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PETER THIEL

FACEBOOK, PAYPAL, PALANTIR


Wie Peter Thiel die Welt revolutioniert
Die Biografie

THOMAS RAPPOLD
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen
Nationalbibliografie. Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de
abrufbar.

Für Fragen und Anregungen:


[email protected]

Originalausgabe
1. Auflage 2017

© 2017 by FinanzBuch Verlag,


ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH
Nymphenburger Straße 86
D-80636 München
Tel.: 089 651285-0
Fax: 089 652096

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vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein
anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung
elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Redaktion: Werner Wahls


Korrektorat: Silvia Kinkel
Umschlaggestaltung: Isabella Dorsch
Umschlagabbildung: Art Streiber / AUGUST
Satz: inpunkt[w]o, Haiger (www.inpunktwo.de)
Grafiken und Illustrationen: Marvin Adlhofer
Druck: GGP Media GmbH, Pößneck
Printed in Germany

ISBN Print 978-3-95972-051-9


ISBN E-Book (PDF) 978-3-96092-082-3
ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-96092-083-0

Weitere Informationen zum Verlag finden Sie unter

www.finanzbuchverlag.de
Beachten Sie auch unsere weiteren Verlage unter www.m-vg.de
INHALT

Einleitung

I. Der Freigeist – Libertäre Weltsicht


Das Libertäre Manifest
Das Founders-Fund-Manifest
Das intellektuelle Rückgrat

II. Erfolgsfaktor konträres Denken


Die Million-Dollar-Frage – Die Frage aller Fragen
Optimismus & konträres Denken – Chancen nutzen, die andere nicht
sehen
Die zehn Start-up-Gebote des Peter Thiel – Erfolgreiche Start-ups
beruhen auf Geheimnissen

III. Stanford University


Der Weg nach Stanford
Ausbildung an der Stanford University und Stanford Law School

IV. Risiko als Chance – Wettbewerb ist für Verlierer


Gastspiel in New York – Der ultimative Wettbewerb
Next big thing – Internet
PayPal wird geboren
PayPal-Mafia – Weltklasse-Teambuilding
V. Der Autor
›Zero to One‹ – Der Lehrer
›The Diversity Myth‹ – Der Anwalt

VI. Der Unternehmer


Co-Gründer und erster CEO von PayPal
Co-Gründer und Chairman von Palantir
Erster externer Investor und Aufsichtsrat von Facebook

VII. Der Investor


Investmentstil
Investmentgrundsätze
Monopole versus Wettbewerb
Investments
Investmentgesellschaften

VIII. Der Politikberater


Der Libertär und Trump-Finanzier
Rede auf dem Republican National Convention
Rede vor dem National Press Club
Trumps Technologieberater
Thiels Regierungsteam
Thiels Programmatik
Die unheimliche (Verführungs-)Macht des Digitalen

IX. Der Philanthrop


Thiel Foundation
Thiel Fellowship
Breakout Labs
Ausblick: Aufbruch zu neuen Ufern

Danksagung

Über den Autor

Endnoten
EINLEITUNG
»We wanted flying cars instead we got 140 characters«
Peter Thiel (FOUNDERS-FUND-MANIFEST)

Er ist eine der schillerndsten Persönlichkeiten, die das Silicon Valley aktuell
zu bieten hat: Peter Thiel. Er ist erfolgreicher Unternehmer,
Hedgefondsmanager, Bestsellerautor, Philanthrop und seit Neuestem
Politikberater von Donald Trump. In Deutschland geboren, aufgewachsen
in den USA, Studium an der renommierten Stanford University – Thiel
verkörpert den amerikanischen Traum und wie man durch harte Arbeit nicht
nur Millionär, sondern Milliardär werden kann.
Im Silicon Valley zählt er zu den größten technologischen und
intellektuellen Vordenkern. Als Gründer des Bezahldiensts PayPal, der
geheimnisumwobenen Big-Data-Firma Palantir und als erster externer
Investor in Facebook gelang es ihm, gleich drei globale Unternehmen
maßgeblich zu prägen und mit ihnen reich zu werden. Doch seine Mission
geht viel weiter. Er sieht die westliche Welt in einer selbstzufriedenen
Stagnation gefangen, in der es Politik und Wirtschaft nicht mehr wagen,
große Visionen im Stile von Kennedys Mondlandeprojekt zu benennen und
risikoreiche Innovationen voranzutreiben. Deshalb fördert er begabte junge
Leute, die eine Unternehmensgründung einem Studium vorziehen, und
bezahlt ihnen fürs Nichtstudieren 100.000 Dollar.
Die vorliegende Biografie gibt erstmals einen Einblick in das
facettenreiche Leben des Peter Thiel und geht seiner Erfolgs-DNA auf den
Grund.
Eine Hauptrolle spielt dabei die Digitalisierung. Sie verändert unser
Leben sowohl im privaten wie im geschäftlichen Umfeld von Grund auf.
Die explosionsartige Verbreitung der sozialen Netzwerke in Kombination
mit den Smartphones auf der einen Seite und die zunehmende
Automatisierung und Robotisierung der Produktionsabläufe führen zu einer
gewaltigen Verdichtung, die viele Fragen aufwirft und sehr gute Antworten
verlangt.
Thiel gehört zu denjenigen, die Innovation und Technologie als
wesentlichen Treiber für die Schaffung neuer Arbeitsplätze sehen. Ihm ist
bewusst, dass sich die Berufsfelder der Menschen in Zukunft dramatisch
ändern werden. Hierzu bedarf es auch neuer Fähigkeiten, die in Schule,
Ausbildung und Beruf konsequent mittels modernster didaktischer und
digitaler Methodiken gelernt werden müssen. Thiel stellt gleichzeitig die
klassischen Ausbildungswege als alleinigen Königsweg infrage, obschon er
selbst eine stromlinienförmige Ausbildung mit Abschluss an der Stanford-
Universität durchlief.
Als einer der Ersten in der Technologiebranche hat er auch auf die
gesellschaftliche Verantwortung derselben hingewiesen. Technologie darf
kein Selbstzweck sein. Sie muss den Menschen dienen und dazu beitragen,
das Leben effektiv zu verbessern. Auch wenn Silicon Valley sich als
weltweiten Mittelpunkt der Innovation und des Fortschritts sieht, bleibt
doch festzuhalten, dass es noch viel zu tun gibt.
Seit Jahren weist Thiel darauf hin, dass wichtige Bestandteile, die für
das Wohlergehen einer Gesellschaft zwingend erforderlich sind, immer
stärker ins Abseits geraten und deren finanzielle Mittel beschnitten werden.
Konkret benennt er die größtenteils desaströse Infrastruktur, die aus dem
Ruder laufenden Kosten des medizinischen Sektors, aber auch die Krise des
Bildungssystems verbunden mit einer horrenden Verschuldung junger
Menschen in Form von Studiendarlehen.
Thiel treibt die Tatsache um, dass die junge Generation nicht mehr den
Lebensstandard und die finanzielle und soziale Absicherung ihrer Eltern
erreichen wird. Weite Teile von Politik und Wirtschaft haben sich durch ihre
Elitenbildung in ihren »Raumschiffen« der pulsierenden Kraftzentren wie
New York, Washington und San Francisco komfortabel eingerichtet und
dabei die Bodenhaftung zu den normalen Menschen der Mittelschicht
verloren.
Gerade die Mittelschicht, die für den gesellschaftlichen Zusammenhalt
und die Finanzierung der Sozialsysteme der westlichen Welt so wichtig ist,
fühlt sich durch die beiden Megatrends Globalisierung und Digitalisierung
in eine Art Schwitzkasten genommen, der ihnen kaum noch Luft zum
Atmen lässt.
Schon länger befürchtet Thiel, dass sich dieses gesellschaftliche
Phänomen möglicherweise gewaltsam entlädt. Eine Art Aufstand des
Volkes wie zu Zeiten der Französischen Revolution.
Die Digitalisierung reduziert sich auf Nullen und Einsen. Sie lässt
keinen Platz für Emotionen. Die Menschen sehen sich disruptiven
Entwicklungen ausgesetzt, bei denen kein Stein auf dem anderen bleibt.
Nicht ohne Grund bezeichnete die New York Times kürzlich die fünf
wertvollsten Digitalkonzerne Apple, Alphabet, Amazon, Facebook und
Microsoft als die »frightful Five«, die furchterregenden Fünf. Nicht mehr
die Banken und Versicherungen gehören zu den einflussreichsten
Unternehmen. Es sind die hippen Internetkonzerne, die inzwischen über
eine ungeheure Macht verfügen. Zukünftig müssen sie sich deshalb auch
ihrer gesellschaftlichen Verantwortung stellen. Die Verbreitung von Fake-
News und Hassparolen über Facebook sind dafür nur ein Indiz. Noch
immer sehen sich Google und Facebook als Plattformbetreiber und nicht als
Medienunternehmen des 21. Jahrhunderts, obschon die Menschen darüber
im Wesentlichen multimediale Inhalte konsumieren.
Thiel ist bisher mit seinem Ansatz als Unternehmer und Investor, auf
Technologie-Monopolisten zu setzen, gut gefahren. Wettbewerb und das
Duellieren mit anderen ist für ihn nicht die Königsdisziplin. Ganz im
Gegenteil: Wettbewerb ist für Verlierer. Er schätzt Unternehmen und
Investments, die ganz neue Märkte schaffen und einzigartig in ihrem
inneren Kern sind. Die Börse ist dafür ein Gradmesser. Es gibt exakt einen
führenden Smartphone Hersteller: Apple. Es gibt exakt eine führende
Suchmaschine: Alphabet. Es gibt exakt ein führendes soziales Netzwerk:
Facebook. Und es gibt nur einen führenden Betriebssystemhersteller:
Microsoft. Gemein ist diesen genannten Unternehmen, dass sie einzigartig
sind, eine monopolartige Stellung haben und außerordentlich hohe Renditen
erzielen. Im vorliegenden Buch gehen wir ausführlich darauf ein, wie Thiel
Monopole identifiziert und durch sein Handeln und Investieren konsequent
von ihnen profitiert.
Thiel liegen Innovationen am Herzen. Echte Innovationen. Große und
bahnbrechende Innovationen. Der Aufbruch nicht nur zu neuen Ufern,
sondern zu neuen Galaxien. Reiht sich Thiel damit ein in die J. P. Morgans,
Rockefellers, Carnegies, Vanderbilts und Fords, die maßgeblichen Anteil an
Amerikas Aufstieg zur weltweiten Wirtschaftsmacht im 19. und 20.
Jahrhundert hatten?
Dieser Frage, seinen zahlreichen Rollen, aber auch seinen Ecken und
Kanten, wollen wir mit dem vorliegenden Buch auf den Grund gehen. Thiel
ist ein intellektuell brillanter Tech-Tycoon des 21. Jahrhunderts, von dem
wir noch viel erwarten dürften.
Mit Thiels Worten lade ich Sie nun ein, sich auf die Suche nach den
spannenden Geheimnissen unserer Zeit zu begeben.

Thomas Rappold
im August 2017
I.
DER FREIGEIST – LIBERTÄRE WELTSICHT

I remain committed to the faith of my teenage years: to authentic human freedom as a


precondition for the highest good. I stand against confiscatory taxes, totalitarian collectives,
and the ideology of the inevitability of the death of every individual. For all these reasons, I
still call myself »libertarian«.
Peter Thiel1

Das Libertäre Manifest

Für Peter Thiel ist die persönliche Freiheit das höchste Gut überhaupt. Die
Politik und ihre Gesetze sieht er als Bevormundung aufgeklärter, freiheits-
und fortschrittsliebender Menschen an. In seinem viel beachteten Essay
›The Education of a Libertarian‹ legte er im Frühjahr 2009 seine
ungeschminkte Sichtweise auf die Politik und seine Weltsicht dar.
Er sei, so beginnt der Essay, seinen Ansichten seit seiner Zeit als
Teenager treu geblieben. Er stemmt sich gegen Steuererhebungen, die
»beschlagnahmenden« Charakter haben, und lehnt totalitäre Systeme, aber
auch die »Ideologie von der Unausweichlichkeit des Todes jedes
Einzelnen«, ab.

Thiel berichtet von seiner Zeit als Philosophiestudent Ende der 1980er-
Jahre, als er sich zu den »Geben-und-Nehmen«-Debatten hingezogen
fühlte, mit dem Verlangen, Freiheit durch politische Mittel zu erreichen. Die
Gründung der studentischen Stanford Review sollte die vorherrschende
Rechtgläubigkeit auf dem Campus herausfordern. Doch selbstkritisch merkt
Thiel an, dass er und seine Mitstreiter angesichts des geleisteten Aufwands
wenig erreicht hätten. »Viele der Auseinandersetzungen fühlten sich an wie
der Grabenkrieg an der Westfront des Ersten Weltkriegs; es gab zahlreiche
Gemetzel, aber wir gelangten nicht zum Zentrum der Debatte.«
Während seiner Zeit als Anwalt und Hedgefondsmanager in Manhattan
in den 1990er-Jahren begann Thiel zu verstehen, »warum so viele nach dem
Studium desillusioniert wurden.« Die Welt erschien vielen als ein »viel zu
großer Ort«. »Anstatt gegen die unbarmherzigen Unterschiede des
Universums anzukämpfen, haben sich viele meiner gescheiten
Gleichgesinnten auf die Pflege ihres kleinen Gartens konzentriert.« Thiel
beobachtete, dass mit höherem Intelligenzquotienten die Vorbehalte
gegenüber einer freien Marktwirtschaftspolitik wuchsen. Laut seinem Essay
manifestierte sich dies bei den gebildetsten Konservativen in Trinksucht,
während sich die klügsten Libertäre über den Alkohol hinaus nach
Möglichkeiten von Ausflüchten Gedanken machten.
Thiel, der sich selbst als Optimist sieht, zeichnet unter dem Eindruck
der Wirtschafts- und Finanzkrise 2008/09 ein düsteres Bild der Aussichten
einer libertären Politik. Das Platzen der Immobilienblase, der Bankrott von
Lehman Brothers und die anschließende temporäre Verstaatlichung von
Unternehmens-Ikonen wie dem Autobauer General Motors und dem
Versicherungsgiganten AIG sind schwer zu schluckende Pillen für jeden
libertär Denkenden. Es war die größte Wirtschafts- und Finanzkrise nach
1929 und sie stürzte die Finanzmärkte in den Abgrund. Nur durch massive
staatliche Eingriffe just der Parteien, die laut Thiel hauptverantwortlich für
die Blase waren, konnte erfolgreich gegengesteuert werden. Allerdings
musste dem durch eine massive Ausweitung der Staatsverschuldung und
neuen Regularien insbesondere im Banken- und Versicherungssegment
Rechnung getragen werden. Verantwortlich für die Krise waren
überbordende Schuldenlasten, die noch dazu von Regierungen gestützt und
gegen hohe Risiken versichert wurden. Und nun sollte das Problem mittels
neuer Schulden und noch mehr staatlicher Eingriffe gelöst werden! »Für
diejenigen, die im Jahr 2009 Libertäre sind, kulminiert unsere Ausbildung
in der Erkenntnis, dass die breitere Ausbildung des Organs Politik
vergebliche Mühe ist.«
Doch noch schlimmer, so Thiel, ist die Erkenntnis, »dass der Trend
schon für eine lange Zeit in die falsche Richtung geht.« Immer stärker
interveniert der Staat mit seiner Wirtschafts- und Finanzpolitik und
manipuliert damit auch die Finanzmärkte. Unter dem Eindruck der
massiven staatlichen Eingriffe und Hilfsmaßnahmen des Winters 2008/09
erwähnt Thiel in seinem Essay die Wirtschaftskrise 1920/21. Damals hat die
US-Regierung nicht interveniert, was zu einer kurzen und heftigen Krise im
Stile des »Schumpeterschen kreativen Akts der Zerstörung« führte, aber
letztlich in ein prosperierendes Jahrzehnt mit den »Roaring 1920s«
mündete. Thiel glaubt nicht mehr daran, »dass Freiheit und Demokratie
kompatibel sind.« Hauptverantwortlich für den Widerspruch aus
Kapitalismus und Demokratie ist für Thiel das seit 1920 zu beobachtende
Anwachsen des Wohlfahrtstaats gepaart mit dem Frauenwahlrecht.
Thiel kommt zu dem für ihn resignierenden Schluss, dass im Moment
die Politik der Königsweg für die Zukunft unserer Welt ist. »In unserer Zeit
besteht die große Aufgabe der Libertären darin, einen Ausweg aus der
Politik in all ihren Formen zu finden.« Doch damit ist es nicht genug. Die
»Flucht« muss über die Politik hinaus erfolgen, so Thiel. Dazu müssen
»unentdeckte Gebiete« erschlossen werden, in denen neue Formen des
gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens ausprobiert werden können.
Doch weil praktisch jeder Zentimeter der Erde bereits kartografiert und
bekannt ist, konzentriert er seine Anstrengungen auf neue Technologien, die
»einen neuen Raum für Freiheit« schaffen sollen.2
Die drei bedeutendsten sind für ihn:

Der Cyberspace
Als Unternehmer und Investor, so Thiel, habe er seine »Anstrengungen auf
das Internet fokussiert«. Mit PayPal wollte er eine neue Weltwährung
schaffen, die frei von »Regierungskontrolle und Verwässerung ist«, um die
bestehende Währungssouveränität der Staaten aufzuheben. Mit dem
Facebook-Investment in den 2000er Jahren wurde der Raum geschaffen für
neue Formen von Gemeinschaften, die »nicht an Nationalstaaten gebunden«
waren. Die neuen virtuellen Welten werden die soziale und politische
Ordnung verwandeln. So wurde der US-Präsidentschaftswahlkampf 2016
bereits maßgeblich durch die sozialen Medien und im Wesentlichen durch
den geschickten Einsatz von Facebook und Twitter entschieden. Das
vorliegende Buch geht darauf noch ausführlich ein. Festzuhalten bliebt,
dass Face-book mit seinen rund zwei Milliarden Mitgliedern inzwischen
über eine so große Reichweite verfügt, dass es die von Thiel angesprochene
soziale und politische Ordnung erheblich beeinflussen kann. Zwar hat
PayPal es nicht geschafft, eine eigenständige Währung einzuführen, doch
mit dem Aufkommen der Bitcoins und der damit verbundenen weltweiten
Euphorie um das Computergeld zeichnet sich auch hier eine disruptive
Veränderung ab, die herkömmliche staatliche Strukturen der Geldpolitik
verändern kann.

Der Weltraum
Der Weltraum bietet für Thiel eine »grenzenlose Fluchtmöglichkeit vor der
Weltpolitik«. Aber dafür gibt es eine starke Eintrittsbarriere. Die
Raketentechnologie hat seit den 1960er-Jahren bis zum Jahr 2009 wenig
Fortschritte gemacht, sodass eine Zukunft im All »fast unerreichbar weit
weg ist.« Notwendig ist eine »Verdoppelung der Anstrengungen für die
kommerzielle Raumfahrt, aber wir müssen auch realistisch sein hinsichtlich
der damit verbundenen Zeithorizonte.« Thiel schlussfolgert, dass eine
libertäre Zukunft im All, wie sie von dem bekannten amerikanischen
Science-Fiction-Autor Robert A. Heinlein skizziert wurde, »nicht vor der
zweiten Hälfte des 21. Jahrhunderts Realität« würde. Thiel gehört
inzwischen mit seinen Risikokapitalfonds zu den großen Finanziers der
kommerziellen Raumfahrt. Er hat u. a. massiv in das von seinem PayPal-
Kompagnon Elon Musk gegründete Raumfahrtunternehmen SpaceX
investiert. SpaceX wurde als Start-up zunächst belächelt, macht aber in der
Zwischenzeit den bisherigen Platzhirschen NASA und ESA das Leben
schwer, indem es auf ganz neue Technologien und Verfahrensweisen setzt.
2017 gelang es SpaceX als erstem Raumfahrtunternehmen, Bestandteile
einer Trägerrakete wiederzuverwenden. Die Kosten für den Transport ins
All dramatisch zu drücken und den Mars zu erobern, das ist das erklärte
Ziel von SpaceX.3

Das Seasteading
Auf der Achse zwischen den Extremen Cyberspace und dem Weltall liegt
für Thiel die Möglichkeit der Besiedelung der Ozeane. Seasteading
bedeutet die Schaffung von Stätten mit dauerhaftem Lebensraum auf dem
Meer, ohne dass Länder einen Einfluss auf diese Gebiete nehmen können.
Bereits im Jahr 2009 hielt Thiel die Technik für ausgereift genug, dass es
wirtschaftlich Sinn macht, aber spätestens in naher Zukunft würde es seiner
Meinung nach so weit sein. »Es ist ein realistisches Risiko und deshalb
unterstütze ich diese Initiative mit großen Erwartungen.« Doch in den
letzten Jahren wurde es im Gegensatz zu den beiden erstgenannten
Investments Facebook und SpaceX ruhiger um das Seasteading, was Thiel
in einem Interview mit der Bloomberg-Journalistin Emily Chang im Jahr
2014 zur Aussage veranlasste, dass es für ihn ein »sehr kleines
Nebenprojekt« sei und dass es »sehr weit in der Zukunft läge«.4
Thiel kommt in seinem Essay zur Schlussfolgerung, dass wir uns
bildlich gesprochen in einem »Todesrennen zwischen Politik und
Technologie« befinden. »Die Zukunft wird viel besser oder viel schlechter
werden, aber die Frage nach der Zukunft bleibt in der Tat sehr offen.« Im
Gegensatz zur Politik könne der Einzelne in der Technologie etwas
bewegen und damit den Unterschied ausmachen. Thiel schließt mit der
Voraussage, dass das »Schicksal unserer Welt von den Bestrebungen einer
einzelnen Person abhängen könne, die eine Maschine der Freiheit herstellt,
die die Welt für den Kapitalismus sicher macht.« Rund zehn Jahre nach
Thiels Worten dürfen wir uns fragen, ob wir nicht in Person von Mark
Zuckerberg und seinem weltumschlingenden Netzwerk Facebook den
Erfinder und Retter der »brave new World« gefunden haben? Zuckerberg
will uns endgültig in den Cyberspace und damit in die virtuelle Welt
überführen, wo alles schöner, moderner und bunter sein soll. Vielleicht löst
sich so auf bequeme Art und Weise die Diskrepanz zwischen virtueller und
realer Welt, von der Thiel in einem Interview im April 2017 mit der
Zeitschrift Bilanz feststellte: »Unsere Smartphones, die uns von unserer
Umwelt ablenken, lenken auch davon ab, dass unsere Umwelt merkwürdig
alt und teilweise marode ist. Das U-Bahn-Netz in New York ist über 100
Jahre alt, große Teile unserer Infrastruktur wurden nicht modernisiert«.5
Liegt das Ignorieren oder das Lösen der realen Herausforderungen unserer
Welt also im digitalen Eskapismus?

Thiel erwartete, dass sein Essay Reaktionen provozieren würde, und er


wurde nicht enttäuscht. Allerdings bezogen sich die Rückmeldungen nicht
primär auf die erwähnten Themen Cyberspace, Seasteading oder libertäre
Politik, sondern hauptsächlich auf das Thema Wahlverhalten im
Zusammenhang der Geschlechterkluft. Thiel betont, dass es ihm nicht
darum geht, einer Gruppe das Wahlrecht zu entziehen bzw. vorzuenthalten,
aber »ich habe wenig Hoffnung, dass Wahlen die Dinge besser machen.«
Für ihn mischt sich die Politik in zu viele Bereiche ein, und er versteht
nicht, warum Leute wegen des Konsums leichter Drogen eingesperrt, aber
gleichzeitig gezwungen werden, »rücksichtslose« Finanzinstitute mit ihren
Steuergeldern zu retten.
»Die Politik macht die Leute wütend, zerstört Beziehungen und
polarisiert die Visionen von Menschen: Die Welt sind Wir gegen die
Anderen; gute Leute gegen die Anderen.« Deshalb, so Thiel, konnten
libertär denkende Menschen bislang so wenig in der Politik ausrichten. Er
empfiehlt deshalb, die »Energien anderweitig für friedliche Projekte
einzusetzen, die allgemein als utopisch angesehen werden.«6
Liest man diese Zeilen acht Jahre später im Jahr 2017, so hat der sonst
so Grenzen überwindende und notorisch optimistische Peter Thiel den
Meister in sich selbst gefunden. Er hat im Frühjahr 2016 offen für Donald
Trump geworben, ihn finanziell unterstützt und auf dem
Nominierungsparteitag der Republikaner im Sommer 2016 eine flammende
Rede auf ein neues Amerika unter Trump gehalten. Damit gehörte er zu den
Siegern und gilt zusammen mit seinen Mitarbeitern in der Zwischenzeit als
wichtiger Vertrauensmann und Technologieberater der Trump-
Administration in Sachen Wirtschaft, Wissenschaft und Innovation. Ein
gewaltiger Sprung aus Sicht der beschriebenen Malaise im Jahr 2009. Auch
hier gilt das für Thiel so bekannte Motto aus der Start-up-Welt: Nichts ist
unmöglich! Thiel ist nicht nur ein Libertärer, sondern auch ein konträr
geprägter Geist. Wer große Risiken eingeht wie er, kann enorme Gewinne
einfahren. Für Thiel bietet sich in seiner Rolle als außenstehender Berater
Trumps nun eine »once in a lifetime opportunity«, eine einmalige
Gelegenheit, um das von ihm so geliebte Amerika wieder auf den Pfad der
technologischen Tugend zu bringen und zu einem insgesamt modernen und
innovativen Land zu formen.

Das Founders-Fund-Manifest

Um sich unter den Etablierten in der Venture-Capital-Welt abzuheben und


sich bei den besten Gründern und Startups mit einem einzigartigen Profil
Gehör zu verschaffen, braucht es mehr, als nur Kapitalbeschaffer zu sein.
Marc Andreessen, der Erfinder des ersten Webbrowsers, Gründer von
Netscape und inzwischen einflussreicher Risikokapitalinvestor bei
Andreessen und Horowitz, hat dies mit seinem Essay ›Software is eating the
world‹ eindrucksvoll bewiesen. Andreessen legt dar, wie sämtliche
Branchen zukünftig durch den Einsatz von Software grundsätzlich neu
aufgestellt werden, sich in rapider Geschwindigkeit neue Unternehmen
auftun und bestehende marginalisiert werden. Beispiel dafür ist die
Software-Dominanz im Mobilfunksektor durch Apple und Google, während
der frühere Dominator Nokia keine Bedeutung mehr hat.7 Gleiches gilt für
die Segmente Medien, Handel und Logistik, wo softwaregetriebene
Plattformen wie Amazon und Netflix etablierten Anbietern die Butter vom
Brot nehmen. Andreessens Essay ist auch die Blaupause für Investitionen
seines Risikokapitalfonds. Er investiert primär in Start-ups, die
softwaregetrieben die Welt verändern und damit etablierten Anbietern das
Leben schwermachen oder gar ganz neue Märkte erobern wollen.
Der Founders Fund, gegründet von Thiel und seinen PayPal-Kollegen
Ken Howery und Luke Nosek, steht dem in nichts nach. Sie
veröffentlichten auf der Founders-Fund-Website im Jahr 2011 das Manifest
›What happened to the future?‹. Richtig bekannt wurde allerdings der
Untertitel »We wanted flying cars, instead we got 140 characters«. Er
basiert auf dem von Thiel immer wieder vorgetragenen Manko, dass sich
der technologische Fortschritt deutlich verlangsamt hat und es in den
vergangenen Jahrzehnten, mit Ausnahme der Computer- und
Internetindustrie, nur zu wenigen Innovationssprüngen gekommen ist.
Seiner Meinung nach braucht es viel mehr ambitionierte Gründer, die sich
den wirklichen technologischen Herausforderungen stellen, statt das 20.
Social-Media-Start-up zu gründen. Der Ausspruch wendet sich nicht gegen
das Unternehmen Twitter an sich, wie Thiel gegenüber der Zeitschrift
Bilanz betont: »Twitter ist ein erfolgreiches Unternehmen, Facebook erst
recht. Aber das alleine reicht wahrscheinlich nicht aus, um unsere
Zivilisation auf die nächste Stufe zu heben. Technik sorgt für
Veränderungen, aber heutzutage ist Technik gleichbedeutend mit
Informationstechnik, also Internet, Computer, Smartphone und mobiles
Internet. Ich fürchte, diese Einengung des technischen Horizonts reicht
nicht aus, um unsere Gesellschaft entscheidend voranzubringen«.8 Wo liegt
der tiefere Sinn, der von Thiel und seinen Kollegen angesprochenen
Systemkritik, eine Kritik, die auch die Geldgeber, also die
Risikokapitalinvestoren ausdrücklich einschließt.
Ausgangspunkt des Manifests ist die These, dass es für den Founders
Fund, stellvertretend für andere Risikokapitalinvestoren, zwei primäre und
miteinander korrelierende Interessen gibt:
Den technologischen Fortschritt als den Treiber des Wachstums in der
industrialisierten Welt zu unterstützen und damit außergewöhnliche
Ergebnisse für Investoren zu erzielen, genau dies ist der Kern des Begriffs
»Risikokapitalinvestitionen« in seiner ursprünglichen Form.
Zwischen den 1960er- und 1990er-Jahren war diese Paarung ein großer
Erfolg. In den 1960er-Jahren konzentrierten sich die Investitionen in die
neu entstehende Halbleiterindustrie mit Intel an der Spitze. In den 1970er-
Jahren folgten dann Unternehmen der Hardware- und Software-Industrie,
gefolgt in den 1980er-Jahren von Unternehmen der Biotechnologie,
Mobilkommunikation sowie von Netzwerkunternehmen. Schließlich kamen
die Internetunternehmen in den 1990er-Jahren dazu. Gemein war allen
Technologien, dass es sich um hohe technologische wie auch
wirtschaftliche Risiken gehandelt hat. Vielfach zweifelten die Firmen selbst
am Erfolg ihrer Produkte, wie die früheren Aussagen der Vorstände der
Computerkonzerne IBM und Digital Equipment zeigten, die nur ein
begrenztes Absatzpotenzial für Computer sahen und auf gar keinen Fall
eine massenhafte Durchdringung in jeden einzelnen Haushalt. Nicht nur die
Unternehmen der Halbleiterindustrie, auch die Unternehmen der
aufstrebenden PC-Industrie, wie Apple und Microsoft, waren in ihren
Anfängen alles andere als sichere Wetten auf einen hohen Ertrag für
Risikokapitalinvestoren. Es galt aber das ungeschriebene Gesetz, dass
herausragende Ingenieurskunst und Investieren eins sind.
Doch in den späten 1990er-Jahren drehte sich das Bild. Viele
Risikokapitalportfolios, so das Founders-Fund-Manifest, waren nicht mehr
auf Unternehmen ausgerichtet, die technologische Durchbrüche im Fokus
hatten, sondern auf solche, die lediglich inkrementelle Fortschritte boten
oder sogar nur Scheinlösungen. In der Aktienblase um die
Jahrtausendwende gewannen praktisch alle Technologieaktien deutlich an
Wert, ohne genaue Prüfung auf Qualität und zukünftigem wirtschaftlichen
Erfolg. Und genau das ist nach Auffassung des Founders Fund der Grund,
warum viele Risikokapitalfonds für ihre Anleger kein Geld verdienen und
die Branche mehr oder weniger »kaputt« ist.
Der Founders Fund plädiert in seinem Manifest deshalb für
Investitionen in Unternehmen mit fundierten Technologiegrundlagen und
Alleinstellungsmerkmalen, die damit auch nachhaltige Erträge liefern,
unabhängig von den volatilen Kapitalmärkten. Beispiele sind für den
Founders Fund Unternehmen wie Amazon und Facebook. Während
Amazon Innovationen wie Kundenempfehlungen und Logistik
revolutioniert hat, ist Facebooks Alleinstellungsmerkmal eine skalierbare
und hochleistungsfähige Netzwerk-Plattform für die Pflege von sozialen
Kontakten für rund zwei Milliarden Menschen im Live-Betrieb.
Doch wo bleiben die Visionen und der Glaube an echte technologische
Durchbrüche?
Nicht ohne Grund stellt das Manifest die rhetorische Frage »Gibt es
noch wirkliche Technologien, die noch unentdeckt sind? Oder haben wir die
Ziellinie erreicht, eine Art von technologischem Ende der Geschichte?«
Früher gab es diese großen Ideen und Visionen. Das Manifest nennt dazu
als Beispiele die Konzeptstudie aus den 1950er-Jahren über ein
atomgetriebenes Automobil und den britischen Physiker und Science-
Fiction-Autor Arthur C. Clarke, der 1968 die baldige Aufnahme
kommerzieller Reisen in den Weltraum und die Nutzung künstlicher
Intelligenz voraussah.
Die etwas ketzerische Antwort des Founders Fund dazu lautet: »Die
Zukunft, auf die die Leute in den 1960er-Jahren gewartet haben, ist immer
noch die Zukunft, auf die wir heute, ein halbes Jahrhundert später, warten.
Statt Captain Kirk und der USS Enterprise haben wir den Preisvergleicher
Priceline und günstige Flüge nach Cabo (Cabo San Lucas liegt auf der zu
Mexiko gehörenden Halbinsel Niederkalifornien)«.
Folgerichtig fußen die Investmentprinzipien des Founders Fund auf
folgenden Segmenten:
– Luft- und Raumfahrt sowie der Transportsektor
– Biotechnologie
– Analytik und Software
– Energie
– Internet

Doch auch die genannten Segmente sind nicht sakrosankt, denn, so der
Founders Fund weiter: »Die besten Unternehmen schaffen sich ihre eigenen
Märkte.« Das ist ganz nach dem Geschmack von Thiel, der für seine
Investments nach monopolistisch geprägten Technologieunternehmen
sucht.9
Wir halten also fest: Während weite Teile der Risikokapitalunternehmen
sich eher auf risikoärmere Investitionen konzentrieren, suchen Founders
Fund und Thiel nach Unternehmen und Unternehmern, die mit
revolutionären Technologien die Welt zum Besseren verändern wollen. Das
Manifest des Founders Fund ist eine klare Botschaft hin zu einer
technologiegetriebenen Investitionspolitik und unterscheidet sich damit
erheblich von dem weitverbreiteten Financial Engineering der Wall Street
und weiten Teilen des Silicon Valley, bei dem Investitionsentscheidungen
meist nur auf Basis von Excel-Datenblättern anstatt auf einer
technologischen Expertise des Investitionsprodukts getroffen werden.

Das intellektuelle Rückgrat

Peter Thiel ist ein Intellektueller mit einem sehr fundierten Wissen über
Politik, Philosophie, Ökonomie und Technologie. Im Gegensatz zu vielen
anderen Persönlichkeiten des Silicon Valley basiert seine Weltsicht nicht
eindimensional auf technologischen Spezifika. Thiel hat immer das große
Ganze im Blick. Seine Investments unterliegen einem festen
Prinzipienfundament, das er sich über Jahrzehnte aufgebaut hat. Er ähnelt
dabei den Investorenlegenden Warren Buffett und Charlie Munger. Allen
gemein ist ihre Vorliebe für Bücher. Während Buffett auf das Buch seines
Lehrmeisters Benjamin Graham, »Security Analysis«, schwört, sind es für
Thiel die Bücher des französischen Philosophen und Stanford-Professors
René Girard. Thiel hält Girard, den er als Philosophiestudent im
Grundstudium an der Stanford Universität kennengelernt hat, für einen der
letzten Universalgelehrten.10
Das Buch mit dem Titel »Things Hidden since the Foundation of the
Wold« (Das Ende der Gewalt. Analyse des Menschheitsverhängnisses.
Erkundungen zu Mimesis und Gewalt mit Jean-Michel Oughourlian und
Guy Lefort. Herder, Freiburg 2009) ist für Thiel Girards Meisterwerk.
Selbst für den philosophisch beschlagenen Thiel ist das Buch keine leichte
Kost. »Es ist nicht undurchsichtig, es ist nur dicht bepackt.« Man solle am
besten über die Kultur zu lesen beginnen, die man am interessantesten
findet, so Thiel in einem Interview für Business Insider.11 Girard macht es
dem Leser auch nicht leicht. Schon auf der ersten Seite warnt er, dass er
»absichtlich alle Zugeständnisse dem Leser überlassen habe«. Girards
Schlüsselkonzept ist die sogenannte Nachahmungstheorie (»mimetic
theory«). Seiner Meinung nach basiert der Großteil des menschlichen
Verhaltens auf Nachahmung. Gemäß Girard ist Nachahmung
unausweichlich. Es gilt der Grundsatz, dass wir das, was wir tun, deshalb
tun, weil es andere Leute ebenfalls tun. Die Konsequenz daraus ist, so
Thiel, »dass wir alle um dieselben Dinge konkurrieren, also um dieselben
Schulen, Arbeitsplätze und Märkte.«12 In der Wirtschaft, so Thiel
»verwässert« der Wettbewerb die Gewinne. Daraus entstand Thiels
provokante These »Competition is for Losers«.13
Das Werk von Girard kreist um Nachahmung und Wettbewerb. Das
Buch ist im Konversationsstil verfasst. Girard antwortet auf die Fragen
zweier Psychiater. Dabei spannen sie einen weiten Bogen um die
Themenfelder Anthropologie, Religion, Literatur und die Psychoanalyse.
Aber auch moderne Theorien zu Gesellschaft und Kultur werden behandelt.
Der Wettbewerb führt aber auch zu gesellschaftlichen Konflikten und
Gewalt. Für das renommierte Wissenschaftsjournal ›Philosophy and
Literature‹ gehört René Girard zu »einer Handvoll von Wissenschaftlern
unserer Zeit, die unser Denken darüber veränderten, wer wir sind und
woher wir kommen«.14
Auf ›Things Hidden since the Foundation of the World‹ wird
ausführlich in dem Kapitel ›Stanford University‹ eingegangen, an der Thiel
das Buch zum ersten Mal in seinem Grundstudium der Philosophie las.
Gegenüber www.reddit.com äußerte sich Thiel über seine favorisierten
Bücher. Seine Vorliebe gilt »dem Genre von Büchern aus der
Vergangenheit, die über die Zukunft schreiben«.15 Die folgenden vier
Bücher haben es ihm besonders angetan:

The New Atlantis von Francis Bacon


Es wurde 1627, ein Jahr nach seinem Tod, veröffentlicht. Bei ›The New
Atlantis‹ handelt es sich um ein fragmentarisches Werk. Bacon spielte eine
führende Rolle beim Aufbau englischer Kolonien in Virginia, Neufundland
und im Nordosten von Kanada. Das Buch dürfte um 1623 entstanden sein,
nachdem sich Bacons politische Karriere bereits im Niedergang befand. In
dem Fragment beschreibt er eine mystische Insel mit dem Namen
Bensalem, die von der gestrandeten Besatzung eines europäischen Schiffs
auf dem Pazifik westlich von Peru entdeckt wurde. Die Einwohner von
Bensalem werden als Menschen mit einer hohen Moralvorstellung und
großer Aufrichtigkeit beschrieben. Kein Offizieller in Behörden verlangt
Geld für Dienstleistungen. Es herrscht Religionsfreiheit, und großen Wert
legt Bensalem auf das staatlich geförderte Wissenschaftsinstitut Salomons
House. Die Großzügigkeit, die Aufgeklärtheit, die Würde und der Glanz,
aber auch die Religiosität und öffentliche Stimmung zeichnen das
idealisierte Bild, das Bacon sich als Staatsmann von seinem Heimatland
wünschte. Mit der Beschreibung des Salomons House legt er einen Plan und
eine Organisationsform für die moderne forschungsgetriebene Universität
vor, wie wir sie heute kennen, und beschreibt eine Vielzahl neuester
Erfindungen und Entdeckungen. Die Gründung der renommierten
englischen Wissenschaftsvereinigung Royal Society soll auf ›New Atlantis‹
und weitere Schriften Bacons zurückgehen.16

Die amerikanische Herausforderung von Jean-Jacques Servan-


Schreiber
»Die Zeichen und Instrumente der Macht sind nicht mehr bewaffnete
Legionen oder Rohstoffe oder Kapital … Der Wohlstand, nach dem wir
streben, liegt nicht in der Erde oder in der Anzahl von Menschen oder in
Maschinen, sondern im menschlichen Geist. Und insbesondere in der
Fähigkeit der Menschen zu denken und zu gestalten.« Die Worte von Jean-
Jacques Servan-Schreiber, dem Autor des Bestsellers ›Die amerikanische
Herausforderung‹ sind aktueller denn je. Servan-Schreiber, der im Zweiten
Weltkrieg Kampfpilot in der französischen Armee von Charles de Gaulle
war, arbeitete nach dem Krieg zunächst als außenpolitischer Redakteur für
die Pariser Tageszeitung Le Monde. Im Anschluss gründete er den
L’Express, ein moderat linksgerichtetes Nachrichtenmagazin nach dem
Vorbild des Time Magazin.17 In ›Die amerikanische Herausforderung‹
warnte Servan-Schreiber bereits 1967 Europa davor, zu einer bloßen
Kolonie der USA zu verkommen. Eine Erkenntnis, die europäischen
Politikern im Jahr 2017 unter dem neuen Politikstil von Donald Trump
schmerzlich bewusst wird. Viel zu lange hat sich Europa durch kleinkarierte
Streitereien klein gemacht und dabei immer auf die Hilfe des großen
Bruders USA gezählt.
Das Buch von ihm wurde umgehend zum Bestseller. Allein in
Frankreich wurden unter dem Originaltitel ›Le Défi américain‹ mehr als
zwei Millionen Exemplare verkauft. Weltweit wurde das Buch in 16
Sprachen übersetzt und zehn Millionen mal in insgesamt 26 Ländern
verkauft. Servan-Schreiber war mit diesem Buch seiner Zeit voraus. Seine
Aussagen zu Europa, der Industrialisierung und Digitalisierung der
globalisierten Wirtschaft sind bis hin zu der aktuellen politischen Situation
in Frankreich aktueller und lesenswerter denn je. Der
Wirtschaftsnobelpreisträger Professor Paul Krugman bezeichnete das Buch
in seinem Vorwort für die eBook-Ausgabe als »prägend für eine ganze
Generation«. Wir würden heute in einer Welt leben, »die ganz der Welt
entspricht, wie sie sich Servan-Schreiber vorgestellt hat.« Für den Gründer
des Weltwirtschaftsforums (WEF), Klaus Schwab, war das Buch nicht nur
ein »Game Changer für die Europa-Amerika-Beziehungen, es bot auch eine
neue und innovative Konzeption nationaler Wettbewerbsfähigkeit.« Für
Schwab war es schlussendlich auch ein »Katalysator für die Schaffung des
Weltwirtschaftsforums«.
»Servan-Schreiber beschrieb zuerst seine kühne Vision eines
beschleunigenden amerikanischen Wohlstands. Während dieser Ausgang zu
jener Zeit unausweichlich schien, haben wir ein halbes Jahrhundert später
diese Zukunft weit unterschritten. Die Wiederveröffentlichung seines
bahnbrechenden Buchs dient als deutlicher Aufruf an unsere stagnierende
Gesellschaft, Wege zurück zu der optimistischen Zukunft der 1960er Jahre
zu finden« so Peter Thiel.18
Auch Donald Trump hat in seinem Präsidentschaftswahlkampf immer
wieder an die glorreichen Zeiten der 1960er-Jahre erinnert, als Amerika vor
Kraft strotzte, es der breiten Mittelschicht immer besser ging und die
Zukunftsaussichten rosig erschienen. Thiel sieht diese Zeit wegen der
breiten technologischen Aufbruchsstimmung sehr positiv. Visionen wie die
Mondlandung wurden in den 1960er-Jahren von John F. Kennedy geboren
und noch vor dem Ende desselbigen Jahrzehnts mit dem Betreten des
Monds von Neil Armstrong und Buzz Aldrin in die Tat umgesetzt.
Mitverantwortlich dafür waren die damals großen Fortschritte in der
Raumfahrttechnik mit dem Apollo-Raketenprogramm und der Halbleiter-
und Computerindustrie, ohne die eine so komplexe Mission nicht möglich
gewesen wäre.19
Erwähnt sei, dass die deutsche Ausgabe 1968 mit einem Vorwort von
Franz Josef Strauß erschien. Servan-Schreiber revanchierte sich im
Gegenzug bei Strauß im selben Jahr mit einem Vorwort zu dessen Buch
»Herausforderung und Antwort. Ein Programm für Europa«. Strauß war zu
dieser Zeit Bundesfinanzminister.
›The Great Illusion. A Study of the Relation of Military Power to National
Advantage‹
von Norman Angell
Blickt man auf das 20. Jahrhundert zurück, das in der ersten Hälfte von
zwei blutigen Weltkriegen geprägt wurde, die Europa in Schutt und Asche
legten und den Kontinent über mehrere Jahrzehnte durch den eisernen
Vorhang trennten, gleicht es einer geradezu prophetischen Entdeckung,
wenn man ›The Great Illusion. A Study of the Relation of Military Power to
National Advantage‹ von Norman Angell in Händen hält und seinen
Ansichten folgt. Angell schrieb das Buch um 1910, also unter dem
Eindruck der um die Deutungshoheit in Europa rivalisierenden Mächte
England und Deutschland. Beide lieferten sich einen Rüstungswettlauf,
insbesondere in der Aufrüstung ihrer jeweiligen Kriegsmarine. Die
Regierenden und Politiker verfolgten eine Blut-und-Boden-Doktrin, die
vorsah, neue Ländereien weltweit zu unterjochen, um so ihrer wachsenden
Bevölkerung neuen Lebensraum und Wohlstand zu verschaffen. Das
englische Königreich mit seiner weltumspannenden Kolonialmacht galt
Deutschland als Vorbild. Norman Angell, der sich als Journalist, Autor und
Parlamentsabgeordneter der Labour Party einen Namen gemacht hatte,
verfolgte dem Zeitgeist konträre, geradezu disruptive Vorstellungen, und
dies am Vorabend des Ersten Weltkriegs.
Seiner Meinung nach unterlagen die Regierenden mit ihrer Doktrin,
wonach nur eine starke Militärmacht der Bevölkerung zukünftigen
Wohlstand verschaffen kann, einem kompletten Irrglauben. Er sah in der
Eroberung neuer Ländereien keinen Gewinn für die Bevölkerungen der
siegreichen Länder. Für ihn war dies ein Nullsummenspiel. Krieg kennt für
ihn nur Verlierer. Angell gab schon zum damaligen Zeitpunkt zu bedenken,
dass Wirtschaft und Finanzindustrie über Ländergrenzen hinweg stark
vernetzt und international so verwoben sind, dass ein kriegerischer Eingriff
einer der Großmächte zu einem erheblichen wirtschaftlichen
Kollateralschaden führen würde. Angell warnte in seinem bemerkenswerten
und weitsichtigen Buch, dass die USA von einem europäischen Konflikt
ebenfalls stark betroffen wären, da sie enge wirtschaftliche und finanzielle
Beziehungen mit den europäischen Nationen pflegten, also schon damals.
Und in der Tat befand sich die Weltwirtschaft vor dem Ersten Weltkrieg
in einem großen Globalisierungsschub. Junge Unternehmen, heute würde
man sie Start-ups nennen, wie Siemens in der Elektrizität, Mannesmann
beim Bau nahtloser Röhren und BASF mit ihren chemischen Produkten
waren auf dem Sprung zu Weltkonzernen und nutzten wie
selbstverständlich sich bietende Chancen der Internationalisierung und
gründeten weltweit Tochterunternehmen für den Ausbau ihrer Geschäfte.
Das Buch von Angell avancierte umgehend zu einem Bestseller. Nicht nur
in England, auch in Amerika, Frankreich und Belgien, selbst im deutschen
Kaiserreich. Liest man die Rezensionen der zu seiner Zeit führenden
Zeitungen, ob in England, Amerika oder Deutschland, so überschlugen sich
die politischen Kommentatoren der damaligen Zeit mit Huldigungen der
Aussagen von Angell. Umso erstaunlicher ist es deshalb für uns heute, dass
dieselbe Presse nur wenige Jahre später die Kriegstreiberei in den Ersten
Weltkrieg mit euphorischen Fanfaren begleitete. Angell erhielt, nachdem
das Buch 1933 wieder aufgelegt wurde, den Friedensnobelpreis. ›The Great
Illusion‹ ist heute, über 100 Jahre nach der Erstveröffentlichung,
lesenswerter denn je. Angell gibt uns die wichtige Botschaft mit auf den
Weg, dass es in unserer globalisierten und vernetzten Welt eigentlich keinen
Platz mehr für kriegerische Auseinandersetzungen gibt. Wären die
Regierenden vor 100 Jahren Angells Ratschlägen gefolgt, wäre den
Menschen viel Leid und Unheil erspart geblieben.20

›The Diamond Age: Or, a Young Lady’s Illustrated Primer‹


von Neal Stephenson
Bei ›The Diamond Age‹ (deutscher Titel ›Die Grenzwelt‹) handelt es sich
um einen Science-Fiction Roman des Schriftstellers Neal Stephenson. In
dem Roman beschreibt er seine Zukunftsvision der Auswirkungen eines
fortgeschrittenen Informationszeitalters. Im Mittelpunkt stehen
Eigentumsrechte in Form von Bauplänen. Sie stellen Informationen dar für
die Compilierung von Gütern. Der Ausdruck »Compilierung« stammt aus
der Informatik und bedeutet die Übersetzung von Programmcode in für den
Computer ausführbare maschinenlesbare Befehle. Eine funktionale Rolle
spielt im Buch die Nanotechnologie, die das Wissen und die
Eigentumsrechte der Informationsinfrastruktur auf die Welt der materiellen
Güter überträgt.
Stephenson beschreibt eine Zukunft, in der die Nationalstaaten praktisch
keine Rolle mehr spielen. Die Nanotechnologie ermöglicht durch die
sogenannten Materie-Compiler die ortsunabhängige Herstellung von allen
erdenklichen Produkten. Gleichzeitig sorgt ein weltumspannendes
Informationsnetzwerk dafür, dass die Finanzströme und Transaktionen frei
vom Zugriff der Staaten fließen und diesen damit auch die Hoheit über die
Erhebung von Steuern abhanden gekommen ist.
Bedenkt man, dass das Buch 1995 erstmalig erschien, also zu einem
Zeitpunkt, als mit Netscape das erste Internetunternehmen an die Börse
ging und das uns bekannte World Wide Web gerade den Kinderschuhen
entschlüpfte, könnte es für Peter Thiel eine Inspiration für die drei Jahre
später erfolgte Gründung von PayPal gewesen sein. Die große Vision von
PayPal war die Schaffung einer neuen elektronischen Währung unabhängig
vom Zugriff der Staaten. Auch die von Stephenson propagierte
ortsunabhängige Güterproduktion rückt im Jahr 2017 in Reichweite.
Technologien wie 3D-Druck und Automatisierungs- und Robotiklösungen,
gemeinhin als Industrie 4.0 betitelt, schaffen die technologischen
Voraussetzungen. »Manufacturing-as-a-Service« also die Produktion als
Dienstleistung wird Realität. In der Folge verlagern immer mehr
Unternehmen ihre Fabrikation zurück in ihre Heimatmärkte und damit nahe
an ihre Kunden. Neue Produktionsverfahren gekoppelt mit
Logistiklösungen, wie die von Amazon bereits in Testfeldern eingesetzte
Warenlieferung per Drohne, führen dazu, dass Kunden zukünftig ihre
gewünschte Ware in Realzeit produziert und dann umgehend auch geliefert
bekommen. Zwar gelang es Peter Thiel mit PayPal nicht, eine eigenständige
Währung zu etablieren, doch mit der Cryptowährung Bitcoin ist inzwischen
ein veritables Investitionsvehikel entstanden.
Die im Buchtitel angesprochene illustrierte Fibel fällt einer jungen
Dame mit Namen Nell in die Hände. Sie kommt aus der Unterschicht. Mit
der Fibel erhält sie nun Zugang zu Informationen und kann damit auch am
sozialen Aufstieg partizipieren. Stephenson prägt in seinem Buch weitere
Begriffe, die heute in der Internetökonomie Allgemeinplätze und von
großer Bedeutung sind. Mit der »Technologie der Saat« beschreibt er die
Grundzüge der OpenSource Bewegung, also das freie Teilen und den freien
Zugriff auf Informationen unabhängig von Eigentumsrechten. Peter Thiels
PayPal Partner und Freund Elon Musk, Gründer des Elektroautobauers
Tesla und der Raumfahrtfirma SpaceX, hat bereits im Jahr 2014 in einem
aufsehenerregenden Vorgang sämtliche Patente von Tesla als OpenSource
veröffentlicht. »Alle unsere Patente gehören euch«, so Musk in einem Blog-
Beitrag.21 Er verfolgt die Philosophie, dass die weltweite
Technologiegemeinschaft durch die Zurverfügungstellung seiner
technologischen Entwicklungen die Elektromobilität schneller voranbringen
und damit die etablierten Automobilbauer stärker unter Druck setzen kann.
Der Zugang zu Wissen und die Bereitschaft, Wissen zu teilen, führt für
Musk zu schnelleren Innovationszyklen und damit zu einem Win-win für
Alle.
Eine wichtige Rolle spielen in Stephensons Buch auch sogenannte
Enklaven. Die zwei wichtigsten tragen die Namen New Atlantis und
Nippon. Unschwer zu erraten, wer sich dahinter verbirgt. New Atlantis steht
für eine angelsächsisch geprägte wirtschaftliche Elite, sogenannte
Dividenen-Lords, die die Rolle der alten Aristokratie eingenommen haben.
Auch hier nimmt Stephenson die wachsende Ungleichheit der
Vermögensverteilung vorweg, die durch die sich bietenden
Geschäftsmöglichkeiten dank neuer Technologien des Internets und der
Digitalisierung seit dem Erscheinen der Erstausgabe Mitte der 1990er Jahre
noch deutlich zugenommen haben.22
II.
ERFOLGSFAKTOR KONTRÄRES DENKEN

Peter Thiel is »a Contrarian«, and Contrarians »Are Usually Wrong«


Jeff Bezos über Peter Thiel23

Die Million-Dollar-Frage – Die Frage aller Fragen

Peter Thiel mag gut gestellte Fragen. Nicht ohne Grund beginnt das erste
Kapitel in seinem Buch ›Zero to One‹ auch mit einer Frage. Es ist keine
gewöhnliche Frage, sondern für ihn die wichtigste überhaupt. »Welche Ihrer
Überzeugungen würden nur wenige Menschen mit Ihnen teilen?« Mit dieser
Frage konfrontiert er in der Regel auch Bewerber. Die Frage stellt selbst für
Topbewerber eine intellektuelle Herausforderung dar, viele haben große
Mühe, eine glaubwürdige und schlüssige Antwort zu finden. Vielleicht sind
wir in unserer überbordenden Konsensgesellschaft viel zu sehr auf
Mainstream programmiert, als dass uns darauf eine schlüssige Antwort
einfällt?
Visionäre Menschen haben eigene Überzeugungen. Sie sehen Dinge, die
es noch nicht gibt, Lösungen für Herausforderungen, die noch gar nicht
bestehen. Gerade wir Europäer sprechen denn auch häufig eher von
Problemen als von Herausforderungen. Unweigerlich denkt man bei der
Frage aller Fragen an Steve Jobs. Er war ein großer, wenn nicht gar der
größte Überzeugungstäter überhaupt. Er schuf gleich drei neue
Produktinnovationen, die alle zu einem Welterfolg wurden und die
jeweilige Branche komplett umkrempelten. Mit dem Macintosh
revolutionierte er die Computerindustrie und machte den Personal
Computer zu einem selbstverständlichen elektronischen Gerät für den
Arbeitsplatz und für Zuhause. Mit dem iPod und iTunes veränderte er die
Art, wie Menschen Musik konsumieren, nachhaltig. Das iPhone vereinigte
die Funktionalität des Computers mit dem Telefon und wurde gleichzeitig
zum multimedialen Abspielgerät und damit zum ultimativen elektronischen
Gerät des 21. Jahrhunderts. Auf seiner legendären Vorstellung des iPhones
meinte er, dass man stolz sein könne, wenn man einmal im Berufsleben ein
Produkt an den Start bringt, das ein großer Erfolg wird und damit eine
nachhaltige Wirkung erzielt. Doch Apple und Jobs schafften von 1984
(Vorstellung des Macintosh) bis 2007 (Vorstellung des iPhones), also
innerhalb von 23 Jahren, gar derer Drei, obwohl Jobs zwölf Jahre außerhalb
von Apple bei seinen Unternehmungen Next und Pixar tätig war. Parallel zu
seiner Tätigkeit als Chef von Apple baute er aus einem kreativen Haufen
filmverrückter Animationsspezialisten bei Pixar ein Blockbuster-
Filmstudio, das von Disney später für einen Milliardenbetrag gekauft wurde
und inzwischen zu einer tragenden und nicht mehr wegzudenkenden Säule
des Konzerns gehört. Niemand außer Jobs hatte sich vorstellen können,
dass Animationsfilme technisch so hochwertig produziert werden könnten
und dann auch noch zu Welterfolgen und Kassenschlagern werden würden.
Dazu passt auch die extrem erfolgreiche Werbekampagne von Apple
nach der Rückkehr von Steve Jobs im Jahr 1997, die den bezeichnenden
Titel »Think different« trug. Jobs positionierte Apple als ein Produkt der
»Rebellen, Idealisten, Visionäre, Querdenker, die sich in kein Schema
pressen lassen, derer, die die Dinge anders sehen, sich keinen Regeln
beugen.«24
Eine Art Stellenbeschreibung, die auch auf Peter Thiel und sein eigenes
Lebensmotto gut passt. Thiel hatte als Gründer mit PayPal die Vision, eine
neue Währung, unabhängig von Ländern und Regierungen, zu schaffen. Er
war der festen Überzeugung, dass Menschen wie selbstverständlich Geld
via E-Mail versenden würden, und setzte alles daran, seinen
Erkenntnisvorsprung in Nutzerzahlen und Erträgen umzumünzen und
PayPal als erstes Unternehmen nach 9/11 an die Börse zu führen. Und das
inmitten eines für die Börsen im Allgemeinen und für
Technologieunternehmen im Speziellen fürchterlich schlechten
Stimmungsumfeldes. Thiel glaubte aber auch an Mark Zuckerberg von
Facebook, als er als erster externer Investor 500.000 Dollar in das noch
junge Start-up des Harvard-Studienabbrechers investierte. Unter dem
Eindruck von 9/11 und der Terroranschläge gründete er mit Palantir ein
Analytik-Unternehmen, das an den weltweit herausforderndsten Problemen
arbeitet und Kriminellen und Terroristen dank digitaler Analytik das
Handwerk legen will. Zusammen bringen PayPal, Facebook und Palantir
eine Marktkapitalisierung von rund 500 Milliarden Dollar auf die Waage.
Allen drei Unternehmen liegt die Thielsche Ausgangsfrage zugrunde. Ohne
die von ihm so geliebte Frage gäbe es die drei Unternehmen gar nicht oder
zumindest nicht in der heutigen Form.
Häufig erwischen wir uns mit der Aussage, »darauf hätte ich auch
kommen können« oder »warum habe ich zum damaligen Zeitpunkt nicht in
die Aktie x investiert«. Der Blick in den Rückspiegel ist einfach und macht
die Erfolge von heute rückblickend erklärbar. Doch von der Vergangenheit
können wir uns bekanntlich nichts kaufen. Hingegen ist die Zukunft
ungewiss und eine Herausforderung.
Thiel sieht deshalb »die Zukunft als Aufgabe« und weiter: »Was die
Zukunft so interessant macht, ist die Tatsache, dass sie noch nicht
eingetreten ist und dass die Welt der Zukunft anders aussehen wird als die
Welt der Gegenwart.« Darum braucht es Menschen mit visionärer, ja
geradezu hellseherischer Kraft, die an das Neue, noch Ungewisse glauben
und hart daran arbeiten, dass es erfolgreiche Realität wird.
Als Unternehmer und Risikokapitalgeber münzt Thiel seine persönliche
Fragestellung auf Unternehmen um:
»An welcher großartigen Firma arbeitet noch niemand?«
Nur wenn er diese Frage erfolgreich beantworten kann, tätigt er ein
entsprechendes Investment. Für Thiel sind alle »glücklichen« Unternehmen
»different«. Das Wall Street Journal machte daraus die prägnante wie
griffige Überschrift »Competition is for Losers«.25

Optimismus & konträres Denken – Chancen nutzen, die andere


nicht sehen

Das Wirtschaftsmagazin Fortune titelte in der Septemberausgabe 2014


»Peter Thiel disagrees with you« und stellte ihn vor einem schwarzen
Hintergrund in einer eng anliegenden Lederjacke auf das Cover. Der
Bericht versprach Einblick zu gewähren in Thiels konträre Gedankenwelt.26
Thiel selbst bezeichnet sich als konträr denkender Intellektueller, der damit
in seinem bisherigen Leben einen unbestreitbar großen finanziellen Erfolg
erzielt hat. Jeff Bezos, Gründer von Amazon, meinte im Oktober 2016, dass
konträr Denkende im Allgemeinen falsch lägen.27 In einem Interview mit
der New York Times wurde Thiel mit der Aussage von Bezos konfrontiert,
worauf er diese verneinte.28
Thiels Leben war nicht immer von einer konträren Weltanschauung
geprägt. Er durchlief zunächst von der Schule über das Studium an der
Stanford University einen klassischen Ausbildungspfad. Stark
regelkonform. Als exzellenter Schachspieler war er neben den Prüfungen
noch zusätzlich dem Wettbewerbsdruck in Form von Schachturnieren
ausgesetzt. Später arbeitete er für eine große Anwaltskanzlei in Manhattan.
Er war also Teil des Hamsterrads.
Heute würde er seinem jüngeren Ich folgenden Rat geben: »Stell dir die
Frage: Warum tue ich diese Dinge? Tue ich sie, weil ich es wollte? Oder
war es nur ein prestigegeladenes Spiel, das ich spielte?«29
Was macht nun einen konträren Menschen und im Speziellen einen
konträren Investor aus? Wer überdurchschnittliche oder gar
außergewöhnliche Ergebnisse als Investor erzielen will, muss andere Wege
einschlagen als die vorgezeichneten Pfade. Großer Erfolg zeigt sich in
nachhaltig hohen prozentualen Renditen. Nur wer bereit ist, Risiken
einzugehen, gerade auch gegenüber einer erdrückenden Konsensmehrheit,
kann zu den Gewinnern gehören. Hier gleichen der Finanzmarkt und seine
Akteure durchaus einem Kasino oder gar einer Lotterie. Auch wenn Thiel
diesen Ausdruck explizit nicht mag und sich auch ethisch davon distanziert,
Start-ups und deren Gründer und Mitarbeiter als Lotteriescheine zu
bezeichnen.30
Der erfolgreichste lebende Investor überhaupt, Warren Buffett, ist ein
Konträr wie aus dem Bilderbuch. Für ihn bedeuten fallende Kurse und
Panik an den Finanzmärkten große Glücksgefühle. Während Börsianer dann
meist schweißgebadet vor rot durchtränkten Bildschirmen sitzen, wandelt
sich Buffett zu einem hyperaktiven Investor und sammelt Qualitätsaktien zu
günstigen Preisen ein, wenn sie andere aus ihren Depots regelrecht zum
Fenster hinauswerfen. Buffett ist mit seiner konträren Strategie (»Sei
ängstlich, wenn andere gierig sind, und sei gierig, wenn andere ängstlich
sind«) zur lebenden Investorenlegende geworden. »Ich kaufe gern, wenn
die Kurse fallen«, gibt Buffett denn auch unumwunden zu.31 Wir kennen
das von der Tankstelle oder von den Sonderangeboten im Supermarkt, je
tiefer die Preise, um so länger sind die Einkaufsschlangen.
Interessanterweise verhalten sich dieselben Menschen an der Börse genau
umgekehrt. Fallende Kurse werden genutzt, um sich von Aktien und
Wertpapieren zu trennen, statt zuzukaufen.
»Es zahlt sich aus, anders zu sein« postuliert der Founders Fund auf
seiner Internetseite und führt aus, dass die breite Basis von rund 80 Prozent
der Risikokapitalindustrie nicht nur kein Geld mit den ihnen anvertrauten
Finanzmitteln verdient, sondern sogar noch Geld verliert. Der Co-Gründer
von Sun Microsystems und legendäre Risikokapitalinvestor Vinod Khosla
wurde mit der Aussage zitiert, dass »95 Prozent der Risikokapitalgeber
keinen Wertbeitrag leisten«.32
Der auf Konsens geprägte Ansatz funktioniert also in der Start-up-Welt,
in der sich Thiel primär bewegt, nicht. Was heißt dies aber nun für die
konträre Denkweise? Man macht sich die Sache zu einfach, wenn man
unter konträrem Ansatz nur immer das genaue Gegenteil des allgemein
Üblichen verstehen würde. Rein reaktiv zu handeln ist nicht besser, als dem
Herdentrieb zu folgen. Schließlich kauft Buffett in einem Ausverkauf der
Aktienmärkte auch nicht jede Aktie, sondern er hat ganz gezielt
Unternehmen auf seinem Zettel, von denen er durch eigenhändiges
Research überzeugt ist und die er dann zu günstigen Kursen einsammelt.33
Doch was zeichnet einen erfolgversprechenden konträren Ansatz aus?
»Unabhängiges Denken« empfiehlt Bruce Gibney in dem Founders-Fund-
Manifest. Er gibt allerdings zu bedenken, dass dies nicht ohne Risiko ist. Es
gibt keine Rückendeckung oder Bestätigung von anderen, und es führt oft
zu Schlussfolgerungen, »mit denen niemand sonst konform geht«. Hier
schließt sich der Kreis wieder und wir sind bei Peter Thiels Fragen aller
Fragen. »Nur das zu tun, was alle tun, ist nicht genug. In Unternehmen zu
investieren, die Dinge tun, die so neu und ambitiös sind, dass sie einem den
Atem rauben, ist provokativ.« So steht es im Founders-Fund-Manifest.
Leute wie Thiel und Buffett verfügen über einen außergewöhnlichen
Intellekt und führen ihre zahlreichen Datenpunkte zu einem eigenen und
unabhängigen Denkansatz zusammen. Sie sind in der Lage, den Lärm durch
Drittmeinungen um sich herum auszublenden und wie in der
Abgeschiedenheit eines buddhistischen Klosters mit sich im Reinen eine
eigene Meinung zu formen. Diese vertreten sie im Anschluss mit großer
Standfestigkeit und Konsequenz und setzen jeweils große Beträge auf das
Ergebnis ihrer Erkenntnisse. Buffett kaufte 2009 auf dem Höhepunkt der
Wirtschafts- und Finanzkrise für über 26 Milliarden Dollar die
Eisenbahngesellschaft Burlington Northern. Niemand wusste, wie lange die
Rezession in den USA dauern würde und wie schnell sich der Kauf für
Buffett auszahlen würde. Für Buffett war es bis dahin die größte
Einzelinvestition in ein Unternehmen überhaupt und eine Wette auf die US-
amerikanische Wirtschaft. Das Wall Street Journal kommentierte die
Übernahme denn auch als »langfristig bullishes Signal«.34
Thiel steht dem mit seinen Investments im Technologiebereich in nichts
nach. Im Gegensatz zu vielen anderen Investoren im Technologiebereich,
die sich meist nur auf das Segment Internet und Mobile Apps konzentrieren
und dabei ab und zu einen »Lucky Shot«, ein erfolgreiches Investment,
tätigen, verfolgt Thiel eine völlig andere Herangehensweise. Er lässt sich
nicht für bestimmte Branchen oder Hype-Themen wie Big Data oder Cloud
Computing einnehmen, er sucht nach Start-ups und Gründern, die in ihren
Unternehmen an Technologien arbeiten, die das Potenzial haben, die Welt
nachhaltig zu verändern. Die Risiken dabei sind enorm, denn niemand kann
mit Gewissheit sagen, ob die Technologie nachhaltig den Durchbruch
schafft und dann auch noch zum richtigen Zeitpunkt auf einen
Massengeschmack trifft, der in der Folge einen wirtschaftlichen und damit
auch für die Investoren finanziellen Erfolg garantiert.
Thiels unternehmerische Aktivitäten in der Digitalwelt als Gründer von
PayPal und Palantir oder als erster außenstehender Investor von Facebook
belegen dies genauso wie seine mutigen Wetten auf die Raumfahrtfirma
SpaceX von Elon Musk oder seine Investitionen in Biotech-Unternehmen.

Investitionen in hochriskante Technologieunternehmen sind vergleichbar


mit schnellem Autofahren in dichtem Nebel. Der Griff ins Ungewisse
bedarf viel Mut und noch mehr Standhaftigkeit. Die Entwicklungen in
technologiegetriebenen Start-ups verlaufen nicht linear. Ganz im Gegenteil.
Es ist ein tägliches Wechselbad aus »Himmelhochjauchzend und zu Tode
betrübt«. War eben noch alles in Ordnung, kann in der nächsten Sekunde
alles infrage gestellt und damit das hoffnungsvolle Start-up in seiner
Existenz gefährdet sein. Das Raumfahrtunternehmen SpaceX hatte zunächst
drei misslungene Raketenstarts, ehe der vierte erfolgreich war. PayPal
durchlief fünf verschiedene Geschäftsmodelliterationen, bis sich ein
nachhaltiger Erfolg einstellte. Auch Facebook war kein Selbstläufer, wie
man rückblickend denken mag. Es war lange Zeit unklar, wie es seinen
hohen Nutzerzuspruch in klingende Münze umwandeln kann. Zuckerberg
und seine Vorstandskollegin Sherryl Sandberg schafften es, eine
Werbemaschinerie in Gang zu setzen, obschon mit Google ein Platzhirsch
am digitalen Werbemarkt vorhanden war, dem nur schwer Umsätze streitig
zu machen waren. Auch die nicht minder große Herausforderung durch die
mobile Nutzung wandelte Facebook in einen Erfolg um. Zum Börsengang
2012 musste das Unternehmen im Börsenprospekt noch die nicht
vorhandene Monetarisierung über Smartphones in den Risikobericht
aufnehmen: Inzwischen generiert Facebook den überwältigenden Anteil
seiner Einnahmen über mobile Endgeräte.35
Start-ups gleichen also Experimenten. Ähnlich wie Wissenschaftler
müssen die Gründer, Investoren und Mitarbeiter der Start-ups ständig an
ihrem Unternehmen und Produkt experimentelle Veränderungen
vornehmen. Die Ergebnisse sind meist nicht vorhersehbar.
Ähnlich wie Buffett auf der Aktienseite ist Thiel bei seinen Start-up-
Engagements im Technologiebereich ein großer Fan von konzentrierten
Portfolios. Er geht also große Wetten auf einzelne Start-ups ein und hält
nichts von dem in der Branche weitverbreiteten Ansatz »Spray and Pray«,
also dem Investieren mit der Gießkanne, um anschließend Gebete gen
Himmel zu schicken und auf eine überdurchschnittliche Rendite zu hoffen.
Bei Thiel besteht ein Risikokapitalportfolio denn auch meist aus nicht mehr
als zehn Unternehmen. Dafür setzt er auf das einzelne Start-up größere
Beträge. Nur so kommen in der Folge auch außergewöhnliche Renditen
zustande, wie Facebook exemplarisch gezeigt hat. In den weiteren Kapiteln
werden wir dieser Thematik noch ausführlich Raum geben.
»Misserfolg und Pessimismus können zum selbsterfüllenden
Charakteristikum werden«, so Thiel. Viele Menschen machen es sich zu
einfach: »Wenn du der Meinung bist, dass du eh nichts Neues finden
kannst, dann versuchst du auch gar nicht, etwas zu tun.« Thiel ist ein positiv
und optimistisch denkender Mensch, und er möchte gerne, dass die
Gesellschaft auf einen Pfad des Zukunftsoptimismus und
Fortschrittsglaubens wie in den 1950er- und 1960er-Jahren zurückkehrt.
Gerade aufgrund der wirtschaftlichen Herausforderungen der jüngeren
Vergangenheit ist die Chance groß, dass die Technologie wieder vermehrt
als wichtiger Lösungsbaustein ins Bewusstsein dringt. Auch beim Thema
Globalisierung hat Thiel eine konträre Ansicht. Nicht Globalisierung,
sondern die Technologie ist für ihn der bestimmende Zukunftsfaktor. Für
die Wachstumszahlen von China und Indien zahlt die Umwelt einen hohen
Preis. Thiel gibt zu bedenken, dass der Industrialisierungsprozess der
wachstumsstarken Schwellenländer nicht mit den alten Technologien der
Industrienationen gelöst werden kann, man denke nur an den steigenden
Kohlendioxidausstoß. Würden wir mit den existierenden Methoden und
Prozessen weiter wirtschaften, »wäre dies eine Katastrophe für die Umwelt.
In einer Welt mit begrenzten Ressourcen lässt sich Globalisierung ohne
neue Technologie niemals aufrechterhalten.« Nicht umsonst gilt er als
Verfechter des Ansatzes »Doing more with less«.36

Die zehn Start-up-Gebote des Peter Thiel – Erfolgreiche Start-ups


beruhen auf Geheimnissen

Es gibt kein Geheimrezept und schon gar keine Blaupause für Thiels Erfolg
und seine Vorgehensweise. In ›Zero to One‹ geht er gleich eingangs darauf
ausführlich ein: »Doch obwohl ich viele Muster erkannt habe und hier
beschreibe, bietet dieses Buch keine einfache Erfolgsformel. Das Paradoxe
in der Unternehmenslehre ist ja gerade, dass es keine Patentrezepte geben
kann: Jede Erfindung ist neu und einmalig und niemand kann konkrete
Schritte zur Innovationsfähigkeit vorgeben. Eine der wichtigsten Regeln,
die ich gelernt habe, ist gerade, dass erfolgreiche Menschen ihre Goldgrube
an unerwarteten Orten finden und dass sie Unternehmen nicht von
Erfolgsrezepten her denken, sondern von Grundprinzipien.«37
Für Thiel liegt einem großartigen Unternehmen immer ein »Geheimnis«
zugrunde. Google mit seinem PageRank-Algorithmus als Grundlage für die
Bewertung der Bedeutung von Internetseiten und der Verknüpfung mit dem
auktionsbasierten digitalen Werbegeschäft oder Coca-Cola mit seiner
geheimen Rezeptur sind zwei Beispiele von sehr erfolgreichen
Unternehmen, die in ihrer DNA ein Geheimnis tragen. Thiel ist der
Meinung, dass es »noch eine Menge an Geheimnissen gibt«, die auf ihre
Entdeckung bzw. Entschlüsselung warten. Der Schlüssel für ein
erfolgreiches Start-up besteht für Thiel aus den Faktoren »Einzigartigkeit«,
»Geheimnis« und einer monopolhaften Stellung auf dem digitalen
Marktplatz.38
Immerhin äußerte sich Peter Thiel in einem Interview über seine zehn
Start-up-Gebote zum Erfolg.39
1. Du bist der Unternehmer deines Lebens.
Du kannst Prioritäten setzen. Du hast die größtmögliche Freiheit, die sehr
grundsätzlichen Entscheidungen zu treffen, was du mit deinem Leben
anfangen möchtest.
Thiel studierte Philosophie des 20. Jahrhunderts im Grundstudium an
der Stanford University.

2. Mache eine Sache einzigartig gut.


Das wichtigste bei einem Start-up ist die Erkenntnis, dass Technologie ein
globales Geschäft ist. Die wirklich guten Technologieunternehmen machen
etwas signifikant besser als jeder andere auf der Welt. Und du solltest dich
in eine solche Position bringen.
Als erklärter Libertärer gründete Thiel 1987 die Studentenzeitung
Stanford Review.

3. Versichere dich, dass die Personen, mit denen du verbunden bist, gut
zu deinem Leben und zum Unternehmen passen und dass sie sich
auch untereinander ergänzen.
Thiel ist immer sehr fokussiert auf die Struktur von Unternehmen. Die
Gründer und Mitarbeiter müssen gut miteinander harmonieren und an
einem Strang ziehen. Thiel fragt deshalb die Gründer vor einem Investment,
wie sie sich kennengelernt haben. Eine schlechte Antwort wäre seiner
Meinung nach: »Wir starteten die Firma, weil wir beide Unternehmer sein
wollten.« Schließlich, so Thiel, heiratet man auch nicht die erstbeste
Person, die man an einem einarmigen Banditen in Las Vegas kennengelernt
hat. Gute Antworten auf die Frage sind für ihn, wenn sich die Gründer
schon länger kennen und sich über ihre Geschäftsidee bereits intensiv
ausgetauscht haben und sich komplementär in ihren Fähigkeiten (z.B.
Technik und Betriebswirtschaft) ergänzen.
Thiel schloss Freundschaften mit anderen Stanford-Studenten, von
denen viele für seine Zeitung Stanford Review arbeiteten. Zahlreiche davon
übernahm er später bei PayPal, woraus die verschworene Gemeinschaft der
›PayPal-Mafia‹ entstand. Auch bei Palantir und seinen
Risikokapitalgesellschaften finden sich zahlreiche Freunde von ihm aus
seiner Stanford- und PayPal-Zeit. Die Freundschaft zu LinkedIn Gründer
Reid Hoffman, ebenfalls ein Stanford-Kommilitone und ehemaliger PayPal-
Mitarbeiter, währt gar seit rund 30 Jahren.40
4. Monopolstatus anstreben. Baue eine Firma auf, die der Konkurrenz
so weit enteilt ist, dass niemand mit dir konkurrieren wird. Arbeite
daran, dich von dem Wettbewerb stark abzuheben.
Als Gründer muss man einen Monopolstatus anstreben, was bedeutet, dass
man das Ziel verfolgt, eine Firma aufzubauen, die einzigartig ist und sich
stark von Wettbewerbern differenziert, um nicht in eine
Wettbewerbssituation zu kommen. Für weite Teile der Allgemeinheit gilt
der Grundsatz, dass Kapitalismus und Wettbewerb Synonyme sind.
Tatsächlich sind sie für Thiel aber Gegensätze.

5. Sei kein Fake-Unternehmer. Gründe eine Firma, weil du eine


Antwort auf ein generelles Problem gefunden hast.
Die Antwort »Ich möchte Unternehmer werden« auf die Frage, was man
mit seinem Leben anfangen möchte, ist für Thiel nicht zielführend. Das hat
für ihn den Charakter wie »ich möchte reich werden« oder »ich möchte
berühmt werden«. Niemand gründet mit einer derartigen Vorstellung ein
erfolgreiches Unternehmen. Thiel sucht nach Unternehmen und
Unternehmern, die ein wichtiges Problem erkannt haben, das bisher weder
Unternehmen noch Behörden in Angriff genommen haben und das sie
selbst lösen wollen.

6. Bewerte Substanz höher als Status und Prestige. Vom Status


getriebene Entscheidungen sind nicht nachhaltig und langfristig
ohne Wert.
Thiel hat dies am eigenen Leib erfahren. Zunächst Studium in Stanford,
dann Anwalt in einer Kanzlei in Manhattan. Hinterher fragte er sich zu
Recht, warum er nicht mehr darüber nachgedacht hat, welchen Weg er
damit eingeschlagen hat. Er war zu sehr mit Dingen beschäftigt, die der
Norm und dem Prestige entsprachen, als mit dem, was er wirklich tun
wollte. Deshalb gilt für ihn die Lektion »Substanz vor Status«.

7. Wettbewerb ist ein zweischneidiges Schwert. Du kannst dich darauf


konzentrieren, die Leute um dich herum zu besiegen, aber man
bezahlt es mit dem Preis, die Sicht auf das zu verlieren, was
wertvoller und wichtiger ist.
Thiel hatte als sehr guter Schachspieler in der Jugend bereits ein
ausgeprägtes Verhältnis zum Wettbewerbsgedanken. Die starke
Fokussierung auf den Wettbewerb in Schule, Sport, Studium und später als
Anwalt in Manhattan hat ihn nicht glücklich und zufrieden gemacht.
Als Unternehmer und Risikokapitalgeber baute er seine Geschäfte auf
Basis von starken Freundschaften und großem Vertrauen auf. Er versuchte
mit seinen Gründungen und Investments dem Wettbewerbsdruck, soweit
möglich, aus dem Weg zu gehen und sich mit einzigartigen
Geschäftsmodellen zu beschäftigen. Folgerichtig erhielt Thiel im Februar
2013 den TechCrunch Crunchie Award als Risikokapitalgeber des Jahres.

8. Sämtliche Trends sind überbewertet. Strebe nicht nach den


aktuellsten und heißesten Dingen, strebe nach einer soliden Lösung
für ein generelles Problem.
Thiel hält die aktuellen Technologietrends wie Software für den
Gesundheits- oder Bildungssektor für überbewertet, genauso die
»Buzzword« Themen wie SaaS-Software für Unternehmenskunden
(Software-as-a-Service), Big Data und Cloud Computing. Fallen diese
Worte in einem Investment-Gespräch, dann empfiehlt Thiel, so schnell wie
möglich wegzurennen. Die IT-Modewörter stellt er einem Bluff beim
Pokern gleich. »Sie möchten nicht die vierte Hundefutterfirma werden, sie
möchten nicht die 10te Solarpanel-Unternehmung sein, sie möchten nicht
das 1000ste Restaurant in San Francisco sein.« Thiel schlussfolgert:
Unternehmen, die sich mit diesen weithin bekannten Füllwörtern
schmücken, haben zumeist eine schlechte Geschäftsidee als Grundlage.

9. Verharre nicht in der Vergangenheit. Sich auf Dinge zu


konzentrieren, die nicht funktionieren, beeinträchtigt nur das
Selbstvertrauen. Verwende nicht zu viel Zeit in die Analyse, warum
etwas nicht funktioniert hat, bewege dich stattdessen nach vorne und
ändere die Richtung.
In Westeuropa gilt Scheitern als Malus. Wer einmal gescheitert ist, kann
nicht noch einmal durchstarten. In Kalifornien erlebt man genau das andere
Extrem. In der Regel sagt man, dass man aus Fehlern klug wird. Scheitern
kann also vordergründig lehrreich sein. Thiel widerspricht dieser These.
Scheitern hat Thiel zufolge eine schädliche Wirkung auf Menschen. Vor
allem dann, so Thiel, wenn man unter hohem Einsatz mit viel Energie an
etwas Neuem arbeitet und sich dann eingestehen muss, dass man es nicht
zum Erfolg führen kann. Das führt zu negativen psychischen Reaktionen.
Thiel ist der Ansicht, dass man aus dem Scheitern keine Lehren für die
Gründung eines neuen Unternehmens ziehen kann. Das Scheitern, so Thiel,
geht auf fünf einzelne Gründe zurück: »Die falschen Leute, die Idee war
schlecht, das Timing war falsch, es handelte sich um kein Monopol, das
Produkt funktionierte nicht.«

10. Finde den geheimen Weg für deinen eigenen Erfolg. Folge nie der
Allgemeinheit.
»Jeder versucht, aus der kleinen Tür nach draußen zu gehen, aber ums Eck
ist ein schneller, aber geheimer Ausgang, den niemand benutzt. Du solltest
immer den geheimen Weg finden. Geh voraus und nehme ihn.«41
Was ist also der Sinn und Zweck von Start-ups, was muss ein Start-up
nun leisten? Auch hier hat Thiel eine einfache wie stimmige Erfolgsformel:
»Es muss Gemeinplätze infrage stellen und das Unternehmen von Grund
auf neu erfinden.«42
III.
STANFORD UNIVERSITY

»I went to Stanford to law school, I might to do that again, but if I did it again, I liked to ask
much more tough questions why I was doing it.«
Peter Thiel43

Der Weg nach Stanford

Cleveland, Sommer 2016. Peter Thiel scheint mit seiner neuesten Mission
wieder zu Hause angekommen. Auf dem Parteitag der Republikaner zur
Inthronisierung von Donald Trump schlägt am zweiten Tage des
Parteikonvents seine Stunde. Unter großem Beifall der Delegierten betritt
Peter Thiel gutgelaunt das Rednerpult. Er trägt einen blauen Anzug, blaues
Hemd und eine blau-silbern gestreifte Krawatte. Sein jungenhafter Charme
macht gleich deutlich, dass er kein herkömmliches Mitglied des Polit-
Establishments ist. Thiel, am 11. Oktober 1967 als Peter Andreas Thiel in
Frankfurt am Main als Deutscher geboren, wanderte mit seinen Eltern
Klaus und Susanne Thiel in die USA aus, als der kleine Peter gerade ein
Jahr alt war. Den Delegierten des Parteitags erzählt er, wie seine Eltern
damals nach Amerika kamen und ihren Traum von einer erfolgreichen
Zukunft just in Cleveland fanden.44 »Mein Vater studierte Ingenieurwesen
an der Case Western Reserve University, gerade in Verlängerung der Straße,
wo wir uns gerade befinden. Weil im Jahre 1968 nicht nur eine Stadt,
sondern ganz Amerika High Tech war.« Cleveland steht symbolisch für den
Niedergang des alten Amerika. Insgesamt verlor die Stadt allein seit dem
Jahr 2000 rund ein Fünftel seiner Bevölkerung.45 Thiel macht am
Rednerpult anhand seiner eigenen Familienbiografie sehr persönlich und
plastisch verständlich, dass eine ähnliche Erfolgskarriere und das Leben des
amerikanischen Traums in der aktuellen Zeit so nicht möglich wäre. Gerade
für ihn als Einwanderer, der es geschafft hat, ist diese Situation inakzeptabel
und eine wesentliche Motivation seines politischen Engagements.
Bereits als Dreijähriger wird Peter Thiel mit den harten Fakten des
Lebens konfrontiert. Auf einem Teppichläufer sitzend fragte er seinen Vater,
aus was denn der Teppich bestehe. Sein Vater antwortete ihm, er entstamme
einer Kuh. Der kleine Peter insistierte weiter und wollte wissen, was mit der
Kuh geschah. »Die Kuh starb«, so sein Vater. Peter hakte erneut nach und
wollte wissen, was dies bedeutet. Sein Vater erklärte ihm, dass die Kuh
nicht mehr am Leben sei und dass eines Tages der Tod alle Tiere und
Menschen inklusive seinen Vater und ihn selbst erwarte.46 Diese
schonungslose Aufklärung als Dreijähriger war nicht nur ein Schock für
den kleinen Peter, sondern ist bis heute eine maßgebliche Richtschnur
geblieben für sein Streben nach technischem Fortschritt zur Verbesserung
und Verlängerung des menschlichen Lebens. In einem Interview für die
Silicon-Valley-Sendung Studio 1.0 mit der Bloomberg Journalistin Emily
Chang geht Thiel davon aus, dass er 120 Jahre alt werden kann. Dafür
nimmt er wenig Zucker zu sich und hält sich an einen speziellen Diätplan.
Nichtsdestotrotz bedarf es seiner Meinung nach großer technologischer
Durchbrüche, um Krankheiten wie Krebs und Alzheimer oder gar den Tod
zu besiegen. Thiel selbst investiert massiv in Biotechnologiefirmen, um die
Gesellschaft auf den »next level« zu bringen.47
Thiels Vater war Chemieingenieur und arbeitete im Management für
verschiedene Bergbauunternehmen. Die Familie war entsprechend
gezwungen, häufig umzuziehen. Als Peter sechs Jahre alt war, man schrieb
das Jahr 1973, riss der erste Ölpreisschock die westliche Welt abrupt aus
den Wachstumsträumen, und in Amerika gewann die Nuklearenergie an
Bedeutung. Die Familie Thiel zog es nach Swakopmund in Südafrika, einer
kleinen Hafenstadt an der Küste der ehemaligen Kolonie Deutsch-
Südwestafrika, dem heutigen Namibia. Peter entdeckte sein Faible für
Schach, beschäftigte sich mit Atlanten, Büchern über die Natur sowie
französischen Comics. Aber auch stundenlange Abenteuer im
ausgetrockneten Flussbett hinter dem Haus seiner Eltern gehörten zu seinen
Lieblingsbeschäftigungen. Bereits als Fünfjähriger kannte er alle Länder der
Erde und konnte eine Weltkarte aus dem Kopf malen. Thiel besuchte sieben
verschiedene Grundschulen. Selbst bezeichnet er sich im Studio 1.0-
Interview als eine Kombination aus Außenseiter und Eingeweihter. Diese
Kombination habe ihn stark geprägt. Thiels Kindheit war behütet und
geprägt von der klassischen Rollenverteilung. Sein Vater arbeitete als
Chemieingenieur und seine Mutter kümmerte sich um den Haushalt. Beide
Eltern legten viel Wert auf Bildung.48
Die Schulausbildung in Swakopmund war geprägt durch Disziplin. So
war das Tragen von Schuluniformen bestehend aus Blazer und Krawatte
Pflicht. Für jedes fehlerhaft ausgesprochene Wort wurde man vom Lehrer
mit einem Linealhieb auf die Hand getadelt.49 Seine Abneigung gegenüber
jeglicher Form der Gleichförmigkeit und Reglementierung zeigt sich in
seiner späteren Rolle als Libertärer und freiheitsliebender Denker.
Mit neun Jahren kehrte Peter mit seiner Familie wieder zurück in die
USA. Zunächst wieder nach Cleveland, im Jahr darauf, 1977, an die
Westküste nach Foster City nördlich von Stanford. Foster City entstand in
den 1960er-Jahren auf dem Reißbrett als neue Planstadt. Die Stadt hat den
Charakter einer Halbinsel und besteht zu 80 Prozent aus Wasser.
Möglicherweise sieht er deshalb die Zukunft von Staaten und Städten auf
dem Meer und fördert entsprechende Initiativen großzügig.50
Obschon der Begriff »Silicon Valley« von dem Journalisten Don
Hoefler im Rahmen einer Artikelserie über die Chipindustrie in dem
Elektronik-Wochenblatt Electronic News erstmals am 11. Januar 1971
erwähnt wurde und sich zahlreiche Technologiefirmen wie Apple, Fairchild
Semiconductor, Hewlett Packard und Intel in diesem Tal zwischen San
Francisco und San Jose angesiedelt hatten, war der Begriff noch nicht
allgemein gebräuchlich für das sich nun sprunghaft entwickelnde Tech-
Tal.51 Die Elektronikfirmen, aber auch die lokale Stanford University,
profitierten stark von den üppigen Budgets des amerikanischen Militärs.
Just im selben Jahr, als die Thiels in die Nähe von Stanford zogen, führte
das junge, aber revolutionäre Computerunternehmen Apple seinen ersten
Kassenschlager Apple II im Markt ein.52 Der Personal Computer war
geboren. Unternehmen wie Apple und ihre Gründer wurden auf einen
Schlag bekannt, und die Presse und Medien griffen die Erfolgsstorys der
aufstrebenden Start-ups der Westküste begierig auf. Der zehnjährige Peter
Thiel wurde somit direkter Zeitzeuge einer sich anbahnenden Revolution.
George Packer beschreibt in seinem Buch über den Niedergang der
amerikanischen Gesellschaft, »The Unwinding«, das Valley zu diesem
Zeitpunkt Ende der 1970er-Jahre als eines der Vorzeigebeispiele für das
Leben der Mittelklasse in der Nachkriegszeit. Nirgendwo sonst in den USA
spielte die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Ethnie oder Religion eine so
unbedeutende Rolle wie im Valley. Packer bezeichnet das damalige Leben
dort als »egalitär, gebildet und komfortabel«.53 Der kalifornische »Way of
Life« zeigte sich auch in der neuen Schule von Peter Thiel. Angesagt waren
nicht mehr Schuluniformen. Überforderte Lehrer machten es den
aufmüpfigen Schülern leicht zu rebellieren. Thiel hielt sich aus diesen
Auseinandersetzungen heraus und konzentrierte sich wie schon in
Südwestafrika darauf, gute Zensuren zu bekommen. Für ihn ging es bei
jedem Test um »Leben und Tod«, wie Packer bilanziert. Schnell
kristallisierte sich heraus, dass Thiel überragende Fähigkeiten in
mathematischem und logischem Denken entwickelte. Auch als
Schachspieler machte er auf sich aufmerksam. Bei den unter 13-Jährigen
wurde er als siebtbester Spieler der USA geführt. Der Drang nach guten
Noten und die Duelle am Schachbrett förderten in ihm die Obsession nach
dem ständigen Wettbewerb mit seinen direkten Klassenkameraden.54 Später
sollte in ihm die Erkenntnis reifen, dass der ständige Wettbewerb ihn blind
machte und ungesund ist. In der Podcast Show des Bestsellerautors Tim
Ferriss antwortete er 2014 auf die Frage, was er am liebsten verändern oder
verbessern würde: »Mit Blick auf meine jüngeren Jahre würde ich sagen,
ich war auf einem ungesunden Kurs und ungesund wettbewerbsorientiert.
Wer so ist, erreicht auf dem Gebiet, auf dem er gegen andere antritt, gute
Leistungen – doch auf Kosten vieler anderer Dinge.«55
Neben seiner Begeisterung fürs Schachspiel richtete sich sein Fokus auf
Science-Fiction-Literatur. Besonders angetan war er von Isaac Asimov und
Robert Heinlein.56 Stundenlang konnte er mit seinen Freunden Dungeons &
Dragons, ein Mitte der 1970er-Jahre auf den Markt gekommenes
Strategiespiel, in dem Verliese und Drachen im Mittelpunkt standen,
spielen. Statt fernzusehen, was im Hause Thiel bis zum Alter von zwölf
Jahren untersagt war, spielte Peter auf dem Heimcomputer TRS-80 das
damals beliebte textbasierte Abenteuerspiel Zork.57 Thiel entwickelte eine
große Vorliebe für J. R. R. Tolkiens Herr der Ringe, die er gleich mehrfach
gelesen hat. Das ging so weit, dass er sich bei der Namensgebung von zwei
seiner Investmentfirmen, Valar Ventures und Mithril Capital, und seiner
Big-Data-Firma Palantir, bei Tolkiens Fantasienamen bediente. Aber auch
inhaltlich erschlossen sich für ihn durch Tolkien erste philosophische
Leitlinien, die ihn für sein späteres Leben stark prägen sollten: Der Wert des
Individuums gegenüber mechanischen und kollektiven Kräften sowie die
wechselseitige Wirkung von Macht und Korruption.58 In dem
Interviewformat »Confirm or Deny« der New York Times outete sich Thiel
Anfang 2017 als großer Fan von »Star Wars«, da die Filme seiner Meinung
nach im Gegensatz zu »Star Trek« kapitalistisch geprägt sind.59 Die
Vorlieben für Computerspiele, Schach, Mathe, Science Fiction und
Raumfahrt entsprachen vielfach den Hobbies hochbegabter Jugendlicher
der 1970er- und 1980er-Jahre. Heute würde man diese Spezies als »Nerds«
bezeichnen. Auch sein späterer Freund und Geschäftspartner Elon Musk
und Amazon-Chef Jeff Bezos frönten in ihrer Jugend ähnlichen Hobbies.
Nicht umsonst haben Musk und Bezos später ihre eigenen Raumfahrtfirmen
gegründet, und Thiel selbst gehört zu den großen Finanziers von SpaceX.
Ende der 1970er Jahre taumelte die USA von einer Niederlage zur
nächsten. Der Ölpreisschock zog die Wirtschaft nach unten. Inflation und
Zinsen stiegen auf über zehn Prozent. Die Erstürmung der US-Botschaft im
November 1979 und die anschließende Geiselnahme von 52 Diplomaten
über 444 Tage, aber auch der Einmarsch der Russen Weihnachten 1979 in
Afghanistan traumatisierte die USA. Synonym für die damalige Malaise
war US-Präsident Jimmy Carter von der demokratischen Partei. Thiel
entwickelte in dieser Zeit schon ein Gespür für politische Siegertypen. In
der achten Klasse sammelte er Zeitungsausschnitte von dem
republikanischen Präsidentschaftskandidaten Ronald Reagan. Reagan war
zuvor bereits Gouverneur von Kalifornien und schickte sich an, 40.
Präsident der Vereinigten Staaten zu werden. Insbesondere beim jungen
Publikum kam der bis dahin älteste Präsident der USA sehr gut an.60 Mit
Reagan kehrte der Optimismus zurück. Beeinflusst durch den neuen
Konservatismus, den Abbau der Bürokratie und die Stärkung des
Individuums in der Reagan-Ära wurde Thiel in seinem libertären Streben
bestärkt. Reagans charismatische und zupackende Art muss Thiel
beeindruckt haben. In einem Interview mit dem Fortune-Magazin
bekundete Thiel denn auch Respekt vor Reagan, der seiner Meinung nach
»die Probleme gelöst und die richtigen Antworten gefunden hat.«.61
Für Thiel ist Amerika aktuell in einer ähnlichen Situation wie 1980. Der
Niedergang ist überall sichtbar und wird von ihm in jedem Interview
angeprangert. Die Reminiszenz an Reagan, der optimistische Grundton der
1980er-Jahre und die Botschaft »Let’s make America great again« haben
ihn denn auch dazu gebracht, offen für Donald Trump zu votieren und ihn
sowohl mit seiner Rede auf dem Parteitag als auch mit einer
Millionenspende finanziell zu unterstützen.
Für Thiel war die Zeit um 1985 geprägt durch »viel Optimismus«.62
Dieser manifestierte sich bei ihm im selben Jahr in seinem glänzenden
Abschluss an der San Matheo High School, wo er mit lauter »A«-Bestnoten
brillierte.63 Thiel standen nun alle Wege offen. Sein bisheriges Leben war
geprägt vom Wettbewerb um gute Noten, was ihm denn auch den
gewünschten Zugang zu den Top-Universitäten geben sollte und damit das
Ticket für eine erfolgreiche Karriere.
An allen Hochschulen, an denen er sich bewarb, bekam er eine Zusage,
Harvard inklusive. Er entschied sich gegen Harvard, da er Angst vor dem
Wettbewerbsdruck und möglichen Niederlagen hatte.64 Harvard ist für ihn
heute auch Sinnbild des fehlgeleiteten Wettbewerbsdenkens in der
Gesellschaft und in der Wahrnehmung von Eliteuniversitäten. In der
Vorlesungsreihe »How to Start a Start-up« an der Stanford University mit
dem Titel »Competition is for Losers« zitierte Thiel im Herbst 2014 den
ehemaligen Außenminister und Harvard-Professor Henry Kissinger. Dieser
dozierte über das akademische Handeln mit den Worten, »die Kämpfe
waren so gewaltig, weil die Einsätze so gering waren.« Dieser »Wahnsinn«,
so Thiel, dass Menschen bei kleinen Einsätzen wie verrückt kämpfen, ist für
ihn ganz rational gesehen eine einfache Funktion einer logischen Gleichung
ohne Unbekannte und damit eine Trivialität ohne Wert.65
Doch Thiel legte vor den Studenten noch mit einem weiteren Seitenhieb
auf die Business Schools und auf Harvard im Besonderen nach. Für ihn sind
die Harvard-Studenten eine ganz bestimmte Art von Individuen. Er
bezeichnet sie als »Anti-Asperger«-Persönlichkeiten, die extrovertiert sind
und wenig eigene Ideen haben. Stecke man diese für zwei Jahre zusammen,
komme am Ende ein großer Herdentrieb heraus, der genau die falschen
Entscheidungen treffe. So wie Ende der 1980er-Jahre, als alle Harvard-
Absolventen in die Finanzbranche drängten und dem damaligen Anleihestar
Mike Milken nacheifern wollten. Später landete Milken nach einem der
größten Wall-Street-Finanzskandale im Gefängnis. Und als der Tech-Boom
1999 und 2000 auf die Spitze zusteuerte, wollte jeder Harvard-Absolvent
ins Silicon Valley. Zwei Jahre später war die Tech-Blase geplatzt, und der
NASDAQ-Index verlor in der Spitze rund 80 Prozent an Wert. Zwischen
2005 und 2007, auf dem Höhepunkt des Hypothekenbooms, wollte jeder in
die Private-Equity- und Investmentbanking-Branche gehen. Im September
2008 ging Lehman Brothers pleite und löste ein weltweites Wirtschafts- und
Börsenbeben aus. Den Studenten sagte er, dass er selbst »nicht wisse,
welche Art von Therapie er empfehlen solle«. Sein Ausgangspunkt und
seine Empfehlung sei aber, was vielleicht »zehn Prozent« des Weges
ausmache, »niemals zu unterschätzen, wie groß ein Problem ist«.66
Zurück ins Jahr 1985. Peter Thiel hatte nach seinem brillanten
Schulabschluss keinen konkreten Plan, für welches Studienfach er sich
entscheiden sollte. Er hatte zu diesem Zeitpunkt eine grundsätzlich
optimistische Sicht auf die Dinge. Seiner Meinung nach standen ihm
praktisch alle Möglichkeiten offen. »Du kannst eine Menge Geld verdienen,
eine angesehene Stelle bekleiden, etwas intellektuell Stimulierendes tun und
irgendwie auch alles miteinander kombinieren. Das war Teil des
Optimismus, der in den 1980er-Jahren herrschte, und ich fühlte mich nicht
gezwungen, konkreter zu werden. Der Anspruch war, irgendwie eine
Wirkung auf die Welt zu haben.«67
Schlussendlich entschied er sich für das Naheliegende. Nachdem er
schon in jungen Jahren mit seinen Eltern oft umgezogen und weit
herumgekommen war, entschied er sich für ein Studium an der
Eliteuniversität Stanford, die in direkter Nachbarschaft zu seinem
Elternhaus lag. Studienfach Philosophie.

