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Militärische Ausrüstungsgegenstände, Pferdegeschirrbestandteile und Fibeln aus dem römischen

Vicus Pons Aeni/Pfaffenhofen


-19 Abbildungen und 2 Tafeln-
Von Meike Weber, Nottingham

Einleitung1
Obwohl der römische Vicus Pons Aeni/Pfaffenhofen auf dem Kastenfeld bei Rosenheim schon früh
das Interesse regional ansässiger Forscher und Archäologen weckte, ist der Kenntnisstand zu der
Siedlung und dem spätrömischen Truppenstandort bis heute noch lückenhaft. Um die Mitte des 19.
Jahrhunderts löste die Entdeckung römischer Münzen und Keramik erste Grabungen aus. Erst in den
späten sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts fanden jedoch gezielte Ausgrabungen in diesem Bereich
statt. Die Untersuchungen wurden 1967 von R. Christlein und H.-J. Kellner, 1969 von R. Christlein
sowie 1971 und 1974 von J. Garbsch geleitet2. Dabei entdeckte man am Ostrand des Kastenfeldes
Bebauungsspuren3. Am Westrand des Areals wurden Wehranlagen angeschnitten, die man als Reste
des Kastells einer schriftlich für Pons Aeni bezeugten spätrömischen Einheit interpretierte4. 1978 bis
1980 unternahm die Prähistorische Staatssammlung München unter Leitung von J. Garbsch
archäologische Untersuchungen in der gegenüberliegenden Flur Mühlthal, bei denen ein Mithräum
aufgedeckt wurde5. Seit den sechziger Jahren beschäftigt sich W. Ager aus dem benachbarten
Raubling, ehrenamtlicher Mitarbeiter des Bayer. Landesamts für Denkmalpflege, mit dem Vicusareal
und der Umgebung von Pons Aeni/Pfaffenhofen. Das von ihm bei Feldbegehungen aufgelesene
Fundmaterial6 weckte bei einer Sichtung durch M. Mackensen und die Verfasserin im Oktober 2004
aufgrund des breiten Spektrums an mittelkaiserzeitlichen Militaria und Pferdegeschirrbestandteilen
sowie mittel- und spätkaiserzeitlichen Fibeln großes Interesse. So stellte sich die Frage, warum an
einem Ort, der erst in spätrömischer Zeit schriftlich belegt über eine militärische Präsenz verfügte,
mittelkaiserzeitliche Militaria in derartig auffälliger Menge vorliegen. Das Fibelspektrum spiegelt
nicht nur die Grenzlage zwischen dem obergermanisch-raetischen Raum und den mittleren sowie

1
Dieser Aufsatz stellt die verkürzte und überarbeitete Fassung meiner Magisterarbeit dar, die im Oktober 2005
an der Ludwig-Maximilians-Universität in München abgeschlossen wurde. Für die Anregung und die fachliche
Betreuung der Arbeit möchte ich Herrn Prof. M. Mackensen sehr herzlich danken. Das Fundmaterial stellte Herr
W. Ager (Raubling), langjähriger ehrenamtlicher Betreuer des Kastenfeldes, bereitwillig zur Verfügung. Auch
ihm sei an dieser Stelle für seine Unterstützung herzlichst gedankt. Weiterhin danke ich Dr. J. Faßbinder (Bayer.
Landesamt für Denkmalpflege, München), der mir damals noch unpublizierte Ergebnisse der geomagnetischen
Prospektion zur Verfügung stellte. Meinen Münchner Kollegen und Kolleginnen, besonders S. Reuter M.A., F.
Schimmer M.A., Dr. R. Franke sowie Dr. S. Gairhos (Augsburg), Dr. B. Steidl (München) und C. Rummel M.A.
(Nottingham) sei herzlichst für die vielen anregenden Diskussionen und wertvollen Hinweise gedankt. Dr. B.
Steidl verdanke ich auch die Möglichkeit, noch unpubliziertes Fundmaterial aus Oberndorf a. Main und
Dambach einsehen zu können.
2
Christlein/Kellner 1969, 76–161; Christlein u.a. 1976, 1–106.
3
Christlein/Kellner 1969, 87–94; Christlein u.a. 1976, 76–80; 83-85.
4
Ebd. 97–100.
5
Garbsch 1985, 355–462.
6
W. Ager ist es zu verdanken, dass viele der von ihm geborgenen Fundstücke digital eingemessen wurden und
somit ihre Fundstelle in Pfaffenhofen innerhalb der Flur Kastenfeld einwandfrei zu bestimmen ist.

1
unteren Donauprovinzen wider, sondern fällt vor allem auch durch die Menge spätrömischer
Zwiebelknopffibeln auf. Aufgrund dieser ersten Beobachtungen bot es sich an, die Materialgattungen
im Rahmen der historischen Überlieferung und den Ergebnissen der Altgrabungen sowie der
geomagnetischen Untersuchungen auszuwerten, und so die Besiedlungsgeschichte des Vicus Pons
Aeni aus einem neuem Blickwinkel zu betrachten.

Geographische Situation und Lage der Fundstellen


Der moderne Ort Pfaffenhofen befindet sich im Inntal ca. 5 km nördlich der Stadt Rosenheim (Abb. 1).
Aufgrund seiner Lage auf einer natürlichen leichten Erhebung am Westufer des Inns ist der Ort mit der
direkt anschließenden Flur Kastenfeld vor möglichen Überflutungen geschützt (Taf. 1). In der Antike
war dieser Platz nicht nur aufgrund seiner Lage an zwei wichtigen Fernstrassen und dem schiffbaren
Fluss, sondern auch wegen seiner Grenzlage zwischen zwei Provinzen, von verkehrsgeographischer
Bedeutung. Die Zugehörigkeit des Vicus zu einer Provinz scheint sich dabei im Verlauf der römischen
Kaiserzeit geändert zu haben7. Eine Weihinschrift aus Poetovio/Ptuj8 deutet an, dass Pons Aeni in der
mittleren Kaiserzeit in Noricum lag (und somit zum illyrischen Zollbezirk gehörte9), während in der
Notitia Dignitatum occ. XXXV 15 ein Ponte Aoni als spätantiker raetischer Truppenstandort
aufgeführt wird. Unweit der Siedlung überquerte die Straße von Iuvavum/Salzburg nach Augusta
Vindelicum/Augsburg vermutlich zwischen der auf dem Ostufer gelegenen Flur Mühlthal und dem
Kastenfeld den Inn10. Außerdem kreuzte sie im Bereich von Pfaffenhofen eine von Italien über den
Brenner bis nach Regensburg führende Nord-Süd-Transversale11 (Abb. 2). Diese Infrastruktur dürfte
auch die vielen römischen Fundplätze beiderseits des Flusses im Umfeld von Pfaffenhofen erklären
(Abb. 3). So ist auf der Hochterrasse der östlichen Uferseite bei Moosen eine militärische Anlage
bekannt, die aufgrund der historischen Überlieferung bei Tacitus mit den Unruhen des Vierkaiserjahrs
69 n. Chr. in Verbindung gebracht wurde12. Im Hangbereich der Flur Mühlthal wurde 1980 das
Mithräum entdeckt13. Mit Ausnahme dieses Befundes fehlen in der Flur Mühlthal jedoch jegliche
Bebauungsspuren, obwohl das Lesefundmaterial eine Besiedlung nahe legt14. Vermutlich ermöglichte
eine Holz- oder Steinbrücke seit der frühen Kaiserzeit die Überquerung des Inns15. Diese verband die
im Bereich Mühlthal in das Inntal absteigende Strasse auf dem Ostufer mit der im Bereich Kastenfeld
erkennbaren Strasse auf dem Westufer. Fundmünzen aus dem Flussbett deuten eine Nutzung vom 1.

7
Ulbert 1971, 110–112.
8
CIL III 151847; Christlein/Kellner 1969, 77 f.
9
Christlein/Kellner 1969, 78; Ulbert 1971, 113; Pietsch 2001, 161.
10
Vgl. den Beitrag von W. Czysz über die römische Innbrücke im Rahmen der Grabungspublikation in
Christlein u.a. 1976, 101–106.
11
Zu den Straßenzügen und -verläufen in und um Pons Aeni s. J. Stern, Römerräder in Raetien und Noricum.
Unterwegs auf römischen Pfaden. Röm. Österreich 25, 2002 (Wien 2003) 101–119.
12
Pietsch 1995, 99–101.
13
Garbsch 1985, 355–462.
14
Ob sich dies mit der Hanglage und zu vermutender Bodenerosion durch starke Regenfälle bzw. Überflutung
erklären lässt, muss ohne weitere Untersuchungen fraglich bleiben.
15
Christlein u.a. 1976, 101.

2
bis in das fortgeschrittene 4. Jahrhundert an16. Auf dem Westufer befindet sich etwa 600 m entfernt
vom heutigen Flusslauf die ca. 50 ha große Flur Kastenfeld. Durch Ausgrabungen17 und eine
geomagnetische Prospektion18 konnten am Ostrand des Areals römische Gebäudestrukturen
nachgewiesen werden, die sich einseitig entlang der Straße orientieren (Abb. 4). Funde von
Töpfereiabfällen sowie der geomagnetische Nachweis von Töpferöfen belegen eine
Sigillataproduktion in dem Straßenvicus. Spätantike Befunde beschränken sich auf einen als horreum
angesprochenen Tuffsteinbau, von dem in den Grabungen nur noch die untersten Fundamentlagen
festgestellt werden konnten19. Weiter westlich wurden 1974 im Bereich des rezent überbauten
Geländes ein Spitzgraben und eine Mauerausbruchsgrube angeschnitten20. Diese wurden von Garbsch
mit dem in der Notitia Dignitatum genannten Truppenstandort Ponte Aoni in Verbindung gebracht21.
Ein weiterer wichtiger Fundort in unmittelbarer Umgebung ist die Sigillatatöpferei von Westerndorf-
St. Peter, die vom späten 2. bis in das mittlere Drittel des 3. Jahrhunderts hauptsächlich die
donauabwärts gelegenen Provinzen belieferte22.

Antike Quellen und epigraphische Belege


Der Name Pons Aeni ist in mehreren antiken Quellen zu finden. Die früheste inschriftliche Nennung
datiert in die Mitte des 3. Jahrhunderts. Der bereits erwähnte Weihestein aus Poetovio nennt eine
statio Enensis, welche wahrscheinlich mit Pons Aeni gleichzusetzen ist23 (Taf. 2,1). Das Itinerarium
Antonini und die Tabula Peutingeriana führen ein Ponte Aeni bzw. Ad Enum in einer Entfernung von
20 römischen Meilen zu der nicht lokalisierten Siedlung Isinisca auf24. Die Notitia Dignitatum
erwähnt weiterhin ein Ponte Aoni als spätantiken raetischen Truppenstandort. Als Besatzung wird eine
Abteilung der Equites stablesiani iuniores genannt, welche zum Zeitpunkt der letzten Redaktion des
Textes bereits nach Febians (Febiana) versetzt worden war25. Eine weitere Einheit, die sich
möglicherweise in spätrömischer Zeit in Pons Aeni befunden haben könnte sind die
pseudocomitatensischen Pontaenenses, die dem magister peditum in Italia unterstellt waren26.

16
Christlein u.a. 1976, 103 f.
17
Christlein/Kellner 1969, 76–161; Christlein u.a. 1976, 1–106.
18
Faßbinder/Pietsch 2005, 100–102.
19
Christlein u.a. 1976, 84.
20
Ebd. 97–100.
21
Ebd. 100. – Vgl. hierzu Pietsch 1995, 101; ders. /Kostial-Gürtler 2000, 74; Steffan/Uenze 2003, 80 f.
22
H.-J. Kellner, Zur Sigillatatöpferei von Westerndorf I. BVbl. 26, 1961, 165–203; ders., Die Bildstempel von
Westerndorf. Comitialis und Jassus. BVbl. 46, 1981, 121–189; ders./D. Gabler, Die Bildstempel von
Westerndorf II. Helenius und Onniorix. BVbl. 58, 1993, 185–207. – Zur Sigillataproduktion von Westerndorf
und Pfaffenhofen ist außerdem ein Projekt am Institut für Klassische Archäologie, Universität Wien, in Arbeit.
23
s. Anm. 8.
24
Reinecke 1924, 39; K. Miller, Weltkarte des Castorius genannt die Peutingersche Tafel (Ravensburg 1888)
Segm. IV, 3. – Zur Datierung der Tabula Peutingeriana vgl. L. Bosio, La Tabula Peutingeriana (Rimini 1983)
148–162.
25
Not. Dign. occ. XXXV 15.
26
Not. Dign. occ. V 263. – Aufgrund des Namens wird ein Bezug zu dem Ort Pons Aeni hergestellt, der
möglicherweise Rückschlüsse auf das Rekrutierungsgebiet oder die Herkunft der Einheit zulassen könnte (vgl.
auch Christlein/Kellner 1969, 78; Th. Meier, Zwischen Karpaten und Aquitanien. Das untere Mangfalltal um

3
Die Funde
Die zur Bearbeitung zur Verfügung gestellten Funde aus dem Vicusareal sind, mit Ausnahme der
wenigen zusätzlich aufgenommenen Stücke aus den Altgrabungen, Oberflächenfunde ohne konkreten
Befundbezug27.

1. Militärische Ausrüstungsgegenstände

Trachtbestandteile (außer Fibeln) (Abb. 11, Nr. M1–M26; Abb. 12, Nr. M27–M42)
Gürtelgarnituren zählen zu den am häufigsten überlieferten Trachtbestandteilen der römischen
Kleidung. Im militärischen Bereich entwickelte sich die Tragweise des Gürtels im 1. Jahrhundert n.
Chr. von zwei kreuzweise getragenen Gürtelriemen hin zu einem einzelnen Gürtel, an dem das
Schwert befestigt wurde28. Vereinzelt lassen sich bereits schmale Schulterriemen als
Schwertaufhängung beobachten29. Im Verlauf des 2. Jahrhundert setzte sich der quer über der Brust
getragene balteus als Wehrgehänge durch, so dass der Gürtel nur noch zur Befestigung eines Dolches
und kleinerer Taschen oder Messer diente30. Im frühen 3. Jahrhundert trat mit den Ring- und
Rahmenschnallencingula eine neue Form der Gürtelschließen auf31. Diese, ebenso wie der balteus,
kamen wohl erst im frühen 4. Jahrhundert außer Mode und wurden durch einen einfachen Hüftgürtel
ersetzt, an dem das Schwert befestigt wurde32.
Die Cingulumschnalle Nr. M1 zeichnet sich durch einen D-förmigen Bügel mit T-förmiger Öse zur
Aufnahme des Riemenendbeschlags33 aus. Die Schnalle weist starke Abnutzungsspuren auf, die
vermutlich auf eine lange Verwendungsdauer schließen lassen. J. Oldenstein ging von einer Datierung
dieses reichsweit verbreiteten Typs34 von der Mitte des 2. bis in die erste Hälfte des 3. Jahrhunderts

400 n. Chr. In: G. Graenert u.a. (Hrsg.), Hüben und Drüben – Räume und Grenzen in der Archäologie des
Frühmittelalters. Festschrift M. Martin. Arch. und Mus. 48 [Liestal 2004] 302).
27
Der Herkunftsort der Funde, die nicht auf dem Kastenfeld, sondern in der Flur Mühlthal gefunden wurden (es
handelt sich um zwei Militaria: eine dreiflügelige Pfeilspitze und einen Schildbuckel aus Eisen), ist im Katalog
vermerkt.
28
Bishop/Coulston 2006, 106. – Allg. zur Entwicklung der Gürteltracht anhand der bildlichen Darstellung s. Ubl
1969, 208–249.
29
Deschler-Erb 1999, 40.
30
Bishop/Coulston 2006, 154; Gschwind 2004, 152.
31
Allg. zu Ring- und Rahmenschnallencingula s. Bishop/Coulston 2006, 182–184; Fischer 1988, 167–190; v.
Schnurbein 1995, 139–148; Gschwind 2004, 164–168.
32
Zum Ende des Ring- und Rahmenschnallencingulums zuletzt Gschwind 2004, 167. – Zur spätrömischen
Gürteltracht des 4. und 5. Jahrhunderts u.a. Sommer 1984; Bullinger 1969.
33
Schnallen dieses Typs wurden mit unterschiedlichen Beschlägen kombiniert, vgl. hierzu die Gürtelschnallen
mit Beschlag aus Osterburken und Neuburg a. d. Donau (Oldenstein 1976, 214 Abb. 7; 134 Abb. 1a). Weitere
Exemplare: Deutschkreuz: Fundber. Österreich 15, 1976, 239 Abb. 220. – Loretto: Fundber. Österreich 36, 1997,
832 Abb. 625.
34
Exemplare dieses Schnallentyps finden sich z.B. in Britannien, Spanien, den Rhein- und Donauprovinzen,
Syrien, Jordanien oder auch in Nordafrika (vgl. hierzu Gschwind 2004, 158 Anm. 638; Oldenstein 1976, 214–
216 bes. 215 mit Anm. 719).

4
aus35. Aufgrund der Exemplare aus Dura-Europos36 wäre jedoch sogar eine Verwendung bis um die
Mitte des 3. Jahrhunderts möglich. Eine vollständige Garnitur aus Osterburken37 dokumentiert die
Zugehörigkeit bestimmter Beschläge wie die zwei durchbrochenen Exemplare aus Pons Aeni (Nr.
M16–1738), wobei das kleine erhaltene Nietloch und die Nietstifte eher für eine Anbringung auf dem
Lederriemen als direkt an der Schnalle sprechen39. Eine rechteckige Schnalle (Nr. M2) mit
eingezogenen Längsseiten und zentralem Steg lässt sich den doppelseitigen Schnallen mit Dornhalter
nach Oldenstein zuweisen40. Vergleichbare Exemplare liegen vom Feldberg im Taunus und aus dem
Kastell Holzhausen (Rheinland-Pfalz) vor, wo sie frühestens gegen Mitte (Feldberg) bzw. Ende
(Holzhausen) des 2. Jahrhunderts in den Boden gelangt sein können41. Möglicherweise wurde dieser
Schnallentyp aber nicht mittels Dorn im Gürtelleder verhakt, sondern wie ein
Rahmenschnallencingulum geschlossen, wodurch sich ein vergleichbarer Verwendungszeitraum im 3.
Jahrhundert ergeben würde42. Als Gürtelschnalle kann wohl auch die kleine Ringschnalle mit
beweglichem Dorn Nr. M3 angesprochen werden. Da der Durchmesser des Stücks mit dem der Nr.
M1 vergleichbar ist, kann eine Verwendung am Gürtel durchaus angenommen werden. Kleine
Ringschnallen aus dem Kastell Niederbieber legen eine Datierung vom ausgehenden 2. bis um die
Mitte des 3. Jahrhunderts nahe43.
Das Fragment einer Bronzeschnalle mit festem dreieckigem Beschlag44 (Nr. M4) gehört zu den
wenigen spätrömischen Gürtelbestandteilen aus Pons Aeni. Erhalten sind nur noch das runde, flache
Beschlagende mit Nietloch und Resten eines eisernen Nietstifts sowie ein Teil des Beschlagrahmens
mit umlaufender Längskehlung. Bronzeschnallen mit festem dreieckigem Beschlag liegen u.a. von der
Burg Sponeck, vom Münsterberg in Breisach, aus Linz-Zizlau oder Burghöfe vor45. Eine Schnalle aus
Grab 3 in Szentlászló-Szentegyedpuszta ist ebenfalls mit einer Längskehlung verziert und war mit
einer Zwiebelknopffibel Keller/Pröttel 3/4 vergesellschaftet46. Während H. Böhme eine Datierung des
Schnallentyps von der ersten bis in die zweite Hälfte des 4. Jahrhunderts annahm47, sprach sich R.
Swoboda für eine Verwendung von der Mitte des 4. bis in das 5. Jahrhundert aus48. Ph. Pröttel konnte
zuletzt für die Exemplare mit Längskehlung eine Verwendung im mittleren und letzten Drittel des 4.

35
Oldenstein 1976, 216. – Vgl. hierzu auch zwei entsprechende Gürtelschnallen aus Brandbestattungen in
Carnuntum, die mit Münzen des Hadrian und Nerva (Grab 26) sowie des Alexander Severus (Grab 174B)
vergesellschaftet waren (Ertel u.a. 1999, 72 Taf. 25 Grab 26,8; Taf. 77 Grab 174B, 9–11).
36
James 2004, 79 Abb. 37,72.74.
37
Oldenstein 1976, 214 Abb. 7; Taf. 75,997.
38
Zu einer Verwendung am Pferdegeschirr vgl. Gschwind 2004, 161.
39
Oldenstein 1976, 215 Taf. 75,1000.
40
Ebd. 217.
41
Ebd.
42
Zur Datierung s. Gschwind 2004, 166–168.
43
Oldenstein 1976, 218.
44
Zu Bronzeschnallen mit festem, dreieckigem Beschlag vgl. Swoboda 1986, 91–103; Böhme 1986, 485–487.
45
Burg Sponeck: Swoboda 1986, 92 Abb. 1. – Münsterberg bei Breisach: Ebd. 92 Abb. 2,1. – Linz-Zizlau:
Ruprechtsberger 1999, 122 (Grab 22) Abb. 94,1. – Burghöfe: Pröttel 2002, 110 f. Taf. 7,81.
46
J. Dombay, Spätrömische Friedhöfe im Komitat Baranya. A Janus Pannonius Múzeum Évkönyve 1957, Taf.
28,3 (Gürtelschnalle); 5 (Zwiebelknopffibel). – Zur Bestimmung der Fibel vgl. Pröttel 2002, 111.
47
Böhme 1986, 486 f.
48
Swoboda 1986, 96–98.

5
Jahrhunderts wahrscheinlich machen49. Da diese Schnallen in spätrömischen Kastellen gehäuft
auftreten, ging er davon aus, dass sie als Bestandteil der Militärtracht getragen wurden50.
Der polygonale silberne Dorn Nr. M5 dürfte ebenfalls zu einer Gürtelschnalle gehört haben, da vor
allem spätrömische Schnallendorne des 4./5. Jahrhunderts häufig einen profilierten oder stark
verzierten Kopf aufweisen, während der Dorn selbst polygonal erscheint51.
Die verschiedenen Riemenbeschläge stellen eine variantenreiche Gruppe dar. Das Fragment eines
durchbrochenen Beschlags (Nr. M6) mit Befestigungsstift mit Gegenknopf kann den im „keltischen
Stil“52 verzierten Beschlägen zugeordnet werden, die wohl am Gürtel getragen wurden53. Die auch als
Beschläge mit Trompetenornament bezeichneten Stücke wurden aufgrund des häufigen Vorkommens
an den Kastellplätzen des obergermanisch-raetischen Limes in die Zeit von der Mitte des 2. bis in das
frühe 3. Jahrhundert datiert54. Für den spitzovalen Beschlag mit zwei Befestigungsstiften mit
Gegenknöpfen (Nr. M7) finden sich eindeutige Parallelen in den Kastellen Saalburg und Zugmantel.
Aufgrund der damals bekannten Verbreitung erwog Oldenstein für diese Beschläge eine lokale
Produktion, verwies jedoch auf ein möglicherweise durch den mangelhaften Forschungsstand
verfälschtes Bild55. Mit dem Exemplar aus Pons Aeni und Beschlägen aus Vindolanda, der römischen
Villa in Wange (Belgien), Köngen, Kaufering, Ács-Vaspuszta (Ungarn) und Siscia (Kroatien) lässt
sich das Verbreitungsbild deutlich erweitern und eine lokalbeschränkte Produktion ausschließen56. Die
beiden Beschläge aus Ács weisen darauf hin, dass derartige Stücke schon im 2. Jahrhundert verwendet
wurden, da sie aus einer Brandschicht des zweiten Holz-Erde-Kastells, das wohl während den
Markomannenkriegen in den siebziger Jahren des 2. Jahrhunderts zerstört wurde, stammen 57.
Exemplare aus dem römischen Gutshof von Wurmlingen, die zwischen 220 und 240 in den Boden
gekommen sein dürften58, zeigen, dass spitzovale Beschläge bis in die erste Hälfte des 3. Jahrhunderts
in Gebrauch waren. Zwei Beschläge mit peltaförmigem Abschluss (Nr. M8–M9) könnten sowohl
Pferdegeschirre als auch Gürtel geziert haben59. Ähnliche Beschläge stammen aus Weißenburg, Pfünz,

49
Pröttel 2002, 110 f.
50
Ebd. 111. – Vgl. hierzu auch Böhme 1986, 485.
51
Vgl. hierzu die Abbildungen einiger kompletter Gürtelschnallen bei Sommer 1984, Taf. 1,10 (Silber); Taf. 2,6
(Bronze); Taf. 3,5 (Bronze). – Obwohl hier keine Querschnitte abgebildet sind, scheinen die Dorne massiv und
größtenteils längsprofiliert oder polygonal im Querschnitt zu sein. Auch die häufig zu beobachtende besondere
Ausbildung des Kopfes (Profilierung oder als Tierkopf) scheint der Nr. M5 deutlich näher zu stehen als Dorne
einfacher Cingulumschnallen der mittleren Kaiserzeit.
52
Zur sog. keltischen Renaissance vgl. R. MacMullen, The Celtic Renaissance. Historia 14, 1965, 93–104.
53
Zu einer Gürtelgarnitur aus einer Bestattung in Faimingen gehört ein im keltischen Stil durchbrochener
Beschlag (Oldenstein 1976, 134 Abb. 1d; M. Müller, Faimingen-Phoebiana. Die römischen Grabfunde.
Limesforsch. 26 [Mainz 1999] 21 Taf. 51, Grab 292/1–5).
54
Oldenstein 1976, 206 f.
55
Ebd. 189.
56
Vindolanda: Bidwell 1985, 122 Abb. 41,26. – Wange: Lodewijckx u.a. 1993, 76–78 Abb. 7,4.10. – Köngen:
Luik 1996, 205 Taf. 48,17.20. – Kaufering: BVbl. Beih. 16 (2004) 17 Abb. 13,9. – Ács: Gabler 1989, 178 Abb.
76,17–1–8. – Siscia: Radman-Livaja 2004, 118 Taf. 74,537.
57
Gabler 1989, 642.
58
Reuter 2003, 85.
59
Vgl. hierzu eine Gürtelgarnitur aus Viminacium (D. Spasić-Đurić , Viminacium – the capital of the Roman
province of Upper Moesia [Pozarevac 2002] 74 Abb. 53).

6
Eining und Ellingen60. Ein nahezu identisches Stück zu Nr. M9 liegt aus dem Kastell von Buciumi
vor, eine weitere Parallele stammt aus dem Legionslager von Potaissa/Turda (beide Rumänien)61.
Oldenstein ging von einer Verwendung entsprechender Beschläge von der Mitte des 2. bis in die erste
Hälfte des 3. Jahrhunderts aus62. Das Fragment eines peltaförmigen Beschlags (Nr. M10) kann
aufgrund der Parallelen aus den Kastellen des obergermanisch-raetischen Limes in denselben Zeitraum
datiert werden63.
Zu dem massiv gegossenen Beschlag mit verdicktem Mittelteil und Querprofilierung (Nr. M11) finden
sich die besten Vergleichsstücke in Eining64. Auch Nr. M12 ist vermutlich zu diesen Beschlägen zu
zählen. Komplette Exemplare aus Siscia65 lassen für die nur fragmentiert erhaltenen Stücke aus Pons
Aeni einen rechteckigen oberen Abschluss vermuten. Drei Exemplare aus dem während der
Markomannenkriege in den frühen siebziger Jahren des 2. Jahrhunderts zerstörten Vicus von
Regensburg-Kumpfmühl legen eine Verwendung während des 3. Viertels des 2. Jahrhunderts nahe66. I.
Radman-Livaja geht bei den Exemplaren aus Siscia davon aus, dass sie von der zweiten Hälfte des 2.
bis ins 3. Jahrhundert als Gürtelbeschläge verwendet wurden67.
Nr. M13–M15 zählen zu den emailverzierten Beschlägen. Auf der Rückseite von Nr. M13 befinden
sich noch zwei Befestigungsstifte ohne Gegenknöpfe. Die Felder mit Emaileinlage auf der Vorderseite
sind durch Bronzestege unterteilt und von profilierten Rändern eingefasst. Da das Exemplar sowohl
typologische Parallelen zu den durchbrochenen länglichen, als auch zu den Beschlägen mit drei
Ringösen an den halbrunden Schmalseiten aufweist, kann von einer Datierung von der zweiten Hälfte
des 2. bis in das 3. Jahrhundert ausgegangen werden68. Nr. M14 dürfte der Form nach zu den
rechteckigen Beschlägen mit eingezogenen Längsseiten gehören, die wohl vom 2. bis in das 4.
Jahrhundert gleichermaßen in Verwendung waren69. Für Nr. M15 findet sich eine Parallele in der

60
Weißenburg: Oldenstein 1976, 200 Taf. 66,862. – Pfünz: Ebd. Taf. 66,863. – Eining: Gschwind 2004, Taf.
47,C418. – Ellingen: Zanier 1992, 180 Taf. 17,B53.B54. – Ein weiteres Exemplar liegt aus den canabae legionis
von Regensburg vor (freundl. Hinweis S. Reuter; unpubliziert; AO: Bayer. LfD, Außenstelle Regensburg;
Grabung Kumpfmühler Str. 3/5, 2000; Inv. Nr. 2000, 26; Fd. Nr. 3031).
61
Buciumi: Chirilă u.a. 1972, 73 Taf. 71,27. – Potaissa: Bărbulescu 1994, 98 Abb. 16,14.
62
Oldenstein 1976, 184; 200.
63
Ebd. 178–185 Taf. 53–55.
64
Gschwind 2004, 157 Taf. 45,C365–367.
65
Radman-Livaja 2004, 94 Taf. 42,282.283; 43,284.285.
66
Th. Fischer, Ein Keller mit Brandschutt aus der Zeit der Markomannenkriege (170/175 n. Chr.) aus dem
Lagerdorf des Kastells Regensburg-Kumpfmühl. Ber. Bayer. Bodendenkmalpfl. 24/25, 1983/84, 24–63 bes. 27–
29 Abb. 4,6–7; Faber 1994, 150; 479–480 Abb. 148,11. – A. Faber geht davon aus, dass die Funde zur Periode 2
des Vicus gehörten, die sie mit dem Umbau in Stein unter Antoninus Pius beginnen lässt, während die
Markomannenkriege in den frühen siebziger Jahren wohl das Ende des Kastells und Vicus bedeuteten (ebd. 31
f.; 89–94).
67
Radman-Livaja 2004, 94.
68
Oldenstein 1976, 193–197; Gschwind 2004, 163.
69
Gschwind 2004, 156 f. – Zwei unpublizierte Beschläge mit eingezogenen Längsseiten und Emaildekor aus
dem Vicus von Dambach (unpubl.; AO: Arch. Staatsslg. München, Inv. Nr. 1996, 2052) sind die besten
Parallelen zu dem Stück aus Pons Aeni.

