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4.

Altenpflege als Beruf

4.1. Berufliches Selbstverständnis entwickeln


Ethische Herausforderungen
Ethik in der Pflegepraxis
20.03.2020 4.1 Berufliches Selbstverständnis entwickeln PWS 19 Franz Göblmeier

Berufsethik – eine Schlüsselqualifikation?

Brainstorming zu dem Begriff: Ethik

Anerkennung, Entschädigung, Gerechtigkeit, Lebenswert, Leid, Menschenwürde,

Opfer, Wert des Lebens, Geld, Glück, Philosophie, Moral, Philosophie,

Weltanschauung, Weltbild, Kultur……….

Was ist überhaupt ‚Ethik‘? Und was ist demgegenüber ‚Moral‘?

Hinter dem Begriff der Ethik versteckt sich ein System zum Denken und Handeln.
Das Ziel der Ethik ist die Erarbeitung von allgemeingültigen Normen und Werten.
Dabei wird in der Ethik genau definiert, was zum Guten und zum Bösen zählt und
welche Handlungsweisen im Alltag besser nicht angewandt werden sollen. Im
Grunde ist die Ethik auch ein Baustein der Philosophie und vermittelt menschliche
Normen und Werte für die allgemeine Moral. Es gibt unterschiedliche ethische
Systeme, die den Teilgebieten der Ethik unterschiedliche Wichtungen geben.
Exemplarisch erwähnt werden soll Wirtschaftsethik, Tierethik Pflegeethik,
Medizinethik, politische Ethik…

Definition Moral:

Moral beschreibt die Sitten und Gebräuche einer einzelnen Person oder einer
Gemeinschaft. Zur Moral gehören Haltungen, Normen, Urteile und gesellschaftliche
Institutionen.

Verhalten wird gewöhnlich als moralisch „gut“ bezeichnet, wenn es als üblich und
bewährt empfunden wird und damit den Gebräuchen der jeweiligen Gemeinschaft
entspricht. In diesem Sinn erfordert Moral die Anpassung an das gesellschaftlich
Erforderliche.
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Moral kann sich aber auch auf ein bewusst werteorientiertes Handeln beziehen und
nähert sich dann inhaltlich dem Begriff der Ethik an, die nach Richtlinien für ein
moralisch „richtiges“ Verhalten sucht.

Werteorientierung: Was sind Werte?

Werte (Wertvorstellungen) sind allgemein erstrebenswerte, moralisch oder ethisch


als gut befundene spezifische Wesensmerkmale einer Person innerhalb einer
Wertegemeinschaft.

Aus den präferierten Werten und Normen resultieren Denkmuster, Glaubenssätze,


Handlungsmuster und Charaktereigenschaften. In Folge entstehen Ergebnisse
(Resultate, Erlebnisse, Erfolge), welche die gewünschten werthaltigen Eigenschaften
besitzen oder vereinen sollen.

Beispiele für Werte:

Bekannte und oft genannte Wörter sind Freiheit, Vertrauen, Loyalität, Ehrlichkeit,
Sicherheit und Toleranz.

Weniger bekannt sind Präsenz, Glaubwürdigkeit, Neutralität und Weitsicht.

Synonyme:

Grundüberzeugung, Geisteshaltung, Grundhaltung, Grundeinstellung,


Grundordnung, Weltanschauung, Normen, Ideologie, Statuten, Leitbild, Mentalität,
Ethik, Moral, Sittlichkeit.

Der Zweck von Werten:

Das Wissen um seine eigenen Werte hilft dem Individuum bei der Orientierung und
Findung von persönlichen Zielen sowie dabei, die richtigen Verbündeten zu finden,
welche gleiche oder ähnliche Wertvorstellungen besitzen.
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In kollektiven Systemen sind gemeinsame Werte eine der wichtigsten Grundlagen für
alle Gemeinsamkeiten und sinnstiftenden Verbindungen. Neben den rein
emotionalen Bindungen (Liebe, Zuneigung, etc.) können mit gemeinsamen Werten
dauerhaft Beziehungen gesund – wenn auch in Teilen pragmatisch –
aufrechterhalten werden.

Die Werte-Ketten:

Werte beeinflussen sich gegenseitig (soziale Interaktion). So sind bestimmte


Wertvorstellungen eine wichtige Voraussetzung zum Erreichen von anderen Werten.
Einige Werte sind darüber hinaus sogenannte Auslöser (Trigger) oder "Ermöglicher"
bzw. Unterstützer von anderen Werten.