Ausbildung an der Stanford University und Stanford Law School

Warum ausgerechnet Philosophie? Aufgrund der mathematischen Begabung


von Thiel hätte eher ein naturwissenschaftliches Studium oder gar
Informatik nahegelegen, zumal Stanford schon in den 1980er-Jahren einen
glänzenden Ruf in den Computerwissenschaften hatte. Marc Andreessen,
einer der führenden Venture Capitalists im Silicon Valley und Erfinder des
Internet-Browsers, meinte vor einiger Zeit, dass nur Studiengänge, die
einen mathematischen Hintergrund haben, Sinn machen, Abschlüsse in
Geisteswissenschaften hingegen meist als Schuhverkäufer enden würden.68
Wie sich aber bei Peter Thiel schnell herausstellen sollte, war das
Philosophiestudium eine gute Wahl. Im zweiten Studienjahr, es war das
Winterhalbjahr 1986/87, besuchte er den Kurs »Mind, Matter and Meaning«
des renommierten Professors Michael Bratman.69 Dabei wurde er auf den
Mitstudenten Reid Hoffman aufmerksam. Die Begegnung sollte für beide
richtungsweisend sein. Nach der Vorlesung setzten sie ihre Unterhaltung auf
dem braun gepflasterten Innenhof der Stanford Uni, im Studentenjargon
einfach Quad genannt, fort. Über zwei Stunden dauerte der erste
intellektuelle Schlagabtausch der beiden. Es ging um Grundsätzliches, wie
so oft in der Philosophie. Also um das Leben und die Welt als Ganzes. Der
Grundstein für eine nunmehr 30-jährige Freundschaft war gelegt. Vom Start
weg vertraten der schmächtige Thiel und der bullige Hoffman nicht nur rein
äußerlich gegensätzliche Thesen. 25 Jahre nach ihrer ersten Begegnung
sagte Hoffman im Interview mit dem Forbes Magazin, dass es damals der
Beginn eines jahrzehntelangen anspruchsvollen intellektuellen Austauschs
von Positionen war. Thiel betonte dabei, dass die Diskussion »nicht
gegensätzlich geführt werde, sondern immer mit Bedacht auf die
Wahrheit«.70
Beide konnten zu diesem Zeitpunkt noch nicht ahnen, welche
umwälzende Tragweite ihr Gespräch für die Technologiebranche und die
Gesellschaft haben sollte. Thiel und Hoffman sollten die Entwicklung der
sozialen Medien maßgeblich prägen. Peter Thiel als erster externer Investor
für Facebook und Reid Hoffman als Gründer von LinkedIn. Sowohl Thiel
als auch Hoffman wurden mit ihrem Gespür und ihrem visionären Geist zu
den ungekrönten Königen des Web 2.0 und ganz nebenbei zu den
wohlhabendsten und einflussreichsten Unternehmern und
Risikokapitalgebern des Silicon Valley. Das Forbes Magazine führt auf
seiner Midas-Liste der besten Venture Capital Dealmaker für das Jahr 2016
denn auch beide unter den Top 20. Peter Thiel auf Platz 10 und Reid
Hoffman auf Platz 18.71
Ihre damaligen Führungsambitionen und politischen Ansichten zeigten
sich auch in den studentischen Senatswahlen. Thiel gewann als rechter,
Hoffman als linker Kandidat einen Sitz. 25 Jahre später betont Hoffman in
dem Forbes-Interview, welch enorme Entwicklung und Bedeutung die
unternehmerisch geprägte Start-up-Szene an der Stanford University in der
Zwischenzeit erlangt hat. Zu ihrer Zeit war es noch nicht so, dass Studenten
im Grundstudium dachten, »ich verlass die Uni und gründe eine Firma«.
Thiel war deshalb sehr überrascht, als sich für seine Start-up-Vorlesung im
Jahr 2012 innerhalb von einer Woche mehr als 300 Studenten einschrieben.
Thiel spürte dabei eine ähnliche »Intensität« wie in den Boom-Jahren Ende
der 1990er-Jahre, aber diesmal fühlte es sich für ihn »realer« an als damals.
Thiel erinnert sich im Gespräch zudem an eine Veranstaltung über die »next
great companies« Anfang 2005 an der Stanford University gemeinsam mit
Hoffman und Sean Parker (ehemals Berater von Facebook), kurz nachdem
Hoffman LinkedIn aus der Taufe gehoben hatte. Wie sich später
herausstellen sollte, war dies der Ausgangspunkt für das Web 2.0, und
Facebook und LinkedIn standen mit ihnen als Protagonisten für die »next
great companies«.
Häufig verfügen die erfolgreichsten Investoren über verblüffend
einfache Weisheiten für ihre Anlageentscheidungen. Was für Warren Buffett
und Charlie Munger der »Circle of Competence« ist, also der
Kompetenzrahmen für Anlageentscheidungen, ist für Peter Thiel der »Fünf-
Meilen Radius von Stanford«, um neue Investments in Start-ups ausfindig
zu machen.72 Thiel spricht hier aus eigener Erfahrung als Start-up-
Unternehmer. Neben der Begegnung mit Hoffman sollte er noch weitere
kongeniale Partner an der Stanford University kennenlernen, die für seinen
weiteren Weg von großer Bedeutung waren.
Prägenden Einfluss auf Peter Thiels Weltbild und seine Grundsätze für
Geschäfts- und Investitionsentscheidungen sollte das Werk des bereits
erwähnten französischen Philosophen und Stanford-Professors René Girard
haben. Thiel las nach eigener Aussage Girards Hauptwerk »Things Hidden
since the Foundation of the World« erstmals in seinem Philosophie-
Grundstudium. Für Thiel ist es das Meisterstück des von ihm so
bewunderten französischen Philosophen. Bei Girard geht es um das große
Ganze, bei dem Gewalt und Religion eine wichtige Rolle spielen. Herzstück
von Girards Denkmodell ist die Theorie des Nachahmens (»mimetic
theory«). Laut Girard gründet sich das menschliche Verhalten auf
Nachahmung. Begehren und Triebe, die auf Nachahmung beruhen, führen
zu Konflikten und Auseinandersetzungen. Die Eskalation einer
gewalttätigen Auseinandersetzung kann nur durch das Herhalten eines
Sündenbocks aufgelöst werden. Christliche Theologie und damit Religion
ist ein wichtiger Bestandteil der Arbeit von Girard und hat auf Thiel
ebenfalls großen Einfluss.73 Thiel wurde von seinen Eltern als
evangelischer Christ erzogen. Laut Thiel sind die christlichen Bezüge sowie
die Evolution sehr »wertvoll« und »bieten einen differenzierten Blick auf
die Dinge«. »Es hilft dir, deine Ideen sicher zu verteidigen, oder gibt einem
ein tieferes Verständnis, warum sie falsch sind.«74 René Girard vertritt seine
Theorien und Ansichten über das Stilmittel Interview, das für sein Buch von
zwei Psychiatern durchgeführt wurde. Dabei spannt er einen großen Bogen
über die Anthropologie, Religion, Literatur und Psychoanalyse bis zu
modernen gesellschaftlichen und kulturellen Theorien. Girards Werk ist
nach Aussagen von Thiel »dicht bepackt« und es gibt »keinen einfachen
Zugang«.
Das Werk von Girard kreist, wie gesagt, um Nachahmung und
Wettbewerb. Thiel doziert in einem Interview mit Business Insider, dass wir
Menschen der Nachahmung nicht ausweichen können und wir so handeln,
wie wir handeln, weil andere Leute genauso handeln. »Das ist der Grund,
warum wir uns alle um dieselben Dinge streiten: dieselben Schulen,
dieselben Jobs, dieselben Märkte. Ökonomen sprechen davon, dass
Wettbewerb die Gewinne marginalisiert, eine ganz wichtige Aussage.
Girard fügt noch hinzu: Wettbewerber tendieren dazu, auf Kosten ihrer
eigentlichen Ziele besessen von ihren Rivalen zu werden. Außerdem sagt
die Intensität des Wettbewerbs nichts über den zugrundeliegenden Wert des
Gegenstands aus. Menschen kämpfen erbittert um Dinge, die keine
Bedeutung haben, und sie kämpfen mit der Zeit immer erbitterter.«75
Peter Thiel hat aus Girards Erkenntnissen vielleicht die wesentliche
DNA seiner erfolgreichen Arbeit als Unternehmer und Investor gezogen.
»Man kann sich nicht vollständig der Nachahmung entziehen, aber wenn
man feinfühlig ist auf dem Weg, der uns führt, ist man gegenüber Vielen
schon einen großen Schritt voraus.«76 Ein Ratschlag, den er selbst als
»Contrarian« seit seinem Studium erfolgreich beherzigt hat. Amazon-
Gründer Jeff Bezos stimmt in einem Interview mit Walter Isaacson zu, dass
Peter Thiel zuallererst ein Contrarian ist. Aber laut Bezos liegen
»Contrarians häufig falsch«. Bezos machte diese Aussage Ende Oktober
2016, just zwei Wochen vor den US-Präsidentschaftswahlen vor dem
Hintergrund von Thiels Unterstützung von Donald Trump.77 Doch Thiel
sollte mit Trump richtig liegen, und Bezos nahm, trotz der
Meinungsverschiedenheit mit Trump, Mitte Dezember am viel beachteten
Treffen der wichtigsten Tech-Vertreter mit Trump teil – arrangiert von
dessen Tech-Berater Peter Thiel.
Marc Andreessen, Erfinder des Internet-Browsers, Freund und häufiger
Co-Investor von Thiel, sagt, dass er »exakt mit der Hälfte« von dem, was
Thiel sagt, übereinstimme. Für Thiel sind Kapitalismus und Wettbewerb
Gegensätze. Bei perfektem Wettbewerb müssten alle Gewinne eliminiert
werden. Start-up-Unternehmer sollen nach Monopolen Ausschau halten.
Laut Marc Andreessen hat Thiel damit zwar recht, aber wenn man eine gute
Idee hat, solle man dafür kämpfen. Andreessen gehört zu denjenigen, die
mit der Entwicklung des ersten kommerziellen Internet-Browsers Mosaic
und der Gründung von Netscape zwar Geschichte geschrieben und einen
riesigen Markt, den des Internet Business, erst möglich gemacht haben, aber
durch die geradezu erdrückende Konkurrenz von Microsoft aus dem Markt
gedrängt wurden. Für Marc Andreessen hat Thiel den intellektuellen Level
im Silicon Valley deutlich angehoben, insbesondere, »wenn die Rede auf
Philosophie, Geschichte, Politik und das Schicksal der Menschheit kommt.
Vor Peter dachten nur Wenige über diese Dinge nach. Sie waren stattdessen
darauf fixiert, was kann der neue Chip?«78
Während andere Unternehmer und Investoren dem Herdentrieb folgen,
positioniert sich Thiel meist sehr erfolgreich in genau der entgegengesetzten
Richtung. Wer ein überdurchschnittliches Anlageergebnis erzielen will,
muss definitionsgemäß anders handeln als die große Masse. Nicht jeder
aber ist zum »Contrarian« geboren. Es braucht starke Nerven und viel
Disziplin, um sich dem Mainstream zu widersetzen. »Sei ängstlich, wenn
andere gierig sind, sei gierig, wenn andere ängstlich sind.«79 Trefflicher als
Anlagegenie Warren Buffett, selbst Contrarian durch und durch, kann man
diese Strategie nicht auf den Punkt bringen.
Die meisten seiner Freunde teilen seine konservativen Ansichten. Sie
genossen ihren Status als Außenseiter und ihre Abkapselung von dem
Mainstream. Stanford wurde in den späten 1980er-Jahren zum Schauplatz
heftiger Glaubenskämpfe über die Ausrichtung und Zusammensetzung der
Studienpläne. Minderheiten und linke Studentengruppen klagten darüber,
dass die Kurse nur auf »tote weiße Männer« – gemeint waren damit
Geistesgrößen wie Aristoteles und Shakespeare – ausgerichtet waren. Auf
der anderen Seite standen die Traditionalisten, die in den antiwestlichen
Strömungen die Gefahr sahen, dass die Studienpläne für linkspolitische
Agitation missbraucht werden könnten. Mit den linksgerichteten Ansichten
konnte Thiel nichts anfangen und fand sie auch nicht in Ordnung. Thiel
suchte nach einem Mittel, um die politische Diskussion zu seinen Gunsten
zu beeinflussen. Was lag zu diesem Zeitpunkt näher, als eine Zeitschrift zu
gründen, schließlich befand man sich noch in der Vor-Internet-Ära.
Am Ende seines zweiten Studienjahrs in Philosophie machte Thiel
Nägel mit Köpfen. Zusammen mit Norman Book gründete er im Juni 1987
die konservative Studentenzeitung The Stanford Review. Erste
unternehmerische und politische Ambitionen wurden nun sichtbar. Mit
diesem Organ etablierte er ein alternatives Sprachrohr mit konservativem
Programm. Die Reagansche Revolution mit dem Wiedererstarken der Werte
für Freihandel, gepaart mit Konservatismus, beeinflussten die inhaltliche
Ausrichtung der Review.80
Finanzielle und intellektuelle Unterstützung bot Irving Kristol, der Vater
des Neokonservatismus. Obschon Thiel selten für die Review schrieb, trug
sie in den Anfangsjahren ganz klar seinen Stempel als Herausgeber: Die
Artikel waren eine Mixtur aus intellektuell anspruchsvollen Aussagen,
durchaus vernünftig klingenden Angriffen auf linke Ideologien und einer
schelmisch/boshaften Pointierung der »political correctness« unter den
Studenten, dem Lehrkörper und der Verwaltung.81 Nach Aussagen des
späteren Chefredakteurs Aman Verjee waren die ersten Jahre geprägt durch
»einen konservativen Eifer«. Sowohl Thiel als auch die weiteren
Herausgeber David Sacks und Aman Verjee bezeichnen sich als Libertäre,
und so war nach Aussage von Verjee in der Review auch Raum für
Nuancen.82

Die Auseinandersetzung zwischen linken Ideologen und rechten


Konservativen wuchs über Stanford hinaus und wurde zu einem nationalen
Phänomen. Anfang 1987 kam der demokratische Präsidentschaftskandidat
Jesse Jackson an die Stanford und ließ die Studenten beim Einmarsch »Hey
hey, ho ho, Western Culture’s got to go!« skandieren. Im darauffolgenden
Jahr lud Thiel Reagans Bildungsminister William Bennett ein. Der redete
dann auch nicht um den heißen Brei herum, sondern übte massive Kritik an
den durchgeführten Änderungen am Lehrplan. Denn auf einmal standen
Kurse über Kulturen außerhalb der westlichen Sphäre und Bücher von
Autoren, die die Unterschiedlichkeit der Geschlechter und Hautfarben zum
Ausdruck bringen sollten, im Mittelpunkt. Anders formuliert: Die
Dominanz der weißen, männlich geprägten Leitkultur sollte gebrochen
werden. Bennett sprach aus, was Thiel und seine konservativen Kollegen
bei der Review dachten: »Eine großartige Universität wurde zugrunde
gerichtet.«83
Die Review brachte auch in einem offenen Brief an die
Universitätsleitung ihre Missbilligung zum Ausdruck, weil die Reagan-
Bibliothek nicht an die Stanford University ging. Schuld daran seien die
mangelhaften Beziehungen zwischen Stanford und dem verantwortlichen
Hoover Institut. Sowohl die Studenten wie auch der Lehrkörper würden
nicht nur die großartigsten Köpfe, sondern auch die wertvollsten Archive –
unabhängig von politischen Sichtweisen – ziehen lassen.84
Schon damals, also Ende der 1980er-Jahre, machte sich Thiel Gedanken
über die exorbitanten Studiengebühren an der Stanford. In einem frühen
Leitartikel mit dem Titel »Überdenken der finanziellen Unterstützung«
kritisiert Thiel die Gebührenerhöhungen, die deutlich über der Inflationsrate
und dem persönlichen Einkommenszuwachs lägen. »Eine Rekordzahl von
70 Prozent der Studenten im Grundstudium benötigt finanzielle Hilfe. Oder
anders ausgedrückt, seit Stanford für 70 Prozent der Studenten zu teuer ist,
müssen die Erhöhungen von den verbleibenden 30 Prozent geschultert
werden.« Thiel weist auf das Paradox hin, »wonach die Erhöhungen der
Gebühren zu einer Reduzierung des Anteils der Studenten führen, deren
Familien sich dies noch leisten können, verbunden mit noch bedeutenderen
Steigerungen für die ständig geringer werdende Ausgangsbasis an
Zahlenden.«85
Rund 30 Jahre später, im Oktober 2016, erneuerte Thiel kurz vor den
US-Präsidentschaftswahlen im Rahmen seiner Rede vor den Washingtoner
Journalisten des Nationalen Presseclubs seine Kritik an dem Teufelskreis
aus hohen Studiengebühren und hoher Verschuldung. Aktuell, so Thiel,
häufen die Studenten pro Jahr 1,3 Billionen Dollar Studienschulden an.
»Amerika ist als einziges Land übriggeblieben, wo Studenten ihren
Schulden nicht mehr entrinnen können. Nicht einmal wenn sie
Privatinsolvenz anmelden.« Für ihn ein erschreckender Zustand des Landes
und einer seiner Hauptkritikpunkte am fehlgeleiteten Ausbildungssystem
der Vereinigten Staaten.86
Die Review hatte für Thiel neben der Funktion der politischen
Artikulation konservativer Gedanken eine zweite Bedeutung: Er konnte ihm
treu ergebene gleichgesinnte Mitstreiter um sich scharen. Die Zeitung war
für ihn ein erstes Start-up-Venture und bot ihm die Möglichkeit, die
Persönlichkeiten zu testen und zu formen, mit denen er zusammenarbeitete.
So wurde die Review zur Brut- und Rekrutierungsstätte für Thiels spätere
Unternehmungen. Frei nach dem Motto: Wer sich bei der Review bewährt
hat, ist für Größeres geboren!
Die Mitarbeiter, Chefredakteure und Herausgeber der Review lesen sich
wie das »Who is Who« der Silicon-Valley-Tech-Szene. Aus dem
Mitarbeiterstamm der Review rekrutierte sich auch die legendäre PayPal-
Mafia (siehe Kapitel 4 »PayPal Mafia – Weltklasse Teambuilding«). Nach
wie vor bildet sie ganz wesentlich den inneren Geschäfts- und
Kommunikationszirkel von Peter Thiel.
Die wichtigsten Ex-Stanford-Review-Mitarbeiter und was aus ihnen
geworden ist:
– Peter Thiel (Gründer und Ex-Chefredakteur), Co-Founder u. a. von
PayPal, Founders Fund, Palantir Technologies
– Ken Howery (Ex-Redakteur), Co-Founder u. a. von PayPal, Founders
Fund
– David O. Sacks (Ex-Chefredakteur), Co-Founder von Yammer, Angel
Investor
– Keith Rabois (Ex-Redakteur), Co-Founder Opendoor, Investor bei Khosla
Ventures
– Joe Lonsdale (Ex-Chefredakteur), Co-Founder u.a. von Palantir
Technologies und Formation 8

Im Jahr 1989 schloss Peter Thiel schließlich sein Grundstudium Philosophie


des 20. Jahrhunderts ab. Daran knüpfte er nahtlos ein Studium der
Rechtswissenschaften an der Stanford Law School an und machte seinen
Abschluss 1992 als Doktor der Jurisprudenz (JD).
David Sacks, Thiels Nachfolger als Chefredakteur der Review, setzte ab
1992 eigene Akzente. Er rückte die Themen freie Meinungsäußerung,
Rechte Homosexueller und die Geschlechter- (Gender-) Diskussion im
Allgemeinen in den Vordergrund. Thiels Freund Keith Rabois, ebenfalls
Student der Rechtswissenschaften, testete im Jahr 1992 die Möglichkeiten
der freien Meinungsäußerung auf dem Stanford Campus bis aufs Äußerste
aus. Rabois skandierte auf dem Campus in Richtung der Wohnung eines
Dozenten die Worte »Faggot! Hope you die of Aids!« und »Can’t wait until
you die, faggot!«87 Es kam zum Skandal und Rabois musste auf Druck der
Unileitung Stanford verlassen. Sowohl Sacks als auch Thiel empfanden dies
als Skandal. Wie sich herausstellte, ist eine Zeitung ein sehr gutes Medium.
Sacks meinte denn auch, dass die Review erfolgreich im Aufdecken
zahlreicher Exzesse war und die Universitätsleitung in der Folge oft
genötigt war, einzulenken. Auch die Öffentlichkeit außerhalb von Stanford
bekam mit, was auf dem Campus und hinter den Kulissen geschah.88 Um
aber einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen, reichte eine Zeitung nicht.
Dafür bedurfte es eines Buchs. David Sacks und Peter Thiel
veröffentlichten 1995 »The Diversity Myth« mit dem bezeichnenden
Untertitel »Multikultur und politische Intoleranz auf dem Campus«. Das
Buch ist eine Abrechnung und eine Absage an den Versuch, die
Studienpläne und die politische Ausrichtung an der Stanford University an
dem Aspekt der Multikulturalität auszurichten (siehe Kapitel 5 »Der Autor
– The Diversity Myth – Der Anwalt«). Über die Jahre sollten sich die
Ansichten von Peter Thiel deutlich erweitern und sich für ihn die Frage
stellen, ob es das wert war. Just als das Buch erschien, durchlief Stanford
unter dem neuen Dekan Gerhard Casper einen immensen kulturellen
Wandel, dem viele der geisteswissenschaftlichen Kurse, die Gegenstand des
Dissenses waren, zum Opfer fielen.
Thiel hegte Ambitionen als Intellektueller in der Öffentlichkeit,
zweifelte aber, ob solch eine Karriere im Zeitalter akademischer
Spezialisierung noch Sinn machte. Er wollte sein Leben dem Geiste des
Kapitalismus widmen, war sich aber nicht sicher, ob dies eher eine
intellektuelle Aufgabe sein sollte, oder ob er einfach nur reich werden
wollte, oder doch beides. Für Sacks stand fest, dass aus Thiel der nächste
William F. Buckley (Buckley war rechtskonservativ, Yale-Absolvent sowie
Autor und Gründer der konservativen politischen Zeitschrift National
Review) und ein Milliardär werden konnte. Nur die Reihenfolge könnte
anders sein. Sacks sollte recht behalten. Thiel wurde durch seine
erfolgreichen Investments zum Milliardär und gleichzeitig spielt er
inzwischen erfolgreich auf der Klaviatur der öffentlichen Wahrnehmung, sei
es als Autor, über seine gemeinnützige Thiel Foundation, oder als Trumps
Politikberater.
Kurz vor seinem Abschluss an der Stanford Law School schrieb Thiel
einen letzten Leitartikel für die Review, in dem er die Aversion der
Geisteswissenschaftler gegenüber lukrativen beruflichen Karrieren
verspottete. Diese suchten stattdessen ihre Erfüllung in einer Laufbahn im
»Öffentlichen Recht«. »Die Alternative für Gier ist weder persönliche
Erfüllung noch Glück, sondern der Groll und der Neid gegenüber
Menschen, die etwas Wertvolleres leisten.« Thiel nennt konkret
Karrierewege in der Managementberatung, im Investment Banking,
Optionshandel oder in der Immobilienentwicklung. Auch die Teilhabe an
einem Start-up zog er in Betracht, was zum damaligen Zeitpunkt eher ein
ungewöhnlicher Karriereweg war.
Das Studium der Rechtswissenschaften absolvierte er nicht mehr mit
den außergewöhnlichen Zensuren, die ihn zur Schulzeit ausgezeichnet
hatten. Erstmals hinterfragte er deren Nutzen und wofür ein exzellenter
Abschluss gut sein soll. Auf der Highschool war für ihn der Zusammenhang
noch klar: Gute Noten öffnen den Weg in ein gutes College.89
Thiel durchlief bis zu diesem Zeitpunkt die für amerikanische
Verhältnisse mustergültige Eliteausbildung mit dem Eintrittsticket in eine
klassische, aber konservative Karriere.
Gegenüber seinem Freund Tim Ferriss äußerte er sich im Jahr 2014,
also rund 25 Jahre später, in dessen Show kritisch über seinen
»mustergültigen« Ausbildungsweg. »An einer Gesellschaft kann doch etwas
nicht stimmen, wenn die begabtesten jungen Leute alle dieselben Eliteunis
besuchen und am Ende alle eines von wenigen Fächern studieren und eine
von wenigen Laufbahnen einschlagen. Das ist meiner Ansicht nach eine
sehr engstirnige Herangehensweise an die Frage, was Menschen mit ihrem
Leben anfangen sollten. Das engt unsere Gesellschaft und auch die
Studenten enorm ein. Das gilt durchaus auch für mich selbst, wenn ich auf
meine Jahre an der juristischen Fakultät in Stanford zurückblicke. Vielleicht
würde ich das wieder so machen. Ich würde jedoch Fragen stellen wie:
Warum mache ich das? Nur, weil ich gute Noten und Testergebnisse habe
und ich mir davon ein gewisses Prestige verspreche? Oder weil ich
leidenschaftlich gern Anwalt werden möchte? Darauf gibt es meines
Erachtens richtige und falsche Antworten. Und rückblickend war ich mit
Anfang 20 viel zu sehr auf die falschen Antworten fokussiert.« Thiel
betonte im Interview weiter, dass er das Wort »Bildung« nicht mag und es
für »außerordentlich abstrakt« hält. Skeptisch ist er heute auch gegenüber
Qualifikationsnachweisen. Er sieht uns in einer großen fehlgeleiteten
»Bildungsblase«, von der wir wegkommen müssen.90
IV.
RISIKO ALS CHANCE – WETTBEWERB IST FÜR
VERLIERER

»It lasted seven months, and three days«


Peter Thiel über seine Zeit als Anwalt in der
New Yorker Kanzlei Sullivan & Cromwell91

Gastspiel in New York – Der ultimative Wettbewerb

Mit seinem Abschluss in Rechtswissenschaften machte sich Thiel 1992 im


Alter von 24 Jahren auf den Weg nach Atlanta zu seiner ersten
Arbeitsstelle. Nach sieben Jahren Stanford Studium arbeitete er dort für ein
Jahr als Gerichtsschreiber.92
In dieser Zeit kam es zu einer ersten richtungsweisenden Entscheidung,
die seine bisher so mustergültig am Reißbrett gezogene Karriere als Jurist
ins Wanken bringen sollte. Thiel wurde von dem Bundesrichter Antonin
Scalia zu einem Bewerbungsgespräch am Obersten Gerichtshof der
Vereinigten Staaten (Supreme Court) eingeladen. Scalia, der im Februar
2016 im Alter von 79 Jahren starb, gilt als der bedeutendste Richter am
Bundesgericht während der letzten 25 Jahre. Scalia wurde noch von Ronald
Reagan 1986 in sein Amt berufen und diente bis zu seinem Tod fast 30
Jahre am Supreme Court. Er war bekannt für seine konservative Linie.
Thiel und er sollten also eigentlich auf derselben Wellenlänge gelegen
haben.93 Für Thiel war dies der »ultimative Wettbewerb«, auf den er seit
seiner Kindheit hingearbeitet hatte. Die höchste Auszeichnung in der Welt
eines Jurastudenten ist, eine Richterstelle am Bundesgericht zu ergattern.
Von mehreren zehntausend Bewerbern schaffen es gerade mal ein paar
Dutzend. Die Treffen mit den Richtern liefen seiner Meinung nach gut. Er
war seinem Ziel nun ganz nah. In Gedanken sah er sich schon als Richter,
der finanziell ausgesorgt hat. Aber er täuschte sich. Thiel wurde abgelehnt.
Für jemanden wie ihn, der bisher aus jedem Wettbewerb als Sieger
hervorgegangen war, war dies, als ob eine Welt zusammenstürzen würde.
Auf einer Rede vor Universitätsabsolventen an der juristischen Fakultät des
Hamilton College im Jahr 2016 gab er zu, dass er in diesem Moment »am
Boden zerstört« war.94
Anschließend übersiedelte er nach New York und arbeitete für die
Kanzlei Sullivan & Cromwell. Die Arbeit in der Kanzlei war für ihn
inhaltlich wenig herausfordernd. Die Wochenarbeitszeit betrug 80 Stunden.
Wie bei so vielen Kanzleien mussten die jungen Absolventen
überproportional schuften, um dann vielleicht nach acht Jahren Partner zu
werden. Umringt von Konkurrenten, die mit ihm um die Zukunft und um
den Aufstieg in der Kanzlei kämpften, hinterfragte Thiel das
Wettbewerbsmodell, bislang zentraler Bestandteil seines Schul- und
Ausbildungsweges, immer mehr. Seine New Yorker Zeit sollte er später als
»Lebenskrise« in Erinnerung behalten.95 In zahlreichen Interviews
beschreibt Thiel die gegensätzliche Sichtweise auf das »elitäre« Anwalts-
und Kanzleileben. »Von außen betrachtet will jeder rein, von innen möchte
jeder wieder heraus.« Thiel kokettiert heute damit, dass er auf den Tag
genau sagen kann, wie lange er in der Kanzlei dem Anwaltsberuf nachging:
»Sieben Monate und drei Tage.« Die Zählweise erinnert an das Absitzen
einer Strafe im Gefängnis. Als er sich entschließt, die Kanzlei von heute auf
morgen zu verlassen, waren seine Kollegen überrascht. Einer von ihnen, so
Thiel, »meinte, er hätte gar nicht gewusst, dass man aus Alcatraz
entkommen kann.« Alcatraz, die symbolträchtige stillgelegte
Gefängnisinsel in der Bucht von San Francisco, als Vergleichsmaßstab für
eine Edelkanzlei – wahrlich ein provokanter Vergleich. Jedes Mal, wenn
Thiel diese Geschichte erzählt, hat er die Lacher auf seiner Seite. Aber für
die Beteiligten in den Kanzleien ist es sehr schwierig, dies einfach so hinter
sich zu lassen. Thiel meint, dass die Leute einen hohen, vielleicht zu hohen
Preis für ihre Position bezahlt haben, als dass sie diese dann einfach sang-
und klanglos aufgeben könnten.96
In seiner Rede vor den Absolventen am Hamilton College bringt er
seine Erfahrungen wie folgt auf den Punkt: 2004, nachdem er PayPal
aufgebaut und verkauft hatte, traf er zufällig auf einen alten Studienfreund
aus der Zeit an der juristischen Fakultät, der ihm bei der Bewerbung für die
Stelle als Richter geholfen hatte. Dessen erste Frage war nicht: »Wie geht es
dir?« oder »Kaum zu glauben, wie lange das her ist?«, sondern er grinste
und meinte: »Na, Peter, bist du nicht froh darüber, dass du die Stelle als
Richter nicht bekommen hast?«97
Im Rückblick trauert Thiel tatsächlich nicht mehr der Karriere als
Richter und Anwalt nach. »Hätte ich den ultimativen Wettbewerb um die
Richterstelle gewonnen, so hätte sich mein Leben zum Schlechten
geändert«, schreibt Thiel in seinem Buch »Zero to One«.98 Die Stelle am
Gericht hätte ihn dazu genötigt, sich mit Verträgen und Geschäften von
Fremden zu beschäftigen, statt selbst etwas Neues zu schaffen.
Thiel gibt den Studenten einen Ratschlag mit auf den Weg, der
richtungsweisend für seine eigene erfolgreiche Karriere werden sollte:
»Egal, wie niederschmetternd ein Rückschlag zu dem Zeitpunkt sein mag,
es ist immer möglich, einen Karriereweg zu finden, der noch viel
lohnenswerter ist. Seine Ambitionen, Anwalt zu werden, waren für ihn
rückblickend weniger ein Zukunftsplan als vielmehr ein »Alibi für die
Gegenwart«. Ein Alibi, um sich insbesondere vor den Eltern und der
Gruppe zu rechtfertigen, dass alles in Ordnung sei und er »on track« wäre.
Im Rückblick aber, so Thiel, war sein größtes Problem, dass er auf einem
Weg war, ohne kritisch zu hinterfragen, wohin dieser denn führt.99
Thiels selbst gestellte rhetorische Frage, ob er denn ein Anwalt aus
Leidenschaft sein wollte, war damit beantwortet. Im Interview mit dem
Stanford Lawyer 2011 ließ er allerdings durchblicken, dass das Jurastudium
eine gute Grundlage für seine Tätigkeit als Unternehmer gewesen war. Jura
sei »interdisziplinär«, »man lerne sehr viel über unterschiedliche Gebiete
und versuche zu erkunden, wie sie miteinander zusammenspielen«.
Außerdem gäbe es »viele spezifische Fähigkeiten, die sich überlappen – wie
zum Beispiel der Umgang mit einer Vielzahl von Informationen und die
Fähigkeit, diese zusammenzufassen.« Rückblickend seien die Studienjahre
in Stanford »extrem wertvolle Jahre« gewesen.
Zwischen 1993 und 1996 versuchte sich Thiel dann als Derivate-
Händler bei der Credit Suisse in New York. Dort lernte er, wie man
Vermögenswerte bewertet und analysiert. Zu der Zeit verdiente er 100.000
Dollar im Jahr. Sein Mitbewohner war einige Jahre älter als Thiel, verdiente
300.000 Dollar und musste trotzdem seinen Vater um einen Kredit
anpumpen. New York erwies sich als verdammt teuer. Als Banker musste
man teure Anzüge tragen und exquisite Restaurants besuchen. New York als
Inbegriff des Statusdenkens befeuert den Wettbewerbsdruck. Die Stadt der
Wolkenkratzer steht sinnbildlich für den Aufstieg und Abstieg von
Karrieren. Befindet man sich in den Gebäuden, sieht man je nach Etage auf
andere Menschen herunter oder blickt zu anderen hoch. Bei Thiel, der den
Wettbewerb liebte, aber diese Art von »Infight« ablehnte, muss die
Funktionsweise von New York einen geradezu klaustrophobischen
Eindruck hinterlassen haben. Er erinnerte sich an René Girards Schriften.
New York war das beste lebende Beispiel für Girards theoretische
Ausführungen seiner »Mimetic Theory«. Die hohen Lebenshaltungskosten
gepaart mit dem gnadenlosen Wettbewerbsdruck machten New York für
Thiel zum Nullsummenspiel.100
Ironie des Schicksals: Das Wall Street Journal sollte Jahre später seinen
Bestseller ›Zero to One‹ als Vorabdruck mit der Schlagzeile »Wettbewerb
ist für Verlierer« ankündigen. Besser hätte man die Erkenntnis von Thiel zu
seinem wenig erfolgreichen New Yorker Gastspiel nicht zusammenfassen
können.101 Thiel musste nicht mehr lange überlegen und machte sich auf
den Weg zurück nach Kalifornien ins Silicon Valley.

Next big thing – Internet

Als Thiel 1996 sein New Yorker Gastspiel beendete und zurück ins Silicon
Valley ging, befand sich das Tal gerade in einem großen technologischen
Umbruch. Die erste Hälfte der 1990er-Jahre war geprägt von dem Duopol
Microsoft und Intel, die den PC-Markt fest im Griff hatten. Die Presse
prägte denn auch das Kürzel »WinTel« für die enge Partnerschaft der
beiden dominierenden Unternehmen des PC-Zeitalters. Die großen
Schlachten der 1980er-Jahre, angetrieben durch den Konkurrenzkampf
zwischen Apple auf der einen Seite und IBM mit Microsoft auf der anderen
Seite, um den dominierenden Standard im PC-Geschäft waren geschlagen.
Die Aufgabenverteilung war einfach: Microsoft entwickelte neue,
Ressourcen fressende Versionen ihrer Cashcows Windows und Office, Intel
entwickelte dafür jeweils einen neuen leistungsfähigeren Mikroprozessor.
Beide Unternehmen schöpften den Großteil der Profite im Markt ab. Der
PC eroberte sowohl die Büros als auch die Haushalte. Microsoft-Chef Bill
Gates sah seine Vision, dass jeder Haushalt über einen PC verfügt, auf
einem guten Weg. Im Silicon Valley befand man sich in einer Art Sinnkrise.
Hatte doch Apple die Innovationen des Personal Computers mit Ideen wie
der Maus und der grafischen Benutzeroberfläche vorangetrieben,
wirtschaftlich profitierte aber der Plagiator von der Ostküste.
Microsoft und Bill Gates waren im Valley verhasst als diejenigen, die
Innovationen gnadenlos kopierten und dann über ihre monopolartige
Stellung in den Markt drückten und damit enorme Profite einfuhren. Das
Valley suchte lechzend nach dem Next Big Thing. Bill Clintons damaliger
Vizepräsident Al Gore sprach vom »Information Super Highway« und
»Video-on-Demand«-Diensten, die Amerika den Weg ins 21. Jahrhundert
ebnen sollten. Doch niemand wusste so recht, wie die Vision der
Datenautobahn mit Leben zu füllen war. Ein Informatikstudent Namens
Marc Andreessen von der Universität von Illinois sollte den Stein
schließlich ins Rollen bringen, und er entwickelte sich zu einem
gigantischen Steinschlag. Andreessen arbeitete 1993 an der Universität
Illinois an einem benutzerfreundlichen grafischen Browser unter dem
Namen »Mosaic«, der plattformunabhängig auf vielen verschiedenen
Rechnern lief. Basis waren die von Tim Berners-Lee am Genfer
Forschungszentrum CERN entwickelten Standards für das World Wide
Web. Mit der von ihm entwickelten Beschreibungssprache HTML konnte
man einfach und schnell multimediale Inhalte aus Text, Bild, Ton und
Video erstellen. Andreessen stellte den Browser Ende 1993 ins Netz, er
verbreitete sich wie ein Virus und entwickelte sich schnell zum absoluten
Download Schlager.102 Waren es anfangs nur Technologiefreaks,
installierten, angetrieben durch die Medien, immer mehr Privat- und
Geschäftsleute den Browser, und es entstanden explosionsartig erste
Internetseiten mit Inhalten und Diensten. Berners Lee gab dem Internet ein
Gesicht, Andreessen entwickelte mit dem Browser den Zugang für die
Massen. Andreessen zog ins Silicon Valley und traf sich mit dem Silicon-
Graphics-Gründer Jim Clark. Silicon Graphics war zu der Zeit eines der
edelsten Tech-Unternehmen im Valley und Jim Clark eine der
einflussreichsten Persönlichkeiten. Clark erkannte schnell das
Geschäftspotenzial des Browsers und das technische Potenzial von
Andreessen. Er holte mit John Doerr von Kleiner Perkins Caufield & Byers
einen Top Venture Investor an Bord, der später auch Amazon und Google
finanzieren sollte. Nachdem die Universität Illinois die Namensrechte an
Mosiac reklamierte, entschloss man sich, die neue Firma »Netscape« zu
nennen. Die Entwicklung schritt rasant voran. Im Sommer 1995 verfügte
Netscape bereits über hunderte von Mitarbeitern, mehr als zehn Millionen
Nutzern und neben dem Browser über eine breite Produktpalette an
Serverprodukten. Netscape war das erste Internetunternehmen mit einem
sogenannten »two sided«-Geschäftsmodell: Anwender konnten sich den
Browser kostenfrei herunterladen, die für den Betrieb von Internetseiten
notwendige Software mussten Unternehmen als kostenpflichte Lizenz bei
Netscape erwerben.
Die Produkte von Netscape verkauften sich wie »geschnitten Brot«. Die
Umsätze wuchsen denn auch nach wenigen Monaten auf zweistellige
Millionenbeträge. John Doerr sah den idealen Zeitpunkt für den
Börsengang gekommen. Das Internet war Schlagzeilenträger in allen
Medien und Netscape der Cheerleader. Am 9. August 1995, nur 14 Monate
nach Gründung des Unternehmens, debütierte Netscape an der Wall Street.
Der Preis pro Aktie wurde auf 28 Dollar festgelegt. Dies entsprach einer
Börsenbewertung von einer Milliarde Dollar. Nicht schlecht für ein
Unternehmen, das gerade mal 17 Millionen Dollar Umsatz machte und
dabei 13 Millionen Dollar Verlust einfuhr. Die Wall Street begrüßte das
Internet und Netscape im Speziellen mit einem gewaltigen
Vertrauensvorschuss. Der erste festgestellte Kurs von Netscape an der New
Yorker NASDAQ betrug sage und schreibe 71 Dollar. Am Ende des ersten
Handelstags stand ein Kurs von 58,25 Dollar auf dem Börsentableau. Dies
entsprach einer sagenhaften Börsenbewertung von 2,7 Milliarden Dollar.
Am nächsten Tag titelte das Wall Street Journal denn auch, dass Netscape
innerhalb von Minuten das geschafft hat, wozu ein Konzern wie General
Dynamics 43 Jahre gebraucht hatte. Besser hätte man die explosionsartige
Dynamik des aufziehenden Internet-Zeitalters nicht ausdrücken können.103
Das Valley hatte einen neuen Star. Marc Andreessen wurde in den Medien
als das Wunderkind des Internets und als neuer Bill Gates herumgereicht.
Das Time Magazine kürte ihn in der Folge gar zum Mann des Jahres. Das
Selbstverständnis des Valleys war damit wieder zurechtgerückt. Man sah
nun die Chance, die erdrückende Überlegenheit von Microsoft mit der
geräteunabhängigen Browsertechnologie zu brechen. Der Browser wurde
gar als neues Betriebssystem und Netscape als neues Microsoft gehandelt.
Robert Reid wartete in seinem exzellenten Buch »Architects of the Web
– 1.000 Days that Built the Future of Business« bereits Ende 1996 mit
folgenden Fakten auf, die zeigten, welch umwälzende Entwicklung das
Internet für die Medien, die Börse und den Stellenmarkt haben wird:
– Mehr als 30 Millionen Menschen in den USA und mehr als 10 Millionen
außerhalb nutzen bereits das Internet.
– Webseiten wie Yahoo!, ESPNET und Netscape verfügen über höhere
Reichweiten als die angesehenen Zeitschriften Newsweek, Forbes oder
Sports Illustrated.
– Mehr Menschen als zu Zeiten des kalifornischen Goldrauschs von 1849
suchen ihr Glück in der Arbeit bei Start-ups mit dem Ziel, über
Aktienoptionen reich zu werden.
– Die Börse nimmt das neue Wachstumssegment Internet mit offenen
Armen auf und bietet hohe Firmenbewertungen auf die zukünftige
Wachstumsfantasie.104
– Obschon viele der Internet-Start-ups erst ein oder zwei Jahre alt waren
und noch nicht über ein ausgereiftes Geschäftsmodell verfügten, fanden
sie schnell den Weg an die Börse: Yahoo! bereits 1996, Amazon 1997 und
eBay 1998.

PayPal wird geboren

Das Valley hatte sich zum wiederholten Male neu erfunden! Die
Aufbruchsstimmung des beginnenden dot-com-Booms mit einer golden
erscheinenden Zukunftsvision muss Thiel bei seiner Rückkehr
augenscheinlich in seinen Bann gezogen haben. Er zog nach Menlo Park in
ein Apartment und gründete mit Thiel Capital seinen eigenen Hedgefonds
mit einem Volumen von einer Million Dollar. Das Geld für seinen Fonds
sammelte er in der Familie und bei Freunden ein. Im darauffolgenden Jahr
lernte er Luke Nosek kennen, den es damals als 21-Jähriger ins Silicon
Valley verschlagen hatte. Nosek war wie Marc Andreessen
Informatikabsolvent der Universität von Illinois, er heuerte bei Andreessens
Firma Netscape an. Nosek verfügte bereits über Start-up-Erfahrung. Schon
während des Studiums hatte er 1995 mit seinen Studienkollegen Max
Levchin und Scott Banister SponsorNet New Media gegründet. Im Silicon
Valley angekommen, baute Nosek an einem webbasierten Kalenderservice.
Thiel überzeugte schließlich das Konzept und er investierte 100.000 Dollar
in die Idee. Doch das Start-up floppte und Thiel musste das Geld
abschreiben. Nosek fühlte sich in der Folge schuldig, weil er Thiels Geld
versenkt hatte. Wie wir alle wissen, kann Geld die besten
Freundschaftsbande trennen. Doch in diesem Fall war es anders, und wie
die Geschichte zeigen sollte, Beispiel dafür, wie langwährende starke
Freundschaften sich in der Folge zu einem großen finanziellen Erfolg für
alle Beteiligten entwickeln können. Max Levchin, Noseks Studienkollege
und ein begnadeter Softwareentwickler, wollte unbedingt über ihn Thiel
kennenlernen, um ihm seine Idee für eine digitale Verschlüsselungsfirma
vorzustellen. Doch Nosek war dazu nicht bereit, er schämte sich wegen
seines Misserfolgs.105
Ähnlich wie bei der schicksalhaften Begegnung mit Reid Hoffman im
Anschluss an eine Lehrveranstaltung an der Stanford spielte auch diesmal
der Campus der Eliteuni den Kuppler, um die beiden zusammenzubringen.
Thiel hielt im Sommer 1998 eine Gastvorlesung über seine
Lieblingsthemen »Globalisierung der Märkte« und »politische Freiheit«.106
Einer der Studenten im Auditorium war der damals 23-jährige Ukrainer
Max Levchin.107 Der junge Ukrainer fand Gefallen an dem, was er hörte. Er
war nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion als Staatenloser 1991 mit
seinen Eltern in die USA gekommen. Als Jude unterlag er in der früheren
Sowjetunion Einschränkungen bei der Ausbildung, der Wohnung und der
Arbeit. Die größte Investition der Familie Levchin nach der Übersiedelung
von Kiew nach Chicago in die neu gewonnene Freiheit war der Kauf eines
gebrauchten Computers für ihren Sohn Max. Sie sollte sich später um ein
Vielfaches auszahlen!108
Auch Levchin war ein libertär Denkender und so fanden die beiden
unmittelbar Gefallen aneinander. Levchin präsentierte Thiel seine Idee für
Verschlüsselungssoftware tragbarer mobiler Endgeräte (Handhelds). Die
Handheld-Computer bzw. Personal Digital Assistants (PDAs) waren Ende
der 1990er-Jahre eine sehr beliebte Geräteklasse. Insbesondere die mit
einem Stift und einem berührungsempfindlichen Display ausgestatteten
Palm Pilots waren bei Geschäftsleuten und Techies sehr beliebt. Es sollte
schließlich noch rund zehn Jahre dauern, bis Steve Jobs mit dem iPhone ein
für breite Massen anwendbares Smartphone vorstellte. Nach etlichen
gemeinsamen Terminen entschlossen sich die beiden, ein Unternehmen zu
gründen, welches Software für die Verschlüsselung von Daten auf mobilen
Endgeräten wie den beliebten Palm Pilots und anderer PDAs anbieten
sollte. Man einigte sich auf den Firmennamen »Fieldlink«, fand doch der
Datenaustausch zwischen den Palm Pilots über eine Infrarotschnittstelle
statt. Zunächst sah sich Thiel über seinen Fonds als Investor, doch Levchin
konnte ihn überreden, die Rolle des Vollzeit-Geschäftsführers (CEOs)
einzunehmen.109
Doch nach der ersten Euphorie stellten sich schnell die typischen
Fragen, mit denen sich jeder Gründer eines Technologie-Start-ups
konfrontiert sieht. Der Markt für kommerzielle Anwendungen für Palm
Pilots war überschaubar, obschon es Millionen von Palms gab. Wer sollte
Interesse an verschlüsselten Daten haben und wenn ja wofür? Schließlich
die entscheidende Frage aus Sicht möglicher Kapitalgeber: Wie konnte man
damit Geld verdienen? Dank Thiels Hintergrund aus der Finanzindustrie
schien der Anwendungsfall »Geld« naheliegend.110 Im Fokus hatten die
beiden den Zahlungsverkehrsmarkt, für den es bis zu diesem Zeitpunkt
keine Technologieplattform gab, die sämtlichen Kundenanforderungen
gerecht wurde. Kreditkarten und Geldautomaten waren zwar weitverbreitet,
aber auch mit Restriktionen verbunden. So konnten nur Händler mit
entsprechender Genehmigung und technischer Ausstattung Kreditkarten
verarbeiten, und auch Geldautomaten waren nicht immer an den Orten
verfügbar, wo Kunden eine Zahlung durchführen wollten. Als Alternative
blieb in den USA nur das Zücken des altbekannten Scheckbuchs. Mit der
Konsequenz, dass man zum Einlösen zur Bank musste und der Empfänger
dann noch Tage auf sein Geld warten musste.
Für Thiel und Levchin war damit die Stoßrichtung ihres neuen
Unternehmens klar: Es bedurfte einer Alternative für den antiquierten
Zahlungsverkehr via Cash. Eine neue Technologie war notwendig, um
Zahlungen zwischen einzelnen Personen zu ermöglichen.
Mit Fieldlink sahen sie sich bestens positioniert. Die
Verschlüsselungssoftware von Levchin konnte für die Sicherheit und
Vertraulichkeit im Bezahlverkehr fungieren. Die Palm Pilots könnten
zudem als digitale Geldbörse fungieren. Um das Ganze sehr
benutzerfreundlich zu gestalten, sollten die verschlüsselten Zahlungsströme
einfach über die Infrarotschnittstelle von einem Palm Pilot zum anderen
»gebeamt« werden. Eine Killerapplikation schien geboren.111
Das einzige Problem war noch der Unternehmensname. Fieldlink schien
für den nun klar herauskristallisierten Geschäftszweck unpassend zu sein.
Schließlich einigte man sich auf »Confinity«, eine Wortschöpfung aus den
Begriffen »confidence« (Vertrauen) und »infinity« (Grenzenlosigkeit).
Mit Thiel an der Spitze und der Ausrichtung des Business Plans auf das
Thema »Bezahlvorgänge« ging es in die Akquise erster Mitarbeiter.
Levchin rekrutierte drei Informatiker von seiner Alma Mater, Thiel brachte
mit Ken Howery einen ehemaligen Review-Redakteur an Bord. Howery
sollten weitere Thiel-Getreue folgen, die alle sein Vertrauen bei der Review
erworben hatten. Howery sollte eine Schlüsselrolle bei PayPal zukommen.
Er half nicht nur, über 200 Millionen Dollar Risikokapital für PayPal
einzuwerben, sondern war als Finanzvorstand (CFO) maßgeblich am
Börsengang und dem späteren Verkauf an eBay beteiligt. Zudem gewann
das junge Start-up mit Marty Hellman, dem Erfinder der Public-Key-
Kryptographie, und mit Bill Melton, dem Gründer des
Zahlungsdienstleisters Verifone, zwei prominente Persönlichkeiten mit
hoher Branchenexpertise. Das Unternehmen wurde schließlich im
Dezember 1998 von Thiel, Levchin, Howery und Nosek als »Confinity«
gegründet.112
Nachdem das Unternehmen an Fahrt aufgenommen hatte, kam die
nächste Herausforderung: Wie können Venture-Capital-Investoren von dem
revolutionären Geschäftsmodell überzeugt werden, ohne dass
entsprechende Umsätze vorzuweisen waren? Wie so viele Silicon-Valley-
Unternehmer verstanden sich Thiel und Levchin auf eine perfekte
Inszenierung ihres jungen Start-ups. Auf einer Pressekonferenz im Juli
1999 gewannen sie mit Nokia Ventures und der Deutschen Bank zwei
prominente Investoren. Diese »beamten« 4,5 Millionen Dollar via Palm
Pilot an Peter Thiel.113 Und das vor den Augen einer erwartungshungrigen
Medienschar. Hollywood ließ grüßen. Der Auftritt entwickelte sich zu
einem PR-Hit. Sowohl Wired, das führende Internet-Magazin und
Meinungsführer für neue Trends im Valley, als auch die renommierte
International Herald Tribune berichteten von dem Ereignis in den höchsten
Tönen.114 Levchin schlief nach dem erfolgreichen Geldtransfer direkt am
Tisch ein. Wenig verwunderlich, hatte er doch drei Tage ohne Pause
durchgearbeitet!115
Ironie des Schicksals: Mit Nokia und Deutscher Bank leisteten zwei
europäische Unternehmen Starthilfe, die beide heute nur noch Schatten
ihrer selbst sind. Das aus Confinity hervorgegangene PayPal verfügt im
Frühjahr 2017 über eine Marktkapitalisierung von 47 Milliarden EUR.116
Die Deutsche Bank (25 Milliarden EUR117) und Nokia (18 Milliarden
EUR118) bringen zusammen mit 43 Milliarden EUR weniger auf die Waage
als das von ihnen im Jahr 1999 maßgeblich finanzierte Unternehmen. Noch
dazu ist der Deutschen Bank mit PayPal ein veritabler Konkurrent im
Zahlungsverkehrsgeschäft erwachsen.
Schnell erwies sich die einseitige Ausrichtung auf die Palm Pilot Geräte
und damit die starke Abhängigkeit von einer proprietären Plattform als
Limitierung für das aufstrebende Unternehmen. Da man für das Hochladen
der verschlüsselten Finanztransaktionen von den Palm Pilots eh eine
Webseite benötigte, lag es nahe, den Dienst auch über die Website
anzubieten und damit allen Internetnutzern zugänglich zu machen. Die
Eintrittsschwelle für die Nutzung von PayPal war damit dank kostenloser
Registrierung sehr niedrig. Zum Dreh- und Angelpunkt des Diensts wurde
die E-Mail-Adresse. Sie war der eindeutige Schlüssel zur Identifikation des
Nutzers. Anwender konnten auf der Website von PayPal einfach in ein Feld
den gewünschten zu versendenden Betrag und die E-Mail-Adresse des
Empfängers eintragen und versenden. So konnte auf einfache Weise Geld
»gebeamt« werden, wie es im PayPal-Slang hieß, auch wenn der
Empfänger noch kein PayPal-Nutzer war. Laut der damaligen Website
bestand das Geschäftsmodell darin, die im PayPal-System geparkten Gelder
kurzfristig zu verzinsen und daraus Erträge zu generieren.119
Doch PayPal hatte noch mehr als einen kostenlosen und komfortablen
Geldtransferdienst zu bieten. Das Unternehmen war auch Vorreiter in
Sachen Marketing und Vertrieb. Während andere Start-ups des dot-com-
Zeitalters große Budgets für wenig zielgerichtete Werbung wie TV-Spots,
Zeitungsanzeigen oder die im Silicon Valley und den USA so beliebten
Werbetafeln (Billboards) investierten, hatten die Gründer eine andere Idee.
PayPal initiierte ein Bonusprogramm, bei dem jeder Nutzer, der sich
registriert und seine Kreditkarte hinterlegt hatte, zehn Dollar gutgeschrieben
bekam. Doch damit nicht genug: Jeder PayPal-Nutzer bekam für jeden
weiteren Nutzer, den er einwarb, weitere zehn Dollar gutgeschrieben.
Später wurde diese Form als virales Marketing bezeichnet. Das
Bonusprogramm entfaltete denn auch schnell große Wirkung. Nachdem die
Plattform im Oktober 1999 unter der Marke PayPal offiziell gestartet war,
konnte man im März 2000 bereits den millionsten Nutzer begrüßen.120 Für
Thiel war dies gleich aus drei Gründen befriedigend:
1. Die Werbeaufwendungen konnten nicht besser in Nutzerwachstum
investiert werden.
2. Ein Schneeballeffekt wie aus dem Bilderbuch setzte ein: Neu registrierte
Nutzer luden weitere Freunde ein, diese wurden ebenfalls zu Nutzern und
luden wiederum ihre Freunde ein.
3. PayPal entwickelte sich zum Marktführer, und mit jedem neuen Nutzer
wurde der angebotene Geldtransferdienst um ein Vielfaches wertvoller.

Thiel nutzte die Gunst der Stunde: Mit dem enormen Nutzerwachstum
konnte er im Januar 2000 in einer neuen Finanzierungsrunde unter
Beteiligung von Goldman Sachs insgesamt 23 Millionen Dollar
einsammeln (Crunch base Series B). Das Geld war auch dringend
notwendig, stiegen doch auch die Ausgaben in besorgniserregendem
Tempo. Das junge Unternehmen generierte praktisch noch keine
Einnahmen, musste aber jedem neu hinzugekommenen Nutzer zehn Dollar
überweisen. Auch die hinterlegten Kreditkarten sollten sich als schwarzes
Loch für die Firmenkasse erweisen. Die Kreditkartenanbieter Visa und
Mastercard kassierten für jede Transaktion, die über eine an PayPal
angebundene Kreditkarte abgewickelt wurde, zwei Prozent Gebühr.121
Neues Personal und die damit verbundenen Kosten schlugen sich ebenfalls
in der Bilanz des noch jungen Unternehmens nieder. Und damit nicht genug
des Unheils: Ein neuer Wettbewerber mit dem klingenden Namen X.com
tauchte wie aus dem Nichts auf.

Fusion statt Krieg


PayPal war gerade dabei abzuheben, da sahen sich Thiel und sein Team
dem Mitbewerber X.com ausgesetzt, der von dem smarten Seriengründer
Elon Musk im März 1999 gegründet worden war. Musk, in Südafrika
geboren, wanderte als 17-Jähriger nach Nordamerika aus, um dem
Wehrdienst unter dem damaligen Apartheidregime zu entgehen. Er kam
nach seinem Studium der Volkswirtschaftslehre und Physik 1995 ins Silicon
Valley. Zusammen mit seinem Bruder baute er unter dem Namen Zip2 an
einem ersten Start-up. Zip2 war eine Art elektronisches Branchenbuch und
ein Vorläufer von Google Maps. Im Zuge des sich entwickelnden
Internethypes wurde Compaq auf das Unternehmen aufmerksam und kaufte
es im Februar 1999 für stolze 307 Millionen Dollar.122 Musk erlöste aus
dem Verkauf rund 22 Millionen Dollar für sich.123 Umgehend investierte er
10 Millionen in sein neues Venture X.com.124 Musk wollte mit X.com das
ultimative Finanzportal bauen. Anwender sollten alle notwendigen
Finanzdienstleistungen aus einer Hand und über das X.com-Portal erhalten.
X.com verfügte über eine eigene Banklizenz und konnte so seinen Kunden
auch echte Bankkonten anbieten. Obendrauf verfügte es noch über einen
Geldtransferdienst, der dem von PayPal stark ähnelte. Statt zehn Dollar
Bonus für einen Neukunden bot X.com gleich 20 Dollar. Bei Thiel und den
anderen Teammitgliedern läuteten die Alarmglocken. Wie konnte ein
Mitbewerber sie innerhalb kürzester Zeit in fast allen Belangen kopieren?
Für Thiel war immer klar, dass sich nur über hohes Kundenwachstum
ein echter Netzwerkeffekt einstellt. Wachstum war für ihn der alles
entscheidende Faktor. Schon damals war er seiner Zeit voraus und dozierte
vor den Mitarbeitern die Gesetze der Netzwerktheorie. Auf Robert
Metcalfe, dem Erfinder des Ethernet Netzwerkstandards und Gründer des
Unternehmens 3Com, geht das Metcalfesche Gesetz zurück. Demnach ist
ein Netzwerk, das doppelt so viele Anwender bedient, viermal (also im
Quadrat) wertvoller. Anders ausgedrückt: steigende Nutzerzahlen führen zu
einer Potenzierung des Unternehmenswerts, da die Kosten für die
Gewinnung eines neuen Netzwerkteilnehmers mit zunehmendem Wachstum
des gesamten Netzwerks immer geringer werden. Die entscheidende
Voraussetzung also, um ein Internetunternehmen in die Profitabilität zu
führen und langfristig zu einer Goldgrube zu machen.
Nachdem PayPal rundum auf Wachstum gepolt war, versuchte man sich
zunächst darin, neue Features zu lancieren, um sich gegenüber X.com
abzusetzen. X.com erwies sich aber als zäh und kopierte die
Funktionalitäten nahezu umgehend. Thiel stand vor einer fatalen Situation:
Er wusste, dass es im Plattformgeschäft nur einen Gewinner geben kann.
Umgekehrt verabscheute er Wettbewerb und eine direkte Konfrontation.
Aus seiner bisherigen Laufbahn, die stark vom Wettbewerbsgedanken
geprägt war, wusste er, dass die weitere konfrontative Auseinandersetzung
zu Abnutzungserscheinungen im Team, aber auch in der
Unternehmensbewertung führen kann. Geschult durch die Theorien und
Schriften von René Girard fand er es sinnvoller, dem finalen Konflikt aus
dem Weg zu gehen.
Es kam zum Paukenschlag: Im März 2000 kündigten X.com und
Confinity (das Mutterunternehmen von PayPal) an, zu fusionieren. Die
Logik der Fusion schien bestechend zu sein: Man schloss Frieden mit dem
bisher hartnäckigsten Mitbewerber, und mit vereinten Kräften konnte man
daran gehen, die Thielsche Vision eines echten Weltmarktführers für
digitales Bezahlen umzusetzen. X.com brachte mit seiner Banklizenz, dem
Zugriff auf Bankkonten und der breiten Finanzproduktpalette eigentlich
alles mit, um das starke Kundenwachstum auch in klingende Münze
umzuwandeln. Alles klang nach einem strategischen Plan und einer
bestechenden Logik. Und mit Elon Musk kam ein charismatischer und
erfolgreicher Jungunternehmer an Bord.
Thiel erkannte wiederum, was die Stunde geschlagen hatte. Anfang
2000 befand sich die Börse in einer absoluten Hochstimmung. Analysten
und Ökonomen sahen mit der New Economy ein neues Wirtschaftszeitalter
anbrechen, das beständiges und langanhaltendes Wirtschaftswachstum
versprach, ohne lästige Rezessionen. Thiel, der die makroökonomischen
Zusammenhänge wie kein Zweiter analysieren kann, wusste, dass nun noch
stärker aufs Gaspedal gedrückt werden musste. Nicht ganz ungelegen kam
ihm die Tatsache, dass das Wall Street Journal im Februar 2000 PayPal auf
einen Unternehmenswert von 500 Millionen Dollar taxierte.
Im März 2000 steuerte die Computerbörse NASDAQ auf ein neues
Rekordhoch von 5000 Punkten zu. Ein Anstieg von rund 2000 Punkten
innerhalb von nur vier Monaten. Neuemissionen waren meist hundertfach
überzeichnet und verdoppelten oder verdreifachten sich bereits am ersten
Börsenhandelstag. Für Thiel war klar, die Märkte befanden sich in einer
großen Blase.125 Hatte nicht Notenbankpräsident Greenspan bereits im
Dezember 1996 das Treiben an den Börsen als »irrationalen Überschwang«
kommentiert?126 Man musste also die Chance nutzen und so schnell wie
möglich eine große Finanzierungsrunde durchziehen, um das
kapitalhungrige Startup für die kommende Zeit krisenfest zu machen.
Genau wie ein Formel-1-Rennfahrer, der in Millisekunden entscheiden
muss, wann er zum Tanken an die Box fährt und wie viel Sprit er aufnimmt,
ist es für Gründer die höchste Kunst, den möglichst optimalen Zeitpunkt für
eine neue Finanzspritze zu erwischen. Wie sich bald herausstellen sollte,
hatte Thiel einen fantastischen Riecher. Unter Führung von Madison
Dearborn Partners aus Chicago und J.P. Morgan sowie der japanischen
Internet-Investmentfirma Hkari Tsushin sowie zahlreichen bisherigen
Investoren von PayPal und X.com gelang es, 100 Millionen Dollar frisches
Geld einzusammeln.127 Auch die US-Notenbank erkannte die Situation. Sie
hob im März 2000 die Zinsen um 125 Basispunkte an, um
Inflationstendenzen entgegenzuwirken. Bis Mitte April sollte NASDAQ
dann rund 1500 Punkte abgeben. Thiel instruierte sein Finanzteam, dafür zu
sorgen, dass die 100 Millionen Dollar der Investoren schnellstmöglich an
PayPal überwiesen wurden. Er wusste, Investoren können schnell
wankelmütig werden, wenn die Märkte ins Minus drehen. Es schien nun
alles in bester Ordnung: Genug Geld an Bord, das Unternehmen weiter auf
Wachstumskurs und eine erfolgreich durchgezogene Fusion mit dem
wichtigsten Mitbewerber.

Elon Musk als CEO – Fusionswehen und Meuterei


Um PayPal nach außen hin noch solider und seriöser aufzustellen, wurde
mit Bill Harris ein erfahrener Manager als neuer Unternehmenschef
berufen. Harris hatte sich als Chef von Intuit, dem Hersteller der bekannten
Finanz- und Steuerprogramme Quicken und QuickBooks, einen exzellenten
Ruf erarbeitet. Musk übernahm zunächst die Rolle als Aufsichtsratschef
(Chairman) im fusionierten Unternehmen. Thiel teilte seinen Mitarbeitern
mit, dass es für ihn an der Zeit sei, den Staffelstab als CEO an Harris zu
übergeben, um PayPal auf den nächsten Level zu führen. Für viele im
Unternehmen sah es nun so aus, als ob die Fusion unter »Mergers of Equal«
eher eine Übernahme durch X.com und Elon Musk war. Schnell machte
sich aber bemerkbar, dass Bill Harris' Konzernerfahrung und Denke eher
hinderlich als förderlich für das sich dynamisch entwickelnde Start-up
PayPal war. Anstatt sich um die Eindämmung der hohen Verluste und die
Integration der technischen Plattformen der zwei zu fusionierenden
Unternehmen zu kümmern, baute Harris einen großen
Nebenkriegsschauplatz auf, indem er die Kapazitäten des Unternehmens auf
neue strategische Kooperationen mit anderen Internetunternehmen lenkte.
Diese Maßnahmen zeigten aber keinen kurzfristigen Niederschlag in
den Geschäftszahlen. Dementsprechend ungeduldig wurden die Mitarbeiter.
Nach kurzer Zeit wurde Bill Harris von seiner Rolle als CEO entbunden.
Musk übernahm in der Folge seine Rolle und Peter Thiel wurde
Aufsichtsratschef. Musk versuchte denn auch unmittelbar gegenzusteuern
und die hohe Geldverbrennungsrate im Unternehmen zu reduzieren. Dies
gelang ihm auch teilweise. So wurden die Bonusprogramme für neue
Kunden von zehn auf fünf Dollar gesenkt, und er versuchte auch, den hohen
Anteil an Kreditkartenzahlungen und den damit verbundenen
Gebührenaufwand zu reduzieren. Doch nun sollte es ans Eingemachte
gehen. Musk bestand darauf, dass die kompletten Ressourcen des
Entwicklungsteams auf die Migration der technischen Plattform von X.com
gelenkt werden sollten. Dies hatte gravierende Nachteile: Zum einen
blieben keinerlei Kapazitäten, um neue Features zu entwickeln, die neue
Umsatzströme boten und damit auch die starke Konkurrenz auf Abstand
halten würden. Die Gefahr war, dass das neu fusionierte Unternehmen über
Monate quasi mit sich selbst beschäftigt wäre. Für ein schnell wachsendes
Start-up ein geradezu fataler Zustand. Zum anderen basierte die X.com-
Plattform auf Windows NT, während die PayPal-Plattform auf Unix lief.
Max Levchin als Technologiechef und seine getreuen Entwickler sahen
große technische Probleme auf sie zukommen. Windows NT hatte sich zu
diesem Zeitpunkt um die Jahrtausendwende noch nicht den Ruf erarbeitet,
in geschäftskritischen Umgebungen wie bei Finanztransaktionen eingesetzt
werden zu können, da es bei Performance, Skalierung, Stabilität und
Sicherheit den Unix-Systemen noch unterlegen war. Da PayPal in rasender
Geschwindigkeit neue Kunden gewann, wäre der Wechsel auf eine andere
Plattform eine Operation am lebenden Patienten mit unsicherem Ausgang
gewesen.

Zu allem Überfluss machte Elon Musk noch eine weitere Baustelle auf, die
vielen im Unternehmen Bauchschmerzen bereitete: Er wollte das PayPal-
Logo von der Website verbannen und durch die Marke X.com ersetzen.
Obschon sämtliche Marketinguntersuchungen zeigten, dass die Anwender
die Marke PayPal breit akzeptierten und sie wenig Affinität zu »X.com«
hatten, bestand Musk darauf.
Es musste die Notbremse gezogen werden. Nach nur einem halben Jahr
in der Verantwortung, im Oktober 2000, wurde Elon Musk von seiner Rolle
als Chef von PayPal entbunden. Just zu diesem Zeitpunkt weilte er bei den
Olympischen Sommerspielen in Australien. Der Aufsichtsrat erkannte die
Gefahr und nahm die Bedenken der Führungsmannschaft und der
Mitarbeiter ernst. Ansonsten wäre es zu einem Personalexodus gekommen,
die PayPal in starke Turbulenzen geführt hätte. Als neuer vorläufiger CEO
wurde ein Altbekannter eingesetzt: Peter Thiel. Musk akzeptierte seine
Abwahl, es wurde keine schmutzige Wäsche gewaschen. Mit Thiel kam der
Start-up-Spirit wieder zurück. Die kreative Streitkultur im Unternehmen,
das »Fighting for the best solution«, kam wieder ins Rollen, und man
fokussierte sich auf die Entwicklung neuer Features, um die missliche
Situation auf der Einnahmeseite peu-à-peu zu verbessern. Thiel entschied
sich, PayPal als Bezahldienstleister zu positionieren und nahm Abstand von
der Vision des Finanzsupermarkts von Musk.128

Spiel mit dem Feuer – Ritt auf dem Elefanten


Der e-Commerce-Markt hob regelrecht ab. Online-Auktionen und eBay als
Marktführer entwickelten sich zu einem Phänomen. eBay wurde zum
eigentlichen Treiber des PayPal-Wachstums. Immer mehr Händler
erkannten den Nutzen einer Online-Präsenz auf dem führenden Marktplatz.
Das PayPal-Team reagierte schnell und entwickelte ein kostenpflichtiges
Geschäftskundenkonto, das Gewerbetreibenden deutliche Preisvorteile
gegenüber Kreditkartenabrechnungen bot. Die gewerblichen Kunden, die
eine große Kundengruppe bei PayPal darstellten, sollten zur
Monetarisierung und damit zum Umsatzwachstum einen deutlichen Beitrag
leisten. Mit zielgerichtetem Marketing funktionierte dies immer besser.
Trotzdem waren die Verluste immer noch enorm. Und mit der
zunehmenden Sichtbarkeit von PayPal auf den eBay-Seiten kam man
immer mehr auf den Radar von eBay. eBay selbst war PayPal ein Dorn im
Auge und entwickelte mit der Marke »Billpoint« einen eigenen
Bezahldienstleister. Es war nun ein ständiges Hase-Igel-Spiel zwischen
PayPal und eBay um neue Funktionen. eBay versuchte geschickt, seine
Rolle als Monopolist und Inhaber der Plattform gegenüber PayPal
auszuspielen. Trotz aller Anstrengungen gelang es eBay nicht, signifikante
Marktanteile mit seinem Dienst zu erzielen. Die Kunden von eBay
schätzten PayPal, und egal was eBay auch tat, die Kunden blieben ihrem
PayPal-Konto treu. Der Beginn einer Markenbildung war geschaffen, und
das auf dem Rücken des Auktionselefanten eBay. Gleichzeitig wuchs aber
auch die Umsatzabhängigkeit von eBay. Mehr als 60 Prozent der Umsätze
waren auf die eBay-Plattform zurückzuführen. Man brauchte dringend neue
Märkte, die für frisches Wachstum, aber auch für eine Reduzierung der
Abhängigkeit zum Monopolisten eBay sorgten. Die Gefahr war immanent,
dass eBay von heute auf morgen PayPal den Stecker ziehen und damit
dessen Wachstumsstory wie ein Kartenhaus zusammenfallen würde.
Die »Las-Vegas-Strategie« sollte schließlich die Lösung sein. PayPal
schielte auf den riesigen Markt der Online-Spiele und Kasinos. Es wurden
in dieser Branche schon damals Milliardenbeträge umgeschlagen. Davon
wollte PayPal ein gehöriges Stück für sich beanspruchen. Mit einem
fokussierten Vertriebsansatz wurden die wichtigsten Betreiber
angesprochen und ihnen PayPal als Bezahlverfahren schmackhaft gemacht.
Der Erfolg stellte sich dann auch zügig ein. Die Umsätze stiegen, die
Abhängigkeit zu eBay reduzierte sich, doch noch immer hing PayPal an
dessen Rockzipfel.129

Nuklearer Winter und Börsengang


Seit dem März 2000 befanden sich die weltweiten Börsen, und besonders
die NASDAQ und die Technologiewerte, in einem kontinuierlichen
Abwärtsstrudel. Neben etlichen Bilanzskandalen erwiesen sich viele
Internetunternehmen und Geschäftsmodelle als Luftnummern. Analysten
erstellten »Todeslisten« von Unternehmen, denen als Nächstes das Geld
auszugehen drohte. Das Internet entwickelte sich in Anlegerkreisen
innerhalb von zwei Jahren von der Geldmaschine zur
Geldverbrennungsanlage. Dann kam zu allem Unheil noch der 11.
September. Mit den Terrorangriffen wurde Amerika und die westliche Welt
in eine Schockstarre versetzt. Eine lange und tiefgreifende Rezession schien
unausweichlich. PayPal hatte bis zu diesem Zeitpunkt rund 200 Millionen
Dollar bei Risikokapitalinvestoren aufgenommen, und noch immer konnte
man die Schere aus Einnahmen und Ausgaben nicht schließen, um
profitabel zu werden.
Wieder einmal überraschte Thiel mit seiner Chuzpe alle. Nur wenige
Wochen nach dem 11. September, als niemand wusste, wie es mit der
Weltwirtschaft und mit den Kapitalmärkten im Besonderen weitergehen
sollte, kündigte PayPal den Börsengang an die NASDAQ an. Thiel
spekulierte darauf, dass der mehrere Monate Zeit in Anspruch nehmende
IPO-Prozess inklusive der Prospekterstellung eine genügend große
Zeitspanne für die Erholung der Kapitalmärkte und eine bessere
Sichtbarkeit der Weltwirtschaftslage bot. Thiel sollte wieder einmal mit
seinem konträren Denken recht behalten. Jeder rechnete damit, dass der 11.
September dem Aktienmarkt den Todesstoß versetzen würde. Tatsächlich
sollte sich die NASDAQ aber exakt im Zeitraum der Börsenvorbereitungen
bis zum Frühjahr 2002 erholen.
PayPal versprach sich zudem als Eisbrecher in der IPO-Flaute
Rückenwind: Sprich, wenn dieses Unternehmen unter den widrigsten
Umständen den Börsengang schafft, dann muss in der Firma ein starker
Kern stecken. PayPal nutzte dieses »Window of Opportunity« und ging
schließlich am 15. Februar 2002 an die Börse. Angeführt von der
Investmentbank Salomon Smith Barney wurden 5,4 Millionen Aktien zum
Preis von 13 Dollar angeboten. PayPal wurde zum Börsengang mit 800
Millionen Dollar bewertet. Der vorsichtig gewählte Emissionspreis zahlte
sich aus. Die Aktie stieg am ersten Tag bis auf 22 Dollar und schloss mit
einem Kurs von 20 Dollar den ersten Börsentag. Ein Kurszuwachs von 50
Prozent am ersten Börsentag. So etwas hatte die Börse seit längerer Zeit
nicht mehr gesehen. Thiel hatte sein erstes Etappenziel erreicht. Das IPO
sollte nicht nur zusätzliches Kapital bringen, sondern vor allem auch
Vertrauen und Visibilität, was für FinTech Unternehmen wie PayPal
eminent wichtig ist. Nun war PayPal börsengelistet und zeigte, dass nun
auch wirtschaftlich die Rechnung aufging. Thiels Setzen auf Wachstum der
Nutzerzahlen wurde belohnt. PayPal war nun profitabel. Doch mit dem
Börsengang traten neue Neider und Herausforderungen auf den Plan. Die
Finanzaufsicht in den einzelnen Bundesstaaten nahm nun verstärkt Notiz
von PayPal und bat um Aufklärung. PayPal war bis zu diesem Zeitpunkt
elegant um eine stärkere Regulierung herumgekommen. Nach wie vor war
die geschäftliche Situation bei PayPal fragil, da man sich immer noch in
einer starken wirtschaftlichen Abhängigkeit zu eBay befand. Wie konnte
man sich aus dieser Strangulierung befreien?130
Fressen oder gefressen werden – Verkauf an eBay
Im Sommer 2002 verdichteten sich dann die Gerüchte, dass PayPal
übernommen werden sollte. Infrage kamen Banken,
Kreditkartenunternehmen und eBay selbst. Zwischen dem Management von
eBay und PayPal gab es immer wieder Avancen. Doch nun machte eBay-
Chefin Meg Whitman Nägel mit Köpfen. Am 8. Juli 2002 kündigte eBay
die Übernahme von PayPal für 1,5 Milliarden Dollar in Aktien an. Die
Transaktion war bereits im Oktober 2002 formal abgeschlossen. Ebay
musste sich eingestehen, dass sein eigener Billpoint Bezahldienst bei den
eBay-Mitgliedern kein Land gegenüber PayPal gewinnen konnte. PayPal
wurde von 70 Prozent und Billpoint von lediglich 30 Prozent genutzt.
Schlussendlich war es eine Win-win-Situation für beide Seiten. eBay hatte
vollen Zugriff auf die Wertschöpfungskette inklusive der Zahlungsströme
auf ihrer Plattform. Für PayPal und deren Management war die
Ungewissheit in Bezug auf die wirtschaftliche Beziehung zu eBay vorbei.
PayPal blieb rechtlich eine selbstständige Einheit von eBay, der
Bezahldienst aber wurde in der Folge vollständig in die eBay-Plattform
integriert.
Im Zuge des Verkaufs wartete die Finanzpresse mit höhnischen
Kommentaren auf. Ein Analyst meinte gegenüber der New York Times, dass
PayPal angetreten sei, eine »einzigartige Bezahlplattform für das Internet zu
schaffen und stattdessen auf einem Nischenmarkt, dem Auktionsmarkt,
angekommen sei«.
Schnell wurde klar, dass sich die unterschiedlichen
Managementkulturen von eBay und PayPal nicht vertrugen. Ebay war ein
formalistisches Unternehmen und geprägt durch eine Firmenkultur, die eher
einem Großunternehmen entsprach. Die Mitarbeiter hatten ein Faible für
langatmige PowerPoint-Präsentationen. PayPals Mannschaft hingegen hatte
den unternehmerischen Geist gelebt. Konsequenterweise hat sich praktisch
die komplette Führungsmannschaft um Peter Thiel, Max Levchin, David
Sacks, Reid Hoffman und Luke Nosek von PayPal Zug um Zug
verabschiedet. eBay machte auch keine Anstalten, die Führungskräfte zu
halten, war man doch mehr an der Technologieplattform PayPal
interessiert.131

PayPal-Mafia – Weltklasse-Teambuilding
Geschichte wiederholt sich auch in der schnelllebigen Welt des Silicon
Valley. Immer wieder gibt es ganze Personengruppen aus führenden
Unternehmen, die für eine bestimmte Zeitperiode prägend sind. In den
1960er- bis frühen 1980er-Jahren waren es die acht Gründer von dem
damals führenden Halbleiterunternehmen Fairchild, deren herausragende
Köpfe Robert Noyce und Gordon Moore Intel gründeten und die unter dem
Namen »die verräterischen Acht« über das Valley hinaus Bekanntheit
erlangten. Sie besaßen damals alle den Mut, sich von ihrem bisherigen
Unternehmen aus Führungspositionen zu verabschiedeten und etwas Neues
anzufangen. Genauso prägend wie damals die Fairchild-Gründer sind es
heute die Gründer von PayPal. Ohne PayPal gäbe es kein Tesla, kein
SpaceX, kein LinkedIn, kein YouTube und vielleicht auch nicht das
Facebook, wie wir es heute kennen.
Das Wirtschaftsmagazin Forbes porträtierte im Jahr 2007 die Gründer
von PayPal in einer an die Mafia erinnernden-»Dark-Room«-Umgebung
und staffierte sie mit Lederjacken, Trainingsanzügen und Goldketten aus,
die an ein ziemlich halbseidenes Milieu erinnern. Damit war der Name
»PayPal-Mafia« geboren132.
Wie kam es nun zu einer solchen Ansammlung prägender Gestalten, die
das Valley in den letzten zehn Jahren stark beeinflussten und auch das
aktuelle Jahrzehnt mit ihren Ideen und Unternehmungen in den Bann
ziehen?
Für David Sacks, den vormaligen Chief Operating Officer, war es denn
auch nicht die »PayPal-Mafia«, sondern eher die »Diaspora«. »Vereinfacht
gesagt wurden wir aus unserem Zuhause vertrieben, und sie haben
anschließend auch unseren Tempel niedergebrannt.«133 Für ihn war die Zeit
bei PayPal ein »trial by fire«, »das Feuer pustete die ganzen Unreinheiten
weg, und es blieb purer Stahl übrig«. Oder anders ausgedrückt: PayPal legte
mit seiner Vorgehensweise eine Blaupause frei, die Maßstab werden sollte
für viele erfolgreiche Start-ups.
Wie so häufig gehen auch die Wurzeln dieser Unternehmensgeschichte
zurück auf die Stanford University. Was sind nun die Erfolgsfaktoren, die
Paypal zu einer der wichtigsten Blaupausen für so viele erfolgreiche
Technologieunternehmen gemacht haben?

