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Prüfungstraining für Bankkaufleute

Wolfgang Grundmann
Rudolf Rathner

Bankwirtschaft,
Rechnungswesen
und Steuerung,
Wirtschafts- und Sozialkunde
Prüfungswissen in Übersichten
6. Auflage
Prüfungstraining für Bankkaufleute
Weitere Bände in der Reihe http://www.springer.com/series/12617
Wolfgang Grundmann · Rudolf Rathner

Bankwirtschaft,
Rechnungswesen
und Steuerung,
Wirtschafts- und Sozialkunde
Prüfungswissen in Übersichten
6. Auflage
Wolfgang Grundmann Rudolf Rathner
Norderstedt, Deutschland Berufskolleg am Wasserturm
Bocholt, Deutschland

Prüfungstraining für Bankkaufleute


ISBN 978-3-658-23964-0 ISBN 978-3-658-23965-7  (eBook)
https://doi.org/10.1007/978-3-658-23965-7

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Vorwort
Haben Sie auch zu Beginn und während Ihrer Bankausbildung festgestellt,
dass Sie mit komplexen Lerninhalten überhäuft wurden?
Das Nacharbeiten in den traditionellen Lehrbüchern hat Sie möglicherweise auch nicht weiter-
gebracht. Einzelne Lerngebiete werden bis ins kleinste Detail ausführlich beschrieben und am
Ende des Kapitels waren Sie auch nicht klüger, oder? Für Sie als Berufsanfänger ist es
schwierig, aus der Fülle der komplexen Lerninhalte das Strukturwissen herauszuarbeiten, das
Sie benötigen, um die anstehenden Klausuren und Prüfungen mit gutem Erfolg zu bestehen.
Gehören Sie auch zu den Auszubildenden, die sich ein paar Tage vor einer
Klausur oder einer Prüfung intensiv vorbereiten? Und haben Sie festgestellt,
dass Sie danach Ihr Gelerntes wieder schnell vergessen haben?
Sie mussten in Ihrem Kurzzeitgedächtnis wieder Platz machen für die Aneignung neuer Lern-
inhalte. Mit unserem vorliegenden Werk können Sie die wichtigsten Regeln und Details der
Lerngebiete Ihrer Prüfungsfächer Bankwirtschaft, Rechnungswesen und Steuerung sowie
Wirtschafts- und Sozialkunde schnell und kompakt für Ihre anstehenden Klausuren, Ihre Zwi-
schenprüfung und Ihre Abschlussprüfung aneignen, wiederholen und festigen.
Die einzelnen Lerngebiete sind dem Prüfungskatalog Bankkaufmann/Bankkauffrau für die
Zwischenprüfung und die Abschlussprüfung entnommen worden. Die einzelnen Lerninhalte
sind übersichtlich dargestellt und enthalten nur die wesentlichen Details, die Sie für den er-
folgreichen Abschluss Ihrer Zwischen- und Abschlussprüfung benötigen. Details, die von
Ihnen in den schriftlichen Prüfungen nicht abgefordert werden können, wurden in diesem
Werk nicht berücksichtigt. Die übersichtliche Darstellung der einzelnen Lerngebiete hilft Ihnen,
sich die notwendigen Prüfungsinhalte in kurzer Zeit anzueignen oder zu wiederholen.
Sie finden am Ende der einzelnen Lerngebiete jeweils Beispiele oder einfache Rechenbei-
spiele, mit denen Sachverhalte kurz und prägnant verdeutlicht werden.
Wie können Sie unser Werk zur Vorbereitung auf einzelne Klausuren bzw. zur
Vorbereitung auf die Zwischen- und Abschlussprüfung nutzen?
Zunächst eignen Sie sich mit unserem neuen Werk das Strukturwissen zu den einzelnen Lern-
gebieten an. Das können Regeln, Verfahrensweisen, Betrags- und Meldegrenzen oder be-
stimmte Lerngebietsdetails sein. Die Zwischen- und Abschlussprüfung Bankkauf-
mann/Bankkauffrau besteht vorwiegend aus programmierten Aufgaben neben handlungsori-
entierten Bankfällen. Sie werden feststellen, dass Sie mit dem angeeigneten Strukturwissen
jetzt programmierte Übungsaufgaben und handlungsorientierte Beispielfälle sicher und zuver-
lässig lösen können – ein Lernerfolg, der sich auch in Ihrer Zwischen- und Abschlussprüfung
niederschlagen wird.
Die 6. Auflage wurde völlig neu bearbeitet und auf den rechtlich aktuellen Stand gebracht. Die
Freigrenzen und Freibeträge z. B. beim Pfändungsschutzkonto wurden auf den aktuellen
Stand gebracht. Im Zahlungsverkehr wurden die aktuellen Haftungsgrenzen bei Kartenzah-
lungen berücksichtigt und in der Altersvorsorge die Zulagen aktualisiert. Im Kapitel Geld- und
Vermögensanlage wurden die Neuregelungen zum Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) zur
Anlageberatung und die Neuregelungen im Kreditgeschäft in die Strukturübersichten eingear-
VI

beitet. Die Beiträge und Beitragsbemessungsgrenzen in der Sozialen Sicherung wurden aktu-
alisiert. Die Änderungen in der Zahlungsbilanzstruktur wurden im Kapitel „Zahlungsbilanz“
eingearbeitet.
Hamburg und Bocholt im Oktober 2018
Wolfgang Grundmann Rudolf Rathner
[email protected] [email protected]
Inhaltsverzeichnis
Prüfungswissen Bankwirtschaft ................................................ 1
A1 Kontoführung ..................................................................................................3
1. Gemeinschaftskonto ......................................................................................3
1.1 Güterstand...................................................................................................4
1.2 Inländer – Ausländer ...................................................................................5
1.3 Basiskonto ...................................................................................................7
2. Konten Minderjähriger ................................................................................... 8
3. Mündelkonten ................................................................................................9
4. Betreuerkonten ............................................................................................ 10
5. Anderkonten und Anderdepots .................................................................... 11
6. Partnerschaftskonten................................................................................... 12
7. Firmenkonten .............................................................................................. 14
8. Nachlasskonten ........................................................................................... 16
9. Pfändungsschutzkonto ................................................................................ 18
10. Allgemeine Geschäftsbedingungen ........................................................... 20
11. SCHUFA ................................................................................................... 21
12. Geldwäsche und Terrorismusbekämpfung ................................................ 23
12.1 Maßnahmen gegen Geldwäsche ............................................................. 23
12.2 Geldwäschebeauftragter.......................................................................... 28
12.3 Datenschutzbeauftragter ......................................................................... 29
13. Vollmachten............................................................................................... 29
14. Bankauskünfte........................................................................................... 31
15. Bankgeheimnis .......................................................................................... 34
17. Cross-Selling ............................................................................................. 38
18. Einlagensicherung ..................................................................................... 39
A2 Zahlungsformen ............................................................................................ 41
1. Barzahlungsverkehr – Falschgeld................................................................ 41
2. Überweisung ............................................................................................... 42
3. SEPA-Lastschrift ......................................................................................... 45
4. Scheck ........................................................................................................ 47
5. Bundesbank-Scheck.................................................................................... 49
6. Kartenzahlungen ......................................................................................... 50
VIII

A3 Ausländischer Zahlungsverkehr .................................................................. 55


1. Nichtdokumentärer Zahlungsverkehr ........................................................... 55
1.1 SEPA......................................................................................................... 55
1.2 TARGET 2 ................................................................................................. 55
1.3 SWIFT ....................................................................................................... 55
1.4 Bankenorderscheck ................................................................................... 56
1.5 Abwicklung einer Zahlung mittels Bankenorderscheck .............................. 58
1.6 Sorten und Reiseschecks .......................................................................... 58
2. Incoterms und Dokumente im Außenwirtschaftsverkehr .............................. 59
2.1 Incoterms .................................................................................................. 59
2.2 Dokumente im Außenwirtschaftsverkehr ................................................... 64
3. Dokumentäre Zahlungen im Außenwirtschaftsverkehr................................. 64
3.1 Dokumenten-Inkasso................................................................................. 64
3.2 Dokumenten-Akkreditiv ............................................................................. 66
3.3 Devisentermingeschäfte ............................................................................ 68
B Anlage auf Konten ......................................................................................... 71
1. Termineinlagen............................................................................................ 71
2. Spareinlagen ............................................................................................... 71
3. Bausparen ................................................................................................... 75
4. Mietkaution .................................................................................................. 77
5. Sparbrief...................................................................................................... 79
6. Versicherungssparen................................................................................... 80
7. Vermögenswirksame Leistungen ................................................................. 82
8. Altersvorsorge ............................................................................................. 84
8.1 Riester-Rente ............................................................................................ 84
8.2 Wohn-Riester ............................................................................................ 87
8.3 Riester-Sonderausgabenabzug ................................................................. 89
C Geld- und Vermögensanlage ........................................................................ 91
1. Anleihen ...................................................................................................... 91
1.1 Ausstattung von Anleihen .......................................................................... 91
1.2 Bundeswertpapiere – Übersicht ................................................................. 92
1.3 Pfandbriefe ................................................................................................ 93
1.4 Risiken bei festverzinslichen Wertpapieren................................................ 94
1.5 Nominalverzinsung und Rendite bei festverzinslichen Wertpapieren ......... 94
1.7 Effektivzinsberechnung ............................................................................. 95
1.8 Floating Rate Notes ................................................................................... 96
IX

2. Aktien .......................................................................................................... 98


2.1 Aktionärsrechte, Aktienarten, Aktienregister und Aktienrückkauf ............... 98
2.2 Bezugsrechte .......................................................................................... 100
2.3 Kapitalerhöhungen .................................................................................. 102
2.4 Emissionsarten ........................................................................................ 104
2.5 Stimmrechtsvollmacht ............................................................................. 104
2.6 Aktienanalyse und Aktienindizes ............................................................. 105
2.7 Ertragskennziffern ................................................................................... 110
3. Investmentanteile ...................................................................................... 110
4. Optionsschuldverschreibungen.................................................................. 113
4.1 Optionsanleihe ........................................................................................ 113
4.2 Optionsscheine ........................................................................................ 114
4.3 Optionen.................................................................................................. 116
4.4 Futures .................................................................................................... 118
5. Wandelanleihen ......................................................................................... 119
6. Genussscheine.......................................................................................... 121
7. Aktienanleihe ............................................................................................. 123
8. Börse ......................................................................................................... 124
8.1 Marktsegmente an der Effektenbörse ...................................................... 124
8.2 Xetra........................................................................................................ 126
9. Abgeltungsteuer ........................................................................................ 127
10. Verwahrung und Verwaltung von Wertpapieren ....................................... 132
10.1 Girosammelverwahrung......................................................................... 132
10.2 Sonderverwahrung ................................................................................ 133
11. Anlageberatung ....................................................................................... 134
12. Rating ...................................................................................................... 136
D1 Kreditgeschäft ............................................................................................. 139
1. Kreditfähigkeit und Kreditwürdigkeit........................................................... 139
2. Kreditwürdigkeitsprüfung bei Privatkunden ................................................ 140
3. Verbraucherdarlehen ................................................................................. 141
3.1 Kreditantrag und Kreditvertrag ................................................................. 141
3.2 Widerrufsbelehrung ................................................................................. 148
4. Firmenkredite ............................................................................................ 150
4.1 Betriebsmittelkredite und Investitionskredite ............................................ 150
X

4.2 Leasing.................................................................................................... 152


4.2.1 Allgemeine Kennzeichnung .................................................................. 152
4.2.2 Fragen und Antworten zum Leasing ..................................................... 155
4.2.3 Vergleich Leasing und Bankkredit bei einer Pkw-Finanzierung ............. 160
4.2.4 Allgemeine Leasingbedingungen .......................................................... 160
5. Baufinanzierung ........................................................................................ 167
5.1 Hypothekendarlehen ............................................................................... 167
5.2 Bauspardarlehen ..................................................................................... 173
5.3 Ablauf eines Immobiliarkredit-Beratungsgesprächs nach der
Wohnimmobilien-Kreditrichtlinie ................................................................ 174
D2 Kreditsicherheiten ....................................................................................... 175
1. Grundpfandrechte ..................................................................................... 175
1.1 Grundstückskaufvertrag........................................................................... 175
1.2 Grundbuch............................................................................................... 176
1.3 Belastungen eines Grundstücks .............................................................. 177
1.4 Rangverhältnis im Grundbuch ................................................................. 178
2. Zession...................................................................................................... 180
2.1 Allgemeine Kennzeichnung ..................................................................... 180
2.2 Globalzession .......................................................................................... 180
2.3 Forderungsabtretung in der Bankpraxis ................................................... 181
3. Pfandrecht ................................................................................................. 183
3.1 Allgemeine Kennzeichnung ..................................................................... 183
3.2 Bestellung und Erwerb von Pfandrechten ................................................ 183
3.3 Pfandrecht in der Bankpraxis ................................................................... 184
4. Sicherungsübereignung ............................................................................. 185
4.1 Allgemeine Kennzeichnung ..................................................................... 185
4.2 Sicherungsübereignung und Verpfändung von beweglichen Sachen im
Vergleich ................................................................................................... 186
4.3 Sicherungsübereignungsverträge in der Bankpraxis ................................ 187
5. Bürgschaft ................................................................................................. 188
D3 Maßnahmen gegen Kreditgefährdungen ................................................... 189
1. Gerichtliches Mahnverfahren ..................................................................... 189
2. Zivilprozess ............................................................................................... 190
3. Gerichtsorganisation.................................................................................. 191
4. Vermögensauskunft................................................................................... 191
5. Verbraucherinsolvenz ................................................................................ 192
6. Bilanzanalyse ............................................................................................ 194
XI

E Aktuelle Eurobeträge, Freigrenzen und Freibeträge ................................. 199


Prüfungswissen Rechnungswesen ........................................ 203
A1 Buchführung Grundlagen ........................................................................... 205
1. Inventur ..................................................................................................... 205
2. Inventar ..................................................................................................... 205
3. Bilanz ........................................................................................................ 206
4. Anhang ...................................................................................................... 207
5. Lagebericht ............................................................................................... 207
6. Aufbewahrungsfristen ................................................................................ 207
7. Bestandskonten......................................................................................... 208
8. Erfolgskonten ............................................................................................ 210
9. Gemischte Konten ..................................................................................... 211
10. Kundenkontokorrent (KKK) ...................................................................... 213
11. Bankenkontokorrent (BKK) ...................................................................... 214
A2 Bewertung von Sachanlagen...................................................................... 215
1. Umsatzsteuer bei Kreditinstituten .............................................................. 215
2. Allgemeines zur Bewertung ....................................................................... 217
3. Lineare Abschreibung................................................................................ 218
4. Degressive Abschreibung .......................................................................... 219
A3 Bewertung von Forderungen ...................................................................... 221
1. Übersicht ................................................................................................... 221
2. Abschreibung uneinbringlicher Forderungen ............................................. 222
3. Abschreibung zweifelhafter Forderungen .................................................. 222
4. Abschreibung der Forderungen mit latentem Ausfallrisiko ......................... 223
A4 Bewertung von Wertpapieren ..................................................................... 225
1. Überblick ................................................................................................... 225
2. Wertpapiere der Liquiditätsreserve ............................................................ 225
3. Wertpapiere des Handelsbestandes .......................................................... 227
4. Wertpapiere des Anlagevermögens ........................................................... 228
A5 Vorsorge für allgemeine Bankrisiken......................................................... 231
A6 Jahresabgrenzung ...................................................................................... 233
1. Wesen ....................................................................................................... 233
2. Transitorische Jahresabgrenzung.............................................................. 233
3. Antizipative Jahresabgrenzung .................................................................. 235
4. Rückstellungen .......................................................................................... 238
XII

B Rücklagen- und Ausschüttungspolitik ...................................................... 239


C1 Controlling Grundlagen .............................................................................. 241
1. Inhalt ......................................................................................................... 241
2. Unternehmensziele und Controlling ........................................................... 241
3. Regelkreis ................................................................................................. 242
C2 Controlling Grundbegriffe........................................................................... 243
1. Kosten, Erlöse, Leistungen ........................................................................ 243
2. Aufwendungen und Kosten........................................................................ 243
3. Erträge und Erlöse..................................................................................... 244
4. Betriebs- und Wertkosten sowie Betriebserlöse......................................... 244
5. Einzel- und Gemeinkosten......................................................................... 245
6. Fixe und variable Kosten ........................................................................... 245
C3 Controlling Rechenverfahren ..................................................................... 247
1. Gesamtzinsspannenrechnung ................................................................... 247
2. Marktzinsmethode ..................................................................................... 247
3. Produktkalkulation ..................................................................................... 248
4. Kundenkalkulation ..................................................................................... 249
Prüfungswissen Sozialkunde ................................................. 251
A Individualarbeitsrecht ................................................................................. 253
1. Ausbildungsvertrag .................................................................................... 253
2. Arbeitsvertrag ............................................................................................ 256
3. Arbeitszeugnis ........................................................................................... 260
4. Urlaubsregelungen .................................................................................... 262
5. Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit........................................................... 263
6. Arbeitsschutz ............................................................................................. 264
6.1 Regelungen nach dem Mutterschutzgesetz ............................................. 264
6.2 Jugendarbeitsschutz................................................................................ 265
6.3 Kündigungsschutz für Arbeitnehmer ........................................................ 266
6.4 Kündigungsfristen .................................................................................... 268
6.5 Besonderer Kündigungsschutz ................................................................ 270
B Betriebliche Mitbestimmung....................................................................... 271
1. Organisation der Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV) und des
Betriebsrats ............................................................................................... 271
2. Aufgaben der Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV) .................... 273
3. Aufgaben des Betriebsrats ........................................................................ 274
4. Betriebsversammlung ................................................................................ 276
XIII

C Sozialrecht ................................................................................................... 277


1. Soziale Sicherung ..................................................................................... 277
2. Berechnung von Sozialbeiträgen ............................................................... 279
3. Vergleich von gesetzlicher und privater Krankenversicherung ................... 280
4. Gesetzliche Altersrente ............................................................................. 281
5. Betriebliche Altersvorsorge ........................................................................ 282
6. Arbeitslosengeld ........................................................................................ 286
7. Sicherheitsbeauftragter ............................................................................. 287
D Kollektives Arbeitsrecht ............................................................................. 289
1. Tarifvertrag ................................................................................................ 289
2. Arten von Tarifverträgen ............................................................................ 290
3. Koalitionsfreiheit und Tarifautonomie ......................................................... 291
4. Tarifverhandlungen.................................................................................... 294
5. Tarifvereinbarungen und Betriebsvereinbarungen ..................................... 295
6. Vergleich Arbeitsvertrag, Betriebsvereinbarung und Tarifvertrag................. 296
Prüfungswissen Wirtschaftslehre .......................................... 299
A Rechtliche Grundlagen ............................................................................... 301
1. Rechts- und Geschäftsfähigkeit ................................................................. 301
2. Formvorschriften bei Verträgen ................................................................. 302
3. Rechtsgeschäfte........................................................................................ 305
4. Willenserklärungen .................................................................................... 305
5. Willenserklärungen von beschränkt Geschäftsfähigen............................... 307
6. Willensmängel bei Rechtsgeschäften ........................................................ 308
7. Kaufvertrag ................................................................................................ 308
7.1 Begriff und Verpflichtungen ..................................................................... 308
7.2 Leistungsstörungen ................................................................................. 309
8. Eigentumserwerb ...................................................................................... 310
9. Fernabsatzverträge ................................................................................... 311
10. Allgemeine Geschäftsbedingungen ......................................................... 313
11. Vergleich öffentliches und privates Recht ................................................ 314
B Rechtsformen .............................................................................................. 317
1. Kaufmannseigenschaften .......................................................................... 317
2. Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR).................................................... 318
3. Partnerschaft ............................................................................................. 319
4. Personengesellschaften ............................................................................ 320
5. Kapitalgesellschaften................................................................................. 325
XIV

6. Prokura...................................................................................................... 328
7. Handlungsvollmacht .................................................................................. 331
C Kartelle und Fusionen ................................................................................. 333
1. Kartelle ...................................................................................................... 333
2. Fusionen ................................................................................................... 334
3. Missbrauchsaufsicht .................................................................................. 335
D Steuern ......................................................................................................... 337
1. Lohnsteuernachweis.................................................................................. 337
2. Einkunftsarten ........................................................................................... 338
3. Werbungskosten ....................................................................................... 339
4. Sonderausgaben ....................................................................................... 340
5. Außergewöhnliche Belastungen ................................................................ 341
6. Steuerklassen............................................................................................ 342
7. Steuerarten – Finanzausgleich .................................................................. 343
E Marketing ..................................................................................................... 345
1. Marketingmaßnahmen............................................................................... 345
2. Marktforschung.......................................................................................... 345
3. Marketingbegriffe ....................................................................................... 346
F Wirtschaftsordnungen ................................................................................ 349
G Ökonomisches Prinzip ................................................................................ 353
H Markt und Preis ........................................................................................... 355
1. Kosten ....................................................................................................... 355
2. Meistausführungsprinzip ............................................................................ 356
3. Preiselastizität der Nachfrage .................................................................... 357
4. Produzentenrente ...................................................................................... 357
5. Konsumentenrente .................................................................................... 358
I Marktformen ................................................................................................ 359
1. Marktmodelle ............................................................................................. 359
2. Vollkommener und unvollkommener Markt ................................................ 359
3. Nachfrageverschiebung ............................................................................. 360
J Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung ...................................................... 363
1. Der erweiterte Wirtschaftskreislauf ............................................................ 363
2. BIP und BNE ............................................................................................. 365
3. Lohnquote und Gewinnquote..................................................................... 370
4. Sparquote.................................................................................................. 371
XV

5. Abgabenquote ........................................................................................... 372


6. Personelle Einkommensverteilung............................................................. 372
K Wirtschafts- und Finanzpolitik ................................................................... 373
1. Konjunkturphasen ..................................................................................... 373
2. Konjunkturindikatoren ................................................................................ 375
3. Arbeitslosenquote ...................................................................................... 377
4. Finanzpolitik .............................................................................................. 378
5. Nachfrage- und angebotsorientierte Wirtschaftspolitik ............................... 380
L Geldpolitik.................................................................................................... 381
1. Europäisches System der Zentralbanken (ESZB) ...................................... 381
2. Chronik des Euros ..................................................................................... 382
3. Europäische Zentralbank ........................................................................... 387
3.1 Organisation der EZB .............................................................................. 388
3.2 Ziele und Aufgaben der EZB ................................................................... 388
4. Instrumentarium der EZB........................................................................... 389
4.1 Hauptrefinanzierungs- und Offenmarktgeschäfte ..................................... 389
4.2 Tenderverfahren ...................................................................................... 390
4.3 Ständige Fazilitäten ................................................................................. 391
4.4 Mindestreserve ........................................................................................ 392
5. Geldmengenpolitik der EZB ....................................................................... 393
6. Wirkungen einer Änderung des Leitzinssatzes .......................................... 394
7. Geldschöpfung .......................................................................................... 394
8. Inflation...................................................................................................... 395
9. Zahlungsbilanz .......................................................................................... 396
M Organe der Europäischen Union ................................................................ 399
Schlagwortregister ............................................................................................ 403
PRÜFUNGSWISSEN
BANKWIRTSCHAFT
A1 A1 Kontoführung

Kontoführung

1. Gemeinschaftskonto
Merkmale Oder-Konto Und-Konto
Verfügungs- • jeder Kontoinhaber allein • gemeinschaftliche Verfügungsbe-
berechtigung • bei Widerruf eines Kontoinhaber rechtigung
nur eine gemeinsame Verfügung • Ausgabe von Kredit- und Bank-
möglich karten ist nicht möglich.
• Änderungen der Verfügungsbe-
rechtigung nur gemeinsam mög-
lich
Verfügung im • Einzelverfügungsberechtigung Im Todesfall sind Verfügungen nur
Todesfall ei- bleibt gültig. zusammen mit den Erben möglich.
nes Kontoin- • Widerruf durch die Erben möglich
habers
Kredit- • Die Kontoinhaber haften gesamtschuldnerisch.
aufnahme • Kreditverträge können nur gemeinschaftlich abgeschlossen werden.
Freistellungs- Für Ehepaare ist ein Freistellungsauftrag möglich.
auftrag
Kontovoll- • Erteilung nur gemeinschaftlich möglich
machten • Widerruf durch jeden Kontoinhaber möglich
Konto- nur gemeinschaftlich
auflösung
Rechnungsab- • Rechnungsabschluss bei Girokonten am Ende eines Kalendervierteljah-
schluss res
• Genehmigung des Rechnungsabschlusses innerhalb von sechs Wochen
nach Zugang des Rechnungsabschlusses
• Macht der Girokunde innerhalb dieser Zeit keine Einwendungen, gilt der
Rechnungsabschluss als genehmigt.
• Nach Ablauf der Frist kann der Kunde die Korrektur einer unrichtigen
Buchung verlangen. Die Einwendung muss er allerdings dann beweisen.
Storno- und • Fehlerhafte Gutschriften korrigiert die Bank durch eine Stornobuchung
Berichti- vor dem Rechnungsabschluss bzw. durch eine Berichtigungsbuchung
gungsbu- nach Rechnungsabschluss rückgängig. Erhebt der Kunde gegen eine
chungen Berichtigungsbuchung Einwendungen, schreibt die Bank den Betrag dem
Konto wieder gut und macht ihren Rückzahlungsanspruch gesondert gel-
tend.

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019
W. Grundmann und R. Rathner, Bankwirtschaft, Rechnungswesen
und Steuerung, Wirtschafts- und Sozialkunde, Prüfungstraining für
Bankkaufleute, https://doi.org/10.1007/978-3-658-23965-7_1
4 Prüfungswissen Bankwirtschaft

Freistellungsauftrag für Eheleute


Ein Freistellungsauftrag (FSA) bewirkt, dass Kapitalerträge (z. B. Zinsen und Dividenden) bis zur
Höhe des erteilten FSA ohne Abzug von Abgeltungsteuer und Solidaritätszuschlag sowie Kir-
chensteuer ausgezahlt werden. Die Höhe des erteilten FSA darf bei Alleinstehenden den Sparer-
Pauschbetrag von 801,00 EUR, bei Zusammenveranlagung 1.602,00 EUR nicht übersteigen.
Ehegatten, bei denen die Voraussetzungen für eine Zusammenveranlagung vorliegen, können
entweder einen gemeinsamen FSA bis zum gemeinsamen Sparerpauschbetrag von 1.602,00
EUR oder Einzelfreistellungsaufträge bis zu jeweils 801,00 EUR erteilen. Der FSA für eine ge-
meinsame Veranlagung ist von beiden Eheleuten zu unterschreiben.
Kreditinstitute melden dem Bundeszentralamt für Steuern bis 31. Mai jeden Jahres die Höhe
der im Vorjahr tatsächlich steuerfrei ausgezahlten Kapitalerträge je FSA. Der FSA muss der
auszahlenden Stelle schriftlich auf einem amtlich vorgeschriebenen Vordruck erteilt werden.
Ein FSA kann nicht erteilt werden für Konten von Wohnungseigentümer- oder Erbengemein-
schaften oder Gemeinschaftskonten nichtehelicher Lebensgemeinschaften.
Sparer dürfen ihre Freistellungsaufträge nur noch unter Angabe ihrer Steuer-
Identifikationsnummer erteilen oder ändern. Damit soll dem Fiskus die Kontrolle erleichtert wer-
den, dass Anleger mit mehreren Bankverbindungen nicht den zulässigen Höchstbetrag über-
schreiten.
1.1 Güterstand
Der Güterstand bezeichnet die Vermögensverhältnisse der Ehegatten untereinander. Der
gesetzliche Güterstand ist die Zugewinngemeinschaft. Ehevertraglich vereinbart werden kön-
nen die Gütergemeinschaft und die Gütertrennung.
Zugewinngemein- Der gesetzliche Güterstand ist die sogenannte Zugewinngemein-
schaft schaft, d. h. das bei der Eheschließung vorhandene und das wäh-
rend der Ehe erworbene Vermögen beider Ehegatten bleibt ge-
trennt und wird grundsätzlich von jedem Ehegatten selbstständig
verwaltet. Jeder Ehegatte bleibt also während der Ehe Alleineigen-
tümer seiner Vermögensgegenstände (§ 1364 BGB). Die Zuge-
winngemeinschaft ist der am meisten verbreitete Güterstand.
Jeder Ehegatte haftet in aller Regel nur für seine eigenen Schulden
und nur für sein Vermögen. Allerdings wird das während der Ehe
hinzugewonnene Vermögen der Ehegatten dann ausgeglichen,
wenn die Zugewinngemeinschaft endet; also im Regelfall bei einer
Scheidung (Zugewinnausgleich). Auch im Todesfall kommt der
Zugewinnausgleich zur Anwendung, indem der Ausgleich des Zu-
gewinns dadurch verwirklicht wird, dass sich der gesetzliche Erbteil
des überlebenden Ehegatten um ein Viertel erhöht.
Ehevertrag Ehegatten können das für sie geltende eheliche Güterrecht durch
einen Ehevertrag regeln. Der Ehevertrag kann sowohl vor wie nach
der Eheschließung bei gleichzeitiger Anwesenheit beider Ehegatten
vor einem Notar geschlossen werden. Minderjährige Ehegatten
können einen Ehevertrag nur mit Genehmigung des gesetzlichen
Vertreters, in der Regel der Eltern, abschließen. Inhalt des Ehever-
trages kann der Ausschluss des gesetzlichen Güterstandes und
dessen Ersetzung durch einen vertraglichen Güterstand sein, so-
fern dieser vom Gesetz als Alternative ausdrücklich zugelassen ist.
A1 Kontoführung 5

Gütergemeinschaft Die Gütergemeinschaft ist eine Form des ehelichen Güterstands,


die nur durch einen Ehevertrag entstehen kann. Entscheidendes
Merkmal der Gütergemeinschaft ist, dass mit Abschluss des Ehe-
vertrages kraft Gesetz das gesamte vorhandene Vermögen des
Mannes und der Frau gemeinschaftliches Vermögen und Eigentum
beider Ehegatten wird, sogenanntes Gesamtgut.
Nicht zum Gesamtgut gehört das sogenannte Sondergut. Das sind
Gegenstände, die nicht durch Rechtsgeschäft übertragen werden
können, beispielsweise unpfändbare Unterhaltsansprüche und das
sogenannte Vorbehaltsgut (Gegenstände, die im Ehevertrag aus-
drücklich vom Gesamtgut ausgenommen wurden). Diese Vermö-
gensmassen bleiben im Eigentum des jeweiligen Ehegatten, dies-
bezüglich findet im Fall der Scheidung auch kein Ausgleich statt.
Gütertrennung Die Gütertrennung ist eine Form des ehelichen Güterstands, bei der
die Vermögen der Ehepartner sowohl während der Ehe als auch im
Falle einer Scheidung getrennt bleiben. Jeder Ehegatte ist hinsicht-
lich seines Vermögens unbeschränkt verfügungsbefugt. Die Verein-
barung einer Gütertrennung muss notariell beurkundet werden.
Güterrechtsregister Es ist ein bei den Amtsgerichten geführtes Verzeichnis, in das Ehe-
leute von dem gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft
abweichende Regelungen eintragen lassen müssen. Von den ge-
setzlich vorgesehenen vermögensrechtlichen Verhältnissen kann
durch Ehevertrag abgewichen werden. Die Eintragung hat keinen
Einfluss auf die Wirksamkeit des Ehevertrages. Ohne Eintragung
entfaltet die güterrechtliche Änderung jedoch keine Wirkung gegen-
über Dritten. Diese können sich jedoch auch nicht auf die Eintragung
verlassen, da dem Register kein öffentlicher Glaube zukommt.

1.2 Inländer – Ausländer


Unter der Legitimation versteht man grundsätzlich die Feststellung der Berechtigung einer
natürlichen oder juristischen Person zur Durchführung einer bestimmten Handlung, z. B. Kon-
toeröffnung. Dies geschieht in der Bankwirtschaft unter den Gesichtspunkten des Steuer-
rechts, der Geldwäschebekämpfung und außenwirtschaftlicher Vorschriften.
Für die Legitimation in der Bankwirtschaft sind demnach
• die Abgabenordnung,
• das Geldwäschegesetz und
• das Außenwirtschaftsgesetz von Bedeutung.
Die neue Begriffsfestlegung „Inländer“, „Ausländer“ des AWG bzw. AWV beinhaltet die glei-
che Definition wie die vorher verwendeten Begriffe „“Gebietsansässiger“, „Gebietsfremder“.
Legitimation Die Legitimation einer Person erfolgt hier auf dem Grundsatz der Kon-
nach der Abga- tenwahrheit. In der AO ist festgelegt, dass niemand auf einen falschen
benordnung oder erdichteten Namen für sich oder einen Dritten
(AO) • ein Konto einrichten,
• Buchungen vornehmen,
• Wertsachen (Geld, Wertpapiere, Kostbarkeiten) in Verwahrung geben,
• Wertsachen verpfänden oder
6 Prüfungswissen Bankwirtschaft

• sich ein Schließfach geben lassen darf.


Dahingegen sind Einrichtungen und Personen, die
• Konten führen (z. B. Banken etc.)
• Wertsachen verwahren,
• Wertsachen als Pfand nehmen oder
• Schließfächer überlassen,
verpflichtet, sich Gewissheit über die Person und die Anschrift des Verfü-
gungsberechtigten zu verschaffen. Die Daten sind dabei in geeigneter
Form (z. B. bei Konten in den Kontounterlagen) festzuhalten.
Durch die Legitimationsprüfung sollen Steuerhinterziehungen verhindert
werden.
In der Abgabenordnung werden gebietsansässige, steuerpflichtige Perso-
nen definiert. Zu diesem Personenkreis gehören gewöhnlich alle Personen,
deren fester Aufenthalt im Inland mindestens sechs Monate beträgt.
Identifizierung Nach dem GwG sind Kreditinstitute, Finanzdienstleistungsinstitute, Fi-
nach dem nanzunternehmen, Versicherungsunternehmen etc. dazu verpflichtet, die
Geldwäsche- Identität einer Person und der wirtschaftlich Berechtigten zu überprüfen und
gesetz (GwG) entsprechende Daten zu erheben, sofern die folgenden Tatbestände vor-
liegen:
• Eingehen einer Geschäftsbeziehung
• Annahme von Bargeld ab 15.000,00 EUR
• Durchführung von Transaktionen ab 15.000,00 EUR (auch wenn ein-
zelne mit einander in Verbindung stehende Transaktionen im Gesam-
ten diesen Wert ergeben)
• Eintreten eines Verdachtsfalles bezüglich strafrechtlicher Vorschriften
und Terrorismusfinanzierungen
• Aufkommen von Zweifeln an der Identität der Person oder des wirt-
schaftlich Berechtigten
• Kauf oder Verkauf von Spielmarken ab einem Wert von 2.000,00 EUR
• Prämienzahlung ab 15.000,00 EUR innerhalb eines Jahres durch einen
Versicherungsvermittler
Folgende Fragen sind im Zusammenhang der Geldwäschebekämpfung
zu klären:
• Wer ist mein Vertragspartner?
• Welchen Zweck bzw. welche Art der Geschäftsbeziehung wird ange-
strebt?
• Handelt der Kunde für einen wirtschaftlich Berechtigten auf eigene oder
fremde Rechnung?
Folgende Daten sind mindestens festzuhalten:
Natürliche Personen:
• Name
• Geburtsort
• Geburtsdatum
• Staatsangehörigkeit
• Anschrift
A1 Kontoführung 7

Juristische Personen:
• Firma
• Name oder Bezeichnung
• Rechtsform
• Registernummer
• Anschrift des Sitzes oder der Hauptniederlassung
• Namen der Mitglieder des Vertretungsorgans oder der gesetzlichen
Vertreter
Für eine Legitimation sind nach GwG die nachfolgenden Dokumente
zugelassen:
Natürliche Personen:
• im Inland gültiger amtliche Lichtbildausweis
• an Hand eines inländischen oder nach ausländerrechtlichen Bestim-
mungen anerkannten oder zugelassenen Passes, Personalausweises
oder Pass- oder Ausweisersatzes
Juristische Personen:
• Auszug aus dem Handels- oder Genossenschaftsregister oder einem
vergleichbaren amtlichen Register oder Verzeichnis
• Gründungsdokumente oder gleichwertige beweiskräftige Dokumente
• Einsichtnahme in die Register- oder Verzeichnisdaten
Ziel ist vorrangig die Bekämpfung von Geldwäsche und die Verhinderung
von Terrorismusfinanzierungen.
Legitimations- Nach dieser Regelung haben die Institute die devisenrechtliche Stellung
prüfung nach des Vertragspartners zu prüfen, d. h. ob er Inländer oder Ausländer ist.
dem Außenwirt- Zudem wird ermittelt, ob es sich um einen Steuerinländer oder
schaftsgesetz -ausländer handelt.
(AWG)
1.3 Basiskonto
Personenkreis Jeder Verbraucher mit rechtmäßigem Aufenthalt in der Europäischen
Union einschließlich Personen ohne festen Wohnsitz und Asylsuchenden
sowie Personen ohne Aufenthaltstitel, die aus rechtlichen Gründen nicht
abgeschoben werden können, haben einen Rechtsanspruch auf ein Ba-
siskonto bei einem Kreditinstitut.
Zweck Kontoinhaber soll Zahlungsdienste in Anspruch nehmen können;
Aufgaben der Kreditinstitute müssen innerhalb von 10 Tagen ein Basiskonto einrichten.
Kreditinstitute Das Kreditinstitut ist berechtigt, das Konto nur auf Guthabenbasis zu
führen.
Das kontoführende Kreditinstitut darf das Basiskonto nicht zu Bedingun-
gen führen, die benachteiligend sind im Vergleich zu anderen Konten.
Pflichten für Die Inhaber von Basiskonten sind verpflichtet, für die Erbringung der
Kontoinhaber Dienste das vereinbarte Entgelt zu entrichten. Die Entgelte müssen
marktüblich sein und das Nutzerverhalten berücksichtigen.
Grundlage für die Vertragsbeziehung mit dem Kunden sind die Allgemei-
nen Geschäftsbedingungen (AGB), in denen die Rechte und Pflichten
der Vertragspartner geregelt sind.
8 Prüfungswissen Bankwirtschaft

2. Konten Minderjähriger
Gesetzliche Gesetzliche Vertreter von natürlichen Personen sind die Eltern für ihre
Vertreter minderjährigen Kinder (§ 1629 BGB) und der Vormund für das Mündel (§
1773 BGB). Ebenso sind der Betreuer (§ 1902 BGB) sowie der Pfleger
bei bestimmten Anlässen gesetzliche Vertreter.
Legitimations- • Geburtsurkunde, Kinderausweis, Personalausweis ab 16 Jahre
urkunden • amtliche Lichtbildausweise der gesetzlichen Vertreter
• Bestallungsurkunde bei Vormund und Betreuer
Genehmi- Nach § 107 BGB bedarf der Minderjährige zu einer Willenserklärung,
gungspflichtige durch die er nicht lediglich einen rechtlichen Vorteil erlangt, der Einwilli-
Rechts- gung seines gesetzlichen Vertreters. Zu Rechtsgeschäften für Minderjäh-
geschäfte rige bedürfen die Eltern nach §§ 1643, 1822 BGB der Genehmigung des
Familiengerichts. Beispiele:
• Verfügung über das Vermögen des Kindes im Ganzen
• Aufnahme von Geld auf den Kredit des Kindes
• Übernahme einer Bürgschaft
Anlage von Der § 1806 BGB regelt die Anlage von Mündelgeld:
Mündelgeld Der Vormund hat das zum Vermögen des Mündels gehörende Geld ver-
zinslich anzulegen, soweit es nicht zur Bestreitung von Ausgaben bereit-
zuhalten ist.
§ 1807 BGB (Art der Anlegung)
(1) Die im § 1806 vorgeschriebene Anlegung von Mündelgeld soll nur
erfolgen:
1. in Forderungen, für die eine sichere Hypothek an einem inländi-
schen Grundstücke besteht ...
2. in verbrieften Forderungen gegen den Bund ...
3. …
4. in Wertpapieren, insbesondere Pfandbriefen ...
5. bei einer inländischen öffentlichen Sparkasse, wenn sie von der
zuständigen Behörde des Landes, in welchem sie ihren Sitz hat,
zur Anlegung von Mündelgeld für geeignet erklärt ist, oder bei ei-
nem anderen Kreditinstitut, das einer für die Anlage ausreichen-
den Sicherungseinrichtung angehört.
Einseitige Nach § 111 BGB ist ein einseitiges Rechtsgeschäft wie die Erteilung ei-
Rechts- ner Kontovollmacht durch einen Minderjährigen, das der Minderjährige
geschäfte von ohne die erforderliche Einwilligung des gesetzlichen Vertreters vornimmt,
Minderjährigen: unwirksam.
Kontovollmacht
Arbeitsverhält- Nach § 113 BGB regelt die Eingehung eines Arbeitsverhältnis mit Minder-
nisse mit jährigen. Ermächtigt der gesetzliche Vertreter den Minderjährigen, in
Minderjährigen Arbeit zu treten, so ist der Minderjährige für solche Rechtsgeschäfte un-
beschränkt geschäftsfähig, welche die Eingehung oder Aufhebung eines
Arbeitsverhältnisses der gestatteten Art oder die Erfüllung der sich aus
einem solchen Verhältnis ergebenden Verpflichtungen betreffen.
Ausgenommen sind Verträge, zu denen der Vertreter der Genehmigung
des Familiengerichts bedarf.
A1 Kontoführung 9

3. Mündelkonten
Vormund Ein Vormund kann für Minderjährige bestellt werden (§ 1773 BGB).
Ein Minderjähriger erhält einen Vormund, wenn er nicht unter elterlicher
Gewalt steht, z. B. wenn beide Eltern verstorben sind. Der Vormund wird
vom Familiengericht bestellt. Jeder Deutsche hat die Vormundschaft, für
die er vom Familiengericht ausgewählt wird, zu übernehmen (§ 1785
BGB).
Aufgaben des • Der Vormund ist berechtigt, die Vermögensangelegenheiten des
Vormunds Mündels wahrzunehmen und als gesetzlicher Vertreter im Namen des
Mündels zu handeln.
• Die Aufgaben und Rechte des Vormunds sind nicht übertragbar.
• Der Vormund kann eine Vollmacht erteilen.
Kontoeröffnung Bei der Kontoeröffnung für einen Minderjährigen handelt der gesetzliche
Vertreter oder Vormund für diesen. Es wird also ein Konto für den
Minderjährigen durch seinen gesetzlichen Vertreter errichtet.
Kontoinhaber und Gläubiger der Forderung ist das Mündel, so dass seine
Legitimation zu prüfen ist. Der Vormund ist gesetzlicher Vertreter.
Legitimationsunterlagen des Minderjährigen:
• Kinderausweis
• Geburtsurkunde
• Familienstammbuch
Legitimationsunterlagen des verfügungsberechtigten Vormunds:
• Personalausweis
• Bestallungsurkunde
Der Vormund erhält zum Nachweis seiner Stellung nach außen eine
Bestallungsurkunde, die allerdings keinen Vertrauensschutz für
gutgläubige Dritte schafft. Für die Bank bedeutet dies, dass sie die
Angaben in der Bestallungsurkunde durch Einsicht in die
Vormundschaftsakten überprüfen muss.
Beispiel für eine Kontobezeichnung: Andreas Kramer, Mündelkonto
Anlage von Zu den Instituten, die mündelsichere Einlagen entgegennehmen können,
Mündelgeld gehören neben den Sparkassen solche Kreditinstitute, die einer für die
Anlage ausreichenden Sicherungseinrichtung (Bundesverband Deutscher
Banken e.V. und Bundesverband der Volksbanken und Raiffeisenbanken
e.V.) angehören.
Beispiele für mündelsichere Anlagen:
• Bundeswertpapiere
• Pfandbriefe, die grundbuchlich abgesichert sind.
• Wertpapiere, die vom Bund für mündelsicher erklärt worden sind.
• Einlagen bei inländischen öffentlichen Sparkassen oder anderen Kredit-
instituten, die einer ausreichenden Sicherungseinrichtung angehören.
Verfügungen über angelegtes Geld:
Bei Sperrvermerk Verfügung mit Zustimmung des Familiengerichts
10 Prüfungswissen Bankwirtschaft

Verfügungsgeld Der Vormund kann ein Guthaben auf einem Spar- oder Girokonto bei
einem Kreditinstitut ohne Sperrvermerk unterhalten und über das Konto-
guthaben für sein Mündel verfügen (§ 1813 BGB).
Beispiele für Ausgaben im Rahmen des Verfügungsgeldes:
• Ausgaben für den Unterhalt
• Ausgaben für Ausbildung
• Ausgaben für kleinere Anschaffungen
• Kosten der Vermögensverwaltung
Beendigung der Eintritt der Volljährigkeit des Mündels: In diesem Fall ist durch das
Vormundschaft Kreditinstitut die Legitimation des volljährig gewordenen Mündels zu
prüfen.

4. Betreuerkonten
Wichtige Vorschriften für eine Betreuung
Gründe für Volljährige:
• wegen Krankheit oder Behinderung
• Betreuung auf Antrag bzw. von Amts wegen (§ 1896 BGB) beim
Betreuungsgericht
Umfang • Gesundheitssorge
• Vermögenssorge
Vertretung Der Betreuer vertritt in seinem Aufgabenkreis den Betreuten gerichtlich
und außergerichtlich (§ 1902 BGB).
Willenserklärung Die Geschäftsfähigkeit des Betreuten bleibt erhalten. Das Betreuungsge-
des Vertretenden richt kann einen Einwilligungsvorbehalt anordnen, soweit dies zur Ab-
wendung einer erheblichen Gefahr für Person oder Vermögen des Be-
treuten erforderlich ist. Dann muss der Betreuer die vom Betreuten getä-
tigten Geschäfte genehmigen. Einwilligung entfällt, wenn die Willenser-
klärung dem Betreuten einen rechtlichen Vorteil bringt (§ 1903 BGB).
Geldanlage • verzinsliche Geldanlage (§ 1806 BGB)
• mündelsichere Geldanlage (1807 BGB)
Genehmigungs- • Grundstücksgeschäfte
pflichtige Ge- • Verfügung über das Vermögen im Ganzen
schäfte durch das • Kreditaufnahme
Betreuungsgericht • Übernahme einer Bürgschaft
(§§ 1821, 1822,
1643, 1908i BGB)
Besonderheiten bei Betreuerkonten
Verfügungsmög- Der nicht befreite Betreuer bedarf nicht der Genehmigung des Betreu-
lichkeiten einer ungsgerichts,
nicht befreiten • wenn er über Gelder verfügt, die auf einem Kontokorrentkonto des
Betreuung nach Betreuten angelegt worden sind (ohne Betragsgrenze).
§§ 1813, 1901 BGB • wenn Geld zurückgezahlt wird, dass der Betreuer z. B. auf einem
Termingeldkonto des Betreuten angelegt hatte.
A1 Kontoführung 11

Befreite Betreu- Die Einschränkung für die nicht befreite Betreuung gilt für den befreiten
ung nach Betreuer nicht. Befreite Betreuer sind i. d. R. Verwandte des Betreuten
§ 1817 BGB (Vater, Mutter, Kind, Ehegatte) oder Vereins- oder Behördenbetreuer.
Unter Einwilli- Liegt ein Einwilligungsvorbehalt vor, benötigt der Betreute z. B. bei der
gungsvorbehalt Eröffnung eines Kontos die Einwilligung des Betreuers. In der Regel
stehende Betreu- wird der Betreute behandelt wie ein beschränkt Geschäftsfähiger.
ung nach
§ 1903 BGB
Betreuung steht Ohne Einwilligungsvorbehalt kann der Betreute weiter Rechtsgeschäfte
nicht unter einem abschließen, ohne die Genehmigung des Betreuers einzuholen. Er
Einwilligungs- bleibt voll geschäftsfähig.
vorbehalt
Mündelsichere Nach § 1807 BGB sind z. B. folgende Anlageformen mündelsicher:
Anlageformen • Verbriefte Forderungen gegen den Bund oder ein Land sowie Forde-
rungen, die in das Bundesschuldbuch oder Landesschuldbuch eines
Landes eingetragen sind.
• Wertpapiere, insbesondere Pfandbriefe sowie verbriefte Forderun-
gen jeder Art gegen eine inländische kommunale Körperschaft, so-
fern die Wertpapiere oder die Forderungen von der Bundesregierung
mit Zustimmung des Bundesrates zur Anlage von Mündelgeld für
geeignet erklärt sind.

5. Anderkonten und Anderdepots


Kontoinhaber • Notare, Rechtsanwälte
• Wirtschaftsprüfer und Steuerberater
Kontobezeich- z. B. Notar Dr. Jürgen Delmere, Notar-Anderkonto 1
nung
Kontoarten Kontokorrent-, Spar-, Termin- und Depotkonten
Besonderheiten Es gelten besondere Anderkontenbedingungen:
• Bei Anderkonten wird der Name des Treugebers nicht genannt.
• Anderkonten tragen den Zusatz „Anderkonto“.
• Anderkonten dienen der Verwaltung fremden Vermögens.
• Besondere Geldwäschegesetzvorschriften beachten: Kontoinhaber
ist nicht wirtschaftlich berechtigt und muss daher bei jeder Anderkon-
toeröffnung Name und Anschrift seines Mandanten mitteilen.
• Kontovollmachten nur an eng begrenzten Personenkreis, z. B. ande-
re Rechtsanwälte
• Banken verzichten auf Recht der Aufrechnung und Pfand- und Zu-
rückbehaltungsrecht.
• Guthaben auf Anderkonten sind nicht abtretbar und verpfändbar.
• Im Todesfall des Treuhänders fallen Kontoguthaben auf Anderkonten
nicht in die Erbmasse.
12 Prüfungswissen Bankwirtschaft

Anderkonten und Geldwäscheverhinderung


Gemäß § 23 Bundesnotarordnung (BNotO) sind die Notare zuständig, Geld – auch Bargeld –
von Beteiligten zur Aufbewahrung oder zur Ablieferung an Dritte zu übernehmen; dies ist auch
ohne Zusammenhang mit einem Beurkundungsgeschäft zulässig. Die notarielle Verwahrung
als Amtstätigkeit wird durch das Beurkundungsgesetz präzisiert und eingeschränkt, wobei der
Gesetzgeber versucht hat, das Anderkonto weniger geldwäscheanfällig zu machen und den
Notar vor Geldwäschern besser zu schützen.
Nach § 54 a Abs. 1 BeurkG ist es dem Notar verboten, Bargeld zur Verwahrung oder zur Abliefe-
rung an Dritte entgegenzunehmen; ein Missbrauch der notariellen Amtstätigkeit durch Bargeld-
transaktionen ist somit nicht mehr möglich, wenn der Notar seine Amtspflichten einhält.
Eine weitere Einschränkung ist in § 54 a Abs. 2 BeurkG enthalten: Ein Anderkonto darf nur noch
dann eingeschaltet werden, wenn das Sicherungsbedürfnis der Beteiligten die Abwicklung über
ein Anderkonto nahelegt.
Da eine Pflicht zum Tätigwerden nur bei der Beurkundungstätigkeit besteht (§ 15 Abs. 1 Satz
1 BNotO), hat der Notar grundsätzlich das Recht, eine bestimmte Abwicklungsmethode vor-
zuschlagen (Direktzahlung oder Einschaltung eines Anderkontos). Nach Auffassung der Bun-
desnotarkammer soll § 54 a BeurkG einer formularmäßigen, quasi blinden Einschaltung des
Anderkontos Einhalt gebieten und den Notar veranlassen, im Einzelfall eine Prüfung vorzu-
nehmen, welches der sicherste Weg der Kaufpreiszahlung ist.
Als berechtigtes Interesse für die Einschaltung des Anderkontos nennt die Bundesnotarkammer
für einen Grundstückskaufvertrag die Ablösung von Gläubigern des Verkäufers und die Fi-
nanzierung des Kaufpreises durch die Bank des Käufers sowie die Verringerung des in der
Eintragung der Auflassungsvormerkung liegenden Risikos des Verkäufers oder das Bestre-
ben, einen möglichst frühen Besitzübergang zugunsten des Erwerbers herbeizuführen. Im
Ergebnis bedeutet dies kaum eine Änderung der bisherigen Praxis, wenn man einmal von den
gestiegenen Pflichten des Notars absieht. § 54 a Abs. 3 BeurkG verpflichtet den Notar deshalb,
einen Verwahrantrag nur entgegenzunehmen, wenn die Verwahranweisung den Bedürfnissen
einer ordnungsgemäßen Geschäftsabwicklung entspricht. Ob dies zutrifft, muss objektiv und
unter Vergleich mit der Risikolage ohne Einschaltung eines Anderkontos beurteilt werden,
sodass der Notar in jedem Einzelfall das geeignete Abwicklungsverfahren festlegen muss. Im
Ergebnis kann dies bedeuten, dass ein Vertrag ohne Anderkonto und direkt zwischen den
Beteiligten abgewickelt wird.

6. Partnerschaftskonten
Begriff „Partnerschaft“ Die Partnerschaft ist eine Gesellschaft, in der sich Angehörige
freier Berufe zur Ausübung ihrer Berufstätigkeit zusammenschlie-
ßen. Sie übt kein Handelsgewerbe aus.
Angehörige nur natürliche Personen
Beispiele für Ärzte, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Architekten und andere
Partnerschaften Freiberufler
Name der Partner- Der Name der Partnerschaft muss mindestens den Namen eines
schaft Partners, den Zusatz „und Partner“ oder „Partnerschaft“ sowie die
Berufsbezeichnungen aller in der Partnerschaft vertretenen Beru-
fe enthalten. Beispiel einer Kontobezeichnung für eine Partner-
schaft: Steuerberater und Wirtschaftsprüfer Dr. Ehlert & Partner
A1 Kontoführung 13

Rechtswirksamkeit der mit Eintragung in das Partnerschaftsregister


Partnerschaft gegen-
über Dritten
Haftung Für Verbindlichkeiten der Partnerschaft haften den Gläubigern
neben dem Vermögen der Partnerschaft die Partner als Gesamt-
schuldner. Die Haftung kann in bestimmten Fällen auf den oder
die Partner beschränkt werden, die die Leistung erbringen.
Vertretung gesetzliche Regelung: Einzelvertretung
vertragliche Regelung: Gesamtvertretung oder Ausschluss einzel-
ner Partner (Eintragung in das Partnerschaftsregister)
Legitimation • Partnerschaftsregisterauszug
• Personalausweise der Partner
Geschäftsführung Die Partner erbringen ihre beruflichen Leistungen unter Beach-
tung des für sie geltenden Berufsrechts. Einzelne Partner kön-
nen nur von der Führung der sonstigen Geschäfte ausgeschlos-
sen werden. Das Rechtsverhältnis der Partner im Innenverhält-
nis bestimmt der Partnerschaftsvertrag.
Registerbeispiel
Num- a) Name a) Allgemeine Vertretungs- a) Rechtsform a) Tag der Eintra-
mer b) Sitz, Zweigniederlassung regelung b) sonstige gung
der c) Gegenstand b) Partner, Vertretungsbe- Rechtsverhält- b) Bemerkungen
Eintra- rechtigte und besondere nisse
gung Vertretungsbefugnis
1 a) Dr. jur. Rudolf Bauer, a) Rudolf Bauer und Susanne a) Partnerschaft a) 18.03.2000
Dr. jur. Susanne Schröder Schröder sind jeweils ein-
und Partner, zelvertretungsberechtigt.
Rechtsanwälte und Notare Sonst: jeweils zwei Partner
b) Hamburg vertreten gemeinsam
c) Die Unterhaltung und b) Partner:
Betreibung einer Gemein- Dr. jur. Rudolf Bauer,
schaftskanzlei Rechtsanwalt und Notar,
Norderstedt,
geb. 02.05.1958
Partner:
Dr. jur. Susanne Schröder,
Rechtsanwältin und Notarin,
Elmshorn, geb. 21.03.1968
Partner:
Martina Lehmann, Rechtsan-
wältin, Pinneberg, geb.
17.04.1960
Partner:
Irmgard Schneider,
Rechtsanwältin, Bad Sege-
berg, geb. 15.03.1970

Für eine Kontoeröffnung der Partnerschaft benötigt die Bank folgende Informationen aus dem
Partnerschaftsregister:
• genaue Bezeichnung des Partnerschaftskontos, hier: Dr. jur. Rudolf Bauer, Dr. jur. Susanne
Schröder und Partner, Rechtsanwälte und Notare
• Der Name der Partnerschaft muss mit dem Namen im Partnerschaftsregister übereinstimmen.
14 Prüfungswissen Bankwirtschaft

• Die Verfügungsberechtigten müssen aufgrund der Abgabenordnung im Kontoeröffnungsan-


trag genannt werden.
Folgende Personen können den Kontoeröffnungsantrag für die Partnerschaft stellen:
• Dr. Rudolf Bauer einzeln
• Dr. Susanne Schröder einzeln
• Martina Lehmann und Irmgard Schneider gemeinsam
Verfügungsberechtigte über das Partnerschaftskonto sind:
• Dr. Rudolf Bauer einzeln
• Dr. Susanne Schröder einzeln
• Martina Lehmann und Irmgard Schneider gemeinsam
7. Firmenkonten
Kontoinhaber Kontobezeichnung Legitimation bei der
Kontoeröffnung
Kaufleute Firma laut Handelsregis- Amtlicher Lichtbildaus-
• Einzelunternehmen, z. B. Jens ter- bzw. Genossen- weis der Vertretungsbe-
Hoffmann, Dachdecker eK schaftsregistereintragung rechtigten und beglaubig-
• Personenhandelsgesellschaften, ter Auszug aus dem
z. B. OHG, KG sowie GmbH & Co. Handelsregister (Abtei-
KG lung A für Personen-
• Kapitalgesellschaften, z. B. GmbH, gesellschaften und Abtei-
AG lung B für Kapitalgesell-
• Genossenschaften, z. B. Einkaufs- schaften) bzw. Genos-
genossenschaft Trampe eG senschaftsregister

Unternehmensform Gesetzliche Vertreter durch Registereintragung


Vertreter Rechtsgeschäft
Offene Vollhaftende Prokuristen (Einzel- Handelsregister Ab-
Handelsgesellschaft Gesellschafter prokura, Gesamt- teilung A, Eintragung
prokura oder hat deklaratorische
Filialprokura) und Wirkung
Handlungsbevoll-
mächtigte; Eintragung
der Prokuristen ins
Handelsregister hat
deklaratorische Wir-
kung.
Beispiel für die Zeichnungsberechtigung bei Firmenkonten
Claudia Winkler möchte bei der Nordbank AG ein Kontokorrentkonto auf den Namen der Kora
GmbH eröffnen. Diese importiert Spielwaren und elektronische Geräte aus Indonesien und
vertreibt sie an deutsche Einzelhandelsgeschäfte. Die Rechtsverhältnisse der GmbH sind
dem nachfolgenden Handelsregisterauszug zu entnehmen.
Auszug aus dem Handelsregister Amtsgericht Pinneberg
Firma: Kora GmbH
Ort der Niederlassung: Pinneberg
Gegenstand des Unternehmens: Großhandel mit Spielwaren und elektronischen Geräten
Stammkapital: 50.000,00 EUR
A1 Kontoführung 15

Geschäftsführer:
Claudia Winkler, Kauffrau, Pinneberg, geb. 06.09.1967
Nadine Nassar, Kauffrau, Hamburg, geb. 25.02.1962
Florian Brinkhaus, Kaufmann, Pinneberg, geb. 19.11.1958
Gesamtprokurist: Klaus Harke, Norderstedt, geb. 04.05.1971
Rechtsverhältnisse: Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Gesellschaftsvertrag vom 14. August 2002. Ist ein Ge-
schäftsführer bestellt, vertritt er die Gesellschaft allein; sind mehrere bestellt, sind zwei Geschäftsführer gemeinsam
oder ein Geschäftsführer gemeinsam mit einem Prokuristen vertretungsberechtigt. Einzelnen Geschäftsführern kann
Alleinvertretungsberechtigung verliehen werden. Claudia Winkler ist alleinvertretungsberechtigt.
Tag der Eintragung: 17. September 2002
Neben den im Handelsregisterauszug aufgeführten Personen hat auch der Handlungsbevoll-
mächtigte Rainer Bittermann eine Kontovollmacht erhalten. Herr Bittermann darf nur in Ge-
meinschaft mit einem Geschäftsführer oder einem Prokuristen handeln.
Legitimationsprüfung
Die Legitimationsprüfung erfolgt über den Handelsregisterauszug und ggf. durch die Perso-
nalausweise der Vertretungsberechtigten. Dies erhöht neben der gesetzlichen Anforderung
nach § 154 Abgabenordnung die Rechtssicherheit, da sich die Nordbank AG Gewissheit über
ihre Kundin verschafft (Sorgfaltspflicht). Daneben dient die Legitimationsprüfung durch den
Handelsregisterauszug der Feststellung der Rechtsfähigkeit der Firma.
Außerdem dient sie der Feststellung der Geschäftsfähigkeit der für die Unternehmung han-
delnden Personen.
Überprüfung des wirtschaftlich Berechtigten nach dem Geldwäschegesetz
• Die Überprüfung des wirtschaftlich Berechtigten ist nach dem Geldwäschegesetz erforder-
lich.
• Wenn auf das Konto der Kora GmbH nur eigene Mittel der Gesellschaft eingezahlt werden
sollen, handelt die GmbH, vertreten durch Frau Winkler als Geschäftsführerin, für eigene
Rechnung.
• Wenn auf das Konto der Kora GmbH nur Mittel im Auftrag und für Rechnung eines Dritten
eingezahlt werden, handelt sie für fremde Rechnung.

Die vertretungsberechtigten Personen der Kora GmbH


Vertretungsberechtigte Vertretungsberechtigung
„E“ bei Einzelvertretungsberechtigung
„G“ bei gemeinschaftlicher Vertretungs-
berechtigung mit einer anderen Person
Claudia Winkler E
Nadine Nassar G
Florian Brinkhaus G
Klaus Harke G
Rainer Bittermann G

Umfang der Geschäftstätigkeit des Prokuristen Harke


Nach §§ 48 und 49 HGB darf Herr Harke alle gewöhnlichen Geschäfte (z. B. Verfügungen
über Kontoguthaben, Erteilung von Inkassoaufträgen, Entgegennahme und Anerkennung von
Abrechnungen, Kontoauszügen) und außergewöhnlichen Geschäfte (insbesondere Aufnahme
von Darlehen, Bestellung von Sicherheiten mit Ausnahme von Grundpfandrechten) tätigen.
16 Prüfungswissen Bankwirtschaft

Umfang der Geschäftstätigkeit des Handlungsbevollmächtigten Bittermann


Nach § 54 HGB darf Herr Bittermann nur die gewöhnlichen Geschäfte, die sich bei der Kora
GmbH ergeben, tätigen. Beispiele für den Umfang seiner Geschäftstätigkeit sind die Überwei-
sungen von Rechnungen der Kora GmbH sowie die Ausnutzung eingeräumter Kreditlinien.
8. Nachlasskonten
Verfügungen im Erbfall
Mit dem Tode einer Person (Erbfall) geht deren Vermögen (Erbschaft) als Ganzes auf eine
oder mehrere andere Personen (Erben) über.
Verfügungsberechtigte Rechtsgrundlage Legitimation
• Alleinerbe BGB-Regelungen über die • Erbschein
• Erbengemeinschaft: Und- Erben • beglaubigte Abschrift eines
Konto, nur gemeinschaftli- Testaments nebst zugehö-
che Verfügung riger Eröffnungsniederschrift
Bevollmächtigte BGB-Regelung über die • Vollmacht über den Tod
Vollmacht hinaus
• Vollmacht für den Todesfall
Testamentsvollstrecker Testament • Testamentsvollstrecker-
zeugnis
• beglaubigte Abschrift des
Testaments nebst zugehö-
riger Eröffnungsniederschrift
Besonderheiten bei der Die Bank ist nicht verpflichtet, in diesbezügliche Vorleistun-
Bezahlung der gen (Bezahlung der Beerdigungskosten) zu gehen. Sie tut es
Beerdigungskosten grundsätzlich auf eigenes Risiko. Stellt sich heraus, dass der
die Auszahlung Veranlassende überhaupt nicht Erbe gewor-
den ist, die Bank mithin auf Weisung eines Scheinerben ge-
leistet hat, so ist sie u. U. gegenüber dem wirklichen Erben
bankrechtlich zur Rückbuchung des verauslagten Betrages
verpflichtet, auch wenn sie als Geschäftsführerin ohne Auf-
trag gehandelt hat. Möchte sich die Bank absichern, so wird
sie sich im Gegenzug zur Verauslagung der Begräbniskosten
eine entsprechende Haftungserklärung des die Auszahlung
bzw. Bezahlung Begehrenden einfordern.
Meldevorschrift an Erbschaftsteuerstelle: Das Kreditinstitut muss alle Konten- und Depot-
guthaben binnen eines Monats nach Kenntnis vom Todesfall (Vorlage der Sterbeurkunde) an
das für die Erbschaftsteuer des Erblassers zuständige Finanzamt melden, sofern der Ge-
samtwert der Guthaben 5.000,00 EUR übersteigt. Die Existenz von Schließfächern oder Ver-
wahrstücken ist stets meldepflichtig.
Maßgeblich ist der Tagesendsaldo des Vortodestages bei Giro- und Sparkonten. Guthaben
und Darlehen dürfen nicht miteinander verrechnet werden.
Die bis zum Todestag aufgelaufenen Zinsen auf Kontoguthaben und Wertpapieren sind eben-
falls zu melden.
Wertpapiere werden zum Kurswert des Todestages bewertet.
A1 Kontoführung 17

Kontoführungsarbeiten im Todesfall des Kontoinhabers


• Umstellung des Girokontos als Nachlasskonto, das Konto erhält den Zusatz „Nachlass“.
• Sperre von Maestro-Girokarte und Kreditkarten, bzw. die Karten werden eingezogen.
• Meldung von Kontoständen an die Erbschaftsteuerstelle
• Zahlungsaufträge des Erblassers werden grundsätzlich weiterhin ausgeführt, d. h. vorgeleg-
te Schecks werden eingelöst, Lastschriften eingelöst sowie Daueraufträge ausgeführt.
• Mit dem Tod erlischt der Freistellungsauftrag.
• Beim Tod eines Ehegatten verlieren die gemeinsam erteilten Freistellungsaufträge ihre Gültig-
keit für alle Konten.
• Der Freistellungsauftrag bleibt nur wirksam bis zum Jahresende für die allein auf den Na-
men des überlebenden Ehegatten lautenden Konten.
• Durchführung von Lastschriftzahlungen und Überweisungen, die zu Lebzeiten vom Erblasser
noch erteilt wurden.
• Verfügungen über das Konto nur mit Vollmacht über den Tod hinaus bzw. Vollmacht für den
Todesfall
• Ggf. steuerunschädliche Auflösung von Riester-Verträgen und Übertragung der Altersvor-
sorgeverträge auf den überlebenden Ehepartner
• Steuerschädliche Auflösung der Riester-Verträge bei Nichtübernahme durch den Ehepartner;
es wird der Steuersatz des Erblassers zugrunde gelegt.
Meldevorschriften bei Nachlasskonten
Beispiel
Am 26. Oktober 2018 legt Sebastian Köster der Nordbank AG die Sterbeurkunde seines Va-
ters Werner Köster vor. Der Verstorbene unterhielt folgendes Gesamtengagement bei der
Nordbank AG, Kontostände jeweils am Todestag 00:00 Uhr:
Girokonto Haben 2.450,00 EUR
Sparkonto einschließlich Zinsen 37.005,00 EUR
Wertpapierdepot Tageswert 145.400,00 EUR
Kredit 2.980,00 EUR
Der Verstorbene hatte ein Schließfach angemietet.
Meldepflicht an das zuständige Finanzamt
Girokonto H 2.450,00 EUR
Sparkonto einschließlich Zinsen 37.005,00 EUR
Wertpapierdepot Tageswerte 145.400,00 EUR
meldepflichtiger Betrag 184.855,00 EUR
Meldepflicht ab: 5.000,00 EUR
meldepflichtiger Sachverhalt: Schließfach
Meldefrist bis zum 26.08.2018
18 Prüfungswissen Bankwirtschaft

9. Pfändungsschutzkonto
Allgemeines Jeder Kunde kann von seiner Bank oder Sparkasse verlangen, dass sein
Girokonto als P-Konto geführt wird. Dieses bietet einen automatischen Ba-
sispfändungsschutz in Höhe des Pfändungsfreibetrages, das sind derzeit
1.139,99 EUR Euro pro Monat bei Ledigen ohne Unterhaltsverpflichtungen.
Dieser Pfändungsschutz ist unabhängig von der Art der Einkünfte. Da die
Freibeträge nur einer natürlichen Person zustehen, ist die Führung eines
Oder-Kontos oder eines Und-Kontos als Pfändungsschutzkonto nicht mög-
lich.
Zweck eines Ziel eines P-Kontos ist es, dem von einer Pfändung Betroffenen zu ermögli-
P-Kontos chen, Zahlungsgeschäfte des täglichen Lebens wie etwa Mietzahlungen und
Energiekosten zu erledigen.
Einrichtung • Nur natürliche Personen können von ihrem Kreditinstitut verlangen, dass
und ihr Girokonto in ein P-Konto umgewandelt wird. Diese Reglung gilt nur für
Umwandlung Girokonten, die zum Zeitpunkt der Umwandlung bereits bestehen.
• Jede natürliche Person darf nur ein P-Konto unterhalten. Einrichtung und
Umwandlung soll die Bank an die SCHUFA melden, die ihrerseits Banken
auf Nachfrage Auskunft über ein bereits bestehendes P-Konto erteilen
darf. Damit soll verhindert werden, dass gleichzeitig mehrere P-Konten für
einen Kontoinhaber geführt werden.
• Die Umwandlung eines Kontos in ein P-Konto kann der Kontoinhaber bis
spätestens 4 Wochen nach Eingang einer Pfändung mit Wirkung zum 4.
auf seine Erklärung folgenden Geschäftstag verlangen. Beispiel: Geht die
Pfändung am 10. August ein, kann der Kontoinhaber die Umwandlung bis
zum 7. September verlangen. Verlangt er sie z. B. am 16. August, tritt die
Wirkung am Beginn des 20. August ein. Das Konto gilt dann auch schon
für die zuvor eingegangene Pfändung als P-Konto.
• Der Kontoinhaber hat keinen Anspruch darauf, dass ihm das P-Konto alle
Leistungen seines bisherigen Girokontos bietet. Da der Pfändungsschutz
(abgesehen von Kindergeld und Sozialleistungen) nur für Guthaben be-
steht, kann debitorische Kontoführung und Leistungen, die dazu führen
können, ausgeschlossen werden.
Wirkung des Bei einem P-Konto kann der Kontoinhaber trotz Pfändung im jeweiligen Ka-
Pfändungs- lendermonat über Guthaben in Höhe der monatlichen Pfändungsfreibeträge
schutzkontos und bei Nachweis in Höhe der Unterhaltsfreibeträge (Kindergeld, Arbeitslo-
sengeld) verfügen. Guthaben dieser Art wird nicht von der Pfändung erfasst.
Falls im Kalendermonat nicht das gesamte pfändungsfreie Guthaben ver-
braucht wurde, wird es zu dem im nächsten Kalendermonat geltenden Pfän-
dungsfreibetrag gerechnet und bleibt pfändungsfrei. Eine weitere Übertra-
gung auf den übernächsten Monat ist jedoch nicht möglich.
Die Bank, die ein P-Konto eingerichtet hat, muss also den geltenden Pfän-
dungsfreibetrag feststellen und eine entsprechende Staffel über die jeweili-
gen Verfügungen des Pfändungsschuldners und den verbleibenden pfän-
dungsfreien Betrag führen. Nach Eingang einer Pfändung darf der Kontoin-
haber im laufenden Monat der Pfändung noch über Guthaben und Eingänge
in voller Höhe des Freibetrages verfügen. Der Freibetrag gilt also auch,
A1 Kontoführung 19

wenn der Kontoinhaber in diesem Kalendermonat bereits vor Eingang der


Pfändung Verfügungen vorgenommen hat. Für alle Folgemonate bis zur
Erledigung der Pfändung durch Forderungstilgung oder Aufhebung fällt der
Freibetrag erneut an.
Über nicht pfändbare Sozialleistungen, z. B. Kindergeld, kann der Kontoin-
haber ohne zeitliche Begrenzung frei verfügen. Sie werden nicht auf den
Basisfreibetrag von derzeit 1.139,99 EUR angerechnet.
Berechnung Guthaben in Höhe des jeweils geltenden Grundfreibetrags gemäß § 850 c
des Basis- ZPO ist pfändungsfrei. Hinzu kommen ggf. Unterhaltsfreibeträge und Freibe-
pfändungs- träge in Höhe des gutgeschriebenen Kindergelds oder einmaliger Sozialleis-
freibetrages tungen. Zur korrekten Berechnung der den gesetzlichen Grundfreibetrag
übersteigenden Beträge kann die Bank den Nachweis der Pfändungsfreiheit
vom Schuldner verlangen. Dazu zählen z. B. Bescheinigungen des Arbeit-
gebers, der Familienkasse, des Sozialleistungsträgers oder einer anerkann-
ten Schuldnerberatungsstelle.
Der pfändungsfreie Betrag erhöht sich auf Beschluss des Vollstreckungsge-
richts, wenn der Kontoinhaber nachweist, dass ihm aufgrund seiner gesetzli-
chen Unterhaltsverpflichtungen ein höherer Freibetrag zusteht.
Pfändungs- Der pfändungsfreie Betrag ist von der Einkommenshöhe und den Unter-
freier Betrag haltspflichten des Schuldners abhängig.
P-Konto im Hat der Schuldner Auszahlungsansprüche aus einer Kreditlinie, können
Debet diese unter den gleichen Voraussetzungen wie bei einem herkömmlichen
Konto gepfändet werden. Pfändungsschutz besteht nur für einen Auszah-
lungsanspruch über Guthaben (§ 850 k ZPO). Solange ein P-Konto, etwa
nach Umwandlung eines bis dahin im Debet geführten herkömmlichen Giro-
kontos, debitorisch ist und der Geldeingang nicht zum Entstehen eines Gut-
habens ausreicht, greift auch der Pfändungsschutz für Guthaben nicht.
Stammt allerdings der Geldeingang aus einer Sozialleistung oder aus Kin-
dergeld, darf die Bank innerhalb von 14 Tagen nach Gutschrift die Verfü-
gung des Kontoinhabers darüber nicht ablehnen. Die Verrechnung mit eige-
nen Forderungen ist innerhalb dieser Frist nur für Kontoführungsgebühren
zulässig (§ 850 k ZPO).
Beispiel
Rüdiger Holm ist Kunde der Nordbank AG. Sie führt für Herrn Holm ein Pfändungsschutzkon-
to. Für dieses Konto liegt eine aktive Kontopfändung vor. Herr Holm kommt am 13.07.2018
zum Beratungspoint, um das verfügbare Guthaben von seinem Konto abzuheben.
Der Nordbank AG liegen folgende Informationen vor.
Gehaltszahlung am 01.07.2018: 1.350,00 EUR, Pfändungsfreibetrag: 1.139,99 EUR, ver-
brauchter Pfändungsfreibetrag Juni 2018: 950,00 EUR, Herr Holm ist ledig und kinderlos.
Welchen Betrag kann die Nordbank AG Herrn Holm im Juli 2018 auszahlen?
1.139,99 EUR – 950,00 EUR = 189,99 EUR 1.139,99 EUR + 189,99 EUR = 1.329,98 EUR
Die Nordbank AG kann Herrn Holm im Juli 2018 1.329,98 EUR auszahlen.
20 Prüfungswissen Bankwirtschaft

10. Allgemeine Geschäftsbedingungen


AGB und Preisaus- Allgemeine Geschäftsbedingungen bilden den rechtlichen Rahmen
hang für den Geschäftsverkehr zwischen Kreditinstitut und Kunde. Sie
regeln die beiderseitigen Rechte und Pflichten zwischen Kreditinsti-
tut und Kunden. Sie vereinheitlichen die Geschäftsbeziehungen zu
den Kunden mit dem Ziel einer schnellen, sicheren und rationellen
Abwicklung des Geschäftsverkehrs.
Nach Ziffer 12 der AGB der Banken ergibt sich die Höhe der Zinsen
und Entgelte für die im Privatkundengeschäft üblichen Kredite und
Leistungen aus dem „Preisaushang“ – Regelsätze im standardisier-
ten Privatkundengeschäft“ und ergänzend aus dem „Preis- und Leis-
tungsverzeichnis“. Wenn ein Kunde einen dort aufgeführten Kredit
oder eine dort aufgeführte Leistung in Anspruch nimmt und dabei
keine abweichende Vereinbarung getroffen wurde, gelten die zu
diesem Zeitpunkt im Preisaushang oder Preis- und Leistungsver-
zeichnis angegebenen Zinsen und Entgelte. Für die nicht darin auf-
geführten Leistungen, die im Auftrag des Kunden erbracht werden
und die, nach den Umständen zu urteilen, nur gegen eine Vergütung
zu erwarten sind, kann die Bank die Höhe der Entgelte nach billigem
Ermessen bestimmen.
Benachrichtigungs- Zur ordnungsgemäßen Abwicklung des Geschäftsverkehrs ist es
pflichten des erforderlich, dass der Kunde der Bank Änderungen seines Namens
Kontoinhabers und seiner Anschrift sowie das Erlöschen oder die Änderung einer
gegenüber der Bank erteilten Vertretungsmacht (insbesondere einer
Vollmacht) unverzüglich mitteilt. Diese Mitteilungspflicht besteht
auch dann, wenn die Vertretungsmacht in ein öffentliches Register
(z. B. in das Handelsregister) eingetragen ist und ihr Erlöschen oder
ihre Änderung in dieses Register eingetragen wird.
Haftung der Bank Die Bank haftet bei der Erfüllung ihrer Verpflichtungen für jedes Ver-
schulden ihrer Mitarbeiter und der Personen, die sie zur Erfüllung ihrer
Verpflichtungen hinzuzieht. Hat der Kunde durch ein schuldhaftes
Verhalten zu der Entstehung eines Schadens beigetragen, bestimmt
sich nach den Grundsätzen des Mitverschuldens, in welchem Umfang
Bank und Kunde den Schaden zu tragen haben.
Rechnungsab- Die Bank erteilt bei einem Kontokorrentkonto, sofern nicht etwas
schlüsse bei Konto- anderes vereinbart ist, jeweils zum Ende eines Kalenderquartals
korrentkonten einen Rechnungsabschluss; dabei werden die in diesem Zeitraum
entstandenen beiderseitigen Ansprüche (einschließlich der Zinsen
und Entgelte der Bank) verrechnet. Die Bank kann auf den Saldo,
der sich aus der Verrechnung ergibt, Zinsen berechnen.
A1 Kontoführung 21

Frist für Einwendun- Einwendungen wegen Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit eines


gen; Genehmigung Rechnungsabschlusses hat der Kunde spätestens innerhalb von
durch Schweigen sechs Wochen nach dessen Zugang zu erheben; macht er seine
Einwendungen schriftlich geltend, genügt die Absendung innerhalb
der Sechs-Wochen-Frist. Das Unterlassen rechtzeitiger Einwendun-
gen gilt als Genehmigung. Auf diese Folge wird die Bank bei Ertei-
lung des Rechnungsabschlusses besonders hinweisen. Der Kunde
kann auch nach Fristablauf eine Berichtigung des Rechnungsab-
schlusses verlangen, muss dann aber beweisen, dass zu Unrecht
sein Konto belastet oder eine ihm zustehende Gutschrift nicht erteilt
wurde.

