der Marktplatzbetreiber klären, auf welchen Wegen Produktdaten automa-
tisiert in die Datenbank eingepflegt werden können und welche Schnittstellen zu Ge-
schäftsanwendungen der Marktplatzteilnehmer standardmäßig unterstützt werden sollen
Die Systeme beim elektronischen Handel 501

(s. Kapitel 2.1.1.5). Elektronische Marktplätze können ihre Vorteile nur dann richtig aus-
spielen, wenn es ihnen gelingt, die bestehenden Informationssysteme der Marktteilnehmer
in den Online-Koordinationsprozess zu integrieren (Kollmann 2001b).
Vor diesem Hintergrund stellt die Integrationsfähigkeit eine wesentliche Anforderung an
eine technische Marktplatz-Lösung dar. Dabei geht es nicht nur darum, dass verschiedene
Systeme miteinander kommunizieren müssen, sondern vor allem auch um die Forderung,
unternehmensübergreifende Geschäftsprozesse miteinander zu verbinden. Die Integra-
tionsfähigkeit einer Marktplatzsoftware äußert sich in drei Bereichen (Otto et al. 2000,
S. 78):

„ Systemseitige Integration: Die Marktplatzsoftware muss eine Anbindung von ERP-


Systemen, Warenwirtschaftssystemen, E-Procurement-Systemen und externen Kata-
logsystemen unterstützen. Die bilaterale Ausrichtung des E-Marketplace zwischen den
beiden Marktparteien erhöht dabei die Komplexität, da die Systeme von Anbietern und
Nachfragern gleichermaßen integriert werden müssen. Die Integration der Informa-
tionssysteme der Marktsubjekte ist eine vielschichtige und schwierige Aufgabe, da
nicht alle Kundensysteme über die gleichen Schnittstellen zur Anbindung verfügen.
Selbst innerhalb eines Unternehmens ist in der Regel keine homogene Systemland-
schaft anzutreffen, vielmehr existieren mehrere verschiedene und möglicherweise in-
terdependente Systeme, die mitunter nicht auf allgemein anerkannten Standards ba-
sieren, sondern proprietäre Individuallösungen darstellen.

„ Prozessbezogene Integration: Die Marktplatzsoftware muss eine reibungslose Ver-


knüpfung von Prozessen gewährleisten, so z. B. hinsichtlich der Übermittlung von Be-
stellungen, Lieferscheinen oder Rechnungen. Workflows, die den Fluss von Geschäfts-
dokumenten innerhalb einer Organisation regeln, müssen auf elektronischen Markt-
plätzen (analog zu elektronischen Beschaffungsprozessen) über die Unternehmens-
grenzen hinaus ausgedehnt werden (s. Kapitel 2.2.2). Nur durch eine unternehmens-
übergreifende Verknüpfung der Wertschöpfungsketten können die Rationalisierungs-
und Effizienzsteigerungspotenziale, die mit dem E-Marketplace intendiert sind, opti-
mal ausgeschöpft werden (Schwickert/Pfeiffer 2000).

„ Informationstechnische Integration: Beim Austausch von Produktdaten und beim


Durchführen von Transaktionen müssen verschiedene Formate und Protokolle unter-
stützt werden. Dies begründet sich in erster Linie darin, dass eine nachfrager- bzw.
anbieterseitige Reorganisation der Datenhaltung mit einem enormen Kosten- und Zeit-
aufwand verbunden ist. Als unternehmensexterner Intermediär kann der Marktplatz-
betreiber die Reorganisation der Datenhaltung bzw. die Substitution vorhandener Alt-
systeme durch Lösungen mit aktuellen Standards oder gar marktplatzspezifischen
Schnittstellen nicht durchsetzen. Es ist also der E-Marketplace, der seine Schnittstellen
möglichst offen gestalten muss, um vor diesem Hintergrund möglichst viele Kunden
erreichen zu können.
502 Die Grundlagen des E-Marketplace

Im Sinne der informationstechnischen Integration hängt das Funktionieren elektronischer


Marktplätze von der Verfügbarkeit bzw. dem Einsatz der bereits in Kapitel 2.1 vorgestell-
ten Standards ab. Damit Informationen mit den Marktteilnehmern problemlos ausge-
tauscht werden können, müssen sich auch die an einen Marktplatz angeschlossenen Sys-
teme an formale Vorgaben halten; Inhalte sind also stets in einem einheitlichen Format oder
einer bestimmten Syntax zu übersenden. Je vollständiger es gelingt, Informationen über
Angebot und Nachfrage in einer einheitlichen Formalsprache über kompatible Schnitt-
stellen zu vermitteln, desto besser ist die Unterstützung hinsichtlich einer vollständigen
Abbildung des Koordinationsprozesses (Zemanek 1992, S. 72 ff.). Eine besondere Rolle
spielen in diesem Zusammenhang Standards zur Produktklassifikation sowie Katalogaus-
tauschformate, deren Rolle im Folgenden näher erläutert werden soll.

4.1.1.2 Online-Produktklassifikation
Bei der Erstellung der anbieterübergreifenden Datenbank gilt es, die Suchfunktionalität zu
berücksichtigen, die dem Kunden auf dem Marktplatz geboten werden soll. Dabei besteht
die Möglichkeit, dass jeder Anbieter seine Produktdaten gemäß einer eigenen Produkt-
klassifizierung und in seinem eigenen Format einstellt. In diesem Fall muss der Nachfra-
ger bei der Suche nach einem bestimmten Produkt jeden Katalog separat durchsuchen.
Werden allerdings die Produktklassifizierung und die Katalogaustauschformate harmoni-
siert (s. Kapitel 2.1.1.2), kann dem Kunden eine anbieterunabhängige Produktsuche gebo-
ten werden. Der Nachfrager nimmt das Produktangebot als einen einzigen Multilieferan-
tenkatalog (MSPC) wahr, obwohl es sich aus verschiedenen Produktdatenquellen zusam-
mensetzt (s. Kapitel 2.1.1.4).
Die Erstellung eines MSPC erfordert in einem ersten Schritt insbesondere die Konsoli-
dierung der Produktdaten verschiedener Anbieter zu einer einheitlichen Metastruktur
(s. Kapitel 2.1.1.4). Vergleichbare Produkte verschiedener Anbieter werden innerhalb des
MSPC dazu mit Hilfe eines Produktklassifizierungssystems (s. Kapitel 2.1.1.3) in eine
Klassenhierarchie eingeordnet. Die resultierende Klassenstruktur ist anbieterneutral und
bildet die Schnittmenge der proprietären Klassifizierungsmodelle der einzelnen Anbieter
(s. Abb. 185). Eine leistungsfähige Artikelklassifizierung beeinflusst direkt die Akzeptanz
des elektronischen Marktplatzes beim Kunden (Otto/Beckmann 2001, S. 351). Vor dem
Aufbau eines proprietären Produktklassifizierungssystems sollte der Marktplatzbetreiber
vorhandene Systematiken wie eCl@ss oder UN/SPSC anhand definierter Merkmale eva-
luieren. Dabei können zur Beschreibung von Klassifizierungssystemen für Produktdaten
folgende Merkmale identifiziert werden (Otto/Beckmann 2001, S. 352):

„ Hierarchieebenen: Klassifizierungssysteme verfügen meist über eine baumartige,


hierarchische Struktur. Am Ende eines Pfades befindet sich eine Artikelklasse (s.
Abb. 185). Je größer die Zahl der Hierarchieebenen, desto feiner ist eine einzelne
Klasse bestimmt. Dabei gilt die Forderung, dass sich eine Klasse dadurch auszeichnet,
dass sie sich in mindestens einem Merkmal von jeder anderen Klasse unterscheidet.
Die Systeme beim elektronischen Handel 503

Wie in einer Verzeichnisstruktur bieten die Hierarchieebenen dem Kunden die Mög-
lichkeit, Suchanfragen selbstständig durch Produktgruppen und Artikelklassen zu ver-
feinern.

„ Merkmalsystem: Neben einer einheitlichen Klassenstruktur zur Systematisierung der


Artikel muss ein Produktklassifikationssystem zudem über ein einheitliches System
zur Beschreibung der Artikel verfügen. Dabei wird meist zwischen Basismerkmalen
und Standardmerkmalen unterschieden, um die Einteilung in kaufmännische und
technische Stammdaten zu berücksichtigen. Basismerkmale sind kaufmännische
Stammdaten und für jeden Artikel innerhalb des Klassifizierungssystems gleich. Diese
beschreiben die Grundeigenschaften aller Artikel. Zu ihnen gehören z. B. ein Beschrei-
bungstext sowie die European Article Number (EAN). Standardmerkmale hingegen
sind technische Stammdaten, die innerhalb einer Artikelklasse in ihrer Zusammen-
stellung eindeutig sind, z. B. das Merkmal „Strichdicke“ bei einem Stift.

27 Automatisierungs-, Elektrotechnik, PLT Sachgebiet

27-20 Messtechnik Hauptgruppe

27-2-04 Messgerät, Durchfluss Gruppe

27-20-04-01 Durchflussmesser (magn.) Untergruppe

27-20-04-01 Durchflussmesser (Masse u.a.)


Merkmale:

27-20-05 Messgerät, Temperat. • Maßwerte


• Toleranz
… • Ausgangssignal
• Material
27-21 Signalverarbeitung • …

Abb. 185: Klassenstruktur von eCl@ss für die Online-Produktklassifikation


Quelle: Otto/Beckmann 2001, S. 354.

„ Branchenbezogenheit: Produktklassifikationssysteme unterscheiden sich hinsicht-


lich ihrer Anwendbarkeit für verschiedene Branchen. Bestimmte Klassifizierungssys-
teme sind speziell auf die Anforderungen einer einzelnen Branche zugeschnitten,
andere wiederum versuchen, einen möglichst breiten, branchenübergreifenden Nutzer-
kreis anzusprechen.

„ Geographische Ausrichtung: Klassifizierungssysteme unterscheiden sich in ihrer


internationalen Einsetzbarkeit, weil sie durch die Aufteilung ihrer Klassen oder die
504 Die Grundlagen des E-Marketplace

Struktur ihrer Merkmalsleisten oft auf ein bestimmtes Land bzw. eine bestimmte
Region zugeschnitten sind.

„ Funktionale Ausrichtung: Einige Produktklassifikationssysteme sind für einen be-


stimmten funktionalen Betriebsbereich konzipiert. Klassifikationssysteme, die spezi-
ell für den elektronischen Einkauf entwickelt wurden, versuchen z. B. die in ERP-
Systemen gängige Warengruppensystematik zu übernehmen.

4.1.1.3 Online-Katalogaustausch
Durch die Verwendung eines lieferantenneutralen, einheitlichen Klassifikationssystems
kann dem Nachfrager auf einem E-Marketplace also ein Mehrwert geschaffen werden,
weil er so in einem einzigen Datenbestand nach Produkten unterschiedlicher Anbieter su-
chen kann. Ein herstellerübergreifender Ansatz ist zudem Ausdruck der Neutralität des
Intermediärs. Neben der einheitlichen Klassifikation muss jedoch auch ein Vorgehen für
den Online-Katalogaustausch der Produktdaten gefunden werden. Dies muss es den An-
bietern ermöglichen, ihre Produktdaten konform mit der geforderten Struktur zur Verfü-
gung zu stellen, sowie eine Schnittstelle zwischen den Systemen der Kunden und dem
elektronischen Marktplatz definieren, die einen möglichst automatisierten Austausch der
Artikeldaten zulässt. Dies ist für die Akzeptanz elektronischer Markplätze insofern von
Bedeutung, als dass die Teilnahmebereitschaft der Anbieter und Nachfrager von dem dar-
aus resultierenden Aufwand abhängt (Otto/Beckmann 2001, S. 354).
Die Nutzung einheitlicher Katalogaustauschformate (s. Kapitel 2.1.1.2) ist für den effi-
zienten Marktplatzbetrieb aus zwei Gründen unabdingbar: Erstens kann der Marktplatz-
betreiber nur dann Produktdaten mit minimalem Aufwand in die eigene Datenbank über-
führen, wenn ihm die Daten in einem definierten Format zur Verfügung gestellt werden.
Liefert jeder Lieferant die Produktdaten in einem proprietären Format, wird der Aufwand
zur Konsolidierung und Rationalisierung der Produktdaten (s. Kapitel 2.1.1.4) zu groß.
Zweitens ist die Existenz eines Standards für den Austausch von Produktdaten für die An-
bieter bedeutsam, die ihre Produktdaten oft nicht nur einem Marktplatz, sondern mehreren
verschiedenen Plattformen zur Verfügung stellen. Wenn jeder Marktplatzbetreiber ein ei-
genes Format verlangt, werden die Mehrwerte einer Marktplatzteilnahme durch die Kom-
plexität der Datenbereitstellung entscheidend reduziert (Otto/Beckmann 2001, S. 354). Für
Nachfrager, die die Katalogdaten im Rahmen eigener E-Procurement-Anwendungen wei-
terverarbeiten möchten (s. Kapitel 2.1.2.2), gilt dies analog. Zur Beschreibung von Kata-
logdatenaustauschformaten identifizieren Otto/Beckmann (2001, S. 351) fünf Merk-
male:

„ E-Business-Eignung: Da elektronische Marktplätze nur über das Internet zugänglich


sind, sollte deren Systemarchitektur auf die Anforderungen des Internets zugeschnitten
sein. Aus diesem Grund sollte das verwendete Übertragungsformat für Produktkata-
logdaten die üblichen Anforderungen des E-Business erfüllen, die bereits in Kapitel
Die Systeme beim elektronischen Handel 505

2.1 angesprochen wurden. Hierzu gehören ein Datenformat auf Basis von XML (s. Ka-
pitel 2.1.1.1) sowie die Übertragung von Multimediadaten. Multimediale Inhalte set-
zen die Unterstützung von MIME (Multipurpose Internet Mail Extensions) voraus, ei-
nem Kodierstandard, der es ermöglicht, zwischen Sender und Empfänger Informati-
onen über den Typ der übermittelten Daten auszutauschen (z. B. ASCII-Textdaten
oder JPEG-Bilddaten) und gleichzeitig eine für den verwendeten Übertragungsweg si-
chere Kodierung (z. B. base64 für die Binärdaten eines JPEG-Bildes) festzulegen.
Darüber hinaus sollte das Katalogformat von gängigen ERP-Systemen lesbar und
erzeugbar sein, da die Artikelstammdaten gewerblicher Anbieter üblicherweise in de-
ren ERP- bzw. Warenwirtschaftssystemen verwaltet werden.

„ Kompatibilität zu Klassifizierungsstandards: Die Übertragung von Produktkata-


logdaten kann nicht losgelöst von den verwendeten Klassifizierungsstandards be-
trachtet werden. Zur Berücksichtigung des Produktklassifikationssystems stehen
zwei Möglichkeiten zur Verfügung: Entweder das Klassifikationssystem wird wie im
in Kapitel 2.1.1.3 vorgestellten Modell für Katalogdatenbereiche einschließlich seines
Merkmalssystems als Teil des Katalogdokuments übertragen. Die zweite Alternative
setzt voraus, dass das Klassifizierungssystem sowohl auf Seiten der Datenquelle (An-
bieter) als auch auf Seiten der Datensenke (Marktplatz) eindeutig bekannt ist. In die-
sem Fall ist es ausreichend, lediglich die Identifikation der jeweiligen Artikelklasse zu
übertragen. Die Einordnung in die hierarchische Struktur sowie die Zuordnung der
Merkmale zu dem jeweiligen Artikel wird dann nach der Übertragung vorgenommen.

„ Aktualisierungsfähigkeit: Aktualisierungsfähige elektronische Austauschformate


machen bei Produkt- oder Preisänderungen nicht die Übertragung des kompletten
Katalogs erforderlich, sondern nur die Übertragung derjenigen Daten, die tatsächlich
geändert wurden. Dieses Merkmal, oft auch Update-Fähigkeit genannt, reduziert die
Menge der diesbezüglich zu übertragenden Daten und senkt den Pflegeaufwand.

„ Internationale Anwendbarkeit: Die internationale Anwendbarkeit des Katalogaus-


tauschformats wird bspw. in der Unterstützung mehrerer Sprachen, der Unterstützung
mehrerer Währungen oder der Unterstützung mehrerer Layouts für unterschiedliche
Verkaufsregionen zum Ausdruck gebracht.

„ Komplexität der Datentypen: Das Katalogdatenaustauschformat muss unterschied-


liche Datentypen übertragen können, so z. B. Einzelwerte, Enumerationswerte und
Intervallwerte. Einzelwerte werden bspw. von dem Merkmal „Gewicht“ angenom-
men. Enumerationswerte hingegen können nur einen bestimmten Wert aus einer genau
spezifizierten Menge an möglichen Werten annehmen. So könnte z. B. ein Stift in
genau spezifizierten Farben angeboten werden. Von besonderer Relevanz sind dar-
über hinaus Intervallwerte. Beispielsweise müssen bei bestimmten Artikeln Längen-
maße so übertragen werden, dass bei einer Kundenanfrage nach einer Artikellänge
von 20 mm ein Artikel gefunden werden muss, der ein Längenmaßintervall von
506 Die Grundlagen des E-Marketplace

10 mm bis 30 mm angibt. Daraus folgt, dass die Intervallgrenzen nicht als Zeichen-
kette, sondern als Zahlenwerte übertragen werden.

Die hier vorgestellten Merkmale können sowohl Lieferanten als auch Marktplatzbetrei-
bern dabei behilflich sein, ein für ihren Anwendungszweck geeignetes Katalogaustausch-
format zu wählen. Die strukturelle Komplexität des einem spezifischen E-Marketplace zu-
grunde liegenden Produktkataloges hängt letztendlich jedoch nicht nur von dessen Format,
sondern auch von dessen Spezifikation und seinen eigentlichen Inhalten ab. Je nach Ziel-
setzung und Zielgruppen des Marktplatzes gestalten sich der entstehende Multilieferan-
tenkatalog und damit auch dessen Pflege mehr oder weniger komplex. Basierend auf dem
bereits in Kapitel 2.1.1.3 vorgestellten Modell für Katalogdatenbereiche fasst Abb. 186
die zentralen Faktoren, die die Katalogkomplexität letztendlich beeinflussen, nochmals
anschaulich zusammen.

Katalogspezifikation Kataloginhalte

Kataloggruppensystem(en)

Lieferanten Klassifikationssystem(en)

Kunden Klassifizierung mit Merkmalen

Währungen kundenspezifischen Preisen


Anzahl der … Nutzung von …
Gebiete Produktabbildung

Sprachen Artikelreferenzen

Zeiträume Varianten

Konfigurationen

Abb. 186: Strukturelle Komplexität von elektronischen Produktkatalogen


Quelle: in Anlehnung an Leukel 2004, S. 23 ff.

4.1.1.4 Online-Katalogmanagement
Im heutigen, von multimedialen Inhalten (s. Kapitel 1.3.2) geprägten Web gehen die auf
Marktplatz-Plattformen präsentierten Anbieter- und Produktdaten weit über rein textuelle
Beschreibungen hinaus. Hochwertiger Content setzt sich heutzutage aus einer Reihe von
integrierten visuellen und ggf. auditiven Elementen zusammen, so z. B. Text, Ton und
(Bewegt-)Bild (Bernet/Keel 2017, S. 158; Gerst 2002, S. 61 f.). Dabei werden nicht nur
direkte Objekteigenschaften, sondern auch verschiedene indirekte, produktbezogene In-
formationen bereitgestellt, so z. B. bezüglich Serviceleistungen, logistischen Informatio-
Die Systeme beim elektronischen Handel 507

nen oder neutralen Produktbeurteilungen. Das marktplatzorientierte Online-Katalogma-


nagement und die darin enthaltende Content-Betrachtung stellen somit einen der kriti-
schen Erfolgsfaktoren dar.
Dabei kommt es keineswegs nur darauf an, auf dem E-Marketplace möglichst viele Daten
vieler Anbieter bereitzustellen. Vielmehr muss der Marktplatzbetreiber den „Spagat“
schaffen, einerseits eine einheitliche Darstellung der angebotenen Objekte zu gewährleis-
ten, um den Nachfragern einen möglichst objektiven und benutzerfreundlichen Überblick
über die Angebote zu bieten, andererseits den Anbietern aber auch die Möglichkeit bieten,
ihre Offerten umfassend und zu den anderen Anbietern differenziert darzustellen
(Ewers/Longwitz 2002, S. 77). Die Aufgabe des Marktplatzbetreibers, einen neutralen
Überblick zu geben, entwickelt sich vor diesem Hintergrund zu einem komplexen Prob-
lem. Nur diejenigen Produkte, die über gleich oder zumindest ähnlich strukturierte Pro-
duktbeschreibungen verfügen, können effizient miteinander verglichen werden. Je präziser
ein Produkt mit den für eine bestimmte Branche wichtigen Kerncharakteristika beschrie-
ben ist, desto leichter können Nachfrager eine adäquate Objekt-und Anbieterauswahl tref-
fen. Wenngleich sich aus Anbietersicht über gut beschriebenen Content enorme Potenziale
zur Differenzierung gegenüber dem Wettbewerb eröffnen, erweist es sich für den Markt-
platzbetreiber in der Praxis oftmals als schwierig, von den Anbietern qualitativ hochwerti-
gen Content zu bekommen. Die Gründe für eine fehlende Contentqualität sind vielfältig
(Ewers/Longwitz 2002, S. 80):

„ Die Daten entstammen verschiedenen, sehr heterogenen Datenquellen. Dies kann so-
gar dann der Fall sein, wenn es sich um Daten desselben Anbieters handelt, wobei die
gelieferten Formate von den beim Anbieter eingesetzten Informationssystemen abhän-
gen.

„ Die Daten zeichnen sich durch einen geringen Standardisierungsgrad, Unvollstän-


digkeit und viele Abkürzungen aus. Die Datensätze sind gekennzeichnet durch syno-
nyme bzw. homonyme Bezeichnungen (für dasselbe Produkt werden verschiedene
Begriffe verwendet bzw. ein Begriff steht stellvertretend für mehrere verschiedene Pro-
dukte).

„ Unvollständige oder gar fehlerhafte Datensätze zu identifizieren und zu verbessern


ist für die Anbieter ein kosten- und zeitaufwendiger Prozess.

„ Oft enthalten die Datensätze nicht-produktrelevante Daten, die eine marketingge-


rechte Darstellung in elektronischen Produktkatalogen erschweren.

„ Die Anbieter liefern ihre Produktdaten in verschiedenen Datenformaten, die nicht


auf den E-Business-Standards basieren und zudem proprietär sind (z. B. Excel-Ta-
bellen, Word-Dokumente, CSV-Dateien, PDF-Dokumente oder SQL-Statements), die
zunächst in eine Form zu übertragen sind, die alle anderen Systeme verarbeiten kön-
nen.
508 Die Grundlagen des E-Marketplace

Ist ein Anbieter nicht in der Lage, seine Produktinformationen in einem vom Marktplatzbe-
treiber vorgegebenen Format zur Verfügung zu stellen, kommt auf den Marktplatzbetreiber
in Abhängigkeit seiner Wettbewerbsposition im Rahmen des Online-Katalogmanagements
also die Aufgabe zu, die heterogenen Datenformate trotz mangelhafter Form der Informa-
tionsvermittlung (s. Kapitel 1.4.1) zusammenzuführen.

4.1.1.5 Online-Koordination
Die vom Katalogaustauschformat unterstützen Datentypen sowie das auf diesen aufbau-
ende Vokabular zur Definition einzelner Datenelemente (s. Kapitel 2.1.1.1) bilden die
Grundlage des (in der Regel XML-basierten) Katalogdokuments und weiterer für einen
effizienten Online-Katalogaustausch benötigter Dokumente (z. B. für die Aktualisierung
und Anforderung von Katalogen). Zu denen für einen E-Marketplace im Rahmen der
Online-Koordination relevanten Geschäftsdokumenten gehören aber auch Preis- und
Verfügbarkeitsabfragen sowie die für das letztendliche Zustandekommen einer Transak-
tion notwendigen Gebote und Gebotsbestätigungen bzw. Bestellungen und Bestellbestäti-
gungen. Auch hier hat sich XML inzwischen als Standardsyntax zur Interaktion
durchgesetzt (Thome/Schinzer/Hepp 2005, S. 86 ff.). Auf den Geschäftsdokumenten auf-
bauend wiederum gilt es, Prozessreihenfolge und Prozesslogiken des Austausches der Ge-
schäftsdokumente festzulegen. Wie bei den Katalogaustauschformaten bietet es sich auch
für die Definition transaktionsbezogener Geschäftsdokumente bzw. der damit zusammen-
hängenden elektronischen Prozesse an, die in Kapitel 2.1.1.2 vorgestellten Transaktions-
bzw. Prozessstandards hinsichtlich ihrer Eignung für das angestrebte Marktplatzsystem zu
evaluieren.
Abb. 187 zeigt ein für die Gestaltung der Online-Koordination anwendbares Schichtenmo-
dell, das die für die Marktplatzkoordination nötigen Datentypen, Elementtypen, Doku-
mente und Prozesse in einen logischen Zusammenhang bringt. Die Framework-Schicht
dieses Schichtenmodells hat dabei die Aufgabe, jene Festlegungen für die Durchführung
der Online-Koordination zu treffen, die nicht fachliche, sondern primär technische
Fragestellungen betreffen. Die Framework-Schicht sollte dabei weitgehend unabhängig
von den zu übertragenden Inhalten und der Geschäftslogik sein und lediglich unterstüt-
zende Dienste anbieten. Zu nennen sind an dieser Stelle grundlegende Protokolle und Stan-
dards wie HTTP, SSL, SQL (s. Kapitel 3.1.3.2) sowie Web-Service-Technologien (s.
Kapitel 4.1.3.3). Diese sind für die Kommunikation der beteiligten Informationssysteme
relevant, betreffen allerdings nicht die für einen E-Marketplace spezifische Geschäftslogik.
Ein weiterer Aspekt im Hinblick auf die Online-Koordination ist die benutzerfreund-
liche und intuitive Menüführung, die zu den Mindestanforderungen gehört, die seitens der
Marktteilnehmer an den E-Marketplace bestehen (s. Kapitel 4.3.2). In Form einer leichten
Bedienbarkeit der Marktplatz-Funktionalität wird durch den Marktplatzbetreiber eine
hohe Nutzungswirksamkeit sichergestellt (Kollmann 2001b, S. 112). Durch die Gewähr-
Die Systeme beim elektronischen Handel 509

leistung der Einfachheit der Kommunikation wird ein möglichst günstiges Verhältnis zwi-
schen dem Aufwand zum Erlernen des Systems und dem Ergebnis einer Nutzung erzielt.
Nur durch eine intuitive und benutzerfreundliche Menüführung auf der Plattform können
Nachfrager ihre Kaufentscheidungen wesentlich schneller und effizienter treffen und
dadurch Prozesskosten nachhaltig senken.

Framework Technische Festlegungen für die Durchführung der Online-Koordination

Definition von
Reihenfolge und Logiken des Austauschs von
Prozesse Transaktionen und
Geschäftsdokumenten
Transaktionsfolgen

Definition der Gebot, Gebotsbestätigung, Bestellung,


Dokumente Geschäfts- Bestellbestätigung, Preis-/Verfügbarkeitsabfrage,
dokumente Katalog, Kataloganforderung/-aktualisierung

Definition der atomare Elemente (z.B. „Höhe“)


Vokabular
Datenelemente
komplexe Elemente (z.B. „Maße“)

Typisierung Basisdatentypen (z.B. „Ganzzahl”, „Datum”)


Datentypen atomarer
Datenelemente Enumerationen (z.B. „Sprache“)

Abb. 187: Schichtenmodell zur Standardisierung der Online-Koordination


Quelle: in Anlehnung an Leukel 2004, S. 83 ff.

Vor diesem Hintergrund muss der Marktplatzbetreiber gewährleisten, dass sich die Nutzer
auf dem Marktplatz bestmöglich und schnell orientieren können. Dabei sieht sich der
Marktplatzbetreiber aufgrund seiner bilateralen Ausrichtung auf die beiden Marktparteien
(Anbieter und Nachfrager) einer besonderen Problematik ausgesetzt: So existiert in der
Praxis über die Marktplatz-Webseite ein gemeinsamer Zugang für Anbieter und Nach-
frager. In der Regel interessiert sich jedoch jedes Marktsubjekt, das den Marktplatz betritt,
entweder nur für das Einstellen eines Angebots (Anbieter) oder für die Artikulation eines
Gesuchs (Nachfrager). Bei der Gestaltung der Plattform muss der Marktplatzbetreiber bei-
den Aktivitäten gleichermaßen gerecht werden und somit beiden Marktparteien einen
leichten Zugang und eine einfache Nutzung ermöglichen. Damit ein optimales Vermitt-
lungsergebnis erzielt werden kann, muss der Marktplatzbetreiber gewährleisten, dass die
Anbieter ihre Offerten auf dem E-Marketplace wie gewünscht einstellen können und die
Nachfrager alle relevanten Angebote finden und miteinander vergleichen können. Sowohl
Anbieter und Nachfrager müssen die benötigten Daten unkompliziert und ggf. durch auf
die Aufgabe zugeschnittene Hilfefunktionen unterstützt eingeben können. In einer diffe-
renzierteren Sichtweise sollten den Anbietern (analog zu den in den Kapiteln 2.1.3.4 und
2.4.1.4 vorgestellten Supplier Self Services) entsprechende Einstellformulare zur Verfü-
gung gestellt werden, während für die Nachfrager die Eingabe von Suchkriterien sowie
510 Die Grundlagen des E-Marketplace

die Navigation innerhalb der Hierarchie des elektronischen Kataloges (s. Kapitel 2.1.1.3)
möglichst transparent gestaltet werden sollte. Darüberhinaus gilt für den E-Marketplace
Betreiber, dass er die Daten der Nutzer nur DSGVO-konform nutzen kann (s. Kapitel 1.3.6
und Kapitel 5.1.1.4). Die neue Datenschutz-Grundverordnung enthält Vorschriften, um
die Verarbeitung personenbezogener Daten natürlicher Personen (d. h. Personen, die die
Rechtsfähigkeit durch Geburt erlangt haben (Vgl. § 1 BGB), z. B. Verbraucher (Vgl. § 13
BGB)) und den Verkehr solcher Daten zu schützen. Sie wurde vom Europäischen Parlament
und dem Rat der Europäischen Union am 27. Mai 2016 erlassen, ist ab dem 25. Mai 2018
anwendbar und mithin innerhalb der gesamten Europäischen Union gültig. Die Nutzer des
Marktplatzes müssen demnach dazu einwilligen, dass ihre personenbezogenen Daten für
Abläufe des E-Marketplace verwendet werden dürfen.
Als personenbezogene Daten werden mithin „alle Informationen, die sich auf eine identi-
fizierte oder identifizierbare natürliche Person (im Folgenden „betroffene Person“) bezie-
hen“ bezeichnet (Vgl. Art. 1 Nr. 1, 1. Hs. DSGVO). Gleich welche Art von Informationen
somit die Identifizierung einer Person ermöglichen, so handelt es sich um personenbezogene
Daten. Diese Informationen umfassen unter anderem Namen, Adressen, Standortdaten, IP-
Adressen, besondere Merkmale, Kennzeichen, Cookies etc.

4.1.2 Die Systemlösungen beim elektronischen Handel

Im Hinblick auf mögliche Systemlösungen können in Abhängigkeit von der Ausgestal-


tung der elektronischen Vermittlungs- bzw. Koordinationsleistung grundsätzlich zwei Ar-
ten von E-Marketplaces unterschieden werden: vertikale und horizontale Marktplätze (s.
Abb. 188). Diese Bezeichnungen haben sich – ohne einen historischen Definitionshinter-
grund – in der Praxis allgemein durchgesetzt (s. hierzu auch Kober 2018, S.102).
Vertikale Marktplätze fokussieren dabei eine ganz bestimmte geschlossene Nutzergrup-
pe (z. B. Mitglieder einer Branche oder Industrie). Sämtliche Funktionen des E-Market-
place sind voll auf diese Nutzergruppe zugeschnitten, sodass eine spezifische, meistens
nach bekannten Regeln (z. B. Lieferkonditionen) ablaufende Zusammenführung von An-
gebot und Nachfrage branchenintern erfolgt (Kollmann 2000c, S. 816). Im Zentrum der
vertikalen Marktplätze steht deshalb die Identifikation und Lösung gruppen- oder bran-
chenspezifischer Probleme, wozu eine spezifische Kenntnis der Sachprobleme unabding-
bar ist (Simon 2000, S. 26). Vertikale Marktplätze sollen dabei alle Stufen der Wertschöp-
fungskette dieser Nutzergruppe mit elektronischen Serviceleistungen abdecken und somit
entsprechend in die Tiefe gehen (s. Abb. 188). Vertikale Marktplätze entstehen in der Regel
nur in stark fragmentierten Branchen, auf denen Anbieter und Nachfrager sonst nur unter
Inkaufnahme sehr hoher Transaktionskosten in Verbindung treten können. Das Entstehen
von vertikalen B2B-Marktplätzen ist zusätzlich darauf zurückzuführen, dass die Unterneh-
men mit starken Schwankungen in ihrer Kapazitätsauslastung konfrontiert sind, sodass
durch die Vermarktung der überschüssigen Kapazitäten eine deutliche Verbesserung der
Die Systeme beim elektronischen Handel 511

Gewinnsituation herbeigeführt werden kann (Kollmann 2001b, S. 83). Die Dienste der
vertikalen Marktplatzbetreiber sind auf die Lösung dieser speziellen Unternehmensprob-
leme ausgerichtet.

Horizontale Marktplätze Vertikale Marktplätze

Branchenübergreifende Spezialisierte und branchen-


Ein- und Verkaufslösungen spezifische Lösungen
Abdeckung nur eines Teils der Abdeckung der gesamten
Wertschöpfungskette (z.B. Verkauf) Wertschöpfungskette
Vor allem C-Güter, aber auch A-, B- und C-Teile, Zuliefererteile
B-Güter sowie Industriegüter sowie Roh- und Grundstoffe
Offener Nutzerkreis meist geschlossener Nutzerkreis
(allerdings meist mit Registrierung) (z.B. personen- oder institutionenbezogen)

Abb. 188: Die Unterschiede zwischen einem vertikalen und horizontalen E-Marketplace
Quelle: in Anlehnung an Simon 2000, S. 29.
Im Rahmen von ausgewählten Beispielen für vertikale Marktplätze kann Newtron (new
tron.net) genannt werden. Dabei handelt es sich um einen vertikalen E-Marketplace für den
Maschinen- und Anlagenbau. Der B2B-Marktplatz dient als zentrale Schaltstelle zwischen
Herstellern und Zulieferern im Maschinen- und Anlagenbau und verbindet dabei über
50.000 registrierte Lieferanten mit ihren Kunden. Weitere Beispiele in Europa und den
USA sind verschiedene Börsen, auf denen die Transportkapazitäten der ansonsten leer
fahrenden LKW vermittelt werden (z. B. teleroute.com). Für die Straßengüterverkehrsun-
ternehmen (Anbieter) besteht der Vorteil der Inanspruchnahme der Vermittlungsleistung
darin, dass der Leerfahrtenanteil reduziert und zusätzliche Einnahmen generiert werden
können. Für den Nachfrager besteht der Vorteil darin, dass seine Güter kostengünstiger
transportiert werden, da der Transporteur in der Regel erhebliche Abschläge von dem
offiziellen Transportpreis gewährt. Weitere wichtige vertikale B2B-Marktplätze sind so-
wohl im Ausland als auch in der Bundesrepublik Deutschland vor allem für die Bereiche
Chemie/Pharmazie, Stahl- und Lebensmittelhandel entstanden.
Die auf vertikalen Marktplätzen angebotenen Vermittlungsdienste werden vom Markt-
platzbetreiber häufig um zusätzliche spezifische Informationsangebote erweitert. Derar-
tige Informationen reichen von weitergehenden Transaktionsinformationen über techni-
sche Spezifikationen, bis hin zu den in einschlägigen Fachzeitschriften abgedruckten In-
halten. Durch diese Zusatzleistungen werden der Informationsstand sowie die Markttrans-
parenz für die Teilnehmer insgesamt verbessert und die Nachfrageentscheidung unter-
stützt. Da die Vertrautheit des Marktplatzbetreibers mit den gruppen- bzw. branchenspezi-
fischen Besonderheiten eine unbedingte Voraussetzung für den Markterfolg darstellt, ent-
wickeln sich vertikale Marktplätze gelegentlich auch aus vertikalen Portalen (Berlecon
2000, S. 9 f.). Zusammenfassend betrachtet, werden unter vertikalen E-Marketplaces die
512 Die Grundlagen des E-Marketplace

Handelsplattformen verstanden, die die gesamte Wertschöpfungskette einer meist ge-


schlossenen Nutzergruppe abdecken und die für die jeweilige Branche spezifische Han-
delslösungen anbieten (Kollmann 2001b, S. 83).
Horizontale Marktplätze konzentrieren sich dagegen nicht auf die Bedürfnisse einer be-
stimmten Nutzergruppe bzw. Branche, sondern auf bestimmte Produktgruppen (z. B.
Büromaterial oder Computerhardware) oder bestimmte Funktionen und Prozesse, denen
in bestimmten Branchen ein hoher Stellenwert zukommt (z. B. Beschaffungswesen). Alle
Funktionen auf dem horizontalen E-Marketplace sind hier voll auf die Vermittlung dieser
Objekte bzw. auf den spezifischen Prozess zugeschnitten, sodass eine eher branchenüber-
greifende Zusammenführung von Angebot und Nachfrage erfolgt. Horizontale Marktplätze
richten sich dabei auf eine bestimmte Stufe in der Wertschöpfungskette (Kaufakt) aus, an
der aber möglichst viele Mitglieder aus unterschiedlichen Branchen teilnehmen sollen
(Kollmann 2000c, S. 818). Damit geht die elektronische Serviceleistung eher in die
Breite. Folglich handelt es sich bei den Teilnehmern auf horizontalen Marktplätzen um
einen offenen Nutzerkreis, wenngleich für die Anbieter und Nachfrager zumeist aber eine
Registrierung obligatorisch ist (Simon 2000, S. 26). Im Rahmen von Beispielen für ho-
rizontale Marktplätze kann zunächst der deutsche B2B-Marktplatz resale.de genannt
werden. Der E-Marketplace handelt mit gebrauchten Maschinen und Anlagen aller Art
und verbindet dabei über 16.000 Unternehmen aus den verschiedensten Branchen und
mittlerweile insgesamt 132 Ländern. Pro Monat besuchen etwa 2.000.000 potenzielle An-
bieter und Nachfrager den E-Marketplace. Die Basis der B2B-Plattform bildet ein Online-
Catalog-System (s. Kapitel 4.2.2.2). Der E-Marketplace resale.de bietet den Teilnehmern
auf Wunsch ebenfalls die Möglichkeit, Online-Auction-Prozesse (s. Kapitel 4.2.2.2)
durchzuführen.
Weitere Beispiele für horizontale Marktplätze in Europa und den USA sind insbesondere
E-Procurement-Marktplätze, auf denen die industrielle Beschaffung (s. Kapitel 2) or-
ganisiert wird (z. B. mercateo.com). Das Beschaffungswesen ist nämlich der Prozess in
Unternehmen, der mittels horizontaler B2B-Marktplätze am häufigsten vereinfacht und
automatisiert wird (Amor 2004, S. 133 f.). Da Unternehmen einen kontinuierlichen Bedarf
an Ersatzteilen, Verbrauchsgütern und Büroartikeln haben, bildet gerade die Beschaffung
dieser sog. C-Artikel einen Schwerpunkt der Vermittlungsaktivitäten (Berlecon 2000,
S. 10). Da das Beschaffungswesen in den Unternehmen höchst unterschiedlich organisiert
ist, muss sich der Betreiber eines horizontalen Marktplatzes eine genaue Kenntnis des
Beschaffungsvorgangs aneignen, um ein optimales Vermittlungsergebnis erzielen zu kön-
nen. Einen besonders hohen Mehrwert können horizontale Marktplatzbetreiber für ihre
Kunden dann generieren, wenn möglichst viele Funktionen des Beschaffungsprozesses
übernommen werden. So entsteht z. B. ein Großteil der Kosten bei der Beschaffung von
Büromaterial dadurch, dass der Bedarf jedes einzelnen Sachbearbeiters geprüft und zu
einer Gesamtbestellung eines Unternehmens bei einem bestimmten Lieferanten zusam-
mengefasst wird, bevor die Bestellung an die Lieferanten versendet wird. Die Kosten
eines derartigen Bestellvorgangs können von einem horizontalen Vermittler z. B. dadurch
gemindert werden, dass er die Bedarfsprüfung bei jedem Bestellvorgang übernimmt.
Die Systeme beim elektronischen Handel 513

Durch die zusätzliche Möglichkeit der zeitlich direkten Bestellung eines Sachbearbeiters
bei einem Lieferanten über den Intermediär kann zudem auf die Aggregation der in der Re-
gel zeitlich versetzt anfallenden Einzelbedarfe zu einer Gesamtbestellung verzichtet wer-
den, wodurch die Gesamtbeschaffungszeit reduziert wird und die benötigten Objekte
schneller verfügbar sind.
Diese Potenziale sind allerdings nur zu realisieren, wenn dem Marktplatzbetreiber ein
tiefer Einblick und Eingriff in Unternehmensinterna gewährt wird, was von vielen klei-
nen und mittleren Unternehmen aus Wettbewerbsgründen als höchst problematisch ange-
sehen wird. Gerade diese kleinen und mittleren Unternehmen können jedoch durch die
Inanspruchnahme eines horizontalen Vermittlers große Einsparungspotenziale realisieren,
da sie im Gegensatz zu Großunternehmen aus Kostengründen zumeist nicht in der Lage
sind, eigene E-Procurement-Systeme z. B. in Form eines Extranets, d. h. ein Netzwerk
zwischen einem Unternehmen und seinen Zulieferanten zum Zwecke der Reduzierung
des Beschaffungsaufwandes, aufzubauen (Berlecon 2000, S. 10.). Die Betreiber von ho-
rizontalen B2B-Marktplätzen sind entweder freie, unabhängige Intermediäre, wie z. B.
der Gebrauchtwarenmarktplatz surplex.com oder aber Vermittler, die über einen entspre-
chenden industriellen Hintergrund verfügen, wie z. B. e2open.com, einer Plattform für die
IT-Industrie, die u. a. von IBM, LG Electronics und Hitachi initiiert wurde. Horizontale
elektronische Marktplätze sind somit insbesondere Handelsplattformen, die sich auf einen
bestimmten Punkt der Wertschöpfungskette für eine offene Nutzergruppe konzentrieren
und damit branchenübergreifende Handelslösungen anbieten (Kollmann 2001b, S. 85).

A
Privater
Privater Nachfrager- A E-Procurement-
Nachfragermarktplatz
E-Marketplace System
A

A N
Nachfragerseitiger Nachfrager-
A N
E-Marketplace Modell
A N

A N
Neutraler Makler-
A N
E-Marketplace Modell
A N

A N
Anbieterseitiger Anbieter-
A N
E-Marketplace Modell
A N

N
Privater Anbieter- E-Shop-
E-Marketplace N
System
N

Abb. 189: Mögliche Systemlösungen für den Betrieb eines E-Marketplace


Quelle: in Anlehnung an Abrams 2002, S. 33.
514 Die Grundlagen des E-Marketplace

Der aufgezeigte unterschiedliche Hintergrund der Betreiber von horizontalen Marktplät-


zen führt zu einer weiteren grundsätzlichen Unterscheidung von Systemlösungen bei
E-Marketplaces. Der Betrieb eines elektronischen Marktplatzes muss nicht zwangs-
läufig durch einen neutralen Intermediär erfolgen. Auch einzelne Objekt-Anbieter und/o-
der Nachfrager können durchaus ein originäres Interesse daran haben, eigene elektroni-
sche Marktplätze zu etablieren bzw. den E-Marketplace eines Intermediärs an sich zu bin-
den. Für jede der drei Marktparteien bestehen spezifische Anreize zur Investition in Markt-
plätze. Auf der Anbieterseite besteht die Aussicht auf eine Gewinnerhöhung, auf der
Nachfragerseite zur Nutzenmaximierung und auf der Seite des Intermediärs zur Gewinn-
erzielung. Ähnlich wie bei den anderen Plattformen des E-Business lassen sich auch die
Systemlösungen eines E-Marketplace anhand der Frage differenzieren, wer die resultieren-
den Geschäftsprozesse durch die Implementierung der Systemlösung ermöglicht. In Ab-
hängigkeit von der Partei, welche die Marktplatzlösung in ihrem System hält bzw. maß-
geblichen Einfluss auf das Marktplatzgeschehen ausübt, können zwischen den beiden Ext-
rema „E-Shop“ und „E-Procurement“ insgesamt drei Grundmodelle bzw. Ausprägungen
von internetbasierten E-Marketplace-Lösungen unterschieden werden (s. Abb. 189), auf
die im Folgenden jeweils detailliert eingegangen werden soll.

4.1.2.1 Anbieter-Modell
Bei einem Anbieter-Modell versucht ein bzw. versuchen wenige Anbieter einen E-Market-
place zu betreiben. Hintergrund ist die Tatsache, dass der Abbau von Informationsasym-
metrien und die Verringerung der Suchkosten zwei zentrale Motive für die Partizipation
von Nachfragern an einem E-Marketplace sind (s. Kapitel 4.1.2.2). Die daraus resultierende
Anbieter- und Produktpreistransparenz vergrößert den Kostendruck auf die Anbieter und
ist somit unvorteilhaft für die Anbieterseite. Die Anbieter werden folglich tendenziell
versuchen, die Form und Ausrichtung des E-Marketplace zu ihren Gunsten zu beeinflus-
sen und anstelle von E-Marketplaces mit überwiegender Preisvergleichsfunktion infor-
mationsorientierte E-Marketplaces zu gestalten (Bakos 1991, S. 302). Dabei soll ins-
besondere die Produktdifferenzierung in den Mittelpunkt gestellt werden. Durch die
Etablierung eigener E-Marketplaces, die diesem Anbieter-Modell folgen, soll letztendlich
auch die Entstehung neutraler oder nachfragerseitiger Marketplaces verhindert, resp. ein
Gegengewicht zu bereits bestehenden E-Marketplaces geschaffen werden. Über die pas-
sive, strategieinduzierte Argumentation hinaus, werden die Anbieter darauf zielen, einen
Teil des messbaren Mehrwerts als Betreiberrendite abzuschöpfen (Bakos 1997, S.
1686 f.). Zu diesem Zwecke schließen sich Anbieter zusammen und betreiben gemeinsam
einen Marktplatz (s. Abb. 189). Der Betreibergewinn für die einzelnen Anbieter ist dabei
abhängig von der Gruppengröße. Je mehr Anbieter sich zusammenschließen, desto gerin-
ger fällt der Individualgewinn aus. So entstehen Anreize zur Gestaltung eines individu-
ellen E-Marketplace. Dieses Extremum eines geschlossenen, individuellen E-Marketplaces
kann ebenfalls als E-Shop-Lösung (s. Kapitel 3) bezeichnet werden.
Die Systeme beim elektronischen Handel 515

Es ist evident, dass angebotsseitige Marktplätze insbesondere in Märkten mit hoher relati-
ver Marktmacht und -konzentration der Anbieter entstehen. Kann ein einzelner An-
bieter keinen E-Marketplace mit ausreichender Reichweite etablieren, sind Zusammen-
schlüsse von Anbietern noch immer vorteilhafter als die Zwischenschaltung eines unabhän-
gigen Intermediärs mit eigenem Gewinnziel. Da ein neutraler, herstellerunabhängiger
Intermediär auf aktuelle Informationen über Produkte, Preise und Konditionen angewie-
sen ist, haben die Anbieter einen Informationsvorsprung. Aufbauend auf diesem Informa-
tionsvorsprung haben kooperierende Anbieter das Potenzial, einen höherwertigeren
E-Marketplace gestalten zu können als ein unabhängiger Intermediär.
Durch die Ablehnung der Partizipation an neutralen E-Marketplaces haben die anbietenden
Unternehmen bei hoher Marktmacht darüber hinaus die generelle Möglichkeit, die Ent-
wicklung neutraler Marktplatzlösungen ad absurdum zu führen, da auf diesen keine Ob-
jekte angeboten werden würden und dadurch kein Handel stattfinden könnte. Dieser Ver-
zicht auf die Nutzung zusätzlicher Vertriebskanäle durch Intermediäre ist jedoch vor dem
Hintergrund der Potenziale zur Einsparung von Kosten und Zeit (s. Kapitel 4.2.1.1) sorg-
fältig zu prüfen. Als Beispiel für ein Anbieter-Modell kann der Online-Reiseservice
opodo.de genannt werden. Das Unternehmen stellt im Internet ein breites Spektrum an
Reiseleistungen an (s. Abb. 190). Gegründet wurde opodo.de von neun führenden europä-
ischen Fluggesellschaften (Aer Lingus, Alitalia, British Airways, Air France, Austrian
Airlines, Finnair, Iberia, KLM und Lufthansa).

Abb. 190: Beispiel eines Anbieter-Modells für einen E-Marketplace


Quelle: www.opodo.de
516 Die Grundlagen des E-Marketplace

4.1.2.2 Nachfrager-Modell
Bei einem Nachfrager-Modell versucht ein bzw. versuchen wenige Nachfrager einen
E-Marketplace zu betreiben. Nachfragerseitige Marktplätze entstehen in der Regel aus
ähnlichen Motiven wie anbieterseitige Marktplätze. Die Marktplatzpartei versucht durch
die größtmögliche Einflussnahme auf das Handelsgeschehen einen in der Regel geld-
lichen Vorteil zu erzielen. Die Nachfrager werden folglich tendenziell versuchen, die Form
und Ausrichtung des E-Marketplace zu ihren Gunsten zu beeinflussen und tendenziell
preisorientierte E-Marketplaces zu konstruieren. Die Nachfrager verfolgen durch die
Etablierung eigener Marktplatzlösungen nach dem Nachfrager-Modell das Ziel, den Nut-
zen zu maximieren und parallel die Kosten zu senken (Bakos 1997, S. 1684). Dabei
adressieren sie im Wesentlichen zwei Problembereiche:

„ Fehlender Marktpartner: Wird der ideale Transaktionspartner bspw. aufgrund zu ho-


her Suchkosten nicht gefunden, kommt entweder gar kein Leistungsaustausch zu-
stande oder es müssen weniger bedarfsgerechte Objekte gekauft werden, was zu er-
höhten Qualitäts- und Produktionskosten führen kann. Die forcierte Wahl eines unge-
eigneten Transaktionspartners resultiert in einem suboptimalen Nutzen für den Nach-
frager.

„ Fehlender Wettbewerb: Informationsasymmetrien bzw. fehlende Markttransparenz


unterminieren einen effektiven Preiswettbewerb unter konkurrierenden Anbietern, was
die Nachfrager dazu zwingt, Transaktionen auf einem hohen Preisniveau zu tätigen.
Der Kauf eines Objektes unter diesen Bedingungen resultiert in einem suboptimalen
Preis für den Nachfrager.

In der Regel ist es für die Nachfrager schwieriger, geeignete Anbieter auf sich und ihren
Transaktionswunsch aufmerksam zu machen als umgekehrt. Jedoch hat sich in vielen Be-
reichen ein Wandel von Verkäufer- zu Käufermärkten vollzogen, sodass die Nachfrager
stark konzentriert sind oder über eine hohe Marktmacht verfügen (Weller 2000, S. 8 f.).
Ein mögliches Beispiel für nachfragerseitige Marktsysteme ist die Nachfragebündelung,
bei der sehr viele Nachfrager das gleiche Objekt erwerben möchten und über ein ge-
meinsam abgegebenes Gesuch aufgrund der dem Anbieter in Aussicht gestellten hohen
Absatzmenge einen reduzierten Preis erhalten. Die Extremform nachfragerseitiger Markt-
platzlösungen ist der private, geschlossene Nachfragermarktplatz, bei dem in der Regel
ein einzelnes Unternehmen seinen Einkauf mit mehreren (potenziellen) Lieferanten elekt-
ronisch und ggf. automatisiert durchführt. Diese Lösungen werden ebenfalls als E-Procu-
rement-Systeme bezeichnet (s. Abb. 191). Als Beispiel für ein Nachfrager-Modell kann
pharmaplace.de genannt werden. Aus der Reaktion auf die steigenden Kosten und immer
komplexeren Versorgungsketten wurde im Jahr 2000 von neun Pharmaunternehmen unter
Beteiligung des Bundesverbands der Pharmazeutischen Industrie der nachfragerseitige
Marktplatz als eine nutzenorientierte Einkaufsplattform „aus der Branche für die Branche“
gegründet. Die Kombination eines Kooperations- und Marktplatzbereiches ermöglicht vor
Die Systeme beim elektronischen Handel 517

diesem Hintergrund den Kunden klare Preisvorteile, eine Entlastung des Einkaufs und da-
mit einen Know-How-Ausbau.

4.1.2.3 Makler-Modell
Bei einem Makler-Modell versucht ein unabhängiger Handelsvermittler den E-Market-
place zu betreiben. Maklerseitige Marktplätze entstehen in der Regel aus polypolistischen
Situationen heraus, bei denen sich viele Anbieter und viele Nachfrager ohne eine ausge-
prägte Machtstruktur auf einer der beiden Marktseiten gegenüberstehen. Der Makler ver-
sucht dabei aus der unabhängigen Vermittlungsleistung die größtmögliche Einflussnahme
auf das Handelsgeschehen auszuüben und dadurch einen geldlichen Vorteil zu erzielen.
Der Makler wird folglich tendenziell versuchen, die Form und Ausrichtung des E-Market-
place zu seinen Gunsten zu beeinflussen und tendenziell handelsorientierte E-Market-
places zu konstruieren. Die eigentliche Besonderheit von E-Marketplaces besteht vor die-
sem Hintergrund in der Rolle des Maklers als zentrale Marktplatzinstanz. Nach Bailey/
Bakos (1997) können vereinfacht zwei Arten von Marktplatzbetreibern im Internet un-
terschieden werden. Marktplätze ohne und mit einem aktiven zentralen Makler bzw. Be-
treiber für die Abstimmung der wirtschaftlichen Transaktionen:

„ Marktplätze ohne aktiven zentralen Betreiber stellen lediglich den elektronischen


Handelsraum zur Verfügung. Es wird nur eine thematische Aufstellung (Links) von po-
tenziellen Handelspartnern und -objekten angeboten, ohne dass jedoch auf den konkre-
ten Transaktionswunsch eingegangen wird. Als Beispiele für Marktplätze ohne einen
aktiven Betreiber können die sog. Shopping-Malls oder Markt-Communities (Hagel/
Armstrong 1998) angeführt werden, bei denen einem Nachfrager ein Anbieterüber-
blick zu einem bestimmten Themenfeld gegeben wird. Die Vermittlungsaufgabe des
Marktplatzes konzentriert sich darauf, den Marktplatzteilnehmern einen Überblick zu
verschaffen. Eine konkrete Vermittlungsleistung für das einzelne Transaktionsobjekt
wird hier jedoch nicht geboten (z. B. shopping24.de).

„ Bei Marktplätzen mit einem aktiven zentralen Betreiber greift ein Organisator
oder Broker aktiv in das Marktgeschehen ein. Er sammelt Angebote und Gesuche in
seiner Datenbank und ordnet diese nach einem bestimmten Koordinationsmechanis-
mus (sog. Matching) zu (Kollmann 2005d). Diese aktive Vermittlungsleistung zwi-
schen Angebot und Nachfrage wird als unternehmerisches Produkt offeriert. Als
Beispiele für Marktplätze mit einem aktiven zentralen Betreiber können Online-Auk-
tionen (z. B. my-hammer.de) oder auch digitale Objektbörsen (z. B. immobilienscout
24.de) angeführt werden, bei denen Vermittlungsleistungen in Hinblick auf einen ganz
bestimmten Gegenstand angeboten werden. Die Vermittlungsaufgabe des Marktplatz-
betreibers besteht hier in der konkreten Koordination von Angebot und Nachfrage
(Choi/Stahl/Whinston 1997).
518 Die Grundlagen des E-Marketplace

Um den Marktteilnehmern also mehr als nur einen Überblick bieten zu können, muss ein
aktiver Marktplatzbetreiber im Makler-Modell eine Neutralität und Unabhängigkeit für
die konkrete Vermittlung von Angebot und Nachfrage signalisieren. Dabei offeriert der
wirtschaftlich selbständige aktive Marktplatzbetreiber ein Angebot für die Koordination
von wirtschaftlichen Transaktionen der Anbieter- und Nachfragerseite an einem bestimm-
ten Ort im Datennetz (Vorgabe einer Daten- bzw. Domainadresse). In Analogie zu einem
realen Marktplatz steht der neutrale E-Marketplace-Betreiber nicht in einer eigentums-
rechtlichen Beziehung mit den gehandelten Gütern. Die Möglichkeiten der Informations-
technik erlauben es dem Betreiber des E-Marketplace über die Bereitstellung von Handels-
raum hinaus, die Rolle einer aktiven Marktleitung zu übernehmen. Während Betreiber
realer Marktplätze nur einen anonymen Handelsraum für ein Treffen von Anbieter und
Nachfrager zur Verfügung stellen konnten, kann der Betreiber eines E-Marketplace dar-
über hinaus eine Unterstützung für jede einzelne Transaktion offerieren. Die elektronisch
vorhandenen Transaktionsinformationen machen den gesamten Marktplatz für den Betrei-
ber übergreifend transparent und vor allem steuerbar.

Abb. 191: Beispiel eines Nachfrager-Modells für einen E-Marketplace


Quelle: www.pharmaplace.de
Die Systeme beim elektronischen Handel 519

Der Marktplatzbetreiber verfolgt dabei ein individuelles Gewinnziel. Er schöpft dazu den
für die Anbieter und Nachfrager generierten Mehrwert über diverse Einnahmemodelle
ab. Wenngleich dies den Interessen der Anbieter- und Nachfragerseite prinzipiell entge-
gengerichtet ist, wertschätzen und entlohnen diese Marktparteien den Marktplatzbetreiber
für den neu geschaffenen Absatz- und Vertriebskanal (Anbieterseite) sowie für die
geschaffene Markttransparenz (Nachfragerseite). Der Nutzen bzw. der Mehrwert, den
der Marktplatzbetreiber erzeugt, steigt dabei mit der Anzahl der zu koordinierenden
Angebote und Nachfrager, da der Marktplatzbetreiber als Intermediär einen Datenbank-
abgleich über alle Offerten und Gesuche auf dem E-Marketplace gleichzeitig durchführen
kann. Als Spezialist für die Koordination/Vermittlung von Transaktionen kann der unab-
hängige Marktplatzbetreiber die Intermediationsfunktion zum Teil erheblich besser als
anbietende oder nachfragende Marktteilnehmer erfüllen. Durch die neutrale Positionie-
rung zwischen Anbieter- und Nachfragerseite (s. Abb. 189) kann der Marktplatzbetreiber
neben der unabhängigen semantischen und qualitativen Prüfung der Informationen die
Angebote und Nachfragen glaubhaft objektiv strukturieren und kommentieren. Diese Funk-
tionen können von anbietenden Marktteilnehmern nicht selbst erfüllt werden, da ihnen ei-
nerseits die benötigten Informationen von ihren Konkurrenten nicht zur Verfügung stehen
und ihnen andererseits die Objektivität beim Produktvergleich abzusprechen ist. Die voll-
ständigen Informationen über den Markt, die Teilnehmer, die Offerten und Gesuche und de-
ren neutrale Verarbeitung und Nutzung sind Kernanforderungen an vermittlerseitige
E-Marketplaces. Die Glaubwürdigkeit des Marktplatzbetreibers ist somit ein wichtiger
Erfolgsfaktor für den E-Marketplace.

Abb. 192: Beispiel eines Makler-Modells für einen E-Marketplace


Quelle: www.autoscout24.de
520 Die Grundlagen des E-Marketplace

Das Makler-Modell ist im B2B-Bereich hauptsächlich in stark fragmentierten bzw.


Nischenmärkten zu beobachten, da in diesem Umfeld die Marktmacht nicht auf wenige
große Anbieter oder Nachfrager konzentriert ist, die zusätzlich möglicherweise sogar selbst
über genug Ressourcen zum Aufbau eines E-Marketplace verfügen (Weller 2000, S. 9).
Im B2C-Handel kommt dem Makler-Modell eine entscheidende Rolle zu, da dort in der
Regel große Informationsasymmetrien zwischen Herstellern bzw. Anbietern und den
Endkunden herrschen (Clement/Schreiber 2016, S. 94 ff.). In diesem Bereich werden
elektronische Marktplätze nahezu ausschließlich von Intermediären induziert, da einerseits
die Anbieterseite kein Interesse daran hat, eine größere Markttransparenz zu schaffen, da
sie damit einen höheren Wettbewerb fördern würde und andererseits die Endkunden nicht
über die benötigten Ressourcen verfügen und zu stark fragmentiert sind, um eigene Markt-
plätze zu etablieren. Diesem Gedanken weiter folgend ist der C2C-Handel auf neutrale
Vermittler sogar grundsätzlich angewiesen. Als Beispiel für ein Makler-Modell kann der
E-Marketplace für Gebrauchtwagen autoscout24.de genannt werden. Nach eigenen Anga-
ben werden auf diesem E-Marketplace von Privatpersonen sowie gewerblichen Autohänd-
lern über zwei Millionen Gebrauchtwagen gehandelt (s. Abb. 192).
Im Zuge der neu entwickelten Blockchain-Technologie (s. Kapitel 1.1.6) wird das Mak-
ler-Modell ohne einen aktiven zentralen Marktplatzbetreiber neu diskutiert und weiterent-
wickelt bzw. das Makler-Modell mit einem aktiven zentralen Marktplatzbetreiber kritisch
hinterfragt (Scholz 2017, S.187 f.). Im Mittelpunkt steht die Frage, ob es Marktplatzbe-
treiber in beiden Fällen in heutiger Form auch noch in Zukunft geben wird, wenn die
Blockchain-Technologie zu einer Dezentralisierung der Marktplatzaktivitäten und da-
mit zur erneuten Desintermediation des elektronischen Marktplatzbetreibers führt.
Zwei kritische Faktoren bestehender E-Marketplaces ohne aktiven Marktplatzbetreiber
waren zuvor der zeitliche Faktor und das Vertrauen zwischen Anbieter und Nachfrager
bezüglich der Transaktionsleistung, da der Marktplatzbetreiber hier keine tragende res-
pektive unterstützende Rolle eingenommen hat. Und da wo ein zentraler aktiver Markt-
platzbetreiber eine vermittelnde Rolle übernommen hat, stellt sich die Frage, ob diese
nicht auch durch die Blockchain-Technologie selbst übernommen werden kann.
Im Hinblick auf den ersten Fall (ohne aktiven Marktplatzbetreiber) können durch Ein-
bindung der technologischen Attribute der Blockchain-Technologie nun die Aspekte Zeit
und Vertrauen optimiert werden. Der elektronische Marktplatz wird aufgrund der Block-
chain zu einer dezentralen autonomen Organisation (Scholz 2017, S. 187 f.). Das bis-
lang bestehende Vertrauen von Anbieter und Nachfrager in die zentrale Rolle des Markt-
platzbetreibers wird in die technologische Architektur der Blockchain-Technologie über-
führt (Scholz 2017, S.188). Der Marktplatzbetreiber hat indessen keine Kontrolle mehr
über die Transaktionen oder Daten der Marktplatzteilnehmer (Yli-Huumo et al. 2016). Dies
wird mittels der technologischen Aspekte der Blockchain abgebildet (beispielsweise über
den Konsensus-Mechanismus, s. Kapitel 1.1.6 sowie Appelfeller/Feldmann 2018, S. 160
ff.). Alle Transaktionen und Daten werden unwiderruflich in der Blockchain gespeichert
(Crosby et al. 2016). Darüber hinaus partizipieren alle Marktplatzteilnehmer auf gleiche
Weise am Marktplatzgeschehen. Dieser Zustand führt zum Aufleben des traditionellen
Die Systeme beim elektronischen Handel 521

genossenschaftlichen Grundgedankens (Scholz 2017, S. 188), indem Werte der Gleichbe-


rechtigung Einzug in das Makler-Modell eines elektronischen Marktplatzes finden. Koll-
mann/Hensellek/de Cruppe/Sirges (2019) sprechen in diesem Zusammenhang auch von
einem kooperativen Blockchain-enabled Electronic Marketplace (BEEM).
Ein Beispiel für ein Makler-Modell ohne einen aktiven zentralen Marktplatzbetreiber auf
Basis der Blockchain-Technologie (STEEM Blockchain), stellt die Webvideo-Plattform
D.Tube dar. Analog zur Videoplattform YouTube ist D.Tube ebenfalls eine digitale Platt-
form, auf der User sowohl Videos hochladen als auch anschauen können. Das Design von
D.Tube ist dabei stark an das Design von YouTube angelehnt. Im Gegensatz zur traditio-
nellen Plattform, können nicht nur Anbieter von Videos ihre Inhalte durch Werbung
monetarisieren, sondern auf D.Tube verdienen sowohl Anbieter als auch Nachfrager der
Videos. Hierbei ist es möglich über die eigentlichen Videoinhalte sowie über Likes oder
das Schreiben von Kommentaren Geld zu verdienen. Dabei ist D.Tube jedoch werbefrei.
Jedes Video auf D.Tube wird automatisch zu einem STEEM-Inhalt, der sieben Tage lang
von den Usern bewertet und somit entlohnt werden kann. Die Belohnung besteht durch
die Kryptowährung STEEM, die auf Basis der STEEM-Blockchain täglich neu produziert
wird. Die Belohnung für die Videos verläuft dabei transparent. Jedem User ist es möglich
zu jeder Zeit die Belohnungssumme des jeweiligen Users einzusehen (s. Abb. 192).
D.Tube verdient dabei 10 % der Belohnungen für alle hochgeladenen Videos, um die Platt-
form weiterhin erfolgreich zu betreiben. Darüber hinaus gibt es bei D.Tube keine Zensur
der Inhalte. Die User können somit frei entscheiden, welche Inhalte sie online schalten (o.
V. 2019b). Die D.Tube Plattform unterliegt einem kontinuierlichen Verbesserungsprozess.

Abb. 193: Beispiel eines Makler-Modells auf Basis der Blockchain-Technologie


Quelle: https://d.tube
522 Die Grundlagen des E-Marketplace

Im Hinblick auf den zweiten Fall (mit aktiven Marktplatzbetreiber) besteht die Mög-
lichkeit, dass die Blockchain-Technologie diesen nun überflüssig machen könnte (s. Abb.
194). Es wird weithin postuliert, dass Makler, Notare, Banken, Plattform-Betreiber und
andere Vermittler von Leistungen nicht mehr benötigt werden, wenn die zugehörigen Han-
delsgeschäfte über die Blockchain direkt zwischen den Marktbeteiligten ohne eine zen-
trale Aktivität des Marktplatzbetreibers abgewickelt werden können (Rohde 2017). Hier
werden die beiden Aspekte Zeit und Vertrauen durch die Blockchain als substituierendes
Merkmal gegenüber der zentralen Instanz optimiert. Was hierbei vergessen wird ist die
Tatsache, dass der Einsatz der Blockchain von den vorhandenen Marktplätzen mit einem
aktiven Betreiber eine bewusste Einsatzentscheidung ist und das nicht, um sich selbst
überflüssig zu machen, sondern die Matching-Prozesse noch schneller und effektiver ab-
laufen zu lassen. Im Hinblick auf diesen Matching-Prozess muss unterschieden werden,
ob sich die vermittelten Handelspartner schon kennen oder nicht. Kennen sie sich, dann
kann die reine Abwicklung auch über eine Blockchain ohne aktiven zentralen Marktplatz-
betreiber funktionieren. Kennen sie sich aber noch nicht, dann wäre die aktive Zusammen-
führung von Angebot und Nachfrage immer noch eine Leistung, die über die betreffende
Plattform nur vom aktiven Marktplatzbetreiber als elektronischer Mehrwert durchgeführt
werden kann. In beiden Fällen bleibt die Rechtfertigung zur Nutzung einer solchen Platt-
form bestehen, entweder in der Anbahnung oder in der Abwicklung der Transaktion über
einen elektronischen Marktplatz – auch mit Blockchain-Technologie. Der elektronische
Marktplatz wird hier aufgrund der Blockchain zu einer dezentralen heteronomen Orga-
nisation.

Abb. 194: Beispiel einer Blockchain-Transaktion ohne aktiven Marktplatzbetreiber


Quelle: vbw - Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft
Die Systeme beim elektronischen Handel 523

Aus Sicht des strategischen Plattform- bzw. Marktplatz-Wettbewerbs geht es daher


nicht um die Frage „Blockchain contra Marktplätze“, sondern vielmehr um die Frage, ob
dezentrale autonome Organisationen mit Hilfe der Blockchain (Abwicklung) die derzei-
tige Vormachtstellung von dezentralen heteronomen Organisationen unter deren Verwen-
dung der Blockchain (Anbahnung und Abwicklung) nochmals durchbrechen können.
METRO und TUI sind derzeit dieser Meinung und arbeiten laut Presseberichten an Block-
chain-Plattormen im Gastro- bzw. Tourismus-Bereich, um „die unguten Strukturen von
Internet-Plattformen wie Booking.com, Airbnb oder Uber mit der Blockchain aufbrechen“
(Müller 2017). Nach Metzner (2016) könnten in diesem Zusammenhang langfristig gerade
Blockchain-Unternehmen zu den Gewinnern gehören, da „nicht mehr die Plattformen das
Vertrauen erzeugen, sondern die technische Infrastruktur diesen Teil der Wertschöpfung
übernimmt.“ Nicht ohne Grund wurden in jüngerer Zeit zahlreiche Blockchain-Pendants
zu bestehenden elektronischen Marktplätzen entwickelt (z. B. dsound.audio, beetoken
.com oder lazooz.org). Die dagegenstehende Meinung wird von Autoren vertreten, die
Amazon & Co. durch die Blockchain-Technologie noch stärker werden sehen, da sie zu-
sätzlich zum Handel nun auch noch eine eigene begleitende Kryptowährung aufbauen
können, um auch diese Funktion im Rahmen des Transaktionsprozesses vollständig zu
integrieren. Es sei daher nicht verwunderlich, dass gerade Amazon zu den größten Inves-
toren in diese Technologie zählt und sie aktiv als Web-Service zur Verfügung stellt.

4.1.3 Die Systemarchitekturen beim elektronischen Handel

Die in der Praxis zu beobachtenden Systemarchitekturen für elektronische Marktplätze


sind vielfältig. Allerdings können in einer modularen Sichtweise Komponenten identifi-
ziert werden, die – unabhängig von ihrer konkreten Ausgestaltung – bei der technischen
Konzeption eines jeden E-Marketplace zu berücksichtigen sind. Dabei muss sich der Markt-
platzbetreiber nicht nur mit internen Faktoren des Marktplatzes auseinandersetzen. Viel-
mehr ist gerade die Interaktion mit der relevanten Marktumwelt in Form der Anbieter und
Nachfrager erfolgskritisch. Die Systemarchitektur hat Einfluss auf die Erweiterbarkeit,
Änderbarkeit, Skalierbarkeit und Zuverlässigkeit des Systems sowie die Wiederverwend-
barkeit und Austauschbarkeit einzelner Komponenten. Zudem hat die Systemarchitektur
je nach Bereitstellung von Schnittstellen einen direkten Einfluss auf die Offenheit des
Marktplatzes für die Anbindung von Drittsystemen auf Anbieter- und Nachfragerseite.

4.1.3.1 Marktplatz-Komponenten
Auch bei den Marktplatz-Komponenten lässt sich analog zu den benötigten Funktionen
eines E-Shop-Systems (s. Kapitel 3.1.3.1) auch die Funktionalität eines Marktplatzsys-
tems anhand verschiedener Front- und Back-End-Komponenten beschreiben. Anders als
bei einem E-Shop lassen sich viele Bestandteile einer E-Marketplace-Plattform allerdings
nicht eindeutig der Kunden- oder Betreiberseite zuordnen. Aufgaben im Bereich Content
524 Die Grundlagen des E-Marketplace

Management bspw. werden je nach Ausgestaltung eines Marktplatzes sowohl vom Markt-
platzbetreiber als auch von den einzelnen Anbietern wahrgenommen, sodass an dieser
Stelle lediglich eine allgemeine Beschreibung möglicher Funktionen bzw. Komponenten
eines Marktplatzsystems vorgenommen werden soll. In Anlehnung an Otto et al. (2000,
S. 76 f.) und Sairamesh et al. (2002, S. 245 f.) ergeben sich die folgenden funktionalen
Merkmale, die bei der Entwicklung und dem Einsatz eines Marktplatzsystems von be-
sonderer Relevanz sind und in der Regel in einzelne Softwarekomponenten gekapselt sind:

„ Multilieferantenkatalog: Damit die Nachfrager Angebote vergleichen können, ist es


erforderlich, dass die Produktdaten (z. B. Preise) verschiedener Anbieter gegenüber-
gestellt werden können. Dazu werden mehrere Kataloge verschiedener Lieferanten
zu einem MSPC aggregiert.

„ Auktionsmodul: Die Durchführung von Auktionen kann in zwei Richtungen funk-


tionieren (s. Kapitel 4.2.2.2). Einerseits werden Produkte angeboten und meistbietend
verkauft, andererseits können auch Produkte nachgefragt und günstig eingekauft wer-
den (Reverse Auction).

„ Anbieter-/Nachfragerlisten: Auf der Marktplatzplattform werden Listen zur Verfü-


gung gestellt, in denen der Nachfrager bzw. Anbieter nach Anbietern bzw. Nachfragern
des gewünschten Produkts suchen und sich über diese informieren kann.

„ Aggregierte Bestellungen: Der Marktplatz ermöglicht dem Nachfrager, Bestellun-


gen bei verschiedenen Anbietern zu einer einzigen Bestellung zu aggregieren bzw.
Artikel verschiedener Anbieter in den Warenkorb aufzunehmen. Analog müssen Be-
stellbestätigungen von verschiedenen Anbietern gesammelt und an den Nachfrager
gesendet werden.

„ Transaktionsunterstützung: Bei erweiterter Funktionalität des Marktplatzes wird


neben der reinen Koordination auch die darauffolgende Transaktion (z. B. in Hinblick
auf Zahlungsvorgänge) unterstützt. So können Aufträge auf dem Marktplatz bspw.
direkt gebucht und abgewickelt werden.

„ Content Management: Entscheidend für den angebotenen Inhalt auf dem Marktplatz
ist die Gestaltung der Online-Katalogpflege (s. Kapitel 4.1.1.3). Diese kann sowohl in
der Verantwortung des Marktplatzbetreibers als auch in der Verantwortung der einzel-
nen Anbieter liegen.

„ Produktsuche: Nachfrager müssen die Möglichkeit haben, mit Hilfe von parametri-
schen Suchfunktionen (s. Kapitel 2.1.1.4) nach den gewünschten Produkten suchen
zu können. Dabei kommen die in Kapitel 4.1.1.2 geforderten Klassifizierungssysteme
zum Einsatz, die Produkte in einer einheitlichen Metastruktur zusammenfassen und mit
einheitlichen Merkmalen versehen.
Die Systeme beim elektronischen Handel 525

„ Verfügbarkeitsprüfung: Hat der Nachfrager sich für ein Produkt entschieden, muss
das System ermitteln, ob das gewünschte Produkt verfügbar ist. Dazu muss es in der
Regel eine dynamische Anfrage an den Anbieter senden, der diese in Form eines die
Verfügbarkeitsinformationen enthaltenen Dokuments beantwortet.

„ Business Rules: Business Rules steuern Geschäftsprozesse, z. B. Genehmigungs-


workflows im E-Procurement (s. Kapitel 2.2.1.1). Wird ein Auftrag gebucht, so muss
das System den Auftrag automatisch an die freigebende Instanz weiterleiten.

„ Benutzerverwaltung: Hier werden sämtliche Daten der Anwender (Anbieter, Nach-


frager, Marktplatzbetreiber) verwaltet. Dazu zählen nicht nur die Benutzerprofile an
sich, sondern u. a. auch Biet- und Bestellhistorien sowie Einstellungen zur Persona-
lisierung des Angebotes. Jeder Anwender hat dabei die Möglichkeit, Benutzer-Schnitt-
stelle und Inhalt nach seinen eigenen Vorstellungen einzurichten.

„ Zugangskontrollen: Sowohl Kataloginhalte als auch Preis- und Transaktionsdaten


stellen sensible Informationen dar. Daher müssen Zugriffsrechte genau regeln, welche
Aktionen ein Anbieter bzw. Nachfrager auf der Plattform ausführen darf.

„ Reporting-Funktionen: Insbesondere B2B-Markplätze müssen Algorithmen zur


Evaluation von Offerten, Preisen und RFQs (s. Kapitel 2.4.1.4) anbieten, die das Tref-
fen von Entscheidungen sowie mögliche Neuverhandlungen unterstützen.

4.1.3.2 Server-Komponenten
In Bezug auf die Server-Komponenten kommen bei der Umsetzung der beschriebenen
funktionalen Marktplatz-Komponenten analog zu E-Procurement- und E-Shop-Lösungen
die in Kapitel 3.1.3 vorgestellten System-, Oberflächen- und Programmkomponenten zum
Einsatz. Die Oberflächen-Komponenten unterscheiden sich dabei kaum von denen beim
E-Shop eingesetzten Internet-Standards (s. Kapitel 3.1.3.3). In Hinblick auf die benötigten
Programmkomponenten (s. Kapitel 3.1.3.4) ist auch bei der Implementierung von Markt-
platzsystemen der Einsatz serverseitiger Skriptsprachen wie PHP möglich. Im Bereich
von Online-Auktionssoftware existiert bspw. eine Vielzahl kommerzieller sowie frei ver-
fügbarer Anwendungen (z. B. enuuk.com oder phpprobid.com). Diese sind allerdings in
erster Linie für E-Marketplaces gedacht, die vergleichsweise geringe Anforderungen hin-
sichtlich der Funktionalität und Performanz mit sich bringen.
Gerade B2B-Marktplätze, bei denen der Austausch von komplexen Katalogen und Ge-
schäftsdokumenten im Vordergrund steht, basieren daher auf einer physischen 4-Schich-
tenarchitektur, bestehend aus Webbrowser, Webserver, Application Server und DBMS
(s. Kapitel 3.1.3.4), und sind daher meist auf Basis von Hochsprachen wie Java entwickelt
(Otto et al. 2000, S. 78). Anbieter von E-Business-Lösungen bieten ihren Kunden pro-
fessionelle Applikations-Frameworks an, die die grundlegende Marktplatz-Architektur
sowie Standarddienste zur Verfügung stellen. IBM WebSphere Commerce Suite, Market-
526 Die Grundlagen des E-Marketplace

place Edition bspw. unterstützt alle wichtigen Arten von B2B-Transaktionen, inklusive
Katalogverkauf, Börsenhandel, Vertragsabschlüssen, Auktionen, RFQs und Reverse Auc-
tions. Derartige Frameworks können daher sowohl im Sinne von privaten und öffentlichen
Anbieter- und Nachfrager-Modellen eingesetzt werden (s. Kapitel 4.1.2.1 und 4.1.2.2) als
auch die Basis der in Kapitel 4.1.2.3 vorgestellten Makler-Marktplätze bilden (Sairamesh
2002, S. 249 f.).
Gerade bei sehr viel frequentierten Plattformen sollten neben einer darauf abgestimmten
Softwarearchitektur sog. Lastverteilungslösungen (Load-Balancing) genutzt werden, die
den an den E-Marketplace gerichteten Datentransfer überwachen und die ankommenden
HTTP-Anfragen abhängig von deren Auslastung auf verschiedene Webserver verteilen,
um auch bei überdurchschnittlich hoher Nutzung eine möglichst hundertprozentige
Erreichbarkeit und optimale Zugriffszeiten zu gewährleisten (z. B. in der Endphase einer
Auktion). Die Webserver stellen die Präsentationsschicht dar und sind von dem firmen-
internen Netzwerk abgekoppelt, um den Zugriff von außen auf die sensitiven Firmendaten
zu verhindern. Da diese Daten für das operative Marktplatzgeschäft nicht benötigt werden,
ist die Abkoppelung für die Marktplatzteilnehmer unproblematisch. Über die Webserver
erfolgt die Generierung der Online-Benutzerschnittstellen (s. Kapitel 4.1.1.1) sowie die ge-
samte Interaktion zwischen Anbieter bzw. Nachfrager und Marktplatzsystem. Dem Prinzip
des 4-Schichtenmodells folgend sind die Webserver von der eigentlichen Anwendungs-
logik getrennt (Leimeister 2015).

Präsentation Anbieter Nachfrager


(Webbrowser)
Internet

Webserver 1 Webserver 2 Webserver n-1 Webserver n


Firewall
Präsentation
Lastverteiler

Firewall

Anwendung Application Lastverteiler Application


Server 1 Server m

Spiegelung
Datenhaltung
Backup-
Datenbank-Server
System(e)

Abb. 195: Physische 4-Schichtenarchitektur mit Lastverteilung


Die Systeme beim elektronischen Handel 527

Der/Die Application-Server enthalten die serverseitige Logik der in Kapitel 4.1.3.1 vor-
gestellten Marktplatz-Komponenten und steuern die elektronischen Geschäftsprozesse
des Marktplatzes. Dabei greifen sie über eine Datenbankabstraktionsschicht (logischer
Datenzugriff) auf einen gemeinsamen Datenbank-Server zu, dessen DBMS für die Ver-
waltung von anbieterübergreifendem Produktkatalog, Benutzer- und Transaktionsdaten
zuständig ist (physischer Datenzugriff). Zwischen die einzelnen Webserver und Applica-
tion Server sind in der Praxis häufig eine zusätzliche Firewall und ein weiterer Lastver-
teiler geschaltet, die die Sicherheit und Performanz des Marktplatzes weiter erhöhen. Da-
bei besteht eine bidirektionale Kommunikation zwischen dem Lastverteiler und den ange-
schlossenen Servern, sodass bei Ausfall oder Überlastung einer Datenverbindung oder ei-
nes Servers die Last entsprechend umgeleitet werden kann (s. Abb. 195).

4.1.3.3 Teilnehmer-Komponenten
Die Online-Systemintegration von Marktplatz- und Teilnehmer-Komponenten (Anbieter-
und Nachfrager-Komponenten; s. Kapitel 4.1.2.1 und 4.1.2.2) erfolgt heutzutage haupt-
sächlich durch sog. Web Services (Amor 2004, S. 160). Web Service-Technologien als
neuartige Integrationslösungen sind eine logische Folge des in den letzten Jahren konse-
quent vorangetriebenen Internet-Standardisierungsprozesses, der im Wesentlichen durch
große Softwareunternehmen (wie Microsoft, IBM, Sun, Oracle u. a.) und das World Wide
Web Consortium gestaltet wird (Rebstock/Lipp 2003, S. 294). Sie stellen einen Technolo-
gie- und Standardmix der Daten-Beschreibungssprache XML (s. Kapitel 2.1.1.1), dem
Verzeichnisdienst UDDI (Universal Description, Discovery and Integration), der Web Ser-
vice-Beschreibungssprache WSDL (Web Services Description Language) sowie dem
Schnittstellen-Protokoll SOAP (Simple Object Access Protocol) dar. Der Einsatz von
Web Services zur Integration von Anbieter- und Nachfrager-Komponenten bringt in An-
lehnung an Rebstock/Lipp (2003, S. 294 f.) drei entscheidende Vorteile mit sich:

„ Plattformunabhängigkeit: Als Transportinfrastruktur nutzen Web Services-Tech-


nologien die Internetdienste HTTP, SMTP (Simple Mail Transfer Protocol) oder FTP
(File Transfer Protocol) über TCP/IP (Transmission Control Protocol/Internet Proto-
col) und sind damit weitestgehend unabhängig von der auf Marktplatz-, Anbieter- und
Nachfragerseite eingesetzten Hardware und Software.

„ Beschreibbarkeit und Interpretierbarkeit: Web Services sind stets strukturiert


beschrieben und interpretierbar. So liefert die vollständige WSDL-Beschreibung
eines Dienstes, seiner Autoren und der benutzten Schnittstellen alle Informationen,
die für seine Nutzung erforderlich sind. E-Marketplaces können dabei zum einen über
die Web Service-Schnittstellen bestimmter Anbieter auf deren Katalog- und Order-
Komponenten zugreifen. Zum anderen kann aber auch ein Marktplatz selbst Web
Services anbieten, die von den E-Procurement-Systemen der Nachfrager genutzt wer-
den können.
528 Die Grundlagen des E-Marketplace

„ Modularität und Interoperabilität: Web Services erfüllen stets eine bestimmte Auf-
gabe bzw. Aufgabenmenge und sind eigenständig oder in Kombination mit anderen
Web Services einsetzbar, um auch komplexere Transaktionen auszuführen. Einzelne
Web Services lassen sich also zu einem neuen Dienst aggregieren, der über seine
Schnittstellendefinition nach außen hin wiederum als eigenständiger Web Service auf-
tritt.

Organisation A
Anbieter 1
Katalog-Upload

Nachfrager SOAP Request

Nachfrager
SOAP Response

Marktplatz-
Buy-Side- Anbieter 2
system
E-Procurement- Manuelle
System (DPS) Pflege
Anbieter 3

Organisation B

Abb. 196: Beziehungen zwischen Marktplatz-, Anbieter- und Nachfragersystemen

Um den Einsatz von Web Services im Rahmen einer systemübergreifenden Marktplatz-


Architektur zu verdeutlichen, bietet sich das folgende Szenario an (in Anlehnung an Reb-
stock/Lipp 2003, S. 297): Ein Unternehmen vertreibt Produkte und Dienstleistungen inter-
netbasiert und bietet in diesem Zusammenhang Web Services über im WSDL-Format
definierte Schnittstellen an, u. a. zur Veröffentlichung eines elektronischen Katalogs in
einem standardisierten Katalogaustauschformat (s. Kapitel 4.1.1.3) und zur Verfügbar-
keitsauskunft. Das Unternehmen präsentiert sich unter Referenzierung der WSDL-Defi-
nitionen in einem sog. UDDI-Repository. Das Unternehmen kann dem Marktplatz seine
Angebote zur Aufnahme nun entweder selbst bekannt geben oder es wird aktiv vom
Marktplatz identifiziert. Öffentlich zugängliche UDDI-Repositories liefern dem Markt-
platz die dazu notwendigen Informationen. Der Marktplatz speichert die WSDL-Beschrei-
bungen der Schnittstellen der ausgewählten Unternehmen. Die für den Marktplatz interes-
santen Web Services (Dienste zu Katalog- und Lagerbestandsdaten) werden anschließend
selektiert und die notwendigen Web Service-Clients implementiert. Die Katalogdaten
werden dabei automatisiert in den Multilieferantenkatalog des Marktplatzes übernommen.
Ein registrierter potenzieller Nachfrager kann dadurch den Multilieferantenkatalog des
E-Marketplace durchsuchen und einen Anbieter sowie die für ihn interessanten Pro-
duktkategorien selektieren. Über eine Warenkorbfunktionalität können die ausgewählten
Die Systeme beim elektronischen Handel 529

Produkte nun gekauft werden – der Koordinationsprozess ist abgeschlossen. Wenn der be-
treffende Anbieter eine Web Service-Schnittstelle zur Bestellung anbietet, kann vor diesem
Hintergrund in einem optimalen Fall nun auch die eigentliche Transaktion automatisiert
abgewickelt werden.
Die mitunter hohen Investitionen für eine Integration von Anbietern und Nachfragern
lohnen nicht für jeden Kunden. In der Praxis werden daher die Kunden angebunden, die
häufig und mit hohen Volumina Transaktionen auf dem E-Marketplace tätigen oder nach
der Integration aller Voraussicht nach tätigen werden, sowie die Anbieter oder Nachfrager,
die von herausragender strategischer Bedeutung für den E-Marketplace sind. Die techni-
sche Integration kann in diesem Zusammenhang durchaus einen bedeutsamen Beitrag
bezüglich der dauerhaften Kundenbindung leisten. Weniger bedeutenden Kundengruppen
mit inkompatiblen Schnittstellen wird der Zugang zum E-Marketplace zwar nicht ver-
wehrt, jedoch bleibt ihnen nur die Anpassung ihrer Schnittstellen an die Schnittstellen
der Marktplatzlösung bzw. ein manueller Katalog-Upload bzw. die manuelle Dateneingabe
über ihren Webbrowser. Abb. 196 visualisiert zusammenfassend die möglichen Beziehun-
gen zwischen Marktplatz-, Anbieter- und Nachfragersystemen.

4.1.3.4 Konverter-Komponenten
Schon in Rahmen der Anforderungen an elektronische Marktplatzsysteme wurde deut-
lich, dass es bei dem Einsatz unterschiedlicher E-Business-Standards das Problem der
Inkompatibilität der Standards zu lösen gilt. Dies soll durch die Konverter-Komponente
gewährleistet werden. Die in der Praxis verwendete Lösung stellt die Transformation ei-
nes Standards in einen anderen dar. Damit ein Standard für eine derartige Konvertierung
geeignet ist, muss er drei Kriterien erfüllen (Esswein/Zumpe 2002, S. 256):

„ Kompaktheit: Ein verwendeter Standard sollte nicht unnötig viele Ressourcen in An-
spruch nehmen, da die IT-Infrastruktur für die Kommunikation zwischen Handelspart-
nern sehr kostenintensiv ist und zudem aufgrund der rasanten Entwicklung nur schwer
mit den gestellten Anforderungen Schritt halten kann.

„ Einfachheit: Die ausgetauschten Formate müssen gut strukturiert und einfach ver-
ständlich sein, um die ausgetauschten Nachrichten verständlich zu gestalten und ihre
rasche, ggf. automatisierte Überprüfbarkeit zu gewährleisten.

„ Flexibilität: Ein Format muss in der Lage sein, unterschiedliche Arten von Nachrich-
ten und Informationen, z. B. Bestellungen, Rechnungen, Anfragen, Lieferabrufe, An-
gebote, Produktkatalogdaten, Zahlungsaufträge oder auch insbesondere Gutschriften
zu verarbeiten.

Für die technische Realisierung der Transformation wandelt die Konverterkomponente


die ein- und ausgehenden Dokumente in das gewünschte Format um. Viele Konverter
530 Die Grundlagen des E-Marketplace

vermitteln dabei nicht nur zwischen zwei Formaten, sondern können sogar eingehende
Dokumente unterschiedlicher Standards in die geforderten Ausgangsformate umwandeln
(Esswein/Zumpe 2002, S. 257). Bevor der Konverter zum Einsatz kommt gilt es aber zu-
nächst festzulegen, welche Daten des jeweiligen Anbieters überhaupt benötigt werden
(Ewers/Longwitz 2002, S. 81). In Hinblick auf die darauf folgende Transformation sind
verschiedene Szenarien vorstellbar, die in Abb. 197 visualisiert sind. Generell stellt sich
dabei die Frage, bei welcher Partei die Konverterkomponenten zum Einsatz kommen (Ess-
wein/Zumpe 2002, S. 256):

„ Konverter beim Marktplatz: In diesem Fall bietet die Marktplatzplattform den Un-
ternehmen neben der Koordination von Angebot und Nachfrage auch eine Formatie-
rungsfunktion. Die Kommunikation zwischen den Teilnehmern wird ohne eine unter-
nehmenseigene Softwareanpassung ermöglicht; eine Transformation der Formate wird
vom Marktplatz vorgenommen. Der Marktplatz kann in dieser Variante je nach den zur
Verfügung stehenden Ressourcen theoretisch mit allen existierenden Standards arbei-
ten. Bedient sich ein Marktplatz über Web Services eines Anbieters an dessen Pro-
duktkatalog (s. Kapitel 4.1.1.3), impliziert dies (im Falle der Verwendung eines an-
deren Katalogformats) genau diese Alternative.

Anbieter A Anbieter B Anbieter C Anbieter D

Datenformat A Datenformat B Datenformat C Datenformat D

A-X-Konverter C-Y-Konverter

WSDL-Schnittstelle WSDL-Schnittstelle

X-Y-Konverter B-Y-Konverter C-Y-Konverter

Datenformat Y
E-Marketplace

Abb. 197: Einsatz von Konverterkomponenten im Datenaustausch


Quelle: in Anlehnung an Esswein/Zumpe 2002, S. 256.

„ Konverter beim Teilnehmer: In dieser Variante müssen die Unternehmen selbst die
Transformation durchführen. Der Marktplatzbetreiber gibt ein bestimmtes Format vor
und die Anbieter wandeln ihre Dokumente, die über den Marktplatz publiziert werden,
bereits auf ihrer Seite in das entsprechende Format um. Diese Alternative ist für die
teilnehmenden Unternehmen insofern aufwendiger, als dass jedes Unternehmen eine
Die Prozesse beim elektronischen Handel 531

eigene Konverter-Software besitzen muss. Sie bietet sich daher nur für diejenigen Fälle
an, bei denen der Marktplatzbetreiber nicht zwangsweise auf die Katalogdaten eines
Anbieters angewiesen ist.

Im Anschluss an die Transformation folgen nun Konsolidierung und Rationalisierung


(Ewers/Longwitz 2002, S. 81 ff.). Wie auch in der elektronischen Beschaffung stellt die
Konsolidierung sicher, dass die verschiedenen Lieferantenkataloge in einer einheitlichen
Metastruktur zusammengeführt sind (s. Kapitel 2.1.1.4). Dabei orientiert sich der Konso-
lidierungsprozess an dem auf dem Marktplatz genutzten Kataloggruppen- bzw. Produkt-
klassifikationssystem (s. Kapitel 2.1.1.3). Orientieren sich die Produktdaten des Anbieters
bereits an einem bekannten Klassifikationsstandard, gilt es, dessen Produktklassen auf die
Katalogstruktur des Marktplatzes abzubilden. Die Rationalisierung hingegen fordert die
syntaktische und semantische Vereinheitlichung der Wertebereiche mit Hilfe des auf dem
E-Marketplace genutzten, standardisierten Beschreibungsvokabulars (s. Kapitel 2.1.1.4).
Nach erfolgreicher Konsolidierung und Rationalisierung erfolgt im Anschluss die Publi-
kation des neuen Contents auf dem E-Marketplace. Mit der Publikation verbunden ist die
Aufgabe des Marktplatzbetreibers, das Angebot auf einem aktuellen Stand zu halten. Dazu
bedarf es der Mitarbeit der Anbieter, die – nicht zuletzt aus eigenem Interesse – in regel-
mäßigen Abständen oder auf eine dynamische Art und Weise (z. B. über die in Kapitel
4.1.3.3 diskutierten Web Services) Daten zur aktuellen Verfügbarkeit oder Lieferzeit von
Objekten bereitstellen müssen.

4.2 Die Prozesse beim elektronischen Handel


Nach den technischen Darstellungen der Systemebene (s. Kapitel 4.1) gilt es nun auf der
Prozessebene, die spezifischen Anforderungen an und die besondere Gestaltung von elek-
tronischen Handelsprozessen zu beschreiben. Die Prozessebene beschreibt somit den Ab-
lauf sämtlicher Arbeitsschritte, die von einem E-Marketplace gewährleistet sein müssen,
damit marktliche Transaktionen optimal durchgeführt werden können. Jeder Prozess ist eine
Art „Baustein“ in dem Gesamtkonzept des E-Marketplace. Je optimaler die Bausteine zu-
sammengesetzt und aufeinander abgestimmt sind, desto schneller, kostengünstiger und ge-
haltvoller können Daten verarbeitet und damit Transaktionen durchgeführt werden. Es er-
geben sich vor diesem Hintergrund folgende Lernziele für dieses Kapitel:

„ Welche grundlegenden Ziele und damit im Zusammenhang stehenden prozessualen


Anforderungen werden an einen E-Marketplace gestellt?

„ Wie gestalten sich auf einem E-Marketplace konkret die verschiedenen Teilprozesse?

„ Welche operativen, taktischen und strategischen Basisfunktionen entstehen im Rahmen


des Prozessmanagements für einen E-Marketplace?
532 Die Grundlagen des E-Marketplace

4.2.1 Die Prozessanforderungen beim elektronischen Handel

Die konkreten Prozessanforderungen bei einem E-Marketplace ergeben sich zunächst ge-
nerell aus dem Transfer des realen zu einem internetbasierten elektronischen Handelspro-
zess. Dieser muss grundsätzlich so gestaltet sein, dass der Handel auf dem E-Marketplace
im Vergleich zu realen Prozessen vorteilhafter ist. Ein E-Marketplace muss somit klar zu
kommunizierende Mehrwerte gegenüber einem möglichen Eigenvertrieb seitens der An-
bieter oder der Einschaltung realer Intermediäre bieten, um Anbieter und Nachfrager auf
seine Plattform zu ziehen. Hinsichtlich der Prozessanforderungen bedeutet dies insbeson-
dere eine Verbesserung hinsichtlich Prozesskosten und -zeit bei gleichzeitig hoher Sicher-
heit und Qualität der Handelsabwicklung, denn die informationstechnische Unterstützung
von wirtschaftlichen Prozessen resultiert nicht automatisch in einer Vorteilhaftigkeit für
Anbieter und Nachfrager. Die Zunahme an vernetzten Computereinheiten und deren Teil-
nahme am weltweiten Datenaustausch führt zwar zu neuen Möglichkeiten für den wirt-
schaftlichen Handel, beinhaltet aber auch neue Probleme hinsichtlich der Bewältigung der
anstehenden Informationsmengen. Mit dem weiteren Anstieg der Teilnehmerzahlen wer-
den die Tendenzen in Richtung einer unstrukturierten „Informationswüste Datennetz“ wei-
ter verstärkt. Relevante Informationen und Kommunikationskontakte werden zur „Nadel
im Heuhaufen“, die es zu finden gilt – und man wird sich kaum sicher sein, dass die dann
gefundenen Informationen auch tatsächlich die optimalen sind. Zentrale Anlaufstellen für
spezifische Themenfelder werden immer notwendiger. Ausgedrückt wird dieses Dilemma
durch das sog. Informationsparadoxon: „Je mehr Informationstechnologie wir haben,
und je mehr Wissen wir produzieren, desto mehr hinken wir in der Informationsverarbei-
tung hinterher“ (Noam 1997, S. 36). Es ist zwingend notwendig, die Informationsmenge
aus marktlichen Gesichtspunkten zu organisieren.
Problematisch für die realen Interaktionen auf Märkten (Informations-, Güter-, Geldströ-
me) waren und sind die geografisch-kalendarischen Raum-Zeit-Restriktionen. Für die elek-
tronischen marktlichen Interaktionen (Informationen, Verfügungsrechte, Cybercash) wer-
den – wie oben gezeigt – die organisationellen Restriktionen zum Problem. Beide Prob-
lembereiche führen auf den jeweiligen Handelsebenen zu sog. Koordinationslücken
(s. Abb. 198). Unter dem Begriff der Koordinationslücke kann die Ineffizienz marktlicher
Abstimmungsprozesse verstanden werden, die aufgrund kommunikativer Reibungsver-
luste zwischen Anbieter- und Nachfragerseite entsteht (Kollmann 2001b, S. 30). Auch in
einem realen Marktsystem mit eingeübten, d. h. standardisierten Transformations-, Trans-
aktions- und Konsumptionshandlungen, treten permanent Koordinationslücken auf (Von
Lingen 1993, S. 207). Diese sind zum einen bedingt durch die Struktur der räumlichen
(Arbeits-)Verteilung der Wirtschaftssubjekte (Raumüberbrückung zwischen den Markt-
teilnehmern). In wesentlich stärkerem Ausmaß jedoch sind Koordinationslücken zum an-
deren bedingt durch die Verteilung des Wissens und der Dezentralisation des Wissens, das
die Mitglieder einer Marktgesellschaft vor diesem Hintergrund durchgehend und insbge-
samt erworben haben.
Die Prozesse beim elektronischen Handel 533

Vor diesem Hintergrund hat Kollmann (2001b) ein 3-Sektoren-Modell entwickelt, um an-
hand von entstehenden Koordinationslücken sowohl für reale als auch elektronische Han-
delslösungen die Grundberechtigung für virtuelle Marktplätze nachzuweisen und gleich-
zeitig die Grundanforderungen für Marktplatzprozesse zu definieren. Die individuelle reale
Informationsverarbeitungskapazität endet dabei relativ schnell bei einem Anstieg der
Anzahl an Marktteilnehmern, sodass ab einem gewissen Punkt eine reale Marktlösung
vorzuziehen wäre (Sektor 1 in Abb. 198). Grund ist der reale „Information Overload“,
bei dem das Individuum die steigende Informationsmenge ohne übergreifende Selektion
nicht mehr bewältigen kann. Aufgrund physischer Restriktionen wird die Begutachtung
von Informationseinheiten zu potenziellen Handelspartnern auf ein Minimum beschränkt.
In der Folge besteht eine reale Koordinationslücke aufgrund der ineffizienten Abstimmung
von Angebot und Nachfrage. Ist eine darüber hinausgehende Informationsbegutachtung
erwünscht, so muss auf eine Koordination über einen organisierten Markt zurückgegriffen
werden (Sektor 2 in Abb. 198).

Anzahl der
Informations- teilnehmerorientierte elektronische
Informationsverarbeitung angebots- und
einheiten nachfragerseitige
teilnehmerorientierte traditionelle Informationsmenge
Informationsverarbeitung

elektronische Koordinationslücke

reale Koordinationslücke

1 2 3

reale reale elektronische Anzahl der


Individuumslösung Marktplatzlösung Marktplatzlösung Teilnehmer
elektronische
Individuumslösung

Abb. 198: Die Koordinationslücke der realen und elektronischen Handelsebene


Quelle: Kollmann 2001b, S. 31.

Aufgrund der höheren Verarbeitungskapazität des Individuums auf der elektronischen


Handelsebene mit Hilfe der Computertechnik kann dieser Wechsel verschoben werden,
sodass je nach Marktkonstellation die reale Marktplatzlösung noch durch eine individuelle
elektronische Informationsverarbeitungslösung substituiert werden kann (Sektor 2 in Abb.
198). Hierzu kann sich das Individuum den elektronischen Selektionsmöglichkeiten des
Internets bedienen (z. B. Suchmaschinen), um die relevanten Information zu filtern.
534 Die Grundlagen des E-Marketplace

Der fortlaufende Ansturm auf das Internet als Handelsmedium führt aber nun wiederum
zu einem exponentiellen Anstieg an elektronischen Informationseinheiten. Diese Masse
an digitalen Handelsinformationen macht es erneut schwierig, den geeigneten Transakti-
onspartner zu finden (elektronischer „Information Overload“). Sucht ein Nachfrager
bspw. nach einem gebrauchten Automobil, hier beispielhaft einen gebrauchten Audi A3,
so erhält er je nach Landessprache bei diversen Suchmaschinen (z. B. google.de oder
bing.com) bis zu 574.000 Adressen mit entsprechenden Angeboten. Um sicher zu sein,
dass er tatsächlich das günstigste Angebot findet, müsste er theoretisch alle einzelnen
Webseiten besuchen – praktisch ein sinnloses Unterfangen. Zusätzlich sind die heutigen
Suchmaschinen nicht in der Lage, das gesamte Internet zu erfassen. Es entsteht somit zu-
nehmend auch hier die Notwendigkeit, elektronische Marktlösungen einzuschalten, um
die nun vorhandene, elektronische Koordinationslücke zu schließen (Sektor 3 in Abb.
198). Spätestens ab einer gewissen Anzahl an Markt- oder inzwischen Netzteilnehmern
bietet sich jedoch nur noch eine Selektion über eine elektronische Marktlösung für die
effiziente Informationsverarbeitung unter allen Teilnehmern an (Sektor 3 in Abb. 198).
Anhand dieses 3-Sektoren-Modells für eine Informationsverarbeitung auf der realen und
elektronischen Handelsebene können somit zusammenfassend die Koordinationslücken
nochmals lokalisiert werden: Eine „reale“ Koordinationslücke auf der realen Handels-
ebene ergibt sich ab Sektor 2, da hier die angebots- und nachfrageseitige Informations-
menge die teilnehmerorientierte traditionelle Informationsverarbeitung übersteigt. Eine
„elektronische“ Koordinationslücke auf der elektronischen Handelsebene zeigt sich
ab Sektor 3, da hier die angebots- und nachfrageseitige Informationsmenge die teilneh-
merorientierte elektronische Informationsverarbeitung übersteigt. Ab diesem Punkt emp-
fiehlt sich ein finaler Wechsel von einer Individuallösung hin zur Inanspruchnahme einer
marktlichen Organisation im Internet. Die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Koor-
dinationslücken ist dabei auf beiden betrachteten Handelsebenen relativ groß: „Zu jeder
Zeit sind die Marktteilnehmer mit einer Reihe von Aktivitäten befasst, die wahrscheinlich
nicht im Gleichgewicht sind“ (Kirzner 1974).
Das Vorhandensein von Koordinationslücken bei kommerziellen interaktiven Markthand-
lungen zwischen den Beteiligten ist ein Strukturmerkmal jedes Marktsystems. Daher gilt
für die reale und insbesondere für die elektronische Handelsebene die Devise „Konzentra-
tion und Reduktion“. Konzentration der Informationsströme auf spezifische Themenfel-
der und Reduktion auf relevante Inhalte. Dies kann nur durch die Informationsverarbeitung
einer intelligenten, übergeordneten und unabhängigen Zentralinstanz am Markt gesche-
hen, die hierfür Auswahlkriterien festlegt (s. Kapitel 4.1.1.3). Vor diesem Hintergrund
sind die Prozessanforderungen im elektronischen Handel hinsichtlich der Prozesskosten
und -zeit bei gleichzeitig hoher Sicherheit und Qualität der Handelsabwicklung zu formu-
lieren, deren Erfüllung zur Entwicklung eines klaren Mehrwerts des E-Marketplace not-
wendig sind.
Die Prozesse beim elektronischen Handel 535

4.2.1.1 Online-Matchingkosten und -zeit


Vor dem Hintergrund der Ausführungen zu den generellen Prozessanforderungen (s. Ka-
pitel 3.2.1) ist es aber sicherlich das Hauptziel elektronischer Koordinationsprozesse, die
Erzielung von Kosten- und Zeitersparnissen sowohl für die Anbieter- als auch für Nach-
fragerseite zu gewährleisten. Die Reduzierung von Online-Matchingkosten und -zeit ge-
genüber dem realen Marktprozess ist also eine der wesentlichen Anforderungen an die
Prozessabläufe eines E-Marketplace. Die Bereitschaft der Anbieter und Nachfrager ihre
Geschäftstransaktionen über den E-Marketplace abzuwickeln, hängt somit entscheidend
von den Kosten und der Zeit des Online-Matching ab. Der Marktplatzbetreiber muss da-
rauf zielen, kostengünstiger und schneller ein hochqualitatives Matching anzubieten, als
es den Marktteilnehmern im Online- oder Offline-Eigenvertrieb oder mit der Hilfe realer
Handelsvermittler möglich ist. Für eine solche Bewertung muss die Kostenbeziehung zwi-
schen den drei beteiligten Akteuren (Anbieter, Marktplatzbetreiber und Nachfrager) an ei-
ner Markttransaktion analysiert werden (Kollmann 2001b, S. 60 f.; s. Abb. 199).

T2 + T3: Summe der


Marktplatz-
Transaktionskosten bei
betreiber
marktlicher Koordination

T1: Koordinationskosten bei


Anbieter T1 Nachfrager
hierarchischer Koordination

Abb. 199: Kostenbeziehung zwischen Anbieter, Nachfrager und Marktplatzbetreiber


Quelle: Sarkar/Butler/Steinfield 1995.

Ohne informationstechnologische Unterstützung gilt in den überwiegenden Fällen die For-


mel T1 > T2 + T3, weshalb sich die meisten Anbieter für die Auslagerung der Vertriebs-
funktion an Handelsvermittler entschieden haben. Sinken mit der flächendeckenden Aus-
weitung der Datennetze bis zu den Nachfragern die Transaktionskosten auf einen Wert
größer als Null (T*), wird aber gleichzeitig angenommen, dass T* unabhängig von den
involvierten Akteuren jeweils gleich groß ist (T1 = T2 = T3), so ist das Direktvertriebsmo-
dell wirtschaftlicher, sodass vor diesem Hintergrund eine Disintermediation stattfindet:
T1 = T*, T2 + T3 = 2T* ֜ T1 < T2 + T3
Diese Annahme ist realistisch, wenn die Einführung neuer Informationstechnologien bei
allen Akteuren dieselbe Wirkung entfaltet. Geht man aber davon aus, dass im Verlauf der
Transaktion Handlungen anfallen, die von der Technik nicht beeinflusst sind, lässt sie sich
nicht mehr halten. Lässt man bspw. die mikroökonomische Annahme der Preisnehmer-
schaft (also des atomistischen Wettbewerbs) fallen und unterstellt eine oligopolistische Si-
tuation, so entsteht beim Nachfrager z. B. die Notwendigkeit eines Preisvergleichs zwi-
schen den Angeboten, wenn er sicherstellen will, dass er auch das preislich günstigste
536 Die Grundlagen des E-Marketplace

Marktplatzangebot annimmt (Bakos 1991, S. 295). Mit der Vernetzung zu allen Anbietern
ist jeder Nachfrager in der Lage, die Preisvergleiche zu geringeren Kosten durchzuführen
als in der Vergangenheit. Diese Aufgabe und die damit verbundenen Kosten fallen aber im
Szenario T1 bei jedem Nachfrager einzeln an. Im Szenario T3 profitiert der Nachfrager
jedoch davon, dass der Marktplatzbetreiber diese Kosten auf viele Nachfrager verteilen
kann. Ceteribus paribus wird somit wieder die Situation T1 > T2 + T3 wahrscheinlich
(Kollmann 2001b, S. 60 ff.).

Neben den soeben beschriebenen rein monetären Kostenersparnissen versetzt die innova-
tive Informationstechnologie den Marktplatzbetreiber in die Lage, Zeitersparnisse, die
wiederum Opportunitätskosteneinsparungen darstellen, für die Marktplatzteilnehmer zu
realisieren. Der für das Matching notwendige Datenbankabgleich über alle Offerten eines
jeden Anbieters hinweg, lässt sich bei den heutzutage üblichen Rechnerleistungen und Ver-
netzungsgraden (s. Kapitel 1.1.1 und 1.1.3) auch bei großen Datenmengen direkt und na-
hezu ohne zeitliche Verzögerung durchführen. Ohne den E-Marketplace müssten die An-
gebote von dem Nachfrager selbst einzeln eingeholt und geprüft werden, was mit hoher zeit-
licher Ressourcenbindung verbunden ist. Der durch den Marktplatzbetreiber generierte
Zeitvorteil steigt in Analogie zu den Kosten in Abhängigkeit der Marktteilnehmerzahl.
Somit ist zu konstatieren, dass Marktplatzbetreiber dann sinnvoll agieren können, wenn
ein unübersichtlicher Gesamtmarkt vorliegt bzw. sowohl auf der Anbieter- wie Nachfra-
gerseite hinreichend viele Akteure vorhanden sind, sodass es dem Einzelnen unmöglich
oder nur unter sehr hohen (Opportunitäts-)Kosten möglich ist, sich eine Marktübersicht
zu verschaffen.

4.2.1.2 Online-Matchingquantität und -qualität


Wie bereits dargestellt, liegt die zentrale Aufgabe eines E-Marketplace in der Zusammen-
führung von Angebot und Nachfrage (s. Kapitel 4.1). Diese Vermittlungsleistung äußert
sich bezüglich der Online-Matchingquantität und -qualität im Grad der mengenmäßi-
gen und inhaltlichen Übereinstimmung der einzelnen Koordinationsziele der Angebots-
und Nachfrageseite. Der Leistungsfaktor ist neben dem Kostenfaktor (s. Kapitel 4.2.1.1)
somit ein weiterer Gestaltungspunkt für das Management bei einem E-Marketplace. In der
Relation von Kosten- und Leistungsfaktor ergeben sich zwei „kritische Erfolgspunkte“ für
Prozesse auf einem E-Marketplace (Kollmann 1998d, S. 36 ff.).
Für den ersten Erfolgspunkt „Kosten“ kann festgestellt werden, dass die Aufwendungen
für ein Matching auf einem E-Marketplace von der Anzahl der Marktplatzteilnehmer unab-
hängig sind und aufgrund der elektronischen Informationsverarbeitung konstant verlaufen
(Kollmann 1998d, S. 38; s. Abb. 200). Der Grund liegt darin, dass auf alle Daten (Ange-
bote und Gesuche) gleichzeitig zurückgegriffen werden und ein übergeordneter Abgleich
daher problemlos erfolgen kann. Dabei spielt es aufgrund der Verarbeitungsfähigkeit mo-
derner Informationstechnologien (s. Kapitel 1) keine Rolle, ob dieser Abgleich über 100
Die Prozesse beim elektronischen Handel 537

oder 1.000 Datensätze erfolgt. Dagegen steigen die Kosten für die Vermittlung auf der rea-
len Handelsebene mit der Menge der potenziellen Transaktionspartner an. Dies ist darin
begründet, dass man so lange neue Kosten für die Suche nach einem Transaktionspartner
addieren kann, bis der Passende gefunden wurde. Die abnehmende Steigung der realen
Kostenkurve basiert dabei auf Segmentierungsmöglichkeiten bzw. Erfahrungs- bzw. Ef-
fektivitätseffekten. Hinsichtlich des zweiten Erfolgspunktes „Vermittlungsleistung“
kann man feststellen, dass die elektronische Vermittlungsleistung des Marktplatzes zu-
nächst u-förmig ansteigt, da das Koordinationspotenzial und damit die Koordinations-
wahrscheinlichkeit mit der Menge der Marktplatzteilnehmer gerade am Anfang stark
steigt. Die Kurve hat einen abnehmenden Grenzwert, da ab einem gewissen Punkt ein
zusätzliches Angebots- und Gesuchspaar (bilateraler Aspekt) einen verminderten Mehr-
wert für das Gesamtergebnis verspricht.

Kosten der Vermittlung,


Vermittlungsleistung
Wert der elektronischen
Vermittlungsleistung

Kosten der realen


Vermittlung

doppelte
„kritische Masse“

Kosten der
elektronischen
Vermittlung
doppelte
„kritische Leistung“

kritischer kritischer Anzahl der


Kostenpunkt Leistungspunkt
Marktteilnehmer
KrV = KeV KeV = VL

Abb. 200: Die Online-Matchingquantität und -qualität bei einem E-Marketplace


Quelle: Kollmann 2001b, S. 116.

Aus den Schnittpunkten ergeben sich nun die kritischen Erfolgspunkte für die Online-
Matchingquantität und -qualität: Der erste Schnittpunkt ist der kritische Kostenpunkt
(Kollmann 1998d; s. Abb. 200), bei dem die Kosten über eine reale Vermittlung (KrV)
gleich den Kosten einer elektronischen Vermittlung sind (KeV). Bis zu diesem Punkt do-
minieren meistens langfristige reale Geschäftsbeziehungen, welche die Suche nach an-
deren Transaktionspartnern unnötig macht. Ab einer gewissen Situation wird aber der
538 Die Grundlagen des E-Marketplace

Wunsch nach einer Auswahlmenge immer größer und entsprechend müssen mehrere po-
tenzielle Transaktionspartner analysiert werden. Hier kommt dann zunehmend die Vor-
teilhaftigkeit des E-Marketplace gegenüber realen Intermediären zum Tragen, da die Ver-
mittlung über den E-Marketplace kostengünstiger wird als die reale Einzelabstimmung
mit den vorhandenen Marktplatzteilnehmern. Für das Management des E-Marketplace be-
deutet dies, dass es der Marktplatzbetreiber schaffen muss, grundsätzlich günstiger als
alternative Vermittlungsmöglichkeiten auf der realen Handelsebene zu sein. Daher wer-
den erst ab dem kritischen Kostenpunkt (KrV = KeV) die Teilnehmer ein Interesse haben,
auf die elektronische Plattform zu kommen (Mengeneffekt). Wenn die Teilnehmer dann
auf dem Marktplatz erscheinen, muss sich der Marktplatzbetreiber in einem ersten Schritt
insbesondere auf die mengenmäßige Ausgeglichenheit von Angebot und Nachfrage kon-
zentrieren (quantitatives Problemfeld bzw. Online-Matchingquantität). Die Teilnehmer
werden die Nutzung zunächst davon abhängig machen, ob sich entsprechend ausreichend
Gegenspieler auf der anderen Marktseite des Marktplatzes befinden. Daher ergibt sich für
das Management vor diesem Hintergrund zunächst ein Schwerpunkt auf der Realisierung
der doppelten kritischen Masse (Kollmann 1998d; s. Kapitel 4.3. 1.1; s. Abb. 200).
Der zweite Schnittpunkt ist der kritische Leistungspunkt (Kollmann 1998d; s. Abb. 200),
bei dem die Teilnehmer für die Kosten der elektronischen Vermittlung (KeV) einen ent-
sprechenden Wert an Vermittlungsleistung (VL) bekommen. Dieser Schnittpunkt liegt des-
halb bei der graphischen Betrachtung rechts vom kritischen Kostenpunkt, da die Wahr-
scheinlichkeit der Vermittlung in Relation zu den günstigeren Kosten eines E-Marketplace
umso höher ausfällt, je mehr Marktplatzteilnehmer vorhanden sind. Dies bedeutet, auch
wenn es der Marktplatzbetreiber über den kritischen Kostenpunkt geschafft hat, eine ge-
wisse Menge an Teilnehmern für die elektronische Vermittlung zu gewinnen, sagt dies
noch nichts über das dortige Verhältnis von Vermittlungskosten und Zuordnungsqualität
aus. Entsprechend muss der Marktplatzbetreiber in einem zweiten Schritt in einer Aus-
weitung des Teilnehmerportfolios auch auf die inhaltliche Ausgeglichenheit von Angebot
und Nachfrage achten (qualitatives Problemfeld bzw. Online-Matchingqualität), da sonst
Vermittlungsanfragen unbefriedigt bleiben. Verfügt er auch über eine gewisse Menge an
qualitativ zuzuordnenden Teilnehmern und kann er dadurch einen Großteil der Koordina-
tionsanfragen tatsächlich befriedigen, dann rechtfertigen sich die Kosten der Inanspruch-
nahme (KeV = VL). Ab diesem Punkt wirkt sich die Vorteilhaftigkeit des E-Marketplace
auch voll gegenüber konkurrierenden elektronischen Intermediären aus, da die elektroni-
sche Vermittlung auf diesem Marktplatz zuverlässiger und qualitativ besser erfolgt als bei
vergleichbaren Marktplätzen. Für das Management des E-Marketplace bedeutet dies, dass
erst ab dem kritischen Leistungspunkt die Teilnehmer ein Interesse haben werden auf der
Plattform zu bleiben. Die Teilnehmer werden die Bindung an den Marktplatz davon ab-
hängig machen, ob die Kosten auch eine entsprechende Vermittlungsleistung rechtferti-
gen. Daher ergibt sich für das Management in einem zweiten Schritt ein Schwerpunkt auf
der Realisierung der doppelten kritischen Leistung (Anbieter- und Nachfragerseite; s.
Abb. 200; Kollmann 1998d).
Die Prozesse beim elektronischen Handel 539

Die gesamte Koordinationsleistung wird zusammenfassend also durch den Grad der
Übereinstimmung von Quantität und Qualität im Verhältnis zu den Kosten bestimmt (Koll-
mann 1998d). Bei einer optimalen Ausgestaltung des Koordinationsmechanismus
(Zelewski 1997, S. 231 ff.) werden alle Marktteilnehmer hinsichtlich ihrer Transaktions-
vorstellungen vollkommen befriedigt. In diesem Falle eines hochqualitativen Matchings
würden alle Koordinationsanfragen mit der Zuordnung eines passenden Transaktionspart-
ners beantwortet. Deshalb ist die Wahrscheinlichkeit, dass ebenfalls die entsprechenden
realen Geschäftstransaktionen (s. Kapitel 4.3.1.3) zustande kommen, relativ hoch. Im
Falle suboptimaler Matchings bleiben hingegen zumindest einige Koordinationsanfragen
unbeantwortet, d. h. entweder es findet keine Zuordnung eines Transaktionspartners
durch den Vermittler statt oder der nachfolgende reale Güteraustausch scheitert aufgrund
unterschiedlicher Vorstellungen hinsichtlich der Qualität des Objektes. Die Vorgaben der
elektronischen Verhandlung und Vereinbarung innerhalb der Online-Marktprozesse
müssen somit so gut sein, dass auch tatsächlich eine reale Transaktion zustande kommt (s.
Kapitel 4.3.1.3). Welchen Nutzen hat bspw. ein Nachfrager, wenn das Objekt in der Reali-
tät nicht den elektronischen Informationen entspricht, bereits anderweitig verkauft wurde
oder vielleicht sogar überhaupt nicht existiert? Es ist die Aufgabe des Marktplatzbetreibers
sicherzustellen, dass die auf dem E-Marketplace aktiven Anbieter nur Objekte offerieren,
die sie – genauso wie elektronisch spezifiziert – veräußern möchten, und dass von den
Nachfragern nur ernst gemeinte Transaktionswünsche dargestellt werden, und die elektro-
nisch abgeschlossenen Verträge somit zu einem beide Marktparteien zufrieden stellenden
Leistungsaustausch in der Realität führen.

4.2.1.3 Online-Matchingmobilität
Mit der Verfügbarkeit von schnellen mobilen Datennetzen sowie der Verbreitung von in-
telligenten Smartphones hat sich der Markt für mobile Transaktionen entsprechend ent-
wickelt. Dies zeigt sich zum einen dadurch, dass heute bereits Acht von Zehn Menschen
in Deutschland ab 14 Jahren ein Smartphone nutzen (57 Mio. Nutzer) (BITKOM 2018).
Zum anderen steigt auch der Datenverkehr erheblich. So lag dieser im Jahr 2017 in
Deutschland noch bei 1.470 Mio. Gigabyte und soll bis Ende 2018 auf 2.100 Mio. Giga-
byte ansteigen (BITKOM 2018). Demnach ist die Einschätzung mobiler Endgeräte für
den Handel weiterhin sehr positiv und birgt ein enormes Wachstumspotenzial. Immer
mehr Marktplatzbetreiber ergreifen daher auch als First-Mover die Möglichkeiten, die die
mobile Datenübertragung für Matching-Prozesse mit sich bringt. So haben die Nutzer
die Möglichkeit, Warengüter ortsunabhängig zu kaufen resp. zu verkaufen. Um auch in
den letzten Sekunden einer Auktion auf ein Produkt zu bieten, muss ein Kunde nicht mehr
vor dem stationären Computer auf das Ende der Aktion warten, sondern kann dafür sein
mobiles Endgerät nutzen.
Die Online-Matchingmobilität erlaubt es, das entscheidende Gebot über ein mobiles
Endgerät von nahezu jedem beliebigen Ort abzugeben. Ebenfalls können sich Nachfrager
540 Die Grundlagen des E-Marketplace

bspw. benachrichtigen lassen, wenn beobachtete Angebote zu Ende gehen oder sie über-
boten wurden. Dank hoher mobiler Übertragungsraten und Datenflatrates können Nach-
frager auch von überall aus nach interessanten Angeboten suchen ohne dabei auf anschau-
liche Abbildungen der Objekte verzichten zu müssen. Doch auch für Anbieter bietet die
Mobilität Vorteile. Sie können jederzeit ihre Angebote verwalten. Moderne Smartphones
mit integrierten Kameras bieten die Möglichkeit, Fotos von Objekten zu machen und diese
ohne den Umweg über den stationären Computer direkt zum Angebot hochladen zu kön-
nen. Mit dem Slogan „Mobil kaufen und verkaufen – eine App für alles –“ macht eBay
sein Angebot über das mobile Internet zugänglich. Die eBay-Applikation (s. Abb. 201)
kann kostenlos heruntergeladen werden und bietet die Möglichkeit, Artikel direkt bei
ebay.com einzustellen (inklusive des Uploads von Smartphone-Fotos) oder auch Artikel
zu kaufen bzw. auf diese zu bieten. Darüber hinaus liefert die Applikation zeitkritische
Benachrichtigungen (z. B. das Ende eines Angebots) über Push-Mitteilungen. Einen ver-
gleichbaren Service bietet vor diesem Hintergrund bspw. auch amazon.de mit der Ama-
zon-Applikation an.

Abb. 201: Online-Matchingmobilität am Beispiel der eBay-Applikation

Während es sich bei den zwei vorgenannten Beispielen um Erweiterungen des stationären
Internets auf mobile Endgeräte handelt, soll nachfolgend mit dem App Store von Apple
noch ein weiteres Beispiel angeführt werden, das in erster Linie für mobile Endgeräte
konzipiert wurde. Dort können User Applikationen für das iPhone kostenlos herunterladen
bzw. kostenpflichtig erwerben sowie selbst entwickelte mobile Applikationen frei oder
zum Kauf anbieten (s. Abb. 202). Auch hier führt somit ein Matching zwischen Angebots-
und Nachfragekonditionen zu einer Transaktion. Einen ähnlichen Service bietet Microsoft
Die Prozesse beim elektronischen Handel 541

mit Windows Store Marketplace und Google mit dem Google Play Store an. Und auch das
soziale Netzwerk Facebook hat mit seinem App-Zentrum bereits dieses spannende und
lukrative Feld besetzt. Jede App hat hier eine eigene Info-Seite, die das Angebot kurz
beschreibt, die Anzahl der Nutzer und den Hersteller verrät und darüber informiert, für
welche Geräte die App verfügbar ist.

Abb. 202: Exemplarische Plattform für das mobile Matching (App Store)
Quelle: www.apple.com

4.2.2 Die Prozessgestaltung beim elektronischen Handel


Elektronische Handelsprozesse auf E-Marketplaces inkludieren die Mediatisierung der
Marktprozesse. Von der Anfrage über die Suche bis hin zur Vermittlung und dem Kun-
denservice ist es möglich, die Transaktionsprozesse durch elektronische Applikationen
aktiv zu begleiten. So ist eine Transformation des Marktplatzes und seiner Funktionen –
insbesondere der Darstellung von Transaktionsobjekten und der Sammlung von Angebo-
ten und Gesuchen – ins Internet grundsätzlich möglich. Ein Geschäft im elektronischen
542 Die Grundlagen des E-Marketplace

Handel besteht in Analogie zu wirtschaftlichen Transaktionen auf der realen Handels-


ebene aus mehr als nur dem eigentlichen Kaufakt. Vielmehr können in einer prozessualen
Sichtweise idealtypisch vier Phasen der Geschäftstransaktion unterschieden werden (s.
Abb. 203; Picot/Reichwald/Wigand 2003; Schneider/Schnetkamp 2000). Der überwie-
gende Teil des Transaktionsprozesses auf dem E-Marketplace basiert dabei auf Informa-
tionen und deren Austausch zwischen den beteiligten Transaktionspartnern. Begleitet wird
der elektronische Handelsprozess von einem alle Transaktionsphasen umspannenden eFul-
fillment-Prozess (s. Kapitel 4.2.2.5), mit dem der Marktplatzbetreiber die Nutzung unter-
stützen und durch Mehrwertdienste gezielt aufwerten kann. Dabei lassen sich generell vier
Prozessbereiche erkennen (s. Abb. 203):

„ Informationsphase: Die wirtschaftliche Transaktion im elektronischen Handel be-


ginnt mit der Informationsphase (auch Wissens- oder Anbahnungsphase), in der der
Kontakt zwischen Anbieter und Nachfrager begründet wird. Dabei kommt es zu ei-
nem ersten Austausch von Informationen zwischen Anbieter und Nachfrager, der in
einer differenzierten Betrachtungsweise aus dem anbieterseitigen eOffer- und dem
nachfragerseitigen eSearch-Prozess besteht (s. Kapitel 4.2.2.1). Bei Marktransakti-
onen geht es hierbei vor allem um Informationen wie Produktspezifikationen, Preise
und Konditionen oder rechtliche Fragen. Im Zentrum steht dabei die Frage, welche
Produkte oder Leistungen eines welchen Anbieters kommen für die fragliche Aufgabe
und somit für den Nachfrager in Betracht? Der E-Marketplace kann diese Phase über
kostengünstige Informationsbeschaffungs- und Informationsaustauschmöglichkeiten
unterstützen.

„ Vereinbarungsphase: Aufgrund dieser Informationen werden in der darauffolgen-


den Vereinbarungsphase konkrete Tauschabsichten geäußert und es werden Gebote in
Form von spezifischen und objektbezogenen Angeboten bzw. Nachfragen unterbreitet.
Hier findet die eigentliche Verhandlung in einem sog. eMatching-Prozess (s. Kapitel
4.2.2.2) statt, die im Erfolgsfall mit einem Verkaufsvertrag abgeschlossen wird. Dazu
stimmen die Marktparteien – wiederum unterstützt durch die Informations- und Kom-
munikationsangebote des E-Marketplace – Leistung und (in der Regel monetäre) Ge-
genleistung ab und vereinbaren Mengen, Preise und Lieferkonditionen rechtsverbind-
lich. Dabei leistet der Marktplatzbetreiber Hilfestellung zu allgemeinen Konditionen
hinsichtlich der Markttransaktion. Diese Phase ist in einer differenzierten Sichtweise
in Einzelprozesse der Klärung, Verhandlung und letztendlich Vereinbarung sämtlicher
Transaktionsdetails zu gliedern.

„ Abwicklungsphase: Die sich anschließende Abwicklungsphase dient der Umsetzung


der Verpflichtungen, die aus dem in der Vereinbarungsphase geschlossenen Kaufver-
trag resultieren, und somit der Abwicklung des Warenflusses sowie der entgegenge-
setzten Zahlungsströme in dem eTransaction-Prozess (s. Kapitel 4.2.2.3). Gegen
Bezahlung überführen die Anbieter in der Abwicklungsphase die Güter in die Ein-
flusssphäre der Nachfrager oder erbringen die vertraglich festgelegten Leistungen.
Die Prozesse beim elektronischen Handel 543

Innerhalb der Abwicklungsphase sollte der E-Marketplace den eigentlichen Ab-


schluss der Transaktion unterstützen und zur Durchführung entsprechende Dienstleis-
tungen anbieten (z. B. Versicherung usw.).

Information Vereinbarung Abwicklung After-Sales

eOffer-
Prozess
eMatching- eTransaction- After-eSales-
Prozess Prozess Prozess
eSearch-
Prozess

eFulfillment-Prozess

Abb. 203: Die Prozessbereiche einer Online-Koordination über einen E-Marketplace


Quelle: in Anlehnung an Picot/Reichwald/Wigand 2003, S. 338.

„ After-Sales-Phase: Mit dem Leistungsaustausch endet die geschäftliche Beziehung


zwischen Anbieter und Nachfrager jedoch nicht vollständig. Der Kundendienst nach
dem eigentlichen Abschluss rückt vermehrt in den Fokus der Güter- und Leistungs-
anbieter und wird durch den After-eSales-Prozess abgebildet (s. Kapitel 4.2.2.4). Ne-
ben für den Anbieter negativen Folgeprozessen wie Umtausch, Preisminderung oder
Nachbesserung lassen sich in der After-Sales-Phase durchaus gewinnbringende Ser-
viceleistungen wie z. B. Wartung des veräußerten Gutes anbieten. Darüber hinaus
kann Kundenbindung im Rahmen des Customer Relationship Managements betrieben
werden.

4.2.2.1 eOffer- und eSearch-Prozess


Das Ziel der Online-Informationsphase (auch Wissens- oder Anbahnungsphase) auf
dem E-Marketplace ist die Begründung von Kontakten zwischen den beiden Marktparteien
Anbieter und Nachfrager (Picot/Reichwald/Wigand 2003). Bevor es allerdings zu einem
Kontakt zwischen den verschiedenen Marktsubjekten kommen kann (Voigt/Landwehr/
Zech 2003), müssen zwei Bedingungen erfüllt sein: In einem ersten Schritt müssen die
Anbieter im Rahmen des eOffer-Prozesses ein Angebot formulieren und auf dem E-Mar-
ketplace einstellen. In einem zweiten Schritt müssen die Nachfrager im Rahmen des eSe-
arch-Prozesses ihre Suchanfrage formulieren und ebenfalls auf dem E-Marketplace ein-
stellen. Von den Anbietern müssen folglich ausreichend Informationen zu ihren Produkten
544 Die Grundlagen des E-Marketplace

und Leistungen sowie den begleitenden Konditionen bereitgestellt werden, während Nach-
frager ihre Wünsche und Gesuche sowie die maßgeblichen Kriterien an den Marktplatz-
betreiber weiterleiten.
Der potenzielle Anbieter muss innerhalb des eOffer-Prozesses multimediale Objektdaten
sowie relevante Anbieterdaten unter Verwendung der diversen Marktplatz-Komponenten
(s. Kapitel 4.1.3.1) an den Marktplatzbetreiber zur Weiterverarbeitung übermitteln. Damit
sein Angebot gefunden und entsprechend präsentiert werden kann, sollte der Anbieter die
Anforderungen zur Online-Produktklassifikation (s. Kapitel 4.1.1.2) und zum Online-Ka-
talogaustausch (s. Kapitel 4.1.1.3) berücksichtigen und die Unterstützungsleistung des
Marktplatzbetreibers nutzen. Der potenzielle Nachfrager muss innerhalb des eSearch-
Prozesses auf die Online-Suche nach einer bestimmten Dienstleistung oder Produkt gehen.
Dazu überspielt er seine Nachfragedaten (z. B. gewünschte Quantitäten oder Objekteigen-
schaften) an den Marktplatzbetreiber, der aktiv das Matching übernimmt. Dem Nachfra-
ger stehen dazu verschiedene Marktplatz-Komponenten (s. Kapitel 4.1.3.1) zur Unterstüt-
zung zur Verfügung. Die direkte Interaktion zwischen Nachfrager und Marktplatzsystem
findet unter Verwendung der Datenbank- und Formularfelder (z. B. Auswahlmenüs, freie
Eingabefelder, Konfigurationsmenüs) statt, die von dem Marktplatzbetreiber bereitgestellt
werden. Eine wesentliche Erfolgsgrundlage für die Bereitstellung einer passenden Aus-
wahlmenge durch den Marktplatzbetreiber ist vor diesem Hintergrund die genaue und zu-
gleich umfangreiche Spezifikation der Eigenschaften der angebotenen Objekte sowie die
eindeutige Artikulation der Gesuche durch die Nachfrager. Die Aktualität der Offerten
und Gesuche und folglich die kontinuierliche Informationsaktualisierung der Marktpar-
teien kann somit als kritischer Erfolgsfaktor in der Informationsphase betrachtet werden.
Der Marktplatzbetreiber unterstützt den Informationsaustausch durch marktplatzspezifi-
sche Informations- und Kommunikationssysteme (z. B. progressive Suchdienste, gezielte
Kundenansprache per E-Mail), die die Offerten der Anbieter mit den Gesuchen der Nach-
frager zusammenführen.
Neben der Überspielung bzw. Einspeisung von Informationen beider Marktseiten ist im
Rahmen des eOffer- und eSearch-Prozesse auch die Frage zu klären, wie die Teilnehmer
im Anschluss die Informationen der Gegenseite auf- bzw. abrufen können. Die wichtigen
Kennzeichen der elektronischen Handelsebene bestehen darin, dass hier keine materiel-
len, physisch greifbaren Produkte angeboten werden, sondern immaterielle Informationen,
und dass die Handelspartner unabhängig von Zeit und Raum miteinander in Kontakt treten
können (Kollmann 2001b). Auf der realen Güterebene halten die Händler ein bestimmtes
Warensortiment und ein Warenlager zur Versorgung der Nachfrager vor. In der elektroni-
schen Welt ist deshalb ein System erforderlich, das gerade der zeitlichen und räumlichen
Dislozität der Handelsteilnehmer gerecht wird und dennoch, den materiellen Gütern ent-
sprechend, ein Sortiment an Informationen in ausreichender Menge vorhält. Diese Funk-
tion übernehmen auf der elektronischen Handelsebene die Datenbanken. Unter einer Da-
tenbank ist ein Computer gestütztes System zur Beschreibung, Speicherung und Wieder-
gewinnung von Daten zu verstehen. Sie besteht aus einer mehr oder minder umfassenden
Datenbasis, einem Programm zur Verwaltung der darin abgelegten Daten (DBMS; s. Kapitel
Die Prozesse beim elektronischen Handel 545

3.1.3.2) sowie einem Programm, mit dem man unter Verwendung bestimmter Suchkriterien
gezielt nach Informationsinhalten suchen kann (Picot/Reichwald/Wigand 2003, S. 170).
Die Datenbanken stellen somit eine Art elektronisches Verkaufsverzeichnis dar, in dem
die Anbieter ihr Informationssortiment ausstellen und die Nachfrager sich ihren Informa-
tionswünschen entsprechend und selbstständig umschauen können, sofern sie über eine Zu-
trittsberechtigung zu dieser Datenbank verfügen. Trotz des mitunter beträchtlichen Um-
fangs an Datensätzen in Datenbanken können die Nachfrager keinesfalls sicher sein, dass
sie die gewünschten Informationen auch tatsächlich erhalten. Die Ursachen hierfür liegen
u. a. darin, dass die Datensätze entweder untereinander oder mit den Suchkriterien unge-
nügend verknüpft sind, oder dass die Datensätze nicht in der gewünschten Aktualität vor-
handen sind. Die mit der Nutzung der traditionellen Datenbanksysteme verbundenen
Schwächen lassen sich mit Hilfe des sog. Data Warehouse-Konzeptes (s. Kapitel 3.4.2.2)
vermeiden. Historisch betrachtet wurde das Data-Warehouse-Konzept entwickelt, um die
Entscheidungsgrundlage des Managements von Unternehmen durch umfangreiche und alle
Unternehmensbereiche berücksichtigende Informationen zu verbessern (Inmon 2005).
Dabei wird keinesfalls auf den Rückgriff auf Datenbanken verzichtet. Stattdessen werden
die jeweils in Datenbanken vorhandenen Daten in neue, logische Zusammenhänge gestellt,
um auf diese Weise völlig neue Informationen zu erhalten. Sind es in Datenbanken vor al-
lem die Beziehungen der Datensätze untereinander (d. h. die Relationen), die neben der
Speicherung den Mehrwert schaffen, so besteht der Nutzen eines Data Warehouse in der
multidimensionalen Sicht auf die in bestimmter Weise modellierten und aggregierten In-
formationen (s. Abb. 159). Außerdem beinhaltet das Data-Warehouse-Konzept Tools, um
den gesamten Datenbestand nach bestimmten Datenmustern zu durchsuchen (sog. Data
Mining; s. Kapitel 3.4.2.3). Auf diese Weise sollen die „Edelsteine“ im „Schutt“ des ins-
gesamt vorhandenen Informationsangebots entdeckt werden. Auf elektronischen Markt-
plätzen fallen Informationen bzw. Daten an, die sich drei Informationsklassen zuordnen
lassen (Krähenmann 1994):

„ Objektinformationen beinhalten einerseits diverse preisbezogene Informationen wie


bspw. Höchst- und Tiefstpreise, Mengenrabatte und Preissegmentierungen. Anderer-
seits enthalten sie detaillierte Informationen über die Objekteigenschaften. Im Vorder-
grund stehen dabei die Beschreibung funktionaler Eigenschaften sowie Angaben zur
Qualität. Insbesondere beim Handel komplexer Objekte ist die differenzierte Be-
schreibung der spezifischen Objekteigenschaften zur Abgrenzung von den Handels-
objekten der Wettbewerber erfolgskritisch. Im B2B-Handel kann zuzüglich eine for-
male Objektspezifikation (Marken- und Produktname sowie Artikelnummer) zur ein-
deutigen Identifikation integriert werden.

„ Daten zu Handelspartnern enthalten in erster Linie Teilnehmerdaten wie die An-


schrift, Ansprechpartner, Referenzen sowie Angaben über die wirtschaftliche Leis-
tungskraft der Marktsubjekte. Informationen über die Kreditwürdigkeit oder Zahlungs-
moral können die Akzeptanz des potenziellen Transaktionspartners maßgeblich beein-
flussen. Darüber hinaus beinhalten die Daten zu den Handelspartnern verschiedene
546 Die Grundlagen des E-Marketplace

Produktionsdaten. Dazu zählen bspw. die Sortimentsbreite, die Unternehmenskapazi-


tät oder die Produktionsflexibilität. Marktteilnehmerinformationen wirken sich vor al-
lem auf offenen E-Marketplaces positiv auf die Vertrauensbildung aus, da sich die
Anbieter und Nachfrager in der Regel vorher nicht kennen und zum ersten Mal eine
Geschäftsbeziehung miteinander eingehen. Konträr ist es im Rahmen bestimmter Ge-
schäfte im Interesse der Handelspartner, die Transaktion anonym zu vollziehen und ihre
Identität zu verbergen, um bspw. ihre Marktstrategien gegenüber der Konkurrenz nicht
zu offenbaren.

„ Marktdaten beziehen sich auf die Marktstruktur und technische Marktdaten. Die
Marktstruktur ist durch die Marktorganisation und die Marktprozesse sowie durch die
Marktdemographie und Marktseitenbesetzung charakterisiert. Die technischen Markt-
daten beinhalten Informationen über die Marktkapazität und das -volumen. Ebenfalls
von Relevanz sind in diesem Kontext die Markttiefe sowie die Liquidität und die Vola-
tilität auf dem Markt. Einer Studie von Mummert+Partner aus dem Jahre 2000 zufolge
sollten Marktplatzbetreiber in diesem Kontext ebenfalls Informationen über die Funk-
tionen, Prozesse und Konditionen des E-Marketplace selbst bereitstellen. Die Prozesse
der Transaktionsmodi müssen von dem Marketplace-Kunden verstanden worden sein,
um die Transaktionsbereitschaft sicherzustellen.

eOffer-Prozess eSearch-Prozess
Produkte, Leistungen, Konditionen Gesuche, Kriterien, Profile

Anbieter 1 E-Marketplace Nachfrager 1


Data Warehouse

Anbieter 2 Marktdaten Nachfrager 2


Objektdaten
Anbieter 3 Nachfrager 3
Daten zu
Handelspartnern

Anbieter n Datenbank Nachfrager n

Interessenten, Bestellungen, Aufträge Gebote, Alternativen, Vorschläge

Abb. 204: eOffer- und eSearch-Prozesse auf einem E-Marketplaces


Quelle: in Anlehnung an Kollmann 2001b, S. 69.

Die von den einzelnen Marktsubjekten bereitgestellten Informationen werden von dem
Marktplatzbetreiber gesammelt und entsprechend der Markterfordernisse aufbereitet. Im
Rahmen der Aufbereitung werden die Daten auf Richtigkeit und Vollständigkeit geprüft,
fehlende Angaben können ergänzt und falsche Daten verbessert werden. Erst danach wer-
den die Daten endgültig in der Datenbank abgelegt und stehen für die operative Nutzung
Die Prozesse beim elektronischen Handel 547

im Handelsgeschehen zur Verfügung. Die weitere Datennutzung ist durch die bilaterale
Ausrichtung des E-Marketplace auf zwei Kundengruppen mit divergierenden Informations-
und Kommunikationsbedürfnissen gekennzeichnet (s. Abb. 204). Folglich werden die ver-
fügbaren Daten von den beiden Marktparteien zu unterschiedlichen Zwecken verwendet.
Für Nachfrager besteht die Möglichkeit, Informationen über angebotene Produkte und
Leistungen zu ermitteln, während Anbieter Informationen über Bedarfsstrukturen und
Marktpreise erheben können. Im Rahmen geschäftlicher Transaktionen komplementieren
prozessbezogene Informationen (z. B. Vorschläge für Transaktionen, Konditionen) das
Data Warehouse auf dem E-Marketplace. Der E-Marketplace bietet mit den zugehörigen
elektronischen Prozessen gegenüber realen Marktplätzen zusammengefasst die folgenden
Vorteile in der Informationsphase (Schneider/Schnetkamp 2000, S. 52 f.):

„ Aktualität der Informationen durch Echtzeit-Aktualisierungen

„ Mehrdimensionale Suchmöglichkeiten und Senkung der Suchkosten/-zeiten

„ Multimediale Teilnehmer- und Produktbeschreibungen

„ Möglichkeit der Interaktion (mit den Kunden und der Kunden untereinander)

„ Direkter Vergleich mit dem globalen Wettbewerb

„ Potenziale zum „Up-Selling“ und „Cross-Selling“

„ Elektronische Verbindungen (Links) zu verwandten Themen

4.2.2.2 eMatching-Prozess
Auf der Basis der eingestellten und abgerufenen Informationen im eOffer- und eSearch-
Prozess (s. Kapitel 4.2.2.1), werden in dem darauffolgenden eMatching-Prozess konkrete
Tauschabsichten geäußert und es werden Gebote in Form von spezifischen und objektbe-
zogenen Angeboten bzw. Nachfragen unterbreitet. Dazu treten die Nachfrager mit den
vorselektierten potenziellen Transaktionspartnern in Kontakt, um das Leistungsspektrum
des Produkts sowie die Konditionen der Transaktion zu klären, ggf. zu verhandeln und
letztendlich den rechtlich bindenden Vertrag abzuschließen (Voigt/Landwehr/Zech 2003).
Die Spezifikation des Transaktionsprodukts adressiert gewünschte Ausprägungen variab-
ler Produktattribute, z. B. die Farbauswahl. Verhandelt werden kann in diesem Kontext
über eine einzelne Dimension (einattributiv), die in der Regel der Preis ist, oder auch über
mehrere Dimensionen (multiattributiv), wie bspw. Preis, Qualität und Lieferkonditionen
(Bichler 2001, S. 83; Pippow 2004, S. 7; Ströbel 2002, S. 33). Neben den Vereinbarungen,
die das Transaktionsobjekt direkt betreffen, spielen somit auch Vereinbarungen über Zah-
lungs- und Lieferbedingungen sowie ggf. Garantie- und Serviceleistungen eine bedeut-
same Rolle.
548 Die Grundlagen des E-Marketplace

Die Kernleistungen des E-Marketplace bestehen in dieser Phase durch den Abgleich von
Angebot und Nachfrage vorrangig in der Unterstützung des Produkt- und Preisfindungs-
prozesses durch eine marktgerechte Prozessgestaltung sowie mit dem Vorschlag bzw. der
Festlegung des Transaktionspartners in dem Matchingprozess. Dabei ist die Frage zu adres-
sieren, auf welche Weise ein Marktplatzbetreiber den eMatching-Prozess institutionalisie-
ren kann. Tatsächlich sind dazu inzwischen zahlreiche Matching-Modelle entwickelt wor-
den (Kollmann 2001b). Die Prozesse, auf denen diese Matching-Modelle aufbauen, unter-
scheiden sich im Wesentlichen durch die angebotene Funktionalität. Diese Prozesse und
da- mit die resultierenden Matching-Modelle können schematisiert und zu Kategorien zu-
sammengefasst werden. Verzichtet wird auf die in diesem Zusammenhang häufig genann-
ten „Schwarzen Bretter“, weil dieses Matching-Modell aufgrund der nur rudimentär vor-
handenen Transaktionsfunktionalität streng genommen nicht zu den transaktionsorientier-
ten elektronischen Marktplätzen gezählt werden sollten (Berlecon 2000, S. 11).
Im Folgenden werden daher nun die auf Online-Catalog-Prozessen, Online-Request-Pro-
zessen, und Online-Auction-Prozessen basierenden Matching-Modelle in ihren Grundzü-
gen zusammengefasst dargestellt (Kollmann 2001b, S. 85 ff.):
Online-Catalog-Prozess
Den Ausgangspunkt des auf Online-Catalog-Prozessen basierenden Matching-Modells bil-
det ein aggregierter Produktkatalog, der sich aus den Katalogen verschiedener Pro-
duktanbieter zusammensetzt (s. Kapitel 2.1.1.4). Die Rollenverteilung von Anbietern und
Nachfragern ist bei Katalog-Prozessen eindeutig definiert: Die Anbieter offerieren über
den Marktplatzbetreiber ihre Produkte zu den jeweiligen Preisen und begleitenden Kondi-
tionen zusammen mit identischen, ähnlichen oder ergänzenden Produkten anderer Anbie-
ter in einem gemeinsamen elektronischen Katalog. Der Nachfrager sucht nach dem von
ihm gewünschten Produkt und erhält als Antwort auf seine Suchanfrage vom Marktplatz-
betreiber eine Auswahlmenge passender Angebote. In Abhängigkeit der gewählten Stra-
tegie des Marktplatzbetreibers (s. Kapitel 4.3.3.1) bekommt der Nachfrager entweder aus-
schließlich die Angebote angezeigt, die genau mit seinem Gesuch übereinstimmen, oder
eine möglichst breite Auswahlmenge prinzipiell in Frage kommender Objekte. Dadurch
wird der Nachfrager in die Lage versetzt, Preise, aber auch Qualitäten und Konditionen zu
vergleichen und das ausgewählte Produkt direkt beim Anbieter zu bestellen.
Charakteristisch für Online-Kataloge ist die statische Produkt- und Preisbildung. Sind
die Objekte einmal in den Katalog eingestellt, finden in der Regel keine Verhandlungen
über Produktbeschaffenheiten, Preise oder weitere Konditionen zwischen Anbietern und
Nachfragern statt. Der Nachfrager kann das Objekt zu den im Katalog angegebenen Kon-
ditionen kaufen oder nicht und erwirbt damit unverzüglich und unabhängig von anderen
Geboten das Recht an dem Transaktionsobjekt. Somit sind Online-Kataloge besonders
für solche Produkte vorteilhaft, die einen relativ geringen Beratungsaufwand (s. Kapitel
3.3.1.1) und stabile Preise aufweisen, deren Beschaffung zeitkritisch sowie mit hohen
Suchkosten verbunden ist. Ferner ist klar, dass der Anbieter als Ausgangspunkt dieses
Die Prozesse beim elektronischen Handel 549

Matching-Modells angesehen werden kann (Einstellung eines Angebotes auf dem Markt-
platz). Als Beispiel für einen auf dem Online-Catalog-Prozess basierenden E-Marketplace
kann autoscout24.de genannt werden, bei dem die Anbieter ihre Angebote von Gebraucht-
wagen in eine Datenbank einstellen können, die dann über den Marktplatzbetreiber mit
Hilfe von Suchmechanismen für potenzielle Nachfrager durchsuchbar wird.
Die Attraktivität und damit der Mehrwert der Katalog-basierten Prozesse auf Nachfrager-
seite bestehen darin, dass sie die Markttransparenz erhöhen und Vergleichsmöglichkei-
ten eröffnen. Zusätzlich bieten sie gelegentlich die Möglichkeit der Nachfragebündelung,
wodurch den Nachfragern eine gewisse Marktmacht verliehen wird, die sich dann in Form
deutlich niedrigerer Einkaufspreise niederschlagen (sog. Powershopping). Der Mehrwert
für die Anbieter besteht darin, dass sie von einer deutlich höheren Nachfrage und den
Kosteneinsparungen durch das Outsourcing eines Teils ihrer Absatzaktivitäten auf den
E-Marketplace profitieren. Hinzu kommt, dass Verkäufer und Käufer sich den Anteil des
traditionellen Handelsvermittlers (Zwischenhändler) an der Wertschöpfungskette teilen
können. Darüber hinaus wird gegenüber traditionellen Vermarktungs- bzw. Beschaffungs-
systemen der Vorteil der größten Aktualität (Nachfrager) bzw. leichteren Aktualisierbar-
keit (Anbieter) der Angebote sowie die Vernetzung der verschiedenen Warenwirtschafts-
systeme geboten. Aus der Summe dieser Mehrwerte resultieren die Zahlungsbereitschaften
der Anbieter und Nachfrager, aus denen der Marktplatzbetreiber seine Einnahmen gene-
riert.
Online-Request-Prozess
Den Ausgangspunkt des auf Online-Request-Prozessen basierenden Matching-Modells
bildet eine aggregierte Nachfrageerfassung, die sich aus den Anfragen verschiedener
Produktnachfrager zusammensetzt. Die Rollenverteilung von Anbietern und Nachfragern
ist bei Request-Prozessen ebenfalls eindeutig definiert: Die Nachfrager zeigen gegenüber
dem Marktplatzbetreiber an, ein Objekt kaufen zu wollen, wobei die Kaufwünsche mit
Mindestvorstellungen über den Preis und Angaben über die Produktmerkmale versehen
werden. Der potenzielle Nachfrager setzt sich jedoch nicht direkt mit der jeweils anderen
Marktpartei in Verbindung, sondern richtet sich mit seiner Nachfrage an den Marktplatz-
betreiber, der anschließend die Angaben prüft und sie in anonymisierter Form an geeignete
Transaktionspartner auf der Anbieterseite weiterleitet (sog. Request for Proposal). Diese
entscheiden dann, eventuell nach Rückfragen bezüglich bestimmter Konditionen, ob er
ein auf die Nachfrage passendes Angebot formuliert. Dadurch wird der Nachfrager in die
Lage versetzt, sowohl Preise, als auch Qualitäten und Konditionen zu seiner individuellen
Suchanfrage zu vergleichen und mit dem möglichen Anbieter in Verbindung zu treten.
Kennzeichnend für Online-Request-Prozesse ist eine zweiseitig dynamische Produkt-
und Preisbildung. In den Requests for Proposal sind lediglich Mindestvorstellungen über
Produktbeschaffenheiten und Preise und weitere Konditionen enthalten. Werden diese von
der anderen Marktpartei so jedoch nicht angeboten bzw. akzeptiert, können Anpassungen
bzw. Nachverhandlungen zu einem beide Seiten befriedigenden Abschluss führen. Requ-
est-Prozesse sind somit für Güter geeignet, die volatile Preise aufweisen bzw. bei denen
550 Die Grundlagen des E-Marketplace

ein höherer Beratungsaufwand zu vermuten ist (s. Kapitel 3.3.1.1). Ebenso charakteristisch
ist der Handel von Objekten, deren Beschaffung zeitunkritisch ist und die eine geringe
Transaktionshäufigkeit erfordern. Ferner ist klar, dass der Nachfrager als Ausgangs-
punkt dieses Matching-Modells angesehen werden kann (Einstellung eines Gesuches auf
dem Marktplatz). Als Beispiel für einen auf dem Online-Request-Prozess basierenden
E-Marketplace kann bewertet.de genannt werden, bei dem Nachfrager ihre individuellen
Gesuche nach verschiedenen Dienstleistungen (z. B. Steuerberatung oder Schädlingsbe-
kämpfung) einstellen können, die dann durch den Marktplatzbetreiber an die passenden
Dienstleister als potenzielle Anbieter weitergeleitet werden.
Eine Spielart der Online-Request-Prozesse besteht darin, dass der Kaufvertrag über ein
bestimmtes Produkt nicht zwischen einem Anbieter und Nachfrager abgeschlossen wird,
sondern dass der Marktplatzbetreiber als Zwischenhändler auftritt. In diesem Falle bleiben
die Anbieter und Nachfrager im Hintergrund völlig anonym und treten nicht miteinander
in Kontakt. Sie erfahren allerdings auch nicht, welchen Preis der Marktplatzbetreiber mit
der jeweils anderen Marktseite ausgehandelt hat. Diese Anonymisierung der Anbieter
und Nachfrager stellt die Grundlage für weitere viel versprechende Mehrwertdienste dar.
So können bspw. Ausschreibungen vorgenommen werden, ohne dass derjenige, der die
Ausschreibung durchführt, seine Identität preisgeben muss. Diese Möglichkeit ist insbe-
sondere dann wünschenswert, wenn ansonsten das Wissen um den Ausschreibenden uner-
wünschte Rückschlüsse auf dessen Zahlungsbereitschaft zuließe oder dessen Konkurrenten
vielleicht sogar Einblicke in seine strategischen Planungen erhalten würden. Darüber hin-
aus lassen sich z. B. auch Überschussmengen an produzierten Gütern oder überschüssige
Produktionskapazitäten vermarkten, ohne dass die bestehenden Absatzkanäle gefährdet
werden.
Somit bieten sich sowohl für Anbieter als auch für Nachfrager entscheidende Vorteile bei
der Inanspruchnahme von Online-Request-Prozessen, da einerseits die Nachfrager ihre in-
dividuellen Anfragen unabhängig von bereits fixierten Produktspezifikationen in Daten-
banken einstellen können und andererseits die Anbieter ihre individuelle Beratungs- und
Produktleistung anbieten können und sich somit auch Aspekte neben dem Preis etablieren
lassen. Dadurch ergeben sich Alternativen zu den regulären statischen Absatzwegen. Ne-
ben der Anonymisierung kann der Marktplatzbetreiber bei diesem Matching-Modell noch
weitergehende Leistungen anbieten. So kann er zum Zwecke einer effizienteren Koordina-
tion eine Selektion von Anbietern und Nachfragern durchführen und zwar entweder
generell für alle Transaktionen, nur für bestimmte Verkaufsangebote oder Ausschreibun-
gen. Auf diese Weise kann der Marktplatzbetreiber zusätzlich die Bonitätsprüfung (s. Ka-
pitel 4.2.2.5) übernehmen, sodass an dem Request-Verfahren nur diejenigen Anbieter
und/oder Nachfrager teilnehmen können, die diese Prüfung bestanden haben. Darüber hin-
aus bietet es sich bei diesem Matching-Modell insbesondere an, den Marktteilnehmern
mehr oder weniger aufwendige Computer gestützte Funktionen zur Verfügung zu stellen, mit
denen der gesamte Request-Prozess auf dem E-Marketplace sowie die jeweils eigenen Ak-
tivitäten analysiert werden können (Berlecon 2000, S. 13 f.). Der Umfang der angebote-
nen Mehrwertdienste auf elektronischen Börsen hängt vor diesem Hintergrund entschei-
Die Prozesse beim elektronischen Handel 551

dend von den Wünschen der Teilnehmer sowie deren Zahlungsbereitschaften für transak-
tionsbegleitende Prozesse ab.
Insbesondere im B2B-Bereich werden bei Verhandlungen mit hohem Komplexitätsgrad in-
telligente Software-Agenten (Pippow 2004; Ströbel 2002) eingesetzt, die die Verhandlun-
gen unter vorstrukturierten Bedingungen selbständig durchführen (Zarnekow 1999,
S. 148). Kritisch für den Erfolg von automatisierten Verhandlungen sind in technischer
Hinsicht die Anwendung einer konsistenten Semantik und in betriebswirtschaftlicher Sicht-
weise die Generierung von leistungsfähigen Verhandlungsstrategien. Es ist zu gewährleis-
ten, dass der Software-Agent die verschiedenen Verhandlungsoptionen (z. B. Bestellquan-
tität, Qualitätsanforderung, Finanzierungsarten) im Sinne des Anbieters resp. Nachfragers
bewerten und zueinander gewichten kann. Unter Berücksichtigung der Präferenzen bzw.
Prioritäten des „Auftraggebers“ muss der Software-Agent in der Lage sein, selbständig auf
individuelle Anforderungen der Verhandlungen entsprechend zu reagieren, um ein opti-
males Verhandlungsergebnis zu erzielen. Dafür sorgen entweder lernfähige (dynamische)
Agentensysteme auf der Basis von genetischen Algorithmen oder nichtlernfähige (stati-
sche) Systeme basierend auf Vorschlagsprotokollen für alle existierenden Handlungsop-
tionen (Beam/Segev 1997).
Online-Auction-Prozess
Den Ausgangspunkt des auf Online-Auction-Prozessen basierenden Matching-Modells
bildet wie schon beim Online-Catalog-Prozess ein aggregierter Produktkatalog, der sich
aus Angeboten verschiedener Produktanbieter zusammensetzt. Die Rollenverteilung von
Anbietern und Nachfragern ist analog zu den Katalog-Prozessen eindeutig definiert: Die
Anbieter offerieren über den Marktplatzbetreiber ihre Produkte in einem gemeinsamen
elektronischen Katalog. Der Nachfrager sucht nach dem von ihm gewünschten Produkt
und erhält als Antwort auf seine Suchanfrage vom Marktplatzbetreiber eine Auswahlmenge
passender Angebote. Anders als bei dem Online-Catalog-Prozess kommt jetzt jedoch bei
Online-Auction-Prozessen ein offener Preismechanismus zum Tragen, d. h. der Kaufpreis
eines Produktes entwickelt sich nach der Angabe eines Startpreises seitens des Anbieters
durch immer höhere Gebote verschiedener Nachfrager auf dasselbe angebotene Gut.
Kennzeichnend für Online-Auction-Prozesse ist damit eine einseitig dynamische Preis-
bildung und die Auktion wird mittels eines definierten und verbindlichen Preismecha-
nismus durchgeführt, d. h. die abgegebenen verbindlichen Kaufgebote können von den
Marktteilnehmern gegenseitig überboten werden, wobei das höchste Gebot anschließend
vom Anbieter akzeptiert werden muss. Die Laufzeit einer Auktion ist in der Regel zeitlich
begrenzt. Aufgrund der aber mitunter mehrere Tage laufenden Auktionen sind diese Mat-
ching-Modelle vorrangig für Güter geeignet, deren Beschaffung weniger zeitkritisch und
der Beratungsaufwand (s. Kapitel 3.3.1.1) überschaubar ist. Dies impliziert, dass das Pro-
duktangebot und die Konditionen im Vorfeld genau festgelegt sind und nach Angebotsein-
stellung nicht mehr verändert werden können, sodass nur noch der Preis als alleiniges Ent-
scheidungskriterium ausreichend ist. Auktionen eignen sich insbesondere für den Handel
von Objekten, deren Marktpreis im Vorfeld schwer zu bestimmen ist, da lediglich ein re-
552 Die Grundlagen des E-Marketplace

lativ niedriger Preis als Startpreis angegeben wird, der sich dann mit jedem abgegebenen
Gebot erhöht, bis die maximale Zahlungsbereitschaft der Bieter erreicht, und somit ein markt-
orientierter Preis gefunden ist. Damit ist klar, dass einmal mehr der Anbieter als Ausgangs-
punkt dieses Matching-Modells angesehen werden kann (Einstellung eines Angebotes bzw.
einer „Auktion“ auf dem Marktplatz). Als Beispiel für einen auf dem Online-Auction-Pro-
zess basierenden E-Marketplace kann ebay.de genannt werden, bei dem die Anbieter ihre
Verkaufsangebote in Form von Auktionen in eine Datenbank einstellen können, die dann
über den Marktplatzbetreiber mit Hilfe von Suchmechanismen für potenzielle Nachfrager
durchsuchbar werden und bei denen dann Gebote abgegeben werden können.

Auktionsart Gebotsabgabe Gebotsverlauf Verkaufspreis

Englisch offen steigend höchstes Gebot

Holländisch offen fallend erstes Gebot

Höchstpreis verdeckt einmalig höchstes Gebot

Vickrey verdeckt einmalig zweithöchstes Gebot

Reverse offen fallend Kunde sucht aus

Abb. 205: Auktionsformen im Internet

Online-Auktionen können grundsätzlich nach verschiedenen Regeln durchgeführt wer-


den. Zur Erklärung der Funktionsweisen erscheint es sinnvoll, auf die bekannten Stan-
dardauktionsformen zurückzugreifen. Die bekanntesten Auktionsformen (s. Abb. 205) sind
demnach die Englische Auktion, die Holländische Auktion, die verdeckte Erstpreisauktion
(Höchstpreisauktion) und die verdeckte Zweitpreisauktion (Vickrey-Auktion). Neben die-
sen Grundformen (Cassady 1980; McAfee/McMillan 1987) gibt es allerdings noch eine
Reihe anderer Auktionsformen, die auf ganz unterschiedliche Weise versuchen, Anbieter
und Nachfrager preislich möglichst optimal zusammen zu bringen.
Die Englische Auktion ist die bekannteste aufsteigende Auktionsform. Hierbei werden
von den Bietern unterschiedliche Gebote abgegeben, die für alle anderen Auktionsteil-
nehmer öffentlich einsichtig sind. Die Gebote beginnen beim Einstellungspreis (oder dem
Mindestpreis des Auktionsanbieters) und werden so lange erhöht, bis die Auktion entwe-
der zeitlich zu Ende ist oder kein Bieter mehr den bestehenden Preis überbieten möchte
Die Prozesse beim elektronischen Handel 553

(Brandtweiner 2001, S. 124). Charakteristisch für diese Auktionsform ist das relativ ge-
ringe Risiko der Bieter, da die Anzahl der Mitbieter und deren Gebote bekannt sind und
der Bieter damit jederzeit aus dem Prozess aussteigen kann (solange er nicht Höchstbie-
tender ist). Bekanntestes Beispiel ist hier ebay.de, wo Anbieter und Nachfrager mittels
dieses Auktionsmechanismus zusammenkommen. Da gerade das Internet und die tech-
nischen Möglichkeiten elektronischer Marktplätze die Implementierung nicht nur verein-
fachen, sondern auch erst dadurch wirklich effizient werden, beteiligen sich auch immer
mehr Privatpersonen an solchen Auktionen. Somit konkurrieren die gewerblichen Anbie-
ter, die sich an solchen Auktionen beteiligen, nicht mehr nur mit anderen Gewerbetrei-
benden, sondern zunehmend auch mit Privatpersonen, die mit relativ wenigen Mitteln
ebenfalls zu Anbietern werden können.
Die Holländische Auktion ist eine Auktionsform mit dem Prinzip absteigender Preise.
Der Auktionator beginnt in der Regel mit einem überhöhten Preis, der beständig gesenkt
wird. Hierbei fällt der Preis in zuvor festgelegten Intervallen um einen bestimmten Geldbe-
trag. Der Auktionsteilnehmer, der zuerst mit dem ausgerufenen Geldbetrag einverstanden
ist und dementsprechend die Auktion unterbricht, erhält den Zuschlag. Diese Auktions-
form orientiert sich daher an der Zahlungsbereitschaft der Kunden. Sie können entweder
offen ablaufen, wobei die Identität der Auktionsteilnehmer als auch die Höhe der Gebote
allen bekannt ist. Sie können aber auch vollständig anonym und geschlossen oder in jeder
Kombinationsform zwischen diesen beiden Extremen durchgeführt werden. Ein wichtiger
Aspekt der Holländischen Auktionsform ist die Geschwindigkeit mit der die Auktion
durchgeführt wird. Bei relativ niedrigpreisigen Gütern ist die Auktion normalerweise von
kurzer Dauer. Traditionell wurde dafür eine Auktionsuhr benutzt, die sehr schnell rück-
wärtsläuft und von dem Bietenden gedrückt bzw. angehalten werden muss, wie es ur-
sprünglich bei den Blumenversteigerungen in Holland geschah (daher auch der Name).
Die Übertragung dieser Auktionsform auf das Internet ist jedoch ohne weiteres möglich,
da der Preis in Echtzeit für alle Mitbietenden über die Marktplatz-Plattform sichtbar ge-
macht werden kann und somit jeder Teilnehmer die gleiche Chance erhält, den Zuschlag
zu bekommen.
Die verdeckte Höchstpreis-Auktion erfordert absolute Geheimhaltung der Gebote. Die
Mitbieter können jeweils nur ein verschlossenes Gebot an den Auktionator schicken, ohne
jedoch zu wissen, welchen Preis die Mitbieter zu zahlen bereit sind. Nach Ablauf der vorher
festgelegten Frist werden die verschlossenen Gebote geöffnet und das höchste Gebot er-
hält den Zuschlag. Im Internet wird diese Form selten angeboten, allerdings lassen sich
auch hier einige Beispiele identifizieren. Unter dem Begriff der „Blind-Auktion“ bietet
carsontheweb.com den Kunden die Möglichkeit Gebote auf ein jeweiliges Fahrzeug
abzugeben (o. V. 2018d). Dabei sehen die Kunden nicht, welche Angebote die Mit-
bieter abgegeben haben. Die Auktion läuft verdeckt ab und der Höchstbietende bekommt
am Ende der Auktion den Zuschlag durch den Verkäufer. In der Regel geben Bieter bei
dieser Auktionsform höhere Gebote ab als z. B. bei der Englischen Auktion, da sie weder
die Anzahl noch die Risikobereitschaft der Mitbieter kennen. Durch diese fehlende Orien-
554 Die Grundlagen des E-Marketplace

tierung an Wettbewerbern (z. B. wenn viele der Mitbieter ab einem bestimmten Preis aus-
steigen) reflektieren die Gebote hier die maximale Zahlungsbereitschaft der Kunden.
Die Vickrey-Auktion funktioniert vom Prinzip her wie die Höchstpreis-Auktion. Auch
hier kann jeder nur einmal ein Gebot abgeben und die Gebote werden verdeckt abgegeben.
Ist der vorher definierte Auktionszeitraum abgelaufen, gewinnt zwar der Höchstbietende,
dieser muss allerdings nur den Preis des Zweithöchstbietenden bezahlen. Daher wird diese
Auktionsform auch Zweitpreis-Auktion genannt. Aufgrund dieser veränderten Bedingun-
gen kann der potenzielle Käufer den End- bzw. Kaufpreis selber nicht direkt bestimmen
(Zinnbauer/Bakay 2001, S. 7). Die beste Strategie für den Nachfrager besteht also darin,
sein Preisgebot genau in Höhe seiner persönlichen Zahlungsbereitschaft abzugeben, da er
so im Falle des Zuschlags sichergehen kann, dass der Preis nicht über seiner maximalen
Zahlungsbereitschaft liegt.
Reverse Auctions funktionieren mit dem Prinzip der Umkehrungen der ursprünglichen
Auktionsformen. Bei diesen Auktions-Prozessen ist der Ausgangspunkt nicht mehr das zu
verkaufende Produkt, sondern die Absicht eine Leistung oder ein Produkt einzukaufen.
Hierbei initiiert also der Nachfrager den Auktionsprozess und nicht der Anbieter, wie in
den oben beschriebenen Auktionsformen (Brandtweiner 2001, S. 135; Kollmann/Häsel
2007c). Der Marktplatzbetreiber versucht dann, dem Nachfrager seine Leistungsanfrage
zumindest zum genannten Maximalpreis an einen Anbieter zu vermitteln. Gibt es mehrere
konkurrierende Anbieter, wird der Verkaufspreis normalerweise deutlich niedriger als der
Anfangspreis ausfallen. Nach diesem Prinzip funktionieren bspw. die schon beschriebe-
nen Marktplätze für Dienstleistungsauktionen, wie z. B. my-hammer.de. Hier kann der
Nachfrager einen Auftrag ausschreiben (z. B. Umzugshilfe oder Wohnung streichen) und
seinen maximalen Preis, den er zu bezahlen bereit ist, angeben. Die Dienstleister machen
dann dem Nachfrager Angebote. Dabei unterbieten sie sich gegenseitig, da der Kunde in der
Regel den Zuschlag an den Dienstleister mit dem niedrigsten Preis vergibt. Allerdings ist
gerade bei qualitativ nicht vorher überprüfbaren Angeboten nicht nur der Preis ausschlag-
gebend, was dazu führen kann, dass der Kunde nicht den günstigsten, sondern den seiner
Empfindung nach besten Dienstleister auswählt.
Aufgrund der Vielzahl möglicher Auktionsvarianten kommt dem Marktplatzbetreiber zu-
nächst die wichtige Aufgabe zu, den geeigneten Auktionsrahmen und insbesondere den
Anonymitätsgrad der Auktionsteilnehmer zu bestimmen. Gerade die Bestimmung des
„richtigen“ Umfanges an zur Verfügung gestellten Informationen determiniert die Akzep-
tanz resp. den Mehrwert der angebotenen Vermittlungsleistung, den die Teilnehmer auch
zu vergüten bereit sind. So könnte etwa ein Zuviel an Informationen über ein Versteige-
rungsobjekt Rückschlüsse auf die wirtschaftliche Situation eines Bieters erlauben, wes-
halb dieser Bieter auch auf die Auktionsteilnahme verzichten könnte. Andererseits aber
kann gerade das Wissen um die Mitbieterschaft eines wichtigen Konkurrenten die Ein-
schätzung der angebotenen Objekte beeinflussen. Die für die Anbieter und Nachfrager
durch die Inanspruchnahme von Online-Auktionen entstehenden Vorteile entsprechen im
Wesentlichen denjenigen des Request-Prinzips.
Die Prozesse beim elektronischen Handel 555

Darüber hinaus können die Auktions-Prozesse jedoch auch zur Preisfindung für die eige-
nen Produkte bzw. zur Feststellung des tatsächlichen Marktwertes herangezogen werden,
indem das gleiche Produkt einmal unter dem Markennamen und ein weiteres Mal anonym
zur Versteigerung angeboten werden (Berlecon 2000, S. 15 f.). Darüber hinaus muss der
E-Marketplace ein vertrauenswürdiges Transaktionsumfeld bieten. Neben der Befriedi-
gung von grundlegenden Sicherheitsbedürfnissen der Anbieter und Nachfrager bezogen
auf das Trägermedium Internet (z. B. Datenintegrität, Vertraulichkeit der Daten, Nichtab-
streitbarkeit der Transaktion), ist ebenso das Vertrauen in die Geschäftspartner von zent-
raler Bedeutung. Die Virtualität bietet den Marktplatzteilnehmern häufig große Anonymi-
tätsgrade, die zu Unsicherheit bezüglich des Marktpartners führen kann. Da kein unmittel-
barer, physischer Kontakt zwischen den Marktsubjekten erfolgen kann, muss der Markt-
platzbetreiber die Authentizität der Teilnehmer garantieren. Somit kann sichergestellt
werden, dass getroffene Vereinbarungen eingehalten werden.
Zusammenfassend bestehen die Aufgaben des Marktplatzbetreibers in dieser Phase darin,
prozessuale Regelungen für die Durchführung der Vereinbarungsphase (z. B. Preisfindung
durch Auktionsprozesse) zu etablieren, diese den Marktparteien zu kommunizieren und
transparent zu machen und die Durchsetzung dieser Regelungen zu garantieren. Für die
Akzeptanz des E-Marketplace ist es weiterhin unerlässlich, dass der Marktplatzbetreiber
als neutrale Instanz zwischen Anbietern und Nachfragern agiert und zwischen den Markt-
parteien unabhängig vermittelt (Scully/Woods 1999). Die Unterstützung der Vereinba-
rungsphase durch den E-Marketplace ist durch die folgenden Vorteile gekennzeichnet
(Schneider/Schnetkamp 2000, S. 53):

„ Zuordnung von Angebot und Nachfrage durch eine neutrale Instanz (Matching)

„ Anwendung neuer Preisfindungsmodelle (z. B. Auktionsprozesse)

„ Beschleunigter Austausch von Angeboten und Gegenangeboten (z. B. E-Mail)

„ Hinterlegte Teilnehmer- und Produktdatenbanken

„ Vereinfachte Vertragsabschlüsse (z. B. durch elektronisch übermittelte Auftragsbestä-


tigungen und Geschäftsbedingungen)

„ Automatisierbare Verhandlungen durch intelligente Software-Agenten

4.2.2.3 eTransaction-Prozess
Der eTransaction-Prozess dient der Umsetzung der Kauf- bzw. Verkaufsverpflichtungen,
die aus dem im eMatching-Prozess (s. Kapitel 4.2.2.2) geschlossenen Kaufvertrag resul-
tieren (Schmid 1993, S. 467; Voigt/Landwehr/Zech 2003, S. 73 ff.). Durch die vertragliche
Festlegung des Leistungsaustauschs erfolgt die Übertragung der Eigentumsrechte (pro-
perty rights) am Transaktionsobjekt von dem Anbieter auf den Nachfrager. Folglich über-
556 Die Grundlagen des E-Marketplace

führen die Anbieter in der Abwicklungsphase die Güter in die Einflusssphäre der Nach-
frager. Im Gegenzug transferiert der Nachfrager das ausgehandelte Geldäquivalent an den
Anbieter. Im Zentrum dieser Phase steht somit die Integration von Waren- und Finanzlo-
gistik. In einer differenzierteren Sichtweise existiert eine Reihe von Teilprozessen in dem
eTransaction-Prozess, die in jedem Geschäft gleichartig ablaufen und die von dem Markt-
platzbetreiber elektronisch unterstützt werden:

„ In einem ersten Schritt werden die Bestellungen erstellt und dokumentiert.

„ Anschließend erfolgt ein Dokumentenaustausch, bei dem u. a. die Bestellbestätigung,


Lieferscheine, Zolldokumente etc. übermittelt werden.

„ Dann folgt eine Reihe von Aktivitäten, die sich auf die eigentliche Lieferung der Ware
beziehen (z. B. Lieferüberwachung, Qualitätskontrollen).

„ Abschließend erfolgen die Rechnungsstellung, der Zahlungsausgleich sowie die be-


triebliche Buchung auf beiden Marktseiten.

Für den Anbieter entstehen dabei in der Regel Kosten der Auftragsabwicklung für die
Überprüfung des Kundenauftrags, der Initiierung des Warenflusses (Physical Flow) sowie
der Rechnungsstellung und so dem Anstoß des Zahlungsflusses (Payment Flow). Auf
der Nachfragerseite entstehen im Rahmen der Bestellung, Statistik und des Controllings
Informationskosten sowie Durchsetzungs- und Kontrollkosten, die sich aus der Prüfung
und ggf. Beanstandung der Waren sowie aus der Realisierung des Zahlungsstroms ergeben
(Hubmann 1989). Als zentrale Instanz zwischen Anbieter und Nachfrager wird der Erfolg
des Marktplatzbetreibers daran gemessen, inwieweit es ihm gelingt, den Transfer der Wa-
renflüsse und der entgegen gerichteten Zahlungsströme reibungslos zu koordinieren und
die Kosten der Auftragsabwicklung auf beiden Marktseiten zu minimieren. Die Ab-
wicklungsphase kann dabei teil- oder vollautomatisiert ablaufen.
Insbesondere im B2B-Handel werden dazu häufig die internen Warenwirtschaftssyste-
me der Marktplatzparteien an den E-Marketplace angebunden. Für den Marktplatzbetrei-
ber bietet sich in der Online-Abwicklungsphase die Chance, die Transaktionsflüsse mit
sog. eFulfillment-Prozessen (s. Kapitel 4.2.2.5) ganzheitlich integriert zu unterstützen und
damit die Attraktivität des E-Marketplace zu erhöhen. Darüber hinaus werden mit Fulfill-
ment-Services weitere Einnahmequellen generiert. Auf vielen Marktplätzen werden in
Kooperationen mit Spezialdienstleistern diverse Transport-, Finanz- und Versiche-
rungsdienstleistungen angeboten. Im C2C-Handel, bei dem in der Regel Transaktionen
zwischen unbekannten Marktsubjekten vollzogen werden, bieten E-Marketplaces bspw.
Online-Zahlungsservices an, bei denen die Warenversendung und die Zahlung durch
den Marktplatzbetreiber zentral gesteuert wird, um den Verkäufer vor Zahlungsausfällen
zu schützen und gleichzeitig dem Käufer die Zusendung der häufig im Voraus bezahlten
Waren zu garantieren. In einer weiteren Perspektive lassen sich eFulfillment-Services
ebenfalls als handelbare Güter betrachten, deren Austausch sich wiederum über einen
Die Prozesse beim elektronischen Handel 557

E-Marketplace koordinieren lässt (Picot/Reichwald/Wigand 2003; Voigt/Landwehr/Zech


2003). Die Unterstützung der Abwicklungsphase erfolgt durch den eTransaction-Pro-
zess und bietet somit folgende Vorteile:

„ Steuerung und Überwachung des Abwicklungswicklungsprozesses durch die unab-


hängige zentrale Instanz Marktplatzbetreiber

„ Ganzheitliche Integration der Transaktionsflüsse durch eFulfillment-Services

„ Teil- oder Vollautomatisierung des Abwicklungsprozesses

„ Trust Accounts, bei denen der Marktplatzbetreiber den sicheren Austausch von Leis-
tung und (monetärer) Gegenüberleistung sicherstellt, indem er als Zwischenstation für
die Zahlung fungiert und diese erst freigibt, wenn das Objekt ausgeliefert wurde.

Während ein E-Marketplace im Allgemeinen und eine adäquate Prozessgestaltung im Be-


sonderen dazu beitragen, eine Transaktion für Anbieter und Nachfrager vorteilhafter zu
gestalten und beispielsweise Informationsasymmetrien zu beseitigen, so ist es nicht trivial
im Rahmen der Prozessgestaltung für absolute Transparenz zu sorgen und ein hinreichen-
des Vertrauen zwischen Anbieter und Nachfrager zu schaffen. Abhilfe schafft in diesem
Fall die Implementierung der Blockchain-Technologie (s. Kapitel 1.6.5). Diese Techno-
logie kann vor diesem Hintergrund als wegweisend für einen E-Marketplace gelten.
Eine solche Entwicklung wäre in wesentlicher Hinsicht revolutionär: E-Marketplaces
schaffen Transparenz und eine Minimierung von Informationsasymmetrien durch
ihre zentrale Positionierung und bieten damit eine Vielzahl elektronischer Mehrwerte (s.
Kapitel 1.4.1). Diese Zentralisierung würde bedingt durch die dezentrale Natur der Block-
chain-Technologie rückgängig gemacht werden, gleichwohl jedoch unter Beibehaltung et-
licher Vorzüge und Entfaltung weiterer wie beispielsweise einer höheren Ausfallsicherheit
und schnellen globalen Reichweite. So ist beispielsweise denkbar, dass ein die Blockchain
Technologie verwendender E-Marketplace die langfristige Kultivierung von Verkäufer-
Reputation gewährleistet wird und Marktplatzteilnehmer gar plattformunbahängig ihre
Reputation mitnehmen und gleichzeitig deren Richtigkeit und Echtheit gewährleistet ist.
Das Konzept des E-Marketplace „OpenBazaar“ (openbazaar.org), gegründet von Brian
Hoffman, Sam Patterson und Washington Sanchez, basiert auf einem dezentralen System
indessen der Handel zwischen Verkäufer und Käufer plattformunabhängig stattfindet
(Rosenberger 2018) und indessen auch den eTransaction-Prozess revolutioniert. Seit der
Veröffentlichung der Beta-Version am 09.09.2017 steigen von Tag zu Tag die Anzahl der
verkauften Produkte über den dezentralen Marktplatz. Die Produktpalette reicht dabei von
der Playstation bis hin zum Rennrad auf internationaler Ebene, meist gebraucht und ange-
boten von privat (Rosenberger 2018). Die Transaktionen sind dabei kostenlos und laufen
über die Bitcoinwährung zum Echtzeitkurs. Um möglichen Bedenken über die Transak-
tion entgegen zu wirken, können sog. Moderatoren bei etwaiiger Transaktion eingesetzt
558 Die Grundlagen des E-Marketplace

werden. Dabei fallen für diese Moderatoren jedoch Kosten an. Ferner wird in diesem Fall
der Kaufpreis auf ein Treuhandkonto überwiesen und zwei der drei Instanzen müssen ihre
Einwilligung über die Transaktion erteilen.
Um die Software zu nutzen, muss diese auf dem jeweiligen Betriebssystem installiert wer-
den und wird so automatisch zum Teil des Peer-to-peer Netzwerkes (P2P). Zudem muss
gleich zu Beginn entschieden werden ob man als Verkäufer oder Käufer auftritt. Darüber-
hinaus wirkt OpenBazaar über die Offenlegung der Nutzer-IP-Adressen über eine Schnitt-
stelle der Cyberkriminalität entgegen, da ein fehlender zentraler Betreiber oft zur Anlo-
ckung von Personen dient, die an rechtlichen Grauzonen oder illegalen digitalen Handlun-
gen interessiert sind. Das Konzept von OpenBazaar bietet somit zwar die Option der kos-
tenlosen Transaktionen, wirkt jedoch gegen die weitreichende Anonymität im Netzwerk
(Rosenberger 2018). Da das junge Unternehmen bislang durch Venture Capital finanziert
ist, versucht es langfristig ein Ökosystem zu werden, dass sich durch kostenpflichtige
Dienstleistungen und Funktionen für spezifische Branchen finanziert und weiterentwickelt
(Rosenberger 2018).

4.2.2.4 After-eSales-Prozess
Galten lange Zeit Geschäfte mit dem Austausch von Waren und Zahlung als abgeschlos-
sen, ist in heutiger Zeit der Kundenservice nach dem eigentlichen Abschluss der Transak-
tion vermehrt in den Fokus der Leistungsanbieter gerückt. Die After-Sales-Phase wird der-
zeit nur rudimentär unterstützt, bietet aber für die zukünftige Entwicklung enorme Poten-
ziale (Schneider/Schnetkamp 2000). Somit ist auch ein After-eSales-Prozess als Anforde-
rung für die zeitgemäße Ausgestaltung der elektronischen Handelsprozesse zu definieren.
Dieser kann im Einzelnen aus den folgenden Teilbereichen bestehen. Auskünfte für An-
wender, technischer Kundendienst sowie die Bearbeitung von Reklamation sind Aktions-
felder, in denen der E-Marketplace auch nach dem eigentlichen Leistungsaustausch noch
klare Mehrwerte generieren kann. So kann der Marktplatzbetreiber bspw. Handbücher für
die Anwender effizient online bereitstellen. Ebenfalls kann er den technischen Kunden-
dienst auf der Basis der zentralen Produkt- und Kundendatenbanken (s. Kapitel 4.2.2.1) so-
wie leistungsfähigen Möglichkeiten der Fernüberwachung auf dem E-Marketplace effek-
tiv unterstützen. Sowohl das Einholen von Kundenfeedback als auch die Bearbeitung von
Reklamationen können über den E-Marketplace zentralisiert organisiert und schnell und
kostengünstig online durchgeführt werden.
Durch die mögliche „One-to-One“-, „One-to-All“- und auch „All-to-All“-Ansprache (s.
Kapitel 1.3.4) eröffnet der E-Marketplace allen Marktsubjekten neue Dimensionen im Kun-
denbeziehungsmanagement. In diesem Kontext ist zu beobachten, dass auf E-Marketplaces
vermehrt sog. eJudgement-Prozesse institutionalisiert durch Online-Bewertungssysteme
(s. Kapitel 4.4.2.3) implementiert werden, die es den Kunden ermöglichen, zum einen das
erworbene Produkt selbst, zusätzlich und nicht weniger bedeutsam, aber auch den Markt-
partner sowie den Transaktionsablauf (pünktliche Lieferung/Bezahlung etc.) insgesamt zu
Die Prozesse beim elektronischen Handel 559

bewerten und somit den weiteren Marktplatzteilnehmern bedeutsame Informationen für


zukünftige Geschäfte zur Verfügung zu stellen (Einwiller 2003, S. 11). Insbesondere im
B2B-Bereich kann der E-Marketplace im sog. „Inventory Management“ ebenfalls die
Auslösung von Folge-/Nachbestellungen automatisiert übernehmen.
Die verstärkte Integration der After-Sales-Phase ist der nächste notwendige Schritt in der
Entwicklung hin zu einer ganzheitlichen und durchgängigen Unterstützung geschäftlicher
Online-Beziehungen. Durch den After-eSales-Prozess wird nicht nur der Kundennutzen
weiter erhöht, sondern auch die Kundenbindung adressiert und somit weitere Geschäfts-
transaktionen induziert. Für den Marktplatzbetreiber ergeben sich weiterhin Mehreinnah-
men durch eFulfillment-Services im Bereich Kundendienst. Die Unterstützung der Nach-
kaufphase durch After-eSales-Prozesse bietet somit folgende Vorteile:

„ Anwenderservices (z. B. Handbücher) können auf dem E-Marketplace zentral ange-


boten und effizient online verbreitet werden

„ Der Marktplatzbetreiber kann als neutrale zentrale Instanz für das Beschwerdema-
nagement in Erscheinung treten

„ Retourenmanagement und Reverse Logistik können auf dem E-Marketplace zentra-


lisiert durchgeführt werden

4.2.2.5 eFulfillment-Prozess
Mit funktionserweiternden eFulfillment-Prozessen intendiert der Marktplatzbetreiber,
bisher externe Funktionalitäten auf dem E-Marketplace quasi „aus einer Hand“ gebündelt
anzubieten (Iksal/Messinger 2002). Nicht alle Funktionalitäten müssen zwangsläufig von
dem Marktplatzbetreiber selbst erbracht werden. Häufig werden einzelne Services in Ko-
operationen mit spezialisierten externen Dienstleistern angeboten, die über die notwendi-
gen Kompetenzen in diesen Bereichen verfügen. Als Intermediär zwischen Anbietern und
Nachfragern besitzt der Marktplatzbetreiber das Potenzial und die Chance, sein Leistungs-
angebot zur ganzheitlichen Abwicklung der Markttransaktionen um die verschiedensten
Dienstleitungsangebote zu erweitern (s. Abb. 206) und somit sowohl eine höhere Kun-
denbindung zu schaffen als auch neue Einnahmequellen zu erschließen. Aus Kundensicht
garantieren diese zusätzlichen Services eine schnelle, bequeme und vor allem günstige
Abwicklung der Transaktion und erhöhen so den Kundennutzen deutlich.
eFulfillment-Prozesse können sämtliche Phasen des Prozessmanagements von der Online-
Informationsphase bis zur After-Sales-Phase unterstützen. Das Leistungsspektrum der
zahlreichen eFulfillment-Prozesse reicht von der Vertrauensbildung in der Anbahnung
über Transaktionsmanagement sowie Validierung und Kontrolle von Geschäften bis zur
Auftragsüberwachung in der Logistik (Arndt 2002, S. 135 ff.):
560 Die Grundlagen des E-Marketplace

„ Vertrauensbildung in der Anbahnung: z. B. Qualitätsbewertungen, Bonitätsprü-


fungen und Ratings, Promotion Management

„ Transaktionsmanagement: z. B. Factoring-Dienste, Zahlungsdurchführung (elekt-


ronische Rechnungsstellung und elektronische Bezahlverfahren, Quick Payment-Ser-
vices), Treuhandservices

„ Validierung und Kontrolle von Geschäften: z. B. Online-Arbitration (Mediation,


Schlichtung), Forderungsmanagement, Risikomanagement

„ Auftragsüberwachung in der Logistik: z. B. E-Logistik (z. B. Online-Tracking),


reale Logistik (Frachtversicherung, Zollabfertigung etc.), Reverse Logistik (Retouren
Management, Minderungen, Autorisierung von Umtauschvorgängen)

Anbieter
Vertrieb Fachbereiche Logistik

Transportversicherung Kreditversicherung

Payment Logistik
E-Marketplace
Arbitration Factoring

Zollabfertigung weitere Dienstleistung

Nachfrager
Einkauf Fachbereiche Logistik

Abb. 206: eFulfillment-Prozesse auf einem E-Marketplace


Quelle: in Anlehnung an Iksal/Messinger 2002, S. 103.

4.2.3 Das Prozessmanagement beim elektronischen Handel

Für das Prozessmanagement und daraus abgeleitet für den gesamten Betrieb eines E-
Marketplace, lässt sich die Nutzung der generierten Informationen im bzw. aus dem elekt-
ronischen Handel nach operativen, taktischen und strategischen Aufgaben differenzieren
(s. Abb. 207). Dabei steht insbesondere die Informationsverwendung für operative und
Die Prozesse beim elektronischen Handel 561

taktische Überlegungen im Mittelpunkt, da hierdurch kurz- und mittelfristig Auswirkun-


gen auf den E-Marketplace-Betrieb zu erwarten sind (z. B. Auktionsdaten). Die strategi-
sche Nutzung der Informationen betrifft dagegen mittel- bis langfristig die Positionierung
des gesamten E-Marketplace im Wettbewerb bzw. die generelle E-Marketplace-Gestaltung
bzw. die Analyse des Marktplatzgeschehens. Übergreifendes Ziel aller Aktivitäten ist da-
bei einmal mehr die Nutzung des Informationsdreisprungs (s. Kapitel 1.4.3), bei dem über
die Informationssammlung (Daten aus dem operativen Handel) und der Informationsverar-
beitung (Auswertung und Analyse der Daten aus dem operativen Handel) im Rahmen der
Informationsübertragung an den E-Marketplace-Betreiber aus strategischer Sicht konkrete
Veränderungen im E-Marketplace-Management begleitet bzw. vorbereitet werden können.
Im Folgenden soll auf die einzelnen Aufgaben in den drei Bereichen des Prozessmanage-
ments bei einem E-Marketplace eingegangen werden.

4.2.3.1 Operativer Handel


Das Ziel des operativen Handels ist es, dem Marktplatzbetreiber die Möglichkeit zu ge-
ben, kontinuierlich die Aktivitäten auf seinem E-Marketplace überwachen und steuern zu
können. Der Ausgangspunkt ist dabei die Kausalbeziehung zwischen den einzelnen Ein-
flussgrößen des Gesamtsystems „E-Marketplace“. Die Aktivitäten im operativen Handel
sind dabei ganz allgemein auf die Wahrnehmung des Ganzen gerichtet, ohne allerdings
die Wechselbeziehungen zwischen den einzelnen Teilbereichen zu vernachlässigen. Hier-
für müssen zunächst die Einflussgrößen bestimmt und die Beziehungen zwischen diesen
Größen aufgezeigt werden.