Ende der 1990er-Jahre gab es noch keine sozialen Netzwerke. Für Peter
Thiel war von Beginn an entscheidend, dass er »eine Firma schaffen wollte,
in der alle untereinander eine echte Freundschaft pflegen, und dass diese
Freundschaft über dem Unternehmen und dessen wirtschaftlichem Erfolg
steht«. Alle Mitarbeiter wurden nicht über Headhunter, sondern direkt über
ihr Netzwerk an der Stanford angeworben. Auf viele der leitenden PayPal-
Mitarbeiter, u.a. die beiden ehemaligen Stanford Review-Chefredakteure
Ken Howery und David Sacks, aber auch Reid Hoffman, konnte sich Peter
Thiel blind verlassen.
Diese persönliche Verbundenheit war notwendig, da die technischen
und regulatorischen Herausforderungen, denen sich das Start-up PayPal
stellen musste, gewaltig waren. Dazu kam die Konkurrenzsituation mit
eBay und mit Kreditkartengiganten wie Mastercard und Visa. Das PayPal-
Team entwickelte einen extremen Produktfokus. Um die Geschwindigkeit
hoch und die Konkurrenz auf Abstand zu halten, wurde eine schrittweise
Entwicklung neuer Funktionen eingeführt. Sobald ein neues Feature fertig
war, wurde es sofort in das bestehende Produkt integriert. Heute, im Jahr
2017, ist das eine Selbstverständlichkeit, vor 15 Jahren war es revolutionär.
Die technische Einbettung des PayPal-Dienstes in eBay war die Grundlage
für den YouTube-Dienst, der ebenfalls von den Ex-PayPal-Mitarbeitern
Chad Hurley und Steve Chen gegründet und später für 1,6 Milliarden
Dollar an Google verkauft wurde.
Diese »starken Freundschaften«, wie sie Peter Thiel beschreibt, haben
dazu geführt, dass sich die ehemaligen PayPal-Gründer bei ihren neuen
Unternehmungen jeweils gegenseitig auch als Investoren unterstützten. Mit
dem Verkauf ihrer PayPal-Anteile haben sie zwar vordergründig Kasse
gemacht, sich aber nicht zurückgelehnt, denn jeder Einzelne schaltete um
auf Angriffsmodus, und das heißt Gründung eines neuen Unternehmens.
Die Situation zwischen 2002 und 2004 war dafür jedoch denkbar ungünstig.
Aufgrund des gerade zurückliegenden Dotcom-Crashs waren B2C-Start-
ups, also Start-ups für Endkunden, praktisch nicht zu finanzieren.
Dementsprechend hatten die risikofreudigen und durch ihren PayPal-
Verkauf gestählten Gründer durch ihre gegenseitige fachliche und
finanzielle Unterstützung den Nährboden für einige der größten
Erfolgsgeschichten im Silicon Valley geschaffen. Das Valley wurde
mehrfach für tot erklärt, ist aber immer wieder auferstanden. Die PayPal-
Jungs haben ein entscheidendes Scherflein dazu beigetragen.134
Die wichtigsten Ex-PayPal-Mitarbeiter und was aus ihnen geworden ist:
Peter Thiel war Co-Founder und CEO von PayPal und gründete im
Anschluss einen Hedgefonds und Venture-Capital-Fonds (Founders Fund).
Sein spektakulärstes Investment war sein Angel-Investment in Facebook
und Mark Zuckerberg, als er $500.000 für zehn Prozent der
Unternehmensanteile von Facebook zeichnete. Thiel konzentriert sich wie
gesagt auf Investitionen, die keine »Me-too«-Ideen sind, sondern echte
weltverändernde Unternehmen hervorbringen. So hat er einen eigenen
Fonds für Studenten aufgelegt, der jedem 100.000 Dollar gewährt, wenn der
sein Studium für eine Unternehmensgründung aufgibt und dessen
Unternehmenskonzept Thiel überzeugt.
Max Levchin war Co-Founder und Technologiechef (CTO) von
PayPal. Levchin ist studierter Informatiker und »Innovator des Jahres
2002« des angesehen Magazins MIT Technology Review für seine
Leistungen im Bereich Datensicherheit und Verschlüsselung. Levchin
gründete im Anschluss an PayPal die Social Gaming Site Slide, die von
Google für 182 Millionen Dollar aufgekauft wurde. Es sollte die Grundlage
für das Google-eigene Social Network Google+ bilden. Levchin arbeitet
bereits am »next big thing« und ist Vorstandschef bei Kaggle, einem
BigData-Start-up. Levchin plante im Jahr 2012 zusammen mit Peter Thiel
und dem Schachspieler Garri Kasparow das Buch »The blueprint« zu
schreiben, in dem sie eine Stagnation des technischen Fortschritts
anprangern, die nur durch massive Investitionen in Forschung und
Entwicklung behoben werden kann. Das Buchprojekt wurde allerdings
nicht umgesetzt.
Luke Nosek war Co-Founder und Marketingchef von PayPal. Nosek
hatte bereits vor PayPal mit Max Levchin zusammen Start-up-
Gründungserfahrung gesammelt. Er war von Haus aus Informatiker,
verstand es aber aufgrund seiner außerordentlichen kommunikativen
Fähigkeiten hervorragend, fachliche und technische Belange in den
richtigen Zusammenhang zu bringen und damit neue Produktinnovationen
bei PayPal voranzutreiben. Zusammen mit Thiel und Ken Howery startete
er später den Venture-Capital-Fonds Founders Fund. Nosek sitzt unter
anderem auch im Aufsichtsrat von SpaceX.
Ken Howery war Co-Founder und Finanzchef (CFO) von PayPal.
Howery studierte an der Stanford Volkswirtschaftslehre. Nach dem
Ausscheiden bei PayPal ging er wieder zu Thiels Hedgefonds Clarium
Capital Management. Zusammen mit Thiel und Nosek startete er 2005 den
Founders Fund.
Reid Hoffman kam erst nach Gründung zu PayPal und führte als COO
(Chief Operating Officer) das Tagesgeschäft. Der am besten vernetzte
Mensch im Silicon Valley gründete mit LinkedIn das führende soziale
Netzwerk für die Geschäftswelt. Hoffman, der sehr unscheinbar und
bescheiden auftritt, hat daneben ein sehr gutes Gespür für Investments in
Start-ups. So gehört er zu den Investoren von Facebook, Zynga, Flickr,
Digg und Last.fm und ist seit 2010 Partner bei dem Venture-Capital-
Unternehmen Greylock Partners.
Elon Musk war beim Verkauf von PayPal an eBay der größte
Einzelaktionär und erzielte daraus 165 Millionen Dollar. Das Magazin
Business Punk titelte im Jahr 2011 über ihn: »Eier aus Stahl«, was auf eine
Aussage seiner ersten Frau zurückgeht.135 Musk ist der Mann für die ganz
großen Visionen und Herausforderungen. Mit dem Elektroautobauer Tesla,
dem Raumfahrtunternehmen SpaceX und dem Solarunternehmen SolarCity
steht er gleich drei Unternehmen vor, die es in ihren jeweiligen Märkten mit
der etablierten Konkurrenz wie der Automobil-, Raumfahrt- und
Energieindustrie aufnehmen. Musk ist ein Arbeitstier und Berserker, der
sich auch in ausweglosen Situationen noch zu helfen weiß. In letzter
Sekunde schaffte er unter Einsatz seiner gesamten privaten Finanzmittel
den Turnaround bei Tesla und gehört heute mit einem Nettovermögen von
rund 12 Milliarden Dollar zu den ganz Großen im Valley. Charlie Munger,
Partner und rechte Gehirnhälfte von Investmentguru Warren Buffett, hat
kürzlich Elon Musk mit der Aussage geadelt, dass er ihn für ein Genie und
für einen der kühnsten Menschen überhaupt hält.136
Chad Hurley entwickelte als Designer das Logo von PayPal, Steve
Chen war dort als Ingenieur tätig. Beide gründeten im Anschluss den
Videodienst YouTube, den sie 2006 für 1,65 Milliarden Dollar an Google
verkauften.
Jeremy Stoppelman gründete im Anschluss an PayPal das Vergleichs-
und Bewertungsportal Yelp, bei dem Kunden Bewertungen für Restaurants
und Geschäfte abgeben können. Stoppelman hatte mehrere
Übernahmeangebote für Yelp (u.a. von Yahoo), blieb aber hartnäckig und
brachte Yelp 2012 an die Börse. Stoppelman kämpft mit Yelp um die
Unabhängigkeit und liefert sich dabei heftige Gefechte mit Google, die bis
hin nach Washington reichen. Aber er gibt nicht klein bei.
David Sacks war bei PayPal für das Tagesgeschäft verantwortlich (COO)
und gründete im Anschluss Yammer, das soziale Netzwerk für
Unternehmen. Yammer wurde 2012 von Microsoft für 1,2 Milliarden Dollar
übernommen. Das Geld zur Gründung kam unter anderem von dem VC-
Fonds von Peter Thiel.
Dave McClure war Marketingdirektor bei PayPal und gründete im
Anschluss den Start-up-Inkubator 500 Start-ups und gehört damit zu den
wichtigsten Gründeraktivisten im Silicon Valley.
Keith Rabois investierte nach seiner Zeit bei PayPal unter anderem als
Business Angel in LinkedIn, YouTube, Yelp und Xoom und war bis Anfang
2013 Verantwortlicher für das Tagesgeschäft bei dem viel beachteten
Mobile-Payment-Start-up Square tätig. In der Zwischenzeit gründete er den
Online-Marktplatz Opendoor und arbeitet für das renommierte
Risikokapitalunternehmen Khosla Ventures. Rabois gehört zu den
einflussreichen Leuten im Valley, die eher im Hintergrund die Fäden
ziehen.137

Fazit
Die Zahlen der PayPal-Gründer sprechen eine deutliche Sprache und
suchen ihresgleichen. Die 220 Leute, die PayPal im Anschluss der
Übernahme durch eBay verlassen haben, stehen für die Gründung von
sieben sogenannten »Unicorns«. Als Einhorn-Unternehmen werden in den
USA solche bezeichnet, die eine Marktkapitalisierung im Milliardenbereich
aufweisen.
Unternehmen und Marktkapitalisierung, von Ex-PayPal-Mitarbeitern
gegründet:
1. Tesla Motors $39,5 Mrd.138
2. LinkedIn $25,3 Mrd.139
3. Palantir $20 Mrd.140
4. SpaceX $21 Mrd.141
5. Yelp $2,69 Mrd.142
6. YouTube $1,65 Mrd.143
7. Yammer $1,2 Mrd.144
Nicht einmal Google oder Apple und deren Ex-Mitarbeiter, die neue
Startups gründeten, können mit diesen Zahlen auch nur ansatzweise
mithalten. Und die Erfolgsgeschichte der Ex-PayPal-Gründer ist noch nicht
zu Ende. Das Netzwerk trägt weiterhin gute Früchte. Reid Hoffman erklärte
erst kürzlich in einem Bloomberg-Interview, wie wichtig ihm die
Ratschläge seiner ehemaligen Kollegen sind und wen er jeweils kontaktiert.
Demnach fragt er bei Herausforderungen und Themen, bei denen es um
»Think Big« geht, Elon Musk, Max Levchin, wenn es um das Thema Big
Data geht und Peter Thiel bei makroökonomischen Finanzfragen.145 Auch
Thiel selbst betonte im Interview mit Emily Chang, dass das PayPal-Team
eine »Erfahrung« war, »die in ihrer Intensität unübertroffen ist«.146

Die legendäre Paypal-Mafia: Hintere Reihe von links: Jawed Karim, Co-Gründer
YouTube; Jeremy Stoppelman CEO Yelp; Andrew McCormack, Managing Partner
Laiola Restaurant; Premal Shah, Präsident von Kiva; zweite Reihe von links: Luke
Nosek, Managing Partner The Founders Fund; Kenny Howery, Managing Partner The
Founders Fund; David Sacks, CEO Geni und Room 9 Entertainment; Peter Thiel, CEO
Clarium Capital und Founders Fund; Keith Rabois, VP Biz Development bei Slide und
YouTube Investor; Reid Hoffman, Gründer LinkedIn; Max Levchin, CEO Slide; Roelof
Botha, Partner Sequoia Capital; Russel Simmons, CTO und Co-Gründer von Yelp,
Quelle: Fotovorlage Robyn Twomey Fortune, Illustration Marvin Adlhofer
V.
DER AUTOR

Get rid of the word education.


Peter Thiel147

›Zero to One‹ – Der Lehrer

Peter Thiel plante ursprünglich zusammen mit seinen Freunden Max


Levchin und Ex-Schachweltmeister Garri Kasparow ein Buch unter dem
Titel »The Blueprint Reviving. Innovation, Rediscovering Risk, and
Rescuing the Free Market«. Es sollte darauf aufmerksam machen, dass es
einen großen Mangel an echten Innovationen und bahnbrechenden
technologischen Durchbrüchen gibt. Das Erscheinen des Buchs war für Juni
2012 angekündigt. Dazu kam es dann leider nicht. Das Buch wurde nie
veröffentlicht, da sich die drei Autoren nicht einigen konnten. Der
amerikanische Verlag Norton begründete dies wie folgt: »Die drei waren
nicht in der Lage, ihre Ideen in eine tragfähige Buchform zu bringen.«
Manchmal ist es eben schwer, drei solch herausragende Denker wie Thiel,
Levchin und Kasparow unter einen Hut zu bringen.
Thiel hält wenig von dem klassischen Ausbildungssystem. Auf die
Frage der Bloomberg-Journalistin Emily Chang, was er denn machen
würde, wenn er über seine Ausbildung nochmals neu entscheiden könnte,
antwortete er kurz und bündig: »Get rid of the word education.« »Die
Ausbildungsstätten stecken im 19. Jahrhundert fest. Ich denke, man muss
neue Wege finden, sie individueller zu gestalten, damit unterschiedliche
Studenten mit ihrer eigenen Geschwindigkeit lernen können.«148
Mit seiner Thiel Fellowship geht er das klassische Ausbildungssystem
frontal an und stellt es weitgehend in Frage. Er finanziert darüber seit 2012
jedes Jahr die Geschäftsideen junger Studenten mit jeweils 100.000 Dollar,
wenn sie ihr Studium abbrechen und sich stattdessen auf die Umsetzung
ihrer Geschäftsidee konzentrieren. Weite Teile des akademischen Lagers
reagierten darauf verschnupft. Auch einem eigenständigen Unterrichtsfach
»Entrepreneurship« steht Thiel skeptisch gegenüber. »Ich bin mir nicht
sicher, ob man Unternehmertum direkt unterrichten kann; ich bin da zutiefst
skeptisch. Aber indirekt kann man Fähigkeiten erwerben, die einem helfen
können.« So äußerte sich Thiel 2011 gegenüber dem Magazin Stanford
Lawyer.149
Umso erstaunlicher war es, dass Thiel im selben Jahr an der Stanford
Universität eine Vorlesungsreihe im Informatik-Grundstudium anbot. Er
teilte mit den Studenten seine Sicht auf die Welt und wie sich diese
verändert. Blake Masters, ein Student der Rechtswissenschaften, schrieb in
den Vorlesungen eifrig mit und veröffentlichte sie im Anschluss auf seinem
Tumblr Blog, zunächst ohne Thiels Zustimmung. Masters Blogbeiträge
entwickelten sich schnell zu einem Onlinehit. Als der bekannte New York
Times-Kolumnist David Brooks die Beiträge auch noch für seine Kolumne
aufgriff, nahm Masters Rücksprache mit Thiel. Dieser schrieb ihm per E-
Mail zurück: »Mach weiter und nimm weitere Einträge vor.« Der Blog von
Masters verzeichnet bis heute mehrere Millionen Seitenabrufe.150
In der Folge entstand die Idee zu einem eigenständigen Buch, in dem
die Vorlesung für eine breite Öffentlichkeit aufbereitet werden sollte. Thiel
wollte damit eine generelle Diskussion über das Thema Innovation in der
Gesellschaft anstoßen, über Stanford, die Hochschulen allgemein und auch
über das Silicon Valley hinaus.
Thiels Anspruch mit ›Zero to One‹ ist, vom Silicon Valley zu lernen,
»warum und weshalb die meisten wertvollen Unternehmen der Welt die
sind, die auf neuen Wegen wirkliche Probleme lösen, anstatt Wettbewerber,
die sich auf ausgetretenen Pfaden bewegen«.151
Der dreimonatige Kurs sollte in eine 200-seitige Buchform und in eine
organisierte Struktur gebracht werden. Das »Organisieren von Gedanken«
ist für Thiel denn auch ein Schlüssel, um großartige Inhalte zu erzeugen.152
Blake Masters, der die Sache über seinen Blog ins Rollen gebracht hatte,
wurde Co-Autor.
Bereits der Titel ›Zero to One‹, von Null auf Eins, macht deutlich, was
Thiel mit seinem Buch bezwecken möchte. Die Computerwissenschaften
fußen auf den mathematischen Zuständen »Null« und »Eins«. Für Thiel
bedeutet es, »etwas Neues zu tun. Etwas zu machen, was niemand bisher
gemacht hat.« Er ist davon überzeugt, dass wir unsere Gesellschaft nur dann
auf die nächsthöhere Ebene bringen können, wenn wir Neues erfinden.
Facebook mit seinem sozialen Netzwerk und Google mit seiner
Internetsuche sind für ihn Unternehmen, die diesem Anspruch gerecht
werden und deshalb aktuell auch so wertvoll sind. Thiel ist davon
überzeugt, dass wir als Gesellschaft nicht genug dafür getan haben, um uns
weiterzuentwickeln. Für ihn befinden wir uns in einer technologischen
Stagnation, geblendet durch unsere modernen Smartphones, die uns
vordergründig eine schicke digitale Welt zeigen. Um uns herum ist aber
»unsere Umwelt merkwürdig alt und teilweise marode«.153
Thiels Credo lautet, dass Fortschritt in jeder Industrie und in allen
Unternehmensbereichen erzielt werden kann. Er fordert von den
Unternehmenslenkern die wichtigste Fähigkeit ein, nämlich »selbstständig
zu denken«.154
Thiel bringt dies prägnant auf den Punkt: »Der nächste Bill Gates
programmiert kein Betriebssystem. Die nächsten Larry Page und Sergey
Brin entwickeln keine Suchmaschine. Andere zu kopieren bringt die Welt
von 1 auf n, und fügt mehr von etwas Bekanntem hinzu. Aber wenn man
etwas Neues macht, geht man von 0 auf 1. Die Gewinner von morgen
werden nicht durch rücksichtslosen Wettbewerb auf heutigen Marktplätzen
entstehen; sie werden allesamt dem Wettbewerb aus dem Weg gehen, da
ihre Geschäfte einzigartig sind.«
Das Buch gibt eine optimistische Sicht auf den zukünftigen Fortschritt
in Amerika und einen neuen Denkansatz über das Thema Innovation. Thiel
möchte den Leser dazu bringen, Fragen zu stellen, die uns dann zu
»unerwarteten« Orten führen, wo wir »Wertvolles« finden. Das Ganze
klingt nach Ostereiersuche, doch Thiels klare Botschaft seines Buches ist:
»Nur wer an Geheimnisse glaubt und nach ihnen sucht, wird in der Lage
sein, jenseits der ausgetretenen Denkpfade neue und offensichtliche
Möglichkeiten zu entdecken.«155

Mit seinem Buch ›Zero to One‹ kommt er immer wieder auf seine Frage
aller Fragen zurück: »Welche Ihrer Überzeugungen würden nur wenige
Menschen mit Ihnen teilen?« Die renommierte Zeitschrift The Atlantic
schreibt in einer Rezension, dass »Thiels beste Gedanken sich erfrischend
menschlich anfühlen: Erinner dich, dass deine Gründer deine Familie sind,
gib großartigen Mitarbeitern exakt definierte Aufgaben, beginne mit
ambitiösen, aber kleinen Produkten, die einen Nischenmarkt dominieren,
hör auf damit, Vertriebsleute zu hassen und konzentriere dich darauf,
Grundsätze oder Geheimnisse zu formulieren, die dich von deinen Rivalen
abheben.«156
Schaut man sich die Vorlesungsmitschnitte seines Stanford-Kurses
online an und liest sein Buch, wird seine zweite Passion neben der des
Technologiegründers und Finanziers deutlich: Thiel hätte einen veritablen
Professor oder Lehrer abgegeben, der aufgrund seines breiten Wissens und
großen Erfahrungsschatzes, gepaart mit seinem scharfen Intellekt, ganze
Studentengenerationen in seinen Bann hätte ziehen können. Auf die Frage
Changs, was er denn beruflich gemacht hätte, wenn er nicht in den Tech-
Bereich gegangen wäre, antwortete er spontan, er wäre wohl Lehrer
geworden.157
Thiel, der für sich immer gerne die Rolle als »Public Intellectual« in
Anspruch nimmt, hat mit seinem Buch ›Zero to One‹ mehr als eine
fundierte Basis dafür geliefert.158 Weltweit wurde er in der Folge an
renommierten Hochschulen, wie der London School of Economics oder der
LMU in München eingeladen, um öffentliche Vorlesungen zu seinem Buch
und seinem Grundanliegen der Innovation zu halten. Für den Rezensenten
des Atlantic erscheint Thiels Buch »wie ein Laserbeamer«. Es ist ein
»Selbsthilfebuch für Unternehmer«, um sich positiv für die Zukunft
aufzuladen, die nur von Start-ups gestaltet werden kann. Für den Atlantic ist
es aber »auch eine leuchtende und profunde Ansprache des Kapitalismus
und seines Erfolgs im 21. Jahrhundert.«159
Thiels provokante These »Competition is for Losers«, die, wie schon
erwähnt, vom Wall Street Journal für eine Kolumne als Überschrift
herausgegriffen wurde, sorgt immer noch für Gesprächsstoff, was von Thiel
auch so beabsichtigt ist, sieht er doch die Mehrheit der Ökonomen in der
falschen Denke verhaftet, wonach Wettbewerb Werte schaffen kann. Seiner
Meinung nach ist genau das Gegenteil der Fall: Nur Monopole schaffen
überproportionale Gewinne und damit nachhaltig Werte.160

Für die Süddeutsche Zeitung ist Thiel ein »Geschäftsmann mit Tiefgang«,
für Mark Zuckerberg liefert ›Zero to One‹ »völlig neue und erfrischende
Ideen darüber, wie man in der Welt Wert schöpft.« Der Philosoph und
ehemalige Finanzmathematiker Nassim Nicholas Taleb, Autor von ›Der
Schwarze Schwan: Die Macht höchst unwahrscheinlicher Ereignisse‹
(München 2015), hält das Buch gar für einen Klassiker und empfiehlt, das
Buch nicht nur einmal, sondern dreimal zu lesen.161
Ganz anders David Segal, Rezensent der New York Times. Er
bemängelt, dass Thiel zu wenig Zeit aufwendet, um den Buchtitel auch
wirklich zu rechtfertigen. »Es gibt dem Buch das Gefühl einer
Werbebotschaft für einen Mann, der glaubt, er hätte es nicht nötig zu
werben«. Für Segal sind Thiels Ratschläge wie »Baue das nächste Google«
sowohl unangreifbar als auch komplett nutzlos. Thiel gäbe im Buch zu, dass
der Typus Start-up, den er im Buch beschreibt, rar ist, aber der Reichtum,
den er mit PayPal und später auch als Investor mit Facebook gemacht hat,
hätten ihn darin überzeugt, dass das Außergewöhnliche viel
wahrscheinlicher sei, wenn die Leute nur kühner und einfallsreicher wären.
Segal vergleicht das Buch mit der Situation einer Dinner Party, wo man
neben einem Menschen sitzt, dessen Geld und Übermaß an Ideen ihn davon
überzeugt hätten, dass er die gesamte Konversation übernehmen könne.162
Für das Online Portal Tech in Asia ist ›Zero to One‹ »ein dringend
notwendiger Atemzug an frischer Luft für alle, die Unternehmerbücher,
Studien zur globalen Wirtschaft und intellektuelle Geschäftsphilosophien
und Start-ups« zu schätzen wissen. Der Rezensent sieht aber
Schwachstellen bei Thiels Aussagen zu Asien, wo er seiner Meinung nach
mit zu einfachen Stereotypen arbeitet. Thiel sieht Asien als den
pessimistischsten Ort auf der Welt an, doch genau das Gegenteil sei der
Fall. Viele der chinesischen Internetunternehmer seien früh zu Reichtum
gekommen und damit noch zu jung, um am Strand oder auf dem Golfplatz
ihren Vorruhestand zu verbringen. Viele nutzten ihren Reichtum für
Philanthropie oder den Umweltschutz, wie der Alibaba Gründer Jack Ma.
Die meisten aber würden ihr Glück beim Aufbau eines neuen Start-ups oder
in ihrer Finanzierung suchen. Länder wie Indonesien mit ihren
aufstrebenden Ökonomien gehörten nach dem Marktforscher Nielsen zu
den zuversichtlichsten Märkten überhaupt. Die südostasiatischen Länder
gehörten auch zu den Ökonomien mit den höchsten Sparraten. Die höheren
verfügbaren Einkommen der Konsumenten dürften zudem in der Folge zu
höheren Investitionen führen.163
Der Atlantic sieht Thiels Buch sowohl als Inspiration für Unternehmer
als auch für die Gattung selbst. Unter vergleichbaren Wirtschaftsbüchern
habe sich ›Zero to One‹ ein Monopol geschaffen.164 Die Zahlen belegen
dies. Thiels Buch entwickelte sich sowohl zum New York Times-als auch zu
einem internationalen Bestseller. Auch in China stößt Thiel mit seinem
Buch auf großes Interesse. Laut Thiel verkauft er in China mehr Bücher als
in allen anderen Ländern zusammen.165

›The Diversity Myth‹ – Der Anwalt

Nicht nur bei Politikern werden von Journalisten und Medienschaffenden


zu bestimmten Zeiten »Leichen« aus dem Keller geholt. Als Thiels
Wahlkampfspende für Trump in Höhe von 1,25 Millionen Dollar im
Oktober 2016 bekannt wurde, brachte die Presse wieder ein Buch von Thiel
und Sacks ins Spiel, das die beiden unter dem Eindruck ihres Studiums kurz
nach ihrem Examen im Jahr 1995 veröffentlicht hatten. Der Titel lautet ›The
Diversity Myth – Multiculturalism and Politicial Intolerance on Campus‹.
Im Mittelpunkt steht nicht irgendein Campus, sondern der Campus der
Stanford University. Thiel und Sacks, die beide Chefredakteur und
Herausgeber der Stanford Review gewesen sind, sahen sich vor über 20
Jahren berufen, ein Buch über die Veränderung des Wertekanons an der
Universität zu schreiben. Ihrer Meinung nach war seit 1986 eine
konzertierte Aktion aus Verwaltung, Lehrkörper und Studenten damit
beschäftigt, Stanford in die erste multikulturelle Fakultät der USA zu
verwandeln. Beide zitieren in ihrem Buch den damaligen Rektor Donald
Kennedy, der den neu angekommenen Studenten 1989 gleich mit auf den
Weg gab, dass das multikulturelle Vorhaben »ein mutiges Experiment sei,
das Erfolg haben müsse«. Die 25.000 Personen an der Stanford wurden
damit Teil des Kennedyschen Experiments. Gegenstand waren Änderungen
an den Lehrplänen, Veränderung der studentischen Wahrnehmung und die
Einführung eines neuen Verhaltenskodex. Kennedy, der davor als
Biologieprofessor in Stanford lehrte, konnte nun an lebenden Objekten auf
seinem Campus sehen, wie seine Neuerungen griffen. »Wenn wir es hier
nicht schaffen«, so Kennedy, »schaffen wir es nirgendwo.« Die
Abwandlung des berühmten New-York-Zitats »If I can make it there, I’ll
make it anywhere« von Frank Sinatra war für ihn die Richtschnur für die
weitere Umsetzung. Doch Kennedy musste im Sommer 1992 seinen Hut
nehmen, nachdem seine Verstrickung in einen Finanzskandal publik wurde.
Insbesondere der Stiftungsrat, Kongressabgeordnete, Absolventen, aber
auch die allgemeine Öffentlichkeit hätten, so Thiel und Sacks, in der Folge
schnell begriffen, dass das »große multikulturelle Experiment« genau das
Gegenteil dessen gebracht hat, was man sich von einer höheren Ausbildung
versprach. Die beiden beschreiben Einschränkungen der Redefreiheit sowie
»eine neue Form der Intoleranz, bekannt auch als political correctness,
einen hysterischen antiwestlichen Lehrplan, ein Anwachsen der
Politisierung des studentischen Lebens und die Polarisierung verschiedener
Rassen und Ethnien« als negative Begleiterscheinungen auf dem Stanford
Campus. Sie vergleichen diesen Ausflug ins Multikulturelle mit den
Entdeckungsreisen des Christopher Columbus, der mit Begeisterung
aufgebrochen und dann desillusioniert zurückgekommen war. Genauso
erging es nach Meinung von Thiel und Sacks den Beteiligten der Stanford
University. Nichtsdestotrotz hat der Multikulturalismus bereits auf eine
»ganze Generation amerikanischer Führungskräfte« ausgestrahlt, denen
weitere Absolventen folgen, die planen, multikulturelle Regeln in der
Gesellschaft zu verankern.
Stanford als Vorhut, der Amerika im Allgemeinen mit einem Abstand
von rund acht Jahren folge, sei ein »großes Warnsignal« für die
»Versuchungen«, aber auch für die »Gefahren«, die mit einer
multikulturellen Zukunft verbunden sind. Wenn nicht an der Stanford mit
ihren intelligenten Menschen, einer friedlichen kleinstädtischen Umgebung
und den großen finanziellen Ressourcen, wo sonst sollte dem
Multikulturalismus der Weg geebnet werden? Für Thiel und Sacks war die
renommierte Stanford University durch diese Veränderungen abgewertet.
Sie ziehen den wenig schmeichelhaften Vergleich mit einem Drittweltstaat,
wo Untergebene von einer korrupten Ideologenkaste regiert werden.
Abschließend geben sie den dringenden Ratschlag an die amerikanische
Nation, bezüglich der weiteren Umsetzung multikultureller Ansätze
innezuhalten.166
Doch für die Presse und dabei insbesondere den Guardian, der im
Oktober 2016 das Buch von Thiel und Sacks wieder ans Licht der
Öffentlichkeit brachte, waren andere Passagen im Buch als Aufhänger viel
medienwirksamer. Der Guardian titelte denn auch: »Peter Thiel, der Trump
1,25 Millionen Dollar gab, bezeichnete Vergewaltigung während einer
Verabredung als ›verspätete Rache‹.« Eine Anspielung auf einen Fall aus
dem Jahr 1991, als eine 17-jährige Studentin, die neu an der Stanford
University war, in betrunkenem Zustand in einem Studentenwohnheim
vergewaltigt wurde. »Auch wenn der mutmaßliche Vergewaltiger klar
schuldig war, einer minderjährigen Frau Alkohol anzubieten und einen
Vorteil aus ihrem resultierenden Mangel an Urteilsvermögen zog, war es
kein sexueller Angriff… Verständlicherweise bedauerte die Frau jedoch
anschließend den ganzen Zwischenfall.167«
Beide verurteilten zwar grundsätzlich sexuelle Übergriffe durch Gewalt
oder Zwang, auch unter dem Einfluss von Drogen und Alkohol, als »absolut
inakzeptabel für die Stanford University«, aber gleichzeitig schrieben die
beiden, wonach es »grotesk zu glauben ist, dass jemand, der unter
Gewalteinfluss verletzt wurde, nicht auch physische Spuren tragen würde.«
Unter den Umständen, dass »eine Frau die vielleicht am nächsten Tag
oder sogar viele Tage später ›erkennt‹, dass sie ›vergewaltigt‹ wurde«, ist es
unklar, wer dafür verantwortlich gemacht werden sollte. Hat der Alkohol
beide in Bereitschaft für den Geschlechtsverkehr gesetzt, ist es für Thiel
und Sacks nicht verständlich, warum die Vorwürfe immer nur gegen den
Mann gerichtet werden. Thiel und Sacks schlussfolgern: »Die tatsächlichen
Opfer der Bewegung für ein Ende sexueller Übergriffe sind die Männer.168«
Für die Presse waren diese mehr als 20 Jahre alten Aussagen natürlich
ein gefundenes Fressen, um Thiels und Sacks Worte in Zusammenhang mit
Trumps Aussagen zu Frauen zu bringen.
Thiel hatte bereits in einem längeren Interview mit dem New Yorker im
Jahr 2011 bedauert, dass er sich über den Vorfall von seinem Freund Keith
Rabois an der Stanford geäußert hat. Dieser skandierte vor dem Haus eines
Universitätsmitarbeiters »Faggot! Faggot! Hope you die of Aids!« Rabois,
der mit seiner Aktion eine Debatte über die freie Meinungsäußerung
anstoßen wollte, wurde in der Folge von der Universität verwiesen.
Thiel betonte gegenüber dem New Yorker, dass er heute ein »viel
nuancierteres« Verständnis politischer Identitäten habe. Dazu gehört auch
die Überzeugung, dass Frauen, Homosexuelle und Schwarze »bedeutend
differenziertere« Erfahrungen teilen.169

In Folge der Berichterstattung der Medien über ›The Diversity Myth‹ im


Oktober 2016 äußerte sich Thiel darauf umgehend gegenüber Forbes, dass
er diese Ansichten bedauere. »Vor mehr als zwei Jahrzehnten schrieb ich als
Co-Autor ein Buch, das mehrere unsensible und gemeine Aussagen enthält.
Wie ich schon zuvor sagte, wünschte ich mir, ich hätte diese Dinge nicht
geschrieben. Ich bedauere es. Vergewaltigungen in all ihren Ausprägungen
sind Straftaten.« Thiel bedauert zudem, Passagen geschrieben zu haben, die
geeignet sind, einen anderen Eindruck zu erwecken. Am selben Tag, noch
vor Thiels Bedauern, äußerte sich Co-Autor David Sacks gegenüber dem
Technologie-Newsportal Recode und entschuldigte sich für das Buch und
die Aussagen. »Es stellt mich nicht dar, wer ich heute bin oder an was ich
glaube.« Er bezeichnete das Buch als »College-Journalismus, geschrieben
vor über 20 Jahren. Ich bin beschämt über einige meiner früheren Ansichten
und bedauere es, sie geschrieben zu haben.« Sacks hatte zudem im
zurückliegenden Präsidentschaftswahlkampf rund 70.000 Dollar für Hillary
Clinton gespendet und verfolgt damit eine andere politische Richtung als
sein früherer Autorenkollege Thiel.170
Doch es wäre zu kurz gegriffen, das Buch auf die von der Presse
aufgegriffenen Passagen zu reduzieren. Sacks und Thiel sprachen bereits
Mitte der 1990er-Jahre den heute so omnipräsenten »Clash of Cultures« an.
Normalerweise fände die multikulturelle Debatte zwischen Konservativen
und Liberalen statt, präziser ausgedrückt »zwischen wütenden weißen
konservativen Männern und allen anderen.« Ein Satz der aktueller denn je
ist: Haben uns nicht die Medien nach dem Sieg von Donald Trump
gebetsmühlenartig klarmachen wollen, dass exakt diese Zielgruppe das
Zünglein an der Waage war?
Thiel und Sacks sind schon vor mehr als 20 Jahren der Meinung
gewesen, dass man bei der Diskussion um Vielfalt bzw. Diversität nicht die
Augen vor der Realität verschließen sollte. Betrachtet man den Aspekt der
ökonomischen Vielfalt, so gilt es zu bedenken, dass das amerikanische
Ausbildungssystem mit hohen Studiengebühren verbunden ist. Meist
erfordert es einen sechsstelligen finanziellen Aufwand, um ein Studium
erfolgreich abschließen zu können. Ein finanzieller Kraftakt, den sich viele
Familien gar nicht leisten können. Entsprechend kommt es so vorab zu
Selektionen. Geld ist also immer noch eine entscheidende Mitgift für den
Zugang zu gehobener Bildung.

Auch die politische Vielfalt, so Thiel und Sacks, ist häufig nicht gegeben.
Sie betonen, dass zum Zeitpunkt des Erscheinens von ›The Diversity Myth‹,
also um 1995, rund 80 Prozent der Fakultätsmitglieder der Universität
derselben Partei angehörten, nämlich den Demokraten.
Schließlich behandeln die beiden auch die Vielfalt und den Umgang mit
verschiedenen Ethnien auf dem Campus. Thiel und Sacks führen
Universitäten wie Cornell, Berkeley oder Stanford auf, die Studenten nach
ihren Herkunftsregionen wie Afro-Amerikaner, Latino-Amerikaner,
Asiatische-Amerikaner und einheimische Amerikaner einteilen und ihnen
entsprechend ihrer Herkunft Studentenwohnheime zuteilen. Sie
schlussfolgern: »Das Resultat dieser Ghettoisierung ist, eine große Zahl von
studentischen Minderheiten vom restlichen Campus fernzuhalten und
Diversität und Austausch zu begrenzen«.171
Auch wenn Thiel und Sacks sich in der Zwischenzeit zurecht von
Passagen des Buchs distanzieren und es in zahlreichen Passagen den
Charakter einer Abrechnung mit ihrer früheren Alma Mater hat, ergreifen
sie doch Partei, die Diskussion um Multikulturalismus und Vielfalt offener,
ja offensiver zu führen und wegzukommen von gesellschaftlicher Etikette
und political correctness, die es nicht mehr zulässt, bestimmte Dinge beim
Namen zu nennen.
Über 20 Jahre später ist das Thema Diversität aktueller denn je. Die
großen Tech-Konzerne wie Alphabet und Facebook scheinen zwar in allen
Belangen unserer Zeit und weiten Teilen der Gesellschaft enteilt zu sein.
Die Stichworte Digitalisierung und Disruption sind allgegenwärtig. Doch in
ihrem Innersten scheinen die Unternehmen von einem konservativen Kern
zusammengehalten zu werden, der wenig mit Diversität gemein hat.
»Google ist auf der Suche nach seiner Seele«, so titelte Fortune in seiner
Geschichte über die Initiativen von Google im Bereich Diversität Anfang
2017. Rund 80 Prozent aller weltweiten Suchanfragen finden über Google
statt. Anfragen, die von unterschiedlichen Ethnien und Rassen stammen.
Diese erwarten, dass sie zu ihren Fragen die passenden Suchergebnisse
geliefert bekommen. Doch Google hat erkannt, dass die eigenen Mitarbeiter
zumindest ein Stück weit Abbild der weltweiten Nutzer sein müssen, um
sinnhafte Resultate zu liefern und die Anwender damit zufriedenzustellen.
Auch Investoren schauen zunehmend auf den Aspekt Diversität. Thomson
Reuters kreierte erstmalig im Jahr 2016 einen Diversitäts- und Inklusions-
Index (D&I). Der Finanzdatenanbieter analysierte über 5000 Unternehmen.
Thomson Reuters fand heraus, dass Unternehmen, die Diversität ernst
nehmen, eine größere Zahl an innovativen Produkten herstellen,
zufriedenere Kunden haben und bessere finanzielle Ergebnisse erzielen. Zu
den Top-25-Unternehmen gehören multinationale US-Unternehmen wie
Procter & Gamble, Johnson & Johnson, Microsoft und Cisco, die es alle in
die Top 25 geschafft haben. Nicht aber Google und Facebook. Für
Eingeweihte war dies auch keine Überraschung. Als Google erstmals 2014
seinen Widerstand aufgab und die Herkunft der Mitarbeiter publizierte,
waren die Zahlen ernüchternd. Gemäß den Zahlen aus dem Jahr 2016 sind
71 Prozent der ungefähr 46.000 US-Angestellten Männer und 57 Prozent
haben weiße Hautfarbe. Der Großteil der Führungspositionen wird von
Männern besetzt. Asiaten machen immerhin ein Drittel der Arbeitskräfte
aus. Latinos sind lediglich mit 5,2 Prozent und Schwarze mit 2,4 Prozent
vertreten.172

Quelle: Google, Bureau of Labor Statistics

Bei Facebook sind die Ausprägungen noch deutlicher. Lediglich 17 Prozent


der Mitarbeiter sind Frauen, drei Prozent sind hispanischer und nur ein
Prozent ist schwarzer Herkunft. Facebook versucht nun gegenzusteuern und
wendet dabei laut Berichten des Wall Street Journal und Bloomberg im
Rahmen von Pilotprojekten einen digitalen Fragebogen an, der
Personalchefs mit einer doppelt so hohen Punktzahl belohnt, wenn sie einen
Entwickler einstellen, der eine Frau ist, schwarz ist oder einen hispanischen
Hintergrund hat.173
Daran erkennt man, welch weiten Weg die Technologiekonzerne noch
vor sich haben. Auch Thiels Unternehmen Palantir gehört zu denen, die
offiziell eingestehen mussten, dass man beim Thema Diversität noch
Nachholbedarf hat. Im April 2017 einigte man sich auf eine Zahlung von
1,6 Millionen Dollar, um ein Gerichtsverfahren mit dem Arbeitsministerium
der Vereinigten Staaten beizulegen. Palantir wurde beschuldigt, Bewerber
mit asiatischem Hintergrund bei telefonischen Bewerberinterviews
»routinemäßig auszusortieren«, was Palantir bestritt. Ein negativer
Gerichtsentscheid hätte für Palantir erhebliche wirtschaftliche
Konsequenzen haben können. Es bestand die Gefahr, dass Palantir als
Lieferant für den Bund ausgeschlossen worden wäre. Damit hätte Palantir
keinen Zugang mehr zu den lukrativen Aufträgen der US-Behörden gehabt,
die für Palantir von großer Bedeutung sind.174
Als Mitte der 1990er-Jahre das Internet für die Allgemeinheit
zugänglich wurde, dachte jeder, es würde zu einer Demokratisierung von
Wissen führen. »Das Leben im Cyberspace scheint sich so vielversprechend
zu entwickeln, exakt wie Thomas Jefferson das gewollt hätte: Gegründet
auf dem Primat der individuellen Freiheit ist es ein Versprechen für
Pluralismus, Diversität und Gemeinschaft.«175 Die Worte stammen von
jemandem, der es wissen muss und nicht leichtfertig mit seinen Worten
umgeht: Mitch Kapor ist der Gründer der Softwarefirma Lotus und der
Erfinder der Tabellenkalkulation, die eine der Killerapplikationen für die
weitverbreitete Nutzung von Personal Computern in Büros wurde. Kapor
gehört heute mit seiner Risikokapitalgesellschaft Kapor Capital zu den
einflussreichen Investoren im Valley und hat sich auch als Philanthrop
profiliert.
Max Levchin gab gegenüber einer Klasse an der Stanford auch
unumwunden zu, was die Ursache für die fehlende Diversität ist: »Weil
PayPal nur ein Haufen von Nerds war! Sie hatten nie mit Frauen
gesprochen. Wie sollten Sie dann in der Lage sein, mit ihnen zu interagieren
und sie einzustellen?« Doch damit nicht genug. Levchin betonte, dass die
Vorstellung, dass Diversität in einem jungen Team wichtig oder gut ist,
komplett falsch sei. »Je diverser eine frühe Gruppe, umso schwerer ist es
für die Leute, eine gemeinsame Basis zu finden.« In einem Start-up, wo es
auf jede Minute und manchmal auch Sekunde ankommt und Zeit neben
Geld meist der limitierendste Faktor ist, müssen alle bedingungslos an
einem Strang ziehen. Lange Diskussionen und Uneinigkeit haben schon
viele erfolgversprechende Start-ups vom Weg abgebracht. »Wenn eine
Leistungsgesellschaft irgendwo auf der Welt existiert, dann im Silicon
Valley« so David Sacks.176
Haben die Medien das Buch »Diversity Myth« vermutlich nur primär
deshalb in den Zusammenhang um die Aussagen zum Thema sexueller
Übergriffe gebracht, um im Kontext von Trump und Thiel Aufmerksamkeit
zu erzielen, so gibt es doch generell im Silicon Valley dazu einigen
Nachholbedarf und einiges aufzuarbeiten. Denn in den letzten Jahren
drangen immer wieder sexuelle Übergriffe bei prominenten Silicon-Valley-
Start-ups an die Öffentlichkeit, ob beim Programmierportal Github, bei dem
Anbieter für Personalwirtschaftssoftware Zenefits oder beim
Transportdienst Uber. Bei Github und bei Zenefits mussten zwar in der
Folge jeweils die Mitgründer das Unternehmen verlassen und man gelobte
Besserung, doch es bedarf hierzu nach Meinung von betroffenen Frauen
einer generellen Vereinbarung mit den Mitarbeitern. David Sacks selbst war
bei Zenefits als zwischenzeitlicher CEO mit der Aufarbeitung diverser
Skandale beschäftigt.
Susan Fowler, eine ehemalige Mitarbeiterin von Uber, ging mit ihren
Erfahrungen im Frühjahr 2017 an die Öffentlichkeit. Sie fordert von den
Tech-Unternehmen eine Selbstverpflichtung, »dass sie ethisch, rechtlich,
verantwortungsvoll und transparent in Bezug auf Belästigungen,
Diskriminierungen, Vergeltungen und anderem ungesetzlichem Verhalten
handeln.«177 Fowler hat damit bei ihrem ehemaligen Arbeitgeber Uber
einen Stein ins Rollen gebracht. Anfang Juni 2017 kündigte Uber mehr als
20 Mitarbeitern nach einer internen Untersuchung zum Thema sexueller
Belästigung und weiterer Fehlverhalten am Arbeitsplatz.178
Immerhin scheint die frühere Alma Mater von Thiel und Sacks hier
einen Schritt weiter zu sein. Die seit Anfang 2017 amtierende Stanford-
Verwaltungsdirektorin Prof. Persis Drell berichtete Anfang Juni 2017
erstmalig im Rahmen eines Fortschrittsberichts über das Projekt »Student
Title IX Process«. Im Rahmen dieses von der Stanford University
aufgesetzten Pilotprojektes geht es um Anhörungen von Fällen sexueller
Belästigung, Stalking, Beziehungsgewalt und sexueller Gewalt, bei der
Studenten involviert sind. Ab 2018 plant die Universität dazu einen
jährlichen Bericht. In einer Campus-Umfrage im Jahr 2015 gaben rund 40
Prozent der Studentinnen im Grundstudium an, dass ihnen sexuelle Gewalt
in irgendeiner Form widerfahren sei. Aktuell, so Prof. Drell, befänden sich
36 Fälle in der internen Untersuchung.179
Für manche gehören diese Skandale einfach zum Geschäft im Silicon
Valley. »Ich denke, das sind hier keine Überraschungen für irgendjemand«,
so die New Yorker Angel-Investorin Joanne Wilson.180 Möglicherweise
liegt es auch an dem ganzen Wettbewerbsumfeld, der Wachstumskultur, der
Suche nach Aufmerksamkeit der Start-ups, die meist von sehr jungen und
unerfahrenen Leuten gesteuert werden. Sie wollen die Welt verändern und
verlieren dabei auch die Bodenhaftung und manchmal das Verständnis für
bestimmte rechtliche und ethische Grenzen. Das Silicon Valley ist eben ein
ganz spezieller Ort. Doch es wäre nicht das Silicon Valley, wenn es diese
Herausforderung nicht annehmen würde. Gespannt darf man darauf warten,
dass sich Gründer und Start-ups des Themas annehmen. Vielleicht liefert
jemand auch mit einem neuen Buch zum Thema Diversität und
Multikulturalismus im Zeitalter von weltweiter Vernetzung und Social
Media dazu die Blaupause und ein tragfähiges Manifest für eine
empathischere Technologiezukunft.
VI.
DER UNTERNEHMER

»The very important lesson that was learned was that starting a great company is neither
easy nor impossible, it is somewhere in between. It’s really hard, but doable.«
Peter Thiel181

Co-Gründer und erster CEO von PayPal

Echtes Unternehmertum ist kein Zuckerschlecken! Jeder, der schon einmal


ein Unternehmen von Null an aufgebaut hat, weiß davon ein Lied zu
singen. Gründungen von Technologieunternehmen auf neuen Märkten
stellen eine noch größere Herausforderung dar. Nicht ohne Grund scheitern
neun von zehn Technologie-Start-ups. Der Aufbau eines Start-ups ist
verbunden mit »Blut, Schweiß und Tränen«. Trotz immensen Einsatzes
steht man in den meisten Fällen am Ende mit leeren Händen da und kann
von einem »Exit« in Form eines Unternehmensverkaufs oder gar eines
Börsengangs nur träumen. Die Medien haben Start-ups zuletzt als
interessante Formate entdeckt. Sendungen wie ›Höhle der Löwen‹ zeigen,
dass das Publikumsinteresse am Unternehmertum und neuen
Geschäftsmodellen gewaltig ist. Heute ist es »cool«, ein Start-up zu
gründen, und die Gründer werden in Hochglanzmagazinen vielfach als
modische Hipster abgelichtet. Die jüngere Generation der heute 20- bis 30-
Jährigen hat die Dotcom-Blase und die damit verbundene »Boom & Bust«-
Zeit der Jahrtausendwende nicht miterlebt. Echte Start-up-Unternehmer
zeigen sich aber in Zeiten, wo die See rauer wird und
Schlechtwetterperioden in Orkanstärke aufziehen. Einer, der diese
Erfahrungen am eigenen Leib als Tech-Unternehmensgründer mitgemacht
hat, ist Ben Horowitz. Er gehört zu den einflussreichsten
Risikokapitalinvestoren im Silicon Valley. Zusammen mit Marc
Andreessen, dem Erfinder des ersten kommerziellen Internetbrowsers,
gründete er im Jahr 2000, mitten in der Hochstimmung der damaligen
Techblase, mit Loudcloud das erste Cloud-Unternehmen, das er nach vielen
unternehmerischen Höhen und Tiefen schließlich für 1,6 Milliarden Dollar
an Hewlett Packard verkaufte. Anschließend gründeten die beiden mit
A16Z einen der erfolgreichsten Risikokapitalgeber im Valley. Zu den
Investments von A16Z gehören Unternehmen wie Airbnb, Facebook,
Github, Pinterest, Skype und Twitter. Horowitz hat seine Erfahrungen als
Start-up-Unternehmer in dem weithin beachteten Bestseller ›The Hard
Thing About Hard Things – Building a Business when there are no easy
Answers‹ festgehalten. Horowitz gibt dabei eine ungeschminkte Sicht auf
die Dinge als Start-up-Unternehmer und räumt als Insider schonungslos mit
der Sichtweise auf, Start-up-Unternehmertum sei »easy going«, wo man in
einer heilen Welt an neuen Geschäftsmodellen feilt und immer alle nett
zueinander sind und sich alle lieb haben. Frei nach der Darwinschen Lehre
geht es um das »Survival of the Fittest« bzw. um das »Survival of the
Richest«. Jedem, der mit dem Gedanken spielt, ein Unternehmen zu
gründen, sei dieses Buch empfohlen.182
Horowitz' Buchtitel könnte auch als perfekte Überschrift für Peter
Thiels Erfahrungen als Unternehmer von der Gründung über den
Börsengang bis hin zum Verkauf von PayPal an eBay dienen. Thiel selbst
war es immer wichtig, nicht sich, sondern das Unternehmen in den
Vordergrund zu stellen und den Mitarbeitern ein Vorbild zu sein. Vielfach
haben Start-up Unternehmer nämlich ein starkes
Selbstdarstellungsbedürfnis und verlieren durch ihre Erfolge in der
Parallelwelt, in der sie leben und arbeiten, die Bodenhaftung und den
Kontakt zu ihrem wichtigsten Gut, den Mitarbeitern. Thiel hingegen lebte
als Vorstandsvorsitzender von PayPal immer noch bescheiden in seinem
Ein-Zimmer-Apartment in Menlo Park, obschon er aus dem Start-up PayPal
in gerade einmal drei Jahren ein Milliardenunternehmen geformt hatte. Erst
nach dem Verkauf an eBay bezog er sowohl privat wie auch geschäftlich in
San Francisco repräsentative Anwesen. In ›Zero to One‹ geht er auch auf
das Thema Managementgehälter ein: »Der CEO eines neuen, mit
Fremdkapital finanzierten Unternehmens sollte auf keinen Fall mehr als
150.000 Dollar pro Jahr verdienen.« Jahresgehälter von 300.000 Dollar
führten dazu, dass »sich ein CEO eher wie ein Politiker und weniger wie
ein Unternehmensgründer« verhält und am »Status quo« festhält, was für
ein innovatives Startup tödlich ist. Thiel führt als Beispiel Aaron Levie, den
CEO von Box an. Levie baute das »Dropbox für Firmenkunden« zu einem
Milliardenunternehmen auf und verdiente weniger als seine Mitarbeiter.
Levie selbst bewohnte auch vier Jahre nach der Unternehmensgründung
noch eine »Ein-Zimmer-Wohnung und hatte außer einer Matratze keine
Möbel.«.183
Neben dem Geltungsbedürfnis versäumen Unternehmer häufig den
richtigen Zeitpunkt zurückzutreten. Vielfach kleben sie an ihrem Job und
ihrer Firma und sehen nur sich in der Lage, das Unternehmen weiter zu
führen. Die Geschichtsbücher sind voll von erfolgreichen Gründern, die es
versäumt haben, rechtzeitig den Staffelstab zu übergeben. Nicht so Thiel. Er
hat sich schon immer eher in der Rolle des Investors wohlgefühlt und
betrachtete seine Zeit als CEO bei PayPal eher als einen »Abstecher«.184
Hier zeigen sich interessante Parallelen zu dem Finanzgenie Warren Buffett.
Auch Buffett hatte nach der Übernahme des Textilunternehmens Berkshire
Hathaway schnell erkannt, dass seine Zukunft nicht im Textilgeschäft liegt.
Stattdessen baute er Berkshire in einen einzigartigen Hedgefonds um und
konzentriert sich darauf, was er am besten kann: Die Suche und den Kauf
von unterbewerteten erstklassigen Unternehmen. Thiel erkannte gleich an
zwei für PayPal so wichtigen Wegmarken, dass er als CEO einem anderen
Platz machen muss. Erstmals war dies nach der Fusion von PayPal mit
X.com, dem Unternehmen von Elon Musk, der Fall. Thiel begründete
seinen Mitarbeitern gegenüber in einer E-Mail den Rücktritt als
Vorstandschef, dass er »nach 17 Monaten Tag- und Nachtarbeit erschöpft
sei« und »er mehr ein Visionär und weniger ein Manager sei«. Für den
eingeleiteten Transformationsprozess bedurfte es nun konkreter Macher.185
Bei seiner zweiten Demission, nach dem Verkauf an eBay, war für ihn klar,
dass PayPal nun in die Hand eines etablierten Unternehmens mit fest
eingefahrenen Managementstrukturen kam. Auch dies war nicht sein Fall.
Er war als Unternehmer der Mann für die großen Herausforderungen, führte
PayPal aus der Verlust-in die Gewinnzone, etablierte ein stabiles
wachstumsstarkes Geschäftsmodell und führte das nur wenige Jahre alte
Start-up erfolgreich mit einer Milliardenbewertung an die NASDAQ.
Wäre Peter Thiel in Deutschland aufgewachsen und hätte Selbiges
versucht, so wäre er an dem Berg an Widerständen, der sich vor ihm
aufgetürmt hätte, gescheitert. Man denke nur an die ganzen
aufsichtsrechtlichen Rahmenbedingungen, aber auch die Schwierigkeit,
Investoren in Deutschland für ein disruptives Geschäftsmodell wie PayPal
es war zu gewinnen. Für ihn sind und bleiben deshalb die USA und
besonders das Silicon Valley der Ort, an dem Innovation mittels
Kapitaleinsatz am effizientesten und mit der höchsten Wertschöpfung
umgesetzt werden kann.186
In seinem Buch ›Zero to One‹ widmet Thiel unter dem Titel »Das
Gründerparadox« der Spezies Gründer als spezieller Form des
Unternehmers ein eigenes Kapitel. In vielerlei Hinsicht fielen die sechs
PayPal Gründer komplett aus dem Rahmen. Hätte ein Personalchef eines
alteingesessenen Großunternehmens die Lebensläufe und Hobbies der sechs
gelesen, wären wohl die meisten noch nicht einmal zum
Vorstellungsgespräch eingeladen worden. Laut Thiel haben »vier als
Schüler Bomben gebastelt«.187 Er selbst gehörte aber nicht dazu.188 Doch
damit nicht genug. Fünf waren jünger als 23 und vier im Ausland geboren,
wovon drei aus kommunistischen Ländern kamen. Eine interessante
Melange also für die Gründung eines kapitalistisch geprägten FinTechs, das
nichts weniger im Sinn hatte als die erste weltweite Digitalwährung zu
schaffen. Thiel stellt zu Recht die spannende Frage, »warum es für ein
Unternehmen so wichtig und gleichzeitig so gefährlich ist, von
ungewöhnlichen Menschen geführt zu werden, statt von austauschbaren
Managern«.189 Eine dieser Unternehmerpersönlichkeiten, die laut Thiel
dem »Selbstverstärkungseffekt«, der sich aus einer »Überzeichnung
ungewöhnlicher Menschen und noch ungewöhnlicheren Handelns« durch
»eigene Überzeichnung« wie auch durch »Überzeichnung durch andere«
ergeben, ist Richard Branson. Er hat mit seiner Virgin Group über
Jahrzehnte ein beeindruckendes Markenimperium aufgebaut und wird
sowohl in der Geschäfts- wie auch in der Societywelt als Popstar des
Unternehmertums gefeiert. Was er anfasst, wird zu Gold. Auch Prominente
sind auf ihre Art Gründer. Thiel nennt Lady Gaga als Beispiel, deren
Unternehmen ihre eigene kreierte Marke ist. Viele Prominente werden
hochgejubelt zu Königen, und je höher sie steigen, umso größer ist der
anschließende Fall. Bezeichnend sind für Thiel die Künstlerkarrieren von
Elvis Presley, Michael Jackson oder Britney Spears.
Technologieunternehmen und deren Gründer werden heute als Popstars
gefeiert. Bestes Beispiel ist der Snapchat-Gründer Evan Spiegel, der
passenderweise mit der Hollywood-Schauspielerin Miranda Kerr liiert ist
und auf dem roten Teppich einen ebenso guten Eindruck hinterlässt wie vor
Börsenanalysten im Zuge seines märchenhaften Börsengangs an die Wall
Street. Gerade Technologieunternehmen leben im Herzen von ihren
Gründern. »Gründer sind nicht deshalb wichtig, weil sie als Einzige Werte
schaffen, sondern weil große Gründer das Maximum aus den anderen im
Unternehmen herausholen.«190
Herausragende Beispiele sind für ihn Bill Gates und Steve Jobs.
Vordergründig waren beide in ihrer Unternehmensstrategie
grundverschieden. Vereint hat aber beide ihr visionärer Instinkt und ihre
geradezu manischen Kräfte, die sie jeweils auf ihre Mitarbeiter übertrugen
und sie damit zu Höchstleistungen anspornten. Steve Jobs kam als
»verlorener Sohn« nach zwölf Jahren Abstinenz zurück in sein
Unternehmen, als dieses kurz vor dem Exitus stand. Nur eine Finanzspritze
des Erzfeinds Microsoft und die Zusicherung von Bill Gates, dass Microsoft
auch weiterhin die wichtigen Office-Programme für die Apple-Plattform
weiterentwickeln würde, hielten Apple über Wasser. Jobs musste für diese
Aktion unter seinen getreuen Apple-Jüngern im Jahr 1997 viel Kritik
einstecken, hat es aber einzig und allein für sein Unternehmen Apple getan.
Microsoft hingegen erreichte Anfang 2000 seinen Zenit und war zu diesem
Zeitpunkt das wertvollste Unternehmen der Welt. Nachdem Bill Gates im
Jahr 2000 den Vorstandsvorsitz an seinen Freund Steve Ballmer übergab,
ging es mit Microsoft über eine Dekade nur bergab. Ballmer war kein
Programmierer wie Gates und hatte weder ein Gespür für technologische
Trends noch war er die Identifikationsfigur für die so wichtigen
Programmierer im Unternehmen. Folgerichtig verschlief Microsoft den
Wandel hin zu Smartphones und Tablets, obschon das Unternehmen bereits
Anfang der 1990er-Jahre unter Bill Gates Betriebssysteme und
Anwendungssoftware für mobile Endgeräte entwickelt hatte. Während
Microsoft unter der Führung von Satya Nadella aus der Rolle des
»Underdogs« der mobilen Welt langsam wieder herausfindet, muss sich nun
Tim Cook, der Nachfolger von Jobs, die Frage stellen, was sein »Next big
thing« für Apple sein wird.
Peter Thiel selbst reiht sich in seinem Buch nicht in die Liste von Bill
Gates und Steve Jobs ein, obwohl ohne seinen speziellen und einzigartigen
Führungsstil der Erfolg von PayPal nicht möglich gewesen wäre. Immerhin
war PayPal sein erstes Unternehmen und seine erste Erfahrung als
Unternehmer.
Welche Motivation, welche Erfolgsrezepte und Techniken begleiteten ihn bei
PayPal?
Für Thiels Freund und PayPal-Mitstreiter der ersten Stunde David Sacks ist
PayPal mittlerweile die Blaupause für moderne Silicon-Valley-Start-ups
schlechthin.191 Schauen wir uns die Errungenschaften von PayPal im
Einzelnen an.

Unternehmensvision
Der verstorbene Altbundeskanzler Helmut Schmidt meinte vor langer Zeit,
»wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen«. Wie er im ZEITmagazin später
zum Besten gab, war es eine »pampige Antwort auf eine dusselige
Frage«.192 Amerikanische Unternehmen dagegen lieben sie: Die Rede ist
von der Unternehmensvision. Für Thiel ist es einer der wichtigsten, wenn
nicht gar der wichtigste Aspekt der Mitarbeitermotivation. Als
Vorzeigebeispiel für eine ausgezeichnete und gelebte Unternehmensvision
führt er die von seinem Freund Elon Musk gegründete Raumfahrtfirma
SpaceX an. SpaceX hat die Vision, innerhalb von 15 Jahren Mars-
Missionen zu betreiben. Diese einzigartige Idee elektrisiert und motiviert
die Mitarbeiter und spornt sie so jeden Tag zu neuen Höchstleistungen an.
»Start-ups lieben Kult. Im positiven Sinne.«193
Ein Start-up zum Erfolg zu führen, ist vergleichbar mit der Besteigung
des Matterhorns. Man hat die Vision, ganz oben zu stehen, sieht sich aber
unten im Tal als kleinen Punkt. Dazwischen befinden sich viele
Unwägbarkeiten, Gefahren und Entbehrungen. Thiel mag ein solches
›Matterhorn-Bild‹ im Kopf gehabt haben. Ihm war klar, nur mit einer
großen und motivationsträchtigen Vision kann er seine verschworene
PayPal-Einheit aus unerfahrenen, aber extrem talentierten und
begeisterungsfähigen »Bergsteigern« zum Erfolg führen.

Seine Vision für PayPal war nicht gerade bescheiden. In einer Rede vor
seinen Mitarbeitern schärfte er ihnen ganz im Stile eines »Bergführers« am
Anfang des Weges das Bewusstsein. »Wir sind definitiv auf dem Weg zu
etwas Großem. Der Bedarf, den PayPal adressiert, ist monumental. Jeder
auf der Welt benötigt Geld – um bezahlen, handeln und leben zu können.
Papiergeld ist eine altertümliche Technologie und dazu noch eine
unbequeme Bezahlform. Es kann einem ausgehen. Es kann verloren gehen
und gestohlen werden. Im 21. Jahrhundert benötigen Menschen eine Form
des Geldes, die komfortabler und sicherer ist, auf die von überall mittels
eines PDA oder einer Internetverbindung zugegriffen werden kann.« Doch
nicht nur um die Technik als Selbstzweck ging es ihm.194
Thiel wollte PayPal in einen viel größeren Zusammenhang rücken.
Schließlich ist Geld seit Jahrhunderten das Schmiermittel für Wachstum
und Spielball der Mächtigen. Die Wirtschafts- und Währungspolitik Mitte
der 1990er-Jahre lieferte ihm dazu den idealen Nährboden. 1997 kam es zu
einer Wirtschaftskrise in Südostasien, und im darauffolgenden Jahr brach
der Hedgefonds LTCM aufgrund von stark gehebelten
Währungsspekulationen zusammen, nachdem es in Russland zu einer
Zahlungskrise kam. Russland hatte aufgrund des niedrigen Ölpreises
Probleme mit seiner Bonität und verlor international an Kreditwürdigkeit.
Die Folge waren hohe Inflationsraten und Währungsabwertungen.
Gewinner waren die Oligarchen, die mit dem Betrieb von Energie- und
Rohstoffunternehmen riesige Vermögen angehäuft und über Möglichkeiten
des Geldtransfers ins Ausland und in sichere Währungen verfügt hatten. Die
»normalen« Menschen in diesen Ländern saßen laut Thiel in der Falle und
konnten ihr mühsam erspartes Geld vor den korrupten Regierungen nicht in
Sicherheit bringen. PayPal könne dies ändern. »In der Zukunft, wenn wir
unseren Dienst außerhalb der USA verfügbar machen und die Verbreitung
des Internet weiterhin in alle Bevölkerungsschichten voranschreitet, wird
PayPal den Bürgern weltweit mehr direkte Kontrolle über ihre Währungen
geben als jemals zuvor. Es wird für korrupte Regierungen nahezu
unmöglich, Vermögen ihrer Bevölkerung zu stehlen.« Denn mit PayPal, so
Thiel, könnte die Bevölkerung ihrer jeweiligen Regierung einen Strich
durch die Rechnung machen und das Geld aus lokaler Währung einfach in
sicherere Währungen wie Dollars, Pfund oder Yen wechseln.195

Thiel war nun in seinem Element. Er dozierte vor seinen Mitarbeitern als
weitsichtiger Ökonom und fast schon als Robin Hood, der das Monopol des
Geldverkehrs durch Regierungen brechen und für Chancengleichheit der
normalen Bevölkerung gegenüber Regierungen und Superreichen sorgen
wollte. Erstmal in Fahrt, setzte Thiel noch eins drauf. Er ordnete PayPal an
den seiner Meinung nach angemessenen Platz im Periodensystem der Tech-
Welt ein und zog eine Analogie zu niemand Geringerem als dem
mächtigsten Tech-Konzern zum damaligen Zeitpunkt: Microsoft! »Ich habe
keinen Zweifel, dass dieses Unternehmen die Chance hat, das Microsoft für
Bezahllösungen, also das weltweite Finanz-Betriebssystem für die Welt zu
werden«.196 Das Ganze mag etwas großspurig geklungen haben, Thiel hat
aber mit seinen direkten Ansprachen und seinen bildhaften Vergleichen den
richtigen Nerv bei seinen Mitarbeitern getroffen und eine Vision in den
Raum gestellt, die hoch gegriffen, aber für alle plausibel und durchaus
erreichbar schien. Positive Nebenwirkung: Die PayPal Mitarbeiter sprachen
mehr darüber, wie PayPal die Welt verändern würde, als sich Gedanken
über ihren persönlichen Reichtum aus den Aktienoptionen zu machen.

Disruptiver Faktor
Fragt man Gründer heute, warum sie ihr Start-up gegründet haben, erhält
man häufig die Antwort, sie wollen damit einen »Impact«, also eine
nachhaltige Wirkung, erzielen. Aktuell macht im Zuge der
Digitalisierungsdiskussion das Wort »Disruptiv« die Runde. Frei übersetzt:
Kein Stein bleibt auf dem anderen. Neue Geschäftsmodelle entwickeln sich
durch die digitalen Plattformen wie den App Stores von Apple und Google
und der Allgegenwärtigkeit von Smartphones in rasender Geschwindigkeit.
Die kreative Zerstörung (creative destruction) ist ein Begriff der
Makroökonomie, den der berühmte österreichische Ökonom Joseph
Schumpeter erstmals 1942 in seinem Buch »Kapitalismus, Sozialismus und
Demokratie«197 prägte. Er schreibt:
»Die Eröffnung neuer, fremder oder einheimischer Märkte und die organisatorische
Entwicklung vom Handwerksbetrieb und der Fabrik zu solchen Konzernen wie dem von
U.S.-Steel illustrieren den gleichen Prozess einer industriellen Mutation – wenn ich diesen
biologischen Ausdruck verwenden darf–, der unaufhörlich die Wirtschaftsstruktur von innen
heraus revolutioniert, unaufhörlich die alte Struktur zerstört und unaufhörlich eine neue
schafft. Dieser Prozess der ›schöpferischen Zerstörung‹ ist das für den Kapitalismus
wesentliche Faktum. Darin besteht der Kapitalismus und darin muss auch jedes kapitalistische
Gebilde leben.«198

Für Schumpeter ist der Akt der Zerstörung notwendig, damit eine neue
Ordnung entstehen kann.
Thiel hatte ohne Zweifel Schumpeters Gedanken im Sinn, als er PayPal
vom Stapel ließ. Er wusste um die Tatsache, dass alles rund um die
Kombination »Internet & Geld« zwar delikat in der Umsetzung war und
man vielen Marktteilnehmern damit gehörig auf die Füße treten würde, aber
wenn alles gut ginge, würde er einen einzigartigen Hebel in der Hand halten
und die Welt nachhaltig verändern können. Ganz nebenbei würde er auch
jede Menge Aufmerksamkeit auf sich und PayPal ziehen und gleichzeitig
einen großen finanziellen Erfolg erzielen. Gleichzeitig befand sich seine
Vision für PayPal im Einklang mit seinem libertären Weltbild. Er wollte die
Welt von den Fesseln des Währungsdiktats durch Regierungen befreien und
eine neue Internetwährung schaffen, die außerhalb des Einflussbereichs von
Politikern und Staaten liegt. PayPal war also das erste globale Finanz-
Internetunternehmen. Erst 15 Jahre später sollte sich der Begriff »FinTech«
breitflächig einbürgern und manifestieren, seit Banken, Versicherer und
Risikokapitalgeber massiv in die Digitalisierung der Finanzbranche
investieren. Als Unternehmer und Investor sind für Thiel Buzzwörter wie
»FinTech« und »BigData« Alarmzeichen für Blasenbildungen. Davon hält
er sich fern und sucht sich stattdessen neue interessante Herausforderungen
und Unternehmen, die noch niemand auf der Karte hat.

Führungsstil
Welchen Führungsstil pflegte nun Peter Thiel als CEO des noch jungen
Start-ups PayPal? Wer sollte dies besser beschreiben können als Thiels
Intimus David Sacks. Er trat schließlich in die Fußstapfen von Thiel als
Chefredakteur der Stanford Review und war bei PayPal als Mann für das
operationelle Tagesgeschäft (Chief Operating Officer, COO) maßgeblich
dafür verantwortlich, dass das Start-up aus den explosionsartig wachsenden
Mitgliederzahlen auch Umsätze generierte. Gegenüber dem Fortune-
Magazin brachte er Thiels Eigenschaften als Unternehmer wie folgt auf den
Punkt: »Peter war nie der Typ für die praxisbezogenen Tätigkeiten.
Stattdessen hatte er die Gabe, alle wichtigen strategischen Angelegenheiten
zu erkennen und sie richtig hinzubekommen.« Sacks erinnert an den März
2000, den Höhepunkt der Dotcom-Blase, als PayPal eine Kapitalerhöhung
über 100 Millionen Dollar plante. Während viele in der Szene auf noch
höhere Bewertungen spekulierten und sich mit neuen Finanzierungsrunden
zurückhielten, »trat Peter jedem in den Hintern, um die Runde zu schließen.
Wenige Tage später crashten die Aktienmärkte. Hätte er nur eine Woche
länger gezögert, dann wäre das Unternehmen gescheitert.«199
Die Gabe, Dinge in hellseherischer Voraussicht zu sehen und dann
unmittelbar und konsequent in konkrete Handlungen umzusetzen, ist nur
wenigen gegeben. Thiel ist ohne Zweifel ein großer Denker mit einer
starken Vision auf die Sicht der Welt. Für jede Herausforderung, der sich
PayPal gegenüberstand, fand er mit seinem verschworenen Team umgehend
eine Lösung. Thiel erinnert in seiner Zeit bei PayPal an den U-Boot Kapitän
im Weltbesteller »Das Boot« von Lothar Günther Buchheim. Der »Alte«,
wie er von seiner Besatzung genannt wurde, musste sein U-Boot und seine
Besatzung nicht nur durch die raue See, sondern auch vorbei an Bombern
und Zerstörern manövrieren und gleichzeitig Ruhe und Übersicht wahren.
Thiel betrat mit PayPal Neuland. Noch gab es keine FinTechs, keinen
Rechtsrahmen und keine Regulierung. Er war weitestgehend in dieser
Schlacht auf sich allein gestellt und musste PayPal weitsichtig in einen
sicheren Hafen lenken.
Bezeichnend für außergewöhnliche Unternehmer wie Thiel ist die
Fähigkeit, sich auf die Themen und Tätigkeiten zu konzentrieren, die für
das Unternehmen die höchste Wertigkeit haben. Das genaue Abwägen aller
wichtigen Parameter ist die Grundvoraussetzung für das Eingehen großer
Risiken. Immer wieder setzte Thiel alles auf eine Karte. Trotzdem sind für
ihn Startups keine leichtfertigen Lotterietickets. Er wusste, nur mit
größtmöglichem Einsatz konnte er PayPal zum Erfolg führen.
Grundvoraussetzung für das Funktionieren seines Managementstils war,
dass er sich auf sein Führungsteam und die restliche Mannschaft bei PayPal
blind verlassen konnte. Mit Reid Hoffman und David Sacks hatte er seine
zwei besten Standford-Freunde an der Seite, die sich um das Tagesgeschäft
und die operative Umsetzung kümmerten. So hatte er die Freiheit und den
Freiraum, sich um die großen strategischen Linien und insbesondere um das
Einwerben von Kapital zu kümmern. Ganz im Sinne des amerikanischen
Profisports wusste sich Thiel als »most valuable Player« (MVP) mit seinen
herausragenden strategischen Fähigkeiten in seinem PayPal-Team in Szene
zu setzen und wurde von seiner Mannschaft entsprechend respektiert und
unterstützt.
Für Thiel sind starke Freundschaften die Basis für den
unternehmerischen Erfolg. Auf die Frage Emily Changs, was Mythos und
Realität des Peter Thiel sei, sagte er, dass er all seine Projekte nicht in Form
einer Solovorstellung angehe. Er habe Freunde, mit denen er häufig
spreche, und es gäbe in seinem Umfeld Personen die eng mit ihm
zusammenarbeiten würden.200
Analysiert man das unternehmerische Handlungsmuster von Thiel
genauer, so stößt man unweigerlich auf den Begriff »Kongenialität«. Thiel
setzt als Stratege auf Leute seines Vertrauens. Er benötigt mindestens einen
kongenialen Partner, der seine gedanklichen Laufwege nahezu blind
versteht. Parallelen tun sich auch hier zu Warren Buffett auf. Betont dieser
nicht immer gebetsmühlenartig, dass seine Berkshire Hathaway und er nicht
da stünden, wo sie jetzt sind, wenn er nicht auf seine »rechte Gehirnhälfte«
Charly Munger zählen könne?
Was für Buffett Charly Munger ist, war für Peter Thiel bei der
Gründung von PayPal Max Levchin. Beide zusammen verkörperten das,
was für ein erfolgreiches Start-up zwingende Grundvoraussetzung ist: die
perfekte Symbiose aus Business- und Technologieverstand auf einem
außergewöhnlich hohen Level. Genau daran scheitern viele Start-ups und
Ideen, dass sie entweder zu business- oder zu technologielastig und damit
nicht in der Lage sind, ein herausragendes Produkt für den Markt zu
schaffen. Ohne Levchins Programmierkünste hätte PayPal nicht das
explosionsartige Wachstum an Nutzern meistern können. In seiner Rolle als
Technologiechef (CTO) entwickelte er die so eminent wichtigen Anti-
Betrugs-Algorithmen, die ihm im Jahr 2002 von dem angesehenen MIT-
Magazin Technology Review eine Platzierung unter den Top-100-
Innovatoren unter 35 Jahren eingebracht hat. Doch Levchin war nicht nur
der geniale Programmierer, er scharte auch ein ganzes Team treuer
Entwickler um sich, die in vielen Tag- und Nachtschichten neue Ideen aus
dem Produktteam von PayPal in rasender Geschwindigkeit in Software
gegossen haben.
Gründet man ein Unternehmen, so Thiel, dann »ist die erste und
wichtigste Frage, mit wem. Die Wahl von Geschäftspartnern ist wie eine
Ehe, und Streitigkeiten können genauso hässlich verlaufen wie eine
Scheidung.« Ähnlich wie in einer Ehe folgt auch bei Start-ups auf den
romantischen »Honeymoon« am Anfang der graue Alltag mit seinen ganzen
Herausforderungen an Höhen und Tiefen. Aus diesem Grunde gibt Thiel in
seinem Buch ›Zero to One‹ die dringende Empfehlung, dass Gründer »eine
gemeinsame Vorgeschichte« haben sollten, »sonst ist das Ganze nicht mehr
als ein Glücksspiel«. Notwendig seien »gute Mitarbeiter, die miteinander
auskommen, aber sie brauchen auch eine Struktur, damit langfristig alle an
einem Strang ziehen.«201
Thiel, der verkrustete bürokratische Konzernstrukturen verabscheut wie
der Teufel das Weihwasser, hätte mit seinen Methoden in einem großen
Unternehmen als CEO sicherlich nicht so reüssiert, wie ihm dies bei PayPal
gelungen ist. Für ihn ist ein Start-up »das größtmögliche Projekt, über das
man noch konkrete Kontrolle ausüben kann«.202

Unternehmensstrategie
Ein erfolgreiches Start-up ist wie die Formel 1. Man ist immer am Limit. In
jeder Sekunde können sich die inneren und äußeren Einflüsse radikal
verändern. Immer gilt es abzuwägen, welches maximale Risiko man auch
beim Einsatz neuer Technologien bereit ist einzugehen, auch wenn man
noch nicht weiß, ob man das Rennen wirklich zu Ende fahren kann.
Die Krönung der Formel 1 ist Monaco. Niki Lauda meinte einmal zum
Grand Prix in Monaco, es sei wie Hubschrauberfliegen im Wohnzimmer. Er
wollte damit zum Ausdruck bringen, dass man in jeder einzelnen Sekunde
höchst konzentriert sein muss und sich eben alles auf engstem Raum
abspielt. Auch in Führung liegend, kann es den mit allen Wassern
gewaschenen Piloten passieren, dass sie noch in der letzten Runde aufgrund
einer Unachtsamkeit ihre Boliden an die Mauer setzen und den Traum von
einem glorreichen Sieg jäh begraben müssen. Ähnlich ist es in einem Start-
up. Es gibt keine feste Choreografie für den Erfolg. Vielfach bewegt man
sich im Grenzbereich des täglichen Wahnsinns. Innerhalb eines Tages kann
entweder alles richtig oder alles falsch sein. In einem Start-up müssen die
Gründer, Investoren und Mitarbeiter lernen, mit diesen Schwankungen
zwischen »Himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt« nüchtern
umzugehen. Nicht ohne Grund bemessen die Aktienbörsen die täglichen
Marktschwankungen in einem eigenen Volatilitätsindex, der die
Risikoneigung der Anleger jeden Tag schwarz auf weiß bemisst.
Andy Bechtolsheim, neben Peter Thiel die prominenteste Persönlichkeit
im Valley mit deutschen Wurzeln, hat im Rahmen einer Vorlesung an der
Stanford University unter dem Titel »Der Innovationsprozess« die
Erfolgsfaktoren für erfolgreiche Start-ups zusammengefasst sowie die
Ursachen, warum Start-ups scheitern:

Fünf Gründe für das Scheitern von Start-ups:


– Die Idee ist zu früh.
– Die Idee ist zu spät.
– Die Idee ist nicht relevant.
– Die Idee ist zu teuer.
– Die Idee ist ohne klaren Nutzen.

Es kommt also darauf an »das richtige Problem zu lösen«. Wenn man also
»nicht zu früh oder zu spät am richtigen Kundenversprechen arbeitet, dann
sind Start-ups in der Regel erfolgreich.203
Thiel und seine Mitgründer Max Levchin, Luke Nosek und Ken
Howery hatten dies über ein Jahrzehnt vor Bechtolsheims Rede bereits
verinnerlicht, und es wurde zur DNA der Unternehmensstrategie von
PayPal. Das Internet und der eCommerce im Speziellen war gerade dabei
abzuheben. Die Auktionsplattform eBay, auf der Privatpersonen und
kleinere Händler einem Trödelmarkt vergleichbar Waren zum Verkauf
anbieten können, entwickelte sich in rasender Geschwindigkeit zur
führenden eCommerce Plattform im Internet. PayPal brauchte zuvorderst
Wachstum. Kundenwachstum. Das Wachstum musste schnell, exponentiell
und möglichst kosteneffizient, sprich mit hohem Wirkungsgrad, erfolgen.
Nur über das Nutzerwachstum, so waren sich Thiel und sein Team sicher,
könne man die anderen Wettbewerber aus dem Ring schlagen. Es war nur
Platz für einen Anbieter. Darwinismus pur. Im Jahr 2017 reden kluge
Unternehmensberater – wenn sie an erfolgreiche Internetunternehmen
denken – von Plattformen. Facebook ist die führende Plattform für Soziale
Medien. Amazon ist die führende Plattform für den eCommerce. PayPal ist
auch deshalb die Blaupause für viele erfolgreiche Start-ups, weil es schon
damals um die Jahrtausendwende den Anspruch als führende
Bezahlplattform im Internet hatte.
Wie konnte sich nun PayPal als eine starke Marke für digitales Bezahlen
in so kurzer Zeit etablieren und zum führenden Bezahlnetzwerk werden?
Thiel hatte die bereits erwähnte geniale Idee, jedem neuen PayPal-
Kunden zehn Dollar auf sein PayPal-Konto gutzuschreiben sowie für jeden
neugeworbenen Kunden noch einmal zehn Dollar. Ein Schneeballsystem
kam ins Rollen.
PayPal sollte ein Netzwerk für den gegenseitigen Geldtransfer zwischen
Privatpersonen untereinander aber auch zwischen Privatpersonen und
Unternehmen sein. Und ein Netzwerk ist umso wertvoller, je mehr
Marktteilnehmer den Dienst nutzen. Thiel wusste, dass Geschwindigkeit
der alles entscheidende Parameter war, um das Wachstum anzuheizen und
die Nutzerzahlen auf eine kritische Größe zu bringen. Ein Vergleich zur
Atomphysik sei erlaubt: Es bedarf der kritischen Masse, um in der Folge
eine Kettenreaktion auszulösen. Genau dies gelang PayPal. Es setzte ein
sogenannter viraler Effekt ein, d.h. das Wachstum hob ab und
verselbstständigte sich. Virale Effekte zeigen sich in Form des
»Hockeystick«-Effekts. Ähnlich eines Eishockeyschlägers steigt die
Wachstumskurve nicht linear sondern überproportional, also exponentiell
an. Mathematisch spricht man deshalb in der »Kurvendiskussion« der
Analysis von einer stark steigenden Kurve.
Nun liefen die Motoren bei PayPal unter Volldampf. Ähnlich wie in der
Formel 1 wollte man weiter Vollgas geben und blieb auf dem Gaspedal. Das
wichtigste Schmiermittel, um innerhalb kürzester Zeit die Wachstumsraten
aufrecht zu erhalten, war natürlich das Geld. PayPal entwickelte sich zu
einer einzigartigen Geldverbrennungsmaschine.
Thiel und sein Team mussten den fast unmöglichen Spagat aus
exponentiellem Kundenwachstum, Einführung eines Geschäftsmodells mit
nachhaltiger Monetarisierung und dem Heranschaffen immer neuer
Finanzmittel schaffen. Und dies zu einem Zeitpunkt, als das Marktumfeld
crashte und für Unternehmen, die nur Geld verbrannten, wenig bis gar
nichts übrig hatte.

PayPal gewann jedoch bei den Kunden auch deshalb schnell an Vertrauen,
weil man nur eine E-Mail-Adresse zur Registrierung und eine Kreditkarte
zur Hinterlegung benötigte. Zudem war der Dienst für Privatkunden und
zunächst auch für Geschäftskunden kostenlos. PayPal erkannte unter Thiel
auch, wie wichtig der Kundenservice für eine dauerhafte Kundenbeziehung
ist. Man investierte in ein eigenes Service Center in Omaha, Nebraska, in
dem damals schon 700 Mitarbeiter beschäftigt waren, um die Fragen und
Probleme der PayPal-Nutzer schnell beantworten zu können. Das Kernteam
im Valley bestand zu diesem Zeitpunkt zum Vergleich aus lediglich rund
220 Personen.204 Es entstand eine »Brand Awareness«. Die Nutzer sprachen
nicht mehr von einer Überweisung des Geldbetrags, sondern davon, das
Geld zu »PayPalen«. Immer dann, wenn ein Dienst sich zu einem Verb in
der Umgangssprache entwickelt, entsteht eine neue Marke. Bestes Beispiel
ist die Internetsuche: schließlich hat es sich eingebürgert, dass wir einfach
von »Googeln« sprechen, wenn wir etwas im Internet ausfindig machen
wollen.
Markenetablierung und Kundenwachstum waren wichtig, denn die
PayPal-Gründer wussten, dass der nächste Wettbewerber nur einen Klick
entfernt lag und praktisch über Nacht aus wenigen Zeilen Programmcode
ein neuer Anbieter wie aus dem Nichts auftauchen konnte.
Deshalb entschied man sich für eine richtungsweisende Strategie:
Wachstum zuerst, Umsätze später!
Diese Strategie sollte ein Jahrzehnt später auch Modell sein für viele
erfolgreiche Unternehmen, insbesondere Internetunternehmen des Web 2.0.
So hatte Facebook bereits eine zweistellige Milliardenbewertung mit
prominenten Investoren wie Microsoft oder dem Hongkong-Chinesen Li Ka
Shing, ohne bewiesen zu haben, dass es über ein funktionierendes
Geschäftsmodell verfügte.
Um nun das Kundenwachstum weiter anzuheizen, entschied man sich
für einen unkonventionellen Weg. Das Gründer- und Managementteam,
bestehend aus Peter Thiel, Max Levchin, Luke Nosek, David Sacks und
Reid Hoffman, entschied, die komplette Strategie von PayPal inklusive der
Marketing- und Produktentwicklung auf den eBay-Marktplatz auszurichten.
An keiner anderen Stelle im Internet fand man zu diesem Zeitpunkt so viele
eCommerce-Kunden, die auch gleichzeitig eine Bezahlfunktion benötigten.
Man setzte also alles auf eine Karte, und das, obwohl man über keine
offizielle Geschäftsbeziehung oder Produkt- bzw. Vertriebspartnerschaft mit
eBay verfügte. Man wollte also auf dem Rücken des Elefanten zum Erfolg
reiten, immer mit der Gefahr, dass dieser den lästigen Emporkömmling
PayPal einfach abwarf und ihm damit das wirtschaftliche und finanzielle
Genick brach. Es gab keinen Plan B. Es war eine Alles-oder-nichts-
Strategie.
Die Strategie ging auf. Sie ging laut David Sacks, der das Produktteam
von PayPal leitete, deshalb auf, weil eBay so »dysfunktional«, also
regelrecht funktionsgestört, aufgestellt war. »Hätten eBay und PayPal
dieselbe kulturelle Basis gehabt, dann hätten sie uns möglicherweise
besiegt. So waren wir in der Lage, diesen sich langsam
vorwärtsbewegenden Platzhirsch zu schlagen.« Für ihn eine »bittersüße
Ironie« des Schicksals, denn die schwer überbrückbaren kulturellen
Differenzen waren der Hauptgrund, warum die PayPal-Gründer nach der
Fusion mit eBay das Unternehmen in Scharen verließen.205
Die Kunst von Thiel und seinem Team bestand nun darin, das
Kundenwachstum in Umsätze zu verwandeln. Auch dabei kam ihnen die
eBay-Plattform zupass. Immer mehr professionelle Händler suchten für die
Abwicklung ihrer eBay-Geschäfte eine Lösung. PayPal entwickelte
umgehend eine kostenpflichtige Händlerversion und konnte durch
geschicktes Marketing immer mehr Kunden von ihren Premium-Diensten
überzeugen.
Der Schlüssel für die Monetarisierung bei PayPal lag also in der
geradezu manischen Fokussierung auf die Zielgruppen und deren
Produktwünsche. David Sacks, der als Strategiechef zu PayPal kam, sagte
später, dass er »sehr früh erkannte, dass ohne ein gutes Produkt alles andere
nichts wert war. Das Produkt war »absolut zentral« für ihn.
Schließlich gelang es, die sogenannte Cash-Burn Rate, also den Umfang
der Verluste, stark zu reduzieren und das Geschäftsmodell feinzujustieren.
Der einsetzende Netzwerkeffekt sorgte dafür, dass die Kosten der neu
hinzugekommenen Kunden weit weniger ins Gewicht fielen als die durch
die bestehenden Kunden erzielten Umsätze. Thiel, der die Mathematik so
liebt, gelang es, die komplexe Monetarisierungsformel von PayPal,
bestehend aus zahlreichen Unbekannten, gewinnbringend aufzulösen und
mit dem IPO im Frühjahr 2002 nachhaltig in die Profitabilitätszone zu
führen.
Für Thiel muss, wie gesagt, ein erfolgreiches Unternehmen auf einem
Monopol basieren. Mit PayPal ist ihm dabei nahezu Unmögliches gelungen:
Er baute ein milliardenschweres Unternehmen auf dem Rücken eines
Monopolisten, nämlich eBay, auf.
PayPal ging tatsächlich als Sieger im Wettlauf der Bezahldienstleister
hervor.
Mission Accomplished!

Unternehmenskultur und Kommunikation


Kann man bei einem wenige Monate alten Unternehmen von
Unternehmenskultur sprechen? Man kann. Start-ups verhalten sich häufig
wie Babys. Sie sind junge und unbedarfte Geschöpfe, die erst langsam ihre
Rolle in der Welt finden müssen. Wie bei einem Baby sind die ersten Tage,
Wochen und Monate prägend für die Entwicklung. »Im Moment der
Gründung können Sie mehr schaffen als ein wertvolles Unternehmen: Sie
können die Weichen dafür stellen, dass es auch in ferner Zukunft Neues in
die Welt bringt, statt nur ein Erbe zu verwalten.206
Neben den richtigen Mitstreitern, dem notwendigen Kapital und der
zündenden Idee kommt der internen Kultur und Kommunikation vielleicht
die größte Bedeutung zu. Ein erfolgreiches Start-up muss von innen heraus
leben. Das Management und die Mitarbeiter müssen eins sein und eine
verschworene Gemeinschaft bilden. Nicht der Einzelne steht im
Mittelpunkt, sondern die Mannschaft. Arbeiten im Start-up ist
Mannschaftssport.
Gerade in der Firmenkultur unterschied sich PayPal stark von anderen
Unternehmen. Keith Rabois, verantwortlich für Geschäftsentwicklung und
Öffentlichkeitsarbeit, beschrieb die PayPal-Kultur als konfrontativ. PayPal
förderte die interne Debatten- und Streitkultur. Die vielschichtigen
Persönlichkeiten brachten jeder für sich interessante Aspekte in die
Diskussion ein. So konnte bei den enormen Herausforderungen, denen sich
PayPal gegenübersah, schnell und aus allen Perspektiven betrachtet nach
der bestmöglichen Lösung gesucht werden. Von Vorteil war sicherlich, dass
Thiel, Rabois, Sacks und Howery durch ihre Arbeit bei der Stanford Review
eine sehr solide Debatten- und Streitkultur entwickelt hatten. Diese
übertrugen sie konsequent auf PayPal. Doch im Gegensatz zu vielen
anderen Start-ups, wo man sich häufig in internen Grabenkämpfen verliert
und sich nicht einig wird über eine zielgerichtete Strategie, zogen, nachdem
alle Argumente gehört und eine Richtung definiert wurde, bei PayPal alle
an einem Strang.

Eine Unternehmensvision und Strategie ist nur so gut, wie sie von
Mitarbeitern gelebt und umgesetzt wird. Thiel legte deshalb großen Wert
auf Kameradschaft und Teamwork. Dies zog sich wie ein roter Faden durch
die Anfänge von PayPal.
»Die Motivationsfrage ist immer wichtig,« so Thiel. »Ich denke, bei
großartigen Firmen gibt es immer diesen speziellen Auftrag mit dem
Gedanken, wenn man es selbst nicht tut, wird es sonst niemand anderes
machen. Wenn du daran nicht arbeitest, wird es nicht realisiert werden. Das
war so bei PayPals Vision«.207
Thiel hält es deshalb für wenig verwunderlich, dass von Gründern aus
anderen Tech-Firmen wie Google oder Microsoft nicht die Menge und
Qualität an Start-ups hervorgegangen ist, wie dies bei der »PayPal Mafia«
der Fall war. »Wenn du Teil einer Firma bist, wo alles perfekt funktioniert
…, unterschätzen Gründer, die aus solchen Firmen kommen, wie schwierig
es ist, eine Firma aufzubauen.«208
Die offene und transparente Kommunikation im Unternehmen und seine
Reden auf den Mitarbeiterversammlungen, wo er die PayPal-Strategie
erläutert hatte, führten zu einer starken Teambildung. Das Management
lebte das Zusammengehörigkeitsgefühl vor. Symbolträchtig war die
Tatsache, dass Thiel und seine Managementkollegen beim IPO nicht auf der
Balustrade der New Yorker Börse verweilten, sondern stattdessen im Kreise
ihrer Mitarbeiter im Valley blieben, um dieses einmalige Ereignis mit allen
Teammitgliedern zu feiern. Auch bei den Feierlichkeiten drückte Thiel der
Veranstaltung seinen Stempel auf: Er organisierte ein
Simultanschachturnier, bei dem PayPal-Mitarbeiter gegen ihn gleichzeitig
antraten. Er besiegte sie alle, mit einer Ausnahme: David Sacks. Nebenbei
sei gesagt, dass die Schachpartien auf einem schmucklosen Parkplatz
außerhalb des PayPal-Firmengebäudes stattfanden.209
Viele Menschen leben nach dem Motto »lebe jeden Tag so, als ob es
dein letzter ist«. Als echter »Contrarian« sieht dies Thiel genau
entgegengesetzt. »Lebe jeden Tag so, als würdest du für immer leben.« Für
ihn bedeutet das, dass man »die Menschen um einen herum so behandeln
sollte, als würde man für eine sehr lange Zeit mit ihnen zusammen sein. Die
Entscheidungen, die man heute trifft, sind von Bedeutung, weil ihre
Konsequenzen mit der Zeit größer und größer werden«. Thiel zitiert dabei
gerne Albert Einstein, der betonte, dass der Zinseszinseffekt die mächtigste
Kraft in unserem Universum sei. »Dabei geht es nicht nur um Finanzen
oder Geld, es geht um die Idee, dass du die besten Gewinne im Leben durch
das Investment von Zeit in den Aufbau dauerhafter Freundschaften und
langfristigen Beziehungen erzielst.«210
PayPals spezielle IPO-Feierlichkeiten: Blitzschachturnier auf Firmenparkplatz, Quelle:
Foto David Sacks, Illustration Marvin Adlhofer

Sowohl PayPals wie auch Thiels Erfolg beruht auf den starken
Freundschaften, die nicht nur ihn, sondern viele seiner PayPal Freunde zu
unternehmerischen und geschäftlichen Erfolgen geführt haben.
Und wieder zeigen sich Parallelen zu Buffett. Beide Milliardäre
verstehen es wie kaum jemand anderes im Geschäftsleben, ein Netzwerk
aus starken Freundschaften über Jahrzehnte zu pflegen und damit einen
gigantischen wirtschaftlichen Erfolg für sich und die Unternehmenswelt
erzielen.

Damit Amerika wieder zurück in die Zukunft kommt, wo es einmal war,


muss es die Zukunft als zu gestaltend begreifen, nicht als passives Erleben
und Konsumieren. Raus aus der Komfortzone also. Für Thiel braucht
Amerika ein Stück der ursprünglichen PayPal-Unternehmenskultur. Ein
Streben nach Zutrauen und Aufbruch zu neuen Ufern.211

Unternehmensführung
Ein dynamisch wachsendes Start-up zu führen, ist wahrlich keine leichte
Aufgabe. Thiel kam zugute, dass er mit Gründung der Campus-Zeitschrift
Stanford Review nicht nur erste Managementerfahrung gesammelt, sondern
auch Beziehungen zu talentierten und »hungrigen« Gleichgesinnten
aufgebaut hatte, die bereit waren, mit ihm durch »Dick und Dünn« zu
gehen.
Eric Jackson, damals führender Marketing-Mitarbeiter und Autor des
Buchs »The PayPal Wars«, wurde von Thiel von dem
Beratungsunternehmen Andersen Consulting abgeworben. Auf Jackson gab
PayPal zunächst das Bild eines »desorientierten und chaotischen Start-ups«
ab. Schnell wurde ihm aber klar, dass die von Thiel ausgerufene Vision, mit
PayPal das Weltfinanzsystem aus den Angeln zu heben, nicht mit
klassischen Mitteln der Unternehmensführung zu erreichen war.212
Das auf Außenstehende zunächst chaotisch wirkende Unternehmen
hatte aber klare Prinzipien. PayPal war vielleicht das erste Start-up, welches
den Ansatz einer »agilen« Unternehmens- und Produktentwicklung im
großen Stil verfolgte. Aufgrund der vielfältigen Herausforderungen, wie
den zunächst hohen Verlusten und der ständigen Unsicherheit mit dem
eigenen Geschäftsmodell, kristallisierten sich die folgenden Punkte heraus,
die PayPal in der Unternehmensführung erfolgreich praktiziert hat:

Realzeit Unternehmen und Metriken


Das Management legte von Beginn an sehr viel Wert auf
Realzeitinformationen zur Beurteilung der Lage. Vielen Start-ups wird
nämlich zum Verhängnis, dass sie ihre wichtigsten
Unternehmenskennzahlen nicht in einem Realzeitberichtssystem
zusammenführen. So kann es passieren, dass das Start-up unnötig viel
Kapital und Zeit verliert, nur weil es zu lange dauert, die
unternehmenskritischen Daten zusammenzuführen und die notwendigen
Schlüsse daraus zu ziehen. Neben der Ad-hoc-Verfügbarkeit der
Geschäftszahlen braucht es auch die richtigen unternehmensspezifischen
Kennzahlen, um in Realzeit die richtigen Managemententscheidungen
treffen zu können.