11. SCHUFA
Allgemeine Die SCHUFA stellt ihren Vertragspartnern, z. B. Kreditinstituten,
Kennzeichnung Informationen zur Verfügung, um sie vor Verlusten im Kreditgeschäft
mit natürlichen Personen zu schützen.
SCHUFA-Meldung Personenstammsatz:
• Name, Vorname
• Geburtsdatum und Geburtsort
• Anschrift
Positivmerkmale • Kontoeröffnungsantrag und Kontoeröffnung
• Vereinbarungsgemäße Beendigung der Kontoverbindung
• Ausgabe einer Kreditkarte
• Kreditantrag und Kreditgewährung sowie vereinbarungsgemäße
Abwicklung
• Bürgschaftsübernahmen
Negativmerkmale • Kündigung wegen Kartenmissbrauch durch den Karteninhaber
• Kündigung wegen Zahlungsunfähigkeit
• Zwangsvollstreckungsmaßnahmen, Vermögensauskunft
Löschung von Die eingetragenen Daten werden nach Ablauf bestimmter Fristen
Eintragungen gelöscht, einige Negativmerkmale, z. B. Vermögensauskunft, am
Ende des dritten Kalenderjahres nach ihrer Speicherung.
Kostenlose Verbraucher haben das Recht, einmal im Jahr kostenlos eine Aus-
SCHUFA-Auskunft kunft über ihre Kreditwürdigkeitsdaten bei der SCHUFA oder ande-
ren Auskunfteien einzufordern. Es muss ihnen mitgeteilt werden,
welche Daten warum gespeichert wurden, woher sie stammen und
an wen sie weitergegeben wurden. Auch ihren sog. Scorewert erfah-
ren die Verbraucher; er gibt Auskunft darüber, wie ihre Bonität ein-
geschätzt wird. Der Wert kann sich auf die Höhe der Kreditzinsen
auswirken oder darüber entscheiden, ob jemand überhaupt als kre-
ditwürdig eingestuft wird.
SCHUFA-Score Wenn ein Bankkunde einen Kredit aufnehmen oder etwas auf Raten
kaufen will, möchte die Bank vorher möglichst gut einschätzen kön-
nen, ob der Bankkunde seinen Verpflichtungen nachkommen wird.
Mit dem SCHUFA-Scores hat der Bankkunde gute Voraussetzun-
22 Prüfungswissen Bankwirtschaft

gen, von seiner Bank positiv beurteilt zu werden. Bei Banken und
anderen kreditgebenden Unternehmen gelten die SCHUFA-Scores
als besonders zuverlässig. Die SCHUFA greift auf langjährige Erfah-
rungen zurück und die Scoreberechnungen erfolgen auf mathema-
tisch-statistisch anerkannten und bewährten Verfahren. Die Aussa-
gekraft der SCHUFA-Verfahren wird laufend von externen Stellen
überprüft. Durch die SCHUFA-Auskunft und die Berechnung eines
Scores unterstützt die SCHUFA kreditgebende Unternehmen bei der
Entscheidungsfindung und gewährleistet damit, alltägliche Kreditge-
schäfte rasch abwickeln zu können.
Beim Scoring wird anhand von gesammelten Informationen und
Erfahrungen aus der Vergangenheit eine Prognose über zukünftige
Ereignisse erstellt. Die Berechnung aller Wahrscheinlichkeitswerte
erfolgt bei der SCHUFA auf der Basis der ihrer Person bei der
SCHUFA gespeicherten Informationen, die auch in der SCHUFA-
Auskunft mitgeteilt werden.
Folgende Datenarten können bei der Berechnung des Scores ein-
fließen:
- bisherige Zahlungsstörungen : Wenn man in der Vergangenheit
Geschäfte mit einem finanziellen Ausfallrisiko (auch Handy- oder
Versandhandelsverträge) nicht vertragsgemäß erfüllt hat, kann
man z. B. die Anzahl, die Art und die Dauer der Zahlungsstörungen
in den Score einfließen lassen.
- Kreditaktivität des letzten Jahres: Ob und in welcher Anzahl man in
den letzten zwölf Monaten Geschäfte mit einem finanziellen Aus-
fallrisiko angefragt und tatsächlich abgeschlossen hat, wird in die-
ser Datenart berücksichtigt.
- Allgemeine Daten: Hierunter fallen die Daten wie z. B. das Ge-
burtsdatum, das Geschlecht oder die Anzahl der einmal im Ge-
schäftsverkehr verwendeten Anschriften.
- Kreditnutzung: Anzahl, Art, Dauer und Umfang der vom Kunden
abgeschlossenen Geschäfte mit einem finanziellen Ausfallrisiko
sind Informationen, die bei der Scoreberechnung berücksichtigt
werden können, insbesondere soweit sie bei verschiedenen Unter-
nehmen erfolgten.
- Länge der Kredithistorie: In dieser Datenart kann einfließen, wie
lange der SCHUFA Kreditbeziehungen, z. B. Girokonten oder Kre-
ditkarten, zu einer Person bekannt sind. Längere Kredithistorien
können einen Hinweis auf Erfahrung im Umgang mit finanziellen
Verpflichtungen sein.
- Anschriftendaten: Die SCHUFA verwendet für die Berechnung von
Scores in der Regel keine Bewertung der Anschrift selbst oder ih-
res Umfelds. Wenn wenig personenbezogene kreditrelevante In-
formationen vorliegen, verwendet die SCHUFA zum Scoring für
einige Vertragspartner der SCHUFA auch kreditrelevante SCHU-
FA-Daten aus der direkten Umgebung der Anschrift.
A1 Kontoführung 23

Die Staatsangehörigkeit, die ethnische Herkunft oder Angaben zu


politischen oder religiösen Einstellungen werden bei der SCHUFA
nicht gespeichert und somit auch bei der Berechnung des Scorewer-
tes nicht berücksichtigt.
Um die ermittelten Scorewerte und deren Bedeutung einschätzen zu
können, hat die SCHUFA der Erfüllungswahrscheinlichkeit eine ein-
heitliche Zuordnung in folgende Risikokategorien zugrunde gelegt:
97,5 % = sehr geringes Risiko
95 % bis 97,5 % = geringes bis überschaubares Risiko
90 % bis 95 % = zufriedenstellendes bis erhöhtes Risiko
80 % bis 90 % = deutlich erhöhtes bis hohes Risiko
50 % bis 80 % = sehr hohes Risiko
Kleiner als 50 % = sehr kritisches Risiko
Eine Erfüllungswahrscheinlichkeit von 95 % sagt aus, dass die
Wahrscheinlichkeit, mit der ein Kunde Zahlungen vertragsgemäß
leistet bei 95 % liegt. D. h. nach statistischen Erkenntnissen würden
95 von 100 Personen zuverlässig bezahlen. Beispiel für eine Score-
Anfrage eines Kunden:
SCHUFA-Score für Banken: 99,23 % ++, ++, o, ++, +, n/v
Legende: ++ bedeutet deutlich unterdurchschnittliches Risiko, +
bedeutet unterdurchschnittliches Risiko, o bedeutet durchschnittli-
ches Risiko, - bedeutet überdurchschnittliches Risiko, - - bedeutet
deutlich überdurchschnittliches Risiko, n/v bedeutet nicht verwendet.
Bedeutung insgesamt: sehr geringes Risiko
12. Geldwäsche und Terrorismusbekämpfung
12.1 Maßnahmen gegen Geldwäsche
Merkmale Inhalte
Allgemeines zur Geldwäsche im Sinne des § 261 Abs. 1 StGB bezeichnet die Ver-
Geldwäsche schleierung der Herkunft von illegalen Geldern mit dem Ziel, diese
mit dem Anschein der Legalität zurück in den Finanzkreislauf ein-
zubringen. Dabei wird versucht, sowohl Bargeld durch Umwand-
lung in Buchgeld in das Bankensystem einzuführen, als auch Im-
mobilien, Edelmetalle, Wertpapiere und Unternehmensbeteiligun-
gen zu erwerben, um illegal erworbene Vermögenswerte in den
legalen Finanzkreislauf unter Verschleierung ihres wahren Ur-
sprungs einzuschleusen. Darüber hinaus werden illegale Vermö-
gensgegenstände als legale Spiel- oder Geschäftsgewinne ge-
tarnt oder auf eine große Anzahl kleinerer Beträge verteilt.
Diese Vermögensgegenstände werden über nationale Grenzen
hinweg unter Einbeziehung möglichst vieler Zwischenstationen
hin- und hertransferiert und letztendlich in legale oder illegale
Vorhaben investiert. Gerade auch die Verknüpfung legaler und
illegaler Investitionsmöglichkeiten schafft neue gewinnbringende
Anlagen.
24 Prüfungswissen Bankwirtschaft

Verpflichtete - Kreditinstitute
- Versicherungen
- Kapitalverwaltungsgesellschaften
- Rechtsanwälte, Notare
- Wirtschaftsprüfer
- Steuerberater
- Immobilienmakler
- Spielbanken
Sorgfaltspflichten § 3 ff. GwG
- Allgemeine Sorgfaltspflichten
- Vereinfachte Sorgfaltspflichten
- Verstärkte Sorgfaltspflichten
Allgemeine Identifizierung des Vertragspartners
Sorgfaltspflichten Begründung der Identifizierungspflicht:
- Transparenz über die an einer Transaktion beteiligten Per-
sonen
- Verhinderung von Anonymität
- Mithilfe bei der Überführung von Tätern in Verdachtsfällen
Identifizierung in zwei Schritten:
Feststellung und Überprüfung der Identität des Vertragspartners
oder ggf. eines abweichenden wirtschaftlich Berechtigten anhand
von Legitimationsurkunden
Feststellung der Identität
- Bei natürlichen Personen: Name, Geburtsort, Geburtsdatum,
Staatsangehörigkeit und Anschrift. Die Identifizierung erfolgt
anhand eines gültigen amtlichen Ausweises (Personalaus-
weis, Reisepass).
- Bei juristischen Personen und Personengesellschaften: Fir-
ma, Rechtsform, Registernummer, Anschrift und Namen der
Mitglieder des Vertretungsorgans (z. B. Vorstand einer AG).
Die Identifizierung erfolgt durch Vorlage eines aktuellen Aus-
zugs aus dem Handels- oder Genossenschaftsregisters bzw.
Partnerschaftsregister und der amtlichen Ausweise der Ver-
tretungsberechtigten.
- Die Unterlagen werden fotokopiert und zu den Kontounterla-
gen genommen.
Ermittlung des Geschäftszwecks der Geschäftsbeziehung
Begründung der Informationseinholung:
- Einschätzung des Risikoprofils eines Vertragspartners
- Zweck einer Geschäftsbeziehung ergibt sich aus den vom
Kunden genutzten Produkten.
Feststellung des wirtschaftlich Berechtigten
Wirtschaftlich Berechtigter ist die natürliche Person, in deren Ei-
gentum oder unter deren Kontrolle der Vertragspartner letztlich
steht oder die natürliche Person, auf deren Veranlassung eine
Transaktion letztlich durchgeführt wird.
A1 Kontoführung 25

Die Beteiligungsverhältnisse von Gesellschaften sind mit ange-


messenen Mitteln in Erfahrung zu bringen.
Die Abklärungspflicht besteht aus
1. der Ermittlung des wirtschaftlich Berechtigten , also der Per-
son, die Eigentum oder Kontrolle über den Vertragspartner
ausübt und
2. der Erfassung der Eigentums- und Kontrollstrukturen mit an-
gemessenen Mitteln.
Maßnahmen zur Ermittlung des wirtschaftlich Berechtigten
- Befragung des Vertragspartners zu den Eigentums- und
Kontrollverhältnissen
- Einholung von Informationen aus öffentlichen (z. B. Handels-
register) oder kommerziellen Datenbanken
Pflichtauslösende Ereignisse für eine kontinuierliche Über-
wachung
- Gelegenheitstransaktionen im Wert von 15.000 EUR und
mehr außerhalb einer bestehenden Geschäftsbeziehung
- Allgemeine Sorgfaltspflichten müssen auch erfüllt werden,
wenn mehrere Transaktionen außerhalb einer bestehenden
Geschäftsbeziehung durchgeführt werden, die zusammen
15.000 EUR oder mehr ausmachen und wenn Anhaltspunkte
vorliegen, dass zwischen den Transaktionen eine Verbin-
dung besteht (Smurfing).
- Eine Transaktion ist jede Handlung, die eine Geldbewegung
oder eine sonstige Vermögensverschiebung bezweckt oder
bewirkt. Eine Transaktion umfasst die Annahme und Abgabe
von Bargeld, Wertpapieren und Edelmetallen sowie die
Überweisung, Kreditrückführung und den sachenrechtlichen
Eigentümerwechsel.
- Für eine Gelegenheitstransaktion spricht die Verwendung
eines Zahlscheins, da nur das Zahlscheinverfahren es dem
Empfänger ermöglicht, den Zahlungseingang einer bestimm-
ten Person bzw. einem Verwendungszweck zuzuordnen. Die
Nutzung eines Einzahlungsbelegs deutet auf die Einzahlung
innerhalb einer bestehenden Geschäftsbeziehung hin.
- Gegenüber dem Empfänger einer Transaktion müssen keine
Sorgfaltspflichten angewandt werden.
- Versicherungsvermittler müssen dem Versicherungsunter-
nehmen mitteilen, wenn Prämienzahlungen in bar erfolgen
und diese den Betrag von 15.000 EUR innerhalb eines Ka-
lenderjahres übersteigen.
- Bei Abschluss eines Lebensversicherungsvertrags oder ei-
nes Unfallversicherungsvertrags mit Prämienrückgewähr
entsteht eine Identifizierungspflicht, wenn die Jahresprämie
1.000 EUR übersteigt, wenn bei Zahlung einer einmaligen
Prämie diese mehr als 2.500 EUR beträgt oder wenn mehr
als 2.500 EUR auf ein Beitragsdepot gezahlt werden.
26 Prüfungswissen Bankwirtschaft

- Bei Sortengeschäften müssen die Sorgfaltspflichten bereits


angewendet werden, soweit ein Sortengeschäft nicht über
ein Kundenkonto abgewickelt wird und die Transaktion einen
Wert von 2.500 EUR oder mehr aufweist.
- Geldtransfers außerhalb einer bestehenden Geschäftsbezie-
hung über einen Betrag von 1.000 EUR oder mehr lösen ei-
ne Identifizierungspflicht aus (Bareinzahlung auf ein Fremd-
konto).
- Eine erneute Identifizierungspflicht entfällt, wenn Inhaber o-
der Mitarbeiter eines Unternehmens auf ein Konto des Un-
ternehmens regelmäßig Gelder bar einzahlen oder von ihm
abheben.
- Bei Nachttresoreinzahlungen wird Bargeld bei einem Kredit-
institut deponiert, indem die Geldbombe in den Nachttresor
eingeworfen wird. Auch hier entfällt die Identifizierungspflicht.
Umfang der Der Umfang der Sorgfaltspflichten umfasst die Identifizierung des
Sorgfaltspflichten Vertragspartners, eines etwaigen wirtschaftlich Berechtigten so-
wie die Abklärung, ob es sich bei diesen um politisch exponierte
Persönlichkeiten (PeP) handelt. Die Pflicht zur Abklärung des
PeP-Status besteht bei Transaktionen außerhalb bestehender
Geschäftsbeziehungen in einer Höhe von 15.000 EUR und mehr.
Die Vorschrift wurde 2009 eingeführt. Der PeP-Status eines Gele-
genheitskunden führt damit zur Anwendung der verstärkten Sorg-
faltspflichten.
Sorgfaltspflichten sind zu erfüllen, wenn Tatsachen vorliegen, die
darauf hindeuten, dass es sich bei Vermögenswerten, die mit
einer Transaktion oder Geschäftsbeziehung im Zusammenhang
stehen, um den Gegenstand einer Straftat nach § 261 StGB han-
delt oder die Vermögenswerte im Zusammenhang mit Terroris-
musfinanzierung stehen.
Einteilung von Grundsätzlich ist zwischen kunden-, produkt- und transaktionsbe-
Risikokategorien zogenen Risiken sowie Länder-, Rechtsform- und Branchenrisiken
zu unterscheiden.
Kundenrisiko
Zur Beurteilung des Kundenrisikos wird auf die Person des Ver-
tragspartners abgestellt.
Produktrisiko
Für das Produktrisiko wird das Risiko der Produktnutzung im
Rahmen von Transaktionen betrachtet. Unter Produkten sind alle
von einer Bank angebotenen Dienste und Dienstleistungen zu
verstehen, die einem Kunden potenziell zur Nutzung zur Verfü-
gung stehen. Als risikoerhöht gelten internationales Private Ban-
king und der Handel sowie die Lieferung von Banknoten und
Edelmetallen.
Transaktionsrisiko
Bedeutsame Anhaltspunkte können die Zu- und Abflüsse von
Vermögenswerten, erhebliche Abweichungen von üblichen
Transaktionsvolumina oder -frequenzen sein.
A1 Kontoführung 27

Länderrisiko
Das Länderrisiko kann bei natürlichen Personen beispielsweise
anhand des Wohnsitzes, der Nationalität oder des Geburtsortes
bestimmt werden. Ein Faktor zur Beurteilung des Länderrisikos
einer juristischen Person können bestimmte Länder sein, in denen
ein Unternehmen seine Geschäfte ausübt.
Rechtsformrisiko
Das von einer Rechtsform ausgehende Risiko hängt insbesonde-
re von Parametern wie Intransparenz im Hinblick auf beteiligte
Personen und anwendbare Regelungen, der Pflicht zur Führung
eines zuverlässigen öffentlich einsehbaren Registers mit relevan-
ten Informationen zu Vertragspartnern und ggf. wirtschaftlich Be-
rechtigten, der Möglichkeit einer schnellen Gründung bzw. Schlie-
ßung sowie dem Kapitalbedarf ab.
Branchenrisiko
Bestimmte Branchen und Industrien bzw. die berufliche Stellung
eines Vertragspartners können ebenfalls zu einem erhöhten Risi-
ko führen. Parameter können neben der Bargeldintensität (z. B.
bei Wechselstuben, Kasinos, Wettanbietern) und einem starken
Auslandsbezug auch die fehlende Einbindung in eine Unterneh-
mensorganisation bei Selbstständigen sein.
Vereinfachte Von einem geringen Risiko der Geldwäsche oder Terrorismusfi-
Sorgfaltspflichten nanzierung kann bei Transaktionen von oder zugunsten von bör-
sennotierten Gesellschaften ausgegangen werden, deren Wert-
papiere zum Handel in einem organisierten Markt in einem Mit-
gliedstaat der EU zugelassen sind. Die vereinfachten Sorgfalts-
pflichten können auch angewendet werden zur Feststellung der
Identität des wirtschaftlich Berechtigten bei Anderkonten, sofern
das kontoführende Institut vom Inhaber des Anderkontos Anga-
ben über die Identität des wirtschaftlich Berechtigten auf Anfrage
erhalten kann.
Verstärkte Bei erhöhtem Geldwäscherisiko sind besondere Sicherungs- und
Sorgfaltspflichten Überwachungsmaßnahmen erforderlich. Grundsätzlich ist von
einer erhöhten Risikolage auszugehen bei Geschäftsbeziehungen
zu politisch exponierten Personen und bei Vertragsverhältnissen
mit natürlichen Personen, die bei der Identitätsfeststellung nicht
persönlich anwesend sind.
Aufzeichnungs- und Die zur Erfüllung von Sorgfaltspflichten erhobenen Angaben und
Aufbewahrungspflicht eingeholten Informationen über Vertragspartner, wirtschaftlich
Berechtigte, Geschäftsbeziehungen und Transaktionen müssen
aufgezeichnet werden. Die Aufzeichnungspflicht besteht für alle
Verpflichteten.
Umfang der Aufzeichnungspflicht
Bei der Überprüfung der Identität des Vertragspartners sind bei
natürlichen Personen die Art, Nummer sowie die ausstellende
Behörde des vorgelegten Dokuments aufzuzeichnen. Vorzulegen
ist ein gültiger amtlicher Ausweis, der ein Lichtbild des Inhabers
28 Prüfungswissen Bankwirtschaft

enthält und der kopiert werden muss. Die Aufzeichnungen können


auf einem Bildträger oder anderen Datenträgern gespeichert wer-
den.
Die Aufbewahrungsfrist beträgt 5 Jahre.
Interne Sicherungs- Sie sind ein wichtiger Aspekt zur präventiven Bekämpfung von
maßnahmen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung. Durch betriebsinterne
Maßnahmen soll in einem internen Sicherungs- und Frühwarn-
system verhindert werden, dass ein Unternehmen oder Personen
zur Durchführung entsprechender krimineller Aktivitäten miss-
braucht werden können.
Zu den internen Sicherheitsmaßnahmen zählen:
- Bestellung eines Geldwäschebeauftragten
- Entwicklung und Aktualisierung von angemessenen ge-
schäfts- und kundenbezogenen Sicherungssystemen und
Kontrollen
- Unterrichtungspflicht gegenüber den Mitarbeitern
- Gewährleistung von hohen Personalstandards bei der
Personalauswahl durch Zuverlässigkeitsprüfungen
12.2 Geldwäschebeauftragter
Allgemeine Die Rechtsgrundlage für den Geldwäschebeauftragten ist § 14 des
Kennzeichnung Geldwäschegesetzes. Danach müssen alle Kreditinstitute aber auch
Versicherungsunternehmen und andere Finanzdienstleister einen
Geldwäschebeauftragten bestimmen. Er ist Ansprechpartner für die
Strafverfolgungsbehörden und das Bundeskriminalamt.
Der Geldwäschebeauftragte sollte in der Unternehmenshierarchie
direkt unterhalb des Vorstands angesiedelt sein. Nach dem Gesetz
sollte er mit Prokura oder zumindest Handlungsvollmacht ausgestat-
tet sein, damit er sich von anderen Mitarbeitern des Unternehmens
unterscheidet und die besondere Bedeutung dieses Thema, nämlich
die Bekämpfung der Geldwäsche, hervorgehoben wird.
Aufgaben Der Geldwäschebeauftragte ist direkter Ansprechpartner für die
Strafverfolgungsbehörden. Der Geldwäschebeauftragte ist verpflich-
tet, über seine Tätigkeiten jährlich einmal an die Geschäftsführung
zu berichten. Er hat darüber hinaus auch noch die Aufgabe, für die
Mitarbeiter seines Unternehmens bestimmte Vorkehrungen zu tref-
fen. Dazu zählen u. a.:
Der Geldwäschebeauftragte …
• muss die betreffenden Mitarbeiter über die rechtlichen Grundlagen
der Geldwäscheverhinderung informieren.
• muss die Mitarbeiter über hausinterne Verfahren informieren, wie
sie ihm Verdachtsfälle auf Geldwäsche melden können.
• muss innerhalb der Geschäftszeiten für Mitarbeiter wie Strafverfol-
gungsbehörden zur Verfügung stehen.
• hat dafür Sorge zu tragen, dass fortlaufende Schulungen der Mit-
arbeiter ein hohes Maß an Ausbildung sicherstellen.
A1 Kontoführung 29

12.3 Datenschutzbeauftragter
Bestellung Nach § 4f Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) müssen Daten verarbei-
tende Stellen eine/n Datenschutzbeauftragte/n bestellen, wenn sie per-
sonenbezogene Daten automatisiert verarbeiten und damit in der Regel
mehr als 9 Personen ständig beschäftigen.
Qualifikation Das Maß der erforderlichen Fachkunde bestimmt sich nach dem Umfang
der Datenverarbeitung der verantwortlichen Stelle und dem Schutzbedarf
der personenbezogenen Daten, die die verantwortliche Stelle erhebt oder
verwendet. Zur Fachkunde gehören neben umfassenden Kenntnissen im
IT-Bereich auch gute juristische und organisatorische Kenntnisse.
Neben der charakterlichen Eignung gehört hierzu auch, dass es bei der
Ausübung der Tätigkeit der oder des Datenschutzbeauftragten nicht zu
einer Interessenkollision mit ihrem bzw. seinem sonstigen Aufgabenbe-
reich im Unternehmen kommt. Es gilt das Grundprinzip, dass die zu Kon-
trollierenden nicht selbst die Kontrolle ausüben dürfen.
Keine Mitwir- Datenschutzbeauftragte sind schriftlich von der Unternehmensleitung zu
kung des Be- bestellen. Ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates bei der Bestellung
triebsrates bei von Datenschutzbeauftragten ist gesetzlich nicht vorgesehen. Lediglich
der Bestellung bei mit der Bestellung gleichzeitig verbundenen sonstigen Personalmaß-
nahmen, wie etwa die Neueinstellung oder Versetzung der Person der
oder des Datenschutzbeauftragten, sind die für diese Maßnahmen übli-
chen Beteiligungspflichten zu beachten.
Die Beschäftigten des Unternehmens sind über die Bestellung zu infor-
mieren.
Aufgaben Die Aufgaben der/des Datenschutzbeauftragten ergeben sich aus § 4g
BDSG. Dazu zählen die Überwachung der Einhaltung der datenschutz-
rechtlichen Vorschriften und der ordnungsgemäßen Anwendung der Da-
tenverarbeitungsprogramme, das Führen des Verfahrensverzeichnisses
und etwaige erforderliche Vorabkontrollen. Außerdem sollen die Beschäf-
tigten der verantwortlichen Stelle durch die/den Datenschutzbeauftragte/n
in Fragen des Datenschutzes geschult werden.

13. Vollmachten
Als Vollmacht wird eine durch Rechtsgeschäft erteilte Vertretungsmacht bezeichnet. Die Voll-
macht entsteht durch eine einseitige Willenserklärung. Die Vollmacht betrifft dabei die Ermächti-
gung zum Handeln im fremden Namen. Voraussetzung der Vollmacht ist eine Vollmachtsertei-
lung. Möglich ist eine ausdrückliche oder konkludente Willenserklärung gegenüber dem Bevoll-
mächtigten (sog. Innenvollmacht) oder gegenüber dem Geschäftsgegner (sog. Außenvoll-
macht).
Handlungsvollmacht (§ 54 HGB) Prokura (§§ 48-53 HGB)
Umfang der Handlungsvollmacht berechtigt zu Prokura berechtigt zu allen gerichtli-
Vertretungs- allen Geschäften und Rechtshand- chen und außergerichtlichen Ge-
macht lungen, die der Betrieb eines derar- schäften und Rechtshandlungen, die
tigen (bestimmten) Handelsgewer- der Betrieb (irgend)eines Handels-
bes gewöhnlich mit sich bringt. gewerbes mit sich bringt.
30 Prüfungswissen Bankwirtschaft

Handlungsvollmacht (§ 54 HGB) Prokura (§§ 48-53 HGB)


Beispiele ohne Befugnis nach Beispiele:
§ 54 Abs. 2 HGB: • Abwicklung sämtlicher Bankge-
• Verfügungen über Kontoguthaben schäfte, insbesondere: Kontoer-
und eingeräumte Kredite öffnung für die Unternehmung,
• An- und Verkauf von Wertpapie- Aufnahme von Krediten, Stellung
ren von Sicherheiten, Erteilung einer
• Vornahme von Kündigungen Handlungsvollmacht
• Anerkennung von Salden und • Für die Veräußerung von Firmen-
Abrechnungen grundstücken sowie die Bestel-
Beispiele mit Befugnis (Sonder- lung von Grundpfandrechten ist
vollmacht) nach § 54 Abs. 2 HGB: eine besondere Vollmacht not-
• Abwicklung aller gewöhnlichen wendig.
Rechtshandlungen im Geschäfts-
verkehr mit der Bank, außerdem:
• Eingehen von Wechselverbind-
lichkeiten
• Aufnahme von Krediten
• Belastung oder Veräußerung von
Grundstücken
Arten Die allgemeine Handlungsvollmacht Einzelprokura: Eine Person wird
ermächtigt zur Vornahme aller ge- dazu ermächtigt, allein die Unter-
wöhnlichen Rechtsgeschäfte einer nehmung zu vertreten.
Unternehmung, z. B. Filialleiter. Gesamtprokura: Die Vertretungs-
Die Art(handlungs)vollmacht berech- macht kann nur zusammen mit einer
tigt zur Durchführung einer bestimm- anderen Person ausgeübt werden.
ten Art von Rechtsgeschäften, die Filialprokura: Vertretungsmacht ei-
laufend im Geschäftsbetrieb vor- ner einzelnen Person, beschränkt
kommen, z. B. Kassierer. auf den Betrieb einer Niederlassung
Eine Einzel(handlungs)vollmacht
berechtigt zur Ausübung eines ein-
zelnen Rechtsgeschäftes, z. B. Aus-
zubildender kauft Briefmarken für
die Bank.
Erteilung • ausdrücklich (schriftlich/mündlich) • nur ausdrücklich (schrift-
oder stillschweigend durch Kauf- lich/mündlich) durch Kaufmann
mann nach HGB, den gesetzli- nach HGB bzw. den gesetzlichen
chen Vertreter einer Handelsge- Vertreter einer Handelsgesell-
sellschaft bzw. einen Prokuristen schaft
• sofortige Gültigkeit nach Erteilung • sofortige Gültigkeit nach Erteilung
Beschränkung Beschränkungen muss ein Dritter Beschränkungen sind nur im Innen-
nur dann gegen sich gelten lassen, verhältnis gültig. Nach außen hin ist
wenn er sie kannte oder kennen die Prokura nicht beschränkbar.
musste.
Handelsregis- NEIN: nicht eintragungsfähig JA: eintragungspflichtig (deklarato-
tereintragung risch)
A1 Kontoführung 31

Handlungsvollmacht (§ 54 HGB) Prokura (§§ 48-53 HGB)


Nicht erlaubte nur mit besonderer Befugnis nur mit besonderer Befugnis
Geschäfte (Sondervollmacht): (Sondervollmacht):
• Veräußerung oder Belastung von • Veräußerung oder Belastung von
Grundstücken, Eingehung von Grundstücken
Wechselverbindlichkeiten, Auf- • Bei Firmenkontoeröffnungen Ver-
nahme von Darlehen und Pro- fügungen nur durch besondere
zessführung Vollmacht durch den gesetzlichen
• Bei Firmenkontoeröffnungen Ver- Vertreter
fügungen nur durch besondere verboten: dem Geschäftsinhaber
Vollmacht durch den gesetzlichen bzw. dem gesetzlichen Vertreter
Vertreter einer Handelsgesellschaft höchst-
persönlich vorbehaltene Geschäfte,
z. B. Anmeldung zur Eintragung ins
Handelsregister, Unterzeichnung der
Bilanz, Steuererklärung etc.
Unterzeich- i. V. bzw. i. A. ppa.
nung
Erlöschen nur bei Handlungsvollmacht:
Fristablauf
für beide geltend:
• Widerruf
• Beendigung des Dienstverhältnisses
• Tod des Bevollmächtigten
• Liquidation oder Insolvenz
• Umwandlung der Rechtsform
• kein Erlöschen bei Tod des Geschäftsinhabers

14. Bankauskünfte
Allgemeine Bankauskünfte sind allgemein gehaltene Feststellungen und Bemerkungen
Kennzeich- über die wirtschaftlichen Verhältnisse eines Kunden, seine Kreditwürdigkeit
nung und Zahlungsfähigkeit.
Über Privatkunden dürfen Banken nur Auskunft erteilen, wenn diese all-
gemein oder im Einzelfall ausdrücklich zugestimmt haben. Bei Geschäfts-
kunden können nach Handelsbrauch allgemeine Auskünfte gegeben wer-
den. Bankauskünfte zielen darauf ab, die Kreditrisiken der Banken und
anderer Kreditgeber einschätzbar zu machen.
Rechtsgrund- Im Hinblick auf die Rechtsbeziehungen sind zwei Ebenen zu unterschei-
lagen den. Die Kreditinstitute untereinander wenden die „Grundsätze für die
Durchführung des Bankauskunftsverfahrens zwischen Kreditinstituten“ an,
die für eine Vereinheitlichung des Auskunftsverfahrens in Inhalt und Form
sorgen sollen. Sie regeln die Rechtsbeziehungen zwischen Kreditinstituten.
Im Verhältnis zwischen Kreditinstitut und Kunde richten sich Zulässigkeit,
Umfang sowie Inhalt von Bankauskünften nach den Allgemeinen Ge-
schäftsbedingungen der Banken Nr. 2 AGB sowie der Sparkassen Nr. 3
32 Prüfungswissen Bankwirtschaft

AGB. Es wird ein institutseinheitlicher Vordruck angewandt, der das An-


kreuzen bestimmter, textlich vorgegebener Felder ermöglicht.
Auf der Basis der „Grundsätze für die Durchführung des Bankauskunftsver-
fahrens zwischen Kreditinstituten“ sind 4 Aspekte der Auskunftserteilung
von Bedeutung:
Auskunftsanfragen sollen schriftlich und nur in Ausnahmefällen fernschrift-
lich oder fernmündlich, gestellt werden. In der Auskunftsanfrage ist der
Anfragegrund, mit dem das berechtigte Interesse an der Bankauskunft
glaubhaft gemacht wird, anzugeben. Das anfragende Kreditinstitut hat
klarzustellen, ob es die Auskunft im eigenen oder im Kundeninteresse
einholt. Bei Auskunftsanfragen im Interesse eines Kunden wird dessen
Name nicht genannt. Das anfragende Kreditinstitut ist jedoch verpflichtet,
den Namen des anfragenden Kunden dem angefragten Kreditinstitut zu
nennen, wenn dem Kunden, über den eine Auskunft erteilt wurde, ein An-
spruch auf Nennung des Anfragers zusteht.
Bankauskünfte sollen immer allgemein gehalten sein. Sie werden nur auf-
grund von Erkenntnissen erteilt, die der Auskunft gebenden Stelle vorlie-
gen, ohne dass Recherchen angestellt werden. Der Kunde, der eine Bank-
auskunft erhält, ist ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass er empfangene
Informationen nur für den angegebenen Zweck verwenden und nicht an
Dritte weitergeben darf.
Erteilung von Eine Bank ist lt. AGB berechtigt, über juristische Personen und im Han-
Bankauskünf- delsregister eingetragene Kaufleute Bankauskünfte zu erteilen, sofern ihr
ten keine anders lautende Weisung ihres Kunden vorliegt. Bankauskünfte über
alle Privatpersonen und Vereinigungen erteilt die Bank nur dann, wenn
diese allgemein oder im Einzelfall ausdrücklich zugestimmt haben.
Bankauskünfte in diesem Sinne sind von Banken an Bankkunden, vor al-
lem aber an andere Banken gegebene, meist vertraulich und ohne Obligo
gehaltene Informationen, z. B. Bankauskunft zur Bonitätseinschätzung von
Personen und Unternehmen (Kreditauskunft). Laut AGB erhalten solche
Bankauskünfte nur eigene Bankkunden der betreffenden Auskunft ertei-
lenden Bank sowie andere Banken für deren Zwecke und die ihrer Kunden.
Sie werden nur erteilt, wenn der Anfragende ein berechtigtes Interesse an
der gewünschten Auskunft glaubhaft darlegt. Betragsmäßige Angaben
über Kontostände, Sparguthaben, Depot- oder sonstige der Bank anver-
traute Vermögenswerte sowie Kreditinanspruchnahmen werden dabei nicht
gemacht.
Merkmale von Firmenkunden (juristische Privatkunden
Bankauskünften Personen und Kaufleute)
Einwilligung Die Bankauskunft wird erteilt, Kunde muss der Bankaus-
sofern sich die Anfrage auf die kunft ausdrücklich zustim-
Geschäftstätigkeit bezieht und men.
keine gegenteilige Kunden-
weisung vorliegt.
Anfragegrund Ein berechtigtes Interesse des Anfragenden muss glaubhaft
gemacht werden.
A1 Kontoführung 33

Empfänger von Bankaus- • eigene Kunden


künften • andere Kreditinstitute bzw. deren Kunden
Form schriftlich
Muster einer Bankauskunft
Auskunft über ________________________________
Bankauskünfte über Privatkunden, Vereinigungen und nicht im Handelsregister einge-
tragene Firmenkunden werden nur mit Einwilligung erteilt. Insofern bitten wir die Zu-
stimmung des Kunden einzuholen.
Die juristische Person, bzw. der im Handelsregister eingetragene Kaufmann hat uns
die Erteilung von Auskünften generell untersagt.

Bankauskünfte dürfen nur an Kreditinstitute und eigene Kunden erteilt werden. Wir
bitten deshalb, über Ihre Bankverbindung an uns heranzutreten.

Anfragegrund Im Kundeninteresse Im Eigeninteresse


Geschäftsverbindung
1. Die Geschäftsverbindung zu uns
besteht nicht.
besteht seit ____ Jahren.
Kontoführung
2. Das Konto weist
große Umsätze auf.
mittlere Umsätze auf.
geringe/keine Umsätze auf.
Das Konto wird auf Guthabenbasis geführt.
3. Wir gewähren Kredit
ohne Sicherheiten.
gegen Sicherheiten.
4. Es sind …
nicht genehmigte Überziehungen vorgekommen.
Scheck- und Lastschriftrückgaben vorgekommen.
Wechselproteste vorgekommen.
Finanzielle Verhältnisse
5. Die Gesamtverhältnisse machen einen geordneten Eindruck.
6. Die finanziellen Verhältnisse erscheinen angespannt.
7. Aktuellen Einblick in die finanziellen Verhältnisse haben wir derzeit nicht.
8. Grundbesitz ist unseres Wissens
vorhanden.
nicht vorhanden.
belastet.
nicht belastet.
34 Prüfungswissen Bankwirtschaft

Kreditbeurteilung
9. Wir glauben, dass nur erfüllbare Verpflichtungen eingegangen werden.
10. Für den angefragten Betrag halten wir den Kontoinhaber für gut.
11. Eingegangene Verpflichtungen sind nach unseren Beobachtungen bisher pünkt-
lich reguliert worden.
12. Das bei uns geführte Konto lässt eine Stellungnahme zu dem angefragten Betrag
nicht zu.
13. Der angefragte Betrag erscheint uns zu weitgehend.

15. Bankgeheimnis
Bankauskunft nur mit Zustim- Bankauskunft ohne Zustimmung
Situationen mung des Kontoinhabers bzw. des Kontoinhabers
entsprechender Legitimation
Erbfall Erben: mit Erbschein oder • Das Kreditinstitut ist verpflichtet,
Testament mit Eröffnungsprotokoll alle Konto- und Depotguthaben an
die Erbschaftsteuerstelle des
Finanzamtes zu melden bei
Gesamtguthaben größer als
5.000,00 EUR.
• Meldung auf jeden Fall: Schließ-
fach und Verwahrstücke
• gesetzliche Grundlage:
§ 33 ErbStG
• gemeldete Guthaben zuzüglich
Zinsen: Kontoguthaben Todestag
0:00 Uhr
• gemeldete Depotguthaben: Kurse
am Todestag des Kontoinhabers
• Zeitpunkt der Meldung: spätes-
tens 1 Monat ab Kenntnis vom
Todesfall
Freistellungs- Das Kreditinstitut meldet bei FSA
auftrag (FSA) dem Bundeszentralamt für Steuern
801,00 EUR (BZSt) die Daten des Freistellungs-
bzw. 1.602,00 auftrags und die tatsächlich freige-
EUR stellten Kapitalerträge des Kunden.
• Name und Anschrift des Kunden
• Höhe des FSA
• Höhe des ausgenutzten FSA
Online- • Kreditinstitute sind verpflichtet,
Kontoabfrage dem BZSt den jederzeitigen
(automatisierter Online-Abruf von Kontostamm-
Abruf von Kon- daten zu ermöglichen (§ 93 Nr. 7
toinformationen) und 8 und § 93 b der Abgaben-
ordnung).
A1 Kontoführung 35

Bankauskunft nur mit Zustim- Bankauskunft ohne Zustimmung


Situationen mung des Kontoinhabers bzw. des Kontoinhabers
entsprechender Legitimation
• Abrufbar sind folgende Daten:
Vor- und Nachname, Geburtsda-
tum, Anschrift, Anzahl aller Kon-
ten und Depots, Verfügungs-
berechtigte, Errichtungs- und Auf-
lösungstag
• Nicht abrufbar: Kontostände,
Kontobewegungen
Sozialbehör- Bei Anträgen verlangt das Sozialamt Anforderung einer Online-Abfrage
den, z. B. Ar- von Leistungsempfängern die Ein- beim BZSt und Prüfung der Daten
beitsagentur, verständniserklärung darüber, dass der Freistellungsaufträge
Familienkasse, die Behörde berechtigt ist, Bank-
Sozialamt, BA- auskünfte über das Einkommen und
föG-Amt Vermögen einzuholen (§ 60 SGB I).
Ermittlungs- • Mit richterlicher Anordnung sind
behörden, Durchsuchungen und Beschlag-
z. B. Staatsan- nahme von Kundenunterlagen
waltschaft, möglich.
Strafgericht, • Auskunftspflicht für Bankberater
Zoll- und
Steuerfahn-
dung
Geldwäsche Ermittlungsbehörden können über
die BaFin eine Online-Kontoabfrage
zu Finanztransaktionen, die der
Geldwäsche verdächtig sind, durch-
führen (§ 24 c KWG).
Pfändungs- Bei Zwangsvollstreckungen oder
gläubiger Pfändungsbeschlüssen muss das
(§ 829, 835, 840 Kreditinstitut dem Gläubiger Aus-
ZPO) kunft über Konten, Depots und
sonstige Vermögenswerte erteilen.
Einzelaus- Im Verdachtsfall ist ein Einzelaus-
kunfts- kunftsersuchen des Finanzamts
ersuchen zulässig, wenn zuvor die Recher-
chen beim Steuerpflichtigen ergeb-
nislos verlaufen sind. Dabei sind alle
Kontostammdaten sowie alle Konto-
stände und Kontobewegungen eines
Kunden der Finanzbehörde gegen-
über offenzulegen.
Bankauskunft Bankauskunft über Privatpersonen Bankauskunft über Firmenkunden
(juristische Personen und Kaufleute)
36 Prüfungswissen Bankwirtschaft

16. Online-Banking
Allgemeines Beim Online-Banking müssen Überweisungen, Daueraufträge oder Termin-
überweisungen nicht mehr am Bankschalter erledigt werden. Über ein Onli-
ne-Programm oder über eine spezielle Banksoftware können die alltäglichen
Bankgeschäfte direkt über das Internet abgewickelt werden. Online-Banking
ist eine Erleichterung im Alltag. Der Kunde muss nicht wegen jeder Kleinig-
keit zur Bank rennen. Sämtliche Transaktionen werden digital angewiesen
und verschlüsselt. Der Kunde verwaltet seine Konten und Wertpapierdepots
online unter Nutzung von Internetprovidern.
Sicherheit • Beim PIN/TAN-Verfahren muss sich der Kunde mit einer persönlichen
Identifikationsnummer (Online-PIN) legitimieren und bei jeder Transaktion
eine Transaktionsnummer (TAN) verbrauchen, die ihm auch per SMS zu-
geschickt werden kann.
• Eine Sicherheit bietet das iTAN-Verfahren. Hier wird vom Kunden eine
genau bestimmte TAN aus einer TAN-Liste eingesetzt.
• Ein weiteres Verfahren zur Sicherheit im Online-Banking ist das HBCI-
Verfahren. Der Kunde muss bei diesem Verfahren eine sog. elektronische
Signatur verwenden. Diese Signatur wird dem Kunden in Form einer Chip-
karte mit Lesegerät oder in Dateiform zur Verfügung gestellt.
• Eine weitere Sicherheitsmaßnahme ist die mobile TAN (mTAN). Dabei
wird bei der Einrichtung des Online-Banking-Zugangs eine Mobiltelefon-
Rufnummer hinterlegt. Dem Kunden wird an diese Rufnummer die zeitlich
begrenzte TAN per SMS übermittelt, die er im Online-Banking-Verfahren
jeweils für eine spezielle Transaktion einzugeben hat.
• Beim Smart-TAN-Verfahren werden die TANs unter Verwendung eines
TAN-Generators erstellt. Auf Knopfdruck wird jeweils eine neue TAN er-
zeugt.
Technik und • Wahl des PIN/TAN-Verfahrens oder des HBCI-Verfahrens
Organisation • Vorhandensein eines PC
• Vorhandensein einer Datenfernübertragungseinrichtung, z. B. ein Telefon-
anschluss, Modem oder Vorhandensein einer ISDN-Karte
• Vorhandensein eines Online-Dienstes bzw. eines Internet-Zugangs
• Der Kunde muss einen Online-Banking-Vertrag mit Sonderbedingungen
zur Teilnahme am Online-Banking mit seiner Hausbank abgeschlossen
haben.
• Das Online-Banking muss von der Bank freigeschaltet sein.
• Der Kunde muss über die bankenübliche Software verfügen.
Elektroni- • Kontoumsätze abfragen
sche Bank- • Saldenübersicht abrufen
dienstleis- • Kontoauszüge anschauen
tungen • Überweisung eingeben
• Lastschriften zurückgeben
• Daueraufträge einrichten, ändern, löschen
• Depotbestand abrufen
• Börsenkurse abfragen
A1 Kontoführung 37

• Wertpapierkäufe und -verkäufe tätigen


• Spareinlagen abfragen
• allgemeine Bankinfos abrufen
• Modellrechnung für Kredite durchführen.
Vorteile für • Vereinfachung der Zahlungsverkehrsabwicklung
den Kunden • vereinfachte Abwicklung der Wertpapiergeschäfte
• günstigere Konditionen für die Abwicklung des Zahlungsverkehrs
• Unabhängigkeit der Kunden von Öffnungszeiten und Standorten der Bank-
filialen
Vorteil des HBCI-Verfahren ist sehr sicher, weil es ein sehr aufwendiges Verschlüsse-
HBCI- lungsverfahren ist.
Verfahrens
gegenüber
dem
PIN/TAN-
Verfahren
Nachteile des • höhere Anschaffungskosten für den Kartenleser
HBCI- • weniger flexibel als PIN/TAN-Verfahren (auf Reisen wegen zusätzlicher
Verfahrens Hardware)
gegenüber • zusätzliche Bankensoftware erforderlich (StarMoney, Quicken)
dem
PIN/TAN-
Verfahren
Paydirekt: Online-Bezahlverfahren der deutschen Kreditwirtschaft, das eine für Käufer
Grundlagen und Verkäufer sichere Zahlung im Internet ermöglicht.
Voraussetzung ist die Teilnahme am Online-Banking.
Einmalige Registrierung bei Paydirekt;
Der Verkäufer trifft eine Vereinbarung mit seinem Kreditinstitut;
Ablauf eines Wenn der Käufer beim Bezahlvorgang in einem Onlineshop die Zahlungsart
Bezahlvor- Paydirekt wählt, öffnet sich in einer gesicherten Verbindung ein neues Fens-
gangs mit ter von Paydirekt. Nach Eingabe seines Benutzernamens und seines Pass-
Paydirekt wortes werden dem Käufer die Kaufdaten zur Prüfung angezeigt.
Nach einer Zahlungsbestätigung belastet das Kreditinstitut das Konto des
Zahlers und leitet den Betrag an den Verkäufer weiter.
Sicherheit Erhält der Käufer die Ware nicht, erhält er von Paydirekt eine Erstattung des
Kaufpreises, wenn der Verkäufer den Versand der Ware nicht nachweisen
kann.
Schon unmittelbar nach der Zahlung erhält der Verkäufer eine Zahlungsga-
rantie von seinem Kreditinstitut und kann die Ware versenden.
Die Zahlung mit Paydirekt wird im direkten geschützten Dialog auf den On-
linebanking–Internetseiten des Kreditinstituts ausgeführt.
Der Verkäufer hat keine Einsicht in die Kundendaten.
38 Prüfungswissen Bankwirtschaft

Giropay: Online-Bezahlverfahren der deutschen Kreditwirtschaft;


Ablauf eines Die Zahlung erfolgt auf der Onlinebanking-Internetseite des Kreditinstituts.
Bezahlvor- Der Kunde gibt seinen Benutzernamen und seine PIN ein.
gangs mir Danach prüft er die Daten und kann dann die Überweisung durch Eingabe
giropay einer TAN autorisieren.
Nach Abschluss der Zahlung erhält der Verkäufer sofort eine Zahlungsga-
rantie von dem beauftragten Kreditinstitut.
Es gibt keinen Käuferschutz bei Nichtlieferung oder mangelhafter Lieferung.
Zahlung mit Wird der Bezahlvorgang im Online-Banking mit einer Kreditkarte durchge-
Kreditkarte: führt, gibt der Karteninhaber die Kartennummer, das Gültigkeitsdatum und
Ablaufsche- die drei- oder vierstellige Kartenprüfziffer an. Zur Erhöhung der Sicherheit
ma bieten Kreditkartengesellschaften besondere Authentifizierungsverfahren an:
Beim Bezahlvorgang im Internet öffnet sich ein Eingabefenster der Kredit-
kartengesellschaft im Browser, in dem die Zahlung zu bestätigen und ein
Sicherheitscode (persönliches Passwort) oder eine auf dem Handy empfan-
gene TAN einzugeben sind.
Phishing Unter Phishing versteht man Versuche, über gefälschte Webseiten, E-Mails
oder Kurznachrichten an persönliche Daten eines Internet-Nutzers zu gelan-
gen und damit Identitätsdiebstahl zu begehen. Ziel des Betrugs ist es, mit
den erhaltenen Daten beispielsweise Kontoplünderung zu begehen und den
entsprechenden Personen zu schaden.
Pharming Der Begriff Pharming setzt sich zusammen aus den Begriffen Phishing und
Pharming. Pharming setzt an den Grundlagen des Surfens im Internet an
und nutzt aus, dass die Buchstabenfolge, aus der eine Internetadresse be-
steht, z. B. www.google.com“ , von einem DNS-Surfer in eine IP-Adresse
umgewandelt werden muss, damit eine Verbindung zustande kommt. Durch
das Pharming versucht man, einen Virus oder einen Trojaner auf den Com-
puter eines Benutzers zu installieren, der die dortige Hostdatei mit dem Ziel
manipuliert, den Webverkehr vom gewünschten Ziel an eine gefälschte
Webseite umzuleiten. Der MasterCard Secure Code erhöht die Sicherheit
der Zahlungen bei Einkäufen im Internet.

17. Cross-Selling
Es handelt sich beim Cross-Selling um eine Verkaufsstrategie, welche darauf abzielt, die auf
die Abnahme einer Leistung gerichtete Kundenbeziehung auch zum Verkauf von Produkten
oder Dienstleistungen zu nutzen, die vom Konsumenten nicht unmittelbar nachgefragt werden.
Cross-Selling-Strategien dienen insofern dem kalkulatorischen Ausgleich, d. h. ein Teil des Ver-
kaufssortiments wird zu Selbstkosten oder mit nur geringen Gewinnen abgesetzt, wenn hier-
durch der Verkauf von Sortimentsteilen mit hohen Gewinnbeiträgen gefördert werden kann. Ein
typisches Beispiel für Cross-Selling bieten Banken und Sparkassen, die die im Zusammenhang
mit der Führung von Girokonten anfallenden Dienstleistungen zu weit unter den Selbstkosten
liegenden Preisen erbringen, um über den Aufbau einer stabilen Bank-Kunde-Beziehung er-
tragsstarke Zusatzgeschäfte tätigen zu können (Finanzdienstleistungen).
A1 Kontoführung 39

Cross-Selling-Signale Cross-Selling-Bankangebote
Fälligkeit einer Lebensversicherung Auszahlungsplan
Mitteilung einer berufsbedingten Verlagerung Umzugsservice
des Wohnortes
Geburt eines Kindes Ausbildungsversicherung
Interesse an staatlichen Fördermöglichkeiten Wohn-Riester-Bausparvertrag
beim Erwerb von Wohneigentum
Sortenkauf für einen Auslandsurlaub Kreditkarte
Sorgen um eine Versorgungslücke im Alter Riester-Vertrag

18. Einlagensicherung
Institutssicherung der Garantiefonds Einlagensiche- Gesetzliche Ein-
Sparkassenfinanzgruppe des Bundesver- rung des Bun- lagensicherung
bandes der deut- desverbandes und
schen Volksban- deutscher Ban- Anlegerentschä-
ken und Raiffei- ken (BdB) digung
senbanken e.V.
(BVR)
• Stützungsfonds der regiona- Der Garantiefonds Verlustsicherung Gesetzlicher Min-
len Sparkassen und Giro- soll wirtschaftliche von Nichtbanken destschutz: Die
verbände Schwierigkeiten bis zu 20 % des Basisdeckung
• Sicherungsreserve der Lan- bei den genossen- haftenden Eigen- entschädigt Einle-
desbanken und Girozentralen schaftlichen Kre- kapitals des jewei- ger bis zu einem
• Sicherungsfonds der Lan- ditinstituten behe- ligen Kreditinsti- Betrag von
desbausparkassen ben und dadurch tuts, 100.000,00 EUR
die Sicherheit der kein Schutz für zu 100 %.
Die drei institutssichernden
Einlagen der Kun- Inhaberschuld-
Einrichtungen sind über einen
Haftungsverbund miteinander den gewährleisten. verschreibungen
verknüpft. Der institutssichern- Mittelaufbringung: ab 2020 Siche-
de Haftungsverbund schützt Umlagenfinanzie- rungsgrenze ver-
die Gläubiger vor Forderungs- rung mindert sich auf 15
verlusten, und zwar bereits, % , ab 2025 auf
wenn sich bei einem Mitglied Darüber hinaus 8,75 % des haf-
wirtschaftliche Schwierigkeiten bilden alle Mit- tenden Eigenkapi-
abzeichnen. gliedsbanken ei- tals.
Mittelaufbringung: risikoorien- nen Garantie- Mittelaufbringung:
tierte Umlagen der Mitglieds- Haftungsverbund. Umlagen der
institute Mitgliedsinstitute
A2 A2 Zahlungsformen

Zahlungsformen

1. Barzahlungsverkehr – Falschgeld
Kassengeschäfte
Auszahlung am Geldautomaten Der Kunde legitimiert sich durch Einschub der
Zahlungskarte in den Geldautomaten und Ein-
gabe der PIN.
Auszahlung an automatischen Kassentre- Der Kundenberater prüft, ob die Unterschrift auf
soren dem Auszahlungsbeleg mit der hinterlegten
Unterschriftsprobe des Kunden übereinstimmt.
Bei Auszahlung von Sparkonten ist grundsätz-
lich die Sparurkunde bzw. die Sparkarte vorzu-
legen und das Guthaben zu berichtigen.

Einzahlung von Münzrollen So viele Münzen in EUR müssen die Münzrol-


len enthalten:
50 Stück x 0,01 EUR
50 Stück x 0,02 EUR
50 Stück x 0,05 EUR
40 Stück x 0,10 EUR
40 Stück x 0,20 EUR
40 Stück x 0,50 EUR
25 Stück x 1,00 EUR
25 Stück x 2,00 EUR
Einzahlung von beschädigten Banknoten Im Regelfall werden zerstörte oder beschädigte
Banknoten von der Deutschen Bundesbank
kostenlos ersetzt. Oft kommt es vor, dass
Banknoten versehentlich in die Waschmaschine
und den Trockner gelangen, zerrissen werden
oder verkleben. Meistens können diese Bank-
noten bei der Bank vor Ort eingetauscht wer-
den, wenn diese nur leicht beschädigt sind. Bei
gravierenden Beschädigungen kann jedoch nur
die Deutsche Bundesbank einen kostenlosen
Umtausch vornehmen. Dafür muss der Eigen-
tümer mehr als die Hälfte des jeweiligen Geld-
scheines einreichen. Ist dies nicht möglich,
muss der Eigentümer nachweisen, dass über
die Hälfte des Geldscheins vernichtet wurde.
Zur Einreichung bei der Deutschen Bundes-
bank sollten sämtliche Teile der Geldscheine,
auch die kleinsten Ecken und Teile eingesam-
melt und entsprechend verpackt werden.

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019
W. Grundmann und R. Rathner, Bankwirtschaft, Rechnungswesen
und Steuerung, Wirtschafts- und Sozialkunde, Prüfungstraining für
Bankkaufleute, https://doi.org/10.1007/978-3-658-23965-7_2
42 Prüfungswissen Bankwirtschaft

Vorschrift über die Behandlung von Falschgeld und falschgeldverdächtigen


Banknoten (§ 36 Bundesbankgesetz)

Maßnahmen bei Falschgeld Maßnahmen bei als Falschgeld


(Banknoten und Münzen) verdächtigten Banknoten und Münzen
Die Deutsche Bundesbank, Kreditinstitute und Als Falschgeld verdächtige Banknoten und
ihre Mitarbeiter haben nachgemachte oder Münzen sind der Deutschen Bundesbank zur
verfälschte Banknoten oder Münzen (Falsch- Prüfung vorzulegen. Stellt diese die Unecht-
geld), als Falschgeld verdächtige Banknoten heit der Banknoten oder Münzen fest, so
und Münzen sowie unbefugt ausgegebene übersendet sie das Falschgeld mit einem
Gegenstände der in § 35 genannten Art an- Gutachten der Polizei und benachrichtigt das
zuhalten. Dem Betroffenen ist eine Emp- anhaltende Kreditinstitut.
fangsbescheinigung zu erteilen.
Falschgeld und Gegenstände der in § 35
genannten Art sind mit einem Bericht der
Polizei zu übersenden. Kreditinstitute haben
der Deutschen Bundesbank hiervon Mittei-
lung zu machen.

2. Überweisung
Wichtige Regelungen bei der Ausführung von Überweisungen
aus der Sicht des
Aspekte aus der Sicht des Zahlers
Zahlungsdienstleisters
Informations- Vor Ausführung eines Zahlungsauf-
pflichten trags:
• Bekanntgabe von Ausführungsfrist
für den Zahlungsauftrag
• Information über Entgelte für die-
sen Zahlungsauftrag
Informationen nach Belastung des
Kontos des Zahlers:
• Kennung zur Identifizierung des
betreffenden Zahlungsvorgangs
• Angaben über den Zahlungsemp-
fänger
• Zahlungsbetrag und Währung
Informationen an den Zahlungsemp-
fänger:
• Kennung zur Identifizierung des
betreffenden Zahlungsvorgangs
• Angaben über den Zahlungsemp-
fänger
• Zahlungsbetrag und Währung
A2 Zahlungsformen 43

aus der Sicht des


Aspekte aus der Sicht des Zahlers
Zahlungsdienstleisters
Autorisierung des • durch Unterschrift auf dem Zah- • Alle Vorkehrungen treffen, um
Zahlungsvorgangs lungsauftrag die personalisierten Sicher-
• Eingabe einer PIN heitsmerkmale vor unbefug-
• Eingabe einer TAN tem Zugriff zu schützen.
• Eingabe von Betragsgrenzen ist • unverzügliche Anzeige bei
möglich. Verlust und Diebstahl bzw.
missbräuchlicher Verwen-
dung.
Wirksamwerden • nach Zugang beim Zahlungs-
eines dienstleister an einem Geschäfts-
Zahlungsauftrags tag
• Rechtzeitiger Zugang kann vom
Zahlungsdienstleister vorgegeben
werden, z. B. eines Zahlungsauf-
trags bis 15:00 Uhr.
• Zahlungsauftrag kann vom Zahler
zeitlich terminiert werden.
• Benachrichtigung des Zahlers bei
Ablehnung des Zahlungsauftrags
durch den Zahlungsdienstleister
• Unwiderruflichkeit eines Zahlungs-
auftrags nach dessen Zugang
beim Zahlungsdienstleister
Ausführungsfrist • Der Zahlungsdienstleister des Zah-
für lers muss sicherstellen, dass der
Zahlungsvorgänge Zahlungsbetrag spätestens am En-
de des auf den Zugangszeitpunkt
des Zahlungsauftrags folgenden
Geschäftstags beim Zahlungs-
dienstleister des Zahlungsempfän-
gers eingeht.
• Für Zahlungsvorgänge innerhalb
des Europäischen Wirtschafts-
raums, die nicht in Euro erfolgen,
kann eine Frist von 4 Geschäftsta-
gen vereinbart werden.
Wertstellung und Der Zahlungsdienstleister des Zah-
Verfügbarkeit von lungsempfängers ist verpflichtet, dem
Geldbeträgen Zahlungsempfänger den Zahlungs-
betrag unverzüglich verfügbar zu
machen, spätestens an dem Ge-
schäftstag, an dem der Zahlungsbe-
trag auf dem Konto des Zahlungs-
dienstleisters des Zahlungsempfän-
gers eingegangen ist.
44 Prüfungswissen Bankwirtschaft

aus der Sicht des


Aspekte aus der Sicht des Zahlers
Zahlungsdienstleisters
Haftung Bei nicht erfolgter oder fehlerhafter • Bei missbräuchlicher Ver-
Ausführung eines Zahlungsauftrags wendung eines abhanden ge-
haftet der Zahlungsdienstleister. kommenen Zahlungsinstru-
ments haftet der Zahler für ei-
nen Schaden bis zur Höhe von
150,00 EUR.
• Bei Vorsatz sowie grober
Fahrlässigkeit hat der Zahler
den gesamten Schaden zu
tragen.
Ausführungsfristen im nationalen und internationalen Überweisungsverkehr
Überweisungsraum Überweisungsart Währung Ausführungsfrist
Deutschland und elektronisch Euro maximal
Europäischer 1 Geschäftstag
Wirtschaftsraum beleghaft Euro maximal
2 Geschäftstage
elektronisch oder andere EWR-Währung maximal
beleghaft als Euro, z. B. polni- 4 Geschäftstage
sche Zloty
elektronisch oder Drittstaatenwährung, baldmöglichst
beleghaft z. B. US-Dollar
A2 Zahlungsformen 45

3. SEPA-Lastschrift
Mit der SEPA-Lastschrift können Euro-Einzüge grenzüberschreitend in einem einheitlichen
Verfahren, mit einheitlichem Datenformat vorgenommen werden. Gesetzliche Grundlage ist
die EU-Zahlungsdiensterichtlinie.
Verfahren
• SEPA-Basis-Lastschriftverfahren für Verbraucher
• SEPA-Firmen-Lastschriftverfahren für Firmenkunden
Kriterien SEPA-Basis- SEPA-Firmen-
Lastschriftverfahren Lastschriftverfahren
Zahlungsraum • Zahlungen in EUR innerhalb der EU und des EWR sowie Schweiz
und Monaco
• Zahlungen im Inland
Meldepflichten Meldepflichten nach dem Außenwirtschaftsgesetz: ab 12.500,00 EUR
Teilnehmer Privatkunden Firmenkunden
Teilnahme- • Beitrittserklärung vom Zahlungs- • Beitrittserklärung vom Zahlungs-
voraussetzungen empfänger und Kreditinstitut empfänger und Kreditinstitut
• Zahlungspflichtiger erteilt dem • Zahlungspflichtiger erteilt dem
Zahlungsempfänger das SEPA- Zahlungsempfänger das SEPA-
Lastschriftmandat. Lastschriftmandat.
• Zahlungspflichtiger muss der
Zahlstelle das SEPA-
Lastschriftmandat bestätigen.
Erteilung des Zahlungsautorisierung mittels Zahlungsautorisierung mittels
SEPA- Lastschriftmandat Lastschriftmandat
Lastschriftman- Weisung des Zahlungspflichtigen: Bestätigung der Erteilung eines
dats • Einzugsermächtigung des Zah- SEPA-Lastschriftmandats gegen-
lungspflichtigen an den Zah- über der Zahlstelle
lungsempfänger Weisung des Zahlungspflichtigen:
• Zahlungsauftrag an die Zahlstel- • Einzugsermächtigung des Zah-
le, vom Zahlungsempfänger ein- lungspflichtigen an den Zah-
gereichte SEPA-Lastschriften lungsempfänger
einzulösen. • Zahlungsauftrag an die Zahlstel-
Verfall des Mandats: Nach 36 Mo- le, vom Zahlungsempfänger ein-
naten, wenn innerhalb dieses Zeit- gereichte SEPA-Lastschriften
raums keine Folgelastschriften einzulösen.
eingereicht wurden. Verfall des Mandats: nach 36 Mo-
Ansonsten: Das Mandat gilt unbe- naten, wenn innerhalb dieses Zeit-
fristet bis zum Widerruf. raums keine Folgelastschriften
Informationspflicht: Der Zahlungs- eingereicht wurden.
empfänger muss den Zahlungs- Lastschriftmandat bleibt beim Zah-
pflichtigen über jeden bevorste- lungsempfänger; Verwahrung 14
henden Lastschrifteinzug informie- Monate nach dem letzten Last-
ren (Pre-Notification). schrifteinzug
46 Prüfungswissen Bankwirtschaft

Kriterien SEPA-Basis- SEPA-Firmen-


Lastschriftverfahren Lastschriftverfahren
In der Lastschrift muss der Zah-
lungsempfänger ein Fälligkeitsda-
tum angeben, an dem das Konto
des Zahlungspflichtigen belastet
werden soll.
Lastschriftmandat bleibt beim Zah-
lungsempfänger; Verwahrung 14
Monate nach dem letzten Last-
schrifteinzug
Erledigung des Zahlungsempfänger teilt der Zahl-
SEPA- stelle die Erledigung des Last-
Lastschriftman- schriftmandats mit Einzug der letz-
dats ten Lastschrift mit.
Widerruf des • jederzeit vom Kunden durch • jederzeit vom Kunden durch
SEPA- Erklärung gegenüber seinem Erklärung gegenüber seinem
Lastschriftman- Kreditinstitut Kreditinstitut
dats • Widerruf gegenüber dem Zah- • Widerruf gegenüber dem Zah-
lungsempfänger lungsempfänger
Voraussetzungen • Kein Widerruf liegt vor.
für die Einlösung • ausreichendes Guthaben
der SEPA- • keine Teileinlösungen
Lastschrift • Die IBAN des Zahlungspflichtigen ist zuzuordnen.
• Benachrichtigung des Zahlungspflichtigen bei Nichteinlösung einer
SEPA-Lastschrift
Vorlagefristen bei Erst- und Einmallastschriften: einheitlich 1 Tag vor Fälligkeit
Einreichung von 5 Tage vor Fälligkeit
SEPA- Folgelastschriften: spätestens
Lastschriften 2 Tage vor Fälligkeit
Zurückweisung Der Kunde kann dem Kreditinstitut gesondert die Weisung erteilen,
bestimmte Lastschriften nicht einzulösen.
Widerspruch • Rückerstattungsanspruch 8 Wo- kein Erstattungsanspruch nach
gegen Belas- chen ab Belastungsbuchung oh- erfolgter Einlösung
tungsbuchungen ne Grundangabe
mit gültigem • Erlöschen des Erstattungs-
Lastschriftman- anspruchs nach Genehmigung
dat der Lastschriftbuchung
Widerspruch • unverzügliche Erstattung des Lastschriftbetrages
gegen Belas- • Ausschluss der Ansprüche des Kunden nach Ablauf von 13 Monaten
tungsbuchungen ab Belastungsbuchung
mit ungültigem
Lastschrift-
mandat
A2 Zahlungsformen 47

Kriterien SEPA-Basis- SEPA-Firmen-


Lastschriftverfahren Lastschriftverfahren
Lastschriftrück- bis 5 Tage nach Belastungs- bis 2 Tage nach Belastungs-
gabe durch Zahl- buchung buchung
stelle

4. Scheck
Scheckarten • Barscheck
• Verrechnungsscheck
• Inhaberscheck
• Orderscheck
Aktive Fähigkeit, Schecks ziehen zu dürfen und die daraus sich ergebenden
Scheckfähigkeit Verpflichtungen einzugehen. Mit der Volljährigkeit ist eine Person aktiv
scheckfähig.
Passive Kreditinstitute und die Deutsche Bundesbank sind passiv scheckfähig. Es
Scheckfähigkeit ist die Fähigkeit, Schecks auf sich ziehen zu lassen.
Scheckeinlö- • Barschecks durch Barauszahlung an den Einreicher
sung • Verrechnungsschecks und Orderschecks durch Belastung des
Ausstellers
Scheckeinzug BSE-Verfahren (Belegloser Scheckeinzug):
• Schecks bis unter 6.000,00 EUR
• Überleitung durch 1. Inkassostelle
• Keine Vorlage des Originalschecks beim bezogenen Kreditinstitut
ISE-Verfahren (Image gestützter Scheckeinzug):
• Schecks ab 6.000,00 EUR
• Weiterleitung eines eingescannten Bildes eines Schecks
• keine Vorlage des Originalsschecks beim bezogenen Kreditinstitut
• scheckrechtliche Rückgriffsansprüche
Gesetzliche Bestandteile
1. Bezeichnung „Scheck“ im Text der Urkunde
2. Unbedingte Anweisung, eine bestimmte Geldsumme zu zahlen
3. Bezogenes Kreditinstitut
4. Zahlungsort
5. Ort und Tag der Ausstellung
6. Unterschrift des Ausstellers
Kaufmännische Bestandteile
1. Wiederholung der Schecksumme in Ziffern (schnelle Bearbeitung des Schecks)
2. Zahlungsempfänger
3. „Überbringerklausel“ ermöglicht die formlose Weitergabe des Schecks.
4. Zeile „Verwendungszweck“ für Mitteilungen an den Zahlungsempfänger
5. Schecknummer zur Beachtung eines möglichen Widerrufs
6. Kontonummer des Ausstellers wegen der Belastung des Ausstellers
7. Bankleitzahl des bezogenen Kreditinstituts wegen Scheckeinlösung
8. Codierzeile wegen der automatisierten Belegbearbeitung
48 Prüfungswissen Bankwirtschaft

Scheckarten
Barscheck Einlösung durch Barauszahlung an den Vorleger
Verrechnungs- Wird vom bezogenen Kreditinstitut nur im Wege der Gutschrift eingelöst.
scheck Verrechnungsschecks tragen den Vermerk „Nur zur Verrechnung“.
Inhaberscheck Der Scheck ist an den Vorleger zahlbar. Der Inhaberscheck wird durch
die sog. „Überbringerklausel“ zum Inhaberscheck.
Ursprünglich ist der Scheck ein Orderpapier.
Orderscheck Der Orderscheck ist an den legitimierten Vorleger zahlbar. Orderschecks
tragen in der Praxis den Ordervermerk „oder Order“.
Orderschecks tragen am rechten Rand einen roten Streifen mit dem Ver-
merk „Orderscheck“. Aus Sicherheitsgründen werden Orderschecks im
inländischen Zahlungsverkehr meist bei Geschäftskunden und im Aus-
landszahlungsverkehr verwendet. Im Rahmen der Scheckeinreichung wird
der Orderscheck vom Begünstigten mit einem Indossament versehen. Da-
mit beauftragt er die Bank, den Gegenwert des Orderschecks einzuziehen
und ihm den Betrag auf seinem Konto gutzuschreiben. Der Orderscheck ist
auch ohne „Orderklausel an Order“ ein geborenes Orderpapier. Die Ver-
rechnung des Scheckgegenwertes auf dem Konto des Scheckeinreichers
erfolgt nur durch Anbringung eines Inkassoindossaments (Unterschrift des
Indossanten). Damit wird die Bank berechtigt, den Orderscheck einzulösen
und dem Scheckberechtigten gutzuschreiben.

Scheckeinzug und Scheckeinlösung


BSE-Verfahren ISE-Verfahren
• Das beleglose Scheckeinzugsverfahren • Beim imagegestützten Scheckeinzugsverfah-
gilt für Schecks, die auf inländische ren übermittelt die 1. Inkassostelle der Deut-
Kreditinstitute bezogen sind und auf ei- schen Bundesbank ein eingescanntes Bild der
nen Betrag unter 6.000,00 EUR lauten. bei ihr zum Inkasso eingereichten Schecks zur
• Die 1. Inkassostelle prüft die Schecks Vorlage beim bezogenen Kreditinstitut. Auf
auf formelle Ordnungsmäßigkeit, er- diese Weise entfällt der zeit- und kosteninten-
fasst die Scheckdaten und wandelt sie sive Transport der Originalsschecks.
in elektronische Clearingdatensätze • Das ISE-Verfahren gilt für Schecks ab 6.000,00
um. EUR.
• Der Originalscheck bleibt bei der 1. In- • Die Schecks werden 3 Kalenderjahre lang bei
kassostelle als Schecklagerstelle. der 1. Inkassostelle gelagert.
• Die Scheckgegenwerte werden beleg- • Die 1. Inkassostelle prüft die eingereichten
los über die Deutsche Bundesbank Schecks auf ihre formelle Ordnungsmäßigkeit.
eingezogen. • Sie erstellt die Image- und Clearingdatensätze
und reicht sie an die Bundesbank als Abrech-
nungsstelle weiter.
• Die Bundesbank leitet verrechnet die Scheck-
gegenwerte und leitet die Datensätze an die
bezogene Bank weiter.
• Die bezogene Bank prüft anhand des Scheck-
abbildes die Einlösung und verrechnet die
Scheckgutschrift.
A2 Zahlungsformen 49

BSE-Verfahren ISE-Verfahren
Vorteile des ISE-Verfahrens:
• Kosten- und Zeitersparnisse
• Die Führung eines Scheckprozesses ist trotz
Nichtvorlage beim bezogenen Institut durch
den Schecknehmer möglich.
Bearbeitung von Rückschecks:
• Nach dem beleglosen Scheck-Einzug-
Verfahren sind Scheckgegenwerte von nicht
eingelösten Schecks spätestens an dem auf
den Eingangstag der Scheckdaten folgenden
Bankarbeitstag an die 1. Inkassostelle zurück-
zurechnen.
• Bei Schecks im Betrag von 6.000,00 EUR und
darüber ist eine Eilnachricht an die 1. Inkasso-
stelle erforderlich.
Bearbeitung von Rückschecks:
• Nach dem ISE-Verfahren eingezogene
Scheckgegenwerte sind spätestens an dem auf
den Tag der Vorlage des Scheckbildes folgen-
den Bankarbeitstag über die Deutsche Bun-
desbank an die 1. Inkassostelle zurückzurech-
nen.
• Bei Schecks im Betrag von 6.000,00 EUR und
darüber ist eine Eilnachricht an die 1. Inkasso-
stelle erforderlich.