Beispiele:

Interesse > Zuneigung > Empathie >

Pflichtgefühl > Treue > Loyalität >

Zuneigung > Vertrauen > Ehrlichkeit >.

Beispiele für (relativ) absolute Werte

Gesundheit = wenn der Körper vollständig intakt und funktionstüchtig ist ?????

Mut = sich schwierigen Herausforderungen zu stellen???????

Kontrolle = wenn auf dem Weg zu einem Ziel, erfolgreich gesteuert, gelenkt und/oder
geregelt wird

Flexibilität = alle Anpassungen und geforderten Beweglichkeit werden reibungslos


durchgeführt

Auf Papst Gregor den Großen (540–604) geht der traditionelle Kanon der sieben
Tugenden zurück, indem er drei göttlichen Tugenden:
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Glaube (fides), Liebe (caritas) und Hoffnung (spes)

den antiken platonischen Kardinaltugenden:

Klugheit (prudentia), Gerechtigkeit (iustitia), Tapferkeit (fortitudo) und Mäßigung


(temperantia)

daneben gestellt werde

Grundfragen der Philosophie nach I. Kant

Was soll ich tun? Die Grundfrage der Ethik

Was darf ich hoffen? Die Grundfrage der Existenzphilosophie

Was kann ich wissen? Die Grundfrage der Metaphysik und der Erkenntnistheorie

Was ist der Mensch? Die Grundfrage der Anthropologie


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Fallbeispiel 1:

Ist das nicht Zwangsernährung?

Herr K., 63 Jahre, wurde nach schwerem Herzinfarkt viel zu spät vom Notarzt
reanimiert und erlitt einen gravierenden hypoxischen Schaden. Nach zehn Tagen ist
sein Zustand stabil: Herr K. ist jetzt ein Patient und vollkommener Pflegefall. Die
Diagnose lautet: Apallisches Syndrom

Bei der Überleitung aus der Klink ins Pflegeheim stellt sich die Frage dauerhafter
künstlicher Ernährung und Flüssigkeitszufuhr. Die Ehefrau und auch die vier Söhne
sind ratlos. Zwar sind sich alle sicher, dass Herr K. lebensverlängernde Maßnahmen
abgelehnt hätte, aber eine Patientenverfügung liegt nicht vor.

Ein Sohn bezieht deutlich Position: „Eine Magensonde ist Zwangsernährung.“ Die
Ehefrau, inzwischen gesetzliche Betreuerin, bleibt unsicher: „Wir haben in unserer
Ehe nie über den Kopf des anderen hinweg entschieden - und ich weiß nicht, ob ich
diese Verantwortung tragen kann.
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Fallbeispiel 2.

Warum darf Frau S. nicht ihren Enkel besuchen?

Im November wird Frau S. stationär aufgenommen, Diagnose: beginnende Demenz.


Sie war immer eigenbrötlerisch, sagt die Tochter. Eine engere Bindung besteht
lediglich zu ihrem behinderten Enkel, der in einem Wohnheim am anderen Ende der
Stadt lebt.

Im Dezember entfernt sich Frau S. unbemerkt aus der Einrichtung. Sie will ihren
Enkel besuchen. Sie verirrt sich und wird orientierungslos auf der Hauptstraße
aufgefunden. Das Pflegeheim stellt beim Amtsgericht einen Antrag auf Betreuung
und erreicht eine betreuungsrichterliche Genehmigung Frau S. mit einem
Transponder am Handgelenk ausstatten zu dürfen. Frau S. schneidet das Armband
jedoch wiederholt durch und spült den Transponder die Toilette herunter.

Das Weglaufen nimmt zu, im April bis zu 3-mal wöchentlich. Die Tochter lehnt als
gesetzliche Betreuerin Verlegung in eine geschlossene Einrichtung bzw. den
beschützenden Bereich eines anderen Hauses ab: Die Mutter werde sich schon
eingewöhnen. Das Heim soll Frau S. einfach besser unterstützen.

Die Einrichtung lehnt eine Übernahme der Verantwortung ab. Weder für einen
möglichen Verkehrsunfall noch für ein Verirren können die Verantwortung
übernommen werden.
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Fallbeispiel 3:

Warum darf Herr B. nicht aufstehen?

Herr B. ist mobil. Aufgrund jahrelanger Alkoholabhängigkeit zeigt er allerdings


demenzähnliche Symptome und hat einen gestörten Tag- Nachtrhythmus, er ist stark
nachtaktiv.