Strategisches Handelsmanagement
Handels- und
Management von Handelskanäle und
Kundenanalyse Pricingstrategien
Produktportfolio -märkte festlegen
festlegen
Strategischer
Handel
Handels-Controlling

Reporting Analyse Steuerungsmaßnahmen

Taktischer
Handel
Datenpflege

Anlegen und Pflegen der Anlegen und Pflegen der


Objektdaten Kundendaten

Operativer
Handelsprozess Handel
Verhandlung
Informations- Informations- After-Sales
über Abwicklung
sammlung bereitstellung
Konditionen

Abb. 207: Prozessmanagement bei einem E-Marketplace


562 Die Grundlagen des E-Marketplace

Den Ausgangspunkt bilden die allgemeinen Überlegungen zu elektronischen Marktplät-


zen, d. h. der Anbieter muss z. B. für die Eingabe/Vermittlung seiner Handelsobjekte in die
Datenbank des Marktplatzbetreibers eine Gebühr entrichten. Für die Nachfrager ist die
Nutzung der Datenbankinformationen aus Akzeptanzgründen jedoch in der Regel kosten-
los. Ferner wird davon ausgegangen, dass der E-Marketplace und folglich die Vermitt-
lungsleistung sowohl per Internet als auch als zusätzlicher Service per Telefon (Call-Cen-
ter) zu erreichen ist. Bei den Handelsobjekten handelt es sich um reale Produkte (z. B.
Autos, Immobilien, Boote), wobei das Matching entweder durch den Marktplatzbetreiber
(Online-Request-Prozess; s. Kapitel 4.2.2.2) oder durch eine eigenständige Datenbankab-
frage (Online-Katalog-Prozess; s. Kapitel 4.2.2.2) seitens der Nachfrager erfolgt (Informa-
tionsebene mit virtueller Vermittlungsleistung; s. Kapitel 4.3.3.1). Ziel der Vermittlungs-
bemühungen ist die reale Transaktion der Handelsobjekte vom Anbieter zum Nachfrager
(Transaktionsebene mit Realtransformation; s. Kapitel 4.3.3.2). Daher ist auch die Menge
an Angeboten und Nachfragen und nicht die personifizierten Anbieter und Nachfrager als
quantitatives Merkmal für die Größe des elektronischen Marktplatzes zu werten. Der
Marktplatzbetreiber wird als selbstständiger Makler angesehen (s. Kapitel 4.1.2.3), der
seine Vermittlungsleistung unternehmerisch als Produkt vermarktet. Auf der Basis dieser
Annahmen funktionieren mehr oder weniger alle elektronischen Marktplätze wie bspw.
autoscout24.de. Die nachfolgenden Ausführungen beschreiben – unter Berücksichtigung
der aufgeführten Annahmen – ein Modell von Kollmann (1999c) zur Steuerung des opera-
tiven Handels auf elektronischen Marktplätzen, wobei der Weg über die allgemeine
Sammlung von Einflussgrößen, einer Analyse der vorhandenen Beziehungen und der Ver-
dichtung zu Strukturgrößen erfolgt.
In einem ersten Schritt erfolgte zunächst die Sammlung aller möglichen Einflussgrößen
bzw. Beschreibungsvariablen für elektronische Marktplätze (Kollmann 1998c, S. 198 ff.). Es
konnten nicht weniger als 114 Einflussgrößen abgeleitet werden, welche die Struktur
und den Erfolg von virtuellen Marktplätzen recht genau widerspiegelten (Kollmann
1999c, S. 275 ff.). Thematisch konnten diese Angaben zu 52 Einflussgrößen zusammen-
gefasst werden, die im Mittelpunkt der nachfolgenden Ausführungen stehen. Diese 52 Ein-
flussgrößen basieren auf den einzelnen Sichtweisen der beteiligten Akteure (Marktplatzbe-
treiber, Nachfrager und Anbieter), der Ausübung der Vermittlungsfunktion aus Sicht der
befragten Marktplatzbetreiber und auf den Überlegungen zur Bestimmung der Teilneh-
mergröße des Handelsplatzes. Anhand dieser 52 Einflussgrößen sollte es möglich sein, das
operative Handelsgeschehen auf einem E-Marketplace hinreichend aus verschiedenen
Blickwinkeln zu beschreiben. Es kommen dabei sowohl quantitative (z. B. Zahl der
Objektangebote pro Zeiteinheit, Nr. 1), wie auch qualitative (z. B. Zufriedenheit mit In-
ternet-Gestaltung, Nr. 27) Größen zum Tragen (Kollmann 1998c, S. 198 ff.). Ebenfalls ist
der Ursprung der Generierung von Bedeutung: E = allgemeine Entwicklung Internethandel,
A = Anbietersicht, N = Nachfragersicht, MB = Sicht des Marktplatzbetreibers, VA = Ver-
mittlungsaufgabe. Die Ausprägung bzw. Werte der Einflussgrößen können als Kennzah-
lensystem für die Bewertung potenzieller Investitionen, als Attraktivitätssystem für die
Die Prozesse beim elektronischen Handel 563

Marktplatzteilnehmer sowie als Controlling-Größen für das Management (Marktplatzbe-


treiber) fungieren. Im Folgenden wurden nun vor diesem Hintergrund die Beziehungen der
Variablen untereinander analysiert, um Wirkungszusammenhänge zu erkennen und wich-
tige von den eher unwichtigen Einflussgrößen zu unterscheiden (Kollmann 1998c).
Im Ergebnis wird deutlich, dass es sich bei den Beziehungen um einen Beziehungskreis
handelt, der sich sowohl in positiver (virtuous circle) wie auch in negativer Richtung (vi-
cious circle) immer wieder in Gang setzen kann. Die Beziehungen sind als Pfeile mit
Punkten in der Abb. 208 (Kollmann 1999c, S. 287) wiedergegeben. Dieser Beziehungs-
kreis macht die operative Steuerung von E-Marketplaces so schwierig, da sich der
Marktplatzbetreiber als unabhängige Vermittlungsinstanz gleichzeitig zwei Marktseiten
gegenüber sieht. Sein Vermittlungsergebnis muss sowohl dem Einzelfall als auch der
Menge an Transaktionsanfragen dienlich sein und darüber hinaus den Erwartungen ent-
gegengesetzter Interessensgruppen gerecht werden. Im positiven Fall (virtuous circle)
bedeutet bspw. ein gutes Matching-Ergebnis für die Nachfragerseite eine höhere Zufrie-
denheit, was zu mehr Nachfragern auf dem Marktplatz führt. Dies bedeutet, dass mehr
Objektnachfragen zu vermitteln sind, was sich wiederum auf das Matching und die Zu-
friedenheit der Anbieter positiv auswirkt. Dies führt aber wiederum zu mehr Anbietern und
damit zu mehr Objektangeboten, was sich nun wieder positiv auf die Zufriedenheit der
Nachfrager auswirkt usw. (Positiv-Spirale). Der Handelsplatz gewinnt in einem kontinuier-
lichen, sich selbst aufschaukelnden Prozess an Stärke.
Im negativen Fall (vicious circle) hingegen bedeutet ein signifikanter Verlust an Objekt-
anbietern in der Regel einen deutlichen Rückgang an zu vermittelnden Objektangeboten.
Dies wirkt sich negativ auf die Auswahlmenge für das Matching aus, wodurch eventuell
ein Großteil der Transaktionsgesuche unbefriedigt bleibt. Dies hat negative Auswirkun-
gen auf die Nachfragerzufriedenheit und damit auf die Menge an Objektnachfragern.
Durch rückläufige Objektnachfragen verringert sich die Attraktivität des Marktplatzes für
die Anbieter, was zu einem weiteren Rückgang der Objektangebote führt usw. (Teufels-
kreis). Der Handelsplatz „E-Marketplace“ würde durch diese Auswirkungen an Stärke und
Leistungspotenzial verlieren. Es stellt sich daher die Frage, durch welche Maßnahmen die
Richtung dieses Teufelskreises beeinflusst werden kann.
Einen Anstoß des Beziehungskreises in positiver wie auch in negativer Richtung bewir-
ken, wie die Analyse der hohen Aktivwerte bei den Beziehungsrichtungen deutlich ma-
chen konnte, insbesondere die Größen „Content“ und „Vertrieb/Marketing“. Die Bezie-
hungen zwischen den Größen sind als Pfeile mit Linien und Punkten in der Abb. 208
wiedergegeben. Die Gestaltung des Contents, d. h. der Informationsangebote zur Entschei-
dungsunterstützung, setzt dabei an den Größen Anbieter- bzw. Nachfragerzufriedenheit an.
Beispielsweise kann sich der Content einer Objektbewertung (z. B. Preisbewertung für Ge-
brauchtwagen) positiv auf die Zufriedenheit der Anbieter auswirken, weil sie auf diese
Weise wichtige Informationen über realistische Verkaufspreise für ihre Objekte erhalten.
Als positiver Content für die Nachfrager kann bspw. ein Mietspiegel für Immobilien in
564 Die Grundlagen des E-Marketplace

gewissen Regionen oder das Angebot von Testberichten von Gebrauchtwagen dienen. An-
dererseits kann aber auch der Content eines Versicherungsangebotes für das Handelsobjekt
je nach Content-Partner als überflüssige Werbung interpretiert werden und für ein negati-
ves Image des Marktplatzes sorgen.
Die Größe „Vertrieb/Marketing“ knüpft an der Einwerbung von Objektanbietern und
-nachfragern an. Dabei soll der Vertrieb die Einstellung von Handelsobjekten sicherstel-
len. Je nach Branche müssen hierfür zahlreiche Anbieter durch Außendienstmitarbeiter
besucht (z. B. Autohändler oder Immobilien-Gesellschaften), für die Idee des Marktplat-
zes gewonnen und im Idealfall eine Online-Verbindung zwischen dem Warenwirtschafts-
system des Anbieters und der Datenbank des Marktplatzbetreibers geschaffen werden
(Schnittstellen; s. Kapitel 4.1.1.1). Gleichzeitig müssen spezielle Werbematerialien (z. B.
Faxformulare für die Objekteinstellung) oder Direct-Mailings an unterschiedliche Anbie-
tergruppen adressiert werden. Die Aufgabe des Marketings besteht darin, Nachfrager für
eine Teilnahme am E-Marketplace zu mobilisieren. Für die Einwerbung der Nachfrager
gelten dabei auch in der virtuellen Welt die klassischen Gesetze der Kommunikation: Viel
Werbung führt zu vielen Kontakten. Untersuchungen hinsichtlich der Wirksamkeit von
Werbebannern im Internet haben gezeigt, dass je breiter die Hinweise zu Online-Zugangs-
wegen im Internet gestreut werden, umso mehr Besuche auf der jeweiligen Webseite zu
verzeichnen sind. Damit möglichst viele Nachfrager und Anbieter auf die Existenz eines
elektronischen Marktplatzes aufmerksam werden können, müssen auch die klassischen
Medien für Werbemaßnahmen genutzt werden (s. Kapitel 4.4.1). Dies gilt insbesondere
dann, wenn der Zugang zu dem E-Marketplace nicht nur über das Internet möglich ist,
sondern auch ein Call-Center für die telefonische Transaktionsanfragen angeboten wird.
Daher ist der E-Marketplace auch über Plakate, Radiospots, Promotions etc. zu vermark-
ten.
Die Art und Weise, wie sodann der zentrale Beziehungskreis durch Maßnahmen des
Marktplatzbetreibers beeinflusst wurde, lässt sich gerade in den drei Größen (dritter
Schritt) „Umsatz“, „Kosten“ und „Wettbewerbsposition“ mit ihren hohen aggregierten
Passivwerten ablesen. Hinsichtlich der Größe „Umsatz“ wurde davon ausgegangen, dass
die Marktplatzbetreiber nur von den Anbietern Gebühren für die Nutzung des Marktplat-
zes erheben (Mitglieds- oder Transaktionsgebühren). In diesem Fall hängt der Umsatz des
Marktplatzbetreibers in erster Linie von der Anzahl der Objektangebote in der Datenbank
und dem Vermittlungserfolg (Realtransformation) ab. Bei anders ausgestalteten Einnah-
memodellen (s. Kapitel 1.5.2) müsste die rein gestrichelte Linie in Abb. 208 entsprechend
anders verlaufen. Beispielsweise kann auch die Zahl der Nachfragen (Traffic) für den Um-
satz eine Rolle spielen, sofern der Marktplatzbetreiber seine Webseite anderen Unterneh-
men für Werbemaßnahmen (Werbebanner) zur Verfügung stellt. Je attraktiver ein E-Mar-
ketplace, desto höher die Besuchsfrequenz und desto höher die Zahlungsbereitschaft von
anderen Unternehmen für die Einrichtung eines Werbebanners auf der Webseite. Letztlich
wird die Höhe des Umsatzes auf einem E-Marketplace von der Anzahl der Konkurrenten
abhängen.
Je mehr Objektnachfrage und Objektangebote,

Quelle:
desto mehr Matching-Prozesse und Transaktionen können stattfinden

„Objektangebot“ „Objektnachfrage“
Je mehr Objektnach-
Je mehr Objektan- frager, desto mehr
bieter, desto mehr Objektnachfrage
Objektangebot

„Objektnachfrager“
„Objektanbieter“

Je zufriedener, Je zufriedener,
desto mehr desto mehr

Kollmann 2001b, S. 151.


Die Prozesse beim elektronischen Handel

Objektanbieter Objektnachfrager

„Anbieterzufriedenheit“ „Nachfragerzufriedenheit“

Je höher Content- Je mehr/bessere Je höher Content-


Mehrwert, desto höher Transaktionen, Je mehr/bessere Mehrwert, desto höher
Anbieterzufriedenheit desto höher Transaktionen, Nachfragerzufriedenheit
„Matching/
Zufriedenheit Transaktion“ desto höher
Zufriedenheit

„Content“
Je mehr Trans-
aktionen,desto „Vertrieb/Marketing“
Je mehr Marketing, desto mehr Objektanbieter weniger Je mehr Vermarktung,
Konkurrenz desto weniger Konkurrenz Je mehr Vermarktung,
Je mehr Transaktionen, desto mehr Kosten
desto mehr Umsatz
Je mehr Einstellungen, „Wettbewerbs-
desto mehr Umsatz
position“
„Umsatz“ „Kosten“
Je mehr Konkurrenz,
Je mehr Objektanbieter, desto weniger Umsatz Je mehr Objektnachfrager,
desto mehr Kosten desto mehr Kosten

Abb. 208: Die Architektur auf operativer Handelsebene bei einem E-Marketplace
Je mehr Objektangebot, desto besser die Wettbewerbsposition Je mehr Objektnachfragen, desto besser die Wettbewerbsposition
565
566 Die Grundlagen des E-Marketplace

Existieren mehrere elektronische Marktplätze, dann kann davon ausgegangen werden, dass
sich das vorhandene Handelsvolumen auch auf mehrere Marktplätze verteilt, mit der
Folge, dass der von jedem einzelnen Marktplatzbetreiber realisierbare Umsatz geschmä-
lert wird. Die Größe „Wettbewerbsposition“ kann damit als zentrale Outputgröße für
die Bestimmung der Stärke des Handelsplatzes „E-Marketplace“ interpretiert werden.
Die Stärke ist dabei abhängig von der Menge und Qualität an Objektangeboten und -nach-
fragen, die auf diesem Marktplatz bearbeitet werden. Dabei wird davon ausgegangen, dass
ein Objekt aufgrund der Einstellungskosten in die Datenbank lediglich auf einem Markt-
platz angeboten wird. Ferner wird die Wettbewerbsposition durch die Menge an Vermitt-
lungen und tatsächlichen Transaktionen auf diesem Marktplatz und damit von der Qualität
des gesamten Matching-Ergebnis (elektronische Vermittlungsleistung + Realtransforma-
tion) beeinflusst. Der Hinweis, dass bspw. 80 % der Transaktionsanfragen und damit eine
relativ hohe Anzahl erfolgreich vermittelt werden konnten, wirkt als positives Wettbe-
werbssignal (s. Kapitel 4.3.3.3). Ein Marktplatzbetreiber kann seine Wettbewerbsposition
auch durch den Einsatz von Werbemitteln verbessern, da hierdurch Teilnehmer von ande-
ren Marktplätzen abgeworben werden können. Schließlich lassen sich in der Größe „Kos-
ten“ die Höhe der Aufwendungen für Vertrieb/Marketing und die Verwaltung der Anbie-
ter und Nachfrager ablesen.
Aus den Größen „Kosten“ und „Umsatz“ (Erlöse) kann die Wirtschaftlichkeit eines E-
Marketplace abgelesen bzw. der Gewinn des Marktplatzbetreibers errechnet werden. Da-
mit ist die Beschreibung des operativen Handels auf elektronischen Marktplätzen abge-
schlossen. Somit kann abschließend festgehalten werden: Der operative Handel stützt
sich auf einen zentralen Beziehungskreis („Matching/Transaktion“, Objektangebot, Ob-
jektnachfrage, Objektanbieter, Objektnachfrager, Anbieterzufriedenheit und Nachfrager-
zufriedenheit), der über die Größen „Content“ und „Vertrieb/Marketing“ positiv aber auch
negativ beeinflusst werden kann. Das Ergebnis dieser Beeinflussung kann über die Größen
„Umsatz“, „Kosten“ und „Wettbewerbsposition“ abgelesen werden. Die entsprechenden
Einzelgrößen müssen kontinuierlich erfasst werden.

4.2.3.2 Taktischer Handel


Als zentrale erfolgskritische Einflussgrößen für das tägliche Geschäft wurden im operati-
ven Handel „Content“ und „Vertrieb/Marketing“ identifiziert (s. Kapitel 4.2.3.1). Im tak-
tischen Handel steht nun die Frage im Vordergrund, wie diese Größen konkret ausgestaltet
werden müssen, um eine positive Marktplatzentwicklung im Sinne des virtuous circle (s.
Kapitel 4.2.3.1) in Gang zu setzen. Das Grundproblem lässt sich auf die Frage reduzieren,
wie – unter der Prämisse eines in der Regel geringen Budgets (Rätz 2003) – die Größe
zur Funktionsfähigkeit (kritische Marktplatzgröße) in Form der kritischen Masse (s. Kapi-
tel 4.3.1.2) erreicht werden kann. Der Ansatz besteht in einer kompromisslosen Ausrich-
tung des Marketings auf den sog. „Dominokunden“. Der Dominokunde ist bei einem
E-Marketplace die Marktpartei, die zuerst eingeworben werden sollte, damit die andere
Partei den Marktplatz nutzt und somit bildlich automatisch als Dominostein mitfällt. In der
Die Prozesse beim elektronischen Handel 567

Regel ist es die Marktseite, die Angebote einstellt – unabhängig davon, ob es sich dabei
um Angebote oder Nachfragen handelt. Im Vordergrund steht dabei der Aspekt der direk-
ten Sichtbarkeit, d. h. die Frage, ob ein Marktplatzbesucher, wenn er die Plattform be-
tritt, attraktive Angebote vorfindet, die ihn dazu veranlassen, den E-Marketplace nutzen
zu wollen. Ebenfalls eine Rolle spielt die Frage, wer von dem Plattformangebot mehr pro-
fitiert bzw. wer stärker darauf angewiesen ist. Während diese Marktseite in der Regel
leicht eingeworben kann, ist es auf der entgegengesetzten Seite ungleich schwieriger. Abb.
209 verdeutlicht die Identifikation des Dominokunden anhand des Beispiels eines E-Mar-
ketplace für Handwerks- und Dienstleistungsauktionen. Dort stellen Privatpersonen oder
Unternehmen Aufträge ein, im Anschluss daran bieten Handwerksunternehmen nach dem
Motto „Wer bietet weniger“ darum, den Auftrag ausführen zu dürfen.

Handels- Perspektive Auftraggeber Auftragnehmer


analyse
Kundenverhältnis Mitglied bei dem Marktplatz Mitglied bei dem Marktplatz

Engpass Marktplatzprozess Stellt Auftrag ein Bietet auf Aufträge

Realer Leistungsempfänger
Gesamtprozess Realer Leistungserbringer
(Kunde des Auftragnehmers)
Unregelmäßiger und seltener Regelmäßiger und wiederkehrender
Frequenz
Bedarf für Marktplatz-Nutzung Bedarf für Marktplatz-Nutzung

Engpass Transparenz Direkt sichtbar Nur indirekt sichtbar

Umsatzsicht Nutzt den Marktplatz kostenlos Zahlt für erfolgreiche Transaktionen

Domino-
Ergebnis
kunde

Abb. 209: Beispiel einer Identifikation der Dominokunden bei einem E-Marketplace
In der Konsequenz der taktischen Handelsanalyse werden sämtliche Marketingaktivitä-
ten zuerst auf den Dominokunden „Auftraggeber“ ausgerichtet. Hintergrund ist die Tat-
sache, dass auf der Marktplatzplattform dessen eingestellte Aufträge sofort sichtbar sind
und damit für erste Attraktivitätseinschätzung herangezogen werden können. Die Gebote
der Handwerker sind dagegen nicht direkt sichtbar. Gleichzeitig verdient der Handwerker
an dem Auftrag (Einnahme), sodass er bei einem schwierigen polypolistischen Markt auf
Aufträge angewiesen ist und daher bei einem machbaren Auktionspreis der Chance auf ei-
nen Auftrag folgt. Zu den Marketingmaßnahmen auf der Auftraggeberseite zählen insbe-
sondere die Aktionsfelder (Marktplatz-) Produkt, Preis, Kommunikation, Distribution. Um
sich von anderen Marktplatzangeboten zu differenzieren und gleichzeitig einen attraktiven
Mehrwert zu bieten, kann ebenfalls der Faktor „Qualität“ gestärkt werden. Im Beispiels-
fall könnte z. B. ein Online-Bewertungssystem (s. Kapitel 4.4.2.3) für die Auftragnehmer
eingeführt werden, um Transparenz über die Auftragsausführung für alle Marktteilnehmer
568 Die Grundlagen des E-Marketplace

zu bieten. Ebenfalls für Transparenz und Vertrauen sorgen ausführliche Dienstleisterpro-


file. Darüber hinaus besteht eine Möglichkeit der Qualitätssicherung darin, nur offiziell
gemeldete Betriebe zuzulassen. Ebenfalls kann den Auftraggebern die Möglichkeit einge-
räumt werden, nicht den günstigsten Betrieb nehmen zu müssen, sondern sich für einen
z. B. marginal teureren aber besser bewerteten Betrieb entscheiden zu können. Hinsichtlich
der Preisgestaltung sollte der primäre Kunde darüber hinaus von den Marktplatzkosten be-
freit werden. Der Erfolg der Akquise und der Konsequenzen für den E-Marketplace wird
anhand des Marketing-Controllings bewertet. Darauf basierend erfolgt eine quantitative
und qualitative Anpassung der Kampagne, um das Ziel möglichst vieler Anmeldungen
und vieler erfolgreicher Transaktionen zu erreichen.

4.2.3.3 Strategischer Handel


Im Rahmen des strategischen Handels findet die vollständige langfristige Ausrichtung
des E-Marketplace sowie die Festlegung strategischer Ziele statt. Die Ausrichtung des Ge-
schäftsmodells vollzieht sich dabei in mehreren Phasen. Am Anfang steht die Planung,
gefolgt von der Implementierung und dem anschließenden Geschäftsbetrieb des Marktplat-
zes. Basierend auf den Erfahrungen im laufenden Betrieb wird mit dem Ziel, das Geschäfts-
modell auszubauen und die Wettbewerbsposition zu verbessern, ein neuer Entwicklungs-
lauf induziert. Daraus resultiert idealtypisch eine sich beständig erneuernde Abfolge der
vier Strategiephasen „Enable“, „Build“, „Run“ und „Net Improvement“ (Lawrenz/Nen-
ninger 2002, S. 21 ff.; s. Abb. 210). Im Idealfall können immer wieder neue Geschäfts-
potenziale generiert werden, sodass sich der Zyklus erneuert und in der „Enabling“-Phase
eine mehrwertsteigernde Neuausrichtung des Geschäftsmodells erfolgen kann. Innerhalb
der Phasen existieren spezifische Einflussfaktoren, die den Erfolg des Entwicklungs-
schrittes bestimmen.
In der Enable-Phase wird dabei das Geschäft initiiert und das Geschäftsmodell geplant.
Im Mittelpunkt der Betrachtung steht dabei die Finanzierbarkeit und Machbarkeit. Im Ein-
zelnen setzt sich dieser Schritt wie folgt zusammen:

„ Marktstellung und Industrie Expertise: Obligatorisch ist ein umfassendes Know-


How der Branche, der Teilnehmer und der spezifischen Prozesse. Um eine marktre-
levante oder gar -beherrschende Stellung erreichen zu können, wird neben Markter-
fahrung und -beziehungen auch Zugang zu Anbietern und Nachfragern vorausgesetzt.

„ Business Model: Für den E-Marketplace müssen eine neuartige Organisation, dedi-
zierte Revenuemodelle, Service Levels, Billingsysteme, Contentservices etc. aufge-
baut und gemanaged werden.

„ Liquidität: Aufgrund des späten Return on Investment (ROI) (erst muss die kritische
Masse erreicht werden) ist die Finanzierungsplanung mit ausreichender Liquidität
von wesentlicher Bedeutung für elektronische Marktplätze.
Die Prozesse beim elektronischen Handel 569

In der Build-Phase erfolgt die Umsetzung der Planung. In dieser Phase werden die Ge-
schäftsprozesse, die Marke, die IT-Architektur sowie die Technologie-Infrastruktur aufge-
setzt bzw. aufgebaut und implementiert. Dabei sind folgende Aspekte zu beachten:

„ Beschaffungskompetenz: Die Kenntnis der Beschaffungsprozesse ist eine wesent-


liche Grundlage, an der viele Marketplace-Startups an der bestehenden Konkurrenz
der Old Economy scheitern. Neue Services und Produkte können Anbieter und Nach-
frager umfassender und automatisiert unterstützen.

„ Brand: Ein E-Marketplace ist ein neues Dienstleistungsunternehmen am Markt. Es


muss sich entsprechend seiner Leistungsstärke, Ausrichtung und seines Service-Port-
folios neu positionieren. Der Aufbau einer eigenen Marke ist in Kombination mit der
Kommunikation der Leistungen und Werte ein erfolgskritischer Faktor.

„ Technologie: Die technologische Plattform eines E-Marketplace stellt keine isolierte


Insel dar, sondern muss schon in der ersten Aufbaustufe mit einer Vielzahl von ande-
ren Applikationen kommunizieren. Hierzu gehört auch die technische Integration von
E-Fulfillment-Kooperationspartnern des Marktplatzes.

In der Run-Phase steht der Betrieb des Geschäftsmodells im Mittelpunkt der Betrachtung.
Die Akquirierung von Anbietern und Nachfragern und schließlich das Erreichen der kriti-
schen Masse sind die Ziele, die der Marktplatzbetreiber in diesem Stadium verfolgt. Neben
dem technologischen Betrieb der Plattform und des Handlings der angebotenen Services
rund um das Matching gehören auch Marketingmaßnahmen zu den Aufgaben in dieser
Phase:

„ Erzeugung kritische Masse: Für das Überleben und Wachsen eines E-Marketplace
ist eine ausreichende Teilnehmerzahl essenziell. Vielfach ist den Anbietern und Nach-
fragern jedoch das Leistungsvermögen des Marktplatzes nicht transparent. Es sind
hier große Anstrengungen notwendig, um die Akzeptanz und den Nutzen der Platt-
form zu verbreiten.

„ Trusted Party: Marktplatztransaktionen beinhalten häufig vertrauliche Informatio-


nen, wie Konditionen und Vertragsbedingungen. Die Gewährleistung der Vertraulich-
keit ist eine der Hauptaufgaben des Marktplatzbetreibers.

„ Full Service: Von einem E-Marketplace wird heute ein Vollsortiment (E-Fulfillment)
erwartet, das neben dem bloßen Matching den aktuellen Stand von E-Services anbietet.
Darüber hinaus muss die Darstellung und Handhabung aller Dienste so einfach wie
möglich gehalten werden.

Der Ausbau des Geschäftsmodells steht in der Net Improvement-Phase im Vordergrund.


Elektronische Marktplätze sind extrem dynamische Gebilde in hochkomplexen Netz-
570 Die Grundlagen des E-Marketplace

werkstrukturen. Sie unterliegen einem hohen technologischen, preisstrategischen und


funktionalen Wandel. Hierfür bedarf es einer stetigen Weiterentwicklung des Geschäfts-
und Servicemodells. Die folgenden Bereiche sind in diesem Kontext betroffen:

„ Internationalität: Ein Weg die kritische Masse zu erreichen, kann Internationalisie-


rung sein. Zum Erfolg notwendig sind hierbei ein einheitlicher Zugang und die Be-
rücksichtigung nationaler Besonderheiten.

„ Network & Alliances: Eng in Verbindung mit dem Thema Expansion und internati-
onaler Rollout steht das Thema Alliances und Partner Network. Es gilt, die richtigen
Enabler-Partner zu finden und das gesamte Netzwerk zu einem erfolgreich funktionie-
renden Organismus auszubauen. Klare Make-or-Buy-Strategien stellen eine erfolgrei-
che Grundlage dar.

„ E-Services: Die nächste Generation von E-Services wird neben der reinen Abwick-
lung der Bestellung daher vielfältige weitere Transaktionen und Services liefern müs-
sen, um sich im intensiver werdenden Wettbewerb durchsetzen zu können. Der für die
Teilnehmer deutliche Mehrwert und die Steigerung der Effektivität stehen dabei im
Vordergrund. Eine Möglichkeit von E-Services besteht in Anwendung von Chatbots,
welche definiert werden als Computerprogramme, die eine direkte Interaktion zwi-
schen Unternehmen und Kunden ermöglichen (Decker 2019, S. 448).

Enable

Marktstellung und
Industrie-Expertise

Business Modell
Net Improvement Build
Liquidität
Beschaffungs-
Internationalität
kompetenz

Network & Alliances Brand

E-Services Technologie
Run

Erzeugung
kritische Masse

Trusted Party

Full Service

Abb. 210: Strategische Entwicklungen für einen E-Marketplace


Quelle: in Anlehnung an Lawrenz/Nenninger 2002, S. 22.
Das Management beim elektronischen Handel 571

4.3 Das Management beim elektronischen Handel


Nach den technischen Darstellungen der Systemebene (s. Kapitel 4.1) und den Ausfüh-
rungen zur Prozessebene (s. Kapitel 4.2) gilt es nun auf der Managementebene, die spe-
zifischen Entscheidungen im Rahmen des eigentlichen E-Marketplace-Betriebs zu tref-
fen. Die Grundentscheidungen des Marktplatzbetreibers beziehen sich dabei zum einen
auf die optimale Gestaltung seines Koordinationsangebotes im Hinblick auf die quanti-
tative und qualitative Zusammenführung von Angebot und Nachfrage. Zum anderen gilt
es aber auch, dieses Koordinationsangebot auf die Zielgruppe und damit sowohl auf die
Anbieter- als auch Nachfragerseite anzupassen, was eine umfangreiche Kenntnis über die
potenziellen Online-Marktteilnehmer voraussetzt. Da für diese Marktplatzteilnehmer die
Konkurrenz, im Sinne eines anderen E-Marketplace mit ähnlichen oder gleichen Inhalten,
quasi nur „einen Mausklick entfernt“ ist, müssen ferner die Entscheidungen auch bezüglich
einer Wettbewerbspositionierung getroffen werden. Die drei wesentlichen Kriterien für das
Management eines E-Marketplace sind also insbesondere die Aspekte Online-Marktplatz-
koordination, -Marktplatzteilnehmer und -Marktplatzkonkurrenz. Folglich muss das
E-Marktplace-Management vor allem sicherstellen, dass die Koordination von Angebot
und Nachfrage auf dem virtuellen Marktplatz die passenden Anbieter und Nachfrager zu-
sammenführt, sodass eine Transaktion stattfinden kann. Dies muss dabei besser erfolgen,
als auf vergleichbaren und damit konkurrierenden E-Marketplaces. Aufbauend auf diesen
Grundanforderungen des Online-Handels befassen sich die folgenden Ausführungen mit
den managementbezogenen Aspekten des E-Marketplace. Dabei stehen folgende Fragen im
Mittelpunkt der Betrachtungen, die damit zugleich die Lernziele dieses Abschnittes dar-
stellen:

„ Wie kann der Marktplatzbetreiber die quantitative und qualitative Koordination von
Angebot und Nachfrage auf einem E-Marketplace gestalten?

„ Welche Anforderungen der Anbieter- und Nachfragerseite muss der E-Marketplace


und damit der Marktplatzbetreiber bei der Koordination beachten?

„ Welche Strategieoptionen bestehen für einen E-Marketplace im Rahmen der Wettbe-


werbspositionierung gegenüber anderen Koordinationsanbietern?

4.3.1 Die Produktanalyse beim elektronischen Handel


Das „Produkt“ eines E-Marketplace ist die Koordination und damit die Vermittlungsleis-
tung, welche es somit in einem ersten Schritt zu analysieren gilt. Der Marktplatzbetreiber
verfolgt das unternehmerische Ziel, die bezahlte Vermittlungsleistung zwischen Anbietern
und Nachfragern durchzuführen (Kollmann 2001b). Damit der Marktplatzbetreiber seine
Vermittlungsleistung gegenüber Anbietern und Nachfragern ausüben kann, ist er auf digi-
tale Informationen von beiden Seiten angewiesen. Diese Informationen kann er nicht
572 Die Grundlagen des E-Marketplace

selbst generieren, sie müssen ihm von den Marktplatzteilnehmern zur Verfügung gestellt
werden und stellen folglich Inputfaktoren für den Leistungserstellungsprozess dar, wäh-
rend die Koordination von Angebot und Nachfrage den Output bilden.

Virtueller Virtueller
Kontakt Kontakt
www.marktplatz- www.marktplatz-
name.de/com Informationen, Marktplatz- Informationen, name.de/com
Alternativen, betreiber Marktpreise,
Vorschläge Vorschläge

Wünsche, Produkte,
Gesuche, Marktdaten Leistungen,
Kriterien, Objekt-
Profile, Objektdaten beschreibungen,
Optionen Konditionen
Daten zu
Handelspartnern

Datenbank
Nachfrager Anbieter
Reale Transaktion

Realer
Kontakt

Abb. 211: Tripolare Struktur eines E-Marketplace


Quelle: in Anlehnung an Kollmann 1999c, S. 277.

Demzufolge ist es erforderlich, dass auf der Inputseite zunächst ein Anbieter existiert, der
sein zum Verkauf stehendes Objekt über elektronische Eingabemodule mehr oder weniger
detailliert spezifiziert. Der Marktplatzbetreiber speichert diese Anbieterinformationen in
seiner Datenbank. Die Anfrage eines Nachfragers nach einem bestimmten Objekt ist
ebenfalls auf der Inputseite angesiedelt. Diese Anfrage beinhaltet Suchinformationen, die
nur auf den Preis oder aber auch auf bestimmte qualitative Merkmale des Objektes gerichtet
sein können. Anhand dieses Inputs von beiden Marktplatzparteien gleicht der Betreiber des
E-Marketplace nun in Form eines Produktionsprozesses ab, ob sich in seiner (oder mög-
licherweise auch in einer anderen) Datenbank zu der Nachfrage passende Angebote be-
finden. Der Output des Marktplatzbetreibers besteht nun in der Information, dass sich in
seiner Datenbank zu der Anfrage entweder kein passendes, ein mehr oder minder gut
passendes oder ein vollständig identisches Angebot befindet. Ganz entscheidend ist in die-
sem Zusammenhang, dass der virtuelle Marktplatzbetreiber keine Transformation an dem
Handelsobjekt selbst durchführt. Er erwirbt ferner auch keinen rechtlichen Besitz an den
Objekten in seiner Datenbank, sondern stellt „nur“ eine Informationsleistung zur Verfü-
gung, die aber für das Zustandekommen der Transaktion entscheidend ist. Dieser Prozess
wird in der Abb. 211 grafisch verdeutlicht, wobei sich die Inputseite in der oberen Hälfte
der Grafik befindet (Hinweise zu Produkten, Leistungen und Konditionen von Seiten der
Das Management beim elektronischen Handel 573

Anbieter, Wünsche, Gesuche, Kriterien und Profile von Seiten der Nachfrager). Der Out-
put des als Kreislauf angedeuteten Prozesses befindet sich hingegen in der unteren Hälfte
der Grafik (Weitergabe von Informationen zu Interessenten, Kaufabsichten, Bestellungen
und Aufträgen an die Anbieter, Weitergabe von Informationen zu Objektprofilen, Alter-
nativen, Vorschläge oder Verkaufsangebote an die Nachfrager).
Das Basisprodukt eines E-Marketplace basiert somit auf dem Input der Anbieter (Pro-
dukthinweise, Leistungen und Konditionen) und Nachfrager (Wünsche, Gesuche, Krite-
rien und Profile), die Informationen zu ihren Transaktionsabsichten in die Datenbank
einstellen (s. Abb. 211). Im Ergebnis steht der Output des Marktplatzbetreibers, der eine
effektive und effiziente Zuordnung der passenden Transaktionspartner ermöglichen soll
(Markttransparenz, Senkung der Transaktionskosten, Marktausdehnung). Im Hinblick auf
die zugehörige Produktanalyse sieht sich der Marktplatzbetreiber nun zwei spezifischen
Besonderheiten gegenüber (Kollmann 2001b, S. 95 f.):

„ Die tripolare Beteiligungsstruktur (s. Abb. 211) beschreibt die Situation, in der
ein Marktplatzbetreiber aktiv die konkrete Vermittlung von Angebot und Nachfrage
übernimmt. Bezüglich seiner Vermittlungsleistung ist der E-Marketplace somit von
zwei Kundengruppen mit entgegengesetzten Zielen abhängig: Anbieter- und Nachfra-
gerseite (bilateraler Akzeptanzaspekt). Daher müssen sich die Management-Maß-
nahmen immer auf zwei Seiten konzentrieren. Ferner müssen die Aktionen für beide
Marktseiten aufeinander abgestimmt werden.

„ Der derivative Leistungsaspekt beschreibt die Situation, in der ein Gut (hier die Ver-
mittlungsleistung des Marktplatzbetreibers) keinen direkten, sondern nur einen indi-
rekten Nutzen stiftet, der sich aus der Inanspruchnahme einer Interaktionsbeziehung
innerhalb eines Kommunikationssystems ergibt (Farrell/Saloner 1985; Katz/Shapiro
1985; Wiese 1990). Der Derivativnutzen aus der Inanspruchnahme eines derartigen
Gutes steigt dann mit der Anzahl und der Nutzungsintensität der anderen Teilnehmer
(Weiber 1992), sodass hier ein Netzeffekt wirksam wird. Der Nutzen eines Marktplat-
zes hängt folglich nicht nur von der Leistungsbereitschaft und der Leistungsfähigkeit
des Betreibers ab, sondern ebenfalls von der Leistungsbereitschaft und Leistungsfähig-
keit der Kunden, also von den Anbietern und Nachfragern. Nur wenn Transaktions-
anfragen gestellt werden, kann der Marktplatzbetreiber vermitteln und je mehr Anfra-
gen kommen, desto mehr Spielraum hat er für diese Vermittlung. Das Unternehmen
„E-Marketplace“ ist von der Teilnahmebereitschaft (Akzeptanz) anderer abhängig und
erbringt unabhängig hiervon keine originäre Eigenleistung (sklavischer Akzeptanz-
aspekt).

Ausgehend von dieser tripolaren Beteiligungsstruktur und dem derivativen Leistungsas-


pekt resultiert ein vielschichtiges „Produktproblem“, welches es im Management eines E-
Marketplace zu berücksichtigen gilt. Damit wird der E-Marketplace in der Komplexität
des zugehörigen Managements zur Königsdisziplin im E-Business.
574 Die Grundlagen des E-Marketplace

4.3.1.1 Online-Verbundeffekte
Die Koordinationsproblematik auf einem E-Marketplace liegt darin begründet, dass der
Marktplatz das gemeinsame Element aller Teilnehmer am System bildet (n-Anbieter, m-
Nachfrager komplementiert durch den Marktbetreiber ohne zeitliche und räumliche Rest-
riktion). Die Transaktionen finden hier nicht mehr zwischen zwei Teilnehmern statt, die
getrennt vom übrigen Handelsgeschehen Informationen austauschen. Vielmehr stellt ein
Marktplatzbetreiber die Informationen über Angebot und Nachfrage offen zugänglich und
zentralisiert zur Verfügung. Alle Teilnehmer sind über elektronische Datennetze mit dem
zentralen Informationssystem des Vermittlers verbunden. Dieser „Online-Verbundeffekt“
(Kollmann 2000a, S. 123 ff.) induziert eine neue Dimension der Koordinationsleistung für
die Betreiber eines E-Marketplace. Er versetzt den Vermittler in die Lage, die Koordination
zwischen Angebot und Nachfrage zielgerichtet zu kontrollieren und aufgrund der Kennt-
nis von allen Aktivitäten eine aktive Vermittlungsleistung anzubieten. Dieser Eingriff in
die Abstimmung von Angebot und Nachfrage resultiert in einer neuen Verantwortung
des Marktplatzbetreibers. Das von ihm zustande gebrachte Vermittlungsergebnis macht
sich über den Verbund der Teilnehmer übergreifend bemerkbar. So können sich für ein
bestimmtes Angebot mehrere Nachfrager gleichzeitig interessieren, wobei nur einer das
Objekt erhalten kann. Konstatierend wird somit unter dem Verbundeffekt die „qualitative
Auswirkung einzelner Transaktionsaktivitäten auf die Nutzenfunktionen anderer Markt-
teilnehmer verstanden“ (Kollmann 2001b, S. 72). Demgegenüber thematisieren die aus
dem Telekommunikationsbereich bekannten Netzeffekte die quantitativen Auswirkungen
der Anzahl der Marktteilnehmer auf die Gesamtattraktivität des Marktplatzsystems.

realer Marktplatz E-Marketplace

A B A B

F C F C

E D E D

Verbundstruktur von Verbundstruktur von


traditionellen Marktplätzen elektronischen Märkten
-räumlich- -inhaltlich-

Abb. 212: Die Verbundstruktur auf einem E-Marketplace


Quelle: Kollmann 2001b, S. 73.
Das Management beim elektronischen Handel 575

Die Attraktivität traditioneller Marktplätze wird in erster Linie durch die Anzahl der Teil-
nehmer und somit durch ein quantitatives Maß für die Erreichbarkeit anderer Marktteil-
nehmer determiniert. Im Mittelpunkt der Systemarchitektur steht daher die Menge von
isolierten Verbindungen zwischen den einzelnen Teilnehmern innerhalb eines Marktraums
(z. B. Messe oder Wochenmarkt; s. Abb. 212). Dies bedeutet, dass eine Verbindung zwi-
schen A und B in der Regel keinerlei direkte qualitative Auswirkungen auf den Nutzen von
C beinhaltet, wenn man von sog. technologischen externen Effekten, wie z. B. den alle Teil-
nehmer begünstigenden Netzeffekt beim Ausbau eines Telefonnetzes oder von pekuniären
externen Effekten absieht, die dadurch entstehen, dass z. B. eine stärkere Nachfrage bei A
zu einer Preissenkung bei B führt, von der anschließend auch C profitiert. Diese Interpreta-
tion eines quantitativen Betrachtungsfokus greift jedoch für die Attraktivitätsproblematik
im Falle des E-Marketplace zu kurz.
Die Verbundstruktur bei einem E-Marketplace besteht nicht aus einzelnen isolierten Da-
tenleitungen. Vielmehr steht der elektronische Marktplatz als gemeinsame Plattform im
Mittelpunkt der Systemarchitektur. Transaktionen finden demnach immer über die ge-
meinsame Marktplattform und nicht isoliert zwischen zwei Teilnehmern in Teilbereichen
eines Marktraumes statt (s. Abb. 212). Dies impliziert, dass diese Plattform als gemeinsa-
mes Element aller Teilnehmer am System interpretiert werden muss, sodass Markt-
transaktionen zwischen A und B sehr wohl Auswirkungen auf die qualitative Nutzenfunk-
tion von C beinhalten (Verbundeffekt). Bei einer Objekt-Auktion könnte eine Beeinträchti-
gung bspw. in einem höheren Gebot von B liegen oder bei einem Objekt-Katalog könnte C
die gleichen Informationen wie B aus der Datenbank abrufen und vom Handelsvermittler
das gleiche Handelsobjekt als Angebot verlangen. Somit wird die quantitative Ausrichtung
des Netzeffektes (höhere Teilnehmerzahl = höhere Wahrscheinlichkeit des Auffindens
geeigneter Transaktionspartner) komplementiert durch eine qualitative Ausrichtung des
Verbundeffektes (Art, Ausmaß und Richtung der getätigten Transaktionen und deren Aus-
wirkung auf das gesamte Marktsystem). Im Extremfall besteht der E-Marketplace nur aus
sehr wenigen Teilnehmern, welche jedoch qualitativ hochwertige Transaktionen vollzie-
hen, sodass die Gesamtattraktivität des Marktes von den Teilnehmern als sehr hoch einge-
stuft wird.

4.3.1.2 Online-Quantitätseffekte
Liegt ein Koordinationsbedarf von Angebot und Nachfrage vor, so bedeutet dies nicht
zwangsläufig, dass das vorliegende Koordinationsproblem (Abstimmung von Angebot und
Gesuch) auch tatsächlich durch den Marktplatzbetreiber gelöst wird, zumal zusätzlich zu
den Besonderheiten eines E-Marketplace in jedem Entwicklungsstadium der Plattform
weitere spezifische Charakteristika zum Tragen kommen. Dabei entstehen im Kern zu-
nächst folgende quantitative Problemaspekte (Kollmann 2001b, S. 97 ff.):

„ Chicken-and-Egg-Problem: Eine Ursache der Koordinationsproblematik auf einem


E-Marketplace besteht in dem sog. Chicken-and-Egg-Problem (Earston 1980, S.
576 Die Grundlagen des E-Marketplace

220 ff.), das auch als ein „Circulus Vitiosus“ bezeichnet werden kann. Das Chicken-
and-Egg-Problem lässt sich anhand von zwei Aussagen verdeutlichen: Ist die Anzahl
der Anbieter zu gering bzw. ist die Menge der angebotenen Objekte nicht groß genug,
so kommen keine Nachfrager auf den Marktplatz. Ist die Anzahl der Nachfrager bzw.
die der abgegebenen Gesuche zu gering, so kommen keine Anbieter auf den Markt-
platz. Die sich daraus ergebende Dilemmasituation, welche Kundenseite zuerst auf
dem Marktplatz vertreten sein muss, stellt ein Hemmnis für die Entwicklung der Insti-
tution „E-Marketplace“ dar.

„ Kritische-Masse-Problem: Die installierte Basis – d. h. die bereits auf dem Markt-


platz vorhandene Nutzerzahl – bestimmt den Nutzen, der für einen Neukunden ent-
steht, da sich mit steigender Nutzerzahl auch die Anzahl der möglichen Transaktions-
beziehungen erhöht (Farrell/Saloner 1986, S. 940 ff.). Je größer die installierte Basis
ist, umso größer ist der Derivativnutzen für die einzelnen Marktplatzteilnehmer.
Wenn eine bestimmte Anwenderzahl überschritten ist und der Derivativnutzen damit
ein bestimmtes Niveau überschritten hat, ist zu erwarten, dass die Nutzer den Markt-
platz auch in Zukunft akzeptieren werden und dass die Anzahl der Neukunden, die
zusätzlich auf den Marktplatz kommen, stärker zunehmen wird. Die Mindestzahl an
Anwendern, die erforderlich ist, damit Marktplätze „[...] einen ausreichenden Nutzen
für eine langfristige Verwendung bei einem Anwenderkreis entwickeln können, wird
als kritische Masse bezeichnet.“ (Weiber 1992).

„ Gleichgewichts-Problem: Aus dem bilateralen Koordinationsansatz resultiert eben-


falls ein gegenseitiges Abhängigkeitsverhältnis der Anzahl von Anbietern und Nach-
fragern bzw. deren Angeboten und Nachfragen. Der Marktplatzbetreiber muss in der
Konsequenz ständig darauf achten, dass sich die quantitative Anzahl der auf dem
Marktplatz vorhandenen Angebote und Gesuche in etwa ausgleichen (z. B. durch ei-
nen bilateralen Marketingansatz; Kollmann 2000a). Nur hierdurch partizipiert er an
der grundsätzlichen Chance, möglichst alle Koordinationsanfragen zu befriedigen (ein
Angebot für ein Gesuch).

Als Beispiel können folgende Probleme bei einem E-Marketplace für Immobilien ange-
führt werden: Erstens, es gibt 250 Wohnungsangebote im Stadtteil X, aber keine 250 Nach-
fragen nach Wohnungen im Stadtteil X, denn die Wohnungssuchenden mieten lieber eine
Wohnung im Stadtteil A. Folge: Es kommt keine quantitative Vermittlungsleistung zu-
stande und die Anbieter sind vom Marktplatz enttäuscht (Anbieterfokus). Zweitens, es gibt
250 Wohnungssuchende im Stadtteil Y, aber keine 250 Wohnungsangebote im Stadtteil Y,
sondern nur welche im Stadtteil C. Folge: Es kommt keine quantitative Vermittlungsleis-
tung zustande und die Nachfrager sind vom Marktplatz enttäuscht (Nachfragerfokus).
Auf einem E-Marketplace entsteht somit aus Sicht des Marktplatzbetreibers aufgrund
des bilateralen Koordinationsansatzes eine doppelte kritische Masse (Kollmann 1998d,
S. 36 ff.), die sich zusätzlich in einem gegenseitigen Abhängigkeitsverhältnis befindet: Für
die Anbieterseite muss eine bestimmte Menge an Nachfragern/Gesuchen vorhanden sein,
Das Management beim elektronischen Handel 577

damit sie den Marktplatz nutzen. Gleichzeitig muss eine bestimmte Menge an Anbie-
tern/Angeboten gegeben sein, damit Nachfrager den Marktplatz nutzen. Dieses Problem
wird dann gelöst, wenn auf beiden Kundenseiten die installierte Basis groß genug ist, da-
mit der Derivativnutzen eine gewisse Schwelle überschritten hat. Ein Generalwert für diese
Schwelle kann nicht angegeben werden, da dieser für jede Branche bzw. jedes Geschäfts-
modell des Marktplatzes anders ausfallen dürfte. Der Marktplatzbetreiber muss bei seinen
bilateralen Marketingmaßnahmen (s. Kapitel 4.4.1.3; Kollmann 2000a) ständig darauf ach-
ten, dass sich die quantitative Anzahl der auf dem Marktplatz vorhandenen Besucher von
Angebots- und Nachfragerseite in etwa ausgleichen. Nur hierdurch antizipiert er an der
grundsätzlichen Chance, möglichst alle Koordinationsanfragen zu befriedigen (eine An-
frage für ein Gesuch). Abb. 213 stellt schematisch die Bedingungen der Schaffung von
quantitativen Gleichgewichten innerhalb eines zeitbeschreibenden Korridors dar. Während
hier zum Zeitpunkt t1 ein Gleichgewicht erreicht wird, erfordert t2 den aktiven Eingriff des
Marktplatzbetreibers. Hierbei könnte durch Werbung und Kommunikation auf der Nach-
fragerseite in t3 wieder ein Gleichgewicht erreicht werden.
Vor dem Hintergrund der Bedeutung des Online-Quantitätseffektes versuchen die Be-
treiber eines E-Marketplace die skizzierte doppelte kritische Masse möglichst schnell zu
erreichen (Kollmann 2019). Wer diese schnell erreicht, kann darauf hoffen, kleinere An-
bieter mit alternativen Marktplätzen oder Nachahmer aus dem Markt zu drängen. Das
schnelle Wachstum der Teilnehmergröße avanciert somit zum kritischen Erfolgsfaktor, um
die Konkurrenzzone als Gewinner zu verlassen. Gewinner können, basierend auf den Grö-
ßenvorteilen der Netzwerke, sogar monopolartige Marktpositionen erreichen (Zerdick et
al. 2001, S. 161). Denn wenn jeder andere an dem Netzwerk teilnimmt, ist dies aus Kun-
densicht umso mehr ein Grund, sich auch anzuschließen.

Menge

Anbieter

Gleichgewichtskorridor

Nachfrager

Zeit
t1 t2 t3

Abb. 213: Das Konzept des Gleichgewichtskorridors für einen E-Marketplace


Quelle: Kollmann 1999b, S. 34.
578 Die Grundlagen des E-Marketplace

Der elektronische Marktplatz ebay.de ist einer dieser Kritische-Masse-Gewinner, der sich
im Wettbewerb um Auktionsmarktplätze im Internet durchgesetzt hat. Den vorangestell-
ten Annahmen folgend sind ein stetiges Wachstum und dauerhafter Unternehmenserfolg
determiniert. In Übereinstimmung mit dieser Vermutung vermeldet der Quasi-Monopolist
in jedem Geschäftsjahr wachsende Nutzerzahlen sowie Umsatz- und Gewinnsteigerungen
mit Wachstumsraten im zweistelligen Bereich.
Diesem Wachstum zum Trotz ist im Jahr 2006 bei ebay.de eine Welle von Insolvenzen bei
professionellen Händlern zu beobachten. Diese Welle erfasst dabei nicht nur sog. Neces-
sity Founders, also Existenzgründer, die zuvor arbeitslos waren und versuchen – oft mit der
Unterstützung der Bundesagentur für Arbeit – sich eine neue Existenz aufzubauen, und bei
denen das Scheitern auf fehlende betriebswirtschaftliche oder gründungsspezifische Kom-
petenzen zurückgeführt werden kann. Gleichfalls havarieren auch etablierte Unternehmer,
die über mehrere Jahre hinweg erfolgreich auf dem elektronischen Marktplatz Handel be-
trieben. Die International E-Business Association (IEBA), eine Vereinigung von Powersel-
lern, führt viele Geschäftsaufgaben auf steigende Teilnehmerzahlen auf der Anbieterseite
und den resultierenden erhöhten Konkurrenzdruck, der im Ergebnis sinkende Händler-
margen und ruinöse Preiskämpfe verursacht, zurück. Die Ursache für die Konkurswelle der
Händler ist folglich nicht auf individuelles unternehmerisches Versagen, sondern vielmehr
auf die Charakteristika des Handels auf elektronischen Marktplätzen zurückzuführen und
es ist davon auszugehen, dass die zahlreichen Insolvenzen von professionellen Teilneh-
mern auch an dem Marktplatzbetreiber nicht schadlos vorbeigehen werden. Die Koordi-
nationsleistung des Marktplatzbetreibers lässt sich daher nicht vollständig über rein quan-
titative Determinanten erklären.

4.3.1.3 Online-Qualitätseffekte
Damit die Anbieter und Nachfrager einen E-Marketplace überhaupt zu nutzen beginnen,
müssen also zunächst einmal die quantitativen Voraussetzungen (s. Kapitel 4.3.1.2) erfüllt
sein. Im weiteren Verlauf erweist es sich allerdings als genauso wichtig, die qualitativen
Anforderungen der Anbieter und Nachfrager zu erfüllen (Kollmann 2001b). Nur wenn die
Anbieter und Nachfrager erkennen, dass ihnen der E-Marketplace gute Aussichten auf
die tatsächliche Erfüllung ihrer Transaktionswünsche bietet, werden sie die angebotenen
Leistungen auch in Anspruch nehmen. Im Kern geht es deshalb auch um die Lösung der
folgenden qualitativen Probleme (Kollmann 2001b, S. 98 ff.):

„ Problem der Koordinationsleistung (Informationsebene): Die reine Anzahl der


Marktplatzteilnehmer auf der Angebots- und Nachfrageseite sagt noch nichts über die
Qualität der zugeordneten Transaktionspartner und einer Erfüllung deren Wünsche
hinsichtlich des Transaktionsobjektes aus. Es bleibt daher zu klären, inwieweit die An-
spruchsniveaus auf beiden Seiten befriedigt werden können. Daher spielt auch der
Übereinstimmungsgrad, mit dem die Transaktionswünsche erfüllt werden eine bedeu-
tende Rolle.
Das Management beim elektronischen Handel 579

„ Problem der Realtransformation (Transaktionsebene): Aufgrund der Gegebenhei-


ten auf E-Marketplaces kann keine reale Begutachtung des Objektes vorgenommen
werden (Kollmann 2000b). Im Anschluss an die Informationsvermittlung des Markt-
platzbetreibers und der hiermit verbundenen Vorselektion der in Frage kommenden
Objekte, steht bei vielen Konsumgütern also immer noch die reale Objektbesichti-
gung vor Ort. Für den Fall, dass die Erwartungen aus der elektronischen Objektbe-
schreibung nicht durch die realen Gegebenheiten bestätigt werden können, fällt ein
negativer Aspekt aus diesem Realitäts-Gap auf den E-Marketplace zurück und die
Ware wird zurückgeschickt oder nicht mitgenommen.

Als Beispiel kann wiederum ein Problem bei einem E-Marketplace für Immobilien ange-
führt werden: Es existieren 250 Wohnungsangebote im Stadtteil X und auch 250 Woh-
nungsnachfragen nach Wohnungen im Stadtteil X, aber diese passen nicht zusammen, da
alle Nachfrager einen Balkon wünschen, keines der Objekte aber einen aufweist. Folge: Es
kommt keine qualitative Vermittlungsleistung zustande und Anbieter und Nachfrager sind
gleichermaßen vom Marktplatz enttäuscht (Vermittlungsfokus). Neben der quantitativen
Ausgeglichenheit spielt somit ferner auch ein Gleichgewicht hinsichtlich der qualitativen
Bedürfnisse auf beiden Marktseiten eine Rolle. Zum einen können die Transaktionsvor-
stellungen bspw. bei dem Kauf/Verkauf einer Immobilie auf Anbieter und Nachfragerseite
höchst unterschiedlich sein (Verfügbarkeitszeitpunkt oder die Art der Kautionsstellung),
zum anderen wird auch die generelle Attraktivität der gehandelten Objekte auf beiden
Marktseiten unterschiedlich bewertet (Online-Qualitätseffekt). Dies bedeutet, dass es der
Marktplatzbetreiber ebenso schaffen muss, die Anspruchniveaus der Teilnehmer auf bei-
den Marktseiten in etwa gleich zu halten (qualitative Ausgeglichenheit). Schafft er dies
nicht, so könnte er zwar mengenmäßig eine Anfrage und ein Gesuch zuordnen, aber die feh-
lende Übereinstimmung des Inhalts der Anfrage verhindert ein tatsächlich erfolgreiches
Matching. Konsequenz ist, dass die Besucher eines E-Marketplace diesen dann wieder
verlassen, wenn nicht ausreichend Gegenspieler vorhanden sind, die zu dem eigenen Ge-
such passen (Kollmann 1999b, S. 27 ff.).
Die Koordinationsleistung wird zusammenfassend durch die Übereinstimmung von
Quantität und Qualität der einzelnen Koordinationsziele auf der Angebots- und Nach-
frageseite bestimmt. Bei einer optimalen Ausgestaltung des Koordinationsmechanismus
(Zelewski 1997, S. 231 ff.) werden alle Marktteilnehmer hinsichtlich ihrer Transaktionsvor-
stellungen vollkommen befriedigt. In diesem Fall würden alle Koordinationsanfragen mit
der Zuordnung eines passenden Transaktionspartners beantwortet. Deshalb ist die Wahr-
scheinlichkeit, dass die entsprechenden realen Geschäftstransaktionen auch zustande kom-
men, relativ hoch. Im Falle einer suboptimalen Ausgestaltung des Koordinationsmechanis-
mus bleiben hingegen zumindest einige Koordinationsanfragen unbeantwortet, d. h. weder
die Zuordnung eines Transaktionspartners durch den Vermittler noch der nachfolgende
reale Güteraustausch finden statt.
Um den Marktplatzerfolg zu maximieren, geht es aus Sicht des Marktplatzbetreibers um
die sichere Vermittlung möglichst vieler passender Transaktionspartner. Seine Ausgangs-
580 Die Grundlagen des E-Marketplace

basis ist eine bestimmte Menge an Transaktionsanfragen von Anbietern und Nachfragern,
die es zuzuordnen gilt, d. h. im Mittelpunkt der Koordination steht die explizite Formulie-
rung und Lösung eines Planungsproblems. Der Marktplatzbetreiber wird bei den nachfol-
genden Überlegungen als Koordinator angesehen, der zwischen Angeboten und Nachfra-
gen hinsichtlich eines heterogenen physischen Guts vermittelt. Als Beispiel für die nach-
folgenden Ausführungen wurde der virtuelle Marktplatz autoscout24.de gewählt, bei dem
es sich um einen Marktplatz für gebrauchte Personenkraftwagen (PKWs) handelt (Koll-
mann 2005d, S. 461 ff.).
Auf der qualitativen Seite werden die Merkmale des Gutes durch einen Vektor der Di-
mension n bestimmt, wobei n eine positive natürliche Zahl ist. Somit ergibt sich das Qua-
litätsmaß des Gutes aus n verschiedenen Komponenten. Für das Beispiel des PKWs wären
folgende Komponenten denkbar: Wagenklasse, Aufbau, Leistung des Motors, Baujahr,
Preis, Standort, Kilometerstand, Zustand, Ausstattung, Farbe. Aus Vereinfachungsgrün-
den wird davon ausgegangen, dass die Qualitätsangaben vom Verkäufer bzw. Anbieter des
Gutes korrekt angegeben werden, sodass der Marktplatzbetreiber bei seiner Planung kei-
nen Grund hat, die Angaben anzuzweifeln. Der Qualitätsvektor hat für diese Komponenten
mithin eine Dimension von 10. Es ist anzumerken, dass natürlich nicht jede Komponente
des Qualitätsvektors unmittelbar numerisch messbar ist, z. B. Wagenklasse, Aufbau, Farbe
etc. Solche qualitativen Merkmale müssen also aus Gründen, die später leicht ersichtlich
sind, erst quantifiziert werden. Diese Quantifizierung erfolgt durch Zuordnung einzelner
Zahlen zu bestimmten Ausprägungen einer Komponente des Qualitätsvektors. Für die
Komponente „Wagenklasse“ könnte man bspw. die unterschiedlichen Ausprägungen wie
folgt belegen: Kleinwagen # 0, untere Mittelklasse # 1, obere Mittelklasse # 2, Oberklasse
# 3; bei der Komponente „Farbe“ könnte man die Farben nach zunehmender Dunkelheit
sortieren und nummerieren (Weiß # 0, Schwarz # 10, die anderen Farben abgestuft dazwi-
schen) usw. Durch diese Vorgehensweise erhält man einen n-dimensionalen Vektor mit
einer Reihe von Zahleneinträgen, welcher die Qualität des Gutes eindeutig beschreibt.
Auf der quantitativen Seite sammelt der Marktplatzbetreiber alle l Angebote und alle m
Nachfragen nach den entsprechenden Gütern, wobei l und m positive natürliche Zahlen
sind, die nicht notwendigerweise gleich sein müssen. Somit verfügt der Marktplatzbetrei-
ber über l verschiedene Qualitätsvektoren von Seiten der Anbieter und m solcher Vektoren
von Seiten der Nachfrager. Die zentrale Frage lautet nun: Welcher Qualitätsvektor, der zu
einem Angebot gehört, soll welchem Qualitätsvektor, der mit einer Nachfrage assoziiert
ist, zugeordnet werden? Als Unternehmer verfolgt der Marktplatzbetreiber im Rahmen der
tripolaren Marktstruktur das eigennützige Ziel der Generierung maximaler Einnahmen
(Ziel der Gewinnmaximierung). Dieses Ziel erreicht er nur, wenn ihm Zuordnungen zwi-
schen Angeboten und Nachfragen der Art gelingen, dass die Vermittlung schließlich auch
zum realen Güteraustausch führt. Erst dann erhält der Betreiber des E-Marketplace eine
Vermittlungsgebühr G, die der Einfachheit halber hier als konstant angenommen wird. Vor
diesem Hintergrund kann für den Marktplatzbetreiber die nachfolgende Zielfunktion pos-
tuliert werden:
Das Management beim elektronischen Handel 581

௟ ௠

ƒš ෍ ෍ ‫݌  כ ܩ‬௜௝ ‫ݔ  כ‬௜௝


௫೔ೕ
௜ୀଵ ௝ୀଵ

In dieser Zielfunktion bezeichnet pi j die Wahrscheinlichkeit, dass die Zuordnung von An-
gebot i und Nachfrage j schließlich zum Tausch, d. h. zur Übergabe des Gutes, führt.
G ‫ כ‬pi j ist somit die erwartete Vermittlungsgebühr, welche dem Marktplatzbetreiber durch
Zuordnung von Angebot i und Nachfrage j zusteht. xi j ist eine binäre Variable, die nur
die Werte 0 und 1 annehmen kann, wobei 0 „keine Zuordnung“ und 1 „Zuordnung“
bedeuten soll. Um die Zielfunktion lösen zu können, stellen sich zwei Fragen: Wie ist die
Wahrscheinlichkeit pi j zu modellieren? Welchen Beschränkungen unterliegen die binären
Zuordnungsvariablen xi j? Diese Fragen werden in einem Modell von Kollmann/Demmel
(Kollmann 2001b, S. 74 ff.) dahingehend mathematisch beantwortet, als dass am Ende eine
konkrete Wahrscheinlichkeitsfunktion für die quantitative und qualitative Zuordnung von
Angeboten und Nachfragen auf einem elektronischen Marktplatz steht. Die zugehörige
Formel ist nachfolgend dargestellt:

ͳ
‫݌‬௜௝ ൌ ௔బ ାσ೙ మ
ͳ൅݁ ೖసభ ௔ೖ ‫כ‬ሺ௤೔ೖ ି௤ೕೖ ሻ

Leistung Preis Fahrleistung


Baujahr Zustand Tausch
(in PS) (in 1000€) (in 1000km)

Nr. 1 71 (65) 93 (95) 5,7 (6) 50 (40) 1 (2) Ja

Nr. 2 102 (99) 88 (89) 3,1 (2,9) 108 (95) 1 (1) Ja

Nr. 3 57 (50) 86 (88) 1,25 (1) 97 (102) 4 (4) Ja

Nr. 4 85 (91) 91 (89) 4,0 (2,5) 88 (109) 3 (2) Nein

Nr. 5 93 (85) 94 (93) 6,3 (5) 46 (65) 3 (3) Ja

Nr. 6 55 (60) 96 (97) 10,25 (8,75) 22 (15) 1 (2) Ja

Nr. 7 70 (75) 89 (87) 2,4 (1,5) 105 (100) 4 (2) Nein

Nr. 8 70 (65) 95 (96) 5,6 (6,6) 81 (60) 2 (1) Nein

Nr. 9 64 (71) 91 (91) 3 (2,5) 79 (103) 2 (1) Ja

Nr. 10 92 (86) 87 (87) 2,25 (1,25) 60 (110) 3 (3) Nein

Abb. 214: Strukturdaten eingegangener Angebote und Nachfragen (in Klammern)


Quelle: Kollmann 2001b, S. 79.
582 Die Grundlagen des E-Marketplace

Diese wird sodann auf das Beispiel von autoscout24.de angewendet, wobei der Quali-
tätsvektor des Gutes „gebrauchter PKW“ auf 5 Komponenten beschränkt wird (Koll-
mann 2005d, S. 461 ff.): Leistung des Motors, Baujahr, Preis, Kilometerstand und Zustand
(s. Abb. 214).
Im Rahmen einer diesbezüglich stichprobenartigen Untersuchung der Zuordnungen auf
dem virtuellen Marktplatz autoscout24.de konnten die in Abb. 214 angegebenen Informa-
tionen über 10 historische Zuordnungen ermittelt werden (Kollmann 2001b, S. 79 ff.).
Die Angebote werden durch die Daten vor den Klammern und die Nachfrage von den
Daten in Klammern repräsentiert. Die Zahlenwerte bei „Zustand“ reichen dabei von „1:
sehr gut“ über „2: gut“ bis zu „3: kleine Mängel“ und „4: Unfallwagen“. Die Variable
„Tausch“ gibt an, ob die Vermittlung zu einer Transaktion führte (Wert: 1) oder nicht (Wert:
0). Wenn den 5 Kriterien „Leistung“ bis „Zustand“ in Abb. 214 von links nach rechts die
Koeffizienten a1 bis a5 zugeordnet werden, ein konstantes Glied a0 zusätzlich berücksich-
tigt wird, mit den vorhandenen Zahlenwerten die quadratischen Abstände berechnet und
anschließend numerisch maximiert werden, so erhält man die Wahrscheinlichkeitsfunk-
tion (Kollmann 2001b, S. 79):

ͳ
‫݌‬௜௝ ൌ మ మ మ మ మ
ͳ ൅ ݁ ି଴ǡ଻ସ‫כ‬൫௤೔భ ି௤ೕభ൯ ାଵǡଽ଼‫כ‬൫௤೔మ ି௤ೕమ ൯ ା଴ǡସଽ‫כ‬൫௤೔య ି௤ೕయ ൯ ା଴ǡ଴ସ‫כ‬൫௤೔ర ି௤ೕర ൯ ାଵଶǡଶସ‫כ‬൫௤೔ఱ ି௤ೕఱ ൯ ି଻ǡଵ଻

Mit dieser geschätzten Wahrscheinlichkeitsfunktion können die nicht beobachtbaren Trans-


aktionswahrscheinlichkeiten der historischen Zuordnungen berechnet werden. Diese Trans-
aktionswahrscheinlichkeiten können der Abb. 215 entnommen werden.

Nummer i 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

Wahrschein-
99,99 99,48 100 0,04 100 99,46 0,00 0,24 99,98 0,00
lichkeit pi (in %)

Tausch Ja Ja Ja Nein Ja Ja Nein Nein Ja Nein

Abb. 215: Theoretische Wahrscheinlichkeiten für die historischen Zuordnungen


Quelle: Kollmann 2001b, S. 79.

Wie Abb. 215 zu entnehmen ist, führt die Schätzung mittels der hier gewählten Wahr-
scheinlichkeitsfunktion dazu, dass in jenen Fällen, in denen es zum Tausch kam, auch die
Wahrscheinlichkeit dafür praktisch gleich Eins war. Umgekehrt kam in den Fällen mit einer
Wahrscheinlichkeit nahe Null auch tatsächlich kein Tausch zustande. Insofern scheint der
gewählte Ansatz akzeptabel zu sein, da er insbesondere sehr scharf zwischen „Tausch“
und „nicht Tausch“ trennt. Mit der geschätzten Wahrscheinlichkeitsfunktion ausgestattet,
Das Management beim elektronischen Handel 583

soll nun an dieser Stelle das Zuordnungsproblem des Marktplatzbetreibers bei fol-
gender fiktiver Marktsituation veranschaulicht werden: Anhand dieser Strukturdaten fik-
tiver Angebote und Nachfragen kann man die Abb. 216 mit den zugehörigen Tauschwahr-
scheinlichkeiten errechnen, wobei „A 1“ Angebot 1, „N 1“ Nachfrage 1 usw. bezeichnet.
Eine optimale Lösung ist jeweils hellgrau unterlegt. Sie ist allerdings nicht notwendiger-
weise die einzige Lösung. Beispielsweise könnte, ausgehend von der in Abb. 217 hellgrau
unterlegten Lösung, Nachfrage 8 auch Angebot 9 und das dann frei werdende Angebot 5
Nachfrage 4 zugeordnet werden (schwarz markiert). Die restliche Zuordnung bleibt be-
stehen. Die erwartete Auszahlung, d. h. die Provisionseinnahmen des Marktplatzbetrei-
bers, würde in beiden Fällen 9 ‫ כ‬G betragen.
Dass die gefundenen Lösungen optimal sind, wird in Abb. 217 daran deutlich, dass An-
gebot 4 bei allen gegebenen Nachfragen immer eine Wahrscheinlichkeit des Tausches von
0 ergibt. Dies lässt für den bestmöglichen Fall eine optimale Einnahme für den Markt-
platzbetreiber in Höhe von 9 ‫ כ‬G zu, wenn nämlich jede der übrigen 9 Zuordnungen zu
einem Tausch führt. Die hellgrau bzw. schwarz hinterlegten Zuordnungen liefern aber ge-
nau 9 ‫ כ‬G und sind somit optimal.

Leistung Preis Fahrleistung


Baujahr Zustand
(in PS) (in 1000€) (in 1000km)

Nr. 1 75 (82) 92 (99) 4,1 (3,8) 131 (67) 2 (3)

Nr. 2 76 (98) 90 (97) 1,2 (1,2) 165 (160) 3 (4)

Nr. 3 64 (67) 94 (97) 8,1 (6,2) 96 (67) 2 (1)

Nr. 4 93 (70) 99 (92) 30,4 (15,6) 15 (18) 1 (1)

Nr. 5 86 (70) 95 (92) 12,9 (10,0) 65 (86) 3 (1)

Nr. 6 91 (61) 93 (94) 4,8 (6,0) 80 (105) 2 (1)

Nr. 7 78 (102) 96 (97) 9,1 (20,1) 46 (53) 2 (1)

Nr. 8 69 (72) 95 (76) 21,1 (14,6) 19 (22) 2 (2)

Nr. 9 61 (93) 96 (90) 15,4 (8,0) 33 (63) 1 (1)

Nr. 10 88 (74) 96 (93) 9,8 (14,6) 66 (51) 3 (2)

Abb. 216: Strukturdaten fiktiver Angebote und fiktiver Nachfragen (in Klammern)
Quelle: Kollmann 2001b, S. 80.

Darüber hinaus sollte man bei der Verwendung des Excel-Solvers vorsichtig sein, denn je
nach Anfangskonfiguration der Zuordnungsmatrix können unterschiedliche Lösungen re-
sultieren, was daran liegt, dass der Lösungsalgorithmus (Newton-Algorithmus bzw. Kon-
584 Die Grundlagen des E-Marketplace

jugierte Gradientenmethode) nur lokale Informationen benutzt und somit globale Minima
bzw. Maxima nicht von jeder Ausgangsposition aus findet. Moderne globale Optimie-
rungsverfahren wie z. B. genetische Algorithmen, Simulated Annealing oder ADS-Me-
thoden (Adapted Grid Search) können diesbezüglich Abhilfe schaffen, müssen aber meist
extra programmiert werden und sind somit mit zusätzlichem Aufwand verbunden. Die so-
mit zum Abschluss gebrachten Überlegungen von Kollmann/Demmel zeigen, dass der
Marktplatzbetreiber das Koordinationsverfahren intelligent ausgestalten muss, da es si-
cherlich das zentrale Steuerungsinstrument darstellt und die Abstimmung der quantita-
tiven und qualitativen Gütermerkmale zwischen Angebot und Nachfrage herbeiführt.
Diesbezügliche mathematische Überlegungen zeigen auf, dass der Marktplatzbetreiber
auf seiner Inputseite (s. Kapitel 4.2.3.1) insbesondere auf folgende Punkte achten sollte:

Tausch-
N1 N2 N3 N4 N5 N6 N7 N8 N9 N 10
w‘keit

A1 0,0 100,0 0,0 0,0 0,0 100,0 0,0 0,0 100,0 0,0

A2 0,0 100,0 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0

A3 100,0 100,0 0,0 0,0 94,3 0,0 100,0 0,0 100,0 0,0

A4 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0

A5 0,0 0,0 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 0,0 100,0

A6 0,0 0,0 100,0 0,0 100,0 100,0 0,0 0,0 0,0 86,9

A7 0,0 0,0 100,0 0,0 0,0 100,0 100,0 0,0 100,0 0,0

A8 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 100,0 0,0 0,0 0,0

A9 0,0 0,0 0,0 100,0 0,0 0,0 100,0 100,0 100,0 100,0

A 10 0,0 0,0 100,0 100,0 100,0 0,0 0,0 100,0 0,0 100,0

Abb. 217: Theoretische Wahrscheinlichkeiten für alle möglichen Zuordnungen


Quelle: Kollmann 2001b, S. 81.

„ Es sollte ein quantitatives Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage herge-


stellt werden, um die Wahrscheinlichkeit für eine komplette Zuordnung aller Trans-
aktionsanfragen zu erhöhen.

„ Es sollte ein Gleichgewicht an Anfragen mit gleichen Qualitätsmerkmalen herge-


stellt werden. Das bedeutet, dass Datenbanken für homogene Segmentgruppen auf-
gebaut werden, wie z. B. für Cabrios oder Kombis.

„ Bei Erreichung dieser Gleichgewichtskriterien sollte zu einem bestimmten Zeitpunkt


ein übergeordnetes Matching durchgeführt werden, da eine kontinuierliche Zuord-
nung mit dem ständigen Wegfall von Vermittlungsalternativen den Kombinations-
spielraum mindert.
Das Management beim elektronischen Handel 585

Auf der Grundlage der vorausgegangenen Ausführungen sind für den Marktplatzbetreiber
auf der Outputseite (s. Kapitel 4.2.3.1) die folgenden Punkte hilfreich:

„ Die Wahrscheinlichkeitsfunktion bietet dem Marktplatzbetreiber über die Berech-


nung möglicher Vermittlungsprovisionen ein Instrument für die Abschätzung des
betriebswirtschaftlichen Erfolges seines Marktplatzes.

„ Die Wahrscheinlichkeitsfunktion ermöglicht dem Marktplatzbetreiber die Analyse


seines Datenbankbestandes und damit des Produktportfolios seines Marktplatzes
im Hinblick auf leicht und schwer vermittelbare Objekte.

„ Mit Hilfe der Wahrscheinlichkeitsfunktion kann die potenzielle Transaktionsquote


errechnet werden, die von dem Marktplatzbetreiber zu Werbungszwecken eingesetzt
werden kann. Den Anbietern und Nachfragern kann damit ein Eindruck vermittelt wer-
den, mit welcher Wahrscheinlichkeit sie auf diesem Marktplatz einen Transaktions-
partner finden werden.

Doch auch wenn der Marktplatzbetreiber sein Koordinationsverfahren basierend auf den
diesbezüglichen mathematischen Überlegungen aufbaut, bleibt er abhängig von den Ein-
gaben der Marktplatzteilnehmer (Anbieter stellen Angebote ein, Nachfrager geben Bewer-
tungen und Kommentare ab etc.) und damit von unbekannten und a priori nur eingeschränkt
steuerbaren Akteuren. Die Qualität seiner Marktplatzpartizipation ist daher nur bedingt vor-
herzusagen. Diese Problematik wird mit dem weiteren Anstieg des User-generated Con-
tent im Zuge der Web 2.0-Diskussion (s. Kapitel 1.6) noch zunehmen, da immer mehr Funk-
tionalitäten auch auf elektronischen Marktplätzen maßgeblich von den Eingaben der
Marktplatzbesucher mitbeeinflusst werden wird. Über die bisher dargestellten quantitati-
ven und qualitativen Online-Effekte hinaus, die einen direkten Einfluss auf die Vermitt-
lungsleistung des Marktplatzbetreibers ausüben, können durch die von Anbietern und
Nachfragern generierten digitalen Informationen also Probleme entstehen, die neben dem
Einfluss auf die Transaktionswahrscheinlichkeit auch den Marktplatz und dessen Ak-
zeptanz insgesamt beeinflussen. So sind z. B. bei der Betrachtung von Bewertungsprofi-
len bei ebay.de nicht nur Informationen zu finden, die eine sachliche Beurteilung der
Transaktion enthalten, sondern vermehrt auch obszöne, beleidigende und diffamierende
Äußerungen, die zumindest ethisch, wenn nicht auch rechtlich problematisch sind.

Ebenfalls werden auf elektronischen Marktplätzen immer wieder Produkte gehandelt, die
Markenrechten unterliegen. Inwieweit die von Anbietern eingestellten Produktbeschrei-
bungen Originaltexte und Abbildungen der Markenrechteinhaber enthalten dürfen, ist
ebenfalls immer häufiger Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen. Trotz Novel-
lierungen der relevanten Gesetze (z. B. Telemediengesetz) scheinen Fragen, inwieweit der
Marktplatzbetreiber für den auf seiner Plattform hinterlegten und verlinkten Content ver-
antwortlich ist, wie er mit Rechtsverletzungen seitens der Teilnehmer umzugehen hat
und welche weiteren Sorgfaltspflichten ihm obliegen, nicht endgültig geklärt. Fest steht
586 Die Grundlagen des E-Marketplace

jedoch, dass diese Fragestellungen die Ausbreitung von elektronischen Marktplätzen und
deren zukünftige Entwicklung maßgeblich beeinflussen werden. Somit ist es als sinnvoll
zu erachten, das Betrachtungsspektrum möglicher Problemaspekte über die quantitativen
und qualitativen um die soeben vorgestellten ethisch-rechtliche Probleme zu erweitern.
Ausführlich wird der letztgenannte Problemaspekt in Kapitel 5.3.1.2 diskutiert, da dieses
Problem bei E-Communities noch in einem stärkeren Ausmaß zu beobachten ist. Gerade
die Diskussion um die ethische Dimension im E-Business wird gerade erst angeschoben
und muss bei der weiteren Betrachtung z. B. rund um KI-Systeme eine Berücksichtigung
finden (Kollmann, 2018b, S. 179 ff.).

4.3.1.4 Online-Oszillationseffekte
Basierend auf den in Kapitel 4.3.1.2 geschilderten Entwicklungen bei ebay.de, sind im
Web 2.0-Zeitalter auch für Kritische-Masse-Gewinner ein stetiges Wachstum und dauer-
hafter Unternehmenserfolg nicht automatisch determiniert. In der Praxis zeigt sich, dass
auch die scheinbaren Gewinner noch mit Problemen konfrontiert werden können, die ihre
dominierende Marktstellung gefährden. Offensichtlich kann es zunächst einmal zu einem
masse-bezogenen oszillierenden Diffusionsverlauf auf elektronischen Marktplätze kom-
men (Kollmann/Stöckmann 2007a; s. Abb. 218). Während in der klassischen Diffusions-
theorie, die für sog. Singulärgüter entwickelt wurde, für die Diffusion der Kauf entschei-
dend ist, muss das Betrachtungsspektrum bei Kritische-Masse-Systemen zwingend um
Anschluss- und Nutzungsakt als konstituierende Diffusionsdeterminanten erweitert wer-
den (Kollmann 1998a; s. Kapitel 1.5.3). Während der Kauf eines klassischen Konsum- oder
Investitionsguts den Diffusionsverlauf in positiver Richtung beeinflusst und auch nicht
mehr rückgängig gemacht werden kann, können Teilnehmeranschlüsse wieder abgemeldet
werden (z. B. Telefonnetz), wodurch die Möglichkeiten zur Realisierung von Nachfragesy-
nergien sinken. Durch den reversiblen Nutzungsakt kann es im Extremfall auch zu einem
Rückgang der Diffusion kommen (Weiber 1992, S. 137). Der Diffusionsverlauf bei Kri-
tische-Masse-Systemen muss sich im Gegensatz zur klassischen Diffusionstheorie folglich
nicht in einer monoton steigenden Kurve widerspiegeln; vielmehr ist ebenfalls eine fal-
lende Diffusionskurve möglich (s. Abb. 218).
Für elektronische Marktplätze ist eine zusätzliche Erweiterung vorzunehmen, da hier nicht
der Anschluss für die Diffusion entscheidend ist, sondern lediglich eine notwendige Bedin-
gung für die Adoption darstellt. Vielmehr wird der Markterfolg eines E-Marketplace direkt
durch die kontinuierliche Nutzung und Interaktion auf der Plattform als hinreichende Be-
dingung für die Adoption bzw. dadurch erweitert für die Akzeptanz bestimmt (Kollmann
1998a). Nur bei einer entsprechenden Nutzungs- und Interaktionsdisziplin werden quali-
tative Geschäftstransaktionen stattfinden, die sich positiv auf das gesamte Marktsystem
und damit alle Teilnehmer auswirken. Ebenfalls führt erst die immer wiederkehrende Nut-
zung und Interaktion zu einer Realisierung eines kontinuierlichen Einnahmenflusses auf
der Betreiberseite.
Das Management beim elektronischen Handel 587

Marktsättigungsniveau
100 %

Idealisierte, erfolgreiche
Erfolg durch
Diffusionskurve für einen
permanentes
E-Marketplace
Management
(Anbieter / Nachfrager)
Anteil der Adopter

Einfluss von
Netz- und Verbundeffekt Crash durch
mangelhaftes
Management

„Kritische-Masse-Punkt“
Flopartiger Verlauf der
Diffusionskurve für einen
E-Marketplace

0%

Zeit

Abb. 218: Der Diffusionsverlauf bei elektronischen Marktplätzen

Der Diffusionsbegriff ist folglich über die kaufabhängige quantitative Teilnehmerzahl um


die nutzungs- und interaktionsabhängige (qualitative) Transaktionszahl zu erweitern
(Kollmann 1998a). Dabei ist zu berücksichtigen, dass sowohl Nutzungs- also auch Inter-
aktionsakt reversibel sind. Aufgrund des zeitlichen Horizonts einer Abfolge der drei
Adoptions- bzw. Akzeptanzakte kommt es insbesondere zu einer Interpretation des men-
genmäßigen Nutzungs- und Interaktionsaktes als diskontinuierliches Mehrfachereig-
nis, welches ständigen Schwankungen unterliegt, sodass die Diffusion zum permanenten
Ereignis mutiert. Es können somit nach Überschreiten der Marktsättigungsgrenze nicht
nur negative Adoptions- bzw. Akzeptanzraten, sondern ebenfalls abwechselnd positive
und negative Adoption- bzw. Akzeptanzraten auftreten, d. h. es entsteht eine oszillierende
Entwicklung um das Marktsättigungsniveau. Verantwortlich für diesen Effekt ist die Tat-
sache, dass eine negative Nutzungs- und Interaktionsbeteiligung auch zu einer Abkehr
bzw. Abmeldung von dem Marktplatz führen kann, sodass die ursprünglich positive Adop-
tionsentscheidung dadurch wieder zurückgenommen werden kann. Vor diesem Hinter-
grund ist bei elektronischen Marktplätzen insbesondere von einer schwankenden Diffusi-
onskurve auszugehen, so wie es bei ebay.de in der Vergangenheit und auch heute noch in
Ansätzen zu sehen ist.
Im Hinblick auf die Erklärung des Online-Masseeffektes bei dem aufgeworfenen eBay-
Phänomen und der Ableitung von Implikationen für das Marktgeschehen auf einem E-
Marketplace kann sich dem aus der Volkswirtschaftslehre bekannten „Schweinezyklus“
(Hanau 1930, S. 13) genähert werden. Der Schweinezyklus wurde ursprünglich auf dem
Schweinemarkt nachgewiesen und bezeichnet die empirische Beobachtung, dass die
588 Die Grundlagen des E-Marketplace

Schweineproduktion in ein fortwährendes Auf und Ab geraten kann. Die Preiserwartungen


der Schweinezüchter sind durch die Annahme statischer Erwartungen, also jener Prämisse,
die dem Cobweb-Theorem zugrunde liegt, geprägt. Die Bauern erwarten, dass der derzeit
bestehende attraktive Verkaufspreis fortbestehen wird und lassen dabei außer Acht, dass
Angebot und Nachfrage erratischen Störungen ausgesetzt sind: sei es, dass die Zahl der
Schweinezüchter schwankt; sei es, dass das Verlangen nach Schweinefleisch kulinarische
Unstetigkeiten zeigt (Felderer/Homburg 2005, S. 250 f.). Im Fall des Handels auf elektro-
nischen Marktplätzen (Kollmann/Stöckmann 2007a) führen die zu beobachtenden hohen
Verkaufspreise und Absatzerfolge zu einer steigenden Anzahl von Anbietern, da diese er-
warten, ebenfalls diese hohen Verkaufspreise erzielen zu können. Jedoch führt die gestie-
gene Anbieterzahl – wie lange Zeit bei ebay.de zu beobachten – zu Überangebot und Preis-
verfall, da viele Bieter schnell wieder aussteigen, wenn kein „Schnäppchenpreis“ mehr
zu erzielen ist und sich einer anderen Auktion zuwenden. Eine Folge sind die bereits ange-
führten Anbieterpreiskämpfe, mit den bekannten Resultaten.

Preis

Angebot

kritischer
Angebotsüberhang
Dynamisches
Gleichgewicht
unkritischer
Angebotsüberhang

unkritischer
Nachfrageüberhang

Teufelskreis
kritischer
Nachfrageüberhang
Nachfrage
Menge

Abb. 219: Preisanpassungsprozesse auf einem E-Marketplace

Erfolglose Angebote und niedrige Verkaufspreise resultieren indes in einer Reduktion des
Angebots – sei es durch Abwanderung oder eben Pleiten der Anbieter. Das Verhalten der
Anbieter ist nicht eben „bauernschlau“, denn entweder überschätzen sie den Preis und es
ist ein Überangebot zu beobachten oder umgekehrt. Deshalb konvergiert der Regelmecha-
nismus zwischen Angebot, Nachfrage und Preis nicht, sondern mündet in ein indifferentes
dynamisches Gleichgewicht. Somit entsteht eine instabile Marktsituation, die Angebot,
Nachfrage und Preis kontinuierlich schwanken lässt (s. Abb. 219).
Das Management beim elektronischen Handel 589

Aus Betreibersicht stellt diese Dynamik bezüglich der Partizipation von Anbieter- und
Nachfragerseite nicht zwangsläufig ein Problem dar. Sinkt der Preis aufgrund eines Ange-
botsüberhangs und der resultierenden Preiskämpfe, ist von einer erhöhten Teilnehmerzahl
auf der Nachfragerseite auszugehen. Diese wiederum führt zu konkurrierenden Nachfra-
gern um das relativ knappe Angebot und somit wiederum zu einem steigenden Preis, der
die ursprüngliche Attraktivität für Anbieter wieder herstellt und diese auf den E-Market-
place zurückkehren lässt (s. Abb. 219). Die Dynamik wird für den E-Marketplace erst dann
bedrohlich, wenn ein „kritisches Niveau“ bezüglich des Überhangs überschritten wird. Es
ist dabei unerheblich, ob es sich um einen kritischen Überhang auf der Angebots- oder auf
der Nachfragerseite handelt. Eine deutliche Reduktion der Anbieter- bzw. Angebotszahl
bspw. kann die Attraktivität des Marktplatzes so sehr senken, dass der niedrigen Preise zum
Trotz keine Nachfrager auf die Plattform kommen, da das dort vorzufindende Angebot
nicht ihrem Anspruchsniveau bezüglich Auswahlmenge oder Qualität entspricht. Da sich
die Nachfragerzahl nicht erhöht, resultiert ebenfalls kein Preisanstieg, der Anbieter ver-
anlassen könnte, wieder auf die Plattform zurückzukehren. Infolgedessen mündet der An-
passungsprozess zwischen Angebot, Nachfrage und Preis nicht in einer weiteren Oszilla-
tion, sondern setzt ein stetiges „Negativ-Wachstum“ in Gang, in dem sich weder für An-
bieter noch für Nachfrager Anreize ergeben, wieder vermehrt auf die Plattform zurückzu-
kehren (s. Abb. 220). In der Folge entsteht der in Abb. 219 dargestellte divergierende
Verlauf des Preisanpassungsprozesses.
In conclusio ist zu konstatieren, dass sich der Regelmechanismus zwischen Angebot,
Nachfrage und Preis zu einem sich selbst aufschaukelnden Beziehungskreis entwickeln
kann, der sich sowohl in positiver (virtuous circle) aber auch in negativer Richtung (vici-
ous circle) immer wieder in Gang setzen kann (Kollmann 1999c, S. 275 ff.). Dieser Be-
ziehungskreis macht das Management von elektronischen Marktplätzen so komplex, da
sich der Marktplatzbetreiber als unabhängige Vermittlungsinstanz gleichzeitig zwei
Marktseiten gegenübersieht (s. Kapitel 4.2.3.1). Sein Vermittlungsergebnis muss sowohl
dem Einzelfall als auch der Menge an Transaktionsanfragen dienlich sein und darüber
hinaus den Erwartungen entgegengesetzter Interessensgruppen gerecht werden.
Der positive Fall (virtuous circle) führt in Übereinstimmung mit den Überlegungen zum
Kritische-Masse-Effekt zu einem kontinuierlichen Anstieg an Stärke, Leistungspotenzial
und Attraktivität des Marktplatzes. So geht ein signifikanter Anstieg an Objektanbietern
meist mit einer Zunahme an zu vermittelnden Objektangeboten einher. Dies wirkt sich
positiv auf die Auswahlmenge für das Matching aus. Das wiederum hat positive Auswir-
kungen auf die Nachfragerzufriedenheit und damit auf die Menge an Objektnachfragern.
Damit erhöht sich die Attraktivität des E-Marketplace für die Anbieter, was zu einem
weiteren Anstieg der Objektangebote führt und so fort (Positiv-Spirale). Jedoch kann sich
durchaus auch ein negativer Beziehungskreis in Gang setzen. In diesem Teufelskreis (vi-
cious circle) bedeutet ein signifikanter Verlust an Objektanbietern einen deutlichen Rück-
gang an zu vermittelnden Objektangeboten. Dies wirkt sich negativ auf die Auswahlmenge
für das Matching aus, wodurch ein Großteil der Transaktionsgesuche unter Umständen un-
590 Die Grundlagen des E-Marketplace

befriedigt bleibt. Dieses wiederum hat negative Auswirkungen auf die Nachfragerzufrie-
denheit und damit auf die Menge an Objektnachfragern. Durch rückläufige Objektnachfra-
gen verringert sich die Attraktivität des Marktplatzes für die Anbieter, was zu einem wei-
teren Rückgang der Objektangebote führt und so fort (Negativ-Spirale).

N A Ausgangs- N A
situation

P P

N A Kritischer N A
Bereich

P P

N A N A
Konsequenz

E-Marketplace bleibt in einem E-Marketplace kann in einen


dynamischen Gleichgewicht Teufelskreis geraten

Abb. 220: Regelmechanismus zwischen Angebot, Nachfrage und Preis

Der virtuelle Handelsplatz würde durch diese Auswirkungen stetig an Stärke und Leis-
tungspotenzial verlieren, was im Endeffekt sogar die Existenz des Marktplatzes bedrohen
kann (s. Abb. 221). Für das Management bei elektronischen Marktplätzen ergibt sich die
Konsequenz, dass aufgrund der Oszillation von Nutzung und Interaktion entgegen der ver-
breiteten Annahme trotz des Erreichens der kritischen Masse keine automatische Er-
folgsstabilität unterstellt werden kann (Kollmann/Stöckmann/Schröer 2009b; Kollmann/
Stöckmann 2007a; s. Abb. 221). Folglich ergeben sich auch auf gesättigten bzw. scheinbar
bereits entschiedenen Märkten aufgrund von Online-Masseeffekten Bedrohungen für
„Kritische Masse“-Gewinner und immer wieder neue Wettbewerbschancen für unterle-
gene Wettbewerber oder Unternehmensgründer. So kann ein etablierter Marktplatz, wie ge-
Das Management beim elektronischen Handel 591

zeigt, durchaus einmal eingeworbene Teilnehmer wieder verlieren und damit im schlimms-
ten Fall sogar einen Existenz bedrohenden Teufelskreis in Gang setzen. Die Zielsetzung
der etablierten Plattform muss folglich in der Aufrechterhaltung des Gleichgewichts
zwischen den bipolaren Gruppen sowie der Sicherstellung der Einhaltung qualitativer und
ethisch-rechtlicher Anforderungen bestehen.
Eine erfolgskritische Maßnahme besteht zweifelsohne darin, die Teilnehmer dauerhaft
an die Plattform zu binden und gegenüber Wettbewerbern zu schützen. Das permanente
Management der Webplattform avanciert vor diesem Hintergrund zu einem entscheiden-
den Erfolgsfaktor. Die vorläufigen Kritische-Masse-Gewinner dürfen sich daher nicht auf
ihre erreichte Position verlassen, sondern müssen stetig die Marktsituation beobachten
und im Rahmen von bilateralen Marketingmaßnahmen (Kollmann 2000a) proaktiv Ein-
fluss auf die aktuelle Entwicklung im Netzwerk nehmen.

Kritische Masse-Gewinner und -Verlierer Einfluss von Oszillationen Extremum


Marktanteil
100 %
(erstmalige)
Gewinner

50 % Konkurrenzzone

(vermeintliche)
Verlierer
0%
Zeit

Abb. 221: Konkurrenzaspekte im oszillierenden Spannungsfeld der kritischen Online-


Masseeffekte bei E-Marketplaces
Quelle: in Anlehnung an Shapiro/Varian 2010, S. 177.

In den Schwächeperioden der Kritische-Masse-Gewinner ergeben sich für neue Unter-


nehmen oder etablierte Wettbewerber bei vorhandener finanzieller Überlebensfähigkeit
immer wieder Möglichkeiten, die Vormachtstellung der Marktführer zu attackieren und
ihrerseits Marktanteile zu gewinnen (s. Abb. 221). Dabei ist es in der Regel utopisch, dem
Marktführer den gesamten Marktraum streitig machen zu wollen. Vielmehr kann eine
Strategie schnellen Erfolg versprechen, in der mit einem innovativen Geschäftsmodell Ni-
592 Die Grundlagen des E-Marketplace

schen mit einer spezialisierten Zielgruppe adressiert werden – wie derzeit z. B. im Bereich
der Handwerks- und Dienstleistungsauktionen beobachtet werden kann. Das Ziel muss
darin bestehen, einen positiven Beziehungskreis in Gang zu setzen und die kritische Masse
dauerhaft zu überwinden. Insbesondere für am Anfang stehende Gründungsunternehmen
ist es schwierig, diese kritische Masse zu erreichen, können sie doch als unbekanntes
Startup-Unternehmen den ersten Mitgliedern nur eine begrenzte Netzwerkattraktivität
bieten. Der Wert eines Netzwerkproduktes hängt jedoch nicht nur von der tatsächlichen
Teilnehmerzahl ab, sondern wird zu einem großen Teil auch von den Erwartungen hin-
sichtlich ihrer zukünftigen Entwicklung beeinflusst (Zerdick et al. 2001). So können recht-
zeitige und verheißungsvolle Vorankündigungen (Vapor-Marketing) im Rahmen des
Managements von Erwartungen in Kombination mit weiteren Marketingmaßnahmen im
Online- und Offline-Bereich zu der für die Durchsetzung des Startups notwendigen „mas-
siven“ Neukundengewinnung beitragen.

4.3.2 Die Kundenanalyse beim elektronischen Handel

Neben der Analyse der Online-Marktplatzkoordination als „Produkt“ des E-Marketplace


(s. Kapitel 4.3.1) spielt die Betrachtung der Online-Marktplatzteilnehmer im Rahmen der
Kundenanalyse eine ebenso entscheidende Rolle wie für die Managementebene im elekt-
ronischen Handel. Der Erfolg eines E-Marketplace ist elementar davon abhängig, wie die
Erwartungen der Kunden als Koordinationsnachfrager (Verkäufer und Käufer) hinsichtlich
der quantitativen und qualitativen Koordinationsleistung erfüllt werden. Diese Erwartun-
gen orientieren sich auf der Basis einer empirischen Untersuchung von Kollmann (2001b)
an einem bilateralen 5-Stufen-Prozess (Nutzungsbedingungen, Datenbankattraktivität,
Kosten, elektronische und reale Koordinationsleistung) für die Anbieter- und Nachfrager-
seite.

4.3.2.1 Online-Nachfragererwartungen
Für den Betreiber eines E-Marketplace gestalten sich die Erwartungen aus Nachfrager-
sicht im Hinblick auf die Teilnahme wie folgt (s. Abb. 222):

„ Die Nutzungsbedingungen, unter denen die Eingabe von Suchkriterien bzw. der Ab-
ruf der Objektmerkmale aus der Datenbank erfolgen, stellen einen kritischen Akzep-
tanzfaktor auf der Nachfragerseite dar. Für den Nachfrager muss eine hohe „Nutzungs-
wirksamkeit“ in Form einer leichten Bedienbarkeit der Module der Plattform sicher-
gestellt werden (einfache Kommunikation), damit ein möglichst günstiges Verhältnis
zwischen dem Aufwand zum Erlernen des Systems (Steuerungsmechanismus) und
dem Ergebnis einer Nutzung (z. B. Informationsübertragung) erreicht wird. Eine
klare Benutzerführung und konkrete Hilfestellungen wie bspw. durch kleine graphi-
sche Beispielanimationen unterstützen die Nutzungsbereitschaft der Nachfrager.
Das Management beim elektronischen Handel 593

„ Die Datenbankattraktivität bewertet der Nachfrager weniger auf der Grundlage der
Vollständigkeit aller am Markt verfügbaren Transaktionsobjekte, vielmehr zählt die
hinreichend reduzierte Auswahl mit einer hohen Qualität der Informationen über die
verfügbaren Objekte. Für den Nachfrager ist folglich wichtig, auf attraktive Objekte in
der Datenbank zu stoßen. Maßgeblich sind in diesem Fall die Qualität der eingestellten
Objekte und die angebotene Menge an relevanten Informationen zu den Objekten,
sowie Aktualität des Datenbestandes. Dies impliziert eine kontinuierliche Aktualisie-
rung der Angebote resp. Informationen in der Datenbank.

„ Die Kosten für den Informationsabruf und die Koordinationsleistung spielen ebenfalls
eine bedeutende Rolle. Die empirische Untersuchung bestätigt die allgemeine Praxis
im Internet: Während Anbieter grundsätzlich bereit sind, für die Handelsvermittlung zu
bezahlen, trifft dies auf die Nachfragerseite in der Regel nicht zu. Ihnen dürften die-
sem Gedanken folgend bei der Nutzung keine Kosten entstehen.

„ Der elektronischen Koordinationsleistung, d. h. der Zuordnung von passenden An-


geboten für den eigenen Suchwunsch auf der Informationsebene, kommt ebenfalls
eine wichtige Bedeutung zu. Eine hohe Qualität der Übereinstimmung von Such-
wunsch und Objekt erhöht wiederum die Wahrscheinlichkeit einer späteren, tatsächli-
chen Transaktion. In diesem Zusammenhang ist für die Nachfrager die geographische
Nähe zum Anbieter resp. die direkte Kontaktmöglichkeit zu diesem wichtig. Die
Nachfrager profitieren von der Geschwindigkeit der Informationsverarbeitung sowie
von den umfassenden Informationen über die Objekte, was jedoch die Vollständigkeit
der Datensätze voraussetzt.

„ Die reale Koordinationsleistung fokussiert die Überführung der vermittelten Infor-


mationen zu einer realen Transaktion resp. einem tatsächlichen Güteraustausch. Die
grundlegende Bedeutung der Verknüpfung von elektronischer Vermittlung und realer
Transaktion ist in dieser Deutlichkeit als zweite Überraschung zu werten. Es zwingt
die Betreiber eines E-Marketplace, anders als in der Praxis derzeit zu beobachten, sich
nicht nur über die Welt der Digitalen Wirtschaft Gedanken zu machen. Schließlich
wird die Plattform vom Nachfrager auch hinsichtlich alternativer, realer und elektroni-
scher Vermittlungsangebote bewertet („Konkurrenz“). Besonders hingewiesen wer-
den muss in diesem Zusammenhang auch auf die Wichtigkeit richtiger Objektangaben
für die Nachfragerseite. Dieser Aspekt betrifft insbesondere das Vertrauensverhältnis
zum Marktplatzbetreiber. Es ist nicht so sehr die technologische Innovation einer Inter-
net-basierten Vermittlung die zählt, sondern das Vertrauen in die Richtigkeit der dort
vom Marktplatzbetreiber abstrahierten Informationen.

4.3.2.2 Online-Anbietererwartungen
Die Erwartungen aus Anbietersicht an den E-Marketplace im Hinblick auf eine Teil-
nahme können dagegen wie folgt charakterisiert werden (s. Abb. 222):
594 Die Grundlagen des E-Marketplace

„ Die Nutzungsbedingungen aus Anbietersicht sind zunächst an der Eingabe der Ob-
jektmerkmale in die Datenbank des Marktplatzes zu manifestieren. Wie die Nachfrager
legen auch die Anbieter hohen Wert auf eine intuitive und übersichtliche Darstellung
am Bildschirm, wobei das funktionale Design im Gegensatz zum grafischen Design im
Vordergrund steht. Benutzerführung und einfach nutzbare Eingabeformulare sollten
die schnelle Informationsverarbeitung möglichst ohne großen Lernbedarf erfüllen. In
diesem Kontext werden auf der Anbieterseite ebenfalls intelligente Online-Schnitt-
stellen zur Kopplung mit den eigenen Systemen gewünscht.

Aspekt Erwartungen der Anbieter Erwartungen der Nachfrager

• Übersichtliche Seitengestaltung • Übersichtliche Seitengestaltung


• Einfache Benutzerführung • Einfache Benutzerführung
Nutzungs- • Einfache Eingabe von Objektdaten • Einfache Eingabe von Suchkriterien
bedingungen • Download von Einstellformularen • Konkrete Hilfestellungen
• Intelligente Online-Schnittstellen

• Quantität der vorhandenen Nachfrager • Qualität der eingestellten Objekte


Datenbank • Absolute Zahl an „echten“ Kaufabsichten • Aktualität der Angebote
• Menge an Informationen zu den Objekten

• Provision für Vermittlung • Keine Kosten


Kosten • Gebühr für Objekteinstellung

• Vermittlung von Nachfragern mit hoher • Vermittlung von Angeboten mit hoher
elektronische Übereinstimmung von Suchwunsch und Übereinstimmung von Suchwunsch und
Koordinations- Objekt und einem echten Kaufinteresse Objekt
leistung • Vollständige Datensätze
• Direkte Kontaktmöglichkeit
• Einen tatsächlichen Besuch vor Ort • Bestätigung der
reale • Informierte Nachfrager Angaben/Objektbeschreibung vor Ort
Koordinations- • Interessierte Nachfrager • Bestätigung der Erwartungen
leistung • Bestätigung der Kaufkonditionen

• Flexibilität • Flexibilität
Konkurrenz- • Qualität der Vermittlung • Ortsungebundenheit
aspekte • Elektronische Selektionskriterien
• Keine Kosten für Vermittlung

Abb. 222: Anforderungen der Online-Marktplatzteilnehmer an einen E-Marketplace


Quelle: in Anlehnung an Kollmann 2001d, S. 51.

„ Die Attraktivität der Datenbank wird auf der Anbieterseite an der möglichst großen
absoluten Zahl der Nachfrager gemessen (Schaffung neuer Absatzkanäle; Marktaus-
weitung). Die Attraktivität der Nachfrager ist dabei an die absolute Anzahl an „echten“
Kaufabsichten gebunden. Die Anbieter erwarten also Quantität, die Nachfrager dage-
gen Qualität.

„ Kosten für die Inanspruchnahme der Koordinations- bzw. Vermittlungsleistung wer-


den von der Anbieterseite entsprechend der allgemeinen Praxis akzeptiert. Dem
Marktplatzbetreiber obliegt es, effektive Gebührenmodelle zu entwickeln. Als Aus-
Das Management beim elektronischen Handel 595

gangspunkt der Überlegungen zur Preisgestaltung können Provisionen für erfolgrei-


che Vermittlungen oder auch Gebühren, die für die Einstellung von Objekten erhoben
werden dienen.

„ Die elektronische Koordinationsleistung, d. h. die Zuordnung von passenden


Nachfragern für das eigene Angebot auf der Informationsebene, ist von besonderem
Interesse für die Anbieterseite. Somit sind die Erwartungen von Anbietern und Nach-
fragern in diesem Punkt nahezu identisch: Beide erwarten eine hohe Übereinstim-
mung von Suchanfrage und angebotenem Objekt. Während für die Nachfrager jedoch
die Geschwindigkeit der Informationsverarbeitung im Vordergrund steht, profitieren
die Anbieter von dem „echten“ Kaufinteresse. Die Zuordnung von Angebot und Ge-
such oder das sog. „Matching“ intendiert dabei, dass es auch in der Realität zu einer
tatsächlichen Transaktion kommt.

„ Die reale Koordinationsleistung wird folglich ebenfalls dem E-Marketplace zuge-


rechnet. Die Anbieter erwarten bezüglich der realen Koordinationsleistung (Realtrans-
formation), dass die elektronisch vermittelten Nachfrager bestens über das Handels-
objekt informiert wurden und – je nach Objekttyp (z. B. Immobilie, Auto, Kunstwerk,
Industriemaschine) – auch zu einem realen Begutachtungsprozess erscheinen. Vor dem
Hintergrund alternativer realer und elektronischer Plattformen wird in diesem Zusam-
menhang das gesamte Verfahren damit abschließend bewertet („Konkurrenz“).

4.3.2.3 Online-Marktplatzanforderungen
Die dargestellten quantitativen und qualitativen Problemaspekte (s. Kapitel 4.3.1.2 und
4.3.1.3) sowie die Unterschiede in den Erwartungen der Marktplatznachfrager (s. Kapitel
4.3.2.1) und -anbieter (s. Kapitel 4.3.2.2) führen in der Konsequenz zu differenzierten
Online-Marktplatzanforderungen aus Teilnehmersicht. Diese Differenzierung aufgrund
unterschiedlicher Erwartungsniveaus der beiden Kundengruppen unterstreicht noch ein-
mal die Notwendigkeit eines bilateralen Anforderungsprofils bei elektronischen Markt-
plätzen. Gelingt es dem Marktplatzbetreiber, dieses bilaterale Anforderungsprofil für sei-
nen E-Marketplace zu gewährleisten, dann wird dieser zu einer zentralen Anlaufstelle und
kann mehr und mehr Anbieter und Nachfrager an sich binden. Es stellt sich die Frage,
welche Größen in welchem Umfang für die erforderlichen Anforderungen relevant sind.
Kollmann (2001b) entwickelte auf Basis zweier Befragungen aus den Jahren 1999 und
2000 ein Kausalmodell zur Bestimmung des Anforderungsprofils eines E-Marketplace aus
der Sicht der Marktplatzbesucher.
Im Mittelpunkt steht dabei das Konstrukt „Marktplatz-Akzeptanz“, das als Synonym für
die Teilnahmeentscheidung der Marktplatzbesucher und damit den Erfolg eines E-Mar-
ketplace in der Erfüllung der bilateralen Anforderungsprofile verwendet werden kann. In
der Definition nach Kollmann (2001b, S. 101) spiegelt das Konstrukt „Marktplatz-Ak-
596 Die Grundlagen des E-Marketplace

zeptanz“ aus der Sicht der Marktplatzbetreiber/-teilnehmer die subjektiv empfundene Eig-
nung der Institution E-Marketplace bzw. seines Betreibers wider, die Zusammenführung
von Angebot und Nachfrage zu gewährleisten. Als Folge einer positiven Beurteilung kann
eine erstmalige Inanspruchnahme bzw. eine wiederkehrende Teilnahme angesehen wer-
den. Eine negative Beurteilung resultiert in einer Nicht-Inanspruchnahme bzw. in einem
Verlassen des E-Marketplace.
Aufgrund der tripolaren Beteiligungsstruktur auf elektronischen Marktplätzen (s. Kapitel
4.3.1) muss eine Betrachtung von Online-Marktplatzanforderungen aus der Sicht bei-
der Kundengruppen (Anbieter- und Nachfragerseite) erfolgen. Aus den dargestellten An-
forderungsprofilen folgt, dass aus Nachfragersicht die Quantität und Qualität der Anbie-
ter und ihrer Objekte eine Rolle spielen. Ebenso sollen Informationen über die Nutzungs-
bedingungen aus der Datenbank abgerufen bzw. Suchwünsche dem Marktplatzbetreiber
kenntlich gemacht werden können.

Nutzungs- Nutzungs-
bereitschaft bereitschaft

(0,18) (0,08)
Datenbank- 0,22 0,14 Datenbank-
(0,16) (0,42)
wert (0,09) wert
0,20 0,31

Nachfragerseite
0,04
Anbieterseite

(0,71) (0,59)
Vermittlungs- 0,65 Marktplatz- 0,54 Vermittlungs-
leistung Akzeptanz leistung
(0,31) (0,32)
0,27 0,25

Realtrans- (-0,09) 0,07 (-0,05) Realtrans-


(0,09)
formation -0,10 -0,01 formation

Vermittlungs- Vermittlungs-
kosten kosten

Goodness of Fit 0,97 (0,96) Goodness of Fit 0,98 (0,97)


Adjustes Goodness of Fit 0,96 (0,95) Adjustes Goodness of Fit 0,97 (0,96)
Root Mean Square 0,06 (0,07) Root Mean Square 0,05 (0,06)
Total Coefficient for Structural Equations 0,92 (0,91) Total Coefficient for Structural Equations 0,80 (0,82)

Abb. 223: Das bilaterale Anforderungsmodell für einen E-Marketplace


Quelle: Kollmann 2001b, S. 106.

Demgegenüber sind aus Anbietersicht die Frage nach der Quantität und Qualität der Nach-
frager sowie die Nutzungsbedingungen für die Eingabe der zu handelnden Objekte in die
Datenbank von Bedeutung. Für beide Marktparteien spielt darüber hinaus das Preis-/Leis-
tungsverhältnis eine Rolle. Die Besonderheit der elektronischen Vermittlung und die da-
mit verbundene Konzentration auf die Informationsebene (s. Kapitel 4.3.3.1) bedingt dar-
Das Management beim elektronischen Handel 597

über hinaus die Frage nach der realen Vermittlungskonsequenz, d. h. kommt aufgrund der
Information durch den Marktplatzbetreiber eine echte Transaktion von Objekten zustande
oder nicht. Auf den identifizierten Einflussgrößen basieren die folgenden theoretischen
Konstrukte, die dazu dienen, das bilaterale Anforderungsprofil zu erklären (s. Abb. 223):

„ Das Konstrukt der „Nutzungsbereitschaft“ repräsentiert die grafische Gestaltung


und die Art und Weise des Eingabevorgangs für Gesuche oder abzusetzende Objekte.

„ Das Konstrukt „Datenbankwert“ steht aus Anbieterperspektive für die Abrufhäu-


figkeit und -qualität von Informationen seitens der Nachfrager oder aus Nachfrager-
perspektive für die Art, Anzahl und Qualität der eingestellten Objekte.

„ Mit dem Konstrukt „Vermittlungsleistung“ (Koordinationsleistung) wird die Art und


Weise der elektronischen Zuordnung von Transaktionspartnern und das Ausmaß der
Übereinstimmung der Transaktionswünsche beschrieben (Informationsebene).

„ Das Konstrukt „Realtransformation“ erfasst die Umsetzung der Informationsver-


mittlung in eine reale Transaktion, an der jede Vermittlungsinstitution letztendlich ge-
messen wird (Transaktionsebene).

„ Das Konstrukt der „Vermittlungskosten“ erfasst den finanziellen Aufwand, der den
Marktplatzteilnehmern eines E-Marketplace insgesamt entsteht.

Mit dem resultierenden „bilateralen Anforderungsmodell“ steht (potenziellen) Betrei-


bern ein Instrument zur Verfügung, um die Erwartungen aus Kundensicht zu überprüfen.
Für die Gestaltung elektronischer Marktplätze ergeben sich folgende Implikationen bzw.
Empfehlungen für die Praxis:

„ Nutzungsbereitschaft: Insgesamt spielt die Nutzungsbereitschaft eine eher unterge-


ordnete Rolle. Es ist allerdings festzustellen, dass eine einfache Eingabe der Transak-
tionsdaten auf der Anbieterseite eine höhere Bedeutung als auf der Nachfragerseite
hat. Der Marktplatzbetreiber sollte daher überlegen, Online-Schnittstellen für eine au-
tomatische Überspielung der Objektdaten zu schaffen.

„ Datenbankwert: Hier muss der Marktplatzbetreiber eine differenzierte Strategie ver-


folgen: Gegenüber der Angebotsseite muss er die Qualität der Suchabfragen (z. B. de-
ren Echtheit) dokumentieren und kommunizieren. An dieser Stelle kommt insbeson-
dere das Akzeptanzproblem der Vermittlungsqualität zum Tragen. Gegenüber der
Nachfragerseite muss er hingegen eher die Quantität vorhandener Angebote heraus-
stellen, was auf die Chicken/Egg-Problematik und eine kritische Masse auf der An-
bieterseite hinweist (s. Kapitel 4.3.1.2).

„ Vermittlungsleistung: Die Zusammenführung von Angebot und Nachfrage steht auf


beiden Marktseiten im Zentrum. Diese Leistung bestimmt maßgeblich die Akzeptanz
598 Die Grundlagen des E-Marketplace

eines E-Marketplace. Dementsprechend muss das unternehmerische Handeln des


Marktplatzbetreibers auf diese Fähigkeit ausgerichtet sein. Die Aktivität hinsichtlich
der elektronischen Vermittlung grenzt ihn vom realen Marktplatz ab und die Erfolgs-
quote einer Zuordnung kann als Wettbewerbskriterium gegenüber anderen elektroni-
schen Vermittlungsinstitutionen angesehen werden (s. Kapitel 4.3.3). Der Marktplatz-
betreiber muss dafür sorgen, dass die Objektkriterien eindeutig, die Objektangaben
vollständig und die Objektnachfragen echt sind. Auch eine direkte Kontaktmöglichkeit
zwischen Anbieter und Nachfrager sollte gegeben sein.

„ Realtransformation: Die Umsetzung der elektronischen Vermittlungsinformation in


einen realen Geschäftsabschluss bzw. Güteraustausch spielt für elektronische Markt-
plätze eine bedeutende Rolle. Eine Diskrepanz zwischen elektronischer Information
und realer Gegebenheit wird rückwirkend dem E-Marketplace als Vermittlungsinsti-
tution negativ angelastet. Diese Gefahr ist insbesondere von der Qualität der Infor-
mationen abhängig, die der Betreiber von den beiden Marktseiten erhält (derivativer
Leistungsaspekt). Dafür legt der Marktplatzbetreiber u. a. für beide Marktseiten gültige
Gütekriterien für die Handelsobjekte fest, damit die Erwartungen hinsichtlich einer
Objektbeschreibung bei den Anbietern und Nachfragern nicht divergieren. Ansonsten
käme keine Transaktion zustande, was sich negativ auf die reale Transaktionsquote (s.
Kapitel 4.3.3.3) auswirken würde.

„ Vermittlungskosten: Derzeit sind die Nachfrager kaum bereit für Vermittlungsleis-


tungen im Internet zu bezahlen. Aus diesem Grund kommt es für den Marktplatzbe-
treiber nur in Betracht seine Vermittlungsinstitution über Gebühren auf der Ange-
botsseite zu finanzieren (z. B. pro Einstellung für Transaktionsobjekt in die Daten-
bank oder Transaktionsgebühr für die erfolgreiche Vermittlung).

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Anforderungen an einen E-Mar-


ketplace aus Sicht von Anbieter- und Nachfragerseite im Kern von der Vermittlungsleis-
tung (elektronische Informationsebene) und der Realtransformation (reale Transaktionse-
bene) abhängig sind. Diese Punkte sind im Hinblick auf die strategische Positionierung
des E-Marketplace im Wettbewerb (s. Kapitel 4.3.3) durch das Management zu fokussie-
ren. Die entsprechende Ausrichtung der Vermarktungsaktivitäten (s. Kapitel 4.4) ist eben-
falls von elementarer Bedeutung für den Erfolg des E-Marketplace.

4.3.3 Die Strategieanalyse beim elektronischen Handel

Neben der Analyse der Online-Marktplatzkoordination als „Produkt“ des E-Marketplace


(s. Kapitel 4.3.1) und der Betrachtung der Erwartungen der Online-Marktplatzteilnehmer
im Rahmen der Kundenanalyse (s. Kapitel 4.3.2) spielt auch die Strategieanalyse eine
wichtige Rolle für die Managementebene im elektronischen Handel. In der Strategieana-
lyse geht es in erster Linie um die Positionierung des eigenen Online-Marktplatzes im
Das Management beim elektronischen Handel 599

Vergleich zu konkurrierenden E-Marketplaces. Dafür ist die eingehende Betrachtung der


Online-Marktplatzkonkurrenz eine Grundvoraussetzung für die Entwicklung der eigenen
Strategie. Erst wenn sich der Marktplatzbetreiber ein detailliertes Bild über die aktuelle
Marktsituation gemacht hat, kann er seine eigene Position im E-Wettbewerb definieren
und den E-Marketplace anhand der von ihm gewählten Strategie aufbauen bzw. betreiben.
Die Wettbewerbsstrategie soll vor diesem Hintergrund dabei als Unterscheidungsmerkmal
und damit als Abgrenzung gegenüber konkurrierenden Marktplatzangeboten zum Tragen
kommen.
Im Hinblick auf die Analyse möglicher Wettbewerbsstrategien kann die Vermittlungsleis-
tung auf einem E-Marketplace in zwei relevante Ebenen aufgeteilt werden. Zum einen
spielt die „Informationsebene“ (s. Kapitel 4.3.3.1; Kollmann 2000b) eine Rolle, auf der
ein elektronisches Matching zwischen digitalen Daten zu Angeboten und Gesuchen statt-
findet (elektronische Koordinationsleistung; s. Kapitel 4.3.1.3). Dies spielt sich ausschließ-
lich im Bereich der digitalen Informationen ab, die ein reales Transaktionsobjekt lediglich
beschreiben. Das Ziel besteht darin, anhand von qualitativ hochwertigen Daten und einem
gut ausgestalteten Matching, eine tatsächliche Transaktion zu ermöglichen. Die elektro-
nische Informationsebene ist somit eine Vorbereitung für die reale Produkt- bzw. Objekt-
transaktion. Entsprechend kommt eine zweite Ebene der Vermittlungsleistung zum Tra-
gen: die „Transaktionsebene“ (s. Kapitel 4.3.3.2; Kollmann 2000b). Hier zeigt es sich,
ob die Vorgaben der Informationsebene so gut sind, dass auch tatsächlich eine reale Trans-
aktion zustande kommt (Realtransformation; s. Kapitel 4.3.1.3). Welchen Nutzen hat z. B.
ein Nachfrager, wenn das Objekt in der Realität nicht den elektronischen Informationen
entspricht, bereits anderweitig verkauft wurde oder vielleicht sogar gar überhaupt nicht
existiert? Spätestens hier findet demnach eine Verknüpfung der Informationen mit dem
realen Objekt statt. Im Ergebnis bedeuten diese Erkenntnisse, dass der Wettbewerbserfolg
eines E-Marketplace sowohl von der Informations- als auch von der Transaktionsebene
abhängt. Diese zwei Ebenen sind in der Gestaltung der entsprechenden Wettbewerbsstra-
tegien zu berücksichtigen (s. Abb. 224).

4.3.3.1 Online-Informationsebene
Die strategischen Optionen auf der Online-Informationsebene werden durch das elekt-
ronische Matching determiniert, d. h. der Art und Weise eines Abgleichs der Daten zu
Angebot und Nachfrage. Es gibt hierfür zwei grundsätzliche Verarbeitungsmöglichkeiten
für den Suchwunsch in der Datenbank: Zum einen wird bei der statischen Variante nur
nach Angebotsobjekten gesucht, deren Daten den Suchkriterien exakt entsprechen (z. B.
PKW: Audi, A6, 2.5 TDI, schwarz, 20.000 km). Bei der dynamischen Variante hingegen
werden auch annähernd gleiche oder vergleichbare Angebotsobjekte berücksichtigt (z. B.
eine 80 m2 Wohnung bei einer Abfrage von 90 m2). Der Betreiber eines E-Marketplace
kann seine Koordinations- bzw. Vermittlungsleistung entsprechend auf eine der beiden fol-
genden Strategieoptionen ausrichten (Kollmann 2001b, S. 130 f.):
600 Die Grundlagen des E-Marketplace

„ Selection-Leader: Eine Strategieoption ist die Schaffung einer breiten Auswahlmenge


für die Informationsvermittlung (dynamische Variante): Hier versucht der Betreiber,
eine möglichst weite Zuordnung von Angebot und Nachfrage zu gewährleisten. Dabei
ist zu beachten, dass die Zuordnungskriterien nicht immer 100 %ig übereinstimmen.
Der Betreiber will aber die Marktplatzbesucher hinsichtlich ihrer Anfragen nicht ent-
täuschen und daher sofort ein mehr oder weniger zutreffendes Vermittlungsergebnis
offerieren. Er geht davon aus, dass er mehr Teilnehmer verlieren wird, wenn er über-
haupt keine Übereinstimmung unterbreiten kann und die Meldung „no objects found“
herausgeben muss. Daher zieht er die Angabe von nur annähernd passenden Objekten
vor, um überhaupt einen Sucherfolg anzeigen zu können. Dies gilt auch dann, wenn
das gesuchte Objekt grundsätzlich zwar vorhanden, aber nur in geringer Menge anzu-
treffen ist. Der Betreiber konzentriert sich auf die Zuordnungsbreite des Matching auf
der Informationsebene und versucht hier besser als die Wettbewerber zu sein.

„ Assignment-Leader: Eine Strategieoption kann aber auch in der Schaffung einer


exakten Auswahlmenge für die Informationsvermittlung bestehen (statische Vari-
ante): Hier versucht der Marktplatzbetreiber, einen sehr hohen Übereinstimmungs-
grad von Angebot und Gesuch zu erreichen. Die Zuordnungskriterien müssen
100 %ig übereinstimmen, auch wenn er hierdurch die Anfragen nicht direkt befriedi-
gen kann. Vielleicht muss er die Gesuche erst über einen gewissen Zeitraum sammeln,
um die passenden Transaktionspartner zu finden. Er geht hierbei davon aus, dass es der
Marktplatzteilnehmer präferiert, auf das passende Objekt zu warten, als sich mit Alter-
nativen auseinander zu setzen. Er glaubt, dass er mehr Teilnehmer verlieren wird, wenn
er ein Vermittlungsergebnis offeriert, bei dem die Zuordnungskriterien nur annähernd
übereinstimmen. Er setzt vor diesem Hintergrund auf die Genauigkeit des Matchings
auf der Informationsebene und versucht hier besser zu sein als die Wettbewerber.

4.3.3.2 Online-Transaktionsebene
Die strategischen Optionen für die Online-Transaktionsebene werden durch die Aus-
wirkungen der elektronischen Vermittlung auf das Zustandekommen eines realen Objek-
taustausches determiniert. Da die Marktplatzbetreiber von den Marktplatzteilnehmern für
das reale Transaktionsergebnis verantwortlich gemacht werden (s. Kapitel 4.3.2), müssen
sich die Aktivitäten des Marktplatzbetreibers auch auf die Art und Weise des realen Kon-
taktes zwischen Anbietern und Nachfragern konzentrieren. Die Wahrscheinlichkeit für eine
tatsächliche und erfolgreiche Produktbesichtigung und anschließende Übertragung des re-
alen Objekts kann hierbei von ihm beeinflusst werden. Für die Vorbereitung der realen
Produkt- bzw. Objekttransaktion stehen dem Marktplatzbetreiber wiederum zwei Strate-
gieoptionen zur Verfügung (Kollmann 2001b, S. 131 ff.):

„ Content-Leader: Eine Strategieoption kann die qualitative Betonung der Transakti-


onsvermittlung sein: Hierbei versucht der Betreiber, den Zugang zu seinem Marktplatz
zu regulieren und die Teilnehmer bzw. deren Inhalte zu filtern. Für die Angebotsseite
Das Management beim elektronischen Handel 601

bedeutet dies, dass die Angaben zu den Objekten vorab real oder über Indikatoren
geprüft werden, bevor diese den Nachfragern offeriert werden (z. B. TÜV-Berichte für
Gebrauchtwagen oder Gutachten für Immobilien). Für die Nachfragerseite ist die Kon-
sequenz, dass nur registrierte Marktplatzteilnehmer auf die Angebote gelenkt werden.
Den Hintergrund bildet die Annahme, dass registrierte Nachfrager ein signifikant hö-
heres Interesse an einer Transaktion aufweisen als unregistrierte „Surfer“. Der Markt-
platzbetreiber kann durch diese Maßnahme sicherstellen, dass nur Nachfrager mit
einem echten Interesse auf ein geprüftes Angebot gelenkt werden. Zwar werden da-
durch tendenziell weniger reale Kontakte realisiert, die Wahrscheinlichkeit für einen
tatsächlichen Geschäftsabschluss vor Ort wird jedoch erhöht. Der Marktplatzbetrei-
ber konzentriert sich damit nicht auf die Kontaktmenge zwischen Nachfrage und An-
gebot, sondern legt den Schwerpunkt auf die Qualität der Informationsinhalte.

Informations-
Informations- Transaktions-
Transaktions-
virtuelle Konsequenz ebene ebene reale Konsequenz

- 100% Übereinstimmungsgrad
- Zugangsbeschränkungen
- eventuell zeitversetztes Matching
- keine Offerte von Alternativen Assignment- Content- - Nachfragerregistrierung
Leader Leader - Kontrolle der Angebotsangaben
- genaue Zuordnung

- <100% Übereinstimmungsgrad
- direktes Matching Selection- Contact- - keine Zugangsbeschränkungen
- Offerte von Alternativen Leader Leader - freie Datenbankabfrage
- erweiterte Auswahl - direkte Angebotseinstellung

Abb. 224: Strategieoptionen für die Betreiber der E-Marketplace


Quelle: Kollmann 2001b, S. 131.

„ Contact-Leader: Eine weitere Strategieoption kann aber auch die quantitative Be-
tonung der Transaktionsvermittlungen darstellen: Der Marktplatzbetreiber verzichtet
auf Überprüfungen, sodass der Zutritt zum Marktplatz offen ist und möglichst viele
Nachfragen und Angebote von ihm gesammelt werden können. Die Anbieter stellen
ihre Objekte ohne Reglementierungen und das Filtern der Angaben ein. Dies kann
jedoch „schön gefärbte“ Angaben privater Anbieter oder Lockangebote von profes-
sionellen Händlern zur Folge haben. Andererseits erhält der Marktplatzbetreiber aber
ein umfangreiches Angebotsportfolio, dessen quantitatives Ausmaß er gegenüber der
Nachfragerseite für werbliche Zwecke nutzen kann. Der Nachfrager kann seinerseits
– unabhängig davon, ob ein echtes Kaufinteresse vorliegt – die Datenbank mit den
Angeboten ohne Einschränkungen durchsuchen. Damit stellt der Betreiber sicher,
dass es zu möglichst vielen Suchabfragen kommt, die in der Mehrheit aber eigentlich
602 Die Grundlagen des E-Marketplace

nur als Testversuche gewertet werden können. Auch das quantitative Ausmaß der
Suchabfragen kann er aber gegenüber der Angebotsseite zu werblichen Zwecken ein-
setzen. Im Resultat hofft der Betreiber, dass durch die hohe Zahl der elektronischen
Kontakte auch die Wahrscheinlichkeit für das Zustandekommen eines Besichtigungs-
termins und damit für einen Geschäftsabschluss vor Ort steigt. Er konzentriert sich
somit auf die quantitative Kontaktmenge zwischen Nachfrage und Angebot.

Eine eindeutige Ausrichtung ist – wie auf der Informationsebene – auch hier ratsam.
Im Zusammenschluss von Informations- und Transaktionsebene kann davon ausgegangen
werden, dass die Strategien Assignment-Leader und Content-Leader auf der einen bzw.
Selection-Leader und Contact-Leader auf der anderen Seite eher miteinander korrespon-
dieren als die umgekehrten Optionen. Das Ergebnis kann jedoch je nach Handelsobjekt
auch unterschiedlich sein (s. Abb. 224).

4.3.3.3 Online-Wettbewerbspositionierung
Um die Online-Wettbewerbspositionierung von virtuellen Marktplätzen zu veranschau-
lichen, ist es oftmals hilfreich, eine sog. Wettbewerbsmatrix anzufertigen, in der dann
eine Positionierung der Marktplätze vorgenommen werden kann. Das erste Merkmal zur
Beschreibung der Wettbewerbsstrategien kann aus den Online-Optionen auf der Informa-
tionsebene (s. Kapitel 4.3.3.1) abgeleitet werden. Es ist festzustellen, dass die hier darge-
stellten Varianten auf einem gemeinsamen Nenner basieren: der elektronischen Vermitt-
lungsquote. Diese Quote gibt entsprechend der strategischen Ausrichtung des Betreibers
an, wie viele Angebote und Nachfragen er auf der Informationsebene vermitteln konnte.
Die elektronische Vermittlungsquote misst folglich das prozentuale Verhältnis von er-
folgreichen zu unerfüllten Koordinationsakten.
Das zweite Merkmal kann aus den Online-Optionen auf der Transaktionsebene (s. Kapitel
4.3.3.2) abgeleitet werden. In ähnlicher Weise spiegeln sich auch hier die dargestellten
Strategievarianten der Transaktionsebene in einem gemeinsamen Ergebnis wider: der re-
alen Transaktionsquote. Diese Quote gibt entsprechend der strategischen Ausrichtung des
Marktplatzbetreibers an, bei wie vielen Vermittlungsversuchen eine reale Transaktion zu-
stande gekommen ist. Die reale Transaktionsquote misst somit das prozentuale Verhält-
nis von erfolgreichen zu unerfüllten realen Tauschakten. Anhand dieser beiden Dimensio-
nen kann nun eine Wettbewerbsmatrix für E-Marketplace angefertigt werden (s. Abb.
225). Die Vier-Felder-Matrix verfolgt das Ziel, die konkurrierenden Marktplätze gegenei-
nander abzugrenzen und die jeweilige Marktpositionierung zu beschreiben (Kollmann
2000b):

„ ???-Marktplätze: Marktplätze mit einer niedrigen Vermittlungsquote und einer nied-


rigen Transaktionsquote (Sektor 1 in Abb. 225) verfügen weder über eine ausreichende
Anzahl an Teilnehmern noch über qualitativ hochwertige Handelsobjekte in der Daten-
bank. Es kommt unabhängig von der Auswahl des Übereinstimmungsgrades auf der
Das Management beim elektronischen Handel 603

Informationsebene kaum zu einem brauchbaren Matching-Ergebnis. Zusätzlich führen


die eher geringwertigen Handelsobjekte und Gesuche selten zu einem realen Geschäfts-
abschluss. Folglich muss das Ziel des Betreibers zunächst darin bestehen, auf der
Informationsebene eine Verbesserung der Ausgangslage zu erreichen. Es empfiehlt
sich dabei, die grundsätzliche Teilnehmer- bzw. Objektmenge z. B. durch Werbemaß-
nahmen zu erhöhen, um hierdurch mehr Spielraum für das Matching zu gewinnen.

„ Matchingorientierte Marktplätze: Marktplätze mit einer hohen Vermittlungsquote


aber einer niedrigen Transaktionsquote (Sektor 2 in Abb. 225) verfügen über ausrei-
chend Teilnehmer bzw. Handelsobjekte in der Datenbank. Der Betreiber erreicht auf
der Informationsebene ein ausreichendes Resultat in der Zuordnung. Dagegen mangelt
es jedoch an der Umsetzung dieser guten elektronischen Vermittlungsquote in einen
tatsächlichen Geschäftsabschluss. Dafür kann es mehrere Gründe geben: Entweder ent-
sprechen die Angaben auf der Angebotsseite nicht der Wahrheit, sodass vor Ort kein
Abschluss stattfindet, oder es mangelt bei den Nachfragern an Ernsthaftigkeit hinsicht-
lich einer tatsächlichen Transaktion (Testkontakte).

100 %
Elektronische Vermittlungsquote

Matchingorientierte Transformationsorientierte
Marktplätze Marktplätze
2 4

1 3

Transaktionsorientierte
???
Marktplätze

0%
0% Reale Transaktionsquote 100 %

Abb. 225: Die Wettbewerbsmatrix für einen E-Marketplace


Quelle: Kollmann 2001b, S. 134.

„ Transaktionsorientierte Marktplätze: Marktplätze mit einer geringen Vermitt-


lungsquote aber einer hohen Transaktionsquote (Sektor 3 in Abb. 225) haben die Fä-
higkeit, die wenigen Vermittlungen auf der Informationsebene in einen realen Kon-
takt bzw. einen Geschäftsabschluss umzusetzen. Der Betreiber erreicht trotz schwa-
cher Ausgangsbasis ein gutes Resultat auf der Transaktionsebene. Folglich muss hier
das Ziel des Betreibers darin bestehen, die Ausgangsbasis auf der Informationsebene
zu verbreitern.
604 Die Grundlagen des E-Marketplace

„ Transformationsorientierte Marktplätze: Marktplätze mit einer hohen Vermitt-


lungsquote und einer gleichzeitig hohen Transaktionsquote (Sektor 4 in Abb. 225)
sind in der Lage, eine überdurchschnittlich hohe Anzahl an Vermittlungen auf der
Informationsebene in einen realen Kontakt bzw. einen tatsächlichen Geschäftsab-
schluss umzusetzen. Es ist anzunehmen, dass es sich diese Marktplätze leisten kön-
nen, eine klare Wettbewerbsstrategie zu verfolgen: Sie realisieren die Idealverknüpf-
ung von Selection- und Contact-Leader oder Assignment- und Content-Leader (s.
Abb. 224). Diese Marktplatzbetreiber werden dann – insbesondere für Wettbewerber
in Sektor 1 – vor diesem Hintergrund nur noch schwer angreifbar oder gar im Wett-
bewerb zu überholen sein.

Mit dem Konstrukt der Wettbewerbsmatrix ist ein erstes betriebswirtschaftliches Bewer-
tungsinstrument für E-Marketplace identifiziert. In der Praxis sollte die Vier-Felder-Matrix
hinsichtlich der grafischen Trennung in die einzelnen Bereiche als Kontinuum mit fließen-
den Übergängen angesehen werden.

4.4 Das Marketing beim elektronischen Handel


Die Marketingebene eines E-Marketplace befasst sich generell mit den Methoden der bi-
lateralen Kundengewinnung und Kundenbindung auf der Anbieter- und Nachfragerseite.
Oberstes Ziel dabei ist die Erreichung und Zuführung der Online-Marktplatzteilnehmer
für den E-Marketplace, sowie die Ausschöpfung aller Umsatzpotenziale durch die Steige-
rung der elektronischen bzw. realen Transaktionsquote (s. Kapitel 4.3.3.3). Gerade das In-
ternet bietet vor diesem Hintergrund unzählige Möglichkeiten, potenzielle Online-Markt-
platzteilnehmer mit „neuartigen“ Marketing-Maßnahmen für eine Online-Koordination zu
begeistern. Diese orientieren sich prinzipiell aber weitgehend an den bereits erfolgten
Darstellungen zur Einwerbung von Online-Kunden bei einem E-Shop (s. Kapitel 3.4). Und
so kommen auch bei einem E-Marketplace bspw. die Instrumente von Online- und Viral-
Marketing oder ein One-to-One-Marketing in Frage.
Die Besonderheit bei einem E-Marketplace ist dagegen die Abstimmung der Kommuni-
kation auf die beiden Marktseiten mit Anbietern und Nachfragern, die über ein divergie-
rendes Anforderungsprofil verfügen (s. Kapitel 4.3.2.3). Die Entwicklung eines bilateralen
Marketingkonzepts, mit dem der Marktplatzbetreiber seinen beiden Kundengruppen ge-
genübertreten kann, avanciert vor diesem Hintergrund zu einem kritischen Erfolgsfaktor
für den Aufbau, das Wachstum und die Erhaltung von elektronischen Marktplätzen. Die
folgenden Ausführungen befassen sich daher mit der Gestaltung des Marketingkonzepts
für einen E-Marketplace. Im Mittelpunkt stehen dabei folgende Fragen, deren Antworten
auch die Lernziele darstellen:
Das Marketing beim elektronischen Handel 605

„ Welche allgemeinen Möglichkeiten hat der Marktplatzbetreiber im Rahmen des Mar-


ketings, um übergreifend sowohl Anbieter als auch Nachfrager für seinen E-Market-
place zu gewinnen?

„ Wie sieht der Einsatz von Marketing-Instrumenten speziell für die Anbieteraktivierung
bei einem E-Marketplace aus?

„ Wie sieht der Einsatz von Marketing-Instrumenten speziell für die Nachfragerakti-
vierung bei einem E-Marketplace aus?

„ Welche Aspekte gilt es für den Marktplatzbetreiber im Rahmen eines bilateralen Mar-
ketings für einen E-Marketplace zu berücksichtigen?

4.4.1 Die Kundengewinnung beim elektronischen Handel


Im Rahmen der Kundengewinnung verfolgen die Betreiber von E-Marketplaces das un-
ternehmerische Ziel, Anbieter und Nachfrager auf die eigene Plattform zu ziehen und zwi-
schen diesen beiden Marktseiten eine bezahlte Vermittlungsleistung durchzuführen (Koll-
mann 2001b). Am Anfang steht folglich die alleinige Frage, wie der Marktplatzbetreiber
Teilnehmer für seine digitale Plattform gewinnen kann, damit ein Grundpotenzial an Ob-
jekten für das Matching vorhanden ist. Im Rahmen der allgemeinen Akquisition von
Marktplatzteilnehmern wird zunächst versucht, für einen regen Besuch des E-Market-
place zu sorgen, indem anvisierte Zielgruppen animiert werden, die Internetadresse aufzu-
suchen. Dies gelingt zum einen durch eine gezielte Kommunikationsstrategie für die Be-
kanntmachung des elektronischen Angebotes und zum anderen durch die Gestaltung eines
einfachen Zugangs zu der Datenbank des Marktplatzes (Design, Ergonomie). Da der Wer-
beaspekt und vor allem die Überwindung des kritischen Kostenpunktes (s. Kapitel 4.2.1.1)
verbunden mit dem Erreichen der kritischen Masse (s. Kapitel 4.3.1.2) im Vordergrund
steht, sollte gerade in der Gründungsphase auf die Erhebung einer Zugangs- bzw. Trans-
aktionsgebühr verzichtet werden. Im Mittelpunkt der anfänglichen Bemühungen steht der
Abbau von Marktwiderständen, um so insgesamt für viele Marktplatzbesucher/-teilneh-
mer einen einfachen Einstieg in das elektronische Marktplatzgeschehen zu erreichen.
Hinsichtlich der Kommunikationsstrategie gilt eine zweigleisige Vorgehensweise: Um
das Angebot eines E-Marketplace bekannt zu machen, sollten sämtliche Werbemöglich-
keiten in der Online-Welt und in der realen Welt ausgeschöpft werden. Klassische Paral-
lelmedien zum elektronischen Angebot, z. B. eine Autozeitschrift für einen elektronischen
Automarkt, erzielen einen hohen Kommunikationswert, da mit diesem Medium die glei-
che Zielgruppe angesprochen werden kann (Kollmann 1999b, S. 32). Folglich sollte der
Marktplatzbetreiber in den traditionellen Medien reale Wegweiser/Zugangsverweise
(Werbung mit Internetadresse) platzieren. Neben den klassischen Medien spielen in der
606 Die Grundlagen des E-Marketplace

elektronischen Welt aber auch gezielte „Online-Wegweiser“ (Links von anderen Angebo-
ten im Datennetz auf die eigenen Seiten) und indessen gezielte Targetingmaßnahmen oder
Werbebanner eine herausragende Rolle, da auf diese Weise analog zum E-Shop-Marke-
ting potenzielle Teilnehmer zu der Marktplatz-Plattform quasi per „Mausklick“ geleitet
werden können (s. Kapitel 3.4). Vor diesem Hintergrund können Online- und Offline-
Kommunikation als komplementäre Aufgaben der Kundengewinnung im Sinne von
Marktplatzteilnehmern betrachtet werden (Bauer/Hammerschmidt 2004, S. 100 ff.):

„ Offline-Kommunikation: Im Zuge einer umfassenden und zielgerichteten Offline-


Kommunikation steht die Verstärkung der Marktplatz-Präsenz im Vordergrund. So
können bspw. Anzeigenschaltungen in entsprechenden Publikums- und Fachzeit-
schriften oder Tages- und Wochenzeitungen erfolgen. Bei einem größeren Werbebud-
get kann zusätzlich auch über die Produktion von TV- oder Radiospots nachgedacht
werden. Selbstverständlich sollten allerdings Eintragungen in Adress- und Branchen-
büchern sein, damit der Marktplatz bei einer entsprechenden offline-basierten Produkt-
suche auch mit Mitbewerbern der realen Wirtschaft konkurrieren kann. Weiterhin
sollte der Marktplatzbetreiber hinsichtlich der Kundengewinnung zumindest auf ei-
nigen, wenigen fachspezifischen Messen, Tagungen oder Kongressen vertreten sein,
um seinen Bekanntheitsgrad in der Branche zu erhöhen. Je nach Art des elektroni-
schen Marktplatzes kann sich auch eine aktive Mitgliedschaft in relevanten Verbänden
und Netzwerken positiv auf die Reputation des Unternehmens auswirken. Optimaler-
weise wird die Offline-Kommunikationsstrategie letztendlich durch Aktivitäten im
Public Relations Bereich abgerundet, um auf die Plattform z. B. durch Interviews
oder redaktionelle Beiträge aufmerksam zu machen.

„ Online-Kommunikation: Hinsichtlich der Online-Kommunikation kann man zwi-


schen der direkten Kommunikation (One-to-One-Marketing; s. Kapitel 3.4.3.1) und
der indirekten Kommunikation (One-to-Many-Marketing) unterscheiden. Die direkte
Form der Kundenansprache beinhaltet bei Marktplatzbetreibern in den meisten Fäl-
len die Versendung von Angeboten, Werbebotschaften oder Newslettern sofern dem
Marktplatzbetreiber die Nutzung der E-Mail-Adresse der Kunden DSGVO-konform
vorliegt (s. Kapitel 1.3.6). Allerdings ist hier zu beachten, dass die Effektivität dieser
Aktivitäten erst durch Qualität und Exklusivität der Inhalte erreicht werden kann, da
nahezu jeder Marktplatzbetreiber diese Art der Informationsmails schickt und eine
Abgrenzung zu anderen Wettbewerbern nur schwer möglich ist. Qualität und Exklusi-
vität lassen sich besonders durch die Anfertigung und Analyse von Kundenprofilen
erreichen, da so der Grad der Personalisierung und damit die Relevanz für den Kun-
den steigt. Indirekte Kommunikation zur Kundenansprache und -gewinnung sind häu-
fig in Form klassischer Online-Werbeelemente (z. B. Banner, Pop Ups, Links, Such-
maschineneinträge) zu finden. Diese Aussteuerung der Werbeelemente kann im On-
line-Bereich zu starken Streuverlusten führen sofern etwaige nicht durch gezielte
Analysen über bspw. das Surfverhalten der Kunden gezielt eingesetzt werden. Ferner
Das Marketing beim elektronischen Handel 607

kann der Einsatz von Online-Werbeelementen durch Werbekooperationen oder Affi-


liate-Marketing erweitert werden. Affiliate-Programme (s. Kapitel 3.3.3.5) sind be-
sonders durch Verlinkung zwischen ähnlich ausgerichteten Marktplätzen oder auch
mit Anbietern und Lieferanten, die auf ihrer Homepage für den Marktplatz werben,
erfolgsversprechend. Über eine Verlinkung werden dann neue Teilnehmer auf den
Marktplatz gebracht, wobei der Hinweisgeber an dem getätigten Umsatz der vermit-
telten Teilnehmer beteiligt wird. Hierdurch entsteht für den Marktplatz ein kosten-
günstiger Strukturvertrieb. Eine weitere Möglichkeit zur Realisierung des Zugangs-
aktes ist das Viral-Marketing, bei dem andere Internet-Teilnehmer gezielt dazu ge-
bracht werden, die eigenen Kommunikationsbotschaften kostenlos zu verbreiten (s.
Kapitel 3.4.1.4). Ein weiterer Aspekt könnte die Einrichtung eines themenspezifi-
schen Forums oder Chats sein, der als dialogfördernde Maßnahme entweder aktiv
(durch Teilnahme des Marktplatzbetreibers an Diskussionen etc.) oder auch passiv
(durch Bereitstellung des Forums, Chats auf der Marktplatzseite) vom Marktplatzbe-
treiber gestaltet werden kann.

Ferner sollten Zugangsanreize geschaffen werden, d. h. dem Teilnehmer müssen die Vor-
teile einer Leistungsinanspruchnahme deutlich vor Augen geführt werden, und zwar bevor
er das eigentliche Angebot erreicht hat. Diese Vorteile können zum einen durch eine kurze
Darstellung der Informationsinhalte und zum anderen durch Hinweise auf themenfremde
Aktivitäten deutlich gemacht werden. Des Weiteren sollte das elektronische Angebot nicht
nur isoliert im Netz vorhanden sein, sondern auch Verbindungen zu verwandten Themen
ermöglichen (Content-Partnerschaften z. B. mit Zeitschriften).

4.4.1.1 Online-Anbieteraktivierung
Im Rahmen der Online-Anbieteraktivierung geht es nicht nur um die Neugewinnung von
Anbietern, die ihr Angebot auf den Marktplatz einstellen, sondern auch um die Wiederge-
winnung dieser Anbieter für erneute Angebotseinstellungen. Einen weiteren Aspekt spielt
in diesem Zusammenhang die Menge der eingestellten Objekte bzw. Angebote, wobei die
Anbieteraktivierung erreichen soll, dass möglichst viele Datensätze dem Marktplatz zu-
geführt werden. Dies ist insbesondere auch deshalb wichtig, da der erste Eindruck des
Datenbankwertes (Anzahl der eingestellten Objekte) neben den Kosten der Inanspruch-
nahme maßgeblich die Attraktivität des E-Marketplace aus Nachfragersicht bestimmt (s.
Kapitel 4.3.2.1; Kollmann 2001b, S. 109 ff.). Dabei bewertet der Nachfrager die Attrakti-
vität nicht nur auf der Basis der Anzahl an partizipierenden Anbietern und Angeboten,
vielmehr zählt die Qualität und Aktualität der Daten über die offerierten Objekte. Zur Sti-
mulierung von Marktplatzaktivitäten genügt es daher nicht, nur möglichst viele Anbieter
für die Plattform zu gewinnen, der Marktplatzbetreiber muss ebenfalls sicherstellen, dass
die auf dem Marktplatz aktiven Anbieter ihre Offerten qualitativ hochwertig beschreiben
und ihr Angebot auf einem aktuellen Stand halten. Daher spielt neben der Akquisition
von Anbietern ebenfalls die Stimulation der Nutzung eine bedeutende Rolle im Marketing
608 Die Grundlagen des E-Marketplace

elektronischer Marktplätze. Von großer Relevanz ist vor diesem Hintergrund die Aktivie-
rung von sog. Key-Account-Anbietern, also von Schlüsselanbietern, die für den E-
Marktplatz von großem Wert sind (Key-Account-Management; Kollmann 2019). Der Pro-
zess der Anbieteraktivierung auf dem E-Marketplace gliedert sich in fünf Phasen (Gerst
2002, S. 64):

„ Planung: Die Planung ist der erste Schritt der Anbieteraktivierung. Dabei legt der
Marktplatzbetreiber bspw. die mit der Aktivierung verbundenen Ziele sowie die Stra-
tegien und Vorgehensweisen für die Realisierung dieser Ziele fest. In dieser Phase ver-
schafft er sich ebenfalls einen Überblick über potenzielle Anbieter.

„ Auswahl: In einem zweiten Prozessschritt muss der Marktplatzbetreiber aus den iden-
tifizierten Anbietern diejenigen auswählen, die für ihn von besonderem Interesse sind.
Zu den Kriterien, die die Auswahl bestimmen, zählen insbesondere die Wichtigkeit
sowie die sog. „E-Commerce-Readiness“ (Gerst 2002, S. 65) des Anbieters für den
E-Marketplace. Die Wichtigkeit wird u a. determiniert durch transaktionsorientierte
Kennzahlen (Anzahl der Transaktionen, die Höhe des Umsatzes, Prozesskosten etc.)
aber ebenso durch die prognostizierte zukünftige Entwicklung des Anbieters. Als De-
terminanten der E-Commerce-Readiness sind insbesondere die technische Infrastruk-
tur des Anbieters, dessen E-Commerce-Erfahrungen sowie die Update-Häufigkeit des
Datenbestandes zu nennen. Auch die Auswahl von Anbietern, die noch nicht „e-
ready“ sind, kann sinnvoll sein, falls sie über ein großes Commitment als Marktplatz-
teilnehmer den elektronischen Handel mitzugestalten verfügen. Dabei wären in Kon-
sequenz eine Überarbeitung von Prozessen, IT-Landschaft und Datenstrukturen auf
der Anbieterseite notwendig.

„ Strategie: Für die ausgewählten Anbieter gilt es nun eine individuelle Aktivierungs-
strategie zu entwickeln. Im Rahmen dieser Strategie stehen die Etablierung von Pro-
zessen zur einfachen Teilnahme am Marktgeschehen, das Design effizienter Kommu-
nikationsstrukturen zwischen Marktplatzbetreiber und Anbieter, sowie die Formulie-
rung einer „e-message“ an. Diese „e-message“ soll den Anbieter auf die Initiative des
Marktplatzbetreibers einschwören und dabei die Vorteile und Mehrwerte für alle Be-
teiligten hervorheben. Eine kontinuierliche Kommunikation zwischen Anbieter und
Betreiber ist notwendig, um das Commitment zur Partizipation aufrecht zu erhalten.
In diesem Kontext steht der E-Marketplace vor der Herausforderung ein elektronisches
Key-Account-Management zu realisieren, das den Zielsetzungen der individuellen
Kundenbetreuung entspricht (Kollmann 2019).

„ Technik: Die auf der strategischen Ebene definierten Prozesse zur Teilnahme des An-
bieters an dem Marktplatzgeschehen gilt es in dem vierten Prozessschnitt technisch
umzusetzen. Dazu stehen dem Marktplatzbetreiber diverse Möglichkeiten zur Verfü-
gung, die sich hinsichtlich der Kosten und des Aufwands für die Anbindung deutlich
unterscheiden (s. Kapitel 4.1.1.1). Jedoch sind diese Implementierungskosten in Be-
Das Marketing beim elektronischen Handel 609

zug zu setzen einerseits zu den Einsparungen, die z. B. durch Prozessautomatisierun-


gen erreicht und andererseits zu den Vorteilen, die bspw. durch die dauerhafte Bindung
eines Anbieters an den E-Marketplace generiert werden können (s. Kapitel 4.4.2.2).

„ Content: Der fünfte Prozessschritt fokussiert die Datenbereitstellung in den Daten-


banken des Marktplatzbetreibers. Dabei sollten Anbieter und Marktplatzbetreiber eng
zusammenarbeiten, um eine möglichst hohe Qualität und Aktualität des Contents zu
gewährleisten (Katalogmanagement; s. Kapitel 4.1.1.4).

4.4.1.2 Online-Nachfrageraktivierung
Zu den zentralen Anforderungen der Anbieterseite an digitale Marktplätze zählt die Quan-
tität der vorhandenen Nachfrager sowie die absolute Zahl an „echten“ Kaufabsichten (s.
Kapitel 4.3.2.2; Kollmann 2001b, S. 111). Im Rahmen der Online-Nachfrageraktivie-
rung steht neben der Akquisition von Nachfragern in einer rein quantitativen Ausrichtung
auch die Aktivierung von Nachfragern zur Steigerung des Anteils der Besucher mit einem
echten Kaufinteresse. Diese Aktivierung basiert dabei auf den folgenden drei Aspekten
(Kollmann 2001b, S. 109 f.):

„ Zugangsakt (Vermittlungskosten, Datenbankwert): Der Marktplatzbetreiber sollte


einen möglichst einfachen Zugang für den Nachfrager zu seinem Angebot sicherstel-
len. Ob ein Teilnehmer tatsächlich auf den Marktplatz kommt und über eine Nutzung
nachdenkt, ist abhängig von den Kosten der Inanspruchnahme und dem ersten Eindruck
vom Datenbankwert, den er hier vorfindet.

„ Nutzungsakt (Nutzungsbereitschaft, Vermittlungsleistung): Der Marktplatzbetreiber


sollte eine einfache Nutzung seines Angebotes sicherstellen, d. h. die interaktiven
Kommunikationsmodule so gestalten, dass die Nachfrager immer wieder die Möglich-
keiten des virtuellen Angebots in Anspruch nehmen. Die Mitglieder müssen die Inter-
aktionsmodule nutzen, um Objektdaten abzurufen. Erst hierdurch wird das Potenzial
für die virtuelle Vermittlungsleistung geschaffen, an dem der Marktplatzbetreiber auf
dieser Stufe gemessen wird. Eng verbunden mit dem Nutzungsakt sind die zugehöri-
gen Fragen der Nutzungsakzeptanz, wie sie ausführlich in Kapitel 1.5.3 beschrieben
und diskutiert werden.

„ Bindungsakt (Realtransformation): Der Marktplatzbetreiber muss erreichen, dass er


von den potenziellen Nachfragern automatisch mit bestimmten Themengebieten in
Verbindung gebracht wird und diese sich dann immer wieder an ihn wenden (z. B.
Auktion = ebay.de). Diese Wahrnehmung ist letztendlich abhängig vom dauerhaften
Vermittlungserfolg für reale Transaktionen.

Vor diesem Hintergrund kann zur Anregung der Transaktion bspw. der Leistungsumfang
bzw. Funktionsumfang variiert werden (Skiera 2001, S. 106). Neben der direkten Transak-
610 Die Grundlagen des E-Marketplace

tionsanregung verfügt die Digitale Wirtschaft über diverse Möglichkeiten den Kunden ei-
nen Anreiz zur Interaktion geben. Dabei besteht das Ziel der Interaktion darin, neben dem
direkten Transaktionsangebot eine Verbindung zum potenziellen Kunden aufzubauen, um
im Anschluss an die Kommunikation eine Transaktion zu ermöglichen. An dieser Stelle
ist der Marktplatzbetreiber dazu angehalten, eine hochwertige, mit den angebotenen Ob-
jekten in Verbindung stehende Informationsbasis zu schaffen. Diese Informationen können
sodann über elektronische Kommunikationstools in Form von FAQs, Call-Back-Buttons,
Newslettern oder Userforen auf den Internetseiten des E-Marketplace angeboten werden.
Entscheidend für den Erfolg ist, dass die Interaktion möglichst individualisiert, d. h. auf
den Nachfrager zugeschnitten erfolgt (s. Kapitel 1.3.4). Das Ziel ist somit die Individuali-
sierung durch einzelfallspezifische und multimediale Interaktion zwischen Anbieter,
Marktplatzbetreiber und Nachfrager. Hat der Nachfrager das Gefühl, dass seine individu-
ellen Bedürfnisse durch den Marktplatzbetreiber gedeckt werden können, so entscheidet
er sich für eine Transaktion. Die Transaktionsentscheidung soll dabei nicht nur einmalig,
sondern wiederkehrend sein.
Bei seinen Aktivitäten im Rahmen der Aktivierung von Nachfragern und Anbietern darf
der Marktplatzbetreiber nicht die Tatsache außer Acht lassen, dass er beide Kundengrup-
pen gleichermaßen zu einer kontinuierlichen Nutzung aktivieren muss, um kein Ungleich-
gewicht bezüglich der Koordinationsleistung (s. Kapitel 4.3.1.2) zu forcieren. Dementspre-
chend sind die Maßnahmen immer auf zwei Seiten zu konzentrieren, sodass grundsätzlich
ein bilaterales Marktplatzmarketing gewählt werden muss, bei dem die Aktionen für beide
Marktseiten aufeinander abgestimmt werden müssen (s. Kapitel 4.4; Kollmann 2000a).

4.4.1.3 Online-Marktplatzmarketing
Die Schaffung eines quantitativen und qualitativen Gleichgewichts zwischen den beiden
Marktparteien gehört zu den zentralen Aufgaben des Betreibers eines E-Marketplace (s.
Kapitel 4.3.1.2; Kollmann 1999b, S. 33 f.). Marktplatzbesucher werden den Marktplatz
schnell wieder verlassen, wenn es dort nicht ausreichend viele oder keine passenden Ge-
genspieler gibt (Kollmann 1998d). Sämtliche Maßnahmen sind somit immer vor dem Hin-
tergrund dieser tripolaren Beteiligungsstruktur (s. Kapitel 4.3.1) und damit einer für den
Betreiber bilateralen Online-Marktplatzmarketing durchzuführen. Dies bedeutet im Er-
gebnis ein grundsätzliches Umdenken gegenüber traditionellen Marketingüberlegungen:
Es geht nicht mehr um eine Maximierung des Marketingerfolges auf der Kundenseite (wie
z. B. beim Produktverkauf), sondern vielmehr um eine zeitlich parallele Minimierung der
Differenz des Marketingeinsatzes im Hinblick auf das Ergebnis auf Anbieter- und Nach-
fragerseite.
War es bislang das Ziel, mit den vorhandenen Marketinginstrumenten möglichst viele
Kunden zum Unternehmen bzw. seinen Produkten zu führen, so kann dies unter Umstän-
den für den Marktplatzbetreiber fatal sein, wenn einer seiner Kundenseiten hierdurch einen
Überhang bekommt. Diese Ausgangslage unterscheidet den Marktplatzbetreiber auch von
Das Marketing beim elektronischen Handel 611

traditionellen Intermediären (z. B. Makler, Händler), da es bei ihnen in der Regel zu einer
zeitlichen Differenz zwischen dem Abgleich von Angebot und Nachfrage kommt (z. B.
Produkte im Laden und Kundenbesuch; Vermittlungsauftrag und Kenntlichmachung ge-
genüber Nachfragerseite bei Immobilien-Kleinanzeigen in Zeitungen). Ferner brauchen re-
ale Intermediäre ein Ungleichgewicht nicht zu kommunizieren, da hier kein elektroni-
scher Verbundeffekt (s. Kapitel 4.3.1.1) vorliegt. Somit kann und muss nur die elektroni-
sche Vermittlung ein direktes Feedback für beide Kundengruppen ermöglichen – entspre-
chend ist die Erwartungshaltung an den Betreiber des elektronischen Marktplatzes. Beide
Kundengruppen möchten den passenden Transaktionspartner direkt auf dem E-Market-
place vermittelt bekommen. In conclusio bedeutet das bilaterale Marketing bei elektroni-
schen Marktplätzen eine Differenzminimierung hinsichtlich des Ergebnisses auf den bei-
den Kundenseiten (Angebot und Nachfrage), d. h. die Einwerbung neuer Teilnehmer sollte
immer zu einem quantitativen und qualitativen Gleichgewicht führen. Im Falle eines
Ungleichgewichts könnte durch Werbung und Kommunikation auf der zu fördernden
Marktseite wieder ein Gleichgewicht erreicht werden.
Um die Marketingeffizienz des bilateralen Marketings zu erhöhen, können verschiedene
Instrumente zur Unterstützung herangezogen werden. Auf Seiten der anbietenden Teil-
nehmer kann man prinzipiell zwischen Instrumenten der vier Teilpolitiken des Marketings
unterscheiden, mit deren Hilfe der Marktplatzbetreiber das Beziehungsmarketing seiner
Anbieter unterstützt (Bauer/Hammerschidt 2003, S. 23 ff.):

„ Produktpolitik: Zur Unterstützung des bilateralen Marketings können z. B. dynami-


sche Produktkataloge eingesetzt werden, die einerseits die aktuellsten Artikeldaten in
Echtzeit vom Anbieter zum Nachfrager übertragen, andererseits kann hierunter aber
auch die komfortable Navigation und Klassifizierung des gesamten Produktangebotes
verstanden werden, damit die Anbieter ihr Angebot an der richtigen Stelle auf dem
Marktplatz einsortieren können. Zusätzlich kann der Betreiber auch eine multimediale
Verkaufsunterstützung anbieten, wodurch Angebote umfassender und übersichtlicher
auf der Marktseite präsentiert werden können.

„ Preispolitik: Je nach Art des Marktplatzes müssen die Preisverhandlungen nicht nur
elektronisch unterstützt werden, sondern auch so gestaltet sein, dass die Anbieter ihr
Angebot möglichst effizient und übersichtlich verwalten können.

„ Kommunikationspolitik: Bei der Kommunikationspolitik kann der Marktplatzbe-


treiber durch die Bereitstellung von Foren, schwarzen Brettern oder Communities vir-
tuelle Kommunikationsräume zur Verfügung stellen, die es dem Anbieter erlauben,
sich mit anderen Anbietern oder auch Kunden interaktiv auszutauschen. Gleichzeitig
erlauben einige Marktplätze wie u.a. Amazon bereits interne Marketingleistungen. Im
Fall von Amazon können Händler über die „Amazon Marketing Services“ bestimmte
Platzierungen auf der Seite kaufen (bspw. Sponsored Products, Headline Search Ads,
Product Display etc.; Kamps/Schetter 2018, S. 230).
612 Die Grundlagen des E-Marketplace

„ Distributionspolitik: Der Marktplatzbetreiber kann den Anbieter dahingehend unter-


stützen, dass er Leistungen des Fulfillments teilweise oder ganz übernimmt. Ein Bei-
spiel wäre hier die Möglichkeit der Anbieter auf den Logistikpartner des Marktplatzbe-
treibers zurückgreifen zu können oder einen marktplatzübergreifenden After-Sales
Service zur Vereinfachung der Betreuung der Kunden in Anspruch nehmen zu können.

Auf Seiten der nachfragenden Teilnehmer kann der Marktplatzbetreiber ebenfalls Un-
terstützungsinstrumente bereitstellen, die z. B. die Auswahl von Lieferanten bestimmter
Produkte erleichtern soll (Bauer/Hammerschidt 2003, S. 23 ff.). Der Marktplatzbetreiber
sollte den Nachfragern sämtliche Informationen über seine Anbieter zur Verfügung stel-
len und bspw. einen direkten Link auf die Unternehmensseite des Lieferanten einfügen.
Weiterhin könnte der Nachfrager dahingehend unterstützt werden, dass er seine Suche nach
bestimmten Lieferanten zielgerichtet gestalten kann und z. B. eine Übersichtsseite sämtli-
cher Anbieter abrufen kann. Die Bereitstellung von Verfügbarkeits- und Lieferinfor-
mationen kann dabei helfen, dass der potenzielle Käufer seine Kaufentscheidung auf
möglichst aktuellen und wahrheitsgetreuen Informationen treffen kann. Die Bewertung
der Lieferanten/Anbieter eines Marktplatzes ist ein weiteres Beispiel der Kommunikatons-
politik. Der Marktplatzbetreiber ermöglicht durch verschiedene Bewertungsverfahren
(z. B. Punkteverteilung etc.), dass Kunden den Anbieter nach Beendigung einer Transak-
tion subjektiv bewerten können. Somit dient der mögliche Vergleich der unterschiedlichen
Anbieter unter Umständen dazu, die Urteilsbildung über die Qualität des Anbieters und die
von ihm gebotenen Leistungen zu vereinfachen.
Dies bedeutet, dass der Marktplatzbetreiber hinsichtlich seiner Marketingüberlegungen
auf ein bilaterales Zielgruppenverständnis zurückgreifen muss (Kollmann 2000a, S. 141 f.).
Entsprechend muss er seine elektronischen Wertschöpfungsaktivitäten auf beide Marktsei-
ten anpassen, d. h. die Informationsgewinnung, Informationsverarbeitung und Informa-
tionsübertragung (s. Kapitel 1.4; Kollmann 2019) auf die Teilnehmer von Angebots- und
Nachfrageseite beziehen. Gerade im Hinblick auf die Informationsverarbeitung steht die
bilaterale Ausrichtung im Mittelpunkt, da das zentrale Konstrukt der Koordinationsleistung
gerade ein Differenzelement aus einer zweiseitigen Analyse der Koordinationsanforderun-
gen darstellt. Die Koordinationsleistung eines E-Marketplace ist umso höher, je besser
es dem Marktplatzbetreiber gelingt, eine einzelfallspezifische Abstimmung der An-
spruchsniveaus (Koordinationsanforderung) der Anbieter- und Nachfragerseite zu errei-
chen. Die einzelfallspezifische Abstimmung wird durch den Einsatz der digitalen Infor-
mationstechnik unterstützt bzw. ermöglicht. Hierdurch hat der Marktplatzbetreiber die
Möglichkeit, mit jedem einzelnen Marktplatzteilnehmer in Kontakt zu treten.
Der hierdurch realisierte quasi-persönliche Kontakt zwischen dem Betreiber und jedem
einzelnen Mitglied der beiden Marktseiten bildet das Fundament einer One-to-One-Bezie-
hung. Diese Beziehung wird durch die Möglichkeiten der digitalen, interaktiven und indi-
vidualisierten Informationsübermittlung zu einer elektronischen Geschäftsbeziehung aus-
gebaut (s. Kapitel 1.3). Nur der Einsatz digitaler Informationstechnik führt – im Gegen-
satz zu traditionellen Märkten – zu einer aktiven Teilnahme des Marktplatzbetreibers an
Das Marketing beim elektronischen Handel 613

jeder einzelnen Geschäftstransaktion auf seinem Marktplatz und damit zu einer Bewälti-
gung des stärker werden Koordinationsbedarfs. Die aus dem wachsenden Koordinations-
bedarf entstehende Koordinationsproblematik aufgrund des Verbundeffekts (s. Kapitel
4.3.1.1) kann durch den Marktplatzbetreiber nur über die Koordinationsleistung im Ein-
zelfall bewältigt werden. Hierzu muss er sich mit den Anspruchsniveaus der einzelnen
Marktplatzteilnehmer auseinander setzen, was die Notwendigkeit eines bilateralen One-
to-One-Marketingansatzes unterstreicht (Kollmann 2000a, S. 142). Somit können zur
Befriedigung der jeweiligen Akzeptanzkriterien die Marketingmaßnahmen auf beiden
Seiten individuell angepasst werden.
Je nachdem, in welchem Umfang der Marktplatzbetreiber diese Anforderungs- bzw. Ak-
zeptanzvoraussetzungen schaffen kann, wird er sich einer mehr oder minder starken Fluk-
tuation des Teilnehmerkreises gegenübersehen. Da sowohl die Nichtinanspruchnahme
seiner Vermittlungsleistung als auch das Abwandern von bisherigen Kunden zu Marktplatz-
Konkurrenten unerwünschte Erscheinungen darstellen, muss ein Marktplatzbetreiber dau-
erhaft Marketing-Aktivitäten durchführen, um diesen Gefahren wirkungsvoll entgegen zu
treten. Entscheidend ist demnach, dass in den verschiedenen Phasen einer Teilnahme der
Kundengruppen am Marktplatzgeschehen flankierende Marketingmaßnahmen eingesetzt
werden. Dies liegt insbesondere daran, weil es mit der erstmaligen Einwerbung des Teil-
nehmers (s. Kapitel 4.4.1.1) nicht getan ist. Erst wenn über den erstmaligen Besuch hinaus
eine Nutzung des Vermittlungsangebotes erfolgt (Einstellung eines Angebotes oder Ge-
suches), dann kann der Marktplatzbetreiber in Aktion treten (s. Kapitel 4.4.2.1). Darüber
hinaus muss sich der Marktplatzbetreiber aber auch Gedanken darübermachen, wie er die
Marktplatzteilnehmer langfristig an sich binden kann (s. Kapitel 4.4.2.2). Nur wenn die
Teilnehmer dauerhaft den Marktplatz für die Geschäftsvermittlung nutzen, kommen aus-
reichend Gebühren für den Betreiber zum Tragen. Aus diesem Grund ist insbesondere ein
permanentes bilaterales Marketing bei elektronischen Marktplätzen gefragt.

4.4.2 Die Kundenbindung beim elektronischen Handel


Bei den Vermarktungsbemühungen auf elektronischen Marktplätzen ist es entscheidend,
dass die Teilnehmer nicht nur zum Marktplatzangebot geleitet werden, sondern dass sie das
Vermittlungsangebot auch nutzen (Kollmann 2001b). Darüber hinaus sollte die Entschei-
dung für den E-Marketplace dabei nicht nur einmalig, sondern wiederkehrend sein. Im
Rahmen des Marketings auf elektronischen Marktplätzen werden Marketing-Maßnahmen
daher nicht nur auf die Mitgliederakquirierung, sondern ebenfalls auf die Stimulation
von Nutzungsaktivitäten und die dauerhafte Bindung an den E-Marketplace ausgerichtet.
Im Mittelpunkt der Kundenbindung stehen dabei aus Betreibersicht Anreiz-Beitrags-
Strategien zur Förderung der Geschäftsaktivitäten auf dem E-Marketplace, die Schaffung
einer Marktplatzloyalität bei den Kunden sowie die Generierung von Vertrauen in die
Handelspartner und ihre Angebote und Gesuche durch ausgefeilte Bewertungssysteme.
614 Die Grundlagen des E-Marketplace

Generell kann beim Marktplatzmarketing davon ausgegangen werden, dass zwar einer-
seits die Kundengewinnung im Vordergrund steht, diese allerdings an Bedeutung verliert,
sobald ausreichend Anbieter und Nachfrager auf der Plattform agieren (kritische Masse).
Deshalb gewinnt die dauerhafte Kundenbindung in diesem Zusammenhang an Bedeu-
tung, da die einmal erreichte kritische Masse langfristig an den Marktplatz gebunden wer-
den soll. Zum Aufbau von Kundenbeziehungen (Relationship Marketing) und somit der
Pflege und Stabilisierung des Kundenstammes sind bei Marktplätzen vier Prinzipien
ausschlaggebend (Bauer/Hammerschmidt 2004, S. 94 ff.). Diese stehen in einer zeitlichen
und logischen Beziehung zueinander, d. h. bevor ein Prinzip höherer Ordnung angegangen
werden kann, sollte der Marktplatzbetreiber sicherstellen, das niedrige Prinzip umgesetzt
zu haben (s. Abb. 226). Ebenfalls steigt der Bindungsgrad mit dem Erreichen des nächst-
höheren Prinzips deutlich. Erst wenn alle vier Prinzipien auf dem Marktplatz umgesetzt
sind, kann von einer dauerhaften Bindung der Kunden an den E-Marketplace ausgegangen
werden. Im Einzelnen stehen dem Marktplatzbetreiber die nachfolgenden vier Prinzipien
zur Kundenbindung zur Verfügung (Bauer/Hammerschmidt 2004, S. 94 ff.):

„ Integrieren: Durch die Bereitstellung interaktiver Elemente, wie z. B. E-Mails, Chat-


rooms, Foren oder Feedback-Formulare ist es möglich, den Kunden in das Gesche-
hen am Marktplatz zu integrieren. Durch die Kommunikation mit dem Betreiber hin-
sichtlich der Artikulation von Bedürfnissen und Verbesserungsvorschlägen oder durch
Formulierung von Rezensionen und Empfehlungen wird der Kunde in den Wertschöp-
fungsprozess miteinbezogen und erfährt somit die Wertschätzung seiner persönlichen
Einbringung in das Marktplatzgeschehen.

Aufbau und Pflege stabiler Kunden-


beziehungen durch gezieltes Relationship Marketing

Integrieren Interagieren Individualisieren Exklusivieren

• interaktive • Community- • Tracking • Abgestufte


Instrumente Instrumente • Registrierung, Kundenbetreuung
(E-Mails, (Newsgroups, individuelle (Prinzip eines
Chatrooms, Diskussionsforen, Nutzerprofile kundenwert-
Feedback- Weiterempfehlungs- • Personalisierung gesteuerten
Formulare) systeme) Marketings)
• Rezensionen, • Beobachtung • Kundenstatus-
Empfehlungen • Online-Beratung, programme
• interaktive Linklisten Call-Back-Buttons (exklusive
etc. Serviceleistungen
und Kundenclubs)
• Bonusprogramme
(z. B. Mengen-
rabatte)

Abb. 226: Prinzipien des Aufbaus und der Pflege des Kundenstammes
Quelle: in Anlehnung an Bauer/Hammerschmidt 2004, S. 94 ff.
Das Marketing beim elektronischen Handel 615

„ Interagieren: Zur Förderung der interaktiven Beziehung zwischen Kunde und Markt-
platzbetreiber können unterschiedliche Instrumente zum Einsatz kommen. Dazu zäh-
len bspw. Call-Back-Buttons, Online-Beratung, Live Chat-Funktion oder aktive Hil-
festellung bei Angebotssuche oder Angebotseinstellung. Andere Instrumente eignen
sich wiederum eher für die Kommunikation zwischen den Kunden selbst, um z. B.
die Entwicklung einer Community zu fördern. Hierbei können die Marktplatzbetrei-
ber ohne aktives Eingreifen Diskussionsforen, Newsgroups oder Weiterempfehlungs-
systeme einrichten, die das Austauschen von Informationen und Meinungen ermög-
licht. Zwar kann diese Art der Interaktion dazu genutzt werden, um z. B. Auskunft
über Kundenzufriedenheit oder -wünsche zu erlangen, allerdings sollte der Markt-
platzbetreiber damit rechnen, dass aufgrund der Nähe zu seiner Plattform, kein absolut
realistisches Bild der Kundenmeinung erkennbar wird. Kunden, die unzufrieden sind,
bevorzugen in der Regel die Äußerung ihrer Kritik auf marktplatzunabhängigen Sei-
ten.

„ Individualisieren: Erst durch die Individualisierung des Angebots kann der Markt-
platzbetreiber erreichen, dass seine Plattform für jeden Kunden (sowohl Anbieter als
auch Nachfrager) an Relevanz und Bedeutung gewinnt, da der einzelne Kunde nicht
mehr Teil der Masse ist, sondern individuell als Person wahrgenommen wird. Dies
erhöht auf Dauer die Wechselbarrieren und ermöglicht die langfristige Kundenbin-
dung. Voraussetzung für die Ausschöpfung der Individualisierungsmöglichkeiten ist
die Schaffung von Kundenprofilen. Profile lassen sich relativ einfach durch einmalige
Registrierung der Kunden auf der Plattform einrichten und durch Sammlung sämtli-
cher Informationen und Spuren, die die Besucher auf der Seite hinterlassen, anrei-
chern. Dadurch entsteht im Laufe der Zeit ein umfassendes Bild des Kunden, das z. B.
durch Data Mining zur weiteren Kundenbindung sinnvoll eingesetzt werden kann. Das
durch den Aufbau einer professionellen Kundendatenbank gewonnene Wissen wird
für zielgerichtete Marketing-Maßnahmen verwendet, die im Zuge der Unterbreitung
von individuellen Angeboten die Personalisierung erhöhen und dadurch Wettbe-
werbsvorteile für den Marktplatzbetreiber innerhalb des Marktes begründen können.

„ Exklusivieren: Berücksichtigt man die Tatsache, dass unter Umständen nicht alle Kun-
den gleichermaßen wertvoll für den Marktplatzbetreiber sind, so sollte der Pflege von
besonders wichtigen Kunden ein hohes Maß an Sorgfalt beigemessen werden. Durch
exklusive Leistungen für diese Kunden (z. B. zusätzliche Serviceleistungen oder Kun-
denclubs mit beschränktem Zugang) kann ein kundenwertgesteuertes Marketing rea-
lisiert werden. Abstufungen hinsichtlich der Intensität der Kundenbetreuung sind hier
in der Praxis durchaus vorzufinden, da die Ressourcenverteilung und das Marketing-
budget möglichst effektiv eingesetzt werden müssen. Somit ist der Marktplatz in der
Lage durch Exklusivität die Fürsorge der umsatzstarken Kunden zu erhöhen. Nichts-
destotrotz sollte der gesamte Kundenstamm als wertvoll betrachtet werden und z. B.
durch Mengenrabatte oder Bonuspunkteprogramme zumindest teilweise ein gewisses
Maß an Exklusivität erfahren.
616 Die Grundlagen des E-Marketplace

4.4.2.1 Online-Anreizstrategien
Sind die neuen Marktplatzteilnehmer erst einmal zum E-Marketplace geleitet worden, zie-
len die weiteren Marketingaktivitäten des Marktplatzbetreibers auf die Stimulation der
Nutzung des Plattformangebots. Die Nutzung bezieht sich hierbei auf die Inanspruch-
nahme der interaktiven Kommunikationsmodule mit deren Hilfe Informationen in die Da-
tenbank eingegeben oder abgerufen werden können. Der Erfolg von elektronischen
Marktplätzen wird somit nicht allein durch den Zugang neuer Mitglieder determiniert, son-
dern vielmehr durch die tatsächliche Teilnahme am Matching-Prozess. Der Marktplatzbe-
treiber sollte dabei die elektronischen Nutzerspuren der Teilnehmer verfolgen, um sich so
ein Bild davon machen zu können, welche Angebote besonders und welche kaum in An-
spruch genommen werden. Die Analyse der Nutzerspuren kann hierbei aggregiert über
alle Teilnehmer des E-Marketplace oder aber individuell erfolgen. Im Rahmen einer em-
pirischen Studie wurde nachweisen, dass eine Nichtbeachtung der Nutzungsebene zu er-
heblichen Fehleinschätzungen bei Multimedia-gestützten Innovationen bezüglich ihrer
Erfolgsmessung und damit auch ihrer Erfolgsprognose führt (Kollmann 1998a, S. 269 ff.).
Um die Nutzung anzuregen, sollten mehrere Online-Anreizstrategien verfolgt werden
(Kollmann 2001b):

„ Die Kommunikation auf dem E-Marketplace ist hierbei fundamental abhängig von
der Gestaltung der interaktiven Kommunikationsmodule, die einfach strukturiert
und zu bedienen sein müssen (z. B. mit Hilfe von Button-down-Menüs).

„ Zur Steigerung der Marktplatzaktivität ist der Marktplatzbetreiber dazu angehalten,


eine hochwertige und mit den auf dem E-Marketplace gehandelten Objekten in Ver-
bindung stehende Informationsbasis zu schaffen. Diese Zusatzinformationen kön-
nen über elektronische Kommunikationstools in Form von FAQs, Newslettern oder
Userforen auf den Internetseiten angeboten werden.

„ In den Userforen sollte der Marktplatzbetreiber eigene Beiträge der Mitglieder an-
regen. Dazu animiert er die Mitglieder, eigene Vorschläge zu unterbreiten oder Dis-
kussionsbeiträge zu formulieren Dabei kann vermutet werden, dass die Effektivität
der Kommunikation umso höher ausfällt, je persönlicher sich die Themenfelder für
die Marktplatzteilnehmer darstellen.

„ Zusätzlich kann der Marktplatzbetreiber selbst Fragenkomplexe anstoßen und die


Mitglieder auf diesem Wege zu Diskussionen zu relevanten Themenfeldern in den
Userforen des E-Marketplace zu animieren. Der Betreiber der Plattform sollte diese
persönlichen Themen um Zusatzinformationen über angrenzende Themenbereiche er-
weitern.

Ein bedeutender Punkt ist in diesem Kontext ebenfalls der Abbau von Nutzungswiderstän-
den, die einen Gebrauch der interaktiven Kommunikationsmodule verhindern. Nach den
Ergebnissen einer empirischen Untersuchung (Kollmann 1998a, S. 274.) zu innovativen
Das Marketing beim elektronischen Handel 617

Multimedia-Anwendungen gehört hierzu insbesondere die Bereitschaft des Marktplatz-


betreibers, auf sich ändernde Anforderungen des Nachfragers flexibel zu reagieren. Die
Nutzung selbst ist ein hochgradig dynamisches Phänomen, sodass nicht davon auszuge-
hen ist, dass die Ausgangssituation und damit das ursprüngliche Nutzungsniveau über den
Zeitverlauf stabil sein werden. Dies bedeutet mit zunehmender Nutzungsdauer auch eine
steigende Anforderung an die elektronische Plattform. Ferner muss durch den Betreiber
des E-Marketplace eine hohe „Nutzungswirksamkeit“ in Form einer leichten Bedienbar-
keit der Module der Plattform sichergestellt werden (einfache Kommunikation), damit
möglichst ein günstiges Verhältnis zwischen dem Aufwand zum Erlernen des Systems
(Steuerungsmechanismus) und dem Ergebnis einer Nutzung (z. B. Informationsübertra-
gung) erreicht wird. Abschließend sollte das Angebot bzw. die Inhalte der Informationen
ständig aktualisiert und ggf. erweitert werden, um ständig Neunutzungen auch „alter“ Mit-
glieder zu gewährleisten. Der Nutzungsakt wird ferner unterstützt durch ständig angebo-
tene Hilfestellung, die in jeder Phase der Nutzung mögliche Fragen einfach beantworten.
Die Hilfestellung kann auch zu Beginn des Nutzungsaktes durch kleine graphische Bei-
spielanimationen erfolgen. Nur über die einfachen Nutzungsmöglichkeiten des E-Mar-
ketplace kann dessen Erfolg sichergestellt werden.
Dabei muss der Marktplatzbetreiber einmal mehr die tripolare Beteiligungsstruktur (s. Ka-
pitel 4.3.1) und die zum Teil divergierenden Akzeptanzkriterien seiner beiden Kunden-
gruppen berücksichtigen. Sowohl die Anbieter als auch die Nachfrager legen hinsichtlich
ihrer Nutzungsbereitschaft Wert auf eine einfach benutzbare und übersichtliche Darstel-
lung am Bildschirm. Benutzerführung und Eingabeformulare sollten die schnelle Infor-
mationsverarbeitung möglichst ohne großen Lernbedarf erfüllen. Die Nachfrager legen
zudem Wert auf Hilfestellungen während der Verarbeitung am Bildschirm. Für beide Nut-
zergruppen steht das funktionale Design im Gegensatz zum grafischen Design im Vorder-
grund. In Bezug auf die elektronische Vermittlungsleistung sind die Erwartungen zwischen
Anbieter und Nachfrager identisch. Beide erwarten eine hohe Übereinstimmung von Such-
wunsch und Objekt, d. h. Anbieter und Nachfrager erwarten eine hohe Qualität hinsicht-
lich der Übereinstimmung von Angebot und Nachfrage, was die Wahrscheinlichkeit einer
tatsächlichen Transaktion erhöht. Während für die Anbieter die Geschwindigkeit der Infor-
mationsverarbeitung und die geographische Nähe zum Nachfrager weniger wichtig sind,
stehen diese beiden Faktoren bei den Nachfragern im Vordergrund. Die Anbieter profitieren
von „echten“ Kaufinteressen, die Nachfrager von vollständiger Information über die Ob-
jekte und die Anbieter.

4.4.2.2 Online-Loyalitätsstrategien
Im Rahmen von Online-Loyalitätsstrategien für elektronische Marktplätze muss die
Rückkehr der Anwender zu der Plattform sichergestellt werden. Die Attraktivität des
E-Marketplace hängt von der ständigen Inanspruchnahme durch die Mitglieder ab, damit
immer wieder ein Matching stattfinden kann. Daher muss der Marktplatzbetreiber dafür
618 Die Grundlagen des E-Marketplace

Sorge tragen, dass dem Marktplatzbesucher nach dem Verlassen der elektronischen Ge-
meinschaft die Vorteile seines Besuches in Erinnerung bleiben, sodass der Besucher bei
Bedarf zuerst wieder diesen Marktplatz kontaktiert. Diese Bindung ist in erster Linie davon
abhängig, wie erfolgreich die elektronische Vermittlungsleistung in eine reale Transaktion
umgesetzt werden konnte. Dieser Aspekt betrifft insbesondere die Vertrauensbildung in
den Marktplatzbetreiber. Es ist nicht so sehr die technologische Innovation einer Internet-
basierten Vermittlung die zählt, sondern das Vertrauen in die Richtigkeit der dort vom
Vermittler abstrahierten Informationen (sachlicher Bindungscharakter; Kollmann 2001b,
S. 113). Zusätzlich kann der Marktplatzbetreiber gezielte Bindungsmaßnahmen einset-
zen, die auf den dauerhaften Anschluss der Teilnehmer an den Marktplatz zielen (Koll-
mann 2001b, S. 109 ff.):

„ Eine sachliche Bindungsmöglichkeit ist die Einführung von Bonusprogrammen, bei


denen für bestimmte Aktionen eines Marktplatzteilnehmers entsprechende Punkte
auf ein Konto gutgeschrieben werden (z. B. 100 Punkte für eine durchgeführte bzw.
gemeldete reale Transaktion). Diese Punkte können dann meistens für reale Sach-
leistungen (z. B. „Produktgeschenke“) eingetauscht werden.

„ Daneben kann aber auch ein persönlicher Bindungscharakter aufgebaut werden,


indem die einzelnen Mitglieder personifiziert angesprochen werden und die Informa-
tionsinhalte individuell zugeschnitten werden.

„ Ferner sollte zusätzlich die Kommunikation zwischen den Mitgliedern vom Markt-
platzbetreiber unterstützt werden (z. B. Chats, Foren), damit es über den Transakti-
onsfokus hinaus einen Anreiz gibt, den Marktplatz zu besuchen.

„ Eine weitere Möglichkeit ist die Einführung von Partnerprogrammen, bei denen
Marktplatzteilnehmer neue Mitglieder werben können. Für die erfolgreiche Einwer-
bung können dann Vergünstigungen für die Inanspruchnahme der Leistungen eines
Marktplatzes gewährt werden.

Die Bindung der Teilnehmer an den E-Marketplace kann zusammenfassend betrachtet im


Wesentlichen somit durch zweierlei Vorgehensweisen erreicht werden: Der Betreiber kann
versuchen, die Teilnehmer direkt an sich zu binden oder er kann versuchen, über seine
Plattform eine starke Verflechtung der Teilnehmer untereinander herbei zu führen. Beide
Vorgehensweisen führen zu einem längerfristigen Loyalitätsaufbau zwischen den Teilneh-
mern und dem E-Marketplace. Dieser Loyalitätsaufbau wird bestimmt durch drei zentrale
Bedürfnisbereiche der Teilnehmer (Hagel/Armstrong 1998, S. 32 ff.):

„ Informationsbereich: Jedes Individuum hat ein Interessengebiet zu dem es Informa-


tionen wünscht. Die Integrität des Marktplatzes und damit der Bindungscharakter fal-
len umso höher aus, je spezifischer diese Interessengebiete angesprochen werden und
je höher der Informationswert für dieses Themengebiet ist. Dies bedeutet auch, dass
Das Marketing beim elektronischen Handel 619

homogene Themenbereiche geschaffen werden müssen, die in einem inhaltslogischen


Zusammenhang stehen.

„ Geschäftsbereich: An den Austausch von Informationen auf elektronischen Markt-


plätzen wird sich in Zukunft verstärkt der Handel von realen Produkten oder Dienst-
leistungen anschließen. Der Marktplatzbetreiber sollte die rechtlichen Rahmenbedin-
gungen für den Handel über den virtuellen Marktraum prüfen und die Tausch- und
Zahlungsbedingungen festlegen. Darüber hinaus kann er auch Mehrwertdienste in Ver-
bindung mit realen Anbietern offerieren (z. B. Reiseversicherung für die auf einem spe-
ziellen Marktplatz angebotenen Reisen).

„ Beziehungsbereich: Jedes Individuum hat das Bedürfnis mit anderen „Gleichgesinn-


ten“ in Kontakt zu treten, um z. B. sich selbst in seinen Ansichten zu bestätigen. Dieses
Bedürfnis wird durch die virtuelle Kommunikationswelt verstärkt. Der Betreiber ei-
nes Marktplatzes sollte daher neben dem Matching-Prozess auch Gelegenheiten für die
Online-Kommunikation schaffen (z. B. durch die Einrichtung eines Chat-Rooms oder
Foren).

Zugangs-/
Teilnehmerzahlen
Mitglieder

Bindungs-
2 1
effekt

Spezifitäts- Bindungswirkung
effekt

Optimale Heterogenität
Themenspezifität der Inhalte

Abb. 227: Konzept der heterogenitätsabhängigen Bindungswirkung


Quelle: Kollmann 2001b, S. 126.