Wichtige Metriken für PayPal waren:


1. Anzahl neugewonnener Kunden
2. Kosten für die Neukundengewinnung
3. Missbrauchsquote durch Betrug
4. Anzahl Neukunden über eBay
5. Anteil Neukunden über eBay im Verhältnis zu eBay Bezahldienst
Billpoint
6. Kapitalabfluss (Cash-Burn-Rate)
7. Anzahl zahlungspflichtiger Kunden
8. Kreditkartengebühren
9. Erzielte Umsätze

Max Levchin und sein Team entwickelten eine Spezialsoftware, die die
Funktion eines Datenstaubsaugers hatte und ständig die Auktionsseiten von
eBay auf das Verhältnis von PayPal-Hinterlegungen gegenüber Billpoint
prüfte. Dieses Frühwarnsystem half des Öfteren, um schnell Rückschlüsse
aus eBays neuen Strategien zu ziehen und dafür zu sorgen, dass PayPal sich
wieder zügig einen Wettbewerbsvorsprung verschaffte.
Ähnlich wie in der Formel 1, wo die Telemetriedaten der Boliden für
die schnelle Adaptierung der Strategie unabdingbare Voraussetzung sind,
baute der Stratege Thiel auf seine PayPal eigenen Metriken. So konnte er
vorausschauend auch neue Finanzierungsrunden und den Börsengang ins
Auge fassen und das Geschäft immer feiner justieren, da sich selbst kleinste
Veränderungen am Geschäftsmodell sofort in den Kennzahlen
niederschlugen.

Klare Verantwortlichkeiten
»Das Beste, was ich als Manager von PayPal tat, war, dafür zu sorgen, dass
jeder für eine einzige Aufgabe verantwortlich war. Diese Aufgabe war
einmalig, und jeder wusste, dass ich ihn nur daran messen würde.« So
beschreibt Peter Thiel in seinem Buch ›Zero to One‹ die einfache, aber sehr
effektive Methodik seines Personalmanagements. Vermieden wurden damit
Ineffizienzen durch Doppelarbeit sowie Streitereien, die sich durch unklare
Aufgabenabgrenzungen ergeben. Gerade Start-ups sind dafür »… besonders
anfällig, da sich die Rollen zu Beginn ständig verändern.« Viele Firmen
sind deshalb manchmal wie gelähmt, beschäftigen sie sich doch mehr mit
ihren internen Befindlichkeiten als mit dem Markt und den Kunden. Für
Start-ups kann ein solches Verhalten schnell das Ende bedeuten.213
Fokus
Erfolgreiche Unternehmer wie Thiel, Buffett und Gates eint das Prinzip des
Fokussierens. Die Konzentration auf das Wesentliche – oder wie Buffett es
nennt, auf den »Circle of Competence« –, ist die Voraussetzung für ein
erfolgreiches Unternehmen. Im sich rasant verändernden
Technologiebereich ist es noch wichtiger, sich auf die wesentlichen Punkte
zu konzentrieren. Die limitierenden Faktoren in einem Start-up sind
Ressourcen, besonders Zeit und Geld. Deshalb tat PayPal auch gut daran,
den zwischenzeitlich vom Finanzsoftwareunternehmen Intuit geholten CEO
Bill Harris nach kurzem Gastspiel wieder zu entlassen. Er verstrickte
PayPal zu stark in wenig nutzbringende Kooperationsgespräche, die viele
Kapazitäten banden, ohne kurzfristige Ergebnisse zu liefern.
PayPal sah sich praktisch allen Problemen ausgesetzt, mit denen sich
ein Start-up konfrontiert sehen kann. Und diese waren nicht gerade
Kleinigkeiten:
1. Akzeptanz der Kunden
2. Missbrauch
3. Regulatorische Probleme
4. Anfeindung durch Visa und Mastercard
5. Wettbewerb durch eBay

Auf dem PayPal-Team lastete folglich ein immenser Druck. Es nutzte


allerdings den Druck als Hebel für einen geradezu »manischen Fokus«, so
Keith Rabois, der für die Geschäftsentwicklung verantwortlich zeichnete.214
PayPal tat deshalb gut daran, sich auf das schnell wachsende
Bezahlgeschäft zu fokussieren und Abstand zu nehmen von der Idee eines
Allfinanzsupermarkts.

Produktzentriertheit
PayPal hatte mit der Verbindung von Geldtransfers über das Medium E-
Mail einen Nerv getroffen. Strategiechef David Sacks betonte denn auch
später, dass er die »absolute Produktzentriertheit« als die wichtigste
Erfahrung seiner PayPal-Zeit verbucht.215 Er war es auch, der es verstand,
die Strategie durch die Produktentwicklung zu operationalisieren. Unter
seiner Ägide wurden gemeinsame Teams aus Produktkonzeption und
Softwareentwicklern gebildet, um so möglichst effizient neue
Produktfeatures zu konzipieren und diese sofort von Programmierern in
Codes gießen zu lassen. Dieser »Rapid Prototyping«-Ansatz verhalf PayPal
zu einem dauerhaften Wettbewerbsvorsprung im Konkurrenzkampf mit
anderen Bezahldienstleistern, insbesondere gegenüber eBays Billpoint.
Dieser von PayPal vorexerzierte erfolgreiche Ansatz der
Produktzentriertheit findet mittlerweile nicht nur in Start-ups, sondern auch
in klassischen Unternehmen immer mehr Nachahmer, wenn auch nicht
durchgehend mit demselben Erfolg.

Mitarbeiterbindung und -beteiligung


Für Max Levchin muss der Nukleus eines Start-ups aus Leuten bestehen,
die die gleichen Vorlieben und Interessen haben. Ein wesentlicher Grund, so
Peter Thiel, warum das PayPal-Team der Anfangszeit so gut harmonierte,
war die Tatsache, dass alle Computer- und Science-Fiction-Freaks waren.
»Vor allem waren wir alle besessen von dem Gedanken, eine digitale
Währung zu schaffen, die nicht von Staaten kontrolliert wird, sondern von
Menschen.« 216
Gemeinsamkeiten sind also eine wichtige Grundvoraussetzung. Doch
wie und auf welcher Basis rekrutiert man nun Mitarbeiter, aus denen eine
verschworene Gemeinschaft wird?
Thiel wusste genau, wie man es nicht macht. In seiner Zeit als Anwalt
in der New Yorker Kanzlei hatte er am eigenen Leib mitbekommen, wie
sich seine Kollegen verhielten. Es fand eine strikte Trennung zwischen »9
to 5«, der Arbeitszeit, und »5 to 9«, der Freizeit statt. Für Thiel ist Zeit
»unser wertvollstes Gut« und dementsprechend »absurd, sie mit Leuten zu
verbringen, mit denen wir uns keine langfristige Zukunft vorstellen
können.« Legendär sind die Bilder des PayPal-Teams, die sie in nächtlichen
Pokerrunden zeigen. Arbeit und Freizeit sind eins, eine verschworene
Gemeinschaft entsteht. Keith Rabois beschrieb die frühe Zeit bei PayPal als
»sehr intensive Umgebung«.217 Nur in einem solch speziellen »Setup« und
der damit verbundenen Gründeratmosphäre sind Technologiedurchbrüche
wie bei PayPal möglich.
Folgerichtig sind Lebensläufe und Noten für Thiel kein Grund,
jemanden einzustellen. Personalrekrutierung sollte seiner Erfahrung nach
immer durch das Unternehmen direkt erfolgen und nicht durch
Dienstleister. Thiel stellte sich PayPal von Beginn an »als verschworene
Gemeinschaft vor und nicht als Drehtür«. Entscheidungsträger wurden
meist aus internen Mitarbeitern rekrutiert. In der Regel wurde der jeweils
fähigste Mitarbeiter der Leiter der jeweiligen Abteilung. Vorteil: Die
fachliche Reputation des Einzelnen sorgte für die notwendige Autorität
gegenüber der Gruppe. Bewerber mit frischen MBA-Abschlüssen wurden
meist abgelehnt, da man sie für nicht flexibel genug hielt, um den schnellen
Anpassungen bei PayPal zu folgen.218 Stattdessen schaltete PayPal in der
Stanford Review Personalanzeigen mit provokanten Fragen wie »Sind super
Aktienoptionen eines coolen Startups es wert, das College abzubrechen?
Wir stellen ein!«
Thiel zieht in seinem Buch ›Zero to One‹ denn auch einen interessanten
Vergleich zwischen den »verschworenen Gemeinschaften« eines Startups
und Sekten. Start-ups nach dem Vorbild von PayPal schaffen ein eigenes
Universum, bildhaft gesehen eine Art Käseglocke, die die Mitglieder des
Teams von der Außenwelt abschneidet. Laut Thiel ist der Lohn dafür »ein
starkes Zugehörigkeitsgefühl und der Zugang zu esoterischem
›Geheimwissen‹, das anderen verschlossen bleibt«. Unternehmer sollten, so
Thiel »die Kultur der völligen Hingabe jedoch ernst nehmen«.
Zupass kommt ihm dabei die Philosophie des Silicon Valley. Der ideale
Gründer ist nach Aussage von Paul Graham, Gründer des renommiertesten
Start-up-Inkubators Y-Combinator, Mitte 20, ungebunden, ohne Familie
und bereit, alles seiner Idee unterzuordnen. Seiner Meinung nach war es
kein »Unfall«, dass das Silicon Valley nicht in Frankreich, Deutschland,
England oder Japan beheimatet ist, weil in diesen Ländern die Leute meist
nur innerhalb festgefahrener Bahnen denken und sich nicht trauen, über die
Grenzen hinauszugehen.219
Wenig hält Thiel von Beraterfirmen. Für ihn sind sie das »krasse
Gegenteil einer Sekte; die Berater haben keine eigene Mission, sie kommen
und gehen in Unternehmen, zu denen sie nicht die geringste langfristige
Beziehung haben«.220

Neben dem internen Kern eines Start-ups, der sich meist aus den Gründern
und maßgeblich am Unternehmen beteiligten Mitarbeitern rekrutiert, ist es
wichtig, den unternehmerischen Geist auch auf die weiteren
hinzukommenden Mitarbeiter zu übertragen.
Für Thiel ist deshalb die Fragestellung wichtig: »Warum sollte auch
noch der zwanzigste Mitarbeiter zu Ihrem Unternehmen kommen wollen?«
Thiel offeriert zwei Wege als Lösung:
Erstens sollte ein Start-up über eine prägnante Visionsaussage verfügen,
»warum Sie etwas tun, was niemand sonst tut«. PayPals Vision war die
Schaffung einer neuen digitalen Währung, unabhängig von Regierungen.
Zweitens werden Mitarbeiter die Frage stellen: »Sind das die Leute, mit
denen ich zusammenarbeiten möchte?« Was nichts anderes heißt, als dass
hervorragende Gleichgesinnte andere hervorragende Gleichgesinnte
anziehen.221
Für PayPal waren die beiden Fragestellungen von existenzieller
Bedeutung, denn, so David Sacks: »Das PayPal-Team kämpfte um sein
Leben, da eBay die Kassenschlange besaß.«
Die Mitarbeiterbeteiligung und damit die Incentivierung erfolgt in
einem Start-up in der Regel durch Aktienoptionen. Im Silicon Valley sind
die Mitarbeiter für diese Vergütungsform offener, ist doch das »Risk
Taking«, also das Risiko auf sich zu nehmen, in den USA positiv belegt –
im Gegensatz zu Deutschland und Europa, wo Risiko im Geschäftsalltag
Angst macht und man Risiken tunlichst vermeiden oder eliminieren
möchte.222
Doch auch bei PayPal gab es Mitarbeiter, die nichts von Aktienoptionen
wissen wollten und stattdessen einen hohen Tagessatz aushandelten. Ein
schwerer finanzieller Fehler, wie sich bald herausstellen sollte. Start-ups
konkurrieren im Silicon Valley mit den großen Platzhirschen wie Apple,
Alphabet und Facebook, die neuen Mitarbeitern in der Regel mindestens
sechsstellige Jahresgehälter bezahlen, bei Spezialwissen aus den Bereichen
»Big Data«, »Künstlicher Intelligenz« und »Cyber Security« auch schon
mal siebenstellige Beträge. Dementsprechend ist es nicht immer einfach,
Mitarbeiter von einer Vergütung in Anteilen zu überzeugen. »Sie sind nicht
flüssig, sie sind an ein bestimmtes Unternehmen gebunden, und wenn das
Unternehmen schließt, sind sie wertlos. Aber genau aufgrund dieser
Einschränkungen entfaltet diese Gehaltsform so große Wirkung. Wer bereit
ist, sich in Unternehmensanteilen bezahlen zu lassen, bekennt sich zu
dessen langfristiger Wertsteigerung.« Trotz aller Schwächen, sind für Thiel
Unternehmensanteile immer noch die beste Option, »alle ins Boot zu
holen«.223

Innovationskultur
Echte Innovationen können nicht geplant oder verordnet werden. Sie
passieren einfach, häufig aus der Not heraus. Damit PayPal das ständige
»Hase und Igel«-Spiel mit der übermächtigen Konkurrenz etablierter
Finanzkonzerne, Kreditkartenunternehmen, anderer Bezahl-Start-ups sowie
dem eCommerce-Giganten eBay erfolgreich bestreiten konnte,
kristallisierte sich aus dieser speziellen Atmosphäre ein neuartiger
Innovationsmechanismus heraus. Er sollte für die Start-up-Welt für die
nächste Dekade richtungsweisend sein.
David Sacks bezeichnete es geradezu martialisch als »Trial by Fire, das
reinen Stahl produzierte … und die ganzen Fremdstoffe und
Verunreinigungen weggebrannt hatte. Ein reiner Ansatz für Start-ups, der
für viele Bereiche repliziert werden kann«.224
PayPal war vielleicht das erste Start-up, welches konsequent einen
agilen Entwicklungsansatz im großen Stil verfolgte. Ausgehend von einer
ersten Idee wurden durch direkte Zusammenarbeit gemischter
Entwicklungsteams – bestehend aus Produkt/Marketing- und
Softwarespezialisten – einfache, aber sofort einsetzbare Versionen
entwickelt. Später sollte man diese in der Fachsprache als »MVPs«, als
»Minimum viable Products« (Minimalprodukte), bezeichnen.
Davor war die Softwareentwicklung geprägt durch einen linearen
Prozess, auch Wasserfallmodell genannt. Eine Geschäftsidee bzw. ein
Produkt wurde zunächst von einem Produkt- und Marketingteam
durchkonzipiert und dann der IT-Abteilung zur Umsetzung vorgelegt.
Dieser Ansatz kostete nicht nur sehr viel Zeit, sondern war auch dafür
verantwortlich, dass viele Projekte aufgrund der Divergenz aus Wunsch der
Fachabteilungen und Wirklichkeit in Bezug auf technische und finanzielle
Ressourcen der Softwareumsetzung, zum Scheitern verurteilt waren. Die
agile Softwareentwicklung ist heute – fast zwei Dekaden nach den PayPal-
Anfängen – die dominierende Form der Softwareentwicklung bei Start-ups,
Tech-Unternehmen, aber auch bei etablierten Playern in konservativeren
Branchen. Das ursprüngliche Motto der Facebook-Entwickler lehnte sich
mit »move fast and break things« konsequent an das agile Modell von
PayPal an.
Elon Musk übertrug später mit großem Erfolg die bei PayPal
entwickelten agilen Entwicklungsmechanismen auf die »physische Welt«.
Er entwickelte einen »Masterplan Eins«, den er im Jahr 2006
veröffentlichte. Darin beschrieb er im Detail die Strategieabfolge, um aus
dem unbekannten Startup Tesla einen ernstzunehmenden Global Player im
Automobilbereich zu machen. Musks MVP war ein Sport Roadster, aus
dem heraus er mit agilen Methoden von einer Limousine (Model S) über
einen SUV (Model X) die Basis für den großen Sprung in die
Massenfertigung eines Mittelklassemodells (Model S) und der dafür
notwendigen Batteriefabrik (Gigafactory) geschaffen hat. Nur über die
iterativen Stufen, die einzeln ineinandergriffen, konnte er Tesla 2010
erfolgreich an die Börse bringen. Der letzte Börsengang einer
Automobilfirma lag mit der Ford Motor Company zu diesem Zeitpunkt
immerhin 56 Jahre zurück.
Befeuert wurde die agile Produktentwicklung bei PayPal noch durch
eine einzigartige informelle Kultur im Unternehmen. Alle Mitarbeiter
waren dazu aufgefordert, Vorschläge auf den Tisch zu legen. Die Kultur von
PayPal erlaubte es ihnen nicht nur, groß zu denken, sondern sie verlangte es
geradezu.225
David Sacks zählt vier Innovationserrungenschaften auf, die PayPal
erstmals implementierte und die heute zu Allgemeinstandards von neuen
Startups gehören:
– Eine der ersten viralen Apps: PayPal-Nutzer hatten die Möglichkeit,
Geld an jemanden zu senden, ohne dass dieser ein Konto eröffnen musste,
um an das Geld zu kommen.
– Eine der ersten Firmen, die die Plattform-Strategie nutzten: PayPal
war »im wesentlichen eine App auf der Plattform eBay«.
– Eine der ersten Firmen, die ein eingebettetes Softwareelement
anboten: Nutzer konnten das PayPal-Bezahl-Logo in ihre eBay-
Auktionen integrieren. Eingebettete Inhalte wurden später der Schlüssel
für das starke Wachstum von YouTube.
– Eine der ersten Firmen, die auf iterative Produktstrategien setzte:
Neue Features wurden direkt nach Fertigstellung und nicht erst mit einem
neuen Produktzyklus veröffentlicht.226 Damit nicht genug. Für Thiel
bilden Innovation und Gründergeist ein einzigartiges symbiotisches Paar:
»Doch die wertvollsten Unternehmen bewahren sich die Offenheit für
Innovationen, die den Gründungsmoment auszeichnet. In diesem Sinne
setzt sich die Gründung tatsächlich so lange fort, wie das Unternehmen
neue Dinge schafft, und sie endet, wenn dieser kreative Prozess endet.
Vielleicht können Sie den Gründungsmoment endlos ausdehnen.«227
Co-Gründer und Chairman von Palantir

Was sollte die Welt für Peter Thiel nach PayPal noch an Herausforderung
bereithalten? Hatte er nicht ganz dicke Bretter gebohrt und aller Welt
gezeigt, dass man ein Himmelfahrtskommando wie PayPal zu einem
milliardenschweren Exit führen kann? Doch frei nach dem Motto des Bond
Thrillers »Die Welt ist nicht genug« strebte Thiel nach der nächsten
Herausforderung. Diese lag quasi auf dem Silbertablett vor ihm. Mit 9/11
wurde der Supermacht USA schonungslos die eigene Verwundbarkeit vor
Augen geführt. Spricht Thiel über den technologischen Stillstand unserer
westlichen Gesellschaft, so fällt bei ihm häufig die Metapher, wie
zeitraubend Reisen mit dem Flugzeug sind, weil die Kontrollen mittlerweile
einen Umfang erreicht haben, der die persönliche Freiheit stark einschränkt.
Für einen libertären Kopf wie ihn ein Albtraum. Amerika rüstete auf und
zog in den Krieg. Für Thiel eine Reaktion der »alten Welt«, der Welt der
Atome. Er, der Mann der Digitalwelt, sah die Möglichkeit der Mega-
Herausforderung, Sicherheit unseres freiheitlich geprägten westlichen
Lebensstils durch Software zu begegnen.
Thiel definierte das Ausgangsproblem und damit die
Geschäftsgrundlage des neuen Start-ups wie folgt: »Es ist unsere Aufgabe,
den Terrorismus zu reduzieren und gleichzeitig die öffentliche Freiheit zu
bewahren.«228 Ein Feld auf dem sich Thiel mit PayPal auskannte. Unter
seiner Führung hatte Max Levchin schließlich die für PayPal
überlebensnotwendigen Algorithmen entwickelt, um den Betrug bei
Zahlungen aufzudecken und zu minimieren. Schon damals wurden die
Sicherheitsbehörden auf die algorithmischen Spürnasen in Thiels Team
aufmerksam.
Was lag also in der Post-9/11-Welt näher, als ein neues Start-up aus der
Taufe zu heben? Die Voraussetzungen waren nicht schlecht. Thiel hatte mit
dem Verkauf von PayPal an eBay rund 55 Millionen Dollar erlöst. PayPal
lag hinter ihm, er hatte also den Kopf frei und konnte wieder in den
Angriffsmodus übergehen. Folgerichtig gründete Thiel im Mai 2003 eine
Unternehmung mit dem Namen »Palantir«. Thiel bediente sich in der
Namensgebung wie bei seinen Investmentgesellschaften wieder einmal bei
einem seiner Lieblingsschriftsteller: J. R. R. Tolkien. Er benannte Palantir
nach einer Reihe von magischen Steinen aus ›Herr der Ringe‹. Diese geben
mächtigen Leuten die Fähigkeit, die Wahrheit aus der Ferne zu sehen. Doch
nicht nur beim Namen, sondern auch bei den technologischen Grundlagen
konnte Thiel auf Bewährtes aus seiner PayPal-Zeit zurückgreifen. Neben
den dort entwickelten Algorithmen zur Erkennung und Aufdeckung von
Betrugsmustern war es auch die spezielle Herangehensweise, die Palantir
von PayPal übernahm. Statt alles der Maschine zu überlassen, kombinierte
man das Beste aus beiden Welten. Die Maschinenintelligenz konzentrierte
sich auf das Durchwühlen der großen Datenbestände und das Erkennen von
Anomalien. Die menschlichen Experten konnten dann mittels ihrer
Expertise die Muster auswerten und daraus die entscheidenden Schlüsse
ziehen. Palantir erfand dafür später den klingenden Begriff »machine
augmented intelligence approach« (Maschinen helfen Menschen). Thiel ist
bis heute ein großer Verfechter dieser Herangehensweise. Immer, wenn er
auf das Thema angesprochen wird, ob künstliche Intelligenz Menschen
überflüssig macht, verweist er auf diese Praxis.
Auch in der Personalrekrutierung für sein neues Start-up bediente sich
Thiel einer altbekannten Ressource: Der Stanford University. Im Jahr 2004
wurde er auf die beiden Informatikabsolventen Joe Lonsdale und Stephen
Cohen aufmerksam. Zusammen mit dem ehemaligen PayPal-Ingenieur
Nathan Gettings sollten sie eine erste Rohversion der Palantir Software
entwickeln. Thiel finanzierte das Start-up zunächst selbst. Insgesamt
investierte er rund 30 Millionen Dollar zusammen mit seiner
Risikokapitalfirma Founders Fund, wahrlich keine Kleinigkeit. Trotz seines
schon damals legendären Rufs konnten sich so bekannte Risikokapitalgeber
wie Sequoia Capital und Kleiner Perkins nicht für Palantir erwärmen.
Michael Moritz, Chef von Sequoia, der Unternehmen wie PayPal, Apple,
WhatsApp und Google mitfinanziert hat, soll bei der Start-up-Präsentation
von Palantir die ganze Zeit nur gelangweilt herumgekritzelt haben. Ein
Kleiner-Perkins-Mitarbeiter soll gar rund 90 Minuten auf die Gründer
eingeredet haben, warum das mit Palantir nichts werden würde. Thiel, der
große konträre Charakter, sah dies wieder einmal als Bestätigung, auf dem
richtigen Weg zu sein. Mit Q-Tel konnte immerhin der Risikokapitalarm der
CIA zu einem Investment in Höhe von zwei Millionen Dollar bewegt
werden.229 Doch nicht nur die inhaltliche Vorstellung des Geschäftszwecks
der Palantir-Software stellte eine große Herausforderung dar, sondern auch
die Glaubwürdigkeit des Vertriebs. »Wie zur Hölle sollen sich 22-Jährige
denn damit Gehör verschaffen?«, fragte sich Co-Gründer Joe Lonsdale.230
Thiel, zu diesem Zeitpunkt bereits Mitte 30 und als ehemaliger CEO
von PayPal sehr erfahren, wollte sich diesmal aber voll auf seine
strategische Rolle konzentrieren. Er wollte nicht wieder den Fehler
begehen, sich in die operative Rolle als CEO drängen zu lassen. Es brauchte
jemand Gestandenes. Jemand »mit etwas mehr grauem Haar«, so Joe
Lonsdale. Wieder einmal konnte Thiel auf seine langjährigen
Freundschaften und Verbindungen zurückgreifen. Ins Fadenkreuz geriet ein
gewisser Alexander C. Karp. Karps und Thiels Wege kreuzten sich bereits
im ersten Studienjahr an der Stanford Law School. Karp war in vielen
Punkten das genaue Gegenteil von Thiel. Sein Markenzeichen sind
hochstehende Haare, die den Eindruck erwecken, als ob sie ständig
elektrisiert sind. Nach seinem Jurastudium hing er noch in Frankfurt a.
Main ein Philosophiestudium mit Promotion bei dem berühmten
Frankfurter Professor und Philosophen Jürgen Habermas an. Im Anschluss
betätigte er sich nicht ganz unerfolgreich in London mit Finanzgeschäften,
wo er vermögenden Kunden hohe Renditen bescherte. Joe Lonsdale und
Stephen Cohen waren von Karps einzigartiger Fähigkeit begeistert, ohne
technischen Hintergrund komplexe Probleme durchdringen und diese für
Nichttechniker übersetzen zu können. Man setzte auf Karp. Er brachte auch
die notwendigen grauen Haare mit. Karp wurde zum CEO von Palantir
ernannt. Während andere Kandidaten für den CEO-Posten typische
Business-School-Fragen nach der Größe des potenziellen Markts von
Palantir stellten, fiel der Groschen bei Karp sofort. Ausgestattet mit seinem
philosophischen Hintergrund analysierte er messerscharf: »Wir sprachen
darüber, die wichtigste Firma der Welt zu bauen.«231
Die DNA von Palantir ist also wiederum eng verknüpft mit Thiels
starken Freundschaften, seinen Stanford-Verbindungen und der
technologischen Basis von PayPal. Was gut war, um der russischen Mafia
das Handwerk zu legen, wurde nun zur Basis, um der Welt zu zeigen, dass
Amerika eine HighTech-Antwort auf den Terror hatte.
Wir halten also fest: Es klingt simpel nach Lego oder dem
Baukastenprinzip von Fischertechnik, wie Thiel nach PayPal mit der
Gründung von Palantir den »next Level« erreichte. Simpel aber effektiv.
Jeder gute Trainer einer erfolgreichen Mannschaft würde dies mit der
altbekannten Floskel »Never change a winning team« auf den Punkt
bringen.
Thiel fand in Karp den kongenialen Partner. Wenn wir also in der Folge
über die Unternehmerrolle bei Palantir sprechen, dann ist es der Versuch,
die paarweise Kongenialität der beiden zu analysieren. Thiel, der »Über«-
Stratege, und Karp, der nicht weniger Brillante in der Rolle der operativen
Verantwortung.

Welche Motivation, welche Erfolgsrezepte und Techniken begleiten die


beiden bei Palantir?

Unternehmensmission
Peter Thiel hat die Mission von Palantir schon zu Beginn klar umrissen, das
Ziel ist, »den Terrorismus einzudämmen, unter gleichzeitiger Wahrung der
bürgerlichen Freiheiten«.232
Warum wurde Palantir nach den »sehenden Steinen« aus ›Herr der
Ringe‹ benannt? Der Unternehmensname Palantir ist gut gewählt. Alex
Karp erklärte die ungewöhnliche Namenswahl gegenüber dem TV-
Journalisten Charlie Rose in dessen gleichnamiger Talkshow wie folgt:
»Diejenigen, die auf der Highschool ein gesellschaftliches Leben hatten,
werden mit Palantir nichts anfangen können. Diejenigen unter uns, die kein
gesellschaftliches Leben hatten, werden sofort auf die sehenden Steine aus
›Herr der Ringe‹ anspringen.« Eine Replik auf die Andersartigen, auf die
Einzelgänger und »Nerds«, die sich mehr für Science-Fiction interessieren
als für eine Samstagabend-Party unter Freunden. Die »sehenden Steine«, so
Karp weiter, »erlauben den Kräften des Guten, zu kommunizieren und in
große Entfernungen zu blicken. Wir dachten, es wäre ein passender Name
für ein Produkt, das die Einsicht in große Datenbanken bietet, aber nicht
den Zugriff auf Daten erlaubt, zu denen man keine Berechtigung hat, also
der Kerngedanke der sehenden Steine.«233
Für Karp ist denn auch unmissverständlich klar, dass wir, die westliche
Welt und ihre Werte, gewinnen werden, wenn wir an das glauben, was wir
tun. Palantir setzt auf »Aussagenbasierte Suche«. Die Suche ist dabei sehr
fokussiert und zielgerichtet. Kommt eine Person auf den Radarschirm von
Palantir, prüft die Software alle möglichen schlechten Verhaltensweisen.
Gleichzeitig bleibt das Suchspektrum aber für die Regierungsstellen
eingeschränkt und schließt nicht das soziale Ökosystem der Person ein,
sodass keine Unschuldigen in Verdacht geraten. Karp spricht von »sehr
präzisen« Eingriffen, die an feinjustierte chirurgische Eingriffe erinnern.
Aus der Terrorismusbekämpfung der 1970er Jahre kennen wir den Begriff
der »Rasterfahndung«, was die Vorgehensweise der Palantir-Software auf
den Punkt bringt. Palantir und Karp ist es zudem wichtig, dass »jeder
Schritt der Operation dokumentiert ist.«234
Wirft man einen Blick auf die Website von Palantir, wird einem schnell
klar, dass das Unternehmen anders tickt als viele Firmen im Valley. Die
Homepage bietet kein Gimmick, kein Wohlfühlprogramm. Im Gegenteil:
Der Besucher wird in großen Lettern darauf hingewiesen, dass Palantir
Produkte baut, die eine konkrete Bestimmung haben. Untermalt wird das
Ganze durch einen Hintergrundfilm, der die harte Realität unserer Welt im
Kurzfilm darstellt: Amerikanische Elitesoldaten, die mit Marschgepäck in
unwirtlichem Krisengebiet einen Transporthubschrauber besteigen, ein
Operationssaal, der Chirurgen bei der Arbeit zeigt, ein Polizeieinsatz in
New York und die zerstörten Häuser nach einer Erdbebenkatastrophe. Dies
ist kein Roland-Emmerich-Trailer einer Neufassung von ›Day after
Tomorrow‹, sondern der Kontext und die Arbeitsumgebung, in denen sich
Palantir sieht. Eben das große Ganze. Palantir, der digitale Supermann, der
als Superpolizist die Welt vor digitaler Kriminalität und Terrorismus
schützt, der aber auch digitaler Superchirurg ist, Leben retten und in von
Naturkatastrophen heimgesuchten Gebieten für Ordnung sorgen kann.235
Wie kaum ein anderes Silicon-Valley-Unternehmen ist die
»Missionsaussage« bei Palantir von zentraler Bedeutung für den
Gesamterfolg des Unternehmens. So trägt die Homepage denn auch unter
der Überschrift »An was wir glauben« geradezu religiöse Züge, wenn es um
Palantirs Auftrag geht. Nicht ohne Grund, so Karp, fragte ihn einmal ein
Investor, ob Palantir denn »eine Firma oder eine Sekte sei«.236 Palantir sieht
sich vom eigenen Verständnis her als ein Team, das für die Allgemeinheit
arbeitet und das macht, »was richtig« ist, immer in Verbindung mit der
großen Leidenschaft, erstklassige Software und eine erfolgreiche Firma zu
bauen.237
Im Mittelpunkt dieser Mission sollen die Achtung der Gesellschafts-
und Persönlichkeitsrechte stehen. Die Welt soll durch Palantir »ein besserer
Ort werden, jeden Tag«. Nur mittels belastbarem Schutz der Gesellschafts-
und Persönlichkeitsrechte, so Palantir, kann in der Bevölkerung ein
Vertrauen für den Umgang mit Daten aufgebaut werden.
Palantir sieht sich in der Rolle, die ganz großen Probleme unserer Zeit –
angefangen von Terrorismus, organisierter Kriminalität über
Naturkatastrophen und Kriege bis hin zu den großen medizinischen
Herausforderungen wie Krebs und Alzheimer – mittels brillanter Ingenieure
und außergewöhnlicher Software zu lösen. Palantir soll denn auch
maßgeblich am Auffinden von Osama bin Laden und an der Aufarbeitung
des Finanzskandals um den Anlagebetrüger Bernie Madoff beteiligt
gewesen sein.238 Palantir erinnert einen in diesem Moment an die glorreiche
Zeit des Wilden Westens, als sich die ruhmreichen Cowboys im Kampf um
das Gute die Skalps der Gesetzesbrecher ans Revers hefteten.
»Save the Shire« prangt es denn auch in weißer Schrift von den
schwarzen T-Shirts der Palantir-Mitarbeiter. »Shire« (in der dt. Übersetzung
»Auenland«) war das Zuhause der Hobbits in ›Herr der Ringe‹. Auch das
Hauptquartier von Palantir in Palo Alto trägt nicht ohne Grund diesen
Namen. Der leitende Mitarbeiter Shyam Sankar bringt den Slogan auf der
Wissensplattform Quora in folgenden Zusammenhang: »Die Hobbits waren
zurückhaltende Helden, die nicht nach Abenteuern strebten oder ihr
komfortables und idyllisches Zuhause verlassen wollten – sie taten es nur
aufgrund existentieller Risiken. Diese menschenähnlichen Kreaturen trugen
ganz wesentlich zur Missionsaussage von Palantir bei. Sie waren
unkonventionell und sonderbar dreinschauende Krieger, aber sie waren alle
herzlich und kämpften heldenhaft für die Kräfte des Guten.«239 Sie sind
damit das spiegelbildliche Vorbild für die Palantir-Nerds, die mit ihrer
einzigartigen Software von ihrem Hauptquartier im Silicon Valley in Palo
Alto aus die Geschehnisse in Washington, Irak, Afghanistan, Haiti, am
Horn von Afrika oder in Pakistan maßgeblich zum Besseren beeinflussen
wollen.

Für Peter Thiel sind denn auch die firmeneigenen T-Shirts »Ausdruck eines
einfachen, aber wesentlichen Prinzips: Alle Mitarbeiter Ihres Unternehmens
sollten sich auf ähnliche Weise vom Rest der Welt unterscheiden. Sie
sollten eine verschworene Gemeinschaft von Gleichgesinnten sein, die sich
den Zielen des Unternehmens mit Haut und Haar verschrieben haben.« So
Thiel unter der Überschrift »Kleider machen Leute« in ›Zero io One‹.240
Man könnte noch hinzufügen »Kleider machen Unternehmen«!
Zu Palantirs Beratern gehören denn auch mit der ehemaligen George W.
Bush-Beraterin Condolezza Rice und dem früheren CIA-Direktor George
Tenet die Crème de la Crème ehemaliger Angehöriger des Staatsapparats
der Supermacht USA. Tenet ließ sich zu der Aussage hinreißen: »Ich
wünschte, ich hätte ein Werkzeug mit dieser Macht vor 9/11 gehabt.«
Ging es Thiel mit PayPal noch darum, die Welt mit einer neuen von
Regierungen unabhängigen Währung zu beglücken, geht es ihm nun mit
Palantir darum, die Welt zu retten. Nicht gegen Regierungen, sondern
ausdrücklich in Zusammenarbeit mit den Organen der freiheitlichen
westlichen Welt, die auch die nicht gerade geringen Lizenzgebühren für die
Palantir-Software aufbringen können. Im Gegenzug kann sich Palantir den
Luxus erlauben, humanitäre Projekte querzufinanzieren.

Disruptiver Faktor
»Find something that’s broken« – »suche nach Dingen, die nicht (mehr)
richtig funktionieren«, das ist immer ein guter Ausgangspunkt für die
Gründung eines neuen Start-ups. Mit 9/11 wurde schonungslos offengelegt,
dass selbst eine Supermacht wie die USA mit ihren nahezu unendlichen
privatwirtschaftlichen wie militärischen Ressourcen verwundbar ist.
Spätestens mit diesem Einschnitt in den freiheitlich geprägten »American
way of live« wurde allen klar, dass Freiheit und Sicherheit nicht immer
miteinander kompatibel sind. Amerika befand sich im Krieg mit den
Terroristen. Auch wenn der damalige US-Präsident George W. Bush sich
nach dem vordergründig erfolgreichen Sieg im zweiten Irakkrieg auf einem
Flugzeugträger vor den amerikanischen Stars & Stripes mit der Aufschrift
»Mission Accomplished« für seine militärische Intervention als Sieger
feiern ließ, war für Thiel und Karp klar, dass dieses amerikanische Trauma
eine große Geschäftschance bot. Der neue asymmetrische Krieg der
Terroristen hatte disruptive Züge und erforderte im Gegenzug eine
disruptive Antwort. Thiels Antwort kam aus der Welt der Bits & Bytes in
Form einer revolutionären Software. Daten, aufbereitet von einer neuen
Software, sollten die Lösung sein. Eine »Wunderwaffe«, um dem
Terrorismus elegant das Handwerk zu legen.
Palantir nutzt die Macht der Daten und der Algorithmen, um frühzeitig
Bedrohungsmuster zu erkennen. Der tatsächlich disruptive Ansatz ist dabei
die besondere Paarung künstlicher Maschinenintelligenz mit den
Fähigkeiten von Spezialisten, um daraus Handlungsanleitungen abzuleiten.
Palantir arbeitet an der Schnittstelle von Daten, Technologie und
menschlichem Wissen. Palantir prägte den Begriff von der »machine
augmented intelligence«, frei übersetzt: Maschinen helfen Menschen. Basis
dafür waren die bei PayPal so erfolgreich eingesetzten Algorithmen zur
Erkennung von Betrugsversuchen u. a. durch die russische Mafia. Palantir
sollte die Firma schlechthin werden, »bei der Menschen in die Lage versetzt
werden sollten, mit Daten zu sprechen«.241
Palantir machte sich an eines der größten Unterfangen überhaupt: Lagen
die Daten bei PayPal noch in strukturierter Form in einer zentralen
Datenbank, ging es bei Palantir nun darum, sämtliche strukturierten wie
auch unstrukturierten Datensätze in einem System in
Realzeitverknüpfungen zusammenzuführen. Also Daten aus E-Mails, dem
Internet, sozialen Netzwerken, Rechnern, Datenbanken, Bankkonten,
Bewegungsprofilen und Mobilfunkprofilen. Ein technisch sehr
herausforderndes Unterfangen und vor allem für einen Newcomer und
unbeschriebenes Blatt wie Palantir ein sehr schwieriger wie
undurchschaubarer Markt: Behörden und Regierungen. Noch dazu war es
im Zeitraum zwischen 2005 und 2009, also in den Anfängen von Palantir,
nicht schicklich, ein Start-up im Bereich Firmenkunden (B2B)
hochzuziehen. Karp verglich das Unterfangen Jahre später mit der
»Gründung eines Zirkus«.242 Unternehmenssoftware wie Palantir war für
die Investoren nicht »hot« genug und für Behörden war geradezu »anti-
hot«.243 Entsprechend reserviert waren die sonst für ihren Risikoappetit so
bekannten Silicon-Valley-Investoren. Thiel und Karp holten sich denn auch
viele Abfuhren. Hinzu kam das nicht gerade förderliche Erscheinungsbild
von Alex Karp: »Da ist Karp mit seinem Haar und seinem Äußeren – er
sieht nicht so aus wie ich und die Leute, die für mich arbeiten.« So äußerte
sich Michael E. Leiter, der frühere Chef des National Counterterrorism
Center (NCTC), einer Einrichtung, die George W. Bush nach 9/11
eingerichtet hatte.244
Bis Mitte 2008, also mehr als vier Jahre nach Gründung von Palantir,
war es den Beteiligten wie Thiel und Karp nicht klar, ob das Ganze
funktionieren würde. Bis dahin, so Karp, operierte man mit einem »Fake«,
also mit einer Art Fata Morgana. Doch dann kam die Sache plötzlich ins
Rollen. Der wirkliche »Proof of Concept« von Palantir war, so Karp, dass
»wir eine hohe Nachfrage erzeugten, ohne einen Vertrieb. Von da an
wussten wir, dass es funktionieren würde. Eine Person schreibt jemand
anderem über ihre eigenen Netzwerke und sagt, es sei herausragend und
dass er es unbedingt auch haben müsse.« Disruptiv war also auch die
Vertriebsstrategie von Palantir: Ähnlich wie bei PayPal, wo virales
Wachstum durch die Weiterempfehlung via E-Mail eine Lawine lostrat,
nutzte Palantir dieselben Mechanismen, allerdings im B2B-Segment über
die geschlossenen Netzwerke von Sicherheitsbehörden und
Regierungsstellen.245
Schlussendlich zeichnen sich erfolgreiche Unternehmen und Produkte
eben dadurch aus, dass die richtigen Leute zur richtigen Zeit angesprochen
werden. Palantir hatte viel Zeit und sein langer Atem brachte schlussendlich
den Erfolg.

Führungsstil
Für Peter Thiel ist Palantir kein gewöhnliches Start-up-Investment. Es ist
eine Mission, die Welt mittels Software und Datenanalyse besser und ein
Stück gerechter zu machen. Er ging ein großes Risiko ein, setzte über Jahre
viel eigenes Geld aufs Spiel, ohne dass der Markt und die
Risikokapitalszene reagierten. Wie passt nun eigentlich Alex Karp in diesen
Kontext? Auf den ersten Blick gar nicht. Karp verfügt über keinen
Abschluss in Informatik oder Ingenieurwissenschaften. Selbst Karp, der
gerne in der dritten Person über sich redet, meinte: »Wie konnte es sein,
dass diese Person Co-Gründer und seit 2005 CEO ist und die Firma immer
noch existiert?« Auch hier liegt die Antwort wieder in den meist
jahrzehntelang von Thiel gepflegten starken Freundschaften. Beide kennen
sich seit ihrem Studium der Rechtswissenschaften in Stanford. Beide
belegten im ersten Jahr meist dieselben Kurse, hatten aber stark konträre
politische Ansichten. Karp wuchs als Sohn eines Künstlers und einer
Kinderärztin in Philadelphia auf. Er erinnert sich, dass seine Eltern ihn
praktisch jedes Wochenende zu Demos für die Rechte von Arbeitern und
gegen so »ziemlich alles, was Reagan tat«, schleppten. Entsprechend waren
Auseinandersetzungen der beiden vorprogrammiert. »Wir rannten oft
ineinander wie wilde Tiere«, erinnert sich Karp. »Vom Grundsatz her liebte
ich das Sparring mit ihm.« Ähnlich wie Thiel hatte Karp nach seinem
Abschluss in Jura keine Lust, als Anwalt zu arbeiten. Er entschloss sich wie
Thiel für ein Philosophiestudium. Allerdings in Frankfurt, der Geburtsstadt
von Peter Thiel. Karp studierte an der Goethe-Universität bei Jürgen
Habermas, einem der profiliertesten Philosophen des 20. Jahrhunderts, und
legte dort auch 2002 seine Promotion ab.246
»Sozialphilosophie ist ein ausgefallener Weg mit direkter Zielrichtung,
arbeitslos zu werden, vielleicht mit der besten Ausbildung das geringste
Einkommen auf dem Planeten zu bekommen«, meinte Karp im Interview
mit Charlie Rose. Auf die Frage des Journalisten, warum er dies getan habe,
meinte Karp: »Aus demselben Grund, warum ich Palantir mitgegründet
habe. Ich empfand für diese Dinge eine große Leidenschaft. Manche der
Dinge, mit denen ich mich beschäftigt habe, waren sehr wichtig – was
bedeutet es, etwas zu wissen? Welche Bedeutung hat es, es zu
kommunizieren? Was sind die Fundamente der westlichen
Gesellschaft?«247 Ähnlich wie Thiel erkannte Karp, dass er mit
wissenschaftlicher Arbeit nur in einem kleinen Kreis wirken konnte.
Gleichzeitig hatte er ein gutes Händchen für Aktien und Start-up-
Investments.
Karp ist der klare und uneingeschränkte Anführer bei Palantir. Er gibt
die Richtung vor und wird auch als »Gewissen« der Firma beschrieben.248
Beim Thema Wettbewerb kennt er aber keine Gnade. »Wir schlagen die
langsamen Konkurrenten, bevor sie uns umbringen.« Für ihn ist der
Wettbewerb mit Unternehmen wie IBM oder Booz Allen geradezu ein
Überlebenskampf.249 Immerhin lautet der Titel seiner in Deutsch verfassten
Promotion »Aggression in der Lebenswelt: Die Erweiterung des
Parsonsschen Konzepts der Aggression durch die Beschreibung des
Zusammenhangs von Jargon, Aggression und Kultur«. Karp beschäftigt
sich darin mit Theodor Adorno und Martin Walser und der Bedeutung der
Religion in Deutschlands Lebenswelt.250
Karp ist der Ober-Exzentriker unter Palantirs Exzentrikern. Er ist
bekennender Junggeselle. Familiengründung und Eigenheim würden bei
ihm einen »Ausschlag« verursachen. Er praktiziert Qigong-Meditationen
und ist mit Aikido und Jiu Jitsu bestens vertraut. Sein totaler Palantir-Fokus
manifestiert sich in folgender Aussage: »Die einzige Zeit, in der ich nicht
an Palantir denke, ist, wenn ich schwimme, Qigong praktiziere oder
während sexueller Aktivitäten.« Doch Karp selbst muss für seinen Erfolg
und für seine Rolle als CEO von Palantir einen hohen Preis zahlen: Er hat
seine Anonymität verloren und wird ständig von Bodyguards begleitet. Ein
Abtauchen in »schmuddelige« Bars in Berlin, wie zu seinen
Studentenzeiten in Deutschland, ist für ihn heute nicht mehr möglich.251
Doch wo Licht ist, ist auch Schatten: Im Zuge des Wikileaks-Skandals
kam heraus, dass ein Palantir-Mitarbeiter der Bank of America ein Angebot
mit Palantir-Logo zugeleitet hatte, in dem dargelegt wurde, wie man »die
Wikileaks-Gefahr am besten bekämpfen kann«.252 Karp zog daraus sofort
Konsequenzen und distanzierte sich mit einer Mitteilung umgehend von
dem Vorgang. »Das Recht auf freie Rede und das Recht auf Privatsphäre
sind für eine blühende Demokratie entscheidend.« Karp sah die
Verantwortlichkeit bei sich und den flachen und unternehmerisch geprägten
Palantir-Strukturen. Mitarbeiter müssen sich nicht für alles Handeln ein OK
bei ihren Vorgesetzten einholen.253
Palantir hat für Karp den Anspruch, die Regeln des
»Nullsummenspiels«, also den schwierigen Spagat aus Privatsphäre und
Sicherheit, neu zu schreiben. »Wir müssen Orte finden, die wir vor dem
Regierungszugriff schützen, sodass wir alle einzigartig und, aus meiner
Sicht, auch mal völlig anders sein können.«254

Unternehmensstrategie
Für Thiel ist denn auch klar, dass die Verteidiger bürgerlicher Freiheit
Palantir schätzen sollten. »Wir können uns kein zweites 9/11 in den USA
oder noch etwas Größeres leisten. Dieser Tag öffnete die Türen für alle
Arten von aberwitzigen Verstößen und drakonischen Regeln.« Um solche
Szenarien in der Zukunft zu vermeiden, müssen seiner Meinung nach
Regierungsstellen mit der bestmöglichen Technologie ausgestattet sein, die
Regeln eingebaut haben, um sicherzustellen, dass Strafermittler sie
rechtmäßig einsetzen. Karp hat das von Thiel formulierte
Nutzenversprechen umgesetzt. Palantir verfügt über die ausgeklügeltste
Datenschutztechnologie am Markt. Die Software speichert, wer welche
Informationen eingesehen hat, sodass eine Art »digitaler Fußabdruck«
entsteht. Die Palantir-Software erlaubt es zudem, den Zugriff auf
Informationen nur für den jeweils Berechtigten zu gewährleisten. In der
Vor-Palantir-Zeit konnte jeder Geheimdienstanalyst sich in Archiven einen
breiten Überblick verschaffen und niemand wusste, was jeweils angeschaut
wurde.255
Ähnlich wie bei PayPal mit dem eBay-Marktplatz, galt es für Palantir,
eine Zielgruppe zu finden. Schnell fiel der Fokus auf den Geheimdienst.
Diese Strategie trug denn auch bald Früchte, und im Jahr 2005 wurde der
CIA Kunde von Palantir und deren Risikokapitalgeber Q-Tel stieg mit ein.
Von PayPal wurde auch die Methodik der iterativen Produktentwicklung
übernommen. Das erste Produkt, »Palantir Government«, entstand im
Dialog mit den Regierungsbehörden. Über die ersten drei Jahre flog das
Entwicklungsteam alle zwei Wochen nach Washington, um aus der fixen
Idee von Thiel und Karp ein marktfähiges Produkt zu bauen. Auch Palantirs
Erfolg erwuchs auf Basis eines Monopolisten. Diesmal war es kein
privatwirtschaftliches Unternehmen wie eBay, sondern gleich der
mächtigste Staat der Welt: die USA.
Die Zusammenarbeit gestaltete sich aber äußerst schwierig. Das
Palantir-Team verstand nicht, was die Regierungsvertreter meinten, und
umgekehrt. Jeder sprach zunächst seine eigene Sprache. Trotzdem hielt
Palantir daran fest, nur Ingenieure einzustellen und keine
Regierungsangestellten. Auch der Besitz und das Tragen von Anzügen, so
Karp, ist bei Palantir wenig verbreitet. Palantir konnte aber mit der Tatsache
punkten, dass man ein fertiges Produkt hatte und den Nutzen der Software
anhand der bereitgestellten Daten nachweisen konnte.256
Auch sonst wendete man wieder altbekannte Kniffe aus der PayPal-Zeit
an: Man konzentrierte sich zunächst auf strukturierte Daten, die einfacher
zu verarbeiten waren. So hangelte man sich von Abteilung zu Abteilung
und suchte sich die gewünschten Datensätze zusammen. Als Palantir ein
»Minimum viable Product«, also eine erste lauffähige Fassung (MVP),
beisammen hatte, wurden von Q-Tel Pilotkunden innerhalb des CIA
ausgewählt, die eine hohe Bedeutung hatten. Auf Basis der Rückmeldungen
wurden in kurzen Zyklen Iterationen entwickelt und diese den Kunden
wieder bereitgestellt. Zum damaligen Zeitpunkt ein nicht ganz einfaches
Unterfangen: Waren doch die Sicherheitsbehörden vom Internet
abgeschnitten, man konnte die Updates also nicht einfach darüber
verteilen.257 Bald konnten die Softwareingenieure weitere Einsatzbereiche
in verwandten Gebieten wie »Regulierung und Aufsicht« sowie
»Cyberabwehr und Spionage«, aber auch im Bereich »Gesundheit –
Erkennung von Krankheiten« erschließen.
Naheliegend war auch der Finanzsektor. Die Palantir-Datenspezialisten
sahen sich mit ihrem Wissen, wie man Informationen strukturiert und
verarbeitet, im Vorteil – auch gegenüber den Wall-Street-Größen. Schnell
stellte sich heraus, dass Know-how von Palantir im Bereich der
Datenintegration und Visualisierung für die Finanzindustrie nutzbringend
war. Zusammen mit einem schnell wachsenden Hedgefonds wurde ein
Team aus Händlern, Analysten und Programmierern gebildet, die wiederum
in schnellen Iterationsstufen ein immer besseres Produkt entwickelten. Wie
immer bei Palantir waren die Ziele herausfordernd gesteckt: Schließlich
gewann man den größten Hedgefonds und die größte Bank als Kunden und
erreichte eine Partnerschaft mit dem wichtigsten Finanzdatenanbieter.258
Palantir-Direktor Shyam Sankar beschrieb auf der Wissensplattform
Quora das Vorgehen wie folgt: »Mehr Iterationen, schnellere Iterationen,
mehr Koffein, weniger Schlaf.«259
Palantir sieht sich in einer technologischen Verpflichtung, sowohl der
Privatsphäre und individuellen Freiheit als auch dem Bedarf der
Sicherheitsbehörden nach detaillierten Analysen gerecht zu werden.
Die Privatrechte sollen, so Palantir, möglichst von Beginn an in
Technologie »gebacken« werden. Durch eine perfekte Integration der
Funktionen in die Software soll späterer Missbrauch vermieden werden.
Palantir will der gute »Polizist« im globalen Big-Data-Spiel sein. Ein hoher
Anspruch, dem es gilt, gerecht zu werden!
Palantir ist eine »Engineering Company«. Bis heute werden nur
Softwareingenieure und Entwickler eingestellt. Eine Vertriebsmannschaft
sucht man vergebens. Palantir verzichtet auch auf eine Marketing- und
Öffentlichkeitsabteilung. So bleibt das Unternehmen schlank und fokussiert
auf die Entwicklung neuer Technologien.
Dabei ist die Palantir Software kein Niedrigpreisprodukt. Die Kosten
für Kunden können sich in einer Größenordnung zwischen einer Million
und 100 Millionen Dollar bewegen. Entsprechend fokussiert sich Palantir
auf die Gewinnung von Großkunden, die in ihrer jeweiligen Branche
Marktführer sind. Damit schlägt Palantir zwei Fliegen mit einer Klappe:
Zum Ersten werden einkömmliche Margen erzielt und zum Zweiten
gewinnt Palantir einen einzigartigen Einblick in unterschiedliche Branchen,
ob Öl-, Pharma- oder Finanzindustrie, und kann so seine Software auf
immer mehr Bereiche zuschneiden.
Karp betont immer wieder, dass die Hauptmotivation mit Palantir darin
bestünde, an den wichtigsten Problemen der USA und seiner Partner zu
arbeiten. »Wenn etwas wirklich funktionieren soll, darf es nicht ums Geld
gehen.« Selbst für das Silicon Valley ist das eine ungewöhnliche
Beschreibung der Unternehmensstrategie.260

Unternehmenskultur und Kommunikation


Palantir ist bewusst anders als andere Silicon Valley Start-ups. Das
Hauptquartier in Palo Alto ist, wie bereits erwähnt, nach der Heimstädte der
Hobbits aus J. R. R. Tolkiens ›Herr der Ringe‹ benannt. Angestellte fühlen
sich bei Palantir wie zu Hause. Hunde sind willkommen. Manche lassen
sogar ihre Zahnbürste in den Waschbecken zurück, wenn sie wieder einmal
nach nächtelangen Programmierarbeiten mit ihren Gedanken irgendwo
anders waren.261
Das amerikanische Wirtschaftsmagazin Fortune brachte unter dem Titel
»Connecting the dots« im Jahr 2016 eine Innenansicht über Palantir. Auf
einem der Bilder leitet Alex Karp eine Gruppe von rund 30 Mitarbeitern bei
einer Tai-Chi-Sitzung an. Die Teilnehmer folgen seinen langsamen und
feinen Bewegungen. Immer wieder justiert er die Arme und Haltung seiner
Mitarbeiter. Es handelt sich um Führung und nicht um Korrektur. »Wir sind
eine antiautoritäre Kultur«, so Karp.
Karp mit seinem philosophischen Hintergrund wird fast poetisch wenn
er über Palantirs Mission spricht. »Wir sind süchtig nach Überzeugung. Wir
glauben an das, was wir machen.« Das soll kein leeres Marketing-Gerede
sein. Die Kunden, so Karp, sollen sehen, dass wir aus Überzeugung
handeln.262
Kunden und Investoren sehen die Palantir-Leute vielfach als »nicht
normal« an. Karp nimmt man die idealistische Vision für Palantir ab.
Gerade auch wenn es um Geld und Vermögen geht. Im Silicon Valley ist
Geld ohne Frage ein wichtiges Triebmittel für Innovationen. Reichtum ist
für viele wichtig, zumal auch die Lebenshaltungskosten im Silicon Valley
zu den höchsten in den gesamten USA gehören. Ein Börsengang wäre denn
auch ein logischer Schritt. Karp hegt aber große Vorbehalte. Geld und der
Einfluss des Aktienkurses könnten Palantirs Mission, die Software für die
Verbesserung der Lebensbedingungen auf der Welt einzusetzen,
untergraben. Palantir wäre kurzfristigen Spekulationen ausgesetzt und
müsste sich einmal im Quartal mit den lästigen Fragen von renitenten
Analysten herumschlagen. Ganz zu schweigen von der Transparenz durch
die Veröffentlichung eines Börsenprospekts und der Quartals- und
Geschäftsberichte. Karp selbst wäre allerdings ein großer Nutznießer eines
Börsengangs, gehören ihm doch rund 10 Prozent der Firma, was ihn damit
auf dem Papier zum Milliardär machen würde. Doch Reichtum interessiert
ihn wenig. Er wohnt zur Miete und hat kein eigenes Auto, da er auch nie
Zeit hatte, den Führerschein zu machen.263
Meist entscheiden die ersten paar Dutzend Mitarbeiter über den Erfolg
eines Unternehmens und geben ihm eine bestimmte DNA. Nachdem die
fünf Palantir-Gründer das Unternehmen in Schwung gebracht hatten, wuchs
das Kernteam auf rund 20 Leute an, die voll hinter der Vision von Palantir
standen. Laut Co-Gründer Joe Lonsdale brauchte Palantir Mitarbeiter vom
Schlage eines Gründers, so fesselnd und interessant war die
Ausgangsmission. Bei der Einstellung neuer Mitarbeiter in einem Start-up
geht es immer um ein Gleichgewicht aus Talent und Kultur. Bei
Softwareingenieuren lässt sich das Talent anhand der geschriebenen
Software und Programmcodes leicht nachvollziehen. Beim Thema Kultur
wird es schon ein wenig komplizierter. Palantir setzte dabei auf eine
einfache Formel: »Ist dies eine Person, mit der du zusammenarbeiten
würdest?«264
Und das Personalwachstum bei Palantir ist gewaltig: Praktisch jedes
Jahr wurde die Mitarbeiterzahl verdoppelt. Zuletzt erreichte man eine
Größe von rund 1500 Mitarbeitern. Durchläuft ein Bewerber den
Selektionsprozess erfolgreich, so bekommt er im Anschluss unter anderem
das Buch ›The Looming Tower: Al-Qaeda and the Road to 9/11‹ als
Lektüre.265 Palantir-Mitarbeiter gehören zudem nicht zu den Bestbezahlten
im Valley. Die Gehälter sind auf rund 137.000 Dollar gedeckelt. Ein
signifikanter Anteil wird stattdessen in Form von Aktienoptionen vergütet.
Zuletzt zollte aber auch Palantir den hohen Lebenshaltungskosten des
Valleys Tribut und erhöhte die Löhne um rund 20 Prozent.266 Die
Gehaltsfrage ist also ein wichtiger Prüfstein: Gesucht werden Mitarbeiter,
die für das Thema »brennen« und die unternehmerisch denken. Thiel weiß
von seiner Vergangenheit mit PayPal, dass viele potenzielle Mitarbeiter
diesen Lakmustest nicht bestehen und vordergründig lieber auf das schnelle
Geld in Form von höheren Gehältern aus sind. Obschon die langfristige
Beteiligung als Aktionär an einem großartigen Unternehmen die finanziell
bessere Variante ist.
Palantir konnte seine einzigartige Engineering-Kultur trotz starkem
Personalwachstum auch deshalb beibehalten, weil es ausschließlich
Softwareentwickler und Ingenieure einstellt. Für Karp ist dies einer der
elementarsten Pfeiler von Palantir. Viele Firmen vermeiden es, ihre
Softwareentwickler vor Kunden auftreten zu lassen. Nicht so Palantir: Karp
baut darauf, dass Entwickler immer die Wahrheit über die Vor- und
Nachteile eines Produkts sagen, wissen, wie man die vorhandenen
Probleme löst, und damit beim Kunden über die Zeit eine starke
Vertrauensbasis schaffen. Karp umschreibt denn auch Palantirs eigenen
Weg wie folgt: »Und da gibt es eine Firma, die an einer Art Asperger-
Syndrom leidet, die aber immer zuverlässig ist; am Ende wirst du ihr
Vertrauen schenken.«267
Aufgrund der Firmengröße kann Karp natürlich nicht mehr mit jedem
einzelnen Mitarbeiter persönlich sprechen. Regelmäßig kommuniziert er
deshalb mittels Videobotschaften über KarpTube, einem an YouTube
angelehnten Format.268
Ähnlich wie bei PayPal gibt es intern eine Diskussions- und
Debattenkultur über die Unternehmenspolitik. Im Mittelpunkt der
Diskussionen stehen immer wieder die Auftraggeber. Soll Palantir nun für
die britische Regierung arbeiten? Wie verhält man sich Israel gegenüber,
wenn Mitarbeiter die Politik gegenüber den Palästinensern kritisch sehen?
Nach internen Diskussionen entschied man sich bei Palantir, Abstand zu
nehmen von der lukrativen Tabakindustrie. Karp betont immer wieder, dass
Palantir aus ethischen Gründen Aufträge und damit Umsatzvolumina in
beträchtlichem Umfang abgelehnt habe.269 Mitarbeitern steht ein
eigenständiger Kanal zur Verfügung, über den sie ihren Vorgesetzten
Auffälligkeiten im Unternehmen melden können, die sie ethisch für
bedenklich halten.

Unternehmensführung
Was ist nun das Besondere an der Unternehmensführung von Palantir? Es
ist die logische Fortentwicklung des PayPal-Ansatzes. Zusammengefasst in
drei Worten: Skalierung, Geschwindigkeit, Agilität. In der Sprache von
Palantir heißt es auf deren Homepage, man entwickle Produkte, die
Menschen bei ihren wichtigsten Arbeitsaufgaben besser machen. Und zwar
bei den Tätigkeiten, über die man auf der ersten Seite einer Zeitung liest.270
Palantir selbst bezeichnet sich als ein andersartiges
Produktunternehmen. Wie bei PayPal steht das Produkt zentral im
Mittelpunkt. Von großer Bedeutung sind auch hier die hohe Verantwortung,
die kleinen Teams entgegengebracht wird. Für Thiel ist dies ein wichtiger
Schlüssel, damit kreative Lösungen entstehen und nicht durch einen
bürokratischen Wasserkopf, hervorgerufen durch hierarchische Strukturen,
erstickt werden.

Die drei Grundvoraussetzungen für Palantir sind:


– Wir liefern Produkte aus, die Menschen in die Lage versetzen, die Welt
zum Besseren zu verändern.
– Wir haben bisher nur einen Bruchteil dessen entwickelt, was wir uns
vorstellen.
– Kleine Teams mit unbegrenzter Vorstellungskraft.

Drei Leitideen, oder soll man sagen, drei Gebote, bilden die interne
Identität von Palantir:
Die beste Idee gewinnt
»Es gibt im Engineering keine Primadonnen.«
Freeman Dyson

Gute Ideen sind die Grundvoraussetzung, warum jemand für Palantir


arbeitet. Palantir sucht Mitarbeiter, die kreativ sind und eine Meinung
haben. Politische Spielchen und Egoismus sind tabu. Entscheidend ist, dass
die beste Idee gewinnt: unabhängig davon, wer sie hatte.
Nichts ist für immer
»Erfolgreiche Software ändert sich immer.«
Frederick P. Brooks
Bei Palantir unterliegt die Entwicklung einem kontinuierlichen
Innovationsprozess. Werden bestehende Lösungen durch etwas Neues
ersetzt, so ist dies ein Erfolg: ein neues »Plateau an Funktionalität ist
erreicht und die Iteration beginnt von Neuem«.
Immer fokussiert bleiben auf die Unternehmensmission
»Der schwierigste Einzelpunkt bei der Entwicklung eines Softwaresystems ist, genau zu
entscheiden, was man baut.«
Frederick P. Brooks
Palantir entwickelt Software für die effektive Analyse sehr komplizierter
datenbezogener Probleme. Palantir beschreibt die Arbeit als äußerst
kompliziert, schließt sie doch die verschiedenartigsten Themenbereiche wie
Informatik, Data Science, Software Engineering, allgemeine Regeln, gute
Führung, hochskalierbare verteilte Systeme und Nutzerverhalten ein.
Maßgeblich sind für Palantir immer die Probleme und Herausforderungen
der Anwender. Durch diesen Fokus bleibt Palantir immer auf dem richtigen
Pfad der Kundenorientierung.
Nach dem beschriebenen Wikileaks-Vorfall eines Mitarbeiters reagierte
Palantir sehr proaktiv. Man entschuldigte sich umgehend, ließ die Prozesse
von einer externen Kanzlei überprüfen und richtete im Anschluss eine
interne Ethik-Hotline ein.271
Das Recht auf gesellschaftliche und private Freiheit ist für Thiel und
Karp so bedeutsam, dass sie dafür extra eine eigene Stellenklassifizierung
geschaffen haben: »Privacy & Civil Liberties Engineers.«272
Karp will Palantir besenrein halten. Der Wikileaks-Vorfall scheint
abgehakt. Gegenüber seinen Entwicklern betonte er denn auch, dass
Palantir noch keinen Skandal hatte. Dies wäre auch Gift für die
Unternehmenskultur und könnte der inneren Identität und dem
Zusammenhalt schaden.273
Palantir ist aufgrund seines starken Wachstums mit 250.000
Quadratmetern Fläche inzwischen einer der größten Mieter im Valley. Das
starke Wachstum führt auch zu weiterem Personalbedarf. Karp schätzt, dass
Palantir bis auf eine Größe von 5000 Mitarbeitern wachsen könne, bis es
seine maximale Effektivität erreicht hat. Im Gegensatz zu Tolkiens Roman,
wo das Hauptquartier der Hobbits zu einer industriellen Wüste verkam,
hoffen Thiel, Karp und sein Team, davon verschont zu bleiben.274

Klare Verantwortlichkeiten
Auch in Sachen Verantwortlichkeiten ist Palantir ein Abbild der frühen
PayPal-Zeit. Vielleicht noch ein Stück konsequenter. Karp und Thiel sind
darauf erpicht, die flachen Strukturen trotz der erreichten
Unternehmensgröße aufrecht zu erhalten. Nicht ohne Grund verzichtet
Palantir ganz auf eine Marketing- und PR-Abteilung. Das wäre nur
unnötiger Ballast. Stattdessen steht die Ingenieurs- und Gründungskultur im
Mittelpunkt. Ähnlich wie bei PayPal arbeiten kleine Teams, mit viel
Verantwortung ausgestattet, an neuen Branchenlösungen. Dafür sind
Mitarbeiter notwendig, die ein hohes Maß an Vorstellungskraft mitbringen.
Fehler werden verziehen, gehören sie doch zum Geschäft, wenn man
unternehmerische Risiken von seinen Mitarbeitern einfordert.

Fokus = Produktzentriertheit

Fokus und Produktzentriertheit sind bei Palantir eins. Die Fokusstrategie


fußt auf drei wesentlichen Prinzipien:
– Mission
– Kunden
– Produkt

Palantir konnte es sich seit seiner Gründung erlauben, langfristig und


eigenständig zu denken. Der Ansatz, sich auf ein ausgesuchtes, potentes,
aber schwer zugängliches Kundenklientel in Form von Regierungen,
Militärs, Geheimdiensten und Großunternehmen zu konzentrieren, zahlt
sich bisher aus. Der Ansatz ist für den B2B-Bereich hoch skalierend,
können sich doch nur eine bestimmte Anzahl potenter Kunden die Software
von Palantir überhaupt leisten. Der Verkauf findet damit praktisch
ausschließlich auf Ebene der Entscheider statt. Insofern wäre ein
herkömmlicher Vertrieb, der den Mittelbau in einem Unternehmen
»bearbeitet«, gar nicht wirkungsvoll, ggf. sogar eher kontraproduktiv.
»Komplexe Verkäufe funktionieren am besten ohne eigenen Vertrieb.
Unsere Abschlüsse bewegen sich in einer Größenordnung zwischen einer
Million und 100 Millionen Dollar. Bei solchen Dimensionen wollen die
Kunden mit dem Chef sprechen und nicht mt dem Vertriebsleiter«, so Thiel
in ›Zero to One‹. Er führt darin weiter aus, dass die Basis im B2B-
Softwaregeschäft Referenzkunden sind, die man überzeugen müsse und von
deren Basis aus man dann mit »Methode und Geduld« zum Erfolg
kommt.275
Das Produkt steht im Mittelpunkt. Palantir hat den Anspruch, das beste
Anwendererlebnis bei der Arbeit mit Daten zu schaffen. Statt eine
komplizierte Abfragesprache zu lernen, bietet Palantir mit seiner Software
einen Zugang zu den Daten über eine nutzerfreundliche Schnittstelle im
Stile eines komplexen Frage-und-Antwort-Spiels.276
Herausragend war für Harsh Patel, früherer Verantwortlicher bei dem
Risikokapitalgeber In-Q-Tel, »wie fokussiert sie an dem Problem waren …,
wie Menschen mit Daten reden würden«. Doch diese Herausforderung war
gewaltig, mussten die Mitarbeiter doch die unterschiedlichsten
Datenquellen, ob strukturierte oder unstrukturierte, zu einer Einheit
verarbeiten. Gerade die Aufbereitung unstrukturierter Daten stellt eine
große Herausforderung dar. Auch hier wusste sich Palantir mit seiner
Fokus-Strategie zu helfen: Die Entwickler konzentrierten sich zunächst auf
strukturierte Datensätze, brachten damit ihre Datenanalyse ans Laufen, und
erschlossen sich dann über den weiteren Verlauf immer mehr Datenquellen
– insbesondere unstrukturierte. Heute gehört der Umgang mit
unstrukturierten Daten, wie E-Mails, Webseiten, Soziale Medien und
Sensordaten, zu den Kernkompetenzen von Palantir.277
Auch vertrieblich fokussierte sich Palantir mit einer ähnlichen Strategie
wie PayPal. Man suchte sich den Kunden, der den höchsten Bedarf für
diese Art Software hatte: Den amerikanischen Geheimdienst CIA. Von
diesem Punkt aus baute Palantir ein Produkt, das man dann zunächst in
immer mehr Regierungsstellen und später auch in zivile Unternehmen
adaptieren konnte.

Mitarbeiterbindung und -beteiligung


Wie bei PayPal in den frühen Jahren ist die Arbeit bei Palantir eine
Glaubensfrage. Palantirs Gehälter sind auf rund 137.000 Dollar pro Jahr
und einen Bonus von 15.000 Dollar beschränkt. Intern dürfen zugeteilte
Aktien bis zu einer Summe von 300.000 Dollar verkauft werden. Für einen
Außenstehenden klingt das zunächst nach viel Geld. Für das Valley, das
sich wieder in einem regelrechten Goldrausch befindet und unter 30-Jährige
regelmäßig zu Millionären macht, nicht gerade überschäumend viel Geld.
Karp meint denn auch, dass die Arbeit bei Palantir »einen nicht reich
macht«, aber »man lebt wie ein Prinz einer kleinen Gemeinde«. Im
Mittelpunkt steht dabei »interessante Arbeit, die von Bedeutung ist«.
Palantir sieht die Herausforderungen als magnetischer Anziehungspunkt für
ganz bestimmte Mitarbeiter. Softwarecracks, denen es darum geht, die
harten Nüsse zu knacken. Gleichzeitig müssen die Entwickler auch in die
Firmenkultur passen und mit den anderen Mitarbeitern harmonieren.
Einzelgänger und Primadonnen werden nicht geduldet. Es ist wie an einer
Eliteuni. Man ist unter Gleichgesinnten und muss auch damit fertig werden,
dass alle sehr gut sind und der Einzelne nicht mehr die herausragende
Stellung wie zuvor innehat.
Formale Qualifikationen wie ein Informatikabschluss sind nicht
notwendig. Voraussetzung ist die Bereitschaft, an Dingen zu arbeiten, die
»broken« sind. Man ist unter Gleichgesinnten. Damit schafft Palantir eine
einzigartige Kultur. Entwickler fühlen sich eben am wohlsten unter anderen
Entwicklern. Aus dieser speziellen, ja einzigartigen Firmensubkultur
entstehen die technologischen Durchbrüche, von denen Peter Thiel so gerne
in der Öffentlichkeit spricht.
So ist es auch nicht verwunderlich, dass die Ingenieure bei jeder neuen
Programmversion ein eigens angefertigtes T-Shirt mit einer neuen Karikatur
herausbringen.278 Eine spezielle Ausdrucksform der Entwickler für das
Gelingen einer neuen Version. Palantir bewahrt sich damit den Status einer
fast kindlich anmutenden Start-up-Unternehmung. Im Gegensatz dazu
würden Vertriebsmitarbeiter in anderen Unternehmen bei einer solchen
Gelegenheit wahrscheinlich eine Flasche Schampus köpfen.
Etwas getrübt wurde das Bild vor einiger Zeit, als die Obama-
Administration Palantir wegen rassistischer Diskriminierung angeklagt
hatte. Demnach sollen asiatische Bewerber bereits im frühen
Auswahlprozess abgelehnt worden sein, obschon sie dieselbe
Qualifizierung wie ihre weißen Mitbewerber vorzuweisen hatten. Laut der
Anklage waren rund 75 Prozent der 130 Bewerber Asiaten, aber unter den
Eingestellten befanden sich nur vier im Vergleich zu 17 nicht-Asiaten. Für
Palantir eine delikate Situation. Betonte man doch von Regierungsseite
umgehend, dass man von Unternehmen, die für den amerikanischen Staat
und seine Behörden arbeiteten, verlange, dass diese Chancengleichheit für
alle Bewerber garantierten.279
Zuletzt wurde auch berichtet, dass über 100 Mitarbeiter, darunter einige
wichtige Manager, das Unternehmen verlassen hätten. Laut internen
Dokumenten liegt die Wechselrate der Belegschaft für 2016 bei 20 Prozent.
Rund doppelt so hoch wie der Durchschnitt der letzten drei Jahre. Im
Gegenzug kündigte Karp eine Gehaltserhöhung von 20 Prozent für die
Mitarbeiter mit mehr als 18 Monaten Betriebszugehörigkeit an. Auch die
jährlichen »Performance Reviews« wurden gestrichen, da sie nach Karps
Aussage ihren Zweck nicht erfüllten.280
Auch hinsichtlich eines möglichen Börsengangs zeigt sich Karp seit
Herbst 2016 offener. »Wir sind so aufgestellt, dass wir an die Börse gehen
könnten«, betonte Karp auf einer Technologiekonferenz des Wall Street
Journal. Ein IPO würde langjährigen Mitarbeitern die Chance eröffnen, ihre
Firmenanteile zu Geld zu machen.281

Innovationskultur
Zentral für Unternehmen wie PayPal und Palantir ist eine funktionierende
Innovationskultur. Palantir gehört zu den neuartigen Firmen, die wichtige
Probleme in den bedeutenden industriellen Sektoren lösen. Für Co-Gründer
Lonsdale macht gerade dies Palantir zu einem attraktiven Arbeitgeber.
Echte Softwarecracks suchen nach den größtmöglichen Herausforderungen.
So wie Bergsteiger darauf fixiert sind, die höchsten Berge und die steilsten
Wände zu erklimmen, ist es für die Spezies der herausragenden
Softwareentwickler wichtig, sich mit den besten Kollegen an den
herausforderndsten Aufgaben zu messen. Und genau dafür versucht Palantir
den organisatorischen Rahmen zu schaffen.
Jeden Tag gilt es neue Herausforderungen und Probleme großer Kunden
zu lösen. Das setzt ständige Innovation voraus. Um dem gerecht zu werden,
so Lonsdale, bedarf es eines »außergewöhnlichen Technologieteams«.
Karps Verdienst ist es, einen einzigartigen Anziehungspunkt mit spezieller
Atmosphäre für brillante Softwareentwickler geschaffen zu haben. Obschon
er selbst ein Nichttechniker ist, aber von allen wegen seiner schnellen
Auffassungsgabe geschätzt wird.282
Palantir, das ist seine große Stärke, ist sich seiner Ingenieurskultur treu
geblieben und hat es geschafft, seine Analysesoftware für immer mehr
Anwendungsfälle auf Regierungsseite wie auch für die Privatwirtschaft zu
adaptieren. Das Team arbeitet in kleinen Einheiten, die jeweils Start-up-
Charakter besitzen. In diesen Zellstrukturen werden die
Kundenanforderungen in schnellen Iterationsstufen umgesetzt und
umgehend beim Kunden getestet. Diese direkte Rückkopplung wird bei
Palantir wie in kaum einem anderen B2B-Softwareunternehmen gelebt. Ein
entscheidender Grund dafür ist, dass Palantir nur über Entwickler verfügt
und diese direkt mit ihren jeweiligen Kunden und Auftraggebern
kommunizieren. Gleichzeitig verfügen die Softwareteams über
größtmögliche Autonomie. Sie können sich voll auf die Lösung der
Kundenherausforderungen konzentrieren. Weder Vertrieb noch Business
Development sind als Störfaktoren dazwischengeschaltet.
Erster externer Investor und Aufsichtsrat von Facebook

Das Jahr 2004 war für Thiel ein sehr produktives und gutes Jahr. Ein Jahr
der Weichenstellungen für seine Aktivitäten als Unternehmer und Investor.
Erbrachte nicht nur sein neues Unternehmen Palantir an den Start, sondern
sollte auf einen jungen Harvard-Abbrecher treffen, der eine neuartige
Internetplattform unter dem Namen »thefacebook« von seiner
Studentenbude aus gestartet hatte. Sein Name: Mark Zuckerberg. Sohn
eines Zahnarztes und einer Psychotherapeutin. Aufgewachsen in
wohlbehüteten Verhältnissen mit drei Schwestern im Bundesstaat New
York. Zuckerberg, Jahrgang 1984, gehört damit zu den sogenannten
»Millennials«, also der Gruppe, die als Jugendliche wie selbstverständlich
Computer und Internetzugang hatten und darauf aufbauend eigene Ideen
entwickeln konnten. Zuckerberg hat früh erkannt, dass es zwar
Suchmaschinen gab, mittels denen man nach Informationen recherchieren
konnte, aber nichts Gleichwertiges, um Menschen ausfindig zu machen.283
Die Grundlage also für das spätere Facebook. Für Peter Thiel muss das
erste Treffen mit Zuckerberg wie ein Déjà-vu-Erlebnis gewesen sein. Denn
bereits 1992, also zwölf Jahre davor, machte ihn sein Freund Reid Hoffman
auf das damals gerade erschienene Buch ›Snow Crash‹des Sience-Fiction-
Autors Neal Stephenson aufmerksam. Es spielt in einer nicht allzu fernen
Zukunft, in der die USA durch Mikrostaaten ähnlichen Unternehmen ersetzt
wurden und ein Computervirus Programmierer tötet. Stephenson nimmt in
seinem Buch Innovationen wie soziale Netzwerke und Anwendungen wie
Google Earth vorweg. Zu diesem Zeitpunkt waren soziale Netzwerke nur
Thema innerhalb akademischer Zirkel. Psychologen und Soziologen
tauschten sich über theoretische Netzwerkkonzepte auf Basis
mathematischer Formeln aus, die Freundschaftsmuster ausdrückten.
Hoffman ließ das Thema nicht mehr los, er gründete schließlich 1999 das
soziale Netzwerk »Social Net«, was, so Thiel gegenüber Bloomberg, »der
Zeit um Jahre voraus war«. Das Start-up floppte, da die Zeit um die
Jahrtausendwende noch nicht reif für ein soziales Netzwerk war. Aber es
bot Hoffman genug Inspiration, um nach seiner PayPal-Zeit das
Karrierenetzwerk LinkedIn zu gründen, was ihn dann selbst zum Milliardär
machen sollte. Auch Google-Co-Gründer Sergey Brin gab später zu, dass
ihn »Snow Crash« wie kaum ein anderes Buch beeinflusst habe und eine
wesentliche Inspiration für Google Earth gewesen sei. Seiner Meinung nach
war das Buch »seiner Zeit um zehn Jahre voraus«.284
Zuckerberg suchte für sein schnell wachsendes Unternehmen im Silicon
Valley nach Investoren. Doch viele klassische Risikokapitalgeber winkten
ab, hatten sie doch noch die Wunden zu lecken aus der gerade
zurückliegenden Phase des Dotcom-Crashs. Der Risikoappetit und das
Verständnis für Internetdienste für Privatkunden (B2C) war denn auch
verhalten. Exakt die Chance für Thiel, als konträrer Investor in die Bresche
zu springen.
Emily Chang fragte Thiel 2014, wer denn damals wen (Thiel oder
Zuckerberg) von einem Investment in Facebook überzeugt hätte. Thiel
antwortete, dass es eine »Kombination von beiden« war. Für ihn, der sich
aus der PayPal-Zeit so sehr wie kein Zweiter mit viralen Themen und dem
Plattformgeschäft auskannte, war sonnenklar, dass er einen ungeschliffenen
Diamanten vor sich hatte. Er betonte, es sei für ihn damals ein »no brainer«-
Investment gewesen, er musste gar nicht darüber nachdenken. Und das in
zweifacher Hinsicht: Zum einen der noch jugendliche und etwas ungestüme
Mark Zuckerberg und zum anderen das noch jungfräulich in blau getünchte
soziale Netzwerk »thefacebook«. Thiel erkannte, dass das Start-up schnell
wuchs und lediglich Geld für neue Computer benötigte. Er versprach denn
auch Zuckerberg, ihm relativ freie Hand zu lassen.285
Das hielt Thiel nach Unterzeichnung des Investments aber nicht davon
ab, Zuckerberg den legendären Ratschlag mitzugeben, »Just don’t f**k it
up«. Frei übersetzt: Vergeig es nicht. Thiel investierte als erster externer
Investor 500.000 Dollar in Form eines wandelbaren Kredits und erhielt
dafür später einen Anteil von 10,2 Prozent am Unternehmen.286
Thiel ist seit 2005 im Aufsichtsrat von Facebook und damit das
Aufsichtsratsmitglied mit der längsten Amtszeit. Er und Zuckerberg haben
jeweils einen kongenialen Partner gefunden und vor allem Zuckerberg hat
davon enorm profitiert. War er doch gerade erst Anfang 20 und als
Unternehmer komplett unerfahren, während Thiel bereits alle Kniffe des
harten Start-up Geschäfts kannte. Dementsprechend ist die Rolle von Thiel
bei Facebook nicht zu unterschätzen. Zuckerberg schätzt denn auch an
Thiel seine »vorausblickenden wirtschaftlichen Ratschläge als
Aufsichtsratsmitglied«.287
Thiel geriet zuletzt in seiner Rolle als Aufsichtsratsmitglied von
Facebook durch seine finanzielle Unterstützung in dem aufsehenerregenden
Prozess zwischen der Online-Klatschseite ›Gawker‹ und dem ehemaligen
Wrestler Hulk Hogan, durch sein finanzielles und ideelles Engagement im
Wahlkampf für Donald Trump sowie nach dessen Wahlsieg in seiner neuen
Rolle als Berater und Strippenzieher für Technologiefragen der Trump-
Administration ins Kreuzfeuer. Kritiker sehen die Gewaltenteilung von
Politik und Medien in Gefahr. Immerhin führen die Skeptiker an, dass Thiel
durch seine Prozessfinanzierung des Hogan-Falls ›Gawker‹in den Konkurs
trieb.288
Doch Mark Zuckerberg ficht das nicht an. Er hält zu Thiel als
Aufsichtsratsmitglied. Über seine Facebookseite betonte er im Oktober
2016, dass man auf der einen Seite nicht sagen könne, man schaffe eine
Kultur der Diversität, wenn man gleichzeitig rund die Hälfte der Menschen
ausschließe, nur weil sie einen bestimmten Politiker unterstützten, womit er
die Trump-Anhänger meinte. Im Frühjahr 2017 legte Zuckerberg nochmals
nach und meinte, dass es geradezu verrückt sei, wenn ihm von
Außenstehenden nahegelegt werde, dass er bei Facebook keine
Republikaner im Aufsichtsrat haben dürfe. Zuckerberg ist der Meinung,
dass »alle Formen der Diversität benötigt werden, um als Gesellschaft
voranzukommen.«289
Für Zuckerberg ist Thiel eine starke Verbindung. Beide haben sich
gegenseitig viel zu verdanken. Zuckerberg ist in der komfortablen Rolle,
dass er durch die juristische Klausel über ein Mehrfachstimmrecht seiner
Aktien verfügt und damit auf andere Aktionäre keine Rücksicht nehmen
muss.
Wenn wir also in der Folge über die Unternehmerrolle bei Facebook
sprechen, dann ist es der Versuch, die paarweise Kongenialität der beiden
zu analysieren. Thiel als Stratege auf dem ökonomischen Feld und
Zuckerberg nicht weniger brillant in der Rolle der operativen
Verantwortung.

Unternehmensmission
Facebook ist gerade einmal 13 Jahre alt, also immer noch ein Teenager, und
bereits die wichtigste Onlineseite für Privatkunden weltweit.
Dementsprechend von Bedeutung ist für das Unternehmen auch die
Mission. Seit der Gründung 2004 hat sich diese in mehreren Schritten
fortentwickelt.
Im Jahr 2004 lautete das Statement:
»thefacebook ist ein Onlineverzeichnis, welches Menschen durch soziale
Netzwerke an Hochschulen miteinander vernetzt.«
Dann hieß es, Facebook wolle »den Menschen die Möglichkeit geben,
Dinge zu teilen und die Welt offener und verbundener zu machen«.
Facebook als Protagonist der Web 2.0-Bewegung schlechthin betont
ausdrücklich, den Menschen ein Werkzeug an die Hand zu geben, um
online kompetent und leistungsfähig zu sein. Facebook sieht sich als
»Demokratisierer« der Bereitstellung und des Teilens von Inhalten wie
Texten, Bildern oder Videos. Denn davor konnte man Inhalte und
Erfahrungen nur durch eigene Webseiten bereitstellen, die in der Regel
noch dazu Programmierkenntnisse erforderten. Außerdem geht es Facebook
um das Thema Vernetzung, und zwar weltweit.
Im Rahmen des Börsengangs 2012 wandte sich Mark Zuckerberg im
Börsenprospekt an die zukünftigen Miteigentümer von Facebook. Er weist
die Aktionäre gleich zu Beginn darauf hin, dass Facebook ursprünglich
nicht mit dem Gedanken gegründet wurde, ein kommerzielles Unternehmen
zu werden. Er reiht Facebook dabei ein in die Kette medialer Revolutionen,
angefangen vom Buchdruck über das Fernsehen bis zum Internet. Facebook
sieht er dabei als Infrastrukturanbieter, der Menschen über das Internet
verbindet und ihnen mittels Diensten ermöglicht, miteinander in Kontakt zu
treten und Informationen und Gedanken auszutauschen. Die dafür
notwendige Skalierung und Infrastruktur stellt für ihn die große
Herausforderung dar, auf die Facebook fokussiert sei. Ausgangspunkt dabei
sei immer die Verbindung zwischen zwei Menschen. Generell sind
Beziehungen das Fundament unserer Gesellschaft. Facebook hat für ihn den
Anspruch, die Lebensqualität und die Effizienz im Leben zu steigern. Er
bereitete die Aktionäre schon einmal darauf vor, dass für ihn die
Gewinnmaximierung nicht im Vordergrund stehe, aber alle Beteiligten mit
voller Energie an der Erfüllung von Facebooks Mission arbeiten würden.
Hewlett Packard, das Silicon-Valley-Urgestein schlechthin, prägte den
Begriff »HP Way«. Zuckerberg nimmt für Facebook den »Hacker Way« in
Anspruch. »Hacking« sei in den Medien einseitig negativ belegt: als
mutwilliger Einbruch in andere Computersysteme. Tatsächlich bedeute
»Hacking«, Neues zu schaffen auf unbekanntem Terrain.290
Inzwischen sieht Zuckerberg Facebook aber im Kontext einer noch
größeren Mission, die der Verantwortung für mehr als 2 Milliarden
Mitgliedern gerecht werden soll. Im Februar 2017 veröffentlichte er unter
dem Titel ›Aufbau einer globalen Gemeinschaft‹ ein Manifest, das
beschreibt, wie er gedenkt, mittels Facebook die Welt zu einem
lebenswerteren Ort zu machen. Sein neuer Fünfpunkteplan nennt Begriffe
wie »unterstützend«, »sicher«, »informiert«, »gesellschaftlich
verpflichtend« und »inklusiv« als die neuen Facebookwerte. Es geht ihm
also um mehr, als nur Menschen via soziale Medien zusammenzubringen.
Darauf aufbauend soll auch ein Nutzen für die Gesellschaft entstehen.
Zuckerbergs Rolle könnte damit politischer werden. Er spricht in seinem
Manifest die großen Herausforderungen wie die Bekämpfung von
Terrorismus, Klimawandel und Epidemien an. Die bessere Verteilung von
Wohlstand und die Förderung von Frieden und Verständnis untereinander
sind ihm wichtig. »Die größten Herausforderungen brauchen globale
Antworten.« Er sieht sich mit Facebook dabei selbst in der Pflicht. Der
zuletzt immer stärker kritisierte News Feed soll Möglichkeiten der
persönlichen Kontrolle bieten und auch besser auf lokale Gesetze
abgestimmt werden. Manche Kommentatoren halten das Manifest für
»größenwahnsinnig«, es wirke wie die Rede eines Präsidenten an die
»Nation Facebook«. Doch immerhin hat Zuckerberg erkannt, dass
Facebook sich nicht mehr nur als reiner Infrastrukturanbieter definieren
kann. Will es seiner Mission gerecht werden, muss es auch seine
gesellschaftliche Verantwortung würdigen.291

Disruptiver Faktor
Um ein martialisches Bild zu benutzen: Facebook wirkt wie ein Bulldozer
oder Mähdrescher, der sich nicht aufhalten lässt und alles platt macht, was
ihm in den Weg kommt. Zuckerberg wurde lange dafür belächelt, als er
Facebook schon in frühen Jahren zur Plattform erkor. Die zwei größten
disruptiven Technologien des Silicon Valley der zurückliegenden Dekade
waren sicher das iPhone und Facebook. Beide zusammen genommen haben
durch ihre synergetische Wirkung eine gewaltige Sprengkraft an
Disruptivität entwickelt. Zuckerberg verstand es, das menschliche Verhalten
in ein smartes Produkt umzusetzen, und zwar mit einem sehr klaren und
strategischen Anspruch. Facebook ist mit über 2 Milliarden Mitgliedern die
größte Gemeinschaft. Facebook wäre als Land eine Supermacht, noch vor
den Milliardenvölkern China und Indien, ganz zu schweigen von den USA.
Facebook drängt in immer mehr Wirtschaftszweige vor. Durch die schiere
Größe bringt das Unternehmen eine gigantische Skalierung an den Tisch.
Wird eine neue Branche als Ziel auserkoren, dann steht diese in Windeseile
vor einer fundamentalen Umwälzung. Zwei bedeutende Branchen hat
Facebook bereits nachhaltig umgekrempelt: Die Medien- und die
Kommunikationsbranche. Facebook kreiert selbst keine eigenen Inhalte und
ist trotzdem indirekt das größte und mächtigste Medienunternehmen der
Welt. Der Medienmarkt hat ein Volumen von mehreren hundert Milliarden
Dollar. Für immer mehr Menschen wird der Facebook-Nachrichtenstream
zur zentralen Nachrichtenquelle. Konsequenz: Medien, die mit ihren
Inhalten nicht auf Facebook auftauchen, werden irrelevant. Im Schnitt
verbringen amerikanische Facebooknutzer pro Tag rund eine Stunde in dem
sozialen Netzwerk. Mittlerweile bietet Facebook Medienunternehmen das
komfortable Einstellen von hochwertigen Inhalten mittels spezieller
Werkzeuge an. Damit erscheinen die Artikel von renommierten
Medienunternehmen direkt im Nachrichtenstream des Facebooknutzers, der
sich den Weg zum Kiosk spart und seine favorisierten Inhalte direkt
konsumieren kann. Die Zahlen sind heute schon gewaltig und zeigen den
Umbruch: Von den Facebookseiten wird mehr Datenverkehr zu Newsseiten
geleitet als von Google. Experten von Bloomberg schätzen gar, dass sich
das Volumen auf über 50 Prozent beläuft. Facebook profitiert also von der
Bequemlichkeit der Menschen, die die Nachrichtenseiten nicht mehr direkt,
sondern nur noch indirekt über Facebook selber ansteuern.
Dementsprechend wird die Luft für Medienunternehmen immer dünner.
Nur wer das Spiel mit Facebook mitmacht und Inhalte auf deren Seiten
veröffentlicht, kann sich noch eine Scheibe des Werbekuchens abschneiden.
Durch seinen einzigartigen Datenschatz liegt Facebook auch in der
Vermarktung gegenüber Nachrichtenseiten klar im Vorteil.292
Die Geschäftszahlen von Facebook zeigen denn auch, wie gut es dem
Unternehmen gelingt, die Nutzung auf der Plattform zu monetarisieren.
Auch in der Telekommunikationsindustrie hat Facebook mit dem Facebook
Messenger und dank des milliardenschweren WhatsApp Zukaufs für
Aufruhr gesorgt. Die für die Telkos so lukrative Gelddruckmaschine
Kurzmitteilungen (SMS) sind durch die Messaging-Dienste von Facebook
praktisch perdu. Es handelt sich hier um zweistellige Milliardenerträge, die
den Telekomkonzernen abhanden gekommen sind. Facebook nutzt in Form
eines digitalen »Parasiten« geschickt die milliardenteure Netzinfrastruktur
der Telkos und macht ihnen gleichzeitig ihr lukrativstes Geschäft zunichte.
Disruption in seiner Reinform. Nicht ohne Grund beklagte sich Telekom-
Chef Timotheus Höttges im Dezember 2016 in einem mehrseitigen
Interview mit dem Handelsblatt, dass Unternehmen wie die Telekom sich
mit »ganz anderem Ballast an Rahmenbedingungen, Gesetzen und internen
Priorisierungen« herumschlagen müssen, während sich die Techkonzerne
und Start-ups aus dem Silicon Valley in Form eines »zivilen Ungehorsams«
über bestehende Regeln hinwegsetzen und stattdessen neue
Rahmenbedingungen und Fakten schaffen. Sie orientieren sich mit ihrem
Design-Thinking »absolut kompromisslos immer an dem Problem des
Kunden.«293

Führungsstil
Zuckerbergs Führungsstil ist mit Fug und Recht als einzigartig zu
bezeichnen. Aus einer studentischen Idee heraus entstand innerhalb von gut
zehn Jahren ein Unternehmen, das mit einer Börsenkapitalisierung von rund
fünfhundert Milliarden Dollar zu den zehn teuersten Unternehmen der Welt
zählt. Bei Facebook dreht sich alles um Zuckerberg. »Alles startet mit ihm,
endet aber nicht bei ihm«, so beschreibt Mike Hoefflinger die Situation in
dem Buch ›Becoming Facebook‹. Hoefflinger muss es wissen, gehört er
doch als leitender Mitarbeiter seit Jahren zum inneren Zirkel des
Unternehmens.294

Geniale Entwickler gibt es zahlreiche. Geniale Unternehmer aber, die aus


ihrer Gründungsidee heraus einen Welterfolg kreieren, sind ganz selten.
Erfolgsrezept dafür war, dass sich Zuckerberg kontinuierlich
weiterentwickelt hat. So setzt er sich jedes Jahr ein Jahresziel. Ob er sich
vornimmt, alle zwei Wochen ein Buch zu lesen, Chinesisch zu lernen oder,
wie 2016, sich wieder als Programmierer zu betätigen und einen digitalen
Assistenten zu entwickeln, all diese Ziele unterstreichen seinen unbändigen
Willen, zu lernen und sich weiterzuentwickeln. Neben Peter Thiel besticht
der Aufsichtsrat von Facebook mit der Venture Capital Legende Marc
Andreessen, dem Netflix Gründer Reed Hastings und der Chefin der Gates
Foundation Susan Desmond-Hellmann nicht nur durch Prominenz, sondern
noch viel mehr durch hohe Sachkompetenz, ideale Voraussetzungen für
Zuckerberg, sich im kritischen Sparring zu messen.295
Zuckerberg musste einem Boxer gleich aber auch schon viel einstecken.
Doch wer in der Lage ist, dem standzuhalten und immer wieder
aufzustehen, gehört zu den ganz Großen. Die schwierigste Zeit war sicher
das erste Halbjahr nach dem Börsengang 2012. Der Aktienkurs brach um
über 50 Prozent ein, Zweifel am Geschäftsmodell und an Zuckerberg selbst
wuchsen. Beide waren angezählt. Zuckerberg kann sich auf die Fahne
schreiben, dass nur zwei andere Tech-Titanen, nämlich Apple und Google,
ein vergleichbarer Turnaround hingelegt haben.296 Zuckerberg ist also nicht
nur ein Schönwetter-Unternehmer und gleicht auch hier Thiel: Er verlässt
sich auf sein Gespür und seine Intuition, und der Erfolg hat ihm bisher recht
gegeben.
Schaut man sich Zuckerbergs Führungsprinzipien genauer an, stößt man
unweigerlich auf die folgenden fünf Punkte:

1. Leidenschaft
Zuckerberg »brennt« für sein Unternehmen und die dahinterliegende
Mission. An schwierigen Tagen, so Zuckerberg, würde er immer einen
Schritt zurücktreten und daran denken, dass Facebooks Mission, die Welt zu
einem besseren Ort zu machen, ihn motiviert weiterzumachen.