5. Bundesbank-Scheck
Die Banken beschaffen ihren Kunden bestätigte Bundesbank-Schecks, indem sie auf ihr eigenes
Bundesbank-Girokonto Schecks ziehen, sie bestätigen lassen und anschließend an die Kunden
aushändigen. Provisionskosten werden dem Kunden von den Banken für diese Dienstleistung
in Rechnung gestellt. Die Bundesbank belastet das Bundesbank-Girokonto der Bank zuzüg-
lich einer Bestätigungsprovision und schreibt den Scheckbetrag einem Deckungskonto gut. 8
Tage nach Scheckausstellung erlischt die Verpflichtung der Bundesbank aus der Bestätigung.
Danach wird der Bundesbank-Scheck wie ein gewöhnlicher Scheck behandelt.
50 Prüfungswissen Bankwirtschaft

6. Kartenzahlungen
Kartenzahlungen aus Kundensicht
Geldkarte Girokarte Kreditkarte
Maestro-System
Legitimation keine Prüfung der Eingabe der PIN und Unterschrift auf Leis-
Legitimation des Vorle- Online-Prüfung der PIN, tungsbeleg oder alterna-
gers bei Nutzung der der Sperrdatei und des tiv Eingabe der PIN und
Karte Verfügungsrahmens Online-Prüfung der
Sperrdatei und des Ver-
fügungsrahmens
Zahlungs- Zahlungsgarantie Zahlungsgarantie Zahlungsgarantie
garantie für
den Händler
Belastung beim Aufladen der Belastung nach Der Karteninhaber er-
des Karte maximal jeder Zahlung hält einmal monatlich
Karten- 200,00 EUR eine Abrechnung über
inhabers alle getätigten Kreditkar-
tenumsätze. Abwickler
zieht per Lastschrift den
gesamten Rechnungs-
betrag in einer Summe
vom Girokonto des
Karteninhabers ein
Sicherheit für Bei Verlust der Karte • unrechtmäßige Verfü- • Schäden vor der Ver-
den Karten- trägt der Karteninhaber gungen nur bei Kennt- lustanzeige: Haftung
inhaber das volle Risiko. nis der PIN des Karteninhabers
• Vor der Verlustanzeige maximal 50,00 EUR,
ist die Haftung abhän- aber abhängig vom
gig vom Verschulden Verschulden des Kun-
des Kunden, nach der den
Verlustanzeige trägt • Schäden nach der
die Bank alle Schäden. Verlustanzeige: keine
Haftung des Karten-
inhabers
Besondere • Nutzung des • Nutzung von
Dienst- Kontoauszugs- Geldautomaten
leistungen druckers • Preisnachlässe bei
• Nutzung des Einkäufen mit
Geldautomaten Co-Branding-Karten
• Haftungsbeschrän- • Ausgabe von Classic-,
kung bei Verlust Premium- und Busi-
• Abwicklung von nesskarten mit Zusatz-
Aufträgen an angeboten von z. B.
SB-Terminals Versicherungsleistun-
gen
A2 Zahlungsformen 51

Kartenzahlungen aus Händlersicht


Aspekte Geldkarte Girokarte Kreditkarte
Maestro-System
Abwicklung • Käufer führt Geldkarte • Ladenkasse zeigt den • Vorlage der Kreditkar-
einer Zah- in das Händlerterminal Betrag te beim Vertragsun-
lung und bestätigt den an- • Terminaleinführung ternehmen
gegebenen Kaufbe- der Girokarte • Terminaleinführung
trag. • Eingabe der PIN und der Kreditkarte
• Händlerterminal mel- Bestätigung durch den • Einlesen der Kredit-
det erfolgreiche Zah- Karteninhaber (= Ver- kartendaten, Überprü-
lung und zeigt Rest- anlassung der Autori- fung des Verfügungs-
guthaben auf der sierung in der Autori- rahmens und einer
Geldkarte an. sierungszentrale) Kreditkartensperre
• Bei jeder Zahlung wird • Autorisierung umfasst • Bei positiver Autorisie-
der Betrag über eine folgende Kontrollen: rung erscheint im Dis-
Händlerkarte im PIN, Echtheit der Kar- play des Händler-
Terminal vom gespei- te, Kartensperre, Ver- terminals eine Autori-
cherten Guthaben fügungsrahmen sierungsnummer (=
abgebucht. • positive Autorisierung: Zahlungsgarantie) und
• Gegenüber dem „Zahlung erfolgt“ Angabe „Genehmi-
Händler übernimmt (= Zahlungsgarantie gung erteilt“.
das Karten ausgeben- für den Händler) • Ausdruck eines Leis-
de Institut eine Zah- • Das Kreditinstitut des tungsbelegs und Un-
lungsgarantie. Händlers zieht die ein- terschrift des Karten-
• Händler reicht alle zelnen Forderungsbe- inhabers, alternativ
Umsätze aus Geldkar- träge per Lastschrift Eingabe der PIN
ten bei seiner Bank ein. bei den Banken der (= Einverständnis mit
Bei der Bank werden Käufer ein. Käufer der Abbuchung)
dann die Umsätze zum kann der Lastschrift
Einzug freigegeben. nicht widersprechen
wegen Zahlungs-
garantie.
Geldeingang Das Unternehmen • Vertragsunternehmen
beim übermittelt die Beträge leitet die autorisierten
Vertrags- aus den EC-Zahlungen Kartenumsätze über
unternehmen beleglos über den Ter- das Kartenterminal
minalnetzbetreiber an elektronisch an den
seine Bank und erhält Abwickler weiter.
den Gesamtbetrag gut- • Abwickler wickelt die
geschrieben. Kartenzahlung im Auf-
trag der Kartengesell-
schaft ab.
• Abwickler zieht per
Lastschrift den ge-
samten Rechnungs-
betrag in einer Sum-
me einmal monatlich
52 Prüfungswissen Bankwirtschaft

Aspekte Geldkarte Girokarte Kreditkarte


Maestro-System
vom Girokonto des
Karteninhabers ein.
Danach schreibt der
Abwickler dem Händ-
ler den Gegenwert der
angefallenen Karten-
umsätze unter Abzug
eines Disagios gut.
• Abwickler überweist
das einbehaltene
Disagio an die Karten
ausgebenden Banken
Vorteile für • Verminderung des • schneller Bezahl- • schneller Bezahl-
Händler Beraubungsrisikos vorgang vorgang
• Vermeidung von • Zahlungsgarantie • Zahlungsgarantie
Wechselgeldausgabe- • gleichtägige Gutschrift
fehlern aller Umsätze
• schneller Bezahl-
vorgang
• keine Kosten für
Autorisierung
• Zahlungsgarantie
• geringes Händler-
entgelt
• gleichtägige Gutschrift
aller Umsätze
Kosten für • Terminalkosten • Terminalkosten • Terminalkosten
Händler • geringe Provision an • Kosten für die Online- • Kosten für die Online-
das Karten ausgeben- Verbindung Verbindung
den Kreditinstitut • Provision des Karten • Disagio vom
ausgebenden Kredit- Rechnungsbetrag
instituts
Nutzungsmöglichkeiten der Girokarte am SB-Terminal:
• Erteilung von Überweisungsaufträgen (mit PIN)
• Nutzung des Kontoauszugsdruckers (ohne Eingabe der PIN)
• Kontostandsabfrage (ohne PIN) möglich
Zahlung mit Geldkarte
Vorteile für den Kunden
• Verringerung der Bargeldhaltung
• Unabhängigkeit vom Kleingeld
• Möglichkeit des Wiederaufladens der Geldkarte
• Bezahlung im Internet möglich, wenn ein Chipkartenleser verwendet wird.
A2 Zahlungsformen 53

Kartensperre
Bei Verlust oder Diebstahl der Girocard sollten Karteninhaber ihre Zahlungskarte nicht nur
schnell, sondern auch vorschriftsmäßig sperren lassen. Der Kunde muss für die Girokartensper-
rung seine Bankleitzahl und Kontonummer bereithalten und den Zeitpunkt der Kartensperrung
notieren. Die Kartensperre kann zu den Geschäftszeiten bei den Kreditinstituten veranlasst wer-
den. Außerdem kann unter der Sperrnummer +49 (0)1805 021021 oder unter der gebühren-
freien Rufnummer +49 116 116 die Kartensperre angezeigt werden. Dieser Sperr-
annahmedienst ist Tag und Nacht erreichbar.
Bei Diebstahl muss der Kunde sofort Anzeige bei der Polizei erstatten. Der Zeitpunkt der An-
zeige und der Name des Beamten, der die Anzeige aufnimmt, sollte notiert werden.
Sofern der Kunde nicht grob fahrlässig handelt, wird ihm die unberechtigte Abbuchung von der
Bank oder Sparkasse erstattet. Grob fahrlässig handelt man, wenn man die PIN auf der Karte
vermerkt oder zusammen mit der Karte am gleichen Ort, wie zum Beispiel im Geldbeutel, aufbe-
wahrt.
Girogo-Verfahren
Girogo ermöglicht ein kontaktloses Bezahlen mit der Geldkarte. Die Karten verfügen über
einen Funkchip, der eine Nahfeldkommunikation (Near Field Communication, NFC) mit dem
Kartenterminal ermöglicht. Beim Zahlungsvorgang hält der Karteninhaber die Karte in einem
Abstand von einigen Zentimetern an die Bezahlfläche des Terminals. Das Guthaben auf der
Geldkarte wird um den Rechnungsbetrag vermindert. Ein akustisches Signal bestätigt die
erfolgreiche Zahlung.
Der Höchstbetrag für eine einzelne Girogo-Zahlung beträgt 25,00 EUR.
Das Aufladen von Girogo-Geldkarten erfolgt an Terminals von Kreditinstituten, z.B. An Geld-
automaten. Nach Eingabe der PIN kann der Karteninhaber die Karte bis zum Höchstbetrag
von 200,00 EUR aufladen.
Mit einem Chipkartenleser ist das Aufladen auch über das Online-Banking möglich.
Eine automatische Aufladung bzw. Abo-Laden kann mit dem Kreditinstitut vereinbart werden.
Die Geldkarte kann dann an einem Kartenterminal automatisch um einen vereinbarten Betrag
zwischen 20,00 EUR und 50,00 EUR aufgeladen werden. Es erfolgt dann, wenn das Gutha-
ben zum Bezahlen nicht mehr ausreichen sollte. Eine Eingabe der PIN ist dann nicht erforder-
lich. Das Abo-Laden kann nur einmal täglich genutzt werden.
A3 A3 Ausländischer Zahlungsverkehr

Ausländischer Zahlungsverkehr

1. Nichtdokumentärer Zahlungsverkehr
1.1 SEPA
SEPA (Single Euro Payments Area) ist ein einheitlicher Euro-Zahlungsverkehrsraum, in dem
alle Zahlungen wie inländische Zahlungen behandelt werden. Mit SEPA wird nicht mehr – wie
derzeit - zwischen nationalen und grenzüberschreitenden Zahlungen unterschieden.
Nutzer von Zahlungsverkehrsdienstleistungen können mit SEPA bargeldlose Euro-Zahlungen
von einem einzigen Konto vornehmen und hierbei einheitliche Zahlungsinstrumente (SEPA-
Überweisung, SEPA-Lastschrift und SEPA-Kartenzahlungen) ebenso einfach, effizient und
sicher einsetzen wie die heutigen Zahlungsverkehrsinstrumente auf nationaler Ebene. SEPA
betrifft jedes Kreditinstitut, jedes Wirtschaftsunternehmen und jeden Verbraucher in allen
Ländern der Europäischen Union (schwerpunktmäßig in den 17 Euro-Ländern) sowie in Is-
land, Liechtenstein, Norwegen und in der Schweiz. Über 4.300 Kreditinstitute bieten die SE-
PA-Überweisung zurzeit an. Arbeitstäglich werden im Euroraum 210 Millionen unbare Zah-
lungstransaktionen getätigt. Davon entfallen über 90 % auf Überweisung, Lastschrift und Kar-
tenzahlung.

1.2 TARGET 2
TARGET 2 (Trans-European Automated Real-time Gross Settlement Express Transfer Sys-
tem) ist das gemeinsame Echtzeit-Brutto-Clearingsystem (RTGS) des Eurosystems (ESZB).
Brutto-Clearingsysteme dienen dem taggleichen Transfer von Geldern zwischen den ange-
schlossenen Banken und sind somit eine Voraussetzung für den modernen bargeldlosen Zah-
lungsverkehr. "Brutto" bedeutet in diesem Zusammenhang, dass jede einzelne Zahlung aus
dem Zentralbank-Guthaben der auftraggebenden Bank ausgeführt wird.

1.3 SWIFT
SWIFT steht für „Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication”. Dieser Ver-
band von Geldinstituten wurde 1973 gegründet. Er hat zur Aufgabe, den Nachrichtenaus-
tausch mittels eines funktionierenden Telekommunikationsnetzes, auch SWIFT-Netz genannt,
für seine Mitgliedsbanken zu ermöglichen. Die SWIFT ist in Belgien ansässig.
Die SWIFT tätigt die Abwicklung des gesamten Finanzverkehrs von mehr als 8.000 Geldinsti-
tuten in über 200 Ländern. Der SWIFT-Code wird auch SWIFT-BIC genannt. Dies bedeutet
„Bank Identifier Code“ (BIC). Die Bank, an die die Überweisung gehen soll, wird mittels dieser
Ziffernfolge identifiziert. SWIFT-Adresse ist der korrekte Begriff, der im Zahlungsverkehr dafür
verwendet wird.
Überall auf der Welt ist dieser Code gleich und kann auch weltweit angewandt werden, um ein
bestimmtes Kreditinstitut zu identifizieren. Alle internationalen Devisengeschäfte, Überwei-
sungen, internationalen Kontoauszüge und Avisen von Akkreditiveröffnungen werden mit Hilfe
dieses Codes ermöglicht.

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019
W. Grundmann und R. Rathner, Bankwirtschaft, Rechnungswesen
und Steuerung, Wirtschafts- und Sozialkunde, Prüfungstraining für
Bankkaufleute, https://doi.org/10.1007/978-3-658-23965-7_3
56 Prüfungswissen Bankwirtschaft

1.4 Bankenorderscheck
Kennzeichnung Im Auslandszahlungsverkehr werden Bankenorderschecks verwendet,
wenn Zahlungen in Drittwährungen, z. B. in US-Dollar, erfolgen sollen
oder wenn im Empfängerland Scheckzahlungen erforderlich sind. Der
Bankenorderscheck wird an die Order des Zahlungsempfängers ausge-
stellt. Er muss vor der Einreichung zur Einlösung indossiert werden und
wird vom Zahlungspflichtigen oder der Bank an den Zahlungsempfänger
im Ausland versandt.
Abwicklungs- • Ausstellung des Bankenorderschecks durch die Nordbank AG, gezo-
schritte bei der gen auf eine amerikanische Korrespondenzbank (= bezogene Bank)
Zahlung mittels • Belastung des inländischen Importeurs durch die Nordbank unmittelbar
Bankenorder- nach der Scheckausstellung
scheck • Weitergabe des Bankenorderschecks an den inländischen Importeur
zur Weiterleitung an den Begünstigten in den USA oder Versand des
Bankenorderschecks direkt an den Begünstigten in den USA oder Ver-
sand an das Kreditinstitut des Exporteurs
• Begünstigter reicht den Bankenorderscheck an seine Hausbank zur
Gutschrift ein
• Verrechnung zwischen Bank des Begünstigten und der Nordbank AG
über Korrespondenzbanken

Beispiel einer Ein Importeur erteilt der Nordbank AG wegen der Ausstellung eines Ban-
Abrechnung kenorderschecks einen Zahlungsauftrag. Der Nordbank AG liegen fol-
gende Kursinformationen vor:
Kassakurse EUR/USD Sichtkurs EUR/USD
Geld Brief
1,1530 1,1590 1,1620
Die Nordbank AG stellt für diese Zahlungsverkehrsleistung die folgenden
Entgelte in Rechnung:
Abwicklungsprovision 1,5 ‰, mindestens 12,00 EUR
Courtage 0,25 ‰, mindestens 2,50 EUR
Spesen für die Scheckausstellung 10,00 EUR
Erstellung der Scheckabrechnung:
Der Gesamtbetrag wird dem EUR-Konto des Importeurs belastet.
Abrechnung zum Geldkurs 1,1530 USD
34.500,00 USD = 29.921,94 EUR
Abwicklungsprovision 1,5 ‰ = 44,88 EUR
Courtage 0,25 Promille = 7,48 EUR
Spesen für die Scheckausstellung 10,00 EUR
Gesamtbetrag 29.984,30 EUR

Meldevorschrif- Im Zusammenhang mit Auslandszahlungen besteht unter bestimmten


ten bei Aus- Voraussetzungen eine gesetzliche Meldepflicht an die Deutsche Bundes-
landszahlungen bank.
Die Meldungen von Zahlungen sind in §§ 67, 71 der Außenwirtschafts-
verordnung (AWV) geregelt:
A3 Ausländischer Zahlungsverkehr 57

§ 67 Meldung von Zahlungen


(1) Inländer haben der Deutschen Bundesbank in den Fristen des § 71
Absatz 7 und 8 Zahlungen gemäß Absatz 4 zu melden, die sie
1. von Ausländern oder für deren Rechnung von Inländern entgegen-
nehmen (eingehende Zahlungen) oder
2. an Ausländer oder für deren Rechnung an Inländer leisten (ausgehen-
de Zahlungen).
(2) Nicht zu melden sind
1. Zahlungen, die den Betrag von 12.500 EUR oder den Gegenwert in
anderer Währung nicht übersteigen,
2. Zahlungen für die Einfuhr, Ausfuhr oder Verbringung von Waren und
3. Zahlungen, die die Gewährung, Aufnahme oder Rückzahlung von Kre-
diten, einschließlich der Begründung und Rückzahlung von Guthaben,
mit einer ursprünglich vereinbarten Laufzeit oder Kündigungsfrist von
nicht mehr als zwölf Monaten zum Gegenstand haben.
(3) Zahlungen im Sinne dieses Abschnitts sind auch die Aufrechnung und
die Verrechnung sowie Zahlungen, die mittels Lastschriftverfahren abge-
wickelt werden. Als Zahlung gilt ferner das Einbringen von Sachen und
Rechten in Unternehmen, Zweigniederlassungen und Betriebsstätten.
(4) In den Meldungen ein- und ausgehender Zahlungen müssen die An-
gaben gemäß Anlage Z4 „Zahlungen im Außenwirtschaftsverkehr” ent-
halten sein. Im Fall von Zahlungen im Zusammenhang mit Wertpapierge-
schäften und Finanzderivaten müssen die Angaben gemäß Anlage Z10
„Wertpapiergeschäfte und Finanzderivate im Außenwirtschaftsverkehr“
enthalten sein.
(5) … Im Fall von Zahlungen im Zusammenhang mit Wertpapieren und
Finanzderivaten sind anstelle der Angaben zum Grundgeschäft die Be-
zeichnungen der Wertpapiere, die internationale Wertpapierkennnummer
sowie Nennbetrag oder Stückzahl anzugeben.

§ 71 Meldefristen
(7) Meldungen gemäß § 67 Absatz 1 in Verbindung mit § 67 Absatz 4
Satz 1 nach Anlage Z4 … sind bis zum siebenten Kalendertag des auf
die Leistung oder Entgegennahme der Zahlungen oder der Einfuhr oder
Verbringung der Transithandelsware folgenden Monats einzureichen.
Vorteile von • Vermeidung der Geld-Brief-Spanne bei Zahlungsein- und -ausgängen
Währungskon- • Vermeidung evtl. Umrechnungsgebühren
ten • Kauf/Verkauf von Devisen zu einem Zeitpunkt, an dem der Devisenkurs
günstig ist
• Geldanlage oder -aufnahme zum ggf. günstigeren Fremdwährungszins
• Ausschluss des Kursrisikos
58 Prüfungswissen Bankwirtschaft

1.5 Abwicklung einer Zahlung mittels Bankenorderscheck

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^ĐŚĞĐŬǀĞƌƐĂŶĚ

1.6 Sorten und Reiseschecks


Sorten • Noten und Münzen in fremder Währung
• Ankauf und Verkauf von Sorten zu Schalterpreisen
• Bei den Preisen wird die Menge der Fremdwährung angeben, die ei-
nem Euro entspricht.
• Gründe für den hohe Spanne zwischen Geldkurs und Briefkurs sind
Kursrisiken bei unsicheren Devisenmärkten, hohe Beschaffungs- und
Transportkosten für Bargeld, Kosten für die Versicherung und Lager-
haltung ausländischer Banknoten und Münzen sowie Personal- und
Sachkosten bei Ausgabe und Tresorverwahrung.
Beispiel 1
Ein Kunde der Nordbank AG möchte für eine Auslandsreise nach Südafrika 2.000 Südafrika-
nische Rand (ZAR) in bar mitnehmen.
Sortenkurse für 1,00 EUR der Nordbank AG aus Sicht der Bank
Land ISO-Code Währung Verkauf Ankauf
Australien AUD Dollar 1,5061 1,6861
Südafrika ZAR Rand 6,2323 9,6323
USA USD Dollar 1,1959 1,2659
Rechenweg: 2000 : 6,2323 = 320,91 EUR
Der Kunde muss 320,91 EUR zahlen
A3 Ausländischer Zahlungsverkehr 59

Beispiel 2
Ein Kunde, der von einer USA-Reise zurückgekehrt ist, möchte bei der Nordbank AG 5.000 USD
in Euro umwechseln.
Sortenkurse für 1,00 EUR der Nordbank AG aus Sicht der Bank
Land ISO-Code Währung Verkauf Ankauf
Australien AUD Dollar 1,5061 1,6861
Südafrika ZAR Rand 6,2323 9,6323
USA USD Dollar 1,1959 1,2659
Rechenweg: 5.000: 1,2659 = 3.949,76
Der Kunde erhält 3.949,76 EUR
Reiseschecks • Instrument zur Bargeldbeschaffung und bargeldlosen Bezahlung im
internationalen Reiseverkehr
• Euro-Reiseschecks, Fremdwährungsreiseschecks
• Stückelung bei Euro-Reiseschecks: 50, 100, 200, 500 EUR
• Stückelung bei USD-Reiseschecks: 10, 20, 50, 100, 500 USD
• Verkauf von Reiseschecks bei Kreditinstituten: bei EUR-Reiseschecks
zum Nennwert, bei Fremdwährungs-Reiseschecks Euro-Gegenwert
zum Devisengeldkurs
• Beispiel für Reiseschecks: Amexco-Schecks
• Der Gegenwert von Reiseschecks zuzüglich einer Provision muss bei
Erwerb bezahlt werden.
• Der Käufer leistet in Gegenwart eines Mitarbeiters des Kreditinstituts
auf jedem Reisescheck eine erste Unterschrift.
• Bei Auszahlung des Reiseschecks muss eine Kontrollunterschrift auf
dem Scheck erfolgen.
• Reiseschecks können im Ausland bei ausländischen Kreditinstituten
und Handelsunternehmen sowie Hotels und Restaurants eingesetzt
werden.
• Sie sind zeitlich unbegrenzt gültig.
• Nicht verbrauchte Reiseschecks können zurückgegeben werden.
• Bei Verlust von Reiseschecks wird Ersatz geleistet, wenn der Kauf-
nachweis vorliegt und weitere Voraussetzungen für die Erstattung erfüllt
sind.

2. Incoterms und Dokumente im Außenwirtschaftsverkehr


2.1 Incoterms
Allgemeine • Die Incoterms sind für den Warenhandel konzipiert.
Kennzeichnung • Die Incoterms befassen sich nur mit bestimmten Punkten des Kauf-
vertrags, die sich auf Käufer- und Verkäuferrechte und –pflichten, auf
den Gefahrübergang, die Risiko- und die Kostenteilung beziehen. An-
dere im Vertrag wichtige Aspekte wie etwa die sonstigen Vertrags-
pflichten, Gewährleistungsfragen, Haftungsausschlüsse, das für den
Vertrag geltende Recht usw. werden von den Incoterms nicht erfasst.
60 Prüfungswissen Bankwirtschaft

• Die Incoterms gelten grundsätzlich nur dann, wenn die Geschäfts-


partner auf sie Bezug nehmen und sie in ihren Vertrag einbeziehen.
Die Incoterms legen fest, welcher der Vertragspartner sich um den
Abschluss von Transport- und Versicherungsverträgen zu kümmern
hat und wer die Kosten dafür übernimmt.
• Alle Varianten der Incoterms legen den Ort der Lieferung und den
damit verbundenen Gefahrübergang vom Verkäufer auf den Käufer
sowie den Punkt des Übergangs der Kosten vom Verkäufer auf den
Käufer fest.
• Die Gefahr des zufälligen Verlusts oder der Beschädigung der Ware
sowie die Pflicht, die durch die Ware bedingten Kosten (z. B. Trans-
port, Versicherung, Zölle) zu tragen, geht vom Verkäufer auf den Käu-
fer über, wenn der Verkäufer seine Verpflichtung zur Lieferung der
Ware erfüllt hat.
Einpunktklausel Der Zeitpunkt des Gefahrübergangs entspricht dem Zeitpunkt, in dem
die Kostenlast vom Verkäufer auf den Käufer übergeht. Dies ist z. B. bei
der FOB-Klausel der Fall.
Zweipunktklausel Eine Zweipunktklausel ist z. B. die CIF-Klausel. Bei dieser Klausel muss
die Lieferung so wie bei der FOB-Klausel erfolgen und auch die Gefahr
geht wie bei der FOB-Klausel am Abgangsort auf den Käufer über. Da
der Verkäufer aber zusätzlich die Kosten des Transports bis zum Be-
stimmungsort oder Bestimmungshafen zu tragen hat, und den Trans-
port auch z. T. versichern muss, decken sich der Punkt des Gefahr-
übergangs und der Punkt des Kostenübergangs nicht, sodass es zwei
verschiedene Übergangspunkte in der Geschäftsabwicklung gibt (Zwei-
punktklausel).
FOB (Free on Der Anwendungsbereich der Klausel FOB beschränkt sich auf See-
Board … benann- fracht, die nicht in Containern transportiert wird, z. B. Stückgut oder
ter Verschif- Massengüter.
fungshafen) Kostenverteilung
Die FOB-Klausel verlangt die Verladung an Bord des benannten Schif-
fes zum vereinbarten Zeitpunkt oder innerhalb der vereinbarten Frist, d.
h. der Verkäufer hat die Ware zu liefern, indem er sie an Bord des vom
Käufer benannten Schiffs an der vom Käufer benannten Ladestelle im
benannten Verschiffungshafen verbringt. Mit der FOB-Klausel wird fest-
gelegt, dass der Verkäufer exportfreie Ware liefern muss, d. h. er muss
die Ausfuhrbewilligung auf eigene Gefahr und Kosten beschaffen sowie
alle Zollformalitäten erledigen, die für die Ausfuhr erforderlich sind. Zu-
dem muss er alle Kosten des Vortransports, der Umschlagsgebühren,
der Verladung sowie des Seehafenspediteurs tragen. Danach ist der
Verkäufer verpflichtet, den Käufer zu benachrichtigen, dass die Ware
vertragsgemäß geliefert worden ist. Der Verkäufer ist verpflichtet, dem
Käufer auf seine Kosten durch ein entsprechendes Lieferdokument
nachzuweisen, dass er die Lieferung bewirkt hat. Die Kosten von Wa-
renkontrollen, die aufgrund behördlicher Vorschriften des Exportlandes
entstehen, muss der Verkäufer tragen. Sind die Warenkontrollen dage-
A3 Ausländischer Zahlungsverkehr 61

gen aufgrund von Vorschriften des Importlandes durchzuführen, muss


der Käufer die Kosten tragen. Grundsätzlich muss der Verkäufer für
eine transportgerechte Verpackung sorgen.
Der Importeur hat die entsprechende Import- und ggf. Durchfuhrabwick-
lung auf eigene Gefahr und Kosten wahrzunehmen. Zu den Kosten des
Käufers zählen alle Zölle, Steuern und andere Abgaben sowie Kosten
der Zollformalitäten, die bei der Einfuhr der Ware und bei ihrem Trans-
port durch jedes Land anfallen. Der Käufer muss den Transportvertrag
ab Lieferort auf seine Kosten abschließen. Da die Ware ab dem Liefer-
ort auf das Risiko des Käufers transportiert wird, liegt es in seinem Inte-
resse, auch das Transportrisiko zu versichern.
Gefahrübergang
Mit der erfolgten Lieferung findet zeitgleich auch der Gefahrübergang
für Verlust und Schäden am Transportgut auf den Käufer statt. Voraus-
gesetzt wird die Verladung an Bord eines Schiffes. Die Gefahr des Ver-
lusts oder der Beschädigung der Ware geht damit über, wenn die Ware
an Bord des Schiffes gelangt, also im Ladevorgang auf die Planken
gesetzt oder auf dem Ladedeck abgesetzt wird.
CIF (Kosten, Ver- Die CIF-Klausel ist ausschließlich für den Transport mit Seeschiffen
sicherung und oder Binnenschiffen geeignet. Sie eignet sich für den Containerverkehr
Fracht … benann- mit Schiff nur ausnahmsweise.
ter Bestim- Kostenverteilung
mungshafen) Die CIF-Klausel beinhaltet die Grundsätze der Klausel FOB, ergänzt um
die vom Verkäufer zu tragenden Fracht- und Versicherungskosten.
• Die CIF-Klausel beinhaltet, dass der Verkäufer die Ware an Bord des
Schiffs verbringt.
• Zudem geht die Gefahr des Verlusts oder der Beschädigung der Wa-
re auf den Käufer über, wenn die Ware an Bord des Schiffs im Ver-
schiffungshafen gelangt.
• Der Verkäufer erfüllt seine Lieferpflicht, wenn er die Ware dem
Frachtführer übergibt. Der Frachtführer ist verpflichtet, das Frachtgut
zum Bestimmungsort zu befördern und dort an den Empfänger auszu-
liefern. Der Verkäufer hat den Beförderungsvertrag abzuschließen
und die Kosten und die Fracht, die für die Beförderung der Ware zum
benannten Bestimmungshafen erforderlich sind, zu tragen.
• Zusätzlich muss der Verkäufer einen Versicherungsvertrag abschlie-
ßen, der den Käufer vor der Gefahr des Verlusts oder der Beschädi-
gung der Ware während des Transports schützt. Allerdings ist der
Verkäufer nur verpflichtet, eine Versicherung mit Mindestdeckung ab-
zuschließen.
• Der Verkäufer hat alle die Ware betreffenden Kosten, bis diese gelie-
fert worden ist, zu tragen. Zusätzlich muss er die Fracht, die Verlade-
kosten im Verschiffungshafen und die Ausladekosten im Bestim-
mungshafen tragen. Zusätzlich sind auch die Kosten der für die Aus-
fuhr notwendigen Zollformalitäten sowie alle Zölle, Steuern und ande-
re Abgaben, die bei der Ausfuhr anfallen, und ggf. Transitkosten vom
Verkäufer zu tragen.
62 Prüfungswissen Bankwirtschaft

• Der Verkäufer ist verpflichtet, dem Käufer auf seine Kosten z. B.


durch ein Konnossement nachzuweisen, dass er die Lieferung der
Ware bewirkt hat.
• Der Verkäufer muss die Kosten der Warenkontrollen vor der Verla-
dung übernehmen, die aufgrund behördlicher Vorschriften des Export-
landes entstehen.
• Grundsätzlich muss der Verkäufer für eine transportgerechte Verpa-
ckung sorgen.
Gefahrenübergang
Der Verkäufer trägt alle Gefahren des Verlusts oder der Beschädigung
der Ware, bis die Ware an Bord des Schiffes geliefert worden ist. Der
Käufer hat alle Gefahren des Verlusts oder der Beschädigung der Ware
von dem Zeitpunkt an zu tragen, in dem die Ware an Bord des Schiffes
verbracht worden ist.

Auslandszahlungsverkehr FOB und CIF


Klauselabkürzung FOB {... benannter Verschiffungshafen}
Wortlaut: deutsch: Frei an Bord {... benannter Verschiffungshafen}
englisch: free on board {... named port of shipment}
Geeignet für: Schiffstransport (See- und Binnenschiffstransport)
Ausfuhrabfertigung: durch den Verkäufer
Einfuhrabfertigung: durch den Käufer
Abschluss des Fracht- durch den Käufer
bzw. Transportvertrages:
Lieferort: an Bord des Schiffs im Verschiffungshafen
Kostenübergang vom Ver- Verladung an Bord des Schiffs im Verschiffungshafen
käufer auf den Käufer:
Gefahrenübergang vom Verladung an Bord des Schiffs im Verschiffungshafen
Verkäufer auf den Käufer:
Hinweise: Mit FOB (Incoterms 2010) hat sich der Kosten- und Gefahren-
übergang gegenüber FOB (Incoterms 2000) geändert: Wäh-
rend in den Incoterms 2000 noch die Schiffsreling der Ort für
Kosten- und Gefahrenübergang war, muss nun nach dem
Incoterms 2010 die Ware verladen sein.

Klauselabkürzung CIF {... benannter Bestimmungshafen}


Wortlaut: deutsch: Kosten, Versicherung und Fracht {... benannter
Bestimmungshafen}
englisch: cost, insurance and freight {... named port of
destination}
Geeignet für: Schiffstransport (See- und Binnenschiffstransport)
Ausfuhrabfertigung: durch den Verkäufer
Einfuhrabfertigung: durch den Käufer
A3 Ausländischer Zahlungsverkehr 63

Abschluss des Fracht- durch den Verkäufer


bzw. Transportvertrages:
Lieferort: an Bord des Schiffs im Verschiffungshafen
Kostenübergang vom Ver- am Bestimmungshafen
käufer auf den
Käufer:
Gefahrenübergang vom Verladung an Bord des Schiffs im Verschiffungshafen
Verkäufer auf den
Käufer:
Incoterms 2010
Gruppe E EXW = Ex Works (named place of delivery)/
Kosten- und ab Werk (benannter Lieferort)
Gefahrübergang
am Lieferort
Gruppe F FCA = Free Carrier (named place of delivery)/
frei Frachtführer (benannter Lieferort)
FAS = Free Alongside Ship … (named port of shipment)/
frei Längsseite Schiff … (benannter Verschiffungshafen)
FOB = Free on Board … (named port of shipment)/
frei an Bord … (benannter Verschiffungshafen)
Gruppe C CFR = Cost and Freight … (named port of destination)/
Gefahrenüber- Kosten und Fracht ... (benannter Bestimmungshafen)
gang am Liefer- CIF = Cost, Insurance, Freight … (named port of destination)/
ort, Kostenüber- Kosten, Versicherung, Fracht … (benannter Bestimmungshafen)
gang am Be- CPT = Carriage Paid to … (named place of destination)/
stimmungsort frachtfrei … (benannter Bestimmungsort)
CIP = Carriage and Insurance Paid to … (named place of destination)/
frachtfrei versichert … (benannter Bestimmungsort)
Gruppe D DAP = Delivered at Place … (named place of destination)/
Kosten- und geliefert am Ort … (benannter Bestimmungsort)
Gefahrübergang DAT = Delivered at Terminal (at port or place of destination)/
am Bestim- geliefert ab Terminal … (benanntes Terminal im Hafen oder am Bestim-
mungsort mungsort)
DDP = Delivered Duty paid (named place of destination)/
geliefert verzollt … (benannter Bestimmungsort)
64 Prüfungswissen Bankwirtschaft

2.2 Dokumente im Außenwirtschaftsverkehr


Konnossement Versicherungs- Handelsfaktura Konsulats- und Qualitäts-
dokumente Zollfaktura zertifikate
Bill of Lading: Sie beweisen Informiert über Zweck: Grund- Z. B. das
Transportdoku- den Abschluss das Handelsge- lage für Verzol- Ursprungszeug-
ment im See- einer Transport- schäft lung im Einfuhr- nis bescheinigt
frachtverkehr versicherung, mit Sie enthält: land die Herkunft der
Nachweis: der die Ware Name und Sitz Ware.
Frachtvertrag gegen Transport- des Verkäufers
und Übergabe risiken versichert und Käufers,
der Ware an den wird. genaue Waren-
Verfrachter Wertpapierart: bezeichnung,
Übertragung Gekorene Or- Warenmenge,
des Konnosse- derpapiere, die Verpackung,
ments: Einigung auf den Inhaber Preis und Preis-
und Übergabe ausgestellt wer- basis, Liefe-
des indossierten den. rungs- und Zah-
Wertpapiers Versicherungs- lungsbedingun-
(ersetzt die summe: 110 % gen, Transport-
Übergabe der des Warenwerts weg und -mittel
Ware) Zweck: Grund-
lage für ver-
tragsgemäße
Abwicklung des
Geschäfts sowie
Unterlage für
Einfuhrprüfung
und Verzollung

3. Dokumentäre Zahlungen im Außenwirtschaftsverkehr


3.1 Dokumenten-Inkasso
Eine dokumentäre Zahlung wird über ein D/P-Inkasso abgewickelt, wenn zwischen dem Expor-
teur und dem Importeur die Zahlungsbedingungen „Dokumente gegen Zahlung“ vereinbart
worden ist. Der Inkassoauftrag enthält die Weisung, die Dokumente gegen Zahlung des Gegen-
wertes auszuhändigen. Diese Zahlungsbedingung gibt dem Exporteur Sicherheit. Er hat noch
bis zur Übergabe der Dokumente durch die Importbank die Verfügungsgewalt über die Ware.
Abwicklungsschritte
1. Kaufvertrag zwischen Importeur und Exporteur
2. Exporteur verbringt die Ware zum Abladehafen.
3. Exporteur erhält vom Reeder die Dokumente.
4. Exporteur reicht seiner Bank die Dokumente ein und erteilt einen Inkassoauftrag.
5. Dokumente und Inkassoauftrag werden an die Bank des Importeurs weitergeleitet.
6. Bank des Importeurs dient die Dokumente dem Importeur zur Aufnahme an.
7. Bank des Importeurs belastet das Konto des Importeurs aufgrund des Einlöseauftrags.
A3 Ausländischer Zahlungsverkehr 65

8. Importeur kann mit den Dokumenten über die Ware im Bestimmungshafen verfügen.
9. Verrechnung zwischen den Banken
10. Gutschrift von der Bank des Exporteurs auf das Konto des Exporteurs

Rechtsbeziehungen beim Dokumenten-Inkasso

/ŶŬĂƐƐŽĂƵĨƚƌĂŐ
ĂŶŬĚĞƐ ;'ĞƐĐŚćĨƚƐͲ ĂŶŬĚĞƐ
/ŵƉŽƌƚĞƵƌƐ ďĞƐŽƌŐƵŶŐƐͲ džƉŽƌƚĞƵƌƐ
ǀŽƌůĞŐĞŶĚĞĂŶŬ ǀĞƌƚƌĂŐͿ ŝŶƌĞŝĐŚĞƌďĂŶŬ

ŝŶůƂƐƵŶŐƐĂƵĨƚƌĂŐ /ŶŬĂƐƐŽĂƵĨƚƌĂŐ
;'ĞƐĐŚćĨƚƐͲ ;'ĞƐĐŚćĨƚƐͲ
ďĞƐŽƌŐƵŶŐƐͲ ďĞƐŽƌŐƵŶŐƐͲ
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/ŵƉŽƌƚĞƵƌ džƉŽƌƚĞƵƌ
ĞnjŽŐĞŶĞƌ ƵĨƚƌĂŐŐĞďĞƌ
<ŽŶƚƌĂŬƚ

Vertragspartner Vorteile Nachteile


Exporteur • Verfügung über die Ware • Vorleistung der Produktion
erst nach Einlösung der und des Transports der Wa-
Dokumente re
• Sicherer Zahlungseingang, • Folgen bei Nichtaufnahme
wenn Importeur die Doku- der Dokumente durch den
mente aufnimmt. Importeur:
• Lagerkosten
• verderbliche Ware
• Verkauf der Ware unter
Wert
• Rückverschiffungskosten
Importeur • Er bestimmt den Zahlungs- Überprüfung der Ware (Quali-
zeitpunkt. tätskontrolle) erst nach Auf-
• Auslösung der Zahlungs- nahme der Dokumente und
pflicht erst bei Aufnahme damit nach Zahlung der Ware
der Dokumente
66 Prüfungswissen Bankwirtschaft

3.2 Dokumenten-Akkreditiv
Es handelt sich um ein bedingtes, abstraktes Schuldversprechen des eröffnenden Kreditinsti-
tuts, im Auftrag und nach den Weisungen des ausländischen Importeurs gegen Übergabe
vorgeschriebener Dokumente eine Zahlung an den inländischen Exporteur zu leisten, sofern
die Akkreditivbedingungen erfüllt sind.
Wichtige Inhalte des Akkreditivs
Das Akkreditiv muss eindeutig angeben, ob es durch z. B. Sichtzahlung benutzbar ist. Das
Akkreditiv muss genau angeben, gegen welche Dokumente Zahlung vorgenommen werden
soll. Es muss ein Verfalldatum für die Vorlage der Dokumente enthalten. Alle Dokumente
müssen spätestens am Verfalldatum vorgelegt werden. Es muss das Datum der spätesten
Verladung der Ware enthalten.
Rechtsfolgen beim Akkreditiv
• Das eröffnende Kreditinstitut geht eine feststehende Verpflichtung gegenüber dem Be-
günstigten ein, sofern die Akkreditivbedingungen erfüllt werden.
• Das unwiderrufliche Akkreditiv kann vom Importeur nicht einseitig abgeändert werden.
• Unwiderrufliche Akkreditive können von dem avisierenden Kreditinstitut bestätigt werden.
Gegen eine Bestätigungsprovision übernimmt das avisierende Kreditinstitut eine zusätzli-
che Einlösungsverpflichtung. Dem Exporteur haften nebeneinander wahlweise das Kredit-
institut im eigenen Land und das eröffnende Kreditinstitut. Als Grund für die Bestätigung
können die Vorsorge gegen eine Zahlungsunfähigkeit des eröffnenden Kreditinstituts und
Transferrisiken im Importland angeführt werden.
Abwicklungsschritte beim Dokumenten-Akkreditiv
• Kaufvertrag zwischen Exporteur (Begünstigter) und Importeur (Akkreditiv-Auftraggeber)
• Importeur erteilt den Akkreditivauftrag der eröffnenden Bank.
• Akkreditiveröffnung der Importbank
• Avisierung des Akkreditivs (abstraktes bedingtes Zahlungsversprechen der eröffnenden
Bank) durch beauftragte Bank an den Exporteur
• Warenversand und Beschaffung akkreditivgerechter Dokumente durch Exporteur
• Dokumente werden von der avisierenden Bank zur eröffnenden Bank aus Sicherheits-
gründen in zwei Postsendungen versandt.
• Dokumentenprüfung beim eröffnenden Kreditinstitut
• Aushändigung der Dokumente an den Importeur unter gleichzeitiger Belastung mit dem
Akkreditiv-Betrag zuzüglich Provision und Spesen
• Anschaffung des Akkreditivbetrags (Verrechnung zwischen den beiden Kreditinstituten)
• Empfang der Ware durch den Importeur gegen Vorlage entsprechender Dokumente
Vertragspartner Vorteile Nachteile
Exporteur • Die Zahlung erfolgt auch für den Fall,
dass der Importeur zahlungsunfähig
oder -unwillig ist.
• Die Zahlung erfolgt auch für den Fall,
dass der Importeur die gelieferte Wa-
re nicht abnehmen will.
• Bei einem bestätigten Akkreditiv gibt
ein zweites Kreditinstitut, meist die
A3 Ausländischer Zahlungsverkehr 67

Hausbank des Exporteurs, ein weite-


res Zahlungsversprechen ab.
• Der Exporteur erhält sein Geld auch,
wenn die Auslandsbank insol-
vent/zahlungsunfähig wird.
• Der Exporteur wird erst tätig (z. B. mit
Versand der Ware), wenn das Akkre-
ditiv eröffnet/avisiert worden ist.
Importeur • Zahlung erfolgt erst nach Vorlage Qualitätskontrolle der Ware erst
akkreditivgerechter Dokumente. nach Zahlung des Akkreditivs
• Termingerechte Erfüllung des Aus- möglich.
landsgeschäfts, da Verladefrist und
Gültigkeitsdauer des Akkreditivs fest-
gelegt sind.
Die Transportdokumente
Bei einem Dokumenten-Akkreditiv müssen die Dokumente folgende Merkmale enthalten,
damit sie für akkreditivgerecht gelten:
• Es muss ein An-Bord-Seekonnossement sein, d. h. damit wird bestätigt, dass die Ware an
Bord des benannten Schiffes übernommen worden ist.
• Ein voller Satz (3-fache Ausfertigung) bedeutet, dass alle ausgestellten Originale vorgelegt
werden, damit kein Unberechtigter mit Vorlage eines Originals die Verfügungsberechtigung
über die Ware erlangen kann.
• Die An-Bord-Seekonnossemente müssen reingezeichnet sein, d. h. das Konnossement
darf keine Mängelhinweise des Verfrachters über sichtbare Beschädigungen an der Ware
bzw. Verpackung enthalten.
Rechtsbeziehungen bei einem unwiderruflichen, bestätigten Dokumenten-
Akkreditiv

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ĂŶŬĚĞƐ ĂŶŬĚĞƐ
/ŵƉŽƌƚĞƵƌƐ džƉŽƌƚĞƵƌƐ
ĞƌƂĨĨŶĞŶĚĞĂŶŬ ĂǀŝƐŝĞƌĞŶĚĞĂŶŬ

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ďĞƐŽƌŐƵŶŐƐͲ ĂďƐƚƌĂŬƚĞƐ͕ ^ĐŚƵůĚͲ
ǀĞƌƚƌĂŐ ďĞĚŝŶŐƚĞƐ ǀĞƌƐƉƌĞĐŚĞŶ
^ĐŚƵůĚͲ
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ŬŬƌĞĚŝƚŝǀͲ ĞŐƺŶƐƚŝŐƚĞƌ
ĂƵĨƚƌĂŐŐĞďĞƌ
<ŽŶƚƌĂŬƚ
68 Prüfungswissen Bankwirtschaft

Rechtsbeziehungen bei einem unwiderruflichen, unbestätigten Dokumenten-


Akkreditiv

'ĞƐĐŚćĨƚƐďĞƐŽƌŐƵŶŐƐǀĞƌƚƌĂŐ
ĂŶŬĚĞƐ ĂŶŬĚĞƐ
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ŬŬƌĞĚŝƚŝǀͲ ĞŐƺŶƐƚŝŐƚĞƌ
ĂƵĨƚƌĂŐŐĞďĞƌ
<ŽŶƚƌĂŬƚ

3.3 Devisentermingeschäfte
Allgemeine • Devisentermingeschäfte sind Fixhandelsgeschäfte in fremder Wäh-
Kennzeichnung rung, bei denen der Zeitpunkt der Erfüllung später als zwei Geschäfts-
tage liegt.
• Mit Termingeschäften kann bei zu erwartenden Deviseneingängen
oder Zahlungsverpflichtungen der Kurs sofort gesichert werden.
• Termingeschäfte können auch zur Ausnutzung von Zinsunterschieden
durch Swapgeschäfte eingesetzt werden.
• Termingeschäfte werden nur im Freiverkehr abgeschlossen.
• Es sind zwar alle Termine möglich, häufig werden aber standardisier-
te Monatstermine verwendet.
• Devisentermingeschäfte sind in jedem Fall zu erfüllen.
• Kursunterschiede zwischen Kassa- und Terminkurs werden als De-
port bzw. Report bezeichnet.
Deport – Report Der Terminkurs ist abhängig vom Kassakurs der Währung, von der
Laufzeit des Geschäfts und von der Zinsdifferenz zwischen den Wäh-
rungen. Der Swapsatz ist die Differenz zwischen Kassa- und Termin-
kurs. Der Swapsatz kann ein Deport oder ein Report sein.
• Der Terminkurs ist höher als der Kassakurs, wenn die Zinsen im In-
land niedriger sind als die ausländischen Zinsen: den Aufschlag be-
zeichnet man als Report.
• Der Terminkurs ist niedriger als der Kassakurs, wenn die Zinsen im
Ausland niedriger sind als die inländischen Zinsen den Abschlag be-
zeichnet man als Deport.
A3 Ausländischer Zahlungsverkehr 69

Beispiel für die Ein Hamburger Exporteur erwartet aus einem Exportgeschäft in die
Berechnung ei- USA in 6 Monaten einen Eingang in Höhe von 200.000,00 USD. Um
nes Terminkurses den Wert des gesamten Exportgeschäfts abzusichern, schlägt seine
Bank ein Devisentermingeschäft per 6 Monate vor.
Zinssätze für 6-Monats-Geld Euroland: 3 %
Zinssätze für 6-Monats-Geld USA: 5 %
Report (Aufschlag): 2 %
Kassakurs/Briefkurs: 1,2900
Berechnung: 1,2900 + (1,2900 x 0,02 x 6 : 12) = 1,3029
Der Exporteur hat mit diesem Devisentermingeschäft erreicht, dass der
Exporterlös in Höhe von 200.000,00 USD zum festen Terminkurs von
1,3029 abgesichert ist. Er erhält dann aus dem Exportgeschäft
153.503,72 EUR ohne Berücksichtigung von weiteren Kosten.
B B Anlage auf Konten

Anlage auf Konten

1. Termineinlagen
Wesen Termineinlagen sind Bankeinlagen mit dem Ziel der kurzfristigen Vermö-
gensanlage. Diese werden auf besonderen Termingeldkonten für einen
befristeten Zeitraum (i. d. R. 1 bis 6 Monate) festgelegt und stehen daher
für den bargeldlosen Zahlungsverkehr nicht zur Verfügung.
Während des Anlagezeitraums kann über das Guthaben nicht verfügt
werden. Die Zinsen werden bei Fälligkeit bezahlt.
Arten Festgeld: Festgelder werden bei Fälligkeit entweder prolongiert oder
entsprechend der Weisung des Kunden seinem Girokonto gutgeschrie-
ben.
Kündigungsgeld: Kündigungsgelder werden erst nach Kündigung und
Ablauf der vereinbarten Kündigungsfrist fällig.
Betrag Termineinlagen werden meist erst ab Beträgen von 5.000,00 EUR (oder
einem Vielfachen hiervon) entgegengenommen.
Verzinsung Die Verzinsung ist abhängig von der vereinbarten Laufzeit und der Einla-
genhöhe und orientiert sich an den kurzfristigen Marktzinssätzen.
Laufzeit 1 bis 6 Monate
Verwendungs- Termineinlagen sind die Hauptrefinanzierungsquelle von Kredit- und
möglichkeiten Großbanken.
für Befristete Einlagen sind für Kreditinstitute von großem Interesse. Zum
Kreditinstitute einen ist die eingelegte Geldsumme relativ hoch, zum anderen kann das
Institut wegen der vereinbarten Laufzeit oder Kündigungsfrist genau
absehen, wie lange ihm die Gelder als Finanzierungsmittel für andere
Geschäftsfelder (z. B. das Kreditgeschäft) zur Verfügung stehen.

2. Spareinlagen
Wesen Spareinlagen dienen der unbefristeten Kapitalanlage und Kapitalan-
sammlung. Sie sind durch Ausfertigung einer Sparurkunde gekennzeich-
net. Sie dienen nicht dem Zahlungsverkehr und weisen eine Kündigungs-
frist von mindestens drei Monaten auf.
Sparziele • geplante Anschaffungen
• Existenzgründungen
• Altersvorsorge
• Ausbildung von Kindern
• geplante Reise
• in der Zukunft liegende Zahlungsverpflichtungen
• Ansammlung und Anlage von Vermögen

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019
W. Grundmann und R. Rathner, Bankwirtschaft, Rechnungswesen
und Steuerung, Wirtschafts- und Sozialkunde, Prüfungstraining für
Bankkaufleute, https://doi.org/10.1007/978-3-658-23965-7_4
72 Prüfungswissen Bankwirtschaft

Merkmale von • Spareinlagen sind Guthaben auf Sparkonten. Es sind unbefristete


Spareinlagen Gelder, die die Voraussetzungen des § 21 Abs. 4 der Rechnungs-
legungsverordnung der Kreditinstitute erfüllen.
• Ausfertigung einer Sparurkunde
• Zahlungsverkehrsverbot
• Befristungsverbot
• Anlegerkreis: Spareinlagen können nicht von Kapitalgesellschaften,
Genossenschaften, wirtschaftlichen Vereinen oder Personenhandels-
gesellschaften angenommen werden, es sei denn, diese Unternehmen
dienen gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken oder es
handelt sich um die Anlage von Mietkautionen.
Sonder- Sparvertrag zugunsten Dritter nach § 328 BGB: Durch eine besondere
vereinbarungen Vereinbarung zwischen dem Einzahlenden einer Spareinlage und dem
Kreditinstitut kann geregelt werden, dass die Spareinlage nicht an ihn,
sondern an einen Dritten ausgezahlt werden soll. Eine solche Begünsti-
gung kann widerruflich oder unwiderruflich sein.
Bedeutung der § 21 Abs. 4 RechtKredV schreibt vor, dass für Spareinlagen Urkunden
Sparurkunde ausgestellt werden müssen. Die wichtigste Form der Sparurkunde ist das
Sparbuch.
Das Sparbuch hat Beweisfunktion:
• Wenn ein Dritter die Sparurkunde zur Abhebung vorgelegt hat, kann
sich das Kreditinstitut gegenüber dem Gläubiger auf die Sparurkunde
berufen.
• Die Sparurkunde beweist das Bestehen einer Spareinlage und enthält
ein Zahlungsversprechen. Die Höhe der Spareinlage wird dadurch nicht
ausgewiesen.
Das Sparbuch hat Ausweisfunktion:
• Das Kreditinstitut kann dem Vorleger des Sparbuches als verfügungs-
berechtigt ansehen, eine Prüfung seiner Legitimation ist grundsätzlich
nicht erforderlich.
Das Sparbuch ist eine Schuldurkunde im Sinne des § 808 BGB:
• Die Bank ist berechtigt, aber nicht verpflichtet, an jeden Vorleger des
Sparbuchs fällige Zahlungen zu leisten und ihn als zur Kündigung
berechtigt anzusehen.

Hinkendes Inhaberpapier
Das Kreditinstitut kann von jedem Inhaber eines Sparbuchs – auch bei Verfügungen im Rahmen
der versprochenen Leistung – verlangen, dass er seine Verfügungsberechtigung über das
Sparguthaben nachweist.
Qualifiziertes Legitimationspapier
Das Kreditinstitut darf an einen nicht verfügungsberechtigten Sparbuchinhaber mit schuldbe-
freiender Wirkung im Rahmen der versprochenen Leistung zahlen. Das Sparbuch legitimiert
den Vorleger. Das gilt auch für Zahlungen an geschäftsunfähige oder beschränkt geschäfts-
fähige Personen.
B Anlage auf Konten 73

Als versprochene Leistung gilt


• bei einer ungekündigten Spareinlage der Betrag, der kündigungsfrei zurückgefordert werden
kann. Das sind bei Spareinlagen mit dreimonatiger Kündigungsfrist 2.000,00 EUR je Ka-
lendermonat.
• bei einer gekündigten Spareinlage der durch Kündigung nach Ablauf der Kündigungsfrist
fällige Betrag.
Ein nicht verfügungsberechtigter Sparbuchinhaber hat aufgrund der Legitimationswirkung des
Sparbuchs prinzipiell die Möglichkeit, die Einlage zu kündigen und über sie nach Ablauf der
Kündigungsfrist zu verfügen. Die Legitimationswirkung des Sparbuchs geht jedoch nicht so
weit, dass vorzeitige Verfügungen über Spareinlagen außerhalb bestehender Kündigungsfrei-
beträge durch nicht verfügungsberechtigte Dritte möglich sind.
Die Verzinsung der Spareinlage
Die Sparzinssätze im standardisierten Privatkundengeschäft werden durch Aushang im Kas-
senraum bekannt gegeben. Sonderzinssätze aus einem Individualvertrag werden häufig an
die standardisierten Regelsätze gekoppelt. Eine Änderung im Standardzinsniveau wirkt sich
dann automatisch auf die Höhe der Sonderzinssätze aus.
Für die Verzinsung von Spareinlagen gelten nach den Sonderbedingungen für den Sparverkehr
folgende Regelungen: Die Verzinsung beginnt mit dem Tage der Einzahlung und endet mit dem
der Rückzahlung vorhergehenden Kalendertag. Der Monat wird zu 30 Tagen, das Jahr zu 360
Tagen gerechnet.
Im Unterschied zu Girokonten werden die Zinsen für Spareinlagen nicht aus den Salden, son-
dern aus den Umsätzen nach der sog. progressiven Postenmethode ermittelt. Die Zinsen
werden vorausgreifend bis zum Jahresende berechnet. Es wird unterstellt, dass keine Konto-
veränderung mehr folgen wird. Bei noch anfallenden Kontobewegungen wird der Zinsbestand
entsprechend korrigiert. Zum Schluss des Kalenderjahres werden die aufgelaufenen Zinsen
gutgeschrieben, dem Kapital hinzugerechnet und mit diesem vom Beginn des neuen Kalen-
derjahres an verzinst. Wird über die gutgeschriebenen Zinsen nicht innerhalb von zwei Mona-
ten nach Gutschrift verfügt, unterliegen sie der für die Spareinlage vereinbarten Kündigungs-
regelung.
Verfügungen über Spareinlagen
Über Spareinlagen können Kunden grundsätzlich nur nach vorheriger Kündigung und Ablauf
der vereinbarten Kündigungsfrist verfügen. In der Praxis lassen Kreditinstitute jedoch vorzeiti-
ge Verfügungen unter Berechnung von Vorschusszinsen oder Vorfälligkeitsentschädigungen
zu. Der Kunde hat jedoch keinen Rechtsanspruch auf vorzeitige Verfügungen, da er von der
ursprünglichen Vertragsvereinbarung abweichen will. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleis-
tungsaufsicht (BaFin) erwartet von den Banken und Sparkassen ausdrücklich, dass sie bei
vorzeitigen Verfügungen einen Vorfälligkeitspreis berechnen, da sich nur so die sofort verfüg-
baren Gelder (Sichteinlagen) von den Spareinlagen abgrenzen lassen.
Die Höhe der Vorschusszinsen wird meist im Preisaushang bekannt gegeben. In der Regel
berechnen die Banken ein Viertel (25 %) des Habenzinssatzes. Die Belastung der Vor-
schusszinsen muss im Sparbuch gesondert ausgewiesen werden. Ein Kreditinstitut kann in
Ausnahmefällen auf die Berechnung von Vorschusszinsen verzichten. Diese Möglichkeit wird
von der BaFin eingeräumt, um in Einzelfällen besondere Härten zu vermeiden. Beispiele für
Härtefälle sind Erwerbsunfähigkeit, Arbeitslosigkeit, längere Krankheit oder Wohnsitzwechsel.
74 Prüfungswissen Bankwirtschaft

Beispiel: Berechnung des Vorfälligkeitspreises


Von einem Sparkonto mit einer Kündigungsfrist von 3 Monaten werden am 20.04. ohne vorheri-
ge Kündigung 9.000,00 EUR abgehoben. Der Habenzinssatz beträgt 2 %. Weitere Verfügun-
gen gab es in dem Jahr nicht. 2.000,00 EUR sind für den Monat April frei verfügbar. 7.000,00
EUR für 3 Monate (90 Tage) mit einem Vorschusszinssatz von 0,5 % = 8,75 EUR Vorschuss-
zinsen zu verzinsen.
Vorschusszinsen
Vorschusszinsen betragen i. d. R. ein Viertel des Haben-Zinssatzes auf den Betrag und für
den Zeitraum der vorzeitigen Verfügung. Die Vorschusszinsberechnung wird nach der 90-
Tage-Methode durchgeführt, d. h. die Vorschusszinsen werden für 90 Tage auf den Betrag
berechnet, der den Freibetrag von 2.000,00 EUR übersteigt.
In der Praxis wird der Zeitraum der Vorschusszinsberechnung auf höchstens 2½ Jahre be-
grenzt. Über die zu vergütenden Habenzinsen des laufenden Jahres sowie ggf. die kapitali-
sierten Zinsen der Vorjahre hinaus werden keine Vorschusszinsen berechnet.
Abrechnung eines Sparkontos mit einer vereinbarten Kündigungsfrist von
3 Monaten
Zinssatz für Spareinlagen mit vereinbarter Kündigungsfrist von 3 Monaten laut Aushang 2,0 %
p. a. Für den Kunden liegt ein Freistellungsauftrag vor.
Vorgang Geschäfts- interne Betrag in Tage Zins- Zinsen
tag Wertstel- EUR zahlen in EUR
lung
Vortrag 01.01. 31.12. 2.500,00 360
Einzahlung 15.03. 14.03. 2.000,00 286
Zwischensumme 4.500,00
Abhebung 11.10. 10.10. -1.000,00 80
Zwischensumme 3.500,00
Einzahlung 01.12. 30.11. 10.000,00 30
Zwischensumme 13.500,00
Abhebung 04.12. 03.12. -2.000,00 27
Zwischensumme 11.500,00
Einzahlung 10.12. 09.12. 1.000,00 21
Zwischensumme 12.500,00
Einzahlung 20.12. 19.12. 2.000,00 11
Zwischensumme 14.500,00
Gutschrift der Zinsen 31.12. 31.12.
Guthaben 31.12. 31.12.
Vortrag 01.01. 31.12. 2.500,00 360 9.000 50,00
Einzahlung 15.03. 14.03. 2.000,00 286 5.720 31,78
Zwischensumme 4.500,00 81,78
Abhebung 11.10. 10.10. -1.000,00 80 -800 -4,44
Zwischensumme 3.500,00 77,34
Einzahlung 01.12. 30.11. 10.000,00 30 3.000 16,67
Zwischensumme 13.500,00 94,01
B Anlage auf Konten 75

Abhebung 04.12. 03.12. -2.000,00 27 -540 -3,00


Zwischensumme 11.500,00 91,01
Einzahlung 10.12. 09.12. 1.000,00 21 210 1,17
Zwischensumme 12.500,00 92,18
Einzahlung 20.12. 19.12. 2.000,00 11 220 1,22
Zwischensumme 14.500,00 93,40
Gutschrift der Zinsen 31.12. 31.12. 93,40
Guthaben 31.12. 31.12. 14.593,40

3. Bausparen
Übersicht über die staatliche Sparförderung
Wesen Beim Bausparen handelt es sich um ein Zwecksparen. Das Ziel des Bau-
sparers ist es, nach Erreichen bestimmter Voraussetzungen die Zuteilung
der Bausparsumme zu erhalten. Die Bausparsumme setzt sich zusam-
men aus dem angesparten Guthaben und einem zinsgünstigen nachran-
gigen Bauspardarlehen. Die Konditionen sind beginnend mit Vertragsab-
schluss festgeschrieben und garantiert, obwohl das Darlehen meist erst
Jahre später beansprucht wird und die Zinssituation auf dem Kapital-
markt dann völlig anders als bei Vertragsabschluss sein kann.
Das Bausparen ist ein Finanzierungsinstrument, bei dem Eigenkapital
angespart wird, bevor das Darlehen gegeben wird. Dieses Vorsparen
wird staatlich gefördert durch die Wohnungsbau-Prämie und Arbeitneh-
mersparzulage.
Die Vorschriften des Geldwäschegesetzes gelten auch für Bausparkassen
bei entsprechenden Kontoeröffnungen.
Rechte des Der Bausparer erwirbt neben dem Forderungsrecht für die Zukunft ein
Bausparers Anrecht auf ein zinsgünstiges Darlehen, durch das er von Hochzinspha-
sen nicht betroffen wird.
Bauspartarife, Wartezeit: Durch unterschiedlich aufgebaute Tarife haben
sich die Bausparkassen flexibel den unterschiedlichen Bedürfnissen der
Bausparer angepasst. Die Wartezeit bis zur Zuteilung des Bauspardarle-
hens hat sich in den letzten Jahren verlängert. Bei Sofortauffüllung eines
Bausparvertrags auf z. B. 50 % der Bausparsumme beträgt die Wartezeit
i. d. R. 4 Jahre. Spezialtarife mit höherer Ansparquote und kürzerer Lauf-
zeit führen zu einer früheren Zuteilung der Bausparsumme.
Zuteilung des Bauspardarlehens: Die Zuteilung bedeutet den Zeit-
punkt, zu dem die Bausparsumme aus der Zuteilungsmasse zugeteilt
wird. Die Zuteilungsvoraussetzungen müssen jedoch erfüllt sein. Der
Bausparvertrag nimmt an den Zuteilungen innerhalb einer Zuteilungspe-
riode teil, wenn die Mindestbewertungszahl an dem der jeweiligen Zutei-
lungsperiode vorausgehenden Bewertungsstichtag erreicht war.
Abwicklung Das Bausparen kann in vier Phasen eingeteilt werden:
eines Bauspar- 1. Abschluss des Vertrags: Es gibt viele Vertrags- und Kombinations-
vertrags möglichkeiten, z. B. Langzeittarif, Standardtarif, Schnelltarif sowie Op-
tionstarif mit Tarif-Wechselmöglichkeit. Die Abschlusskosten betragen
1 % bis 1,6 % der Vertragssumme.
76 Prüfungswissen Bankwirtschaft

2. Sparphase: Der Bausparer zahlt die Bausparraten bis zum Erreichen


des Mindestsparguthabens ein.
3. Zuteilung: Voraussetzung für eine Zuteilung ist das Erreichen der
Mindestbewertungszahl und des Mindestguthabens.
4. Tilgungsphase des Darlehens: Nach der Zuteilung und der Auszah-
lung des Bausparguthabens und des Darlehens erfolgt die Rückzah-
lung mit monatlichem Zins- und Tilgungsbetrag von 4 bis 8 ‰ der
Bausparsumme.
Konditionenbeispiel für Bausparverträge
Tarifmerkmale Classic Top/Finanz
Guthabenzins jährlich 1,0 % 0,5 %
Bonus jährlich - -
monatlicher Regelsparbeitrag in v. T. der Bausparsum- 4‰ 4‰
me
Abschlussgebühr bezogen auf die Bausparsumme 1% 1%
Mindestansparung bezogen auf die Bausparsumme 40 % 40 %
Sparzeit bei Zahlung des Regelsparbeitrags bis zur ca. 5 Jahre ca. 4 Jahre
Zuteilung
Darlehenszins (fest) jährlich 3,75 % 2,95 %
monatlicher Beitrag für Zinsen und Tilgung in vollen 6‰ 6‰
Tausender der Bausparsumme
effektiver Jahreszins für Darlehen nach Zuteilung gem. 4,25 % 3,34 %
PAngV
maximale Darlehenslaufzeit 11 Jahre 9 Jahre und
6 Monate
Voraussetzungen für die Zuteilung eines Bausparvertrages
1. Mindestsparguthaben: Nach den meisten Tarifen müssen 50 % der Bausparsumme als
Mindestsparguthaben erreicht sein.
2. Ausreichende Höhe der Bewertungszahl: Die Bewertungszahl ist je nach Tarif das 0,4- bis
1,8-fache der bis zum Bewertungsstichtag erzielten Guthabenzinsen im Verhältnis zu ei-
nem Tausendstel der Bausparsumme. Je nach Vertrag muss eine Mindestbewertungszahl
erreicht sein.
3. Erreichen der Zielbewertungszahl: Das ist die Bewertungszahl, die gerade noch für eine Zu-
teilung ausreicht. Bei knappen Zuteilungsmitteln ist die Zielbewertungszahl hoch, bei reich-
lichen Mitteln niedrig. Dadurch wird die Verteilung der Mittel auf die Bausparer reguliert.
B Anlage auf Konten 77

Die staatliche Bausparförderung im Überblick


Kriterien Vermögenswirksame Leis- Eigene Sparleistungen mit
tungen mit Arbeitnehmer- Wohnungsbau-Prämie
sparzulage für Arbeitnehmer nach dem Wohnungsbau-
nach dem Prämiengesetz
5. Vermögensbildungsge-
setz
Maximal zu versteuerndes
Einkommen pro Jahr
17.900,00/35.800,00 EUR 25.600,00/51.200,00 EUR
(Für Verheiratete gelten
die doppelten Beträge)
Erbringung der Leistung vermögenswirksame Leistun- eigene Sparleistung (Über-
gen (Überweisung durch den weisung oder Lastschrift
Arbeitgeber) durch den Sparer)
Geförderte Höchstbeträge
470,00 EUR 512,00 EUR
jährlich
Fördersatz 9 % Arbeitnehmersparzulage 8,8 % Wohnungsbau-Prämie
Höchstmögliche staatliche
42,30 EUR/84,60 EUR 45,06 EUR/90,11 EUR
jährliche Sparförderung
Gesamthöchstsumme der
87,36 EUR/174,72 EUR
jährlichen Förderung
Bindungsfristen 7 Jahre
Die Förderung unterliegt unter steuerlichen Gesichtspunkten einer absoluten Zweckbindung
auch über die Bindungsfrist hinaus.
Steuerliche Behandlung der Zinsen auf Bausparguthaben
Zinsen auf Bausparguthaben unterliegen grundsätzlich der Abgeltungsteuer von 25 %. Dabei
gelten die Freibeträge von zurzeit 801,00 EUR für Ledige/1.602 EUR für Verheiratete. Dar-
über hinaus fällt der Solidaritätszuschlag in Höhe von 5,5 % auf die Abgeltungsteuer an.
Wenn der Bausparer seiner Bausparkasse einen Freistellungsauftrag in ausreichender Höhe
erteilt hat, können die Zinsen steuerfrei dem Bausparkonto gutgeschrieben werden.

4. Mietkaution
Kennzeichnung Die Mietkaution ist eine vom Mieter dem Vermieter entsprechend den im
Mietvertrag getroffenen Vereinbarungen zu stellende Sicherheit, auf die
der Vermieter zurückgreifen kann, falls der Mieter seinen Verpflichtungen
aus dem Mietvertrag nicht nachkommt. Die Mietkaution darf das Dreifa-
che der Wohnungsmiete nicht übersteigen.
Arten • Mietkautionskonto auf den Namen des Vermieters
• Mietkautionskonto auf den Namen des Mieters
• Mietaval
78 Prüfungswissen Bankwirtschaft

Mietkaution auf • Der Vermieter legt die Mietkaution getrennt von seinem Vermögen auf
den Namen des einem Sparkonto mit dreimonatiger Kündigungsfrist zinsbringend an.
Vermieters • Das Konto wird als offenes Treuhandkonto mit dem Zusatz „wegen
Mietkaution“ angelegt.
• Name und Anschrift des Mieters als wirtschaftlich Berechtigten sind der
Bank mitzuteilen.
• Der Vermieter ist der Bank gegenüber allein berechtigt und verpflichtet.
Er hat jederzeitigen Zugriff auf das Sparguthaben.
• Die Bank verzichtet i. d. R. auf ihr AGB-Pfandrecht.
• Die Zinsen stehen dem Mieter zu und erhöhen die Sicherheit.
• Die Erteilung eines Freistellungsauftrages ist nicht zulässig. Der Ver-
mieter muss dem Mieter eine Bescheinigung über die entrichtete Abgel-
tungsteuer erteilen.
• Nach Beendigung des Mietverhältnisses ist die Mietkaution dem Mieter
einschließlich der Zins- und Zinseszinsen zurückzuzahlen.
Mietkautions- • Der Mieter eröffnet ein Sparkonto auf seinen Namen mit dem Zusatz
konto auf den „wegen Mietkaution“.
Namen des • Der Mieter verpfändet das Sparguthaben an den Vermieter.
Mieters • Die Verpfändung wird dem kontoführenden Kreditinstitut angezeigt. Der
Name des Vermieters wird von der Bank in den Kontounterlagen fest-
gehalten.
• Das Sparbuch wird dem Vermieter übergeben. Nur der Vermieter ist
der Bank gegenüber allein verfügungsberechtigt.
• Üblicherweise wird vor der Inanspruchnahme des Vermieters der Mie-
ter von der Bank unterrichtet und die Auszahlung erst 4 Wochen nach
Mitteilung vorgenommen. Der Mieter hat damit Gelegenheit, gegen die
drohende Verfügung rechtlich vorzugehen.
• Die Bank verzichtet auf ihr AGB-Pfandrecht.
• Ein Freistellungsauftrag ist zulässig.
• Die Zinsen stehen dem Mieter zu, erhöhen die Sicherheit.
• Das Pfandrecht erlischt nach störungsfreier Beendigung des Mietver-
hältnisses. Das Sparbuch wird dem Mieter zurückgegeben.
Mietaval Bei einem Mietaval verpflichtet sich die Bank im Auftrag des Mieters ge-
genüber dem Vermieter, für die Erfüllung der vertraglichen Pflichten des
Mieters bis zur Höhe des vereinbarten Mietkautionsbetrages einzu-
stehen.
Ablauf des • Der Mieter schließt mit seiner Bank einen Avalkreditvertrag ab.
Mietavals • Die Bank gibt dem Vermieter eine Verpflichtungserklärung ab, die als
Bürgschaft oder als Garantie geleistet werden kann.
• Die Bank übersendet die Verpflichtungserklärung an den Vermieter.
• Die Bank stellt dem Mieter als Entgelt eine Avalprovision in Rechnung,
i. d. R. 3 % p. a. Die Provision wird dem Mieter quartalsmäßig belastet.
• Die Bank zahlt auf erste Anforderung des Vermieters, ohne die Recht-
mäßigkeit des Anspruchs zu prüfen.
B Anlage auf Konten 79

Rechtsbeziehungen beim Mietaval

ĂŶŬĚĞƐ
DŝĞƚĞƌƐ
ĂŶŬŚĂĨƚĞƚ
ƐĞůďƐƚƐĐŚƵůĚŶĞƌŝƐĐŚ
ƵŶĚŝƐƚƺƌŐĞ

DŝĞƚĞƌ sĞƌŵŝĞƚĞƌ
• <ƌĞĚŝƚŶĞŚŵĞƌ
ĞƌĞĐŚƚŝŐƚĞƌ
• ĂŚůƵŶŐĚĞƌ
ǀĂůƉƌŽǀŝƐŝŽŶ

5. Sparbrief
Merkmale Inhalte
Rechtsnatur Namensschuldverschreibungen
Laufzeit 1 bis 6 Jahre
Verzinsung Festzins für die gesamte Laufzeit
Arten Normalverzinsliche Sparbriefe:
• Ausgabe zum Nennwert
• laufende Zinszahlung jährlich nachträglich
• Rückzahlung bei Fälligkeit zum Nennwert
Abgezinste Sparbriefe:
• Ausgabe zum Nennwert abzüglich Zinsen und Zinseszinsen für
die gesamte Laufzeit
• keine laufenden Zinszahlungen
• Rückzahlung bei Fälligkeit zum Nennwert
Aufgezinste Sparbriefe:
• Ausgabe zum Nennwert
• keine laufenden Zinszahlungen
• Rückzahlung zum Nennwert zuzüglich Zinsen und Zinseszin-
sen für die gesamte Laufzeit
Rückgabe vor Fälligkeit i. d. R. ausgeschlossen
der Sparbriefe Alternative: Verkauf an Dritte oder Beleihung beim Kreditinstitut
Übertragung auf Dritte Übertragung durch Abtretung
80 Prüfungswissen Bankwirtschaft

Beispiel eines abgezinsten Sparbriefes


Nominalbetrag des abgezinsten Sparbriefes: 14.000,00 EUR
Zinssatz: 4,25 % p. a.
Laufzeit: 5 Jahre
Aufzinsungsfaktor: 1,231347
Kaufpreis des Sparbriefes:
14.000 : 1,231347 = 11.369,66 EUR
Beispiel eines aufgezinsten Sparbriefes
Kaufpreis (Nennwert) des aufgezinsten Sparbriefes: 14.000,00 EUR
Zinssatz: 4,75 % p.a.
Laufzeit: 6 Jahre
Aufzinsungsfaktor: 1,321065
Rückzahlungspreis des Sparbriefes:
14.000 x 1,321065 = 18.494,91 EUR

6. Versicherungssparen
Arten • Im Todesfall des Versicherten wird die Versicherungssumme an den
Bezugsberechtigten ausgezahlt.
• Im Erlebensfall wird nach Ablauf der Versicherungsdauer (z. B. 15 Jah-
re) die Ablaufleistung an den Versicherten ausgezahlt. Die Ablaufleis-
tung besteht aus der Versicherungssumme und der Überschussbeteili-
gung.
Beitragshöhe Die Beitragshöhe ist abhängig von:
• Versicherungssumme,
• Versicherungsdauer sowie
• Geschlecht und Alter des Versicherten.
Beitrags- Risikoanteil
bestandteile • Mit dem Risikoanteil wird das Todesfallrisiko abgedeckt.
• Der Sterblichkeitsgewinn, der entsteht, wenn der tatsächliche Aufwand
durch vorzeitige Todesfälle geringer ist als angenommen, steht den Ver-
sicherten zu 75 % zu.
Sparanteil
• Der Sparanteil wird ertragbringend in Anleihen, Aktien oder Immobilien
angelegt. Garantieverzinsung von zum Beispiel 2,25 %
• Die zu 2,25 % aufgezinsten Sparanteile für die Laufzeit der Versiche-
rung ergeben die Versicherungssumme.
• Der über die Garantieverzinsung hinausgehende Mehrertrag steht den
Versicherten zu 90 % zu.
Kostenanteil
• Mit dem Kostenanteil werden die laufenden Verwaltungs- und Vertriebs-
kosten gedeckt.
• Der Kostengewinn steht den Versicherten zu 90 % zu.
Ablaufleistung Die Ablaufleistung ist die Versicherungssumme plus Überschussbeteili-
gung (Mehrertrag + Kostengewinn + Sterblichkeitsgewinn)
B Anlage auf Konten 81

Deckungsstock Die Vermögenswerte, die mit dem Deckungsstockkapital erworben wer-


den, nennt man Deckungsstock. Die Versicherungsgesellschaft muss ein
Deckungskapital bilden, um nach Ablauf der Versicherungsdauer bzw. im
Todesfall die Versicherungssumme zahlen zu können.
Rückkaufswert Bei einer vorzeitigen Kündigung der Versicherung wird der Rückkaufswert
(Zeitwert) an den Versicherten ausgezahlt. Der Rückkaufswert besteht unter
Berücksichtigung der Abschlusskosten aus den verzinsten Sparanteilen
seiner Einzahlungen zuzüglich der bisher angefallenen Überschussbeteili-
gung.
Besteuerung Vertragsabschluss nach 31.12.2004:
Bei Auszahlung der Ablaufleistung bei Fälligkeit bzw. Rückkaufswertes bei
vorzeitiger Auflösung der Versicherung sind die Erträge (Differenz
zwischen dem Auszahlungsbetrag und der Summe der gezahlten Prä-
mien) nur zur Hälfte einkommensteuerpflichtig, wenn die Laufzeit mindes-
tens
• 12 Jahre beträgt und die Auszahlung erst nach Vollendung des
• 60. Lebensjahres erfolgt.
Vorteile Durch die starken finanziellen Nachteile bei vorzeitiger Kündigung oder
Beitragsfreistellung wird der Investor zur Disziplin gezwungen. Er muss den
Vertrag durchhalten, wenn er wenigstens ein bisschen Rendite erzielen will.
Andernfalls macht er ein Minus oder fast keine Rendite.
Nachteile Die langfristig erzielbare Rendite von deutschen Kapitallebensversiche-
rungen liegt bei 2 bis 3 Prozent im Jahr. Das liegt zum einen daran, dass
deutsche Lebensversicherer die Beiträge nur zu max. 30 Prozent in Aktien
anlegen dürfen. Zum anderen fallen ca. 12 Prozent der eingezahlten Bei-
träge den Verwaltungskosten der jeweiligen Versicherung zum Opfer. Hat
man erst einmal eine Kapitallebensversicherung abgeschlossen, ist es in
den ersten Jahren nur unter Inkaufnahme unverhältnismäßig hoher Kos-
ten möglich, aus dem Vertrag wieder herauszukommen. Kündigt man den
Vertrag in den ersten Jahren, erleidet man praktisch einen Totalverlust
des eingesetzten Kapitals. Kündigt man den Vertrag nach mittlerer Frist,
ist die erzielte Rendite so gering, dass das Kapital auf dem Sparbuch bes-
ser angelegt gewesen wäre.
82 Prüfungswissen Bankwirtschaft

Rechtsbeziehungen beim Versicherungssparen

sĞƌƐŝĐŚĞƌĞƌ
• ĞĐŬƵŶŐĚĞƐ
dŽĚĞƐĨĂůůƐƌŝƐŝŬŽƐ
• ĞƌƚƌĂŐďƌŝŶŐĞŶĚĞ
ŶůĂŐĞĚĞƐ
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ĚŝĞsĞƌƐŝĐŚĞƌƵŶŐ ůĞŝƐƚƵŶŐŝŵ
ĂďŐĞƐĐŚůŽƐƐĞŶ dŽĚĞƐĨĂůůĚĞƐ
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ŝŶƌćƵŵƵŶŐĞŝŶĞƌǁŝĚĞƌƌƵĨůŝĐŚĞŶŽĚĞƌƵŶǁŝĚĞƌƌƵĨůŝĐŚĞŶĞnjƵŐƐďĞƌĞĐŚƚŝŐƵŶŐ

7. Vermögenswirksame Leistungen
Übersicht über die staatliche Sparförderung
Einkommens- Arbeitnehmer-
grenzen Sparhöchst- sparzulage/ Arbeitnehmer-
Sparformen Sperrfristen
ledig/ verheira- betrag Wohnungsbau- sparzulage
tet Prämie
Bausparen 17.900,00 EUR 470,00 EUR 9 % 7 Jahre ab Vertrags- 43,00 EUR
nach dem 35.800,00 EUR schluss
5. VermBG
Beteiligungs- 20.000,00 EUR 400,00 EUR 20 % 7 Jahre, ab 01.01. 80,00 EUR
sparen 40.000,00 EUR des Jahres der ersten
Einzahlung
Bausparen 25.600,00 EUR 512,00 EUR 8,8 % Fällig bei Zuteilung 45,06 EUR
nach dem 51.200,00 EUR 1.024,00 EUR des Bausparvertrages 90,11 EUR
WoPG und Verwendung für
wohnwirtschaftliche
Zwecke.
Ausnahme: Freie
Verfügung über das
Guthaben nach 7
Jahren, wenn der
Bausparer bei Ver-
tragsabschluss das
25. Lebensjahr noch
nicht vollendet hatte.
B Anlage auf Konten 83