Im letzten halben Jahr ist Herr B. fünf Mal gestürzt. Alle daraufhin ergriffenen
Maßnahmen blieben ohne Erfolg. Das Pflegepersonal hat Angst, die Verantwortung
für weitere Stürze zu übernehmen, insbesondere die Nachtwache zeigt sich wegen
des hohen Betreuungs- und Überwachungsaufwands überfordert. Aufgrund der
Verletzungsgefahr und der Unfähigkeit der Pflegekräfte, Stürze zu verhindern, wird
Herr B. – mit richterlicher Erlaubnis - im Liegen (5-Punkt-Gurt im Bett) und im Sitzen
(Rollstuhl) fixiert.

Herr B. fühlt sich aufgrund der Fixierung jedoch in seiner Freiheit eingeschränkt und
reagiert mit heftigen Abwehrlauten und Schlagen der Pflegkräfte.
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Fallbeispiel 4:

Wo beginnt Gewalt in der Pflege?

Frau A., Bewohnerin eines Altenheims, hat eine fortgeschrittene Alzheimer Demenz.
In ihrer eigenen Vorstellungswelt ist sie wieder die resolute Mutter von vier Kindern,
die für andere sorgt und dafür Gehorsam erwarten kann. Pflegende spricht sie in der
Regel als eines ihrer Kinder an. Nach mehreren Stürzen ist Frau A. nur noch
eingeschränkt mobil. Sie kann aufstehen, sitzt aber größtenteils des Tages im
Rollstuhl und ist durch eine Urin- und Stuhlinkontinenz gehandicapt.

Für gewöhnlich wird die untere Körperhälfte von einer Schwester gewaschen.
Gesicht und Arme kann sie mit Anleitung selber pflegen. Aufgrund ihrer
eingeschränkten Mobilität und ihrer Inkontinenz ist die Gefahr groß, dass sie ein
Druckgeschwür entwickelt. Umso wichtiger sind die regelmäßige Beobachtung und
Pflege der Haut.

Als Schwester X. eines Morgens Frau A.s Zimmer betritt und ihr mitteilt, dass sie ihr
bei der Pflege der unteren Körperhälfte behilflich sein möchte, wird sie von ihr barsch
zurückgewiesen. Auch als die Schwester mit ihr spricht und versucht sie zu
beruhigen, lehnt Frau A. jede Berührung ab. Um auszuschließen, dass die
Ablehnung sich gegen ihre Person richtet, holt Schwester X. eine Kollegin dazu. Als
diese sich Frau A. nähert, wird sie von ihr geschlagen. Der Geruch im Zimmer lässt
darauf schließen, dass Frau A. eingenässt hat. Um eine Schädigung der Haut zu
verhindern, müsste wenigstens der Intimbereich gewaschen und die
Inkontinenzeinlage gewechselt werden. Die Pflegenden entscheiden sich, die
Intimpflege durchzuführen. Schwester X. wäscht, während ihre Kollegin ruhig mit
Frau A. spricht. Frau A. bleibt unwillig, und als sie nach Schwester X. schlägt, hält ihr
die zweite Pflegende die Hände fest.
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Arbeitsauftrag;

Als ausgebildete Fachpflegekraft fühlt man häufig eine gewisse Hilflosigkeit.


Pflegekräfte müssen oftmals befürchten „unter die Räder zu kommen“ da sie mit dem
Dilemma zurechtkommen müssen ihre Professionalität nicht zu verlassen, ihre
persönlichen Überzeugungen nicht über Bord werfen wollen, Verständnis für die
Angehörigen haben aber auch den Willen und die Rechte der Bewohner gerecht
werden wollen.

Fragen:

 Mit welchen Unklarheiten haben die Pflegekräfte zu kämpfen?


 Woran können sich die Pflegenden orientieren?
 Welche ethischen Konfliktfelder tun sich im dieser Situation auf?
 Welche Vorkenntnisse und Kompetenzen können einer Pflegekraft bei der
Bewältigung von Herausforderungen auf diesem Gebiet helfen?
 Was kann Pflegekräften Orientierung geben im Umgang mit den
Grundprinzipien der pflegerischen und medizinischen
Versorgungshandlungen?
 Hard facts vs.Soft facts: Inwieweit haben oder sind Weltanschauungen dieser
Art im Pflegebereich beheimate

Weiterführende Fragen:

 Wie weit reicht meine Verantwortung für den Patienten oder Bewohner? Wie
weit ist er für sich selbst verantwortlich? Welche Verantwortung tragen Dritte?
 Wo versuchen Patienten oder Bewohner von ihrer Eigenverantwortung
abzulenken? In welchen Situationen sind Patienten und Patientinnen mit dem
Appell an ihre Eigenverantwortung überfordert?
 Was soll man tun, wenn Patienten oder Bewohner in den Augen der
Pflegenden unverantwortlich handeln oder entscheiden?
 Welche Formen gemeinschaftlicher Wahrnehmung von Verantwortung gibt
es? Welche Formen der Kooperation sind möglich oder notwendig?
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1: Bilden Sie bitte vier Gruppen mit max. 5 Teammitglieder!