Problematisch gerade auf den Aspekt „Beziehungsbereich“ und die zugehörige Kommu-
nikation der Marktplatzteilnehmer über Foren, Chats usw. ist hinsichtlich der langfristigen
Bindung von Anbietern und Nachfragern an einen Marktplatz das Konzept der heteroge-
620 Die Grundlagen des E-Marketplace

nitätsabhängigen Bindungswirkung (s. Abb. 227). Bei diesem Konzept wird davon aus-
gegangen, dass bei einer marktplatzbezogenen Kommunikationsplattform eine entgegen-
gesetzte Tendenz zwischen der Auswirkung der Heterogenität der Themenbereiche auf die
Zugangszahlen neuer Mitglieder und der Bindungswirkung hinsichtlich aller Teilnehmer
besteht. Die Anzahl an neuen Teilnehmern wird mit der Aufnahme neuer Diskussionsthe-
men z. B. in einem Marktplatzforum ansteigen, da neue Interessengebiete angesprochen
werden. Gleichzeitig besteht jedoch ein negativer Zusammenhang zwischen der Anzahl
heterogener Themenbereiche auf ein und demselben Marktplatz und der Bindungswir-
kung. Hervorgerufen wird dieser negative Zusammenhang durch eine geringer werdende
Spezifität der Informationen aufgrund der Verteilung der Informationsaktivitäten der Teil-
nehmer auf mehrere Themenfelder (z. B. bei entgegengesetzten Themen wie Autos und
Babywindeln). Aus dem Schnittpunkt dieser beiden Tendenzen ergibt sich die optimale
Themenspezifität einer Plattform, bei der die vorhandenen Teilnehmer mit hoher Wahr-
scheinlichkeit auch gebunden werden. Nur über die Bindung von Mitgliedern an die elekt-
ronische Plattform kann ein langfristiger Erfolg sichergestellt werden.
Zur Steigerung der Teilnehmerzahlen im Rahmen einer marktplatzbezogenen Kommu-
nikationsplattform und der damit in Zusammenhang stehenden Verbundwirkung eröffnen
sich dem Marktplatzbetreiber zwei Wege. Zum einen kann er versuchen, mit neuen The-
menfeldern im Marktplatzforum unmittelbar ergänzende Interessen zu den bereits vor-
handenen Bereichen abzudecken (z. B. Kinderwagen und Babywindeln). Hierdurch wird
sowohl ein Bindungseffekt für die bereits vorhandenen Teilnehmer erreicht als auch neue
Teilnehmer angelockt. Grafisch führt dies in Abb. 227 zu einer Rechtsverschiebung der
Bindungswirkungskurve, wodurch ein neues Optimum (Punkt 1) erreicht wird. Zum an-
deren kann er bereits vorhandene Themenfelder schließen und sich auf bestimmte Themen-
gebiete konzentrieren, womit der Heterogenitätsgrad gesenkt wird. Dies hat zur Folge, dass
das Informations-Know How auf weniger Themen gebündelt wird, wodurch über diesen
Spezialisierungseffekt eine Linksverschiebung der Mitgliederkurve erreicht wird, da die
Spezialisierung den Wert der vorhandenen Informationen erhöht und hierdurch neue Teil-
nehmer angelockt werden. Gleichzeitig wird über das Angebot spezifischerer Informatio-
nen eine höhere Bindungswirkung erreicht. Das Optimum verschiebt sich erneut (Punkt 2).
In beiden Varianten werden mehr Mitglieder gebunden, was letztendlich zum Aufbau von
Wettbewerbsschranken führt.
Basierend auf der Loyalitätswirkung können abschließend auch Einnahmeeffekte auf-
gebaut werden. Während zu Beginn der Entwicklung eines E-Marketplace die Nutzung
kostenlos angeboten werden sollte (Überwindung des kritischen Kostenpunktes; s. Kapitel
4.2.1.1), kann in späteren Lebensphasen des Marktplatzes, wenn der kritische Leistungs-
punkt überwunden wurde, über wirtschaftliche Erträge aus dem Matching-Prozess bzw.
weiterer Serviceleistungen nachgedacht werden. Vor diesem Hintergrund treten aus öko-
nomischer Sicht zu den bisherigen Ausführungen noch die Möglichkeiten der Einnahmen-
gestaltung (z. B. Mitglieder-, Nutzungs- und Transaktionsgebühren) für den Marktplatz-
betreiber hinzu. Zentral für diese Ausgestaltung der Einnahmeseite ist das Konzept der
zunehmenden Erträge (Hagel/Armstrong 1998, S. 57 ff.). Das Konzept der zunehmenden
Das Marketing beim elektronischen Handel 621

Erträge besagt, dass sich summierende und verstärkende Effekte zu einem plötzlich star-
ken Anstieg von den bis hierhin nur gering steigenden Ertragszuwächsen führen. Begrün-
det wird dieser Verlauf der Ertragszuwächse mit empirischen Beobachtungen amerikani-
scher Unternehmen (z. B. Microsoft oder Federal Express), die Jahre brauchten, um über
die virtuelle Handelsebene signifikante Erträge zu erwirtschaften. Dies bedeutet, dass die
Anfangsinvestitionen mit einer hohen Unsicherheit bezüglich der Amortisationsdauer ge-
tätigt werden müssen, da mit einer Ertragsverzögerung zu rechnen ist. Der Grund für die
Ertragsverzögerung und für den plötzlichen starken Anstieg der Ertragszuwächse liegt in
den hohen Anfangskosten für die Anschaffung der benötigten Technologien einerseits und
den geringen Betriebskosten elektronischer Informationssysteme im weiteren Verlauf an-
dererseits. Ferner ist vor diesem Hintergrund zu unterstellen, dass diese Effekte eben dann
eintreten, wenn der doppelte kritische Masse- und Leistungspunkt erreicht wurde (s.
Kapitel 4.2.1.2) und von einem Loyalitätseffekt ausgegangen werden kann.

4.4.2.3 Online-Bewertungssysteme
Ein von Beginn an geplantes Vertrauensmanagement ist für einen E-Marketplace insofern
von Bedeutung, da das Vertrauen der Transaktionspartner an sich eine Voraussetzung für
den elektronischen Handel darstellt (Kollmann 2003b; Kollmann/Herr 2005; Garbarino/
Johnson 1999, S. 71). Speziell innerhalb der Digitalen Wirtschaft kommt es aufgrund des
Datenaustausches über elektronische Netzwerke nicht mehr zu einem persönlichen Kon-
takt zwischen den Geschäftspartnern. Ferner ist aufgrund des somit stattfindenden elektro-
nischen Distanzhandels eine reale Überprüfung des Angebots nicht möglich. Dies gilt für
die Plattform E-Marketplace insbesondere dann, wenn reale Güter Gegenstand des Aus-
tauschprozesses sind. Der Faktor „Vertrauen“ hilft dieses Defizit auszugleichen, indem
er die Komplexität des Handelns verringert (z. B. bei Informationssuche und -überprüfung)
und das persönlich wahrgenommen Risiko reduziert (Luhmann 2014). Insofern ist das
Vertrauen als ein essentieller Bestandteil für den Aufbau einer erfolgreichen (Geschäfts-
)Beziehung zu sehen, wobei die Bereitschaft, sich auf die nicht opportunistische Verhal-
tensweise eines Verhandlungs- bzw. Vertragspartner zu verlassen, im Vordergrund steht
(Rezaei/Jayashree/Fouladivanda 2016, S. 1749; Morgan/Hunt 1994, S. 23; Moorman/
Deshpandé/Zaltman 1993; Weiber/Egner-Duppich 2006).
Da sich die Marktplatzteilnehmer der Richtigkeit der elektronischen Beschreibung der ge-
handelten Objekte in der Regel nicht vergewissern können, müssen Marktplatzbetreiber
Instrumente entwickeln, die das für Transaktion benötigte Vertrauen in die potenziellen
Handelspartner und ihre angebotenen Objekte generieren. In der Praxis werden dazu häufig
sog. Online-Bewertungssysteme eingesetzt (Kielholz 2008, S. 147 f.) Diese Funktion der
After-Sales-Phase (s. Kapitel 4.2.2.4) ermöglicht Rückschlüsse auf das Verhalten der
Marktplatzteilnehmer basierend auf Erfahrungswerten anderer Teilnehmer. Positive wie
negative Bewertungen wirken sich auf die Reputation des Marktteilnehmers aus und
schaffen ein zusätzliches Maß an Transparenz (Einwiller 2003, S. 11). Die Funktions-
weise von Online-Bewertungssystemen kann wie folgt skizziert werden: Nach jeder ab-
622 Die Grundlagen des E-Marketplace

geschlossenen Geschäftstransaktion können sich die Handelspartner gegenseitig bewerten


und Angaben darübermachen, ob das Geschäft erfolgreich durchgeführt wurde und wel-
che Probleme während der Transaktion ggf. aufgetreten sind. Auf der Basis dieser Infor-
mationen wird für jedes Mitglied ein sog. Bewertungsprofil generiert, das jederzeit von den
anderen Marktplatzbesuchern/-teilnehmern eingesehen werden kann. Auf diese Weise
kann sich jeder Marktteilnehmer schnell und unkompliziert einen Eindruck von den po-
tenziellen Geschäftspartnern machen und wichtige Faktoren, wie die Seriosität und Zu-
verlässigkeit besser einschätzen und dadurch potenziellen Risiken aus dem Weg gehen.
In der Regel sind Bewertungen ordinal skaliert und unterscheiden mehr oder weniger dif-
ferenziert zwischen positiven, neutralen und negativen Beurteilungen.

Abb. 228: Beispiel eines Online-Bewertungssystems


Quelle: www.ebay.de

Dabei ist festzuhalten, dass positive Beurteilungen dann abgegeben werden, wenn die ge-
samte Transaktion zufriedenstellend verlaufen ist. Neutrale Beurteilungen resultieren aus
einem suboptimalen Transaktionsverlauf (z. B. im Falle von langer Wartezeit auf Objekt
Das Marketing beim elektronischen Handel 623

oder Zahlung). Selbst ernsthafte Probleme wie z. B. ein Defekt der Ware müssen nicht zu
einer negativen Beurteilung führen, falls in der After-Sales-Phase (s. Kapitel 4.2. 2.4) z. B.
die defekte Ware zurückgenommen, repariert oder gegen ein funktionstüchtiges Äquiva-
lent ausgetauscht wird. Negative Beurteilungen führen zu einem bedeutenden Akzep-
tanzverlust des Marktplatzteilnehmers und sind dann angemessen, wenn das Geschäft ein-
seitig scheitert und der Handelspartner keine Einsicht oder Kompromissbereitschaft zeigt.
Zusätzlich zu der Beurteilung kann in vielen Fällen (z. B. beim E-Marketplace ebay.de, s.
Abb. 228) ein erklärender Kommentar abgegeben werden, der das Zustandekommen der
Beurteilung begründet. Der Kommentar sollte eine sachliche Erklärung der Beurteilung
enthalten, um Aufschluss darüber zu geben, wie in Zukunft mit dem Teilnehmer zu ver-
fahren ist.
Die meisten Bewertungssysteme bieten dem bewerteten Teilnehmer die Möglichkeit, eine
Stellungnahme zu der Beurteilung abzugeben, die dann bei jedem Aufruf ebenfalls ange-
zeigt wird. Auf diese Weise können Beurteilungen erklärt oder – bei subjektiv anderer Ein-
schätzung – in ein besseres Licht gerückt werden. Der Marktplatzbetreiber hat auf Bitten
eines Teilnehmers ebenfalls die Möglichkeit, grundlose oder übertriebene Bewertungen
zu entfernen. Komplettiert werden Beurteilungen durch Angaben zu dem Teilnehmer, der
die Bewertung abgegeben hat sowie einer Verlinkung mit dem ursprünglichen Angebot
(z. B. eingestellter Artikel). Bei der Bewertung von Handelspartnern ist zu berücksichti-
gen, dass einmal eingestellte Beiträge dauerhaft gespeichert werden und für alle Teilneh-
mer sichtbar sind. Daher sind bei der Bewertung Richtlinien einzuhalten, die mitunter auf
einer rechtlichen Grundlage basieren. In der Regel verboten sind z. B. persönliche Belei-
digungen, Verleumdungen oder Übertreibungen. Darüber hinaus dürfen sich Bewertungen
vor diesem Hintergrund ausschließlich auf die jeweilige Transaktion beziehen. Der
Marktplatzbetreiber ist dazu angehalten, derartige Bewertungsrichtlinien marktplatzspe-
zifisch vor diesem Hintergrund zu erlassen, zu verkünden und insbesondere konsequent
durchzusetzen.
Die einzelnen Bewertungen werden in dem Bewertungsprofil des Teilnehmers tabella-
risch wiedergegeben (s. Abb. 228). Für potenzielle Handelspartner bieten diese Profile so-
mit eine Reihe wichtiger Informationen. Über die einzelne Bewertung hinaus lassen sich
bspw. die Mindestanzahl der Geschäfte bzw. Geschäftspartner sowie die Transaktions-
qualität in der zeitlichen Entwicklung ablesen. Die Betrachtung des Bewertungsprofils
gibt somit wichtige Indizien dafür, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein Geschäft rei-
bungslos funktionieren wird und welche Probleme bei der Abwicklung vorherzusehen
sind. Als Beispiel kann der E-Marketplace ebay.de herangezogen werden, der ein sehr dif-
ferenziertes Online-Bewertungssystem einsetzt, und bestimmte Funktionalitäten, die auf
einem Vertrauensverhältnis beruhen, erst bei einer Mindestanzahl an positiven bzw. einem
Mindestverhältnis zwischen positiven und nicht-positiven Bewertungen für den jeweiligen
Benutzer freischaltet.
624 Die Grundlagen des E-Marketplace

4.5 Die Implementierung beim elektronischen Handel


Nach den Darstellungen bezüglich der System- (Kapitel 4.1), der Prozess- (s. Kapitel 4.2),
der Management- (s. Kapitel 4.3) und der Marketingebene (s. Kapitel 4.4), kommen nun
im Rahmen der Implementierungsebene die spezifischen Anforderungen an die praxisbe-
zogene Einführung eines E-Marketplace zum Tragen. Die folgenden Ausführungen sollen
dabei einen Überblick bezüglich des Vorgehens bei der Einführung eines E-Marketplace
vermitteln. E-Marketplace-Projekte zeichnen sich durch einen hohen Innovationsgrad, ein
dynamisches, unsicheres Umfeld und in der Regel knappe personelle und finanzielle Res-
sourcen aus (Schneider/Schnetkamp 2000). Vor diesem Hintergrund erscheint eine umfas-
sende und in die Zukunft gerichtete Projektplanung essentiell, um durch das zielorientierte
Setzen von Schwerpunkten die beschränkten Ressourcen effektiv und effizient einsetzen
zu können. Eine E-Marktplace-Implementierung darf nicht mit einer reinen Software-Im-
plementierung gleichgesetzt werden. Vielmehr ist die Technik nur ein Bereich neben um-
fassenden Management- und Marketingaktivitäten, die im Hinblick auf das Gesamtziel
im Rahmen des Projektmanagements koordiniert und organisiert werden müssen. Erst nach
der umfassenden Planung erfolgt die eigentliche Projektumsetzung, die letztendlich über
den Erfolg oder Misserfolg des E-Marketplace-Projektes entscheidet. Die hohe Komplexi-
tät und Interdisziplinarität der E-Marketplace-Einführung bringen dabei eine Reihe von
Fragen mit sich, die zugleich die Lernziele auf der Implementierungsebene im elektroni-
schen Handel darstellen:

„ Welche Überlegungen müssen im Rahmen der Projektplanung bei einer Implemen-


tierung eines E-Marketplace erfolgen?

„ Welche Erfolgskriterien können für die Implementierung eines E-Marketplace an-


geführt werden?

„ Welche Phasen lassen sich für die Projektumsetzung erkennen und welche Personen
sind an der Implementierung eines E-Marketplace-Systems beteiligt?

„ Welche Aspekte sind bei der Projektumsetzung zu beachten und wie kann eine E-
Marketplace-Lösung letztendlich aussehen?

4.5.1 Die Projektplanung beim elektronischen Handel

Die Komplexität von Projekten im elektronischen Handel steigt mit den mit der Imple-
mentierung verbundenen Zielen. Dies ist schon bei der Projektplanung zu berücksichti-
gen. Bevor mit der Implementierung des E-Marketplace begonnen werden kann, müssen
daher zuerst Zielsetzung und Strategien der Einführung festgelegt werden (Schneider/
Schnetkamp 2000, S. 225). Der Schnelllebigkeit der Digitalen Wirtschaft mit ihren sich
Die Implementierung beim elektronischen Handel 625

ständig ändernden Rahmenbedingungen Rechnung tragend, muss das Implementierungs-


ziel nicht zwangsläufig die „perfekte“ Marktplatzlösung sein, vielmehr können sich der
bzw. die Marktplatzgründer in bestimmten Bereichen erst einmal darauf beschränken,
„nur“ die grundlegenden Kundenbedürfnisse zu befriedigen (Entwicklungsstufe I) und
erst in weiteren Implementierungsiterationen inkrementelle Verbesserungen vorzuneh-
men. Zunächst würden somit die Funktionen des operativen Handels (s. Kapitel 4.2.3.1) fo-
kussiert. Darüber hinaus könnte der E-Marketplace aber auch als Informationsquelle für
Optimierungen der Handelsprozesse und eine umfassende Analyse des Verhaltens von
Anbietern und Nachfragern genutzt werden, wodurch eher Aspekte des taktischen Han-
dels (s. Kapitel 4.2.3.2) zum Tragen kämen (Entwicklungsstufe II). Für die höchste Ziel-
dimension würden dagegen die Aspekte des strategischen Handels (s. Kapitel 4.2.3.3) im
Mittelpunkt stehen, die bis zu einer Optimierung der gesamten Supply Chain und einer
starken Integration von Anbietern und Nachfragern in die eigenen Informationssysteme
führen können (Entwicklungsstufe III). Insbesondere in den letzten beiden Fällen kommt
es zu einer kontinuierlichen Neuausrichtung der internen Prozesse des E-Marketplace. Ein
besonderes Gewicht ist daher bereits im Vorfeld auf die strategische Ausrichtung des Pro-
jektes zu legen. Der Projekterfolg wird dabei in hohem Maße von umfangreichen Vorbe-
reitungen und einer zielgerichteten Planung bestimmt (Möhrstädt/Bogner/Paxian 2001,
S. 4). Aus den bestehenden beziehungsweise noch zu formulierenden Ideen ergibt sich,
welcher E-Marketplace mit welchem Anspruch aufgebaut werden soll. Die meisten Markt-
platzgründer verfügen vor diesem Hintergrund über innovative Ideen, an einer konsisten-
ten Vision mangelt es aufgrund der Neuheit des Geschäftsfeldes jedoch in vielen Fällen.
Zur Konkretisierung der Ideen erfolgen die Identifikation der Faktoren, die den Erfolg
beeinflussen, sowie detaillierte Analysen wie einzelne Prozesse und der Prozessablauf ge-
staltet sein sollen und welche finanziellen Rahmenbedingungen gegeben sind.

4.5.1.1 Erfolgsfaktoren
Neben der aus den Aspekten Information, Kommunikation und Transaktion zusammen-
gesetzten Grundleistung der elektronischen Marktplätze kann in der Praxis beobachtet
werden, dass sich diese Marktplätze in ihrer dahinter liegenden Architektur in der Regel
aus den gleichen Grundbausteinen für das operative Geschäft zusammensetzen, die vor
diesem Hintergrund somit ebenfalls als Erfolgsfaktoren des E-Marketplace zu betrachten
sind (Kollmann 2001b, S. 91 f.; s. Abb. 229). Dabei ist zu beachten, dass hinsichtlich der
Ausprägung nicht immer „je mehr, desto besser“ gilt (Kollmann/Herr/Kuckertz 2008; Koll-
mann/Herr/Kuckertz 2010), vielmehr gilt es in vielen Bereichen das für das jeweilige Un-
ternehmen ideale Maß zu finden. Folgende fünf Erfolgsfaktoren sind dabei zu unterschei-
den:

„ Kapital: Alle elektronischen Marktplätze benötigen eine gewisse Kapitalbasis, um


kurz- bis mittelfristig überleben zu können. Dieser Kapitalbedarf, der zumeist neuen
Unternehmen wird mit Hilfe eines Businessplans ermittelt und in der Regel (neben
Eigenkapital der Gründer) von Business Angels (1. Finanzierungsrunde oder Early
626 Die Grundlagen des E-Marketplace

Stage) als sog. Seed Capital oder dem Venture Capital Bereich (2. Finanzierungs-
runde oder Expand Stage) als sog. Pre-IPO Capital zur Verfügung gestellt (Kollmann
2019; Kuckertz 2006; Middelberg 2013).

„ Technologie: Neben dem Kapital wird die technologische Plattform benötigt, auf der
die Grundleistung des E-Marketplace funktionieren soll. Hierzu gehören neben dem
Datenbanksystem (z. B. Oracle) auch Server und entsprechende Schnittstellen (s. Ka-
pitel 4.1.1.1). Darüber hinaus spielt die Trading-Software, die für ein Matching von
Angebot und Nachfrage sorgen soll, eine besondere Rolle.

„ Content: Der Content ist dafür verantwortlich, dass interessante Informationen rund
um das Handelsgeschehen vorhanden sind. Dabei können die Informationen über eine
eigene Redaktion selbst produziert oder die entsprechenden Nachrichten, Mitteilungen
bzw. Stories von externen Dienstleistern erworben werden. Über ein Content Manage-
ment System (CMS) werden die Inhalte verwaltet und an den entsprechenden Stellen
im Webangebot platziert.

„ Marketing/Relationship: Das Marketing ist dafür verantwortlich, dass der E-Mar-


ketplace in der entsprechenden Branche bekannt wird. Hierfür kann im Idealfall auf
ein kostengünstiges Beziehungsnetzwerk (Relationships) in Form von Partnerschaften
zurückgegriffen oder es muss zum Teil kostenintensive Online- und Offline-Wer-
bung (s. Kapitel 4.4.1) geschaltet werden.

„ Management-Team: Als vielleicht wichtigster Baustein muss das Management-


Team genannt werden, welches als Betreiber des E-Marketplace fungiert. Das Ma-
nagement sollte dabei nicht nur über Kompetenzen im Bereich der elektronischen
Marktplätze verfügen, sondern auch über tiefgreifendes Wissen der entsprechenden
Branche (Kollmann/Häsel/Stöckmann 2007; Häsel/Kollmann/Breugst 2010; Koll-
mann/Häsel/Breugst 2009). Aus diesem Grund kann man in der Praxis oft beobach-
ten, dass sich etablierte Branchenkenner mit langjähriger Berufserfahrung und junge
Unternehmer aus dem E-Business-Bereich zusammenschließen. Innerhalb der
Management-Entscheidungen geht es gerade und insbesondere um die technische Re-
alisierung der Handelsplattform sowie das Projektmanagement zur Etablierung des
Marktplatzes (s. Kapitel 4.5.2) und das Verhalten gegenüber den Wettbewerbern (s.
Kapitel 4.3.3.3).

4.5.1.2 Strukturanalyse
Die Geschäftsmodelle des elektronischen Handels werden in der Realität von den jeweili-
gen Marktplatzbetreibern mit mehr oder minder großem wirtschaftlichen Erfolg betrieben.
Einige der mit vielen Erwartungen verbundenen elektronischen Marktplätze sind bereits
wieder verschwunden oder aber die ursprüngliche Geschäftsidee musste modifiziert wer-
den, damit der Marktplatzbetreiber überhaupt wirtschaftlich bestehen kann. Der erfolg-
Die Implementierung beim elektronischen Handel 627

reiche Aufbau des E-Marketplace hängt deshalb davon ab, ob der Marktplatzbetreiber
über die entsprechenden Voraussetzungen verfügt und ob die äußeren Rahmenbedin-
gungen für eine derartige transaktionsvermittelnde Institution überhaupt vorhanden sind.
Während Aussagen über das Vorliegen einer entsprechenden unternehmerischen Qualifi-
kation nur nach einer Einzelfallprüfung möglich sind, wird dieser Aspekt an dieser Stelle
nicht weiterverfolgt. Im Gegensatz dazu können allerdings in allgemeiner Form die Be-
dingungen angeführt werden, die erfüllt sein müssen, damit überhaupt ein tragfähiger
E-Marketplace entstehen kann. Hinsichtlich einer strukturellen Analyse gelten folgende
allgemeine Voraussetzungen für die Entwicklung eines erfolgreichen E-Marketplace
(Kollmann 2001b, S. 89):

„ Fragmentierung: Ein hoher Grad der Fragmentierung innerhalb einer Branche be-
günstigt die Akzeptanz der Koordination/Vermittlung über einen zentralen E-Market-
place. Sind viele Anbieter und viele Nachfrager in einer Branche vorhanden, kann der
Marktplatzbetreiber kostengünstiger und schneller ein hochqualitatives Matching an-
bieten, als es den Marktparteien ohne dessen Hilfe möglich wäre. So kann der Markt-
platzbetreiber bspw. das Gesuch eines Nachfragers zeitgleich über alle Offerten eines
jeden Anbieters hinweg matchen. Ohne E-Marketplace müssten die Angebote von
dem Nachfrager selbst einzeln eingeholt und geprüft werden, was mit sehr hohen
(Opportunitäts-)Kosten verbunden ist (s. Kapitel 4.2.1.1).

Content Marketing

Insbesondere in der Die Etablierung des


Anfangsphase stellen E-Marketplace in der
attraktive Inhalte den Kern Branche erfordert PR-,
des Angebots dar Vertriebs-, Marketing- und
Branding-Aktivitäten
Management-Team

Das Management-Team
muss E-Business- und
branchenspezifische
Kompetenzen vereinen

Technologie Kapital

Die E-Marketplace- Bis zur Erreichung des


Plattform, -Features und Break-Even muss
-Tools müssen geplant und ein erhebliches
erstellt werden Investitionsvolumen
akquiriert werden

Abb. 229: Erfolgsfaktoren für den Aufbau eines E-Marketplace


Quelle: in Anlehnung an Kollmann 2001b, S. 92.
628 Die Grundlagen des E-Marketplace

„ Konzentration: Ebenfalls von Bedeutung für Marktplatzprojekte ist der Konzentra-


tionsgrad einer Branche. Bestimmt ein Big-Player den Markt, besteht keine Notwen-
digkeit für Nachfrager, sich an einen Vermittler zu wenden. Ist der Markt jedoch
wenig konzentriert wie z. B. in der Möbelbranche (die zehn größten Unternehmen
im Möbelhandel haben lediglich 10 % Marktanteil), besteht großer Vermittlungsbe-
darf, um möglichst das gesamte Marktangebot zu erfassen.

„ Transparenz: In intransparenten Branchen ist es für den einzelnen Nachfrager nur


schwer in Erfahrung zu bringen, welcher Anbieter was produziert bzw. liefert. Eben-
falls ist es für Anbieter nicht ersichtlich, wer ihre potenziellen Abnehmer sind. Der
Marktplatzbetreiber kann in diesem Fall Übersicht und Strukturierung bieten.

„ Internationalität: Innerhalb eines internationalen Umfelds bestehen häufig regionale


Wissensschranken, die der Markplatzbetreiber im Rahmen einer Übersichtsfunktion
auflösen kann.

„ Online-Durchdringung: Die Akzeptanz für einen E-Marketplace steigt mit dem Grad
der Online-Durchdringung der Branche. Sind die Unternehmen „E-fähig“ und die Ge-
schäftsprozesse elektronisch gestützt, kann der E-Marketplace über einfach zu imple-
mentierende Schnittstellen in das Handelsgeschehen eingebunden werden (s. Kapitel
4.1.1.1).

„ Prozesseffizienz: Existieren Prozessineffizienzen in der Branche z. B. bezüglich des


Bestellwesens, der Informationsfindung oder der Preisfindung, bestehen große Op-
timierungspotenziale durch den Einsatz eines E-Marketplace. So werden in der Mö-
belbranche Hersteller und Handelspartner im Wesentlichen nur auf zwei einmal im
Jahr stattfindenden Messen zusammengeführt. Durch den Einsatz der Informations-
technik können die Marktparteien ohne zeitliche und räumliche Restriktionen auf dem
E-Marketplace zusammenkommen.

„ Standardisierung: Standardisierte Produkte sind in der Regel elektronisch gut be-


schreibbar. Dieses Merkmal ist für den Erfolg eines E-Marketplace von großer
Bedeutung. Ist für eine Kaufentscheidung aus Kundensicht das „look & feel“ aus-
schlaggebend, sind diese Objekte nicht marktplatztauglich.

Diese strukturellen Voraussetzungen lassen sich in die drei Kategorien Branche, Pro-
zesse und Objekte einteilen, die es bei der Analyse zu berücksichtigen gilt. Abb. 230
gibt vor diesem Hintergrund zusammenfassend einen Überblick über die Probleme, die in
einer Branche auftreten können und im Besten Fall durch einen E-Marketplace gelöst wer-
den können.
Die Implementierung beim elektronischen Handel 629

Branche

Hohe Fragmentierung Viele Anbieter vs. viele Nachfrager

Geringe Konzentration Geringer relativer Marktanteil

Intransparenz Wer produziert / liefert / macht was?

Internationales Umfeld Regionale Wissensschranken


Strukturelle
Hohe Online-Durchdringung E-Fähigkeit der Unternehmen Voraussetzungen
für einen
E-Marketplace
Prozesse

Prozessineffizienzen Z.B. Bestellwesen oder Informationsfindung

Objekte

Bei standardisierten Produkten Elektronisch gut beschreibbar

Abb. 230: Strukturelle Voraussetzungen für den Erfolg eines E-Marketplace


Quelle: in Anlehnung an Kollmann 2001b, S. 89.

4.5.1.3 Marktanalyse
Im Rahmen der Marktanalyse spielt die Identifikation der relevanten Marktzone vor dem
Hintergrund der branchenspezifischen Anforderungen, Risiken und Gewinnpotenzialen für
den wirtschaftlichen Erfolg des E-Marketplace eine elementare und richtungweisende Be-
deutung. Der Prozess der Auswahl des Marktes, in der ein Betreiber seinen E-Marketplace
etablieren möchte, die sog. Zielmarktanalyse, konzentriert sich im Kern auf drei Stufen
(s. Abb. 231; Wohlenberg/Krause 1999):

„ Marktumfeld: Auf der ersten Stufe gilt es zunächst die Frage zu klären, ob es in der
anvisierten Branche überhaupt zu den in Kapitel 4.5.1.2 beschriebenen Problemfeldern
kommt, die durch elektronische Marktplätze gelöst werden können (sog. Pain Points).
So ist bspw. die Möbelbranche durch ihre mittelständische Prägung mit Sicherheit frag-
mentiert und intransparent, aber die Durchdringung des Internets in diesem Bereich
(auch B2B) liegt gerade einmal bei 20 %. Hierdurch wird der Einsatz eines Markt-
platzes fraglich.

„ Wettbewerbsumfeld: Auf der zweiten Stufe sollte sich der Betreiber über die Markt-
eintrittsschranken Gedanken machen: Existieren bereits dominante Wettbewerber mit
ausreichender Liquidität? Sind bereits starke Intermediäre in der realen Welt am Markt,
die demnächst in die elektronische Ebene eintreten werden oder wird ein neuer Inter-
mediär von der Branche als positiv angesehen?

„ Profitpotenzial: Auf der dritten Stufe gilt es, die wirtschaftliche Ertragssituation ab-
zuschätzen. Wie hoch ist das Transaktionsvolumen? Ist der Markt groß genug, um
630 Die Grundlagen des E-Marketplace

mehrere Marktplätze zu verkraften? Wie hoch ist das Potenzial für die Vermittlungs-
leistung des Marktplatzes? Man kann davon ausgehen, dass der anvisierte Markt ein
gewisses Handelsvolumen aufweisen sollte, damit E-Marketplace mit einem einstelli-
gen Marktanteil überleben kann. Entsprechende Branchen sind bspw. die Elektroin-
dustrie, IuK-Technik, Chemie, Lebensmittel, Transport, Landwirtschaft, Laborpro-
dukte, Fotoindustrie, Plastik, Baubranche oder Schifffahrt/Boote.

Pain
Points
Eintritts-
schranken
Profit-
potenzial
• Ausmaß der • Dominanz von
Fragmentierung Wettbewerbern • Größe des Marktes
• Ausmaß der • vorhandene Markt- • Transaktionsvolumen
Intransparenz plätze mit hoher
• Möglichkeit für Relevante
Liquidität
• Ineffizienzen beherrschende Marktzone
– Transaktion • vorhandene reale Stellung
– Preisfindung Intermediäre • Chance für weitere
– Wert- Marktplätze
schöpfungs- • Marktakzeptanz
kette neuer Intermediärer

Abb. 231: Zielmarktanalyse für den Aufbau eines E-Marketplace


Quelle: in Anlehnung an Wohlenberg/Krause 1999, S. 12.

Erst wenn die Zielmarktanalyse positiv durchlaufen wurde, ist eine relevante Marktzone
identifiziert und es erscheint sinnvoll, darüber nachzudenken, einen E-Marketplace anzu-
bieten. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass es sich bei der Digitalen Wirtschaft um eine
hochdynamische Branche handelt (s. Kapitel 1), sodass eine einmal identifizierte interes-
sante Marktzone nach einer gewissen Zeit wieder verschwunden oder bereits durch einen
Wettbewerber besetzt sein kann. Abb. 231 stellt den Analyseprozess insbesondere die
sukzessive Reduktion der in Frage kommenden Marktzone abschließend anschaulich dar.

4.5.1.4 Teilnehmeranalyse
Innerhalb des Implementierungsprozesses eines E-Marketplace bildet die Analyse der zu-
künftigen Teilnehmer der Plattform einen weiteren elementaren Bestanteil der Projektpla-
nung. Für elektronische Marktplätze sind aufgrund der bilateralen Ausrichtung der Kun-
denorientierung im Rahmen der Teilnehmeranalyse somit zwei Analysen durchzuführen:
Die Implementierung beim elektronischen Handel 631

Anbieter- und Nachfrageranalyse. Auch wenn sich diese Betrachtungen auf zwei Markt-
parteien mit divergierenden Interessen beziehen (s. Kapitel 4.3.2), können beiden Analy-
sen doch grundsätzlich gleiche Kriteriengruppen zugrunde gelegt werden (s. Abb. 232):

„ E-Readiness: In Analogie zu der entsprechenden Online-Durchdringung der Branche


(s. Kapitel 4.5.1.3) ist zu analysieren, inwieweit die potenziellen Anbieter und Nach-
frager aus technischer Sicht in der Lage sind, als E-Marketplace-Teilnehmer den elekt-
ronischen Handel aktiv mitzugestalten. Als Determinanten der E-Readiness (auch
E-Commerce-Readiness; Gerst 2002, S. 65) sind insbesondere die technische Infra-
struktur, die E-Commerce-Erfahrungen sowie die Qualität des Datenbestandes zu ana-
lysieren.

„ Handelsvolumen: Für den Marktplatzbetreiber sind insbesondere Kunden attraktiv,


die häufig hochwertige Transaktionen durchführen. Anhand von unternehmens- und
transaktionsorientierten Kennzahlen (z. B. Anzahl/Häufigkeit der Transaktionen,
Höhe des Umsatzes) kann die derzeitige Bedeutung des Kunden als Handelspartner
bewertet werden. Ebenso sollte das zukünftige Potenzial des Kunden prognostiziert
werden, um Schlüsse für die langfristige Entwicklung der Geschäftsbeziehungen zu
ziehen.

E-Readiness Weiche Faktoren Handelsvolumen

Technische Infrastruktur Commitment Umsatzhöhe

E-Commerce-Erfahrung Unternehmenskultur Transaktionshäufigkeit

Datenqualität Beziehung zum Betreiber Wachstumsrate

Ressourcenausstattung Engagement Kapazität & Auslastung

Prozessgestaltung Individuelle Fähigkeiten Zukünftiges Potenzial

E-Marketplace-
Eignung

Abb. 232: Kriterien der E-Marketplace-Eignung

„ Soft-Facts: Ebenfalls sollte der Marktplatzbetreiber sog. „weiche Faktoren“, also nicht
bzw. nicht objektiv quantifizierbare Größen, die Einfluss auf den Erfolg haben, wie
bspw. soziale und psychologische Komponenten, in seine Analyse einbeziehen. So
kann z. B. ein großes Commitment bzw. Engagement hinsichtlich der Marktplatz-
partizipation Defizite in den beiden anderen Bereichen wettmachen (Dolmetsch 2000).
Ebenso kann eine positive Beziehung zwischen Marktplatzbetreiber und Kunden zu
einer dauerhaften Marktplatzbindung führen.
632 Die Grundlagen des E-Marketplace

Abb. 232 gibt einen Überblick über Kriterien, die bei der Anbieter- und Nachfragerana-
lyse berücksichtigt werden sollten. Die konkrete Ausgestaltung der Analyse sollte jedoch
unbedingt in Abhängigkeit der Branche und des Geschäftsmodells individuell geplant wer-
den.

4.5.1.5 Matchinganalyse
Wenn die Zielmarktanalyse zu einem positiven Ergebnis geführt hat, d. h. die betreffende
Branche eine wirtschaftlich ausreichend relevante Marktzone (s. Kapitel 4.5.1.3) für den
Betrieb eines E-Marketplace eröffnet und die Marktplatzteilnehmer sich als geeignet her-
ausgestellt haben (s. Kapitel 4.5.1.4), dann kann über die konkrete Ausgestaltung des
Matchings und der begleitenden Prozesse nachgedacht werden. Unabhängig von dem spe-
ziellen Angebot für die jeweilige Branche und der Ausgestaltung im Einzelfall können
grundsätzlich drei Kernangebote identifiziert werden: Information, Kommunikation und
Transaktion (Kollmann 2001b; Kollmann 2019).

„ Im Informationsbereich werden für die angesprochene Zielgruppe relevante Infor-


mationen bereitgestellt. Dies können Branchenreports, Reportagen, Statistiken usw.
sein. Ein kostenloses, attraktives Informationsangebot wird häufig gerade in der Start-
phase eines E-Marketplace angeboten, um die Kundengewinnung zu beschleunigen.

„ Im Kommunikationsbereich werden verschiedene Kommunikationstechnologien


wie Chats, Newsboards oder Diskussionsforen ergänzend angeboten, die der stärkeren
Einbindung der Marktplatzbesucher dienen. Die so entstehenden Interaktionen zwi-
schen verschiedenen Marktplatz-Nutzern helfen bei der Etablierung einer elektroni-
schen Marktplatz-Community. Die Erfahrung zeigt, dass das Kommunikationsele-
ment zum Funktionieren von Marktplätzen beiträgt (s. Kapitel 4.4.2). Durch User-
Beiträge wird der Marktplatz nicht nur mit interessanten Inhalten gespeist, die Platt-
form entwickelt sich zudem gemäß den Anforderungen der Zielgruppe, was Akzep-
tanz und Interesse steigert.

„ Der Transaktionsbereich bietet das größte Einnahmepotenzial eines E-Marketplace


und ist letztlich der einzige Weg elektronische Marktplätze profitabel zu betreiben. Die
Möglichkeit, Geschäftsabschlüsse zu tätigen kann durch die verschiedenen Modelle
(Auktionen, Kataloge, Börsen; s. Kapitel 4.2.2.2) realisiert werden. Die Transaktions-
gebühren können volumenabhängig (z. B. prozentuale Gebühr vom Transaktionsvo-
lumen) oder -unabhängig (z. B. monatliche Nutzungsgebühr für die Plattform) ge-
staltet werden.

Information, Kommunikation und Transaktion müssen parallel aufgebaut werden, um ein


effizientes Matching zu ermöglichen. Nur die Attraktivität des Gesamtpakets kann die
Nutzung des Angebotes steigern und damit auch den wirtschaftlichen Erfolg des E-Mar-
ketplace sichern. Durch eine Matchinganalyse können die bestehenden Pain Points eines
Die Implementierung beim elektronischen Handel 633

Geschäftsprozesses identifiziert und analysiert werden, um diese im nächsten Schritt durch


anwenderorientierte, elektronisch gestützte Marktplatzlösungen zu optimieren. Abb. 233
verdeutlicht die Verknüpfung von Pain Points (alter Prozess) und einer Marktplatzlösung
(neuer Prozess) anhand eines Beispiels.

Mangelnde Informations- Pain Points


Bereitstellung von transparenz
Produktkatalogen, Teure Distributions- und Lösung
Marktinformationen und Produktinformationen
Erwartungen plus
weitergehende allgemeine
industrielle Informationen für Steuerung der
Händler und Hersteller Kommunikation
Information durch große
Ineffiziente und fehlerhafte Einkaufsverbände
Bestellvorgänge
Mangelnde Produkt- Bereitstellung von
Trans- Kommu- Interaktionsplattformen
informationen aktion nikation für themenspezifische
Bereitstellung eines katalog- Foren und Chats
basierten Bestellsystems zwischen Händlern,
inklusive eines Produkt- Herstellern und
konfigurators für alle Spezialisten
Transaktionen zwischen
Händler und Hersteller

Zielgruppe Anbieter Nachfrager

Abb. 233: Geschäftsprozessoptimierung durch elektronische Marktplätze


Quelle: in Anlehnung an Wohlenberg/Krause 1999, S. 15.

Die konkrete Ausgestaltung der Kernbereiche Information, Kommunikation und Trans-


aktion kann in Abhängigkeit der Branche und der gewünschten Ausrichtung des Markt-
platzes deutlich divergieren. Bei vertikalen Marktplätzen (s. Kapitel 4.1.2), die darauf
zielen alle Stufen der Wertschöpfungskette einer bestimmten Nutzergruppe abzudecken,
ist ein intimes Verständnis der Sachprobleme, Strukturen und Prozesse unabdingbar (Si-
mon 2000, S. 26). Die Ausgestaltung der Marktplatzaktivitäten sollte sich in diesem Falle
nach einer ausgiebigen Prozessanalyse an den bestehenden Abläufen orientieren und das
Ziel verfolgen, diese durch elektronische Serviceleistungen zu optimieren (Prozessopti-
mierung). So sollten zur Steigerung der Prozesseffizienz z. B. Medienbrüche in Form von
Übermittlungen der Bestellungen per Telefon oder Fax abgestellt werden, indem der Vor-
gang auf eine unmittelbare Onlineübertragung mit paralleler Verfügbarkeitsprüfung um-
gestellt wird. Horizontale Marktplätze (s. Kapitel 4.1.2) konzentrieren sich nicht auf die
Bedürfnisse einer bestimmten Nutzergruppe, vielmehr fokussieren sie einzelne Funktio-
nen oder Prozesse, denen in einer Branche ein hoher Stellenwert zukommt (z. B. Beschaf-
fungswesen). In diesem Fall dienen die etablierten Prozesse als Vorbild. Aus Marktplatz-
sicht ist eine mögliche Teilnahme der Kunden für diese so problemlos wie möglich zu
634 Die Grundlagen des E-Marketplace

gestalten und die Funktion, die der Marktplatz übernimmt, muss problemlos in die bishe-
rigen Abläufe integriert werden können. Ein deutlicher Unterschied zu den Altstrukturen
besteht häufig in der Substitution der bipolaren Lieferanten-Kunden-Beziehung durch eine
tripolare Struktur zwischen Anbieter, Nachfrager und elektronische Marktplatzbetreiber.
Mit den identifizierten und analysierten Geschäftsprozessen als Ausgangspunkt wird dann
in einem zweiten Schritt ein neues Prozessdesign geschaffen (s. Abb. 233). Der Markt-
platzbetreiber muss bei der Prozessanpassung Widerstände des Wandels erkennen und
ihnen adäquat begegnen (Hungenberg 2014, S. 359 ff.; Hellriegel/Slocum 2007). Diese
Widerstände fußen im Wesentlichen auf dem Bedürfnis nach Kontinuität, Identität und
Sicherheit seitens der Kunden. In diesem Kontext wird auch von einem organisatori-
schen Konservatismus gesprochen, der verhindert, dass Veränderungen in der intendier-
ten Art und Weise bzw. Geschwindigkeit vonstattengehen und somit den Aufbau des
E-Marketplace als Intermediär zwischen Anbieter- und Nachfragerseite beeinträchtigen
und im Extremfall verändern (Kieser/Hegele 1998, S. 120 ff.).

Information Information
Kommunikation 1. Objekteinstellung 2. Objektsuche Kommunikation
E-
Marketplace 3. Ergebnisse

5. E-Mail-Antwort 4. Auswahl + Anfrage

Anbieter (6. Musterverschickung) Nachfrager

7. Verhandlung von Konditionen


(automatisiert/E-Mail/telefonisch/persönlich)
8. Lieferung
9. Bezahlung/Reklamation
Transaktion 10. Nachbestellung Transaktion

Abb. 234: Exemplarisches Marktplatz-Prozessdesign


Quelle: Kollmann 2001b, S. 172.

Abb. 234 zeigt anhand eines fiktiven Beispiels das Matchingdesign eines katalogbasier-
ten E-Marketplace als Intermediär zwischen Herstellern und Händlern in der Möbelbran-
che. Das Geschäftskonzept des E-Marketplace ist so gestaltet, dass die Anbieter ihre Pro-
dukte über den eigenen Shop auf dem Marktplatz einstellen. Der Nachfrager kann mittels
eines einheitlichen Thesaurus dann selbständig und übergreifend nach seinen Wunschpro-
dukten suchen oder sich vom Marktplatzbetreiber beraten bzw. sich Vorschläge unterbrei-
ten lassen. War die Objektsuche erfolgreich und wurden die Suchergebnisse angezeigt, kann
nach einer Auswahl eine Anfrage hinsichtlich der Verfügbarkeit und der Preisvorstellung
an den Anbieter erfolgen. Ist hierbei eine persönliche Begutachtung des Objektes er-
Die Implementierung beim elektronischen Handel 635

wünscht, so kann ferner die Versendung eines Musterexemplars an den Nachfrager erfol-
gen. Die hierfür anfallenden Kosten für den Nachfrager können bei der nachfolgenden
Transaktion angerechnet werden. Ist die Entscheidung gefallen und die Ware real geprüft,
kann nach einer abschließenden Verhandlung über die Konditionen die Bestellung online
erfolgen. Entsprechend erfolgen die Lieferung und die Bezahlung der Ware.

4.5.1.6 Projektorganisation
Die Einführung eines E-Marketplace-Systems stellt vor dem Hintergrund der bisherigen
Ausführungen hohe Anforderungen an die Projektorganisation, da ein breites Wissens-
spektrum aus dem E-Business-Bereich und branchenspezifischem Know-How notwendig
ist. Daher spielt die Zusammensetzung des Projektteams eine besondere Rolle. Hier muss
sichergestellt werden, dass die für die erfolgreiche Implementierung nötigen Ressourcen
und Fähigkeiten verfügbar sind. Denn nur, wenn Branchen-Know-How und E-Commerce
-Fähigkeiten optimal aufeinander abgestimmt sind, kann eine gute Idee erfolgreich in
der betreffenden Branche umgesetzt werden (s. Kapitel 4.5.1.1; Kollmann 2001b, S. 91).
Das Projektteam muss daher nicht nur über herausragende Kompetenzen im Bereich der
elektronischen Marktplätze verfügen, sondern ebenfalls über branchenspezifisches Wis-
sen (s. Abb. 235). In der Praxis kann daher oft beobachtet werden, dass sich etablierte
Branchenkenner mit langjähriger Berufserfahrung und junge Unternehmer aus dem E-Bu-
siness-Umfeld zusammenschließen, um eine E-Marketplace-Initiative zu starten. Ferner
stellt die Zusammenstellung des Teams aufgrund der in der Regel geringen finanziellen
Ressourcen eine besondere Herausforderung dar (Kollmann/Kuckertz/Lomberg 2007). Die
Einführung eines E-Marketplace ist sehr komplex und das zugehörige Wissen bewegt
sich im Spannungsfeld von Informatik, Wirtschaftsinformatik, Betriebswirtschaftslehre
und Entrepreneurship. Die Kompetenzen des Projektteams müssen folglich in allen drei
Bereichen von entsprechendem Niveau sein. Dazu zählen bspw. die folgenden drei As-
pekte (Kollmann 2019):

„ Betriebswirtschaftslehre: Auf der betriebswirtschaftlichen Ebene ist ein solides


kaufmännisches Wissen unerlässlich. Themen, die in diesem Zusammenhang beson-
ders hervorzuheben sind, kommen aus dem Marketing, der Unternehmensführung,
der Finanzierungs- und Investitionslehre. Neben diesen grundlegenden betriebswirt-
schaftlichen Kompetenzen sind spezielle, branchenspezifische Kenntnisse erforder-
lich.

„ Informatik: Die technologische Seite des E-Business erfordert ein fundiertes Wissen
über Internet-Standards und -Technologien, Datenbanken, Programmierung und inter-
netbasierte Software-Architekturen (s. Kapitel 4.1).

„ Wirtschaftsinformatik: Die von der Informatik bereitgestellte technologische Basis


muss auf ihren Gehalt für wirtschaftliche Fragestellungen hin bewertet werden können.
Dazu zählt bspw. Wissen über Managementinformationssysteme, IT-Sicherheit, Data
636 Die Grundlagen des E-Marketplace

Warehousing, Data Mining und elektronische Zahlungssysteme. Ebenso muss Klar-


heit bestehen über bereits vorhandene Geschäftsmodelle und Möglichkeiten der
elektronischen Wertschöpfung (s. Kapitel 1.4.1).

Projektteam-
Kompetenzen

E-Commerce-Know-How Branchen-Know-How

um geeignete Konzepte umzusetzen um Marktstrukturen erkennen zu können

um den Marktplatz weiterzuentwickeln um geeignete Partner zu gewinnen

um gegen den Wettbewerb bestehen zu können um attraktive Angebote für die Branche anzubieten

Abb. 235: Anforderung an das E-Marketplace-Projektteam

Die Zusammenstellung des Projektteams muss gewährleisten, dass diese für die erfolgrei-
che Implementierung notwendigen Kompetenzen verfügbar sind. Vor diesem Hintergrund
ergeben sich die nachfolgenden Rollen innerhalb des Kern-Projektteams:

„ Betriebswirtschaftlicher Repräsentant: Dieser hat die aus betriebswirtschaftlicher


Sicht tragende Rolle. Er leitet die Business-Analysen (s. Kapitel 4.5.1) und partizipiert
in der anschließenden Gestaltung und Durchführung der Unternehmensprozesse. Zu-
sammenfassend betrachtet ist er für sämtliche personellen und finanziellen Aspekte der
Implementierung zuständig.

„ IT-Repräsentant: In einer komplementären Sichtweise vertritt dieser die technolo-


gische Seite der Implementierung. Er leitet und koordiniert die Aufgaben, die mit
der technologischen Infrastruktur zusammenhängen, wie in der Anfangsphase z. B.
Wahl und Betrieb der Systemlösung. Somit sichert er die technologische Bereit-
schaft des E-Marketplace (Kollmann/Häsel 2007b).

„ Initiativen-Manager: Dem Initiativen-Manager (Projektleiter) obliegt das organisa-


tionale Management des Projekts. Dazu gehören u. a. Administration, Koordination,
Planfortschrittskontrollen sowie das Projekt-Controlling (Jenny 2001).

Nicht jede Rolle muss zwangsläufig von genau einer Person besetzt werden – eine Person
kann multiple Rollen einnehmen, genauso wie eine Rolle durch mehrere Personen vertreten
werden kann. Wenn das Kernteam maßgeblich die Stoßrichtung bestimmt und entschei-
Die Implementierung beim elektronischen Handel 637

dend zu Erfolg oder Misserfolg beiträgt, kann es die Gesamtaufgabe nur mit Unterstützung
lösen. Zu den Unterstützungsstellen, die sich eher durch einen operativen Charakter aus-
zeichnen, gehören Programmierer, Datenbankspezialisten, Content-Manager, Business-
Analysten etc. Ihre Anzahl sowie die konkrete Ausgestaltung dieser Stellen hängen maß-
geblich von unternehmenspezifischen Faktoren, wie bspw. Unternehmensgröße, Budget,
individuelle Fähigkeiten etc. ab (Wieczorrek/Mertens 2011, S. 43 f.).
Bevor das Projektteam mit der tatsächlichen Realisierung des E-Marketplace beginnen
kann, müssen die Bedingungen der Implementierung im Zuge des Projektdesigns abge-
steckt werden. Erst wenn diese klar definiert sind, kann das Projekt Gestalt annehmen.
Die Rahmenbedingungen gelten nicht nur als Orientierungshilfe während der Projek-
tumsetzung, sondern dienen schon vor Projektbeginn zur Einschätzung der Realisierbar-
keit und der Restriktionen. Aufgrund der Besonderheiten einer Marketplace-Initiative
innerhalb des Anwendungsfeldes Digitale Wirtschaft (hoher Innovationsgrad, dynami-
sches und unsicheres Umfeld; Kollmann 2019; Schneider/Schnetkamp 2000), den zu re-
alisierenden „First-Mover-Advantages“ (Kollmann 2019; Boersch/Elschen 2002) und der
in der Digitalen Wirtschaft weit verbreitenden Annahme, dass ein Internetjahr mindestens
vier Kalenderjahren entspricht, empfiehlt sich in Anlehnung an Wohlenberg/Krause
(1999) ein iteratives Implementierungsdesign für elektronische Marktplätze. Das Imple-
mentierungsziel ist dabei nicht in erster Linie die Kreation einer „perfekten“ Marktplatz-
lösung, sondern ein möglichst schneller erster Going Live (Produktivstart), bei dem sich
die Markplatzgründer erst einmal darauf beschränken, „nur“ die Kundenbedürfnisse zu be-
friedigen, um dann in weiteren Implementierungsdurchläufen inkrementelle Verbesserun-
gen vorzunehmen. Mit dem erstmaligen Going Live ist der Entwicklungsprozess somit
nicht abgeschlossen, vielmehr wird direkt im Anschluss ein optimiertes bzw. um weitere
Funktionen erweitertes neues Release entwickelt. Das Kundenfeedback und die in den
Transaktionen gesammelten Erfahrungen des Marktplatzbetreibers dienen als Ausgangs-
punkt für die Anpassung der Strategie sowie ggf. des Geschäftsmodells in der nächsten Ite-
ration. Durch das iterative Vorgehen wird es dem Marktplatzbetreiber möglich, seinen
Kunden immer wieder schnell eine an ihre Bedürfnisse und an den Markterfordernissen
ausgerichtete Marktplatzlösung zu präsentieren.

4.5.1.7 Projektkalkulation
Aus der Projektkalkulation soll deutlich werden, ab welcher Periode (sog. Break-even)
der E-Marketplace die Verlustphase beendet und Gewinne für möglich gehalten werden
(Schefczyk/Pankotsch 2003, S. 36). Eine langfristige Planung ist für zu implementierende
elektronische Marktplätze als unrealistisch zu betrachten, da sie sich in hochgradig dyna-
mischen Umwelten bewegen. Mindestens jedoch sollte die Planung mittelfristig mit einem
Zeithorizont von bis zu fünf Jahren erfolgen, wobei das erste Jahr in der Regel unterjährig
geplant wird, während darauf folgende Jahre jahresweise geplant werden können. Die un-
terjährige Planung sollte monatsweise erfolgen; in einigen Fällen kann es durchaus sinnvoll
sein, die Planungsintervalle zumindest für den internen Gebrauch noch kürzer zu fassen,
638 Die Grundlagen des E-Marketplace

um die Liquidität des Unternehmens auch wirklich sicherzustellen (Kollmann 2019). Für
die Projektkalkulation sind die Einnahmen und Kosten des E-Marketplace zu analysieren.
Die Einnahmenseite beinhaltet vor diesem Hintergrund die Summe aller Umsätze in den
unterschiedlichen Kundensegmenten eines Unternehmens, die sich jeweils aus dem Pro-
dukt, der Kundenanzahl des Segmentes, den abgesetzten Produkten/Services je Kunde und
dem erzielten Preis für das Angebot errechnen. Die Kostenseite beinhaltet dagegen die
Summe aller Aufwendungen in den unterschiedlichen Unternehmensbereichen (z. B. Per-
sonal, Marketing). Aus einer Gegenüberstellung von Einnahmen- und Kostenseite kann
dann der Gewinn bzw. Verlust errechnet werden.
Um dies zu veranschaulichen, soll im Folgenden anhand des konkreten aber fiktiven Fall-
beispiels „amcorati.com“ die Entwicklung eines Unternehmens bis zur Erreichung des
Break-even nachvollzogen werden (Kollmann 2001b, S. 155 ff.). Es handelt sich dabei
um einen E-Marketplace für den Handel von Ergänzungssortimenten (z. B. Porzellan, Ke-
ramik/Hausrat, Garten- und Balkonmöbel, Wohnraumleuchten und Accessoires) in der
Möbelbranche (Kollmann 2001b). Vor diesem Hintergrund möchte amcorati.com einen
E-Marketplace im B2B-Bereich anbieten. Diese Plattform soll die Möglichkeit zur Infor-
mation, Kommunikation und Transaktion in diesem Bereich bieten (Commerce, Context,
Communication und Connection). Dabei will amcorati.com die Hersteller dieser Produkte,
die überwiegend aus Asien stammen, dazu bewegen, ihre Angebote mit detaillierten Be-
schreibungen in die Datenbank des Marktplatzes einzustellen. Hierdurch sollen die Pro-
duzenten die Chance bekommen, an 365 Tagen im Jahr gerade nach Europa zu verkaufen.
Der Nachfrager (Möbelhändler) soll dann in dieser Datenbank nach den gewünschten
Produkten suchen, eventuell Beratung in Anspruch nehmen und schließlich die Ware
auch bestellen. Hierdurch sollen die Möbelhändler über die zeitlich begrenzten realen
Messen hinaus die Möglichkeit bekommen, einen permanenten Marktüberblick mit Ein-
kaufsmöglichkeit zu erhalten. Als elektronischer Mehrwert wird demnach die Überblicks-,
Auswahl- und Vermittlungsfunktion (s. Kapitel 1.4.1) angeboten. Die Einnahmenseite
(s. Kapitel 1.5.2) von amcorati.com wird bestimmt durch eine Kernleistung (Vermittlung)
und eine Nebenleistung (Werbeplatzvermarktung) (s. Abb. 236). Diese elektronischen Pro-
dukte werden über ein Mischmodell aus Grundgebühr und Provision den Marktteilneh-
mern angeboten. Das Einnahmenmodell des elektronischen Marktplatzes gründet sich im
Wesentlichen auf drei Umsatzquellen (Kollmann 2001b):

„ Grundgebühr „Kernleistung“: Für die Teilnahme der Hersteller von Ergänzungs-


sortimenten ist von diesen eine Partizipationsgebühr zu entrichten. Im Gegenzug
haben sie dann die Möglichkeit, ihren Warenkatalog auf der Plattform über die ge-
meinsame Datenbank hinaus auch in einem separaten Shop-Bereich online zu prä-
sentieren und zu verkaufen. Die Höhe der Teilnahmegebühr ist nach dem Umfang
des Produktportfolios bemessen (> 50 Artikel = EUR 2.500 p. a.; < 50 Artikel =
EUR 500 p. a.). Im ersten Jahr werden aus Akzeptanzgründen jedoch noch keine
Teilnahmegebühren in Rechnung gestellt.
Die Implementierung beim elektronischen Handel 639

„ Provision „Kernleistung“: Bei erfolgreichen Geschäftsabschlüssen (Matching/Ver-


mittlung) auf der Plattform haben die Hersteller eine Abwicklungsgebühr als Anteil
des Umsatzvolumens zu entrichten. Die Abwicklungsgebühr wird sich dabei auf 3 %
des Transaktionsvolumens belaufen.

„ Grundgebühr „Nebenleistung“: Durch die starke industrielle Fokussierung des E-


Marketplace besteht eine hervorragende Plattform für zielgerichtete Werbemaßnah-
men. Unternehmen werden auf den Seiten des Marktplatzes Bannerwerbung schalten
können, um diese Zielgruppengenauigkeit in Anspruch zu nehmen. Dabei soll ein fixer
Preis für die Buchung eingesetzt werden (Tausender-Kontakt-Preis).

Die entsprechenden Umsätze basieren nun auf Überlegungen zum Markt- und Kunden-
umfeld. Dabei wird für den E-Marketplace prognostiziert, inwieweit erstens das Internet
für die Möbelbranche überhaupt eine Rolle spielt (Online-Marktvolumen) und welcher
Anteil davon zweitens über amcorati.com abgewickelt werden soll (Online-Absatzvolu-
men). Die entsprechenden Ergebnisse und damit die Darstellung der Einnahmenseite ins-
gesamt, können Abb. 236 entnommen werden. Es wird deutlich, dass die allgemeine Ge-
schäftsentwicklung durch die Anzahl der Shops sowie die Anzahl der Besucher und de-
ren Bestellungen determiniert wird.
Die Kostenseite von amcorati.com wird im Wesentlichen durch die Kostenblöcke in den
Bereichen Personal und Marketing bestimmt (Kollmann 2001b; s. Abb. 237). Sie ma-
chen durchgängig weit über 50 % der Gesamtausgaben aus. Dies ist nicht ungewöhnlich
für einen E-Marketplace, der in der Betreuung in der Regel personalintensiver als andere
Plattformen der Digitalen Wirtschaft ist. Eine Ausnahme stellt dabei das erste Geschäfts-
jahr dar, indem die Anschaffung der technologischen Plattform für amcorati.com im Spe-
ziellen und die meisten E-Ventures im Allgemeinen einen weiteren signifikanten Aufwand
darstellt. Die hohen Kosten für die Technologie zu Beginn der Entwicklung des E-Mar-
ketplace nehmen aber in den Folgejahren deutlich ab.
Die Personalausgaben sind im gesamten Zeitverlauf sehr intensiv, was insbesondere durch
die geplante große Vertriebsmannschaft zu erklären ist. Hintergrund ist die Überlegung,
dass die Möbelhändler nur über einen direkten Kontakt für den Marktplatz zu begeistern
sind und hierüber auch die ersten Hemmschwellen zur Nutzung abgebaut werden können
(z. B. Schulung). Im Personalbereich wird ferner auf der Ebene der Geschäftsführung zu-
nächst mit einem CEO (Chief Executive Officer) und einem CTO (Chief Technology
Officer) gestartet, wobei dieses Kernteam im zweiten Jahr mit einem CFO (Chief Financial
Officer) und einem CMO (Chief Marketing Officer) erweitert wird (zu den Rollen inner-
halb eines Gründerteam s. auch Kollmann 2019). Die entsprechenden Ergebnisse und da-
mit die Darstellung der Kostenseite insgesamt können Abb. 237 entnommen werden.
In der Summe aus Einnahmen- und Kostenseite lässt sich nun das operative Ergebnis von
amcorati.com ablesen (Kollmann 2001b). Dieses ist ab dem dritten Geschäftsjahr positiv.
Im ersten Geschäftsjahr ist vor diesem Hintergrund ein Finanzbedarf von ca. 2,7 Mio. Euro
640 Die Grundlagen des E-Marketplace

Businessplan Amcorati

Abb. 236: Beispiel für die Einnahmeseite eines E-Marketplace


Die Implementierung beim elektronischen Handel 641

Businessplan Amcorati

Abb. 237: Beispiel für die Kostenseite eines E-Marketplace


642 Die Grundlagen des E-Marketplace

zu decken. Der Gesamtfinanzierungsbedarf bis zum operativen Break-even im dritten Ge-


schäftsjahr beläuft sich auf ca. 5,9 Mio. Euro. Es sei an dieser Stelle jedoch nochmals
darauf hingewiesen, dass das Fallbeispiel fiktiv ist und die verwendeten Zahlen bestenfalls
als Beispiel herangezogen werden können. Eine reale Grundlage für die Zahlen kann nicht
unterstellt werden und es liegt in der Verantwortung eines jeden Marktplatzgründers, die
Datenbasis für das eigene Vorhaben gründlich zu recherchieren. Die ausführliche Fallstu-
die zu dem E-Marketplace „amcorati.com“ findet sich bei Kollmann (2001b). Interessant
ist in diesem Zusammenhang allerdings, dass zwischenzeitlich der Marktplatz home24.de
die Möbelbranche im B2C-Bereich erfolgreich erobert hat und auch hier die Ergämzungs-
sortimente eine Rolle spielen. Das Unternehmen wirbt entsprechend auf der eigenen Web-
seite: „Wir sind Europas größtes Online-Möbelhaus. Bei über 150.000 Artikeln findest Du
im Handumdrehen angesagte Möbel, tolle Lieblingsstücke und Inspiration für Deine Ein-
richtung. Verschönere mit Möbeln, Lampen und Wohnaccessoires in bester Qualität Dein
Zuhause in dem Stil, der Dir gefällt.“ Es war ein langer Weg von der amcorati.com-Fall-
studie aus dem Jahre 2001 bis zu home24.de im Jahr 2015.
Da es sich bei den Plan-GuVs (Gewinn- und Verlustrechnung) ferner um (vorläufig) in-
terne Dokumente handelt, können Umsätze und Erlöse prinzipiell nach den jeweiligen
Bedürfnissen des Unternehmens aufgeschlüsselt werden. In Anbetracht der Tatsache, dass
die Finanzplanung im zweiten Schritt auch für externe Adressaten interessant sein kann,
ist jedoch anzuraten (Schefczyk/Pankotsch 2003, S. 36), die Plan-GuVs an die Gliederung
für das Gesamtkostenverfahren – wie sie sich im § 275 Abs. 2 HGB findet – anzulehnen.
Derart wird nicht nur intersubjektive Verständlichkeit der Planung möglich, sondern auch
die weitestgehende Vollständigkeit des Planes sichergestellt. Ferner sollte darauf geachtet
werden, dass auch hier immer ein Worst- Case-Szenario berechnet wird. Zahlreiche Ban-
ken, Venture Capital-Geber (Kollmann/Kuckertz 2010; Kollmann/Kuckertz 2009a; Koll-
mann/Kuckertz 2009b) und öffentliche Förderinstitutionen haben Softwaretools für Unter-
nehmensgründer entwickelt, die sie entweder kostenlos oder für einen geringen Betrag
zur Verfügung stellen. So findet sich bspw. auf den Internetseiten des vom Bundesminis-
terium für Wirtschaft und Technologie unterstützten Businessplanwettbewerbs für die
Multimediabranche ein solches Werkzeug, das kostenlos heruntergeladen werden kann.

4.5.2 Die Projektumsetzung beim elektronischen Handel


Basierend auf den Ergebnissen der initialen Projektplanung kann anschließend die be-
triebswirtschaftliche und technische Projektumsetzung erfolgen. Die Implementierung
eines E-Marketplace lässt sich idealtypisch in verschiedene Projektphasen einteilen. Abb.
238 gibt einen Überblick über die wesentlichen Aktivitäten eines Implementierungspro-
jektes und setzt diese in eine Ablauffolge. Dargestellt ist ein aus der Literatur syntheti-
siertes Vorgehensmodell, das die Projektphasen und deren zentrale Ergebnisse zueinander
in Beziehung setzt. Meist wird ein E-Marketplace-Projekt von eigenständig agierenden
Die Implementierung beim elektronischen Handel 643

Einzelpersonen, die ein innovatives Geschäftsmodell realisieren möchten, initiiert. In eini-


gen Fällen werden derartige Projekte aber auch gezielt von der späteren Anbieter- oder
Nachfragerseite (z. B. Einkaufsverbände) angestoßen, um auf neue oder effizientere Ver-
triebskanäle zu erschließen (Anbieterseite) oder um eine Markttransparenz zu schaffen
(Nachfragerseite).
Das Projekt startet mit einer Kick-Off-Phase in der Vision und Strategie formuliert,
relevante Basisinformationen eingeholt und Erlöspotenziale und gegenüberstehende Kos-
ten grob abgeschätzt werden. Eine detaillierte Projektformulierung – im Gründungsfall
durch einen Business Plan – soll aus den groben Visionen konkrete Ziele und Strategien
ableiten, die die folgende Umsetzung determinieren. Neben der Schaffung eines konsis-
tenten Bildes der Projektumsetzung in den Köpfen des Projektteams dient die Formulie-
rung des Projekts der Akquisition externer Geldmittel zur Finanzierung des E-Market-
place. Basierend auf der Projektformulierung wird eine Projektorganisation als Grundlage
der Umsetzung abgeleitet. Ergebnisse der Kick-Off-Phase sind neben der Projektformu-
lierung eine Grobabschätzung der Marktplatzpotenziale, die Festlegung der Projektorgani-
sation und eines Projektbudgets sowie ggf. Verträge und Projektvereinbarungen mit exter-
nen Partnern.
Der Kick-Off-Phase folgt eine Analysephase, die den organisatorischen Rahmen und die
Bedingungen der Projektrealisierung untersucht und bewertet. Die Analysephase setzt sich
- wie in Kapiteln 4.5.1.2 bis 4.5.1.5 bereits ausführlich erläutert - aus Struktur-, Markt-,
Teilnehmer- und Matchinganalyse zusammen, die den Ist-Zustand Handelsprozesse be-
schreiben. Aufgrund der Ergebnisse der Zielmarktanalyse und der getroffenen Produkt-
auswahl kann ein erster Vorschlag zur Abgrenzung eines Pilotprojektes gemacht werden.
Dieses definiert sich durch eine begrenzte Anzahl von Objektangeboten und potenziellen
Anbietern und Nachfragern, um aus den damit gewonnen Erkenntnissen das weitere Vor-
gehen abzuleiten. Die Analysephase, auf deren Werkzeuge und Methoden auch im weiteren
Projektverlauf immer wieder iterativ zurückgegriffen wird, endet mit einer ausführlichen
Projektkalkulation (s. Kapitel 4.5.1.7), die die Grundlage für die Budgetierung und die
Projektumsetzung bildet.
Die Projektumsetzung beginnt mit der Phase der Systemauswahl (s. Kapitel 4.5.2.1), in
der das Team sich für eine Systemlösung (s. Kapitel 4.1.2) entscheidet. Dabei wird geprüft,
ob ein System das – sich aus den Ergebnissen der Analysephase ergebende – vorläufige
Soll-Konzept abbilden kann. Ist die Entscheidung für eine Systemlösung gefallen, können
die Soll-Abläufe in der Phase Systemgestaltung (s. Kapitel 4.5.2.2) weiter ausgebaut wer-
den. Grundlage ist dabei nicht nur der bereits in der Analysephase festgehaltene Ist-Zu-
stand der Handelsprozesse, sondern auch die Leistungsfähigkeit der Systemlösung. Zusätz-
lich definiert das Projektteam den Integrationsbedarf mit internen und externen EDV-Sys-
temen, der zusammen mit den Soll-Abläufen als Lasten in ein Pflichtenheft überführt wird.
Generell ist es sinnvoll, das System zunächst als Pilotlösung mit wenigen Teilnehmern
und ausgewählten Handelsobjekten zu betreiben. Ziel ist hier ein Proof-of-Concept, also
ein Meilenstein, an dem die prinzipielle Durchführbarkeit des Vorhabens belegt wird. In
644 Die Grundlagen des E-Marketplace

der Phase Systemaufbau (s. Kapitel 4.5.2.3) wird daher entsprechend der im Pflichten-
heft festgehaltenen betriebswirtschaftlichen und technischen Anforderungen eine erste
lauffähige Pilotlösung für die für das Pilotprojekt ausgewählten Teilnehmer und Handels-
objekte implementiert. Dies beinhaltet die Entwicklung zusätzlicher Funktionalitäten, die
Integration bestehender Systeme, die Realisierung des Multi-Online-Kataloges und die
erstmalige Anbindung das Internet.

Kick-Off-Phase
Projekt- Projekt-
formulierung organisation

Analysephase
Strukturanalyse Marktanalyse Teilnehmeranalyse Matchinganalyse

Abgrenzung Projekt-
Ist-Prozess
Pilotprojekt kalkulation

Systemauswahl
vorläufiges Lasten
Soll-Konzept

Systemgestaltung
Integrations-
Soll-Ablauf Pflichtenheft
bedarf

Systemaufbau
Pilot-
system

Systemeinführung
System
(Launch)

Abb. 238: Phasen einer E-Marketplace-Implementierung

In der abschließenden Phase Systemeinführung (s. Kapitel 4.5.2.4) werden die mit den
Pilotteilnehmern und den ersten Probe-Transaktionen gemachten Erfahrungen dokumen-
tiert und die sich daraus ergebenden zusätzlichen Anforderungen an die Systemlösung
nachträglich ins Pflichtenheft aufgenommen. Iterativ werden die notwendigen Änderun-
gen während der Einführungsphase implementiert. Nach dem Abschluss der eigentlichen
E-Marketplace-Implementierung rückt die Aufgabe der kontinuierlichen Systemkon-
trolle in den Fokus des Marktplatzbetreibers. Dadurch können einerseits Problembereiche
des Marktplatzsystems aufgedeckt werden. Andererseits können auf diese Weise Verbesse-
rungs- und Erweiterungspotenziale identifiziert werden, die den Wert des E-Marketplace
erhöhen (s. Kapitel 4.5.2.5).
Die Implementierung beim elektronischen Handel 645

4.5.2.1 Systemauswahl
Zu Beginn der Projektumsetzung muss im Rahmen der Systemauswahl zunächst die
Entscheidung für eines der in Kapitel 4.1.2 vorgestellten Grundmodelle internet-basierter
E-Marketplace-Lösungen getroffen werden (Anbieter-, Nachfrager- oder Makler-Modell).
Dazu lassen sich mit Hilfe der Teilnehmeranalyse (s. Kapitel 4.3.2) Handlungsempfeh-
lungen und Normstrategien ableiten. Diese sind in der Regel mit der späteren Anzahl von
Anbietern und Nachfragern bzw. des in einem Markt vorherrschenden Mächteverhältnis-
ses verknüpft und leiten sich aus den unterschiedlichen Wertbeiträgen der Grundmo-
delle ab (s. Abb. 239):

„ Existieren in einem Marktsegment viele Anbieter und viele Nachfrager und ist folg-
lich die Marktmacht nicht auf wenige große Anbieter oder Nachfrager konzentriert, ist
das Makler-Modell (s. Kapitel 4.1.2.3) die sinnvollste Alternative, da in diesem Um-
feld eine hohe beidseitige Fragmentierung vorliegt, bei der ein unabhängiger Makler
die Intermediationsfunktion besser als anbietende oder nachfragende Marktteilnehmer
erfüllen kann. Die Koordination/Vermittlung des Marktplatzbetreibers bringt für beide
Marktparteien in gleichem Maße Vorteile. Für die Anbieterseite wird ein neuer Absatz-
bzw. Vertriebskanal geschaffen und für die Nachfragerseite kann die Markttransparenz
erhöht werden.

„ In Märkten mit hoher relativer Marktmacht und -konzentration auf der Anbieterseite,
aber vielen, fragmentierten Teilnehmern auf der Nachfragerseite, können Anbieter den
in der Regel bei Marktplatzlösungen entstehenden Produkt- und Preistransparenzen
und dem resultierenden Kostendruck mit einem anbieterinduzierten Marktplatz entge-
genwirken. Anstelle von E-Marketplaces mit überwiegender Preisvergleichsfunktion
zielt das Anbieter-Modell (s. Kapitel 4.1.2.1) auf die Gestaltung von informations-
orientierten, die Produktdifferenzierung fördernde Lösungen. Aufgrund des Informa-
tionsvorsprungs über Produktangebot, -preise und -konditionen haben kooperierende
Anbieter das Potenzial, höherwertige Marktplatzlösungen mit spezifischen Zusatz-
angeboten (s. Kapitel 4.2.2.4) zu generieren als neutrale Betreiber.

„ Hohe Suchkosten und fehlende Markttransparenz führen zu suboptimalem Nutzen und


Preis auf der Nachfragerseite. Das Nachfrager-Modell (s. Kapitel 4.1.2.2) ist daher
besonders in einem Umfeld einzusetzen, indem viele Anbieter aktiv sind, über deren
Angebot sich die Nachfrager nur mit großem Aufwand informieren können. Für die
Nachfragerseite ergibt sich der Vorteil, dass die konkurrierenden Anbieter in einen
effektiven Preiswettbewerb um die Nachfrager treten müssen. Durch den Zusammen-
schluss erhöht sich ebenfalls die Marktmacht der Nachfrager weiter.

In Marktsegmenten, in denen wenige Anbieter auf wenige Nachfrager treffen, erscheint die
Etablierung eines E-Marketplace wenig sinnvoll. Die strukturellen Voraussetzungen für
den Erfolg eines E-Marketplace sind nicht gegeben (s. Kapitel 4.5.1.2). Da kein Koordi-
646 Die Grundlagen des E-Marketplace

nations- bzw. Vermittlungsbedarf besteht, kann ein Marktplatz keinen Mehrwert schaffen.
An die Stelle einer Marktplatzlösung rückt in diesem Umfeld eine direkte Absprache
zwischen Anbieter und Nachfrager.
niedrig

Nachfrager-Modell Makler-Modell
hoch

• Erhöhung der Marktmacht • Gleichzeitige Erzeugung eines Mehrwertes


• Abbau von Informationsasymmetrien und für beide Marktseiten
Erhöhung der Markttransparenz • Neutralität des Betreibers erhöht dessen
• Nachfragerbündelung Glaubwürdigkeit
Marktmacht der Anbieter

Anzahl der Anbieter

Procurement, Autos, Immobilien, Kunst,


Produkte Produkte
Reparaturleistungen Dienstleistungen, Spielzeug

Direkte Absprache Anbieter-Modell


• Kein Koordinations-/Vermittlungsbedarf • Zusätzlicher Vertriebskanal
• Anbieter und Nachfrager können direkte • Informationsorientiertes Angebot
Absprachen treffen • Förderung der Produktdifferenzierung
• E-Marketplace würde keinen Mehrwert • Hochwertige Marktplatzlösung durch den
generieren können Informationsvorsprung der Anbieterseite
niedrig

Industrieanlagen,
hoch

Produkte Produkte Musik, Flugtickets


Spezialanfertigungen

niedrig Anzahl der Nachfrager hoch

hoch Marktmacht der Nachfrager niedrig

Abb. 239: Wertbeiträge von E-Marketplace-Lösungen für die Systemauswahl

4.5.2.2 Systemgestaltung
Die Systemgestaltung und somit die direkte Projektumsetzung beginnt mit dem konkreten
Systementwurf. Der Systementwurf (Systemdesign) hat das Ziel, sämtliche Voraussetzun-
gen für die nachfolgende Realisierung, in der die Programmierung erfolgt, zu schaffen.
Der Systementwurf umfasst (Stahlknecht/Hasenkamp 2005, S. 256):

„ den Datenentwurf bzw. Datenbankentwurf, in dem eine detaillierte Modellierung der


Daten vorgenommen wird,

„ den Funktionsentwurf, der die Funktionen beschreibt, die aus den fachlichen Anfor-
derungen hervorgehen und

„ den Prozessentwurf, mit dem die Arbeitsabläufe beschrieben werden.


Die Implementierung beim elektronischen Handel 647

Ein vollständiger, übersichtlicher und widerspruchsfreier Entwurf kann nur dann entste-
hen, wenn bei seiner Entwicklung nach einem festen Prinzip vorgegangen wird. Die beiden
Grundprinzipien sind die Top-down- und die Bottom-up-Vorgehensweise. Das bedeutet,
dass das Gesamtsystem entweder top-down schrittweise in Teilsysteme zerlegt oder bot-
tom-up schrittweise aus Teilsystemen zusammengesetzt wird. Die unterste Ebene der Teil-
systeme bilden Module, mit denen entweder die Zerlegung beendet oder die Zusammen-
setzung begonnen wird. Ein Modul repräsentiert in der Regel eine abgeschlossene Auf-
gabe (z. B. Preisverhandlung), die aus einer oder mehreren Funktionen (z. B. Abgabe
eines Preisangebots durch den Anbieter und Reaktion des Nachfragers darauf).
Aus dem Funktionsumfang der Module und ihrer Interaktionen untereinander konstatie-
ren sich das Gesamtsystem und dessen Leistungsfähigkeit. Bereits in Kapitel 4.5.1 wurde
festgehalten, dass das erste Implementierungsziel nicht unbedingt die perfekte Marktplatz-
lösung darstellt. Bezüglich der Systemgestaltung ist daher festzuhalten, dass vielmehr eine
flexible Systemlandschaft entstehen soll, die das Potenzial für Modifikationen und Er-
weiterungen in späteren Systemreleases bietet. Neben dieser grundsätzlichen Anforderung
werden aus der Analyse der Branchen- und Kundenbedürfnisse (s. Kapitel 4.5.1) weitere
spezifische Anforderungen abgeleitet, die in einem schriftlichen Katalog sämtlicher Leis-
tungsanforderungen zusammengestellt werden. Dieser Katalog wird auch als Pflichten-
heft bezeichnet. Nach DIN 69901 ist ein Pflichtenheft eine „ausführliche Beschreibung
der Leistungen, die erforderlich sind oder gefordert werden, damit die Ziele des Projekts
erreicht werden“. Nach VDI/VDE-Richtlinie Nr. 3694 sollte vor der Erstellung eines
Pflichtenheftes zunächst in einem Lastenheft beschrieben werden, was das System leisten
sollte („Wunschkatalog“). Erst dann wird in dem Pflichtenheft festgelegt, was das System
tatsächlich leisten soll bzw. wird. Das Lastenheft beschreibt also das Wünschenswerte,
während das Pflichtenheft das Machbare festhält (Stahlknecht/Hasenkamp 2005, S. 247).
Das Pflichtenheft bildet dann die Grundlage für die Programmierung in der nachfolgenden
Phase Realisierung.

4.5.2.3 Systemaufbau
Auf der Basis der Leistungsanforderungen ist in der Phase des Systemaufbaus zunächst
eine Grundsatzentscheidung zu treffen, die maßgeblich durch die finanziellen Ressourcen
und die Kompetenzen des Gründer- bzw. Management-Teams beeinflusst wird: Make or
Buy. Die Entscheidung ein fertiges und in der Regel standardisiertes Marktplatzsystem zu
kaufen reduziert die Dauer bis zum möglichen Launch erheblich. Dies gilt allerdings nur,
wenn das Kauf-System den eigenen Anforderungen sehr gut entspricht. Falls nicht, kann
entweder der intendierte Leistungsumfang des E-Marketplace auf die Leistungsfähigkeit
des gekauften Systems reduziert werden oder das System wird den eigenen Anforderun-
gen angepasst. Dabei ist zu beachten, dass die notwendigen Modifikationen die Dauer der
eigenständigen Erstellung möglicherweise deutlich überschreiten können. In vielen Fällen
wird daher der E-Marketplace von Grund auf selbst erstellt. In diesem Fall besteht die
648 Die Grundlagen des E-Marketplace

Realisierung aus der kompletten Prozess- und Programmentwicklung. Dabei kann zwi-
schen fünf verschiedenen Projektmodulen unterschieden werden, die unter enger Abstim-
mung parallel von verschiedenen Entwicklern bearbeitet werden können:

„ Anpassung oder Entwicklung: Die vorhandene Funktionalität der eingekauften Sys-


temlösung wird konfiguriert und auf die Bedürfnisse des Unternehmens zugeschnitten.
Falls keine passende Systemlösung auf dem Markt verfügbar ist, wird die Funktiona-
lität basierend auf dem erstellten Pflichtenheft selbst entwickelt.

„ Katalogrealisierung: Die Server-Komponenten für Produktkatalog und Content Ma-


nagement werden installiert und konfiguriert. Ebenfalls wird das Katalogsystem mit
ersten Teilnehmer- und Objektdaten gefüllt.

„ Administrationssystem: Sobald der Prototyp inhaltliche Daten enthält, wird die Ad-
ministrationsoberfläche implementiert. Dort werden Datenzugriffe und die Steuerung
des Systems organisiert sowie die Regeln für die Authentifizierung und Autorisierung
der Systembenutzer aufgestellt.

„ Front-End: Das Front-End ist die mediale Schnittstelle zu den Teilnehmern und so-
mit die Grundlage des tripolaren Datenaustauschs. Es muss daher teilnehmerorientiert
konzipiert sein, damit diese sich auf dem Marktplatzangebot leicht orientieren können.

„ Schnittstellen: Neben dem Front-End als Standardschnittstelle zu den Teilnehmern


werden weitere externe Schnittstellen für die Systemintegration von großen bzw. wich-
tigen Teilnehmern sowie Verbindungen zu den internen Marktplatzsystemen (z. B.
Rechnungswesen) implementiert.

Das Ergebnis ist eine lauffähige Systemlösung. In der Regel befindet sich diese zu diesem
Zeitpunkt noch auf speziellen Entwicklungs- bzw. Testservern, die von dem späteren Pro-
duktivsystem getrennt sind. Im Hinblick auf die Anforderung der flexiblen Systemgestal-
tung kommt der Dokumentation des Programms eine wichtige Bedeutung zu. Nur durch
eine klare Beschreibung bleibt der Code verständlich und wartbar und kann bei späteren
Programmerweiterungen oder Modifikationen problemlos angepasst werden.

4.5.2.4 Systemeinführung
Zwischen dem Abschluss der Systemrealisierung und dem Launch der Webseite stehen
umfangreiche Tests des E-Marketplace-Systems. Üblicherweise erfolgen zunächst sog.
Unit Tests, d. h. einzelne Module (z. B. Suche) bzw. Teilsysteme (z. B. eOffer-Prozess)
werden unabhängig voneinander bezüglich ihrer Funktionalitäten getestet, bevor dann im
Systemtest das ganze System modulübergreifend und unter Berücksichtigung der beste-
henden Interdependenzen geprüft wird (Schwarze/Schwarze 2002, S. 227). Die Grundlage
des Systemtests sollten sog. Use Cases bilden. Ein Use Case beschreibt ein komplettes
Die Implementierung beim elektronischen Handel 649

Endbenutzer-Szenario, welches die Marktapplikation unterstützen muss (Kulak/Guiney


2004). In der Regel werden die Use Cases bereits vor der eigentlichen Systementwicklung
erstellt. Ist dies der Fall, können sie nicht nur zur Überprüfung der Leistungsfähigkeit ver-
wendet werden, vielmehr können aus ihnen Anforderungen an das spätere System abgelei-
tet werden, die dann in das Pflichtenheft zur Entwicklung übernommen werden. Die Use
Cases werden in enger Zusammenarbeit von Systementwicklern, betriebswirtschaftlichen
Repräsentanten und zukünftigen Endkunden erstellt.
Neben dem Test intendierter und sinnvoller Marktplatz-Prozessabläufe wird ebenfalls das
Systemverhalten bei der Eingabe von falschen bzw. fehlerhaften Daten getestet. Unter-
schieden wird hierbei zwischen Syntaxfehlern, also formaler Unkorrektheit nach den zu-
grundeliegenden Mustern und Regeln für die Eingabe (z. B. Geburtsdatum: 08.0A2. 199E)
und semantischen Fehlern, die bezüglich des Sinns oder der Bedeutung nicht korrekt sind
(z. B. Geburtsdatum: 08.09.2020). Im Rahmen des Exception-Handling müssen diese
Falscheingaben so abgefangen werden, dass der Fortgang des Geschäftsprozesses gewähr-
leistet ist. So kann der Benutzer bspw. darauf aufmerksam gemacht werden, dass das ein-
gegebene Geburtsdatum in der Zukunft liegt. Wird das Exception-Handling jedoch ver-
nachlässigt, sind im schlimmsten Fall komplette Systemabstürze die Folge, was zu einem
deutlichen Akzeptanzverlust des E-Marketplace führt. Daher sollten – am besten bereits
während der Systemerstellung – umfangreiche Tests des E-Marketplace-Systems durch-
geführt werden. Die folgenden Testrichtlinien sollten für eine hohe Qualität des Testens
berücksichtigt werden (Schwarze/Schwarze 2002, S. 227):

„ Die Regression Test Suite (umfangreiche Sammlung von Testszenarien) sollte häufig
und regelmäßig ausgeführt werden.

„ Nach jeder Modifikation des Codes sollte ein neuer Built erstellt werden.

„ Wenn Fehler oder Probleme beim Testen identifiziert werden, sollten diese sofort
behoben und nicht aufgeschoben werden.

„ Es sollte eine Bewertung von Fehlern bzw. eine Unterscheidung der Fehler nach ihrer
Bedeutung erfolgen.

„ Es sollte ein für sämtliche Projektmitarbeiter zugängliches Fehlertracking erfolgen.

Erst nach erfolgreichem Abschluss der in der Praxis mitunter sehr umfangreichen Testse-
rien sollte das System für den Produktivstart freigegeben werden. Im Rahmen des Going
Live wird zunächst das System von den verwendeten Entwicklungs- bzw. Testservern auf
die Produktivserver migriert. Anschließend erfolgt der offizielle Launch der Webseite, wo-
mit der E-Marketplace sofort für alle Internetuser unter der zuvor festgelegten, spezifi-
schen Domain (markplatz-name.de) erreichbar ist. Von diesem Moment an muss der E-
Marketplace seine Leistungsfähigkeit unter Beweis stellen. Dabei ist er insbesondere in der
650 Die Grundlagen des E-Marketplace

Anfangszeit vom Scheitern bedroht. Konkrete Gründe für ein Scheitern eines E-Market-
place-Projektes können interner oder externer Natur sein. Zu den internen Gründen des
Scheiterns zählen im Wesentlichen (Rätz 2003, S. 71):

„ Mangelnde Liquidität: Viele E-Marketplaces scheitern in der Anfangsphase, obwohl


die Idee vielversprechend ist. Grund ist die mangelnde Liquiditätsplanung (s. Kapitel
4.5.1.7). Den Marktplätzen gehen die finanziellen Mittel aus, bevor die positiven Zah-
lungsströme einsetzen der sog. Break-even erreicht werden kann.

„ Kostendruck: Ideen im E-Business sind nur schwer zu schützen. In der Regel überneh-
men andere Unternehmer eine gute Geschäftsidee und werden damit zu einer direkten
Konkurrenz. Bei einzelnen Wettbewerbern entsteht so schnell ein großer Kostendruck,
dem viele Plattformbetreiber nicht standhalten können. Effiziente Prozesse oder Dif-
ferenzierungen können die Chancen eines Marktplatzes enorm erhöhen.

„ Implementierungszeit: Ein Internetjahr entspricht mindestens vier Kalenderjahren.


Im Ergebnis bedeutet dies, dass innovative Geschäftsmodelle so schnell wie möglich
zur Marktreife und somit zum Produktivstart gebracht werden müssen, bevor die
Marktchance obsolet ist oder Wettbewerber ein Alternativprodukt anbieten können.

Nicht weniger wichtig als die internen Voraussetzungen des Marktplatzes bzw. Marktplatz-
betreibers sind die marktlichen Rahmenbedingungen für den Erfolg. Vor diesem Hinter-
grund sind die folgenden externen Gründe des Scheiterns besonders hervorzuheben
(Wohlenberg/Krause 1999, S. 10):

„ Kritische Masse: Ist der Zielmarkt nicht groß genug oder gelingt es nicht, die anvi-
sierten Anbieter und Nachfrager als aktive Teilnehmer auf die Plattform zu ziehen,
kann der E-Marketplace nicht existieren.

„ Pain Points: Marktplätze können nur erfolgreich sein, wenn sie bestehende Prozesse
optimieren. Weist der Zielmarkt keine Prozessineffizienzen auf oder birgt die alter-
native Lösung des Marktplatzbetreibers keine Verbesserungen, wird der Marktplatz
auf keine Teilnehmerakzeptanz stoßen.

„ Eintrittsbarrieren: Der Marktplatzbetreiber sollte die Eintrittsbarrieren so gering wie


möglich halten. Begrenzter Zutritt schafft zwar einerseits Exklusivität, andererseits
wird dadurch das Erreichen der kritischen Masse erschwert und Interessenten könnten
abgeschreckt werden. Ebenso wirken hohe, insbesondere fixe Gebühren abschreckend
auf potenzielle Marktteilnehmer.
Die Implementierung beim elektronischen Handel 651

4.5.2.5 Systemkontrolle
Unmittelbar im Anschluss an die Systemeinführung sollte ein kontinuierlicher Kontroll-
prozess initiiert werden, der die Leistungsfähigkeit des Systems überprüft. Den Kern der
Systemkontrolle auf elektronischen Marktplätzen sollten vier interdependente Problem-
bereiche bilden:

„ Kunden: Die Einwerbung von Anbietern und Nachfragern sollte von Beginn an
schnell und in einem balancierten Verhältnis zwischen den beiden Marktparteien vo-
ranschreiten. Mangelnde Akzeptanz und die Nichterreichung der kritischen Masse
kann zum vorzeitigen Scheitern des Marktplatzes führen.

„ Prozesse: Die Informations-, Kommunikations- und Transaktionsprozesse sollten ef-


fektiv und effizient ablaufen. Störungen oder sogar Ausfälle könnten sich negativ auf
die Akzeptanz des Marktplatzes auswirken.

„ Katalog: Unvollständige, veraltete oder qualitativ nicht ausreichende Händler- und


Produktinformationen vermindern die Systemakzeptanz seitens der Teilnehmer deut-
lich.

„ Standards/Integration: Der Marktplatzbetreiber muss klären, ob die implementier-


ten Standards die Bedürfnisse der Kunden treffen. Die Nutzung von offenen Standards
(s. Kapitel 4.1.1.1) erleichtert die Interaktion zwischen Anbietern, Nachfragern und
Betreiber sowie die kontinuierliche Aktualisierung des Datenbestands.

War die Systemeinführung nach diesen Kriterien erfolgreich, beginnt im Rahmen der Sys-
temkontrolle ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess, der zwar nicht mehr Teil des ei-
gentlichen Implementierungsprojektes ist, aber wichtige Aspekte in den Bereichen Op-
timierung und Ausbau des bestehenden Systems umfasst. Mit dem ersten Launch (Pro-
duktivstart) ist die Entwicklung somit nicht abgeschlossen. Vielmehr sind direkt im An-
schluss die weiteren Stufen im Entwicklungsprozess des E-Marketplace zu fokussieren.
Insbesondere im Rahmen der Überlegungen zum Marketing bei elektronischen Marktplät-
zen wurden verschiedene Aktivitäten identifiziert, welche die Marktplatzteilnehmer auf
die Plattform holen und binden sollen (s. Kapitel 4.4.1 und 4.4.2). Es ist Aufgabe des
Managements diese Aktivitäten in konkreten Projekten zum richtigen Zeitpunkt umzuset-
zen. Daher stellt sich nun die Frage, wann die Aktivitäten angegangen werden sollen.
Hierbei lassen sich im Verlauf der Existenz von elektronischen Markplätzen sowohl bei
der Entstehung als auch beim weiteren Verlauf gewisse Schwerpunkte erkennen. Diese
Schwerpunkte bestimmen gewisse Stufen im Entwicklungsprozess, die dann von bestimm-
ten Aktivitäten begleitet werden sollten. Die Basis für diese Überlegungen ist vor diesem
Hintergrund der Lebenszyklus der elektronischen Marktplätze. Das Lebenszykluskonzept
dient als eigenständiges Instrument der strategischen Planung, wobei davon ausgegangen
wird, dass ein Markt oder Produkt verschiedene Lebensphasen durchläuft, die mit unter-
schiedlichen Management-Aktivitäten (Normstrategien) verknüpft werden (Meffert 1983,
652 Die Grundlagen des E-Marketplace

S. 20 f.). Hintergrund ist die Überlegung, dass Märkte oder Produkte ebenso wie Lebewe-
sen dem „Gesetz des Werdens und Vergehens“ unterliegen, d.h. dass sie eine begrenzte
zeitliche Existenz haben, die in unterschiedliche Phasen eingeteilt werden kann (Hofstätter
1977). Idealtypisch werden diese Lebensphasen als Einführungs-, Wachstums-, Reife-, Sät-
tigungs- und Verfallsphase bezeichnet (Meffert/Burmann/Kirchgeorg 2015, S. 64 f.). In
jeder der einzelnen Phasen muss der E-Marketplace unterschiedlich agieren.
Bedeutung des
E-Marketplace

Geschäftsvolumen
sichern

Geschäftsvolumen
ausbauen
Kritische Masse
erreichen
Aktivitäten in der Aktivitäten in der Aktivitäten in der Zeit
Einführungsphase Wachstumsphase Reifephase

• Gewährleistung von • Anbieten eines exzellenten • Profilieren über Qualität,


Grundfunktionalitäten Kundenservices Lieferbereitschaft etc.
• Gewinnen von großen Kunden • Gewinnung von Neukunden • Kundenmanagement
• Direktansprache der Kunden über Referenzen und • Permanentes Überarbeiten des
• Entwickeln der Funktionen mit Kommunikation der Erfolge Leistungsangebotes
Pilotanwendern • Ausbau des Leitungsangebots • Sicherstellen der IT-Integration
• Frühzeitige Identifikation der • Aufbau eines Anreizsystems • Strategische Partnerschaften
Bedeutung der

Teilnehmerzielgruppe zur Nutzung mit anderen Marktplätzen


• Start mit risikolosen Produkten • Schrittweises Anbieten von • Abwickeln von komplexen
Aktivität

• Offline-Werbung komplexeren Produkten Transaktionen


• Anpassen der Preise • Abschließen von langfristigen
• Expansion ins Ausland Verträgen mit Kunden

Abb. 240: Aktivitäten in verschiedenen Entwicklungsstufen


Quelle: in Anlehnung an Schlüchter 2001, S. 191.

Die ersten drei Phasen finden sich in dem Drei-Horizonte-Konzept (Baghai/Coley/White


1999, S. 3 ff.) wieder, das die Unternehmenssituation heute, morgen und übermorgen um-
reißt. Im Fall von elektronischen Marktplätzen ist davon auszugehen, dass sie heute damit
beschäftigt sind, die kritische Masse zu erreichen, während sie übermorgen versuchen, ihr
bis dato erlangtes Geschäftsvolumen zu sichern (s. Abb. 240; Schlüchter 2001, S. 81):

„ Innerhalb der Einführungsphase eines E-Marketplace ist es besonders entscheidend,


neue Mitglieder zu akquirieren, damit ein Grundpotenzial an Objekten für das Mat-
ching vorhanden ist und somit die kritische Masse erreicht wird.

„ In der Wachstumsphase (Kollmann/Stöckmann 2014; Kollmann/Kuckertz/Stöck-


mann 2009) kann eine hohe Zahl an neuen Mitgliedern beobachtet werden, sodass
die Bemühungen zur Herstellung einer einfachen Anbindung dieser neuen Mitglieder
dominant bleibt, jedoch zunehmend auch die bereits vorhandenen Mitglieder über
ihre Anfangsnutzung hinaus zu weiteren Aktivitäten angeregt werden sollten. Ferner
Die Implementierung beim elektronischen Handel 653

muss sichergestellt werden, dass einmal vorhandene Mitglieder auch nach den ein-
zelnen Matching-Prozessen bei erneuten Transaktionsaktivitäten wieder zum Markt-
platz zurückkehren (Kollmann 2001b).

„ Diese Überlegungen gelten auch für die Reifephase, in der schon mit einem relativen
Rückgang der Anzahl der Erstnutzer zu rechnen ist. Um die Marktposition zu halten
muss der E-Marketplace sein bereits erreichtes Geschäftsvolumen sichern.

In jeder Phase sichern spezifische Management-Aktivitäten den Erfolg. In allen Phasen ist
besonderer Wert auf das Kundenmanagement und auf das Leistungsangebot zu legen. Die
Prioritäten und die jeweiligen Maßnahmen variieren jedoch von Phase zu Phase. Abb.
240 gibt auf Basis einer Expertenbefragung (Schlüchter 2001) einen Überblick über die
Aktivitäten in den verschiedenen Entwicklungsstufen.
654 Die Grundlagen des E-Marketplace

Übungsaufgaben

1. Erläutern Sie den Unterschied zwischen Standards zur Produktklassifikation und Ka-
talogaustauschformaten sowie deren Zusammenspiel in der Praxis. Warum sind ge-
rade für einen E-Marktplace beide Arten von E-Business-Standards von zentraler
Bedeutung?

2. Neben den Standards, die für den effizienten Aufbau von Handelskatalogen nötig
sind, erfordern Koordinations- und Transaktionsprozesse im E-Business weitere
Standards bzw. Datenaustauschformate. Erstellen Sie eine Liste der für den elektroni-
schen Handel relevanten Geschäftsdokumente und nutzen Sie das Internet, um her-
auszufinden, wie sich die Kommunikation zwischen den an einem Marktplatz beteilig-
ten Parteien konkret gestalten kann.

3. Erläutern Sie den Unterschied zwischen Anbieter-, Nachfrager- und Makler-Mo-


dell. Finden Sie im Internet für jedes Modell drei zusätzliche Praxisbeispiele.

4. Marktplatzlösungen werden von einer Reihe von Softwareherstellern angeboten.


Das Angebot reicht von Skriptsprachen-basierten Lösungen bis hin zu komplexen
E-Business-Applikations-Frameworks. Erläutern Sie anhand von im Web recher-
chierten Beispiellösungen den Unterschied zwischen diesen beiden Ansätzen. Für
welchen Einsatzzweck eignen sich die jeweiligen Lösungen?

5. Web Services stellen einen Internet-Standard dar, der den Datenaustausch zwischen
Marktplatzsystem und Anbieter- bzw. Nachfrager-Systemen ermöglicht. Definieren
Sie auf eine formlose Art und Weise, welche Web Services (a) ein Anbieter potenzi-
ellen Marktplätzen und (b) ein Marktplatz potenziellen Nachfragern zur Verfügung
stellen sollte. Berücksichtigen Sie dabei sowohl den Austausch von Katalogdaten als
auch die Kommunikation von weiteren Geschäftsdokumenten.

6. Erläutern Sie die Koordinationslücken der realen und der elektronischen Handels-
ebene. Greifen Sie dabei auch auf das 3-Sektoren-Modell von Kollmann zurück.

7. Erläutern Sie die zwei kritischen Erfolgspunkte für Prozesse auf einem E-Market-
place. Welche Konsequenzen resultieren daraus für das Matching?

8. Erläutern Sie die Vorteile der Online-Matchingmobilität für die Nachfragerseite


am Beispiel von ebay.de.
Übungsaufgaben 655

9. Wirtschaftliche Transaktionen bestehen auch im E-Business aus mehr als nur dem
Kaufakt. Unterscheiden Sie die vier idealtypischen Phasen der Geschäftstransaktion
und geben Sie einen Überblick über die Prozesse, mit denen der Marktplatzbetreiber
den Handelsprozess unterstützt.

10. In dem eMatching-Prozess werden drei Matching-Modelle unterschieden. Erläutern


Sie die wesentlichen Merkmale dieser Grundmodelle. Finden Sie im Internet für jedes
Modell ein praktisches Beispiel.

11. Erläutern Sie die Kausalbeziehungen zwischen den einzelnen Einflussgrößen des
Gesamtsystems „E-Marketplace“ im operativen Handel. Welche Möglichkeiten ste-
hen dem Marktplatzbetreiber zur Verfügung, um die Marktplatzentwicklung positiv
zu beeinflussen?

12. Erklären Sie unter Rückgriff auf die quantitativen Problemaspekte, die auf einem
E-Marketplace zu Tragen kommen können, warum ein existierender Koordinations-
bedarf unter Umständen durch den Marktplatzbetreiber nicht gelöst werden kann.

13. Ein E-Marketplace kann einem oszillierenden Diffusionsverlauf unterliegen. Erläu-


tern Sie, warum diese Entwicklung in der Regel kein Problem für den E-Marketplace
darstellt. Finden Sie ferner zwei Praxisbeispiele im Internet, bei denen dieses Phä-
nomen beobachtet werden kann.

14. Grenzen Sie die Erwartungen der Anbieter und Nachfrager im Hinblick auf die
Marktplatzteilnahme voneinander ab. Legen Sie Ihrer Argumentation den bilateralen
5-Stufen-Prozess zugrunde. Welche Implikationen ergeben sich daraus für die prakti-
sche Gestaltung elektronischer Marktplätze?

15. Hinsichtlich der strategischen Ausrichtung wird zwischen der Online-Informati-


onsebene und der Online-Transaktionsebene unterschieden. Welche Strategieoptio-
nen stehen auf den beiden Ebenen zur Verfügung? Erklären Sie ferner, warum es
sinnvoll ist, sich auf jeder Ebene klar zu positionieren und welche Strategieoptionen
ebenenübergreifend korrespondieren.

16. Welche Merkmale charakterisieren die Positionierung eines E-Marketplace in der


Wettbewerbsmatrix. Beschreiben Sie ebenfalls die darauf basierenden vier Marktpo-
sitionen für virtuelle Marktplätze.

17. Erläutern Sie die Online- und Offline-Kommunikation als komplementäre Aufgaben
der Kundengewinnung für elektronische Marktplätze. Leiten Sie praktische Beispiele
beider Kommunikationsarten für einen E-Marketplace für Dienstleistungs- und
Handwerksauktionen her.
656 Die Grundlagen des E-Marketplace

18. Welche Ziele verfolgt die Online-Anbieteraktivierung und in welche Prozessphasen


lässt sich der zugehörige Prozess gliedern?

19. Welche vier Prinzipien liegen dem Aufbau von dauerhaften Kundenbeziehungen so-
wie der Pflege und Sensibilisierung des Kundenstammes bei elektronischen Markt-
plätzen zugrunde?

20. Online-Anreizstrategien sollen die Nutzung des E-Marketplace anregen. Erläutern


Sie die verschiedenen Ansätze in diesem Gebiet.

21. Erläutern Sie das Konzept der heterogenitätsabhängigen Bindungswirkung. Wel-


che Auswirkungen ergeben sich darauf basierend für einen vertikalen E-Market-
place?

22. Erklären Sie, welche Ziele mit einem Online-Bewertungssystem verbunden sind. Su-
chen Sie darüber hinaus praktische Beispiele im Internet und bewerten Sie die Qua-
lität der Bewertungen anhand der Fragestellung, ob sie das intendierte Vertrauen
schaffen.

23. Welche grundlegenden Erfolgsfaktoren liegen einer erfolgreichen Implementierung


eines E-Marketplace zugrunde? Sammeln Sie im Internet Informationen zu verschie-
denen E-Business-Unternehmen und bewerten Sie die jeweilige Ausprägung der Er-
folgsbausteine.

24. Beschreiben Sie die drei Stufen der Zielmarktanalyse für elektronische Marktplätze.
Führen Sie eine derartige Analyse exemplarisch für einen B2B-Marketplace für Er-
gänzungssortimente in der Möbelbranche durch.

25. Den Mittelpunkt der Projektorganisation bildet das Projektteam. Beschreiben Sie
die Kompetenzen über die das Projektteam verfügen muss, um die Implementierung
eines elektronischen Marktplatzes erfolgreich durchführen zu können.

26. Nennen und beschreiben Sie interne und externe Gründe des Scheiterns für elekt-
ronische Marktplätze. Finden Sie im Internet Beispiele für Unternehmen, die an die-
sen Problemen gescheitert sind.

27. Auf der Einnahmenseite sind bei elektronischen Marktplätzen neben den durch die
Kernleistung generierten Einnahmen (z. B. Provisionen) oftmals noch weitere Ein-
nahmen vertreten, die auf Nebenleistungen basieren. Beschreiben Sie mögliche Ne-
benleistungen eines Marktplatzes für Gebrauchtwagen.
Übungsaufgaben 657

28. Der Erfolg der Implementierung eines elektronischen Marktplatzes hängt maßgeb-
lich von dem Kern-Projektteam ab, das die Implementierung leitet. Beschreiben Sie
die Rollen, die idealtypisch das Kern-Projektteam bilden.

29. Standardauktionen finden auch im Internet statt. Beschreiben Sie drei der bekann-
testen Standardauktionsformen. Welche Unterschiede und Gemeinsamkeiten gibt es?

30. Welche Merkmale und Fokussierungen hat ein horizontaler E-Marketplace? Erläu-
tern Sie ihre Antwort anhand von zwei Beispielen, die Sie im Internet gefunden ha-
ben.

31. In welchem Zusammenhang unterscheidet man zwischen einem „virtuous circle“


und einem „vicious circle“? Beschreiben Sie diese beiden Phänomene des elektro-
nischen Handels.

32. Die Betreiber elektronischer Marktplätze sind darauf angewiesen, eine ausreichende
Anzahl von Nachfragern zu gewinnen (Quantität). Noch schwieriger ist es allerdings,
bei den Nutzern des E-Marketplace ein echtes Kaufinteresse zu wecken. Nennen und
beschreiben Sie die drei Aspekte der Online-Nachfrageraktivierung.

33. Erläutern Sie inwiefern die neue Datenschutzgrundverordnung das Geschäftsmodell


des E-Marketlace beeinflusst.

34. Während der E-Marketplace als zentrale Plattform für Anbieter und Nachfrager fun-
giert, könnte die Blockchain-Technologie aufgrund ihrer dezentralen Struktur diesen
Vorzügen der Zentralität widersprechen. Erörtern Sie, welche Gründe dafür oder
dagegen sprechen könnten beziehungsweise, ob eine Kombination denkbar ist.

35. Welche Informationen werden laut Datenschutzgrundverordnung als personenbezo-


gene Daten gewertet und welche Auswirkungen könnte dies für deren Verarbeitung
und den Betrieb eines E-Marketplace haben?

36. Nennen Sie ein Beispiel eines E-Marketplace, der auf der Blockchain-Technologie
basiert.
658 Die Grundlagen des E-Marketplace

Klausuraufgaben

1. Klausuraufgabe: „haemmern4u.de“
„haemmern4u.de“ ist einer der führenden Online-Auktionsmarktplätze für Dienstleis-
tungs- und Handwerksaufträge. Aufträge werden bei „haemmern4u.de“ nach dem Prinzip
„Wer bietet weniger?“ versteigert. Aufträge einstellen können Privatpersonen, Unterneh-
men sowie Gewerbetreibende und werden somit Auftraggeber. Unternehmen und Gewerbe-
treibende geben für die Aufträge Gebote ab. Der niedrigstbietende Dienstleister oder
Handwerker ersteigert das Recht zur Durchführung des Auftrages (z. B. Tapezieren einer
Wohnung oder Drucken von Werbematerialien) und wird Auftragnehmer. Im Rahmen einer
internen Diskussion stellt Herr Peter-Alexander Mugge als Geschäftsführer von „haem-
mern4u.de“ fest, dass ein reines Auktionsprinzip einige Teilnehmer abhält, die Vermitt-
lungsdienste in Anspruch zu nehmen. „Alles was uns davon abhält, die kritische Masse zu
erreichen, muss überprüft werden.“, so das Resultat der Besprechung mit seinen Kollegen.
Im Ergebnis bietet „haemmern4u.de“ unter dem Slogan „Wählen Sie Qualität“ den Auf-
traggebern neuerdings daher die Möglichkeit, sich die Auktionsteilnehmer im Vorfeld aus-
zusuchen. Diese sog. „Auswahl-Auktionen“ funktionieren dabei so: Gewerbliche Mitglie-
der müssen sich erst beim Auftraggeber bewerben. Erst wenn dieser die Bewerbung akzep-
tiert, darf das Mitglied seine Gebote abgeben. Im Zuge eines Vortrags von Herrn Mugge
an der Universität Duisburg-Essen beteiligen Sie sich als engagierter Student an der an-
schließenden Diskussion und werden prompt mit einem Praktikum belohnt, indem Sie fol-
gende Fragen bearbeiten sollen:
(a) Erklären Sie allgemein das Konzept der kritischen Masse für elektronische Markt-
plätze. Was bedeutet dieses Konzept speziell für „haemmern4u.de“?
(b) Für das Management von elektronischen Marktplätzen spielt das Beziehungsnetzwerk
zwischen Anbieter, Nachfrager und Matching/Transaktion eine bedeutende Rolle. Er-
läutern Sie die Zusammenhänge im „inneren“ Beziehungsnetzwerk für das Beispiel
„haemmern4u.de“ und stellen Sie anhand eines konkreten Beispiels dar, wie Herr
Mugge dieses positiv beeinflussen kann.
(c) Beschreiben Sie je drei konkrete Beispiele Ihrer Wahl für Maßnahmen im Online- und
Offline-Marketing, mit denen „haemmern4u.de“ die neue Möglichkeit der „Aus-
wahl-Auktion“ potenziellen Neukunden der Anbieterseite kommunizieren kann.

2. Klausuraufgabe: „amcorati.com“
Thorsten Brinkhoff ist bei dem bekannten Möbelhaus „Momba“ als Chefeinkäufer im
Bereich Ergänzungssortimente (diejenigen Warengruppen, die nicht zu den klassischen
Wohnmöbeln gehören: Glas, Porzellan, Keramik/Haushalt, Leuchten, Accessoires etc.)
Klausuraufgaben 659

angestellt. Die Waren in diesem Bereich werden direkt und individuell eingekauft, weil der
Möbelhausbesitzer hofft, sich durch eine getrennte Einkaufspolitik in diesem wichtigen Ge-
schäftsfeld von Konkurrenten abzugrenzen. Die sehr zahlreichen und unterschiedlichen
Anbieter der Waren kommen zumeist aus Übersee. Die wichtigsten Handelspunkte für Er-
gänzungssortimente sind die Messen „Ambiente“ (Frühjahr) und „Tendence“ (Herbst) in
Frankfurt am Main. Zwischen diesen beiden Terminen langweilt sich Herr Brinkhoff häu-
fig und träumt von der Möglichkeit, Waren an 365 Tagen im Jahr und am besten auch 24
Stunden am Tag zu handeln. Als er einen eBay-Werbespot im Fernsehen sieht, kommt ihm
die Idee: „Ein Internetmarktplatz für die Hersteller (Produzenten) und Händler (z. B. Mö-
belhäuser) von Ergänzungssortimenten wäre die Lösung.“ Kurz entschlossen kündigt der
hochmotivierte Herr Brinkhoff seinen Job, um den elektronischen Marktplatz „amco
rati.com“ (übrigens eine Wortschöpfung aus den Begriffen AMbiente und deCORATIon)
zu gründen. Zwar verfügt Herr Brinkhoff aufgrund seiner langjährigen Tätigkeit bei „Mo-
mba“ über das nötige Branchen Know-How. Er kennt sich allerdings nicht sonderlich gut
im elektronischen Handel aus. Daher bittet er Sie als Absolvent der Universität Duisburg-
Essen mit einem Abschluss im E-Business, ihm in der Frühphase der Unternehmensgrün-
dung mit Rat und Tat zur Seite zu stehen:
(a) Elektronische Marktplätze funktionieren nur innerhalb eines bestimmten strukturellen
Umfeldes. Nennen Sie vier grundsätzliche Voraussetzungen für das prinzipielle Funkti-
onieren eines elektronischen Marktplatzes und nehmen Sie eine zugehörige Bewertung
für das vorliegende Fallbeispiel vor.
(b) Es gibt drei verschiedene Matching-Modelle für elektronische Marktplätze. Benennen
Sie diese und geben Sie eine detaillierte Begründung für die von Ihnen befürwortete
Variante für den amcorati.com-Marktplatz.
(c) Hinsichtlich des Erfolges für den E-Marketplace spielt das Problem des Online-Quan-
titätseffekts eine entscheidende Rolle. Wie könnte dieses Problem (in Abhängigkeit zur
Lösung zu Aufgabenteil b!) im Falle von „amcorati.com“ gelöst werden?

3. Klausuraufgabe: „promo-job.de“
Eigentlich ist es Paul Müller leid, sich bereits in der Klausurphase Gedanken darüber zu
machen, wie er in der vorlesungsfreien Zeit ein paar Euro verdienen kann. Aber es hilft
nichts, irgendwoher muss das Geld ja kommen. Als seine Freundin Michaela Schulte
das geplante Lerntreffen wegen eines Messe-Jobs absagt und er allein über dem E-Mar-
ketplace-Stoff sitzt, kommt ihm eine Idee, die Geld einbringen soll. Bei ihrem nächsten Tref-
fen präsentiert Paul seiner Freundin seine Idee: „Es gibt so viele Messen und Agenturen,
die andauernd Aushilfen und Promotoren suchen und Studenten, die immer Geld brauchen
und dafür auch gerne im Bärenkostüm Flyer verteilen, kennen wir auch sehr viele.“ Auf-
bauend auf dieser Feststellung entwickeln Paul und Michaela ein Konzept für den E-Mar-
ketplace „promo-job.de“, der die Unternehmen und Studenten zusammenführen soll.
660 Die Grundlagen des E-Marketplace

Dazu stellen Unternehmen auf der einen Seite detaillierte Ausschreibungen für Aushilfs-
tätigkeiten und Promotionjobs online. Auf der anderen Seite stellen Studenten Profile ein,
aus denen ihre Interessen und Eignung für bestimmte Tätigkeiten hervorgehen. Dazu ge-
hören persönliche Merkmale (z. B. Geschlecht, Größe, Haarfarbe), Fähigkeiten (z. B. Mo-
deration, Catering, Kosmetik) sowie die Zeit, zu der sie zur Verfügung stehen (z. B. Semes-
terferien, Wochenenden, Werktags). Unternehmen gleich wie Studenten können aktiv nach
passenden Angeboten suchen. Wichtig findet Paul, dass ebenfalls ein Benachrichtigungs-
dienst implementiert wird, der die Studenten informiert, sobald eine Ausschreibung einge-
stellt wird, die auf das eigene Profil passt. Während Michaela sich Paul im Bärenkostüm
vorstellt, kommen ihr einige Fragen in den Sinn.
(a) Elektronische Marktplätze funktionieren nur innerhalb bestimmter Strukturen. So ist
eine Voraussetzung, die immer wieder gefordert wird, eine „hohe Fragmentierung des
Marktes“. Beschreiben Sie kurz drei weitere grundsätzliche Voraussetzungen für das
prinzipielle Funktionieren eines E-Marketplace und nehmen Sie eine zugehörige Be-
wertung für das vorliegende Fallbeispiel „promo-job.de“ vor.
(b) Auf elektronischen Marktplätzen können grundsätzlich auf drei Arten Einnahmen ge-
neriert werden. Erklären Sie, wie diese Einnahmenmöglichkeiten innerhalb des Ge-
schäftskonzepts von „promo-job.de“ eingesetzt werden können. Unterscheiden Sie bei
ihren Ausführungen zwischen den beiden Kundengruppen Unternehmen und Studenten.
(c) Hinsichtlich des Erfolges spielen für den E-Marketplace Online-Qualitätseffekte eine
entscheidende Rolle. Beschreiben Sie zunächst, worin die qualitativen Problemaspekte
bei „promo-job.de“ bestehen. Präsentieren Sie ebenfalls kurz Ansätze, wie Paul und
Michaela diese qualitativen Problemaspekte lösen können.

4. Klausuraufgabe: „flipperplace.de“
Nachdem der BWL-Promovend Herr Schöngeist und der ehemalige Informatik-Student
Herr Meier bereits flipperhit.de, eine Tauschcommunity für Musik-CDs, erfolgreich am
Markt platzieren konnten, haben die beiden vor einiger Zeit ihr nächstes Projekt „flip-
perplace.de“ gestartet. Auf dem flipperplace-Festpreis-Marktplatz können private und
professionelle Teilnehmer Filme, Musik und Bücher kaufen bzw. verkaufen. Da die Grund-
daten eines Produktes (z. B. Titel) anhand der EAN automatisch aus dem Internet geladen
werden, muss der Objektanbieter nur noch Informationen zum Warenzustand eintragen.
Ferner wird die flipperplace-Garantie angeboten, die eine zu 100 % sichere Abwicklung
gewährleistet, sodass Anbieter und Nachfrager kein Risiko tragen, ihr Geld oder ihre Ware
nicht zu erhalten. Von diesen beiden Besonderheiten sind nicht nur die Business Angels
begeistert, die in einer ersten Finanzierungsrunde bereits einen fünfstelligen Betrag inves-
tiert haben, sondern auch die Presse hat bereits mehrfach positiv über den „(noch) kleinen
eBay- und Amazon-Konkurrenten“ berichtet. Bevor sich Herr Schöngeist und Herr Meier
an Venture-Capitalisten wenden können, um das nächste, große Investment an Land zu
ziehen, müssen sie ihr Angebot aber noch einmal kritisch durchleuchten. Als enger Freund
Klausuraufgaben 661

von Herrn Schöngeist und E-Business-Experte haben Sie sich angeboten, mit ihm einige
kritische Fragen in Vorbereitung auf die Investorengespräche zu diskutieren.
(a) Für den Aufbau eines E-Marketplaces spielen fünf Erfolgsfaktoren eine übergeordnete
Rolle. Beschreiben Sie kurz drei dieser Faktoren und bewerten Sie, inwieweit „flip
perplace.de“ diese bereits erkennen lässt oder geben Sie an, durch welche Signale das
Unternehmen diese kommunizieren könnte.
(b) Im operativen Handel spielt das Beziehungsnetzwerk zwischen Anbieter, Nachfrager
und Matching/Transaktion eine bedeutende Rolle. Erläutern Sie anhand von „flip
perplace.de“ die Zusammenhänge im „inneren“ Beziehungsnetzwerk (ohne Input-
und Output-Größen!) und stellen Sie anhand eines konkreten Beispiels dar, wie Herr
Schöngeist den Beziehungskreis positiv beeinflussen kann.
(c) Hinsichtlich des Erfolges spielen für den E-Marketplace Online-Qualitätseffekte eine
entscheidende Rolle. Beschreiben Sie zunächst, worin die qualitativen Problemaspekte
bei „flipperplace.de“ bestehen. Beschreiben Sie ebenfalls je Problemaspekt einen An-
satz, wie Herr Schöngeist diesen lösen kann.

5. Klausuraufgabe: „make-weekend.de“
Christian Müller ist Berater in einem großen IT-Consultingunternehmen und arbeitet,
wie die meisten seiner Kollegen, bis zu 16 Stunden am Tag. Viele andere wichtige Aktivi-
täten bleiben dabei auf der Strecke, wie er erfahren musste, als er den Geburtstag seiner
Fernbeziehung vergessen und ihr nicht mal eine Karte geschickt hat. Christian ist sicher,
dass sich an seinem Leben etwas ändern muss. Nicht sicher, ob er dadurch mehr Freizeit
haben wird, aber sicher, ein gutes und spannendes Projekt zu starten, kündigt er und
beschließt, ein eigenes Startup-Unternehmen zu gründen. Er möchte Menschen, die in
ihrem Beruf ähnlich gestresst sind, wie er selbst zuvor, das Leben etwas leichter zu ma-
chen. Zusammen mit einer Freundin Luise König entwickelt er den E-Marketplace make-
weekend.de. Dies ist eine Plattform, auf der Kunden Dienstleistungen aller Art – denkbar
wären bspw. Online-Recherchen, Buchhaltung, Reisebuchungen, Sekretariatsarbeiten o-
der das Schreiben von Geburtstagskarten – einkaufen können. Bezahlt wird mittels flexibler
Flatrates, die Inklusiv-Arbeitsstunden zu festgesetzten Stundenpreisen enthalten. Je nach
Art der Aufgabe könnte Christian die anfallende Arbeit entweder an Studenten als Ne-
benjob oder auftragsweise an Fachleute vermitteln. Damit die Kunden der neuen Platt-
form einen „single point of contact haben“, planen die beiden, einen virtuellen Assistenten
programmieren zu lassen, der als Ansprechpartner individuell für jeden Kunden agiert und
entsprechend dem hinterlegten Benutzerprofil angepasst wird. Während der Planung des
E-Ventures ergeben sich einige Fragen in der Diskussion zwischen Christian und Luise.
(a) Für die Gründung eines elektronischen Marktplatzes gibt es verschiedene Strategie-
optionen. Benennen Sie die Strategieoptionen für die Online-Transaktionsebene und für
662 Die Grundlagen des E-Marketplace

die Online-Informationsebene. Entscheiden Sie sich für eine Kombination der Stra-
tegieoptionen der Informations- und Transaktionsebene und charakterisieren Sie die
Auswirkungen auf die Gestaltung des E-Marketplace „make-weekend.de“.
(b) Hinsichtlich des Erfolges spielen für den E-Marketplace Online-Qualitätseffekte eine
entscheidende Rolle. Beschreiben Sie zunächst, worin die qualitativen Problemaspekte
bei „make-weekend.de“ bestehen. Präsentieren Sie je Aspekt ebenfalls kurz einen An-
satz, wie Christian und Luise diese qualitativen Problemaspekte lösen können.
(c) Um dauerhaft im Markt bestehen zu können, machen sich Christian und Luise Gedan-
ken darüber, wie man neu gewonnene Kunden an die Plattform binden kann. Die bei-
den Gründer erwarten nämlich, dass schnell Nachahmer in den Markt drängen werden.
Beschreiben Sie kurz die Prinzipien des strategischen Beziehungsmarketings und nen-
nen Sie je Prinzip ein konkretes Beispiel dafür, wie der E-Marketplace „make-wee-
kend.de“ stabile Kundenbeziehungen schaffen kann.

6. Klausuraufgabe: „my-bundesligaticket.de“
Philipp Müller und Torsten Stolz sind begeisterte Fußballfans. Leider sind beide als erfolg-
reiche IT-Berater beruflich viel unterwegs, was ihr großes gemeinsames Hobby, den Besuch
von Fußball-Bundesligaspielen von SC Schulke 05, sehr beeinträchtigt: Einerseits erlaubt
die wenige Freizeit es ihnen in der Regel nicht, sich morgens an die Vorverkaufsschalter zu
stellen, um Karten für ein attraktives Spiel zu erwerben. Andererseits können sie nicht alle
Spiele, für die ihnen der Kartenerwerb gelungen ist, besuchen und müssen immer wieder
Karten verfallen lassen, was sie sehr traurig stimmt. Vor diesem Hintergrund beschließen
Herr Müller und Herr Stolz, ihr IT- und Fußballwissen zusammenzuführen und einen
elektronischen Marktplatz für den Handel von Tickets für Fußballbundesligaspiele mit
dem Namen „my-bundesligaticket.de“ zu eröffnen. Jede Privatperson soll so die Mög-
lichkeit bekommen, Fußballtickets zu ersteigern und ihre Lieblingsmannschaft im Stadion
sehen zu können. „Um das Kartenangebot zu erhöhen, sollten wir auf der Anbieterseite
auch professionelle Ticketverkäufer zulassen“, stellt Herr Stolz fest. Während Herr Stolz
weiter über Rahmenbedingungen nachdenkt, verfolgt Herr Müller ganz andere Gedanken:
„Um zukünftig unser Hobby zu finanzieren, sollten wir mit dem Marktplatz auch möglichst
viel Geld verdienen! Aber wie?“, stellt er fest. An dieser Stelle bemerken die beiden IT-
ler, dass Ihnen noch Gründungswissen im E-Business fehlt. Vor diesem Hintergrund wen-
den sich Philipp Müller und Torsten Stolz an Sie als ehemaligen Studienkollegen und gu-
ten Freund und bitten Sie um Ihre Einschätzung zu den folgenden Fragen.
(a) Der erfolgreiche Aufbau eines E-Marketplace hängt mitunter davon ab, ob die äußeren
Rahmenbedingungen für eine derartige transaktionsvermittelnde Institution überhaupt
vorhanden sind. Vor diesem Hintergrund kommt der Strukturanalyse eine hohe Bedeu-
tung zu. Erklären Sie zunächst drei Bestandteile der Strukturanalyse und nehmen Sie
dann zu jedem der drei Bestandteile begründend Stellung, inwieweit die Voraussetzun-
gen bei „my-bundesligaticket.de“ erfüllt sind.
Klausuraufgaben 663

(b) Für die Gründung eines elektronischen Marktplatzes gibt es verschiedene Strategie-
optionen. Erklären Sie die Strategieoptionen für die Online-Informationsebene. Ent-
scheiden Sie sich für eine der beiden Strategieoptionen und charakterisieren Sie die Aus-
wirkungen auf die Gestaltung des E-Marketplace „my-bundesligaticket.de“.
(c) Die Einnahmenseite eines elektronischen Marktplatzes wird einerseits durch Kernleis-
tungen und auf der anderen Seite durch Nebenleistungen bestimmt. Erläutern Sie drei
mögliche Umsatzquellen für „my-bundesligaticket.de“ und ordnen Sie jede dieser Um-
satzquellen als Kern- oder Nebenleistung ein.

7. Klausuraufgabe: „ichlasseesmirgutgehen.de“
Tina Radler und Achim Bender lassen es sich im Leben gerne gut gehen. Gutes Essen,
weite Reisen und eine gute Gesundheit sind ihnen wichtig. Auf einer ihrer Reisen nach
Asien ist ihnen aufgefallen, wie herrlich entspannend Massagen sein können. Wieder in
Deutschland angekommen, stellten sie fest, dass es nicht leicht ist, die entspannenden Sit-
zungen hier fortzusetzen. Zwar gibt es etliche Physiotherapeuten und Massagesalons in
Deutschland, doch ist es schwer, sich einen Überblick zu verschaffen und an seriöse und
nicht überteuerte Anbieter zu gelangen. Während heilende Anwendungen für Kranke in
der Regel von der Krankenkasse bezahlt werden, gelten Wohlfühlprogramme für Gesunde
in Deutschland als Luxusangebot. Bei ihrem Versuch, sich einen Überblick zu verschaffen,
sind sie nicht nur an der Anzahl verschiedener Anbieter gescheitert, sondern auch dem oft
scher zu erfassenden Angebot. Während sich die beiden unter Bürsten- und Warmstein-
massagen noch etwas vorstellen konnten, überforderte sie die Auswahl zwischen Angebo-
ten wie Tuina, Watsu oder Lomi Lomi Nui. Als Achim – wieder daheim angekommen – im
Internet die verschiedenen Massageformen recherchiert hat, hat er schon wieder verges-
sen, welcher Anbieter welche Massage zu welchem Preis anbietet. „Das muss doch einfa-
cher gehen“, fährt es aus ihm heraus. Als Studentin der Wirtschaftsinformatik kommt Tina
gleich auf die Idee, einen elektronischen Marktplatz in diesem Bereich aufzubauen. Er soll
„ichlasseesmirgutgehen.de“ heißen. Hier würden Anbieter und ihre Angebote mit Nach-
fragern, wie Tina und Achim und ihren Bedürfnissen zusammengeführt. „Eine gute Idee“,
findet Achim und führt weiter aus: „Man könnte online auch direkt sehen, welcher Anbie-
ter wann verfügbar ist und Termin online vereinbaren.“ Die technische und betriebswirt-
schaftliche Kompetenz haben sie im Grunde, doch ergeben sich einige Fragen bezüglich
der Ausgestaltung und des Aufbaus eines elektronischen Marktplatzes. An dieser Stelle
bitten Tina und Achim Sie um Hilfe, da sie davon ausgehen, dass Sie als Besucher der
Veranstaltung E-Marketplace wertvollen Input zur Klärung der folgenden Fragen liefern
können.
(a) Der erfolgreiche Aufbau eines E-Marketplace hängt mitunter davon ab, ob die äuße-
ren Rahmenbedingungen für eine derartige transaktionsvermittelnde Institution über-
haupt vorhanden sind. Vor diesem Hintergrund kommt der Strukturanalyse eine hohe
664 Die Grundlagen des E-Marketplace

Bedeutung zu. Erklären Sie zunächst drei Bestandteile der Strukturanalyse und neh-
men Sie dann zu jedem der drei Bestandteile begründend Stellung, inwieweit die Vo-
raussetzung bei „ichlasseesmirgutgehen.de“ erfüllt sind.
(b) Für die Gründung eines elektronischen Marktplatzes gibt es verschiedene Strategie-
optionen. Beschreiben Sie zunächst die Strategieoptionen für die Online-Transaktions-
ebene. Entscheiden Sie sich für eine der beiden Strategieoptionen und charakterisieren
Sie die Auswirkungen auf die Gestaltung von „ichlasseesmirgutgehen.de“.
(c) Es gibt drei verschiedene Matching-Prinzipien innerhalb des E-Matching-Prozesses
(Vereinbarungsphase). Benennen Sie diese und geben Sie eine detaillierte Begründung
für das von Ihnen befürwortete Prinzip für den „ichlasseesmirgutgehen.de“-Markt-
platz.

8. Klausuraufgabe: „container.de“
„Aufgrund der Rohstoffverteilung, unterschiedlicher Produktionskosten und verschie-
denster Bedarfe in der Welt werden immer mehr Güter per Containerschiff weltweit trans-
portiert,“ hat Ralf Schmiller im letzten Semester in einer seiner BWL-Vorlesungen gehört.
Als er vor kurzem den Hamburger Hafen besuchte und erstmals einen solchen Container
gesehen hatte, geriet er ins Nachdenken, was und vor allem wie viel in einem solchen
Container transportiert wird. Er sammelte folgende Informationen: In der Regel können
von Unternehmen und Privatpersonen nur komplette Container angemietet werden. Con-
tainer gibt es nur in einer Größe, aber mit verschiedenen Ausstattungen, z. B. Kühlcon-
tainer. Die Kosten zur Anmietung sind sehr hoch. Oftmals werden nur halbvolle Container
verschifft. Als Umweltaktivist und Betriebswirt ärgert sich Ralf nicht nur über die sinnlose
Umweltverschmutzung, sondern kommt auch auf die Idee, den Online-Marktplatz „con-
tainer.de“ zu gründen, der hilft, freie Kapazitäten in von Unternehmen oder Privatperso-
nen angemieteten Containern an andere Unternehmen oder Privatpersonen zu vermitteln.
„Damit lassen sich mindestens zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen – Schutz der Um-
welt und finanzieller Gewinn.“, denkt er sich. Nun hat er einige Fragen zur konkreten
Ausgestaltung und er bittet Sie – aufgrund Ihrer Weiterbildung zum E-Business-Manager
an der Universität Duisburg-Essen um Hilfe bei der Beantwortung:
(a) Es gibt drei verschiedene Matching-Prinzipien innerhalb des E-Matching-Prozesses
(Vereinbarungsphase). Beschreiben Sie diese zunächst kurz. Wählen Sie dann das
Prinzip aus, das für den „container.de“-Marktplatz am besten geeignet ist.
(b) Hinsichtlich des Erfolges spielen für den E-Marketplace Online-Qualitätseffekte eine
entscheidende Rolle. Beschreiben Sie zunächst kurz allgemein, welche qualitativen
Problemaspekte unterschieden werden. Nehmen Sie dann dazu begründend Stellung,
wie diese Problemaspekte den Marktplatz „container.de“ tangieren. Berücksichtigen
Sie bei Ihrer Entscheidung auch das Prinzip, das Sie in Teilaufgabe ausgewählt haben.
Klausuraufgaben 665

(c) Für die Gründung eines E-Marketplace gibt es verschiedene Strategieoptionen. Be-
schreiben Sie zunächst kurz die beiden Strategieoptionen für die Online-Transaktions-
ebene. Entscheiden Sie sich für eine dieser beiden Strategieoptionen und charakteri-
sieren Sie die Konsequenzen für den „container.de“-Marktplatz, die die Verfolgung
dieser Strategie mit sich bringt.

9. Klausuraufgabe: „auxpensive.de“
Carl-Theodor von Meisenbach und Eleonora Clasfeld sind es von Kindesbeinen an ge-
wohnt, sich mit luxuriösen Gegenständen wie zum Beispiel teuren Uhren, Kunstgegen-
ständen, Antiquitäten oder Oldtimern zu umgeben. Oftmals ist es jedoch schwierig, an
diese Luxusprodukte zu kommen – vor allem, wenn es sich um Sammlerstücke handelt.
Carl-Theodor und Eleonora beschließen daher, ein Online-Auktionshaus für exklusive
Produkte – und natürlich exklusive Kunden – zu gründen. Die Plattform „auxpensive.de“
(eine Wortneuschöpfung aus „auction“ und „expensive“) soll nur für Kunden zugänglich
sein, die über Empfehlungen angeworben werden. Ein exklusiver Zugangscode berechtigt
dann zur Teilnahme an den Auktionen. Was die Gepflogenheiten der Luxusgüterbranche
angeht, kennen sich Carl-Theodor und Eleonora natürlich aus eigener Erfahrung bestens
aus. Außerdem verfügen beide über ein großes Kontaktnetzwerk in den „gehobenen Krei-
sen“. Leider fehlt den Gründern jedoch das nötige Wissen über die Digitale Wirtschaft
und den elektronischen Handel. Daher bitten Carl-Theodor und Eleonora Sie als Teilneh-
mer der Weiterbilldung zum E-Business-Leader an der Universität Duisburg-Essen da-
rum, Ihnen bei ein paar wichtigen Fragen zu helfen.
(a) Auktionen können nach verschiedenen Regeln durchgeführt werden. Beschreiben Sie
die vier bekanntesten Auktionsformen. Welche Auktionsform sollten Carl-Theodor und
Eleonora für „auxpensive.de“ wählen? Begründen Sie Ihre Entscheidung mit Bezug
auf das Fallbeispiel.
(b) Im Rahmen der Marktanalyse spielt die genaue Betrachtung der Teilnehmer (Teilneh-
meranalyse) des zukünftigen E-Marketplace eine wichtige Rolle. Nennen Sie die drei
grundsätzlichen Kriteriengruppen für die E-Marketplace-Eignung. Führen Sie für die
zukünftigen Kunden von „auxpensive.de“ eine exemplarische Nachfrager-Analyse
nach diesen drei Punkten durch.
(c) Um die Exklusivität des E-Marketplace zu gewährleisten, setzen Carl-Theodor und
Eleonora wie bereits beschrieben auf einen beschränkten Zugang zur Plattform. Wel-
che Vor- und Nachteile hat die Strategie mit den exklusiven Zugangscodes aus Ihrer
Sicht? Diskutieren Sie die Vorgehensweise kritisch, vor allem in Bezug auf Online-
Quantitätseffekte. Gibt es aus Ihrer Sicht sinnvolle Alternativen zur gewählten Strate-
gie?
666 Die Grundlagen des E-Marketplace

10. Klausuraufgabe: „fischtastisch.de“


Katrin Fischer und Michael Nass studieren BWL an der Universität Duisburg-Essen. In
ihrer Freizeit ist jedoch Aquaristik ist ihre größte Leidenschaft. Ihren Guppys, Zebrabärb-
lingen und Schmetterlingsbuntbarschen geht es sogar so gut, dass sie sich ausgiebig ver-
mehren – so sehr, dass es im Aquarium regelmäßig zu eng wird und die Population einer
Fischsorte im Aquarium überhandnimmt. Katrin Fischer und Michael Nass nehmen re-
gelmäßig an lokalen Treffen der „Fischfreunde Rhein-Ruhr“ statt. Neben angeregten Dis-
kussionen über die Haltungsbedingungen der geliebten Haustiere dienen diese Treffen
auch als „Tauschbasar“ für überzählige Fische. „Das muss doch auch auf digitale Weise
gehen! Dann müssen wir auch nicht unsere armen Fische in Plastiktüten dorthin trans-
portieren“, stellt Katrin Fischer nach einem der Treffen fest. So entstand die Idee für
„fischtastisch.de“ – ein E-Marketplace, auf dem Nutzer ihre „überzähligen“ Fische on-
line verkaufen oder gegen Fische anderer Nutzer tauschen können. In den „Produkt-“
bzw. Fischbeschreibungen können Anbieter alle wichtigen Daten über die Fische anlegen,
z. B. Aussehen, Geschlecht oder ob es sich um Süß- oder Salzwasserfische handelt. Durch
einen ausgefeilten Matching-Algorithmus sollen dann Anbieter und Nachfrager zusam-
mengebracht werden. Katrin Fischer und Michael Nass sind Feuer und Flamme für ihre
Gründungsidee und auch einige Bekannte von den „Fischfreunden Rhein-Ruhr“ haben
direkt Interesse angemeldet und wollen auf dem E-Marketplace aktiv werden, sobald die-
ser online geht. Die zwei angehenden Gründer haben sogar schon einen Kommilitonen
der Wirtschaftsinformatik davon überzeugen können, als Programmierer einzusteigen und
damit das Team um technische Kompetenzen zu ergänzen. Es wird also ernst – während
der konkreten Planung der nächsten Schritte für die Gründung kommen bei Katrin Fischer
und Michael Nass jedoch noch einige kritische Fragen auf.
(a) Katrin Fischer und Michael Nass machen sich Gedanken darüber, wie sie die Loyalität
der Fischfans zu ihrem E-Marketplace sicherstellen können. Schließlich gibt es auch
andere Anbieter – z. B. Kleinanzeigen-Webseiten – die ebenfalls über eine „Haustiere-
Rubrik“ verfügen. Erläutern Sie die drei zentralen Bedürfnisbereiche der E-Market-
place-Teilnehmer am Beispiel der „fischtastisch.de“-Nutzer. Ist es in diesem Zusam-
menhang sinnvoll, den Teilnehmern ein Diskussionsforum zu aquaristikbezogenen
Themen anzubieten? Diskutieren Sie in diesem Zusammenhang das Prinzip der hete-
rogentätsabhängigen Bindungswirkung.
(b) Sowohl Nachfrager als auch Anbieter haben Erwartungen an einen E-Marketplace.
Nennen Sie jeweils drei Erwartungen aus Nachfragersicht und drei Erwartungen aus
Anbietersicht und erläutern Sie diese anhand des Beispiels „fischtastisch.de“.
(c) Katrin und Michael sind sich vor allem unsicher, welche Aktivitäten in den künftigen
Entwicklungsstufen ihres E-Marketplace auf sie zukommen werden. Nennen Sie die
drei wichtigen Phasen der Entwicklung und beschreiben Sie jeweils zwei entschei-
dende Aktivitäten, die durch das Management-Team in diesen Phasen wahrgenommen
werden sollten.
Klausuraufgaben 667

11. Klausuraufgabe: „net-lawyer.com“


Im Zuge der drohenden Dieselfahrverbote wollen die Freunde und Hobbyjuristen Daniel
Kranich und Alain Scora verschiedene Automobilkonzerne verklagen. Die Suche nach in
Frage kommenden Anwaltskanzleien gestaltet sich jedoch als schwierig, da den beiden
nur ein altes Telefonbuch mit nicht mehr aktuellen Kontaktinformationen zu Anwaltskanz-
leien in der näheren Umgebung vorliegt. Die gemeinsame Freundin der beiden, Charlotte
Schmid, rät zu einer Suche im Internet und generell, in größeren Dimensionen zu denken.
Da das Internet für Daniel und Alain noch Neuland ist, hat sich Charlotte bereit erklärt,
die Recherche zu übernehmen. Dabei musste sie jedoch schnell erkennen, dass es keine
integrierte Plattform gibt, die einen internationalen Vergleich von Rechtsanwälten mit
Angabe von deren Fachgebieten, Bewertungen durch vorherige Mandanten und Progno-
sen zu potentiell anfallenden Kosten und Erfolgschanchen ermöglicht. Gemeinsam mit ih-
ren Freunden und deren juristischer Expertise möchte Charlotte nun den ersten interna-
tionalen integrierten E-Marketplace für juristische Dienstleistungen gründen und etablie-
ren. Kunden (Nachfrager) sollen ihr Problem schildern können und an den zur Lösung am
besten geeigneten Rechtsanwalt (Anbieter) verwiesen werden. Unter Zuhilfenahme von
künstlicher Intelligenz soll dabei eine Prognose zu den voraussichtlichen Erfolgs- bzw.
Gewinnchancen abgegeben werden und schließlich der Kontakt zu einem geeigneten
Rechtsanwalt hergestellt werden. Mit Ausnahme des Namens „net-lawyer.com“ haben
sich Daniel, Alain und Charlotte über keine weiteren Einzelheiten Gedanken gemacht,
daher bitten sie Sie als Student des Lehrstuhls für E-Business und E-Entrepreneurship bei
den folgenden Details um Hilfe:
(a) Von der Anfrage über die Suche bis hin zur Vermittlung (eines Rechtsanwalts) und
dem Kundenservice ist eine elektronische Unterstützung möglich. Nennen und erklä-
ren Sie kurz die vier Prozessbereiche einer Online-Koordination über einen E-Mar-
ketplace und erläutern Sie, wieso dem eMatching-Prozess im vorliegenden Beispiel
von net-lawyer.com besondere Wichtigkeit zukommen könnte.
(b) Da der Erfolg eines E-Marketplace davon abhängig ist, inwieweit die Erwartungen
der beiden Kundengruppen erfüllt werden, gilt es, die Anforderungen der Online-
Marktplatzteilnehmer an einen E-Marketplace genau zu identifizieren und zu erfüllen.
Nennen Sie drei Aspekte, die die Anforderungen der Online-Marktplatzteilnehmer an
einen E-Marketplace adressieren und diskutieren Sie je Aspekt zwei konkrete Erwar-
tungen, die entweder der Anbieter und/oder der Nachfrager an den E-Marketplace net-
lawyer.com stellen könnte.
(c) Bei der Positionierung des E-Marketplace kommen grundsätzlich vier strategische
Optionen für Betreiber elektronischer Marktplätze in Frage. Trotz der grundsätzlichen
Möglichkeit einer doppelten Strategieausrichtung erscheint es aus Wettbewerbsgrün-
den notwendig, sich klar zu positionieren. Nennen und beschreiben Sie zunächst die
zwei Strategieoptionen der Informationsebene und der Transaktionsebene. Entschei-
den Sie sich für eine der Strategieoptionen und begründen Sie Ihre Entscheidung.
668 Die Grundlagen des E-Marketplace

Literatur zum Kapitel (Auswahl)

Abrams, J. (2002): Vertikale elektronische Marktplätze. Empirische Untersuchung und


Gestaltungsanforderungen, Köln.
Appelfeller, W./Feldmann, C. (2018): Die digitale Transformation des Unternehmens –
Systematischer Leitfaden mit zehn Elementen zur Strukturierung und Reifegrad-
messung, Wiesbaden.
Arndt, T. (2002): Erfolgreich auf B2B-Marktplätzen. Effizienz und Produktivität in
E- Procurement und Sales, Bonn.
Bauer, H. H./Hammerschmidt, M. (2003): Marketing für elektronische Marktplätze,
Mannheim.
BITKOM (2018): 30 Milliarden Markt rund um das Smartphone, https://www.bit-
kom.org/Presse/Presseinformation/30-Milliarden-Markt-rund-um-das-Smart-
phone.html, Zugriff am 30.07.2018.
Chircu, A. M./Kauffmann, R. J. (1999): Strategies for Internet Middlemen in the Intermedi-
ation/Disintermediation/Reintermediation Cycle, in: Electronic Markets, Jg. 9, Nr. 1/2,
S. 1-9.
Clement, R./Schreiber, D. (2016): Internet-Ökonomie – Grundlagen und Fallbeispiele der
vernetzten Wirtschaft, 3. Aufl., Heidelberg.
Crosby, M./Nachiappan, P./Pattanayak, P./Verma, S./Kalyanaraman, V. (2016):
Blockchain Technology: Beyond Bitcoin. Sutardja Center for Entrepreneurship &
Technology Technical Report, http://scet.berkeley.edu/wp-content/uploads/AIR-
2016-Blockchain.pdf, Zugriff am 06.02.2019.
Decker, A. (2019): Der Social-Media-Zyklus – Schritt für Schritt zum systematischen
Social-Media-Management im Unternehmen, Springer Gabler, Wiesbaden.
Dorfer, L. (2016): Datenzentrische Geschäftsmodelle als neuer Geschäftsmodelltypus in
der Electronic-Business-Forschung: Konzeptionelle Bezugspunkte, Klassifikation
und Geschäftsmodellarchitektur, in: Schmalenbachs Zeitschrift für betriebswirt-
schaftliche Forschung, Jg. 68, Nr. 3, S. 307-369.
Esswein, W./Zumpe, S. (2002): Realisierung des Datenaustausches im elektronischen Han-
del, in: Informatik Spektrum, Jg. 25, Nr. 4, S. 251-261.
Hellriegel, D./Slocum, J. W. (2007): Management: A Competency-Based Approach, 11.
Aufl., Reading, Mass.
Hungenberg, H. (2014): Strategisches Management in Unternehmen: Ziele, Prozesse, Ver-
fahren, 8. Aufl., Wiesbaden.
Literatur zum Kapitel (Auswahl) 669

Kielholz, A. (2008): Online-Kommunikation – Die Psychologie der neuen Medien für die Be-
rufspraxis: E-Mail, Website, Newsletter, Marketing, Kundenkommunikation,
Heidelberg.
Kollmann, T. (1998d): Marketing for Electronic Market Places – The Relevance of Two
“Critical Points of Success”, in: Electronic Markets, Jg. 8, Nr. 3, S. 36-39.
Kollmann, T. (1999b): Wie der virtuelle Marktplatz funktionieren kann, in: Harvard Business
Manager, Jg. 21, Nr. 4, S. 27-34.
Kollmann, T. (1999c): Virtual Marketplaces: Building Management Information Systems for
Internet Brokerage, in: Virtual Reality, Jg. 4, Nr. 4, S. 275-290.
Kollmann, T. (2000a): Elektronische Marktplätze – Die Notwendigkeit eines bilateralen One-
to-One-Marketingansatzes, in: Bliemel, F./Fassott, G./Theobald, A. (Hrsg.): Handbuch
Electronic Commerce, 3. Aufl., Wiesbaden, S. 123-144.
Kollmann, T. (2000b): Competitive Strategies for Electronic Marketplaces, in: Electronic
Markets, Jg. 10, Nr. 2, S. 102-109.
Kollmann, T. (2000c): Virtuelle Marktplätze, in: Die Betriebswirtschaft, Jg. 60, Nr. 6,
S. 816-819.
Kollmann, T. (2001b): Virtuelle Marktplätze. Grundlagen – Management – Fallstudie,
München.
Kollmann, T. (2005d): The Matching Function for Electronic Market Places – Determin-
ing the Probability of Coordinating of Supply and Demand, in: International Jour-
nal of Electronic Business, Jg. 3, Nr. 5, S. 461-472.
Kollmann, T. (2016): E-Entrepreneurship: Grundlagen der Unternehmensgründung in der
Digitalen Wirtschaft, 6. Aufl., Wiesbaden.
Kollmann, T./Häsel, M. (2007c): Reverse Auctions in the Service Sector: The Case of
LetsWorkIt.de, in: International Journal of E-Business Research, Jg. 3, Nr. 3,
S. 60-76.
Kollmann, T./Hensellek, S./de Cruppe, K./Sirges, A. (2019): Toward a Renaissance of
Cooperatives Fostered by Blockchain on Electronic Marketplaces – A Theory-
Driven Case Study Approach, Whitepaper.
Kollmann, T./Herr, C. T./Kuckertz, A. (2008): Nicht-lineare Wirkungszusammenhänge
zwischen Gründungsorganisation und subjektivem Unternehmenserfolg – empiri-
sche Befunde, in: Zeitschrift für Betriebswirtschaft, Jg. 78, Nr. 6, S. 651-670.
Kollmann, T./Stöckmann, C. (2007a): Oszillationen bei der Diffusion von elektroni-
schen Marktplätzen – Implikationen für den Wettbewerb jenseits der kritischen
Masse, in: Schuckel, M./Toporowski, W. (Hrsg.): Theoretische Fundierung und
praktische Relevanz der Handelsforschung, Wiesbaden, S. 579-594.
670 Die Grundlagen des E-Marketplace

Lawrenz, O./Nenninger, M. (2002): Von e-Procurement zu e-Markets – Eine Einfüh-


rung, in: Nenninger, M./Lawrenz, O. (Hrsg.): B2B-Erfolg durch e-Markets und e-
Procurement. Strategien und Konzepte, Systeme und Architekturen, Erfahrungen
und best practice, 2. Aufl., Braunschweig.
Metzner, S. (2016): Blockchain – Wie der Markt sich an die neuen Möglichkeiten heran-
tastet, https://blog.trendone.com/2016/07/13/blockchain-wie-der-markt-sich-an-
die-neuen-moeglichkeiten-herantastet/, Zugriff am 06.02.2019.
Picot, A./Reichwald, R./Wigand, R. T. (2003): Die grenzenlose Unternehmung. Infor-
mation, Organisation und Management, 5. Aufl., Wiesbaden.
Rätz, D. (2003): Erfolgspotenzial elektronischer B2B-Marktplätze: Theorie – Empirie –
Fallstudien, Köln.
Rohde, H. (2017): Blockchain wird Vermittler arbeitslos machen, https://kommunikation-
mittelstand.digital/blockchain-wird-vermittler-arbeitslos-machen/, Zugriff am
06.02.2019.
Rosenberger (2018): Bitcoin und Blockchain: Vom Scheitern einer Ideologie und dem
Erfolg einer revolutionären Technik, Berlin.
Schneider, D./Schnetkamp, G. (2000): E-Markets. B2B-Strategien im Electronic Com-
merce: Marktplätze, Fachportale, Plattformen, Wiesbaden.
Turban, E./Whiteside, J./King, J. D./Outland, J. (2017): Introduction to Electronic
Commerce and Social Commerce, 4. Auf., Cham.
Voigt, K.-I./Landwehr, S./Zech, A. (2003): Elektronische Marktplätze. E-Business im
B2B-Bereich, Heidelberg.
Die Grundlagen der E-Community 671

5. Die Grundlagen der E-Community

Die E-Community steht allgemein als Begriff für die organisierte Kommunikation in-
nerhalb eines elektronischen Kontaktnetzwerkes und damit für die Bereitstellung einer
technischen Plattform für die Zusammenkunft einer Gruppe von Individuen, die in einer
bestimmten Beziehung zueinanderstehen bzw. zueinanderstehen wollen. Diese Beziehung
kann thematisch durch die Kommunikationsinhalte, aber auch über den sozialen oder be-
ruflichen Status der Community-Teilnehmer bestimmt werden. Im Mittelpunkt steht dabei
jedoch immer die soziale Interaktion und damit der Austausch selbst geschaffener entwe-
der inhaltlich oder personenbezogener Informationen (sog. User-generated Content).
Entsprechend weisen die Individuen gemeinsame Bindungen im Hinblick auf Interessen,
Ziele oder Aktivitäten auf und besuchen zumindest zeitweise einen gemeinsamen Ort
(Mühlenbeck/Skibicki 2008, S. 17). Im Fall der E-Community stellt dieser gemeinsame
Ort eine elektronische Plattform, insbesondere im Internet, aber verstärkt auch im Mobil-
funk-Bereich dar, über die die Individuen über einen längeren Zeitraum und wechselseitig
miteinander kommunizieren (Tietz 2007, S. 20). Diese Kommunikation ist dabei insbeson-
dere geprägt von dem asynchronen und ortsunabhängigen Charakter des elektronischen
Informationsaustausches (s. Kapitel 1.3; Mühlenbeck/Skibicki 2008, S. 18). Die Möglich-
keiten hinsichtlich der Form und des Inhalts der Kommunikation sind dabei mehr oder we-
niger grenzenlos (Markus 2002, S. 26).

Kontaktabsicht

Privatperson/ Privatperson/
Unternehmen Kontaktprofileingabe Unternehmen

Kontaktpartnersuche/ -vermittlung

Privatperson/ Privatperson/
Unternehmen Unternehmen

Informationsaustausch

Privatperson/ Kontaktnetzwerkverwaltung Privatperson/


Unternehmen Unternehmen

Kontaktnetzwerkpflege

Abb. 241: Die Grundidee der E-Community

Als elektronisches Kontaktnetzwerk dient die E-Community ihren Mitgliedern insbe-


sondere in zweierlei Richtung: Zum einen soll der Informations- und Kommunikations-

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019
T. Kollmann, E-Business, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26143-6_5
672 Die Grundlagen der E-Community

austausch zwischen bereits einander bekannten aber auch unbekannten Teilnehmern unter-
stützt werden, zum anderen soll das entstehende Beziehungsgeflecht zwischen den Teil-
nehmern mit Hilfe elektronischer Funktionen verwaltet und gepflegt werden können (s.
Abb. 241). Die Unterstützung dieser beiden Aspekte durch die Plattform und dessen Be-
treiber(n), erfolgt dabei im Normalfall auf der Grundlage gemeinsamer Regeln, Werte und
Normen (Tietz 2007, S. 20), die in den Teilnahmebedingungen bestimmt werden. Auch
zur Realisierung einer erfolgreichen E-Community müssen spezifische Anforderungen be-
züglich der fünf Bausteine „Systeme“, „Prozesse“, „Management“, „Marketing“ und „Im-
plementierung“ (s. Kapitel 1.7) erfüllt werden, auf die im Folgenden jeweils detailliert
eingegangen wird.

5.1 Die Systeme beim elektronischen Kontaktnetzwerk


Die Systemebene bei elektronischen Kontaktnetzwerken unterstützt jegliche Prozesse, die
mit der elektronischen Kommunikation im Sinne eines Austausches von Informationen
zwischen den Mitgliedern einer E-Community zusammenhängen. Es geht also allgemein
um Softwarelösungen und deren Funktionen, die insbesondere auf Internettechnologien
basieren und das Ziel haben, die zwischenmenschliche Kommunikation, Interaktion und
Kollaboration zu unterstützen. Die entsprechenden Systeme fallen daher in den Bereich
der Social Software. Der Begriff etablierte sich in Zusammenhang mit neuartigen An-
wendungen, die dem Umfeld des Web 2.0 (s. Kapitel 1.6.1) zugeordnet werden können.
Die E-Community kann in diesem Zusammenhang als der zentrale Plattformtyp des Web
2.0 betrachtet werden, da sie Elemente typisch erachteter Web 2.0-Konzepte wie z. B.
Weblogs oder Wikis integriert und/oder kombiniert (Mühlenbeck/Skibicki 2008, S. 23).
Allen Softwarelösungen, Softwarearchitekturen und Softwarekomponenten auf der Sys-
temebene ist gemein, dass sie den Aufbau und die Pflege sozialer Netzwerke und virtu-
eller Gemeinschaften unterstützen (Bächle 2006, S. 121). Die Grundidee liegt dabei in der
Selbstorganisation der Benutzer (Hippner/Wilde 2005, S. 441): Nur wenige Konventio-
nen regeln das gemeinsame Handeln auf einer Plattform. Oberstes Ziel ist es, die Nutzung
der Dienste so einfach wie möglich zu machen und sowohl für den Einzelnen als auch für
die Gruppe einen größtmöglichen Nutzen zu erzeugen (Koch/Richter/Schlosser 2007,
S. 449). Die technische Realisierung dieser für eine E-Community zentralen Aktivitäten
stellt die entscheidende Herausforderung auf der Systemebene im elektronischen Netzwerk
dar. Folgenden Fragen stellen vor diesem Hintergrund die Lernziele dieses Kapitels dar:

„ Welche Anforderungen an die entsprechenden Systemlösungen bringt das Konzept der


Social Software allgemein mit sich?

„ Welche Besonderheiten ergeben sich dadurch, dass Inhalte durch die Nutzer selbst
erstellt und ausgetauscht werden?
Die Systeme beim elektronischen Kontaktnetzwerk 673

„ Welche Arten von Systemlösungen zum Aufbau einer E-Community können grund-
sätzlich unterschieden werden?

„ Welche Softwarekomponenten zur Realisierung einer E-Community sind im Web 2.0


allgemein verfügbar?

5.1.1 Die Systemanforderungen beim elektronischen Kontaktnetzwerk


Bei einer E-Community werden in der Regel die Kontakt- und Kommunikationsinhalte
mehrerer Teilnehmer unter einer einheitlichen Benutzeroberfläche strukturiert zusam-
mengeführt. Im Gegensatz zu E-Procurement-Plattformen (s. Kapitel 2.1) oder E-Shop-
Systemen (s. Kapitel 3.1) wird das Kommunikationsbedürfnis in einer E-Community so-
mit nicht nur bilateral zwischen zwei Parteien (Käufer und Verkäufer), sondern multila-
teral zwischen vielen Teilnehmern organisiert. Damit ist die E-Community in der Grund-
architektur und den zugehörigen Systemanforderungen dem E-Marketplace deutlich nä-
her. Im Unterschied zum transaktionsorientierten E-Marketplace (s. Kapitel 4.1), der sich
insbesondere um die Koordination vieler Marktplatzteilnehmer über das zu vermittelnde
Produkt definiert, versucht die E-Community ein kommunikationsorientiertes Basissys-
tem zur Verfügung zu stellen, welches sowohl ad hoc als auch dauerhafte Kontakt- und
Austauschmöglichkeiten offeriert und dabei auch unmittelbar zu einer Transaktion führen
kann. Vor diesem Hintergrund spielen die Kommunikationstools und die Möglichkeiten
der Ein- und Ausgabe von Content durch den Teilnehmer über sich selbst und den behan-
delten Kommunikationsinhalten eine wesentlich zentralere Rolle als bei allen anderen
Plattformen, die teilweise nur einmalig bzw. nur im konkreten Transaktionsfall genutzt
werden.
Generell kann ein Kontaktnetzwerk nur dann funktionieren, wenn sich die Mitglieder mit
einem sog. Teilnehmerprofil mit detaillierten Angaben zur eigenen Person und den zu-
gehörigen Kommunikationsinteressen in einer vom Community-Betreiber vorgegebenen
Mitglieder-Datenbank einbringen. Über dieses Basisprofil wird es anderen Teilnehmern
möglich, die betreffende Person als möglichen Kontakt oder Kommunikationsadressa-
ten zu identifizieren. Gleichzeitig navigiert bzw. identifiziert der Inhaber dieses Teilneh-
merprofils seine Informationseingaben in den bereitgestellten Kommunikationstools. Die-
ses Kernprinzip beeinflusst dann auch direkt die mehrdimensionalen Systemanforde-
rungen. Auf der einen Seite muss das technische Community-System eine umfangreiche
und zweckorientierte Mitgliederverwaltung zu und über die eingestellten Basisprofile be-
inhalten (z. B. Profilerstellung und -verwaltung, profilorientierte Kontakt- und Kommu-
nikationstools, profilgestützte Vernetzungsmöglichkeiten usw.). Auf der anderen Seite
muss das technische Community-System aber auch alle vom Teilnehmer benötigten
Kommunikationskomponenten beinhalten (z. B. Inhaltssuche und -auswahl, Kommunika-
tionstools, Selektions- und Bewertungsmöglichkeiten, themen- und mitgliederbezogene
Untergruppenbildung, Moderatorfunktionen usw.). Daneben gibt es aber auch aus Sicht
674 Die Grundlagen der E-Community

des Community-Betreibers zusätzliche Anforderungen an das technische Kommunikati-


onssystem. Hierzu zählen insbesondere übergreifende Anforderungen an die Aktivitäts-
messung der Teilnehmer bzw. die Attraktivitätsmessung der behandelten Themen.
Vor diesem Hintergrund und der in Kapitel 1.6.1 dargestellten Grundprinzipien des Web
2.0 ergeben sich für die E-Community spezifische Systemanforderungen, die aus techni-
scher Perspektive insbesondere die Bereiche Online-Teilnehmerprofil, Online-Teilnehmer-
content, Online-Teilnehmerintelligenz, Online-Teilnehmerschnittstellen und Online-Teil-
nehmerzugriff betreffen. Insgesamt spiegeln diese Aspekte die Forderung wider, die E-
Community-Plattform und deren Mitglieder mit den erforderlichen technischen Werkzeu-
gen auszustatten, mit denen die Teilnehmer ihre Interaktion sowie eine entsprechende Er-
stellung und Verbreitung von Inhalten durchführen können (Mühlenbeck/Skibicki 2008,
S. 22). Im Folgenden werden die genannten Aspekte im Einzelnen diskutiert.

5.1.1.1 Online-Mitgliederprofile
Ausgangspunkt einer E-Community wird zunächst durch die Mitglieder, die durch sie ver-
bunden werden, determiniert. Die grundsätzlichen Charakteristika dieser Community-
Teilnehmer sind dabei zunächst die verbindenden sozialen Merkmale und die inhaltlichen
Ausgangspunkte für die nachfolgende Vernetzung bzw. Kommunikation mit- und unter-
einander. Die Aufnahme, Beschreibung und Darstellung der Informationen zum einzelnen
Teilnehmer lassen sich im Online-Mitgliedsprofil wiederfinden (s. Abb. 242). Diese ein-
zelnen Online-Mitgliederprofile bestimmen in der Zusammensetzung quasi den Basiswert
einer E-Community, und die zweckorientierte Aufnahme und Darstellung bzw. Vernet-
zung von Teilnehmerprofilen kann als Kernanforderung an das Community-System be-
zeichnet werden. Aus Sicht des Community-Betreibers lassen sich drei Ebenen von Teil-
nehmerprofilen betrachten (Mühlenbeck/Skibicki 2008, S. 160):

„ Systemimmanentes Profil: Das Systemprofil enthält alle Daten, die für den Teilneh-
mer in der der Community zugrundeliegenden Datenbank gespeichert sind. Dazu zäh-
len insbesondere auch nicht-reaktive Daten über sein Verhalten innerhalb der Commu-
nity, die im Laufe der Zeit aufgezeichnet wurden (s. Kapitel 3.4.2.4).

„ Persönliches Profil: Das persönliche Profil beinhaltet alle authentischen Angaben,


die ein Teilnehmer im Prozess der Datensammlung reaktiv über Eingabefelder und
Auswahlmenüs über sich preisgibt (s. Kapitel 3.4.2.5). Dazu können Textinformatio-
nen, Bilder sowie auch Audio- und Videoinhalte gehören.

„ Öffentliches Profil: Das öffentliche Profil ist der Teil des persönlichen Profils, den
andere Mitglieder und ggf. externe Besucher sehen können. In der Regel sollte der
Teilnehmer selbst entscheiden können, welche Teile seines Profils öffentlich sichtbar
sind.
Die Systeme beim elektronischen Kontaktnetzwerk 675

Während diese drei Ebenen in erster Linie die Herkunft der Profildaten betreffen, lassen
sich Profildaten darüber hinaus auch insbesondere auf inhaltlicher Ebene klassifizieren
(s. Abb. 242).

Abb. 242: Das Mitgliederprofil bei Facebook


Quelle: www.facebook.com/prof.tobias.kollmann

Hier lassen sie sich etwa den folgenden inhaltlichen Kategorien für Profildaten zuord-
nen (Mühlenbeck/Skibicki 2008, S. 162 ff.):

„ Basisinformationen stellen die Informationen dar, die auf jeden Fall von jedem
Mitglied angegeben werden sollten. Dabei handelt es sich bspw. um Usernamen, E-
Mail-Adresse, Geschlecht sowie Namen, Vornamen und ggf. Titel des Nutzers.

„ Persönliche Informationen sind bspw. Geburtsdatum und Nationalität sowie ggf. Fa-
milienstand, Hobbys und Informationen über das Aussehen des Teilnehmers. Ebenso
fallen Profilbilder und Bilder einer eigenen Fotogalerie in diese Kategorie.
676 Die Grundlagen der E-Community

„ Kontaktinformationen beinhalten postalische Adressen, Telefon- und Faxnummern,


Webseiten und Instant Messaging-Kontaktdaten des Teilnehmers.

„ Berufs- und Ausbildungsdaten umfassen jegliche Informationen, die dem Lebens-


lauf des Teilnehmers zuzuordnen sind. Dazu gehören z. B. akademische Abschlüsse,
aktuelle und vorherige Positionen, Sprachkenntnisse und Mitgliedschaften.

Abhängig von der Art der Community ist die Bedeutung dieser vier Kategorien mehr oder
weniger ausgeprägt. So sind bspw. in einer Dating-Community insbesondere die persönli-
chen Informationen von Bedeutung, während in einem Karrierenetzwerk eher die Kontak-
tinformationen sowie die Berufs- und Ausbildungsdaten eine Rolle spielen (Mühlen-
beck/Skibicki 2008, S. 163).

5.1.1.2 Online-Mitgliedercontent
Über die einzelnen Online-Mitgliederprofile als Basiswert einer E-Community hinaus,
kommen in der Folge die durch den Teilnehmer eingebrachten Kommunikationsinhalte
zum Tragen. Dieser Online-Mitgliedercontent wird dabei durch diese selbst generiert und
bestimmt in der Zusammensetzung den Zusatzwert einer E-Community. Während bei
anderen Plattformen (z. B. E-Shop oder E-Procurement) die Inhalte vom jeweiligen Betrei-
ber bereitgestellt werden, werden die Inhalte und damit der Content einer E-Community
in der Regel dezentral von den einzelnen Mitgliedern produziert (s. Kapitel 1.6.1). Dieser
User-generated Content steht folglich im Mittelpunkt der Kommunikation auf einer sol-
chen Plattform, da durch dessen Anbieter bzw. Betreiber lediglich das technische Gerüst
im Sinne eines kommunikationsorientierten Rahmensystems angeboten wird. Die eigent-
lichen Inhalte (Profile und Kommunikationsdaten wie z. B. Texte) kommen dagegen nicht
vom Community-Betreiber, sondern von den Community-Teilnehmern bzw. -Mitgliedern.
Dies bedeutet einen elementaren Wechsel in der Betrachtung von Internetnutzern, denn
diese wandeln sich von passiven Lesern zu aktiven Produzenten von Inhalten. Die Produk-
tion reduziert sich dabei nicht mehr nur auf die reine Kommentierung von bereits vorhan-
denen Inhalten, sondern auf den eigenständigen Upload von selbst generierten multimedia-
len Inhalten wie Texten, Tonbeiträgen und Videos (s. Kapitel 1.3.2). Typische Instrumente
zur Inhaltserstellung sind dabei neben Kommentar-, Editoren- und Bewertungsfunktionen
(Mühlenbeck/Skibicki 2008, S. 148 ff.), entsprechende Layout- und Upload-Funktionen
für verschiedene Medienformen (s. Abb. 243).
Durch diese systembedingte Zusammenführung des User-generated Content wird in der
E-Community das Ziel einer kollektiven Online-Intelligenz verfolgt. Dabei leitet die
Grundidee, dass eine Gesellschaft als Ganzes über ein größeres Wissen verfügt, wenn
die kommunizierten Informationen so weit wie möglich verbreitet werden, anstatt auf
nur wenige Personen beschränkt zu bleiben (Surowiecki 2007, S. 220). Hierzu wird
allgemein angenommen, dass die Kumulation von Informationen in Gruppen zu Aus -
sagen bzw. Entscheidungen häufig besser sind als Aussagen bzw. Entscheidungen, die
Die Systeme beim elektronischen Kontaktnetzwerk 677

von einer Einzelperson getroffen werden (Bächle 2008, S. 129). Dies trifft vor allen
Dingen zu, wenn die Gruppe hinsichtlich individueller Kenntnisse und Fähigkeiten breit
aufgestellt ist. Allerdings darf die Gruppe von Personen auch nicht zu heterogen sein, da
es ansonsten zu Kommunikationsstörungen kommen könnte. Die These, dass die Nut-
zung kollektiver Intelligenz die Fähigkeit besitzt, massiven Einfluss auf Wirtschaft,
Politik und Gesellschaft auszuüben, bezeichnete der amerikanische Journalist Suro-
wiecki (2007) auch als „the wisdom of crowds“ (Gruppen- bzw. kollektive Intelli-
genz).

Abb. 243: Die Upload-Funktion bei YouTube


Quelle: www.youtube.de

Dem Prinzip der Online-Intelligenz folgen z. B. die Online-Enzyklopädie wikipedia.de und


der Social Bookmarking-Dienst pinboard.in. Das technische System stellt dem Nutzer im
Sinne des Wiki-Modells (s. Kapitel 5.1.2.3) hier Werkzeuge zur Verfügung, die das Publi-
zieren von speziellem Wissen ermöglichen, ohne dabei Programmierkenntnisse vorauszu-
setzen (s. Abb. 244). Durch die weltweite Verteilung der vom Nutzer erstellten Inhalte
über das Internet und den freien, kostenlosen Zugang zu der Webseite kann jeder einzelne
Artikel von jedem registrierten User ergänzt, modifiziert und korrigiert werden. Gerade im
Zusammenhang mit wikipedia.de wird oft von kollektiver Online-Intelligenz gesprochen,
da jeder Nutzer etwaige Fehler in der Enzyklopädie korrigieren kann (Schenk 2007, S. 47).
Bei pinboard.in hingegen wird durch das Konzept der Folksonomie (s. Kapitel 5.2.2.3)
eine gemeinschaftliche, hierarchiefreie Kategorisierung von Webseiten durch vom Nutzer
frei wählbare Schlagwörter ermöglicht. Das Konzept der Folksonomie steht im Gegensatz
zu einer Taxonomie, bei der die Einordnung nach einem vorher festgelegten hierarchi-
schen Klassifikationsschema erfolgt. Bei pinboard.in entscheidet nicht der einzelne On-
678 Die Grundlagen der E-Community

line-Redakteur, sondern die kollektive Online-Intelligenz der partizipierenden Nutzer über


die populärsten Webseiten. Hierdurch können gleichgesinnte Nutzer neuen Lesestoff ent-
decken (Reitler 2007, S. 31).
Durch die Einbindung des Users bzw. Community-Teilnehmers muss die herkömmliche
Gestaltung von Content-Management-Systemen (s. Kapitel 3.1.2.2) überdacht und in einen
anderen Zusammenhang gestellt werden (Wahlster/Dengel 2006, S. 2). So müssen die
Content-Management-Funktionalitäten nun durch sehr bedienerfreundliche Oberflä-
chen unterstützt und auch durch umfangreiche Supportfunktionen ergänzt werden (Balci/
Bülbül 2007, S. 87). Hintergrund ist die Tatsache, dass der User-generated Content, als
wesentlicher Bestandteil der E-Community, so schnell und so einfach wie möglich auf
die Plattform eingestellt werden kann und dies unabhängig vom technischen Verständnis
der einstellenden Person über bzw. zu den dahinterliegenden Prozessabläufen geschehen
kann. Um dies zu gewährleisten, stellt der Betreiber der E-Community den Teilnehmern
spezielle Layout-Vorlagen (Templates) zur Verfügung, welche dem Design der jeweili-
gen Plattform entsprechen und die dann vom Mitglied ohne technische Vorkenntnisse mit
strukturierten Inhalten gefüllt werden können (s. Kapitel 3.1.3.3).

Abb. 244: Die Artikelbearbeitungsfunktion bei Wikipedia


Quelle: www.wikipedia.de

Der selbst eingestellte Content der Teilnehmer ist dabei sowohl mit Vor- aber auch einigen
Nachteilen verbunden. In Anbetracht der Tatsache, dass die erstmalige Content-Produk-
tion durch den notwendigen Personaleinsatz in der Regel mit erheblichen Kosten verbun-
den ist, während die weitere Verarbeitung und Verbreitung sich durch Kopier- und Versen-
dungsmöglichkeiten erheblich kostengünstiger gestaltet (sog. Kostendegressionseffekt),
Die Systeme beim elektronischen Kontaktnetzwerk 679

ist es nur vorteilhaft, wenn gerade dieser erste Schritt externalisiert und damit an die
Mitglieder der E-Community übertragen wird, um hier Kostenvorteile zu erzielen.
Gleichzeitig stehen aber auch Mengenvorteile im Fokus, da hunderte oder sogar tausende
von Community-Teilnehmern in der Regel mehr Content produzieren können, als ein bei
der Plattform angestellter Content-Manager oder mehrere zugehörige Online-Redakteure.
Auf der anderen Seite kann User-generated Content aber auch einen Kontrollnachteil mit
sich bringen, da die eingestellten Beiträge sowohl in der Menge als auch inhaltsbezogen
vom Community-Betreiber nicht im Detail begutachtet werden können. Ein diesbezügli-
cher Personalaufwand würde den beschriebenen Kostenvorteil in der Content-Produktion
teilweise oder vielleicht sogar vollständig wieder aufheben.
Die Balance zwischen Kostenvorteil und Kontrollnachteil in Bezug auf User-generated
Content bei E-Communities kann vor diesem Hintergrund als zentrale Herausforderung
für das Plattform-Management bezeichnet werden (Mühlenbeck/Skibicki 2008, S. 19 f.).
Es empfiehlt sich in diesem Zusammenhang auch, eine Content-Klassifizierung vorzu-
nehmen, die grundsätzlich zwischen dem vertikalen Content (Redakteur an User) und
dem horizontalen Content (User an User) unterscheidet (Merx 2006). Begründet durch
die zunehmende Bedeutung von horizontalem Content weitet sich dann aber auch das
Aufgabenfeld der Online-Redakteure immer weiter aus, da diese zusätzlich zu der eige-
nen Content-Erstellung auch die Qualität des publizierten Community-Contents prüfen
müssen. Diese Qualitätssicherung kann aber auch wiederum mit an die Community-Mit-
glieder übertragen werden, wenn diese über verschiedene Bewertungsverfahren einen Bei-
trag als mehr oder weniger wertvoll klassifizieren können. Auch können einzelne, als be-
sonders qualifiziert ermittelte Mitglieder als sog. Forenadmins mit zusätzlichen Rechten
eines Online-Redakteurs ausgestattet werden (z. B. Beiträge verändern, löschen oder ver-
schieben), um als Teil eines erweiterten virtuellen Community-Teams redaktionelle Auf-
gaben zu übernehmen. Als Anforderung an das Community-System muss es entsprechend
technisch möglich sein, verschiedenen Mitgliedern unterschiedliche Rechte zuweisen zu
können.
Aufgrund der Fülle von horizontalem Content sollte es systemseitig zudem möglich sein,
den Nutzern eine Selektionsoption bereitzustellen, die der Unübersichtlichkeit entgegen-
wirkt. Newsfeeds (s. Kapitel 5.4.2.4) sowie E-Mail-Benachrichtigungen oder Push-
Nachrichten über neu erstellte Inhalte gehören bei renommierten Communities zu den
Standardfunktionen und müssen seitens der Community-Software unterstützt werden. Als
weitere Anforderung an die Verwaltung der Online-Teilnehmerinhalte sei z. B. die Ar-
chivierungsfunktion genannt. Sie muss sämtlichen Content umfassend archivieren und
gleichzeitig sowohl interne sowie externe Suchfunktionen anbieten. Weitere Abhilfe im
Rahmen der Überprüfung von User-Generated-Content kann die Blockchain-Technolo-
gie verschaffen (s. Kapitel 1.6.5). Über die dezentrale Speicherung von Daten und die
entsprechende Transparenz über die jeweiligen Prozesse und Ersteller der Inhalte, wird
der Sicherheitsaspekt erhöht. Durch die Technologie wird Cyber-Kriminalität somit vor-
gebeugt.
680 Die Grundlagen der E-Community

5.1.1.3 Online-Contentschnittstellen
Um User-generated Content aufzubauen, mit dem Content anderer Plattformen zu verbin-
den und möglichst vielen anderen internen und externen Community-Teilnehmern wieder
bereitzustellen, ist es notwendig, dass gerade die technischen Systeme der E-Community
besonders offen gestaltet sind. Der Ansatz, zuvor aufgebaute Online-Datenbestände ande-
ren Marktteilnehmern bzw. Plattformen zur Verfügung zu stellen, impliziert demnach die
Notwendigkeit, dass Funktionen und Daten aus schon existierenden Diensten über einfach
gehaltene APIs (s. Kapitel 2.1.3.2) angesprochen und von neu entwickelten Anwendungen
verwendet werden können (Hommen 2007, S. 110 ff.). Offene Online-Contentschnitt-
stellen sollen dabei garantieren, dass ein Community-Dienst in eine andere Anwendung
integriert werden kann, ohne dass der jeweilige Dienst manuell angesteuert werden muss
(Reitler 2007, S. 30). So nutzt bspw. foursquare.com die Daten von GeoNames und
OpenStreetMap, um den Nutzer Informationen zu Orten einsehen sowie zusätzliche Da-
ten zu Orten ablegen zu lassen. Dadurch wird dem Nutzer die Möglichkeit geboten, Orte
mit Schlagworten zu versehen, passende Bilder hochzuladen, Kommentare abzugeben und
Beziehungen zu anderen Orten anzugeben. Durch die vom Nutzer durchgeführten intelli-
genten Verknüpfungen der Daten und die zusätzlichen Informationen wird ein elektroni-
scher Mehrwert (s. Kapitel 1.4) geschaffen.
Für die Anbieter von Inhalten bietet die Bereitstellung von Online-Contentschnittstellen
eine Chance, zusätzlich zum eigentlichen Angebot mit den vorhandenen Inhalten Einnah-
men zu generieren. Dies gilt vor allem, wenn durch die bereitgestellten Inhalte für die
Nutzer der Schnittstellen ein Mehrwert erzeugt wird. Dies ist dann der Fall, wenn Informa-
tionen oder Funktionen über die Schnittstellen bereitgestellt werden, die in der Erzeugung
teuer sind, gleichzeitig aber ein weit gestreutes Interesse an den häufig sehr allgemeinen
Inhalten oder Funktionen besteht (Hommen 2007, S. 118). So stellen bspw. Unternehmen
wie amazon.de und google.de ihren Partnern bereits seit einigen Jahren auf Web-Service-
Technologien (s. Kapitel 4.1.1.3) basierende Schnittstellen zur Verfügung (Neimarlija
2007, S. 99 ff.):
„ Mit Hilfe der Web-Service-Schnittstellen von amazon.de können Betreiber von E-
Communities Produktinformationen aus der Datenbank abrufen und in ihr eigenes
Angebot integrieren. Im Fall des Buchverkaufs sind bspw. Titel, ISBN, Bilder, Lese-
proben, Rezensionen u.ä. von amazon.de abrufbar und können dank XML dann effi-
zient weiterverarbeitet werden. Darüber hinaus bietet amazon.de durch eRecommen-
dation-Prozesse (s. Kapitel 5.2.2.5) gestützte Vorschläge für weitere Bücher an, die
aus Bestellungen von Kunden errechnet werden, die das gesuchte Buch (und zusätz-
liche andere Bücher) gekauft haben.
„ Mit Hilfe der Web-Service-Schnittstellen von google.de können Betreiber von E-
Communities Suchdienste innerhalb des eigenen Webangebots nutzen. Dabei kann
die Suchtechnologie von google.de einerseits auf die spezifische Webseite einer Com-
munity angewandt werden, andererseits können von der eigenen Webseite aus aber
auch alle von google.de indizierten Web-Ressourcen durchsucht werden. Auf diese
Die Systeme beim elektronischen Kontaktnetzwerk 681

Weise bietet ein Unternehmen einen Mehrwert für seine Kunden an, der auf der von
google.de entwickelten Suchtechnologie basiert.

Entscheidet sich ein Community-Betreiber dafür, selbst Online-Contentschnittstellen an-


zubieten, lassen sich dadurch zwei Ziele erreichen: Einerseits werden die eigenen Dienste
bekannter, andererseits wird der vorhandene Datenbestand kontinuierlich erweitert, ohne
dass sich der Betreiber aktiv um die Datensammlung kümmern muss. Darüber hinaus
könnten neue Applikationen durch externe Programmierer entwickelt werden. So kündigte
die Business-Community xing.com an, künftig eine API-Schnittstelle zur Verfügung zu
stellen, damit Entwickler aus ihrem Programm auf die Plattform zugreifen können. Auch
facebook.com hat seine Schnittstelle offengelegt und ermöglicht somit die Anbindung an-
derer Dienste, sodass die eigenen Anwendungen dort ebenfalls laufen würden. Trotz der
hohen Anzahl beteiligter Kooperationspartner hält sich der Koordinationsaufwand dabei
in Grenzen, da die Regeln für die Nutzung der zugehörigen Web-Service-Schnittstellen
dank WSDL und SOAP eindeutig definiert sind (Neimarlija 2007, S. 101 f.). Man spricht
in diesem Zusammenhang von strukturierten Kooperationen, bei denen die Rahmenbe-
dingungen der Zusammenarbeit sowohl auf betriebswirtschaftlicher als auch technologi-
scher Ebene a priori festgelegt sind (Volkmann/Tokarski 2006).

Abb. 245: Die Online-Contentschnittstelle von Google Maps und bikemap.net


Quelle: www.bikemap.net
682 Die Grundlagen der E-Community

Für den Nutzer von Online-Contentschnittstellen besteht die, über eine Integration von
Diensten in eine bestehende Anwendung hinausgehende, Möglichkeit, durch die Kombi-
nation von verfügbaren Diensten völlig neue Dienste zu entwickeln, deren Funktionalität
bei der Entwicklung der ursprünglichen Dienste nicht im Vordergrund stand. Dies ermög-
licht kooperative Geschäftsmodelle, an die zuvor noch nicht zu denken war (Neimarlija
2007, S. 95). So ist es insbesondere denkbar, über die komplette Zusammenführung von
Leistungen einen höheren Marktpreis zu realisieren, als dies für die getrennten Angebote
möglich wäre. Dieser Ansatz der Bündelung (Bundling) unterschiedlicher Angebote kann
bspw. unter Verwendung des Mashup-Modells (s. Kapitel 5.1.2.4) verfolgt werden. Ver-
schiedene Anwendungen werden dabei so kombiniert, dass die Anbieter der Teilleistun-
gen keinen Einfluss auf das Ergebnis haben, sondern lediglich über Lizenzierung ihrer
Inhalte an den Erlösen des Schnittstellen-Nutzers partizipieren können (Hommen 2007,
S. 118). Ein Beispiel für ein Mashup-Modell stellt bikemap.net dar, das seinen Nutzern
auf Basis von Openstreetmap-Kartenmaterial ermöglicht, Radrouten anzulegen und mit
anderen Nutzern zu teilen (s. Abb. 245).

5.1.1.4 Online-Mitgliederzugriff
Ein wesentliches Merkmal einer E-Community ist es, dass aufgrund der Wichtigkeit des
User-generated Content (s. Kapitel 5.1.1.2) dieser technisch von den Mitgliedern über
möglichst verschiedene Zugangs- und Medienwege einstellbar bzw. erreichbar ist. Dies
gilt bspw. dann, wenn man mobil auf die Kontaktdaten aus dem Business-Netzwerk
xing.com zurückgreifen möchte oder Videoaufnahmen vom Handy direkt vom Endgerät in
die Community facebook.com überspielen möchte. Der Online-Mitgliederzugriff ist
demnach ein weiterer Aspekt der Systemanforderungen bei elektronischen Kontaktnetz-
werken. Informationen zur richtigen Zeit am richtigen Ort auf dem richtigen Gerät anzu-
zeigen ist eine der großen Herausforderungen des Informationszeitalters. Der Erfolg jegli-
cher gewerblicher und nicht-gewerblicher Online-Aktivität hängt davon ab, inwiefern
diese Herausforderung der Geräteunabhängigkeit für den Content-Zugriff bzw. die -
Überspielung gelöst wird (Kerer/Kirda 2001). Insbesondere E-Communities müssen sich
dieser Herausforderung stellen, da eine für die Mitglieder zeit- und ortsunabhängige Teil-
nahme am Informationsaustausch einen wesentlichen Mehrwert gegenüber einer Nutzung
mit sich bringt, die an das „stationäre“ Web gebunden ist. So ist es als weiteres Beispiel im
Rahmen der Geotagging Community locr.com vorteilhaft, wenn die Nutzer an jedem Ort
auf der Welt auch von ihrem mobilen Endgerät aus auf Informationen zu den Lokalitäten,
Kontaktdaten und Nachrichten zugreifen können.
Wenn die Absicht verfolgt wird, mehrere Ausgabeformen oder Ausgabemedien zu bedie-
nen, spricht man allgemein von Cross-Media Publishing (Balci/Bülbül 2007, S. 80).
Cross-Media Publishing kann zeit- und kostenintensiv sein, wenn die Aufbereitung der In-
formationen nach traditionellen Methoden erfolgt (Rothfuss/Ried 2003). Oft werden Inhalt
und Gestalt eines Informationsproduktes unzertrennbar vermischt, sodass eine Wiederver-
Die Systeme beim elektronischen Kontaktnetzwerk 683

wendung in anderen Zusammenhängen unmöglich wird. Der Workflow ist in solchen Fäl-
len keineswegs optimal: Daten müssen mehrfach erstellt, gespeichert und gepflegt werden,
wodurch nicht nur Konsistenz und Integrität der Daten, sondern auch deren Aktualität lei-
det. Für jede Ausgabeform müssen unterschiedliche Regeln für die Aufbereitung definiert,
eventuell sogar zusätzliche Informationen erfasst werden. Als Zielsetzung resultiert in die-
sem Zusammenhang eine datenbankunterstützte und weitgehend automatisierte Bedie-
nung mehrerer Ausgabemedien, ohne sich ständig erneute Gedanken darüber zu machen,
wie ein Informationsprodukt auszusehen hat, und welche Struktur es besitzen soll. Wich-
tige Zielmedien für eine E-Community sind insbesondere PC, ITV, Handy, PDA/Smart-
phone; aber auch eine Printausgabe des Online-Contents ist oft sinnvoll. Alle Zielmedien
werden im optimalen Fall von einer einzigen medienneutralen Datenbank weitgehend
automatisch gespeist, wie es auch schon für Online-Produktkataloge beim E-Shop sinn-
voll erscheint (s. Kapitel 3.1.1.1). Ermöglicht wird dies durch die strikte Trennung von In-
halt und Layout.
Gleich welche Funktionalität innerhalb der E-Community bereitgestellt oder wahlweise von
einem Mitglied der E-Community genutzt wird (bspw. der Upload eines Bildes oder be-
stimmte Interessen des Nutzers), wird die Verarbeitung von personenbezogenen Daten not-
wendig sein und somit greift die neue Datenschutzgrundverordnung (DSVGO) (s. Kapitel
1.3.6 und Kapitel 4.4.1). Insofern jedoch auch darüber hinaus, als dass sie ebenso für E-
Community Betreiber mit Sitz außerhalb der EU Gültigkeit besitzt, sofern diese Daten von
EU-Bürgern verarbeiten. Die Installation hoher Strafen im Falle der Zuwiderhandlung der
DSGVO sollen dafür Sorge tragen, dass Unternehmen, deren Geschäft primär auf Daten-
sammlung, Datenverarbeitung und Informationsübertragung (s. Kapitel 1.4.3) basiert, sich
an eben jene Verordnung halten und der EU-Bürger stets die Hoheit über seine personen-
bezogenen Daten (s. Kapitel 4.1.1.5 für eine genaue Definition) wahren kann. Der E-Com-
munity Betreiber muss auf Basis der neuen Rechtssprechung die Anspruchsgrundlagen zur
Sammlung, Verarbeitung und Übertragung von Daten prüfen und gemäß DSGVO angeben.
Demnach müssen E-Community Mitgliedern in puncto Sammlung ihrer personenbezogenen
Daten aufgeklärt werden. Zudem müssen ihnen Berichtigungen über Löschungen, Nennun-
gen und Auflistungen der gesammelten Daten zugehen. Zusätzlich muss innerhalb der Un-
ternehmung ein verantwortlicher Datenschutzbeauftragter erklärt werden.

5.1.2 Die Systemlösungen beim elektronischen Kontaktnetzwerk

Die Systemlösungen im elektronischen Kontaktnetzwerk fallen wie bereits erläutert in den


Bereich der Social Software. Allgemein lässt sich Social Software in zwei Kategorien
unterteilen, wobei bei der ersten die Kommunikation im Vordergrund steht, welche in der
Regel nicht (seitens der Anbieter oder durch Dritte) aufgezeichnet wird. Hierzu zählen
einfache Chatsysteme wie Messenger oder Plattformen wie skype.com, die es dem Nutzer
ermöglichen, mit anderen Nutzern in Echtzeit zu kommunizieren. Von der Kommunika-
tion an sich werden in der Regel lediglich Logfiles auf dem eigenen Rechner angelegt, die
684 Die Grundlagen der E-Community

für Dritte nicht einsehbar sind. Zu der zweiten Kategorie zählen Anwendungen und Platt-
formen, bei denen der Zusammengehörigkeitsgedanke im Vordergrund steht und über die
zwar kommuniziert wird, aber vor allem Inhalte im Fokus stehen, die von den Nutzern
bzw. Mitgliedern selbst erstellt (User-generated Content; s. Kapitel 5.1.1.2) oder in ir-
gendeiner Form erweitert wurden (Alby 2008, S. 89). Die in der Regel asynchron kommu-
nizierten Inhalte werden in diesem Fall von der Plattform aufgezeichnet und können vom
Nutzer verwaltet werden. E-Community-Lösungen fallen in diese zweite Kategorie von
Social Software. Sie zeichnen sich durch die Grundprinzipien aus, dass die Nutzer so
einfach wie möglich selbst Inhalte veröffentlichen bzw. editieren können, einfach struk-
turierende Metadaten (z. B. Schlagwörter) beitragen können, einfach zusätzliche Inhalte
und Metadaten durch Annotationen und Verlinkungen bereitstellen können, durch Abon-
nements einfach auf neue Inhalte aufmerksam gemacht werden können, von anderen Nut-
zern beigetragene Inhalte über deren Schlagwörter leicht auffinden können und dabei mit
modularen, dienstorientierten und datenzentrierten Systemlösungen interagieren (McAfee
2006; Koch/Richter 2009, S. 14).
Zur Realisierung einer E-Community bieten Open-Source-Lösungen bzw. Content-Ma-
nagement-Lösungen (s. Kapitel 3.1.3.1) wie Joomla oder Typo3 spezifische Community-
Module, welche die Basis-Funktionalitäten wie Profilverwaltung (s. Kapitel 5.1.1.1) und
Nachrichtensystem abbilden. Content-Management-Systeme machen insbesondere dann
Sinn, wenn die Community komplett in eine Webseite integriert werden soll, da die be-
schriebene Trennung von eigenem redaktionellen Content (Content des Community-Be-
treibers) und User-generated Content (Content der Community-Nutzer) gewährleistet
wird. Neben den Open Source-Lösungen existieren zudem einige kommerzielle Lösun-
gen, die häufig auf ASP-Basis (s. Kapitel 3.1.2.2) angeboten werden und vorgefertigte
Community-Funktionen bieten. Dazu gehören insbesondere Funktionen zur Benutzerver-
waltung – z. B. zum Freischalten, Erstellen, Bearbeiten und Löschen von Benutzerkonten
oder zur Wiederherstellung von Passwörtern (Mühlenbeck/Skibicki 2008, S. 148 ff.). Ab-
hängig von den eigenen Anforderungen müssen jedoch sowohl bei Open Source-Lösun-
gen als auch bei kommerziellen Lösungen in der Regel Änderungen an Quellcode und
Design vorgenommen werden (Mühlenbeck/Skibicki 2008, S. 150). Viele der bislang ver-
fügbaren Lösungsansätze, die zum Aufbau einer E-Community genutzt werden können,
sind im Kontext des Web 2.0 entstanden. Allgemein lassen sie sich in fünf Modelltypen
unterteilen, die im Folgenden jeweils vorgestellt werden sollen. Dabei ist davon auszuge-
hen, dass die Anzahl der am Markt vorhandenen standardisierten Systemlösungen zur Re-
alisierung von Community-Funktionalitäten in Zukunft zunehmen wird (Mühlenbeck/Ski-
bicki 2008, S. 150).

5.1.2.1 Board-Modell
Den ältesten Ansatz zur Realisierung eines Informationsaustausches zwischen Commu-
nity-Mitgliedern spiegelt das Board-Modell wider. Das Board-Modell erlaubt die techni-
sche Umsetzung eines einfachen Diskussionsforums. Innerhalb des Forums können die
Die Systeme beim elektronischen Kontaktnetzwerk 685

Mitglieder bzw. Nutzer sog. Postings veröffentlichen, die von anderen Nutzern gelesen
und beantwortet werden. Mehrere Beiträge zum selben Thema werden zusammenfassend
als Thread (Faden) oder Topic (Thema) bezeichnet (Bächle 2006, S. 122). Abonniert ein
Mitglied einen solchen Thread, kann es sich bspw. per E-Mail benachrichtigen lassen,
wenn neue Beiträge vorliegen. Nach der Strukturierung der Beiträge lassen sich zwei Fo-
ren-Typen unterscheiden (Koch/Richter 2009, S. 33):

„ Beim Web-Forum werden die Beziehungen zwischen den Beiträgen eines Themas in
Form einer hierarchischen Baumstruktur dargestellt, damit der Nutzer erkennen kann,
welche Beiträge als Antwort auf einen anderen Beitrag erstellt wurden.

„ Beim Bulletin Board werden alle Postings auf einer Seite vereint. Das Thema wird
auf eine Folgeseite umgebrochen, wenn die Anzahl der Beiträge eine festgelegte An-
zahl überschreitet.