7
römischen villa rustica von Wange. M. Lodewijckx schlug eine Datierung in die erste Hälfte des 3.
Jahrhunderts vor70.
Der quadratische, durchbrochen gearbeitete Beschlag Nr. M18 kann aufgrund eines Grabfundes aus
Regensburg71 einem Ring- oder Rahmenschnallencingulum zugewiesen werden72. Derartige
Beschläge waren weit verbreitet und sind aus den obergermanisch-raetischen Provinzen bis nach
Marokko bekannt73. Die Zugehörigkeit zu Ring- und Rahmenschnallencingula ermöglicht
gleichermaßen die Datierung dieser Beschläge vom frühen 3. bis ins späte 3./frühe 4. Jahrhundert74.
Bildliche Darstellungen auf Soldatengrabsteinen75 oder den iranischen Felsreliefs von Naqsh-i
Rustam76 und Bishapur77 bestätigen, dass dieser Cingulumtyp ein fester Bestandteil der römischen
Militärtracht des 3. Jahrhunderts war78. Möglicherweise ist auch ein spitzovaler längsprofilierter
Beschlag (Nr. M19) mit dieser Gürtelform in Verbindung zu bringen. So liegen aus Gräbern in
Budapest und Silistra zwei kahnförmige Silberbeschläge vor, die zwar länger, in der Form dem hier
vorgestellten Stück jedoch sehr ähnlich sind79. Zwei nahezu identische Stücke zu dem Beschlag aus
Pons Aeni stammen aus Dura-Europos80. Die Datierung der Vergleichsstücke legt eine zeitliche
Einordnung der Nr. M19 in das 3. Jahrhundert nahe81. Gleichzeitig mit den Ring- und
Rahmenschnallencingula wurden auch Gürtelgarnituren mit runden Gürtelbeschlägen mit und ohne
Öse getragen82. Ob man jedoch zwei stark fragmentierte, durchbrochen gearbeitete Scheiben (Nr.
M20–M21) diesen Beschlägen zuweisen kann, lässt sich aufgrund des Erhaltungszustandes nicht mehr
sagen.
70
Lodewijckx u.a. 1993, 75 (4.4.) Abb. 5,4.4; zur Datierung und den Besitzverhältnissen ebd. bes. 98. – Vgl. zu
dem Ensemble aus Wange auch: M. Lodewijckx/L. Wouters/E. Scheurman, A third century collection of
decorative objects from a Roman villa at Wange (Central Belgium): second interdisciplinary report. JRMES 7,
1996, 1–20.
71
Vgl. v. Schnurbein 1977, 87 f. Taf. 82 (Grab 664).
72
Vgl. hierzu besonders ebd. 87–91; Fischer 1988, 167–190.
73
Vgl. hierzu Exemplare aus: Eining: Gschwind 2004, 166 Taf. 51,C486. – Osterburken: Oldenstein 1976, 223
Taf. 82,1087. – Pfünz: Ebd. Taf. 82,1089. – Buch: Ebd. Taf. 82,1088. – Großprüfening: Fischer 1990, 188 Taf.
66,5 (mit Rahmenschnalle vergesellschaftet). – Volubilis: Boube-Piccot 1994, 80 Taf. 68,98. – Cumidava: N.
Gudea/I.I. Pop, Das Römerlager von Rîsnov/Rosenau Cumidava. Beiträge zu den Limesuntersuchungen im
Südosten des römischen Dazien (Brasov 1971) 59 Taf. 57a,7.
74
Zur Datierung der Ring- und Rahmenschnallencingula zuletzt Gschwind 2004, 166–168.
75
Zu Grabsteinen mit der Darstellung römischer Soldaten mit Ringschnallencingulum: J.Ch. Balty/W. van
Rengen, Apamea in Syria. The Winter quarters of Legio II Parthica. Roman gravestones from the military
cemetery (Bruxelles 1992) 13–15; 26–45 Taf. 5,7.11–12.
76
G. Herrmann, The Sasanian Rock Reliefs at Naqsh-i Rustam. Iranische Denkmäler II I (Berlin 1989) 14 f.; 25
f. Abb. 4.6.
77
Ders., The Sasanian Rock Reliefs at Bishapur 3. Iranische Denkmäler II G (Berlin 1983) 14 f. Abb. 1.2; Taf.
10–13.
78
Gschwind 2004, 168. – Gegen die Annahme einer ausschließlich von Soldaten getragenen Gürtelform zuletzt
v. Schnurbein 1995, 139–148 bes. 148.
79
Fischer 1988, 177 Abb. 4,5; 178 f. Abb. 6,5. – Vgl. zu dem Grabfund aus Budapest auch die Bildaufnahmen
der Originale in: I. Kovrig, Pannonia (Budapest 1942) 28 Abb. 29.
80
James 2004, 94 Abb. 43,296–297.
81
Zur Datierung des Beschlags aus dem Grab von Budapest: Fischer 1988, 177. – S. James weist die meisten
Funde aus Dura-Europos erst der Zeit kurz vor bzw. der Zerstörung der Anlage um die Mitte des 3. Jahrhunderts
zu (vgl. James 2004, 30).
82
Vgl. hierzu Gschwind 2004, 162 f.; Th. Fischer, Ein römischer Hortfund aus Affecking. In: W. Czysz u.a.
(Hrsg.), Provinzialrömische Forschungen. Festschrift G. Ulbert (Espelkamp 1995) 339–347 bes. 340–342;
Reuter 2005, 204 f.

8
Für das Gürtelschnallenbeschlagblech Nr. M22 ist eine Datierung in das 4./5. Jahrhundert
anzunehmen. Das dünne Bronzeblech weist einen gekerbten Rand, Aussparungen und
Befestigungslaschen für den Dorn sowie drei Nieten zur Befestigung am Leder auf. Vergleichbare
Beschlagbleche liegen unter anderem aus einem Grab in Dorchester-on-Thames, ferner aus Bregenz,
Oudenburg und einer Bestattung in Kaiseraugst vor83. Durch eine beigegebene Münze ergibt sich für
Grab 975 aus Kaiseraugst ein terminus post quem von 335/34184. H. Bullinger setzte vergleichbare
Beschläge mit dreiteiligen Schnallen in Beziehung und führte als Parallele eine Gürtelschnalle mit
Beschlag aus Pécs, Grab XI, an85. Der Bestattung waren mehrere Münzprägungen bis Constantius II.
beigegeben86. Dementsprechend ist für die dünnen Gürtelbeschlagbleche generell ein Gebrauch ab
dem mittleren Drittel des 4. bis möglicherweise in die erste Hälfte des 5. Jahrhunderts anzunehmen87.
Riemenendbeschläge aus dünnem Bronzeblech mit ovalen oder lanzettförmigen Anhängern wie Nr.
M27 und M28 sind ausgesprochen häufig im Fundmaterial vertreten88. Auch ein ursprünglich
mehrgliedriger Beschlag (Nr. M2989) und die Fragmente zweier Anhänger mit D-förmiger Öse (Nr.
M30–M31) sind zu diesen Exemplaren zu zählen. Die weite Verbreitung spiegeln Funde aus den
Kastellen des obergermanisch-raetischen Limes und Eining sowie Richborough, Pác (Slowakei),
Siscia (Kroatien), Romula, Buciumi, Sarmizegetusa (alle Rumänien) oder Dura-Europos wider90. Die
ältesten Exemplare können wohl in das frühe 2. Jahrhundert91 datiert werden. Aufgrund des häufigen
Vorkommens in den Kastellen des obergermanisch-raetischen Limes ist es wahrscheinlich, dass

83
Dorchester: Böhme 1986, 496 Abb. 20,1 (vgl. hierzu auch: Sommer 1984, 30 Taf. 72,5). – Bregenz: Konrad
1997, 46 f. Abb. 8,10.11. – Oudenburg: J. Mertens/L. van Impe, Het Laat-Romeins Grafveld van Oudenburg.
Arch. Belg. 135 (Brüssel 1971) Taf. 86,1–4.7.10.13. – Kaiseraugst: Martin 1976, 37 f. Taf. 58 Grab 975,1; Taf.
75 Grab 1309,2.
84
Martin 1976, 156 (Tabelle, Grab 975).
85
Bullinger 1969, 25 mit Anm. 7.
86
G. Török, Le trovate romane rinvenute in occasione dell’ ampliamento della chiesa di Pécs Belváros. Fol.
Arch. 3–5, 1941–1945, 125–137 bes. 135.
87
Martin 1976, 38; Konrad 1997, 47 f. – Böhme führt die Bestattung mit den Gürtelbestandteilen als Zeugnisse
militärischer Präsenz in Dorchester in der ersten Hälfte und der Mitte des 5. Jahrhunderts auf (Böhme 1986, 564
[Liste 2,9]).
88
Ein solcher Riemenendbeschlag mit Anhänger liegt auch aus einer Pferdebestattung nahe der römischen Villa
von Baláca (Ungarn) vor, so dass eine Verwendung am Pferdegeschirr ebenfalls möglich ist (vgl. S. Palágy, Ein
neuer Pferdegeschirrfund aus Pannonien und Möglichkeiten seiner Rekonstruktion. In: Ancient Bronzes 1995,
401–408 bes. 405 Abb. 3,4).
89
Vgl. hierzu einen Beschlag aus dem Lager Eining-Unterfeld, welches nur in den 70er Jahren des 2.
Jahrhunderts besetzt war (Jütting 1995, 168 Abb. 11,123).
90
Obergermanisch-raetischer Limes: Oldenstein 1976, 142–147 Taf. 36,290–304. – Eining: Gschwind 2004, 163
Taf. 49,451–457. – Richborough: B. Cunliffe, Fifth Report on the Excavations of the Roman Fort at
Richborough, Kent. Rep. Res. Comm. Soc. Ant. London 23 (London 1968) Taf. 37,120. – Pác: Krekovič 1994,
217 f. Abb. 6,1.2. – Romula: L. Petculescu, Military equipment graves in Roman Dacia. JRMES 6, 1995, 124
Taf. 1,3–4; 128 Taf. 2,2. – Buciumi: Chirilă u.a. 1972, 72 Taf. 71,1–3.9–11.18–20. – Sarmizegetusa:
Alicu/Cocis 1994, 49 Taf. 33,684–686. – Siscia: Radman-Livaja 2004, 96 Taf. 46,313–316; 47,317–328;
48,329–339; 49,340–343. – Dura-Europos: James 2004, 85 Abb. 40,152–158.
91
Oldenstein 1976, 144. – Vgl. hierzu lanzettförmige Anhänger aus Brandbestattungen in Carnuntum, die mit
Münzen des Hadrian bis Antoninus Pius vergesellschaftet waren: Ertel u.a. 1999, 72 f. Taf. 24 Grab 23,5; Taf. 25
Grab 26,9–10.

9
derartige Beschläge bis um die Mitte des 3. Jahrhunderts verwendet wurden. Das Stück aus Pác92 und
ein silbernes Exemplar aus einem Frauengrab in Dorweiler93 deuten sogar eine vereinzelte
Verwendung der Form bis in das späte 3. und die erste Hälfte des 4. Jahrhunderts an. Ein
durchbrochener Riemenendbeschlag mit Scharnierkonstruktion und durchbrochenem ovalem
Anhänger mit Endknopf (Nr. M32) weist in der Form starke Ähnlichkeiten zu den oben behandelten
Stücken und einem Anhänger aus dem Kastell Osterburken auf, der nicht vor die Mitte des 2.
Jahrhunderts datiert werden kann94. Der durchbrochen gearbeitete Riemenendbeschlag Nr. M33 liegt
in vergleichbarer Art aus Eining, Pocking, Pfünz, Weißenburg und vom Feldberg vor95. Einen guten
Anhaltspunkt für die Datierung liefert das Exemplar aus einem Keller in Pocking, dessen Zerstörung
aufgrund zweier prägefrischer Münzen des Maximinus Thrax und des Gordianus III um bzw. nach
241/242 stattgefunden haben muss96. Die Gesamtmünzreihe deutet an, dass die Siedlung erst um 260
aufgegeben wurde97. Ein durchbrochen gearbeitetes, herzförmiges Silberblech (Nr. M34) war
vermutlich als Anhänger an einem Riemenendbeschlag angebracht. Die ungleichmäßige Ausarbeitung
der Durchbruchsverzierung weist auf ein Halbfabrikat oder eine handwerklich minderwertige Arbeit
hin. Da der obere Abschluss fehlt, kann über die Art der Anbringung – mittels Scharnier am
Riemenendbeschlag oder direkt am Leder – keine Aussage getroffen werden. Möglicherweise wurde
er auch am Pferdegeschirr befestigt (vgl. Nr. P39–P40). In den Kastellen des obergermanisch-
raetischen Limes sind herzförmige durchbrochene Anhänger im Fundmaterial der zweiten Hälfte des
2. Jahrhunderts häufig vertreten. Oldenstein schloss jedoch nicht aus, dass sie auch in der ersten Hälfte
des 2. Jahrhunderts schon verwendet wurden98. Entsprechende Stücke sind noch in Fundkomplexen
des 3. Jahrhunderts zu finden99. Längliche Scharnierbeschläge mit gestreckten trapezförmigen
Anhängern (Nr. M36–M38) sind in Verbindung mit Ring- und Rahmenschnallencingula belegt. Das
Grabinventar aus Sackrau enthielt eine vermutlich vollständige Garnitur eines
Rahmenschnallencingulums, zu der u.a. auch ein Scharnierbeschlag zählte100. Mit Nr. M36 und M37
liegen zwei massive Anhänger von Scharnierbeschlägen mit Querprofilierung unterhalb der
Befestigungsöse vor, zu denen sich Parallelen u.a. in Eining, Carnuntum oder Dura-Europos finden101.

92
Krekovič 1994, 217. – Allerdings schließt T. Kolnik, eine Datierung der Gebäudestrukturen und der Funde
bereits in tetrarchische Zeit nicht aus (vgl. T. Kolnik, Cífer-Pác. Eine jungkaiserzeitliche Station. In: III.
Internationaler Kongress für slawische Archäologie [Nitra 1975] 3–30 bes. 12).
93
W. Haberey, Ein spätrömisches Frauengrab aus Dorweiler, Kr. Euskirchen. Bonner Jahrb. 149, 1949, 86 Abb.
7,12.
94
Oldenstein 1976, 151 Taf. 38,344.
95
Eining: Gschwind 2004, 162 Taf. 48,C423. – Pocking: Oldenstein 1976, 187 f. Taf. 41,398. – Pfünz: Ebd. Taf.
41,399. – Weißenburg: Ebd. Taf. 41,400. – Feldberg: Ebd. Taf. 41,401.
96
Kellner 1960, 142.
97
Wandling/Ziegaus 1993, 127 f.; 138–142.
98
Oldenstein 1976, 128.
99
Ebd. 128 f.
100
Fischer 1988, 177 f. Abb. 5,9. – Erstmals publiziert bei: W. Grempler, Der II. und III. Fund von Sackrau
(Berlin 1888), Taf. 6–7.
101
Eining: Gschwind 2004, 337 Taf. 51,C504. – Carnuntum: Fischer 1988, 186 Abb. 10,13.15. – Dura-Europos:
James 2004, 84 f. Abb. 39,137–138.141–145.

10
Der mehrfach durchbrochene Anhänger Nr. M38 ist in vergleichbarer Form aus Regensburg102 und
Eining103 bekannt. Aufgrund der Zugehörigkeit zum Ring- und Rahmenschnallencingulum kann auch
für die Scharnierbeschläge mit Anhängern eine Verwendung während des gesamten 3. Jahrhunderts
angenommen werden104.
Riemenzungen sind im Fundmaterial von Pons Aeni mit vier Exemplaren vertreten. Nr. M39–M41
gehören zur Gruppe der keulenförmigen Riemenzungen. Stücke, die ebenfalls dieser Gruppe
zuzuordnen sind, wurden u.a. in Zugmantel, Unterschwaningen, Eining, Sarmizegetusa und der
Soldatenbestattung in Lyon gefunden105. Das Grab wird aufgrund eines terminus post quem von 194 n.
Chr. durch die beigegebenen Münzen mit den kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Clodius
Albinus und Septimius Severus in Zusammenhang gebracht106. Keulenförmige Riemenzungen finden
sich allerdings schon in dem frühkaiserzeitlichen Kastell Hod Hill107 und der Siedlung auf dem
Magdalensberg108, was die lange Verwendung dieser Gruppe unterstreicht. Die frühkaiserzeitlichen
Exemplare weisen jedoch eine Profilierung zwischen Riemenzwinge und dem in einem profilierten
Abschluss endenden Mittelstück auf109. Bei den jüngeren Stücken lässt sich hingegen ein fließender
Übergang zwischen Riemenzwinge und Mittelstück feststellen110. Das Exemplar aus
Unterschwaningen dürfte mit der Aufgabe des Platzes um die Mitte des 2. Jahrhunderts in den Boden
gekommen sein111, während die Riemenzunge aus Lyon eine Verwendung bis gegen Ende des 2.
Jahrhunderts bestätigt. Eine Parallele aus Niederbieber könnte sogar noch während der ersten Hälfte
des 3. Jahrhunderts getragen worden sein112. Die Riemenzunge Nr. M42 zeichnet sich durch einen
annähernd rautenförmigen Körper aus, der an beiden Enden von ovalen bis runden Scheiben begrenzt
wird. Den oberen Abschluss bildet eine trapezförmige Zwinge mit Kerbverzierung. Obwohl mir kein
vergleichbares Stück bekannt ist, kann die Riemenzunge möglicherweise demselben Horizont wie die
lanzettförmigen Anhänger zugeordnet werden, da die Stücke gewisse Analogien in der Form
aufweisen.

Zusammenfassung
Die aus den Trachtbestandteilen gewonnenen Datierungsansätze deuten einen chronologischen
Schwerpunkt des Materials in der zweiten Hälfte des 2. und im 3. Jahrhundert an. So lässt sich das

102
Th. Fischer/S. Rieckhoff-Pauli, Bavaria Antiqua. Von den Römern zu den Bajuwaren. Stadtarchäologie in
Regensburg (München 1982) 33 Abb. 9,7; Reuter 2005, 205 Abb. 14,A16.
103
Fischer 1988, 186 Abb. 10,2.
104
s. Anm. 74; Fischer 1988, 180; 189 f.
105
Zugmantel: Oldenstein 1976, 144–147 Taf. 36,311.312. – Unterschwaningen: Ebd. Taf. 36,313. – Eining:
Gschwind 2004, 163 Taf. 49,C446-450. – Sarmizegetusa: Alicu/Cocis 1994, 49 Taf. 33,688. – Lyon:
Wuilleumier 1950, 146–148.
106
Wuilleumier 1950, 147.
107
Brailsford 1962, 4 Abb. 5,A131.
108
M. Deimel, Die Bronzekleinfunde vom Magdalensberg. Arch. Forsch. zu den Grabungen auf dem
Magdalensberg 9. Kärntner Museumsschr. 71 (Klagenfurt 1987) 77 Taf. 57.
109
Oldenstein 1976, 146.
110
Ebd.
111
Ebd.
112
Ebd. Taf. 36,307.

11
vorhandene Formenspektrum aus Pons Aeni bestens mit dem Fundmaterial aus den Kastellen der
vorderen Limeslinie oder Dura-Europos vergleichen. Da allerdings Gürtel als funktionaler Bestandteil
der Kleidung sowohl im zivilen wie im militärischen Bereich Verwendung fanden113, lassen sich im
Falle der Funde aus Pons Aeni nur bedingt Rückschlüsse auf die Träger ziehen.

2. Verteidigungswaffen (Abb. 12, Nr. M43–M57; Abb. 13, Nr. M58–M61)


Neben den hauptsächlich mittelkaiserzeitlichen Gürtelbestandteilen überrascht vor allem die Anzahl
an Verteidigungswaffen, die ausnahmslos der mittleren Kaiserzeit zugeordnet werden können.
Der hohle Helmbuschhalter Nr. M43 besteht aus einer halbkugeligen Kopfplatte mit wellenbandartiger
Verzierung und einem konvexen Körper mit Zierrillen114. Entsprechende Parallelen sind von Helmen
des Typs Niederbieber Variante III bekannt, wie sie u.a. aus Heddernheim und Bodegraven
vorliegen115. Aus den Grabungen in Pons Aeni stammen zudem zwei anpassende Helmbügelfragmente
(Nr. M44–M45), die wohl einem Helm Typ Niederbieber Variante I zugewiesen werden können116.
Der Bügel war mit einfachen Drahtstiften am Helm angebracht117. Das Fragment stammt aus dem
Bauschutt der als spätrömisch angesprochenen Tuffsteinmauer des horreum in Schicht IX, Schnitt
B118. Kegelförmige Nieten wie Nr. M46–M56 stammen ebenfalls von Helmen des Typs
Niederbieber. Hierzu kann wohl auch ein ebenfalls kegelförmiger Zierknopf mit mehreren Drehrillen
(Nr. M57) gezählt werden. Sie dienten zur Befestigung des Helmbügels an der Kalotte und liegen u.a.
auch aus den Kastellen Eining, Eining-Unterfeld, Zugmantel und Cramond (Schottland) vor119. Bei
Helmbügelfragmenten aus Bedaium/Seebruck120 und dem Kastell Pfünz121 befanden sich diese Nieten
noch in situ. Anhand der Exemplare aus Pons Aeni lassen sich zwei Typen unterscheiden: Typ 1 fällt
durch eine einfach profilierte Form auf, bei der auf einer deutlich abgesetzten Grundplatte der
pinienzapfen- oder kegelförmige Kopf sitzt (Nr. M46–M49)122. Typ 2 besteht hingegen aus einem

113
Zur zivilen und militärischen Verwendung äußerten sich: v. Schnurbein 1995, 139–148; Gschwind 2004, 164.
114
Ähnliche Stücke mit charakteristischem Kopf mit leichter Profilierung oder Wellenbanddekor (und scheinbar
zentraler Lochung) und konvexer oder zylindrischer Halsung stellte Ch. Boube-Piccot zusammen, spricht sie
jedoch als Schwertknäufe(?) an (vgl. Boube-Piccot 1994, 20 f. Taf. 27,244–255; Taf. 28,256–259).
115
Allg. zu römischen Helmen: G. Waurick, Die römischen Militärhelme von der Zeit der Republik bis ins 3.
Jahrhundert n. Chr. (Diss. Mainz 1976); Robinson 1975. – Zu Helmen des Typs Niederbieber: Waurick 1988,
338–341; Egg/Waurick 1990, 39 f.; Junkelmann 2000, 85–87. – Speziell zur Variante III und den Helmen aus
Heddernheim und Bodegraven: K. Woelcke, Der neue römische Paradehelm aus Heddernheim. Germania 14,
1930,149–153; W.C. Braat, Romeinsche Helmen in het Rijksmuseum van Oudheden. Oudheidk. Mededel.
Rijksmus. Leiden N.R XX, 1939, 29–46 bes. 29–32.
116
Waurick 1988, 338 Abb. 6. – Vgl. hierzu auch die Helmbügelfragmente aus dem Lager Eining-Unterfeld:
Jütting 1995, 164 Abb. 8,49–51.
117
Waurick geht allgemein von einer Befestigung mit Ziernieten aus (Waurick 1988, 338).
118
Christlein/Kellner 1969, 84 (Schnitt B, Schicht IX); 98 (Beschreibung zu Abb. 3,11).
119
Eining: Gschwind 2004, 124 Taf. 29,C102–105. – Eining-Unterfeld: Jütting 1995, 164 Abb. 8,54–64. –
Zugmantel: ORL B Nr. 8 (Zugmantel) 63 Taf. 12,22.23. – Cramond: N. Holmes, Excavation of Roman sites at
Cramond, Edinburgh. Soc. Ant. Scot. Monogr. 23 (Edinburgh 2003), 104 f. Abb. 85,13-16.
120
Burmeister 1998, 105 Taf. 30,133.
121
ORL B Nr. 73 (Pfünz) 23 Taf. 15,19.
122
Vgl. die Exemplare aus Eining-Unterfeld (Jütting 1995, 196 Abb. 8,54–64) und Eining (Gschwind 2004, 124
Taf. 29,C102–C105).

12
kegelförmigen Körper mit meist einer, selten mehreren Zierrillen (Nr. M51–M57)123. Während Bügel
des älteren Helmtyps Weisenau mit mehrfach profilierten Helmnieten befestigt waren124, lassen sich
bei Helmen des Typs Niederbieber nur noch die hier vorgestellten Ziernieten feststellen. Dies scheint
auf eine Entwicklung von mehrfach profilierten zu einfachen, kegelförmigen Helmnieten hinzuweisen.
In der zweiten Hälfte des 2. Jahrhunderts lösten Helme vom Typ Niederbieber den älteren Typ
Weisenau ab125. Ein bronzener Kalottenbügel aus dem antoninischen Kastell Newstead stellt den
frühesten Fund dar126. Entsprechende Helmbestandteile aus den Kastellen des obergermanisch-
raetischen Limes127 oder auch aus Dura-Europos128 deuten eine Nutzung des Typs Niederbieber bis
wenigstens um die Mitte des 3. Jahrhunderts an129.
Aus den Grabungen in Pons Aeni stammen außerdem zwei zusammenkorrodierte Bronzeschuppen
(Nr. M58) einer lorica squamata. Die Art der Befestigung der Schuppen ermöglicht eine zeitliche
Differenzierung der von der frühen bis in die späte Kaiserzeit getragenen loricae squamatae. Die hier
vorliegenden Exemplare wurden mit den jeweils benachbarten Schuppen auf allen Seiten
verbunden130. Anhand der ältesten Exemplare dieses Typs vom Burgstall in Mušov und aus Corbridge
gehen M. C. Bishop und J. C. N. Coulston davon aus, dass entsprechende Schuppenpanzer mit langen
schmalen Schuppen erst ab antoninischer Zeit getragen wurden131.
Zwei Panzerknebel (Nr. M59–M60) dienten zum Verschluss von Brustplatten bei Schuppenpanzern
(loricae squamatae) oder Schienenpanzern vom Typ Newstead (loricae segmentatae)132. Der Fund
eines vollständigen verzierten Brustplattenensembles aus Manching verdeutlicht die
Verwendungsweise entsprechender Knebel133. Die Exemplare aus Pons Aeni sind dem aus dem Lager
Eining-Unterfeld bekannten Typ 5 nach I. Jütting mit einer viereckigen Platte mit Lochung, Stift und
verbreitertem Gegenpol zuzuordnen134. Loricae segmentatae vom Typ Newstead lösten in der ersten
Hälfte des 2. Jahrhunderts Schienenpanzer vom Typ Corbridge ab und sind im archäologischen

123
Vgl. hierzu die Helmniete mit Helmbügel aus Seebruck (Burmeister 1998, 105 Taf. 30,133), deren Form
schon eher dem Typ 2 zuzuweisen ist und ein Exemplar aus Eining (Gschwind 2004, 124 Taf. 29,C101), welches
ebenfalls nicht mehr Typ 1 zugeordnet werden kann, sowie ein Helm Typ Niederbieber aus der Sammlung A.
Guttmann mit den Helmnieten in situ (Junkelmann 2000, 146 Taf. 18,AG 543).
124
Vgl. die Helme aus Niedermörmter mit mehrfach profilierten Ziernieten (Waurick 1988, 336 Abb. 5,4;
Robinson 1975, 72 f. Abb. 179–182) und Mainz-Weisenau mit kräftig profilierten Ziernieten mit langgezogener
stumpfer Spitze (Robinson 1975, 68 f. Abb. 166–169).
125
Egg/Waurick 1990, 37. – Auch aus dem in den 70er Jahren des 2. Jahrhunderts kurzfristig besetzten Lager
Eining-Unterfeld liegen beispielsweise nur Helmfragmente des Typs Niederbieber vor, so dass mit einem
Wechsel vor dem letzten Viertel des 2. Jahrhunderts gerechnet werden kann (vgl. Jütting 1995, 164).
126
J. Curle, A Roman frontier post and its people. The fort of Newstead in the Parish of Melrose (Glasgow 1911)
165 Taf. 35,8.
127
Waurick 1988, 341.
128
James 2004, 107 Abb. 49,373–376.
129
Eine Nutzung bis in die zweite Hälfte des 3. Jahrhunderts darf durch die Helmfragmente aus den
Zerstörungshorizonten von Pfünz und Heddernheim angenommen werden (vgl. Waurick 1988, 341).
130
Vgl. hierzu auch die Exemplare des Typs 1 nach Jütting aus dem Lager Eining-Unterfeld (Jütting 1995, 167 f.
Abb. 4 [Typ 1]).
131
Bishop/Coulston 2006, 139 f.
132
Bishop 2002, 56 f.; Garbsch 1978, 8.
133
Garbsch 1978, 53 f. Taf. 8,1.2.
134
Jütting 1995, 166.

13
Fundmaterial bis in die zweite Hälfte des 3. Jahrhunderts nachweisbar135. Verzierte Brustplatten von
loricae squamatae treten schon in Fundkomplexen des späten 1. Jahrhunderts n. Chr. auf und waren
wie die Schienenpanzer bis ins 3. Jahrhundert in Gebrauch136. Die angesprochenen Exemplare aus
Manching kamen vermutlich erst mit den Alamanneneinfällen 233 n. Chr. in den Boden137.
Panzerknebel und Brustplatten dieser Art aus Dura-Europos bestätigen eine Verwendung bis um die
Mitte des 3. Jahrhunderts138.
Drei Fragmente eines Schildbuckels aus Eisen (Nr. M61) stellen die einzigen Bestandteile eines
scutum im Fundmaterial von Pons Aeni dar. Die Form lässt sich wohl zu einem einfachen
kalottenförmigen Schildbuckel rekonstruieren. Zwei runde Löcher in dem flachen Rand dienten der
Befestigung auf dem Schild. Runde Schildbuckel aus Eisen sind in militärischen Anlagen keine
Seltenheit139. Sie wurden bereits im 1. Jahrhundert v. Chr. verwendet und treten noch in
Fundzusammenhängen des 3. Jahrhunderts n. Chr. auf140.

3. Angriffswaffen (Abb. 13, Nr. M62–M73; Abb. 14, Nr. M74–M83)


Zwei bronzene Ortbänder (Nr. M62–M63) und ein Exemplar aus Bein (Nr. M64) zählen zu den
Schwertbestandteilen. Alle drei Exemplare gehören zur Gruppe der runden bis halbovalen Ortbänder
mit peltaförmigen Durchbrechungen (mit Mittelrippe, Nr. M63–M64; zwei Knubben, Nr. M62), die
sich in der Form schon den jüngeren Dosenortbändern annähern141. Parallelen aus Eining, den
Kastellen der vorderen Limeslinie, Augst, Buciumi, Dura-Europos, Volubilis oder Banasa142
unterstreichen die reichsweite Verbreitung. Während Oldenstein diesen Ortbandtyp vom späten 2. bis
zur Mitte des 3. Jahrhunderts datierte143, ging M. Gschwind von einer Verwendung erst im 3.
Jahrhundert aus144. Im Verlauf der zweiten Hälfte des 3. Jahrhunderts wurden halbrunde und ovale
Ortbänder dann von Dosenortbändern abgelöst. Funde aus dem Straßenkampfhorizont in Augst

135
Bishop 2002, 49.
136
Garbsch 1978, 8. – Entsprechende Brustplatten mit einander zugewandten Büsten des Mars und der Minerva
wie das Exemplar aus Manching treten wohl erst ab dem ausgehenden 2. Jahrhundert im Fundmaterial auf (vgl.
Robinson 1975, 161). – Zu einer generellen Datierung der Brustplatten erst ab der zweiten Hälfte des 2.
Jahrhunderts zuletzt J. Tejral, Römische und germanische Militärausrüstungen der antoninischen Periode im
Licht norddanubischer Funde. In: C. v. Carnap-Bornheim (Hrsg.), Beiträge zu römischer und barbarischer
Bewaffnung in den ersten vier nachchristlichen Jahrhunderten. Akten des 2. Intern. Kolloquiums in Marburg a.d.
Lahn (Lublin/Marburg 1994) 27–60 bes. 36 f. – Vgl. auch Bishop/Coulston 2006, 139.
137
Garbsch 1978, 53. – Vgl. auch: H. Klumbach, Römische Panzerbeschläge aus Manching, Landkreis
Ingolstadt. In: J. Werner (Hrsg.), Aus Bayerns Frühzeit. Festschrift F. Wagner (München 1962) 187–193 bes.
188.
138
James 2004, 120–122 Abb. 62,420–431; Bishop/Coulston 2006, 170–173.
139
Funde eiserner Schildbuckel am obergermanisch-raetischen Limes zusammengefasst bei: D. Baatz, Die
Grabungen im Kastell Echzell 1962. Saalburg-Jahrb. 21, 1963/64, 32–58 bes. 49. – Vgl. hierzu auch Gschwind
2004, 132 mit Anm. 484.
140
Gschwind 2004, 132.
141
Martin-Kilcher 1985, 184.
142
Eining: Gschwind 2004, 142 Taf. 39,C246–251. – Obergermanisch-raetischer Limes: Oldenstein 1976, 113 f.
Taf. 19,117–121; Taf. 20,122–128. – Augst: Martin-Kilcher 1985, 184. – Buciumi: Chirilă u.a. 1972, Taf.
115,22. – Dura-Europos: James 2004, 153 f. Abb. 90,553–564. – Volubilis: Boube-Piccot 1994, 20 f. Taf.
36,325–326.328. – Banasa: Ebd. Taf. 36,327.329.
143
Oldenstein 1976, 122 f.
144
Gschwind 2004, 149.