2: Jedes Team bearbeitet ein Fallbeispiel! Lesen Sie das Fallbeispiel und

diskutieren Sie in der Gruppe über die Hintergründe, Zusammenhänge und

auftauchende Schwierigkeiten. Für die Bearbeitung können Sie sich an

den Fragen orientieren. Noch besser: Finden Sie eigene Aspekte und Inhalte

die für Sie in Ihrem Arbeitsalltag relevant sein könnten?

3: Bringen Sie Ihre Ergebnisse, Ihre Ansichten, Herausforderungen, Dilemmata

und …auf einem Flip Chart Bo(ö)gen, Power Point, Tafelbild, … zum Ausdruck.

4: Präsentieren Sie Ihre Ergebnisse der Klasse. Jede Gruppe hat 20 Minuten Zeit

Ihre Ergebnisse darzulegen.

Wichtig: Jedes Teammitglied muss sich an der Bearbeitung beteiligen und

einen Teil davon präsentieren! Bearbeitung, Inhalt und Präsentation

werden benotet!

Für Fragen stehe ich selbstverständlich zur verfügung

Bearbeitungszeit:

Jede Gruppe präsentiert 20 Minuten und stellt sich 8 Minuten den Fragen der
Zuhörer.

Inhalt, Teamarbeit und Präsentation werden wie eine Benotet und wie eine
Kurzarbeit gewichtet.
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Pflegeethik

Pflegerische Ethik: Drei Fragen

 Verfügt die professionelle Pflege als personenbezogene Dienstleistung über


normative Grundregelungen?
 Gibt es spezifische pflegebezogene ethische Fragestellungen?
 Wie kann eine systematische pflegeethische Reflexion im Praxisalltag
gelingen?

Aufgabe der Ethik:


 Ethik in der Pflege beschäftigt sich mit den moralischen und ethischen
Dimensionen, die bei der Ausübung des beruflichen Alltags berührt werden.
Dabei steht die verantwortungsvolle Versorgung von anvertrauten Menschen
ebenso im Mittelpunkt, wie die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit
zuarbeitenden Berufsgruppen.
 Ethik hat zum Ziel, eine Orientierungshilfe für die ethisch reflektierte und
moralisch begründbare Pflegepraxis zu sein.
 Ethik bzw. ethische Reflexion kann als ein zentraler Bestandteil professionell
ausgeübter Pflege verstanden werden. Sie sind damit Bestandteil und
Gegenstand des pflegerischen Alltags.
 Alten- und Krankenpflege ist immer verbunden und ist Ausdruck
zwischenmenschlicher Beziehung. Sie ohne ein dazugehöriges Welt- und
Menschenbild nicht machbar.

Die Pionierin der Pflege – Florence Nightingale – prägte mit ihrem "Nightingale’schen
Eid" das älteste pflegerisch-ethische Dokument. Die pflegerische Ethik in
Deutschland wurde u. a. durch eine im Jahr 1995 vom Deutschen Berufsverband für
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Pflegeberufe (DBfK)1 veröffentlichte Publikation einem breiteren Publikum näher


gebracht.
Bereits im Jahr 1923 nahm der ICN 2 die Arbeit an einem Konzept für einen
Pflegeethikkodex auf. Dieser wurde 1953 vorgestellt und seitdem mehrfach
überarbeitet. Der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe hat den Wortlaut
übernommen und prägt bzw. beeinflusst das Berufsethos. Professionelle Pflege
erarbeitet sich durch diesen Schritt die Grundlage einer eigenen ethischen Identität.