Im Web existieren professionelle Foren-Lösungen wie phpbb.com (s. Abb. 246), die dank
Skriptsprachen wie PHP (s. Kapitel 3.1.3.4) eine schnelle Umsetzung des Board-Modells
erlauben. Der Administrator hat über eine entsprechende Back End-Oberfläche die Mög-
lichkeit, im Forum neue Themen anzulegen sowie Gruppen und Berechtigungen zu ver-
walten. Dabei können offene und geschlossene Themen definiert werden. Grundsätzlich ist
es möglich, vorhandene Foren-Lösungen als Basis oder Bestandteil zur Realisierung von
Community-Plattformen einzusetzen, deren Funktionalität über den einfachen Funktions-
umfang des Board-Modells hinausgeht. Aus Entwicklersicht gilt es dabei zu beachten, dass
sämtliche Community-Komponenten – so z. B. die Nutzerverwaltung – fest in die Lösung
integriert sind (Mühlenbeck/Skibicki 2008, S. 158).

Abb. 246: phpBB als Beispiel des Board-Modells


Quelle: www.phpbb.com
686 Die Grundlagen der E-Community

5.1.2.2 Weblog-Modell
Der Begriff Weblog ist allgemein als eine Abkürzung für die Wortschöpfung aus „Web“
(Netz) und „Log“ (Tagebuch) zu verstehen. Das zugehörige Weblog-Modell bezeichnet
eine Webseite, die von einem Autor regelmäßig mit Beiträgen zu unterschiedlichen The-
men gespeist wird, wobei der aktuellste Beitrag zumeist an erster Stelle steht (Mikloweit
2007, S. 57). Weblogs sind relativ häufige und chronologisch angeordnete Veröffentlichun-
gen persönlicher Gedanken, die mit Links zu anderen Webseiten angereichert sind (Lovink
2006, S. 95). Nach Ansicht vieler Autoren wurde der Begriff des Weblogs erstmals 1997
für Webseiten verwendet, die genau diese Charakteristika aufwiesen (Möller 2006). Nach-
folgend sprach sich ein Weblog-Autor dafür aus, Weblog kurz Blog auszusprechen. Ein
Blog ist eine Art öffentliches Notizbuch, mit dem der die Blog-Einträge verfassende Blog-
ger je nach Interessenlage und Zielsetzung informieren, externe Informationen sammeln,
verlinken, selektieren und kritisch kommentieren kann (Diemand/Mangold/Weibel 2006,
S. 8). Neue Anwendungen ermöglichen zudem auch dem Leser, die bereitgestellten Bei-
träge zu kommentieren und so Diskussionen zwischen Autor und anderen Kommentato-
ren zu initiieren. Die Leser werden auf diese Weise aktive Mitproduzenten von Inhalten (s.
Kapitel 5.1.1.2) und werden in den Diskussionsprozess miteinbezogen (Stauss 2008,
S. 254). Aus soziologischer Sicht unterstützen Blogs daher den Aufbau und die Pflege von
sozialen Netzwerken. Dabei verstärken sie den allgemeinen Trend des relativen Bedeu-
tungsverlustes räumlich begrenzter und eng verbundener Gemeinschaften zugunsten von
eher locker verbundenen und geographisch zerstreuten Netzwerken (Schmidt 2006; Well-
man 1999).
Aus technischer Perspektive sind Weblogs dynamische Webseiten, die einfache Content-
Management-Systeme verwenden (Stauss 2008, S. 254). Das Weblog-Modell kann für
viele Communities sehr einfach E-Mail, Mailinglisten oder Nachrichtendienste ablösen
und zudem einen größeren Gestaltungsspielraum schaffen (Koch/Richter 2009, S. 26).
Dies begründet sich darin, dass Weblogs nicht immer auf Textinhalte beschränkt sind,
sondern primär auch Fotos, Video- oder Audioinhalte enthalten können. Allgemein ist der
Unterschied zwischen dem Board-Modell (s. Kapitel 5.1.2.1) und dem Weblog-Modell
häufig fließend, wobei jedoch die Philosophien dieser Modelle grundlegend verschieden
sind. Während ein Forum eher dem Austausch und der Diskussion dient, steht beim Blog
die Möglichkeit zur Meinungsäußerung und Selbstdarstellung im Vordergrund (Müh-
lenbeck/Skibicki 2008, S. 159 f.).
Ähnlich wie beim Board-Modell existieren auch für Weblogs verschiedene Systemlösun-
gen, die zum Teil kostenlos einsetzbar sind. Ein Beispiel für eine derartige Lösung stellt
das auf PHP und MySQL basierende wordpress.org dar (s. Abb. 247). Die Software ist
Open Source und legt besonderen Wert auf Webstandards, Eleganz, Benutzerfreundlich-
keit und leichte Anpassbarkeit (Koch/Richter 2009, S. 32). Wie viele andere Weblog-Lö-
sungen bietet wordpress.org zunächst einen Administrationsbereich, in dem bspw. das
Erscheinungsbild des Weblogs konfiguriert wird sowie eigene Beiträge und Kommentare
verwaltet werden. Neben grundlegenden Funktionen zum Schreiben von Beiträgen bieten
Die Systeme beim elektronischen Kontaktnetzwerk 687

Weblogs weitere Funktionen wie z. B. die automatische Veröffentlichung von Beiträgen in


chronologisch umgekehrter Reihenfolge. Archivierte Beiträge können mit einem Kalender
verlinkt werden (Alpar/Blaschke/Keßler 2007, S. 15 f.). Die Software bietet darüber hinaus
verschiedene Zusatzmodule (z. B. für Galerie-, Umfrage- und Statistikfunktionen). Andere
Erweiterungen sind die Kategorisierung von Beiträgen mit Hilfe von eTagging-Ansätzen
(s. Kapitel 5.2.2.3) und der als Anti-Spam bezeichnete Schutz vor unerwünschten Kom-
mentaren. Hilfreich ist zudem die automatische Benachrichtigung von Suchmaschinen über
Änderungen im Weblog mit einem sog. Pingback (Alpar/Blaschke/Keßler 2007, S. 18).

Abb. 247: WordPress als Beispiel des Weblog-Modells


Quelle: www.wordpress.org

Wird eine Weblog-Lösung als Bestandteil in eine eigens entwickelte Community-Lösung


integriert, muss eine entsprechende Online-Contentschnittstelle (s. Kapitel 5.1.1.3) in der
Regel zunächst geschaffen werden. Zu beachten ist hierbei, dass die Blog-Funktionalität
688 Die Grundlagen der E-Community

zielgerichtet in die Hintergrundgeschichte der Community integriert wird (Mühlenbeck/


Skibicki 2008, S. 159 f.) und Aspekten wie integrierter Nutzerverwaltung und visueller
Gestaltung des Weblogs die nötige Aufmerksamkeit gewidmet wird.

5.1.2.3 Wiki-Modell
Anders als beim Weblog-Modell, welches der subjektiven Meinungsäußerung einzelner
Nutzer dienen soll, hat das Wiki-Modell das Ziel, das Wissen mehrerer Nutzer zu be-
stimmten Themen zu konsolidieren (Koch/Richter 2009, S. 37). Dazu erstellen und bear-
beiten die Nutzer gemeinsam eine Menge von Webseiten. Wikis verkörpern somit das,
was der ursprüngliche Gedanke des WWW-Begründers Berners-Lee (1999) war, nämlich
Informationen online zur Verfügung zu stellen und für jedermann bearbeitbar zu machen.
Wikis bezeichnen allgemein im Internet verfügbare, auf Hypertexten basierende Daten-
sammlungen zu verschiedensten Themen, die von Webnutzern nicht nur gelesen, sondern
auch online verändert werden können (Mikloweit 2007, S. 57).
Die dokumentierte Geschichte der Wikis begann 1995, als ein Software-Entwickler seine
Datenbank um eben jene genannten Funktionen erweiterte, um mit Entwicklern aus aller
Welt an bestimmten Projekten besser zusammenarbeiten zu können (Möller 2006, S.
170). Die Grundlage für den Erfolg und die rasende Verbreitung von Wikis ist danach
aber insbesondere die Entwicklung von Systemlösungen gewesen, welche dem Benutzer
in einer Art „Bearbeitungsmodus“ ermöglicht, Artikel auch ohne HTML- oder Program-
mierkenntnisse zu erstellen und zu editieren (s. Abb. 244; s. Kapitel 5.1.1.2). Systemlö-
sungen, die dem Wiki-Modell zuzuordnen sind, beinhalten eine vereinfachte Syntax, wel-
che unformatiert vom Webnutzer eingegebene Texte in HTML umwandelt (Mikloweit
2007, S. 57). Zudem ermöglichen kleine Buttons über dem Texteingabefeld ein wenig De-
signspielraum für den Autor (z. B. hinsichtlich Kursiv- oder Fettschrift).

Inhalt Leser

Autor Client
Wiki Wiki-Schnittstelle
Wiki-Admin

Wiki-Skripte Web-Admin
Server
Infrastruktur System-Admin

Abb. 248: Wiki-Ebenenmodell


Quelle: Ebersbach/Glaser 2005, S. 131.
Die Systeme beim elektronischen Kontaktnetzwerk 689

In technischer Hinsicht ist die Wiki-Software eine Art Skriptsammlung, die auf einem
Webserver installiert ist. Dabei wird der Inhalt einer jeden Seite im sog. Wiki-Code in
einer zugrundeliegenden Datenbank gespeichert. Bei Interaktion schickt der Browser des
Webnutzers nun eine Anfrage an die per Wiki-Software verwalteten Datensätze, welche
dann den Wiki-Code in HTML übersetzt und automatisch in die Webpages zurück ein-
bindet (Ebersbach/Glaser 2005, S. 131). Von entscheidender Bedeutung ist hierbei, dass
sich die Schnittstelle zur Content-Erstellung im Gegensatz zu gewöhnlichen Webseiten im
Bereich des Nutzers befindet (s. Abb. 248).

Abb. 249: MediaWiki als Beispiel des Wiki-Modells


Quelle: www.mediawiki.org

Heute existieren über 100 verschiedene Programme zum Betrieb eines Wikis (Mikloweit
2007, S. 57). Während viele Groupware- und Content-Management-Lösungen die Funk-
tionalität zum Einrichten eines Wikis mit sich bringen (Koch/Richter 2009, S. 41), existiert
auch spezielle Software, die die Wiki-Funktionalität unterstützt. Neben kommerziellen
Systemlösungen existiert mit mediawiki.org eine frei erhältliche, PHP-/MySQL-basierte
Lösung, mit der u. a. auch wikipedia.de betrieben wird (s. Abb. 249). Neben dem Standard
der Volltext- bzw. Titelsuche und der bereits zuvor erwähnten Bearbeitungsfunktion wei-
sen die meisten Wikis weitere spezifische Merkmale auf. So gibt gerade die Recent-
Changes-Funktion einen aktuellen Überblick über alle zuletzt gemachten Änderungen im
Wiki, mitsamt Uhrzeit und Autor. Dieser Überblick wird automatisch aktualisiert und
kann nicht von den Nutzern beeinflusst werden. Zudem kann sich der Webnutzer die His-
torie von Änderungen einer Seite oder eines Artikels (je nach Speicherplatz des Wikibe-
treibers) oft bis zur ersten Version anzeigen lassen. Eine Erweiterung dieses Prinzips stellt
die Diff-Funktion dar, welche die Veränderung zwischen zwei ausgewählten Revisionen
wiedergibt. Durch diese Funktionen lassen sich Manipulationen oder Beschädigungen an
Seiten schnell durch die Gemeinschaft des jeweiligen Wikis aufdecken bzw. reparieren
690 Die Grundlagen der E-Community

(Mikloweit 2007, S. 59 f.). Ein wichtiger Bestandteil eines Wikis ist in diesem Sinne die
Rollback-Funktion, welche mit Hilfe der Versionshistorie Änderungen an einer Seite
rückgängig machen kann (Alpar/Blaschke/Keßler 2007, S. 73).
Das Wiki-Prinzip der internen Verlinkung beschreibt die Möglichkeit, dass alle Artikel
bzw. Seiten auf die Titel anderer Seiten verweisen können. Um eine neue Seite anzulegen,
muss man diese erst auf einer bereits existierenden eintragen, wodurch gewährleistet ist,
dass alle Seiten des Wikis untereinander vernetzt sind. Wie diese Links gestaltet sind, um
sich vom übrigen Text hervorzuheben, unterscheidet sich oft von Wiki zu Wiki. Weit ver-
breitet ist hierbei die sog. Camel-Case-Syntax, bei der Wörter mit Großbuchstaben verse-
hen und ohne Zwischenraum aneinandergereiht werden. Kritiker bemängeln, dass durch
diese Links angereicherte Texte sehr unleserlich werden. Demnach ist es nicht verwunder-
lich, dass wikipedia.de auf diese Art der Verlinkung verzichtet und Links wie viele andere
Wikis durch eine farbliche Kennzeichnung hervorhebt. So verweisen blaue Links zu be-
reits existierenden Seiten bzw. Artikeln und rote Links zeigen an, wenn hierzu noch keine
Seite vorhanden ist. Verfassten Autoren auf den ursprünglichen Wiki-Plattformen ihre
Artikel noch anonym, so etabliert sich in der Praxis mehr und mehr, sich bei der Erstellung
bzw. Bearbeitung von Artikeln namentlich zu erkennen zu geben. Um dies zu gewährleis-
ten und die internen Bereiche zu sichern, wird oftmals eine Nutzerverwaltung angeboten
(Mikloweit 2007, S. 60).

5.1.2.4 Mashup-Modell
Ein Typ, welcher der besonderen Anforderung der Online-Contentschnittstellen (s. Ka-
pitel 5.1.1.3) gerecht wird, ist das sog. Mashup-Modell. Der Begriff Mashup kommt ur-
sprünglich aus der Musik und bezeichnet dort Remixe, die aus zwei oder mehreren Titeln
zusammen gemischt werden. Im Rahmen des E-Community-Ansatzes im Web 2.0 wird
dieser Begriff übernommen und verwendet, um einen neuen Trend zu beschreiben und mit
einem Schlagwort zu versehen. Das Ziel von Mashups ist es, durch die Verwendung be-
stehender Inhalte und Anwendungen den Aufwand für die Erstellung neuer Angebote zu
mindern.
Im allgemeinen Verständnis sind Mashups Anwendungen, die über offene Online-Conten-
tschnittstellen zugängliche Inhalte oder Dienste miteinander verknüpfen und als neues An-
gebot bereitstellen (Hommen 2007, S. 104). Durch die Wiederverwendung bestehender
Funktionalitäten können kostengünstig und schnell neue Anwendungen geschaffen wer-
den. Dabei fällt zum einen kein Entwicklungsaufwand zum Erstellen der Funktionen an.
Zum anderen geht auch die eigentliche Implementierung des Mashups aufgrund oftmals
sehr gut dokumentierter Schnittstellen schnell vonstatten, sodass die Implementierungs-
kosten in der Regel gering ausfallen. Alle übrigen Kosten können im Voraus mit Hilfe
eventueller Lizensierungsmodelle der Schnittstellenanbieter bestimmt und somit besser
gesteuert werden (Hommen 2007, S. 118). Ein Beispiel für das Mashup-Modell ist yelp.de,
wobei hier die besten Restaurants, Bars, Einkaufszentren oder auch Sehenswürdigkeiten
Die Systeme beim elektronischen Kontaktnetzwerk 691

in ausgewählten Gegenden gesucht werden können. Der Community-Gedanke wird dabei


über den Service von Empfehlungen anderer Nutzer im Netzwerk gebildet. Für das zuge-
hörige Kartenmaterial greift yelp.de auf Google Maps zurück, um den Nutzern auch gra-
phisch anzuzeigen, wo sich die Lokalität befindet (s. Abb. 250).

Abb. 250: Yelp als Beispiel des Mashup-Modells


Quelle: www.yelp.de

Mashups lassen sich anhand ihrer Integrationstiefe einerseits und der Art der zugrunde
liegenden Geschäftsidee andererseits differenzieren. (s. Abb. 251). Es wird also unter-
schieden, wie die verwendeten fremden Inhalte oder Anwendungen in dem Mashup
verwendet und mit bestehenden oder anderen fremden Inhalten kombiniert und integriert
werden. Dabei entstehen drei Klassen von Mashups (Hommen 2007, S. 108 f.):

„ Mashups der ersten Stufe: In der ersten Stufe werden fremde Inhalte in die eigene
Webapplikation eingebunden. Diese werden auf der eigenen Seite angezeigt, es findet
jedoch keine Weiterverarbeitung und Verknüpfung mit eigenen oder weiteren fremden
Inhalten statt. Dies findet meist in Form von Werbung statt, welche, ggf. kontextbe-
zogen, gegen eine entsprechende Vergütung in das eigene Angebot integriert wird. Ein
weiteres Beispiel ist das Einbinden eines Newstickers in eine bestehende E-Com-
munity.
692 Die Grundlagen der E-Community

„ Mashups der zweiten Stufe: In der zweiten Stufe werden fremde Inhalte oder An-
wendungen in die eigene Webapplikation integriert und mit den bestehenden Inhalten
kombiniert. Das Ziel ist dabei, mit fremden Inhalten die eigene Applikation zu er-
weitern und aufzuwerten, sodass das daraus resultierende Ergebnis für die Nutzer der
eigenen Plattform einen höheren positiven Nutzen darstellt. Aus Sicht des Plattform-
betreibers hat diese Mashup-Form lediglich unterstützenden Charakter, da die Platt-
form nur um zusätzliche Inhalte oder Funktionen erweitert wird. Ein Beispiel ist die
Nutzung von Google Maps innerhalb einer E-Community, um Nutzerprofile auf einer
interaktiven Karte anzuzeigen (s. Kapitel 5.1.2.6).

„ Mashups der dritten Stufe: In Mashups der dritten Stufe werden Inhalte und An-
wendungen von zwei oder mehr Anbietern so kombiniert, dass ein Ergebnis entsteht,
welches den Nutzern einen höheren Nutzen stiftet als dieses die Dienste oder Inhalte
der fremden Anbieter einzeln können. Aus Sicht des Plattformbetreibers wird nicht nur
eine bestehende Plattform erweitert, sondern vielmehr eine neue Geschäftsidee umge-
setzt. Ein Beispiel für ein Mashup der dritten Stufe ist jobrobo.de, eine Meta-Such-
maschine für Stellenangebote, die ihre Trefferliste nicht aus einem eigenen Datenbe-
stand erstellt, sondern Suchanfragen an andere Jobportale weiterreicht und deren Er-
gebnisse zu einer Ergebnisliste aggregiert.

Entwicklung neuer Mashups der dritten Stufe


Kombinationen • Entwicklung einer neuen Idee
• Verknüpfung von fremden Inhalten
und Anwendungen

Geschäftsidee
Mashups der ersten Stufe Mashups der zweiten Stufe
• Anzeige fremder Inhalte • Integration fremder Inhalte
• keine Weiterverarbeitung • Verknüpfung mit eigenen
bestehenden Inhalten
• indirekte Erlösquelle
• direkte Erlösquelle durch höheren
Erweiterung Nutzen
bestehender
Applikationen

geringe Integration hohe Integration


Integrationstiefe

Abb. 251: Klassifikation von Mashups


Quelle: Hommen 2007, S. 109.
Die Systeme beim elektronischen Kontaktnetzwerk 693

5.1.2.5 Social-Networking-Modell
Der Aufbau und die Pflege von zwischenmenschlichen Beziehungen bezeichnet man all-
gemein als Social- Networking-Modell. Systemlösungen, die diesem Social-Networking
folgen, haben daher das Ziel, die Gesamtmenge aller Nutzer einer E-Community zu be-
trachten und zwischen diesen softwaregestützt ein möglichst enges Netz von Beziehun-
gen zu knüpfen. Dabei soll aufbauend auf einer größtmöglichen Menge an Nutzern und
Beziehungen ein möglichst breiter Austausch der Community-Mitglieder erzielt werden
(Koch/Richter 2009, S. 54). Social-Networking-Plattformen verfügen in der Regel über
die drei folgenden Grundfunktionen (Koch/Richter/Schlosser 2007, S. 450):

„ Identitätsmanagement: Das zentrale Element des Social-Networking-Modells stellt


das Teilnehmerprofil (s. Kapitel 5.1.1.1) dar, welches in der Regel vom Nutzer selbst
erstellt und gepflegt wird. Es enthält Aspekte wie persönliche Kontaktdaten, Fotos, Le-
benslauf sowie Interessens- und Fachgebiete. Dabei entscheidet in der Regel der Nut-
zer, welche Informationen über sich selbst er welchem anderen Nutzer zur Verfügung
stellen möchte (Koch/Richter 2009, S. 55 f.).

„ Beziehungsmanagement: Jeder Nutzer pflegt seine persönlichen Kontakte. Gefun-


dene Personen können, falls gewünscht, in die eigene Kontaktliste aufgenommen
werden; die Beziehung wird in der Regel allerdings erst dann hergestellt, wenn beide
Seiten diesem zustimmen (Alpar/Blaschke/Keßler 2007, S. 51).

„ Visualisierung: Das persönliche Netzwerk sowie die darin enthaltenen Kontakte wer-
den mit Hilfe von Graphen, Verbindungen und Profilen angezeigt. Optional möglich
ist eine Funktionalität, die die Kontakte der Kontakte anzeigt. Auf diese Weise lässt
sich feststellen, über wie viele Zwischenkontakte ein Mitglied mit einem anderen Mit-
glied vernetzt ist.

Als Zusatzfunktionen bieten viele Plattformen Suchfunktionen zum einfachen Auffinden


und zum (automatischen) Empfehlen von Kommunikationspartnern bzw. Experten sowie
Awareness-Funktionen, die implizite Hinweise auf Veränderungen oder aktuelle Ereig-
nisse im eigenen Netzwerk geben (Koch/Richter/Schlosser 2007, S. 450). Eine zentrale
Funktion des Social-Networking-Modells liegt ferner in der wechselseitigen Kommunika-
tion der Mitglieder. In Abhängigkeit von der Anzahl der Teilnehmer kann der Austausch
von Informationen auf einer Social-Networking-Plattform einer der beiden folgenden
Kommunikationskategorien zugeordnet werden (Alpar/Blaschke/Keßler 2007, S. 51 f.):

„ 1:1-Kommunikation: Diesem Bereich sind Textnachrichten zuzuordnen, die inner-


halb der E-Community empfangen und versendet werden können. Optional ist in
manchen Fällen auch ein Anhängen von Bildern oder Audio-/Video-Inhalten mög-
lich. Wichtig ist diese Art der Kommunikation für diejenigen Kontakte, mit denen
keine weiteren Kontaktinformationen (z. B. E-Mail-Adressen oder Telefonnummern)
ausgetauscht wurden.
694 Die Grundlagen der E-Community

„ n:m-Kommunikation: Diesem Bereich ist die Kommunikation in Gruppen und Foren


zuzuordnen, wobei es insbesondere darum geht, bestimmte Themen mit interessierten
Personen zu besprechen. Die Nutzung dieser Art der Kommunikation kann durch Lese-
und Schreibberechtigungen von den jeweiligen Moderatoren eingeschränkt werden.
Es bleibt den Teilnehmern überlassen, Foren aufzubauen und innerhalb dieser Foren
Regeln für die Kommunikation aufzustellen.

Abb. 252: Xing als Beispiel des Social-Networking-Modells


Quelle: www.xing.com/profile/tobias_kollmann
Die Systeme beim elektronischen Kontaktnetzwerk 695

Zur n:m-Kommunikation integrieren Social-Networking-Lösungen häufig das Board-


Modell (s. Kapitel 5.1.2.1), sodass die Nutzer in Foren oder Gruppen aktiv Informationen
austauschen können. Häufig bilden sich in einer E-Community auf diese Weise Sub-Com-
munities, deren Mitglieder über ähnliche Interessen verfügen. Eine weitere Kommunika-
tionsmöglichkeit, welche nicht eindeutig einer der beschriebenen Kategorien zuzuordnen
ist, ist die Kommunikation über Gästebücher, welche in die einzelnen Nutzerprofile in-
tegriert sind. Diese sind zwar an den Profilinhaber gerichtet, können aber auch von ande-
ren Mitgliedern gelesen und kommentiert werden (Alpar/Blaschke/Keßler 2007, S. 52).
Ein Beispiel für das Social-Networking-Modell ist das Business-Netzwerk xing.com (s.
Abb. 252). Ziel der Plattform ist es, das Knüpfen und Pflegen geschäftlicher Kontakte
zu unterstützen. Dazu erstellt jeder Nutzer ein Profil, welches Kontaktdaten, Ausbildung,
beruflichen Werdegang sowie berufliche und persönliche Interessen enthält. Durch die
Möglichkeit, einzelne Informationen für andere Nutzer freizugeben, wird die Privatsphäre
des Nutzers garantiert. Die eigene Startseite, die als eine Art Schaltzentrale für den Nutzer
betrachtet werden kann, lässt sich auf die Bedürfnisse des Nutzers anpassen. Konfigurier-
bare Elemente sind dabei u. a. eine Übersicht über neue Mitglieder, eigene und öffentliche
Termine, Geburtstage der eigenen Kontakte und Neuigkeiten aus den Profilen der eigenen
Kontakte (Lamprecht 2007, S. 131 ff.).

5.1.2.6 Geotagging-Modell
Ein weiterer Ansatz zur Realisierung des Informationsaustausches zwischen Nutzern elek-
tronischer Kontaktnetzwerke ist das Geotagging-Modell. Beim Geotagging werden Sub-
jekte oder Objekte, also z. B. Personen, Fotos oder Videos mit geographischen Standort-
informationen, also Längen- und Breitengraden versehen (Krylov/Kenny/Dahyot 2018;
Ebersbach/Glaser/Heigl 2011, S. 148 f.). Der eigentliche Mehrwert dieses Modells ent-
steht aber erst, wenn diese geographischen Informationen auf einer Landkarte angezeigt
werden oder mit den Koordinaten bekannter Standorte in Verbindung gebracht werden
(Ebersbach/Glaser/Heigl 2011, S. 148 f.). Google Maps stellt bspw. eine Schnittstelle zur
Verfügung, mittels derer andere Dienste auf Google Maps zugreifen können, um geografi-
sche Standortdaten zu visualisieren. Ein Beispiel für diese Form des Mashups, nämlich
basierend auf Geotagging, ist z. B. die mobile Community und Applikation foursquare
.com (s. Abb. 253). Als Alternativen zum Kartenmaterial von Google Maps gibt es bspw.
vergleichbare Schnittstellen bei Bing Maps von Microsoft, Yahoo Maps von Yahoo! und
MapQuest von AOL (Ebersbach/Glaser/Heigl 2011, S. 149). Der praktische Nutzen des
Geotagging-Modells ist vielfältig. So wird Nutzern sozialer Netzwerke bspw. ermöglicht,
sich über den Standort anderer Nutzer zu informieren. Hierfür ist auch die mit foursquare
.com vergleichbare Online-Community glympse.com ein Beispiel. Ferner können Orte mit
virtuellen Notizen oder Bildern versehen werden, wie es etwa bei flickr.com üblich ist. Aber
auch mobile Anwendungsmöglichkeiten sind denkbar. Nutzer virtueller Communities
können mit Hilfe von Geotagging herausfinden, ob sich andere Nutzer in der Nähe
befinden, was z. B. für die soziale Plattform instagram.com von enormer Bedeutung ist.
696 Die Grundlagen der E-Community

Abb. 253: Das Geotagging-Modell von Foursquare basierend auf Google Maps
Quelle: www.foursquare.com

5.1.3 Die Systemarchitekturen beim elektronischen Kontaktnetzwerk

Die am Markt befindlichen Systemarchitekturen für elektronische Kontaktnetzwerke ha-


ben im Zuge der Web 2.0-Diskussion einen erheblichen Komplexitätsschub verzeichnet.
Waren es früher im Wesentlichen Chat- oder Forenmodule, die im Rahmen anderer Platt-
formen eingebaut wurden, so verwenden die Betreiber einer E-Community heute, in Ab-
hängigkeit der verwendeten Modelle bei den Systemlösungen (s. Kapitel 5.1.2), verschie-
dene Komponenten in einer übergreifenden Architektur. Um ein grundlegendes Verständ-
nis für die Architektur einer E-Community-Plattform zu vermitteln, werden im Folgenden
diese verschiedenen Komponenten vorgestellt, die den bereits diskutierten Anforderun-
gen entsprechen (s. Kapitel 5.1.1) und grundsätzlich zur Realisierung der beschriebenen
Grundmodelle (s. Kapitel 5.1.2) herangezogen werden können. Dies sind grundlegende
Technologiekonzepte wie Web Services, REST (Representational State Transfer), Ajax,
Single Source-Publishing und Web-Frameworks, die nun diskutiert und in den Kontext der
E-Community eingeordnet werden.

5.1.3.1 Web-Service-Komponenten
Web- Service-Komponenten spielen bei vielen Plattformen im E-Business eine wichtige
Rolle, ob dies beim Austausch elektronischer Produktdaten im Rahmen des E-Marketplace
ist (s. Kapitel 4.1.1.3) oder bezüglich von Online-Schnittstellen (s. Kapitel 5.1.1. 3). An
dieser Stelle sollen nun ergänzend insbesondere die technischen Eigenschaften von Web-
Service-Komponenten vertieft und die Eignung von Web Services zur Realisierung von
Die Systeme beim elektronischen Kontaktnetzwerk 697

plattformübergreifenden Systemarchitekturen verdeutlicht werden. Eine schematische


Funktionsweise von Web Services zwischen zwei entfernten Anwendungen ist vor diesem
Hintergrund in Abb. 254 dargestellt: Zwei entfernte Anwendungen, die nicht zwingend
auf den gleichen Technologien basieren, kommunizieren über beidseitig verständliche
Web-Service-Schnittstellen. Dazu stellt die Anwendung A eine Anfrage (Request), auf die
Anwendung B eine Antwort (Response) zurückgibt. Entscheidend für die Kommunikati-
onsbeziehung zwischen zwei Anwendungen sind dabei vor diesem Hintergrund die fol-
genden Charakteristika von Web Services (Neimarlija 2007, S. 94 f.):

„ Programmierbarkeit: Web Services sind über programmierbare Schnittstellen er-


reichbar. Sie sind in erster Linie für die Kommunikation von Softwareanwendungen
und nicht für die menschliche Informationsverarbeitung entwickelt. Web Services
haben keine graphische Benutzeroberfläche wie etwa Anwendungsprogramme.

„ Selbstbeschreibung: Ein Web Service wird begleitet von Metadaten (Daten über Da-
ten), die während der Laufzeit von weiteren Web Services ausgewertet werden können.
Typische Beschreibungsmerkmale sind Name, Beschreibung, Version und Dienstgüte.

„ Kapselung: Ein Web Service ist eine unabhängige, in sich abgeschlossene bzw. gekap-
selte Anwendung, die eine klar definierte Aufgabe erfüllt.

„ Lose Koppelung: Die Kommunikation erfolgt über einen einfachen Austausch von
Nachrichten. Web-Service-Konsumenten und Web-Service-Anbietern bleiben Imple-
mentierungsdetails einzelner Anwendungen verborgen.

„ Ortsunabhängigkeit: Web Services sind ortsunabhängig und können – sofern die Be-
nutzer und Anwendungen die entsprechenden Zugriffsrechte besitzen – jederzeit und
von jedem Ort aus aktiviert werden.

„ Protokolltransparenz: Ein Web Service basiert stets auf Internet-Protokollen. Ope-


rationen und Nachrichten können mehrere Protokolle unterstützen, z. B. das Hyper-
text Transfer Protocol oder das Internet Message Access Protocol.

„ Komposition: Web Services können einerseits in weitere Web Services zerlegt wer-
den, andererseits können mehrere wiederverwendbare Web Services wiederum zu
neuen Web Services zusammengestellt werden.

Ein wichtiger Grund für die Verbreitung von Web Services in bestehenden Systemarchi-
tekturen ist die Standardisierung der eingesetzten Technologien: Da keine neuen Techno-
logien erlernt und eingekauft werden müssen, ist die Implementierung von Web Services
in Unternehmen wesentlich einfacher. Durch das W3C sind drei zentrale Standards verab-
schiedet worden, die das Fundament von Web Services bilden: WSDL, SOAP und UDDI
(s. Kapitel 4.1.3.3). In den standardisierten XML-Beschreibungen eines Web Service ist
698 Die Grundlagen der E-Community

definiert, welche Daten als Parameter an diesen übergeben werden müssen, um eine ent-
sprechende, das jeweilige Informationsbedürfnis befriedigende Antwort zu erhalten. Die
Standardisierung und die dadurch erreichte Interoperabilität von Web Services sprechen
für den Einsatz von Web Services im Rahmen strukturierter Kooperationen innerhalb der
Digitalen Wirtschaft. Da Web Services von den vorhandenen IT-Landschaften in den ver-
schiedenen Unternehmen abstrahieren, ist ihre Akzeptanz bei potenziellen Kooperations-
partnern entsprechend hoch.

Request
W W
Anwendung A Internet Anwendung B
S S
Response
Sprache: Java Sprache: C#
Standort: Deutschland Standort: USA

Abb. 254: Web Services als Schnittstellen zwischen entfernten Anwendungen


Quelle: Neimarilija 2007, S. 95.

Bei der technischen Umsetzung von Web-Service-Komponenten kommen bekannte Stan-


dards wie etwa HTTP und XML zum Einsatz, sodass sich die Investitionen für neue Tech-
nologien in Grenzen halten. Den größten Aufwand stellt vielmehr das Abbilden und Pro-
grammieren der Schnittstellen dar. Hierzu stellen namhafte Entwicklergemeinden Werk-
zeuge und Entwicklungsumgebungen für den Einsatz von Web Services zur Verfügung.
Beispiele hierfür sind Java Web Services Development Pack (Sun Microsystems), Apache
Axis (Apache Foundation) und die Windows Communication Foundation (Microsoft.NET).

5.1.3.2 REST-Komponenten
Bei Mashups handelt es sich um Webapplikationen, die sich durch die Verwendung und
Kombination von Inhalten und Anwendungen aus unterschiedlichsten Quellen auszeich-
nen (s. Kapitel 5.1.2.4). Um Mashups für Unternehmen greifbar zu machen, hat sich der
Ansatz der weborientierten Architektur durchgesetzt (s. Abb. 255). Weborientierte Ar-
chitekturen (WOA) stellen eine Teilmenge und gleichzeitig eine Erweiterung zu service-
orientierten Architekturen (SOA) dar, da sie den auf die Integration im Backend fokussier-
ten SOA-Ansatz auf den Desktop bringen und auf diese Weise schnell und einfach grafi-
sche Anwendungen ermöglichen. Der in WOA einfließende Teil von SOA beinhaltet vor
allem die Dienste, die vom Unternehmen bereitgestellt werden. Des Weiteren werden in
WOA die wesentlichen Standards von SOA für Kommunikation, Integration, Prozess- und
Regelbeschreibung wiederverwendet. Aus dem Internet werden vor allem fremde Dienste
und Datenquellen genutzt, die nicht im Unternehmen zur Verfügung stehen. Zusätzlich
Die Systeme beim elektronischen Kontaktnetzwerk 699

kommen die wesentlichen Standards und Sprachen des Internets zum Einsatz. Dies be-
zieht sich vor allem auf den Bereich der Darstellung, da WOA-Angebote in aller Regel im
Browser dargestellt werden (Hommen 2007, S. 103).

Representational State Transfer


• Architekturstil, der auf den kleinsten gemeinsamen Nenner setzt
• Wenige, wohl definierte Operationen
• Universelle Syntax zur eindeutigen Identifikation von allen WOA-Ressourcen
• Zustandsloses Client-Server-Protokoll, d. h. jede HTTP-Nachricht enthält alle notwendigen Informationen

Internet/WWW Serviceorientierte Architektur


• Kommunikationsstandards (wie HTTP, …) • Kommunikationsstandards (wie SOAP, …)
• Darstellungsstandards (wie XHTML, …) • Integrationsstandards (wie WSDL, …)
• Datenstandards (wie XML, …) • Prozessstandards (wie BPEL, …)
• Sprachen (wie Ajax, …) • Regelstandards (wie BRML, …)
• Externe Datendienste (wie Google Maps, …) • Interne Datendienste (wie SOA-Services, …)

Abb. 255: Kernkomponenten einer weborientierten Architektur


Quelle: Reiter 2007, S. 11.

Der Architekturstil, der in weborientierten Architekturen genutzt wird, nennt sich REST.
Den entsprechenden REST-Komponenten liegt ein zustandsloses Protokoll zugrunde, es
werden also in jeder übermittelten Nachricht alle benötigten Informationen übertragen, da
dem Empfänger keine Zustände oder Sessions bekannt sind. Zudem sind alle Ressourcen
eindeutig identifizierbar, der Empfänger einer Nachricht kann also genau adressiert wer-
den. Zur Kommunikation bietet REST lediglich vier Methoden an. Diese entsprechen den
vom HTTP-Protokoll bekannten Methoden GET, PUT, POST und DELETE. Mit Hilfe
von GET werden die adressierten Ressourcen angefordert. POST ist eine Erweiterung von
GET, dabei besteht die Möglichkeit, zusätzliche Informationen an den Empfänger zu über-
mitteln. PUT ist ähnlich der POST-Methode, wobei vom Client jedoch vollständige Da-
teien zum Server übertragen werden. Die DELETE-Methode ist das Gegenstück zu PUT,
mit ihrer Hilfe wird die adressierte Datei gelöscht.
Betrachtet man die Einfachheit der REST-Operationen, wird deutlich, dass REST auf den
kleinsten gemeinsamen Nenner setzt. Mit der Hilfe von REST-Komponenten lassen sich
beliebige Informationen übertragen, welche nicht näher spezifiziert werden müssen. Diese
Leichtgewichtigkeit ist ein Grund dafür, dass REST vielfach der zur Realisierung von
Online-Schnittstellen (s. Kapitel 5.1.1.3) genutzte Architekturstil ist. Der gebräuchlichste
700 Die Grundlagen der E-Community

Weg zur Verwendung von fremden Anwendungen oder Diensten ist dabei die Nutzung
von freien Application Programming Interfaces (APIs), die im Rahmen des Mashup-
Modells (s. Kapitel 5.1.2.4) zum Einsatz kommen. Mashup-APIs stellen gewissermaßen
eine leichtgewichtige Form von Web Services (s. Kapitel 5.1.3.1) dar. Da sie lediglich die
Informationen und Funktionen von Webanwendungen bereitstellen sollen, basieren sie
nicht auf Standards wie SOAP und WSDL, sondern werden meist mittels des einfachen,
sich auf wenige Funktionen beschränkenden REST umgesetzt (Hommen 2007, S. 106).

5.1.3.3 Ajax-Komponenten
Bei Ajax (Asynchronous JavaScript and XML) handelt es sich um ein Bündel von Tech-
nologien, welches innerhalb von Webanwendungen eine neue Art der Kommunikation
zwischen Client und Server ermöglicht (s. Abb. 256). Insbesondere lassen sich Weban-
wendungen durch den Einsatz von Ajax-Komponenten – z. B. durch Drag & Drop –
interaktiver gestalten als es bei traditionellen Webanwendungen bisher möglich war (Koch
2005, S. 197). Ajax trägt auf diese Weise u. a. maßgeblich zu einer Vereinfachung der
Generierung von User-generated Content (s. Kapitel 5.1.1.2) bei.
Traditionelle Webanwendungen, die auf Technologien wie Adobe Flash oder Java App
lets verzichten und dennoch mächtige Funktionalitäten bereitstellen, basieren meist auf
dem Zusammenspiel von Hypertext Markup Language (HTML), JavaScript und einer ser-
verseitigen Technologie wie z. B. PHP (s. Kapitel 3.1.3.4). Zur Kommunikation zwischen
Webbrowser und Webserver wird meist das Hypertext Transfer Protocol verwendet. Dabei
handelt es sich um ein Anfrage/Antwort-Protokoll, welches den Verlauf der Kommuni-
kation zwischen einem Client und einem Server definiert. Ein Anfrage/Antwort-Protokoll
verläuft immer in eine Richtung. Dies hat zur Folge, dass der Server sich nicht an vorhe-
rige Anfragen des Clients erinnert und auch keine Kommunikation mit dem Client auf-
nehmen kann (Gebhardt 2007, S. 126). Bei einem typischen Seitenaufruf wird von einem
Client zunächst eine Anfrage mittels eines HTTP-Requests an den Webserver gesendet.
Dieser verarbeitet die Anfrage und sendet anschließend die angeforderten Daten mittels
einer HTTP-Response, bestehend aus HTML und ggf. JavaScript, an den Client. Sobald
der Client neue Daten benötigt, muss er erneut einen HTTP-Request absetzen und auf die
Rückmeldung bzw. Antwort des Webservers warten. Diese synchrone Kommunikation
bringt somit die Benutzeraktivität während des Seiten-Reloads zum Erliegen (Darie et al.
2007, S. 22 f.). Wenn ein Client nur Teile einer Webseite neu benötigt, wird dennoch das
komplette HTML-Dokument vom Webserver an den Browser gesendet. Dies kann z. B. bei
langsamen Netzverbindungen oder überlasteten Webservern lange Wartezeiten zur Folge
haben und somit die Usability einschränken (Gebhardt 2007, S. 127). Der Lebenszyklus ei-
ner klassischen Webanwendung ist in Abb. 256 (linke Seite) dargestellt. Es wird ersicht-
lich, dass die Gesamtheit der Anwendungslogik einer klassischen Webanwendung beim
Server liegt. Der Webbrowser ist somit nicht mehr als ein „dummes Terminal“ (Crane/
Pascarello/James 2006, S. 43), welches ein HTML-Dokument übermittelt bekommt und
dem bei jeder Interaktion des Benutzers ein neues Dokument gesendet wird.
Die Systeme beim elektronischen Kontaktnetzwerk 701

Klassische Webanwendung Ajax-Anwendung

Webbrowser Server Webbrowser Server

Anmeldung Anmeldung
Logik Logik

Webseite Datenmodell Datenmodell


des Benutzers Auslieferung des Benutzers
Partielles Client-
Benutzer- Datenmodell Anwendung Benutzer-
Webseite
sitzung des Benutzers sitzung
Beendi-
Abmeldung Client-
gungs-
seite Gemeinsam Anwendung Gemeinsam
genutztes Abmeldung genutztes
Datenmodell Datenmodell

Abb. 256: Lebenszyklus klassischer bzw. Ajax-basierter Webanwendungen


Quelle: in Anlehnung an Darie et al. 2007, S. 23.

Eine Ajax-Anwendung versucht die Probleme traditioneller Webanwendungen zu behe-


ben. Dazu werden Teile der Anwendungslogik auf den Client ausgelagert, um ein besseres
Gleichgewicht zwischen Client und Server herzustellen (Darie et al. 2007, S. 23; Crane/
Pascarello/James 2006, S. 43). Der Client übernimmt dabei einen Teil der Rechenarbeit,
die vorher traditionell auf dem Server abgelaufen ist (Koch 2005). Den Lebenszyklus
einer Ajax-Anwendung zeigt Abb. 256 (rechte Seite). Kern einer Ajax-Anwendung
bildet die Ajax-Engine, welche zwischen Client und Server geschaltet wird. Sobald ein
Benutzer eine Ajax-Anwendung aufruft, wird zu Beginn der Kommunikation eine Ajax-
Engine an den Browser übermittelt. Diese kümmert sich um die Darstellung der Benutzer-
oberfläche und um die Kommunikation mit dem Server. Im Wesentlichen besteht die Ajax-
Engine aus dem mächtigeren JavaScript, das dem Client die Möglichkeit gibt, im Hinter-
grund Daten vom Server aufzurufen und Inhalte im Browser zu aktualisieren (Darie et al.
2007, S. 23). Die Kommunikation findet dabei asynchron zum Verhalten der Webanwen-
dung an der Benutzeroberfläche statt. Dies ermöglicht die Verteilung der Last des Servers
auf den Client, indem die Ajax-Anwendung im Hintergrund zwischen diesen beiden kom-
muniziert, während der Benutzer weiter auf der Seite interagieren kann (Darie et al. 2007,
S. 22 f.). Benötigte Daten können demzufolge von der Webanwendung im Hintergrund
nachgeladen und anschließend im Webbrowser des Benutzers aktualisiert werden, ohne die
Interaktivität des Benutzers zu beeinträchtigen (Gebhardt 2007, S. 129).
Ajax-Anwendungen reagieren laufend auf die Eingaben des Benutzers und nehmen erst
wenn es notwendig ist Kontakt mit dem Server auf. Die immer mehr an Popularität ge-
winnende Suchmaschine Google Suggest arbeitet genau nach diesem Prinzip. Während
der Benutzer im Eingabefeld der Suchmaschine einen Suchbegriff eingibt, werden ihm
702 Die Grundlagen der E-Community

mit jedem weiteren Zeichen verbesserte Vorschläge in einem Listenfeld präsentiert, die
mit dem gedachten Suchbegriff in Verbindung stehen. Jedes Mal, wenn der Benutzer ein
Zeichen eingibt, führt die Ajax-Engine im Hintergrund eine Anfrage an den Server aus.
Nachdem dieser passende Ergebnisse an den Client zurück gesendet hat, kümmert sich die
Ajax-Engine um deren Darstellung – in dem genannten Beispiel also folglich um das An-
zeigen eines Listenfeldes mit den zum Suchbegriff verwandten Suchwörtern. Der Benutzer
bemerkt diese Kommunikation nicht und kann ohne Verzögerungen mit der Eingabe sei-
nes Suchbegriffes fortfahren (Gebhardt 2007, S. 130). Ein weiteres Anwendungsbeispiel
von Ajax ist die Formularvalidierung, welche oftmals für die Überprüfung personenbe-
zogener Daten wie z. B. Adressen oder Geburtsdaten verwendet wird.
Um Daten zwischen Client und Server auszutauschen, nutzt eine Ajax-Anwendung XML
(s. Kapitel 2.1.1.1). Um das Erscheinungsbild von Elementen einer Webseite auf einfache
und schnelle Weise dynamisch zu verändern, machen sich Ajax-Komponenten CSS-Re-
geln (s. Kapitel 3.1.3.3) zunutze. Um dynamisch HTML-Elemente und deren Eigenschaf-
ten zu verändern und somit bestimmte Bereiche einer Webseite während des laufenden
Betriebes neu zu laden, greift eine Ajax-Anwendung auf das Document Object Model
(DOM) zurück. Das DOM ist eine plattformunabhängige und sprachneutrale Schnittstelle,
um dynamisch auf Inhalte zuzugreifen und diese zu aktualisieren. Im DOM wird die
Struktur einer Webseite als eine hierarchische Reihe von veränderbaren Objekten darge-
stellt, die sich mittels einer Skriptsprache wie JavaScript verändern lassen. JavaScript ist
daher ein Schlüsselelement einer Ajax-Anwendung, da es deren Logik umsetzt und das
Bindeglied zwischen den anderen benannten Technologien darstellt (Crane/Pascarello/Ja-
mes 2006, S. 60).
Ein weiteres Schlüsselelement von Ajax ist das XMLHttpRequest (XHR)-Objekt. Mo-
derne Webbrowser stellen mit dem XHR-Objekt eine Schnittstelle zur Verfügung, wel-
che die Kontrolle von HTTP-Transaktionen durch clientseitige Programmiersprachen wie
JavaScript ermöglicht. Ajax-Anwendungen machen sich das XHR-Objekt zunutze, um
darüber mit einem Server zu kommunizieren, ohne die Interaktion des Benutzers zu be-
einträchtigen. So kann eine Anwendung im Hintergrund über das Objekt HTTP-Requests
absetzen und Daten vom Server empfangen, um anschließend neue Inhalte dynamisch
darzustellen. Die asynchrone Kommunikationsweise wird durch die Registrierung von
Callback-Funktionen möglich, die bei jeder Änderung des Transaktionszustandes aus-
gewertet werden können. Mittels JavaScript kann der Zustand einer Transaktion aus dem
XHR-Objekt ausgelesen werden, um anschließend entsprechend reagieren zu können (Geb-
hardt 2007, S. 133).

5.1.3.4 Single-Source-Publishing-Komponenten
Um die für eine E-Community-Lösung geforderte Geräteunabhängigkeit für den Online-
Mitgliederzugriff zu gewährleisten, wird ein medienneutrales Datenformat benötigt, in
dem Inhalt und Layout strikt voneinander getrennt sind (s. Kapitel 5.1.1.4). Nur so kann
Die Systeme beim elektronischen Kontaktnetzwerk 703

eine effiziente Wiederverwendbarkeit und automatisierte Mehrfachverwendung von Infor-


mationen gewährleistet werden (Balci/Bülbül 2007, S. 81). Des Weiteren wird eine zent-
rale Datenbank benötigt, in der die Informationen nur ein einziges Mal abgespeichert
sind, um anschließend verschiedene Publikationen auf verschiedenen Zielmedien vorzu-
nehmen (Fritsche 2002, S. 32). Der zugrundeliegende Publikationsprozess wird allgemein
als Single-Source Publishing bezeichnet. Offen bleibt dabei die Frage, welche Technolo-
gien beim Single-Source Publishing zum Einsatz kommen bzw. in welchem Format Inhalt
und Layout in der Datenbank abgelegt werden sollen.

Inhalt und Struktur


HTML

XML XSLT-Prozessor WML

PDF

XSLT
Resultate

Darstellung

Abb. 257: Zusammenspiel von XML und XSLT


Quelle: Jablonski/Meiler 2002, S. 108.

Als grundlegende Technologie hat sich die eXtensible Markup Language (XML) durch-
gesetzt, die 1998 vom World Wide Web Consortium (W3C) als Standard empfohlen wurde
(s. Kapitel 2.1.1.1). In XML-Dokumenten werden die hierarchische Struktur und der In-
halt der Dokumente festgelegt, aber keinerlei Angaben zum letztendlichen Layout ge-
macht. Die Angaben über das für das jeweilige Publikationsmedium vorgesehene Layout
werden anhand sog. Stylesheets vervollständigt, um ein beliebiges Ausgabeformat zu er-
zeugen (s. Kapitel 3.1.3.3). Um strukturierte XML-Dokumente mittels eines Style-sheets
in das jeweilige Zielformat zu überführen, bedarf es zusätzlicher Werkzeuge bzw. Tech-
nologien. Auch diese basieren zu einem Großteil auf XML. So ist bspw. die eXtensible
Stylesheet Language (XSL) eine Familie von XML-basierten Sprachen zur Erzeugung von
Layouts für XML-Dokumente. Teilsprachen dieser Sprachfamilie sind XSLT (XSL Trans-
formations) für die template-basierte Transformation eines beliebigen XML-Dokuments
in ein anderes textbasiertes (z. B. (X)HTML- oder WAP-basiertes) Dokument mittels ei-
704 Die Grundlagen der E-Community

nes sog. XSLT-Prozessors sowie XSL-FO (XSL Formatting Objects) für die Beschrei-
bung eines XML-Dokuments mit Formatierungsanweisungen und Stilangaben, aus denen
sich mit geeigneten Werkzeugen druckfertige Dokumente (z. B. PDF) erzeugen lassen. In
der Summe ermöglicht die XSL-Familie also die parallele Bedienung von Computerbild-
schirm und Printversion, indem sie Transformations- und Formatierungsregeln definiert.
Der Einsatz eines XSLT-Prozessors ist in Abb. 257 visualisiert.
Trotz der Verfügbarkeit von Single-Source-Publishing-Komponenten darf man nicht au-
ßer Acht lassen, dass die Layouts für die einzelnen Zielmedien durch die Einbeziehung
professioneller Designer gestaltet werden müssen. Die Erstellung von Stylesheets bzw.
Templates ist im Hinblick auf die dynamische Natur der resultierenden Dokumente we-
sentlich komplexer als die Gestaltung statischer Inhalte. Gestaltete Inhalte gehören näm-
lich zu den komplexesten Datenstrukturen überhaupt. Dies zeigt schon allein die Tatsache,
dass die Standards, die sich mit Gestaltung befassen, allen voran Cascading Style Sheets
(CSS) und XSL-FO, den größten Sprachumfang von allen Internetstandards haben (Roth-
fuss/Ried 2003).

5.1.3.5 Framework-Komponenten
Komponenten, die für die Entwicklung von Webanwendungen oder Web Services (s. Ka-
pitel 5.1.3.1) ausgelegt sind, bezeichnet man als Web-Frameworks. Die dahinter steh-
ende Grundidee ist, sich im Rahmen der Softwareentwicklung oft wiederholende Tätig-
keiten zu vereinfachen bzw. zu verringern. Prinzipiell kann man in diesem Zusammenhang
zwischen zwei Arten von Web-Frameworks unterscheiden (Bächle/Kirchberg 2007,
S. 79):

„ Ereignisgesteuerte Frameworks sehen vor, dass der Entwickler für spezielle Kom-
ponenten vorab die Reaktion auf ein bestimmtes Ereignis bestimmt, die zur Laufzeit
dann durch Benutzeraktionen mit der jeweiligen Komponente ausgelöst werden kann.
Beispiele für ereignisgesteuerte Frameworks sind das Open-Source-Projekt Tapestry
oder das kommerzielle Produkt ASP.NET von Microsoft.

„ Aktionsgesteuerte Frameworks definieren ihre Anwendungssteuerung entlang des


vom HTTP-Protokoll vorgegebenen Request-Response-Zyklus. Dabei lehnen sie sich
stark an das MVC-Muster an, welches in der Softwareentwicklung die strikte Trennung
der Schichten Model (Datenhaltung), View (Präsentation) und Controller (Programm-
logik) vorsieht (s. Kapitel 3.1.3.4). Beispiele für aktionsgesteuerte Frameworks sind
Struts und Ruby on Rails (RoR).

Web-Frameworks sollen sehr schnell Ergebnisse erzielen und lauffähige Webanwendun-


gen erstellen, sodass die Verwendung von Framework-Komponenten bei der Entwicklung
datenintensiver Community-Plattformen entscheidende Vorteile mit sich bringt. Dafür
bieten Frameworks folgenden Grundfunktionalitäten:
Die Prozesse beim elektronischen Kontaktnetzwerk 705

„ Datenbankzugriff: Web-Frameworks ermöglichen es, mit wenigen Schritten einen


Datenbankzugriff (z. B. MySQL) einzurichten. Die einfache Handhabung wird durch
objektrelationale Mapper (ORM) ermöglicht. Während sich die Programmierung
schon lange dem objektorientierten Paradigma verschrieben hat, bewährt sich beim
Speichern von Daten nach wie vor die relationale Methode. ORMs verbinden beide
Welten, indem sie sich um die relationale Persistenzhaltung kümmern und fertige
Klassen zur Verwendung anbieten. Als Beispiele können LINQ to SQL für das .NET-
Framework oder auch Hibernate im Java-Bereich genannt werden.

„ Templatesysteme: Web-Frameworks bieten immer die Möglichkeit, die Anzeige


über Templates (s. Kapitel 3.1.3.3) zu steuern. Dazu werden HTML-Seiten generiert,
die mit dynamischen Inhalten gefüllt werden. Dadurch kann sauber zwischen stati-
schen und dynamischen Elementen getrennt werden, sodass sich ein Webdesigner um
das Design der Benutzeroberfläche (des Templates) kümmern kann, während sich ein
Entwickler darum kümmert, dass die Benutzeroberfläche mit Daten befüllt wird. All-
gemeine Änderungen, die für alle Seiten gelten sollen, können dadurch zentral und
konsistent durchgeführt werden

„ Scaffolding: Web-Frameworks unterstützen den Entwickler bei der Erstellung eines


Plattform-Prototyps sowie der Generierung sog. CRUD-Seiten (Create-Read-Update-
Delete), welche grundlegende Datenbankoperationen (Erstellen, Lesen, Aktualisieren
und Löschen von Content) implementieren. Das so erstellte Projektgerüst kann dann
weiterentwickelt und verfeinert werden. Ebenso kann der Backend-Bereich einer
Plattform mit Scaffolding generiert werden, da auch dieser häufig zunächst nur grund-
legende Bedienelemente benötigt.

Ferner vereinen Web-Frameworks häufig grundlegende Philosophien wie „Convention


over Configuration“ (d. h. die Vermeidung komplexer Konfigurationen) oder „Don’t
repeat yourself“ (DRY). DRY bspw. setzt voraus, dass jegliches Wissen eine einzige,
eindeutige und maßgebliche Repräsentation im System hat, wobei der Begriff Wissen hier
für Daten, Metadaten, Logik, Funktionalität oder einen Algorithmus steht (Hunt/Thomas
2003, S. 24 f.; Bächle/Kirchberg 2007, S. 81). Ziele der beiden Philosophien sind Ein-
fachheit und Konsistenz während der Webentwicklung.

5.2 Die Prozesse beim elektronischen Kontaktnetzwerk


Nach den technischen Darstellungen der Systemebene (s. Kapitel 5.1) gilt es nun, die spe-
zifischen Anforderungen an und die Gestaltung von elektronischen Vernetzungsprozessen
zu diskutieren. Die Prozessebene im elektronischen Netzwerk beschreibt somit die Ar-
beitsschritte, die der Betreiber einer E-Community gewährleisten muss, damit es zu einer
706 Die Grundlagen der E-Community

dynamischen Interaktion der Community-Mitglieder kommt. Im Vordergrund stehen da-


bei stets Generierung, Tausch und Verknüpfung von Inhalten durch die Nutzer selbst
(Bächle 2008, S. 129). Zusammenfassend ergeben sich auf der Prozessebene im elekt-
ronischen Kontaktnetzwerk die folgenden Fragen, die zugleich auch die Lernziele des
aktuellen Kapitels darstellen:

„ Welche Vorteile bringt die Vernetzung von Individuen in einer E-Community mit sich
und welche Anforderungen sind daher grundlegend an den Prozess der Online-Ver-
netzung zu stellen?

„ Anhand welcher Teilprozesse lassen sich Generierung, Austausch und Verknüpfung


von Online-Content im elektronischen Netzwerk beschreiben?

„ Welche operativen, taktischen und strategischen Basisfunktionen entstehen im Rahmen


des Prozessmanagements einer E-Community?

5.2.1 Die Prozessanforderungen beim elektronischen Kontaktnetzwerk


E-Communities basieren auf der Online-Vernetzung echter Akteure. Der Prozess ist hier-
bei zunächst unabhängig davon, ob diese Akteure sich in der Realität kennen oder nicht.
Internettechnologien machen es möglich, reale soziale Netzwerke elektronisch abzubil-
den, und vereinfachen dabei den Informationsaustausch zwischen den beteiligten Akteu-
ren ungemein. Elektronische Netzwerke bauen hierbei in der Regel auf dem Grundgedan-
ken auf, dass mehr und mehr Webnutzer mit ihrer wahren Identität auftreten. Die Abbil-
dung eines sozialen Netzwerks mit Hilfe von Community-Plattformen bzw. Social Soft-
ware (s. Kapitel 5.1) bringt spezifische Anforderungen an den Prozess der Online-Vernet-
zung mit sich, wobei insbesondere Kosten- und Zeitaspekte sowie Flexibilitäts- und Qua-
litätsaspekte im Vordergrund stehen. Im Folgenden soll auf diese Aspekte jeweils einge-
gangen werden.

5.2.1.1 Online-Vernetzungskosten und -zeit


Mit Hilfe von Social Software können neue Kontakte, welche relevanten Nutzen stiften,
wesentlich schneller und kostengünstiger lokalisiert werden als mit traditionellen Maß-
nahmen des Managements von persönlichen Beziehungen (Teten/Allen 2005, S. 18 ff.).
Theoretisch lässt sich dies wie folgt begründen: Ein soziales Netzwerk kann allgemein
als eine Menge von Knoten und einer Menge von Kanten zwischen diesen Knoten be-
schrieben werden. Die Knoten beschreiben Akteure oder Akteursgruppen; die Kanten
beschreiben soziale Interaktionen oder Beziehungen zwischen den Akteuren. Auf diese
Weise kann abgebildet werden, wer mit wem kommuniziert, wer wen kennt oder wer
wem vertraut (Koch/Richter/Schlosser 2007, S. 449). Aus Perspektive des Nutzers ist der
Die Prozesse beim elektronischen Kontaktnetzwerk 707

zentrale Punkt der Online-Vernetzung, frühzeitige Kontakte mit anderen Nutzern aufzu-
bauen und zu dokumentieren, um bei einer späteren Expertensuche Vernetzungskosten
und -zeit für diese Suche und den Aufbau eines gemeinsamen Kontextes mit dem Ex-
perten zu minimieren (Koch/Richter 2009, S. 56). Das Prinzip der Online-Vernetzung ma-
chen sich bspw. Plattformen zunutze, die dem Social-Networking-Modell (s. Kapitel
5.1.2.5) folgen. Beispiele für derartige Plattformen sind facebook.de oder xing.de. Dem
Nutzer wird hier die Möglichkeit geboten, kostenlos ein Profil anzulegen, welches mehr
oder weniger detailliert sein kann. Zwar könnte man ein Profil einer imaginären Person
einstellen, dies würde dem Nutzer jedoch den elektronischen Mehrwert (s. Kapitel 1.4.1)
der Online-Vernetzung verwehren. Der Anreiz, seinen echten Namen bzw. seine korrekten
Daten einzustellen, liegt für den individuellen Nutzer darin, Menschen mit ähnlichen Inte-
ressen über einfache Suchfunktionen innerhalb der Community zu identifizieren, häufig
aber auch darin, alte Freunde oder Bekannte zu finden (Mikloweit 2007, S. 64). Diese
Bündelung gemeinsamer Interessen kann wiederum zu Wertschöpfungszwecken weiter-
entwickelt werden (Schubert 2018, S. 52). Aus wirtschaftswissenschaftlicher Perspektive
wiederum werden die durch Social Software bereitgestellten Ressourcen in Form von
externen Humankapital kostenfrei zur Verfügung gestellt, wobei der Zugang zum kol-
lektiven Wissen einer E-Community zu einer Kompetenzsteigerung des Einzelnen führen
kann (Teten/Allen 2005).

Vernetzungskosten Vernetzungsknoten
Vernetzungszeit Vernetzungskanten

Distributions- Distributions-
kosten geschwindigkeit

Digitalisierungs-
Lift-Off

Limitation des Explosion des


Kontaktnetzwerkes Kontaktnetzwerkes

Selektion des Multiplikation des


Distributionskanals Distributionskanals

Physische Hybride Elektronische Community-


Community Community Community entität

Abb. 258: Kosten- und zeitbezogene Vernetzungseffekte bei E-Communities


708 Die Grundlagen der E-Community

Ein anderer Zugang zu dem Aspekt der Vernetzungskosten und -zeit besteht in der Zu-
sammenführung der Aspekte Produktion und Distribution von digitalen Inhalten über E-
Communities. Dabei ist anzumerken, dass die gemeinsame Produktion von Inhalten in
Form des User-generated Content aus Betreibersicht mit keinen oder nur marginalen Kos-
ten verbunden ist. Andere Abstimmungs- und Koordinationswege in der Zusammenfüh-
rung verschiedener Autoren zur Generierung von Inhalten sind ungleich kostenintensiver.
Ein weiterer Aspekt sind die geringen Kosten und die hohe Geschwindigkeit bei der Dis-
tribution der Inhalte über E-Communities. So erreichte bspw. ein Werbevideo des Un-
ternehmens Quiksilver über die Video-Community youtube.com in kürzester Zeit über
3.000.000 potenzielle Kunden. Da die Einstellung des Videos bei youtube.com ohne Ent-
gelt erfolgte, sind dem Unternehmen dadurch keine Kosten für die Distribution ent-
standen. Zugleich wurde schnell über die Kommentar-Felder zu dem Video bei you
tube.com und die Vernetzung mit anderen Surfvideos eine kleine Sub-Community mit den
möglichen Kunden von Surfbedarf geschaffen. Der Versuch eine vergleichbare Reichweite,
z. B. über die Schaltung eines Werbespots im Fernsehen, wäre dagegen mit enormen Kos-
ten verbunden gewesen.
Die Zusammenhänge hinsichtlich der kosten- und zeitbezogenen Vernetzungseffekte ei-
ner E-Community können Abb. 258 entnommen werden. Dabei wird deutlich, dass mit
der Entwicklung der Community in eine elektronische Entität die Vernetzungskosten und
die -zeit (i. S. des zeitlichen Aufwandes zur Vernetzung) deutlich abnehmen, während die
Zahl der tatsächlichen und potenziellen Vernetzungsknoten und -kanten deutlich zu-
nimmt. Gleichzeitig sinken aufgrund der allgemein gültigen Kostendegressionseffekte in
der Digitalen Wirtschaft (s. Kapitel 1.1.2) die Distributionskosten für die Weitergabe
elektronischer Informationen, während die Distributionsgeschwindigkeit deutlich zu-
nimmt.

5.2.1.2 Online-Vernetzungsflexibilität und -qualität


Die Vernetzung von Individuen über Social Software unterliegt – eine Internetverbindung
vorausgesetzt – weder geografischen oder zeitlichen noch kulturellen oder sprachlichen
Restriktionen. Im Vergleich zu einem realen sozialen Netzwerk erhöht dies die Vernet-
zungsflexibilität. Selbst wenn Beziehungen weit entfernt sind oder allein online zustande
gekommen sind bzw. gepflegt werden, kann eine Online-Vernetzung signifikant dazu bei-
tragen, eine Beziehung durch den Faktor Vertrauen zu stärken und zu authentisieren. So
kann ein Kontakt bspw. durch gegenseitige Empfehlungen oder Garantien weiter ausge-
baut werden (Teten/Allen 2005, S. 18 ff.; Koch/Richter 2009, S. 55). Der Glaube an Au-
thentizität, d. h. der Glaube daran, hinter vielen Profilen reale Personen vorzufinden,
entwickelt einen auf Vertrauen basierenden Austausch mit anderen. Dies führt wiederum
dazu, Anregungen, Informationen oder Kontakte beizusteuern und so schließlich ein dy-
namisches Geflecht von sozialen Beziehungen entstehen zu lassen (Döring 2003). Viele
E-Communities befriedigen den Wunsch nach Gemeinschaft und das Bedürfnis vieler
Die Prozesse beim elektronischen Kontaktnetzwerk 709

Webnutzer nach authentischen, sozialen Kontakten, die auch in der Offline-Welt weiter-
existieren können (Mikloweit 2007, S. 65). So ist zu erkennen, dass E-Communities häufig
auch in der realen Welt Aktivitäten durchführen. Persönliche Gespräche und physische
Treffen bieten häufig wichtige Ergänzungen zur elektronischen Kommunikation (Tietz
2007, S. 21).
Obwohl es sich bei den innerhalb einer E-Community entstehenden Beziehungen zunächst
nur um „schwache“ Beziehungen handelt, steigt mit einer höheren Anzahl von Beziehun-
gen die Wahrscheinlichkeit, dass die jeweiligen Personen (ggf. auch wieder über ihre ei-
genen Beziehungen) Zugriff auf Informationen haben, die für einen selbst relevant sind.
Theoretisch begründen lässt sich dies insbesondere damit, dass gerade entfernte Kontakte
in anderen sozialen Kreisen verkehren als enge Kontakte (Granovetter 1967). Die Quali-
tät der Beziehungen ist in dieser Hinsicht tendenziell höher als in einem realen sozialen
Netzwerk. Darüber hinaus kann man davon ausgehen, dass die nicht-persönliche Online-
Kommunikation die Hemmschwelle zur Kommunikation allgemein senkt. Dadurch sind
schneller ins Detail gehende Konversationen möglich, sodass durch die Online-Vernetzung
allgemein mehr relevante Informationen zur Verfügung gestellt werden können (Teten/Al-
len 2005, S. 18 ff.; Koch/Richter 2009, S. 57 f.).
Qualifikationserfordernis

Bearbeitung durch den Communitybetreiber

Selektion der Teilnehmer

Review durch die Redaktion


Betreibergrenze

Selektionsgrenze
Keine Einschränkung der Nutzerbearbeitung
Reviewgrenze

Komplexitätsreduktion für den Nutzer

Abb. 259: Anforderungen und Grenzen der Vernetzungsqualität


Quelle: in Anlehnung an Rogge 2007, S. 110.

Dabei stellt sich die Frage, inwieweit der einzelne Nutzer mit diesem Zuwachs an Infor-
mation umgehen kann und wie der Community-Betreiber ihn bei der Handhabung der In-
formationsmenge unterstützen kann. Die Vernetzungsqualität kann daher nicht nur anhand
710 Die Grundlagen der E-Community

der Masse verfügbarer relevanter Information bzw. der Anzahl der Kontakte, die potenzi-
ell in der Lage sind, wichtige Informationen bereitzustellen, gemessen werden. Vielmehr
ist zur Sicherung der Vernetzungsqualität eine Steuerung des durch die User-generated
Contents durch den Community-Betreiber in der Hinsicht erforderlich, als dass dieser fest-
legt, ob eine Kontakt- bzw. Informationsanfrage eines Nutzers durch ungefilterten Content
anderer User beantwortet werden kann und darf, ob ein Review des Contents durch eine
Community-Redaktion vor der Frei- und Weitergabe der Information erforderlich ist, ob
es notwendig ist, nur selektierte Nutzer zur Interaktion zuzulassen, die sich z. B. in der
Vergangenheit als Experten auf einem Wissensgebiet herausgestellt haben, oder, als letzte
und aufwändigste Variante, ob die Information durch die Plattformredaktion selbst erstellt
werden muss. In diesem Zusammenhang ist auch das Phänomen der sog. „Fake News“ zu
nennen, bei denen soziale Netzwerk im Hinblick auf die ursprüngliche Annahme eines
Wahrheitsgehalts oder Zuverlässigkeitsgehalts seitens des User-Generated-Content ad ab-
surdum geführt wird (Bellinger/Krieger 2018, S. 330). Unter dem Begriff „Fake News“
werden hierbei Informationen deklariert, die als „alternative Fakten und Filterblasen prä-
gende Merkmale des gegenwärtigen Informationsökosystems“ beschrieben werden (Bel-
linger/Krieger 2018, S. 330). Dieser Zustand führt nach Bellinger/Krieger (2018, S.
330 f.) zu zwei kritischen Faktoren: Erstens zur Verbreitung von Unwahrheiten, „da nun
jeder seine eigene Wahrheit in der Cloud findet“ und zweitens zur Bildung sog. „Echo
Chambers“ (Echokammern), die im Rahmen sozialer Communities wie facebook.com o-
der twitter.com zu einem reinen Austausch von Gleichgesinnten führt. In letzterem Fall ist
es so, dass die Gruppen selbst bestimmen, wie Wahrheit und Zuverlässigkeit definiert und
die jeweilige Information genutzt wird.
Sind die entsprechenden Falschmeldungen erst einmal in der sozialen Community viel-
fach geteilt oder geliked worden, gewinnt die jeweilige Meldung an Eigendynamik, so-
dass diese mitunter nicht mehr zu löschen ist (Urschinger 2019). Gerade große digitale
soziale Communities wie facebook.com wurden in der Vergangenheit häufig zur Verbrei-
tung der Fake News genutzt und stehen seitdem immer wieder in der Kritik (Pitzke 2018).
Der Fake News-Skandal von facebook.com führte mitunter zu einem sehr hohen Börsen-
wertverlust des Unternehmens. Um gegen die Fake News bewusst vorzugehen, hat sich
die soziale Community nun dazu entschieden, Bonuszahlungen an Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter zu zahlen, die bewusst gegen falsche Informationen im sozialen Netz vorgehen
(o. V. 2019a). Gleichzeitig fordert auch die EU-Kommission, dass große digitale Plattfor-
men wie facebook.com gegen Desinformationen und deren Verbreitung vorgehen. Neben
den neuen monetären Anreizen setzt Facebook beispielsweise auf „Faktenchecker“ (sog.
Fact-checking-Partner, s. hierzu Woodford 2018), die den Wahrheitsgehalt von Textinhal-
ten, Bildern und Videos überprüfen (Winkler 2019). Über ein Machine-Learning-Modell
wird dann ermittelt, ob es sich um wahrheitsgemäße Inhalte handelt (Diugos 2018). Laut
Woodford (2018) können gezielte Desinformationen in Fotos oder Videos insbesondere
anhand von drei Kategorien klassifiziert werden (s. Abb. 260): 1. Manipulierte/gefälschte
Bildinhalte, 2. aus dem Kontext gerissen, 3.) falsche Texte oder Audiountertitel.
Die Prozesse beim elektronischen Kontaktnetzwerk 711

Abb. 260: Analyse von Fake News am Beispiel von Facebook-Postings


Quelle: Woodford 2018

Zudem setzen soziale Netzwerke wie facebook.com, Instagram oder Twitter zunehmend
auf die Löschung von sog. Fake-Accounts, die unter anderem die Verbreitung von Fehl-
informationen stark beeinflussen. Obwohl die sozialen Netzwerke vermehrt versuchen ge-
gen die Desinformationen vorzugehen, so existieren bislang keine geeigneten Strategien
gegen Fake News (Winkler 2019). Es gibt nicht wenige Stimmen, die das Fake News-
Problem zum größten „Killer“ der sozialen Netzwerke titulieren, welcher diese Form eines
digitalen Austausches - neben dem zunehmenden Aufkommen von Hass-Kommentaren
- sprichwörtlich zum Tode verurteilt. Es stellt sich daher die Frage, wie der Betreiber einer
E-Community darauf reagiert und diesbezügliche Korrekturen z. B. über Upload-Filter
einführen wird. Für die Entscheidung über derartige Eingriffe spielen die Qualifikations-
erfordernis für die Beantwortung der Anfrage, die Fehlertoleranz und die Komplexität, die
dem Nutzer präsentiert wird, eine wichtige Rolle (Rogge 2007, S. 109 ff.).
Dabei repräsentiert die Qualifikationserfordernis den Grad an Expertise, der für die Be-
antwortung der Anfrage oder zur Teilnahme an einer Diskussion erforderlich ist. Die dem
Nutzer präsentierte Komplexität wird dadurch definiert, wie umfangreich dessen Verant-
wortung ist. So steigt die Komplexität, umso mehr Handlungsspielraum dem Nutzer ein-
geräumt wird. Die Fehlertoleranz beschreibt die vorgeschriebene Richtigkeit und Stim-
migkeit der Angaben. In dem durch diese drei Dimensionen aufgestellten Raum lassen
sich nun jegliche Informationsanfragen darstellen. Je nachdem, wie die Anforderungen
einer Anfrage geartet sind, ändern sich Art und Grad des Eingriffs durch den Community-
Betreiber (s. Abb. 259). So kann bspw. ab einer gewissen Kombination von Fehlerintole-
ranz und Komplexität einer Anfrage die Erfüllung des definierten Informationsanspruchs
712 Die Grundlagen der E-Community

nicht mehr garantiert werden, wenn die Beiträge der Nutzer nicht überprüft werden. Das
bedeutet, dass eine Redaktion die Beiträge im Review-Verfahren prüfen muss. Diese Re-
daktion muss nicht notwendigerweise aus professionellen Mitarbeitern der Community
bestehen, sondern kann ebenfalls durch erfahrene, qualifizierte Nutzer (s. Kapitel 5.3.2.3)
besetzt sein, was sowohl die Kosten reduzieren als auch die Qualität steigern würde. Stei-
gen die Anforderungen weiter, sollte irgendwann eine Selektion der Nutzer stattfinden, die
teilnehmen, um unqualifizierte und falsche Statements zu vermeiden.

5.2.1.3 Online-Vernetzungsmobilität
Der Prozess der Vernetzung in virtuellen Netzwerken zeichnet sich oftmals auch durch
mobile Aspekte aus. Durch die steigende Anzahl von Handy-Nutzern sowie durch innova-
tive mobile Endgeräte entsteht für E-Communities zunehmend die Möglichkeit, die Mit-
glieder mobil zu vernetzen. Diese Online-Vernetzungsmobilität ist durch die folgenden
vier Charakteristika (Reichwald/Fremuth/Ney 2002, S. 526 ff.) gekennzeichnet:

„ Ubiquitärer Netzzugang: Die Nutzung von E-Communities ist abhängig von Kom-
munikationsdiensten, welche über das Internet erreicht werden können. Internetzu-
gang war in der Vergangenheit assoziiert mit dem Vorhandensein eines stationären
PCs. Heutzutage erlauben mobile Internetgeräte wie bspw. Laptops und Handys mit
hoher Bandbreite, E-Communities komfortabel zu nutzen. Dadurch lösen sich sowohl
räumliche als auch zeitliche Restriktionen bei der Nutzung von E-Communities auf
und unverzügliche Kommunikation wird ermöglicht. Ein Beispiel für diesen Faktor
sind E-Mail-Benachrichtigungen über Nachrichten bei facebook.de.

„ Instant Execution: Durch die paketorientierte Netzwerkgeneration ist ein An- und
Ausschalten mobiler Endgeräte für den Betrieb unnötig geworden, d. h. Endgeräte
sind ständig bereit zum Senden und Empfangen von Informationen. Des Weiteren
erlaubt der mobile Faktor Nutzern sich in ihrem alltäglichen Umfeld zu bewegen,
anstatt isoliert vor einem stationären PC zu sitzen. Dieser Prozess führt zu einer
Verlagerung der Kommunikationsinitialisierung hin in die reale Welt, d. h. Nutzer
können spontan miteinander kommunizieren.

„ Sicherheit: E-Communities bergen schwerwiegende Problematiken wie z. B. Identi-


tätsvortäuschungen und Datenmissbrauch, welche häufig Eintritts- oder Nutzungsbar-
rieren in E-Communities schaffen. Mobiltelefone schaffen, im Unterschied zum In-
ternet, welches bspw. auch von einem Internetcafé aus genutzt werden kann, eine ein-
deutige Nutzeridentifikation, etwa durch die Mobilfunknummer oder die SIM-Karten-
nummer. Zudem wird das Missbrauchsrisiko gesenkt, da bspw. die PIN-Abfrage der
Handy-Nutzung vorgeschaltet ist. Damit wird das Handy zu einer Art Eintrittskarte
zu geschützten Bereichen einer E-Community, mit einer verbesserten Sicherheit im
Vergleich zu herkömmlicher Internetnutzung. Dies wird neuerdings auch über die sog.
Die Prozesse beim elektronischen Kontaktnetzwerk 713

Face-ID unterstützt, bei dem das Handy nun über eine Gesichtserkennung freigeschal-
tet werden kann, was den Sicherheitsaspekt nochmals unterstützt. Hinzu kommen
zweifache Autorisierungsmechanismen, bei dem im Zuge des Einloggens nochmals
ein Code als SMS auf das Handy versendet wird.

„ Kontextsensitive Daten: Die automatisierte Erfassung und Analyse der Umfeldin-


formationen vom Mitgliedern einer E-Community ermöglicht das Angebot sog.
Context Sensitive Services, also von Dienstleistungen, die Mitgliedern eines Netz-
werks orts- oder situationsabhängige Informationen zur Verfügung stellen. Dazu gehö-
ren bspw. Staumeldungen oder Restaurantbewertungen. Diese Dienste orientieren sich
entweder an Geotagging-Daten des Nutzers (s. Kapitel 5.1.2.6) oder basieren vor die-
sem Hintergrund auf einem Abgleich von Profilinformationen mit lokalen Standortin-
formationen.

Durch den Einsatz mobiler Endgeräte und die damit verbundene Online-Vernetzungsmo-
bilität entstehen somit zukunftsweisende Potenziale für E-Communities, welche zur zeit-
und ortsunabhängigen Vernetzung zwischen Nutzern beitragen und damit die Möglichkeit
fördern, Informationen zur richtigen Zeit am richtigen Ort verfügbar zu machen (Reich-
wald/Fremuth/Ney 2002, S. 528).

5.2.2 Die Prozessgestaltung beim elektronischen Kontaktnetzwerk

Eines der wesentlichen Merkmale der E-Community ist sicherlich die gesteigerte Aktivi-
tät seiner Mitglieder weg vom ausschließlich passiven Konsum von Informationen hin zu
aktiv selbst gestaltetem Online-Content (s. Kapitel 5.1.1.2). Herkömmliche Rollenvertei-
lungen wie Verkäufer und Kunde, Profi und Amateur, Experte und Laie werden aufgebro-
chen. Ebenso verschwindet die klassische Unterscheidung zwischen Autoren, Editoren und
Konsumenten. Dadurch, dass jeder Webnutzer abwechselnd in allen diesen drei Rollen
auftreten kann, entsteht eine dynamische Wissensinfrastruktur (Wahlster/Dengel 2006,
S. 2). Die Prozesse beim elektronischen Kontaktnetzwerk gilt es folglich so zu gestalten,
dass eine umfangreiche Einbindung des Nutzers in die Community-bezogene Leistungs-
erstellung gewährleistet ist (Schenk 2007, S. 36). Im Folgenden sollen diese stets auf die
Generierung, Austausch und Verknüpfung von User-generated Content abzielenden Pro-
zesse beschrieben werden. Sie lassen sich zunächst in die folgenden vier Prozessbereiche
einteilen (s. Abb. 261):

„ Aufnahmephase: Die Mitgliedschaft an einem elektronischen Kontaktnetzwerk be-


ginnt mit der Aufnahmephase, in der die Teilnahme zwischen dem neuen Mitglied
und der Community begründet wird. Dabei kommt es zu einer ersten Basisverknüp-
fung zwischen dem Mitglied und der E-Community-Plattform. Diese Basis wird
zunächst durch dem eRegistration- und dem eProfile-Prozess gelegt (s. Kapitel
5.2.2.1). Entschließt sich der Besucher der Community-Plattform beizutreten, so
714 Die Grundlagen der E-Community

muss er sich zunächst bei dieser registrieren und die verpflichtend geforderten Min-
destinformationen zu seiner Person bei der Profilerstellung (s. Kapitel 5.1.1.1) ange-
ben.

„ Produktionsphase: Auf Basis der in der Aufnahmephase gemachten Angaben wer-


den in der Produktionsphase durch das Mitglied eigene, neue Inhalte generiert. Diese
Inhalte entsprechen dem bereits thematisierten User-generated Content (s. Kapitel
5.1.1.2) und gelten in der Regel als wichtigster Baustein von Community-Prozessen.
Die Produktion von Inhalten wird im Rahmen einer differenzierten Betrachtungsweise
bspw. direkt über den eUpload-Prozess oder eBlogging-Prozess (s. Kapitel 5.2.2.2)
oder indirekt über den eTagging-Prozess (s. Kapitel 5.2.2.3) vollzogen.

Aufnahme Produktion Bewertung Verbreitung

eTagging- eRanking-
Prozess Prozess
eRegistration- eSyndication-
Prozess Prozess
eUpload- eVoting-
Prozess Prozess
eProfile- ePodcast-
Prozess Prozess
eBlogging- eRecommendation-
Prozess Prozess

eNetworking-Prozess

Abb. 261: Die Prozessbereiche bei der Online-Vernetzung über eine E-Community

„ Bewertungsphase: Die sich an die Produktionsphase anschließende Bewertungs-


phase sieht vor, dass sämtliche Inhalte klassifiziert bzw. bewertet werden. In dieser
Phase werden jedoch nicht allein die einzelnen Inhalte im Rahmen des User-genera-
ted Contents über den eVoting-Prozess bewertet, sondern auch mit anderen Inhalten
und Aktivitäten im Kontaktnetzwerk über den eRanking-Prozess (s. Kapitel 5.5.2.4)
in Beziehung gesetzt. In diesem Zusammenhang kann in dieser Phase zusätzlich eine
Möglichkeit gegeben werden, Bewertungen bzw. Empfehlungen auch an andere Teil-
nehmer weiterzugeben, was durch den sog. eRecommendation-Prozess (s. Kapitel
5.2.2.5) stattfindet.

„ Verbreitungsphase: Da in Kontaktnetzwerken nicht nur die Produktion und Bewer-


tung von Inhalten angestrebt wird, sondern insbesondere auch die Verbreitung des
User-generated Contents, werden in der Verbreitungsphase verschiedene Möglichkei-
ten angeboten, die Inhalte für andere User innerhalb und außerhalb der E-Community
Die Prozesse beim elektronischen Kontaktnetzwerk 715

möglichst effizient und einfach zugänglich zu machen. Im Rahmen einer differenzier-


ten Betrachtung findet die Verbreitung der Inhalte über den sog. eSyndication- und
ePodcasting-Prozess (s. Kapitel 5.2.2.6) statt.

5.2.2.1 eRegistration- und eProfile-Prozess


Bevor überhaupt irgendeine Art von Aktivitäten in Kontaktnetzwerken vollzogen werden
kann, muss sich der potenzielle Teilnehmer bei der jeweiligen Community im Rahmen des
eRegistration- und eProfile-Prozess anmelden. Dies ist besonders deshalb wichtig, weil
der Teilnehmer selbst erst durch die Registrierung Zugang zum Netzwerk bekommt und
sich erst nach erfolgreicher Registrierung in der Community umschauen bzw. bewegen
kann. Gleichzeitig werden alle zukünftigen Eingaben und eingestellten Inhalte mit dem
Mitgliedsprofil verbunden und damit in der Quelle bzw. Autorenschaft identifizierbar.
Dies bedeutet also, dass für Außenstehende nur bedingt Inhalte der Community angese-
hen werden können, wodurch es vielen potenziellen Teilnehmern erschwert wird, den
Nutzen der Community für seine Bedürfnisse einzuschätzen. Auf der anderen Seite ist es
allerdings besonders wichtig, dass Daten nur für Mitglieder einsehbar sind, da sonst das
Grundprinzip des gegenseitigen Austausches und der gegenseitigen Vernetzung verletzt
werden würde. Außerdem kann es sein, dass es für einige Teilnehmer unangenehm ist,
wenn externe, nicht der Community angehörige User Einsicht in sensible Daten bzw. In-
formationen über die bloße Teilnahme an einer bestimmten Community haben. Aus dieser
Sicht müssen Community-Betreiber daher sicherstellen, dass nur über die Registrierung
von eindeutig identifizierbaren Personen Informationen aus der Community eingesehen
werden können.

Abb. 262: Der eRegistration- und eProfile-Prozess bei Facebook


Quelle: www.facebook.de
716 Die Grundlagen der E-Community

Für die Identifizierung der Teilnehmer ist in der Regel ein Minimum an notwendigen
Angaben erforderlich, damit die Registrierung erfolgreich ist und eine Zuweisung der
angelegten Profile zu Personen erfolgen kann. Daten, die im eRegistration-Prozess häufig
abgefragt werden, sind Name, Vorname, eine gültige E-Mail-Adresse und ein selbstge-
wähltes Passwort (O’Murchu/Breslin/Decker 2004, S. 7). Nach Angabe einer E-Mail-Ad-
resse wird dann ein sog. personalisierter Bestätigungslinks versendet, um die Basisdaten
zu validieren. Damit soll verhindert werden, dass automatisierte Zugriffe durch Software-
Programme zum Auslesen von Daten aus dem Kontaktnetzwerk erfolgen. Somit kann der
Community-Betreiber schon einmal zu einem gewissen Maß sicherstellen, dass hinter der
Anmeldung/Registrierung eine echte Person steckt. Somit ist der eRegistration-Prozess in
der Regel ziemlich kurz und stellt keine größere Zugangsbarriere für interessierte User dar.
Hat sich der User in der E-Community registriert, so kann er sofort damit beginnen, sein
Profil als Community-Mitglied zu erstellen (s. Abb. 262). Die Möglichkeiten der Profiler-
stellung, die von der Community angeboten werden, bestimmen die Art und Weise, wie die
Teilnehmer sich selbst innerhalb der Community präsentieren können. Aus diesem Grund
gelten der Umfang und die Art der im Profil hinterlegbaren Informationen als wichtiges
Unterscheidungskriterium von elektronischen Kontaktnetzwerken (O’Murchu/Breslin/
Decker 2004, S. 7). Im Regelfall beinhalten die Profilangaben Informationen zur Person
(Alter, Geschlecht, Wohnort, Kontaktdaten usw.), zur beruflichen Stellung (Arbeitgeber,
Arbeitsort usw.), zum Ausbildungsweg (Schule, Universität, Abschlüsse usw.), zu vernetz-
ten Personen (Freunden, Geschäftspartnern usw.) und persönlichen Interessen (Sport, Frei-
zeit, Hobbys usw.). Gleichzeitig kann in der Regel ein Foto zur eigenen Person hochgela-
den werden. Die Einstellung der Informationen erfolgt meist mit Hilfe von Textfeldern, die
im Hinblick auf die Eingabe mit Pull-Down-Menüs unterstützt werden. Über diese Pull-
Down-Menüs werden nicht nur die Texteingaben automatisch vervollständigt, sondern
auch einheitlich gestaltet, was der späteren eindeutigen Vernetzung zu Gute kommt. So
kann die Bezeichnung einer besuchten Schule mit „KFG“ für das „Kardinal-Frings-Gym-
nasium“ in Bonn oder das „Karl-Friedrich-Gymnasium“ in Mannheim höchst unterschied-
lich sein. Über die Spezifikation mit Hilfe der Pull-Down-Menüs kann eine Eindeutigkeit
sichergestellt werden, um die richtigen Mitglieder über dieses Kriterium zu vernetzen.
Hinzu kommen die unterschiedlichen Möglichkeiten, die generierten Profildaten zu nut-
zen und verschiedene Anwendungen hinzuzufügen. Insgesamt hängt der Aufbau, die Art
und Weise und der Umfang der Profildaten von der inhaltlichen Ausrichtung der Com-
munity und den Erwartungen der Teilnehmer ab. In den meisten Fällen umfassen die Mit-
glieder-Profile mindestens den Namen/Nicknamen des Teilnehmers, damit dieser mit
anderen in Verbindung treten bzw. innerhalb des Netzwerkes gefunden werden kann. Häu-
fig wird jedem Mitglied die Möglichkeit gegeben, über verschiedene Einstellungen die
Sichtbarkeit der eigenen Daten zu steuern und so z. B. nur den in der eigenen Kontaktliste
befindlichen Mitgliedern den Zugang zu bestimmten Informationen zu gewähren. Die Ba-
sisangaben innerhalb des eRegistration- und eProfile-Prozesses dienen damit insgesamt als
wichtige Grundlage des in Kontaktnetzwerken angestrebten allgemeinen Vernetzungspro-
zesses.
Die Prozesse beim elektronischen Kontaktnetzwerk 717

5.2.2.2 eUpload- und eBlogging-Prozess


Die „direkte“ Eingabe des eigenen Content im Rahmen des eUpload- oder eBlogging-
Prozesses stellt einen der zentralsten Aspekte der E-Community dar. Durch das sog. Up-
loaden, also das Hochladen bestimmter Inhalte wird eine Informationsbasis als User-gene-
rated Content (s. Kapitel 5.1.1.2) geschaffen, die für eine erfolgreiche Vernetzung notwen-
dig ist. Aus prozessualer Sicht stellt sich jedoch zunächst die Frage, mit welchen Mitteln
die Teilnehmer einer Community Informationen hochladen und damit Content erstellen
können. Dafür müssen integrierte Schnittstellen entwickelt werden, die den Upload von
selbst produzierten Inhalten (Text, Fotos, Videos, Dokumente usw.) so schnell und einfach
wie möglich erlauben (s. Abb. 263). So kann z. B. die Bereitstellung einfacher Java-ba-
sierter Applikationen dabei helfen, individuelle Fotos oder eigene Dokumente hochzula-
den. In diesem Zusammenhang müssen jedoch auch die technischen Voraussetzungen des
Uploadvorgangs berücksichtigt werden, da z. B. die Bandbreite die Übertragung von Da-
ten zum Server der Community extrem beeinflussen kann. War es vor einigen Jahren allein
aus technischer Sicht noch undenkbar eine Plattform wie youtube.com zu etablieren, so
ist dies heute ohne weiteres möglich. Betrachtet man also die technischen Entwicklungen,
die sich in diesem Bereich in den letzten Jahren vollzogen haben, so kann man davon
ausgehen, dass durch immer höhere Bandbreiten und bessere Anwendungen immer größere
Datenbestände ins Netz gestellt werden können und damit tendenziell auch der Informa-
tionsumfang innerhalb der Kontaktnetzwerke stetig steigt.

Abb. 263: Der eUpload-Prozess bei Xing


Quelle: www.xing.de
718 Die Grundlagen der E-Community

Zusätzlich zu diesen technischen Aspekten muss geklärt werden, wo auf den Community-
Seiten die hochgeladenen Inhalte platziert werden sollen und wer im Anschluss daran
Zugriff auf die Inhalte hat. Diese können z. B. innerhalb des eigenen Profils platziert sein
und nur für bestimmte Teilnehmer einsehbar sein oder aber in entsprechenden Foren bzw.
Themenabschnitten, wo sie für alle Community-Teilnehmer zugänglich gemacht werden.
Damit einhergehend stellt sich auch die Frage, ob ein eventueller Download eingestellter
Inhalte ebenso für die Community-Mitglieder möglich sein sollte wie der Upload. Nicht
nur die Platzierung der Inhalte innerhalb der Plattform ist wichtig, sondern auch die Abla-
gesystematisierung der Daten bei dem Community-Betreiber. Daher ist die Einordnung
und Systematisierung der Daten in entsprechenden Datenbanken eng mit dem eUpload-
Prozess verknüpft. Die Angabe von Metadaten wie z. B. Größe, Qualität und Quelle des
Uploads, sowie Titel und Schlagwörter können bei der Ablage der Daten von großem Nut-
zen sein.
Neben den Foren in E-Communities existiert mit dem Weblog auch noch eine andere
Form für die „direkte“ Eingabe von eigenem Content. Diese Weblogs ähneln in gewisser
Weise einem Tagebuch oder einem Journal, das im Web veröffentlicht wird (s. Kapitel
5.1.2.2). Im Web existieren verschiedenste Themenblogs, die von Firmen über Medien
bis hin zu Fotos reichen. Hierzu zählen bspw. Blogs, welche Medien oder Unternehmen
kritisch beobachten oder „Blawgs“, welche sich um juristische Themen drehen. Neben
vielen weiteren Blogarten sollten die Corporate Blogs nicht unerwähnt bleiben, die zei-
gen, dass viele Unternehmen Blogs als Instrument der Unternehmenskommunikation er-
kannt haben (Alby 2008, S. 41 ff.). Die Gesamtheit aller Weblogs wird allgemein als
Blogosphäre bezeichnet (Bächle 2006, S. 123; Diemand/Mangold/Weibel 2006, S. 8).
Maßgeblich zur Entstehung der Blogosphäre tragen innerhalb des eBlogging-Prozesses
die folgenden drei Grundfunktionen bei, durch die sowohl Blogger als auch Leser auf
eine einfache Art und Weise auf Hintergrundinformationen und Meinungen hingewiesen
werden können (Alpar/Blaschke/Keßler 2007, S. 16 f.):

„ Kommentare: Mit Hilfe von Formulareingaben können die Leser die einzelnen Blog-
beiträge kommentieren. Die verfassten Kommentare werden an den Beitrag angehängt
und sind für alle anderen Leser sichtbar (s. Abb. 261). Sinnvoll ist hierbei, dass Kom-
mentare vor ihrer Veröffentlichung zunächst in eine Warteschlange gestellt werden, um
sie später manuell freizugeben.

„ Trackbacks: Durch einen Trackback (Rückverfolgung) kann sich ein Blogger auf Bei-
träge in einem anderen Blog beziehen. In der Regel werden sie wie Kommentare an
einen Beitrag angehängt, wobei sie den Namen und die Adresse des verlinkenden
Weblogs sowie eine kurze Zusammenfassung des bezugnehmenden Beitrags enthal-
ten.

„ Blogrolls: Zuletzt hat der Autor die Möglichkeit, seinen Lesern zu zeigen, welche
Online-Quellen er selbst liest. Die entsprechende Liste nennt sich Blogroll. Durch Ver-
Die Prozesse beim elektronischen Kontaktnetzwerk 719

wendung von Permalinks sind Beiträge einer genau definierten Internetadresse zuge-
ordnet, sodass auf bereits archivierte Beiträge immer wieder zurückgegriffen werden
kann (Stauss 2008, S. 254).

Zusätzlich zu diesen Grundfunktionen können dem Leser über die Abonnierung von Feeds
automatisch aktuelle Blog-Einträge übermittelt werden. Durch die Nutzung von RSS-Rea-
dern kann der Leser jeweils über aktuelle Blog-Ereignisse informiert werden, ohne dass
ein expliziter Aufruf der Webseite des Bloggers notwendig ist. Welche Feeds ein Benut-
zer wirklich abonniert, bleibt diesem selbst überlassen, sodass das Zusammenspiel von
RSS und Weblog-Systemlösungen das Web 2.0-Prinzip der Endbenutzergestaltung ideal
umsetzt (Koch/Richter 2009, S. 26). RSS setzt zudem ideal die in Hinblick auf eine On-
line-Geräteunabhängigkeit (s. Kapitel 5.1.1.4) geforderte Trennung von Inhalt und Layout
um. Die Weblog-Software erzeugt dafür in der Regel für jeden Beitrag ein XML-Doku-
ment, welches eine inhaltliche Zusammenfassung des Beitrages enthält (Alpar/Blaschke/
Keßler 2007, S. 18), auf Layoutinformationen jedoch verzichtet.

Weblog- HTML 10
1 2
System

3
6
Blogger
RSS RSS-
9 8
Reader

4 7 Internet-
Surfer
Ping- Such-
Server 5 maschinen

Abb. 264: Der eBlogging-Prozess


Quelle: in Anlehnung an Przepiorka 2007, S. 15.

Abb. 264 gibt einen Überblick über den Blogvorgang, der sich im Allgemeinen wie
folgt gestaltet (Przepiorka 2006, S. 15; Koch/Richter 2009, S. 26 f.): Grundlegend erstellt
der Blogger zunächst nach vorheriger Anmeldung im Weblog-System einen Beitrag, der in
einer Datenbank gespeichert wird (1). Das System generiert aus den letzten Blog-Beiträ-
gen ein HTML-Dokument, welches dem Blog-Besucher angezeigt wird (2). Gleichzeitig
aktualisiert das System einen entsprechenden RSS-Feed, welcher von RSS-Readern wei-
terverarbeitet wird (3). Über einen Ping an einen sog. Ping-Server zeigt das Blog-System
an, dass sich der Blog aktualisiert hat (4), wobei Suchmaschinen automatisch über diese
Aktualisierung informiert werden (5) und das aktualisierte HTML-Dokument in ihren
Datenbestand aufnehmen (6). Potenzielle Blog-Besucher informieren sich über für sie in-
teressante Blogthemen mit Hilfe von Suchmaschinen (7) und überprüfen mit Hilfe ihrer
720 Die Grundlagen der E-Community

RSS-Reader abonnierte Blogs auf neue Inhalte (8), wobei die RSS-Reader auf die vom
Blog-System zur Verfügung gestellten RSS-Feeds zugreifen (9). Eine manuelle Überprü-
fung des Blogs durch den Blog-Besucher ist möglich (10), aber dank der Syndizierung
nicht zwingend erforderlich.

5.2.2.3 eTagging- und eBuying-Prozess


Bei der „indirekten“ Eingabe von eigenem Content im Rahmen des eTagging-Prozesses
speichern die Plattformnutzer zu Texten, Hyperlinks, Fotos, Videos, Musik, Foren und
anderen Objekten beliebige Schlagwörter (Tags) ab, die sie mit dem jeweiligen Objekt
assoziieren (Mühlenbeck/Skibicki 2008, S. 203). Die gemeinschaftliche Verschlagwor-
tung, welche im Web 2.0-Umfeld auch als Social Tagging oder Collaborative Tagging
bezeichnet wird, stellt einen Basisprozess dar, welcher in fast jeder E-Community auf-
taucht, um den jeweiligen Informationsraum für die Mitglieder erschließbarer zu machen
(Koch/Richter 2009, S. 46 f.). Auch im E-Shop- und E-Marketplace-Bereich zeigen sich
jedoch neue Einsatzgebiete für Tagging. So bietet bspw. amazon.de eine eTagging-Funk-
tionalität, die die vergebenen Tags analog zu den Buchrezensionen den Benutzerprofilen
der Kunden zuordnet.
Beim eTagging-Prozess geht es nicht um die „direkte“ Generierung neuer Inhalte, son-
dern primär darum, vorhandene Inhalte mit eigenen Metadaten „indirekt“ anzureichern.
In diesem Fall ist dies eine beliebig große Menge einfacher Schlüsselworte, die den Con-
tent beschreiben bzw. auf grundlegender Ebene klassifizieren (Koch/Richter 2009, S. 46).
Dies ist vorteilhaft, da es in den meisten Fällen sehr schwierig ist, Objekte in eine klare
Ordnungshierarchie einzuordnen – selbst dann, wenn diese Ordnungshierarchie vom Nut-
zer selbst definiert wird. Tatsächlich entspricht die Sach- und Inhaltserschließung über Tags
eher der Arbeitsweise des menschlichen Gehirns als feste Kategorisierungen (O’Reilly
2005). Im Gegensatz zu einer hierarchischen Ordnung ermöglicht das eTagging dem Nut-
zer, sein eigenes, individuelles Begriffssystem aufzubauen. Dies bringt ihm insofern
einen Eigennutzen, als dass ihm die Tags über Navigations- und Suchverfahren ein
späteres Wiederfinden der verschlagworteten Inhalte erleichtert (Koch/Richter 2009,
S. 46). Eine attributbasierte Suche, die auf Tags basiert, liefert vor diesem Hintergrund klei-
nere und präzisiere Ergebnismengen als es mit einer klassischen Volltextsuche möglich ist.
Der eTagging-Prozess unterstützt jedoch nicht nur die Selbstorganisation des Nutzers.
Vielmehr ist ein grundlegender Gedanke beim Tagging, dass die vergebenen Tags der ge-
samten Community zugänglich gemacht werden. Objekte mit ähnlichen Tags oder Nutzer
mit ähnlichen Interessen können von der Community-Software auf diese Weise in Ver-
bindung zueinander gebracht werden. Dadurch, dass die Community die Tag-Zuordnun-
gen der einzelnen Nutzer teilt und den jeweiligen Informationsraum gemeinsam erschließt,
wird die Suchmöglichkeit nach Objekten verbessert. Über die Zuordnung der Tags zu Be-
nutzern können zudem einzelne Mitglieder auf andere Objekte oder andere Sichtweisen
aufmerksam werden (Koch/Richter 2009, S. 46). Darüber hinaus kann der Community-
Die Prozesse beim elektronischen Kontaktnetzwerk 721

Betreiber Tags im Rahmen indirekter Erlösmodelle (s. Kapitel 1.5.2) einsetzen, z. B. in-
dem er in bestimmten Foren zielorientierte Werbung schaltet (Mühlenbeck/Skibicki 2008,
S. 203). Die teilweise hohe Menge aller Tags zu einem bestimmten Objekt lässt sich mit
Hilfe einer sog. Schlagwortwolke (Tag Cloud) visualisieren, in der die populärsten Tags
größer dargestellt werden. Populäre Themen werden durch die Hervorhebung tendenziell
häufiger angeklickt als unpopuläre, sodass die Vorteile in Hinblick auf ein präzises Su-
chergebnis weiter verstärkt werden. Der Social Bookmarking-Dienst pinboard.in nutzt
diese Tag Clouds. Auch die als Folksonomie bezeichnete Gesamtheit aller innerhalb einer
Community verwendeten Tags lässt sich in Form einer solchen Tag Cloud darstellen. Der
Begriff der Folksonomie bringt zum Ausdruck, dass keine wissenschaftliche Begriffssys-
tematik angestrebt wird, sondern es jedem Nutzer freisteht, sein eigenes Begriffssystem
aufzubauen (Bächle 2006, S. 123).

Abb. 265: Shoppable Posts bei Instagram


Quelle: Instagram

Damit sich innerhalb der Community ein stabiles und aussagefähiges Vokabular bildet,
können bei dem Eingabeprozess von Tags bereits vergebene Tags dargestellt werden
(z. B. mit Hilfe von Ajax-Komponenten, s. Kapitel 5.1.3.3). Untersuchungen zum Social
Tagging zeigen, dass die verwendeten Tags meist eine oder mehrere der folgenden Funk-
tionen erfüllen, wobei sich insbesondere die ersten drei Kategorien aufgrund ihrer Objekte
zur Bildung einer Folksonomie eignen (Koch/Richter 2009, S. 48):

„ Beschreibung des Themas (z. B. „Kochen“)

„ Beschreibung des verlinkten Objektes (z. B. „Rezept“)


722 Die Grundlagen der E-Community

„ Identifikation des Besitzers (z. B. „chefkoch.de“)

„ Einordnung in eine eigene Kategorie (z. B. „AAA“)

„ Beschreibung einer Eigenschaft (z. B. „lecker“)

„ Herstellung eines Selbstbezuges (z. B. „meineLieblingsspeise“)

„ Herstellung eines Aufgabenbezuges (z. B. „baldKochen“)

Bei der Verwendung von Tags seitens der Nutzer sollte ihre Einheitlichkeit beachtet bzw.
seitens des Community-Betreibers forciert werden. Dies bedeutet, dass bspw. Tags ein-
heitlich entweder immer im Singular oder im Plural verwendet werden. Gleiches gilt für
die Verwendung von Abkürzungen. Neben der Einheitlichkeit gilt es zudem die Eindeu-
tigkeit von Tags zu beachten. So würden sich bspw. Begriffe wie „Blog“, „Weblog“ oder
„Blogging“ zu sehr überschneiden (Alpar/Blaschke/Keßler 2007, S. 34).

Abb. 266: Buyable Pin bei Pinterest


Quelle: Pinterest
Die Prozesse beim elektronischen Kontaktnetzwerk 723

Eine weitere Form des eTagging, die sich mittlerweile vor allem in sozialen Netzwerken
durchgesetzt hat, ist die Verwendung von Hashtags. Das englische „hash“ steht für den
deutschen Begriff „Raute“ und bezieht sich auf das „#-Zeichen“, das dem Hashtag voran-
gestellt wird. Durch die Verwendung prägnanter Hashtags können Nutzer ihre Postings
verschlagworten und damit thematisch einordnen. Gleichzeitig wird das Posting damit für
andere Nutzer auffindbar, wenn diese nach dem jeweiligen Hashtag suchen oder filtern.
Erstmals wurden Hashtags vom Microblogging-Dienst Twitter eingeführt, mittlerweile
unterstützen unter anderem auch Facebook, Google+ und Instagram diese eTagging-
Möglichkeit. Allgemein gibt es keine Beschränkungen dafür, welche Zeichenketten für
Hashtags verwendet werden können. Hashtags werden für unterschiedlichste Zwecke ver-
wendet, z. B. für Veranstaltungen (#EEFC14 für den E-Entrepreneurship Flying Circus
2014), Themengebiete (#Technologie, #Marketing, #startups), Eigennamen oder Marken
(#Apple, #FCBayern). Bezüglich der „idealen“ Anzahl der Hashtags empfiehlt Twitter als
Best Practice, nicht mehr als zwei Hashtags pro Tweet zu verwenden. Eine Analyse der
Firma TrackMaven hingegen zeigt, dass Tweets mit fünf Hashtags besonders häufig weiter
geteilt werden. In Bezug auf die Plattform Facebook ist laut einer Umfrage der Plattform
PostPlanner die Verwendung von maximal 2 Hashtags je Posting am effektivsten und
führt zu den meisten nachfolgenden Interaktionen mit anderen Nutzern.
Neben dem eTagging-Prozess im Rahmen der sozialen Netzwerke, wird auch der eBuy-
ing-Prozess in Bezug auf E-Communities immer relevanter. Bei letzterem Prozess geht
es um „Shoppable Posts“, auch genannt „Shoppable Tags“ respektive „Shoppable Ins-
tagram Stories Stickers“ in Bezug auf Instagram. Innerhalb der E-Community Pinterest
wird dies in Form von „Buyable Pins“ angeboten. Mithilfe der Software von Shopify
(shopify.de) werden Objekte/bestimmte Produkte auf Bildern (bspw. Posts bei Instagram
oder Bildern bei Pinterest) mit bestimmten Tags versehen. Sobald der Nutzer beispiels-
weise ein interessantes Produkt auf Instagram entdeckt hat und dieses käuflich zu erwer-
ben ist, wird dem Nutzer ein kleines Icon in Form einer Einkaufstasche angezeigt. Bei
erneutem Antippen des Bildes wird dann der direkte Preis ersichtlich und der Nutzer kann
das Produkt innerhalb des sozialen Netzwerks kaufen (o. V. 2018e; s. Abb. 265/Abb. 266).
Die Plattform Shopify ermöglicht anschließend genau zu beobachten, wie hoch die Click-
Raten auf das jeweilige Produkt sind und auch die Conversion-Rate (s. Kapitel 3.4.1.4).

5.2.2.4 eVoting- und eRanking-Prozess


Aufbauend auf der Produktionsphase, in der durch die Teilprozesse eUpload, eTagging
und eBlogging zunächst einmal grundsätzlich Inhalte zu der E-Community beigesteuert
wurden, findet in der Bewertungsphase die quanti- und qualifizierende Einschätzung des
Contents durch die Mitglieder statt. Dabei unterscheidet man zunächst grundsätzlich zwi-
schen dem eVoting- und eRanking-Prozess. Während sich der eVoting-Prozess zunächst
auf die einzelne Bewertung von Inhalten bezieht, ist der eRanking-Prozess für die kumu-
lierte Bewertung der Inhalte und Teilnehmer vorgesehen.
724 Die Grundlagen der E-Community

Die einfachste Beurteilungsmethode beim eVoting stellen Zähler dar, die festhalten, wie
oft ein Beitrag, eine Nachricht, ein Bild oder ein Video angesehen wurde (Lampe/Johnston
2005, S. 13). Daneben können aber auch Bewertungen auf vorgegebenen Skalen (z. B. von
1 Stern = schlecht bis 5 Sterne = sehr gut oder von 1 = geringer Wert bis 10 = hoher Wert)
für den einzelnen Beitrag bzw. Inhalt erfolgen (s. Abb. 267). Dabei muss vom Prozess
her zunächst entschieden werden, wer über die Wertigkeit der Inhalte abstimmen darf. In
den meisten Fällen dürfen nur Mitglieder einer E-Community über die Inhalte abstimmen,
was eine vorangestellte Registrierung voraussetzt. Das eVoting unterstützt dabei den Ver-
gemeinschaftungsprozess der Community, da es den Teilnehmern hilft, die in der Commu-
nity üblichen Methoden und Abläufe für die Erstellung und Formulierung der Inhalte über
die eVoting-Ergebnisse zu erlernen. Aus den eVotings kann entsprechend abgelesen wer-
den, was für Inhalte von den anderen Mitgliedern erwünscht sind und welche Art von
Kommunikation (Tonalität) akzeptiert wird. Anders als im eRanking-Prozess wird im eVo-
ting-Prozess jedoch nicht das Verhalten bzw. die Aktivitäten der Teilnehmer insgesamt
bewertet, sondern lediglich ihre einzelnen Inhalte. Dies ist darauf zurückzuführen, dass
Beiträge der Teilnehmer für die gesamte Community sowohl sehr förderlich aber auch
sehr schädlich sein können und daher Mechanismen gefunden werden müssen, die eine
gewisse Qualifizierung der Beiträge erlaubt.

Abb. 267: Der eVoting-Prozess bei Spox


Quelle: www.spox.com
Die Prozesse beim elektronischen Kontaktnetzwerk 725

Wichtig ist jedoch die Tatsache, dass bei jeglicher Art von Beurteilung durch andere das
Verhalten des Teilnehmers beeinflusst werden kann und deshalb verschiedene psycholo-
gische Faktoren im eVoting-Prozess berücksichtig werden sollten. Dazu zählen vor allem
die Legitimität des Feedback-Gebers, die Fähigkeit des Bewerteten, das Feedback in ange-
messener Weise zu verstehen und die Unmittelbarkeit des Feedback (Ilgen/Fisher/
Taylor 1979). Das einfache Skalen-Voting kann hierzu durch den Kommentierungsvor-
gang im Rahmen des eBlogging-Prozesses (s. Kapitel 5.2.2.2; s. Abb. 264) ergänzt werden.

eRanking

Abb. 268: Der eRanking-Prozess bei Chip (Forumsbezeichnung/Beitragsanzahl)


Quelle: www.chip.de

Eine eher verhaltensorientierte Perspektive nimmt das eRanking ein. Dabei kann eine
quantifizierende oder qualifizierende Richtung eingeschlagen werden. Bei der quantifizie-
renden Reihung spielt bspw. die Nutzungshäufigkeit (z. B. Aktivitäts-Index bei xing.de)
oder der Vernetzungsgrad (z. B. bestätigte Kontakte bei xing.de) oder aber auch die An-
zahl von eingestellten Inhalten (z. B. Rangwertung bei chip.de; s. Abb. 268) eine Rolle.
Der Prozess der Bewertung wird dabei rein technisch durch das Erreichen bestimmter Zah-
lenwerte vorgegeben. Eine inhaltliche und damit qualifizierende Aussage ist darüber eher
selten möglich.
Das sieht bei der qualifizierenden Reihung anders aus. Hier wird, trotz des höheren Auf-
wandes beim Ranking-Prozess, konkret auf die Qualität des eingestellten Contents Bezug
726 Die Grundlagen der E-Community

genommen. Diese Beurteilung zielt daher insbesondere auf das Verhalten und die Wertig-
keit der Inhalte der einzelnen Mitglieder in der Community ab. Der angemessene Umgang
mit anderen Teilnehmern bildet die Grundlage für das Funktionieren jeglichen sozialen
Austausches innerhalb von Gruppen und ist daher ein wichtiger Bestandteil der Bewer-
tungsphase von Communities. Damit Teilnehmer miteinander in Kontakt treten und sich
austauschen, muss zunächst eine gemeinsame Vertrauensbasis aufgebaut werden. Dazu
hilft bspw. das gegenseitige Bewerten der Teilnehmer bezüglich der eingestellten Inhalte
nach einer gemeinsamen Interaktion oder dem einseitigen Abruf. Der Einsatz eines sol-
chen eRanking-Prozesses soll dazu führen, dass Teilnehmern öffentliche Bewertungen
über ihre Interaktionspartner erstellen und diese dann anderen Teilnehmern zugänglich
gemacht werden.
Der Nutzen eines eRanking-Prozesses hängt wiederum stark davon ab, wie entscheidungs-
relevant das Ranking und die dadurch erstellten Bewertungen für zukünftige Interaktionen
der Teilnehmer und wie hoch das Risiko einer Fehlentscheidung für die Teilnehmer ist
(Schmidt/Uske 2004, S. 9). Damit das eRanking erfolgreich in elektronischen Kontakt-
netzwerken eingesetzt werden kann und der eRanking-Prozess glaubwürdig erscheint,
sollte der Betreiber einer Community bei der Einführung der dazugehörigen Prozesse fol-
gende Regeln des eRankings beachten (Diekmann/Wyder 2002, S. 678):

„ Rankings müssen auf dem Urteil vieler Interaktionspartner basieren

„ Rankings müssen relativ fälschungssicher sein

„ Rankings müssen äußerst transparent sein

„ Rankings müssen allen Teilnehmern zugänglich sein

Schmidt/Uske (2004) nehmen an, dass Teilnehmer anderen Teilnehmern eher vertrauen,
die schon als vertrauenswürdig bestätigt wurden und deshalb schneller mit diesen in Kon-
takt treten. Teilnehmer ohne oder oder mit negativem Feedback hätten so gegenüber Teil-
nehmern mit positivem Feedback Nachteile. Dies wiederum führt zu der Annahme, dass
positive Rankings als Anreiz gesehen werden können, sich in der Community zu engagie-
ren und dieser treu zu bleiben (s. Kapitel 5.4.2).

5.2.2.5 eRecommendation-Prozess
Im Rahmen der Bewertungsphase muss zum Abschluss auch der eRecommendation-Pro-
zess betrachtet werden. Dabei werden durch die Mitglieder bestimmte Empfehlungen be-
züglich einzelner Inhalte gegenüber anderen Community-Mitgliedern oder externen Nut-
zern ausgesprochen. Anhand dieser Empfehlungen kann somit auch die Bedeutung und/o-
der die Wichtigkeit einzelner Inhalte abgelesen werden. Gerade bei einer E-Community
bietet sich der Einsatz dieser individualisierenden Empfehlungssysteme an, die Ergebnisse
Die Prozesse beim elektronischen Kontaktnetzwerk 727

ausgeben, die auf die Präferenzen des individuellen Nutzers abgestimmt sind (Müller
2005, S. 25). Durch eine derartige Personalisierung von Inhalten wird die Zeit für die Su-
che und die Auswahl der relevanten Informationen reduziert, indem auf bevorzugte Inhalte
des Nutzers geschlossen wird, ohne dass dieser dazu aktiv beiträgt. Man spricht daher auch
von einer Push-Personalisierung (Schackmann/Schüh 2001). Soziale Netzwerke spielen
hierbei eine zunehmend wichtigere Rolle, da Informationen, die für eine personalisierte
Empfehlung relevant sind, häufig durch die Interaktion mit anderen Nutzern oder die Na-
vigation in großen Informationsräumen gesammelt werden. So lassen sich Empfehlungen
bspw. aus den Aktivitäten anderer Mitglieder einer E-Community ableiten (Koch/Richter
2009, S. 64 f.). Dem entsprechenden eRecommendation-Prozess liegen zwei Konzepte
zugrunde:

„ Social Navigation basiert auf der Auswahl von Objekten basierend auf Informatio-
nen, die andere Benutzer zu Objekten hinterlassen haben, oder basierend auf Verbin-
dungen zwischen anderen Benutzern und den in Frage stehenden Objekten (Koch/
Richter 2009, S. 64 f.). Die zur Empfehlung herangezogenen Informationen können
dabei bewusst (z. B. Kommentare zu Produkten oder Tags) oder unbewusst (z. B.
Kauf- oder Nutzungshäufigkeiten) von anderen Nutzern hinterlassen worden sein.

„ Social Filtering hingegen basiert auf automatischen Verfahren der Ähnlichkeitsbe-


stimmung zwischen den Interessensprofilen einzelner Nutzer. Das Social Filtering-
Konzept ermöglicht Plattformen, auf denen es ausschließlich darum geht, dass Nutzer
Produkte einstellen, welche sie interessieren, und diese anschließend kommentieren.
Im Sinne des Prinzips der Online-Intelligenz (s. Kapitel 5.1.1.2) werden auf diese
Weise die Kompetenz und das Wissen der Nutzer nutzbar gemacht.

Grundsätzlich haben alle Empfehlungssysteme die gleiche Ausgangssituation: Es gibt eine


Menge von Nutzern und eine Menge möglicher Inhalte bzw. Informationsprodukte. Beide
Mengen können je nach Anwendungsfall groß sein. Anschließend wird über eine Nutzen-
funktion die Brauchbarkeit der Informationen für den Nutzer berechnet. Kern der Emp-
fehlungssysteme ist die Identifikation der Menge an Nutzen stiftenden, also empfehlens-
werten Informationen (Schenk 2007, S. 41). Bezüglich der Form von Empfehlungssyste-
men kann basierend auf den zuvor beschriebenen Konzepten zwischen zwei Verfahren
unterschieden werden (s. Abb. 269):

„ Die Content-based Recommendation erfasst bestimmte Kombinationen an Eigen-


schaftsausprägungen bisher betrachteter und ausgelassener Inhalte (Dörner 2003,
S. 20). Da der Nutzer zu seiner Profilierung nicht aktiv beiträgt, sondern vielmehr
Informationen aus dem Verhalten geschlossen werden, spricht man hier von einem
impliziten Benutzerprofil (Schackmann/Schüh 2001, S. 62). Die Personalisierung be-
zieht sich folglich auf die Vergangenheit und empfiehlt Inhalte, die der Nutzer als
nächstes wählen würde, wenn er eine komplette Übersicht hätte. Denkbar ist aber auch
ein explizites Benutzerprofil, d. h. eine formularbasierte Angabe der Vorlieben durch
728 Die Grundlagen der E-Community

den Nutzer selbst als Ergänzung oder Ersatz zu den Bewertungen, die dann vergli-
chen werden. Die vergleichende Bewertung von Inhalten lässt sich besonders gut auf
textliche Informationen anwenden. Ein Vergleich anderer Darstellungsformen, bspw.
von Bildern oder Videos als Information, bedarf allerdings einer manuellen Vertex-
tung, die aufgrund beschränkter Ressourcen bei einer großen Anzahl an zu verarbei-
tenden Bildern nicht praktikabel wäre (Schenk 2007, S. 42).

„ Die Collaborative Recommendation versucht, den Nutzen von Produkten auf Basis
von Bewertungen anderer Nutzer vorauszusagen, die ähnliche Präferenzen haben, um
daraus abgeleitet Nutzen stiftende Inhalte zu empfehlen. Umsetzung findet dieses
Verfahren bspw. in der Empfehlung „Kunden, die diesen Artikel gekauft haben, kauf-
ten auch ...“ Anders als im Falle der Content-based-Recommendation ist hier auch die
Repräsentation von Bildern oder Videos möglich (Adomavicius/Tuzhilin 2005,
S. 740). Ein Problem stellen hier jedoch neue Inhalte dar, da sie nicht empfohlen wer-
den können, wenn sie noch nicht von genügend anderen Nutzern bewertet wurden. Es
bedarf ferner einer kritischen Masse an Nutzern, da ansonsten nicht genug Bewertun-
gen vorliegen und diese dann unter Umständen Vorlieben vertreten, die eher unge-
wöhnlich sind und folglich zu ebenfalls ungewöhnlichen Empfehlungen führen (Ado-
mavicius/Tuzhilin 2005, S. 740). Die zusätzliche Beachtung von demografischen Da-
ten (z. B. Alter, Geschlecht, Wohnort, Bildungsgrad) kann dem entgegenwirken, da
hierdurch Ähnlichkeiten der Nutzer erkannt werden können.

ist ähnlich zu
Collaborative
Recommendation

findet finden
Content-based gut gut
Recommendation

sind ähnlich zu

Abb. 269: Der Content-based und Collaborative eRecommendation-Prozess


Quelle: in Anlehnung an Dörner 2003, S. 20.

Um die Nachteile beider Verfahren abzuschwächen, wurden Hybridmethoden, das sind


Mischformen von Content-based und Collaborative Recommendation entwickelt, bei de-
Die Prozesse beim elektronischen Kontaktnetzwerk 729

nen beide Verfahren parallel genutzt werden, um kombinierte Empfehlungen auszuspre-


chen. Ebenfalls entwickelt wurden Integrationsmethoden, bei denen man die Eigenschaf-
ten des einen Verfahrens in das andere einbezog (Adomavicius/Tuzhilin 2005, S. 740).
Diese Vorgehensweise findet sich z. B. bei amazon.de. Hier werden Profile nicht nur durch
den betrachteten Inhalt, sondern auch durch die gekauften Produkte erstellt. Auf der Web-
seite zu den persönlichen Empfehlungen findet sich folgende Erklärung: „Ihre persönlichen
Empfehlungen informieren Sie über neue Titel und Produkte, die Sie interessieren. Ihre
Interessen ermitteln wir über die Produkte, die Sie gekauft oder bewertet haben oder von
denen Sie uns mitgeteilt haben, dass Sie sie besitzen. Darüber hinaus vergleichen wir Ihre
Vorlieben mit denen anderer Kunden. Durch diesen Vergleich können wir Ihnen weitere
Produkte empfehlen, die Sie interessieren könnten“.

5.2.2.6 eSyndication- und ePodcast-Prozess


Im Rahmen der Verbreitungsphase kommt es darauf an, mit Hilfe zugehöriger Prozesse
die Weitergabe bzw. die Bekanntmachung von Community-Content möglichst einfach zu
gewährleisten. Hierfür bieten sich der eSyndication- und der ePodcast-Prozess an. Wer-
den Inhalte verschiedener Webseiten miteinander verbunden und dem Nutzer aggregiert zur
Verfügung gestellt, spricht man von Content Syndication. Durch den zugrunde liegenden
eSyndication-Prozess hat der Content-Nutzer die Möglichkeit, bequem und gezielt Web-
Inhalte wie aktuelle Foren- oder Blog-Einträge in Form sog. Feeds zu abonnieren. Dem
Nutzer wird auf diese Weise eine effiziente und effektive Informationsbereitstellung er-
möglicht. Dies ist im Informationszeitalter essentiell, da die Informationsüberflutung es
dem Nutzer unmöglich macht, das ganze Web ohne Softwareunterstützung nach speziellen
Informationen zu durchsuchen (s. Kapitel 1.6.3). Aus Sicht der Content-Anbieter tragen
Feeds zu einer kostenlosen Bekanntmachung bei und damit zur Erhöhung der Zugriffe
auf eine Community bei (Web-Traffic), sodass die Ergebnisse von Suchmaschinen davon
beeinflusst werden können (Ayers/Watt 2005, S. 7).
Aus Sicht einer E-Community sind eSyndication-Prozesse in mehrfacher Hinsicht rele-
vant. Einerseits ermöglichen sie es, das Angebot einer Community mit community-rele-
vanten Zusatzinformationen (z. B. Börsenkursen oder aktuellen Nachrichten für Busi-
ness-Communities) aufzuwerten. Andererseits kann eine E-Community selbst Feeds an-
bieten, die wiederum von den Community-Mitgliedern abonniert oder von anderen Platt-
formen verwendet werden können. Dies bietet sich bspw. für neu verschlagwortete Ob-
jekte innerhalb der Community an (s. Kapitel 5.2.2.3), sodass die Mitglieder auf eine sehr
bequeme Art und Weise darüber informiert werden, was im Informationsraum der Com-
munity geschieht (Koch/Richter 2009, S. 51). Beim Einsatz von Feeds kann auf Dienst-
leister zurückgriffen werden, die spezielle Programme bereitstellen, mit denen alle im In-
ternet verfügbaren Inhalte Mashup-fähig aufbereitet werden können. Mashup-fähig heißt
vor diesem Hintergrund in diesem Fall insbesondere, dass die Inhalte als Feed im Rahmen
dieses Mashup-Modells (s. Kapitel 5.1.2.4) verarbeitet und genutzt werden können (Hom-
men 2007, S. 107).
730 Die Grundlagen der E-Community

Die technische Realisierung von eSyndication-Prozessen ist mit Hilfe von RSS (Really
Simple Syndication) möglich. Dabei handelt es sich um ein XML-basiertes Datenformat
(s. Kapitel 2.1.1.1), das es erlaubt, Inhalte in standardisierter Form darzustellen und so-
mit maschinell weiterzuverarbeiten. Als RSS-Feed wird dabei ein Dokument bezeich-
net, das verschiedene Inhalte (z. B. Text, Audio oder Video) im RSS-Format darstellt
und von anderen Web- oder Desktopanwendungen zur Weiterverarbeitung genutzt wer-
den kann (Reitler 2007, S. 27). Durch sog. Aggregatoren können RSS-Feeds abonniert,
automatisch abgerufen und vom Nutzer verwaltet werden (Alby 2008, S. 49). Dabei fragt
der Aggregator eine spezifizierte URL mittels HTTP an, um einen Feed im Internet zu
lokalisieren. Das abgerufene Dokument wird geparst und die beinhalteten Informationen
werden dem Nutzer dargestellt. Wie RSS ist auch Atom eine XML-basierte Spezifika-
tion zur Syntaxdefinition von Feeds. Atom wurde von der IETF (Internet Engineering
Task Force) spezifiziert. Im Gegensatz zum RSS-Format wird mit Atom 1.0 einerseits
eine eindeutige, klar strukturierte Dokumentation und andererseits die Erarbeitung eines
von unterschiedlichen Versionen unabhängigen Feedformates angestrebt (Ayers/Watt
2005). So wird die Verbreitung von Atom als Quasi-Standard verfolgt, der die Erstel-
lung von Aggregatoren und Feeds vereinfachen soll.
Ein weitere Möglichkeit der Verbreitung und Weitergabe von Community-Inhalten sind
Audio-Podcasts und Video-Podcasts. Der Begriff an sich ist eine Wortschöpfung aus
dem englischen broadcast (Rundfunksendung) und dem populären MP3-Player iPod
von Apple (Mikloweit 2007, S. 58). Eine einheitliche Definition des Begriffs liegt bis-
lang nicht vor (Clement/Papies 2008, S. 336). Es handelt sich bei Podcasts jedoch stets
um Audio- oder Videodateien, die zum Download angeboten werden oder direkt auf
einer Webseite gehört werden können. Ein einzelner Podcast ist meist eine Serie von
Episoden, während der ePodcasting-Prozess das Produzieren und das Anbieten dieser
Episoden beschreibt. Wichtig ist, dass im Rahmen des ePodcasting-Prozesses nicht nur
eine Datei, sondern stets eine mehr oder weniger regelmäßige Folge von Dateien ange-
boten wird, welche wiederum über RSS-gestützte eSyndication-Prozesse abonnierbar
sind (Koch/Richter 2009, S. 34). Auf Seite des Konsumenten kommt dabei gerade eine
als Podcatcher bezeichnete Software zum Einsatz, welche die Podcasts automatisch
bezieht, ohne dass ein Besuch der jeweiligen Webseite notwendig ist (Clement/Papies
2008, S. 337).
Des Weiteren lassen sich Podcasts als eine Methode identifizieren, Audiodateien zeit-
versetzt und automatisiert in den Speicher von MP3-Spielern zu übermitteln. Daher kön-
nen (Video-)Podcasts als Radio- oder Fernsehsendungen aufgefasst werden, die nicht
mehr zu einer bestimmten Zeit konsumiert werden müssen. Zu beachten ist, dass sich
somit Podcasts auch als Teilbereich von „Video on Demand“ bzw. „Audio on Demand“
betrachten lassen. Letztere Begriffe werden jedoch eher mit kostenpflichtigen und
durchsuchbaren Diensten in Verbindung gebracht, während Podcasts in aller Regel kos-
tenlos angeboten werden (Mikloweit 2007, S. 58).
Die Prozesse beim elektronischen Kontaktnetzwerk 731

5.2.3 Das Prozessmanagement beim elektronischen Kontaktnetzwerk

Für den Betrieb einer E-Community lässt sich die Nutzung der in bzw. aus der elektroni-
schen Vernetzung generierten Informationen nach operativen, taktischen und strategi-
schen Aufgaben differenzieren (s. Abb. 270). Das Tagesgeschäft einer E-Community be-
steht hier vor allem aus dem operativen Community-Management (d. h. der Mitglieder-
betreuung), während es in der taktischen Vernetzung primär um die Planung der mittel-
fristigen Bedürfnisbefriedigung geht. Die strategische Vernetzung umfasst letztendlich die
dauerhafte Fortentwicklung der Community. Im Folgenden soll auf diese drei Bereichen
detaillierter eingegangen werden.

Strategische Ausrichtung

Erstellung und Pflege von


Festlegung der inhaltlichen Ausrichtung
Rückkopplungskanälen
Strategische
Vernetzung
Zukunftsorientierung

Wachstum und Veränderung einkalkulieren

Taktische
Vernetzung
Bedürfnisbefriedigung

Interest Relationship Fantasy Transaction

Operative
Vernetzungsprozess Vernetzung

Aufnahme Produktion Bewertung Verbreitung

Abb. 270: Prozessmanagement bei einer E-Community


Quelle: in Anlehnung an Braunstetter/Hasenstab 2001, S. 508.

5.2.3.1 Operative Vernetzung


Dass sich eine möglichst große Anzahl von Individuen zur Teilnahme anmeldet, ist für
eine E-Community zwar notwendig, aber keinesfalls hinreichend. Für den langfristigen
Erfolg entscheidend ist vielmehr die operative Vernetzung und die aktive Beteiligung der
Mitglieder innerhalb der E-Community (Panten 2005, S. 484 ff.). Ziel der operativen Ver-
netzung ist es daher, zum einen viele Mitglieder an die Community anzuschließen, zum
anderen aber auch aus dem registrierten Mitglied einen aktiven Nutzer zu machen. Im
Kern muss der Betreiber im Rahmen des übergeordneten Vernetzungsprozesses dafür
sorgen, dass alle Teilprozesse miteinander verwoben und die Mitglieder bzw. deren Inhalte
untereinander in Beziehung gestellt werden können, um so wertvollen Content zu produ-
zieren (Mühlenbeck/Skibicki 2008, S. 33 ff.). Um dies zu gewährleisten muss der Commu-
nity-Betreiber nicht nur die technische Infrastruktur und das Angebot der Community-
732 Die Grundlagen der E-Community

Features definieren, sondern es müssen auch spezifische Anreize für die Nutzung der
Plattform gesetzt werden, um den Vernetzungsprozess anzustoßen bzw. zu intensivieren.
Somit stehen bei der operativen Vernetzung die folgenden vier Aspekte im Vordergrund:

„ Anmeldeanreize: Bevor der Community-Betreiber Anreize für die aktive Nutzung


des Community-Angebots setzen kann, muss er zunächst dafür sorgen, dass er eine
ausreichende Anzahl an Teilnehmern für die Plattform gewinnen kann. Die Anreize,
die er in diesem Zusammenhang für die Anmeldung bzw. Registrierung in der Com-
munity setzen kann, können sowohl monetärer als auch nicht monetärer Natur sein.
In der Regel ist es hilfreich, wenn solche Anreize Themenrelevanz bzw. in irgendei-
ner Form Bezug zu der inhaltlichen Ausrichtung der Community haben, damit von
vornherein die richtige Zielgruppe angesprochen wird.

„ Beitragsanreize: Eine Community lebt von der Aktivität ihrer Mitglieder. Damit eine
rege Beteiligung der Mitglieder an den Geschehnissen in der Community stattfindet,
sollte der Community-Betreiber verschiedene Anreize setzen, die den Aktivitätsgrad
der Mitglieder steigern. Dies kann bspw. über eine einfache Anzeige des Aktivitäts-
grades oder über komplexere Vergütungsmodelle für bestimmte Aktivitäten gesche-
hen. Insbesondere zu Beginn einer Community können solche Anreize den notwen-
digen Anschub geben, die Aktivität der Mitglieder in Gang zu bringen.

„ Vernetzungsanreize: Ein weiterer Aspekt im Rahmen der operativen Vernetzung ist


die Vernetzung der Mitglieder. Zwar ist es förderlich, wenn sich die einzelnen Mitglie-
der rege an der Community durch Einstellen von Beiträgen beteiligen, allerdings leben
viele Themenbereiche gerade von dem Austausch der Mitglieder und ihrer Vernetzung.
Auf diese Weise werden Diskussionen angeregt und Themen vertieft, die erst durch die
Beteiligung mehrerer Mitglieder an Qualität gewinnen. Damit dieser Austausch statt-
findet, kann der Community-Betreiber Anreize setzen, die die Mitglieder dazu bewe-
gen, sich mit anderen Mitgliedern zu vernetzen und Kontakte zu knüpfen.

„ Empfehlungsanreize: Als letzten Aspekt sollte der Community-Betreiber die Anreiz-


setzung im Rahmen von Weiterempfehlungen berücksichtigen. Die Weiterempfehlung
der Community durch bereits registrierte Teilnehmer ist ein wichtiger Treiber für das
Wachstum der Plattform. Hier können insbesondere solche Anreize empfehlenswert
sein, die sich den Mechanismus der Mund-zu-Mund-Propaganda zu Nutze machen,
um so nicht nur Kosten- sondern vor allem auch Reichweitenvorteile zu realisieren.

5.2.3.2 Taktische Vernetzung


Über operative Maßnahmen hinaus, sollte sich der Community-Betreiber bei der takti-
schen Vernetzung darüber Gedanken machen, welche grundlegenden Bedürfnisse der
Teilnehmer mit seiner Plattform befriedigen kann und will. Communities dienen in erster
Linie dazu, Menschen mit ähnlichen Interessen und Bedürfnissen zusammenzuführen.
Die Prozesse beim elektronischen Kontaktnetzwerk 733

Teilnehmer werden angezogen, wenn sie mit Gleichgesinnten in Kontakt treten können.
Im Idealfall entsteht eine vertrauensvolle Atmosphäre, in der allen Beteiligten neue Ein-
drücke vermittelt werden. Communities unterscheiden sich dadurch, dass sie verschiedene
Bedürfnisse befriedigen und darin, wie viele Bedürfnisse sie gleichzeitig adressieren. Ein
erfolgreicher Community-Betreiber muss daher die Interessen und Bedürfnisse „seiner“
Community-Mitglieder von Anfang an auch taktisch analysieren und steuern, um ein le-
bensfähiges, hinreichend großes Netzwerk aufzubauen. Die folgenden vier Grundbedürf-
nisse der Community-Teilnehmer können dabei unterschieden werden (Hagel/Armstrong
1998 S. 32 ff.):

„ Interest: Nahezu jeder Mensch hat eine Leidenschaft. Unabhängig davon, ob es sich
dabei um Sport, Reisen oder auch das Sammeln von Briefmarken handelt, besteht ein
menschliches Grundbedürfnis darin, sich mit anderen über diese Leidenschaft auszu-
tauschen. Dem Community-Betreiber kommt also die Aufgabe zu, Gleichgesinnte zu-
sammenzuführen und in ihren Interaktionen zur Pflege des Interesses zu unterstüt-
zen. Insbesondere bei weniger verbreiteten Interessen ist es erst das Internet und die
damit verbundene Auflösung zeitlicher und räumlicher Restriktionen, die es Interes-
sensträgern ermöglicht, zusammenzufinden. Communities, die sich auf Interessen
spezialisieren, können dabei auch eine Anziehungskraft auf Menschen ausüben, die
sich ansonsten nicht vor einen Computer setzen würden. Exemplarisch können hier
Briefmarkensammler angeführt werden, bei denen davon auszugehen ist, dass sie
Briefe der E-Mail grundsätzlich vorziehen, sich aber dennoch vor den Computer set-
zen, um sich über ihre Sammlungen auszutauschen oder Informationen über ihre Sam-
melobjekte (Sondereditionen etc.) einzuholen.

Abb. 271: Social Shopping am Beispiel von Groupon


Quelle: www.groupon.de
734 Die Grundlagen der E-Community

„ Fantasy: In digitalen Netzen haben Menschen ebenfalls die Möglichkeit, zusammen-


zukommen und gemeinsam Phantasiewelten zu erkunden. Derartige Communities be-
friedigen das Grundbedürfnis nach Spiel, Unterhaltung und der Auslebung der
Phantasie. In der Regel treffen sich die Mitglieder in Phantasiewelten, die häufig
dreidimensional dargestellt sind und in denen die Mitglieder als virtuelle Figuren auf-
treten. Ein bekanntes Beispiel einer Community, die auf diesem Bedürfnis aufbaut,
ist World of Warcraft. In der dort geschaffenen Spielewelt sind aktuell rund 5,2 Mio.
Teilnehmer aktiv (Statista 2018c). Wie das V-Entrepreneurship (s. Kapitel 1.5.4)
zeigt, hat in derartigen Fantasy-Welten bereits auch ein ökonomisches Zusammenle-
ben Einzug gehalten.

Abb. 272: Social Media Commerce am Beispiel von Seedshirt


Quelle: www.seedshirt.de

„ Relationship: Menschen machen in ihrem Leben oft sehr intensive Erfahrungen, die
sie auf andere mit ähnlichen Erfahrungen zugehen lassen. Dazu gehören sehr positive
Erfahrungen wie die Geburt eines Kindes oder auch negative Erfahrungen wie die
Diagnose einer schweren Krankheit. In jedem Fall besteht das Bedürfnis, sich mit
Leuten, die die Situation kennen, auszutauschen und mit ihnen zwischenmenschliche
Beziehungen einzugehen. So können sich Teilnehmer bspw. über den Umgang mit
einer Krankheit im täglichen Leben, über medizinische Forschungsergebnisse,
Krankheitsverläufe oder Therapiemöglichkeiten austauschen. Communities, die der-
artig auf soziale Bedürfnisse fokussieren, sind von starken sozialen und emotionalen
Beziehungen der Mitglieder gekennzeichnet. Wenig überraschend erscheint es da,
Die Prozesse beim elektronischen Kontaktnetzwerk 735

dass jüngere Communities zwischenmenschliche Beziehungen und Gefühle wie


Freundschaft und Liebe fokussieren. Beispiele sind Flirt-Communities wie neu.de
oder friendscout24.de.

„ Transaction: Auch die Abwicklung von Geschäften stellt ein menschliches Bedürf-
nis dar. Communities, die auf diesem Bedürfnis beruhen, spiegeln das Interesse der
Teilnehmer an gemeinsamen Transaktionen zur wirtschaftlichen Leistungserstellung
wider. Wenngleich das Bedürfnis in der Regel zu Plattformen führt, die genau ge-
nommen eher E-Procurement (s. Kapitel 2), E-Shops (s. Kapitel 3) oder E-Market-
places (s. Kapitel 4) zuzuordnen sind, entstehen auch Communities in einem engeren
Verständnis mit dem Ziel, Transaktionen zu beeinflussen oder abzuwickeln, so z. B.
bei der Bewertungs-Community golocal.de oder der Einkaufs-Community amazon
buyvip.com. Im Sinne der Sharing Economy (s. Kapitel 1.5.2) bilden sich auch zu-
nehmend spezielle Plattformen, auf denen die Nutzer Dinge untereinander teilen, ge-
meinsam nutzen, tauschen oder verleihen. Ein Beispiel hierfür ist die Community
streetbank.com, eine Plattform, über die Nutzer gebrauchte Gegenstände aus ihrem
persönlichen Bestand katalogisieren und mit ihren Nachbarn tauschen oder die Ge-
genstände an ihre Nachbarn verleihen oder sogar verschenken können.

Neben dem Ziel der Erfüllung dieser Grundbedürfnisse machen sich die Betreiber von E-
Communities die Vernetzung zwischen den Mitgliedern auch immer häufiger zu Nutze,
um einen geschäftlich-monetären Gewinn daraus zu ziehen. Hierbei sind drei zentrale
Trends zu erkennen:

„ Social Shopping: Hierbei werden Elemente der E-Community und die Möglichkeit,
Transaktionsaspekte und Kaufempfehlungen einzubinden, mit Shopping-Aspekten
wie Produktbewertungen oder der Schnäppchenjagt kombiniert. Ein Beispiel für
Social Shopping ist groupon.de (s. Abb. 271). Dabei können Mitglieder der E-Com-
munity groupon.de mit einem Klick verbundene Nutzer in die Kaufentscheidung ein-
beziehen. Sobald die Anwendung auf Groupon genutzt wird, können die Nutzer von
der Detailseite des Produktes aus eine Anfrage an ihre E-Mail-Kontakte stellen und
somit die Kaufentscheidung diskutieren. Ein Community-getriebener Shopping-Club
ist bspw. auch vente-privee.com. Vente-privee.com bietet zeitlich begrenzte Verkaufs-
aktionen im Internet an, welche ausschließlich registrierten Nutzern der Plattform,
also den Mitgliedern der entsprechenden E-Community, zugänglich sind.

„ Social Media Commerce: E-Communities werden auch zunehmend dazu genutzt,


Internetuser für die Beteiligung am Social Media Commerce zu gewinnen. Social-
Media-Commerce-Unternehmen wie z. B. seedshirt.de (s. Abb. 272) bieten Privat-
personen die Möglichkeit, Produkte (hier: T-Shirts) nach dem eigenen Geschmack zu
designen und zu vertreiben. Beim Verkauf über seedshirt.de legen die Verkäufer
selbst den Preis und das Verkaufsziel (Anzahl an verkauften Shirts) fest. Über elekt-
ronische Kontaktnetzwerke kann der T-Shirt-Designer dann Werbung bei seinen
736 Die Grundlagen der E-Community

Freunden oder Followern machen. Die T-Shirts werden nur produziert, wenn sie häu-
fig genug vorbestellt wurden. Alle weiteren Prozesse, z. B. Produktion, Versand oder
Zahlungsabwicklung, werden vom Social-Media-Commerce-Anbieter übernommen.
Durch die intensive Einbindung des individuellen Kunden in die Produktentwicklung
kann Social Media Commerce auch als eine Form von Customer Integration gese-
hen werden (Kreutzer/Land 2017, S. 144 ff.). Aufgrund der Nutzung der „Schwarm-
intelligenz“ vieler User in den sozialen Netzwerken kommen häufig innovativere Lö-
sungen zustande als bei der klassischen Produktgestaltung durch eigene Mitarbeiter
(Wenzlaff/Pelzer/Eisfeld-Reschke 2012), wovon Unternehmen profitieren. Anschlie-
ßend kann die Einbeziehung von Kunden aus sozialen Netzwerken auch als eine Form
von Digitalem Prototyping gesehen werden. Hierbei können Unternehmen soziale
Kontaktnetzwerke nutzen, um Prototypen ihrer zukünftigen Produkte am Markt zu
testen. Hierbei kann bspw. geprüft werden, wie hoch die Kaufbereitschaft der Kunden
ist oder aber ob eine IT-Lösung technisch machbar ist (Golovatchev/Schepurek/Rede-
ker 2015).

Abb. 273: Die Applikation Farmville 2 auf Facebook als Beispiel eines Social Games
Quelle: www.facebook.de

„ Social Games: Social Games wie z. B. die Applikationen Candy Crush Saga oder
Farmville 2 (s. Abb. 273) erfreuen sich großer Beliebtheit auf facebook.de. Spieler,
also potenziell alle Mitglieder der E-Community facebook.de, können ihre Ausgangs-
position direkt durch Zahlung eines gewissen Betrages an den Applikationsbetreiber
steigern; indirekt können durch die Verbindung mit Partnern für den Betreiber Erlöse
durch Werbung und Kooperationen generiert werden.
Die Prozesse beim elektronischen Kontaktnetzwerk 737

5.2.3.3 Strategische Vernetzung


Während es im Rahmen der taktischen Vernetzung vor allem um die Befriedigung und
Steuerung der Bedürfnisse der Teilnehmer ging, um von diesen wiederkehrend besucht
zu werden, setzt die strategische Vernetzung auf die Etablierung übergeordneter Pro-
zesse, die die Community langfristig am Laufen halten, ihre Position im Markt festigen
und ihr zu dauerhaftem Erfolg verhelfen. Dabei kann der Community-Betreiber mit Hilfe
der üblichen Instrumente der Kunden-/Mitglieder- und Wettbewerbsanalyse selbst den In-
put für die weitere Community-Entwicklung ermitteln. Er kann aber auch die Community
und damit ihre Mitglieder selbst die Entwicklung beeinflussen, ja sogar bestimmen lassen.
Die strategischen Prozesse, die von dem Betreiber zugelassen bzw. initiiert werden müs-
sen, können vor diesem Hintergrund in drei „elementare Entwurfsprinzipien für On-
line-Gemeinschaften“ unterteilt werden (Kim 2000):

„ Wachstum und Veränderung einkalkulieren: Die meisten Communities beginnen


zielfokussiert, klein und einfach. Ihr Wachstum kann als organisch bezeichnet wer-
den. Breite, Tiefe und Komplexität gewachsener Netzwerke entstehen einerseits aus
den Bedürfnissen der Teilnehmer (z. B. Sub-Foren für Spezialthemen) und anderer-
seits aus den sich stetig ändernden Umgebungsbedingungen (z. B. neue Technolo-
gien). Dabei sind nicht alle Auswüchse durch den Betreiber vorhersehbar und er sollte
auch nicht versuchen, jede Änderung im Detail zu steuern, um durch Teilnehmer ini-
tiierte Änderungsprozesse nicht zu unterdrücken. Dies sollte der Betreiber bereits bei
der erstmaligen Konzeption der Plattform berücksichtigen und diese möglichst vari-
abel gestalten, denn Fehlannahmen im Entwurfsparadigma oder in der Technologie-
plattform (s. Kapitel 5.1) können später nur noch mit großem Aufwand korrigiert wer-
den.

„ Erstellung und Pflege von Rückmeldungskanälen: Bereits in dem ersten Prinzip


ist deutlich geworden, dass eine Community maßgeblich durch die Teilnehmer beein-
flusst wird. In dem zweiten Prinzip steht nun die Institutionalisierung von Austausch-
prozessen zwischen Plattformmanagement (in der Regel Community-Betreiber) und
den Teilnehmern an. Das Management einer Community ist eine stetige Gradwande-
rung zwischen Planung, Organisation und Betrieb einerseits, und Bedürfnissen, Ideen
und Vorschlägen der Teilnehmer andererseits. Um diese besser koordinieren zu kön-
nen, sollte der Community-Betreiber daher Rückmeldungskanäle zwischen Teilneh-
mern und dem Plattformmanagement etablieren.

„ Übertragung von Kompetenzen auf die Mitglieder: Der konsequente dritte Schritt
in der Zusammenarbeit mit den Teilnehmern besteht darin, ihnen – in einem festge-
legten Rahmen – die eigenständige Steuerung der Community oder zumindest einzel-
ner Teilbereiche zu erlauben. So erhalten bspw. Moderatoren (s. Kapitel 5.3.2.1) das
Recht, Sub-Foren zu eröffnen, Threads zu verschieben oder auch Mitglieder zu sper-
ren. Diesen Schritt sollte der Betreiber nicht nur dann vollziehen, wenn der Aufwand
738 Die Grundlagen der E-Community

für ihn aufgrund der Größe und Komplexität der Plattform zu groß wird, vielmehr
kann dieser Schritt der Aufwands- und ggf. auch Kostenreduktion (falls bisher Mitar-
beiter mit der Überwachung der Community beauftragt waren) dann vollzogen wer-
den, sobald Community-Teilnehmer identifiziert wurden, die geeignet erscheinen,
Verantwortung zu tragen und die Plattform im Sinne des Betreibers zu entwickeln.
Die Erfahrung hat gezeigt, dass die Übertragung von Kompetenzen an die Teilnehmer
mit einem gesteigerten, mitgliederseitigen Aktivitätsgrad einhergeht und sich positiv
auf die Community-Kultur auswirkt.

5.3 Das Management beim elektronischen Kontaktnetzwerk


Nach den technischen Darstellungen der Systemebene (s. Kapitel 5.1) und den Ausfüh-
rungen zur Prozessebene (s. Kapitel 5.2) zielt das folgende Kapitel auf die Erläuterung der
Aktivitäten zur Führung einer E-Community. Die Managementebene im elektronischen
Netzwerk diskutiert somit die grundlegenden und zum Teil immer wiederkehrenden not-
wendigen Entscheidungen zur Positionierung der Community im Bezug zum Markt und
zum Wettbewerb. Die Grundentscheidungen des Community-Betreibers beziehen sich da-
bei zum einen auf die Analyse und optimale Gestaltung seines Produktangebotes im Hin-
blick auf die Zusammenführung von Informationsangebot und -nachfrage. Zum anderen
gilt es aber auch, dieses Produktangebot auf die intendierte Teilnehmergruppe auszurich-
ten, was mit einem detaillierten Verständnis der Wünsche, Ziele und Eigenarten potenzi-
eller Community-Teilnehmer einhergeht. Aufgrund der bereits existierenden und offen-
kundig wachsenden Zahl an sozialen Netzwerken in der Offline- und Online-Welt müssen
ferner Entscheidungen auch bezüglich einer Wettbewerbspositionierung getroffen werden.
Die drei wesentlichen Kriterien für das Management einer E-Community sind folglich die
Aspekte Online-Community-Produkt, -Teilnehmer und -Strategie. Aufbauend auf die-
sen Grundanforderungen der Online-Interaktion befassen sich die folgenden Ausführun-
gen mit den managementbezogenen Aspekten der E-Community. Dabei stehen folgende
Fragen im Mittelpunkt der Betrachtungen, die zugleich auch die Lernziele dieses Ab-
schnittes darstellen:

„ Welche Möglichkeiten hat der Community-Betreiber hinsichtlich der Gestaltung des


Leistungsangebots und welche Möglichkeiten hat er, die Aktivitäten auf der Plattform
zu steuern?

„ Mit welchen Teilnehmern hat der Community-Betreiber auf seiner Plattform zu tun und
wie kann er das Verhalten und die Entwicklung der Teilnehmer positiv beeinflussen?

„ Welche Strategieoptionen bestehen für eine E-Community im Rahmen der Wettbe-


werbspositionierung gegenüber anderen Anbietern?
Das Management beim elektronischen Kontaktnetzwerk 739

5.3.1 Die Produktanalyse beim elektronischen Kontaktnetzwerk

Wie schon bei einem elektronischen Marktplatz (s. Kapitel 4) besteht das „Produkt“ einer
E-Community in der Koordination und damit in der Vermittlungsleistung von Community-
Teilnehmern und deren Kommunikation untereinander. Anders als bei einem Marktplatz
steht jedoch nicht der Austausch eines in der Regel physischen Gutes im Vordergrund,
bei dem der Informationsaustausch lediglich der Vorbereitung der Gütertransaktion dient,
vielmehr ist es der Informationsaustausch an sich, der von den Community-Teilnehmern
gewünscht wird und folglich von dem Betreiber koordiniert werden muss. Wenngleich
grundsätzlich jeder Teilnehmer Informationsnachfragen und Informationsangebote ein-
stellen kann, erscheint es aufgrund der unterschiedlichen Ziele und Motive zwischen dem
Geben und dem Suchen nach einer Information sinnvoll, z. B. im Hinblick auf Marke-
tingmaßnahmen (s. Kapitel 5.4) zwischen Informationsanbietern und -nachfragern bei den
Teilnehmern (s. Kapitel 5.3.2) zu unterscheiden.
Es entsteht somit analog zu den elektronischen Marktplätzen eine tripolare Beteiligungs-
struktur (s. Kapitel 4.3.1), bei der der Community-Betreiber nur einen indirekten Nutzen
stiftet, der sich aus der Inanspruchnahme einer Interaktionsbeziehung innerhalb eines
Kommunikationssystems durch die einzelnen Teilnehmer ergibt (derivativer Leistungsas-
pekt; Farrell/Saloner 1985; Katz/Shapiro 1985; Wiese 1990). Nur wenn Informationsan-
fragen gestellt werden, kann der Community-Betreiber vermitteln und je mehr Angebote
bzw. Nachfragen eingestellt werden, desto mehr Spielraum hat er für diese Vermittlung.
Das Unternehmen „E-Community“ ist von der Teilnahmebereitschaft (Akzeptanz) anderer
abhängig und erbringt unabhängig hiervon keine originäre Leistung (sklavischer Akzep-
tanzaspekt; s. Kapitel 4.3.1). Vor diesem Hintergrund entsteht ein vielschichtiges „Pro-
duktproblem“, welches es im Management einer E-Community zu berücksichtigen gilt.

5.3.1.1 Online-Produktausrichtung
Die wohl grundlegendste Entscheidung des Community-Betreibers im Hinblick auf das
Vernetzungs- und Kommunikationsangebot besteht in der langfristigen inhaltlichen On-
line-Produktausrichtung. Zur Systematisierung des inhaltlichen Schwerpunktes schla-
gen Hagel/Armstrong (1998) eine Systematisierung vor, die in der betriebswirtschaftli-
chen Literatur auf große Resonanz gestoßen ist. Diese systematische Unterteilung von Ge-
meinschaften impliziert die Etablierung von Nutzergruppen mit homogenen Bedürfnissen,
was eine gezielte Ansprache von sich selbst selektierenden Nutzergruppen ermöglicht
(Panten 2005, S. 30). E-Communities lassen sich hinsichtlich ihrer inhaltlichen und damit
strategischen Ausrichtung im Allgemeinen einer der folgenden Kategorien zuordnen, wo-
bei eine trennscharfe Einordnung jedoch nicht immer möglich ist (Hagel/Armstrong 1998,
S. 134 ff.):

„ Geografische Communities sprechen die geografische Zugehörigkeit ihrer Mitglie-


der an. Sie konzentrieren sich auf Themen mit einem starken regionalen oder lokalen
740 Die Grundlagen der E-Community

Bezug. Manche Städte gehen dazu über, mit Hilfe einer E-Community die Bindung
ihrer Bürger zu stärken. Ein Beispiel liefert die Plattform coolibri.de für die Rhein-
Ruhr-Region, auf der Jobangebote, Flohmärkte oder Konzerte in der jeweiligen Re-
gion vorgestellt und diskutiert werden.

„ Demografische Communities definieren ihren Inhalt über die soziale Gruppenzuge-


hörigkeit (z. B. Geschlecht, ethnische Herkunft, Lebensabschnitt) ihrer Mitglieder in
der Gesellschaft. Diese Plattformen umfassen in der Regel ein sehr breites Angebot
an Themen rund um das alltägliche Leben der Teilnehmer. Beispiele sind Frauen-
Communities wie z. B. erdbeerlounge.de, altersbezogene Senioren-Communities wie
feierabend.de, Kinder-Communities wie mein-kika.de oder Business-Communities
wie xing.de.

„ Thematische Communities widmen sich einem speziellen Thema und führen Men-
schen zusammen, die sich für dieses Thema interessieren. Der Nutzen dieser Com-
munities liegt vorrangig in der Ermöglichung des Zugangs zu spezifischen Informa-
tionen. Derartige Communities können sich auf Hobbys und Freizeitbeschäftigungen
aber auch auf das Arbeitsumfeld erstrecken. Beispiele sind Reise-Communities wie
explore2gether.de oder Koch-Communities wie chefkoch.de.

„ Aktivitätsbezogene Communities sind in der klassischen Systematisierung zwar


nicht enthalten, allerdings basiert ihre Existenz, wie die anderen drei Kategorien,
ebenfalls auf den von Hagel/Armstrong diskutierten Grundbedürfnissen (s. Kapitel
5.2.3.2). Zu den Aktivitäten, die derartige Communities fördern, zählen insbesondere
Computerspiele und Online-Käufe. In diese Kategorie fallen z. B. Einkaufs-Commu-
nities wie amazonbuyvip.com ebenso wie Spiele-Communities, deren Mitglieder on-
line zusammenkommen, gemeinsam spielen und Informationen über das jeweilige
Online-Spiel austauschen. Ein Beispiel für eine solche E-Community ist die FIFA 15
Community des Spieleanbieters EA Sports.

„ Unternehmensinterne Communities dienen einem hierarchieübergreifenden Aus-


tausch der Mitarbeiter zu verschiedenen Themenbereichen. Hierbei dient diese Com-
munity einem Wissensaustausch, der Standort unabhängig und über die verschiede-
nen Ebenen der Unternehmung durchgeführt werden kann. Die Nutzer können in die-
sem Rahmen Projektteams und Gruppen oder virtuelle Arbeitsräume gründen
(Chaudhuri 2018). Ein Beispiel für eine solche unternehmensinterne Community ist
„XChange“, die Community der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Pricewaterhouse-
Coopers GmbH (PwC) unter community.pwc.de. Auf dieser Plattform können sich
ehemalige Mitarbeiter mit PwC-Alumni sowie aktiven Mitarbeitern austauschen.

Ein nächster Schritt besteht in der Betrachtung der Kategorie (Wegbereiter/Vektor) als
Ausgangspunkt für eine Transformation oder Expansion der Community (Hagel/Arm-
strong 1998, S. 148 ff.). So könnte sich bspw. eine auf Reisen spezialisierte Themencom-
Das Management beim elektronischen Kontaktnetzwerk 741

munity über eine Subgemeinschaft, in der die Reisebedürfnisse von Eltern mit Kleinkin-
dern fokussiert werden, zu einer demografischen Community für Eltern von Kleinkindern
entwickeln (s. Abb. 274).

Reisen

Themenspezifisch

Eltern, die mit Reisen nach


Kindern reisen Venedig

Eltern von
Venezianer
Kleinkindern

Demografisch Geografisch

Abb. 274: Exemplarische Entwicklung der Ausrichtung einer E-Community


Quelle: in Anlehnung an Hagel/Armstrong 1998, S. 148.

5.3.1.2 Online-Produktzugang
Unmittelbar mit der Online-Produktausrichtung (s. Kapitel 5.3.1.1) ist die Frage nach dem
Online-Produktzugang zu stellen. Dabei geht es um den Aspekt, wie der Zugang für
(potenzielle) Community-Mitglieder zur Plattform generell geregelt wird. Die mögliche
Beschränkung des Zugangs ist ein wichtiges Merkmal einer Community. In der Praxis
weist der Zugang eine Spannweite von ganz offen bis stark eingeschränkt auf. Der Sinn
eines stark eingeschränkten Zugangs besteht in der Regel nicht ausschließlich in der Ver-
meidung von unerwünschtem Content. Immer häufiger ist es Teil des Geschäftsmodells,
durch Beschränkung des Zugangs die Exklusivität und damit die Attraktivität der
Community zu erhöhen, auch wenn dadurch das Wachstum der Plattform zunächst einge-
schränkt ist. So forderte die Social-Network-Plattform Google+ in ihrer Beta-Phase eine
Einladung durch einen bereits registrierten Teilnehmer. In anderen Fällen ist eine Aufnah-
megebühr zu entrichten, bevor ein neuer Teilnehmer zugelassen wird. Andere Communi-
ties sind nur auf Benutzer bestimmter Produkte ausgerichtet und fordern daher die Eingabe
einer Produktseriennummer bei der Anmeldung. Eine Systematisierung von Zugangsmo-
dellen zu E-Communities kann anhand der Kriterien Nutzeridentifikation und Exklusivität
erfolgen (Keding 2007, S. 19): Exklusivität liegt dann vor, wenn der Zugang nur einem
bestimmten Nutzerkreis zugänglich gemacht wird, und die Nutzeridentifikation weist
den Zugang eindeutig dem jeweiligen Mitglied zu (s. Abb. 275).
742 Die Grundlagen der E-Community

Exklusivität

exklusiv nicht-exklusiv
nutzerindividuelle
Identifikation

geschlossene halbgeschlossene
Community Community
Nutzeridentifikation

Nutzeridentifikation
keine

halboffene offene
Community Community

Abb. 275: Systematik der E-Community-Zugangsmodelle


Quelle: in Anlehnung an Keding 2007, S. 19.

Anhand dieser beiden Dimensionen entstehen vier idealtypische Arten von Zugangs-
modellen für E-Communities (s. Abb. 275; Keding 2007, S. 19):

„ Offene Communities: Als offen sind E-Communities anzusehen, die keine nutzer-
individuelle Identifikation voraussetzen und sich nicht auf einen bestimmten Perso-
nenkreis beschränken. Ein wesentliches Charakteristikum dieser Communities ist die
Nichtberücksichtigung historischen Verhaltens für den zukünftigen Besuch. Eben-
falls ist es in derartigen Gemeinschaften nicht möglich, Profile oder Rollenkonzepte
zu implementieren.

„ Halboffene Communities: Bei halboffenen Communities findet ebenfalls keine nut-


zerindividuelle Identifikation statt, was mit den im ersten Punkt genannten Implikati-
onen einhergeht. Jedoch ist der Zugang bei halb-offenen E-Communities auf einen
bestimmten Nutzerkreis eingeschränkt. Der Zugang lässt sich bspw. realisieren, in-
dem alle Mitglieder dieselben Login-Daten verwenden.

„ Halbgeschlossene Communities: Diese sind prinzipiell für jeden Interessenten zu-


gänglich, wenngleich sie die eindeutige Identifikation des Nutzers erfordern, was in
der Regel durch ein personifiziertes Login geschieht. In der Regel ist der Zugang in
Communities so geregelt, dass eine Anmeldung erst zum Verfassen von Beiträgen
Das Management beim elektronischen Kontaktnetzwerk 743

notwendig ist, während das reine Lesen eines Beitrags auch ohne vorherige Anmel-
dung möglich ist.

„ Geschlossene Communities: Hier werden nur Mitglieder aufgenommen, die vom


Betreiber als gewinnbringend für die Community angesehen werden. Eine nutzerin-
dividuelle Anmeldung erscheint hier obligatorisch. In der Regel bekommen nichtre-
gistrierte Internetuser in solchen Communities nicht mehr als die Startseite zu sehen.
Da die Mitglieder unter sich bleiben möchten, wird Außenstehenden auch nicht das
passive Mitlesen von Threads erlaubt.

5.3.1.3 Online-Produktregeln
Die E-Community lebt in erster Linie von dem, was von den Mitgliedern entweder im
Rahmen des Online-Mitgliederprofils (s. Kapitel 5.1.1.1) oder dem Online-Mitgliedercon-
tent (s. Kapitel 5.1.1.2) auf die Plattform eingestellt wird. Die zugehörige Verwertung und
Koordination dieser Inhalte unterliegen allgemeinen Rechtsnormen, die von zusätzlichen
spezifischen Regeln für die einzelne E-Community durch dessen Betreiber ergänzt werden
können. Über dieses Set an Teilnahmebedingungen für ein Community-Mitglied werden
aus übergeordnetem Blickwinkel die Online-Produktregeln definiert, die sich in der Re-
gel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen für die Nutzung der E-Community nieder-
schlagen. Diese Produktregeln können dabei in fünf Klassen unterteilt und anhand der
AGB von xing.de erläutert werden:

„ Produkt-Zugangsregeln beziehen sich auf die Art und Weise, wie die Registrierung
und die dort benötigten Informationen zu handhaben sind. Hier kann bspw. festgelegt
werden, dass keine irreführenden Angaben in dem Mitgliederprofil hinterlegt und
nur eigene, rechtefreie Fotos zur entsprechenden Person für das Mitgliedsprofil hoch-
geladen werden dürfen wie bspw. bei xing.de.

„ Produkt-Verwertungsregeln legen die Rechte an den eingestellten Inhalten fest. Da-


bei räumen die Community-Mitglieder dem Community-Betreiber meist mit dem
Einstellen eines Beitrags ein unbeschränktes, unwiderrufliches und übertragbares
Nutzungs- und Bestimmungsrecht zur Weiterverwertung ein. Im Beispiel von
xing.com behält sich der Community-Betreiber das Recht vor, jeglicher Nutzung der
Dienste und Inhalte der Community mit Ausnahme der von xing.com bereitgestellten
Möglichkeiten vor der Weiterverwertung durch Dritte schriftlich zuzustimmen.

„ Produkt-Inhaltsregeln beziehen sich auf die Inhalte der eingestellten Beiträge und
deren kommunikativer Wirkung auf die rechtliche bzw. ethische Wahrnehmung von
Formulierungen. So ist es den Community-Mitgliedern in der Regel untersagt, belei-
digende oder verleumderische Inhalte zu verwenden oder pornografische bzw. gegen
Jugendschutzgesetze verstoßende Inhalte zu verwenden, zu bewerben, anzubieten
744 Die Grundlagen der E-Community

oder zu vertreiben. Ferner können weitere themenbezogene Einschränkungen formu-


liert werden, die wie bei der Business-Community xing.de „gesetzlich (z. B. durch das
Urheber-, Marken-, Patent-, Geschmacksmuster- oder Gebrauchsmusterrecht) ge-
schützte Inhalte“ oder „wettbewerbswidrige Handlungen […], einschließlich be-
stimmter progressiver Kundenwerbung (Ketten-, Schneeball- oder Pyramidensys-
teme)“ betreffen.

„ Produkt-Nutzungsregeln beziehen sich auf die Community-Tools bzw. -Features


und deren Verwendung im Rahmen der Vernetzungsaktivitäten einer E-Community.
Dazu gehört z. B. der Missbrauch von internen Mail-Systemen in Form von Ketten-
briefen.

„ Produkt-Freistellungsregeln beziehen sich auf die rechtliche Freistellung des Com-


munity-Betreibers im Hinblick auf mögliche Folgewirkungen aus den von seinen
Community-Mitgliedern eingestellten Inhalten. So stellen Nutzer von xing.de dessen
Betreiber „von sämtlichen Ansprüchen, einschließlich Schadensersatzansprüchen,
frei, die andere Nutzer oder sonstige Dritte gegen xing.de wegen einer Verletzung ihrer
Rechte durch die vom Nutzer auf den xing.de-Webseiten eingestellten Inhalte geltend
machen.“

Diese Online-Produktregeln reagieren bei E-Communities auf viele spezifische Problem-


felder, die sich gerade aufgrund der Fremdeinstellung von Content durch die Mitglieder
heraus in den letzten Jahren ergeben haben und die in erster Linie ethischer und rechtlicher
Natur sind. So waren und sind z. B. bei der Betrachtung von Foreneinträgen nicht nur
Informationen zu finden, die einen sachlichen Beitrag zur Diskussion enthalten, sondern
vermehrt auch obszöne, beleidigende und diffamierende Äußerungen, die zumindest
ethisch, wenn nicht auch rechtlich problematisch sind. Ebenfalls werden auf elektroni-
schen Communities immer wieder Informationsinhalte eingestellt, die Markenrechten
unterliegen (z. B. Mitschnitte von Fußballspielen der 1. Bundesliga bei youtube.com).
Trotz Novellierungen der relevanten Gesetze (z. B. Telemediengesetz) scheinen Fragen,
inwieweit der Community-Betreiber für den auf seiner Plattform hinterlegten und verlink-
ten Content verantwortlich ist, wie er mit Rechtsverletzungen seitens der User umzugehen
hat und welche weiteren Sorgfaltspflichten ihm obliegen, nicht endgültig geklärt. Fest
steht jedoch, dass diese Fragestellungen die Ausbreitung von elektronischen Communities
und deren zukünftige Entwicklung maßgeblich beeinflussen werden, weshalb an dieser
Stelle ethisch-rechtliche Probleme vorgestellt werden, mit denen sich der Community-
Betreiber auseinander setzen muss (Kollmann/Stöckmann 2007b; Kollmann/Stöckmann/
Schröer 2009a):

„ Probleme der Meinungsäußerung: Auch wenn grundsätzlich jeder Mensch und da-
mit jeder Teilnehmer das Recht auf eine freie Meinungsäußerung genießt, existieren
gesetzliche und ethische Grenzen. Auf anonymen Kommunikations- und Handels-
Das Management beim elektronischen Kontaktnetzwerk 745

plattformen im Internet werden diese Grenzen jedoch mitunter überschritten. Beleidi-


gende, extremistische und sexistische Äußerungen in Chats, Foren und ähnlichen
Kommunikationsbereichen dürfen von dem Betreiber nicht geduldet werden. Dar-
über hinaus hat der Betreiber die Möglichkeit, weitere Kommunikationsinhalte als un-
erwünscht zu klassifizieren (z. B. Werbung für fremde Angebote).

„ Probleme durch die Übernahme fremder Inhalte: Auf Informations- und Kom-
munikationsplattformen werden von Usern immer wieder – unwissentlich oder vor-
sätzlich – rechtlich geschützte Inhalte anderer Webseiten oder realer Quellen einge-
stellt. Rechteinhaber setzen mittlerweile Agenturen ein, die ihre geschützten Inhalte
im Web aufspüren. Dem Plattformbetreiber obliegt es, diese Verstöße seiner User zu
ahnden und die geschützten Inhalte zu entfernen. Verhindern kann der Betreiber das
Einstellen geschützter Inhalte in der Regel nicht, da der Verstoß gegen das Urheber-
recht erst bekannt wird, wenn sich der geschützte Inhalt bereits auf der Plattform befin-
det. Diese reaktive Vorgehensweise hat neben dem Umstand, dass sie Sisyphos’ Strafe
gleicht, den rechtlichen Makel, dass trotz zeitnaher Löschung ein Rechtsbruch statt-
gefunden hat. Da es derzeit kein geeignetes proaktives Verfahren zur Verhinderung
der Einstellung geschützter Inhalte gibt, streben große Plattformen breit angelegte
Lizenzierungsvereinbarungen mit den Rechteinhabern an, die es ihnen erlauben, so-
wohl die Inhalte auf den Plattformen zu belassen als auch Klagen vorzubeugen und
somit negative Einflüsse auf die Plattformdurchsetzung zu verhindern.

Bei User-generated Content können sich zusätzlich zu den klassischen rechtlichen Prob-
lemen im Umfeld von Internetplattformen (z. B. Domainnamenwahl, Kollmann/Suckow
2007b) weitere bedeutsame Problembereiche ergeben, die nicht nur einzelne Interaktio-
nen, sondern das gesamte Community-Geschehen betreffen und somit im Extremfall die
Existenz der gesamten Plattform gefährden können. Der Community-Betreiber sollte da-
her bestrebt sein, Normen, Werte und Regeln auf der Plattform zu etablieren, die als
Eckpfeiler für die Kommunikation auf der Plattform dienen und einen höflichen und res-
pektvollen Umgang miteinander gewährleisten. Derartige Verhaltensrichtlinien können
stillschweigend vorausgesetzt, schriftlich festgehalten oder sogar als Bestandteil der Nut-
zungsbedingungen verankert werden (Tietz 2007, S. 35).
Als Grundlage der Kommunikation in Datennetzen dient in der Regel die sog. Netiquette
(zusammengesetzt aus Net und Etiquette; Preece 2000, S. 99 ff.), deren Empfehlungen
rechtlich zwar nicht bindend sind, aber zur Schaffung einer positiven Netzkultur beitragen
und häufig Eingang in konkrete Verhaltensregeln der Plattformbetreiber finden. In der Pra-
xis werden oft Moderatoren (s. Kapitel 5.3.2.1) eingesetzt, die die Einhaltung der Wert-
vorstellungen überwachen und bei Übertretungen der Regeln eingreifen. Regelverstöße
werden mit der Schließung des Themas oder des Angebots, dem Löschen einzelner Äu-
ßerungen oder sogar mit Ausschluss einzelner Teilnehmer geahndet, denn eine negative
Kommunikationskultur kann die Akzeptanz der Plattform nachhaltig und langfristig ver-
ringern.
746 Die Grundlagen der E-Community

5.3.2 Die Mitgliederanalyse beim elektronischen Kontaktnetzwerk

Die Aussage „The members of a virtual community are its real creators” von Hagel und
Armstrong (1998) verdeutlicht, welche besondere Bedeutung die Mitglieder für die erfolg-
reiche Entwicklung einer Community haben. Innerhalb der zugehörigen Mitgliederana-
lyse wird entsprechend versucht, alle relevanten Fragestellungen rund um dieses zentrale
Asset einer E-Community zu klären. Bevor allerdings auf die verschiedenen Community-
Mitglieder und deren Ziele und Bedürfnisse eingegangen wird, ist zunächst festzuhal-
ten, dass genauso wie auf den anderen Plattformen auch auf Community-Plattformen
grundsätzlich öffentliche Institutionen (Government), Unternehmen (Business) und pri-
vate Konsumenten (Consumer) anzutreffen sind, auch wenn der Großteil der Literatur zu
sozialen Netzwerken auf den Geschäftsbereich (s. Kapitel 1.5.2) C2C fokussiert. So führen
im B2C-Bereich diverse Unternehmen mittlerweile ebenfalls Weblogs (s. Kapitel 5.1.2.2)
ein, um Kunden über aktuelle Themen rund um das Unternehmen zu informieren und um
sich Kundenmeinungen einzuholen (z. B. docmorris-blog.de). innocentive.com anderer-
seits ist eine C2B-Community, in der Privatleute kreativ und innovativ von Unternehmen
eingestellte F&E-Probleme lösen (sog. Crowdsourcing). Im B2B-Bereich existiert bspw.
stackoverflow.com. Dabei handelt es sich um ein Programmierforum, in dem sich Entwick-
ler gegenseitig Hilfestellung zu bestimmten Programmen oder Programmiersprachen ge-
ben. Sogar die öffentliche Hand nutzt auf Themenportalen wie bremen.de oder strassen
.nrw.de, wenn auch in der Regel noch rudimentär, die Möglichkeit, mit Bürgern in Kontakt
zu treten. Vor diesem Hintergrund sind die folgenden Ausführungen zu den Teilnehmern
elektronischer Communities nicht nur auf den Menschen in seiner Freizeit beschränkt, son-
dern betrachten Interaktionen in allen Geschäftsbereichen.

5.3.2.1 Online-Mitgliedertypen
In einem ersten Schritt muss sich der Betreiber einer Community darüber klarwerden, dass
Mitglieder mit unterschiedlichen Charakteren, Hintergründen und vor allem verschiedenen
Intentionen am Plattformgeschehen teilnehmen. Diese Online-Mitgliedertypen und der
Umgang mit ihnen beeinflusst maßgeblich die Dynamik der Gemeinschaftsbildung. Ba-
sierend auf den von Kim (2000) identifizierten „Social Player Types“ sind folgende vier
Typen von Mitgliedern einer Community zu unterscheiden (Seufert/Moisseeva/Steinbeck
2002, S. 5; Kim 2000):

„ Achievers (Performers): Dieser Typ ist geprägt durch zielfokussiertes Verhalten.


Er möchte die Community auf inhaltlicher Ebene voranbringen und bringt sich und
sein Wissen daher gerne in die Community ein. Er initiiert und organisiert Events und
koordiniert Kontakte zwischen Subcommunities.

„ Explorers (Gurus): Explorer greifen gerne aktuelle Trends und neue Themen auf und
erweitern und erneuern die Community dabei mit neuen Ideen. Sie bringen die
Das Management beim elektronischen Kontaktnetzwerk 747

Community auf einer innovativen inhaltichen Ebene voran. Ihre Aktionen sind ge-
prägt durch Neugierde sowie das Verknüpfen von bestehendem und das Generieren
von neuem Wissen.

„ Socializers (Greeters, Caretakers): Sie machen sich in besonderem Maße um den


Aufbau und die Pflege des Netzwerkes unter sozialen Gesichtspunkten verdient. Ihr
eigenes Verhalten ist geprägt durch Vertrauen, Einfühlungsvermögen und Hilfsbe-
reitschaft gegenüber anderen Mitgliedern. Sie sind bestrebt, diese Werte in der E-
Community auch bei anderen Teilnehmern zu etablieren.

„ Killers (Brats): Hierbei handelt es sich um die Unruhestifter in einer E-Community,


die z. B. durch provozierende Beiträge auffallen. Wenngleich dieser Typus mit nega-
tiven Assoziationen besetzt ist, können von dem provokativen Verhalten auch neue Im-
pulse ausgehen, die Diskussionen positiv beeinflussen. Insbesondere aus Äußerun-
gen, die irritieren, Paradoxien aufwerfen oder auf Widersprüche hinweisen, kann ein
Gewinn für die Community entstehen.

Außerhalb dieser Typologie der Mitglieder, die die Art ihrer Partizipation selbst wählen,
gibt es den Moderator, dessen Verhalten vorgegeben ist. Moderatoren gehören entweder
dem Betreiberunternehmen an oder wurden innerhalb der Community rekrutiert. Sie un-
terstützen die Teilnehmer in Diskussionsgruppen, schlichten Streit, löschen unerwünschte,
unpassende, verletzende, gesetzeswidrige Beiträge löschen, verschieben oder sperren Bei-
träge. Sie sollen in der Regel Diskussionen mit aktuellem Fachwissen ergänzen, ohne mei-
nungsbildend zu wirken. Um ihrer Rolle gerecht und von den anderen Teilnehmern akzep-
tiert zu werden, benötigen sie umfassende administrative Rechte sowie entsprechende
Fachkenntnisse, erhöhte Kommunikationsfähigkeit und Selbstmotivation. Folgende Aufga-
ben der E-Moderatoren können festgehalten werden (Puntschart 2006, S. 72 f.):

„ Bewerbung der Community

„ Akquisition, Aufnahme, Sperrung und Ausschluss von Mitgliedern

„ Splittung der Community in Teilgruppen

„ Motivation der Teilnehmer, an Diskussionen teilzunehmen

„ Initialstatements posten sowie offene, inhaltsbezogene Fragen/Statements posten

„ Öffnen und Schließen von Foren sowie ggf. Einführung eines neuen Fokus

„ Hinweis, die Qualität und Länge der Beiträge zu verbessern

„ Hinweis, Content zu lesen und zu beachten


748 Die Grundlagen der E-Community

„ Mitglieder zurück zum Thema holen

„ Ermahnen der Mitglieder, Netiquette einzuhalten

5.3.2.2 Online-Mitgliederkopplung
Allgemein ist Kopplung definiert als die Beziehung zwischen Elementen. Im Rahmen der
Mitgliederanalyse spielt der Grad der Kopplung zwischen den Community-Teilnehmern
eine bedeutende Rolle. Das Beziehungsspektrum bei der Online-Mitgliederkopplung
reicht von losen, schwachen bis hin zu engen bzw. beständigen Verbindungen (Panten
2005, S. 35 f.), wobei die Intensität der Beziehung einen großen Einfluss auf die Dynamik
in der Gemeinschaft ausübt. Bereits bei der erstmaligen Konzeption der E-Community
sollte sich der Betreiber bewusst machen, welcher Kopplungsgrad auf seiner Plattform
vorteilhaft ist und wie er diesen erreicht:

„ Lose Kopplung: Eine lose Kopplung liegt vor, wenn die Teilnehmer der E-Community
nur wenige Gemeinsamkeiten aufweisen und diese Übereinstimmungen im Vergleich
zu anderen Faktoren, die Einfluss auf die Communitydynamik ausüben, schwach aus-
geprägt sind. Resultierende Beziehungen sind durch eher gelegentliche anstatt kon-
stante, plötzliche anstatt kontinuierliche und erhebliche anstatt bedeutsame Zusam-
menkünfte gekennzeichnet. Diese Charakteristika beschreiben den Großteil der Kon-
takte in Communities, da es dort meist zu einem n-seitigen Informationsaustausch im
Hinblick auf eine spezifische Thematik bzw. Problematik zwischen einer bestimmten
Zahl von interessierten Teilnehmern kommt. Der Austausch erfolgt temporär für die
Dauer der Themenbehandlung. Mitunter bilden sich verschiedene, voneinander unab-
hängige Subgruppen zu verschiedenen Themen über eine längere Zeit, die dann einen
gewissen Grad an Unabhängigkeit von der übergeordneten Communitystruktur etab-
lieren. Etwaige „lokale“ Anpassungen in einer dieser Untergruppen beeinflussen die
Community als Ganzes kaum. Die Kombination von Reaktionsfähigkeit des gesamten
Systems auf der einen Seite und die Unabhängigkeit seiner Bestandteile (z. B. Mit-
glieder, Subgruppen) auf der anderen Seite charakterisieren das Geschäftsmodell
E-Community nach Orton/Weick (1990) zunächst per se als lose gekoppeltes System.

„ Enge Kopplungen: In einer Community können jedoch auch engere Beziehungen zwi-
schen einer kleinen oder auch größeren Gruppe von Mitgliedern bestehen. Diese engen
Kopplungen können Dimensionen familiärer Bindungen erreichen, sodass diese
Gruppe nach außen hin als Einheit auftritt, gemeinsame Entscheidungen trifft und in
hohem Maße füreinander eintritt. Derartige Bindungen können einerseits darauf basie-
ren, dass diese Mitglieder bereits eine Beziehungshistorie aufweisen, die z. B. aus
Beziehungen in der realen Welt resultiert. In diesem Fall dient die E-Community als
effiziente Form, mit räumlich getrennten Freunden oder Familienmitgliedern zu
kommunizieren. Allerdings können auch enge Bindungen zwischen Mitgliedern ent-
stehen, die sich nicht vorher persönlich kannten. Enge Kopplungen entstehen seltener
Das Management beim elektronischen Kontaktnetzwerk 749

in großen Communities, auch wenn dort potenziell mehr Auswahl an Kontakten be-
steht, sondern eher in kleineren, fokussierteren Communities bzw. Subgruppen von
großen Communities, in denen Teilnehmer zueinanderfinden, die ähnliche Interessen
bzw. Hintergründe aufweisen. Kim (2000, S. 316 f.) weist darauf hin, dass insbeson-
dere in Subcommunities, die von Mitgliedern selbst erstellt bzw. auf ihre Initiative ba-
sierend gegründet wurden, starke interne Bindungen auftreten, da sich die Teilnehmer
eher ihrer Subgruppe als dem Gesamtgebilde verpflichtet sehen. Enge Kopplungen
sind z. B. in der E-Community secondlife.com zu beobachten, in der Teilnehmer ein
virtuelles, zweites Leben mit Teilnehmern aus aller Welt führen können. Über
Freund- und Liebschaften hinaus sind bereits ganze Familien entstanden, in denen
Teilnehmer die verschiedenen Rollen von Vater, Mutter oder Kind übernehmen und
wie Familien im Real Life miteinander leben.

5.3.2.3 Online-Mitgliederentwicklung
Zwar lassen sich Teilnehmer bereits sehr gut durch die in Kapitel 5.3.2.1 beschriebene Ty-
pisierung beschreiben, jedoch existiert darüber hinaus mit dem Erfahrungshintergrund eine
weitere Variable, die das konkrete Teilnehmerverhalten und damit die Online-Mitglie-
derentwicklung beeinflusst. Mit der Dauer der Zugehörigkeit bzw. mit der Anzahl der
Postings ändern sich Aspekte wie Status und Ansehen in der Gemeinschaft, Selbstbewusst-
sein des Teilnehmers oder auch community-spezifisches Wissen, was sich dann auf die Ak-
tivitäten des Mitglieds und deren Wahrnehmung durch die anderen Teilnehmer auswirkt.
Nach dem Lebenszyklus der Mitgliedschaft lassen sich die folgenden Stufen der Ent-
wicklung von E-Community-Teilnehmern unterscheiden (Seufert/Moisseeva/Steinbeck
2002, S. 5; Kim 2000):

„ Visitor: Er gehört noch nicht offiziell zur Gemeinschaft, sondern ist ein Besucher und
Beobachter der „Szene“. In der Regel ist er noch nicht registriertes Mitglied, was
seine Zugriffsmöglichkeit einschränkt. Üblicherweise kann er alle oder zumindest
einen Großteil der existierenden Foreneinträge lesen, was den „Gästen“ oftmals schon
reicht. So finden sie z. B. Lösungen zu ihren Problemen in Fachforen, wenn es sich
dabei um ein Problem handelt, das Mitglieder schon vor ihnen hatten. Verwehrt blei-
ben ihnen hingegen in der Regel der Zugriff auf Nutzerdaten und damit die direkte
Kontaktaufnahme zu anderen Teilnehmern.

„ Newcomer: Ein Newcomer ist ein neues Mitglied in einer Community. „Neu“ kann
sich dabei einerseits auf die geringe Dauer seiner Mitgliedschaft oder auf die geringe
Anzahl seiner bisherigen Aktivitäten (z. B. Foreneinträge) beziehen. Newcomer sind
zunächst meist relativ zurückhaltend mit ihren Äußerungen und orientieren sich in
ihrem Verhalten an den etablierten Mitgliedern. Nicht immer wird Neulingen der Ein-
stieg in eine Community leichtgemacht. So wird bspw. ihren Äußerungen oftmals
weniger Beachtung geschenkt, als den Beiträgen etablierter Mitglieder, da sie sich ins-
besondere aus der Sicht langjähriger Mitglieder ihr Ansehen „erst verdienen müssen“.
750 Die Grundlagen der E-Community

Neulinge, die sich ignorant oder nicht lernwillig zeigen, werden abwertend als „Noob“
bezeichnet und erreichen oftmals gar nicht erst die Stufe eines Regulars.

„ Regular: Hierbei handelt es sich um Mitglieder, die der Gemeinschaft bereits seit län-
gerer Zeit angehören oder sich in Einzelfällen durch eine enorme Präsenz über eine
kurze Zeit in der Community etabliert haben. Sie zeichnen sich durch regelmäßige Par-
tizipation und ein dauerhaftes Commitment mit den Gemeinschaftszielen aus.

„ Experts: Diesen Status müssen sich Teilnehmer verdienen. Erst wer sich über einen
längeren Zeitraum regelmäßig um die Community verdient gemacht, ein besonderes
Commitment an den Tag gelegt und sein community-spezifisches Wissen immer
wieder unter Beweis gestellt hat, wird von den anderen als Experte anerkannt und
geschätzt. Häufig sind sie „Leaders“, also offizielle oder inoffizielle Wortanführer in
der Community, z. B. in der Kommunikation mit dem Betreiber. Experten sind für die
Community sehr wichtig, da sie die Community am Laufen und Teilnehmer zusam-
menhalten. Aus dieser Gruppe werden in der Regel die Moderatoren (s. Kapitel 5.3.
2.1) rekrutiert.

5.3.3 Die Strategieanalyse beim elektronischen Kontaktnetzwerk

Neben der Produktanalyse bei einer E-Community (s. Kapitel 5.3.1) und der Betrachtung
der Charakteristika der Teilnehmer einer E-Community im Rahmen der Mitgliederanalyse
(s. Kapitel 5.3.2) spielt auch die Strategieanalyse eine bedeutsame Rolle für die Manage-
mentebene bei elektronischen Kontaktnetzwerken. Diese Strategieanalyse bezieht sich im
Kern auf drei Ebenen: Zielsetzungs-, Positionierungs- und Channelebene. Dabei wird sich
im Folgenden mit den strategischen Zielen der E-Community und Möglichkeiten der stra-
tegischen Positionierung im Wettbewerb zu ihrer Erreichung auseinandergesetzt.

5.3.3.1 Online-Zielsetzungsebene
Der Community-Betreiber kann bezüglich der Online-Zielsetzungsebene mit der Grün-
dung bzw. dem Betrieb einer E-Community unterschiedliche strategische Richtungen ver-
folgen, die für die weitere Entwicklung der Community maßgeblich sind. Für den dauer-
haften Erfolg der E-Community ist es dabei elementar, dass der Betreiber sich über diese
Richtungen und die damit verbundenen konkreten Ziele, die er verfolgen möchte, klar ist
und diese den relevanten Stakeholdern kommuniziert bzw. sein Handeln konsequent auf
die Zielerreichung ausrichtet. Dabei muss er analysieren, welche Ziele seine Mitglieder
mit der Plattform verbinden, um sich diese zu Eigen zu machen und die Zielerreichung zu
fördern. Die zu verfolgenden Ziele lassen sich in sechs Kategorien zusammenfassen (Tietz
2007, S. 38 ff.). Mitunter lassen sich Ziele kombinieren oder beinhalten sogar Synergiepo-
tenziale. Die primären Ziele der Strategieanalyse sind dabei:
Das Management beim elektronischen Kontaktnetzwerk 751

„ Kommunikationsziele: Für die Teilnehmer ist eine E-Community ein zusätzlicher


Kommunikationskanal mit direkter Kontaktmöglichkeit zu Kunden (Business) oder
Gleichgesinnten (Consumer). Vorteilhaft dabei ist, dass durch das gemeinsame Interes-
sengebiet der Mitglieder eine weitgehend homogene Zielgruppe existiert. Der Betrei-
ber muss aber entsprechend entscheiden, ob er dem Ansatz einer sog. Lead-Generation
für Unternehmen entsprechend folgt und seine Community darauf ausrichtet bzw. mit
Business-Elementen gestalten will oder ob er den nicht-kommerziellen privaten Kon-
takt zwischen den Mitgliedern ermöglichen will.

„ Finanzziele: Der Betreiber einer E-Community muss sich entscheiden, wie kom-
merziell er seine Plattform betreiben will. Direkte Umsätze lassen sich über Teilnah-
megebühren generieren. Dies bedeutet, dass der Teilnehmer eine Gebühr entrichtet,
wenn er Community-Funktionen nutzen möchte, die im Rahmen einer sog. Pre-
mium-Mitgliedschaft über eine vorhandene Grundfunktionalität hinausgehen. Indi-
rekte Umsätze lassen sich über Werbeeinblendungen erzielen.

Neben den primären Zielen kann der Community-Betreiber weitere Ziele verfolgen, die
die primären Ziele ergänzen und an dieser Stelle daher als sekundäre Ziele der Strategie-
analyse bezeichnet werden sollen:

„ Marktforschung: Obwohl die Repräsentativität einer E-Community mit Vorsicht zu


betrachten ist, kann die Marktforschung über eine vorhandene Plattform große Kosten-
und Zeitvorteile bieten. Nicht zuletzt bietet eine E-Community die Chance, den Nut-
zer durch den direkten Kontakt besser kennenzulernen und zu verstehen. Der Betrei-
ber muss entscheiden, ob er Marktforschung auf seiner Plattform betreiben will, um
die Ergebnisse anschließend zu vermarkten. Diese Marktforschungsfunktion über
seine Community kann er aber auch externen Unternehmen anbieten.

„ Produktpräsentation: Durch die Abhebung von Wettbewerbern und die Darstellung


eigener Produkte können über eine E-Community neue Kunden gewonnen werden. Fer-
ner kann über die Plattform die Beziehung zu bestehenden Kunden gepflegt und deren
Marken- bzw. Produktloyalität gesteigert werden. Der Betreiber muss entsprechend
entscheiden, ob und in welcher Form und Intensität er Marken-, Unternehmen- und
Produktpräsentationen auf seiner Plattform zulassen will.

„ Prestige: Durch das Angebot einer exklusiven E-Community kann sich der Betreiber
von der Konkurrenz abheben. Ebenso kann Exklusivität dazu führen, dass das in der
Community entstandene Gemeinschaftsgefühl auf die Mitglieder und den Betreiber
übergeht. Entsprechend muss der Betreiber entscheiden, wie offen er seine Plattform
gestaltet und ob er das Ziel der Exklusivität verfolgt (s. Kapitel 5.3.1.2).

„ Produktentwicklung: Über den direkten Kontakt zu den Mitgliedern lässt sich einer-
seits Feedback zu bestehenden Produkten einholen. Anderseits lassen sich über die
752 Die Grundlagen der E-Community

E-Community neue Produktideen generieren. Der Betreiber entscheidet, inwieweit er


den Mitgliedern und externen Unternehmen den Platz gewährt, um solche Customer-
Integration-Modelle zuzulassen und/oder sich selbst aktiv daran beteiligt.

„ Unterstützung: Hat ein Nutzer Probleme bei der Anwendung eines Produktes, kann
er in einer zugehörigen E-Community Fragen platzieren bzw. Antworten finden. Die
gegenseitige Unterstützung der Nutzer verringert dabei den Bedarf an Support durch
das Unternehmen; der Informations- und Wissensaustausch der Nutzer wird ange-
regt. Der Betreiber muss entscheiden, inwieweit er seine Community zum verlängerten
Support-Arm von Unternehmen und Dienstleistern werden lässt.