Festsetzung der Arbeitnehmersparzulage und der Wohnungsbau-Prämie


Arbeitnehmersparzulage Wohnungsbau-Prämie
Die Investmentgesellschaft bzw. Bauspar- Der Bausparer beantragt die Wohnungsbau-
kasse erteilt jedes Jahr eine Bescheinigung Prämie bei der Bausparkasse mit der Erklä-
über die gezahlten vermögenswirksamen rung, dass die Einkommensgrenze von
Leistungen. Der Arbeitnehmer reicht die Be- 25.600,00/51.200,00 EUR nicht überschritten
scheinigung im Rahmen seiner Steuererklä- wurde. Bei Zuteilung des Bausparvertrags
rung bei seinem Finanzamt ein und beantragt bzw. bei Ablauf der Bindungsfrist (Bausparer
die Festsetzung der Arbeitnehmersparzulage. bei Vertragsabschluss unter 25 Jahre alt)
Nach Ablauf der Sperrfrist bzw. bei Zuteilung wird die gesamte ermittelte Prämie von der
des Bausparvertrags überweist das Finanz- Bausparkasse beim Finanzamt angefordert
amt die gesamte Arbeitnehmersparzulage. und dem Bausparkonto gutgeschrieben bzw.
ausgezahlt.
Weitere Besonderheiten bei der Arbeitnehmersparzulage
Beantragung • Nach § 14 Abs. 4 VermBG wird die Arbeitnehmersparzulage auf Antrag
der Arbeitneh- durch das zuständige Finanzamt des Arbeitnehmers festgesetzt.
mersparzulage • Der Antrag auf Arbeitnehmersparzulage ist spätestens vier Jahre nach
Ablauf des Sparjahres vom Arbeitnehmer zu stellen.
• Der Arbeitnehmer hat die vermögenswirksamen Leistungen durch die
Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 VermBG nachzuweisen.
• Die Investmentgesellschaften und Bausparkassen erteilen jährlich eine
Bescheinigung über die gezahlten vermögenswirksamen Leistungen.
Fälligkeit der • mit Ablauf der für die Anlageform vorgeschriebenen Sperrfrist
Arbeitnehmer- • mit Ablauf der im Wohnungsbau-Prämiengesetz genannten Sperr- und
sparzulage Rückzahlungsfristen
• bei Zuteilung des Bausparvertrages
• bei prämienunschädlicher vorzeitiger Verfügung
Die Arbeitnehmersparzulage wird durch das Finanzamt an den Arbeit-
nehmer überwiesen.
Steuern und Die vermögenswirksamen Leistungen sind Einkommensbestandteile und
Sozialabgaben daher steuer- und sozialversicherungspflichtig nach 5. VermBG.
Vorzeitige Arbeitnehmersparzulage bei Beteiligungssparen (§ 4 VermbG):
zulagenunschäd • Heirat, sofern mindestens zwei Jahre seit Beginn der Sperrfrist vergan-
liche Verfügun- gen sind
gen • Aufnahme einer selbstständigen Erwerbstätigkeit bei Aufgabe der
nichtselbstständigen Arbeit
• Finanzierung einer beruflichen Weiterbildungsmaßnahme
• Arbeitslosigkeit von mindestens einem Jahr
• Tod oder Erwerbsunfähigkeit des Sparers oder seines Ehegatten
Arbeitnehmersparzulage und Wohnungsbau-Prämie bei Bausparen
(§ 2 WoPG):
• Zuteilung des Bausparvertrages und Verwendung für wohnwirtschaftli-
che Maßnahmen
• Arbeitslosigkeit von mindestens einem Jahr
• Tod oder Erwerbsunfähigkeit des Sparers oder seines Ehegatten
84 Prüfungswissen Bankwirtschaft

8. Altersvorsorge
8.1 Riester-Rente
Drei-Schichten- Das Alterseinkünftegesetz ordnet die Altersvorsorge in drei Schichten:
Modell • Basisversorgung, z. B. gesetzliche Rente, Rürup-Rente
• die geförderte, kapitalgedeckte Zusatzversorgung, z. B. Riester-Rente
sowie die betriebliche Altersvorsorge
• sonstige Kapitalanlagen und Versicherungsprodukte, z. B. kapitalbil-
dende Lebensversicherungen zur privaten Altersvorsorge mit anschlie-
ßendem Rentenauszahlungsplan
Geförderter • Arbeitnehmer, die in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversi-
Personenkreis chert sind.
• Bezieher von Lohnersatzleistungen, z. B. Arbeitslosengeld I und II
• Beamte
• nicht erwerbstätige Eltern in den Kindererziehungszeiten
• Wehr- und Zivildienstleistende
• Bezieher von Vorruhestandsgeld
Nicht geförder-• Selbstständige, die nicht in der gesetzlichen Rentenversicherung
ter Personen- pflichtversichert sind.
kreis • geringfügig Beschäftigte
• Rentner und Pensionäre
Besonderheiten Jeder Ehegatte kann unabhängig vom Partner einen eigenen Altersvor-
bei Eheleuten sorgevertrag mit dem Anspruch auf staatliche Förderung abschließen.
Auch wenn nur ein Ehegatte zum förderfähigen Personenkreis gehört,
erhält der eigentlich nicht förderberechtigte Ehegatte ebenfalls die staatli-
che Förderung, sofern er selbst einen Altersvorsorgevertrag abschließt.
Anlageformen Riester-Rentenversicherung:
• garantierte Mindestverzinsung des Sparanteils von 1,25 % p. a.
• Überschussbeteiligung, wenn Versicherung eine Verzinsung über
1,25 % erzielt hat
• Verwaltungskosten
Fondsgebundene Rentenversicherung:
• Anlage in Investmentanteilen
• keine garantierte Mindestverzinsung
• Ertrag abhängig von der Wertentwicklung der Fondsanteile
• Verwaltungs- und Managementkosten
Riester-Fondssparplan:
• keine garantierte Mindestverzinsung
• Abgabe einer Kapitalgarantie durch die Kapitalanlagegesellschaft
• Kurssicherungskosten
• einmaliger Ausgabeaufschlag
• jährliche Verwaltungskosten
Banksparplan:
• Zusicherung eines festen Zinsertrages
• keine Verwaltungskosten
B Anlage auf Konten 85

Wohn-Riester:
Anlage dient dem Erwerb oder der Entschuldung von inländischen selbst
genutzten Immobilien.
Betriebliche Altersversorgung:
Anlage der Mittel in Direktversicherungen, Pensionskassen oder
Pensionsfonds
Zertifizierung Merkmale:
der geförderten • Die Auszahlungen dürfen nicht vor dem 62. Lebensjahr beginnen. Das
Anlageformen Risiko Erwerbsunfähigkeit und die Hinterbliebenen können zusätzlich
durch abgesichert werden.
Bundesanstalt • Zu Beginn der Auszahlungsphase muss mindestens das eingezahlte
für Kapital zur Verfügung stehen (Kapitalgarantie).
Finanzdienstleis • Die Auszahlung erfolgt grundsätzlich als lebenslange Leibrente (Kapi-
tungsaufsicht talverrentung). Bis zu 30 % des bei Rentenbeginn zur Verfügung ste-
(BaFin) henden Kapitals kann sich der Anleger jedoch zu Beginn der Auszah-
lungsphase direkt auszahlen lassen.
• Die Abschluss- und Vertriebskosten sind auf 5 Jahre zu verteilen.
• Der Anleger hat das Recht, den Vertrag ruhen zu lassen, zu kündigen
und zu wechseln sowie vorübergehend Mittel zum Wohnungsbau zu
entnehmen.
Der Anleger ist bei Vertragsabschluss zu informieren über:
• die Anlage des Geldes,
• die kalkulierte Rendite,
• das mit der Anlage verbundene Risiko,
• die Höhe und Verteilung der Abschluss- und Vertriebskosten,
• die Kosten für die Verwaltung der Geldanlage sowie die Kosten beim
Wechsel zu einem anderen Produkt.
Der Anleger ist jährlich zu informieren über:
• die Beitragsverwendung,
• die Kapitalverwendung,
• die Kosten und Erträge,
• ob der Anbieter ethische, soziale oder ökologische Belange bei der
Geldanlage berücksichtigen will.
Voraussetzun- • Der Anleger gehört zum förderungsfähigen Personenkreis.
gen für die • Die Anlage erfolgt in einem zertifizierten Altersvorsorgevertrag.
staatliche För- • Der Anleger erbringt einen einkommensabhängigen Eigenbeitrag.
derung
Beiträge und Die Einzahlungen auf den Altersvorsorgevertrag (Gesamtbeitrag) setzen
staatliche sich zusammen aus dem Eigenbeitrag des Anlegers und der staatlichen
Förderung Altersvorsorgezulage, die aus einer Grundzulage und einer Kinderzulage
besteht.
Zum Erhalt der vollen staatlichen Förderung ist ein jährlicher Gesamtbei-
trag (Eigenbeitrag) zu leisten. Bei einem niedrigeren Eigenbeitrag verrin-
gert sich die staatliche Förderung anteilig.
Gesamtbeitrag 4 % des sozialversicherungspflichtigen Vorjahreseinkommens,
pro Jahr max. aber 2.100,00 EUR
86 Prüfungswissen Bankwirtschaft

Maximale ab 2018: 175,00 EUR


jährliche
Grundzulage
Maximale • 185,00 EUR
jährliche Kin- • Kinder, die nach dem 01.01.2008 geboren sind, erhalten eine Kinderzu-
derzulage je lage von 300,00 EUR.
Kind • Eine Kinderzulage gibt es für jedes Kind, für das Kindergeld gezahlt
wird.
• Bei Eheleuten wird die Kinderzulage grundsätzlich der Mutter zugeord-
net, auf Antrag beider Eltern dem Vater. Bei Alleinerziehenden steht die
Kinderzulage dem Elternteil zu, in dessen Haushalt das Kind lebt.
Gesamtbeitrag/ Gesamtbeitrag = Eigenbeitrag + Zulagen
Eigenbeitrag Eigenbeitrag = Gesamtbeitrag - Zulagen
Wenn beide Eheleute zum geförderten Personenkreis gehören, ist der
Mindestgesamtbeitrag für jeden Ehegatten getrennt zu ermitteln. Das
Einkommen des Ehegatten ist dabei nicht zu berücksichtigen.
Ein Ehegatte mit abgeleitetem Zulagenanspruch muss auf seinen Vertrag
den Mindestbeitrag (Sockelbeitrag) von 60,00 EUR jährlich einzahlen.
Zulage für einmalige zusätzliche Grundzulage von 200,00 EUR
Berufseinstei-
ger unter 25
Jahre
Sockelbetrag Der Gesamtbeitrag besteht aus der Summe von Eigenbeitrag des Anle-
von 60,00 EUR gers und der staatlichen Förderung. Dies würde bei einem niedrigen Ein-
kommen dazu führen, dass der Anleger selbst nur sehr niedrige oder gar
keine eigenen Zahlungen leisten müsste. Deshalb verlangt der Staat vom
Anleger zumindest die Zahlung eines Sockelbetrages von 60,00 EUR.
Bei Eheleuten ist der Sockelbetrag getrennt festzustellen.
Sonderaus- Altervorsorgeaufwendungen (Eigenbeitrag des Anlegers plus staatliche
gabenabzug Zulagen) sind grundsätzlich bis zu einem bestimmten Höchstbetrag als
und Günstiger- Sonderausgaben bei der Einkommensteuer abzugsfähig. Die Gewährung
prüfung einer Zulage schließt jedoch den Sonderausgabenabzug aus. Im Rah-
men einer sog. Günstigerprüfung prüft das Finanzamt von Amts wegen,
ob die Steuerersparnis höher als die Zulagen ist. Ggf. erstattet das Fi-
nanzamt die Differenz im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung.
Antrags- Die staatlichen Zulagen sind beim Anbieter des Altersvorsorgesparplanes
verfahren für zu beantragen, der den Antrag an die Zulagenstelle für Altersvermögen
die Zulagen (ZfA) weiterleitet. Diese überweist die Zulage auf das Anlagekonto des
Anlegers. Bei einem Dauerzulagenantrag bevollmächtigt der Anleger den
Anbieter zur jährlichen Antragstellung, sodass der Anleger selbst keinen
Antrag stellen muss. Der Anleger ist jedoch verpflichtet, alle Änderungen,
die sich auf die Höhe der Zulage auswirken können, z. B. Streichung des
Kindergeldes, unverzüglich dem Anbieter mitzuteilen.
Zur Feststellung des auf den Vertrag einzuzahlenden Gesamtbeitrages
fragt die ZfA direkt beim Rentenversicherungsträger das sozialversiche-
rungspflichtige Einkommen des Anlegers ab.
B Anlage auf Konten 87

Verkürztes Antragsverfahren für die staatlichen Zulagen: Der Anleger


bevollmächtigt den Anbieter zur jährlichen Antragsstellung durch einen
Dauerzulagenantrag.
Auswirkung Bei förderschädlichen Verfügungen sind alle Zulagen und Steuervorteile
einer zulagen- zurückzuzahlen. Zudem sind die im Auszahlungsbetrag enthaltenen
schädlichen Erträge zu versteuern.
Verwendung
des angespar-
ten Kapitals
Nachgelagerte • Die Beiträge für die Altersvorsorge mittels Riester-Produkte mindern in
Besteuerung der Ansparphase das zu versteuernde Einkommen.
• Die daraus entstehenden Renten unterliegen in der Auszahlphase
(Rentenphase) der Besteuerung.
Verfügungs- • Auszahlung bis zu 30 % des angesparten Kapitals bei Rentenbeginn
modalitäten möglich
• lebenslange Rente mit Restkapital, z. B. Zahlung einer lebenslangen
gleichbleibenden oder steigenden Rente

Berechnungsbeispiel für Grund- und Kinderzulage


Vorjahresbruttoeinkommen des Ehemanns 38.000,00 EUR
Vorjahresbruttoeinkommen der Ehefrau 24.000,00 EUR
2 Kinder Geburt nach 01.01.2008
1 Kind Geburt vor 01.01.2008
Geförderter Gesamtbeitrag für den Ehemann 4 % von 38.000,00 = 1.520,00 EUR
Geförderter Gesamtbeitrag für die Ehefrau 4 % von 24.000,00 = 960,00 EUR
Grundzulage für jeden Ehepartner 175,00 EUR
Kinderzulage für 1 Kind 185,00 EUR
Kinderzulage für 2 Kinder 600,00 EUR
Eigenbeitrag für den Ehemann 1.520,00 – 175,00 = 1.345,00 EUR
Rechnerisch ermittelter Eigenbeitrag für die Ehefrau 960,00 -175,00 – 785,00 = 0,00 EUR
Eigenbeitrag für die Ehefrau Sockelbetrag 60,00 EUR

8.2 Wohn-Riester
Allgemeines zu Das Eigenheimrentengesetz (Wohn-Riester) hat die selbstgenutzte Im-
Wohn-Riester mobilie in den Kreis der staatlich geförderten Vorsorgewege aufgenom-
men. Die Eigenheimrente (ersparte Miete) tritt gleichrangig neben die
Geldrente. Damit profitieren Wohneigentümer schon mit dem Einzug in
die eigenen vier Wände von ihrer Altersvorsorge.
Beim Wohn-Riester handelt es sich um ein verzinsliches Ansparen von
Guthaben zum Bau eines Hauses. Der Anleger erwirbt z. B. mit Abschluss
eines Bausparvertrages einen bedingten Anspruch auf ein zinsgünstiges
Darlehen für den Wohnungsbau. Die staatliche Förderung ist während der
Anspar- und der Tilgungsphase beim Bausparvertrag bzw. der Inan-
spruchnahme des zinsgünstigen Bauspardarlehens möglich.
88 Prüfungswissen Bankwirtschaft

Beispiel für einen Anja Müller, 29 Jahre, Arbeitnehmerin, 2 Kinder, die vor 2008 geboren
Wohn-Riester- wurden, jährliches beitragspflichtiges Einkommen 20.000,00 EUR,
Bausparvertrag möchte einen nach Wohn-Riester geförderten Bausparvertrag ab-
schließen.
Der maximal staatlich geförderte Betrag beträgt:
4 % von 20.000 EUR = 800,00 EUR
Frau Müller muss auf den Bausparvertrag jährlich aus eigenen Mitteln
einen Eigenbeitrag leisten: 800,00 EUR - 175,00 EUR (Grundzulage) -
370,00 EUR (Kinderzulage) = 255,00 EUR
Der monatliche Eigenbeitrag beträgt:
255,00 EUR : 12 = 21,25 EUR
Der Regelsparbeitrag auf den Bausparvertrag beträgt monatlich:
800,00 EUR : 12 = 66,67 EUR
Bei einem Regelsparbeitrag von 4 Promille der Bausparsumme ergibt
sich für Frau Müller der Abschluss eines Bausparvertrages mit einer
Bausparsumme von:
66,67 x 1.000,00 : 4 = 16.667,50 EUR aufgerundet auf volle
1.000,00 EUR = 17.000,00 EUR
Altersvorsorge- • Bausparverträge mit Darlehensoption: Sparbeiträge und staatliche
verträge bei Zulagen erhöhen in der Ansparphase das Bausparguthaben. Tilgung
Wohn-Riester des Kredits in der Darlehensphase.
• Darlehensverträge: Vertrag wird bei der Darlehensaufnahme zur Fi-
nanzierung einer selbst genutzten Wohnimmobilie abgeschlossen.
Sparbeiträge und staatliche Zulagen dienen der reinen Tilgung des
Darlehens, nicht aber der Zinszahlungen.
• Banksparplan: Die angesparten Mittel in einem Banksparplan können
während der Ansparphase vollständig zum Erwerb oder Bau einer
selbst genutzten Wohnimmobilie entnommen werden.
• Die Darlehen müssen spätestens bis zum zur Vollendung des 68.
Lebensjahres getilgt sein.
Vorteile der • Steuerstundungseffekt: Der Nutzer der staatlichen Förderungsmaß-
Riester- nahme für die Altervorsorge verwendet unversteuertes Einkommen
Altersvorsorge- zum Aufbau einer privaten Altersvorsorge, das erst in der Rentenpha-
produkte se versteuert wird.
• Zinseszinseffekt: Ersparte Steuern können als Sonderzahlungen bzw.
Sondertilgungen in die Finanzierung eingebracht werden.
• Steuerprogressionseffekt: In der Regel gibt es in der Rentenphase
deutlich niedrigere Steuersätze.
Steuerschädliche Sobald das eigengenutzte Haus oder die Wohnung verkauft oder ver-
Verfügungen mietet wird, handelt es sich um eine steuerschädliche Verwendung. In
diesem Fall muss das in der Immobilie gebundene steuerlich geförderte
Kapital (= Stand des Wohnförderkontos) versteuert werden.
Ausnahmen: Der Förderberechtigte legt sich innerhalb von 4 Jahren
erneut ein Eigenheim zu oder er zahlt die geförderten Beträge innerhalb
eines Jahres in einen Riester-Sparvertrag ein.
Auch die vorübergehende Vermietung nach einem beruflich bedingten
Umzug ist möglich. Allerdings muss die Absicht bestehen, dass der Steu-
B Anlage auf Konten 89

erpflichtige die Selbstnutzung wieder aufnimmt. Diese Intention muss er


spätestens mit Vollendung des 67. Lebensjahres umgesetzt haben.
Förderunschädli- Der Sparer muss die Immobilie grundsätzlich während der Auszah-
che Verfügungen lungsphase für mindestens 20 Jahre selbst nutzen. Ein Verkauf inner-
halb dieser Frist ist zulässig, wenn der Sparer das Kapital in ein Folge-
objekt reinvestiert oder in einen neuen Riester-Vertrag einzahlt.

8.3 Riester-Sonderausgabenabzug
Zulagen oder Sonderausgabenabzug bei staatlich geförderten Altersvorsorge-
verträgen im Rahmen der Günstigerprüfung
Die staatlichen Zulagen für den Altersvorsorgevertrag sowie die Eigenbeiträge können nach
§ 10a EStG als Sonderausgaben geltend gemacht werden. Der Höchstbetrag für den Sonder-
ausgabenabzug beträgt 2.100,00 EUR. Die Steuerermäßigung durch den Sonderausgaben-
abzug wird nicht dem Altersvorsorgevertrag gutgeschrieben, sondern stattdessen direkt mit
der Steuererstattung ausgezahlt. Voraussetzung ist, dass die Anlage AV mit der Steuererklä-
rung eingereicht wird, zusammen mit einer Bescheinigung vom Anbieter des Altersvorsorge-
vertrags über die geleisteten Eigenbeiträge.
Zulagen und Sonderausgabenabzug können nicht gleichzeitig wegen der Vermeidung der
Doppelförderung in Anspruch genommen werden. Das Finanzamt prüft bei der Veranlagung
zur Einkommensteuer mit einer Günstigerprüfung, ob die Zulage oder der Sonderausgaben-
abzug vorteilhafter ist.
Berechnung
Erster Schritt: Zuerst wird die tarifliche Einkommensteuer ausgerechnet, die sich ergibt,
wenn die Altersvorsorgeaufwendungen nicht als Sonderausgaben berücksichtigt werden.
Zweiter Schritt: Danach wird die tarifliche Einkommensteuer ausgerechnet unter Berücksich-
tigung der Altersvorsorgeaufwendungen als Sonderausgaben. Anschließend werden die bei-
den Steuerbeträge miteinander verglichen. Der Differenzbetrag ist die Steuerentlastung durch
den Sonderausgabenabzug.
Ergebnis: Die Steuerentlastung ist geringer als die Zulage.
• In diesem Fall bleibt es bei der Förderung durch die Zulage.
• Die Zulage wird auf den Altersvorsorgevertrag eingezahlt.
• Es gibt keine weitere Förderung durch einen Sonderausgabenabzug.
Ergebnis: Die Steuerentlastung ist höher als die Zulage.
• Die Altersvorsorgeaufwendungen werden als Sonderausgaben abgezogen.
• Die Zulage wird auf den Altersvorsorgevertrag eingezahlt.
• Um eine Doppelförderung zu vermeiden, zieht das Finanzamt die Zulage (als bereits erfolgte
Steuervergütung) von der Steuerentlastung durch den Sonderausgabenabzug ab.
• Die Differenz zwischen Steuerentlastung und Zulage wird gesondert im Einkommensteu-
erbescheid festgestellt und zusammen mit der Steuererstattung direkt ausgezahlt. Sie
fließt also nicht in den Vorsorgevertrag.
90 Prüfungswissen Bankwirtschaft

Beispiel
Herr Gerhard Müller ist versicherungspflichtiger Angestellter ohne Kinder und hatte 2017 Ein-
nahmen aus nichtselbstständiger Arbeit von 40.000,00 EUR. Herr Müller zahlt 2018 einen
Eigenbeitrag von 1.425,00 EUR und bekommt eine Grundzulage von 175,00 EUR. Als Son-
derausgaben kann er im Rahmen des § 10a EStG also insgesamt 1.600,00 EUR ansetzen.
Erster Schritt: Berechnung der Steuerentlastung für 2018
Einnahmen 40.000,00 EUR
- Arbeitnehmer-Pauschbetrag 1.000,00 EUR
- Sonderausgaben-Pauschbetrag 36,00 EUR
- ungekürzte Vorsorgepauschale 2.774,00 EUR
= zu versteuerndes Einkommen I 36.190,00 EUR

Zu versteuerndes Einkommen I 36.190,00 EUR


- Sonderausgaben nach 10a EStG 1.600,00 EUR
= zu versteuerndes Einkommen II 34.590,00 EUR

Steuer aus zu versteuerndem Einkommen I 7.594,00 EUR


- Steuer aus zu versteuerndem Einkommen II 7.044,00 EUR
= Steuerentlastung durch Sonderausgabenabzug 550,00 EUR
Zweiter Schritt: Vergleich der Steuerentlastung mit der Zulage
Steuerentlastung durch Sonderausgabenabzug 550,00 EUR
- Anspruch auf Zulage (1 x Grundzulage) 175,00 EUR
= Steuervorteil des Sonderausgabenabzugs gegenüber
375,00 EUR
dem Anspruch auf Zulage
C C Geld- und Vermögensanlage

Geld- und Vermögensanlage

1. Anleihen
1.1 Ausstattung von Anleihen
Laufzeit Es ist der Zeitraum zwischen den in den Anleihebedingungen genannten
Verzinsungsbeginn und der Fälligkeit der Anleihe.
Kurzfristige Laufzeit: bis zu 4 Jahre
Mittelfristige Laufzeit: 4 bis 8 Jahre
Langfristige Laufzeit: mehr als 8 Jahre
Ewige Anleihen: keine festgelegte Laufzeit
Verzinsung Festzinsanleihen: fester Nominalzins über die gesamte Laufzeit
Variabel verzinsliche Anleihen: Sie gewähren einen variablen Zinser-
trag, der für jede Zinsperiode gültige Zinssatz wird auf der Grundlage
eines Referenzzinssatzes, z. B. EURIBOR jeweils neu festgesetzt.
Zerobonds: Keine Zinszahlung während der Laufzeit. Der Zinsertrag
ergibt sich aus der Differenz zwischen Rückzahlungskurs und Emissions-
kurs, einmalige Zinszahlung bei Fälligkeit der Schuldverschreibung.
Zinszahlung Zinszahlung kann jährlich oder halbjährlich erfolgen.
Rückzahlungs- Tilgungsanleihen:
modalitäten Der Anleihebetrag wird über die Laufzeit der Anleihe verteilt in Teilbeträ-
gen zurückgezahlt. Die Tilgung erfolgt durch Auslosung von Serien bzw.
Endziffern oder Rückkauf an der Börse.
Gesamtfällige Anleihen:
Der gesamte Anleihebetrag wird am Ende der Laufzeit in einer Summe
zurückgezahlt.
Ewige Anleihen:
Diese Anleihen müssen nicht zurückgezahlt werden. Emittent kann die
Anleihe nach Ablauf einer Festzinsperiode durch Kündigung zur Rück-
zahlung fällig stellen.
Rückzahlung durch Kündigung der Anleihegläubiger (Anleger):
Eine Kündigung durch den Anleihegläubiger wird in den Anleihebedin-
gungen i. d. R. ausgeschlossen. Die Anleihegläubiger können die Anlei-
hen allerdings über die Börse verkaufen.
Kündigung durch den Emittenten:
Das Kündigungsrecht kann in den Anleihebedingungen vereinbart wer-
den. Eine Kündigung kann dann zweckmäßig sein, wenn der Nominalzins
der Anleihe höher ist als der aktuelle Marktzins.
Sicherheit Sie hängt von der Bonität des Emittenten ab.
Mündelsichere und deckungsstockfähige Wertpapiere sprechen für eine
gute Bonität des Emittenten.

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019
W. Grundmann und R. Rathner, Bankwirtschaft, Rechnungswesen
und Steuerung, Wirtschafts- und Sozialkunde, Prüfungstraining für
Bankkaufleute, https://doi.org/10.1007/978-3-658-23965-7_5
92 Prüfungswissen Bankwirtschaft

1.2 Bundeswertpapiere – Übersicht


Merkmale Bundesanleihen Bundesobligationen
Emissionsrhythmus Einmalemission Daueremission
Emissionsverfahren Tenderverfahren
(nur Mitglieder der Bietergruppe Bundesemissionen)
Börsenhandel Handel an allen deutschen Wertpapierbörsen
Mindestauftrags- Mindestauftragswert der Kreditinstitute
größe
Anlagehöchstbetrag unbeschränkt
Zinszahlung jährlich nachträglich
Zinsmethode taggenau (actual/actual)
Laufzeit • Neuemissionen: • Neuemissionen:
überwiegend 10 Jahre 5 Jahre
• börsennotierte Titel: • börsennotierte Titel:
ca. 1 Monat bis unter 30 Jahre ca. 1 Monat bis unter
5 Jahre
Rückzahlung zum Nennwert
Erwerber jedermann
Verkauf bzw. nach Börseneinführung täglicher Verkauf zum Börsenkurs; bei au-
vorzeitige Rückgabe ßerbörslichem Verkauf über die Deutsche Finanzagentur unter Ab-
zug einer Gebühr von 0,4 % vom Kurswert
Verkaufsstellen Kreditinstitute
Verwahrung/ Kreditinstitute
Verwaltung
Kosten übliche Provision
Erwerb ex Emission:
Einlösung bei gebührenfrei bei der Deutschen Finanzagentur
Fälligkeit: • Depotgebühren bei Kreditinstituten
Verwaltung: • gebührenfrei bei der Deutschen Finanzagentur
C Geld- und Vermögensanlage 93

1.3 Pfandbriefe
Wesen Pfandbriefe sind von Pfandbriefbanken ausgegebene, gedeckte
Schuldverschreibungen.
Arten • Hypothekenpfandbriefe
• Öffentliche Pfandbriefe
• Schiffspfandbriefe
Voraussetzungen • Mindestkernkapital des Kreditinstituts beträgt 25 Millionen EUR.
für die Erlaubnis • Verfügung über geeignete Risikomanagementsysteme für die De-
zur Emission von ckungsmassen und das Emissionsgeschäft
Pfandbriefen • regelmäßige und nachhaltige Betreibung des Pfandbriefgeschäfts
• Bestehen eines organisatorischen Rahmens
Rechte des • Zinsertrag
Anlegers • Rückzahlung
• Insolvenzvorrecht
Sicherheits- • Deckungsregister: Die zur Deckung der Pfandbriefe verwendeten
merkmale Deckungswerte sind in das jeweilige Deckungsregister einzeln ein-
zutragen.
• Deckungsprinzip: Der Gesamtbetrag der umlaufenden Pfandbriefe
einer Gattung muss in Höhe des Nennwerts jederzeit durch Werte
von mindestens gleicher Höhe und mindestens gleichem Zinsertrag
gedeckt sein.
• Treuhänder: Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht
(BaFin), bestellt einen Treuhänder, der darauf zu achten hat, dass
jederzeit die vorschriftsmäßige Deckung vorhanden und im De-
ckungsregister eingetragen ist. Der Treuhänder verwahrt die in den
Deckungsregistern eingetragenen Werte und Urkunden unter dem
Mitverschluss der Pfandbriefbank.
• Risikomanagement: Die Pfandbriefbank muss über ein geeignetes
Risikomanagementsystem verfügen.
• Transparenzvorschriften: Die Pfandbriefbank muss in Quartalsbe-
richten alle wesentlichen Daten (z. B. Umlauf der Pfandbriefe, De-
ckungsmasse) veröffentlichen.
• Insolvenzvorrecht: Im Falle der Insolvenz der Pfandbriefbank fallen
die in den Deckungsregistern eingetragenen Werte nicht in die In-
solvenzmasse. Die Pfandbriefgläubiger sind aus den im Deckungs-
register eingetragenen Werten voll zu befriedigen.
94 Prüfungswissen Bankwirtschaft

1.4 Risiken bei festverzinslichen Wertpapieren


Bonitätsrisiko Zinsänderungs- und Wäh- Kündigungs- und Auslo-
rungsrisiko sungsrisiko
• Gefahr der Zahlungsunfä- • Das Zinsänderungsrisiko • Das Kündigungsrisiko be-
higkeit des Anleiheschuld- ergibt sich aus der unge- steht in der Gefahr, dass der
ners wissen zukünftigen Zins- Anleihegläubiger bei sinken-
• Das Bonitätsrisiko ist abhän- entwicklung. Steigt der den Marktzinsen mit einer
gig von der Laufzeit der An- Marktzins, wirkt sich das Kündigung der Emission
leihe und der Anleihewäh- Zinsänderungsrisiko durch den Anleiheschuldner
rung. durch Kursverluste aus. rechnen muss. Durch die
• Das Bonitätsrisiko schlägt Die Zinsreagibilität ist um- Kündigung kann der Anlei-
sich im Kurs und in der Ren- so höher, je niedriger der heschuldner seine Zinslast
dite der Anleihe nieder. Erst- Zinssatz und je länger die senken. Voraussetzung ist
klassige Schuldner begeben Restlaufzeit ist. eine Kündigungsklausel in
ihre Anleihen mit niedrige- • Fremdwährungsanleihen den Anleihebedingungen.
rem Nominalzins. Emittenten haben ein zusätzliches • Das Auslosungsrisiko ist die
mit niedriger Bonitätsein- Währungsrisiko. Gefahr bei Auslosungsanlei-
schätzung begeben ihre An- hen, dass eine frühzeitige
leihen mit höheren Renditen, Auslosung bei vorgegebener
die aber auch höhere Risi- Renditeerwartung zu einem
ken bergen. Renditeverlust führen kann.

1.5 Nominalverzinsung und Rendite bei festverzinslichen Wertpapieren


Nominalverzinsung Rendite
Die Nominalverzinsung stellt Die Rendite drückt den durchschnittlichen jährlichen Kapi-
den verbrieften jährlichen talertrag einer Kapitalanlage, unter Berücksichtigung der
Zinsanspruch, bezogen auf Rückzahlungsgewinne bzw. Rückzahlungsverluste, im Ver-
den Nennwert, dar. hältnis zum tatsächlich eingesetzten Kapital aus.
Beispiel für eine Nominal- Beispiel für eine Renditeberechnung bei der Unterneh-
verzinsung der Unterneh- mensanleihe der Stahlwerke Witten AG
mensanleihe der Stahlwerke • Nominalverzinsung: 7 % p. a.
Witten AG • Fällig: 03.11.2020
• Nominalverzinsung: 7 % • Zinstermin: 03.11. gzj.
p. a. • Aktueller Erwerbskurs: 108,9 %
• Fällig: 03.11.2020 • Restlaufzeit: 3 Jahre
• Zinstermin: 03.11. gzj. • Rückzahlungswert: 100 % Nennwert
• Aktueller Kurs: 108,9 %
Berechnung der Rendite:
• Jährliche Zinszahlung bei
Rk - Ek
einem Anlagebetrag von Pnom +
J
5.000,00 EUR, Nennwert: Formel: Peff = * 100
Ek
350,00 EUR
(7 + ((100 – 108,9) : 3) : 108,9) x 100 = (7 – 2,97) :
108,9 x 100 = 4,03 : 108,9 x 100 = 3,7 %
C Geld- und Vermögensanlage 95

1.6 Stückzinsberechnung
Stückzinsberechnung
Beim Erwerb einer Anleihe zahlt der Käufer neben dem Kurswert auch die aufgelaufenen
Stückzinsen an den Veräußerer. Bei einem Erwerb muss der Käufer dem Verkäufer die antei-
ligen Stückzinsen vom Beginn des Zinslaufs bis zum Kauf erstatten.
Geldvaluta: Börsengeschäfte werden zwei Börsentage nach dem Abschluss des Kaufvertra-
ges abgerechnet.
Stückzinsvaluta: Der Stückzinsvalutatag ist der Kalendertag vor dem Geldvalutatag.
Beispiel 1: Ermittlung der Geld- und Zinsvaluta
Handelstag: Mittwoch, 11.10.2017
+ 2 Börsentage = Freitag, 13.10.2017 (= Geldvaluta)
- 1 Kalendertag = Donnerstag, 12.10.2017 (= Zinsvaluta)
Beispiel 2: Ermittlung der Geld- und Zinsvaluta
Handelstag: Donnerstag, 12.10.2017
+ 2 Börsentage = Montag, 16.10.2017 (= Geldvaluta)
- 1 Kalendertag = Sonntag, 15.10.2017 (= Zinsvaluta)
Beispiel 3: Stückzinsberechnung beim Verkauf einer Anleihe
Handelstag: Freitag, 13.10.2017
Nominal 10.000,00 EUR
Zinssatz: 4,25 %
Zinstermine: 10.10. gzj.
Laufzeit: bis 2019
Geldvaluta 17.10.2017
Zinsvaluta 16.10.2017
Zinsen für 7 Tage vom 10.10.2017
einschließlich bis 16.10.2017 einschließlich
10.000,00 x 7 x 4,25 : (365 x 100) = 8,15 EUR

1.7 Effektivzinsberechnung
Rendite
Die Effektivverzinsung (Rendite) ist der Anlageertrag bezogen auf eine Anlagedauer von ei-
nem Jahr und einem Kapitaleinsatz von 100,00 EUR.
Rk - Ek
Pnom +
J
Formel: Peff = * 100
Ek
Peff = Effektivverzinsung
Pnom = Nominalverzinsung
J = Anlagedauer in Jahren
Ek = Erwerbskurs
Rk = Rückzahlungskurs
Beispiel einer Renditeberechnung für eine Industrieanleihe
Nennwert: 10.000,00 EUR
Restlaufzeit: 10 Jahre
96 Prüfungswissen Bankwirtschaft

Nominalverzinsung: 5,5 %
Erwerb bei einem Kapitalmarktzinsniveau von 6 %
Erwerbskurs: 104,56 %
Jahreskupon, Zinsen sind jährlich zahlbar
Peff = (5,5 + (100 – 104,56) : 10) : 104,56 x 100 = 4,824 %

1.8 Floating Rate Notes


Wesen Floating Rate Notes (Floater) sind eine Anleihe, bei der der Zinssatz
viertel- oder halbjährlich im Voraus unter Bezug auf einen Referenz-
zinssatz des Geldmarktes (z. B. EURIBOR) zuzüglich eines Aufschlags
oder abzüglich eines Abschlags festgelegt wird. Die Höhe des Auf- oder
Abschlags richtet sich nach der Bonität des Emittenten, der Laufzeit der
Anleihe sowie der Marktlage. Sie wird bei Emission für die gesamte
Laufzeit festgelegt. Floater werden am Euro-Kapitalmarkt und mit Bin-
dung an den EURIBOR am deutschen Kapitalmarkt emittiert. Da der
Zinssatz variabel ist, wird eine Verbindung zwischen Geld- und Kapi-
talmarkt hergestellt.
Laufzeit i. d. R. 5 bis 10 Jahre
Kündigungs- Ein Kündigungsrecht des Schuldners während der Laufzeit ist üblich, z.
möglichkeit B. Kündigung zu Zinszahlungsterminen oder zu jedem Termin.
Unterschiede zu • variabler Zinssatz
den • Geldmarktausrichtung des Zinssatzes
festverzinslichen • größere Häufigkeit der Zinszahlung
Wertpapieren
Emittenten Kreditinstitute, Unternehmen, Regierungen und supranationale Organi-
sationen
Zinssatz Der Zinssatz ist variabel und liegt meist unter dem Kapitalmarktzins-
satz.
Vorteile • Der Schuldner profitiert von einem evtl. fallenden Zinsniveau. Der
Schuldner trägt das aber Zinsänderungsrisiko.
• Werden Floater von Kreditinstituten emittiert, so können diese hiermit
langfristig zugesagte, zinsvariable Darlehen refinanzieren und damit
eine entsprechende Konditionengestaltung vornehmen.
• Ein Anleger kann aufgrund der unterjährigen Zinszahlungen bei einer
Wiederanlage der Zinserträge einen Zinseszinseffekt erzielen.
Anleger überwiegend Banken
Liquidität Erstklassige Floater sind sehr liquide, soweit ein funktionsfähiger Se-
kundärmarkt existiert.
Risiken • Das Kursrisiko ist begrenzt. Es kommt bei einwandfreier Bonität des
Schuldners nur zu geringen Abweichungen vom Nennwert, da die
Zinssätze in relativ kurzen Zeitabständen den aktuellen Geldmarkt-
konditionen angepasst werden.
• Ist der Schuldner nicht in der Lage, steigende Zinsen zu zahlen, so
erhöht sich das Bonitätsrisiko für den Anleger.
C Geld- und Vermögensanlage 97

Beispiel für einen Floater


Ein Kunde erteilt der Nordbank AG am 27. November (Mittwoch) die Order zum Kauf von
nominal 20.000,00 EUR der folgenden Anleihe:

Nordhypothekenbank AG variabel verzinster öffentlicher Pfandbrief Serie 03/20..
Zinstermine: vierteljährlich 10. März/Juni/September/Dezember (act/360)
Zinssatz: 3-Monats-Euribor am 5. des Monats der Zinszahlung + 0,5 Prozentpunkte
Fälligkeit: Dezember 20..
Aktueller Börsenpreis: 98,2 %

Am 5. September des Jahres betrug der 3-Monats-Euribor 0,9 %.

Ermittlung des ausmachenden Betrags, den der Kunde zu zahlen hat:

Kurswert 98,2 % von 20.000,00 EUR 19.640,00 EUR


+ Stückzinsen für 80 Tage 62,22 EUR
(20.000 x 80 x 1,4) : (360 x 100)
= ausmachender Betrag 19.702,22 EUR
Ermittlung der Zinszahlung am 10. Dezember des Jahres:
Zinsen für 91 Tage bei einem Anlagebetrag 70,78 EUR
von 20.000,00 EUR
(20.000 x 91 x 1,4) : (360 x 100)
98 Prüfungswissen Bankwirtschaft

2. Aktien
2.1 Aktionärsrechte, Aktienarten, Aktienregister und Aktienrückkauf
Aktionärsrechte • Recht auf Gewinnbeteiligung
• Teilnahme an der Hauptversammlung
• Stimmrecht in der Hauptversammlung
• Auskunftsrecht in der Hauptversammlung
• Angabe der Bezüge des Vorstands
• Bezugsrecht zum Bezug z. B. junger Aktien bei einer Kapitalerhöhung
• Anspruch auf Teilnahme am Liquidationserlös
Stammaktie Aktie, die dem Inhaber die normalen Aktionärsrechte laut Aktiengesetz
gewährt
Namensaktie Auf den Namen des Inhabers ausgestellte Aktien. Name, Wohnort und Be-
ruf des Inhabers müssen im Aktienregister der Gesellschaft eingetragen
werden. Namensaktien sind kraft Gesetzes Orderpapiere und können da-
her nur durch Indossament übertragen werden. Namensaktien bieten Ge-
sellschaften die Möglichkeit, ihren Aktionärskreis besser zu kennen und
einfacher mit den Aktionären direkt in Kontakt zu treten.
Vinkulierte Sonderform der Namensaktie. Eine vinkulierte Namensaktie kann nur mit
Namensaktie Zustimmung der AG an einen neuen Eigentümer übertragen werden. Die
Vinkulierung von Namensaktien ist möglich, wenn die Satzung der Ge-
sellschaft dieses vorsieht, so z. B. bei Versicherungsgesellschaften, de-
ren Grundkapital nicht voll eingezahlt ist, oder bei Gesellschaften, die
sich vor Überfremdung schützen wollen.
Vorzugsaktie Aktiengattung, der im Gegensatz zur Stammaktie das Stimmrecht fehlt.
Als Ausgleich dafür sind i. d. R. Vorrechte bei der Gewinnverteilung und
Abwicklung einer AG verbrieft. Eine AG kann neben Stammaktien auch
Vorzugsaktien emittieren, allerdings darf deren Anteil am Grundkapital
nicht höher sein als der Anteil der Stammaktien. Zu den Sonderrechten
von Vorzugsaktionären gehört meist eine höhere Dividende.
Berichtigungs- Aktie, die durch die Umwandlung von offenen Rücklagen in Grundkapital
aktie entsteht und an die Aktionäre ohne Gegenleistung ausgegeben wird (§§
(Gratisaktie) 207 bis 220 AktG). Die Bezeichnung „Gratisaktien“ ist irreführend, weil
der Aktionär bereits vor dem reinen Passivtausch an den Rücklagen
durch seinen Aktienbesitz beteiligt war. Für den Aktionär ändert sich da-
her der Wert seiner Beteiligung nicht, obwohl die Aktie um den Berichti-
gungsabschlag leichter wird.
Aktienanleihe Die Aktienanleihe wird auch Reverse Convertible Bond genannt. Sie ist
eine Anleihe mit i. d. R. relativ kurzer Laufzeit. Der Schuldner hat bei diesem
Wertpapier das Recht, die Anleihe am Ende der Laufzeit wahlweise zu
100 % oder durch Lieferung einer vorher festgelegten Zahl einer bestimm-
ten Aktie zurückzahlen zu können. Da der Anleger bei einer Aktienanleihe
dabei das Risiko übernimmt, dass die Aktien zum Rückzahlungszeitpunkt
der Anleihe insgesamt einen Wert ergeben, der unter dem Anleihewert
liegt, wird eine Aktienanleihe höher verzinst als eine „normale“ Anleihe.
C Geld- und Vermögensanlage 99

Aktienregister Das Aktienregister ist ein Register, das von Aktiengesellschaften geführt
wird, die Namensaktien oder Zwischenscheine emittieren. Während Inha-
beraktien formlos durch bloße Einigung und Übergabe übertragen werden
können (§§ 929 ff. BGB), gehören Namensaktien und Zwischenscheine
zu den geborenen Orderpapieren, die zwecks Übertragung noch eines
Indossaments bedürfen. Die Sonderform der vinkulierten Namensaktien
macht deren Übertragung von der Zustimmung der Aktiengesellschaft ab-
hängig, wodurch zur Übertragung eine Zession erforderlich wird.
Namensaktien und Zwischenscheine erfordern die Führung eines Aktien-
registers durch die Aktiengesellschaft, sodass neben Indossament/Zession
auch das Aktienregister die Verkehrsfähigkeit dieser Aktienarten behindert.
In § 67 Abs. 1 AktG wird bestimmt, dass die Inhaber von Namensaktien zur
Eintragung ins Aktienregister Namen, Geburtsdatum, Beruf und Adresse
sowie die Stückzahl oder die Aktiennummer (bei Nennbetragsaktien den
Betrag) mitzuteilen haben. Die Eintragung ins Aktienregister ist für den kon-
stitutiven Rechtserwerb der Aktionärsrechte jedoch nicht notwendig, son-
dern dient lediglich der Legitimation gegenüber der Gesellschaft.
Das Aktienregister dient der Gesellschaft zur sicheren Identifikation des
Aktionärs und dazu, den Mitteilungspflichten gegenüber den Aktionären
nachkommen zu können. Das Aktienregister gibt die aktuelle Aktionärs-
struktur und deren Veränderungen wieder. Aktienregisterführer kann so-
wohl die Gesellschaft sein oder eine von ihr hiermit beauftragte Registrar-
gesellschaft. Diese führt dann das Aktienregister. Der Inhalt eines Aktien-
registers ist in § 67 Abs. 1 AktG abschließend aufgezählt.
Nach internationalem Recht sind ausländische Aktionäre überwiegend in
Nomineebeständen als Fremdbesitz ins Aktienregister eingetragen. Wäh-
rend inländische Namensaktionäre direkt durch die Depotbanken über das
zentrale System der Clearstream Banking an die Aktienregister gemeldet
werden, werden ausländische Aktionäre häufig über eine Bank als Inhabe-
rin eines sog. Omnibuskontos registriert. Damit wird in diesem Fall nur die
Bank als Aktionärin im Aktienregister eingetragen.
Aktienrückkauf Es ist die Möglichkeit einer Aktiengesellschaft, eigene Aktien erwerben zu
können. Ein Aktienrückkauf kann z. B. sinnvoll sein, wenn er aus Grün-
den der Kurspflege notwendig erscheint, der Erschwerung einer Unter-
nehmensübernahme dient oder wenn die eigenen Aktien als Zahlungs-
mittel bei der Übernahme eines anderen Unternehmens verwendet wer-
den sollen. Auf der anderen Seite kann sich das Unternehmen dadurch,
dass es eigene Anteile erwirbt, teilweise der Kontrolle durch die Aktionäre
entziehen. Für den Aktienrückkauf gilt gemäß Aktiengesetz eine Ober-
grenze von 10 % des Grundkapitals.
100 Prüfungswissen Bankwirtschaft

2.2 Bezugsrechte
Gesetzliches Bei der Ausgabe junger Aktien steht den Aktionären aufgrund des Verwäs-
Bezugsrecht serungsschutzes ein gesetzliches Bezugsrecht zu. Das Bezugsverhältnis
ist das Verhältnis, in dem der Aktionär aufgrund des Bestandes an alten
Aktien neue Aktien beziehen kann (Anzahl alter Aktien dividiert durch die
Anzahl der jungen Aktien).
Der Bezugsrechtshandel dauert mindestens 14 Tage. Die beiden letzten
Tage der Bezugsfrist dienen der Erfüllung der am letzten Handelstag abge-
schlossenen Geschäfte. Mit Beginn des Bezugsrechtshandels notieren die
alten Aktien „ex Bezugsrecht“.
Ermittlung des B = Ka – Kn : (m : n + 1)
rechnerischen B = rechnerischer Wert des Bezugsrechts
Werts des Ka = Kurs der alten Aktien
Bezugsrechts Kn = Ausgabepreis der neuen Aktien
m : n = Bezugsverhältnis (= altes Kapital : Kapitalerhöhung)
Beispiel für die Berechnung des rechnerischen Werts des
Bezugsrechts
Kurs der alten Aktie: 83 EUR
altes Kapital: 65 Mio. EUR
Kapitalerhöhung: 13 Mio. EUR
Bezugspreis der jungen Aktie: 50,00 EUR
B = (83 -50) : (5 + 1) = 5,50 EUR
Wenn die neuen Aktien nicht voll dividendenberechtigt sind, muss die
Formel um den Dividendennachteil/Dividendenvorteil erweitert werden:
B = Ka – (Kn +/- Dividendennachteil/Dividendenvorteil) : (m : n + 1)
Beispiel für die Berechnung des rechnerischen Werts des
Bezugsrechts mit Dividendennachteil
Kurs der alten Aktie: 83,00 EUR
altes Kapital: 65 Mio. EUR
Kapitalerhöhung: 13 Mio. EUR
Bezugspreis der jungen Aktie: 50,00 EUR
Bardividende für die alten Aktien: 0,80 EUR
Die jungen Aktien sind zu einem Viertel dividendenberechtigt.
B = (83,00 – 50 – 0,60) : (5 + 1 ) = 5,40 EUR
Kapital- Bei der Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln erhalten die Altaktionä-
erhöhung aus re in einem bestimmten Verhältnis Berichtigungsaktien. Es fließen der AG
Gesellschafts- keine liquiden Mittel zu, da es sich hier um einen buchungstechnischen
mitteln Tausch auf der Passivseite der Bilanz handelt. Der Grund für die Kapital-
erhöhung liegt bei Aktien mit sehr hohem Börsenkurs vor allem darin, das
Vermögen der AG auf eine größere Zahl von Aktien zu verteilen, um so
den Kurs „leichter“ zu machen, womit die Aktie insbesondere für Kleinan-
leger interessanter wird. Durch die Ausgabe der Berichtigungsaktien än-
dert sich die Vermögensposition der Aktionäre trotz der Kurssenkung
nicht.
C Geld- und Vermögensanlage 101

Beispiel:
Eine Aktiengesellschaft erhöht ihr Grundkapital von derzeit 56 Millionen
EUR durch die Auflösung von Rücklagen um 14 Millionen EUR auf dann
70 Millionen EUR im Verhältnis 2 : 1. Die alte Aktie notiert zurzeit mit
einem Kurs von 120,00 EUR.
Berechnung des Berichtigungsabschlags:
Berichtigungsabschlag = Kurs der alten Aktie : (Bezugsverhältnis + 1)
40 = 120 : 3
Der Kurs der alten Aktie wird um 40,00 EUR reduziert auf dann 80,00
EUR. Der Aktionär erhält für zwei alte Aktien eine zusätzliche Berichti-
gungsaktie, die ihm in sein Depot gebucht wird.
Kapital- Eine Kapitalherabsetzung ist eine Verminderung des Kapitals eines Un-
herabsetzung ternehmens durch Gesellschafterbeschluss. Eine Kapitalherabsetzung
findet meist dann statt, wenn das Unternehmen gezwungen ist, Verluste
auszugleichen. Voraussetzung ist eine von der Hauptversammlung mit
qualifizierter Mehrheit zu beschließende Satzungsänderung. Zweck einer
nominellen Kapitalherabsetzung ist die Beseitigung einer Unterbilanz
durch Anpassung des festgelegten Kapitalbetrags an das durch Verluste
reduzierte Gesellschaftsvermögen.
Eine Kapitalherabsetzung kann durch Einziehung von Aktien geschehen,
die durch die zwangsweise Einziehung von Aktien oder durch den Er-
werb eigener Aktien durch die Gesellschaft erfolgen kann. Erst mit der
Eintragung ins Handelsregister gilt das Grundkapital als herabgesetzt.
Beispiel einer Kapitalherabsetzung
Der Solaranlagenbauer Solarcity AG zeigte im Januar 20.. den Verlust
der Hälfte seines Grundkapitals von 398 Millionen Euro an. Es sollte ein
Kapitalschnitt im Verhältnis von 8 : 1 auf 49,8 Millionen EUR durchgeführt
werden.
Ein Depotkunde, der z. B. 800 Aktien der Solarcity AG in seinem Depot
hatte, erhält nach der Kapitalherabsetzung für seine 800 Stück alten So-
larcity AG-Aktien 100 Stück neue Solarcity AG-Aktien.
Bezugsrechts- In der letzten Zeit waren Bezugsrechtsemissionen für deutsche Börsen-
emissionen unternehmen die wichtigste Möglichkeit zur Eigenkapitalzufuhr. Primär
wurden sie zur Refinanzierung, Verbesserung von Bilanzrelationen und
zur Beibehaltung von Rating-Bewertungen genutzt (z. B. Volkswagen,
Continental, Heidelberg Cement, Infineon, Deutsche Wohnen), daneben
auch, um M&A-Transaktionen und zukünftiges Wachstum zu finanzieren
(z. B. Volkswagen, K+S, Klöckner & Co., Rhön-Klinikum).
Für die Wahl der Bezugsrechtsemission sprechen mehrere Gründe: Bei
der von Unternehmen angestrebten Zufuhr neuer Liquidität kommt nur
eine Barkapitalerhöhung in Frage, und bei dieser kann das gesetzliche
Bezugsrecht der Aktionäre nur bis zu einem Emissionsvolumen von ma-
ximal 10 % des bestehenden Grundkapitals ausgeschlossen werden.
Daher bleibt in aller Regel nur die Bezugsrechtsemission, wenn der Li-
quiditätsbedarf diese Grenze überschreitet.
Darüber hinaus sind Bezugsrechtsemissionen gegenüber Kapitalerhö-
hungen mit Ausschluss des Bezugsrechts der Aktionäre vor allem im
102 Prüfungswissen Bankwirtschaft

Hinblick auf die Festlegung des Ausgabebetrages flexibler. Insbesondere


darf hierbei der Abschlag auf den Börsenkurs 5 % überschreiten. Dieser
Umstand hilft erheblich dabei, die neuen Aktien gerade in Zeiten volatiler
Kapitalmärkte zu vermarkten. Die Aktionärsbasis bildet schließlich nicht
selten ein gutes Nachfragereservoir bei einer Kapitalerhöhung, da die
Altaktionäre die Equity Story des Unternehmens bereits durch ihre frühe-
re Investitionsentscheidung unterstützt hatten.

2.3 Kapitalerhöhungen
Kapitalerhöhungen auf der Grundlage des Aktiengesetzes
Arten Rechtsgrundlage Kennzeichnung
Kapitalerhöhung Die Hauptversammlung be- Die Hauptversammlung kann mit
gegen Einlagen: schließt eine konkrete Kapital- dreiviertel Mehrheit des anwe-
ordentliche Kapital- erhöhung (ordentliche Kapitaler- senden Kapitals die Erhöhung
erhöhung und höhung) oder sie ermächtigt den des Grundkapitals durch Ausga-
Genehmigtes Kapital Vorstand, das Grundkapital in be neuer Aktien gegen Bezah-
einem Zeitraum von maximal fünf lung des Ausgabepreises (or-
Jahren bis zu maximal 50 % des dentliche Kapitalerhö-
bisherigen Grundkapitals zu hung/Genehmigtes Kapital) be-
erhöhen (Genehmigtes Kapital, schließen. Mit der Eintragung
sog. Vorratsbeschluss). ihrer Durchführung in das Han-
delsregister ist das Grundkapital
erhöht. Da der Ausgabepreis der
neuen Aktien in der Regel niedri-
ger ist als der Börsenkurs der
alten Aktien, wird deren Wert
nach der Aktienausgabe sinken
(Verwässerungseffekt). Der
Kursverlust der alten Aktie (Be-
zugsrechtsabschlag) entspricht
dem Wert des Bezugsrechts.
Bedingte Die Hauptversammlung Die Hauptversammlung kann mit
Kapitalerhöhung beschließt eine konkrete Kapital- dreiviertel Mehrheit des anwe-
erhöhung bzw. sie ermächtigt senden Kapitals eine Erhöhung
den Vorstand, das Grundkapital des Grundkapitals beschließen,
in einem Zeitraum von maximal die nur insoweit durchgeführt
fünf Jahren bis zu maximal 50 % werden soll, wie von einem Um-
des bisherigen Grundkapitals zu tausch- oder Bezugsrecht
erhöhen. (Wandelanleihen, Optionsanlei-
hen) Gebrauch gemacht wird, das
die Gesellschaft auf die neuen
Aktien einräumt. Die bedingte
Kapitalerhöhung soll nur zu
folgenden Zwecken beschlossen
werden:
• Gewährung von Umtausch-
C Geld- und Vermögensanlage 103

Arten Rechtsgrundlage Kennzeichnung


oder Bezugsrechten an die
Gläubiger von Wandel-/
Optionsanleihen
• Vorbereitung des Zusammen-
schlusses der Gesellschaft mit
anderen Unternehmen
• Ausgabe von Belegschaftsak-
tien. Der Nennbetrag des be-
dingten Kapitals darf 50 % des
bisherigen Grundkapitals nicht
übersteigen.
Kapitalerhöhung aus Die Hauptversammlung Die Hauptversammlung kann mit
Gesellschaftsmitteln beschließt eine konkrete Kapital- Dreiviertel des anwesenden Kapi-
und Aktiensplit erhöhung bzw. sie ermächtigt tals die Erhöhung des Grundkapi-
den Vorstand, das Grundkapital tals durch Umwandlung von Kapi-
in einem Zeitraum von maximal tal- und Gewinnrücklagen in
fünf Jahren bis zu maximal 50 % Grundkapital beschließen. Mit der
des bisherigen Grundkapitals zu Eintragung des Beschlusses über
erhöhen. die Erhöhung des Grundkapitals
in das Handelsregister ist das
Grundkapital erhöht. Die neuen
Aktien (Berichtigungsaktien) gel-
ten als voll eingezahlt. Sie stehen
den Aktionären im Verhältnis
ihrer Anteile am bisherigen
Grundkapital zu.
Die Hauptversammlung kann
eine Neueinteilung des Grundka-
pitals durch die Ausgabe neuer
Aktien (Aktiensplit) beschließen.
Der auf die einzelne Aktie entfal-
lende anteilige Betrag des Grund-
kapitals (Nennbetrag) sinkt
dadurch. Die neuen Aktien ste-
hen den Aktionären der Gesell-
schaft entsprechend ihrer bishe-
rigen Beteiligung zu.
Ziel von Aktiensplits ist die Ver-
ringerung des Aktienkurses, um
die Verkehrsfähigkeit der Aktie zu
erhöhen.
104 Prüfungswissen Bankwirtschaft

2.4 Emissionsarten
Festpreisverfahren Das Festpreisverfahren ist ein Emissionsverfahren, das bei Kapital-
erhöhungen gegen Einlagen Anwendung findet, bei denen die Aktio-
näre ein Bezugsrecht besitzen und die Aktien schon an der Börse
notieren. Der Emittent legt in Absprache mit dem Konsortium einen
verbindlichen Emissionspreis fest, der meist unter dem aktuellen
Börsenkurs der Aktie liegt, da in diesem Fall das Bezugsrecht einen
inneren Wert besitzt. Die Anleger haben keinen Einfluss auf den
Ausgabepreis.
Bookbuilding- Es ist ein Verfahren, das einen marktgerechten Ausgabepreis von
Verfahren Aktien im Zusammenhang mit der Börseneinführung einer Aktienge-
sellschaft ermittelt. Ausgangspunkt für die Preisfindung ist ein zwi-
schen Emittent und Konsortialführer abgesprochener Preisrahmen
(Bookbuilding-Spanne), der im Rahmen von Vorgesprächen mit
potenziellen Investoren ermittelt und veröffentlicht wird. Während
einer festgelegten Zeichnungsfrist haben Kaufinteressenten an-
schließend die Möglichkeit zur Abgabe verbindlicher Gebote inner-
halb des Preisrahmens, die in einer zentralen Datei (Orderbuch)
erfasst werden. Nach Schließung des Orderbuchs am Ende der
Zeichnungsfrist wird aus den eingegangenen Geboten der endgülti-
ge Ausgabepreis festgelegt.
Greenshoe Es ist eine Mehrzuteilungsreserve beim Bookbuilding-Verfahren. Der
Greenshoe ermöglicht dem konsortialführenden Kreditinstitut eine
höhere Zuteilung von Aktien für die Zeichner als ursprünglich ge-
plant. Er dient so als Instrument zur Stabilisierung eines durch sehr
großes Anlegerinteresse in die Höhe getriebenen Kurses für die
neuen Aktien.

2.5 Stimmrechtsvollmacht
Ausübung des Banken sind nicht verpflichtet, die Ausübung von Stimmrechten aus
Stimmrechts auf Kundendepots zu übernehmen. Sofern Banken das Stimmrecht für
einer Hauptver- Aktionäre ausüben wollen, müssen sie vom Kunden mit der Wahr-
sammlung nehmung der Stimmrechte aus den hinterlegten Aktien beauftragt
werden.
Arten von Stimm- • Der Kunde kann eine Einzelstimmrechtsvollmacht oder eine all-
rechtsvollmachten gemeine Stimmrechtsvollmacht der Bank erteilen.
• Die Einzelstimmrechtsvollmacht gilt nur für eine Hauptversamm-
lung.
• Die allgemeine Stimmrechtsvollmacht gilt für alle Hauptversamm-
lungen inländischer Aktien im Depot des Kunden. Bei einer unbe-
fristeten Erteilung muss die Bank einmal jährlich den Kunden auf
die Möglichkeit des jederzeitigen Widerrufs der Vollmacht und auf
andere Vertretungsmöglichkeiten hinweisen. Sie ist jederzeit wi-
derruflich.
C Geld- und Vermögensanlage 105

Beispiele für Vertre- • Kreditinstitute


tungsmöglichkeiten • Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre (SdK)
• Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz e.V. (DSW)
• Depotkunden können sich für einzelne Hauptversammlungen Ein-
trittskarten von ihrer Bank besorgen lassen, um selbst das Stimm-
recht auszuüben oder ausüben zu lassen.
Vorschriften für die • Das Kreditinstitut ist im Aktienregister anstelle des Depotkunden
Ausübung von Voll- eingetragen: Mitteilung eigener Vorschläge zur Ausübung des
machten durch Kre- Stimmrechts zu den einzelnen Tagesordnungspunkten an den
ditinstitute Depotkunden durch das Kreditinstitut.
• Der Aktionär ist im Aktienregister der AG eingetragen: Das Kredit-
institut muss dem Aktionär die eigenen Vorschläge z. B. auf der
Homepage zugänglich machen.
• Bei den eigenen Vorschlägen muss sich die Bank vom Interesse
des Aktionärs leiten lassen.
• Das Kreditinstitut verpflichtet sich zur Einhaltung der Pflichten
sowie zur ordnungsgemäßen Ausübung der Stimmrechte.
• Das Kreditinstitut muss den Depotkunden um Weisung für die
Erteilung der Stimmrechtsausübung bitten.
• Das Kreditinstitut stimmt entsprechend den eigenen Vorschlägen
ab, falls der Aktionär nicht andere Weisungen erteilt.
• Hinweis auf personelle oder kapitalmäßige Verbindungen zwi-
schen der Gesellschaft und dem Kreditinstitut
• Besondere Vorschriften bei eigenen Hauptversammlungen und
Hauptversammlungen bei AG, bei denen das Kreditinstitut mit
mehr als 5 % beteiligt ist: Der Depotkunde muss ausdrücklich
Weisungen zu den einzelnen Punkten der Hauptversammlungen
erteilen.

2.6 Aktienanalyse und Aktienindizes


Fundamen- Die Fundamentalanalyse ist ein Verfahren zur Prognose zukünftiger Kurs-
talanalyse entwicklungen einer Aktie. Bei der Fundamentalanalyse wird der innere Wert
einer Aktie mit Hilfe gesamtwirtschaftlicher Faktoren (z. B. Konjunktur),
branchenspezifischer Faktoren (z. B. Geschäftsklima bei Anbietern von In-
ternet-Software) und unternehmensindividueller Faktoren (z. B. Kurs-
Gewinn-Verhältnis) ermittelt. Alle auf diese Weise prognostizierten zukünfti-
gen Erträge werden auf den gegenwärtigen Betrachtungszeitpunkt abge-
zinst.
Technische Bei der technischen Analyse versucht man Aussagen über die zukünftige
Analyse Kursentwicklung aus der Analyse vergangener Kursentwicklungsmuster
abzuleiten. Börsenbezogene Daten wie Kursverlauf oder Handelsvolumen
werden untersucht. Als Hilfsmittel werden Charts genutzt, d. h. grafische
Darstellungen von Kurs- oder Umsatzentwicklungen zur Ermittlung von
Trends. Kauf- bzw. Verkaufssignale werden aus typischen Erscheinungsbil-
dern (Formationen) abgeleitet. So gilt z. B. ein Kursverlauf in „W“-Form mit
zunächst sinkenden, dann steigenden, erneut sinkenden und wieder anstei-
106 Prüfungswissen Bankwirtschaft

genden Kursen als Kaufsignal, da unterstellt wird, dass nach Erreichen des
oberen rechten Punktes des „W“ mit Kurssteigerungen zu rechnen ist. Um-
gekehrt wird eine „M“-Formation als Verkaufssignal gewertet.
Aktienindizes Hinter der Berechnung der Indexwerte steht ein Korb von Wertpapieren.
Beim DAX (Deutscher Aktienindex) und beim amerikanischen Dow Jones
handelt es sich um die Aktien der 30 größten, d. h. börsenumsatzstärksten
deutschen bzw. amerikanischen Unternehmen. Im Gegensatz zum Dow
Jones enthält der DAX jedoch eine Gewichtung: Je höher die Börsenkapita-
lisierung eines DAX-Wertes ist, desto höher sein Gewicht. Kursschwankun-
gen von hoch gewichteten DAX-Werten führen damit zu einem größeren
Einfluss auf die Indexentwicklung als Kursschwankungen geringer gewichte-
ter Aktien.
Wertpapierindizes erfüllen zum einen eine Informationsfunktion für den Anle-
ger. Sie dienen aber auch als Benchmark, d. h. als Vergleichsmaßstab für
Wertpapieranlagen. Ist z. B. der DAX innerhalb eines Zeitraums um 10 % ge-
stiegen, so ist diese Veränderung eine wichtige Vergleichsziffer für Anleger,
deren Aktiendepot aus Werten großer deutscher Unternehmen zusammenge-
setzt ist. Wertpapierindizes erfüllen aber auch eine operative Funktion, indem
sie als Grundlage für Optionen und Futures fungieren.
Ein Wertpapierindex kann auch ein Performance-Index sein. Bei dieser
Indexart werden Kursrückgänge aufgrund von Ausschüttungen oder Kapi-
taländerungsmaßnahmen in der Indexformel berücksichtigt. Schüttet z. B.
eine AG eine Dividende aus, so verringert sich durch den hiermit verbunde-
nen Liquiditätsabfluss i. d. R. der Aktienkurs des Unternehmens. Die Aktie
wird am Tag der Ausschüttung daher auch mit dem Kurszusatz „ex D“ no-
tiert. Für den Anleger ist rechnerisch dadurch kein realer Verlust verbunden,
da der Kursrückgang durch die Dividendenzahlung entsprechend ausgegli-
chen wird. In einem Performanceindex würde daher im Gegensatz zu einem
Kursindex der Kursrückgang korrigiert um die diesem Rückgang gegenüber-
stehende Dividendenzahlung. Der DAX wird sowohl als Kurs- als auch Per-
formanceindex berechnet.

Begriffserklärungen aus der technischen Aktienanalyse


Aktienanalyse ist ein Verfahren zur Beurteilung von Unternehmen oder Aktien.
Bärenfalle Eine Bärenfalle ist ein charttechnisches Verkaufssignal, das sich im Nachhinein als
Fehlsignal entpuppt. Der Kurs bricht aus einem kontinuierlichen Kursverlauf nach unten aus und
lässt ein Verkaufssignal erkennen. Jedoch folgt ein scharfer Richtungswechsel und hebt das
Wertpapier wieder über den Trend (vgl. Bullenfalle).
Balkenchart Ein Balkenchart ist eine charttechnische Darstellung eines Kursverlaufes. Ein ver-
tikaler Strich (Balken) stellt den Höchst- und Tiefstkurs meist eines Tages dar. Er wird durch ei-
nen kleinen horizontalen Strich links (Eröffnung) und rechts (Schluss) ergänzt.
Benchmark ist ein Vergleichsindex, an dem der Anlageerfolg gemessen wird. Bei Aktien kann
das der Aktienindex Dax sein.
Blue Chips (Standardwerte) Bezeichnung für Aktien der größten, international bekannten Un-
ternehmen mit hohem Anteil am Börsenumsatz. Die 30 größten deutschen Unternehmen sind z.
B. im Dax enthalten.
C Geld- und Vermögensanlage 107

Bullenfalle Eine Bullenfalle ist ein charttechnisches Kaufsignal, welches sich im Nachhinein als
Fehlsignal entpuppt. Der Kurs bricht aus einem kontinuierlichen Kursverlauf nach oben aus und
kündigt ein Kaufsignal an. Danach folgt jedoch ein heftiger Kurseinbruch, der auf das alte Niveau
einschwenkt.
Chart Grafische Darstellung von beobachteten Kursverläufen einzelner Wertpapiere. Dabei
bilden die jeweiligen Tageskurse jeweils einen Punkt in einem Diagramm.
Durchschnittslinien Bei Durchschnittslinien werden die letzten z. B. 38 Tageskurse gemittelt
(alle addiert und durch 38 dividiert). In den folgenden Tagen fällt jeweils der früheste Kurs heraus
und der jüngste wird hinzugefügt. Während die 38-Tage-Linie eher kurzfristige Signale gibt,
nimmt man langfristig 200 Tage an.
Signale Im engeren Sinne gibt es nur zwei Signale. Das eine ist „kaufen“ und das andere „ver-
kaufen“. Je nach Temperament reicht/reichen für eine Entscheidung ein oder mehrere Signale
aus. Ist der Markt hochgradig reagibel, hat man bei mehreren Signalen den günstigsten Zeit-
punkt meist verpasst.
Kursformationen:
Wimpel Ein Wimpel ist eine Kursformation, bei der die Kursbewegungen immer geringer wer-
den. Ein Ausbruch aus der Formation ist nahezu unausweichlich und weist auf eine neue Trend-
entwicklung hin.
Kurs

„Mast“

Zeit
108 Prüfungswissen Bankwirtschaft

Flagge Eine Flagge verläuft oft antizyklisch zum Trend und weist auf eine Fortsetzung hin. Die
obere und untere Trendlinien verlaufen weitgehend parallel. Ein deutlicher Ausbruch des Kurs-
verlaufs deutet häufig auf eine Trendwende hin.
Kurs

„Mast“

Zeit

Bei einem Balkenchart werden die Kurse eines Tages in einer Senkrechten abgebildet. Liegen
signifikante Kursdaten wie Schluss- oder Eröffnungskurse mehrfach am unteren oder oberen
Ende der Chartlinie, lassen sich daraus Signale für einen Trendwechsel ablesen.

10
9
8
7
6 Höchstkurs
Kurs

5 Tiefstkurs
4 Schlusskurs

3
2
1
0
1.1.00 3.1.00 5.1.00 7.1.00 9.1.00
Tag(Zeit)
C Geld- und Vermögensanlage 109

Bei einem Keil verlaufen im Gegensatz zum Dreieck die Kurse stetig zusammen und es zeich-
net sich erst langfristig ein Schnittpunkt der Geraden ab. Es kann manchmal Jahre dauern, bis
fertige Keilmuster entstanden sind.

Kurs

Zeit

Unterstützungslinien sind analog zu den Widerstandslinien Parallelen zur x-Achse. Fällt der
Kurs eines Wertpapiers mehrmals bis auf einen bestimmten Kurs zurück, um im Anschluss daran
wieder zu steigen, so spricht man von einer Unterstützung. Wird eine Unterstützung jedoch nach
unten durchbrochen lassen sich Schlüsse auf die weitere Kursentwicklung ziehen.

Widerstandslinie

Unterstützungslinie

Widerstand Steigt der Kurs eines Wertpapiers mehrmals hintereinander bis auf ein bestimmtes
Niveau an, um im Anschluss daran wieder zurückzufallen, so spricht man von einer Widerstands-
linie. Das Durchbrechen einer Widerstandslinie lässt eine weitere Kurssteigerung erwarten.
110 Prüfungswissen Bankwirtschaft

2.7 Ertragskennziffern
Kurs-Gewinn- Diese Kennziffer gibt die Anzahl der Jahre an, nach denen bei einem
Verhältnis gleich bleibenden Gewinn des Unternehmens der Aktienkurs verdient ist.
(KGV) Das KGV errechnet sich aus dem Verhältnis des Aktienkurses zum ge-
schätzten Gewinn je Aktie. Beträgt z. B. der aktuelle Aktienkurs 100 EUR,
so ergibt sich bei einer voraussichtlichen Dividende für das laufende Jahr
von 2 EUR ein KGV von 50. Je höher das KGV ist, desto teurer erscheint
die Aktie. Im Beispiel müsste der Gewinn des Unternehmens in 50 Folge-
jahren verdient werden, um den hohen Kurs zu rechtfertigen. KGV-
Analysen sind nur bedingt zur Bewertung von Aktien geeignet, da die
Gewinnprognosen für die Zukunft schwierig sind. Das KGV ist ein Maß-
stab für die Vergleichbarkeit von Unternehmen einer Branche.
Dividenden- Sie gibt die Verzinsung des Aktienkurses an. Zur Ermittlung der Dividen-
rendite denrendite wird die erwartete Dividende ins Verhältnis zum Börsenkurs
der Aktie gesetzt.