14
(terminus post quem 273 n. Chr.145) belegen, dass halbrunde Ortbänder sogar noch bis in das letzte
Drittel des 3. Jahrhunderts verwendet wurden146. Zur Aufhängung der spatha am balteus dienten zwei
eiserne Schwertriemenhalter147. Sie wurden auf die Scheide geschoben und umwickelt (Nr. M65) bzw.
mittels Nietstiften (Nr. M66) befestigt148. Nr. M66 lässt sich dem Typ IIIB 2 nach C. v. Carnap-
Bornheim mit trapezoider Brücke, eingerolltem oberen Abschluss und kurzem, geraden Fuß149
zuweisen. Ein bronzener (?) Schwertriemenhalter aus der wohl um 140 n. Chr. niedergebrannten
fabrica der legio I Minerva am Bonner Berg150 gehört zu den ältesten datierbaren Exemplaren. Ein
vermehrtes Vorkommen kann jedoch erst in der zweiten Hälfte des 2. Jahrhunderts nachgewiesen
werden151. Eiserne Schwertriemenhalter der hier vorliegenden Form finden sich noch in dem
Straßenkampfhorizont in Augst152.
Teile des Wehrgehänges sind in Pons Aeni durch sechs Balteusschließen (Nr. M67–M72) vertreten.
Die durchbrochen gearbeitete Balteusschließe mit Swastika (Nr. M67) weist auf der Rückseite noch
die Ansätze der charakteristischen D-förmigen Öse auf. Zwei nahezu identische Stücke liegen aus
Ovilava/Wels153 und der römischen Straßenstation Immurium/Moosham vor154. Auch das Fragment
einer Swastika (Nr. M68) war vermutlich einst Bestandteil einer solchen Balteusschließe. Darauf
lassen zumindest Spuren einer Befestigung an dem zentralen Kreuzungspunkt der Arme schließen.
Von drei weiteren Schließen sind nur noch die typischen D-förmigen Ösen und Ansätze der
Zierplatten erhalten. Nr. M69 und M70 sind wahrscheinlich zu peltaförmigen Balteusschließen zu
rekonstruieren. Vollständig erhaltene Stücke sind u.a. aus Lauriacum bekannt155. Eine D-förmige Öse
mit Nietstift mit Gegenknopf (Nr. M71) kann ebenfalls dem balteus zugeordnet werden. Nr. M72 ist
zu den Balteusschließen in Form einer sog. Benefiziarierlanze zu zählen. Schließen dieser Art wurden
u.a. in Eining, Augsburg, Manching, Regensburg, Ruffenhofen, Dambach, Buch, Pfünz, Osterburken
oder Vimose gefunden156. K. Spindler ging aufgrund des Verbreitungsbildes von einer für die Provinz

145
Martin-Kilcher 1985, 191.
146
Gschwind 2004, 150.
147
Zu den eisernen Schwertriemenhaltern: Hundt 1959/60, 52–66; Oldenstein 1976, 102–104; Gschwind 2004,
141. – Zur Typologie der Schwertriemenhalter vgl. v. Carnap-Bornheim 1991.
148
In dem Moorfund von Vimose haben sich die Reste einer Scheide mit aufgenageltem Schwertriemenhalter
erhalten (vgl. Hundt 1959/60, 65 Abb. 7,1.2).
149
v. Carnap-Bornheim 1991, 30–33 bes. 32.
150
C. van Driel/M. Gechter, Funde aus der fabrica der legio I Minerva am Bonner Berg. Rheinische
Ausgrabungen 23. Beitr. Arch. Röm. Rheinland 4, 1984, 1–83 bes. 4.
151
Oldenstein 1976, 107.
152
Martin-Kilcher 1985, 176; 184 Abb. 21,2.3; 27,1. – Noch etwas später dürften zwei eiserne
Schwertriemenhalter aus der nach 276 n. Chr. errichteten Befestigung von Augst-Kastelen verloren gegangen
sein (vgl. P.-A. Schwarz, Kastelen 4. Die Nordmauer und die Überreste der Innenbebauung der spätrömischen
Befestigung auf Kastelen. Die Ergebnisse der Grabung 1991–1993.51 im Areal der Insulae 1 und 2 von Augusta
Raurica. Forsch. Augst 24 [Augst 2002] 232 Abb. 117,11–12).
153
S. Zahbelicky-Scheffenegger, Römerzeit. In: K. Holter/W. Riess/S. Zabehlicky-Scheffenegger, Stadtmuseum
Wels Katalog. Vorgeschichte Römerzeit Frühgeschichte. Jahrb. Musealverein Wels 22, 1979/80, 109 (Nr. R464).
154
R. Fleischer/V. Moucka-Weitzel, Die römische Straßenstation Immurium-Moosham im Salzburger Lungau.
Arch. Salzburg 4 (Salzburg 1998) 161 Taf. 89,8.
155
Katalog Lauriacum 1997, 80 Nr. I/G-11 a-c.
156
Eining: Gschwind 2004, 152 f. Taf. 40,C255–258. – Augsburg: Ortisi 2001, 206 Taf. 68A,1. – Manching:
Spindler 1992, 186 Abb. 4,4. – Regensburg: Ebd. Abb. 4,6. – Ruffenhofen: Ebd. Abb. 3,2. – Dambach: Ebd.

15
Raetien typischen Form aus, die in einer speziellen Werkstatt hergestellt wurde157. Seiner Meinung
nach dienten diese Schließen als Abzeichen für spezielle immunes (beneficiarii) und sollen
dementsprechend auf eine Benefiziarierstation hinweisen158. Während man m. E. der These einer
raetischen Sonderform durchaus zustimmen kann, ist eine Herstellung in einer zentralen Werkstatt
stark zu bezweifeln und die gezielte Zuordnung zu Benefiziariern wohl auszuschließen159. Baltei
wurden, wie bildliche Darstellungen belegen, bereits in der frühen Kaiserzeit von Soldaten getragen160.
Allerdings wurde erst mit Beginn der mittleren Kaiserzeit ein Schultergurt, an dem das Schwert
befestigt wurde, allgemein eingeführt161. H. Ubl möchte diese Veränderung in der Militärtracht mit
einer Reform unter Trajan in Verbindung bringen162. Während die ältesten Funde aus den Kastellen
des obergermanisch-raetischen Limes erst in der zweiten Hälfte des 2. Jahrhunderts in den Boden
gekommen sein können, deuten entsprechende Schließen aus dem Kastell Niederbieber163 und Dura-
Europos164 eine Verwendung bis um die Mitte des 3. Jahrhunderts an. Bildliche Darstellungen belegen
den Gebrauch des balteus noch bis wenigstens in tetrarchische Zeit165.
Zu den Angriffswaffen zählen auch die Lanzen-, Speer- und Geschossspitzen, die in Pons Aeni durch
verschiedene Exemplare vertreten sind. Aufgrund der starken Korrosion lässt sich Nr. M73 nur noch
anhand der Größe als Lanzen- oder Speerspitze ansprechen. Lanzenspitzen sind in Kastellen kein
seltener Fund, stammen jedoch zumeist aus Zerstörungshorizonten166 oder Hortfunden167. Als Schuh

Abb. 3,3. – Buch: Ebd. Abb. 3,1. – Pfünz: Oldenstein 1976, 153 Taf. 40,386. – Osterburken: Ebd. Taf. 40,387. –
Vimose: C. Engelhardt, Sønderjyske og Fynske Mosefund. Band III Kragehul og Vimosefundene (o. O. 1970)
Taf. 11,3.
157
Spindler 1992, 187–190.
158
Ebd.
159
Vgl. hierzu auch Gschwind 2004, 152 f.
160
Deschler-Erb 1999, 40; Ubl 1969, 259 (allerdings bringt Ubl diese frühen baltei nur mit Offizieren in
Verbindung).
161
Ubl 1969, 259.
162
Ebd.
163
Oldenstein 1976, 230 Taf. 84,1108.1109.1112.1113; Taf. 85,1118.
164
James 2004, 72–75 Abb. 35,1–15; 36,16–29. – Auch eine Bestattung in Simris, Südschweden, kann aufgrund
der spatha mit Dosenortband und einer Balteusschließe ins 3. Jahrhundert datiert werden (vgl. B. Stjernquist,
Runde Beschlagplatten mit Befestigungsöse. Saalburg-Jahrb. 13, 1954, 64).
165
L.Rocchetti, Su una stele del periodo tetrarchico. Annuario della Scuola Archeologica die Atene e delle
Missioni Italiane in Oriente N.S. 29/30, 1967/68, 487–498 bes. 495 f. Abb. 1.2.5.6; F. Rebecchi, Le stele di età
Tetrarchica al Museo di Aquileia. Aquileia Nostra 47, 1976, 66–142 bes. 106 f. Abb. 22. – Vgl. hierzu die
Darstellung des Honorius mit balteus auf dem Diptychon des Probus aus dem Jahr 406 n. Chr. (A. Riegl,
Spätrömische Kunstindustrie [Wien 1927] 216 f. Abb. 51; W.F. Volbach, Elfenbeinarbeiten der Spätantike und
des frühen Mittelalters. Vor- und Frühgesch. Altertümer 7 [Mainz 1976] 29 f. Taf. 1) und einen spätrömischen
Soldatengrabstein aus Lentia/Linz (s. zuletzt Ruprechtsberger 1999, 72 f. Taf. 2; Mackensen 1995, 90 f. Abb.
54). – Gegen eine spätrömische Datierung des Grabsteines aus Linz s. Th. Fischer, Zu einer römischen
Soldatendarstellung aus Lentia/Linz an der Donau. In: K. Kuzmová/K. Pieta/J. Rajtár (Hrsg.), Zwischen Rom
und dem Barbaricum. Festschrift T. Kolník (Nitra 2002) 89–96 bes. 91.
166
Gschwind 2004, 185. – Aufgrund der Größe der Lanzen- oder Speerspitzen schließt Gschwind einen
zufälligen Verlust aus. – Vgl. hierzu auch die Lanzen-, Speer- und Geschossspitzen aus dem
Zerstörungshorizont des Vicus Heldenbergen (Czysz 2003, 188–190) sowie die Masse der entsprechenden
Spitzen aus den Kastellen des obergermanisch-raetischen Limes: Zugmantel (ORL B Nr. 8, 98 f. Taf. 14);
Weissenburg (ORL B Nr. 72, 39 f. Taf. 8); Pfünz (ORL B Nr. 73, 25 Taf. 15). – N. Gudea konnte bei der
Untersuchung der römischen Waffen aus Kastellen in der Dacia Porolissensis feststellen, dass Wurfspeer- und
Pfeilspitzen vor allem gegen Ende der Besatzungsperiode vorkommen, was er auf organisatorische
Veränderungen wie vermehrten Einsatz von Reitern zurückführte (N. Gudea, Römische Waffen aus den

16
einer solchen Lanze dürfte Nr. M74 gedient haben. Drei vierkantige Geschossspitzen mit Tülle (Nr.
M75–M77) könnten sowohl als Pfeil- als auch als Katapultgeschossbolzen verwendet worden sein168.
Im Allgemeinen wird angenommen, dass das Gewicht von Pfeilspitzen 12 g nicht überstieg169, D.
Baatz ging jedoch sogar von einem Gewicht von bis zu 30 g aus170. Gerade aufgrund von Korrosion
sind Schwankungen nicht auszuschließen. So lässt sich für die vorliegenden vierkantigen
Geschossspitzen sowohl eine Verwendung als normale Pfeilspitzen als auch als leichte
Katapultgeschossbolzen annehmen171. Vierkantige Geschossspitzen liegen bereits von Fundplätzen des
1. Jahrhunderts wie dem Lager Hod Hill172 oder den Kastellen Aislingen und Burghöfe173 vor, während
jüngste Exemplare noch in Fundkomplexen des ersten Drittels des 5. Jahrhunderts zu finden sind174.
Drei dreiflügelige Pfeilspitzen (Nr. M78–M80) sind dem Typ 1 nach W. Zanier zuzuweisen, der von
republikanischer Zeit bis in das 3. Jahrhundert verwendet wurde175. Eine lorbeerblattförmige Spitze
mit dreieckigem Spitzenquerschnitt und breiter Tülle (Nr. M81) sowie eine blattförmige
Geschossspitze mit schmaler Tülle (Nr. M82) können wohl ebenfalls als Pfeilspitzen angesprochen
werden176. Bei Nr. M81 könnte es sich aufgrund der Kürze der Spitze im Verhältnis zu der
Materialstärke und der breiten, rechteckigen Tülle jedoch auch um eine Lanzen- oder Speerspitze
handeln, die erst sekundär lorbeerblattförmig umgeschmiedet wurde177. H. Dolenz ging von einer
Verwendung entsprechender Pfeilspitzen schon ab augusteischer Zeit aus und brachte sie mit der Jagd
in Verbindung178. Nr. M82 gehört zu den spätrömischen blattförmigen Pfeilspitzen. Charakteristisch
für diesen Typ sind das gestreckte, teilweise auch rautenförmige Blatt und die äußerst schlanke Tülle

Kastellen von Dacia Porolissensis. In: v. Carnap-Bornheim 1994, 79–89 bes. 89). M.E. ist jedoch ein
Zusammenhang mit einer Bedrohung bzw. Kampfhandlung in der Endphase der Kastelle wahrscheinlicher. So
erklärt sich auch J. Werner den Niederschlag von Geschossbolzen und Pfeilspitzen auf dem Lorenzberg durch
Kampfhandlungen (Werner 1969, 187 f.)
167
Vgl. auch F.-R. Herrmann, Der Eisenhortfund aus dem Kastell Künzing. Saalburg-Jahrb. 26, 1969, 129–141.
168
Die Untersuchung der Geschoss- und Pfeilspitzen aus dem Vicus Heldenbergen erbrachte bei den
entsprechenden Spitzen kaum einen Unterschied in Gewicht und Länge (Czysz 2003, 190 Abb. 118).
169
E. Erdmann, Vierkantige Pfeilspitzen aus Eisen von der Saalburg. Saalburg-Jahrb. 38, 1982, 5–11 bes. 6;
Deschler-Erb 1999, 22.
170
Baatz 1966, 204.
171
D. Baatz ging bei den kleineren Geschützpfeilspitzen von einer Größe von 6–13 cm und einem Gewicht von
25–75 g aus (vgl. ebd. 205). – Zur unterschiedlichen Verwendung der vierkantigen Geschossspitzen zuletzt
Gschwind 2004, 187.
172
Brailsford 1962, 6 Taf. 6,B85; B117–118, B181–183; I. Richmond, Hod Hill II. Excavations carried out
between 1951 and 1958 for the Trustees of the British Museum (London 1968) 114 f. Taf. 58,A1a-c.A1e.
173
Ulbert 1959, 76 Taf. 27,5–6.14.
174
Eining: Gschwind 2004, 187 mit Anm. 804; 263 f. Taf. 112,G33. – Für die Exemplare aus Isny (vgl. J.
Garbsch, Grabungen im spätrömischen Kastell Vemania. Vorbericht über die Kampagnen 1966–1968. Fundber.
Schwaben N. F. 19, 1971, 217 Abb. 5,1–23), vom Moosberg (vgl. Garbsch 1966, 82 f. Taf. 29,10–18) und vom
Lorenzberg (vgl. G. Pohl in: Werner 1969, 189 Taf. 41,22–31) lässt sich ein Gebrauch der dort vorliegenden
Stücke bis in das frühe 5. Jahrhundert annehmen.
175
W. Zanier, Römische dreiflügelige Pfeilspitzen. Saalburg-Jahrb. 44, 1988, 5–27 bes. 6.
176
Christlein/Kellner 1969, 98 Abb. 3,12.
177
Vor allem Lanzenspitzen mit stumpfen Seiten weisen häufig einen dreieckigen Querschnitt auf (vgl.
Gschwind 2004, Taf. 79,D56-58.D63-68). Jedoch ist auch eine wesentlich profanere Verwendung
(Heugabelspitze?) nicht auszuschließen.
178
H. Dolenz, Eisenfunde aus der Stadt auf dem Magdalensberg (Klagenfurt 1998) 78f. Taf. 11,M172.

17
mit einem Durchmesser von nur 0,4–0,6 cm179. Diese ursprünglich germanische Waffenform wurde
erst in spätrömischer Zeit im römischen Heer eingeführt180. Bei Nr. M83 handelt es sich um eine Tülle
mit Endknopf aus Bronze, die in der Literatur als sog. Bogenendversteifungen angesprochen
werden181. Diese Stücke dienten jedoch nicht dem Schutz der Bogenenden, sondern vielmehr als
Speerschuhe für leichte Wurfspeere182. Aus dem dakischen Lager von Slăveni liegen solche
Speerspitzen und Tüllen vor183. L. Petculescu ordnete sie leichten Wurfspeeren zu, die von der
römischen Kavallerie vor allem in der ersten Hälfte des 3. Jahrhunderts verwendet wurden184.
Aufgrund des Verbreitungsbildes185 vermutete E. Deschler-Erb, dass diese spezifischen
Ausrüstungsgegenstände vor allem in den mittleren und unteren Donauprovinzen zum Einsatz
kamen186.

4. Signumspitze (Abb. 14, Nr. M84)


Ein Aufsatz mit rundem Blatt, kurzer blattförmiger Spitze, stumpfen Seiten und geschlitzter Tülle (Nr.
M84) kann als Signumspitze angesprochen werden. Vergleichbare Stücke liegen aus dem
Legionslager und der Zivilstadt von Lauriacum vor187. Eine ähnliche Signumspitze mit Schaft ist auf
der Basis des Grabbaus des beneficiarius G. Damianus in Alexandria dargestellt188. Die Lanze wird als
sog. Benefiziarierlanze angesprochen189, obwohl die Spitze nicht über die sonst typischen
kreisförmigen Löcher verfügt190. Allerdings finden sich Abbildungen von sog.
Benefiziarierlanzenspitzen auch auf den Grab- oder Weihesteinen unterschiedlicher principales
wieder191, weswegen eine Ansprache als spezifische Benefiziarierlanzenspitzen mitunter
missverständlich sein kann.

Zusammenfassung
Die mittelkaiserzeitlichen Verteidigungs- und Angriffswaffen aus dem Vicusbereich belegen eine
militärische Komponente von der zweiten Hälfte des 2. bis in die zweite Hälfte des 3. Jahrhunderts

179
Zu den Charakteristika spätantiker blattförmiger Pfeilspitzen besonders Gschwind 2004, 188; Czysz 1986,
267–269.
180
Gschwind 2004, 188; Czysz 1986, 267 mit Anm. 10–11.
181
Vgl. hierzu Gschwind 2004, 375 f. – Allerdings verweist Gschwind bereits auf Deschler-Erb, der eine
Nutzung als Bogenendbeschlag ausschließt (Deschler-Erb 1999, 22 Anm. 72).
182
Vgl. hierzu Junkelmann 1992, 138–140 Abb. 142. – R. Birley geht hingegen für typologisch identische
Exemplare aus Eisen von einer Verwendung als Pfeilspitzen aus, die durch die kugeligen Köpfe eine erhöhte
Durchschlagskraft erhielten (E. Birley, Vindolanda Research Reports New Series IV. Fascicule 1 – The
Weapons [o.O. 1996] 23 f. Abb. 9,43–60; 10,61–66).
183
Petculescu 1991, 38.
184
Ebd. 40–42.
185
Zur Verbreitung siehe ebd. 41.
186
E. Deschler-Erb/P.-A. Schwarz, Eine bronzene Speerspitze aus der Insula 22. Ihre Bedeutung für die
Stadtgeschichte von Augusta Rauricorum (Augst BL). Jahresber. Augst und Kaiseraugst 14, 1993, 173–182 bes.
179.
187
Katalog Lauriacum 1997, 43 (Nr. I/A-8, Abb. auf S. 42).
188
CIL III 6601; Schallmayer u.a. 1990, 568 f. (Nr. 734 ).
189
Schallmayer u.a. 1990, 568.
190
Eine Zusammenstellung der bildlichen Darstellungen und archäologischer Funde bei Eibl 1994, 273–297.
191
Ebd. 292 f. Taf. 1a-b.

18
oder sogar darüber hinaus (vgl. Nr. M82). Bemerkenswert ist dabei die Anzahl der Helm- und
Balteusbestandteile. Da Helmnieten und Balteusschließen funktionale Aufgaben erfüllten, konnte ein
Verlust sicher nicht unbemerkt bleiben. Bestandteile der Panzerung und des Schwerts sowie Geschoss-
und Pfeilspitzen liegen für eine angeblich nur zivile Besiedlung in auffälliger Stückzahl vor.

5. Pferdegeschirrzubehör
Obwohl Pferdegeschirrbestandteile sowohl aus zivilen als auch militärischen Anlagen vorliegen und
sich somit nicht primär als Nachweis einer militärischen Präsenz eignen, können sie in Kombination
mit weiteren Militaria zumindest Hinweise auf eine mögliche Truppengattung geben192. Leider
gestaltet sich jedoch schon eine Unterscheidung zwischen Gürtel- und Pferdegeschirrbeschlägen
oftmals ausgesprochen schwierig193.

Bestandteile des Zaumzeugs/Geschirrs (Abb. 14, Nr. P1–P19; Abb. 15, Nr. P20–P41)
Das Seitenstück einer Trense mit D-förmiger Öse zur Befestigung am Lederriemen und runder Öse zur
Aufnahme des eigentlichen Gebisses (Nr. P1), war seitlich am Pferdemaul angebracht und sollte als
Knebel ein Durchziehen des Gebisses verhindern194. Das stark profilierte Stück mit zentraler
vulvaförmiger Darstellung ist aufgrund der Verzierung möglicherweise mit den Beschlägen mit
Vulvadarstellung oder auch quergerippten Wülsten zu vergleichen. Diese waren bis in die zweite
Hälfte des 3. Jahrhunderts in Gebrauch195. Ein massiv gegossener Riemenverteiler (Nr. P2) ist mit
einem zentralen linksläufigen Sonnenrad oder Dreiwirbel verziert. Ein vergleichbares Stück aus der
Sammlung Diergardt befindet sich im Römisch-Germanischen Museum Köln196. Die Verzierung und
Herstellungstechnik sind den Beschlägen mit Trompetenornament nahestehend, so dass wohl ebenfalls
von einer Verwendung im 2. und in der ersten Hälfte des 3. Jahrhunderts ausgegangen werden kann197.
Nr. P3 ist möglicherweise ebenfalls als Riemenverteiler anzusprechen. Ein größeres, in der
Ausführung jedoch ähnliches Exemplar stammt aus dem Kastell Feldberg198. Vier halbrunde bis
spitzkonische kleine Riemendurchzüge (Nr. P4–P7) und eine langgestreckte polygonale Bronzeperle
(Nr. P8) waren wohl ebenfalls an den Lederriemen des Pferdegeschirrs angebracht. Auf dem

192
Zur zivilen und militärischen Verwendung von Pferdegeschirrbestandteilen zuletzt M. Mackensen,
Militärische oder zivile Verwendung frühkaiserzeitlicher Pferdegeschirranhänger aus der Provinz Africa
Proconsularis und den Nordwestprovinzen. Germania 79, 2001, 325–346; ders., Frühkaiserzeitliches
Pferdegeschirr aus Thamusida (Mauretania Tingitana) – Evidenz für eine Garnison? Germania 69, 1991, 166–
175; Gschwind 2004, 177.
193
Vgl. hierzu auch ebd. 173. – Zu den sicher dem Pferdegeschirr zuweisbaren Formen gehören die
Riemendurchzüge. Weiterhin ermöglichen die Pferdebestattungen von Tihany (Palágyi 1990, 17–45) und
Brigetio (Barkóczi 1948, 169–182) die Zuweisung vieler Beschlagtypen zum Pferdegeschirr.
194
Junkelmann 1992, 16.
195
Gschwind 1998, 113–116 Abb. 1,1–12.14–16.
196
M. Schleiermacher, Wagenbronzen und Pferdegeschirr im Römisch-Germanischen Museum Köln. Kölner
Jahrb. 29, 1996, 205–295 bes. 293 Abb. 117.
197
M. Schleiermacher geht im Gegensatz zu Oldenstein davon aus, dass Beschläge mit keltischen
Trompetenmustern schon seit dem Beginn oder dem ersten Viertel des 2. Jahrhunderts verwendet worden sind
(vgl. Schleiermacher 2000, 173).
198
Ebd. 168; 180 (F 2204) Taf. 5,3.

19
Grabstein des Soldaten Flavius Bassus aus dem späten 1. Jahrhundert sind einige Verzierungselemente
des Pferdegeschirrs erkennbar, zu denen u.a. (vermutlich aus Ton/Glas gefertigte) Melonenperlen an
einem Halsriemen gehörten199. Fundensembles, in denen Stücke wie Nr. P8 mit kreuzförmigen
Riemendurchzügen der zweiten Hälfte des 2. und des 3. Jahrhunderts vergesellschaftet waren, deuten
eine gemeinsame Verwendung an200. Wie die Pferdebestattung von Tihany201 zeigt, gehörten zum
Pferdegeschirr zudem zahlreiche Beschläge und Anhänger. Hierzu zählen auch die kleinen
Doppelknöpfe mit massiver Kopf- und Gegenplatte Nr. P9–P12202. Der Pferdegeschirrfund vom
Kastell Zugmantel203 belegt, dass auch die Doppelknöpfe mit Drehrillen (Nr. P13–P14) und
Emaileinlage (Nr. P15) sowie die unverzierten Exemplare (Nr. P16–P19) aus Pons Aeni dem
Pferdegeschirr zugeordnet werden können. Aufgrund der Fundlage einzelner
Pferdegeschirrbestandteile aus Tihany ging S. Palágyi davon aus, dass die Doppelknöpfe zur
Befestigung der Zügel dienten, welche mittels einer Schlaufe durch eine Ringtrense geführt wurden204.
Das Vorkommen in den Kastellen des obergermanisch-raetischen Limes deutet eine Verwendung nach
der Mitte des 2. und im 3. Jahrhundert an205. Ein Doppelknopf mit zentralem Drehloch und einer
Zierrille wurde in Vindolanda in einer Baracke der Periode 5 gefunden, die in das letzte Viertel des 3.
Jahrhunderts datiert206. Die Pferdebestattung von Tihany beinhaltete auch eine große Menge kleiner
runder Beschläge mit halbkugelförmiger Kopfplatte wie Nr. P20207. Während kleinere Beschläge
möglicherweise im Bereich der Trense saßen, dienten die größeren Stücke als Verzierung der Brust-
und Schweifriemen. Diese sind in militärischen Anlagen keine Seltenheit: Aus den Kastellen des
obergermanisch-raetischen Limes liegt ein breites Spektrum runder Beschläge vor208, wodurch eine
Verwendung spätestens vom letzten Drittel des 2. bis in die zweite Hälfte des 3. Jahrhunderts
angenommen werden kann209. Zwei Beschläge mit herzförmiger Grundplatte (Nr. P28–P29) weisen
wiederum Parallelen zu Exemplaren aus Tihany und einigen Pferdegeschirrbeschlägen aus Siscia
auf210. Zur selben Formengruppe sind auch noch zwei herzförmige, durchbrochen gearbeitete
Anhänger (Nr. P39–P40) und das Fragment einer herzförmigen Platte (Nr. P41) zu zählen211.
Entsprechende Anhänger und Beschläge mit herzförmiger Grundplatte können wohl erst nach der

199
Junkelmann 1992, 76 f. Abb. 84.
200
Gschwind 2004, 176.
201
Palágyi 1990, 17–45.
202
Vgl. hierzu zwei Exemplare aus Tihany: ebd. 21 (Nr. 79.11.15); 23 (Nr. 79.11.58); Abb. 15, (79.11.15 und
79.11.58).
203
Schleiermacher 2000, 176 Taf. 1,26.
204
Palágyi 1990, 40 Abb. 12.
205
Oldenstein 1976, 168–170 bes. 170. – Doppelknöpfe wurden wohl erst im 2. Jahrhundert ein funktionaler
Bestandteil des Pferdegeschirrs. Aus Fundzusammenhängen des 1. Jahrhunderts liegen bislang noch keine
Doppelknöpfe vor (vgl. Deschler-Erb 1999, 49–66; E. Deschler-Erb/ M. Peter/S. Deschler-Erb, Das
frühkaiserzeitliche Militärlager in der Kaiseraugster Unterstadt. Forsch. in Augst 12 (Augst 1991) 30–35; Ulbert
1959, 72–74; ders., Das frührömische Kastell Rheingönheim. Limesforsch. 9 [Berlin 1969] 46 f. Taf. 35–36).
206
Bidwell 1985, 66–69 (Baracken Periode 5); 122 ( Nr. 34) Abb. 41,34.
207
Palágyi 1990, 21–23 Abb. 13 (Nr. 79.11.19–21; 79.11.26–28; 79.11.53–54).
208
Gschwind 2004, 174 Taf. 58,C638–649; Oldenstein 1976, 171 Taf. 47,512–515; Taf. 48,516–527.
209
Oldenstein 1976, 171.
210
Tihany: Palágyi 1990, 23 Abb. 13 (Nr. 79.11.55). – Siscia: Radman-Livaja 2004, 117 Taf. 74,535.
211
Vgl. Palágyi 1990, 23 Abb. 14 (Nr. 79.11.47); Oldenstein 1976, 137–139 Taf. 34,260–267.

20
Mitte des 2. und vor allem in das 3. Jahrhundert datiert werden212. Tropfenförmige Anhänger mit
flachem Endknopf (vgl. Nr. P38) wurden hingegen im fortgeschrittenen 1. und vor allem im 2.
Jahrhundert verwendet213. Ein Beschlag mit einer massiv gegossenen rosettenförmigen Grundplatte
und zwei Befestigungsstiften mit Gegenknopf (Nr. P30) ist ebenfalls dem Pferdegeschirr zuzuordnen.
Zwei vergleichbare Exemplare stammen aus dem Vicus und Kastell Abusina/Eining214. Der
kreuzförmige Beschlag Nr. P32 erinnert durch die starke Profilierung und die massive Ausführung an
die durchbrochenen Beschläge mit Trompetenornament. Vergleichbare Stücke wurden beispielsweise
in Eining und Köngen gefunden215. Aus einer Pferdebestattung in Brigetio liegen ebenfalls
kreuzförmige Beschläge vor, wodurch eine Verwendung am Pferdegeschirr als gesichert gelten
kann216.
Pferdegeschirrbeschläge des fortgeschrittenen 3. Jahrhunderts wurden zuletzt von Gschwind
eingehend behandelt217. Auf der Basis des Materials aus dem Kastell Abusina/Eining konnte er
nachweisen, dass eine bestimmte Gruppe von Beschlägen vor allem während der zweiten Hälfte des 3.
Jahrhunderts verwendet wurde218. Funde aus den Pferdebestattungen von Brigetio219 machen dabei
eine Zugehörigkeit zum Pferdegeschirr wahrscheinlich. Auch der Beschlag mit parallelen Wülsten
(Nr. P33) und drei runde Riemenbeschläge mit gewölbter Kopfplatte (Nr. P34–P36) sowie ein
muschelförmiger Beschlag (Nr. P37) aus Pons Aeni können zu der von Gschwind zusammengefassten
Gruppe gezählt werden. Nr. P33 ist mit den Beschlägen und Riemendurchzügen mit parallelen
Wülsten aus Eining vergleichbar220. Parallelen finden sich in Dura-Europos, der Pferdebestattung von
Brigetio oder dem Burgus von Froitzheim221. Während die Funde aus Dura-Europos für eine Nutzung
schon in der ersten Hälfte oder um die Mitte des 3. Jahrhunderts sprechen, kann das Exemplar aus
Froitzheim erst um oder kurz nach 274 n. Chr. in den Boden gekommen sein222. Derselben Zeitstufe
gehören runde Riemenbeschläge mit gewölbter Kopfplatte und zwei Nietstiften mit Gegenknopf (Nr.
P34–P36) an. Exemplare aus Froitzheim (Periode IV), vom Moosberg und aus dem Vicus von
Jünkerath223 belegen, dass diese in der zweiten Hälfte des 3. Jahrhunderts verwendet wurden224.