5.3.3.2 Online-Positionierungsebene
Aufbauend auf dem Konzept der heterogenitätsabhängigen Bindungswirkung (s. Kapitel
4.4.2.2) lassen sich aus strategischer Betreibersicht im Hinblick auf die Online-Positi-
onierungsebene zum Zeitpunkt der Community-Gründung zwei grundsätzliche Rich-
tungen unterscheiden, die mit unterschiedlichen Taktiken die Teilnehmer für die
E-Community gewinnen und langfristig an die Plattform binden möchten. Die beiden
möglichen Einstiegs- und Entwicklungspunkte können im 2-H-Modell zur Positionie-
rung einer E-Community zusammengefasst werden (s. Abb. 276):

„ Homogenitätspositionierung (Qualitätsvorsprung): In einer homogenen Commu-


nity wird ein eher kleines Spektrum an Inhalten behandelt. Dafür können die Inhalte
sehr detailliert diskutiert werden. Der Community-Betreiber ist zunächst nicht daran
interessiert, möglichst viele Mitglieder mit verschiedenen Interessen zu gewinnen,
vielmehr möchte er diejenigen Menschen, die am Austausch an einem spezifischen
Thema interessiert sind und idealerweise bereits über ein ausgeprägtes Wissen in die-
sem Bereich verfügen, auf seiner Plattform zusammenbringen. Auf diese Weise wird
es möglich, auf der Plattform Interaktionen auf einem hohen Niveau zu vermitteln.
Für bestehende wie auch potenzielle Teilnehmer besteht der Mehrwert darin, dass sie
auf Menschen mit ähnlichen Interessen und/oder Hintergründen treffen, sodass
schnell eine Vertrautheit entsteht, was als Basis für ein positives und offenes Com-
munity-Klima gilt. Enge Kopplungen (s. Kapitel 5.3.2.2) können in diesen Commu-
nities leichter entstehen. In diesen Communities kann jede noch so spezielle Frage
rund um das übergeordnete Thema mit einer guten Chance auf eine Antwort gestellt
werden, da idealerweise die Experten zu diesem Thema auf der Plattform zu finden
sind. So entsteht ein Qualitätsvorsprung, der für die Gemeinschaft wertvoll ist, da in
dieser Atmosphäre Wissen generiert werden kann. Dieses Wissen ist wiederum für
potenzielle Teilnehmer interessant, sodass sie zu einem Einstieg motiviert werden,
was sich positiv auf das Wachstum der Community auswirkt, insbesondere da es eher
unwahrscheinlich ist, dass bestehende Mitglieder die eingeschworene Gemeinschaft
verlassen. Beispiele für homogene E-Communities sind Fan-Communities von Fuß-
ballvereinen.
Das Management beim elektronischen Kontaktnetzwerk 753

„ Heterogenitätspositionierung (Quantitätsvorsprung): In einer heterogenen Com-


munity werden viele verschiedene, breitgefächerte Inhalte behandelt. Mit der Breite
der Themen steigt die Wahrscheinlichkeit, dass ein potenzieller Teilnehmer eine ihn
interessierende Information zu finden glaubt und sich deshalb der E-Community an-
schließt. Dabei steigt die Wahrscheinlichkeit, dass eine spezifische Information tat-
sächlich verfügbar ist mit zunehmender Anzahl der Teilnehmer. Von einer steigenden
Anzahl an Teilnehmern lassen sich dann wiederum noch mehr Teilnehmer anziehen.
Insbesondere am Anfang ist ein schnelles Wachstum für heterogene E-Communities
wichtig, damit sie die kritische Masse an Teilnehmern erreichen, ab der sich der
selbstverstärkende Prozess in Gang setzt. Daher sollte der Community-Betreiber zu-
nächst bemüht sein, möglichst viele Teilnehmer für seine Plattform zu gewinnen.
Über die hohe Quantität der Teilnehmer kann dann erreicht werden, dass auch qua-
litativ hochwertige Interaktionen zustande kommen, wenn vorausgesetzt wird, dass
sich die Teilnehmer, die keinen sinnvollen Beitrag zu einem Thema leisten können,
zurückhalten. Diese Art der Selbstselektion ist ein wichtiger Prozess auf heterogenen
E-Communities. Auch wenn häufiger Themen diskutiert werden, die einen bestimm-
ten, individuellen Teilnehmer nicht ansprechen, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass
er trotzdem immer wieder zu der Plattform zurückkehrt, da es immer die Möglichkeit
gibt, den eigenen Horizont zu erweitern und Interessen zu entdecken, von denen man
vorher gar nicht wusste, dass man sie hat. Ein Beispiel ist die Freizeit-Community
spontacts.de, die mit dem Slogan „Hier findest du Mitmacher“ wirbt, wovon sich ei-
nerseits viele Menschen angesprochen fühlen werden, andererseits kein einengender
Fokus vorgegeben ist.

Im Zuge des Community-Wachstums wird noch eine dritte Möglichkeit der Community-
Positionierung möglich. In einer übergeordneten heterogenen Community werden meh-
rere an sich homogene Communities zusammengefasst. Diese doppelte Positionierung
als Kombination aus Heterogenität und Homogenität darf dabei nicht als „Stuck-in-the-
Middle“ missverstanden werden. Vielmehr kombiniert diese Positionierung die Vorteile
der in sich relativ geschlossenen, homogenen Communities, wie z. B. in Form von Ver-
trautheit durch gemeinsame Interessen und Hintergründe mit den Vorteilen von offenen,
heterogenen Communities, wie z. B. der breitere Informationspool. In dieser Positionie-
rung bleibt das Individuum Mitglied seiner homogenen Community, über Schnittstellen
kann er aber mit Individuen in anderen homogenen Communities interagieren. Ein Bei-
spiel für eine E-Community mit doppelter Positionierung findet sich bei meinverein.de.
Hier können sich Menschen mit gleichen Interessen miteinander vernetzen und Vereine
finden oder Vereine können neue Mitglieder finden. Die registrierten Nutzer können hier-
bei Mitglied in verschiedenen Vereinen mit unterschiedlichen Thematiken (z. B. Feuer-
wehr, Karnevalsverein), also unterschiedlicher Subcommunities sein, können sich aber
auch vor diesem Hintergrund insbesondere mit den Nutzern anderer Vereine übergreifend
vernetzen.
754 Die Grundlagen der E-Community

Doppelte Positionierung
(Quantität-Qualitätsvorsprung)

Entwicklungskorridor

Homogenitätspositionierung Heterogenitätspositionierung
(Qualitätsvorsprung) (Quantitätsvorsprung)
Stuck-in-the-middle-Position

Abb. 276: Positionierungsmodell für E-Communities (2-H-Modell)

5.3.3.3 Online-Crossingebene
Über die Positionierung einer E-Community (s. Kapitel 5.3.3.2) hinaus, muss sich der Be-
treiber über die Etablierung seiner Plattform im Spannungsfeld von Online- und Offline-
Realität Gedanken machen. Im Rahmen der diesbezüglichen Online-Crossingebene muss
der Betreiber demnach entscheiden, ob er die reine Online-Ebene verlässt und mit der
Offline-Ebene kreuzt (to cross). In der heutigen Informationsgesellschaft ist es üblich, zwi-
schen beiden Welten zu pendeln oder, z. B. über mobilen Medieneinsatz, beide parallel zu
nutzen. Zu diesem Zweck existieren vier Grundmodelle im Online-Offline-Kontinuum
(s. Abb. 277):

„ Online-Modell: Für reine Online-Modelle spielen Vorgänge in der Offline-Welt keine


Rolle. Diese Communities verfügen über einen Mehrwert, der durch die Integration
von Offline-Aktivitäten nicht erhöht werden kann. So treffen sich die Mitglieder von
E-Communities wie z. B. World of Warcraft (warcraft.com) ausschließlich in der vir-
tuellen Welt, um mit und gegeneinander zu spielen und zu kämpfen. Eine Übertragung
auf die reale Welt ist dabei nicht vorgesehen.

„ Online-Offline-Crossing-Modell: Bei E-Communities, denen ein Online-Offline-


Crossing-Modell zugrunde liegt, findet der erste Kontakt zwischen den Individuen
auf der virtuellen Plattform statt. Hier werden Kontakte geknüpft, Freundschaften ge-
schlossen und Vertrauen aufgebaut. An einem bestimmten Punkt steht dann allerdings
die Feststellung, dass ein Kontakt in der realen Welt zusätzliche Möglichkeiten bietet,
Das Management beim elektronischen Kontaktnetzwerk 755

die einen in der ausschließlichen Online-Interaktion verschlossen bleiben. Im Sinne


des Community-Betreibers wird der virtuelle durch den realen Kontakt lediglich
ergänzt. Es besteht aber durchaus auch die Möglichkeit, dass der bisherige Online-
Kontakt durch den reinen Offline-Kontakt komplett substituiert wird. Ein Beispiel für
ein Online-Offline-Crossing-Modell, bei dem letzteres sogar gewünscht ist, sind Part-
nerbörsen wie friendscout24.de, bei denen im Anschluss an ein virtuelles Kennenlernen
Beziehungen im realen Leben entstehen sollen.

„ Offline-Online-Crossing-Modell: Bei E-Communities, denen ein Offline-Online-


Crossing-Modell zugrunde liegt, findet der erste Kontakt zwischen den Individuen im
realen Leben statt und dieser wird durch Vorteile des Internets, wie die Loslösung von
zeitlichen und räumlichen Restriktionen ergänzt. So können E-Communities bspw.
als effiziente Form der Kommunikation mit räumlich getrennten Freunden oder Fa-
milienmitgliedern genutzt werden (Figallo 1998, S. 61). Über einen zusätzlichen
Kommunikationskanal hinaus können E-Communities aber auch spezifische Mehr-
werte liefern. Ein passendes Beispiel ist hier die Community stayfriends.de, da sich
die Nutzer zunächst offline in der Schule kennenlernen und dann die Möglichkeit ha-
ben, sich online über die Plattform zu vernetzen und auch nach der Schulzeit noch in
Kontakt bleiben zu können. Damit werden real bestehende Kontakte virtuell über die
E-Community abgebildet.

Online-Modell
Grad der Offline-Unterstützung

ohne Offline-Aktivität
Grad der Online-Exklusivität

Grad der Offline-Exklusivität


Grad der Online-Unterstützung
Online-Offline-Crossing
mit Integration von
Offline-Aktivitäten
in das Online-Modell
Offline-Online-Crossing
mit Integration von
Online-Aktivitäten
in das Offline-Modell

Offline-Modell
ohne Online-Aktivität

Abb. 277: Die Crossing-Möglichkeiten für E-Communities

„ Offline-Modell: Wenngleich es sich bei diesem Modell um keine E-Community han-


delt, ist es für den Community-Betreiber wichtig, sich zu vergegenwärtigen, dass ein
Großteil der Vernetzung und damit der Konkurrenz realer Natur ist. So setzt das Off-
line-Modell ausschließlich auf Kontakt in der realen Offline-Welt. Für Teilnehmer
756 Die Grundlagen der E-Community

dieser Netzwerke stellt das Internet keine Alternative dar, da es ihnen keinen Mehr-
wert liefert, sie generell internetavers sind oder ihnen gerade der regelmäßige persön-
liche Kontakt wichtig ist, der nicht substituiert werden soll. Als Beispiel können hier
Schützenvereine angeführt werden, für die eine Online-Community weniger wün-
schenswert erscheint, dazumal der Verein mit seinen Kontakten und Tätigkeiten
hauptsächlich lokal begrenzt aktiv ist und eine Online-Präsenz somit wenig Mehrwert
erzeugen würde.

5.4 Das Marketing beim elektronischen Kontaktnetzwerk


Die Marketingebene der E-Community befasst sich generell mit den Methoden der Teil-
nehmergewinnung und der Teilnehmerbindung. Oberstes Ziel dabei ist es, wie schon beim
E-Marketplace, die Erreichung der kritischen Masse sicherzustellen, wobei hier das
Problem von einer getrennten Betrachtung von Anbieter und Nachfrager wieder auf eine
Marktseite, nämlich allgemein den Community-Teilnehmer in der Komplexität reduziert
wird (s. Kapitel 4.2.1.2 und 4.3.1.2). Die Attraktivität der Teilnahme an einer E-Community
kann mit Hilfe verschiedener Marketing-Instrumente unterstützt und vorangetrieben wer-
den. Dazu bieten sich neben den bereits behandelten Instrumenten des klassischen Online-
Marketings (s. Kapitel 3.4.1) insbesondere neue Marketingmethoden an, die gerade im
Zuge des Web 2.0 entstanden sind und insbesondere die Effekte einer vernetzten Com-
munity adressieren. Daher besteht die Notwendigkeit, systematische Klarheit darüber zu
erhalten, wie die Entwicklungen des Web 2.0 effektiv zum E-Community-Aufbau genutzt
werden können (Mödinger 2008, S. 83 ff). Die Unternehmen sind nicht mehr nur
„Broadcaster“, die ihre Werbebotschaften in verschiedenen Kanälen verbreiten, sondern
„Aggregatoren“, die Kommunikation anregen und zum Dialog einladen. Insbesondere in
E-Communities stehen die Kommunikation und der Austausch der Mitglieder untereinan-
der im Vordergrund. Dieser Aspekt steht auch in vielen Web-2.0-Marketing-Methoden im
Vordergrund, da das Vertrauen in andere Nutzer bzw. Teilnehmer größer ist als in den
Betreiber selbst und sich daher gut als Werbemechanismus einsetzen lässt. Somit ergeben
sich folgende Lernziele für dieses Kapitel:

„ Welche allgemeinen Möglichkeiten hat der Community-Betreiber, um Community-


Teilnehmer zu gewinnen?

„ Welche speziellen Community-Instrumente können unterstützend zur Teilnehmerge-


winnung eingesetzt werden?

„ Wie kann der Community-Betreiber seine Marketing-Maßnahmen zur aktiven Teil-


nehmerbindung gestalten und damit dafür sorgen, dass seine Mitglieder der Commu-
nity treu bleiben?
Das Marketing beim elektronischen Kontaktnetzwerk 757

5.4.1 Die Mitgliedergewinnung beim elektronischen Kontaktnetzwerk

Bei E-Communities werden kostspielige Werbekampagnen in klassischen Medien (Off-


line-Marketing) wie schon bei anderen Plattformen eher selten eingesetzt. Vielmehr wer-
den auch hier für die Mitgliedergewinnung zunächst einmal die bereits aus den anderen
Bereichen (z. B. E-Shop) bekannten Vermarktungsmethoden des Online-Marketings (s.
Kapitel 3.4.1) verwendet. Einen noch wesentlich höheren Stellenwert als bei anderen
Plattformen nimmt aber das personenbezogene Marketing durch die bereits vorhandenen
Mitglieder einer E-Community ein. In Anlehnung an die Ausführungen zum Viral-Mar-
keting (s. Kapitel 3.4.1.4) werden dabei die vorhandenen Mitglieder genutzt, um durch
sie – quasi kostenlos – die weitere Zuführung von neuen Mitgliedern gestalten zu lassen.
Dabei werden die bereits vorgestellten Instrumente des Viral-Marketings durch neue
Community-Tools erweitert bzw. verfeinert. Hierzu gehören z. B. Recommendation- oder
Incentive-Marketing-Modelle. Die nachfolgenden Ausführungen konzentrieren sich vor
diesem Hintergrund also insbesondere auf diese Erweiterungen im Rahmen eines Com-
munity-Marketings (Weiber/Meyer 2005).
Das Community-Marketing hat allgemein mehrere Ziele, die insbesondere an den einzel-
nen Phasen der Mitgliedergewinnung bzw. -aktivierung ausgerichtet sein sollten, da sich
einige Instrumente eher für die Generierung von Traffic, andere zur Mitgliederanmeldung
und wieder andere zur Mitgliederbindung eignen. In diesem Sinne lohnt es sich, einen
kurzen Blick auf die möglichen Ziele des Community-Marketings zu werfen, bevor die
einzelnen Instrumente vorgestellt werden (Hagel/Armstrong 1998, S. 77):

„ Mitgliederanlockung: Hier soll durch den Einsatz von Marketing-Instrumenten ins-


besondere Aufmerksamkeit erregt werden, sodass potenzielle Mitglieder die Seite der
Community aufsuchen und sich anmelden.

„ Beteiligungsförderung: Einmal registrierte User sollen durch den Einsatz von Mar-
keting-Instrumenten dazu angeregt werden, sich selber aktiv in die Community ein-
zubringen und Beiträge zu leisten.

„ Loyalitätsaufbau: Die Förderung der Beteiligung führt dazu, dass die Mitglieder un-
tereinander Beziehungen aufbauen und sich der Community dadurch verstärkt verbun-
den fühlen. Zur Unterstützung der sozialen Interaktion können verschiedene Marke-
ting-Instrumente eingesetzt werden.

„ Profitgenerierung: Hier werden entweder die Mitglieder dazu gebracht, in irgendei-


ner Form für die Community-Dienste zu zahlen (Mitgliedschaft, Premiuminhalte) oder
die Community generiert durch indirekte Erlösmodelle Profit und sichert dadurch den
wirtschaftlichen Erfolg. Marketing-Instrumente sollten hier dafür sorgen, dass Mit-
glieder in den bezahlten Bereich transformiert werden.
758 Die Grundlagen der E-Community

5.4.1.1 eRecommendation-Marketing
Als eRecommendation-Marketing wird jegliche Art einer persönlichen Weiterempfeh-
lung verstanden, die Teilnehmer oder Nutzer einer Community an andere, potenzielle Teil-
nehmer aussprechen. Diese Art des Empfehlungsmarketing wird in der Literatur häufig
als das effektivste und kostengünstigste Marketing-Instrument bezeichnet (Wilson 1994,
S. 13), da die Bereitstellung von elektronischen Netzwerken die Empfehlungsausspra-
che vereinfacht und damit weniger kosten- bzw. zeitintensiv ist als der Einsatz anderer
Marketing-Instrumente (Riemer/Totz 2002, S. 419 f.). Durch die hohe Werbedichte des In-
ternets, die sinkende Aufnahmebereitschaft der Kunden und die Möglichkeit, für die Com-
munity durch Empfehlungen innerhalb kürzester Zeit einen hohen Bekanntheitsgrad zu
erreichen (Bauer/Martin/Albrecht 2008, S. 58), gewinnt das Recommendation-Marketing
immer mehr an Bedeutung (Dye 2000, S.140 ff.).
Helm (2000, S. 21) unterscheidet verschiedene Ausprägungsformen von Weiterempfeh-
lungen (s. Abb. 278). Betreiberinduzierte Referenzen stellen dabei lediglich Auskünfte
von aktuellen oder ehemaligen Kunden über die Erfahrungen mit dem Unternehmen dar,
wobei nachfragerinduzierte Mundwerbung anbieterunabhängige Kundenempfehlungen
sind, die im Rahmen von Person-zu-Person-Kommunikation stattfinden und daher auch
als Mund-zu-Mund-Propaganda (Word-Of-Mouth; WOM) oder eben auch Viral-Mar-
keting bezeichnet werden (Kroeber-Riel/Gröppel-Klein 2013, S. 710). Der Einsatz dieser
Mundwerbung als Marketinginstrument einer E-Community liegt darin begründet, dass
über die Mund-zu-Mund-Weitergabe eine exponentielle Diffusion der Werbebotschaft er-
reicht werden kann, die in relativ kurzer Zeit eine Vielzahl potenzieller neuer Teilnehmer
gewinnen kann (Weiber/Wolf 2013).

Community-
Teilnehmer
Betreiber

Betreiberinduzierte Word-of-Mouth
Empfehlungen
Referenzen (WOM)

Teilnehmer Teilnehmer

Abb. 278: Ausprägungsformen des Recommendation-Marketings


Quelle: in Anlehnung an Bauer/Martin/Albrecht 2008, S. 64.
Das Marketing beim elektronischen Kontaktnetzwerk 759

Des Weiteren gibt es verschiedene Ausprägungsformen des eRecommendation-Marke-


tings, die sich am Ausmaß der Teilnehmerintegration in den Weitergabeprozess orientie-
ren. Demzufolge lassen sich geringintegrative, friktionslose und hochintegrative Ansätze
unterscheiden (Riemer/Totz 2002, S. 424). Bei einer geringen Integration der Teilnehmer
wird diesen eine eher passive Rolle im Weitergabeprozess zugesprochen, wobei eine Zu-
nahme der Integration in der Regel auch eine Zunahme der geforderten Aktivität der Teil-
nehmer bedeutet. Über einen Link auf der Community-Seite von groupon.de kann jedes
Mitglied weitere Mitglieder werben. Da in diesem Fall die Teilnehmer aktiv in den Weiter-
gabeprozess eingebunden werden, zählt diese Form des Recommendation-Marketings zu
den integrativen Ansätzen. Um die Aktivität der Teilnehmer zu belohnen, werden hier in
der Regel Belohnungssysteme bereitgestellt. Im Beispiel von groupon.de wird der Anreiz
durch die Vergabe von Einkaufsgutscheinen gesetzt, die Teilnehmer für jede erfolgreiche
Werbung eines neuen Mitglieds erhalten. Da Empfehlungen bekannter Personen glaub-
würdiger sind als Werbeanzeigen (Berge/Buesching 2008, S. 34) und der Mechanismus des
Weiterempfehlens bereits in vielen Fällen erfolgreich eingesetzt worden ist, haben sich in
der letzten Zeit sogar eigene Geschäftsmodelle im Zuge des Web 2.0 entwickelt, die genau
auf diesen Mechanismus setzen. Unter dem Sammelbegriff Social Commerce werden
zwar alle Ausprägungen des E-Commerce subsumiert, bei denen die Nutzer in irgendeiner
Art an der Gestaltung des Geschäftsmodells (bspw. an der Gestaltung des Marketing-Mix
oder an den Erlösen selbst) beteiligt werden (Richter/Koch/Krisch 2007), ganz konkret
aber haben sich auch Geschäftsmodelle entwickelt, die im Rahmen des Community-
Shoppings einzig und allein auf den Erfolg des Empfehlens setzen. Diese Social Shop-
ping Communities (z. B. etsy.com) helfen den Nutzern, sich in der Vielfalt der Angebote
im Netz zurechtzufinden (Social Navigation, Dourish/Chalmers 1998, S. 1). So können
User vor diesem Hintergrund z. B. auf der eigenen Profilseite Produktempfehlungen ein-
stellen und mit anderen Usern teilen. Dadurch können nicht nur wertvolle Produktinforma-
tionen gesammelt werden, sondern auch bewertet und empfohlen werden. Im Vordergrund
dieser Empfehlungsdienste steht „the wisdom of crowds“ (die kollektive Intelligenz), also
die Tatsache, dass durch die gemeinschaftlichen Bewertungen die Qualität der Produkte
noch besser eingeschätzt werden kann und damit die Empfehlungen an Glaubwürdigkeit
gewinnen.

5.4.1.2 eIncentive-Marketing
Die Abgabe positiver Weiterempfehlungen von aktuellen Teilnehmern einer E-Community
kann aufgrund der digitalen Vernetzung nur teilweise vom Community-Betreiber gesteuert
werden. Außerdem werden Empfehlungen in der Regel aus intrinsischen Motiven der Teil-
nehmer herausgegeben und können daher nur bedingt forciert bzw. erzwungen werden.
Die resultierende Glaubwürdigkeit führt bei positiven Empfehlungen jedoch zu einer ver-
stärkten Wirkung beim Rezipienten. Da dies allerdings gleichermaßen für die Weitergabe
negativer Kommunikation gilt, muss der Community-Betreiber einen Trade-Off zwischen
dem Risiko der Verbreitung von negativen „Empfehlungen“ und der Chance einer schnel-
len und kostengünstigen Erreichung vieler Teilnehmer finden. Der implizierte Wirkungs-
760 Die Grundlagen der E-Community

mechanismus, auf dem das eIncentive-Marketing beruht, geht auf das Viral-Marketing
zurück. Dort werden Kaufempfehlungen mittels qualifizierter Vertrauenspersonen (sog.
Bailsmen) ausgesprochen, weshalb das eIncentive-Marketing als spezielle Form des Viral-
Marketings gesehen werden kann. Allerdings ist beim eIncentive-Marketing ein geldwer-
ter Vorteil auf Seiten des Empfehlungsgebers vorgesehen. Die Bereitstellung verschiede-
ner Anreizsysteme, wie z. B. die Vergabe von Gratifikationen oder der Einsatz von Re-
ward-Systemen, fördert die extrinsische Motivation der Teilnehmer, Empfehlungen aus-
zusprechen und positive Erfahrungen weiterzugeben (Bauer/Martin/Albrecht 2008, S. 67).
Solche Anreize können sowohl monetärer als auch nicht-monetärer Natur sein (Tietz
2007, S. 44). Anreize wären bspw. Belohnungen durch Geldbeträge oder Gutscheine so-
wie die kostenlose Bereitstellung sonst kostenpflichtiger Leistungen oder kostenlose Mit-
gliedschaften für einen bestimmten Zeitraum (Figallo/Rhine 2002, S. 216 f.). So warb
xing.com mit der regelmäßig stattfindenden Happy-Hour, in der eine Mitgliedsanmeldung
zu einem festgelegten Zeitpunkt dazu führte, dass das Mitglied für einen Monat eine kos-
tenlose Premiummitgliedschaft bekam. Gleichzeitig wurde gerade zu Beginn der Commu-
nity diese einmonatige kostenlose Premiummitgliedschaft auch an die Mitglieder verge-
ben, die auch zehn weitere neue Mitglieder eingeworben hatten. Ebenfalls mit einem kos-
tenlosen Premiummonat wird das Mitglied belohnt, das ein anderes Mitglied eingeladen
hat, welches dann vom kostenlosen in den Premiumstatus wechselte.
Üblicherweise spricht man insbesondere im Rahmen der Teilnehmergewinnung in frühen
Entwicklungsphasen einer E-Community von der Notwendigkeit, Zugangsbarrieren ab-
zubauen, um den potenziellen Teilnehmern den Zugang zur Community so weit wie
möglich zu erleichtern. Eine weitere Möglichkeit, vor allem in späteren Entwicklungs-
phasen einer E-Community, Anreize für die Teilnahme an der E-Community zu schaffen,
kann in der proaktiven Schaffung von Zugangsbarrieren sein. Ein Beispiel für diese Art
von Anreizsystem sind geschlossene Communities, in denen es nur aktiven Mitgliedern
erlaubt ist, z. B. an zeit- und mengenlimitierten Verkaufsaktionen wie im Beispiel von
amazonbuyvip.com oder brands4friends.de teilzunehmen (s. Kapitel 5.3.1.2). Die Exklu-
sivität der Community bedingt, dass z. B. bereits aktive Mitglieder andere Mitglieder ein-
laden müssen, bevor diese der Community beitreten können und ebenfalls an den Ver-
kaufsaktionen teilnehmen können. Ein solcher Exklusivitäts-Mechanismus weckt Neu-
gier bei Außenstehenden und steigert den Wunsch, selbst Teil der Community zu werden.
In der Marketing-Psychologie wurde dieser Effekt insbesondere von Cialdini (1987)
beschrieben. So werden Dinge (hier die Mitgliedschaft) als wertvoller empfunden, je
knapper sie sind. Durch den Einsatz dieses Effekts lassen sich die notwendigen Marke-
tingaufwendungen des Community-Betreibers reduzieren, da sich auch die Werbebotschaft
durch Mund-zu-Mund Propaganda von selbst verbreitet. Allerdings birgt dieses Vorgehen
die Gefahr, dass Teilnehmer, die nicht eingeladen werden oder unsicher sind, ob sie der
Community beitreten möchten, zunächst ausgeschlossen bzw. abgeschreckt werden. Somit
kann die Öffnung der Community einerseits eine Reduzierung von Zugangsbarrieren be-
deuten, andererseits wird dadurch aber auch der „Neugier-Effekt“ eliminiert, der insbeson-
dere in der Phase der Teilnehmergewinnung erheblichen Einfluss haben kann.
Das Marketing beim elektronischen Kontaktnetzwerk 761

5.4.1.3 eContent-Marketing
Das eContent-Marketing umfasst alle Aspekte, die im Rahmen der Inhaltsqualität und
-quantität einer Community dazu beitragen, die Plattform für außenstehende, neue Mit-
glieder attraktiver zu machen. Die Qualität bzw. Quantität der Inhalte kann als wesentli-
cher Wertetreiber einer Community gesehen werden und soll daher besondere Aufmerk-
samkeit im Rahmen der Teilnehmergewinnung erfahren (s. Kapitel 5.1.1.2 und 5.2.1.2).
Die Generierung und Aufbereitung qualitativ hochwertiger und quantitativ umfangreicher
Inhalte setzt jedoch ein professionelles Redaktionssystem voraus, das in der Lage ist, die
Komplexität der Inhalte zu handhaben. Die dazu notwendigen, unter Umständen erhebli-
chen finanziellen Aufwendungen und die hinzukommenden Personalaufwendungen stel-
len insbesondere für junge Communities häufig ein Problem dar. Zusätzlich ist es in Pha-
sen des exponentiellen Wachstums oftmals schwierig die parallele Flut an Inhalten, Bei-
trägen und Profildaten zu kontrollieren bzw. zu systematisieren und gleichzeitig das Sys-
tem für den weiteren Zuwachs zu optimieren (s. Kapitel 5.2.1.2).

Content-Qualitätsaspekte Content-Quantitätsaspekte

Aktualität der Inhalte Themenspezifische Abdeckung der Inhalte

Professionelle Aufbereitung der Inhalte Systematisierung der Inhalte

Einbindung externer Contentanbieter Einbindung externer Anbieter

Inbound-Links von fremden Seiten Outbound-Links auf fremde Seiten

Inhaltstiefe durch Aktivität/Experten Inhaltsbreite durch Masse

eContent-Marketing-Maßnahmen zur
Teilnehmergewinnung in E-Communities

Abb. 279: Qualitäts-/Quantitätsaspekte im eContent-Marketing von E-Communities

Die Einbindung externer Kooperationspartner (Inhalte-Lieferanten) macht dann Sinn,


wenn deren Angebot redaktionell in das Community-System eingebunden werden kann.
Hierbei ist es jedoch ratsam, auf die reibungslose Integration der Inhalte auf der Commu-
nity-Seite zu achten und mögliche Schnittstellen technisch einwandfrei zu gestalten, damit
das Angebot der Partner optimal genutzt werden kann, um das eigenen Angebot zu erwei-
tern und zu verbessern. Solche Angebote können bspw. über die Einbettung von Out-
bound-Links auf die Seiten der Partner führen (Joun/Cho 2006, S. 167 ff.). Allerdings
führt dies dazu, dass der Traffic von der Community-Seite auf die Seiten des Partners
geleitet wird und damit der Community schadet. Bei der Externalisierung der Inhalts-
generierung steht daher die Frage im Vordergrund, wie wichtig die Qualität des Contents
762 Die Grundlagen der E-Community

bzw. die themenspezifische Abdeckung der Inhalte für die Community ist und wie stark
die potenzielle Traffic-Umleitung der Community schaden würde.
Ferner können gerade Kooperationen mit reichweitestarken Web-Seiten dazu genutzt wer-
den, in vergleichsweise kurzer Zeit zu geringen Kosten eine erhebliche Reichweite in der
Zielgruppe aufzubauen (Panten 2005, S. 488 f.). Daher sollten strategische Kooperatio-
nen so ausgerichtet sein, dass sie insbesondere zur Gewinnung von neuen Teilnehmern
beitragen, da die Erhöhung der Reichweite wesentliche Voraussetzung für die Verstärkung
von Netzeffekten ist. Netzeffekte kommen dann zum Tragen, wenn der Nutzen des Netz-
werks durch die Anzahl erreichbarer anderer Teilnehmer und die Qualität bzw. Quantität
der Inhalte größer wird (s. Abb. 279). Die Zunahme des Wertes der Community geht mit
einem erhöhten Anreiz einher, selbst Teil der Community zu werden, wodurch die Wachs-
tumsgeschwindigkeit zunimmt bzw. exponentiell steigt. Dieser Wachstumseffekt steht in
engem Zusammenhang mit der Reichweitenerhöhung, da auch hier ein effektiver Mecha-
nismus zur Teilnehmergewinnung zum Tragen kommt.
Ein weiterer Aspekt im Hinblick auf die Teilnehmergewinnung durch die Qualität von
Inhalten ist die ständige Aktualisierung der Inhalte. Auch hier wird auf die Notwendig-
keit eines funktionierenden und professionellen Redaktionssystems hingewiesen. Die re-
gelmäßige Aktualisierung der Inhalte führt dazu, dass zum einen bestehende Nutzer dazu
angeregt werden, die Community-Seite immer wieder aufzusuchen, zum anderen aber
auch damit neue Mitglieder angelockt werden, deren Informationsinteresse mit der Aktu-
alität der Inhalte antizipiert werden kann. Außerdem sollte die Aktualisierung der Inhalte
auch vor dem Hintergrund der Suchmaschinenoptimierung betrachtet werden, da Such-
maschinen immer mehr darauf bedacht sind, die aktuellsten und relevantesten Ergebnisse
zuerst aufzulisten, was dann wiederum dazu führt, dass neue Mitglieder gewonnen werden
können. Generell dient die Erreichung einer hohen Qualität der Inhalte zusätzlich dazu,
dass andere Webseiten-Betreiber die Community als Informationsquelle nutzen wollen
und sog. Inbound-Links zu den Inhalten der Community platzieren und damit freiwillig
Traffic von ihrer Seite auf die Community-Seite leiten.

5.4.1.4 eActivity-Based-Marketing
Der Begriff eActivity-Based-Marketing wird ganz allgemein für solche Maßnahmen ver-
wendet, die auf die Aktivierung bestehender und vor allem potenzieller Mitglieder einer
Community abzielen. Die Notwendigkeit für solche Maßnahmen resultiert aus der Tatsa-
che, dass das Internet zunehmend zu einem Pull-Medium wird und die User sich selbst
aussuchen, wie und wo sie sich im Internet bewegen bzw. welche Seiten sie aufrufen.
Daher muss der Community-Betreiber Anreize schaffen, die dazu führen, dass die eigene
Community-Seite möglichst oft und von vielen Personen aufgesucht wird. Dazu lassen
sich insbesondere Maßnahmen ergreifen, die den direkten Kontakt zu den Teilnehmern
herstellen und damit die Möglichkeit geben, diese zu irgendeiner Form der Aktivität zu
bewegen.
Das Marketing beim elektronischen Kontaktnetzwerk 763

Ein Bereich des eActivity-Based-Marketing ist das sog. Transfer-Marketing. Dieses In-
strument beschreibt Maßnahmen eines Community-Betreibers, mittels gezielter Aktionen
außerhalb des Mediums Internet, Menschen in der Offline-Welt zu erreichen, um diese in
die Online-Welt zu überführen bzw. sie dazu zu bewegen, das Angebot der Community
im Internet aufzusuchen (s. Kapitel 5.3.3.3). So kann zum Beispiel eine Marketing-Ak-
tion im Rahmen eines Bundesligaspiels dazu genutzt werden, um neue Nutzer für eine
Online-Fußball-Community zu gewinnen. Zum Anstoß des Transfers können aber auch
spezielle Events ausgerichtet werden, die in der Regel zu festen Terminen und an einem
genau definierten Ort stattfinden (s. Abb. 280). Als Community-Event wird im Allge-
meinen das Zusammenkommen bestehender und potenzieller Community-Teilnehmer in
einer virtuellen oder realen Umgebung verstanden (Brunold/Merz/Wagner 2000, S. 141 f.;
s. Kapitel 5.2.3.1). Der Ort kann zwar ebenso online wie offline gewählt werden, im Rah-
men des Transfer-Marketings werden darunter aber in erster Linie reale Orte verstanden,
da hier andere Mechanismen zum Tragen kommen als bei der Ansprache potenzieller Teil-
nehmer in Onlineumgebungen. Ob die Events von dem Community-Betreiber moderiert
werden oder nicht, hängt insbesondere von Zweck und Inhalt der Veranstaltung ab.

Event Mechanismen Ergebnis

Kulturelle Veranstaltungen Erlebnisaustausch

Foren Besuch der Community-Seite


Wunschweckung

Symposien Imageaufbau
Vertrauen
Promotions Registrierung als Mitglied

Aufmerksamkeit
Sportveranstaltungen Weiterempfehlung

……… Sympathie

Offline Transfer Online

Abb. 280: Möglichkeiten des Transfer-Marketings für E-Communities

Generell kann bei einem Community-Event entweder die Versammlung der Community-
Mitglieder im Vordergrund stehen (real, virtuell) oder aber die Gewinnung von neuen
Mitgliedern (real, virtuell). Insgesamt dienen Events dazu, das Community-Gefühl unter
den bestehenden Mitgliedern zu verstärken oder die neuen bzw. potenziellen Mitglieder
zu integrieren. Regelmäßige Events für bestehende Mitglieder beschleunigen den Verge-
meinschaftungsprozess und tragen dazu bei, dass die Community zu einer dauerhaften
Gemeinschaft zusammenwächst (Keding 2007, S. 38). Gemeinsame Erlebnisse helfen den
764 Die Grundlagen der E-Community

Mitgliedern dabei, neue Kontakte zu knüpfen und Beziehungen aufzubauen bzw. zu inten-
sivieren (Keding 2007, S. 39). So bietet zum Beispiel chefkoch.de regelmäßig „Food-
camps“ an, bei denen sich die Nutzer der Community treffen, um gemeinsam zu kochen
sowie „Face-to-Face“ über Essen und Kochen zu diskutieren und Ideen auszutauschen.
Ein weiteres Beispiel stellen die zahlreichen Community-Events dar, die die Plattform
xing.de regelmäßig ausrichtet, z. B. themenspezifische Workshops, Networking-Veran-
staltungen oder After-Work-Partys.
Für außenstehende, neue Mitglieder kann der erstmalige Kontakt zur Community auf ei-
nem Event Auslöser für eine Mitgliedschaft sein. Dazu ist es jedoch notwendig, dass der
Community-Betreiber in der Lage ist, gezielt diejenigen Wirkungsmechanismen in Gang
zu setzen, die letztendlich für eine erfolgreiche Mitgliederwerbung verantwortlich sind.
So kann der Wunsch, sich über das Event/Erlebnis mit anderen auszutauschen, dazu füh-
ren, dass die Teilnehmer sich in der Community registrieren und z. B. Fotos oder Berichte
einsehen und kommentieren oder aber die Profilseiten der neu gewonnenen Kontakte auf-
suchen. Außerdem können Hemmschwellen, wie z. B. die psychologische Distanz zum
Internet oder die fehlende Greifbarkeit der Community bei Außenstehenden durch eine
reale, physische Präsenz der Community verringert werden. Durch einen Vertrauens- und
Sympathieaufbau im Rahmen des Events sind die Teilnehmer dann eventuell eher bereit,
sich in die Onlinewelt überführen zu lassen und sich bei der Community anzumelden.
Häufig steht aber auch schlichtweg die Bekanntmachung einer Community im Vorder-
grund. Deutlich wird in diesem Zusammenhang die Notwendigkeit, dass das Event in
thematischem Einklang mit den Community-Inhalten steht, da es schwer wird, die richtige
Zielgruppe zu erreichen, wenn die Aktionen wenig glaubwürdig erscheinen bzw. wenig
Wirkung haben, z. B. da der thematische Zusammenhang nicht erkennbar ist und damit
kein Transfer stattfinden kann.
Abhängig von der Ausprägung und thematischen Richtung der E-Community kann es un-
ter Umständen Sinn machen, Personen durch sog. Community-Contests (Preisausschrei-
ben, Wettbewerbe) zur Teilnahme zu gewinnen. Der Einsatz von Wettbewerben, Promo-
tionsaktionen oder zeitsensitiven Events kann dem Community-Betreiber dabei helfen,
das Engagement und die Aufmerksamkeit der (potenziellen) Teilnehmer zu erhöhen. Für
den Community-Betreiber ist es wichtig, darauf zu achten, dass die Höhe des zu gewin-
nenden Preises an der zu erwartenden bzw. geplanten Teilnahmegröße ausgerichtet ist,
damit sich die Durchführung eines Contests finanziell lohnt. Allerdings sollte der Com-
munity-Betreiber darauf achten, dass solche Contests – zumindest nach außen hin – keinen
zu starken, kommerziellen Eindruck erwecken und das Spielerische der Aktion im Vor-
dergrund steht. Sonst kann es passieren, dass die Glaubwürdigkeit und Authentizität des
Initiators in Frage gestellt wird und der Erfolg der Aktion damit gefährdet wäre. Ein Bei-
spiel für einen Community-Contest ist der Fotowettbewerb „Die schönsten Plätzchen &
Co.“ von chefkoch.de.
Das Marketing beim elektronischen Kontaktnetzwerk 765

5.4.2 Die Mitgliederbindung beim elektronischen Kontaktnetzwerk

Zum besseren Verständnis der potenziellen Zielgruppe und deren Verhalten in der Ge-
meinschaft muss der Community-Betreiber diejenigen Faktoren identifizieren, die maß-
geblich zur Mitgliederbindung beitragen. Dazu sollte der Community-Betreiber ein be-
sonderes Augenmerk auf solche verhaltensbezogenen Einflussfaktoren legen, die die
Nutzungsintensität, die Wechselbarrieren, die Nutzung von Konkurrenzangeboten und die
Mitgliederzufriedenheit bestimmen (Panten 2005, S. 368 ff.):

„ Nutzung von Konkurrenzangeboten: Mit zunehmender Präsenz von Konkurrenz-


Anbietern im Web steigt die Wettbewerbsintensität für den Community-Betreiber.
Generell kann davon gesprochen werden, dass die Höhe der Wettbewerbsintensität in
direktem Zusammenhang mit dem Wechselverhalten bzw. Zuwanderungsverhalten
der Mitglieder steht (Hirschmann 1974). Im Internet ist das Abwanderungsrisiko per
se größer als in traditionellen Communities, da die Abrufbarkeit von Alternativange-
boten nur einen Mausklick entfernt ist. Daher können schon kleine Unterschiede bzw.
Veränderungen in der Qualität des Angebotes dazu führen, dass die Mitglieder mit
einem Wechsel reagieren. Ferner ist die Bindung von solchen Mitgliedern besonders
schwierig, die das Internet intensiv nutzen und zur Informationsgewinnung sowieso
stets unterschiedliche Anbieter aufsuchen (Lee/Zufryden/Drèze 2003).

„ Mitgliederzufriedenheit: Die Mitgliederzufriedenheit ergibt sich nach dem Konfir-


mations-/Diskonfirmations-Paradigma aus den Erfahrungen, die ein Mitglied in der
Community macht und dem Grad, wie stark diese Erfahrungen den allgemeinen Er-
wartungen an diese Community entsprechen (McKinney/Kanghyun/Zahedi 2002,
S. 296 ff.). Die Zufriedenheit leitet sich allerdings nicht aus den Erfahrungen aus ei-
nem einzelnen Nutzungsvorgang der Community ab, sondern ist Ausdruck sämtlicher
kumulierter Erfahrungen. In Communities steigt die Zufriedenheit besonders durch
die Qualität der Interaktionen mit anderen Mitgliedern (Langerak et al. 2003).

„ Wechselbarrieren: Als Wechselbarrieren werden Hemmnisse verstanden, die die


Substituierbarkeit des Community-Angebotes vermindern (Peter 1999). Unterschie-
den wird dabei hauptsächlich in ökonomische, psychische und soziale Barrieren.
Ökonomische Barrieren sind im Wesentlichen die Kosten, die ein Mitglied für einen
Anbieterwechsel aufbringen muss. Allerdings sind solche Kosten insbesondere in
Online-Communities meist sehr gering, da das Nutzerverhalten eher von einer niedri-
gen Zahlungsbereitschaft gegenüber standardisierten Community-Leistungen ge-
kennzeichnet ist. Psychologische Barrieren bestehen meist aus einer positiven, emo-
tionalen Affinität gegenüber dem Anbieter, die durch das wachsende Vertrauensver-
hältnis und den gemeinsamen Werten im Laufe der Zeit zunimmt. Sozialen Barrieren
beruhen meist auf der emotionalen Bindung zur Community, die v. a. durch Interak-
tion mit anderen Mitgliedern entsteht. Diese Form der Bindung wird also insbeson-
dere vom Grad der sozialen Integration des Mitglieds in der Community bestimmt.
766 Die Grundlagen der E-Community

„ Nutzungsintensität: Die Nutzungsintensität wird von Panten (2005) als indirekter


Einflussfaktor auf die Mitgliederbindung aufgefasst, die über die bereits genannten
Faktoren (Zufriedenheit, Wechselbarrieren und Nutzung von Konkurrenzangeboten)
hinaus wirkt. Der Zusammenhang zwischen der Zufriedenheit der Mitglieder und der
Nutzungsintensität (s. Kapitel 1.5.3) geht auf die Vermutung zurück, dass die Mit-
glieder durch ihre eigenen Beiträge Einfluss auf die Ausgestaltung der Community
nehmen können und daher die Nutzungsintensität in den meisten Fällen direkt auf die
Zufriedenheit wirkt. Des Weiteren resultiert die intensive Nutzung der Community in
einer tiefergehenden sozialen Bindung (z. B. Aufbau des Freundeskreises), die dann
als Wechselbarriere wahrgenommen wird. Außerdem wird davon ausgegangen, dass
die erhöhte Nutzung einer Community ebenfalls zur Bindung beiträgt, da alternative
Konkurrenzangebote dadurch weniger genutzt werden.

Maßnahmen Wirkung

Kommunikationsangebote
Mitglieder geben selbst
müssen Beziehung
Auskunft über ihre
zwischen Mitgliedern
Bedürfnisse und bringen
untereinander und dem
sich in die Community ein
Betreiber verstärken
Kundenbindung
in der
Mitglieder müssen speziell
E-Community Mitglieder sind gezielt
auf ihre Bedürfnisse
ansprechbar, da ihre
angepasste Leistungen und
Zufriedenheit Userprofile gepflegt werden
Angebote finden
Vertrauen
Kontakt

Mitglieder müssen eng in Das Angebot verbessert sich


den Leistungserstellungs- durch die erhöhte Interaktion
prozess eingebunden der Mitglieder (Aufbau von
werden Wechselbarrieren)

Abb. 281: Wirkungsschema einer optimierten Mitgliederbindung der E-Community


Quelle: in Anlehnung an Brunold/Merz/Wagner 2000, S. 88.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass sich die Mitgliederbindung in Communities


insbesondere durch die Bereitstellung ansprechender Kommunikationsangebote erreichen
lässt, die die Beziehungen zwischen den Mitgliedern untereinander aber auch mit dem
Betreiber verstärken (s. Abb. 281). Zusätzlich dazu muss das gesamte Leistungsangebot
speziell auf die Bedürfnisse der Teilnehmer angepasst werden, was in der Regel durch die
Einbindung der Teilnehmer in den Leistungserstellungsprozess erfolgt. Kann der Com-
munity-Betreiber dies erfolgreich umsetzen, so sind die Mitglieder bereit, selbst detailliert
Auskunft über ihre Bedürfnisse zu geben und werden durch die gezielte Ansprechbarkeit
und die erhöhte Interaktivität an die Community gebunden.
Das Marketing beim elektronischen Kontaktnetzwerk 767

5.4.2.1 Bewertungs- und Rewardsysteme


Grundsätzlich verfolgt jeder Community-Betreiber das Ziel, einen hohen Aktivitätsgrad
bei den Teilnehmern seiner Community zu erreichen. Ein hohes Engagement, zumindest
von einigen Teilnehmern, ist die Voraussetzung für das Funktionieren der Community.
Hierfür spielen Bewertungs- und Rewardsysteme eine zentrale Rolle, die auf der einen
Seite reine Aktivitätsniveaus und auf der anderen Seite die Wertigkeit von Beiträgen trans-
parent machen und ein Anerkennungssignal kommunizieren sollen. In vielen Communi-
ties gibt es nämlich neben den „Experten“ (Seufert/Moisseeva/Steinbeck 2002, S. 30) bzw.
Hochaktiven auch viele Teilnehmer, die nur konsumieren, selbst aber keinen Beitrag zur
Community leisten (Tietz 2007, S. 44). Diese sog. Free-Rider-Problematik wird in der Li-
teratur auch als Lurking bezeichnet (Blanchard/Markus 2004, S. 72 f.; Butler 2001,
S. 349 f.) und lässt sich wohl in den wenigsten Communities vermeiden. Zur Förderung
der Beteiligungsrate kann der Community-Betreiber jedoch ebenfalls Anreize schaffen,
die die Teilnehmer dazu bewegen, sich mehr in die Community einzubringen. Das ein-
fachste Beispiel stellt hier eine Aktivitätsanzeige innerhalb des Teilnehmerprofils dar, die
abhängig vom jeweiligen Aktivitätsniveau des Teilnehmers angezeigt wird (z. B. bei
xing.com). Innerhalb der Anreizsysteme zur Aktivitätssteigerung können auch negative
Anreize eingeführt werden, die z. B. den Ausschluss von Teilnehmern vorsieht, sofern
diese z. B. innerhalb eines bestimmten Zeitraumes nicht genügend Beiträge leisten oder
sich nicht mehr in ihrem Profil eingeloggt haben (Schubert 2000, S. 67). Allerdings ist
diese Form der Aktivitätssteigerung kritisch zu hinterfragen, da solche Methoden oftmals
als störend für das Gemeinschaftsgefühl empfunden werden und nur dann Sinn machen,
wenn das Allgemeinwohl der Community stark durch die Inaktivität mancher Mitglieder
beeinträchtigt wird.
Des Weiteren kann auch die Einrichtung von Reputationsmechanismen hilfreich bei der
Steigerung der Mitgliederaktivitäten sein, da die Mitglieder durch besonders aktives bzw.
positives Verhalten ihre Reputation innerhalb der Community aufbauen und so einen ge-
wissen sozialen Status in der Gemeinschaft erlangen können. Dies kann bspw. über die
Bewertung von Beiträgen geschehen, wobei jede neue positive Bewertung eines anderen
Teilnehmers dazu beiträgt, dass das Reputationsniveau steigt. Entscheidet sich der Com-
munity-Betreiber dazu, ein Bewertungssystem auf seiner Plattform einzurichten, so müs-
sen im Vorfeld insbesondere Fragen zur Nutzung dieses Systems geklärt werden (s. Abb.
282). Zuerst sollte beantwortet werden, welche Personen bewerten dürfen und was sie
eigentlich genau bewerten sollen. Erst dann muss der Community-Betreiber über den Be-
wertungsmechanismus nachdenken, um dann zu bestimmen, wer Zugriffs- bzw. Ände-
rungsautorität bekommen soll. Auch die unterschiedliche Gewichtung von Bewertungen
oder die Ausdifferenzierung einzelner Bewertungsaspekte kann in manchen Communities
hilfreich sein. Zuletzt stellen sich noch Fragen zur Darstellung des Bewertungssystems
und ob eine Bewertung irgendwelche Folgen für den Bewerteten haben soll oder nicht.
Der Einsatz von Bewertungssystemen macht insbesondere dann Sinn, wenn die Schaffung
von Vertrauen wesentlich dazu beiträgt, dass sich die Mitglieder entweder mehr engagie-
ren und sich Mühe geben, sich positiv in der Community zu verhalten, oder wenn die
768 Die Grundlagen der E-Community

Mitglieder die Bewertungen vergangener Handlungen anderer Mitglieder als Orientie-


rungspunkt für die Bewertung zukünftiger Handlungen nehmen und damit z. B. in ihrer
Kaufentscheidung bestärkt werden.

Entscheidungsaspekt Entscheidungsalternativen

Registrierung/
Bewerter Identifizierung notwendig
Handlung (z.B. Kauf) notwendig
(Wer bewertet?) (nur Käufer)
(nur Mitglieder)

Bewertungsobjekt Produkt
Person/ Beitrag/
Unternehmen Service
(Was wird bewertet?) Mitglied Kommentar

Bewertungsmechanismus Rating(skala) Freitext


Automatische
(Wie wird bewertet?) Bewertung

Bewertungszugriff Bewerter Bewertungsobjekt Community-Betreiber


(Wer kann Bewertung ändern?)

Bewertungsgewichtung Abhängig von Aktivität in Abhängig von vorherigen


(Sind alle Bewertungen Alle gleich
Community Bewertungen
gleichbedeutend?)

Bewertungsaspekt Preis/Funktionalität/ Glaubwürdigkeit/


(Welche Aspekte werden Gesamtbewertung Qualität/Material/ Spaß-Faktor/
bewertet?) Abwicklung Serviceorientierung

Bewertungsdarstellung integrierte/separate Öffentlich/ Präsentation/Dominanz


(Wie sieht die Bewertung aus?) Bewertungsanwendung Nicht-öffentlich auf der Seite

Bewertungsfolge Keine direkten Folgen Ausschluss/Aufstieg


Neukalkulation
(Was löst die Bewertung aus?) (z.B. Reputationsindex)

Abb. 282: Entscheidungsaspekte bei dem Einsatz von Bewertungssystemen

Zusätzlich zu der Nutzung von Bewertungssystemen kann auch der Einsatz bzw. die Ver-
gabe von sog. Rewards (Treueprämien) als Instrument der Teilnehmerbindung berück-
sichtigt werden. Ähnlich wie bei elektronischen Bonuspunkteprogrammen kann in der
Community ein Belohnungssystem für besonders treue, aktive oder kompetente Mitglie-
der implementiert werden. Es können dabei sowohl monetäre als auch nicht-monetäre Re-
wards für Mitglieder verteilt werden, die sich z. B. besonders oft in der Community an-
melden, die besonders viele Beiträge schreiben, die besonders viele Kontakte knüpfen o-
der deren Beitrag besonders qualifiziert ist. Die genaue Höhe bzw. die Kriterien zur
Vergabe von Rewards hängen jedoch von dem Zweck, der Größe und den finanziellen
Mitteln der Community ab. Die Entscheidung für oder gegen den Einsatz von Belohnungs-
systemen sollte nicht getroffen werden, ohne die möglichen Folgen zu berücksichtigen.
Das Marketing beim elektronischen Kontaktnetzwerk 769

Belohnungen für andere Mitglieder können Neid oder Missgunst bei Mitgliedern hervor-
rufen, die selber nichts oder weniger bekommen. Außerdem läuft der Betreiber Gefahr,
dass Mitglieder sich nur aufgrund der Belohnung in der Community engagieren (z. B.
viele Beiträge einstellen, die aber wenig qualifiziert sind) und dadurch der Aufbau von
echtem Commitment unter den Mitgliedern erschwert wird. In manchen Communities ist
die Vergabe von Treue- oder Bonuspunkten daher eng an das Bewertungssystem gekop-
pelt. Auf diese Weise kann der Community-Betreiber den Anreiz für Mitglieder erhöhen,
möglichst viele positive Bewertungen von anderen Mitgliedern zu bekommen bzw. sich
intensiv in der Community zu engagieren, ohne dabei Gefahr zu laufen, dass die Mitglie-
der lediglich der Belohnung wegen aktiv werden.

5.4.2.2 Behavioral Targeting und Widgets


Immer bedeutender werden im E-Business und insbesondere in E-Communities Fragen
der Personalisierungsmöglichkeiten für die Teilnehmer. Die individuelle Gestaltung der
Community bezüglich der jeweiligen Bedürfnisse und Interessen des Teilnehmers fördert
nicht nur die Zufriedenheit, sondern trägt zu einem wesentlichen Teil dazu bei, dass der
Teilnehmer der Community treu bleibt. Eine relativ neue Form des Personalisierungs-
Marketings, deren Vorteile im Rahmen der Mitgliederbindung insbesondere bei E-Com-
munities ausgeschöpft werden können, ist das sog. Behavioral Targeting. Bei dieser eher
passiv ausgerichteten Personalisierungsform werden in erster Linie die Bewegungsmuster
und Interessenprofile der Mitglieder ausgewertet und durch verhaltensbezogene, sozio-
und psychografische Daten ergänzt (Bender 2008, S. 177). Durch die Verwendung von
Cookies ist es heutzutage recht einfach, die Bewegungsdaten der Communitymitglieder
zu speichern, um damit die Gewohnheiten und Interessen der Mitglieder herauszufiltern.
Die resultierenden Datenprofile helfen dem Community-Betreiber nicht nur dabei, per-
sonalisierte Werbung zu schalten sondern auch Inhalte so an die Bedürfnisse des Users an-
zupassen, dass dieser nicht mit irrelevanten Inhalten und Werbeanzeigen geplagt wird
(Gilmore/Erdem 2008, S. 24). Zu einem der wesentlichen Nachteile dieser Marketing-
Form gehört die Ungenauigkeit der Werbung, die aufgrund der Tatsache, dass Cookies den
PC identifizieren können nicht aber einzelne Personen, auftreten kann. In E-Communities
ist jedoch in der Regel die Registrierung bzw. Anmeldung erforderlich, bevor die Plattform
von den Mitgliedern genutzt werden kann. Dies erlaubt die eindeutige Identifizierbarkeit
der User und macht Communities zu einem beliebten Anwendungsbereich des Behavioral
Targeting.
Zusätzlich zu dieser passiv ausgerichteten Personalisierungsform des Behavioral Targe-
ting gibt es auch aktivere Formen der Personalisierung von Community-Plattformen. Bei
den aktiveren Formen kann das Mitglied selbst z. B. über die Darstellung und Nutzung der
Inhalte auf seiner Seite entscheiden oder die Community-Struktur mitbestimmen. So kön-
nen Mitglieder bspw. eigenständig Themengruppen ins Leben rufen und selbst erstellte Fea-
tures einbringen. Wie solche Aspekte konkret in der E-Community eingebunden werden,
hängt daher von dem definierten Mitbestimmungsgrad der Mitglieder ab. Zusätzlich dazu
770 Die Grundlagen der E-Community

werden in vielen Communities sog. Widgets (oder auch Gadgets) eingesetzt, die es dem
Mitglied erlauben z. B. die Inhalte und Informationsbausteine seines Profils selbst aus-
zusuchen und zu gestalten (s. Abb. 283). Widgets sind in der Regel interaktive Minian-
wendungen, wie z. B. Spiele, Suchtools, Media Player, Kalender oder Aufgaben. Viele
Communities stellen meist eine große Anzahl vorgefertigter Widgets zur Verfügung, die
sich dann auf der Profilseite hinzufügen lassen. In manchen Communities ist es sogar vor-
gesehen, dass die Mitglieder selber solche Widgets erstellen und für andere Mitglieder
nutzbar machen können. Der Vorteil solcher Anwendungen liegt in der individuellen Ge-
staltung und Anordnung. Somit kann jedes Mitglied selbst bestimmen, wie es sein Profil
gestalten möchte, welche Informationen es preisgeben möchte und welche Inhalte es in-
teressieren. Damit gehört der Einsatz von Widgets zu den aktiven Personalisierungsfor-
men. Die Nutzung solcher Instrumente setzt natürlich voraus, dass die Handhabung intuitiv
und einfach ist (z. B. durch „drag and drop“) und auch von neuen Mitgliedern sofort
genutzt werden kann. Häufig werden daher voreingestellte Standardeinstellungen für die
Profile neuer Mitglieder angewendet, damit diese genügend Zeit haben, sich in Ruhe mit
den Möglichkeiten der Personalisierung auseinanderzusetzen (Panten 2005, S. 491). Wid-
gets werden häufig zur Personalisierung von Weblogs eingesetzt. Beispielsweise bietet
wordpress.com viele Möglichkeiten, das eigene Weblog mit Widgets zu versehen, z. B.
mit einem Blog-Widget (s. Abb. 283), einem Kalender-Widget oder einem Fotogalerie-
Widget.

Abb. 283: Widgets bei WordPress am Beispiel eines Blogs


Quelle: www.wordpress.com
Das Marketing beim elektronischen Kontaktnetzwerk 771

5.4.2.3 Open-Source-Marketing
Viele Community-Betreiber stehen vor dem Problem, dass traditionelle Marketingansätze
in ihrer gewohnten Form nicht für die Vermarktung von Communities geeignet sind. Ge-
nerell ist die Aufmerksamkeit der User im Netz schon zu einem wesentlichen Engpass-
faktor geworden (Güller/Huck/Mast 2005), hinzu kommt die Machtverlagerung zum Kun-
den, die gerade in Communities einen besonderen Stellenwert einnimmt und dazu führt,
dass traditionelle Kommunikationsmodelle zu kurz greifen. Das latente Misstrauen der
Kunden gegenüber betreiberinduzierten Werbebotschaften war der Grund dafür, dass neue
Marketingansätze gefunden werden mussten, die die Effizienz des Marketings wieder er-
höhen sollten. In Zuge dieser Entwicklung entstanden Ansätze, die insbesondere die In-
tegration der Kunden bzw. Community-Teilnehmers vorsehen und damit eine Neuausrich-
tung des Marketings erreichen. Insbesondere das sog. Open-Source-Marketing (OSM;
Wiedmann et al. 2011, S. 203 ff.) sieht den Teilnehmer als aktiven Mitwirkende der Mar-
ketingaktivitäten einer Community und lässt ihn vom simplen Stimulusempfänger selbst
zum Stimulussender werden (Schwerdt 2005). In der Literatur werden für dieses Konzept
auch Begriffe wie Customer-Integrated-Marketing oder Collaborated-Marketing ver-
wendet (Finne/Grönroos 2017). Das kooperativ-konstruktive Entwickeln und Umsetzen
gemeinsamer Ideen setzt die freiwillige Teilnahme der Community-Mitglieder voraus, die
in der Regel durch nicht-monetäre Entlohnung dazu angeregt werden, mitzumachen. Da-
mit fällt das Open-Source-Marketing, also die selbstkreierte Werbung der Community-
Teilnehmer, in den Bereich des User-generated Content (s. Kapitel 5.1.1.2). Hinsichtlich
des Erfolgs solcher Methoden lässt sich festhalten, dass die Teilnehmer „diese semipro-
fessionelle Werbung den perfekten Marketingkampagnen mit Blick auf ihre Authentizität
und Glaubwürdigkeit häufig vorziehen, weil z. B. keine ökonomischen Motive dahinter
vermutet werden“ (Wiedmann et al. 2011, S. 204; Schwerdt 2005). Außerdem kann der
Community-Betreiber auf diese Weise das Involvement der Teilnehmer mit der Commu-
nity enorm erhöhen und die Wechselwahrscheinlichkeit drastisch verringern.
Die Integration der Mitglieder in den Marketingprozess kann dabei anhand verschiedener
Dimensionen definiert werden (Engelhardt/Freiling 1994, S. 61). Dazu gehört als erstes
die Integrationstiefe, die beschreibt, an welcher Stelle der Wertschöpfungskette (Ent-
wicklung, Planung, Umsetzung) die Mitglieder in den Prozess eingebunden werden. Die
Integrationsintensität hingegen beschreibt den Intensitätsgrad, mit dem die Teilnehmer
eingebunden werden und das Ausmaß der kreativen Freiheit innerhalb des Prozesses. Als
dritte Dimension kann die Integrationsdauer herangezogen werden, die die zeitliche Ein-
bindung der Mitglieder beschreibt (einmalig, mehrmalig, andauernd). Je nach Ausprägung
dieser Dimensionen kann die Teilnehmerintegration von einfachen Online-Votings bezüg-
lich der einzusetzenden Anzeigen (niedrige Integrationstiefe, niedrige Integrationsintensi-
tät, niedrige Integrationsdauer) bis hin zum echten Open-Source-Marketing (hohe Integ-
rationstiefe, hohe Integrationsintensität, hohe Integrationsdauer) reichen. Eines der bisher
bekanntesten Beispiele des Open-Source-Marketings ist die Mozilla-Community Firefox
Friends (friends.mozilla.org, ehemals Spread Firefox), die zur Unterstützung der Verbrei-
tung des Firefox Webbrowsers der Firma Mozilla ins Leben gerufen wurde (s. Abb. 284).
772 Die Grundlagen der E-Community

Bei der Vermarktung des Browsers werden die Mitglieder nicht nur in operative Entschei-
dungen mit einbezogen, sondern sie bestimmen auch die marketingstrategische Stoßrich-
tung (Wiedmann et al. 2011, S. 204).

Abb. 284: Open-Source-Marketing bei Firefox Friends


Quelle: https://friends.mozilla.org

5.4.2.4 Newsfeeds und Weblogs


Zu den bereits genannten Instrumenten zur Mitgliederbindung in E-Communities können
abschließend auch noch Newsfeeds und Weblogs im Kommunikationsmix des Commu-
nity-Betreibers eingesetzt werden. Weblogs sind Onlinepublikationen, die regelmäßig ak-
tualisierte und personalisierte Inhalte eines Autors enthalten (Fleck et al. 2008, S. 236).
Autor (ein Teilnehmer der Community), Leser (andere Teilnehmer der Community) und
Format (Fotoblog, Videoblog/Vlog, Textblog, Audioblog/Podcast etc.) zählen dabei zu den
wesentlichen Komponenten eines Weblogs (Fleck et al. 2008, S. 246). Ähnlich wie ein Ta-
gebuch wird der Weblog regelmäßig durch neue Inhalte ergänzt und mit anderen Blogs
bzw. Webseiten verlinkt. Die Veröffentlichung von Inhalten in regelmäßigen Abständen
kann daher als eine Art persönlicher oder thematischer Nachrichtendienst eingesetzt wer-
den, der über ein einfaches Content-Management-System für jeden Community-Betreiber
handhabbar wird. Ein wesentlicher Vorteil dieses Verfahrens liegt in der Bindung zwischen
Teilnehmern und Community (Raabe 2007, S.47), da jeder Teilnehmer Blogs kommentie-
ren kann und so selbst zum aktiven Mitproduzenten von Nachrichten und Inhalten wird
(Stauss 2008, S. 254).
Das Marketing beim elektronischen Kontaktnetzwerk 773

Insbesondere solche Formen der dynamischen Diskussionsentwicklung ermöglichen


den Community-Teilnehmern sich selbst in die Community einzubringen und damit Teil
der Wertschöpfung zu werden. Die spezifische Kommunikationsstruktur von Weblogs un-
terstützt daher die Authentizität, die Dialogorientierung und den dezentralen Austausch
von Inhalten in Communities und steigert dadurch die Attraktivität der Teilnahme bzw. des
Verbleibs (Schmidt 2011, S. 97). Dies wird insbesondere durch die Tatsache gefördert,
dass Inhalte mit besonders hoher persönlicher Relevanz für die Mitglieder entstehen und
die Community dadurch zu einem kommunikativen Umfeld mit höchster Authentizität und
Kritikbereitschaft wird (Schmidt 2011, S. 102). Daher muss insbesondere darauf geachtet
werden, dass Inhalte und Tonalität im Grundsatz definiert werden und interne Richtlinien
(sog. Blogging Policies) für die Nutzung von Weblogs in der Community festgelegt
werden. Dies soll dem Community-Betreiber vor diesem Hintergrund dabei unterstützen,
den Spagat zwischen authentischer Meinungsäußerung der Mitglieder und der Erreichung
übergeordneter Community-Ziele zu bewältigen (Zerfaß 2005, S. 7).
Ferner stellt sich zudem die Frage, ob Weblogs primär als Kommunikationsinstrument der
Teilnehmer untereinander eingesetzt werden sollen, oder aber zu einem gewissen Grad
vom Community-Betreiber gesteuert bzw. angestoßen werden, damit dadurch über die
Entwicklungen und Veränderungen in der Community diskutiert werden kann. Der Ein-
satz von Weblogs als Instrument der Unternehmenskommunikation wird auch als Corpo-
rate Blog bezeichnet, da er regelmäßig über den Betrieb der Community und die aktuellen
Geschehnisse berichtet. Vor diesem Hintergrund ist zu beachten, dass der Aufbau und Be-
trieb von Weblogs oder Corporate Blogs in der Regel zwar recht kostengünstig ist, die
notwendige tägliche Pflege aber sehr personalintensiv sein kann. Zusätzlich sind Weblogs
Kommunikationsinstrumente, die sich weitestgehend den üblichen Autorisierungs- und
Kontrollmechanismen entziehen (Zerfaß 2005, S. 3) und daher eingehend auf ihre Risi-
ken geprüft werden müssen, bevor sie als Instrument in der Community eingesetzt werden
können.
Ein wesentliches Spezifikum von Weblogs ist die Möglichkeit, mit RSS-Feeds bzw.
Newsfeeds ständig über neue Beiträge (Posts) eines Weblogs informiert zu werden (Stauss
2008, S. 254). Die zentrale Idee von Newsfeeds besteht darin, die Inhalte einer Webseite
abonnieren zu können und damit eine automatische Benachrichtigung zu bekommen,
wenn neue Inhalte eingepflegt werden (Syndizierungsverfahren, s. Kapitel 5.2.2.6). Dies
ist insbesondere im Rahmen eines umfangreichen Weblogs hilfreich, da interessierte Com-
munity-Mitglieder auf diese Weise nicht nur eine umgehende Benachrichtigung über neu
eingestellte Beiträge bekommen, sondern auch direkten Zugriff über den Newsfeed auf
die Inhalte haben (z. B. RSS-Newsfeed bei Wordpress). Eine weitere Plattform, die die
RSS-Feeds aller favorisierter Blogs eines Nutzers aggregiert und die jeweils neuen Bei-
träge organisiert darstellt, ist bloglovin.com. Newsfeeds lassen sich jedoch nicht nur im
Rahmen von Weblogs erfolgreich einsetzen, sie können auch als einfaches Benachrichti-
gungsinstrument in der Community dienen. So kann man bei linkedin.com bspw. einen
Newsfeed abonnieren, der die Mitglieder sofort über neue Projekte, Mitglieder etc. infor-
774 Die Grundlagen der E-Community

miert und Community-bezogene News weiterleitet. Dies erleichtert vor diesem Hinter-
grund den Umgang mit Informationen und macht es den Mitgliedern einfacher, sich in der
täglichen Flut an Neuigkeiten zurechtzufinden und den Überblick zu behalten. Sowohl für
Blogs als auch für Newsfeeds gilt es daher, den Umgang mit diesen Instrumenten durch
ansprechende Visualisierung und hohe Usability zu erleichtern.

5.5 Die Implementierung beim elektronischen Kontaktnetzwerk


Nach den Darstellungen bezüglich der System- (s. Kapitel 5.1), der Prozess- (s. Kapitel
5.2), der Management- (s. Kapitel 5.3) und der Marketingebene (s. Kapitel 5.4) kommen
nun im Rahmen der Implementierungsebene die spezifischen Anforderungen an die pra-
xisbezogene Einführung einer E-Community zum Tragen. Die folgenden Ausführungen
sollen dabei einen ersten Überblick über das allgemeine Vorgehen bei der Einführung ei-
ner E-Community geben. Auch hier ist, analog zu den anderen Plattformen, anzumerken,
dass der Aufbau einer E-Community keinesfalls eine reine Software-Implementierung
darstellt, da im Rahmen der Projektplanung auch weitere wichtige Erfolgsgrößen zum
Gelingen eine Rolle spielen und im Projektmanagement entsprechend berücksichtigt wer-
den müssen. Zwar ist die Realisierung einer E-Community in der Regel auf ein langfristi-
ges Bestehen ausgelegt, allerdings kann die reine Implementierung als eigenständiges Pro-
jekt aufgefasst werden, das mit der erfolgreichen Einführung und Etablierung der E-Com-
munity zunächst abgeschlossen ist. Daher werden die folgenden Abschnitte die Realisie-
rung einer E-Community im Rahmen des Projektmanagements darstellen und solche As-
pekte betrachten, die in der Projektplanung und Projektumsetzung bis zur ersten Etablie-
rung einer E-Community im Markt besonders wichtig sind. Durch die zunehmende Kom-
plexität bereits bestehender E-Communities verändern sich auch die Frage- und Problem-
stellungen, die im Zuge des Neuaufbaus zum Tragen kommen und daher detailliert analy-
siert und Schritt für Schritt gelöst werden müssen. Somit ergeben sich für dieses Kapitel
folgende Lernziele:

„ Was sind die besonderen Merkmale von E-Communities und wie müssen diese bei
der Projektplanung und -realisierung berücksichtigt werden?

„ Welche Faktoren beeinflussen den Implementierungserfolg der E-Community?

„ Welche Kriterien helfen dem Community-Betreiber bei der Projektumsetzung in Be-


zug auf die Analyse des relevanten Marktes und der Ausgestaltung seiner Plattform?

„ Welche Basis-Funktionen sollten in einer E-Community bereitgestellt werden, um die


Kommunikation zwischen den Teilnehmern zu unterstützen?
Die Implementierung beim elektronischen Kontaktnetzwerk 775

5.5.1 Die Projektplanung beim elektronischen Kontaktnetzwerk

Bevor die E-Community implementiert werden kann, muss der Community-Betreiber zu-
nächst eine möglichst detaillierte Projektplanung vornehmen, damit er von Projektbe-
ginn an einen möglichst optimalen Überblick über anstehende Aufgaben, Meilensteine
und Handlungsfelder hat. Ausgangspunkt ist dabei immer der Vernetzungsanspruch des
Community-Betreibers an seine Plattform und die sich daraus ergebende Vernetzungs-
struktur, die im Rahmen der Projektumsetzung dann mit Leben gefüllt werden muss. In
der Planung wird aufbauend auf dem Vernetzungsanspruch ein erster Strukturplan erstellt,
der bei einer E-Community im Wesentlichen die Felder Angebot, Organisation, Techno-
logie und Marketing abdecken sollte. Jeder dieser Bereiche wird dann in einzelne Bau-
steine unterteilt und mit den jeweiligen Aufgaben versehen. Zu den Aufgaben gehören
unter anderem die Verwaltung des Contents, die Erstellung und Optimierung von Hard-
ware und Software und nicht zu guter Letzt die Bewerbung und öffentliche Darstellung
der E-Community zur Akquise von Mitgliedern.
All diese Aufgaben müssen gut strukturiert und mit Meilensteinen versehen werden. Je
detaillierter der Gliederungsbaum des Projektstrukturplans, desto besser ist die Über-
sicht über das Projekt (s. Abb. 285). Ein weiteres wichtiges Instrument für die Projektpla-
nung ist der Projektzeitplan (Brunold/Merz/Wagner 2000, S. 199), der insbesondere die
Einhaltung von Fristen unterstützt und als Fortschrittsanzeige des Gesamtprojektes dient.
Aus den bestehenden oder noch zu formulierenden Vernetzungsabsichten ergibt sich, mit
welchem Gesamtanspruch die E-Community aufgebaut werden soll. Zur Konkretisierung
der Vernetzungsstruktur erfolgen dann die Identifikation der Faktoren, die den Erfolg ei-
ner E-Community beeinflussen sowie eine detaillierte Analyse einzelner Prozesse und des
gesamten Prozessablaufs für die Vernetzung der Mitglieder und ihres eingestellten Con-
tents. Im Hintergrund spielt dabei immer auch die Frage nach den finanziellen Möglich-
keiten des Community-Betreibers für die Implementierung eine Rolle.

Projektstrukturplan

Angebote Organisation Technologie Marketing


…. ….
…. ….
Content …. Rollen Hardware …. Werbung
…. ….
…. ….
….
…. …. ….
Community Mitarbeiter …. Software Promotion
…. …. ….
….
….
…. ….
Commerce Provider Presse ….
…. ….
….
….
Service ….
….

Abb. 285: Beispiel eines Projektstrukturplans für eine E-Community


Quelle: in Anlehnung an Brunold/Merz/Wagner 2000, S. 199.
776 Die Grundlagen der E-Community

5.5.1.1 Erfolgsfaktoren
Die wachsende Bedeutung von E-Communities im Internet und der zunehmende Kampf
um den User führen zu erhöhtem Wettbewerb unter den Community-Plattformen. Daher
ist es für jeden Community-Betreiber notwendig, diejenigen Faktoren zu identifizieren,
die zum Erfolg seiner Online-Community beitragen (Preece 2001, S. 327 ff.). Insbeson-
dere die Tatsache, dass Communities nicht nur zum Austausch von Inhalten und Wissen
genutzt werden, sondern auch einen signifikanten Einfluss auf die wirtschaftliche Tätig-
keit der Betreiber haben (Igbaria/Shayo/Olfman 1998), macht die systematische Analyse
der Erfolgsfaktoren zu einem wesentlichen Aspekt der Projektplanung.
Im Wesentlichen hängt der Erfolg von Online-Communities zunächst davon ab, ob Teil-
nehmer die Community-Plattform besuchen und dort die Möglichkeit haben, sich mit an-
deren Teilnehmern bzw. Mitgliedern der Community auszutauschen (Kim/Lee/Hiemstra
2004). Entscheidend für den Erfolg von Online-Communities ist auch die technische Un-
terstützung der sozialen Interaktion zwischen den Teilnehmern (Preece 2001), da die
funktionsorientierten Attribute der Webseite starken Einfluss auf das Teilnehmerverhalten
der Mitglieder haben können (Kuo 2003). Neben diesen Grundannahmen gibt es jedoch
noch weitere spezielle Erfolgsfaktoren, die bereits in der Phase der Projektplanung Be-
rücksichtigung finden sollten. Im Allgemeinen werden für internetbasierte Informations-
systeme vier grundlegende Erfolgsfaktoren ausgemacht, die zunächst auch als Analyseba-
sis für die Erfolgsfaktoren herangezogen werden können (Lin/Lee 2006, S. 480). Zu diesen
Erfolgsfaktoren von Online-Communities zählen (DeLeone/McLean 2003, S. 9 ff.):

„ Systemqualität: Die Systemqualität misst die Realisierung der wünschenswerten Ei-


genschaften einer Online-Community, wie z. B. die Systemzuverlässigkeit, die Zu-
gänglichkeit, die Benutzerfreundlichkeit und die Systemflexibilität.

„ Mitgliederqualität: Die Mitgliederqualität misst die Wichtigkeit, Strahlkraft, Kom-


petenzstärke und andere mitgliederbezogene Indikatoren als Signalwirkung für die
Bedeutung einer Online-Community.

„ Contentqualität: Die Contentqualität misst den inhaltlichen Output der Online-


Community über Faktoren wie z. B. die Präzision bzw. Fehlerfreiheit der Informati-
onen, die Aktualität der Informationen, den Nutzen der Informationen, die Vollstän-
digkeit der Informationen und die Anpassung der Informationen an die Wünsche der
Teilnehmer.

„ Servicequalität: Die Servicequalität bildet die allgemeine Teilnehmerbewertung und


Bewertung der Dienstleistungserbringung über Faktoren wie z. B. das Schnittstellen-
design (Interfacedesign), Einrichtung von Vertrauensmechanismen und der Bereit-
schaft, den Teilnehmern zu helfen und zeitnahen Service anzubieten ab.
Die Implementierung beim elektronischen Kontaktnetzwerk 777

Insbesondere die Faktoren der System- (insbesondere Benutzerfreundlichkeit) und der


Servicequalität werden im Rahmen der Erfolgsfaktorenforschung von Online-Communi-
ties immer wieder hervorgehoben, da bereits nachgewiesen werden konnte, dass diese bei-
den Faktoren einen besonders großen Einfluss zumindest auf die Teilnahmebereitschaft
der Mitglieder in der Community zu haben scheinen (Lin 2007, S. 121; Preece 2001; Kuo
2003). Benutzerfreundlichkeit bezieht sich hierbei auf die Frage, wie schnell und einfach
die Teilnehmer lernen können, mit dem System umzugehen und sich die Grundfunktionen
des Systems zu merken. Zusätzlich hängt die Benutzerfreundlichkeit von der Fehleranfäl-
ligkeit des Systems und der Gesamtzufriedenheit der Teilnehmer mit den funktionalen
Attributen der Plattform ab. Vor diesem Hintergrund lassen sich jedoch auch noch weitere
community-spezifische Erfolgsfaktoren ableiten, die in Ergänzung zu den oben genann-
ten Faktoren berücksichtigt werden müssen. Dazu zählen (Garton/Haythornwaite/Well-
mann 1999, S. 75 ff.; Lin/Lee 2006, S. 486):

„ Reichweite/Nutzerzahlen: Das Erreichen der kritischen Masse (s. Kapitel 4.2.1.1


und 4.3.1.2) in einer E-Community ist sowohl für die Community-Teilnehmer als
auch den Betreiber ein wichtiges Erfolgskriterium. Erst eine hohe Reichweite bzw.
viele Teilnehmer steigern den Nutzen für die bereits bestehenden und neuen Mitglie-
der und die Rentabilität für den Betreiber.

„ Partizipationsniveau: Eine Community lebt erst durch die Aktivität ihrer Teilneh-
mer. Je höher also die Partizipation der Mitglieder – also die aktive Teilnahme am
Community-Leben – desto größer die Erfolgs- und Wachstumswahrscheinlichkeit der
Gemeinschaft durch kontinuierliche Verbesserung und Erweiterung der Community.
Sie regen neue Themen an und stellen regelmäßig Beiträge ein. Die entstehende Ak-
tualität bzw. Qualität und Quantität der Inhalte macht die Community für Außenste-
hende interessant und regt zur Teilnahme an (s. Kapitel 5.2.3.1).

„ Beziehungsqualität: Nicht nur die lose bzw. formale Verbindung zwischen den
Community-Mitgliedern ist ausschlaggebend für den Erfolg, sondern insbesondere
auch die Qualität der geknüpften Beziehungen. Je intensiver und gehaltvoller der Aus-
tausch zwischen den Teilnehmern ist, desto stärker werden die Mitglieder an die Com-
munity gebunden und desto geringer ist die Wechselwahrscheinlichkeit (s. Kapitel
5.3.2.2).

„ Vergemeinschaftungsniveau: Ein weiterer Aspekt ist das Vergemeinschaftungsni-


veau einer E-Community. Dieses steigt in der Regel mit der Qualität der Beziehungen
an, da die Teilnehmer nicht mehr nur formaler Bestandteil der Community sind, son-
dern emotional an dem Community-Leben beteiligt sind und sich damit als wichtigen
Teil der Gemeinschaft sehen. Je stärker sich die Teilnehmer mit der Community und
den anderen Teilnehmern identifizieren können, desto höher ist das Vergemeinschaf-
tungsniveau und desto wahrscheinlicher die Loyalität der Mitglieder (s. Kapitel
5.4.2).
778 Die Grundlagen der E-Community

„ Nutzerintegration: Die Einbindung der Teilnehmer in die Weiterentwicklung der


E-Community bzw. des Angebots ist ein weiterer Erfolgsfaktor. Es sollte in der Com-
munity möglich sein, Feedback zu geben, Verbesserungsvorschläge zu machen, aber
auch konkrete Features umzusetzen. Dabei kann die Offenlegung bestimmter Pro-
grammierschnittstellen (API) hilfreich sein, die den Usern Zugriff auf die entspre-
chenden Funktionen erlaubt (s. Kapitel 5.4.2.3).

5.5.1.2 Strukturanalyse
Die Strukturanalyse ist im Rahmen der Projektplanung ein weiterer wichtiger Schritt, da
der erfolgreiche Aufbau einer E-Community stark davon abhängt, ob die E-Community
nicht nur über die notwendigen internen Voraussetzungen verfügt, sondern ob auch die
äußeren Rahmenbedingungen vorliegen, die den Erfolg einer derartigen Community
begünstigen (s. Abb. 286). Während Aussagen über das Vorhandensein der internen Vor-
aussetzungen im Einzelfall analysiert werden müssen, lassen sich jedoch Aussagen über
die allgemeinen externen Bedingungen treffen, die zur erfolgreichen Umsetzung des Com-
munity-Projektes erfüllt sein sollten. Solche äußeren Rahmenbedingungen umfassen ins-
besondere die vorliegenden Marktstrukturen und die Eigenschaften potenzieller Teilneh-
mergruppen, die den potenziellen Erfolg der Community begünstigen. Hinsichtlich einer
strukturellen Analyse gelten folgende allgemeine Voraussetzungen für die Entwicklung
einer erfolgreichen E-Community:

Teilnehmer
Ähnlichkeiten/Unterschiede zwischen den
Homogenität/Heterogenität
Teilnehmern

Wenig Konkurrenzangebote Hohe Wechselbarrieren

Themenspezifikation Geringe thematische Abdeckung

Beitragsbereitschaft Aktivitätsgrad der Teilnehmer


Strukturelle
Hohe Online-Durchdringung E-Fähigkeit der Teilnehmer Voraussetzungen
für
E-Communities

Kommunikationssystem

Niedrige Zutrittsbarrieren Aufbau des Systems (Kosten/Know-how)

Content

Zugang zu (Inhalte-)Lieferanten Einbindung externer Anbieter

Abb. 286: Strukturelle Voraussetzungen für den Erfolg von E-Communities


Die Implementierung beim elektronischen Kontaktnetzwerk 779

„ Homogenität/Heterogenität: Der Aufbau einer Community innerhalb eines themen-


spezifischen Bereiches ist immer dann sinnvoll, wenn die zu erwartenden Teilneh-
mergruppen entweder stark heterogen oder stark homogen sind. Heterogenität be-
günstig den Erfolg in Bereichen, in denen die Attraktivität der Community aufgrund
ihrer inhaltlichen Breite bzw. der Vielfältigkeit der Teilnehmer ausgemacht werden
kann (z. B. soziale Netzwerke, Wissensnetzwerke), wohingegen Homogenität eher in
Bereichen vorliegen sollte, in denen qualitativ hochwertige Inhalte und der Austausch
von Experten im Vordergrund stehen (s. Kapitel 5.3.3.2).

„ Konkurrenzangebote: Die Erfolgsaussichten einer E-Community steigen, je weni-


ger Alternativangebote für die potenziellen Teilnehmer bereit stehen. Zwar schließt
das Vorhandensein ähnlicher Anbieter den Erfolg nicht unbedingt aus, da gerade ak-
tive Community-Mitglieder in der Regel in mehreren Netzwerken vertreten sind, al-
lerdings ist auch im Bereich der E-Communities ein themenspezifischer Sättigungs-
grad zu erkennen. Eine hohe Konkurrenzdichte führt dazu, dass der wahrgenommene
Mehrwert der Community nicht mehr klar erkennbar ist und dadurch die Bindung der
Teilnehmer durch sinkende Wechselbarrieren erschwert wird (s. Kapitel 5.4.2).

„ Themenspezifikation: Das Vorhandensein weniger Alternativangebote impliziert,


dass bestimmte Themenbereiche nur von einigen wenigen Communities abgedeckt
werden und damit die Anreize hoch sind, einer bestimmten Community treu zu blei-
ben. Die Begünstigung durch Netzeffekte führen in der Regel dazu, dass Communi-
ties, die sich neuer Themenbereiche annehmen, durch die frühzeitig Präsenz im Web
davon profitieren, dass ein schnelles Wachstum der Community auch die Qualität des
Angebots erhöht und damit ein Wettbewerbsvorteil gegenüber nachfolgenden Anbie-
tern realisiert werden kann. Erfolgversprechend sind zudem solche Themengebiete,
die sehr speziell auf eine bestimmte Teilnehmergruppe ausgerichtet sind. Die geringe
Größe des potenziellen Mitgliederkreises macht den Aufbau einer ähnlichen Commu-
nity für Konkurrenten in der Regel uninteressant. Lediglich bei geringer Qualität oder
Ineffizienzen der bestehenden Community entstehen Chancen für mögliche Konkur-
renten.

„ Beitragsbereitschaft: In der Einführungsphase kommt es ganz besonders darauf an,


dass die E-Community eine Teilnehmer-Zielgruppe anspricht, die eine gewisse Be-
reitschaft aufweist, selber in der Community aktiv zu werden. In Bereichen, in denen
lediglich der „Konsum“ von Daten im Vordergrund steht, lassen sich keine erfolgrei-
chen Community-Geschäftsmodelle umsetzen, da der Austausch und die Aktivität der
Teilnehmer fehlen. Zwar ist in vielen Communities insbesondere in späteren Wachs-
tumsphasen zu erkennen, dass zwar eine große Anzahl der Teilnehmer eher passiv
beteiligt ist, es aber dennoch einige Mitglieder gibt, die sich sehr aktiv in die Com-
munity einbringen und damit einen wertvollen Beitrag zum Erfolg der Community
leisten (s. Kapitel 5.2.3.1).
780 Die Grundlagen der E-Community

„ Online-Durchdringung: Die Akzeptanz und der Erfolg einer E-Community werden


zu einem großen Teil von der Online-Affinität und -Durchdringung der Mitglieder-
Zielgruppe bestimmt. Erst wenn diese über die notwendige „E-Fähigkeit“ verfügen,
können sie die Community effektiv nutzen und in diese eingebunden werden.

„ Zutrittsbarrieren: Ein weiterer Aspekt in der Strukturanalyse sind die allgemeinen


Zutrittsbarrieren, die sich in der Regel hauptsächlich auf die technische Umsetzbar-
keit der Community-Plattform beziehen. Der Aufwand spezieller Kommunikations-
systeme erfordert unter Umständen einen erheblichen finanziellen Aufbau und vor
allem die Verfügbarkeit speziellen Technologiewissens. In einigen Bereichen lassen
sich zwar mit wenigen Mitteln einfache Community-Plattformen über Standardsoft-
ware aufbauen, allerdings sind viele Community-Betreiber mit der manchmal rasant
ansteigenden Teilnehmerzahl technisch überfordert und können so den systemtechni-
schen Anforderungen nicht mehr gerecht werden.

„ Zugang zu (Inhalte-)Lieferanten: Wie bereits oben beschrieben ist der Erfolg der
Community stark davon abhängig, Teilnehmer zu akquirieren, die eine große Bei-
tragsbereitschaft aufweisen. Zusätzlich dazu muss der E-Community-Betreiber aber
auch externe Anbieter finden, auf deren Inhalte er zurückgreifen bzw. deren Angebot
er in die Community einbinden kann, damit sein Angebot stets verbessert und opti-
miert werden kann. Die Einbindung solcher „Zulieferer“ ist insbesondere in späteren
Wachstumsphasen von Bedeutung.

5.5.1.3 Marktanalyse
Im Rahmen der Marktanalyse ist es für den Community-Betreiber hilfreich, sich zunächst
einen Überblick über die diversen Ausprägungsformen von Communities zu verschaffen,
um dann zu analysieren, in welchem speziellen Marktbereich er seine eigene E-Commu-
nity platzieren möchte. Aufgrund einer fehlenden allgemeingültigen Klassifizierung von
Communities hat Tietz (2007, S. 28 ff.) in seiner Arbeit verschiedene Dimensionen ge-
sammelt, anhand derer E-Communities kategorisiert werden können (s. auch Reichwald/
Piller 2009, S. 207 ff.; s. Abb. 287):

„ Geschäfts-/Erlösmodell: Die Generierung von Erlösen kann entweder im Vorder-


grund des Geschäftsmodells einer E-Community stehen, in der durch einen Shop, Mit-
gliedsbeiträge oder Paid-Content, direkte Erlöse erzielt werden. Auf der anderen Seite
gibt es jedoch auch die Möglichkeit, Erlöse indirekt über Werbung und Partnerschaf-
ten zu erzielen. Gar keine Erlösmodelle haben hingegen nur solche Communities, die
überhaupt keine kommerziellen Absichten verfolgen (s. Kapitel 1.5.2).

„ Inhalt: Zu Communities mit professionellem Inhalt gehören alle Communities, deren


Schwerpunkt im Austausch von Wissen liegt. Hierzu zählen bspw. Experten-Commu-
nities (z. B. competence-site.de) und Lern- oder Forschungscommunities (z. B.
Die Implementierung beim elektronischen Kontaktnetzwerk 781

researchgate.com). Kommerziell ausgerichtete Communities bieten Inhalte an, die auf


die Durchführung von Transaktionen (Kauf/Verkauf von Produkten/Informationen)
ausgerichtet sind (z. B. brands4friends.de). Bei sozialen Communities stehen Bezie-
hungsaufbau und die Steigerung der Interaktion zwischen den Teilnehmern im Vorder-
grund. Hierzu gehören viele Beziehungsnetzwerke wie z. B. facebook.de oder plus.
google.com. Thematisch ausgerichtete Communities sind Gemeinschaften, die es den
Teilnehmern ermöglichen aufgrund eines gemeinsamen Interesses oder Hobbys Kon-
takt zu anderen Gleichgesinnten zu suchen. In diesen Bereich fallen z. B. netmoms.de
oder stadthunde.com.

Geschäftsmodell Keine Erlösquelle Indirekte Erlösquelle Direkte Erlösquelle

Inhalt Professionell Kommerziell Sozial Thematisch

Zugang Offen Geschlossen

Normen Wenig reglementiert Stark reglementiert

Moderation Unmoderiert Restriktiv moderiert

Interaktivität Keine Interaktivität Indirekte Interaktivität Direkte Interaktivität

Nutzen Funktional Hedonistisch

Vollständige Partielle Keine


Anonymität
Anonymität Anonymität Anonymität

Abb. 287: Klassifizierungsschema für die Marktanalyse bei E-Communities


Quelle: in Anlehnung an Tietz 2007, S. 29.

„ Zugang: Ein weiteres, wichtiges Klassifizierungskriterium sind eventuelle Teilneh-


mer- oder Zugangsbeschränkungen. Bei offenen Communities kann jeder Internet-
nutzer teilnehmen und etwas zu der Community beitragen. Der Zugang kann jedoch
auch durch Registrierung bzw. Anmeldung eingeschränkt werden. Damit wird jeder
Teilnehmer identifizierbar und kann nicht ohne weiteres anonym agieren. Geschlos-
sene Communities gehen noch einen Schritt weiter und beschränken den Zugang zur
Community für ganz bestimmte Nutzergruppen. Beispielsweise ist die Teilnahme bei
manchen Netzwerken nur über die Einladung anderer Mitglieder möglich oder unter
Eingabe eines zuvor versendeten Zugangscodes (s. Kapitel 5.3.1.2).

„ Normen, Werte, Regeln: Die von den Normen, Werten und Regeln bestimmten Ver-
haltensrichtlinien regeln den Umgang der Community-Mitglieder miteinander. Sie
782 Die Grundlagen der E-Community

können entweder stillschweigend vorausgesetzt, schriftlich festgehalten oder als Be-


standteil der Nutzungsbedingungen verankert werden (s. Kapitel 5.1.1.2).

„ Moderation: Der Einsatz von Moderatoren kann bspw. zur Einhaltung der Richtlinien,
zur Überwachung der stattfindenden Diskussionen oder zur Anregung neuer Themen
in den Foren genutzt werden. Generell soll ein Moderator jedoch eher eine unterstüt-
zende als eine einschränkende Funktion ausüben. Jedoch muss insbesondere in sen-
siblen Themenbereichen immer wieder kontrolliert werden, dass die Beiträge der Teil-
nehmer angemessen und vertretbar sind und nicht gegen ethische Prinzipien versto-
ßen. Die Akzeptanz von Moderatoren hängt daher von Art und Ausrichtung der Com-
munity ab (s. Kapitel 5.3.2.1).

„ Interaktivität: Da Interaktivität einer der wesentlichen Aspekte von Communities ist,


wird in der Regel immer die direkte Kommunikation zwischen Teilnehmern ermög-
licht. Direkte Interaktivität erlaubt den synchronen oder asynchronen Austausch von
Informationen. Indirekte Interaktivität lässt sich in Bereichen finden, in denen z. B.
das Collaborative-Filtering Anwendung findet. Teilnehmern werden dabei Vorschläge
oder Empfehlungen gemacht, die automatisch und nicht durch Aktivwerden eines
anderen Teilnehmers generiert werden.

„ Nutzen: Bezüglich des Nutzens einer Community wird zwischen funktionalen und he-
donistischen Komponenten unterschieden. Während der funktionale Nutzen auf den
Erwerb und Austausch von Informationen und Wissen ausgerichtet ist, wird der he-
donistische Nutzen durch die soziale Interaktion der Mitglieder geprägt.

„ Anonymität: In einigen Communities wird die Verschleierung von Identitätsmerk-


malen angestrebt, damit die Teilnehmer sich z. B. insbesondere in intimen oder heik-
len Themenbereichen offen austauschen können, ohne dabei ihre wahre Identität
preisgeben zu müssen und lediglich durch Nicknames von anderen Teilnehmern iden-
tifiziert werden können. Andere Communities hingegen streben die Offenlegung der
eigenen Identität an, da dies z. B. Voraussetzung für den Aufbau von sozialen Bezie-
hungen der Teilnehmer ist (Döhring 2019).

5.5.1.4 Wachstumsanalyse
Die in Communities zum Tragen kommenden Netzeffekte sind generelle Grundlage des
allgemeinen Mitgliederwachstums einer E-Community. Durch positive Rückkopplung
wird ein sich selbst verstärkender Wachstumskreislauf in Gang gesetzt, der für die Be-
schleunigung des Mitgliederwachstums verantwortlich ist (s. Abb. 288). Die Wachs-
tumsanalyse zielt darauf ab, dass der Community-Betreiber diejenigen Bereiche identifi-
zieren muss, die das Mitgliederwachstum positiv beeinflussen. Erst wenn sowohl die je-
weiligen Bereiche, als auch die darin zum Tragen kommenden Beschleunigungsfaktoren
analysiert wurden, ist es möglich, konkrete Maßnahmen zu definieren, die in der späteren
Die Implementierung beim elektronischen Kontaktnetzwerk 783

Umsetzung den Wachstumsprozess unterstützen sollen. Aus diesem Grund kommt der
Analyse des Mitglieder- bzw. Teilnehmerwachstums in der Projektplanung eine wichtige
Rolle zu. Im Rahmen der Wachstumsanalyse werden zentrale Bereiche von Panten
(2015) untersucht. Ihm zufolge begünstigen Community-Inhalte, -Transaktionen, -Mit-
gliederprofile und -Loyalität den Wachstumsprozess (Panten 2005, S. 169 ff.). Innerhalb
dieser Bereiche sieht er wiederum verschiedene Faktoren, die eine positive Wirkung auf
das Mitgliederwachstum ausüben können:

„ Community-Inhalte: Je mehr Mitglieder zu den Inhalten der Community beitragen,


desto vielfältiger wird das Angebot der Community und desto interessanter wird die
Community für Neueinsteiger. Können diese dann dazu animiert werden, ebenfalls
neue Inhalte beizutragen, wächst die Attraktivität der Community-Inhalte weiter.

Community-Inhalte Loyalität und Kundenbindung


Mehr
Wachsende Vielfalt
Mehr eingebrachte Kommunikation Soziale Bindung an
und Qualität der
Mitglieder-Inhalte unter den die Community
Inhalte
Mitgliedern

Steigende
Sinkende
Attraktivität der
Wechselraten
Community

Beschleunigung des
Mitgliederwachstums
der E-Community

Höheres Detaillierte
Umsatzpotential Präferenzprofile

Mehr Individualisierung
Mehr Angebot in Attraktivität der
Transaktionen und von Inhalten und
der Community Angebote steigt
Provisionen Angeboten

Transaktionen Mitglieder-/Nutzerprofile

Abb. 288: Die Beschleunigung des Mitgliederwachstums bei E-Communities


Quelle: Panten/Paul/Runte 2001, S. 153.

„ Loyalität: Eine hohe Inhaltsqualität ist wiederum ausschlaggebend dafür, dass sich die
Mitglieder intensiv mit den Inhalten beschäftigen und sich gegenseitig austauschen,
was dann zu einer erhöhten Interaktion in der Community führt. Je intensiver die Kom-
munikation der Mitglieder untereinander, desto mehr soziale Beziehungen werden ge-
bildet und desto höher die Besuchsfrequenz bzw. Verweildauer in der Community und
desto niedriger die Wechselwahrscheinlichkeit (s. Kapitel 5.4.2).
784 Die Grundlagen der E-Community

„ Mitgliederprofile: Die erhöhte Mitgliederanzahl, die durch eine erhöhte Interaktion


und eine steigende Inhaltsqualität erreicht wird, kann vom Betreiber dazu genutzt
werden, detaillierte Mitgliederprofile über die Interessen und Nutzungsgewohnheiten
der Mitglieder anzulegen. Detaillierte Datenbestände können dann gezielt externen
Anbietern (z. B. für Online-Werbung oder Transaktionen) angeboten werden, deren
höhere Nutzerakzeptanz dem Communitybetrieb durch Umsatzsteigerung zu Gute
kommt. Die Einbindung von Partnern sollte allerdings so ausfallen, dass die themati-
sche Nähe zur Community beschleunigend wirkt und in das Angebot der Community
integriert werden kann, ohne vorhandenen Mitgliedern Anlass zur Abwanderung zu
geben.

„ Transaktionsangebote: Das gesteigerte Interesse externer Anbieter an der Commu-


nity wächst mit der Größe der Mitgliederbasis und der Qualität des Angebotes. Als
Folge erweitert sich nicht nur das themenspezifische Angebot der Community, son-
dern auch das Angebot an Diensten und Transaktionsmöglichkeiten. Dies veranlasst
einerseits neue Mitglieder dazu, der Community beizutreten und steigert andererseits
die Kaufbereitschaft bestehender Mitglieder. Diese durch Komplementärleistungen
erzielten indirekten Netzeffekte haben daher einen positiven Effekt auf den ökonomi-
schen Erfolg der Community und tragen zur Verbesserung des Angebotes bei.

5.5.1.5 Projektorganisation
Für eine erfolgreiche Implementierung des E-Community-Projektes ist es entscheidend,
dass innerhalb der Projektorganisation von den verschiedenen Mitgliedern des Betreiber-
teams einer E-Community verschiedene Rollen übernommen werden, die die unterschied-
lichen Projektbereiche abdecken. Diese Rollen werden je nach Fähigkeiten und Kenntnis-
sen der Initiatoren verteilt und im Fall fehlender Kompetenzen durch die Integration von
Außenstehenden in das Projektteam abgedeckt. Daher ist es in dieser Phase notwendig,
Mitarbeiter zu gewinnen, die das benötigte Know-how mitbringen und die in der Lage
sind, die anfallenden Aufgaben professionell zu lösen. Zu den zu besetzenden Rollen in-
nerhalb des Projektteams gehören bspw. (Brunold/Merz/Wagner 2000, S. 201 f.):

„ Community-Manager: Projektleiter; verantwortlich für den Gesamterfolg des Pro-


jekts

„ Architekt: Konzeptionalisierung von Funktionalitäten, Technik und System; verant-


wortlich für die Akzeptanz der Community

„ Entwickler: Realisierung der Konzepte des Architekten; verantwortlich für die Sicher-
heit und Verfügbarkeit der Community

„ Moderator: Generiert Traffic; verantwortlich für die Aktivierung der Teilnehmer


Die Implementierung beim elektronischen Kontaktnetzwerk 785

„ Executive Producer: Contentzusammenstellung; verantwortlich für die Erlösgene-


rierung

„ Redakteur: Contenterstellung; verantwortlich für die Informationsqualität/-quantität

„ Analyst: Analyse des Nutzerverhaltens; verantwortlich für die Berichterstattung und


Optimierung

„ Archivar: Systematische Ablage aller Daten; verantwortlich für die Datenstrukturie-


rung

„ Servicemanager: Bearbeitung aller Anfragen, Beschwerden etc.; verantwortlich für


die Zufriedenheit der User

„ Merchandiser: Verkauf des Namens; Sponsorengewinnung; Contentverkauf; verant-


wortlich für die Erlösgenerierung

„ Shopmanager: Umsatzgenerierung im Shop; verantwortlich für die Erlösgenerierung

„ Systemmanager: Technologiebetreuung und -wartung; verantwortlich für Systemer-


haltung

Diese Übersicht verdeutlicht, welchen unterschiedlichen Anforderungen das Projektteam


genügen muss, um die verschiedenen Aufgaben des Projekts erfüllen zu können. Aus
dieser Perspektive heraus lassen sich zwei Kernkompetenzen ausmachen, die in jedem
Fall immer abgedeckt sein müssen, um das Community-Projekt erfolgreich zu realisieren
(s. Abb. 289).

Projektteam-
Kompetenzen

Technisches Know-How Inhaltliches Know-How

um geeignete Kommunikationssysteme
um Interessensbereiche erkennen zu können
umzusetzen
um die Kommunikationssysteme zu pflegen und um geeignete Funktionen für den
weiterzuentwickeln Interessensaustausch anzubieten

um gegen den Wettbewerb bestehen zu können um attraktive Inhalte für die Teilnehmer anzubieten

Abb. 289: Anforderungen an das E-Community-Projektteam


786 Die Grundlagen der E-Community

Die erste Kernkompetenz ist das technische Know-how, das für die technische Umset-
zung der E-Community-Plattform notwendig ist. Nicht nur der Aufbau z. B. geeigneter
Kommunikations- und Vernetzungssysteme, sondern auch deren Weiterentwicklung und
Pflege sind Aufgaben für Teammitglieder, die über das technische Know-how verfügen.
Die Rollen, die in diesen Bereich fallen, sind bspw. der Entwickler, der Systemmanager
oder der Architekt. Auf der anderen Seite muss jedoch auch das inhaltliche Know-how
im Projektteam vorhanden sein, damit die thematische, redaktionelle und inhaltliche Qua-
lität der Community gewährleistet werden kann. Diese Kompetenz wird gefordert, um
z. B. neue Interessensbereiche der Teilnehmer frühzeitig zu erkennen oder geeignete
Funktionen für den Informationsaustausch zu entwickeln.

5.5.1.6 Projektkalkulation
Da die Voraussetzungen und Bedingungen von Community zu Community verschieden
sind, ist es schwierig im Vorfeld eine genaue Projektkalkulation vorzunehmen. Je nach
Ausrichtung und Thema der Community sowie deren Zielsetzung, deren Komplexität und
deren erwarteten Nutzerzahl verändern sich die Voraussetzungen, unter denen die Pro-
jektkalkulation stattfindet. Davon abhängig kann die geplante Community sehr komplexe
Strukturen annehmen, die nur schwer in einer detaillierten Projektkalkulation abzubilden
sind. Zur Komplexität tragen auch Aspekte bei, die z. B. die Vielsprachigkeit der Plattform
oder das Hinzuziehen externer Dienstleister betreffen. Außerdem müssen Lizenzen für
Softwaresysteme, Konzeptions- und Programmierungskosten sowie Beratungskosten in
der Kalkulation berücksichtigt werden.
Die Berücksichtigung all dieser Aspekte macht die Projektkalkulation zu einer komplexen
Aufgabe, die gerade in der Anfangsphase daher oftmals zu wenig Aufmerksamkeit erfährt.
Allerdings ist die Notwendigkeit einer detaillierten Kostenaufstellung gerade in der Im-
plementierungsphase einer Community unausweichlich, da auf diese Weise etwaige fi-
nanzielle Engpässe und kostenintensive Posten frühzeitig identifiziert werden können.
Abb. 290 zeigt in Ansätzen und daher nur exemplarisch die typischen Aufbaukosten
einer E-Community (Brunold/Merz/Wagner 2000, S. 225 ff.).
Welche Kostengrößen dabei durch Eigenleistung und damit als humanes Vorabinvestment
des Community-Teams abgedeckt werden können, sodass kein Geldfluss notwendig wird,
muss im Einzelfall geklärt werden. Ebenfalls muss in der Projektplanung die Kalkulation
der späteren Betriebskosten berücksichtigt werden, da nicht nur die Aufbaukosten zu
Projektbeginn gedeckt sein müssen, sondern auch die anfallenden Kosten, die für den spä-
teren Betrieb aufgebracht werden müssen. Dies erfordert die Abdeckung zumindest der
ersten Betriebsphase, allerdings muss darüber nachgedacht werden, wie die weitere Fi-
nanzierung der E-Community aussehen soll und mit welchem Erlösmodell Einnahmen
generiert werden sollen.
Die Implementierung beim elektronischen Kontaktnetzwerk 787

Aufbauphase Aufgaben Aufwand (Tage) Kosten (€)


Kosten:
• Vorbereitung mit Beratern 15 20.000
• Exposé erstellen 40 62.000
Initialisierung Aufwand (kalkulatorische Kosten):
• Ziel erarbeiten 45 11.500
• Anforderungskatalog erstellen 120 41.000
• Administration 25 7.300
Kosten:
• Businessplan erstellen 30 42.000
• Finanzierungsberatung 10 14.000
Aufwand (kalkulatorische Kosten):
Konzeption • Businessplan begleiten 110 31.000
• Community-Konzept intern erstellen 120 38.000
• Projektpläne erstellen 13 4.300
• Finanzmanagement 30 9.000
• Administration 26 8.200
Kosten:
• Marketingkonzept erstellen 40 62.000
• Pflichtenheft erstellen 45 63.000
• Hardware bereitstellen - 40.000
• Software-/Datenbanklizenzen erwerben - 75.000
• Prototyp entwickeln 220 220.000
Realisierung • Designberatung 15 21.000
Aufwand (kalkulatorische Kosten):
• Organisation festlegen 5 1.500
• Marketing-/Finanzmanagement 80 24.000
• Prototyp abstimmen 25 11.000
• Administration 40 12.000

Kosten:
• Werbekosten - 45.000
• Schulung der Mitarbeiter 30 34.000
• Test 7 10.500
Einführung Aufwand (kalkulatorische Kosten):
• Modifizierung des Systems 10 3.000
• Marketing-/Finanzmanagement 110 41.000
• Aufbau des Contents 120 33.000
• Administration 60 16.000
Summe: 1.391 1.000.300

Abb. 290: Beispiel einer Projektkalkulation für die Aufbaukosten einer E-Community
Quelle: in Anlehnung an Brunold/Merz/Wagner 2000, S. 225 ff.

5.5.2 Die Projektumsetzung beim elektronischen Kontaktnetzwerk

Basierend auf den Ergebnissen der initialen Projektplanung kann anschließend die be-
triebswirtschaftliche und technische Projektumsetzung erfolgen. Die Implementierung
einer E-Community lässt sich idealtypisch in verschiedene Projektphasen einteilen. In
der Abb. 291 ist ein aus der Literatur synthetisiertes Vorgehensmodell dargestellt, das die
Projektphasen und deren zentrale Ergebnisse zueinander in Beziehung setzt.
Meist wird ein E-Community-Projekt von eigenständig agierenden Einzelpersonen, die ein
innovatives Geschäftsmodell realisieren möchten, initiiert. Das Projekt startet mit einer
Kick-Off-Phase in der Vision und Strategie formuliert, relevante Basisinformationen ein-
geholt und Erlöspotenziale und gegenüberstehende Kosten grob abgeschätzt werden. Eine
detaillierte Projektformulierung, im Gründungsfall durch einen Businessplan, soll aus den
groben Visionen konkrete Ziele und Strategien ableiten, die die folgende Umsetzung deter-
minieren. Neben der Schaffung eines konsistenten Bildes der Projektumsetzung in den
Köpfen des Projektteams dient die Formulierung des Projektes der Akquisition externer
788 Die Grundlagen der E-Community

Geldmittel zur Finanzierung der E-Community. Basierend auf der Projektformulierung


wird eine Projektorganisation als Grundlage der Umsetzung abgeleitet. Ergebnisse der
Kick-Off-Phase sind neben der Projektformulierung eine Grobabschätzung der Teilneh-
merpotenziale, die Festlegung der Projektorganisation und eines Projektbudgets sowie
ggf. Verträge und Projektvereinbarungen mit externen Partnern.

Kick-Off-Phase
Projekt- Projekt-
formulierung organisation

Analysephase
Strukturanalyse Marktanalyse Wachstumsanalyse

Abgrenzung Projekt-
Ist-Zustand
Pilotprojekt kalkulation

Systemauswahl
vorläufiges (Kauf-)
Soll-Konzept Vertrag

Systemgestaltung
Integrations-
Soll-Ablauf Pflichtenheft
bedarf

Systemaufbau
Pilot-
system

Systemeinführung
System
(Launch)

Abb. 291: Phasen einer E-Community Implementierung

Der Kick-Off-Phase folgt eine Analysephase, die den organisatorischen Rahmen und die
Bedingungen der Projektrealisierung untersucht und bewertet. Die Analysephase setzt sich
– wie in den Kapiteln 5.5.1.2 bis 5.5.1.4 bereits erläutert – aus Struktur-, Markt-, und
Wachstumsanalyse zusammen. Aufgrund der Ergebnisse der Marktanalyse und der ge-
troffenen Themenauswahl kann ein erster Vorschlag zur Abgrenzung eines Pilotprojektes
gemacht werden. Dieses definiert sich durch eine begrenzte Anzahl von Kommunikations-
angeboten und potenziellen Teilnehmern, um aus den damit gewonnenen Erkenntnissen
das weitere Vorgehen abzuleiten. Die Analysephase, auf deren Werkzeuge und Methoden
auch im weiteren Projektverlauf immer wieder iterativ zurückgegriffen wird, endet mit
einer ausführlichen Projektkalkulation (s. Kapitel 5.5.1.6), die die Grundlage für die
Budgetierung und die Projektumsetzung bildet.
Die Projektumsetzung beginnt mit der Phase der Systemauswahl (s. Kapitel 5.5.2.1), in
der das Team sich für eine Systemlösung entscheidet. Dabei wird geprüft, ob ein System
Die Implementierung beim elektronischen Kontaktnetzwerk 789

das – sich aus den Ergebnissen der Analysephase ergebende – vorläufige Soll-Konzept
abbilden kann. Ist die Entscheidung für eine Systemlösung gefallen, können die Soll-
Abläufe in der Phase Systemgestaltung (s. Kapitel 5.5.2.2) weiter ausgebaut werden.
Grundlage ist dabei nicht nur der bereits in der Analysephase festgehaltene Ist-Zustand der
Kommunikations- und Vernetzungsprozesse, sondern auch die Leistungsfähigkeit der Sys-
temlösung. Zusätzlich definiert das Projektteam den Integrationsbedarf mit internen und
externen EDV-Systemen, der zusammen mit den Soll-Abläufen als Lasten in ein Pflich-
tenheft überführt wird. Generell ist es sinnvoll, das System zunächst als Pilotlösung mit
wenigen Teilnehmern und ausgewählten Kommunikationsangeboten zu betreiben. Ziel ist
hier ein Proof-of-Concept, also ein Meilenstein, an dem die prinzipielle Durchführbarkeit
des Vorhabens belegt wird. In der Phase Systemaufbau (s. Kapitel 5.5.2.3) wird daher
entsprechend der im Pflichtenheft festgehaltenen betriebswirtschaftlichen und technischen
Anforderungen eine erste lauffähige Pilotlösung für die für das Pilotprojekt ausgewählten
Teilnehmer und Kommunikationsangebote implementiert. Dies beinhaltet die Entwick-
lung zusätzlicher Funktionalitäten, die Integration bestehender Systeme und die erstmalige
Anbindung an das Internet.
In der abschließenden Phase Systemeinführung (s. Kapitel 5.5.2.4) werden die mit den
Pilotteilnehmern und den ersten Probe-Transaktionen gemachten Erfahrungen dokumen-
tiert und die sich daraus ergebenden zusätzlichen Anforderungen an die Systemlösung
nachträglich ins Pflichtenheft aufgenommen. Iterativ werden die notwendigen Änderun-
gen dann während der Einführungsphase implementiert. Nachdem die im Laufe der Ein-
führung des Pilotsystems aufgetretenen Probleme gelöst sind, kann das System auf die
Teilnehmerzielgruppe sowie das anvisierte Kommunikationsspektrum ausgebreitet und so-
mit endgültig in den Markt eingeführt werden. Nach dem Abschluss der dann eigentli-
chen E-Community-Implementierung rückt die Aufgabe der kontinuierlichen System-
kontrolle in den Fokus des Community-Betreibers. Dadurch können einerseits Prob-
lembereiche des Communitysystems aufgedeckt werden. Andererseits können auf diese
Weise Verbesserungs- und Erweiterungspotenziale identifiziert werden, die den Wert der
E-Community erhöhen (s. Kapitel 5.5.2.5).

5.5.2.1 Systemauswahl
Neben den inhaltlichen Komponenten sollte ein Community-Betreiber insbesondere im
Rahmen der Systemauswahl zunächst organisatorische Komponenten berücksichtigen,
die die Handhabung der Seite für alle Teilnehmer vereinfachen. Dazu sollten die bereitge-
stellten Funktionselemente der Seite in erster Linie die Kommunikation der Community-
Mitglieder untereinander unterstützen. Es gibt jedoch auch weitere Grundfunktionen, die
abhängig von den jeweiligen Aufgaben innerhalb der Community abgedeckt werden müs-
sen. Die technischen Lösungen für die Gestaltung der Funktionselemente orientieren sich
also an den Aufgaben der E-Community. Folgende Community-Aufgaben fallen in der
Regel an (Brunold/Merz/Wagner 2000, S. 123 ff.):
790 Die Grundlagen der E-Community

„ Orientierung: Die Aufgabe der Orientierungsgebung entscheidet ganz besonders bei


Erstbesuchern der Community über Akzeptanz oder Ablehnung. Die Community-
Seite muss entsprechende Funktionselemente einsetzen, die die Navigation und „das
Zurechtfinden“ sowohl der Erstbesucher als auch der erfahrenen Nutzer erleichtern.
Neue Teilnehmer müssen innerhalb weniger Sekunden die wesentlichsten Inhalte und
den Zweck der Community identifizieren können.

„ Information: Die Bereitstellung eines ausführlichen Informationsangebotes steht


nicht nur bei Communities-of-Interest im Vordergrund, denn in jeder Community
sollte zunächst ein Informationsbereich zur Verfügung stehen, der frei von jeglichem
Kommunikationszwang für jedermann zugänglich ist. Gerade neue Mitglieder wollen
sich erst einmal informieren und durch die verschiedenen Community-Bereiche stö-
bern. Es müssen also Funktionselemente eingesetzt werden, die eine passive Informa-
tionsphase zulassen, ohne die Teilnehmer in eine aktive Kommunikationsphase mit
anderen Teilnehmern oder dem Community-Betreiber zu drängen.

„ Kommunikation: Die direkte und aktive Kommunikation zwischen den Teilnehmern


das erklärte Ziel der meisten Communities. Zur Steigerung der Akzeptanz und Bin-
dung der Teilnehmer an die Community müssen die eingesetzten Kommunikations-
elemente jede Form von Reaktion und Feedback zwischen den Teilnehmern fördern.

„ Transaktion: Abhängig von der jeweiligen Ausprägungsform der zu betrachtenden


Community sind unter Umständen auch Funktionselemente zu integrieren, die um-
fangreiche Transaktionsprozesse unterstützen.

Beispiele für Funktionselemente aus den einzelnen Aufgabenbereichen sind in der fol-
genden Abb. 292 exemplarisch dargestellt. Da der Kommunikationsaspekt bei der Imple-
mentierung einer E-Community im Vordergrund steht, muss auch die Systemauswahl be-
sonders vor dem Hintergrund der Kommunikationsfunktion stattfinden. Der Austausch
von Ideen und Meinungen in der Community muss technisch optimal unterstützt werden,
egal ob es sich um höchstaktive, intensive Dialoge handelt oder lediglich um den Aus-
tausch von Kurznachrichten oder das Hinterlassen von Postings. Des Weiteren sollte das
System sowohl die individuelle Kommunikation zwischen den Teilnehmern als auch
Gruppendiskussionen ermöglichen. Bei den Überlegungen zur Systemauswahl müssen zu-
dem Aspekte wie z. B. asynchrone (zeitversetzte) und synchrone (zeitgleiche) Kommuni-
kationsformen sowie der Einsatz von Communication Rings und Content Trees berück-
sichtig werden. Bei Communication Rings werden Nachrichten direkt zwischen den Teil-
nehmern versendet, wohingegen bei Content Trees die Nachrichten bzw. Informationen
an einem zentralen Ort gespeichert werden und dort jederzeit für alle Mitglieder abrufbar
sind. Die vielfältigen Möglichkeiten, um die Kommunikationsfunktion der E-Commu-
nity technisch umzusetzen, führen dazu, dass der Community-Betreiber sich über die tech-
nischen Voraussetzungen informieren und die verschiedenen Systemlösungen für seine
Community bewerten muss.
Die Implementierung beim elektronischen Kontaktnetzwerk 791

Funktionselemente Funktionselemente Funktionselemente Funktionselemente


zur Orientierung zur Information zur Kommunikation zur Transaktion

Navigationshilfe News Message Board Shopsystem


Index Newsletter Chat-Forum Warenkorb
Verzeichnis Archive Chat-Archiv E-Payment
Pulldown-Menü Datenbanken Mail-Foren Online-Katalog
Schnellsuche Mitgliederverzeichnis Mailinglisten After-Sales-Service
Site-Map Forenregister Newsgroups
Kalender Pager-Service/SMS
Instant Messaging

Abb. 292: Funktionselemente zur Unterstützung der Community-Aufgaben


Quelle: in Anlehnung an Brunold/Merz/Wagner 2000, S. 120 ff.

Die in der Systemauswahl zu berücksichtigen Kommunikationsmodelle lassen sich wie


folgt zusammenfassen:

„ Board-Modell: Da das Board-Modell (s. Kapitel 5.1.2.1) „nur das Posten“ von Beiträ-
gen und Nachrichten an einem zentralen „schwarzen Brett“ (Forum) der Community
unterstützen muss, erfolgt die Systemauswahl dabei lediglich unter den Gesichtspunk-
ten der Darstellung und Nutzung der bereits vorgestellten Content Trees. Dank Skript-
sprachen wie PHP (s. Kapitel 3.1.3.4) kann das Board-Modell relativ schnell umge-
setzt werden. Grundsätzlich ist es möglich, vorhandene Foren-Lösungen als Basis oder
Bestandteil zur Realisierung von Community-Plattformen einzusetzen, deren Funkti-
onalität über den einfachen Funktionsumfang des Board-Modells hinausgeht.

„ Weblog-Modell: Aus technischer Perspektive sollte beim Weblog-Modell (s. Kapitel


5.1.2.2) darauf geachtet werden, dass die Software Webstandards, Eleganz, Benutzer-
freundlichkeit sowie leichte Anpassbarkeit ermöglicht. Ferner sollte die Lösung einen
Administrationsbereich vorsehen, in dem bspw. das Erscheinungsbild des Weblogs
konfiguriert wird sowie eigene Beiträge und Kommentare verwaltet werden können.

„ Wiki-Modell: Das Wiki-Modell (s. Kapitel 5.1.2.3) ist eine Systemlösung, die es den
Teilnehmern in einer Art Bearbeitungsmodus ermöglicht, Beiträge ohne spezielle
HTML- oder Programmierkenntnisse zu editieren. Voraussetzung für die Nutzung
dieser Systemlösung ist die Bereitstellung einer vereinfachten Syntax, die vom
Webnutzer unformatiert eingegebene Texte in HTML umwandelt, wobei wichtig ist,
dass sich die Schnittstelle zur Content-Erstellung im Bereich des Nutzers befindet.

„ Mashup-Modell: Die Auswahl des Mashup-Modells (s. Kapitel 5.1.2.4) kommt ins-
besondere dann in Frage, wenn fremde Inhalte oder Anwendungen mit bestehenden
oder anderen fremden Inhalten kombiniert und integriert werden müssen. Welche Art
von Mashup-Modell ausgewählt werden soll, hängt dann einerseits von der Geschäfts-
idee, andererseits von der Integrationstiefe der Inhalte ab.
792 Die Grundlagen der E-Community

„ Social- Networking-Modell: Wird das Social-Networking-Modell (s. Kapitel 5.1.2.


5) ausgewählt, soll für eine größtmögliche Menge an Teilnehmern und Beziehungen
ein möglichst breiter Kommunikationsaustausch erzielt werden. Dazu ist es insbeson-
dere notwendig durch sog. Communication Rings den direkten Austausch zwischen
den Teilnehmern zu ermöglichen.

Die Auswahl der geeigneten Systemlösung hängt also in erste Linie von dem zu realisie-
renden Kommunikations- bzw. Vernetzungsmodell der E-Community ab. Dabei ist die
Systemauswahl jedoch nicht darauf beschränkt, nur jeweils ein Modell zur Unterstützung
der Kommunikationsfunktion zu verwenden, vielmehr machen es die technischen Ent-
wicklungen heutzutage möglich, verschiedene Modelle miteinander zu kombinieren und
so den optimalen Informationsaustausch zu gewährleisten.

5.5.2.2 Systemgestaltung
Im Laufe der Zeit entwickeln Gemeinschaften eine eigene Kultur, d. h. „[. . .] ein System
von zusammenhängenden Leitvorstellungen (Ideen, Werte, Normen, Deutungen, Denk-
muster), die den Verhaltensmustern einer Gemeinschaft [. . . ] explizit und/oder implizit
zu Grunde liegen und die von den Mitgliedern dieser Gemeinschaft als selbstverständlich
und verbindlich erlebt werden“ (Glasl/Lievegoed 2016, S. 135). Solche Leitvorstellungen
spiegeln sich in virtuellen Gemeinschaften hauptsächlich im Kommunikationsverhalten
der Mitglieder untereinander wider und tragen zur Entwicklung einer eigenständigen
Community-Kultur bei. Die Formulierung solcher Leitvorstellungen und Werte können
bis zu einem gewissen Grad vom Community-Betreiber bestimmt und festgelegt und in
einem Regelwerk für die Systemgestaltung niedergeschrieben und für alle einsehbar ge-
macht werden. Damit kann schon von Beginn an eine Richtung vorgegeben werden, in
die sich die Community-Kultur bewegen bzw. entwickeln soll. Allerdings muss dabei be-
rücksichtigt werden, dass virtuelle Gemeinschaften z.T. starke Eigendynamiken entwi-
ckeln, die je nach Ausprägung nur noch schwer vom Community-Betreiber beeinflusst
werden können. Daher lohnt es sich, bereits während der Umsetzung möglichst explizit
festzulegen, wie das Community-System gestaltet und welche Regeln bzw. Struktur-
merkmale dem Funktionieren des Systems zu Grunde gelegt werden sollen.
Der Aufbau solcher Strukturmerkmale sollte allerdings nicht allein die Kommunikations-
struktur umfassen, also die Art und Weise, wie sich die Mitglieder der Community unter-
einander austauschen, sondern auch andere charakterisierende Strukturmerkmale wie die
Informations- oder Präsentationsstruktur des Community-Systems. Folgende Merkmale
sind im Rahmen der Systemgestaltung zu berücksichtigen (Marotzki 2004, S. 122; Ma-
rotzki 2003, S. 156):

„ Leitmetapher: Einige Online-Communities machen Gebrauch einer übergeordneten


Leitmetapher, die zu einem Großteil das Aussehen der Community und auch die Kul-
tur bestimmen sollte. Erst wenn die Leitmetapher bzw. der Leitgedanke in alle Ebenen
Die Implementierung beim elektronischen Kontaktnetzwerk 793

der Community konsequent und logisch umgesetzt wird, wirkt die Nutzung authentisch
und glaubwürdig. Können die Mitglieder sich mit diesem Leitgedanken identifizieren,
so kann der Gebrauch eines solchen Leitgedankens zu einer Stärkung des Zugehörig-
keitsgefühls der Mitglieder zur Community beitragen.

„ Regelwerk (soziographische Struktur): „Unter der soziographischen Struktur wird


das regelgeleitete System der Über- und Unterordnung sozialer Positionen durch Kom-
petenzen, Zu- und Aberkennung von Rechten, Pflichten oder durch Anerkennung ver-
standen“ (Marotzki 2004, S. 122). Das Regelwerk fungiert als Rahmen, in dem dessen
sich die soziale Ordnung der Community bildet und reproduziert (Reid 1999). In der
Regel wird das der Community zugrunde gelegte Regelwerk weitestgehend vom Be-
treiber selbst bestimmt, allerdings kann es im Laufe der Zeit auch von den Mitglie-
dern angereichert bzw. modifiziert werden, wenn sich im täglichen Betrieb z. B. ge-
wisse Regeln als nicht sinnvoll oder unbrauchbar herauskristallisieren.

„ Kommunikationsstruktur: Die Kommunikationsstruktur bezieht sich in erster Li-


nie auf die technische Struktur, die dem kommunikativen Austausch der Mitglieder
zugrunde liegt. Hierbei werden die Kommunikationsmöglichkeiten definiert, die den
Mitgliedern für die Kontaktaufnahme, Kommunikation und Koordination untereinan-
der zur Verfügung gestellt werden sollen. In diesen Bereich fallen z. B. Chats, Foren,
personalisierte Newsletter, Instant Messaging, Weblogs etc.

„ Informationsstruktur: Die Gestaltung der Informationsstruktur wirft die Frage auf,


welche Informationen für wen und in welcher Form zur Verfügung gestellt werden
sollen. Hierbei muss geklärt werden, wie die Zusammenstellung der größtenteils da-
tenbankbasierten Informationen geregelt werden soll. Insbesondere die Link-Struktur
innerhalb der Seiten und die Verknüpfung verschiedener Inhalte sollten möglichst be-
nutzerfreundlich gestaltet und an den Interessen der Community ausgerichtet sein.
Die Navigation muss intuitiv und transparent sein, damit sich jedes Mitglied umge-
hend innerhalb der Community nach seinen Wünschen bewegen kann und direkt die
Inhalte findet, die für das Mitglied interessant sind.

„ Präsentationsstruktur: Die Präsentationsstruktur umfasst in der Systemgestaltung


im Wesentlichen das Identitätsmanagement der Community. Dies umfasst zunächst
hauptsächlich die visuelle Darstellung der Inhalte und die Präsentation der Commu-
nity auf der Webseite. Beispielsweise sind hier Fragen bezüglich der Corporate Iden-
tity (Logo, Farben etc.) zu beantworten, als auch sämtliche Dinge wie Seitenaufbau
bzw. Profilaufbau (mit/ohne Bild des Teilnehmers etc.).

„ Partizipationsstruktur: Auch die Partizipationsstruktur muss in der Systemgestal-


tung festgelegt werden. Hierbei handelt es sich um den Grad der Mitbestimmung der
Teilnehmer an der Struktur und Ausgestaltung der Community selbst. Der Grad der
Mitbestimmung muss von dem Community-Betreiber festgelegt werden und hängt da-
794 Die Grundlagen der E-Community

von ab, wie viel Kontrolle/Einfluss er an die Teilnehmer abgeben möchte bzw. kann.
Des Weiteren muss die Partizipationsstruktur aber auch regeln, welche Regeln für die
Teilnahme an der Community an sich gelten sollen. Beispielsweise können gewisse
Bedingungen vereinbart werden, wann Personen Mitglied der Community werden
dürfen (z. B. nur über Einladung von bestehenden Mitgliedern bei geschlossenen
Communities).

„ Online-Offline Verknüpfung: Dieses Verhältnis beschreibt die strukturellen Vorkeh-


rungen, die einen sog. Spill-over-Effekt ermöglichen oder sogar fördern. Hierbei soll
bestimmt werden, ob und inwiefern die geknüpften Onlinebeziehungen offline wei-
tergeführt und potenzielle Rückwirkungen in die reale Welt ermöglicht werden (s.
Kapitel 5.3.3.3). Beispielsweise kann ein Mitglied bei facebook.com eine Einladung
für ein reales Event verschicken und damit andere Mitglieder in sein Eventforum
einladen, die sich dann auf dem Event physisch begegnen. In einigen Communities
wird diese Online-Offline-Verknüpfungskomponente zur Verbesserung der Service-
struktur eingesetzt (z. B. SMS-Service).

Diese Merkmalsbereiche stellen die Kernstruktur von E-Communities dar und besitzen
bei der Analyse der Systemgestaltung einen hohen heuristischen Wert. Im Rahmen der
praktischen Umsetzung der Communitygestaltung stehen dem Betreiber gewisse Hand-
lungsspielräume zur Verfügung, die für die Entwicklung und Steuerung genutzt werden
können.

5.5.2.3 Systemaufbau
Der Systemaufbau bei einer E-Community ist ein sehr komplexer Vorgang und erfordert
vom Community-Betreiber die Bewältigung verschiedenster Aufgaben. Die anfallenden
Aufgaben lassen sich anhand der jeweiligen Phase des Aufbaus der Community beschrei-
ben (Brunold/Merz/Wagner 2000, S. 188 ff.; s. Abb. 293):

„ Initialisierungsphase: In der Initialisierungsphase muss in erster Linie die allgemeine


Zielstellung der Community erarbeitet werden. Dies beinhaltet keine wage Absichts-
erklärung, sondern eine detaillierte und klare Formulierung der Ziele, die das Unter-
nehmen mit dem Aufbau der Community erreichen möchte. Die Zielformulierung gilt
als Grundlage der daraufhin auszuwählenden Strategie der Marktbearbeitung. Bereits
in dieser Phase sollte eine Quantifizierung der Ziele angestrebt werden, da so die Kon-
kretisierung der Zielformulierung erleichtert wird. Außerdem kann damit die Errei-
chung der Ziele in der späteren Entwicklung immer wieder überprüft werden. Um
die Zielformulierung schriftlich festzuhalten, wird ein Exposé erstellt, in dem ebenfalls
sämtliche Fragen bezüglich des generellen Realisierungspotenzials durchgesprochen
werden sollten. Im Anschluss daran muss ein Anforderungskatalog erstellt werden,
der die zu erbringenden Leistungen und Features beschreibt und die Anforderungen
Die Implementierung beim elektronischen Kontaktnetzwerk 795

an die Technik bezüglich der notwendigen Grundelemente festlegt. Sind diese Auf-
gaben erfüllt, kann die Freigabe der Konzeption erfolgen.

„ Konzeptionalisierungsphase: In der Konzeptionalisierungsphase liegt das Haupt-


augenmerk zunächst auf der Erstellung eines Businessplans, der insbesondere für die
Kalkulierung der finanziellen Mittel, die zur Realisierung der Community benötigt
werden, angefertigt wird. Mit diesem Businessplan können mögliche Investoren von
der Community-Idee überzeugt werden, um letztendlich die gesamte Finanzierung
zu sichern. Der Businessplan trägt dazu bei, dass schwierige Frage z. B. im Zusam-
menhang mit der Einnahmengenerierung im Vorfeld geklärt werden, da gerade in
Communities weitestgehend indirekte Erlösmodelle zum Einsatz kommen, die eine
genaue Planung schwierig machen. Ein weiterer wichtiger Aspekt der Konzeptionali-
sierung ist die Erstellung des Community-Konzepts, das die Beschreibung der Funk-
tionalitäten und deren Ausführung detailliert beschreibt. Dabei sollten allerdings auch
inhaltliche Fragen zu Kommunikation und Inhalten beantwortet werden. Meilenstein
der Konzeptionalisierungsphase ist dann die Freigabe der Realisierung.

Zielstellung erarbeiten Meilenstein:


Initialisierung Exposé erstellen Freigabe der
Anforderungskatalog erstellen Konzeption

Businessplan erstellen Meilenstein:


Konzeptionalisierung Community-Konzept erstellen
Freigabe der
Projektpläne erstellen
Finanzierung sichern Realisierung

Marketingkonzept erstellen
Realisierung Organisation festlegen Meilenstein:
Pflichtenheft Testfreigabe
Technologieauswahl/Prototyp

Werbung starten
Einführung Meilenstein:
Betatest durchführen
Community-Auftritt modifizieren Marktfreigabe

Ausbau starten Meilenstein:


Analyse des Nutzerverhaltens
Betrieb Anpassung der Funktionaltitäten
Entscheidung über
Feedbackauswertung Relaunch

Abb. 293: Phasen des Systemaufbaus bei einer E-Community


Quelle: Brunold/Merz/Wagner 2000, S. 189.

„ Realisierungsphase: In der Realisierungsphase kommt es auf die professionelle und


systematische Erstellung des Community-Systems und den darin enthaltenen Portal-
seiten an. Dazu wird eine klare Rollenverteilung benötigt, die festlegt, wer welche
Aufgaben zu erfüllen und welche Verantwortung zu tragen hat. Außerdem ist die
Erstellung eines konkreten Marketingkonzepts in dieser Phase von Bedeutung, da be-
reits einzelne Maßnahmen vor der Einführungsphase angestoßen werden müssen.
Auch die Auswahl einer geeigneten Technologie ist ein Aspekt in dieser Phase. Die
Technologie sollte bereits so ausgerichtet sein, dass die Community auch bei rasant
796 Die Grundlagen der E-Community

ansteigenden Mitgliederzahlen noch einwandfrei funktioniert. Durch die Erstellung


eines Prototyps kann dann bereits die konkrete Umsetzung einer einfachen, aber lauf-
fähigen Version der zukünftigen Community erfolgen. Meilenstein der Realisierungs-
phase ist dann die Freigabe des Betatests.

„ Einführungsphase: In dieser Phase steht die Bekanntmachung der Plattform, die auf
Basis des vorher erstellten Marketingkonzepts durchgeführt wird, im Mittelpunkt. So-
fern die vorläufige Endversion der technischen Plattform zur Verfügung steht, kann
dann mit dem sog. Betatest begonnen werden. Hierbei werden die einzelnen Anwen-
dungen durch ausgewählte Test-User intensiv erprobt und ggf. auftretende Fehler so-
fort behoben. So können Schritt für Schritt einzelne Anwendungskomponenten frei-
geschaltet und die Marktfreigabe erreicht werden.

„ Betriebsphase: Nach Beendigung des Betatests und der Behebung der aufgetretenen
Fehler findet in der Betriebsphase der Start in den Echtbetrieb statt. Sobald sich erste
Nutzer auf der Community-Plattform befinden, kann mit der Auswertung des Nut-
zerverhaltens gestartet werden. Das regelmäßige Einholen von Feedback hilft dem
Community-Betreiber, auch in späteren Betriebsphasen sein Produkt ständig zu modi-
fizieren und zu verbessern.

5.5.2.4 Systemeinführung
Ganz besonders in der Startphase kurz nach der Systemeinführung der E-Community
sind die ständige Betreuung der Mitglieder und die permanente Auswertung des Mitglie-
derverhaltens von Bedeutung (Brunold/Merz/Wagner 2000, S. 148.) Sobald brauchbare
und halbwegs repräsentative Auswertungen der Mitglieder vorliegen, können Überlegun-
gen zur Optimierung, Anpassung oder Erweiterung des Community-Angebotes erfolgen.
Dabei spielt insbesondere die Beobachtung der Opinion-Leader (s. Kapitel 5.3.2) eine
wichtige Rolle, da diese meist durch ihren hohen Aktivitätsgrad wertvolle Beiträge zur
Verbesserung der Plattform beitragen können. Insgesamt sollte jedoch allen Mitgliedern
die Möglichkeit gegeben werden, Feedback zu geben und Vorschläge zu machen. Feed-
back-Mechanismen spielen vor diesem Hintergrund beim Aufbau einer E-Community
daher in zwei Bereichen eine ganz entscheidende Rolle (Brunold/Merz/Wagner 2000,
S. 67 f.):

„ Rückkopplung innerhalb der Community: Eine Gemeinschaft entwickelt sich als


sich selbst steuerndes System, sofern ein beständiger Informationsfluss zwischen den
Mitgliedern garantiert ist. Es ist Aufgabe des Betreibers, diesen Informationsfluss
durch einen angemessenen Funktionsumfang zu ermöglichen. Ein besonderes Au-
genmerk sollte dabei auf der Einbeziehung von neuen Mitgliedern liegen.

„ Rückkopplung mit dem Betreiber: Der Community-Betreiber muss in der Lage


sein, flexibel auf Veränderungen innerhalb der Gemeinschaft oder der Zielgruppe zu
Die Implementierung beim elektronischen Kontaktnetzwerk 797

reagieren. Dies erfordert einerseits Aufmerksamkeit und andererseits die Flexibilität,


sich in den Informationsfluss einzuschalten bzw. Änderungen an der Struktur oder
dem Funktionsumfang der Plattform vorzunehmen.

Vor dem Hintergrund der Herausforderung, ein elektronisches Produkt gleichzeitig schnell
an den Markt zu bringen und entsprechend evolvierender Anforderungen flexibel weiter-
entwickeln zu können, sind Unternehmen des Web 2.0 auf das Feedback ihrer Kunden
angewiesen. Der Leitgedanke ist, dass eine Plattform nicht über einen längeren Zeitraum
entwickelt und dann als fertiges Produkt an den Markt gebracht wird, sondern sich auf
Basis des Kundenfeedbacks sowie der Auswertung des Nutzerverhaltens kontinuierlich
weiterentwickelt. Dieses Phänomen wird auch als Perpetual Beta bezeichnet (O’Reilly
2005): Das elektronische Produkt bzw. die diesem zugrunde liegende Software befindet
sich in einem ewigen, kontinuierlichen Änderungen unterliegenden Beta-Stadium, das je-
doch nicht etwa ein Zeichen schlechter Planung, sondern Bestandteil der Marktstrategie
ist (Coldewey 2002, S. 240). Den betriebswirtschaftlichen Nutzen von Perpetual Beta be-
legen empirische Untersuchungen, die zeigen, dass sich Produktentwicklungsprozesse in
der Digitalen Wirtschaft dadurch auszeichnen sollten, den Kunden eine frühe (und damit
noch nicht voll funktionsfähige) Version des elektronischen Produkts zur Verfügung zu
stellen und im Anschluss daran mit den Kunden bzw. Mitgliedern zusammenzuarbeiten,
um Feedback zu bereits bestehenden und Wünsche zu weiteren funktionalen Merkmalen
des Websystems zu bekommen (MacCormack/Verganti/Iansiti 2001, S. 144 f.).

5.5.2.5 Systemkontrolle
War die Systemeinführung (s. Kapitel 5.5.2.4) erfolgreich, beginnt mit der Systemkon-
trolle ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess, der zwar nicht mehr Teil des eigentli-
chen Implementierungsprojektes ist, aber den Übergang zum dauerhaften Betrieb kenn-
zeichnet und damit als Verbindungsglied gewertet werden kann. Die Systemkontrolle um-
fasst die Optimierung und den weiteren Ausbau des bestehenden Community-Systems
(Peukert/Ghazvinian 2001, S. 212). Sie umfasst auf der einen Seite die ständige Über-
prüfung aller Abläufe, zum anderen dient sie als Bewertungs- und Beurteilungsgrundlage
des Implementierungserfolgs der E-Community. Die kontinuierliche Überwachung der
Community-Abläufe schließt insbesondere folgende Aspekte mit ein:

„ Community-Teilnehmer: Die fortdauernde Überprüfung der Teilnehmerstruktur ei-


ner Community hilft nicht nur bei der Aufdeckung möglicher Bedürfnisveränderun-
gen in der Zielgruppe, sondern auch bei der Verbesserung und Erweiterung der Kom-
munikationsstruktur, die den Austausch zwischen den Mitgliedern unterstützen muss.
Dazu sollten insbesondere auch Stamm- und Bewegungsdaten der Teilnehmer aus-
gewertet werden.

„ Community-Prozesse: Da es für den Community-Betreiber häufig schwierig ist, alle


Prozesse regelmäßig zu überprüfen, sollten ausreichend Feedback-Mechanismen zur
798 Die Grundlagen der E-Community

Verfügung gestellt werden, durch die die Teilnehmer fehlerhafte Prozesse melden kön-
nen.

„ Community-Inhalte: Es sollte verhindert werden, dass unrichtige, veraltete oder


ethisch nicht vertretbare Inhalte den Community-Betrieb stören und den Mehrwert für
die Mitglieder verringern. Allerdings ist es auch hier wieder nicht sinnvoll für den
Community-Betreiber die Kontrolle ganz zu übernehmen. Daher muss er die „soziale
Kontrolle“ (Einschreiten anderer Mitglieder) fördern und auch hierfür Feedback-Me-
chanismen bereitstellen.

„ Community-Plattform: Die ständige Überprüfung der Plattform richtet sich insbe-


sondere an die auf der Plattform bereitgestellten Funktionalitäten, die den Aufbau so-
zialer Beziehungen zwischen den Mitgliedern fördern. Die Beobachtung der Konkur-
renz hinsichtlich neuer Funktionalitäten und die ständige Weiterentwicklung beste-
hender Anwendungen helfen dabei, den Mehrwert für die Mitglieder ständig zu ver-
bessern und damit wettbewerbsfähig zu bleiben.
Übungsaufgaben 799

Übungsaufgaben

1. Beschreiben Sie das Konzept des User-generated Content und den Unterschied zwi-
schen vertikalem und horizontalem Content.

2. Erläutern Sie anhand eines Praxisbeispiels ihrer Wahl, inwiefern aus Sicht eines
Community-Betreibers (a) die Nutzung fremder Online-Contentschnittstellen und (b)
die Bereitstellung eigener Online-Schnittstellen sinnvoll ist.

3. Nutzen Sie das Internet, um Beispiele für Systemlösungen zu finden, die zum Aufbau
einer E-Community genutzt werden können. Ordnen Sie die Systemlösungen dabei
den in Kapitel 5.1.2 beschriebenen Modellklassen zu.

4. Beschreiben Sie anhand einer Social-Networking-Plattform Ihrer Wahl die Grund-


funktionen des Social-Networking-Modells. Wie sind die Prinzipien der 1:1- und
n:m-Kommunikation in der von Ihnen gewählten Community umgesetzt?

5. Erläutern Sie den Mehrwert, der in E-Communities durch die Einbindung von Geo-
tagging-Applikationen geschaffen werden kann.

6. Erläutern Sie den Unterschied zwischen Web-Service-Schnittstellen und REST-


Schnittstellen. Gehen Sie jeweils auf die Vor- und Nachteile der beiden Ansätze ein.

7. Stellen Sie den Lebenszyklus einer traditionellen Webanwendung dem Lebenszyklus


einer Ajax-basierten Webanwendung gegenüber. Bei welchen Funktionen einer
E-Community könnte der Einsatz von Ajax besonders sinnvoll sein?

8. Beschreiben Sie die drei Grundfunktionalitäten eines Web-Frameworks. Welche


Vorteile bringt die Verwendung eines Web-Frameworks bei der Realisierung einer
Community-Plattform in Hinblick auf diese Grundfunktionalitäten jeweils mit sich?

9. Erklären Sie, warum eine Online-Vernetzung durch Social Software im Vergleich zu


einer realen Vernetzung Kosten-, Zeit-, Flexibilitäts- und Qualitätsvorteile mit sich
bringt.

10. Mobile Vernetzung spielt eine immer größere Rolle in E-Communities. Welche Cha-
rakteristika kennzeichnen Online-Vernetzungsmobilität?

11. Erklären Sie, inwiefern innerhalb des eBlogging-Prozesses eine Syndizierung von
Inhalten (z. B. mittels RSS-Newsfeeds) sinnvoll sein kann.
800 Die Grundlagen der E-Community

12. Erläutern Sie anhand eines Praxisbeispiels ihrer Wahl, inwiefern eTagging-Prozesse
zu einer verbesserten Erschließung des Informationsraums einer E-Community bei-
tragen können. Welche Inhalte werden in der von Ihnen gewählten Community durch
Tags gekennzeichnet?

13. Erläutern Sie anhand zweier Beispiele ihrer Wahl den Unterschied zwischen Con-
tent-based Recommendation und Collaborative Recommendation.

14. Erläutern Sie die verschiedenen Möglichkeiten zur inhaltlichen Ausrichtung einer
E-Community. Schauen Sie sich ferner konkrete Umsetzungen im Internet an und
zeigen Sie Möglichkeiten auf, wie sich diese Communities weiter entwickeln könnten.

15. Erklären Sie die ethisch-rechtlichen Problemaspekte, die auf einer E-Community
zum Tragen kommen können. Suchen Sie verschiedene Umsetzungen konkreter Com-
munities aus dem Internet heraus und bewerten Sie, inwieweit das Auftreten dieser
Problemaspekte dort zu befürchten ist.

16. Erläutern Sie zunächst kurz, was unter einem Moderator auf einer E-Community-
Plattform zu verstehen ist. Identifizieren Sie dann in verschiedenen Internetforen die-
jenigen User, die die Rolle eines Moderators übernehmen und bewerten Sie, inwie-
weit diese die typischen Aufgaben eines Moderators auch tatsächlich wahrnehmen.

17. Erläutern Sie anhand von Beispielen, welche Ziele die Betreiber einer E-Community
im Rahmen von Online-Strategiezielen allgemein anstreben können.

18. Erklären Sie die möglichen Positionierungen einer E-Community anhand des 2-H-
Modells und erläutern Sie, inwiefern eine Kombination aus beiden Positionierungs-
möglichkeiten problematisch werden könnte im Sinne eines „Stuck-in-the-Middle“.

19. Beschreiben Sie, wie ein Community-Betreiber seine Community im Spannungsfeld


zwischen Online- und Offlinewelt etablieren kann und finden Sie im Internet Bei-
spiele für die jeweiligen Crossingmöglichkeiten.

20. Beschreiben Sie die verschiedenen Ausprägungsformen des Recommendation-Mar-


ketings und erläutern Sie, welche Rolle das Word-of-Mouth darin einnimmt.

21. Erläutern Sie, welche Anreize dazu genutzt werden können, neue Mitglieder für die
Community zu gewinnen.

22. Beschreiben Sie, wie der Community-Betreiber mit Hilfe verschiedener Aktivitäten
dazu beitragen kann, den Bekanntheitsgrad seiner Community zu erhöhen.
Übungsaufgaben 801

23. Erklären Sie die verschiedenen Entscheidungskriterien, die bei dem Einsatz von Be-
wertungssystemen zum Tragen kommen und diskutieren Sie, wie Bewertungssysteme
zur Teilnehmerbindung beitragen können.

24. Erläutern Sie das Prinzip der Teilnehmerintegration im Open-Source-Marketing und


geben Sie Beispiele für die verschiedenen Integrationsmöglichkeiten der Commu-
nity-Teilnehmer in den Marketingprozess.

25. Diskutieren und bewerten Sie die Rolle der allgemeinen als auch der speziellen Er-
folgsfaktoren für den Aufbau einer E-Community und geben Sie Beispiele dafür an,
welche Auswirkungen die Vernachlässigung der Faktoren für die Community haben
kann.

26. Beschreiben Sie das Klassifizierungsschema virtueller Communities und erläutern


Sie, wie die einzelnen Klassifizierungsdimensionen für eine ausgiebige Marktanalyse
herangezogen werden können.

27. Erläutern Sie den Kreislauf des Mitgliederwachstums virtueller Communities und
geben Sie Beispiele für die einzelnen Faktoren, die den Wachstumsprozess unterstüt-
zen.

28. Erklären Sie die Strukturmerkmale virtueller Communities und gehen Sie auf die
möglichen Ausprägungsformen ein, die die Merkmale annehmen können.

29. Beschreiben Sie die Phasen des Systemaufbaus einer virtuellen Community und dis-
kutieren Sie den Stellenwert der Meilensteine, die den Abschluss der jeweiligen
Phase erreicht werden müssen.

30. Nennen Sie die zentralen Aspekte der Systemkontrolle nach der Systemeinführung
einer E-Community und erläutern Sie jeweils, wieso diese Aspekte kontinuierlich
überwacht werden sollten.

31. Erläutern Sie, was man unter eRanking versteht und welchen Zweck es in E-Com-
munities erfüllt. Nennen Sie drei Regeln des eRanking.

32. Corporate Blogs stellen für Unternehmen eine interessante Möglichkeit dar, um sich
an die breite Öffentlichkeit zu wenden. Suchen Sie im Netz nach Beispielen für Cor-
porate Blogs. Welches sind die am häufigsten vorkommenden Themen in diesen
Weblogs? Was könnte man aus Ihrer Sicht daran noch verbessern?

33. Welche Auswirkungen hat die neue Datenschutzgrundverordnung auf das Geschäfts-
modell der E-Community?
802 Die Grundlagen der E-Community

34. Erläutern Sie das Prinzip von „Shoppable Posts“ und „Buyable Pins“.

35. Erörtern Sie den potenziellen Nutzen einer unternehmensinternen Community vor
dem besonderen Hintergrund der Digitalen Kommunikation.

36. Welche Auswirkungen hat die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) auf perso-


nenbezogene Daten innerhalb einer E-Community? Gehen Sie dabei auch auf die
genaue Definition dieser ein.

37. Definieren Sie, welche zwei kritischen Faktoren durch die Verbreitung von „Fake
News“ entstehen können.

38. Facebook.com definiert drei unterschiedliche Kategorien für Desinformationen.


Nennen Sie diese drei Kategorien und gehen Sie dabei auch auf das bestehende Kon-
zept von Facebook gegen die Verbreitung von Desinformationen ein.

39. Inwiefern können soziale Netzwerke eingesetzt werden, um den elektronischen Ver-
kauf von Produkten und Dienstleistungen zu unterstützen? Gehen Sie dabei auf zwei
unterschiedliche Möglichkeiten ein.
Klausuraufgaben 803

Klausuraufgaben

1. Klausuraufgabe: „segelfreund.de“
Torben Schlüter und Michael Meier haben sich in ihrem betriebswirtschaftlichen Studium
an der Universität Kiel kennen gelernt und sind seitdem eng befreundet. Beide verbindet
u. a. ihr großes Hobby: der Segelsport. Zur Feier ihres Abschlusses möchten sie einen
gemeinsamen Segeltörn unternehmen. „Etwas ganz Besonderes“, wie es Torben Schlüter
ausdrückt. Die beiden Absolventen machen sich im Internet auf die Suche nach Char-
terservices, Erfahrungsberichten sowie Meinungen zu Ausrüstungen, Booten und Orten.
Leider ist ihre Suche nach dem ultimativen Segelerlebnis schnell und ohne Erfolg beendet.
Es gibt offensichtlich keine gemeinsame Informationsbasis, keine zentrale Anlaufstelle für
Segelfreunde. Die Enttäuschung wird bei Michael Meier jedoch schnell von wirtschaftli-
chem Enthusiasmus verdrängt. „Wenn es so etwas nicht gibt, dann machen wir das. Damit
lässt sich viel Geld verdienen, schließlich sind Segler eine kapitalstarke Kundengruppe.
Ein Segelportal muss her: Eine elektronische Community, die Segelfreunde auf der ganzen
Welt verbindet“, philosophiert er. „Packen wir es an“, entgegnet Torben Schlüter, der
sich im Studium insbesondere mit Finanzierung, Organisation und Planung befasst hat.
Bevor die beiden sich an die Arbeit machen, den Businessplan für „segelfreund.de“ zu
schreiben, bitten sie Sie, als Experte im E-Business, um Hilfe bei der Beantwortung einiger
grundlegender Fragen:
(a) Erläutern Sie zunächst kurz die verschiedenen inhaltlichen Ausrichtungen für E-Com-
munities. Um welche Art der inhaltlichen Ausrichtung handelt es sich vor diesem Hin-
tergrund bei „segelfreund.de“? Begründen Sie Ihre Wahl.
(b) Im Rahmen der taktischen Vernetzung strebt der E-Community-Betreiber eine Bedürf-
nisbefriedigung auf der Kundenseite an. Erläutern Sie kurz die vier verschiedenen
Grundbedürfnisse und nehmen Sie dazu Stellung, inwieweit gerade die Community
„segelfreund.de“ im Stande ist, diese zu befriedigen.
(c) Beschreiben Sie, welche Instrumente den beiden im Rahmen der Teilnehmergewin-
nung potenziell zur Verfügung stehen und geben Sie ein konkretes Beispiel, wie die
Umsetzung eines Instrumentes aussehen könnte.

2. Klausuraufgabe: „e-bundesliga.de“
Herr Bock und Herr Löwe, beide geschäftstüchtige Fußballfans und Computer-Liebhaber,
haben vor zwei Jahren ein Internet-Startup gegründet. Da es sich bei diesem um eine
Übertragung der deutschen Fußball-Bundesliga in ein Online-Computerspiel handelt, er-
hielt das Startup den Namen „e-bundesliga.de“. Durch die Kooperation mit der Deut-
schen Fußball Liga und dank bekennender prominenter Mitspieler wie Uli Hoeneß, hat
804 Die Grundlagen der E-Community

„e-bundesliga.de“ schnell zahlreiche Fußballfans für sich gewinnen können und ist rasant
gewachsen. Aufgrund der neuartigen und innovativen Idee zogen die beiden Gründer auch
eine große Medienaufmerksamkeit auf sich und in den größten deutschen Tageszeitungen
wurde bereits über die Net-Bundesliga berichtet. Doch die beiden profit- und wachstums-
orientierten Gründer wollen sich nicht auf die Bundesliga beschränken, sondern planen
eine Expansion in möglichst viele europäische Länder, um ihren Traum einer e-Champi-
ons League zu verwirklichen. Dadurch, dass das Geschäftsmodell der „e-bundesliga.de“
europaweit einzigartig ist, versprechen sie sich auch auf dem internationalen Markt gute
Chancen. Doch für diese Expansion sind Herr Bock und Herr Löwe auf eine große Summe
an zusätzlichem Kapital angewiesen. Bevor sie einen Investor kontaktieren werden, wollen
sie sich über den Wert ihres Unternehmens klar werden, über ihre personelle Besetzung
Gedanken machen und entscheiden, welcher Kapitalgeber für die „e-bundesliga.de“ am
besten geeignet wäre. Hierbei sollen Sie als E-Business-Experte den beiden Gründern
weiterhelfen:
(a) Das Kontinuum zwischen einer reinen Online- und einer reinen Offline-Community
bietet verschiedene Positionierungsmöglichkeiten. Erläutern Sie diese zunächst und
ordnen Sie die „e-bundesliga.de“ danach einem Modell zu.
(b) Um das Erfolgspotenzial der Community einschätzen zu können, ist es ratsam die
strukturellen Voraussetzungen zu betrachten, die für „e-bundesliga.de“ in Betracht
kommen. Diskutieren Sie drei dieser Voraussetzungen im Hinblick auf das Fallbeispiel
und bewerten Sie, wie diese zum Erfolg der Community beitragen können.
(c) Benennen Sie die Phasen, die die Gründer im Rahmen des Systemaufbaus durchlaufen
müssen und beschreiben Sie welche potenziellen Kosten in jeder Phase einkalkuliert
werden müssen. Nutzen Sie zur einfacheren Beantwortung der Frage fiktive (aber
möglichst realistische) Zahlen und schätzen Sie ein, was das Community-Projekt grob
kosten würde.

3. Klausuraufgabe: „student-forum.com“
„student-forum.com“ ist eine angehende weltweite E-Community für Studenten der Wirt-
schaftswissenschaften. Im Mittelpunkt der Idee steht ein globaler Wissensaustausch, bei
dem sich die Studierenden über studienrelevante Themen austauschen können. Tina Kö-
nig, Studentin am Lehrstuhl für E-Business & E-Entrepreneurship der Universität Duis-
burg-Essen und designierte Gründerin von „student-forum.com“ plant, mit dieser Com-
munity nicht nur das Knüpfen von Kontakten zu Studierenden der gleichen Disziplin zu
erleichtern, sondern auch Diskussionen zu studienbezogenen Themen zu etablieren, um so
einen Universitätsübergreifenden Wissensaustausch zu erlauben. Tina König ist gerade
an den Markt gegangen. Bei einem Gründer-Kongress lernt sie den Geschäftsführer der
Firma Community Adverts kennen, der beschließt auf „student-forum.com“ Werbung im
Namen seiner Firma zu schalten. Damit überwindet Tina König zwar die ersten finanziel-
Klausuraufgaben 805

len Sorgen, trotzdem befürchtet Sie, nicht schnell genug die kritische Masse an Teilneh-
mern erreichen zu können. Schließlich ist sie nicht nur neu am Markt, sondern sieht sich
durch Plattformen wie „meet-students.com“, einer E-Community die ebenfalls auf die
Vernetzung von Studenten in aller Welt setzt, auch noch mit erheblicher Konkurrenz kon-
frontiert. Dennoch ist Tina König äußerst optimistisch, was den Erfolg ihres Projektes
betrifft. Als guter Freund bieten Sie Ihrer Kommilitonin Unterstützung bei der weiteren
strategischen Planung und Entwicklung von „student-forum.com“ an und machen sich
mit ihr Gedanken über die folgenden Fragen.
(a) Erklären Sie zunächst kurz das 2-H-Modell zur strategischen Positionierung von E-
Communities. Welche strategische Ausrichtung hat „student-forum.com“?
(b) Tina König hat die Sorge, die kritische Masse nicht schnell genug erreichen zu können.
Erklären Sie kurz, welche Faktoren für die Beschleunigung des Mitgliederwachstums
bei „student-forum.com“ eine Rolle spielen und geben Sie anschließend je Faktor ein
konkretes Beispiel zur Steigerung des Mitgliederwachstums.
(c) Mitgliederbindung ist ein zentraler Erfolgsfaktor für E-Communities. Erklären Sie
kurz vier Faktoren, die die Mitgliederbindung negativ beeinflussen können und geben
Sie je Faktor ein konkretes Beispiel, wie „student-forum.com“ eine diesbezügliche Be-
drohung abwenden könnte.

4. Klausuraufgabe: „essener-expats.com“
Tina König und Peter Eifrig sind beide Studenten der BWL im Hauptstudium am Lehrstuhl
für E-Business & E-Entrepreneurship der Universität Duisburg-Essen. Da beide mit dem
Gedanken spielen, nach dem Studium auszuwandern, möchten sie gemeinsam in ihrer
Freizeit eine E-Community für Essener Auswanderer gründen. Die geplante halbgeschlos-
sene E-Community mit dem Namen „essener-expats.com“ soll ein Newsboard über Aktu-
elles aus Essen bieten, genauso wie die Möglichkeit, mit anderen Auswanderern aus Essen
oder solchen, die es noch werden wollen, in Kontakt zu treten. Somit soll „essener-ex-
pats.com“ auf der einen Seite den Erfahrungsaustausch über die Auswanderung fördern;
auf der anderen ermöglicht die Seite aber auch den Austausch über die ferne Heimatstadt
Essen. Da sich das Projekt „essener-expats.com“ noch in der Gründungsphase befindet,
sind einige strategische Fragen zu klären. So ist z. B. unklar, wie das Projekt finanziert
werden kann und ob es eine Möglichkeit gibt, mit der geplanten Plattform Geld zu verdie-
nen. Des Weiteren sind sich Tina König und Peter Eifrig uneins darüber, ob sie die Platt-
form für externe Anbieter von Inhalten öffnen sollen. Als Freund bieten Sie Ihren Kommi-
litonen Unterstützung bei der weiteren strategischen Planung und Entwicklung von „es-
sener-expats.com“ an und beantworten die folgenden Fragen.
(a) Tina König und Peter Eifrig machen sich Gedanken über die strategische Ausrichtung
von „essener-expats.com“. Begründen Sie, welche primäre strategische Zielsetzung
Sie für „essener-expats.com“ vorschlagen würden.
806 Die Grundlagen der E-Community

(b) Die erfolgreiche Realisierung eines E-Community-Projektes erfordert die Abdeckung


von bestimmten Kernkompetenzen im Gründungsteam. Bewerten Sie anhand der An-
forderungen an ein E-Community-Projektteam bitte die Gründer von „essener-expats
.com“.
(c) Damit „essener-expats.com“ Erfolg hat, müssen neben internen Voraussetzungen äu-
ßere Rahmenbedingungen gegeben sein. Bewerten Sie daher „essener-expats.com“
anhand der strukturellen Voraussetzungen für den Erfolg von E-Communities.

5. Klausuraufgabe: „dive-in.com“
„dive-in.com“ ist eine angehende E-Community, deren Ziel es ist, ein umfassendes Netz-
werk und eine Datenbasis über Tauchgebiete auf der ganzen Welt aufzubauen. Dazu soll
„dive-in.com“ eine Datenbank bieten, in die Taucher und solche, die es werden wollen,
Angaben über Tauchgebiete eintragen können. Daneben soll ein Austausch über Fragen
rund um den Tauchsport ermöglicht werden. Besonderer Clou ist ein Geo-Feature, mit
dem man vom Ufer aus live in Tauchgebieten einchecken kann. Diese geografischen An-
gaben sollen dann auf einer Tauchweltkarte gespeichert und anderen Teilnehmern der
Community zugänglich gemacht werden, um den Informationsaustausch über bestimmte
Regionen zu fördern. Neben Tauchern möchten die beiden Gründer der Plattform auch
Tauchlehrer auf die Plattform locken, weil sie sich qualitativ hochwertige Beiträge über
Fragen rund ums Tauchen erhoffen. Katharina Gessner und Klaus Brinkmann, die beiden
designierten Gründer der Plattform, befinden sich gerade am Ende der Kick-Off-Phase
der Gründung von „dive-in.com“. Obwohl die beiden Studenten sich bereits einiger Kon-
kurrenz am Markt stellen müssen, sind beide optimistisch was den Erfolg von „dive-
in.com“ angeht. Beispielsweise ist bereits eine weltweite, halbgeschlossene E-Community
für Hobbytaucher etabliert am Markt. Damit die Plattform ein Erfolg wird, bieten Sie als
Experte und erfolgreicher Absolvent der Weiterbildung zum E-Business-Manager an der
Universität Duisburg-Essen Ihren Kommilitonen Unterstützung bei der weiteren strategi-
schen Planung und Entwicklung von „dive-in.com“ an und machen sich mit ihnen Gedan-
ken über die folgenden Fragen:
(a) In der Produktanalyse überlegen sich Katharina Gessner und Klaus Brinkmann, wel-
che Art von Zugangsmodell sie für ihre E-Community favorisieren. Bewerten Sie die
Eignung der E-Community „dive-in.com“ bezüglich der verschiedenen Arten von Zu-
gangsmodellen und geben Sie eine begründete Empfehlung ab.
(b) Katharina Gessner und Klaus Brinkmann sorgen sich aufgrund der großen Konkur-
renz am Markt. Deswegen denken sie darüber nach, E-Moderatoren einzusetzen. Be-
schreiben Sie kurz drei Aufgaben, die E-Moderatoren wahrnehmen können und erklä-
ren Sie anschließend je Aufgabe ein konkretes Gestaltungsbeispiel der möglichen Par-
tizipation von E-Moderatoren auf der Plattform „dive-in.com“.
Klausuraufgaben 807

(c) eContent-Marketing beinhaltet die Attraktivitätssteigerung einer Plattform durch Ak-


tivitäten zur Verbesserung von Inhaltsqualität und Inhaltsquantität. Erklären Sie kurz
drei der Content-Qualitätsaspekte Ihrer Wahl und stellen Sie dar, wie „dive-in.com“
die Aspekte bereits erkennen lässt oder geben Sie an, wie diese Aspekte auf dieser
Plattform aussehen könnten.

6. Klausuraufgabe: „wattolümpiade.de“
Karo Muster ist Studentin des Masterprogramms an der Universität Duisburg-Essen und
hat seit Jahren ein Lieblingshobby: Sie nimmt jedes Jahr an der Wattolümpiade in Bruns-
büttel teil. Da die Disziplinen (Schlammfußball, Schlammhandball, Schlamm-„Wolliball“
und Schlickschlittenrennen) recht viele Anforderungen stellen an Körper und Geist, sind
über die Jahre sämtliche Teilnehmer weggeblieben. So schrumpfte Karo Musters Team
nach und nach, bis nur noch sie übrigblieb. Da Karo Muster den Wattsport sehr mag,
entschließt sie sich, ein neues Team zu suchen und für die Wattolümpiade zu werben, in-
dem sie potenzielle Teilnehmer informiert, mit Ihnen diskutiert und Anreize zur Teilnahme
bietet. Was ihr allerdings besonders wichtig erscheint, ist eine Überarbeitung des Kon-
zeptes der Veranstaltung, vor allem, was die Aufgaben angeht. Sie glaubt, dass neue, in-
novative Aufgaben geschaffen werden müssen, die die Motivation zur Teilnahme ihrer
Meinung nach deutlich steigern würden. Sie erhofft sich, dies durch Input aus ihrem elekt-
ronischen Kontaktnetzwerk „wattolümpiade.de“ zu erreichen. Nun hat sie davon gehört,
dass Sie an der Veranstaltung E-Business-Management A, E-Community des Lehrstuhls
für E-Business und E-Entrepreneurship an der Universität Duisburg-Essen teilgenommen
haben, sowie die Weiterbildung zum E-Business-Manager erfolgreich absolviert haben
und möchte Ihre Expertenmeinung zu folgenden Fragen wissen:
(a) Viele der verfügbaren Lösungsansätze, die zum Aufbau einer E-Community genutzt
werden können, sind im Web 2.0 entstanden. Karo Muster fragt sich, welche System-
lösung wohl die geeignetste wäre für ihren Fall. Neben dem Geotagging-Modell gibt
es noch vier weitere Systemlösungen für elektronische Kontaktnetzwerke. Nennen und
beschreiben Sie kurz drei dieser fünf Modelltypen. Treffen Sie anschließend eine Ent-
scheidung in Bezug auf Karos Fall und begründen Sie Ihre Wahl.
(b) Anhand von Exklusivität und Nutzeridentifikation entstehen vier idealtypische Zu-
gangsmodelle. Nennen und beschreiben Sie kurz drei der vier Zugangsmodelle. Treffen
Sie anschließend eine Entscheidung, welches dieser Modelle Sie Karo Muster raten
würden und begründen Sie Ihre Entscheidung.
(c) Die Online-Mitgliedertypen und der Umgang mit ihnen beeinflusst maßgeblich die Dy-
namik der Gemeinschaftsbildung einer E-Community. Nennen und beschreiben Sie
drei der vier Online-Mitgliedertypen. Hinterfragen Sie die Wichtigkeit der vier Mit-
gliedertypen respektive Karos Fall.
808 Die Grundlagen der E-Community

7. Klausuraufgabe: „jobe.de“
„jobe.de“ ist eine angehende E-Community, die es Mitgliedern ermöglicht, sich im Rah-
men des Themas „Bewerbung & Job“ über Job und Bewerbung in jeglicher Form auszu-
tauschen. Die Community soll als Plattform dienen, die sowohl über alle Fragen rund um
Job und Bewerbung informiert, als auch Austausch zwischen den verschiedenen Mitglie-
dergruppen (sowohl Unternehmen als auch interessierte Einzelpersonen) ermöglicht. Un-
ternehmen bekommen dabei die Chance, potenzielle Mitarbeiter anzuwerben. Interes-
sierte Einzelpersonen wiederum können sich über offene Stellen und Anforderungen, aber
auch über generelle Erfordernisse rund um Bewerbung und Verhalten am Arbeitsplatz
informieren. Die Studenten Clara Kluge und Sven Smarth sind mit „jobe.de“ vor kurzem
an den Markt gegangen. Sie sind sich bewusst, dass „xing.de“ ein großer Konkurrent ist,
was eine Herausforderung an die Durchsetzungsfähigkeit ihres Geschäftskonzepts am
Markt bedeutet. In der Startup-Phase stellte sich heraus, dass gerade die Aktivität der
Hauptteilnehmergruppe – der Arbeitssuchenden – stark nachließ, sobald sie einen neuen
Job gefunden hatten. Zudem gab es auf Seiten der Jobanbieter immer wieder das Problem,
dass diese Gerüchte über Konkurrenten in den Foren streuten, um deren Image zu schä-
digen und qualifizierte Kandidaten abzugreifen. Damit die Plattform doch noch ein Erfolg
wird, bieten Sie als guter Freund Ihren Kommilitonen Unterstützung bei der weiteren stra-
tegischen Planung und Entwicklung von „jobe.de“ an und machen sich mit ihnen Gedan-
ken über die folgenden Fragen:
(a) Das Community-Marketing sollte an den einzelnen Phasen der Mitgliedergewinnung
bzw. -aktivierung ausgerichtet sein. Erklären Sie zunächst kurz die Ziele des Commu-
nity-Marketings. Erläutern Sie dann auf der Basis dieser Ziele konkret, wie die E-
Community „jobe.de“ durch Community-Marketing profitieren kann.
(b) Die erfolgreiche Realisierung des E-Community-Projektes erfordert die Beachtung
communityspezifischer Erfolgsfaktoren. Nennen Sie die vier communityspezifischen
Erfolgsfaktoren. Begründen Sie je Erfolgsfaktor, ob „jobe.de“ damit Probleme haben
könnte und zeigen Sie mögliche Lösungen auf, wie diese beseitigt werden könnten.
(c) Nach dem Lebenszyklus der Mitgliedschaft lassen sich die Stufen der Entwicklung von
E-Community-Teilnehmern unterscheiden. Beschreiben Sie die einzelnen Stufen der
Entwicklung und finden Sie im Rahmen der Mitgliederentwicklung eine Lösung für das
Image schädigende Gerüchtestreuen in den Foren von „jobe.de“.

8. Klausuraufgabe: „myPhone Inc.“


Jeremy Davis, der CEO von „myPhone Inc.“ ist der Gründer eines Imperiums: Das von
seinem Unternehmen herausgebrachte „myPhone“ ist in seinen Funktionen unglaublich
innovativ und damit zu Recht das meistverkaufte Smartphone der Welt. Die Fans des „my-
Phone“ fiebern regelmäßig den neuen Modellen entgegen und campen nachts vor den
Klausuraufgaben 809

„myPhone Stores“, um die ersten zu sein, die ein „myPhone“ in den Händen halten. Je-
remy Davis könnte also sehr zufrieden mit der Entwicklung seines Unternehmens sein.
Allerdings stellt er in den letzten Jahren vermehrt fest, dass die Konkurrenz aus China
nicht schläft und nach und nach Marktanteile von „myPhone“ abgreift. Jeremy Davis will
daher genauer erfahren, welche Bedürfnisse die Zielgruppe des „myPhone“ genau hat,
um diese in die Entwicklung des „myPhone 5“ einfließen zu lassen. Außerdem soll die
Identifikation der „myPhone“-Kunden mit dem Unternehmen weiter gestärkt werden.
Eine E-Community soll daher aufgebaut werden, um diese Ziele zu erreichen. Jeremy Da-
vis lässt Sie ins Silicon Valley einfliegen und bittet Sie, ihn bei der Gestaltung der E-Com-
munity zu beraten.
(a) Am meisten Gedanken macht sich Jeremy Davis über die strategische Ausrichtung sei-
ner „myPhone“-Community. Nennen und beschreiben Sie die primären sowie sekun-
dären Ziele im Rahmen der Strategieanalyse. Inwiefern ist die „myPhone“-Commu-
nity dazu geeignet, diese Ziele zu erreichen? Erläutern Sie die verschiedenen Möglich-
keiten.
(b) Jeremy Davis ist sich noch nicht sicher, welches Zugangsmodell er für die E-Commu-
nity wählen soll. Nennen und erklären Sie die vier verschiedenen Zugangsmodelle und
geben Sie eine Empfehlung für die „myPhone“-Community ab. Begründen Sie Ihre
Wahl.
(c) Der CEO hat recht konkrete Vorstellungen, welche Eigenschaften der „Ideal-Nutzer“
der E-Community haben sollte: Kreativ, aufgeschlossen, konstruktiv und aktiv. Bei der
Überlegung, wie man solche Nutzer am besten akquirieren könnte, stößt Jeremy Davis
auf das Stichwort „eRecommendation-Marketing“. Erläutern Sie, was genau man un-
ter eRecommendation-Marketing versteht und welche Ausprägungsformen es gibt. Wie
kann die „myPhone“-Community die Möglichkeiten des eRecommendation-Marketing
am besten nutzen? Empfehlen Sie Jeremy Davis eine Strategie.

9. Klausuraufgabe: „MyCrocodile.com“
Mia Müllermann und Karsten Kolumbus sind seit zehn Jahren beste Freunde. Sie verbin-
det, dass Reisen und ihre Liebe zu Krokodilen. Eines Tages trug es sich zu, dass sie sich
im Rahmen einer Expedition in der Zentralafrikanischen Republik in Haute-Kotto getrof-
fen haben, um die Gewässer des Kotto zu erkunden. Zu ihrem großen Bedauern sind sie
lediglich auf einige Flusspferde gestoßen und mussten die von ihnen so geliebten Kroko-
dile leider vermissen. Dies stimmte sie nachdenklich und sie entsannen sich ein Krokodil-
Reservat zu gründen und die Population der Krokodile in Haute-Kotto zu kultivieren. Da
Mia kürzlich in der sozialen Community Instagram auf den Hashtag „#CrocodileLove“
gestoßen ist und dieser bereits über 100.000 Posts hatte, hielt sie es für eine gute Idee eine
eigene E-Community für das Krokodil-Reservat zu etablieren. Karsten schlug den Namen
„MyCrocodile.com“ vor. Sie begannen Krokodile zu züchten. Um das Reservat ökono-
misch zu betreiben, initiierten sie die Möglichkeit, über „MyCrocodile.com“ eigene Kro-
810 Die Grundlagen der E-Community

kodil-Patenschaften zu erwerben. Darüber hinaus ist der eigentliche Fokus von „My
Crocodile.com“ jener, eine Plattform für Gleichgesinnte zu bilden, die den Austausch
über Krokodile, aber auch insbesondere Kaimane und Aligatoren ermöglicht und über die
Wichtigkeit deren Schutznotwendigkeit zu informieren.
(a) Ein großes Problem, das Mia und Karsten beängstigt, sind die mit der Einführung der
Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) eingehenden neuen Vorgaben, an welche sie
sich halten müssen – insbesondere was die Erhebung und Nutzung personenbezogener
Daten der Mitglieder von „MyCrocodile.com“ betrifft. Welche Probleme gehen mit
der Einführung der DSGVO einher und welche Konsequenzen ergeben sich vor diesem
Hintergrund für „MyCrocodile.com“.
(b) Innerhalb der E-Community möchten Mia und Karsten ein neues „Feature“ einbauen
um den „Captive Moment“ zu monetarisieren in welchem die Teilnehmer eigentlich
nur die Community besuchen aber sodann unmittelbar die Möglichkeit erhalten eine
Patenschaft zu erwerben. Bitte erörtern Sie die Option, um Besuchern die Möglichkeit
zu geben einen Kaufimpuls direkt und unmittelbar umzusetzen.
(c) Mia und Karsten haben aufgrund der Mitgliederanzahl – und aktivität herausgefun-
den, dass „MyCrocodile.com“ weiteres Optimierungspotenzial besitzt. Ein Blick auf
den größten Wettbewerber, die E-Community „KingK.ong“, die den thematischen
Schwerpunkt auf der Vergabe von Patenschaften für Wild-Gorillas legt, lässt Mia und
Karsten erschüttern. Diese E-Community weißt eine höhere Mitgliederanzahl auf. Zu-
dem sind ausgewiesene Gorilla-Experten unter den Mitgliedern. Nennen Sie die un-
terschiedlichen Rollen der Mitglieder in einer E-Community. Gehen Sie auf mögliche
Probleme eines Ungleichgewichts der unterschiedlichen Rollen ein. Erörtern Sie an-
schließend, welche Entwicklung sich zutragen müsste, damit die E-Community lang-
fristig an Attraktivität zunimmt.
Literatur zum Kapitel (Auswahl) 811

Literatur zum Kapitel (Auswahl)

Alpar, P./Blaschke, S./Keßler, S. (2007): Web 2.0: Neue erfolgreiche Kommunikations-


strategien für kleine und mittlere Unternehmen, Wiesbaden.
Bächle, M. (2008): Ökonomische Perspektiven des Web 2.0 – Open Innovation, Social
Commerce und Enterprise 2.0, in: Wirtschaftsinformatik, Jg. 50, Nr. 2, S. 129-132.
Bächle, M./Kirchberg, P. (2007): Frameworks für das Web 2.0, in: Informatik Spektrum,
Jg. 30, Nr. 2, S. 79-83.
Bender, G. (2008): Kundengewinnung und -bindung im Web 2.0, in: Kilian, T./Hass,
B.H./Walsh, G. (Hrsg.): Web 2.0 – Neue Perspektiven für Marketing und Medien,
Berlin, S. 173-190.
Chaudhuri, O. (2018): Anders netzwerken? Wie interne Communities zum Erfolg ge-
führt werden, https://www.bvcm.org/2018/01/anders-netzwerken-wie-interne-com
munities-zum-erfolg-gefuehrt-werden/, Zugriff am 04.10.2018.
Diemand, V./Mangold, M./Weibel, P. (2006): Weblogs, Podcasting und Videojourna-
lismus: Neue Medien zwischen demokratischen und ökonomischen Potentialen,
Hannover.
Diugos, C. (2018): Facebooks Faktencheck wird auf Bilder und Videos ausgeweitet,
https://t3n.de/news/facebooks-faktencheck-wird-auf-bilder-und-videos-ausgewei-
tet-1110447/, Zugriff am 07.02.2019.
Döhring, N. (2019): Sozialkontakte online: Identitäten, Beziehungen, Gemeinschaften,
in: Schweiger, W./Beck, K. (Hrsg.): Handbuch Online-Kommunikation, 2. Aufl.,
Wiesbaden.
Dörner, J.H. (2003): Personalisierung im Internet: persönliche Empfehlungen mit "col-
laborative filtering", Hamburg.
Hippner, H./Wilde, T. (2005): Social Software, in: Wirtschaftsinformatik, Jg. 47, Nr. 6,
S. 441-444.
Keding, T. (2007): Virtuelle Communities. Erfolgsfaktoren für das Internet-Geschäftsmo-
dell virtueller Gemeinschaften, Saarbrücken.
Koch, M./Richter, A. (2009): Enterprise 2.0: Planung, Einführung und erfolgreicher Ein-
satz von Social Software in Unternehmen, 2. Aufl., München.
Kollmann, T./Stöckmann, C. (2007b): Oszillationseffekte für Web 2.0-Plattformen –
Kritische-Masse-Probleme im virtuellen Wettbewerb, in: Kollmann, T./Häsel, M.
(Hrsg.): Web 2.0 – Trends und Technologien im Kontext der Net Economy, Wies-
baden, S. 207-224.
812 Die Grundlagen der E-Community

Lin, H.-F./Lee, G.-G. (2006): Determinants of Success for Online Communities: an Em-
pirical Study, in: Behaviour and Information Technology, Jg. 25, Nr. 6, S. 479-488.
Lovink, G. (2006): Digitale Nihilisten: Die Blogosphäre unterminiert den Medienmain-
stream, in: Lettre International, Nr. 73, S. 95.
McAfee, A. (2006): Enterprise 2.0: The Dawn of Emergent Collaboration, in: MIT Sloan
Management Review, Jg. 47, Nr. 3, S. 21-28.
Merx, M. (2006): Community-Plattformen und Content Management. http://www.con
tentmanager.de/magazin/artikel_1120_community_plattform_contentmanagemen
t.html, Zugriff am 07.03.2013.
Mödinger, W. (2008): Marketing to the Social Web. Die Rolle von Web 2.0 im Marke-
ting-Mix, in: Haasis, K./Zaboura, N. (Hrsg.): A Digital Lifestyle. Leben und
Arbeiten mit Social Software, Stuttgart, S. 83-91.
Möller, E. (2006): Die heimliche Medienrevolution: Wie Weblogs, Wikis und freie Soft-
ware die Welt verändern, 2. Aufl., Hannover.
Mühlenbeck, F./Skibicki, K. (2008): Community Marketing Management: Wie man On-
line-Communities im Internet-Zeitalter des Web 2.0 zum Erfolg führt, 2. Aufl.,
Köln.
Müller, U. (2005): Kundenbindung im E-Commerce: Personalisierung als Instrument des
Customer Relationship Marketing, Wiesbaden.
Orton, J. D./Weick, K. E. (1990): Loosely Coupled Systems: A Reconceptionalization.
Academy of Management Review, Jg. 15, Nr. 2, S. 203-223.
Panten, G. (2005): Internet-Geschäftsmodell Virtuelle Community, Wiesbaden.
Schubert, H. (2018): Netzwerkmanagement in Kommune und Sozialwirtschaft - Eine
Einführung, Wiesbaden.
Tietz, R. (2007): Virtuelle Communities als ein innovatives Instrument für Unternehmen,
Hamburg.
Urschinger, K. (2019): Achtung: DAS sind Fake News!, https://www.swr3.de/aktuell/
Achtung-DAS-sind-Fake-News/-/id=4382120/did=4840638/1x5o4tu/index.html,
Zugriff am 07.02.2019.
Wahlster, W./Dengel, A. (2006): Web 3.0: Convergence of Web 2.0 and the Semantic
Web, in: Technology Radar Feature Paper Edition II/2006, S. 2-22, Deutsche Tele-
kom Laboratories.
Die Grundlagen der E-Company 813

6. Die Grundlagen der E-Company

Die E-Company steht allgemein als Begriff für die elektronische Kooperation zwischen
Unternehmen über digitale Netzwerke. Oftmals wird in diesem Zusammenhang auch von
einer gemeinschaftlichen „virtuellen Unternehmung“ bzw. von einem zusammenhän-
genden „virtuellen Unternehmen“ gesprochen. Damit erfolgt eine Integration von innova-
tiven Informations- und Kommunikationstechnologien zur Verknüpfung von einzelnen
Unternehmensleistungen im Hinblick auf die Bildung eines virtuellen Unternehmensver-
bundes mit einem zusammengesetzten Transaktionsangebot in Form einer elektronischen
Kooperation. Diese Form der mehr oder weniger lose gekoppelten elektronischen Ko-
operation ermöglicht es rechtlich unabhängigen Unternehmen, eine Leistung auf einer Ba-
sis eines gemeinsamen Geschäftsverständnisses zu erbringen und gegenüber Dritten quasi
als ein einheitliches Unternehmen aufzutreten. Dabei stehen der Verzicht der „Institutio-
nalisierung zentraler Managementfunktionen zur Gestaltung, Lenkung und Weiterent-
wicklung“ des virtuellen Unternehmens und der Ersatz des „notwendigen Koordinations-
und Abstimmungsbedarfs durch geeignete Informations- und Kommunikationssysteme“
im Mittelpunkt (Mertens/Griese/Ehrenberg 1998, S. 3). Die Grundidee der elektronischen
Kooperation ist also darin zu sehen, dass die Beziehung und die kooperationsrelevanten
Abläufe zwischen den teilnehmenden Unternehmen über die mit Hilfe elektronischer Da-
tennetzwerke verbundenen Computer (z. B. Internet; s. Kapitel 1.2.1) und den damit ein-
hergehenden Rahmenbedingungen des elektronischen Informationsaustausches (s. Kapitel
1.3) abgewickelt werden (s. Abb. 294).
Hintergrund für die Zunahme des Einsatzes elektronischer Informationstechnologien im
Kooperationsbereich und damit bedeutende Kerntreiber für die E-Company waren zahl-
reiche Herausforderungen in der realen Kooperationsbildung, die mit Hilfe der elektro-
nischen Informationsverarbeitung bewältigt werden sollten. Zu diesen wesentlichen Her-
ausforderungen gehören insbesondere folgende Aspekte (Fleisch 2001, S. 17 ff.):

„ Käufermarkt: Der Wandel des Marktes von einem Verkäufermarkt zu einem Käu-
fermarkt zwingt viele Unternehmen, mehr auf die Kunden einzugehen, z. B. durch
eine hohe Serviceorientierung oder durch eine hohe Preis-Qualität-Relation ihrer Pro-
dukte. Auslöser für diesen Wandel sind Produktivitätssteigerungen, neue Technolo-
gien und die Möglichkeit, Ressourcen weltweit austauschen zu können.

„ Globalisierung: Die Globalisierung beschreibt eine Ausbreitung betrieblicher Koor-


dinationsformen (z. B. Hierarchien oder Netzwerke) in umfassender geographischer
Reichweite, sodass sich die ganze Welt zu einem einzigen großen Wirtschaftsraum
entwickelt. Ausgangspunkt sind dabei vor diesem Hintergrund alle Technologien, die
eine Reduktion der Transportkosten von Gütern und Informationen ermöglichen.

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019
T. Kollmann, E-Business, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26143-6_6
814 Die Grundlagen der E-Company

„ Organisationsstrukturen: Wirtschaftliche Organisationen unterliegen einem steti-


gen Wandel im Hinblick auf ihre Strukturen. Dies erfordert Organisationsstrukturen,
die sowohl flexibel sind als auch kompetitive Kostenstrukturen zulassen und nicht
durch die Organisationseinheit selbst begrenzt werden. Als Ergebnis entsteht die Fä-
higkeit zur Vernetzung mit internen und externen Organisationseinheiten.

Vor dem Hintergrund dieser Aspekte soll die E-Company eine deutliche Verbesserung
darstellen. Um dies zu erreichen, müssen jedoch spezifische Anforderungen bezüglich der
fünf Bausteine „Systeme“, „Prozesse“, „Management“, „Marketing“ und „Implementie-
rung“ (s. Kapitel 1.7) erfüllt werden, auf die im Folgenden eingegangen wird.

Kooperationsabsicht

Unternehmen Unternehmen
Kooperationspartnersuche

Kooperationspartnerauswahl

Unternehmen Unternehmen

Kooperationspartnerintegration

Kooperationsdurchführung
Unternehmen Unternehmen

Kooperationsauflösung

Abb. 294: Die Grundidee der E-Company

6.1 Die Systeme bei der elektronischen Kooperation


Die technische Systemebene in der E-Company unterstützt jegliche Prozesse, die mit der
elektronischen Kooperation von Unternehmen zusammenhängen. Die zentrale Herausfor-
derung auf der Systemebene in der elektronischen Kooperation ist dabei, die Anforderun-
gen an die teilnehmenden Unternehmen selbst, an die Mitarbeiter und an die Systeme zu
identifizieren, um eine virtuelle Zusammenarbeit so effektiv und effizient wie möglich zu
gestalten. Diese zeigen sich in Form von virtuellen Arbeitsplätzen, die von virtuellen
Teams in virtuellen Unternehmen verwendet werden, damit eine umfassende Virtualität
für die E-Company ermöglicht wird. Nicht zuletzt müssen Architekturen, Protokolle und
Die Systeme bei der elektronischen Kooperation 815

Formate definiert werden, um einen Einsatz verschiedenartiger Systemlösungen unterneh-


mensübergreifend zu ermöglichen.
Auf der Systemebene der elektronischen Kooperation gilt es also, Systemlösungen zu ge-
stalten, elektronische Standards zu definieren und diese adäquat im Kontext der jeweiligen
Beziehungen zwischen den virtuellen Kooperationspartnern einzusetzen. Vor diesem Hin-
tergrund stellen sich eine Reihe zentraler Fragen, die zugleich auch als Lernziele angese-
hen werden können:

„ Welche Anforderungen an ein E-Company-System bringen elektronische Kooperati-


onen mit sich?

„ Wie kann man den virtuellen Aufbau einer E-Company beschreiben?

„ Welche Arten von Systemlösungen zum Aufbau einer E-Company können grundsätz-
lich unterschieden werden?

„ Wie können die Anforderungen in der E-Company insbesondere mit Hilfe der Inter-
net-Technologie erfüllt werden?

„ Wie können die technischen Komponenten eines E-Company-Systems beschrieben


werden und wie interagieren diese miteinander?

„ Wie gestaltet sich der Informations- und Datenaustausch zwischen einzelnen Koope-
rationspartnern innerhalb eines E-Company-Systems?

6.1.1 Die Systemanforderungen der elektronischen Kooperation


In einer E-Company werden in der Regel alle Kommunikations- und Koordinationspro-
zesse von Informations- und Kommunikationssystemen begleitet. Aus dem Einsatz dieser
technischen Unterstützungsmöglichkeiten entstehen eine ganze Reihe von Anforderun-
gen nicht nur an die Systeme selbst, sondern auch an die beteiligten Unternehmen und
Mitarbeiter. Um den dafür nötigen Detailgrad der Virtualisierung einer E-Company be-
schreiben zu können, bietet es sich an, die möglichen Organisationsformen typologisch
einzuordnen. Zu diesem Zweck lässt sich die Typologie einer E-Company an einem Stu-
fenmodell abbilden, das in dieser Form auch in der Praxis eine gängige Anwendung findet
(Hofmann 2003a, S. 27 ff.). In diesem Zusammenhang werden die Aspekte eines virtuel-
len Unternehmens, einer virtuellen Teamstruktur und der dazugehörigen virtuellen Ar-
beitsplätze aufgezeigt. Anschließend werden die Anforderungen an die eingesetzten In-
formations- und Kommunikationssysteme betrachtet und damit auch eine technische Per-
spektive eingenommen.
816 Die Grundlagen der E-Company

6.1.1.1 Virtuelle Unternehmen


Virtuelle Unternehmen setzen sich aus mehreren Unternehmen zusammen und stellen
sich auf dem Markt als ein Verbund von Unternehmen dar, d. h. die Interaktion mit Kun-
den und Lieferanten erfolgt von ihnen als eine eigenständige Geschäftseinheit. Ebenso
wie auf den eigenständigen Auftritt nach Außen, setzt das virtuelle Unternehmen auf eine
einheitliche Plattform, um mit den externen Partnern zu kommunizieren. Dies geschieht
mittels Informations- und Kommunikationstechnologien sowohl mit den Geschäftspart-
nern als auch mit den Verbundpartnern (Hofmann 2003a, S. 26). Den „virtuellen“ Cha-
rakter erhält der Verbund dabei dadurch, dass die Erbringung der konkreten einzelnen
Teilleistungen der verbundenen Partner zumindest nach außen hin nicht klar erkennbar
wird, sondern dort nur das gemeinsame Endergebnis angeboten wird (Bickhoff et al. 2003,
S. 14).

kurz-
fristig (Ziele)

Produkt-/
Leistungs-
austausch

Joint
Realisierung Venture
zeitl. begrenzte
Marktchancen/
Projekte Strategische
Zeit- Allianz
horizont Virtuelles
Unternehmen
Synergie-
realisierung/
Risikoteilung
Konsortium

Wettbewerbs-
beschränkung

lang- (Kooperations-
Beteiligungen Verträge Vertrauen Markt
fristig grundlage)

gering hoch
Flexiblität

Abb. 295: Systematisierung der Kooperationsformen


Quelle: Bickhoff et al. 2003, S. 28.