3. Investmentanteile
Allgemeine Es handelt sich um ein in Wertpapieren oder Grundstücken angelegtes
Kennzeichnung Sondervermögen einer Kapitalanlagegesellschaft. Fonds bündeln die
Gelder vieler Anleger und investieren sie in Aktien, Anleihen und andere
Anlageformen. Die Anteilsinhaber investieren mit einem geringen Betrag
gleichzeitig in verschiedene Anlagen und streuen damit ihr Risiko. In-
vestmentfonds werden von Investmentgesellschaften verwaltet. Das
Fondsvermögen wird bei einer Depotbank verwahrt und bildet ein Son-
dervermögen, das von dem eigenen Vermögen der Gesellschaft getrennt
gehalten wird. Das Fondsvermögen haftet nicht für Verbindlichkeiten der
Gesellschaften.
Rechte von • Miteigentum nach Bruchteilen am Sondervermögen
Anteilinhabern • Anspruch auf Beteiligung am Fondsertrag
• Anspruch auf Rückgabe der Anteile an die Kapitalanlagegesellschaft
• Anspruch auf ordnungsgemäße Verwaltung des Fondsvermögens
• regelmäßige Erstellung eines Jahresberichts
Kauf und Verkauf Der Kauf oder Verkauf von Investmentanteilen ist bei der jeweiligen
von Investmen- Investmentgesellschaft oder an der Börse möglich. Fondsanteile wer-
tanteilen den mit einem Ausgabeaufschlag zur Deckung der Vertriebskosten
ausgegeben; dieser Ausgabeaufschlag entfällt im Börsenhandel.
Erträge Die Erträge aus Dividenden oder Zinsen schüttet die Investmentgesell-
schaft an die Anteilseigner aus oder legt sie wieder an (thesaurierende
Fonds).
Errechnung des Der Wert eines Fondsanteils wird errechnet, indem das Fondsvermö-
Wertes eines gen durch die Anzahl der umlaufenden Anteilsscheine dividiert wird.
Anteils Steigt der Wert der im Fondsvermögen enthaltenen Anlagen, erhöht
sich das Fondsvermögen bzw. der Wert des Anteilsscheins.
Beispiel: Fondsvermögen: 150.000.000,00 EUR, Umlaufende Anteile:
4.500.000, Anteilwert: 33,33 EUR
C Geld- und Vermögensanlage 111

Arten von Publikumsfonds: Es sind offene Fonds und haben eine unbegrenzte
Investmentfonds Zahl von Anlegern.
Aktienfonds: Der Fonds investiert in Aktien einer oder mehrerer Bran-
chen, national oder international.
Beispiel für Aktienfonds:
AkkumulaNord NordRenta international
Währung EUR USD
Fondsvolumen 2,3 Mrd. EUR 2,9 Mrd. USD
Ausgabeaufschlag 2,5 % 3,0 %
Verwaltungsvergütung 0,75 % p.a. 0,90 % p.a.
Ertragsverwendung thesaurierend ausschüttend
• Rentenfonds: Der Investmentfonds investiert in nationale und interna-
tionale Rentenwerte.
• Spezialfonds
• Offene Investmentfonds
• Geschlossene Investmentfonds: Anlagesumme ist begrenzt.
• Ausschüttende Fonds: Die Fondserträge werden an die Anleger z. B.
einmal jährlich ausgeschüttet.
• Thesaurierende Fonds: Die Erträge werden wieder in Fondswerte
angelegt.
• Dachfonds: Als Dachfonds werden Investmentfonds bezeichnet, die
das Geld der Anteilseigner wiederum in Anteilen von Investmentfonds
anlegen.
• Aktiv verwaltete Fonds: Das Management verfolgt eine eigene Strate-
gie und versucht mit dieser, die zuvor festgelegte Benchmark zu
schlagen.
• Passiv verwaltete Fonds oder Indexfonds sind an die Wertentwicklung
eines Index gekoppelt.
Vorteil eines Indexfonds gegenüber einem aktiv gemanagten Fonds:
Indexfonds sind bei Erwerb kostengünstiger.
Nachteil gegenüber einem aktiv gemanagten Fonds:
Indexfonds können keine bessere aber auch keine schlechtere Perfor-
mance erreichen als der zugrunde liegende Index.
Fondserträge • Zinsen
• Dividenden
• Bezugsrechtserlöse
• Kursgewinne
Allgemeine • Anlage durch Experten: Management der Kapitalanlagegesellschaft
Vorteile verwaltet den Fonds und analysiert den Markt.
• Risikobegrenzung: Management investiert mittels Risikostreuung im
Rahmen der Fondsbedingungen bzw. des Investmentgesetzes.
• Risikomischung: Der Anleger erwirbt Miteigentum am Sondervermö-
gen, das in verschiedenen Anlageformen investiert wird.
• Der Anleger hat die Möglichkeit der Wertpapieranlage in kleineren
Beträgen und kann den Cost-Average-Effekt nutzen.
112 Prüfungswissen Bankwirtschaft

Allgemeine • Der Anleger hat das Risiko der Kurs- und Ertragsschwankungen.
Nachteile • Es fallen beim Investmentsparen Kosten an, z. B. Ausgabeaufschlag
und Verwaltungsprovision.
Risiken Bei Rentenfonds:
• allgemeines Kursrisiko
• Zinsänderungsrisiko
• Währungsrisiko bei Auslandsanleihen
• Bonitätsrisiko des Emittenten
Bei Aktienfonds:
• allgemeines Kursrisiko
• Bonitätsrisiko des Emittenten
• Währungsrisiko bei Auslandsaktien
• Ertragsrisiko
Cost-Average- Kauft der Anleger regelmäßig Anteile einer Investmentgesellschaft in
Effekt der Weise, dass er jeweils einen festen Betrag investiert, erwirbt er
seine Anteile grundsätzlich zu einem günstigeren Durchschnittspreis als
ein Anleger, der stets eine feste Stückzahl von Anteilen erwirbt. Der
Anleger erwirbt weniger Anteile, wenn der Preis hoch ist und dagegen
viele, wenn der Preis gering ist.
Berechnung ei- Der WEKA Nord Aktienfonds hat folgendes Fondsvermögen:
nes Investmen- Stück Vermögenswerte Preis pro Stück in EUR Kurswert in EUR
tanteils am Bei- 20.000 A-Aktien 25,20 504.000,00
20.000 B-Aktien 30,10 602.000,00
spiel eines Akti-
10.000 C-Aktien 40,50 405.000,00
enfonds 90.000 weitere Aktien 5.841.000,00
Zum Fondsvermögen gehört ein Bankguthaben von 300.000,00 EUR.
Es sind 200.000 Stück Fondsanteile im Umlauf.
Auszug aus den Fondsbedingungen:
Ausgabeaufschlag 3 % des Anteilwertes (Ausgabepreis auf volle 0,10
EUR aufrunden)
Rücknahme zum Anteilwert abzüglich 0,3 % Rücknahmekosten (Rück-
nahmepreis auf volle 0,10 EUR abrunden)
Berechnung des Inventarwerts
Summe der Aktienwerte im Aktienfonds zuzüglich Bankguthaben divi-
diert durch die umlaufenden Aktien ergibt den Inventarwert.
7.652.000 : 200.000 = 38,26 EUR
Berechnung des Verkaufspreises
Inventarwert zuzüglich 5 % Ausgabeaufschlag ergibt den Verkaufspreis
des Fondsanteils.
39,50 EUR = Inventarwert x 1,03, aufgerundet auf volle 0,10 EUR
Berechnung des Rücknahmepreises
Anteilwert abzüglich 0,3 % Rücknahmekosten ergibt den Rücknahme-
preis des Fondsanteils.
38,10 EUR = Anteilwert x 0,997, abgerundet auf volle 0,10 EUR
C Geld- und Vermögensanlage 113

4. Optionsschuldverschreibungen
4.1 Optionsanleihe
Allgemeine Eine Optionsanleihe ist eine festverzinsliche Schuldverschreibung mit
Kennzeichnung zusätzlichen Optionsscheinen. Optionsanleihen unterscheiden sich von
normalen Anleihen durch die Zugabe von Optionsscheinen. Diese be-
rechtigen den Inhaber, Aktien oder Anleihen des Emittenten in der Re-
gel nach einer bestimmten Frist zu einem festgelegten Kurs zu bezie-
hen. Mit Beginn der Optionsfrist kann der Anleger über die Options-
scheine getrennt verfügen und diese an der Börse verkaufen. Die An-
leihen notieren anschließend mit dem Kurszusatz „ex“. Nicht getrennte
Anleihen werden „cum“, also mit Anleihe genannt. Mit der Ausübung
der Option erlischt der Anspruch auf Rückzahlung des Nominalbetrages
der Anleihe nicht.
Rechte des • Zinsanspruch
Anlegers • Rückzahlungsanspruch
• Ausübung des Optionsrechts
Vorteile für den Der Anleger erhält eine regelmäßig garantierte Zinszahlung. Die Rück-
Anleger zahlung zum Nennwert am Ende der Laufzeit ist ebenfalls garantiert. Das
Kursrisiko ist begrenzt. Mit steigendem Aktienkurs des Unternehmens
steigt auch der Kurs der Optionsanleihe. Bei fallendem Aktienkurs sinkt
der Kurs der Optionsanleihe höchstens auf den Wert der Anleihe ex.
Vorteile für das Durch die Ausgabe einer Optionsanleihe beschafft sich eine AG zu-
emittierende nächst Fremdkapital (Anleihe). Zusätzlich hat sie die Möglichkeit zur
Unternehmen Erhöhung des Eigenkapitals durch Emission von Aktien bei Ausübung
der Optionsscheinrechte.
Arten Man unterscheidet das Aufgeld- und das Abgeldmodell bei Optionsan-
leihen.
• Beim Aufgeldmodell ist die Verzinsung marktgerecht und der Aufpreis
für den Optionsschein beträgt 30 % bis 40 % des Nominalwertes der
Anleihe.
• Beim Abgeldmodell liegt die Verzinsung unterhalb des Marktzinsni-
veaus als Ausgleich für den Bezug des Optionsscheins.
An der Börse werden 3 Varianten von Rechten gehandelt:
• Anleihen mit Optionsschein, volle Stücke im Rentenhandel
• Anleihe ohne Optionsschein (o. O.) im Rentenhandel
• Optionsschein ohne Anleihe im Optionsscheinhandel
Steuerliche • Zinsen aus Optionsanleihen unterliegen der 25-prozentigen Abgel-
Behandlung tungsteuer.
• Die Veräußerungsgewinne unterliegen ohne Einhaltung einer Halte-
frist ebenfalls der Abgeltungsteuer.
114 Prüfungswissen Bankwirtschaft

Auszug aus dem Bezugsangebot einer Optionsanleihe der ComTech AG


Aufgrund des Beschlusses der Hauptversammlung vom 25. Juni 2018 emittieren wir eine
Optionsanleihe im Gesamtnennbetrag von 32.000.000,00 EUR.
Ein Bankenkonsortium hat die nom. 32.000.000,00 EUR Optionsschuldverschreibungen mit der
Verpflichtung übernommen, sie den Aktionären unserer Gesellschaft zum Bezug anzubieten.
Die Aktionäre können die Optionsschuldverschreibungen im nachstehenden Verhältnis bezie-
hen: auf je 400 Stückaktien entfällt eine Optionsschuldverschreibung über nom. 1.000,00
EUR zum Ausgabekurs von 120 %. Gemäß den Anleihe- und Optionsbedingungen hat die
Optionsanleihe folgende wesentliche Ausstattungsmerkmale:
Stückelung: Die Optionsanleihe ist eingeteilt in unter sich gleichberechtigte, auf den Inhaber
lautende Optionsschuldverschreibungen im Nennbetrag von 1.000,00 EUR.
Verzinsung: Die Optionsschuldverschreibungen werden vom 5. Dezember 2018 an mit jähr-
lich 3,25 % verzinst. Die Zinsen sind nachträglich am 5. Dezember der Jahre 2019 bis 2028
fällig. Die erste Zinszahlung erfolgt am 5. Dezember 2019.
Laufzeit und Rückzahlung: Die Laufzeit der Optionsanleihe beträgt zehn Jahre fest. Die
Gesellschaft ist verpflichtet, die Optionsschuldverschreibungen am 5. Dezember 2028 zum
Nennbetrag zurückzuzahlen.
Bedingtes Kapital: Zur Gewährung von Optionsrechten besteht ein bedingtes Kapital in Hö-
he von 2.560.000,00 EUR.
Optionsscheine: Jeder Optionsschuldverschreibung im Nennbetrag von 1.000,00 EUR sind
acht Inhaberoptionsscheine mit Berechtigung zum Bezug von je einer Stückaktie unserer
Gesellschaft beigefügt.
Optionsrecht: Die Inhaber der Optionsscheine sind berechtigt, die auf den Optionsscheinen
angegebene Anzahl von Stückaktien unserer Gesellschaft zum Optionspreis von 80,00 EUR
je Stückaktie zu beziehen. Die Aktien sind gewinnanteilberechtigt vom Beginn des Geschäfts-
jahres an, in dem sie aufgrund der Ausübung von Optionsrechten entstehen.
Optionsfrist: Das Optionsrecht kann vom 10. Mai 2019 bis zum 27. November 2028 ein-
schließlich ausgeübt werden.
Zum Bezug einer Optionsschuldverschreibung im Nennbetrag von 1.000,00 EUR zum
Kurs von 120 % berechtigen die Gewinnanteilscheine Nr. 11 von 400 Stückaktien.
Das Bezugsrecht auf die Optionsschuldverschreibungen wird vom 12. November 2018
bis 23. November 2018 einschließlich an allen deutschen Wertpapierbörsen gehandelt und
amtlich notiert. Die Bezugsstellen sind bereit, den An- und Verkauf von Bezugsrechten nach
Möglichkeit zu vermitteln.

4.2 Optionsscheine
Allgemeine Der Optionsschein ist ein eigenständiges Wertpapier, das dem Inhaber das
Kennzeich- Recht einräumt, beispielsweise eine bestimmte Anzahl von Aktien im ent-
nung sprechenden Bezugsverhältnis zu einem bestimmten Kurs (Bezugskurs)
innerhalb einer bestimmten Frist (Bezugsfrist) zu erwerben (Aktienoptions-
schein). Der Optionsschein wird losgelöst von der Anleihe an der Börse
gehandelt. Es ist eine spekulative Anlage mit hohem Chancen-Risiko-
Potenzial. Der Handel mit Optionsscheinen ist ein Finanztermingeschäft, d.
h. die Bank muss über die mit solchen Geschäften verbundenen Risiken
den Kunden förmlich aufklären und dies entsprechen dokumentieren.
C Geld- und Vermögensanlage 115

Ausstat- Klassische Optionsscheine haben meist eine Laufzeit von mehreren Jahren.
tungsmerk- Der Optionsschein ist wie eine Kaufoption (Call) ausgestattet und berech-
male tigt zum Kauf von Aktien der emittierenden AG zu einem bestimmten Ba-
sispreis. Entsprechend der Kontraktgröße bei Optionen ist bei Options-
scheinen ein bestimmtes Bezugsverhältnis festgelegt. Ein Bezugsverhält-
nis von 1 : 5 bedeutet, dass mit einem Optionsschein 5 Aktien bezogen
werden können. Um Chancen und Risiken des Optionsscheins zu beurtei-
len, sind die Optionsbedingungen wie Optionsverhältnis, Bezugsfrist, Be-
zugspreis und Optionsprämie zu beachten.
Hebelwirkung Die Hebelwirkung beruht darauf, dass für den Erwerb des Optionsscheins
ein geringerer Kapitaleinsatz erforderlich ist als für den Erwerb der Aktie,
sodass der Optionsschein auf Kursänderungen der Aktie überproportional
reagiert.
Der Hebel gibt an, um wie viel Prozent sich der Kurs des Optionsscheins
verändert, wenn der Kurs der Aktie um 1 % steigt oder fällt.
Beispiel eines Call-Optionsscheins:
Kurs des Optionsscheins 0,50 EUR
Kurs der Aktie (Basiswert) 32,00 EUR
Basispreis (Bezugspreis) 34,00 EUR
Bezugsverhältnis 10 : 1
Restlaufzeit 2 Jahre
Ermittlung des Aufgeldes:
Aufgeld = (Basispreis + (Kurs des Optionsscheins : Bezugsverhältnis) -
Aktienkurs) : Aktienkurs x 100
Aufgeld = (34,00 + 0,05 - 32,00) : 32,00 x 100 = 6,41 %
Bei Verteilung des Aufgeldes auf die zwei Jahre Restlaufzeit ergibt sich pro
Jahr ein Aufgeld von 3,205 %.
Ermittlung des Hebels:
Hebel = Kurs der Aktie : (Kurs des Optionsscheins x Bezugsverhältnis)
Hebel = 32 : (0,50 x 10) = 6,4
Motive für den • Kurssicherung
Erwerb von • Spekulation
Optionsschei-
nen
Steuerliche Grundsätzlich ist die Differenz zwischen Verkaufs- und Kaufpreis für die
Behandlung Besteuerung maßgeblich. Stillhalterprämien unterliegen der Abgeltung-
steuer. Gewinne aus dem Verkauf von Optionsscheinen sind ebenfalls
abgeltungsteuerpflichtig. Bei einem Verlust liegen negative Einkünfte aus
Kapitalvermögen vor, die mit anderen Einnahmen wie Zinsen oder Divi-
dendenerträgen verrechnet werden können.
Beispiel für Die Aktie der Chemie AG wird nach einem langen Kursanstieg zu einem
einen Kurs von 52,00 EUR an der Börse gehandelt. Der Depotkunde Jürgen
Optionsschein Schneider besitzt 100 Aktien und möchte sich seine erzielten Kursgewinne
sichern, ohne aber auf einen möglichen weiteren Kursanstieg der Chemie
AG-Aktie zu verzichten. Herr Schneider sichert sich sein Depot durch einen
Optionsschein ab.
116 Prüfungswissen Bankwirtschaft

Art Basiswert Laufzeit Bezugs- Basis- Kurs des Options-


verhältnis preis Basiswer- schein-
tes Kurs
Put Aktie der 15.09.2018 1:1 50,00 EUR 52,00 EUR 5,00 EUR
Chemie
AG
Herr Schneider kauft 100 Optionsscheine, die Kosten der Absicherung
betragen insgesamt 500,00 EUR.
Depotentwicklung bei unterschiedlichen Kursverläufen:
Kursverlauf Wert des Options- Depotwert ohne Depotwert mit
scheins am Ver- Absicherung Absicherung
falltag
Aktie steigt auf 78,00 EUR - 7.800,00 EUR 7.300,00 EUR
Aktie bleibt bei 50,00 EUR - 5.000,00 EUR 4.500,00 EUR
Aktie fällt auf 42,00 EUR 800,00 EUR 4.200,00 EUR 4.500,00 EUR
Aktie fällt auf 28,00 EUR 2.200,00 EUR 2.800,00 EUR 4.500,00 EUR
Die Tabelle zeigt, wie sich das Depot von Herrn Schneider bei unterschied-
lichen Kursverläufen am Ende der Laufzeit entwickelt hätte. Fallen die
Aktienkurse nicht, hat die Kurssicherung mit dem Optionsschein den Ge-
winn um die Depotabsicherungskosten geschmälert. Sollten die Aktienkur-
se fallen, ist Herr Schneider vor größeren Verlusten geschützt.

4.3 Optionen
Allgemeine Optionen sind standardisierte, börsenmäßig gehandelte Vereinbarungen,
Kennzeich- die dem Käufer das Recht, aber nicht die Verpflichtung gegeben,
nung von • eine bestimmte Menge eines bestimmten Basiswertes
Optionen • innerhalb eines festgelegten Zeitraums (Optionsfrist)
• oder zu einem festgesetzten Zeitpunkt (Optionstermin)
• zu einem bei Vertragsabschluss festgelegten Preis (Basispreis)
• zu kaufen (Call)
• oder zu verkaufen (Put).
Put (Verkaufs- Option, die den Käufer berechtigt, einen bestimmten Basiswert in einer
option) bestimmten Menge zu einem im Voraus festgelegten Ausübungspreis bis
oder zu einem bestimmten Termin zu verkaufen. Käufer eines Puts erwar-
ten, dass der Preis des Basiswertes während der Laufzeit der Option fällt.
Call Standardisiertes, an einer Terminbörse gehandeltes Kaufrecht auf einen
(Kaufoption) Basiswert. Ein Call ist ein verbrieftes Recht, aber nicht die Pflicht, eine
bestimmte Menge eines Basiswertes zu einem vereinbarten Preis (Basis-
preis) innerhalb eines festgelegten Zeitraums zu erwerben.
Zeitwert eines Differenz zwischen aktuellem Kurs eines Basiswertes und dem Basispreis
Puts abzüglich des Optionspreises. Beispiel:
Optionstyp: Put
Basispreis: 45,00 EUR
Optionspreis: 3,00 EUR
aktueller Börsenkurs des Basiswertes: 42,50 EUR
Zeitwert: 0,50 EUR
C Geld- und Vermögensanlage 117

Innerer Wert Er ist der Wert einer Option, die sich „im Geld“ befindet. Der innere Wert
gibt denjenigen Optionspreis an, bei dem ein Erwerb der Aktie über die
Börse genauso günstig ist wie der Erwerb über die Option.
Beispiel:
Kaufoption über X-Aktien, Basispreis 95 EUR. Bei einem aktuellen Kurs
der X-Aktie von 100 EUR und einem Optionsverhältnis von 1 : 1 ist der
innere Wert 5 EUR. Der Erwerb über die Option (95 + 5 = 100) entspricht
dem aktuellen Börsenkurs.
Der innere Wert einer Option liegt i. d. R. unter dem tatsächlichen Options-
preis an der Börse, da der tatsächliche Preis die Spekulationserwartung
der Anleger widerspiegelt, die umso höher ist, je länger die Restlaufzeit der
Option und die Volatilität des Basiswertes ist.
Der innere Wert der Option (Call oder Put) ist u. a. abhängig von der Volatilität
des Börsenkurses des Basiswertes. Der Optionspreis wird am Verfalltag dem
inneren Wert der Option entsprechen, da der Zeitwert dann null ist.
Einfluss- Es gibt 5 Haupteinflussfaktoren, die den Preis einer Option bestimmen. Die
faktoren einzelnen Faktoren haben eine unterschiedliche Einflussstärke, die sich
während der Laufzeit der Option verändert. Die Faktoren sind: Innerer
Wert, Basispreis, Laufzeit der Option, Volatilität und Zinsniveau.
Innerer Wert: Die Differenz vom Kurs des Basiswerts zum Basispreis der
Option bestimmt den Inneren Wert einer Option. Der Innere Wert kann
grundsätzlich nicht unter Null sinken.
Bei Calls gilt: Je höher der Kurs oder Preis des Basiswertes, desto höher
ist der Wert der Option. Der Call auf die X-Aktie mit einem Basispreis von
100,00 EUR und einem Aktienkurs von 150,00 EUR hätte einen Wert von
mindestens 50,00 EUR. Würde der Aktienkurs auf 170,00 EUR steigen, so
wäre die Option mindestens 70,00 EUR wert.
Bei Puts verhält es sich gegenläufig. Je niedriger der Kurs oder Preis der
Aktie, desto höher ist der Wert des Puts. Der Put auf die X-Aktie mit einem
Basispreis von 100,00 EUR und einem Aktienkurs von 80,00 EUR hätte
einen Wert von 20 EUR. Bei der Ausübung des Puts kann die Aktie zu
100,00 EUR (Basispreis) angedient werden, obwohl der Marktwert der
Aktie nur bei 80,00 EUR liegt. Würde der Aktienkurs um weitere 20 Punkte
auf 60,00 EUR fallen, würde der Innere Wert des Puts um 20,00 EUR auf
40,00 EUR steigen.
Zeitwert: Die Differenz zwischen dem Optionswert (Prämie) und dem Inne-
ren Wert wird als Zeitwert bezeichnet. Die Optionsprämie wird mit Hilfe
mathematischer Modelle errechnet.
Beispiel für die Ermittlung des Inneren Wertes bei einem Optionsschein und
einer Option
Kurs der Option 81,00 EUR
Kurs des Optionsscheins 1,00 EUR
Kontraktgröße Option 100 Aktien
Bezugsverhältnis Optionsschein 100 : 1
Basispreis 300,00 EUR
Kurs des Basistitels 380,00 EUR
118 Prüfungswissen Bankwirtschaft

Formel für den Inneren Wert des (Kurs Basistitel – Basispreis) : Bezugsverhältnis
Optionsscheins
Innerer Wert des Optionsscheins 0,8
Formel für den Inneren Wert der Kurs Basistitel – Basispreis
Option
Innerer Wert der Option 80

4.4 Futures
Allgemeine Futures sind standardisierte, börsenmäßig gehandelte Terminkontrakte
Kennzeichnung auf Finanzinstrumente mit der vertraglichen Verpflichtung,
• eine bestimmte Menge eines Basiswertes (Kontraktgegenstand)
• zu einem bei Vertragsabschluss festgelegten Preis (Future-Preis)
• zu einem bei Vertragsabschluss vereinbarten späteren Zeitpunkt (Er-
füllungstag)
• zu liefern (Short Position)
• oder abzunehmen (Long Position).
Finanztermingeschäfte sind Festgeschäfte, d. h. Käufer und Verkäufer
gehen eine bindende Liefer- oder Abnahmeverpflichtung ein. In der
Praxis werden die Finanztermingeschäfte nicht erfüllt, sondern vor Fäl-
ligkeit durch Gegengeschäfte glatt gestellt: Gekaufte Kontrakte werden
durch entsprechende Verkäufe, verkaufte Kontrakte durch entspre-
chende Käufe gleicher Kontrakte glatt gestellt.
Der Gewinn oder Verlust ergibt sich aus dem Unterschied zwischen
dem Eröffnungspreis und dem Preis des Glattstellungsgeschäfts.
Arten • Zinsfutures
• Aktienindexfutures
• Devisenfutures
Motive für den • Kurssicherung:
Kauf oder Ver- a) Verkauf eines Wertpapierbestandes auf Termin.
kauf von Futures Vorteil: Kurssicherheit
Nachteil: Anleger profitiert nicht von steigenden Marktpreisen.
b) Kauf von Wertpapieren auf Termin mit der Absicht, die Wertpapiere
zu halten.
Vorteil: Kurssicherheit
Nachteil: Auch bei sinkenden Marktpreisen müssen die Wertpapiere
zum höheren Kurs abgenommen werden.
• geringer Liquiditätseinsatz
• hohe Gewinn- aber auch hohe Verlustrisiken
Sicherheitsstel- Käufer und Verkäufer eines Futures haben zur Gewährleistung ihrer
lung (Margin) Kontraktverpflichtungen Sicherheiten in Geld oder Wertpapieren zu
hinterlegen. Die EUREX berechnet die Höhe der erforderlichen Sicher-
heit börsentäglich auf Grund der Differenz zwischen dem vereinbarten
Future-Preis und dem aktuellen Kassakurs.
C Geld- und Vermögensanlage 119

5. Wandelanleihen
Allgemeine Die Wandelanleihe verbindet Elemente der Anleihe mit Elementen der
Kennzeichnung Aktie. Wandelanleihen verbriefen ein Wandlungsrecht: Eine Wandelan-
leihe ist eine Unternehmensanleihe, die innerhalb einer vorher festge-
legten Frist zu einem vorab festgelegten Kurs in Aktien des Unterneh-
mens umgetauscht werden kann. Eine Wandelanleihe ist demnach eine
Anleihe mit einer Kaufoption auf Aktien.
Anleger haben auch die Möglichkeit, die Wandelanleihe – wie bei einer
klassischen Anleihe – bis zur Endfälligkeit zu halten. In diesem Fall erhal-
ten sie jährliche Zinszahlungen vom Schuldner, der am Ende der Laufzeit
die Anleihe zurückzahlt. Der Anleiheninhaber wird also vom Gläubiger
zum Unternehmensteilhaber. Aufgrund dieses Rechts hat eine Wandel-
anleihe eine niedrigere Verzinsung als andere Anleihen. Die Hauptver-
sammlung muss der Begebung einer Wandelanleihe und der damit ver-
bundenen Kapitalerhöhung mit einer Dreiviertel-Mehrheit zustimmen.
Wandelanleihen können sich in verschiedenen Details unterscheiden,
z. B. vorzeitige Kündigungsrechte des Schuldners oder Einschränkun-
gen für Anleger bei der Möglichkeit, die Anleihe in Aktien zu tauschen.
Rechte des • Anspruch auf Rückzahlung zum Nennwert falls keine Wandlung
Anlegers • Zinsanspruch
• Umtauschrecht in Wertpapieren
Gründe für die Unternehmen können sich durch die Ausgabe von Wandelanleihen
Begebung von billig verschulden. Da die Wandelanleihe im Vergleich zur normalen
Wandelanleihen Anleihe mit einem zusätzlichen Recht auf Umtausch in Aktien ausge-
stattet ist, liegt ihr Zinskupon unter jenem normaler Anleihen.
Wandelanleihen: Attraktiv für Emittenten und Anleger
Immer mehr Unternehmen entdecken die Vorzüge einer Finanzierung
mittels Wandelanleihen - und davon können auch Anleger profitieren.
Denn immer mehr Fondsgesellschaften entdecken die Wandelanleihen-
fonds und emittieren kräftig solche Produkte.
Wandelanleihen oder Convertible Bonds bieten einen Zinsvorteil gegen-
über herkömmlichen Anleihen. Außerdem können Firmen über dieses
hybride Kapitalmarktprodukt, das Elemente aus Aktien und Schuldver-
schreibungen in sich vereint, die Basis der Kapitalgeber diversifizieren.
Die Wandelanleihe ermöglicht eine Finanzierung zu attraktiven Konditio-
nen.
Börsenanalysten geben den Refinanzierungsvorteil für einen Triple-B-
Emittenten bei einer 5-jährigen Wandelanleihe mit einer Ersparnis von
2,5 bis 3,5 Prozentpunkten im Vergleich zu einer herkömmlichen Unter-
nehmensanleihe an. Dieser Vorteil ergibt sich aus dem Optionsrecht zur
Wandlung der Anleihe in Aktien.
Attraktiv ist das Instrument aber auch für Anleger. Wandelanleihen ha-
ben einen Renditevorteil gegenüber Aktien, wenn der Kupon über der
Dividendenrendite liegt. Wandelanleihen haben zudem eine niedrigere
Volatilität als Aktien. Aktienportfolien können so diversifiziert werden. In
Anleiheportfolios sorgen sie hingegen für eine zusätzliche Rendite in-
folge der Aktienkursanstiege. Wandelanleihen haben vor allem aber
120 Prüfungswissen Bankwirtschaft

einen großen Vorteil, der sie von allen anderen Finanzmarktinstrumen-


ten unterscheidet: Anleger können von dem Aufwärtspotenzial einer
Aktie profitieren und genießen gleichzeitig den Schutz einer Anleihe bei
fallenden Aktienkursen. Als Faustformel gilt: Wandelanleihen machen
die Aufwärtsbewegung einer Aktie zu etwa zwei Dritteln mit; bei einem
Kursrückgang beträgt die Partizipation nur rund ein Drittel.
Vorteile für Der Preis einer Wandelanleihe wird vom Aktienkurs des Unternehmens,
Anleger dem Zinsniveau sowie der Bonität des Unternehmens beeinflusst. Er-
fahrungen mit der Anlage in Wandelanleihen zeigen, dass der Kurs
einer Wandelanleihe tendenziell rund zwei Drittel der Hausse eines
Aktienkurses mitmacht, aber nur ein Drittel der Baisse eines Aktienkur-
ses. Wandelanleihen bieten dem Anleger die Möglichkeit einer kontrol-
lierten Spekulation.
Risiken einer Das größte Risiko liegt in der Möglichkeit der Insolvenz des Schuld-
Wandelanleihe ners. Außerdem sind die Märkte für Wandelanleihen i. d. R. nicht so
liquide wie die Aktienmärkte. Der Kurs der Wandelanleihe kann daher
sehr volatil sein. Daneben müssen die Anleger wie auch bei Anleihen
mit dem Zinsänderungsrisiko rechnen.
Marktvolumen Das Volumen beträgt der am Markt befindlichen Wandelanleihen ca.
600 Milliarden US-Dollar. Davon entfallen auf europäische Wandelan-
leihen ca. 32 %. In Deutschland ist die Wandelanleihe kaum verbreitet.
Käufer und Wandelanleihen können sich für Privatanleger eignen. Da das Produkt
Anleger von kompliziert ist, bietet sich als Alternative zur Direktanlage eine Anlage in
Wandelanleihen Anteilen an einem auf diese Papiere spezialisierten Fonds an. Über-
wiegend werden Wandelanleihen von Großanlegern, wie Versicherun-
gen und Investmentgesellschaften sowie von Hedgefonds erworben.
Steuerliche Zinsen aus Wandelanleihen und Stückzinsen unterliegen der 25 %igen
Behandlung Abgeltungsteuer. Die Veräußerungsgewinne unterliegen ohne Einhal-
tung einer Haltefrist ebenfalls der Abgeltungsteuer.
Bezugsangebot Wandelanleihe der Chemie AG
2,85 % Wandelschuldverschreibung 2018/2024
Gesamtnennbetrag 400.000.000,00 EUR
Bezugsfrist 14.05.2018 bis 18.05.2018
Bezugsverhältnis Jeweils 30 Aktien berechtigen zum Bezug einer Wandelschuldver-
schreibung im Nennwert von 500,00 EUR.
Ausgabekurs 100 %
Kleinste Stückelung 500,00 EUR
Verzinsung 2,85 % p. a., zahlbar am 1. Juni jeden Jahres
Rückzahlung 1. Juni 2024, sofern nicht gewandelt wurde
Wandlungsfrist 1. Juni 2022 bis 31. März 2024
Wandlungsrecht Eine Teilschuldverschreibung im Nennwert von 500,00 EUR kann in
10 Aktien der Chemie AG unter Zuzahlung von 5,00 EUR je Aktie
umgetauscht werden.
C Geld- und Vermögensanlage 121

Es können 8 Millionen Aktien aus der Emission von Wandelanleihen ausgegeben werden.
Berechnung: 10 x 400 Mio. : 500 = 8 Millionen Aktien
Die Stückaktien der Chemie AG haben einen rechnerischen Anteil am Grundkapital von 2,00
EUR. Zur Sicherung der Umtauschrechte muss die Hauptversammlung eine bedingte Kapital-
erhöhung über 16 Millionen EUR beschließen.
Berechnung: 8 Millionen Aktien x 2 EUR = 16 Millionen EUR Kapitalerhöhung
Ein Depotkunde möchte 5.000 EUR Nennwert Wandelanleihen der Chemie AG beziehen. Er
benötigt 300 Bezugsrechte.
Berechnung: 30 x 5.000 EUR : 500 = 300 Bezugsrechte
Die Ausübung des Wandlungsrechts lohnt sich, wenn der Wandlungspreis niedriger ist als der
Aktienkurs. Aus dem Wandlungsverhältnis und der Zuzahlung von 5,00 EUR ergibt sich ein
Wandlungspreis von 55,00 EUR. Eine Ausübung der Wandlung ist sinnvoll, wenn der Aktien-
kurs über 55,00 EUR liegt.
Berechnung: 500 EUR Nennwert : 10 Aktien = 50,00 EUR
50 EUR + 5 EUR Zuzahlung = 55 EUR
Wenn alle Anleger während der Wandlungsfrist von ihrem Wandlungsrecht Gebrauch ma-
chen, wandelt sich bei der Chemie AG Fremdkapital von 400 Millionen EUR in Eigenkapital
um. Zudem erhält die Chemie AG einen Zuzahlungsbetrag von 40 Millionen EUR. Das Eigen-
kapital erhöht sich dann insgesamt um 440 Millionen EUR.
Das Grundkapital der Gesellschaft erhöht sich um 16 Millionen EUR, der Restbetrag von
424 Millionen EUR wird der Kapitalrücklage zugeführt.

6. Genussscheine
Allgemeine Genussscheine sind Wertpapiere, die Genussrechte verbriefen. Darun-
Kennzeichnung ter versteht man das Recht, dem Inhaber einen Anteil am Reingewinn
der betreffenden Unternehmung zufließen zu lassen, meistens verbun-
den mit dem Recht auf eine Mindestverzinsung (Basisrendite). Der In-
haber der Genussrechte hat kein Recht auf einen festen Ertrag und
keine Stimmberechtigung auf einer Hauptversammlung. Die Kursent-
wicklung der Genussscheine entspricht je nach Ausstattung mehr den
Aktien oder mehr den Schuldverschreibungen. Für Kreditinstitute ist die
Ausgabe von Genussrechten interessant, da diese z. T. als haftendes
Eigenkapital anerkannt werden.
Genussscheine sind weniger risikobehaftet als Aktien und viele Deri-
vate. Genüsse nehmen eine Zwitterstellung zwischen Aktie und Anleihe
ein. Wie festverzinsliche Wertpapiere verbriefen sie die Rückzahlung
des eingesetzten Kapitals zum Ende der Laufzeit sowie regelmäßige
Ausschüttungen.
Die Zinshöhe hängt allerdings vom Bilanzgewinn des Unternehmens
ab. Steigende Gewinne können die Ausschüttungen erhöhen, Verluste
können die Zinszahlungen senken. Auch ein Totalausfall ist möglich.
Hinzu kommen die Kursrisiken. In der Regel müssen Genussscheinin-
haber Unternehmensverluste, Kapitalschnitte oder einen Konkurs in
voller Höhe mittragen. Die Rückzahlungsansprüche und die Kurse von
Genussscheinen verhalten sich entsprechend.
Das größere Risiko gegenüber Anleihen gleichen die Emittenten mit
höheren Zinszahlungen aus. Der Renditeabstand richtet sich nach der
122 Prüfungswissen Bankwirtschaft

Bonität des Schuldners. Finanzschwache Unternehmen müssen hohe


Zinsen bieten, damit steigt aber auch das Risiko für den Anleger und
umgekehrt. Eine allgemein gültige Regel zur Berechnung von Genuss-
scheinrenditen gibt es nicht.
Arten von • Genussscheine, die eine Beteiligung am Gewinn und Liquidationser-
Genussrechten lös beinhalten.
• Genussrechte, die eine feste oder variable Verzinsung ohne Beteili-
gung am Liquidationserlös beinhalten.
Vorteile von • Genussscheine sind weniger risikobehaftet als Aktien und viele
Genussscheinen Derivate.
für Anleger • Die jährlichen Zinszahlungen (Ausschüttungen) liegen i. d. R. um ein
viertel Prozent höher als bei festverzinslichen Wertpapieren mit glei-
cher Laufzeit.
Nachteile von Das Genussscheinkapital steht den Gläubigern nur für eine begrenzte
Genussscheinen Zeit zur Verfügung.
für Emittenten Bei Unternehmensverlusten können die jährlichen Zinszahlungen aus-
und Anleger fallen, bei Kapitalherabsetzungen sinken die Rückzahlungsansprüche
der Anleger entsprechend.
Das Genussrechtskapital ist ein Zwitter zwischen Eigen- und Fremdka-
pital. Dass es nur bis zum Ende der Laufzeit der Genussscheine und
damit nicht dauerhaft einer AG, z. B. einer Bank zur Verfügung steht,
macht es fremdkapitalähnlich. Der jährliche Zins auf die Genussscheine
kann aber ausfallen, wenn eine Bank Verlust macht. Und im Extremfall
kann Genussrechtskapital eben auch im Nennwert herabgesetzt wer-
den, wenn damit Verluste abzudecken sind. Das macht es zu einem
eigenkapitalähnlichen Instrument.
In den vergangenen Jahren haben aber Banken, die einen Jahresver-
lust erlitten haben, in der Regel ihre Rücklagen und Sonderposten in
der Bilanz aufgelöst, um ihren Genussschein-Inhabern die zugesagten
Zinsen zu zahlen. Die ehemalige Gewerkschaftsbank AHBR war vor
der Finanzkrise lange Zeit die einzige Bank, die zur Kapitalherabset-
zung griff. Die EU-Kommission hat dagegen zum Jahresende 2008
durchgesetzt, dass alle Banken, die Staatshilfe in der Finanzkrise erhal-
ten, so lange keine Zinsen auf ihr Genussscheinkapital zahlen dürfen,
solange sie in einem Jahr Verlust machen. Der Praxis, Rücklagen und
Sonderposten für die Ausschüttung zu mobilisieren, schob sie somit
einen Riegel vor.

Beispiel für wesentliche Angaben aus einem Bezugsangebot für Genussscheine


Emittent: Reisebank AG
Verkaufskurs 101 %
Laufzeitbeginn 14. Mai 2018
Rückzahlung 14. Mai 2026 zum Nennwert
Mindestzeich- 1.000 EUR und ein Vielfaches
nungssumme
C Geld- und Vermögensanlage 123

Ausschüttung 4 % p.a. vom Nennwert; jeweils zahlbar am 14. Mai eines Jahres, erstmals
zahlbar am 14. Mai 2019; die Ausschüttung entfällt, soweit sie zu einem
Bilanzverlust führt.
Nachrangigkeit Genussrechtskapital kann im Falle der Insolvenz der Bank erst nach Be-
friedigung der nicht nachrangigen Gläubiger der Bank zurückgefordert
werden.
Teilnahme am Genussrechtskapital nimmt während der Dauer der Laufzeit bis zur vollen
Verlust Höhe am Bilanzverlust der Bank teil.

7. Aktienanleihe
Die Aktienanleihe ist ein Wertpapier, das Elemente von Aktien und Anleihen aufweist. Aktien-
anleihen sind Schuldverschreibungen mit einer festen Laufzeit. Die Prämie wird in Form einer
Zinszahlung am Ende der Laufzeit in einer Summe gezahlt. Die Zinsen unterliegen der pau-
schalen Abgeltungsteuer in Höhe von 25 Prozent zuzüglich dem Solidaritätszuschlag und ggf.
Kirchensteuer.
Die Art der Rückzahlung des eingesetzten Kapitals hängt davon ab, ob der der Anleihe zu-
grunde liegende Basiswert, eine Einzelaktie oder ein Index, an einem zuvor festgelegten
Stichtag einen bestimmten Kurs (Basispreis) erreicht hat. D. h. bei Aktienanleihen besteht
neben dem Emittentenrisiko ein Aktienkursrisiko.
Notiert die Aktie am Stichtag zum Basispreis oder über dem festgelegten Basispreis, wird die
Anleihe zum Nennbetrag getilgt. Notiert der Basiswert unter dem Basispreis, erhält der Anle-
ger eine bestimmte Anzahl von Aktien zum Basispreis.
Geht ein Anleger das Risiko von Aktienanleihen ein, sollten solide auf Einzelaktien basierte
Aktienwerte ausgesucht werden, möglichst mit einem Basispreis unterhalb des Aktienkurses,
wobei der Kurs der Anleihe nicht weit über dem Nennwert von 100 liegen sollte. Steigen die
Aktienkurse nur leicht, sind höhere Renditen eher möglich als mit der getrennten Anlage in
Aktien und Anleihen.
Aktienanleihen sind dann empfehlenswert, wenn man auf hohe, garantierte laufende Zinsein-
nahmen eines Emittenten mit mindestens guter Bonität abzielen und davon ausgeht, dass
sich der Basiswert mittelfristig eher seitwärts bewegt oder keine stärkeren Kurssteigerungen
eintreten.
Beispiel einer Aktienanleihe
Emittentin Handelsbank AG
Stückelung 1.000,00 EUR Nennwert
Ausgabetag 16. 10.2018
Zinssatz 4,65 %
Zinstermin 16. 10.
Fälligkeit 16.10.2020
Basiswert Immobilien AG-Aktien
Feststellungstag 09.10.2020
Tilgung Nennwert oder 33 Aktien je 1.000,00 EUR
Nennwert
Basispreis 30,30 EUR
Angenommen die Immobilien AG-Aktie notiert am Fälligkeitstag der Bankschuldverschreibung
im Xetra-Handel bei 21,45 EUR. Die Aktienanleihe wird zum Nennwert zurückgezahlt, wenn
124 Prüfungswissen Bankwirtschaft

der Kurs der Immobilien AG-Aktie am Feststellungstag den Basispreis von 30,30 EUR nicht
unterschreitet.
Unterschreitet der Kurs der Immobilien AG-Aktie am Feststellungstag den Basispreis, wird die
Aktienanleihe je 1.000,00 EUR Nennwert durch Lieferung von 33 Stück Immobilien AG-Aktien
zurückgezahlt.
Der höhere Zinssatz der Aktienanleihe stellt einen Risikoaufschlag für den Fall dar, dass die
Aktienanleihe nicht zum Nennwert zurückgezahlt wird, sondern in Aktien, deren Gegenwert
unter dem Nennwert der Aktienanleihe liegt.
Steigt das Zinsniveau am Kapitalmarkt, wird diese Aktienanleihe für Kapitalanleger unattrak-
tiv.
Sinkt der Kurs der Immobilien AG-Aktie, erhöht sich das Risiko der Rückzahlung in Aktien.
Sinkt die Bonität der Handelsbank AG, erhöht sich das Risiko des Totalverlusts.

8. Börse
8.1 Marktsegmente an der Effektenbörse
Aspekte Regulierter Markt Open Market (Freiverkehr)
Allgemeine Er entstand 2007 durch die Zu- Kein organisierter Kapitalmarkt.
Kennzeichnung sammenlegung des amtlichen und Die Publizitäts- und Transparenz-
des geregelten Marktes. Er ist ein pflichten wie im regulierten Markt
organisierter Kapitalmarkt mit finden keine Anwendung.
strengen Publizitäts- und Transpa- Vorteile für das Unternehmen:
renzpflichten: • geringere Kosten für die Börsen-
• Ad-hoc-Publizität notierung
• Haftung bei Unterlassung unver- • Reduktion der Haftungsrisiken
züglicher Veröffentlichung für Emittenten
• Pflicht zur Veröffentlichung von
Director´s Dealings und zur Füh-
rung von Insiderverzeichnissen
• Pflicht zur Veröffentlichung be-
stimmter Beteiligungsverhältnisse
• Pflicht einer AG zur Abgabe ei-
ner Entsprechenserklärung zum
Corporate Governance Kodex, d.
h. Regelwerk für eine verantwor-
tungsvolle Unternehmensführung
• Pflicht zur Beachtung der Rege-
lungen zum Mindestpreis bei
Übernahmeangeboten
• Pflicht zur Konzernrechnungs-
legung nach IFRS
Zulassungs- • Antrag durch Emittenten und • Antrag auf Zulassung von Fi-
voraussetzungen Finanzdienstleistungsunterneh- nanzdienstleistungsunternehmen
men • Jedes Unternehmen muss über
• Emissionsprospekt mit Unter- einen Wertpapierprospekt verfü-
nehmens- und Emissionsbe- gen oder
schreibung • über ein Grundkapital von min-
C Geld- und Vermögensanlage 125

Aspekte Regulierter Markt Open Market (Freiverkehr)


• Zulassung zum Handel durch die destens 500.000,00 EUR, das in
Geschäftsführung der Börse Aktien mit einem Mindestnomi-
• Prospekthaftung des Emittenten nalwert von 0,10 EUR eingeteilt
und des Finanzdienstleistungs- ist.
unternehmens für die Richtigkeit • Eine direkte Rechtsbeziehung
der Angaben zwischen der AG und der Börse
besteht nicht.
• Ein Unternehmen, das eine No-
tierung anstrebt, muss einen
Handelsteilnehmer (i. d. R. eine
Wertpapierhandelsbank) beauf-
tragen, einen Antrag auf Einbe-
ziehung seiner Aktien in den
Open Market zu stellen. Dieser
unterliegt den AGB und hat auf-
grund seiner Zulassung als
Händler eine Rechtsbeziehung
zur Deutsche Börse AG.
• Bestätigung des Grundkapitals
durch Wirtschaftsprüfer
Handel Reglementierung des Handels Geschäftsführung der Börse er-
durch die Bestimmungen des Bör- lässt Handelsrichtlinien.
sengesetzes
Die Geschäftsführung kann die
Zulassung zum Handel widerrufen,
wenn ein ordnungsgemäßer Bör-
senhandel auf Dauer nicht mehr
gewährleistet ist.
Publizitäts- Die Geschäftsführung kann ver- Es sind keine gesetzlichen Publizi-
vorschriften langen, dass der Emittent Auskünf- tätsvorschriften vorgesehen.
te veröffentlicht, wenn dies zum
Schutz des Publikums oder für
einen ordnungsgemäßen Börsen-
handel erforderlich ist.
Teilbereiche des Prime Standard: Die in diesem Entry Standard ist die Bezeich-
Marktsegments Segment gelisteten Unternehmen nung des sog. qualifizierten Frei-
verpflichten sich zu hoher Transpa- verkehrs an der Frankfurter Wert-
renz, die internationalen Anforde- papierbörse, in dem die Aktien und
rungen entspricht (Quartalsberich- Anleihen insbesondere kleiner und
te, Jahresabschluss nach IFRS mittlerer Unternehmen einbezogen
oder US-GAAP, Analystenkonfe- sind. Im Entry Standard gelten
renzen mindestens einmal im Jahr, etwas strengere Vorschriften als im
Unternehmenskalender, Ad-hoc- Open Market. Die testierten Jah-
Mitteilungen). Die Zulassung im resabschlüsse müssen veröffent-
Prime Standard ist Voraussetzung licht werden und kursbewegende
für die Aufnahme eines Unterneh- Nachrichten müssen unverzüglich
126 Prüfungswissen Bankwirtschaft

Aspekte Regulierter Markt Open Market (Freiverkehr)


mens in die Aktienindizes, z. B. im Internet veröffentlicht werden.
DAX oder MDAX und TecDAX. Der Entry Standard soll kleineren
General Standard: Marktsegment Unternehmen eine kostengünstige
des regulierten Marktes an der Börsennotierung ermöglichen.
Frankfurter Wertpapierbörse. Es
gelten die gesetzlichen Mindestan-
forderungen (Jahres-
/Halbjahresbericht; Ad-hoc-
Mitteilungen in deutscher Sprache
usw.). Relativ niedrige Kosten in
diesem Marktsegment.

8.2 Xetra
Allgemeine Xetra ist ein von der Deutsche Börse AG entwickeltes elektronisches
Kennzeichnung Handelssystem (Exchange Electronic Trading) für den Kassamarkt, in
dem Aktien, Optionsscheine und Rentenwerte gehandelt werden. Mit
den Zentralrechnern des Xetra-Systems können sich Client-Rechner
weltweit über das Internet oder Standleitungen verbinden.
Xetra bietet marktgerechte Ausführungspreise, geringe Transaktions-
kosten, Gleichberechtigung, Standortunabhängigkeit und Anonymität
der Handelspartner. Herausforderungen für ein elektronisches Han-
delssystem wie Xetra betreffen vor allem Stabilität, Verfügbarkeit, Ska-
lierbarkeit und Latenz sowie eine langfristig steigende Marktaktivität.
Organisation Über 94 Prozent des gesamten Aktienhandels an deutschen Börsen
werden über das Xetra-Handelssystem abgewickelt. Xetra ist an Han-
delstagen der Frankfurter Wertpapierbörse von 9:00 bis 17:30 Uhr ge-
öffnet. An der Präsenzbörse in Frankfurt am Main wird hingegen bis
20:00 Uhr gehandelt. Die Preise auf Xetra sind Basis zur Berechnung
des bekanntesten deutschen Aktienindex DAX.
Durch hohes Angebot und Nachfrage (Liquidität) wird eine Wertpapier-
order, besonders in den DAX-Werten, am Handelsplatz Xetra schneller
und zu marktgerechteren Preisen ausgeführt als an anderen Handels-
plätzen. Dieses Prinzip wird zusätzlich durch Liquiditätsversorger (so-
genannte Designated Sponsors) unterstützt; diese haben zu ausge-
wählten auf Xetra gehandelten Wertpapieren laufend verbindliche An-
und Verkaufspreise (Quotes) in den Markt einzustellen.
Da der gesamte Handel elektronisch vollzogen wird, kann es in Xetra
zu Teilausführungen der Aufträge kommen. Durch die Vernetzung im
Internet kann die Kursentwicklung weltweit verfolgt werden. Der Zugang
ist nicht nur den Börsenmaklern (Spezialisten) möglich, sondern prak-
tisch jedem Nutzer mit einem Brokerkonto. Um unerwünschte starke
Preisschwankungen zu vermeiden, kann für den Handel in einem Wert-
papier automatisiert eine Volatilitätsunterbrechung (Volatility Interrupti-
on) vorgenommen, bzw. kann das Wertpapier von der Handelsüberwa-
chungsstelle (HÜSt) der Deutschen Börse AG manuell vom Handel
ausgesetzt werden.
C Geld- und Vermögensanlage 127

Die Teilnahme am Handel über Xetra sowie am Parketthandel benötigt


keine separate Zulassung, sondern neu gelistete Wertpapiere werden
automatisch für den Handel auf beiden Handelsystemen freigeschaltet.
Die Deutsche Börse betreibt heute am Standort Frankfurt mehrere In-
stanzen des Xetra-Systems:
• Xetra Frankfurt 1 ist die Plattform für den deutschen Aktienmarkt.
• Xetra Frankfurt 2 ist die Plattform der am 28. April 2008 auf Xetra
migrierten Derivatebörse Scoach.
Handels- • Börsenhändler der Kreditinstitute geben Kauf- und Verkaufsaufträge
beschreibung am Bildschirm in das System ein.
• Zusammenführung passender Orders durch den Zentralrechner (Mat-
ching) und damit Schließung der Börsengeschäfts
• Durch die zentrale Zusammenführung von Kauf- und Verkaufsaufträ-
gen ist der Umsatz in den einzelnen Wertpapieren und damit die Li-
quidität sehr hoch.
• Durch die Spezialisten soll die Liquidität in den Nebenwerten weiter
erhöht werden, indem sie Geld- und Briefkurse (Quotes) in das Or-
derbuch einstellen.

9. Abgeltungsteuer
Besteuerung von Zinsen und Dividenden
Kapitalerträge unterliegen einer pauschalen 25 %-igen Abgeltungsteuer. Kreditinstitute halten
von den Kapitalerträgen die 25 %-ige Abgeltungsteuer zuzüglich 5,5 % Solidaritätszuschlag
(SolZ) auf die Abgeltungsteuer und ggf. Kirchensteuer (KiSt) auf die Abgeltungsteuer ein und
führen die Steuern an das Finanzamt ab. Damit ist die Steuerpflicht des Anlegers abgegolten.
Beispiel für Zinserträge ohne Freistellungsauftrag
5,75 % von 22.500,00 EUR 1.293,75 EUR
./. 25,00 % Abgeltungsteuer 323,43 EUR
./. 5,5 % SolZ 17,78 EUR
Nettozinsertrag 952,54 EUR
Beispiel für Zinserträge mit Freistellungsauftrag (FSA) von 225,50 EUR
5,75 % von 22.500,00 EUR 1.293,75 EUR
./. FSA 225,50 EUR
= Zwischensumme 1.068,25 EUR
./. 25 % Abgeltungsteuer 267,06 EUR
./. 5,5 % SolZ 14,68 EUR
= Zwischensumme 786,51 EUR
+ FSA 225,50 EUR
= Nettozinsertrag 1.012,01 EUR
128 Prüfungswissen Bankwirtschaft

Beispiel für Dividendenerträge ohne Freistellungsauftrag, 400 Aktien,


Dividende 0,80 EUR je Aktie
Bardividende 0,80 EUR je Aktie x 400 320,00 EUR
./. 25 % Abgeltungsteuer 80,00 EUR
./. 5,5 % SolZ 4,40 EUR
= Gutschriftsbetrag 235,60 EUR
Beispiel für Dividendenerträge mit Freistellungsauftrag über 100,00 EUR,
400 Aktien, Dividende 0,80 EUR je Aktie
Bardividende 0,80 EUR je Aktie x 400 320,00 EUR
./. FSA 100,00 EUR
= Zwischensumme 220,00 EUR
./. 25 % Abgeltungsteuer 55,00 EUR
./. 5,5 % SolZ 3,02 EUR
= Zwischensumme 161,98 EUR
+ FSA 100,00 EUR
= Nettozinsertrag 261,98 EUR
Besteuerung von Veräußerungsgewinnen
Veräußerungsgewinne bei Wertpapierverkäufen zählen zu den Einkünften aus Kapitalvermögen
und unterliegen der Abgeltungsteuer. Ein Veräußerungsgewinn ist die Differenz zwischen
dem bei dem Erwerb gezahlten Kaufpreis und dem bei der Veräußerung erzielten Verkaufserlös
unter Berücksichtigung der An- und Verkaufskosten.
Beispiel für die Besteuerung eines Veräußerungsgewinns
mit einem Freistellungsauftrag von 100,00 EUR
Kaufpreis 4.267,33 EUR
Verkaufspreis 6.378,69 EUR
Veräußerungsgewinn 2.111,36 EUR
./. FSA 100,00 EUR
= Zwischensumme 2.011,36 EUR
./. 25 % Abgeltungsteuer 502,84 EUR
./. 5,5 % SolZ 27,65 EUR
= Zwischensumme 1.480,87 EUR
+ FSA 100,00 EUR
= Nettoveräußerungsgewinn 1.580,87 EUR
Das automatische Kirchensteuerabzugsverfahren
Ab dem 1. Januar 2015 ist es nicht mehr erforderlich, einen Antrag auf Einbehalt von Kirchen-
steuer auf abgeltend besteuerte Kapitalerträge zu stellen. Der Einbehalt für und die Weiterlei-
tung an die steuererhebende Religionsgemeinschaft erfolgt jetzt automatisch. Das bedeutet,
dass die Mitglieder einer steuererhebenden Religionsgemeinschaft nichts weiter veranlassen
müssen, um ihren kirchensteuerrechtlichen Pflichten im Zusammenhang mit der Abgeltungs-
teuer nachzukommen.
Alle zum Steuerabzug vom Kapitalertrag verpflichteten Stellen, z. B. Kreditinstitute und Versi-
cherungen, fragen zur Vorbereitung des automatischen Abzugs der Kirchensteuer auf Abgel-
tungsteuer einmal jährlich beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) die Religionszugehörig-
keit aller Kunden ab. Um den Kirchensteuerabzug vornehmen zu können, ist die Bank gesetz-
C Geld- und Vermögensanlage 129

lich verpflichtet, die Religionszugehörigkeit ihrer Kunden in Form eines verschlüsselten Kenn-
zeichens beim BZSt abzufragen. Das sog. Kirchensteuerabzugsmerkmal gibt Auskunft über
die Zugehörigkeit eines Kunden zu einer steuererhebenden Religionsgemeinschaft und den
geltenden Kirchensteuersatz. Die Abfrage erfolgt einmal jährlich zwischen dem 1. September
und dem 31. Oktober. Damit ist die Kirchensteuerpflicht des Kunden für Kapitaleinkünfte voll-
ständig abgegolten. Weitere Angaben in der Steuererklärung entfallen.
Wenn der Kunde nicht möchte, dass das BZSt seine Kirchensteuerdaten verschlüsselt über-
mittelt, kann der Kunde der Datenweitergabe bis zum 30. Juni eines Jahres widersprechen.
Der Widerspruch muss direkt an das BZSt gerichtet werden. Das BZSt sperrt dann die Über-
mittlung des Kirchensteuerabzugsmerkmals und meldet den Widerspruch dem Finanzamt des
Kunden. Kirchenmitglieder werden vom Finanzamt zur Abgabe einer Steuererklärung für die
Erhebung der Kirchensteuer auf Abgeltungsteuer aufgefordert.
Kirchensteuer auf Abgeltungsteuer
Wenn man einer Religionsgemeinschaft angehört, die Kirchensteuer verlangt, ist die Kirchen-
steuer eine Pflichtsteuer, die zusätzlich zur Abgeltungsteuer gezahlt werden muss. Die Kirchen-
steuer beträgt 8 % in Bayern und Baden-Württemberg. In allen anderen Bundesländern 9 %,
prozentual berechnet von der Höhe der Abgeltungsteuer. Da man allerdings die Kirchensteuer
als Sonderausgabe absetzen kann, ist die genaue Berechnungsgrundlage der Kirchensteuer
nicht 9 % von 25 %, sondern die 25 % Abgeltungsteuer abzüglich des möglichen Sonderaus-
gabenabzuges. Da die Kirchensteuer bei der Einkommensteuer als Sonderausgabe abzugs-
fähig ist, errechnet sich die Abgeltungsteuer nach folgender Formel:
Abgeltungsteuer = Kapitalerträge : (4 + (Kirchensteuersatz : 100))
Bei 9 % Kirchensteuer ergibt dies die Berechnungsgrundlage von 24,45 %.
Bei 8 % Kirchensteuer ist die Berechnungsgrundlage 24,51 %.
Falls man zu den Steuerpflichtigen gehört, die 9 % Kirchensteuer zu zahlen haben, ergibt sich
dann folgende zu zahlende Gesamtsumme bei schon abgezogenen Sonderausgaben: Für
100,00 EUR Zinsen, Dividenden oder Kursgewinne 24,45 EUR Abgeltungsteuer, 1,34 EUR
Solidaritätszuschlag (berechnet von 24,45 EUR) und 2,20 EUR Kirchensteuer, also insgesamt
27,98 EUR.
Falls man zu den Steuerpflichtigen gehört, die 8 % Kirchensteuer zu zahlen haben, ergibt sich
dann folgende zu zahlende Gesamtsumme (bei schon abgezogenen Sonderausgaben): Für
100,00 EUR Zinsen, Dividenden oder Kursgewinne 24,51 EUR Abgeltungsteuer, 1,34 EUR
Solidaritätszuschlag (berechnet von 24,51 EUR) und 1,960 EUR Kirchensteuer, also insge-
samt 27,81 EUR.
Beispiel eines Zinsertrags unter Berücksichtigung von 9 % Kirchensteuer
4 % Zinsen auf 10.000 EUR für 1 Jahr 400,00 EUR
./. 24,45 % Abgeltungsteuer 97,80 EUR
./. 5,5 % Solidaritätszuschlag auf die Abgeltungsteuer von 97,80 EUR 5,37 EUR
./. 9 % Kirchensteuer auf die Abgeltungsteuer von 97,80 EUR 8,80 EUR
= Gutschriftsbetrag 288,03 EUR
130 Prüfungswissen Bankwirtschaft

Verlustverrechnungstöpfe
Veräußerungsverluste können als negative Kapitalerträge mit positiven Kapitalerträgen ver-
rechnet werden. Negative Kapitalerträge begründen einen Steuererstattungsanspruch an das
Finanzamt, der auf drei Wegen geltend gemacht werden kann:
• rückwirkende Steuererstattung durch die Bank innerhalb eines Kalenderjahres
• Ausstellung einer Verlustbescheinigung durch die Bank und Geltendmachung des Verlus-
tes in der Einkommensteuererklärung
• Einstellung des Verlustes in ein Verlustverrechnungskonto, wenn keine sofortige Steuerver-
rechnung möglich ist.
Veräußerungsverluste aus Aktiengeschäften dürfen nur mit Gewinnen aus Aktiengeschäften
verrechnet werden. Veräußerungsgewinne aus Aktiengeschäften können hingegen mit allen
anderen negativen Kapitalerträgen verrechnet werden. Andere negative Kapitalerträge (z. B.
Veräußerungsverluste bei Zertifikaten oder Investmentanteilen, gezahlte Stückzinsen beim
Erwerb von Anleihen oder Zwischengewinne beim Erwerb von Investmentanteilen) können mit
allen positiven Kapitalerträgen (z. B. Zinserträgen, Dividenden, Veräußerungsgewinnen bei
Aktien oder Zertifikaten) verrechnet werden. Die Bank muss daher aufgrund der unterschiedli-
chen Verrechnungsregelungen zwei unterschiedliche Verlustverrechnungstöpfe führen:
• Aktienverlustverrechnungstopf: Erfassung der Veräußerungsverluste aus Aktiengeschäften;
Verrechnung nur mit späteren Gewinnen aus Aktiengeschäften
• Allgemeiner Verlustverrechnungstopf: Erfassung aller anderen negativen Kapitalerträge;
Verrechnung mit allen späteren positiven Kapitalerträgen einschl. der Gewinne aus Aktien-
geschäften
Veräußerungsgewinne und Verlustverrechnungstöpfe
Veräußerungsgewinne bei Aktien sind als positive Kapitalerträge steuerpflichtig. Ein Veräuße-
rungsgewinn ist die positive Differenz zwischen dem beim Erwerb gezahlten Kaufpreis und
dem bei der Veräußerung erzielten Verkaufserlös unter Berücksichtigung der An- und Ver-
kaufskosten. Veräußerungsverluste können als negative Kapitalerträge mit positiven Kapital-
erträgen verrechnet werden. Negative Kapitalerträge begründen einen Steuererstattungsan-
spruch an das Finanzamt. Veräußerungsverluste aus Aktiengeschäften dürfen nur mit Gewin-
nen aus Aktiengeschäften verrechnet werden. Veräußerungsgewinne aus Aktiengeschäften
können mit allen anderen negativen Kapitalerträgen verrechnet werden. Aufgrund dieser Re-
gelung muss die Bank einen Aktienverlustverrechnungstopf und einen allgemeinen Ver-
lustverrechnungstopf führen. Die Verlustverrechnung hat Vorrang vor der Belastung des Frei-
stellungsauftrags (FSA).
Beispiel: Ein Kunde hat noch einen FSA von 801,00 EUR
Veräußerungsgewinn 1.600,00 EUR
./. Veräußerungsverlust 1.100,00 EUR
./. Bestand im Verlustverrechnungstopf des Kunden 0,00 EUR
= verbleibender Veräußerungsgewinn 500,00 EUR
Noch verbleibender FSA 301,00 EUR
C Geld- und Vermögensanlage 131

Beispiel: Wiederaufleben eines FSA


Ein Depotkunde hat einen FSA erteilt in Höhe von 801,00 EUR.
Folgende Kapitalerträge bzw. -verluste werden erzielt:
Allgemeiner Verbleibender FSA
Verlustverrechnungstopf
14.03. Veräußerungsge- 401,00 EUR
winn bei Bundesan-
leihen 400,00 EUR
15.06. Zinsen auf Anleihen 251,00 EUR
150,00 EUR
12.10. Verlust bei Optionen In den allgemeinen Verlustver- Die am 14.3. und 15.6. er-
850,00 EUR rechnungstopf wird der Betrag folgten Belastungen des
von 300,00 EUR eingestellt Freistellungsvolumens wer-
(850,00 - 400,00 - 150,00) den rückgängig gemacht.
Neuer FSA 801,00 EUR
Jahresende Der Bestand des Verlustver- Das Freistellungsvolumen
rechnungstopfes von von 801,00 EUR verfällt am
300,00 EUR wird auf das Jahresende.
nächste Jahr übertragen.
Nichtveranlagungs-Bescheinigung (NV-Bescheinigung)
Bei Vorlage einer NV-Bescheinigung zahlt das Kreditinstitut die Kapitalerträge ohne Steuerab-
zug aus. Eine NV-Bescheinigung stellt das Finanzamt auf Antrag des Steuerpflichtigen aus,
wenn seine Kapitalerträge voraussichtlich nicht einkommensteuerpflichtig sind. Die betraglich
nicht begrenzte NV-Bescheinigung gilt für maximal drei Jahre und muss nach Fristablauf neu
beim Finanzamt beantragt werden. Eine NV-Bescheinigung ist für Personen interessant, die
nicht zur Einkommensteuer veranlagt werden und Kapitalerträge über den Sparer-Pauschbetrag
hinaus erzielen.
Stückzinsen und allgemeiner Verlustverrechnungstopf
Beispiel 1
Die Nordbank AG führt am 23.11. (Dienstag) für den Depotkunden Rainer Bittermann den
folgenden Kaufauftrag aus:
• 50.000,00 EUR Nennwert 4,0 % Internet AG-Inhaberschuldverschreibungen
• Zinstermin: 13. September, ganzjährig
Der Auftrag wird zum Kurs von 100,75 % ausgeführt. Weder der von der Nordbank AG für
Herrn Bittermann geführte allgemeine Verlustverrechnungstopf noch das Steuerverrech-
nungskonto (Steuerverrechnungstopf) weisen einen Bestand auf. Zurzeit liegt weder ein Frei-
stellungsauftrag noch eine Kirchensteuerpflicht vor.
Herr Bittermann muss für diesen Kaufauftrag für 73 Zinstage 400,00 EUR Stückzinsen an den
Veräußerer zahlen. Da es sich bei den zu zahlenden Stückzinsen für Herrn Bittermann um
einen Aufwand handelt, erhöhen diese Stückzinsen den Saldo seines allgemeinen Verlustver-
rechnungstopfs.
Beispiel 2
Herr Jens Müller ist Depotkunde der Nordbank AG. Ein Freistellungsauftrag von 500,00 EUR
liegt der Nordbank AG für dieses Depot für 2018 vor. Herr Müller hatte im März 2018 bereits eine
132 Prüfungswissen Bankwirtschaft

Zinsgutschrift in Höhe von 200,00 EUR erhalten, die auf den Freistellungsbetrag angerechnet
wurde.
Am 4. Mai 2018 hatte Herr Müller eine Unternehmensanleihe im Nennwert von 30.000,00
EUR erworben. Für diesen Kauf waren Herrn Müller Stückzinsen in Höhe von 1.052,88 EUR
berechnet worden, die in seinem Allgemeinen Verlustverrechnungstopf eingestellt wurden.
Die laufende Zinsgutschrift in Höhe von brutto 2.100,00 EUR aus dieser Unternehmensanlei-
he hatte Herr Müller am 5. November 2018 erhalten.
Die Zinsgutschrift für diese Unternehmensanleihe wird unter der Annahme ermittelt, dass Herr
Müller keine weiteren Zinsgutschriften im laufenden Jahr erhalten hatte.
Ermittlung der Zinsgutschrift:
Bruttozinsen 2.100,00 EUR
Bestand im Allgemeinen Verlustverrechnungstopf 1.052,88 EUR
./. freigestellte Zinsgutschrift vom März 2018 200,00 EUR
verbleibende Stückzinsen aus dem Allgemeinen Verlustverrechnungstopf 852,88 EUR
+ Freistellungsauftrag 500,00 EUR
aktuelles Freistellungsvolumen 1.352,88 EUR
= steuerpflichtiger Zinsertrag (2.100,00 – 1.352,88) 747,12 EUR
./. 25 % Abgeltungsteuer 186,78 EUR
./. 5,5 % SolZ auf Abgeltungsteuer 10,27 EUR
Gutschrift:
Bruttozinsen 2.100,00 EUR
./. Abgeltungsteuer 186,78 EUR
./. SolZ auf Abgeltungsteuer 10,27 EUR
Zinsgutschrift 1.902,95 EUR

10. Verwahrung und Verwaltung von Wertpapieren


10.1 Girosammelverwahrung
Allgemeine Unter der Girosammelverwahrung bezeichnet man die Verwahrung
Kennzeichnung von Wertpapieren bei einer Bank in einem sogenannten Girosammel-
depot. Dabei werden alle Effekten derselben Gattung gemeinsam
verwahrt. Der so verwahrte Bestand steht im Eigentum nach Bruchtei-
len aller Einlieferer. Jeder hat einen Herausgabeanspruch an Stücken
der beschriebenen Wertpapiergattung, die als Gattungssache unterei-
nander austauschbar sind.
Eigentumserwerb Das Eigentum wird durch Buchung auf dem Depotkonto erworben,
wenn der Verwahrer zugleich den Kauf vermittelt. Bei der Einlieferung
effektiver Stücke geht das Einzeleigentum an den Papieren unter.
Regelmäßig wird ein Sammelbestand nur von einer Wertpapiersam-
melbank gebildet. Diese kann innerhalb des Sammelbestands prob-
lemlos den Effektengiroverkehr durchführen.
Gemeinsame Aufbewahrung der von verschiedenen Kunden hinter-
legten Effekten derselben Gattung, wobei die einlegenden Kunden
Eigentumsrecht nicht an eingelieferten Effekten, sondern bruchteiliges
Miteigentum am Sammeldepotbestand erhalten.
C Geld- und Vermögensanlage 133

Verwaltungs- Folgende Verwaltungsarbeiten werden von der Wertpapiersammel-


arbeiten bank übernommen:
• Zins- und Dividendenscheineinlösung
• buchtechnische Abwicklung von Kapitalerhöhungen und -herabset-
zungen
• Durchführung der Verwaltungsaufgaben bei Auslosungen
• Kündigungen
Die Wertpapiersammelbank ist nicht berechtigt, Depotstimmrechte
auszuüben.

10.2 Sonderverwahrung
Allgemeine Eine Streifbandverwahrung oder auch Sonderverwahrung genannt ist
Kennzeichnung eine Form des offenen Depots, das dazu dient, Wertpapiere zu ver-
wahren und zu verwalten. Es ist ein Bankgeschäft und obliegt einer
Depotbank. Der Anleger hat bei einer Sonderverwahrung Eigentum an
den verwahrten Wertpapierurkunden. Die Aufbewahrung dieser Stü-
cke wird gesondert vorgenommen. Die Wertpapiere erhalten eine
Kennzeichnung, die über den Hinterleger Auskunft gibt.
Gründe für die Eine Sonderverwahrung kommt nur in Frage, wenn Wertpapiere nicht
Sonderverwahrung sammelverwahrfähig sind oder wenn der Anleger ausdrücklich
wünscht, dass die Wertpapiere gesondert verwahrt werden sollen.
Trennung von Bei einer Streifbandverwahrung muss die Bank darauf achten, dass
eigenen Wertpa- die Wertpapiere der Kunden auch getrennt von bankeigenen Wertpa-
pierbeständen pierbeständen und den Wertpapieren dritter Personen aufbewahrt
werden. Eine Streifbandverwahrung liegt dann vor, wenn Wertpapiere
in sogenannten Streifbändern oder Mappen aufbewahrt werden. Die
Kennzeichnung der Streifbänder beinhaltet Angaben zur Person, wel-
che die Wertpapiere hinterlegt hat, und beispielsweise die Wertpa-
pierkennnummer ISIN und die Art des Wertpapiers. Außerdem dürfen
Mäntel und Bögen nicht zusammen verwahrt werden.
Kosten Die Wertpapiere werden bei einer Streifbandverwahrung zum Beispiel
im Safe der Bank verwahrt. Der Anleger muss damit rechnen, dass er
die Kosten für die Verwaltung seiner Wertpapiere zu tragen hat.
Eigentumserwerb Werden vom Bankkunden Wertpapiere käuflich erworben, erhält die-
ser ein sogenanntes Stückeverzeichnis. Dieses Stückeverzeichnis
dient dem Anleger als Beweis dafür, dass er Eigentum an den Stü-
cken besitzt. In einem Stückeverzeichnis werden alle erworbenen
Stücke mit der jeweiligen Stücknummer für den Käufer aufgelistet.
134 Prüfungswissen Bankwirtschaft

11. Anlageberatung
Grundlagen • Provisionsbasierte Anlageberatung: Bei einem Geschäftsab-
schluss fällt eine Provision an.
• Honorar-Anlageberatung: Das Kreditinstitut erhält eine Vergütung
vom Kunden, deren Höhe von der Dauer und Komplexität der An-
lageberatung abhängig ist.
Vor Beginn der Beratung und vor Abschluss des Beratungsvertrages
ist der Kunde in verständlicher Form darüber zu informieren, ob die
Anlageberatung als unabhängige Honorar-Anlageberatung erbracht
wird oder nicht.
Direktbanken: Sie erbringen ihre Leistungen ohne jede Beratungsleis-
tung an. Die Bankgeschäfte können demnach zu sehr günstigen Kon-
ditionen abgeschlossen werden. Die Anlageentscheidung wird vom
Kunden in Eigenverantwortung ohne Beratungsleistung der Bank ge-
troffen.
Sachkundenach- Anlageberater/-innen müssen die für eine qualifizierte Beratung erfor-
weis für Anlagebe- derliche Sachkunde besitzen. Dazu gehören Kenntnisse in den Berei-
rater/-innen: chen Kundenberatung, Rechtsgrundlagen, Fachkenntnisse.
Kundengruppen: - Privatkunden: Zu einem Vermögensaufbau werden dem Kunden in
erster Linie standardisierte Produkte in den Geschäftsstellen der
Bank angeboten. Die Produkte sind auf die Bedürfnisse der unter-
schiedlichen Kundengruppen zugeschnitten und so gestaltet, dass
sie dem Kunden ohne aufwendigen Beratungsbedarf erläutert wer-
den können.
- Vermögende Privatkunden: Kriterien für die Zuordnung zu dieser
Kundengruppe sind das Jahreseinkommen und das Vermögen der
Kunden. Die Kunden werden aktiv von besonderen Beratern in spe-
ziellen Beratungszentren betreut und beraten.
- Firmenkunden: Bei dieser Kundengruppe werden komplexe Finan-
zierungsfragen, z. B. Zahlungsverkehrsleistungen, Unternehmens-
beteiligungen und –übernahmen, Kreditgewährungen, Devisenge-
schäfte und –absicherungen, Anlagemöglichkeiten gelöst.
Verhaltensregeln Das WpHG unterscheidet professionelle Kunden und Privatkunden.
nach dem Wertpa- - Professionelle Kunden sind Kunden, die über ausreichende Erfah-
pier- rungen, Kenntnisse und Sachverstand verfügen, um ihre Anlageent-
handelsgesetz: scheidungen zu treffen und die damit verbundenen Risiken ange-
(WpHG) messen beurteilen zu können. Die Informations- und Aufklärungs-
pflichten gegenüber diesen Kunden sind gering.
- Privatkunden sind vor dem Abschluss von Finanzdienstleistungsge-
schäften umfangreich über die Art des Geschäftes und die damit
verbundenen Risiken aufzuklären.
Allgemeine Regel: Ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen muss
alle Leistungen ehrlich, redlich und professionell im bestmöglichen
Interesse seiner Kunden erbringen. Außerdem muss das Unterneh-
men angemessene organisatorische Maßnahmen treffen, um Interes-
C Geld- und Vermögensanlage 135

senskonflikte zu vermeiden. Über trotzdem bestehende Interessens-


konflikte ist der Kunde vor einem Geschäftsabschluss zu informieren.
Das Unternehmen darf keine Anreize für Mitarbeiter schaffen, nicht im
bestmöglichen Interesse ihrer Kunden zu handeln. Insbesondere dür-
fen Mitarbeiter nicht durch Vergütungsvereinbarungen oder Verkaufs-
ziele Anreize erhalten, einem Privatkunden bestimmte Produkte zu
empfehlen, obwohl ein anderes Finanzinstrument eigentlich geeigneter
für ihn ist. Das Unternehmen muss Finanzinstrumente so ausgestal-
ten, dass sie den Bedürfnissen eines bestimmten Zielmarktes entspre-
chen.
Das WpHG verbietet, anderen unter Ausnutzung ihrer Unerfahrenheit
zu Börsenspekulationsgeschäften zu verleiten. Das sind insbesondere
Termin- und Optionsgeschäfte, die darauf gerichtet sind, aus dem
Unterschied zwischen dem für die Lieferzeit festgelegten Preis und
dem zur Lieferzeit vorhandenen Börsen- oder Marktpreis einen Ge-
winn zu erzielen.
Bearbeitung von Ein Wertpapierdienstleister muss geeignete Vorkehrungen treffen, um
Kundenaufträgen: - Kundenaufträge unverzüglich auszuführen,
- Vergleichbare Kundenaufträge nach der Reihenfolge ihres Eingangs
auszuführen.
Aufzeichnungs- Ein Wertpapierdienstleister muss Aufzeichnungen erstellen über die
und Aufbewah- von ihm erbrachten Wertpapierdienstleistungen sowie die von ihm
rungspflicht: getätigten Geschäften und über Vereinbarungen mit Kunden, die die
Rechte und Pflichten der Vertragsparteien festlegen.
Die Aufzeichnungen sind mindestens fünf Jahre ab dem Zeitpunkt der
Erteilung aufzubewahren.
Anlageberatung: Anlageberatung ist die Abgabe von persönlichen Empfehlungen an
Kunden, die sich auf Geschäfte mit bestimmten Finanzinstrumenten
beziehen, sofern die Empfehlung auf eine Prüfung der persönlichen
Umstände des Anlegers gestützt oder als für ihn geeignet dargestellt
wird.
Vor einer Anlageberatung ist der Kunde darüber zu informieren, ob
- die Anlageberatung als unabhängige Honorar-Anlageberatung er-
bracht wird oder nicht. Kreditinstitute erbringen die Anlageberatung
i. d. R. nicht als unabhängige Honorar-Anlageberatung. Sie stellen
dem Kunden kein zeitabhängiges Honorar für die Anlageberatung in
Rechnung, sondern berechnen Provisionen und erhalten oft Zuwen-
dungen von Vertriebspartnern.
- Sich die Anlageberatung auf eine umfangreiche Analyse verschie-
dener Finanzinstrumente von mehreren Emittenten stützt oder auf
eine eher beschränkte Auswahl bezieht.
- Der Wertpapierdienstleister dem Kunden regelmäßig eine Beurtei-
lung der Geeignetheit der empfohlenen Finanzinstrumente zur Ver-
fügung stellt.
136 Prüfungswissen Bankwirtschaft

Ablauf einer Anla- Eine Anlageberatung vollzieht sich in folgenden Stufen:


geberatung: - Einholung der erforderlichen Kundeninformationen
- Analyse der Kundendaten und Ermittlung geeigneter Finanzinstru-
mente
- Information des Kunden über alle wesentlichen Aspekte der Geldan-
lage
- Vertragsabschluss
Die geführten Beratungsgespräche müssen aufgezeichnet und für
mindestens fünf Jahre gespeichert werden. Der Kunde ist vorab über
die Aufzeichnung des Gesprächs zu informieren. Wenn der Kunde der
Aufzeichnung widerspricht, darf die Bank keine Wertpapierdienstleis-
tungen erbringen.
Schadensersatz Bei einer fehlerhaften Beratung hat der Kunde einen Anspruch auf
bei Falschbera- Schadensersatz. Im Streitfall ist die Geeignetheitserklärung ein wichti-
tung: ges Beweismittel und sollte deshalb sorgfältig ausgefüllt werden. Es ist
üblich, dass der Berater am Schluss der Beratung noch einmal mit
dem Kunden die Geeignetheitserklärung durchgeht und sich die Rich-
tigkeit der Dokumentation vom Kunden unterzeichnen lässt. Scha-
densersatzansprüche verjähren nach drei Jahren.