212
Oldenstein 1976, 130–139 bes. 136.
213
Ebd. 124–127; Gschwind 2004, 121. – Allerdings liegen entsprechende Anhänger auch aus Dura-Europos
vor und dürften möglicherweise noch bis in das 3. Jahrhundert in Gebrauch gewesen sein (vgl. James 2004, 91
Abb. 42,230–232).
214
Gschwind 2004, 342 Taf. 54,C569–570.
215
Eining: Gschwind 2004, 331 Taf. 47,C406. – Köngen: Luik 1996, 206 Taf. 49,9. – Ein weiteres Exemplar
liegt aus den canabae legionis von Regensburg vor (freundl. Hinweis S. Reuter; unpubliziert; AO: Bayer. LfD,
Außenstelle Regensburg; Grabung Kumpfmühler Str. 3/5, 2000; Inv. Nr. 2000, 26; Fd. Nr. 1465).
216
Barkóczi 1948, 178 Taf. 30,6.10.
217
Gschwind 1998, 112–138.
218
Ebd. 113–126.
219
Barkóczi 1948, 169–182.
220
Gschwind 1998, 115 Abb. 1,5–12.
221
Dura-Europos: James 2004, 99 Abb. 45,351.352. – Brigetio: Barkóczi 1948, 178 Taf. 30,13.14.16.17; Taf.
32,11. – Froitzheim: Barfield 1968, 99 Abb. 39,7.
222
Barfield 1968, 12 f. (Datierung der Perioden); 99 f. Abb. 39,7 (Riemendurchzug).
223
Zur Verbreitung s. Gschwind 1998, 122–124; 133–135 (Liste 3).
224
Aus dem Hauptgebäude der villa rustica von Wurmlingen stammen aus einer Brandschuttschicht der
Steinbauphase 2 mehrere runde Beschläge mit leicht gewölbter Kopfplatte. Der Zerstörungshorizont wird

21
Jüngere Exemplare vom Katzenberg bei Mayen oder aus dem Depotfund von Lingenberg deuten einen
Gebrauch bis in das frühe 4. Jahrhundert an225. Auch muschelförmige Beschläge wie Nr. P37 wurden
von Gschwind dieser Gruppe zugewiesen226. Parallelen aus den Kastellen Niederbieber, Zugmantel
und Wörth a. Main wertete er aber als Beleg, dass die Form schon vor 260 ausgeprägt war227.

6. Teile des Paradegeschirrs (Abb. 15, Nr. P42)


Aufgrund seiner Fragmentierung kann das Bronzeblech Nr. P42 nur noch allgemein als Teil einer
Paraderüstung oder eines Pferdegeschirrs angesprochen werden. Die ehemals runde oder leicht ovale
Scheibe ist mit einem (wohl ursprünglich umlaufenden) Eichenkranz mit Blättern in Triebtechnik
verziert. Es lässt sich kaum klären, ob entsprechende Funde als Schildbuckel (umbo) oder
Brustscheiben (pectorale) vom Pferdegeschirr dienten228. Vergleichbar mit dem vorliegenden
Fragment weisen die Medaillons aus Täbris, Bonn, Schwarzenacker, Baly Bunar oder Miltenberg
ebenfalls einen verdickten und mit Kerben verzierten Rand auf, während ein Exemplar aus Blerick mit
einem umlaufenden Blattkranz verziert ist229. Diese Exemplare wurden vermutlich im 2. und 3.
Jahrhundert von Kavallerieeinheiten verwendet230. Es lässt sich jedoch nicht ausschließen, dass es sich
bei der Nr. P42 um ein zum Wiedereinschmelzen vorgesehenes, bereits absichtlich zerteiltes Fragment
handelt.

7. Reiterausrüstungsbestandteile (Abb. 15, Nr. P43)


Ein zierlicher Bronzesporn (Nr. P43) mit Nietknopfhalterung (mit Eisenresten des Dorns) und
fragmentiertem Haken am Fersenast ist dem Typ Leuna Variante D zuzuordnen231. Ein vergleichbares
Exemplar liegt aus der spätrömischen Befestigung von Bedaium/Seebruck vor232. Auch in dem
Fundensemble aus Deurne mit einem terminus post quem von 319 n. Chr. findet sich ein Sporn dieses
Typs233, den E. Keller in die Zeit um 300 und das frühe 4. Jahrhundert datierte234. U. Giesler ging von

aufgrund Rheinzaberner Sigillata der Gruppe III (Fragmente von Reliefschüsseln des Iulius II bzw. Iulius II–
Iulianus I) in die Zeit zwischen 220 und 240 datiert (vgl. Reuter 2003, 36–39; 83–85 Taf. 23,108,4.11–13;
Reuter/Trumm 1996, 300 Abb. 4,7.9). Auch aus Dura-Europos liegen schon runde Riemenbeschläge mit
gewölbter Kopfplatte vor (James 2004, 95 Abb. 43,314.315).
225
Gschwind 1998, 124 mit Anm. 86–87.
226
Ebd. 116–120 bes. 119.
227
Ebd. 117.
228
Zur Verwendung entsprechender Medaillons als Brustscheiben am Pferdegeschirr s. M. Junkelmann, Reiter
wie Statuen aus Erz (Mainz 1996) 87. – J. Garbsch schließt eine Verwendung sowohl am Pferdegeschirr als auch
als Schildbuckel nicht aus (Garbsch 1978, 12).
229
Garbsch 1978, 83 f. Taf. 40; 42; 43,2.3.
230
Vgl. die Datierung der einzelnen Exemplare in ebd. 83–85.
231
Giesler 1978, 12 f.
232
Keller 1969, 201–206; Burmeister 1998, 188 Taf. 94,806.
233
M.A. Evelein, Ein römischer Helm des Leidener Museums. Prähist. Zeitschrift 3, 1911, 144–156 bes. 149
Abb. 2,3. – Zur Datierung aufgrund der Münzen vgl. H. Klumbach, Spätrömische Gardehelme. Münchner Beitr.
Vor- und Frühgesch. 15 (München 1973) 70–72. – Kritisch zur zeitlichen Geschlossenheit des Komplexes: C.
van Driel-Murray, A late Roman assemblage from Deurne (Netherlands). Bonner Jahrb. 200, 2000, 293–308.
234
Keller 1969, 205.

22
einem Aufkommen der frühen, zierlichen Variante D in der zweiten Hälfte des 3. Jahrhunderts und
einem Übergang zu den massiven jüngeren Exemplaren im frühen 4. Jahrhundert aus235.

Zusammenfassung
Für die überwiegend mittelkaiserzeitlichen Pferdegeschirrbestandteile kann sowohl eine militärische
als auch eine zivile Verwendung angenommen werden236. Die Beschläge und Anhänger könnten in
Pons Aeni somit als Zeugnis von durchziehender/anwesender Kavallerie, aber auch von zivilem
Reise- und Transportverkehr gewertet werden. Das vermutlich dem Paradegeschirr als pectorale
zuweisbare Bronzefragment könnte wohl im späten 2. und der ersten Hälfte des 3. Jahrhunderts von
berittenen Einheiten verwendet worden sein237. Die von Gschwind zusammengestellte und diskutierte
Gruppe der Beschläge der zweiten Hälfte des 3. und des frühen 4. Jahrhunderts und der Sporn Typ
Leuna Variante D weisen über den breiten mittelkaiserzeitlichen Fundhorizont hinaus und wurden
möglicherweise erst in spätrömischer Zeit verwendet.

8. Fibeln
Im Vicusbereich auf dem Kastenfeld wurden insgesamt 91 Fibeln bzw. Fibelfragmente entdeckt. Die
Kartierung der Stücke zeigt dabei schon, dass sowohl die mittelkaiserzeitlichen als auch die
spätrömischen Fibeln über das gesamte Vicusareal streuen, ohne dass bestimmte Konzentrationen zu
beobachten wären.

Eingliedrige Spiraldrahtfibel Almgren 15/Jobst 9B (Abb. 16, Nr. F1)


Die eingliedrige Spiraldrahtfibel mit einem halbkreisförmig gebogenen Bügel mit quadratischem
Querschnitt und Punzdekor (Nr. F1) entspricht der Form Almgren 15 bzw. Jobst 9B238. Obwohl vom
obergermanisch-raetischen Limes mehrere eingliedrige Spiraldrahtfibeln des Typs Almgren 15
vorliegen239, stammen Parallelen für die punzverzierte Variante Jobst 9B mit quadratischem oder
rhombischem Bügelquerschnitt vor allem aus dem mittleren Donauraum. Entsprechende
Vergleichsstücke finden sich beispielsweise in Straubing, Wels, Lauriacum, und Hollenburg unweit
von Mautern an der Donau240. Während N. Walke das Exemplar aus dem Nordostvicus von Straubing
in die zweite Hälfte des 1. Jahrhunderts datierte241, ging W. Jobst bei den Fibeln aus dem Legionslager
Lauriacum erst von einer Verwendung in der zweiten Hälfte des 2. Jahrhunderts aus242. Fibeln des

235
Giesler 1978, 26.
236
s. Anm. 192.
237
Pfahl/Reuter 1996, 126.
238
Jobst 1975, 54; Sedlmayer 1995, 7–11.
239
Böhme 1972, 13 f.
240
Straubing: Walke 1965, 147 Taf. 93,1. – Wels: Sedlmayer 1995, 128 Taf. 1,5 (obwohl die Fibel nach
Sedlmayer zum Typ Jobst 9A gezählt wird, ist m. E. von einer Zugehörigkeit zu Typ Jobst 9 B auszugehen). –
Lauriacum: Jobst 1975, 54 Taf. 13,83.84. – Hollenburg: H. Riedl, Spätrömische Gräber in Mautern an der
Donau. ÖJh. 35, 1943, Beibl. 96 Abb. 31.
241
Walke 1965, 147 (Inv. 3188: „2. Hälfte 1. Jahrhundert“).
242
Jobst 1975, 54.

23
Typs Jobst 9A mit rhombischem Bügelquerschnitt finden sich noch in Fundzusammenhängen des
späten 2. und frühen 3. Jahrhunderts243, allerdings verfügen diese Exemplare nicht über die für
Variante B typische Punzverzierung.

Kräftig profilierte Fibeln (Abb. 16, Nr. F2–F21)


Mit 20 Exemplaren bilden die kräftig profilierten Fibeln eine der größten Gruppen im Fundmaterial
von Pons Aeni. Das Fibelfragment Nr. F2 kann aufgrund des zweifach durchlochten Nadelhalters und
des nach oben gewandten Endknopfes dem Typ Almgren 68244 zugewiesen werden. Der Fibeltyp
kommt überwiegend in claudisch-neronischen Fundzusammenhängen vor, ist jedoch auch in
spätflavischer Zeit noch nachweisbar245.
Vier Fibeln (Nr. F3–F6) gehören dem Typ Almgren 70/Cambodunum Gruppe 4/Jobst 4C an. Die
zweigliedrigen Spiralfibeln verfügen über eine breit ausgebildete Stützplatte246, unter der die
Spiralkonstruktion mit oberer Sehne und der schmale Sehnenhaken sitzen. Im Gegensatz zu den
älteren kräftig profilierten Fibeln ist der Bügel flach und der Nadelhalter geschlossen247. Aufgrund des
massierten Vorkommens im norisch-pannonischen Raum im Gegensatz zu den wenigen Exemplaren
aus den Rheinprovinzen ging Jobst von einer Hauptverbreitung in den Donauprovinzen aus248. Kräftig
profilierte Fibeln Almgren 70 stammen in Kempten aus der vierten Periode, die in spätflavischer Zeit
beginnt249. Jobst und M. Schleiermacher konnten eine Verwendung im späten 1. und frühen 2.
Jahrhundert bestätigen250. Nach Ch. Gugl sind die hier vorliegenden Fibeln aufgrund der abgeplatteten
Bügelkämme seiner Variante Almgren 70/73e zuzuweisen, welche ebenfalls schon in spätflavischer
Zeit auftritt, jedoch bis in das dritte Viertel des 2. Jahrhunderts belegt werden kann251. Aus dem Lager
Eining-Unterfeld, das nur temporär in den 70er Jahren des 2. Jahrhunderts besetzt war, liegen bereits
nur noch Exemplare des Typs Almgren 73/ Jobst 4D vor252. Nr. F7 ist vermutlich ebenfalls noch zu
dem Typ Jobst 4C zu rechnen, da der Sehnenhaken zwar schon ausgehämmert und abgeflacht ist,
jedoch noch keine Hülse bildet253. Spätformen des Typs Jobst 4C gehören wohl bereits dem

243
Jobst 1975, 53; 149 (Nr. 81: „nachmarkomannisch-Juthungeneinfall [213–234 n. Chr.]“); Sedlmayer 1995,
10.
244
Ettlinger 1973, 61–63; Jobst 1975, 32 f.; Sedlmayer 1995, 13–17; Gugl 1995, 12; Ortisi 2002, 19–22.
245
Gugl 1995, 12. – Allerdings kommen auch Fibeln des Typs Almgren 73 vereinzelt mit durchlochtem
Nadelhalter vor (vgl. hierzu Fasold 1993, 20 Tab. 2). – Zur Verbreitung s. Gugl 1995, 12; Ortisi 2002, 20.
246
Zur typologischen Einteilung nach Typen mit und ohne Stützplatte oder mit Hülse/Kappe s. Almgren 1923,
35–47.
247
Jobst 1975, 33; Riha 1979, 79.
248
Jobst 1975, 33.
249
W. Krämer, Cambodunumforschungen 1953 – I. Die Ausgrabungen von Holzhäusern zwischen der 1. und 2.
Querstrasse. Materialh. Bayer. Vorgeschich. 9 (Kallmünz 1957) 35 f. – W. Krämer kann die Periode IV jedoch
nicht genauer eingrenzen, da entsprechende stratigraphische Befunde fehlten.
250
Jobst 1975, 33; Riha 1979, 79; M. Schleiermacher, Die römischen Fibeln von Kempten – Cambodunum.
Materialh. Bayer. Vorgesch. Reihe A 63 (Kallmünz 1993) 20.
251
Gugl 1995, 16 f. – S. Ortisi geht von einer Verwendung bis in die erste Hälfte des 2. Jahrhunderts und in
Noricum noch darüber hinaus aus (vgl. Ortisi 2002, 24).
252
Jütting 1995, 155 Abb. 5,1.2.
253
Jobst 1975, 34.

24
fortgeschrittenen 2. Jahrhundert an254. Für den Datierungsansatz spricht auch der abgeflachte
Bügelkamm (im Gegensatz zum Bügelknopf) der Nr. F7.
Fibeln der Form Almgren 73/Jobst 4D sind in Pons Aeni durch zwei Exemplare vertreten (Nr. F8–F9).
Der ausgehämmerte Sehnenhaken ist hier auf ganzer Breite bis zur Stützplatte aufgebogen und bildet
somit eine Art Hülse255. Die jüngsten Varianten der Form Almgren 73 können anhand stratifizierter
Funde aus Lauriacum in die Zeit von der Mitte des 2. bis Anfang des 3. Jahrhunderts datiert werden256.
Die beiden Fibeln des Typs aus Eining-Unterfeld bestätigen eine Verwendung im späten 2.
Jahrhundert257. Nr. F8 gehört der Variante Almgren 70/73f nach Gugl an, die sich durch
Wolfszahnmuster und Rillenverzierung auf der Sehnenkappe und dem Nadelhalter, einem breiten
gestreckten Fuß mit rechteckigem Querschnitt, dreifach profiliertem Bügelkamm und aufwärts
geneigtem Fußknopf auszeichnet258. Diese Fibeln scheinen hauptsächlich in antoninischer Zeit in
Gebrauch gewesen zu sein, wobei eine Verwendung bis gegen Anfang des 3. Jahrhunderts nicht
ausgeschlossen werden kann259. Bemerkenswert ist die weitgehend auf Noricum beschränkte
Verbreitung260.
Nr. F10 und F11 entsprechen der Form Jobst 4E. Für diese Variante der kräftig profilierten Fibeln ist
vor allem der ausgehämmerte Sehnenhaken charakteristisch, durch den nunmehr eine
Spiralkonstruktion mit unterer Sehne bedingt ist261. Weitere Kennzeichen sind der Bügel mit meist
deutlichem Mittelgrat und stark ausgeprägtem Bügelkamm (auch verdoppelt) sowie der im
Allgemeinen hochrechteckige Nadelhalter262. Jobst ging auf der Basis der Fibeln aus Lauriacum von
einer lokalen Produktion aus263. Neue Funde weisen jedoch auf eine wesentlich weitere Verbreitung
hin, die schwerpunktmäßig die Provinz Noricum einschließt, die angrenzenden Randgebiete der
westlich und östlich gelegenen Nachbarprovinzen jedoch auch noch erfasst264. Die Fibeln Jobst 4E aus
Lauriacum können aufgrund stratigraphischer Befunde in die zweite Hälfte des 2. Jahrhunderts datiert
werden265. Nr. F10 und F11 sind möglicherweise der Gruppe 2 des Typs Jobst 4E nach G. Grabherr
zuzuweisen266, die das Bindeglied zwischen den kräftig profilierten Fibeln Jobst 4E und den
Kniefibeln bilden. Während der profilierte Bügelkamm eindeutig die Zugehörigkeit zu den Fibeln

254
Jobst 1975, 34.
255
Ebd.; Almgren 1923, 37.
256
Jobst 1975, 34 f.
257
Zur Datierung des Lagers Eining-Unterfeld siehe Jütting 1995, 189 f.
258
Gugl 1995, 17.
259
Ebd. 18.
260
Ebd.; Grabherr 2001, 30.
261
Jobst 1975, 35; Grabherr 2001, 30; Struck 1996, 32. – Allerdings zählt W. Jobst auch einige Exemplare mit
oberer Sehne zu seinen Typen 4E, wodurch eine exakte Ansprache erschwert wird. In entsprechenden
Publikationen, die sich auf Jobst stützen, herrscht daher mitunter Unklarheit über die exakte Typenansprache
(vgl. Sedlmayer 1995, 26). So fasst auch P. Fasold kräftig profilierte Fibeln mit ausgeprägter Hülse und oberer
Sehne noch unter dem Typ Jobst 4E zusammen (Fasold 1993, 21 f.).
262
Jobst 1975, 35. – Dementsprechend wurden auch die Fragmente Nr. F12 und F13 noch dem Typ Jobst 4E
zugeordnet.
263
Ebd. 35 f.
264
Grabherr 2001, 48 (Fundliste 1) Abb. 35.
265
Jobst 1975, 35.
266
Grabherr 2001, 31.

25
Jobst 4E unterstreicht267, ist der Bügel am Übergang zum Fibelkopf bereits knieartig umgebogen.
Fibeln dieser Variante sind vom Michlhallberg und aus dem Gräberfeld von Ergolding bekannt268.
Grabherr geht bei den Stücken vom Michlhallberg von einer Verwendung ab severischer Zeit aus,
wobei das jüngste Exemplar aus einer münzdatierten Schicht des dritten Viertels des 3. Jahrhunderts
stammt269. Die Fibel Jobst 4E aus Grab 78 des Gräberfelds von Ergolding wird der spätesten
Belegungsphase 4 ab 230 n. Chr. zugeordnet270. Eine weitere kräftig profilierte Fibel aus Silber des
Typs Jobst 4E stammt aus dem Hortfund von Marktl a. Inn271, der mit einer Prägung des Maximinus
Thrax schließt. Die Gegenstände können also erst nach 235/236 verborgen worden sein272. Aus Vintl
im Pustertal (Südtirol) liegen zwei kräftig profilierte Fibeln vor, die vermutlich dem Typ Jobst 4E
zuzuordnen sind273. Ein Exemplar stammt aus nicht genauer beschriebenen Fundumständen, in denen
es mit Münzen bis Constantinus I. vergesellschaftet war274. Ob man aus diesem Stück auf eine
Verwendung des Fibeltyps bis in das erste Viertel des 4. Jahrhunderts275 schließen kann, ist eher
fraglich. Wahrscheinlicher ist, dass es sich hier um ein Altstück des 3. in jüngeren Befunden des 4.
Jahrhunderts handelt.

Typ Jobst 4E mit Spiralhülse: Der Typ Pons Aeni (Abb. 16, Nr. F14–F21)
Bei den Fibeln Nr. F14–F21 handelt es sich um eine typologische Weiterentwicklung der Form Jobst
4E276, die aufgrund der deutlich unterschiedlichen Merkmale im Folgenden als eigenständiger Typ
Pons Aeni angesprochen wird277. Im Gegensatz zu dem für die Form Jobst 4E typischen
ausgehämmerten Sehnenhaken, der in Verbindung mit der Stützplatte ein hülsenförmiges Gehäuse
bildet, hat die zuletzt durch Grabherr eingehend behandelte Fibelgruppe eine komplett ausgebildete
Hülse zur Aufnahme der Spirale278. Der Bügel des Typs Pons Aeni ist gerade oder nur leicht gebogen
und mit einem ausgeprägten Mittelgrat versehen. Als weitere typologische Gemeinsamkeit sind zwei
ausgeprägte Bügelkämme (oftmals mit bis zu zwei weiteren Profilierungen davor und/oder dahinter)
zu nennen279. Eine Kartierung der Funde durch Grabherr (Abb. 5) zeigt einen
Verbreitungsschwerpunkt im Chiemgau zwischen Inn und Salzach, wobei Einzelstücke noch in den

267
Grabherr 2001, 31.
268
Struck 1996, 32–34 Taf. 94,78–2.
269
Grabherr 2001, 30 f. ( Nr. B9) mit Anm. 41 (jüngste Münze Prägung des Aurelianus ohne genauere Angabe);
Taf. 2,B9.
270
Struck 1996, 32–34; 88 Tab. 9.
271
Pietsch 2004, 140 f.
272
Ebd. 142.
273
Giovanazzi 2002, 659 f.
274
Ebd. 660.
275
Ebd.
276
Sedlmayer 1995, 26 mit Anm. 153; Grabherr 2001, 32.
277
Leider lassen die Fundstücke keine Aussage zu einer möglichen Produktion der Fibeln in Pons Aeni, die
durchaus hier anzunehmen wäre, zu. Dennoch scheint es angebracht, diesen eigenständigen Typ unter den kräftig
profilierten Fibeln aus der Typenbezeichnung Jobst 4 E herauszulösen und aufgrund der aus dem Vicus
vorliegenden Menge als gesonderten Typ Pons Aeni zu führen.
278
Grabherr 2005, 98–112.
279
Vgl. hierzu auch Grabherr 2001, 32 Taf. 2,B10.

26
angrenzenden Teilen Ostraetiens und Westnoricums zu finden sind280 (vgl. Fundliste der Fibeln Typ
Pons Aeni im Anhang). Während Grabherr sich aufgrund dieser regionalspezifischen Variante der
kräftig profilierten Fibeln für eine eigenständige Trachtregion im nordwestlichen Noricum
aussprach281, kann m. E. das Gebiet noch stärker eingegrenzt werden. Aufgrund des massierten
Vorkommens zwischen Inn und Salzach mit Schwerpunkt rund um den Chiemsee ist wohl von einem
spezifisch im Chiemgau getragenen Fibeltyp auszugehen, der nur vereinzelt über diese Region hinaus
Verbreitung fand. Einen Datierungshinweis für die Fibeln vom Typ Pons Aeni liefert ein Exemplar aus
Grab 191 in Seebruck. Nach P. Fasold ist das Grab seiner Zeitstufe 6 (erstes Drittel des 3.
Jahrhunderts) zuzuweisen282. Aufgrund der vergesellschafteten Keramik ist jedoch eine Datierung
schon in das späte 2. Jahrhundert möglich283. Ein Exemplar aus Pocking stammt aus einem mit
Brandschutt verfüllten Keller und war mit drei Münzen (jüngste Prägung Severus Alexander, 228–
231) vergesellschaftet284. Obwohl die Zerstörung mit den Alamanneneinfällen um 233 in Verbindung
gebracht wurde285, kann die Aufgabe der Siedlung aufgrund neuerer Untersuchungen mittlerweile um
260 n. Chr. angesetzt werden286. Demnach ist eine Verwendung der Fibelform vom letzten Viertel des
2. bis um die Mitte des 3. Jahrhunderts durchaus wahrscheinlich.

Norisch-pannonische Flügelfibel (Almgren 238; Abb. 16, Nr. F23)


Das Fragment eines Flügels mit Kerbverzierung und zwei Knöpfen (Nr. F23) ist der einzige Beleg
einer norisch-pannonischen Flügelfibel Almgren 238, die allgemein in das 1. und 2. Jahrhundert
datiert werden können287. Aufgrund des Erhaltungszustandes ist eine nähere Bestimmung nicht
möglich. Das seltene Vorkommen norisch-pannonischer Flügelfibeln in Pons Aeni verwundert
besonders im Verhältnis zu der Anzahl entsprechender Fibeln aus dem nahen Vicus und Gräberfeld
von Bedaium/Seebruck288. Da die jüngsten Exemplare der Form noch im fortgeschrittenen 2.
Jahrhundert vorkommen289, ist eine dauerhafte Besiedlung in Pons Aeni vor dem späten 2. Jahrhundert
unwahrscheinlich.

280
Grabherr 2005, 102 Abb. 3.
281
Ebd. 103.
282
Fasold 1993, 84; 195 f. (Grab 191).
283
Die Zeitstufe 6 des Gräberfeldes wird von Fasold durch das Aufkommen von Rheinzaberner Sigillata der
Gruppe II bestimmt, welche wohl um 200 n. Chr. die älteren Produkte ablöste. Die Zeitstufe 7 datierte er
hingegen aufgrund des Vorhandenseins später Dicanusware aus Pfaffenhofen erst nach 233 n. Chr. (Fasold 1993,
84). Aus Grab 191 liegt jedoch noch keine Rheinzaberner Sigillata der Gruppe II vor. Einen Hinweis auf eine
Datierung des Grabes schon um bzw. kurz nach 180 n. Chr. bieten jedoch drei Randscherben der Form Drag. 32.
Vgl. hierzu Faber 1994, 30–32; 237–244; Fischer 1994, 343 f.
284
Wandling 1990, 112.
285
Ebd.
286
Wandling/Ziegaus 1993, 128.
287
Garbsch 1965, 49–79.
288
Fasold 1993, 23 f. Tab. 5; Burmeister 1998, 95 f. Taf. 27,91–93.
289
Vgl. Garbsch 1965, 78 Abb. 41.

27
Trompetenfibel mit runder Platte (Collingwood Gruppe Sii; Abb. 16, Nr. F24)
Die wohl außergewöhnlichste Fibel (Nr. F24) aus Pons Aeni kann der Gruppe der Trompetenfibeln
mit runder Platte und Emaileinlage290 zugeordnet werden. Das allgemeine Verbreitungsbild dieses
Typs deutet eine britannische Herkunft an291. So finden sich dort auch die besten Vergleichsstücke in
Redhill, Wroxeter und Brough-under-Stainmore292. Leider sind von dem Stück aus Pons Aeni nur noch
die runde Scheibe mit Resten der typischen blauen Emaileinlage293 und der flache Bügel mit dem
Ansatz des Nadelhalters erhalten. Die Exemplare aus Wroxeter und London waren um die Mitte des 2.
Jahrhunderts in Gebrauch294, allgemein kann jedoch von einer Verwendung von antoninischer Zeit bis
in die zweite Hälfte des 2. Jahrhunderts ausgegangen werden295. A. Böhme schlug für die sog.
englischen Fibeln aus den Kastellen Saalburg und Zugmantel eine Interpretation als Handelsgut,
Zeugnis von Truppenverschiebungen oder britischen Bevölkerungsteilen vor296. M. E. lässt sich keine
dieser Thesen für das Exemplar aus Pons Aeni beweisen. Eher ist hier an ein Zeugnis individueller
Mobilität zu denken.

Kniefibeln (Abb. 16, Nr. F25–F28; Abb. 17, Nr. F29–F43)


Böhme unterschied anhand der Fibeln aus den Kastellen Saalburg und Zugmantel drei verschiedene
Formen: Typ 19 mit halbrunder Kopfplatte und längsgestelltem Nadelhalter297, Typ 20 mit eckiger
Kopfplatte298 und Typ 21 mit Spiralhülse299. Jobst unterteilte die Kniefibeln aus Lauriacum in nur zwei
Typen mit Varianten: Typ 12 mit Spiralhülse300 und Typ 13 mit Kopfplatte, wobei er hier die
Kniefibeln mit halbrunder und rechteckiger Kopfplatte als Varianten zusammenfasste301. Nr. F25 und
F26 entsprechen der Form Böhme 19a/Jobst 13D, die sich durch eine halbrunde Kopfplatte mit
Wolfszahndekor in Hängebögen auszeichnet302. Beide Fibeln verfügen über die für den
obergermanisch-raetischen Formenkreis charakteristische Spiralkonstruktion mit unterer Sehne303,
obwohl Nr. F25 mit dem deutlich S-förmig geschwungenen Bügel und verstärktem Nadelhalter

290
Snape 1993, 17; Richardson 1960, 200–213; Hattatt 1982, 110 f.
291
Richardson 1960, 204; Böhme 1970, 13; Hattatt 1982, 110. – Vgl. hierzu auch J. Bayley/S. Butcher, The
Composition of Roman Brooches Found in Britain. In: Ancient Bronzes 1995, 113–119 bes. 118.
292
Richardson 1960, 201 Abb. 1,16; 2,9.13.
293
Ebd. 204; Hattatt 1982, 110.
294
Richardson 1960, 206.
295
Ebd.; Snape 1993, 17. – Vgl. hierzu auch: P. S. Austen, Bewcastle and Old Penrith. A Roman Outpost Fort
and a Frontier Vicus. Excavations, 1977-78. Cumberland and Westmorland Ant. and Arch. Soc., Res. Ser. 6
(Stroud 1991) 181–183 (Nr. 622) Abb. 89,622.
296
Böhme 1970, 13.
297
Dies. 1972, 18–20.
298
Ebd. 20.
299
Ebd. 20–22.
300
Jobst 1975, 59–63.
301
Ebd. 63–68.
302
Böhme 1972, 19; Jobst 1975, 66.
303
Kniefibeln mit halbrunder Kopfplatte und untersehniger Spiralkonstruktion werden allgemein dem
obergermanisch-raetischen Formenkreis zugeordnet, während solche mit oberer Sehne wohl überwiegend dem
norisch-pannonischen Bereich angehören (vgl. Böhme 1972, 19; Sedlmayer 1995, 43).