Die Kooperationsform des virtuellen Unternehmens bietet sich für das Management als
ein geeignetes Mittel an, um auf einem dynamischen Markt mit flexiblen Unternehmen
neue Aufträge zu generieren. Diesbezüglich kann es auch zu verwandten Kooperations-
formen (s. Abb. 295) auf Basis des Zeithorizonts und der Kooperationsgrundlage abge-
grenzt werden (Bickhoff et al. 2003, S. 28 ff.):
Die Systeme bei der elektronischen Kooperation 817

„ Strategische Allianz: Eine strategische Allianz benennt alle Kooperationstätigkeiten


in einem bindenden Vertrag. Insbesondere wird festgeschrieben, wie sich die betei-
ligten Unternehmen durch die Allianz vom restlichen Wettbewerb ausschließen. Das
bedeutet auch, dass alle Kooperationspartner wirtschaftlich unabhängig am Markt
agieren und eigene Ziele verfolgen. Im Gegensatz dazu gehen virtuelle Unternehmen
über solche festen Vereinbarungen hinaus. Dort existieren die Kooperation und der
Wettbewerb gleichermaßen und durch Auflösungen und Neubildungen von virtuellen
Unternehmen werden immer neue Lernerfolge erzielt.

„ Joint Venture: Ein Joint Venture wird als Gemeinschaftsunternehmen von mindes-
tens zwei Unternehmen gegründet, um allen beteiligten Unternehmen die Möglichkeit
zu bieten, Synergieeffekte zu erzielen und neue Marktchancen ausnutzen zu können.
In dem gegründeten Gemeinschaftsunternehmen sind damit die beteiligten Unterneh-
men Anteilseigner und können nicht frei über die von ihnen eingebrachten Ressour-
cen verfügen. Im Gegensatz zu virtuellen Unternehmen ist ein Joint Venture befristet
und wird mehr als ein einzigartiges Projekt angesehen.

„ Konsortium: Ein Konsortium ist eine Partnerschaft, die nach Außen als Gesellschaft
bürgerlichen Rechts auftritt und die Erfüllung vorher definierter Aufgaben als Ziel
innehat. Auch in dieser Kooperationsform ist die Partnerschaft auf eine Projektdauer
ausgelegt und unterliegt einer Reihe von Regelungen, die in einem Vertrag festgelegt
wurden. Durch die Möglichkeit an Großaufträgen teilzuhaben und neue Marktchan-
cen nutzen zu können, sowie die Projektrisiken auf alle Partner zu verteilen, hat das
Konsortium die größte Ähnlichkeit zu einem virtuellen Unternehmen. Allerdings
werden Konsortien vertraglich detaillierter ausgearbeitet, bestehen längerfristiger und
die Beteiligten sind meist aus derselben Branche.

Ein Beispiel für eine strategische Allianz bildet z. B. die Star Alliance (s. Abb. 296).
Diese ist derzeit die größte Luftfahrtallianz weltweit und das führende Netzwerk von Flug-
linien mit insgesamt 28 Partnern (u. a. United Airlines, US Airways, Deutsche Lufthansa
AG und Singapore Airlines). Zwar erfüllt diese Allianz zum Großteil alle Merkmale eines
virtuellen Unternehmens (Bickhoff et al. 2003, S. 89 f.), jedoch versteht sie sich ausdrück-
lich als eine strategische Allianz, da sie auf einem begrenzten Gebiet arbeitet und jeder
Kooperationspartner wirtschaftlich unabhängig bleibt. Im Gegensatz zu einer strategi-
schen Allianz tritt die Virtuelle Fabrik (virtuellefabrik.ch) im Bereich der Mechatronik als
ein vollständiges und klassisches Beispiel für ein virtuelles Unternehmen auf (s. Abb.
297).
Die Basis des Netzwerks bildet eine elektronische Plattform, die auf eine örtlich und zeit-
lich unabhängige Kommunikation setzt und dadurch Aufträge realisiert werden können,
indem konfigurierbare Projektteams zusammengebracht werden. Das stabile Unterneh-
mensnetzwerk ermöglicht eine Zusammenarbeit von rechtlich unabhängigen Kooperati-
onspartnern, die alle eine ausgeprägte Kooperationskultur besitzen und dadurch das Ko-
818 Die Grundlagen der E-Company

operationsnetzwerk weiterentwickeln können. Dies setzt eine sorgfältige Auswahl geeig-


neter Kooperationspartner voraus, die sich in ihren Stärken und Kernkompetenzen ergän-
zen. Daher ist das Netzwerk in der Lage, auf Kundenbedürfnisse schnell zu reagieren und
ein passendes Projektteam zusammenzustellen, das die gewünschten Kompetenzen mit-
bringt und mit einem Auftragsmanager einen direkten Ansprechpartner anbietet (Besimo/
Huber 2005, S. 153).

Abb. 296: Die strategische Allianz am Beispiel von Star Alliance


Quelle: www.staralliance.com

Um virtuelle Unternehmen genauer abgrenzen zu können, lassen sich die Eigenschaften


in sechs idealtypische Merkmale unterteilen (s. Abb. 298), die für eine Realisierung der
praktischen Kooperation überwiegend erfüllt sein sollten (Holzberg/Meffert, 2009; Bick-
hoff et al. 2003, S. 15 ff.):

„ In diesem Zusammenhang bildet die Art des Netzwerks eine grundlegende Ausrich-
tung der Leitung virtueller Unternehmen. Die Bandbreite geht dabei von einem stark
hierarchischen Netzwerk mit einem dominanten Unternehmen bis hin zu einem Netz-
werk mit einer kollektiven Leitung durch gleichberechtigte Partner.

„ Weiterhin ist das Kooperationsausmaß zwischen den beteiligten Netzwerkunterneh-


men zu bestimmen. Abhängig von der Strukturierung des Leistungserstellungspro-
zesses weist eine bestimmte Anzahl von Schnittstellen eine bestimmte Kontakthäu-
Die Systeme bei der elektronischen Kooperation 819

figkeit zwischen den Netzwerkpartnern auf. Zum Beispiel ist das Ausmaß der Koope-
ration am höchsten, wenn alle Partnerunternehmen das Produkt gemeinsam entwi-
ckeln und realisieren möchten. Jedoch gibt es eine klarere Aufgabenverteilung, wenn
nur ein Partnerunternehmen das Produkt entwickelt und erst an der Realisation alle
beteiligt sind.

Abb. 297: Das virtuelle Unternehmen am Beispiel von Virtuelle Fabrik


Quelle: www.virtuellefabrik.ch mit Erweiterung von Besimo/Huber 2005, S. 153.

„ Im Zuge dessen ist die Partnerauswahl ein großer Erfolgsfaktor. Idealtypisch arbei-
ten in einem virtuellen Netzwerkverbund die besten Unternehmen zusammen, um mit
ihren Kompetenzen den Auftrag so gut wie möglich zu erfüllen. Allerdings ist diese
Möglichkeit der unbegrenzten Partnerauswahl (aus allen möglichen Unternehmen am
Markt) in der Praxis weniger anzutreffen. Dort werden die Partner oft aus dem eige-
820 Die Grundlagen der E-Company

nen Beziehungsnetzwerk ausgewählt, um die Transaktionskosten gering zu halten


und eine bereits vorhandene Vertrauensbasis weiterhin zu nutzen.

„ Zudem ist die Frage der Befristung der Zusammenarbeit zu klären. Im besten Fall
konfiguriert sich ein virtuelles Unternehmen kurzfristig und marktgerecht mit den ge-
eigneten Kompetenzen für den Zeitraum eines Auftrags.

„ Der zuvor angesprochene Marktauftritt nach außen ist ein weiterer Aspekt eines
virtuellen Unternehmens. Um der Definition eines virtuellen Unternehmens gerecht
zu werden, ist es unerlässlich, als ein (reales) Unternehmen am Markt aufzutreten und
zu agieren. Das kann ein virtuelles Unternehmen z. B. durch die Darstellung einer
gemeinsamen Marke oder eines gemeinsamen Firmennamens erreichen, um den Kun-
den das Gefühl zu vermitteln, alle Leistungen aus einer Hand und ohne Kooperati-
onsrisiken zu erhalten.

Erfüllung Art des Kooperations- Partnerauswahl Befristung Marktauftritt Ressourcen-


Netzwerks ausmaß und/oder
Marktziele

100 % Kollektiv Gemeinsames Unbegrenzter Für ein Projekt Treten Vollständig


geleitetes Entwickeln und Wettbewerb zusammen nur gemeinsam
Netzwerk Realisieren von unter der
Projekten gemeinsamen
Marke auf
Netzwerk mit Gemeinsames Begrenzter Terminiert für Auch unter einer Mehrheitlich
institutionali- Realisieren von Wettbewerb einen gemeinsamen gemeinsam
sierter Leitungs- nicht gem. Zeitabschnitt Marke
funktion entwickelten länger als ein
Projekten Projekt
Strahlen- Unilaterale Auswahl ohne Unbegrenzt mit Nur unter den Teilweise
förmiges Netz Geschäfts- Wettbewerb Abbruch- eigenen Marken gemeinsam
um fokales beziehungen bedingung
Unternehmen

Keine Keine Keine Keine zeitliche Kein Nicht


selbstständigen Geschäfts- Auswahlbasis Befristung gemeinsamer gemeinsam
Partner beziehung Marktauftritt
0% (hierarchisch)

Abb. 298: Merkmale von virtuellen Unternehmen


Quelle: in Anlehnung an Bickhoff et al. 2003, S. 25.

„ Ein abschließendes Merkmal virtueller Unternehmen bilden die Ressourcen- und/


oder Marktziele der Zusammenarbeit. Ressourcenziele können dabei z. B. Kosten-,
Qualitäts- oder Zeitvorteile sein und unter den Marktzielen versucht das virtuelle Un-
ternehmen, neue Marktchancen zu generieren. Im Idealfall gibt es bei den Netzwerk-
partnern Ziele, aus denen Synergieeffekte zu erwarten sind, sodass durch eine Vertei-
lung einmaliger Kompetenzen das beste Ergebnis für den Kunden und die höchsten
Synergien für alle Partner erreicht werden können.
Die Systeme bei der elektronischen Kooperation 821

Vor diesem Hintergrund versteht sich eine E-Company – im Gegensatz zu isolierten Un-
ternehmen, die ihrem Selbstzweck dienen – als Netzwerkunternehmung in einem funkti-
onalen Sozialsystem mit dem Zweck, sowohl soziale als auch ökonomische Bedürfnisse
zu befriedigen. Diese Zielausrichtung bedingt die Auflösung aller rechtlichen und fakti-
schen Unternehmensgrenzen und das Auftreten des Bildes des Unternehmens als eigen-
ständige Institution am Markt. Um dieses Selbstbild bei den Mitarbeitern, die mit ihrer
Leistungsbereitschaft und Leistungsfähigkeit einen zentralen Erfolgsfaktor darstellen, im
Unternehmen umsetzen zu können, bedarf es der Integration einer interorganisatori-
schen Beziehungsorientierung in das normative Management (Krystek/Redel/Reppega-
ther 1997, S. 317 ff.):

„ Unternehmenspolitik: Die Unternehmenspolitik orientiert sich in einer E-Company


immer an der Rolle in ihrem interorganisatorischen Netzwerk. Dabei sind die obersten
Ziele immer auf die Stakeholder (sowohl aktuelle als auch potenzielle Kooperations-
partner) auszurichten. Es findet ein langfristiger Lernprozess statt, mit der Zielbestim-
mung, neue und maximale Nutzen- und Erfolgspotenziale für alle Kooperations-
partner im Unternehmensnetzwerk aufzubauen. Gleichzeitig wird das bewusste Ein-
gehen von Risiken in Kauf genommen, um außerordentliche Erfolge durch eine inter-
organisatorische Zusammenarbeit zu erzielen. Ferner ist eine hohe Informationsbreite
in einer E-Company zu gewährleisten, die es erlaubt, neue Kooperationspartner zu
identifizieren und zu evaluieren. In der Ausrichtung ihrer Ziele wird die Unterneh-
menspolitik in einer E-Company nach ökonomischen und gesellschaftlichen Aspek-
ten unterteilt. Eine ökonomische Zielausrichtung beschreibt dabei die Konzentration
auf Sachziele (z. B. das Setzen von Qualitäts- und Leistungsstandards) und finanzielle
Wertziele, wohingegen sich eine gesellschaftliche Zielausrichtung auf ökologische
und soziale Zielsetzungen fokussiert. Letzteres hat insbesondere in einer E-Company
einen hohen Stellenwert, da durch die Vernetzung auch die Mitarbeiter anderer Un-
ternehmen in der Unternehmenspolitik betrachtet werden.

„ Unternehmenskultur: Die Unternehmenskultur einer E-Company zeichnet sich


durch die Merkmale der Offenheit, Differenziertheit und kulturprägenden Rolle des
Managements und der Mitarbeiter aus. Die Offenheit bietet einer E-Company die
Chance, an Bedürfnisverschiebungen zu partizipieren und damit neue Kooperations-
möglichkeiten frühzeitig zu erfassen und zu nutzen. Somit werden auch spontane in-
terorganisationale Kooperationsbeziehungen nicht als Gefahr, sondern vielmehr als
Innovationsmöglichkeit wahrgenommen. In diesem Zuge fördert auch eine Differen-
ziertheit der Unternehmenskultur eine offene laterale Kommunikation mit den Ko-
operationspartnern, bei der die Mitarbeiter keine Probleme damit haben, ihr Verhalten
an die Subkulturen der Kooperationspartner anzupassen und mit dieser Verhaltens-
flexibilität vorhandene Problemstellungen im interorganisatorischen Kontext zu lö-
sen. Weiterhin ist in einer E-Company die kulturprägende Rolle des Managements
und der Mitarbeiter nicht zu vernachlässigen. Das Management hat die Möglichkeit,
ein evolutionäres Kulturmanagement zu betreiben, bei dem Rahmenbedingungen ge-
822 Die Grundlagen der E-Company

setzt werden, um die Kooperationskultur in einer E-Company zu fördern. Zusätzlich


müssen die Mitarbeiter das Denken annehmen, systemübergreifend und unternehme-
risch zu handeln, um eine kreative interorganisationale Kooperation möglich zu ma-
chen und im Team zu agieren.

„ Unternehmensverfassung: Die Unternehmensverfassung regelt sowohl die Sym-


metrie als auch die Stabilität der Kooperation einer E-Company. Dabei beschreibt die
Symmetrie der Kooperation ein tiefes Eingehen in die Kooperation, jedoch mit einer
geringen Einflussnahme auf das Verhältnis der Kooperation aller beteiligten Unter-
nehmen. Das bedeutet für eine E-Company, dass sie sich als ein Element in einem
Netzwerk sieht und sich ihrer Identität einem gemeinsamen Nutzen unterordnet. Die
Stabilität der Kooperation hängt von der Langfristigkeit der Kooperation ab, denn
langfristige Kooperationen bilden für virtuelle Unternehmen und Organisationen ei-
nen idealtypischen Verlauf ab, um ein tiefgreifendes Vertrauensverhältnis aufbauen
zu können und sich bei schwerwiegenden Problemen einvernehmlich auflösen zu
können.

Die Teams bilden in der E-Company einen zentralen Bestandteil, wenn es darum geht
unternehmensinterne und interorganisatorische Leistungen zu erbringen. Möglich machen
dies virtuelle Schnittstellen, die einzelne Mitarbeiter der E-Company zur Verfügung stel-
len und aus denen neue Netzwerke geschaffen werden können. Daraus folgt die Erkennt-
nis, dass Unternehmen mit einer hohen Anzahl solcher Schnittstellen auch flexibler sind,
wenn es darum geht kurzfristige Kooperationsbeziehungen einzugehen ohne vorher einer
aufwändigen Vorbereitung zu unterliegen (s. Abb. 299).

Unternehmen 1 Netzwerk virtueller Unternehmen Unternehmen 1

Unternehmensleitung Unternehmensleitung
1 3
3

1 2 3 4 2 1 2 3 4
1 3
1

1 2 3 4 4 1 2 3 4
4 2

Abb. 299: Virtuelle Schnittstellen in Netzwerksystemen


Quelle: in Anlehnung an Krystek/Redel/Reppegather 1997, S. 331.

Im Ergebnis stellt das virtuelle Unternehmen durch die Flexibilität und Bündelung von
Know-How aller Kooperationspartner und deren Mitarbeiter die vorteilhafteste Koope-
rationsform dar, um in Projekten mit einer hohen Produktkomplexität und einer hohen
Marktunsicherheit agieren zu können (Gora/Scheid 2001, S. 13 f.). Dieser Ansatz wird
vor allem sichtbar im Konzept der Open Innovation (Chesbrough 2009), bei dem die
Die Systeme bei der elektronischen Kooperation 823

Wissensressourcen durch eine Öffnung des Innovationsprozesses mithilfe von Partner-


schaften mit anderen Unternehmen, Lieferanten, Kunden und weiterer externer Partner
(z. B. Universitäten) erweitert werden und zur Optimierung eines Produktes führt. Dabei
kann dem Risiko eines innovativen Produktes begegnet werden, indem durch die Partner-
schaften besser abgeschätzt werden kann, wie das Wünschbare mit dem Machbaren ver-
bunden werden kann. Insbesondere die Aspekte der Produktkomplexität und die hohe
Marktunsicherheit kennzeichnen die Digitale Wirtschaft und unterstreichen somit den Be-
darf einer E-Company mit entsprechender Offenheit gegenüber möglichen Partnerschaf-
ten in diesem Bereich, um sein Risiko zu reduzieren. Diese Partnerschaftspolitik hat in der
Geschichte schon mehrmals gezeigt, dass die Potenziale von Startups mit Hinblick auf
ihre disruptiven technologischen Innovationen oftmals erst dann zum Tragen kommen,
wenn sie durch eine Kooperation mit federführenden Big Playern (wie bspw. IBM, Kodak
oder auch HP; s. Macher/Richman 2004) getragen wird.

6.1.1.2 Virtuelle Teamstrukturen


Virtuelle Teamstrukturen ermöglichen es mindestens zwei Mitarbeitern aus demselben
oder verschiedenen Unternehmen, von verschiedenen Orten aus mit Hilfe von modernen
Informations- und Kommunikationstechnologien (online) zusammen zu arbeiten. Dabei
können die Arbeitsplätze innerhalb der Unternehmen selbst liegen oder zu Hause bzw.
mobil über Telearbeit eingerichtet sein (s. Kapitel 6.1.1.3). Durch die flexiblen Gestal-
tungsmöglichkeiten der Arbeitsplätze und der Teammitglieder bilden die virtuellen Teams
eine operative Ebene als Grundvoraussetzung für virtuelle Unternehmen. Im Vergleich zu
konventionellen Teams arbeiten die virtuellen Teams gemeinsam in Arbeitsgruppen er-
gebnisbezogen über räumliche und zeitliche Entfernungen hinweg und kommunizieren
über Telemedien (z. B. mit Hilfe von Skype, GotoMeeting.com oder join.me). Damit zeich-
net sich die virtuelle Teamarbeit vor allem durch eine Abkehr von der direkten Kommu-
nikation, veränderten Rahmenbedingungen für die Führung und durch eine hohe Abhän-
gigkeit von Telemedien aus (Hofmann 2003b, S. 91). Ferner sind virtuelle Teams anhand
von sechs Dimensionen darstellbar (s. Abb. 300), die im Ergebnis einen unterschiedlich
starken Grad der Virtualität annehmen und somit unterschiedliche Ausprägungen von vir-
tuellen Teams aufzeigen können (Meyer et al. 2011, S. 58 f.):

„ Die erste Dimension Ort beschreibt die räumliche Verteilung der Teammitglieder und
zeigt damit, ob die Zusammenarbeit von einem Standort oder von mehreren Standor-
ten aus erfolgen kann.

„ In der zweiten Dimension Zeit wird aufgezeigt, ob die Teammitglieder zur selben
Zeit oder in verschiedenen Schichten, Prozessabschnitten oder Zeitzonen zusammen-
arbeiten.

„ Die dritte Dimension Art der Zusammenarbeit stellt dar, wie die Teammitglieder
miteinander kooperieren und kommunizieren. Diese können sowohl eine direkte als
824 Die Grundlagen der E-Company

auch eine vermittelnde Kommunikation über Informations- und Kommunikations-


technologien in Anspruch nehmen. Dabei steigt der Grad der Virtualität je stärker die
Informations- und Kommunikationstechnologien genutzt werden.

„ Bei der vierten Dimension zeitliche Begrenztheit wird zwischen einer längerfristigen
und einer auftragsorientierten Zusammenarbeit unterschieden. In diesem Zusammen-
hang geht es darum, ob sich die Teamzusammenstellung bei langfristigen Projekten
mit möglichen Folgeprojekten nicht verändert oder nach einem abgeschlossenen Auf-
trag direkt auflöst.

Ort

Vielfältigkeit Zeit

Mobilität des Art der


Arbeitsplatzes Zusammenarbeit

Zeitliche Begrenztheit
Virtuelles Unternehmen

Abb. 300: Dimensionen der Virtualität


Quelle: Meyer et al. 2011, S. 59.

„ Die fünfte Dimension Mobilität zeigt die Möglichkeit auf, den Teammitgliedern ent-
weder einen permanenten Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen oder sie an verschie-
denen Orten, bspw. beim Kunden oder zu Hause, arbeiten zu lassen.

„ Abschließend geht die sechste Dimension Vielfältigkeit auf die individuellen und
kulturellen Unterschiede der Teammitglieder ein.

Eine der größten Herausforderungen der virtuellen Teamarbeit ist die Koordination der
Tätigkeiten. Aufgrund der verteilten räumlichen Distanz werden Informations- und Kom-
munikationstechnologien zur Kommunikation und Koordination genutzt, wobei die Me-
dienart die Interaktion innerhalb des virtuellen Teams stark beeinflussen kann. Beispiele
Die Systeme bei der elektronischen Kooperation 825

der genutzten Medienarten sind Telefon, E-Mail oder Groupwaresysteme (s. Kapitel
6.1.2). Bei der Besprechung von komplexen Inhalten oder auftretenden Problemen ist z. B.
eine Telefon- oder Videokonferenz sinnvoll, um Mehrdeutigkeiten zu vermeiden und die
Koordination der Aufgaben zu optimieren. Eine weitere Herausforderung bei der Koordi-
nation von virtuellen Teams liegt vor allem bei der zeitlichen Abstimmung. Im Gegensatz
zu traditionellen Teams, die in der Gruppe an einem Ort arbeiten, brauchen virtuelle
Teams mehr Zeit, um sich abzustimmen und alle Mitglieder auf den gleichen Informati-
onsstand zu bringen. Ein elementares Mittel zu dieser Koordination stellt dabei die Mög-
lichkeit des Feedbacks dar. Durch Rückmeldungen können bestimmte Prozesse und Er-
gebnisse gesichtet und weiter koordiniert werden. Zusätzlich können auftretende Prob-
leme erkannt und ihnen entgegengesteuert werden. Diese Tätigkeiten übernimmt der
Teamleiter, der weiterhin dafür sorgen muss, dass jedes Teammitglied – trotz der regel-
mäßigen Feedbacks – eigenverantwortlich arbeiten kann (Meyer et al. 2011, S. 65 f.).
Vor diesem Hintergrund werden nicht nur das virtuelle Unternehmen selbst, sondern auch
die dort leistungserbringenden Mitarbeiter vor neue Anforderungen gestellt, die sich aus
dem Charakteristikum interorganisatorischer Netzwerkbeziehungen ergeben. Insbeson-
dere stehen die Mitarbeiter des Managements und der operativen Ebene einer Vielzahl von
Herausforderungen gegenüber, die zum Erfolg und möglicherweise auch Misserfolg ei-
ner E-Company beitragen (Krystek/Redel/Reppegather 1997, S. 330 ff.):

„ Die höchste Qualifikationsanforderung an das Management ist die kompetenzorien-


tierte Führung, um Kernkompetenzen frühzeitig erkennen, nutzen, entwickeln und
erhalten zu können. Mittels einer Analyse der eigenen Kernkompetenzen, die über die
klassischen ökonomischen Tätigkeiten hinausgehen (bspw. Leistungserstellung oder
Ressourcen), können diese anschließend erkannt und fokussiert genutzt werden, um
z. B. neue Märkte zu schaffen. Das Vorgehen ist vor allem für die Unternehmensent-
wicklung förderlich. Dadurch ist es einerseits möglich, neue Entwicklungspfade aus
vorhandenen Kernkompetenzen zu erkennen und andererseits können bisher unbe-
achtete Probleme bei bestimmten Kompetenzentwicklungen aufgedeckt und gelöst
werden. Die Erhaltung der Kompetenzbasis ist letztendlich die Hauptaufgabe der
kompetenzorientierten Führung.

„ Daneben treten die Manager als sog. Boundary Spanner auf, die eine Vernetzung
von komplementären Kompetenzen in den Netzwerkunternehmen durch geeignete
Maßnahmen sicherstellen. Die Aufgaben reichen von der selbstständigen Informati-
onsverarbeitung bis hin zum Management anderer Boundary Spanner. Für das Ma-
nagement ist speziell der Aspekt des Kontaktaufbaus und der Kontaktpflege zu ande-
ren Boundary Spannern von großer Bedeutung, um Zugänge zu den anderen Netz-
werkunternehmen zu erhalten, die andernfalls verwehrt blieben.

„ Eine weitere Anforderung an das Management ist, in ganzheitlichen und vernetzten


Zusammenhängen zu denken. Weil die Grenzen der einzelnen Unternehmen in
Netzwerkunternehmen immer weiter verwischen und oft auch schnell an Bedeutung
826 Die Grundlagen der E-Company

verlieren, wird diese Art zu denken und zu handeln der wichtigste Erfolgsfaktor für
eine E-Company im internationalen Wettbewerb.

Neben dem Management richten sich spezielle Anforderungen an die einzelnen Mitarbei-
ter einer E-Company vor allem auf ein politisches und diplomatisches Geschick, um
Schnittstellen bereitstellen zu können, insbesondere wenn dabei Informationen oder
Dienstleistungen zwischen einzelnen Unternehmen fließen. Dafür sind qualifizierte Mit-
arbeiter erforderlich, die neben einer ausgeprägten Offenheit und Kommunikationsfähig-
keit auch eine (Selbst)Motivation aufzeigen können, an den interorganisatorischen
Schnittstellen zu arbeiten und diese innerhalb einer E-Company flexibel einzusetzen (Kry-
stek/Redel/Reppegather 1997, S. 335).

6.1.1.3 Virtuelle Arbeitsplätze


Virtuelle Arbeitsplätze sind über eine speziell eingerichtete Telemedien-Infrastruktur
mit mindestens einem weiteren zugehörigen Arbeitsplatz verbunden und können verschie-
dene Formen annehmen, um flexible Arbeitsformen in einer E-Company mittels einer mo-
bilen Informationsbearbeitung zu unterstützen. Die bekannteste Form ist das Teleworking
bzw. die Telearbeit (s. Abb. 301). Diese bezeichnet die verteilte Bewältigung von Ar-
beitsaufträgen mit Hilfe von raum- und zeitüberbrückenden Telemedien. Durch die fort-
schreitende Entwicklung der Informations- und Kommunikationstechnologien und der im-
mer höheren Akzeptanz auf Seiten der Arbeitgeber und Arbeitnehmer hat sich das Tele-
working in der heutigen Arbeitswelt etablieren können. Ein weiterer Grund für die Durch-
setzung von Teleworking ist zudem, dass für die Arbeitgeber immer weniger die Anwe-
senheit im Unternehmen zählt, sondern mehr die geleistete Arbeit entsprechend der be-
schlossenen Zielvereinbarung (Schmalzl/Heider/Merkl 2004, S. 203 f.).
Das Teleworking und die damit verbundene räumliche Flexibilisierung von Arbeitsplätzen
erstreckt sich über vier Erscheinungsformen (Schmalzl/Heider/Merkl 2004, S. 204 ff.):

„ Mobil: Im Vergleich zu den restlichen Formen des Teleworkings nehmen die meisten
Mitarbeiter das mobile Teleworking am stärksten wahr. Es beschreibt alle Tätigkei-
ten, die ortsunabhängig über ein Mobiltelefon, Smartphone oder über ein Notebook
ausgeübt werden können. Jedoch ist der Kontakt mit dem Partner oder Unternehmen
nur möglich, solange eine Kommunikationsverbindung zu der Zentrale über ein Funk-
oder Festnetz besteht. Entsprechend passende Berufe sind z. B. Vertreter, Berater o-
der Manager.

„ Heimbasiert: Das heimbasierte Teleworking kennzeichnet entweder eine permanent


heimbasierte oder eine alternierende heimbasierte Form des Teleworkings. Im perma-
nent heimbasierten Teleworking besitzt der Mitarbeiter keinen Arbeitsplatz in Form
eines Büros im Unternehmen, sodass die Arbeit ausschließlich zu Hause stattfindet.
Diese Arbeitsform wird allerdings nur in Ausnahmefällen genehmigt (z. B. bei einem
Die Systeme bei der elektronischen Kooperation 827

Erziehungsurlaub oder einem langandauernden Krankheitsfall in der Familie), weil


eine persönliche Kommunikation durch die Abwesenheit nicht stattfinden kann.
Demgegenüber besitzt die alternierende heimbasierte Form des Teleworkings eine
höhere Verbreitung. Bei dieser Form können die Mitarbeiter entweder vom Büro oder
von zu Hause aus arbeiten (üblicherweise im Rahmen von 20 % bis 80 % der jährli-
chen Arbeitszeit). Damit wird das Arbeitszimmer zu Hause zu einem außerbetriebli-
chen Arbeitsplatz, der auch nach den entsprechenden Unternehmensvorschriften ge-
staltet werden muss. Dagegen wird der Arbeitsplatz im Büro mit anderen Mitarbeitern
geteilt, damit eine Auslastung der materiellen Ressourcen möglich ist.

„ Zentral: Beim zentralen Teleworking richtet das Unternehmen spezielle Büroräume


in der Nähe der Wohnorte der Mitarbeiter ein. Die eingerichteten Büroräume stellt
dabei das Unternehmen selbst oder eine Dienstleistungsgesellschaft zur Verfügung,
wobei je nach Einrichtungsform die Büroräume nach außen hin als Betriebsfilialen
auftreten können oder nicht. Die Kommunikation zur Zentrale und zu den Kunden
erfolgt schwerpunktmäßig über das Festnetz oder das Internet.

„ On-Site: Das on-site Teleworking ist insbesondere bei größeren Unternehmen und
Verwaltungen beliebt. Der Kooperationspartner arbeitet direkt vor Ort bei seinem
Kunden oder Lieferanten mit einem festen Arbeitsplatz, um die entsprechende Dienst-
leistung zu erbringen. Die Kommunikation zur Zentrale erfolgt auch hier schwer-
punktmäßig über das Festnetz oder das Internet.

Ortsunabhängig Mobil Heimbasiert Zu Hause/Büro

In der Nähe Zentral On-Site Direkt vor Ort

Abb. 301: Grundformen des Teleworkings


Quelle: in Anlehnung an Schmalzl/Heider/Merkl 2004, S. 205.

Neben den flexiblen Erscheinungsformen, zeichnet sich das Teleworking durch ein hohes
Nutzenpotenzial aus. Die Unternehmen können dabei ihr eigenes Profil schärfen und ihre
Prozesse beschleunigen, indem den Mitarbeitern mobiles Equipment und eine moderne
Informations- und Kommunikationsstruktur zur Verfügung gestellt werden. Weiterhin
steigen bei den Mitarbeitern das Selbstwertgefühl (durch die erhöhte Eigenverantwortung
für die eigene Arbeit) und die Arbeitszufriedenheit (durch die Vereinbarkeit von Beruf
828 Die Grundlagen der E-Company

und Familie). Vor diesem Hintergrund lassen sich die Anforderungen an die Informations-
und Kommunikationssysteme einer E-Company aus den typischen Charakteristika eines
virtuellen Unternehmens (s. Kapitel 6.1.1.1) ableiten. Aus der Notwendigkeit heraus, fle-
xibel auf dem Markt reagieren zu können, um z. B. neue Kooperationen einzugehen oder
alte Kooperationen abzubrechen, muss das Management in der Lage sein, die Kooperati-
onspartner zu koordinieren und zu organisieren. Daraus resultieren vor diesem Hinter-
grund insbesondere Anforderungen folgender Dimensionen (Mertens/Griese/Ehrenberg
1998, S. 119):

„ Betriebswirtschaft: Die einzelnen Unternehmen unterscheiden sich betriebswirt-


schaftlich sowohl in ihrer Organisationsstruktur als auch in ihren Kennzahlenmodel-
len.

„ Personenspezifik: Alle Mitarbeiter der teilnehmenden Unternehmen zeichnen sich


durch ihren individuellen Arbeitsstil aus, der sich von Mitarbeiter zu Mitarbeiter un-
terscheidet.

„ Informationstechnologie: Jedes Unternehmen besitzt eine eigene IT-Struktur, die im


Kontext virtueller Unternehmen auf Aspekte wie die Portabilität oder die Kompatibi-
lität zu kooperierenden Unternehmen ausgerichtet werden muss.

„ Kooperation: Die Intensität und die Form der Kooperation in einer virtuellen Unter-
nehmung können unterschiedliche Ausmaße annehmen.

Führungsinformationssystem
Anforderungen
Informationsbereitstellung
Betriebswirtschaft Informationstechnologie
Entscheidungsunterstützung
Personenspezifik Kooperation
Kommunikationsunterstützung

Abb. 302: Anforderungen an Führungsinformationssysteme


Quelle: in Anlehnung an Mertens/Griese/Ehrenberg 1998, S. 120 ff.

An diesen Anforderungen gemessen, ist der passende Einsatz von unternehmensübergrei-


fenden Informations- und Kommunikationssystemen zu analysieren und anzupassen (s.
Abb. 302). Dazu werden im Folgenden exemplarische Bestandteile aus der Vorgehens-
weise der Konzeption eines Führungsinformationssystems (FIS, s. Kapitel 6.1.2.3) auf-
gezeigt (Mertens/Griese/Ehrenberg 1998, S. 120 ff.):
Die Systeme bei der elektronischen Kooperation 829

„ Informationsbereitstellung: Um die überbetriebliche Kooperation zu unterstützen,


z. B. bei der verteilten Leistungserstellung, ist es erforderlich, Daten dieser koopera-
tiven Arbeit zu beschaffen, auszuwerten und präsentieren zu können. Dies geschieht
innerhalb eines FIS, das von einem „Broker“ (üblicherweise als Rolle eines Mitarbei-
ters) betreut wird. Dieser hat die Aufgabe, die dort vorhandenen Daten zu pflegen und
zu ergänzen, jedoch auch immer auf die Konsistenz und Aktualität der Daten zu ach-
ten.

„ Entscheidungsunterstützung: Zur strategischen Entscheidungsunterstützung des


Managements bietet das FIS eine Reihe von Methoden und Werkzeugen an. Als
Grundlage dienen u. a. Daten aus Berichtssystemen, die in den operativen Prozessen,
vornehmlich zur Erfolgskontrolle, eingesetzt werden. Ausgewertet werden die zusam-
mengetragenen Informationen durch verschiedene Methoden und Modelle, wie z. B.
Prognoserechnungen, SWOT-Analysen oder durch den Aufbau von Kennzahlen(sys-
temen). Ferner dient ein Frühwarnsystem dem Broker vor diesem Hintergrund zur
Überwachung und Warnung bei Abweichungen und Gefahren von internen oder ex-
ternen Datenbanken.

„ Kommunikationsunterstützung: Durch die räumliche Trennung in virtuellen Un-


ternehmen wird ein besonderes Augenmerk auf die Gestaltung der Kommunikations-
unterstützung gelegt. Dazu eignen sich bspw. Message-Handling-Systeme wie
E-Mail zur asynchronen Kommunikation oder Tele-/Videokonferenzen zur synchro-
nen Audio-/Videokommunikation.

Aus der technischen Perspektive besteht ferner ein hoher Abstimmungsbedarf für die in
den beteiligten Unternehmen verwendeten Informations- und Kommunikationssysteme.
Um eine Kommunikation der agierenden Systeme zu ermöglichen, wird ein standardisier-
tes Verfahren, in Form des OSI-Referenzmodells (Open System Interconnection), ver-
wendet und in sieben Ebenen aufgeteilt. Im Kontext einer E-Company sind zusätzlich die
Abstimmung der Anwendungsprogramme und der zu übermittelnden Dateninhalte zu be-
rücksichtigen. Ein auf fünf Ebenen angepasstes und anwendungsorientiertes OSI-Refe-
renzmodell, das sich in virtuellen Unternehmen wiederfindet, sieht folgendermaßen aus
(Kubicek/Klein 1994, S. 98 f.):

„ Ebene 1 (Datentransport): In der untersten Ebene werden die technischen Übertra-


gungsprotokolle definiert, um den Datentransport zu ermöglichen. Voraussetzung
hierzu ist die Auswahl technischer Standards bzw. ein Telekommunikationsanbieter.

„ Ebene 2 (Datenübermittlung): Ist der Transportweg eingerichtet, so muss auf der


zweiten Ebene ein Übermittlungsverfahren festgelegt werden. In diesem Schritt wer-
den Datensätze mit festen Adressfeldern definiert, um die Bearbeitung der Daten
durch Informations- und Kommunikationssysteme sicherzustellen.
830 Die Grundlagen der E-Company

„ Ebene 3 (Datenaustausch): Damit ein Austausch der Dateninhalte zwischen den In-
formations- und Kommunikationssystemen erfolgen kann, sind weiterhin Standards
in Form von Datenaustauschformaten festzulegen. Diese bestimmen die Art und die
Struktur der Daten, die ausgetauscht werden. Ein solcher Standard ist bspw. der
EDIFACT-Standard (s. Kapitel 2.1.1.2).

„ Ebene 4 (Dateninhalte): Innerhalb der Daten sind z. B. die spezifischen Datenele-


mente, Wertebereiche und Codes festzulegen. Im EDIFACT-Standard für Bestellun-
gen wäre diesbezüglich die Stelle des Datensatzes zu definieren, an der die Artikel-
nummer des bestellten Artikels stehen soll und nach welchem Schlüssel diese Num-
mern vergeben und ausgewählt werden (die Nummern selbst sind nicht vom
EDIFACT-Standard festgelegt).

„ Ebene 5 (Datenvertragsrahmen): Auf der letzten Ebene sind von den betroffenen
Unternehmen der Vertragsrahmen, innerhalb dessen die Übertragung und der Aus-
tausch der Daten erfolgen, sowie die Reaktionshandlungen der Unternehmen zu klä-
ren.

Applikations-Kommunikation Daten-Sharing Applikations-Sharing

Anwendungs- Anwendungs- Anwendungs- Anwendungs-


system system system system Anwendungssystem A und B
A B A B

Datenbasis Datenbasis
A B Datenbasis A und B Datenbasis A und B

Netz A und B Netz A und B Netz A und B

Kopplungsintensität

Abb. 303: Kopplungsstufen von Informations- und Kommunikationssystemen


Quelle: in Anlehnung an Müller 2003, S. 98.

Wichtig ist die Übereinstimmung aller Ebenen innerhalb der kooperierenden Unterneh-
men, um eine automatisierte Bearbeitung, z. B. von Rechnungen oder Bestellungen, zu
ermöglichen. Ein kritischer Erfolgsfaktor ist außerdem die Art der Kopplung der elekt-
ronischen Informations- und Kommunikationssysteme, mit der das Niveau und die Inten-
sität der Kommunikation bestimmt werden können (s. Abb. 303). Jedes Netzwerkunter-
nehmen in einer E-Company muss dabei für sich selbst entscheiden, wie intensiv die
Kopplung ihrer Informations- und Kommunikationssysteme gestaltet werden soll (Mer-
tens/Griese/Ehrenberg 1998, S. 78 ff.):
Die Systeme bei der elektronischen Kooperation 831

„ Bei der Applikations-Kommunikation werden über einheitliche Schnittstellen und


Standards die Daten zwischen den Anwendungen ausgetauscht. Hier ist die Kopp-
lungsintensität am geringsten.

„ Beim Daten-Sharing nimmt die Kopplung weiter zu. Dabei werden gemeinsame Da-
tenbestände genutzt, unter Berücksichtigung der Datenintegrität und Datensicherheit.
Deswegen ist dort auch festzulegen, welche Kooperationspartner auf welche Daten in
welcher Form zugreifen dürfen und welche Daten besser intern gehalten werden. Die
jeweiligen Zugriffsrechte (z. B. nach Benutzergruppen) lassen sich passend zu den
individuellen Anforderungen gestalten.

„ Als letzte Kopplungsart besitzt das Applikations-Sharing die höchste Kopplungsin-


tensität. Diese vereint ganze Anwendungssysteme der Kooperationspartner, so dass
unternehmensübergreifende Multi-User-Systeme (Groupware-Systeme, s. Kapitel
6.1.2.1) entstehen, die von allen zugelassenen Mitarbeitern, unabhängig vom Unter-
nehmen, verwendet werden können.

6.1.2 Die Systemlösungen der elektronischen Kooperation

Entsprechend den Systemanforderungen bei der elektronischen Kooperation (s. Kapitel


6.1.1) existieren eine Reihe von Systemlösungen, um eine effiziente und effektive Zu-
sammenarbeit aller Kooperationspartner in einer E-Company zu gewährleisten. Der Ein-
satz bestimmter Systemlösungen erfolgt zweckbezogen zu den jeweiligen Anforderungen
der Kooperationspartner in Bezug auf die vorhandenen Informations- und Kommunikati-
onssysteme im eigenen Unternehmen und der Qualifikation der Mitarbeiter, die entspre-
chenden Systeme bedienen zu können. Vor diesem Hintergrund liegt im Folgenden das
hauptsächliche Augenmerk auf den Systemlösungen, die eine dezentrale Zusammenarbeit
mittels geeigneter Informations- und Kommunikationssysteme in einer E-Company unter-
stützen.

6.1.2.1 Groupware Tools-Modell


Eine Groupware beinhaltet keine bestimmte Anwendung, sondern beschreibt eine um-
fassende „Sammlung von Softwarewerkzeugen, die die Erfüllung unstrukturierter Aufga-
ben durch räumlich verteilte Arbeitsgruppen unterstützt“ (Müller 2003, S. 108). Speziell
den virtuellen Unternehmen helfen Groupware-Systeme, sich zeitlich und räumlich mit
verteilten Arbeitsgruppen abzustimmen und zu kommunizieren. Aus den beiden Dimen-
sionen Zeit und Raum ergeben sich vier Möglichkeiten der Zusammenarbeit: Am selben
Ort und zur selben Zeit, an unterschiedlichen Orten und zur selben Zeit, an unterschiedli-
chen Zeiten und am selben Ort sowie an unterschiedlichen Zeiten und an unterschiedlichen
Orten. Passend zu der jeweiligen Situation der Zusammenarbeit, eignen sich nur be-
832 Die Grundlagen der E-Company

stimmte Groupware-Systeme zum Einsatz, sodass es umso ausschlaggebender ist, bei der
Zusammenstellung der Groupware-Systemkomponenten auf die optimalen Unterstüt-
zungsmöglichkeiten der aktuellen Form der Arbeitsgruppe zu achten (s. Abb. 304).

Charakteristikum Selber Ort Unterschiedlicher Ort

Selbe Zeit - Face-to-face-Sitzung - Virtuelle Sitzungen


(synchron) - Kommunikations- - Videokonferenz
unterstützende Medien - Telefonkonferenz
- Elektronische White - Computerkonferenz
Boards etc. - Telearbeit
- Help Desks
- Mehr-Benutzer-Editoren
- Co-Autoren-Systeme
- Distance Learning
- Entscheidungsunterstützende
Systeme
- Werkzeuge zur Entwicklung
im Team
Unterschiedliche Zeit - Gruppenräume - E-Mail
(asynchron) - Black Boards
- Foren
- FAQ- und Lessons-
Learned-Systeme
- White Boards
- Zeitmanagement für Gruppen
(Kalendersysteme)
- Dokumentenmanagement
- Mehr-Benutzer-Editoren
- Co-Autoren-Systeme
- Nicht-Echt-Zeit-
Computerkonferenzen

Abb. 304: Groupware-Systemkomponenten in der Zeit-Ort-Matrix


Quelle: in Anlehnung an Müller 2003, S. 109.

Eine Auswahl der Werkzeuge (Tools), die neben der Überbrückung von zeitlichen und
örtlichen Gegebenheiten auch spezifische Funktionen erfüllen, wird nachstehend be-
schrieben (Müller 2003, S. 110 f.):

„ Arbeitsplatz-Videokonferenzen: Die Videokonferenz am Arbeitsplatz erlaubt eine


Zusammenarbeit von bestimmten Personen, die sich interaktiv gestalten lässt, weil
durch die Übertragung von Bild- und Toninhalten ein Face-to-Face-Arbeiten unter-
stützt wird. Durch die stetige Weiterentwicklung von Kommunikationstechnologien
können darüber hinaus Unterhaltungen auch auf inhaltlicher Ebene verbessert oder
sogar erst ermöglicht werden. Als prominentes Beispiel ist die maschinelle Überset-
zung anzuführen, die eine Übersetzung einer Unterhaltung in Echtzeit ermöglichen
kann (sog. Real-Time Translation). Kooperationspartner, die in unterschiedlichen
Die Systeme bei der elektronischen Kooperation 833

Sprachen kommunizieren, können sich mit Hilfe dieser Technologie trotz sprachli-
cher Unterschiede barrierefrei unterhalten. Insbesondere bei der Zusammenarbeit von
interkulturellen Teams kann dies somit von Vorteil sein und neue Kooperationsmög-
lichkeiten eröffnen (Wang/Fussell/Cosley 2013, S. 936).

„ Chat-Systeme: Die Chat-Systeme erlauben mehreren Nutzern gleichzeitig Nachrich-


ten in einem Chat-Room zu übertragen. Die Chat-Rooms können dabei öffentlich o-
der zugangsbeschränkt sein.

„ Entscheidungsunterstützende Systeme: Die entscheidungsunterstützenden Syste-


me helfen mit computerbasierten Lösungen bei unstrukturierten Problemen Entschei-
dungshilfen zu geben. Dies kann sich bei Gruppenarbeit z. B. durch ein Konzept mit
Aufgabenverteilungen, Priorisierungen, Abstimmungen oder einem Brainstorming
zeigen. Die Basis für ein entscheidungsunterstützendes System bildet eine intelligente
Datenbank, auf die alle Kooperationspartner Zugriff haben und wodurch stets alle für
das Projekt benötigten Informationen und Dokumente aktuell und verfügbar sein kön-
nen.

„ Bildschirm- und anwendungsgekoppelte Systeme: Die Bildschirm- und anwen-


dungsgekoppelten Systeme beschreiben einen Remote-Zugriff, durch den es möglich
wird, beliebige Bildschirmarbeitsplätze von der Ferne aus anzuschauen und zu steu-
ern. Häufig werden solche Werkzeuge beim Arbeiten an visualisierbaren Problemen
eingesetzt, um eine Demonstration in Bild und zuschaltbarem Ton zu ermöglichen.

Abb. 305: Ein Groupware-System am Beispiel von Microsoft Office 365


Quelle: www.microsoft.com

„ E-Mail: Die E-Mail-Systeme werden hinter dem Telefon am häufigsten als Group-
ware-Werkzeug ausgewählt. Erweiterte E-Mail-Systeme ergänzen die nativen Funk-
tionen der E-Mail um weitere und nützliche Gruppenfunktionen.
834 Die Grundlagen der E-Company

„ Kalender-Systeme: Die Kalender-Systeme können die Arbeitsgruppen bei Termin-


absprachen und im Zeitmanagement unterstützen. Oft ist auch eine Integration von
Kalendersystemen anderer Unternehmen möglich. Zudem sind Kalender-Systeme oft
in E-Mail-Systemen integriert.

„ Co-Autoren-Systeme: Die Co-Autoren-Systeme unterstützen alle Anforderungen,


um gemeinsam an Dokumenten arbeiten zu können, z. B. beim Layout oder bei Kor-
rekturen an einem Dokument.

„ Blackboards: Die Blackboards nutzen eine strukturierte Variante der E-Mail. Nutzer
können Nachrichten an ein schwarzes Brett senden und dort für andere Nutzer mit
entsprechenden Leserechten veröffentlichen.

Ein umfassendes Groupware-System zur kollaborativen Arbeit bietet z. B. Microsoft mit


Office 365 an (s. Abb. 305). Auf Basis des herkömmlichen und lokalen Office-Programms
wird, in Kombination mit dem cloudbasierten Office 365, eine spezielle Kombination ge-
schaffen, die es den Anwendern erlaubt, gemeinsam von überall aus auf der Welt zu ar-
beiten. Zum Beispiel können sich die Mitarbeiter über gemeinsame Kalender organisieren,
Dokumente gemeinsam anzeigen lassen und bearbeiten oder gemeinsam über Sofortnach-
richten, Audio oder Video kommunizieren. Solch ein umfassendes Groupware-System
bietet den Vorteil, den Großteil der Anwendungsfälle, die sich aus den Anforderungen der
Zusammenarbeit in einer E-Company (s. Kapitel 6.1.1.2) ableiten lassen, abzudecken und
eine Verwendung für alle Kooperationspartner zu ermöglichen.

Kommunikationsunterstützung

Workflow-
Kommunikation
Management
Konferenz-
systeme

E-Mail Gemeinsame
Blackboard- Informationsräume
systeme

Verteilte Workgroup
Hypermediasy steme Computing
Koordinations-
systeme Gruppeneditoren
Elektronische
Sitzungsräume

Koordinationsunterstützung Kooperationsunterstützung

Abb. 306: Anwendungsdreieck der Kommunikation, Koordination und Kooperation


Quelle: Müller 2003, S. 113.
Die Systeme bei der elektronischen Kooperation 835

Darüber hinaus sind Groupware-Systemkomponenten nicht nur nach den Kriterien der
Verwendung auszuwählen. Auch ihr Beitrag zur Erfüllung der wesentlichen Kommunika-
tions-, Koordinations- und Kooperationsprozesse in einer E-Company stellt eine wichtige
Anforderung dar. Die Auswahl erfolgt deshalb immer anhand der speziellen Situation und
den Anforderungen der E-Company. Eine Entscheidungsunterstützung gibt dabei das
Dreieck von Kommunikation, Koordination und Kooperation wieder (s. Abb. 306). In
diesem Spannungsfeld von Kommunikation, Koordination und Kooperation wird be-
schrieben, wie die einzelnen Anwendungen in die drei Bereiche eingeordnet werden kön-
nen und welche Groupware-Systemkomponente am geeignetsten erscheint. Dazu wird in
einem ersten Schritt analysiert, welche Bereiche abgedeckt und berücksichtigt werden
müssen. Danach werden die passenden Werkzeuge ausgewählt, die das Anforderungspro-
fil der Aufgabe so gut wie möglich erfüllen. Während der Auswahl ist zudem darauf zu
achten, dass einige Werkzeuge für die ausgewählte Aufgabe nützlich sind, allerdings für
andere Aufgaben kontraproduktiv sind. So werden z. B. asynchrone Kommunikations-
werkzeuge ausgewählt, die zwar für einen Aufgabenteil nötig sind, jedoch für den Großteil
der Aufgaben hinderlich sind, weil eine direkte Kommunikation unerlässlich ist (Müller
2003, S. 113 f.).

6.1.2.2 Workflow Process Modell


Im Gegensatz zu Groupware-Systemen werden Workflow-Systeme eingesetzt, wenn sich
die zu bearbeitende Aufgabe in (teil)formalisierte Arbeitsprozesse aufteilen lässt. Zudem
können die einzelnen Arbeitsprozesse eindeutig festgelegt und den beteiligten Prozessmit-
arbeitern in der Funktion, der Rolle und der Kompetenz zugewiesen werden. Dies ermög-
licht die Automatisierung von Geschäftsprozessen durch prozedural geregelte Informati-
onssysteme, die einen Austausch von Dokumenten, Informationen und Aufgaben zwi-
schen den Teilnehmern sicherstellen. Insbesondere Workflow-Managementsysteme bie-
ten sich an, um Strukturen von Daten, Funktionen, Organisationen und Prozessen zu er-
fassen, abzubilden und zu verknüpfen. So können die Prozesse über die eigenen Unter-
nehmensgrenzen hinweg weiter optimiert und dabei die Kundenanforderungen erfüllt wer-
den. Durch die Verknüpfung von unternehmensübergreifenden Geschäftsprozessen, las-
sen sich virtuelle Geschäftsprozesse abbilden und leichter steuern, sodass sich der Vorteil
der Flexibilität aus der virtuellen Unternehmung und der korrespondierenden IT-Struktur
gewinnbringend einsetzen lässt.
Zur Realisierung einer unternehmensübergreifenden Workflow-Unterstützung benötigt es
bereits in den kooperierenden Unternehmen eingesetzte Workflow-Managementsysteme
und standardisierte Schnittstellen, damit die jeweils verschiedenen Workflow-Manage-
ment-Systeme und ihre jeweiligen Systemkomponenten in ein umfassendes Workflow-
Management-System integriert werden können. Einen passenden Standard bietet hierfür
die Workflow Management Coalition (WfMC) in Form eines Architekturreferenzmo-
dells (s. Abb. 307) mit fünf wesentlichen Schnittstellen an (Müller 2003, S. 114 ff.). Fer-
ner können Workflow-Systeme in Groupware-Systemen integrativ genutzt werden.
836 Die Grundlagen der E-Company

Als Beispiel dazu bietet IBM für seine betriebliche Kollaborationssoftware IBM Domino
im Bereich des Social Business das Zusatzmodul Lotus Workflow an (s. Abb. 308). Dieses
wird zur Erstellung und Implementierung von entsprechenden Workflow-Anwendungen
verwendet, um die Geschäftsprozesse der Unternehmen zu steuern und zu überwachen.
Die automatisierten Workflow-Anwendungen können somit schneller und präziser ausge-
führt werden und weisen damit auch weniger Arbeitsfehler und eine konsistente Arbeits-
qualität auf, wenn es darum geht, die Aufgaben über (teil)formalisierte Arbeitsprozesse
über alle Kooperationspartner aus verschiedenen Unternehmen zu verteilen und zu über-
wachen bzw. zu steuern.

Vorgangsentwurfs-
Werkzeug

Administrations- und Ausführungsteil Workflow-


5 4
Berichtswerkzeug (Workflow-Engine) Interoperabilität

2 3

Einbindbare
Client-Software
Applikationen

Abb. 307: Workflow-Referenzmodell der WfMC


Quelle: in Anlehnung an Müller 2003, S. 116.

Der Einsatz eines integrativen oder neuen Workflow-Managementsystems ist aus der
Ressourcenperspektive nicht zu unterschätzen. Speziell die Kosten und die Zeit für die
Einrichtung der Systeme und die Einbindung der Mitarbeiter aus den beteiligten Koope-
rationsunternehmen stellen ein kritisches Entscheidungskriterium dar, wenn es darum
geht, ob sich solch ein Einsatz für die elektronische Kooperation lohnt oder nicht. Aus
diesem Grund bieten sich Workflow-Managementsysteme mehr für virtuelle Unterneh-
men an, die „für eine längere Zeit ein bestimmtes Produkt in hoher Stückzahl produzieren
und vermarkten, eine gleichbleibende Dienstleistung anbieten oder standardisierte Pro-
dukte und Dienstleistungen nach speziellen Kundenanforderungen anhand vordefinierter
Komponenten erstellen wollen“ (Müller 2003, S. 116 f.).
Als Beispiel für offene und standardisierte Systemarchitekturen, die zunehmend an Be-
deutung gewinnen, können Digitale Zwillinge angeführt werden. Digitale Zwillinge (sog.
Die Systeme bei der elektronischen Kooperation 837

Digital Twins) sind virtuelle Abbildungen von Objekten oder Prozessen aus der realen
Welt. Digitale Zwillinge können sowohl physische als auch immaterielle Objekte und Pro-
zesse abbilden, indem wichtige Informationen und Dienste über eine einheitliche Schnitt-
stelle zur Verfügung gestellt werden (Gesellschaft für Informatik 2017). Der Einsatz von
Digitalen Zwillingen kann so bspw. die nahezu nahtlose Verknüpfung und Planung von
Prozessen ermöglichen. Insbesondere im Rahmen von Kooperationen kann dies zu Effizi-
enzgewinnen, Fehlerminimierung sowie verkürzten Entwicklungs- und Produktionszeiten
führen.

6.1.2.3 Executive Information-Modell


Ein Executive Information System (EIS) oder auch Führungsinformationssystem (s.
Kapitel 6.1.1.3) umfasst alle Formen der Unterstützung durch die Informations- und Kom-
munikationssysteme für Führungskräfte auf der Managementebene in den einzelnen Ko-
operationsunternehmen. Insbesondere bei einem großen Netzwerk innerhalb der
E-Company verlagert sich der Schwerpunkt in dem Aufgabenspektrum hin zur Koordina-
tion und Organisation der Kooperationspartner. Diese Zentralisierung führt zur Verein-
heitlichung von verbindlichen Prinzipien und sollte auch dementsprechend in der Verein-
barungsphase (s. Kapitel 6.2.2.3) erfolgen, damit keine nachträglichen Anpassungen in
der operativen Phase (s. Kapitel 6.2.2.4) geleistet werden müssen und die Kooperations-
partner weiter flexibel agieren können. Insbesondere die Informationsbereitstellung hat
die Hauptaufgabe, wichtige Informationsfelder aus der gesamten Wertschöpfungskette be-
reitzustellen und damit alle benötigten Informationen für das Management zusammenzu-
tragen. Dazu gehören die Beschaffung, Auswertung und Präsentation dieser Informatio-
nen. Als Grundlage dienen interne und externe Datenquellen, die nach der Aufbereitung
einen entsprechenden Überblick, z. B. über die verteilte Leistungserstellung aller Koope-
rationspartner, geben sollen.

Abb. 308: Ein Workflow-System am Beispiel von IBM Lotus Workflow


Quelle: www.ibm.com
838 Die Grundlagen der E-Company

Im Netzwerk wird ein gemeinsames Führungsinformationssystem genutzt (s. Abb. 309),


wobei die Daten zum Teil automatisiert erfasst und zum Teil nur vom Broker gepflegt
werden. Ein Konverter übernimmt anschließend die Konvertierung der Daten (z. B. Kenn-
zahlen) aus dem zentralen Führungsinformationssystem in die entsprechenden Führungs-
informationssysteme der jeweiligen Kooperationspartner (Mertens/Griese/Ehrenberg
1998, S. 118 ff.).
Als Beispiel für ein entsprechendes Führungsinformationssystem, das zudem für virtuelle
Netzwerke mit mehr als fünf leistungsstarken Kooperationspartnern geeignet ist (Arnold
2003, S. 150), kann die Corporate Planning Suite von der Corporate Planning AG aufge-
führt werden. Diese basiert auf mehreren Modulen und bietet für die Unternehmenssteue-
rung eine Sammlung von Werkzeugen in den Bereichen des operativen Controllings, des
strategischen Controllings und im Bereich der Konsolidierung. Durch den modularisierten
Aufbau können sich die Kooperationspartner einen individuellen Satz an Modulen zusam-
menstellen und diesen jederzeit anpassen. Weiterhin erlaubt eine grafische Benutzer-
schnittstelle, die auch über das Internet zugänglich ist, den Zugriff auf diese Module und
damit auch die standortunabhängige Analyse aller Geschäftsbereiche der einzelnen Unter-
nehmen.

FIS Partner A
Konverter A

FIS Partner B Konverter B FIS Broker Broker



Konverter N

FIS Partner N

Abb. 309: Architektur eines Führungsinformationssystems


Quelle: Mertens/Griese/Ehrenberg 1998, S. 121.

Vor diesem Hintergrund sind die entsprechenden Systemkomponenten eines Führungsin-


formationssystems in Abhängigkeit zum Bedarf unterschiedlich stark ausgeprägt. Dies
fördern spezielle Expertensysteme, die einen Schritt weiter gehen und aus einer beste-
henden Wissensbasis Schlussfolgerungen ziehen und dadurch neues Wissen generieren
können, sodass ein noch höherer Grad im Bereich der Informationsunterstützung erreicht
werden kann. Der Benutzer kann durch eine Anfrage auf die vorhandenen Datenmengen
Die Systeme bei der elektronischen Kooperation 839

zugreifen und Schlussfolgerungen aus der Wissensbasis ziehen, die anhand von definier-
ten Regeln abgebildet wird. Dazu wird die Anfrage durch einen Inferenzmechanismus in
Bezug auf die Wissensbasis bewiesen, indem die vom Benutzer formulierte Anfrage auf
eine Vereinbarkeit mit dem Wissen in dem Datenbestand überprüft wird. Dabei ist als
Nebenprodukt die Ausgabe einer bestimmten Faktenmenge aus der Wissensbasis in Ver-
bindung mit der Anfrage möglich. Beim Expertensystem ist die Dialogsteuerung als
Schnittstelle zum Benutzer zu sehen und stellt ihm Erklärungskomponenten zur Verfü-
gung, mit denen der Benutzer den Entscheidungs- und Schlussfolgerungsprozess nochmal
kritisch nachvollziehen kann (Picot/Reichwald/Wigand 2003, S. 171 f.).

6.1.3 Die Systemarchitekturen der elektronischen Kooperation

Um ein grundlegendes Verständnis für die Systemarchitekturen von E-Company-Syste-


men zu vermitteln, werden im Folgenden die Komponenten derartiger Systeme vorge-
stellt. Dabei lassen sich allgemeine Aussagen nur schwer treffen, da die Konfiguration der
Informations- und Kommunikationssysteme zwar den jeweiligen geschäftsspezifischen
Anforderungen der einzelnen Kooperationspartner genügen muss, jedoch im optimalen
Fall auf einer flexiblen IT-Systemlandschaft basiert. Der Fokus liegt auf der serviceorien-
tierten Architektur, die mit ihrer Dienstorientierung eine Grundlage für die Implementie-
rung und Integration verteilter Systeme über das Internet aller Kooperationspartner
schafft. Anschließend werden die Web-Komponenten in Form der Web-Services vorge-
stellt. Diese bieten die Standards, um interoperationale Informations- und Kommunikati-
onssysteme nutzen zu können. Abschließend wird die im Bereich des Cloud Computings
befindliche Thematik der Transaktionen über verteilte Systeme erläutert.

6.1.3.1 Service-Komponenten
Die Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien in einer E-Company,
insbesondere der Systemarchitekturen, bestimmt wesentlich die Intensität der Virtualisie-
rung (s. Kapitel 6.1.1.1) und unterscheidet sich grundlegend von traditionellen Unterneh-
men. Zeichnen sich die traditionellen Unternehmen durch eine hierarchische Organisati-
onsstruktur mit einer monolithischen Systemarchitektur aus, so steht bei der elektroni-
schen Kooperation eine dezentrale Struktur und somit eine verteilte Systemarchitektur
im Mittelpunkt (s. Abb. 310). Dies hat zur Folge, dass die Entwicklung der Systemarchi-
tektur so weit geht, dass sie durch ihre Flexibilität und Dienstorientierung eine zeitlich
begrenzte Zusammenarbeit kooperierender Unternehmen ermöglicht. Weiterhin kann je-
der Kooperationspartner mit einer eigenen Datenhaltung und eigenen Sicherheitsstandards
unabhängig bleiben (Katzy 2005, S. 45 f.).
Die Entwicklung hin zu einer dienst- bzw. serviceorientierten Architektur (SOA) bietet
den Unternehmen den Vorteil, sich auf permanente Änderungen einzustellen und dies
auch technisch lösbar zu gestalten. Insbesondere dienstorientierte Informationssysteme,
840 Die Grundlagen der E-Company

die „on demand“ arbeiten, erhalten damit eine technologische Möglichkeit der Modulari-
sierung von Softwarekomponenten (Herden et al. 2006, S. 3 ff.). Die serviceorientierte
Architektur wird dabei wie folgt definiert: „Eine SOA ist eine mehrschichtige, verteilte
Informationssystem (IS)-Architektur, die Teile von Applikationen für eine vereinfachte
Prozessintegration als geschäftsorientierte Services kapselt und dabei bestimmte Design-
prinzipien berücksichtigt. Ein Service stellt ein abstraktes Software-Element bzw. Schnitt-
stelle dar, die andere Applikationen über ein Netzwerk einen standardisierten Zugriff auf
Anwendungsfunktionen anbietet“ (Heutschi 2007, S. 22). Im Mittelpunkt einer service-
orientierten Architektur stehen eine Reihe von Services bzw. Diensten (s. Abb. 311).
Diese stellen eine Softwarekomponente dar, die über ein Netzwerk von verschiedenen
Nutzern in Anspruch genommen werden kann.

Monolithische Architektur Client-Server-Architektur Dienstorientierte Architektur

Veränderungen der Veränderungen der Veränderungen der


Prozesse oder IT Prozesse oder IT Prozesse oder IT
erzwingen erzwingen bleiben lokal auf die
Erneuerung ganzer Integrationsaufwand autonomen IT-Module
Systeme verschiedener Systeme begrenzt

Abb. 310: Entwicklung zur verteilten Systemarchitektur


Quelle: Katzy 2005, S. 46.

Für die Nutzung ist eine Dienstbeschreibung essentiell, die für gewöhnlich in einer ma-
schinenlesbaren Form und unabhängig von der Programmiersprache und Plattform vor-
liegt. Die entsprechende Plattform stellt der Dienstanbieter zur Verfügung. Diese ermög-
licht den Zugriff auf die angebotenen Dienste. Damit die Dienste von den Dienstnutzern
gefunden werden, muss der Dienstanbieter diese in der Plattform implementieren und bei
einem Dienstverzeichnis registrieren. Der Dienstnutzer kann anschließend einen Dienst
in dem Dienstverzeichnis, z. B. über eine Internetseite und über die Dienstbeschreibungen,
suchen. Nachdem ein Dienst gefunden wurde, gilt es, die entsprechenden Richtlinien über
eine Authentifizierung auszutauschen und ihn zu nutzen (Melzer 2010, S. 16 ff.).
Aus dieser Beschreibung und Abbildung des Angebots und der Nutzung von Diensten in
einer serviceorientierten Architektur lassen sich grundlegende Merkmale ableiten, die eine
serviceorientierte Architektur auszeichnen. Das wesentlichste Merkmal einer SOA bildet
die lose Kopplung der Dienste. Damit können die Nutzer die entsprechenden Dienste – je
nach Bedarf – dynamisch suchen und nutzen. Die Basis dafür bildet der Verzeichnis-
dienst, bei dem alle angebotenen Dienste vom Dienstanbieter registriert und vom Dienst-
Die Systeme bei der elektronischen Kooperation 841

nutzer abgerufen werden. Durch die Nutzung von offenen Standards ist jeder Dienstnut-
zer in der Lage, einen gefundenen Dienst zu nutzen, auch wenn ihm der Dienstanbieter
unbekannt ist. Ferner finden die Dienste über offene Standards und der damit verbundenen
Einfachheit der Architektur eine breitere Akzeptanz (Melzer 2010, S. 12).

Dienstverzeichnis

Dienst
1 3. Verweis auf Dienst
Dienst
1. Veröffentlichung 2
Dienst
… N
2. Suche

4. Abfrage der Beschreibung


Dienstanbieter Dienstnutzer
5. Nutzung

Abb. 311: Dienstangebot und -nutzung in einer SOA


Quelle: in Anlehnung an Melzer 2010, S. 14.

Innerhalb einer SOA findet die Kommunikation automatisch zwischen Maschinen statt.
Aus diesem Grund steht ihnen ein Enterprise Service Bus (ESB) zur Verfügung, der als
eine Art „nachrichtenorientierte Middleware“ fungiert (s. Abb. 312). Die Hauptaufgabe
eines ESBs ist es, virtuelle Kanäle zwischen den Diensten zu schaffen und einen Nach-
richtenaustausch zu ermöglichen. Dazu gehört neben der Transformation der Daten in ein
passendes Format auch die vorausgesetzte Protokollunabhängigkeit. Ein weiteres Merk-
mal bietet der ESB in Form des intelligenten Routings an, indem er die Nachrichten immer
an genau den angegebenen Empfänger verschickt (Melzer 2010, S. 22 f.). Weitere Merk-
male eines ESBs sind der Umgang mit Sicherheits- und Zuverlässigkeitsaspekten sowie
die Verwaltung, Überwachung und Protokollierung der Services (Josuttis 2008, S. 63).
Diese IT-Architektur zeichnet sich insbesondere für virtuelle Organisationen aus. Durch
standardisierte und offene Schnittstellen ist es möglich, schnelle und zeitlich begrenzte
Integrationen heterogener Informations- und Kommunikationssystemlandschaften von
unabhängigen Kooperationspartnern durchzuführen und damit auf die permanenten Än-
derungen, denen eine E-Company unterliegt, flexibel reagieren zu können (Katzy 2005,
S. 48). Zudem ermöglicht die architekturbedingte Interoperabilität den Kooperationspart-
nern vor diesem Hintergrund einer E-Company, ohne großen Aufwand in der eigenen IT-
Systemlandschaft einen Informationsaustausch bzw. eine Kommunikation untereinander
durchzuführen.
842 Die Grundlagen der E-Company

Benutzeroberfläche

Programm

Funktion 1 Funktion 2 Funktion 3 Funktion 4

Middleware

gemeinsam genutzte Funktionen

Abb. 312: Nutzung von Diensten über ein ESB in einer SOA
Quelle: in Anlehnung an Herden et al. 2006, S. 53.

6.1.3.2 Web-Komponenten
Um eine serviceorientierte Architektur im Kontext einer E-Company umsetzen zu können,
bedarf es zum verteilten Informationsaustausch und zur verteilten Kommunikation pas-
sende Web-Komponenten und entsprechende Standards. In diesem Zusammenhang reihen
sich Web-Services ein, mit denen eine serviceorientierte Architektur realisiert werden
kann. Diese beschreiben eine Sammlung von Standards, die bei systemübergreifenden
Aufrufen die Interoperabilität sicherstellen sollen. Weiterhin definieren sie „sowohl das
Protokoll, das bei der Kommunikation und beim Austausch der Nachrichten verwendet
wird, als auch das Format der dabei verwendeten Schnittstellen“ (Josuttis 2008, S. 260).
Die schon einige Zeit existierenden Web-Standards XML (s. Kapitel 2.1. 1.1) und HTTP
(s. Kapitel 3.1.3.2) wirken unterstützend auf die expliziten Web-Service-Standards ein und
machen einen Informationsaustausch innerhalb einer SOA erst möglich. Die in diesem
Zusammenhang weiteren fundamentalen Web-Services-Standards lassen sich wie folgt
beschreiben (Josuttis 2008, S. 261 f.):

„ WSDL: Die „Web Services Definition Language“ beschreibt ein Format, um Service-
Schnittstellen anbieten zu können. Innerhalb der WSDL werden drei wesentliche As-
pekte unterschieden: Die Signatur mit dem Namen und Parameter, das verwendete
Protokoll und die Adresse, wo der Service genutzt wird.

„ SOAP: Das „Simple Object Access Protocol” ist ein Protokoll- bzw. Formatstandard
für den Nachrichtenaustausch. Basierend auf HTTP wird beschrieben, wie die Daten
genau aussehen, die über das HTTP-Protokoll transportiert werden.
Die Systeme bei der elektronischen Kooperation 843

„ UDDI: Der „Universal Description, Discovery and Integration”-Standard unterstützt


die Verwaltung der Services. Dieser Standard definiert, wie die Anbieter ihre Services
registrieren müssen und wie die Nutzer diese Services finden können.

Durch die Erweiterung der Abbildung der serviceorientierten Architektur (s. Abb. 311)
mit den grundlegenden Web-Services-Standards, entsteht das Bild einer Web-Service-
basierten SOA, die sich bei den grundlegenden Konzepten nicht von der herkömmlichen
serviceorientierten Architektur unterscheidet (s. Abb. 313). Dabei treten zwar keine gene-
rellen Veränderungen an den Rollen und deren Aktionen auf, jedoch gibt es durch die
Standards detailliertere Vorgehensweisen bei dem Angebot und der Nutzung von Ser-
vices. Ein Dienstanbieter erstellt von jedem Dienst eine WSDL-Schnittstellenbeschrei-
bung in Form eines XML-Dokuments. Dieses Dokument wird veröffentlicht und zu einem
UDDI-basierten Verzeichnisdienst transferiert. Sucht jetzt ein Dienstnutzer einen speziel-
len Dienst über die SOAP-Schnittstelle, kann er diesen über die WSDL-Schnittstellenbe-
schreibung anfordern. Dazu übergibt das Dienstverzeichnis dem Dienstnutzer eine Refe-
renz (in Form einer URI) auf das WSDL-Dokument und der Dienstnutzer kann mittels
SOAP den Dienst des Dienstanbieters nutzen (Melzer 2010, S. 63 f.).

UDDI

Dienstverzeichnis

Dienst
1 3. Verweis auf Dienst
Dienst
1. Veröffentlichung 2 WSDL
Dienst
WSDL … N
2. Suche
SOAP
4. Abfrage der Beschreibung

Dienstanbieter SOAP Dienstnutzer

5. Nutzung

Abb. 313: Web-Service-basierte SOA


Quelle: in Anlehnung an Melzer 2010, S. 64.

Als Alternative zu den dargestellten Web-Komponenten wird zunehmend das Konzept des
Representational State Transfer (REST) diskutiert (s. Kapitel 5.1.3.2). Dieses be-
schreibt eine Sammlung an Architekturprinzipien für Netzwerke, die einen zustandslosen
844 Die Grundlagen der E-Company

Zugriff auf die Ressourcen ermöglichen. Eine Umsetzung auf dem HTTP-Protokoll ist
z. B. „Restful HTTP“ (häufig als direktes Synonym für REST genannt), das durch die vier
HTTP-Methoden GET, PUT, POST und DELETE mit den zustandslosen und durch URLs
identifizierten Ressourcen entsprechend agieren kann. Der Vorteil liegt in dem einfachen
und schnellen Zugriff auf Daten, jedoch gibt es keine Unterstützung für Sicherheitskon-
zepte, sodass „Restful HTTP“ sich nicht als Basisprotokoll für eine SOA-Architektur eig-
net, insbesondere auch nicht bei verteilten Architekturen, wie sie in einer E-Company ein-
gesetzt werden könnten (Josuttis 2008, S. 283).

6.1.3.3 Cloud-Komponenten
Das Cloud Computing erlaubt u. a. die „Bereitstellung und Nutzung von Anwendungen
aller Art als im Web elektronisch verfügbare Dienste“ (Baun et al. 2010, S. 1). Dabei in-
tegrieren verteilte Systeme heterogene IT-Ressourcen aus aller Welt, die in einer E-
Company mit unterschiedlichen Kooperationspartnern üblich sind. Im Unterschied zu ver-
teilten Systemen über lokale Netzwerke mit homogenen IT-Ressourcen, gibt es bei dem
Informationsaustausch und der Kommunikation über das Internet deutliche Abweichun-
gen der Antwortzeiten, Datenübertragungskapazitäten und der Verbindungszuverlässig-
keit (Baun et al. 2010, S. 21). Vor diesem Hintergrund bieten sich Web-Services (s. Kapi-
tel 6.1.3.2) auf Basis einer serviceorientierten Architektur (s. Kapitel 6.1.3.1) an. Diese
Architektur hat durch die Konzepte der Services und der losen Kopplung insbesondere die
hohe Interoperabilität zum Ziel. Diese zeichnet sich dadurch aus, dass verteilte Systeme
schnelle und technisch einfache Verbindungen untereinander herstellen können (Josuttis
2008, S. 21 f.) und die Verwaltung und Nutzung verteilter Kompetenzen ermöglichen (Jo-
suttis 2008, S. 17).

Computer 1 Computer 2 Computer 3 Computer 4

Anw. A Anwendung B Anw. C

Verteilte Systemschicht

Lokales Lokales Lokales Lokales


Betriebs- Betriebs- Betriebs- Betriebs-
system 1 system 2 system 3 system 4

Netzwerk

Abb. 314: Verteiltes System als Middleware


Quelle: Tanenbaum/Steen 2008, S. 20.
Die Systeme bei der elektronischen Kooperation 845

Ein verteiltes System ist „eine Ansammlung unabhängiger Computer, die den Benutzern
wie ein einzelnes kohärentes System erscheinen“ (Tanenbaum/Steen 2008, S. 19). Nach
diesem Muster können verschiedene Nutzer mit unterschiedlichen Betriebssystemen über
eine verteilte Systemschicht (Middleware) in ein Netzwerk eintreten und über eine ge-
meinsame Schnittstelle verteilte Anwendungen nutzen und miteinander kommunizieren.
Dabei bleiben dem Nutzer und der Anwendung das Betriebssystem und die konkrete Hard-
ware verborgen (s. Abb. 314). Dies fördert den einfacheren Zugriff auf bestimmte IT-
Ressourcen durch eine Verteilungstransparenz, Offenheit und Skalierbarkeit (Tanenbaum/
Steen 2008, S. 20 ff.).

Abb. 315: Cloud-Komponente am Beispiel von fruux


Quelle: www.fruux.com

In Bezug auf Netzwerkunternehmen innerhalb einer E-Company finden sich verteilte In-
formationssysteme als Unterklasse von verteilten Systemen wieder. Dieser Bereich be-
handelt die Systeme zur Transaktionsverarbeitung und die Integration von Unternehmens-
anwendungen (Tanenbaum/Steen 2008, S. 37 ff.). Speziell die Nutzung von Transaktio-
nen ist ein wesentlicher Bestandteil bei der Zusammenarbeit verschiedener Kooperations-
partner innerhalb einer E-Company, da diese mehrere Teilnehmer beteiligen, fest defi-
nierte Prozeduren durchlaufen und konsistente Ergebnisse ausgeben, z. B. bei der Verein-
barung von Terminen oder der Ausführung von Bestellungen (Melzer 2010, S. 276 f.). Im
Zusammenhang mit dem Datenbank-Umfeld unterliegen alle Transaktions-Konzepte den
vier ACID-Eigenschaften (Melzer 2010, S. 278 f.):

„ Atomicity: Die Atomarität beschreibt die Durchführung der Menge an Arbeitsschrit-


ten, die der Transaktion unterliegen. Alle Arbeitsschritte werden ganz oder gar nicht
durchgeführt, da eine anteilige Ausführung nicht erlaubt ist.
846 Die Grundlagen der E-Company

„ Consistency: Die Konsistenz beschreibt die Überführung eines konsistenten Zu-


stands durch eine Transaktion in einen anderen, jedoch ebenfalls konsistenten Zu-
stand.

„ Isolation: Die Isoliertheit beschreibt die Durchführung der Transaktion unabhängig


von anderen Transaktionen, die gleichzeitig ausgeführt werden.

„ Durability: Die Dauerhaftigkeit beschreibt das Ergebnis der Transaktion, das in ir-
gendeiner Form persistent abgelegt werden muss.

Als Beispiel für eine Cloud-Komponente kann das Angebot von fruux.com angeführt wer-
den. Die Lösung von fruux.com ermöglicht es, unabhängig von Plattform oder Technolo-
gie, Kontakte, Kalendereinträge oder auch Aufgaben über die Cloud automatisch zu syn-
chronisieren und damit immer auf dem aktuellsten Stand zu halten. Die Technologie ist
nicht an Gerätehersteller gebunden. Durch die Unterstützung der offenen Standards Card-
DAV und CalDAV können Daten über System- und Gerätegrenzen hinweg transportiert
und synchronisiert werden (s. Abb. 315).
Im Kontext von Cloud Computing und dem Internet of Things gewinnt das sog. Edge
Computing zunehmend an Bedeutung. Edge Computing beschreibt das Verfahren um
Daten noch in der Netzwerkperipherie zu verarbeiten, anstatt Daten bspw. unverarbeitet
in die Cloud zu schicken (Shi et al. 2016). Durch eine Verarbeitung der Daten direkt in
der Netzwerkperipherie durch das Edge Computing können z. B. Verzögerungen bei der
Datenübertragung, welche ein mögliches Problem beim Cloud Computing darstellen, ver-
hindert werden. Beim Edge Computing werden somit Computer-Anwendungen, Daten
und Dienste von zentralen Knoten (Rechenzentren) weg zu den äußeren Rändern eines
Netzwerks verlagert. Anders ausgedrückt geht es darum, Datenströme ressourcenscho-
nend zumindest teilweise an Ort und Stelle (z. B. direkt am Endgerät oder innerhalb einer
Fabrik) zu verarbeiten, aber trotzdem von den Vorteilen der Cloud zu profitieren. Dieser
Ansatz erfordert den Einsatz von Ressourcen, die nicht permanent mit einem Netzwerk
verbunden sind wie Controller, Notebooks, Smartphones, Tabletcomputer und Sensoren.
Edge Computing beinhaltet zahlreiche Technologien wie Sensornetze, mobile Datenerfas-
sung, mobile Signaturanalyse, Peer-to-Peer- sowie Ad-hoc-Vernetzung. Dabei kann Edge
Computing als Architekturkonzept für das Internet der Dinge (IoT) verwendet werden,
das eine Verknüpfung eindeutig identifizierbarer physischer Objekte (things) mit einer
virtuellen Repräsentation in einer Internet-ähnlichen Struktur herstellt. Statt Edge Com-
puting werden gelegentlich auch die Begriffe Fog Computing, Local Cloud bzw. Cloudlet
genutzt (Wanner 2016). Bei Fog Computing liegt der Fokus allerdings weniger auf den
Endgeräten, sondern vielmehr darauf, die Cloud-Ressourcen näher zu den Anwendungen
zu bringen (Dezentralisierung; General Electric 2018). Nachteile beim Edge Computing
hingegen ergeben sich, wenn eine sehr hohe Datenmenge zu verarbeiten oder zu speichern
bzw. der Rechen- oder Speicherbedarf sehr unregelmäßig ist (s. Wikipedia).
Die Prozesse bei der elektronischen Kooperation 847

6.2 Die Prozesse bei der elektronischen Kooperation


Nach den technischen Darstellungen der Systemebene (s. Kapitel 6.1) gilt es nun auf der
Prozessebene die spezifischen Anforderungen an elektronische Kooperationsprozesse
und deren besondere Gestaltung zu beschreiben. Die Prozessebene stellt somit den Ablauf
sämtlicher Arbeitsschritte dar, die in einer E-Company gewährleistet sein müssen, damit
Kooperationen von der Identifikation bis zu ihrer Auflösung optimal durchgeführt werden
können. Dabei ist jeder Prozess eine Art „Baustein“ in dem Gesamtkonzept der E-Com-
pany. Je besser die Bausteine zusammengesetzt und aufeinander abgestimmt sind, desto
schneller, kostengünstiger und gehaltvoller können Daten verarbeitet werden und damit
Kooperationen durchgeführt werden. Zum Abschluss des Kapitels geht es um die Frage,
wie sich die Kooperationsprozesse einer E-Company aus operativer, taktischer und strate-
gischer Perspektive bewältigen lassen. Es ergeben sich vor diesem Hintergrund folgende
Lernziele für dieses Kapitel:

„ Welche prozessualen Anforderungen werden an eine E-Company gestellt?

„ Wie gestalten sich in einer E-Company konkret die einzelnen Teilprozesse?

„ Welche operativen, taktischen und strategischen Basisfunktionen entstehen im Rah-


men des Prozessmanagements für die E-Company?

6.2.1 Die Prozessanforderungen der elektronischen Kooperation


Die konkreten Prozessanforderungen einer E-Company ergeben sich aus der Umsetzung
isolierter Unternehmen in ein integratives virtuelles Unternehmen mittels internetbasierter
elektronischer Kooperationsprozesse und speziellen Informations- und Kommunikations-
systemen. Aus diesem Einsatz entstehen diverse Anforderungen, denen im Kontext eines
virtuellen Unternehmens begegnet werden muss. Dazu werden im Folgenden insbeson-
dere die Anforderungen der Kosten, Flexibilität und Komplexität an die Kooperationspro-
zesse erläutert.

6.2.1.1 Online-Kooperationskosten
Die Kosten der Kooperation von Partnerunternehmen innerhalb einer E-Company werden
über Verrechnungspreise erfasst. Mit ihnen ist es möglich sowohl eine auftragsspezifische
Konfiguration des Netzwerks durchzuführen als auch den Preis für das Endprodukt fest-
zulegen. Davon ist zum einen die Zusammensetzung des Projektnetzwerks abhängig und
zum anderen auch die Bestimmung des Gesamtpreises für einen Auftrag. Neben den Me-
thoden der Verhandlungen und Auktionen (s. Kapitel 6.2.2.3) kann mit Hilfe der Orien-
tierung an Marktpreisen oder der Kostenorientierung ein Verrechnungspreis gefunden
848 Die Grundlagen der E-Company

werden. Im ersten Fall müssen spezielle Prämissen auftreten, die in der Realität nur sehr
selten anzutreffen sind, z. B. das Vorliegen eines vollkommenen Marktes mit unbe-
schränkten Marktkapazitäten. Außerdem würde das Ziel einer virtuellen Unternehmung,
durch eine Kooperation Verbundeffekte zu erzeugen, nicht mehr greifen, weil eine Re-
konstruktion des Marktes innerhalb der virtuellen Unternehmung nicht zweckmäßig ist.
Im zweiten Fall, der Kostenorientierung, werden Zwischenprodukte mit kostenorientierten
Verrechnungspreisen bewertet, da Markpreise nicht immer feststellbar sind. Unterschei-
den lassen sich die kostenorientierten Verrechnungspreise nach dem Zeithorizont, dem
Kostenvolumen und nach dem Gewinnaufschlag (Tantzen 2006, S. 103 f.) Weiterhin blei-
ben bei der Berechnung der Kooperationskosten die Komplexitätskosten und -kostenarten
(s. Kapitel 6.2.1.3) unberücksichtigt, weil kein Kostenrechnungssystem diese beinhaltet.
Dies verhindert eine erforderliche Transparenz, wenn es darum geht, Entscheidungen trotz
vorhandener Komplexität zu treffen oder herauszufinden, welche Kostenarten im beson-
deren Maße auffallen (Pindl 2002, S. 96 f.).

Erhöhte
Erhöhung Flexibilität
der Flexibilität

1. Arbeitszeit und Arbeitsplatz


2. Veränderung des Ortes
3. Schnelle Reaktion
Informations- Effekte zweiter
Ergebnis
technologie Ordnung

Positiv/Negativ

Verminderung der Verminderte 1. Technologische Abhängigkeit


Flexibilität 2. Unerwartete Reaktionen
Flexibilität 3. Management der Komplexität

1. Erhöhter Zeit- und Kostenaufwand, um Systeme zu ändern


2. Erhöhter Zeit- und Kostenaufwand, um Arbeitsabläufe
und Organisationsstrukturen zu ändern

Abb. 316: Auswirkungen der IuK-Systeme auf die organisatorische Flexibilität


Quelle: in Anlehnung an Picot/Reichwald/Wigand 2003, S. 427.

6.2.1.2 Online-Kooperationsflexibilität
Eines der größten Ziele einer E-Company ist die Flexibilität der Online-Kooperation, um
sich den ständig ändernden Umweltbedingungen anpassen zu können. Dazu konfigurieren
sich die virtuellen Organisationen auftragsbezogen und nutzen alle Potenziale der Flexi-
bilität aus den Informations- und Kommunikationssystemen. Dieser Einsatz erfolgt schon
seit längerer Zeit nicht mehr unter dem Standpunkt der Rationalisierung, bei der es nur
darum geht, die Produktivität zu Lasten der Flexibilität zu steigern. Aus diesem Einfluss
moderner Information- und Kommunikationssysteme auf die organisatorische Flexibilität
Die Prozesse bei der elektronischen Kooperation 849

können beide Zielsetzungen, Produktivität und Flexibilität, gemeinsam erreicht werden


und stellen keine konkurrierenden Bestrebungen mehr dar. Ungeachtet dessen existiert
jedoch beim Einsatz von Informations- und Kommunikationssystemen in Organisationen
ein Flexibilitätsparadoxon, das zwischen organisatorischer und technischer Flexibilität
entscheidet. Zwar kann die organisatorische Flexibilität durch moderne Informations- und
Kommunikationssysteme erhöht werden, durch die alternde technische Infrastruktur kann
sich dieser Effekt allerdings bis hin zur Starrheit und Inflexibilität wandeln (Picot/Reich-
wald/Wigand 2003, S. 424 f.). Einhergehend können sich somit positive wie auch nega-
tive Effekte durch die Verstärkung bzw. Minderung der Flexibilität in den Organisationen
ergeben (s. Abb. 316).

6.2.1.3 Online-Kooperationskomplexität
Neben den prozessbezogenen Anforderungen der Kosten und der Flexibilität in einer
E-Company, ist der Aspekt der Komplexität (und insbesondere der Umgang mit ihr) ein
weiterer Gesichtspunkt, den es in virtuellen Netzwerken zu behandeln gilt. Denn im Ver-
gleich zu den klassischen Unternehmen bewältigen E-Companys durch die Netzwerkbil-
dung nicht nur ein sehr hohes Maß an Komplexität, sie finden zudem ein ebensolches auch
vor. Außerdem ist den E-Companys der Aspekt der Komplexität schon vorher bewusst
und stellt sich nicht am Ende als Überraschung in Form eines Projektabbruchs heraus.
Unterschieden wird die Komplexität im Umfeld einer E-Company nach einer externen
Komplexität der Umwelt und nach einer internen Komplexität im Netzwerk (Pindl
2002, S. 91 ff.):

„ Externe Komplexitätseinflüsse: Aus den externen Treibern der Globalisierung und


der Marktdynamik entstehen Marktanforderungen (z. B. Nachfrageschwankungen o-
der Sortimentsvergrößerung), die einen Großteil der Komplexität in die E-Company
tragen. Dies wirkt sich besonders auf die Anzahl und Änderungshäufigkeiten der an-
gebotenen Leistungen aus, die zwar einen höheren Aufwand und höhere Kosten be-
deuten, aber auch eine Kundenzunahme garantieren. Intern führt das zum Anstieg der
prozessbezogenen Komplexität (durch eine Zunahme der Funktionsbereiche und he-
terogene Aktionen) inklusive der entsprechenden Kosten.

„ Interne Komplexitätseinflüsse: Im Rahmen der internen Komplexitätseinflüsse las-


sen sich diese nach den strukturellen, individuellen und nach den informations- und
kommunikationsbezogenen Komplexitätstreibern differenzieren. Dabei beziehen sich
die strukturellen Komplexitätstreiber auf die Ablauf- und Aufbauorganisation und die
Produktstruktur, z. B. bei zu langen Entscheidungswegen und Intransparenz der Auf-
gaben(verteilungen) in den Abteilungen. Zusätzlich bestimmt die Spezialisierung der
Mitarbeiter die strukturelle Komplexität, indem gering automatisierte Aufgaben einen
höheren Abstimmungsbedarf erfordern. Ähnlich gelagert stehen die informations-
und kommunikationsbezogenen Komplexitätstreiber. Mit ihnen wird versucht den
strukturellen Komplexitätstreibern zu begegnen, was jedoch zum weiteren Anstieg
850 Die Grundlagen der E-Company

der Komplexität führen kann, z. B. bei angepassten Formularen, die nicht direkt ver-
ständlich sind und weitere Verzögerungen verursachen. Über allen Bereichen stehen
die individuellen Komplexitätstreiber, die nicht eindeutig gemessen werden können.
Diese betreffen das individuelle Ergebnis eines jeden Mitarbeiters, das immer von der
jeweiligen Motivation oder dem Arbeitsklima abhängig ist.

Kostenarten der Komplexität

• Kommunikationsaustauschkosten
• Informationsaustauschkosten
Prozessbezogene Kosten
• Entscheidungskosten
• Schlecht organisierte Abläufe • Abstimmungskosten
• Geringe Mitarbeiterqualifikation • Anpassungskosten
• Fehlende Zusammenführung von • Doppelerfassungskosten
Aufgaben, Kompetenzen, • Suchkosten
Verantwortung • Verwechslungskosten
• Medienbrüche • Qualitätsabweichungskosten
• Dateninkonsistenzen • Planungskosten
• Vermeidbare Aktivitäten • Steuerungskosten
• Geringe Standardisierung • Datenpflegekosten
• Mehrfachverwendung
• Systemkosten
• Lieferantenwechselkosten
• Lieferantenpflegekosten
• Kapitalbindungskosten

Abb. 317: Kosten der Komplexität


Quelle: in Anlehnung an Pindl 2002, S. 96.

Grundsätzlich variiert die Komplexität daher immer mit der Anzahl der teilnehmenden
Kooperationspartner und den dadurch ausgelösten Aktionen, Beziehungen und Prozessen
zwischen den Kooperationspartnern. Des Weiteren bildet die aus einem Projekt resultie-
rende individuelle Dynamik auf die Kooperationspartner einen wesentlichen Bestim-
mungsfaktor für den Komplexitätsgrad einer E-Company (Pindl 2002, S. 92 f.). Daraus
entstehen auf der Kostenseite (s. Kapitel 6.2.1.1) neben den prozessbezogenen Kosten
auch spezielle Kostenarten der Komplexität (s. Abb. 317). Komplexität in Unterneh-
mensnetzwerken entsteht nicht nur von selbst, sondern auch durch Unwissenheit über Pro-
zesse, mangelnde Weitsicht oder fehlerhaftes Management. Deswegen ist die Reduzie-
rung von Komplexität, insbesondere in Unternehmensnetzwerken, ein Thema, das nicht
vernachlässigt werden darf. Punkte wie eine vermehrte Umsicht, Wissen über Wechsel-
wirkungen und weiteren Erkenntnissen eigener und fremder Prozesse tragen einen ersten
Schritt dazu bei, die Komplexität zu reduzieren. Weitere Schritte werden im Folgenden
kurz skizziert (Pindl 2002, S. 97 ff.):
Die Prozesse bei der elektronischen Kooperation 851

„ Erfolgskontrolle: Eine regelmäßige Prüfung des Projekts ist unerlässlich. Neben der
Abfrage des aktuellen Status und vorhandener Probleme, können präventive Kon-
zepte erarbeitet werden, um erwarteten Mängeln und Fehlern durch noch gering ge-
haltene Änderungsmaßnahmen zu begegnen.

„ Lernprozesse: Aufgrund der Eigendynamik eines virtuellen Netzwerks und der damit
verbundenen Planungsunsicherheit, sind eingerichtete Lernprozesse in den Ge-
schäftsprozessen sinnvoll. Dies wirkt sich nicht nur auf die Prozessqualität, sondern
auch auf Planbarkeit dieser Prozesse positiv aus.

„ Parallelisierung: Durch ein fehlerhaftes Projekt- und Zeitmanagement kann das


Konzept des parallelen Arbeitens nicht effizient genutzt werden, so dass ein zeitglei-
ches Arbeiten verschiedener Abteilungen am selben Projekt ineffizient wirkt. Ist das
Projektmanagement in der Lage die Tätigkeiten sinnvoll zu modularisieren und damit
auch zu parallelisieren, ermöglicht eine Kapazitätsverteilung über das gesamte Pro-
jekt eine Entkopplung der Aktivitäten und eine Parallelbearbeitung durch verschie-
dene Abteilungen.

„ Zusammenfassung: Die Zusammenfassung von Aktivitäten hat das Ziel, Zeitpuffer


zu vermeiden. Dazu werden mögliche Hindernisse, bspw. mangelnde Kommunika-
tion oder fehlende Daten, im Projekt identifiziert und beseitigt. Weitere Hindernisse
sind ein geringes Wissen über die individuellen Leistungsprozesse in einem Gesamt-
zusammenhang und eine geringe Kooperations- und Lernbereitschaft. Je stärker die
Hindernisse sich auf die Zeiteffizienz auswirken und je niedriger der Schwierigkeits-
grad der Veränderung, desto notwendiger sind die Entwicklungsmaßnahmen in der
betreffenden Organisation.

„ Transparenz: Für die Durchführung jedes Projekts ist es wichtig, dass zum einen die
Projektziele und zum anderen die Aufgaben und die Erfolgskriterien bekannt sind.
Darüber hinaus ist die Verteilung der Aufgaben und der Rollen notwendig. Für dieses
Vorgehen hilft ein Kommunikationsplan, der allen Beteiligten zugänglich sein muss,
damit das Projekt transparent und übersichtlich gestaltet wird.

Damit lässt sich die Komplexität in einer E-Company zwar reduzieren, aber nicht beseiti-
gen, weil zu einer ordentlichen Struktur auch ein Stück weit Chaos gehört, das wiederum
bestimmten Ordnungsprinzipien folgt. Dies ist in traditionellen wie auch in virtuellen Un-
ternehmen der Fall (Pindl 2002, S. 99 ff.).

6.2.2 Die Prozessgestaltung der elektronischen Kooperation

Nach den Anforderungen an die Prozesse einer E-Company wird im Folgenden aufge-
zeigt, wie die Prozesse von der Identifikation bis zur Auflösung einer Kooperation gestal-
852 Die Grundlagen der E-Company

tet werden können und welche Informations- und Kommunikationssysteme dabei eine
große Unterstützungsarbeit leisten können. Eingebettet in ein prozessuales Lebenszyk-
lusmodell werden die einzelnen Prozessphasen zusätzlich von prozessübergreifenden
Aufgaben unterstützt (s. Abb. 318). Dabei stehen insbesondere Informations- und Kom-
munikationssysteme im Mittelpunkt, die eine erfolgreiche Durchführung des Projekts
E-Company, z. B. durch Projektmanagementsysteme oder Workflow-Systeme (s. Kapitel
6.1.2.2), möglich machen.

eIdentification-Prozess:
• Online-Datenbanken
• Newsgroups
• Internet

eInitiation-Prozess:
eDissolution-Prozess: • Internet-Partner-Datenbank
• FAQ-Systeme
Phasenübergreifende
• Internetauftritt
• Help Desks Aufgaben:
• Elektronische Gelbe Seiten
• Kommunikationssysteme
• Erfahrungsdatenbanken • Intelligente Agenten zur
• Dokumenten-/Workflow- Partnersuche
Management-Systeme
• Projektmanagementsysteme
• Wissensmanagementsysteme

eExecution-Prozess:
eAgreement-Prozess:
• Systeme zur
Auftragsabwicklung • Organisationstools
• Führungsinformationssysteme • Elektronische
Vertragskonfiguration
• Systeme zur verteilten
Produktion • Kalkulationssoftware

Abb. 318: Lebenszyklusmodell einer E-Company


Quelle: in Anlehnung an Mertens/Griese/Ehrenberg 1998, S. 94.

6.2.2.1 eIdentification-Prozess
Liegt für ein Unternehmen eine lukrative Marktchance oder ein spezieller Kundenauftrag
vor, so sind das die besten Voraussetzungen, um auf die Suche nach passenden Koopera-
tionspartnern im Rahmen einer E-Company zu gehen. Entsprechend wird in einem ersten
Schritt ein eIdentification durchgeführt, um mit Hilfe digitaler Suchmechanismen eine
erste Sondierung und Identifikation von elektronischen Kooperationsmöglichkeiten im
Markt durchzuführen. Eine erste Recherche kann z. B. unter Anwendung von Online-Da-
tenbanken, Newsgroups oder einer einfachen Suche im Internet erfolgen (s. Kapitel
6.3.2.1). Dort können zudem auch Experten die Chance nutzen eine lukrative Marktlücke
zu bewerten, wenn es darum geht, den Initiator bzw. den Netzwerkmanager bei der Kal-
kulation der Kosten und Erlöse einer Bildung des virtuellen Unternehmens zu unterstüt-
zen. Auf der Seite der Kosten fallen insbesondere leistungsbezogene Kosten sowie auch
Transaktions-, Kommunikations-, Koordinations- und Konfliktlösungskosten an (Mer-
tens/Griese/Ehrenberg 1998, S. 94 f.).
Die Prozesse bei der elektronischen Kooperation 853

6.2.2.2 eInitiation-Prozess
In dem folgenden Prozessschritt der eInitiation wird versucht, eine Anbahnung einer E-
Company mit den für eine Kooperation in Betracht kommenden Unternehmen durchzu-
führen. Die bedeutendste Rolle nimmt hier der Netzwerkmanager (auch Broker genannt)
der E-Company ein. Er hat die Aufgabe, Anforderungsprofile zu erstellen, die Kooperati-
onspartner auszusuchen und diese zu bewerten (s. Abb. 319). Das Erstellen des Anforde-
rungsprofils ist eine Aufgabe, die eine Idee oder ein Ziel der möglichen E-Company vo-
raussetzt. Nur so lässt sich der Bedarf an Kompetenzen und Aktivitäten ableiten, die an-
schließend in einzelne (Teil-)Aufgaben differenziert werden können, um eine genaue Zu-
teilung an die teilnehmenden Unternehmen zu ermöglichen (Mertens/Griese/Ehrenberg
1998, S. 95).
Danach erfolgt ein Matching, bei dem das Anforderungsprofil mit den Kompetenzen und
Kapazitäten der möglichen Unternehmen aus einem Pool aller in Frage kommenden Ko-
operationsunternehmen verglichen wird. Ist das Matching erfolgreich, wird der Kontakt
zu den betreffenden Unternehmen hergestellt und über die entsprechende (Teil-)Aufgabe
informiert (Schumann et al. 2004, S. 11 f.). In diesem Fall prüft der Netzwerkmanager alle
Schnittstellen zwischen den kooperierenden Unternehmen auf technologische, struktu-
relle, personalpolitische und informationelle Integrationsmöglichkeiten. Informations-
und Kommunikationssysteme können die beschriebenen Prozesse der Partnersuche und
-bewertung in jeglicher Hinsicht unterstützen. Zum einen können aktiv interne und öf-
fentliche Datenbanken zur Partnersuche sowohl im Intranet als auch im Internet genutzt
werden, zum anderen ist auch eine passive Suche in Form von Inseraten in Kooperations-
börsen, weiteren Online-Datenbanken oder Newsgroups möglich (Mertens/Griese/Ehren-
berg 1998, S. 95 ff.).

6.2.2.3 eAgreement-Prozess
Im Rahmen des eAgreement wird ein Grundkonsens in Form von Regeln der Zusammen-
arbeit für die zu schaffende E-Company unter Einbeziehung aller möglichen Partnerun-
ternehmen konzipiert. Der Grundkonsens basiert auf der Entwicklung einer kollektiven
Strategie und eines gemeinsamen Geschäftsverständnisses und bildet die Basis für alle
darauffolgenden Aktivitäten. In diesem verhandlungsintensiven Vereinbarungsprozess
organisiert der Netzwerkmanager die Treffen der Kooperationspartner entweder „Face-to-
Face“ oder mithilfe von Kommunikationssystemen (z. B. per Video- oder Telefonkonfe-
renz), um die Abstimmung der Kooperationsziele, Zeitpläne etc. zu ermöglichen und zu
vereinfachen. Während dieser Begegnungen agiert er als Moderator, d. h. als Gesprächs-
leiter und als Vermittler, falls Konflikte in der kollektiven Entscheidungsfindung auftreten
(Mertens/Griese/Ehrenberg 1998, S. 104 f.). Ferner wird in diesen Treffen über Preis und
Leistungsumfang der möglichen Teilleistungen verhandelt. Dazu gibt es drei Verhand-
lungsformen, die sich nach der Anzahl der beteiligten Transaktionspartner richten (Schu-
mann et al. 2004, S. 12 f.):
854 Die Grundlagen der E-Company

„ Freie Verhandlungen: In dieser direkten Verhandlungsform finden die Verhandlun-


gen innerhalb einer 1:1-Beziehung zwischen dem Netzwerkmanager und einem der
möglichen Partnerunternehmen statt. Diese Verhandlungsform eignet sich speziell für
neuartige Projekte, bei denen Erfahrungswerte oder Standards fehlen.

„ Auktionen: Das Netzwerkmanagement hat in dieser Verhandlungsform innerhalb ei-


ner 1:n-Beziehung eine große Auswahl an Partnerunternehmen. Diese Auktionsform
läuft gegensätzlich zu den klassischen Auktionen, weil in diesem Fall der Netzwerk-
manager als Nachfrager auftritt und eine Leistung spezifiziert, um die die Partnerun-
ternehmen konkurrieren.

„ Börsen: Stehen auf beiden Marktseiten mehrere Anbieter und mehrere Nachfrager
gegenüber, so wird innerhalb dieser m:n-Beziehung die Börse als Verhandlungsform
genutzt. Bei einer E-Company kommt diese Verhandlungsform jedoch nicht zum Ein-
satz, weil es immer nur einen einzigen Nachfrager gibt und 1 bis n Anbieter für die
nachgefragte Leistung.

Matching

Manager der E-Company

Kooperationspartner Netzwerkgrenze

Abb. 319: Zusammenstellung der Kooperationspartner


Quelle: Schumann et al. 2004, S. 11.

Neben dem Grundkonsens und den Leistungskonditionen ist im Vereinbarungsprozess


insbesondere auch der rechtliche Rahmen zu regeln. Wenngleich zu einer E-Company
Vertrauen der Kooperationspartner zugehört, so ist die Regelung der Zusammenarbeit auf
formeller Basis unerlässlich. Nur so können die gegenseitigen Rechte und Pflichten in
Verträgen fixiert werden, was insbesondere bei neuen Beziehungen wichtig ist, weil noch
Die Prozesse bei der elektronischen Kooperation 855

keine Vertrauensbasis vorhanden ist. Je länger eine Kooperationsbeziehung andauert oder


die Kooperationspartner von einer vorherigen Zusammenarbeit bekannt sind, desto weni-
ger Ressourcen müssen für eine Vertragsvereinbarung eingesetzt werden, um die Grün-
dung einer E-Company zu beschleunigen. Einen Mittelweg bilden dabei Standardverträge
aus vorgefertigten Vertragsbestandteilen, die z. B. mit einem elektronischen Vertragskon-
figurator erstellt werden. Damit ist der Ressourcenaufwand für den Vertrag überschaubar
und es werden alle gegenseitigen Rechte und Pflichten einer elektronischen Kooperation
festgehalten (Mertens/Griese/Ehrenberg 1998, S. 105 f.).
Eine neuartige Form der Vertragsausgestaltung sind dabei die sog. Smart Contracts (s.
Kapitel 1.6.5). Der 1994 von Nick Szabo (1994, S. 1) eingeführte Begriff Smart Contract
definiert ein computerbasiertes Transaktionsprotokoll, das die Bedingungen eines Ver-
trags abbildet und ausführt. Szabo (1997, S. 1) erkannte früh das Potenzial der Smart
Contracts, da diese, wenn in richtiger Umgebung implementiert (Hardware/Software),
selbstwirksam sein können und somit die Notwendigkeit von Intermediären sowie das
Auftreten von Fehlern in der Vertragsausübung minimieren können. Ziel von Smart
Contracts ist es somit die Sicherheit des Vertrages zu erhöhen und gleichzeitig die Trans-
aktionskosten der Vertragsausführung zu minimieren. Besonders im dynamischen Umfeld
einer E-Company, in der Sicherheiten und Vertrauen eine wichtige Rolle spielen, bieten
Smart Contracts die Möglichkeit für flexible und kostengünstige Vertragsausgestaltungen
zwischen den verschiedenen Kooperationspartnern. Ferner werden in dem Vereinbarungs-
prozess die organisatorischen Fragestellungen geregelt. In einem Kooperationsrahmen
werden die Zuständigkeiten der Kooperationspartner für das Projekt und für die Teilpro-
jekte der virtuellen Unternehmung festgelegt, um durch diese Kontrollmechanismen ein
höheres Vertrauen aufbauen zu können. In diesem Bereich übernimmt weiterhin der Netz-
werkmanager der E-Company die Überwachung der Regeln und die Steuerung des Um-
gangs der Kooperationspartner untereinander und mit der Umwelt (Mertens/Griese/Eh-
renberg 1998, S. 106 f.).

6.2.2.4 eExecution-Prozess
Nachdem der Vereinbarungsprozess für alle beteiligten Kooperationspartner erfolgreich
verlaufen ist, werden in der eExecution die festgelegten Ziele der zustande gekommenen
E-Company erfüllt. Hierbei steht die eigentliche elektronische Wertschöpfung einer E-
Company in Form der exekutiven Kooperation im Mittelpunkt. In diesem Fall schafft die
Online-Kooperation die Möglichkeit, dass verschiedene Anbieter ihr Leistungsangebot ef-
fizienter und effektiver miteinander verzahnen können. Damit wird der bereits beschrie-
bene elektronische Abstimmungswert geschöpft (s. Kapitel 1.4.1). Somit findet in dieser
Phase die Wertschöpfung statt, die durch das Netzwerkmanagement mit einem konzipier-
ten Projektmanagement und –controlling speziell gesteuert und überwacht wird. Dabei
steht das Projektmanagement durch die räumliche und zeitliche Leistungserstellung vor
speziellen Herausforderungen, denen das Netzwerkmanagement mit einem effektiven
Projektmanagement entgegnen muss. Zum Beispiel muss das Projektmanagement über die
856 Die Grundlagen der E-Company

typischen Aufgaben hinaus den Informationsbedarf der verschiedenen Schnittstellen er-


mitteln und weiterleiten. Im Projektcontrolling wird die Einhaltung der Vorgaben aus der
Projektplanung überwacht, der Zahlungsverkehr geregelt, Abweichungen analysiert und
bei notwendigen Steuerungsmaßnahmen ggf. in die Leistungserstellung eingegriffen
(Schumann et al. 2004, S. 13 f.). Im Folgenden werden für den operativen Prozess Bei-
spiele für (über)betriebliche Funktionen aufgezeigt, die durch einen speziellen Einsatz
von Informations- und Kommunikationssystemen in einem Partnerunternehmen innerhalb
einer E-Company unterstützt werden können (Mertens/Griese/Ehrenberg 1998, S. 107 f.):

„ Forschung und Entwicklung: In diesem Bereich können sich die räumlich verteilten
Mitglieder als virtuelles Team (s. Kapitel 6.1.1.2) in „Design-Konferenzen“ treffen,
um gemeinsam in einer virtuellen Umgebung an z. B. Konstruktionen zu arbeiten.

„ Marketing und Vertrieb: Der Netzwerkmanager oder auch ein Netzwerkpartner


übernimmt die Hauptaufgabe des Marketings und des Vertriebs, die E-Company nach
außen einheitlich darzustellen. Dies beinhaltet auch einen gemeinsamen Webauftritt
(inkl. E-Shop) sowie eine gemeinsame Anlaufstelle für Kundenanfragen. Insbeson-
dere das Marketing hat in einer E-Company enorme Vorteile. Durch die Zusammen-
führung der Marketingdaten aus den einzelnen Partnerunternehmen ist es möglich,
große Kundenanalysen durchzuführen. Das Vorgehen ist jedoch relativ aufwendig
(bspw. durch die Konsolidierung der Datenstrukturen) und nicht jedes Partnerunter-
nehmen gibt eigene Daten von strategischer Bedeutung so einfach frei.

„ Beschaffung und Lagerhaltung: Ein speziell konzipiertes Supply Chain Manage-


ment unterstützt die Planung, Steuerung, Administration und Kontrolle der Güter und
Informationen zwischen den einzelnen Partnerunternehmen. Dies ist zwar ein auf-
wendiger Prozess, kann sich aber am Ende mit z. B. hohen Rabatten lohnen, wenn
Bündelungseffekte durch ein E-Company-weites Beschaffungssystem erzielt werden
können.

„ Versand: Das Tracking hat in diesem Bereich eine wichtige Bedeutung. Speziell bei
den physischen Gütern, die von mehreren Partnerunternehmen hergestellt und ver-
sendet werden (z. B. bei verteilter Produktion) müssen sie mit Angabe der genauen
Standorte nachverfolgbar sein und bei Verspätungen eine Benachrichtigung ausge-
ben. Dies hilft sowohl den Partnerunternehmen, die auf die Güter angewiesen sind,
als auch den Kunden, die den Sendungsverlauf der eingekauften Ware verfolgen
möchten. Das Tracking erleichtert durch eine elektronische Aufzeichnung zusätzlich
die Rekonstruktion des Sendungsverlaufs inklusive möglicher Störungsursachen.

6.2.2.5 eDissolution-Prozess
Die Kooperation aller Partnerunternehmen in einer E-Company endet im Rahmen einer
eDissolution, sobald alle vereinbarten Ziele erreicht worden sind oder wenn die Koope-
Die Prozesse bei der elektronischen Kooperation 857

ration vorzeitig abgebrochen wird. In dem Falle der Auflösung einer E-Company über-
nimmt der Netzwerkmanager die Einleitung der im Vertrag festgelegten Auflösungspro-
zesse und muss abschließend die Ergebnisse bzw. Erfahrungen in einer Datenbank abspei-
chern. Damit wird der letzte gemeinsame Zugriff auf eine gemeinsame Datenbasis deter-
miniert. Gleichzeitig werden für die weiteren Aktivitäten der Partner die elektronischen
Verbindungen im Rahmen der virtuellen Unternehmung gekappt und die Informations-
sammlung, -speicherung und -übertragung (Informationsdreisprung, s. Kapitel 1.4.3) fin-
det wieder separat über das einzelne Unternehmen statt. Die Partnerunternehmen spei-
chern darüber hinaus die Ergebnisse bzw. Erfahrungen in ihr eigenes Wissensmanage-
mentsystem. Durch dieses Speichern der Kenntnisse über die Arbeit in der E-Company
selbst und die Auflösung können wiederholt auftretende Probleme besser bearbeitet und
gelöst werden. Bei noch vorhandener Nutzungsdauer des verkauften Produkts, bei dem
die E-Company noch Serviceleistungen mitverkauft hat, jedoch nicht mehr existiert, muss
der Netzwerkmanager entscheiden, ob er selbst die Kundenbetreuung, z. B. über die Web-
seite, weiterhin übernimmt oder diese an Dritte auslagert (Metens/Griese/Ehrenberg 1998,
S. 115 ff.).

6.2.3 Das Prozessmanagement der elektronischen Kooperation

Für das Prozessmanagement und daraus abgeleitet für die gesamte Unternehmensfüh-
rung lässt sich die Nutzung der generierten Informationen in der elektronischen Koopera-
tion nach operativen, taktischen und strategischen Aufgaben differenzieren (s. Abb.
320). Dabei steht insbesondere die Informationsverwendung für operative und taktische
Überlegungen im Mittelpunkt, da hierdurch kurz- und mittelfristige Auswirkungen auf
den E-Company-Betrieb zu erwarten sind (z. B. Ressourcenverteilung). Die strategische
Nutzung der Informationen betrifft dagegen mittel- bis langfristig die Positionierung der
gesamten E-Company im Wettbewerb sowie die generelle E-Company-Gestaltung bzw.
Analyse des Marktgeschehens. Übergreifendes Ziel aller Aktivitäten ist dabei einmal mehr
die Nutzung des Informationsdreisprungs (s. Kapitel 1.4.3), bei dem über die Informati-
onssammlung (Daten aus der operativen Kooperation) und die Informationsverarbeitung
(Auswertung und Analyse der Daten aus der operativen Kooperation) im Rahmen der In-
formationsübertragung an die Entscheidungsträger der E-Company aus strategischer Sicht
konkrete Veränderungen im E-Company-Management begleitet bzw. vorbereitet werden
können. Im Folgenden soll auf die einzelnen Aufgaben in den drei Bereichen des Prozess-
managements bei einer E-Company eingegangen werden.

6.2.3.1 Operative Kooperation


Die operative Ebene einer elektronischen Kooperation ist für den unmittelbaren Koope-
rationsprozess verantwortlich (s. Kapitel 6.2.2). Von dem Prozess der Identifikation mög-
licher Kooperationspartner und der eigentlichen Leistungserstellung bis hin zur Auflösung
858 Die Grundlagen der E-Company

der Kooperation befindet sich die E-Company in einem permanenten Prozess der Umbil-
dung. Getrieben wird dieser andauernde Prozess nicht von einem Streben der Gewinnma-
ximierung, sondern von immer neuen Produkt- und Projektideen. Jedes Unternehmen leis-
tet dabei seinen eigenen Beitrag in Form von komplexen Prozessen, die den Kooperati-
onspartnern zur Verfügung gestellt werden. Folglich werden die Kernkompetenzen der
beteiligten Unternehmen als Input und die Wertschöpfung der einzelnen Partnerunterneh-
men als Output der E-Company betrachtet (Pindl 2002, S. 86 f.).

Strategisches Kooperationsmanagement

Selektion Regulation Allokation Evaluation


Strategische
Kooperation
Kooperations-Controlling

Reporting Analyse Steuerungsmaßnahmen

Taktische
Kooperation
Stammdatenpflege

Anlegen und Pflegen Anlegen und Pflegen


der Ressourcenstämme der Partnerstämme

Operative
Kooperationsprozess Kooperation

Anbahnung Vereinbarung Durchführung Auflösung

Abb. 320: Prozessmanagement bei einer E-Company


Quelle: in Anlehnung an Braustetter/Hasenstab 2001, S. 508.

Im Mittelpunkt dieser Betrachtung stehen Teilprozesse aus den verschiedenen Unterneh-


mensfunktionen, die durch das Zusammenspiel von Ressourcen die Ausführung eines
Auftrags möglich machen. Um einen störungsfreien Ablauf in der gesamten E-Company
zu gewährleisten, müssen die Teilprozesse folgende standardisierte Merkmale aufweisen
(Hoffmann/Hirschmann/Scheer 1996, S. 13):

„ Schnittstellen: Für jeden Teilprozess ist die logische Struktur sowohl für den Teil-
prozess selbst als auch im Netzwerk bekannt und es existieren klar definierte Schnitt-
stellen. Diese Voraussetzungen erlauben dem Teilprozess den Informationsaustausch
zu parallel arbeitenden Teilprozessen.

„ Qualitätsstandards: Alle Teilprozesse und deren Outputs zum Endprodukt der E-


Company werden nach denselben Kriterien bewertet und zertifiziert. Damit kann das
Qualitätsniveau der einzelnen Teilprozesse gemessen, überprüft und verbessert wer-
den.
Die Prozesse bei der elektronischen Kooperation 859

„ Informations- und Kommunikationsstruktur: Eine passende Infrastruktur für den


Informationsaustausch und die Kommunikation ist für alle Partnerunternehmen der
E-Company und deren Mitarbeiter unerlässlich. Diese können sowohl bei der Bildung
eines virtuellen Netzwerks von Vorteil sein als auch bei der Koordination von Teil-
prozessen.

Zentrales Controlling auf Netzwerkebene

Übergreifende Systeme:
• Zentralistische Führungssysteme • Kennzahlen- und Zielsysteme
• Budgetierung (Wertsteigerungsanalyse, Balanced Scorecard)
• Verrechnungs-/Lenkpreissysteme

Prozessorientierte Systeme:
• Basissysteme zur Steigerung • Integrative Systeme zur antizipativen Steuerung
von Kosten, Zeit und Qualität auf Prozessebene
(Prozesskostenmanagement, • Performance Measurement
Time Based Management,
Qualitätsmanagement)

Dezentrales Controlling auf Partnerebene

Abb. 321: Zentrales und dezentrales Controlling


Quelle: in Anlehnung an Gölz 2003a, S. 144.

6.2.3.2 Taktische Kooperation


Die taktische Ebene einer elektronischen Kooperation zeichnet sich durch die Aufgaben
aus, „die Verfügbarkeit von relevanten Informationen sicherzustellen (= Informationsver-
sorgung), auf dieser Basis Wertschöpfungsprozesse zu planen, Zielerreichungsgrade zu
messen und ggf. entstandene Abweichungen entgegenzusteuern (= Informationsverwen-
dung)“ (Gölz 2003a, S. 137). Diese Aufgaben stellen traditionelle Unternehmen immer
noch vor große Herausforderungen, die sich nochmals erhöhen, wenn es darum geht ein
Controlling über mehrere Partnerunternehmen hinaus auf Netzwerkebene durchzuführen.
In diesem Fall ist ein zentrales Controlling in Erwägung zu ziehen. Dies macht insbeson-
dere bei traditionellen Unternehmen Sinn, in denen übergeordnete Organisationseinheiten
860 Die Grundlagen der E-Company

Zielgrößen vorgeben, die von den untergeordneten Organisationseinheiten erfüllt werden


müssen. Zwar sind dabei die Koordinationskosten sehr niedrig, jedoch ist der Aufwand
für den Aufbau eines übergreifenden Controllingsystems trotzdem nicht zu unterschätzen.
Dieser Aufwand scheint auf den ersten Blick speziell bei einem virtuellen Unternehmen
immens und nicht gerechtfertigt, da nur für eine befristete Projektlaufzeit ein Controlling-
system etabliert werden muss, das unternehmensübergreifend (unabhängig von der Größe,
des verwendeten IT-Systems) agiert.
Des Weiteren werden nur wenige Partnerunternehmen bei einem zentralen Rechnungswe-
sen tiefe Einblicke in die eigenen Kostenstrukturen gewähren und zusätzlich gibt es bei
einem Zusammenschluss rechtlich unabhängiger Unternehmen keine Weisungsbefugnisse
von höheren Stellen bzw. vorgegebenen Zielen. Allerdings haben Erfahrungen aus Theo-
rie und Praxis gezeigt, dass trotzdem ein übergeordneter Rahmen existieren muss, will
sich das Unternehmen bzw. die E-Company zielgerichtet entwickeln (Gölz 2003a, S. 143).
Folglich bietet sich ein dezentrales Controlling auf direkter Partnerebene und ein passen-
des Controlling auf Netzwerkebene mit entsprechend eingerichteten Strukturen, die mit-
einander kompatibel sind, an. Zum Einsatz kommen sowohl übergreifende Systeme
(bspw. zentralistische Führungssysteme oder Kennzahlen- und Zielsysteme) sowie pro-
zessorientierte Systeme, die bspw. aus Basissystemen zur direkten Steuerung oder integ-
rativen Systemen zur antizipativen Steuerung bestehen (s. Abb. 321).

6.2.3.3 Strategische Kooperation


Die strategische Ebene einer elektronischen Kooperation umfasst vier grundlegende Ma-
nagementfunktionen (s. Abb. 322) zur „Gestaltung, Lenkung und Entwicklung interor-
ganisatorischer Beziehungen“ (Krystek/Redel/Reppegather 1997, S. 310). Diese Manage-
mentfunktionen sind rekursiv miteinander verbunden, sodass eine Ausführung einer Funk-
tion spezielle Bedingungen für die anderen Funktionen herstellt, die mitbeachtet werden
müssen. Zudem gilt der umgekehrte Fall. Werden drei der vier Managementfunktionen
ausgeführt, beeinflussen sie wesentlich die übrige Managementfunktion (Sydow/Windeler
1997, S. 4). Diese vier grundlegenden Funktionen des Managements in der strategischen
Ebene der elektronischen Kooperation werden wie folgt beschrieben (Sydow/Windeler
1997, S. 4 ff.):

„ Selektion: Die Selektion geeigneter Kooperationspartner ist die Basis der zukünftigen
Netzwerkbeziehungen und ist gewissenhaft anzugehen. Der Selektionsprozess selbst
findet hier beidseitig statt, damit beide Seiten die Möglichkeiten haben Kosten und
Nutzen einer Kooperation für sich zu bestimmen und sich dementsprechend zu ent-
scheiden. Speziell die Frage nach der Übereinstimmung der verfolgten Strategie,
Kompetenzen, Ressourcen und zeitlichen Umsetzung ist nach der jeweiligen Verwen-
dung und vor allem Kompatibilität zu klären. Als Instrumente eignen sich hier bspw.
die Bezugsquellenanalyse, der Vergleich alternativer Distributionskanäle und die
Stärken/Schwächen-Analyse horizontaler Kooperationspartner.
Die Prozesse bei der elektronischen Kooperation 861

„ Regulation: Die Regulation von Aktivitäten und Beziehungen zwischen den Koope-
rationspartnern sowie die Allokation von Ressourcen haben das Ziel den Grad der
strukturellen Kopplung und der gemeinsamen Nutzung von Ressourcen zwischen den
Kooperationspartnern zu bestimmten. Als eine notwendige Voraussetzung für eine
Zusammenarbeit und für die Ausführung der weiteren Managementfunktionen gilt
insbesondere die Kompatibilität von Informations- und Kommunikationssystemen.
Als Instrumente eignen sich in puncto Regulation bspw. die Gestaltung des Koopera-
tionsvertrags, der Einsatz eines überbetrieblichen Projektmanagements bzw. von un-
ternehmensübergreifenden Teams und die Implementierung von interorganisatori-
schen Informations- und Kommunikationssystemen.

„ Allokation: Die Allokation der Ressourcen erfolgt je nach Kooperationspartner, der


in einer vorhergehenden Managementfunktion selektiert wurde. Im Mittelpunkt ste-
hen die Verteilung von Aufgaben, Wissen und Technologien sowie die Organisation
von Unterstützungsleistungen mit den dazugehörigen materiellen Ressourcen für die
E-Company.

Management strategischer Netzwerke

Selektion Regulation
geeigneter von Allokation der Ökonomische
Kooperations- Aktivitäten/ Ressourcen Evaluation
partner Beziehungen

Abb. 322: Grundlegende Managementfunktionen bei der strategischen Kooperation


Quelle: Krystek/Redel/Reppegather 1997, S. 310.

„ Evaluation: Die ökonomische Evaluation von Kooperationsbeziehungen stellt bisher


die problematischste Managementfunktion dar. Die abgegebenen Bewertungen be-
ziehen sich nicht nur auf die Beziehungen aus den übrigen Managementfunktionen,
sondern auch auf die Managementfunktionen selbst. Somit wird nicht nur der einzel-
wirtschaftliche Erfolg betrachtet, sondern auch Erfolgsanteile bestimmt, die Koope-
rationserfolge auszeichnen. Typische Instrumente in dieser Managementfunktion sind
bspw. die Lieferantenbewertungsverfahren, die netzwerkbezogene Kosten-/Nutzen-
rechnung und die Transaktionskostenrechnung.
862 Die Grundlagen der E-Company

6.3 Das Management bei der elektronischen Kooperation


Nach den technischen Darstellungen der Systemebene (s. Kapitel 6.1) und den Ausfüh-
rungen zur Prozessebene (s. Kapitel 6.2) gilt es nun auf der Managementebene, die
spezifischen Anforderungen an den Entscheidungsträger zu beschreiben. Die Grundent-
scheidung für eine Kooperation fällt in erster Linie durch eine passende Unternehmens-
kultur, die unter allen Kooperationspartnern gleich ist. Zum anderen gilt es aber auch, die
Kooperation in einer E-Company über alle Lebenszyklusphasen hinweg attraktiv zu ge-
stalten und auf die Bedürfnisse der Kooperationspartner in Form von Wünschen, Zielen
und Eigenarten einzugehen. Aufgrund der bereits existierenden und wachsenden Konkur-
renz müssen ferner Managemententscheidungen bezüglich einer Wettbewerbspositionie-
rung getroffen werden. Aufbauend auf diesen Punkten der elektronischen Kooperation be-
fassen sich folgende Ausführungen mit den managementbezogenen Aspekten einer E-
Company. Dabei stehen folgende Fragen im Mittelpunkt der Betrachtungen, die zugleich
auch die Lernziele dieses Abschnitts darstellen:

„ Wie wird die Arbeitsanalyse im Kontext der elektronischen Kooperation betrachtet?

„ Wie sieht die Analyse des möglichen Partners und dessen Auswahl für eine elektro-
nische Kooperation aus?

„ Welche Konsequenzen hat eine elektronische Kooperation für die beteiligten Partner
im Hinblick auf den Wettbewerb?

6.3.1 Die Arbeitsanalyse der elektronischen Kooperation


Oft wird von einer allgemeinen Vorteilhaftigkeit der Kooperation über eine E-Company
gesprochen. Diese Vorteilhaftigkeit wird deutlich bei der Betrachtung der sog. Effectua-
tion-Logik (Sarasvathy 2001). Gemäß dieser Herangehensweise sehen Entrepreneure an-
dere Unternehmen weniger als Konkurrenz, sondern begreifen diese eher als potenzielle
Partner zur Erweiterung des eigenen Stakeholdernetzwerkes und zur Vergrößerung des
zur Verfügung stehenden Ressourcenpools. Das Stakeholder Commitment und die zusätz-
lichen Ressourcen werden dann dazu genutzt, das Produkt sukzessive zu verbessern und
neue Märkte zu explorieren.
Jedoch wird trotz all der Vorteilhaftigkeit einer Kooperation vernachlässigt, dass sich die
Online-Kooperation keineswegs pauschal für alle Unternehmen eignet. Vielmehr sollte
der Einsatz von E-Companies nur für diejenigen Unternehmen erfolgen, die über eine pas-
sende Arbeitskultur verfügen (s. Kapitel 6.1.1.1), in der die Mitarbeiter sich mit den Ar-
beitszielen identifizieren und eine Arbeitsveränderung erfolgreich begleiten. Ermöglicht
wird das durch ein lernfreundliches Klima, das zugleich auf eine Kooperationsbereitschaft
intern mit den Mitarbeitern im eigenen Unternehmen und auch extern mit den Mitarbeitern
Das Management bei der elektronischen Kooperation 863

anderer Unternehmen abzielt. Grundlage dafür ist ein Vertrauen, das insbesondere bei vir-
tuellen Unternehmen eine Zusammenarbeit verschiedener Unternehmens- und Arbeitskul-
turen gewährleistet und als Koordinationsherausforderung durch das Netzwerkmanage-
ment abgedeckt wird. Nichtsdestotrotz darf bei der Etablierung einer Netzwerkkultur die
eigene Unternehmenskultur nicht vernachlässigt oder verändert werden (Pindl 2002,
S. 101 ff.). Vor diesem Hintergrund ist insbesondere die Analyse der Arbeitskultur über
und mit Hilfe elektronischer Netzwerke bei einer E-Company differenziert zu betrachten.

6.3.1.1 Online-Vertrauenskultur
Die angesprochene Grundlage für eine erfolgreiche Netzwerk- bzw. Arbeitskultur ist das
Vertrauen. Diese ist nicht nur der Ausgangspunkt, sondern auch das Ziel einer elektroni-
schen Kooperation und garantiert eine Einhaltung der zugesicherten Vereinbarungen der
Kooperationspartner. Damit beeinflusst sie den Unternehmenserfolg auf entscheidende
Weise und sorgt bei den Mitarbeitern für eine hohe Arbeitszufriedenheit. Das Vertrauen
steht aber auch mit den vertraglichen und damit verbindlichen Vereinbarungen in einem
direkten Zusammenhang. Durch die konkret festgelegten Zielvereinbarungen in einem
Kooperationsvertrag (s. Kapitel 6.2.2.3) gibt es für das Vertrauen einen Anhaltspunkt für
alle Kooperationspartner, an dem es sich messen lässt und zugleich als eine Art Fremd-
kontrolle agieren kann. Missachtet ein Kooperationspartner bestimmte Regeln oder miss-
braucht er das Vertrauen, so schließt er sich selbst für eine zukünftige Arbeit in der
E-Company aus (Pindl 2002, S. 105 f.). Voraussetzung für ein Vertrauensverhältnis zwi-
schen den Kooperationspartnern in einer E-Company ist neben persönlichen und fachli-
chen Bindungsfaktoren auch die Bindung an das gemeinsame Projekt durch das ge-
meinsame Ziel und durch dessen Transparenz, die insbesondere die Mitarbeiter motiviert
und letztendlich den Projekterfolg ausmacht. Vertrauensbeziehungen sind auch speziell
für Mitarbeiter in virtuellen Teams (s. Kapitel 6.1.1.2) essentiell. Die reine Verwendung
von Informations- und Kommunikationssystemen ohne persönlichen Kontakt verlangt ein
hohes Vertrauen sowohl in das Kooperationsnetzwerk selbst als auch in das Management
der verteilten Aufgaben. Dabei stellen vertrauenswürdige Manager einen wichtigen Faktor
für die gesamte E-Company dar (Pindl 2002, S. 106 f.).

6.3.1.2 Online-Dialogkultur
Beim Aufbau einer E-Company und dem stetigen Wandel eines Unternehmens selbst
spielt immer die Veränderung eine große Rolle. Diese Veränderungen begleiten die Mit-
arbeiter häufig mit Angst, weil sie fürchten ihren Arbeitsplatz aufgeben zu müssen, unge-
wollte Kollegen zu bekommen oder ihnen noch mehr Aufgaben ohne Lohnausgleich zu-
gemutet werden. Diesbezüglich existieren sieben organisatorische Sperren (s. Abb.
323), die sich destruktiv auf das Vertrauen in einem Unternehmen und folglich auch auf
das Netzwerk einer E-Company auswirken (Pindl 2002, S. 109).
864 Die Grundlagen der E-Company

Die dargestellten Vertrauenshindernisse können durch bestimmte vertrauensbildende Fak-


toren abgebaut werden, um das Vertrauen wieder zu fördern. Dies geschieht durch einen
Dialog, der besonders in Unternehmenskulturen bspw. bei Konfliktlösungen oder bei Ent-
scheidungsfindungen eingesetzt wird und dem Austausch von Meinungen dient. Voraus-
setzung dazu sind gleichberechtigte Gesprächspartner und im optimalen Fall ein Modera-
tor, der auf ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen Diskussion, Disput und Dialog achtet.
Der erforschende Charakter des Dialogs und die Berücksichtigung von individuellen
Wünschen und Bedürfnissen haben zudem den Vorteil, offen für eine Zusammenarbeit
mit neuen Mitarbeitern der Partnerunternehmen zu sein und bspw. neue Märkte für die
eigenen Produkte zu erkennen. Somit ist der Dialog eine wichtige Voraussetzung für eine
Akzeptanz und für das Vertrauen in neue Entwicklungen, denen ein Unternehmen bzw.
eine E-Company ständig unterliegt (Pindl 2002, S. 110 ff.).

Starke Rollenmodelle

Strikte Kommandolinien

Gruppen-Narzissmus

Zweideutige Prioritäten Vertrauensbasis


Trennung von
Entscheidungsverantwortung
Strenge Arbeitsteilung
Schutz vor Interventionen
Außenstehender

Abb. 323: Organisatorische Sperren für die Vertrauensbasis


Quelle: in Anlehnung an Pindl 2002, S. 109 f.

6.3.1.3 Online-Lernkultur
Die Transformation von einem zentral organisierten Unternehmen zu einem virtuellen de-
zentralen Unternehmen in Form einer E-Company stellt viele Unternehmen vor eine große
Herausforderung. Eine erfolgreiche Durchführung hängt deshalb auch von der „Koopera-
tion, Kommunikation und Koordination der Arbeitsprozesse“ (Pindl 2002, S. 113) ab und
folglich von einer Lernkultur im Unternehmen, in der die Mitarbeiter bereit sind zu ler-
nen und dieses Lernen auch explizit gefördert wird. Das Lernen ist ein systemrelevanter
und bildender Bestandteil von virtuellen Netzwerken und somit ist die Fähigkeit zu lernen
unerlässlich in einer Zeit der Globalisierung (s. Einleitung Kapitel 6). Eine E-Company
unterliegt einem stetigen Wandel, beeinflusst nicht nur durch äußere Faktoren, sondern
auch durch interne Wechselwirkungen und Rückkopplungen. Dabei stellen die Online-
Vertrauenskultur (s. Kapitel 6.3.1.1) und die Online-Dialogkultur (s. Kapitel 6.3.1.2)
wichtige Strukturelemente in dem virtuellen Unternehmen dar, müssen jedoch von einer
Das Management bei der elektronischen Kooperation 865

Veränderungsbereitschaft und -förderung in Form von einer Online-Lernkultur gestützt


werden (Pindl 2002, S. 113 f.).
Mit dem Einsatz von Informations- und Kommunikationssystemen können die Lernpro-
zesse unabhängig von der Zeit und von dem Ort durchgeführt werden. Dazu wird das
Stichwort E-Learning als Oberbegriff für „alle Varianten internetbasierter Lehr- und
Lernangebote“ verwendet, worunter auch die didaktischen Formen des Computer Based
Training (CBT) und Web Based Training (WBT), bezüglich der Nutzung digitaler Hilfs-
mittel zu Lernzwecken fallen (Kerres 2018, S. 14). Dem gegenüber stehen jedoch die
Selbstmotivation eines jeden Mitarbeiters und die Motivation des Managements für die
Mitarbeiter entsprechende Anreize zu setzen, da auch die individuellen Wünsche mit dem
betrieblichen Bedarf abgestimmt werden müssen. Diesbezüglich gibt es unterschiedliche
Klärungsaspekte, die sich auf die Wirksamkeit von Lernprozessen in Organisationen und
virtuellen Unternehmen, also auch auf die betroffenen Mitarbeiter, auswirken (Beispiele
für diese Aspekte sind: Wie sieht die Ausgangssituation aus? Welche Gründe führen zu
dieser Maßnahme? Welche Ressourcen sind vorhanden? Gibt es Wechselwirkungen?).

6.3.2 Die Partneranalyse der elektronischen Kooperation

Neben der differenzierten Analyse der Unternehmens- bzw. Arbeitskultur als Produkt im
Kontext einer elektronischen Kooperation spielt die Analyse der Partner (Kooperations-
teilnehmer) in einer E-Company eine ebenso entscheidende Rolle für die Management-
ebene bei der elektronischen Kooperation, wobei die Teilnehmeranalyse speziell in dem
Prozess der Identifikation (s. auch Kapitel 6.2.2.1 bzw. 6.2.2.2) bis hin zur Integration der
Kooperationspartner in die E-Company angesetzt ist. Daher müssen sich Unternehmen
vor allem detailliert mit den möglichen Kooperationspartnern befassen und eine aufwän-
dige Analyse in Form der Suche, Auswahl und Integration betreiben.

6.3.2.1 Online-Partnersuche
Die Partnersuche ist der entscheidende Meilenstein, um eine E-Company erfolgreich auf-
zustellen und zu betreiben. Diesbezüglich müssen die Kooperationspartner die gleichen
Ziele verfolgen, zum eigenen Unternehmen ergänzende Kernkompetenzen aufweisen und
die nötige Kooperationsbereitschaft mitbringen (Howaldt/Ellerkmann 2011, S. 25). Des-
halb ist zu Beginn einer Kooperation die grundsätzliche Frage zu klären, wie passende
Kooperationspartner gesucht werden können und wer dafür überhaupt in Frage kommt.
Dabei spielt die Unsicherheit eine große Rolle, der mit Hilfe von Informations- und Kom-
munikationssystemen, insbesondere dem Internet, begegnet wird, um eine Partnersuche
ohne großen Aufwand beginnen zu können (vorausgesetzt es liegen keine Vorerfahrungen
als Teilnehmer in einer E-Company vor, die bekannte und zuverlässige Kooperations-
partner hervorgebracht haben). Allerdings gibt es auch Möglichkeiten, die Partnersuche
ohne das Internet zu beginnen (Benz 2003, S. 41 f.):
866 Die Grundlagen der E-Company

„ Empfehlungen: Persönliche Empfehlungen aus dem vertrauten Geschäftsumfeld


stellen den einfachsten Schritt dar, mögliche Kooperationspartner zielgerichtet anzu-
werben. Zudem sind persönliche Empfehlungen auch bei der Beurteilung zur Eignung
des Kooperationspartners sowie bei der Auswahl nützlich. In Kombination mit den
anderen Informationsquellen kann die Suche mithilfe von Empfehlungen sehr effektiv
und effizient gestaltet werden.

„ Printmedien: Sind keine persönlichen Empfehlungen aus dem Geschäftsumfeld ge-


geben, so sind Anzeigen in Printmedien (speziell in Fachzeitschriften oder Mittei-
lungsblättern von Berufsverbänden) eine weitere Möglichkeit geeignete Kooperati-
onspartner zu suchen.

„ Veranstaltungen: Um den persönlichen Kontakt zwischen möglichen Kooperations-


partnern zu erleichtern, existieren spezielle Veranstaltungen in Form von Gesprächs-
plattformen oder Foren. Dort können vorher entwickelte Ideen dem Geschäftsumfeld
präsentiert, weiterentwickelt oder auch direkt als neue Geschäftsbeziehung umgesetzt
werden.

Wird die Suche auf das Internet ausgeweitet, so bietet es einen guten Überblick der ersten
fachlichen und sachlichen Informationen über die möglichen Kooperationspartner und die
Möglichkeit, eine direkte Kommunikation zu führen. Somit stellt das Internet den Kernas-
pekt der Online-Teilnehmersuche dar und eignet sich besonders für den Erstkontakt im
Kontext einer E-Company. Entsprechend lassen sich die Möglichkeiten der Partnersuche
mit dem Internet in vier Kategorien aufteilen (Benz 2003, S. 44 f.):

„ Datenbanken: Internet-Verzeichnisse bieten nur die Möglichkeit an, Firmen (inklu-


sive Standort), Kontaktpersonen und das jeweilige Leistungsspektrum nachzuschla-
gen. Neben diesen Informationen sind aus den Verzeichnissen keine weiteren rele-
vanten Informationen zu erwarten. Jedoch besteht die Möglichkeit, eine direkte Nach-
richt an den möglichen Kooperationspartner bspw. per E-Mail zu versenden.

„ Netzwerke: Schon vorhandene Unternehmenskooperationen bieten Webseiten im In-


ternet an, um sich vorzustellen und um weitere Kooperationspartner zu werben. Dort
erhalten Interessenten eine weitere direkte Möglichkeit zu einem Kontakt.

„ Communities: Der Zusammenschluss von Personen, die bspw. in Internetforen the-


menspezifische Diskussionen führen, bietet für die Interessenten an einer Koopera-
tion einen sehr guten Einblick über einzelne Teilnehmer. Nicht zuletzt durch die
Nachverfolgbarkeit von einzelnen Beiträgen kann von den Teilnehmern ein fachli-
ches Bild zusammengestellt und für die eigene Bewertung und Auswahl genutzt wer-
den.

„ Projekt-/Kooperationsbörsen: In diesen speziellen Börsen werden gesuchte und an-


gebotene Leistungen veröffentlicht oder zum Teil auch direkt als Projekt inseriert,
Das Management bei der elektronischen Kooperation 867

sodass Interessenten sich ein genaues Bild über die detaillierten Rahmenbedingungen
und Konditionen machen können. Bei Bedarf sind ein näherer Kontakt und vertie-
fende Verhandlungen im Anschluss möglich.

Abb. 324: Eine Online-Partnersuche am Beispiel von projektwerk


Quelle: www.projektwerk.com

Insbesondere der Bereich der Projekt- und Kooperationsbörsen wird bei neuartigen Ko-
operationen und für kurzfristige Projekte verwendet, um schnell und unkompliziert mit
geeigneten Kooperationspartnern in Kontakt zu treten. Ein Beispiel für solch eine Projekt-
bzw. Kooperationsbörse stellt projektwerk.com dar (s. Abb. 324). Auf dieser kostenlosen
Börse, die sich zudem nach verschiedenen Branchen unterteilen lässt, muss zuerst vom
Projektanbieter und vom Projektsucher jeweils eine Registrierung erfolgen. Anschließend
können beide Parteien auf den Projektpool zugreifen und entweder ein entsprechendes
Projekt platzieren oder auf ein gefundenes Projekt zugreifen. Bei der Kontaktaufnahme
werden auf Wunsch keine persönlichen Daten übermittelt, sodass diese auf Wunsch auch
im ersten Schritt anonym erfolgen kann. Ferner steht neben der Börsenfunktion auch die
Möglichkeit zur Verfügung, Musterverträge z. B. für die Gründung eines virtuellen Un-
ternehmens zu kaufen (Benz 2003, S. 46). Weitere Anbieter in diesem Bereich sind z. B.
bonx.de oder gulp.de.
Bringt die Online-Partnersuche mehrere Parteien zusammen, werden im weiteren Verlauf
der Vertiefung eines Kontakts die Projektideen weiterentwickelt und konkretisiert. Die
möglichen Kooperationspartner können dabei ihre Kernkompetenzen miteinbringen und
etwaige Anforderungen formulieren, um eine erste Grundlage für eine mögliche E-
Company zu schaffen (Howaldt/Ellerkmann 2011, S. 26).
868 Die Grundlagen der E-Company

6.3.2.2 Online-Partnerauswahl
Sind die Quellen der Online-Partnersuche identifiziert und hat sich eine Gruppe potenzi-
eller Kandidaten gebildet, so kann die spezifische Partner- bzw. Teilnehmerauswahl
beginnen. Dazu existiert eine Reihe von Auswahlkriterien, die unabhängig von der Bran-
che bei der Auswahl möglicher Kooperationspartner mitbeachtet werden müssen (Benz
2003, S. 47 ff.):

„ Qualifikation: Die fachliche Qualifikation muss bei den Kooperationspartnern pas-


send zu dem Projekt vorhanden sein. Diese gleicht sich oft vom Anspruch her mit
dem eigenen Niveau, sollte aber definitiv Synergien erzeugen können.

„ Organisationsgrad: Der Definitionsgrad der Prozesse muss sich zwischen den Ko-
operationspartnern gleichen oder wenigstens kompatibel zueinander sein. Dies be-
trifft sowohl externe Prozesse (bspw. Kundenansprache) als auch interne Prozesse
(bspw. Methoden des Projektmanagements oder bestimmte Arbeitstechniken).

„ Ausstattung: Die technische Ausstattung ist ein weiteres Auswahlkriterium für die
Kompatibilität zwischen den Kooperationspartnern. Alleine schon die genutzten
Kommunikationssysteme lassen die Auswahl auf bestimmte Teilnehmer lenken. Aber
auch die Nutzung verschiedener „Technologiewelten“ (Microsoft vs. Apple) schließt
viele Teilnehmer für eine Unternehmenskooperation aus. Die größten Probleme erge-
ben sich jedoch bei Spezialanwendungen, die hauptsächlich für die Branche und den
Einsatz entwickelt wurden und über mehrere Gerätegenerationen am Laufen gehalten
werden (bspw. Buchhaltungssysteme).

„ Wirtschaftlichkeit: Wirtschaftlich starke Kooperationspartner sind bei allen Teilneh-


mern beliebt. Neben dem Argument einen starken Partner an seiner Seite zu haben,
bedeutet eine hohe Wirtschaftlichkeit des möglichen Partners die Garantie, dass die-
ser über die gesamte Projektlaufzeit nicht insolvent geht und damit auch nicht das
Projekt gefährdet. Ferner ist es wichtig, das Marktumfeld des Partners mit in Betracht
zu ziehen, um negative Entwicklungen zu vermeiden.

„ Stellenwert: Der Stellenwert der geplanten Kooperation auf allen Managementebe-


nen (von operativ bis strategisch) sollte sich im Rahmen der Unternehmensstrategie
unter allen Kooperationspartnern auf einem ähnlichen Niveau befinden. Das bedeutet,
dass Aufträge der E-Company nicht unterpriorisiert werden dürfen und die Koopera-
tionsbereitschaft aufrechterhalten werden muss. Unternehmen mit ähnlichen Mitar-
beiter- oder Umsatzgrößen haben in dieser Hinsicht den Vorteil, sich auf einer gleich-
mäßigen Ebene bewegen zu können.

„ Kooperationserfahrung: Erfahrungen in Kooperationen bzw. Netzwerken sind im-


mer von Vorteil, wenn es darum geht, neue Kooperationen einzugehen. Damit kann
Das Management bei der elektronischen Kooperation 869

ein Unternehmen zeigen, dass es das Konzept des virtuellen Unternehmens verstan-
den und für sich genutzt hat. Dies ist ein überzeugendes Argument für zukünftige
Kooperationspartner, insbesondere wenn sich die Unternehmens- bzw. Kooperations-
kulturen sehr stark ähneln.

„ Reputation: Zusammenhängend mit der Kooperationserfahrung erwirbt jedes Unter-


nehmen eine gewisse Reputation innerhalb der eigenen Branche. Folglich sind Emp-
fehlungen (s. Kapitel 6.3.2.1) über mögliche Kooperationspartner zwar wichtig, je-
doch auch kritisch zu sehen – je nach Vertrauenswürdigkeit der Quelle.

„ Persönlichkeit: Eine persönliche Beurteilung des möglichen Kooperationspartners


unterliegt gegenüber den anderen Kriterien einer subjektiven Wahrnehmung. Dabei
spielen z. B. der Ruf als Mensch und nicht als Unternehmen, die soziale Einstellung,
der Umgang mit den eigenen Mitarbeitern oder die Partnerschaftlichkeit eine Rolle.

Am Ende der Vorauswahl aller möglicher Kooperationspartner nach den vorgestellten


Auswahlkriterien werden den Teilnehmern Teilaufgaben zugeordnet. Anschließend kann
für jede Lösungsalternative der erreichbare Nutzen und die Kosten der einzelnen Partner
in der E-Company berechnet und bewertet werden. Als Ergebnis wird eine Rangliste der
möglichen Kooperationspartner festgelegt und die geeignetsten Kandidaten (bzw. bei Ab-
sagen die entsprechenden alternativen Kooperationspartner) zur Gründung der E-Com-
pany ausgewählt (Mertens/Griese/Ehrenberg 1998, S. 104).

6.3.2.3 Online-Partnerintegration
Nach der Auswahl der passenden Kooperationsteilnehmer geht es nun um die Partnerin-
tegration in die Wertschöpfungskette der E-Company. Dazu müssen die Schnittstellen
zwischen allen Kooperationspartnern auf technologische, technische, strukturelle, perso-
nalpolitische und informationale Integrationsmöglichkeiten überprüft werden. Sind diese
vorhanden oder eingerichtet, kann eine detaillierte Ausarbeitung dahingehend erfolgen,
dass einzelne Teilaufgaben den jeweiligen Kooperationspartner zugewiesen werden (Mer-
tens/Griese/Ehrenberg 1998, S. 104). Allerdings ist diese Art der Integration von Koope-
rationspartnern nicht für jede Unternehmensform geeignet. Für Neugründer ist es z. B.
sinnvoller, zuerst eine eigenständige Leistung am Markt und für den Kunden anzubieten,
sodass um das Unternehmen herum schließlich ein Partnernetzwerk entstehen kann (Benz
2003, S. 53). Anschließend ist die Bildung einer Netzwerkidentität für die E-Company
von Bedeutung, um nach außen am Markt ein eigenständiges Bild zu vermitteln. Dazu
können unterschiedliche Instrumente und Formen genutzt werden, z. B. Kick-off-Work-
shops, eine öffentlichkeitswirksame Konferenz oder eine konstituierende Mitgliederver-
sammlung. Diese gemeinsamen Sitzungen sind auch im weiteren Verlauf für die E-Com-
pany wichtig, da sich in regelmäßigen Abständen eine Reihe von Änderungen in den pro-
dukt- und prozessorientierten Aspekten der Wertschöpfungskette ergeben, die gemeinsam
besprochen und gestaltet werden müssen (Howaldt/Ellerkmann 2011, S. 27 f.).
870 Die Grundlagen der E-Company

6.3.3 Die Strategieanalyse der elektronischen Kooperation

Neben der Analyse der Unternehmens- und Arbeitskultur als Produkt im Kontext einer
elektronischen Kooperation (s. Kapitel 6.3.1) und der Analyse der Partner im Rahmen
einer E-Company (s. Kapitel 6.3.2) spielt auch die Strategieanalyse eine wichtige Rolle
für die Managementebene in der virtuellen Zusammenarbeit. Dabei geht es in erster Linie
um die Positionierung der initiierten E-Company im Vergleich zu konkurrierenden Unter-
nehmenskooperationen. Um dafür eine eigene Strategie entwickeln zu können, ist die ein-
gehende Betrachtung der Konkurrenz eine Grundvoraussetzung. Diesbezüglich bezieht
sich die Strategieanalyse insbesondere auf die Verzerrungen, explizite Strategien und Vor-
teile, die sich im Wettbewerb für eine E-Company eröffnen.

6.3.3.1 Online-Wettbewerbsverzerrungen
Ein Zusammenschluss mehrerer (großer) Unternehmen, die kooperativ an einem Projekt
arbeiten, steht oft im Verdacht der Wettbewerbsverzerrung. Speziell horizontal ausge-
richtete strategische Netzwerke, zu denen Dritte keinen Zugang erhalten, werden schneller
von der Konkurrenz wahrgenommen und müssen kartellrechtlich überprüft werden. Al-
lerdings grenzen sich strategische Netzwerke von Kartellen u. a. durch die allgemeinge-
haltenen Absprachen, eine unberechenbare Dynamik und durch günstige Konditionen für
den Kunden ab. Zudem sprechen mehrere Ansätze dafür, dass die Kooperation und der
Wettbewerb bei strategischen Netzwerken koexistieren können. Zum einen können die
Unternehmen durch eine Kooperation wirtschaftliche Vorteile erzielen, die wiederum ei-
nen wirtschaftlichen Nachteil für ein anderes Unternehmen darstellen. Zum anderen kön-
nen im Zeitverlauf entstandene Unternehmensbeziehungen durch neue und günstigere Un-
ternehmensbeziehungen ersetzt werden. Ein interner Wettbewerb kann auch so weit ge-
hen, dass eine Gewinnreduzierung eintreten kann. Hingegen sind virtuelle Unternehmen
von der kartellrechtlichen Prüfung ausgenommen, die vertikal agieren oder deren Angebot
stärker auf dem Weltmarkt vertreten ist. Ferner sind bei allen möglichen Bedenken die
Wettbewerbsvorteile nicht zu vergessen, die durch virtuelle Unternehmen entstehen, z. B.
die Entstehung von gleichwertigen Wettbewerbern in einem Markt, der vorher durch einen
monopolistischen Wettbewerber geprägt war. Aus diesem Grund muss im Kontext von
virtuellen Unternehmen von einem neuen Wettbewerbsverständnis ausgegangen wer-
den, in dem nicht mehr die Anzahl isolierter und unabhängiger Wirtschaftseinheiten die
Grundlage für den Markt und letztendlich den Wettbewerb darstellen. Damit wird sowohl
das kooperative Handeln von Unternehmern als auch der Fortschritt zu einem weltweiten
Wissensausgleich durch Synergieeffekte greifbarer (Krystek/Redel/Reppegather 1997,
S. 239 ff.).
Als Beispiel für eine Online-Wettbewerbsverzerrung kann ein virtueller Zusammen-
schluss von Microsoft und yahoo.com im Jahr 2009 im Rahmen einer strategischen Ko-
operation im Suchmaschinenmarkt angeführt werden. Ziel war eine gemeinsame Aktivität
im Bereich der Online-Suchanzeigen für die vereinbarte Dauer von 10 Jahren. Die Online-
Das Management bei der elektronischen Kooperation 871

Kooperation der zwei großen IT-Unternehmen haben die restlichen Wettbewerber (z. B.
google.de) sehr schnell wahrgenommen und vor den Folgen für den zukünftigen digitalen
Markt gewarnt. Damit ist für den Kunden zwar die große und bekannte Suchmaschine von
Yahoo! weggefallen, jedoch eröffnete die Kooperation in Form von bing ads (s. Abb. 325)
für Anzeigenkunden zumindest zeitweise eine ernsthafte Alternative zur dominanten Stel-
lung von google.de im Online-Anzeigenmarkt.

Abb. 325: Eine Online-Kooperation als Wettbewerbsverzerrung


Quelle: www.advertise.bingads.microsoft.com

6.3.3.2 Online-Wettbewerbsstrategien
Die zwischen den Kooperationspartnern entwickelte und getragene Vision als Kernele-
ment der E-Company zur weiteren Integration aller Partner mündet in einer Konkretisie-
rung in Form kollektiver Strategien. Mit diesen können die strategischen Vorgehenswei-
sen der einzelnen Unternehmen unternehmensübergreifend abgestimmt und weiterentwi-
ckelt werden, um im Wettbewerb mithalten zu können. Sie sind weiterhin auf die gesamte
Umwelt des Netzwerks ausgerichtet und daher auch für den Einsatz in solch einem kom-
plexen und dynamischen Umfeld geeignet. Neben den Unternehmensstrategien der ein-
zelnen Kooperationspartner stellen ferner die Geschäftsfeldstrategien eine weitere Form
der Konkretisierung dar, die marktlichen Gegebenheiten (z. B. Kunden- und Wettbe-
werbsverhalten) sowie den technologischen Kontext noch enger einzugrenzen (s. Abb.
326). Dabei sind alle drei genannten Planungsebenen zwar eng miteinander verknüpft,
jedoch nicht hierarchisch aufgebaut (Krystek/Redel/Reppegather 1997, S. 302 ff.).
872 Die Grundlagen der E-Company

Eine kollektive Strategie in einer E-Company ermöglicht die Konstruktion einer Umwelt,
in der Entscheidungssicherheit herrscht, individuelles Wettbewerbsverhalten innerhalb
der E-Company reduziert und die Anpassungsfähigkeit verbessert wird. Im Ergebnis zielt
die kollektive Strategie auf eine Verbesserung der Wettbewerbsposition der E-Com-
pany ab und damit auch auf die Überlebensfähigkeit der kooperierenden Unternehmen.
Allerdings folgt aus diesem Nutzen auch das Risiko, dass durch eine kollektive Strategie
jedes beteiligte Unternehmen eine Inflexibilität bei seinen strategischen Entscheidungen
erleidet, weil immer auf die kollektive Strategie Rücksicht genommen werden muss. Fer-
ner können sich dadurch Störungen innerhalb des Netzwerks leichter ausbreiten und den
Markteintritt für innovative Unternehmen leichter machen, insbesondere wenn die kollek-
tive Strategie im Zeitverlauf zu einer Marktträgheit führt und damit die Förderung eigener
Innovationen verhindert wird (Krystek/Redel/Reppegather 1997, S. 304 ff.).

Netzwerkebene
(Kollektive Strategie)

Unternehmensebene
(Unternehmensstrategie)

US I US II US III US IV

Geschäftsfeldebene
(Geschäftsfeldstrategie)

GFS I, 1 GFS II, 1 GFS III, 1 GFS IV, 1

GFS I, 2 GFS II, 2 GFS III, 2 GFS IV, 2

Abb. 326: Planungsebenen im Rahmen kollektiver Strategien


Quelle: in Anlehnung an Krystek/Redel/Reppegather 1997, S. 304.

Als Beispiel für eine Online-Wettbewerbsstrategie kann die Open Connectivity Founda-
tion angeführt werden (s. Abb. 327). Diese stellt den Verbund einer Vielzahl diverser, aber
primär technologieorientierter Unternehmen dar, die gemeinsam auf die Schaffung von
einheitlichen Spezifikationsstandards und Richtlinien für einheitliche Schnittstellen im
Bereich des „Internet of Things“ (s. Kapitel 1.6.4) abzielen. Die Open Connectivity Foun-
dation widmet sich den Verbrauchern, Unternehmen und Branchen, indem die Interope-
rabilität von Geräten durch die Bereitstellung einer standardisierten Kommunikations-
plattform, Überbrückungen von Spezifikationen, einer Open-Source Implementierung so-
wie eines Zertifizierungsprogramms ermöglicht wird. Somit wird die Kommunikation un-
abhängig vom Faktor, dem Betriebssystem, dem Dienstanbieter, der Übertragungstechnik
Das Management bei der elektronischen Kooperation 873

sowie dem Ökosystem ermöglicht wird. Alle teilnehmenden Kooperationspartner versu-


chen mit ihren Kernkompetenzen und durch die kollektive Strategie ein Ökosystem auf-
zubauen, das auch zur verbesserten Wettbewerbsposition der E-Company sowie der ein-
zelnen Unternehmen abzielt. Zugleich können die Kooperationspartner weiterhin ihre in-
dividuellen Unternehmens- und Geschäftsfeldstrategien verfolgen.

Abb. 327: Die Online-Kooperation der Open Connectivity Foundation


Quelle: www.openconnectivity.org

6.3.3.3 Online-Wettbewerbsvorteile
Das Hauptziel aus den Online-Wettbewerbsstrategien (s. Kapitel 6.3.3.2) ist neben der
Verbesserung der Wettbewerbssituation im relativen Vergleich zur Konkurrenz und dem
Aufbau von Erfolgspotenzialen vor allem die Realisierung von Wettbewerbsvorteilen,
die durch eine Kooperation entstehen (Picot/Reichwald/Wigand 2003, S. 523). Diesbe-
züglich gestalten sich die Vorteile für eine E-Company im Online-Wettbewerb sehr viel-
fältig und beziehen sich auf die folgenden betriebswirtschaftlichen Ebenen (Bickhoff et
al. 2003, S. 4):

„ Ertrag: Die ertragsorientierten Vorteile zeichnen sich vornehmlich durch eine Effi-
zienzsteigerung aus, die mit einer gleichzeitigen Kostensenkung einhergehen. Zudem
werden durch den Austausch von Kernkompetenzen Synergieeffekte erzielt, die Ska-
leneffekte und damit niedrige Stückkosten fördern können.

„ Risiko: Durch die Aufteilung von Kosten und der Infrastruktur nimmt das Risiko für
jedes einzelne Partnerunternehmen ab. Mit Zunahme einer höheren Vernetzung kann
zudem die Kapazitätsauslastung optimiert und gleichmäßig verteilt werden.
874 Die Grundlagen der E-Company

„ Kunde: Für die Kunden entsteht ein hoher Mehrwert, da ihnen individuelle Gesamt-
lösungen als Produkt angeboten werden können und dies erst durch die Zusammen-
arbeit in einem Unternehmensnetzwerk möglich wird. Außerdem können virtuelle
Unternehmen dem Kunden ein breites Leistungsspektrum anbieten.

„ Markt: Dementsprechend können alle beteiligten Kooperationspartner in der E-Com-


pany große Hürden, wie z. B. vorhandene Markeintrittsbarrieren, überwinden und in
den Markt eintreten sowie auch langfristig am Markt bestehen.

Ein weiterer Wettbewerbsvorteil ist die hohe Flexibilität in der Zusammensetzung und
Auflösung virtueller Unternehmen und die damit verbundene Steigerung der Wettbe-
werbsfähigkeit durch eine höhere Kooperationskompetenz (Albers et al. 2003, S. 12 f.).
Vor diesem Hintergrund eröffnen sich durch das Vernetzen von intelligenten Gegenstän-
den im Sinne des „Internet of Things“ (s. Kapitel 1.6.4) neue Chancen im Bereich elekt-
ronischer Kooperationen zur Generierung von Wettbewerbsvorteilen. Besitzen zwei oder
mehr Kooperationspartner kompatible Schnittstellen, so können Produktionsprozesse fle-
xibel eingerichtet und auch wieder aufgehoben werden. Sowohl für Kooperationspartner
selbst als auch für Kunden können einheitliche Schnittstellen so zu Vorteilen führen.
Als Beispiel für die Realisierung von Online-Wettbewerbsvorteilen kann die Kooperation
von Bosch und IBM angeführt werden, die unlängst eine Partnerschaft eingegangen sind,
um ihren Kunden automatisierte Updates von Millionen vernetzter IoT-Geräte zu ermög-
lichen (s. Abb. 328, s. Abb. 329). Laut Pressemitteilung vom 16.02.2017 ist das Koopera-
tionsziel den Kunden „software-basierte Services der Bosch IoT Suite über die auf offenen
Standards basierenden Plattformen IBM Bluemix und IBM Watson […] zur Verfügung
zu stellen“. Dadurch können Millionen vernetzte IoT-Geräte effizient aktualisiert werden.

Abb. 328: Online-Wettbewerbsvorteile am Beispiel von Bosch und IBM


Quelle: www.bosch-presse.de/pressportal/de
Das Marketing bei der elektronischen Kooperation 875

6.4 Das Marketing bei der elektronischen Kooperation


Nach den Darstellungen bezüglich der System- (s. Kapitel 6.1), der Prozess- (s. Kapitel
6.2) und der Managementebene (s. Kapitel 6.3) gilt es nun auf der Marketingebene, die
spezifischen Anforderungen an die Gestaltung von Marketingmaßnahmen zur gemeinsa-
men oder getrennten Marktbearbeitung und die Gestaltung des Wissensmanagements im
Rahmen einer E-Company zu beschreiben. Auf dieser Ebene in der elektronischen Ko-
operation steht daher neben der individuellen und gemeinsamen Vermarktung von Koope-
rationsleistung am Markt auch das unternehmensübergreifende Markenmanagement im
Vordergrund, das die Durchsetzung der Marke des virtuellen Unternehmens am Markt
fördern soll. Weiterhin behandelt das Wissensmanagement die entsprechenden Online-
Prozesse, -Gemeinschaften und -Leitlinien, die für ein wirksames Wissensmanagement
innerhalb eines Kooperationsnetzwerks der E-Company entscheidend sind. Die folgenden
Fragen stellen vor diesem Hintergrund die einzelnen Lernziele dieses Kapitels dar:

„ Welche Möglichkeiten gibt es für die Kooperationspartner ein Marketing bzw. eine
Marktbearbeitung innerhalb einer E-Company durchzuführen?

„ Wie sieht eine Einführung einer unternehmensübergreifenden Marken- bzw. Markt-


bearbeitungsstrategie in einer E-Company aus?

„ Welche Anforderungen an ein partnerübergreifendes Wissensmanagement können in


einer E-Company gestellt werden?

„ Wie kann ein Aufbau eines partnerübergreifenden Wissensmanagements in einer


E-Company unter der Beachtung dieser Anforderungen erfolgen?

6.4.1 Das Marktmanagement der elektronischen Kooperation

Auf die Relevanz der Analyse geeigneter Kooperationspartner in Form einer Suche, Aus-
wahl und Integration dieser wurde bereits detailliert eingegangen (s. Kapitel 6.3.2). Dane-
ben gehört für eine E-Company auch die Gewinnung der (gemeinsamen) Kunden in
Form eines mehr oder weniger gemeinsamen Marktmanagements zu den Hauptaufgaben
im aktuellen Tagesgeschäft. Denn die Netzwerke müssen ihre Leistungen auf den Markt
und letztendlich auf den Kunden ausrichten und diesen für sich gewinnen, um einen Ab-
satz zu generieren. In der Kundengewinnung bei der elektronischen Kooperation geht es
folglich um alle Maßnahmen und Rahmenbedingungen, die vom Marketing geschaffen
werden müssen, um die (zum Teil auch latenten) Anforderungen der zukünftigen Kunden
der E-Company zu erfüllen (Gölz 2003b, S. 130). Diesbezüglich werden in den folgenden
Abschnitten die individuellen und gemeinsamen Marketingstrategien aus den virtuel-
len Unternehmen heraus erläutert sowie der Aufbau und die Umsetzung von unterneh-
mensübergreifenden Markensystemen beschrieben. Im Hinblick auf die konkreten
876 Die Grundlagen der E-Company

Maßnahmen und Tools sei an dieser Stelle auf die Ausführungen zum E-Shop (s. Kapitel
3.4) verwiesen, auf die natürlich auch eine E-Company zurückgreifen kann. Somit geht es
an dieser Stelle eher um die Abstimmung zwischen den Kooperationspartnern und die
strategische Ausgestaltung des Marktauftrittes.
Als Ausgangspunkt für die Gestaltung von Werbe- und Kommunikationsmaßnahmen
stellt sich vornehmlich eine Frage: Wer will Was kommunizieren? Dabei bezeichnet das
„Wer“, ob ein einzelner Kooperationspartner (individuell) oder das gesamte Netzwerk
(kollektiv) eine Marketingmaßnahme anstößt. Hingegen wird bei dem „Was“ nach dem
Inhalt der Marketingmaßnahme gefragt, d. h. ob es um die Vermarktung der gesamten
Netzwerkkompetenz (holistisch) oder um einzelne Komponenten, z. B. Leistungen oder
Kompetenzen einzelner Partner in diesem Netzwerk geht (spezifisch). Anhand dieser Fra-
gestellung(en) lassen sich vier Dimensionen bilden und die daraus entstehenden Marke-
tingvarianten aufzeigen (s. Abb. 329), für die die Kooperationspartner entsprechende
Werbe- und Kommunikationsmaßnahmen konstruieren müssen (Gölz 2003b, S. 131).

Kollektiv
Gemeinsame Gemeinsame
Vermarktung der Vermarktung der
spezifischen gesamten
Einzelkompetenzen Netzwerkkompetenz
Außen-
auftritt

Individuelle Individuelle
Vermarktung der Vermarktung der
spezifischen gesamten
Einzelkompetenzen Netzwerkkompetenz
Individuell

Kommunikationsbezug
Spezifische Holistische
Einzelkompetenzen Netzwerkkompetenz

Abb. 329: Marketingvarianten in einer E-Company


Quelle: in Anlehnung an Mayer 2000, S. 443 ff.

Vor diesem Hintergrund können auf der individuellen Ebene die Kooperationspartner al-
leine auf dem Markt auftreten, um mit spezifischen Einzelkompetenzen oder der gesamten
Netzwerkkompetenz zu werben (s. Kapitel 6.4.1.1). Demgegenüber steht die kollektive
Das Marketing bei der elektronischen Kooperation 877

Ebene, in der zwar eine gemeinsame Vermarktung spezifischer Einzelkompetenzen oder


der gesamten Netzwerkkompetenz möglich ist, jedoch auch ein höherer Abstimmungsbe-
darf notwendig ist (s. Kapitel 6.4.1.2). Alle dargestellten Varianten schließen sich nicht
gegenseitig aus. Je nach aktueller Marktsituation und Netzwerkphase ist die richtige Va-
riante und Strategie auszuwählen und umzusetzen (Gölz 2003b, S. 131 f.), sodass im op-
timalen Fall ein unternehmensübergreifendes (Dach-)Markenmanagement in der E-Com-
pany Verwendung findet (s. Kapitel 6.4.1.3).

6.4.1.1 Individuelles Marketing


Im Mittelpunkt der Variante des individuellen Marketings steht ein einzelner Koopera-
tionspartner mit seiner einzelnen Partnermarke (Variante 1, s. Abb. 330). Dabei positio-
niert sich der Partner entweder selbst außerhalb des Netzwerks und bewirbt spezifische
Einzelkompetenzen oder es erfolgt die Vermarktung von der gesamten Netzwerkkompe-
tenz z. B. mit Hinweis der Mitgliedschaft in Form eines „Microsoft Certified Partners“.
Entscheidend ist hier, dass die E-Company mit den gemeinsamen Leistungen durch den
einzelnen Partner vertreten wird. Allerdings erscheint es unwahrscheinlich, dass sich ein
Partner im gleichen Markt wie das Netzwerk präsentiert und sich als offiziellen Netzwerk-
partner vorstellt, ohne jedoch dort eigene Leistungen anzubieten, weil diese im Netzwerk
erbracht werden müssen. Alle Punkte, die dabei zu beachten sind, haben die Netzwerk-
partner vorher in dem Kooperationsvertrag (s. Kapitel 6.2.2.3) festgelegt und diesem zu-
gestimmt. Ist das Netzwerk erfolgreich und eine Außerdarstellung lohnenswert, so erge-
ben sich nicht nur für die einzelnen Kooperationspartner, sondern auch für das gesamte
Netzwerk neue Chancen einzelne Unternehmen zu binden. Zum Beispiel eignet sich das
Instrument der Partnerklassifikation, um den Partnern einen bestimmten Status zu verlei-
hen (z. B. Premium), die mit einer Gegenleistung verbunden ist und im Netzwerk erbracht
werden muss (Gölz 2003b, S. 135).

6.4.1.2 Gemeinsames Marketing


In der Variante des gemeinsamen Marketings tritt das Netzwerk als eine Einheit nach
Außen auf und vermarktet entweder einzelne Kompetenzen aus dem Netzwerk oder die
Netzwerkkompetenz selbst, wobei die einzelnen Partnermarken erhalten bleiben (Vari-
ante 2, s. Abb. 330). Entscheidend ist hier, dass die E-Company mit den gemeinsamen
Leistungen durch die einzelnen Partner im Verbund vertreten wird. Oftmals werden hier-
für dann Formulierungen wie „A in Kooperation mit B…“ oder „A und B gemeinsam im
Verbund…“ genutzt. Diese Marketingvariante wird insbesondere genutzt, wenn ein neues
Netzwerkunternehmen nach außen zum ersten Mal vorgestellt wird. Allerdings können
auch alteingesessene Unternehmen diese Form des Marketings nutzen und je nach Le-
benszyklusphase bestimmte Kompetenzen hervorheben, um sich damit Wettbewerbsvor-
teile zu sichern. Davon profitieren insbesondere die vertikalen Netzwerke, die sich gerade
durch die Einzelkompetenzen der Kooperationspartner ergänzen und ein umfassendes
878 Die Grundlagen der E-Company

Kompetenzportfolio anbieten können. Deshalb sind in diesem Fall die horizontalen Netz-
werke mit zum Teil überschneidenden Kompetenzen eher im Nachteil und mehr für die
Variante der Vermarktung der gesamten Netzwerkkompetenz geeignet. Diese Variante
wird häufig zum sog. „Vorgeldmarketing“ eingesetzt. Das bedeutet zugleich einen erheb-
lichen Aufwand zum Markenaufbau, der vornehmlich in der operativen Phase stattfindet
und sich besonders bei der Abstimmung aller beteiligten Kooperationspartner nieder-
schlägt. Zu den Maßnahmen gehören z. B. der Entwurf der Identität einer gemeinsamen
Kommunikationsstrategie unter Beibehaltung der einzelnen Markenausprägungen, Festle-
gung von Handlungsstandards für spezielle Marketingmaßnahmen und ein Monitoring der
Markenentwicklung (Gölz 2003b, S. 132 ff.).

Partnerleistung A
1
Partnermarke A

Partnerleistung B
2

Markt
3
Partnermarke A+B } Dachmarke C

2
Partnerleistung A

Partnermarke B
1
Partnerleistung B

1 Individuelles Marketing mit gemeinsamer Leistung aus der E-Company


2 Gemeinsames Marketing mit gemeinsamer Leistung aus der E-Company
3 Übergeordnetes Marketing der E-Company mit gemeinsamer Leistung

Abb. 330: Die Marketingvarianten einer E-Company für die Marktbearbeitung

6.4.1.3 Übergeordnetes Marketing


Der Aufbau eines übergeordneten Marketings resultiert aus der Vorstellung, ein Unter-
nehmensnetzwerk mit seiner Gesamtkompetenz zur Außendarstellung bewerben zu wol-
len (s. Kapitel 6.4.1.2), weil sonst ein zu dichtes Netz an komplexen Markensystemen mit
unternehmensinternen Marken der Kooperationspartner mit gegensätzlichen Strategien zu
Konflikten führt. Entscheidend ist hier, dass die E-Company mit den gemeinsamen Leis-
tungen durch eine eigenständige und gemeinsame Dachmarke und nicht durch die Ein-
zelmarken der beteiligten Partner vertreten wird (Variante 3, s. Abb. 330). Es muss hierbei
geklärt werden, welche Einzelmarken der Partner sich ergänzen und welche doch eher
unabhängig sind. Ferner müssen alle Kooperationspartner entscheiden, ob sie die netzge-
führte Dachmarke annehmen oder ihre ursprüngliche Marke beibehalten (Kreuzpaintner
2006, S. 160). Die netzgeführten Dachmarken zeichnen sich durch folgende Aspekte aus
(BBE 1999, S. 161):
Das Marketing bei der elektronischen Kooperation 879

„ Die Steuerung erfolgt über eine Zentrale. Alle Maßnahmen in Bezug auf die netzge-
führte Marke werden von dort aus entschieden.

„ Es werden alle Investitionen in die Marke, statt in Sachgüter, vorgenommen. Insbe-


sondere die Punkte Marketing und Kreativität sind das Hauptinvestment der Zentrale,
wohingegen die Sachgüter von dem jeweiligen Kooperationspartner zur Verfügung
gestellt werden.

„ Die rechtlichen Rahmenbedingungen werden durch den Aufbau eines Vertragsnet-


zes geschaffen. Dabei verrichten die Kooperationspartner die operative Arbeit und
nutzen die Marke als Miteigentümer.

„ Eine Risikoverteilung entsteht automatisch durch die Arbeit aller Kooperations-


partner an einem Projekt und Investition des eigenen Potenzials in den Erfolg der
virtuellen Unternehmung.

Starke Zielerreichung
Trade-off
Schwache Zielerreichung

Dominante Verfolgung Dominante Verfolgung


betriebswirtschaftlicher Ziele auf markenstrategischer (und
Netzwerkebene (untergeordnete Rolle betriebswirtschaftlicher) Ziele auf
markenstrategischer Ziele) Netzwerkebene
• Die Partnerunternehmen positionieren ihre • Die Partnerunternehmen gleichen ihre
Unternehmensmarken unterschiedlich (eine Markenpositionierung einer Netzstrategie an
konvergente Angleichung der (es entstehen konsistente und konvergente
Markenidentitäten erfolgt nicht). Markenidentitäten und -images).
• Die netzgeführte Marke vereint • Die netzgeführte Marke vereint systemweite
unterschiedliche Qualitäts-, Image- und Qualitäts-, Image- und Identitäts-
Identitätskomponenten (der Markenwert der komponenten (der Markenwert der
netzgeführten Marke ist gering). netzgeführten Marke ist hoch).
• Abweichende Markenstrategien und • Gemeinsame Markenstrategien und
Kommunikationsmaßnahmen führen zu Kommunikationsmaßnahmen führen zu
geringen Synergien. hohen markenstrategischen Synergien.

Abb. 331: Trade-off der markenstrategischen Zielerreichung


Quelle: Kreuzpaintner 2006, S. 162.

Eine unternehmensübergreifende Markenstrategie stellt eine besondere Ausgestaltungs-


möglichkeit dar, um mit den beteiligten Kooperationspartnern markenspezifische Ziele zu
erreichen. Diese können die rein betriebswirtschaftlichen Ziele ergänzen, verstärken oder
880 Die Grundlagen der E-Company

diesen sogar entgegenwirken (s. Abb. 331). Die Herausforderung besteht hierbei darin, ein
Trade-off zu erreichen, der die Verfolgung von betriebswirtschaftlichen Zielen und der
Verfolgung markenstrategischer Ziele in Einklang bringt (Kreuzpaintner 2006, S. 161 f.).

6.4.2 Das Wissensmanagement der elektronischen Kooperation

Der Produktionsfaktor Wissen nimmt in der Digitalen Wirtschaft eine gewichtigere Rolle
gegenüber den bisherigen Produktionsfaktoren in der realen Wirtschaft ein. Durch die
Möglichkeiten der E-Company bei den teilnehmenden Kooperationspartnern die Prozesse
zu restrukturieren, können Informationen in einem großen Umfang digital bereitgestellt
und nutzbar gemacht werden. Vor diesem Hintergrund hängt der Erfolg einer E-Company
von dem Informations- und Wissensaustauschs über moderne Informations- und Kommu-
nikationssysteme zwischen den Kooperationspartnern ab. Das entsprechende Wissens-
management ist daher spezifisch auf die jeweiligen Online-Unternehmen anzupassen und
das Nutzenpotenzial direkt in der Anfangsphase zu identifizieren. Trotz des Aufwands
beim Aufbau eines Wissensmanagements in einer E-Company zeichnen sich erhebliche
Vorteile ab. Zum Beispiel wird dadurch das Ressourcen- und Knowledge-Sharing zwi-
schen den Kooperationspartnern effizienter unterstützt und durch die Nutzung von syn-
chronen und asynchronen Informations- und Kommunikationsmedien die Erarbeitung von
Problemlösungen erleichtert. In diesem Kontext hat das Wissensmanagement die Auf-
gabe, die Informationen und Daten aus unterschiedlichen Quellen mit Hilfe der Informa-
tionstechnik und dem vorhandenen Kommunikationsverhalten in der Art zu verknüpfen,
dass ein Nutzen im Sinne aller abgeleiteten Ziele der E-Company geschaffen wird (Gora/
Scheid 2001, S. 16 ff.).

6.4.2.1 Online-Wissensprozesse
Das Wissensmanagement findet in einer E-Company mittels speziellen Wissensmanage-
mentsystemen phasen- bzw. prozessübergreifend statt und bildet somit einen zentralen
Aspekt in dem Lebenszyklusmodell einer E-Company (s. Kapitel 6.2.2). Es empfehlen
sich daher für jede einzelne Prozessphase ganz spezifische Informations- und Kommuni-
kationssysteme, die sowohl zur Unterstützung der einzelnen Prozessphasen dienen als
auch eine Verbindung zu einem übergreifenden Wissensmanagementsystem mit z. B. ei-
ner Erfahrungsdatenbank herstellen können. Dies hat den Vorteil, auf das Wissensmana-
gementsystem der gesamten E-Company und damit auf die relevanten Wissensinhalte
ohne Umwege und von überall aus auf der Welt online zugreifen zu können. Im Rahmen
der Einführung dieser Online-Wissensprozesse ist diesbezüglich ein tiefgreifender Wan-
del sowohl organisatorischer als auch technischer Art erforderlich. Um die üblichen Fehler
bei solch einer Implementierung zu vermeiden, ist ein ganzheitlicher Ansatz notwendig,
der die folgenden Bereiche und Aktivitäten miteinbezieht (Gora/Scheid 2001, S. 18 ff.):
Das Marketing bei der elektronischen Kooperation 881

„ Strategie: Der erwartete strategische und wirtschaftliche Nutzen einer Online-Ko-


operation wird anhand einer Zieldefinition bestimmt, sodass konkrete Einzelaktivitä-
ten und ihre Implikationen aufbauend auf der Zieldefinition festgelegt werden kön-
nen. Daneben wird insbesondere das zukünftige Wissensmanagement durch Visionen
in der Zieldefinition berücksichtigt und eine Kommunikationsstrategie erarbeitet, die
den Mitarbeitern aller Kooperationspartner die Ziele nahebringt und vor diesem Hin-
tergrund durch „Quick Wins“ das Interesse am Wissensmanagement immer weiter
weckt.

„ Führung: Der Führungsaspekt ist in einer Online-Kooperation zum einen als Kon-
trollfunktion im Wissensmanagement und zum anderen als die persönliche Haltung
der einzelnen Führungskräfte zu verstehen. Dazu werden Führungs-Audits durchge-
führt, die das Führungsverhalten und die Führungsinstrumente analysieren und als
Ergebnisse die entsprechenden Leitfäden zur Personal- und Organisationsentwick-
lung ermöglichen.

Verteilung und
Diffusion

Nutzung des Erwerb/Akquisition


verfügbaren Wissens von Wissen

Wissensmanagement

Pflege des Entwicklung von


bestehenden Wissens neuem Wissen

Speicherung und
Aufbewahrung des
Wissens

Abb. 332: Prozesse des Wissensmanagements


Quelle: Gora/Scheid 2001, S. 21.

„ Kommunikationskultur: Die Analyse der vorhandenen Kommunikationsstruktur in


der E-Company, um daraus passende Änderungsprozesse einzuleiten, spielt eine zent-
rale Rolle. Im Mittelpunkt steht das Streben nach einer offenen Kommunikationskul-
tur, die vor allem vorgelebt werden muss, soll sich diese im Unternehmen etablieren.
882 Die Grundlagen der E-Company

Damit wird erreicht, dass kein Mitarbeiter mehr so viel Wissen wie möglich für sich
anhäuft, um dieses als Machtmittel gegenüber anderen Mitarbeitern zu missbrauchen
oder karrieretechnische Vorteile durchzusetzen. Entsprechende Maßnahmen des Ma-
nagements sind hierbei z. B. eine Politik der offenen Türen. Weiterhin kann eine of-
fene Kommunikationskultur dabei helfen, bei den Mitarbeitern Vorbehalte abzubauen
ein Wissensmanagementsystem zu nutzen und z. B. eine Erfahrungsdatenbank zu fül-
len, um möglicherweise anderen Mitarbeitern der Online-Kooperation weiterzuhel-
fen.

„ Prozesse: Die Systeme des Wissensmanagements bauen auf den Unternehmenspro-


zessen auf und analysieren die wertschöpfenden Kernprozesse sowie die unterstüt-
zenden Prozesse auf eine optimale Unterstützung des zu den Prozessen passenden
Wissens. Dadurch können Wissensdefizite in der Online-Kooperation aufgedeckt und
Lösungen entwickelt werden, wie diese Defizite geschlossen werden können. Als
ganzheitliche Lösung bietet sich für die E-Company ein Prozess des Wissensmana-
gements an, der das Wissen entlang aller Geschäftsprozesse den Mitarbeitern in struk-
turierter und unstrukturierter Form zur Verfügung stellt. Im besten Fall gibt es einen
verantwortlichen Mitarbeiter für das Wissensmanagement, der als Chief Knowledge
Officer (CKO) den Kreislauf-Prozess des Wissensmanagements (s. Abb. 332) beglei-
tet und versucht alle Mitarbeiter einzubeziehen. Damit können vorhandene Potenziale
ausgeschöpft, eine lernende Organisation etabliert und die Verfolgung der Unterneh-
mensziele unterstützt werden.

„ IuK-Systeme: Die Hauptaufgabe der einzelnen Informations- und Kommunikations-


systeme im Wissensmanagement ist eine reibungslose Kommunikation und einen ein-
fachen Zugriff auf Informationen allen Mitarbeiten im jeweiligen Unternehmen und
in der E-Company zu ermöglichen. Dabei kann die konkrete Gestaltung der Informa-
tions- und Kommunikationssysteme variieren und muss je nach Einsatzzweck analy-
siert und integriert werden. Besondere Anforderungen sind in diesem Fall eine hohe
Verfügbarkeit, Zuverlässigkeit und Sicherheit mit den entsprechenden Zugangs-
/Schreibberechtigungen. Die Einführung solch evolutionärer Informations- und Kom-
munikationssysteme erfordert zudem ein entsprechendes Projektmanagement.

Losgelöst von einer prozessualen Perspektive lassen sich die Aufgaben des Wissensma-
nagements in einer Online-Kooperation mit der Gestaltung der Fachkompetenz, der in-
ternen Struktur und der externen Struktur in drei Stufen aufteilen (s. Abb. 333), um eine
höhere Flexibilität der Organisationsformen zu erreichen (Picot/Reichwald/Wigand 2003,
S. 566 f.):

„ Stufe 1: In der Stufe der Entwicklung und Nutzung von Fachkompetenzen geht es um
die Identifikation des für die Aufgaben notwendigen Wissens, woher dieses beschafft
werden kann und wie diese Beschaffung durch die Kooperationen aussehen könnte.
Das Marketing bei der elektronischen Kooperation 883

Demzufolge ist in einer E-Company ein effizienter Wissensaustausch aller Koopera-


tionspartner und der Zugriff auf das interne und externe Wissen essentiell. Speziell in
der Auflösungsphase (s. Kapitel 6.2.2.5) ist es für die Weiterentwicklung der E-Com-
pany wichtig, die gemachten Erfahrungen und Ergebnisse in einer Wissensdatenbank
zu speichern und einen elektronischen Zugriff darauf sicherzustellen.

„ Stufe 2: In der Stufe der Entwicklung einer internen Struktur geht es um den Aufbau
von Infrastrukturen und Regeln, wodurch das notwendige Wissen identifiziert, reprä-
sentiert, kommuniziert und transferiert wird. In dieser Stufe steht vor allem der Ein-
satz entsprechender Partner-Datenbanken im Mittelpunkt, die eine Suche nach not-
wendigen Kompetenzen bei den Kooperationspartnern erleichtern (s. Kapitel 6.2.2.2).

Entwicklung und
• Identifizierung des erforderlichen Wissens
1 Nutzung von
• Aufbau von internem Wissens durch Qualifikationsmaßnahmen
Fachkompetenz
• Kooperation mit externen Wissensträgern
(Humankapital)

Entwicklung einer
• Organisation und Anreizsysteme
2 internen Struktur zur
• Interner Informationsfluss
Unterstützung des
• IT-Infrastruktur
Wissenstransfers

3 Gestaltung der • Externer Wissensfluss in Kunden- und Lieferantenbeziehungen


externen Struktur • Strategien in Informations- und Wissensmärkten

Abb. 333: Aufgabenstufen des Wissensmanagements


Quelle: in Anlehnung an Picot/Reichwald/Wigand 2003, S. 566.

„ Stufe 3: In der Stufe der Gestaltung der externen Struktur geht es um die Identifika-
tion externer Wissensquellen und wie diese einbezogen werden können. Die Maßnah-
men aus der Stufe 2 lassen sich auf diese Stufe mitübertragen, da eine Unterscheidung
nach internen und externen Strukturen in einer E-Company schwierig ist. Die bedeu-
tendste externe Quelle ist jedoch der Kunde, dessen Bedürfnisse es zu identifizieren
und zu befriedigen gilt. Es ist wichtig, einen Kundenservice auch nach der Auflö-
sungsphase (s. Kapitel 6.2.2.5) anzubieten und aufrechtzuerhalten.

Somit werden gerade die Aufgaben in einer Online-Kooperation in den Mittelpunkt ge-
stellt, für die eine passende Kompetenz zu suchen ist und für die passende Strukturen ge-
staltet werden müssen. Die konkrete Gestaltung hängt auch davon ab, welches Wissen
884 Die Grundlagen der E-Company

vorhanden ist. Explizites Wissen liegt in einer leicht kommunizierbaren Form vor, wo-
hingegen implizites Wissen subjektiv und schwer artikulierbar bzw. technisch greifbar
ist. Deshalb müssen alle aufzubauenden Infrastrukturen im Wissensmanagement diese
beiden Wissenskategorien berücksichtigen (Picot/Reichwald/Wigand 2003, S. 566 f.).

6.4.2.2 Online-Wissensgemeinschaften
Weil das Wissen nicht alleine in den Datenbanken entsteht und auch nicht immer automa-
tisch von ihrem Träger trennbar ist, kann es für die jeweiligen Kooperationspartner zu-
sätzlich von Nöten sein, einen Wissensaustausch zwischen den Unternehmen oder im Un-
ternehmen selbst über spezielle Informations- und Kommunikationssysteme zu fördern.
In diesen Online-Wissensgemeinschaften geschieht ein Wissensaustausch, bei dem ein
freier Wissensfluss nicht gestört ist und von einer Atmosphäre der Offenheit und des Ver-
trauens geprägt ist, um neue Lösungsmöglichkeiten für bestehende Probleme zu entwi-
ckeln. Folgende Kernmotive stehen dabei für die Unternehmen der Online-Kooperation
im Vordergrund, um unternehmensinterne und -übergreifende Wissensgemeinschaften zu
fördern (Schmalzl/Imbery/Merkl 2004, S. 442 f.):

„ Erfahrungsaustausch: Bei der Einstellung von neuen Mitarbeitern profitieren diese


von erfahrenen Kollegen, wenn bei bestimmten Fragestellungen Strukturen und Pro-
zesse geschaffen wurden, um den Kontakt zwischen den Wissenden und Unwissen-
den vor diesem Hintergrund aus verschiedenen Unternehmen des Kooperationsnetz-
werks zu ermöglichen.

„ Wissensintransparenz: Wird z. B. ein neuer Markt analysiert, bewegt man sich in


einem unbekannten Feld. Um das zu verstehen ist das Wissen aus so vielen Quellen
wie möglich zu entnehmen. Dazu zählen nicht nur Datenbanken, sondern auch Dia-
loge mit Experten oder Mitarbeitern von Kooperationspartnern, die entsprechend Er-
fahrungen vorweisen können. Ferner ist in diesem Fall der Kontakt zum Kunden zu
suchen.

„ Synergien: Bei einer Wissensgemeinschaft ergeben sich in Gesprächen häufig Syner-


gien, die nicht vorhersehbar waren. Innerhalb einer offenen Atmosphäre tauschen sich
die Mitarbeiter häufiger über verwandte Themenstellungen aus und entwickeln neue
mögliche Geschäftsfelder für das Unternehmen.

„ Grundbedürfnis: Das menschliche Grundbedürfnis sein Wissen zu teilen, andere da-


von profitieren zu lassen und zu sehen wie die eigenen Erfahrungen in einem Nutzen
resultieren, ist für viele Mitarbeiter ein befriedigendes Gefühl. Arbeiten die Mitarbei-
ter gerne zusammen, auch über die Arbeitszeiten hinweg, entsteht ein lebendiger Wis-
sensaustausch, der sich vorteilhaft auf das gesamte Unternehmen und die zugehörigen
Arbeitsergebnisse auswirkt.
Das Marketing bei der elektronischen Kooperation 885

Wissensgemeinschaften sind somit ein entscheidendes Element, um neues Wissen in einer


E-Company zu entwickeln, in Wissensmanagementsystemen zu sammeln und über mo-
derne Informations- und Kommunikationssysteme zu verteilen. Diesbezüglich agieren die
Wissensgemeinschaften auch als zentrale Knoten, die sich jedoch auch über die Unter-
nehmensgrenzen hinweg ziehen können (Schmalzl/Imbery/Merkl 2004, S. 444). Vor die-
sem Hintergrund lassen sich die Wissensgemeinschaften wie folgt definieren (North/Rom-
hardt/Probst 2000, S. 54): „Wissensgemeinschaften sind über einen längeren Zeitraum
bestehende Personengruppen, die Interesse an einem gemeinsamen Thema haben und
Wissen gemeinsam aufbauen und austauschen wollen. Die Teilnahme ist freiwillig und
persönlich. Wissensgemeinschaften sind um spezifische Inhalte gruppiert.“ Im Falle einer
E-Company gruppieren sich die Wissensgemeinschaften insbesondere mit Hilfe elektro-
nischer Datennetzwerke.
Um eine erfolgreiche Online-Wissensgemeinschaft aufzubauen sind bestimmte Rahmen-
bedingungen in Form der vier Gestaltungsdimensionen Person, Interaktion, organisato-
rische Verankerung und Wissenstransformation zu schaffen (s. Abb. 334). In diesem Ge-
staltungsrahmen tragen die Personen durch ihre Interaktionen zur Wissenstransformation
und der organisatorischen Verankerung des Wissens im Unternehmen und im Online-
Netzwerk bei. Darunter fallen auch Gestaltungskriterien, die leicht zu beeinflussen sind
oder wo erst eine Beeinflussung durch den Eingriff auf die Rahmenbedingungen stattfin-
den kann. Im Folgenden werden die zuvor genannten vier Gestaltungsdimensionen näher
beschrieben (Schmalzl/Imbery/Merkl 2004, S. 452 ff.):

Person Interaktion

Motivation Intensität
Zugehörigkeit Kommunikationsform
Expertenniveau Atmosphäre
Wissensdiversität Identität

Formalisierungsgrad Implizit ► explizit


Begrenzung Ergebnis
Zeithorizont

Organisatorische
Wissenstransformation
Verankerung

Abb. 334: Gestaltungsdimensionen von Wissensgemeinschaften


Quelle: Schmalzl/Imbery/Merkl 2004, S. 452.
886 Die Grundlagen der E-Company

„ Person: Die Motivation der Mitarbeiter ist ein erstes Gestaltungskriterium, das nur
indirekt über die Rahmenbedingungen beeinflussbar ist. Zum Beispiel müssen ver-
pflichtende Unternehmensziele der Online-Kooperation (z. B. die Steigerung der
Kundenzufriedenheit) zusätzlich mit persönlichen Zielen in Verbindung gebracht
werden, sodass nicht nur der Mitarbeiter selbst, sondern auch das Unternehmen und
das Netzwerk von den Aktivitäten in der Wissensgemeinschaft profitiert. Die Zuge-
hörigkeit zu den Wissensgemeinschaften wird durch eine selbstorganisierte Selektion
geregelt, weil eine Kontrolle von außen (z. B. durch Quotendenken oder durch spezi-
ell berufene Mitglieder, die das Management vertreten) zu unvorhergesehenen Kon-
flikten führen kann und damit das Vertrauen in der Wissensgemeinschaft zerstört
wird. Ferner ist das Expertisenniveau direkt gestaltbar. Dieses wird durch Kenner (mit
geringen Anwendungserfahrungen), Könner (mit vertiefenden Anwendungserfahrun-
gen) und Experten (mit führenden Kompetenzen) innerhalb der E-Company differen-
ziert. Neben dem Expertisenniveau unterscheiden sich die Personen auch durch die
Wissensdiversität, also den unterschiedlichen Erfahrungswerten, die sowohl einen
fachlichen als auch einen kulturellen Hintergrund haben können.