2. Zielsetzung
Die wirklich großen Firmen haben eine spezielle Zielsetzung, ausgehend
von der Personalrekrutierung, der Gewinnung der richtigen Investoren über
das Marketing bis zum Kundenservice. Große Unternehmer und bedeutende
Firmen stehen nicht nur für ihre Produkte, sondern für eine Bewegung. Bei
Facebook, so Zuckerberg, sei man »inspiriert von Technologien, die die
Informationsvermittlung und -konsumierung revolutioniert haben«. Beste
Beispiele für ihn sind die Druckpresse und das Fernsehen. »Sie gaben mehr
Menschen eine Stimme. Sie spornten zu Fortschritt an. Sie veränderten die
Richtung, in die sich die Gesellschaft bewegte. Sie brachten uns näher
zusammen.« Für ihn ist es Motivation, Facebook in diese Kette bedeutender
Innovationen der Mediengeschichte einzureihen.

3. Menschen
Innovative Firmen zeichnen sich dadurch aus, dass sie ihren Mitarbeitern
große Freiheiten einräumen, damit sie ihren Neigungen und Interessen
folgend Innovationen entwickeln können. Aber sie animieren sie auch,
Risiken einzugehen. Neuen Mitarbeitern wird in intensivem Training die
Facebookformel für schnelles und kreatives Programmieren gemäß des
Zuckerbergschen »HackerWay« beigebracht. Für Zuckerberg sind zwei
Dinge extrem wichtig, damit ein Unternehmen prosperiert: Eine klare
Richtung und sehr gute Mitarbeiter, die das Ganze operativ umsetzen
können.

4. Produkt
Zuckerberg und Facebook stehen voll hinter ihrem Produkt. Zentraler
Baustein dafür ist die Philosophie »move fast and break things«. Der
Glaube an das eigene Produkt hat Zuckerberg auch an manchen Stellen
immun gegenüber Kritik gemacht. Als der Newsfeed eingeführt wurde, gab
es von Anwendern Kritik. Zuckerberg sah darüber hinweg und inzwischen
ist er ein wesentlicher Wachstumsmotor für den Erfolg und die Dominanz
von Facebook im Bereich sozialer Netzwerke. Facebooks »Hacker Way«
sorgt für kontinuierliche Verbesserungen und Iterationen. Zuckerbergs
Hacker-Mantra lautet: »(Software-) Code gewinnt Argumente.«

5. Partnerschaften
Kein Unternehmer, und sei er noch so brillant, kann eine Firma alleine
führen. Erfolg ist ein Teamsport. Erfolgreiche Unternehmer kennen ihre
Stärken, aber auch ihre Schwächen. Zuckerbergs kongenialer Partner ist
Sheryl Sandberg. Sie leitet als COO das operative Tagesgeschäft.
Zuckerberg kann sich so voll auf die strategische Entwicklung
konzentrieren. Auf Sandbergs Erfolgskonto geht die erfolgreiche
Ausführung der Monetarisierungsstrategie. Sie hat Facebook zu einer
Gelddruckmaschine gemacht. »Sheryl ist mein Partner bei der Führung von
Facebook und sie ist zentral für unser Wachstum und unseren Erfolg über
all die Jahre«, so Zuckerberg.297

Unternehmensstrategie
Steve Jobs Rede im Juni 2005 vor Absolventen an der Stanford University
ging in die Geschichte ein. Die Rede ist gespickt mit vielen
bemerkenswerten Sätzen und Weisheiten. Auf Zuckerberg, der zu jenem
Zeitpunkt mit Facebook gerade auf dem Weg ins Silicon Valley war, passt
folgender Satz: »You can’t connect the dots looking forward; you can only
connect them looking backward.« Man kann die Punkte nicht
vorausschauend verbinden, das kann man nur rückblickend. Schaut man
zurück auf Zuckerbergs bisherigen Werdegang, können wir nachvollziehen,
was Jobs damit meinte: Das Ziel, die Welt offener und verbundener zu
machen, begleitet Zuckerberg bis heute, er verfolgt es heute nur in viel
größerem Maßstab.298
Facebook ist Marc Zuckerbergs Lebensaufgabe. So wie Warren Buffett
anscheinend die Kunst des Investierens in die Wiege gelegt worden ist, hat
Zuckerberg seine Kenntnisse der Psychologie und seine Programmierkünste
der Mission für Facebook verschrieben. Ähnlich wie bei Buffett kann man
sich Facebook nicht ohne Zuckerberg vorstellen. Das ist die große Chance,
aber auch möglicherweise das größte Risiko.
Da Zuckerberg über ein Aktienmehrfachstimmrecht verfügt, kann er
kurzfristig und opportunistisch auf neue Entwicklungen reagieren. Die
Übernahmen von WhatsApp und die des Virtual-Reality-Spezialisten
Oculus sind eine eindrückliche Bestätigung dieser Strategie. Zur DNA von
Zuckerberg und Facebook gehört die Geschwindigkeit. Sie ist für ihn ein
Feature. Jeden Tag wird neuer Programmcode an die Kunden ausgeliefert,
Stillstand ist Rückschritt. Bei Microsoft, dem Unternehmen seines großen
Vorbilds Bill Gates, dauert es bis zu drei Jahre, bis eine neue Office-
Programmversion auf den Markt kommt. Facebook muss schnell und
wendig bleiben, um in der schnelllebigen Welt sozialer Netzwerke immer
auf Höhe des Konsumentengeschmacks zu sein. Wie im alten Rom geht es
auch in der Welt des 21. Jahrhunderts um »Brot und Spiele«. Die breite
Masse will gut unterhalten werden und lässt die Werbekassen bei Facebook
klingeln.
Zuckerbergs bisherige Wetten sind aufgegangen. Sein Kauf der Foto-
App Instagram für eine Milliarde Dollar wirkt heute geradezu wie ein
Schnäppchen à la Warren Buffett. Analysten taxieren den Wert von
Instagram heute auf über 35 Milliarden Dollar. Zuckerberg benötigt wie
jeder erfolgreiche Football-Coach eine gute Offensiv- wie Devensiv-
Strategie. Bisher hat er seit dem Börsengang insbesondere in der Defensive
geglänzt und sich mit Instagram, WhatsApp und Oculus Rift drei harte
Wettbewerber, die Facebook hätten gefährlich werden können, einverleibt.
Durch das sprudelnde Werbegeschäft und die Dominanz als
Quasimonopolist bei sozialen Netzwerken kann er einen langfristigen
Erfolgsplan aufstellen. Hier ist er in einer komfortableren Position als Thiel
mit PayPal. Zuckerberg ist es gelungen, neben den anderen drei AAA-Tech-
Titanen (Apple, Alphabet, Amazon) ein eigenes Ökosystem und einen
Quasi-Monopolisten praktisch aus dem Nichts heraus hinzustellen. Thiel
schaffte den Erfolg von PayPal nur auf dem Rücken von eBay und sah sich
immer dessen Druck ausgesetzt. Deshalb konnte er nie auf »long« gehen
und den maximalen Investmentertrag für sich verbuchen. Anfangs wurde
Zuckerberg dafür belächelt, als er Facebook als »Plattform« titulierte. Doch
dank seiner ureigenen Strategie ist ihm dies gelungen. Diese gliedert sich
im Wesentlichen in drei Blöcke:

1. Gewinnmaximierung
Neu hinzukommende Kunden kosten Facebook im Verhältnis wenig. Hier
spielt der Netzwerkeffekt Zuckerberg voll in die Karten. Gleichzeitig
versucht Facebook mit der Entwicklung eigener Rechner und ganzer
Rechenzentren die Infrastrukturkosten zu senken und gleichzeitig auch die
bestehenden Facebookdienste besser zu monetarisieren.

2. Erschließung neuer Zielgruppen


Hier kann sich Zuckerberg erlauben, sehr langfristig zu denken. Er umgarnt
die Milliardenmärkte China und Indien in einer Charmeoffensive, weiß aber
auch, dass die Strategien nur sehr langfristig greifen.

3. Entwicklung neuer Erlösquellen


Mit der Monetarisierung von Videos entstand schon ein veritabler
Konkurrent zu YouTube. Facebook for Work, also eine
Unternehmensversion à la LinkedIn, ist ebenfalls schon auf dem Weg in den
breiten Einsatz. Möglicherweise werden Geldtransfergeschäfte zwischen
den Facebook-Mitgliedern à la PayPal auch ein Thema. Zumindest
kooperiert Facebook mit Startups wie Tranferwise auf diesem Gebiet und
verfügt bereits seit 2016 über eine in Irland ausgestellte Bezahllizenz.299

Doch auch ein Mark Zuckerberg hat nur zwei Augen, um den Markt zu
sondieren. Deshalb hat Facebook heimlich still und leise ein kleines
israelisches Start-up mit Namen Onavo für 100 Millionen Dollar gekauft.
Für Facebook ein Schnäppchen. Onavo hat eine mächtige Analyseplattform
für Apps entwickelt und kann das Gras wachsen hören, wenn irgendwo in
den App Stores von Apple oder Google eine neue App oder ein neues
Genre kurz vor der Explosion steht. Onavo war denn auch die einzige
außenstehende Firma, die exakt das Potenzial von dem Facebook-
Konkurrenten Snapchat quantifizieren konnte. Nun kann Zuckerberg
zukünftig unliebsame Konkurrenten Wettbewerbern wie Alphabet vor der
Nase wegkaufen!300

Unternehmenskultur und Kommunikation


Facebooks Kultur ist geprägt durch die »Hacking Kultur« bzw. den
»Hacking Way«. Zuckerberg als oberster Programmierer lebt dies vor. Das
ursprüngliche Facebook-Motto »move fast and break things« ist eine Replik
an PayPals Anfänge als Start-up.301 Das von PayPal geprägte Vorgehen in
schnellen Iterationsschritten wurde von Zuckerberg nochmals
perfektioniert. Früher, so Zuckerberg, habe er sich auch zu dem Lager
gezählt, die Fehler als tolerabel ansehen. Doch mit dem Wachstum von
Facebook hätte die Fehlerkultur zu einer unüberschaubar wachsenden
Anzahl an Fehlern geführt, die nicht mehr kontrollierbar und behebbar
geworden wäre. Facebook wäre in seinen Fehlern erstickt und die
Zufriedenheit der Nutzer hätte darunter spürbar gelitten. So wurde das
bisherige Motto aufs Altenteil gesetzt und stattdessen lautet das
modifizierte Motto nun »Move fast with stable Infrastructure«. Für
Zuckerberg eine logische Anpassung. Entsprechend dem Level der
Skalierung, auf der man sich befinde, müsse man »die Dinge tun, die zur
Umgebung gehören, wo man sich befindet, und zu dem Rang, den man in
der Welt einnimmt.« Anders ausgedrückt: Facebook ist mit mehr als zwei
Milliarden Usern kein Spielplatz mehr für Hacker, sondern ein
Infrastrukturunternehmen, vergleichbar Stromversorgern oder
Telekommunikationsunternehmen. Facebook ist für viele Menschen auf der
Welt »lebensnotwendig« und der Service muss zu jeder Tages- und
Nachtzeit voll verfügbar sein.
Für Zuckerberg ist es eine enorme Herausforderung, Kultur und
Wachstum im Einklang zu halten. »Es wird nicht einfacher, wenn man
wächst. Aber ich denke, der Punkt ist nicht, die Kultur exakt gleich
beizubehalten. Wir haben verschiedene Werte, die abbilden, wie wir uns
unser Handeln vorstellen, um unserer Community am besten zu dienen.
Aber wie wir die Dinge handhaben, das ändert sich mit der Zeit.«
Zuckerberg ist der Überzeugung, dass die übergreifenden Firmenziele
helfen, dass das Unternehmen Facebook bleibt, unabhängig von der Größe,
die es in Zukunft erreichen wird. Erlebbar wird dies an den Räumlichkeiten
und der gelebten internen Atmosphäre. Die Böden sind immer noch blanker
Zement, das Gebälk und die Decken freigelegt, Mitarbeiter sind angehalten,
Ideen an die Wände zu schreiben. Jeder – Zuckerberg und Sandberg
eingeschlossen – arbeitet an Tischen in offenen Räumen. So soll die Start-
up-Kultur der Anfänge erhalten bleiben. »Ich denke, es ist ein Prozess, über
die Zeit eine Kultur zu schaffen, in der die Leute über die Mission genauso
denken wie ich«, so Zuckerberg. »Das erlaubt uns, an immer mehr
Produkten und Dingen zu arbeiten und nach Lösungen für die Welt zu
suchen.«302
Für das weitere Wachstum und die Aufrechterhaltung der Kultur ist es
dementsprechend wichtig, weitere sehr gute Mitarbeiter anzuziehen. Thiel
hat dies als einen ganz wichtigen Punkt in seinem Buch ›Zero to One‹
beschrieben. Kevin Systrom, CEO und Gründer von Instagram, drückt den
Erfolg von Facebook so aus: »Smarte Leute wollen generell mit anderen
smarten Leuten an großen Herausforderungen arbeiten.« Er sieht darin eine
positive Rückkopplungsschleife, dass sehr gute Leute wiederum andere sehr
gute Leute anziehen. Entscheidend bei der Personalrekrutierung sind die
ersten 100, die ersten 500 und die ersten 1000 Mitarbeiter. Eine sehr gute
Basis an Mitarbeitern ist der Grundstock für weiteres Personalwachstum in
gleichbleibend hoher Qualität. Facebook profitiert nach Aussage ihrer
Personalchefin Lori Goler zudem von einem starken
Empfehlungsmarketing der Mitarbeiter. 303

Für Bill McLawhon, den Leiter der Führungskräfteentwicklung und mit 56


Jahren ein Exot unter den im Schnitt gerade einmal 30-jährigen
Mitarbeitern, ist es denn auch wichtig, dass Facebook einen weltweiten
»Footprint« hinterlässt, da es immer mehr Mitglieder und damit Kunden
außerhalb der USA für sich gewinnt. Er erwartet, dass die zweite und dritte
Milliarde an Nutzern aus Entwicklungsländern kommen wird. So spannt
Facebook mittlerweile ein weltweites strategisches Netz an Datencentern,
Entwickler- und Vertriebsbüros in strategisch wichtigen »Hubs«. Wichtig,
so McLawhon, ist der »parallele Fluss an Informationen, Strategien und
Führung« in beide Richtungen. Die Facebookwerte wie Schnelligkeit,
Autonomie, Risikofreude, Skepsis gegenüber Hierarchien sind häufig
diametral entgegengesetzt den Werten von Kulturen sich entwickelnder
Länder. Dementsprechend liegt die große Herausforderung für Facebook
darin, Mitarbeiter zu finden, die sich mit der Facebookkultur und mit ihrer
lokalen Umgebung im Einklang befinden.304

Unternehmensführung
Facebook basiert auf einer matrixförmigen Organisationsstruktur. Damit
verfügt es über einen strukturellen Vorteil, um schnell auf Markttrends und -
veränderungen reagieren zu können. Gleichzeitig übt die Zentrale eine
starke Kontrollfunktion auf die weltweiten Aktivitäten aus.
Die drei Facebook Organisationseinheiten gliedern sich wie folgt:

Funktional orientierte Unternehmensteams


Facebook unterhält für die einzelnen Unternehmensfunktionen Teams, um
die operativen Aktivitäten entlang der gesamten Organisationsstruktur zu
bestreiten. Dies ist charakteristisch für die unterschiedlichen Bedürfnisse
des Online Social Media Geschäfts, wie z. B. der Bereich Forschung und
Entwicklung. Die Matrixorganisation führt dazu, dass die funktionalen
Unternehmensteams mit den geografisch und produktorientierten
Geschäftsbereichen über Teamgrenzen hinweg zusammenarbeiten.
Aktuell gehören dazu u. a.: Finanzen, operative Aufgaben, Produkt,
Forschung & Entwicklung, Datenschutz & Sicherheit, Technologie &
Engineering, Global Marketing, Globale Kreativstrategie.

Geografisch orientierte Geschäftsbereiche


Facebook helfen diese Geschäftsbereiche, die Unterschiede in den
Dynamiken der Online-Werbemärkte besser und schneller einschätzen zu
können. Lateinamerikanische Werbetreibende setzen bspw. andere
Schwerpunkte als diejenigen in Europa. Auch die Personalabteilungen sind
regional organisiert. Manche der geografisch orientierten Geschäftsbereiche
teilen sich aufgrund der Matrixorganisation Ressourcen mit den funktional
orientierten Unternehmensteams. Die regionalen Geschäftsbereiche sind
aufgeteilt in: Nordamerika, Lateinamerika, Europa mit Mittlerer Osten &
Afrika sowie Asien & Südpazifik.

Produktbasierte Geschäftsbereiche
Hierunter verstehen sich Teams, die an operativen Produkten der
Gesamtorganisation arbeiten. Der globale und firmenweite Ansatz der
Produktentwicklung ist eine Konsequenz des Plattformgeschäfts, wo alle
Dienste allen Nutzern weltweit zur Verfügung gestellt werden. Mögliche
Expansionen und Diversifizierungen sind darin auch berücksichtigt. Durch
neu hinzukommende Produkte und Unternehmungen werden mehr
produktbasierte Bereiche dazukommen. Aktuell fallen darunter Bereiche
wie Facebook Messenger oder die Mobilprodukte.305
Bisher haben sich Zuckerberg und Sandberg stark auf das Kerngeschäft
und den Ausbau von Facebook als die weltweit führende
Kommunikationsplattform konzentriert. Kennzeichnend ist auch die
Akquisitionspolitik von Facebook: Zuckerberg übernimmt ganze
Unternehmen wie Instagram und WhatsApp oder Oculus und ist dafür auch
bereit, vordergründig hohe Preise zu bezahlen. Konkurrent Alphabet
hingegen versucht sich mit zahlreichen »Moonshot«-Projekten wie
selbstfahrende Autos oder der Heimautomatisierung mit dem Ziel, die
Google-Werbeplattform und das mobile Betriebssystem Android in immer
mehr Geräte »einzupflanzen«. Zuckerberg konzentriert sich hingegen bei
seinen »Moonshot«-Projekten wie der VR-Plattform Oculus Rift oder der
Internet.org Initiative zur Erschließung des Internets in abgelegenen
Weltregionen mit mangelhafter Infrastruktur stark auf Projekte, die zwar
risikobehaftet sind, aber unmittelbar das Kerngeschäft von Facebook
betreffen: nämlich immer mehr Facebook-Nutzer weltweit zu erreichen und
diese immer besser zu vernetzen.

Realzeit-Unternehmen und -Metriken


Facebook stellt nicht nur seinen werbetreibenden Kunden Werkzeuge für
die Erfolgskontrolle zur Verfügung, sondern nutzt natürlich auch intern
Metriken, um einen Realzeitüberblick über die wichtigsten Kennziffern im
Unternehmen zu haben.
Facebook unterscheidet zwischen den direkten Kennzahlen, die auch in
Investorenpräsentationen veröffentlicht werden, und indirekten Kennzahlen,
die die Produktivität der Plattform und im Unternehmen messen:

Direkte Kennzahlen (Investoren)


– Tägliche aktive Nutzer Gesamt (DAUs, Daily Active Users)
– Tägliche aktive Nutzer Mobil (Mobile DAUs)
– Durchschnittlicher Umsatz pro Kunde (ARPU, Average Revenue per
User)
– Umsatz nach Regionen (Revenue by User Geography)
– Werbeumsätze nach Regionen (Advertising Revenue by User Geography)

Indirekte Kennzahlen (Produktivität)


– Anzahl der im Betrieb befindlichen Server (Produktivität Datencenter)
– Gelöste offene Punkte pro Tag (Produktivität Entwicklerteam)
– Anzahl verarbeiteter Mitteilungen pro Tag (Produktivität Kundenservice)

Facebook nutzt seine Realzeit-Metriken auch für die Entwicklung neuer


Features. Diese werden zunächst an eine kleine Gruppe der Nutzer (rund 1
Prozent) freigegeben. Finden sie Akzeptanz, dann wird die »Schleuse«
geöffnet und das Feature auch den anderen Nutzern zur Verfügung gestellt.
Kommt die neue Funktion bei der Fokus-Gruppe nicht an, dann wird das
Feature entweder nochmals überdacht oder aufgrund fehlender Akzeptanz
gestrichen. Hier hat Facebook als digitale Plattform einen unschätzbaren
Vorteil des »Rapid Prototyping« gegenüber Technologieunternehmen wie
Apple oder Tesla, die physische Produkte herstellen und in viel längeren
Zyklen, aber auch viel konservativer in der Produktentwicklung denken
müssen.306

Klare Verantwortlichkeiten
Facebook weist in den Verantwortlichkeiten viele Ähnlichkeiten mit PayPal
zur Zeit von Thiel auf. Thiel und Zuckerberg ähneln sich sehr: Beide sind
zwei stark unternehmerisch geprägte Gründer mit klaren Visionen und
setzen diese auch um. Zuckerberg ist wohl dem Rat seines
Aufsichtsratsmitglieds Thiel gefolgt und konzentriert sich wie dieser in
seiner PayPal-Zeit voll auf die strategische Ausrichtung. Was Reid Hoffman
für Peter Thiel bei PayPal war, füllt bei Facebook Sherril Sandberg mit der
operativen Führung des Tagesgeschäfts aus. Für Zuckerberg spricht auch,
dass er die zugekauften Unternehmen Instagram und WhatsApp nicht
einfach aufgekauft, sondern ihre jeweiligen Gründer als CEOs belassen hat
und diesen sogar einen großen Entscheidungsspielraum einräumt, als ob die
Unternehmen noch immer selbstständig operieren würden. Im Gegenzug
bieten sich aber durch die Matrixorganisation und das Führungsteam um
Zuckerberg, Sandberg und dem Technikchef Mike Schroepfer für die neu
hinzugekommenen CEOs Kevin Systrom (Instagram) und Jan Koum
(WhatsApp) einzigartige Möglichkeiten in der Zusammenarbeit und der
Nutzung von nahezu unbegrenzten Ressourcen durch den Mutterkonzern
Facebook. Die Matrixorganisation von Facebook unterstützt die Bedeutung
von unternehmerisch geprägten Verantwortlichkeiten im Unternehmen.
Flache Hierarchien und die Abneigung gegenüber Titeln erfordern im
Gegenzug, dass jeder einzelne Mitarbeiter Verantwortung für seinen Teil
trägt. Facebook ist ein digitales Plattformunternehmen durch und durch und
damit wird auch jeder Mitarbeiter in seinem verantwortlichen Handeln
transparent.

Fokus
Zuckerberg in strategischer und Sandberg in operativer Hinsicht sind
äußerst fokussiert darauf, Facebook operativ wie auch strategisch auf Kurs
der Unternehmensmission zu halten. Alle im Unternehmen sind darauf
fokussiert, den Nutzern immer bessere Möglichkeiten der Vernetzung und
Kommunikation an die Hand zu geben. Facebook operiert dabei ähnlich wie
Apple oder auch PayPal unter Thiel. Man konzentriert sich auf den
eigentlichen Kern und den Treiber des Geschäfts: Die Funktion des sozialen
Netzwerks. Auch PayPal hat sich unter Thiel nicht verzettelt und vom
Gedanken eines Financial Supermarkts, den Elon Musk mit ins
Unternehmen brachte, Abstand genommen. Trotz oder gerade wegen der
monopolartigen Stellung von Facebook mit mehr als 2 Milliarden Nutzern
lastet auch ein enormer Druck auf dem Unternehmen und Zuckerberg, dem
es gerecht zu werden gilt. Die größte Herausforderung ist deshalb, die
schnell wachsenden Plattformen Facebook, Messenger, Instagram und
WhatsApp stabil und performant zu halten.
Nutzer werden im mobilen Zeitalter der ständigen Verfügbarkeit schnell
ungehalten, wenn sie nicht in der Lage sind, die aktuellsten Posts, Likes,
Messages und Bilder abzurufen oder gar hochzuladen. Deshalb investiert
Facebook viel Entwicklungskapazitäten in den Aufbau eigener Rechner-
und Netzwerktechnik, die als OpenSource auch Drittunternehmen zur
Verfügung gestellt wird, um so weitere Innovationen voranzubringen. Nicht
ohne Grund steht der Terminus »stable Infrastructure« in der neuen
Missionsaussage von Facebook. Sandberg konzentriert sich darauf, die
operative Maschine mit dem Werbegeschäft Zug um Zug auszubauen. Mit
Bedacht wurde die Monetarisierung von Instagram gestartet, während man
sich bei WhatsApp bewusst Zeit lässt. Facebook kann es sich leisten, dort
den Fokus zunächst auf maximales Nutzerwachstum zu legen. Zuckerberg
legt seinen strategischen Fokus mit der Initiative Internet.org und dem
zugekauften Virtual Reality Unternehmen Oculus Rift auf die nächsten ein
bis zwei Milliarden Neukunden in Entwicklungsländern und auf die
Bespaßung der High-End-Kunden mit dem Hype-Thema Virtual Reality.

Produktzentriertheit
Facebook kam mit seinem sozialen Netzwerk zum richtigen Zeitpunkt und
hat den Nerv der »digital Natives« getroffen. Zuckerberg schuf eine
einfache und klare Benutzeroberfläche, die es den Nutzern innerhalb
kürzester Zeit erlaubt, ein eigenes Profil anzulegen, Inhalte hochzuladen
und sich mit Freunden zu vernetzen. Ähnlich wie PayPal, das
Geldüberweisungen mittels E-Mail chic gemacht hat, kann Facebook von
noch größeren Netzwerkeffekten durch die nahezu unbegrenzten
Vernetzungsmöglichkeiten profitieren. Zuckerberg ist denn auch stolz
darauf, dass jeden Tag neue Features an die Kunden gehen. Das ist
nochmals eine deutliche Frequenzsteigerung gegenüber PayPal zu Zeiten
seines Freundes Peter Thiel. Zuckerberg hat gezeigt, dass er nicht nur ein
soziales Netzwerk entwickeln und hochziehen kann. Er hat seine frühe
Vision einer Plattform, für die er lange müde belächelt wurde, mit
stringenter Konsequenz umgesetzt. Heute ist Facebook die
Kommunikationszentrale schlechthin. Was das Facebook-Team nicht selbst
erfand, kaufte Zuckerberg durch geschickte, manchmal teure Deals wie
WhatsApp oder Oculus Rift dazu. Ein Verzetteln in naheliegende Bereiche
wie eCommerce oder digitale Bezahlverfahren wird durch eine sehr
verhaltene Herangehensweise vermieden. Noch wachsen das Werbegeschäft
und die dortigen Möglichkeiten der Monetarisierung so stark, dass man alle
Hände voll zu tun hat, erst einmal diese auszuschöpfen.

Mitarbeiterbindung und -beteiligung


Die Strategieberatung McKinsey erregte 1998 mit dem Studientitel »Krieg
um Talente« in der Unternehmenswelt große Aufmerksamkeit. Die
Quintessenz der Untersuchung war, dass der zukünftige
Unternehmenserfolg immer stärker davon abhängt, die qualifiziertesten und
besten Mitarbeiter zu bekommen.307 Gerade im Silicon Valley wird der
Kampf um Talente, vor allem wenn es sich um Experten auf den Gebieten
Big Data oder maschinelles Lernen handelt, bis aufs Äußerste geführt.
Insbesondere Firmen, die in wenigen Jahren extrem gewachsen sind
(Facebook von wenigen hundert Mitarbeitern auf weit über 10.000), stehen
vor der Herausforderung, pro Jahr Tausende neuer Mitarbeiter einzustellen,
die die notwendige Qualifikation mitbringen, aber auch zum Unternehmen
passen müssen. Dementsprechend kommt dem Rekrutierungsprozess eine
große Bedeutung zu.
Personalchefin Lori Goler erläuterte gegenüber Business Insider die
fünf Punkte, auf die Facebook bei der Einstellung seiner Mitarbeiter achtet:

1. Mutig sein
Von den Mitarbeitern wird verlangt, dass sie mutige Entscheidungen
treffen, auch wenn es manchmal die falschen sind. Doch nur so könne
Facebook die Speerspitze der Innovation bleiben. Zuckerberg meinte denn
auch schon im Börsenprospekt, dass das größte Risiko darin bestünde,
keine Risiken einzugehen.

2. Wirkung erzielen
Neue Mitarbeiter müssen eine große Neugierde mitbringen. Sie müssen eins
sein mit der Facebook-Mission, die Welt offener und verbundener zu
machen.

3. Schnell sein
In Facebooks Wertekanon heißt es: »Wir haben weniger Angst vor Fehlern,
als durch langsames Vorgehen Möglichkeiten auszulassen.« Facebook hat
eine Kultur der Erschaffer.

4. Offen sein
»Offenheit und Transparenz, Gemeinschaften aufbauen, miteinander
arbeiten – das sind die die wichtigen Elemente bei unserer Arbeit«, so
Goler. Unterstützt wird dies durch die offenen Räumlichkeiten, aber auch
durch die Kultur der ständigen Rückkopplung.

5. Schaffung sozialer Werte


Facebook ist eine auf Stärken basierende Organisation. Goler hat sich
diesen Terminus von dem Managementberater und Buchautor Marcus
Buckingham geliehen. Buckingham vertritt die These, dass eine
Firmenkultur auf den Talenten der einzelnen Mitarbeiter beruhen muss und
nicht auf deren Schwächen. Damit identifizieren sich Mitarbeiter stark mit
ihren Aufgaben, dürfen sie doch das tun, was sie am besten können und was
sie als bedeutungsvoll empfinden.308

Doch nicht nur die Personalrekrutierung ist ein wichtiger Fokus, sondern
auch eine hohe Zufriedenheit der bereits Beschäftigten. Kein leichtes
Unterfangen im Silicon Valley, wo sich ständig neue Möglichkeiten auftun,
neue Start-ups aus dem Boden sprießen und neue Themen die Runde
machen. Nicht nur Facebooks Finanzzahlen sind überzeugend, sondern
auch die Zahlen, an denen die Personalabteilung gemessen wird.
Facebook trifft mit seiner Kultur, die Stärken der Mitarbeiter zu fördern,
den Nerv der sogenannten Millennial-Generation, also derjenigen, die nach
1980 geboren wurden. Für sie steht an vorderster Stelle ein erfülltes Leben,
was gleichbedeutend mit Erfolg und Anerkennung im Beruf ist. Bis 2025
werden die Millennials einen Anteil an der arbeitenden Bevölkerung in den
USA von 44 Prozent haben und damit die größte Gruppe darstellen.
In einer Umfrage des Gehaltsanalyse-Unternehmens Payscale im Jahr
2015 unter 33.500 Beschäftigten der Technologiebranche erzielte Facebook
unter 18 teilnehmenden Technologieunternehmen das beste
Unternehmensrating aus der Perspektive der eigenen Mitarbeiter. Demnach
waren 96 Prozent der Mitarbeiter zufrieden mit ihrem Arbeitgeber. Auch
bei der Wahl des besten Arbeitgebers schneidet Facebook sehr gut ab. Laut
der Internetseite Glassdor, über die Mitarbeiter anonym ihren Arbeitgeber
bewerten können, ist Facebook mit einem Ergebnis von 4,5 von 5
möglichen Sternen die Nr. 1 bei der Wahl des »Besten Arbeitgebers 2017«
für Technologieunternehmen. Demnach würden 92 Prozent der Mitarbeiter
Facebook Freunden als Arbeitgeber weiterempfehlen und 92 Prozent sehen
die zukünftigen Perspektiven von Facebook als positiv an. Zuckerbergs
Führungsrolle erhält gar eine rekordverdächtige Zustimmungsquote von 98
Prozent. Folgerichtig gewinnt Facebook auch mehr Mitarbeiter von anderen
Top-Tech-Unternehmen als umgekehrt. Von Apple zog es elf mal mehr
Mitarbeiter zu Facebook als umgekehrt. Bei Google ist das Verhältnis 15:1
und bei Microsoft gar 30:1.
Dem Facebook-Bootcamp, das jeder neue Entwickler in den ersten
sechs Wochen durchlaufen muss, kommt für die Bindung ans Unternehmen
eine starke Bedeutung zu. Die neuen Entwickler dürfen sich am Ende der
sechswöchigen Einarbeitung das Team aussuchen, in dem sie gerne arbeiten
möchten, und nicht umgekehrt. Damit institutionalisiert Facebook die
»Stärken-basierte« Kultur. Mit Zuckerberg und Sandberg wird diese Kultur
auch von der Unternehmensspitze aus sichtbar gelebt. Während Zuckerberg
sich praktisch ausschließlich auf die strategischen Themen konzentriert,
kümmert sich Sandberg darum, dass die operative Facebook-Maschine
weiter auf allen Zylindern unter Hochdruck läuft.309

Innovationskultur
Die bekannte Managementberatung Boston Consulting Group kürt einmal
im Jahr die innovativsten Firmen. Als Facebook im Jahr 2013 einen Satz
von 43 Plätzen auf den fünften Platz gemacht hatte, fragten sich viele, ob
das denn nicht übertrieben sei. Disruptionspapst und Autor des Bestsellers
›Innovator’s Dilemma‹ Clayton Christensen lehnte es auf einer Konferenz
des renommierten Wirtschaftsmagazins Economist ab, Facebook als
Innovator einzustufen. Seiner Meinung nach liegt Facebooks Erfolg in der
erfolgreichen Skalierung des Geschäfts, was für ihn »execution« ist, also
operatives Geschäft, und nicht den Charakter von Innovation im
eigentlichen Sinne besitzt.310

In einem bemerkenswerten Aufsatz zu Facebook mit dem Titel ›Facebooks


aggressiver Ansatz, um bald die weltweit populärste Website zu werden‹,
schrieb Henry Blodget, Gründer des Nachrichtenportals ›Business Insider‹,
bereits im Jahr 2010 weitsichtig über die Innovationskultur von Facebook.
Der Innovationsansatz von Facebook sei »smart«, so Blodget. Zum
damaligen Zeitpunkt gab es einen großen Aufruhr, weil Facebook
eigenmächtig die Datenschutzrichtlinien änderte, ohne die Anwender um
Zustimmung zu fragen. Das mag zwar nicht immer populär sein, so
Blodget, doch wenn eine Firma Neuland betritt, wie dies Facebook tut,
seien dies probate Mittel, damit das Unternehmen an führender Position
bleibt und nicht in seinem Innovationsdrang aufgehalten wird, weil es erst
einmal mehrere hundert Millionen Mitglieder bzw. aktuell über 1,8
Milliarden um Erlaubnis fragen muss. Blodget zog dabei Parallelen zu
Zuckerbergs großem Vorbild Bill Gates und Microsoft. Zwei Jahrzehnte
vorher setzte, so Blodget, Bill Gates auf dieselben Methoden und baute
darauf einen erfolgreichen und überaus wertvollen Weltkonzern auf.311
Blodget, vor seiner Zeit bei Business Insider erfolgreicher, aber auch
umstrittener Staranalyst von Internetaktien, sollte mit seinen Aussagen recht
behalten. Inzwischen ist es Sheryl Sandberg gelungen, aus Facebook eine
Gelddruckmaschine zu machen. Allein im Geschäftsjahr 2016 erzielte das
bis dahin gerade einmal zwölf Jahre alte Unternehmen Umsätze in Höhe
von 26 Milliarden Dollar. Für Sandberg liegt der Innovationsschlüssel in
der Kombination aus »Kreativität und Technologie«, wie sie sich gegenüber
dem Silicon Valley Magazin Fast Company ausdrückte. War noch 2012 im
Börsenprospekt zu lesen, dass Facebook keine Umsätze mit seiner mobilen
App erzielte, so entstammen mittlerweile rund 80 Prozent der Erlöse aus
dem mobilen Kanal. Sandbergs Team ist es gelungen, aus dem kleinen
Mobilscreen durch geschicktes Experimentieren mit digitaler Werbung die
maximalen Werbedollars herauszuholen. Facebook erfindet zudem die
Werbung auf dem Mobilgerät neu: Mobile Werbeformate wie 360 Grad
Videos und interaktive Werbung, mit der Anwender interagieren können,
sind nur zwei Beispiele. Unter dem Titel »Creative Hub« lancierte
Facebook eine neue Plattform, auf der Unternehmen und Agenturen neu
kreierte Werbeformate testen können. Zukünftig sollen
Marketingunternehmen speziell für das soziale Netzwerkformat Videos
produzieren, anstatt einfach nur bestehende TV-Werbespots zu adaptieren.
Entscheidend für diesen Innovationssprung und das schnelle Ausrollen
der neuen Werbeformate ist das von Zuckerberg propagierte Prinzip, dass
jeden Tag neue Features an die Nutzer ausgeliefert werden. Zuckerberg und
Sandberg sind sich dessen bewusst, dass die täglichen Neuerungen
notwendig sind, um die Nutzer weiter an die Plattform zu binden. Damit
setzen sie auf nahezu die gleichen Instrumente wie PayPal unter Thiel
eineinhalb Dekaden zuvor: Kontinuierliche Innovation durch neue
Produktfeatures.312
VII.
DER INVESTOR

»There are three steps to creating a truly valuable tech company. First, you want to find,
create, or discover a new market. Second, you monopolize that market. Then you figure out
how to expand that monopoly over time.«
Peter Thiel313

Investmentstil

Apple-Gründer Steve Jobs war nicht nur ein genial vorausschauender


Produktstratege, sondern auch ein charismatischer Redner und Präsentator.
Seine vielleicht beste Rede überhaupt hielt er zur Präsentation des bis heute
wichtigsten Appleprodukts überhaupt: des iPhones im Januar 2007. Er
begann seine Rede damit, dass man sich sehr glücklich schätzen könne,
wenn man einmal in seiner Karriere an einem revolutionären Produkt
arbeiten dürfe. Apple, so Jobs, »kann sich sehr glücklich schätzen. Es war in
der Lage, mehrere in die Welt einzuführen«. Dazu gehörte 1984 der
Macintosh, 2001 der iPod, und schließlich kündigte er in besagter Rede
gleich drei neue Produkte dieser Kategorie an.314
Was für die Entwicklung erfolgreicher Produkte gilt, gilt gleichermaßen
für das Tätigen erfolgreicher Investments. Und dies umso mehr auf dem
hochriskanten Feld der Start-up-Investments. Sie weisen das höchste
Ausfallrisiko auf. Rund 90 Prozent der Start-ups scheitern. Peter Thiel ist
das, was Jobs und Apple auf Produktseite vergönnt war, gleichermaßen auf
der Investmentseite gelungen. Er kann sich auf die Fahne schreiben, dass er
als Unternehmensgründer bei PayPal und Palantir sowie als erster externer
Investor von Facebook gleich dreimal durch sein Investment wie auch durch
seinen unternehmerischen Beitrag jeweils eine milliardenschwere
Erfolgsgeschichte hingelegt hat, die ihresgleichen sucht. Addiert man die
aktuellen Bewertungen von PayPal mit 52 Milliarden Dollar,315 Palantir mit
20 Milliarden Dollar316 und Facebook 410 Milliarden Dollar317, kommt man
auf eine Summe von schier unglaublichen 482 Milliarden Dollar. Also knapp
eine halbe Billion. Zum Vergleich: Das Unternehmenskonglomerat
Berkshire Hathaway der Investmentlegende Warren Buffett kommt auf eine
Börsenkapitalisierung von 410 Milliarden Dollar.318 Buffett, der für seinen
langen Atem bekannte Investor, startete mit Berkshire 1965, also vor über 50
Jahren. Thiel hingegen legte mit PayPal erst 1998, also vor weniger als 20
Jahren, los. Ist dies nun der Sieg der New Economy (Thiel) gegenüber der
Old Economy (Buffett)? Wie schaut der Investmentstil des Superinvestors
Peter Thiel aus? Wir wollen dem nachfolgend auf den Grund gehen und
dabei auch Parallelitäten zu Buffett herausarbeiten. Es gibt hier mehr davon,
als selbst mancher Eingeweihte denkt.

(a) Fokussiertes Investieren


Welche Rolle spielt das Glück, um so erfolgreich zu sein wie Thiel? Ist man
»politisch korrekt« so Thiel, dann ist immer ein »großer Umfang an Glück
involviert.« Er ist davon aber nicht wirklich überzeugt, denn man kann
dasselbe »Experiment«, und damit meint er dasselbe Start-up, nicht zweimal
hochziehen. Erfolgreiche Investoren müssen häufiger nein als ja sagen
können. Zahlreiche Start-up-Investoren gehen nach dem Prinzip »Spray and
Pray« vor, also »Gießkanne und Beten«. Es heißt nichts anderes, als das
Geld breit zu streuen, ohne sich tiefer gehend mit den Unternehmen und den
Gründern zu beschäftigen und zu hoffen, dass einzelne Start-ups darunter
sind, die sich zu Highflyern entwickeln und die Rendite des gesamten
Portfolios nach oben treiben. Nicht so Thiel. Für ihn kommt dieses Verhalten
dem Kaufen eines Lotterieloses gleich, was er als abstoßend den Gründern
und Unternehmen gegenüber empfindet. Auch von der Investmentseite ist es
nicht zu empfehlen. »Multipliziert man eine geringe Wahrscheinlichkeit mit
einer sehr großen Zahl, dann kommt wiederum eine sehr kleine Zahl
heraus.« Für ihn ein Armutszeugnis und ein Zeichen von Bequemlichkeit.319
Thiel setzt stattdessen auf einen fokussierten Ansatz. Die Risikokapitalfonds
seiner Gesellschaft Founders Fund beinhalten lediglich fünf bis sieben
Investments, was im Verhältnis zu anderen Risikokapitalgebern ein äußerst
konzentriertes Portfolio darstellt. Gleichzeitig muss jedes dieser
Unternehmen in der Lage sein, »ein gigantischer Erfolg« und damit ein
»Milliardengeschäft« zu werden.320 Das hat für ihn den Charakter von
Investieren. In seinem Buch ›Zero to One‹ beschreibt er seine
Investmenterfahrungen wie folgt: »Mit Facebook, der besten Investition im
Fonds des Jahres 2005, erzielten wir mehr Erträge als mit allen anderen
zusammengenommen. Palantir, die zweitbeste Investition, wird mehr Erträge
bringen als die Summe aller übrigen mit Ausnahme von Facebook.«321
Erkenntnis: Thiel favorisiert das fokussierte Investieren in wenige
Startups, deren Gründer und Geschäftsmodell ihn überzeugen.
Parallele zu Buffett: Auch Buffett hält nichts von Diversifikation. Wenn
er von einem Unternehmen überzeugt ist, dann kann es einen großen Anteil
am Portfolio ausmachen. Laut Buffett besteht ein gutes Wertpapierportfolio
aus nicht mehr als zehn Aktien. Ein Portfolio aus 20 oder mehr Aktien
vergleicht er gerne mit einem Harem. Man kennt nicht mehr jede einzelne
Aktie bzw. Frau persönlich.

(b) Kompetenzradius
Investiere nur in das, von dem du auch wirklich etwas verstehst, und auch
nur dort, wo du ein ausgezeichneter Kenner der örtlichen
Rahmenbedingungen bist. Diese Aussage wird Buffett zugeschrieben, doch
auch Thiel handelt nach einer ähnlichen Maxime, sogar noch fokussierter. In
einem Interview mit dem Magazin Stanford Lawyer im Jahr 2011 meinte er,
dass man mit einer Suchwahrscheinlichkeit von 50 Prozent innerhalb eines
Radius von 20 Meilen das nächste großartige Tech-Unternehmen finden
kann. Wohlgemerkt, der Mittelpunkt des Radius liegt für ihn im Silicon
Valley und noch genauer in der Nähe der Stanford University. Für Thiel
greift auch hier wieder der soziale Netzwerkeffekt: Im Silicon Valley sind
alle wichtigen Player auf engstem Raum miteinander vernetzt, was ein hohes
Momentum zur Folge hat. Thiel nutzt dies konsequent für seine Investments.
Auch viele andere Silicon-Valley-Fonds investieren nur in einem Radius von
100 Kilometern, um die Unternehmen und Gründer immer im Blick zu
haben und keine Zeit mit unnötigen Reisen zu verlieren.322
Erkenntnis: Thiel konzentriert sich auf einen überschaubaren
Investitionsradius. Für ihn ist das Silicon Valley nach wie vor die Gegend
mit der größten Innovationskraft. Investitionen in Länder wie China lehnt er
ab. Dazu kenne er den Rechtsrahmen zu wenig, wie er sich gegenüber Ex-
Schachweltmeister Garri Kasparow ausgedrückt hat.323
Parallele zu Buffett: Für Buffett bedeutet der »Circle of Competence«,
sich nur auf Unternehmen und Geschäftsmodelle zu konzentrieren, von
denen er etwas versteht. Deshalb macht er einen weiten Bogen um Tech-
Unternehmen, weil er diese nicht beurteilen kann. Für Investments, die
außerhalb seines Kompetenzbereichs liegen, hat er auf seinem Schreibtisch
eine Ablage mit dem Titel »Too Hard«. Buffetts lokaler Investmentradius ist
allerdings größer als der von Thiel. Buffett interessiert sich primär für
Unternehmen, die ihren Hauptsitz in den Vereinigten Staaten haben. Er kauft
und investiert gerne in Unternehmen in seiner Geburtsstadt Omaha und
seinem Heimatbundesstaat Nebraska.

(c) Langfristiges Risikodenken


Für Thiel zählen Investments, die die Welt von 0 auf 1 bringen, also solche,
die fundamental etwas Neues schaffen. Genau hierin liegt seiner Meinung
nach auch begründet, warum die klassische Risikokapitalindustrie kaputt ist.
Über die letzte Dekade konnten viele Risikokapitalunternehmen keine
positiven Renditen verbuchen. Auf der einen Seite wird laut Thiel beklagt,
es gäbe zu wenig Innovationen, auf der anderen Seite sind viele Kapitalgeber
geradezu risikoavers und scheuen echte Innovationen. Lieber setzt man auf
relativ sichere Pferde und investiert vielleicht in eine weitere Fotoapp oder
ein soziales Netzwerk. Da es sich aber um »me too«-Produkte handelt,
können Anleger keine hohen Renditen erwarten. Thiel hingegen setzt mit
Founders Fund auf Unternehmen, die mehrere Jahre Aufbauarbeit in
Anspruch nehmen, die aber im Gegenzug sehr viel wertvoller werden, wenn
sie erfolgreich sind.
Erkenntnis: Nur echte Innovationen bringen einen hohen
Investmenterfolg. Innovationen benötigen aber Zeit, die man Unternehmen
geben muss. Deshalb braucht es Risikokapitalinvestoren wie Thiel, die
mehrere Jahre Geduld haben, bis das jeweilige Unternehmen seine Stärken
ausspielen kann.
Parallele zu Buffett: Buffett ist bekannt dafür, dass er ebenfalls einen
sehr langfristigen Investmenthorizont hat. Gerne kauft er in der Zwischenzeit
familiengeführte Unternehmen zu 100 Prozent auf, weil er den
Alteigentümern versprechen kann, dass er die Firmen für immer behält, auch
wenn die Produkte und die Renditen nicht immer auf höchstem Niveau
bleiben.

(d) Konträres Investieren


Thiel bezeichnet sich nicht nur selbst als »Contrarian«, er handelt auch
danach. Bezeichnend dafür ist seine Facebook-Investition im Jahr 2004, als
es nach dem damaligen Dotcom-Crash nicht opportun war, in
Internetunternehmen mit Fokus Endkunden (B2C) zu investieren. Auch
Palantir musste er zunächst praktisch nur mit eigenem Geld ans Laufen
bringen, weil die Risikokapitalgeber wenig Potenzial in Business-to-
Business Internetunternehmen sahen, die noch dazu für Regierungsstellen
arbeiten würden. Thiel hat damit die Risikokapitalszene zweimal eines
Besseren belehrt. Facebook gehört mit einer dreistelligen
Milliardenbewertung zu den zehn teuersten Unternehmen der Welt und
Palantir mit einem Wert von 20 Milliarden zu den drei teuersten nicht
börsennotierten Unternehmen des Silicon Valley.
Erkenntnis: Exorbitante Gewinne sind nur möglich, wenn man gegen
den Trend investiert und bedeutende Innovationen als solche erkennt sowie
den richtigen Zeitpunkt dafür. Thiel sagt gerne, man solle durch die Türen
gehen, die versteckt sind, abseits liegen und durch die niemand gehen will.
Türen, vor denen sich Menschentrauben bilden, sollte man meiden.
Parallele zu Buffett: »Kaufe, wenn andere in Panik sind, verkaufe,
wenn andere gierig sind«, so lautet Buffetts einfache Formel. Eigentlich
ganz einfach und trotzdem verhalten sich Anleger meist genau anders herum
und kaufen zu Höchstkursen und verkaufen dann in Panik zu Tiefstpreisen.
Buffett ist dann am aktivsten, wenn die Märkte regelrecht kollabieren, wie
zuletzt in der Finanzkrise 2008 geschehen.

(e) Trendthemen aus dem Weg gehen


Die Welt der Start-ups und der Risikokapitalszene ist gespickt mit
»Buzzwords«, also Modewörtern wie »disruptiv« (umwälzend), »value
proposition« (Alleinstellungsmerkmal) oder »paradigm shift«
(Paradigmenwechsel). Thiel vergleicht Buzzwörter gerne mit einem »Tell«
im Poker. Darunter versteht man beim Pokern eine Verhaltensänderung des
Pokerspielers, die Rückschlüsse auf die Bewertung seiner Karten erlaubt.
Geübte Pokerspieler setzen dies gerne ein, um zu bluffen. Für Thiel also ein
Indikator, dass ihm jemand etwas vormacht und sich dahinter kein echtes
Geschäft verbirgt. Verwendet jemand häufig genutzte Buzzwörter, so ist dies
für ihn ein Warnsignal, dass sich schon viele mit gleichen oder ähnlichen
Themen beschäftigen.
Erkenntnis: Begriffe wie »Big Data« und »Cloud Computing« sind für
Thiel Buzzwörter. Er mag es nicht, wenn ihn Leute nach zukünftigen
»Trends« fragen. Er sieht sich nicht als »Prophet« und hält Trends für
überbewertet. Wenn jemand Worte wie »Big Data« und »Cloud Computing«
benutzt, sollte man seiner Meinung nach so schnell wie möglich
davonrennen.324 Kluge Investoren halten sich von dem allgemeinen
Mainstream fern und haben ihren eigenen Kompass.
Parallele zu Buffett: Auch er hält nichts von Modethemen. Er bleibt
seinem Investmentansatz treu, in unterbewertete Unternehmen zu
investieren, deren Geschäftsmodell er auch versteht. Er hielt diesem Druck
auch stand, als im Jahr 2000 die Analysten und Medienzunft auf dem
Höhepunkt der Dotcom-Blase einen Abgesang auf Buffett intonierten, dass
sein »Value«-Ansatz aus der Mode gekommen sei, und das renommierte
Anlagemagazin Barrons gar zum Jahrtausendwechsel mit der Schlagzeile
aufwartete »Was läuft falsch, Warren?«325

(f) Finanzielle Unabhängigkeit


Mit dem Verkauf von PayPal an eBay wurde Thiel zum Multimillionär. Der
plötzliche Reichtum praktisch »über Nacht« ist für viele Menschen im
Silicon Valley nicht ungewöhnlich. Für Thiel bedeutete das Geld zunächst
mehr Freiheit. Der Freigeist Thiel hat in der Folge das Geld aus dem PayPal-
Verkauf geschickt in seine Firmen und in neue Start-ups wie Facebook und
Palantir investiert, die ihn vom Millionärs- in den Milliardärs-Status
katapultierten.
Erkenntnis: Thiel hatte mit der Gründung seines eigenen Hedgefonds
nach seiner Rückkehr ins Silicon Valley sein Faible für Investments
entdeckt. Die Zeit als Unternehmenschef bei PayPal hat ihm die
notwendigen finanziellen Mittel an die Hand gegeben, um sich im Anschluss
wieder auf das zu konzentrieren, was er am besten kann und wo er die
höchste Wertschöpfung für sich erzielen kann: das Investieren.
Parallele zu Buffett: Buffetts Weg zur finanziellen Unabhängigkeit war
etwas aufwendiger und mühsamer. Im Alter von 14 Jahren begann er
Zeitungen auszutragen. Insgesamt über 500.000 Stück. Buffett war sehr
sparsam. Jeden Cent, den er nicht ausgab, legte er konsequent in Aktien an.
Nach seinem Studium in New York und der Zeit in dem Unternehmen seines
Lehrmeisters Benjamin Graham zog es ihn mit Mitte 20 wieder zurück in
seine Heimatstadt Omaha. Er hatte für seine Verhältnisse genug Geld, um in
Rente gehen zu können. Für ihn die finanzielle Unabhängigkeit und die
Basis für seine mehr als 60-jährige Erfolgsgeschichte.

(g) Starke Freundschaften


Das höchste Gut für Thiel ist das Pflegen starker Freundschaften.
Bezeichnend ist, dass Thiel sowohl bei PayPal als auch bei Palantir und
seinen Investmentgesellschaften mit Freunden aus seiner Studienzeit an der
Stanford University zusammenarbeitet. Herauszuheben sind seine knapp 30-
jährige Freundschaft zu Reid Hoffman, dem Gründer von LinkedIn, und zu
Alex Karp, mit dem er zusammen Palantir gegründet hat.
Erkenntnis: Starke Freundschaften sind die Basis für Thiels
exorbitanten Erfolg. In der häufig gefühlskalten Geschäftswelt gelten
Freundschaften oft als unschicklich und werden durch die immer strengeren
Corporate-Governance-Vorschriften meist negativ als »Seilschaften«
interpretiert. Thiel kann sich durch seine finanzielle Unabhängigkeit und
sein Geschäftsmodell diesen opportunistischen Ansatz leisten. Er ist dann
sehr erfolgreich, wenn er einen kongenialen Partner an der Seite hat. Bei
PayPal war dies zu Beginn Max Levchin und bei Palantir ist dies Alex Karp.
Parallele zu Buffett: Auch für Buffett sind starke Freundschaften der
Kern seines geschäftlichen Erfolgs. Nicht ohne Grund hängt in Buffetts Büro
nicht die Absolventenurkunde seiner Alma Mater der Columbia University,
sondern das Zertifikat eines erfolgreich besuchten Dale-Carnegie-Kurses.
Carnegie schrieb u. a. den Besteller ›Wie man Freunde gewinnt‹, der sich bis
heute einer regen Nachfrage erfreut. Buffett hat die Inhalte der Carnegie-
Bücher perfekt für sich umgesetzt. Herausragend ist die Freundschaft zu
seinem kongenialen Partner Charlie Munger, ohne den er nicht seinen
Investmentansatz zu so einem Erfolg hätte verfeinern können. Die
Freundschaft zu Bill Gates, der Verwaltungsratsmitglied bei Berkshire
Hathaway ist, währt nicht nur schon 25 Jahre, sondern war auch der Grund
für Buffett, praktisch sein ganzes Vermögen der Gates Foundation zu
stiften.326

Geschichte des technologischen Fortschritts


In seiner Start-up-Vorlesung an der Stanford sezierte Thiel den technischen
Fortschritt und ordnete ihn historisch ein. Ausgehend vom späten 17.
Jahrhundert mit der Erfindung der Dampfmaschine bis in die späten 1960er-
Jahre waren der Fortschritt und die damit verbundenen Technologiesprünge
gewaltig. Thiel ist der Meinung, dass der Optimismus über zukünftige
bahnbrechende technologische Errungenschaften Ende der 1960er-Jahre
seinen Zenit erlebt hatte. Abzulesen ist dies seiner Meinung nach am besten
an der Einkommenssituation der amerikanischen Mittelschicht. Deren
durchschnittliches Einkommen stagniert seit 1973. Viele Menschen, so
Thiel, befinden sich in einem regelrechten Hamsterrad, was sich darin zeigt,
dass die Menschen immer mehr für denselben Lohn arbeiten müssen. Das
Beibehalten des Status quo wird schon zum Fortschritt erklärt. Für Thiel
besteht ein direkter Zusammenhang zwischen geringen Lohnsteigerungen
und geringem technologischen Forschritt.327 Nicht jeder teilt seine Meinung.
Doch Zahlen des US Bureau of Labor Statistics zeigen einen direkten
Zusammenhang zwischen überdurchschnittlichen Einkommenszuwächsen
und Fortschritten bei Bildung und Technologieeinsatz. Hervorzuheben sind
insbesondere die Ost- und Westküste mit den starken Finanz- und
Technologieclustern, aber auch Texas mit der boomenden
Schieferölindustrie.328
Während die analoge Welt, also die Welt der »Atome«, nahezu in
technologischer Erstarrung ruht, ist die Computerindustrie die einzige
Branche, die sich seit den 1960er Jahren in hohem Tempo weiterentwickelt
hat. Die von Intel Mitgründer Gordon Moore 1965 begründete Annahme,
dass sich die Rechenleistung auf Mikroprozessoren, dem Herzstück von
Smartphones, Tablets und Computern, alle 24 Monate verdoppelt, hält bis
heute an. Sie wurde unter der Bezeichnung »Moores Law« nicht nur
weltberühmt, sondern begründete auch den einzigartigen Aufstieg der
Computer- und Softwareindustrie. Für Thiel ist die Computerindustrie
deshalb die Referenz, um andere Branchen auf Vordermann zu bringen. Sein
Freund und Ex-PayPal-Kompagnon Elon Musk zeigt mit den Mitteln der
Computer- und Softwareindustrie, wie man alteingefahrene Branchen wie
die Automobil- und Raumfahrtindustrie auf Vordermann bringen,
Innovationen anstoßen und damit auch noch lokale Produktionsarbeitsplätze
in den USA schaffen kann.329
Fortschritt bedeutet für viele »Globalisierung« und »Technologie«. Thiel
ordnet beide Begriffe in einem Koordinatensystem ein: Die Globalisierung
ist für ihn ein horizontaler Fortschritt, der einfach »copy and paste«-
Funktion hat. Länder wie China schauen auf die USA und Europa und
adaptieren bestehende Technologien. Dies bringt uns aber, so Thiel, in der
entwickelten Welt technologisch gesehen nicht weiter.
»Vertikaler Fortschritt lässt sich mit dem Begriff ›Technologie‹
zusammenfassen. Dank der rasanten Entwicklung der
Informationstechnologie wurde Silicon Valley zur Technologiehauptstadt der
Welt. Es gibt jedoch keinen Grund, warum der Fortschritt auf Computer
beschränkt sein sollte.«330
Echter technologischer Fortschritt ist der Sprung von 0 auf 1. Damit
verbunden sind große Herausforderungen. Es scheint deshalb für viele
einfacher zu sein, Technologien nur zu verbessern und damit von 1 auf n zu
kommen. Jeder Gründer oder Erfinder, der den Sprung von 0 auf 1 mit
seinem Start-up wagt, muss sich deshalb unweigerlich die Frage gefallen
lassen, ob er »normal« oder »verrückt« ist. PayPal und Facebook
funktionierten, aber die nächsten erfolgreichen Firmen werden
möglicherweise nicht ein Zahlungsanbieter oder soziales Netzwerk sein.
Echter technologischer Fortschritt findet im Grenzbereich statt, ist eine
Grenzerfahrung. Es gibt deshalb auch keinen Bauplan oder gar eine
Methode, wie es Business Schools gerne vorgaukeln.331

Lektionen aus der Dotcom-Blase


Man muss die Geschichte kennen, um einen Blick in die Zukunft wagen zu
können. Geschichte wiederholt sich, aber nicht immer nach demselben
Muster. Thiel erlebte den »Boom and Bust« zwischen 1998 und 2002 mit
PayPal an vorderster Front. Obwohl er PayPal erfolgreich durch die Stürme
an den Kapitalmärkten um den 11. September 2001 manövriert und es im
Horrorjahr 2001 in die schwarzen Zahlen und Anfang 2002 als erstes
Technologieunternehmen nach 9/11 an die Technologiebörse NASDAQ
geführt hat, war in den Medien keinerlei Begeisterung zu erkennen. Ganz im
Gegenteil. Ein deutsches Wort machte in den Medien im Zusammenhang
von Technologieunternehmen die Runde: »Schadenfreude«. Das Wall Street
Journal als führendes Börsenblatt die seriöse Instanz schlechthin und nicht
gerade bekannt für hämische Berichterstattung äußerte sich zum Börsengang
von PayPal wie folgt:
»Was würden Sie mit einer drei Jahre alten Firma anstellen, die bisher
keinen Jahresgewinn ausgewiesen hat und die auf bestem Wege ist, eine
Viertelmilliarde Dollar zu verlieren und deren jüngste Börsendokumente
davor warnen, dass ihre Dienste für Geldwäsche und Geldbetrug genutzt
werden? Als Geschäftsführer oder Risikokapitalgeber von PayPal aus Palo
Alto würde man sie an die Börse bringen. Und exakt das ist es, was sie mit
ihrem 80 Millionen Dollar Angebot versuchen, um so die Grenzen der
Investorentoleranz und die Gutgläubigkeit der Finanzmärkte zu testen.
Es wurde aber nicht besser. Die USA braucht PayPal so nötig wie eine
Milzbrandepidemie.«
Und das nur 20 Monate, nachdem das Wall Street Journal auf dem
Höhepunkt der Internet-Euphorie im Frühjahr 2000 dem Start-up PayPal
eine Bewertung von 500 Millionen Dollar zugebilligt hatte.332
Kenner der Branche, die die Zeit zwischen 2001 und 2004 in der
Internetszene mitgemacht haben, bezeichnen diese Zeit auch gerne als
»Nuklearen Winter«. Alles schien zurück auf Anfang zu gehen oder sogar
noch weiter zurück.
Es fühlten sich diejenigen wieder im Recht, die die ganze Euphorie um
den technologischen Fortschritt und die positive Grundstimmung für
Neuerungen skeptisch mit Argusaugen verfolgt hatten. Auf einmal standen
wieder solide Unternehmen mit nachhaltigen Gewinnen im Mittelpunkt des
Interesses. Investoren wie Warren Buffett, der Technologieaktien gemieden
hatte, waren nun wieder en vogue. Globalisierung entwickelte sich zum
neuen Mantra. Handfestes war wieder gefragt. So kam es zu der Blase auf
dem Häusermarkt 2008 mit der Insolvenz der Investmentbank Lehman
Brothers. Thiel betont, dass der März 2000 nicht einfach »ein Höhepunkt des
Wahnsinns war«, sondern in »mancherlei Hinsicht war es auch ein
Höhepunkt an Klarheit«.
Auch das Silicon Valley hatte seine Lektion in der neuen »Welt der
Schadenfreude« zu lernen. Statt großer Visionen und schnellem
Voranschreiten waren nun weniger risikoreiche und kapitalintensive
inkrementelle Geschäftsmodelle gefragt. Start-ups mussten »lean« sein, man
sollte experimentieren und iterieren, um sehen zu können, was am Markt
ankommt. Werbeausgaben waren verpönt. Wachstum, das nicht viral
stattfindet, wurde als künstlich angesehen. Anwendungen, die eine
Interaktion zwischen Anwender und Computer boten, wurden favorisiert.
Google ist mit seiner Suchmaschine das Paradebeispiel dafür.
Schlussendlich, so Thiel, wurde es auch guter Ton, nicht über die Zukunft zu
sprechen, man würde als »sonderbar« und »verrückt« gelten.
Blasen bilden sich, so Thiel, immer dann, wenn die weitverbreitete
Meinung herrscht, es gäbe keine. Für Thiel aber auch der falsche Ansatz. Er
empfiehlt den Studenten in seiner Vorlesung sein konträres Denken: »Du
musst für dich selbst denken. Die Frage, was wertvoll ist, ist eine viel
bessere Frage, als darüber zu debattieren, ob Blase oder nicht Blase. Die
Frage nach dem Wert trifft es besser, weil sie spezifischer ist: Ist Firma X
wertvoll? Warum? Wie können wir das ermitteln? Dies sind die Fragen, die
wir stellen müssen.« Mit diesen Worten schloss Thiel eine seiner
Vorlesungen. Ein idealer »Cliff-Hanger« für unseren nächsten Abschnitt, in
dem wir im Detail die wichtigsten Investmentgrundsätze von Peter Thiel
analysieren wollen.

Investmentgrundsätze

Großartige Technologiefirmen
Was stellen für Peter Thiel außergewöhnliche Unternehmen dar, in die er
bevorzugt investiert? Zunächst gilt es auf dem Pfad von 0 auf 1 drei
Ausgangsfragen zu beantworten:
Erstens: Was ist wertvoll?
Zweitens: Was kann ich tun?
Drittens: Was macht niemand sonst?

Meist, so Thiel, wird eine Frage übersehen, die aber von eminent wichtiger
Bedeutung ist: Die Bedeutung der Einzigartigkeit. Thiel wandelt sie in eine
intellektuell gemünzte Frage um, die er im Übrigen, wie bereits erwähnt,
auch immer Bewerbern stellt: »Welche Ihrer Überzeugungen würden nur
wenige Menschen mit Ihnen teilen?«333

Auf den geschäftlichen Bereich übertragen lautet für ihn die entscheidende
Frage: »Welches wertvolle Unternehmen wird von niemandem in Angriff
genommen?«334

Der Drei-Stufen-Ansatz
Großartige Unternehmen haben nach Thiel drei Dinge gemein: Erstens, sie
schaffen Werte. Zweitens, sie sind dauerhaft am Markt und werden benötigt.
Drittens, sie sind in der Lage, einen Teil des Mehrwerts, den sie schaffen, auf
sich selbst zu vereinen.
Qualitätsunternehmen halten sich am Markt und werden zu einem
dauerhaften Bestandteil der Wirtschaftsökonomie. Anschauliches
Negativbeispiel für Thiel ist die Festplattenindustrie der 1980er-Jahre. Sie
schufen sehr viel Mehrwert durch ständig verbesserte Festplatten. Doch
keine der damals dominierenden Firmen konnte für sich selbst Werte
schaffen und für sich vereinnahmen. Folgerichtig sind sie von der Bildfläche
verschwunden. Ein weiteres Paradebeispiel für Wertvernichter ist für Thiel
die Luftfahrtindustrie. Sie beschäftigt Hunderttausende von Mitarbeitern,
schafft hohen Mehrwert durch ihre Transportdienstleistungen, aber aufgrund
des hohen Konkurrenzkampfs gelingt es den Firmen dieser Branche nicht,
nachhaltig Gewinne zu erzielen und diese auch zu akkumulieren. In der
Summe ist das Luftfahrtgeschäft ein riesiger Geldvernichtungsapparat.

(a) Bewertung
Das geläufigste Bewertungsverfahren ist das Kurs-Gewinn-Verhältnis
(KGV). Es stellt das Verhältnis aus Marktwert pro Anteil (bei
börsennotierten Unternehmen der Preis pro Aktie) im Verhältnis zu den
Gewinnen pro Anteil (Aktie) dar. Ein niedriges KGV bedeutet, dass das
Unternehmen relativ zum Gewinn niedrig bewertet und damit günstig ist.
Umgekehrt spricht ein hohes KGV dafür, dass das Unternehmen teuer ist.
Der Nachteil des KGV ist, dass es Wachstumsraten nicht berücksichtigt.
Häufig haben Unternehmen mit geringem Wachstum oder gar
schrumpfenden Umsätzen ein niedriges KGV, während stark wachsende
Unternehmen ein hohes KGV aufweisen.
Um die Wachstumsraten in der Unternehmensbewertung zu
berücksichtigen, verwendet man deshalb das Kurs-Gewinn-Wachstums-
Verhältnis (Price-Earning to Growth-Ratio). Zur Berechnung wird das KGV
ins Verhältnis zum Gewinnwachstum gesetzt. Mit dieser Kennzahl lassen
sich Aktien von Wachstumswerten bewerten. Als Abkürzung hat sich
deshalb die englische Kurzbezeichnung PEG eingebürgert. Für Thiel stellt
das PEG eine gute Kennzahl für die Bewertung von Wachstumsunternehmen
dar. Ein versierter Anleger kann mittels dieser einfachen Formel schnell
erkennen, ob ein Wachstumsunternehmen günstig oder teuer zu haben ist.
Raten unter 1 bedeuten, dass das Unternehmen unterbewertet ist, während
man bei Raten über 1 von einer Überbewertung spricht. Thiel empfiehlt, ein
Auge auf Unternehmen zu werfen, deren PEG kleiner 1 ist.
Bewertungen haben die Schwäche, dass man die Analyse immer zu
einem bestimmten Zeitpunkt macht. Schaut man auf die Cash-Flows eines
Unternehmens, darf man nicht nur das aktuelle Geschäftsjahr einbeziehen.
Durch das Aufsummieren der aktuellen und zukünftigen Gewinne erhält
man den Ertragswert des Unternehmens. Berücksichtigen muss man aber,
dass die heutigen Gewinne höher zu bewerten sind als die zukünftigen.
Deshalb muss man die weiter in der Zukunft liegenden Gewinne niedriger
ansetzen. In der Fachsprache spricht man vom Diskontieren der Gewinne.
Für Wachstumsunternehmen ist es nach Thiel wiederum wichtig, dass
die Wachstumsraten höher sind als der Diskontfaktor. Nur so werden in
Wachstumsunternehmen weitere Werte geschaffen, die eine höhere
Bewertung rechtfertigen. Mit der Zeit flachen die Wachstumsraten ab,
ansonsten würde der Unternehmenswert ins Unendliche steigen. Amazon ist
so ein Unternehmen, das trotz dreistelliger Milliardenumsätze immer noch
mit weit überdurchschnittlichen Raten wächst. Entsprechend hoch ist der
Börsenwert. Thiel hegt starke Sympathien für Amazon, ist es doch seiner
Meinung nach eines dieser herausragenden Technologieunternehmen, die
ihren Cash-Flow praktisch vollständig in neue Geschäftsaktivitäten
investieren und damit wiederum neue Wachstumsquellen erschließen.
Viele Technologieunternehmen schreiben zunächst Verluste. Gleichzeitig
sind in den Anfangsjahren die Wachstumsraten höher als die Diskontraten,
dementsprechend werden wesentliche Unternehmenswerte erst weit in der
Zukunft geschaffen. Typischerweise entstehen zwei Drittel der
Unternehmenswerte erst zwischen den Jahren 10 und 15. Thiel, der einen
sehr langfristigen Anlageansatz fährt, weist gerne darauf hin, dass viele
Beteiligte, auch im Start-up-Umfeld, viel zu kurzfristig denken.

Doch für Thiel handelt es sich auch nicht um theoretische


Finanzmathematik. Er kann durch seine Erfahrungen bei PayPal aus dem
Nähkästchen plaudern. In seinem Start-up-Kurs an der Stanford berichtete
er, dass die Wachstumsrate von PayPal nach 27 Monaten bei 100 Prozent
lag. Klar war, dass die Wachstumsraten nicht ewig so hoch bleiben würden.
Thiel rechnete im Jahr 2001 aus, dass der größte Teil des
Unternehmenswerts von PayPal um das Jahr 2011 herum geschaffen würde.
Doch auch der exzellente Mathematiker Thiel kann falsch liegen. Er war zu
pessimistisch. Die Wachstumsraten von PayPal liegen immer noch zwischen
15 und 20 Prozent und damit deutlich über den Diskontraten. Thiel verschob
deshalb seine Prognose nach hinten. Demnach soll der größte Anteil des
Unternehmenswerts von PayPal um das Jahr 2020 herum entstehen.335
Zukünftiger Unternehmenswert, Quelle: THIEL 2014

(b) Dauerhaftigkeit
Damit man die fern in der Zukunft liegenden Unternehmenserträge auch
wirklich einfahren kann, ist der Faktor Zeit die entscheidende Größe. Anders
ausgedrückt: Es geht um die Langfristigkeit und Standhaftigkeit des
Geschäfts. Wie in der Formel 1 bringt es am Ende keine Punkte, wenn man
zwar den schnellsten Rennwagen hat, dieser aber nicht die volle Renndistanz
durchhält. Auf Technologieunternehmen übertragen bedeutet dies, dass hohe
Wachstumsraten zwar die Grundvoraussetzung sind, es aber tatsächlich der
Dauerhaftigkeit des Unternehmens bedarf. Auch hier denkt Thiel konträr,
und zwar vom Ende her. Selbst ein exzellenter Schachspieler, zitiert er gerne
den früheren kubanischen Diplomaten und Schachweltmeister José Raúl
Capablanca: »Man muss zunächst das Endspiel studieren, vor allen anderen
Dingen«, so Capablanca über sein Erfolgsrezept. Die meisten Menschen
denken aber, man müsste der Erste am Markt sein, also der »first mover«.
Wichtiger dagegen ist es, laut Thiel, der »last mover« zu sein, um dann die
reifen Früchte zu ernten. Zuckerberg war mit seinem sozialen Netzwerk
Facebook nicht der Erste am Markt. Reid Hoffman war ihm mit der
Gründung des Online-Netzwerks SocialNet.com im Jahr 1997 einige Jahre
voraus. Aber Zuckerberg betrat mit Facebook zum richtigen Zeitpunkt die
Unternehmensbühne und hatte Erfolg. Thiel geht denn auch hart ins Gericht
mit Analysten, aber auch mit dem Silicon Valley an sich. Viel zu sehr sei der
Blick nur auf Wachstumsraten gerichtet und nicht auf die Langfristigkeit.
Thiel geht davon aus, dass bei Internetplattformen wie Airbnb, Twitter
und Facebook 75-85 Prozent der Unternehmenswerte aus den Cash-Flows
von 2024 und später kommen werden.
Der Darwinismus in der Unternehmenswelt, insbesondere auch in der
von börsennotierten Unternehmen, ist gnadenlos. Der Datendienstleister CB
Insights vermerkte kürzlich, dass 52 Prozent der S&P 500-Unternehmen in
den letzten 15 Jahren aus dem Index verschwunden sind. Einer der Gründe
war mangelnde Innovation. Noch 1955 gehörten Unternehmen dem S&P-
Börsenindex im Schnitt für 61 Jahre an. 2015 kamen die Unternehmen nur
noch auf eine Zeitspanne von 17 Jahren.
Ausgangspunkt ist die ökonomische Grundidee von Angebot und
Nachfrage. Analysiert man Geschäftsmodelle unter diesen
Rahmenbedingungen, dann kommt man zu zwei Ausprägungen: perfekter
Wettbewerb oder Monopol.
Quelle: CB INSIGHTS 2016

In einer perfekten Wettbewerbsumgebung gelingt es keinem Unternehmen,


einen Gewinn zu erzielen. Sobald Gewinne entstehen, betritt ein neues
Unternehmen den Markt, und die Gewinne erodieren. Ganz im Gegensatz zu
einem Monopol. Ein Monopolist besitzt den Markt. Thiel wundert sich,
warum Ökonomen als Standard immer auf den perfekten Wettbewerb setzen
und diesem so breiten Raum einräumen. Für Ökonomen sind Monopole
häufig nur eine kleine Ausnahme innerhalb des Wettbewerbs. Ganz anders
Thiel. Er hinterfragt richtigerweise, ob Monopole nicht ein eigenständiges
Paradigma sind. Im Blick hat er dabei Technologieunternehmen, und die
Werte geben dem Zahlenmenschen Thiel wieder einmal recht. Unter den
sechs teuersten Unternehmen der Welt befinden sich mit Apple, Alphabet,
Microsoft, Facebook und Amazon fünf Tech-Unternehmen. Gemein ist allen
fünf, dass sie über eine Art Monopol verfügen. Apple ist der weltweit
führende Smartphone-Hersteller, Alphabet verfügt über die führende
Suchmaschine, Microsoft über das führende Betriebssystem, Facebook über
das führende soziale Netzwerk und Amazon ist die führende eCommerce-
Plattform. Zusammen erreichen die fünf Schwergewichte eine
Marktkapitalisierung von rund 2,4 Billionen Euro.336 Nicht nur der addierte
Börsenwert ist gewaltig. Auch die angehäuften Geldbestände schreien nach
Monopol. Allein die drei Erstplatzierten Apple (250 Milliarden Dollar),
Alphabet (85 Milliarden Dollar) und Microsoft (115 Milliarden Dollar)
haben zusammengenommen 450 Milliarden Dollar angehäuft, und der
Geldberg wächst von Tag zu Tag weiter an.337 Das einzige Unternehmen,
das den elitären Tech-Club sprengt, ist just Warren Buffetts
Beteiligungsgesellschaft Berkshire Hathaway. Hat uns nicht Buffett als
Erster gelehrt, dass man in monopolistische Unternehmen wie Coca-Cola
investieren soll, um langfristig als Anleger Erfolg zu haben? Thiels Formel
für die Kapitalakkumulation kommt denn auch mit lediglich zwei Variabeln
aus:
»Ein Unternehmen generiert X Dollar an Wert und vereint Y Prozent von
X.
X und Y stellen unabhängige Variablen dar.«338

Monopole versus Wettbewerb

Thiel erkennt an monopolistischen Strukturen Vorteile wie Nachteile.


Nachteilig ist, dass Monopolunternehmen einen geringeren Output haben
und höhere Preise verlangen als Unternehmen in wettbewerbsintensiven
Branchen. Monopolen billigt er zudem eine Preissetzungsmacht zu, ähnlich
wie Buffett dies auch immer wieder postuliert. Häufige Kritik sei auch, dass
Monopolunternehmen weniger innovativ sind. Seiner Meinung nach ist aber
auch der umgekehrte Sachverhalt richtig. Stellt eine Firma ein deutlich
besseres Produkt als die Konkurrenz her, so soll das Unternehmen
berechtigterweise durch höhere Preise davon profitieren. Die Preisdifferenz,
also die zusätzliche Gewinnspanne, sieht er als eine Art von Belohnung für
die Innovation an. Außerdem kann ein Unternehmen mit stabilen Einnahmen
besser langfristig planen und Finanzinstrumente wie Projektfinanzierungen
nutzen.
Die amerikanischen und europäischen Kartellbehörden waren in der
Vergangenheit kein Kind von Traurigkeit. Man erinnere sich nur an die
Zerschlagung der früheren Telefongesellschaft AT&T in zahlreiche »Baby
Bells« oder an den langjährigen juristischen Kampf mit Microsoft, um deren
marktbeherrschender Stellung bei Betriebssystemen und Standardsoftware
Einhalt zu gebieten. Ein Grund, warum Microsoft den technologischen
Anschluss an Apple und Google und damit ans Smartphone-Zeitalter Anfang
der 2000er Jahre verlor, war der zermürbende Kampf mit den Behörden.
In der Zwischenzeit sind Apple und Alphabet in der Börsenbewertung an
Microsoft vorbeigezogen. Ein wichtiger Grund liegt darin, dass sowohl
Apple als auch Alphabet jeweils einen Markt monopolistisch dominieren.
Zwar vereinigt das iPhone-Unternehmen lediglich 12 Prozent Marktanteil
auf sich, dafür aber 103,6 Prozent der Gewinne. Warum mehr als 100
Prozent? Weil die anderen Hersteller von Android-Geräten sogar Verluste
erzielten, trotz eines Marktanteils von 88 Prozent.339
Gleiches Bild bei Google: Google dominiert die Internetsuche und den
damit verbundenen Werbemarkt. Googles Marktanteil bei Desktop-Geräten
beläuft sich auf 77 Prozent und bei mobilen Geräten gar auf 96 Prozent.340
Marktanteile Google Suche – Desktop Geräte, Quelle: NETMARKETSHARE 2017

Marktanteile Google Suche – Mobile Geräte, Quelle: NETMARKETSHARE 2017

Das amerikanische Justizministerium (Department of Justice/DOJ) kennt


mehrere Formeln, um zu ermitteln, ob ein Monopolfall vorliegt. Betrachtet
man die vier oder acht größten Unternehmen einer Branche und addiert
deren Marktanteile auf, und diese übersteigen die Marke von 70 Prozent,
dann gilt der Markt als konzentriert. Im Falle Googles wäre dies eigentlich
gegeben.
Doch Eric Schmidt, seines Zeichens Aufsichtsratschef und lange Jahre
Vorstandsvorsitzender von Alphabet, zerstreut diese Sichtweise gerne und
vergleicht sein Unternehmen nicht mit den direkten Wettbewerbern wie
Baidu, Bing oder Yahoo, sondern mit dem Technologiemarkt insgesamt.
»Das Internet ist unglaublich wettbewerbsintensiv und neue Formen des
Informationszugriffs werden jeden Tag genutzt.« Für ihn ist Alphabet nur ein
kleiner Fisch im großen Technologiebecken und umringt von hungrigen
Haien.

Der Markt für Technologie, Quelle: THIEL 2014

Ketzerisch könnte man denken, Google hat sich nur deshalb in die Holding
Alphabet umbenannt, um mit seinen defizitären »Moonshot«-Projekten wie
Hochgeschwindigkeitsinternetzugängen oder selbstfahrenden Autos
Ablenkungsmanöver für die Aufsichtsbehörden zu betreiben und die hohe
Marktkonzentration der Google-Suche zu verwässern.
Dazu kommt noch die Dominanz der Infrastruktur und »digitalen
Lieferkette« der App Stores. Sowohl Apple als auch Google haben über ihre
jeweiligen Stores eine höhere Marktmacht, als Microsoft sie mit
Betriebssystemen je hatte. Beide Anbieter können bestimmen, welche Apps
von welchen Unternehmen sie in ihr Ökosystem aufschalten. Schon des
Öfteren hat man unliebsame Konkurrenten ausgebremst, indem man die
jeweiligen Apps nicht zugelassen hat. Nicht ohne Grund benutzt Warren
Buffett für monopolistisch geprägte Unternehmen den Ausdruck
»Mautbrücken«. Wenn die App-Stores von Apple und Google keine
Mautbrücken sind, was dann?

Besitzergreifung und Schaffung eines Markts


Ein erfolgreiches Technologieunternehmen entsteht nach Thiel aus einem
dreistufigen Prozess. Grundvoraussetzung ist zunächst, einen neuen Markt
zu schaffen oder zu entdecken. Im zweiten Schritt muss man ihn
monopolisieren. Abschließend geht es darum, wie man das Monopol
ausbauen kann.
Von großer Bedeutung ist zunächst, die richtige Größe des
Ausgangsmarkts zu finden. Er sollte nicht zu klein, aber auch nicht zu groß
sein. Ein zu kleiner Markt bedeutet, dass man keine Kunden gewinnen kann.
Das war das ursprüngliche Problem bei PayPal, als Thiel und seine
Gründerkollegen versuchten, Geld auf Palm Pilots zu beamen.
Für Thiel hat jede erfolgreiche Unternehmensgeschichte ein einheitliches
Grundmuster: Zunächst geht es darum, eine Marktnische zu finden, sich als
Marktführer zu etablieren und dann Zug um Zug seine Einflusssphäre
auszubauen. Erreicht der Betrieb irgendwann eine kritische Größe, dann
treten Netzwerkeffekte und Skalierungsvorteile ein, oder es hat sich sogar
eine Marke entwickelt.
Paradebeispiel für ein Unternehmen nach diesem Erfolgsmuster ist für
Thiel Amazon. Das von Jeff Bezos gegründete eCommerce-Unternehmen
startete als Online Buchhändler. Der geniale Marketingmensch Bezos
bezeichnete Amazon denn auch vom ersten Tag an als größten Online-
Buchhändler der Welt. Für Thiel ist beeindruckend, wie das Unternehmen,
beginnend mit dem Buchgeschäft, sich immer weitere
Einzelhandelsbranchen auf seiner Plattform erschlossen hat. Allein der
Name »Amazon« ist für Thiel brillant gewählt, drückt er doch nicht nur die
ursprüngliche Vision von Amazon aus, jedes Buch der Welt zu
katalogisieren, sondern mittlerweile sogar jedes lieferbare Produkt auf der
Welt bereitzustellen.
Thiel fragte in seiner Stanford-Vorlesung die Studenten rhetorisch, wo
sich die Orte befinden, an denen Technologie stattfindet. Für Thiel hat die
Frage keine räumliche, sondern eine zeitliche Komponente. Der spannende
Ort ist für ihn der Grenzbereich. Dieser ist aber auch sehr ungewiss. Es kann
sich in einem Technologiesegment sehr lange nichts tun und auf einmal geht
alles in rasender Geschwindigkeit voran. Man erinnere sich: Microsoft, nicht
immer als Innovationsführer bekannt, entwickelte bereits Anfang der
1990er-Jahre einen Stiftcomputer und ein dazugehöriges Betriebssystem.
Auch Apple erlebte mit seinem Stiftcomputer Newton zur selben Zeit eine
große Pleite. Die Akzeptanz für mobile Stiftcomputer war noch nicht
vorhanden. Erst 2010 lancierte Steve Jobs mit dem iPad einen mobilen
Rechner mit Gestensteuerung. Timing und damit Verständnis für den Markt
ist immer eine entscheidende Frage. Umso erstaunlicher, dass es immer
wieder Ausnahmen von der Regel gibt. Für Thiel ist Elon Musk mit SpaceX
und Tesla so eine Ausnahme. Viele hielten es für ausgeschlossen, dass
jemand auf der grünen Wiese einen neuen Weltraumraketenhersteller und
einen Autobauer hinstellt und diese auch noch Erfolg haben. Allein schon
eine der beiden Aufgaben war gewaltig. Musk aber besaß die Chuzpe, gleich
beide nahezu gleichzeitig anzugehen und bisher zum Erfolg zu führen.

Charakteristika von Monopolen


Ein monopolistisch geprägter Markt kennt nur wenige, meist nur einen oder
maximal zwei ernstzunehmende Anbieter. Es herrscht ein geringer
Wettbewerbsdruck und dementsprechend verfügen Monopolunternehmen
über eine Preissetzungsmacht. Was die Preissetzungsmacht für
Markenprodukte in der Old Economy, ist die Monetarisierungsfähigkeit in
der Digitalwelt. Google und Facebook sind mit ihrer Werbevermarktung die
Paradebeispiele, haben sie es doch geschafft, ihre große Nutzerbasis über
ihre Werbemaschinerie in klingende Münze zu verwandeln. Facebook hatte
in den ersten Jahren nur das Nutzerwachstum im Blick, um sich so zum
marktführenden sozialen Netzwerk aufzuschwingen. Noch beim Börsengang
2012 betonte Facebook in seinem Börsenzulassungsprospekt, dass eines der
größten geschäftlichen Risiken des Unternehmens darin bestünde, dass es
bisher den mobilen Kanal werbetechnisch nicht erschlossen hat und auch
nicht weiß, ob sich dieser Zweig monetarisieren lässt. Die Börse quittierte
dies zunächst mit hohen Abschlägen. Der Kurs von Facebook halbierte sich
nahezu im ersten Halbjahr nach dem IPO. Anschließend ging es aber steil
bergauf und in der Zwischenzeit kommt das Gros der Werbeeinnahmen bei
Facebook aus dem mobilen Zweig.
Warren Buffett hat den Begriff des Burggrabens (engl. Moat) für
monopolartige Unternehmen geprägt. Am Beispiel Coca Cola macht er dies
mit folgender Fragestellung plastisch deutlich: Was würde es kosten, Coca
Cola auf der grünen Wiese neu aufzubauen? Die Antwort ist sehr schwierig
und sehr teuer. Doch man möchte Buffett entgegnen, dass es schließlich
auch Wettbewerber wie Pepsi Cola gibt.
Im Digitalbereich ist die Konkurrenz meist eher noch geringer. Es gibt
nur einen dominierenden Smartphone-Hersteller (Apple), eine dominierende
Suchmaschine (Google), ein soziales Netzwerk (Facebook), ein soziales
Netzwerk für den Business Bereich (LinkedIn), ein dominierendes
eCommerce-Kaufhaus (Amazon) und einen dominierenden
Betriebssystemhersteller (Microsoft). Digitalunternehmen unterliegen also
einem noch stärkeren Darwinismus als die Unternehmen der physischen
Welt. Entwickelt sich ein Digitalunternehmen zu einer marktführenden
Plattform, dann vereinigt es meist alle Kunden seines Segments auf sich, da
der Netzwerkeffekt greift. Kunden nutzen jene Plattform, die das beste und
breiteste Angebot anbietet. Dies zieht weitere Kunden an, und es entwickelt
sich eine positive Spirale. Ein virales, selbsttragendes Wachstum entsteht,
wie Thiel dies bei PayPal erfolgreich vorexerziert hat. Digitale
Plattformgeschäfte funktionieren denn auch nach dem Motto »The winner
takes it all«. Es bleibt kein oder nur wenig Raum für einen Wettbewerber.
Damit ein Unternehmen einen Markt beherrschen kann, muss es
folgende vier Ausprägungen zumindest teilweise erfüllen: Proprietäre
Technologien, Netzwerkeffekte, Kostenvorteile durch Skalierung
(Economies of Scale) und die Marke.

Proprietäre Technologien
Proprietäre Technologien stellen Quasistandards dar. Das heißt, die
Technologie hat eine so starke Stellung, dass es eine sehr breite Verankerung
im Markt hat. Beispiele sind die Betriebssysteme von Microsoft für
Desktop-Rechner aber auch die mobilen Betriebssysteme iOS von Apple
und Android von Google.

Netzwerkeffekte
Erfolgreiche digitale Plattformanbieter wie Amazon, Facebook, LinkedIn
und PayPal gewinnen durch die Attraktivität ihrer Plattform immer mehr
Kunden hinzu. Durch weitere Kunden wird die Plattform noch attraktiver
und kann immer bessere Angebote bereitstellen. Mit jedem neuen Kunden
steigt der Mehrwert des Netzwerks. Sehr häufig bilden sich Netzwerkeffekte
durch einen selbsttragenden Aufschwung (Viralität).
Economies of Scale
Skalierungsvorteile kommen immer bei hohen Fixkosten und niedrigen
Grenzkosten ins Spiel. Für Thiel ist hier Amazon ein Paradebeispiel in der
digitalen Welt und Wal-Mart im klassischen Retailgeschäft. Beide erzielen
mit weiterem Wachstum zusätzliche Effizienzgewinne. Sowohl Amazon als
auch Wal-Mart spielen dies für ihr weiteres Wachstum voll aus. Beide sind
Preisführer und verfügen auch über eine starke Preissetzungsmacht. Amazon
kann deshalb seinen einzelnen Kunden ganz individuelle Preise anbieten.

Marke
Für Thiel ist nach eigener Aussage die Marke am schwierigsten zu
charakterisieren. Eine Marke ist für ihn ein Produkt, das für den Kunden
nicht austauschbar ist und für das er auch bereit ist, mehr zu zahlen. Thiel
nennt seinen Studenten als Paradebeispiel dafür die beiden Softdrink-
Hersteller Pepsi und Coca Cola. Kunden haben meist eine starke Affinität zu
einem der beiden Marken. Was die Unternehmen eint ist, dass sie jeweils
hohe Cash-Flows generieren. Echte Marken, so Thiel, sind zwar schwer zu
identifizieren, aber klar ist, wenn man es schafft, eine Marke aufzubauen,
dann hat man ein Monopol geschaffen.342

Erfolgsfälle
Welches Unternehmen ist nun dasjenige, das alle vier Eigenschaften auf sich
vereint? Thiel kommt dabei interessanterweise zum gleichen Schluss wie
Buffett. Apple ist für Thiel das aktuell größte Technologiemonopol
überhaupt. Es verfügt über eine umfangreiche Kombination proprietärer
Technologie, bestehend aus Hardware und Software. Apple besitzt die
komplette Wertschöpfungskette. Die Hunderttausende Foxconn-Mitarbeiter
in China, die die Apple-Geräte zusammenbauen, bieten eine einzigartige
Skalierung und hohe Kostenvorteile. Apple verfügt über einen hohen »Lock-
In«-Effekt und damit über eine sehr hohe Bindung durch treue Kunden und
Entwickler, die für die Apple-Plattform neue Apps und Software entwickeln.
Dazu kommt noch die Marke Apple, die es dem Unternehmen erlaubt,
höhere Preise zu verlangen, da es eben das Apple Siegel trägt.