28
durchaus Merkmale norisch-pannonischer Exemplare aufweist304. Das Verzierungsmuster wurde von
Böhme als charakteristisch für das obergermanisch-raetische Gebiet angesehen305, wohingegen H.
Sedlmayer entsprechende Muster auf Kniefibeln mit Spiralkonstruktion mit oberer Sehne als typisch
norisch-pannonisch ansah306. Nr. F27, eine bronzene, verzinnte Kniefibeln mit unterer Sehne und
halbrunder Kopfplatte mit randlichem Wolfszahndekor, gehört aufgrund des Dekors dem Typ Böhme
19b bzw. Jobst 13D (mit gekerbtem Rand, Strichpunzierung oder Zinnenmuster dekorierte
Kopfplatte307) an. Nr. F30–F33 verfügen alle über eine Spiralkonstruktion mit oberer Sehne und
randlichem bzw. in zwei Reihen angeordnetem Wolfszahndekor. Obwohl Böhme entsprechende
Exemplare mit oberer Sehne nur mit rechteckiger Punzverzierung bzw. unverziert kannte, können die
Exemplare aus Pons Aeni als Variante dem Typ Böhme 19h308 bzw. Jobst 13D zugeordnet werden.
Kniefibeln mit unverzierter, halbrunder Kopfplatte sind in Pons Aeni nur zweimal vertreten (Nr. F28–
F29). Die halbrunde Kopfplatte ohne Dekor erlaubt es Nr. F28 der Form Böhme 19b309 bzw. Jobst
13C310 zuzuordnen. Nr. F29 kann aufgrund der Spiralkonstruktion als Typ Böhme 19h311 angesprochen
werden. Während bislang vermutet wurde, dass Kniefibeln mit halbrunder Kopfplatte gegen Ende des
2. bzw. Anfang des 3. Jahrhunderts kaum mehr verwendet wurden312, nimmt M. Buora nunmehr eine
Gebrauchszeit bis in das späte 3. bzw. das frühe 4. Jahrhundert an313.
Kniefibeln mit schmaler, rechteckiger Kopfplatte, die nur die Spiralkonstruktion bedeckt (Nr. F34),
bilden nach Jobst die Übergangsform zwischen den Kniefibeln mit Spiralhülse und dem Typ mit
großer rechteckiger Kopfplatte314. Der nahezu rechtwinklig abgeknickte Bügel mit rechteckigem
Querschnitt entspricht dabei eher den Kniefibeln mit Spiralhülse Jobst 12315. Jobst vermutete ein
Vorkommen dieses Typs vor allem im Rheinland316. Vereinzelt liegen jedoch auch Exemplare aus dem
norisch-pannonischen Raum vor317. Kniefibeln mit Spiralhülse sind in Pons Aeni durch Nr. F35–F39
vertreten. Nr. F35 zählt mit dem hohen, längsgestellten Nadelhalter und dem facettierten Bügel zur
Form Jobst 12A318. Sedlmayer ging aufgrund der Fundkonzentration von einer Produktion im

304
Sedlmayer 1995, 43 f.
305
Böhme 1972, 19.
306
Sedlmayer 1995, 44. – Grabherr stellte fest, dass verzierte Kopfplatten im norisch-pannonischen Raum
gegenüber den unverzierten überwiegen, wohingegen das Verhältnis im obergermanisch-raetischen Gebiet seiner
Meinung nach umgekehrt sei (Grabherr 2001, 35).
307
Jobst 1975, 66; Sedlmayer 1995, 43.
308
Böhme 1972, 19.
309
Ebd.
310
Jobst 1975, 65.
311
Böhme 1972, 19.
312
Ebd.; Riha 1979, 85; Luik 1996, 133.
313
Buora 2003, 506 f. mit Anm. 19–23; Reuter 2005, 199 f.
314
Jobst 1975, 63.
315
Ebd. 61.
316
Ebd. 63.
317
Neben den Exemplaren aus Lauriacum und dem hier vorgestellten Stück aus Pons Aeni ist eine Kniefibel mit
schmaler rechteckiger Platte, oberer Sehne und halbrundem Bügelquerschnitt aus dem Museum Szekszárd
(Ungarn) bekannt, die ebenfalls dem Typ Jobst 12G zuzuordnen ist (Patek 1942, 133 Taf. 23,4).
318
Jobst 1975, 60; Grabherr 2001, 34 f.

29
nordwestpannonischen Raum aus319. Entsprechend der bislang bekannten westlichsten Funde zweier
Kniefibeln aus dem Gräberfeld von Seebruck320 und aus Teisendorf-Hörafing321 fügen sich auch die
Exemplare aus Pons Aeni gut in das Bild der westlichen Verbreitungsgrenze ein. Fibeln der Formen
Jobst 12A und B scheinen schon in der ersten Hälfte oder um die Mitte des 2. Jahrhunderts
aufzukommen und sind bis in das frühe 3. Jahrhundert belegt322.
Zwei Fibeln (Nr. F37–F38) sind der Variante Jobst 12C/Böhme 21a zuzuordnen. Typisch für diese
Variante ist der hohe, S-förmig geschwungene Bügel mit spitzdreieckigem, trapezförmigem oder
rechteckigem Querschnitt und der quergestellte Nadelhalter323. Die Stücke aus Pons Aeni weisen
deutliche Gemeinsamkeiten mit den Kniefibeln aus den Kastellen Saalburg, Zugmantel und
Niederbieber auf324. Während Böhme eine Verwendung der Form von antoninischer Zeit bis in das
frühe 3. Jahrhundert annahm325, schlug M. Gechter auf der Basis der Funde aus Niederbieber ein
vorkastellzeitliches Gebrauchsende noch im späten 2. Jahrhundert vor und bezeichnete die
vorhandenen Kniefibeln als Altstücke326. Entgegen seiner These kann jedoch durchaus von einer
Verwendung der Form Jobst 12 bis wenigstens in das frühe 3. Jahrhundert ausgegangen werden, wie
unter anderem ein Exemplar der Variante Jobst 12A von Michlhallberg zeigt327. Das Fragment einer
zweigliedrigen Spiralfibel (Nr. F39) lässt sich aufgrund des charakteristischen Fibelkopfes dem Typ
Jobst 12E/Riha 4.11 zuordnen. Auf der facettierten Spiralhülse setzt der flache Bügel mit einem
volutenartig eingerollten Kopfteil an, der durch einen Sporn vom Fußteil getrennt wird328. Das
Exemplar aus Pons Aeni ist der Variante 2 (mit längsgestelltem Nadelhalter) oder 3 (mit
quergestelltem Nadelhalter) nach Gugl zuweisbar. Diese unterscheiden sich von der Variante 1 (mit
nierenförmiger oder ovaler Bügelaussparung) durch einen zurückgebogenen, volutenartig eingerollten
Kopf329. Die vor allem in Noricum und Nordwestpannonien verbreitete Form, die wohl eine Variante
der Kniefibeln darstellt, wurde vermutlich vom Ende des 2. bis in das erste Drittel des 3. Jahrhunderts
getragen330. Nr. F40 ist typologisch mit der Form Jobst 12E Variante 3 eng verwandt, verfügt jedoch
über eine Scharnierkonstruktion331. Während im obergermanisch-raetischen und im norisch-
pannonischen Raum die Kniefibeln mit halbrunder Kopfplatte oder mit Hülsenspirale überwiegen,

319
Sedlmayer 1995, 48; Gugl 1995, 39.
320
Fasold 1993, 25 Taf. 28,8.
321
BVbl. Beih. 5 (1992) 137 Abb. 89,5.
322
Sedlmayer 1995, 48 f.; Gugl 1995, 35; Buora 2003, 522. – Für eine längere Verwendung plädierten Grabherr
2001, 35 (bis Mitte 3. Jahrhundert) und Jobst 1975, 68 (bis an die Wende 3./4. Jahrhundert).
323
Böhme 1972, 21; Jobst 1975, 61; Ortisi 2002, 36.
324
Saalburg und Zugmantel: Böhme 1972, 20–22 Taf. 8,418–441; Taf. 9,446–451. – Niederbieber: Gechter
1980, 593 Abb. 2,3.4.
325
Böhme 1972, 21.
326
Gechter 1980, 592.
327
Grabherr 2001, 35 (Die Kniefibel war mit einer Münzprägung der Julia Domna [196/202] vergesellschaftet).
– Vgl. hierzu auch Jobst 1975, 61; Gugl 1995, 40; Ortisi 2002, 36; Buora 2003, 524.
328
Jobst 1975, 62; Riha 1979, 110; Gugl 1995, 39.
329
Gugl 1995, 39.
330
Ebd. 40; Jobst 1975, 62 f. – J. Garbsch ging von einer Datierung in die erste Hälfte des 3. Jahrhunderts aus
(Garbsch 1990, 116).
331
Vgl. hierzu auch Exemplare bei Kovrig 1937, Taf. 39,3a-b.4. – Weitere Stücke aus Siscia: Koščević 1980,
20–23 Taf. 24,201. – Singidunum: Bojović 1983, 173 Taf. 27,264–266.

30
scheinen Stücke mit Scharnierkonstruktion vor allem im unteren Donaugebiet verbreitet gewesen zu
sein332. Hierzu ist auch eine weitere Kniefibel aus Pons Aeni (Nr. F41) zu zählen, zu der Parallelen in
Siscia und Singidunum bekannt sind333. Entsprechend der Datierung des Typs Jobst 12E wird für die
Kniefibeln mit Scharnierkonstruktion und ihre Varianten ebenfalls von einer Gebrauchszeit vom Ende
des 2. bis in die erste Hälfte des 3. Jahrhunderts ausgegangen334. Auch für Nr. F48, eine Fibel mit
Röhrenscharnierkonstruktion, finden sich die meisten Vergleichsstücke im unteren Donauraum335. D.
Popescu ging aufgrund der vermuteten typologischen Verwandtschaft zu den Kniefibeln mit
Scharnierkonstruktion von einer Datierung in das ausgehende 2. Jahrhundert aus336. Einen
chronologischen Hinweis bietet eine Scharnierfibel aus Komplex 7 der Wohnterrassen in Teurnia, die
mit Münzen des Antoninus Pius bis Septimius Severus vergesellschaftet war337. Somit ist eine
Verwendung bis in das frühe 3. Jahrhundert durchaus in Erwägung zu ziehen. Generell wird für die
Gruppe der Kniefibeln in der Forschung aufgrund des massierten Vorkommens in militärischen
Anlagen und des „serienartigen Charakters“338 eine Verwendung als sog. Soldatenfibeln vermutet339.
Da mittlerweile jedoch eine signifikante Menge von Kniefibeln aus zivilen Siedlungen und
Gräberfeldern bekannt ist, muss diese These wohl relativiert werden340, da außer Soldaten natürlich
auch Zivilisten als Träger der Fibelform in Betracht zu ziehen sind.

Spiralfibel mit nierenförmig durchbrochener Kopfplatte (Böhme 22/Riha 3.13; Abb. 17, Nr. F44)
Die Form Böhme 22a/Riha 3.13.2 mit einer gekerbten Mittelrippe auf dem halbkreisförmig gebogenen
Bügel341 ist in Pons Aeni mit Nr. F44 einmal vertreten. Böhme beobachtete bereits ein vermehrtes
Vorkommen dieser Fibeln in den Kastellen und zugehörigen Vici am obergermanisch-raetischen

332
Kovrig 1937, 121 f.; Gugl 1995, 40; Grabherr 2001, 33; Ortisi 2002, 50.
333
Koščević 1980, 20–23 Taf. 24,194; Bojović 1983, 173 Taf. 33,216–222; Taf. 24,223–225. – Im
Nationalmuseum Bukarest finden sich ebenfalls Kniefibeln mit Scharnierkonstruktion: Popescu 1945, 492–494
Abb. 5,51–53.
334
Aus dem Gräberfeld von Viminacium stammen zwei Kniefibeln mit Scharnierkonstruktion, die mit Münzen
des Marcus Aurelius bzw. der Lucilla vergesellschaftet waren (L. Zotović/Č. Jordović, Viminacium Nekropole
„Više Grobalja“ [Belgrad 1990] Taf. 149,8; Taf. 187,2). – Zu einer Verwendung bis in die erste Hälfte des 3.
Jahrhunderts s. Garbsch 1990, 116; Gugl 1995, 40. – S. Ortisi möchte das Vorhandensein dieser Fibelform in
Burghöfe mit der Stationierung von Truppendetachements, die aus dem Donauraum stammen oder dort
operierten, in Zusammenhang bringen (Ortisi 2002, 50).
335
Vgl. hierzu die Exemplare im Nationalmuseum Bukarest: Popescu 1945, 489 f. Abb. 3,26–31. – Singidunum:
Bojović 1983, 173 Taf. 17,150–154. – Eine Fibel mit Scharnierkonstruktion aus dem Vicus von Sulz ist
möglicherweise ebenfalls diesem Typ zuzurechnen (vgl. S. Rieckhoff-Pauli, Die Fibeln aus dem römischen
Vicus von Sulz am Neckar. Saalburg-Jahrb. 34, 1977, 12 Abb. 2,21).
336
Popescu 1945, 490.
337
Ch. Gugl, Archäologische Forschungen in Teurnia. Die Ausgrabungen in den Wohnterrassen 1971–1978. Die
laténezeitlichen Funde vom Holzer Berg. Österr. Arch. Inst. Sonderschr. 33 (Wien 2000) 240–242 Taf. 38,1–4.5.
338
Gugl 1995, 35.
339
Böhme 1972, 19; Gugl 1995, 35; Jütting 1995, 156; Luik 1996, 133.
340
Gugl 1995, 57. – Zur Produktion von Kniefibeln an zivilen Plätzen zuletzt Gschwind 1997, 624–628. – Zu
Kniefibeln aus zivilen Kontexten s. auch Reuter 2005, 200 mit Anm. 78.
341
Böhme 1972, 22; Riha 1979, 86.

31
Limes342. Ihre Annahme, dass dieser Typ schon gegen Ende des 2. Jahrhunderts nicht mehr in
Gebrauch war343, kann mittlerweile als widerlegt gelten. Fibeln der Form Böhme 22 aus dem Kastell
Niederbieber belegen vielmehr eine Verwendung noch im ausgehenden 2. Jahrhundert344. Eine Fibel
Böhme 22e/Riha 3.13.3 aus Lopodunum/Ladenburg stammt aus einem mit Bauschutt verfüllten
Keller345, aus dem auch ein 246 geprägter Antoninian des Philippus I. vorliegt346. Aus einem
Steinkeller im Vicus von Nida-Heddernheim, der in die Periode IIIA/B (200/220–250/260347) datiert
wird, liegt ebenfalls eine Fibel Böhme 22 (verm. Variante a) vor348. Fasold bezeichnete den Typ als
charakteristische Soldatenfibel und zog das Exemplar als weiteren Beleg einer militärischen Präsenz
im Vicus heran349. Da auch die typologisch eng verwandten Fibeln des Typs Böhme 23 mit
peltaförmiger Kopfplatte mittlerweile über die Wende zum 3. Jahrhundert350 hinaus noch in
Fundzusammenhängen bis Mitte des 3. Jahrhunderts nachgewiesen werden können351, darf aufgrund
der oben dargestellten Fundzusammenhänge auch eine Verwendung der Form Böhme 22/Riha 3.13 bis
in das erste Drittel oder sogar um die Mitte des 3. Jahrhunderts angenommen werden.

Spiralfibeln mit gegabeltem Bügel (Böhme 26 und 27; Abb. 17, Nr. F45–F47)
Nr. F45 ist wohl zu der Variante Böhme 26 b zu zählen. Die Spiralhülse des vergoldeten Exemplars352
weist noch Spuren des abgebrochenen Mittelknopfes auf. Die im Querschnitt dreieckigen Bügelarme
werden durch eine Profilierung vom dachförmigen Fuß mit abgerundetem Ende getrennt353. Nr. F46 ist
aufgrund der halbrunden Kopfplatte mit gezacktem Rand und scharf umbiegendem Bügel
möglicherweise als weitere Variante der Form Böhme 26c (mit rechteckiger Kopfplatte und
gezacktem Rand) zuzuweisen. Es kann allerdings nicht ausgeschlossen werden, dass das Stück zu den
typologisch eng verwandten Kniefibeln mit doppeltem Bügel354 gehört, da die Fibeln Böhme 26 in der

342
Böhme 1972, 22. – Vgl. hierzu auch die Exemplare bei: A. Böhme, Die Fibeln des Kastells am Kleinen
Feldberg (Hochtaunuskreis). Saalburg-Jahrb. 31, 1974, 6 Abb. 1,7–12; Simon 1968, 24 Abb. 9,7. – Aus der
Colonia Ulpia Traiana/Xanten liegen ebenfalls mehrere Exemplare vor: Boelicke 2002, 77–79 Taf. 32,715–723.
343
Böhme 1972, 22 f.
344
Gechter 1980, 592; Simon 1968, 24; Boelicke 2002, 77 f. – Die Fibel Böhme 22a/Riha 3.13.2 aus Augst war
mit Keramik der Mitte/späten 2. Jahrhunderts bis Anfang 3. Jahrhundert vergesellschaftet (vgl. Riha 1979, 86).
345
Schmidts 2004, 21 Tab. 2 (A36); Taf. 3,A36. – Zur Einteilung der Parzellen und Phasen siehe Kaiser/
Sommer 1994, 36–42; 161–171.
346
Kaiser/Sommer 1994, 301 Tab. 58,118. – Allerdings wollte Th. Schmidts nicht ausschließen, dass es sich bei
der Fibel um ein Altstück handelt (Schmidts 2004, 21).
347
P. Eschbaumer in: Fischer u.a. 1998, 405 f. Tab. 33.
348
Fischer u.a. 1998, 178 f. Abb. 119,1.
349
P. Fasold in: Fischer u.a. 1998, 303.
350
Böhme 1972, 23.
351
Mackensen 1983, 575. – Vgl. auch zwei Fibeln aus Großprüfening aus dem Erdkeller/Grube 15: Fischer
1990, 188–190 Taf. 66,F1.3. – Die Verfüllung des Erdkellers wird mit der Zerstörung des Vicus nach 243 in
Verbindung gebracht (ebd. 185).
352
Ein vergoldetes Exemplar liegt auch von der Saalburg vor (Böhme 1972, 25 mit Anm. 158; Taf. 14,634).
353
Böhme 1972, 25. – Eine Vergoldung war wohl eher die Ausnahme, häufiger kam eine Verzinnung vor (ebd.
25; Riha 1979, 109). Ob man aufgrund dessen und der Ansprache als Soldatenfibel einen Offizier als Träger
annehmen kann, sei dahingestellt (vgl. hierzu Fischer 1988, 174 f.; Petculescu 1991a, 210 f.).
354
Gugl 1995, 36 f.; Ettlinger 1973, 164 (Typ 6.2.). – Allerdings verfügt das Exemplar aus Pons Aeni im
Gegensatz zu den bei Ettlinger aufgeführten Stücken mit Scharnierkonstruktion über eine Spiralkonstruktion.

32
Regel nur über halbrunde Bügel verfügen355. Auch die Fibel mit dreieckiger Kopfplatte, gegabeltem
Bügel und dachförmigem Fuß Böhme 27 (Nr. F47) weist typologische Gemeinsamkeiten zu den oben
genannten Stücken auf. Die Formen Böhme 26 und 27 waren hauptsächlich im ausgehenden 2. und
der ersten Hälfte des 3. Jahrhunderts in Gebrauch. Eine Verwendung bis um die Mitte des 3.
Jahrhunderts lässt sich aufgrund eines Exemplars aus einem verfüllten Keller im Vicus von
Großprüfening postulieren356. Da dieser Fibeltyp überwiegend von militärischen Plätzen bekannt ist,
wird auch hier eine Verwendung als Mantelfibel von Soldaten angenommen357.

Scharnierarmfibeln (Böhme 28; Abb. 17, Nr. F49–F50)


Zwei Fibeln (Nr. F49–F50) gehören zur Gruppe der Scharnierarmfibeln des Typs Böhme 28. Nr. F49
ist der Variante Böhme 28l zuzuordnen, deren Bügelende mit einem Silberdraht umwickelt war358.
Scharnierarmfibeln gelten als typische Soldatenfibeln des 3. Jahrhunderts359. Gechter schloss aus dem
Vorkommen dieses Typs in Niederbieber und dem Fehlen in dem um 233 n. Chr. zerstörten Vicus von
Heldenbergen360 auf ein spätes Aufkommen der Scharnierarmfibeln erst im zweiten Drittel des 3.
Jahrhunderts361. M. E. kann das Fehlen einer als Soldatenfibel angesprochenen Form in einem zivilen
Kontext jedoch nur sehr bedingt als Datierungsgrundlage herangezogen werden. Aus
nachlimeszeitlichen Fundzusammenhängen liegen kaum noch Scharnierarmfibeln vor362, weswegen
mit einer allmählichen Ablösung durch die spätrömischen Zwiebelknopffibeln im Verlauf des letzten
Drittels des 3. Jahrhunderts gerechnet werden muss363. Zwei Scharnierarmfibeln aus dem
Straßenkampfhorizont in Augst zählen zu den jüngsten Exemplaren dieses Typs364.

355
Vgl. die bei Böhme aufgeführten Exemplare: Böhme 1972, 24 f. Taf. 14,614–637; Taf. 15,639–654.
356
S. Anm. 352 und Fischer 1990, 188 (Befund 12.16.12); Taf. 66,F2. – Vgl. hierzu jedoch auch eine Fibel
Böhme 26 aus South Shields, die dem Ende der Periode 8 (spätes 4. Jahrhundert) zugewiesen wird. Im gleichen
Zuge wird die Datierung einer entsprechenden Fibel aus dem Lager Carpow von M. Snape in Zweifel gezogen
und mit einer möglichen jüngeren Nachnutzung im späten 3. Jahrhundert in Zusammenhang gebracht (P.
Bidwell/S. Speak, Excavations at South Shields Roman Fort Vol. 1. Soc. Ant. Newcastle upon Tyne Monogr.
Ser. 4 [Newcastle 1994] 138–141 [ Nr. 15075]; 177 [ Nr. 15075]; Abb. 7.1.2). Während es sich bei dem Stück
aus South Shields um ein Altstück handeln kann, legte Snape keinerlei Beweise für ihre These der jüngeren
Datierung der Fibel aus Carpow vor. Dementsprechend kann aus beiden Fibeln bislang nicht auf eine generelle
Verwendung bis in das späte 3. oder gar 4. Jahrhundert geschlossen werden.
357
Böhme 1972, 25.
358
Ebd. 27.
359
Ebd.; Mackensen 1983, 569 f.; Fasold 1990, 601; Faber 1994, 143; P. Fasold in: Fischer u.a. 1998, 303;
Gschwind 2004, 190.
360
M. Gechter geht davon aus, dass das Fehlen der Scharnierarmfibeln als repräsentativ für die Zeit vor 230
angesehen werden kann (Gechter 1980, 590–610 bes. 610; M. Gechter in: Czysz 2003, 207–209). – W. Zanier
sprach sich jedoch für einen allgemeinen Beginn der Fibelform schon in der ersten Hälfte des 3. Jahrhunderts aus
(Zanier 1992, 112).
361
Gechter 1980, 610. – Für einen schwerpunktmäßigen Gebrauch im mittleren Drittel des 3. Jahrhunderts
plädiert auch P. Fasold (Fasold 1990, 601).
362
Mackensen 1983, 570 mit Anm. 24; Faber 1994, 143.
363
P. Fasold in: Fischer u.a. 1998, 303. – Ph. Pröttel geht von einem Aufkommen der ältesten
Zwiebelknopffibeln vom Typ Keller/Pröttel 1 bereits um 260 aus (Pröttel 1988, 352 f.). – Zur Entwicklung der
Zwiebelknopffibeln aus den mittelkaiserzeitlichen Scharnierarmfibeln siehe Pröttel 1988, 350–353; Ettlinger
1973, 171; Fasold 1990, 601 f.
364
Martin-Kilcher 1985, 180 Abb. 23,2.3.

33
Zwiebelknopffibeln (Abb. 18, Nr. F51–F72)
Aus dem Vicusbereich liegen insgesamt 22 Fragmente von Zwiebelknopffibeln (Nr. F51–F72) vor.
Nr. F51 und F52 sind dem Typ Keller/Pröttel 1 zuzuweisen. Nr. F51 kann aufgrund der im Querschnitt
sechseckigen Querarme ohne Aufsätze als Variante A angesprochen werden365. Dieser überwiegend
aus Bronze gegossene Fibeltyp kommt wesentlich seltener auch in Silber vor366. Umso erstaunlicher ist
es, dass mit Nr. F52 ein massiv silbernes Exemplar aus Pons Aeni vorliegt. Das Fußfragment ist auf
der Oberseite mit dreieckigem Niellodekor verziert, der Bügelansatz ist mit Silberdraht umwickelt.
Eine vergleichbare silberne Fibel aus einer Körperbestattung in Leuna wurde von J. Werner den späten
Scharnierarmfibeln Böhme Typ 28 zugeordnet367. Entgegen Werners Zuordnung zu den späten
Scharnierarmfibeln ordnete Pröttel diese Formen jedoch bereits den Zwiebelknopffibeln Typ
Keller/Pröttel 1 zu368. Aufgrund einer beigegebenen Münze des Tetricus I.369 ergibt sich für die
Bestattung ein terminus post quem von 270/273. Werner sah in der silbernen Fibel ein
Rangabzeichen370 und vermutete als Träger einen Offiziers in römischen Diensten371. Entsprechende
Parallelen für die Fibel stammen aus Schaprode auf Rügen, Pécs (Ungarn, mit Antoninianen des
Probus, 276–282, und Carinus, 283–285, vergesellschaftet), und aus zwei Bestattungen in Prostea
Mica und Potaissa (beide Rumänien)372. Aus einem spätrömischen Grab in Aquincum liegt eine
Zwiebelknopffibel Typ Keller/Pröttel 1B vor, deren Bügel und Fuß mit dreieckigem Niellodekor
verziert ist373. Die Bestattung wurde von A. Burger in tetrarchische Zeit datiert374. Pröttel ging davon
aus, dass dieser Fibeltyp zwischen 280 und 320 verwendet wurde, wobei älteste Exemplare schon um
260 produziert worden sein sollen375. Als Träger von Zwiebelknopffibeln werden Soldaten oder
höhere Beamte angenommen. Während bei den mittelkaiserzeitlichen „Soldatenfibeln“ nur Funde aus
militärischen Anlagen diese These stützen, können für die spätrömischen Zwiebelknopffibeln auch
bildliche Darstellungen als Indiz herangezogen werden376. Dennoch finden sich immer wieder
Exemplare in zivilen Kontexten, die nicht mit der Anwesenheit von Militär oder Beamten erklärt

365
Pröttel 1988, 349; Keller 1971, 32.
366
Pröttel 1988, 349.
367
Werner 1989, 124 Abb. 2.1; 125 f.; Konrad 1997, 56.
368
Pröttel 1988, 350 mit Anm. 34.
369
Werner 1989, 123 f.
370
So sah auch Th. Fischer Scharnierarmfibeln aus Edelmetall als Bestandteil der Offizierstracht an (Fischer
1988, 174). – Vgl. dagegen überzeugend Petculescu 1991a, 210 f.
371
Werner 1989, 132.
372
Schaprode: Schach-Dörges 1970, 239 (Nr. 196) Taf. 102,1. – Pécs: F. Fülep, Roman Cemeteries on the
territory of Pécs (Sopianae). Font. Arch. Hung. (Budapest 1977) 32 (Grab R/170) Taf. 17,2. – Prostea Mica: K.
Horedt, Eine spätrömische Fingerringform. Arch. Korrbl. 3, 1973, 228 Abb. 1,5. – Potaissa: Bărbulescu 1994,
177–179 Abb. 37,6.
373
Burger 1984, 81 Abb. 4,1.
374
Ebd. 81. – Vgl. zu dem Grabfund auch Fischer 1988, 177. – Zwei Münzen geben für das Grab einen terminus
post quem von 287 n. Chr. (ebd.).
375
Pröttel 1988, 352 f. – Ph. Pröttel rechnet vor allem Zwiebelknopffibeln des Typs Keller 1 in Edelmetall zu
den älteren Stücken vor 300 n. Chr. Zur Datierung vgl. auch Konrad 1997, 56. – Kritisch zu dieser frühen
Anfangsdatierung: W. Zanier, Ein spätrömischer Werkplatz in Bellenberg? BVbl. 56, 1991, 125–150 bes. 138. –
Weitere Grabfunde, die die von Ph. Pröttel vorgeschlagene Datierung stützen, zusammengefasst bei Gschwind
2004, 193.
376
Gschwind 2004, 190 mit Anm. 824 u. 829.

34
werden können377. Gschwind folgerte daher aus einem quantitativen Vergleich des Vorkommens
dieses Fibeltyps in zivilen Siedlungen und militärischen Anlagen, dass „Zwiebelknopffibeln
wahrscheinlich zur regulären Ausstattung eines Soldaten gehörten, während sie im zivilen Bereich nur
vereinzelt getragen wurden.“378 Vier Fibeln (Nr. F53–F56) lassen sich der jüngeren Form
Keller/Pröttel 2 zuweisen. Der Fuß der Zwiebelknopffibel Nr. F53 entspricht der Variante B mit
trapezförmigem Umriss und einer Kombination aus linearem Dekor und Kreisgruben379. Von Nr. F54
bis F56 sind nur noch jeweils ein facettierter Zwiebelknopf, bei Nr. F54 mit Ansatz des Querarmes mit
Aufsatz, erhalten. Pröttel stützt seinen Datierungsansatz von 300 bis etwa 340 für den Typ Keller 2 vor
allem auf die sog. Kaiserfibeln und Grabfunde der tetrarchischen Zeit380. Insgesamt zwölf der 22
Fragmente (Nr. F60–F71) können als Typ Pröttel 3/4 angesprochen werden. Von Nr. F60 ist der
langrechteckige Fibelfuß mit Paaren von Doppelvoluten vorhanden, die charakteristisch für Exemplare
der Variante C sind381. Nr. F61–F71 sind nur noch als Zwiebelknöpfe erhalten, können jedoch
eindeutig dem Typ Pröttel 3/4 zugewiesen werden. Pröttel setzte ein Aufkommen des Typs 3/4 ab 330
an und ging entgegen der These Kellers382 von einer Gebrauchszeit bis um 400 n. Chr. aus383.
Das jüngste Exemplar ist eine Zwiebelknopffibel des Typs Keller/Pröttel 6 (Nr. F72). Der kurze
halbkreisförmige, hohle Bügel mit spitzdreieckigem Querschnitt weist Reste einer Vergoldung auf.
Auf den Querarmen sind noch die gegliederten Aufsätze erkennbar. Insbesondere der spitzdreieckige
Bügelquerschnitt ist charakteristisch für Exemplare der Form Keller/Pröttel 6384. Der Fuß war wohl
hülsenförmig ausgeformt385. Zwiebelknopffibeln des Typs 6 sind bislang in Raetien nur aus
Abusina/Eining, Castra Regina/Regensburg, Submuntorium/Burghöfe, Piniana/Bürgle bei
Gundremmingen, Vemania/ Bettmauer bei Isny und aus Veldidena/Innsbruck-Wilten bekannt386. Mit
Ausnahme von Veldidena387 sind alle genannten Plätze, einschließlich Pons Aeni, in der Notitia
Dignitatum als spätrömische Truppenstandorte aufgeführt388. Gschwind ging davon aus, dass

377
Gschwind 2004, 191; Petculescu 1991a, 210. – Gegen eine Interpretation als ausschließlich von Soldaten
bzw. hohen Beamten genutzte Fibel sprach sich im speziellen Fall der Zwiebelknopffibeln aus Grabfunden in
Palaestina und Arabia auch H.-P. Kuhnen aus und schlug eine Interpretation der Fibeln als äußeres Zeichen von
Privilegierung vor. Vgl. H.-P. Kuhnen, Zwiebelknopffibeln aus Palaestina und Arabia. Überlegungen zur
Interpretation einer spätrömischen Fibelform. Zeitschr. Deutsch. Palästina-Verein 104/105, 1988/1989, 92–124
bes. 104–124.
378
Gschwind 2004, 191; Grabherr 2001, 43.
379
Pröttel 1988, 353.
380
Ebd. 353–357; Konrad 1997, 56 f.
381
Pröttel 1988, 359.
382
Keller 1971, 41.
383
Pröttel 1988, 359 Anm. 112; 363. – Dies wird durch den Befund einer Bestattung aus Andernach bestätigt, in
der eine Zwiebelknopffibel Pröttel 3/4B mit einer Münze des Magnus Maximus (383/388) vergesellschaftet war
(M. Brückner, Die spätrömischen Grabfunde aus Andernach. Arch. Schr. Inst. Vor- und Frühgesch. Mainz 7
[Mainz 1999] 104). – Jüngere Exemplare kommen laut Konrad noch bis in das erste Viertel des 5. Jahrhunderts
vor (Konrad 1997, 57 mit Anm. 168).
384
Vgl. Pröttel 1988, 368 Abb. 8 (Typ 6).
385
Keller 1971, 52.
386
Zusammengefasst bei Gschwind 2004, 195 mit Anm. 856. – Vgl. auch Pröttel 1988, 371.
387
Zu der Problematik des Fehlens von Veldidena/Innsbruck-Wilten in der Notitia Dignitatum zuletzt
Mackensen 1994, 511.
388
Gschwind 2004, 195.