„ Interaktion: Auch bei der Interaktion von Personen in Online-Wissensgemeinschaf-


ten sind mehrere Gestaltungskriterien zu berücksichtigen. Dabei spielt die Intensität
eine große Rolle, die sich jedoch nicht nur auf die Häufigkeit und Dauer der Treffen
oder der Kommunikation über spezielle Systeme bezieht, sondern auch in welcher
Form diese stattfinden (z. B. persönlich, über Videokonferenzen oder einen Internet-
Chat). Diese Kommunikationsform ist entscheidend für die Qualität der Interaktion
und den Grad des Austausches von implizitem und explizitem Wissen zwischen den
Teilnehmern der Wissensgemeinschaft. Auch wird die Interaktion durch die Atmo-
sphäre geprägt, die zwischen den Teilnehmern herrscht. Vertrauen und Offenheit kön-
nen z. B. über einen Verhaltenskodex, bei dem die Anrede nur über den Vornamen
erfolgt, entwickelt werden. Weiterhin kann die Wissensgemeinschaft eine Identität
(im Vergleich zur Corporate Identity eines Unternehmens) entwickeln und sich z. B.
über eine eigene Internetseite mit einem eigenen Logo von den restlichen Organisati-
onen abgrenzen. Dies stärkt das Zugehörigkeitsgefühl und hält die Interaktionsinten-
sität zwischen den Teilnehmern in der Wissensgemeinschaft aufrecht.

„ Wissenstransformation: Durch die Interaktion zwischen den Personen wird nicht


nur das Wissen ausgetauscht, sondern es findet auch die Entstehung neuen Wissens
statt. Jedoch sind viele Erkenntnisse Dritten nicht zugänglich und durch implizites
Wissen auch nicht direkt vermittelbar. Um die Wissenstransformation nachvollziehen
zu können, können einige Bestandteile mit Hilfe von entsprechenden Internet- oder
Intranet-Anwendungen visualisiert und bewertet werden. Dabei wird die Wissens-
transformation aus einer individuellen Sichtweise heraus und auf einer Ebene der
Wissensgemeinschaft betrachtet.
Das Marketing bei der elektronischen Kooperation 887

„ Organisatorische Verankerung: Für die Umsetzung des Wissens in einen Mehrwert


für das jeweilige Unternehmen in einer Online-Kooperation ist die organisatorische
Verankerung durch die entsprechenden Gestaltungskriterien wichtig. Dabei kann es
je nach Formalisierungsgrad der Wissensgemeinschaft zu unterschiedlichen Wahr-
nehmungen durch das Unternehmen kommen. Weiterhin kann die Wissensgemein-
schaft durch eine Begrenzung bzw. Abgrenzung innerhalb von Geschäftsbereichen,
außerhalb von Geschäftsbereichen oder sogar außerhalb des Unternehmens eine Un-
terscheidung treffen. Daneben besteht die Möglichkeit, eine geographische Be-/Ab-
grenzung (lokal, regional, national, international, global) durchzuführen. Ein weiteres
Gestaltungskriterium ist der Zeithorizont, der speziell an den Kontext, den Erfah-
rungszeitraum und den Gebrauchsraum gebunden ist.

Online-Wissensgemeinschaften leben von einer Eigendynamik und brauchen positive


Vorbilder, um sich den idealtypischen Vorstellungen zu nähern. Damit muss neben der
technischen bzw. prozessualen Perspektive das Wissensmanagement auch in Form von
Gemeinschaften und persönlicher Bindung den Online-Kooperationspartnern und den
Mitarbeitern in einer E-Company Vorteile bieten, damit sie ihr Wissen preisgeben
(Schmalzl/Imbery/Merkl 2004, S. 457). Insbesondere bei einmaligen Kooperationsprojek-
ten steht somit eine Kultur im Vordergrund, die durch ein bestehendes oder ein geschaf-
fenes Vertrauen (s. Kapitel 6.3.1.1) entsprechende Interaktionen fördert und eine Wissen-
stransformation in Mehrwerte für alle Kooperationspartner über moderne Informations-
und Kommunikationsysteme schafft.

6.4.2.3 Online-Wissensleitlinien
Die Orientierung an Online-Leitlinien für das Wissensmanagement in Online-Koopera-
tionen resultiert aus den Schwierigkeiten und Problemen, ein wirksames Wissensmanage-
ment in einem Online-Kooperationsnetzwerk durchzusetzen. Zum Großteil werden die fi-
nanziellen, zeitlichen und personellen Anforderungen der Pflege und Nutzung der Infor-
mations- und Kommunikationssysteme unterschätzt. Zum Beispiel rechtfertigt der Nutzen
beim Auffinden des gesuchten Wissens nicht den hohen Aufwand des Aufbaus der Wis-
sensbasis und das Einpflegen der Wissensbestände. Als Lösung gilt in diesem Fall der
Weg zu einer Form des Wissensmanagements, die auf eine Gesamtzirkulation von Infor-
mationen, Wissen und Erfahrungen hochselektiv und konzentriert zugreift. Dies geschieht
weniger durch bestimmte Methoden, sondern mehr durch die Einhaltung von Leitlinien,
die den Mitarbeiter in den Mittelpunkt rücken und für alle Kooperationspartner eine Gül-
tigkeit besitzen (Killich/Kopp 2011, S. 144 f.). Diesbezüglich lassen sich sechs zentrale
Leitlinien zusammenfassen, die für die Planung und Durchführung eines wirksamen Wis-
sensmanagements in einem Online-Unternehmensnetzwerk empfohlen werden (Kil-
lich/Kopp 2011, S. 144 ff.):

„ Leitlinie 1 (Es sollte ein gemeinsames Verständnis von Wissensmanagement entwi-


ckelt werden): Ein gemeinsames Grundverständnis für das Wissensmanagement aller
888 Die Grundlagen der E-Company

Kooperationspartner ist eine essentielle Voraussetzung, um Wissensziele zu definie-


ren und Formen der Wissenszirkulation festzulegen. Dies ist bei der Bildung einer
Online-Kooperation nicht gegeben, weil die Meinungen und Erfahrung über das Wis-
sensmanagement und über die entsprechenden Informations- und Kommunikations-
systeme stark divergieren. Deshalb sind bei einer Einführung eines Wissensmanage-
ments in einem Online-Kooperationsnetzwerk eine zentrale Koordination und die
Mitwirkung aller Kooperationspartner notwendig, um einen gemeinsamen Konsens
zu schaffen, welchen Nutzen ein Wissensmanagement für das gesamte Kooperations-
netzwerk bringt, welchen Aufwand das bedeutet und wie die geregelte Pflege des
Wissensbestands aussieht.

„ Leitlinie 2 (Die Einführung von Wissensmanagement sollte sich an netzwerkspezifi-


schen Prinzipien orientieren): Die Festlegung von netzwerkspezifischen Prinzipien
für das Wissensmanagement ist eine erforderliche Maßnahme, damit vermeidbare
Verfahrensregeln und Vorgehensprinzipen schon von Anfang an vermieden werden
(z. B. eine beschlossene Maßnahme, die am Ende doch nicht implementiert wird und
das gemeinsame Grundverständnis wieder in Frage stellt). Eines dieser netzwerkspe-
zifischen Prinzipien ist das Prinzip der Weiterentwicklung bewährter Praxis. Hierbei
wird beobachtet, welche relevanten Aktivitäten des Wissensmanagements in einem
Online-Kooperationsnetzwerk Verwendung finden und welche Strukturen sich etab-
liert haben, die es sich lohnt weiterzuentwickeln und vielleicht zu ergänzen. Hier
schließt sich das Prinzip des langsamen Wachstums an, indem ein Wissensmanage-
ment in kleinen Schritten und trotz vorhandener Lücken aufgebaut wird. Denn ein
Abbau von Aktivitäten des Wissensmanagements deutet auf vergangene überflüssige
Arbeitsschritte hin und bringt einen hohen Motivationsverlust für die Mitarbeiter mit
sich. Ein weiteres netzwerkspezifisches Prinzip ist das Prinzip des geringsten Auf-
wands. Weil das Wissensmanagement in den meisten Fällen eine Zusatzarbeit für die
Kooperationspartner bedeutet, darf es nicht überstrukturiert bzw. nicht mit überflüs-
sigen Anforderungen, die keiner umsetzen will bzw. kann, angereichert werden. Fer-
ner gilt das Prinzip der Zuständigkeit. Für jede Funktion und Aktivität im Wissens-
management muss ein verantwortlicher Kooperationspartner oder Mitarbeiter einge-
teilt werden, der die entsprechenden Vorschläge in seinem Bereich umsetzt und
pflegt. Damit wird insbesondere die Fähigkeit der Selbstorganisation gestärkt, die sich
anschließend auf andere Bereiche übertragen lässt.

„ Leitlinie 3 (Wissensmanagement sollte strategieorientierte und zielbezogene Hand-


lungsfelder definieren): Um die Diskussionen über das Wissensmanagement zwi-
schen den Kooperationspartnern nicht Überhand nehmen zu lassen und keine unnöti-
gen Aufwände miteinzubringen, ist es sinnvoll, sich der Strategie und der Ziele des
Online-Kooperationsnetzwerks anzunehmen und wie diese durch ein geeignetes Wis-
sensmanagement unterstützt werden können. Als Nebeneffekt kann dabei noch ge-
prüft werden, ob sich das Kooperationsnetzwerk im Punkt der Strategie und der Ziele
einig ist. Zusätzlich zeigen die daraus definierten Handlungsfelder im Wissensma-
Das Marketing bei der elektronischen Kooperation 889

nagement einen hohen Wirkungsgrad in Bezug auf die Strategie- und Zielerreichung
auf.

„ Leitlinie 4 (Wissensmanagement sollte relevante Wissensformen und Wissensinhalte


unterscheiden): Sind die Handlungsfelder definiert, können davon spezielle Aufgaben
und Maßnahmen zur Zielerreichung abgeleitet und das nötige Wissen spezifiziert
werden. Dazu gehört insbesondere die Aufteilung dahingehend, welches Wissen von
welchem Kooperationspartner und Mitarbeiter eingebracht werden muss und wie mit
diesem Wissen weiter zu verfahren ist. Zur Strukturierung dieses Arbeitsschrittes bie-
tet sich eine Matrixform an, die sich nach den Wissensformen und den Wissensinhal-
ten richtet. Bei der Wissensform ist zu unterscheiden, ob mehr das implizite oder das
explizite Wissen angewandt wird und welche kulturellen Unterschiede existieren. Die
speziellen Wissensinhalte beinhalten z. B. ein Übersichtswissen der Kompetenzen,
ein Wissen über netzwerkrelevante Aktivitäten oder ein netzwerkrelevantes Grundla-
genwissen. Zusätzlich ist auch noch die Wissensebene zu definieren. Dort zeichnet
sich die betriebliche, zwischenbetriebliche und überbetriebliche Ebene mit spezifi-
schen Anforderungen an das Wissensmanagement aus.

„ Leitlinie 5 (Wissensmanagement sollte Wissen zur Wirkung bringen und nicht kon-
servieren): Der klassische Ansatz des Wissensmanagements erreicht seine Wirkung
in einem Online-Kooperationsnetzwerk nur unzureichend. Wird jedes wertvolle Wis-
sen von Wissensträgern in einem Wissensmanagementsystem dokumentiert, katego-
risiert und archiviert, kann dies in einem umfangreichen Netzwerk, bei dem eine zum
Teil unüberschaubare Anzahl an Mitarbeitern Zugriff haben, den eigentlichen Nutzen
verfehlen und sich sehr schnell überladen. Die Mitarbeiter sind dann nur noch mit
einer aufwändigen Pflege und Suche von Wissensbeständen beschäftigt. Da in einem
Online-Kooperationsnetz vor allem das Erfahrungswissen zählt, kann es erst so rich-
tig bei einer Vernetzung von Experten und einer direkten Kommunikation die Wir-
kung erzielen, die ein konservierter und abgelegter Wissensbestand nicht erreicht. Die
Hauptaufgabe des Wissensmanagements in Online-Kooperationsnetzwerken ist dem-
nach, die einzelnen Wissensträger und Wissensempfänger zu identifizieren, zu akti-
vieren und über passende Kommunikationsformen zu verbinden. So kann eine auf das
Problem zugeschnittene Wissensaggregation stattfinden, die sich den einzelnen Be-
dürfnissen anpasst und einen effektiven Wissensaustausch, z. B. in Wissensgemein-
schaften (s. Kapitel 6.4.2.2), zulässt. Dabei werden die digitale Wissensarchivierung
und die informationstechnische Unterstützung auf ein Minimum reduziert, um auch
den Fehler zu vermeiden, die Qualität des Wissensmanagements nicht an der Anzahl
der (möglichen) Wissensbestände zu messen, sondern wie diese in einen Nutzen per-
formant umgesetzt werden können.

„ Leitlinie 6 (Wissensmanagement sollte regelmäßig einem Funktionscheck unterwor-


fen werden): Genau wie die anderen Aktivitäten in einem Online-Kooperationsnetz-
werk muss das Wissensmanagement auch regelmäßigen Prüfungen unterliegen. Dazu
890 Die Grundlagen der E-Company

stellen sich z. B. Fragen wie „Erfüllt das Wissensmanagement die Anforderungen?“,


„Welches Wissen wird wie oft genutzt und welches Wissen wird kaum genutzt?“,
„Welche geplanten Aktivitäten sind nicht umgesetzt worden?“, „Welche Funktionen
werden nicht genutzt und wieso?“ oder „Welches Wissen fehlt noch?“.

Die Orientierung an den Leitlinien führt zu einem wirksamen Wissensmanagement im


Kontext eines Online-Kooperationsnetzwerks. Denn genau in dieser Umgebung ist das
Wissensmanagement auf die Mitwirkung aller Netzwerkbeteiligten angewiesen und ist
frühzeitig zu planen, damit ein gemeinsames Grundverständnis definiert werden kann und
eine netzwerkspezifische Entwicklung ermöglicht wird (Killich/Kopp 2011, S. 145).

6.5 Die Implementierung bei der elektronischen Kooperation


Nach den Darstellungen bezüglich der System- (s. Kapitel 6.1), der Prozess- (s. Kapitel
6.2), der Management- (s. Kapitel 6.3) und der Marketingebene (s. Kapitel 6.4), kommen
nun im Rahmen der Implementierungsebene die spezifischen Anforderungen an die pra-
xisbezogene Einführung von E-Company-Systemen zum Tragen. Die folgenden Ausfüh-
rungen sollen dabei einen groben Überblick über das Vorgehen bei der unternehmenswei-
ten Umsetzung einer E-Company vermitteln. Dabei ist grundlegend festzuhalten, dass die
Implementierung einer E-Company-Lösung keinesfalls mit einer reinen Software-Imple-
mentierung gleichzusetzen ist. Die nachfolgenden Ausführungen sind vielmehr darauf
ausgelegt, die Realisierung einer E-Company im Rahmen eines Projektmanagements zu
betrachten. Auch wenn Projekte normalerweise in einem klar definierten, begrenzten Zeit-
raum abgewickelt werden und die Implementierung einer E-Company auf längerfristiger
Ebene stattfindet, so können doch viele Aspekte des Projektmanagements zur Ausgestal-
tung des Vorgehens übernommen werden. Dies fängt bei der Planung und Analyse aller
wichtigen Größen an und setzt sich in der Umsetzung aller geplanten Schritte fort.
Die hohe Komplexität und Interdisziplinarität eines E-Company-Projekts bringen dabei
eine Reihe von Fragen mit sich, die zugleich die Lernziele auf der Implementierungsebene
in der elektronischen Kooperation darstellen:

„ Welche Überlegungen müssen im Rahmen der Projektplanung bei der Implementie-


rung eines E-Company-Systems erfolgen?

„ Welche Erfolgskriterien für die Implementierung eines E-Company-Systems können


angeführt werden?

„ Welche Phasen lassen sich für die Projektplanung erkennen und welche relevanten
Tätigkeiten sind bei der Implementierung von E-Company-Systemen anzuführen?
Die Implementierung bei der elektronischen Kooperation 891

„ Wie definiert man eine übergreifende Strategie für ein E-Company-System und wie
wird diese in ein konkretes Konzept umgesetzt?

6.5.1 Die Projektplanung bei der elektronischen Kooperation


Die Komplexität von Projekten in der elektronischen Kooperation steigt mit den Zielen
der Implementierung, die schon bei der Projektplanung zu berücksichtigen sind. Bevor
mit der Implementierung der E-Company begonnen werden kann, müssen folglich zuerst
die Zielsetzungen und Strategien sowohl der einzelnen Kooperationspartner als auch des
Kooperationsnetzwerks festgelegt werden. Um der Schnelllebigkeit der Digitalen Wirt-
schaft mit ihren sich ständig ändernden Rahmenbedingungen Rechnung zu tragen, muss
das Implementierungsziel nicht zwangsläufig die „perfekte“ Lösung sein, vielmehr kön-
nen sich die Kooperationspartner in bestimmten Bereichen erst einmal darauf beschrän-
ken, „nur“ die grundlegenden Kundenbedürfnisse zu befriedigen (Entwicklungsstufe I)
und erst in weiteren Implementierungsiterationen inkrementelle Verbesserungen vorzu-
nehmen. Zunächst würden somit die Funktionen der operativen Kooperation (s. Kapitel
6.2.3.1) fokussiert. Darüber hinaus könnte die E-Company aber auch als Informations-
quelle für Optimierungen der Kooperationsprozesse und für eine umfassende Analyse des
Verhaltens der Kooperationspartner genutzt werden, wodurch eher Aspekte der taktischen
Kooperation (s. Kapitel 6.2.3.2) zum Tragen kämen (Entwicklungsstufe II). Für die
höchste Zieldimension würden dagegen die Aspekte des strategischen Handels (s. Kapitel
6.2.3.3) im Mittelpunkt stehen, die bis zu einer Optimierung der gesamten Supply Chain
und einer starken Integration der Kooperationspartner in die vorhandenen Informations-
systeme führen können (Entwicklungsstufe III). Insbesondere in den letzten beiden Fällen
kommt es zu einer kontinuierlichen Neuausrichtung der internen Prozesse der E-Com-
pany. Ein besonderes Gewicht ist daher bereits im Vorfeld auf die strategische Ausrich-
tung des Projekts zu legen. Der Projekterfolg wird dabei in hohem Maße von umfangrei-
chen Vorbereitungen und einer zielgerichteten Planung bestimmt (Möhrstädt/Bog-
ner/Paxian 2001, S. 4). Ausgehend von den Faktoren, die den Erfolg der Projekte einer
E-Company ausmachen, ist eine ausführliche Analyse des Unternehmens, der Netzwerk-
teilnehmer und der Prozesse durchzuführen, um eine ausreichende Kompatibilität sowohl
in den Vorstellungen an das Netzwerk als auch in den Strukturen zwischen den Koopera-
tionspartnern zu gewährleisten. In diesem Zusammenhang sind die Organisation und Kal-
kulation der Projekte einer E-Company die weiteren relevanten Faktoren.

6.5.1.1 Erfolgsfaktoren
Die Erfolgsfaktoren einer E-Company stellen sicher, ob ein Erfolg erreicht werden kann
oder nicht. Der Erfolg misst sich primär an den Zielen, die bei der Initiierung der Koope-
ration (s. Kapitel 6.2.2.2) vereinbart wurden. Für eine erste Übersicht können die relevan-
ten Erfolgsfaktoren bei der Implementierung einer E-Company vor diesem Hintergrund
892 Die Grundlagen der E-Company

insbesondere in vier thematisch unabhängige Bereiche (s. Abb. 335) unterteilt werden
(Bickhoff et al. 2003, S. 58 f.):

„ Netzwerkfähigkeit der Partner: Einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren ist die Fähig-
keit der Kooperationspartner, in einem Netzwerk zu agieren. Diesbezüglich sind
schon vorhandene Erfahrungen innerhalb einer E-Company sowie eine hohe Koope-
rations- und Lernbereitschaft, die eine Identifikation mit der E-Company mit sich
bringt, von Vorteil.

„ „Fit“ der Partner: Passen die Kooperationspartner zueinander, ist dies ein weiterer
wichtiger Erfolgsfaktor. Das bedeutet, dass die Kooperationspartner die gleichen
Werte, Prinzipien und Ziele vertreten und ähnliche Erfahrungen vorzuweisen haben.
Zusätzlich ergeben sich weitere Vorteile aus komplementären Kernkompetenzen, ei-
ner geringen kulturellen Distanz und der Bereitschaft, voneinander zu lernen.

Mitteleinflussreiche
Erfolgsfaktoren
Klare Definition
Gute Grundlage
der gemeinsamen
der Kooperation
Ziele

E-Company

Netzwerkfähigkeit
„Fit” der Partner
der Partner

Hocheinflussreiche
Erfolgsfaktoren

Abb. 335: Erfolgsfaktoren bei der Implementierung einer E Company


Quelle: in Anlehnung an Bickhoff et al. 2003, S. 58.

„ Gute Grundlage der Kooperation: Eine gute Grundlage einer Kooperation ist, im
Sinne einer passenden Ausstattung und Durchführung, für jeden Kooperationspartner
unerlässlich. Unter die Ausstattung fallen speziell die Qualität der Ressourcen, das
Management und die Mitarbeiter mit ihren Kernkompetenzen sowie eine wirtschaft-
liche Unabhängigkeit der Kooperationspartner. Eine erfolgreiche Durchführung der
Die Implementierung bei der elektronischen Kooperation 893

Kooperation hängt dabei von passenden Informations- und Kommunikationssyste-


men mit geringen Schnittstellenverlusten, einer klaren Transparenz durch struktu-
rierte Prozesse und von einer offenen und geregelten Kommunikation ab.

„ Klare Definition der gemeinsamen Ziele: Die Festlegung der Ziele der Kooperation
sind mitentscheidend für den Erfolg einer E-Company. Dabei legen die Kooperati-
onspartner zwar gemeinsame Ziele für die E-Company fest, sind dabei aber auch be-
dacht, die eigenen Unternehmensziele zu erreichen und nicht zu vernachlässigen.

Neben der Unterteilung der Erfolgsfaktoren in thematisch unabhängige Erfolgsbereiche


bietet sich auch eine Systematisierung der Erfolgsfaktoren gemäß der Lebenszykluspha-
sen einer E-Company an (s. Kapitel 6.2.2). Insgesamt lassen sich dabei 23 Erfolgsfaktoren
den einzelnen Phasen zuordnen (s. Abb. 336), sodass aus den Phasen einzelne und detail-
lierte Erfolgsbereiche entstehen können (Bickhoff et al. 2003, S. 61):

„ Selektion der Kooperationspartner: Die Auswahl und spätere Integration von pas-
senden Kooperationspartnern ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor für eine E-Company.
Dabei spielen die Qualität der Kooperationspartner (z. B. in Form der Kooperati-
ons-/Lernbereitschaft und Zuverlässigkeit), der „Fit“ der Kooperationspartner (z. B.
in Form der Ergänzung von Kernkompetenzen) und die gemeinsame Definition von
Zielen und Anforderungen zwischen den Kooperationspartnern eine entscheidende
Rolle.

„ Gründung der Kooperation: In der Lebenszyklusphase der Gründung einer Koope-


ration haben speziell die festgelegten Rahmenbedingungen einen großen Einfluss auf
den Erfolg. Zusätzlich sollte für jeden Kooperationspartner ersichtlich sein, wie die
genaue Win-Win-Situation aussieht und welche Vorteile diese speziell für ihn mit
sich bringt. Ein weiterer Erfolgsfaktor ist in diesem Bereich, dass kein Kooperations-
partner eine dominante Stellung einnimmt oder danach strebt. Dadurch soll die Be-
deutung der Kooperation für alle Partner auf einem gleich hohen Niveau gehalten
werden.

„ Durchführung der Kooperation: In der operativen Phase in Form der Durchführung


der Kooperationsvereinbarungen ist es wichtig, die Verantwortlichkeiten aufzuteilen
(z. B. bestimmte Aufgaben zu delegieren) und die Qualität der Zusammenarbeit, ins-
besondere den Kommunikationsstil des Managements und der Mitarbeiter zwischen
den einzelnen Kooperationspartnern, zu gewährleisten.

„ Evaluation und Auflösung: Die abschließende gemeinsame Leistungsmessung und


Qualitätskontrolle ist ein wichtiger Erfolgsfaktor in der letzten Lebenszyklusphase
der Kooperation. Durch diese erhalten die Kooperationspartner ein Feedback ihrer
erbrachten Leistung während der Kooperation und sie sammeln neben der Erfahrung
zusätzlich weitere Ansätze zur Verbesserung ihrer Kooperationsarbeit.
894 Die Grundlagen der E-Company

Selektion der Durchführung Evaluation


Gründung der
Kooperations- der und
Kooperation
partner Kooperation Auflösung

• Qualität der Partner • Klare Verant-


• Klare Spielregeln • Gemeinsame
• „Fit” der Partner wortungsverteilung
• Partnerschaftliche Bewertung der
• Zielabstimmung • Qualität der
Zusammenarbeit Zusammenarbeit
zwischen Partnern Zusammenarbeit

Abb. 336: Erfolgsbereiche und Erfolgsfaktoren innerhalb der Lebenszyklusphasen


Quelle: in Anlehnung an Bickhoff et al. 2003, S. 60.

6.5.1.2 Unternehmensanalyse
Den Ausgangspunkt der Zustimmung zu einer Kooperation bildet in der Regel eine Un-
ternehmensanalyse, in der insbesondere die vorhandenen Unternehmensstrukturen bzw.
die organisatorischen und strategischen Rahmenbedingungen untersucht werden. Eine
Analyse der möglichen Kooperationsfelder, in denen eine mögliche E-Company agieren
kann, bildet den ersten Schritt der Unternehmensanalyse. Die Bandbreite möglicher Ko-
operationsfelder geht dabei von einfachen Kooperationen im Einkauf, im Vertrieb, über
Kooperationen in der Verwaltung bis hin zu Forschung- und Entwicklungskooperationen
(Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie 2003, S. 8 ff.). In jedem Fall steht die
Zusammenlegung von Unternehmensteilen oder Ressourcen mit den Kooperationspart-
nern im Mittelpunkt. Deshalb ist im weiteren Verlauf der Unternehmensanalyse eine um-
fassende Sichtweise einzunehmen, die sich in Form von zentralen Bausteinen für einen
nachhaltigen Aufbau und Betrieb eines Kooperationsnetzwerks wiederspiegelt (s. Abb.
337). Alle Elemente stehen im Wechselspiel zueinander und bilden ein Ganzes, damit das
Netzwerk funktionieren kann. Einzig die Netzwerkkultur (s. Kapitel 6.3.1) wird als Quer-
schnittsaufgabe über die anderen Elemente hinweg verstanden und ist deshalb für jedes
Kooperationsnetzwerk von zentraler Bedeutung (Plüss et al. 2005, S. 21 ff.):

„ Vision, Strategie, Ziele: Der Kern eines Unternehmensnetzwerks wird durch die Vi-
sion, die Strategie und die Ziele aller Kooperationspartner geprägt. Ist die Vision
durch einen partizipativen Prozess zwischen den Kooperationspartnern festgelegt
worden, so kann eine Strategie abgeleitet werden, die von allen Partnern umgesetzt
wird. Ferner werden auch die zugehörigen Ziele kommuniziert und abgestimmt.

„ Management und Partner: Die passenden Managementstrukturen bilden die Grund-


lage zur Führung eines Unternehmensnetzwerks. Weiterhin ist auch die Integration
Die Implementierung bei der elektronischen Kooperation 895

der passenden Partner von Bedeutung, damit eine gerechte Verteilung der Verantwor-
tung und der Aufgaben möglich ist.

„ Marketing: Ein kooperatives Marketing bietet sowohl für das Netzwerkunterneh-


men, als auch für die einzelnen Kooperationsunternehmen viele Chancen, um z. B.
neue Märkte oder neue Kundengruppen anzusprechen.

„ Personalentwicklung: Durch die Unternehmenskooperationen entstehen neuartige


Organisationsstrukturen und daraus resultierende Anforderungen an die Personalent-
wicklung. Durch spezielle Maßnahmen eröffnen sich dabei z. B. Qualifikationsmög-
lichkeiten im Arbeitsprozess oder Synergieeffekte durch kooperative Arbeit in den
Personalentwicklungen der einzelnen Kooperationspartner.

Markt, Kunde

Netzwerkkultur
Vision, Strategie, Ziele

Medien und Kommunikation Management und Partner

Organisation, Recht, Finanzen Marketing

Personalentwicklung

Netzwerkweiterentwicklung

Abb. 337: Bausteine eines Kooperationsnetzwerks


Quelle: in Anlehnung an Plüss et al. 2005, S. 21.

„ Organisation, Recht und Finanzen: Die organisatorischen Aspekte sind sowohl für
die auftragsabhängigen als auch für die auftragsunabhängigen Teile des Unterneh-
mensnetzwerks relevant. Die Hauptaufgabe ist die Einrichtung der passendsten Orga-
nisationsform für alle jeweiligen Kooperationspartner, um eine effektive und effizi-
ente Arbeit zu gewährleisten. Weiterhin sind rechtliche Fragen bezüglich der Unter-
nehmenskooperation und die unterschiedlichen Finanzierungsaspekte zu klären.
896 Die Grundlagen der E-Company

„ Medien und Kommunikation: Die Medien und vor allem die Kommunikation sind
wichtige Elemente in einem Unternehmensnetzwerk. Ist ein Vertrauen aufgebaut oder
schon vorhanden, kann diese Kultur durch Informations- und Kommunikationssys-
teme weiter unterstützt werden. Dabei helfen insbesondere flexible Rollen und Re-
geln, um die Prozesse in der Wertschöpfungskette innerhalb der Netzwerkunterneh-
men dynamisch anzupassen.

6.5.1.3 Teilnehmeranalyse
Einen der wichtigsten Erfolgsfaktoren zur Gründung einer E-Company bilden die Koope-
rationspartner (s. Kapitel 6.5.1.1). Umso wichtiger ist dabei die vorhergehende Analyse
dieser (s. Kapitel 6.3.2) und die entsprechende Delegation von Aufgaben innerhalb der
E-Company. Hilfreich bei der Teilnehmeranalyse sind Partnerprofile, die die „indivi-
duelle Vernetzung von Geschäftspartnern auf der Basis von standardisierten Koordinati-
onsleistungen“ (Fleisch 2001, S. 230) wiedergeben. Mit den Partnerprofilen können spe-
zielle Anforderungen der Kooperationspartner festgehalten und bspw. standardisierte
Konfigurationsleistungen definiert werden. Aus den folgenden vier Aspekten setzen sich
die Partnerprofile zusammen (Fleisch 2001, S. 230 ff.):

„ Die Treiber der Geschäftsbeziehungen bestimmen die Gestaltung der gesamten Ge-
schäftsbeziehung. Diese Treiber können tabellarisch in dem Partnerprofil festgehalten
und nach verschiedenen Ebenen strukturiert werden. Dadurch ist eine anschließende
Einteilung der Kooperationspartner in verschiedene Klassen möglich.

„ Mit den standardisierten Koordinationsleistungen können alle Möglichkeiten auf-


gezeigt werden, um auf der Ebene der Prozess- oder Informations- und Kommunika-
tionssysteme mit dem jeweiligen Kooperationspartner eine Beziehung einzugehen.
Optional können auch technische Integrationsmöglichkeiten mitaufgezeigt werden
(z. B. beim Zugriff auf gemeinsam verwendete Daten).

„ Partnerspezifische Anforderungen an die Geschäftsbeziehung werden mittels ei-


ner Befragung des betreffenden Kooperationspartners erhoben. Damit ist es möglich,
die spezifischen Anforderungen des Kooperationspartners an die Beziehung und spe-
zifische Koordinationsmöglichkeiten zu identifizieren.

„ Abgeleitet aus den festgelegten Treibern der Geschäftsbeziehung und den standardi-
sierten Koordinationsleistungen wird aus den partnerspezifischen Anforderungen das
partnerspezifische Leistungsbündel abgeleitet.

Im Mittelpunkt der Teilnehmeranalyse stehen ferner die kooperativen Beziehungen.


Diese setzen eine hohe Kooperationsbereitschaft voraus, die nicht nur bei der Partneraus-
wahl ein wichtiges Kriterium darstellt. Im gesamten Lebenszyklus der E-Company (s. Ka-
Die Implementierung bei der elektronischen Kooperation 897

pitel 6.2.2) ist ein Erfolg sowohl für das Netzwerk im Ganzen als auch für die Kooperati-
onspartner im Einzelnen nur gegeben, wenn alle Kooperationspartner ein Netzwerkdenken
etablieren (Plüss/Huber 2005a, S. 36 f.). Damit sich jeder Kooperationspartner im Netz-
werk mit seinen Aufgaben identifizieren kann, ist die Rollenverteilung ein geeignetes
Mittel. Mit einer Rolle sind bestimmte Aufgaben und Verantwortlichkeiten verbunden,
die von verschiedenen Personen wahrgenommen werden können. Folgende Rollen kön-
nen vor diesem Hintergrund z. B. festgelegt und im Netzwerk etabliert werden (Plüss/Hu-
ber 2005a, S. 38 ff.):

„ Alle Kooperationspartner haben die Rolle des Netzwerkpartners inne, mit der be-
stimmte Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten verbunden sind, sodass
dem gesamten Netzwerk geholfen werden kann. Dazu gehört in diesem Zusammen-
hang z. B. die Auftragsakquise, die Zielerreichung oder die Teilnahme an regelmäßi-
gen Netzwerktreffen.

„ Die Rolle des Netzwerkmanagers ist eine wichtige Position und beinhaltet u. a. die
Gestaltung der Prozesse und die Bildung von operationalen Strukturen. Weitere Ma-
nagementaufgaben sind z. B. die Überprüfung der Tätigkeiten des Netzwerks, die
Bündelung der Aktivitäten der Kooperationspartner, die Harmonisierung der Partner-
ziele mit den definierten Netzwerkzielen und insbesondere die Präsentation nach au-
ßen.

„ Nach dem Netzwerkmanager ist der Netzwerkcoach weniger im Bereich des Mana-
gements, sondern mehr in den unterstützenden Aufgaben und Prozessen zu finden.
Wegen der Distanz zum Management gilt er als Vertrauensperson, die den Kontakt
zwischen dem Netzwerkmanagement und den Netzwerkpartnern stabil hält. Zu seinen
Aufgaben zählen zusätzlich z. B. die Einführung neuer Netzwerkpartner, die Sicher-
stellung der Einhaltung von Rollen und Regeln, die Unterstützung bei Veränderungs-
prozessen und die wissenschaftliche Begleitung der Netzwerkprojekte.

„ Die Vermarktung der Kernkompetenzen des gesamten Netzwerks übernimmt der


Netzwerkbroker. Seine Hauptaufgabe ist die Akquise von Aufträgen für das Netz-
werk unter Berücksichtigung des Gesamtinteresses der Partner. Weiterhin stehen bei
ihm das Marketing und die Kommunikation mit dem Kunden im Mittelpunkt. Im op-
timalen Fall übernimmt dabei jeder Netzwerkpartner auch die Rolle des Netzwerk-
brokers.

„ Im Gegensatz zum Netzwerkbroker, der einer auftragsunabhängigen Rolle nachgeht,


wird die Rolle des Projektleiters auftragsbezogen eingesetzt. Damit tritt der Projekt-
leiter als verantwortlicher Auftragnehmer bzw. -geber gegenüber dem Kunden auf.
Deswegen muss der Auftrag auf die gleiche Art und Weise durchgeführt werden, wie
es der Kunde bei Aufträgen außerhalb des Netzwerks kennt.
898 Die Grundlagen der E-Company

6.5.1.4 Prozessanalyse
In der Prozessanalyse stehen die unternehmensübergreifenden Planungs- und Durchfüh-
rungsprozesse im Mittelpunkt. Diese Koordination von essentiellen Prozessen ist für die
E-Company von zentraler Bedeutung, weil dies nicht nur die unternehmensinternen Pro-
zesse betrifft, sondern auch z. B. die Bereiche Lieferanten-, Partner- und Kundenbezie-
hung. Für die Bewertung der Koordinationsqualität von Prozessen gibt es unterschied-
liche Kriterien (Fleisch 2001, S. 221 ff.):

„ Semantische Integration: Unter der semantischen Integration von Prozessen wird


erwartet, dass die Prozesse untereinander interagieren können. Zum Beispiel interpre-
tiert ein Prozess die angefragte Leistung in der richtigen Weise und generiert durch
unterschiedliche Aufgaben eine Antwort.

„ Zeitverhalten: Die Reaktionszeiten sind bei der Prozesskoordination so kurz wie


möglich zu halten. Im optimalen Fall reagieren die Prozesse in Echtzeit auf Anfragen.
Einen großen Einfluss auf das Zeitverhalten hat besonders die Kopplung der Infor-
mationssysteme. Eine enge Kopplung in Form von gemeinsamen Informationssyste-
men macht eine zeitnahe Koordination möglich.

„ Kardinalität: Die m:n-Vernetzung ist das Ziel beim Einsatz von Kardinalität in der
Prozesskoordination. Damit ist es möglich z. B. m Einkaufsprozesse mit n Verkaufs-
prozessen koordinieren zu können. Die Vernetzung mit einer hohen Kardinalität hat
den Vorteil, von Netzwerkeffekten zu profitieren und ermöglicht damit komplett neu-
artige Koordinationsmechanismen.

„ Einheitssignal: Informationen, die über koordinierte Prozesse mehrere Kooperati-


onspartner gemeinsam nachfragen und verwenden, werden als Einheitssignale be-
zeichnet. Die koordinierten Prozesse müssen diesbezüglich über Prozessstandards
und eine passende Integrationsform die Einheitssignale unterstützen.

„ Flexibilität: Durch die schnelle Anpassung an neue Anforderungen lassen sich Pro-
zesse als netzwerkfähig deklarieren. Im Gegensatz zu den anderen Kriterien ist in
diesem Fall eine enge Kopplung von Nachteil. Insbesondere die Integrationsform ist
hier über die Flexibilität entscheidend.

„ Koordinationsmechanismen: Die mögliche Integrationsform und die Prozessstan-


dards helfen bei der Bewertung der Koordinationsqualität. Insbesondere die Verwen-
dung verbreiteter und akzeptierter Prozessstandards ist für alle Netzwerkpartner von
Vorteil, weil dadurch der Abstimmungsaufwand erheblich reduziert und die Netz-
werkfähigkeit erhöht wird.

Zur Bewertung der Koordinationsqualität lassen sich die Kriterien und deren jeweiliges
Ziel der Prozessgestaltung in einer Tabelle auflisten und den Koordinationsmechanismen
Die Implementierung bei der elektronischen Kooperation 899

gegenüber stellen (s. Abb. 338). Durch diese Übersicht welche Koordinationsmechanis-
men welche Kriterien und Ziele der Prozessgestaltung beeinflussen, ist die Erfassung eines
Ist-Zustands möglich und es ist leichter erkennbar, in welchen Bereichen vor diesem Hin-
tergrund noch Potenziale zur Steigerung der Netzwerkfähigkeit von Prozessen bestehen.

Kriterien zur Ziel der Koordinationsmechanismen


Prozessgestaltung Prozessgestaltung
Prozessstandards Integrationsform

Semantische Integration Prozesse „verstehen“ sich


X X

Zeitverhalten Koordination in Echtzeit


X

Kardinalität m:n-Vernetzung
X X

Einheitssignal Auf netzwerkweite gültige


Informationen aufbauen X X

Flexibilität Angemessene Flexibilität


X

Abb. 338: Tabellarische Übersicht der Netzwerkfähigkeit von Prozessen


Quelle: Fleisch 2001, S. 223.

Die Wichtigkeit einer guten Koordinationsqualität wird deutlich, wenn man sich das Prin-
zip der Industrie 4.0 (s. Kapitel 1.6.4) als aktuelles Anwendungsbeispiel vor Augen führt.
Dabei geht es um die vollkommen intelligent vernetzte Fabrik, bei der die physischen
Komponenten wie bspw. Maschinen und Rechner im Sinne des „Internet der Dinge“ vir-
tuell verbunden sind mit den Systemen von bspw. Lieferanten und durch definierte Algo-
rithmen eine Automatisierung von Ablaufprozessen innerhalb eines Unternehmens be-
wirkt werden kann, was zur Effizienzsteigerung beiträgt (Bundesministerium für Bildung
und Forschung 2014). Um die Koordinationsqualität der Industrie 4.0 in Deutschland und
somit die Wettbewerbsfähigkeit des gesamten Landes zu steigern wurde durch die Bun-
desregierung im Rahmen der High-Tech Strategie 2020 das Zukunftsprojekt Industrie 4.0
aufgesetzt. Ziel dieses Projektes ist es, die „rasante gesellschaftliche und technologische
Entwicklung in diesem Bereich“ aufzugreifen und „Strukturen für die Zusammenarbeit
aller Akteure des Innovationsgeschehens in Deutschland“ zu legen (Bundesministerium
für Wirtschaft und Energie 2018b). Das von der Bundesregierung initiierte Projekt wurde
durch die Wirtschaftsverbände BITKOM, VDMA und ZVEI aufgegriffen und fortgeführt.
Auf Basis einer Kooperationsvereinbarung zwischen den Akteuren ging die Plattform In-
dustrie 4.0 hervor, die fortan von diesen Verbänden betrieben wird und die Möglichkeit
zum Dialog und Austausch zwischen den Akteuren bieten soll (Bundesministerium für
Wirtschaft und Energie 2018b).
Im Allgemeinen wird deutlich, dass „Industrie 4.0“ nicht mit „Digitale Wirtschaft“ gleich-
zusetzen ist, da die Digitalisierung von innerbetrieblichen Produktionsprozessen bzw. die
900 Die Grundlagen der E-Company

Informatisierung der Fertigungstechnik zwar notwendig, aber eben nicht hinreichend ist
für die Wirksamkeit zugehöriger digitaler Geschäftsmodelle im Online-Wettbewerb. Ent-
sprechend steht die Digitale Wirtschaft (digitale Plattformen; datengetriebene Geschäfts-
modelle) als wesentliche Säule einer wirtschaftspolitischen Betrachtung gleichberechtigt
neben der Industrie 4.0 (digitale Fabrik; datengetriebene Produktion) und dem Breitband
(digitale Infrastruktur; datengetriebene Leitungen).

6.5.1.5 Projektorganisation
Durch die auftragsunabhängigen wie gleichzeitig auch auftragsabhängigen Charakteris-
tika einer E-Company ist hierbei die größte Herausforderung, eine passende Organisati-
onsform entsprechend der Auftragslage und der vorhandenen Strukturen in der E-Com-
pany einzurichten. Die Unterscheidung der auftragsunabhängigen Organisation (zur lang-
fristigen Kooperation) und der auftragsabhängigen Organisation (zur kurzfristigen Koope-
ration) spiegelt sich in unterschiedlichen Merkmalen, Aufgaben und Anforderungen, de-
nen die Organisationformen begegnen müssen, wider (s. Abb. 339). Jedoch besteht bei
beiden Formen der Bedarf einer Flexibilität, da beide Formen auch fließend ineinander
übergehen müssen (Freitag/Plüss 2005, S. 68 f.).

Auftragsunabhängige Auftragsabhängige
Organisation Organisation

• Strategisch • Operativ, projektbezogen


• Langfristig • Kurz- und mittelfristig
Merkmale
• Non-profit • Profit
• Arbeitskreise • Projektteam

• Information • Entwicklung
• Vertrauensbildung (Produkt/Prozess)
• Kooperationsfähigkeit • Auftragsakquisition
Aufgaben
• Projektgenerierung • Auftragsabwicklung
• Marketing • Prozessoptimierungen
• Kompetenzentwicklung

Abb. 339: Auftragsunabhängige und auftragsabhängige Organisationsformen


Quelle: Freitag/Plüss 2005, S. 69.

Die auftragsunabhängige Organisation bildet strategische und langfristige Aufgaben in


der E-Company ab. Die Aufgaben werden in speziell dafür eingerichteten Projektteams
und Arbeitskreisen besprochen und verteilt. Diese umfassen den Austausch von Informa-
Die Implementierung bei der elektronischen Kooperation 901

tionen zwischen den Kooperationspartnern, die Vertrauensbildung und Kooperationsfä-


higkeit zu fördern sowie ein Marketing durchzuführen, um neue Projekte zu generieren.
Im Gegensatz dazu versuchen die Kooperationspartner in der auftragsabhängigen Orga-
nisation, kurz- und mittelfristige Projekte so effektiv und effizient wie möglich abzuwi-
ckeln. Die Projektorganisation besitzt dadurch die typischen Elemente, z. B. einen Pro-
jektverantwortlichen, der nach außen gegenüber dem Kunden auftritt, und ein Projekt-
team, das an der Projektentwicklung und -optimierung beteiligt ist. Weiterhin gehören
dazu alle Kooperationspartner, die die entsprechenden Teilleistungen realisieren müssen
(Freitag/Plüss 2005, S. 69 ff.).
Vor diesem Hintergrund steht in der Projektorganisation auch die dort anzutreffende
Kommunikation im Mittelpunkt. Diese ist in Abhängigkeit von der Organisation in allen
Lebenszyklusphasen ein wichtiger Erfolgsfaktor und ermöglicht einen Informationsaus-
tausch mit den Kooperationspartnern über die eigenen Unternehmensgrenzen hinweg. Die
Grundlage dafür schaffen elektronische Informations- und Kommunikationssysteme, die
sich langsam von starren Strukturen lösen und hin zu dynamischen Strukturen mit
flexiblen Modulen wandeln (s. Abb. 340). Auf diesen elektronischen Plattformen können
die Kooperationspartner verschiedene Rollen einnehmen und Ad-hoc-Prozesse definieren
(Plüss/Huber 2005a, S. 97).

Starres Kooperationsnetzwerk

IKT-Plattform

Flexibles Kooperationsnetzwerk

IKT-Plattform

Abb. 340: Starres und flexibles Kooperationsnetzwerk


Quelle: in Anlehnung an Huber/Schoch/Plüss 2002, S. 64.
902 Die Grundlagen der E-Company

Durch eine heterogene IT-Landschaft in den verschiedenen Unternehmen existieren bei


einer Kooperationsbildung sowohl starre als auch flexible Informations- und Kommuni-
kationssysteme. In diesem Fall ist die größte Herausforderung, diese Systeme in so einer
Art und Weise kompatibel miteinander zu machen, sodass eine Kommunikation auf allen
benötigten Ebenen ermöglicht wird. Dazu kann über ein 4-Ebenen-Kommunikations-
Modell dargestellt werden (s. Abb. 341), wie sich die Anforderungen an die entsprechen-
den IT-Plattformen gestalten lassen und wie die Kommunikation der einzelnen IT-Sys-
teme abläuft (Plüss/Huber 2005b, S. 99 ff.):

„ Ebene 1: In der Ebene der einzelnen Unternehmen läuft die Kommunikation sowohl
zum gesamten Kooperationsnetzwerk als auch zum Kunden über eine Schnittstelle
zum Internet. Über einen passwortgeschützten Bereich können die Unternehmen so
z. B. auf die wichtigsten Daten aus dem Kooperationsnetzwerk zugreifen. Die tech-
nische Infrastruktur wird über Web-Services (s. Kapitel 6.1.3.2) realisiert.

4. Marktschnittstellen
(Integration und Kommunikation mit Kunden und Lieferanten)

3. Netzwerkübergreifende Schnittstellen
(Integration der überbetrieblichen Abläufe)

Netzwerk B Netzwerk D
Netzwerk C

2. Netzwerkinterne Schnittstellen
(Integration der innerbetrieblichen Abläufe)

Kooperationsnetzwerk A

1. Schnittstellen von Unternehmen zum Netzwerk


(Integration der Systeme)
Unternehmen 1 Unternehmen 4

Unternehmen 2 Unternehmen 3

Abb. 341: 4-Ebenen-Kommunikations-Modell


Quelle: in Anlehnung an Huber/Schoch/Plüss 2002, S. 65.

„ Ebene 2: In der Ebene des internen Kooperationsnetzwerks kommunizieren die


einzelnen Kooperationspartner innerhalb des Netzwerks untereinander. Hierbei sind
auch die Informations- und Kommunikationssysteme so eingerichtet, dass sowohl un-
ternehmensübergreifende als auch netzwerkinterne Prozesse möglich sind (z. B. eine
Auftragsabwicklung oder ein Wissensmanagement).
Die Implementierung bei der elektronischen Kooperation 903

„ Ebene 3: In der Ebene der übergreifenden Kooperationsnetzwerke können ganze


Kooperationsnetzwerke mit anderen Netzwerken kommunizieren. Dies wird über ein
elektronisches Portal realisiert, in dem gemeinsame Aufträge und Projekte abgewi-
ckelt werden. Dabei sind alle Unternehmen als Mitglieder des eigenen Netzwerkpor-
tals auch automatisch Mitglieder des übergreifenden Netzwerkportals und in der
Lage, die dort zur Verfügung stehenden Inhalte auch in ihrem eigenen Portal anzeigen
zu lassen.

„ Ebene 4: Über die Markt-Ebene existieren Schnittstellen, die eine Kommunikation


zwischen den Kooperationspartnern bzw. -netzwerken und den Kunden bzw. Liefe-
ranten ermöglichen. Damit ein Kunde oder ein Lieferant Kontakt aufnehmen kann,
müssen die Kooperationspartner bzw. -netzwerke entsprechende Möglichkeiten auf
ihren Webseiten anbieten. In diesem Fall ist ein gelungener Außenauftritt über das
Internet ein wichtiger Erfolgsfaktor, der z. B. über ein Content-Management-System
realisiert und aktuell gehalten werden kann. Ferner können die Kunden und Lieferan-
ten über das Extranet direkt in die Projekte integriert werden.

6.5.1.6 Projektkalkulation
Die Projektkalkulation ist neben dem Nutzen einer Kooperationsbeteiligung der wich-
tigste Faktor, wenn sich Unternehmen überlegen, in einer E-Company mitzuwirken. Zwar
werden die Ausgaben von allen Kooperationspartnern im Netzwerk getragen, jedoch hängt
ihre Höhe insbesondere von der Rolle des Kooperationspartners und dessen Rechtsform
ab. Deshalb empfiehlt es sich z. B. vor der Anschaffung neuer Räumlichkeiten oder der
Einstellung neuer Mitarbeiter, eine Ressourcenüberprüfung durchzuführen und festzustel-
len, ob nicht vorhandene materielle oder personelle Ressourcen in das Netzwerk mitein-
gebracht werden können, sodass sich die verteilten Kosten für jeden Kooperationspartner
in Grenzen halten. Die üblichen Umlageverfahren (nach Verteilungsschlüsseln) im Hin-
blick auf die Kosten im Kooperationsnetzwerk werden z. B. nach einem Festbetrag oder
nach der Unternehmensgröße (Mitarbeiter oder Umsatz) geregelt. Diesbezüglich muss das
Netzwerkmanagement die Kosten und den Nutzen jeder einzelnen Aktivität in Bezug auf
die Leistungsfähigkeit und die Gewinnaussichten des Kooperationsnetzwerks abwägen
und auf die einzelnen Kooperationspartner verteilen (Freitag/Plüss 2005, S. 79). In der
folgenden Abbildung sind die typischen zu finanzierenden Aktivitäten innerhalb der Pro-
jektarbeit und der Projektphasen mit den ihnen zugehörigen Finanzierungsquellen dar-
gestellt (s. Abb. 342).
Eine vertiefende Projektkalkulation schlägt sich auch im Controlling nieder. Es wird da-
bei zwischen dem Controlling in den einzelnen Kooperationsunternehmen (mit Orientie-
rung an den Unternehmenszielen) und dem Controlling des gesamten Kooperationsnetz-
werks unterschieden. Dieses hat zum Ziel, ein Gesamtoptimum aller definierten Projekt-
ziele beim Projektabschluss zu erreichen. Dazu werden in der Vereinbarungsphase (s. Ka-
pitel 6.2.2.3) eine Planung auf Kapazitäts-, Termin- und Kostenebene durchgeführt und
904 Die Grundlagen der E-Company

der Gesamtaufwand geschätzt. In der operativen Phase (s. Kapitel 6.2.2.4) können diese
Planzahlen mittels regelmäßiger Kontroll- und Überwachungsmaßnahmen kontrolliert
werden (Mertens/Griese/Ehrenberg 1998, S. 118). Dafür bieten sich dann spezielle Kenn-
zahlen an, die sich für das Management einfacher überblicken lassen, bspw. finanzielle
Kennzahlen (Umsatz mit Kunden außerhalb des Netzwerks, Umsatz mit Partnerunterneh-
men, Einnahmen und Ausgaben für das Netzwerk etc.), Kundenkennzahlen (Anzahl neuer
Kunden, Anzahl gewonnener Aufträge, Anzahl vermittelter Kundenkontakte etc.) und
Kennzahlen zur Kooperation selbst (Zufriedenheitsindex der Partner, Anzahl gemeinsa-
mer Netzwerkauftritte, Anzahl der Partner im Projekt etc.; Plüss 2005, S. 148 f.).

Netzwerkaktivität Zu finanzierende typische Aktivitäten Typische Finanzierungsquellen

Koordinations- Ohne Netzwerkunternehmen: • Umlage, Sachleistungen (zur


aktivität • Kommunikationsinfrastruktur Bereitstellung von Räumlichkeiten
• Porto und Personal), z. B. Jahresbeiträge
• Werbung und Eigenleistungen
• Firmenfahrzeuge • Abführung von Anteilen der
Gewinne aus gemeinsam
Mit Netzwerkunternehmen: bearbeiteten Aufträgen
• Geschäftsstelle • Umlage, ergänzende Fördermittel,
• Personal z. B. Lohnkostenförderprogramme
• Räumlichkeiten

Projektarbeit: • Marktanalysen • Eigenkapital


• Marketing • Kommunikationsmaßnahmen (Werbung, • Fördermittel
• Strategie- Messebesuche, Konferenzen, Publikationen) • Öffentlich geförderte Darlehen
entwicklung • Erarbeitungen der Unternehmenskonzeption, • Mittel aus anderen Geschäftsfeldern
• Forschung und Beratungsleistungen
Entwicklung • Konstruktive und technologische Entwicklung,
• Produkt- Anschaffung von Forschungs-/Labortechnik
entwicklung • Technologische Analysen/Patentstudien
• Produktions- • FuE-Kooperationsleistungen/Lizenznahme
einführung • Erarbeitung von Lasten- und Pflichtenheften
Gesellschafter- • Gesellschafteranteile bei den entsprechenden • Eigenkapital, Darlehen
kapital Rechtsformen

Abb. 342: Finanzierungsquellen für typische Netzwerkaktivitäten


Quelle: in Anlehnung an Freitag/Plüss 2005, S. 80.

Neben den Planungsgrößen stehen auch die Projektziele der Kooperationspartner und des
Netzwerks im Mittelpunkt des Projektcontrollings. Durch die Operationalisierung der
Ziele und deren damit einhergehende Messbarkeit können die Planungsgrößen noch exak-
ter kontrolliert und überwacht werden. Zur besseren Unterstützung des Managements bie-
ten sich ebenso Führungsinformationssysteme an (s. Kapitel 6.1.2.3), die die wichtigs-
ten Kennzahlen aktuell aufbereiten und bereitstellen können. Daraus werden entsprechen-
de Handlungsalternativen mit ihren voraussichtlichen Konsequenzen in Bezug auf be-
stimmte Entscheidungen des Managements entwickelt (Mertens/Griese/Ehrenberg 1998,
S. 118).
Die Implementierung bei der elektronischen Kooperation 905

Strategie und Ziele


der Partner/
des Netzwerks

Planung und
Konsolidierung
Rückblick und Bewertung
zwischen Netzwerk
Kontinuierlicher und Partner
Verbesserungsprozess
des Controllings

Controlling und Coaching Umsetzung der Ziele

Abb. 343: Netzwerk-Controlling-Prozess


Quelle: in Anlehnung an Plüss 2005, S. 148.

Ferner ist eine Abstimmung der Ziele der Kooperationspartner und des Netzwerks ein
wesentlicher Prozess, der einer kontinuierlichen Überwachung unterliegt. Damit kann si-
chergestellt werden, dass die Ziele der einzelnen Kooperationspartner sich nicht von den
Zielen des gesamten Kooperationsnetzwerks wegbewegen. Der Netzwerk-Controlling-
Prozess umfasst fünf verschiedene Phasen (s. Abb. 343). Zuerst werden die Ziele der Ko-
operationspartner und des Netzwerks ausgehend von der aktuellen Strategie für eine vor-
her definierte Zeitperiode abgeleitet und festgelegt. Danach können die netzwerkspezifi-
schen Parameter, die sowohl für die einzelnen Kooperationspartner als auch für das Netz-
werk gültig sind, verbindlich festgelegt und implementiert werden. Nach einer vorher de-
finierten Zeit werden diese überprüft und ggf. korrigiert. Am Ende der festgelegten Zeit-
periode wird die Zielerreichung bewertet und die Strategie dahingehend angepasst, sodass
der Prozess wieder von vorne losgehen kann (Plüss 2005, S. 147 f.).

6.5.2 Die Projektumsetzung bei der elektronischen Kooperation

Basierend auf den Ergebnissen der initialen Projektplanung (s. Kapitel 6.5.1) kann nun die
technische und betriebswirtschaftliche Projektumsetzung erfolgen. Die unternehmens-
weite Implementierung lässt sich dabei in verschiedene Projektphasen einteilen. Abb.
344 gibt dazu einen Überblick über die wesentlichen Aktivitäten eines Projekts und setzt
diese in eine sukzessive Ablauffolge. Dargestellt ist ein aus der vorhandenen Literatur
906 Die Grundlagen der E-Company

synthetisiertes Vorgehensmodell, das die Projektphasen und deren zentrale Ergebnisse in


Beziehung zueinander setzt. Angestoßen wird ein E-Company-Projekt meist entweder von
neuen Unternehmen, die die E-Company als zusätzlichen Vertriebskanal betrachten oder
von erfahrenen Unternehmen, die ein vollkommen neues Geschäftsmodell entwickeln o-
der realisieren möchten.
Das Projekt startet mit einer Kick-Off-Phase, in der die Projektidee formuliert wird, erste
Planungsschritte erfolgen, Basisinformationen eingeholt und Erfolgspotenziale grob ab-
geschätzt werden. Nach der klaren Formulierung des Geschäftsvorhabens werden finan-
zielle und personelle Ressourcen für die E-Company akquiriert und ein Projektteam auf-
gestellt. Ziel der Artikulierung des Projektvorhabens ist es, eine Unternehmensvision zu
formulieren und daraus Projektziele abzuleiten. Ergebnisse der Kick-Off-Phase sind neben
der Projektformulierung eine Grobschätzung der Absatzpotenziale, die Festlegung der
Projektorganisation und eines Projektbudgets sowie die Festlegung der Verträge und Pro-
jektvereinbarungen mit den Kooperationspartnern und eventuellen weiteren externen Part-
nern.
Der Kick-Off-Phase folgt eine Analysephase, die den organisatorischen Rahmen und die
Bedingungen der Projektrealisierung untersucht und bewertet. Die Analysephase setzt sich
– wie in den Kapiteln 6.5.1.2 bis 6.5.1.4 bereits ausführlich erläutert – aus einer Unterneh-
mens-, einer Teilnehmer- und einer Prozessanalyse zusammen, die den Ist-Zustand be-
schreiben. Aufgrund dieser Ergebnisse kann ein erster Vorschlag zur Abgrenzung eines
Pilotprojekts gemacht werden. Dieser definiert sich durch eine begrenzte Anzahl von Ob-
jektangeboten und potenziellen Anbietern und Nachfragern, um aus den damit gewonne-
nen Erkenntnissen das weitere Vorgehen abzuleiten. Die Analysephase, auf deren Werk-
zeuge und Methoden auch im weiteren Projektverlauf immer wieder iterativ zurückgegrif-
fen wird, endet mit einer ausführlichen Projektkalkulation (s. Kapitel 6.5.1.6), die die
Grundlage für die Budgetierung und die Projektumsetzung bietet.
Die Projektumsetzung beginnt mit der Phase der Systemauswahl (s. Kapitel 6.5.2.1), in
der sich die Kooperationspartner auf eine Systemlösung einigen. Dabei wird geprüft, ob
ein System das – sich aus den Ergebnissen der Analysephase ergebende – vorläufige Soll-
Konzept abbilden kann. Ist die Entscheidung für eine Systemlösung gefallen, können die
Soll-Abläufe in der Phase der Systemgestaltung (s. Kapitel 6.5.2.2) weiter ausgebaut wer-
den. Grundlage ist dabei nicht nur der bereits in der Analysephase festgehaltene Ist-Zu-
stand der Kooperationsprozesse, sondern auch die Leistungsfähigkeit der Systemlösung.
Zusätzlich definiert das Projektteam den Integrationsbedarf mit internen und externen
EDV-Systemen, der zusammen mit den Soll-Abläufen als Lasten in ein Pflichtenheft über-
führt wird. Generell ist es sinnvoll, das System zunächst als Pilotlösung mit wenigen Teil-
nehmern und ausgewählten Objekten zu betreiben. Ziel ist hier ein Proof-of-Concept, also
ein Meilenstein, an dem die prinzipielle Durchführbarkeit des Vorhabens belegt wird. In
der Phase Systemaufbau (s. Kapitel 6.5.2.3) wird daher entsprechend der im Pflichtenheft
festgehaltenen betriebswirtschaftlichen und technischen Anforderungen eine erste lauffä-
Die Implementierung bei der elektronischen Kooperation 907

hige Pilotlösung für die für das Pilotprojekt ausgewählten Teilnehmer und Objekte imple-
mentiert. Dies beinhaltet die Entwicklung zusätzlicher Funktionalitäten, die Integration
bestehender Systeme, die Realisierung von Netzwerkverbindungen und die erstmalige An-
bindung an das Internet. In der abschließenden Phase Systemeinführung (s. Kapitel 6.5.
2.4) werden die mit den Pilotteilnehmern und den ersten Probe-Transaktionen gemachten
Erfahrungen dokumentiert und die sich daraus ergebenden zusätzlichen Anforderungen an
die Systemlösung nachträglich ins Pflichtenheft aufgenommen. Notwendige Änderungen
werden iterativ während der Einführungsphase implementiert.

Kick-Off-Phase
Projekt- Projekt-
auftrag organisation

Analysephase

Unternehmensanalyse Teilnehmeranalyse Prozessanalyse

Abgrenzung Projekt-
Ist-Zustand
Pilotprojekt kalkulation

Systemauswahl
vorläufiges Vertrag
Soll-Konzept

Systemgestaltung
Integrations-
Soll-Ablauf Pflichtenheft
bedarf

Systemaufbau
Pilot-
system

Systemeinführung
System
(Launch)

Abb. 344: Phasen einer E-Company-Implementierung

Nach dem Abschluss der eigentlichen E-Company-Implementierung rückt die Aufgabe


der kontinuierlichen Systemkontrolle (s. Kapitel 6.5.2.5) in den Fokus der Kooperations-
partner. Dadurch können einerseits Problembereiche des Kooperationsnetzwerks aufge-
deckt werden. Andererseits können auf diese Weise Verbesserungs- und Erweiterungspo-
tenziale identifiziert werden, die den Wert der E-Company erhöhen.

6.5.2.1 Systemauswahl
Neben den organisatorischen Komponenten sollten die Kooperationspartner einer E-Com-
pany insbesondere im Rahmen der Systemauswahl zunächst die technischen Komponen-
ten berücksichtigen, die die Handhabung der Informationssysteme für alle Kooperations-
908 Die Grundlagen der E-Company

partner vereinfachen. Dazu wird mit dem Schritt der Definition einer Startlösung das Ziel
verfolgt, die Erhebung des aktuellen Wissensstands für das Projektteam aller Netzwerk-
partner sowie die Definition möglicher Richtungen der Integration von den vorhandenen
Informationssystemen der einzelnen Kooperationspartner durchzuführen. Durch das früh-
zeitige Abfragen des vorhandenen Wissens kann zudem im Rahmen eines Change Ma-
nagements eine frühzeitige Einbeziehung von relevanten Stakeholdern in die Entschei-
dungsfindung erfolgen. Zu beachten sind spezielle Integrationsaspekte, die in der Phase
der Systemauswahl grundlegend mit allen Kooperationspartnern zu klären sind. Dabei
geht es vor allem um die Frage der Reichweite und die Richtung der Integration. Über
die Reichweite kann die Integration zum einen innerhalb eines Kooperationsnetzwerks
erfolgen und zum anderen über das Kooperationsnetzwerk hinaus mit anderen Netzwerken
oder Institutionen. Bei der Richtung der Integration wird die Frage nach den Integrations-
bereichen gestellt. Hier werden die Integrationsbereiche aufgedeckt, die möglichst eng
gekoppelt werden müssen oder – im Gegensatz dazu – auf keinen Fall einer engen Integra-
tion unterliegen dürfen, weil sie z. B. nicht unter einer geringen Flexibilität leiden dürfen
(Fleisch 2001, S. 241 f.).
Sind die möglichen Startlösungen in Bezug auf das System definiert und die Integrations-
reichweite als auch -richtung unter allen Kooperationspartnern ausgewählt, so ist eine Ab-
leitung und Bewertung von Lösungsalternativen möglich. Dazu reicht es aus, die Bewer-
tung mittels einer Nutzwert-Analyse bzw. eines Scoring-Modells durchzuführen, sodass
sich die Lösungsalternativen über die Nutzwerte (resultierend aus dem gewichteten Ziel-
system) vergleichen lassen und die optimale Lösung mit dem höchsten Nutzwert für alle
Kooperationspartner gefunden werden kann (Fleisch 2001, S. 253).

6.5.2.2 Systemgestaltung
Ist unter allen relevanten Kooperationspartnern die Entscheidung für eine Systemlösung
(s. Kapitel 6.5.2.1) gefallen, gilt es nun, im Rahmen der Systemgestaltung basierend auf
den in der Analysephase erhobenen Rahmenbedingungen und Ist-Abläufen die zukünfti-
gen Soll-Abläufe zu definieren bzw. das schon in den ersten Zügen vorhandene Soll-Kon-
zept durch eine Gestaltung und Sicherstellung der Netzwerkfähigkeit weiter auszubauen.
Diese beinhaltet insbesondere die Gestaltung der Leistungen, Prozesse (s. Kapitel 6.5.1.4)
und Informationssysteme der E-Company (s. Abb. 345). Für den Erhalt der Netzwerkfä-
higkeit resultieren die Leistungen aus den Prozessen und sind eng an diese gekoppelt.
Damit ist auch die Gestaltung von Leistungen mit der Gestaltung der entsprechenden Pro-
zesse eng verbunden. Diesbezüglich gibt es mehrere Kriterien zur passenden Leistungs-
gestaltung und den Zielen, die damit erreicht werden können (Fleisch 2001, S. 219 ff.):

„ Kundenanforderung: Die Leistungsgestaltung für bestimmte Kundenanforderungen


bietet sich bei der E-Company durch eine Individualisierung der Produkte an. Aktu-
elle Informationssysteme ermöglichen es, auf neue Kundenanforderungen einzuge-
hen und kundenspezifische Massenprodukte herzustellen. Speziell die Digitalisierung
Die Implementierung bei der elektronischen Kooperation 909

von Informationen des Produkts vereinfacht die Koordination im Kooperationsnetz-


werk erheblich.

„ Entwicklung: Die Leistungsgestaltung einer E-Company in der Entwicklung fördert


agile und effiziente Entwicklungsprozesse. In Bezug auf die individuellen Massen-
produkte hilft eine Modularisierung durch das Baukastenprinzip dem Kunden, eine
Reihe von Varianten aus dem Produkt zu konfigurieren. Dem kann nur eine ebenso
flexible und agile Entwicklung nachstehen.

Netzwerkfähigkeit Kriterien zur Systemgestaltung Ziele der Systemgestaltung


Leistungen Kundenanforderungen Mass customization
Produktion Effiziente Strukturen
Montage Aufschubstrategie
Netzwerkpartner Neue Potenziale
Netzwerk Netzwerkeffekte
Prozesse Semantische Integration Prozesse „verstehen“ sich
Zeitverhalten Koordination in Echtzeit
Kardinalität m:n-Vernetzung
Einheitssignal Auf netzwerkweit gültige
Informationen aufbauen
Flexibilität Angemessene Flexibilität
Informationssysteme Transparenz Informationen extern verfügbar
machen
Qualität der Informationen Informationen bilden Realität ab
Technische Integration Maschinen „verstehen“ sich

Abb. 345: Netzwerkfähigkeit in der Systemgestaltung


Quelle: in Anlehnung an Fleisch 2001, S. 220 ff.

„ Netzwerkpartner: Die Leistungsgestaltung in Zusammenarbeit mit den Netzwerk-


partnern ermöglicht neue Strukturen in den Netzwerken. Insbesondere sind durch die
modulare Zusammenarbeit neuartige Organisationsstrukturen und Informationssys-
teme nötig, die Raum für Innovationen lassen.

„ Netzwerk: Die Leistungsgestaltung innerhalb des Netzwerks bietet für alle Koopera-
tionspartner den Vorteil von Netzwerkeffekten, die z. B. Skaleneffekte und Bünde-
lungseffekte mit sich bringen.

Zum weiteren Erhalt und Ausbau der Netzwerkfähigkeit ist die Gestaltung der Informa-
tionssysteme und deren Vernetzung zwischen den Kooperationspartnern besonders wich-
tig. Die Vernetzung ist vor diesem Hintergrund die Grundlage zur Gestaltung von neuen
Leistungen, Geschäftsbeziehungen und Organisationsstrukturen. Diesbezüglich gibt es
910 Die Grundlagen der E-Company

folgende Kriterien und Ziele, die bei der Gestaltung von Informationssystemen relevant
sind (Fleisch 2001, S. 223 ff.):

„ Transparenz: Das Ziel der Transparenz in Informationssystemen ist, alle benötigten


Informationen für die Kooperationspartner verfügbar zu machen, die u. a. bisher auch
nur intern verwendet wurden.

„ Informationsqualität: Die Qualität von Informationen muss insbesondere beim Zu-


griff verschiedener Kooperationspartner auf gemeinsame Daten gewahrt werden. In
diesem Kontext sind z. B. Gültigkeit und Aktualität wichtige Dimensionen der Qua-
lität.

„ Technische Integration: Das Ziel der technischen Integration ist der automatische
Austausch von Informationen zwischen verschiedenen Informationssystemen. Hier-
bei steht die Nutzung von gemeinsamen Standards und gemeinsamer Infrastruktur im
Mittelpunkt.

Informationssysteme, die zwischen allen Kooperationspartnern interagieren müssen, sind


z. B. ERP-Systeme mit gemeinsam abrufbaren Lagerbeständen, Lieferterminen oder Auf-
trägen. Gemeinsame Standards zwischen den Informationssystemen bilden die Basis für
einen Zugriff unterschiedlicher Geschäftseinheiten auf gemeinsam verwaltete Informati-
onen (Fleisch 2001, S. 223 f.).

6.5.2.3 Systemaufbau
Nach Auswahl der Systemlösung (s. Kapitel 6.5.2.1) und der darauf aufbauenden Sys-
temgestaltung (s. Kapitel 6.5.2.2), steht nun der Systemaufbau im Mittelpunkt, der sich
entsprechend an den individuellen betriebswirtschaftlichen und technischen Anforderun-
gen der Kooperationspartner orientieren muss. Damit erfolgen die technische Umsetzung
des Projekts und dadurch die eigentliche Realisierung der E-Company auf Basis des
Pflichtenheftes. Der zeitliche Ablauf der technischen Umsetzung kann wie folgt beschrie-
ben werden (Eggers/Hoppen 2001, S. 684 ff.):

„ Prototyp: Liegt ein abgestimmtes Design-Konzept vor, so kann ein Prototyp eines
gemeinsamen E-Company-Systems realisiert werden. Nachdem die Hardware-Kom-
ponenten bei allen Kooperationspartnern installiert wurden, werden darauf aufbauend
die nötige Standardsoftware eingebunden und bei Bedarf unternehmensspezifische
Applikationen erstellt.

„ Datenübernahme/-pflege: Nachdem der Prototyp erstellt worden ist, können die be-
stehenden Daten aus den Informationssystemen der Kooperationspartner übernom-
men oder direkt in die Datenbank(en) eingepflegt werden.
Die Implementierung bei der elektronischen Kooperation 911

„ Administrationssystem: Im Anschluss an die Dateneingabe wird das Administrati-


onssystem implementiert. Von dort aus kann der Datenzugriff und die Datensteuerung
kontrolliert werden. Zusätzlich ist es möglich, bestimmte Rechte zu vergeben und die
Authentifizierung sowie die Autorisierung der Benutzer zu regeln.

„ Schnittstellen: Nachdem der Datenbestand generiert und das Administrationssystem


implementiert wurden, wird die Anbindung an externe Schnittstellen vorgenommen,
damit der Datenaustausch zwischen den vernetzten Informationssystemen (z. B. den
ERP-Systemen) erfolgen kann. Auch in diesem Fall ist die Einhaltung von Standards
(in Bezug auf die Datenaustauschformate) ein wichtiger Aspekt, damit der Austausch
von Daten durch einheitliche Datenformate reibungslos läuft.

„ Front-End: Zu den Schnittstellen zählt indirekt auch das Front-End. Allerdings steht
dort nicht der Datenaustausch im Mittelpunkt, sondern die visuelle Schnittstelle zum
Benutzer. Entsprechend muss das Front-End optisch ansprechend und intuitiv aufge-
baut sein.

„ Testbetrieb: Nach der Implementierung und Vernetzung aller Teilkomponenten be-


ginnt der Testbetrieb. Durch die Methoden des White-Box- und Black-Box-Testings
kann die Software getestet und auf Fehler in der Funktionalität oder im Design über-
prüft werden. Durch das White-Box-Testing werden Fehler im Quellcode aufgedeckt
und durch das Black-Box-Testing wird nur die Umsetzung der Funktionalitäten über-
prüft. Diese Arbeiten innerhalb des Testbetriebs sind nötig, um technische Fehler zu
beseitigen.

Das Ergebnis des Systemaufbaus ist eine lauffähige Systemlösung, die in der nun folgen-
den Pilotphase der Systemeinführung genutzt werden kann.

6.5.2.4 Systemeinführung
Nach dem Systemaufbau (s. Kapitel 6.5.2.3) führt das Projektteam im Rahmen der Syste-
meinführung zu Anfang weitere kontinuierliche Tests durch. Das System wird zunächst
als Pilotlösung mit wenigen Benutzern und ausgewählten Produktsegmenten betrieben,
um die prinzipielle Eignung für den unternehmensweiten und -übergreifenden Einsatz im
Kooperationsnetzwerk zu belegen. Die mit den Pilotanwendern und den ersten Transakti-
onen im Tagesgeschäft gemachten Erfahrungen werden dokumentiert und die sich daraus
ergebenden Anforderungen an die Systemlösung, Hardware und das Netzwerk nachträg-
lich ins Pflichtenheft aufgenommen und umgesetzt. Iterativ werden die notwendigen Än-
derungen während der Einführungsphase nachimplementiert. Nachdem die während der
Pilot-Phase aufgetretenen Probleme hinsichtlich Benutzeroberfläche, Datenintegrität und
Netzwerkinfrastruktur gelöst sind, kann das System unternehmensweit und auf die übrigen
Produkte und Kooperationspartner ausgebreitet werden. Zu diesem Zeitpunkt werden alle
betreffenden Mitarbeiter geschult, alle notwendigen Änderungen am System durchgeführt
912 Die Grundlagen der E-Company

und dementsprechend dokumentiert. Damit sind alle Kooperationspartner im Netzwerk


der E-Company in der Lage, die notwendigen Daten in regelmäßigen Abständen zu aktu-
alisieren (Dolmetsch 2000, S. 250 f.).
Von diesem Moment an muss die E-Company ihre Leistungsfähigkeit unter Beweis stellen
und ist dabei insbesondere in der Anfangszeit vom Scheitern bedroht. Konkrete Gründe
für ein Scheitern können interner oder externer Natur sein und sehen im Wesentlichen
wie folgt aus (Bickhoff et al. 2003, S. 4 f.):

„ Abhängigkeit: Aus ökonomischer und technischer Perspektive besteht eine hohe Ab-
hängigkeit der Kooperationspartner sowohl untereinander als auch vom Markt, der –
je nach Zielgruppe – unberechenbar ist. Ist das Marketing (s. Kapitel 6.4.1) unzu-
reichend ausgearbeitet, können sogar die einzelnen Unternehmensmarken beschädigt
werden und mit einem schlechten Ruf aus der E-Company ausscheiden.

„ Partner: Arbeiten unterschiedliche Kooperationspartner zusammen, so treffen auch


die unterschiedlichen Unternehmenskulturen aufeinander (s. Kapitel 6.3.2). Diese
können bei Differenzen zu Konflikten und Missverständnissen führen, sodass eine
Zusammenarbeit unmöglich wird.

„ Vertrauen: Durch die hohe Abhängigkeit und die vielen Unsicherheiten dahinter,
kann das Vertrauen der Kooperationspartner untereinander erheblich leiden (s. Kapi-
tel 6.3.1.1). Das hat zur Folge, dass zu wenige Ressourcen für die E-Company zur
Verfügung gestellt werden und somit ihr Erfolg stark gefährdet wird.

„ Organisation: Bei undefinierten Zielen und Prozessen ergeben sich schnell organi-
satorische Probleme. Zusätzlich können mangelhafte Absprachen in Bezug auf die
Arbeitsteilung zu einer fehlerhaften Koordination der Gestaltung von Leistungen,
Prozessen und Informationssystemen führen (s. Kapitel 6.5.2.2).

„ Technologie: Durch (teil)inkompatible Schnittstellen zwischen den Kooperations-


partnern können sich weiterhin technologische Probleme ergeben, die ein Scheitern
einer Zusammenarbeit zulassen, falls die Anpassung der Kompatibilität einen zu ho-
hen Ressourcenaufwand erfordert. Es muss eine technische Integration (s. Kapitel
6.5.2.2) in Bezug auf die verwendeten Informations- und Kommunikationssysteme
aller Kooperationspartner gegeben sein, um z. B. gemeinsame Projektaufträge zu er-
füllen.

6.5.2.5 Systemkontrolle
War die Systemeinführung (s. Kapitel 6.5.2.4) erfolgreich, beginnt mit der Systemkon-
trolle ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess, der zwar nicht mehr Teil des eigentli-
chen Implementierungsprojekts ist, aber den Übergang zum dauerhaften Betrieb kenn-
zeichnet und damit als Verbindungsglied gewertet werden kann. In dem kontinuierlichen
Die Implementierung bei der elektronischen Kooperation 913

Verbesserungsprozess wird die Leistungsfähigkeit des gesamten Systems der E-Company


überprüft, sowohl aus technischer als auch aus organisatorischer und betriebswirtschaftli-
cher Sicht. Es werden alle Abläufe überprüft, um über eine Bewertungs- und Beurteilungs-
grundlage des Erfolgs der Implementierung zu verfügen. Dadurch können einerseits Prob-
lembereiche des Kooperationsnetzwerks aufgedeckt und andererseits Verbesserungs- und
Erweiterungspotenziale identifiziert werden, die den Wert der E-Company erhöhen. Den
Kern der Systemkontrolle bilden vier interdependente und zentrale Aspekte, die wesent-
lich zur Systemoptimierung beitragen:

„ Partner: Die ständige Abstimmung mit den Kooperationspartnern hilft nicht nur bei
der Aufdeckung möglicher Veränderungen der jeweiligen Ziel- und Strategieausrich-
tungen, sondern kann dazu beitragen, Systemfehler aufzudecken und aktuelle Anfor-
derungen in neue Funktionen umzusetzen. Dadurch kann die Komplexität des Sys-
tems immer weiter reduziert werden, sodass eine Verbesserung der intuitiven Benut-
zung sowohl mit dem System als auch mit den Kooperationspartnern ermöglicht wird.

„ Prozesse: Die Informations-, Kommunikations- und Transaktionsprozesse zwischen


den Kooperationspartnern sollten effektiv und effizient ablaufen. Störungen oder
Ausfälle im System können sich negativ auf die Akzeptanz der E-Company auswir-
ken und das Vertrauen stark gefährden. Deswegen sollte die Überwachung der Pro-
zesse in der Systemkontrolle über Warnsignale im System erfolgen, die z. B. anzei-
gen, wann bestimmte Vorgänge nicht abgeschlossen wurden oder Systemzugriffe
fehlgeschlagen sind.

„ Daten: Unvollständige, veraltete oder qualitativ unzureichende Daten erschweren das


Arbeiten unterschiedlicher Kooperationspartner. Um dies zu verhindern, müssen
Kontrollmaßnahmen eingerichtet werden, die die Daten auf Vollständigkeit, Aktuali-
tät und Qualität prüfen.

„ Standards/Integration: Die Systemverantwortlichen müssen bei der Gründung einer


E-Company oder der Einbindung von neuen Kooperationspartnern die Nutzung von
aktuellen, offenen und gemeinsamen Standards sicherstellen, um einen einfachen Da-
tenaustausch und eine problemlose Integration zu gewährleisten.

Insbesondere die rapiden technologischen Entwicklungen (z. B. in den Bereichen Unter-


nehmenssoftware und E-Business-Standards) und die dynamischen Veränderungen im
Kooperationsnetzwerk machen es erforderlich, dass ein E-Company-System auch nach
einer erfolgreichen Implementierung niemals in der technischen und technologischen Ent-
wicklung stehen bleibt, um die offensichtlichen Vorteile der elektronischen Kooperation
nicht einzubüßen.
914 Die Grundlagen der E-Company

Übungsaufgaben

1. Ein großer Vorteil einer E-Company besteht darin, dass dadurch Herausforderun-
gen der realen Kooperationsbildung gelöst werden können. Nennen Sie die drei zent-
ralen Herausforderungen und erläutern Sie anhand eines selbstgewählten E-Com-
pany-Beispiels, wie diese Herausforderungen in diesem Kontext gelöst werden.

2. Die Zusammenarbeit in virtuellen Teamstrukturen kann anhand von sechs zentralen


Dimensionen dargestellt werden. Nennen Sie drei der sechs Dimensionen und disku-
tieren Sie, welche möglichen Herausforderungen und Probleme durch einen hohen
Grad an Virtualität bezüglich dieser drei Dimensionen entstehen können.

3. Neben dem typischen virtuellen Unternehmen existieren verwandte Kooperations-


formen, die auf Basis der Kooperationsgrundlage und der Ziele abgegrenzt werden.
Nennen und erläutern Sie drei verwandte Kooperationsformen und wie sich diese
vom virtuellen Unternehmen abgrenzen. Visualisieren Sie zusätzlich die Abgrenzung
aller genannten Kooperationsformen.

4. Welche idealtypischen Merkmale charakterisieren eine E-Company, die zur Reali-


sierung in der Praxis als Voraussetzung erfüllt sein müssen?

5. Die Möglichkeit des Teleworkings ermöglicht den virtuellen Teams ortsunabhängig


an ihrem Projekt zu arbeiten. Über welche vier Erscheinungsformen erstreckt sich
das Teleworking und wie können diese differenziert werden?

6. Nennen und erläutern Sie die fünf Ebenen des im Kontext einer E-Company ange-
passten OSI-Referenzmodells, das eine Kommunikation zwischen Informations- und
Kommunikationssystemen in virtuellen Unternehmen erlaubt. Was ist bei der Imple-
mentierung oder Integration dieser Systeme zu beachten?

7. Beschreiben Sie drei zentrale Systemlösungen, die für die Umsetzung der elektroni-
schen Kooperation in einer E-Company notwendig sind. Recherchieren Sie zusätz-
lich im Internet nach Softwareherstellern, die entsprechende Systemlösungen anbie-
ten. Wie lässt sich der jeweilige Einsatzzweck dieser Softwareprodukte abgrenzen?

8. Die serviceorientierte Architektur bietet für die E-Company einen entscheidenden


Flexibilitätsvorteil. Beschreiben und visualisieren Sie das Zusammenspiel von
Dienstanbieter, Dienstverzeichnis und Dienstnutzer. Wie sieht eine auf Web-Ser-
vices-basierte serviceorientierte Architektur aus?
Übungsaufgaben 915

9. Web-Services stellen einen Internet-Standard dar, die im Kontext einer E-Company


den verteilten Informationsaustausch und die verteilte Kommunikation unterstützen
können. Welche Web-Service-Standards gibt es und wie können diese im Rahmen
einer serviceorientierten Architektur eine E-Company unterstützen?

10. Wieso müssen die E-Company-Prozesse bestimmten Anforderungen gerecht wer-


den? Welche Anforderungen sind das genau und wie könnte es sich auf die E-Com-
pany auswirken, wenn nicht alle Anforderungen erfüllt werden?

11. Beschreiben Sie die idealtypischen Prozessphasen von der Identifikation bis zu der
Auflösung einer elektronischen Kooperation. Welche Informations- und Kommuni-
kationssysteme finden in den jeweiligen Phasen des Lebenszyklusmodells einer E-
Company Verwendung und können diese unterstützen?

12. Wodurch unterscheiden sich die operative, taktische und strategische Kooperation
in einer E-Company? Welche Ziele werden mit den verschiedenen Ausrichtungen des
Prozessmanagements angestrebt?

13. Welche Rolle spielt die Unternehmenskultur bei der elektronischen Kooperation?
Erläutern Sie anhand eines Beispiels Ihrer Wahl, welche Schwierigkeiten sich bei
einer Kooperation durch unterschiedliche Unternehmenskulturen ergeben können.

14. Unterscheiden Sie speziell die Vertrauens-, Dialog- und Lernkultur und diskutieren
Sie mögliche Hindernisse bei der Etablierung dieser Kultur(en) in einem Kooperati-
onsnetzwerk.

15. Die Partneranalyse spielt eine entscheidende Rolle bei dem Erfolg einer E-Compa-
ny. Beschreiben Sie, wie die Partneranalyse detailliert abläuft und recherchieren Sie
im Internet nach Portalen, die eine spezielle Online-Partnersuche erlauben. Sind
diese auch immer für die Gründung von elektronischen Kooperationen geeignet?

16. Wodurch kann eine E-Company ihre Wettbewerbsvorteile generieren? Welche Rolle
spielen in diesem Zusammenhang die Wettbewerbsstrategien einer E-Company?

17. Visualisieren Sie die Marketingvarianten zur Gestaltung von entsprechenden Werbe-
und Kommunikationsmaßnahmen einer E-Company und erläutern Sie jede Marke-
tingvariante mit einer kurzen Abgrenzung zu den restlichen Marketingvarianten.

18. Wie kann ein übergeordnetes Marketing für die Kundengewinnung genutzt werden
und welche anderen Methoden eignen sich für die Kundengewinnung?
916 Die Grundlagen der E-Company

19. Welche Aspekte müssen bei der Einführung eines Wissensmanagements in einer E-
Company miteinbezogen werden? Nennen und erläutern Sie in diesem Zuge auch die
drei Aufgabenstufen des Wissensmanagements.

20. Wie können Online-Wissensgemeinschaften für ein aktives Wissensmanagement in


einer E-Company sorgen? Beschreiben Sie in diesem Zusammenhang auch die Ge-
staltungsdimensionen von Online-Wissensgemeinschaften.

21. Diskutieren und bewerten Sie die Rolle der mittel- als auch der hocheinflussreichen
Erfolgsfaktoren für den Aufbau einer E-Company und geben Sie Beispiele an, welche
Auswirkungen die Vernachlässigung der Faktoren für die E-Company haben kann.

22. Was sind die zentralen Erfolgsbereiche bei der Implementierung einer E-Company
und wie hängen diese innerhalb der einzelnen Lebenszyklusphasen zusammen?

23. Warum ist die Analysephase für den langfristigen Erfolg eines E-Company-Projekts
unabdingbar?

24. Erläutern Sie den Sinn und Zweck der Unternehmens-, Teilnehmer- und Prozessana-
lyse.

25. Beschreiben Sie die Rolle des 4-Ebenen-Kommunikations-Modells innerhalb der


Projektorganisation.

26. Nennen Sie typische Netzwerkaktivitäten und entsprechend dazu die jeweiligen Fi-
nanzierungsquellen, die in der Projektkalkulation mitbeachtet werden müssen. Wel-
che Rolle spielt dabei das Netzwerk-Controlling?

27. Beschreiben Sie die Phasen des Systemaufbaus in einer E-Company und diskutieren
Sie den Stellenwert der Meilensteine, die als Abschluss in den jeweiligen Phasen
erreicht werden müssen. Was kann passieren, wenn die Meilensteine nicht eingehal-
ten werden?

28. Nennen Sie die Kriterien und korrespondierenden Ziele, die zur Gestaltung und Si-
cherstellung der Netzwerkfähigkeit in der Systemgestaltung beitragen.

29. Welchem zeitlichen Ablauf unterliegt die E-Company beim Systemaufbau?

30. Erläutern Sie anhand von vier kurzen Beispielszenarien, welche Gründe für das
Scheitern eines E-Company-Projekts verantwortlich sein können.
Übungsaufgaben 917

31. Nennen und beschreiben Sie vier interpendente und zentrale Aspekte der Systemkon-
trolle, die wesentlich zur Systemoptimierung beitragen. Welche Auswirkungen sind
zu erwarten, wenn ein Aspekt davon in einem negativen Maße auftritt?

32. Warum darf ein E-Company-System auch nach einer erfolgreichen Implementierung
niemals „ruhen“? Geben Sie Beispiele für technologische Entwicklungen, die die
Aktualisierung einer E-Company-Lösung notwendig machen könnten.

33. Nennen Sie die drei der zentralen Leitlinien zum Wissensmanagement bei einer vir-
tuellen Kooperation. Wägen Sie für die von Ihnen ausgewählten Leitlinien ab, inwie-
fern sie bei Nichtbeachtung die Planung und Durchsetzung eines ausgewogenen Wis-
sensmanagements stören könnte und geben Sie jeweils ein Beispiel dazu an.

34. Nennen und erläutern Sie drei der vier Aspekte zur langfristigen und nachhaltigen
Systemoptimierung bei einer virtuellen Kooperation. Recherchieren Sie im Internet
eine Kooperation und analysieren Sie, inwieweit Chancen und Risiken hinsichtlich
der Beibehaltung der Systemqualität im Sinne einer Systemoptimierung bestehen.

35. Was genau wird unter Smart Contracts verstanden? Wie können Smart Contracts die
vertragliche Ausgestaltung einer E-Company effizienter gestalten?

36. Welche spezifischen Probleme können bei Kooperationen von Unternehmen aus ver-
schiedenen Ländern entstehen? Nennen und erläutern Sie diese Probleme sowie
Werkzeuge (Tools) mit denen solche Hürden überbrückt werden können.

37. Beschreiben Sie die Funktionsweise von sog. Digitalen Zwillingen und erläutern Sie
welche Vorteile durch Digitale Zwillinge in einer E-Company generiert werden kön-
nen.

38. Beschreiben Sie die Funktionsweise des sog. Edge Computing. Welche Vorteile bie-
tet das Edge Computing Verfahren als Ergänzung zum Cloud Computing.
918 Die Grundlagen der E-Company

Klausuraufgaben

1. Klausuraufgabe: „Bolbic“
Der süddeutsche Hersteller des bekannten Mineralwassers ohne Kohlensäure „Bolbic“
hat das Angebot bekommen, mit ausgewählten Wasserherstellern aus mehreren mitteleu-
ropäischen Ländern in einem Online-Netzwerk zu kooperieren. Zwar hat der Geschäfts-
führer Pierre Moty eine Kooperation bisher kritisch gesehen, aber da sich der Innovati-
ons- und Konkurrenzdruck im Online-Bereich und am Markt immer stärker erhöht, wäre
für Herrn Moty eine mittelfristige und flexible Zusammenarbeit in einem Kooperations-
netzwerk denkbar. Zusätzlich würde eine Teilnahme an einer Online-Kooperation die
Chance bieten, endlich das verstaubte und monolithische IT-System zu modernisieren.
Deshalb bittet Herr Moty Sie, als den E-Business-Spezialisten im Unternehmen, an einem
zufällig am Wochenende stattfindenden Fachseminar über die Möglichkeiten einer virtu-
ellen Online-Kooperation in verschiedenen Branchen teilzunehmen. Dort sollen Sie sich
so gut wie möglich informieren, ob sich eine solche Teilnahme für Herrn Moty an einem
Unternehmensnetzwerk lohnt bzw. welche neuen Möglichkeiten sich für das Unternehmen
durch die Zusammenarbeit ergeben. Nach vielen Veranstaltungen und spannenden sowie
aufschlussreichen Fachvorträgen erwartet Sie Herr Moty am Montagmorgen gespannt in
seinem Büro.
(a) Nennen und beschreiben Sie kurz, welche Kooperationsformen existieren und wie
diese allgemein charakterisiert sind. Wählen Sie eine für Herrn Moty passende Ko-
operationsform und begründen Sie Ihre Wahl.
(b) Für die Zusammenarbeit der unterschiedlichen Unternehmen und der Mitarbeiter bie-
ten sich Groupware-Systemkomponenten an. Welche Werkzeuge (Tools) würden Sie
Herrn Moty für sein mögliches Kooperationsnetzwerk empfehlen? Nennen Sie dazu
vier Werkzeuge und beschreiben Sie, wie diese eine Zusammenarbeit unterstützen kön-
nen.
(c) Wie würde sich eine Umstellung der bisherigen IT-Architektur hin zu einer flexiblen
IT-Architektur bei einer Kooperationsteilnahme für das Unternehmen „Bolbic“ be-
merkbar machen? Skizzieren und beschreiben Sie den aktuellen Stand und die weiteren
Entwicklungsschritte der IT-Architektur, die sich für Herrn Moty’s Unternehmen er-
geben würden.

2. Klausuraufgabe: „Smart TV“


Die „Smart TV GmbH“ ist ein neuartiger Zusammenschluss von sechs Kooperationspart-
nern aus den Bereichen der Elektrotechnik und der intelligenten Online-Vernetzung, die
das Ziel haben, einen Fernseher zu entwickeln, der mit seinen Smart-TV-Funktionen und
Klausuraufgaben 919

der Fähigkeit, sich mit allen netzwerkfähigen Geräten zu vernetzen, ein revolutionäres
Angebot im TV-Markt darstellt. Aufgrund der Neuartigkeit des Netzwerks und auch des
Produkts, das es vorher in der Form so noch nicht gab und daher keine Erfahrungswerte
existieren, sucht die neu gegründete „Smart TV GmbH“ einen passenden E-Company-
Spezialisten, der den reibungslosen Aufbau und Ablauf dieser komplexen Online-Koope-
ration sicherstellen kann. Sie arbeiten in einer Unternehmensberatung und sind in Ihrem
aktuellen Arbeitsumfeld schon oft mit der Thematik virtueller Unternehmen in Kontakt
gekommen. Passend dazu sind gerade als Berater von der „Smart TV GmbH“ ausgewählt
worden, um die Firma bzgl. einer schnellen Umsetzung der E-Company erfolgreich zu
beraten, damit die verteilte Zusammenarbeit und Produktion des revolutionären TV-Ge-
räts beschleunigt wird.
(a) Die Komplexität in Online-Kooperationen bildet eine wichtige Prozessanforderung,
insbesondere bei neuen Kooperationen. Welche Komplexitätseinflüsse werden bei On-
line-Kooperationen generell unterschieden? Verdeutlichen Sie Ihre Ausführungen mit
jeweils einem Beispiel bezogen auf den vorliegenden Fall der „Smart TV GmbH“.
(b) Wie sieht ein idealtypisches Lebenszyklusmodell einer elektronischen Kooperation am
Beispiel der Kooperationspläne der „Smart TV GmbH“ aus? Nennen und beschreiben
Sie kurz die möglichen Prozessphasen und zeigen Sie argumentativ auf, in welcher
Phase sich die „Smart TV GmbH“ zum jetzigen Zeitpunkt befindet.
(c) Eine Herausforderung auf der Ebene der taktischen Kooperation besteht darin, im
Kooperationsnetzwerk das Controlling festzulegen. Welche zwei generellen Möglich-
keiten gibt es, um das Controlling in einem Kooperationsnetzwerk zu gestalten? Wel-
che Ausrichtung würde sich für die „Smart TV GmbH“ empfehlen?

3. Klausuraufgabe: „vService24“
Das Beratungshaus mit dem Namen „vService24 AG“ ist ein Full Service Provider, der
für das Management von komplexen Online-Projekten in allen Lebenszyklusphasen virtu-
eller Unternehmen zuständig ist. Als neuer Mitarbeiter bei der „vService24 AG“ erhalten
Sie die Aufgabe einen Kunden zu besuchen und erfahren, dass es sich um ein großes vir-
tuelles Unternehmen im Online-Bereich mit eklatanten Problemen bei der Kommunikation
und der Vereinheitlichung der verschiedenen Kulturen aller Kooperationspartner handelt.
Beim Netzwerkmanagement dieser E-Company angekommen, werden Sie von dem zustän-
digen Netzwerkmanager auf die viel zu hohen Kosten aufmerksam gemacht, die durch eine
verzögerte Auftragsbearbeitung, häufige Medienbrüche etc. entstehen und man somit mit
den Produkten nicht gegenüber der Konkurrenz am Markt mithalten kann. Zusätzlich gibt
es ein hohes Misstrauen sowohl auf der Ebene der Mitarbeiter als auch zwischen den
kooperierenden Unternehmen. Helfen Sie dem Netzwerkmanager mit Ihren fundierten
Kenntnissen im Bereich der E-Company die Problemursachen und die entsprechenden
Handlungsalternativen aufzuzeigen.
920 Die Grundlagen der E-Company

(a) Welche Maßnahmen stehen für eine E-Company generell zur Verfügung, eine erfolg-
reiche Vertrauenskultur in einem elektronischen Kooperationsnetzwerk zu etablieren?
Welche Maßnahmen würden Sie davon – für die im Fallbeispiel genannte E-
Company – zur Wiederherstellung der Vertrauenskultur vorschlagen?
(b) Die Betrachtung der Dialogkultur empfiehlt sich besonders bei auftretenden Vertrau-
enshindernissen, die eine Vertrauensbasis hemmen können. Nennen Sie für das vorlie-
gende Fallbeispiel vier zutreffende organisatorische Sperren, die sich negativ auf die
Vertrauensbasis auswirken und mit welchen Dialogmaßnahmen das Vertrauen wieder
gefördert werden kann.
(c) Soll neben einer passenden Vertrauens- und Dialogkultur auch eine entsprechende
Lernkultur entwickelt werden, gilt es unterschiedliche Formen des E-Learnings zu be-
achten. Nennen und beschreiben Sie diesbezüglich die zwei Formen des E-Learnings.
Würden Sie Ihrem Kunden die Einführung der Online-Lernkultur zum jetzigen Zeit-
punkt empfehlen?

4. Klausuraufgabe: „Clockstyle“
Die schon seit Jahren am Markt etablierte und erfolgreiche E-Company „Clockstyle“
stellt hochspezielle Uhren her, die sich die Kunden über einen Konfigurator in einem E-
Shop selbst zusammenstellen und gestalten können. Beim letzten Sommerfest kam Ihnen,
als langjähriger Spezialist in der Abteilung E-Company-Development, in einem gemütli-
chen Gespräch mit ihren Vorgesetzten die Idee, die Uhren zusätzlich so versiegeln zu kön-
nen, dass jegliche Verunreinigung durch Wasser und Staub unterbunden wird. Damit kön-
nen neben neuen Kundengruppen auch Unternehmen, die am Wasser oder auf Baustellen
tätig sind, angesprochen und neue Absatzmöglichkeiten erschlossen werden. Ihre Vorge-
setzten waren sofort von Ihrer Idee begeistert, äußerten jedoch große Bedenken, ob es
solche Unternehmen gäbe, die auch für eine Kooperation bereit wären und wie man diese
finden könnte. Helfen Sie Ihren Vorgesetzten diese Bedenken durch Ihr tiefgreifendes Wis-
sen über die Partneranalyse in einer E-Company auszuräumen.
(a) Nennen und beschreiben Sie jeweils zwei Möglichkeiten eine Teilnehmersuche mit und
ohne Hilfe des Internets durchzuführen. Welche Form der Teilnehmersuche würde sich
für Clockstyle grundsätzlich am besten eignen?
(b) Mit Hilfe welcher Auswahlkriterien kann aus einem Bestand von möglichen Koopera-
tionspartnern die Auswahl der zur eigenen E-Company passenden Partner erfolgen?
Erläutern Sie dazu sechs Auswahlkriterien und argumentieren Sie, ob das jeweilige
Auswahlkriterium für „Clockstyle“ bei der Wahl zukünftiger Kooperationspartner in
Frage kommt oder nicht.
(c) Was muss bei der Integration eines ausgewählten Kooperationspartners beachtet wer-
den? Argumentieren Sie anhand des vorliegenden Fallbeispiels die Integration eines
neuen Kooperationspartners in die etablierte E-Company „Clockstyle“.
Klausuraufgaben 921

5. Klausuraufgabe: „StudiConsult“
Als engagierte/r Student/in sind Sie neben Ihrem Studium der Betriebswirtschaftslehre an
der Universität Duisburg-Essen auch im Marketingbereich der studentischen Unterneh-
mensberatung StudiConsult tätig. Ein aktueller Kunde der studentischen Unternehmens-
beratung ist ein neu gegründetes virtuelles Unternehmen, das anfängliche Schwierigkeiten
bei Ihrem Marketing hat. Während sich alle Online-Kooperationspartner darüber einig
sind, die gesamte Netzwerkkompetenz gemeinsam zu vermarkten und somit ein übergeord-
netes Marketing zu betreiben, möchte sich der größte Kooperationspartner zusätzlich mit
seiner spezifischen Einzelkompetenz nach aussen alleine auftreten. Dieser Vorstoß sorgt
für keine Unruhe zwischen den Kooperationspartner, weil bei dem individuellen Außen-
auftritt auf einen anderen Markt abgezielt wird. Da Sie schon mehrere Marketing-Vorle-
sungen besucht haben und sich durch frühere Beratungen auch im Bereich der virtuellen
Unternehmen auskennen, sollen Sie den Kunden bei der Gestaltung des Marketings un-
terstützen und im Ergebnis eine höhere Kundengewinnungsrate für ihn erreichen. Auch
wenn Sie sich in diesem Thema nicht ganz so sicher fühlen, so freuen Sie sich dennoch auf
die Aufgabe.
(a) Skizzieren Sie alle Marketingvarianten zur Gestaltung von Werbe- und Kommunikati-
onsmaßnahmen, die in einer E-Company möglich sind. Um welche zwei Marketingva-
rianten geht es im vorliegenden Fallbeispiel?
(b) Grenzen Sie die zwei Formen des individuellen Marketings ausführlich ab. Unter wel-
chen Bedingungen empfehlen sich individuelle Marketingmaßnahmen aus dem be-
schriebenen Alleingang des größten Kooperationspartners aus dem Online-Netzwerk?
(c) Welche Aspekte spielen bei dem übergeordneten Marketing eine zentrale Rolle, wenn
sich alle Kooperationspartner aus dem Fallbeispiel über die Bildung einer Dachmarke
einig sind? Diskutieren Sie in diesem Bezug auch den Trade-off der markenstrategi-
schen Zielerreichung.

6. Klausuraufgabe: „pen4you.de“
Die E-Company „pen4you.de“ geht durch schwierige Zeiten. Vor einem Jahr haben sich
die wichtigsten Kooperationspartner aus dem Projekt verabschiedet und wurden zum Teil
von neuen Kooperationspartnern ersetzt. Auch hat sich das Netzwerkmanagement durch
mehrere unglückliche Entscheidungen bei den Mitarbeitern sehr unbeliebt gemacht, was
zu einer angespannten Stimmung in der gesamten E-Company geführt hat. Insbesondere
unter den Mitarbeitern herrschen eine große Unsicherheit und ein großes Misstrauen in
Bezug auf den Kooperationswillen und der Wissensteilung mit den Mitarbeitern der an-
deren Kooperationspartner. Aufgrund dieser Ereignisse hat insbesondere das Wissens-
management der E-Company stark gelitten und ist unter den Mitarbeitern nicht mehr gut
angesehen. Das neue Netzwerkmanagement, bei dem Sie als Assistent mitwirken, möchte
922 Die Grundlagen der E-Company

deshalb alles anders und besser machen als bisher und dazu ein erstklassiges Wissensma-
nagement einführen. Helfen Sie dem Netzwerkmanagement bei diesem Vorhaben, indem
Sie Ihr Fachwissen über das Wissensmanagement im Kontext einer E-Company mitein-
bringen.
(a) Nennen und erläutern Sie vier Bereiche bzw. Aktivitäten, die im Rahmen einer ganz-
heitlichen Einführung eines Wissensmanagements miteinbezogen werden müssen.
Welchen jeweiligen Konsequenzen würde „pen4you.de“ als gestandene E-Company
unterliegen, sollte es in den von Ihnen genannten Bereichen zu Schwierigkeiten kom-
men?
(b) Gerade beim neuen Aufbau von Online-Wissensgemeinschaften sind vier Gestaltungs-
dimensionen zu beachten. Nennen und beschreiben Sie alle vier Gestaltungsdimensio-
nen von Online-Wissensgemeinschaften und erläutern Sie zusätzlich vor dem Hinter-
grund des vorliegenden Fallbeispiels, wie sich durch die jeweilige Gestaltungsdimen-
sion ein vorhandenes Chaos im Wissensmanagement bei „pen4you.de“ auflösen kann.
(c) Stellen Sie Ihrem Netzwerkmanager vier Leitlinien des Online-Wissensmanagements
ausführlich vor, die Ihnen dabei helfen, ein wirksames Wissensmanagement bei
„pen4you.de“ durchzusetzen. Beziehen Sie Ihre Ausführungen auf die Situation des
Wissensmanagements bei „pen4you.de“ und zeigen Sie passende Handlungsempfeh-
lungen auf.

7. Klausuraufgabe: „IBO“
Das Unternehmen „IBO“ ist einer der Marktführer in der Baumarktbranche. Schon vor
längerer Zeit haben die internen Business Analysts den Geschäftsführer Herrn Wodwig
darauf hingewiesen, dass die Branche dem Zeitgeist der allgemeinen wirtschaftlichen Ent-
wicklungen nicht mehr hinterherkommt mangels digitaler Präsenz und äußern, dass
„IBO“ sich einen wettbewerblichen Vorsprung verschaffen könne, wenn das Unterneh-
men nun auf eine Multi-Channel Strategie setzen und sein E-Commerce Geschäft ausbau-
en würde. Herrn Wodwig ist bewusst, dass ihm nur geringe Zeit bleibt, um diese Lücke zu
schließen und sich den Wettbewerbsvorsprung zu verschaffen. Auf Nachfrage winkt das
Human Resources Management ab und äußert, dass die Rekrutierung für entsprechend
spezialisierte Fachkräfte in dem Umfang mangels zeitlicher und finanzieller Ressourcen
nicht möglich sei. Herr Wodwig entschließt sich deshalb, nach einem Kooperations-
partner zu suchen, der die Lücken hinsichtlich der finanziellen und personellen Ressour-
cen schließen helfen kann. Da Herr Modwig keinerlei potenzielle Partner in seiner Kon-
taktliste hat und keinerlei Erfahrung mit der Kooperationsarbeit mit anderen Unterneh-
men aufweist, beauftragt er Sie als Dienstleister für virtuelle Kooperationszusammen-
schlüsse damit, eine Lösung zu finden. Sie freuen sich über das Vertrauen und beginnen
voller Tatendrang mit der Arbeit.
Klausuraufgaben 923

(a) Nennen und erläutern Sie jeweils zwei Methoden für die Partnersuche ohne und mit
dem Internet. Welche dieser Methoden würden Sie Herrn Modwig empfehlen und wa-
rum? Welche Methoden erscheinen weniger geeignet für das Kooperationsprojekt zum
Ausbau der Multi-Channel Strategie von „IBO“?
(b) Nennen Sie die Online-Wettbewerbsvorteile, aus denen „IBO“ schöpfen könnte und
erläutern Sie, inwiefern diese die gegenwärtige Situation von „IBO“ verbessern helfen
könnten.
(c) Sie wollen Herrn Modwig darauf aufmerksam machen, dass die Kooperationsarbeit
nicht mit dem Abschluss des gemeinsamen Vertrags getan ist, sondern dass das Ko-
operationssystem stets mit Hinblick auf seine Nachhaltigkeit überprüft werden muss.
Nennen Sie die zentralen Aspekte der Systemoptimierung. Erläutern Sie, welche Risi-
ken „IBO“ langfristig beachten muss vor diesem Hintergrund.

8. Klausuraufgabe: „ScreenSaver GmbH“


Seit einigen Jahren beliefert die „ScreenSaver GmbH“ verschiedene Smartphone Herstel-
ler mit Displays. In der Forschungs- und Entwicklungsabteilung des Unternehmens
konnte vor Kurzem ein innovatives Display entwickelt werden, das zusätzlich zu den be-
kannten Eigenschaften, unzerbrechlich, kratzfest und biegbar ist. Das neue Produkt mit
dem Namen „Bendable-Glass“ soll Smartphone Herstellern neue Möglichkeiten eröffnen.
Die Eigenschaften dieses innovativen Displays machen die Smartphones zum einen robus-
ter und zum anderen erhöhen sie den Tragekomfort, weil sie bspw. wie eine Zeitung zu-
sammenzurollen sind. Verschiedene Tests eines kostenaufwendig hergestellten Prototyps
haben gezeigt, dass das „Bendable-Glass“ tatsächlich große Vorteile gegenüber her-
kömmlichen Displays hat. Für die industrielle Produktion dieses neuen Produktes benötigt
die „ScreenSaver GmbH“ jedoch größere und erweiterte Kapazitäten in verschiedenen
Fachbereichen. Da sich das Unternehmen im Kern vorerst weiterhin nur als Zulieferer
der klassischen Handydisplays sieht, soll das neue Produkt in Form einer separaten E-
Company hergestellt und verkauft werden, um das bestehende Geschäft nicht zu beein-
flussen. Bisher hat die „ScreenSaver GmbH“ noch keine Erfahrung mit dem Aufbau und
dem Management einer E-Company gemacht. Durch gesammelte Erfahrungen in der
Branche kann das Unternehmen aber auf ein breites Kontaktnetzwerk zurückgreifen. So
konnten die spezifischen Kooperationspartner, welche die benötigten ergänzenden Res-
sourcen und Fähigkeiten besitzen, bereits von der Forschungs- und Entwicklungsabtei-
lung im Prozess der Entwicklung identifiziert und kontaktiert werden. Nun stehen die wei-
teren Schritte zur Gründung und Durchführung der E-Company an. Die „ScreenSaver
GmbH“ hat Sie als Projektmanager angestellt, damit Sie, mit bereits gesammelter Berufs-
erfahrung in diesem Bereich, die Umsetzung der E-Company vorantreiben und begleiten.
924 Die Grundlagen der E-Company

(a) Einführend wollen Sie Ihrem neuen Team einen Überblick über die Prozessgestaltung
einer elektronischen Kooperation geben. Beschreiben Sie ein idealtypisches Lebens-
zyklusmodell einer elektronischen Kooperation am Beispiel der „ScreenSaver
GmbH“. Nennen und beschreiben Sie hierzu die Prozessphasen und ordnen Sie die
„ScreenSaver GmbH“ erklärend für Ihr Team in die Phase ein, in der sich das Un-
ternehmen momentan befindet.
(b) Nennen und beschreiben Sie die drei Verhandlungsformen, die in dem eAgreement-
Prozess zu Verhandlungen von Preis und Leistungsumfang angewendet werden kön-
nen. Zu welcher Form der Verhandlung wird es im Falle der „ScreenSaver GmbH“
höchstwahrscheinlich kommen?
(c) Insbesondere in der Anfangszeit ist eine E-Company vom Scheitern bedroht. Dabei
können die Gründe interner und externer Natur sein. Nennen und beschreiben Sie drei
der wesentlichen Gründe für das Scheitern einer E-Company. Erläutern Sie welchen
Risiken Sie für die „ScreenSaver GmbH“ als besonders bedrohlich erachten?

9. Klausuraufgabe: „Connected-Building GmbH“


Im letzten Jahr haben sich fünf Unternehmen aus der Bau-, Informations- und Kommuni-
kationsbranche zusammengeschlossen, um unter dem Namen „Connected-Building
GmbH“ eine neue E-Company zu gründen. Ziel dieser E-Company ist die Entwicklung
eines zentralen und ganzheitlichen Überwachungssystems, das alle größeren Maschinen
und kleineren Geräte, die auf einer Baustelle zum Einsatz kommen, zentral abbildet. Da-
mit eine präzise Echtzeit-Überwachung aller Maschinen und Geräte ermöglicht wird,
wurden in einem ersten Schritt spezielle Sensoren entwickelt. Diese Sensoren messen die
Funktionalität an den kritischen Stellen der eingesetzten Maschinen/Geräte und übermit-
teln die Informationen an das zentrale Überwachungssystem. Durch dieses Überwa-
chungssystem werden dem Nutzer dann relevante Informationen auf einem Endgerät,
bspw. einem Laptop, zur Verfügung gestellt. Sobald ein beobachtetes Objekt einen kriti-
schen Zustand erreicht, wie im Falle eines zu geringen Ölstandes eines Baggers, alarmiert
das System den Benutzer. Der Benutzer des Systems kann anschließend den anstehenden
Engpässen im Voraus entgegenwirken und so einen reibungslosen Ablauf der Bautätig-
keiten sicherstellen. Ein solches System, das gebündelt von einem Anbieter geliefert und
implementiert wird, stellt eine bedeutende Neuerung in der Baubranche dar. Leider ge-
staltet sich die Absprache zwischen den Kooperationspartnern noch holprig. Immer wie-
der führte bspw. die Verschiedenheit der IT-Systeme zu Schwierigkeiten in der Zusammen-
arbeit. Den Kooperationspartnern wird bewusst, dass eine spezifische Expertise für den
Auf- und Ausbau einer E-Company benötigt wird. Da keine der beteiligten Firmen geeig-
nete Spezialisten vorweisen kann, sucht die „Connected-Building GmbH“ händeringend
einen passenden E-Company-Experten. Momentan beraten Sie Unternehmen im Bereich
der Online-Kooperationen und sind schon oft mit dem Themengebiet virtueller Unterneh-
men in Berührung gekommen. Aus diesem Grund sind Sie als Berater von der „Connected-
Klausuraufgaben 925

Building GmbH“ ausgewählt worden, um die junge Firma bezüglich einer schnellen und
erfolgreichen Projektumsetzung zu unterstützen. So soll insbesondere die weitere Zusam-
menarbeit, Herstellung und Implementierung des neuen Produktes effizienter gestaltet
werden.
(a) Sie streben an, der „Connected-Building GmbH“ zu einer guten zukünftigen Wett-
bewerbsposition zu verhelfen. Dazu wollen Sie allen beteiligten Unternehmen die
potenziellen Wettbewerbsvorteile der gegründeten E-Company verdeutlichen, um
diese anschließend konsequent auszuschöpfen. Nennen Sie die Online-Wettbe-
werbsvorteile der „Connected-Building GmbH“ und erläutern Sie, wie diese da-
bei helfen können, die zukünftig angestrebte Wettbewerbssituation zu erreichen.
(b) Im Rahmen der Zusammenarbeit der Unternehmen und der Mitarbeiter aus den
verschiedenen Branchen bieten sich Groupware-Systemkomponenten zur Koope-
ration an. Welche Werkzeuge (Tools) würden Sie der „Connected-Building
GmbH“ empfehlen? Nennen Sie vier geeignete Werkzeuge und beschreiben Sie,
wie diese eine Zusammenarbeit unterstützen können.
(c) Eine Herausforderung auf der Ebene der taktischen Kooperation besteht darin,
das Controlling im Kooperationsnetzwerk festzulegen. Welche zwei generellen
Möglichkeiten gibt es, um das Controlling in einem Kooperationsnetzwerk zu ge-
stalten? Welche Ausrichtung würde sich für die „Connected-Building GmbH“
empfehlen?
926 Die Grundlagen der E-Company

Literatur zum Kapitel (Auswahl)

Albers, S ./Bisping, D./Teichmann, K./Wolf, J. (2003): Management Virtueller Unter-


nehmen, in: Albers, S./Wolf, J. (Hrsg.): Management Virtueller Unternehmen,
Wiesbaden, S. 3-60.
Baun, C./Kunze, M./Nimis, J./Tai, S. (2010): Cloud Computing: Web-basierte dynami-
sche IT-Services, Berlin/Heidelberg.
Bickhoff, N./Böhmer, C ./Eilenberger, G ./Hansmann, K.-W./Niggemann, M./
Ringle, C./Spremann, K./Tjaden, G. (2003): Mit Virtuellen Unternehmen zum
Erfolg. Ein Quick-Check für Manager, Berlin/Heidelberg.
Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (2018b): Hintergrund zur Platt-
form Industrie 4.0., https://www.plattform-i40.de/I40/Navigation/DE/Plat-
form/Plattform-Industrie-40/plattform-industrie-40.html, Zugriff am 28.08. 2018.
Fleisch, E . (2001): Das Netzwerkunternehmen. Strategien und Prozesse zur Steigerung
der Wettbewerbsfähigkeit in der „Networked Economy“, Berlin/Heidelberg.
Freitag, M ./Plüss, A. (2005): Organisation, Recht und Finanzen, in: Huber, C./Plüss,
A ./Schöne, R./Freitag, M. (Hrsg.): Kooperationsnetze der Wirtschaft. Einführung,
Bausteine, Fallbeispiele, Zürich, S. 67-81.
General Electric (2018): Edge computing vs. fog computing. https://www.ge.com/digi-
tal/blog/what-edge-computing, Zugriff am 07.02.2019.
Gesellschaft für Informatik (2017): Digitaler Zwilling, https://gi.de/informatikle-
xikon/digitaler-zwilling/, Zugriff am 19.09.2018.
Gölz, A . (2003a): Controlling in virtuellen Dienstleistungsnetzwerken, in: Hofmann, J.
unter Mitarbeit von: Arnold, H./Benz, H./Bonnet, P. B./Gölz, A./Jacobi, J./
Schulte-Wieking, J.: Besser arbeiten in Netzwerken – Wie virtuelle Unternehmen
Erfolg haben, Aachen, S. 137-156.
Gölz, A . (2003b): Marketing und Kommunikation für virtuelle Netzwerke, in: Hof-
mann, J. (Hrsg.): Besser arbeiten in Netzwerken – Wie virtuelle Unternehmen Er-
folg haben, Aachen, S. 130-136.
Hofmann, J. (2003a): Virtuelle Unternehmensnetzwerke. Wissenschaftliche Diskussion
und Reflexion der OPTIMA-Ergebnisse, in: Hofmann, J. und Mitarbeit von: Ar-
nold, H./Benz, H./Bonnet, P. B./Gölz, A./Jacobi, J./Schulte-Wieking, J.: Besser ar-
beiten in Netzwerken, Aachen, S. 23-36.
Literatur zum Kapitel (Auswahl) 927

Hofmann, J. (2003b): Teamintegration in virtuellen Strukturen, in: Hofmann, J. unter


Mitarbeit von: Arnold, H./Benz, H./Bonnet, P. B./Gölz, A./Jacobi, J./Schulte-Wie-
king, J. (Hrsg.): Besser arbeiten in Netzwerken – Wie virtuelle Unternehmen Erfolg
haben, Aachen, S. 91-112.
Josuttis, N. (2008): SOA in der Praxis. System-Design für verteilte Geschäftsprozesse,
Heidelberg.
Katzy, B . R. (2005): IT-Werkzeuge für virtuelle Organisationen – eine strategische
Sicht, in: HMD – Praxis der Wirtschaftsinformatik, Jg. 42, Nr. 242, S. 42-51.
Killich, S./Kopp, R. (2011): Wirksames Wissensmanagement in Netzwerken, in: Becker,
T./Dammer, I./Howaldt, J./Killich, S./Loose, A. (Hrsg.): Netzwerkmanagement.
Mit Kooperation zum Unternehmenserfolg, 3. Aufl., Berlin/Heidelberg, S. 143-
154.
Kreuzpaintner, S. (2006): Markenmanagement virtueller Dienstleistungsunternehmen,
in: Bieger, T./Beritelli, P. (Hrsg.): Dienstleistungsmanagement in Netzwerken.
Wettbewerbsvorteile durch das Management des virtuellen Dienstleistungsunter-
nehmens, Basel, S. 159-185.
Krystek, U./Redel, W./Reppegather, S. (1997): Grundzüge virtueller Organisationen.
Elemente und Erfolgsfaktoren, Chancen und Risiken, Wiesbaden.
Melzer, I. (2010): unter Mitwirkung von Eberhard, S./Hilliger von Thile, A./Flehmig,
M./Tröger, P./Rudolph, B./Stumm, B./Lipp, M./Sauter, P./Vajda, J./Dostal, W./
Jeckle, M.: Service-orientierte Architekturen mit Web Services. Konzepte – Stan-
dards – Praxis, 4. Aufl., Heidelberg.
North, K./Romhardt, K./Probst, G. (2000): Wissensgemeinschaften – Keimzelle leben-
digen Wissensmanagements, in: IO management, Jg. 69, Nr.7-8, S. 52-62.
Picot, A./Reichwald, R./Wigand, R. T. (2003): Die grenzenlose Unternehmung. Infor-
mation, Organisation und Management, 5. Aufl., Wiesbaden.
Pindl, T. (2002): Führen und Coachen von virtuellen Netzwerken. Arbeiten und Führen –
unabhängig von Ort und Zeit, Köln.
Plüss, A. (2005): Vorgehen beim Aufbau des Kooperationsnetzwerks, in: Huber, C./
Plüss, A./Schöne, R./Freitag, M. (Hrsg.): Kooperationsnetze der Wirtschaft. Ein-
führung, Bausteine, Fallbeispiele, Zürich, S. 137-150.
Plüss, A./Huber, C. (2005a): Management und Partner, in: Huber, C./Plüss, A./
Schöne, R./Freitag, M. (Hrsg.): Kooperationsnetze der Wirtschaft. Einführung,
Bausteine, Fallbeispiele, Zürich, S. 35-44.
Plüss, A ./Huber, C. (2005b): Medien und Kommunikation, in: Huber, C./Plüss, A ./
Schöne, R./Freitag, M. (Hrsg.): Kooperationsnetze der Wirtschaft. Einführung,
Bausteine, Fallbeispiele, Zürich, S. 95-108.
928 Die Grundlagen der E-Company

Plüss, A ./Huber, C./Schöne, R./Freitag, M. (2005): Einführung zu den Bausteinen, in:


Huber, C./Plüss, A ./Schöne, R./Freitag, M. (Hrsg.): Kooperationsnetze der Wirt-
schaft. Einführung, Bausteine, Fallbeispiele, Zürich, S. 21-23.
Shi, W./Cao, J./Zhang, Q./Li, Y./Xu, L. (2016): Edge Computing: Vision and Challen-
ges, in: IEEE Internet of Things Journal, Jg. 3, Nr. 5, S. 637-646.
Szabo, N. (1994): Smart Contracts, http://www.fon.hum.uva.nl/rob/Courses/Informatio-
nInSpeech/CDROM/Literature/LOTwinterschool2006/szabo.best.vwh.net/
smart.contracts.html, Zugriff am 28.08.2018.
Szabo, N. (1997): The Idea of Smart Contracts, http://www.fon.hum.uva.nl/ rob/Courses
/InformationInSpeech/CDROM/Literature/LOTwinterschool2006/szabo.best.vwh
.net/idea.html, Zugriff am 28.08.2018.
Wang, H.C./Fussell, S. R./Cosley, D. (2013): Machine Translation vs. Common Lan-
guage: Effects on Idea Exchange in Cross-Lingual Groups, in: Proceedings of the
2013 conference on Computer supported cooperative work, ACM, S. 935–937.
Wanner, W. (2016): Cloud-versus Edge-Computing. Funkschau, 6. Juni 2016, https://
www.funkschau.de/telekommunikation/artikel/130928/, Zugriff am 08.02.2019.
Literaturverzeichnis 929

Literaturverzeichnis

Abrams, J. (2002): Vertikale elektronische Marktplätze. Empirische Untersuchung und


Gestaltungsanforderungen, Köln.
Achleitner, A.-K./Bassen, A. (2002): Controlling in jungen Wachstumsunternehmen –
Terra Incognita, in: Betriebs-Berater, Jg. 57, Nr. 23, S. 1192-1198.
Adler, J./Halata, E. S./Holbert, N. B. (2001): Kunden halten oder Märkte erobern? Die
Relevanz von Marktsegmentierungen in einer vernetzten Gesellschaft, Heidelberg.
Adomavicius, G./Tuzhilin, A. (2005): Toward the Next Generation of Recommender
Systems: A Survey of the State-of-the-Art and Possible Extensions, in: IEEE
Transactions on Knowledge and Data Engineering, Jg. 17, Nr. 6, S. 734-749.
Affiliateblog (2016): Zanox mobile performance Barometer 1. Halbjahr 2016,
https://www.affiliateblog.de/zanox-mobile-performance-barometer-1-halbjahr-
2016/, Zugriff am 31.07.2018.
Agrawal, V./Arjona, L. D./Lemmens, R. (2001): E-Performance: The Path To Rational
Exuberance, The McKinsey Quarterly, Nr. 1, S. 30-43.
Ahlers, T. (2008): Neue Anwendungen und Geschäftsfelder im Web 2.0, in: Meckel,
M./Stanoevska-Slabeva, K. (Hrsg.): Web 2.0 – Die nächste Generation Internet,
Baden-Baden, S. 93-108.
Ahlert, D./Evanschitzky, H./Hesse, J. (2004): Konsumentenverhalten im Internet: Die
E-Zufriedenheit, in: Wiedmann, K.-P./Buxel, H./Frenzel, T./Walsh, G. (Hrsg.):
Konsumentenverhalten im Internet, Wiesbaden, S. 119-144.
Albers, S./Bisping, D./Teichmann, K./Wolf, J. (2003): Management Virtueller Unter-
nehmen, in: Albers, S./Wolf, J. (Hrsg.): Management Virtueller Unternehmen,
Wiesbaden, S. 3-60.
Albers, S./Clement, M./Peters, K. (2001): Produkte und Inhalte, in: Albers, S./Clement,
M./Peters, K./Skiera, B. (Hrsg.): Marketing mit Interaktiven Medien, 3. Aufl.,
Frankfurt a. M., S. 251-266.
Albers, S./Jochims, H. (2003): Erscheinungsformen, strategische Bedeutung und Gestal-
tung von Online-Marketing-Kooperationen, in: Büttgen, M./Lücke, F. (Hrsg.): On-
line-Kooperationen. Erfolg im E-Business durch strategische Partnerschaften,
Wiesbaden, S. 15-40.
Alby, T. (2008): Web 2.0 – Konzepte, Anwendungen, Technologien, 3. Aufl., München.

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019
T. Kollmann, E-Business, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26143-6
930 Literaturverzeichnis

Allaire, J. (2002): Macromedia Flash MX – A Next-Generation Rich Client, http://down


load.macromedia.com/pub/flash/whitepapers/richclient.pdf, Zugriff am 05.06.
2018.
Alpar, A./Wojcik, D. (2012): Webselling: Das große Online Marketing Praxisbuch, Düs-
seldorf.
Alpar, P./Blaschke, S./Keßler, S. (2007): Web 2.0: Neue erfolgreiche Kommunikations-
strategien für kleine und mittlere Unternehmen, Wiesbaden.
Alpar, P./Niedereichholz, J. (2000): Einführung zu Data Mining, in: Alpar, P./Nieder-
eichholz, J. (Hrsg.): Data Mining im praktischen Einsatz, Braunschweig/Wiesba-
den, S. 1-27.
Amazon Pay (2018): Amazon Pay-Gebühren, https://pay.amazon.com/de/help/2016254
70, Zugriff am 03.09.2018.
Amberg, M./Hirschmeier M./Wehrmann, J. (2004): The Compass Acceptance Model
for the Analysis and Evaluation of Mobile Services, in: International Journal of
Mobile Communications, Jg. 2, Nr. 3, S. 248-259.
Amberg, M./Hirschmeier, M./Schobert, D. (2003): DART – ein Ansatz zur Analyse und
Evaluierung der Benutzerakzeptanz, in: Wirtschaftsinformatik: Medien – Märkte –
Mobilität, Jg. 1, Nr. 6, S. 573-592.
Amor, D. (2004): E-Business aktuell. Edition 2004 – Trends, Prozesse und Technologien
im Unternehmen, Weinheim.
Amtsblatt der Europäischen Union (2016): Verordnung des europäischen Parlaments
und des Rates zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbe-
zogener Daten zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie
95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung), https://www.datenschutz-grundver-
ordnung.eu/wp-content/uplo-ads/2016/05/CELEX_32016R0679_DE_TXT.pdf,
Zugriff am 16.08.2018.
Andreßen, T. (2010): Erfolgreiches strategisches Management des E-Procurement, in:
Bogaschewsky, R./Eßig, M./Lasch, R./Stölzle, W. (Hrsg.): Supply Management
Research – Aktuelle Forschungsergebnisse 2009, Wiesbaden, S. 291-312.
Ansoff, H. I. (1966): Management-Strategie, München.
App Annie (2017): App Annie-Jahresrückblick 2016, https://www.appannie.com/de/in
sights/market-data/app-annie-2016-retrospective/, Zugriff am 30.07.2018.
App Annie (2018): App Annie-Jahresrückblick 2017, https://www.appannie.com/de/in
sights/market-data/app-annie-2017-retrospective/, Zugriff am 04.10.2018.
Literaturverzeichnis 931

Appelfeller, W./Feldmann, C. (2018): Die digitale Transformation des Unternehmens –


Systematischer Leitfaden mit zehn Elementen zur Strukturierung und Reifegrad-
messung, Wiesbaden.
Apple (2017): Anzahl der im Apple App Store verfügbaren Apps in ausgewählten Mona-
ten Juli 2008 bis Januar 2017, https://de.statista.com/statistik/daten/studie/20150
/umfrage/anzahl-der-im-app-store-verfuegbaren-applikationen-fuer-das-apple-
iphone/, Zugriff am 30.07.2018.
Apple (2018): Kumulierte Anzahl der weltweit heruntergeladenen Apps aus dem Apple
App Store von Januar 2011 bis Juni 2017, https://de.statista.com/statistik/daten/stu
die/20149/umfrage/anzahl-der-getaetigten-downloads-aus-dem-apple-app-store/,
Zugriff am 30.07.2018.
Arcache, A. (2003): Einsatz von E-Procurement-Systemen im Beschaffungsprozess der
Abnehmer-Zulieferer-Kooperation, Frankfurt a. M.
ARD/ZDF (2015): Mediennutzung, http://www.ard-zdf-onlinestudie.de/index.php?id=
541, Zugriff am 05.06.2018.
ARD/ZDF (2018): ARD/ZDF-Onlinestudie 2017: Neun von zehn Deutschen sind online.
Bewegtbild insgesamt stagniert, während Streamingdienste zunehmen - im Ver-
gleich zu klassischem Fernsehen jedoch eine geringe Rolle spielen, http://www.
ard-zdf-onlinestudie.de/ardzdf-onlinestudie-2017/, Zugriff am 30.07.2018.
Arndt, T. (2002): Erfolgreich auf B2B-Marktplätzen. Effizienz und Produktivität in E-
Procurement und Sales, Bonn.
Arnold, H. (2003): Praxistest Management- und Führungsinformationssysteme, in: Hof-
mann, J. unter Mitarbeit von: Arnold, H./Benz, H./Bonnet, P. B./Gölz, A./Jacobi,
J./Schulte-Wieking, J. (Hrsg.): Besser arbeiten in Netzwerken – Wie virtuelle Un-
ternehmen Erfolg haben, Aachen, S. 150-154.
Arnold, M. G. (2018): Systemische Strukturaufstellungen in Beratung und Management
- Das implizite und unbewusste Wissen für Entscheidungen aktivieren, Berlin.
Artun, Ö./Levin, S. (2015): Predictive Marketing – Easy Ways Every Marketer Can Use
Customer Analytics and Big Data, New Jersey.
Aust, E./Diener, W./Engelhardt, P./Lüth, O. (2001): eSourcing – Die Revolution im
strategischen Einkauf, Klein-Kordshagen.
Axson, D./Delawalla, A. (2016): CFO reality check – Good intentions in cost manage-
ment are not good enough, Accenture, https://de.slideshare.net/accenture/cfo-real
ity-check-good-intentions-in-cost-management-are-not-good-enough, Zugriff am
14.11.2018.
932 Literaturverzeichnis

Ayers, D./Watt, A. (2005): Beginning RSS and Atom Programming, Indianapolis.


Bachem, C. (2002): Multi-Channel Marketing, in: Manschwetus, U./Rumler, A. (Hrsg.),
Strategisches Internetmarketing, Wiesbaden, S. 259-277.
Bächle, M. (2006): Social Software, in: Informatik Spektrum, Jg. 29, Nr. 2, S. 121-124.
Bächle, M. (2008): Ökonomische Perspektiven des Web 2.0 – Open Innovation, Social
Commerce und Enterprise 2.0, in: Wirtschaftsinformatik, Jg. 50, Nr. 2, S. 129-132.
Bächle, M./Kirchberg, P. (2007): Frameworks für das Web 2.0, in: Informatik Spektrum,
Jg. 30, Nr. 2, S. 79-83.
Backhaus, K./Voeth, M. (2014): Industriegütermarketing: Grundlagen des Business-to-
Business-Marketings, 10. Aufl., München.
Baghai, M./Coley, S./White, D. (1999): The Alchemy of Growth – Kickstarting and Sus-
taining Growth in your Company, London.
Bailey, J. P./Bakos, Y. (1997): An Exploratory Study of the Emerging Role of Electronic
Intermediaries, in: International Journal of Electronic Commerce, Jg. 1, Nr. 3, S.
7-20.
Bakos, Y. (1991): A Strategic Analysis of Electronic Marketplaces, in: MIS Quarterly, Jg.
15, Nr. 3, S. 295-310.
Bakos, Y. (1997): Reducing Buyer Search Costs: Implications for Electronic Market-
places, in: Management Science, Jg. 43, Nr. 12, S. 1676-1692.
Balci, I./Bülbül, I. (2007): Web Content Management und Cross-Media Publishing im
Web 2.0, in: Kollmann, T./Häsel, M. (Hrsg.): Web 2.0: Trends und Technologien
im Kontext der Net Economy, Wiesbaden, S. 69-90.
Barata, J./Cunha, P.R. (2016): Mobile Supply Chain Management: Moving Where?, in:
Proceedings of the 13th European, Mediterranean and Middle Eastern Conference
on Information Systems (EMCIS), S. 1-13.
Barreca, H./O’Neill, J. K. (2003): The Entrepreneur’s Internet Handbook, Naperville.
Batinic, B./Bosnjak, M./Breiter, A. (1997): Der „Internetler“ – Empirische Ergebnisse
zum Netznutzungsverhalten, in: Gräf, L./Krajewski, M. (Hrsg.): Soziologie des In-
ternet: Handeln im elektronischen Web-Werk, Frankfurt a. M., S. 196-215.
Bauer, F./Herrmann, T. (2004): Eine tolle Website ist nicht genug – erst die dahinter
liegende Prozessqualität bindet Kunden, in: Wiedmann, K.-P./Buxel, H./Frenzel,
T./Walsh, G. (Hrsg.): Konsumentenverhalten im Internet, Wiesbaden, S. 364-377.
Bauer, H. H./Hammerschmidt, M. (2003): Marketing für elektronische Marktplätze,
Mannheim.
Literaturverzeichnis 933

Bauer, H. H./Hammerschmidt, M. (2004): Beziehungsmarketing für elektronische Bu-


siness-to-Business-Markt-Plätze, in: der Markt, Jg. 43, Nr. 170/171, S. 91-105.
Bauer, H. H./Martin, I./Albrecht, C.-A. (2008): Virales Marketing als Weiterentwick-
lung des Empfehlungsmarketing, in: Bauer, H. H./Große-Leege, D./Rösger, J.
(Hrsg.): Interactive Marketing im Web 2.0+. Konzepte und Anwendungen für ein
erfolgreiches Marketingmanagement im Internet, 2. Aufl., München, S. 57-71.
Bauer, H. H./Sauer, N. E./Becker, S. (2003): Risikowahrnehmung und Kaufverhalten
im Internet, in: Marketing ZFP, Jg. 25, Nr. 3, S. 183-199.
Baun, C./Kunze, M./Nimis, J./Tai, S. (2010): Cloud Computing. Web-basierte dynami-
sche IT-Services, Berlin/Heidelberg.
BBE (1999): System-Handel und Systemvertrieb – Strategien für ein neues Jahrtausend,
Köln.
Beam, C./Segev, A. (1997): Automated Negotiations: A Survey of the State of the Art,
in: Wirtschaftsinformatik, Jg. 39, Nr. 3, S. 263-268.
Bekmeier-Feuerhahn, S. (1998): Marktorientierte Markenbewertung – Eine konsumen-
ten- und unternehmensbezogene Betrachtung, Wiesbaden.
Bellinger, A./Krieger, D. (2018): „You Have Zero Privacy Anyway – Get Over It“, in:
Informatik Spektrum, Jg. 41, Nr. 5, S. 328-347.
Bender, G. (2008): Kundengewinnung und -bindung im Web 2.0, in: Kilian, T./Hass,
B.H./Walsh, G. (Hrsg.): Web 2.0 – Neue Perspektiven für Marketing und Medien,
Berlin, S. 173-190.
Benito-Osorio, D./Peris-Ortiz, M./Armengot, C.R./Colino, A. (2013): Web 5.0: the fu-
ture of emotional competences in higher education, in: Global Business Perspec-
tive, Jg. 1, Nr. 4, S. 274-287.
Bennemann, S. (2004): Die Zustellung als Marketing-Problem im E-Commerce für Kon-
sumenten, in: Wiedmann, K.-P./Buxel, H./Frenzel, T./Walsh, G. (Hrsg.): Konsum-
entenverhalten im Internet, Wiesbaden, S. 525-538.
Benz, H. (2003): Kooperationspartner – Suchen, Finden, Integrieren, in: Hofmann, J. un-
ter Mitarbeit von: Arnold, H./Benz, H./Bonnet, P. B./Gölz, A./Jacobi, J./Schulte-
Wieking, J. (Hrsg.): Besser arbeiten in Netzwerken – Wie virtuelle Unternehmen
Erfolg haben, Aachen, S. 39-62.
Berens, W./Schmitting, W. (2004): Controlling im E-Business – Notwendigkeit eines
„E-Controlling“?, in: Berens, W./Schmitting, W. (Hrsg.): Controlling im E-Busi-
ness, Europäischer Verlag der Wissenschaften, Reihe: Beiträge zum Controlling,
S. 157-190.
934 Literaturverzeichnis

Berge, S./Buesching, A. (2008): Strategien für Communities im Web 2.0, in: Kilian,
T./Hass, B. H./Walsh, G. (Hrsg.): Web 2.0 – Neue Perspektiven für Marketing und
Medien, Berlin, S. 23-37.
Berlecon Research (2000): Virtuelle Vermittler: Business-to-Business-Marktplätze im
Internet, Berlin.
Bernecker, M./Beilharz, F. (2012): Social Media Marketing – Strategien, Tipps und
Tricks für die Praxis, 2. Aufl., Köln.
Berners-Lee, T. (1999): Der Web-Report. Der Schöpfer des World Wide Web über das
grenzenlose Potenzial des Internets, München.
Berners-Lee, T./Hendler, J./Lassila, O. (2001): The Semantic Web, in: Scientific Amer-
ican, Jg. 5, Nr. 5, S. 34-43.
Bernet, M./Keel, G. (2017): Medienarbeit in der Online-Unternehmenskommunikation,
in: Zerfaß, A./Pfeil, T. (Hrsg.): Handbuch Online-PR. Strategisch Kommunikation
in Internet und Social Web, 3. Aufl., Köln, S. 157-180.
Berry, M. J. A./Linoff, G. S. (2000): Mastering Data-Mining, New York.
Besimo, G./Huber, C. (2005): Virtuelle Fabrik Nordwestschweiz/Mittelland – ein Pro-
duktionsnetzwerk, in: Huber, C./Plüss, A./Schöne, R./Freitag, M. (Hrsg.): Koope
rationsnetze der Wirtschaft. Einführung, Bausteine, Fallbeispiele, Zürich, S. 151-
169.
Bezmalinovic, T. (2016): Project Sansar: Der Nachfolger von Second Life beeindruckt
Journalisten, https://vrodo.de/project-sansar-der-nachfolger-von-second-life-be
eindruckt-journalisten/, Zugriff am 30.07.2018.
Bichler, M. (2001): The Future of e-Markets – Multidimensional Market Mechanisms,
Cambridge.
Bickhoff, N./Böhmer, C./Eilenberger, G./Hansmann, K.-W. (2003): Mit Virtuellen
Unternehmen zum Erfolg. Ein Quick-Check für Manager, Berlin/Heidelberg.
Billen, P. (2004): Analyse des Internet-Nutzungsverhaltens – Wege zur Steigerung der
Online-Kaufbereitschaft, in: Bauer H. H./Rösger, J./Neumann, M. M. (Hrsg.):
Konsumentenverhalten im Internet, München, S. 333-351.
Billen, P./Weiber, R. (2007): Informationsökonomische Fundierung des Multichannel
Marketing, in: Wirtz, B. (Hrsg.): Handbuch Multichannel-Marketing, Wiesbaden,
S. 33-80.
BITKOM (2010): Cloud Computing – Was Entscheider wissen müssen. Ein ganzheitli-
cher Blick über die Technik hinaus. Positionierung, Vertragsrecht, Datenschutz,
Informationssicherheit, Compliance. Leitfaden, Bundesverband Informationswirt-
schaft, Telekommunikation und neue Medien e.V., Berlin.
Literaturverzeichnis 935

BITKOM (2014a): Big-Data-Technologien – Wissen für Entscheider, https://www.


bitkom.org/Publikationen/2014/Leitfaden/Big-Data-Technologien-Wissen-fuer-
Entscheider/140228_Big_Data_Technologien_Wissen_fuer_Entscheider.pdf, Zu-
griff am 05.06.2018.
BITKOM (2014b): Jeder Dritte nutzt einen Tablet Computer, https://www.bitkom.org/
Presse/Presseinformation/Jeder-Dritte-nutzt-einen-Tablet-Computer.html, Zugriff
am 05.06.2018.
BITKOM (2017a): Zukunft der Consumer Technology – 2017, http://www.digita
lestadt.org/bitkom/org/noindex/Publikationen/2017/Studien/2017/CT-Studie/
170901-CT-Studie-online.pdf, Zugriff am 30.07.2018.
BITKOM (2017b): Jeder Dritte geht bevorzugt per Smartphone online, https://www.bit
kom.org/Presse/Presseinformation/Jeder-Dritte-geht-bevorzugt-per-Smartphone-
online.html, Zugriff am 30.07.2018.
BITKOM (2018): 30 Milliarden Markt rund um das Smartphone, https://www.bit
kom.org/Presse/Presseinformation/30-Milliarden-Markt-rund-um-das-
Smartphone.html, Zugriff am 30.07.2018.
Blanchard, A. L./Markus, M. L. (2004): The Experienced “Sense“ of Virtual Commu-
nity: Characteristics and Processes, in: The Data Base for Advances in Information
Systems, Jg. 35, Nr. 1, S. 65-79.
Bliemel, F./Eggert, A./Adolphs, K. (2000): Preispolitik mit Electronic Business, in: Blie-
mel, F./Fassott, G./Theobald, A. (Hrsg.): Electronic Commerce: Herausforderun-
gen – Anwendungen – Perspektiven, Wiesbaden, S. 205-217.
Bliemel, F./Fassott, G. (2000): Produktpolitik mit E-Share, in: Bliemel, F./Fassott,
T./Theobald, A. (Hrsg.): Electronic Commerce, 3. Aufl., Wiesbaden, S. 191-204.
Bliemel, F./Theobald, A. (1997): Determinanten der Produkteignung zum Internetver-
trieb – eine empirische Studie. Kaiserslauterer Schriftenreihe Marketing, Nr. 3.
Block, C. H. (2001): Professionell einkaufen mit dem Internet: E-Procurement – Direct
Purchasing, München.
Blockchain.info (2018): Blockchain, https://www.blockchain.com/explorer, Zugriff am
30.07.2018.
Bode, J. (1997): Der Informationsbegriff in der Betriebswirtschaftslehre, in: zfbf – Zeit-
schrift für betriebswirtschaftliche Forschung, Jg. 49, Nr. 5, S. 449-468.
Bodendorf, F. (1999): Wirtschaftsinformatik im Dienstleistungsbereich, Berlin.
Boersch, C./Elschen, R. (2002): Erster Eintritt in den Markt, in: Hommel, U./Knecht, T.
C. (Hrsg.): Wertorientiertes Start-Up-Management: Grundlagen, Konzepte, Strate-
gien, München, S. 272-291.
936 Literaturverzeichnis

Bogaschewsky, R. (1999): Elektronischer Einkauf, Gernsbach.


Bogaschewsky, R. (2015): State of the Art und Trends im eProcurement – Ergebnisse
der jährlichen BME-Studie, http://www.cfsm.de/fileadmin/Downloads/E-Procure
ment/e_ltage_2015.pdf, Zugriff am 04.10.2018.
Bogaschewsky, R./Müller, H. (2018): BME-Barometer „Elektronische Beschaffung“,
http://assets.bme.de/public/uploads/07c67e51755c3c5c17a9872af-
cbe1e14d0f9ff7ebded86296810494a302e, Zugriff am 04.10.2018.
Bohr, K. (1993): Effizienz und Effektivität, in: Wittmann, W./Kern, W./Köhler, R./Küp-
per, H. U./von Wysocki, K. (Hrsg.): Handwörterbuch der Betriebswirtschaft, 5.
Aufl., Stuttgart, S. 855-869.
Böing, C. (2001): Erfolgsfaktoren im Business-to-Consumer-E-Commerce, Wiesbaden.
Borges, B. (2009): Marketing 2.0 – Bridging the Gap between Seller and Buyer through
Social Media Marketing, Tucson.
Bouwman, V. (2018): Digital in 2018: Die Anzahl der Internetnutzer weltweit knackt die
4 Milliarden Marke, in: Global Digital Report 2018, https://weare
social.com/de/blog/2018/01/global-digital-report-2018, Zugriff am 16.11.2018.
Brandenburger, A./Nalebuff, B. (1996): Co-opetition, New York.
Brandstetter, C./Fries, M. (2002): E-Business im Vertrieb: Potenziale erkennen, Chan-
cen nutzen – von der Strategie zur Umsetzung, Wien.
Brandtweiner, R. (2001): Report Internet-Pricing, Methoden der Preisfindung in elektro-
nischen Märkten, Düsseldorf.
Braunstetter, J./Hasenstab, H. (2001): Anwendungsmöglichkeiten des E-Procurement
– Erfahrungen und Beispiele aus der Praxis, in: Hermanns, A./Sauter, M. (Hrsg.):
Electronic Commerce, 2. Aufl., München, S. 503-513.
Bray, T. (2017): The javascript object notation (json) data interchange format. RFC 8259,
RFC Editor, https://tools.ietf.org/pdf/rfc8259.pdf, Zugriff am 04.10.2018.
Brengman, M./Geuens, M./Weijters, B./Smith, S. M./Swinyard, W. R. (2005): Seg-
menting Internet Shoppers Based on their Web-usage-related Lifestyle: A Cross-
Cultural Validation, in: Journal of Business Research, Jg. 58, Nr. 1, S. 79-88.
Brettel, M./Heinemann F. (2006): Erfolgreiche Kundengewinnung über das Internet,
Präsentation im HiMo in Monschau, 23.03.2006.
Breuer, M./Küpers, S. (2007): Second Life und Business in Virtuellen Welten,
http://www.sltalk.de/wp-content/uploads/2007/11/white_paper_second_life_e7_
pixelpark.pdf, Zugriff am 12.06.2018.
Literaturverzeichnis 937

Breunig, C. (2004): Online-Werbemarkt in Deutschland 2001 bis 2004, Media Perspek-


tiven 8/2004, S. 394-404.
Brix, R. (2018): Wie sieht das Marketing im Influencer-Zeitalter aus?, in: Jahnke, M.
(Hrsg.): Influencer Marketing – Für Unternehmen und Influencer: Strategien, Platt-
formen, Instrumente, rechtlicher Rahmen. Mit vielen, Beispielen, Wiesbaden, S.
15-51.
Brunold, J./Merz, H./Wagner, J. (2000): www.cybercommunities.de: Virtual Commu-
nities: Strategie, Umsetzung, Erfolgsfaktoren, Landsberg.
Buhse, W. (2014): Management by Internet: Neue Führungsmodelle für Unternehmen in
Zeiten der digitalen Transformation, Kulmbach.
Bundesbeauftragte für den Datenschutz und Informationsfreiheit (2018): Was ist Da-
tenschutz?, https://www.bfdi.bund.de/DE/Datenschutz/datenschutz-node.html,
Zugriff am 21.09.2018.
Bundesministerium für Bildung und Forschung (2014): Zukunftsprojekt Industrie 4.0,
http://www.bmbf.de/de/9072.php, Zugriff am 28.05.2018.
Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (2017): Monitoring-Report Wirtschaft
DIGITAL 2017, https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Publikationen/DigitaleWelt
/monitoring-report-wirtschaft-digital-2017.pdf?__blob=publicationFile&v=36,
Zugriff am 30.07.2018.
Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (2018a): Monitoring-Report Wirt-
schaft DIGITAL 2018, https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Publikationen/Digi
tale-Welt/monitoring-report-wirtschaft-digital-2018-ikt-standort-deutschland.pdf
?__blob=publicationFile&v=22, Zugriff am 31.01.2019.
Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (2018b): Hintergrund zur Platt-
form Industrie 4.0., https://www.plattform-i40.de/I40/Navigation/DE/Platform/
Plattform-Industrie-40/plattform-industrie-40.html, Zugriff am 28.08.2018.
Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (2003): Kooperationen planen und
durchführen. Ein Leitfaden für kleine und mittlere Unternehmen, Berlin.
Bundesverband Digitale Wirtschaft e.V. (2011): OVK Online-Report 2011/01,
http://www.ovk.de/fileadmin/downloads/fachgruppen/Online-Vermarkterkreis/
OVK_Online-Report/OVK_Online-Report_2011-01.pdf, Zugriff am 21.06.2018.
Bundesverband Digitale Wirtschaft e.V./INFLURY GmbH (2017): Bedeutung von In-
fluencer Marketing in Deutschland 2017, Eine Studie im Auftrag von BVDW und
INFLURY, Berlin, https://www.bvdw.org/fileadmin/bvdw/upload/studien/171128
_IM-Studie_final-draft-bvdw_low.pdf, Zugriff am 25.09.2018.
938 Literaturverzeichnis

Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik (BME) e.V. (2013): eSO-


LUTIONS Report 2013: Procurement, Sourcing, Integration, https://shop.bme
.de/products/esolutions-report-2013, Zugriff am 28.05.2018.
Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik (BME) e.V. (2015): eSO-
LUTIONS Report 2015: Procurement, Sourcing, Integration, https://shop.bme
.de/products/esolutions-report-2015, Zugriff am 14.02.2019.
Burge, M. E. (2016): Apple pay, bitcoin, and consumers: The ABCs of future public pay-
ments law, in: The Hastings Law Journal, Jg. 67, Nr. 6, S. 1493-1550.
Burgwinkel, D. (2016): Blockchain Technology: Einführung für Business- und IT Mana-
ger, Berlin.
Butler, B. S. (2001): Membership Size, Communication Activity, and Sustainability: A
Resource-Based Model of Online Social Structures, in: Information Systems Re-
search, Jg. 12, Nr. 4, S. 346-362.
Buxmann, P./Schmidt, H. (2018): Künstliche Intelligenz: Mit Algorithmen zum wirt-
schaftlichen Erfolg, Berlin/Heidelberg.
Call, G. (1997): Entstehung und Markteinführung von Produktneuheiten: Entwicklung
eines prozessintegrierten Konzepts, Wiesbaden.
Capgemini (2012): Digital Shopper Relevancy, Düsseldorf.
Carbonell, J. G./Michalski, R. S./Mitchell, T. M. (1983): An Overview of Mashine
Learning, in: Michalski, R. S./Carbonell, J. G./Mitchell, T. M. (Hrsg.): Mashine
Learning: An Artificial Intelligence Approach, Palo Alto, S. 3-23.
Cassady, R. (1980): Auctions and Auctioneering, Reprint Edition, Berkeley.
Chamoni, P./Gluchowski, P. (2017): Business Analytics – State of the Art, in: Control-
ling & Management Review, Jg. 61, Nr. 4, S. 8-17.
Chaudhuri, O. (2018): Anders netzwerken? Wie interne Communities zum Erfolg ge-
führt werden, https://www.bvcm.org/2018/01/anders-netzwerken-wie-interne-com
munities-zum-erfolg-gefuehrt-werden/, Zugriff am 04.10.2018.
Chesbrough, H. (2009): Open Innovation. The New Imperative for Creating and Profiting
from Technology, Boston.
Choi, S.-Y./Stahl, D. O./Whinston, A. B. (1997): The Economics of Electronic Com-
merce, Indianapolis.
Chollet, F. (2018): Deep Learning mit Python und Keras: das Praxishandbuch: vom Ent-
wickler der Keras-Bibliothek, Frechen.
Christensen, C. (2016): The Innovator’s Dilemma: When New Technologies Cause Great
Firms to Fail, Boston.
Literaturverzeichnis 939

Cialdini, R. (1987): Einfluss. Wie und warum sich Menschen überzeugen lassen, Lands-
berg a. L.
Cisco (2017): Cisco Visual Networking Index: Global Mobile Data Traffic Forecast Up-
date, 2016–2021, https://www.cisco.com/c/en/us/solutions/collateral/service-pro
vider/visual-networking-index-vni/mobile-white-paper-c11-520862.html, Zugriff
am 30.07.2018.
Clement, M./Papies, D. (2008): Podcasting, in: Bauer, H. H./Große-Leege, D./Rösger, J.
(Hrsg.): Interactive Marketing im Web 2.0+: Konzepte und Anwendungen für ein
erfolgreiches Marketingmanagement im Internet, 2. Aufl., München, S. 335-346.
Clement, R./Schreiber, D. (2016): Internet-Ökonomie – Grundlagen und Fallbeispiele
der vernetzten Wirtschaft, 3. Aufl., Heidelberg.
Coates, G. (1992): Program from Invisible Site - a virtual sho, a multimedia performance
work presented by George Coates Performance Works, San Francisco, CA, 1992.
Cohen, A.M. (2009): Types of Clouds, in: Futurist, Jg. 43, Nr. 18.
Coldewey, J. (2002): Agile Entwicklung Web-basierter Systeme, in: Wirtschaftsinforma-
tik, Jg. 44, Nr. 3, S. 237-248.
Cooley, R./Tan, P. N./Srivastava, J. (2000): Discovery of Interesting Usage Patterns
from Web Data, in: Spiliopoulou, M./Masand, B. (Hrsg.): Advances in Web Usage
Analysis and User Profiling, Lecture Notes in Computer Science, Volume 1836 of
Lecture Notes in Computer Science, S. 163-182.
Cornelsen, J. (2000): Kundenwertanalysen im Beziehungsmarketing – Theoretische
Grundlegung und Ergebnisse einer empirischen Analyse im Automobilbereich,
Nürnberg.
Cornelsen, J. (2003): Was ist Kundenbindung Wert, in: Bruhn, M./Homburg, C. (Hrsg.):
Handbuch Kundenbindungsmanagement: Grundlagen, Konzepte, Erfahrungen, 4.
Aufl., Wiesbaden, S. 643-669.
Costello, S. (2018): How Many Apps Are in the App Store?, https://www.lifewire.com/
how-many-apps-in-app-store-2000252, Zugriff am 31.07.2018.
Crane, D./Pascarello, E./James, D. (2006): Ajax in Action. Das Entwicklerbuch für das
Web 2.0, München.
Cravens, K. S./Guilding, C. (1999): Strategic Brand Valuation – A Cross-Functional
Perspective, in: Business Horizons, Jg. 42, Nr. 4, S. 53-62.
Crosby, M./Nachiappan, P./Pattanayak, P./Verma, S./Kalyanaraman, V. (2016):
Blockchain Technology: Beyond Bitcoin. Sutardja Center for Entrepreneurship &
Technology Technical Report, http://scet.berkeley.edu/wp-content/uploads/AIR-
2016-Blockchain.pdf, Zugriff am 06.02.2019.
940 Literaturverzeichnis

Crummenerl, C./Kemmer, K. (2015): Digital Leadership - Führungskräfteentwicklung


im digitalen Zeitalter, in Personal Entwickeln Dezember 2015, Capgemini, https://
www.capgemini.com/consulting-de/wp-content/uploads/sites/32/2017/08/14-10-
16_digital_leadership_v11_web_17102016.pdf, Zugriff am 14.11.2018.
Dannenberg, M./Ulrich, A. (2004): E-Payment und E-Billing. Elektronische Bezahlsys-
teme für Mobilfunk und Internet, Wiesbaden.
Darie, C./Brinarea, B./Chereches-Tosa, F./Bucia, M. (2007): AJAX und PHP. Inter-
aktive Webanwendungen für das Web 2.0 erstellen, München.
Davis, F. D. (1989): Perceived Usefulness, Perceived Ease of Use, and User Acceptance
of Information Technology, in: MIS Quarterly, Jg. 13, Nr. 3, S. 319-339.
Day, G. S./Wensley, R. (1988): Assessing Advantage – A Framework for Diagnosing
Competitive Superiority, in: Journal of Marketing, Jg. 52, Nr. 2, S. 1-20.
Decker, A. (2019): Der Social-Media-Zyklus – Schritt für Schritt zum systematischen
Social-Media-Management im Unternehmen, Wiesbaden.
DeLeone, W. H./McLean, E. R. (2003): The DeLeone and McLean Model of Information
System Success: A Ten-Year Update, in: Journal of Management Information Sys-
tems, Jg. 19, Nr. 4, S. 9-30.
DENIC (2017): DENIC-Domainstatistik 2017: Regionale Verteilung von .de in Deutsch-
land, https://www.denic.de/aktuelles/pressemitteilungen/artikel/denic-domainsta-
tistik-2017-regionale-verteilung-von-de-in-deutschland/, Zugriff am 30.07.2018.
Deutsch, M./Ebert, D./ Von der Gracht, H./ Lichtenau, P. (2016): Neue Dimensionen
der Realität – Executive Summary zur Studie der Potenziale von Virtual und Aug-
mented Reality in Unternehmen.
Diekmann, A./Wyder, D. (2002): Vertrauen und Reputationseffekte bei Internet-Auktio-
nen, in: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, Jg. 54, Nr. 4, S.
674-693.
Diemand, V./Mangold, M./Weibel, P. (2006): Weblogs, Podcasting und Videojournalis-
mus: Neue Medien zwischen demokratischen und ökonomischen Potentialen, Han-
nover.
Diugos, C. (2018): Facebooks Faktencheck wird auf Bilder und Videos ausgeweitet,
https://t3n.de/news/facebooks-faktencheck-wird-auf-bilder-und-videos-ausgewei-
tet-1110447/, Zugriff am 07.02.2019.
Döhring, N. (2019): Sozialkontakte online: Identitäten, Beziehungen, Gemeinschaften,
in: Schweiger, W./Beck, K. (Hrsg.): Handbuch Online-Kommunikation, 2. Aufl.,
Wiesbaden, in press.
Dolmetsch, R. (2000): eProcurement – Einsparungspotentiale im Einkauf, München.
Literaturverzeichnis 941

Dorfer, L. (2016): Datenzentrische Geschäftsmodelle als neuer Geschäftsmodelltypus in


der Electronic-Business-Forschung: Konzeptionelle Bezugspunkte, Klassifikation
und Geschäftsmodellarchitektur, in: Schmalenbachs Zeitschrift für betriebswirt-
schaftliche Forschung, Jg. 68, Nr. 3, S. 307-369.
Döring, N. (2003): Sozialpsychologie des Internet: Die Bedeutung des Internet für Kom-
munikationsprozesse, Identitäten, soziale Beziehungen und Gruppen, 2. Aufl., Göt-
tingen.
Dörner, J. H. (2003): Personalisierung im Internet: persönliche Empfehlungen mit "col-
laborative filtering", Hamburg.
Dörner, S. (2015): Shoppen per iPhone ist günstiger als mit dem PC, http://www.welt.de
/wirtschaft/webwelt/article146872671/Shoppen-per-iPhone-ist-guenstiger-als-
mit-dem-PC.html, Zugriff am 28.05.2018.
Dourish, P./Chalmers, M. (1998): Running Out of Space: Models of Information Navi-
gation, in: Proceedings of HCI’94, Glasgow 1998, ACM Press, https://www.lri.fr
/~mbl/ENS/CSCW/2013/papers/Dourish-HCI94.pdf, Zugriff am 14.02.2019.
Drescher, D. (2017): Blockchain Grundlagen. Eine Einführung in die elementaren Kon-
zepte in 25 Schritten, Frechen.
Durlacher Research (1999): M-Commerce Report, November 1999.
Durlacher Research (2001): UMTS Report, Mai 2001.
Düweke, E./Rabsch, S. (2012): Erfolgreiche Websites: SEO, SEM, Online-Marketing,
Usability, Bonn.
Dye, R. (2000): The Buzz on Buzz, in: Harvard Business Review, Jg. 78, Nr. 6, S. 139-
146.
Earston, A. (1980): Viewpoint, in: Telecommunications Policy, Jg. 4, Nr. 9, S. 220-225.
Ebersbach, A./Glaser, M. (2005): Wiki-Tools – Kooperationen im Web, Berlin.
Ebersbach, A./Glaser, M./Heigl, R. (2011): Social Web, 2. Aufl., Konstanz.
Eggers, B. (2001): Strategisches E-Commerce-Projektmanagement: E-Commerce-Struc-
ture follows E-Commerce-Strategy, in: Eggers, B./Hoppen G. (Hrsg.): Strategi-
sches E-Commerce-Management. Erfolgsfaktoren für die Real Economy, Wiesba-
den, S. 395-416.
Eggers, B./Hoppen, G. (2001): Aufgaben und Prozesse des E-Commerce-Managements,
in: Eggers, B./Hoppen G. (Hrsg.): Strategisches E-Commerce-Management. Er-
folgsfaktoren für die Real Economy, Wiesbaden, S. 671-690.
Einwiller, S. (2003): Vertrauen durch Reputation im elektronischen Handel, Wiesbaden.
942 Literaturverzeichnis

Elektronik Kompendium: Mobile Betriebssysteme (für Smartphone/Tablet),


https://www.elektronik-kompendium.de/sites/kom/1612121.htm, Zugriff am 30.
07.2018.
Elliot, P. (1974): Uses and Gratifications Research: A Critique and a Social Alternative,
in: Blumler, J. G./Katz, E. (Hrsg.): The Uses of Mass Communications, Beverly
Hills/London, S. 249-268.
Elmasri, R./Navathe, S. B. (2015): Fundamentals of Database Systems, 7. Aufl., Rea-
ding, Mass.
Elter, C. (2014): Rechnung stellen – Umsatz sichern: Alle Vorschriften mit Tipps und
Beispielen, Wiesbaden.
Engelhardt, W. H./Freiling, J. (1994): Integrativität als Brücke zwischen Einzeltransak-
tionen und Geschäftsbeziehung, in: Backhaus, K./Diller, H. (Hrsg.): Beziehungs-
management, Dokumentation des 1. Workshops der Arbeitsgruppe „Beziehungs-
management“ vom 27.-28.09.1993 in Frankfurt a.M., Münster/Nürnberg, S. 53-68.
Esswein, W./Zumpe, S. (2002): Realisierung des Datenaustausches im elektronischen
Handel, in: Informatik Spektrum, Jg. 25, Nr. 4, S. 251-261.
Evans, P. B./Wurster, T. S. (1998): Die Internet-Revolution: Alte Geschäfte vergehen,
neue entstehen, in: Harvard Business Manager, Jg. 20, Nr. 2, S. 51-62.
Ewers, N./Longwitz, H. (2002): Die Aufgabe eines marktplatzorientierten Catalog Con-
tent Managements, in: Nenninger, M./Lawrenz, O. (Hrsg.): B2B-Erfolg durch
e-markets und e-procurement. Strategien und Konzepte, Systeme und Architektu-
ren, Erfahrungen und best practice, 2. Aufl., Braunschweig.
Eyholzer, K./Kuhlmann, W./Münger, T. (2002): Wirtschaftlichkeitsaspekte eines part-
nerschaftlichen Lieferantenmanagements, in: Hildebrandt, K. (Hrsg.): HMD – Pra-
xis der Wirtschaftsinformatik: Supplier Relationship Management, Jg. 39, Nr. 228,
S. 66-76.
Faber, R./Prestin, S. (2012): Social Media und Location-based Marketing – Mit Google,
Facebook, Foursquare, Groupon & Co. lokal erfolgreich werben, München.
Falk, T./Heese, R./Kaspar, C./Mochol, M./Pfeiffer, D./Thygs, M./Tolksdorf, R.
(2006): Semantic-Web-Technologien in der Arbeitsplatzvermittlung, in: Informa-
tik Spektrum, Jg. 29, Nr. 3, S. 201-209.
Fantapié Altobelli, C./Fittkau, S. (1997): Formen und Erfolgsfaktoren der Online-Dis-
tribution, in: Trommsdorff, V. (Hrsg.): Handelsforschung: Jahrbuch der For-
schungsstelle für den Handel, Berlin (FfH) e.V., Band 1997/1998, Kundenorientie-
rung im Handel, Wiesbaden, S. 397-416.
Farrell, J./Saloner, G. (1985): Standardisation, Compatability and Innovation, in: The
Rand Journal of Economics, Jg. 16, Nr. 1, S. 940-955.
Literaturverzeichnis 943

Farrell, J./Saloner, G. (1986): Installed Base and Compatibility: Innovation, Product,


Preannouncement and Predation, in: American Economic Review, Jg. 76, Nr. 5, S.
940-955.
Faulstich, W. (2000): Grundwissen Medien, 4. Aufl., München.
Felderer, B./Homburg, S. (2005): Makroökonomik und neue Makroökonomik, 9. Aufl.,
Berlin.
Fensel, D./Hendler, J./Lieberman, H./Wahlster, W. (2003): Introduction to the Seman-
tic Web, in: Fensel, D./Hendler, J./Lieberman, H./Wahlster, W. (Hrsg.): Spinning
the Semantic Web. Bringing the World Wide Web to Its Full Potential, Cambridge,
MA, S. 1-25.
Fernandes, T./Vieira, V. (2015): Public e-procurement impacts in small-and medium-
enterprises, in: International Journal of Procurement Management, Jg. 8, Nr. 5, S.
587-607.
Figallo C./Rhine, N. (2002): Building the Knowledge Management Network. Best Prac-
tices, Tools and Techniques for Putting Online Conversation to Work, New York.
Figallo, C. (1998): Hosting Web Communities: Building Relationships, Increasing Cus-
tomer Loyalty, and Maintaining a Competitive Edge, New York.
Finne, A./Grönroos, C. (2017): Communication-in-use: customer-integrated marketing
communication, in: European Journal of Marketing, Jg. 51, Nr. 3, S. 445-463.
Fischer, S. (2016): Agilität als höchste Form der Anpassungsfähigkeit, https://www.haufe
.de/personal/hr-management/agilitaet/definition-agilitaet-als-hoechste-form-der-
anpassungsfaehigkeit_80_378520.html, Zugriff am 14.11.2018.
Fleck, M./Kirchhoff, L./Meckel, M./Stanoevska-Slabeva, K. (2008): Einsatzmöglich-
keiten von Blogs in der Unternehmenskommunikation, in: Bauer, H. H./Große-
Leege, D./Rösger, J. (Hrsg.): Interactive Marketing im Web 2.0+., 2. Aufl., Mün-
chen, 235-249.
Fleisch, E. (2001): Das Netzwerkunternehmen. Strategien und Prozesse zur Steigerung
der Wettbewerbsfähigkeit in der „Networked Economy“, Berlin/Heidelberg.
Fleisch, E./Christ, O./Dierkes, M. (2005): Die betriebswirtschaftliche Vision eines In-
ternets der Dinge, in: Fleisch, E./Mattern, F. (Hrsg.): Das Internet der Dinge.
Ubiquitous Computing und RFID in der Praxis: Visionen, Technologien, Anwen-
dungen, Handlungsanleitungen, Berlin/Heidelberg, S. 3-37.
Foscht, T./Swoboda, B./Schramm-Klein, H. (2017): Käuferverhalten: Grundlagen –
Perspektiven – Anwendungen, 6. Aufl., Wiesbaden.
Franke, T. S. (2002): Strategische Analyse der E-Commerce-Situation von Unternehmen.
Systematik und Verfahren, Hamburg.
944 Literaturverzeichnis

Franklin, S./Graesser, A. (1997): Is it an agent, or just a program?, in: International


Workshop on Agent Theories, Architectures, and Languages, Berlin/Heidelberg.
Freiling, J./Kollmann, T. (2015): Entrepreneurial Marketing: Besonderheiten, Aufgaben
und Lösungsansätze für Gründungsunternehmen, 2. Aufl., Wiesbaden.
Freitag, M./Plüss, A. (2005): Organisation, Recht und Finanzen, in: Huber, C./Plüss,
A./Schöne, R./Freitag, M. (Hrsg.): Kooperationsnetze der Wirtschaft. Einführung,
Bausteine, Fallbeispiele, Zürich, S. 67-81.
Frenzel, T. (2003): Akzeptanz von Systemen der digitalen Distribution im E-Commerce
der Musikwirtschaft, Berlin.
Freter, H. (2008): Markt- und Kundensegmentierung: Kundenorientierte Markterfassung
und -bearbeitung, 2. Aufl., Stuttgart.
Fritsche, H. P. (2002): Cross Media Publishing – Konzepte, Grundlagen und Praxis,
Bonn.
Fritz, W. (2004): Internet-Marketing und Electronic Commerce. Grundlagen, Rahmenbe-
dingungen, Instrumente, 3. Aufl., Wiesbaden.
Frohmann, F. (2018): Digitales Pricing – Strageische Preisbildung in der digitalen Wirt-
schaft mit dem 3-Level-Modell, Wiesbaden.
Fuchs, T./Hahn, C. (2018): Was sind die medienrechtlichen Rahmenbedingungen des
Influencer-Marketings? Kennzeichnung, Jugendschutz und Aufsicht, in: Jahnke,
M. (Hrsg.): Influencer Marketing – Für Unternehmen und Influencer: Strategien,
Plattformen, Instrumente, rechtlicher Rahmen. Mit vielen Beispielen, Wiesbaden,
S. 161-176.
Furth, D. (2018): Werbeformate vorgestellt: Display-Advertising, https://b2bmarke
ting.works/blog/digital-marketing/werbeformate-vorgestellt-display-werbung/,
Zugriff am 18.09.2018.
Gabriel, S. (2007): Vom M-Commerce zum U-Commerce – Die Expansion der Web 2.0-
Geschäftsmodelle, in: Kollmann, T./Häsel, M. (Hrsg.): Web 2.0 – Trends und
Technologien im Kontext der Net Economy, Wiesbaden, S. 159-173.
Ganser, A./Frick, D./Maucher, I. (2003): E-Business – Gestaltungs- und Anwendungs-
sicht am Beispiel „Telekom“, in: Beyer, L./Frick, D./Gadatsch, A./Maucher,
I./Paul, H. (Hrsg.): Vom E Business zur E-Society. New Economy im Wandel,
München/Mering, S. 55-79.
Garbarino, E./Johnson, M. S. (1999): The Different Roles of Satisfaction, Trust, and
Commitment in Customer Relations, in: Journal of Marketing, Jg. 63, Nr. 2, S. 70-
87.
Literaturverzeichnis 945

Garczorz, I./Krafft, M. (2001): Wie halte ich den Kunden? Kundenbindung, in: Albers,
S./Clement, M./Peters, K./Skiera, B. (Hrsg.): E-Commerce – Einstieg, Strategie
und Umsetzung im Unternehmen, 3. Aufl., Frankfurt a. M., S. 137-164.
Gareis, K./Korte, W./Deutsch, M. (2000): Die E-Commerce Studie, Wiesbaden.
Garrett, J. J. (2005): Ajax: A New Approach to Web Applications. Adaptive Path LLC,
http://adaptivepath.org/ideas/ajax-new-approach-web-applications/, Zugriff am
28.05.2018.
Gartner (2010): Gartner Says Worldwide Mobile Phone Sales Grew 17 Per Cent in First
Quarter 2010, http://www.gartner.com/it/page.jsp?id=1372013, Zugriff am
28.05.2018.
Gartner (2012): Gartner Says Free Apps Will Account for Nearly 90 Percent of Total
Mobile App Store Downloads in 2012, http://www.gartner.com/newsroom/
id/2153215, Zugriff am 28.05.2018.
Garton, L./Haythornwaite, C./Wellmann, B. (1999): Studying Online Social Networks,
in: Jones. S. (Hrsg.): Doing Internet Research, Thousand Oaks, S. 75-129.
Gebauer, J./Shaw, M. (2004): Success factors and impacts of mobile business applica-
tions: Results from a mobile e-procurement stude, in: International Journal of Elec-
tronic Commerce, Jg. 8, Nr. 3, S. 19-41.
Gebhardt, M. (2007): Ajax als Schlüsseltechnologie des Web 2.0 – Asynchrone Browser-
Server-Kommunikation in der Net Economy, in: Kollmann, T./Häsel, M. (Hrsg.):
Web 2.0 – Trends und Technologien im Kontext der Net Economy, Wiesbaden, S.
121-141.
General Electric (2018): Edge computing vs. fog computing, https://www.ge.com/digi-
tal/blog/what-edge-computing, Zugriff am 07.02.2019.
Genth, S./Schleusener, M./Kenning, K./Pohst, M. (2016): Dynamische Preissetzung –
Wer profitiert?, in: Wirtschaftsdienst, Jg. 96, Nr. 12, S. 863-882.
Gentsch, P. (2002): Personalisierung der Kundenbeziehung im Internet – Methoden und
Technologien, in: Hippner, H./Merzenich, M./Wilde, K. D. (Hrsg.): Handbuch
Web Mining im Marketing, Wiesbaden, S. 267-307.
Gentsch, P. (2018): Künstliche Intelligenz für Sales, Marketing und Service: Mit AI und
Bots zu einem Algorithmic Business – Konzepte, Technologien und Best Practices,
Wiesbaden.
Markotten, D. G./Kaiser, J. (2000): Benutzbare Sicherheit – Herausforderungen und
Modell für E-Commerce-Systeme, in: Wirtschaftsinformatik, Jg. 45, Nr. 5, S. 531-
538.
946 Literaturverzeichnis

Gerst, M. (2002): Die Anbindung von Lieferanten an elektronische Marktplätze, in: Nen-
ninger, M./Lawrenz, O. (Hrsg.): B2B-Erfolg durch e-markets und e-procure-ment.
Strategien und Konzepte, Systeme und Architekturen, Erfahrungen und best prac-
tice, 2. Aufl., Braunschweig, S. 59-75.
Gesellschaft für Informatik (2017): Digitaler Zwilling, https://gi.de/informatiklexi
kon/digitaler-zwilling/, Zugriff am 19.09.2018.
GfK (2015): LTE-Smartphones weiter im Aufwind, https://www.gfk.com/de/in
sights/press-release/lte-smartphones-weiter-im-aufwind/, Zugriff am 28.05.2018.
Gilmore, W./Erdem, S. A. (2008): The Future of Online Internet Marketing, in: Journal
of Business and Economics Research, Jg. 6, Nr. 2, S. 23-26.
Glasl, F./Lievegoed, B. C. (2016): Dynamische Unternehmensentwicklung. Grundlagen
für nachhaltiges Change Management, 5. Aufl., Stuttgart.
Gläß, R. (2018): Künstliche Intelligenz im Handel 2 – Anwendungen: Effizienz erhöhen
und Kunden gewinnen, Wiesbaden.
Golovatchev, J./Schepurek, S./Redeker, F. (2015): How to Turn Early Failure into Last-
ing Success: A Management Framework for Effective Prototyping in Digital Prod-
uct Development, Detecon Consulting, Köln.
Gölz, A. (2003a): Controlling in virtuellen Dienstleistungsnetzwerken, in: Hofmann, J.
unter Mitarbeiter von: Arnold, H./Benz, H./Bonnet, P. B./Gölz, A./Jacobi,
J./Schulte-Wieking, J.: Besser arbeiten in Netzwerken – Wie virtuelle Unterneh-
men Erfolg haben, Aachen, S. 137-156.
Gölz, A. (2003b): Marketing und Kommunikation für virtuelle Netzwerke, in: Hofmann,
J. unter Mitarbeiter von: Arnold, H./Benz, H./Bonnet, P. B./Gölz, A./Jacobi,
J./Schulte-Wieking, J.: Besser arbeiten in Netzwerken – Wie virtuelle Unterneh-
men Erfolg haben, Aachen, S. 130-136.
Google (2018): Anzahl der verfügbaren Apps im Google Play Store in aufgewählten Mo-
naten von Juli 2015 bis Juli 2018, https://de.statista.com/statistik/daten/studie/
74368/umfrage/anzahl-der-verfuegbaren-apps-im-google-play-store/, Zugriff am
30.07.2018.
Gora W./Scheid, E. M. (2001): Organisation auf dem Weg zur Virtualität, in: Gora,
W./Bauer, H. (Hrsg.): Virtuelle Organisationen im Zeitalter von E-Business und E-
Government. Einblicke und Ausblicke, Berlin/Heidelberg, S. 9-24.
Goran, J./Srinivasan, R./LaBerge, L. (2016): Culture for a digital age, in McKinsey
Quartely, July 2017, https://www.mckinsey.com/business-functions/digital-mc
kinsey/our-insights/culture-for-a-digital-age, Zugriff am 14.11.2018.
Literaturverzeichnis 947

Graf, N./Gründer, T. (2003): E-Business – Grundlagen für den globalen Wettbewerb,


München.
Granovetter, M. (1967): The Strength of Weak Ties, in: American Journal of Sociology,
Jg. 78, Nr. 6, S. 1360-1380.
Gröppel-Klein, A./Königstorfer/J./Terlutter, R. (2017): Verhaltenswissenschaftliche
Aspekte der Kundenbindung, in: Bruhn, M./Homburg, C. (Hrsg.): Handbuch Kun-
denbindungsmanagement, 9. Aufl., Wiesbaden, S. 37-75.
Gross, S./Thiesse, F. (2005): RFID-Systemeinführung – Ein Leitfaden für Projektleiter,
in: Fleisch, E./Mattern, F. (Hrsg.): Das Internet der Dinge. Ubiquitous Computing
und RFID in der Praxis: Visionen, Technologien, Anwendungen, Handlungsanlei-
tungen, Berlin/Heidelberg, S. 303-313.
Große-Wilde, J. (2004): SRM – Supplier Relationship Management, in: Wirtschaftsin-
formatik, Jg. 46, Nr. 1, S. 61-63.
Grütter, R. (2006): Software-Agenten im Semantic Web, in: Informatik Spektrum, Jg.
29, Nr.1, S. 3-13.
Gudehus, T. (2012): Logistik, 4. Aufl., Berlin/Heidelberg/New York.
Güller, K./Huck, S./Mast, C. (2005): Kundenkommunikation: Ein Leitfaden, Stuttgart.
Günter, M. (2007): Web Security 2.0, in: Kollmann, T./Häsel, M. (Hrsg.): Web 2.0 –
Trends und Technologien im Kontext der Net Economy, Wiesbaden, S. 143-158.
Hagel, J./Armstrong, A. G. (1998): Net Gain – Profit im Netz. Märkte erobern mit vir-
tuellen Communities, Wiesbaden.
Hanau, A. (1930): Die Prognose der Schweinepreise, 3. Aufl., Berlin.
Handelsverband Deutschland (2018): E-Commerce-Umsätze: Die Entwicklung der E-
Commerce-Umsätze in Milliarden Euro in den vergangenen Jahren, in: Handels-
verband Deutschland, https://www.einzelhandel.de/?option=com_content&view=
article&id=1889, Zugriff am 04.10.2018.
Hans, T./Hüser, T. (2001): Public Relations für Start-ups: Unternehmenskommunikation
für Gründer, Stuttgart.
Harms, J. M. (1995): Computertechnik, Telekommunikation, Unterhaltungselektronik
und Medien wachsen zusammen, in: Bundesministerium für Wirtschaft (Hrsg.):
BMWi Report, November, S. 4-5.
Hartner, A. (2008): e-Procurement, Saarbrücken.
Harz, D./Boman, M. (2018): The Scalability of Trustless Trust, https://arxiv.org/
abs/1801.09535, Zugriff am 24.09.2018.
948 Literaturverzeichnis

Häsel, M. (2007): Entwicklung von Rich Internet-basierten Multiplayer-Echtzeitspielen –


Erfahrungen einer Online-Liga im Web 2.0, in: Kollmann, T./Häsel, M. (Hrsg.):
Web 2.0 – Trends und Technologien im Kontext der Net Economy, Wiesbaden, S.
175-190.
Häsel, M./Kollmann, T./Breugst, N. (2010): IT-Kompetenz in Internet-Gründerteams.
Eine Analyse von Präferenzen und Produktinnovativität, in: Wirtschaftsinformatik,
Jg. 52, Nr. 4, S. 201-210.
Hausen, T. (2005): Elektronischer Handel. Einbettung in Geschäftsbeziehungen und
Supply Chains, Wiesbaden.
Hedemann, F. (2014): Influencer Marketing I: Was sind Influencer und wie findet man
sie?, in: UPLOAD Magazin, https://upload-magazin.de/blog/9469-influencer-mar-
keting-i-was-sind-influencer-und-wie-findet-man-sie/, Zugriff am 25.09.2018.
Heinemann, G. (2012): Der neue Mobile-Commerce – Erfolgsfaktoren und Best Prac-
tices, Wiesbaden.
Heinemann, G. (2018a): Der neue Online-Handel - Geschäftsmodelle, Geschäftssysteme
und Benchmarks im E-Commerce, 9. Aufl., Wiesbaden.
Heinemann, G. (2018b): Die Neuausrichtung des App- und Smartphone-Shopping - Mo-
bile Commerce, Mobile Payment, LBS, Social Apps und Chatbots im Handel,
Wiesbaden.
Heinrich, T./Morisse, K./Niehoff, J. (2003): Plattformübergreifende Publikation rekom-
binierbarer Lernobjekte auf Basis von XML, in: Bode, A./Desel, J./Rathmayer,
S./Wessner, M. (Hrsg.): DeLFI 2003, Tagungsband der 1. e-Learning Fachtagung
Informatik, München, S. 430-439.
Hellriegel, D./Slocum, J. W. (2007): Management: A Competency-Based Approach, 11.
Aufl., Reading, Mass.
Helm, S. (2000): Kundenempfehlungen als Marketinginstrument, Wiesbaden.
Hendler, J. (2001): Agents and the Semantic Web, in: IEEE Intelligent Systems, Jg. 16,
Nr. 2, S. 30-37.
Henkel, J. (2001): Anforderungen an Zahlungsverfahren im E-Commerce, in: Teich-
mann, R./Nonnenmacher, M./Henkel, J. (Hrsg.): E-Commerce und E-Payment.
Rahmenbedingungen, Infrastruktur, Perspektiven, Wiesbaden, S. 103-121.
Hentrich, J. (2001): B2B-Katalog-Management. E-Procurement und Sales im Collabora-
tive Business, Bonn.
Hentschel, R./Leyh, C. (2018): Cloud Computing: Status quo, aktuelle Entwicklungen
und Herausforderungen, in: Reinheimer (Hrsg.): Cloud Computing – Die Infra-
struktur der Digitalisierung, Wiesbaden, S. 3-19.
Literaturverzeichnis 949

Herden, S./Gómez, J. M./Rautenstrauch, C./Zwanziger, A. (2006): Software-Architek-


turen für das E-Business, Berlin/Heidelberg.
Hermanns, A. (2001): Online-Marketing im E-Commerce – Herausforderungen für das
Management, in: Hermanns, A./Sauter, M. (Hrsg.): Management-Handbuch
Electronic Commerce, 2. Aufl., München, S. 101-118.
Herrmann, C./Sulzmeier, S. (2001): Economics, Grundlagen einer Ökonomie im Netz,
in: Herrmann, C./Sulzmeier, S. (Hrsg.): E-Marketing, Erfolgskonzepte der 3. Ge-
neration, Frankfurt a. M., S. 19-37.
Heßler, T. (2003): Vergütungsformen als Erfolgsfaktor für Online-Kooperationen, in:
Büttgen, M./Lücke, F. (Hrsg.): Online-Kooperationen: Erfolg im E-Business durch
strategische Partnerschaften, Wiesbaden, S. 327-338.
Heutschi, R. (2007): Serviceorientierte Architektur. Architekturprinzipien und Umset-
zung in die Praxis, Berlin/Heidelberg.
Heymann-Reder, D. (2011): Social Media Marketing – Erfolgreiche Strategien für Sie
und Ihr Unternehmen, München.
Hilker, C. (2010): Social Media für Unternehmer – Wie man Xing, Twitter, YouTube und
Co. erfolgreich im Business einsetzt, Wien.
Hippner, H./Wilde, K. D. (2003): Informationstechnologische Grundlage der Kunden-
bindung, in: Bruhn, M./Homburg, C. (Hrsg.): Handbuch Kundenbindungsmanage-
ment, 4. Aufl., Wiesbaden, S. 451-481.
Hippner, H./Wilde, T. (2005): Social Software, in: Wirtschaftsinformatik, Jg. 47, Nr. 6,
S. 441-444.
Hirn, W./Rickens, C. (2003): Das Internet lebt – allen Skeptikern zum Trotz, in: Manager
Magazin, Jg. 33, Nr. 6, S. 72-86.
Hirsch-Kreinsen, H./Weyer, J. (2014): Wandel von Produktionsarbeit – „Industrie 4.0“,
Soziologisches Arbeitspapier Nr. 38/2014, http://www.wiso.tu-dortmund.de/
wiso/ts/de/forschung/veroeff/soz_arbeitspapiere/AP-SOZ-38.pdf, Zugriff am
28.05.2018.
Hirschmann, A. O. (1974): Abwanderung und Widerspruch, Tübingen.
Hisrich, R. D./Peters, M. P./Shepherd, D. A. (2013): Entrepreneurship, 9. Aufl., Boston.
Hoffmann, W./Hirschmann, P./Scheer, A. W. (1996): Initiierung Virtueller Unterneh-
men – leisten Kooperationsbörsen Unterstützung?, in: Industrie-Management, Jg.
12, Nr. 6, S. 10-14.
950 Literaturverzeichnis

Hofmann, J. (2003a): Virtuelle Unternehmensnetzwerke. Wissenschaftliche Diskussion


und Reflexion der OPTIMA-Ergebnisse, in: Hofmann, J. und Mitarbeit von: Ar-
nold, H./Benz, H./Bonnet, P. B./Gölz, A./Jacobi, J./Schulte-Wieking, J. (Hrsg.):
Besser arbeiten in Netzwerken, Aachen, S. 23-36.
Hofmann, J. (2003b): Teamintegration in virtuellen Strukturen, in: Hofmann, J. unter
Mitarbeit von: Arnold, H./Benz, H./Bonnet, P. B./Gölz, A./Jacobi, J./Schulte-Wie-
king, J. (Hrsg.): Besser arbeiten in Netzwerken – Wie virtuelle Unternehmen Erfolg
haben, Aachen, S. 91-112.
Hofstätter, H. (1977): Die Erfassung der langfristigen Absatzmöglichkeiten mit Hilfe des
Lebenszyklus eines Produktes, Würzburg.
Holzapfel, F./Holzapfel K. (2012): Facebook – Marketing unter Freunden, 4. Aufl., Göt-
tingen.
Holzberg, M./Meffert, H. (2009): Erfolgsfaktoren sektorübergreifender Kooperationen,
Wiesbaden.
Holzner, S. (2009): Facebook Marketing – Leverage Social Media to Grow your Business,
Indianapolis.
Homburg, C./Bruhn, M. (2013): Kundenbindungsmanagement – Eine Einführung in die
theoretischen und praktischen Problemstellungen, in: Bruhn, M./Homburg, C.
(Hrsg.): Handbuch Kundenbindungsmanagement, 5. Aufl., Wiesbaden, S. 3-37.
Hommen, N. (2007): Mashups und weborientierte Architekturen als Technologie-Trends
des Web 2.0, in: Kollmann, T./Häsel, M. (Hrsg.): Web 2.0 – Trends und Techno-
logien im Kontext der Net Economy, Wiesbaden, S. 103-120.
Howaldt, J./Ellerkmann, F. (2011): Entwicklungsphasen von Netzwerken und Unter-
nehmenskooperationen, in: Becker, T./Dammer, I./Howaldt, J./Killich, S./Loose,
A. (Hrsg.): Netzwerkmanagement. Mit Kooperation zum Unternehmenserfolg, 3.
Aufl., Berlin/Heidelberg, S. 23-36.
Huber, C./Schoch, R./Plüss, A. (2002): Auftragsmanagement in virtuellen Netzwerken.
IT-Voraussetzungen am Beispiel der „Virtuellen Fabrik“, in: New Management,
Jg. 2002, Nr. 12, S. 63-69.
Hubmann, H.-E. (1989): Elektronisierung von Beschaffungsmärkten und Beschaffungs-
hierarchien – Informationsverarbeitung im Beschaffungsmanagement unter dem
Einfluss neuer Informations- und Kommunikationstechniken, München.
Huldi, C. (1992): Database-Marketing – Inhalt und Funktionen eines Database-Marke-
ting-Systems, St. Gallen.
Huldi, C./Kuhfuß, H. (2002): Database-Marketing, in: Weiber, R. (Hrsg.): Handbuch
Electronic Business – Informationstechnologien, Electronic Commerce, Ge-
schäftsprozesse, 2. Aufl., Wiesbaden, S. 327-342.
Literaturverzeichnis 951