12. Rating
Allgemeine Es handelt sich um eine standardisierte Bonitätsbeurteilung von handelbaren
Kennzeich- Finanzpapieren (z. B. Anleihen oder Geldmarktpapiere, die Forderungsrechte
nung verbriefen) und ihren Emittenten durch Kreditbewertungsagenturen (Ratinga-
genturen). Dabei geht es um eine bonitätsmäßige Einstufung von Kreditneh-
mern und Anleiheschuldnern (Credit Rating, Unternehmensrating) nach ein-
heitlichen, konsistenten Verfahren. Das Rating gibt internationalen Investoren
gültige Maßstäbe als Grundlagen für Investitionsentscheidungen an die Hand.
Damit werden Transparenz und Effizienz des Kapitalmarktes gesteigert.
Funktionen Das Rating soll einem Käufer langfristiger Anleihen (Bonds) oder kurzfristiger
Geldmarktpapiere (Commercial Papers, Certificates of Deposit) den Grad des
Risikos eines Investments verdeutlichen. Die Rating-Agenturen verwenden für
die Einstufung von Anleihen andere Symbole als für die Einstufung von Geld-
marktpapieren und ähnlichen kurzfristigen Verbindlichkeiten, z. B. Banker´s
Acceptances, Interbankguthaben und Verpflichtungen aus Devisenhandelsge-
schäften. Das Rating ist vor allem für Emittenten und Finanzinstitute wichtig,
die an den internationalen Finanzmärkten operieren.
Kurzfristi- Kurzfristige Ratings werden für Forderungstitel vergeben, die zum Bege-
ges und bungszeitpunkt eine Laufzeit von weniger als einem Jahr haben, langfristige
langfristi- Ratings für Forderungstitel mit einer Laufzeit von mindestens einem Jahr.
ges Rating Kurzfristiges Rating ist also das Rating kurzfristiger Titel und soll Aussagen
ermöglichen über die Fähigkeit der Schuldner, ihre umlaufenden kurzfristigen
Schuldverschreibungen einzulösen. Dabei kann sich das Rating auch vor-
nehmlich auf die Bonität des Schuldners konzentrieren. Voraussetzung ist,
dass der Emittent einen genügenden Kreditspielraum zur Einlösung fälliger
Papiere nachweisen kann.
C Geld- und Vermögensanlage 137

Sowohl bei kurzfristigen als auch bei langfristigen Ratings werden „Investment
Grade” und „Speculative Grade” unterschieden. Unter die Kategorie „Invest-
ment Grade” fallen Forderungstitel und Emittenten, bei denen das Bonitätsri-
siko als relativ gering anzusehen ist. Spekulative Ratings sind Ausdruck eines
besonders hohen Maßes der Gefährdung des Kapitaldienstes und der Til-
gung. In den USA ist ein „Investment Grade”-Rating im kurzfristigen Anlage-
bereich faktisch Voraussetzung für den Eintritt in den Geldmarkt. Das Herab-
setzen eines Ratings in den spekulativen Bereich führt in der Regel zum Aus-
scheiden des Emittenten aus dem Markt.
Die Unterscheidung von kurz- und langfristigen Ratings ergibt sich neben
Unterschieden in den Bonitätsrisiken aus den unterschiedlichen Informations-
bedürfnissen von kurz- und langfristigen Investoren. Der analytische Ansatz
für die Beurteilung von kurz- und langfristigen Forderungstiteln ist sehr ähn-
lich. Beim kurzfristigen Rating werden jedoch zusätzlich Liquiditätsaspekte
und die finanzielle Flexibilität des Emittenten im betrachteten Zeitraum betont.
Das langfristige Rating kann entscheidend von gewährten Sicherheiten und
Schutzbestimmungen in Anleiheverträgen bestimmt sein. Das kurzfristige
Rating bezieht sich dagegen meist auf eine unbesicherte, nicht nachrangige
Verbindlichkeit des Emittenten. Während das langfristige Rating mehr der
Beurteilung des relativen Bonitätsrisikos und der Angemessenheit des im Zins
gewährten Risikoentgelts dient, zielt das kurzfristige Rating auf die Einstufung
des absoluten Bonitätsrisikos. Damit liefern kurzfristige Ratings die informato-
rische Basis für eine risikoaverse Anlagepolitik. Zwischen kurz- und langfristi-
gem Rating eines Emittenten besteht in der Regel eine enge Korrelation.
Rating- Auch Schuldner sind bestrebt, ein gutes Rating zu erhalten, da es von Ein-
Symbole fluss auf die Konditionen des Geld- bzw. Kapitalmarktes ist. Interne Faktoren
(Umbesetzung des Managements usw.) und externe Faktoren (Reaktion der
Märkte usw.) können zur Höherbewertung bzw. zur Abstufung führen.
CP-Ratings Bond-Ratings
CP´s Moody´s S&P´s Moody´s
A-1 P-1 AAA Aaa
A-2 P-2 AA Aa
A-3 P-3 A A
B BBB Baa
BB Ba
C P=Prime B B
D CCC Caa
CC Ca
C C
D
Bei Standard & Poor´s können einige Symbole noch mit Plus- oder Minus-
Zeichen, bei Moody´s mit Ziffern versehen sein. Die Zusätze sollen die relative
Bedeutung des Schuldners innerhalb einer Bewertungsstufe hervorheben. Im
Folgenden werden die Bond-Rating-Symbole erläutert.
Gruppe I:
AAA, AA (S&P) / Aaa, Aa (Moody´s)
Zu dieser Gruppe zählen allererste Industrie-, Bank- und Staatsadressen bzw.
Schuldtitel, die dem Anleger eine risikolose Anlage bieten.
138 Prüfungswissen Bankwirtschaft

Gruppe II:
A, BBB (S&P) / A, Baa (Moody´s)
Hierunter fallen Unternehmen mit einem guten bis durchschnittlichen Markt-
standing. Deren Schuldtitel sind bei stabilen wirtschaftlichen Verhältnissen in
der Regel als sichere Wertpapieranlage anzusehen.
Gruppe III:
BB, B, CCC, CC (S&P) / Ba, B, Caa, Ca (Moody´s)
Hier handelt es sich um Papiere mit spekulativem Charakter. Die Emittenten
befinden sich in wirtschaftlichen bzw. finanziellen Schwierigkeiten. Zins- und
Tilgungszahlungen sind nicht immer gewährleistet.
Gruppe IV:
C, D (S&P) / C (Moody´s)
Hierunter fallen notleidende Titel.
D1 D1 Kreditgeschäft

Kreditgeschäft

1. Kreditfähigkeit und Kreditwürdigkeit


Kreditfähigkeit • Die Kreditfähigkeit ist die Fähigkeit, rechtswirksam eine Kreditverpflich-
tung einzugehen. Sie ist gegeben, wenn der Kreditnehmer volljährig
und somit voll geschäftsfähig ist.
• Minderjährige Personen bedürfen zur Übernahme einer Kreditverpflich-
tung der Zustimmung der gesetzlichen Vertreter und des Vormund-
schafts- oder Betreuungsgerichts.
• Eingetragene Unternehmen können über ihre handelnden Personen,
z. B. Geschäftsführung, Vorstand, Prokuristen Kreditverpflichtungen
übernehmen.
Unterlagen zur • Natürliche Personen: gültiger Lichtbildausweis
Feststellung der • Unternehmen: aktueller Handelsregisterauszug bzw. Genossenschafts-
Kreditfähigkeit registerauszug
• Eingetragener Verein: aktueller Auszug aus dem Vereinsregister
• Partnerschaft: aktueller Auszug aus dem Partnerschaftsregister
Kreditwürdig- Wichtigste Voraussetzung für die Gewährung eines Kredites ist die per-
keit sönliche und materielle Kreditwürdigkeit des Kunden. Die Prüfung erfolgt
in zwei Schritten:
• Prüfung der persönlichen Kreditwürdigkeit
• Prüfung der materiellen Kreditwürdigkeit
Persönliche Die persönliche Kreditwürdigkeit des Kunden ist gegeben, wenn dieser
Kreditwürdig- persönliche Eigenschaften besitzt (z. B. Zuverlässigkeit, einwandfreier
keit Ruf), die darauf schließen lassen, dass er den Willen zur Kreditrückzah-
lung hat.
Unterlagen zur • SCHUFA-Auskunft: Sie gibt Positiv- und Negativmerkmale zu dem An-
Prüfung der tragsteller wieder, z. B. Abwicklung früherer Kreditaufnahmen.
persönlichen • Bankauskunft: Sie gibt Auskunft über das Verhalten des Kunden im
Kreditwürdig- Zusammenhang mit Bankgeschäften in der Vergangenheit.
keit • Auskünfte der Kontoführung, sofern der Kreditnehmer bereits Kunde
des Kreditinstituts ist, insbesondere die Überprüfung und Abwicklung
früherer Kredite
Materielle Kre- Der Kunde sollte vor allem in der Lage sein, seine finanziellen Möglichkei-
ditwürdigkeit ten selbst realistisch einzuschätzen und genau zu prüfen, ob er die finanzi-
ellen Verpflichtungen, die er mit einem Kreditvertrag eingeht, erfüllen kann.
Die materielle Kreditwürdigkeit des Kunden ist gegeben, wenn dessen Ein-
kommens- und Vermögensverhältnisse zeigen, dass er in der Lage ist, den
Kredit vertragsgemäß zurückzuzahlen.

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019
W. Grundmann und R. Rathner, Bankwirtschaft, Rechnungswesen
und Steuerung, Wirtschafts- und Sozialkunde, Prüfungstraining für
Bankkaufleute, https://doi.org/10.1007/978-3-658-23965-7_6
140 Prüfungswissen Bankwirtschaft

Unterlagen zur • Einkommensnachweise: Kreditinstitute verlangen Lohn- und Gehalts-


Prüfung der nachweise der letzten 3 Monate. Sie bringen den Nachweis über die
materiellen Höhe des Nettoeinkommens.
Kredit- • Steuerbescheide: Sie informieren über die gesamten Einkommensver-
würdigkeit hältnisse des letzten Jahres.
• Selbstauskunft des Kunden: Sie gibt Einblick in die Vermögenssituati-
on, weitere Einnahmen und die finanziellen Belastungen des Kredit-
nehmers.
• Bankauskünfte und Auskünfte der Kontoführung, sofern er bereits Kun-
de des Kreditinstituts ist, z. B. Umsatzentwicklung
• Arbeitsverträge: Sie zeigen an, ob es sich um befristete oder unbefris-
tete Arbeitsverträge handelt.
• Grundbuchauszüge: Sie informieren über die Eigentumsverhältnisse
am Grundstück und über Belastungen des Grundstücks

2. Kreditwürdigkeitsprüfung bei Privatkunden


Aspekte Details Unterlagen
Persönliche • Familienstand • Selbstauskunft
Verhältnisse • Anzahl der Kinder • Kontounterlagen
• Beruf • Schufa-Auskunft
• Dauer des Arbeitsverhältnisses • Arbeitsverträge
• ordnungsgemäße Erfüllung • ggf. Bankauskünfte von ande-
bisheriger Kreditverpflichtungen ren Kreditinstituten
• Kontoführung
Wirtschaftliche • Ermittlung des frei verfügbaren • Gehaltsnachweise der letzten
Verhältnisse Resteinkommens drei Monate
• Haushaltsrechnung mit einer
Gegenüberstellung der monat-
lichen Einnahmen und Ausga-
ben
• Selbstauskunft
• Vermögen • Konto- und Depotunterlagen
• ggf. Nachweise von Guthaben
und Depotbeständen bei ande-
ren Kreditinstituten
• ggf. Grundbuchauszug
D1 Kreditgeschäft 141

3. Verbraucherdarlehen
3.1 Kreditantrag und Kreditvertrag
Allgemeine Die Kreditinstitute verstehen unter einem Kredit die zeitlich befris-
Kennzeichnung tete Überlassung von Kapital, wobei die Zinsen das Entgelt für die
Kredit – Darlehen Überlassung des Kapitals darstellen.
Der Gesetzgeber versteht unter einem Verbraucherdarlehen
grundsätzlich ein Gelddarlehen an einen Verbraucher nach § 13
BGB, also die Überlassung von Verfügungsmöglichkeiten über
Geld oder die direkte Überlassung von Zahlungsmitteln.
Nach dem neuen Schuldrecht müssen Verbraucher detailliert über
die Bankkonditionen des Produkts informiert werden. Dabei sollten
die persönlichen Verhältnisse des Kunden berücksichtigt werden.
Inhalte des Kredit- • Höhe und Verwendungszweck des Kredits
gesprächs • Zeitpunkt der Bereitstellung
• Laufzeit des Kredits
• Rückzahlung des Kredits
• mögliche Kreditsicherheiten
• Einwilligung zur Einholung einer Schufa-Auskunft
• Abschluss einer Restschuldversicherung
Kreditbesicherung Für den Fall einer nicht ordnungsgemäßen Rückführung des Kre-
dits während der Kreditlaufzeit verlangen Kreditinstitute i. d. R.
eine Besicherung ihrer Ansprüche. Die Kreditsicherheit hat die
Aufgabe, den Rückzahlungsanspruch und damit das Ausfallrisiko
abzusichern. Eine Sicherheit kann nur verwertet werden, wenn die
gesicherte Forderung zur Rückzahlung fällig ist. Die Art der Ver-
wertung richtet sich dabei nach der Art der Sicherheit und den
entsprechenden Vorschriften.
Grundsätze bei der Werthaltigkeit: Der Wert des Sicherungsgutes und dessen Wert-
Auswahl von beständigkeit sollten in einem angemessenen Verhältnis zur Kre-
Kreditsicherheiten dithöhe und Kreditlaufzeit stehen.
Verwertbarkeit: Die Sicherheiten sollen nach Fälligkeit des Kredits
kurzfristig und mit geringem Aufwand verwertbar sein.
Rechtswirksamkeit: Die Sicherungsvereinbarung muss rechtlich
wirksam und praktisch durchführbar sein; so ist z. B. der Siche-
rungsgegenstand genau zu bestimmen.
Angemessenheit: Neben dem Absicherungsinteresse des Kreditin-
stituts sind auch die wirtschaftlichen Interessen des Kreditnehmers
zu beachten. So darf der Kredit nicht übersichert werden.
Wirtschaftlichkeit: Bei der Auswahl der Besicherung muss neben
einer rechtswirksamen Bestellung insbesondere auch auf die Wirt-
schaftlichkeit der Besicherung geachtet werden. So werden Kredite
in geringer Höhe nicht besichert. Auch die Ansammlung mehrerer
Sicherheiten mit geringem Sicherheitswert wird vermieden.
Sicherungszweck: Jede Sicherheit haftet nur dann für einen Kredit,
wenn der Sicherungszweck in der Sicherungszweckerklärung kon-
142 Prüfungswissen Bankwirtschaft

kret vereinbart wurde. Der Kreditnehmer braucht nur die Inanspruch-


nahme der Sicherheit zu dulden, wenn die Verwertung in Überein-
stimmung mit dem vereinbarten Sicherungszweck geschieht.
Man unterscheidet einen weiten und einen engen Sicherungs-
zweck:
• Die Vereinbarung eines weiten Sicherungzwecks bedeutet,
dass die Sicherheit sowohl für das Darlehen als auch für alle be-
stehenden, künftigen und bedingten Ansprüche, die der Bank
gegen den Darlehensnehmer zustehen, dient. Bei weiteren Dar-
lehen an den gleichen Darlehensnehmer ist daher kein neuer Si-
cherheitenvertrag notwendig. Dennoch muss die Sicherheit in
dem neuen Darlehensvertrag als Sicherheit aufgeführt werden.
• Bei der Vereinbarung eines engen Sicherungszwecks dient die
Sicherheit nur für die Forderungen, die im Sicherheitenvertrag
aufgeführt sind.
Bewertung der Bei der Bewertung der Sicherheit muss ein Sicherheitsabschlag
Kreditsicherheiten berücksichtigt werden. Dadurch können Erlöseinbußen und Ver-
wertungskosten (z. B. Gerichtskosten) berücksichtigt werden, die
aus einer zwangsweisen Verwertung resultieren.
Ferner darf die Bank bei der Bewertung von Sicherheiten die wirt-
schaftliche Freiheit des Kreditnehmers nicht unangemessen ein-
schränken, sodass der Kreditnehmer seine freie finanzielle Selbst-
bestimmung behält (vgl. § 1248 BGB).
Gehaltsabtretung Bei der Gehaltsabtretung handelt es sich um eine abstrakte Si-
cherheit. Die Abtretung wird in §§ 398 ff. BGB geregelt. Sie ist ein
Vertrag, durch den eine Forderung übertragen wird. Vertragspar-
teien sind der bisherige Forderungsinhaber (Zedent) und der neue
Forderungsinhaber (Zessionar). Die Abtretung ist formfrei gültig.
Sie wird jedoch aus Beweisgründen immer schriftlich vereinbart.
Da die Abtretung der Gehaltsforderungen nur sicherungsweise
erfolgt, erwirbt die Bank die Forderungen treuhänderisch (fiduzia-
risch) für die Kreditlaufzeit. Die Bank darf die Forderungen nur im
Falle der Nichterfüllung des Kreditvertrags bis zur Höhe der tat-
sächlichen Forderung verwerten. Die Forderung wird bei der Bank
nicht bilanziert.
Sicherungszweck: Bei der Gehaltsabtretung handelt es sich um
eine abstrakte Sicherheit, deshalb muss der Kreditsicherungsver-
trag die Sicherheit mit der besicherten Forderung verknüpfen.
Verwertungsbefugnis: Es ist zu regeln, unter welchen Vorausset-
zungen die Bank die ihr übertragene Forderung verwerten darf.
Rückübertragungsanspruch: Wird die Sicherheit nicht benötigt,
ist eine Rückübertragung an den Sicherungsgeber zu regeln.
Beurteilung einer Gehaltsabtretung: Der Wert einer Gehaltsab-
tretung ist von der Bonität des Kreditnehmers und der Sicherheit
seines Arbeitsplatzes abhängig. Deshalb müssen Faktoren wie
Ausbildungsstand, Qualifikationen und Alter des Kreditnehmers
sowie branchenspezifische Kriterien in die Sicherheitenbewertung
D1 Kreditgeschäft 143

mit einfließen. Darüber hinaus hängt die Wertigkeit dieser Sicher-


heit von der Höhe des pfändungsfreien Betrages und vom Umfang
der Unterhaltsverpflichtungen des Arbeitnehmers ab.
Die Abtretung bezieht sich nur auf den pfändbaren Teil des Ge-
halts (§§ 850 ff. ZPO).
Die formularmäßige Gehaltsabtretung enthält i. d. R. folgende Re-
gelungen:
• Die Abtretung darf von dem Arbeitgeber nicht vertraglich ausge-
schlossen worden sein.
• Die Abtretung wird auf den Gesamtkreditbetrag begrenzt.
• Der Sicherungsgeber versichert, dass die abgetretenen Forde-
rungen anderweitig weder abgetreten noch verpfändet oder ge-
pfändet sind.
• Eine Offenlegung erfolgt nur, wenn die Kreditnehmer sich seit
mindestens zwei Monatsraten in Verzug befinden, die Offenle-
gung angedroht wurde und eine Frist von einem Monat seit der
Androhung vergangen ist.
• Die Sicherungsgeber sind verpflichtet, jeden Wechsel des Ar-
beitgebers unverzüglich anzuzeigen.
Außerdem ist die Bonität des Arbeitgebers bei der Bewertung der
Gehaltsabtretung zu berücksichtigen.
Arbeitsverhältnisse im öffentlichen Dienst: Bei Beamten-
verhältnissen muss die Abtretung gemäß § 411 BGB durch eine
amtlich beglaubigte Urkunde angezeigt werden.
Wichtige Regelungen Abtretung von Spareinlagen: Forderungen, die in von der Bank
bei ausgewählten selbst herausgegebenen Sparbüchern verbrieft worden sind, kön-
Sicherheiten nen nicht an die Bank abgetreten werden. Denn damit würden
Gläubiger- und Schuldnerstellung sich vereinigen. In diesem Fall
wäre nur eine Verpfändung des Sparguthabens zugunsten der
Bank möglich.
Nicht abtretbare Forderungen: Nicht abtretbar sind Forderungen,
die kraft Vereinbarung zwischen Sicherungsgeber und Drittschuld-
ner nicht abtretbar sind.
Abtretung von Ansprüchen aus Lebensversicherungen: Der
Anspruch auf Auszahlung des Rückkaufswertes einer Kapitalle-
bensversicherung bei Vertragskündigung durch den Versiche-
rungsnehmer ist abtretbar. Der Rückkaufswert steigt sukzessive
mit der Vertragslaufzeit. Sicherungsgeber ist der Kreditnehmer.
Sofern bei der Kapitallebensversicherung eine unwiderrufliche
Bezugsberechtigung eines Dritten besteht, muss dieser der Abtre-
tung zustimmen. Dies erfolgt durch Mitunterzeichnung des Abtre-
tungsvertrages.
Da Zahlungen aus dem Versicherungsvertrag regelmäßig die Vor-
lage des Versicherungsscheins erfordern, verlangt die Bank diesen
vom Sicherungsgeber bei Vertragsabschluss. Die Bank muss sich
vergewissern, dass die AGB des Versicherers die Abtretung von
Ansprüchen gestatten, ggf. ist die Versicherung von der Abtretung
144 Prüfungswissen Bankwirtschaft

zu informieren. Die Abtretung von Ansprüchen aus Kapitallebens-


versicherungen kann steuerschädlich sein. Der Kunde muss auf
diesen Sachverhalt hingewiesen werden.
Restschuldversicherung: Bei der Restschuldversicherung han-
delt es sich um eine Risikoversicherung mit fallender Versiche-
rungssumme zur Sicherung der Restschuld von Darlehen bei Tod,
Erwerbsunfähigkeit oder Arbeitsunfähigkeit und Arbeitslosigkeit der
Kreditnehmer. Im Versicherungsfall zahlt die Versicherung bei
Erwerbsunfähigkeit oder Arbeitslosigkeit die Raten für eine verein-
barte Zeitdauer bzw. im Todesfall umgehend die Restschuld. Bei
Arbeitsunfähigkeit zahlt die Versicherung eine Arbeitsunfähigkeits-
rente, mit der die laufenden Raten abgedeckt werden. Bei Ratenk-
rediten wird die Prämie einmalig im Voraus bei Abschluss des Kre-
ditvertrags gezahlt.
Allgemeine Bedingungen für die Restschuldversicherung
(Auszug)
a) Begriffserklärungen:
Versicherungsnehmer: Der Versicherungsnehmer ist der Gläubi-
ger der Zahlungsverpflichtung (z. B. das Kreditinstitut bzw. der
Leasinggeber), der die versicherte Person zum Vertrag angemel-
det hat. Er wird als solcher im Vertrag benannt. Die Beitrittserklä-
rung ist gleichzeitig Versicherungsbestätigung.
Versicherte Person: Die versicherte Person im Sinne dieser Be-
dingungen ist diejenige Person, auf deren Leben der Baustein zur
Restschuldversicherung abgeschlossen worden ist.
Beispiel für Allgemeine Versicherungsbedingungen
§ 1 Versicherungsfall
(1) Bei Tod der versicherten Person während der Versicherungs-
dauer zahlt die Versicherung die Versicherungsleistung in Hö-
he der am Tag des Todes bestehenden Restforderung des
Kreditgebers aus dem Kredit, zu dem diese Restschuldversi-
cherung abgeschlossen wurde, maximal jedoch das vereinbar-
te Garantiekapital.
Das Garantiekapital reduziert sich monatlich um den im Vertrag
angegebenen Betrag.
(2) Die Versicherung ist nicht überschussberechtigt, es werden
keine Überschussanteile fällig.
(3) Ist die Versicherung auch auf den Arbeitsunfähigkeitsfall abge-
schlossen und wird die versicherte Person während der Versi-
cherungsdauer arbeitsunfähig, so zahlt die Versicherung eine
monatliche Arbeitsunfähigkeitsrente.
Der Anspruch auf Arbeitsunfähigkeitsrente entsteht nach Ablauf
von sechs Wochen nach Eintritt der Arbeitsunfähigkeit. (...)
Der Anspruch auf Arbeitsunfähigkeitsrente erlischt, wenn die Ar-
beitsunfähigkeit endet. (...)
Arbeitsunfähigkeit im Sinne dieser Bedingungen liegt vor, wenn die
versicherte Person infolge Gesundheitsstörungen, die ärztlich
nachzuweisen sind, außerstande ist, ihre bisherige oder eine ande-
D1 Kreditgeschäft 145

re Tätigkeit auszuüben, die aufgrund ihrer Ausbildung und Erfah-


rungen ausgeübt werden kann und ihrer bisherigen Lebensstellung
entspricht.
§ 2 Beginn des Versicherungsschutzes
Der Versicherungsschutz beginnt, wenn der Einmalbetrag gezahlt
wurde, frühestens jedoch zu dem im Versicherungsvertrag ge-
nannten Versicherungsbeginn. Vor Abschluss des Versicherungs-
vertrags sowie vor Auszahlung der Darlehenssumme besteht je-
doch noch kein Versicherungsschutz.
Angaben im Kreditan- • Nettodarlehensbetrag und ggf. Höchstgrenze des Darlehens
trag nach Art. 247 § 3 • Gesamtrückzahlungsbetrag inklusive Zinsen und sonstiger
EGBGB Kosten
• Rückzahlungsmodalitäten (Höhe, Anzahl und Fälligkeit der
Raten)
• Nominalzins und sonstige Kreditkosten
• effektiver Jahreszins oder anfänglicher effektiver Jahreszins
gemäß den Vorschriften der Preisangabenverordnung
• Kosten einer Restschuld- oder sonstigen Versicherung, die im
Zusammenhang mit dem Verbraucherdarlehen abgeschlossen
werden
• zu bestellende Sicherheiten
Schriftform • Das Verbraucherkreditgesetz sieht für alle Kreditverträge die
Beachtung der Schriftform vor.
• Ein Kreditvertrag, der nicht schriftlich abgeschlossen wurde, ist
nichtig.
• Die Schriftform dient neben der Sicherung der zutreffenden In-
formationen über die wesentlichen Kreditkonditionen auch der
Warnung des Verbrauchers vor unüberlegtem finanziellen Enga-
gement.
• Dem Verbraucher soll transparent und übersichtlich die wirt-
schaftliche Belastung aus der geplanten Kreditaufnahme be-
wusst gemacht werden. Zudem soll dem Verbraucher eine trag-
fähige Grundlage an die Hand gegeben werden.
• Es reicht aus, wenn Antrag und Annahme durch die Vertragspar-
teien jeweils getrennt und schriftlich erklärt werden. Besteht das
Vertragswerk aus mehreren Blättern, muss ihre Zusammengehö-
rigkeit kenntlich gemacht und die einzelnen Blätter von den Ver-
tragsparteien gesondert unterschrieben werden.
• Die Bank muss mindestens ein Kreditbestätigungsschreiben
verschicken, wenn sie den schriftlichen Antrag des Kreditneh-
mers angenommen hat.
• Dem Kunden muss eine vollständige Ausfertigung des Vertrags
mit allen nach dem Gesetz erforderlichen Angaben vorliegen.
146 Prüfungswissen Bankwirtschaft

Pflichtangaben im • Nettokreditbetrag, Höchstgrenze


Kreditvertrag • Darlehensnennbetrag
• Angabe des Gesamtbetrages
• Rückzahlung des Kredits
• Angabe des Zinssatzes
• sonstige Kosten
• effektiver Jahreszins
• Kosten einer Restschuldversicherung
• zu bestellende Sicherheiten
Nettokreditbetrag, Der Nettokreditbetrag ist der auszuzahlende Betrag, d. h. es ist der
Höchstgrenze dem Darlehensnehmer effektiv zur Verfügung stehende Betrag,
der sich nach Abzug aller Kosten, Gebühren, Entgelte, Provisio-
nen, Versicherungsprämien ergibt. Auch die Kosten einer Rest-
schuldversicherung sind abzuziehen. Damit soll dem Verbraucher
dargelegt werden, wie viel Geld ihm effektiv zur Verfügung steht.
Darlehensnennbetrag Der Darlehensnennbetrag ist der Betrag, der dem Verbraucher zur
Nutzung überlassen wird, und ist damit die Grundlage der Verzin-
sung. Fehlt die Angabe des Kreditbetrags, so ist der Kreditvertrag
nichtig.
Angabe des Das Verbraucherkreditgesetz fordert die Angabe aller zur Tilgung
Gesamtbetrages eines Kredits, zur Zahlung der Zinsen und sonstigen Kosten zu ent-
richtenden Teilzahlungen (Gesamtbetrag). Mit der Angabe des Ge-
samtbetrages soll der Verbraucher auf die wirtschaftliche Tragweite
seiner Verpflichtung hingewiesen werden. Das Fehlen des Gesamt-
betrages hat die Nichtigkeit des Kreditvertrags zur Folge.
Rückzahlung des In die Vertragsurkunde sind die Art und Weise der Rückzahlung
Kredits des Kredits oder die Regelung der Vertragsbeendigung aufzuneh-
men. Bei Ratenkrediten ist die Anzahl der Raten, die Höhe der
Raten und die Fälligkeit der Raten anzugeben. Anzugeben ist auch
eine Abweichung der ersten oder letzten Rate in Betrag und Fällig-
keit von der Regelrückführung. Auch die Zahlungsmodalitäten sind
anzugeben, z. B. wenn die Ratenzahlung per Lastschrifteinzug
erfolgen soll.
Angabe des Die Bank hat den Zinssatz und alle sonstigen Kosten des Kredits zu
Zinssatzes bezeichnen. Um dem Verbraucher eine Vergleichsbasis zu bieten,
muss der Zinssatz angegeben werden. Der Zinssatz ist der Nominal-
zinssatz, der als Jahreszins oder Monatszins ausgeworfen werden
kann. Als Zinssatz sind alle laufzeitabhängigen Entgelte, wie Kredit-
provision, Kreditgebühr und Disagio zu verstehen.
Neben dem Zinssatz sind die sonstigen Kosten anzugeben, die
aus Gründen der Transparenz einzeln darzustellen und aufzu-
schlüsseln sind. Zu diesen Kreditkosten zählen sämtliche Aufwen-
dungen, die der Kreditnehmer nach dem Vertrag neben den Zinsen
zu zahlen hat, um den Kredit zu erhalten.
D1 Kreditgeschäft 147

Sonstige Kosten Kosten für die Bestellung von Kreditsicherheiten, Schätzkosten


sowie Entgelte für die Führung des Darlehenskontos und die Kos-
ten der Restschuldversicherung u.a..
Fehlt die Angabe des Nominalzinssatzes, so ist der Kreditvertrag
nichtig. Wird der Kredit trotzdem in Anspruch genommen, so er-
mäßigt sich der zugrunde gelegte Zinssatz auf den gesetzlichen
Zinssatz von 4 %.
Nicht angegebene Kosten werden nicht geschuldet.
Effektiver Jahreszins Der effektive Jahreszins ist Vergleichsmaßstab für die Kreditkosten
und damit wichtigster Bestandteil der Verbraucheraufklärung.
Die Kosten von obligatorischen Restschuldversicherungen werden
in die Berechnung des Effektivzinses einbezogen.
Fehlt die Angabe des effektiven Jahreszinses, so ist der Kreditver-
trag nichtig. Wird der Kredit trotzdem in Anspruch genommen, so
ermäßigt sich der zugrunde gelegte Zinssatz auf den gesetzlichen
Zinssatz von 4 %.
Kosten einer Die Kosten einer Restschuldversicherung oder Kapitallebensversi-
Restschuldversiche- cherung sind im Kreditvertrag anzugeben. Nicht angegebene Kos-
rung ten werden dem Gläubiger gegenüber nicht geschuldet.
In Betracht kommen folgende Versicherungen:
• Restschuldversicherung: Eine Restschuldversicherung ist eine
Risikolebensversicherung auf den Todesfall, die um eine Berufs-
unfähigkeits- und / oder Krankentagegeldversicherung ergänzt
werden kann. In die Restschuldversicherung kann auch das Risiko
der Arbeitslosigkeit einbezogen werden. Der Versicherungsfall tritt
ein, wenn der Kreditnehmer vor vollständiger Darlehenstilgung
stirbt, arbeitsunfähig oder arbeitslos wird. Als Versicherungsleis-
tung wird die im Zeitpunkt des Versicherungsfalls offene Rest-
schuld gezahlt, sodass die Restschuldversicherung eine Risiko-
lebensversicherung mit fallender Todesfallsumme gegen Einmal-
betrag ist.
• Kapitallebensversicherung: Endfällige Darlehen werden häufig
gegen den Abschluss einer Lebensversicherung gewährt, die
sowohl eine Sicherheit als auch Tilgungsersatz darstellen. Die
Tilgung des Darlehens geschieht am Ende der Laufzeit aus der
Leistung der Lebensversicherung. Zu diesem Zweck werden die
Ansprüche aus der Versicherung an die Bank abgetreten.
Zu bestellende Der Kreditgeber hat das Recht, für seine Forderungen die Bestellung
Sicherheiten von Sicherheiten zu verlangen. Die zu bestellenden Sicherheiten
sind konkret zu benennen, und zwar so genau, dass der Verbraucher
über Art und Umfang der von ihm vorzunehmenden Rechtsgeschäfte
unterrichtet ist.
Sieht der Kreditvertrag eine Lohnabtretung vor, sollte mindestens die
Deckungsgrenze angegeben werden. Sicherheiten, die im Kreditver-
trag nicht genannt sind, können vom Kreditnehmer nicht gefordert
werden. Damit soll der Verbraucher vor der nicht vereinbarten Nach-
forderung von Sicherheiten durch die Bank geschützt werden.
148 Prüfungswissen Bankwirtschaft

3.2 Widerrufsbelehrung
Gesetzliche Grund- Durch das Widerrufsrecht soll dem Verbraucher die Möglichkeit
lage nach § 495 BGB verschafft werden, seine Entscheidung für einen Kredit noch ein-
mal zu überdenken und seine Entscheidung ggf. rückgängig zu
machen. Das Widerrufsrecht kann nur auf den gesamten Kreditver-
trag insgesamt ausgeübt werden.
Der Kreditvertrag ist bis zur Ausübung des Widerrufsrechts oder
bis zum Ablauf der Frist schwebend unwirksam. Der Auszahlungs-
anspruch entsteht erst nach Wirksamwerden des Vertrags.
Die Widerrufsbelehrung muss entweder in einer gesonderten
schriftlichen Vereinbarung oder in die vom Darlehensnehmer zu
unterzeichnende Vertragserklärung aufgenommen und dort deut-
lich hervorgehoben werden. Der Ablauf der Widerrufsfrist von zwei
Wochen beginnt erst, wenn der Verbraucher zutreffend und form-
gerecht über sein Widerrufsrecht belehrt wurde.
Insbesondere muss in der Widerrufsbelehrung enthalten sein:
• Belehrung über das Recht zum Widerruf innerhalb von zwei Wo-
chen
• der ausdrückliche und unmissverständliche Hinweis auf den
Fristbeginn und die Fristwahrung durch rechtzeitige Absendung
des Widerrufs
• Name und Anschrift desjenigen, dem gegenüber der Widerruf zu
erklären ist
• die Belehrung über die verlangte Textform des ggf. zu erklären-
den Widerrufs und der Hinweis, dass eine Begründung des Wi-
derrufs nicht erforderlich ist.
Damit die Widerrufsbelehrung ordnungsgemäß und damit Frist
auslösend ist, hat der Darlehensgeber dem Verbraucher eine ein-
deutige und deutlich gestaltete Belehrung entsprechend den Erfor-
dernissen des eingesetzten Kommunikationsmittels zur Verfügung
zu stellen.
Folgen fehlerhafter Die Belehrung muss dem Verbraucher gemäß § 355 Abs. 2 Satz 1
Belehrung BGB in Textform mitgeteilt werden und ist demnach auch mittels
Telekopie, E-Mail oder anderer Telekommunikationsmittel möglich.
Eine mündliche Widerrufserklärung ist nicht ausreichend. Unter-
bleibt eine Widerrufsbelehrung oder ist sie unzureichend, so wird
der Lauf der Widerrufsfrist nicht in Gang gesetzt. Das Widerrufs-
recht besteht dann fort, der Vertrag bleibt in der Schwebe und das
Widerrufsrecht erlischt erst nach beiderseits vollständiger Erbrin-
gung der Leistung, spätestens ein Jahr und 14 Tage nach Abgabe
der Willenserklärung des Verbrauchers. Durch diese Regelung soll
eine schwebende Unwirksamkeit des Kreditvertrags auf Dauer
verhindert werden.
Das Widerrufsrecht ist eine einseitige, empfangsbedürftige Wil-
lenserklärung. Es kann innerhalb der Frist jederzeit und ohne An-
gabe von Gründen vom Verbraucher ausgeübt werden.
D1 Kreditgeschäft 149

Darlehensrückzahlung Durch den Widerruf wird der Kreditnehmer gezwungen, die Darle-
nach Widerruf henssumme innerhalb von zwei Wochen zurückzuzahlen. Der Rück-
zahlungsbetrag ist der empfangene Nettokreditbetrag. Zahlt der
Kreditnehmer den Nettokreditbetrag nicht fristgerecht zurück, so gilt
der Widerruf als nicht erfolgt und der Vertrag wird rechtsgültig.
Rechtsfolgen des Die Bank kann für die Zeit zwischen dem Empfang und der Rück-
Widerrufs zahlung des Darlehens Zinsen verlangen. Der Verbraucher hat
allerdings nicht die vertraglichen Zinsen zu zahlen, sondern nur
den gesetzlichen Zins. Andere Nebenentgelte sind nicht zu entrich-
ten.

Beispiel
Nordbank AG
Auszug aus dem Konditionentableau für Verbraucherdarlehen (in EUR)
Laufzeit: 48 Monate
Sollzinssatz p. a.: 3,90 %
Kreditbetrag Zinsen Sonstige Gesamt- Höhe der letzte Rate
Kosten betrag Raten
8.500,00 692,94 127,50 9.320,44 196,96 63,32
9.000,00 733,76 135,00 9.868,76 208,53 67,85
10.000,00 815,31 150,00 10.965,31 231,70 75,41
11.000,00 896,83 165,00 12.061,83 254,88 82,47
12.000,00 978,35 180,00 13.158,35 278,05 90,00
13.000,00 1.059,90 195,00 14.254,90 301,22 97,56
14.000,00 1.141,46 210,00 15.351,46 324,39 105,13
15.000,00 1.222,96 225,00 16.447,96 347,55 113,11
Herr Jens Bauer ist Kunde der Nordbank AG. Herr Bauer beantragt einen Kredit über 13.000,00
EUR zur Finanzierung einer Einbauküche. Herr Bauer möchte den Kreditbetrag in 48 Monatsra-
ten zurückzahlen.
Folgende Informationen werden in den Kreditvertrag übernommen:
Nettokreditbetrag: 13.000,00 EUR
Rate 1 bis 47: 301,22 EUR
Rate 48: 97,56 EUR
Gesamtzinsbetrag: 1.059,90 EUR
Sonstige Kosten: 195,00 EUR
Gesamtbetrag (Kreditbetrag einschließlich Kosten): 14.254,90 EUR
150 Prüfungswissen Bankwirtschaft

4. Firmenkredite
4.1 Betriebsmittelkredite und Investitionskredite
Kennzeichnung Bei Firmenkrediten handelt es sich um Kredite an Unternehmen und
Selbstständige.
Arten • Betriebsmittelkredit
• Investitions- und Vorratsinvestitionskredit
• Avalkredit
Betriebsmittelkredit Der Betriebsmittelkredit ist in der Regel ein Kontokorrentkredit, der
zur Finanzierung betrieblicher Umsatzprozesse wie Vorratsbeschaf-
fungen dient. Der Betriebsmittelkredit wird aus den Umsatzerlösen
zurückgezahlt. Dadurch wird ebenfalls die Liquiditätslage der Unter-
nehmung verbessert und somit ihre Dispositionsfreiheit erweitert.
Investitionskredit Mit dem Investitionskredit werden Gegenstände des Anlagevermö-
gens finanziert. Vorstellbar sind auch langfristig geplante Finanzie-
rungen von Vorratsinvestitionen. Die Laufzeit richtet sich bei der
Anlagenfinanzierung i. d. R. nach der Abschreibungsdauer, bei den
Vorratsinvestitionen nach der Umschlagsgeschwindigkeit.
Beispiel für Konditi- Kreditkonditionen der Nordbank AG
onen für Investiti- Kreditart Zinssatz Tilgung Laufzeit
onskredite Investitionskredit 6,0 % p. a. 25 % jährlich, eine 4 Jahre
(Tilgungsdarlehen) Kreditrate pro Jahr
Investitionskredit 6,5 % p. a. 100 % am Ende der 10 Jahre
(Festdarlehen) Laufzeit in einer
Summe
Kontokorrentkredit 9,0 % p.a. unregelmäßig bis auf Weiteres
Avalkredit Der Avalkredit ist ein Bürgschaftskredit, bei dem ein Kreditinstitut
eine selbstschuldnerische Bürgschaft übernimmt. Bankbürgschaften
werden hauptsächlich von Behörden, aber auch von privaten Unter-
nehmungen gefordert:
• für Zahlungsverpflichtungen der Bankkunden aus Frachten, Steu-
ern und Zöllen, z. B. beim Frachtstundungsverfahren der Bundes-
bahn.
• für vereinbarte Vertragsstrafen bei nicht rechtzeitiger Fertigstellung
einer Leistung, z. B. Straßen-, Brücken-, Hausbau.
Als Gegenleistung für die Bürgschaft zahlt der Schuldner an das
Kreditinstitut die so genannte Avalprovision, die im Allgemeinen
zwischen 1 % und 2,5 % pro Jahr liegt. Der Avalkredit hat bei der
Sicherheitsleistung für den Schuldner den Vorteil, dass er keine die
Liquidität belastenden Beträge hinterlegen muss.
Arten von Avalkredi- Mietaval
ten Die Bank verpflichtet sich, dem Vermieter wegen Ansprüche aus
dem Mietvertrag einen bestimmten Geldbetrag (Kaution) zu zahlen.
Bietungsaval
Die Bank verpflichtet sich, eine Vertrags- bzw. Konventionalstrafe zu
zahlen für den Fall, dass der Bieter die mit der Abgabe des Angebo-
tes übernommenen Pflichten nicht erfüllt.
D1 Kreditgeschäft 151

Anzahlungsgarantie
Die Bank verpflichtet sich, dass der Käufer seine An- bzw. Voraus-
zahlungen zurückerhält, falls der Verkäufer den Vertrag nicht erfüllt.
Gewährleistungsgarantie (auch: Lieferungs- und Leistungsgaran-
tie)
Die Bank verpflichtet sich, dem Käufer einen bestimmten Geldbetrag
zu zahlen (Vertragsstrafe als Schadensersatz), falls der Verkäufer
die Leistung nicht in der im Vertrag genau festgelegten Qualität und
Quantität erbringt.
Zahlungsgarantie
Die Bank verpflichtet sich, dem Verkäufer den Kaufpreis oder die
Kaufpreisraten zu zahlen, falls der Käufer seinen Zahlungsverpflich-
tungen nicht nachkommt.
Prozessaval
Die Bank verpflichtet sich, dem Prozessgegner eine bestimmte
Geldsumme zu zahlen, wenn das Urteil in der nächsten Instanz zu
dessen Gunsten ausfallen sollte.
Vermeidung von • Kreditüberwachung: Sie dient zur Früherkennung von Kreditrisi-
Kreditrisiken ken. Damit soll das Kreditinstitut in die Lage versetzt werden, mög-
lichst früh Gegenmaßnahmen einzuleiten.
• Kreditsicherheiten: Es sind Vermögensgegenstände in Form von
Sachen oder Rechten, durch deren Verwertung sich der Gläubiger
gegen das Ausfallrisiko eines Kredites absichern will.
• Bilanzanalyse: Bei der Bilanzanalyse handelt es sich um die
Auswertung und Untersuchung einzelner Positionen des Vermö-
gens und des Kapitals. Diesem Zweck dient die Ermittlung von
Kennzahlen. Die Analyse der Gewinn- und Verlustrechnung wird
ebenfalls unter diesem Begriff verstanden.
Ausgewählte Bilanzkennzahlen
Eigenkapitalquote=(Eigenkapital : Gesamtkapital) x 100
Anlagequote = (Anlagevermögen : Gesamtvermögen) x 100
Anlagendeckung I = (Eigenkapital : Anlagevermögen) x 100
Anlagendeckung II = ((Eigenkapital + langfristiges Fremdkapital) :
Anlagevermögen ) x 100
Barliquidität = ((Kasse + Bankguthaben + Schecks) : kurzfristige
Verbindlichkeiten) x 100
Eigenkapitalrentabilität = (Betriebsergebnis : Eigenkapital) x 100
Gesamtkapitalrentabilität = ((Betriebsergebnis + Fremdkapitalzin-
sen) : Gesamtkapital) x 100
Cash-Flow-Ratio = Cash-Flow x 100 : Gesamtleistung
Cash-Flow = Betriebsergebnis + Abschreibungen + Zuführung zu
den langfristigen Rückstellungen
• Rating: Das Rating ist ein wesentliches Element zur Beurteilung
der Bonität einer Unternehmung. Daneben spielen die nachhaltige
Kapitaldienstfähigkeit, Sicherheiten, Kreditvolumen, Laufzeit, Ver-
wendungszweck und die bisher mit der Unternehmung gemachten
Erfahrungen eine wesentliche Rolle. Das Rating kann allerdings
152 Prüfungswissen Bankwirtschaft

nicht alle in der Realität möglichen bonitätsrelevanten Risiken be-


rücksichtigen.
• Kapitaldienst: Der Kapitaldienst besteht in der Zahlung der Til-
gungsraten und der Zinsen. Ist das Unternehmen in der Lage, den
Kapitaldienst auf Dauer zu leisten, spricht man von der Kapital-
dienstfähigkeit eines Unternehmens.

4.2 Leasing
4.2.1 Allgemeine Kennzeichnung
Allgemeine Finanzierungs-Leasing ist die mittel- bis langfristige Gebrauchsüber-
Kennzeichnung lassung eines Wirtschaftsgutes an den Leasingnehmer. Dabei ist die
Vertragslaufzeit regelmäßig kürzer als die betriebsgewöhnliche Nut-
zungsdauer. Im Gegensatz zu einem darlehensfinanzierten Kauf
wird der Leasingnehmer nicht Eigentümer des Wirtschaftsgutes,
sondern er erwirbt lediglich ein zeitlich begrenztes Nutzungsrecht.
Diese Vertragsform weist darauf hin, dass sie eine dem Kreditver-
trag vergleichbare Funktion erfüllen soll, d. h. der Leasingnehmer
trägt das Investitionsrisiko für das Leasingobjekt. Entsprechend se-
hen die Zahlungsverpflichtungen während der Vertragsdauer vor,
dass mit den monatlichen Leasingraten die gesamten Anschaf-
fungskosten oder Herstellungskosten einschließlich aller Nebenkos-
ten des Leasinggebers für die Bereitstellung des Leasingobjektes
aufgebracht werden müssen.
Vertragsarten • Vollamortisations-Vertrag
• Teilamortisations-Vertrag
Vollamortisations- Bei einem Vollamortisations-Vertrag wird dies durch die Zahlung der
Vertrag monatlich fälligen Leasingraten erreicht. Bei Vertragsende ist der
Leasinggegenstand an den Leasinggeber zurückzugeben. Da der
Leasingnehmer nach der Vertragsdauer meist an einer weiteren
Nutzung des Leasingobjektes interessiert ist, sehen die Vollamorti-
sations-Verträge häufig eine Kaufoption oder einen Anschlusslea-
singvertrag vor. Einigen sich die Vertragsparteien nicht über die
Konditionen einer Folgevereinbarung, dann verwertet der Leasing-
geber das Leasingobjekt selbst über den Markt.
Teilamortisations- Im Gegensatz zum Vollamortisations-Vertrag führt die Summe der
Vertrag Leasingraten beim Teilamortisations-Vertrag nicht zur Deckung aller
Kosten. Erst durch den Verkauf des Leasingobjektes amortisiert die
Leasinggesellschaft ihre Investitionskosten in voller Höhe. Gegen
das Risiko eines Mindererlöses sichert sie sich durch eine Ver-
kaufsoption gegenüber dem Leasingnehmer ab (Andienungsrecht
des Leasinggegenstands). Damit wird der Leasingnehmer zum Kauf
für den Fall verpflichtet, dass eine anderweitige Verwertung des
Leasinggegenstandes den Restwert nicht abdeckt. Der Kaufpreis
entspricht dem kalkulierten Restwert. Liegt der Marktpreis über dem
kalkulierten Restwert, nutzt die Leasinggesellschaft die Mehrerlös-
chance. Für den Leasingnehmer sehen Teilamortisations-Verträge
D1 Kreditgeschäft 153

oftmals eine Beteiligung an dem Mehrerlös vor. Er erhält in diesem


Fall bis zu 75 % der Differenz aus dem Verkaufserlös und dem kal-
kulierten Restwert. Umgekehrt ist er verpflichtet, die Differenz zum
kalkulierten Restwert auszugleichen, sobald sich ein Mindererlös
ergibt. Voll- und Teilamortisations-Verträge sind die gebräuchlichen
Formen des Finanzierungsleasings.
Mietkauf Der Mietkauf ist eine spezielle Form der Investitionsfinanzierung.
Der Mietkauf gleicht dem Leasing beim Ratenverlauf und Konditio-
nengestaltung. Besonderes Charakteristikum ist aber, dass das
Eigentum am Mietgegenstand/Investitionsgut während der gesamten
Mietdauer beim Vermieter liegt, mit Zahlung der letzten Mietrate
jedoch automatisch auf den Mieter übergeht (aufschiebend beding-
ter Eigentumsübergang). Dies hat u. a. zur Folge, dass der Mieter
den Mietgegenstand wie beim Barkauf von Anfang an bilanzieren
muss. Während bei einer Leasingfinanzierung die Umsatzsteuer
jeweils auf die einzelnen Leasingraten erhoben und damit z. B. in
monatlichen Raten liquiditätswirksam wird, ist sie beim Mietkauf mit
der ersten Rate für den gesamten Mietkaufpreis (= Gesamtsumme
aller zu zahlenden Raten) fällig. Das bedeutet beim Mieter einen
beträchtlichen Abfluss liquider Mittel, die er sich aber über den Vor-
steuerabzug wieder zurückholen kann. Der Mieterkauf hat besonde-
re Bedeutung dort, wo Leasing aus speziellen Gründen nicht einge-
setzt werden kann, z. B. bei Investitionsförderungsprogrammen, die
zur Bedingung haben, dass der Antragsteller selbst bilanziert.
Beispiel zum Leasing
Die Kora GmbH beabsichtigt die Anschaffung eines Firmenfahrzeugs für die Geschäftsfüh-
rung. Der Pkw soll 46.000,00 EUR kosten und über die NordLeasing oder die HansaLeasing
bzw. AutoLeasing GmbH finanziert werden. Die Geschäftsführung will den Pkw 36 Monate
lang nutzen. Nutzungsdauer beträgt laut AfA-Tabelle 6 Jahre.
Konditionen der NordLeasing GmbH
Vertragsart Leasingvertrag mit Mietverlängerungsoption
Grundmietzeit 40 – 90 % der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer
Leasingfaktor 3,25 % pro Monat
Kilometerleistung 20.000 km pro Jahr
Der Pkw ist am Ende der Grundmietzeit der Nordleasing GmbH zu übergeben oder aufgrund
eines Mietvertrages anzumieten.
Konditionen der HansaLeasing GmbH
Vertragsart Leasingvertrag mit Mehrerlösbeteiligung
Grundmietzeit 40 - 90 % der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer
Verzinsung 7 % p.a.
Restwert 25 %
Kilometerleistung 20.000 km pro Jahr
154 Prüfungswissen Bankwirtschaft

Konditionen der AutoLeasing GmbH


Vertragsart Leasingvertrag mit fester Abschlussrate
Vertragslaufzeit 36 Monate
Anzahlung 15.000,00 EUR
Abschlussrate 60 % der Anschaffungskosten
Kilometerleistung 20.000 km pro Jahr
Leasingrate 159,00 EUR pro Monat
Erstellung der drei Angebote auf der Grundlage des Leasingfaktors der NordLeasing GmbH
und der Konditionen der HansaLeasing bzw. der AutoLeasing GmbH unter Ermittlung der
Leasingrate, des Restwerts und der Gesamtkosten der Investition:
Angebot 1:
Leasingrate: 1.495,00 EUR
Leasingrate insgesamt: 53.820,00 EUR
Angebot 2:
Anschaffungskosten – Restwert = 46.000 - 11.500 = 34.500
Abschreibungen für 36 Monate: 34.500 : 36 = 958,33 EUR
Durchschnittskapital für 36 Monate: 34.500 + 958,33 = 35.458,33 : 2 = 17.729,17 EUR
7 % Zinsen p.a.: 1.241,04 EUR; 7 % Zinsen für 3 Jahre: 3.723,12 EUR
Zinsen pro Monat: 3.723,12: 36 = 103,42 EUR
7 % Zinsen auf Restwert 11.500 für 3 Jahre: 805 x 3 = 2.415 EUR
Zinsen pro Monat für Restwert: 2.415: 36 = 67,08 EUR
Leasingrate: 958,33 + 103,42 + 67,08 = 1.128,83 EUR
Leasingraten insgesamt 36 x 1.128,83 EUR: 40.637,88 EUR
Leasingfaktor: 2,45 %
10 % Zinsen p.a.: 1.772,92 EUR; 10 % Zinsen für 3 Jahre: 5.318,76 EUR
Zinsen pro Monat: 5.318,76 : 36 = 147,74 EUR
10 % Zinsen auf Restwert 11.500 für 3 Jahre: 1.150 x 3 = 3.450 EUR
Zinsen pro Monat für Restwert: 3.450 : 36 = 95,83 EUR
Leasingrate: 958,33 + 147,74 + 95,83 = 1.201,90 EUR
Leasingraten insgesamt 36 x 1.201,90 EUR: 43.268,40 EUR
Leasingfaktor: 2,61 %
Angebot 3:
Anzahlung 15.000,00 EUR
Leasingraten für 36 Monate je 199 EUR: 7.164,00 EUR
Restwert: 27.600,00 EUR
Amortisationsverträge der Angebote
NordLeasing HansaLeasing AutoLeasing
Summe der Leasingraten 53.820,00 EUR 40.637,88 EUR 7.164,00 EUR
+ Restwert 0,00 EUR 11.500,00 EUR 27.600,00 EUR
+ Anzahlung 15.000,00 EUR
Summe 53.820,00 EUR 52.137,88 EUR 49.764,00 EUR
Vertragsform VA-Vertrag TA-Vertrag mit Mietkauf
Mehrerlösbeteiligung
D1 Kreditgeschäft 155

Das Angebot der AutoLeasing ist nicht erlasskonform. Der Kunde sollte sich für den Teilamor-
tisations-Vertrag der HansaLeasing GmbH entscheiden.
Begründung: Gleichbleibende Leasingraten, die geringer sind als in Angebot 1. Angebot 3
kann wegen Anzahlung und Zielrate am Ende der Laufzeit aus Liquiditätsgründen negativ
sein. Außerdem können Anzahlung, Zielrate und ein großer Teil der Mietraten nicht als Auf-
wendungen abgesetzt werden.
Ein Vollamortisations-Vertrag ist unwirtschaftlich, da die Leasingraten steigen. Der Restwert
müsste miterlöst werden. Außerdem könnte der Wagen nur 54 Monate statt 60 Monate ge-
nutzt werden. Auch würde der Restwert dem Leasinggeber zustehen.
4.2.2 Fragen und Antworten zum Leasing
Was bedeutet Leasing bedeutet Nutzung von Gütern, ohne Eigentümer zu sein. Eine
„Leasing“? Finanzierung des Eigentumserwerbs entfällt hierbei. Je nach Zweck und
Vertragsgestaltung gibt es unterschiedliche Formen des Leasings.
Wie funktioniert Der Begriff Leasing kommt aus dem Englischen und bedeutet „Mieten“
Leasing? oder „Pachten“ von Investitionsgütern oder langlebigen Wirtschaftsgü-
tern. Der Leasinggeber, der ein Objekt vermietet, bleibt juristischer und
wirtschaftlicher Eigentümer. Allerdings überträgt er dem Mieter bzw. Nut-
zer des Objekts (Leasingnehmer) alle Rechte, Risiken und Pflichten, die
bei „traditioneller“ Miete üblicherweise der Vermieter trägt. So haftet der
Leasingnehmer für Schäden, er muss Reparaturen ausführen und das
Objekt instand halten.
Wer zum Beispiel eine EDV-Anlage über eine Bank oder Leasinggesell-
schaft pachten will, geht zuerst zum PC-Händler und kauft ein Gerät sei-
ner Wahl. Leasing schränkt weder bei der Auswahl des Händlers noch
des Herstellers ein. Der Händler betrachtet den Kunden als Barzahler.
Und wer „cash“ zahlt, hat einen gewissen Spielraum, wenn es um den
Preis geht.
Nach Abschluss des Kaufvertrages ist der Kunde Besitzer und Eigentü-
mer der Anlage. Danach schließt er einen Leasingvertrag ab, bekommt
den gezahlten Kaufpreis von der Leasinggesellschaft zurück und über-
weist dafür monatlich oder quartalsweise seine Raten. Wenn der Vertrag
ausläuft, entscheidet der „Mieter“, ob er das Gerät an die Leasinggesell-
schaft zurückgeben oder kaufen will. Als „Vermieter“ fungieren entweder
die Hersteller direkt oder reine Leasinggesellschaften, die die Produkte
vom Hersteller kaufen und verpachten.
Wie kann Lea- • Nach dem Leasinggegenstand unterscheidet man Immobilienleasing
sing nach dem an Gebäuden und Mobilienleasing an Investitions- und Konsumgü-
Gegenstand, tern. Hauptunterschied: Laufzeit des Leasingvertrags.
dem Nutungs- • Nach dem Nutzungsberechtigten gibt es Privatleasing und gewerbli-
berechtigten ches Leasing, die sich vor allem durch die steuerlichen Auswirkungen
und den Zusatz- beim Nutzungsberechtigten unterscheiden.
leistungen un- • Je nachdem, welche Serviceleistungen vereinbart werden, spricht man
terschieden vom Full-Service-Leasing z. B. bei Fahrzeugen, wenn alle Wartungen,
werden? Steuern, Reifen usw. von dem Eigentümer übernommen werden. Ein
Vertrag ohne solche Leistungen beschränkt sich auf die Finanzierungs-
funktion.
156 Prüfungswissen Bankwirtschaft

Wie unterschei- • Bleibt der Hersteller auch Eigentümer und gibt nur die Nutzung ab, z. B.
det sich das bei EDV-Anlagen oder Kopierern, handelt es sich um direktes Leasing
direkte vom oder Herstellerleasing. Beim direkten Leasing wird meistens wie bei
indirekten einem normalen Mietvertrag dem Nutzungsberechtigten ein jederzeiti-
Leasing? ges Kündigungsrecht eingeräumt. Damit hat er die Möglichkeit, nach
Bedarf immer neuere oder größere Geräte gegen Rückgabe der alten
Geräte zu tauschen. Möglich ist auch ein zeitlich befristeter Vertrag mit
Austauschrecht des Objektes. In diesen Fällen spricht man vom Opera-
te-Leasing.
• Das direkte Leasing muss vertraglich und vom wirtschaftlichen Zweck
her streng vom Finanzierungsleasing getrennt gesehen werden, bei
dem immer eine nicht kündbare feste Mietdauer, die Grundmietzeit ver-
einbart wird.
• Wird eine besondere, rechtlich unabhängige Leasinggesellschaft einge-
schaltet, bezeichnet man dies als indirektes Leasing.
Welche Ver- • Der Leasinggeber ist eine besondere Finanzierungsgesellschaft, die
tragspartner den Kaufvertrag mit dem Hersteller abschließt und den Kaufpreis an
sind beim Fi- diesen entrichtet.
nanzierungs- • Der Leasingnehmer schließt einen Vertrag mit dem Leasinggeber über
Leasing betei- die Nutzung des Gegenstandes und die Entrichtung der Leasingraten.
ligt? • Der Hersteller vereinbart mit dem Leasingnehmer die Art der Lieferung
und die weiteren Lieferungsbedingungen.
Welche Generell können verschiedene Vertragsformen unterschieden werden:
Vertragsformen Vollamortisations-Vertrag
sind beim Bei Vollamortisations-Verträgen decken die Leasingraten die Anschaf-
Leasing zu un- fungs-, Herstellungs-, Neben- und Finanzierungskosten, Gewinnspanne
terscheiden? ab und der Vertrag wird über eine feste, unkündbare Grundvertragsdauer
abgeschlossen
Vollamortisations-Vertrag mit Kauf- und Verlängerungsoption sowie
Recht auf Rückgabe
Finanzierungseffekt ist am günstigsten bei einer Laufzeit nahe 90 % der
Afa-Zeit
Nach Ablauf der Grundvertragsdauer hat der Leasingnehmer die Wahl:
1) Kauf des Wirtschaftsgutes
2) Vertragsverlängerung
3) Rückgabe des Wirtschaftsgutes
Basis für 1) und 2): Restbuchwert bei linearer Abschreibung oder niedri-
ger Zeitwert
Vorteile:
• volle Amortisation während der Grundvertragsdauer
• genaue Preiskalkulation durch feste Leasingraten
• Kauf des Wirtschaftsgutes ist nach Vertragsablauf vorgesehen
Vollamortisations-Vertrag ohne Kauf- und Verlängerungsoption
Vertragstyp für Absatzleasing mit Händlern und Herstellern,
Leasingnehmer wird weder Kauf- noch Verlängerungsoption eingeräumt.
Individuelle Vereinbarungen über Weiterverwendung des Wirtschafts-
gutes können mit Herstellern und Händlern getroffen werden.
D1 Kreditgeschäft 157

Teilamortisations-Vertrag
Bei Teilamortisations-Verträgen werden die Anschaffungskosten während
der Grundvertragsdauer nur zum Teil gedeckt. Nicht amortisierte Anschaf-
fungskosten werden durch Vertragsverlängerung oder durch den Verkauf
des Wirtschaftsgutes an Mieter bzw. Dritte realisiert. Der Leasinggeber hat
ein Andienungsrecht, d. h. der Leasingnehmer ist auf Verlangen verpflich-
tet, sofern ein Verlängerungsvertrag nicht zustande kommt, das Objekt zu
dem bei Vertragsabschluss vereinbarten Preis zu kaufen. Der Leasing-
nehmer hat kein Recht, das Objekt zu erwerben. Der Leasinggeber kann
vom Andienungsrecht Gebrauch machen.
Vorteile:
• Teilamortisation des Objektes während der Grundvertragsdauer
• Kosten- und Ertragsverläufe lassen bei hohen Restwertvereinbarungen
den Abschluss eines Vollamortisations-Vertrages nicht zweckmäßig er-
scheinen.
• Vertragsverlängerung erscheint nach Ablauf der Grundvertragsdauer
sinnvoll.
Kündbarer Vertrag
Der Leasingvertrag läuft auf unbestimmte Zeit. Der Leasingnehmer kann
den Leasingvertrag erstmals nach Grundvertragsdauer (mindestens 40 %
der AfA-Zeit, mit 6-monatiger Kündigungsfrist) jeweils halbjährlich kündi-
gen. Bei Kündigung ist eine Abschlusszahlung in Höhe der nicht gedeck-
ten Gesamtkosten des Leasinggebers zu entrichten. Verkaufserlöse wer-
den zu 100 % angerechnet.
Konditionen ermitteln sich unter Berücksichtigung der kalkulatorischen
Laufzeit auf Basis eines Vollamortisations-Vertrages.
Vorteile:
• Bei Wirtschaftsgütern, die einer schnellen Weiterentwicklung unterliegen.
• Wenn Flexibilität bei Veränderungen der Marktsituation notwendig ist.
Was bedeutet Beim Vollamortisations-Vertrag decken die Leasingzahlungen, die der
Voll- Nutzungsberechtigte während der unkündbaren Grundmietzeit zu entrich-
amortisation? ten hat, die Anschaffungskosten des Leasinggegenstandes und die sons-
tigen Kosten des Eigentümers. Er wird meistens für Objekte abgeschlos-
sen, die einem starken Preisverfall unterliegen können oder speziell nur
für den Nutzungsberechtigten brauchbar sind. Sie sind typisch im Investi-
tionsgüterleasing mit hohem Wertverlust oder Verschleiß oder bei Gü-
tern, die an Dritte nur schwer veräußerbar sind.
Wie ist das Das Leasinggut ist beim Leasinggeber, dem Eigentümer, zu bilanzieren,
Leasinggut bei wenn der sog. Vollamortisation-Erlass der Finanzverwaltung beachtet wird.
Vollamortisation Die unkündbare Grundmietzeit muss danach mindestens 40 % und darf
steuerlich und höchstens 90 % der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer des betreffen-
bilanziell zu den Wirtschaftsgutes betragen. In dieser Zeit hat der Leasingnehmer als
behandeln? Nutzungsberechtigter alle Anschaffungskosten und die sonstigen vom
Eigentümer in die Rate einberechneten Bestandteile zu tragen. Diese Auf-
wendungen gelten dann bei ihm als steuerlich anerkannter Aufwand.
158 Prüfungswissen Bankwirtschaft

Welche Bei der Kaufoption hat der Leasingnehmer das Recht zum Kauf nach
Bedeutung hat Ablauf der Grundmietzeit. Der Kaufpreis muss dem Zeitwert oder dem
ein Restbuchwert entsprechen, um Steuernachteile zu vermeiden.
Optionsrecht? Hat der Leasingnehmer das Recht auf eine weitere Mietzeit, die Mietver-
längerungsoption, muss die Mietverlängerungsgebühr dem Restbuchwert
und der Restnutzungsdauer entsprechen.
Wann wird ein Teilamortisations-Verträge decken durch die Zahlungen während der
Teilamortisati- Grundmietzeit nur einen Teil der Anschaffungs- und Nebenkosten ab.
ons-Vertrag Nach Ablauf der Grundmietzeit kann das Objekt durch einen neuen Ver-
abgeschlossen? trag weitergenutzt oder vom Leasinggeber gebraucht weiterveräußert
werden. Solche Verträge werden nur abgeschlossen, wenn ein sinnvoll
kalkulierter Restwert nach einem bestimmten Zeitraum noch gegeben ist,
z. B. bei Fahrzeugen oder Druckmaschinen.
Welche Bedeu- Der Leasingnehmer ist verpflichtet, auf Verlangen des Leasinggebers
tung hat ein (Eigentümers) das Leasinggut zu einem von vornherein festgesetzten
Andienungs- Restwert käuflich zu erwerben. Dieses Andienungsrecht wird der Lea-
recht des singgeber immer dann ausüben, wenn er feststellt, dass nach Ablauf der
Leasinggebers? unkündbaren Grundmietzeit das Leasinggut einen niedrigeren Zeitwert
hat, als im Restbetrag vertraglich festgelegt ist. Das Risiko der Wertmin-
derung liegt also beim Leasingnehmer.
Welche Risiken • Das Investitionsrisiko liegt beim Leasingnehmer. Sucht er sich das fal-
übernimmt der sche oder für seine Zwecke nicht passende Objekt aus, kann er es der
gewerbliche Leasinggesellschaft als Eigentümerin nicht zur Verfügung stellen. Ge-
Leasingneh- währleistungsansprüche muss der Leasingnehmer beim Hersteller gel-
mer? tend machen.
• Der Leasingnehmer übernimmt die technischen Risiken und verpflichtet
sich zu der vom Hersteller vorgeschriebenen Wartung. Ein Fahrzeug
muss regelmäßig in der Vertragswerkstatt „scheckheftgepflegt“ werden.
Beim Fahrzeugleasing wird regelmäßig eine Vollkaskoversicherung
verlangt.
Kann der Während der Grundmietzeit ist der Leasingnehmer an den Vertrag ge-
Leasingvertrag bunden. Eine vorzeitige Vertragsaufhebung kommt nur in Frage, wenn
aufgehoben der Leasinggegenstand untergegangen oder so stark reparaturbedürftig
werden? ist, dass er nicht mehr benutzt werden kann. In diesem Fall kann der
Vertrag beiderseitig aufgehoben werden. Der Leasingnehmer muss einen
Schadensersatz leisten, der sich aus den noch ausstehenden Leasingra-
ten, die abgezinst werden, ergibt. Mit dem etwaigen Restwert wird dann
verrechnet, nachdem Abwicklungskosten abgezogen worden sind. Der
Leasinggeber kann fristlos kündigen, wenn die Raten nicht ordnungsge-
mäß gezahlt werden oder der Leasingnehmer sonst den Vertrag nicht
erfüllt. Durch einseitige Kündigung von Seiten des Leasingnehmers kann
der Vertrag also nicht aufgehoben werden.
D1 Kreditgeschäft 159

Nach welchen • Wertminderung: Der Hauptkostenfaktor des Leasingentgelts liegt in


Faktoren wer- dem Ausgleich der Anschaffungskosten für den Leasinggeber. Bei
den die einem Vollamortisations-Vertrag müssen während der Grundmietzeit
Leasingraten die gesamten Anschaffungskosten gedeckt werden. Beim Teilamorti-
kalkuliert? sations-Vertrag wird die Differenz aus Anschaffungskosten und
geschätztem Restwert gedeckt. Die Wertminderung wird durch die
Monate der Grundmietzeit geteilt.
• Zinsen für das überdurchschnittlich genutzte Kapital in banküblicher
Höhe.
• Sonstige Kosten wie eine Risikoprämie für den Leasinggeber, kalkulier-
te Steuern, Entgelt für die erbrachten Dienstleistungen und eine Ge-
winnquote für den Leasinggeber.
Welche Vorteile • Das Leasing ersetzt die Fremdfinanzierung in voller Höhe, wenn es das
hat das gewerb- gesamte Objekt erfasst.
liche Leasing? • Während der gesamten Vertragsdauer hat der Leasingnehmer eine
klare Kalkulations- und Planungsgrundlage.
• Liquidität: Bestehende Kreditspielräume bleiben erhalten.
• Leasingentgelt wird aus laufend erwirtschafteten Erträgen bezahlt.
• Bilanzneutralität der Leasingraten: Die Bilanz wird "entlastet", da die
Leasingobjekte und die entsprechenden Verpflichtungen nicht ausge-
wiesen werden. Die Verwaltung kann einfacher sein, insbesondere
wenn Serviceverträge bestehen.
• Für den Leasingnehmer lösen die Leasingraten keine zusätzliche Ge-
werbesteuerbelastung aus, es fallen somit keine investitionsbezogenen
Steuern an.
• Gesamtkosten sind im Vergleich zu anderen Finanzierungsalternativen
niedriger.
• Kosten und Erträge der Investition verlaufen parallel.
• Entschluss zur Erneuerung der Anlage nach Ende der Mietzeit fällt
leichter.
• Full-Service-Leasing: Einige Leasinggesellschaften bieten ihren Kun-
den zusätzlichen Service an, zum Beispiel Wartungs- und Versiche-
rungsverträge oder Softwareservice. Das erstreckt sich beispielsweise
bis hin zum kompletten Maschinen- und Fuhrparkmanagement oder zur
Übernahme der Baubetreuung von Immobilien (so genannte Fullser-
vice-Verträge). Diese Leistungen lassen sich die Gesellschaften über
höhere Raten bezahlen. Der unmittelbare Kontakt zwischen Kunde und
Hersteller kann sich dennoch lohnen: Der Hersteller ist mit dem Objekt
bestens vertraut. Für ihn ergeben sich Synergieeffekte, da er den Kun-
den während der gesamten Leasingzeit betreut und auf spontane Kun-
denwünsche wie Kapazitätszuwachs, Produktverbesserungen reagie-
ren kann. Für den Kunden kann dies ebenfalls vorteilhaft sein, da er al-
les aus einer Hand erhält – unter Umständen sogar preisgünstiger.
• Entsorgung: Gibt der Leasingnehmer das Objekt am Ende der Laufzeit
zurück, fallen für ihn keine Entsorgungskosten an.
160 Prüfungswissen Bankwirtschaft

Welchen Inhalt Bei den oben erwähnten Fragen hat immer der Leasingnehmer das
hat ein Restwertrisiko. Bei Fahrzeugleasingverträgen übernimmt der Eigentümer
Kilometer- dieses Risiko, wenn dem Leasingnehmer eine bestimmte Kilometerleis-
Abrechnungs- tung des Fahrzeugs innerhalb der Mietdauer zugebilligt wird. Mehrkilome-
vertrag beim ter sind zusätzlich zu ersetzen, für Minderkilometer erhält der Leasing-
Kraftfahrzeug- nehmer eine - gegenüber Mehrkilometer geringere - Vergütung. Das
Leasing? Fahrzeug muss selbstverständlich bei Rückgabe einen normalen Erhal-
tungszustand aufweisen. Bei Übernahme ist regelmäßig eine Einmalzah-
lung zu leisten. Dieser Vertragstyp hat mehr Ähnlichkeit mit einem echten
Mietvertrag als mit dem typischen Leasingvertrag. Er ist für Betriebe den
anderen Verträgen steuerlich gleichgestellt, wenn die Mindestvertrags-
dauer 40 % der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer beträgt. Im Unter-
schied zum Teilamortisations-Vertrag ist hier häufig dem Leasinggeber
das Andienungsrecht im Zusammenhang mit dem Kilometerausgleich
eingeräumt.