Die fünf grundlegenden Aufgaben der Pflegenden sind gemäß der ICN-
Richtlinien:

 Gesundheit zu fördern
 Krankheit zu verhüten
 Gesundheit wiederherzustellen
 Leiden zu lindern
 Achtung vor dem Leben und vor der Würde des Menschen

Der Kodex von 1953 enthält folgende Elemente (Abschnitte)

1. Pflegende und ihre Mitmenschen


2. Pflegende und die Berufsausübung
3. Pflegende und die Profession
4. Pflegende und ihre Kollegen

1
Der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) e.V. ist der größte und
bekannteste unabhängige Pflegeberufsverband in Deutschland. Er vertritt die
beruflichen Interessen der Gesundheits- und Krankenpflege, der Altenpflege und der
Gesundheits- und Kinderkrankenpflege.
2
Der International Council of Nurses (ICN), deutsch Weltbund der
Krankenschwestern und Krankenpfleger, ist ein Zusammenschluss von über 130
nationalen Berufsverbänden der Pflege mit Sitz in Genf. Die deutschen Pflegekräfte
werden dort durch den Deutschen Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) vertreten.
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Pflegeethik ist Verantwortungsethik:

• Übernahme einer Pflegeperspektive bzw. Pflegehaltung auf dem Boden


begründeter moralischer Verpflichtungen.

• Diese Verpflichtung bemisst sich nicht an:


- den Folgen der Handlung (Erfolgsethik)

- nicht nur an der bloßen Aufrichtigkeit des Handelnden

(Gesinnungsethik)

- nicht primär an prozeduralen Fragen (Verfahrensethik).

• Die vereinbarten Ziele und Intensionen begründen gleichzeitig eine gegenseitige

Verantwortlichkeit für das Gelingen und Erreichen der Ziele

(Verantwortungsethik).

Notwendigkeit von Ethik – Warum?

 Aufgrund der vielschichtigen Blickwinkel, Haltungen und Weltanschauungen/


Werteskalen ergeben sich gesellschaftliche Zwänge die es notwendig machen
darüber zu diskutieren, um eine stabile Handlungsgrundlage zu schaffen.
 Wir handeln immer, man kann nicht nichthandeln! Handlungen basieren
immer auf moralisch relevanten Einstellungen (Werte/ persönlicher Glauben)
 Sich diese Disposition bewusst zu machen, ist Aufgabe der Ethik.

Beispiele moralischer Dilemmata


 Beendigung einer lebenswichtigen Therapie
 Durchführen einer Therapie mit zweifelhaftem oder erkennbar vergeblicher
Zielerreichung
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 Akzeptieren einer Patientenentscheidung über Annahme oder Ablehnung


einer medizinisch vorgeschlagenen Therapie oder Pflege
 ……….
Hippokratischer Eid / Genfer Gelöbnis

„Ich schwöre und rufe Apollon den Arzt und Asklepios und Hygieia und Panakeia und
alle Götter und Göttinnen zu Zeugen an, dass ……

Mit diesen Worten beginnt der hippokratische Eid, der bis heute ein Symbol für das
ärztliche Berufsverständnis ist. Er legt fest, dass Ärzte ihre Behandlung am Nutzen
für die Kranken ausrichten und Schaden von ihnen abwenden sollen.

Mit der Deklaration von Genf hat der Weltärztebund im Jahr 1948 eine moderne
Version geschaffen. In ihr ist die Anrufung der Götter zwar nicht mehr zu finden –
doch wie schon mehr als 2000 Jahre vorher beispielsweise die ärztliche
Schweigepflicht.

Der WMA hatte im Oktober 2017 eine modernisierte Fassung des hippokratischen
Eids für Ärzte verabschiedet.

Er verpflichtet die Ärzte nun, medizinisches Wissen zum Wohl der Patienten und zur
Förderung der Gesundheitsversorgung mit ihren Kollegen zu teilen.

„Wichtigste und umfangreichste Überarbeitung“

 Die Neufassung hebt die Eigenverantwortung und die Autonomie des


einzelnen Menschen hervor.
 Tübinger Medizinethikers Urban Wiesing: es handelt sich um die „wichtigste
und umfangreichste Überarbeitung“ des Genfer Gelöbnisses.
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Vier-
Prinzipien- Modell3
von

Beauchamp und Childress

Das Georgetown-Mantra: Die vier Prinzipien ethischen Handelns in der Medizin

Die Medizinethiker Tom I. Beauchamp und James F. Childress entwickelten an der


Georgetown University vier Grundsatzprinzipien des ärztlichen Handelns, die sich in
der Medizinethik durchgesetzt haben und auch als ‚Georgetown-Mantra’ bezeichnet
werden. In ihrem 1977 erschienenen Buch mit dem Titel „Principles of Biomedical
Ethics“ erläutern sie ihre Ergebnisse zu den vier ethisch-moralischen Prinzipien,
welche im Bereich des heilberuflichen Handelns ethische Orientierung bieten sollen.
Die vier Prinzipien werden wie folgt beschrieben:

Autonomie der Patientin / des Patienten (respect for autonomy)

Das Autonomieprinzip gesteht jeder Person Entscheidungsfreiheit zu. Es beinhaltet


die Forderung des informierten Einverständnisses vor jeder diagnostischen und
therapeutischen Maßnahme und die Berücksichtigung der Wünsche, Ziele und
Wertvorstellungen des Patienten.