35
Zwiebelknopffibeln des Typs 6 „in kaiserlichem Auftrag hergestellt und ausgewählten
Funktionsträgern verliehen wurden“389. Ob man in Pons Aeni nun mit einem hohen Zivilbeamten als
Träger rechnen kann390 oder aber einem Offizier der in der Notitia Dignitatum genannten Einheit der
Equites stablesiani iuniores, lässt sich nur vermuten. Fibeln des Typs 6 treten erst um 400 auf und
wurden vor allem in der ersten Hälfte bis möglicherweise ins mittlere Drittel des 5. Jahrhunderts
getragen391.

Armbrustfibel (Abb. 18, Nr. F73)


Das Fragment einer zweigliedrigen Spiralfibel (Nr. F73) kann der Gruppe der Armbrustfibeln
zugeordnet werden392. Der im Querschnitt leicht facettierte Bügel erinnert an den Typ Riha 3.9 mit
dreieckigem Fußzuschnitt393. Ein vergleichbarer Bügelquerschnitt findet sich auch bei einer
Armbrustfibel aus dem Vicus von Jagsthausen, zwei Exemplaren aus Burghöfe, einer Fibel aus
Köngen und vom Runden Berg bei Urach wieder, die ebenfalls, im Gegensatz zu den
charakteristischen süddeutschen Armbrustfibeln mit Strichdekor, unverziert sind394. Keller zählte diese
Armbrustfibeln zu seinen Varianten 4a und b, die sich durch unterschiedliche
Nadelhalterkonstruktionen unterscheiden395. R. Koch nahm an, dass Armbrustfibeln mit massivem
Bügel schwerpunktmäßig im süddeutschen Raum auftreten, wo sie bis in die erste Hälfte des 4.
Jahrhunderts vorkommen396. Keller datierte den Typ 4a in die Zeitstufe C1b (erste Hälfte bis
beginnende zweite Hälfte des 3. Jahrhunderts), Typ 4b wurde den Stufen C2 und C3 zugewiesen
(zweite Hälfte 3. bis beginnende zweite Hälfte des 4. Jahrhunderts)397. Auch M. Schulze postulierte ein
Aufkommen im frühen 3. Jahrhundert und eine Verwendung bis in das frühe 5. Jahrhundert398. Pröttel
verwies jedoch auf Armbrustfibeln aus Kastellen und Vici, die nach dem Limesfall nicht mehr
bestanden hätten und dementsprechend einen terminus ante quem von 260 für das Aufkommen der
Fibelform liefern würden399. Gschwind bringt die Fibeln mit der alamannischen Landnahme in

389
Gschwind 2004, 196. – Es sollte jedoch berücksichtigt werden, dass man von bildlichen Darstellungen der
Zwiebelknopffibeln wie dem Elfenbeindiptychon des Stilicho oder dessen Sohn Eucherius nicht auf das Material
der Exemplare schließen kann (vgl. zu der Darstellung: R. Delbrueck, Die Consulardiptychen und verwandte
Denkmäler. Studien zur spätantiken Kunstgeschichte 2 [Berlin, Leipzig 1929] 242–248 bes. 243 Abb. 1). –
Möglicherweise wurden nur die aus purem Gold gearbeiteten Stücke als kaiserliche Auszeichnung verliehen.
390
Versorgungsbasen wie Innsbruck-Wilten, Schaan, auf dem Goldberg, dem Lorenzberg oder Pons Aeni
unterstanden laut M. Mackensen der Zivilverwaltung (Mackensen 1999, 237). Dementsprechend sollte mit der
Anwesenheit zumindest eines hohen Zivilbeamten gerechnet werden.
391
Pröttel 1988, 371.
392
Vgl. Böhme 1972, 33–35.
393
Riha 1979, 83. – Vgl. hierzu auch die Exemplare vom Runden Berg bei Urach (Koch 1984, 23 f. Taf. 2,1; R.
Christlein, Der Runde Berg bei Urach III. Heidelberg. Akad. Wissensch. 4 [Heidelberg 1979] 8 Taf. 1,3), die,
wie ein Halbfabrikat belegt, vor Ort hergestellt wurden (R. Christlein, Der Runde Berg bei Urach I [Heidelberg
1974] 42 [Nr. 49]; Taf. 10,2).
394
Jagsthausen: Koch 1974, 235 Abb. 3,7. – Burghöfe: Pröttel 2002, 98 f. Taf. 5,58.59. – Köngen: Luik 1996,
136 Taf. 43,8. – Runder Berg: Koch 1984, 23 f. Taf. 2,1 (Verzierung nur auf Fuß).
395
Keller 1974, 252–255 Abb. 1,4a; 2,4b.
396
Koch 1974, 235 f.; Schulze 1977, 101 f.
397
Keller 1974, 252–262; 264 (Datierung der Zeitstufen).
398
Schulze 1977, 102.
399
Pröttel 2002, 99 mit Anm. 58.

36
Verbindung400. Als Bestandteile germanischer Tracht sind sie überwiegend aus Frauengräbern
bekannt401.

Bügelknopffibeln (Abb. 18, Nr. F74–F75)


Nr. F74 besteht aus einem halbkreisförmig aufgewölbten Bügel mit hochdreieckigem Querschnitt und
Punzdekor, während der Fibelfuß mit Querrillen verziert ist. Der charakteristische Knopf ist
flachkugelig, wodurch die Fibel der Serie II Var. 2 nach E. Meyer zugeordnet werden kann402. Der Fuß
mit Bügelansatz Nr. F75 ist möglicherweise ebenfalls zu den Bügelknopffibeln zu rechnen. Zanier
datierte eine Bügelknopffibel aus dem Kastell Ellingen aufgrund der typologischen Nähe zu den
limeszeitlichen Scharnierarmfibeln in die erste Hälfte des 3. Jahrhunderts403. Das Vorkommen in den
Kastellen des obergermanisch-raetischen Limes wertete auch Meyer als Hinweis auf eine Verwendung
schon um die Mitte bzw. gegen Ende des 3. Jahrhunderts404. Meist wird jedoch von einer späteren
Zeitstellung ausgegangen. Böhme sah in den Bügelknopffibeln das germanische Äquivalent zu den
römischen Zwiebelknopffibeln und rechnete mit einer Gebrauchszeit im 4. und 5. Jahrhundert405. Riha
schloss sich dieser Annahme an, ging jedoch von einem Schwerpunkt im 4. Jahrhundert aus406. Pröttel
folgerte aus dem überwiegenden Vorkommen in Männerbestattungen der Germania magna und
entsprechender Zuordnung zur germanischen Tracht407, dass die Bügelknopffibeln und Armbrustfibeln
aus Burghöfe auf die Anwesenheit einer alamannisch-juthungischen Bevölkerungsgruppe hinweisen
könnten408. Es scheint jedoch fraglich, ob die wenigen Exemplare aus Pons Aeni eine ähnliche
Interpretation zulassen.

Platten- und Scheibenfibeln (Abb. 19, Nr. F76–F91)


Dieser Gruppe können aus Pons Aeni die Email- (Nr. F76–F79), Rahmenscheiben- (Nr. F80–F83),
Tier- (Nr. F84–F85), gegenständlichen (Nr. F86), durchbrochenen (Nr. F87–F89) sowie
hakenkreuzförmigen Fibeln (Nr. F90–F91) zugewiesen werden. Die Emailfibel Nr. F76, bestehend aus
einer rhombischen Platte mit Mittelzier und Backenscharnierkonstruktion, kann als tutulusähnliche
Fibel des Typs Riha Typ 7.11/Exner Gruppe III angesprochen werden409. Das hier vorliegende
Exemplar gehört zur Variante 11 mit stufenförmig aufgebauter Grundplatte und zentraler Emaileinlage

400
Gschwind 2004, 200 f.
401
Vgl. hierzu R. Koch, Die Tracht der Alamannen in der Spätantike. In: ANRW II, 12.3 (Berlin/New York
1985) 456–545 bes. 462; 505.
402
Meyer 1960, 227 f.
403
Zanier 1992, 112 f.
404
Meyer 1960, 234 f.
405
Böhme 1972, 36.
406
Riha 1979, 84; Schach-Dörges 1970, 68; Pröttel 2002, 95–98.
407
Schach-Dörges 1970, 67 f.; Konrad 1997, 58. – Ph. Pröttel weist die Variante Gerlachsheim hingegen der
Frauentracht zu (Pröttel 2002, 98).
408
Pröttel 2002, 131.
409
Riha 1979, 186–188; Exner 1939, 59–68. – M. Feugère zählt entsprechende geometrische, rautenförmige
Exemplare zu seinem Typ 26d1 (Feugère 1985, 357).

37
in einer rhombischen Bronzeeinfassung410. Die Emaileinlage besteht aus grüner Glaspaste, in die
ursprünglich fünf schwarze Tropfen eingelassen waren. Zusätzlich sind die Ränder der Stufen mit
Kerbdekor verziert. Entsprechende Parallelen aus Augst waren mit Keramik der zweiten Hälfte des 1.
bis 3. Jahrhunderts und Münzen des Trajan bis Commodus vergesellschaftet411. Diese Fibeln treten vor
allem in Nord- und Ostgallien gehäuft auf412 und werden allgemein dem 2. Jahrhundert zugeordnet413.
Drei weitere Emailscheibenfibeln (Nr. F77–F79) lassen sich dem Typ Böhme 41/Exner Gruppe III
zuweisen. Nr. F77 entspricht der Variante y nach Böhme, bei der Bronzestifte die Emaillierung auf der
runden Grundplatte begrenzen414. Die Variante z mit einer schachbrettartigen Millefiorieinlage wird in
Pons Aeni durch Nr. F78 und F79 vertreten415. Emailscheibenfibeln der Form Böhme 41 sind
reichsweit bekannt416. Böhme datierte diese Fibeln überwiegend in das 2. Jahrhundert, rechnete aber
damit, dass Exemplare mit schachbrettartiger Millefiorieinlage noch bis ins 3. Jahrhundert in
Gebrauch blieben417. S. Ortisi ging von einer Verwendung von der Mitte des 2. bis um die Mitte des 3.
Jahrhunderts aus418. Vier zweigliedrige Scheibenfibeln mit Randleiste und Spiralkonstruktion (Nr.
F80–F83) können den Rahmenscheibenfibeln Typ Böhme 44a/Riha 3.14419 zugeordnet werden. Die
dekorative Pressblechauflage ist in keinem Fall erhalten. Nr. F80 weist jedoch Reste einer Verzinnung
auf. Auf der Oberseite ist aufgrund der fehlenden Einlage ein Loch erkennbar, welches von der
Bearbeitung auf der Drehbank stammt420. F81 und F83 weisen noch Reste einer Spiralkonstruktion mit
unterer Sehne auf. F80 und F81 können dem Typ 2a nach M. Mackensen zugewiesen werden,
während F82 und F83 dem Typ 2b entsprechen421. Die Fibeln lassen sich vor allem am
obergermanisch-raetischen Limes nachweisen, was Mackensen dazu veranlasste, eine Produktion in
Werkstätten der Provinzen Germania superior bzw. Raetia anzunehmen422, wo sie wohl von der Mitte

410
Riha 1979, 187.
411
Ebd. 187 f. – Weitere Exemplare liegen aus Remchingen (G. Wieland, Ausgrabungen im Vicus Senotensis,
Remchingen-Wilferdingen, Enzkreis. Arch. Ausgrabungen Baden-Württemberg 2001, 2002, 115 Abb. 94 [Mitte,
rechts]) und Köngen (Luik 1996, 135 Taf. 40, 12) vor.
412
Allerdings finden sich reichsweit vereinzelte Exemplare (vgl. Riha 1979, 186).
413
Riha 1979, 186 (spätes 1.–Anfang 3. Jahrhundert); Luik 1996, 135; Ortisi 2002, 40.
414
Böhme 1972, 38; Exner 1939, 62. – Zu den Email- und Glaseinlagen s. Riha 1979, 29–34.
415
Böhme 1972, 38; Riha 1979, 189–191(Typ 7.14).
416
Zur Verbreitung s. Böhme 1972, 38. – Vgl. hierzu beispielsweise auch weitere Millefiorifibeln mit
schachbrettartigem Muster aus Xanten (Boelicke 2002, 81 f. Taf. 33,740), Burghöfe (Ortisi 2002, 41 [Typ 21n]),
Augst (Riha 1979, 189–191 Taf. 62,1623.1624), Regensburg-Kumpfmühl (Faber 1994, 143 Beilage 4A,17),
Virunum (Gugl 1995, 44 Taf. 19,140), Weßling-Frauenwiese (H. Bender, Die römische Siedlung von Weßling-
Frauenwiese. Passauer Schr. Arch. 7 [Rahden 2002] 148 [Nr. 17] Taf. 11,17) oder South Shields (Allason-
Jones/Miket 1984, 116–118 Abb. 142).
417
Böhme 1972, 38.
418
Ortisi 2002, 41; Riha 1979, 190. – Neben den Fibeln mit Millefioriverzierung gibt es auch Gürtelbeschläge
mit schachbrettartiger Millefioriverzierung, die dem letzten Drittel des 2. Jahrhunderts zugewiesen werden (Ch.
Flügel u.a., Römische Cingulumbeschläge mit Millefiorieinlagen. Arch. Korrbl. 34, 2004, 531–545 bes. 540).
419
Böhme 1972, 42; Riha 1979, 86 f.
420
Mackensen 1973, 65.
421
Ebd.
422
Ebd. 68. – Vgl. hierzu auch die Anmerkung bei H. Jandrasits, der davon ausgeht, das Scheibenfibeln mit
Pressblechauflage auf dem Handelsweg in das niederöstereichische Donaugebiet kamen (H. Jandrasits,
Scheibenfibeln mit Pressblechauflage. Röm. Österreich 23/24, 2000–2001, 41–45 bes. 45).

38
bis in die zweite Hälfte des 2., möglicherweise auch noch bis in das 3. Jahrhundert getragen wurden423.
Eine Fibel aus Martigny bestätigt die Verwendung dieser Form bis in die erste Hälfte des 3.
Jahrhunderts424. Nr. F84 zählt zu den emailverzierten Tierfibeln. Es handelt sich um eine Hahnenfibel
des Typs Feugère 29a425, bei der Auge, Körper und Gefieder mittels Emaileinlage hervorgehoben sind.
Auf der Rückseite sind das Backenscharnier mit Resten einer eisernen Nadel und der Nadelhalter
erhalten. Vergleichbare Exemplare stammen beispielsweise aus Martigny, Xanten oder Siscia426.
Während M. Feugère von drei unterschiedlichen Werkstattkreisen ausging427, vermutete E. Riha eine
Produktion anhand von Vorlagen oder Musterexemplaren, nach denen die stereotypen Tierfibeln
massenhaft hergestellt und in alle Provinzen verhandelt wurden428. Emailverzierte Tierscheibenfibeln
kamen ab dem späten 1. oder frühen 2. Jahrhundert in Gebrauch und dürften überwiegend dem 2.
Jahrhundert angehören429. In Augst liegen entsprechende Fibeln noch aus Schichten des 3.
Jahrhunderts vor430. So sprach sich auch Feugère für einen Gebrauch seiner Form 29 bis in die zweite
Hälfte oder sogar das späte 3. Jahrhundert aus431. Ebenfalls zur Gruppe der Tierfibeln ist die
Reiterfibel Nr. F85 zu zählen. Das Exemplar aus Pons Aeni entspricht dem Typ 29 C nach Jobst, bei
dem ein Pferd in der Trabbewegung mit Reiter dargestellt ist432. Während die Vorderseite eine
halbplastische Darstellung des Reiters auf dem Pferd mit einer Hand an den Zügeln und wehendem
Mantel zeigt, sind auf der flachen Rückseite der Fibel die Reste der eisernen Spiralkonstruktion und
der Nadelhalter erkennbar. Zwei nahezu identische Stücke stammen aus einem Quellopferfund in Bad
Pyrmont und aus der römischen villa rustica bei Thalmassing433. Funde aus Lauriacum legen eine
Verwendung im 3. Jahrhundert nahe434. Eine Scheibenfibel (Nr. F86) mit ovaler, gewölbter
Grundplatte mit spindelförmiger zentraler Erhebung und Spiralkonstruktion kann als Variante den

423
Mackensen 1973, 68; Riha 1979, 87; Sedlmayer 1995, 63.
424
Rey-Vodoz 1986, 160 (Nr. 86) Taf. 6,86–88. – Die Fibel war in dem Fundkomplex mit Münzprägungen des
Septimius Severus und Severus Alexander vergesellschaftet (vgl. hierzu auch Luik 1996, 135). – Burmeister
schlägt für eine Rahmenscheibenfibel aus dem Vicus Bedaium/Seebruck eine Datierung in die zweite Hälfte des
3. Jahrhunderts n. Chr. vor (Burmeister 1998, 98).
425
Feugère 1985, 382–416 bes. 383 Abb. 60,21.
426
Martigny: Rey-Vodoz 1986, 168 (Nr. 208) Taf. 13,208. – Xanten: Boelicke 2002, 129 Taf. 52,1116. – Siscia:
Patek 1942, Taf. 20, 2.
427
Feugère 1985, 385–393.
428
Riha 1979, 201.
429
Ebd.; dies. 1994, 172; Ortisi 2002, 44.
430
Riha 1994, 172.
431
Feugère 1985, 394.
432
Jobst 1975, 114.
433
Bad Pyrmont: W.-R. Teegen, Neues zu zwei provinzialrömischen Bronzeobjekten des Pyrmonter
Brunnenfundes. Ein Arbeitsbericht. In: Akten der 10. Internationalen Tagung über antike Bronzen (Stuttgart
1994) 411–416 bes. 414 f.; L. Wamser (Hrsg.), Die Römer zwischen Alpen und Nordmeer. Zivilisatorisches
Erbe einer europäischen Militärmacht. Ausstellungs Rosenheim 2000 (Mainz 2000) 376 133b1. – Thalmassing:
BVbl. Beih. 4 (1991) 154 Abb. 91,17. – Vgl. weitere Exemplare mit senkrechter Spiralkonstruktion aus Töging
a. Inn (Donaubauer 1989, 79 f. Taf. 5,43) und Osterburken (H. Zürn, Katalog Schwäbisch Hall. Die vor- und
fühgeschichtlichen Funde im Keckenburgmuseum. Veröffentl. Staatl. Amt Denkmalpfl. Stuttgart 9 [Stuttgart
1965] 43 Taf. 42,8).
434
Jobst 1975, 115. – Vgl. hingegen Donaubauer, der von einer Datierung schon in die zweite Hälfte des 2. und
erste Hälfte des 3. Jahrhunderts ausgeht (Donaubauer 1989, 80).

39
gegenständlichen Fibeln des Typs Böhme 42 zugeordnet werden435. Das Exemplar ähnelt einem
stilisierten Miniaturschild mit spindelförmigem Schildbuckel, wodurch eine typologische
Verwandtschaft mit Beschlägen in der Form eines scutum436 aus dem unteren Donauraum naheliegend
scheint. Böhme rechnete mit einer Verwendung gegenständlicher Fibeln vor allem im 2. bis
möglicherweise in das frühe 3. Jahrhundert437. Insgesamt drei Exemplare (Nr. F87–F89) sind zu den
durchbrochenen Scheibenfibeln Typ Böhme 46/Jobst 31 zu zählen. Nr. F87 besteht aus einer
rautenförmigen durchbrochenen Grundplatte mit Resten eines Zinnüberzugs und untersehniger
Spiralkonstruktion mit quergestelltem Nadelhalter auf der Rückseite. Obwohl die Fibel nicht über die
runde Grundform verfügt, ist sie am ehesten Böhmes Variante 46a zuzuweisen, die sich durch eine
durchbrochen gearbeitete ebene Oberfläche auszeichnet438. Die halbplastische, gegossene
Scheibenfibel Nr. F88 mit spitzovaler durchbrochener Grundplatte mit Trompetenornament und
quergestelltem Nadelhalter ist als Variante Böhme 46b/Jobst 31G anzusprechen439. Das
charakteristische Trompetenornament findet sich nicht nur bei Fibeln, sondern auch bei
durchbrochenen Beschlägen. Zwei solche Exemplare aus Köngen440 und Schesslitz-Burgellern441 sind
typologisch nahezu identisch mit der Fibel aus Pons Aeni. Auch eine weitere durchbrochene
Scheibenfibel (Nr. F89) kann dieser Variante zugewiesen werden. Die Verzierung des komplett
erhaltenen Stücks erinnert an ein rechtsläufiges Sonnenrad, vergleichbar mit dem Riemenverteiler Nr.
P2. Das Exemplar wurde 1967 während den Grabungen in Pons Aeni aus einer Brandschicht direkt auf
dem Fußboden des Gebäudes 2 in Schnitt C geborgen442. Diese Schicht enthielt auch eine Münze des
Tetricus, so dass mit einer Zerstörung des Gebäudes im letzten Viertel des 3. Jahrhunderts gerechnet
werden kann443. Durchbrochene Scheibenfibeln wurden wohl schon in der zweiten Hälfte des 2.
Jahrhunderts getragen444. Aus Flavia Solva liegen Gussformen entsprechender Fibeln aus einer
Werkstatt (Gebäude P, insula XLI) vor, die eine lokale Produktion bezeugen445. Aufgrund der
Zuweisung der Werkstatt zu Bauperiode II ging S. Groh von einer Produktion zwischen 150/160 bis
170 n. Chr. aus446. Nr. F89 aus Pons Aeni und die Exemplare vom Lorenzberg sowie vom Moosberg
legen eine Verwendung bis in das letzte Viertel des 3. Jahrhunderts nahe447. Hakenkreuzfibeln des
Typs Böhme 49/Jobst 34 finden sich vor allem in den Rhein- und Donauprovinzen, Britannien und

435
Böhme 1972, 38 f.
436
Vgl. hierzu: L. Petculescu, Bronze Miniature Weapons and Armour in the Equipment of Roman Soldiers
from Dacia in the Second and Third Centuries AD. In: Ancient Bronzes 1995, 409–412 bes. 410 f. Abb. 2.
437
Böhme 1972, 39.
438
Ebd. 43.
439
Ebd.; Jobst 1975, 119 f.
440
Luik 1996, 206 Taf. 49,7.
441
BVbl. Beih. 7 (1994) 112 f. Abb. 127,8.
442
Christlein/Kellner 1969, 96.
443
Ebd. 87.
444
Böhme 1972, 44; Jobst 1975, 118 f.; Riha 1979, 88.
445
Groh 1996, 128–131.
446
Ebd. 130. – S. Groh rechnete aufgrund des mit Regensburg-Kumpfmühl vergleichbaren Münz- und
Keramikspektrums mit einer Zerstörung der insula XLI in den Markomannenkriegen um 170 n. Chr.
447
Moosberg: Garbsch 1966, 64 f. Taf. 25,8. – Lorenzberg: Werner 1969, 148 f. Taf. 40,30. – Vgl. hierzu auch
ein Exemplar aus Lauriacum: Jobst 1975, 119 f. Taf. 48,343.

40
Syrien448. In Pons Aeni lässt sich sowohl die Variante Böhme 49c/Jobst 34B mit linksläufiger
Swastika und unverzierten Armen449 (Nr. F90), als auch die Variante Böhme 49d/Jobst 34C
nachweisen, bei der die Swastika von einem Bronzering eingefasst ist (Nr. F91)450. Nr. F90 verfügt
auf der Rückseite über eine Spiralkonstruktion mit unterer Sehne und quergestelltem Nadelhalter. Bei
Nr. F91 ist auf der Rückseite nur der quergestellte Nadelhalter erhalten. Entsprechende Fibeln wurden
wohl vor allem im späten 2. und 3. Jahrhundert getragen451. Böhme ging aufgrund des massierten
Vorkommens in Kastellen von einer primär von Soldaten getragenen Form aus452.

Zusammenfassung
Während die militärischen Ausrüstungsgegenstände und Pferdegeschirrbestandteile überwiegend der
mittleren Kaiserzeit zugeordnet werden können, datiert das breite Spektrum der Fibeln bis in
spätrömische Zeit. Die Menge der mittelkaiserzeitlichen Kniefibeln aus dem Vicus stellt die in der
Forschung vorgenommene Ansprache als Soldatenfibeln erneut in Frage. Selbst bei einer zu
vermutenden Militärpräsenz im mittelkaiserzeitlichen Vicus Pons Aeni lässt sich nicht klären, ob die
Stücke überwiegend von Soldaten oder in gleichem Maße von Zivilisten getragen wurden. Herkunft
und Verbreitung der unterschiedlichen Formen verdeutlichen die Grenzlage von Pons Aeni zwischen
den norisch-pannonischen und den obergermanisch-raetischen Provinzen, gleichzeitig liegen sogar
Exemplare vor, die überwiegend aus dem mittleren und unteren Donauraum bekannt sind. Daneben
kristallisiert sich jedoch auch ein regionaler Typ der kräftig profilierten Fibeln mit Spiralhülse (sog.
Typ Pons Aeni) heraus, dessen Hauptverbreitungsgebiet im Chiemgau zu finden ist453.

Archäologisch-historische Auswertung – Pons Aeni in der mittleren Kaiserzeit


Obwohl eine Nutzung des Kastenfeldes aufgrund des Materials erst in römischer Zeit nachzuweisen
ist, finden sich in diesem Areal vereinzelt auch Funde der Spätlatènezeit, die jedoch keiner Siedlung
zugewiesen werden können. Bis in das 2. Jahrhundert n. Chr. war vermutlich eine Brücke zwischen
dem Mühlthal und dem Kastenfeld das einzige Anzeichen einer römischen Präsenz in diesem
Bereich454. Anhand des vorgestellten Fundmaterials ist es wahrscheinlich, dass der Vicus Pons Aeni
frühestens in der zweiten Hälfte des 2. Jahrhunderts gegründet wurde455. Während die für das 1. und 2.
Jahrhundert charakteristischen norisch-pannonischen Flügelfibeln nur durch ein Exemplar vertreten

448
Böhme 1972, 45 f.; Riha 1979, 88 f.; Ortisi 2002, 42.
449
Böhme 1972, 45; Jobst 1975, 215.
450
Böhme 1972, 45; Jobst 1975, 216.
451
Böhme 1972, 46; Ortisi 2002, 42.
452
Böhme 1972, 46; Grabherr 2001, 42. – Generell zur Beurteilung von Soldatenfibeln auch Jütting 1995, 162.
453
Die Konzentration auf den Chiemgau lässt auch eine Produktion in diesem Bereich vermuten.
454
s. Anm. 15 und 16. – Vgl. hierzu auch die These Donaubauers, der den Bau der Brücke erst mit einem
Ausbau des Straßennetzes unter Septimius Severus in Zusammenhang bringen will (Donaubauer 1989, 17 f.).
Generell zum Ausbau des Straßennetzes in severischer Zeit in Raetien: H.U. Instinsky, Septimius Severus und
der Ausbau des raetischen Straßennetzes. Klio 31, 1938, 31–50; M. Pietsch/P. Schwenk, Ein römischer
Meilenstein des Septimius Severus und eine Vorgängerkirche von St. Margaretha bei Egerdach. Arch. Jahr
Bayern 1999, 77–81 bes. 79–81.
455
Christlein/Kellner 1969, 87; Kellner 1974, 164.

41
sind, was vor allem im Vergleich zum Fundmaterial aus Bedaium/Seebruck auffällt, treten die
vorhandenen kräftig profilierten Fibeln Cambodunum Gruppe 4 zwar schon in spätflavischer Zeit auf,
wurden jedoch noch bis in das dritte Viertel des 2. Jahrhunderts getragen. Auch unter den
militärischen Ausrüstungsgegenständen sind nur wenige Stücke zu finden, die schon vor der Mitte des
2. Jahrhunderts in Gebrauch gewesen sein könnten. Die Gesamtmünzreihe der Grabungen kann einen
deutlichen Anstieg erst mit Prägungen des zweiten Viertels des 2. Jahrhunderts verzeichnen (Abb.
6)456. Vermutlich hängt der Aufschwung des Vicus mit dem Beginn der Sigillataproduktion durch
Töpfer aus Westerndorf zusammen, die wohl gegen Ende des 2. Jahrhunderts einen Zweigbetrieb auf
dem Kastenfeld gründeten457. Die aus den Grabungen bekannten Gebäudestrukturen des Vicus
konnten durch eine geomagnetische Prospektion458 ergänzt und zu einem Gesamtplan vervollständigt
werden. Entlang der westlichen Seite der vom Inn kommenden Straße befand sich auf einer Fläche
von etwa 200 x 60 m eine Reihe von Streifenhäusern in Holzbauweise. Östlich der Straße wurden
keine Gebäudestrukturen festgestellt459. Im Norden wurden die Häuser durch Töpferöfen begrenzt,
während das südliche Ende des Vicus aufgrund der modernen Bebauung nicht erfasst werden
konnte460. Interessanterweise deckt sich die von W. Ager erstellte Verbreitungskarte der Lesefunde
nahezu vollständig mit der aus der Geomagnetik abzulesenden Ausdehnung des Vicus (Abb. 7).

Zum Vorkommen von militärischen Ausrüstungsgegenständen in zivilen Siedlungen461


Eine militärische Komponente im Bereich des Vicus wurde bereits in den Grabungsberichten
herausgestellt462. Christlein argumentierte dabei für eine Befestigung in der zweiten Hälfte des 3.
Jahrhunderts als Vorläufer des spätantiken Kastells463. Die Datierung der Ausrüstungsgegenstände aus
Pons Aeni belegt jedoch eine militärische Komponente schon mit der Gründung des Vicus im späten
2. Jahrhundert464. Dieser Fundanfall bedarf einer genaueren Untersuchung.
Eine gezielte Deponierung der Ausrüstungsgegenstände ist als Erklärung auszuschließen, da sowohl
die Zusammensetzung des Materials als auch die weite Streuung über das gesamte Vicusareal gegen
eine solche Annahme sprechen. Militärische Ausrüstungsgegenstände in zivilen Kontexten können
auch mit der Produktion lokaler Werkstätten in Verbindung gebracht werden465. Als sichere Hinweise

456
Christlein u.a. 1976, 47.
457
Kellner 1974, 165; H.-J. Kellner in: W. Czysz/K. Dietz/Th. Fischer u.a., Die Römer in Bayern (Stuttgart
1995) 498; Steffan/Uenze 2003, 79.
458
Faßbinder/Pietsch 2005, 100–102.
459
Ebd. 102.
460
Ebd.
461
Zuletzt zu Waffen in zivilem Kontext: Fischer 2001, 13–18; Nicolay 2001, 53–66; M. Junkelmann, Waffen
für Jagd und Gladiatur. Jahresber. Ges. Pro Vindonissa 2001, 19–21.
462
Christlein/Kellner 1969, 96; Christlein u.a. 1976, 12.
463
Christlein/Kellner 1969, 89.
464
Zur Problematik und Interpretation von Militaria aus zivilem Kontext zuletzt Mackensen 1987, 156–173 bes.
157–162; ders. 2001, 325–346 bes. 336–342; Pfahl/Reuter 1996, 119–167; Fischer 2001, 13–18; Nicolay 2001,
53–66.
465
Gschwind 1997, 607–638.