Hünerberg, R. (2000): Bedeutung von Online-Medien für das Direktmarketing, in: Link,
J. (Hrsg.): Wettbewerbsvorteile durch Online-Marketing. Die strategischen Per-
spektiven elektronischer Märkte, 2. Aufl., Berlin.
Hungenberg, H. (2014): Strategisches Management in Unternehmen: Ziele, Prozesse,
Verfahren, 8. Aufl., Wiesbaden.
Hünnekens, W. (2010): Die Ich-Sender – Das Social Media-Prinzip, Göttingen.
Hunt, A./Thomas, D. (2003): Der Pragmatische Programmierer, München/Wien.
Hutzschenreuter, T. (2000): Electronic Competition: Branchendynamik durch Entrepre-
neurship im Internet, Wiesbaden.
IDC (2012): Digital Universe Study, http://germany.emc.com/collateral/analyst-reports
/idc-the-digital-universe-in-2020.pdf, Zugriff am 28.05.2018.
Igbaria, M./Shayo, C./Olfman, L. (1998): Virtual Societies: Their Prospects and Dilem-
mas, San Diego.
Ikea (2018): Virtuelle Realität – Voller Magie, https://www.ikea.com/ms/de_DE/this-is-
ikea/ikea-highlights/Virtual-reality/index.html, Zugriff am 21.09.2018.
Iksal, C./Messinger, D. (2002): Elektronische Services auf e-Markets, in: Nenninger,
M./Lawrenz, O. (Hrsg.): B2B-Erfolg durch e-markets und e-procurement. Strate-
gien und Konzepte, Systeme und Architekturen, Erfahrungen und best practice, 2.
Aufl., Braunschweig, S. 99-112.
Ilgen, D. R./Fisher, C. D./Taylor, M. S. (1979): Consequences of Individual Feedback
on Behavior in Organizations, in: Journal of Applied Psychology, Jg. 64, Nr. 4,
S. 349-371.
Inmon, W. H. (2005): Building the Data Warehouse, 4. Aufl., New York.
Jablonski, S./Meiler, C. (2002): Web-Content Management Systeme, in: Informatik-
spektrum, Jg. 25, Nr. 2, S. 101-119.
Jacken, R./Selchau-Hansen, S. (2001): jaxx.de, in: Albers, S./Clement, M./Peters,
K./Skiera, B. (Hrsg.): E-Commerce – Einstieg, Strategie und Umsetzung im Un-
ternehmen, 3. Aufl., Frankfurt a. M., S. 217-228.
Jacob, F. (2009): Marketing – Eine Einführung für das Masterstudium, Stuttgart.
Jahnke, M. (2018): Influencer Marketing – Für Unternehmen und Influencer: Strategien,
Plattformen, Instrumente, rechtlicher Rahmen. Mit vielen Beispielen, Wiesbaden.
Jenny, B. (2001): Projektmanagement in der Wirtschaftsinformatik, 5. Aufl., Zürich.
Jodeleit, B. (2013): Social Media Relations – Leitfaden für erfolgreiche PR-Strategien
und Öffentlichkeitsarbeit im Web 2.0, 2. Aufl., Heidelberg.
952 Literaturverzeichnis

Josuttis, N. (2008): SOA in der Praxis. System-Design für verteilte Geschäftsprozesse,


Heidelberg.
Joun, H./Cho, N. (2006): Analyzing Relationships, the Among Web Link Structure,
Webpage Keyword, and Popular Rank, in: Journal of Information Technology Ap-
plications & Management, Jg. 13, Nr. 4, S. 167-180.
Käfferlein, K. (2018): Darum hast du gestern bei allen Bloggern die gleiche Tasche auf
Instagram gesehen, in: InStyle, https://www.instyle.de/fashion/dior-saddle-bag-
blogger, Zugriff am 25.09.2018.
Kamps, I./Schetter, D. (2018): Performance Marketing. Der Wegweiser zu einem mess-
und steuerbaren Marketing – Einführung in Instrumente, Methoden und Technik,
Wiesbaden.
Kapferer, J.-N. (2012): The New Strategic Brand Management: Advanced Insights and
Strategic Thinking, 5. Aufl, London.
Kaplan, R. S./Norton, D. P. (1997): The Balanced Scorecard – Strategien erfolgreich
umsetzen, Stuttgart.
Katz, M. L./Shapiro, C. (1985): Network Externalities, Competition, and Compatibility,
in: American Economic Review, Jg. 75, Nr. 3, S. 424-440.
Katzy, B. R. (2005): IT-Werkzeuge für virtuelle Organisationen – eine strategische Sicht,
in: HMD - Praxis der Wirtschaftsinformatik, Jg. 42, Nr. 242, S. 42-51.
Keding, T. (2007): Virtuelle Communities: Erfolgsfaktoren für das Internet-Geschäfts-
modell virtueller Gemeinschaften, Saarbrücken.
Keller, K. L. (2008): Strategic Brand Management: Building, Measuring, and Managing
Brand Equity, 3. Aufl., Upper Saddle River.
Keller, M. (2017): Digitale Prozesse: 8 Stolpersteine für Unternehmen im digitalen Wan-
del, in: IT-Support, https://it-service.network/blog/2017/04/18/digitale-prozesse/,
Zugriff am 14.11.2018.
Kemkes, S. (2015): E-Commerce. Möglichkeiten und Grenzen von Multichannel-Marke-
ting und E-Logistiksystemen, Hamburg.
Kensbock, J. M. (2018): Building Bridges over Troubled Waters : How Individuals, New
Ventures, and Established Organizations Are Facing Challenges in Dynamic Con-
temporary Business Environments : An Approach Linking Entrepreneurship, Psy-
chology, and Organizational Behavior.
Kerer, C./Kirda, E. (2001): Layout, Content and Logic Separation in Web Engineering,
in: Murugesan, S./Deshpande, Y. (Hrsg.): Web Engineering: Managing Diversity
and Complexity of Web Application Development, Heidelberg, S. 135-147.
Literaturverzeichnis 953

Kerres, M. (2018): Mediendidaktik – Konzeption und Entwicklungdigitaler Lernange-


bote, 5. Aufl., Berlin.
Keßler, E./Rabsch, S./Mandić, M. (2015): Erfolgreiche Websites: SEO, SEM, Onnline-
Marketing, Usability, 3. Aufl., Bonn.
Kielholz, A. (2008): Online-Kommunikation – Die Psychologie der neuen Medien für die
Berufspraxis: E-Mail, Website, Newsletter, Marketing, Kundenkommunikation,
Heidelberg.
Kieser, A./Hegele, C. (1998): Kommunikation im organisatorischen Wandel, Stuttgart.
Kilian, K. (2011): Determinanten der Markenpersönlichkeit. Relevante Einflussgrößen
und mögliche Transfereffekte, Wiesbaden.
Killich, S./Kopp, R. (2011): Wirksames Wissensmanagement in Netzwerken, in: Becker,
T./Dammer, I./Howaldt, J./Killich, S./Loose, A. (Hrsg.): Netzwerkmanagement.
Mit Kooperation zum Unternehmenserfolg, 3. Aufl., Berlin/Heidelberg, S. 143-
154.
Kim, A. J. (2000): Community Building on the Web: Secret Strategies for Successful
Online Communities, Boston.
Kim, M./Suresh, N./Kocabasoglu-Hillmer, C. (2015): Impact of strategic sourcing and
E-procurement, in: Journal of Business & Industrial Marketing, Jg. 30, Nr. 1, S. 1-
16.
Kim, W. G./Lee, C./Hiemstra, S. J. (2004): Effects of an Online Virtual Community on
Customer Loyalty and Travel Product Purchases, in: Tourism Management, Jg. 25,
Nr. 2, S. 343-355.
Kirzner, I. M. (1974): Competition and Entrepreneurship, 2. Aufl., Chicago.
Klein, S. (1994): Virtuelle Organisationen, in: Wirtschaftswissenschaftliches Studium, Jg.
23, Nr. 6, S. 309-311.
Klein, S./Güler, S./Lederbogen, K. (2000): Personalisierung im elektronischen Handel,
in: WiSu – Das Wirtschaftsstudium, Jg. 29, Nr. 1, S. 88-94.
Kleindl, B.A. (2003): Strategic Electronic Marketing – Managing E-Business, 2. Aufl.,
Mason, Ohio.
Kleinecken, A. (2004): eProcurement, in: Wannenwetsch, H./Nicolai, S. (Hrsg.): E-
Supply-Chain-Management, Wiesbaden, S. 90-118.
Koch, D. (2005): Schnell plakatiert. Lebendigere Web-Anwendungen mit Ajax, in: c’t,
Nr. 20, S. 196-199.
Koch, M./Richter, A. (2009): Enterprise 2.0: Planung, Einführung und erfolgreicher Ein-
satz von Social Software in Unternehmen, München.
954 Literaturverzeichnis

Koch, M./Richter, A./Schlosser, A. (2007): Produkte zum IT-gestützten Social Networ-


king in Unternehmen, in: Wirtschaftsinformatik, Jg. 49, Nr. 6, S. 448-455.
Kollewe, T./Keukert, M. (2016): Praxiswissen E-Commerce – Das Handbuch für den
erfolgreichen Online-Shop, 2. Aufl., Heidelberg.
Kollmann, T. (1994): Der Wandel der Werbung im Spiegel der Kritik, Sinsheim.
Kollmann, T. (1996): Fernsehen interaktiv – Electronic Dialog im Direkt-Marketing, in:
Direkt Marketing, Jg. 32, Nr. 11, S. 49-50.
Kollmann, T. (1997): Interaktives Fernsehen, in: Marketing Journal, Jg. 30, Nr. 2, S. 118-
121.
Kollmann, T. (1998a): Akzeptanz innovativer Nutzungsgüter und -systeme: Konsequen-
zen für die Einführung von Telekommunikations- und Multimediasystemen, Wies-
baden.
Kollmann, T. (1998b): The Information Triple Jump as the Measure of Success in Elec-
tronic Commerce, in: Electronic Markets, Jg. 8, Nr. 4, S. 44-49.
Kollmann, T. (1998c): Elektronische Marktplätze – Spielregeln für Betreiber virtueller
Handelsräume, in: der markt, Jg. 37, Nr. 146/147, S. 198-203.
Kollmann, T. (1998d): Marketing for Electronic Market Places – the Relevance of Two
“Critical Points of Success”, in: Electronic Markets, Jg. 8, Nr. 3, S. 36-39.
Kollmann, T. (1999b): Wie der virtuelle Marktplatz funktionieren kann, in: Harvard Bu-
siness Manager, Jg. 21, Nr. 4, S. 27-34.
Kollmann, T. (1999c): Virtual Marketplaces: Building Management Information Systems
for Internet Brokerage, in: Virtual Reality, Jg. 4, Nr. 4, S. 275-290.
Kollmann, T. (1999d): Das Konstrukt der Akzeptanz im Marketing, in: Wirtschaftswis-
senschaftliches Studium, Jg. 28, Nr. 3, S. 125-130.
Kollmann, T. (2000a): Elektronische Marktplätze – Die Notwendigkeit eines bilateralen
One to One-Marketingansatzes, in: Bliemel, F./Fassott, G./Theobald, A. (Hrsg.):
Electronic Commerce – Herausforderungen – Anwendungen – Perspektiven, 3.
Aufl., Wiesbaden, S. 123-144.
Kollmann, T. (2000a): Elektronische Marktplätze – Die Notwendigkeit eines bilateralen
One-to-One-Marketingansatzes, in: Bliemel, F./Fassott, G./Theobald, A. (Hrsg.):
Electronic Commerce, 3. Aufl., Wiesbaden, S. 123-144.
Kollmann, T. (2000b): Competitive Strategies for Electronic Marketplaces, in: Electronic
Markets, Jg. 10, Nr. 2, S. 102-109.
Kollmann, T. (2000c): Virtuelle Marktplätze, in: Die Betriebswirtschaft, Jg. 60, Nr. 6, S.
816-819.
Literaturverzeichnis 955

Kollmann, T. (2000e): Die Messung der Akzeptanz bei Telekommunikationssystemen,


in: JfB – Journal für Betriebswirtschaft, Jg. 50, Nr. 2, S. 68-78.
Kollmann, T. (2001): Viral-Marketing - ein Kommunikationskonzept für virtuelle Com-
munities, in: Mertens, K./Zimmermann, R. (Hrsg.): Handbuch der Unternehmens-
kommunikation, Neuwied, S. 60-66.
Kollmann, T. (2001a): Ist M-Commerce ein Problem der Nutzungslücke?, in: IM – In-
formation Management & Consulting, Jg. 16, Nr. 2, S. 59-64.
Kollmann, T. (2001b): Virtuelle Marktplätze. Grundlagen – Management – Fallstudie,
München.
Kollmann, T. (2001d): Virtuelle Marktplätze im Electronic Commerce, in: Hermanns,
A./Sauter, M. (Hrsg.): Management-Handbuch Electronic Commerce, 2. Aufl.,
München, S. 43-53.
Kollmann, T. (2002a): E-Venture – Unternehmensgründung im Electronic Business, in:
Weiber, R. (Hrsg.): Handbuch Electronic Business: Informationstechnologien –
Electronic Commerce – Geschäftsprozesse, 2. Aufl., Wiesbaden, S. 881-907.
Kollmann, T. (2002b): E-Venture – Die nächste Flut kommt bestimmt, in: Cybiz, Jg. 3,
Nr. 7/8, S. 56.
Kollmann, T. (2003a): E-Venture-Management – Neue Perspektiven der Unternehmens-
gründung in der Net Economy, Wiesbaden.
Kollmann, T. (2003b): Vertrauensmanagement – Erfolgsfaktoren für die Kundengewin-
nung im E Business, Frankfurt a. M.
Kollmann, T. (2003c): Der Informationskreisel als strategisches Werkzeug für das E-Bu-
siness der Zukunft, in: Deutscher-Manager-Verband e.V. (Hrsg.): Die Zukunft des
Managements – Perspektiven für die Unternehmensführung, Zürich/Singen, S.
115-122.
Kollmann, T. (2004): E-Venture – Grundlagen der Unternehmensgründung in der Net
Economy. Mit Multimedia-Fallstudie auf CD-ROM, Wiesbaden.
Kollmann, T. (2005d): The Matching Function for Electronic Market Places – Determin-
ing the Probability of Coordinating of Supply and Demand, in: International Jour-
nal of Electronic Business, Jg. 3, Nr. 5, S. 461-472.
Kollmann, T. (2006): What is E-Entrepreneurship? – Fundamentals of Company Found-
ing in the Net Economy, in: International Journal of Technology Management, Jg.
33, Nr. 4, S. 322-340.
Kollmann, T. (2008): E-Entrepreneurship: The Principles of Founding Electronic Ven-
tures, in: Zhao F. (Hrsg.): Information Technology Entrepreneurship and Innova-
tion: Information Science Reference, Hershey, New York, S. 141-155.
956 Literaturverzeichnis

Kollmann, T. (2009a): E-Entrepreneurship, in: Kollmann, T. (Hrsg.): Gabler Kompakt-


Lexikon Unternehmensgründung, 2. Aufl., Wiesbaden, S. 87-89.
Kollmann, T. (2009b): E-Venture, in: Kollmann, T. (Hrsg.): Gabler Kompakt-Lexikon
Unternehmensgründung, 2. Aufl., Wiesbaden, S. 112 f.
Kollmann, T. (2013): Online-Marketing: Grundlagen der Absatzpolitik in der Net Eco-
nomy, 2. Aufl., Stuttgart.
Kollmann, T. (2014): Digitale Gründerzeit: Wie es in #Zukunft #Digitale #Weltmarkt-
führer auch aus #Deutschland geben könnte…, Eigenverlag des Lehrstuhls für E-
Business und E-Entrepreneurship an der Universität Duisburg-Essen, Campus Es-
sen.
Kollmann, T. (2018a): Deutschland droht eine Datenflucht – Folgen der neuen Daten-
schutzgrundverordnung DSGVO, in: Manager Magazin, http://www.manager-ma-
gazin.de/digitales/it/datenschutzgrundverordnung-dsgvo-die-folgen-der-regulie-
rung-a-1208932.html, Zugriff am 08.08.2018.
Kollmann, T. (2018b): Digitale Meinungsmache – 60 Ratschläge an Gründer, Unterneh-
mer und Politik für die Digitale Transformation, Essen/Köln 2018, www.digitale-
meinungsmache.de, Zugriff am 31.01.2019.
Kollmann, T. (2019): E-Entrepreneurship: Grundlagen der Unternehmensgründung in der
Digitalen Wirtschaft, 7. Aufl., Wiesbaden.
Kollmann, T./Häsel, M. (2006): Cross-Channel Cooperation – The Bundling of Online
and Offline Business Models, Wiesbaden.
Kollmann, T./Häsel, M. (2007a): Trends und Technologien des Web 2.0 – Neue Chancen
für die Net Economy, in: Kollmann, T./Häsel, M. (Hrsg.): Web 2.0 – Trends und
Technologien im Kontext der Net Economy, Wiesbaden, S. 1-14.
Kollmann, T./Häsel, M. (2007b): Vom E-Business zum (M)E Business – Perspektiven
für das Web 3.0, in: Kollmann, T./Häsel, M. (Hrsg.): Web 2.0 – Trends und Tech-
nologien im Kontext der Net Economy, Wiesbaden, S. 225-247.
Kollmann, T./Häsel, M. (2007c): Reverse Auctions in the Service Sector: The Case of
LetsWorkIt.de, in: International Journal of E-Business Research, Jg. 3, Nr. 3, S.
60-76.
Kollmann, T./Häsel, M. (2008): Cross-channel Cooperation: On the Collaborative Inte-
gration of Online and Offline Business Models of E-Entrepreneurs and Traditional
SMEs, in: International Journal of Entrepreneurship and Small Business, Jg. 6, Nr.
2, S. 212-229.
Kollmann, T./Häsel, M. (2009): Cross-Channel Cooperation, in: Pagani, M. (Hrsg.), En-
cyclopedia of Multimedia Technology and Networking, 2. Aufl., Hershey, S. 299-
304.
Literaturverzeichnis 957

Kollmann, T./Häsel, M./Breugst, N. (2009): Competence of IT Professionals in E-Busi-


ness Venture Teams: The Effect of Experience and Expertise on Preference Struc-
ture, in: Journal of Management Information Systems, Jg. 25, Nr. 4, S. 51-80.
Kollmann, T./Häsel, M./Stöckmann, C. (2007): Change Management in der Net Eco-
nomy – Teamkompetenzen im oszillierenden Spannungsfeld von Markt und Tech-
nologie, in: Keuper, F./Grothen, H. (Hrsg.): Nachhaltiges Change Management –
Interdisziplinäre Fallbeispiele und Perspektiven, Wiesbaden, S. 381-411.
Kollmann, T./Hensellek, S. (2017): KPI-Steuerung von Start-ups der Digitalen Wirt-
schaft, in: Controlling, Jg. 29, Nr. 2, S. 47-54.
Kollmann, T./Hensellek, S./de Cruppe, K./Sirges, A. (2019): Toward a Renaissance of
Cooperatives Fostered by Blockchain on Electronic Marketplaces – A Theory-
Driven Case Study Approach, Whitepaper.
Kollmann, T./Hensellek, S./Jung, P./Kleine-Stegemann, L. (2018): Deutscher Startup
Monitor (DSM) 2018, Berlin.
Kollmann, T./Herr, C. T. (2003): Online-Kooperationen als Markteintrittschance für
Startups im E-Business, in: Büttgen, M./Lücke, F. (Hrsg.): Online-Kooperationen,
Wiesbaden, S. 99-112.
Kollmann, T./Herr, C. T. (2005): Die Vertrauenswürdigkeit von jungen Unternehmen
im elektronischen Handel, in: Die Betriebswirtschaft, Jg. 65, Nr. 2, S. 119-136.
Kollmann, T./Herr, C. T./Kuckertz, A. (2008): Nicht-lineare Wirkungszusammenhänge
zwischen Gründungsorganisation und subjektivem Unternehmenserfolg – empiri-
sche Befunde, in: Zeitschrift für Betriebswirtschaft, Jg. 78, Nr. 6, S. 651-670.
Kollmann, T./Herr, C. T./Kuckertz, A. (2010): Nichtlinear wirkende Erfolgsfaktoren
innovativer Unternehmensgründungen, in: Harland, P.E./Schwarz-Geschka, M.
(Hrsg.): Immer eine Idee voraus. Wie innovative Unternehmen Kreativität syste-
matisch nutzen, Lichtenberg, S. 91-103.
Kollmann, T./Kayser, I. (2010): E-Government. Status Quo and Future Trends, in: Lee,
I. (Hrsg.): Encyclopedia of E-Business Development and Management in the Dig-
ital Economy, Hershey, S. 1266-1274.
Kollmann, T./Kayser, I./Stöckmann, C. (2012): Acceptance of Electronic Democracy:
an Empirically Validated Approach, in: Electronic Government, An International
Journal, Jg. 9, Nr. 4, S. 370-387.
Kollmann, T./Krell, P. (2011a): Innovative Electronic Business: Current Trends and Fu-
ture Potentials, in: International Journal of E-Entrepreneurship and Innovation, Jg.
1, Nr. 2, S. 16-25.
958 Literaturverzeichnis

Kollmann, T./Krell, P. (2011b): Innovationsmanagement in der Net Economy – E-Busi-


ness, in: Albers, S./Gassmann, G. (Hrsg.): Handbuch Technologie- und Innovati-
onsmanagement, 2. Aufl., Wiesbaden, S. 665-688.
Kollmann, T./Kuckertz, A. (2009a): Bewertungsunsicherheit der Investitionskriterien
von Venture-Capital-Gebern – eine Prozessperspektive, in: KREDIT und KAPI-
TAL, Jg. 42, Nr. 4, S. 563-595.
Kollmann, T./Kuckertz, A. (2009b): Zur Dynamik von Such-, Erfahrungs- und Vertrau-
enseigenschaften in komplexen Transaktionsprozessen – eine empirische Studie
am Beispiel des Venture-Capital-Investitionsprozesses, in: Zeitschrift für Manage-
ment, Jg. 4, Nr. 1, S. 53-74.
Kollmann, T./Kuckertz, A. (2010): Evaluation Uncertainty of Venture Capitalists’ In-
vestment Criteria, in: Journal of Business Research, Jg. 63, Nr. 7, S. 741-747.
Kollmann, T./Kuckertz, A./Breugst, N. (2009): Organizational Readiness and the Adop-
tion of Electronic Business - The Moderating Role of National Culture in 29 Euro-
pean Countries, in: The DATA BASE for Advances in Information Systems, Jg.
40, Nr. 4, S. 117-131.
Kollmann, T./Kuckertz, A./Kayser, I. (2012): Cannibalization or Synergy? Consumer's
Channel Selection in Online-Offline Multichannel Systems, in: Journal of Retailing
and Consumer Services, Jg. 19, Nr. 2, S. 186-194.
Kollmann, T./Kuckertz, A./Lomberg, C. (2007): Wechselseitiges Feedback – Anreiz-
setzung: Was Mitarbeiter mittelständischer Unternehmen wollen. Eine Analyse der
Universität Duisburg-Essen, in: Personal, Jg. 59, Nr. 6, S. 40-43.
Kollmann, T./Kuckertz, A./Stöckmann, C. (2009): Continuous Innovation in Entrepre-
neurial Growth Companies: Exploring the Ambidextrous Strategy, in: Journal of
Enterprising Culture, Jg. 17, Nr. 3, S. 297-322.
Kollmann, T./Kuckertz, A./Stöckmann, C. (2010): E-Entrepreneurship and ICT Ven-
tures: Strategy, Organization and Technology, Hershey, PA.
Kollmann, T./Lomberg, C. (2010): Web 1.0, Web 2.0 and Web 3.0: The Development
of E-Business, in: Lee, I. (Hrsg.): Encyclopedia of E-Business Development and
Management in the Global Economy: Business Science Reference, Hershey,
S. 1203-1210.
Kollmann, T./Michaelis, A. (2015): Responsive Webdesign, in: Wirtschaftswissen-
schaftliches Studium (WiSt), Jg. 44, Nr. 7, S. 406-409.
Kollmann, T./Schmidt, H. (2016): Deutschland 4.0 – Wie die digitale Transformation
gelingt, Wiesbaden.
Literaturverzeichnis 959

Kollmann, T./Stöckmann, C. (2007a): Oszillationen bei der Diffusion von elektroni-


schen Marktplätzen – Implikationen für den Wettbewerb jenseits der kritischen
Masse, in: Schuckel, M./Toporowski, W. (Hrsg.): Theoretische Fundierung und
praktische Relevanz der Handelsforschung, Wiesbaden, S. 577-594.
Kollmann, T./Stöckmann, C. (2007b): Oszillationseffekte für Web 2.0-Plattformen –
Kritische-Masse-Probleme im virtuellen Wettbewerb, in: Kollmann, T./Häsel, M.
(Hrsg.): Web 2.0 – Trends und Technologien im Kontext der Net Economy, Wies-
baden, S. 207-224.
Kollmann, T./Stöckmann, C. (2014): Filling the Entrepreneurial Orientation-Perfor-
mance Gap: The Mediating Effects of Exploratory and Exploitative Innovations,
in: Entrepreneurship Theory and Practice, Jg. 38, Nr. 5, S. 1001-1026.
Kollmann, T./Stöckmann, C./Schröer, C. (2009a): The Diffusion of Web 2.0 Platforms:
The Problem of Oscillating Degrees of Utilization, in: Xu, J./Quaddus, M. (Hrsg.),
E-Business in the 21st Century: Realities, Challenges, and Outlook, World Scien-
tific Publishing, S. 255-273.
Kollmann, T./Stöckmann, C./Schröer, C. (2009b): Diffusion and Oscillation of Tele-
communications Services: The Case of Web 2.0 Platforms, in: Lee, I. (Hrsg.):
Handbook of Research on Telecommunications Planning and Management for
Business: Information Science Reference, Hershey, New York, S. 557-570.
Kollmann, T./Stöckmann, C./Skowronek, S. (2012): E-Marketing: Herausforderungen
an die Absatzpolitik in der Net Economy, in: WiSt – Wirtschaftswissenschaftliches
Studium, Jg. 41, Nr. 4, S. 189-194.
Kollmann, T./Suckow, C. (2007b): eBranding – Auswahlprozess und Bewertungskrite-
rien zum Unternehmensnamen in der Net Economy, Essen.
Kollmann, T./Suckow, C. (2008): Sustaining the Brand Idea in Electronic Environments,
in: International Journal of Business Environment, Jg. 2, Nr. 2, S. 153-167.
Kollmann, T./Suckow, C. (2012): Influencing User Attitudes by Managing Online Brand
Communication in E-Shops, in: Marketing-ZFP, Bd. 34, Nr. 1, S. 40-54.
Kollmann, T./Suckow, C./Peschl, A. (2015): Die Besonderheiten des Gründungsmarke-
tings für Internet-Unternehmen, in: Jörg Freiling, J./Kollmann, T. (Hrsg.): Entre-
preneurial Marketing – Besonderheiten, Aufgaben und Lösungsansätze für Grün-
dungsunternehmen, 2. Aufl., Wiesbaden, S. 155-176.
Kollmann, T./Tanasic, J. (2012): Herausforderung Online-Marketing – Neue Marke-
tinginstrumente zur verbesserten Kundenansprache durch Personalisierung und In-
dividualisierung, in: digma, Jg. 12, Nr. 3, S. 98-102.
Koppelmann, U. (2004): Beschaffungsmarketing, 4. Aufl., Berlin.
960 Literaturverzeichnis

Koppelmann, U./Brodersen, K./Volkmann, M. (2001): Electronic Procurement im Be-


schaffungsmarketing, in: Wirtschaftswissenschaftliches Studium, Jg. 30, Nr. 2, S.
79-86.
Korell, T./Kiefer, T. (2001): Zahlungsverfahren und Zahlungsmittel der deutschen Fi-
nanzindustrie im Marketspace, in: Eggers, B./Hoppen, G. (Hrsg.): Strategisches E-
Commerce-Management, Wiesbaden, S. 243-268.
Kosiol, E. (1975): Die Unternehmung als wirtschaftliches Aktionszentrum, 3. Aufl.,
Reinbek.
Kotler, P. (1995): Marketing-Management: Analyse, Planung, Umsetzung und Steue-
rung, 8. Aufl., Stuttgart.
Kotler, P./Armstrong, G. (2018): Principles of Marketing, 17. Aufl., Harlow.
Kotler, P./Bliemel, F. (1999): Marketing-Management: Analyse, Planung, Umsetzung
und Steuerung, 9. Aufl., Stuttgart.
Kotler, P./Keller, K. L. (2016): Marketing Management, 15. Aufl., Harlow.
Kotler, P./Keller, K. L./Opresnik, M. O. (2015): Marketing-Management. Konzepte –
Instrumente – Unternehmensfallstudien, 14. Aufl., Stuttgart.
KPMG (1999): Electronic Procurement, München.
Krähenmann, N. (1994): Ökonomische Gestaltungsanforderungen für die Entwicklung
elektronischer Märkte, Bamberg.
Krause, J. (2000): E-Commerce und Online-Marketing – Chancen, Risiken und Strate-
gien, 2. Aufl., München.
Kreutzer, A. (2002): Szenarien für das Zusammenwachsen von Automotive und Tele-
kommunikation, in: Gora, W./Röttger-Gerigk, S. (Hrsg.): Handbuch Mobile-Com-
merce, Springer, Wiesbaden, S. 381-392.
Kreutzer, R. T. (2018): Praxisorientiertes Online-Marketing: Konzepte – Instrumente -
Checklisten, 3. Aufl., Wiesbaden.
Kreutzer, R.T./Land, K.H. (2017): Digitale Markenführung - Digital Branding im Zeit-
alter des digitalen Darwinismus, Springer Gabler, Wiesbaden.
Kreuzpaintner, S. (2006): Markenmanagement virtueller Dienstleistungsunternehmen,
in: Bieger, T./Beritelli, P. (Hrsg.): Dienstleistungsmanagement in Netzwerken –
Wettbewerbsvorteile durch das Management des virtuellen Dienstleistungsunter-
nehmens, Basel, S. 159-185.
Kroeber-Riel, W./Gröppel-Klein, A. (2013): Konsumentenverhalten, 10. Aufl., Mün-
chen.
Literaturverzeichnis 961

Kroker, M. (2015): Big Data: 2,5 Trillionen Byte Daten jeden Tag, wächst vier Mal
schneller als Weltwirtschaft, http://blog.wiwo.de/look-at-it/2015/04/22/big-data-
25-trillionen-byte-daten-jeden-tag-wachst-vier-mal-schneller-als-weltwirtschaft,
Zugriff am 29.05.2018.
Kroker, M. (2017): Weltweite Datenmengen verzehnfachen sich bis zum Jahr 2025 ge-
genüber heute, http://blog.wiwo.de/look-at-it/2017/04/04/weltweite-datenmengen-
verzehnfachen-sich-bis-zum-jahr-2025-gegenueber-heute/, Zugriff am 30.07.
2018.
Krüger, W./Pfeiffer, P. (1991): Eine konzeptionelle und empirische Analyse der Infor-
mationsstrategien und Aufgaben des Informationsmanagements, in: Zeitschrift für
betriebswirtschaftliche Forschung, Jg. 43, Nr. 1, S. 21-43.
Krylov, V.A./Kenny, E./Dahyot (2018): Automatic Discovery and Geotagging of Ob-
jects from Street View Imagery, in: Remote Sensing, Jg. 10, Nr. 5.
Krystek, U./Redel, W./Reppegather, S. (1997): Grundzüge virtueller Organisationen –
Elemente und Erfolgsfaktoren, Chancen und Risiken, Wiesbaden.
Kubicek, H./Klein, S. (1994): Optionen und Realisierungschancen der Kooperation bei
branchenübergreifenden Wertkartensystemen, in: Sydow, J./Windeler, A. (Hrsg.):
Management interorganisationaler Beziehungen – Vertrauen, Kontrolle und Infor-
mationstechnik, Opladen, S. 93-114.
Kuckertz, A. (2006): Der Beteiligungsprozess bei Wagniskapitalfinanzierungen – Eine
informationsökonomische Analyse, Wiesbaden.
Kuhl, J. (2002): Application Service Providing, Lösungen für den Mittelstand? Überle-
gungen am Beispiel betriebswirtschaftlicher Standardsoftware, in: Gabriel,
R./Hoppe, U. (Hrsg.): Electronic Business – Theoretische Aspekte und Anwendun-
gen in der betrieblichen Praxis, Heidelberg, S. 299-326.
Kulak, D./Guiney, E. (2004): Use Cases – Requirements in Context, 3. Aufl., New York.
Kuo, Y. F. (2003): A Study on Service Quality of Virtual Community Websites, in: Total
Quality Management, Jg. 14, Nr. 4, S. 461-473.
Kurbel, K. (1990): Programmentwicklung, 5. Aufl., Wiesbaden.
Kuster, J. (2011): Handbuch Projektmanagement, 3. Aufl., Berlin.
Labhard, P. A. (1999): Value Reporting – Informationsbedürfnisse des Kapitalmarktes
und Wertsteigerung durch Reporting, Zürich.
Laga, G. (2013): Fünf Thesen zur E-Rechnung, in Laga, G. (Hrsg.): Handbuch E-Rech-
nung und E-Procurement – Rechtliche und technische Rahmenbedingungen, Wien,
S. 9-34.
962 Literaturverzeichnis

Lammenett, E. (2017): Praxiswissen Online-Marketing: Affiliate- und E-Mail-Marke-


ting, Suchmaschinenmarketing, Online-Werbung, Social Media, Facebook-Wer-
bung, 6. Aufl., Wiesbaden.
Lampe, C./Johnston, E. (2005): Follow the (Slash) dot: Effects of Feedback on New
Members in an Online Community, Proceedings of the 2005 international ACM
SIGGROUP conference on Supporting group work, S. 11-20.
Lampe, M./Flörkemeier, C./Haller, S. (2005): Einführung in die RFID-Technologie, in:
Fleisch, E./Mattern, F. (Hrsg.): Das Internet der Dinge. Ubiquitous Computing und
RFID in der Praxis: Visionen, Technologien, Anwendungen, Handlungsanleitun-
gen, Berlin/Heidelberg, S. 69-86.
Lamprecht, M. (2007): XING – Das Buch. Netzwerken leicht gemacht, Hannover.
Langerak, F./Verhoef, P. C./Verlegh, P. W. J./deValck, K. (2003): The Effect of Mem-
bers’ Satisfaction with a Virtual Community on Member Participation, Arbeitspa-
pier Nr. 51, Erasmus Research Institute of Management, Rotterdam School of Man-
agement, Rotterdam.
Lawrenz, O./Nenninger, M. (2002): Von e-Procurement zu e-Markets – Eine Einfüh-
rung, in: Nenninger, M./Lawrenz, O. (Hrsg.): B2B-Erfolg durch e-markets und e-
procurement. Strategien und Konzepte, Systeme und Architekturen, Erfahrungen
und best practice, 2. Aufl., Braunschweig, S. 1-29.
Lee, S./Zufryden, F./Drèze, X. (2003): A Study of Consumer Switching Behavior across
Internet Portal Web Sites, in: International Journal of Electronic Commerce, Jg. 7,
Nr. 3, S. 39-63.
Leimeister, J. M. (2015): Einführung in die Wirtschaftsinformatik, 12. Aufl., Berlin.
Leukel, J. (2004): Katalogdatenmanagement im B2B E Commerce, Lohmar.
Ley, A. (2016): Mediennutzungsverhalten Teil IV: Parallelnutzung der Medien,
https://www.mediascale.de/tag/second-screen/, Zugriff am 24.09.2018.
Lin, H.-F. (2007): The Role of Online and Offline Features in Sustaining Virtual Com-
munities: An Empirical Study, in: Internet Research, Jg. 17, Nr. 2, S. 119-138.
Lin, H.-F./Lee, G.-G. (2006): Determinants of Success for Online Communities: An Em-
pirical Study, in: Behaviour and Information Technology, Jg. 25, Nr. 6, S. 479-488.
Linden Lab (2004): Corporate Background, http://s3.amazonaws.com/static-secondlife-
com/corporate/LindenLab_Background.pdf, Zugriff am 05.06.2018.
Linden Lab (2018): Create Virtual Experiences, https://www.lindenlab.com/, Zugriff am
04.10.2018.
Link, J./Hildebrand, V. (1993): Database-Marketing und Computer Aided Selling, Mün-
chen.
Literaturverzeichnis 963

Link, J./Hildebrand, V. (1994): Database-Marketing und Computer Aided Selling, in:


Marketing-ZFP, Jg. 16, Nr. 2, S. 107-120.
Link, J./Hildebrand, V. (1995): EDV-gestütztes Marketing im Mittelstand – Wettbe-
werbsvorteile durch kundenorientierte Informationssysteme, in: Link, J./Hilde-
brand, V. (Hrsg.): EDV-gestütztes Marketing im Mittelstand, München, S. 1-21.
Loevenich, P./Lingenfelder, M. (2004): Kundensegmentierung im E Commerce: Eine
verhaltenswissenschaftliche Typisierung von Online-Käufern, in: Bauer, H.
H./Neumann, M./Rösger, J. (Hrsg.): Konsumentenverhalten im Internet, München,
S. 41-57.
Lommatzsch, T. (2018): Begriffserklärung: Influencer Marketing vs. Influencer Relati-
ons, in: Schach, A./Lommatzsch, T. (Hrsg.): Influencer Relations – Marketing und
PR mit digialen Meinungsführern, Wiesbaden, S. 23-26.
Lopez, S. (2017): Mirco-Influencer – Maximaler Gewinn mit kleinen Influencern?, in:
Blog xeit, https://blog.xeit.ch/2017/10/micro-influencer-maximaler-gewinn-mit-
kleinen-influencern/, Zugriff am 25.09.2018.
Lovink, G. (2006): Digitale Nihilisten: Die Blogospähre unterminiert den Medien-
mainstream, in: Lettre International, Nr. 73, S. 95.
Luhmann, N. (2014): Vertrauen. Ein Mechanismus der Reduktion sozialer Komplexität,
5. Aufl., Stuttgart.
Lumpkin, G. T./Dess, G. (2004): E-Business Strategies and Internet Business Models:
How the Internet Adds Value, in: Organizational Dynamics, Jg. 33, Nr. 2, S. 161-
173.
MacCormack, A./Verganti, R./Iansiti, M. (2001): Developing Products on “Internet
Time”: The Anatomy of a Flexible Development Process, in: Management Science,
Jg. 47, Nr. 1, S. 133-150.
Macher, J.T./Richman, B. D. (2004): Organizational Response to Discontinuous Inno-
vation: A Case Study Approach, in: International Journal of Innovation Manage-
ment, Jg. 8, Nr. 1, S. 87-114.
Maggi, S. (2009): Social Influencer: reach vs. affinity, https://www.flickr.com/
photos/stefanomaggi/3564156120/, Zugriff am 18.02.2019.
Markerly.com: Instagram Marketing: Does Influencer Size Matter?, http://
markerly.com/blog/instagram-marketing-does-influencer-size-matter/, Zugriff am
25.09.2018.
Markotten, D. G./Kaiser, J. (2000): Benutzbare Sicherheit – Herausforderungen und
Modell für E-Commerce-Systeme, in: Wirtschaftsinformatik, Jg. 42, Nr. 6, S. 531-
538.
964 Literaturverzeichnis

Markus, U. (2002): Integration der virtuellen Community in das CRM: Konzepte, Rah-
menmodell, Realisierung, Lohmar/Köln.
Marotzki, W. (2003): Online-Ethnographie – Wege und Ergebnisse zur Forschung im
Kulturraum Internet, in: Bachmeier, B./Diepold, P./de Witt, C. (Hrsg.): Jahrbuch
Medienpädagogik 3, Opladen, S. 149-166.
Marotzki, W. (2004): Interaktivität und virtuelle Communities, in: Bieber, C./Leggewie,
C. (Hrsg.): Interaktivität: Ein transdisziplinärer Schlüsselbegriff, Frankfurt a.
M./New York, S. 118-131.
Martens, D./Provost, F./Clark, J./Junqué de Fortuny, E. (2016): Mining Massive fine-
grained behavior data to improve predictive analytics“, in: MIS Quarterly Jg. 40,
Nr. 4, S. 869-888.
Mattmüller, R./Tunder, R. (2002): Zur Bedeutung von Marken und Markenwert für An-
bieter und Nachfrager, in: Hommel, U./Knecht, T. C. (Hrsg.): Wertorientiertes
Start-Up-Management, München, S. 335-354.
Mayer, A. G. (2000): Strategische Unternehmensnetzwerke und Marketing. Aufbau und
Management von marktorientierten strategischen Interorganisationsbeziehungen,
Univ. Diss., Regensburg.
McAfee, A. (2006): Enterprise 2.0: The Dawn of Emergent Collaboration, in: MIT Sloan
Management Review, Jg. 47, Nr. 3, S. 21-28.
McAfee, P. R./McMillan, J. (1987): Auctions and Bidding, in: Journal of Economic, Jg.
25, Nr. 2, S. 699-738.
McKinney, V./Kanghyun, Y./Zahedi, F. M. (2002): The Measurement of Web-Cus-
tomer Satisfaction: An Expectation and Disconfirmation Approach, in: Information
Systems Research, Jg. 13, Nr. 3, S. 296-315.
Meffert, H. (1976): Die Durchsetzung von Innovationen in der Unternehmung und im
Markt, in: Zeitschrift für Betriebswirtschaft, Jg. 46, Nr. 2, S. 77-100.
Meffert, H. (1983): Marktkommunikation – Das System des Kommunikations-Mix,
Münster.
Meffert, H./Burmann, C./Kirchgeorg, M. (2015): Marketing – Grundlagen marktorien-
tierter Unternehmensführung, 12. Aufl., Wiesbaden.
Meier, A./Stormer, H. (2012): eBusiness & eCommerce – Management der digitalen
Wertschöpfungskette, 3. Aufl., Wiesbaden.
Melzer, I. (2010): Service-orientierte Architekturen mit Web Services. Konzepte – Stan-
dards – Praxis, 4. Aufl., Heidelberg.
Mena, J. (2000): Data-Mining und E Commerce, Symposium Publishing, Düsseldorf.
Literaturverzeichnis 965

Mertens, P./Bodendorf, F./König, W./Schumann, M./Hess, T./Buxmann, P. (2017):


Grundzüge der Wirtschaftsinformatik, 12. Aufl., Berlin.
Mertens, P./Griese, J./Ehrenberg, D. (1998): Virtuelle Unternehmen und Informations-
verarbeitung, Berlin/Heidelberg.
Merx, M. (2006): Community-Plattformen und Content Management, https://www.conte
ntmanager.de/cms/community-plattformen-und-content-management-teil-13/, Zu-
griff am 29.05.2018.
Merz, M. (2002): E-Commerce und E-Business. Marktmodelle, Anwendungen und Tech-
nologien, 2. Aufl., Heidelberg.
Metzner, S. (2016): Blockchain – Wie der Markt sich an die neuen Möglichkeiten heran-
tastet, https://blog.trendone.com/2016/07/13/blockchain-wie-der-markt-sich-an-
die-neuen-moeglichkeiten-herantastet/, Zugriff am 06.02.2019.
Meves, Y. (2013): Emotionale Intelligenz als Schlüsselfaktor der Teamzusammensetzung
– Eine empirische Analyse im Kontext der Sozialpsychologie und des organisatio-
nalen Verhaltens in jungen Unternehmen, Wiesbaden.
Meyer, J./Tomaschek, A./Dej, D./Richter P. (2011): Herausforderungen virtueller Ar-
beit, in: Benkhoff, B./Engelien, M./Meißner, K./Richter, P. (Hrsg.): Erfolg beim
Management virtueller Organisationen. Durch Frühwarnung Risiken vermeiden,
Stuttgart, S. 58-72.
Michelis, D. (2015): Social-Media-Modell, in: Michelis, D./Schildhauer, T. (Hrsg.): So-
cial Media Handbuch – Theorien, Methoden, Modelle und Praxis, 3. Aufl., Baden-
Baden, S. 23-37.
Middelberg, N. (2013): Erfolgsfaktoren bei der Investitionsmitteleinwerbung von Ven-
ture-Capital-Gesellschaften – Eine Mixed-Method-Analyse, Wiesbaden.
Mikloweit, T. (2007): Social Software – Zusammengehörigkeit und Demokratisierung im
Web 2.0, in: Kollmann, T./Häsel, M. (Hrsg.): Web 2.0 – Trends und Technologien
im Kontext der Net Economy, Wiesbaden, S. 53-68.
Mises, L. v. (1940): Nationalökonomie, Genf.
Mödinger, W. (2008): Marketing to the Social Web. Die Rolle von Web 2.0 im Marke-
ting-Mix, in: Haasis, K./Zaboura, N. (Hrsg.): A Digital Lifestyle. Leben und Ar-
beiten mit Social Software, Stuttgart, S. 83-91.
Möhrstädt, D. G./Bogner, P./Paxian, S. (2001): Electronic Procurement planen, einfüh-
ren, nutzen, Stuttgart.
Möller, E. (2006): Die heimliche Medienrevolution: Wie Weblogs, Wikis und freie Soft-
ware die Welt verändern, 2. Aufl., Hannover.
966 Literaturverzeichnis

Moorman, C./Deshpandé, R./Zaltman, G. (1993): Factors Affecting Trust in Market


Relationships, in: Journal of Marketing, Jg. 57, Nr. 1, S. 81-101.
Morgan, R./Hunt, S. D. (1994): The Commitment-Trust-Theory of Relationship Market-
ing, in: Journal of Marketing, Jg. 58, Nr. 3, S. 20-38.
Mueller, W./Windhaus, M. (2002): Reverse Auctions gelangen im Unternehmensein-
kauf zur Reife, in: Nenninger, M./Lawrenz, O. (Hrsg.): B2B-Erfolg durch eMarkets
und eProcurement – Strategien und Konzepte, Systeme und Architekturen, Erfah-
rungen und Best Practice, 2. Aufl., Braunschweig/Wiesbaden, S. 131-152.
Mühlenbeck, F./Skibicki, K. (2008): Community Marketing Management: Wie man On-
line-Communities im Internet-Zeitalter des Web 2.0 zum Erfolg bringt, 2. Aufl.,
Köln.
Müller, B. (2017): Bundesregierung wird Breitband-Ziel für 2018 verfehlen,
https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/glasfaserausbau-bundesregierung-wird-
ihr-breitband-ziel-fuer-verfehlen-1.3799800, Zugriff am 30.07.2018.
Müller, D. (2003): IT-Werkzeuge für das Management Virtueller Unternehmen, in: Al-
bers, S./Wolf, J. (Hrsg.): Management Virtueller Unternehmen, Wiesbaden, S. 89-
130.
Müller, E. (2017): Interview mit TUI-Chef Fritz Joussen: Blockchain ist die Zukunft – da
muss die gesamte deutsche Industrie hin, http://www.manager-magazin.de/
unternehmen/artikel/blockchain-monopole-wie-booking-oder-airbnb-brechen-a-
1140811.html, Zugriff am 06.02.2019.
Müller, M. (1998): Shareholder Value Reporting – ein Konzept wertorientierter Kapital-
marktkommunikation, in: Müller, M. (Hrsg.): Shareholder Value Reporting, Wien,
S. 123-144.
Müller, U. (2005): Kundenbindung im E-Commerce: Personalisierung als Instrument des
Customer Relationship Marketing, Wiesbaden.
Nachtmann, M./Trinkel, M. (2002): Geschäftsmodelle im M-Commerce, in: Gora,
W./Röttger-Gerigk, S. (Hrsg.): Handbuch Mobile-Commerce, Wiesbaden, S. 7-18.
Nakamoto, S. (2008): Bitcoin: A Peer-to-Peer Electronic Cash System, https://bitcoin
.org/bitcoin.pdf, Zugriff am 21.10.2015.
Neef, D. (2001): e-Procurement – From Strategy to Implementation. Upper Saddle River,
NJ.
Nefiodow, L. (1990): Der fünfte Kontradieff, Wiesbaden.
Neimarlija, I. (2007): Web Services als interorganisationale Schnittstellen für Online-
Geschäftsmodelle im Web 2.0, in: Kollmann, T./Häsel, M. (Hrsg.): Web 2.0 –
Trends und Technologien im Kontext der Net Economy, Wiesbaden, S. 91-102.
Literaturverzeichnis 967

Nekolar, A. (2003): E-Procurement – Euphorie und Realität, Berlin.


Nenninger, M./Hillek, T. (2000): eSupply Chain Management, in: Lawrenz, O./Hilde-
brand, K./Nenninger, M. (Hrsg.): Supply Chain Management – Strategien, Kon-
zepte und Erfahrungen auf dem Weg zu E Business Networks, Braunschweig, S.
1-14.
Neuberger, C. (2005): Angebot und Nutzung von Internet-Suchmaschinen. Marktstrate-
gien, Qualitätsaspekte, Regulierungsziele, Media Perspektiven 1/2005, S. 2-13.
Nicolai A. T./Petersmann T. (2001): Einleitung – Fakten und Fiktionen im M-Com-
merce, in: Nicolai, A. T./Petersmann, T. (Hrsg.): Strategien im M-Commerce –
Grundlagen – Management – Geschäftsmodelle, Stuttgart, S. 1-10.
Nirschl, M./Steinberg, L. (2018): Einstieg in das Influencer Marketing – Grundlagen,
Strategien und Erfolgsfaktoren, Wiesbaden.
Noack, J./Mehmanesh, H./Mehmanesh, H./Zendler, A. (2000): Architekturen für Net-
work Computing, in: Wirtschaftsinformatik, Jg. 42, Nr. 1, S. 5-14.
Noam, E. M. (1997): Systemic Bottlenecks in the Information Society, in: European Com-
munication Council (ECC) – Report 1997 (Hrsg.): Exploring the Limits, Berlin,
S. 35-44.
North, K./Romhardt, K./Probst, G. (2000): Wissensgemeinschaften – Keimzelle leben-
digen Wissensmanagements, in: io management, Jg. 69, Nr.7-8, S. 52-62.
o. V. (2007a): Gezielte Ansprache in Second Life, http://www.ecin.de/news/2007/
05/10678, Zugriff am 14.02.2019.
o. V. (2007b): Fünf Ratschläge für Unternehmen in Second Life, http://www.ecin.de/
news/2007/04/30/10673, Zugriff am 14.02.2019.
o. V. (2007c): Tipps für den Firmenauftritt in Second Life, http://www.ecin.de/
news/2007/04/23/10655, Zugriff am 14.02.2019.
o. V. (2017a): SAP Digital Transformation Executive Study: 4 Ways Leaders Set Them-
selves Apart, An SAP Center for Business Insight study with research and analysis
support from Oxford Economics, https://www.sap.com/cmp/dg/innovation-is-
live/typ.html#pdf-asset=9ec2900c-c67c-0010-82c7-eda71af511fa&page=2,
Zugriff am 12.11.2018.
o. V. (2017b): Bundesbank-Vorstand warnt vor Kryptowährung, https://www.handels-
blatt.com/finanzen/banken-versicherungen/bitcoin-hoehenflug-bundesbankvor
stand-warnt-vor-kryptowaehrung/19766954.html?ticket=ST-1129216-DIXo6
RVOwnPK1WgED6y0-ap4, Zugriff am 24.09.2018.
968 Literaturverzeichnis

o. V. (2018a): Telekom. 5G-Revolution-keine Evolution, https://www.telekom.com/de


/konzern/details/5g-revolution-keine-evolution-481770, Zugriff am 30.05.2018.
o. V. (2018b): Bitcoin – Euro, https://www.finanzen.net/devisen/bitcoin-euro-kurs, Zu-
griff am 24.09.2018.
o. V. (2018c): Mit Bitcoins Essen bestellen, https://www.lieferando.de/blog/mit-bitcoins-
essen-bestellen/, Zugriff am 24.09.2018.
o. V. (2018d): https://www.carsontheweb.com/de/cms/car-auction/blind, Zugriff am 04.
10.2018.
o. V. (2018e): https://www.shopify.de/instagram, Zugriff am 04.10.2018.
o. V. (2019a): Facebook belohnt Angestellte für Einsatz gegen Fehlinformationen, in: Zeit
Online, https://www.zeit.de/digital/internet/2019-02/fake-news-facebook-desinfor
mationen-mitarbeiter-boni, Zugriff am 07.02.2019.
o. V. (2019b): What is DTube?, https://about.d.tube/, Zugriff am 18.02.2019.
O’Murchu, I./Breslin, J. G./Decker, S. (2004): Online Social and Business Networking
Communities, Technical Report 2004-08-11, Digital Enterprise Research Institute,
National University of Ireland, Galway.
O’Reilly, T. (2005): What Is Web 2.0: Design Patterns and Business Models for the Next
Generation of Software, http://www.oreillynet.com/pub/a/oreilly/tim/news/2005/
09/30/what-is-web-20.html, Zugriff am 14.02.2019.
OECD (2017): Percentage of fibre connections in total broadband among countries re-
porting fibre subscribers.
Oliver Wyman (2018): Mobile Payment in Deutschland: Bald überholt?, https://www.oli
verwyman.de/media-center/2018/apr/Mobile-Payment-in-Deutschland-Bald-
ueberholt.html, Zugriff am 17.09.2018.
Ondrejka, C. (2005): Changing Realities. User Creation, Communication, and Innovation
in Digital Worlds, https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=799468.&
mirid=1&rct, Zugriff am 04.06.2018.
Oram, A. (2001): Peer-to-Peer: Harnessing the Benefits of a Disruptive Technology, Se-
bastopol.
Orton, J. D./Weick, K. E. (1990): Loosely Coupled Systems: A Reconceptionalization,
in: Academy of Management Review, Jg. 15, Nr. 2, S. 203-223.
Otto, B./Beckmann, H. (2001): Klassifizierung und Austausch von Produktdaten auf
elektronischen Marktplätzen, in: Wirtschaftsinformatik, Jg. 43, Nr. 4, S. 351-361.
Literaturverzeichnis 969

Otto, B./Witzig, S./Fleckstein, T./Pitsch, S. (2000): Marktstudie Elektronische Markt-


plätze, Stuttgart.
OVK-Report für digitale Werbung 2018/02 (2018): Online und Mobile – Zahlen und
Trends im Überblick, https://www.bvdw.org/fileadmin/user_upload/OVK_Re
port_2018_02.pdf, Zugriff am 18.09.2018.
PAC (2014): Predictive Analytics – Mehrwerte, Einsatzbeispiele und Herausforderungen,
PAC Whitepaper, Mai 2014.
Pagé, P./Ehring, T. (2001): Electronic Business und New Economy. Den Wandel zu ver-
netzten Geschäftsprozessen, Berlin.
Panten, G. (2005): Internet-Geschäftsmodell Virtuelle Community: Analyse zentraler Er-
folgsfaktoren unter Verwendung des Partial-Least-Squares (PLS)-Ansatzes, Wies-
baden.
Panten, G./Paul, C./Runte, M. (2001): Virtual Communities, in: Albers, S./Clement,
M./Peters, K./Skiera, B. (Hrsg.): Marketing mit interaktiven Medien: Strategien
zum Markterfolg, 3. Aufl., Frankfurt a. M., S. 145-159.
Penrose, E. T. (2009): The Theory of the Growth of the Firm, 4. Aufl., Oxford.
Peppers, D./Rogers, M. (1997): Enterprise One to One: Tools for Competing in the In-
teractive Age, New York.
Peter, J. P./Olson, J. C. (2010): Consumer Behaviour and Marketing Strategy, 7. Aufl.,
Columbus.
Peter, S. I. (1999): Kundenbindung als Marketingziel: Identifikation und Analyse zentra-
ler Determinanten, 2. Aufl., Wiesbaden.
Peukert, J./Ghazvinian, A. (2001): E-Procurement als neue Beschaffungsstrategie, in:
Eggers, B./Hoppen, G. (Hrsg.): Strategisches E-Commerce-Management, Wiesba-
den, S. 187-218.
Picot, A./Reichwald, R./Wigand, R. T. (2003): Die grenzenlose Unternehmung. Infor-
mation, Organisation und Management, 5. Aufl., Wiesbaden.
Piller, F. T./Schoder, D. (1999): Mass Customization und Electronic Commerce – Eine
empirische Einschätzung zur Umsetzung in deutschen Unternehmen, in: Zeitschrift
für Betriebswirtschaft, Jg. 69, S. 1111-1136.
Pindl, T. (2002): Führen und Coachen von virtuellen Netzwerken. Arbeiten und Führen –
unabhängig von Ort und Zeit, Köln.
Pinuts.de (o. J.): Die wichtigsten Fragen zum Responsive Webdesign, https://www.
pinuts.de/blog/online-marketing/experteninterview-responsive-design, Zugriff am
14.02.2019.
970 Literaturverzeichnis

Pippow, I. (2004): Software-Agenten in Distributionsnetzen – Potenziale vertikaler Infor-


mationsteilung zur Senkung von Transaktionskosten, Wiesbaden.
Pitzke, M. (2018): Beziehungsstatus: schwierig, http://www.spiegel.de/wirtschaft/unter-
nehmen/facebook-in-der-krise-propaganda-fake-news-datenklau-a-1240384.html,
Zugriff am 07.02.2019.
Plüss, A. (2005): Vorgehen beim Aufbau des Kooperationsnetzwerks, in: Huber, C./
Plüss, A./Schöne, R./Freitag, M. (Hrsg.): Kooperationsnetze der Wirtschaft. Ein-
führung, Bausteine, Fallbeispiele, Zürich, S. 137-150.
Plüss, A./Huber, C. (2005a): Management und Partner, in: Huber, C./Plüss, A./Schöne,
R./Freitag, M. (Hrsg.): Kooperationsnetze der Wirtschaft. Einführung, Bausteine,
Fallbeispiele, Zürich, S. 35-44.
Plüss, A./Huber, C. (2005b): Medien und Kommunikation, in: Huber, C./Plüss, A./
Schöne, R./Freitag, M. (Hrsg.): Kooperationsnetze der Wirtschaft. Einführung,
Bausteine, Fallbeispiele, Zürich, S. 95-108.
Plüss, A./Huber, C./Schöne, R./Freitag, M. (2005): Einführung zu den Bausteinen, in:
Huber, C./Plüss, A./Schöne, R./Freitag, M. (Hrsg.): Kooperationsnetze der Wirt-
schaft. Einführung, Bausteine, Fallbeispiele, Zürich, S. 21-23.
Pohl, A./Kluge, B. (2001): Pricing – der richtige Preis im Zeitalter von Agenten und Re-
verse Auctions, in: Klietmann, M. (Hrsg.): Kunden im E Commerce. Verbraucher-
profile, Vertriebstechniken, Vertrauensmanagement, Düsseldorf, S. 133-159.
Pohl, A./Litfin, T./Wilger, G. (2001): Marktauftritt Internet: Strategische Herausforde-
rung und Umsetzung im Marketing-Mix, in: Weiber, R. (Hrsg.): Handbuch Electro-
nic Business: Informationstechnologien – Electronic Commerce – Geschäftspro-
zesse, Wiesbaden, S. 209-233.
Pohl, A./Weiber, R. (2014): Neue Technologien - neue Marketing-Regeln, in: Das Wirt-
schaftsstudium, Jg. 43, Nr. 6, S. 754-759.
Pols, A./Heidkamp, P. (2018): Cloud-Monitor 2018, KPMG, BITKOM Research.
Porter, M. (1980): Competitive Advantage: Techniques for Analyzing Industries and
Competitors, New York.
Porter, M. (2013): Wettbewerbsstrategie: Methoden zur Analyse von Branchen und Kon-
kurrenten, 12. Aufl., Frankfurt a. M./New York.
Präuer A./Thies, A. (2016): Digitalisierung und Cognitive Sourcing, https://beschaffung-
aktuell.industrie.de/einkauf/digitalisierung-und-cognitive-sourcing/, Zugriff am
04.10.2018.
Präuer, A. (2004): Solutions Sourcing: Strategien und Strukturen interorganisationaler
Wertschöpfungssysteme, Wiesbaden.
Literaturverzeichnis 971

Preece, J. (2000): Online-Communities – Designing Usabilitiy, Supporting Sociability,


Chichester.
Preece, J. (2001): Sociability and Usability in Online Communities: Determining and
Measuring Success, in: Behaviour and Information Technology, Jg. 20, Nr. 5,
S. 347-356.
Preißner, A. (2001): Marketing im E-Business. Online und Offline – der richtige Marke-
ting-Mix, München.
Preißner, A. (2002): Electronic Procurement in der Praxis. München.
Przepiorka, S. (2006): Weblogs, Wikis und die dritte Dimension, in: Picot, A./Fischer, T.
(Hrsg.): Weblogs professional – Grundlagen, Konzepte und Praxis im unternehme-
rischen Umfeld, Heidelberg, S. 13-27.
Puntschart, I. (2006): Wissensaustausch über (un)moderierte Diskussionsforen – Kon-
zeption, Anwendung und Evaluierung im Kontext von Lehre an Universitäten, Dis-
sertation Universität Graz.
PwC (2016): Shopping per Smartphone: Der Kunde von morgen kauft bevorzugt mobil
ein, https://www.pwc.de/de/pressemitteilungen/2016/shopping-per-smartphone-
der-kunde-von-morgen-kauft-bevorzugt-mobil-ein.html, Zugriff am 30.07.2018.
Quantz, J./Wichmann, T. (2003): E-Business-Standards in Deutschland: Bestandsauf-
nahme, Probleme, Perspektiven. Ein Forschungsauftrag des Bundesministeriums
für Wirtschaft und Arbeit, Berlecon Research, Berlin.
Raabe, A. (2007): Social Software im Unternehmen. Wikis und Weblogs für Wissensma-
nagement und Kommunikation, Saarbrücken.
Rätz, D. (2003): Erfolgspotenzial elektronischer B2B-Marktplätze: Theorie – Empirie –
Fallstudien, Köln.
Rayport, J. F./Jaworski, B. J. (2002): Introduction to E-Commerce, New York.
Rebstock, M. (2000): Elektronische Geschäftsabwicklung, Märkte und Transaktionen –
eine methodische Analyse, in: HMD Praxis der Wirtschaftsinformatik, Jg. 37, Nr.
215, S. 5-15.
Rebstock, M./Lipp, M. (2003): Webservices zur Integration interaktiver elektronischer
Verhandlungen in elektronische Marktplätze, in: Wirtschaftsinformatik, Jg. 45, Nr.
3, S. 293-306.
Reichwald, R./Fremuth, N./Ney, M. (2002): Mobile Communities – Erweiterungen von
virtuellen Communities mit mobilen Diensten, in: Reichwald, R. (Hrsg.): Mobile
Kommunikation, Gabler, Wiesbaden, S. 521-538.
972 Literaturverzeichnis

Reichwald, R./Piller, F. (2009): Interaktive Wertschöpfung in der Innovation: Open In-


novation, in: Reichwald, R./Piller, F. (Hrsg.): Interaktive Wertschöpfung, Wiesba-
den, S. 115-218.
Reid, E. (1999): Hierarchy and power: social control in Cyberspace, in: Smith, M.V./Kol-
lock, P. (Hrsg.): Communities in Cyberspace, London, New York, S. 107-133.
Reinhart, G./Engelhardt, P./Geiger, F./Philipp, T./Wahlster, W./Zühlke, D./Schlick,
J./Becker, T./Löckelt, M./Pirvu, B./Stephan, P./Hodek, S./Scholz-Reiter, B./
Thoben, K./Gorldt, C./Hribernik, K./Lappe, D./Veigt, M. (2013): Cyber-Physi-
sche Produktionssysteme. Produktivitäts- und Flexibilitätssteigerung durch die
Vernetzung intelligenter Systeme in der Fabrik, in: wt-online, Jg. 103, Nr. 2, S. 84-
89.
Reiter, M. (2007): Weborientierung führt Darstellung zusammen, in: Computer Zeitung,
Jg. 38, Nr. 1-2, S. 11.
Reitler, Y. (2007): Web 2.0 – Soziotechnisches Phänomen oder Marketing-Hype?, in:
Kollmann, T./Häsel, M. (Hrsg.): Web 2.0 – Trends und Technologien im Kontext
der Net Economy, Wiesbaden, S. 15-34.
Rezaei, S./Jayashree, S./Fouladivanda, F. (2016): Telecommunications Subscriber's
Satisfaction and Loyalty: The Impact of Contractual Switching Cost, Price Fair-
ness, and Brand Image, in: Lee, In (Hrsg.): Encyclopedia of E-Commerce Devel-
opment, Implementation, and Management, Business Science References, Penn-
sylvania, S. 1748-1766.
Richard, O. (2003): Bedeutung von Kooperationen für Unternehmen der Net-Economy,
in: Kollmann, T. (Hrsg.): E-Venture-Management – Neue Perspektiven der Unter-
nehmensgründung in der Net Economy, Wiesbaden, S. 467-477.
Richter, A./Koch, M./Krisch, M. J. (2007): Social Commerce – Eine Analyse des Wan-
dels im E-Commerce, Technischer Bericht Nr. 2007-03, Fakultät für Informatik,
Universität der Bundeswehr, München.
Riedl, J. (1999): Push- und Pull-Marketing in Online-Medien, in: Hippner, H./Meyer,
M./Wilde, K.D. (Hrsg.): Computer Based Marketing, 2. Aufl., Wiesbaden, S. 85-
96.
Riemer, K./Klein, S. (2001): Personalisierung von Online-Shops – und aus Distanz wird
Nähe, in: Klietmann, Markus (Hrsg.): Report Online-Handel, Düsseldorf, S. 141-
163.
Riemer, K./Klein, S. (2002): Supplier Relationship Management: Supplier Relationships
im Rahmen des Partnership Managements, in: Hildebrandt, K. (Hrsg.): HMD –
Praxis der Wirtschaftsinformatik: Supplier Relationship Management, Jg. 39, Nr.
228, S. 5-22.
Literaturverzeichnis 973

Riemer, K./Totz, C. (2002): Virales Marketing – Eine Werbebotschaft breitet sich aus,
in: Schögel, M./Schmidt, I. (Hrsg.): eCRM mit Interformationstechnologien Kun-
denpotenziale nutzen, Düsseldorf, S. 415-442.
Rimmelspacher, U. (2007): Interaktives Fernsehen: Technik, Entwicklungspotenziale
und Bedeutung im CRM, Aachen.
Rogers, E. M. (2003): Diffusion of Innovations, 5. Aufl., New York.
Rogge, P. S. (2007): Nutzergenerierte Inhalte als Erlösquelle für Medienunternehmen,
Arbeitspapiere des Instituts für Rundfunkökonomie, Nr. 320, Köln.
Rohde, H. (2017): Blockchain wird Vermittler arbeitslos machen, https://kommunikation-
mittelstand.digital/blockchain-wird-vermittler-arbeitslos-machen/, Zugriff am
06.02.2019.
Röhle, T. (2010): Der Google-Komplex – Über Macht im Zeitalter des Internets, Wetzlar.
Rohm, A. J./Swaminathan, V. (2004): A Typology of Online Shoppers based on Shop-
ping Motivations, in: Journal of Business Research, Jg. 57, Nr. 7, S. 748-757.
Rojas, R. (1996): Neural Networks: A Systematic Introduction, Berlin/Heidelberg.
Roland, F./Kleeberg, L. (2002): Strategisches Beschaffungsmarketing, in: Manschwetus,
U./Rumler, A. (Hrsg.): Strategisches Internetmarketing – Entwicklungen in der Net
Economy, Wiesbaden, S. 303-327.
Rönisch, S. (2018): Sieben Trends, die den deutschen Onlinehandel 2018 bestimmen,
https://www.ibusiness.de/members/aktuell/db/267490SUR.html, Zugriff am 06.
02.2019.
Rosenberger (2018): Bitcoin und Blockchain: Vom Scheitern einer Ideologie und dem
Erfolg einer revolutionären Technik, Berlin.
Roth, J. (2005): Mobile computing: Grundlagen, Technik, Konzepte, Heidelberg.
Rothfuss, G./Ried, C. (2003): Content Management mit XML, 2. Aufl., Heidelberg.
Rötzer, F. (2007): Virtuelle Währungen sollten denselben Gesetzen wie wirkliches Geld
unterworfen werden, https://www.heise.de/newsticker/meldung/Virtuelle-Waeh-
rungen-sollten-denselben-Gesetzen-wie-wirkliches-Geld-unterworfen-werden-
178659.html, Zugriff am 04.06.2018.
Rougé, D. (1994): Faszination Multimedia, Weinheim.
Rüggeberg, H. (2003): Marketing für Unternehmensgründer. Von der ersten Geschäftsi-
dee zum Wachstumsunternehmen, Wiesbaden.
Rügheimer, H. (2017): Revolution in vielen Branchen: Anwendungen für 5G, https://in-
telligente-welt.de/5g-anwendungen/, Zugriff am 30.05.2018.
974 Literaturverzeichnis

Rusch, M. (2017): Procurement Value Added, in: Controlling, Jg. 29, Nr. 3. S.66-68.
Safko, L. (2012): The Social Media Bible: Tactics, Tools, and Strategies for Business
Success, 3. Aufl., Hoboken/New Jersey.
Sairamesh, J./Mohan, R./Kumar, M./Hasson, L./Bender, C. (2002): A Platform for
Business-to-Business Sell-Side, Private Exchanges and Marketplaces, in: IBM
Systems Journal, Jg. 41, Nr. 2, S. 242-252.
Samuel, A. (1959): Some Studies in Machine Learning Using the Game of Checkers, in:
IBM Journal of Research and Development, Jg. 3, Nr. 3, S. 210-229.
Sarasvathy, S. D. (2001): Causation and Effectuation: Toward a Theoretical Shift from
Economic Inevitability to Entrepreneurial Contingency, in: The Academy of Man-
agement Review, Jg. 26, Nr. 2, S. 243-263.
Sarkar, M. B./Butler, B./Steinfeld, C. (1995): Intermediaries and Cybermediaries: A
Continuing Role for Mediating Players in the Electronic Marketplace, in: Journal
of Computer-Mediated Communication, Jg. 1, Nr. 3.
Säuberlich, F. (2003): Web Mining: Effektives Marketing im Internet, in: Wiedmann, K.-
P./Buckler, F. (Hrsg.): Neuronale Netze im Marketing-Management – Praxisorien-
tierte Einführung in modernes Data-Mining, 2. Aufl., Wiesbaden, S. 129-146.
Schackmann, J./Schüh, J. (2001): Personalisierte Portale, in: Wirtschaftsinformatik, Jg.
43, Nr. 6, S. 623-625.
Schäfer, H. (2002): Die Erschließung von Kundenpotentialen durch Cross-Selling: Er-
folgsfaktoren für ein produktübergreifendes Beziehungsmanagement, Wiesbaden.
Scheer, A.-W./Feld, T./Göbl, M./Hoffmann, M. (2001): Mobile Business und die Aus-
wirkung auf Geschäftsmodelle in Unternehmen – das mobile Unternehmen, in:
Nicolai, A. T./Petersmann, T. (Hrsg.): Strategien im M-Commerce, Schäffer-Po-
eschel, Stuttgart, S. 27-45.
Scheer, C./Hansen, T./Loos, P. (2003): Erweiterung von Produktkonfiguratoren im
Electronic Commerce um eine Beratungskomponente, ISYM – Information Sys-
tems & Management Arbeitspapier Nr. 11, Johannes Gutenberg-Univeristät Mainz,
August 2003.
Schefczyk, M./Pankotsch, F. (2003): Betriebswirtschaftslehre junger Unternehmen,
Stuttgart.
Schenk, G. (2007): Individualisierung und Personalisierung – Kernprinzipien für Online-
Geschäftsmodelle im Web 2.0, in: Kollmann, T./Häsel, M. (Hrsg.): Web 2.0 –
Trends und Technologien im Kontext der Net Economy, Wiesbaden, S. 35-51.
Scherff, D. (2018): Der verrückte Aufstieg von Wirecard, in: Frankfurter Allgemeine
Sonntagszeitung, Ausgabe 9 September, Nr. 36.
Literaturverzeichnis 975

Schinzer, H. (2001): Zahlungssysteme im Internet, in: Hermanns, A./Sauter, M. (Hrsg.):


Management-Handbuch Electronic Commerce. Grundlagen, Strategien, Praxisbei-
spiele, 2. Aufl., München, S. 391-402.
Schlüchter, J. (2001): Prognose der künftigen Entwicklung elektronischer B2B Markt-
plätze. Konzeptionelle Basis und empirische Ergebnisse eines Experten-Delphi,
Thüngersheim.
Schmalzl, B./Heider, T./Merkl, A. (2004): Teleworking – Schicken Sie Ihre besten Mit-
arbeiter doch nach Hause, in: Schmalzl, B. (Hrsg.): Arbeit und elektronische Kom-
munikation der Zukunft. Methoden und Fallstudien zur Optimierung der Arbeits-
platzgestaltung, Berlin/Heidelberg, S. 203-229.
Schmalzl, B./Imbery, H./Merkl, A. (2004): Wissensmanagement – Wissen in der Ge-
meinschaft teilen und nutzen, in: Schmalzl, B. (Hrsg.): Arbeit und elektronische
Kommunikation der Zukunft. Methoden und Fallstudien zur Optimierung der Ar-
beitsplatzgestaltung, Berlin/Heidelberg, S. 441-458.
Schmid, B. (1993): Elektronische Märkte, in: Wirtschaftsinformatik, Jg. 35, Nr. 5, S. 465-
480.
Schmid, B. (1997): Elektronische Märkte: Das Potenzial wird erst in seinen Anfängen
genutzt, in: Office Management, Jg. 45, Nr. 4, S. 10-14.
Schmidt, C./Uske, T. (2004): Reputationsmechanismen für Informationsgüter auf Inter-
net-Meinungsportalen, Discussion Papers on Strategic Interaction, Max Planck In-
stitute of Economics, Strategic Interaction Group, Jena.
Schmidt, H. (2017): Plattform Ökonomie: Wie deutsche Unternehmen die Plattform-
Ökonomie verschlafen, https://www.netzoekonom.de/2017/02/10/wie-deutsche-
unternehmen-die-plattform-oekonomie-verschlafen-2/, Zugriff am 14.11.2018.
Schmidt, J. (2006): Weblogs: Eine kommunikationssoziologische Studie, Konstanz.
Schmidt, J. (2011): Weblogs in Unternehmen, in: Kilian, T./Hass, B. H./Walsh, G.
(Hrsg.): Grundlagen des Web 2.0 – Neue Perspektiven für Marketing und Medien,
2. Aufl., Berlin, S. 97-108.
Schmitz, M. (2002): Neue Kunden gewinnen mit Suchmaschinen, Göttingen.
Schneider, D./Schnetkamp, G. (2000): E-Markets. B2B-Strategien im Electronic Com-
merce: Marktplätze, Fachportale, Plattformen, Wiesbaden.
Schneider, H. (1998): Outsourcing von Beschaffungsdienstleistungen – Beschaffungs-
dienstleister und ihre Konzepte; BME-Expertenreihe Band 2, Gernsheim.
976 Literaturverzeichnis

Schoder, D./Fischbach, K. (2002): Die Bedeutung von Peer-to-Peer-Technologien für


das Electronic Business, in: Weiber, R. (Hrsg.): Handbuch Electronic Business,
Informationstechnologien – Electronic Commerce – Geschäftsprozesse, 2. Aufl.,
Wiesbaden, S. 99-115.
Scholz, T. (2017): Uberworked and underpaid – how workers are disrupting the Digital
Economy. Malden, MA, USA: Polity Press.
Schramm, W. (1955): Information Theory and Mass Communication, in: Journalism
Quarterly, Jg. 32, Nr. 2, S. 131-146.
Schrape, K. (1998): Multimedia – Ambivalente Entwicklungsperspektiven, in: Schanze,
H./Kammer, M. (Hrsg.): Interaktive Medien und ihre Nutzer, Baden-Baden, S. 21-
46.
Schreiber, K. (1966): Marktforschung, Berlin.
Schroll, W./Neef, A. (2007): Was kommt nach Second Life?, http://www.manager-ma-
gazin.de/it/artikel/0,2828,481775,00.html, Zugriff am 14.02.2019.
Schubert, H. (2018): Netzwerkmanagement in Kommune und Sozialwirtschaft - Eine
Einführung, Springer VS, Wiesbaden.
Schubert, P. (2000): Virtuelle Transaktionsgemeinschaften im Electronic Commerce:
Management, Marketing und soziale Umwelt, 2. Aufl., Lohmar.
Schubert, P. (2002): E Procurement: Elektronische Unterstützung der Beschaffungspro-
zesse in Unternehmen, in: Schubert, P./Wölfle, R./Dettling, W. (Hrsg.): Procure-
ment im E Business – Einkaufs- und Verkaufsprozesse elektronisch optimieren,
München, S. 1-28.
Schubert, S./Kämker, D. (2001): Der Beitrag des Controlling auf dem Wachstumspfad
der OnVista AG, in: Kostenrechnungspraxis. Zeitschrift für Controlling, Ac-
counting & System-Anwendungen, Sonderheft 2, S. 27-31.
Schulz, B. (1995): Kundenpotentialanalyse im Kundenstamm von Unternehmen, Frank-
furt a. M.
Schulz, B. (2018): Industrie 5.0 - Schuften bis der Roboter kommt, https://www.tages-
spiegel.de/kultur/industrie-5-0-schuften-bis-der-roboter-kommt/21178564.html,
Zugriff am 20.09.2018.
Schumann, M./Hess, T./Wittenberg, S./Burghardt, M./Wilde, T. (2004): Management
von virtuellen Unternehmen. Softwareunterstützung und innovative Technologien,
Göttingen.
Literaturverzeichnis 977

Schütte, J./ Fridgen, G./ Prinz, W./ Rose, T. (2017): Blockchain. Technologien, For-
schungsfragen und Anwendungen, https://www.aisec.fraunhofer.de/content/dam/
aisec/Dokumente/Publikationen/Studien_TechReports/deutsch/FhG-Positionspa-
pier-Blockchain.pdf, Zugriff am 16.07.2018.
Schwab, K. (2016): Die Vierte Industrielle Revolution, München.
Schwarz, T. (2003): E-Mail-Marketing – Erfolgsfaktoren und K.o.-Kriterien, in: IT-Ma-
nagement, Nr. 5, S. 68-73.
Schwarze, J./Schwarze, S. (2002): Electronic Commerce, Grundlagen und praktische
Umsetzung, Verlag Neue Wirtschafts-Briefe, Herne.
Schwenke, T. (2018): Werbekennzeichnung im Influencer Marketing, in: Social Hub
blog, https://blog.socialhub.io/influencer-marketing-werbekennzeichnung/, Zu-
griff am 25.09.2018.
Schwerdt, Y. (2005): Bürgermarketing, in: Absatzwirtschaft 10/2005, S. 26.
Schwickert, A. C./Pfeiffer, E. (2000): Elektronische Marktplätze – Formen, Beteiligte,
Zutrittsbarrieren. Arbeitspapier der Universität Mainz, Lehrstuhl f. Allg. BWL u.
Wirtschaftsinformatik, Nr. 5.
Scott, D. M. (2014): Die neuen Marketing- und PR-Regeln im Web 2.0 – Wie Sie im
Social Web News Releases, Blogs, Podcasting und virales Marketing nutzen, um
Ihre Kunden zu erreichen, 4. Aufl., Heidelberg.
Scully, A. B./Woods, W. W. A. (1999): B2B-Exchanges – The Killer Application in the
Business-to-Business Internet Revolution, New York.
Seifert, D. (2013): Electronic-Commerce – Mobile-Commerce – Social-Commerce
Guide: Lexikon mit den relevanten Definitionen und KPIs in der digitalen Welt,
Mönchengladbach.
Senge, P. M. (1990): The Fifth Discipline – the Art and Practice of the Learning Organi-
zation, New York.
Senge, P. M. (2006): The Fifth Discipline – the Art and Practice of the Learning Organi-
zation, 2. Aufl., New York.
Seufert, S./Moisseeva, M./Steinbeck, R (2002): Virtuelle Communities gestalten, in: Ho-
henstein, A./Wilbers, K. (Hrsg.): Handbuch E-Learning für Wissenschaft und Pra-
xis, Köln, S. 35-52.
Shankar, P. B./Sharda, R. (1997): Obtaining Business Intelligence on the Internet, in:
Long Range Planning, Jg. 30, Nr. 1, S. 110-121.
Shannon, C./Weaver, W. (1976): Mathematische Grundlagen der Informationstheorie,
München.
978 Literaturverzeichnis

Shapiro, C./Varian, H. R. (2010): Information Rules. A Strategic Guide to the Network


Economy, Nachdruck, Boston.
Sheth, A./Verma, K./Gomadam, K. (2006): Semantics to Energize the Full Service
Spectrum – Using an Ontological Approach to Better Exploit Services and the
Technical and Business Levels, in: Communications of the ACM, Jg. 49, Nr. 7, S.
55-61.
Shi, W./Cao, J./Zhang, Q./Li, Y./Xu, L. (2016): Edge Computing: Vision and Chal-
lenges, in: IEEE Internet of Things Journal, Jg. 3, Nr. 5, S. 637-646.
Siegel, E. (2016): Predictive analytics: the power to predict who will click, buy, lie, or die,
New Jersey.
Silberer, G. (1995): Marketing und Multimedia, in: Hünerberg, R. G. (Hrsg.): MultiMedia
und Marketing – Grundlagen und Anwendungen, Wiesbaden, S. 85- 103.
Silberer, G. (2000): Online-Marketing in deutschen Unternehmen. Einsatz – Akzeptanz
– Wirkung. Wiesbaden.
Silberer, G. (2002): Interaktive Kommunikationspolitik im Electronic Business, in: Wei-
ber, R. (Hrsg.): Handbuch Electronic Business: Informationstechnologien –
Electronic Commerce – Geschäftsprozesse, Wiesbaden, S. 709-731.
Simmelsdorf, F. (2000): Benchmarking von Wissensmanagement – Eine Methode des
ressourcenorientierten strategischen Managements, Wiesbaden.
Simon, B. (2001): E-Learning an Hochschulen, Gestaltungsräume und Erfolgsfaktoren
von Wissensmedien, Köln.
Simon, H. (1988): Management strategischer Wettbewerbsvorteile, in: ZfB, Jg. 58, Nr. 4,
S. 461-480.
Simon, R. (2000): E-Procurement, in: Cybiz, Nr. 9, S. 24-30.
Sinz, E. J./Knobloch, B./Mantel, S. (2000): Web-Application-Server, in: Wirtschaftsin-
formatik, Jg. 42, Nr. 6, S. 550-552.
Skiera, B. (2001): Wie teuer sollen die Produkte sein? – Preispolitik, in: Albers, S./Cle-
ment, M./Peters, K./Skiera, B. (Hrsg.): eCommerce – Einstieg, Strategie und Um-
setzung im Unternehmen, 3. Aufl., Wiesbaden, S. 687-707.
Skiera, B./Spann, M. (2002): Flexible Preisgestaltung im Electronic Business, in: Wei-
ber, R. (Hrsg.): Handbuch Electronic Business: Informationstechnologien – Elec-
tronic Commerce – Geschäftsprozesse, 2. Aufl., Wiesbaden, S. 687-707.
Smeltzer, L. R./Carter, J. R. (2001): How to Build an E-Procurement Strategy, in: Sup-
ply Chain Management Review, Jg. 2, Nr. 5, S. 76-83.
Literaturverzeichnis 979

Smith; C. (2018): Evolution of the World Wide Web From Web 1.0 to Web 5.0, http://
geekswithblogs.net/Xicomtech/archive/2018/04/09/244669.aspx, Zugriff am 20.
09.2018.
Sonntag, R. (2002): Medienmanagement: Besondere Aspekte des Internet-Marketings,
Vortrag an der Technischen Universität Dresden, 13.12.2002.
Spar, D./Bussgang, J. J. (1996): Geschäfte im Cyberspace – Noch fehlen dem Spiel feste
Regeln, in: Harvard Business Manager, Jg. 18, Nr. 4, S. 39-47.
Spohrer, M./Blackert, S. (2001): E-Commerce – die Kundenperspektive, in: Hermanns,
A./Sauter, M. (Hrsg.): Management-Handbuch Electronic Commerce, München,
2. Aufl., S. 75-83.
Stanoevska-Slabeva, K. (2001): Elektronische Produktkataloge; in: Weiber, R. (Hrsg.):
Handbuch Electronic Business. Informationstechnologien – Electronic Commerce
– Geschäftsprozesse, Wiesbaden, S. 523-537.
StatCounter (2018): Marktanteile der führenden mobilen Betriebssysteme an der Inter-
netnutzung mit Mobiltelefonen weltweit von September 2009 bis Mai 2018,
https://de.statista.com/statistik/daten/studie/184335/umfrage/marktanteil-der-mo-
bilen-betriebssysteme-weltweit-seit-2009/, Zugriff am 30.07.2018.
Statista (2018a): Anzahl der Smartphone-Nutzer in Deutschland in den Jahren 2009 bis
2018 (in Millionen), https://de.statista.com/statistik/daten/studie/198959/um-
frage/anzahl-der-smartphonenutzer-in-deutschland-seit-2010/, Zugriff am 30.07.
2018.
Statista (2018b): Virtual Reality (VR), https://www.statista.com/study/29689/virtual-re-
ality-vr-statista-dossier/, Zugriff am 21.09.2018.
Statista (2018c): Number of world of Warcraft subscribers by quarter, https://www.sta
tista.com/statistics/276601/number-of-world-of-warcraft-subscribers-by-quarter/,
Zugriff am 04.10.2018.
Statistisches Bundesamt (2015): Bruttoinlandsprodukt 2014 für Deutschland,
https://www.destatis.de/DE/PresseService/Presse/Pressekonferenzen/2015/BIP20
14/Pressebroschuere_BIP2014.pdf?__blob=publicationFile, Zugriff am 31.07.
2018.
Statistisches Bundesamt (2017): Ausstattung privater Haushalte mit Informations- und
Kommunikationstechnik, https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/Gesellschaft-
Staat/EinkommenKonsumLebensbedingungen/AusstattungGebrauchsguetern/Ta-
bellen/Infotechnik_D.html, Zugriff am 30.07.2018.
980 Literaturverzeichnis

Stauss, B. (2008): Weblogs als Herausforderung für das Customer Care, in: Bauer, H.
H./Große-Leege, D./Rösger, J. (Hrsg.): Interactive Marketing im Web 2.0+. Kon-
zepte und Anwendungen für ein erfolgreiches Marketingmanagement im Internet,
2. Aufl., München, S. 251-266.
Stauss, B. (2010): Kundenbindung durch Beschwerdemanagement, in: Bruhn, M./
Homburg, C. (Hrsg.): Handbuch Kundenbindungsmanagement, 7. Aufl., Wiesba-
den, S. 411-438.
Stauss, B./Seidel, W. (2014): Beschwerdemanagement: Unzufriedene Kunden als profi-
table Zielgruppe, 5. Aufl., München.
Sterne, J. (2011): Social Media Monitoring, Heidelberg.
Stewart, G.B. (1991): The quest for value: the EVA management guide, New York.
Stoll, P. P. (2007): E-Procurement: Grundlagen, Standards und Situation am Markt, Wies-
baden.
Stolpmann, M. (2001): Online-Marketingmix – Kunden finden, Kunden binden im E-Bu-
siness, 2. Aufl., Bonn.
Stormer, H. (2007): Improving E-Commerce Recommender Systems by the Identifica-
tion of Seasonal Products, in: Mobasher, B./Annand, S. S./Kobsa, A./Jannach, D.
(Hrsg.): Proceedings of the Workshop of Intelligent Techniques for Web Personal-
ization and Recommender Systems in E-Commerce, CA.
Strauß, R. E./Schoder, D. (2001): Wie werden die Produkte den Kunden angepasst? –
Massenhafte Individualisierung, in: Albers, S./Clement, M./Peters, K./Skiera, B.
(Hrsg.): E-Commerce – Einstieg, Strategie und Umsetzung im Unternehmen, 3.
Aufl., Frankfurt a. M., S. 111-121.
Ströbel, M. (2002): A Design and Implementation Framework for Symmetric Multi-At-
tribute Negotiation Intermediation in Electronic Markets, Zürich.
Subramaniam, C./Shaw, M. J. (2004): The Effects of Process Characteristics on the
Value of B2B E-Procurement, in: Information Technology and Management, Jg.
5, Nr 1-2, S. 161-180.
Suckow, C. (2007): Marketing im Web 2.0 – Neue Herausforderungen im Dialog mit dem
Kunden, in: Kollmann, T./Häsel, M. (Hrsg.): Web 2.0 – Trends und Technologien
im Kontext der Net Economy, Wiesbaden, S. 191-206.
Surowiecki, J. (2007): Die Weisheit der Vielen, 2. Aufl., München.
Sydow, J./Windeler, A. (1997): Über Netzwerke, virtuelle Integration und Interorganisa-
tionsbeziehungen, in: Sydow, J./Windeler, A. (Hrsg.): Management interorganisa-
tionaler Beziehungen. Vertrauen, Kontrolle und Informationstechnik, Opladen, S.
1-21.
Literaturverzeichnis 981

Szabo, N. (1994): Smart Contracts, http://www.fon.hum.uva.nl/rob/Courses/Information


InSpeech/CDROM/Literature/LOTwinterschool2006/szabo.best.vwh.net/smart.
contracts.html, Zugriff am 28.08.2018.
Szabo, N. (1997): The Idea of Smart Contracts, http://www.fon.hum.uva.nl/rob/Courses
/InformationInSpeech/CDROM/Literature/LOTwinterschool2006/szabo.best.vwh
.net/idea.html, Zugriff am 28.08.2018.
Szymanski, D. M./Hirse, R. T. (2000): E-Satisfaction: An Initial Examination, in: Journal
of Retailing, Jg. 76, Nr. 3, S. 309-322.
Talin, B. (2018): Blockchain – Möglichkeiten und Anwendungen der Technologie, in:
More than digital, https://morethandigital.info/blockchain-moeglichkeiten-und-an-
wendungen-der-technologie/, Zugriff am 19.09.2018.
Tanenbaum, A. S./Steen, M. v. (2008): Verteilte Systeme. Prinzipien und Paradigmen,
2. Aufl., München.
Tantzen, N. (2006): Organisatorische Gestaltung Virtueller Unternehmen, Univ. Diss.,
Aachen.
Tapscott, D. (1996): Die digitale Revolution – Verheißungen einer vernetzten Welt,
Wiesbaden.
Teichmann, R./Nonnenmacher, M./Henkel, J. (2001): E-Commerce und E-Payment,
Wiesbaden.
Tellkamp, C./Haller, S. (2005): Automatische Produktidentifikation in der Supply Chain
des Einzelhandels, in: Fleisch, E./Mattern, F. (Hrsg.): Das Internet der Dinge.
Ubiquitous Computing und RFID in der Praxis: Visionen, Technologien, Anwen-
dungen, Handlungsanleitungen, Berlin/Heidelberg, S. 225-249.
Teten, D./Allen, S. (2005): The Virtual Handshake: Opening Doors and Closing Deals
Online, New York.
Thome, R./Schinzer, H./Hepp, M. (2005): Electronic Commerce und Electronic Busi-
ness – Mehrwert durch Integration und Automation, 3. Aufl., München.
Thommen, J.-P./Achleitner, A.-K./Gilbert, D. U./Hachmeister, D./Kaiser, G. (2017):
Allgemeine Betriebswirtschaftslehre: Umfassende Einführung aus management-
orientierter Sicht, 8. Aufl., Wiesbaden.
Tiedke, D. (2000): Bedeutung des Online Marketing für die Kommunikationspolitik, in:
Link, J. (Hrsg.): Wettbewerbsvorteile durch Online-Marketing. Die strategischen
Perspektiven elektronischer Märkte, 2. Aufl., Berlin, S.77-119.
Tietz, R. (2007): Virtuelle Communities als innovatives Instrument für Unternehmen:
Eine explorative Fallstudienanalyse im Hobby- und Freizeitgüterbereich, Ham-
burg.
982 Literaturverzeichnis

Timmons, J. A. (2015): New Venture Creation: Entrepreneurship for the 21st Century,
10. Aufl., Singapur.
Toporowski, W./Zielke, S. (2006): Supplier-Relationship-Management, in: Zentes, J.
(Hrsg.): Handbuch Handel: Strategien – Perspektiven – Internationaler Wettbe-
werb, Wiesbaden, S. 759-779.
Tripp, H. (2002): Electronic Procurement Services, Lohmar.
Turban, E./King, D./Lee, J./Warkentin, M./Chung, H. M. (2002): Electronic Com-
merce 2002 – A Managerial Perspective, Upper Saddle River, New Jersey.
Turban, E./Outland, J./King, D./Lee, J. K./Liang, T.-P./Turban, D. C. (2018): Elec-
tronic Commerce 2018 – A Managerial and Social Networks Perspective, Upper
Saddle River, 9. Aufl., New Jersey.
Turban, E./Whiteside, J./King, J.D./Outland, J. (2017): Introduction to Electronic
Commerce and Social Commerce, 4. Aufl., Cham.
Turowski, K./Pousttchi, K. (2004): Mobile Commerce: Grundlagen und Techniken, Ber-
lin/Heidelberg.
Ullman, J. D./Widom, J. (2014): A First Course in Database Systems, 3. Aufl., Harlow.
Universität Duisburg-Essen (2018): NRW-VRR-Semesterticket auf dem Smartphone,
https://www.uni-due.de/studierendensekretariat/semesterticket.shtml, Zugriff am
17.09.2018.
Urschinger, K. (2019): Achtung: DAS sind Fake News!, https://www.swr3.de/aktuell/
Achtung-DAS-sind-Fake-News/-/id=4382120/did=4840638/1x5o4tu/index.html,
Zugriff am 07.02.2019.
Vatovec, B. (2001): Design und Benutzerführung im E-Commerce, in: Hermanns, A./
Saueter, M. (Hrsg.): Management-Handbuch Electronic Commerce, 2. Aufl., Mün-
chen, S. 349-361.
Voigt, K.-I./Landwehr, S./Zech, A. (2003): Elektronische Marktplätze. E-Business im
B2B-Bereich, Heidelberg.
Volkmann, C./Tokarski, K. (2006): Growth Strategies for Young E-Ventures through
Structured Collaboration, in: International Journal of Services Technology and
Management, Jg. 7, Nr. 1, S. 68-84.
Von Lingen, T. (1993): Marktgleichgewicht oder Marktprozess – Perspektiven der
Mikroökonomie, Wiesbaden.
Wahlster, W./Dengel, A. (2006): Web 3.0: Convergence of Web 2.0 and the Semantic
Web, in: Technology Radar Feature Paper Edition II/2006, S. 2–22, Deutsche Tel-
ekom Laboratories.
Literaturverzeichnis 983

Walport, M. (2015): Distributed Ledger Technology: beyond block chain, https://asse


ts.publishing.service.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment_da
ta/file/492972/gs-16-1-distributed-ledger-technology.pdf, Zugriff am 05.06.2018.
Wamser, C. (2001): Strategisches Electronic Commerce. Wettbewerbsvorteile auf elekt-
ronischen Märkten, München.
Wang, H.C./Fussell, S. R./Cosley, D. (2013): Machine Translation vs. Common Lan-
guage: Effects on Idea Exchange in Cross-Lingual Groups, in: Proceedings of the
2013 conference on Computer supported cooperative work, ACM, S. 935-937.
Wannenwetsch, H. (2002): E-Logistik und E Business, Stuttgart.
Wannenwetsch, H. H./Nicolai, S. (2004): E-Supply-Chain-Management. Grundlagen –
Strategien – Praxisanwendungen, 2. Aufl., Wiesbaden.
Wanner, W. (2016): Cloud- versus Edge-Computing. Funkschau, 6. Juni 2016,
https://www.funkschau.de/telekommunikation/artikel/130928/, Zugriff am 08.02.
2019.
Weber, J./Schäffer, U. (1999): Sicherstellung der Rationalität von Führung als Funktion
des Controlling, in: Die Betriebswirtschaft, Jg. 59, Nr. 6, S. 731-746.
Weber, J./Schäffer, U./Freise, H.-U. (2001): Controlling von E-Commerce auf Basis der
Balanced Scorecard, in: Eggers, B./Hoppen, G. (Hrsg.): Strategisches E-Com-
merce-Management, Wiesbaden, S. 445-464.
Weber, W./ Kabst, R./ Baum, M. (2018): Einführung in die Betriebswirtschaftslehre, 10.
Aufl., Wiesbaden.
Wegmann, C. (2001): Internationales Beschwerdemanagement, Wiesbaden.
Weiber, R. (1992): Diffusion von Telekommunikation, Wiesbaden.
Weiber, R./Egner-Duppich, C. (2006): Vertrauen bei Online Käufen: Ein transaktions-
phasenbezogener Ansatz aus informationsökonomischer Sicht in: Bauer, H./
Neumann, M./Schüle, A. (Hrsg.): Konsumentenvertrauen: Konzepte und Anwen-
dungen für ein nachhaltiges Kundenbindungsmanagement, München, S. 341-354.
Weiber, R./Jacob, F. (2000): Kundenbezogene Informationsgewinnung, in: Kleinalten-
kamp, M./Plinke, W. (Hrsg.): Technischer Vertrieb – Grundlagen des Business-to-
Business Marketing, 2. Aufl., Berlin, S. 523-612.
Weiber, R./Kollmann, T. (1996a): Die Akzeptanz von interaktivem Fernsehen – Anfor-
derungen an ein neues Multimedium, in: Glowalla, U./Schoop, E. (Hrsg.): Perspek-
tiven multimedialer Kommunikation – Deutscher Multimedia Kongress, Berlin, S.
163-169.
Weiber, R./Kollmann, T. (1996b): Interaktives Fernsehen – Information schlägt Unter-
haltung, in: Absatzwirtschaft, Jg. 39, Nr. 2, S. 94-99.
984 Literaturverzeichnis

Weiber, R./Kollmann, T. (1997a): Wettbewerbsvorteile auf virtuellen Märkten – Vom


Marketplace zum Marketspace, in: Link, J./Brändli, D./Schleuning, Ch./Kehl, R.
E. (Hrsg.): Handbuch Database Marketing, Ettlingen, S. 513-530.
Weiber, R./Kollmann, T. (1997b): Interactive Marketing – Von der medialen Masse zur
multimedialen Einzelkommunikation, in: Link, J./Brändli, D./Schleuning,
Ch./Kehl, R. E. (Hrsg.): Handbuch Database Marketing, Ettlingen, S. 533-555.
Weiber, R./Kollmann, T. (1998): Competitive Advantages in Virtual Markets – Perspec-
tive of „Information-based-Marketing“ in Cyberspace, in: EJM – European Journal
of Marketing, Jg. 32, Nr. 7/8, S. 603-615.
Weiber, R./Kollmann, T. (2000): Wertschöpfungsprozesse und Wettbewerbsvorteile im
Marketspace, in: Bliemel, F./Fassott, G./Theobald, A. (Hrsg.): Electronic Com-
merce – Anwendungen und Perspektiven, 3. Aufl., Wiesbaden, S. 47-62.
Weiber, R./Meyer, J. (2002): Virtual Communities, in: Weiber, R. (Hrsg.): Handbuch
Electronic Business, 2. Aufl., Gabler: Wiesbaden, S. 343-361.
Weiber, R./Meyer, J. (2005): Grundlagen des Community Marketing: Bezugsrahmen
und empirische Prüfung des Virtual Community-Konzepts, in: Thexis, Sonderheft
Community Marketing, Jg. 22, Nr. 3, S. 42-46.
Weiber, R./Mühlhaus, D./Egner-Duppich, C. (2007): Instrumente des E-Procurement,
in: Das Wirtschaftsstudium, 11/2007, S. 1449-1454.
Weiber, R./Mühlhaus, D./Hörstrup, R. (2010a): Auswahlentscheidungen bei heteroge-
nen Angebotssets, in: Marketing ZFP, Jg. 32, Nr. 1, S. 7-18.
Weiber, R./Mühlhaus, D./Hörstrup, R. (2010b): Kategoriezentrierte und repräsentan-
tenorientierte Auswahlentscheidungen: Konsequenzen für das Management von
Kundenbeziehungen, Georgi, D./Hadwich, K. (Hrsg.): Management von Kunden-
beziehungen, Wiesbaden, S. 407-429.
Weiber, R./Mühlhaus, D./Hörstrup, R./Wolf, T. (2010): Consumer Choice in Case of
Heterogeneous Alternatives, in: Review of Studies and Economic Research, Jg. 3,
Nr. 1, S. 147-166.
Weiber, R./Weber, M. R. (2002): Customer Realtionship Marketing und Customer Life-
time Value im Electronic Business, in: Weiber, R. (Hrsg.): Handbuch Electronic
Business: Informationstechnologien – Electronic Commerce – Geschäftsprozesse,
2. Aufl., Wiesbaden, S. 609-643.
Weiber, R./Wolf, T. (2013): Word-of-Mouth-Marketing, in: WiSt - Wirtschaftswissen-
schaftliches Studium, Nr. 4, S. 210-212.
Literaturverzeichnis 985

Weiber, R/Hörstrup, R. (2009): Von der Kundenintegration zur Anbieterintegration: Die


Erweiterung anbieterseitiger Wertschöpfungsprozesse auf kundenseitige Nut-
zungsprozesse, in: Brun, M./Strauss, B. (Hrsg.): Kundenintegraton, Wiesbaden, S.
281-312.
Weidemann, T. (2017): Ikea zeigt Möbel per Virtual Reality über die Oculus Rift, in t3n
News, https://t3n.de/news/ikea-zeigt-moebel-virtual-reality-852020/, Zugriff am
21.09.2018.
Weinberg, T. (2014): Social Media Marketing – Strategien für Twitter, Facebook & Co.,
4. Aufl., Köln.
Weissgraeber, R. (2018): ATML3 Documentation, https://support.ax-semantics.com/
where-to-get-help-at-ax-semantics/documentation/atml3-documentation, Zugriff
am 04.10.2018.
Weitz, W. (2002): Basisarchitekturen Webbasierter Informationssysteme, in:
Wirtschaftsinformatik, Jg. 44, Nr. 3, S. 207-216.
Weitzman, M. (1984): The Share Economy: Conquering Stagflation. Harvard Business
Press, Cambridge.
Weller, T. C. (2000): BtoB eCommerce. The Rise of eMarketplaces. Equity Research,
Legg Mason.
Wenzlaff, K./Pelzer, C./Eisfeld-Reschke, J. (2012): Crowdsourcing Report 2012: Neue
Digitale Arbeitswelten, Berlin.
Werner, H. (2017): Supply Chain Management. Grundlagen, Strategien, Instrumente und
Controlling, 6. Aufl., Wiesbaden.
Wernerfelt, B. (1984): A Resource-based View of the Firm, in: Strategic Management
Journal, Jg. 5, Nr. 2, S. 171-180.
Wieczorrek, H. W./Mertens, P. (2011): Management von IT-Projekten, 4. Aufl., Berlin.
Wiedmann, K.-P./Buxel, H. (2003): Methodik des Customer Profiling im E-Commerce,
Marketing ZFP, Nr. 1, 1. Quartal.
Wiedmann, K.-P./Buxel, H. (2004): Konsumentenverhaltensforschung im Internet mit-
tels Profilbildungstechniken, in: Wiedmann, K.-P./Buxel, H./Frenzel, T./
Walsh, G. (Hrsg.): Konsumentenverhalten im Internet, Wiesbaden, S. 291-326.
Wiedmann, K.-P./Frenzel, T./Buxel, H. (2001): Strategisches E-Commerce-Marketing,
in: Eggers, B./Hoppen, G. (Hrsg.): Strategisches E-Commerce-Management,
Wiesbaden, S. 395-443.
986 Literaturverzeichnis

Wiedmann, K.-P./Langner, S./Hennigs, N. (2011): Motive des Konsumentenengage-


ments im Open-Source-Marketing, in: Kilian, T./Hass, B. H./Walsh, G. (Hrsg):
Web 2.0 – Neue Perspektiven für Marketing und Medien, 2. Aufl., Heidelberg, S.
201-215.
Wiese, H. (1990): Netzeffekte und Kompatibilität – ein theoretischer und simulationsge-
leiteter Beitrag zur Absatzpolitik für Netzeffekt-Güter, Stuttgart.
Wietzorek, H./Henkel, G. (1997): Data-Mining und Database-Marketing: Grundlagen
und Einsatzfelder, in: Link, J./Brändli, D./Schleuning, C. (Hrsg.): Handbuch Data-
base-Marketing, 2. Aufl., Ettlingen, S. 234-267.
Wilde, K. D. (1987): Database-Marketing, in: Huch, B./Stahlknecht, P. (Hrsg.): EDV-
Anwendungen im Unternehmen, Frankfurt a. M., S. 105-118.
Wildemann, H. (2001): Supply Chain Management mit E-Technologien, in: Zeitschrift
für Betriebswirtschaft (ZfB), Ergänzungsheft 3, E-Business – Management mit E-
Technologien, S. 1-20.
Wilkins, J. (2006): Blogs, Wikis, and RSS, AIIM E-DOC, Nov./Dez. 2006, S. 114-115.
Wilson, A. (1994): Stimulating Referrals, in: Management Decision, Jg. 32, Nr. 7, S. 13-
15.
Wimmer, F. (1985): Beschwerdepolitik als Marketinginstrument, in: Hansen, U./
Schoenheit, I. (Hrsg.): Verbraucherabteilungen in privaten und öffentlichen Unter-
nehmungen, Frankfurt a. M., S. 225-254.
Winkler, A. (2019): So gehen Facebook, YouTube & Co. Gegen Fake News vor,
https://www.swr3.de/aktuell/So-gehen-Facebook-YouTube-Co/-
/id=4382120/did=4987926/18bjb4k/index.html, Zugriff am 07.02.2019.
Wirtz, B. W. (2003): Geschäftsmodelle in der Net Economy, in: Kollmann, T. (Hrsg.): E-
Venture-Management – Neue Perspektiven der Unternehmensgründung in der Net
Economy, Wiesbaden, S. 101-130.
Wirtz, B. W. (2008): Deutschland Online 5, Deutsche Telekom AG.
Wirtz, B. W. (2018): Electronic Business, 6. Aufl., Wiesbaden.
Wirtz, B. W./Burda, H./Beaujean, R. (2006): Deutschland Online 3 – Die Zukunft des
Breitband-Internets, Darmstadt.
Wirtz, B. W./Eckert, U. (2001): Electronic Procurement – Einflüsse und Implikationen
auf die Organisation der Beschaffung, in: Zeitschrift Führung und Organisation
(ZFO), Jg. 70, Nr. 3, S. 151-158.
Wirtz, B. W./Vogt, P. (2003): E-Collaboration im B2B-Bereich, in: Büttgen, M./Lücke,
F. (Hrsg.): Online-Kooperationen – Erfolg im E-Business durch strategische Part-
nerschaften, Wiesbaden, S. 265-284.
Literaturverzeichnis 987

Wirtz, B. W./Werner, J. (1999): Management der Kundenzufriedenheit und der Kunden-


bindung – Ein Erfolgsfaktor im Rahmen der Unternehmensstrategie, in: Deutsche
Bank - Unternehmer Spezial, Nr. 4, S. 24-28.
Wöhe, G./Döring, U./Brösel, G. (2016): Einführung in die Allgemeine Betriebswirt-
schaftslehre, 26. Aufl., München.
Wohlenberg, H./Krause, A. (1999): Revolution – Vertical B2B Marketplaces, Vortrag
am 07.12.1999 am Lehrstuhl Electronic Commerce der Universität Frankfurt,
Frankfurt a. M.
Wohlenberg, H./Krause, A. (2001): Branchentransformation durch E-Commerce, in: Eg-
ger, B./Hoppen G. (Hrsg.): Strategisches E-Commerce-Management. Erfolgsfak-
toren für die Real Economy, Wiesbaden, S. 73-93.
Woitke, T. (2003): Web-Bugs – Nur lästiges Ungeziefer oder datenschutzrechtliche Be-
drohung?, in: Multimedia und Recht, Jg. 6, Nr. 5, S. 310-314.
Woodford, A. (2018): Expanding Fact-Checking to Photos and Videos, https://news-
room.fb.com/news/2018/09/expanding-fact-checking/, Zugriff am 07.02.2019.
Wortmann, F./Flüchter, K. (2015): Internet of Things: Technology and Value Added,
in: Business and Information Systems Engineering, Jg. 57, Nr. 3, S. 221–224.
Wroblewski, M. (2017): Die Digitalisierung von Word of Mouth, in: Horizont,
https://www.horizont.net/marketing/kommentare/Micro-Influencer-Die-Digitali-
sierung-von-Word-of-Mouth-157519, Zugriff am 25.09.2018.
Yli-Huumo, J./Ko, D./Choi, S./Park, S./Smolander, K. (2016): Where Is Current Re-
search on Blockchain Technology? – A Systematic Review. PLoS ONE, 11(10).
Zarnekow, R. (1999): Softwareagenten und elektronische Kaufprozesse, Wiesbaden.
Zarrella, D. (2012): Das Social Media Marketing Buch, 2. Aufl., Köln.
Zeit Online (2017): Dobrindt plant digitale Fahrkarte für alle Städte, https://www.zeit.de
/wirtschaft/2017-01/verkehrsminister-alexander-dobrindt-eticket-oepnv, Zugriff
am 17.09.2018.
Zelewski, S. (1997): Elektronische Märkte zur Prozesskoordinierung in Produktionsnetz-
werken, in: Wirtschaftsinformatik, Jg. 39, Nr. 3, S. 231-243.
Zemanek, H. (1992): Das geistige Umfeld der Informationstechnik, Berlin.
Zentes, J./Knörr, E. (2004): SRM – Ein innovativer Ansatz zur Evaluierung von Liefe-
ranten, in: Zentes, J./Biesiada, H./Schramm-Klein, H. (Hrsg.): Performance Lea-
dership im Handel, Frankfurt a. M., S. 191-225.
Zentes, J./Swoboda, B./Foscht, T. (2012): Handelsmanagement, 3. Aufl., München.
988 Literaturverzeichnis

Zerdick, A./Picot, A./Schrape, K./Artopé, A./Goldhammer, K./Heger, D. K./Lange,


U. T./Vierkant, E./López-Escobar, E./Silverstone, R. (2001): Die Internet-Öko-
nomie – Strategien für die digitale Wirtschaft, 3. Aufl., Berlin.
Zerfaß, A. (2005): Corporate Blogs: Einsatzmöglichkeiten und Herausforderungen, BIG
BlogInitiativeGermany, 27.01.2005, http://doc.voss.de/VOSS-IT/Web%202.0/Li-
teratur/Artikel%20-%20Corporate%20Blogs%20-%20Ansgar%20Zerfaß.pdf, Zu-
griff am 05.06.2018.
Ziegler, J./Kaltz, J./Lohmann, S. (2006): Das ‘intelligente’ Web – Entwicklung kontext-
adaptiver Webanwendungen, in: Essener Unikate, Nr. 28, S. 18-29.
Zinnbauer, M./Bakay, Z. (2001): Preisdiskriminierung mittels Auktionen im Internet,
Schriften zur Empirischen Forschung und Quantitativen Unternehmensplanung,
Ludwigs-Maximilians-Universität München, Nr. 4.
Zwißler, S. (2002): Electronic Commerce und Electronic Business, Heidelberg.
Akronymverzeichnis 989

Akronymverzeichnis

A BRML .......... Business Rules Markup


Language
AAC ............. Advanced Audio Coding BWL............. Betriebswirtschaftslehre
ACID............ Atomicity, Consistency,
Isolation und Durability C
ADS ............. Adapted Grid Search
C2B .............. Consumer-to-Business
AG................ Aktiengesellschaft
C2C .............. Consumer-to-Consumer
AGB ............. Allgemeine Geschäftsbe-
CAD ............. Computer Aided Design
dingungen
CalDAV ....... Calendaring Extensions
Ajax.............. Asynchronous Java
to WebDAV
Script and XML
CardDAV ..... vCard Extensions to
AI ................. Artificial Intelligence
WebDAV
API ............... Application Program-
CBT .............. Computer Based Training
ming Interfaces
CCIR ............ Consultative Committee
ARPA ........... Advanced Research Pro-
for International Radio
ject Agency
CD ................ Compact Disc
ASCII ........... American Standard Code
CEO ............. Chief Executive Officer
for Information Inter-
CES .............. Consumer Electronic
change
Show
ASIC ............ Application Specific Inte-
CFO .............. Chief Financial Officer
grated Circuits
CGI............... Common Gateway
ASP .............. Application Service
Interface
Providing
CIBC ............ Canadian Imperal Bank
ATM ............ Asynchronous Transfer
of Commerce
Mode
CKO ............. Chief Knowledge Officer
AVI .............. Audio Video Interleave
CLV ............. Customer-Lifetime-Value
AR ................ Augmented Reality
CMO ............ Chief Marketing Officer
CMS ............. Content Management
B System
B2B .............. Business-to-Business COM ............ Component Object
B2C .............. Business-to-Consumer Model
B2G .............. Business-to-Government CPC .............. Cost per Click
BANF ........... Bestellanforderung CPFR ............ Collaborative Planning,
BEEM .......... Blockchain-enabled elec- Forecasting and Replen-
tronic Marketplace ishment
BMWi .......... Bundesministerium für CPI ............... Cost per Interest
Wirtschaft und Energie CPS .............. Cyber Physical Systems
CPU .............. Central Processing Unit

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019
T. Kollmann, E-Business, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26143-6
990 Akronymverzeichnis

CRM ............ Customer Relationship ECR .............. Efficient Consumer Re-


Management sponse
CRUD .......... Create-Read-Update-De- EDGE ........... Enhanced Data Rates for
lete GSM Evolution
CSS .............. Cascading Style Sheet EDI ............... Electronic Data Inter-
CSV.............. Comma Separated Values change
CTO ............. Chief Technology Officer EDIFACT ..... Electronic Data Inter-
cXML ........... Commerce XML change for Administra-
tion, Commerce and
D Transport
EDV ............. Elektronische Daten-
DAML.......... DARPA Agent Markup verarbeitung
Language EIAA ............ European Interactive Ad-
DBM ............ Database-Marketing vertising Association
DBMS .......... Database-Management EIS ............... Executive Information
System System
DCOM ......... Distributed Component EK ................ Einkauf
Object Model EPC .............. Electronic Product Code
DHTML ....... dynamisches HTML EPG .............. Electronic Program
DIN .............. Deutsches Institut für Guide
Normung ERP .............. Enterprise Resource Plan-
DNS ............. Domain Name System ning
DOM ............ Document Object Model ESB .............. Enterprise Service Bus
DPS .............. Desktop-Purchasing-Sys-
teme
DQDB .......... Distributed Queue Dual
F
Bus F&E .............. Forschung und Entwick-
DRY ............. Don’t repeat yourself lung
DSGVO ........ Datenschutz-Grundver- FDDI ............ Fiber Distributed Data In-
ordnung terface
DSL .............. Digital Subscriber Line FiBu ............. Finanzbuchhaltung
DTD ............. Document Type FIS ................ Führungsinformations-
Definition system
DVB ............. Digital Video Broadcast FTP............... File Transfer Protocol
DVD ............. Digital Video Disc FPGA ........... Field Programmable Gate
DW ............... Data Warehouse Arrays
FuE ............... Forschung und Entwick-
E lung

EAN ............. European Article Number


ebXML ......... Electronic Business using
G
XML G2B .............. Government-to-Business
Akronymverzeichnis 991

G2C .............. Government-to-Con- IIS................. Internet Information


sumer Server
G2G.............. Government-to-Govern- IKT ............... Informations- und Kom-
ment munikationstechnik
GB ................ Gigabyte IMDb ............ Internet Movie Database
Gbit .............. Gigabit IoT ................ Internet of Things
Gbit/s............ Gigabit/Sekunde IP .................. Internet Protocol
GFS .............. Geschäftsfeldstrategie IPO ............... Initial Public Offering
GHz .............. Gigahertz IrDA ............. Infrared Data Association
GIF ............... Graphics Interchange IS .................. Informationssysteme
Format ISAPI ........... Internet Server Applica-
GPRS ........... General Packet Radio tion Programming Inter-
Service face
GPS .............. Global Positioning Sys- ISBN ............ Internationale Standard-
tem buchnummer
GSM ............. Global System for Mo- ISDN ............ Integrated Services Digi-
bile Communication tal Network
GuV.............. Gewinn und Verlust IT.................. Informationstechnologie
ITU-R ........... International Telecom-
H munication Union Radio-
communication Sector
HGB ............. Handelsgesetzbuch ITV ............... Interaktives Fernsehen
HSCSD ........ High Speed Circuit IuK ............... Information und Kommu-
Switched Data nikation
HSDPA ........ High Speed Downlink
Packet Access
HSUPA ........ High Speed Uplink
J
Packet Access JP(E)G .......... Joint Photographic Ex-
HTML .......... Hypertext Markup Lan- pert Group
guage
HTTP ........... Hypertext Transfer Proto- K
col
Kbit/s ............ Kilobits/Sekunde
KB ................ Kilobyte
I KEP .............. Kurier-, Express- und Pa-
IBM .............. International Business ketdienste
Machines KeV .............. Kosten einer elektroni-
IDC .............. International Data schen Vermittlung
Corporation KI ................. Künstliche Intelligenz
IEEE ............. Institute of Electrical and KPI ............... Key Performance
Electronics Engineers Indicator
IETF ............. Internet Engineering KrV .............. Kosten einer realen Ver-
Task Force mittlung
992 Akronymverzeichnis

L OLAP ........... Online Analytical Pro-


cessing
LAN ............. Local Area Network ORDS ........... Online Retail Datafeed
LTE .............. Long Term Evolution Standardization
LVS .............. Lagerverwaltungssystem ORM ............ Objektrelationaler Map-
per
M OSI ............... Open System Intercon-
nection
M2M ............ Machine to Machine OSM ............. Open-Source-Marketing
Communication OWL ............ Ontology Web Lan-
MB ............... Megabyte guage
Mbit/s ........... Megabits/Sekunde
MIME .......... Multipurpose Internet P
Mail Extensions
MIMO .......... Multiple Input Multiple PC................. Personal Computer
Output PDA ............. Personal Digital Assistant
MMOG ........ Massive Multiplayer PDF .............. Portable Document For-
Online Game mat
MMORPG .... Massive Multiplayer PDM ............. Product Data Manage-
Online Role-Playing ment
Game PHP .............. PHP Hypertext Prepro-
MP3.............. MPEG Audio Layer 3 cessor
MPEG .......... Moving Pictures Experts PIN ............... Personal Identification
Group Number
MRO ............ Maintenance, Repair and PKA ............. Prozesskostenanalyse
Operations PLM ............. Product Lifecycle Ma-
MSPC ........... Multi Supplier Product nagement
Catalogue PLT .............. Prozessleittechnik
MVC ............ Model View Controller PNG ............. Portable Network
Graphics
PR................. Public Relations
N PRICAT ....... Price Catalogue Message
NFC.............. Near Field Communica- PROCAT ...... Product Data Message
tion PV ................ Produktvideo

O R
OFDM .......... Orthogonal Frequency R2R .............. Real to Real
Division Multiplexing R2V .............. Real to Virtual
OIL ............... Ontology Inference Layer RDF .............. Resource Description
/Ontology Interchange Framework
Language RDFS ........... RDF Schema
REST ............ Representational State
Transfer
Akronymverzeichnis 993

RFI ............... Request for Information SWOT .......... Strengths, Weaknesses,


RFID ............ Radio Frequency Identifi- Opportunities, Threats
cation
RFP .............. Request for Proposal T
RFQ.............. Request for Quotation
ROI .............. Return on Investment TCO ............. Total Cost of Ownership
ROM ............ Read Only Memory TCP .............. Transmission Control
RoR .............. Ruby on Rails Protocol
RPC .............. Remote Procedure Call TIFF ............. Tagged Image File For-
RSS .............. Really Simple Syndica- mat
tion TKP .............. Tausender-Kontaktpreis
TÜV ............. Technischer Überwa-
chungsverein
S
SCM ............. Supply Chain Manage- U
ment
SEA .............. Search-Engine-Advertis- UDDI ........... Universal Description,
ing Discovery and Integration
SEM ............. Search-Engine-Marketing UKW ............ Ultrakurzwelle
SEO .............. Search-Engine-Optimiza- UMTS .......... Universal Mobile Tele-
tion communications System
SET .............. Secure Electronic Trans- UN/SPSC ..... United Nations Standard
action Products and Services
SIG ............... Special Interest Group Classification
SIM .............. Subscriber Identification UPC .............. Universal Product Code
Module URI............... Uniform Resource Identi-
SMM ............ Social Media Marketing fier
SMS ............. Short Message Service URL ............. Uniform Resource Loca-
SMTP ........... Simple Mail Transfer tor
Protocol US ................ Unternehmensstrategie
SNM ............. Supplier Network Man- USB .............. Universal Serial Bus
agement UV ................ Unternehmensvideos
SOA ............. Service-orientierten Ar-
chitekturen V
SOAP ........... Simple Object Access
Protocol V2R .............. Virtual to Real
SPM ............. Supplier Performance V2V .............. Virtual to Virtual
Management VDE ............. Verband der Elektrotech-
SQL .............. Standard Query Lan- nik, Elektronik und Infor-
guage mationstechnik
SRM ............. Supplier Relationship VDI .............. Verein deutscher Ingeni-
Management eure
SSL .............. Secure Socket Layer VL ................ Vermittlungsleistung
994 Akronymverzeichnis

VR ................ Virtual Reality

W
W3C ............. World Wide Web
Consortium
WAP ............ Wireless Application
Protocol
WaWi ........... Warenwirtschaft
WBT ............ Web Based Training
WfMC .......... Workflow Management
Coalition
WLAN ......... Wireless Local Area Net-
work
WMA ........... Windows Media Audio
WMV ........... Windows Media Video
WOA ............ Weborientierte Archi-
tektur
WOM ........... Word-Of-Mouth
WSDL .......... Web Services Description
Language
WWS............ Warenwirtschaftssystem
WWW .......... World Wide Web

X
XHR ............. XML HTTP Request
XHTML ....... eXtensible Hypertext
Markup Language
XML ............ eXtensible Markup Lan-
guage
XSD ............. XML Schema Definition
XSL .............. eXtensible Stylesheet
Language
XSL-FO ....... XSL Formatting Objects
XSLT ........... XSL Transformation
Stichwortverzeichnis 995

Stichwortverzeichnis

Matching ..................................... 853


Ziffern Partnersuche und -bewertung ...... 853
2-H-Modell ..................................... 752 Anbieteraktivierung ........................ 607
3-B-Modell...................................... 334 Anbieter-Modell ...................... 514, 645
3G ..................................................... 27 Anforderungskatalog....................... 282
4-Ebenen-Kommunikations-Modell 902 Anforderungsmodell ....................... 596
4-K-Modell ..................................... 326 Anforderungsprofil ......................... 595
5G ................................................. 8, 16 Anonymisierung .............................. 550
Anonymität ....................................... 42
Anreizstrategien .............................. 616
A Anreizsysteme ................................. 760
Abbruchanalyse............................... 330 Anwendungsschicht ........................ 288
ABC-Analyse .................................. 185 Apache ............................................ 283
Abonnent ......................... 106, 402, 412 API .......................................... 159, 283
Absatzförderung .............................. 328 Application-Server .......................... 527
Abweichungsanalyse ....................... 478 Applikations-Framework ................ 525
Accessibility.................................... 262 Apps
ACID-Eigenschaften ............... 274, 845 T-Apps .......................................... 37
Activity-Based-Marketing .............. 762 Archivierungsfunktion .................... 679
Affiliate ........................................... 405 ARPANet .......................................... 22
Marketing .................................... 405 Artificial Content (AC) ................... 118
Netzwerkbetreiber ....................... 408 Artificial Intelligence (AI) .............. 118
Programme .................................. 406 Assignment-Leader ......................... 600
After-Sales .............................. 281, 302 Augmented-Reality (AR) .................. 32
Ajax......................................... 286, 700 Auktionsmodul ................................ 524
Akzeptanz ................38, 45, 74, 76, 273 Auktionssoftware ............................ 525
Begriff ........................................... 76 Ausschreibung .. Siehe Online-Request-
Definition ...................................... 79 Prozess
Einstellungsebene ......................... 76 Automatisierung .............................. 328
Handlungsebene ............................ 78
Nutzungsebene .............................. 78 B
Akzeptanzforschung ......................... 76
Akzeptanzkonstrukte ......................... 78 Back-End ................................ 280, 281
Akzeptanzmodell ........................ 76, 77 Daten ........................................... 160
always-on ............................................ 7 Balanced Scorecard ......................... 323
Anbahnungsprozess Banner ............................................. 406
Anforderungsprofil ..................... 853 Animiert ...................................... 385
Curtain ........................................ 386

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019
T. Kollmann, E-Business, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26143-6
996 Stichwortverzeichnis

Fake ............................................. 385 Beschwerde


Flying .......................................... 385 Kanäle ......................................... 446
Interaktiv ..................................... 385 Management ................................ 321
Marketing .................................... 383 Prozess ........................................ 448
Mouse-Over ................................ 385 Stimulierung ................................ 447
Nanosite ...................................... 386 Beteiligungsstruktur
Pop-Under ................................... 386 tripolar ......................................... 573
Pop-Up ........................................ 386 Betreiberkosten ............................... 292
Rich-Media ................................. 386 Betreiber-Modell ............................. 276
Rollout ........................................ 386 Bewertungssystem .......... 558, 621, 767
Schaltung .................................... 384 Beziehungsorientierung
Scratch ........................................ 386 Interorganisatorische ................... 821
Statisch ........................................ 385 Big Data ...................................... 10, 11
Streaming .................................... 386 Bitcoin........................... 21, 79, 85, 317
Transactive .................................. 386 Blockchain ...............117, 318, 557, 679
Barrierefreiheit ................................ 262 Blog................................. Siehe Weblog
Bedarfsführerschaft ........................... 57 Blogging.......................................... 717
Bedarfspoolung ............................... 219 BMEcat ........................................... 145
Bedienbarkeit .................................. 272 Bonuspunkte-Programme................ 449
Blockchain-enabled electronic Boundary Spanner ........................... 825
Marketplace (BEEM) .................. 521 Brand Value .................................... 445
Behavioral Targeting ...................... 769 Branding.......................................... 444
Beitragsbereitschaft ........................ 779 Break-even .............................. 637, 638
Belohnungssystem .......................... 768 Breitband-Technologie ....................... 8
Benchmarking ......................... 358, 359 Bulletin Board ................................. 685
Benutzbarkeit .......................... 262, 678 Business Model .............................. 568
Benutzerkonto ................................. 272 Business Rule .................................. 525
Benutzeroberfläche ......................... 284 Business-to-Business (B2B) ............. 67
Benutzerverwaltung ........................ 525 Business-to-Consumer (B2C) ........... 67
Beschaffung Buyable Pins ................................... 723
direkt ........................................... 184 Buying-Community .........Siehe Online-
Homepage ................................... 214 Beschaffungsgemeinschaft
indirekt ........................................ 184 Buy-Side-Lösung .................... 155, 236
manuell........................................ 169 Hosted ......................................... 156
operativ ....................................... 181
strategisch ................................... 182 C
strukturiert ................................... 166
taktisch ........................................ 182 C# .................................................... 287
unstrukturiert ............................... 166 Call-to-Action ................................. 389
Beschaffung 4.0 .............................. 167 Change Management ........................ 242
Beschaffungsmanagement ...... 175, 219 Channel ........................................... 389
Beschaffungsmarketing ................... 202 Chat Rooms .................................... 358
Beschaffungswert ............................ 187 Chatbots .......................................... 570
Stichwortverzeichnis 997

Chicken-and-Egg-Problem .............. 575 Co-Sourcing .................................... 218


Click Fraud ..................................... 381 Cost per Click ......................... 381, 412
Clickstream-Analyse ....................... 418 Cost per Interest .............................. 412
Click-Through-Rate ................ 384, 385 Coupon ............................................ 413
Client............................................... 283 Cross-Channel-Kooperation.... 370, 372
Client/Server-Architektur........ 157, 528 Cross-Media-Kommunikation ......... 372
Cloud Computing .................... 116, 844 Cross-Media-Publishing ......... 284, 682
Clustering ........................................ 118 Cross-Selling ........................... 149, 340
Cognitive Sourcing ......................... 167 CSS ................................................. 285
Collaborated-Marketing .................. 771 CSV......................................... 144, 507
Collaborative Recommendation ...... 728 Customer Integration ...................... 736
COM/DCOM .................................. 159 Customer-Integrated-Marketing...... 771
Co-Managed Inventory ................... 206 Customer-Lifetime-Value ....... 428, 437
Communication Rings .................... 790 cXML .............................................. 145
Communities ................................... 357 Cyber Physical Systems .................. 115
Communitybedürfnisse ................... 733
Community-Event ........................... 763 D
Communitykategorien..................... 739
Community-Kultur .......................... 792 Data Mining ............................ 419, 422
Community-Marketing ................... 757 Tool ............................................. 423
Communityzugangsmodelle ........... 742 Data Warehouse ...................... 418, 436
Consumer-to-Consumer (C2C) ......... 68 Database-Marketing ........................ 426
Contact-Leader ................................ 601 Data-Marts ...................................... 419
Content ............................................ 563 Daten
horizontal .................................... 679 Bereinigung ................................. 430
Leader ......................................... 600 Erfassung .................................... 418
vertikal ........................................ 679 Erhebung ..................................... 429
Content Management ..... 160, 237, 238, Handelspartner ............................ 545
281, 524 Management ................................ 419
Content Provider ............................. 157 Markt ........................................... 546
Content Trees .................................. 790 Objektdaten ................................. 545
Content-based Recommendation .... 727 Organisation ................................ 419
Contenteinbindung .......................... 406 Pool ............................................. 418
Contest ............................................ 764 Speicherung .......................... 39, 430
Controlling ...................................... 859 Datenarten ........................................... 3
Kennzahlen ................................. 904 Datenbank ........264, 284, 418, 426, 544
Lieferanten .................................. 206 Attraktivität ......................... 593, 594
Controlling-System ......................... 323 Wert ............................................ 597
Conversion Funnel .......................... 325 Datenbank-Server ........................... 527
Conversions .................................... 403 Datenformate .................................. 142
Cookies ........................................... 270 Datenhaltungsschicht ...................... 288
Corporate Blog ............................... 773 Datenintegrität................................. 284
Corporate Design ............................ 268 Datenkompression............................... 4
998 Stichwortverzeichnis

Datenmodellierung .......................... 284 E


Datennetz ............................................ 7
Datennetzen ...................................... 12 EAN ... Siehe European Article Number
Datenschutz ..................................... 263 eBlogging ........................................ 717
Datenschutz-Grundverordnung E-Business .......................... 64, 96, 449
(DSGVO) .............................. 54, 263 Definition ...................................... 65
Datenübertragungsraten ...................... 8 eBuying-Prozess ............................. 720
Datenwürfel .................................... 420 ebXML ............................................ 146
DBMS ............................................. 284 eCash............................................... 313
Deep Learning ................................. 118 eCatalog-Applikation ...................... 151
Desinformationen ............................ 710 eCollaboration ......................... 195, 206
Deskriptionsdaten ........................... 428 E-Commerce ................................... 259
Desktop-Purchasing-System .. 155, 159, Definition ...................................... 26
170, 175, 176, 185 E-Community..66, 69, 73, 96, 390, 391,
Dialog ............................................... 39 673
Dialogkultur .................................... 864 Aufbauphase ............................... 794
Dialogmarketing ............................. 408 Basiswert ..................................... 674
Dienstleister-Modell ....................... 277 Communityaufgaben ................... 789
Diffusionsverlauf ............................ 586 Entwurfsprinzipien ...................... 737
Digital Execution .............................. 93 Erfolgsfaktoren ........................... 776
Digital Leadership ............................. 91 Kommunikationsmodelle ............ 791
Digital Mindset ................................. 92 Positionierung ............................. 752
Digital Skills ..................................... 92 Projektphasen .............................. 787
Digital Twins .................................. 837 Projektumsetzung ........................ 787
Digitale Transformation .................. 117 Systemeinführung ....................... 796
Digitale Wirtschaft ............................ 96 Systemgestaltung ........................ 792
Digitales Prototyping ...................... 736 Systemkontrolle .......................... 797
Digitalisierbarkeit ........................... 332 Teilnahmeanreiz .......................... 760
Digitalisierung .............................. 3, 95 Ziele ............................................ 750
Direktmarketing .............................. 426 Zugangsbarrieren ........................ 760
Disintermediation ............................ 535 E-Company ......................... 66, 96, 813
Disruptive Innovation ............. 115, 823 eControlling .................................... 420
Distribution ..................................... 370 eCRM-Systeme ............................... 438
Distributionspolitik ......................... 612 eCustomer Relationship Management
Dokument........................................ 285 .................................... 373, 415, 437
Domain Name System (DNS) ......... 441 Edge Computing ............................. 846
Dominokunde .................................. 566 EDI .................................. 142, 144, 168
DPS .Siehe Desktop-Purchasing-System EDIFACT........................................ 146
Drei-Horizonte-Konzept ................. 652 eDistribution ................................... 178
Dropshipping .................................. 177 E-Entertainment ................................ 25
Dynamic Pricing ............................. 308 E-Entrepreneurship
Begriff ........................................... 81
Definition ...................................... 82
Stichwortverzeichnis 999

Effectuation ..................................... 862 eSyndication.................................... 729


Efficient Consumer Response ......... 205 eTagging ................................. 714, 720
eFulfillment ............................. 177, 559 eTracking ................................ 178, 225
eHealth ................................................ 3 eTransaction .................................... 176
E-Information.................................... 24 eUpload ................................... 714, 717
Einstellungsakzeptanz ....................... 78 European Article Number ............... 145
Eintrittsbarrieren ............................. 650 E-Venture
eInvoicing ....................................... 179 Begriff ........................................... 81
E-Kommunikation............................. 24 Definition ...................................... 82
E-Learning ...................................... 865 Gründungsbezug ........................... 81
Computer Based Training ........... 865 Handlungsmatrix ......................... 122
Web Based Training ................... 865 Merkmale ...................................... 81
Elektronische Geschäftsprozesse ...... 64 eVoting.................................... 714, 723
Elektronischer Katalog.................... 281 Executive Information System ........ 837
E-Mail-Marketing ........................... 408 Exklusivität ..................................... 741
E-Marketplace ..........65, 69, 72, 96, 218 Expertensystem ............................... 838
Empfehlungsmarketing ................. Siehe
Recommendation-Marketing F
Enterprise Service Bus .................... 841
ePayment ......................... 179, 272, 419 Fake News....................................... 710
E-Performance-Scorecard ............... 325 Fans ................................................. 402
ePodcast .................................. 715, 729 Finanzierungsquellen ...................... 903
E-Procurement .................... 65, 96, 139 Firewall ........................................... 527
eProfile ............................................ 715 Fog Computing ............................... 846
eRanking ......................... 714, 723, 725 Folgerstrategie ........ Siehe Markteintritt
eRecommendation........................... 726 Folksonomie .................................... 677
eRegistration ................................... 715 Follower .................................. 398, 402
eReporting ............................... 180, 525 Foren-Lösungen .............................. 685
Erfolgsfaktoren ....................... 121, 451 Fragmentierung ............................... 627
Erfolgsmessung ................................. 75 Framework-Schicht ......................... 508
Erfolgsstabilität ............................... 590 Front-End ........................ 280, 475, 648
Erlössystematik ................................. 73 Führungsinformationssystem .. 837, 904
ERP ......................................... 146, 152 Konzeption .................................. 828
Erweiterbarkeit ................................ 263 Full-Service-Dienstleister ............... 220
eSearch ............................................ 175 Funktionselemente .......................... 789
E-Shop .................................. 65, 72, 96
eSourcing ........................................ 175 G
aktiv ............................................ 214
passiv .......................................... 214 Geldkarte ......................................... 315
eSupplier Relationship Management Genehmigungsworkflow ................. 176
............................................ 202, 209 Geotagging-Modell ......................... 695
eSupply Chain Management ........... 197 Geschäftskonzept
Module ........................................ 197 Commerce ..................................... 70
1000 Stichwortverzeichnis

Communication ............................. 71 Individualität ............................... 39, 48


Connection .................................... 71 Industrie 4.0 ............................ 115, 899
Content .......................................... 69 Inferenzmechanismus ..................... 103
Context .......................................... 70 Influencer ........................................ 398
elektronisch ............................. 67, 74 Influencer Marketing .............. 397, 398
hybride .......................................... 72 Information ....................................... 12
Geschäftskonzepte ............................ 69 Information Overload ..................... 533
geschlossene Community ................ 760 Informationsasymmetrien ............... 520
Gewinnskalierungseffekt ................... 6 Informationsdarstellung .................... 13
Gleichgewichts-Problem ................. 576 Informationsebene........................... 599
Government-to-Business (G2B) ....... 67 Informationsführerschaft ................... 57
Government-to-Consumer ................ 68 Informationsgesellschaft ................... 95
Government-to-Government (G2G).. 68 Informationsklassen ........................ 545
GPRS ................................................ 15 Informationskreisel ......................... 434
Groupware ...................................... 831 Informationsauswertung.............. 435
Groupware-System ..................... 834 Informationsgewinnung .............. 435
Werkzeuge .................................. 832 Informationsspeicherung ............. 435
GSM .................................................. 15 Informationsübertragung ............. 436
Guerilla-Marketing ......................... 396 Informationsverarbeitung ............ 435
Gutschriftverfahren ......................... 180 Informationslieferdienste ................ 358
GuV......................................... 232, 233 Informationsmenge ........................... 13
Informationsökonomie ................ 56, 96
H Informationsparadoxon ................... 532
Informations-Prozesskette ............... 162
Handelsebene .................................... 40 Informationssammlung ..................... 62
real ................................................ 40 Informationstechnik ............................ 1
virtuell ........................................... 40 Informationstechnologien ........... 22, 95
Händler-Dienstleister ...................... 219 Informationsübertragung ................... 63
Handlungsakzeptanz ......................... 78 Informationsverarbeitung ............ 13, 62
Handlungsmatrix ............................. 121 Integration ............................... 165, 501
Hashtag ........................................... 723 Integrität .......................................... 263
Hashwert ........................................... 20 Interaktionsrate ............................... 402
Heterogenitätspositionierung .......... 753 Interaktives Fernsehen ................ 33, 95
Hochsprache............................ 287, 525 Interaktivität .................. 34, 39, 45, 267
Homogenitätspositionierung ........... 752 Intermediationsfunktion .................. 519
HTML ............................................. 284 Internationalisierbarkeit .................. 263
HTTP .............................. 158, 283, 508 Internet .............................................. 22
HTTP-S ........................................... 283 Nutzung ......................................... 24
Internet Information Server ............. 283
I Internet of Things ............ 116, 872, 874
Internet Protocol (IP)-Adresse ........ 441
Inbound-Links ................................. 762 Interstitials ...................................... 387
Incentive-Marketing ........................ 759 ITV........... Siehe Interaktives Fernsehen
Stichwortverzeichnis 1001

J Pull ................................................ 47
Push ............................................... 47
Java ......................................... 287, 525 Strategie ...................................... 605
Java RPC ......................................... 159 Tools ........................................... 610
JavaScript ........................................ 286 Träger .......................................... 396
Just-in-Time .................................... 205 Kommunikationskategorien ............ 693
1/1-Kommunikation .................... 693
K n/m-Kommunikation ................... 694
Kommunikationspolitik .................. 611
Kanal ............................................... 370 Komplementärprodukte .................. 340
Kanalmix......................................... 370 Komplexität
Kapitalbedarf .................................... 81 Kostenarten ................................. 850
Katalogaustauschformat .................. 504 Reduzierung ................................ 850
Katalogdaten ...........Siehe Produktdaten Kompressionsrate ................................ 5
Bereiche ...................................... 148 Konfigurationsdaten ................ 149, 265
Katalogdatenbereiche ...................... 264 Konfirmations-/Diskonfirmations-
Katalogmanagement ............... 149, 506 Paradigma ................................. Siehe
Katalogmetadaten ........................... 147 Mitgliederzufriedenheit
Katalogstrukturdaten ....................... 148 Konkurrenzbeziehung ..................... 366
Kauf Konsolidierung........................ 150, 531
Historie........................................ 417 Konverter-Komponente .................. 529
Kaufdatenanalyse ............................ 330 Kooperation .............368, 556, 559, 762
Käufer Anbahnungsprozess .................... 853
Analyse ....................................... 454 Auflösungsprozess ...................... 857
Erwartungen ................................ 351 Erfolgsbereiche ........................... 893
Gruppen ...................................... 344 Erfolgsfaktoren ........................... 891
Verhalten ..................................... 349 Identifikationsprozess ................. 852
Zufriedenheit ............................... 353 Kundensicht ................................ 369
KEP-Dienst ..................................... 274 Marketingsicht ............................ 370
Kernleistung ...................................... 72 Marketingstrategien .................... 875
Kernteam......................................... 231 operative...................................... 368
Keyword.......................................... 380 Operativer Prozess ...................... 855
Advertising.................................. 380 Organisationsformen ................... 900
Kick-Off-Phase ............................... 234 Partnerintegration ........................ 869
kollektive Online-Intelligenz .......... 676 Partnersuche ................................ 865
Kommunikation Projektmanagement ..................... 890
Beziehung ..................................... 45 Ressourcensicht........................... 368
Kanal ................................... 417, 447 Rollenverteilung .......................... 897
Mittel ........................................... 425 strategische .................................. 368
Offline ......................................... 606 strukturiert ................................... 681
Online.......................................... 606 Teilnehmerauswahl ..................... 868
Prozess ...................44, Siehe Online- Vereinbarungsprozess ................. 853
Kommunikationsprozess Wettbewerbssicht ........................ 369
1002 Stichwortverzeichnis

Wettbewerbsstrategien ................ 871 L


Wettbewerbsvorteile ................... 873
Wissensmanagement ................... 880 Lagerkosten ..................................... 293
Kooperationsflexibilität .................. 848 Lagerverwaltung ............................. 282
Kooperationskomplexität ................ 849 Lastverteilung ................................. 526
Koordination ................................... 495 Lead Buyer ...................................... 218
3-Sektoren-Modell ...................... 533 Lebenszyklusmodell ....................... 852
Ineffizienzen ............................... 497 Leistungsaspekt
Koordinationsleistung ..................... 578 derivativ ...................................... 598
elektronisch ................................. 595 Lenkungsausschuss ......................... 230
real .............................................. 595 Lernkultur ....................................... 864
Koordinationslücke ......................... 532 Klärungsaspekte .......................... 865
Koordinationsmechanismus .......... Siehe Lieferantenadoption ........................ 194
Matching Lieferantenanalyse .......................... 227
Kopplung ........................................ 830 Lieferantenportal ..... Siehe Supplier Self
Kosten/Standard-Matrix .................. 187 Services
Kostendegressionseffekt................ 6, 678 Lieferantenportfolio ................ 192, 194
Kostenführerschaft ............................ 57 Lieferantenstamm ......................... Siehe
Kostenreduktion .............................. 368 Lieferantenportfolio
Kostenvorteil ................................. Siehe Live-Shopping................................. 269
Kostendegressionseffekt Location Based Service ............... 27, 31
Kreditkarte ...................................... 315 Logikchips .......................................... 1
Kritische Masse 569, 578, 650, 753, 777 Logistikkosten ................................. 170
Kritische-Masse-Problem................ 576 Loyalität .......................................... 437
Kryptografie ...................................... 20 Loyalitätsstrategien ......................... 617
Kryptowährung ............................... 317 LTE ......................................... 8, 16, 28
Kunde Lurking............................................ 767
Bedürfnisse ................. 431, 436, 450
Befragung.................................... 357 M
Beziehung ..................... 50, 366, 450
Bindung ....................... 444, 613, 617 Machine Learning ................... 118, 167
hybrid .......................................... 370 Machine to Machine ....................... 116
Merkmale .................................... 455 Makler-Modell ........................ 517, 645
Pflege .......................................... 393 Managementfunktionen .................. 860
Profil ....................280, 414, 427, 456 Mapping-Verfahren......................... 160
Registrierung ............................... 280 Marke
Kundengewinnung .......................... 605 Aufbau ................................ 444, 476
Kundenservice......................... 320, 371 Markenmanagement
Kundenverwaltung ........................... 282 Trade-off ..................................... 880
Künstliche Intelligenz (KI) ............. 117 Market Intelligence ......................... 167
Marketing
bilateral ....................................... 613
Marketing-Controlling .................... 412
Stichwortverzeichnis 1003

Marketinginstrument ....................... 408 M-Entrepreneurship .......................... 91


Marketing-Mix ................................ 372 Merkmalsystem ............................... 503
Marketingstrategien Metadaten........................................ 720
Gemeinsam ................................. 877 MIME ............................................. 505
Individuell ................................... 877 Mining-Techniken....Siehe Data Mining
Marketmaking ................................. 175 Mitgliederbindung........................... 765
Marktanalyse ................................... 460 Mitgliederintegration ...................... 771
Marktanteil ...................................... 461 Mitgliederprofile ............................. 784
Markteintritt .................... 355, 364, 365 Mitgliederzufriedenheit ................... 765
Markterfolg ................................. 74, 78 Mitmach-Marketing ........................ 391
Marktmacht ..................................... 515 Mobile Applikationen ....................... 28
Marktplatz Mobile Availability Checks ............ 172
Entwicklungsstufen ..................... 653 Mobile Couponing .......................... 298
Handelsanalyse ........................... 567 Mobile Marketing ........................... 299
horizontal .................................... 512 Mobile Payment .............................. 316
Positionierung ............................. 602 Mobile Procurement ........................ 172
Steuerung .................................... 563 Mobile Procurement Management .. 172
vertikal ........................................ 511 Mobile Shopping ............................... 52
Marktplatzbetreiber ................. 496, 518 Mobilfunk ................................... 26, 95
Marktplatz-Lösung .......... 156, 162, 236 Moderator........................ 745, 747, 784
Marktpotenzial ................................ 459 MRO-Materialien ............................ 185
Marktsegmentierung ....................... 455 MSPC ..... Siehe Multilieferantenkatalog
Marktsituation Multichanneling ................................ 52
instabil ......................................... 589 Multilieferantenkatalog ........... 150, 524
Markttransparenz ............................ 519 Multimedia .................. 39, 43, 284, 336
Mashup ........................................... 690 System ........................................... 44
Klassen ........................................ 691 Multimedialität .......... Siehe Multimedia
Modell ................................. 690, 698 Multimedia-PC.................................... 3
Matching ......................................... 496 Mund-zu-Mund-Propaganda ........... 395
Analyse ....................................... 632
Kosten ................................. 535, 598 N
Leistung ...................................... 597
Modelle ....................................... 548 Nachfragebündelung ....................... 516
Prozess ........................................ 547 Nachfrager
Qualität........................................ 536 Aktivierung ................................. 609
Zeit .............................................. 535 Analyse ............................... 331, 343
Matchinganalyse ............................. 632 Modell ......................................... 516
Materialdaten .................................. 146 Nachkaufphase ..... Siehe Marktprozesse
Maverick Buying .................... 170, 185 Near Field Communitcation ............ 316
M-Commerce .................................... 26 Nebenleistungen ................................ 72
Definition ...................................... 32 Netiquette ........................................ 745
Mediatisierung ................................ 541 Netto-Nutzen-Konzept .................... 338
Medienneutralität ............................ 151 Netzeffekte ................................ 45, 574
1004 Stichwortverzeichnis

Netzwerk-Controlling-Prozess ........ 905 Online-Beschaffungsagent ...... 219, 224


Netzwerkfähigkeit ................... 899, 908 Online-Beschaffungsgemeinschaft . 218
Informationssysteme ................... 909 Online-Catalog-Prozess .................. 548
Leistungen ................................... 908 Online-Contentschnittstelle ..... 680, 681
Prozesse ...................................... 898 Online-Kommunikationsprozess ....... 39
Netzwerkmanager ........................... 853 Online-Lieferanten .......................... 192
Netzwerkökonomie ........................... 96 Online-Marketing ............ 387, 393, 476
Newsfeeds ............................... 679, 772 Online-Marktforschung................... 418
Nischennetzwerke ........................... 408 Online-Mitgliedertypen................... 746
Node ............................................ 18, 20 Online-Mitgliedsprofil .................... 674
Nutzen Online-Offline-Crossing ................. 754
situativ ........................................... 32 Online-Produktregeln ...................... 743
Nutzeridentifikation ........................ 741 Online-Request-Prozess .......... 215, 549
Nutzerintegration ............................ 778 Online-Vernetzungsmobilität .......... 712
Nutzerkopplungsgrad ...................... 748 Open Innovation.............................. 822
Nutzerkosten ................................... 293 Open-Source ................................... 283
Nutzungsakt ...................................... 75 Open-Source-Marketing ................. 771
Nutzungsakzeptanz ..... Siehe Akzeptanz Operativer Prozess
Nutzungsbedingungen....................... 76 (Über)betriebliche Funktionen .... 856
Nutzungsbereitschaft ....................... 597 Organisatorische Sperren ................ 863
Nutzungsgüter ................................... 76 OSI-Referenzmodell ....................... 829
Nutzungsintensität........................... 766 Outbound-Links .............................. 761
Nutzungswirksamkeit ..................... 617 Outsourcing ..................................... 277

O P
Oberflächen Pain Points ...................... 629, 633, 650
bedienerfreundlich .................... Siehe Parametrisierungsdaten ........... 149, 265
Benutzbarkeit Partizipationsniveau ....................... 777
Oberflächen-Komponenten ............. 525 Partizipationsstruktur ...................... 793
Objekt Partner-Modell ................................ 278
Hebel ........................................... 189 PDA .................................................. 13
kritisch ........................................ 190 PDM-System ................................... 147
strategisch ................................... 190 Peer-to-Peer-Netzwerk .............. 18, 318
taktisch ........................................ 189 Performance Marketing .................. 325
Offenheit Perl .................................................. 286
technisch ..................................... 500 Permission-Marketing ..................... 409
One-to-All ......................................... 49 Perpetual Beta ................................. 797
One-to-One ....................................... 49 Personalisierung ........................ 27, 769
One-to-One-Marketing ........... 415, 436 Pflichtenheft .................... 239, 473, 647
Online Analytical Processing .......... 420 PHP ......................................... 286, 525
Online-Auction-Prozess .................. 551 Pilotphase ........................................ 240
Online-Befragungen ........................ 417 Pilotsystem ...................................... 236
Stichwortverzeichnis 1005

Pinboards ........................................ 396 Produktpolitik ................................. 611


Pionierstrategie ....... Siehe Markteintritt Produktstrategie
Plattformunabhängigkeit ................. 262 Plural-Prinzip ................................ 72
PLM-System ................................... 147 Singular-Prinzip ............................ 72
Podcast ............................................ 730 Symbiose-Prinzip .......................... 73
Point-of-Sale ................................... 373 Produktstrukturdaten ............... 149, 150
Posting-Plattformen ........................ 396 Profil ............................................... 716
Power User ...................................... 398 Datenkategorien .......................... 675
Präsentationsschicht ................ 288, 526 Profiling .......................................... 427
Präsentationsstruktur ....................... 793 Programmbibliothek ....................... 289
Predictive Analytics ........................ 431 Programmkomponenten .................. 286
Preisagentur .................................... 220 Programm-Komponenten ................ 525
Preispolitik ...................................... 611 Projektdesigns ................................. 465
Preisstrategie Projektkalkulation ................... 467, 786
Grundgebührmodell ...................... 74 Bottom-Up-Planung .................... 467
Margenmodell ............................... 74 Top-Down-Planung..................... 467
Provisionsmodell ........................... 74 Projektleiter ..................................... 230
Premium-Ad-Packages ................... 384 Projektmanager
Pre-Sales ......................................... 301 betriebswirtschaftlich .................. 230
Problemaspekte technisch ..................................... 230
ethisch-rechtlich .......................... 744 Projektorganisation ................. 229, 463
Produkt Projektphasen .......................... 469, 787
Angebote ..................................... 415 Projektteam ..................... 230, 463, 785
Bewertung ................................... 338 Kernkompetenzen ....................... 785
Darstellung .................................. 335 Projektteamrollen ........................ 784
Eignung ....................................... 332 Prototyp ........................................... 474
Erweiterung ................................. 339 Prozessanalyse ........................ 228, 462
Innovationen ............................... 423 Extra-Prozesse............................. 462
Konfiguration .............................. 340 Intra-Prozesse .............................. 462
Video (PV) .................................. 388 Prozesskosten .......................... 185, 187
Produktanalyse .226, 329, 330, 332, 454 Analyse ....................................... 229
Produktauswahl ....................... 175, 235 Punch Out ....................................... 164
Produktdaten ...146, 147, 148, 150, 160, Chaining ...................................... 164
266 Purchase Order ................................ 206
Produktdatenanalyse ..................... Siehe Purchasing Card .............................. 220
Produktanalyse PV/UV-Explainer ............................ 388
Produkteignungsmatrix ................... 334 PV-Screencasts ............................... 388
Produkthierarchie ............................ 150 PV-Webisodes ................................ 388
Produktivitätsparadoxon ................. 183
Produktkatalog ................................ 548 Q
Komplexität ................................ 506
Produktklassifikationssystem .. 148, 502 Qualitätseffekt ................................. 578
Produkt-Markt-Matrix ..................... 367 Qualitätsführerschaft ......................... 57
1006 Stichwortverzeichnis

Qualitätsvorsprung ........................ Siehe S


Homogenitätspositionierung
Quantitätseffekt ............................... 575 Sales ................................................ 301
Quantitätsvorsprung ...................... Siehe Schichtenarchitektur ....................... 525
Heterogenitätspositionierung Schnäppchenpreis ........................... 588
Schweinezyklus .............................. 587
Search-Engine-Advertising ............. 380
R Search-Engine-Marketing ....... 378, 382
Rationalisierung ...................... 150, 531 Search-Engine-Optimization ... 378, 382
Real Economy ................................. 371 Selection-Leader ............................. 600
Real-Time Translation .................... 832 Sell-Side-Lösung............. 153, 162, 237
Realtransformation .................. 579, 598 Semantic Web ................................. 101
Rechnerleistung .............................. 1, 3 Server
Recommendation ............................ 726 Komponenten .............................. 158
Recommendation-Marketing .......... 758 Serviceorientierte Architektur ......... 839
Redaktionssystem ........................... 281 Servlet ............................................. 287
Referenzarchitektur ......................... 280 Sharing Economy .............................. 69
Referenzierungsdaten ...................... 149 Shoppable Instagram Stories Stickers
Registrierung ................................... 716 .................................................... 723
Regulierungsbedingungen ............... 366 Shoppable Posts .............................. 723
Relationship Marketing ................... 614 Shoppable Tags ............................... 723
Reporter .......................................... 398 Sicherheit ........................ 263, 272, 294
Reputationsmechanismen................ 767 Single-Source Publishing ................ 702
Request for Bid ............................... 193 Skalierbarkeit .................. 262, 273, 288
Request for Information .......... 192, 215 Skriptsprache
Request for Proposal ....................... 215 clientseitig ................................... 286
Request for Quotation ............. 193, 215 serverseitig .......................... 286, 525
Responsive Webdesign ..................... 52 Smart Contracts ......................... 21, 855
REST............................... 111, 698, 843 Smart Factory .................................. 116
Retourenmanagement...................... 320 Smart Grid....................................... 117
Return on Investment ...................... 412 SmartCard ....................................... 315
Retweet ................................... 393, 403 Smartphone ....................................... 13
Reverse Auction .............. 182, 216, 218 SOAP .............................................. 527
Rewards .......................................... 767 Social Butterfly ............................... 398
RFID ............................................... 199 Social Commerce ............................ 759
Risikofaktoren ................................. 452 Social Filtering ................................ 727
Risikowahrnehmung ....................... 350 Social Growth ................................. 403
Roll-Out .......................................... 241 Social Media
Round Trip ...................................... 163 Ads .............................................. 392
RSS-Feed ................................ 730, 773 Buttons ........................................ 391
Rückkopplung ................................. 796 Content ........................................ 392
positiv.......................................... 782 Interaktion ................................... 393
Marketing ............................ 391, 394
Stichwortverzeichnis 1007

Monitoring .................................. 393 Optimierung .... Siehe Search-Engine-


Network ...................................... 390 Optimization
Profile.......................................... 392 Supervised learning ................. 118, 434
Social Media Commerce ................. 735 Supplier Network Management ...... 203
Social Media Targeting ................... 393 Supplier Performance Management 207
Social Navigation .................... 727, 759 Supplier Relationship Management
Social Networking .......................... 693 ............ Siehe eSupplier Relationship
Social Shopping .............................. 759 Management
Social Software ....................... 672, 683 Supplier Self Services .... 162, 209, 210,
Social Targeting .............................. 393 509
Software-Agent ............................... 551 Supply Chain Management ........... Siehe
Soziale Netzwerke .......................... 706 eSupply Chain Management
Soziales Netzwerk ................... 389, 390 Syndication ..................................... 729
Speicherbedarf .................................... 4 Systemkomponenten ............... 283, 525
Speicherchips ...................................... 2 Systemprovider ............................... 220
SQL ......................................... 284, 508
Standard .......................................... 144 T
Geschäftsprozesse ....................... 146
Katalogaustausch ................ 145, 505 Tag .................................................. 720
Klassifikation .............................. 145 Cloud ........................................... 721
Produktidentifikation .................. 145 Tagging ........................................... 720
Produktklassifikation .................. 502 Taktfrequenzen .................................... 2
Prozess- ....................................... 508 Tausender-Kontaktpreis (TKP) ....... 384
Transaktion ................................. 146 T-Commerce ..................................... 37
Transaktions-............................... 508 Definition ...................................... 38
Standardisierbarkeit ........................ 187 TCP/IP ............................................ 143
Stärken-Schwächen-Analyse .......... 357 Teilnehmeranalyse
Statistik-Funktionen ........................ 282 Partnerprofile .............................. 896
Sticky Ads ....................................... 387 Teilnehmerentwicklung .................. 749
Strategieanalyse .............................. 331 Teilnehmerprofilebenen .................. 674
Strategie-Matrix .............................. 190 Teilnehmersuche
Strategieoptionen Projekt- und Kooperationsbörsen 867
Informationsebene ....................... 599 Telearbeit ........................................ 826
Transaktionsebene ....................... 600 Teleworking .................................... 826
Strukturanalyse ............................... 457 Erscheinungsformen ................... 826
externe Faktoren.......................... 459 Template.......................................... 286
interne Faktoren .......................... 457 Template-Prozessor ......................... 286
Strukturmerkmale ........................... 792 Theorie der subjektiven
Stufenmodell der E-Company ......... 815 Medienakzeptanz .......................... 45
Suchfunktionalität ................... 150, 502 Thought Leader ............................... 398
Suchfunktionen ............................... 265 Tomcat .................................... 287, 289
Suchmaschinen Total Story Completions ................. 403
Total Story Views ........................... 403
1008 Stichwortverzeichnis

Tracking .......................................... 322 Verbundstruktur ............................... 575


Cookie ......................................... 407 Vereinbarungsprozess
Datenbank ................................... 407 Verhandlungsformen ................... 853
Tools ................................... 381, 407 Verfügbarkeit................... 263, 273, 284
URL ............................................ 407 Verfügbarkeitsführerschaft ................ 57
Traffic ............................................. 405 Verfügbarkeitsprüfung .................... 525
Transaktionsabwicklung.................. 328 Verkaufsprozesse ............................ 301
Transaktionsebene ........................... 599 eControlling ........................ 302, 323
Transaktionskosten ............................ 26 eDistribution ....................... 302, 321
Transaktionsquote ........................... 602 eFulfillment ......................... 302, 319
Transaktionsunterstützung .............. 174 ePayment ............................. 302, 311
Transaktionsverwaltung .................. 282 ePricing ....................................... 304
Transfer-Marketing.......................... 763 eSales .................................. 302, 309
Trendsetter ...................................... 398 eSearch ................................ 301, 302
Verkaufsunterstützung..................... 282
U Vermarktungsstrategie .................... 407
Vermittlungsquote ........................... 602
Übertragung ........................................ 8 Vernetzung .......................................... 6
Übertragungstechnologie .................. 14 Flexibilität ................................... 708
UDDI .............................................. 527 Kosten ......................................... 706
UMTS ......................................... 16, 26 Prozess ........................................ 731
UN/SPSC ........................................ 502 Qualität................................ 708, 710
Universal Product Code .................. 145 Verteilte Systemarchitektur............. 839
Unsupervised learning ............ 118, 434 Verteiltes System ............................ 845
Unternehmensanalyse ..................... 225 Vertrauen ................................ 207, 621
Unternehmensgründung .............. 66, 79 Vertrauenskultur ............................. 863
Unternehmenskultur ........................ 862 Video-Marketing ............................. 388
Unternehmenspotenzial ................... 365 Videoportale.................................... 389
Unternehmensvideo (UV) ............... 389 Video-Views ................................... 403
Up-Selling ....................................... 340 Viral-Marketing .............. 394, 476, 757
URL ................................................ 284 Virtual Reality (VR) ................... 14, 41
Usability .......................................... 262 Virtualität .................................... 39, 40
User-generated Content . 390, 676, 679, Virtuelle Arbeitsplätze .................... 826
771 Virtuelle Schnittstellen.................... 822
Prozesse ...................................... 713 Virtuelle Teams ............................... 823
Dimensionen ............................... 823
V Herausforderungen ...................... 825
Koordination ............................... 824
Vapor-Marketing ............................. 592 Virtuelle Unternehmen.................... 816
Vendor Managed Inventory ............ 205 Kooperationsformen ................... 816
V-Entrepreneurship Merkmale .................................... 818
Definition ...................................... 87 Virtuelle Unternehmung ................. 813
Verbundeffekt ................................. 574
Stichwortverzeichnis 1009

W Wettbewerbsdruck .......................... 355


Wettbewerbsfaktor ............................ 57
Wachstumsanalyse .......................... 782 Wettbewerbspositionierung ............ 362
Wachstumsprozess .......................... 783 Cost-Leader ................................. 362
Warenkorb .............................. 269, 281 Quality-Leader ............................ 362
persistent ..................................... 270 Speed-Leader .............................. 364
Warenwirtschaftssystem ......... 146, 152 Topical-Leader ............................ 363
Wearables.......................................... 14 Wettbewerbspotenziale ................... 361
Web 5.0 ................................... 117, 120 Wettbewerbsreaktion ....................... 359
Web Application-Server ................. 289 Wettbewerbsstrategie ...................... 364
Web Service .............159, 508, 527, 528 Wettbewerbsverständnis ................. 870
Charakteristika ............................ 697 Wettbewerbsverzerrung .................. 870
Webanalytics-Software ................... 382 Wettbewerbsvorteile ....................... 360
Webbrowser ............................ 283, 525 Widget............................................. 769
Webbugs ......................................... 407 Wiki ................................................ 688
Web-Forum ..................................... 685 Modell ......................................... 688
Weblog .............686, 717, 718, 772, 791 Wirtschaftssektor .............................. 11
Webserver ............................... 283, 525 Wissensgemeinschaften .................. 884
Web-Service.................................... 842 Gestaltungsdimensionen ............. 885
Standards ..................................... 842 Kernmotive ................................. 884
Web-Services-basierte SOA ........... 843 Wissensmanagement ....................... 212
Website-Traffic ............................... 403 Aufgaben ..................................... 882
Wechselbarrieren ............................ 765 Ganzheitlicher Ansatz ................. 880
Werbebotschaften ........................... 383 Leitlinien ..................................... 887
Werbeerfolg .................................... 387 Workflow Management Coalition... 835
Werbemittel .................................... 406 Workflow-System ........................... 835
Wert/Risiko-Matrix ......................... 188 World Wide Web
Wertkette Consortium.................................. 285
physisch ........................................ 60 WSDL ............................................. 527
Wertschöpfung
elektronisch ....................... 58, 61, 79
Wertschöpfungsaktivitäten ................ 59
X
Wertschöpfungskette XML ........................143, 144, 161, 505
elektronisch ............................. 59, 60
Wertschöpfungsprozess Z
elektronisch ..... Siehe Wertschöpfung
Wettbewerber .................................. 441 Zahlungssysteme
Offline ......................................... 356 Anforderungen ............................ 273
Online.......................................... 356 Zielkundensegment ......................... 456
relevante ...................................... 355 Zugangsanreize ............................... 607
Wettbewerbsanalyse ....................... 355 Zutrittsbarrieren .............................. 780
1010 Stichwortverzeichnis

Zentrale Stichworte

Die „Digitale Wirtschaft“ bzw. „Net Economy“ bezeichnet den wirtschaftlich genutzten
Bereich von elektronischen Datennetzen (E-Business) und ist damit eine digitale Netz-
werkökonomie, welche über verschiedene elektronische Plattformen die direkte oder in-
direkte Abwicklung oder Beeinflussung von Informations-, Kommunikations- und Trans-
aktionsprozessen erlaubt.
„E-Business“ ist die Nutzung von innovativen Informationstechnologien, um über den
virtuellen Kontakt etwas zu verkaufen, Informationen anzubieten bzw. auszutauschen,
dem Kunden eine umfassende Betreuung zu bieten und einen individuellen Kontakt mit
den Marktteilnehmern zu ermöglichen.
Mit dem Begriff „E-Commerce“ wird die Nutzung von stationären Computer-Endgeräten
als Informationstechnologie bezeichnet, um über Informations-, Kommunikations- und
Transaktionsprozesse zwischen den Netzteilnehmern reale oder elektronische Waren und
Dienstleistungen anzubieten und abzusetzen, wobei der tatsächliche Verkauf im Mit-
telpunkt steht.
Unter „E-Entrepreneurship“ wird die Schaffung einer selbstständigen und originären
rechtlichen Wirtschaftseinheit in der Net Economy (E-Venture; Startup) verstanden,
innerhalb der die selbständige(n) Gründerperson(en) mit einem spezifischen Online-An-
gebot (Produkt bzw. Dienstleistung) einen fremden Bedarf decken möchte(n).
Unter einem „E-Startup“ bzw. „E-Venture“ wird ein neu gegründetes und damit junges
Unternehmen mit einer innovativen Geschäftsidee innerhalb der Net Economy verstanden,
welches über eine elektronische Plattform in Datennetzen seine Produkte und/oder
Dienstleistungen auf Basis einer rein elektronischen Wertschöpfung
Unter „Online-Marketing“ wird die absatzpolitische Verwendung elektronisch vernetz-
ter Informationstechnologien verstanden, um unter deren technischen Rahmenbedingun-
gen, die Produkt-, Preis-, Vertriebs- und Kommunikationspolitik mit Hilfe der innovativen
Möglichkeiten der Online-Kommunikation marktgerecht zu gestalten.
Unter dem „Digital Leadership“ wird ein Führungsstil speziell für die Digitale Wirtschaft
verstanden. Dieser besteht aus den Komponenten Digital Mindset (Wollen), Digital Skills
(Können) und Digital Execution (Machen) und befähigt, digitale Prozesse, Produkte und
Plattformen zu gestalten und die zugehörigen Mitarbeiter proaktiv und agil zu führen.
„Digitale Transformation“ (auch „digitaler Wandel“) bezeichnet einen fortlaufenden
und tiefgreifenden Veränderungsprozess für Gesellschaft, Wirtschaft und Politik auf Basis
digitaler Technologien, der Information, Kommunikation und Transaktion zwischen den
hier jeweils beteiligten Akteuren elementar beeinflusst und zu einem neuen Verständnis
und Verhalten in den gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Lebensbereichen
führt.
Autor 1011

Autor

Univ.-Prof. Dr. Tobias Kollmann studierte an den Universitäten Bonn und Trier Volks-
wirtschaftslehre mit dem Schwerpunkt Marketing und wurde 1995 nach dem Abschluss
zum Diplom-Volkswirt wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Marketing von
Prof. Dr. Rolf Weiber. Dort promovierte er 1997 mit Auszeichnung (summa cum laude)
mit einer Arbeit zur Akzeptanz innovativer Telekommunikations- und Multimediasys-
teme. Bereits seit 1996 beschäftigt er sich aber auch wissenschaftlich mit Fragen des E-
Business, E-Commerce und dem Phänomen der „virtuellen Marktplätze“ und war damit
einer der Pioniere auf diesem Gebiet.
Zwischen 1997 und 2001 arbeitete er in der Praxis und unterstützte dort insbesondere den
Aufbau von virtuellen Marktplätzen im Rahmen der Aktivitäten der Scout24-Holding,
Schweiz. Im Zuge dieser Tätigkeit war er auch einer der Gründungsgesellschafter der Auto
Scout24 GmbH, der größten elektronischen Gebrauchtwagenbörse im europäischen Inter-
net. 2001 veröffentlichte er das erste deutschsprachige Fachbuch zum Thema „Virtuelle
Marktplätze“. Im Oktober 2001 folgte er zunächst dem Ruf an die Christian-Albrechts-
Universität zu Kiel, wo er Inhaber einer C4-Professur für E-Business wurde. Mit knapp
31 Jahren war er zu diesem Zeitpunkt der jüngste Professor auf diesem Gebiet in Deutsch-
land und baute gerade nach dem Zusammenbruch des Neuen Marktes die Forschung und

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019
T. Kollmann, E-Business, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26143-6
1012 Autor

Lehre für die Digitale Wirtschaft in Deutschland maßgeblich mit auf. Seit April 2005 ist
er Inhaber des Lehrstuhls für BWL und Wirtschaftsinformatik, insbesondere E-Business
und E-Entrepreneurship an der Universität Duisburg-Essen, Campus Essen.
Innerhalb der Forschung konzentriert er sich insbesondere auf das Thema „E-Entrepre-
neurship“ und damit auf alle Fragen rund um die Unternehmensgründung und -entwick-
lung in der Digitalen Wirtschaft. Neben zahlreichen internationalen TOP-Publikationen
u.a. in amerikanischen A-Journalen, baute er auch das Grundgerüst für die Ausbildung im
Bereich der Digitalen Wirtschaft in Deutschland auf. So hat er 2004 u.a. mit dem Werk
„E-Venture“ (ab 2006 in Folgeauflagen mit dem Titel „E-Entrepreneurship“) das erste
Lehrbuch nur für Unternehmensgründungen in der Digitalen Wirtschaft und 2005 das erste
deutschsprachige Lexikon zur Unternehmensgründung verfasst. Das Magazin „Mobile Bu-
siness“ bezeichnete das Lehrbuch „E-Entrepreneurship“ am 08.09.16 als „eines der wich-
tigsten deutschen Grundlagenwerke für Digitalunternehmen“. Sein Lehrbuch „E-Busi-
ness“ ist ebenfalls seit 2004 das führende Standardwerk für die Vermittlung der Grundla-
gen von elektronischen Geschäftsprozessen und -modellen und an zahlreichen Hochschu-
len und Weiterbildungseinrichtungen im Einsatz. Aktuell ist es schon in der 7. Auflage
verfügbar. Der Informationsdient „media.valley“ schrieb schon am 26.02.2007, dass „das
Buch für jeden Top-Manager eine notwendige Pflichtlektüre sei, um auch in Zukunft sein
Unternehmen in der Digitalen Wirtschaft am Leben zu halten“.
Neben seiner Forschung hat Prof. Kollmann aber auch Maßstäbe für die Förderung von
universitären Ausgründungen durch Studenten der BWL, Wirtschaftsinformatik und In-
formatik gesetzt. Für sein besonderes Lehr- und Förderkonzept in diesem Bereich erhielt
er im Jahre 2007 beim UNESCO Entrepreneurship Award „Entrepreneurial Thinking and
Acting“ einen Sonderpreis. In der Studie „Vom Studenten zum Unternehmer: Welche Uni-
versität bietet die besten Chancen? – Ranking 2007“ wurde ferner festgestellt, dass im
Hinblick auf die Anzahl aktiver Teilnahmen an einschlägigen Tagungen sowie der Publi-
kationsleistung der Forscher er mit seiner Universität Duisburg-Essen den Spitzenplatz
belegt. Laut dem Ranking der Zeitung „Handelsblatt“ (2009) gehörte er ferner zudem zu
den Top-10 % der Forscher in der deutschsprachigen Betriebswirtschaftslehre. Aufgrund
des Lehrangebots von Prof. Kollmann wurde die Universität Duisburg-Essen vom Maga-
zin „iBusiness“ am 28.07.16 diesbezüglich als „Vorzeige-Campus für die digitale Ökono-
mie“ in Deutschland bezeichnet, da längst nicht alle so deutlich auf die Digitale Wirtschaft
ausgerichtet sind, wie sein Lehrstuhl an der Universität Duisburg-Essen. Prof. Kollmann
ist Autor zahlreicher Fach- und Praxisbeiträge zu den Bereichen „Entrepreneurship“, „E-
Business“ und „Akzeptanz/Marketing bei neuen Medien“ in nationalen und internationa-
len Zeitschriften bzw. Sammelbänden. Er schreibt regelmäßige eine vielbeachtete Kolum-
ne auf manager-magazin.de sowie der huffingtonpost.de zum Thema „Digitalisierung“.
Die Bandbreite der Inhalte geht dabei von konkreten Tipps für digitale Gründer, über Hin-
weise an etablierte Unternehmen für ihre digitale Transformation bis hin zu Forderungen
an die Politik für ein Deutschland 4.0 und die zugehörigen Rahmenbedingungen. Eine
Auswahl der spannendsten Kolumnen hat er in dem Werk „Digitale Meinungsmache“ zu-
sammengeführt (www.digitale-meinungsmache.de). Von der Bundestagswahl 2002 bis hin
Autor 1013

zum Digital Leadership 2018 findet jeder Leser wertvolle Anregung für die eigene Digi-
tale Transformation. Er ist zudem Verfasser mehrerer Bücher in diesem Bereich. Neben
zahlreichen Vorträgen auf Kongressen und Seminaren war er auch Inhaber eines Lehrauf-
trags an der Universität Köln für E-Business.
Er ist Herausgeber bzw. Gutachter für nationale und internationale Zeitschriften im E-
Business-Bereich und war Mitglied der Jury zum Deutschen Multimedia Award 2002 und
2003. Auch beim Wettbewerb „Startup des Jahres“ der Internetplattform „deutsche-start
ups.de“ ist er seit Jahren ein Mitglied der Jury. Ebenso beim Gründerwettbewerb „Neu-
macher“ der Wirtschaftswoche und zahlreicher anderer Wettbewerbe und Veranstaltun-
gen. 2014 ist er Gutachter für das Horizon 2020-Programm der Europäischen Kommission
für DG Communication Networks, Content and Technology. Er ist einer der Herausgeber
der Schriftenreihe „Entrepreneurship“ im Springer Gabler-Verlag und gehört auch zum
Coaching-Netzwerk vom Gründer-Wettbewerb „Mit Multimedia erfolgreich starten“ des
Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi), für das er auch seit vielen Jahren
als Sachverständiger im Beirat des EXIST-Förderprogramms tätig ist. Für das BMWi und
das Land NRW organisierte er 2012 zudem den 1. Startup-Battle, ein Pitching für Unter-
nehmensgründer der IKT-Branche im Rahmen des bundesweiten IT-Gipfels in Essen.
Während des „Wissenschaftsjahres 2014 – Die digitale Wirtschaft“ war er verantwortlich
für den „E-Entrepreneurship Flying Circus“ (#EEFC14), einer bundesweiten Bustour über
2.000 km an die Hochschulen in Köln, Hamburg, Berlin, Dresden, Nürnberg und Stuttgart
zur Förderung der Gründerausbildung für die Digitale Wirtschaft. Mit über 60 teilnehmen-
den Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft, Hochschule und Startup-Szene war der E-
Entrepreneurship Flying Circus damit die erste und größte Impulsserie dieser Art in
Deutschland. Teilnehmer waren u.a. Brigitte Zypries - Bundeswirtschaftsministerin, Tho-
mas Jarzombek – MdB/CDU, Lars Klingbeil – MdB/SPD, Lars Hinrichs – Gründer von
XING, Tim Schumacher – Gründer von Sedo, Stephan Uhrenbacher – Gründer von Qype,
Ulrich Dietz – Präsidiumsmitglied beim BITKOM. Von 2005 bis 2008 war Prof. Kollmann
ferner Mitglied im Präsidium des „Förderkreis Gründungs-Forschung e. V. (FGF)“ und
hier zuständig für die wissenschaftliche Nachwuchsförderung. 2012 wurde sein Thesen-
papier „IKT.Gründungen@Deutschland – Essener Thesen zum E-Entrepreneurship“ ein
in der Politik viel beachteter Impuls zur Verbesserung der Rahmenbedingungen für IKT-
Gründer, der u. a. mit einer persönlichen Einladung von Bundeskanzlerin Angela Merkel
ins Kanzleramt gewürdigt wurde. Im gleichen Jahr war er ferner einer der Initiatoren und
ein Gründungsmitglied vom Bundesverband Deutsche Startups e.V. und wurde zudem von
dessen Vorstand in den ersten Beirat des Verbandes berufen. Dieser Bundesverband ist
heute die zentrale politische Stimme der Startups in Deutschland.
2013 berief der Bundesminister für Wirtschaft und Technologie, Philipp Rösler, ihn als
Kernmitglied in seinen 24-köpfigen Beirat „Junge Digitale Wirtschaft“ (BJDW) beim
BMWi. Dieser Beirat berät den Bundeswirtschaftsminister in allen wichtigen Fragen der
digitalen Wirtschaft. Am 22. April 2013 wird er zum Vorsitzenden dieses Gremiums ge-
wählt und übernimmt damit die Rolle eines wichtigen Mittlers zwischen der Politik und
1014 Autor

der Digitalen Wirtschaft in Deutschland. Die Ergebnisse der Beiratsarbeit münden nicht
nur in ein viel beachtetes Vorschlagspapier, sondern werden unter seiner Führung auch
ein wichtiger Bestandteil des aktuellen Koalitionsvertrags. Am 5. März 2014 wurde er im
Rahmen der ersten Sitzung nach der letzten Bundestagswahl unter der Leitung des ehe-
maligen Bundeswirtschaftsministers Sigmar Gabriel als Vorsitzender des Beirats bestätigt
und von den Mitgliedern wiedergewählt. Auch für eine dritte Amtszeit als Vorsitzender
des BJDW wurde er am 16. Juni 2015 erneut einstimmig gewählt. In diese laufende Peri-
ode fällt auch der Start einer Kooperation mit dem „Conseil national du numérique“, dem
Beirat im französischen Wirtschaftsministerium und damit die Internationalisierung der
Gremiumsarbeit.
Am 27.10.2015 überreichte er vor diesem Hintergrund auf der französisch-deutschen Kon-
ferenz zur Digitalen Wirtschaft nach einer Rede im Élysée-Palast zusammen mit Benoît
Thieulin, dem Vorsitzenden des französischen „Nationalrat für Digitales“ (Conseil natio-
nal du numérique, CNNum), den Aktionsplan für Innovation (API) „Digitale Innovation
und Digitale Transformation in Europa“ an den damaligen Bundeswirtschaftsminister Sig-
mar Gabriel und an Präsident Emmanuel Macron, damals noch Frankreichs Minister für
Wirtschaft, Industrie und Digitales. Enthalten sind 15 Vorschläge zur Stärkung einer in-
ternational wettbewerbsfähigen europäischen Digitalwirtschaft. Zentrale Themen sind die
Ausbildung und Förderung von digitalen Kompetenzen, der Aufbau eines europäischen
Ökosystems für digitale Startups, die Finanzierung von digitalen Innnovationen, die Etab-
lierung eines Digitalen Binnenmarktes und die digitale Transformation der europäischen
Wirtschaft. Am 25.04.2016 besuchte er zusammen mit Mounir Mahjoubi, dem damaligen
Vorsitzenden des Conseil national du numérique (CNNum) in Brüssel den Vice-Commis-
sioner Andrus Ansip und am 27.04.2016 den Commissioner für Digitale Wirtschaft und
Gesellschaft Günther Oettinger, um über die weitere Entwicklung des Digitalen Binnen-
marktes zu sprechen. Auf seine Initiative hin soll ein europäischer Beirat für die (junge)
Digitale Wirtschaft gegründet werden, der sich aus Vertretern der einzelnen Beiräte aus
den jeweiligen EU-Ländern zusammensetzen soll. Am 07. Juli 2016 wurde er einstimmig
als Vorsitzender des BJDW für eine vierte und am 06. Juni 2017 für eine fünfte Amtszeit
wiedergewählt.
Am 13. Dezember 2016 überreichte er zusammen mit dem Vorsitzenden des französischen
CNNum das gemeinsame Maßnahmenpapier „Digitalisierung ist eine Grundfrage für Eu-
ropa!“ an den damaligen Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel und seinen französi-
schen Amtskollegen Michel Sapin in Berlin im Rahmen der zweiten dt.-fr. Digitalkonfe-
renz. Der Maßnahmenkatalog enthält sechs konkrete Vorschläge für den gemeinsamen
digitalen Binnenmarkt in Europa zu den Themen europäische Standards für Datensicher-
heit, einheitliche Regelungen zur Datennutzung, Unterstützung der Internationalisierung
von Start-ups, Aufbau europäischer Hubs für Industrie 4.0 und Internet of Things, For-
schung und Förderung zum Bereich Künstliche Intelligenz sowie Harmonisierung der eu-
ropäischen Steuersysteme für Digitalunternehmen. Die Redaktion von politik & kommu-
nikation (Ausgabe 117/2016) zählt ihn zu den bedeutendsten Akteuren der Digitalisierung
im politischen Berlin.
Autor 1015

Im März 2014 wurde er vom Wirtschaftsminister des Landes Nordrhein‐Westfalen, Gar-


relt Duin, zum Beauftragten für die Digitale Wirtschaft in NRW ernannt. In dieser Funk-
tion soll er als direkter Ansprechpartner die Brücke zwischen Gründern, Wissenschaft,
Kapital und Industrie schlagen und eine Strategie für die Digitale Wirtschaft als Quer-
schnittsbranche aus Internetwirtschaft, Informations‐ und Kommunikationswirtschaft in
bzw. für NRW entwickeln. Am 19.06.2015 stellte er zusammen mit dem NRW-Wirt-
schaftsminister eben diese Strategie unter dem Titel „Köpfe, Kapital und Kooperation von
und für Startups, Mittelstand sowie Industrie für digitale Geschäftsprozesse und -modelle“
mit dem zugehörigen Maßnahmenpaket im Umfang von 42 Mio. Euro aus dem Landes-
haushalt für die Digitale Wirtschaft in NRW vor. Über die zugehörigen Hebelwirkungen
einer Co-Finanzierung von Antragsstellern hat das DWNRW-Programm einen Gesamt-
umfang von 142 Mio. Euro. Im Mittelpunkt stehen die sog. DWNRW-Hubs, bei denen in
sechs NRW-Städten zentrale Anlaufpunkte für die Region entstehen, die als Drehscheibe
für Digitalprojekte zwischen Startups, Mittelstand und Industrie fungieren werden. Am
08. Juli 2016 stellte er zusammen mit Wirtschaftsminister Garrelt Duin die Gewinner des
zugehörigen Landeswettbewerbs vor: Aachen, Bonn, Düsseldorf, Essen/Ruhrgebiet, Köln
und Münster. Das Magazin „IT-ZOOM“ bezeichnete daraufhin NRW am 12. Juli 2016 als
„politischen Vorreiter der Digitalisierung“. Im Ergebnis zeigte eine Studie vom Institut
der deutschen Wirtschaft aus Köln, welche am 3. April 2017 vorgestellt wurde, dass diese
Strategie mit den zugehörigen Maßnahmen nach nur drei Jahren schon über 1.000 neue
Startups für die Digitale Wirtschaft in NRW hervorgebracht hat, der Digitalisierungsgrad
im NRW-Mittelstand über dem Bundesdurchschnitt lag und sich die Industrie-Unterneh-
men aus NRW im Digitalisierungsindex vor ihrer Konkurrenz aus dem übrigen Bundes-
gebiet positionieren konnten. Das Engagement von Prof. Kollmann als Landesbeauftragter
endete mit dem Regierungswechsel in NRW im Jahr 2017. Politisch aktiv blieb er aber,
denn auch der nachfolgende Bundeswirtschaftsministers Peter Altmaier berief ihn 2018
erneut in den Beirat für Junge Digitale Wirtschaft im BMWi, welcher ihn am 30.08.18
wieder einstimmig zum Vorsitzenden wählte. Zuletzt machte der Beirat über seine Emp-
fehlungen zu der KI-Strategie der Bundesregierung und der Forderung nach einer „Deut-
schen Stiftung für Digitale Innovationen“ auf sich aufmerksam.
Neben seiner Forschungs- und Lehrtätigkeit war er zudem von 2001 bis 2015 der Inhaber
und Geschäftsführer der netSTART Venture GmbH in Köln, einem Beratungs- und Betei-
ligungsunternehmen für Startups, Mittelstand und Industrie rund um Fragen von elektro-
nischen Geschäftsprozessen und -modellen. Als Business Angel finanzierte er über dieses
Unternehmen in den letzten 15 Jahren auch zahlreiche Startups der Digitalen Wirtschaft,
wofür er 2005 vom Business Angels Netzwerk Deutschland e.V. in den „BAND Heaven
of Fame” aufgenommen und 2012 sogar zum „Business Angel des Jahres“ gewählt wurde.
2015 verkaufte er erfolgreich die netSTART Venture GmbH im Rahmen eines Exits an die
Mountain Partners Holding aus der Schweiz. Im gleichen Jahr wurde er vor diesem Hin-
tergrund sowohl in den Verwaltungsrat der Mountain Partners AG als auch in den Auf-
sichtsrat des MDAX-Unternehmens Klöckner & Co SE aus Duisburg berufen. Seit 2018
ist er Inhaber und Geschäftsführer der netSTART GmbH in Köln. Gegenstand des Unter-
1016 Autor

nehmens ist der Aufbau und Betrieb eines umfassenden Aus- und Weiterbildungssystems
inkl. Vortrags- und Beratungsleistungen rund um das Thema Digitalisierung (www.net
start-academy.de). Dazu zählen sowohl Online-Kurse als auch Zertifikatskurse zum E-
Business-Manager und E-Business-Leader in Kooperation mit der Universität Duisburg-
Essen.
Im Rahmen seiner zahlreichen Praxisprojekte konnte er 2004 als Initiator und Projektleiter
zusammen mit T-Mobile und Motorola die erste mobile Applikation in Form des ersten
UMTS-Eventportals in Deutschland zur Kieler Woche realisieren. Er ist damit einer der
Pioniere der mobilen Apps und ein Sprecher von Apple würdigte ihn zum 10-jährigen
Jubiläum 2014 mit den Worten „Seine Applikation kannten wir auch, als erste deutsche
Vorstufe heutiger Apps“. 2006 erfand er zudem mit der Virtual Kicker League ein Mul-
tiplayer-Spiel, bei dem die Fans der Fußball-Bundesligavereine gegeneinander antreten
und das reale Ligageschehen über einen Online-Kicker begleiten können. Rund 150.000
Fußball-Fans nutzen diese Gelegenheit, um die virtuelle Kicker-Meisterschaft für ihre
Vereine auszuspielen. Insgesamt konnte er darüber hinaus schon zahlreiche Unternehmen
vom Konzern bis zum KMU umfassend und kompetent in allen Fragen rund um das E-
Business (Internet), M-Business (Mobile) und T-Business (Interaktives Fernsehen) bera-
ten und somit seine Mandanten und Kunden fit für die Zukunft der elektronischen Ge-
schäftsmodelle und -prozesse in der Digitalen Wirtschaft machen.
Laut dem Magazin „Business Punk“ (Ausgabe 02/2014) gehört Prof. Kollmann zu den 50
wichtigsten Köpfen der Startup-Szene in Deutschland. Er ist zudem ein gefragter Speaker
und Moderator für Veranstaltungen rund um die Themen „Digitale Wirtschaft“, „Digitale
Transformation“ und „Digitale Innovationen“ für Konzerne und KMUs, Verlage, Banken,
Bildungseinrichtungen und Hochschulen, Interessensvertretungen und politischen Par-
teien bzw. Organisationen, Messen und Seminarveranstaltern, Berufsverbänden, Clubs,
Kundenversammlungen, Initiativkreisen, Medienunternehmen usw. Er war und ist einer
der führenden Experten für die Digitale Wirtschaft in Deutschland und hat als Forscher,
Ausbilder, Berater, Entwickler, Investor aber auch als politischer Vordenker, einen we-
sentlichen Teil für deren Entwicklung in unserem Land beigetragen. Im September 2016
veröffentlichte er vor diesem Hintergrund zusammen mit Dr. Holger Schmidt, dem Inter-
net-Chefkorrespondent des Magazins FOCUS, den Bestseller „Deutschland 4.0“. Dieses
Buch zeigt, wie die Digitale Transformation für Gesellschaft, Wirtschaft und Politik für
unser Land gelingt. Brandwatch zählt Prof. Kollmann im November 2017 zu den TOP-10
der einflussreichsten Twitter-Autoren rund um das Thema „Digitale Transformation“ und
„Digital Leadership“. Seit 2018 gehört er laut der FAZ zu den 100 einflussreichsten Öko-
nomen in Deutschland und hat „Gewicht in Medien, Forschung und Politik“.

Forschung und Lehre: www.netcampus.de


Transfer und Vorträge: www.netstart.de
Weiterbildung: www.netstart-academy.de
springer-gabler.de

Tobias Kollmann
E-Entrepreneurship
Grundlagen der Unternehmensgründung
in der Digitalen Wirtschaft
6., überarb. Auflage 2016. ca. 700 Seiten,
Broschur
ISBN 978-3-658-12348-2

Erfolgsfaktoren für Startups in den einzelnen


Phasen des Gründungs- und Wachstumsprozesses
In seinem Lehrbuch „E-Entrepreneurship“ befasst sich Tobias Kollmann mit der Unternehmens-
gründung und der Finanzierung von jungen Unternehmen in der Digitalen Wirtschaft. Die
resultierenden Startups im Internet, Mobilfunk oder interaktiven Fernsehen haben sich
Neu in der
inzwischen als gesamtwirtschaftlich bedeutender Faktor etabliert. Vor diesem Hintergrund 6. Auflage
beschreibt das Lehrbuch die Grundlagen der Unternehmensgründung auf Basis elektronischer
Geschäftsprozesse (E-Business). Die Erfolgsfaktoren für Startups in diesem Bereich werden
konsequent in den einzelnen Phasen des Gründungs- und Wachstumsprozesses erklärt,
wobei die Besonderheiten des E-Business Berücksichtigung finden.
In der 6. Auflage wurden alle Kapitel überarbeitet und aktuelle Entwicklungen u. a. in den
Bereichen datengetriebene Geschäftsmodelle (z. B. Big Data), Markttrends (z. B. Share-
conomy), Gründungsmanagement (z. B. Lean Startups), Produktentwicklung (z. B. Digitales
Prototyping) und Marketing (z. B. Dynamic Pricing) wurden einbezogen. Mit dem neuen
E-Business-Model-Generator findet der Leser zudem erstmals ein praxisbezogenes Frame-
work für die Entwicklung elektronischer Geschäftsmodelle. Aktuelle Praxisbeispiele für
Startups und Geschäftsmodelle in der Digitalen Wirtschaft sowie neue Klausur- und
Übungsaufgaben wurden aufgenommen.
Der Inhalt
• Grundlagen: Begriffe, Entwicklungen, Handlungsrahmen
• Ideenfindung: Voraussetzungen, Methoden, Marktstrukturen
• Ideenformulierung: Businessplan, Geschäftsmodelle, Prozesse
• Ideenumsetzung: Produkt, Wettbewerb, Marktzugang
• Ideenfortführung: Kommunikation, Beteiligung, Exit
• Praxistransfer: E-Business-Model-Generator
Zu jedem Kapitel: Übungsaufgaben, Klausuraufgaben und Literatur
€ (D) sind gebundene Ladenpreise in Deutschland und enthalten 7 % MwSt. € (A) sind gebundene Laden-
preise in Österreich
€ (D) sind gebundene und enthalten 10
Ladenpreise % MwSt. Die mit
in Deutschland und*enthalten
gekennzeichneten
7 % MwSt.Preise sindgebundene
€ (A) sind unverbindliche
Ladenpreise in Österreich und enthalten 10 % MwSt. Die
Preisempfehlungen
mit * gekennzeichnetenund Preise
enthalten
sinddie landesübliche
unverbindliche MwSt. Preisänderungen
Preisempfehlungen und Irrtümer
und enthalten vorbehalten. MwSt. Preisänderungen und Irrtümer vorbehalten.
die landesübliche

Jetzt bestellen: springer-gabler.de


springer-gabler.de

Tobias Kollmann, Andreas Kuckertz,


Christoph Stöckmann
Das 1 x 1 des Wissenschaftlichen Arbeitens
Von der Idee bis zur Abgabe
2., überarb. Aufl. 2016. XIV, 201 S. Broschur
ISBN 978-3-658-10706-2

Schritt für Schritt von der Themenfindung


bis zur Präsentation
Dieses Buch zeigt den idealtypischen Prozess der Erstellung einer wissenschaftlichen
Arbeit auf. Basierend auf ihrer langjährigen Erfahrung in der Betreuung von wissen-
schaftlichen Arbeiten verfolgen die Autoren einen sehr pragmatischen Ansatz mit
Neu in der
jeweils direkt umsetzbaren Übungen aus dem wirtschaftswissenschaftlichen Bereich. 2. Auflage
Im Ergebnis findet der Leser hier kurz, prägnant und zielführend die Essenz des
wissenschaftlichen Arbeitens.
In der 2. Auflage wurden weitere Übungen zu allen Schritten des wissenschaftlichen
Arbeitens ergänzt.
Der Inhalt
• Die wissenschaftliche Arbeit planen
• Ein Thema finden, eingrenzen und Ziele setzen
• Literatur recherchieren und einschätzen
• Wissenschaftliche Literatur lesen
• Das Thema strukturieren
• Ergebnisse schriftlich niederlegen
• Quellen offenlegen
• Texte überarbeiten und redigieren

€ (D) sind gebundene Ladenpreise in Deutschland und enthalten 7 % MwSt. € (A) sind gebundene Laden-
preise in Österreich
€ (D) sind gebundene und enthalten 10
Ladenpreise % MwSt. Die mit
in Deutschland und*enthalten
gekennzeichneten
7 % MwSt.Preise sindgebundene
€ (A) sind unverbindliche
Ladenpreise in Österreich und enthalten 10 % MwSt. Die
Preisempfehlungen
mit * gekennzeichnetenund Preise
enthalten
sinddie landesübliche
unverbindliche MwSt. Preisänderungen
Preisempfehlungen und Irrtümer
und enthalten vorbehalten. MwSt. Preisänderungen und Irrtümer vorbehalten.
die landesübliche

Jetzt bestellen: springer-gabler.de


springer-gabler.de

Jetzt im Springer-Shop bestellen:


springer.com/978-3-658-11981-2

Das könnte Ihnen auch gefallen