Nicht-Schaden (nonmaleficence)

3
Tom Lamar Beauchamp und James F. Childress (* 1940) beschrieben in ihrem Buch „Principles of Biomedical Ethics“[3] 1977
vier ethisch-moralische Prinzipien, welche im Bereich des heilberuflichen Handelns ethische Orientierung bieten und inzwischen
als klassische Prinzipien der Medizinethik gelten.
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Das Prinzip der Schadensvermeidung fordert, schädliche Eingriffe zu unterlassen.


Dies scheint zunächst selbstverständlich, kommt aber bei eingreifenden Therapien
(z.B. Chemotherapie) häufig in Konflikt mit dem Prinzip der Fürsorge.

Fürsorge, Hilfeleistung (beneficence)

Das Prinzip der Fürsorge verpflichtet den Behandler zu aktivem Handeln, das das
Wohl des Patienten fördert und ihm nützt. Das Fürsorgeprinzip steht häufig im
Konflikt mit dem Autonomieprinzip und dem Prinzip der Schadensvermeidung.

Gleichheit und Gerechtigkeit (justice)

Das Prinzip der Gerechtigkeit fordert eine faire Verteilung von


Gesundheitsleistungen. Gleiche Fälle sollten gleich behandelt werden, bei
Ungleichbehandlung sollten moralisch relevante Kriterien konkretisiert werden.

Hippokratischer Eid / Genfer Gelöbnis

Interessant ist, dass bis heute bei Umfragen unter Medizinstudenten an deutschen
Universitäten rund 80% der Meinung sind, dass sie vor oder bei ihrer Approbation
einen Eid ablegen müssen. Sie wären nach eigener Aussage auch dazu bereit. Aber
es geschieht nicht mehr. Selbst Ärzte, denen man die Frage stellte, ob sie einen Eid
abgelegt hätten, beantworteten diese Frage vielfach zunächst mit ja, ohne sich
darüber weiter Gedanken zu machen. (Affirmation = Bejahung, Zustimmung)

In Deutschland bekennt sich die Bundesärztekammer (BÄK) zum Genfer Gelöbnis.


Allerdings ist dieses Gelöbnis in keiner einzigen Ordnung einer Landesärztekammer
verpflichtend. Da in Deutschland nicht die Bundesärztekammer, sondern die
jeweiligen Landesärztekammern die gesetzgebende Gewalt innehaben, hat in
Deutschland das Genfer Gelöbnis keine wirkliche Rechtskraft.
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Ethische Fallbesprechung

Die ethische Fallbesprechung auf Station ist der systematische Versuch, im Rahmen
eines strukturierten, von einem Moderator geleiteten Gesprächs mit einem
multidisziplinären Team innerhalb eines begrenzten Zeitraumes zu der ethisch am
besten begründbaren Entscheidung zu gelangen. Viele pflegerische Einrichtungen
orientieren sich bei der ethischen Fallbesprechung an dem Modell, dass an der
Radboud University in Nimwegen von dem dortigen Ethikkomitee entwickelt wurde.
Damit ethische Probleme im interdisziplinären Team gelöst werden können wird
diese Methode je nach Situation so angepasst, dass sie im Akut- und
Langzeitbereich einsetzbar ist.

Fragenkatalog Nimwegener Methode

1. Wie lautet das ethische Problem

2. Fakten: Medizinisch/pflegerisch/weltanschaulich/organisatorisch

3. Bewertung: Wohlbefinden/Autonomie/Verantwortlichkeit/Abgrenzung

4. Beschlussfassung

Alternative Herangehensweise:

 Wie lautet das ethische Problem?


 Sind wichtige Fakten unbekannt?
 Formulierung miteinander konkurrierender Werte?
 Ausweg? Welche Handlungsalternative hat die größte Übereinstimmung mit
dem Patientenwillen?
 Welche Verpflichtungen ergeben sich für wen?
 Gibt es noch unbeantwortete Fragen?
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