42
auf Metallverarbeitung sind vor allem Schmelztiegel, Gussköpfe und Halbfabrikate zu werten466.
Allerdings liegen aus Pons Aeni bislang keine Stücke vor, die als Roh- und Fehlgüsse oder gar
Halbfabrikate anzusprechen wären467. Eine lokal produzierende Werkstatt kann somit als Ursache des
Fundniederschlags ausgeschlossen werden. Der Anfall an Ausrüstungsgegenständen könnte unter
Umständen auch durch die Anwesenheit von Veteranen oder den Verlust einzelner Militaria durch
durchziehende Truppenverbände oder Militärangehörige erklärt werden. Eine Ansiedlung von
Veteranen wird jedoch vor allem in den Lagerdörfern der Garnisonsorte bzw. vereinzelt in villae
rusticae angenommen468. Auch Verluste durchziehender militärischer Verbände könnten den
Fundanfall nicht allein verursachen, da der Niederschlag die aufgrund zufälliger Verluste zu
erwartende Menge bei weitem übertrifft. Eine weitere Erklärungsmöglichkeit findet sich in
Bauprojekten mit militärischer Beteiligung469. Inwiefern Soldaten jedoch als Arbeitsvexillation bei
Instandsetzungsarbeiten an der Innbrücke von Pons Aeni oder an den vor allem für die severische Zeit
überlieferten Straßenbaumassnahmen in Raetien und Noricum beteiligt waren, lässt sich derzeit nicht
klären470. Demnach ist die Masse der Funde am ehesten durch eine direkte militärische Präsenz in
Pons Aeni zu erklären, wobei sich natürlich die Frage nach der Ursache, der Dauer und der Stärke
einer solchen Stationierung stellt.

Eine Benefiziarierstation in Pons Aeni?


Die Existenz einer Benefiziarierstation in Pons Aeni wurde in der Forschung mehrfach diskutiert471.
Der Vicus erfüllt aufgrund der Lage an einem Verkehrsknotenpunkt bzw. an wichtigen Handelswegen
und der Nähe zum Fluss mit möglicher Anlegestelle die von J. Ott definierten Kriterien zur
Lokalisierung einer solchen Station des Typs C472. Grundsätzlich ergeben sich für die Identifikation
jedoch mehrere Probleme: stationes werden meist über entsprechende Inschriften lokalisiert, als
Befund sind sie nur selten nachgewiesen. Eine Ausnahme stellen die Gebäude in Obernburg a.
Main473, Osterburken474 und Sirmium475 dar, die eine erste Vorstellung der baulichen Strukturen von

466
Gschwind 1997, 608.
467
Vgl. hierzu auch A. Böhme in: H. Schönberger, Kastell Oberstimm. Limesforsch. 18 (Berlin 1978) 217.
468
Pfahl/Reuter 1996, 132–134.
469
Am Mauerbau von Salona waren Vexillationen der legio II und III Italica beteiligt. Auch für Augsburg wird
der Bau der Stadtmauer mit Hilfe von militärischen Baueinheiten diskutiert (Ortisi 2001, 80–82).
470
Zu den inschriftlich überlieferten Aufgaben solcher Arbeitsvexillationen vgl. R. Saxer, Untersuchungen zu
den Vexillationen des römischen Kaiserheeres von Augustus bis Diokletian. Epigraph. Studien 1 (Köln/Graz
1967) 126.
471
Christlein/Kellner 1969, 77; Pietsch/Kostial-Gürtler 2000, 74; Pietsch 2001, 162.
472
Ott 1995, 88.
473
Steidl 2000, 81–83; ders., Nachlese – Abschließende Ausgrabungen in der römischen Polizeistation von
Obernburg a. Main. Arch. Jahr Bayern 2002, 78–80; ders., Überraschung unter dem Lehm. Die Entdeckung einer
römischen Polizeistation in Obernburg am Main. Mitt. Freunde Bayer. Vor- und Frühgesch. 97, 2001, 2–10;
ders., Hüter römischer Ordnung. Arch. Deutschland 2002/1, 2002, 41 f. – Das längliche Gebäude in Obernburg
a. Main orientiert sich im zentralen Bereich um einen offenen Peristylhof.
474
E. Schallmayer/G. Preuß, Die Steinfunde aus dem Heiligtum von Osterburken. In: Der römische Weihebezirk
von Osterburken II. Forsch. Ber. Vor- und Frühgesch. Baden-Württemberg 49 (Stuttgart 1994), 15–73;
Schallmayer 1994, 182–184 Abb. 33; S. Huther, Die Wasserbauwerke im Weihebezirk von Osterburken – Erste
Ergebnisse. In: Der römische Weihebezirk von Osterburken II. Kolloquium 1990 und paläobotanische

43
Benefiziarierstationen geben. Leider reicht dies noch nicht aus, um eine generelle Aussage zu
charakteristischen Grundrissen zu treffen. So kann auch in Pons Aeni keiner der Befunde aus
Grabungen und geomagnetischen Untersuchungen eindeutig als Amtsgebäude identifiziert werden.
Ein weiteres Problem stellt die fehlende Vorlage des Kleinfundmaterials dar: Die Kleinfunde aus
Osterburken und Sirmium sind noch unpubliziert. Aus Obernburg a. Main sind wenige Bestandteile
von Pferdegeschirr und militärischen Ausrüstungsgegenständen bekannt476, die jedoch im Vergleich
mit dem Material aus Pons Aeni einen nur verschwindend geringen Anteil ausmachen. Dabei ist zu
bedenken, dass sich in dem erfassten Gebäude alle römischen Nutzungsschichten erhalten haben und
die statio von der Mitte des 2. Jahrhunderts bis um 233 nahezu ein Jahrhundert besetzt war477. Auch
M. Luik konnte die Menge militärischer Ausrüstungsgegenstände aus den Befunden in dem
nachkastellzeitlichen Grinario/Köngen478 nicht durch die Anwesenheit einer Benefiziarierstation
erklären, weswegen er eine Kombination von Benefiziariern und Veteranen in Betracht zog479. Anhand
epigraphischer Zeugnisse lässt sich feststellen, dass immer nur ein oder höchstens zwei beneficiarii
consularis gleichzeitig in einer statio waren und nach dem turnusmäßigen Dienst von einem halben
Jahr abgelöst wurden480. Hinzu kam in Ausnahmefällen eine begrenzte Anzahl von Soldaten oder
Militärangehörigen481. Dementsprechend ist natürlich mit einem verhältnismäßig geringen
Fundniederschlag militärischer Ausrüstungsgegenstände zu rechnen. Auf der Basis von Kleinfunden
allein lassen sich Benefiziarier jedoch kaum nachweisen. Da sie aus Legionen rekrutiert wurden, ist
mit einer vergleichbaren militärischen Ausstattung (Trachtbestandteile und Bewaffnung) zu
rechnen482. Die sog. Benefiziarierlanzen bzw. verkleinerte Darstellungen in der Form von
Balteusschließen und Anhängern wurden nicht ausschließlich von Benefiziariern getragen, sondern
können über bildliche Darstellungen zusätzlich anderen principales zugewiesen werden483. Schon E.
Ritterling ging daher davon aus, dass entsprechende Lanzenspitzen als generelles Abzeichen von

Untersuchungen (Stuttgart 1994) 75–160. – In Osterburken überlagert der Weihebezirk u.a. ein älteres
Holzgebäude, welches wohl ursprünglich als Amtsstube diente.
475
M. Mirković, Beneficiarii consularis in Sirmium. Chiron 24, 1994, 345–404; ders., Beneficiarii Consulares
and the new Outpost in Sirmium. In: V.A. Maxfield/M.J. Dobson (Hrsg.), Roman Frontier Studies 1989.
Proceedings of the XVth International Congress of Roman Frontier Studies (Exeter 1991) 252–256; Schallmayer
1994, 175 Abb. 20. – Auch in Sirmium handelt es sich wohl um ein langrechteckiges Gebäude mit einem
Säulenhof.
476
B. Steidl gewährte mir freundlicherweise Einblick in das noch unpublizierte Material aus Obernburg a. Main.
477
Steidl 2000, 81–83.
478
Mit einer Aufgabe des Kastells rechnet M. Luik um 150/160 (Luik 1996, 139; ders., Kastell Köngen und das
Ende des Neckarlimes. – Zur Frage der nachkastellzeitlichen Nutzung von Kastellen des rechtsrheinischen
Limesgebietes. In: L. Wamser/B. Steidl, Neue Forschungen zur römischen Besiedlung zwischen Oberrhein und
Enns. Kolloquium Rosenheim. Schriftenr. Arch. Staatsslg. 3 [Remshalden-Grunbach 2002], 75).
479
Luik 1996, 139.
480
Ott 1995, 105; 107 f.; 111–113.
481
Ebd. 108.
482
Eibl 1994, 277.
483
Ebd. 291 Taf 1a–b; Ch. Flügel, Ein silberner Thekenbeschlag mit militärischen Motiven. In: L. Wamser
(Hrsg.), Dedicatio. Festschrift f. H. Dannheimer. Prähist. Staatsslg. Beih. 5 (Kallmünz 1999) 116–122 bes. 120.
– H. Ubl geht hingegen von einer möglichen Zuweisung eines entsprechenden Beschlags aus Lauriacum zu
Benefiziariern aus (H. Ubl, Gedanken zu einem Benefiziarierabzeichen aus Lauriacum. In: F.W. Leitner [Hrsg.],
Carinthia Romana und die römische Welt. Festschrift f. G. Piccottini. Aus Forschung und Kunst 34 [Klagenfurt
2001] 379–390 bes. 390).

44
Stabsmitgliedern eines Provinzstatthalters verwendet wurden484. Darstellungen von sog.
Benefiziarierlanzen sind so u.a. auch von dem Grabstein eines protector equitum singularium aus Rom
bekannt485. Die irreführende Ansprache der „Benefiziarierlanzenspitzen“ sollte somit durch eine
neutrale Bezeichnung als Signumlanzenspitzen ersetzt werden. Auch die Balteusschließe (Nr. M72)
und die Signumspitze (Nr. M84) aus Pons Aeni könnten generell von principales verwendet worden
sein. Interessanterweise wurde in einem Kloster nahe der Ortschaft Kornberg bei Rosenheim ein
Grabaltar gefunden, der einen Clodius Marianus, frumentarius legionis VII Geminae nennt486. Da der
Stein als Spolie verbaut war, nahm man in der Forschung Pons Aeni oder Bedaium als ursprünglichen
Aufstellungsort an487, doch lässt sich die Herkunft des Grabsteines nicht mehr klären.
Für Pons Aeni kann festgehalten werden, dass einige Funde Hinweise auf die Anwesenheit von
principales geben, eine Benefiziarierstation jedoch nach wie vor nur über epigraphische Quellen – die
im Vicus fehlen – nachgewiesen werden könnte488. Die verkehrsgeographische Lage des Vicus spricht
dabei durchaus für die Anwesenheit von Benefiziariern. Diese können jedoch schwerlich alleine für
den Niederschlag der vergleichsweise großen Anzahl militärischer Ausrüstungsgegenstände aus Pons
Aeni verantwortlich gewesen sein.

Eine Zollstation mit militärischer Präsenz?


Als Ausgangspunkt weiterer Überlegungen ist der oben bereits angeführte Weihestein aus
Poetovio/Ptuj heranzuziehen. Die Inschrift lautet (Taf. 2,1): D(EO) I(NVICTO) m(ithrae) PRO
SALUTE CHARIDEMI AVG(USTI) N(OSTRI) VIL(ICI) STA(TIONIS) ENENSIS M(ARCUS)
ANTONIUS CELER V(OTUM) S(OLVIT) L(IBENS) M(ERITO)489. Eine weitere Quelle, die den M.
Antonius Celer als Mitglied der Mithrasgemeinde in Poetovio nennt, lässt sich aufgrund der
Konsularangabe in das Jahr 244 n. Chr. datieren, so dass sich auch ein Hinweis auf die Lebensdaten
des Charidemus um die Mitte des 3. Jahrhunderts ergibt490. Kellner ging von einer Gleichsetzung der
statio Enensis mit Pons Aeni aus491. Obwohl dies mitunter abgelehnt wurde492, ist aufgrund der
Nennung des Vicus in der Tabula Peutingeriana als Ad Enum eine Lokalisierung dieser statio in Pons
Aeni wahrscheinlich. So ist hier mit einer Zollstation zu rechnen, die dem Publicum portorii Illyrici

484
Ritterling 1919, 23.
485
Eibl 1994, 293 Taf 1b (Nr. 21).
486
CIL III 5579.
487
Vgl. hierzu A. v. Domaszewski, Die Beneficiarierposten und die römischen Straßennetze. Westdeut. Zeitschr.
21, 1902, 158–211 bes. 166 mit Anm. 53; Ritterling 1919, 13; A. Obermayr, Römersteine zwischen Inn und
Salzach (Freilassing 1974) 105–108; Spindler 1992, 190 (Liste A, 3).
488
Vgl. hierzu auch Gschwind 2004, 154.
489
CIL III 151847.
490
Christlein/Kellner 1969, 78; Garbsch 1985, 449 f.
491
Christlein/Kellner 1969, 78.
492
Generell nennt die Inschrift nur eine Zollstation, die sich am Inn befunden haben muss. M. Pietsch schließt
jedoch auch die Anwesenheit einer Zollstation in Kraiburg a. Inn nicht aus (M. Pietsch, Neue Ausgrabungen in
der römischen Grenzsiedlung von Kraiburg a. Inn. Arch. Jahr Bayern 1994, 127–130 bes. 130). – Vgl. hierzu
auch die Vorbehalte zu einer Lokalisierung in Pons Aeni bei: Reinecke 1924, 39.

45
mit zentraler Verwaltung in Poetovio unterstellt war493 und einen Warenzoll bei der Überquerung der
Grenze in den Zollbezirk der Quadragesima Galliarum erhob494. Möglicherweise wurde zusätzlich
eine Art Maut für die Überquerung der Brücke fällig495. Die Funde mehrerer Bleiplomben496 (Taf.
2,2.1–3) lassen vermuten, dass Waren teilweise direkt im Vicus weiterverhandelt wurden, könnten
aber ebenso als Belege für eine Warenkontrolle durch den Zoll gesehen werden497. Die
archäologischen Untersuchungen im dakischen Porolissum liefern ein Beispiel für eine Zollstation.
Die zweiphasige umwehrte Anlage mit einer Größe von ca. 0,15–0,16 ha war vermutlich von
hadrianisch-antoninischer Zeit bis in das dritte Viertel des 3. Jahrhunderts in Funktion498. Auf der
Außenseite waren zwei Räume an die Umwehrung angebaut, die wohl als Diensträume der
Zollverwaltung dienten499. In deren unmittelbarer Nähe wurden zwei Inschriften entdeckt, die von
Zollsklaven (servi vilici) gestiftet worden waren500. Im Inneren der befestigten Anlage fanden sich
längliche Bauten, die N. Gudea als Baracken für Soldaten interpretierte501. Aus diesem Bereich
stammen Waffen (Lanzen-, Speer-, Pfeilspitzen), Riemenbeschläge und Fibeln (u.a. Kniefibeln mit
Scharnierkonstruktion, emaillierte Scheibenfibeln)502. Während die militärischen
Ausrüstungsgegenstände Parallelen in den Kastellen des obergermanisch-raetischen Limes finden,
entsprechen die Fibeln erwartungsgemäß dem Spektrum des unteren Donauraumes (s. o. zu den
Kniefibeln mit Scharnierkonstruktion). Gudea ging aufgrund der Größe der Baracken von einer
Besatzungsstärke von 50 (1. Phase mit nur einer Baracke) bis 100 Mann (2. Phase mit zwei Baracken)
aus503, die zum Schutz des Zollpersonals abkommandiert worden waren504. Obwohl B. Mazegger für
die inschriftlich belegte statio Maiensis505 nahe Meran in Südtirol aufgrund von Angriffswaffen
ebenfalls eine militärische Präsenz annahm506, ist diese wohl vor allem in Zollstationen im grenznahen
Bereich zu vermuten. So ging auch F. Vittinghoff nur von einer militärischen Sicherung der Stationen
zwischen Barbaricum und Römischem Reich aus507. Da die Ausfuhr bestimmter Waren (Waffen,

493
Vittinghoff 1953, 362; Christlein/Kellner 1969, 78; Kellner 1974, 164; Höck 1994, 75 f.; Pietsch 2001, 161 f.
494
Vittinghoff 1953, 376.
495
Ebd. 362; Gudea 1996, 422; Höck 1994, 75.
496
Fundstücke im Besitz des W. Ager (Inv.Nr. A90–18 mit einseitiger Inschrift CB, A99–128 mit
möglicherweise beidseitiger Darstellung der Victoria, A98–186 mit nicht erkennbarem Stempel). – Weiterhin zu
römischen Bleiplomben: E. Tóth, Bleibullen im Ungarischen Nationalmuseum. In: Instrumenta Inscripta Latina.
Das römische Leben im Spiegel der Kleininschriften (Pécs 1991) 49; 152–156 (Nr. 243–268).
497
H. Bender, Bleiplomben und andere Objekte aus Blei von zwei rätischen Fundplätzen. BVbl. 65, 2000, 173–
178 bes. 176–178.
498
Gudea 1996, 412–415.
499
Ebd. 413 f.
500
Ebd. 418 f. Zu diesen treten noch weitere Inschriften, die die Interpretation als Zollstation untermauern (ebd.
419 f.)
501
Ebd. 415.
502
Ebd. 417 f. Taf. 53–57; 78–80.
503
Ebd. 416.
504
Ebd. 431. – Aufgrund von gestempelten Ziegeln nimmt der Bearbeiter an, dass ein Detachement der cohors V
Lingonum das Gebäude errichtete und dort stationiert war.
505
Mazegger 1896, 20.
506
Ebd. 29. – Zur verkehrsgeographischen Situation der Zollstation siehe A. Alpago-Novello, Da Altino a Maia
sulla Via Claudia Augusta (Mailand 1972) bes. 153.
507
Vittinghoff 1953, 356; Gudea 1996, 421.

46
Werkzeuge, Getreide, Eisen, Salz508) in nichtrömisches Gebiet verboten war, kann hier mit erhöhtem
Zollbetrug bzw. Schmuggel und feindlicher Bedrohung gerechnet werden. Vermutlich sollte die
Stationierung von Soldaten dies unterbinden509. So deuten beispielsweise die mittelkaiserzeitlichen
Bleiplomben aus dem englischen Kastell South Shields am Hadrianswall eine militärische
Warenkontrolle im Grenzbereich an510. Bleiplomben vom spätrömischen Martinsbühel werden als
Zeugnis einer militärischen Kontrolle durch eine Abteilung der legio III Italica gewertet, die laut der
Notitia Dignitatum für die transvectio specierum verantwortlich war511. Da Pons Aeni sich im
Binnenland an der Grenze von zwei Zollbezirken befand, ist es aber eher unwahrscheinlich, dass
militärischer Schutz im Ausmaße von Porolissum oder anderer Grenzbereiche (oder spätrömischer
Transportwege) erforderlich war. So könnte eine Zollstation in Pons Aeni höchstens einen
zusätzlichen Grund für eine militärische Anwesenheit in der mittleren Kaiserzeit bieten.

Stationierung eines Detachements aufgrund strategischer Überlegungen?


Eine weitere Möglichkeit, die den Niederschlag der militärischen Ausrüstungsgegenstände erklären
würde, wäre die längerfristige Stationierung einer Einheit. Dies wäre aufgrund der oben
angesprochenen Lage an einem der wenigen Flussübergänge des schiffbaren Inns strategisch durchaus
sinnvoll. Zunächst zur Schiffbarkeit des Inns: Ein Grabstein aus Passau nennt einen Weinhändler aus
Iulia Tridentum/Trient namens Publius Tenatius Essimnus512. Höchstwahrscheinlich handelte dieser
mit norditalischem Wein, welcher vom Ausgangsort über die Etsch, den Reschen-Scheideck-Pass oder
den Brenner in Richtung Veldidena/Innsbruck transportiert wurde513. Ab Innsbruck konnte die Ladung
verschifft und auf dem Inn nach Passau gebracht werden514. Die vita Sancti Severini des Eugippius
erwähnt, dass die Bewohner von Favianis/Mautern a. d. Donau unter einer Hungersnot zu leiden
hatten, da die erwarteten Vorratsschiffe im Eis des zugefrorenen Inn steckengeblieben waren515. Eine
sekundäre Quelle zur Schifffahrt und dem Handel auf dem Inn hat bislang wenig Resonanz gefunden,
ist jedoch gerade für Pons Aeni von höchstem Interesse. Auf einem Kalksteinsarkophag aus Brigetio
wird ein Aurelius Martialis genannt, der den Sarg für seine Frau Valeria Lucilla anfertigen ließ516. In
der älteren Forschung wurde seine Berufsbezeichnung als nauarchus classis praetoriae portus Miseni
aufgelöst517. Z. Mráv schlug nun eine neue Lesung vor, nach der Aurelius Martialis nauclerus portus
[Pon(tis)] (A)eni war518. Der Sarkophag wird in das mittlere Drittel des 3. Jahrhunderts datiert519. Als

508
Gudea 1996, 421.
509
Vittinghoff 1953, 396.
510
Allason-Jones/Miket 1984, 326–330 bes. 326.
511
Höck 1994, 76.
512
Wolff 1984, 88 f.; 90.
513
Ebd. 91; M. Mackensen, Ostmediterrane und nordafrikanische Amphoren aus Regensburg. BVbl. 64, 1999,
407 Anm. 70.
514
Wolff 1984, 91 f.
515
Eugipp., v. Sev. 3,3 (Übers. R. Noll, Passau 1981, 61–63).
516
Mráv 1999, 73–86.
517
Ebd. 74.
518
Ebd. 82.
519
Ebd. 76.

47
Interpretation dachte Mráv an einen Schiffseigner aus Brigetio, der in der ersten Hälfte des 3.
Jahrhunderts die Produkte der Pfaffenhofener Sigillatatöpferei über den Inn an die mittlere und untere
Donau verhandelte520. Den Hafen vermutete er am Inn bei Pons Aeni521. Der Fluss könnte jedoch
schon vorher eine wichtige Rolle in der Nachschubversorgung des römischen Heeres gespielt haben,
als die Markomannenkriege Marcus Aurelius vor das logistische Problem der Heeresversorgung
stellten522. Unterschiedliche schriftliche Zeugnisse berichten von seinen Bemühungen523. Aus dem
vollständig überlieferten cursus honorum des M. Valerius Maximianus geht beispielsweise hervor,
dass dieser als Sonderkommando eine Vexillation befehligte, die den Getreidenachschub über die
Donau nach Pannonien zu sichern hatte524. Möglicherweise wurde der Inn zu diesem Zeitpunkt schon
als Nachschubroute bis nach Passau genutzt, von wo aus die Waren weiter an die mittlere und untere
Donau transportiert werden konnten. Allerdings waren die Angriffe der Markomannen nicht nur auf
dieses Gebiet beschränkt. Zerstörungen, die vermutlich während dieser Kriege stattfanden, wurden in
Raetien in Regensburg-Kumpfmühl, Straubing, Mangolding/Mintraching, Augsburg und Gauting
aufgedeckt525. Auch das westliche Noricum scheint nicht verschont geblieben zu sein. So wurden
Befunde in Iuvavum/Salzburg, die auf Zerstörungen hinweisen, mit den Markomannenkriegen in
Zusammenhang gebracht526. Aufgrund der Datierung der militärischen Ausrüstungsgegenstände aus
Pons Aeni ist auch hier eine militärische Präsenz in Form eines Detachements ab dem letzten Viertel
des 2. Jahrhunderts vorstellbar. Grund hierfür könnte, wie oben dargestellt, die Kontrolle des
Nachschubs auf dem Inn gewesen sein, die durch die weit vorgestoßenen feindlichen Einfälle
gefährdet schien. Gleichzeitig wäre somit auch der Flussübergang direkt gesichert gewesen. Ortisi
ging bei der Analyse der Fibeln aus Burghöfe davon aus, dass strategisch wichtige Plätze während der
Markomannenkriege durch kleinere Detachements von vorher im Donauraum operierenden Truppen
gesichert wurden527. Er erachtete eine Abkommandierung solcher Detachements von der zwischen
171/172 bis 179 n. Chr. in Eining-Unterfeld partiell stationierten legio III Italica als am
wahrscheinlichsten528. Für Pons Aeni könnte aufgrund der mittelkaiserzeitlichen Zugehörigkeit zur

520
Mráv 1999, 82.
521
Ebd. 77. – In diesem Zusammenhang sei kurz auf eine ca. 90 m lange Ufermauer am Inn im Bereich Mühlthal
verwiesen, für die Pietsch eine Interpretation als Kai oder Bestandteil des römischen Brückenkopfes vorschlug
(Pietsch 2001, 162).
522
Remesal Rodríguez 1997, 73 f.
523
Ebd.
524
Ebd. 74; G. Alföldy, P. Helvius Pertinax und M. Valerius Maximianus. Situla 14/15, 1974, 199–215 bes. 204
f.
525
Vgl. hierzu Fischer 1994, 343–349; Ortisi 2001, 75.
526
Heger 1974, 28; P.W. Haider, Historische Aspekte der römerzeitlichen Passstrassen über die Hohen Tauern.
In: H. Friesinger/J. Tejral/A. Stuppner, Markomannenkriege – Ursachen und Wirkungen. VI. Intern. Symposium
„Grundprobleme der frühgeschichtlichen Entwicklung im nördlichen Mitteldonaugebiet“ (Brno 1994) 26;
Kovacsovics 2002, 186. – Allerdings deutet sich mittlerweile eine erst jüngere, nachmarkomannenkriegszeitliche
Zerstörung in den 80er Jahren des 2. Jahrhunderts an (vgl. A. Krammer, Ein mittelkaiserzeitlicher
Zerstörungshorizont in Iuvavum/Salzburg [Furtwängler Park 1987/88] [Magisterarbeit München 2003/04, in
Druck]).
527
Ortisi 2002, 50.
528
Ebd. – Zur Stationierung der legio III Italica in Eining-Unterfeld siehe Jütting 1995, 186–190.

48
Provinz Noricum529 eine Detachierung von der ebenfalls unter Marcus Aurelius neu ausgehobenen
legio II Italica erfolgt sein, die ursprünglich in Ločica (Lotschitz, Slowenien), dann Albing und
anschließend in Lauriacum stationiert war530. Die Kniefibeln mit Scharnierkonstruktion (F40–F42,
F48) sowie die als Speerschuh dienende Bronzetülle (M83) könnten dagegen auch als Hinweise auf
eine Stationierung von Soldaten aus dem unteren Donauraum gewertet werden531. Aufgrund der
strategischen Erfordernisse kann möglicherweise von einer Truppe in Zenturienstärke, also etwa 80 bis
100 Mann, ausgegangen werden. Der Speerschuh (M83) und das pectorale (M42) deuten die
Anwesenheit einer teilberittenen auxiliaren Einheit an. Im Hinblick auf die oben formulierte These
eines Legionsdetachements ist vielleicht auch an Legionsreiter zu denken.
Bislang konnten keine Spuren einer mittelkaiserzeitlichen Befestigung für ein solches Detachement
nachgewiesen werden. Wenn diese sich in der Nähe des Innufers befunden hätte, wäre es
unwahrscheinlich, dass sich Befunde bis heute erhalten hätten. Eine militärische Anlage auf der
gegenüberliegenden Innseite im Mühlthal ist auszuschließen, da aus dem gesamten Areal keinerlei
Hinweise auf eine mittelkaiserzeitliche Militärpräsenz vorliegen. Auch das bekannte
frühkaiserzeitliche Lager auf dem Hochufer bei Moosen, Gem. Prutting532 weist keine Spuren einer
Nachnutzung im späten 2. Jahrhundert auf. Die auffällige Fundstreuung könnte eine Unterbringung
von Soldaten im Vicus selbst andeuten, allerdings sind für die mittlere Kaiserzeit in den
Nordwestprovinzen keine entsprechenden Vergleichsbeispiele bekannt.
In diesem Zusammenhang muss auf die aus den Grabungen im Jahr 1974 bekannten Grabenstücke und
die Mauerausbruchsgrube hingewiesen werden, die bisher einer spätrömischen Befestigung
zugewiesen wurden533. Am nordöstlichen Ortsrand von Pfaffenhofen wurde ein Schnitt von 46 x 2 m
angelegt (Abb. 8)534. Im Profil des Schnittes konnte ein 1,65 m (ab Humusoberkante) tiefer
Spitzgraben beobachtet werden (Abb. 9)535. Eine in 2 m Abstand zu dem Graben erkennbare
Verfärbung wurde als Mauerausbruchsgrube gedeutet536. Die nur 0,3–0,47 m (unter Oberkante) tiefe
und 1,1 m breite Verfärbung zeichnete sich durch einen hohen Anteil von Steinen ohne jegliche
Mörtelreste aus537. Die Befunde wurden aufgrund einer prägefrischen Maiorina des Magnentius für
Decentius, 351/352, und zwei bronzener Armringe mit Tierkopfenden aus der Grabenverfüllung (!) in
die Mitte bzw. die zweite Hälfte des 4. Jahrhunderts datiert538. Die Münze bietet jedoch nur einen
Anhaltspunkt für die Verfüllung des Grabens. Die Stärke der Mauerausbruchsgrube lässt ebenfalls
Zweifel an einer Interpretation als spätrömisches Kastell aufkommen. Mit einer Breite von 1,1 m im

529
Ulbert 1971, 110–112.
530
Katalog Lauriacum 1997, 19; Ortisi 2001, 82.
531
Zur Verbreitung mittelkaiserzeitlicher Fibeltypen als Hinweis auf die Mobilität römischer Militärangehöriger
vgl. Mackensen 1983, 565–578 bes. 577; Ortisi 2002, 50.
532
Pietsch 1995, 99–101.
533
Vgl. hierzu Christlein u.a. 1976, 97–100 bes. 99 f.
534
Ebd. 98.
535
Ebd. 99.
536
Ebd.
537
Ebd.
538
Ebd. 99 f.