Hier laufen nun interessanterweise die Fäden von Thiel und Buffett auf
einzigartige Weise zusammen. Thiel, der gerne immer wieder betont, dass
Buffett nur die sicheren Wetten eingeht und beim Thema Mars nicht an die
Eroberung eines neuen Planeten, sondern an das Aufstellen neuer Regale mit
Marsriegeln denkt, wird aber durch den Altmeister Buffett eines Besseren
belehrt. Buffett zeigt sich auch in seinem hohen Alter von fast 90 Jahren
noch wendig und flexibel und investierte zuletzt einen zweistelligen
Milliardenbetrag in Apple-Aktien. Charlie Munger, Buffetts Stellvertreter,
kommentierte auf der Berkshire Hauptversammlung Anfang Mai 2017 wie
folgt: »Es ist ein gutes Zeichen«, dass Berkshire Apple-Aktien gekauft hat.
»Entweder man ist verrückt geworden oder man lernt dazu«, und Munger,
der Buffett seit mehr als einem halben Jahrhundert kennt, meint, Buffett
lerne dazu.343 Wenn das kein Ausrufezeichen wert ist!

Investments

Fallstudie PayPal
Warum stellte PayPal für Peter Thiel ein außergewöhnliches Unternehmen
dar, in das er bevorzugt investiert? Zunächst gilt es auf dem Pfad von 0 auf 1
seine drei Ausgangsfragen zu beantworten:

Erstens: Was ist wertvoll?


Für Thiel war klar, dass die Verbindung von E-Mail und Geldtransfer viel
disruptiven Sprengstoff in sich barg. Er wollte, wie bereits ausführlich
beschrieben, nichts weniger als eine neue weltweite regierungsunabhängige
Währung kreieren, das Microsoft für den Zahlungsverkehr und damit das
Betriebssystem für Finanzen. Findet dies eine rege Nachfrage und lässt sich
daraus ein geschäftlicher Erfolg ableiten, dann wird sich dies auch in Form
eines hohen Unternehmenswerts auszahlen.

Zweitens: Was kann ich tun?


Thiel sah sich zunächst in der Rolle als Finanzier, schnell zog er aber die
Fäden als CEO an sich und sah aufgrund seines Finanzwissens eine
einmalige Chance, PayPal zu einem großen Erfolg zu führen. Er stellte all
seine Fähigkeiten in den Dienst des Unternehmens. Angefangen bei seiner
geradezu hellseherischen unternehmerischen Weitsicht, seinem
umfangreichen Netzwerk an Stanford-Freunden, die er zu leitenden
Mitarbeitern bei PayPal machte, bis hin zu seinen einzigartigen Fähigkeiten
der Finanzmittelbeschaffung in einer sehr herausfordernden Zeit.

Drittens: Was macht niemand sonst?


Er erkannte das »Window of Opportunity« nicht nur in Bezug auf das
Thema Internet-Bezahlsysteme, sondern auch den irrationalen Überschwang
an den Kapitalmärkten. Im letztmöglichen Augenblick vollzog er die
Gründung von PayPal und nutzte die Wendigkeit und Schnelligkeit des
Start-ups, um sich gegenüber etablierten Playern wie eBay und der Citibank
mit ihren Konkurrenzdiensten durchzusetzen.
Er investierte 1998 rund 280.000 Dollar in PayPal und brachte es 2002
an die Börse. Bei der Übernahme durch eBay im selben Jahr erlöste er einen
Betrag von 55 Millionen Dollar.344

Peter Thiels Return on Investment:


Innerhalb von vier Jahren konnte er seinen Kapitaleinsatz damit um das
knapp 200-Fache steigern.

Der Drei-Stufen-Ansatz
Großartige Unternehmen haben nach Thiel drei Dinge gemein. Erstens, sie
schaffen Werte. Zweitens, sie sind dauerhaft am Markt und werden benötigt.
Drittens, sie sind in der Lage, einen Teil des Mehrwerts, den sie schaffen, auf
sich selbst zu vereinen. Schauen wir uns dies bei PayPal nun im Einzelnen
genauer an:

(a) Bewertung – Unternehmenswert in der Zukunft


In seiner Stanford-Vorlesung erläuterte er den Studenten, dass er im Jahr
2001, nach den ersten 27 PayPal Monaten, den zukünftigen
Unternehmenswert des noch jungen Start-ups berechnet hat. Zu diesem
Zeitpunkt wuchs PayPal noch mit Raten von 100 Prozent. Klar war, dass die
Wachstumsraten abnehmen, aber für eine längere Zeit immer noch über den
Diskontierungsraten liegen würden. Seiner damaligen Berechnung zufolge
sollte PayPal den höchsten Wertbeitrag um das Jahr 2011 herum erzielen.
Doch damit sprang er zu kurz. Die Wachstumsraten bei PayPal liegen
weiterhin um oder über 15 Prozent und damit deutlich über den
Diskontierungsfaktoren. Dementsprechend verschiebt sich der maximale
Wertbeitrag zeitlich immer weiter nach hinten. Im Jahr 2012, zum Zeitpunkt
der Vorlesung, prognostizierte Thiel ein Zeitfenster um 2020 herum.345 Doch
auch diese Prognose könnte aufgrund der weiterhin überdurchschnittlichen
Zahlen zu kurz gegriffen sein. Denn PayPals adressierbarer Markt ist durch
die Öffnung der Plattform für weitere Dienste und Technologien weit größer.
Zahlen des Datenanbieters E-marketer und der Bank Morgan Stanley für das
Jahr 2015 schätzen, dass neue Möglichkeiten wie Peer-to-Peer (P2P)-
Bezahlungen, P2P Kredite, Kredite für Kleinunternehmen und neue Formen
des Geldtransfers (z. B. Auslandsüberweisungen) den für PayPal
adressierbaren Markt von 2,5 Billionen auf 25 Billionen Dollar anwachsen
lassen.

Unternehmenswertentwicklung PayPal (in Mrd. Dollar), Quellen: CNN, NASDAQ,


YAHOO FINANCE

PayPal verfügt im Frühjahr 2017 über eine Marktkapitalisierung von über 50


Milliarden Dollar und ist damit mehr als 30-mal teurer, als zur Zeit der
Komplettübernahme durch eBay im Jahr 2002. PayPal verfügt über eine sehr
gesunde Bilanz. Das Unternehmen ist nicht nur schuldenfrei, sondern hat bis
Ende 2016 einen Barmittelbestand von 6,5 Milliarden Dollar angehäuft, der
für Aktienrückkäufe und strategische Akquisitionen genutzt wird. PayPal
durchbrach im Jahr 2016 mit einem Umsatz von 10,48 Milliarden Dollar die
10-Milliarden-Dollar Schallmauer. Die 197 Millionen Nutzer sorgten für
einen Umsatz des Bezahlvolumens von 345 Milliarden Dollar. Zuletzt wuchs
der freie Barmittelzufluss mit Raten von über 30 Prozent sogar stärker als
das Umsatzwachstum, das bei 19 Prozent lag. Ein Zeichen, dass die
»Economies of Scale« bei PayPal greifen.
Zum Börsengang von PayPal im Juli 2015 meinte Elon Musk, dass
PayPal ein 100 Mrd.-Dollar-Unternehmen werden kann, wenn es seine
Innovationsführerschaft beim mobilen Bezahlen ausbaut. Durch die
Abspaltung von eBay kann sich PayPal voll auf den Ausbau der
Marktführerschaft bei Bezahllösungen für das Internet und den Mobilbereich
konzentrieren und die damit verbundenen Opportunitäten entschlossen
angehen.
Viele Analysten und Anleger übersehen zudem PayPals attraktive
Töchter: PayPal hat sich in den letzten Jahren durch strategische Zukäufe
von einem mobilen Bezahlanbieter zur führenden offenen mobilen
Bezahlplattform entwickelt. Neben dem eigentlichen PayPal-Dienst gehören
dazu mit Braintree ein Komplettanbieter für die Abwicklung des Mobilen
Commerce, mit Venmo eine App, um komfortabel Geld von einer Person zu
einer Zweiten zu überweisen, sowie der Überweisungsdienst für
internationale Zahlungen Xoom. Die M-Commerce Umsätze wachsen mit
rund 40 Prozent pro Jahr aktuell 3-mal schneller als der herkömmliche E-
Commerce.

(b) Dauerhaftigkeit
PayPal hat sich von einem Internet-Bezahldienst, der stark von den
eCommerce-Auktionskunden von eBay abhängig war, zu einer
weltumspannenden offenen Bezahlplattform entwickelt. Seit 1998 konnte
PayPal seine Kundenzahlen, Umsätze und Gewinne stetig und massiv
ausbauen. PayPal verfügt allein in den USA über einen Marktanteil von
mehr als 75 Prozent bei online-basierten Bezahlvorgängen. In Deutschland
und Japan liegen die Marktanteile mit 79 bzw. 91 Prozent sogar noch höher,
weit vor Mitbewerbern wie FinTechs Stripe, Square oder auch den
Angeboten von Google und Amazon. PayPal ist weltweit auf 203 Märkten in
30 Währungen präsent, verfügte Ende 2016 insgesamt über 197 Millionen
aktive Kundenkonten und wickelte allein in 2016 ein Bezahlvolumen in
Höhe von 354 Milliarden Dollar ab.

Marktanteil von PayPal als Online Bezahlsystem (nach Ländern), Quelle:


www.datanyze.com

Rund 50 Prozent der Umsätze kommen von Kunden außerhalb der USA, und
die Wachstumsraten liegen immer noch im Bereich von über 15 Prozent. Zu
steigenden Kundenzahlen kommt die höhere Nutzung der Plattform durch
neue Dienste. Dies steigert in der Folge die Anzahl der Transaktionen pro
Kunde. PayPal profitiert von seiner Positionierung als offene digitale
Plattform. Lange Zeit sahen Analysten in den Kreditkartenanbietern wie
Visa und Mastercard Mitbewerber. Doch dem Unternehmen ist es gelungen,
durch geschickte Partnerschaften mit den Kreditkartenanbietern eine Win-
win-Situation für beide Seiten herzustellen. PayPal hat den Vorteil, dass der
Dienst rein software-basiert ist. Junge Leute wollen keine physischen Karten
mehr haben. Dementsprechend ist für die Generation Y und Jüngere PayPal
das Bezahlmittel schlechthin.
Trotzdem wirken Industrietrends wie die starke Verbreitung von
Mobilgeräten, die Digitalisierung des Geldes, die Fragmentierung der
Bezahlarten, neue Technologien und Kanäle, aber auch wachsende
Cyberkriminalität und stärker werdender Mißbrauch auf PayPal.
PayPal ist gefordert, sich entsprechend schnell anzupassen und Risiken
wie Hackerangriffe und Datenmissbrauch konsequent zu unterbinden.
Aber insgesamt sieht sich PayPal in einer sehr guten Ausgangsposition
und verfügt über einzigartige Alleinstellungsmerkmale.

Es verfügt über
– eine hoch skalierbare zweiseitige offene Netzwerkplattform für Endkunden
und Händler
– die führende vertrauenswürdige digitale Geldbörse
– erprobtes Risikomanagement
– Datenanalyse
– Weltweite Compliance und Regulierungs-Know-how
– 24/7 Kundensupport

Daneben profitiert PayPal mit seiner Venmo-App über ein starkes Standbein
im schnell wachsenden Segment der Peer-to-Peer (P2P) Bezahlvorgänge.
Dazu zählen z. B. das gemeinsame Bezahlen von Restaurantrechnungen im
Freundeskreis oder die gemeinsame Nutzung von Diensten der sogenannten
Share-Economy, wie Uber oder Airbnb. Nach Schätzungen des
Beratungsunternehmens Aite Group erreicht dieser Markt 2017 eine Größe
von 178 Milliarden Dollar und soll sich bis 2020 auf 318 Milliarden Dollar
nahezu verdoppeln.346
Da PayPal schuldenfrei ist und hohe Barmittelzuflüsse aus dem
laufenden Geschäft generiert, ist es im Vorteil zu den jungen FinTechs wie
Stripe und Square, die noch in der Verlustzone liegen. Entsprechend kann
PayPal einen Teil seiner Finanzmittel für interessante Akquisitionen in
neuen Segmenten nutzen, deren Technologie an die eigene Finanzplattform
andocken und den zugekauften Diensten Kunden aus dem PayPal-Bestand
zuführen. Zuletzt kaufte PayPal im Februar 2017 das FinTech Unternehmen
TIO Networks für 233 Millionen Dollar. TIO Networks ist ein
Rechnungsbezahldienstleister, der mit seinem Angebot Online-Kunden, aber
auch Menschen ohne Bankkonto, anspricht. TIO verfügt in den USA über
mehr als 65.000 physische Anlaufstellen und verarbeitete im Geschäftsjahr
2016 Rechnungen im Volumen von 7 Milliarden Dollar für 14 Millionen
Kunden. TIO passt auch von den Finanzkennzahlen ins Beuteschema von
PayPal: Das Unternehmen erzielt signifikante Gewinne und
Barmittelzuflüsse.

(c) Werte akkumulieren


Auf den ersten Blick scheint das Bezahlabwicklungsgeschäft, in dem sich
PayPal bewegt, von starkem Konkurrenzkampf und wenig einträglichen
Margen geprägt zu sein. Doch PayPal als Marktführer profitiert durch seine
hoch skalierbare Plattform nach wie vor von starken Netzwerk- und Lock-
In-Effekten. PayPal gewinnt in jedem Quartal mehrere Millionen Kunden
hinzu. Zudem steigt das Transaktionsvolumen pro Kunde mit zweistelligen
Raten. Neue Dienste wie Venmo auf der Endkundenseite und Braintree als
Rückgrat für die eCommerce-Zahlungsabwicklung von Anbietern wie Uber
oder Facebook befeuern das Transaktionsvolumen und damit das Wachstum.
Am signifikantesten zeigt sich der Erfolg bei PayPal am ständig steigenden
Barmittelzufluss (Cash-Flow). Thiel spricht vom Akkumulieren von Werten,
und auch die beiden Value-Könige Buffett und Munger schauen immer mit
Argusaugen auf diese Kennzahl. Gibt sie doch einen ehrlichen und
ungeschönten Blick auf den geschäftlichen Erfolg eines Unternehmens.
PayPal verfügte im Geschäftsjahr 2016 über einen Barmittelzufluss in
Höhe von 2,5 Milliarden Dollar, allein im vierten Quartal 2016 belief sich
der Zufluss auf 771 Millionen. Doch nicht nur die Höhe des Zuflusses ist
wichtig, sondern auch die Steigerungsraten. Zuletzt wuchs der Cash-Flow
um 37 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal. PayPal verfügt über ein
wenig kapitalintensives Geschäftsmodell mit hoher Skalierbarkeit.
Dementsprechend flexibel ist das Unternehmen in Bezug auf den Ausbau der
Geschäftsbeziehungen, neue Partnerschaften und Kunden. PayPal kann
damit seine Mittel auf die Weiterentwicklung der Kernplattform sowie auf
den Ausbau strategischer Partnerschaften ausrichten.
Erklärtes Ziel von PayPal ist es, den steigenden Barmittelbestand für
strategische Akquisitionen, Aktienrückkäufe und für die Rücklagenbildung
zu verwenden. Bisher agierte das Management dabei äußerst geschickt.
Langfristig sollte sich diese Strategie wertsteigernd für die Aktionäre
auszahlen. Insbesondere dann, wenn sich die Stimmung am Kapitalmarkt
dreht und FinTech-Start-ups bei Investoren weniger Risikokapital einwerben
können, werden sich für PayPal interessante Kaufmöglichkeiten ergeben.

Freier Barmittelzufluss in Millionen Dollar und in Prozent des Umsatzes, Quelle:


investor.paypal-corp.com

Monopole versus Wettbewerb


PayPal ist sicher eine der bedeutendsten Erfolgsgeschichten im FinTech-
Bereich, obschon das Unternehmen bereits 1998 gegründet wurde und zum
damaligen Zeitpunkt niemand etwas mit dem heute trendigen Begriff
anfangen konnte. Der Markt für mobiles Bezahlen scheint von starkem
Wettbewerb geprägt zu sein. Nicht nur Anbieter wie Apple und Google
sowie die Kreditkartenanbieter Mastercard und Visa sind wichtige
Platzhirsche, auch junge FinTech-Start-ups wie die bereits börsengelistete
Square von Twitter Mitgründer Jack Dorsey oder das bereits mit über 9
Milliarden Dollar bewertete Start-up Stripe der Collison Brüder. Auch
regional starke Anbieter wie der Bezahldienstleister des eCommerce-
Giganten Alibaba, AliPay in China sowie Paydirekt der deutschen Banken
versuchen, PayPal den Markt streitig zu machen. Nichtsdestotrotz verfügt
PayPal über geradezu monopolartige Marktanteile sowohl in den großen
Industrienationen wie USA, Deutschland und Japan als auch in den
aufstrebenden Wachstumsmärkten China und Indien.
PayPals Erfolg ruht im Moment auf drei Säulen: Das Stammgeschäft mit
den PayPal-Konten wächst insbesondere durch die mobile Nutzung in Form
von Smartphones und die damit verbundene Abwicklung von Geschäften
und Transaktionen. Mit der Übernahme von Braintree konnte PayPal sein
Geschäft mit Händlern und großen eCommerce-Plattformen wie Uber und
Airbnb deutlich ausbauen. Braintree entwickelt sich immer mehr zu dem
digitalen Rückgrat bei der Bezahlabwicklung für Online-Händler. Mit
Venmo verfügt PayPal über eine frische Marke im stark wachsenden
Segment bei Peer-to-Peer (P2P) Zahlungen. Die Venmo App ist
insbesondere bei jungen Leuten sehr beliebt. Dem PayPal-Management ist es
in den letzten Jahren gelungen, aus dem Bezahldienst eine offene
Bezahlplattform zu schaffen, die die gesamte Wertschöpfungskette bei
Bezahlvorgängen, beginnend vom Konsumenten bis hin zur Abwicklung
beim Händler, nahtlos im Hintergrund gewährleistet.
Kein anderer Wettbewerber kann sowohl Bankkonten als auch
Kreditkarten an das Bezahlsystem anbinden, wie dies bei Paypal geschieht.
PayPal verfügt damit über einen einmaligen »Lock-In«-Effekt. Immer mehr
Kunden, sowohl Konsumenten als auch Händler, erkennen den Mehrwert der
PayPal-Dienste, was zur Folge hat, dass die Nutzerzahlen und das
Transaktionsvolumen auf der Plattform weiterhin kräftig wachsen. Die
PayPal-Plattform entwickelt sich damit immer mehr zu einem
unabdingbaren Glied in der Kette des digitalen Geschäftsverkehrs des 21.
Jahrhunderts. Auf den ersten Blick erscheinende Mitbewerber wie Visa und
Mastercard wurden zu Partnern, zum Nutzen beider Seiten. PayPal ähnelt
mittlerweile einem weltumspannenden Infrastrukturunternehmen,
vergleichbar einem Stromversorger. Dementsprechend erwarten Kunden eine
dauerhafte Rundum-die-Uhr-Verfügbarkeit an 365 Tagen des Jahres. Der
Schwerpunkt der Entwicklungsaufwendungen gehen entsprechend in den
Ausbau der Plattform, die bereits heute hoch skalierbar ist und zum Beispiel
über umfassende analytische Mechanismen zum Aufdecken von
Betrugsfällen verfügt.
Gespannt darf man sein, welchen Einfluss die Bezahldienste Apple Pay,
Samsung Pay und Android Pay haben werden. Laut dem Marktforscher
Juniper Research wird Apple Pay 2017 insgesamt 86 Millionen Kunden auf
sich vereinen. Dies wäre nahezu eine Verdoppelung gegenüber dem Jahr
2016.347

Besitzergreifung und Schaffung eines Markts


PayPal hat seit der Gründung 1998 seinen Geschäftsradius konsequent
global ausgebaut. Zunächst nutzte man auf dem Rücken des
Auktionsgiganten eBay dessen monopolartige Stellung, um im eCommerce-
Geschäft die führende Position bei Zahlungsabwicklungen einzunehmen.
Dies gelang PayPal exzellent. Über die Jahre hat sich PayPal stark
internationalisiert und mit seinen erweiterten Diensten neue Märkte und
Kundengruppen erschlossen. Es profitierte stark von der Tendenz, dass
immer mehr Finanzdienste online und insbesondere mobil genutzt werden.
Klassische Banken haben den Durchmarsch von PayPal in der letzten
Dekade unterschätzt. Bei einer Untersuchung des Economist Intelligence
Unit unter 200 Bankentscheidern über die Frage, was den größten Einfluss
auf ihr Geschäft bis 2020 haben werde, gingen 88 Prozent der Befragten
davon aus, dass die Kapitalausstattung ihres Instituts an vorderster Stelle
stehen wird. Lediglich zwei Prozent gaben an, dass neue Wettbewerber wie
FinTechs einen Einfluss auf die Finanzindustrie hätten. Anders ausgedrückt:
Die Entscheider in den Finanzhäusern sind so stark mit Regulierungsfragen
beschäftigt, dass ihnen keine Zeit bleibt, sich mit den neuen FinTech-
Wettbewerbern und deren Geschäftsmodellen auseinanderzusetzen.348
Möglich ist auch, dass Regulierungsfragen immer wieder als Ausreden
vorgeschoben werden, um zu den unangenehmen und drängenden Fragen zu
Innovation und Disruption im Finanzsektor nicht Stellung nehmen zu
müssen. PayPal selbst verfügt in den USA über eine Lizenz für den
Zahlungsverkehr und für Europa über eine Luxemburger Banklizenz und
unterliegt damit auch den Regulierungen des Finanzsektors, aber in
abgeschwächtem Maße. Die Marktanteile beim mobilen Bezahlen werden
aktuell vergeben, und PayPal wird alles daran setzen, seine führende
Marktposition auszubauen. Vereinzelt versuchen die Banken sowohl in den
USA als auch Europa dagegenzuhalten.
In den USA haben sich führende Banken wie Bank of America, U.S.
Bankcorp und Wells Fargo entschlossen, unter der Marke »Zelle« einen
Wettbewerber gegenüber Venmo zu etablieren. Die Funktion »Send Money
with Zelle« soll bei 20 führenden Banken in deren Banking Apps integriert
werden. 2017 wollen die US-Banken damit 85 Millionen Kunden
erreichen.349 Auch die deutschen Banken haben sich mit ihrem in 2016
gestarteten Bezahldienst Paydirekt ehrgeizige Ziele gesetzt. Bis Ende 2017
will man sieben Millionen Kunden gewinnen. Der Abstand zu PayPal aber
ist gewaltig: PayPal verfügt in Deutschland über fast 19 Millionen aktive
Nutzer. Während PayPal-Kunden in Deutschland bei mehr als 50.000
Onlineshops bezahlen können, kommt Paydirekt aktuell lediglich auf 730
Onlinehändler.350
Generell darf man zudem nicht unterschätzen, dass der Markt für digitale
Bezahllösungen weltweit geradezu explosionsartig wächst. In vielen
aufstrebenden Ländern wie China und Indien, aber auch in Afrika,
substituieren das Smartphone und Apps wie PayPal Bankkonten. Es bleibt
also Raum für Wachstum für eine Vielzahl an Wettbewerbern. Die starke
Marktstellung und solide Kapitalausstattung von PayPal, das Vertrauen der
Kunden in die Marke sowie die hoch skalierbare offene Bezahlplattform
machen PayPal jedoch zu einem der großen Profiteure der Digitalisierung
des weltweiten Zahlungsverkehrs.

Charakteristika von Monopolen

Proprietäre Technologien
PayPal verfügt über eine führende hoch skalierbare Zahlungsplattform, die
seit der Gründung 1998 kontinuierlich gewachsen ist. Dazu gehören
insbesondere auch analytische Werkzeuge zur Auswertung der
Gewohnheiten der Nutzer, wofür sie ihr Geld ausgeben. Noch viel wichtiger
aber sind die digitalen Sicherheitsmechanismen, die das Unternehmen über
die Jahre immer weiter verfeinert hat, um Betrugsfälle und Geldwäsche
frühzeitig aufzudecken oder von vornherein zu eliminieren. PayPal hat sich
über die Jahre von einem Diensteanbieter zu einer Plattform entwickelt.
Inzwischen ist PayPal ein Bezahl-Ökosystem, insbesondere durch die
Werkzeuge und offenen Programmierschnittstellen (APIs) für interessierte
Kunden und Entwickler. Mit dem digitalen Baukastensystem können so
schnell und mit wenig Entwicklungsaufwand neue Bezahllösungen
entwickelt werden. Die agile Form der Implementierung wird immer
wichtiger, da sich neue Kundenwünsche, angetrieben durch die sozialen
Medien, in rasender Geschwindigkeit entwickeln können und Anbieter diese
kurzfristig mit entsprechenden Angeboten befriedigen müssen. PayPal bietet
eine ganze Reihe von Produkten und Diensten für Händler an: neben der
reinen Zahlungsabwicklung offene Software-Schnittstellen und Werkzeuge
für den eCommerce. Händler haben damit bessere Analysemöglichkeiten
und können so die Kaufbereitschaft ihrer Kunden erhöhen. PayPal kann die
Kundenwünsche entlang sämtlicher physischer wie digitaler Kanäle, ob über
Online, innerhalb einer App oder über eine klassische Verkaufsfläche,
bedienen. Dem Management ist es zuletzt außerdem gelungen, strategische
Partnerschaften mit Finanzdienstleistern wie Visa und Mastercard,
Mobilfunkanbietern wie Vodafone oder sozialen Netzwerken wie Facebook
zu schließen und damit nicht nur die Reichweite zu erhöhen, sondern den
Kunden auch ein nahtloses Bezahlerlebnis am jeweiligen Point-of-Sale zu
bieten. Wie PayPal berichtete, war der Black Friday 2016 der bisher
umsatzstärkste mobile Einkaufstag in der Geschichte. Alleine zwischen
Thanksgiving und dem Cyber Monday wurde über PayPal ein
Bezahlvolumen von zwei Milliarden Dollar abgewickelt.

Netzwerkeffekte
Der Ausbau von PayPal zu einer globalen und offenen digitalen
Bezahlplattform führt zu weiterhin starken Netzwerkeffekten. Die
Geschäftszahlen für 2016 zeigen dies eindrucksvoll. PayPal verfügt über
mehr als 197 Millionen aktive Konten. Allein im Jahr 2016 konnten rund 18
Millionen neue Konten hinzugewonnen werden. Zur Einordnung: Der
Zuwachs entspricht in etwa der Gesamtkundenzahl von PayPal in
Deutschland. Gleichzeitig werden pro Kunde immer mehr Transaktionen
abgewickelt. 2016 stieg die Anzahl der Transaktionen pro Konto um 13
Prozent auf über 31. Das stetig starke Kundenwachstum macht PayPal für
Händler immer attraktiver. Mittlerweile sind mehr als 15 Millionen Händler
weltweit an das PayPal Netzwerk angebunden. Mehr Händler machen
PayPal wiederum für Kunden attraktiver, sodass die positive virale Spirale
weiter anhält und der Netzwerkeffekt sich in weiterhin hohen
Wachstumsraten zeigt.
Damit die Netzwerkeffekte auch in Zukunft greifen, ist PayPal
konsequent auf den Wachstumsmarkt Mobile Commerce ausgerichtet. Das
Marktforschungsunternehmen Ovum geht davon aus, dass die Nutzerbasis
für mobiles Bezahlen von 700 Millionen (2017) auf 4,8 Milliarden im Jahr
2019 ansteigen wird. Damit würden mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung
über mobile Bezahlmöglichkeiten via Smartphone verfügen. Alleine in den
Vereinigten Staaten werden gemäß eMarketer bis 2019 31 Prozent der
Smartphone-Nutzer mobiles Bezahlen nutzen. Ein signifikanter Anstieg
gegenüber 2016, als sich der Anteil auf lediglich 19 Prozent belief.
Gleichzeitig steigt das mobile Bezahlvolumen rasant. Allein im Jahr 2017
wird für die USA mit einem Anstieg gegenüber dem Vorjahr von 128
Prozent auf 61,75 Milliarden Dollar gerechnet.

Steigende Kundenfrequenz: Anzahl Transaktionen pro aktivem Kundenkonto, Quelle:


investor.paypal-corp.com

PayPal ist für dieses Wachstum nicht nur mit dem PayPal-Dienst selbst
bestens positioniert. Mit Venmo verfügt es über die führende Peer-to-Peer
Bezahl-App, die aktuell mit Raten von weit über 100 Prozent wächst. Auch
die neu entwickelte Transaktionsabwicklung beim Bezahlvorgang mit nur
einer Berührung unter dem Titel »OneTouch« trägt zu der einmaligen
Nutzererfahrung bei, die aus PayPal einen der Hauptprofiteure der mobilen
Bezahllösungen macht.

Economies of Scale
PayPal definiert seine strategische Ausrichtung wie folgt: Der Hebel aus den
Skalierungseffekten soll in Wachstum reinvestiert werden. Die »Economies
of Scale« fußen dabei auf einer Dreisäulenstrategie, bestehend aus
differenzierten Diensten, Bewusstsein und Vertrauen. Die Erträge aus der
Skalierung fließen in Reichweite, Relevanz, Leistungsmerkmale und in die
Bekanntheit der Marke PayPal. Sowohl in Bezug auf Skalierung wie auch in
der erzielten Reichweite zeigt sich, dass PayPal zu den weltweit führenden
FinTechs gehört. Schaut man auf die Zahlen, dann bewegt man sich jeweils
in Größenordnungen von Milliarden. Allein 2016 wurden sechs Milliarden
Zahlungen abgewickelt. Das damit verbundene Bezahlvolumen lag bei 354
Milliarden Dollar. Allein 100 Milliarden bezogen sich auf mobiles
Bezahlvolumen. Im schnell wachsenden P2P-Segment wurden Zahlungen in
Höhe von insgesamt 64 Milliarden Dollar abgewickelt. Die Venmo App
wurde sowohl vom Time Magazin als auch vom Wirtschaftsmagazin Fortune
als eine der besten Apps und Marken ausgezeichnet. Venmo wuchs allein im
vierten Quartal 2016 um 126 Prozent und verarbeitete ein Volumen von 5,6
Milliarden Dollar. Allein im Dezember 2016 wurden über Venmo zwei
Milliarden Dollar transferiert. Immer mehr Online-Marken arbeiten mit
PayPal zusammen. So konnte zuletzt mit auto.de der zweitgrößte Online-
Autoverkäufer in Europa sowie mit Crate and Barrel ein führendes
Einrichtungs- und Möbelhaus für die PayPal-Plattform gewonnen werden.351

Marke
Die Marke PayPal entwickelte sich seit 1998 nicht nur zu einer
vertrauenswürdigen Anwendung für die Abwicklung von Bezahlungen,
sondern mittlerweile auch zu einer soliden Marke bei Finanzgeschäften.
Kunden haben ein hohes Vertrauen in PayPal. Selbst die bei elektronischen
Geldgeschäften so kritischen deutschen Kunden attestieren eine hohe
Glaubwürdigkeit. Viele deutsche Kunden könnten sich vorstellen, zu einer
PayPal-Bank als Hausbank zu wechseln, falls dieser Service angeboten
würde. Regelmäßig erreicht PayPal bei Kundenumfragen höhere
Zufriedenheitswerte als die klassischen Banken. Genau hier setzt PayPal
auch in der Weiterentwicklung seiner Marke an. Das Unternehmen legt sehr
viel Wert auf den Aspekt Sicherheit sowie den Schutz der Kundendaten.
Dabei hat man gleichzeitig die Einfachheit und Bequemlichkeit in der
Nutzung der angebotenen Dienste im Blick.
PayPal nutzt auch geschickt eine Mehrmarkenstrategie. PayPal ist die
Dachmarke für sicheres Bezahlen. Braintree steht für das technologische
Rückgrat bei der Abwicklung großvolumiger Händlertransaktionen und für
die großen Marktplätze wie Airbnb und Uber. Mit Venmo verfügt PayPal
über eine wachstumsstarke Zweitmarke im Endkundensegment. Gerade
junge Kunden der Generation Y haben eine hohe Affinität zu Venmo. Die
Marke soll jung und unverbraucht bleiben, um so, unabhängig von PayPal,
neue Kundengruppen zu erschließen. Bisher funktioniert diese Strategie
exzellent, wie die dreistelligen Wachstumsraten von Venmo zeigen. Gelingt
es PayPal, die Marke Venmo zu monetarisieren, könnte sich das für PayPal-
Aktionäre in klingender Münze auszahlen. Gerade auch in den
Wachstumsmärkten wie Asien, Afrika und Lateinamerika dürfte PayPal in
der Zukunft neue Kunden gewinnen. Wickeln doch die Menschen in diesen
Ländern bevorzugt mit dem Smartphone ihre Finanzgeschäfte ab, meist ohne
Einbezug eines Bankkontos. Um internationale Überweisungen,
insbesondere für Expatriates und Migranten, einfacher und günstiger zu
gestalten, hat PayPal die Plattform und Marke Zoom zugekauft, die sich zu
den Wachstumsmotoren von PayPal entwickeln könnte.

Fallstudie Facebook
Warum stellte Facebook für Peter Thiel ein außergewöhnliches
Unternehmen dar, in das er bevorzugt investiert? Zunächst gilt es auf dem
Pfad von 0 auf 1 seine drei Ausgangsfragen zu beantworten:

Erstens: Was ist wertvoll?


Als Marc Zuckerberg Peter Thiel 2004 sein noch junges Start-up vorstellte,
kannte Thiel durch seine Rolle als CEO von PayPal alle Kniffe von
Digitalunternehmen, die viral und damit praktisch selbsttragend wachsen.
Durch seinen Freund Reid Hoffman war er zudem mit dem Thema ›soziale
Netzwerke‹ vertraut. Für Thiel war das Investment in Facebook ein »No
Brainer«, wie er im Interview mit Emily Chang erklärte.352 Er erkannte, dass
das soziale Netzwerk von Zuckerberg sehr schnell wuchs und er lediglich
Geld für mehr Rechnerkapazitäten benötigte. Von PayPal wusste er zudem,
wenn der Schneeball erst mal ins Rollen kommt, wird er immer größer und
damit wertvoller.

Zweitens: Was kann ich tun?


Thiel sah sich in der Rolle als Finanzier und überzeugte Zuckerberg, dass er
ihm nicht ins Geschäft reinreden werde. Thiel ist nichtsdestotrotz das
Aufsichtsratsmitglied bei Facebook mit der längsten Amtsdauer und
begleitet Zuckerberg beratend seit den Anfängen. Seine Rolle als externer
Berater ist nicht zu unterschätzen, ist er doch ein brillanter Kenner des
Plattform- und Mediengeschäfts und versteht wie kein Zweiter die
Mechanismen digitaler Monopole und wie man diese in monetäre Erfolge
verwandelt. Laut Zuckerberg war Thiel auch derjenige, der ihn immer
wieder dazu brachte, sich voll auf das Nutzerwachstum und die Expansion
zu konzentrieren.353 Thiel unterstützte Zuckerberg 2007, also ein Jahr vor
der großen Finanzkrise, in einer für Facebook wichtigen
Finanzierungsrunde.354 Zuckerberg hält dementsprechend große Stücke auf
Thiel und verteidigt ihn auch in seiner Rolle als Aufsichtsratsmitglied, trotz
Thiels Rolle als Berater der Trump-Administration.

Drittens: Was macht niemand sonst?


Auch in diesem Fall erkannte Thiel das »Window of Opportunity« für
soziale Netzwerke im Jahr 2004. Das Internet entwickelte sich immer mehr
zu einem Medium für breite Bevölkerungsschichten, die einen einfacheren
Zugang zum Internet und zur Kommunikation mit Freunden suchten. Bis zur
Smartphone-Vorstellung durch Steve Jobs dauerte es zwar noch rund zwei
Jahre, aber allein das Online-Wachstum war so herausragend, dass Facebook
ein Erfolg werden sollte. Zugleich kamen Thiel die darniederliegende
Stimmung am Risikokapitalmarkt infolge des Absturzes der Börsen und des
Platzens der Dotcom-Blase zwischen 2001 und 2003 zunutze. Kein
professioneller Venture Capital Fonds hatte Interesse, an der B2C-Plattform
Facebook als Frühphasenfinanzier einzusteigen. Zuckerberg fand Gefallen
an Thiel, da dieser als Internetunternehmer mit PayPal selbst sehr erfolgreich
war. Außerdem war die Bewertung attraktiv: Thiel erhielt für ein Darlehen in
Höhe von 500.000 Dollar, das er später in Anteile wandelte, 10,2 Prozent an
Facebook.355
Beim Börsengang im Mai 2012 verkaufte er 16,8 Millionen Aktien zum
Stückpreis von 38 Dollar und erlöste damit 638 Millionen Dollar. Im August
2012, nach Ablauf der Haltefristperiode für Altaktionäre verkaufte er weitere
Anteile für 395,8 Millionen Dollar. Er erlöste insgesamt 1,03 Milliarden
Dollar und hält immer noch fünf Millionen Aktien, die bei einem aktuellen
Kurs von 143 Dollar (Stand: 20.04.2017) einem Marktwert von 715
Millionen Dollar entsprechen. Insgesamt erzielte Thiel somit bisher 1,7
Milliarden Dollar aus der ursprünglichen 500.000 Dollar-Investition.356

Peter Thiels Return on Investment:


Innerhalb von acht Jahren konnte er seinen Kapitaleinsatz damit um das
3400-Fache steigern.

Der Drei-Stufen-Ansatz
Großartige Unternehmen haben nach Thiel drei Dinge gemein. Erstens, sie
schaffen Werte. Zweitens, sie sind dauerhaft am Markt und werden benötigt.
Drittens, sie sind in der Lage, einen Teil des Mehrwerts, den sie schaffen, auf
sich selbst zu vereinen. Schauen wir uns dies bei Facebook nun im
Einzelnen genauer an:

(a) Bewertung – Unternehmenswert in der Zukunft


Auch zur Bewertung von Facebook äußerte sich Thiel in seiner Stanford-
Vorlesung 2012. Demnach kämen zwischen 75 und 85 Prozent der
Unternehmenswerte von Airbnb, Twitter und Facebook aus Cash-Flows von
2024 und danach.357 Im Frühjahr 2015 gehört Facebook mit einer
Börsenbewertung von 373 Milliarden EUR zu den sechs teuersten
Unternehmen der Welt.358 Auf einer Konferenz des Technologieblogs
TechCrunch verglich Thiel Facebook im Jahr 2010 mit Ford Motor in den
1920er-Jahren. Zu dem Zeitpunkt wurde Facebook als Privatunternehmen
mit rund 30 Milliarden Dollar bewertet. Für ihn war Facebook damit das
»am wenigsten überbewertete Internetunternehmen der Welt«. Wenn es einer
Wahl zwischen Google und Facebook bedürfte, sollte man »long Facebook«
sein. Schon damals war er sich sicher, dass die großen Internetfirmen wie
Google auch ihre führende Rolle auf mobilen Geräten ausspielen werden
und kleineren Internetfirmen wenig Spielraum lassen würden.359

Unternehmenswertentwicklung Facebook (in Mrd. Dollar),


Quelle: DEALBOOK, NEW YORK TIMES; YAHOO FINANCE

Facebook wächst unvermindert weiter und verfügt über mehr als 2


Milliarden Mitglieder. Zuckerbergs Strategie ging bisher voll auf. Zunächst
stand bei Facebook, auch auf Empfehlung von Thiel, das
Mitgliederwachstum an erster Stelle. Erst seit dem Börsengang 2012 wurde
die Werbemaschinerie richtig angeworfen, und seither entwickelt sich
Facebook zu einer wahren Gelddruckmaschine. Dementsprechend
beeindruckend sind die Zahlen. Für das Geschäftsjahr 2016 vermeldete
Facebook einen Umsatz von mehr als 27 Milliarden Dollar. Unterm Strich
verblieb ein Gewinn von über 10 Milliarden. Ein Anstieg von 177 Prozent
gegenüber dem Vorjahr. Dem Unternehmen gelingt die Monetarisierung über
Werbeeinblendungen auf Smartphones immer besser. Laut Statista soll der
weltweite digitale Werbemarkt bis 2020 auf 335 Milliarden Dollar steigen.
Alleine der US-Markt soll innerhalb der nächsten fünf Jahre ein Volumen
von 120 Milliarden Dollar erreichen. Facebook und Google sind die
Hauptprofiteure digitaler Werbeformate. eMarketer geht davon aus, dass der
Marktanteil von Facebook bei Display-Werbung bis 2019 auf 43,7 Prozent
und bei mobilen Werbeformaten auf 33,8 Prozent ansteigen wird.360
Der »Lock-In« Effekt und die weiteren Apps der Facebook-Familie wie
Messenger, WhatsApp und Instagram bieten ein großes Potenzial für die
Erschließung weiterer Einnahmequellen. Facebooks Treiber für das
Umsatzswachstum sind:
(a) Wachstum der Anwenderbasis: Im vierten Quartal 2016 wuchs die
Anzahl monatlich aktiver Facebook Nutzer um 16,8 Prozent auf 1,86
Milliarden. Insbesondere die von Zuckerberg gestartete Internet.org-
Initiative in den schnell wachsenden aufstrebenden Entwicklungsländern wie
Indien trägt Früchte. Auch die anderen Dienste wie Instagram wachsen
weiterhin rasant. Instagram hatte im Dezember 2016 bereits 400 Millionen
aktive tägliche Nutzer, während es im Juni erst 300 Millionen waren.
(b) Höhere Werbepreise: Die neu eingeführten Werkzeuge für
Werbekunden führen zu zielgerichteteren Werbeformaten und verbesserten
Werbeerfolgskontrollen. Im vierten Quartal konnten die Preise pro Anzeigen
im Schnitt um 3 Prozent gegenüber dem Vorjahr angehoben werden. Die
Werbewirkung konnte gar um 49 Prozent gegenüber dem Vorjahr gesteigert
werden.
(c) Monetarisierung von Instagram: Die Monetarisierung von Instagram
ist erst angelaufen. Immer mehr Firmen erkennen aber die Bedeutung von
Instagram als Werbeplattform. Zuletzt vermeldete Facebook 65 Millionen
Firmenprofile und über fünf Millionen Werbekunden.361 Analysten von
Merrill Lynch taxierten bereits 2015 den eigenständigen Wert von Instagram
auf 37 Milliarden Dollar.362

(d) Video: Für Zuckerberg hat Video allergrößte Priorität. Formate wie
Facebook Stories und Facebook Live sollen die Mitglieder an Facebook
binden und in der Folge will man dies über die Werbevermarktung in
klingende Münze umsetzen.
(e) Desktop-Werbeumsätze: Der Desktop-Computer ist nicht tot, wie die
Umsatzzahlen bei Facebook zeigen. Das Wachstum betrug im vierten
Quartal 2016 22,5 Prozent und wuchs damit das sechste Quartal in Folge.
Facebook profitiert dabei von Maßnahmen, die es vor Werbeblockern
schützt.
(f) Messenger/WhatsApp/Oculus: Die drei Plattformen erzielen hohe
Zuwächse an neuen Mitgliedern. Stufenweise wird Facebook mit der
Vermarktung von Messenger und WhatsApp beginnen. Oculus wird für die
nächsten Jahre noch ein Testfeld bleiben und erst mittelfristig monetarisiert
werden.363

(b) Dauerhaftigkeit
Thiel hält viel von Unternehmen, die langfristig und dauerhaft mit einer
starken Marktstellung operieren, also monopolartige Unternehmen, die ein
»Franchise« zur Grundlage haben. Also ganz ähnliche Charakteristika wie
Buffett und Munger sie anlegen. Allerdings konzentriert sich Thiel auf den
Technologiebereich.
Facebook weist mit seinen mehr als zwei Milliarden Mitgliedern und der
hohen Nutzerfrequenz eindeutig Indizien eines nicht mehr wegzudenkenden
Infrastrukturanbieters und damit monopolistische Züge auf. Für Zuckerbergs
Team ist denn auch die Skalierung der Plattform und die Gewährleistung
eines fehlerfreien Betriebs von allergrößter Bedeutung. Für viele Menschen
ist die Facebook-App-Familie die digitale Zweitfamilie, wo sie einen großen
Teil ihrer privaten Zeit verbringen. Im Durchschnitt verbringen die Nutzer
rund 50 Minuten täglich auf Facebook und Instagram. Zum Vergleich: Für
das Lesen werden täglich im Schnitt 19 Minuten, für Sport 17 Minuten und
für die soziale Kontaktpflege vier Minuten Zeit aufgewendet. Facebook wird
zu einem digitalen Disneyland, zu dem die Nutzer immer öfter hingehen und
jeweils mehr Zeit verbringen und dabei Schritt für Schritt mehr
konsumieren. Übrigens waren Buffett und Munger vor Jahrzehnten nach
einem Disney-Besuch mit ihren Familien so beeindruckt von der
Kundenfrequenz und Loyalität, dass sie im Anschluss große Aktienpakete
des Unterhaltungskonzerns kauften.
Ähnlich wie Disney, die ihre produzierten Medieninhalte in
unterschiedliche Kanäle distribuieren und damit einen einzigartigen
Verkaufsraum geschaffen haben, ist es Zuckerberg gelungen, mit seiner
Mehrmarkenstrategie auf der begrenzten Smartphonefläche seine Apps wie
Facebook, Messenger, WhatsApp und Instagram ganz vorne an den besten
Positionen zu platzieren. Für viele jüngere Leute, aber auch für Nutzer in
den aufstrebenden Entwicklungsländern, ist die Facebook-App-Welt
gleichbedeutend mit dem Internet. Zuckerberg schafft ein eigenes Internet
wie eine Art großes Kaufhaus, in dem der Nutzer alles findet, was er zur
Unterhaltung, Kommunikation aber auch zum Leben benötigt.
Zuckerberg denkt sehr langfristig und agiert wie sein großes Vorbild Bill
Gates sehr stark opportunistisch. Die Milliardenübernahmen von WhatsApp
und Oculus Rift zeigen dies eindeutig. Zupass kommt ihm sein
Mehrfachstimmrecht, das ihm eine komfortable Mehrheit bietet, sodass er
ohne große Abstimmung schnell auf Marktsituationen und sich bietende
Gelegenheiten reagieren kann.
Doch von Gates hat er auch das konsequente Kopieren von Funktionen
anderer Wettbewerber gelernt. Gates bezeichnete dies als »embrace, extend
and terminate«. Bestes Beispiel aktuell ist Snapchat. Zuckerberg wollte das
aufstrebende Social-Media-Unternehmen im Jahr 2013 für drei Milliarden
Dollar kaufen. Doch Gründer Evan Spiegel lehnte ab. Inzwischen hat
Facebook mit Facebook Camera eine Snapchat ähnliche Funktion
geschaffen, mit der Fotos und Videos auf den Newsfeed gepostet werden
können und innerhalb von 24 Stunden wieder verschwinden.364
Doch Zuckerberg denkt möglicherweise in größeren Dimensionen als
sein Vorbild Bill Gates. Auf seiner hauseigenen Entwicklerkonferenz f8
präsentierte er im Frühjahr 2017 unter dem Motto »Act 2« seine Vision, wie
wir zukünftig auf seinen Plattformen ganz neu miteinander interagieren
werden. Die Zauberwörter dabei heißen Virtual Reality und Augmented
Reality. Bereits vor drei Jahren erregte Zuckerberg großes Aufsehen, als er
das kleine Virtual-Reality-Start-up Oculus Rift für zwei Milliarden Dollar
kaufte. »Die Geschichte unserer Industrie lehrt uns, dass es alle 10 bis 15
Jahre eine neue Tech-Plattform gibt: PCs, Internet, Mobile. Mobile ist die
Plattform von heute, mit Virtual Reality steht ein nächster Sprung an, der uns
völlig neue Erfahrungen bietet«, sagte Zuckerberg damals. Die Technologie
ist für viele »the next big thing«. Die Menschen sehen und erleben, wie die
analoge mit der digitalen Welt verschmilzt. Die Experten der Citigroup
rechnen für 2025 mit einem globalen VR-Markt von 569 Milliarden
Dollar.365
Zuckerberg hat erkannt, dass die Menschen auf seinen Plattformen
immer mehr Bilder und Videos teilen und der Textanteil zurückgeht.
Dementsprechend war es nur folgerichtig, dass er auf seiner
Entwicklerkonferenz als »Act 2« die erste Augmented Reality-Plattform für
den Breiteneinsatz vorstellte. Programmierer sollen über die offene
Plattform die Möglichkeit haben, Anwendungen zu entwickeln, ohne
zunächst eine Kamera zu bauen und zu schauen, dass sie genutzt wird.
Damit feuerte er eine Breitseite gegen den Erzrivalen Snapchat ab, der sich
beim Börsengang als Kameraunternehmen bezeichnete. Facebooks große
Fortschritte im Bereich künstlicher Intelligenz und die gigantische
Nutzerbasis von zwei Milliarden Mitgliedern könnten der Schlüssel für
Zuckerbergs »Schöne neue Welt« sein. Aldous Huxley beschrieb bereits
1932 in seinem Weltbesteller ›Brave New World‹ eine »Schöne neue Welt«
im Jahr 2540 n. Chr., in der perfekter Wohlstand herrscht, aber auch durch
genetische Veränderung rund die Hälfte der Menschheit zu Arbeitssklaven
mutiert wurde. Möglicherweise geht dank des rasanten digitalen Fortschritts
alles viel schneller, als von Huxley vorausgesagt. Basis dafür könnte das
Zuckerberg-Manifest sein, das der Facebook Gründer im Februar 2017
veröffentlichte. Mit ihm stellte er seine Vision von einer glücklichen und
friedvollen Welt vor, mit Facebook als wichtigem Bindeglied dazwischen,
um die Welt zu vereinen.366
Kritikern wie dem weißrussischen Autor Evgeny Morozov (›Smarte neue
Welt. Digitale Technik und die Freiheit des Menschen‹, München 2013) geht
dies zu weit. Er »will nicht in einer Welt leben, in der Gerechtigkeit und
Werte von einer Handvoll privater Konzerne festgelegt werden.« Seiner
Meinung nach »treiben sie oft Modelle voran, die sie selbst nicht
vollkommen verstehen«. Viele der großen Tech-Gründer seien sich der
Tragweite ihrer Erfindung nicht vollkommen bewusst. Es besteht seiner
Meinung nach die Gefahr eines Kontrollverlusts.367

(c) Werte akkumulieren


Als Facebook im Jahr 2012 an die Börse ging, musste Zuckerberg im
Börsenprospekt zugeben, dass Facebook keinerlei Erfahrung, geschweige
denn Umsätze, aus mobiler Werbung habe. Das wurde, wie schon erwähnt,
von der Börse negativ quittiert, und die Aktie verlor nach einem verpatzten
Börsengang bis in den Herbst 2012 deutlich an Wert. Doch Zuckerberg und
seinem Team ist es inzwischen gelungen, diese Scharte auszuwetzen. Heute
trägt die Werbung aus den mobilen Apps mit 80 Prozent zum Umsatz von
Facebook bei. Das Unternehmen hat seit dem Börsengang gezeigt, wie es
Schritt um Schritt das Potenzial seiner Nutzer in steigende Umsätze
verwandeln kann.
Facebooks durchschnittlicher Umsatz pro Nutzer und Region, Quelle: Facebook

Facebook ist mit seiner App-Familie aus Facebook, Messenger, Instagram


und WhatsApp der unangefochtene Platzhirsch bei den Nutzern. Die
Verweildauer der Nutzer mit den Facebook Apps setzt das Unternehmen
mittlerweile durch geschickte Werbeanzeigen in steigende Werbeumsätze
um. Allein im vierten Quartal 2016 erzielte Facebook einen neuen
Rekordumsatz von 8,81 Milliarden Dollar. Mittlerweile erzielt Facebook pro
nordamerikanischem Nutzer über 19 Dollar Umsatz im Jahr. Ein deutlicher
Sprung gegenüber dem Vorjahr (13,50 Dollar).368
Facebook ist vielleicht das aktuell beste Beispiel für den Null-
Grenzkosteneffekt. Das Gewinnwachstum liegt deutlich über dem
Umsatzwachstum. Der Umsatz stieg 2016 gegenüber dem Vorjahr um 57
Prozent, von 17,08 Milliarden Dollar auf 26,89 Milliarden Dollar. Der
Nettogewinn stieg im selben Zeitraum hingegen um sage und schreibe 177
Prozent von 3,69 Milliarden Dollar 2015 auf 10,2 Milliarden!
Dass Facebook der neue Platzhirsch im digitalen Werbegeschäft ist, zeigt
sich auch an seiner Preissetzungsmacht. Die Werbeanzeigen konnten zu
höheren Preisen vermarktet werden. Die operative Marge erreichte für das
Gesamtjahr 2016 einen Wert von 45 Prozent gegenüber 35 Prozent in 2015.
Die Marge klettert kontinuierlich und zeigt, dass Facebook, wie von Thiel so
geliebt, als Quasi-Monopolist auch die meisten Gewinne einstreicht und
überproportional vom Wachstum der digitalen Werbeausgaben profitiert.

Operative Marge nach Bilanzierungsstandard GAAP, Quelle: Facebook

Monopole versus Wettbewerb


Auf die Frage, ob Facebook ein Monopolist sei, antwortete Thiel 2014, dass
es noch nicht ein so »robustes Monopol wie Google sei, weil jedes Jahr
ständig neue Wettbewerber im Segment soziale Netzwerke aufkommen.
Siehe Twitter und Snapchat«.369
Zuckerberg, der mit Argusaugen auf aufstrebende Wettbewerber schaut,
ist es seit dem Börsengang 2012 gelungen, konsequent die gefährlich
werdenden aufstrebenden Konkurrenten wie Instagram, WhatsApp und
Oculus Rift allesamt für Milliardenbeträge aufzukaufen. Nur bei Snapchat
hatte Zuckerberg mit seinem Werben um eine Übernahme kein Glück.
Gründer Evan Spiegel zog den eigenen Börsengang vor und behielt bisher
aus monetären Gründen recht. Zuckerberg bot ihm 2013 für Snapchat
lediglich drei Milliarden Dollar, ein Schnäppchenpreis gegenüber der IPO-
Bewertung von 28 Milliarden Dollar im Frühjahr 2017.370
Doch Zuckerbergs »Rache« folgt auf dem Fuß. Anlässlich der
Entwicklerkonferenz f8 im April 2017 stellte er die Augmented-Reality-
Plattform Facebook Camera vor, die neben den bekannten Funktionen von
Snapchat weitere Features bietet. Auch Instagram hat mit Instagram Stories
die Funktionen von Snapchat in die populäre Fotoapp integriert und verfügt
bereits über mehr als 200 Millionen Nutzer, mehr als Snapchat selbst.
Möglicherweise ergeht es Snapchat dabei wie in den 1980er- und 1990er-
Jahren den Wettbewerbern von Microsoft mit ihren Office-Paketen. Waren
damals Programme wie Lotus 1-2-3 oder Word-Perfect populärer und
fortschrittlicher als Excel und Word von Microsoft, so gelang es dem
Unternehmen von Bill Gates durch geschicktes Produktbundling mit dem
Office-Paket und einem langen Atem bei den Funktionserweiterungen doch,
alle anderen Wettbewerber vom Markt zu drängen und Microsoft Office zum
quasi Bürostandard zu machen.
Die Wettbewerbsbehörden verfolgten nach dem Jahrtausendwechsel
Microsoft mit Argusaugen und beschäftigten das Unternehmen mit einer
langen Prozessserie. Umso verwunderlicher ist es, wie sehr sich die
Aufsichtsbehörden bei den Übernahmen von Facebook zurückgehalten
haben angesichts der sich entwickelnden Dominanz des sozialen Netzwerks.
Allerdings wurde bekannt, dass Facebook allein im Jahr 2015 9,8 Millionen
Dollar für Lobbyarbeit in den USA ausgegeben hat.371

Doch genau die Dominanz von Facebook kann dem Unternehmen nun
größere Probleme bereiten. Zuckerberg hat immer bestritten, dass Facebook
ein Inhalteanbieter sei. Man sei lediglich eine Plattform, auf der sich Nutzer
mit ihren Inhalten austauschen können. Doch für immer mehr Menschen ist
Facebook die zentrale Anlaufstelle, um ihr Informationsbedürfnis zu
befriedigen. Facebook musste viel Kritik nach dem US-
Präsidentschaftswahlkampf 2016 im Zusammenhang mit den Fake-News
einstecken. Nachdem Zuckerberg die Kritik als »verrückte Idee« von sich
gewiesen hat, dass erfundene Nachrichten die Wahl mit beeinflusst haben,
schwenkte das Unternehmen nun auch durch Druck von Werbetreibenden
um. Unter Führung des bekannten Journalistikprofessors Jeff Jarvis ruft
Facebook eine weltweite Initiative für eine verbesserte Medienkompetenz
ins Leben. Ausgestattet mit einem Budget von 14 Millionen Dollar soll die
»News Integrity Initiative« weltweit gegen Falschmeldungen vorgehen.
Wahrlich keine leichte Aufgabe bei zwei Milliarden Anwendern.372
Im April 2017 erschütterte der Mord an Robert Godwin die
Öffentlichkeit und gab weiteres Wasser auf die Mühlen der
Facebookkritiker. Der Mörder stellte ein Live-Video seines Geständnisses
auf Facebook und es verblieb für zwei Stunden auf der Plattform. Dabei
wurde es mehr als 1,6 Millionen Mal angeschaut. Facebook gab
anschließend bekannt, dass man mit Hochdruck und unter Einschluss von
Künstlicher-Intelligenz-Algorithmen daran arbeite, dies zukünftig zu
unterbinden. Ein genauer Zeitpunkt wurde allerdings nicht genannt.373
Rufe werden deshalb laut nach mehr Alternativen zu Facebook. Das
weltweit hochangesehene amerikanische Technologiemagazin MIT Tech
Review verglich Facebook mit der aufkommenden Dominanz des Fernsehens
in den 1960er-Jahren, als man sich über eine große Informationswüste mit
schlechten TV-Sendungen und Shows beschwerte. Wenig Gefallen findet das
Magazin an Zuckerbergs Idee der »informierten Gemeinschaft«. »Facebooks
Struktur arbeite dem entgegen, denn das soziale Netzwerk ist kein Netzwerk
der Ideen. Es ist ein Netzwerk von Menschen.«374
Politiker und Wettbewerbshüter werden Facebook bei weiter steigender
Dominanz stärker ins Visier nehmen. Denkbar wäre eine Aufspaltung im
Stile von AT&T in zahlreiche »Baby Facebooks«. Das könnte bedeuten, dass
einzelne Dienste wie Instagram oder WhatsApp als eigenständige
Unternehmen von Facebook abgespalten werden.

Besitzergreifung und Schaffung eines Markts


Facebook wächst seit seiner Gründung 2004 unaufhaltsam. Das
Unternehmen ist einem Schneeball vergleichbar, der langsam einen großen,
schneebedeckten Berg hinabrollt, klein am Anfang, aber mit zunehmender
Wegstrecke immer größer und nicht mehr aufzuhalten. Nicht ohne Grund hat
Alice Schröder, die von Warren Buffett die Erlaubnis bekommen hat, über
ihn eine Biografie zu schreiben, den Titel »The Snowball« gewählt. Buffett
arbeitet an seinem Schneeball seit 60 Jahren und hat seine von ihm seit über
50 Jahren geführte Beteiligungsgesellschaft Berkshire Hathaway zu einem
rund 400 Milliarden Dollar schweren Unternehmen geformt. Zuckerberg
liegt aktuell mit Facebook im Unternehmenswert nahezu gleichauf. Wozu
Buffett rund 60 Jahre benötigt hat, gelang Zuckerberg in einer
Rekordgeschwindigkeit von 13 Jahren, also in rund einem Fünftel der Zeit.
Vielleicht verdeutlicht diese Zahl am besten, was Zuckerberg mit Facebook
geleistet hat. Bei der Selektion von Immobilien heißt es bekanntlich immer,
dass das Allesentscheidende die Lage und nochmals die Lage sei. Auch hier
hat die digitale Welt die Spielregeln dramatisch verändert. Gefragt ist nicht
mehr primär eine erstklassige Geschäftsadresse an der 5th Avenue in New
York, in der Bond Street in London, in der Bahnhofstraße in Zürich oder in
der Maximilianstraße in München, sondern eine vordere Platzierung auf der
kostbaren Grundstücksfläche des Smartphones.
Kaum einer hat dies strategisch besser verstanden als Zuckerberg und
dies dann ganz konsequent umgesetzt. Musste Zuckerberg noch beim
Börsengang 2012 herbe Kritik dafür einstecken, dass Facebook mit seiner
mobilen Strategie hinterherhinke, belegt Facebook mit seiner App-Familie
Facebook, Messenger, Instagram und WhatsApp eine dominierende Stellung
auf der Smartphone Oberfläche. Mithalten kann da nur noch Google. Es
mutet an wie bei Monopoly: Sowohl Facebook als auch Google besitzen mit
ihren populären Apps ganze Straßenzüge. Zuckerberg ist es durch das
Aufbrechen der Funktionen wie beim Messenger gelungen, aus einer
Anwendung zwei zu machen, und nach anfänglicher Kritik der Nutzer
wachsen die Teilnehmerzahlen munter weiter auf nun über 1,2 Milliarden
Aktive im Monat.375

Geradezu beängstigend wird es, wenn man sich anschaut, was Facebook
alles über uns weiß. Die Washington Post listete ganze 98 Datenpunkte auf,
die Facebook über seine Nutzer aufzeichnet. Die Zeitung ermittelte, dass
Facebook Quervergleiche des Nutzerverhaltens auf dem sozialen Netzwerk
mit Drittdatenanbietern anstellt und Daten sammelt über das Einkommen,
den Wert der eigenen Immobilie, den Kreditrahmen, Spenden für gute
Zwecke und ob man rezeptfreie Medikamente kauft. Zu der Frage, ob sich
an der Datensammelmethodik aufgrund des Washington Post-Artikels etwas
geändert hat, gab die Firma keinen Kommentar ab.376
Die erreichte Marktdurchdringung und die Mitgliederzahl von rund 2
Milliarden gibt dem Unternehmen nun die Möglichkeit, neue Dienste sehr
schnell sehr groß zu machen. Deshalb basteln Zuckerberg und sein Team an
dem nächsten wichtigen Umsatzbringer: Video. In einem ersten Schritt ging
es darum, dass die Facebook Community selbst Videos hochlädt und diese
mit ihren Freunden teilt. Damit soll zum einen die Verweildauer auf
Facebook steigen, und zum anderen bieten die Videoclips eine neue
Möglichkeit, Werbung unterzubringen. Zuckerberg möchte mit seinen
Videoambitionen schnellstmöglich zu YouTube aufschließen. Dazu ist ihm
fast jedes Mittel recht. Facebook hat nicht nur Funktionen von Snapchat und
den Video-Livestreaming-Anbietern Periscope und Meerkat adaptiert,
sondern auch klare Programmambitionen. Deutlich wurde dies zuletzt mit
dem Anheuern von Mina Lefevre von MTV. Sie soll neue originäre
Videoinhalte mit Qualitätsanspruch für Facebook produzieren. Um seine
Mitglieder bei der Stange zu halten und sich gegenüber Netflix, YouTube,
Snapchat und Amazon Prime zu behaupten, muss Zuckerberg ihnen mehr
bieten als nur Kochkurse und Katzenvideos. Jüngst erwarb Facebook auch
die Übertragungsrechte für mehr als 22 Spiele der US-Fußball-Liga Major
League Soccer.
Das Wall Street Journal berichtete zudem, dass Facebook an einer App
für Set-Top-Boxen arbeitet, über die Facebook-Nutzer die Möglichkeit
bekommen sollen, Facebook Videos auf dem Fernseher anzuschauen.
Facebook bestätigte Ende 2016, dass man sich mit den großen Hollywood-
Studios im Gespräch befindet, um attraktives Bewegtbildmaterial zu
lizensieren.377 Gelingt es Facebook, beim Thema Video deutliche
Fortschritte zu machen, könnte sich das Unternehmen nicht nur ein neues
großes Umsatzpotenzial erschließen, sondern auch dem Wettbewerber
Google mit seinem YouTube-Dienst gefährlich werden. Die neuen
Trendthemen Virtual und Augmented Reality, auf die Zuckerberg stark setzt,
könnten ein wichtiger Schlüssel dafür sein.

Charakteristika von Monopolen

Proprietäre Technologien
Zuckerbergs großes Vorbild ist nicht Steve Jobs, sondern Bill Gates. Er will
mit Facebook etwas genauso Prägendes hinstellen wie Gates mit seinem
Betriebssystem MS-DOS und später mit Windows. Ein Betriebssystem ist
das Herz eines Computers und versetzt ihn erst in die Lage, aus der
Elektronikhardware multimediale Welten herauszukitzeln. Zuckerberg
wurde lange dafür belächelt, weil er Facebook schon früh als eine Plattform
und damit eine Art von Betriebssystem ansah. Im Jahr 2016 präsentierte er
auf der Facebook Entwicklerkonferenz f8 einen Zehnjahresplan, wohin die
Reise von Facebook gehen soll. Er zeigte drei große Wellenbewegungen im
Zeitstrahl der folgenden zehn Jahre auf. Basis ist das Ökosystem Facebook
mit den darauf fußenden Produkten Video, Search, Groups, Messenger,
WhatsApp und Instagram. Umrahmt wird alles durch die drei großen
Zukunftsthemen Konnektivität, künstliche Intelligenz sowie
Virtual/Augmented Reality. Zugutehalten muss man Zuckerberg und
Facebook, dass sie ihre langfristigen Pläne öffentlich gemacht haben und
versuchen, diese konsequent abzuarbeiten. Im Gegensatz dazu bleibt bei
Apple vieles von dem, was kommen mag, im Dunkeln, und bei Alphabet
werden selbst professionelle Beobachter nicht immer schlau aus den
vielfältigen Initiativen und Übernahmen, die häufig einen sehr sprunghaften
Charakter aufweisen, den man mehr einem jüngst gegründeten Start-up
zutraut als dem zweitteuersten Unternehmen der Welt.
Die auf der Facebook-Entwicklerkonferenz f8 im April 2017 vorgestellte
Augmented-Reality-Entwicklungsplattform Camera ist aktuell das letzte
Glied in der Kette proprietärer Schnittstellen für Entwickler. Zuckerbergs
Team versucht, um die Facebook-Plattform herum eine große Gemeinde an
Software-Entwicklern zu scharen, die neue Anwendungen für das Facebook-
Ökosystem schreiben. Sein Vorbild Bill Gates kreierte mit Windows und
dem Büropaket Office Quasistandards, an die sich andere Hersteller
notgedrungen halten mussten. Ein mächtiges Instrument für Facebooks
Entwickler ist die soziale Graphen-Programmierschnittstelle, die bei vielen
Internet- und Mobildiensten als Authentifizierungsmethode dient. Gleiches
gilt für die um Messenger herum entstehende Dynamik der Chatbot-
Entwicklungen. Immer mehr Entwickler und Unternehmen, z. B. aus der
Finanzindustrie, bauen ihre Lösungen auf Basis der Messenger-Plattform.
Quelle: Facebook

Jüngster Coup von Zuckerberg ist die geheimnisumwitterte Spezialeinheit


»Building 8«. Sie wird von Regina Dugan, einer früheren Google- und
DARPA-Führungskraft (Forschungsbehörde des US-
Verteidigungsministeriums) mit dem Ziel geleitet, neue Hardwareprodukte
für den Konsumentenmarkt zu entwickeln. Nach Informationen des
Nachrichtenportals Business Insider arbeitet das Team aktuell an mindestens
vier Projekten mit Schwerpunkt Virtual und Augmented Reality. Auch die
Entwicklung neuer Drohnen soll von dem Team vorangetrieben werden.378

Auch im Bereich Telekommunikationsleitungen engagiert sich Facebook


immer stärker. Man experimentiert in Zusammenarbeit mit den berühmten
Bell Labs an neuen und schnelleren Übertragungsmethoden für die eigenen
Glasfaserverbindungen innerhalb des Untersehkabels »America Europe
Connect« zwischen den USA und Irland. Immer stärker treiben Facebook
und Google den Aufbau eigener Infrastruktur voran, um ihren Kunden neue
Breitbandanwendungen wie Videostreaming oder Virtual und Augmented
Reality mit komfortablen Reaktionszeiten zur Verfügung stellen zu
können.379
Auch bei seinen Open-Source-Initiativen hat Facebook sich zum Ziel
gesetzt, immer mehr Entwickler an sich zu binden und seine
Softwaretechnologie breiter im Markt zu streuen. Seit dem Jahr 2013 hat
Facebook die Java-Script-Programmbibliothek React, die zuvor für den
Facebook Newsfeed entwickelt und später auch in Instagram Verwendung
fand, als Open-Source-Projekt freigegeben.

Netzwerkeffekte
Sucht man nach einem Paradebeispiel, um den Netzwerkeffekt zu studieren,
dann ist man bei Facebook goldrichtig. Das Unternehmen ist das am
schnellsten gewachsene Internetunternehmen und hat damit sogar den
bisherigen Platzhirsch Google überholt. Da Facebook als soziales Netzwerk
konzipiert ist, hat die Plattform durch die gegenseitige Vernetzung und
Einladung von Freunden den viralen Effekt enorm beschleunigt. Jedes
Facebook Mitglied hat weitere Freunde angezogen, und so kam der
Schneeball immer schneller ins Rollen. Bedenkt man, dass im Schnitt jeder
Nutzer über mehrere hundert Freunde verfügt, wird der Netzwerkeffekt
nochmals deutlich. Nicht umsonst sagt man im Plattformgeschäft auch, »The
winner takes it all«. Schmerzlich mussten dies die Betreiber von StudiVZ in
Deutschland erkennen. Das Netzwerk, mehr oder minder eine Kopie von
Facebook, hatte mehrere Millionen Nutzer und war in Deutschland bei
Studenten sehr populär. Zuckerberg war sogar bereit, StudiVZ im Tausch
von Facebook Aktien zu kaufen. Doch die Eigentümer, allen voran die
Verlagsgruppe Holtzbrinck, lehnten dies ab. Folglich überrollte dann der
Schnellzug Facebook auch den deutschsprachigen Raum, und die Mitglieder
von StudiVZ liefen in rasender Geschwindigkeit zu Facebook über.

Hohe zwei- oder gar dreistellige Zuwachsraten sind bei Facebook aufgrund
der mit über zwei Milliarden Mitgliedern erreichten Größe nicht mehr
möglich. Trotzdem verfolgt Zuckerberg konsequent seinen Plan, neue noch
unerreichte Zielgruppen auf unserem Planeten zu erschließen. Ob mit seiner
Initiative Internet.org, den solarbetriebenen Internetflugzeugen oder Big-
Data-getriebenen Auswertungen, die die Urbanisierung neuer
Wachstumsregionen aufzeigen, versucht er, Facebook auch in die
entlegensten Weltregionen zu bringen und die vier Milliarden Menschen in
Asien, Afrika und Lateinamerika Zug um Zug für Facebook zu gewinnen.
Zuckerberg lernt auch dank seiner Frau chinesisch, unterhielt sich an
chinesischen Hochschulen mit Studenten in deren Landessprache und
machte sogar der Regierung seine Aufwartung. Doch bisher beißt er in
seinen Expansionsgelüsten bei den Machthabern in China auf Granit.
Großen Einfluss auf den viralen Effekt bei Facebook haben auch der
Login Button, den man häufig auf Internetseiten zur Authentifizierung
findet, sowie der Like Button. Facebook ist mit beiden Instrumenten eine
noch stärkere Viralität gelungen als damals PayPal mit seiner Logo-
Verlinkung auf den eBay-Seiten.

Economies of Scale
Der Skaleneffekt wird beim Blick auf die Zahlen von 2016 im Vergleich
zum Vorjahr besonders deutlich. Während die Umsätze im Geschäftsjahr
2016 gegenüber dem Vorjahr um 54 Prozent wuchsen, stieg der Nettogewinn
überproportional stark um satte 177 Prozent. Facebook ist einer der größten,
wenn nicht gar der größte Profiteur des Skalierungseffekts. Zum einen
verfügt das Unternehmen über rund zwei Milliarden Mitglieder und damit
weltweit über die größte Kundengruppe eines Unternehmens. Zum anderen
ist das Unternehmen über seine Plattform rein digital unterwegs und erreicht
in Sekundenbruchteilen seine Mitglieder, ohne dass daraus ein logistischer
Aufwand oder Produktionskosten entstehen. Der Ökonom und Autor Jeremy
Rifkin spricht denn auch von der Null-Grenzkosten-Gesellschaft.
Zuckerbergs Vorbild Bill Gates ist mit Microsoft ein gutes Beispiel für
Skalierungseffekte. Seine Softwarelizenzen sind die reinste
Gelddruckmaschine. Jede weitere vertriebene Lizenz bedeutet nur geringe
Zusatzkosten, sodass praktisch jeder neu hinzugewonnene Umsatz
gleichbedeutend mit einem überproportionalen Gewinnanstieg ist.
Allerdings muss Microsoft seine Software, bestehend aus Betriebssystemen,
Datenbanken und Office Programmen, immer noch über Jahre hinweg in
unterschiedlichen Versionen warten und dafür viele Entwicklungskapazitäten
vorhalten, während Facebook als Plattformanbieter auch in dieser Hinsicht
von den Skalierungseffekten voll profitiert: Es muss immer nur die Plattform
auf dem aktuellen Entwicklungsstand gehalten werden. Eine nicht zu
unterschätzende Aufwandsreduktion, was sich auch in den Zahlen
niederschlägt.
Facebook konnte seine operative Marge vom vierten Quartal 2014 auf
das vierte Quartal 2016 von 29 Prozent auf 52 Prozent steigern. Gelingt es
Facebook weiter, neue Mitglieder für seine Plattform und die damit
verbundenen Dienste zu gewinnen und diese dann auch zu monetarisieren,
dürfte die Margenentwicklung noch nicht am Ende angekommen sein.

Marke
Ohne Zweifel gehört Facebook mit zwei Milliarden Mitgliedern zu den
bekanntesten Marken weltweit. Man spricht nicht von einem sozialen
Netzwerk, sondern einfach von Facebook, ähnlich wie Coca Cola, wo
niemand auf die Idee kommt, ein koffeinhaltiges Brausegetränk zu bestellen.
Dieser selbstverständliche Gebrauch des Firmennamens als Produkt ist ein
Indiz für eine Marke mit hoher Strahlkraft. Facebook gehört weltweit zu den
Top-5-Marken und liegt mit einem Wert von 52,6 Milliarden Dollar nur noch
knapp hinter Coca Cola, das es auf einen aktuellen Marktwert von 58,5
Milliarden Dollar bringt. Facebook ist das zweite Jahr in Folge die am
schnellsten wachsende Marke unter den Top-100.380 Zukünftig wird auch
interessant sein, wie die stark wachsenden Marken Instagram, WhatsApp
und Oculus Rift sich im Facebook Reich positionieren. Aktuell zu sehen ist,
dass Instagram insbesondere jüngere und trendbewusste Leute stark anzieht,
die sich auch von Facebook etwas mehr abheben wollen. Bisher kann
Facebook seinen unterschiedlichen Zielgruppen einen breiten Strauß an
attraktiven Diensten bieten. Kommt ein neuer potenzieller Wettbewerber wie
Snapchat auf den Plan, reagiert Facebook bisher sehr schnell und konsequent
und versucht seine Mitglieder mit gleichen oder besseren Funktionen bei der
Stange zu halten.
Fallstudie Palantir

Warum stellte Palantir für Peter Thiel ein außergewöhnliches Unternehmen


dar, in das er bevorzugt investiert? Zunächst gilt es auf dem Pfad von 0 auf
1 seine drei Ausgangsfragen zu beantworten:

Erstens: Was ist wertvoll?


Thiel wusste durch seine Erfahrungen mit PayPal um die Bedeutung des
stark wachsenden Segments der Cyber-Kriminalität. Immer stärker verlegt
die organisierte Kriminalität ihre Geschäfte in die digitalen Welten. 9/11
brachte schließlich noch eine weitere, sehr viel größere Dimension ins
Spiel: Den internationalen Terrorismus. Für ihn als libertär denkenden
Menschen und Unternehmer war es deshalb folgerichtig, mit Palantir ein
Analytik-Unternehmen zu gründen, das in der Lage ist, alle relevanten
Daten so aufzubereiten, dass mithilfe von Experten schnell wichtige
Entscheidungen getroffen werden können, zum Beispiel in der
Terrorismusbekämpfung. Thiel erkannte vor Politikern,
Risikokapitalinvestoren und Unternehmern, welche Bedeutung ein solches
Unternehmen erlangen kann, und das zu einer Zeit, als noch niemand über
Begriffe wie »Big Data« sprach. Thiel war so von seiner Vision überzeugt,
dass er das Unternehmen mit eigenem Geld und mit dem Geld seiner
Risikokapitalfirma Founders Fund zunächst selbst finanzierte. Wertvoll ist
für ihn etwas, was sich zu einem bedeutenden Markt entwickeln kann,
woran zunächst aber noch kaum jemand glaubt. Palantir ist dafür ein
Paradebeispiel.

Zweitens: Was kann ich tun?


Im Gegensatz zu PayPal, wo Thiel die Rolle als CEO annahm, sah er sich
bei Palantir von Beginn an in der Rolle als Chairman, also in der Rolle
eines aktiven Aufsichtsratsvorsitzenden. Er stellte ein erstes Team
zusammen, baute auf seinen ehemaligen Studienfreund aus Stanford-Zeiten,
Alex Karp, stellte die notwendigen Finanzmittel zur Verfügung und hatte
sehr viel Geduld mit dem jungen Start-up, das zunächst ein erstes Produkt
entwickeln und in der Folge auch bei den hoch kritischen Kunden wie
Regierungsbehörden, Militärs und Großunternehmen bestehen musste.
Thiel war und ist bei Palantir als Stratege im Hintergrund aktiv, um die
Firma mit seinem Wissen, seiner Philosophie als Libertärer und seinem
Netzwerk zu einem der bedeutendsten Tech-Unternehmen zu machen. Mit
Argusaugen schaut die Presse auch auf die möglichen Verquickungen, die
sich aus der Rolle von Thiel als Tech-Berater der Trump Administration
und seiner Rolle als Chairman von Palantir ergeben können. Immerhin war
Alex Karp in dem von Thiel vor Weihnachten 2016 angesetzten ersten
Gespräch zwischen Trump und den Tech-Größen wie Tim Cook von Apple,
Jeff Bezos von Amazon, Larry Page von Alphabet und Sherryl Sandberg
von Facebook der einzige CEO, der ein nicht börsennotiertes und noch dazu
ein deutlich kleineres Unternehmen repräsentierte.

Drittens: Was macht niemand sonst?


Als Thiel 2003 Palantir gründete, hatten nur wenige eine Vorstellung davon,
welche Bedeutung »Big Data« einmal haben würde. Die Digitalisierung
war zudem noch nicht so weit fortgeschritten, als dass man eine Ahnung
von der Menge, aber auch von der Tiefe der Datenqualität haben konnte, die
zukünftig für Auswertungen zur Verfügung stehen würde. Thiel sah auch
hier sein »Window of Opportunity« für den Bau eines bedeutenden neuen
Tech-Unternehmens, das sich auf die Fahnen schreiben sollte, die
wichtigsten Probleme der weltweit bedeutendsten Institutionen zu lösen.
Palantir sollte das strategische Werkzeug für Regierungen, Behörden und
große Unternehmen werden, um sich gegen die Geißeln und die
Herausforderungen des 21. Jahrhunderts zu wappnen. Regierungen und
Behörden sehen sich mit den wachsenden Phänomen asymmetrischer
Angriffe von Terrororganisationen, Großunternehmen mit den disruptiven
Kräften neuer, aggressiv zu Werke gehender Start-ups mit digitalen
Geschäftsmodellen konfrontiert.
Gemeinsam mit seiner Risikokapitalfirma Founders Fund investierte
Thiel rund 40 Millionen Dollar.381 Das Unternehmen wurde in der letzten
Finanzierungsrunde im November 2016 mit rund 20 Milliarden Dollar
bewertet.382 Forbes schätzte den Anteil von Thiel an Palantir im Jahr 2013
auf rund 12 Prozent.383 Damit wäre Thiels Beteiligung rund 2,4 Milliarden
Dollar wert. Nach Informationen der Nachrichtenseite Buzzfeed soll Thiels
Founders Fund Palantir mit einem Abschlag von rund 40 Prozent bewerten.
Demnach steht Palantir bei 12,7 Milliarden Dollar in den Büchern. Also ein
deutlicher Abschlag gegenüber der nach außen hin dargestellten
Bewertung.384

Peter Thiels Return on Investment:


Innerhalb von 14 Jahren konnte er seinen Kapitaleinsatz damit um das 36-
bis 60-Fache steigern.

Der Drei-Stufen-Ansatz
Großartige Unternehmen haben nach Thiel drei Dinge gemein. Erstens, sie
schaffen Werte. Zweitens, sie sind dauerhaft am Markt und werden
benötigt. Drittens, sie sind in der Lage, einen Teil des Mehrwerts, den sie
schaffen, auf sich selbst zu vereinen. Schauen wir uns dies bei Palantir nun
im Einzelnen genauer an:

(a) Bewertung – Unternehmenswert in der Zukunft


Im Gegensatz zu PayPal und Facebook ist Palantir nicht börsennotiert, was
den Zugriff auf Unternehmenskennzahlen schwieriger macht. Außerdem
hält sich Palantir bezüglich konkreter Geschäftszahlen stark bedeckt. Das
Unternehmen schließt mit seinen Kunden keine Verträge von der Stange,
sondern gestaltet diese sehr individuell, häufig mit stark erfolgsorientierten
Komponenten, die dann greifen, wenn die Software den erwarteten
Zusatznutzen stiftet. Dementsprechend gestaltet sich auch die
Bewertungsfrage sowohl für Außenstehende wie auch für Insider nicht ganz
einfach. Selbst Thiels eigener Risikokapitalfonds Founders Fund bewertet
nach Meldungen des Nachrichtenportals Buzzfeed Palantir mit 12,7
Milliarden Dollar statt den rund 20 Milliarden, die in der letzten
Finanzierungsrunde im November 2016 kommuniziert wurden.385 Die
Bewertungsfrage ist bei Technologieunternehmen sowieso oft eine
Glaubensfrage, bei Palantir umso mehr.
Auf einer Konferenz des Wall Street Journal im Oktober 2016 kündigte
Alex Karp an, dass Palantir 2017 die Gewinnschwelle überschreiten wird,
»falls wir nicht kurzfristig etwas tun, um es zu verhindern«. Man habe
versucht, die Profitabilität so lange wie möglich hinauszuzögern. Mit der
Profitabilität, so Karp, ginge die Frage nach einem Börsengang einher.
Bisher war Karp dem Thema Börsengang wenig aufgeschlossen. Palantir
arbeitet mit Private Equity Firmen zusammen, damit Mitarbeiter den
wahren Wert ihrer Beteiligung ermitteln können. Erstmalig auf der
exklusiven Digital Konferenz des Wall Street Journal schloss er allerdings
einen Börsengang nicht mehr grundsätzlich aus, um so Mitarbeitern die
Möglichkeit zu geben, ihre Beteiligungen zu Geld machen zu können.
Gleichzeitig bot Karp einen der seltenen Einblicke in wichtige
Finanzeckdaten. Demnach gehen die Vertriebsanstrengungen nur in
Richtung von Kunden, die Umsätze von 100 Millionen Dollar und mehr
liefern können. Nicht jede tolle Firma sei zwingend ein guter Kunde.
Aktuell verfüge Palantir über 20 Verträge, die einen Wert von mehr als 100
Millionen Dollar hätten. Der Vertrag mit den Navy Seals, der Eliteeinheit
des amerikanischen Militärs, habe sogar einen Umfang von 400 Millionen
Dollar über die gesamte Vertragslaufzeit. Die Auslandsumsätze hätten sich
in 2015 und 2016 jeweils verdoppelt.386

Unternehmenswertentwicklung Palantir (in Mrd. Dollar), Quelle: Sharespost.com

Palantir selbst veröffentlicht bisher keine Finanzdaten. Der


Wirtschaftssender CNBC berichtete im Januar 2016, dass der Umsatz im
Jahr 2015 die Schwelle von 1,5 Milliarden Dollar überschritten hätte.
Schätzungen zufolge wuchs der Unternehmensumsatz seit 2011 jedes Jahr
um rund 100 Prozent.387

Palantir-Umsätze (Mio. Dollar), Quelle: CNBC, New York Times, WedBush

Mit dem deutschen Chemie- und Pharmakonzern Merck schloss Palantir


Anfang 2017 eine langfristige Partnerschaft, um auf Basis der Palantir-
Analysesoftware gemeinsame Lösungen für die Behandlung von
Krebspatienten zu finden. Der Vertrag ist nach Informationen von Stefan
Oschmann, Vorstandsvorsitzender von Merck, erfolgsorientiert gestaltet und
sieht eine Gewinnteilung bei positivem Verlauf vor. Die Vereinbarung
könnte laut Alex Karp über eine ganze Dekade gehen. Dieses Beispiel zeigt,
wie individuell Palantir seine Verträge gestaltet.

Palantirs Treiber für das Umsatzwachstum sind:


(a) Ausbau des Geschäfts mit Regierungen und Behörden: Neben den USA
zählen inzwischen auch Großbritannien und Dänemark zu den Kunden.

(b) Ausbau des Geschäfts mit dem US-Militär: Mit James Mattis als
Verteidigungsminister und H. R. McMaster als Nationaler
Sicherheitsberater sind zwei ehemalige Generäle in Amt und Würden, die
beide als Militärs große Palantir-Fürsprecher waren.
(c) Ausbau des Industriegeschäfts: Palantirs zuletzt geschlossene
Verträge mit Merck und der europäischen Airbus-Gruppe unterstreichen die
Ambitionen im Industriegeschäft.
(d) Ausbau des Cyber-Security-Geschäfts:
Marktforschungsunternehmen gehen davon aus, dass der Cyber-Security-
Markt bis 2021 ein Volumen von 202 Milliarden erreichen wird. Palantir als
Experte in den Bereichen Kriminalitätsbekämpfung, Geldwäsche und
Erkennung von Anomalien in Geschäftsdaten könnte von dem
Wachstumsmarkt stark profitieren.

(b) Dauerhaftigkeit
Palantir wurde im Jahr 2004 offiziell gegründet. Das Unternehmen ist damit
bereits so lange am Markt wie Facebook. Palantir ist von den wertvollsten
Unicorns das Unternehmen, welches mit am längsten am Markt tätig ist.
Dem Unternehmen flossen laut dem Datendienstleister PitchBook bisher
rund 2,5 Milliarden Dollar Risikokapital zu.388 Wahrlich kein Pappenstiel
für ein aufstrebendes Softwareunternehmen.
Palantir beschäftigt weltweit mehr als 2000 Mitarbeiter, meist
Ingenieure oder Informatiker. Das Unternehmen ist gemäß den LinkedIn
Profildaten der am häufigsten gewählte Arbeitgeber für
Informatikabsolventen der nahegelegenen Stanford University. Nicht ohne
Grund hat der Wirtschaftssender CNBC Anfang 2016 mit der Schlagzeile
aufgewartet, dass »das CIA-finanzierte Start-up Palo Alto übernehme«.
Gemeint war Palantir. Zum Zeitpunkt des Berichts belegte Palantir
insgesamt 23 Gebäude in Palo Alto, was rund 15 Prozent der gewerblichen
Bürofläche der Stadt entspricht. Palantir ist damit am nächsten dran an
seinem wichtigsten Rohstoff: dem ständigen Strom junger, kreativer und
hungriger Informatikabsolventen von der Stanford.389
Palantir ist durch seinen Einsatz bei Behörden, Regierungen, Militärs
und der Großindustrie inzwischen eine feste Größe und besitzt in vielen
Bereichen bereits eine geschäftskritische Stellung, die dem Unternehmen
einen dauerhaften Charakter gibt. Generell ist die Kundenausrichtung und
die damit verbundene Vertragsgestaltung sehr nachhaltig und langfristig
ausgelegt. Palantir konnte in den letzten Jahren ein stetiges und
nachhaltiges Umsatzwachstum verbuchen. Nach Aussage von Karp wird
Palantir als Gesamtunternehmen 2017 die Gewinnschwelle überschreiten,
das Geschäft mit Behörden ist bereits profitabel. Schlüssel dafür sind die
von Karp ausgehandelten langfristigen Verträge mit bonitätsstarken
Großunternehmen.390
Ein möglicher Börsengang bei der aktuellen Bewertung von rund 20
Milliarden Dollar würde die Finanzposition noch einmal stärken. Palantir
könnte seine internationale Expansion und die Erschließung neuer
Marktsegmente weiter vorantreiben. Das Unternehmen hat bereits in der
Vergangenheit immer wieder Start-ups dazugekauft, die das eigene
technologische Portfolio abrunden. Mit frischen Finanzmitteln könnte
Palantir auch in der Zukunft auf der Akquisitionsfront nach interessanten
Ergänzungen Ausschau halten.

(c) Werte akkumulieren


Alex Karps Ziel als CEO und einziger und oberster Vertriebsmitarbeiter ist
es, mit den weltweit größten und bedeutendsten Unternehmen in den
jeweiligen Branchen individuell gestaltete Partnerschaftsverträge
auszuhandeln. Das kann so weit gehen, dass für die Projektumsetzung ein
Gemeinschaftsunternehmen gegründet wird, wie mit der Schweizer
Großbank Credit Suisse geschehen.391
Es muss also für beide Seiten passen, damit aus einem vertrieblichen
Ansinnen eine langfristige strategische Partnerschaft mit einer Win-win-
Situation für beide Seiten wird. Die Softwarespezialisten von Palantir
entwickeln gemeinsam mit den Kunden maßgeschneiderte Lösungen. Da
Palantir über keinen eigenen Vertrieb verfügt, sind die sogenannten Field
Engineers ganz nah dran am Kunden und sorgen so für eine zügige
Umsetzung der Wünsche, ohne den häufig lästigen Zwischenschritt über
den Vertrieb.
So werden bei der Anfang Januar 2017 bekanntgegebenen
Zusammenarbeit mit dem DAX-Konzern Merck Palantir eigene
Programmierer gemeinsam in Teams bei Merck in Deutschland an
Lösungen für die Krebsbekämpfung arbeiten. Palantir hat mit Merck zudem
eine stark erfolgsorientierte Vergütung vereinbart, die vorsieht, dass
entstehende Gewinne unter den beiden Partnern aufgeteilt werden.392 Eine
solche Verbindlichkeit kann man nur dann eingehen, wenn man von dem
Nutzen der eigenen Software, aber auch vom ausgewählten Partner
vollkommen überzeugt ist. Nicht ohne Grund sagt Karp, dass für ihn nur
Kunden in Frage kommen, die ein Umsatzpotenzial von mindestens 100
Millionen Dollar haben. »Wir sind Single, und wir verabreden uns häufig,
bevor wir heiraten«, so Karps bildliche Beschreibung seines
Vertriebsansatzes.393 Nur bei dieser Art von Kunden lohnt sich der hohe
Einsatz. Folgerichtig zählen zu Palantirs Kundenliste das Who-is-Who der
internationalen Großunternehmen wie der Versicherer Axa, Bank of
America und Deutsche Bank, das Pharmaunternehmen GlaxoSmithKline
oder der Einzelhandelsriese Walmart.394

Monopole versus Wettbewerb


Für die Wettbewerber ist Palantir schwer zu greifen, vergleichbar im Sport
mit 1:1-Situationen wie beim Boxen oder beim Schachspiel. Das
Unternehmen agiert unkonventionell und ist gerade auch im Segment
Behörden und Militär mit seinem neuen Ansatz unbequem. Für das
Washingtoner Establishment waren nicht nur der Kleidungsstil von Karp
und seinen Leuten ein regelrechter Kulturschock, sondern auch ihre Silicon-
Valley-Sprache, die gespickt ist mit Begriffen wie »disruptiv«, die nicht in
die Landschaft von steifen Anzugträgern passen, die in stark formalen und
seit Jahrzehnten eingefahrenen Prozessen mit etablierten
Rüstungskonzernen wie Raytheon, Lookheed Martin und Northrop
Grumman denken.
Palantirs Versuch, als Silicon-Valley-Außenseiter und »Underdog« von
den großen Technologiebudgets von Regierung und Militär zu profitieren,
ist bisher noch nicht vom ganz großen Erfolg gekrönt. Der Ansatz, den
Behörden und Militärs die Palantir-Standardsoftware als kostengünstige
Basis für anstehende Projekte zur Verfügung zu stellen, fiel nicht nur auf
Unverständnis, sondern oft genug auf harsche Ablehnung. Palantir musste
sich mittels einer teuren Anwaltskanzlei mit großem finanziellen und
zeitlichen Aufwand in einen Bewerbungs- und Evaluationsprozess für ein
Projekt des Militärs einklagen, nachdem es zuvor aus formalen Gründen,
die nicht haltbar waren, ausgeschlossen wurde. Die
Beschaffungsverantwortlichen des Militärs nahmen extra einen Paragrafen
in den Auswahlprozess auf, wonach Palantir ein Zeiterfassungssystem für
seine Mitarbeiter nachweisen sollte. Doch Palantir lässt seinen Mitarbeitern
freie Hand, wann und wie lange sie jeweils arbeiten, ohne
Anwesenheitszeiten aufzuzeichnen. So erfüllte man zunächst nicht die
Kriterien und wurde im ersten Umlauf als möglicher Lieferant
ausgeschlossen.