4.2.3 Vergleich Leasing und Bankkredit bei einer Pkw-Finanzierung


Merkmale Leasingfinanzierung Kreditfinanzierung
Wesen Nutzungsüberlassung gegen Entgelt Kauf durch Fremdfinanzierung
Kosten Mietzahlungen bzw. Leasingraten Zins- und Tilgungszahlungen
Rechtsstellung Leasinggesellschaft ist Eigentümerin des Kreditnehmer ist Eigentümer des Fahr-
Fahrzeugs zeugs
Abschluss einer obligatorisch nicht obligatorisch
Vollkaskoversicherung
Kündigung des Vertrags keine vorzeitige Kündigung des Leasing- vorzeitige Kündigung des Kreditvertrags
während der Laufzeit vertrags möglich möglich

4.2.4 Allgemeine Leasingbedingungen


Vertragsab- Der Kunde ist an seinen Antrag vier Wochen ab Eingang der zur Prüfung
schluss, Halter der Annahme erforderlichen Unterlagen gebunden. Mit Unterschrift der
des Fahrzeuges, Gesellschaft wird der Antrag angenommen und der Leasingvertrag wirk-
Beginn der sam. Die Gesellschaft kann von dem Vertrag zurücktreten, falls der Kun-
Leasingzeit de nicht ordnungsgemäß übernimmt. In diesem Fall kann der Kunde An-
sprüche gegen die Gesellschaft nicht geltend machen. Die Gesellschaft
hat gegen den Kunden Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen. Die
Gesellschaft ist Eigentümer, der Kunde Halter des Fahrzeugs.
Die Nutzungsdauer eines zulassungspflichtigen Neufahrzeugs beginnt
am Tage seiner Erstzulassung, eines Gebrauchtfahrzeugs am Tage der
im Kfz-Brief zuletzt eingetragenen Zulassung und eines nichtzulassungs-
pflichtigen Fahrzeugs am Tage der Übernahme durch den Kunden.
Sofern der Kunde Verbraucher ist, verzichtet er ausdrücklich auf den
Zugang der Annahmeerklärung der Gesellschaft. Die Gesellschaft wird
dem Kunden innerhalb der 4-wöchigen Bindungsfrist von ihrer Vertrags-
unterzeichnung unterrichten.
D1 Kreditgeschäft 161

Haftung der Hat die Gesellschaft für einen Schaden des Kunden aufgrund eigenen
Gesellschaft Verschuldens oder Verschuldens ihrer gesetzlichen Vertreter oder ihrer
Erfüllungsgehilfen einzustehen, ist die Haftung der Gesellschaft auf Fälle
von Vorsatz und grober Fahrlässigkeit beschränkt. In Fällen der Verlet-
zung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit wird auch für einfa-
che Fahrlässigkeit gehaftet.
Auswahl des Der Kunde hat die Gesellschaft beauftragt, das Fahrzeug nach seinen
Fahrzeuges Wünschen und Vorstellungen zu kaufen. Der Kunde versichert ausdrück-
lich, dass er das Leasingobjekt ohne Mitwirkung der Gesellschaft unter
besonderer Berücksichtigung seiner speziellen betrieblichen Belange
ausgewählt hat. Für die Art der Konstruktion und die Tauglichkeit des
Fahrzeuges zu dem vom Kunden vorgesehenen Zweck übernimmt die
Gesellschaft keine Haftung. Sie sind nicht Grundlage dieses Vertrages.
Die Gesellschaft wird nicht durch Vereinbarungen des Kunden mit dem
Lieferanten und Dritten verpflichtet.
Lieferung Die Anlieferung des Fahrzeuges an die vom Kunden bestimmte Adresse
erfolgt auf Gefahr und Kosten des Kunden. Die Anlieferung eines zulas-
sungspflichtigen Fahrzeuges dauert bis zum Tag seiner Zulassung. Die
Gesellschaft kann von diesem Vertrag zurücktreten, wenn die Lieferung
aus von ihr nicht zu vertretenden Gründen unterbleibt. Die Gesellschaft
tritt ihre Ansprüche gegen den Lieferanten und Dritte im Zusammenhang
mit der Lieferung hiermit an den Kunden ab, der die Abtretung annimmt.
Entsprechende Ansprüche des Kunden gegen die Gesellschaft sind aus-
geschlossen.
Der Kunde ist verpflichtet, das Fahrzeug bei Anlieferung für die Gesell-
schaft in Besitz zu nehmen, es unverzüglich mit aller Sorgfalt auf Mängel-
freiheit und Funktionstüchtigkeit zu untersuchen, der Gesellschaft die
Übernahme schriftlich zu bestätigen und ggf. Mängel gegenüber dem
Lieferanten fristgemäß zu rügen. Die Untersuchungs- und Rügepflicht gilt
auch nach einer Nachbesserung des Fahrzeuges und nach Lieferung
eines Ersatzfahrzeuges im Rahmen des Nacherfüllungsanspruches des
Kunden.
Sollte die Gefahrtragung bezüglich des Fahrzeugs bereits vor dessen
Übergabe an den Kunden nicht mehr beim Lieferanten liegen, trägt der
Kunde die damit verbundenen Gefahren.
Der Kunde verzichtet zugunsten der Gesellschaft auf ein evtl. bereits
entstandenes Anwartschaftsrecht am Fahrzeug.
Der Kunde verpflichtet sich, auf Verlangen der Gesellschaft das Fahr-
zeug mit einem auf deren Eigentum hinweisenden Kennzeichen an gut
sichtbarer Stelle zu versehen.
Der Kunde bevollmächtigt die Gesellschaft, die örtliche Zulassungsstelle
davon zu unterrichten, dass der Kfz-Brief nur an die Gesellschaft heraus-
zugeben ist. Der Gesellschaft als Eigentümerin des Fahrzeugs sind nach
Ablauf des Leasingvertrages alle Unterlagen für das Fahrzeug auszu-
händigen, und der Kunde stimmt schon heute unwiderruflich zu, dass die
Gesellschaft bei den behördlichen Stellen beantragt, dass Kfz-Brief und
Kfz-Schein auf den Namen eines von der Gesellschaft zu benennenden
162 Prüfungswissen Bankwirtschaft

Dritten umgeschrieben werden. Der Kfz-Brief ist der Gesellschaft auszu-


händigen und bleibt in ihrem Besitz. Für die Vorführung des Fahrzeugs
bei der technischen Überwachungsstelle kann der Kunde die Gesell-
schaft veranlassen, den Kfz-Brief an dem TÜV mit der Maßgabe zu ver-
senden, dass der Brief nach Abnahme durch den TÜV unverzüglich an
die Gesellschaft zurückzusenden ist. Nach Eingang des Kfz-Briefes bei
der Gesellschaft trägt diese das amtliche Kennzeichen und die Fahrge-
stellnummer auf ihrem Vertragsexemplar nach. Der Kunde kann in glei-
cher Weise verfahren.
Rechte des Alle gesetzlichen und vertraglichen Ansprüche des Kunden gegen die
Kunden bei Gesellschaft wegen Sach- und Rechtsmängeln, einer vom Lieferanten
Mängeln des oder einem Dritten übernommenen Garantie, wegen Pflichtverletzung bei
Leasingobjektes der Entstehung oder nach Abschluss dieses Vertrages oder wegen uner-
laubter Handlung sind ausgeschlossen. Zum Ausgleich hierfür tritt die
Gesellschaft ihre diesbezüglichen Ansprüche und Rechte gegen den
Lieferanten und Dritte an den Kunden ab, der die Abtretung annimmt. Der
Kunde verpflichtet sich, die Ansprüche und Rechte einschließlich des
Anspruchs auf Verzugszinsen zur Leistung an die Gesellschaft, sofern er
nicht einen eigenen Schaden geltend macht, Innerhalb der Verjährungs-
frist der jeweiligen Ansprüche und Rechte geltend zu machen. Die Kos-
ten der Rechtsverfolgung trägt der Kunde.
Sofern sich der Lieferant oder der Dritte und der Kunde über die Wirk-
samkeit eines vom Kunden erklärten Rechtes oder über die Berechtigung
eines Anspruches nicht einigen, kann der Kunde die Zahlung der Lea-
singraten, im Falle der Minderung anteilig, wegen etwaiger Mängel erst
dann vorläufig bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung verweigern,
wenn er wegen des erklärten Rechtes oder Anspruches Klage gegen den
Lieferanten oder den Dritten erhoben hat.
Verlangt der Kunde im Wege der Nacherfüllung die Lieferung eines man-
gelfreien Fahrzeuges, hat er die Gesellschaft hiervon unverzüglich zu
unterrichten und mit dem Lieferanten zu vereinbaren, dass dieser das
Eigentum an dem neuen Fahrzeug unmittelbar auf die Gesellschaft über-
trägt. Der Kunde teilt der Gesellschaft die Fahrgestellnummer und sonsti-
ge Unterscheidungskennzeichen des neuen Fahrzeuges mit. Der Lea-
singvertrag wird mit dem neuen Fahrzeug unverändert fortgesetzt.
Der Kunde hat der Gesellschaft eine von ihr an den Lieferanten oder
Dritten zu zahlende Nutzungsentschädigung für das zurückgegebene,
mangelhafte Fahrzeug zu erstatten. Unter Berücksichtigung seiner Voll-
amortisationspflicht kann der Kunde nach Erstattung der Nutzungsent-
schädigung von der Gesellschaft einen bei der späteren Verwertung des
neuen Fahrzeuges durch den Umstand der Neulieferung etwa erzielten
Nettomehrerlös verlangen.
Statt der Auskehrung eines durch die Verwertung des Fahrzeuges etwa
erzielten Nettomehrerlöses kann der Kunde von der Gesellschaft verlan-
gen, dass die vereinbarte Vertragsdauer um den Zeitraum verlängert wird,
der demjenigen entspricht, für den der Kunde bis zur Lieferung eines man-
gelfreien Fahrzeuges die vereinbarten Leasingraten in voller Höhe gezahlt
hat. Während des Verlängerungszeitraums sind Leasingraten nicht zu zah-
D1 Kreditgeschäft 163

len. Die Bestimmungen des Leasingvertrages gelten unverändert fort. Ein


diesbezügliches Verlangen hat der Kunde der Gesellschaft spätestens 3
Monate vor Ablauf der ursprünglichen Vertragsdauer und bis dahin ord-
nungsgemäßer Vertragserfüllung schriftlich mitzuteilen.
Gebrauch und Der Kunde wird das Fahrzeug in einem ordnungsgemäßen und funktions-
Instandhaltung fähigen Zustand erhalten, dieses vor Überbeanspruchung schützen und
alle Rechtsvorschriften, die mit dem Besitz, dem Gebrauch und der Er-
haltung des Fahrzeuges verbunden sind, beachten und Wartungs-, Pfle-
ge- und Gebrauchsempfehlungen des Lieferanten/Hersteller befolgen.
Reparaturen und Pflegedienstarbeiten dürfen nur durch autorisierte
Werksvertretungen bzw. Werkshändler des Herstellers vorgenommen
werden. Der Kunde verpflichtet sich, das Fahrzeug nur zu dem umseitig
angegebenen Verwendungszweck zu benutzen.
Ein Standortwechsel ist von einer schriftlichen Einwilligung der Gesell-
schaft abhängig.
Die Gesellschaft und ihre Beauftragten haben das Recht, das Fahrzeug
zu besichtigen. Änderungen, Beschriftungen und zusätzliche Einbauten
darf der Kunde nur nach schriftlicher Einwilligung der Gesellschaft vor-
nehmen. Alle zusätzlich – auch ohne Einwilligung der Gesellschaft – ein-
gebauten Teile gehen mit dem Einbau entschädigungslos in das Eigen-
tum der Gesellschaft über. Die Gesellschaft ist berechtigt, bei Beendi-
gung des Vertrages vom Kunden die sachgemäße Wiederherstellung des
ursprünglichen Zustandes auf Kosten des Kunden zu verlangen. Die
Betriebs- und sonstigen Kosten für das Fahrzeug trägt der Kunde.
Leasing- Die Leasingrate wird berechnet auf Grundlage des umstehend angege-
zahlungen benen Gesamtanschaffungspreises. Ändert sich dieser, so ändert sich
die Rate im gleichen Verhältnis. Bei einer Änderung der Refinanzierungs-
bedingungen bis zum Tage der Bezahlung des Fahrzeuges an den Liefe-
ranten behält sich die Gesellschaft eine Anpassung der Leasingrate vor,
die über die gesamte Laufzeit des Leasingvertrages unverändert bleibt.
Der Kunde erhält eine Vertragsabrechnung. Bei einer Abweichung der
Abrechnungsdaten von den umseitigen Angaben sind für die Leasingver-
bindlichkeiten ausschl. die Abrechnungsdaten maßgebend.
Die Leasingrate ist auf Grundlage der zur Zeit des Vertragsabschlusses
gültigen Steuern und öffentlichen Abgaben berechnet. Bei Änderung des
Steuer- und Abgabenrechtes oder der betreffenden Verwaltungspraxis
nach Abschluss des Leasingvertrages ist die Gesellschaft zu einer ent-
sprechenden Anpassung der Leasingraten berechtigt.
Bei Übernahme der Bezahlung von Versicherungsprämien für den Kun-
den ist die Gesellschaft berechtigt, bei deren Änderung nach Abschluss
des Leasingvertrages, gleich aus welchen Gründen, die Gesamtrate ent-
sprechend anzupassen.
Gefahrtragung Der Kunde trägt die Gefahr des – auch zufälligen – Unterganges, Verlus-
und Schadens- tes vorzeitigen Verschleißes und der Beschädigung des Fahrzeuges.
abwicklung Solche Ereignisse entbinden den Kunden nicht von der Verpflichtung, die
vereinbarten Leasingraten zu zahlen oder von irgendeiner anderen Ver-
pflichtung aus dem Leasingvertrag.
164 Prüfungswissen Bankwirtschaft

In solchen Fällen hat der Kunde die Gesellschaft unverzüglich schriftlich


zu verständigen und ihr zu erklären, ob er den Leasingvertrag fortsetzen
oder vorzeitig beenden will – im Falle der Beschädigung nur, sofern die
Wiederherstellungskosten 50 % des Zeitwertes des Fahrzeuges über-
schreiten.
Bei Fortsetzung des Leasingvertrages ist der Kunde verpflichtet,
• das Fahrzeug auf seine Kosten reparieren zu lassen, sodass es den
vertragsgemäßen Zustand wiedererlangt, oder
• das Fahrzeug nach schriftlicher Zustimmung der Gesellschaft durch ein
gleichwertiges zu ersetzen.
Bei vorzeitiger Beendigung des Leasingvertrages hat der Kunde an die
Gesellschaft eine Ausgleichszahlung zu leisten, die zu einer Vollamorti-
sation des Gesamtaufwandes der Gesellschaft für diesen Vertrag unter
Einbeziehung aller vertraglich geschuldeten Zahlung des Kunden einschl.
eines ggf. vereinbarten Restwertes führt.
Entschädigungsleistungen, die die Gesellschaft von Versicherungsge-
sellschaften und Dritten erhält, sowie ein evtl. von der Gesellschaft für
das Fahrzeug erzielter Verwertungserlös abzüglich Verwertungskosten
werden dem Kunden zugunsten der von ihm in diesen Fällen zu erbrin-
genden Leistungen angerechnet.
Der Kunde verpflichtet sich, die Gesellschaft von allen Ansprüchen auf-
grund einer etwa geltend gemachten Haftung als Eigentümerin oder Mit-
halterin des Fahrzeugs freizuhalten.
Versicherungen Der Kunde ist verpflichtet, eine Haftpflichtversicherung mit unbegrenztem
Deckungsumfang (Personen-, Sach- und reine Vermögensschäden) und
eine Vollkasko-Versicherung mit einer Selbstbeteiligung von höchstens
500,00 EUR für das Fahrzeug abzuschließen, aufrechtzuerhalten und
dieses mit einer anerkannten Diebstahlsicherung auszurüsten. Er er-
mächtigt die Gesellschaft hiermit ggf. zum Abschluss dieser Versicherun-
gen. Der Kunde ermächtigt die Gesellschaft außerdem, bei der Versiche-
rung einen Antrag auf Ausstellung eines Kfz-Sicherungsscheines zu stel-
len und ihn entgegenzunehmen. Die Bestimmungen der Ziffer 8 bleiben
hierdurch unberührt. Die Versicherungsgesellschaft muss ihren Sitz in
der BRD haben und die Anforderungen des Bundesaufsichtsamtes für
das Versicherungswesen erfüllen.
Der Kunde tritt hiermit für die Vertragsdurchführung sämtliche Rechte aus
den von ihm abgeschlossenen Fahrzeug-Versicherungen – mit Ausnah-
me des Schadensfreiheitsrabattes – unwiderruflich an die Gesellschaft
ab. Der Kunde hat bis zu einem jederzeitigen Widerruf Ansprüche gegen
Unfallgegner und Versicherungsgesellschaften zur Zahlung an die Ge-
sellschaft geltend zu machen.
Die Versicherungsleistung für einen merkantilen Minderwert, der vom
Kunden in jedem Fall geltend zu machen ist, ist der Gesellschaft zu mel-
den. Die Gesellschaft wird bestimmen, an wen diese Versicherungsleis-
tung zu zahlen ist.
D1 Kreditgeschäft 165

Pflichten des Der Kunde hat während der Vertragsdauer alle bestehenden und noch
Kunden ergehenden Gesetze, Verordnungen und Verwaltungsvorschriften, die
sich auf das Fahrzeug beziehen, zu beachten und stellt die Gesellschaft
von allen Ansprüchen frei, die sich aus der Nichtbeachtung solcher Vor-
schriften ergeben.
Der Kunde steht der Gesellschaft dafür ein, dass alle privat- und öffent-
lich-rechtlichen Gebühren und Abgaben für das Fahrzeug rechtzeitig
bezahlt werden. Bei Nichtzahlung ist die Gesellschaft berechtigt, ihrer-
seits Zahlung zu leisten und vom Kunden unverzüglich Erstattung zu
verlangen.
Der Kunde darf über das Fahrzeug nicht verfügen, es nicht Dritten über-
lassen und muss es vor Zugriffen Dritter schützen. Von solchen Zugriffen
hat der Kunde die Gesellschaft unverzüglich zu unterrichten. Die Gesell-
schaft macht alsdann ihr Eigentumsrecht auf Kosten des Kunden geltend.
Der Kunde stellt die Gesellschaft von Ansprüchen Dritter, die sich aus
dem Gebrauch und dem Betrieb des Fahrzeuges ergeben können, frei.
Außerordentli- Kommt der Kunde mit zwei Leasingraten oder mit einer anderen verein-
che Kündigung barten Zahlung in Verzug oder erfüllt er sonstige in diesem Vertrag ge-
und Schadens- nannte Verpflichtungen nicht, hat die Gesellschaft das Recht, den Lea-
ersatz singvertrag fristlos zu kündigen und vom Kunden Schadensersatz zu
fordern. Dieser wird auf Grund der Vollamortisationspflicht des Kunden
wie folgt berechnet:
Die Gesellschaft belastet den Kunden mit den rückständigen Zahlungen
und der Summe der bis zum Ablauf der Vertragsdauer noch fällig wer-
denden Netto-Leasingraten sowie mit dem ggf. vereinbarten Restwert
und den Verwertungskosten. Hiergegen bringt die Gesellschaft dem
Kunden den Verwertungserlös des Fahrzeuges bis zur Höhe der Restfor-
derung gut und erteilt ihm eine angemessene Zinsgutschrift. Etwa erspar-
te Verwaltungskosten sind mit der Zinsgutschrift abgegolten.
Im Falle des Verzugs hat der Kunde der Gesellschaft Geldschulden vom
Tage der Fälligkeit an bis zum Geldeingang mit 1 % pro angefangenem
Monat zu verzinsen sowie eine Mahngebühr von 12,50 EUR pro Zah-
lungsaufforderung zu tragen. Weitergehende Schadensersatzansprüche
bleiben vorbehalten. Dem Kunden steht der Nachweis eines nicht oder
niedriger entstandenen Schadens zu.
Der Gesellschaft stehen die obigen Rechte sofort und ohne Anmahnung
zu, wenn der Kunde seinen Wohn- bzw. Firmensitz ins Ausland verlegt,
seinen Betrieb liquidiert oder verkauft, bei unsachgemäßer Behandlung
oder vom Kunden verschuldeter Entwertung des Fahrzeuges und bei
wesentlicher Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse des
Kunden, sodass eine regelmäßige Erfüllung der Verpflichtungen aus
diesem Vertrag gefährdet erscheint. Dies gilt z. B. als erfüllt, wenn bei
dem Kunden oder einem persönlich haftenden Gesellschafter des Kun-
den Zahlungseinstellung, Zwangsvollstreckungsmaßnahmen wegen Zah-
lungsansprüchen, Wechsel- oder Scheckproteste zu besorgen sind oder
erfolgen oder über das Vermögen eines persönlich haftenden Gesell-
schafters des Kunden ein Insolvenzverfahren beantragt wird. Diese
Rechte der Gesellschaft bestehen auch, wenn die vorstehenden Voraus-
166 Prüfungswissen Bankwirtschaft

setzungen bereits bei Vertragsabschluss vorhanden, der Gesellschaft


jedoch nicht bekannt waren. Die Rechte des Kunden zur Kündigung we-
gen Gebrauchsstörung gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 1 BGB und des Erben
wegen Rechtsnachfolge gemäß § 580 BGB sind ausgeschlossen.
Beendigung des Der Kunde hat auf Anweisung der Gesellschaft das Fahrzeug in einem
Leasing- der allgemein üblichen Nutzung entsprechenden Zustand auf seine Kos-
vertrages ten und Gefahr unverzüglich an eine von der Gesellschaft zu bestimmen-
de Adresse innerhalb der BRD versichert und zum Straßenverkehr zuge-
lassen zurückzuliefern sowie evtl. anfallende Kosten bis zur Verwertung,
die Verwertungskosten und alle Kosten im Zusammenhang mit einer
vorschriftsgemäßen Entsorgung zu tragen. Kommt der Kunde der Rück-
lieferung nicht nach, gilt § 546 a BGB entsprechend; während dieser Zeit
gelten die Pflichten des Kunden aus diesem Vertrag fort. Bei Rückliefe-
rung darf der Termin der nächsten Hauptuntersuchung durch den TÜV
nicht früher als 6 Monate, gerechnet vom Zeitpunkt der Rücklieferung an,
fällig sein. Zur Verwertung oder zur Herstellung der Straßenverkehrssi-
cherheit erforderliche Reparaturen werden von der Gesellschaft zu Las-
ten des Kunden vorgenommen. Dies gilt auch für Reparaturen, die zur
Herstellung des vertragsgemäßen Zustandes des Fahrzeuges erforder-
lich sind.
Die Gesellschaft ist bereit, mit dem Kunden über die Verlängerung des
Leasingvertrages zu verhandeln. Ein schriftlicher Verlängerungsvertrag
muss der Gesellschaft spätestens drei Monate vor Ablauf der Vertrags-
dauer zugehen. Die Gesellschaft wird innerhalb von drei Monaten über
die Annahme des Antrages entscheiden. Kommt ein Verlängerungsver-
trag nicht zustande, so ist der Kunde verpflichtet, auf Verlangen der Ge-
sellschaft das Fahrzeug bei Ablauf der Vertragsdauer zum umseitig ge-
nannten Restwert zuzüglich Umsatzsteuer unter Ausschluss aller gesetz-
lichen und vertraglichen Ansprüche und Rechte wegen Mängeln des
Fahrzeuges zu kaufen. Die Gesellschaft wird dem Kunden ihr Kaufver-
langen rechtzeitig vor Ablauf der Vertragsdauer mitteilen. Mit Zugang
dieser Mitteilung ist der Kaufvertrag zustande gekommen.
Sofern die Gesellschaft von ihrem Recht gegenüber dem Kunden keinen
Gebrauch macht und das Fahrzeug statt dessen selbst in beliebiger Wei-
se verwertet, erklärt sie sich bereit, von einem über den umseitig bzw. bei
Vertragsverlängerung über den neu vereinbarten Restwert hinausgehen-
den Mehrerlös dem Kunden 75 % der Differenz abzüglich Verwertungs-
kosten gutzubringen.
Abtretung, Die Gesellschaft ist berechtigt, ihre Rechte aus diesem Vertrag auf Dritte zu
Aufrechnung, übertragen. Der Kunde verzichtet gegenüber der Gesellschaft auf etwaige
Zurück- Pfand-, Zurückbehaltungs- oder Aufrechnungsansprüche, es sei denn,
behaltung dass diese Ansprüche unbestritten oder rechtskräftig festgestellt sind. Der
Kunde räumt der Gesellschaft ein Pfandrecht an seinem Anspruch gegen
die Gesellschaft auf Rückzahlung von anteiliger, nicht verbrauchter Mietvo-
rauszahlungen bei vorzeitiger Vertragsbeendigung ein.
D1 Kreditgeschäft 167

Allgemeine Die Gesellschaft kann vom Kunden während der Vertragsdauer die Vor-
Bestimmungen lage aktueller Bilanzunterlagen verlangen.
Nebenabreden, Vorbehalte, Änderungen und sonstige Vereinbarungen
zu diesem Vertrag bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Schriftform, sofern
Gesellschaft und Kunde nicht deutlich zum Ausdruck bringen, dass auch
eine mündliche Vereinbarung gültig sein soll.
Sollte eine der Bestimmungen dieses Vertrages nichtig sein oder werden,
wird dadurch die Gültigkeit der übrigen Bestimmungen dieses Vertrages
nicht berührt.

5. Baufinanzierung
5.1 Hypothekendarlehen
Unterlagen Bauwert: Ermittelter Verkehrswert eines Objekts. Es ist der Betrag anzu-
für die Bau- setzen, mit dem ein gleichartiges Gebäude unter Berücksichtigung der
finanzierung örtlichen Verhältnisse errichtet werden kann. Je nach Alter ist ein entspre-
chender Abschlag zu machen. Ausschlaggebend ist der Zeitwert. Für die
Berechnung bedient man sich entweder des Sachwertverfahrens oder des
Ertragswertverfahrens.
Bodenwert: Der Verkehrswert eines jeden Grundstücks wird durch den
Preis bestimmt, der in dem Zeitpunkt, auf den sich die Ermittlung bezieht,
zu erzielen wäre. Bei der Ermittlung sind alle wertbeeinflussenden Fakto-
ren wie z. B. Abstandszahlungen, Ersatzleistungen, Steuern, Gebühren
usw. mit zu berücksichtigen.
Bodenrichtwertkarte: Aufgrund der Kaufpreissammlungen werden jähr-
lich vom Gutachterausschuss für das Gemeindegebiet durchschnittliche
Lagewerte für Boden unter Berücksichtigung des unterschiedlichen Ent-
wicklungsstandes ermittelt.
Bauzeichnung: Maßgerechte Zeichnung eines Bauwerks, d. h. aller Ge-
schosse und Außenansichten sowie eines Schnitts durchs Treppenhaus.
Erschließungskosten: Kosten, die durch die Erschließung im öffentlichen
und privaten Bereich entstehen, z. B. Versorgung und Entsorgung, Was-
ser, Strom, Gas usw.
Objektunterla- • Aktueller Grundbuchauszug: Abschrift des gesamten Grundbuchs, die
gen zur heute überwiegend als Fotokopie vom Grundbuchamt erstellt wird. Dar-
Beurteilung aus sind auch ältere, bereits gelöschte Eintragungen und Vermerke er-
einer Bau- sichtlich. Der Grundbuchauszug kann damit wertvolle Hinweise für den
finanzierung Finanzierer enthalten. Der Eigentümer hat immer ein berechtigtes Inte-
resse und somit stets einen Anspruch auf einen Grundbuchauszug.
• Foto des Objekts: Zu den Objektunterlagen gehören stets auch Licht-
bilder des Objekts, um einen Eindruck von der Immobilie zu bekommen
(Lage, Ausstattung).
• Flurkarte: Die Gemarkungskarten der Katasterämter sind nach den na-
türlichen Zusammenhängen der Liegenschaften angelegt. Sie brauchen
sich nicht mit den Grenzen der Gemeinde decken. Da sich das Karten-
bild einer ganzen Gemarkung nicht immer auf einem Blatt darstellen
lässt, ist oft eine Aufteilung auf mehrere Blätter erforderlich, die als Flur-
karte bezeichnet werden.
168 Prüfungswissen Bankwirtschaft

• Baupläne oder Bauzeichnungen: Es ist die maßgerechte Zeichnung


eines Bauwerks, d. h. aller Geschosse und Außenansichten sowie eines
Schnitts durchs Treppenhaus. Dem Finanzierer ermöglicht die Einsicht ei-
nen ersten Überblick über Zuschnitt der Wohnungen, Aufteilung der Zim-
mer, Grundrissgestaltung usw.
• Gebäudeversicherungsnachweis: Bei der Gebäudeversicherung kann
der Versicherer die Versicherungssumme mit Wirkung gegen die Grund-
pfandrechtsgläubiger an den Versicherten erst zahlen, wenn er oder der
Versicherte den Eintritt des Schadens den Gläubigem angezeigt hat und
seit dem Empfang der Anzeige ein Monat verstrichen ist. Der Gläubiger
kann bis zum Ablauf dieser Frist der Zahlung widersprechen. Hat er dem
Versicherer seine Grundschuld angemeldet, so kann der Versicherer mit
Wirkung gegen den Gläubiger an den Versicherten nur zahlen, wenn der
Grundpfandrechtsgläubiger der Zahlung schriftlich zustimmt.
Bei Neubauten ist der Abschluss einer Bauherrnhaftpflichtversicherung
gegen Schäden, die durch das entstehende Gebäude verursacht werden
können sowie eine Bauleistungsversicherung, die u. a. gegen Diebstahl
während des Neubaus schützt, wichtig.
• Auszug aus dem Liegenschaftsbuch: Es wird beim zuständigen Katas-
teramt als Register geführt. Dort sind alle Grundstücke eines Bezirks er-
fasst. Die angegebenen Größen sind verbindlich und entsprechen den ak-
tuellen Vermessungsergebnissen. Zu den Beleihungsunterlagen zählt der
Auszug aus dem Liegenschaftsbuch.
Sachwert Der Sachwert ist die Summe aus dem Bodenwert und dem Wert der bauli-
chen Anlagen (Bauwert). Der Bodenwert errechnet sich aus dem Grund-
stückspreis pro Quadratmeter multipliziert mit der Grundstücksfläche.
Beispiel für die Das Ehepaar Neumann möchte ein Grundstück kaufen und darauf ein
Berechnung Einfamilienfertighaus mit Garage zur Eigennutzung errichten. Folgende
des Sachwerts Informationen hat das Ehepaar Ihnen zum Bauvorhaben gegeben:
Grundstücksgröße 640 qm
Preis für das erschlossene Grundstück 120,00 EUR /qm
umbauter Raum Haus: 600 m3
umbauter Raum Garage: 60 m3
Preis pro m3 umbauter Raum laut Berechnungen des Architekten
Haus: 250,00 EUR
Garage: 100,00 EUR
Berechnung des Sachwerts des Objekts unter Berücksichtigung eines
Sicherheitsabschlags von 10 % auf den Bauwert und Festsetzung des
Beleihungswerts unter Abrundung des Ergebnisses auf volle TEUR
Bodenwert 640 qm x 120,00 EUR/qm = 76.800,00 EUR
Bauwert Haus 600 m3 x 250,00 EUR /m3 = 150.000,00 EUR
Bauwert Garage 60 m3 x 100,00 EUR/m3 = 6.000,00 EUR
Zwischensumme 156.000,00 EUR
abzgl. 10 % Abschlag 15.600,00 EUR
Bauwert 140.400,00 EUR
Sachwert 217.200,00 EUR
Beleihungswert 217.000,00 EUR
Beleihungsgrenze (60 % des Beleihungswerts) 130.200,00 EUR
D1 Kreditgeschäft 169

Ermittlung des Der Ertragswert ist der ((Jahresreinertrag – Bodenwertverzinsung) x Bar-


Ertragswertes wertrentenfaktor) + Bodenwert
für Rendite- Für Renditeobjekte ist der Ertragswert die wertbestimmende Größe. Der
objekte Wert des Objekts ist in erster Linie von dem erwarteten Ertrag und dem mit
der Anlage verbundenen Risiko abhängig. Die Berechnung des Ertrags-
wertes erfolgt bei Kreditinstituten mit Hilfe von Rentenbarwertfaktoren.
Mietobjekte haben i. d. R. nur eine begrenzte Nutzungsdauer. Je niedriger
die Restnutzungsdauer des Gebäudes ist, desto niedriger ist auch der
Rentenbarwertfaktor.
Beispiel für Rentenbarwertfaktoren
eine Restnut- Restnutzungs- Kapitalisierungszinssatz
zungsdauer dauer der
5% 6% 7% 8%
eines Gebäude
Objektes 15 Jahre 10,379658 9,712249 9,107914 8,559479
19 Jahre 12,085321 11,158116 10,335595 9,603599

Ermittlung des Jahresrohertrag - Bewirtschaftungskosten = Jahresreinertrag


Jahresreinertrag - Bodenwertverzinsung = Gebäudereinertrag
Ertragswertes
Kapitalisierung des Gebäudereinertrags + Bodenwert = Ertragswert der Immobilie
Die Verzinsung des Bodenwerts richtet sich nach dem Kapitalmarktzins. Er wird häufig mit 5
% angesetzt.
Beispiel: An- Alter der Wohnanlage Baujahr 1990
gaben zur Restnutzungsdauer 50 Jahre
Ertragswert- Kaufpreis des bebauten Grundstücks 750.000,00 EUR
berechnung Wohnfläche je Wohnung 85 qm
monatliche Vergleichsmiete pro qm 8,50 EUR
monatliche Miete je Stellplatz 35,00 EUR
Bewirtschaftungskosten pauschal 25 % des Jahresrohertrages
Kapitalisierungszinssatz 5%
Bodenwertverzinsung 3%
Bodenwert 350.000,00 EUR

Rentenbar- Restnutzungsdauer Kapitalisierungszinsfuß 5 %


wertfaktoren 40 Jahre 17,159086
45 Jahre 17,774070
50 Jahre 18,255925

Ermittlung des 4 x Monatsmiete (85 x 8,50) 2.890,00 EUR


Jahresroh- Jahresmiete 34.680,00 EUR
ertrages 4 x Stellplatzmieten jährlich (35 x 4 x 12) 1.680,00 EUR
Jahresrohertrag 36.360,00 EUR

Ermittlung des ./. 25 % Bewirtschaftungskosten vom Jahresrohertrag 9.090,00 EUR


Jahresreiner- = Jahresreinertrag 27.270,00 EUR
trags
Ermittlung des ./. 3 % Bodenwertverzinsung von 350.000,00 EUR 10.500,00 EUR
Gebäude- = Gebäudereinertrag 16.770,00 EUR
reinertrags
170 Prüfungswissen Bankwirtschaft

Ermittlung des Der Ertragswert wird auf volle 10.000,00 EUR abgerundet.
Rentenbar- Rentenbarwert des Objekts (18,255925 x 16.770) 306.151,86 EUR
werts + Bodenwert 350.000,00 EUR
= Ertragswert 656.151,86 EUR
Rentenbarwert 650.000,00 EUR

Beispiel für Die Wohnungsgesellschaft Schaum GmbH möchte ein Wohnobjekt mit 16
das Ertrags- Wohnungen erwerben, die vermietet werden sollen. Zur Deckung des Fi-
wertverfahren nanzierungsbedarfs benötigt sie einen Kredit von 800.000,00 EUR.
Für die Ermittlung des Beleihungswerts stehen die folgenden Angaben zur
Verfügung:
Baujahr des Wohnhauses 2005
Bodenwert 350.000,00 EUR
Herstellungskosten 1.230.000,00 EUR
Baunebenkosten 110.000,00 EUR
Risikoabschlag vom Herstellungswert 30 %
Wohnfläche je Wohnung 48 qm
Vergleichsmiete pro Quadratmeter monatlich 11,00 EUR
Bewirtschaftungskosten 30 % der Jahresnettomiete
Kapitalisierungszinssatz 5%
Liegenschaftszinssatz 4 % p.a.
Kapitalisierungsfaktor für eine Restnutzungszeit von 30 15,372451
Jahren
Ermittlung des Sachwertes (abgerundet auf volle 10.000,00 EUR)
Bodenwert 350.000,00 EUR

Herstellungskosten 1.230.000,00 EUR


Baunebenkosten 110.000,00 EUR
Gesamtherstellungskosten 1.340.000,00 EUR
./. 30 % Abschlag 402.000,00 EUR
= Bauwert 938.000,00 EUR
Bodenwert 350.000,00 EUR
+ Bauwert 938.000,00 EUR
= Sachwert 1.288.000,00 EUR
abgerundeter Sachwert 1.280.000,00 EUR
Ermittlung des Ertragswertes (abgerundet auf volle 10.000,00 EUR)
Miete für 16 Wohnungen 48 x 11 x 16 8.448,00 EUR
Jahresmiete 101.376,00 EUR
./. 30 % Bewirtschaftungskosten 30.412,80 EUR
= Jahresmietertrag 70.963,20 EUR
./. 4 % des Bodenwertes von 350.000,00 EUR 14.000,00 EUR
= Jahresnettoertrag 56.963,20 EUR
Ertragswert 875.664,00 EUR
56.963,20 x 15,372451
+ Bodenwert 350.000,00 EUR
Ertragswert der Immobilie 1.225.664,00 EUR
abgerundeter Ertragswert 1.220.000,00 EUR
D1 Kreditgeschäft 171

Ermittlung des Beleihungsgrenze (abgerundet auf volle 10.000 EUR)


Beleihungsgrenze = 60 % von 1.220.000,00 EUR 732.000,00 EUR
abgerundete Beleihungsgrenze 730.000,00 EUR
Verkehrswert Der Verkehrswert ist der aktuell erzielbare Verkaufserlös eines Grund-
stücks, der im Zeitablauf Schwankungen unterliegt.
Zwangsvoll- Die Akzeptierung der Zwangsvollstreckung aus notariellen Urkunden be-
streckungs- deutet, dass sich der Grundstückseigentümer der sofortigen Zwangsvoll-
klausel streckung unterworfen hat.
Beispiel einer Grundbuch Abteilung III
Zwangsvoll- Laufende Hypotheken, Grundschulden, Rentenschulden
streckungs- Nummer der
klausel Eintragungen
1 Hundertfünfzigtausend Euro Grundschuld, verzinslich mit 15 %
jährlich, für die Nordbank AG. Der jeweilige Eigentümer ist
gemäß § 800 ZPO der sofortigen Zwangsvollstreckung unter-
worfen. Unter Bezugnahme auf die Bewilligung vom
23.06.2012 eingetragen am 12.07.2012.
Annuitäten- Zur Finanzierung eines Bauvorhabens beantragt ein Kunde bei der Nordbank
ermittlung AG einen Zwischenkredit in Höhe von 40.000,00 EUR für 1 Jahr bis zur Zutei-
lung eines Bauspardarlehens sowie ein Annuitätendarlehen über 100.000,00
EUR mit einer Laufzeit von 10 Jahren.
Die aktuellen Darlehenskonditionen der Nordbank AG gestalten sich zur-
zeit wie folgt:
Zwischenkredite, Festschreibung Zinssatz: 2,8 % p. a.
1 Jahr:
Annuitätendarlehen, Festschreibung Zinssatz: 3,4 % p. a. für erstrangige Darle-
10 Jahre: hen
anfängliche Tilgung: 1 % p.a.
Ermittlung der monatlichen Kreditraten
2,8 % von 40.000,00 EUR : 12 93,33 EUR
monatliche Kreditrate für Zwischenfinanzierung 93,33 EUR

3,4 % von 100.000,00 EUR : 12 283,33 EUR


+ 1 % Tilgung von 100.000,00 EUR : 12 83,33 EUR
monatliche Annuität 366,66 EUR
172 Prüfungswissen Bankwirtschaft

Baufinanzie- Bei der Nordbank AG gelten zurzeit folgende Konditionen für Baufinanzie-
rung – rungen:
Beispiel-
rechnung Zwischenkredite, ein Jahr fest: 4,0 % p. a.
Darlehen, 10 Jahre fest: 3,5 % p. a., 1 % anfängliche Tilgung
Dem Kreditsachbearbeiter der Nordbank AG liegt aufgrund eines Kreditan-
trages der nachstehende Finanzierungsvorschlag des Darlehensnehmers
vor:
Eigenkapital 40.000,00 EUR
Zwischenkredit für 1 Jahr
20.000,00 EUR
bis zur Fälligkeit der Lebensversicherung
Bausparvertrag, monatliche Annuität 6 ‰ von der
100.000,00 EUR
Bausparsumme
Darlehen der Nordbank AG 97.000,00 EUR
Summe 257.000,00 EUR
Berechnung der monatlichen Rate für die drei Darlehen:
20.000,00 EUR Zwischenkredit, 4,0 % p. a.: 66,67 EUR mtl.
100.000,00 EUR Bausparvertrag, 6 ‰ Rate p. m.: 600,00 EUR mtl.
97.000,00 EUR Darlehen Nordbank-Kredit, 1 % Til-
363,75 EUR mtl.
gung, 3,5 % Zinsen:
Rate im 1. Jahr insgesamt: 1.030,42 EUR
mtl.
D1 Kreditgeschäft 173

5.2 Bauspardarlehen
Allgemeine Das Bauspardarlehen ist der Anspruch auf ein wohnwirtschaftlich
Kennzeichnung zu verwendendes Tilgungsdarlehen. Die Voraussetzungen für die
Inanspruchnahme sind die Erreichung der Mindestansparsumme
und der notwendigen Bewertungskennziffer. Die Darlehenshöhe
ergibt sich aus der Differenz zwischen der Bausparsumme und
dem Bausparguthaben.
Annuitätendarlehen Es ist ein Kredit, der in gleichbleibenden Raten getilgt wird. Dabei
setzt sich die Rate aus dem Zins und der Tilgung zusammen. Im
Zeitablauf steigt der Tilgungsanteil zu Lasten des Zinsanteils an.
Die monatliche Rückzahlungsrate ergibt sich bei Bausparkassen
normalerweise durch einen Promillesatz von der vereinbarten
Bausparsumme. Beispiel: 6 Promille von der Bausparsumme von
20.000,00 EUR ergeben eine monatliche Rate in Höhe von 120,00
EUR.
Ansparphase In der Ansparphase wird notwendiges Mindestguthaben durch
regelmäßige Sparbeiträge und eventuelle Sonderzahlungen
angesammelt. Die Höhe für die Guthabenzinsen hängt vom
jeweiligen Tarif ab.
Darlehensphase In der Darlehensphase wird das vereinbarte Bauspardarlehen
zurückgezahlt. Dabei gelten die bei Vertragsschluss vereinbarten
Darlehenszinsen. I. d. R. beläuft sich der Rückzahlungsbetrag
(Tilgung + Zinsen) auf monatlich 6 Promille der Bausparsumme.
Laufzeit Bei Bauspardarlehen werden feste Zins- und Tilgungsleistungen
zugrunde gelegt. Deswegen lässt sich schon bei
Darlehensauszahlung die Laufzeitdauer genau berechnen.
Sicherheiten Als Sicherheit werden i. d. R. nachrangige Grundpfandrechte
verwendet. Sie belaufen sich auf 80 % des Beleihungswertes.
Tilgungsverrechnung Bei der taggenauen Tilgungsverrechnung werden die
Rückzahlungsbeträge grundsätzlich taggenau analog der
Kontokorrentmethode auf die Restschuld verrechnet.
Zuteilung Mit der Zuteilung erreicht der Bausparer sein Vertragsziel. Er kann
ohne Kündigung und nach Stellung ausreichender Sicherheiten
über das Bauspardarlehen verfügen.
Zwischenfinanzierung Bereitstellung von kurz- und mittelfristigen Baugeldern, die durch
die Endfinanzierungsmittel, z. B. durch ein Bauspardarlehen
abgelöst werden.
174 Prüfungswissen Bankwirtschaft

5.3 Ablauf eines Immobiliarkredit-Beratungsgesprächs nach der Wohnimmo-


bilien-Kreditrichtlinie
Seit 2016 bestehen die verschärften Regeln bezüglich der Werbung für die neue Art von Im-
mobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen, und auch beim Verfahren der Vertragsanbahnung
unterliegen Kreditinstitute einer strengen und umfangreicheren gesetzlichen Nachweis-, Bera-
tungs- und Prüfungspflicht. Insbesondere ist der Umfang der vorvertraglichen Informationen,
der Beratung, der Erläuterung und der Vertragsgestaltung neu geregelt worden, was grundle-
gende Änderungen im Verkaufs- und Beratungsgespräch mit sich gebracht hat.
Phase 1:
Bereitstellung allgemeiner Produktinformationen durch jeden Mitarbeiter bzw. Primärbetreuer
nach § 675 a Abs. 2 BGB
Phase 2
Beratungsgesprächsanbahnung entweder Online oder stationär durch den Primärbetreuer
Vgl. § 511 BGB / Art. 247 § 18 EGBGB –
Aushändigung vorvertraglicher Informationen, Beratungsvertrag
Aushändigung des Standardisierten Informationsblatts zur Kreditwürdigkeitsprüfung , vgl. Art.
247 § 1 Abs. 1 Satz 2 EGBGB –
Phase 3
Kundenkontakt und Beratungsgespräch mit dem Baufinanzierungsspezialisten
Darlehensvermittlung nach § 655 a BGB
Beratung und Dokumentation
Phase 4
Produktauswahl und Bonitätsanalyse durch den Baufinanzierungsspezialisten
Kreditwürdigkeitsprüfung nach § 505 a, b, d BGB –§ 511 Abs. 3 BGB –
Schriftliche Produktempfehlung nach Art. 247 § 1 Abs. 2 EGBGB - und Bereitstellung ESIS –
Formular (Europäisches Standardinformationsblatt)
Phase 5
Beleihungswertermittlung / Beschlussvorlage / Bewilligung / Verträge
Immobilienbewertung nach § 505 c BGB –
Phase 6
Vertragslaufzeit vereinbaren;
Hinweis auf Vorzeitige Rückzahlung und Vorfälligkeitsentschädigung bei vorzeitiger Rückzah-
lung nach § 493 Abs. 5 und § 500 Abs. 2 BGB –Art. 247 § 15 Abs. 2 EGBGB – Hinweis auf
Änderungszinssatz bei Folgefinanzierung
Hinweis auf Außerordentliche Kündigung § 498 BGB –
Hinweis auf Widerrufsrecht nach § 355 BGB
D2 D2 Kreditsicherheiten

Kreditsicherheiten
1. Grundpfandrechte
1.1 Grundstückskaufvertrag
Kennzeichnung Es ist ein Vertrag nach § 311 b BGB, durch den sich ein Teil verpflichtet,
das Eigentum an einem Grundstück zu übertragen oder zu erwerben. Er
bedarf einer notariellen Beurkundung. Der Vertrag ist Grundlage für die
spätere Eigentumsübertragung (Auflassung).
Ein Grund- • schuldrechtliche Einigung zwischen Käufer und Erwerber nach § 311 b
stückserwerb BGB
vollzieht sich in • dingliche Einigung über die Eigentumsübertragung nach § 925 BGB
drei Schritten: (Auflassung)
• Umschreibung im Grundbuch
Voraussetzun- • Antrag durch den Berechtigten
gen für die Ein- • Bewilligung durch den Verkäufer
tragung im I. d. R. erfolgen Antrag und Bewilligung in einem Schritt durch die Auflas-
Grundbuch sungserklärung beider Vertragspartner vor dem Notar und die Eintragung
im Grundbuch nach § 873 BGB.

Grundstückskaufvertrag – Auflassung – Grundbucheintragung

ƐĐŚƵůĚƌĞĐŚƚůŝĐŚĞŝŶŝŐƵŶŐ sĞƌŬćƵĨĞƌ
<ćƵĨĞƌĞŝŶĞƐ
ĞŝŶĞƐ
'ƌƵŶĚƐƚƺĐŬƐ 'ƌƵŶĚƐƚƺĐŬƐŬĂƵĨǀĞƌƚƌĂŐ
;ŶŽƚĂƌŝĞůůĞĞƵƌŬƵŶĚƵŶŐͿ 'ƌƵŶĚƐƚƺĐŬƐ

ĚŝŶŐůŝĐŚĞŝŶŝŐƵŶŐ sĞƌŬćƵĨĞƌ
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'ƌƵŶĚďƵĐŚƵŵƐĐŚƌĞŝďƵŶŐĂƵĨĚĞŶ Ăŵƚ
ŶĞƵĞŶŝŐĞŶƚƺŵĞƌ

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019
W. Grundmann und R. Rathner, Bankwirtschaft, Rechnungswesen
und Steuerung, Wirtschafts- und Sozialkunde, Prüfungstraining für
Bankkaufleute, https://doi.org/10.1007/978-3-658-23965-7_7
176 Prüfungswissen Bankwirtschaft

1.2 Grundbuch
Kennzeichnung Es ist ein öffentliches Register, welches beim zuständigen Amtsgericht
über alle Grundstücke des betreffenden Bezirks geführt wird. Es genießt
bis auf das Bestandsverzeichnis öffentlichen Glauben. Grundbuchein-
sicht ist möglich, wenn ein Interesse nachgewiesen wird.
Das Grundbuch • Bestandsverzeichnis (Gemarkung, Nummer der Flur, des Flurstücks
gibt Auskunft und des Liegenschaftsbuches sowie Wirtschaftsart, Lage, Größe des
über: Grundstücks und Vermerke über Rechte, die dem jeweiligen Eigentü-
mer des Grundstücks zustehen)
• Abteilung I des Grundbuchs über Eigentümer, Art des Eigentums (Al-
leineigentum, gemeinschaftliches Eigentum) und Grundlage der Eintra-
gung (Auflassung, Erbschein, Zuschlag bei Versteigerung)
• Abteilung II des Grundbuchs über die Lasten und Beschränkungen
des Eigentums,
• Abteilung III des Grundbuchs über eingetragene Hypotheken, Grund-
schulden und Rentenschulden
Beispiel für ein Abteilung I
Grundbuchblatt Lfd. Nr. 1 Ernst Meyer, geb. am 18.05.1974
Aufgelassen am 02.05.2005, eingetragen am 23.07.2005
Abteilung II
Lfd. Nr. 1 Vorkaufsrecht zugunsten von Jürgen Pieper, geb. am
25.06.1961. Eingetragen auf Grund der Bewilligung
vom 02.05.2005.
Lfd. Nr. 2 Reallast, bestehend aus der Zahlung einer lebenslan-
gen Rente von 500,00 EUR (fünfhundert) monatlich für
Jürgen Pieper, geb. 25.06.1961. Löschbar mit Todes-
nachweis. Eingetragen auf Grund der Bewilligung vom
02.05.2005 am 23.07.2005.
Abteilung III
Lfd. Nr. 1 20.000,00 EUR Grundschuld ohne Brief mit 15 %
jährlich zu verzinsen für die Sparkasse Harburg-
Buxtehude. Der jeweilige Eigentümer ist der soforti-
gen Zwangsvollstreckung unterworfen. Unter Bezug-
nahme auf die Bewilligung vom 28.01.2006, eingetra-
gen am 13.02.2006.
Lfd. Nr. 2 50.000,00 EUR Grundschuld zugunsten Ernst Meyer,
zu verzinsen mit 18 % jährlich. Der jeweilige Eigen-
tümer ist der sofortigen Zwangsvollstreckung unter-
worfen. Unter Bezugnahme auf die Bewilligung vom
06.01.2007, eingetragen am 25.01.2007.

Auflassung in Die zur Übertragung des Eigentums an einem Grundstück erforderliche


Abteilung I des Einigung des Veräußerers und des Erwerbers muss bei gleichzeitiger
Grundbuchs Anwesenheit beider Teile vor dem Notar erklärt werden. Nach Erfüllung
bestimmter Voraussetzungen (i. d. R. Eintragung einer Auflassungsvor-
merkung, Hinterlegung des Kaufpreises usw.) werden vielfach bereits im
Kaufvertrag Angestellte des Notars bevollmächtigt, die Auflassung zu
erklären. Dies erspart den Beteiligten einen weiteren Notartermin.
D2 Kreditsicherheiten 177

Vorkaufsrecht Derjenige, zu dessen Gunsten das Vorkaufsrecht im Grundbuch einge-


in Abteilung II tragen ist, kann beanspruchen, dass ihm das Grundstück im Verkaufsfall
des Grund- an einen Dritten zu gleichen Bedingungen übertragen wird. Bei Beleihun-
buchs gen ist ein Vorrang anzustreben. Die Frist zur Ausübung des Vorkaufs-
rechts beträgt zwei Monate.
Reallast in Es ist die dingliche Belastung eines Grundstücks in der Weise, dass an
Abteilung II des den Berechtigten wiederkehrende Leistungen aus dem Grundstück zu
Grundbuchs entrichten sind. Die Leistungen können in Naturalien, Geld oder Hand-
lungen, z. B. Lieferung von elektrischem Strom, bestehen. Sie können
zeitlich unbeschränkt oder auf eine gewisse Zeit (z. B. Lebenszeit des
Berechtigten) bestellt werden.
Grundschuld in Die Grundschuld kann als Brief- oder Buchgrundschuld bestellt werden.
Abteilung III des Sie ist eine unbedingte Zahlungsverpflichtung aus dem Grundstück. Sie
Grundbuchs setzt keine Forderung voraus. I. d. R. dient sie zur Sicherung einer per-
sönlichen Forderung.
Eigentümer- Es ist eine Grundschuld, die zugunsten des Eigentümers bestellt wird.
grundschuld in Sie dient zur Freihaltung einer Rangstelle. Bei der Eigentümergrund-
Abteilung III des schuld wird die Briefgrundschuld wegen der Übertragungsmöglichkeit
Grundbuchs ohne Eintragungskosten bevorzugt.

1.3 Belastungen eines Grundstücks


Reallast Es sind wiederkehrende Leistungen aus dem Grundstück an eine be-
stimmte Person oder an den jeweiligen Eigentümer eines anderen
Grundstücks zu entrichten. Der Eigentümer haftet persönlich für die Er-
bringung der Leistung.
Grunddienst- Dem jeweiligen Eigentümer eines anderen Grundstücks (= herrschendes
barkeit Grundstück) werden einzelne Rechte am dienenden Grundstück einge-
räumt. Auf Antrag erfolgt eine Eintragung als Recht in das Bestandsver-
zeichnis des herrschenden Grundstücks.
Beschränkt per- Es ist eine Grundstücksbelastung, die dem Begünstigten das Recht gibt,
sönliche das Grundstück in einzelnen Beziehungen zu nutzen. Im Unterschied
Dienstbarkeit zum Nießbrauch werden dem Berechtigten also nicht sämtliche, sondern
nur bestimmte, im Einzelfall näher bezeichnete Nutzungen des Grund-
stücks übertragen. Von den Grunddienstbarkeiten unterscheiden sich die
beschränkt persönlichen Dienstbarkeiten dadurch, dass sie nicht dem
jeweiligen Eigentümer eines anderen Grundstücks, sondern nur einer
bestimmten Person zustehen können. Belastet werden können nur
Grundstücke bzw. reale Teile von Grundstücken, nicht jedoch Miteigen-
tumsanteile.
Auflassungs- Es ist eine Maßnahme zur Sicherung des schuldrechtlichen Anspruchs
vormerkung auf Übertragung des Eigentums an einem Grundstück. Sie kann z. B.
angewendet werden bei Grundstücksverkäufen, wenn der Verkäufer be-
reits frühzeitig eine Zahlung verlangt, obwohl der Käufer erst nach Erlan-
gung der verschiedenen Formalitäten als Eigentümer in das Grundbuch
eingetragen wird.
178 Prüfungswissen Bankwirtschaft

Nießbrauch Der Nießbraucher kann alle Nutzungen aus diesem Grundstück ziehen.
Der Nießbrauch kann durch den Ausschluss einzelner Nutzungen be-
schränkt werden. Der Nießbraucher hat für die Erhaltung der Sache zu
sorgen. Das Recht ist nicht vererbbar und nicht übertragbar.
Vorkaufsrecht Der Vorkaufsberechtigte kann bei einem Grundstücksverkauf vom Eigen-
tümer die Überlassung des Grundstücks zu den in dem Kaufvertrag mit
einem Dritten vereinbarten Bedingungen fordern. Ein Vorkaufsrecht kann
auch Kraft Gesetzes bestehen.
Wohnungsrecht Es ist eine Dienstbarkeit, die das Recht beinhaltet, eine oder mehrere
Wohnungen zu nutzen. Das Wohnungsrecht kann entgeltlich oder unent-
geltlich vereinbart werden. Um den Umfang des Rechts zu beurteilen, ist
zu berücksichtigen, dass dies aus dem Grundbucheintrag allein kaum zu
ersehen ist. Daher ist die Einsichtnahme in den zugrunde liegenden Ver-
trag empfehlenswert. Dieser befindet sich in der Grundakte. Kosten wie
Steuern, öffentliche Lasten, Reparaturen usw. trägt der Eigentümer.
Das Wohnungsrecht schränkt die Beleihbarkeit des Objekts ein. Bei der
Bewertung des Grundstücks spielt die Bewertung des Wohnungsrechts
daher eine große Rolle.
Der Wert des Wohnungsrechts hängt von folgenden Faktoren ab:
• Wohnfläche der Wohnung im Haus, die der Berechtigte nutzen darf.
• erzielbare Miete für die Wohnung des Berechtigten im Wohnhaus
• Lebensalter des oder der Berechtigten
• Lebenserwartung des oder der Berechtigten

1.4 Rangverhältnis im Grundbuch


Bestimmung Die zeitliche Reihenfolge des Einganges beim Grundbuchamt ist mitent-
des Rangver- scheidend für die Reihenfolge im Grundbuch. Innerhalb einer Abteilung
hältnisses bestimmt die Reihenfolge des Eintrags das Rangverhältnis im Grund-
buch. Innerhalb der Abteilungen wird die Rangfolge durch den Eintra-
gungstag bestimmt. Rechte mit gleichem Eintragungstag haben den
Gleichrang.
Eine Abweichung des Rangverhältnisses bedarf einer Eintragung im
Grundbuch.
Rangänderung Eine bestehende Rangfolge kann nachträglich geändert werden. Dies
im Grundbuch bedarf einer Einigung zwischen den Berechtigten, der Zustimmung des
Grundstückseigentümers und der Eintragung in das Grundbuch.
Rangvorbehalt Der Eigentümer kann sich bei der Eintragung eines Rechts den Rang für
ein später einzutragendes Recht vorbehalten. In der Praxis ist der Rang-
vorbehalt gebräuchlich. Den Kreditinstituten, die erstrangige Grund-
schulddarlehen vergeben, wird häufig in Ausnutzung eines vorbehaltenen
Ranges ein Grundpfandrecht bestellt. Bei der Bestellung von Grund-
pfandrechten für Institute, die nachrangige Hypothekendarlehen geben,
wird ein Rangvorbehalt für ein später noch einzutragendes erstrangiges
Recht eingetragen.
D2 Kreditsicherheiten 179

Beispiel für Die Eheleute Nadine und Werner Müller möchten ein bebautes Grund-
Grundbuchein- stück von dem Eigentümer Herrn Johannes Krause belastungsfrei erwer-
tragungen/ ben. Das Grundstück ist noch mit einer Grundschuld der Nordbank AG
Grundbuch- belastet, das zurzeit noch mit 15.000,00 EUR valutiert.
löschungen Dem Grundbuchauszug von Herrn Krause sind folgende Daten zu ent-
nehmen:
Abteilung I
Lfd. Nr. 1 Johannes Krause, geb. am 18.05.1964
Aufgelassen am 02.05.1995, eingetragen am 23.07.1995
Abteilung II
Lfd. Nr. 1 Vorkaufsrecht zugunsten von Maria Krause, geb. am
25.06.1941. Eingetragen auf Grund der Bewilligung vom
02.05.2002.
Lfd. Nr. 2 Reallast, bestehend aus der Zahlung einer lebenslangen
Rente von 500,00 EUR (fünfhundert) monatlich für Maria
Krause, geb. 25.06.1941. Löschbar mit Todesnachweis.
Eingetragen auf Grund der Bewilligung vom 02.05.2002 am
23.07.2002.
Abteilung III
Lfd. Nr. 1 20.000,00 EUR Grundschuld ohne Brief mit 15 % jährlich
zu verzinsen für die Nordbank AG Hamburg. Der jeweilige
Eigentümer ist der sofortigen Zwangsvollstreckung unter-
worfen. Unter Bezugnahme auf die Bewilligung vom
28.01.2002, eingetragen am 13.02.2002.
Lfd. Nr. 2 50.000,00 EUR Grundschuld zugunsten Johannes Krause,
zu verzinsen mit 18 % jährlich. Der jeweilige Eigentümer
ist der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen. Unter
Bezugnahme auf die Bewilligung vom 06.01.2008, einge-
tragen am 25.01.2008.
Festlegung der Rangfolge im Grundbuch:
Rangverhältnis Belastung/Eintragung Datum der Eintragung
Rang 1 20.000 EUR Grundschuld 13.02.2002
Rang 2 Vorkaufsrecht 02.05.2002
Rang 3 Reallast/Rente 23.07.2002
Rang 4 50.000 EUR Grundschuld 25.01.2008

Die Grundschuld der Nordbank AG kann mit folgenden Schritten


gelöscht werden:
• Tilgung der Restschuld durch Herrn Krause oder Verrechnung mit dem
Kaufpreis im Rahmen der notariellen Abwicklung
• Löschungsbewilligung/löschungsfähige Quittung der Nordbank AG
• Antrag auf Löschung der Grundschuld
• Löschung im Grundbuch
Notwendige Schritte zur Übernahme der Eigentümergrundschuld
von Herrn Krause durch das Ehepaar Müller:
1. Möglichkeit:
• schriftliche Abtretung des dinglichen Anspruchs
• Briefübergabe
180 Prüfungswissen Bankwirtschaft

2. Möglichkeit:
• mündliche Abtretung
• Briefübergabe
• Bewilligung durch Herrn Krause
• Eintragung der Umschreibung
Löschungen der Eintragungen in Abteilung II des Grundbuchs:
• Die Löschung der Eintragungen in Abteilung II (Vorkaufsrecht und Re-
allast) erfolgt durch Eintragung eines Löschungsvermerks in der betref-
fenden Abteilung.
• Die Eintragung ins Grundbuch erfolgt durch Antrag und Bewilligung.
• Der Antrag kann von dem Ehepaar Müller oder von Frau Krause ge-
stellt werden.
• Frau Krause muss die Lösungsseintragungen bewilligen. Dies ge-
schieht durch eine notarielle oder öffentlich beglaubigte Urkunde.

2. Zession
2.1 Allgemeine Kennzeichnung
Allgemeine • Die Abtretung (Zession) ist im § 398 BGB geregelt.
Kennzeichnung • Geldforderungen können sicherungsweise zugunsten eines Gläubi-
gers abgetreten werden.
• Der Abtretungsvertrag wird zwischen dem Gläubiger der Forderung
(Zedent) und dem Sicherungsnehmer (Zessionar) abgeschlossen,
ohne dass der Drittschuldner am Vertrag beteiligt ist.
• Der Abtretungsvertrag ist formfrei gültig.
• Die Rechtswirksamkeit der Abtretung ist nicht an die Zustimmung des
Drittschuldners gebunden.
• Mit dem Abtretungsvertrag geht die Forderung auf die Bank (Zessio-
nar) über.
Beispiele für • Abtretung von Forderungen aus Lieferungen und Leistungen im
Abtretungen in Rahmen einer Globalzession
der Praxis • Abtretung von Gehaltsansprüchen
• Abtretung von Bankguthaben, z. B. Sparguthaben
• Abtretung von Versicherungsansprüchen

2.2 Globalzession
Kennzeichnung Eine Forderung kann zur Sicherung eines Darlehens an die Bank
abgetreten werden. Der Kreditnehmer (Zedent) tritt alle gegenwärtigen
und zukünftigen Forderungen gegen bestimmte Kunden des
Darlehensnehmers (Drittschuldner) ab. Die gegenwärtigen Forderungen
gehen mit Zessionsvertragsabschluss auf die Bank über. Die zukünftigen
Forderungen gehen bereits im Zeitpunkt ihrer Entstehung auf die Bank
über.
Gesetzliche § 398 BGB
Grundlage
D2 Kreditsicherheiten 181

Arten • offene Zession


• stille Zession
Offene Zession • Der Drittschuldner wird von der Abtretung informiert und zahlt mit
schuldbefreiender Wirkung nur noch an den neuen Gläubiger.
Stille Zession • Die Drittschuldner werden von der Abtretung nicht informiert.
• Individualisierung: Die Forderungen müssen im Sicherungsvertrag hin-
reichend individualisiert sein, z. B. Kunden aus Hamburg von A bis M.
• Folgende Vereinbarungen müssen im Sicherungsvertrag vereinbart
werden: Sicherungszweck, Deckungsgrenze, Freigabeklausel.
• Der Kreditnehmer bleibt wirtschaftlicher Gläubiger. Die Bank wird recht-
licher, fiduziarischer Gläubiger und erwirbt ein bedingtes Verwertungs-
recht.
• Außenverhältnis: Nach außen ist die Bank Dritten gegenüber uneinge-
schränkte Gläubigerin.
• Innenverhältnis: Im Innenverhältnis darf die Bank von ihrem Gläubiger-
recht nur im Rahmen des Sicherungszwecks Gebrauch machen.
• Bankpraxis: Die Sicherungsabtretung wird als stille Zession vereinbart.
Risiken für die • Die Forderung wurde bereits im Rahmen eines verlängerten Eigen-
Bank tumsvorbehalts abgetreten.
• Die abgetretene Forderung besteht nicht mehr bzw. nicht mehr in der
angegebenen Höhe.
• Der Kreditnehmer leitet die eingehenden Zahlungen der Drittschuldner
nicht an die Bank weiter.
• Die Drittschuldner zahlen nicht mehr.
• Die Forderung wurde bereits an einen anderen Gläubiger abgetreten.
• Die Abtretung der Forderung wurde vertraglich ausgeschlossen.
• Der Drittschuldner kann alle Einreden auch gegen die Bank, z. B. Ge-
währleistungsansprüche, geltend machen.

2.3 Forderungsabtretung in der Bankpraxis


Vertragsarten Vertragsschluss Besonderheiten
Globalzession • Zustandekommen: Einigung Im Falle der stillen Abtretung:
zwischen dem Zedenten und z. • Drittschuldner zahlen mit schuld-
B. der Bank über die Abtretung befreiender Wirkung an den Ze-
der Forderungen denten.
• Rechtswirksamkeit bei stiller und • Individualisierung: Im Rahmen-
offener Zession: Die Abtretung vertrag werden Forderungen ge-
ist mit und ohne Anzeige an die kennzeichnet, z. B. Forderungen
Drittschuldner rechtswirksam. von A bis K.
• Zeitpunkt des Forderungsüber- • Kontrolle: Aus Sicherheitsgrün-
gangs: Gegenwärtige und zu- den monatliche Bestandslisten
künftige Forderungen gehen mit (Debitorenlisten, Rechnungsko-
Vertragsabschluss auf den neu- pien) abfordern.
en Gläubiger über. • Blankobenachrichtigungsschrei-
ben für eine evtl. Offenlegung
182 Prüfungswissen Bankwirtschaft

Vertragsarten Vertragsschluss Besonderheiten


der Forderungsabtretung verlan-
gen!
• Sicherheitsabschlag: ca. 20 %
Sicherheitsabschlag vom Nenn-
wert der Forderung wegen evtl.
Forderungsausfälle beim Dritt-
schuldner
• Deckungsgrenze: Der realisier-
bare Wert der Forderungen muss
mindestens den Kredit decken.
Gefahr der Übersicherung, wenn
der Nennbetrag der zedierten
Forderungen 150 % der gesi-
cherten Forderungen übersteigt.
Gehaltsabtretung Einigung über die Abtretung der • Abtretungsverbot durch den Ar-
(Einzelzession) Gehaltsansprüche beitgeber beachten!
• gesetzliches Abtretungsverbot
für unpfändbare Forderungen, z.
B. Kindergeld
• Pfändungsfreigrenzen bei Ge-
haltseingängen beachten!
Abtretung von Einigung zwischen dem Kredit- • Werthaltigkeit: Werthaltig sind
Versicherungs- nehmer und der Bank über die nur Kapitallebensversicherun-
ansprüchen Abtretung der Versicherungsan- gen, nicht aber eine Risikole-
(Einzelzession) sprüche bensversicherung
• Der Wert der Kapitallebensversi-
cherung wird durch den Rück-
kaufswert bestimmt.
• Die Abtretung von Ansprüchen
aus Kapitallebensversicherungen
kann steuerschädliche Folgen
haben. Dies ist insbesondere der
Fall, wenn die Kosten des gesi-
cherten Kredits, insbesondere
die Zinsen, Betriebsausgaben
oder Werbungskosten sind.
• Kreditinstitute müssen die Be-
zugsberechtigung aus dem Ver-
sicherungsvertrag übertragen
bekommen. Bei unwiderruflicher
Begünstigung muss der Begüns-
tigte der Abtretung zustimmen.
• Hereinnahme der Versiche-
rungspolice, da die Kapitalle-
bensversicherung nur gegen
D2 Kreditsicherheiten 183

Vertragsarten Vertragsschluss Besonderheiten


Vorlage des Versicherungs-
scheins leistet.
Die Versicherungsgesellschaft wird
i. d. R. bei der Abtretung von An-
sprüchen aus Kapitallebensversi-
cherungsverträgen über folgende
Sachverhalte von der Bank infor-
miert:
• Anerkennung der Abtretung,
wenn die Wirksamkeit der Abtre-
tung von der Versicherung ab-
hängig ist.
• Mitteilung des aktuellen Rück-
kaufswertes der Kapitallebens-
versicherung
• Benachrichtigung über Prämien-
rückstände

3. Pfandrecht
3.1 Allgemeine Kennzeichnung
Kennzeichnung • Das Pfandrecht ist ein zur Sicherung einer Forderung bestimmtes
dingliches Recht an fremden Sachen oder Rechten, das den Gläubi-
ger berechtigt, sich durch Verwertung des verpfändeten Gegenstan-
des zu befriedigen.
• Das Pfandrecht ist akzessorisch, d. h. vom Bestehen einer Forderung
abhängig.
Arten • Pfandrecht an beweglichen Sachen (§§ 1204 ff. BGB)
• Pfandrecht an Rechten (§§ 1273 ff. BGB): Pfandrecht an Wertpapie-
ren (§ 1293 BGB) und Geldforderungen (§§ 1280 ff. BGB)
• Grundpfandrechte: Hypothek (§§ 1113 ff. BGB) und Grundschuld (§§
1191 ff. BGB)
Haftungsumfang Das Pfandrecht haftet für den jeweiligen Forderungsbestand und für
Zinsen.
Mehrfach- Wurde eine Sache mehrfach verpfändet, so gilt das Prioritätsprinzip.
verpfändung

3.2 Bestellung und Erwerb von Pfandrechten


Pfandrechte Bestellung des Pfandrechts Erwerb des Pfandrechts
Pfandrecht an Einigung über die Entstehung des z. B. Auszahlung des
beweglichen Sachen Pfandrechts + Übergabe der Sache. Darlehens
(Faustpfandprinzip) Der Verpfänder bleibt Eigentümer,
der Pfandgläubiger wird unmittelba-
rer Besitzer der Sache.
184 Prüfungswissen Bankwirtschaft

Pfandrechte Bestellung des Pfandrechts Erwerb des Pfandrechts


Pfandrecht an Wert- Einigung über die Entstehung des z. B. Auszahlung des
papieren Pfandrechts + Übergabe der Sache. Darlehens
(entspricht einer Der Verpfänder bleibt Eigentümer,
Verpfändung an der Pfandgläubiger wird unmittelba-
beweglichen Sa- rer Besitzer der Sache.
chen)
Pfandrecht an Einigung über die Entstehung des z. B. Auszahlung eines
Forderungen, Pfandrechts + Anzeige an den Dritt- Darlehensbetrages
z. B. Sparguthaben schuldner, z. B. Kreditinstitut.
Der Verpfänder bleibt Gläubiger, der
Pfandgläubiger hat ein Verwertungs-
recht, z. B. Einzug des Spargutha-
bens.
Hypothek Einigung über die Entstehung des mit Auszahlung des
Pfandrechts + Eintragung im Grund- Darlehensbetrages
buch. Der Erwerb der Hypothek er-
folgt mit Auszahlung des Darlehens-
betrages (Akzessorietät der Hypo-
thek).
Der Verpfänder bleibt Eigentümer
des Grundstücks, der Pfandgläubiger
hat ein dingliches Verwertungsrecht.
Grundschuld Einigung über die Entstehung des mit Eintragung im Grundbuch
Pfandrechts + mit der Eintragung im
Grundbuch erfolgt auch der Erwerb.
(Abstraktionsprinzip der Grund-
schuld).
Der Verpfänder bleibt Eigentümer
des Grundstücks, der Pfandgläubiger
hat ein dingliches Verwertungsrecht.

3.3 Pfandrecht in der Bankpraxis


Verpfändungsbeispiele Pfandrechtsbestellung Besonderheiten bei der
Verpfändung
Verpfändung von Aktien, die Einigung + Übergabe der Verpfänder bleibt Eigentümer,
vom Eigentümer selbst ver- Aktien Pfandgläubiger wird unmittel-
wahrt werden barer Besitzer der Aktien.
Verpfändung von Goldbarren, Einigung + Einräumung des Verpfänder bleibt Eigentümer,
die im Schließfach der Bank Mitbesitzes durch Mitver- die Bank wird unmittelbare
verwahrt werden schluss. Die Übergabe ent- Besitzerin durch Mitver-
fällt, da Bank bereits unmit- schluss.
telbare Besitzerin der Sache
ist.
D2 Kreditsicherheiten 185

Verpfändungsbeispiele Pfandrechtsbestellung Besonderheiten bei der


Verpfändung
Verpfändung der Ware im Einigung + Einräumung des Die Einräumung des Mitbesit-
Lager des Eigentümers, die Mitbesitzes durch Mitver- zes ersetzt die Übergabe. Der
nicht in den Alleinbesitz des schluss Pfandgläubiger wird unmittel-
Gläubigers übergehen soll barer Besitzer, d. h. er erlangt
gemeinschaftlichen Besitz mit
dem Eigentümer.
Ware, die in einem Lager- Einigung + Übertragung des Die Übertragung des mittel-
haus gelagert ist mittelbaren Besitzes durch baren Besitzes und die An-
Abtretung des Herausgabe- zeige an den unmittelbaren
anspruchs + Anzeige der Besitzer ersetzen die Über-
Verpfändung an den unmit- gabe.
telbaren Besitzer.
Verpfändung von Wertpapie- Einigung über die Entstehung Die Übergabe der Wertpapie-
ren, die im Depot der Bank des Pfandrechts reicht aus. re entfällt, da sie bereits im
verwahrt werden Depot der Bank verwahrt wer-
den. Die Bank wird unmittelba-
re Besitzerin der Wertpapiere.
Verpfändung eines Spargut- Einigung + Pfandanzeige an Aus Sicherheitsgründen wird
habens, das bei einer frem- die fremde Bank das Sparbuch an den Pfand-
den Bank unterhalten wird gläubiger übergeben.

4. Sicherungsübereignung
4.1 Allgemeine Kennzeichnung
Kennzeichnung • Zur Sicherung eines Kredits kann eine bewegliche Sache an das Kre-
ditinstitut sicherungsübereignet werden.
• Die Sicherungsübereignung ist eine Eigentumsübertragung mit der
Vereinbarung, die zur Sicherung übereignete Sache nur bei Nichterfül-
lung der gesicherten Forderung, z. B. eines Bankdarlehens, zu verwer-
ten. Die Eigentumsübertragung erfolgt sicherungshalber.
• keine Formvorschriften
• Bankpraxis: Schriftform aus Beweisgründen
• Abstrakte Sicherheit, d. h. die Rechtswirksamkeit der Sicherheit ist
nicht an das Bestehen einer Forderung gebunden.
Rechtskon- • Einigung zwischen dem Sicherungsgeber und dem Sicherungsnehmer
struktion nach + Einräumung eines Besitzmittlungsverhältnisses Besitzkonstitut)
§ 930 BGB • Die Eigentumsübertragung wird ersetzt durch das Besitzkonstitut
(Besitzmittlungsverhältnis).
Individua- Die Rechtswirksamkeit der Sicherungsübereignung erfordert eine genaue
lisierung Kennzeichnung des Sicherungsgutes im Sicherungsvertrag.
186 Prüfungswissen Bankwirtschaft

Wirkung des • Die Bank wird fiduziarische (treuhänderisch) Eigentümerin.


Besitzkonstituts • Der Kreditnehmer bleibt unmittelbarer Besitzer der Sache (Leihvertrag).
• Der Sicherungsgeber (Kreditnehmer) leiht die übereignete Sache vom
Sicherungsnehmer (Bank).
• Der Sicherungsgeber verwahrt die übereignete Sache für die Bank.
Beispiele für • Kraftfahrzeuge
Sicherungs- • Maschinen
übereignungen • Warenlager
Risiken der • Preisrückgang und Verwertungsschwierigkeiten
Sicherungs- • Sicherungsgut wurde mehrfach sicherungsübereignet.
übereignung • Lieferung des Sicherungsgutes unter Eigentumsvorbehalt
• Sicherungsgut haftet als wesentlicher Bestandteil oder Zubehör im
Rahmen eines Grundpfandrechts.
• Vermieterpfandrecht
• Sicherungsgut geht durch Verarbeitung oder Veräußerung verloren.
• Diebstahl oder Beschädigung des Sichergutes
• gutgläubiger Erwerb des Sicherungsgutes durch Dritte

4.2 Sicherungsübereignung und Verpfändung von beweglichen Sachen im


Vergleich
Vertragspartner Sicherungsübereignung Pfandrecht
Rechtsstellung des Kreditnehmer bleibt unmittelbarer Kreditnehmer bleibt Eigentümer
Kreditnehmers Besitzer und wirtschaftlicher und mittelbarer Besitzer.
Eigentümer.
Rechtsstellung des Kreditinstitut wird mittelbarer Be- Kreditinstitut wird unmittelbarer
Kreditinstituts sitzer und fiduziarischer Eigentü- Besitzer und erwirbt ein beding-
mer und erwirbt ein bedingtes tes Verwertungsrecht.
Verwertungsrecht.
D2 Kreditsicherheiten 187

4.3 Sicherungsübereignungsverträge in der Bankpraxis


Arten von Siche- Vertragschluss Besonderheiten
rungsübereignungen
Sicherungsübereig- Einigung + Besitzkonstitut Aus Sicherheitsgründen wird dem
nung von Kraftfahr- Sicherungsnehmer die Zulassungs-
zeugen bescheinigung II (vormals Kraftfahr-
zeugbrief) übergeben, um einen
gutgläubigen Erwerb des Kfz durch
Dritte zu verhindern. Für die Eigen-
tumsübertragung ist die Übergabe
der Zulassungsbescheinigung II
nicht erforderlich.
Sicherungsübereig- Einigung + Besitzkonstitut • Individualisierung durch Markie-
nung (Markierungsvertrag) rungsvertrag (Typenbezeichnung,
einer Maschine Fabrikationsnummer, Hersteller)
• Standortbestimmung durch Lage-
planerstellung
• Versicherungsabschlüsse, z. B.
gegen Diebstahl oder Beschädi-
gungen
• Abtretung der Versicherungsan-
sprüche
• Überprüfung der Prämienzahlun-
gen
Sicherungsübereig- Einigung + Besitzkonstitut Raumsicherungsvertrag beschreibt:
nung (Raumsicherungsvertrag) • räumliche Bestimmung des Wa-
eines Warenlagers renlagers
mit einem festen • Beschreibung der Ware im Siche-
Bestand rungsvertrag
• Lagerskizze
Versicherung gegen Diebstahl und
Beschädigung abschließen;
Versicherungsansprüche abtreten
lassen und Prämienzahlungen über-
wachen.
Sicherungsübereig- Einigung + Besitzkonstitut Im Raumsicherungsvertrag wird
nung (Raumsicherungsvertrag) geregelt:
eines Warenlagers Sicherungsgeber darf Ware im • Lagerauffüllungen, wenn erforder-
mit wechselndem Auftrag des Sicherungsneh- lich
Bestand mers verarbeiten. • monatliche Bestandsmeldungen
• Einhaltung eines Mindestde-
ckungsbestandes
• Lagerführung wird von der Bank
überwacht.
188 Prüfungswissen Bankwirtschaft

5. Bürgschaft
Selbstschuldne- Die selbstschuldnerische Bürgschaft wird durch einen einseitig ver-
rische Bürg- pflichtenden Vertrag geschlossen. Der Bürge besiegelt durch seine Un-
schaft terschrift, dass er dem Gläubiger eines Dritten (des so genannten Haupt-
schuldners) für die Erfüllung der Verbindlichkeiten des Dritten zur Verfü-
gung steht. Der Bürge der selbstschuldnerischen Bürgschaft wird bei
Zahlungsverzug des Schuldners lt. Vertrag so behandelt, als sei er selbst
Schuldner. Durch diesen Vertrag sichert sich der Gläubiger gegen eine
mögliche Zahlungsunfähigkeit seines Schuldners ab.
Rechts- Das übliche Dreiecksverhältnis bei selbstschuldnerischen Bürgschaften
konstruktion besteht aus
• einem Darlehensnehmer, der die Rolle des Hauptschuldners einnimmt,
• einer Bank, die das Darlehen gewährt und
• dem selbstschuldnerischen Bürgen, der für Fehler in der Darlehens-
rückführung mit seinem privaten Vermögen gerade steht.
Gewöhnliche Die selbstschuldnerische Bürgschaft ist strenger als die herkömmliche oder
(BGB-) Bürg- gewöhnliche Bürgschaft. Bei der gewöhnlichen Bürgschaft kann der Bürge
schaft und die Zahlung verweigern, bis alle Mittel ausgeschöpft sind, das bewegliche
selbstschuld- Vermögen des Hauptschuldners ganz oder teilweise heranzuziehen. Erst
nerische Bürg- dann darf der Bürge verpflichtet werden. Bei der selbstschuldnerischen
schaft Bürgschaft hingegen darf sofort auf den Bürgen zugegangen werden. Das
ist möglich, weil der Bürge gemäß § 773 Abs. 1 Nr. 1 BGB auf die Einrede
der Vorausklage verzichtet hat. Die Zwangsvollstreckung gegen den
Hauptschuldner ist demnach sofort möglich. Der Bürge haftet somit genau-
so wie der Hauptschuldner.
Arten Die Höchstbetragbürgschaft begrenzt die Haftung auf einen gewissen
Höchstbetrag, während sie bei der Zeitbürgschaft nur für einen bestimm-
ten Zeitabschnitt übernommen wird. Bei der selbstschuldnerischen Bürg-
schaft kann darüber hinaus auch eine Mitbürgschaft eingetragen werden,
bei der sämtliche Bürgen als Gesamtschuldner haften. Auch die Teil-
bürgschaft macht Sinn, wobei mehrere Bürgen für bestimmte Teile der
Gesamtschuld haften. Der einzelne Bürge kann hierbei nur für den von
ihm verbürgten Betrag in Anspruch genommen werden.
Inhalt der • Er bezeichnet den Bürgen und den Bürgschaftsgläubiger.
selbstschuldne- • Der Gegenstand der Bürgschaft wird benannt, also die Ansprüche, die
rischen Bürg- der Bürgschafts-gläubiger gesichert wissen will.
schaft • Verzicht des Bürgen auf die Einrede der Vorausklage (§ 773 BGB)
• Verzicht des Bürgen auf die Einrede der Anfechtbarkeit und der Aufre-
chenbarkeit (§ 770 BGB)
• eventuell der Höchstbetrag der Bürgschaft
• eventuell eine zeitliche Begrenzung
D3 D3 Maßnahmen gegen Kreditgefährdungen

Maßnahmen gegen Kreditgefährdungen

1. Gerichtliches Mahnverfahren
Das gerichtliche Mahnverfahren ist ein formularmäßig durchgeführter, abgekürzter Zivilpro-
zess, der dem Gläubiger (Antragsteller) schnell und kostengünstig einen Vollstreckungstitel
verschafft. Der Vollstreckungstitel berechtigt den Gläubiger zur Zwangsvollstreckung in das
Vermögen des Schuldners (Antragsgegner). Grundsätzlich ist das Amtsgericht des Gläubi-
gers für das Mahnverfahren zuständig. Anträge auf Erlass eines Mahnbescheids können auch
im Wege des Datenträgeraustauschs eingereicht werden. Bei einem streitigen Verfahren (Wi-
derspruch, Einspruch) ist das Gericht, bei dem der Antragsgegner seinen allgemeinen Ge-
richtsstand hat, örtlich zuständig. Dies ist i. d. R. das Gericht, in dessen Bezirk der Antrags-
gegner (Schuldner) wohnt oder seinen Geschäftssitz hat. Rechnet der Gläubiger beim Mahn-
verfahren mit Einwendungen des Schuldners (Widerspruch) wird er zur Durchsetzung seiner
Forderungen direkt das Klageverfahren einleiten.
Ablauf eines gerichtlichen Mahnverfahrens an einem Beispiel
Die Rechtsabteilung der Nordbank AG kündigt einen Kredit und schaltet die Rechtsanwalts-
sozietät Rechtsanwälte und Notare Becker, Müller & Partner ein. Die Rechtsanwälte beantra-
gen einen Mahnbescheid beim Amtsgericht Hamburg. Hierzu zahlen die Rechtsanwälte die
Gerichtskosten mittels Gerichtskostenmarke ein. Das Amtsgericht prüft nur die Einhaltung der
Formalien, nicht aber die Richtigkeit der Forderung und stellt den Bescheid durch „Niederle-
gung als Schriftstück“ dem Schuldner zu. Von diesem Vorgang wird die Nordbank AG als
Gläubigerin bzw. die prozessbevollmächtigten Anwälte informiert.
14 Tage sind seit der Zustellung des Mahnbescheids vergangen, es erfolgte keine Zahlung,
aber noch fristgemäß geht beim Amtsgericht Hamburg ein formgerechter Widerspruch gegen
den Mahnbescheid des Schuldners ein. Hierzu wurde dem Amtsgericht lediglich kurz schrift-
lich mitgeteilt: „Ich erhebe Widerspruch. Der Widerspruch richtet sich gegen die Gesamtforde-
rung. Der Schuldner“. Wenige Stunden nach Eingang des Widerspruchs beim Amtsgericht
wird per Boten der Antrag auf Vollstreckungsbescheid der Rechtsanwälte Becker, Müller &
Partner dem Amtsgericht Hamburg überstellt. Aufgrund des rechtzeitig erfolgten Wider-
spruchs gegen den Mahnbescheid fordert das Amtsgericht Hamburg einen Gerichtskosten-
vorschuss von den Rechtsanwälten und einen begründeten Klageantrag mit einer 6-Monats-
Frist an. Der bereits geleistete Gerichtskostenvorschuss für den Mahnbescheid ist damit ver-
fallen.