49
Fundamentbereich liegt sie weit unter dem durchschnittlichen Wert der meisten spätantiken
Mauerfundamentierungen. Als Beispiel seien die Umwehrungen der Befestigungen von Caelius
Mons/Kellmünz (bis zu 3,6 m Stärke im Fundamentbereich = S.i.F.), auf dem Bürgle bei
Gundremmingen (3–3,4 m S.i.F.), Bedaium/Seebruck (2,1 m S.i.F.), oder auf dem Goldberg bei
Türkheim (bis 4,4 m S.i.F.) genannt539. Die Umwehrung des Kastells Vemania/Bettmauer bei Isny war
zwar im Fundamentbereich nur bis zu 1,8 m breit, an den steilen Hangabbrüchen sogar nur 0,9 m, der
fortifikatorische Charakter wurde jedoch durch einen 12 m breiten und 3 m tiefen Abschnittsgraben
auf der zugänglichen Seite verstärkt540. Generell ist mit Beginn der spätrömischen Zeit mit mächtigen,
tief fundamentierten Mauern von durchschnittlich 3,6 m Breite und 7–8,5 m Höhe zu rechnen541. Zieht
man noch in Betracht, dass das Kastell in Pons Aeni keinen topographischen Schutz besaß, so
unterstreichen die bekannten Befunde nicht unbedingt einen spätrömischen Charakter. Gegen eine
Interpretation als spätrömisches Kastell sprechen auch der schmale Graben und die geringe Breite der
Berme542. Die Umwehrung könnte jedoch schon wesentlich früher erbaut worden sein. Handelt es sich
bei den Befunden in Pons Aeni also möglicherweise um eine mittelkaiserzeitliche Befestigung? Ein
gutes Vergleichsbeispiel bietet das mittelkaiserzeitliche Kleinkastell von Regensburg-
Großprüfening543. Zwischen Mauer und Doppelgrabenanlage des Kastells befindet sich eine nur zwei
Meter breite Berme544. Auch die Breite des Mauerfundamentes von nur 1,2 m lässt sich bestens mit der
in Pons Aeni gemessenen Stärke der Mauerausbruchsgrube (1,1 m) vergleichen545. Für das Kastell von
Großprüfening wird eine Fläche von 0,3 ha angenommen546. Obwohl die umwehrte Fläche in Pons
Aeni nicht definitiv bestimmt werden kann, ist auf der zur modernen Dorfmitte hin ansteigenden
Erhebung genügend Platz für ein Kastell ähnlicher Ausmaße. Während ein mittelkaiserzeitlicher
Ursprung der Umwehrung in Pons Aeni also durchaus möglich erscheint und dies auch das Problem
der Unterbringung des Detachements klären würde, könnten Ergebnisse zur Funktion und Datierung
der Befunde nur durch moderne Ausgrabungen erzielt werden.
Fasst man diese Überlegungen noch einmal zusammen, so ergibt sich folgendes Bild: Wohl im letzten
Drittel des 2. Jahrhunderts wurde eine teilberittene Abteilung unbekannter Größe (vermutlich aber
maximal 80-100 Soldaten) nach Pons Aeni verlegt. Zum Schutz der Nachschubversorgung auf dem
Inn und des Flussübergangs selbst war sie höchstwahrscheinlich in einer befestigten Anlage in der

539
Caelius Mons/Kellmünz: Mackensen 1995, 75. – Bürgle bei Gundremmingen: Bersu 1964, 9; 11. –
Bedaium/Seebruck: Burmeister 1998, 183. – Goldberg bei Türkheim: Moosdorf-Ottinger 1981, 39.
540
J. Garbsch/P. Kos, Das spätrömische Kastell Vemania bei Isny I. Münchner Beitr. Vor- und Frühgesch. 44
(München 1988) 13.
541
Mackensen 1995, 41.
542
Ebd. – Vgl. hierzu auch die Wehrgräben in Caelius Mons/Kellmünz mit einer Breite von 4,5–6 m und einer
Tiefe von 2,5 m (ebd. 81). – Der äußere Wehrgraben der Befestigung auf dem Goldberg bei Türkheim befand
sich in 25 m Abstand zu der Mauer und war trotz der Hanglage bis 3,5 m breit und 1,5 m tief (Moosdorf-Ottinger
1981, 54 f.). – Die Gräben der Befestigung Bürgle bei Gundremmingen waren bis zu 2,5 m tief (Bersu 1964, 24–
27).
543
Für diesen wertvollen Hinweis möchte ich Prof. M. Mackensen, der als Erster einen mittelkaiserzeitlichen
Ursprung der Gräben und Mauerausbruchsgrube in Betracht zog, danken.
544
Osterhaus 1981, 11.
545
Ebd. 11 f.
546
Ebd. 13.

50
Nähe des Vicus untergebracht. M.E. sind die bislang als Zeugnisse einer spätrömischen Befestigung
gedeuteten Befunde vielmehr als Reste eines mittelkaiserzeitlichen Kleinkastells für dieses
Detachement anzusprechen. Kleinfunde lassen dabei an Soldaten einer Einheit aus dem mittleren oder
unteren Donauraum denken. Ein Vergleich der militärischen Ausrüstungsgegenstände aus dem Lager
Eining-Unterfeld und dem in den Markomannenkriegen zerstörten Kastell von Regensburg-
Kumpfmühl mit dem Material aus Pons Aeni deutet jedoch eine militärische Anwesenheit über die
Markomannenkriege hinaus an. So können die runden Ortbänder mit peltaförmigen Durchbrechungen
(M62–M64), die Bestandteile von Ring- und Rahmenschnallencingula (M17, M36–M38) und die
Scharnierarmfibeln (F49–F50) frühestens in der ersten Hälfte des 3. Jahrhunderts verlorengegangen
sein. Eine Stationierung des Detachements in Pons Aeni ist somit bis deutlich in das 3. Jahrhundert
hinein wahrscheinlich zu machen.

Militärischer Fundniederschlag als Zeugnis eines Kampfes?


Die Bedrohungen durch die Alamannen seit dem zweiten Drittel des 3. Jahrhunderts betrafen auch das
Gebiet in und um Pons Aeni und sind als Grund einer längerfristigen militärischen Anwesenheit über
die Markomannenkriege hinaus in Erwägung zu ziehen. Die in den Grabungen festgestellte ältere
Zerstörungsschicht wurde mit den Einfällen 233 n. Chr. in Verbindung gebracht. Jüngste Münzen aus
der Brandschicht sind Prägungen des Severus Alexander, wodurch sich ein terminus post quem von
228/231 ergibt547. Als weiteren Hinweis auf einen Zusammenhang mit dem Einfall von 233 wertete
Kellner den hohen Anteil an verbrannten Münzen der Jahre zwischen 190 bis 230548. Münzhorte549 aus
Ostraetien bzw. Westnoricum bestätigen eine Bedrohung im zweiten Viertel des 3. Jahrhunderts. Auf
der gegenüberliegenden Innseite wurde in der Flur Mühlthal ein Münzschatz geborgen, der 1274
Antoniniane und Denare enthielt550. Schlussmünzen sind Prägungen des Gordianus III., wodurch sich
ein terminus post quem für die Verbergung oder den Verlust von 238/244 ergibt551. Der 1865
entdeckte Schatzfund von Niederaschau umfasst ca. 800 Münzen, einen silbernen Armreif und eine
kräftig profilierte Fibel aus Silber552. Die Schlussmünze, eine Prägung des Maximinus Thrax, liefert
einen terminus post quem für die Verbergung nach 235/236553. Der etwa 2300 Denare und
Antoniniane umfassende Münzhort aus Iuvavum/Salzburg schließt ebenfalls mit einer Schlussmünze
des Maximinus Thrax554. Der Hortfund aus Marktl a. Inn (Lkr. Altötting) setzt sich aus 130 Denaren,
einem Antoninian und einer kräftig profilierten Fibel aus Silber des Typs Jobst 4E zusammen 555.

547
Christlein u.a. 1976, 77.
548
Ebd.
549
Die Anzahl der Horte in einem so begrenzten Gebiet lässt sich m. E. nicht durch Thesaurierung, sondern nur
durch eine akute Bedrohung erklären.
550
Pietsch/Kostial-Gürtler 2000, 74 f.
551
Ebd. 75.
552
Zanier 2001, 112–117. – Erstmals publiziert in F. H. Hundt, Fund römischer Denare bei Niederaschau. Obb.
Archiv 27, 1866/67, 1–14.
553
Zanier 2001, 117.
554
Heger 1974, 149; Kovacsovics 2002, 188 f.
555
Pietsch 2004, 140 f.

51
Schlussmünzen sind wiederum mehrere Prägungen des Maximinus Thrax, so dass auch hier eine
Verbergung erst nach 235/236 stattgefunden haben kann556. Eine weitere wichtige Entdeckung aus
dem Umland ist der Hortfund aus Langengeisling (Lkr. Erding), der ebenfalls mit einer Prägung des
Maximinus Thrax endet557. Der Gutshof von Tittmoning (Lkr. Traunstein) wurde im frühen oder um
die Mitte des 3. Jahrhunderts durch eine Brandkatastrophe zerstört, die von E. Keller allgemein auf die
Alamanneneinfälle zurückgeführt wurde558. Die lange Zeit angenommenen verheerenden
Auswirkungen dieser Einfälle im Jahr 233 n. Chr. werden aufgrund neuerer Befunde mittlerweile
relativiert559. Vielmehr scheint es, dass mehrere Angriffe im zweiten Drittel des 3. Jahrhunderts zu den
Zerstörungen im östlichen Teil Raetiens geführt haben560. So sprach sich Th. Fischer für Ostraetien
generell gegen eine Bedrohung um 233 aus und brachte entsprechende Zerstörungshorizonte erst mit
einem Einfall um 250 in Zusammenhang561. Die auffallend geringen Münzprägungen nach Severus
Alexander sah er als ein weitverbreitetes Phänomen in Raetien und Obergermanien an, welches er mit
Verzögerungen im Münznachschub im mittleren Drittel des 3. Jahrhunderts erklärte562. Dieses Bild
lässt sich in Pons Aeni bestätigen. Die Münzreihe bricht mit Prägungen des Alexander Severus (222–
235) fast vollständig ab und setzt erst mit Münzen des Gallienus (259–268) wieder verstärkt ein563.
Umso erstaunlicher ist daher die Zusammensetzung des Schatzfundes aus dem Mühlthal mit
Prägungen bis Gordianus III.564 Münzen dieses Kaisers sind nur durch einen einzigen, überwiegend
sogar stempelgleichen Typ vertreten, weshalb Pietsch von einem Besitzer ausging, der kurz zuvor eine
größere Summe ausgezahlt bekommen hatte565. Könnte es sich möglicherweise auch um Sold für
Soldaten in Pons Aeni gehandelt haben? Da um die Mitte des 3. Jahrhunderts durchaus noch mit
militärischer Präsenz gerechnet werden kann, stellt sich aufgrund der bedrohlichen Lage in Ostraetien
und Westnoricum die Frage, ob das über den Vicus streuende Material eventuell auch Kämpfe im dem
Bereich bezeugt. Entsprechende Kampfhorizonte in Stadt- oder Vicusarealen sind beispielsweise aus

556
Pietsch 2004, 142. – Vgl. hierzu auch die Publikation der Münzen in K. Ehling, Ein Hortfund von Marktl
(Landkreis Altötting). Numismatische Beobachtungen zum Germanenfeldzug des Maximinus Thrax (235/236 n.
Chr.). Jahrb. Num. und Geldgesch. 51/52, 2001/02, 17–36.
557
Kellner 1960, 143. – Vgl. hierzu auch die zusammengestellten Hortfunde Ostraetiens bei Fischer 1990, 31
Abb. 6 (Hortfunde).
558
E. Keller, Tittmoning in römischer Zeit. Führer zu archäologischen Denkmälern in Bayern. Oberbayern 1
(Tittmoning 1984) 87.
559
Kellner 1995, 325 f.; Fischer 1990, 31 f.; P. Haupt, Römische Münzhorte des 3. Jahrhunderts in Gallien und
den germanischen Provinzen. Provinzialröm. Studien 1 (Grunbach 2001) 69–72.
560
Kellner 1995, 325 f.; Fischer 1990, 31 f. – Gegen eine einmalige schwere Zerstörung spricht sich auch G.
Moosbauer aus, der die vielen Hortfunde in Ostraetien mit mehreren Überfälle oder Bedrohungen über einen
längeren Zeitraum in Zusammenhang bringen möchte (G. Moosbauer, Die Geschichte der ländlichen Besiedlung
im östlichen Raetien während der römischen Kaiserzeit. Passauer Universitätsschr. Arch. 4 [Espelkamp 1997]
194 f.).
561
Fischer 1990, 32.
562
Ebd. 30.
563
Christlein u.a. 1976, 47 (Übersicht über die Münzfunde). – Die von W. Ager geborgenen Münzen aus dem
Vicusbereich auf dem Kastenfeld umfassen mittlerweile fast 1000 Münzen, von denen bislang etwa zwei Drittel
durch K. Ehling, Staatl. Münzsammlung, München, bestimmt sind. Auch hier fällt jedoch die Menge der
Prägungen bis Severus Alexander und ab Gallienus im Gegensatz zu jeweils nur einem Antoninian des
Maximinus Thrax, Gordianus III. und Philippus Arabs auf.
564
Pietsch/Kostial-Gürtler 2000, 75.
565
Ebd.

52
Augst566 und Heldenbergen567 bekannt. Neben Waffen aus der Zerstörungsschicht fanden sich in
Heldenbergen zusätzlich Reste menschlicher Skelette mit Spuren tödlicher Kampfeinwirkung568.
Quantitativ betrachtet fällt in Heldenbergen der hohe Anteil von Geschoss- und Pfeilspitzen unter den
Angriffswaffen auf569. Diese fallen durch ihre Menge auch in dem umkämpften Straßenbereich in
Augst auf570, wo sie als weiterer Hinweis auf ein gewaltsames Ereignis herangezogen werden
können571. Die These eines Kampfes in Pons Aeni könnte neben den Geschossbolzen auch durch die
sechs aufgefundenen Balteusschließen unterstützt werden. So ist beispielsweise auch die Masse der
Balteusschließen aus dem um die Mitte des 3. Jahrhunderts zerstörten Dura-Europos hervorzuheben,
die vermutlich erst mit den Kampfhandlungen verloren wurden. Leider stammen keine der
militärischen Ausrüstungsgegenstände aus Pons Aeni aus der im Vicusbereich festgestellten
Brandschicht. Ebenso weist keines der Exemplare Spuren eines Kampfes oder einer Zerstörung durch
Feuer auf. Auch die Menge der Helmbestandteile sind kaum als Beweis eines feindlichen Angriffs zu
sehen. Aus dem planmäßig geräumten Lager Eining-Unterfeld liegen ebenfalls Helmbestandteile572
vor, die jedoch durch unbemerkten Verlust in den Boden gelangten. Ohne den Zusammenhang von
Brandschicht und Militaria näher untersuchen zu können, lässt sich im Falle von Pons Aeni ein
Kampfgeschehen als Grund der Zerstörung demnach höchstens vermuten, keinesfalls jedoch
beweisen.
Die Besiedlung und Sigillataproduktion wurde nach dieser Katastrophe dennoch fortgesetzt573. In den
70er Jahren des 3. Jahrhunderts scheint der Vicus erneut zerstört worden zu sein, was das Ende der
Sigillataproduktion bedeutete574. Der schon genannte Antoninian des Tetricus aus der zweiten, in der
Grabung festgestellten Brandschicht deutet eine Zerstörung wohl kurz nach 270/273 an575. Obwohl die
Töpferei nach diesem Ereignis scheinbar nicht mehr produzierte, wurde der Vicus nicht vollständig
aufgegeben. Zu den Prägungen nach 273 aus den Grabungen treten mittlerweile mehrere Antoniniane
des Probus und des Diocletianus aus dem Lesefundmaterial, die eine kontinuierliche Besiedlung bis in
spätrömische Zeit wahrscheinlich machen. Zudem scheinen Antoniniane der zweiten Hälfte des 3. bis
über die Wende zum 4. Jahrhundert hinaus in Umlauf gewesen zu sein576. Auch die militärische
Präsenz könnte sich kontinuierlich bis in das 4. Jahrhundert fortgesetzt haben. So deuten neben den
zwei Scharnierarm- und den zwei Zwiebelknopffibeln Keller/Pröttel 1 auch der Sporn (P43) und

566
Martin-Kilcher 1985, 147–203.
567
Czysz 2003, 183–193.
568
Ebd. 183.
569
Ebd. 188–190.
570
Martin-Kilcher 1985, 176.
571
Vgl. hierzu auch Burmeister 1998, 106. – Überlegungen zur Archäologie von Schlachtfeldern wurden 2003
im Rahmen eines Kongresses in Wien eingehend behandelt. S. hierzu allg. E. Deschler-Erb, Militaria aus
Zerstörungshorizonten – grundsätzliche Überlegungen. Carnuntum-Jahrb. 2005, 43–54; J.C.N. Coulston, Roman
military equipment and the archaeology of conflict. Carnuntum-Jahrb. 2005, 19–32.
572
Jütting 1995, 164 Abb. 8, 49–64.
573
Kellner 1974, 165–167; Christlein u.a. 1976, 77.
574
Christlein u.a. 1976, 79.
575
Christlein/Kellner 1969, 87; 93 (Münzliste Nr. 8).
576
Kellner 1998, 93.

53
möglicherweise die späten Pferdegeschirrbeschläge577 (P33–P37) auf eine fortwährende Stationierung
von Militär hin. Insbesondere die Fibeln Keller/Pröttel 1 könnten sogar erst im frühen 4. Jahrhundert
mit einer spätrömischen Einheit nach Pons Aeni gekommen sein.

Das spätrömische Pons Aeni


Während eine Stationierung von Soldaten in der mittleren Kaiserzeit nur über das Fundmaterial
wahrscheinlich gemacht werden kann, gilt eine spätrömische Militärpräsenz in Pons Aeni aufgrund der
Nennung in der Notitia Dignitatum als gesichert. Allerdings fehlt für diese Einheit nach der
Neuinterpretation der angeblich spätrömischen Umwehrung nun das zu erwartende Kastell.

Der spätrömische Vicus: Militärische Nutzung und zivile Besiedlung


Offenbar war das Areal des mittelkaiserzeitlichen Vicus auch im 4. Jahrhundert noch besiedelt. Die
über das gesamte Areal streuenden, zahlreichen spätrömischen Fundmünzen harren zwar noch einer
Bearbeitung, sprechen jedoch für eine kontinuierliche Besiedlung bis in das frühe 5. Jahrhundert578.
Dies wird auch durch wenige Funde nordafrikanischer Sigillata aus Pons Aeni unterstrichen579. Die
Fragmente eines Tellers Hayes 58 B580 und eines Teller- oder Schalenbodens581 in D1-Qualität dürften
frühestens der Mitte oder erst der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts zuzuordnen sein582. Allerdings
lässt sich nur ein einziger Befund in dem Vicus dieser spätrömischen Nutzung zuordnen. Bei den
Grabungen 1967 und 1969 kamen im Bereich der Schnitte A, B und C am Ostrand des Kastenfeldes
im Vicusareal Spuren eines Tuffsteinfundamentes zutage583. 1971 konnte dieser Bereich erneut
untersucht werden (Abb. 10)584. Die 0,7 m starke Tuffsteinmauer konnte zu einem rechteckigen
Gebäude mit einer Grundfläche von ca. 13 x 21 m rekonstruiert werden585. Anzeichen für eine
Gliederung des Innenraums waren nicht erkennbar586. Das Gebäude wurde als militärisch genutztes
horreum interpretiert, in dem man Güter zum weiteren Transport auf dem Inn gelagert haben soll587.
Aufgrund des Münzspektrums und der Schichtenfolge ging Christlein von einer Erbauung und

577
Eine zivile Verwendung der Stücke ist jedoch nicht auszuschließen.
578
Vgl. hierzu die bei Kellner zusammengefassten Münzreihen aus den Grabungen in Pons Aeni und dem
Mithräum im Mühlthal (Kellner 1998, 90 Tab. 1).
579
Christlein/Kellner 1969, 109 Abb. 10
580
Ebd. Abb. 10,1.
581
Ebd. Abb. 10,3.
582
Vgl. zur Datierung der Form Hayes 58 B v.a. J. Hayes, Late Roman Pottery (London 1972) bes. 93–96; M.
Mackensen, Die spätantiken Sigillata- und Lampentöpfereien von El Mahrine (Nordtunesien). Münchner Beitr.
Vor- und Frühgesch. 50 (München 1993) 398. – Zur Datierung der D1-Importe in den Alpenraum siehe Ph. M.
Pröttel, Mediterrane Feinkeramikimporte des 2.-7. Jahrhunderts n.Chr. im oberen Adriaraum und in Slowenien.
Kölner Stud. Arch. Röm. Provinzen 2 (Espelkamp 1996) 42–55 bes. 42 f.
583
Christlein/Kellner 1969, 84 f.; Christlein u.a. 1976, 4. – Ein weiterer, scheinbar spätrömischer Befund wurde
am Nordende des Schnitts E aufgedeckt. Es wurde ein kleines Stück eines Rollsteinfundamentes einer ca. 30 cm
breiten Mauer erfasst, aus deren Fundamentgraben ein 332 n. Chr. geprägter Nummus des Constantinus I.
stammt. Die geringe Restgröße des Befundes lässt keine Interpretation zu. Vgl. Christlein u.a. 1976, 10.
584
Christlein u.a. 1976, 83–85.
585
Ebd. 84.
586
Ebd.
587
Ebd. 85. – Eine Nutzung als horreum nimmt auch M. Mackensen an. Vgl. Mackensen 1999, 230 f.

54
Nutzung des Gebäudes schon im letzten Viertel des 3. Jahrhunderts aus588. Dagegen schlug
Mackensen auf der Basis der Münzreihe eine Datierung in constantinische Zeit vor589. In diesem
Kontext stellt sich die Frage, ob die Erbauung des horreum möglicherweise mit einer militärischen
Präsenz in der ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts in Verbindung gebracht werden kann. Bei einer daraus
zu folgernden staatlichen Verwaltung des horreum könnte durchaus ein Zusammenhang mit den
weiter innaufwärts gelegenen spätrömischen Militärposten und horrea hergestellt werden. Mit der
Gründung des Kastells Teriolis/Martinsbühel wohl in constantinischer Zeit und der Stationierung des
Praefectus legionis tertiae Italicae transvectioni specierum deputatae590 gewinnt der Inn als
Transport- und Nachschubroute für die Heeresversorgung (erneut?) an Bedeutung591. Davon zeugen
auch die großen Getreidespeicher in Innsbruck-Wilten, welche wohl im zweiten Viertel oder um die
Mitte des 4. Jahrhunderts erbaut wurden und unter staatlicher Verwaltung standen592. Es ist durchaus
möglich, dass auch das horreum und die militärische Präsenz in Pons Aeni Zeugnis des Ausbaus und
der Sicherung dieser Nachschubroute sind. Die militärischen Aktivitäten werden möglicherweise
durch einen 312/313 n. Chr. gesetzten Weihestein aus Prutting belegt, der die Wiederherstellung eines
Tempels für Victoria unter der Leitung eines Praepositus der Equites Dalmatae Aquesiani
Comitatenses belegt593. P. Reinecke und J. Garbsch gingen von einer ursprünglichen Aufstellung in
Pons Aeni aus594, da es sich jedoch um eine comitatensische Einheit handelt, ist eine Stationierung
dieser Truppe auf dem Kastenfeld wohl auszuschließen. Allerdings nahm auch Kellner schon an, dass
Pons Aeni im frühen 4. Jahrhundert Standort einer berittenen Einheit war595, wofür der Sporn (Nr.
P43) und die Gruppe der späten Pferdegeschirrbeschläge (Nr. P33–P37) sprechen könnten.
Auch die weitere Rekonstruktion der Besatzungsgeschichte von Pons Aeni gestaltet sich schwierig.
Leider gibt die Notitia Dignitatum keinen Hinweis darauf, wann die Equites stablesiani iuniores in
Pons Aeni stationiert gewesen sein sollen. In der althistorischen Forschung wurde die Aufstellung der
Equites stablesiani mit der Umstrukturierung des Heeres unter Gallienus in Zusammenhang
gebracht596. Eine Unterteilung in seniores und iuniores wurde jedoch wohl erst mit der Heeresteilung
unter Valentinian I. 364 n. Chr. durchgeführt597. H. Bender rechnete mit einer Versetzung der Equites
stablesiani iuniores nach Febianis bzw. Febians, das er mit dem Bürgle gleichsetzte, im späten 4. oder

588
Christlein/Kellner 1969, 88.
589
Mackensen 1999, 231.
590
A. Höck, Archäologische Forschungen in Teriola 1. Die Rettungsgrabungen auf dem Martinsbühel bei Zirl
von 1993–1997. Spätrömische Befunde und Funde zum Kastell. Fundber. Österreich Materialh. R. A 14 (Wien
2003) 79; Kellner 1998, 93.
591
Vgl. hierzu Mackensen 1999, 222.
592
Ders. 1994, 507 f.; 511.
593
F. Vollmer, Inscriptiones Baivariae Romanae (München 1915) 2 Nr. 5; Christlein/Kellner 1969, 78; Garbsch
1994, 39 f.
594
Reinecke 1924, 39; Garbsch 1994, 39. – S. auch J. Garbsch/B. Overbeck, Spätantike zwischen Heidentum
und Christentum (München 1989), 70 Nr. 10.
595
Christlein/Kellner 1969, 78.
596
Hoffmann 1969, 148; 252; M.J. Speidel, Stablesiani. Chiron 4, 1974, 541–546 bes. 546.
597
Hoffmann 1969, 127–130. – D. Hoffmann geht jedoch im speziellen Fall der Equites stablesiani davon aus,
dass deren Teilung nichts mit der Heeresteilung zu tun gehabt hätte, liefert jedoch keinerlei Überlegungen zu
einer möglichen abweichenden Datierung (ebd. 252).

55
frühen 5. Jahrhundert598. Als Folge dessen ging er von der Aufgabe des Kastells von Pons Aeni aus599,
wodurch die Anwesenheit der Einheit dort auf das letzte Drittel des 4. Jahrhunderts beschränkt
gewesen wäre. H. Castritius vermutete sogar, dass die angeblich erst im späten 4./frühen 5.
Jahrhundert aufgestellten Pontaenenses noch vor den Equites stablesiani iuniores in Pons Aeni
gelegen hätten600, was jedoch aufgrund der in der Notitia bezeugten Truppenverschiebung nach
Febians unwahrscheinlich ist. Zum materiellen Niederschlag der Equites stablesiani iuniores dürfte
die Bronzeschnalle mit festem Beschlag (Nr. M4), die Zwiebelknopffibeln Pröttel 3/4 sowie
möglicherweise auch einige spätrömische Funde aus dem Mühlthal601 gezählt werden. Die
Zwiebelknopffibel Keller/Pröttel 6 ist jedoch Nachweis für eine militärische Präsenz über die Wende
vom 4. zum 5. Jahrhundert hinaus. Dies bedeutet, dass eine Verschiebung der Einheit nach Febians
frühestens im ersten Drittel des 5. Jahrhunderts erfolgt sein könnte. Die Umwehrung des Kastells war
zu diesem Zeitpunkt wahrscheinlich schon abgebrochen, da die Prägung des Magnentius aus der
Verfüllung prägefrisch war. Auch von der gegenüberliegenden Innseite liegen aus der Flur Mühlthal
Zwiebelknopffibeln602, eine Gürtelöse und eine Tierkopfschnalle603 vor, die der spätrömischen
Militärtracht zugeordnet werden können. Ob sich daraus aber eine spätrömische militärische Präsenz
auf beiden Uferseiten ableiten lässt, oder die Einheit dennoch im Bereich des Kastenfeldes lag – oder
nur im Mühlthal? –, ist ohne eingehende archäologische Untersuchungen nicht zu klären604.

Zusammenfassung
Nach den Grabungen in den 60er und 70er Jahren des 20. Jahrhunderts ergab sich mit dieser
Materialvorlage auf der Basis der militärischen Ausrüstungsgegenstände, Pferdegeschirrbeschläge und
Fibeln die Möglichkeit, die Besiedlungsgeschichte des römischen Vicus Pons Aeni erneut zu
untersuchen. Der schon aufgrund des Materials aus den Grabungen angenommene Besiedlungsbeginn
in der zweiten Hälfte des 2. Jahrhunderts kann durch das hier bearbeitete Fibelspektrum bestätigt
werden. Die Analyse der zahlreichen militärischen Ausrüstungsgegenstände und historische
Überlegungen deuten eine militärische Präsenz ab dem letzten Drittel des 2. Jahrhunderts an.
Vermutlich wurde ein Detachement unbekannter Größe zur Kontrolle des Flussübergangs und der
Nachschubversorgung auf dem Inn hier stationiert. Das Fibelspektrum und einzelne militärische

598
Bender 1996, 149.
599
Ebd.
600
H. Castritius, Die Grenzverteidigung in Rätien und Noricum im 5. Jahrhundert n. Chr. In: H. Wolfram/A.
Schwarcz (Hrsg.), Die Bayern und ihre Nachbarn. Österr. Akad. Wiss. Phil.–Hist. Kl., Denkschr. 179 (Wien
1985) 22 f. mit Anm. 20.
601
Pietsch 2001, 163 f. Abb. 2, 11. – Drei Tierkopfschnallen liegen u.a. auch aus dem spätrömischen Burghöfe
vor, wo der zweite Teil der Equites stablesiani iuniores stationiert war (vgl. Pröttel 2002, 105 f. Taf. 6,66–68).
602
Pietsch 2001, 163 f. Abb. 2,13–16.
603
Ebd. Abb. 2,8.11.
604
Die Menge der Zwiebelknopffibeln lässt sich eigentlich nicht mit Verlusten von Soldaten erklären, die
kurzfristig zur Kontrolle des Mühlthals oder dem Besuch des Mithräums auf diese Seite des Inns gekommen
waren. Inwiefern jedoch eine beidseitige militärische Sicherung angenommen werden kann, lässt sich kaum
klären. Aus dem Mühlthal sind, mit Ausnahme des Mithräums, keine Befunde bekannt. Jedoch deutet das
Kleinfundspektrum auch hier eine Besiedlung bis in das späte 4. bzw. frühe 5. Jahrhundert an (vgl. Pietsch
2001, 163 f. Abb. 2,4–17).

56
Kleinfunde sprechen eventuell für Soldaten einer teilberittenen Einheit aus dem mittleren oder unteren
Donauraum. Zusätzlich könnten einige der Militaria durch die epigraphisch gesicherte Zollstation,
einen möglichen Benefiziarierposten oder durchziehende Truppenverbände erklärt werden. Die
zeitliche Streuung der militärischen Ausrüstungsgegenstände deutet eine permanente Anwesenheit von
Soldaten bis in das fortgeschrittene 3. Jahrhundert an. Diese waren in einem Kleinkastell auf dem
Kastenfeld stationiert, das vermutlich mit den bislang als Zeugnis eines spätrömischen Kastells
erklärten Befunden nunmehr auch zu lokalisieren ist. Eine Datierung und Nutzung der Anlage ab der
Mitte des 4. Jahrhunderts ist auszuschließen. Hingegen ist eine frühere Errichtung im Vergleich mit
mittelkaiserzeitlichen Kleinkastellen wie etwa Großprüfening eindeutig in Erwägung zu ziehen.
Ob das Kastell von der Zerstörung des Vicus im mittleren Drittel des 3. Jahrhunderts betroffen wurde,
lässt sich auf der Basis des Lesefundmaterials nicht klären. Dieser Einschnitt führte aber ebensowenig
zu einer Besiedlungsunterbrechung im Vicusareal wie eine erneute Katastrophe um 270. Der Vicus
war wohl bis in das 4. Jahrhundert besiedelt. Der einzig bekannte Befund dieser Spätphase, das
Tuffsteinfundament, datiert vermutlich in constantinische Zeit. Aufgrund des Fehlens einer
Innengliederung und der Maße ist eine Ansprache des Gebäudes als horreum wahrscheinlich. Leider
lässt sich nicht sicher klären, ob mit einer permanenten militärischen Besatzung bis in spätrömische
Zeit gerechnet werden kann. Obwohl das Fibelspektrum eine militärische Komponente im späten 3.
und 4. Jahrhundert andeutet, war die auf einem Weihestein aus Prutting für das frühe 4. Jahrhundert
belegte Reitereinheit der Equites Dalmatae Aquesiani Comitatenses sicherlich nicht in Pons Aeni
untergebracht. Mit einer Stationierung der in der Notitia Dignitatum genannten Equites stablesiani
iuniores kann nicht vor der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts gerechnet werden. Einzelne
Bestandteile der spätrömischen Militärtracht lassen die Präsenz dieser Einheit in Pons Aeni bis in die
erste Hälfte des 5. Jahrhunderts wahrscheinlich machen, ein zugehöriges Kastell ist jedoch noch zu
lokalisieren.

57

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