Es prallen bei Palantir und dem Militär auch unterschiedliche kulturelle


Welten aufeinander: ein regelrechter »Clash of cultures«. Ein
Militärverantwortlicher sagte gegenüber Fortune, dass die Palantir Leute
ihnen gegenüber gesagt hätten: »Wir haben unser Geschäftsmodell und wir
kämpfen dafür bis zum Tod.« Doch das sei nicht das Prinzip des Militärs,
wo man »Regeln hat, denen man folgt«. Fortune hat sich in einem 13-
seitigen Spezialbericht auf die Seite von Palantir gestellt und versucht, das
sich verselbstständigte Beschaffungswesen, welches für vielfach
gescheiterte und sündhaft teure Militärprojekte steht, zu enttarnen. Doch
trotz Unterstützung von Trump und seiner zahlreichen Generäle, die
Palantir positiv gegenüberstehen, bleibt abzuwarten, ob es dem
Unternehmen gelingt, in die Phalanx der großen Rüstungskonzerne
einzudringen.395
Wichtige Wettbewerber sind für Palantir die Unternehmen aus dem
Bereich Big Data wie IBM, aber auch die großen Rüstungskonzerne wie
Raytheon, Lookheed Martin und Northrop Grumman mit ihren
Softwareabteilungen.
Ziel von Palantir ist es, Quasi-Standards für ganze Branchen zu
schaffen. Beispielhaft steht hierfür der Deal mit BP. Mit dem Ölmulti wurde
im November 2014 ein Vorvertrag unterzeichnet, der Palantir über zehn
Jahre ein Umsatzvolumen von 1,2 Milliarden Dollar sowie im Erfolgsfall
weitere Bonuszahlungen garantiert.396

Besitzergreifung und Schaffung eines Markts


Palantir hat sich seit dem Start 2004 einen eigenen Markt geschaffen. Zum
damaligen Zeitpunkt steckte das Thema Big Data noch in den
Kinderschuhen. Palantir erkannte jedoch den Bedarf wegen der
zunehmenden Cyber-Kriminalität im Wirtschaftsleben, aber auch wegen der
steigenden Herausforderung des asymmetrischen Terrorismus für die
Regierung.
Die exzellente Finanzausstattung mit über 2,5 Milliarden Dollar und die
strategische Führung durch Thiel im Hintergrund gaben Alex Karp die Zeit,
ohne direkten Kundendruck ein technologisch hochstehendes Produkt zu
entwickeln. Mit der Konzentration auf die wirklich großen Unternehmen in
den wichtigsten Branchen durch gezielte Ansprache der jeweiligen
Vorstände und dem Aushandeln individueller Verträge verfügt Palantir nun
über eine handverlesene und exklusive Kundenliste. Palantir ist sicherlich
der Rolls Royce für hochkomplexe Fragestellungen in der Datenanalyse.

Aufbauend auf der Basissoftware für Regierungen, Behörden und Militär


sollen, wie bereits erwähnt, Quasi-Standards für ganze Branchen geschaffen
werden. Die langfristig geschlossenen Kundenverträge mit den damit
verbundenen Entwicklungspartnerschaften führen zu starken »Lock-in-
Effekten«, die durchaus vergleichbar sind mit der Einführung der SAP-
Software als betriebswirtschaftliche Standardsoftware im Unternehmen.
Thiel und Karp spekulieren darauf, wer erst einmal seine
geschäftskritischen Analysen auf der Palantir-Software fährt, wird so
schnell nicht abtrünnig werden.
Nachdem (nach den Behörden und Militärs) zunächst die
Finanzindustrie die erste privatwirtschaftliche Kundengruppe darstellte,
sind es nun die Industrie wie Airbus oder die Rohstoffbranche wie BP, die
Palantir ins Auge fasst.
Thiel bemängelt in seinen Vorträgen und Interviews immer wieder, dass
»die Welt der Atome« seit Ende der 1960er-Jahre gegenüber der Digitalwelt
wenig Innovationen hervorgebracht hat. Er sorgt damit für das beste
Vorteilsargument der Palantir-Software, die ihren Kunden aus der
Versicherungswirtschaft, der Pharma- und der Luft- und Raumfahrtindustrie
mittels der Datenanalyse neue Erkenntnisse für bahnbrechende
wirtschaftliche und innovationstechnische Erfolge liefern kann. Diese sind
auch für viele der Schwergewichte dringend notwendig, sind doch in den
letzten 15 Jahren über die Hälfte der im S&P 500 gelisteten Unternehmen
aus dem Index verschwunden und durch andere Unternehmen ersetzt
worden.397 Auch der Bedarf aufseiten von Regierungen und Behörden
dürfte weiter zunehmen. Nicht ohne Grund zeigte Palantir auf dem
Weltwirtschaftsforum 2016 eine Anwendung, die die verworrene
Kriegssituation in Syrien mit den mannigfaltigen Beteiligten und Gegnern
als Big-Data-Analyse grafisch darstellte.398
Die Flüchtlingskrise im Winter 2015/16 und der weiterhin steigende
Druck durch weltweite Migrationsbewegungen wird Regierungen und
Behörden weiter in Atem halten, aber auch der Terrorismus und die
prekären politischen Situationen in Russland, dem Nahen Osten und
Nordkorea. Doch die Verquickung mit der Politik kann auch zum Fluch
werden. Im Januar 2017 protestierten Demonstranten vor dem
Hauptquartier von Palantir gegen eine mögliche Entwicklung einer
Software zur Kontrolle von Muslimen bei der Einreise in die USA. Alex
Karp betonte gegenüber Forbes, dass man einen solchen Auftrag auf keinen
Fall annehmen und ausführen würde.399 Man fühlt sich mit einem etwas
mulmigen Gefühl in die Welt von George Orwells ›1984‹ oder Aldous
Huxleys ›Schöne neue Welt‹ versetzt.

Charakteristika von Monopolen

Proprietäre Technologien
Kern der Palantir-Software sind die einzigartigen Funktionen zur
Aggregation strukturierter und unstrukturierter Daten aus ganz
unterschiedlichen Quellen und Datenträgern. Was sich zunächst einfach
anhört, ist technisch sehr aufwendig. Durch das Web 2.0 und der
explosionsartigen Verbreitung sozialer Medien wächst die Datenmenge
unstrukturierter Daten geradezu explosionsartig. Die Algorithmen zur
Aggregation der Datenflut sind die Grundvoraussetzung dafür, dass darauf
aufbauend überhaupt aussagekräftige Analysen gefahren werden können.
Zweites wichtiges Alleinstellungsmerkmal ist die intuitive grafische
Benutzeroberfläche, die mit ihren Analysefunktionen explizit für
Nichtprogrammierer entwickelt wurde. Es braucht kein aufwendiges
Erlernen einer Abfrage- oder gar Programmiersprache. Der Anwender kann
sofort mit seinen fachlichen Fragestellungen loslegen und Analysen und
Auswertungen erstellen.

Netzwerkeffekte
Im Gegensatz zu viral wachsenden Plattformen wie Facebook und PayPal,
die noch dazu für Endanwender meist kostenlos sind, wendet sich Palantir
an Behörden und Großunternehmen. Diese erfordern zunächst sehr viel
Beratungs- und Vertriebsaufwand, und es braucht meist viel Zeit und
Geduld, bis man die andere Seite überzeugt hat und zu einem ersten
Abschluss kommt. Palantir schafft den Eintritt in Unternehmen auf zwei
Arten: Man steigt ganz oben im Topmanagement ein und versucht mit ihm
einen individuellen Vertrag auszuhandeln. Parallel steigt man auf der Ebene
derjenigen ein, die an den operativen Stellen sitzen und tagtäglich mit einer
Software wie Palantir umzugehen haben. Ziel von Palantir ist es, diese
Mitarbeiter als Fürsprecher und Botschafter zu gewinnen. Karp betont
immer wieder, dass begeisterte Anwender ihren Kollegen in anderen
Abteilungen von der Palantir-Software berichten und diese dann auch zu
neuen Kunden werden können. Auch beim Militär hat Palantir diese
Strategie letztendlich erfolgreich angewendet. Man hat die Software kleinen
Gruppen von Spezialeinheiten in Afghanistan zur Verfügung gestellt. Die
Elitesoldaten waren derart angetan, dass sie ihre Vorgesetzten baten, mehr
Lizenzen zu bestellen.400 Da es sich bei den Kunden meist um
multinationale Unternehmen handelt und deren Mitarbeiter meist auch über
Ländergrenzen hinweg in Projektteams arbeiten, verbreitet sich der Bedarf
für eine Software wie Palantir nicht nur innerhalb von einzelnen
Abteilungen oder Ländergesellschaften, sondern weltweit. Es entsteht also
innerhalb eines Unternehmens eine Art »Facebook-Effekt«. Palantir kann
sich so dauerhaft im Unternehmen festsetzen.

Economies of Scale
Insbesondere im Bereich von Behörden und Militärs kann Palantir seinen
Vorteil als Standardsoftwareanbieter deutlich ausspielen. SAP hat dies bei
betriebswirtschaftlicher Software vorexerziert. Palantir ist damit deutlich
konkurrenzfähiger als Mitbewerber. Nach Aussage von Palantir müsste das
US-Verteidigungsministerium für die Ausstattung der Truppeneinheiten
lediglich rund 100 Millionen Dollar aufwenden, wenn es Palantir als
Standardsoftware einsetzen würde. Stattdessen haben die
Beschaffungsverantwortlichen seit 2001 mehr als sechs Milliarden Dollar
für eine Individualsoftware ausgegeben, entwickelt u. a. von den
Rüstungskonzernen Rytheon, Lockheed Martin und Northrop Grumman.
Während die Privatwirtschaft und große Konzerne im Umdenkprozess sind
und wissen, dass sie sich schnell mit den disruptiven Technologien des
Silicon Valley arrangieren müssen, ist insbesondere das Militär noch eine
letzte geschlossene Bastion, die im alten Denken verhaftet ist.
Bezeichnenderweise hat Fortune in seinem Artikel über den Kampf von
Palantir mit dem Militär ermittelt, dass der Bürokratieapparat des Pentagons
für die Beschaffung und Auftragsvergabe eine kaum vorstellbare
Mitarbeiterzahl von 207.000 umfasst, während die Eliteeinheit der Marines
lediglich eine Kampfstärke von 163.375 Mann umfasst. Es wird spannend
sein zu verfolgen, ob es der Trump-Administration gelingt, die Budgets des
Verteidigungsministeriums auf Wirtschaftlichkeit zu trimmen. Wenig
optimistisch stimmt da Trumps Ankündigung im Februar 2017, das
Pentagonbudget um 54 Milliarden Dollar anzuheben, was einer Steigerung
von zehn Prozent entspricht.401

Palantir muss es auch auf der privatwirtschaftlichen Seite in


Zusammenarbeit mit führenden Konzernen der jeweiligen Branche
gelingen, Lösungen als Standards zu entwickeln, die dann an weitere
Unternehmen verkauft werden können. Die Grundvoraussetzung hat
Palantir durch die sehr selektive Kundenauswahl bereits geschaffen.
Wissenschaftler der ETH Zürich haben 2011 in einer viel beachteten Studie
unter dem Titel »The Network of Global Corporate Control« ermittelt, dass
147 Einheiten, zumeist große Finanzkonzerne, fast 40 Prozent aller
monetären Werte transnationaler Konzerne beherrschen. Unter den Top 25
finden sich renommierte Finanzadressen wie Axa, Credit Suisse, Deutsche
Bank und JP Morgan, allesamt bereits Kunden von Palantir.402
Gegenüber dem Nachrichtendienst Bloomberg betonte Karp im Februar
2017, dass man trotz starkem Wachstum die Geschwindigkeit der »Cash
Burn Rate« über das gesamte Unternehmen hinweg um 60 Prozent reduziert
habe. Außerdem habe er ein stärkeres Auge auf die Mitarbeiterzahl.
Bestimmte Tätigkeiten in der Datenanalyse, für die Palantir bisher
zusätzliche Mitarbeiter benötigte, seien nun in Produkte gegossen worden,
und dies bedeute weniger Neueinstellungen und eine Verbesserung der
Margensituation.403

Marke
Als Palantir im Jahr 2009 eine Finanzierungsrunde von 90 Millionen Dollar
bekanntgab und auf dem Weg zu einem Unternehmen des exklusiven
Milliarden-Dollar-Clubs war, musste sogar das sonst so gut informierte
Techportal Techcrunch, das meist seitenweise über entstehende Start-ups
berichtet, eingestehen, dass Palantir bisher unterhalb des Radarschirms der
Presse lief und ein »Mauerblümchen«-Dasein fristete. Techcrunch verglich
denn auch Palantirs Social-Media-Aktivitäten mit denen des zu der Zeit
sehr populären Dienstes Foursquare. Foursquare hatte innerhalb des ersten
Jahres nach seiner Gründung 2009 bereits 208 Posts auf Twitter abgesetzt.
Palantir, gegründet 2004, dagegen lediglich einen. Im Gegensatz zu anderen
Tech-Unternehmen ist Palantir beim Einsatz sozialer Medien sehr
zurückhaltend.404 Palantir lebt nicht schlecht von dem Ruf des
»Geheimnisumwitterten«. Denn die Verschwiegenheit schafft eine
Resonanz bei Unternehmen und in der Öffentlichkeit. So bringen immer
wieder Journalisten Palantir mit dem Auffinden Osama bin Ladens in
Verbindung, obschon Palantir dies nie offiziell bestätigt hatte. Palantir
selbst verfügt über keine Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit. Als
entscheidend wird angesehen, dass es weiter die besten Softwareentwickler
und Mathematiker gewinnt, die magisch von den mannigfaltigen großen
Herausforderungen angezogen werden, die es bei Palantir zu lösen gilt.
Peter Thiel und Alex Karp verstehen es zudem sehr gut, auf der großen
Bühne der Politik und bei Großunternehmen für Palantir zu werben. Das
Unternehmen ist extremes »Peoples Business«, es braucht weder die
klassischen Instrumente der Werbung noch einen aufwendigen
Vertriebsapparat.
Bisher war Alex Karp, wie bereits erwähnt, gegenüber einem
Börsengang skeptisch, würde er doch hohe Transparenzanforderungen
bringen und Öffentlichkeit und Analysten Einblicke in das bisher so
verschwiegene Geschäftsgebaren bieten. Ein IPO könnte aber auch die
Marke Palantir bekannter machen und das Unternehmen damit mittelfristig
in den 100-Milliarden-Dollar-Club heben, wo es nach Ansicht von Thiel
und Karp mittelfristig auch hingehört.

Investmentgesellschaften

Thiel Capital
Thiel Capital ist die persönliche Holding-Investmentgesellschaft von Peter
Thiel. Ihre Website beinhaltet lediglich das Wort »Thiel« in einer
extravaganten typografischen Schreibweise. LinkedIn gibt folgende
Beschreibung zum Unternehmenszweck an: »Thiel Capital bietet
strategische und operative Unterstützung für Peters zahlreiche
Investmentinitiativen und unternehmerischen Bemühungen. Verbundene
Organisationen sind Clarium, Founders Fund, Mithril Capital, Valar
Ventures und die Thiel Foundation«.
Laut dem LinkedIn Profil von Thiel Capital liegt die aktuelle
Mitarbeiterzahl zwischen elf und 50 Mitarbeitern.405
Interessante Einblicke zu Thiel Capital gibt eine im Februar 2017
aufgegebene Stellenanzeige für einen persönlichen Assistenten Peter Thiels.
Demnach wird ein multitaskingfähiger Mitarbeiter gesucht, der mit dem
hohen Tempo und der unternehmerisch geprägten Umgebung
zurechtkommt. Gefragt sind professionelles und taktvolles Handeln, gepaart
mit einem hohen Maß an Diskretion. Aber auch Unbeschwertheit, Freude
und Humor. Vorausgesetzt wird ein stark ausgeprägter Arbeitsethos nach
dem Motto »Keine Aufgabe ist zu groß oder zu klein«. Selbstverständlich
gefordert ist eine 24/7 Erreichbarkeit über Mobiltelefon und E-Mail sowie
eine jederzeitige Last-Minute-Reisebereitschaft.406

Geschätzte Marktwerte ausgewählter Start-ups, in die Peter Thiel investiert hat


(Angaben in Mrd. €, Stand: 06.03.2017), Quelle: CNN
Clarium Capital

Nachdem Thiel 2002 PayPal an eBay verkauft hatte, wendete er sich wieder
seiner eigentlichen Leidenschaft zu: den Finanzmärkten und dem
Investieren. Er gründete im selben Jahr die Investmentgesellschaft Clarium
Capital Management. Gegenstand des Unternehmens sollte ein Hedgefonds
sein, der eine globale Makrostrategie abbildet. Er startete den Fonds mit
rund zehn Millionen Dollar aus seinem eigenen Kapital.407 Thiel, der
weltweite ökonomische Zusammenhänge wie kaum ein zweiter auf den
Punkt bringen kann, sah darin eine gute Möglichkeit, sein ökonomisches
Wissen zu vergolden. Auf der Homepage von Clarium Capital findet man
nichts weiter als drei Zitate von Thiel. Diese haben es aber in sich und
beschreiben in wenigen Sätzen den Geschäftszweck und die Geschichte von
Clarium Capital.
Für Thiel ist der Makroinvestor ein Detektiv, der nicht direkt
zusammenhängende Anhaltspunkte aus nächtlichen Ereignissen in weit
entfernten Orten zu einem aussagekräftigen Bild zusammenführen muss.
Mit seinem Fonds wollte er an der Blasenbildung durch konträre Strategien
profitieren. Als Tech-Unternehmer hatte er die Dotcom-Blase um das Jahr
2000 an vorderster Front miterlebt und mit PayPal neben viel Können auch
Glück gehabt, dass er es zu einem Milliarden-Exit zu führen vermochte.
Thiel ist nicht nur Ökonom, sondern auch Philosoph. Entsprechend
bedient er sich für Clariums Mission der griechischen Mythologie: Sein
Ziel sei, einen anderen Weg zu finden, der gerade aber in einem schmalen
Grat zwischen den veralteten Weisheiten der Skylla und der nihilistischen
Klugheit der Charybdis läge. Für diejenigen, die mit der griechischen
Mythologie nicht so bewandert sind, sei gesagt: Skylla und Charybdis sind
Meeresungeheuer, die in der Straße von Messina lebten und jeweils eine
Seite der Meerenge besetzten. Skylla hatte sechs Köpfe mit einer dreifachen
Reihe Zähne in jedem Maul und fraß jeden, der in ihre Nähe kam.
Charybdis sog dreimal am Tag das Meerwasser ein, um es danach brüllend
wieder auszustoßen. Kamen Schiffe in deren Sog, waren diese verloren.408
Thiel wollte also mit großem Hebel riskante Wetten eingehen und als
konträrer Investor gegen die neuen Blasen und Anomalien der
Weltwirtschaft wetten. Er und seine Mitarbeiter machten sich an die Arbeit.
Sie investierten gemäß ihrer konträren Denkweise. Sie kauften japanische
Staatsanleihen, als andere Investoren diese verkauften. Wenn sie erkannten,
dass die Öllieferungen knapper wurden setzten sie auf steigende Ölpreise.
Auch die Preisblase am Immobilienmarkt erkannten sie. Bis zum Sommer
2008 stiegen die Renditen des Fonds und damit verbunden auch die
Anlagegelder bis auf mehr als sieben Milliarden Dollar. Ein sagenhafter
Anstieg um das 700-Fache in nur sechs Jahren. Thiel erwarb sich einen Ruf
als Investmentgenie in der eitlen Hedgefonds-Szene.
Doch just in diesem Moment platzte im September 2008 mit dem
Bankrott der Investmentbank Lehman Brothers die nächste Finanzblase und
die weltweiten Aktienmärkte gingen auf Tauchstation. Clarium wettete
dagegen und setzte auf steigende Aktienkurse, doch diese fielen zunächst
teilweise ins Bodenlose. Im Jahr 2009 wechselte das Team seine Strategie
und setzte auf fallende Aktienkurse. Doch die internationalen Regierungen
und die Notenbanken machten Thiel einen Strich durch die Rechnung: ihre
konzertierten Interventionen mit dem Ausrufen der Nullzinspolitik und dem
Kauf von Staatsanleihen durch die Notenbanken machte Aktien zu der
Gewinneranlage schlechthin und brachte damit Clarium Capital in die
Bredouille. Der Fonds kam nun von zwei Seiten gleichzeitig unter Druck:
Generell zogen Anleger zu diesem Zeitpunkt massenhaft Gelder aus
liquiden Anlageformen ab, um andere Löcher stopfen zu können, was sich
noch durch die negative Performance des Clarium Fonds verstärkte. Bis
Mitte 2010 schmolzen die Anlagegelder auf rund 350 Millionen Dollar
zusammen. Zwei Drittel davon sollen Thiel zugerechnet gewesen sein. In
Branchenkreisen wurde entsprechend kolportiert, Clarium sei zu einer Art
Family Office von Thiel mutiert. Thiel lernte dabei eine wichtige Lektion
über die Kapitalmärkte: Zu viel Einsatz von Intelligenz kann einem am
Aktienmarkt auch zum Nachteil gereichen. Richtiges Timing ist häufig
mehr als die halbe Miete. Warren Buffett handelt erfolgreich mit seiner
Maxime, die er im letzten Aktionärsbrief seiner Berkshire Hathaway wie
folgt beschrieb: »Alle zehn Jahre etwa werden dunkle Wolken am
Wirtschaftshimmel heraufziehen und es wird kurze Zeit Gold regnen. Bei
solchen Güssen müssen wir mit Badewannen und nicht mit Teelöffeln
hinauseilen.«409 Thiel entwickelte zu dieser Zeit seine pessimistisch
ausgerichtete Theorie der Technologiestagnation. In ihm wuchs die
Erkenntnis, dass ohne eine neue Technologierevolution die Verwerfungen
der Globalisierung zu weltweiten Konflikten führen würden.410 Doch Thiel
wäre nicht Thiel, wenn er daraus nicht auch eine wichtige Lehre für seine
weiteren geschäftlichen Ziele gezogen hätte: Er konzentrierte sich in der
Folge mit seinen Investmentgesellschaften auf große Tickets in nicht
börsennotierten Tech-Unternehmen, die die Welt signifikant besser machen
sollen und wo er zudem einen längeren Investmenthorizont fahren konnte,
da Anleger das Geld nicht einfach über Nacht, wie bei Clarium Capital
geschehen, abziehen konnten.

Mithril Capital

Die Antwort von Thiel auf die gewonnenen Erfahrungen mit Clarium
Capital ließen denn auch nicht lange auf sich warten. Zusammen mit
seinem Freund Ajay Royan gründete er 2012 die Investmentgesellschaft
Mithril Capital. Auch hier stand wieder Tolkiens ›Herr der Ringe‹-Trilogie
Pate. Mithril ist ein von Tolkien erfundenes Metall, aus dem die Rüstungen
der Krieger gemacht wurden. Es ist die härteste Substanz aus den tiefsten
Minen. Passend dazu prangt im Vordergrund der spartanisch gehaltenen
Website das Statement von Mithril Capital mit dem Titel »Building To
Last«, »Aufbauen zum Verbleiben«. Dahinter zeigen sich in warmem
bronzefarbenem Licht die in Wolken eingehüllte Golden Gate Bridge und
die Silhouette von San Francisco. Mithril Capital stellt Kapital für
Wachstumsunternehmen bereit. Im Zentrum stehen Investments in Firmen,
die Technologie einsetzen, um wertvolle und dauerhafte Unternehmen zu
schaffen. Bevorzugt in Branchen, die längst überfällig für Veränderungen
sind. Mithril Capital sieht sich mit seiner technologischen und Markt
Expertise als idealer Sparringspartner für etablierte
Wachstumsunternehmen, die ihre Kräfte freisetzen und einige Gänge höher
schalten wollen. Man konzentriert sich nicht auf bestimmte Sektoren oder
Regionen.
Mithril Capital ist schlank aufgestellt und erinnert vom Zuschnitt an
eine digitale Berkshire Hathaway. Royan fungiert als Managing Partner und
Thiel als Vorsitzender des Investmentkomitees. Das Team umfasst noch
zehn Mitarbeiter, die aus anderen Unternehmungen Thiels rekrutiert
wurden. Royan und Thiel entscheiden final, in welche Unternehmen und
wohin die Schecks fließen. Laut Royan war die ursprüngliche Idee,
dauerhaftes Kapital in Form einer Unternehmung zur Verfügung zu haben
und dann nach 15 Jahren an die Börse zu gehen. Thiel und Royan wären
bereit gewesen, ihr investiertes Geld einzufrieren. Doch dieser Ansatz war
für Investoren zu radikal, und so entschlossen sich die beiden doch für eine
Fondsstruktur, aber mit einer langfristigen Laufzeit von 12 Jahren. Mithril
fährt einen konzentrierten Portfolioansatz und investiert in Unternehmen,
die im Silicon Valley praktisch niemand kennt. Dazu gehören Unternehmen
wie C2FO, eine Firma aus Kansas City, die sich der Cash-Flow-
Optimierung von gebundenem Kapital aus Handelsbeziehungen widmet,
eine Firma aus Toulouse, die Unterwasserroboter entwickelt, oder eine
Technologiefirma aus Boston, die Zugreisenden denselben Kaufprozess von
Tickets unabhängig von der Bahngesellschaft ermöglicht. Die
Zusammensetzung erinnert einen denn auch an Buffetts Zukäufe. Royan
sieht diesen Vergleich nicht ungern, mit einem wichtigen Unterschied:
Buffett hat in der Vergangenheit nicht in Technologie investiert, weil nicht
absehbar war, welches Unternehmen langfristig am Markt bestehen bleibt.
Royan findet, dass Technologie heute keine »Boom and Bust« sondern
langfristige Wetten sind. »Spielt man heute die Warren-Buffett-
Eröffnungspartie, darf man nur auf technologiebasierte Investments setzen,
weil man auf diesen heutzutage bleibende Unternehmen aufbaut.« Die
Quote der Unternehmen, in die Mithril investiert, liegt bei rund einem
Prozent, dafür sind im Erfolgsfall die ausgestellten Schecks mit 20 bis 100
Millionen relativ hoch.411
Mithril mischt aber auch bei Finanzierungen von klassischen Silicon-
Valley-Softwarefirmen mit. Dazu zählen der Cloudspezialist AppDirect und
natürlich Palantir. Mit AppDirect hatte Mithril auch ein gutes Händchen.
Das Cloud-Unternehmen wollte Anfang 2017 an die Börse gehen, wurde
dann aber mit einem satten Aufschlag für 3,7 Milliarden Dollar kurz vor
dem IPO von Cisco gekauft.412
Mithril wendet sich primär an Family Offices und Vermögende, die im
Gegensatz zu vielen institutionellen Anlegern mit einem dauerhaften
Anlagehorizont von zwölf Jahren kein Problem haben. Zuletzt wurde
bekannt, dass der aktuelle Fonds ein Volumen von 850 Millionen Dollar
erreicht hat.413

Founders Fund

Der Founders Fund ist das Investmentvehikel, das eins ist mit der Sicht auf
die (Technologie-) Welt des Peter Thiel. Im Jahr 2005 hat er ihn zusammen
mit seinen PayPal-Co-Gründern Ken Howery und Luke Nosek gegründet.
Weltweit berühmt ist das Leitmotiv des Founders Fund »We wanted flying
cars, instead we got 140 characters«. Eine Anspielung auf den
Nachrichtendienst Twitter und insbesondere die Risikokapitalgeber, die
lieber in weniger kapitalintensive Internet- und Social-Media-Unternehmen
investieren, anstatt in hochriskante Technologien, die aber das eigentliche
Leben der Menschheit verbessern können.
Der Founders Fund drückt seine Sichtweise der Dinge in einem
ausführlichen Manifest aus. »Was passiert mit der Zukunft?«, das ist die
Ausgangsfrage des Fonds. Der Founders Fund investiert in herausragende
unternehmerische Persönlichkeiten, die sich mit schwer zu lösenden
Problemen der Menschheit auseinandersetzen. Meist handelt es sich dabei
um komplizierte Probleme aus den Bereichen Wissenschaft und
Engineering. Thiel und seine Kollegen wollen mit dem Fonds eine
interessante Symbiose schaffen: Den technologischen Fortschritt und damit
den Haupttreiber für das Wachstum in der entwickelten Welt vorantreiben
und nebenbei außergewöhnliche Renditen für die Anleger erzielen.
Der Founders Fund sieht die Risikokapitalszene in einem langen
Albtraum gefangen. Noch in den 1960er-Jahren hatten die
Risikokapitalfirmen enge Bande mit den Unternehmen der aufstrebenden
Halbleiterindustrie geknüpft. Leute wie die Venture-Capital-Legende Arthur
Rock finanzierten mit großem Risiko und unternehmerischem Mut Firmen
wie Fairchild Semiconductor oder den heutigen Chipgiganten Intel. Sie
waren die Geburtshelfer und indirekt Namensgeber des Silicon Valley. Der
Wechsel weg von Technologiefinanzierungen mit transformalem Charakter
hin zu eher inkrementellen und damit weniger risikobehafteten Investments,
bevorzugt in Internet- und Softwarefirmen, hat die Risikokapitalgeber für
Thiel und den Founders Fund kaputt gemacht.
»Wir beladen den Truck, wenn wir Gewissheit haben«, so Brian
Singerman neben Thiel, Howery und Nosek einer der vier Partner des
Founders Fund. Gemeint ist damit, dass der Founders Fund auf ein sehr
konzentriertes Portfolio setzt, dafür aber große einzelne Tickets zeichnet.
Im Gegensatz dazu investieren viele Risikokapitalgeber nach dem Prinzip
»Spray and pray«, was nichts anderes heißt, als viele kleinere Investments
zu tätigen, um damit das Risiko von großen Verlusten zu vermeiden.
Tatsächlich passiert aber das, was Warren Buffett vielen Fondsmanagern
vorhält: Wer in zu viele Unternehmen investiert, kann sich gar nicht
intensiv mit jedem einzelnen auseinandersetzen. Buffett verglich dies mit
einer eingängigen Metapher: »Wenn du ein Harem mit 40 Frauen
unterhältst, kannst du keine von ihnen näher kennenlernen«.414
Die idealen Firmen, in die der Founders Fund investiert, sind
diejenigen, die einen völlig neuen Markt schaffen, so wie dies bei Thiels
eigenen Gründungen PayPal und Palantir der Fall war.
Sie zeichnen sich durch folgende Charakteristiken aus:
– Sie sind wenig bekannt (hohe Bekanntheit führt meist zu hoher
Bewertung).
– Sie sind schwierig zu beurteilen.
– Sie beinhalten technologische Risiken.
– Wenn sie erfolgreich sind, ist ihre zugrundeliegende Technologie
außergewöhnlich wertvoll.

Während die meisten Silicon-Valley-Risikokapitalgeber sich entweder nur


auf Internet- und Softwareunternehmen oder auf spezielle Nischenthemen
wie alternative Energien oder Biotechnologie konzentrieren, hat der
Founders Fund einen relativ breiten Ansatz und sucht in folgenden
Segmenten nach Investitionsmöglichkeiten:
– Biotechnologie
– Consumer Internet und Medien
– Künstliche Intelligenz
– Luft- und Raumfahrt sowie der Transportsektor
– Analytik und Software
– Energie

Eines dieser »Big Shots« war das Investment in das Biotechnologie-Start-


up Stemcentrx. Der Founders Fund investierte als Lead-Investor 2012 30
Millionen Dollar bei einer Bewertung von 300 Millionen Dollar. Im Jahr
2016 wurde Stemcentrx für 10,2 Milliarden Dollar an den Pharmagiganten
Abb-Vie verkauft. Das Biotech-Unternehmen aus San Francisco hat fünf
Medikamente in klinischen Tests, mit deren Hilfe Krebsstammzellen
angegriffen und eliminiert werden können, die für Tumore verantwortlich
sind. Singerman erläuterte gegenüber Fortune nach dem erfolgreichen Deal
das Erfolgsgeheimnis dahinter: »Wir sind keine Raumfahrtexperten und
hätten SpaceX nicht gemacht, wenn es nicht von Elon betrieben würde.«
Bei Stemcentrx war dies ähnlich. »Wir sind auch keine Krebsexperten, aber
die Gründer waren so überzeugend.« Wenn es darauf ankommt, scheut der
Founders Fund auch keine Mühe, Experten für die Prüfung (Due Diligence)
zu Rate zu ziehen. Im Fall von Stemcentrx wurden drei
Wissenschaftsonkologen und drei klinische Onkologen zu Rate gezogen.
Als diese konservativen Wissenschaftler sagten, dass es funktionieren
könne, was Stemcentrx macht, war das Signal für Singerman und seine
Kollegen zum Investieren gegeben.415 Ein Investment, das sich richtig
gelohnt zu haben scheint. Der Founders Fund soll mit dem Deal rund 1,7
Milliarden Dollar verdient haben.416

Mit diesem positiven Exit in 2016 konnte der Founders Fund auch im
selben Jahr seinen Founders Fund VI Fonds mit einem Volumen von 1,3
Milliarden Dollar schließen. Zuletzt verwaltete der Founders Fund ein
Vermögen von mehr als 3 Milliarden Dollar.417
Zu den Investments des Founders Fund zählen unter anderem Palantir,
SpaceX, Airbnb, Spotify, Stemcentrx, Stripe, Facebook, Zocdoc, Lyft,
Radius, Quantcast, Flexport, Oscar und ResearchGate.418

Valar Ventures
Valar Ventures mit Sitz in New York wurde 2010 von Peter Thiel und zwei
seiner Gefolgsleute, Andrew McCormack und James Fitzgerald, gegründet.
McCormack stieß 2001 zu PayPal und half Thiel in der Vorbereitung des
Börsengangs. Fitzgerald war davor Chefsyndikus von Thiel Capital und
unterstützte ihn sowohl persönlich als auch bei seinen vielfältigen
internationalen Initiativen.
Auch hier bediente sich Thiel bei der Namensgebung wieder J. R. R.
Tolkiens Fantasieschöpfungen. Die Valar sind die 14 Größten und
Mächtigsten der Ainur, die sich entschieden hatten, in Ea einzutreten und
den Willen des Schöpfergotts Ilúvatar zu erfüllen. Es gibt sieben männliche
und sieben weibliche Valar. Die Valar sind reine Geist-Wesen, nahmen aber
innerhalb der Schöpfung eine physische Gestalt an, die fana genannt wird
und von großer Schönheit und Majestät ist.419
Der Sitz von Valar Ventures in New York ist bewusst gewählt. Valar hat
im Gegensatz zu vielen Silicon-Valley-Risikokapitalgebern, die nur im
Umkreis von zwei Autostunden nach Start-ups Ausschau halten, einen
globalen Anspruch. Zielregionen für Investments sind neben den USA
Großbritannien, Europa, Kanada, Australien und Neuseeland.
Investiert wird in hochmargige Segmente der Bereiche Software,
Software-as-a-Service (SaaS), FinTechs und Start-ups mit Marktplatz-
Charakter. In der Regel investiert Valar bereits in ganz frühen Phasen und
begleitet die Start-ups in der Folge auch in weiteren Finanzierungsrunden.
Valar sieht sich als idealen Partner für transformative Start-ups
außerhalb von Silicon Valley, deren Gründer aber von dem enormen
Netzwerk und Wissen eines amerikanisch geprägten Investors mit Wurzeln
im Silicon Valley profitieren können. Bevorzugt wird eine langfristige
Sichtweise.420
Laut dem Branchendienst Crunchbase hat Valar bisher 200 Millionen
Dollar bei Investoren eingesammelt und bei 43 Investments in 25
Unternehmen investiert. Thiel fungiert als strategischer Ratgeber und
Mentor für die Portfoliounternehmen.421
Valar hat durch mehrere Investments in disruptive FinTechs
Aufmerksamkeit erzielt. So investierte es unter anderem in das britische
Finanz-Start-up TransferWise, welches zu sehr günstigen Konditionen
Kunden, meist Expatriates oder Migranten, das Versenden von Geld zu
Familienmitgliedern in ihre Heimatstaaten anbietet. In Deutschland erlangte
Valar Aufmerksamkeit durch die Investments in die zwei Berliner Start-ups
Number26 und EyeEm. Hinter Number26 verbirgt sich eine neue rein App-
basierte Bank, EyeEm ist eine führende Online-Community und ein
Marktplatz für Fotointeressierte.
Zuletzt investierte Valar in das amerikanische FinTech Stash. Das stark
wachsende Start-up wendet sich mit seiner mobile-first-Plattform an eine
»neue Generation von Investoren«, die weder Zeit noch Lust haben, sich
mit Investmentthemen auseinanderzusetzen. Zielgruppen, die durch Banken
und Investmentgesellschaften bisher nicht erreicht wurden, auch weil sie als
wenig lukrativ galten. Anleger können bei Stash aus rund 30 Exchange
Traded Fonds (ETFs) auswählen, die von Stash auf Basis »historischer
Performance, Gebühren, Risikoprofil und Vermögensallokation«
ausgewählt wurden.422

Y Combinator
Mit »Welcome Peter« begrüßte Sam Altman, Chef von Y Combinator, dem
einflussreichsten und bekanntesten Inkubator im Silicon Valley, im Jahr
2015 Peter Thiel in seiner Rolle als Teilzeitpartner. Berühmt gemacht haben
den Frühphaseninkubator Investments in Start-ups wie Airbnb, Dropbox
und Stripe. Alle drei Unternehmen haben in der Zwischenzeit eine
Bewertung im Milliardenbereich und gelten in absehbarer Zukunft als heiße
Kandidaten für einen potenziellen Börsengang. Thiel selbst ist über den
Founders Fund bei Airbnb und Stripe mit signifikanten Beträgen dabei.

Bei Peter Thiel hat Y Combinator eine Ausnahme gemacht. Normalerweise


werden keine Personen als Partner aufgenommen, die für andere
Investmentgesellschaften arbeiten. Sam Altman begründete die Ausnahme
damit, dass »Peter so gut ist, dass wir dachten, wir müssten eine Ausnahme
machen«. Um Interessenkonflikte zu vermeiden, haben Thiel und seine
Investmentgesellschaften erst drei Monate nach den jeweiligen Demo Days
die Möglichkeit, in die teilnehmenden Unternehmen zu investieren. Für
beide Seiten ist dies eine Win-win-Geschichte. Y Combinator hat mit Thiel
einen der renommiertesten Tech-Experten und Investoren an seiner Seite,
der zudem offen ist für neue Technologien außerhalb des engen Internet-
Rahmens. Für Thiel ergibt sich zudem ein interessanter Deal-Fluss an neuen
potenziellen Investmentkandidaten. Altman hat den Inkubator in der
Nachfolge des Gründers Paul Graham in der Zwischenzeit breiter
aufgestellt und sucht nicht nur nach Internet- und Software Start-ups,
sondern auch nach innovativen Gründungen aus den Bereichen Biotech
oder erneuerbare Energien. Zuletzt machte Y Combinator auf sich
aufmerksam, als es in ein Start-up investierte, das einen neuartigen
Atomfusionsreaktor entwickelt. Bekanntlich gilt Thiel als Verfechter von
modernen Fusionsreaktoren.423
Pikant an der Verbindung zu Y Combinator ist die Tatsache, dass Sam
Altman ein Gegner von Trump und seiner Politik ist. Unabhängig davon
hält Altman an Thiel fest und begründet dies mit der Tatsache, dass es
notwendig ist, »mehr anstatt weniger miteinander zu sprechen«, da »die
meisten Leute denken, ungefähr die Hälfte des Landes sei schwer
fehlgeleitet«.424 Nachdem auf Drängen von Altman auch Non-Profit-Start-
ups in das Programm aufgenommen werden, überraschte er im Januar 2017
mit der Aufnahme der 1920 gegründeten Non-Profit-Organisation
American Civil Liberties Union (ACLU). Für Y Combinator ist ACLU eine
Form von einem Start-up, obschon das Unternehmen 97 Jahre alt ist.
Zuletzt wuchs die Mitgliederzahl innerhalb eines halben Jahres von 400.000
auf 1,6 Millionen und erhielt Spenden in Höhe von 83 Millionen Dollar.
Die ACLU-Organisation ist die stärkste Opposition, der sich die Trump-
Administration im Moment ausgesetzt sieht. Sie war dafür verantwortlich,
dass im Januar 2017 der von Trump per Dekret proklamierte Reisestopp für
bestimmte Personen aus muslimischen Ländern innerhalb eines Tages
aufgehoben wurde.425 Altman, dieser lautstarke Kritiker Trumps, sagte
kürzlich, dass Trump immerhin in einem Punkt recht habe, »dass nämlich
die Tech-Industrie teilweise verantwortlich dafür ist, dass so viele
Amerikaner empfinden, sie seien zurückgelassen worden. Ich denke aber
nicht, dass er recht hat damit, wie man dieses Problem löst.«426
VIII.
DER POLITIKBERATER

»I am proud to be gay. I am proud to be a Republican. But most of all I am proud to be an


American.«
Peter Thiel427

Der Libertär und Trump-Finanzier

Peter Thiel hat mit seiner Wette auf Trump wieder einmal recht behalten.
Während alle Politprofis und Kommentatoren einen eindeutigen Wahlsieg
von Hillary Clinton voraussagten, war für Thiel das Rennen um die
Präsidentschaft weitaus offener.
Lag es an seiner analytischen Kenntnis, oder hat er im Gegensatz zu
vielen Experten einfach gewusst, dass die Zeit reif war für einen Wandel,
einen Wandel ins Ungewisse, aber mit der Erkenntnis, dass man nicht im
selben Stil fortfahren wollte wie die letzten zwei Dekaden? Thiel weiß als
Technologieunternehmer und Investor wie kaum ein Zweiter, wann der
Zeitpunkt für ein neues disruptives Start-up gekommen ist. Für ihn ist ein
Mann wie Trump ein »disruptive change agent« und Trumps Regierung
»ein Start-up, das ein altes Geschäftsmodell ablöst«.428 Normalerweise geht
Thiel als konträrer Investor gerne große Risiken ein und investiert
bekanntermaßen gerne in Start-ups und Geschäftsmodelle, an die andere
nicht glauben. Seiner Einschätzung zufolge war sein Votum für Trump denn
auch keine riskante Außenseiterwette, denn »schließlich stand die Hälfte
Amerikas hinter Trump«.429 Nur nicht das Silicon Valley, das Trump wegen
seiner restriktiven Immigrationspolitik nahezu geschlossen ablehnte und
auch Trump, der mit seinen Äußerungen gegenüber Apple, er werde sie
dazu verdonnern, ihre iPhones wieder in den USA herstellen zu lassen, Öl
ins Feuer goss. Thiel selbst hat in der Vergangenheit immer wieder
Außenseiterkandidaten unterstützt wie die ehemalige Hewlett-Packard-
Chefin Carly Fiorina oder den Rechtskonservativen Ron Paul.
Thiel sah im Gegensatz zu vielen anderen den »Tipping Point«
gekommen, also den richtigen Zeitpunkt, an dem die kritische Masse für
eine Veränderung und ein Bruch mit dem alten System da war.
Dementsprechend war für ihn die Trump-Wette eigentlich eher
ungewöhnlich, denn er war »ein Außenseiter mit echten
Gewinnchancen«.430
Während der renommierte Historiker Rick Perlstein in einem
bemerkenswerten Essay für die New York Times mit dem Titel »I thought I
understood the American Right. Trump Proved me wrong« nach
Erklärungsversuchen für Trumps Sieg sucht, predigt Thiel fast schon
gebetsmühlenartig seit Jahren in Interviews, dass Amerika »broken« ist und
nur noch ein Schatten seiner selbst. An Trump schätzt er denn auch, dass er
dies im Wahlkampf, wenn auch stark vereinfachend und emotionalisierend,
angesprochen und zum zentralen Thema gemacht hat. Trump bediente sich
nicht nur Reagans Slogan »Let’s make America great again«, sondern
pikanterweise auch programmatisch Bill Clintons Slogan im
Präsidentschaftswahlkampf 1992 gegen Bush Senior: »It’s the economy
stupid«, frei übersetzt »Auf die Wirtschaft kommt es an, Dummkopf«.431
Folgerichtig versetzte Trump mit dem Wahlsieg in den vormals
demokratischen Bastionen im sogenannten Rostgürtel Amerikas Clinton
und der demokratischen Partei den Todesstoß. Clintons Fehleinschätzung,
inklusive der sonst so allwissenden politischen Auguren in Washington, lag
darin, dass man dachte, die Gesellschaft sei, angetrieben von
gesellschaftskulturellen Fortschritten bei Themen wie
gleichgeschlechtlicher Heirat, auf einem progressiven Linkskurs. Immer
noch ringt die demokratische Partei mit den Nachwirkungen des
Wahlergebnisses und versucht sich mit Mühen, programmatisch neu
aufzustellen.432

Doch die Menschen in den USA hatten genug von dem »Old
Establishment«. Thiel weist immer wieder darauf hin, dass »das alte System
an sich korrupt war, nicht mehr funktionierte und sich nicht mehr
weiterentwickelt hat«. In die Amtszeit von Bill Clinton fiel die Blase der
Internetwirtschaft, in die von George W. Bush die Blase am
Immobilienmarkt. Doch Konsequenzen daraus wurden keine gezogen. Im
Gegenteil: Es sah sogar zunächst so aus, als ob mit Jeb Bush, dem Bruder
von George W. Bush, und mit Hillary Clinton die Präsidentschaftswahl
2016 wieder unter den bekannten Familienclans Bush und Clinton
ausgetragen würde. Damit wären über 32 Jahre, angefangen 1989 mit Bush
Senior, bis zum Jahr 2021, mit Ausnahme der achtjährigen Amtszeit von
Barack Obama, nur die Familiendynastien Clinton und Bush an der Macht
gewesen. Insbesondere die Menschen im Mittleren Westen, die sich durch
Digitalisierung und Globalisierung abgehängt fühlten, hatten in die
bisherige Politik kein Vertrauen mehr. Die Verursacher der Misere wurden
nicht als Problemlöser angesehen und deshalb auch nicht ins Amt gewählt.
Thiels und Trumps Bericht zur Lage der Nation sind denn auch in vielen
Punkten deckungsgleich. Thiel legte bereits in einem ausführlichen TV-
Interview mit Bill Kristol im Jahr 2014 den Finger in die Wunde. Das
Merkwürdige an der Politik sei, dass die Umfragen mittlerweile so
»unglaublich dominant« seien und Politiker nur noch darauf bedacht,
Mehrheiten zu bekommen. Außerdem würden alle Politiker auf dieselben
Umfragen schauen. Die Fixierung auf aktuelle Trends und Meinungen führe
dazu, dass Politiker seiner Meinung nach immer risikoscheuer werden. Die
überbordende Bürokratie und die zunehmende Regulierung von wichtigen
Branchen wie Banken und Versicherungen, Energieerzeugung,
Transportwesen, Gesundheitsbranche und Pharmasektor haben
Innovationssprünge stark stranguliert. Nur im Techsektor waren seit den
1960er-Jahren große Fortschritte möglich, so Thiel, auch deshalb, weil
niemand Bill Gates von Microsoft oder Larry Page und Sergey Brin von
Google bei ihren ursprünglichen Garagengründungen auf die Finger
geschaut habe. Für Politiker war es erstrebenswerter und publicityträchtiger,
sich mit den Großunternehmen der »Old Economy« zu befassen, zumal sie
von der Informationsindustrie häufig wenig verstanden.

Die Risikoaversion der Politik und die Angst, nicht wiedergewählt zu


werden, hat dazu geführt, dass die Politiker es verlernt haben, in neuen
Dimensionen und großen Projekten zu denken. Ehrgeizige Projekte sind
aber sogar von Regierungen möglich, wie das Manhattan-Projekt
(Erfindung der Atombombe) der 1940er-Jahre oder die Mondlandung Ende
der 1960er-Jahre gezeigt haben.
Stattdessen, so Thiel, ist die Politik gefangen in einem riesigen
Bürokratieapparat, der von Juristen beherrscht wird. Eine Flut neuer
Gesetze führt zu weiteren Vorschriften und Regulierungen, die
Innovationen und damit bessere Lebensumstände für die Gesellschaft
verhindern. Nicht nur bei Thiel, sondern auch bei vielen amerikanischen
Wählern dürfte Trump mit seiner Aussage gepunktet haben, den Sumpf an
Korruption und Vetternwirtschaft in Washington auszutrocknen. Thiel ist es
als Gründer und Investor gewohnt, neue Dinge in Gang zu bringen und sie
nicht zu ver- oder behindern. Deshalb sollte seiner Meinung nach die
Regulierung wirtschafts- und innovationsfreundlicher gestaltet werden. Er
hat dafür auch ein probates Mittel: Regierung und Behörden sollten weniger
mit Juristen als vielmehr mit Ingenieuren besetzt sein, die auch fachliche
Kompetenz für technologische Innovationen haben.
Politiker würden heute wahrscheinlich für verrückt erklärt, wenn sie
ankündigen würden, den Krebs in wenigen Jahren zu besiegen. Aber
Visionen dieser Güte wären nach Thiels Meinung notwendig, um mittels
echter Innovationen die allgemeinen Lebensbedingungen zu verbessern und
das Wirtschaftswachstum wieder auf Raten von 3 Prozent und mehr zu
bringen, was in der Folge einen Aufbau qualitativ hochwertiger
Arbeitsplätze mit hoher Wertschöpfung und besseren Löhnen bedeuten und,
damit verbunden, auch mehr Beiträge in die Steuer- und Sozialkassen
fließen lassen würde. Mit ihnen könnte man dann dringend notwendige
Investitionen in Bildung und Infrastruktur tätigen.433
Der neue amerikanische Arbeitsminister Acosta stößt ins gleiche Horn.
In einem Interview mit dem Handelsblatt betont er die Notwendigkeit, »die
Produktivität zu steigern und die Wirtschaft von bürokratischen Fesseln zu
befreien«, die Defizite im amerikanischen Ausbildungssystem aufzulösen
und »die Verbindung zwischen der Ausbildung und dem Bedürfnis der
Firmen« nachhaltig zu stärken. So ließe sich die Erwerbsbeteiligung
steigern.434

Als Thiel seine finanzielle und ideelle Unterstützung für Trump


bekanntgab, war der Aufschrei im Silicon Valley groß. Es wurde ihm
nahegelegt, von seinem Aufsichtsratsmandat bei Facebook und als Berater
beim Inkubator Y Combinator zurückzutreten. Aufgrund seiner exponierten
Stellung als Chairman und größter Aktionär des Datenanalyseunternehmens
Palantir, das nach wie vor stark von Aufträgen der Regierung und des
Militärs lebt, hat er zahlreiche Eisen im Feuer, die ihm auch zum Nachteil
gereichen können. Für Thiels Freund Sam Altman, Chef von Y Combinator
und überzeugter Trump-Kritiker, gehen die negativen Reaktionen und
Anfeindungen gegenüber Thiel entschieden zu weit.435 Fordern
Kommentatoren und politische Beobachter nicht immer geradezu
gebetsmühlenartig, dass die Politik dringend frische Blutzufuhr von außen
durch Experten der Wirtschaft benötigt?
Ein »seltsamer Aspekt« des Silicon Valley ist für Thiel die Tatsache,
»dass viele der sehr erfolgreichen Unternehmer und Innovatoren unter einer
milden Form des Asperger-Syndroms oder etwas Vergleichbarem leiden«.
Eine elegant formulierte leise Systemkritik. Denn viele Internetkonzerne
verstecken sich hinter ihren bunten Wohlfühlfassaden, häufen von Quartal
zu Quartal neue Milliardenbeträge an, leben in ihrer eigenen Blase, ähnlich
wie die Politik in Washington, und denken, der Rest des Landes geh sie
nichts an.
Thiel hält sich zwar für einen politischen Atheisten, aber auch er, der
immer wieder mit seinen Start-ups versucht, die Grenzen neu zu justieren,
sieht ein, dass wir uns »immer innerhalb von politischen Systemen, die
selbstverständlich ihre Berechtigung haben«, bewegen. Deshalb lohne es
sich, so Thiel, »sich einzumischen«. »Politik ist nicht Gott, Politik ist nicht
alles«, so Thiel.436
Die Botschaft scheint bei einigen Prominenten im Silicon Valley
mittlerweile auch angekommen zu sein. Apple Chef Tim Cook kündigte
nach den Zahlen zum ersten Quartal 2017 einen neuen Fonds im Volumen
von einer Milliarde Dollar an, die in amerikanische
Produktionsunternehmen fließen sollen, die mit innovativen Lösungen
aufwarten. Immerhin eine nette Geste von Apple, bedenkt man, dass das
Unternehmen aktuell 257 Milliarden Dollar unversteuerte Gewinne auf
Offshore-Konten hält und für rund 50 Milliarden Dollar im Jahr bei
amerikanischen Zulieferern einkauft.437 Auch Thiels Freund Mark
Zuckerberg zeigte zuletzt Flagge und besuchte bei seiner 30-Staaten-Tour
durch Amerika, die fast schon Züge eines amerikanischen Vorwahlkampfs
zur Präsidentschaft hat, eine Fordfabrik in Detroit, um Sensibilität
gegenüber dem Thema Rationalisierung durch die zunehmende
Automatisierung zu zeigen.438
Globalisierung und Ungleichheit
Viele Politiker und Experten vermischen Innovation und Globalisierung zu
einem einheitlichen Brei. Nicht so Thiel. Globalisierung hat für ihn viel mit
»Copy und Paste« zu tun, also dem einfachen Kopieren und an anderer
Stelle wieder Aufbauen. Eine Initialzündung für die Globalisierung und die
Öffnung Chinas war für Thiel der geheime Besuch von Henry Kissinger bei
Deng Xiaoping im Jahr 1971. Kein anderes Land hat einen solch
fulminanten Aufholprozess über die letzten vier Dekaden hingelegt wie das
Reich der Mitte. Donald Trump sieht in China denn auch einen der
Hauptverantwortlichen für das Verschwinden so vieler Fabrikjobs aus den
USA. Am einfachsten manifestiert sich dies an den millionenfach
verkauften iPhones. Auf der Rückseite des Goldesels von Apple findet sich
die prägnanteste Formel der Globalisierung: »Designed by Apple in
California. Assembled in China.« Besser könnte man die internationale
Arbeitsteilung und Verbindung von Wertschöpfungsketten über den
pazifischen Ozean hinweg nicht auf den Punkt bringen.
Mit der Globalisierung verbindet man wie selbstverständlich eine
Institution und einen Ort. Gemeint ist das Weltwirtschaftsforum, kurz WEF
genannt, und Davos. Jedes Jahr Anfang Januar trifft sich seit über 40 Jahren
eine handverlesene Gruppe von Politikern, Wirtschaftsführern,
Wissenschaftlern und Kulturschaffenden, um sich in dem Nobelkurort
abseits der hektischen Ballungszentren in kleinem Kreis über die
brennenden Themen der Zeit auszutauschen. Der »Davos-Mensch« war
geboren. Der Begriff wurde von Samuel Huntington, Autor des Klassikers
›Kampf der Kulturen‹ geprägt. Er symbolisiert die erfolgreiche und
weltläufige Elite der Globalisierungsgewinner. Ab und an störten
Globalisierungskritiker die jährliche Veranstaltung, was eine erhöhte
Militärpräsenz zur Folge hatte. Doch mit dem Brexit und dem Sieg von
Donald Trump suchten das WEF und seine Protagonisten nach einem neuen
Selbstverständnis. »Die globalen Vordenker sind den Wutbürgern
davongeeilt«, so titelte das Handelsblatt zur Eröffnung des WEF 2017 und
schob noch den nicht weniger prägnanten Satz als Handlungsanleitung an
die Verantwortlichen nach: »Die westlichen Gesellschaften brauchen neuen
Klebstoff, wenn der Riss nicht noch größer werden soll.« Thiel, der selbst
schon öfters in Davos zugegen war, weist seit Jahren auf die Abkoppelung
der Eliten von weiten Teilen der Gesellschaft hin, die es sich in ihren
jeweiligen Raumschiffen gutgehen lassen.
Auch der Ökonom und Nobelpreisträger Joseph Stiglitz, ehemaliger
Wirtschaftsberater Bill Clintons, sieht dies ähnlich, obschon er dem
konkurrierenden politischen Lager zuzurechnen ist. Im Vorfeld des
Weltwirtschaftsforums 2017 sagte er im Interview mit der Neuen Zürcher
Zeitung (NZZ) über die wirtschaftliche Situation der Amerikaner: »Die
Einkommen von 90 Prozent der Amerikaner stagnieren seit 25 Jahren. Rund
30 Prozent geht es sogar schlechter als damals. Die Lebenserwartung in den
USA sinkt. Das ist für ein entwickeltes Land erschreckend. Vor einem Jahr
betraf es nur weiße Männer. Heute bereits alle. 1 Prozent der Amerikaner
geht es sehr gut. Der Rest kämpft.«439 Aussagen, wie wir sie von Trump
und Thiel nahezu wortgleich gehört haben.
Obschon Stiglitz ein Verfechter der Globalisierung ist und diese
gutheißt, erwähnt er im Interview eine Studie des renommierten
Massachusetts Institute of Technology (MIT). »Das MIT hat untersucht,
wie chinesische Importe, Löhne und Arbeitslosigkeit in verschiedenen US-
Gemeinden zusammenhängen: Je höher die chinesischen Importe, desto
niedriger die Löhne und desto höher die Arbeitslosenrate.«440 Deshalb hat
die Überprüfung der Handelsbeziehungen auf Fairness durch die Trump-
Administration auch durchaus seine Berechtigung.
Das gespaltene Amerika teilt sich in die zwei Kraftzentren: New York
an der Ostküste und das Silicon Valley an der Westküste. New York steht
mit seinen Finanzunternehmen und internationalen Konzernen für die
Globalisierungsgewinner. Das Silicon Valley mit seinen
Technologieunternehmen gehört zu den Innovationsgewinnern. Die
dazwischenliegenden Bundesstaaten werden gemeinhin auch ein wenig
despektierlich »Fly over States« genannt. Beide Zentren haben von ihrer
jeweiligen weltweiten Alleinstellung enorm profitiert und viele Millionäre
und Milliardäre hervorgebracht, während weite Teile des Landes mehr oder
weniger dahinsiechen. Thiel weist immer wieder auf die ungleiche
Verteilung der Vermögen hin, die in Kombination mit dem Druck der
Digitalisierung und Globalisierung zu starken gesellschaftlichen
Spannungen führt.

Die Ungleichheit und die sozialen Spannungen sind bei ihm vor der
Haustüre im Silicon Valley auch unmittelbar sichtbar. Im Winter 2013/14
wurden die Luxusbusse der Tech-Firmen von Google und Co. Zielscheibe
von Protesten.441 Allmorgendlich fahren die großen Reisebusse der Tech-
Giganten Mitarbeiter von San Francisco in das südlich gelegene Silicon
Valley zur Arbeit. Immer mehr gutverdienende Angestellte von Apple,
Alphabet, Facebook und Co. wollen ihr Leben in der urbanen Metropole
San Francisco verbringen. Die Konsequenz: Die Mieten, Immobilienpreise
und die Lebenshaltungskosten insgesamt erreichen mittlerweile extreme
Höhen. Monatliche Mieten von 4000 Dollar sind deshalb auch keine
Seltenheit. Die Lage verschärft sich auch noch dadurch, dass viele Start-ups
und Tech-Konzerne Teile ihrer Aktivitäten nach San Francisco verlagern.
Immerhin handelt es sich um eine Großstadt mit fast einer Million
Einwohnern, die für viele neue Start-ups und deren Produkte auch als
ideales Testfeld dienen. Der Fahrdienstvermittler Uber ist ein Beispiel
dafür.
Der sonst so überbordende Optimismus in der Bay Area an der
Westküste erlebte zuletzt einen starken Dämpfer. Die Stimmung in der
Wirtschaft sank auf den niedrigsten Stand seit Jahren. Grund dafür sind die
hohen Lebenshaltungskosten und die Unzufriedenheit der sogenannten
Millennials, also der jüngeren Arbeitnehmer des Valleys. Mehr als 70
Prozent der Bewohner der Bay Area meinen, dass sich die Lage in den
zurückliegenden sechs Monaten nicht verbessert habe, und rund die Hälfte
befürchten, dass es in den nächsten drei Jahren einen deutlichen
Abwärtstrend geben könnte.442
Da die Amerikaner deutlich mobiler sind als Europäer, ist die
Konsequenz auch folgerichtig: Mehr als 40 Prozent der Tech-Angestellten
in der Bay Area wollen wieder wegziehen.443 Schon wird von einem »Brain
Drain« gesprochen. Sam Altman von Y Combinator beklagte denn auch in
einem Interview, dass es an günstigem Wohnraum mangele. »Kam man aus
dem Zweiten Weltkrieg zurück, war man in der Lage, eine Familie zu
gründen und ein Haus zu kaufen.« Und Altman wäre nicht Altman, würde
er nicht noch die Frage hinterherschieben: »Gibt es einen Weg, Technologie
und etwas Regelwerk so zu nutzen, dass Wohnraum wieder erschwinglich
wird?«444

Rede auf dem Republican National Convention


»Ich bin stolz, schwul zu sein. Ich bin stolz, ein Republikaner zu sein. Aber
vor allem bin ich stolz, Amerikaner zu sein.« Diese Worte von Peter Thiel
in seiner mit Spannung erwarteten Rede vor dem Parteitag der
Republikaner im Juli 2016 anlässlich der Nominierung von Donald Trump
ging um die Welt. Thiel ließ keine Pause zwischen den Sätzen, um so den
Delegierten den kompletten Zusammenhang seiner Botschaft zu
übermitteln. Was im Vorfeld als Risiko angesehen wurde, das Thema
Homosexualität anzusprechen, erwies sich durch die von Thiel gewählte
kluge Einbettung in den Gesamtkontext als Erfolg. Das Publikum
skandierte nach den Aussagen von Thiel begeistert »USA«, »USA«.445
Viele Beobachter des Parteitags attestierten Thiel eine bemerkenswerte
Rede. In der Tat hatte es die gut sechsminütige Rede von Thiel in sich. Er
legte den Finger in viele Wunden und sparte auch nicht mit Seitenhieben
auf aktuelle und vergangene republikanische Defizite.
Besser hätte der Ort des Parteitags für Thiel nicht gewählt sein können.
Cleveland war für ihn ein »coming Home«. War es doch die erste Station in
den USA von seinen Eltern und dem einjährigen Peter, als sie aus Frankfurt
am Main in die Staaten übersiedelten und ein neues Leben begannen.
Thiel tritt am letzten Abend des Parteitags unter großem Beifall der
Delegierten gutgelaunt ans Rednerpult. Er trägt einen blauen Anzug, blaues
Hemd und eine blau-silbern gestreifte Krawatte. Und er kommt ohne
Umschweife zur Sache und stellt sich als Baumeister, »Builder«, neuer
Firmen vor und als Unterstützer von Leuten, die neue Entwicklungen wie
soziale Netzwerke oder Raumschiffe vorantreiben. »Ich bin kein Politiker.
Aber auch Trump ist keiner. Er ist ein Baumeister, und es ist Zeit, Amerika
wieder aufzubauen.« Selbstkritisch berichtet er vom Silicon Valley, wo er
wohnt und arbeitet, von einem prosperierenden Ort, an dem die Computer-
und Softwareindustrie große Fortschritte gemacht und viel Geld verdient
hat. Doch das Problem ist, dass das Silicon Valley eben nur ein kleines
Gebiet umfasst. Schaut man über den Tellerrand, sieht man nicht denselben
Wohlstand. »Quer durch das Land sind die Löhne niedrig. In der
Zwischenzeit inflationieren die Wall-Street-Banker neue Blasen in allen
Bereichen, von Regierungsanleihen bis hin zu Hillary Clintons Vergütungen
für Redeauftritte.«

Seine schonungslose Abrechnung mit dem Zustand der Wirtschaft gipfelt in


dem Satz: »Unsere Wirtschaft ist kaputt.« Das sei nicht der Traum, den die
Amerikaner sich für die Zukunft vorgestellt hätten. Er wird dann persönlich
und kommt auf die Geschichte seiner Eltern zu sprechen: »Als meine Eltern
damals nach Amerika kamen und nach dem Traum Ausschau hielten, haben
sie ihn gefunden – geradewegs hier in Cleveland. Es gab überall
Möglichkeiten.« Thiels Vater studierte Ingenieurwesen an der Case Western
Reserve University, die nur einen Steinwurf von der Delegiertenhalle in
Cleveland entfernt liegt. Man schrieb das Jahr 1968. Es gab nicht nur eine
Hauptstadt der Technologie, wie wir es heute mit San Francisco und dem
Silicon Valley wahrnehmen, ganz Amerika, so Thiel, »war High Tech«.
»Schwer zu glauben, aber auch unsere Regierung war damals High Tech.
Als ich nach Cleveland kam, legte die Forschung des
Verteidigungsministeriums die Grundlagen für das Internet. Das Apollo-
Programm war gerade dabei, einen Mann auf den Mond zu schicken – es
war Neil Armstrong, von hier aus Ohio. Die Zukunft fühlte sich grenzenlos
an. Aber heute ist die Regierung kaputt.« Als Technologieexperte, der mit
den neuesten Errungenschaften umgeht, liefert er den republikanischen
Delegierten markante Metaphern, die den zum Teil jämmerlichen Zustand
der Supermacht Amerika verdeutlichen: »Unsere Nuklearbasen verwenden
immer noch Diskettenlaufwerke. Unsere neuesten Kampfjets sind nicht in
der Lage, im Regen zu fliegen. Und es wäre höflich formuliert zu sagen,
dass die Software der Behörden schlecht funktioniert, weil sie die meiste
Zeit gar nicht funktioniert.« Ein Replik auch auf die Blamage bei der
Einführung von Obamacare, als die offizielle Website dem Ansturm der
Interessenten nicht gewachsen war und man stattdessen als Nutzer der
Internetseite mit der Mitteilung vertröstet wurde, dass man sich online, wie
bei einem Call-Center, in einer Warteschleife befinde, ehe man
weitergeleitet würde. Für Thiel ein schrecklicher Befund für eine Nation,
die einmal das Manhattan-Projekt gestemmt hat. Thiel legt mit dem Satz
nach: »Im Silicon Valley akzeptieren wir eine solche Inkompetenz nicht.«
Und demonstriert damit seine eigenen Macherqualitäten.
Auch zur Außenpolitik äußert sich Thiel und meint: »Anstatt auf den
Mars zu gehen, sind wir in den Mittleren Osten eingedrungen.« Zur leidigen
Diskussion über Hillary Clintons E-Mails meint Thiel, dass man die gar
nicht sehen müsse, da »ihre Inkompetenz deutlich sichtbar sei. Sie war die
Kriegstreiberin in Libyen und heute ist es das Trainingsgelände des IS.«
Thiel weist die Delegierten darauf hin, dass Donald Trump recht hat, die
»dummen Kriege zu beenden und unser Land wieder aufzubauen«. Wie
kleinkariert die Politik heute denkt, wird in dem folgenden Satz deutlich:
»Als ich ein Kind war, lief die große Debatte darüber, wie die Sowjetunion
besiegt werden kann. Und wir gewannen. Heute wird uns gesagt, dass sich
die große Debatte darum dreht, welche Geschlechter welche Badezimmer
nutzen dürfen. Dies ist eine Ablenkung von unseren echten Problemen. Wen
kümmert es?« Gender-Themen sind also für Thiel der kleinste Nenner, auf
den sich Politiker noch verständigen können!
Für Thiel ist Donald Trumps Botschaft »Make America great again«
keine Reminiszenz an die Vergangenheit, sondern ein Fingerzeig in die
Zukunft.
»Heute Abend appelliere ich an alle meine amerikanischen Kollegen,
aufzustehen und für Donald Trump zu stimmen.«
Bemerkenswert an Thiels Rede über die Versäumnisse in Bezug auf den
technologischen Fortschritt und die mangelnde Unterstützung durch die
Regierung ist die Tatsache, dass die Republikanische Regierung von George
W. Bush die Stammzellenforschung an menschlichen Embryos im Jahr
2001 mit der Begründung eingestellt hat, dass Embryonen schützenswertes
menschliches Leben seien, das auch dann nicht zerstört werden dürfe, wenn
die Embryonen einem Labor und nicht dem Uterus entstammen. Die
Kongressabgeordneten der Republikaner waren es auch, die die
Finanzierung der NASA und der Nationalen Wissenschaftsbehörde zur
Erforschung der globalen Erderwärmung einschränkten.
Auch außenpolitisch waren die Republikaner mit der Invasion im Irak
und dem folgenden Krieg Hauptverantwortliche der Eskalation im Nahen
Osten.446
Thiel hat auf dem Parteitag den Republikanern in nicht gekanntem
Maße den Spiegel ihrer eigenen Fehlleistungen vorgehalten und eine
schonungslose Ist-Darstellung der Supermacht USA vor der vereinten
Weltpresse geboten. Und das, so Thiel, wo in der republikanischen Partei
»traditionell blinder Optimismus herrscht und die Tendenz, die Dinge
immer nur positiv zu sehen«.447

Rede vor dem National Press Club

Kurz vor dem Auftritt vor dem renommierten National Press Club in
Washington gab das Umfeld von Thiel eine Spende für Trump in Höhe von
1,25 Millionen Dollar bekannt. Damit gehört Thiel neben dem
Hedgefondsmanager Robert Mercer, der zusammen mit seiner Tochter
Rebekah 15,5 Millionen Dollar für den Wahlkampf von Trump gespendet
hat, und Geoffrey Palmer, einem Immobilienentwickler aus Los Angeles,
der 2 Millionen Dollar spendete, zu den bedeutendsten Unterstützern von
Trump.448
Thiel hat ohne Frage Mut und geht schwierigen Dingen nicht aus dem
Weg. Immerhin hatte sich die Presse auf ihn nicht nur wegen seiner
Unterstützung von Trump eingeschossen. Seine finanzielle
Prozessunterstützung für den Ex-Wrestler Hulk Hogan, die zunächst geheim
gehalten wurde, stieß bei den Medienvertretern auf wenig Gegenliebe.
Hogan gewann den Prozess und das unterlegene Klatschmagazin Gawker
musste 31 Millionen Dollar Schadenersatz bezahlen, nachdem sich der
Schuldspruch zunächst gar auf 115 Millionen Dollar belief. Gawker musste
in der Folge Insolvenz anmelden.449 Thiel wurde unterstellt, er hätte mit
Gawker noch eine Rechnung offen, da diese ihn vor Jahren als
Homosexuellen geoutet hatten. Die Presse sah sich darin bestätigt, dass
jemand wie Thiel mit nahezu unbegrenzten finanziellen Mitteln seinen
Einfluss geltend machen und seine Vorstellungen auch vor Gericht
durchsetzen kann.
Dementsprechend wurden die Rede und das anschließende Interview
vor dem National Press Club am 31.10.2016, also gut eine Woche vor dem
Wahltag, mit Spannung erwartet. Thiel wurde mit der Beschreibung der
New York Times angekündigt: Er sei unter den Technologieinvestoren und
Unternehmern »toxisch«.
Thiel begann seine Rede vor den Journalisten der Hauptstadtpresse mit
der wenig befriedigenden Situation eines unwürdigen Wahlkampfes. Schuld
daran sei auch die Tatsache, dass einflussreiche Bürger die schwierige
Realität ausblendeten, weil viele »zu stolz« seien, dies zuzugeben, und weil
es »ihren eigenen Erfolg in Frage stellen« würde. Für ihn sei die Wahl aber
»weniger verrückt als der Zustand unseres Landes.« Thiel fängt in seiner
Bestandsaufnahme mit der wichtigsten Zielgruppe an, der Generation der
Baby Boomer. Viele von ihnen stünden vor ihrem Renteneintritt mit fast
leeren Händen da. »64 Prozent der über 55-Jährigen haben weniger als ein
Jahreseinkommen als Sparanlagen auf der hohen Kante. Das stellt ein
Problem dar, insbesondere wenn man das einzige Land ist, wo man für
einfache Medikamente bis zum Zehnfachen dessen bezahlen muss, was
man sonst bezahlt. Amerikas überbezahltes Gesundheitssystem mag dazu
beitragen, den Rest der Welt zu subventionieren. Aber das hilft den
Amerikanern nicht.« Thiel kommt dann zu den Jüngeren, die eine ganz
andere finanzielle Herausforderung vor sich haben: Die hohe Last der
Studiengebühren. Diese wachsen, so Thiel, deutlich schneller als die
Inflation. »Jedes Jahr kommen 1,3 Billionen Dollar an studentischen
Schulden hinzu.« Amerika sei das einzige Land, in dem Studenten ihren
Schulden nicht mehr entrinnen können. »Nicht einmal durch eine
Bankrotterklärung«, so Thiel. Die Generation der Millennials sei die erste
Generation, die ein schlechteres Leben als ihre Eltern zu erwarten haben.
Thiel weist auf die Schere zwischen den Ausgaben von Privathaushalten
und den Einkommen hin. Während die Ausgaben ohne Unterbrechung
steigen, stagnieren die Einkommen. »In realen Dollars verdient der
Durchschnittshaushalt weniger als vor 17 Jahren. Annähernd die Hälfte der
Amerikaner wären nicht in der Lage, in einem Notfall 400 Dollar
zusammenzubringen.«
Während also die Privathaushalte finanziell zu kämpfen haben,
»verschwendet die Regierung Billionen von Dollar an Steuergeldern für
weit entfernte Kriege. Aktuell kämpfen wir in fünf von ihnen. Im Irak,
Syrien, Libyen, Jemen und Somalia.«
Thiel kommt dann auf das Thema finanzielle Ungleichheit in den USA.
»Nicht jeder leidet«, so Thiel. Denjenigen in den wohlhabenden Vororten
von Washington oder den Menschen im Silicon Valley gehe es gut. »Die
meisten Amerikaner nehmen aber nicht Teil an der Prosperität. Deshalb
sollte es auch niemanden überraschen, dass die Leute für Bernie Sanders
oder für Donald Trump stimmen.«
Für Thiel sind beide Kandidaten »nicht perfekt«. »Ich stimme nicht mit
allem überein, was Donald Trump gesagt und getan hat. Niemand denkt,
dass seine Kommentare über Frauen akzeptabel sind. Ich stimme zu, dass
sie ganz klar unangemessen waren.« Den Wählern könne man kein
»fehlendes Urteilsvermögen« unterstellen, wenn sie Trump wählten. »Wir
wählen Trump, weil wir zum Schluss gekommen sind, dass die Führung
unseres Landes fehlgeschlagen ist.« Für viele der »erfolgreichen und
prominenten Leute«, aber auch für viele im Silicon Valley, sei dies natürlich
»schwer zu akzeptieren«.
Thiel stößt die am eigenen Leib widerfahrene Intoleranz auf, die
manchmal »bizzare Formen« annehme. Das Magazin Der Advocat hätte ihn
einst als »schwulen Innovator« bezeichnet, doch jüngst über ihn
geschrieben, er sei »kein schwuler Mensch«, weil er nicht mit deren
politischer Ausrichtung übereinstimme. »Die Lüge hinter dem Buzzwort
Diversität könnte nicht klarer sein. Wenn man nicht konform geht, dann
wird man nicht als divers angesehen. Egal welchen persönlichen
Hintergrund man hat.«
Thiel stellt dann die rhetorische Frage, warum vor diesem Hintergrund
Wähler immer noch Trump unterstützen?
»Ich denke, es ist, weil Trump die großen Dinge richtig anpackt.« Thiel
nennt zuvorderst den freien Handel, der nicht für ganz Amerika gut
funktioniert hat. Thiel spricht über die hochgebildeten Ökonomen, die
davon sprechen, »dass günstige Importe gemäß der ökonomischen Theorie
alle zu Gewinnern machen. Aber in der Praxis gingen Zehntausende
Fabriken und Millionen Arbeitsplätze aufgrund des Außenhandels
verloren.« Thiel spricht von »Verwüstung« weiter Landstriche. Schaut man
die verheerenden Zahlen des Außenhandelsdefizits an, wird deutlich, dass
die Dinge auf eine schlechte Weise falsch laufen. »Das höchstentwickelte
Land der Welt sollte Kapital in weniger entwickelte Länder exportieren.
Stattdessen importieren die Vereinigten Staaten jedes Jahr mehr als 500
Milliarden Dollar.« Die Konsequenz sei, dass immer mehr Gelder in
Finanzanlagen fließen und die amerikanische Wirtschaft immer stärker in
Richtung des Banken- und Finanzsektors verzerrt wird. Profiteure davon
sind insbesondere die Leute an der Wall Street.
»Wir sind seit 15 Jahren im Krieg und haben mehr als 4,6 Billionen
Dollar dafür ausgegeben. Mehr als zwei Millionen Menschen haben ihr
Leben verloren. Mehr als 5000 amerikanische Soldaten wurden getötet.
Aber wir haben nicht gewonnen. Die Bush-Administration hat versprochen,
dass man mit 50 Milliarden Dollar Demokratie in den Irak bringen kann,
stattdessen haben wir das 40-Fache ausgegeben, um Chaos zu verbreiten.«
Die Wähler, so Thiel, sind es müde, immer wieder zu hören, dass der
Handel und die Globalisierung für alle von Vorteil sei oder dass man Kriege
gewinnen könne. Thiel schätzt an Trump, dass er Amerika wieder zu
»einem normalen Land mache. Ein normales Land hat kein Handelsdefizit
von 500 Milliarden Dollar. Ein normales Land kämpft nicht in unerklärten
Kriegen. Ein normales Land macht seinen Job. Und heute ist es wichtig zu
erkennen, dass eine Regierung eine Aufgabe hat. Die Wähler sind es satt,
von konservativen Politikern zu hören, dass die Regierung und Behörden
nicht funktionierten. Sie wissen, dass die Regierung nicht immer so kaputt
war. Das Manhattan-Projekt, das Interstate-Autobahnsystem, das Apollo-
Programm. Was auch immer sie über diese Unternehmungen denken, man
kann keine Zweifel an einer Regierung hegen, die das umgesetzt hat.«
Für Thiel richtet Trump die republikanische Partei auf eine Art neu aus,
die »über die Dogmen des Reaganism« hinausgeht und zu einer »neuen
amerikanischen Politik führt, die die Lügen bewältigt, das Denken in
Blasen ablehnt und mit der Realität rechnet.«
Thiel schließt seinen Vortrag vor den Hauptstadtjournalisten mit den
Worten: »Wenn die verstörenden Abschnitte dieser Wahl vorbei sind und
die Geschichte unserer Zeit geschrieben wird, bleibt nur eine einzige
wichtige Frage: nämlich ob die neue Politik gerade noch rechtzeitig
gekommen ist.«450

Trumps Technologieberater

Nach dem für viele überraschenden Sieg von Donald Trump verfielen die
meisten Silicon-Valley-Ikonen in eine kurzfristige Depression. Nicht so
Thiel. Er war der große Triumphator und hatte wieder einmal mit seiner
konträr ausgerichteten Strategie Erfolg. Thiel gab anschließend zu
Protokoll, dass er nie an dem Triumph von Donald Trump gezweifelt hat,
obschon die Nachrichten und Umfragen gegen ihn waren. »Seine
Gewinnchancen wurden sehr stark verkannt, Trump-Wähler wurden in den
Umfragen nicht berücksichtigt.« Die Eigendynamik der Wahl hatte für ihn
viele Parallelen zum Brexit-Entscheid der Briten. Wäre der Gegner von
Trump nicht Clinton, sondern Bernie Sanders gewesen, so wäre es laut
Thiel für Trump »viel schwerer geworden zu gewinnen«.451
Über Nacht war Thiel nun Teil der Trump-Administration und als
Technologieberater vielleicht in der Rolle seines Lebens. Seine Rede auf
dem Nominierungsparteitag der Republikaner und seine
Wahlkampfunterstützung hatten sich also in kurzer Zeit bereits ausgezahlt.
Das »Start-up« Trump hatte innerhalb weniger Monate ein akzeptiertes
Geschäftsmodell und erklomm mit seiner disruptiven Politik die
Schalthebel der wichtigsten Wirtschaftsnation des Planeten.
Doch wie kam Thiel in diese Position? Seine beeindruckende Rede auf
dem Parteitag und seine finanzielle Unterstützung für Trump verschafften
ihm die Aufmerksamkeit von Trumps Schwiegersohn Jared Kushner und
seiner Frau Ivanka Trump. Die Kushners sind Thiel wohlbekannt. Joshua
Kushner, Jareds Bruder, hat das Start-up Oscar Health gegründet. Es gehört
mit einer aktuellen Bewertung von 2,7 Milliarden Dollar zu den
Hoffnungsträgern und Vorzeigebeispielen, wie das teure und ineffiziente
amerikanische Gesundheitswesen schlanker, effizienter, kundenfreundlicher
und digitaler gestaltet werden kann. Thiel investierte in der Vergangenheit
über Founders Fund signifikante Beträge in das Start-up. Im Jahr 2016
nahm er an einer 400 Millionen Dollar schweren Finanzierungsrunde teil,
bei der auch so namhafte Investoren wie Fidelity und Google Capital mit
von der Partie waren.452
Ebenfalls großen Einfluss hatte Thiels Buch ›Zero to One‹. Für die
Mitarbeiter in Trumps Wahlkampfteam war es die »Kampagnen-Bibel«.
Thiels Aussagen über Start-ups, zum Marketing und zu den Themen
Technologie und Globalisierung waren wichtige intellektuelle Leitplanken
für das Team.
Thiels Rolle als Trumps Technologieberater wurde erstmals Mitte
Dezember 2016, also noch während der Übergangsphase der
Präsidentschaft, für die breite Öffentlichkeit sichtbar. Um den Graben
zwischen ihm und den Tech-Größen aus dem Silicon Valley zu überwinden
und einen konstruktiven Kurs einzuschlagen, arrangierte Thiel ein Treffen
zwischen Trump und den Technologiebossen Tim Cook (Apple), Jeff Bezos
(Amazon), Larry Page (Alphabet), Sheryl Sandberg (Facebook), Satya
Nadella (Microsoft), Elon Musk (Tesla) und Alex Karp (Palantir). Thiel
konnte das Treffen als Erfolg verbuchen. War es ihm doch gelungen, nicht
nur die wichtigsten Unternehmenslenker der Technologiebranche zu Trump
an den Tisch zu bringen, sondern bei Trump auch einen Wandel seiner
Rhetorik gegenüber der Tech-Branche zu bewirken. Trump bezeichnete die
Runde als »erstaunliche Gruppe von Menschen, es gibt zu ihnen niemanden
Vergleichbares auf der Welt«, und er machte deutlich, dass er für sie da sei
und ihnen helfen werde. Das hörte sich ganz anders an als während des
Wahlkampfs, wo er schwere Geschütze gegenüber Apple und Amazon
auffuhr.453

Thiels Regierungsteam
Das Online-Politikmagazin Politico bezeichnete Thiel kürzlich gar als
»Schattenpräsident«. Seine engsten Mitarbeiter würden ihn in der
Zwischenzeit so nennen. Ein Kampagnen-Unterstützer von Trump meinte
denn auch, dass dies nur folgerichtig sei, da Thiel direkt nach den Wahlen
seine funktionierende Infrastruktur aus Büros und sein Netzwerk an
Personal einbringen konnte. Außerdem nahm er an vielen Meetings teil,
woraus sich automatisch eine Machtposition etwickelt.454
Wie bei seinen Start-ups versteht es der brillante Schachspieler Thiel,
die richtigen Leute an die richtigen Positionen zu stellen. So kann der
bisherige Sumpf in Washington vielleicht ausgetrocknet und ihm vertraute
Menschen können als fachliche Experten in Schlüsselpositionen gebracht
werden, um technologische Innovationen durch weniger Regulierung
voranzutreiben.
Mit Michael Kratsios wird der frühere Stabschef von Thiel Capital
neuer stellvertretender Technologiechef (CTO) der Trump-Administration.
Der CTO arbeitet in Verbindung mit dem Büro für Wissenschaft und
Technologie des Weißen Hauses an Themen rund um Daten, Innovation und
Technologie. Vor seiner Zeit bei Thiel Capital war Kratsios für die Finanzen
bei Thiels Investmentgesellschaft Clarium Capital verantwortlich.
Jim O’Neill, einer der Partner bei Thiels Risikokapitalfonds Mithril
Capital Management, war zunächst als Leiter der
Lebensmittelüberwachungs- und Arzneimittelzulassungsbehörde
gehandelt.455 Sie ist dem Gesundheitsministerium unterstellt. O’Neill hat
bereits Erfahrung mit Regierungsämtern. Unter George W. Bush arbeitete er
im Ministerium für Gesundheitspflege und soziale Dienste. O’Neill hatte
sich in der Vergangenheit dafür ausgesprochen, dass neue Medikamente
nicht zeitaufwendige klinische Tests durchlaufen sollten, um ihre
Wirksamkeit zu beweisen, bevor sie auf den Markt gebracht werden.
Politische Beobachter sehen es schon als einen bedeutenden Erfolg für
Thiel an, dass er jemand wie O’Neill für eine so einflussreiche Position ins
Spiel bringen konnte.456 Im Mai 2017 entschied sich Trump mit Scott
Gottlieb dann doch für eine moderatere Besetzungslösung.457

Ein echter Coup gelang Thiel mit Trae Stephens. Er ist bei Founders Fund
Experte für Start-ups, die im Behördenumfeld arbeiten. Stephens leitete das
Übergangsteam des Verteidigungsministeriums. Und Stephens hatte keine
Scheu, im Pentagon Fragen zu den Beschaffungsprozessen der Militärs zu
stellen. Pikant an der Sache ist, dass Palantir, das von Thiel mitgegründete
20-Milliarden-Dollar-Start-up, seit Jahren versucht, gegen die
undurchsichtigen Vorgänge im Beschaffungswesen des Militärs
vorzugehen. Zuletzt hatte ein Gericht im Oktober 2016 Palantir das Recht
zugesprochen, an einer 206 Millionen Dollar schweren Ausschreibung
teilzunehmen, von der es ursprünglich ausgeschlossen worden war. Sogar
das Fortune-Magazin sah sich genötigt, in einer 13seitigen Titelgeschichte
im April 2017 über die unhaltbaren Zustände im Pentagon mit der
Bevorzugung alteingesessener Rüstungskonzerne Partei für Palantir zu
ergreifen.458
Mit Kevin Harrington und Mark Woolway konnte Thiel zwei weitere
Vertraute in das Transformationsteam von Trump entsenden. Harrington
wurde in das Führungsgremium des National Security Council (NSC)
berufen und soll dabei die freigewordenen Stellen im Handelsministerium
neu besetzen. Woolway ist mit derselben Aufgabe im Finanzministerium
vertraut. Mark Woolway ist mit Thiel seit 2000 verbunden. Er stieß damals
zu PayPal hinzu und war zwischenzeitlich auch Geschäftsführer bei Thiels
Hedgefondsgesellschaft Clarium Capital.
Aufsehen erregte die Personalie David Gelernter. Es geht dabei um den
Posten des Wissenschaftsberaters von Trump. Auch hier war Thiel der
Strippenzieher. Gelernter ist ein prominenter Informatikprofessor der
Eliteuniversität Yale. Das Informatikgenie ist eines der Opfer Ted
Kacynskis. Er wurde durch eine Briefbombe von Kacynski schwer verletzt.
Berühmtheit erlangte Gelernter durch seine Voraussagen zur Bedeutung und
Entwicklung des Internet, die mit einer Präzision eines Uhrwerks eintrafen.
In seinem Buch ›Mirror World‹ beschrieb er bereits Anfang der 1990er-
Jahre Dienste wie Google Search und Google Map. Von Gelernter stammt
auch das Buch ›How Imperial Academia Dismantled Our Culture‹, eine
anti-intellektuelle Schrift, in der er den Intellektualismus für den Zerfall des
Patriotismus und der traditionellen Familienwerte verantwortlich macht.
Die Besetzung des Postens durch Gelernter wäre auch deshalb ein Novum,
da er weder Physiker noch Biologe, sondern Informatiker ist.459 Gelernter
ist gegenüber der generellen These des Klimawandels skeptisch. Für
Gelernter ist »die Idee, dass die Menschheit das Klima verändert, eine
radikale Hypothese«. Es gibt für ihn denn auch aktuell keinen Beleg für den
Klimawandel.460 Thiel und Gelernter sind befreundet. Er gehört auch zu
einer ausgewählten Gruppe an herausragenden Intellektuellen und Denkern,
die sich auf Einladung von Thiel einmal im Jahr an der französischen
Riviera zu einer Konferenz treffen.

Thiels Programmatik

Die Ausgangssituation für Thiel könnte im Moment nicht besser sein. Er


hat mit Trump auf das richtige Pferd gesetzt. Thiel hat in Trump und
insbesondere in seinem Schwiegersohn Jared Kushner wieder kongeniale
Partner gefunden, wie dies bei seinen erfolgreichsten Start-up
Unternehmungen PayPal, Facebook und Palantir schon der Fall war.
Obschon die Presse immer wieder gemunkelt hatte, ob Thiel nicht doch ein
hohes politisches Amt annimmt, ist seine Strategie eine andere. Er weiß,
dass er als der politische Denker im Silicon Valley mit seinem Netzwerk
und seinen technologischen wie finanziellen Möglichkeiten mehr bewirken
kann.
»Eine Seite im Buch der Geschichte ist umgeschlagen, und das eröffnet
die Möglichkeit, über einige unserer Probleme aus einer neuen Perspektive
nachzudenken«, sagte Thiel unmittelbar nach dem Wahlsieg von Trump.
Auch ohne formellen Posten machte er klar: »Ich werde versuchen, dem
Präsidenten in jeder Hinsicht zu helfen, so gut ich kann.«461
Es handelt sich also für Thiel um eine einmalige Gelegenheit, eine
»once in a lifetime opportunity«, seine Programmatik, die er bisher durch
seine Risikokapitalinvestments in Unternehmen aus den Segmenten
Internet, Software, Biotechnologie, Transport und Raumfahrt betrieben hat,
über den politischen Einfluss sehr viel stärker zu hebeln.
Nicht schlecht für jemanden, der noch 2009 in seinem libertären
Manifest mit folgendem Satz aufwartete: »In unserer Zeit ist die wichtigste
Aufgabe für Libertäre, einen Ausweg aus der Politik in allen Formen zu
finden.« Für ihn waren wir zum damaligen Zeitpunkt »in einem
Todesrennen zwischen Politik und Technologie«.462
Programmatische Basis für Thiel ist sein 200-Seiten starkes Buch ›Zero
to One‹, das in vielen Ländern umgehend die Bestsellerlisten erklomm.
Thiels Kernaussage darin ist, dass der technologische Fortschritt Ende der
1960er-Jahre mit der Mondlandung und den Überschallflugzeugen wie der
Concorde seinen Höhepunkt erreicht hat. Wesentliche Gründe für die
technologische Stagnation sind seiner Meinung nach das Anspruchsdenken,
aber auch die immer stärker um sich greifende staatliche Regulierung. Nur
die Computer- und Softwarebranche, so Thiel, konnte sich dem entziehen
und in ihrer eigenen digitalen Welt, angetrieben durch Moores Law sowie
dem Wachstum der PC- und Internetindustrie, gewaltige Fortschritte
erzielen. Doch seiner Meinung nach reicht dies nicht aus, »um unsere
Gesellschaft entscheidend voranzubringen«. Blicken die Leute von ihren
Smartphones in die reale Welt, stellen sie fest, »dass unsere Umwelt
merkwürdig alt und teilweise marode ist. Das U-Bahn-Netz in New York ist
über 100 Jahre alt, große Teile unserer Infrastruktur wurden nicht
modernisiert«.463
Für Thiel sind Regierungen aber kein hoffnungsloser Fall. Sie haben
gezeigt, dass sie komplexe Projekte wie das Atom- oder
Raumfahrtprogramm zum Erfolg führen können. Doch über die letzten 40
Jahre hinweg haben hauptsächlich Soziale Sicherheit, das
Gesundheitswesen und andere Transferprogramme das politische Handeln
bestimmt.
Thiel möchte mit seiner Politik einen Schwerpunkt im
Technologiebereich setzen. Globalisierung ist für ihn eine »Copy Paste«-
Technik, die es aufstrebenden Ländern wie China und Indien ermöglicht,
schnell zu unserer entwickelten Welt aufzuschließen. Wie das Beispiel
China zeigt, ist dies auch bereits in Riesenschritten geschehen. Doch China
gibt sich damit nicht zufrieden. Das Land sieht sich nicht mehr als
»Werkbank der Welt«. Sein Wirtschaftsprogramm 2025 weist den Weg in
eine Hightech-Industrie 4.0-Welt gepaart mit alternativen Energien und
Elektromobilität. Dazu dienen auch selektive Akquisitionen und
Beteiligungen an Hightech-Unternehmen in den westlichen
Industrienationen. Zuletzt beteiligte sich der Internetriese Tencent mit fünf
Prozent an Tesla.464 Thiels Freund Elon Musk wurde wenige Wochen später
von Chinas Vizepremier Wan Yang offiziell empfangen.465 Gemunkelt wird
schon länger, dass Tesla eine große Autofabrik in China bauen wird und
damit einen breiteren Markteintritt erreicht. So funktioniert heute
internationale Wirtschaft in der Champions League. Auch Thiel weiß, dass
Handelsschranken und Abschottung nicht mehr funktionieren. Der moderne
Kapitalismus und die globalen Kapitalverflechtungen sind nicht
aufzuhalten. Umso wichtiger und drängender ist es, einen »New Deal« mit
großen Visionen anzustoßen, bei dem der Mut zu technologischen
Quantensprüngen an vorderster Stelle steht. Doch die Sache ist auf dem
Papier einfacher als in der Umsetzung. Sogar das für seine fortschrittlichen
Technologieberichte angesehene Magazin MIT Technology Review titelte
bereits im Jahr 2012 ein wenig resigniert »Why We Can’t Solve Big
Problems«.466
Auch Thiel ist der Überzeugung, dass staatliche Mittel notwendig sind,
um neue Dinge in Gang zu bringen. Für ihn sind die Unternehmen Tesla
und SpaceX Paradebeispiele für einen neuen technologischen Level. Beide
Unternehmen profitieren aber auch von staatlichen Förderungen (Tesla) und
staatlichen Aufträgen (SpaceX). Große Dinge kann man in der Breite nur in
einem Konsens aus politischer Vision und privatwirtschaftlichem Mut zum
Risiko umsetzen.
Hilfreich dafür könnte das von Trump angekündigte billionenschwere
Infrastrukturprogramm sein. Als Finanzierungsquelle könnten just die
Technologiekonzerne herhalten. Die Rechnung ist so einfach wie genial:
Auf den Auslandskonten der amerikanischen Großkonzerne liegen mehr als
zwei Billionen Dollar an unversteuerten Gewinnen. Apple, Alphabet und
Co. häufen von Monat zu Monat immer höhere Bargeldbestände an. Trump
will im Rahmen seiner geplanten großen Steuerreform den Unternehmen
die Rückführung der Gewinne über einen günstigen Steuersatz schmackhaft
machen. Beide Seiten hätten etwas davon: Dem amerikanischen Staat
würde wohl ein dreistelliger Milliardenbetrag an Steuern zufließen und die
Tech-Konzerne könnten die Mittel legal in die USA zurückführen und mit
dem Geld in Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten oder in
Unternehmensakquisitionen investieren.
Dies könnte die Initialzündung für einen großen Investitionsschub in die
technologische und infrastrukturelle Erneuerung der USA sein. Thiel ist ein
großer Verfechter eines stärkeren Wirtschaftswachstums. Ein dauerhaftes
jährliches Wirtschaftswachstum von über drei Prozent würde zu einem
signifikanten Wirtschaftsaufschwung in der Breite führen. Alle
Bevölkerungsschichten könnten davon profitieren. China hat mit seinem
hohen Wirtschaftswachstum gezeigt, wie Hunderte von Millionen
Menschen den Aufstieg in die Mittelschicht geschafft haben.

Die aktuelle Arbeitsmarktstatistik der USA täuscht nahezu eine


Vollbeschäftigung vor. Sie suggeriert, dass die Wirtschaft stark genug
wächst, um mehr Menschen in Lohn und Brot zu bringen. Tatsächlich ist es
aber so, dass viele Langzeitarbeitslose aus der Statistik gefallen sind, weil
sie keine Chance mehr auf eine Vermittlung auf dem Arbeitsmarkt sehen.
Außerdem fallen die Lohnsteigerungen außerhalb der Boomregionen New
York und Silicon Valley in weiten Teilen des Landes sehr verhalten aus. Es
besteht also ein nachhaltiger Bedarf für Innovation und Erneuerung.
Was könnten nun aus der Perspektive von Thiel die wichtigsten
Grundpfeiler und Segmente einer fortschrittlichen Innovationspolitik sein?

Ausbildungssektor
Amerika hat einen großen Nachholbedarf in der Bildung und Ausbildung.
Stehen weltweit die Eliteuniversitäten Stanford oder Berkeley ganz
zuoberst auf den Ranking-Listen der begehrten Studienorte, fehlt es zum
einen an der Breite guter Hochschulen, aber auch an Modellen zur
Berufsausbildung. Eine duale Berufsausbildung, wie wir es in Deutschland
kennen, wird in den USA schmerzlich vermisst. Am besten zeigt sich dies
in den Statistiken der sozialversicherungspflichtigen Löhne. Lag die
Einkommensdifferenz im Jahr 1979 zwischen Hochschulabsolventen und
Menschen, die lediglich einen Highschool-Abschluss hatten, bei 17.400
Dollar, so wuchs die Differenz bis 2012 bereits auf knapp 35.000 Dollar.467
Bei dem medial vielbeachteten ersten Treffen zwischen Donald Trump und
Angela Merkel wurde ihm von den Vertretern der deutschen Wirtschaft das
deutsche Ausbildungssystem schmackhaft gemacht. Trump zeigte sich
davon auch angetan und seine Tochter Ivanka schaute es sich bei ihrer
Stippvisite im Rahmen des G20-Frauenkongresses in Deutschland
interessiert an. Thiel hält viel von Bildung, aber wenig von den bisherigen
Ausbildungssystemen. Er fördert mit seinem Thiel-Fellowship-Programm
Start-up Ideen junger Studienabbrecher mit 100.000 Dollar. Er glaubt nicht,
dass aus den Hochschulen die inspirierenden Ideengeber kommen, die
unsere Gesellschaft auf den nächsten Level bringen. Immerhin hat die
amerikanische Risikokapitalszene den Bedarf im Bildungssektor erkannt
und finanziert in großem Stile neue Startups. Eines davon ist die Online
Universität Udacity, wo Studierende ganz praktische Dinge wie
Programmieren von Apps und Webseiten oder die Funktionsweise von
künstlicher Intelligenz und Robotik erlernen können.468

Gesundheit
Der Gesundheitssektor gehört zu den bedeutendsten Sektoren und ist dabei
immer mehr zu einem Spielball politischer Interessen geworden. Ob
Obamacare oder Trumpcare, der amerikanischen Regierung muss etwas
Schlagkräftiges einfallen, um das amerikanische Gesundheitssystem
effizienter zu gestalten. Für Thiel ist es inakzeptabel, dass amerikanische
Bürger zum Teil das Zehnfache der Medikamentenpreise anderer Länder
bezahlen müssen. Thiel hat dabei prominente Kritiker auf seiner Seite. »Die
Gesundheitskosten sind der Bandwurm der Wettbewerbsfähigkeit der
amerikanischen Wirtschaft«, so Warren Buffett auf der Hauptversammlung
seiner Berkshire Hathaway.469 Thiel fallen dazu viele Beispiele ein. Er ist
ein starker Verfechter des medizinischen Fortschritts und möchte selbst 120
Jahre alt werden. Krankheiten wie Alzheimer und Krebs zu besiegen, steht
bei ihm ganz oben auf der Agenda. Vorstellbar sind für ihn auch die
Nutzung neuer mobiler Geräte, um Menschen bei der Optimierung ihrer
Ernährung direkte Rückmeldung zu geben. Er denkt aber auch an
Medikamente und Prozesse, die Körperteile verjüngen sollen. Für eine
alternde Gesellschaft sind dies wichtige Themen, die seiner Meinung nach
viel zu häufig verdrängt werden. Die Innovationen ließen sich durch
Einsparungen auf der Medikamentenseite, aber auch durch verbesserte
digitale Prozesse im gesamten Gesundheitswesen wie dem Einsatz von
Cloud-Computing und Big Data erreichen. Auf der juristischen Seite
müsste die Gesetzgebung bezüglich Medikamenteninnovationen,
schlankeren klinischen Studien von Medikamenten und des Einsatzes von
Biotechnologie progressiver gestaltet werden. Thiel selbst investiert über
seine Risikokapitalgesellschaften massiv in diesen Sektor. Sein
Analyseunternehmen Palantir arbeitet bereits mit dem deutschen
Pharmakonzern Merck an Lösungen für die Krebstherapie.

Öffentliche Verwaltung
Auch im Bereich der Verwaltung sieht Thiel großes
Verbesserungspotenzial. »Die grundlegenden Einrichtungen funktionieren
genauso schlecht oder noch schlechter als in den dysfunktionalen Ländern
Südeuropas«, so Thiel gegenüber dem Magazin Bilanz. Für ihn wäre es
schon ein großer Fortschritt, wenn die USA das Niveau von Deutschland
erreichen würde.470 Und bekanntlich hinkt auch Deutschland gegenüber den
fortschrittlichen baltischen Staaten beim Thema digitale Behördengänge
noch weit hinterher. Amerika könnte durch ein gezieltes
Investitionsprogramm in die öffentliche digitale Infrastruktur einen
erheblichen Effizienzgewinn in der Verwaltung erreichen. Doch Thiel selbst
weiß, welch dicke Bretter man dabei bohren muss. Nach wie vor gibt es bei
Behörden und Militärs eine große Voreingenommenheit gegenüber den
Innovationen aus dem Silicon Valley, wie Thiel mit Palantir erfahren
musste. Sie versuchen Dinge mit hohem Ressourcen- und Kosteneinsatz
nochmals zu entwickeln, die bereits als kommerzieller Standard verfügbar
sind. Hier ist auch ein mentales Umdenken in den Behörden gefordert. Die
Obama-Administration hat dazu schon erste Schritte eingeleitet, aber die
schiere Komplexität und das große Beharrungsvermögen der Kräfte machen
Veränderungen im US-Militärapparat zu einem echten Kraftakt.

Energiesektor
Thiel ist ein großer Anhänger der Atomenergie und plädiert für massive
Forschungsaufwendungen in diesem Sektor. Seiner Meinung nach sind
Verbesserungen um das Zehnfache möglich. Auch gegenüber der
Kernfusion zeigt er sich aufgeschlossen. Sein Freund Elon Musk baut durch
den Zusammenschluss von Tesla und Solar City gerade einen neuen
integrierten, dezentral aufgestellten Stromanbieter des 21. Jahrhunderts.
Mittlerweile liefert Musk sogar Schieferplatten und Dachziegel mit
integrierten Solarzellen, die sich homogen einfügen. Warren Buffett, der
andere Milliardär mit großen Ambitionen im erneuerbaren Energiebereich,
setzt auf große Solar- und Windparks, die ihm helfen, Steuern zu sparen
und gleichzeitig neue sprudelnde, wiederkehrende Zahlungsströme liefern.
Wie bereits der Einsatz der Fracking Technologie gezeigt hat, kann
Amerika durch den Einsatz eigener Energieressourcen, aber auch durch
effizientere Methoden der Energiegewinnung und des Energietransports,
erhebliche Produktionswertschöpfung und damit Arbeitsplätze im
produzierenden Sektor wieder zurück ins Land holen.
Um die besagten Sektoren zu reformieren, oder zu disruptieren, wie es
das Silicon Valley mit dem neuen Modewort ausdrücken würde, braucht es
den langen Atem der Gesetzgebung und des politischen Willens, erhebliche
finanzielle Mittel, aber auch die Solidarität der amerikanischen
Technologiekonzerne. Immerhin gehören mit Apple, Alphabet, Amazon,
Facebook und Microsoft fünf amerikanische Tech-Konzerne zu den
teuersten Unternehmen der Welt. Mit ihren Innovationen haben sie weltweit
nicht nur Milliarden von Kunden, sondern auch eine große Heerschar an
Anlegern überzeugt. Es stünde den Konzernlenkern deshalb gut an, der
amerikanischen Regierung die Hand zu reichen und einen
technologieorientierten »New Deal« anzubieten. Das von Thiel initiierte
erste Gespräch im Dezember 2016 zwischen den Technologiebossen und
Trump ist ein erster Schritt dahin. Weitere müssen aber zügig folgen, soll
aus der Vision Wirklichkeit werden. Allein schöne Worte überzeugen keine
Investoren und bei den nächsten Wahlen auch keine Wähler.
Spricht Thiel den Zusammenhang von Innovation,
Wirtschaftswachstum und Schaffung neuer Arbeitsplätze an, so wird ihm
immer wieder von Ökonomen vorgehalten, dass der technologische
Fortschritt eher Arbeitsplätze kosten wird, als das neue geschaffen werden.
Es gibt deshalb immer mehr Verfechter eines bedingungslosen
Grundeinkommens, selbst im Silicon Valley. Das Schreckgespenst der
Macht der künstlichen Intelligenz geht um. Menschen seien durch denkende
Maschinen ersetzbar.
Für Thiel ist dies aber, zumindest für den Moment und die nahe
Zukunft, der falsche Ansatz. »Menschen konkurrieren um Arbeit und
Ressourcen, Computer konkurrieren um gar nichts«, so Thiel in seinem
Buch ›Zero to One‹.471 Technologie ist für ihn eine Ergänzung der
menschlichen Fähigkeiten, die den Arbeitnehmer vor dem Hintergrund des
Globalisierungs- und Preisdrucks produktiver macht und ihm
Möglichkeiten der höheren Wertschöpfung gibt. Menschen »können planen
und in komplexen Situationen Entscheidungen treffen. Computer sind das
genaue Gegenteil: Sie sind hervorragende Datenverarbeiter, haben aber
schon mit einfachsten Entscheidungen Probleme«, führt Thiel in seinem
Buch weiter aus.472 Thiel kann aus eigener Erfahrung berichten, immerhin
hat er mit PayPal und Palantir zwei Unternehmen aus der Taufe gehoben,
deren zentraler Kern die Analyse von großen Datenmengen sind. In beiden
Unternehmen hat es sich als richtig erwiesen, dass Mensch und Maschine
ein kooperatives Arbeitspaar bilden, das unter Einsatz der jeweiligen
Stärken zur erfolgreichen Lösungsfindung beiträgt.

Deutschland ist dafür ein leuchtendes Beispiel. Trotz oder gerade wegen der
hohen Automatisierungs- und Roboterdichte erreichen Unternehmen am
Standort Deutschland eine hohe Wertschöpfung, die die Arbeitsplätze im
Hochlohnland Deutschland konkurrenzfähig halten. Es kommt sogar noch
besser: Der Verband Deutscher Ingenieure (VDI) kündigte zur Hannover-
Messe 2017 im Rahmen einer Studie, die mit der Hochschule Karlsruhe und
dem Fraunhofer-Institut erstellt wurde, an, dass vor allem Firmen mit hoher
Digitalisierungskompetenz Teile ihrer Produktion wieder an den deutschen
Standort zurückholen. Die Gründe liegen auf der Hand: Die Digitalisierung
ermöglicht eine hochgradige Flexibilisierung der Produktion. Im
Internetzeitalter der jederzeitigen Verfügbarkeit erwarten Kunden
Produktion und Lieferung in kürzester Zeit. Die Lohnkosten spielen
aufgrund der Automatisierung eine untergeordnete Rolle.473
Auf die Frage der Bloomberg Journalistin Emily Chang, ob irgendwann
im 21. Jahrhundert Computer Menschen überlegen sind, meinte Thiel, dass
dies »primär keine wirtschaftlichen Fragestellungen seien, sondern
politische und kulturelle.« Thiel verwendete zur Erklärung eine bildliche
Metapher: Es handelte sich für ihn um dieselbe Situation, wie wenn
Außerirdische auf der Erde landen würden. Wir würden dann auch nicht
fragen Was das für meinen Arbeitsplatz bedeutet. Wir würden fragen: »Sind
die freundlich oder nicht freundlich?« Damit trifft Thiel den Kern, öffnet
der Politik und Gesellschaft den Horizont und gibt wieder einen wichtigen
Impuls zum Nachdenken außerhalb der bisherigen Denkmuster.
Auch Warren Buffetts Geschäftspartner Charlie Munger, der trotz seines
hohen Alters von über 90 Jahren technologisch auf der Höhe der Zeit ist,
kommentierte auf der Berkshire Hauptversammlung 2017 besorgte Fragen
zum Thema künstliche Intelligenz wie folgt: »Sie müssen keine Sorgen
haben, wenn die Produktivität um 25 Prozent pro Jahr steigt.« Er sei
allerdings mehr besorgt über Produktivitätsraten von weniger als zwei
Prozent pro Jahr.474

Die unheimliche (Verführungs-)Macht des Digitalen

»Es gibt zwei Arten von Propaganda«, schrieb Aldous Huxley 1958 für die
Retrospektive »Brave New World Revisited« seines berühmten Romans
›Schöne Neue Welt‹:

Eine rationale Propaganda, die auf Fakten und Logik basiert, sowie eine
zweite Form der Propaganda, die nicht rational mit den Mitteln der
Leidenschaft arbeitet. Die letztere Form, so Huxley, vermeidet logische
Argumente und setzt stattdessen auf Schlagwörter … wobei wir bei »Make
America great again!« sind, Trumps Wahlkampfmotto.
Huxleys Zeilen stammen aus einer Zeit des 20. Jahrhunderts, zu der
seine Leser ganz wesentlich von der Politik der Diktatoren Hitler, Mussolini
und Stalin geprägt wurden. Umso erstaunlicher waren die Schockwellen
nach dem Brexit-Votum und der Wahl von Trump zum US-Präsidenten. Die
Wähler in Großbritannien und insbesondere in den USA waren für viele
Experten überraschend offen für einen Systembruch mit dem Bestehenden,
also offen für einen disruptiven Wandel, ohne zu wissen, was dieser dann in
der Zukunft tatsächlich für das eigene Leben bringen mag.475
Donald Trumps Präsidentschaftswahlkampf war eine Kombination aus
seinen genialen Selbstvermarktungsqualitäten und modernster digitaler
Wahlkampfführung über Twitter und Facebook. Forbes stellte in einer
Nachwahlanalyse denn auch treffend fest, dass »der traditionelle
Wahlkampf tot ist«.476 Ein Wahlkampf mit Fernsehwerbespots, allgemeinen
Botschaften an alle und Plakatierung großer Tafeln mit den Konterfeis von
Politikern erscheint im 21. Jahrhundert so anachronistisch wie das
Ausfüllen eines papierenen Überweisungsträgers.
Gerade Trump, dem vorgehalten wird, er denke altmodisch in der
analogen Welt und verfüge weder über einen Computer auf seinem
Schreibtisch noch über eine E-Mail-Adresse, gewann den Wahlkampf dank
der gezielten digitalen Direktansprache von Wählern.
Die Geschichte dahinter könnte als Drehbuchvorlage für einen
Hightech-Thriller neuester Prägung herhalten. Der Zeremonienmeister und
die graue Eminenz des Trumpschen Digitalerfolgs ist niemand Geringerer
als sein Schwiegersohn Jared Kushner. Forbes widmete Kushner
postwendend nach der Wahl im Dezember 2016 das Titelbild mit der
Schlagzeile »This Guy got Trump Elected«. Dabei kam Kushner zur Rolle
des digitalen Wahlkampfmanagers von Trump wie die Jungfrau zum Kinde.
Kushner verdiente sich seine Sporen, ähnlich wie Trump, als
Immobilienmogul. Er machte aber auch in der Vergangenheit durch diverse
strategische Investments in die Medien- und Digitalszene auf sich
aufmerksam. Im Jahr 2006 kaufte er den New York Observer, eine
Wochenzeitung, die inzwischen als reine Online-Zeitung über das Leben in
New York berichtet. Kushner war auch einer der Initiatoren von Cadre,
einem Online-Marktplatz für große Immobiliendeals, an dem Peter Thiel
und Alibaba-Chef Jack Ma ebenfalls beteiligt sind. Sein Bruder Josh ist
bereits in jungen Jahren ein anerkannter Risikokapitalinvestor, der das
bekannte InsurTech-Start-up Oscar Health mitgegründet hat, das inzwischen
eine Bewertung von 2,7 Milliarden Dollar erreicht hat.
Kushner gibt denn auch gegenüber Forbes unumwunden zu, dass seine
Bekanntschaft mit Thiel und Co. für den digitalen Wahlkampf sehr wichtig
war. »Ich habe einige meiner Freunde im Silicon Valley angerufen und sie
gefragt, wie sie das Thema skalieren können«, und »sie gaben mir ihre
Zulieferunternehmen«. Nachdem Trump für den Parteitag der Republikaner
nominiert wurde, machte Kushner Nägel mit Köpfen. Er baute im Stile
eines Silicon-Valley-Start-ups innerhalb von drei Wochen eine digitale
Wahlkampfzentrale mit 100 Leuten außerhalb von San Antonio auf. In der
digitalen Schaltzentrale liefen über eine Google-Map-Karte alle wichtigen
Daten zusammen, die für die Entscheidungen der Kampagne von großer
Wichtigkeit waren: Reisen, Wahlkampfspenden, Werbung und sogar die
Themen für Trumps Reden. Kushner nutzte für das Ankurbeln der
Wahlkampfspenden digitale Marketingfirmen, die die Wirksamkeit ihrer
jeweiligen Kampagne beweisen mussten. Eine wichtige Rolle spielte auch
der Einsatz von maschinellen Lerntechnologien. Immerhin konnte er damit
innerhalb von vier Monaten mehr als 250 Millionen Dollar einsammeln, ein
Großteil davon von Kleinspendern.
Analytisches Herzstück des Wahlkampfs war der Datenschatz und die
Methodiken von Cambridge Analytica, einem kleinen digitalen Thinktank,
der die Brexit-Gegner mit zum Erfolg geführt hat. Hinter Cambridge
Analytica verbirgt sich der Hedgefonds-Milliardär Robert Mercer, der auch
die rechtsgerichtete Meinungsseite ›Breitbart‹ des Trump-Beraters Steve
Bannon finanziell unterstützt.
»Politik ist Krieg«, so ließ sich Steve Bannon im Wall Street Journal
zitieren.477 Man möchte anfügen, dass der digitale Big-Data-Wahlkampf
von Trump Züge eines »Blitzkriegs« hatte. Im Mittelpunkt dabei stand die
Datenquelle Facebook. Cambridge Analytica ist es durch Methoden der
Psychometrie, dem wissenschaftlichen Versuch, die Persönlichkeit eines
Menschen zu vermessen, in Form von einfachen Facebook-Quizzen
gelungen, Profile von 230 Millionen Amerikanern zu erstellen. Zu jeder
Person sollen 3000 bis 5000 Datenpunkte erhoben worden sein. Alexander
Nix, CEO von Cambridge Anlaytics, betonte in einem NBC Interview, dass
die Besonderheit in der Verknüpfung der Datenpunkte läge. »Es ist die
Summe der Zutaten« und damit vergleichbar einem Kuchenrezept.478 Die
Nutzer haben nicht nur ihre Identität, bestehend aus Geschlecht, Alter und
Wohnort, in Facebook abgelegt, sondern hinterlassen über ihre täglichen
Aktivitäten in Form ihrer Likes, Posts und den geteilten Themen jede
Menge digitaler Fußabdrücke, die den Forschern wertvolle Hinweise über
das Verhalten liefern.
Der Begriff des »Direkt Marketing« wurde bereits 1961 von dem
amerikanischen Werbeexperten Lester Wunderman eingeführt. Doch mit
Facebook erreicht die zielgerichtete Ansprache eine ganz neue Dimension.
Mit mikroskopischer Präzision können nun Hunderte Millionen Menschen
mit individuellen Botschaften angesprochen werden. Das Team von
Kushner machte sich Facebooks neue Werbemethode, die sogenannten
»dark posts«, zunutze. Damit lassen sich in den Newsfeed von Facebook
Meldungen einspielen, die nur die jeweilige Zielgruppe einsehen kann. Mit
Unterstützung von Cambridge Analytica konnte Trumps Digitalteam über
die »dark posts« sehr präzise Werbebotschaften an den einzelnen Wähler
richten, die auf die jeweiligen Persönlichkeitsprofile ausgerichtet waren.
Beispielsweise konnte man davon ausgehen, dass Wähler, die eine
amerikanische Automarke fahren, eher Trump zugeneigt waren.
Hillary Clinton hingegen setzte stark auf TV-Werbung und investierte
mehr als 140 Millionen Dollar in Werbespots.479 Kushners Nachteil des
zunächst schmalen Wahlkampfbudgets wendete sich zum Vorteil, da er auf
die effektivsten Methoden aus war. Kushner, der im Stile eines Silicon-
Valley-Gründers ein disruptives Start-up mit überschaubaren Mitteln zu
einer digitalen Wahlkampfmaschine geformt und zum Erfolg geführt hat,
durfte sich auch das Lob von höchster Stelle im Valley abholen. »Wenn
Trump der CEO war, war Jared effektiv der Chief Operating Officer«, also
der Mann, der das Tagesgeschäft geführt hat, so Peter Thiel. Auch die
Gegenpartei zollte ihm Respekt. Der frühere Chef von Google, Eric
Schmidt, der Hillary Clintons Team für deren Wahlkampftechnologie
beratend zur Seite stand, musste anerkennend zugeben, dass »Jared Kushner
die größte Überraschung der 2016er-Wahl war.« »Das Beste, was ich sagen
kann, ist, er führte die Kampagne mit nahezu keinen Ressourcen«, so
Schmidt.480 Im vom Risikokapital überfütterten Silicon Valley gilt dies als
eine der höchsten Auszeichnungen, die man aus einem berufenen Mund wie
Eric Schmit erhalten kann.
Bei all den technologischen Errungenschaften bleibt aber ein fader
Beigeschmack. Man fühlt sich unweigerlich an George Orwells Roman
›1984‹ erinnert, was später auch durch Trumps Administration mit der
Aussage zu den »Alternativen Fakten« untermauert wurde. Wie kann es
sein, dass ein Wahlkampf in einem Land wie den USA wesentlich durch
Facebook und Twitter-Botschaften, die noch dazu nicht unwesentlich aus
sogenannten »Fake News« und »Bots« bestanden, entschieden wurde? Im
Zentrum der Kritik steht Facebook mit Mark Zuckerberg. Facebook verfügt
über einen einzigartigen Datenschatz, bestehend aus persönlichen Daten
wie die Namen der Nutzer, deren Ausbildung, Beschäftigung und
Einkommen, wohin sie reisen, ihre Hobbies und Aktivitäten, ihre Freunde
und ganz wichtig ihre Präferenzen, also »likes« für Marken, Produkte,
politische Parteien, Essen, Unterhaltung und Prominente. Dazu kommen die
Verhaltensdaten, die Facebook aufzeichnet, wie z. B. jede Seite, die man
besucht, jeden »like«-Button, den man betätigt, jeden Einkauf, den man
tätigt, und jeden Ort, den man besucht. Wird Facebook damit zu einer
»strukturellen Gefahr für eine freie Gesellschaft«?481
Zuckerberg redete in der Vergangenheit die Rolle von Facebook klein
und betonte, dass Facebook lediglich ein Plattformanbieter sei, der eine
digitale Infrastruktur zur Verfügung stellt, auf der Anwender sich
austauschen können. Für die New York Times ist Facebook inzwischen »ein
Werbemedium«, das »inzwischen gefährlich einfach als Waffe« nutzbar
gemacht werden kann. Will Zuckerberg seiner Rolle als Fürsprecher für
Diversität und Offenheit gerecht werden, muss er der New York Times
folgend anerkennen, dass Facebook mehr ist als ein soziales Netzwerk.482
Gerade Peter Thiel als das am längsten amtierende
Aufsichtsratsmitglied von Facebook kommt eine nicht unwichtige Rolle zu.
Thiel kennt wie kaum ein Zweiter die wirtschaftlichen und
gesellschaftlichen Gesamtzusammenhänge und konnte inzwischen in der
Rolle als Politikberater viel Erfahrung sammeln, die er nun im Facebook-
Gremium auch einsetzen sollte. Es reicht nicht, wie die Wochenzeitung Die
Zeit titelte, dass Zuckerberg 3000 »Putzkräfte fürs Netz« einstellt, »die man
getrost als Sozialarbeiter bezeichnen kann«, um Facebook von all den
schmutzigen Nachrichten, Falschmeldungen und Hass-Tiraden zu
reinigen.483 Ein Unterfangen, das schier unmöglich erscheint. Mittlerweile
gehört die Gruppe der Community-Manager zur größten Mitarbeitergruppe
bei Facebook. Ein Eingeständnis und eine Kapitulation gegenüber der
fortschrittlichen Technik der künstlichen Intelligenz. Noch ist diese nicht so
weit, um Facebook von unliebsamen Inhalten zu befreien. Doch die
Technologie der künstlichen Intelligenz und des maschinellen Lernens wird
in den nächsten Jahren sprunghaft an Fahrt aufnehmen. Was folgt dann?
Entscheide dann ausschließlich Zuckerberg und seine Algorithmen, was ins
Facebook-Netzwerk eingespeist wird?
Erschreckend ist aber auch der Zustand der Medienlandschaft an sich.
Die Online-Zeitung Politico stellte in einer Big-Data-Analyse fest, dass die
US-Medien in einer Blase arbeiten, wie es vor 2008 nicht der Fall war.
Politico folgert weiter, dass die Blase immer größer wird. Ursache dafür ist
das Sterben der Regionalzeitungen und das gleichzeitige Wachsen der
neuen Medien. Die Wirtschaftskrise nach 2008 und die zunehmende
Konsumierung von digitalen Nachrichten hat dazu geführt, dass die Zahl
der Mitarbeiter bei Zeitungen von 365.000 im Jahr 2006 auf 174.000 im
Jahr 2017 geschrumpft ist. Im Gegenzug wuchsen die Stellen bei digitalen
Nachrichten im selben Zeitraum von 69.000 auf aktuell 207.000
Mitarbeiter. Damit arbeiten erstmalig mehr Menschen im
Nachrichtenbereich für elektronische Medien als für Printmedien. Die
Regionalzeitungen waren in der Vergangenheit starke Gegenpole zu den
Leitmedien Wall Street Journal, New York Times, Washington Post und USA
Today. Doch die neuen Internetdienste produzieren ihre Nachrichten n
zentralen Orten der beiden Schmelztiegel der Ost- und Westküste. Junge
Menschen zieht es in diese Wachstumsregionen mit besserer Infrastruktur
und angenehmem Lebensstil. Nicht von der Hand zu weisen ist damit das
Glaubwürdigkeitsproblem der Medien. Sind sie doch zu 90 Prozent und
damit mit erdrückender Mehrheit in Regionen und Staaten beheimatet, die
alle pro Hillary Clinton waren. Politico folgert denn auch als Mahnung:
»Jeder gibt zu, dass Trumps Wahl ein schlimmer Fehler war. Wenn die
Medien daraus nichts lernen, werden sie die nächste Wahl ebenfalls
verlieren.«484
IX.
DER PHILANTHROP

»It is not against learning, I m against education.«


Peter Thiel485

Thiel Foundation

»Wir unterstützen Wissenschaft, Technologie und langfristiges Denken über


die Zukunft«.486 So beschreibt die Thiel Foundation ihre philanthropische
Mission. Thiel konzentriert seine philanthropischen Aktivitäten auf
Themen, die für neue Technologiedurchbrüche sorgen können. Es geht ihm
dabei um revolutionäre, technologisch getriebene Herausforderungen, die
ganz seiner Philosophie von ›Zero to One‹ entsprechen. Im Buchuntertitel
heißt es denn auch »Wie Innovation unsere Gesellschaft rettet«. Er sieht
seinen Beitrag für die Gesellschaft darin, Menschen finanziell zu
unterstützen, die an »drängenden Problemen arbeiten, die sonst nicht gelöst
werden können«.487 Auch hier bleibt sich Thiel seiner Linie treu. Er hat
seine philanthropischen Aktivitäten so ausgerichtet, dass sie zu seinem
»Mindset« passen und damit einen echten gesellschaftlichen Mehrwert
liefern, anstatt nur als altruistisches Feigenblatt eines Milliardärs
herzuhalten.
Die Philosophie dahinter ist, unabhängig von Regierungen, Behörden
und Institutionen die politische, persönliche und ökonomische Freiheit zu
unterstützen und dabei innovative Forschungen und Technologien in ganz
neuen Bereichen voranzutreiben. Als Libertär ist es Thiel aber auch von
großer Wichtigkeit, Organisationen und einzelne Personen zu schützen, die
einem autoritären System oder Menschenrechtsverletzungen zum Opfer
gefallen sind.
Die Thiel Foundation gliedert sich in drei Bereiche:
– Thiel Fellowship bietet ein Zweijahresprogramm für junge Leute, die die
Schule oder das Studium abbrechen, um an ihrer neuartigen Idee zu
arbeiten.
– Breakout Labs sind eine neuartige Finanzierung und Unterstützung für
Wissenschaftsunternehmen mit einschneidenden Ansätzen.
– Imitatio fördert die Forschung und Anwendbarkeit der »Mimetic Theory«
von Thiels geschätztem Philosophen René Girard.

Im Bereich Forschung und Technologie interessiert sich Thiel insbesondere


für die Bereiche künstliche Intelligenz und Anti-Aging Forschung. Ihm ist
es seit seiner frühesten Kindheit ein Anliegen, Mittel und Wege zu finden,
die Lebenserwartung zu verlängern. Das mit der höheren Lebenserwartung
verbundene häufigere Auftreten von Alzheimer und Demenz ist die große
Herausforderung, die es zu lösen gilt. Und zwar schnell. Thiel hält es denn
auch für bedenklich, dass wir gelernt haben, »uns mit Sterblichkeit und Tod
zu arrangieren, und zwar durch eine Kombination aus extremem
Optimismus und extremem Pessimismus«.488 Thiel findet, es bedarf einer
pragmatischen Sicht auf die schwierigen Herausforderungen: »Ich glaube,
die gesündere Einstellung liegt irgendwo in der Mitte, wo wir den Tod nicht
verdrängen oder einfach akzeptieren, sondern dagegen ankämpfen«, so
Thiel gegenüber dem deutschen Wirtschaftsmagazin Bilanz.489
Thiel veranstaltet auch regelmäßige Konferenzen, um Menschen und
Initiativen eine öffentliche Bühne und Austauschmöglichkeiten zu bieten.
Im Jahr 2010 organisierte er eine »Breakthrough Philantrophy«-Konferenz,
auf der acht gemeinnützige Unternehmen ihre Projekte aus ganz neuen
technologischen Feldern vorstellen konnten. Im Jahr 2011 lief eine ähnliche
Konferenz unter dem für Thiel treffenden Motto »Fast Forward«.490
Ende 2015 gründete Thiel zusammen mit seinen Freunden Elon Musk
(Tesla), Reid Hoffman (LinkedIn), Sam Altman und Jessica Livingston
(beide Y Combinator) mit OpenAI eine nichtkommerzielle
Forschungsfirma für künstliche Intelligenz. OpenAIs Mission ist es,
»digitale Intelligenz so voranzutreiben, dass die Menschheit davon
insgesamt profitiert, unabhängig von der Notwendigkeit, finanzielle Erträge
zu generieren«.491 Insgesamt stellen die Gründungsmitglieder, zu denen
auch Amazon Web Services (AWS) und der indische IT-Konzern Infosys
gehören, Mittel in Höhe von einer Milliarde Dollar zur Verfügung. Musk
und Thiel setzen damit einen wichtigen Gegenpol zu den großen Tech-
Konzernen wie Alphabet, Apple, Facebook und Microsoft, die mithilfe
ihrer nahezu unbegrenzten finanziellen Ressourcen in den letzten Jahren
viele bedeutende Wissenschaftler und Startups aus dem Segment künstliche
Intelligenz aufgekauft haben, wodurch die Gefahr besteht, dass künstliche
Intelligenz durch wenige mächtige IT-Konzerne monopolisiert wird. Musk
betonte denn auch in einem Interview mit CNBC im Jahr 2014, dass
»regulatorische Aufsicht notwendig sei, entweder auf nationaler oder
internationaler Ebene, einfach um sicherzugehen, dass wir nicht etwas
Verrücktes machen«. OpenAI soll sich zu einem führenden
Forschungsinstitut entwickeln, um an für die Allgemeinheit sinnvollen
Lösungen zu arbeiten. Innerhalb kürzester Zeit gelang es, namhafte
Wissenschaftler und Technologen als Mitarbeiter zu gewinnen. Gleichzeitig
hat sich OpenAI durch Forschungsberichte und frei zugängliche Software
im Bereich der künstlichen Intelligenz als wichtiger Meinungsführer in der
IT-Szene etabliert.492
Thiel liegen als freiheitsliebender Mensch humanitäre Themen stark am
Herzen. Eine der größten weltweiten Gefahren sieht er in Kriegen und
Aufruhr, sei es durch die zunehmende materielle Ungleichheit oder durch
die amerikanischen Militäroperationen im Nahen Osten, die er immer
wieder verurteilt hat. Er gehört zu den Unterstützern der Human Rights
Foundation, dem Komitee zum Schutz von Journalisten, und er hat
maßgeblich an der Etablierung des Osloer Friedensforums mitgewirkt.
Thiel, der sich, wie auf dem Parteitag der Republikaner 2016
geschehen, öffentlich zu seiner Homosexualität bekennt, unterstützt ebenso
Organisationen, die für die Rechte von homosexuellen, bisexuellen und
transsexuellen Menschen einstehen. Er gehört zu den Unterstützern von
GOProud, einem Geldgeber für die amerikanische Vereinigung für gleiche
Rechte.
Insgesamt sind die Aktivitäten der Thiel Foundation so ausgerichtet,
dass innovative Ideen in einem sehr frühen Stadium aufgegriffen und
finanziert werden. Thiel fühlt sich als Risikokapitalgeber mit dieser
Herangehensweise sehr wohl, schafft sie doch die Möglichkeit, wichtige
Innovationen schneller voranzubringen.
Für viel Publicity haben in der Vergangenheit Thiels Engagements für
das Machine Intelligence Research Institute, die Anti-Aging Forschung der
SENS Foundation sowie für das Seasteading Institute gesorgt.
Thiel ist ein großer Verfechter technologischer Singularität. Der
bekannteste Vertreter dieser These ist der Zukunftsforscher Ray Kurzweil.
Angetrieben von dem exponentiellen Wachstum der Rechenleistungen
durch Moores Law sieht er gewaltige technologische Beschleunigungen, die
uns in eine Welt der künstlichen Intelligenz heben, die die menschlichen
Fähigkeiten übersteigen werden. Kurzweil glaubt, dass seine Vision schon
in naher Zukunft Realität wird. Thiel gehört dem Aufsichtsgremium des
Machine Intelligence Research Institute an und spendete in der
Vergangenheit immer wieder Beträge für deren Wettbewerbe.
Bereits im Jahr 2006 spendete Thiel 3,5 Millionen Dollar über die
Methuselah Mouse Prize Foundation an den britischen Wissenschaftler und
Bioinformatiker Aubrey de Grey. Thiel ist überzeugt, dass die »großen
Fortschritte der Biologiewissenschaften in diesem Jahrhundert einen Schatz
an Entdeckungen für eine stark verbesserte Gesundheit und
Lebenserwartung aller bereithalten« wird. De Greys revolutionärer Ansatz
wird »den Prozess der Altersforschung beschleunigen … und den
Menschen ein radikal längeres und gesünderes Leben« bescheren. De Grey
steht der SENS Foundation vor, die an der Aufhebung des biologischen
Alterns arbeitet und dabei von der Thiel Foundation unterstützt wird.493 Der
in Cambridge lebende Wissenschaftler erregt regelmäßig auf Konferenzen
und in den Medien mit seinen provokanten Aussagen, wonach wir »das
Älterwerden verhindern können«494 bzw. dass das »Altern auf jeden Fall
ungesund« sei,495 viel Aufmerksamkeit.
Ein großes Medienecho erzielt bis heute die finanzielle Unterstützung
des Seasteading Institute in Sunnyvale (Kalifornien). Dessen Mission ist es,
»permanente autonome Gemeinschaften auf dem Meer zu etablieren, um
Versuche und Innovationen zu unterschiedlichen sozialen, politischen und
rechtlichen Systemen« zu erforschen.496 Thiel soll rund 1,25 Millionen
Dollar in das Vorhaben gesteckt haben497 und durch die philosophische
Novelle ›Atlas Shrugged‹ von Ayn Rand dazu inspiriert worden sein.498
Thiel hat sich unter anderem in seinem Manifest ›The Education of a
Libertarian‹ für die Realisierung des Vorhabens ausgesprochen.499 In dem
Interview mit Emily Chang äußerte er sich zuletzt etwas zurückhaltender
über das Projekt und meinte, es sei »ein sehr kleines Nebenprojekt mit
abweichenden Rollen und Regierungsformen« und betonte, »dass es sehr
weit in der Zukunft« läge.500

Thiel Fellowship

Der amerikanische Traum lebt! Steve Jobs, Bill Gates und Mark Zuckerberg
sind drei leuchtende Beispiele von Studienabbrechern, (Drop-out) die
jeweils zu Multi-Milliardären und Unternehmensführern von Tech-Ikonen
wie Apple, Microsoft und Facebook wurden. Unternehmertum und
Erfindergeist kann man nicht an der Universität streng nach Lehrplänen
unterrichten. Thiel ist einer der prominentesten Protagonisten des »Drop-
Out«-Ansatzes. Er kann dies eindrucksvoll belegen: Mit seinem 500.000-
Dollar-Investment in den Studienabbrecher Mark Zuckerberg wurde er zum
Milliardär.
Thiel stellt seit 2011 mit seiner Thiel Fellowship – ursprünglicher Titel
»20 under 20« –, Gründern zwischen 18 und 20 jeweils 100.000 Dollar für
die Gründung ihres Unternehmens zur Verfügung, einzige Voraussetzung:
Sie müssen die Schule oder ihr Studium abbrechen. Thiel polarisiert auch
damit und wurde von dem früheren Harvard-Dekan und Bill-Clinton-
Berater Larry Summers in der Hightech-Postille TechCrunch scharf
angegriffen. Thiels Programm sei das »am meisten fehlgeleitete
gemeinnützige Projekt des Jahrzehnts«.501 Viele begabte und hungrige
Programmierer und Internet-Freaks sehen genau darin ihre
Zukunftsperspektive. Gefrustet von bürokratischen Strukturen in
Großunternehmen, mangelnden Aufstiegschancen und Ideenstau ist das
Gründen eines Start-ups genau der richtige Weg, um eigene Ideen
umzusetzen. Immerhin bewerben sich rund 500 Teenager jedes Jahr bei ihm
um einen Platz. Thiel steht dem herkömmlichen amerikanischen College-
Ausbildungssystem kritisch gegenüber. Er hält es für zu teuer und es bürdet
den Studenten zudem hohe Studiengebühren auf, an deren Last sie später
schwer tragen und kaum eine Chance haben, eine risikoreiche Karriere in
einem Start-up anzustreben. Die Bewerber der Thiel Fellowship hält er
denn auch für »phänomenal talentiert« und meint weiter, »diese Gruppe
wird einen sehr großen Unterschied in der Technologieszene in den
kommenden Jahren und Jahrzehnten machen«.
Wie immer stellt Thiel die klassischen Denkweisen und Institutionen in
Frage. Gerade in Bezug auf das wichtige Thema Ausbildung. Er ist der
Meinung, dass wir eine größere Vielfalt brauchen, bei der die jungen Leute
unterschiedliche Wege gehen können.
Die Journalistin Lora Kolodny trug für das Wall Street Journal im
Rahmen einer ersten Bestandsaufnahme der Thiel Fellowship im Dezember
2013 die sichtbaren Erfolge zusammen. Demnach hatten 64 Thiel Fellows
67 kommerzielle Unternehmen gegründet und dabei 55,4 Millionen Dollar
bei Risikokapitalinvestoren und Business Angels eingeworben, zwei
Bücher geschrieben, 30 Apps und 135 Vollzeitstellen geschaffen. Außerdem
erhielten 6000 Kenianer Zugang zu sauberem Wasser und zu solarer
Elektrizität. Das ist zwar noch nicht der nachhaltige »Impact«, den Thiel
sich verspricht, aber ein solider Anfang.502
Zu den erfolgreichsten Unternehmen und Gründern der Thiel
Fellowship gehören aktuell:
Ari Weinstein und Conrad Kramer mit ihrer App Workflow, die von
Apple 2015 als innovativste App des Jahres ausgezeichnet wurde. Apple
kaufte das Gründerteam mitsamt dem Unternehmen im Frühjahr 2017.503
Eden Full Goh, der Princeton verließ, um das gemeinnützige
Unternehmen SunSaluter zu gründen. Bei SunSaluter handelt es sich um
einen preisgünstigen Mechanismus, der es Solarpanels erlaubt, sich mit der
Sonne über den Tag hinweg zu drehen und damit die Energieausbeute um
30 Prozent steigert. Der SunSaluter wird in 18 Ländern eingesetzt und
liefert Energie für mehr als 10.000 Menschen. Goh ist Vorsitzender des
gemeinnützigen Unternehmens und arbeitet parallel bei Palantir.
James Proud konnte über 40 Millionen Dollar an Risikokapital bei
einer Bewertung von 250 Millionen Dollar für sein Start-up Hello
einfahren. Das Unternehmen entwickelte ein Schlafaufzeichnungsgerät, das
für 149 Dollar zu haben ist. Für 2017 werden Verkäufe von 250.000 Stück
erwartet. Thiel selbst steuert anscheinend in einer neuen
Finanzierungsrunde weitere zwei Millionen Dollar zu.
Ritesh Agarwal gründete Indiens größtes Netzwerk an Budget-Hotels.
Das Start-up betreibt Zimmer in über 6500 Hotels in mehr als 200 Städten.
Agarwal hat bisher 187 Millionen Dollar Risikokapital bei einer Bewertung
von 400 Millionen Dollar eingesammelt. Er bezeichnete das Thiel-
Fellowship-Programm als »das Beste, was mir hat passieren können.«
Laura Deming arbeitet seit ihrem 14. Lebensjahr an Projekten, das
menschliche Altern aufzuhalten. Am MIT experimentiert sie als Studentin
mit künstlichen Geweben und Organen. Inzwischen arbeitet sie zusammen
mit Pharmaexperten und Fondsmanagern als Partnerin bei dem
Risikokapitalgeber The Longevity Fund. Der Investor finanziert
Unternehmen, die an Themen arbeiten, die das menschliche Leben
verlängern.504
Thiel wünscht sich, dass mehr talentierte Jugendliche die Chance
bekommen, ihre Ideen und Träume umzusetzen. Andere Initiativen, wie die
des Frühphaseninkubators Y Combinator, sieht er nicht als Konkurrenten,
sondern als wichtige Mitstreiter. Thiel selbst ist inzwischen auch externer
Berater von Y Combinator. »Wir wollen Teil einer größeren Bewegung
sein, die darüber nachdenkt, wie wir als Gesellschaft Innovation und
Fortschritt beschleunigen können.«
Mit seinen konträren und provokanten neuen Ausbildungsansätzen hat
Thiel auch erreicht, dass die Eliteschmieden Harvard, Stanford und MIT
aufgefordert sind, ihre Studienprogramme zu überarbeiten und
gründerfreundlicher zu gestalten. Thiel hat auch hier eine Brücke zu den
etablierten Hochschulen geschlagen und hielt an seiner ehemaligen Alma
Mater Stanford eine Vorlesungsreihe zum Thema Unternehmensgründung.
Die Vorlesung war Basis für sein Buch ›Zero to One‹, das mit seinem
damaligen Studenten Blake Masters zusammen entstand. Masters wurde in
der Folge Präsident der Thiel Foundation.
Die Tochter des berühmten Schriftstellers Tom Wolfe, Alexandra Wolfe,
begleitete die jungen Gründer der Thiel Fellowship über zwei Jahre und
schrieb darüber das amüsante Buch ›Valley of the Gods‹. Sie beschreibt die
Zeitgenossen im Silicon Valley und Thiels Fellowship-Kandidaten als
Streber im Asperger Stil, die kaum in der Lage sind, Beziehungen zu
knüpfen oder sich auf einer Cocktail-Party unauffällig zu bewegen, die
alleingelassen und damit politisch manipulierbar sind.505 Doch dies mag ein
gutes Auswahlkriterium sein, um spätere Unternehmens-Highflyer
frühzeitig zu entdecken. Schließlich hätten auch Bill Gates und Mark
Zuckerberg als Jugendliche sehr gut in das Raster gepasst. Beide gründeten
milliardenschwere Konzerne, die die Welt des 20. und 21. Jahrhunderts
nachhaltig präg(t)en.
Breakout Labs

Peter Thiel hat sich mit dem Fellowship-Programm wenig Freunde im


akademischen Lager gemacht. Welch Sakrileg, dass junge Leute das
Studium zugunsten der Gründung eines Unternehmens aufgeben sollen!
Doch Thiel, dieser konträre Geist, findet auch darauf die passende
Antwort in Form der Breakout Labs. Sie sind Teil der Thiel Foundation und
dienen als Vehikel zur Finanzierung wissenschaftlicher Forschung, die sich
im Frühstadium befindet und zu spekulativ oder zu langfristig ist, um für
den kommerziellen Sektor und damit für klassische Risikokapitalinvestoren
oder Business Angels interessant zu sein.
Breakout Labs verfolgt dabei Thiels Philosophie, festgefahrene Muster
und Grenzen zu verschieben. Das Mission-Statement trägt denn auch den
prägnanten Titel »Pushing the Boundaries of What’s Possible«. Breakout
Labs sucht nach Wissenschaftlern mit herausragenden Ideen, die »hohen
Wert für die Gesellschaft« schaffen können. Viel zu oft bekommen sie nicht
die notwendige Unterstützung, um die Erkenntnisse »vom Labor in unsere
Wirtschaft« zu bringen. Breakout Labs hilft ihnen, aus dem herkömmlichen
Wissenschaftsbetrieb auszubrechen. Auf der Website der Breakout Labs
wird explizit der Ausdruck »jailbreak« verwendet. Man erinnert sich dabei
unwillkürlich an Thiels Aussage, als er seinen Abschied aus dem
Anwaltsleben einer New Yorker Kanzlei mit dem Ausbruch aus Alcatraz
verglich.
Breakout Labs fördert Wissenschaftsfirmen, die radikal neue Ideen
verfolgen und damit die Gesellschaft, ganz nach der Vorliebe von Thiel, auf
den »next level« bringen können.
Breakout Labs bietet außerdem ein umfassendes Programm an
Innovationen, bestehend aus Veranstaltungen, zu der alle unterstützten
Firmen zwei- bis dreimal im Jahr eingeladen werden, an dem aber auch
weitere Unternehmer, Firmenvertreter, Investoren, strategische
Geschäftspartner und wichtige Dienstleister aus den Bereichen Regulatorik,
Geschäftsentwicklung teilnehmen, aber auch Marketing-Experten und
Personalchefs.
Das Flaggschiff-Event ist die Veranstaltung »Unboxing«, die alljährlich
im Oktober stattfindet und die Möglichkeit für die geförderten
Unternehmen bietet, ihr Unternehmen und den technologischen Fortschritt
einer Vielzahl potentieller Investoren und strategischer Partner vorzustellen.
Darüber hinaus verfügt Breakout Labs über eine Datenbank, bestehend
aus Investoren, strategischen Partnern und Industriepartnern. Gezielt
werden die Unternehmen von Breakout Labs mit strategischen Partnern und
interessierten Firmen vernetzt. Auch juristische Unterstützung wird durch
Firmenanwälte geboten.
Für Anschlussfinanzierungen der forschungsgetriebenen Unternehmen
steht ein Netzwerk an Risikokapitalfinanziers und strategischen
Unternehmen zur Verfügung. Breakout Labs bezeichnet diese auf seiner
Website als »Corporate und Financial Catalysts«. Zu den Geldgebern
gehören die Thiel Firmen Founders Fund und Mithril, aber auch zwei
Dutzend weiterer renommierter Adressen wie Atlas Venture, Index Ventures
oder Khosla Ventures. Auch die Firma Roche, bekannt für ihre Investments
in den Segmenten Biotech und Krebsforschung, zählt zu den
Unterstützern.506
AUSBLICK: AUFBRUCH ZU
NEUEN UFERN

To the question of death. »Basically,« Thiel says earnestly, »I’m against it.«507

Während Donald Trump in seiner Rede nach der Vereidigung als Präsident
die unbedingte Loyalität gegenüber den Vereinigten Staaten von Amerika
als fundamental wichtigen Baustein in den Mittelpunkt seiner politischen
Agenda stellte, wurde just bekannt, dass Peter Thiel die Staatsbürgerschaft
von Neuseeland besitzt. Hat Thiel damit, wie die Medien spekulierten,
wieder einmal auf seine konträre Karte gesetzt? Ist Neuseeland für ihn eine
Art »Reserveland«, ein Rückzugsort, wenn eine weltweite Epidemie oder
eine Weltwirtschaftskrise drohte?508
Neuseeland, das »Land der langen weißen Wolke«, wie die Maori,
Neuseelands Ureinwohner, ihre Heimat aus zwei Inseln nennen, hat es Peter
Thiel schon länger angetan. Thiel, der nach der perfekten Gesellschaftsform
sucht, scheint in Neuseeland sein Idealbild und Nimmerland, sein »Utopia«,
wie er es verschiedentlich formulierte, gefunden zu haben. Neuseeland, das
bei uns als Destination am Ende der Welt für Abenteuersportler,
Rucksacktouristen, aber auch für Schüler, die zwischen Abitur und Studium
noch schnell weltmännische Erfahrungen in pittoresker Natur sammeln
wollen, bekannt ist, ist für Thiel der logische Zwischenschritt seiner
zukunftsgerichteten Vision zwischen Seasteading und dem Leben auf einem
anderen Planeten.

Für Neuseeland spricht auch die Verbindung zu »Herr der Ringe«. Thiel ist
bekanntlich ein großer Tolkien-Fan und hat seinen Unternehmungen wie
Planatir und Mithril Namen aus ›Herr Der Ringe‹ gegeben. An Neuseeland
schätzt er auch die liberalen und fortschrittlichen Gesetze, wozu durchaus
die attraktive und progressive Steuergesetzgebung zählen dürfte.
Thiel reiht sich damit ein in ein Silicon-Valley-Phänomen: Obschon die
Vordenker für eine neue Welt gerne viel Optimismus in der Öffentlichkeit
versprühen, wenn sie ihre Innovationen als gesellschaftliche Durchbrüche
messiasartig ihrer weltweit treu ergebenen Fangemeinde präsentieren,
sorgen sich immer mehr wohlhabende Silicon-Valley-Größen um ihre
eigene Zukunft. Während Thiel sich ein Zufluchtsort im malerischen
Neuseeland ausgesucht hat, kaufen sich andere in luxuriöse Bunkeranlagen
ein, horten Treibstoff und Nahrungsmittel. Sollte es zu einem Krieg, einer
Wirtschaftskrise oder Epidemie kommen, so helfen nur ganz elementare
irdische Werte. Die Protagonisten der virtuellen Welten haben dies
verinnerlicht und positionieren sich entsprechend. Vielen gemein ist eine
geradezu dystopische Sicht auf die Welt. Wer viel hat, kann eben auch viel
verlieren.
Doch wie wird sich die irdische Welt in den nächsten Jahren und
Jahrzehnten entwickeln? Schlüssel dafür sind auf der einen Seite die
Globalisierung und auf der anderen Seite die Innovationen und
technologischen Durchbrüche. Nicht erst seit Trump wird die
Globalisierung nicht mehr als allein seligmachender Wachstumsmotor
angesehen. Auch in harten Zahlen lässt sich dies belegen. Das Wachstum
des globalen Bruttosozialprodukts ist von einem Spitzenwert in den 1960er-
Jahren von sechs Prozent auf drei Prozent im Jahr 2015 zurückgegangen.
Die Digitalisierung führt zu einer Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit, da
sie die Produktivität pro Mitarbeiter erhöht und damit die Arbeitskosten
reduziert. Mehr Jobs, auch in der Produktion, entstehen wieder nahe dem
Endverbraucher, der zukünftig seine Waren per App nahezu in Realzeit
geliefert bekommen möchte. Doch hierfür braucht es neue, flexible und
sehr gut ausgebildete Arbeitskräfte und ein hohes Maß an Digitalkompetenz
und technischem Verständnis. Wie Thiel richtig analysiert, ist der
Bildungsbereich vielleicht die wichtigste Baustelle überhaupt. Investitionen
in Bildung sind weltweit der Schlüssel für mehr Innovationen,
Wertschöpfung und Wohlstand.

Thiels Credo von »Doing more with less« könnte aus dem
Nachhaltigkeitsbericht eines großen Unternehmens oder einer ökologisch
ausgerichteten Partei stammen. Wir leben in einer Welt, in der die
Bevölkerungszahlen weiter steigen und der Ressourcenhunger nach
Rohstoffen und Energie ungebrochen ist. Wie uns die Abgasskandale
zeigen, reicht es nicht mehr, Technologien nur evolutionär voranzutreiben.
Möglicherweise sind wir nicht nur durch die gesetzgeberischen
Regulierungen, sondern auch durch technologische Herausforderungen an
Grenzen gestoßen.
Thiel sieht uns in einer Innovationskrise und die Gründe lassen sich
auch wissenschaftlich belegen. Der Makroökonom Nick Bloom von Thiels
Alma Mater, der Stanford University, legte jüngst eine Untersuchung vor,
die belegt, dass Wirtschaftswachstum das Ergebnis kreativer Ideen und
Innovationen. Obwohl seit 1930 die Anzahl der Mitarbeiter in den
Bereichen Forschung und Entwicklung um mehr als das 20-Fache gestiegen
ist, sank ihre kollektive Produktivität um den Faktor 41. Ein gutes Beispiel
dafür bietet die Computertechnik. Der Co-Gründer von Intel, Gordon
Moore, präsentierte 1965 sein inzwischen weltberühmtes Theorem
(»Moores Law«), wonach sich die Rechenleistung von Mikroprozessoren,
dem Herzstück von Computern, Tablets und Smartphones, alle zwei Jahre
verdoppelt. Auch über 50 Jahre später ist sein Theorem nach wie vor gültig
und war hauptverantwortlich dafür, dass, wie Thiel gerne betont, die
Informationstechnik eine Art Oase der Innovation über die zurückliegenden
fünf Dekaden war. Doch der Preis dafür ist teuer erkauft: Die Stanford-
Forscher fanden heraus, dass der Forschungsaufwand hinter dem
Mooreschen Gesetz heute um den Faktor 78 höher liegt als 1971.509
Thiel und Trump sind sich wie viele Forscher einig, dass nur ein
Wirtschaftswachstum von mehr als drei Prozent pro Jahr zu höherwertigen
Beschäftigungsverhältnissen führt und damit auch die Mittelschicht wieder
durch ein Reallohnwachstum am Aufschwung partizipiert. Untersuchungen
zeigen, dass nur die oberen zehn Prozent der Einkommen signifikant von
der Globalisierung durch höhere Löhne profitiert haben. Der
Vermögenszuwachs und damit die Kapitalgewinne wiegen zudem deutlich
stärker als Einkommenszuwächse. Die Nullzinspolitik der Notenbanken
entwertet die Einlagen kleiner Sparer und bietet stattdessen günstige
Finanzierungs- und Anlagebedingungen für Unternehmen und Vermögende.
Die Konsequenz daraus sind boomende Aktien- und Immobilienmärkte, die
zu einer noch stärkeren Vermögenskonzentration führen.
Um ein stärkeres Wirtschaftswachstum und eine breitere Partizipation
der Bevölkerung an den Früchten ihrer Arbeit zu erzielen, bedarf es aber
eines neuen Innovationspakts zwischen Staat und Unternehmen. Thiel in
seiner Rolle als Technologieberater von Donald Trump scheint hier
geschickt die Fäden zu ziehen. Unter Führung von Trumps Schwiegersohn
Jared Kushner sollen die amerikanischen Behörden modernisiert und auf
den neuesten technischen Stand gebracht werden. Trump geht von
Einsparungen bis zu einer Billion Dollar über zehn Jahre aus. Gleichzeitig
sollen die Bürger Behördenservice in einer völlig neuen Qualität erfahren.
Schlüssel dafür ist für Kushner die Freisetzung kreativer Lösungen des
Privatsektors. Die Tech-Größen aus dem Silicon Valley nehmen den Ball
dankbar auf. Tim Cook betonte, dass die USA die modernste Verwaltung
der Welt haben sollten, was aktuell aber nicht der Fall sei.510 Gelingt es,
eine solche Allianz zu schmieden, könnte daraus eine neue Form der
Public-Private-Partnership für technologische Innovation entstehen.
Werden die USA die führende Technologienation der Welt bleiben?
Thiel ist noch davon überzeugt, dass das Silicon Valley das Zentrum der
Innovation darstellt. Doch auch für ihn ist dies kein Selbstläufer. Der
Netzwerkeffekt aus der Stanford University, einem Netzwerk aus
Risikokapitalgebern und Hightech-Unternehmen, hat zu einer einzigartigen
Symbiose geführt und Innovationen und Unternehmen nahezu am
Fließband produziert. Thiel hält den Netzwerkeffekt aber auch für
gefährlich, kann er doch »auch außer Kontrolle geraten«.511
Länder wie China geben sich nicht mehr zufrieden, nur die verlängerte
Werkbank der Welt zu sein. Chinas Präsident Xi Jinping setzte sich und
seinem Land bis 2021 zwei ambitionierte Ziele: Das Bruttosozialprodukt
soll sich, von 2010 ausgehend, bis 2021 verdoppeln und China bis 2049 zu
einer »voll entwickelten, reichen und mächtigen Nation« machen.512 Auch
die Chinesen haben als Schlüssel das Thema Hightech und Innovationen
erkannt. Chinas ambitionierter Technologieplan 2025 soll das Land in die
führende Position bei Schlüsseltechnologien wie künstlicher Intelligenz,
Elektromobilität und Automatisierungs- und Robotertechnik bringen.
Geschickte Akquisitionen in westlichen Schlüsselindustrien sollen die
eigenen Innovationsanstrengungen abkürzen und beschleunigen, eine
Herausforderung für den technologischen Machtanspruch der USA.
Wie wird sich das Leben der Menschen im 21. Jahrhundert
weiterentwickeln? Die großen Fortschritte bei der Rechenleistung von
Smartphones und Computern bringen uns der künstlichen Intelligenz ein
großes Stück näher. Daten sind heute schon eine zentrale Ressource der
großen Internetkonzerne. Unser Leben wird weniger frei sein als heute.
Alles wird über jeden Einzelnen bekannt sein, von den individuellen
Vorlieben über den Gesundheitszustand, den finanziellen Verhältnissen bis
zum Bewegungs- und Konsumentenprofil. Und das rund um die Uhr.
Papiergeld wird es nicht mehr geben, die omnipräsente Bankfiliale wird aus
dem Straßenbild verschwinden. Werden wir uns humanoide Roboter als
Heimbutler halten, die uns auch in einer immer älter werdenden
Gesellschaft am Arbeitsplatz und privat assistieren und damit unser Leben
angenehmer gestalten?
Die fünf großen Tech-Monopolisten Apple, Alphabet, Amazon,
Facebook und Microsoft strotzen vor Kraft und baden förmlich in ihren
hohen Mittelzuflüssen. Facebook hat seinen Cash-Flow innerhalb von fünf
Jahren von 377 Millionen auf 11,6 Milliarden Dollar, also um das 30-Fache
gesteigert, Amazon innerhalb von 15 Jahren von 135 Millionen auf 9,7
Milliarden Dollar und damit um das 71-Fache, Google gar im selben
Zeitraum von 18 Millionen auf 25,8 Milliarden Dollar um das 1400-
Fache.513 Die Zahlen zeigen, wie und in welchen Branchen im 21.
Jahrhundert Werte geschaffen werden. Es sind die von Thiel propagierten
Unternehmen, die monopolistische Stellungen in der Digitalwirtschaft
einnehmen und durch Netzwerkeffekte überproportional gewachsen sind.
Mit den hohen Barmittelzuwächsen können die Unternehmen ihre
Marktstellung durch gezielte Unternehmenskäufe ausbauen. Google tat dies
mit YouTube, Facebook mit Instagram und WhatsApp und Amazon zuletzt
mit dem Kauf der Supermarktkette Whole Foods.
In welche Welt wird uns dies führen? Blüht uns ein Leben zwischen
George Orwells ›1984‹ und Aldous Huxleys ›Schöne neue Welt‹? Wird das
Leben geprägt sein von totaler Orwellscher Überwachung oder wird es eher
Huxleys Vision vom Leben in Stabilität, Frieden und Freiheit ähneln?

Welche Rolle wird die künstliche Intelligenz einnehmen? Wird sie zum
großen Jobkiller? Thiel hat mit seinen Unternehmen PayPal und Palantir
andere Erfahrungen gemacht. Computer und Algorithmen haben ihre
spezifischen Stärken, ebenso wie Menschen. Die Zusammenarbeit der
beiden, also die kollaborative Form von Mensch und Maschine, liefert
herausragende Ergebnisse. Thiel gehört mit der Initiative Open AI neben
Elon Musk zu den Protagonisten, die betonen, dass die Arbeit an
künstlicher Intelligenz offen und transparent und für die Allgemeinheit
zugänglich sein muss, damit sich kein einzelner Konzern dieser
Technologie monopolistisch bemächtigen kann. Dies ist ein notwendiges
Korrektiv in einer Schlüsseltechnologie, haben sich doch die fünf großen
Tech-Konzerne viele der bedeutenden Unternehmen und Start-ups im
Bereich künstlicher Intelligenz bereits einverleibt.
Müssen Algorithmen einem TÜV unterzogen und reguliert werden? Die
Diskussion um Facebook, Fake News und den Missbrauch des sozialen
Netzwerks steht erst am Anfang. Es bedarf eines neuen Rechtsrahmens, der
die Menschen schützt, aber unternehmerische Freiheit und Innovation
gleichzeitig nicht bremst.
Die Raumfahrt, lange Zeit allein in der Hand staatlicher Organisationen
wie NASA und ESA, ist inzwischen zum Spielball der Milliardäre
geworden mit ihren ambitionierten Programmen, neue
Lebensmöglichkeiten außerhalb des Planeten Erde zu schaffen. Thiel gehört
mit seinen Investments unter anderem in die Raumfahrtfirma SpaceX von
Elon Musk zu den wichtigsten Förderern. Auch Jeff Bezos von Amazon
mischt mit seinem Unternehmen Blue Origin bei Raumtransportern mit. Er
gab erst kürzlich bekannt, jährlich eine Milliarde Dollar aus seinem
Privatvermögen in seine Raumfahrtambitionen zu investieren. Der hohe
Börsenkurs von Amazon und sein damit verbundener Reichtum machen
dies möglich.
Doch wie realistisch ist das von Thiel, Musk und Bezos anvisierte
Leben auf dem Mars? Erst kürzlich hat Elon Musk den Start seiner
Marsmission um zwei Jahre auf 2020 verlegt. Die Raumsonde soll
Erkenntnisse über Technologien für die Landung von Menschen sammeln.
Bereits 2024 sollen die ersten Menschen mit SpaceX-Raumschiffen zu
unserem roten Nachbarplaneten aufbrechen. Selbst der Möbelhersteller
IKEA beschäftigt sich mit der Kolonisierung des Mars. In der Wüste von
Utah errichtete das Unternehmen eine Forschungsstation, die das Leben auf
dem Mars simulieren soll. Im Mittelpunkt der Entwicklungen stehen dabei
Erfahrungsgewinne aus den extremen Lebensumständen auf dem Mars für
die ressourcenschonende Entwicklung von Möbeln auf der Erde.514 Also
ganz irdische Motivationen. Ein Beispiel dafür, wie der Innovationswettlauf
um die Eroberung des Weltalls zur Verbesserung der Lebensumstände auf
der Erde führen kann. Die Satellitentechnik war eine wichtige
Errungenschaft des ersten Raumfahrtbooms der 1960er-Jahre mit der
Eroberung des Monds. Ohne sie wären die weltumspannenden
Telekommunikations- und TV-Übertragungen, aber auch die
Wetterbeobachtung für die Luft- und Schifffart sowie in der Landwirtschaft,
nicht möglich gewesen.
Thiels Vision vom fliegenden Auto rückt näher. Just aus seinem
Geburtsland Deutschland schickt sich das Start-up Lilium an, die Vision
eines elektrisch angetriebenen Lufttaxis in Form eines drohnenähnlichen
Senkrechtstarters Realität werden zu lassen. Der unbemannte Erstflug des
2015 gegründeten Start-ups verlief im Frühjahr 2017 erfolgreich. Das
Lufttaxi könnte zum Beispiel einen Flug von Manhattan zum JFK-
Flughafen in New York von den üblichen 55 Minuten mit dem Auto auf 5
Minuten verkürzen, und das zu deutlich günstigeren Preisen. Das Start-up
kalkuliert mit Preisen von anfänglich 36 Dollar, die langfristig auf 6 Dollar
sinken sollen. Der Preis für die vergleichbare konventionelle Taxifahrt liegt
bei stattlichen 56 bis 73 Dollar. Die Regierung von Dubai setzt seit Sommer
2017 testweise Taxi-Drohnen eines chinesischen Unternehmens ein. Ab
dem Jahr 2030 sollen bereits ein Viertel aller Personentransporte mit
autonom betriebenen Verkehrsmitteln bestritten werden.
Bleibt noch der Ausblick zum Thema Lebensverlängerung und
Unsterblichkeit. »Grundsätzlich bin ich dagegen«, so Thiel auf die Frage,
was er von dem Thema Sterblichkeit hält. Wie beschrieben investiert er
über seine Beteiligungsgesellschaften und seine philanthropischen
Aktivitäten massiv in diesen Zweig. Alphabet hat dem Thema gar eine
eigene Unternehmung gewidmet und Mark Zuckerberg kündigte zusammen
mit seiner Frau Priscilla Chang im Jahr 2016 eine drei Milliarden Dollar
schwere Initiative an, die das Ziel hat, menschliche Krankheiten zu
besiegen.515
Die nahe und ferne Zukunft wird zeigen, welche Innovationen unser
Leben nachhaltig und vor allem welche es zum Besseren verändern.
»Technologischer Fortschritt wird nicht alle Probleme der Menschheit
lösen, aber ohne technologischen Fortschritt werden wir gar kein Problem
lösen«, so Thiel 2016 im Gespräch mit Jens Spahn, dem Parlamentarischen
Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen.516
Seien wir also gespannt auf die nächsten strategischen Schachzüge von
Peter Thiel!
DANKSAGUNG

Für das Entstehen des Buches danke ich allen mitwirkenden Personen,
insbesondere den nachfolgend genannten:
Georg Hodolitsch, Programmleiter des FinanzBuch Verlags, der die Idee
zum Buch hatte und mutig die Entscheidung getroffen hat, das Buch
umzusetzen.
Dem FinanzBuch Verlag, für die Aufnahme in sein Verlagsprogramm.
Dr. Frank-B. Werner, Geschäftsführer/Herausgeber Finanzen Verlag
GmbH, den ich seit über einem Jahrzehnt kenne und schätze und der den
Kontakt zum FinanzBuch Verlag hergestellt hat.
Marvin Adlhofer, Grafik-Designer, für die Gestaltung und Umsetzung
der Buch-Grafiken und Illustrationen.
Ganz besonderer Dank gilt meiner Ehefrau Andrea Staiger, ohne ihre
bedingungslose Unterstützung wäre dieses Buch nicht entstanden. Sie hat
mir nicht nur den Rücken freigehalten, damit ich die notwendige Zeit für
die Recherche und das Schreiben des Buches hatte, sondern stand mir auch
mit Rat und Tat beim Redigieren der Inhalte zur Seite.
ÜBER DEN AUTOR

Thomas Rappold, geboren 1971. Internetunternehmer und Investor. Bereits


mit 14 Jahren erlernte er die ersten Programmiersprachen im Selbststudium
auf dem damaligen Kultcomputer Commodore C64. Als einer der ersten
Absolventen des europaweit ersten Studiengangs Medieninformatik trug er
als Mitarbeiter der Strategiegruppe Internet bei Allianz SE maßgeblich zum
Erfolg der damals bahnbrechenden neuen Finanzportale für Privat- und
Geschäftskunden bei.
Seit mehr als zehn Jahren ist er erfolgreicher Unternehmer einer
Internet- Beratungs- und Beteiligungsgesellschaft und Gründer von
zahlreichen Internet-Start-ups. Thomas Rappold ist profunder Kenner des
Silicon Valley und dort als Investor an verschiedenen Start-ups beteiligt.
Thomas Rappold ist als Silicon Valley Finanz- und Technologieexperte
u.a. aus n-tv, N24, Focus Money und Börse Online bekannt.
Mehr über Thomas Rappold und das Silicon Valley finden Sie unter
www.silicon-valley.de.
ENDNOTEN

1 Thiel, Peter: The Education of a Libertarian, Cato Unbound, 13.04.2009, https://www.cato-


unbound.org/2009/04/13/peter-thiel/education-libertarian.
2 Ebenda.
3 Ebenda.
4 Chang, Emily: Venture Capitalist Peter Thiel: Studio 1.0 (12/18), Bloomberg TV, 18.12.2014,
https://www.bloomberg.com/news/videos/2014-12-19/venture-capitalist-peter-thiel-studio-10-
1218.
5 Balzer, Arno: Captain Future, Der deutschstämmige Investor Peter Thiel ist eine
Ausnahmeerscheinung der internationalen Finanzwelt und eine Schlüsselfigur des Silicon Valley,
Bilanz April 2017, S. 16-25.
6 Thiel, Peter: The Education of a Libertarian, a.a.O.
7 Andreessen, Marc: Why Software is Eating the World, Wall Street Journal, 20.08.2011,
https://www.wsj.com/articles/SB10001424053111903480904576512250915629460.
8 Balzer, Arno: Captain Future, a.a.O., S. 16-25.
9 Gibney, Burce: What happened to the future, 2011, http://foundersfund.com/the-future/#.
10 Lance, Daniel: Peter Thiel, A Conversation with Daniel Lance, Juni 2009,
https://www.youtube.com/watch?v=esk7W9Jowtc.
11 Feloni, Richard: Peter Thiel explains an esoteric philosophy book shaped his worldview,
10.11.2014, http://www.businessinsider.de/peter-thiel-on-rene-girards-influence-2014-11.
12 Ebenda.
13 Thiel, Peter: The Saturday Essay, Competition Is for Losers, 12.09.2014,
https://www.wsj.com/articles/peter-thiel-competition-is-for-losers-1410535536.
14 Girard, René: Things Hidden Since The Foundation Of The World, Stanford University Press,
Stanford, 1987.
15 Thiel, Peter: Peter Thiel, technology entrepreneur and investor, 11.09.2014,
https://www.reddit.com/r/IAmA/comments/2g4g95/peter_thiel_technology_entrepreneur_and_in
vestor/.
16 Bacon, Francis: The New Atlantis, San Bernadino, 22.12.2016.
17 ENCYCLOPEDIA BRITANNICA: Jean-Jacques Servan-Schreiber, French Journalist,
https://www.britannica.com/biography/Jean-Jacques-Servan-Schreiber, abgerufen am
02.06.2017.
18 Servan-Schreiber, Jean-Jacques: The American Challenge, Versilio, Kindle Edition, 2014.
19 Servan-Schreiber, Jean-Jacques: The American Challenge, Versilio, Kindle Edition, 2014.
20 Angell, Norman: The Great Illusion – A Study of the Relation of Military Power To National
Advantage, William Heinemann, London, 1912.
21 Musk, Elon: All Our Patent Are Belong To You, 12.06.2014, https://www.tesla.com/blog/all-our-
patent-are-belong-you.
22 Stephenson, Neal: The Diamond Age Or, A Young Lady’s Illustrated Primer, Bantam Dell, New
York, 1995.
23 Kosoff, Maya; Bezos, Jeff: Peter Thiel Is »a Contrarian,« and Contrarians »Are Usually Wrong«,
20.10.2016, http://www.vanityfair.com/news/2016/10/jeff-bezos-peter-thiel-trump-contrarian
24 Rappold, Thomas: Silicon Valley Investing, Investieren in die Superstars von heute, morgen und
übermorgen, Finanzbuch Verlag, München 2016, S. 16
25 WIRED UK, Peter Thiel: Successful Businesses are Based on Secrets, Wired,
https://www.youtube.com/watch?v=yODORwGmHqo.
26 Parloff, Roger: Peter Thiel disagrees with you, Fortune, 04.09.2014,
http://fortune.com/2014/09/04/peter-thiels-contrarian-strategy/.
27 Kosoff, Maya; Bezos, Jeff: Peter Thiel Is »a Contrarian« and Contrarians »Are Usually Wrong«,
20.10.2016, http://www.vanityfair.com/news/2016/10/jeff-bezos-peter-thiel-trump-contrarian.
28 Dowd, Maureen: Confirm or Deny: Peter Thiel, New York Times, 11.01.2017,
https://www.nytimes.com/2017/01/11/fashion/peter-thiel-confirm-or-deny.html.
29 WIRED UK, Peter Thiel: Successful Businesses are Based on Secrets, Wired,
https://www.youtube.com/watch?v=yODORwGmHqo.
30 Masters, Blake: Peter Thiel’s CS183: Startup – Class 1 Notes Essay, 03.04.2012
http://blakemasters.com/post/20400301508/cs183class1.
31 Oliver, Baron: Das Geheimis des Erfolgs (II): Investieren wie Warren Buffett, 18.05.2013,
https://www.godmode-trader.de/artikel/das-geheimis-des-erfolgs-ii-investieren-wie-warren-
buffett,3092291.
32 Thiel, Peter: Peter Thiel, technology entrepreneur and investor, 11.09.2014,
https://www.reddit.com/r/IAmA/comments/2g4g95/peter_thiel_technology_entrepreneur_and_in
vestor/.
33 Gibney, Burce: What happened to the future, 2011, http://foundersfund.com/the-future/#.
34 Patterson, Scott; Blackmon, Douglas A.: Buffett Bets Big on Railroad, The Wall Street Journal,
04.11.2009, https://www.wsj.com/articles/SB10001424052748703740004574513191915147218
35 Constine, Josh: Facebook’s Risk Factors: Mobile, Gov, Slowed Growth, Google+, TechCrunch,
01.02.2012, https://techcrunch.com/2012/02/01/facebooks-risk-factors-mobile-gov-slowed-
growth-google/.
36 Thiel, Peter mit Masters, Blake: Zero to One, Wie Innovation unsere Gesellschaft rettet, Campus
Verlag Frankfurt am Main 2014, S. 14.
37 Ebenda, S. 8.
38 WIRED UK, Peter Thiel: Successful Businesses are Based on Secrets, Wired,
https://www.youtube.com/watch?v=yODORwGmHqo.
39 Carmichael, Evan, Peter Thiel Interview – Peter Thiel’s Top 10 Rules For Success, 24.09.2015,
https://www.youtube.com/watch?v=NjpEZBTCML8.
40 Mac, Ryan: Reid Hoffman And Peter Thiel In Conversation: The College Days, Forbes,
28.04.2012, https://www.forbes.com/sites/ryanmac/2012/04/28/reid-hoffman-and-peter-thiel-in-
conversation-the-college-days/.
41 Carmichael, Evan, Peter Thiel Interview – Peter Thiel’s Top 10 Rules For Success, a.a.O.
42 Thiel, Peter mit Masters Blake: Zero to One, Wie Innovation unsere Gesellschaft rettet, Campus
Verlag Frankfurt am Main 2014, S. 16.
43 Chang, Emily: Venture Capitalist Peter Thiel: Studio 1.0 (12/18), Bloomberg TV, 18.12.2014,
https://www.bloomberg.com/news/videos/2014-12-19/venture-capitalist-peter-thiel-studio-10-
1218.
44 Goist, Robin: Billionaire businessman Peter Thiel of PayPal gives historic pro-gay speech at
RNC (video), cleveland.com, 21.07.2016, http://www.cleveland.com/rnc-
2016/index.ssf/2016/07/peter_thiel_speaks_last_night.html.
45 United States Census Bureau, Annual Estimates of the Resident Population for Incorporated
Places: April 1, 2010 to July 1, 2015,
https://factfinder.census.gov/faces/tableservices/jsf/pages/productview.xhtml?src=bkmk.
46 Packer, George: The Unwinding: An Inner History of the New America, FARAR, STRAUS
AND GIROUX, New York 2013, S. 120f.
47 Chang, Emily: Venture Capitalist Peter Thiel: Studio 1.0 (12/18), Bloomberg TV, 18.12.2014,
https://www.bloomberg.com/news/videos/2014-12-19/venture-capitalist-peter-thiel-studio-10-
1218.
48 Ebenda.
49 Packer, George: The Unwinding: An Inner History of the New America, a.a.O.
50 Wong, Julia Carrie, Seasteading: tech leaders’ plans for floating city trouble French Polynesians,
The Guardian, 02.01.2017, https://www.theguardian.com/technology/2017/jan/02/seasteading-
peter-thiel-french-polynesia.
51 Berlin, Leslie: The man behind the microchip. Robert Noyce and the invention of Silicon Valley,
Oxford University Press, New York, 2005.
52 Computer History Museum, http://www.computerhistory.org/revolution/personal-
computers/17/300, Seite abgerufen am 31.01.2017.
53 Packer, George: The Unwinding: An Inner History of the New America, FARAR, STRAUS
AND GIROUX, New York 2013, S. 121.
54 Ebenda.
55 Ferriss, Tim: Tools der Titanen. Die Taktiken, Routinen und Gewohnheiten der Weltklasse-
Performer, Ikonen und Milliardäre, Finanzbuch Verlag, München 2017, S. 267.
56 Brown, Mick: Peter Thiel: the billionaire tech entrepreneur on a mission to cheat death,
19.09.2014, http://www.telegraph.co.uk/technology/11098971/Peter-Thiel-the-billionaire-tech-
entrepreneur-on-a-mission-to-cheat-death.html.
57 Ebenda.
58 Packer, George: The Unwinding: An Inner History of the New America, a.a.O., S. 122f.
59 Dowd, Maureen: Confirm or Deny: Peter Thiel, New York Times, 11.01.2017,
https://www.nytimes.com/2017/01/11/fashion/peter-thiel-confirm-or-deny.html
60 Dionne, E. J.: Political Memo; G.O.P. Makes Reagan Lure Of Young a Long-Term Asset, The
New York Times, 31.10.1988, http://www.nytimes.com/1988/10/31/us/political-memo-gop-
makes-reagan-lure-of-young-a-long-term-asset.html.
61 Parloff, Roger: Peter Thiel’s Contrarian Strategy, Fortune, 04.09.2014,
http://fortune.com/2014/09/04/peter-thiels-contrarian-strategy/.
62 Packer, George: The Unwinding: An Inner History of the New America, a.a.O., S. 124.
63 Ebenda, S. 123.
64 Ebenda.
65 Masters, Blake: Peter Thiel’s CS183: Startup – Class 1 Notes Essay, 03.04.2012
http://blakemasters.com/post/20400301508/cs183class1.
66 Ebenda.
67 Packer, George: The Unwinding: An Inner History of the New America, a.a.O., S. 124.
68 Nisen, Max: 9 Famous Execs who majored in Philosophy, Businessinsider, 19.01.2014,
http://www.businessinsider.com/successful-philosophy-majors-2014-1.
69 Mac, Ryan: Reid Hoffman and Peter Thiel share the Secrets of breaking into Tech’s most
exclusive Network, FORBES, 02.05.2012,
http://www.forbes.com/sites/ryanmac/2012/05/02/reid-hoffman-and-peter-thiel-share-the-secrets-
of-breaking-into-techs-most-exclusive-network.
70 Ebenda.
71 Konrad, Alex: The Midas List, 2016 Ranking, Forbes, Produced with TrueBridge Capital
Partners http://www.forbes.com/midas/list/#tab:overall.
72 Mac, Ryan: Reid Hoffman and Peter Thiel share the Secrets of breaking into Tech’s most
exclusive Network, FORBES, 02.05.2012,
http://www.forbes.com/sites/ryanmac/2012/05/02/reid-hoffman-and-peter-thiel-share-the-secrets-
of-breaking-into-techs-most-exclusive-network.
73 Feloni, Richard: Peter Thiel explains how an esoteric philosophy book shaped his worldview,
Businessinsider, 10.11.2014, http://www.businessinsider.de/peter-thiel-on-rene-girards-influence-
2014-11.
74 Chang, Emily: Venture Capitalist Peter Thiel: Studio 1.0 (12/18), Bloomberg TV, 18.12.2014,
https://www.bloomberg.com/news/videos/2014-12-19/venture-capitalist-peter-thiel-studio-10-
1218.
75 Parloff, Roger: Peter Thiel’s Contrarian Strategy, Fortune, 04.09.2014,
http://fortune.com/2014/09/04/peter-thiels-contrarian-strategy/.
76 Ebenda.
77 Kosoff, Maya: Jeff Bezos: Peter Thiel Is »a Contrarian« and Contrarians »Are Usually Wrong«,
Vanityfair, 20.10.2016, http://www.vanityfair.com/news/2016/10/jeff-bezos-peter-thiel-trump-
contrarian.
78 Parloff, Roger: Peter Thiel’s Contrarian Strategy, Fortune, 04.09.2014, a.a.O.
79 Buffett, Warren E.: Buy American. I Am. 16.10.2008,
http://www.nytimes.com/2008/10/17/opinion/17buffett.html.
80 By Staff, A Brief and Non-Exhaustive History of the Stanford Review, Stanfordreview,
09.02.2012 https://stanfordreview.org/a-brief-and-non-exhaustive-history-of-the-stanford-
review-b238185ef3d2.
81 Packer, George: The Unwinding: An Inner History of the New America, a.a.O., S. 125.
82 Huwa, Kyle: The Intellectual Force behind Web 2.0, Stanford Review, 07.11.2010,
https://stanfordreview.org/the-intellectual-force-behind-web-2-0-22bc6b9ec0af.
83 Packer, George: The Unwinding: An Inner History of the New America, a.a.O., S. 125.
84 By Staff, A Brief and Non-Exhaustive History of the Stanford Review, a.a.O.
85 Ebenda.
86 Burr, Thomas: Peter Thiel speaks at The National Press Club, 31.10.2016,
http://www.press.org/events/peter-thiel.
87 Stanford University News Service, News Release, 12.02.1992,
http://news.stanford.edu/pr/92/920212Arc2432.html.
88 By Staff, A Brief and Non-Exhaustive History of the Stanford Review, a.a.O.
89 Packer, George: The Unwinding: An Inner History of the New America, a.a.O., S. 127.
90 Ferriss, Tim: Tools der Titanen. Die Taktiken, Routinen und Gewohnheiten der Weltklasse-
Performer, Ikonen und Milliardäre, Finanzbuch Verlag, München 2017, S. 266f.
91 Parloff, Roger: Peter Thiel’s Contrarian Strategy, Fortune, 04.09.2014,
http://fortune.com/2014/09/04/peter-thiels-contrarian-strategy/.
92 Mark A. Lemley: On Innovation, Entrepreneurialism, and Law: A Conversation with Peter Thiel
and Mark A. Lemley, 31.05.2011, Stanford Lawayer, Spring 2011,
https://law.stanford.edu/stanford-lawyer/articles/q-a-legal-matters-with-peter-thiel-92-ba-89-bs-
89-and-mark-a-lemley-ba-88/.
93 Liptak, Adam: Antonin Scalia, Justice on the Supreme Court, Dies at 79, New York Times,
13.02.2016, https://www.nytimes.com/2016/02/14/us/antonin-scalia-death.html.
94 Rubino, Kathryn: PayPal Co-Founder Understands how bad Biglaw is, Abovethelaw.com,
24.05.2016, http://abovethelaw.com/2016/05/paypal-co-founder-understands-how-bad-biglaw-
really-is/.
95 Packer, George: The Unwinding: An Inner History of the New America, a.a.O., S. 127.
96 Rubino, Kathryn: PayPal Co-Founder Understands how bad Biglaw is, a.a.O.
97 Chung, Renwei: How Justice Scalia broke PayPal Founder Peter Thiel’s Heart long ago,
Abovethelaw.com, 19.02.2016, http://abovethelaw.com/2016/02/justice-scalia-might-have-
broken-your-heart-on-valentines-day-but-he-broke-paypal-founder-peter-thiels-heart-long-ago/.
98 Ebenda.
99 Rubino, Kathryn: PayPal Co-Founder Understands how bad Biglaw is, a.a.O.
100 Packer, George: The Unwinding: An Inner History of the New America, a.a.O., S. 128f.
101 Thiel, Peter: The Saturday Essay, Competition Is for Losers, Wall Street Journal, 12.09.2014,
https://www.wsj.com/articles/peter-thiel-competition-is-for-losers-1410535536.
102 Reid, Robert H.: Architects of the Web, 1.000 Days that Built the Future of Business, John Wiley
& Sons, New York 1997, S. 9.
103 Ebenda, S. 43f.
104 Ebenda, Introduction S. XV, XVI.
105 Parloff, Roger: Peter Thiel’s Contrarian Strategy, Fortune, 04.09.2014,
http://fortune.com/2014/09/04/peter-thiels-contrarian-strategy/.
106 Jackson, Eric M.: The PayPal Wars, Battles with eBay, the Media, the Mafia, and the Rest of
Planet Earth, WND Books, 2012, Washington, D.C., S. 5.
107 Packer, George: The Unwinding: An Inner History of the New America, a.a.O., S. 130.
108 Jackson, Eric M: The PayPal Wars, a.a.O., S. 5.
109 Ebenda.
110 Ebenda, S. 6.
111 Ebenda.
112 Crunchbase, https://www.crunchbase.com/organization/paypal#/entity, abgerufen am
16.02.2017.
113 Paypalobjects,
https://www.paypalobjects.com/webstatic/en_US/mktg/pages/stories/pdf/paypal_infogrpahic_-
_key_milestones.pdf, abgerufen am 16.02.2017.
114 Jackson, Eric M.: The PayPal Wars, a.a.O., S. 7.
115 Forrest, Conner: How the ›PayPal Mafia‹ redefined success in Silicon Valley, Techrepublic,
01.07.2014, http://www.techrepublic.com/article/how-the-paypal-mafia-redefined-success-in-
silicon-valley/.
116 comdirect.de, Aktienkurs PayPal, abgerufen am 16.02.2017
https://www.comdirect.de/inf/aktien/detail/uebersicht.html?
SEARCH_REDIRECT=true&REFERER=search.general&REDIRECT_TYPE=WHITELISTED
&ID_NOTATION=137447337&SEARCH_VALUE=PAYPAL.
117 comdirect.de, Aktienkurs Deutsche Bank, abgerufen am 16.02.2017
https://www.comdirect.de/inf/aktien/detail/uebersicht.html?
SEARCH_REDIRECT=true&REFERER=search.general&REDIRECT_TYPE=WHITELISTED
&ID_NOTATION=142991&SEARCH_VALUE=DEUTSCHE+BANK.
118 comdirect.de, Aktienkurs Nokia, abgerufen am 16.02.2017
https://www.comdirect.de/inf/aktien/detail/uebersicht.html?
SEARCH_REDIRECT=true&REFERER=search.general&REDIRECT_TYPE=WHITELISTED
&ID_NOTATION=194281&SEARCH_VALUE=-NOKIA.
119 Jackson, Eric M.: The PayPal Wars, a.a.O., S. 9.
120 Paypalobjects,
https://www.paypalobjects.com/webstatic/en_US/mktg/pages/stories/pdf/paypal_infogrpahic_-
_key_milestones.pdf, abgerufen am 16.02.2017.
121 Jackson, Eric M.: The PayPal Wars, a.a.O., S. 93.
122 Napoli, Lisa: Compaq Buys Zip2 to Enhance Altavista, The New York Times, 17.02.1999,
http://www.nytimes.com/1999/02/17/business/compaq-buys-zip2-to-enhance-altavista.html.
123 Chafkin, Max: Entrepreneur of the Year, 2007: Elon Musk, 01.12.2007, Inc, S. 4.
124 Spear, Todd: The Business Proposals that Built a Billionaire: Elon Musk Edition, Quoteroller,
22.10.2013, http://blog.quoteroller.com/2013/10/22/business-proposals-built-billionaire-elon-
musk/.
125 Packer, George: The Unwinding: An Inner History of the New America, a.a.O., S. 134.
126 Greenspan, Alan: Remarks by Chairman Alan Greenspan, At the Annual Dinner and Francis
Boyer Lecture of The American Enterprise Institute for Public Policy Research, Washington
D.C, 05.12.1996, https://www.federalreserve.gov/boarddocs/speeches/1996/19961205.htm.
127 Jackson, Eric M: The PayPal Wars, a.a.O., S. 67.
128 Ebenda, S. 107.
129 Ebenda, S. 149–170.
130 Ebenda, S. 171–190.
131 Ebenda, S. 215–235.
132 O’Brien, Jeffrey M.: Meet the PayPal Mafia. An inside look at the hyperintelligent,
superconnected pack of serial entrepreneurs who left the payment service and are turning Silicon
Valley upside down, Fortune Magazine, 26.11.2007,
http://archive.fortune.com/2007/11/13/magazines/fortune/paypal_mafia.fortune/index.htm.
133 Forrest, Conner: How the ›PayPal Mafia‹ redefined success in Silicon Valley, Techrepublic,
01.07.2014, http://www.techrepublic.com/article/how-the-paypal-mafia-redefined-success-in-
silicon-valley/.
134 Ebenda.
135 Hillenbrand, Tom: »Eier aus Stahl«, Paypal, Tesla, SpaceX. Elon Musk gilt als größtes Genie seit
Steve Jobs, BusinessPunk, Nr. 2, 2011.
136 Buhayar, Noah: Munger Hosts Groupies, Mocks Wall Street, Praises Buffett, Bloomberg News,
11.09.2014, https://www.bloomberg.com/news/articles/2014-09-11/munger-hosts-groupies-
mocks-wall-street-praises-buffett.
137 Rosoff, Matt: Where are they now? The PayPal »Mafia« is more powerful than ever, Business
Insider, 12.11.2011, http://www.businessinsider.com/the-paypal-mafia-is-even-more-powerful-
2011-11.
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139 Tweedie, Steven: Microsoft buys LinkedIn for $26,2 billion, Business Insider, 13.06.2016,
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https://www.theatlantic.com/international/archive/2017/05/what-china-wants/528561/.
513 Müller, Dietegen: Günstiger als der Dax, Börsen-Zeitung, 17.06.2017, S. 1.
514 Feltman, Rachel: IKEA engineers are pretending to live on Mars to help them design better
furniture, Popular Science, 09.06.2017, http://www.popsci.com/ikea-mars.
515 Dreyfuss, Emily: Silicon Valley Would Rather Cure Death Than Make Life Worth Living, Wired,
23.03.2017, https://www.wired.com/2017/03/silicon-valley-rather-cure-death-make-life-worth-
living/.
516 BMF im Dialog: BMF im Dialog mit Peter Thiel: Wie Innovation unsere Zukunft rettet,
Bundesministerium für Finanzen, 08.06.2016,
http://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Standardartikel/Ministerium/Veranstaltunge
n/BMF_im_Dialog/2016-06-08-Thiel.html.

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