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019
W. Grundmann und R. Rathner, Bankwirtschaft, Rechnungswesen
und Steuerung, Wirtschafts- und Sozialkunde, Prüfungstraining für
Bankkaufleute, https://doi.org/10.1007/978-3-658-23965-7_8
190 Prüfungswissen Bankwirtschaft

2. Zivilprozess
Ablauf eines Zivilprozesses aufgrund eines Widerspruchs gegen den
Vollstreckungsbescheid
Aufgrund des rechtzeitig erfolgten Widerspruchs des Schuldners gegen einen Mahnbescheid
fordert das Amtsgericht Hamburg einen Gerichtskostenvorschuss von den Rechtsanwälten
und einen begründeten Klageantrag mit einer 6-Monatsfrist an. Der bereits geleistete Ge-
richtskostenvorschuss für den Mahnbescheid ist damit verfallen.
Die Rechtsanwälte Becker, Müller & Partner erheben Klage gegen den Schuldner vor dem
Amtsgericht Hamburg, nachdem sie bei der Nordbank AG den Gerichtskostenvorschuss und
den Auftrag zur Verfahrensübernahme angefordert haben. Das Amtsgericht ordnet ein schrift-
liches Verfahren an. Beide Parteien können sich nun schriftlich zur Sache äußern. Äußert sich
der Schuldner, der jetzt als Beklagter bezeichnet wird, nicht binnen einer 14-Tagefrist mit
einer „Verteidigungsabsicht“, ergeht auf Antrag der Klägerin ein Versäumnisurteil, weil der
Beklagte die Frist versäumt hat. Teilt der Beklagte zu irgendeinem Zeitpunkt einmal mit, die
Forderung ganz oder teilweise anzuerkennen, ergeht auf Antrag der Klägerin Anerkenntnisur-
teil. Rechtsanwälte stellen deshalb immer bereits bei Einreichung der Klage diese Anträge.
Nachdem ein vollstreckbarer Titel ergangen ist, kann die Nordbank AG die Zwangsvollstre-
ckung einleiten. Der vollstreckbare Titel wird in diesem Fall ein vollstreckbares Urteil sein.
Wird das gerichtliche Mahnverfahren durchgeführt, so steht am Ende des Verfahrens ein Voll-
streckungsbescheid (vollstreckbarer Mahnbescheid). Die Zwangsvollstreckung geht entweder
über einen Gerichtsvollzieher, der bei dem Schuldner vorspricht und ihn zur Zahlung auffordert
sowie ggf. Wohnung und Taschen („Taschenpfändung“) des Schuldners durchsucht und Wert-
gegenstände beschlagnahmt, oder durch richterlichen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss.
Für einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss schicken die Rechtsanwälte Becker, Müller &
Partner den vollstreckbaren Titel an das Amtsgericht Hamburg, zahlen entsprechende Gerichts-
kosten ein und bitten das Gericht, einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss gegenüber
einem Drittschuldner (dies ist jemand, der wiederum dem Schuldner Geld schuldet) auszubrin-
gen.
Der Nordbank AG ist aus den Kontoumsätzen bekannt, dass der Schuldner drei Lebensversi-
cherungen bei der Allianz Lebensversicherungs-AG hat. Sie kennt aus den Kontoumsätzen
sogar die Versicherungsnummern. Diesen Sachverhalt teilt die Nordbank AG den Rechtsan-
wälten mit und bittet um Pfändung der Versicherungsverträge sowie um Überweisung des
Rückkaufswertes der Verträge. Da die Amtsgerichte längere Zeit für die Bearbeitung von
Pfändungs- und Überweisungsbeschlüssen benötigen und die Rechtsanwälte sicher gehen
wollen, dass der Schuldner nicht in der Zwischenzeit seine Lebensversicherungsverträge
selbst kündigt und sich auszahlen lässt, leiten die Rechtsanwälte eine „Vorpfändung“ mittels
„vorläufigem Zahlungsverbot“ ein. Das „vorläufige Zahlungsverbot“ untersagt dem Drittschuld-
ner, zwischenzeitlich eine Zahlung an Dritte zu leisten. Der Allianz Lebensversicherungs-AG
wird also somit verboten, an den Schuldner zu zahlen, bevor die gerichtliche Pfändung einge-
troffen ist. Das „vorläufige Zahlungsverbot“ wirkt somit wie ein Arrest.
Das „vorläufige Zahlungsverbot“ bleibt nur drei Wochen wirksam. Danach muss es entweder
erneuert werden oder durch Pfändungs- und Überweisungsbeschluss beglichen werden.
Reicht der Rückkaufswert der Lebensversicherungen aus, erhält die Nordbank AG Befriedi-
gung für ihre Restkreditforderung zuzüglich Zinsen und bisheriger Gerichtskosten. Der voll-
streckbare Titel wird dem Schuldner dann entwertet zurückgegeben. Abschließend wird die
Nordbank AG den Vorgang der Schufa melden. Die Sache ist dann erledigt.
D3 Maßnahmen gegen Kreditgefährdungen 191

3. Gerichtsorganisation
Ordentliche Arbeitsge- Sozialgerichts- Verwaltungs- Finanzgerichts-
Gerichtsbarkeit richtsbarkeit barkeit gerichtsbarkeit barkeit
• Amtsgericht für Arbeitsgerichte Sozialgerichte Verwaltungs- Finanzgerichte
Zivilsachen gerichte
• Amtsgerichte,
z. B. Nachlass-,
Miet-, Betreu-
ungssachen
Landgericht, z. B. Landesarbeits- Landessozial- - -
Zivilsachen ab gerichte gerichte
5.000,00 EUR
Oberlandes- - - Oberverwal- -
gerichte tungsgerichte
Bundesgerichts- Bundesarbeits- Bundessozialge- Bundesverwal- Bundesfinanzhof
hof in Karlsruhe gericht in Erfurt richt in Kassel tungsgericht in in München
Leipzig
Arten von Gerichtsurteilen
Streitiges Urteil Das Gericht verkündet das Urteil an einem speziellen Verkündungster-
min, spätestens 3 Wochen nach der letzten Verhandlung.
Versäumnisur- Der Beklagte hat die Klageabweisung beantragt. Dem festgesetzten
teil Termin ist der Kläger unentschuldigt ferngeblieben.
Prozessver- Die Parteien einigen sich auf die Hälfte der Klageforderungen. Der Be-
gleich klagte verpflichtet sich z. B., an den Kläger den hälftigen Betrag zuzüglich
9 % p.a. Zinsen hieraus seit Fristsetzung zu bezahlen.
Klagerücknah- Der Kläger nimmt die Klage vor Beginn der mündlichen Verhandlung zu-
me rück.
Verzichtsurteil Der Kläger nimmt seine Klage zurück und verzichtet auf seinen An-
spruch. Der Beklagte stimmt zu unter der Voraussetzung, dass der Rich-
ter dies in einem Urteil festschreibt.

4. Vermögensauskunft
Die Vermögensauskunft wurde durch das Gesetz zur Reform der Sachaufklärung in der
Zwangsvollstreckung für Vollstreckungsaufträge eingeführt. Sie entspricht teilweise der in §
807 ZPO alter Fassung geregelten Pflicht zur Abgabe eines Vermögensverzeichnisses und
Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung.
Der Schuldner muss die Vermögensauskunft im Rahmen einer vom Gläubiger gegen den
Schuldner durchgeführten Zwangsvollstreckung gegenüber dem Gerichtsvollzieher abgeben.
Sie dient dazu, dem Gläubiger Kenntnis über die dem Schuldner gehörenden Vermögensge-
genstände zu verschaffen. Damit kann in diese Vermögensgegenstände erfolgreich vollstreckt
werden.
Bei Vorliegen der Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung gemäß § 802c ZPO besteht von
vornherein die Pflicht des Schuldners zur Erteilung der Vermögensauskunft, wenn der Gläu-
192 Prüfungswissen Bankwirtschaft

biger einen entsprechenden Auftrag nach § 802a ZPO erteilt hat. Wird die Forderung nicht in
einer vom Gerichtsvollzieher gesetzten Zahlungsfrist von zwei Wochen vollständig beglichen,
wird ein Termin zur Abnahme der Vermögensauskunft bestimmt.
In der Vermögensauskunft hat der Schuldner alle ihm gehörenden Vermögensgegenstände
anzugeben sowie weitere in § 802c Abs. 2 ZPO genannte Angaben zu machen. Aus den An-
gaben des Schuldners erstellt der Gerichtsvollzieher nach 802f Abs. 5 Satz 1 ZPO das Ver-
mögensverzeichnis. Sodann hat der Schuldner zu Protokoll an Eides statt zu versichern, dass
er die Angaben nach bestem Wissen und Gewissen richtig und vollständig gemacht habe.
Anschließend hinterlegt der Gerichtsvollzieher das Vermögensverzeichnis bei dem zentralen
Vollstreckungsgericht und leitet dem Gläubiger eine Kopie zu.
Bleibt der Schuldner dem Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft unentschuldigt fern
oder verweigert er die Abgabe der Auskunft ohne Grund, erlässt das Amtsgericht auf Antrag
des Gläubigers einen Haftbefehl (§ 802g ZPO). Die Haft dient nur zur Erzwingung der Abgabe
der Vermögensauskunft. Nach deren Abgabe wird der Schuldner aus der Haft entlassen. Die
Haft darf die Dauer von sechs Monaten nicht übersteigen (§ 802j Abs. 1 ZPO).
Betreiben weitere Gläubiger gegen denselben Schuldner die Zwangsvollstreckung, bedarf es
innerhalb der nächsten zwei Jahre, soweit nicht Änderungen in den Vermögensverhältnissen
glaubhaft gemacht werden, keiner nochmaligen Vermögensauskunft. Stattdessen leitet der
Gerichtsvollzieher dem Gläubiger eine Kopie des letzten abgegebenen Vermögensverzeich-
nisses zu.
Zur Einsicht befugt sind auch Vollstreckungsgerichte, Insolvenzgerichte und Registergerichte
sowie Strafverfolgungsbehörden, soweit dies zur Erfüllung der ihnen obliegenden Aufgaben
erforderlich ist (§ 802k Abs. 2 ZPO). Das Finanzamt kann statt der eidesstattlichen Versiche-
rung die weniger einschneidende Abgabe eines Vermögensverzeichnisses verlangen (§ 249
AO); das hat den Vorteil, dass keine Meldung an die SCHUFA erfolgt.
Nach Ablauf von zwei Jahren seit der Auskunft wird das Vermögensverzeichnis vom zentralen
Vollstreckungsgericht gelöscht (§ 802k Abs. 1 Satz 3 ZPO).
Die SCHUFA nimmt die Abgabe der Vermögensauskunft in ihr Verzeichnis auf. Dies führt zu
einer weitergehenden Kreditunwürdigkeit des Schuldners.

5. Verbraucherinsolvenz
Bei der Verbraucherinsolvenz handelt es sich um ein vereinfachtes Insolvenzverfahren, das in
der Insolvenzordnung (InsO) geregelt ist. Ziel der Privatinsolvenz ist es, hoch verschuldeten
Privatpersonen nach einer gewissen Zeit einen Neuanfang zu ermöglichen, indem der Schuld-
ner nach Ablauf der sogenannten Wohlverhaltensperiode und Abschluss des Insolvenzverfah-
rens von der Pflicht zur Tilgung der restlichen Schulden befreit wird (Restschuldbefreiung), frü-
hestens jedoch nach sechs Jahren nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens.
Voraussetzungen der Verbraucherinsolvenz
Das Verfahren der Verbraucherinsolvenz steht Verbrauchern und ehemaligen Selbstständi-
gen und Kleingewerbetreibenden offen, sofern diese weniger als 20 Gläubiger und keine Ver-
bindlichkeiten aus Beschäftigungsverhältnissen mit Arbeitnehmern haben.
Ablauf der Verbraucherinsolvenz
Der Ablauf der Verbraucherinsolvenz lässt sich im Wesentlichen in vier Schritte gliedern:
1. Versuch der außergerichtlichen Einigung
Im ersten Schritt muss der Schuldner mithilfe eines sogenannten Schuldenbereinigungsplans
versuchen, sich außergerichtlich mit den Gläubigern über eine Rückzahlung der Schulden zu
D3 Maßnahmen gegen Kreditgefährdungen 193

einigen. Hierzu muss sich der Schuldner an einen spezialisierten Rechtsanwalt oder eine
öffentlich anerkannte Schuldnerberatungsstelle wenden, denn nur diese sind berechtigt, ihm
die für den weiteren Verlauf des Insolvenzverfahrens nötige Bescheinigung über das Schei-
tern des Versuchs einer außergerichtlichen Einigung auszustellen. Verfügt der Schuldner
nicht über ausreichende finanzielle Mittel zu Zahlung einer anwaltlichen Beratung, ist zu prü-
fen, ob gegebenenfalls Anspruch auf Beratungshilfe besteht.
Im Schuldenbereinigungsplan werden alle Einnahmen und Ausgaben des Schuldners aufge-
listet. Es wird festgehalten, wie und in welcher Höhe der Schuldner die offenen Verbindlichkei-
ten abbauen kann und will. Wird dieser Plan von mindestens einem der Gläubiger abgelehnt
oder betreibt ein Gläubiger nach Zustellung des Plans weiter die Zwangsvollstreckung, gilt der
Schuldenbereinigungsplan als gescheitert.
Nun kann der Rechtsanwalt oder die Schuldnerberatungsstelle das Scheitern des Schulden-
bereinigungsplans bescheinigen. Sobald diese Bescheinigung vorliegt, kann die Eröffnung
des Insolvenzverfahrens beim zuständigen Insolvenzgericht beantragt werden (Insolvenzer-
öffnungsantrag). Gelingt hingegen eine außergerichtliche Einigung zwischen Schuldner und
Gläubiger, ist das Verfahren an dieser Stelle beendet. Die Abwicklung der Verbindlichkeiten
folgt dann dem Schuldenbereinigungsplan.
2. Gerichtliches Schuldenbereinigungsverfahren
Vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens prüft das Gericht die Erfolgsaussichten eines ge-
richtlichen Schuldenbereinigungsplans. Bei positiver Überprüfung werden der gerichtliche
Schuldenbereinigungsplan und das Vermögensverzeichnis den Gläubigern zugestellt.
Diese können nun innerhalb von vier Wochen dazu Stellung nehmen und den Plan gegebe-
nenfalls ablehnen.
Wird der Plan nicht von mindestens der Hälfte der Gläubiger abgelehnt, kann das Gericht
deren Zustimmung auf Antrag des Schuldners ersetzen. Die Hälfte der Gläubiger bestimmt
sich hier nicht nach deren Anzahl, sondern nach der Höhe und Anzahl der Forderungen.
3. Vereinfachtes Insolvenzverfahren (Verbraucherinsolvenz)
Wurde auch der gerichtliche Schuldenbereinigungsplan nicht angenommen, wird nun das
Verfahren der Verbraucherinsolvenz (vereinfachtes Insolvenzverfahren) eröffnet und durch
Bekanntmachung verkündet.
Das pfändbare Vermögen des Schuldners wird nach Abzug der Verfahrenskosten verwertet,
also an die Gläubiger ausgegeben. Hierzu wird ein Treuhänder eingesetzt. Dieser erstellt eine
Aufstellung aus Gläubigern, Forderungshöhen und Forderungsgründen (Insolvenztabelle) und
verwaltet das Vermögen des Schuldners.
4. Verfahren der Restschuldbefreiung und Wohlverhaltensperiode
Eine Verbraucherinsolvenz wird in der Regel durchgeführt, um im Anschluss daran eine Rest-
schuldbefreiung zu beantragen und zu erlangen. Das Restschuldbefreiungsverfahren besteht
aus einer sechsjährigen sogenannten Wohlverhaltensphase, die mit Eröffnung des Insolvenz-
verfahrens beginnt. Während dieser Zeit muss der Schuldner den pfändbaren Teil seines
Einkommens sowie die Hälfte ihm zufallender Erbteile an den Treuhänder abtreten. Dieser
schüttet Geld dann gemäß der in der Insolvenztabelle festgelegten Quote an die Gläubiger
aus.
Nach Ablauf der Wohlverhaltensphase kann der Schuldner die Restschuldbefreiung beantra-
gen. Im Schlusstermin können die Gläubiger, gestützt auf einen der Gründe in § 290 InsO, die
Versagung der Restschuldbefreiung beantragen.
194 Prüfungswissen Bankwirtschaft

Gründe zu Versagung der Restschuldbefreiung sind unter anderem:


• rechtskräftige Verurteilung des Schuldners aufgrund einer Insolvenzstraftat
• falsche Angaben über wirtschaftliche Verhältnisse, um Leistungen und Kredite zu erhalten
oder Zahlungen auszusetzen
• Verschwendung von Vermögen und somit unnötig gemachte Schulden
• Verletzung von Auskunfts- und Mitwirkungspflichten
• Erhalt oder Versagung einer Restschuldbefreiung innerhalb der letzten zehn Jahre
Erfolgt kein solcher Antrag, bzw. sind solche Anträge unbegründet, kündigt das Gericht die
Restschuldbefreiung an. Das Gericht versagt die Restschuldbefreiung, wenn einer der in §
290 InsO genannten Gründe vorliegt. Wird kein (begründeter) Antrag auf Versagung der
Restschuldbefreiung gestellt, wird die Restschuldbefreiung angekündigt. Nach dem Schluss-
termin und der Verteilung der Masse wird das Verfahren aufgehoben.
6. Bilanzanalyse
Kennzeichnung der Bilanzanalyse
Nach § 18 Kreditwesengesetz sind Kreditinstitute verpflichtet, sich bei einer Kreditaufnahme von
mehr als 750.000 EUR die wirtschaftlichen Verhältnisse, insbesondere durch Vorlage der Jah-
resabschlüsse, offen legen zu lassen. Daneben hat die Bank ein elementares Eigeninteresse an
dem Zahlenmaterial, um die finanzielle Situation des Unternehmens beurteilen zu können. Zur
Auswertung der Bilanzen und der Gewinn- und Verlustrechnungen der letzten 3 Jahre werden
die Zahlen in einer sogenannten Bilanzgliederung aufbereitet. In der Bilanzgliederung werden
aussagekräftige Kennzahlen und deren Veränderungen im Zeitablauf dargestellt.
Kennzeichnung der Jahresabschlussanalyse
Finanzielle Kennzahlen dienen bei der Unternehmensbeurteilung durch den Kapitalmarkt als
Maßstab für den innerbetrieblichen und zwischenbetrieblichen Vergleich. Kennzahlen sind
Maßgrößen, die über quantitativ erfassbare Sachverhalte berichten. Ziel der Kennzahlen ist es,
komplizierte betriebliche Informationen möglichst einfach und nachvollziehbar abzubilden.
Die Auswertung des Jahresabschlusses ergibt Informationen über die derzeitige Vermögens-,
Finanz- und Ertragslage einer Unternehmung. Aus den Zahlen des Jahresabschlusses werden
die einzelnen Kennzahlen gebildet. Eine interne Abschlussanalyse führt zu aussagefähigen
Ergebnissen, da betriebsinterne Unterlagen aus der Finanzplanung zur Verfügung stehen. Eine
externe Bilanzanalyse kann sich nur auf den veröffentlichten Jahresabschluss stützen.
Beispiel für eine Bilanzanalyse
Die HAMA GmbH ist ein Hamburger Unternehmen, das Metallbearbeitungsmaschinen herstellt.
Wegen der großen Nachfrage aus Südostasien beabsichtigt das Unternehmensmanagement,
die Fertigungskapazitäten zu erweitern. Zu diesem Zweck soll die bisherige Kreditlinie bei der
Nordbank AG von 1 Million Euro auf 6 Millionen Euro aufgestockt werden. Im Rahmen der Kre-
ditprüfung analysiert die Nordbank AG die Jahresabschlüsse der letzten drei Jahre.
D3 Maßnahmen gegen Kreditgefährdungen 195

Bilanz der HAMA GmbH für die Jahre (alle Angaben in TEUR)
Aktiva Passiva
2015 2016 2017 2015 2016 2017
A. Anlagevermögen A. Eigenkapital
I. Grundstücke und Gebäude 5800 6300 6300 I. Gezeichnetes Kapital 2500 2500 3000
II. Inventar, Maschinen 5950 6120 7570 II. Rücklagen 4950 4950 5250
Gewinn/Verlustvortrag -950 -370 450
B. Umlaufvermögen B. Rückstellungen 850 820 880
I. Roh-, Hilfs-, Betriebsstoffe 3400 4100 4840 davon Pensionsrückstel- 300 320 340
lungen
II. Unfertige Erzeugnisse 4100 4300 3450
III. Fertige Erzeugnisse 4490 5200 5700 C. Verbindlichkeiten
IV. Forderungen aus Lieferun- 4730 4080 4560 I. Langfristige Verbind- 13500 14200 14200
gen und Leistungen lichkeiten
V. Kassenbestand, Bankgutha- 710 650 1360 II. Kurzfristige Bankver- 5450 4900 5750
ben bindlichkeiten
III. Lieferantenverbind- 2880 3750 4250
lichkeiten
Summen 28180 30750 33780 28180 30750 33780

Gewinn- und Verlustrechnung der HAMA GmbH in TEUR


2015 2016 2017
1. Umsatzerlöse 32120 33230 39850
2. Erhöhung/Verminderung des Bestandes an fertigen und unf. Erzeugnissen - 1100 + 32040 + 1840
3. Andere aktivierte Eigenleistungen 120 200 130
4. Gesamtleistung 31.140 36.670 41820
5. Sonstige betriebliche Erträge 10 20 30
6. Materialaufwand - 12450 - 14100 - 16430
7. Personalaufwand - 13150 - 16550 - 17800
8. Abschreibungen - 1920 - 1410 - 1850
9. Sonstige betriebliche Aufwendungen - 3610 - 3000 - 2850
10. Zinsaufwendungen - 1520 - 1350 - 1240
11. Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit - 1590 280 1680
12. Außerordentliche Erträge 1800 80 20
13. Außerordentliche Aufwendungen - 950 - 500 - 120
14. Steuern - 210 - 230 - 890
15. Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag - 950 - 370 750
16. Einstellung in die Rücklagen 0 0 - 200
17. Bilanzgewinn/Verlustvortrag - 950 - 370 450

Bilanzkennziffern
Eigenkapitalquote
Bei der Ermittlung der Eigenkapitalquote werden alle in der Bilanz ausgewiesenen Eigenkapi-
talpositionen berücksichtigt, nicht aber eventuelle stille Reserven. Die Eigenkapitalquote gibt
an, wie groß der Anteil des Eigenkapitals an der Bilanzsumme ist.
196 Prüfungswissen Bankwirtschaft

Eigenkapital ×100
Eigenkapitalquote =
Bilanzsumme
Ein hoher Eigenkapitalanteil gewährleistet der Unternehmensleitung Dispositionsfreiheit,
schützt vor Unternehmenszusammenbrüchen infolge von Überschuldung, vermindert das
Risiko für die Gläubiger und stellt eine gute Grundlage für neue Kreditaufnahmen dar. Je hö-
her die Eigenkapitalquote ist, desto günstigere Konditionen lassen sich bei Kreditgesprächen
aushandeln. Um ein abschließendes Urteil fällen zu können, kann ein Branchenvergleich
sinnvoll sein, da bestimmte Branchen nur eine geringe Eigenkapitalausstattung haben. Die
Eigenkapitalausstattung bei Industrieunternehmen liegt zwischen 15 % und 40 %.
Beispiel:
Eigenkapital 2017: TEUR 8.700 Bilanzsumme: TEUR 33.780
Eigenkapitalquote: 25,75 %
Anlagendeckungsgrad
Das Anlagevermögen sollte möglichst mit Eigenkapital finanziert sein.
Eigenkapital × 100
Anlagendeckungsgrad I =
Anlagevermögen

( Eigenkapital + langfristigesFremdkapital ) × 100


Anlagendeckungsgrad II =
Anlagevermögen
Ein Anlagendeckungsgrad II unter 100 % bedeutet eine Anlagenunterdeckung. Es wurde
mittel- und/oder kurzfristiges Fremdkapital zur Finanzierung des Anlagevermögens einge-
setzt.
Beispiel:
Eigenkapital 2017: TEUR 8.700 Langfristiges Fremdkapital: TEUR 14.200
Anlagevermögen: TEUR 13.870
Anlagendeckungsgrad I: 8.700 x 100 : 13.870 = 62,73 %
Anlagendeckungsgrad II: (8.700 + 14.200) x 100 : 13.870 = 165,10 %
Liquidität
Liquidität ist die Fähigkeit des Unternehmens, jederzeit fällige Zahlungsverpflichtungen erfül-
len zu können. Je mehr die flüssigen Mittel die kurzfristigen Verbindlichkeiten decken, umso
liquider ist das Unternehmen.
liquideMit tel 1.Grades × 100
Liquiditätsgrad I =
kurzfristi ges Fremdkapital

Die Kennzahl „Liquidität I. Grades“ zeigt, wie weit das kurzfristige Fremdkapital mit vorhande-
nen liquiden Mitteln (Kasse, Kontoguthaben, Scheck) zurückgezahlt werden kann. Üblicher-
weise sollten mindestens 20 % der Rechnungen sofort beglichen werden können, um auch
eine Skontoausnutzung zu ermöglichen.
liquideMit tel 2. Grades × 100
Liquiditätsgrad II =
kurzfristiges Fremdkapital

Die Liquidität 2. Grades gibt an, wie weit kurzfristig realisierbare Vermögenswerte das kurz-
fristige Fremdkapital decken. Sie sollte mindestens 100 % betragen. Die liquiden Mittel 2.
D3 Maßnahmen gegen Kreditgefährdungen 197

Grades setzen sich zusammen aus den liquiden Mitteln 1. Grades und den Forderungen aus
Lieferungen und Leistungen sowie den Wertpapieren und gängigen Waren.
liquideMit tel 3.Grades × 100
Liquiditätsgrad III =
kurzfristi ges Fremdkapital
Die liquiden Mittel 3. Grades setzen sich zusammen aus den liquiden Mitteln 2. Grades und
den Vorräten.
Die liquiden Vermögensteile 1., 2. und 3. Grades (Umlaufvermögen) zusammengenommen
müssen merklich größer sein als die kurzfristigen Verbindlichkeiten, wenn ein Bankkredit ver-
tretbar sein soll. Bei der umsatzbedingten Liquidität 3. Grades liegt der kritische Wert bei
100 %, denn dann könnten durch Umsetzung des Umlaufvermögen genau alle Verbindlichkei-
ten ausgeglichen werden. Liegt die Kennzahl unter 100 %, hat das Unternehmen ernste Zah-
lungsschwierigkeiten (Insolvenzgefahr). Die Zielvorgabe liegt bei 120 %. Liegt der Wert über
150 %, so deutet dies möglicherweise auch ein zu großes Warenlager mit überhöhter Kapital-
bindung hin.
Nachteil dieser Kennzahlen ist, dass die Kennzahlen zum Zeitpunkt der Berechnung längst
überholt sind. Sie beziehen sich auf den Bilanzstichtag. Für die Einordnung in die Bilanz ist
jeweils die Fristigkeit, d. h. die Gesamtlaufzeit, maßgeblich. Für die Liquidität ist dagegen die
Fälligkeit, d. h. die Restlaufzeit, entscheidend.
Beispiele:
Liquiditätsgrad I:
Liquide Mittel I: TEUR 1.360 Kurzfristige Fremdkapital: TEUR 10.000
Liquiditätsgrad I: 1.360 x 100 : 10.000 = 13,6 %
Liquiditätsgrad II:
Liquide Mittel I: TEUR 1.360 Forderungen aus L. u. L.: TEUR 4.560
Kurzfristiges Fremdkapital: TEUR 10.000
Liquiditätsgrad II: (1.360 + 4.560) x 100 : 10.000 = 59,2 %
Liquiditätsgrad III:
Liquide Mittel I: TEUR 1.360
Liquide Mittel II: TEUR 4.560
Liquide Mittel III: TEUR 13.990
Liquiditätsgrad III: (1.360 + 4.560 + 13.990) x 100 : 10.000 = 199,1 %
Eigenkapitalrentabilität
Sie zeigt die Effizienz der Kapitalverwendung und ist Maßstab für den Erfolg des Betriebes.
Eigenkapitalrentabilität = Jahresüberschuss vor Steuern x 100 : Eigenkapital
Beispiel:
Jahresüberschuss vor Steuern: TEUR 750 Eigenkapital: TEUR 8.700
Eigenkapitalrentabilität: 750 x 100 : 8.700 = 8,62 %
Gesamtkapitalrentabilität
Sie gibt die Verzinsung des gesamten eingesetzten Kapitals an.
Gesamtkapitalrentabilität = (Jahresüberschuss vor Steuern + Fremdkapitalzinsen) x 100 :
Gesamtkapital
198 Prüfungswissen Bankwirtschaft

Beispiel:
Jahresüberschuss vor Steuern: TEUR 750
Fremdkapitalzinsen: TEUR 1.240
Gesamtkapital: TEUR 32.900
Gesamtkapitalrentabilität: (750 + 1.240) x 100 : 32.900 = 6,05 %
Umsatzrentabilität
Sie gibt Auskunft über die ordentlichen Betriebserfolge.
Umsatzrentabilität = Gewinn einer Periode x 100 : Jahresumsatz
Beispiel:
Gewinn einer Periode : TEUR 1.680
Jahresumsatz: TEUR 39.850
Umsatzrentabilität: 1.680 x 100 : 39.850 = 4,22 %

Cash-Flow
Der Cash-Flow ist der Überschuss der zahlungswirksamen Erträge über die zahlungswirksa-
men Aufwendungen.
Cash-Flow = Jahresüberschuss + Abschreibungen +/- Veränderungen der langfristigen Rück-
stellungen
Beispiel:
Jahresüberschuss: TEUR 750
Abschreibungen: TEUR 1.850
Veränderungen der langfristigen Rückstellungen: TEUR 20
Cash-Flow: 750 + 1.850 + 20 = 2.620
Debitorenziel
Das Ergebnis gibt an, wie lange das Unternehmen durchschnittlich auf die Begleichung seiner
Rechnungen warten muss.
Debitorenziel = (Forderungen aus Lieferungen und Leistungen zum Jahresende x 365) : Um-
satzerlöse
Beispiel:
Forderungen: TEUR 4.560
Umsatzerlöse: TEUR 39.850
Debitorenziel: 4.560 x 365 : 39.850 = 41,77 = 42 Tage
Kreditorenziel
Das Kreditorenziel gibt an, in welchem Umfang das Unternehmen Zahlungsziele bei seinen
Lieferanten in Anspruch nimmt.
Kreditorenziel = (Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen zum Jahresende x 365) :
Materialaufwand bzw. Wareneinsatz
Beispiel:
Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen TEUR 4.250
Materialaufwand bzw. Wareneinsatz: TEUR 16.430
Kreditorenziel: 4.250 x 365 : 16.430 = 94,42 = 95 Tage
F Aktuelle Eurobeträge, Freigrenzen und Freibeträge

E Aktuelle Eurobeträge,
Freigrenzen und Freibeträge
Meldung an die Erbschaft-
steuerstelle im Todesfall eines Kontoguthaben über 5.000,00 EUR
Kontoinhabers
Pfändungsschutz auf dem 1.139,99 EUR im Kalendermonat pro Person ab
P-Konto 01.07.2017
Identifizierungspflicht des bei der Annahme oder Abgabe von Bargeld, Wertpapieren
Kunden nach dem GwG oder Edelmetallen im Wert von 15.000,00 EUR oder mehr
Verfügung über Spareinlagen
ohne vorherige Kündigungsfrist
2.000,00 EUR
nach der Rechnungslegungs-
verordnung
Belegloser Scheckeinzug im
Schecks bis 6.000,00 EUR
GSE-Verfahren
Scheckeinzug nach dem
Schecks ab 6.000,00 EUR
ISE-Verfahren

Sparen nach dem Vermögensbildungsgesetz


Bausparen
Sparhöchstbetrag für
470,00 EUR jährlich pro Arbeitnehmer
Bausparen u. ä.
Arbeitnehmersparzulage für
9 % höchstens 43,00 EUR
Arbeitnehmer in % pro Jahr
Einkommensgrenzen 17.900,00 EUR / 35.800,00 EUR
jährlich für Ledige / Verheiratete
Mindestsparleistung 13,00 EUR monatlich regelmäßig bzw.
39,00 EUR im Kalenderjahr
Sperrfrist 7 Jahre ab Vertragsschluss
Beteiligungssparen
Arbeitnehmersparzulage für
20 %
Beteiligungssparen pro Jahr
Sparhöchstbetrag für
400,00 EUR jährlich je Arbeitnehmer
Beteiligungssparen u. ä.
Einkommensgrenzen 20.000,00 EUR / 40.000,00 EUR
jährlich für Ledige / Verheiratete
Sperrfrist Ansparzeit 6 Jahre,
7 Jahre ab 01.01. des Jahres der ersten Einzahlung
Mindestsparleistung 13,00 EUR monatlich regelmäßig bzw.
39,00 EUR im Kalenderjahr

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019
W. Grundmann und R. Rathner, Bankwirtschaft, Rechnungswesen
und Steuerung, Wirtschafts- und Sozialkunde, Prüfungstraining für
Bankkaufleute, https://doi.org/10.1007/978-3-658-23965-7_9
200 Prüfungswissen Bankwirtschaft

Sparen nach dem Wohnungsbauprämiengesetz


Jährlicher Sparhöchstbetrag 512,00 EUR pro Person
Wohnungsbauprämie 8,8 % jährlich
Einkommensgrenzen 25.600,00 EUR / 51.200,00 EUR
jährlich für Ledige / Verheiratete
Sperrfristen Bei Bausparverträgen: 7 Jahre beginnend mit dem Tag
des Vertragsabschlusses
Bei Wertpapiersparverträgen: 7 Jahre beginnend mit dem
01.01. des Jahres der ersten Einzahlung
Mindestsparleistung 50,00 EUR je Person

Freibeträge bei Einkünften aus Kapitalerträgen nach dem EStG


Sparer-Pauschbetrag für
801,00 EUR / 1.602,00 EUR
Ledige/Verheiratete pro Jahr
Werbungskostenpauschbetrag 1.000,00 EUR jährlich pro Arbeitnehmer
Sonderausgaben-Pauschbetrag 36,00 EUR / 72,00 EUR Ledige/Verheiratete
Kinderfreibetrag (nur alternativ 7.248,00 EUR Verheiratete
zum Kindergeld)
Entlastungsbeitrag für 1.908,00 EUR
Alleinerziehende, für jedes 240,00 EUR
weitere Kind zusätzlich
Ausbildungsfreibetrag 924,00 EUR
(auswärtige Unterbringung)
Eingangssteuersatz 14 %
Spitzensteuersatz 45 %
Abgeltungsteuer 25 %
Körperschaftsteuer 15 %
Grundfreibetrag 2018: 9.000,00 / 18.000,00 EUR Ledige / Verheiratete
Offenlegungspflicht nach ab 750.000,00 EUR
§ 18 KWG

Internationaler Zahlungsverkehr
EU-Überweisung Gemäß der EU-Preisverordnung darf ein Kreditinstitut für
grenzüberschreitende Überweisungen in EUR bis zu ei-
nem Betrag von 50.000 EUR, die mit S.W.I.F.T.-BIC und
IBAN und Kontonummer versehen sind, keine höheren
Entgelte erheben, als für entsprechende Inlandsüberwei-
sungen.
Meldepflichten im Außenwirt-
schaftsverkehr: Geleistete und
empfangene Zahlungen aus
ab 12.500,00 EUR
Transithandel, sonstigem Wa-
renverkehr, Dienstleistungen,
Übertragungen, Kapitalverkehr
E Aktuelle Eurobeträge, Freigrenzen und Freibeträge 201

Beitragsbemessungsgrenzen der Sozialversicherungen für 2018 pro Monat / Jahr


Ges. Krankenversicherung 4.425,00 EUR / 53.100,00 EUR (Ost und West)
Ges. Pflegeversicherung 4.425,00 EUR / 53.100,00 EUR (Ost und West)
Rentenversicherung und 6.500,00 EUR / 78.000,00 EUR (West)
Arbeitslosenversicherung 5.800,00 EUR / 69.600,00 EUR (Ost)
Versicherungspflichtgrenze in
der gesetzlichen Krankenkasse
4.950,00 EUR / 59.400,00 EUR
und Pflegeversicherung pro
Monat

Beitragssätze der Sozialversicherungen für 2018


Krankenversicherung 14,6 % zuzüglich Zusatzbeitrag der jeweiligen GKV
Ges. Pflegeversicherung 2,55 % + 0,25 % für Arbeitnehmer über 23 Jahre und
kinderlos, also 2,8 %
Arbeitnehmeranteil 1,275 % oder 1,525 %
Rentenversicherung 18,6 %
Arbeitslosenversicherung 3,0 %
Weitere wichtige Beträge
Mindestgrundkapital bei der Rechtsform der AG 50.000,00 EUR
Mindeststammkapital bei der Rechtsform der GmbH 25.000,00 EUR
PRÜFUNGSWISSEN
RECHNUNGSWESEN
A1 A1 Buchführung Grundlagen

Buchführung Grundlagen

1. Inventur
Wesen Die Inventur ist die Tätigkeit der mengen- und wertmäßigen Erfassung
aller Bestände, das heißt aller Vermögensgegenstände und Schulden.
Formen Stichtagsinventur
• Aufnahme der Bestände an einem Stichtag. Wichtigste Stichtage: Be-
ginn des Handelsgewerbes und Ende eines Geschäftsjahres
Permanente Inventur
• Bestände werden aus fortlaufend geführten Karteien entnommen
• mind. 1 mal pro Jahr Kontrolle durch körperliche Aufnahme
Zeitlich verlegte Inventur
• die jährliche Bestandsaufnahme erfolgt ganz oder teilweise innerhalb
der letzten 3 Monate vor oder innerhalb der ersten 2 Monate nach dem
Bilanzstichtag, die Bestände werden zum Bilanzstichtag fortgeschrieben
bzw. zurückgerechnet

2. Inventar
Wesen • Das Inventar ist das ausführliche, mengen- und wertmäßige Ver-
zeichnis aller Vermögensgegenstände und Schulden eines Unterneh-
mens sowie seines Reinvermögens.
• wird nicht veröffentlicht
Bezug zur • das Inventar stellt das Ergebnis der Inventur dar
Inventur
Aufbau des ein Inventar besteht aus 3 Teilen:
Inventars 1.) Vermögen (genaue, ausführliche Aufzählung: Debitorenlisten etc.)
- 2.) Schulden (genaue, ausführliche Aufzählung: Kreditorenlisten etc.)
= 3.) Reinvermögen (rechnerische Ermittlung des Eigenkapitals)

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019
W. Grundmann und R. Rathner, Bankwirtschaft, Rechnungswesen
und Steuerung, Wirtschafts- und Sozialkunde, Prüfungstraining für
Bankkaufleute, https://doi.org/10.1007/978-3-658-23965-7_10
206 Prüfungswissen Rechnungswesen

3. Bilanz
Wesen • Die Bilanz ist die kurzgefasste, wertmäßige Gegenüberstellung von
Vermögen und Kapital.
• vereinfachte Darstellung in Kontenform
• Überblick über das Vermögen und Kapital
• Aufnahme der Gesamtwerte und Verzicht auf Einzelpositionen
• § 242 HGB: jeder Kaufmann ist zur Aufstellung einer Bilanz verpflich-
tet
Aktiva Mittelverwendung
• Investitionen des Kreditinstitutes
• Forderungen
• Vermögen
Passiva Mittelherkunft
• Herkunft des Kapitals: Fremd- und Eigenkapital
• Verbindlichkeiten
Aufgaben • Information für Gläubiger (Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage)
von • Information für Gesellschafter (wenn die Geschäftsführung nicht von
Bilanzen den Eigentümern wahrgenommen wird)
• Information für Finanzbehörden (steuerliche Bemessungsgrundlage)
• Information für potentielle Anleger (Unternehmensentwicklung)
Vorschriften • Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung
zur Aufstel- • Klarheit, Übersichtlichkeit und Vollständigkeit
lung der • Bruttoprinzip (keine Saldierung von Aktiv- mit Passivposten)
Bilanz
Darstellung • Summe der Aktiva = Summe der Passiva (immer gleich!)
einer • Aufbau der Aktiva nach dem Grundsatz der abnehmenden Liquidität
Bankbilanz • oben ist immer der liquideste Posten (Kasse)
• unten ist immer der Posten mit der längsten Kapitalbindung (Sachan-
lagen)
• Aufbau der Passiva nach dem Grundsatz der Verfügungsdauer
• oben stehen immer die Mittel, die grundsätzlich zuerst wieder
abfließen (Verbindlichkeiten gegenüber anderen Banken)

Beispiel für den Aufbau einer Bilanz eines KI


AKTIVA PASSIVA
• Kasse • Verbindlichkeiten gegenüber KI
• Guthaben bei der Deutschen Bundesbank • Verbindlichkeiten gegenüber Kunden
• Forderungen an Kreditinstitute • Eigenkapital
• Forderungen an Kunden
• Schuldverschreibungen u. a. festverzinsl. WP
• Aktien und nicht festverzinsliche Wertpapiere
• Betriebs- und Geschäftsausstattung (BGA)
= Bilanzsumme = Bilanzsumme
A1 Buchführung Grundlagen 207

4. Anhang
Wesen • Erläuterung der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung
Pflicht- • zugrunde gelegte Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden
angaben (HGB, IAS)
• Aufgliederung der Verbindlichkeiten (z. B. nach der Restlaufzeit)
• Aufgliederung der Umsatzerlöse nach Tätigkeitsbereichen (z. B. geo-
grafische Märkte)
• Belastung der Ergebnisse durch Abschreibungen und Steuern
• durchschnittliche Zahl der Beschäftigten
• Gesamtbezüge von Vorstand, Geschäftsführung und Aufsichtsrat
• Mitglieder von Vorstand, Geschäftsführung und Aufsichtsrat
• Aufgliederung der Position sonstige Rückstellungen

5. Lagebericht
Wesen • Beschreibung des Geschäftsverlaufes und der Lage des Unterneh-
mens
Pflicht- • wichtige Vorgänge, die nach dem Geschäftsjahr eingetreten sind
angaben • die voraussichtliche Entwicklung der Kapitalgesellschaft
• der Bereich Forschung und Entwicklung
• bestehende Zweigniederlassungen des Unternehmens

6. Aufbewahrungsfristen
Wesen Zur Aufbewahrung von Unterlagen und den Aufbewahrungsfristen enthält
der §257 HGB sowie der §147 AO die entsprechenden Regelungen.
Fristen • 6 Jahre: empfangene und abgesandte Handels- oder Geschäftsbriefe
• 10 Jahre: Handelsbücher und Aufzeichnungen, Inventare, Jahresab-
schlüsse (Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung), Lageberichte, die
Eröffnungsbilanz sowie die zu ihrem Verständnis erforderlichen Arbeits-
anweisungen und sonstigen Organisationsunterlagen, Buchungsbelege
• Sofern Handelsbriefe zugleich Buchungsbelege sind (Rechnungen,
Gutschriften) gilt die 10-jährige Aufbewahrungsfrist.
Berechnung Die Aufbewahrungsfrist beginnt mit dem Schluss des Kalenderjahres, in
dem bei laufend geführten Aufzeichnungen die letzte Eintragung gemacht
worden ist, Handels- und Geschäftsbriefe abgesandt oder empfangen
worden sind oder sonstige Unterlagen entstanden sind: Ist z. B. der Jah-
resabschluss für 2016 im April 2017 erstellt worden, läuft für diesen die
Aufbewahrungsfrist bis zum 31.12.2027.
208 Prüfungswissen Rechnungswesen

7. Bestandskonten
Bedeutung und Arten der Bestandskonten
Ableitung der • Änderungen der Vermögens- und Kapitalbestände werden auf
Bestands- Bestandskonten erfasst.
konten aus • Erstellung einer Einzelabrechnung für jede Bilanzposition
der Bilanz • getrennte Erfassung von Mehrungen & Minderungen durch Konto-
form
• linke Seite = Sollseite
• rechte Seite = Habenseite
• Aktivkonten = Konten, die eine aktive Bilanzposition verwalten
• Passivkonten = Konten, die eine passive Bilanzposition verwalten
• bei Einrichtung der Bestandskonten heißt der Betrag aus der Bilanz
Anfangsbestand
(= AB)
• Der Anfangsbestand steht bei Aktiv-Konten im Soll
• Der Anfangsbestand steht bei Passiv-Konten im Haben
• beim Abschluss der Bestandskonten heißt der Betrag, der in die Bilanz
eingeht, Schlussbestand (= SB)
• Der Schlussbestand steht bei Aktiv-Konten im Haben
• Der Schlussbestand steht bei Passiv-Konten im Soll
• alle Konten stehen im Hauptbuch
Buchungen • ein Geschäftsfall betrifft immer mind. 2 Konten
auf (= doppelte Buchführung!)
Bestands- • jeder Geschäftsfall bedeutet mind. 1 Soll- und mind. 1 Haben-
konten im Buchung
Hauptbuch • somit ist eine ständige Kontrolle der Buchungen möglich
• wertmäßige Summe aller Soll-Buchungen =
wertmäßige Summe aller Haben-Buchungen
• Zugänge werden immer auf der Seite des Anfangsbestandes gebucht
• Abgänge werden immer auf der Seite gegenüber des AB gebucht

S Aktivkonto H
Anfangsbestand Bestandsminderungen
Bestandsmehrungen Schlussbestand

S Passivkonto H
Bestandsminderungen Anfangsbestand
Schlussbestand Bestandsmehrungen
A1 Buchführung Grundlagen 209

Bilanz- • Aktiv-Passiv-Mehrung
veränderungen • Erhöhung des Vermögens und des Kapitals
• Erhöhung der Bilanzsumme
• Aktiv-Passiv-Minderung
• Verminderung des Vermögens und des Kapitals
• Minderung der Bilanzsumme
• Aktiv-Tausch
• es findet ein Vermögenstausch statt, eine Aktivposition erhöht sich,
eine andere wird geringer, die Passivpositionen bleiben unverän-
dert.
• die Bilanzsumme bleibt gleich
• Passiv-Tausch
• es findet ein Kapitaltausch statt, eine Passivposition erhöht sich, ei-
ne andere wird geringer, die Aktivpositionen bleiben unverändert
• die Bilanzsumme bleibt gleich

Ablauf der Buchführung mit Bestandkonten: Von Bilanz zu Bilanz

ŝůĂŶnjďƵĐŚ
Aktiva Eröffnungsbilanz 01.01 Passiva
Kasse
... Verbindlichkeiten gegenüber ...
KI
BGA Eigenkapital

,ĂƵƉƚďƵĐŚ;ĚŝĞĚĂnjƵŐĞŚƂƌŝŐĞŶƵĐŚƵŶŐƐƐćƚnjĞƐƚĞŚĞŶŝŵ'ƌƵŶĚďƵĐŚͿ
Soll Eröffnungsbilanzkonto (EBK) Haben
Verbindlichkeiten gegenüber KI Kasse
... ...
Eigenkapital BGA

Soll aktive Bestandskonten Haben Soll passive Bestandskonten Haben

Anfangsbestand Abgänge Abgänge Anfangsbestand


Zugänge Schlussbestand Schlussbestand Zugänge
Soll Schlussbilanzkonto (SBK) Haben
Kasse Verbindlichkeiten gegenüber KI
... ... ...
BGA Eigenkapital

ŝůĂŶnjďƵĐŚ
Aktiva Schlussbilanz 31.12 Passiva
Kasse Verbindlichkeiten gegenüber KI
... ...
BGA Eigenkapital

^ĐŚůƵƐƐďŝůĂŶnjϯϭ͘ϭϮ͘сƌƂĨĨŶƵŶŐƐďŝůĂŶnjĚĞƐŶćĐŚƐƚĞŶ:ĂŚƌĞƐ
210 Prüfungswissen Rechnungswesen

8. Erfolgskonten
Wesen Es gibt Geschäftsfälle, die das Eigenkapital verändern. Dies sind Erfolge
in Form von Aufwendungen und Erträgen. Diese Erfolge werden nicht auf
dem Eigenkapital gebucht. Zur besseren Übersicht werden Eigenkapital-
Unterkonten für die wichtigsten Erfolge gebildet: die Aufwands- und
Ertragskonten
Buchungen • Zum Jahresbeginn sind die Erfolgskonten leer (keine Anfangsbestände!)
• Während des Geschäftsjahres sammeln die Erfolgskonten die Aufwen-
dungen im Soll und Erträge im Haben.
Aufwandskonto an …. bzw. …. an Ertragskonto
• Am Jahresende werden die Erfolgskonten über das Gewinn- und
Verlustkonto (GuV) abgeschlossen, um durch den Vergleich der Auf-
wendungen und Erträge den Erfolg (Gewinn oder Verlust) des Ge-
schäftsjahres festzustellen.
• bei Ertragskonten: Ertragskonto an GuV
• bei Aufwandskonten: GuV an Aufwandskonto
• Das GuV-Konto wird über das Eigenkapital abgeschlossen. Damit
schließt sich der Kreis. Ein Gewinn mehrt das Eigenkapital, ein Ver-
lust mindert es.
• mehr Erträge als Aufwendungen = Mehrung des Eigenkapitals (Ge-
winn)
• GuV an Eigenkapital
• weniger Erträge als Aufwendungen = Minderung des EK (Verlust)
• Eigenkapital an GuV
Beispiele für • Zinsaufwendungen
Auf- • Löhne und Gehälter
wandskonten • Abschreibungen
• Provisionsaufwendungen
• Allgemeiner Verwaltungsaufwand (AVA)
• Steuern
Beispiele für • Zinserträge
Ertragskon- • Dividendenerträge
ten • Provisionserträge

S Aufwandskonto H
Aufwendungen Saldo

S Ertragskonto H
Saldo Erträge

Der Saldo der Erfolgskonten ist über GuV zu buchen.


A1 Buchführung Grundlagen 211

Soll Eigenkapital am Geschäftsjahresanfang Haben


Anfangsbestand

Unterkonten
Soll Aufwandskonten Haben Soll Ertragskonten Haben

Aufwendungen Saldo Saldo Erträge


(Eigenkapitalminderungen) (Eigenkapitalmehrungen)

Soll Gewinn- und Verlustrechnung Haben


Salden aller Aufwandskonten Salden aller Ertragskonten
Gewinn (wenn Erträge > Aufwendungen) Verlust (wenn Aufwendungen > Erträge)

Soll Eigenkapital am Geschäftsjahresende Haben


Evtl. Minderung durch Verlust Anfangsbestand
Schlussbestand (an SBK) Evtl. Mehrung durch Gewinn

9. Gemischte Konten
Definition ein gemischtes Konto ist gleichzeitig ein Bestands- und Erfolgskonto
Beispiel- in der Praxis werden gemischte Konten benutzt für
konten • eigene Wertpapiere
• Sorten
• Devisen
• Gold
Entstehung Erfolge entstehen durch Kursänderungen
von Erfolgen • Ertrag: ein KI verkauft Wertpapiere, Sorten oder Devisen zu einem hö-
heren Kurs als den Einkaufskurs (= realisierter Kursgewinn)
• Aufwand: ein KI verkauft Wertpapiere, Sorten oder Devisen zu einem
niedrigeren Kurs als dem Einkaufskurs (= realisierter Kursverlust)
Abschluss gemischte Konten haben zwei Abschlussbuchungen:
• der Erfolg geht in die GuV ein (Soll oder Haben)
• der aktive Bestand geht in das SBK ein

S Gemischtes Konto H
Anfangsbestand Minderungen des Anfangsbestandes
Mehrung des Anfangsbestandes Schlussbestand
eventueller Ertrag eventueller Aufwand
212 Prüfungswissen Rechnungswesen

Beispiel für ein Geschäftsjahr im Wertpapierhandel


• Eigene Wertpapiere = aktives gemischtes Bestandskonto
• Aktien der CONCEPTA AG und Aktien der BIOFORM AG = Skontren der Nebenbuchfüh-
rung (vgl. Personenbuch beim KKK)
• Buchungen: alle Buchungen, die auf dem Konto Eigene Wertpapiere vorgenommen werden,
werden deckungsgleich in die Skontren gebucht

Nebenbuch: Für jedes Wertpapier ein Skontro


Soll BIOFORM AG Haben
Datum Stück Kurs Kurswert Datum Stück Kurs Kurswert
08.02. 200 31,50 6.300,00 25.08. 100 40,00 4.000,00
31.10. 900 31,50 28.350,00 31.12. 1.000 31,50 31.500,00
31.12. Kursgewinn 850,00 ----------
1.100 35.500,00 1.100 35.500,00

Soll CONCEPTA AG Haben


Datum Stück Kurs Kurswert Datum Stück Kurs Kurswert
19.01. 500 62,50 31.250,00 15.03. 300 74,00 22.200,00
24.09. 800 62,50 50.000,00 31.12. 1.000 62,50 62.500,00
31.12. Kursgewinn 3.450,00
1.300 84.700,00 1.300 84.700,00

Hauptbuch: Zusammenfassung aller Wertpapiere


Soll Eigene Wertpapiere Haben
19.01. DBB 31.250,00 15.03. DBB 22.200,00
08.02 DBB 6.300,00 25.08. DBB 4.000,00
24.09. DBB 50.000,00 31.12. SBK 94.000,00
31.10. DBB 28.350,00 ---
31.12. GuV 4.300,00 ---
120.200,00 120.200,00
A1 Buchführung Grundlagen 213

10. Kundenkontokorrent (KKK)


Wesen des • Zusammenfassung des Debitoren- und Kreditoren-Kontos
KKK bzw. KK • Hauptbuchkonto (= Bestandskonto) für alle Forderungen und
Verbindlichkeiten aus dem täglich fälligen Kundengeschäft
• gleichzeitiges Aktiv- und Passivkonto (= zusammengesetztes
Bestandskonto)
• Zusammenfassung aller Debitoren- und Kreditorennebenbuchkonten
(siehe Personenbuch) zu einem Hauptbuchkonto
• 2 Anfangsbestände: Forderungen an Kunden im Soll, Verbindlichkeiten
gegenüber Kunden im Haben
• 2 Schlussbestände: Forderungen an Kunden im Haben, Verbindlichkei-
ten gegenüber Kunden im Soll
• Gutschriften sind sowohl für Debitoren als auch für Kreditoren Haben-
buchungen
• Belastungen sind sowohl für Debitoren als auch für Kreditoren
Sollbuchungen
• Das KKK wird kürzer auch gern mit KK abgekürzt.
Personenbuch • neben dem Hauptbuchkonto KK wird ein Personenbuch geführt
• im Personenbuch (Nebenbuch) befindet sich für jeden Kunden sein per-
sönliches Konto (= Skontro)
• der Schlussbestand der Forderungen im KK-Hauptbuchkonto ergibt sich
aus der Summe aller Debitorenendbestände im Skontro, der Schlussbe-
stand der Verbindlichkeiten aus der Summe aller Kreditorenendbestände
im Skontro.
Abschluss • Saldo aller Debitoren (Summe) = SBK an KK
des KK • Saldo aller Kreditoren (Summe) = KK an SBK

S Kundenkontokorrent – KK H
Anfangsbestand – Debitoren Anfangsbestand – Kreditoren
Zunahme der debitorischen Kontostände Abnahme der debitorischen Kontostände
Abnahme der kreditorischen Kontostände Zunahme die kreditorischen Kontostände
Belastungen für KK-Kunden Gutschriften für KK-Kunden
Schlussbestand – Kreditoren Schlussbestand – Debitoren
214 Prüfungswissen Rechnungswesen

11. Bankenkontokorrent (BKK)


Wesen • Geschäftsbeziehungen mit anderen Banken
des BKK • Forderungen und Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten müssen
von den übrigen Forderungen und Verbindlichkeiten getrennt in der
Bankbilanz ausgewiesen werden. Daher ist neben dem Kunden-KK
auch ein Banken-KK notwendig.
• gleichzeitiges Aktiv- und Passivkonto (= zusammengesetztes Be-
standskonto)
• 2 Anfangsbestände + 2 Schlussbestände
Nebenbuch • neben dem Hauptbuchkonto BKK wird ein Nebenbuch geführt
• im Nebenbuch befindet sich für jede Kontoverbindung zu einer
anderen Bank ein eigenes Konto (= Skontro) wie beim Kunden-KK.
• alle einzelnen Anfangsbestände, Umsätze und Schlussbestände des
Nebenbuches stimmen immer mit dem Anfangsbestand, den Umsätzen
und dem Schlussbestand des BKK-Hauptbuchkontos überein.
Lorokonto • Da Banken als Kaufleute buchführungspflichtig sind, muss jede Bank
Nostrokonto Forderungen und Verbindlichkeiten gegenüber ihren Korrespondenz-
banken und deren Veränderungen aufzeichnen.
• Eine Bank ist der offizielle Kontoführer, der u. a. der anderen Seite die
Kontoauszüge zuschickt:
• Der Kontoführer führt ein Lorokonto für die Korrespondenzbank. Diese
hat als Nicht-Kontoführer ein Nostrokonto.
• Für Buchungssätze ist es unerheblich, ob ein Nostro- oder Lorokonto
vorliegt. Jede Bank bucht in ihren Büchern! Merkhilfe:
• Lorokonto = leider bei uns
• Nostrokonto = nicht bei uns
Abschluss • Abschluss aller Skontren im Nebenbuch
des BKK • Saldo aller Forderungen (Summe) =
Schlussbestand-Forderungen beim BKK (Habenseite)
SBK an BKK
• Saldo aller Verbindlichkeiten (Summe) =
Schlussbestand-Verbindlichkeiten beim BKK (Sollseite)
BKK an SBK

S Bankenkontokorrent – BKK H
Anfangsbestand – Forderungen Anfangsbestand – Verbindlichkeiten
Zunahme der Forderungen Zunahme der Verbindlichkeiten
Abnahme der Verbindlichkeiten Abnahme der Forderungen
Belastungen für die Korrespondenzbanken Gutschriften für die Korrespondenzbanken
Schlussbestand – Verbindlichkeiten Schlussbestand – Forderungen
A2 A2 Bewertung von Sachanlagen

Bewertung von Sachanlagen

1. Umsatzsteuer bei Kreditinstituten


Wesen Die Umsatzsteuer ist eine Steuer für den privaten, inländischen Endver-
braucher. Kaufleute müssen die Umsatzsteuer beim Verkauf von Waren
oder Abrechnung ihrer Dienstleistungen dem Kunden in Rechnung stellen
und ans Finanzamt abführen. Von Unternehmen gezahlte Umsatzsteuer
wird in der Regel als Vorsteuer vom Finanzamt erstattet.
Ausnahmen Von der Umsatzsteuerpflicht gibt es aber zahlreiche Ausnahmen: So sind
die meisten Bankgeschäfte von der Umsatzsteuer befreit, nur einige
Bankgeschäfte unterliegen der Umsatzsteuerpflicht!
umsatzsteuer- • Edelmetalle & Münzen: Umsätze von Edelmetallen, Münzen und
pflichtige Um- Medaillen, ausgenommen Goldbarren und Goldmünzen, die ge-
sätze setzliche Zahlungsmittel sind.
• Vermittlungen: Provisionen aus Vermittlungsgeschäften (z. B. Makler-
courtage aus Immobiliengeschäften)
• Sicherungsgut: Verkauf von Sicherungsgut im eigenen Namen der
Bank
• Vermietung von Schließfächern
• Wertpapierdepot: Verwahrung und Verwaltung von Wertpapieren
(nicht der Wertpapierhandel und die Anlageberatung)
Konten • Vorsteuer: gezahlte Umsatzsteuer im umsatzsteuerpflichtigen Ge-
schäft bekommen Kaufleute vom Finanzamt erstattet:
• Aktivkonto: Forderungen ans Finanzamt
• Umsatzsteuer (Mehrwertsteuer): im umsatzsteuerpflichtigen Geschäft
den Kunden in Rechnung gestellte Umsatzsteuer, muss ans Finanzamt
abgeführt werden:
• Passivkonto: Verbindlichkeiten gegenüber dem Finanzamt
Die Behandlung der Umsatzsteuer beim Kauf und Verkauf
Behandlung der Umsatzsteuer beim Kauf
Der gekaufte Gegenstand dient der Erzielung ...
... umsatzsteuerfreier Umsätze ... umsatzsteuerpflichtiger Umsätze
• die gezahlte Umsatzsteuer ist ein Teil der • Vorsteuer ist eine Forderung an das Fi-
Anschaffungskosten nanzamt
• Aktivierung im aktiven Bestandskonto und • Nur der Nettobetrag wird im Bestandskonto
Abschreibung oder oder Aufwandskonto erfasst.
• Buchung als Verwaltungsaufwand mit dem
Bruttopreis

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019
W. Grundmann und R. Rathner, Bankwirtschaft, Rechnungswesen
und Steuerung, Wirtschafts- und Sozialkunde, Prüfungstraining für
Bankkaufleute, https://doi.org/10.1007/978-3-658-23965-7_11
216 Prüfungswissen Rechnungswesen

Buchungssätze
BGA oder AVA (Bruttopreis) BGA oder AVA (Nettopreis)
an DBB oder BKK oder KK Vorsteuer
an DBB oder BKK oder KK
Behandlung der Umsatzsteuer beim Verkauf
Der gekaufte Gegenstand dient der Erzielung ...
... umsatzsteuerfreier Umsätze ... umsatzsteuerpflichtiger Umsätze
• es wird keine Umsatzsteuer in Rechnung • Umsatzsteuer muss in Rechnung gestellt
gestellt werden
Buchungssätze
DBB oder BKK oder KK
DBB oder BKK oder KK
an BGA
an BGA
an Umsatzsteuer
Abschluss der Konten Umsatzsteuer (USt) und Vorsteuer (VSt)
VSt < USt • Forderungen (Vorsteuer) und Verbindlichkeiten (Umsatzsteuer) werden
(Umsatzsteuer- gegenüber dem Finanzamt nicht getrennt abgerechnet. Die Bank kann
zahllast) die abzuführende Umsatzsteuer mit der Vorsteuer verrechnen. Dazu
schließt sie das Konto Vorsteuer über Umsatzsteuer ab.
Buchungssatz: Umsatzsteuer an Vorsteuer
• die einbehaltene Umsatzsteuer, welche die gezahlte Vorsteuer über-
steigt, muss ans FA abgeführt werden (Zahllast):
Buchungssatz: Umsatzsteuer an DBB oder BKK bzw. SBK beim Jah-
resabschluss
Bilanzierung als sonst. Verbindlichkeiten (Passiva)

Beispiel Umsatzsteuerzahllast
S Vorsteuer H S Umsatzsteuer H
DBB 6.000,00 USt 6.000,00 VSt 6.000,00 BGA 13.000,00
DBB/SBK 7.000,00
6.000,00 6.000,00 13.000,00 13.000,00
A2 Bewertung von Sachanlagen 217

2. Allgemeines zur Bewertung


Anlage- • Sachanlagen (Immobilien, Betriebs- und Geschäftsausstattung,
vermögen Fuhrpark)
Aktivierung • = Bilanzierung (Wertansatz im Betriebsvermögen)
• Kaufpreis – Rabatt + Anschaffungsnebenkosten = Anschaffungs-
kosten
• Beispiele für Nebenkosten
• Überführungskosten bei Kfz
• Versandkosten
• Grundbucheintragungen bei Immobilienerwerb
• Aktivierung im umsatzsteuerfreien Geschäft zu Bruttokosten (inklusive
USt.), im umsatzsteuerpflichtigen Geschäft zu Nettokosten (ohne USt,
da sie der Bank im umsatzsteuerpflichtigen Geschäft vom Finanzamt als
Vorsteuer erstattet wird)
Abschrei- • = Wertminderungen durch Abnutzung
bungen • Abschreibungen bilden einen Aufwand für die Bank (Minderung der
Steuerschuld, da Senkung des Gewinnes)
• das Finanzamt gibt sog. AfA-Tabellen vor
• Nutzungsdauer der Sachanlagen = Abschreibungsdauer (in Jahren)
Buchung der vorbereitende Abschlussbuchung:
Abschreibung • Abschreibung auf Sachanlagen an BGA, GWG oder SP
(BGA Betriebs- und Geschäftsausstattung, GWG Geringwertige Wirtschaftsgüter, SP Sam-
melposten)
Aktuelle • Anlagegegenstände mit einem Wert bis 250,00 EUR (bis 2017: 150,00
Abschrei- EUR) netto (also ohne USt.) können bei ihrer Anschaffung sofort als
bungs- Aufwand (Konto: AVA oder – falls vorhanden – Aufwendungen für
regelungen Sachanlagen) gebucht werden, d. h. eine Abschreibung am Jahres-
ende entfällt.
• Anschaffungen über 250 EUR (bis 2017: 150,00 EUR) bis 1.000 EUR
1
(netto) können im Pool (Sammelposten) jährlich mit /5 ihres Wertes ab-
geschrieben werden. Konto SP: Sammelposten
• Geringwertige Wirtschaftsgüter (GWG) bis 800 Euro (bis 2017: 410,00
EUR) (netto) können im Jahr der Anschaffung in voller Höhe abge-
schrieben werden.
Konto GWG: Geringwertige Wirtschaftsgüter
• Ansonsten sind Anschaffungen linear oder degressiv (falls im Jahr der
Anschaffung erlaubt), monatsgenau über die Nutzungsdauer abzu-
schreiben.
Konto BGA: Betriebs- und Geschäftsausstattung
218 Prüfungswissen Rechnungswesen

3. Lineare Abschreibung
Definition • die Abschreibung erfolgt in jährlich gleichbleibenden Beträgen
• Im Jahr der Anschaffung wird monatsgenau abgeschrieben, d. h. eine
am 20. April angeschaffte Sachanlage wird im Anschaffungsjahr 9 vol-
le Monate (April bis Dez.) abgeschrieben, im letzten Jahr 3 Monate.
Abschreibungs- • Abschreibungsbetrag = Anschaffungskosten / Nutzungsjahre
höhe • Anschaffungsprozentsatz = 100 % / Nutzungsjahre
Beispiel Kauf eines Pkws am 30. September für EUR 60.000,00
Nutzungsdauer 5 Jahre
60.000
Abschreibungsbetrag pro Jahr: 12.000,00 EUR =
5
Abschreibungs- Jahr Buchwert Abschreibung Buchwert
plan Jahres- Jahresende
anfang
1 60.000,00 12.000,00 * 4/12 = 4.000,00 56.000,00
2 56.000,00 12.000,00 44.000,00
3 44.000,00 12.000,00 32.000,00
4 32.000,00 12.000,00 20.000,00
5 20.000,00 12.000,00 8.000,00
6 8.000,00 12.000,00 * 8/12 = 8.000 0,00
Erinnerungswert Wird die Sachanlage nach Ende der Abschreibung weiter genutzt, bleibt
sie mit 1,00 Euro Erinnerungswert stehen (die letzte Abschreibung ist
dann 1,00 Euro geringer)

Buchung des Beispiels im Hauptbuch


im 1. Jahr
S BGA H S Abschreibung auf Anlagen H
Kauf 60.000,00 Ab. a. A. 4.000,00 BGA 4.000,00 GuV 4.000,00
-------- SBK 56.000,00 4.000,00 4.000,00
60.000,00 60.000,00
im 2. Jahr
S BGA H S Abschreibung auf Anlagen H
EBK 56.000,00 Ab. a. A. 12.000,00 BGA 12.000,00 GuV 12.000,00
-------- SBK 44.000,00 12.000,00 12.000,00
56.000,00 56.000,00
Buchung der Abschreibungen im Grundbuch:
Vorbereitende
Abschreibung auf Sachanlagen
Abschluss- ∗ Betrag nach Abschreibungsplan
an BGA, GWG oder SP
buchung
Abschluss- SBK ∗ Bilanzierung zum Restbuchwert
buchungen an BGA oder SP GWG = 0!
GuV ∗ Aufwand zur Minderung des zu
an Abschreibungen auf Sachanl. versteuernden Gewinns
A2 Bewertung von Sachanlagen 219

4. Degressive Abschreibung
Definition • die Abschreibung erfolgt mit einem festen Prozentsatz vom Rest-
buchwert, dadurch entstehen jährlich fallende Abschreibungsbeträ-
ge
• der Restbuchwert erreicht nie den Wert EUR 0,00
Abschrei- • Der Abschreibungssatz ist von gesetzlichen Regelungen abhängig. Seit
bungssatz 2008 ist die degressive Abschreibung generell abgeschafft, aber
• für Neuanschaffungen in 2009 und 2010 galt zur Konjunkturbelebung:
Der Abschreibungssatz beträgt das 2,5-fache der linearen AfA, darf aber
25 % nicht übersteigen.
• In der Zukunft kann die Politik z. B. zur Belebung der Wirtschaft die de-
gressive Abschreibung wieder zulassen.
Abschrei- • Abschreibungsbetrag = aktueller (Rest-)Buchwert / 100 * Abschrei-
bungsbetrag bungssatz
• monatsgenau: Im Anschaffungsmonat wird voll vom 1. d.M. abgeschrieben
Wechsel der • während der Nutzungsdauer darf man von der degressiven AfA zur
Abschrei- linearen AfA wechseln, um den Restwert am Ende der Nutzung zu
bungs- erreichen.
methoden • sobald der Abschreibungsbetrag nach der linearen Methode (Restbuch-
wert / Restlaufzeit) über dem Abschreibungsbetrag nach der degressi-
ven Methode liegt, lohnt sich der Wechsel, wenn man Ertragssteuern
sparen will. Ein Wechsel von der linearen zur degressiven Abschreibung
ist nicht erlaubt!
Beispiel • Kauf eines Geldtransporters im Januar, Wert 81.920,00 EUR, Nut-
zungsdauer 5 Jahre. Es soll möglichst schnell abgeschrieben werden!
• AfA-Satz linear: 100 % / 5 Jahre = 20 %
• AfA-Satz degressiv: 20 % * 2,5 = 50 %, aber maximal 25 % sind zulässig!
Abschrei- degressive AfA
bungsplan
Buchwert Buchwert
Jahr AfA
Jahresanfang Jahresende
1 81.920,00 20.480,00 61.440,00
2 61.440,00 15.360,00 46.080,00
3 46.080,00 11.520,00 34.560,00
4 34.560,00 8.640,00 25.920,00
5 25.920,00 6.480,00 19.440,00
• Im 1. Jahr ergibt die degressive Abschreibung in dem Beispiel den Ab-
schreibungsbetrag von 20.480,- (25 % von 81.920).
• Im 2. Jahr ergibt die degressive Abschreibung den Abschreibungsbetrag
von 15.360,- (25 % vom Restbuchwert 61.440,-) usw.
• Spätestens im letzten Jahr müsste zur linearen Abschreibung gewech-
selt werden, damit der Geldtransporter am Ende der Nutzungsdauer
ganz abgeschrieben ist.
220 Prüfungswissen Rechnungswesen

5. Verkauf genutzter Sachanlagen


Grundlagen • Sachanlagen werden oft während der Nutzungsdauer veräußert.
• Der Veräußerungspreis weicht meistens vom aktuellen Buch-
wert ab.
• Wurde der Gegenstand zur Erzielung steuerpflichtiger Umsätze
eingesetzt, muss Umsatzsteuer in Rechnung gestellt werden.
zeitanteilige • Bei einem Verkauf des Gegenstandes (außer Sammelposten)
Abschreibung kann eine zeitanteilige Abschreibung für das laufende Jahr
vorgenommen werden (es werden immer nur volle Monate be-
rücksichtigt).
Verkaufserlös unter Der Verkaufserlös unter Buchwert bedeutet einen zusätzlichen Auf-
Buchwert wand:
DBB oder BKK oder KK Verkauf
an BGA
evtl. an USt
sonstiger betrieblicher Aufwand Erfassung des Verlustes aus
an BGA dem Verkaufserlös
Verkaufserlös zum Der Verkaufserlös unter Buchwert bedeutet einen reinen Aktiv-
Buchwert tausch:
DBB oder BKK oder KK Verkauf
an BGA
evtl. an USt
Verkaufserlös über Der Verkaufserlös unter Buchwert bedeutet einen zusätzlichen Er-
Buchwert trag:
DBB oder BKK oder KK Verkauf
an BGA
evtl. an USt
BGA Erfassung des Gewinns aus
an sonstige betriebliche Erträge dem Verkaufserlös
A3 A3 Bewertung von Forderungen

Bewertung von Forderungen

1. Übersicht
Wesen • Forderungen sind ausgegebene Kredite an Privatpersonen, Firmen-
kunden, andere Kreditinstitute und an die öffentliche Hand (Bund,
Land, Gemeinde ...)
• Forderungen sind Bestandteile des Umlaufvermögens
• die Bilanzierung erfolgt nach dem tatsächlichen Wert der Forderung
(= Niederstwertprinzip)

Aufteilung der Forderungen


übrige
uneinbringliche zweifelhafte risikofreie
risikobehaftete
Forderungen Forderungen Forderungen
Forderungen
Beispiele: Kunde A Beispiele: Das ge- Beispiel: Forderun- Beispiel: Kunden mit
musste die eidesstatt- richtliche Mahnver- gen an die Stadt guter Bonität
liche Versicherung/ fahren ist eingeleitet, Bocholt
Vermögensauskunft das Insolvenz-
abgegeben; das In- verfahren ist eröffnet
solvenzverfahren ist
abgeschlossen
• sofortige, direkte • indirekte Abschrei- • kein Ausfallrisiko • erfahrungsgemä-
Abschreibung des bung in Höhe des • keine Abschrei- ßes, latentes Aus-
feststehenden Aus- wahrscheinlichen bung fallrisiko
falls Ausfalls durch Bil- • Abschreibung er-
dung einer Einzel- folgt pauschal und
wertberichtigung indirekt für alle be-
(EWB) am Jahres- troffenen Konten
ende durch Bildung einer
Pauschalwertbe-
richtigung (PWB)
am Jahresende

Buchungssätze
Abschr. auf F. Abschr. auf F. Abschr. auf F.
an KK an EWB an PWB
GuV GuV GuV
---
an Abschr. auf F. an Abschr. auf F. an Abschr. auf F.
EWB PWB
an SBK an SBK
SBK an KK (Debitorenendbestand)

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W. Grundmann und R. Rathner, Bankwirtschaft, Rechnungswesen
und Steuerung, Wirtschafts- und Sozialkunde, Prüfungstraining für
Bankkaufleute, https://doi.org/10.1007/978-3-658-23965-7_12
222 Prüfungswissen Rechnungswesen

2. Abschreibung uneinbringlicher Forderungen


Abschreibung uneinbringliche Forderungen werden direkt abgeschrieben
Beispiel Ein Kunde hat sein Konto mit 20.000,00 EUR überzogen. Die Vermö-
gensauskunft hat kein verwertbares Vermögen gebracht.
Buchung Die Forderung ist nach Abschluss des gerichtlichen Mahnverfahrens
uneinbringlich:
Abschreibung auf Forderungen
20.000,00
an KK

3. Abschreibung zweifelhafter Forderungen


Abschreibung • Bewertung nach dem Vorsichtsprinzip
• Risikovorsorge für mögliche, künftige Forderungsausfälle
• EWB = passives Bestandskonto (indirekte Abschreibung)
• Bildung in Höhe des erwarteten Ausfalls (100 % abzüglich Insolvenzquo-
te)
• Insolvenzquote = erwarteter Geldeingang
Bilanzierung • EWB werden nicht bilanziert, sondern müssen lt. RechKredV vom Aktiv-
posten Forderungen abgezogen werden.
• indirekte AfA = KK wird insofern nicht berührt, der Kunde erfährt nichts
auf dem Kontoauszug, die Forderung bleibt in der ursprünglichen Höhe
erhalten
Beispiel Ein Firmenkunde hat Insolvenz angemeldet. Die Bank hat gegen ihn eine
Forderung aus einem Investitionskredit in Höhe von 100.000,00 EUR. Am
Ende des Geschäftsjahres wird die Insolvenzquote auf 25 % geschätzt.
Buchungen Buchung am Abschr. auf Ford.
75.000,00 EUR
Jahresende an EWB
• Abschluss des Insolvenzverfahrens im neuen Jahr
• die Insolvenzquote wird über DBB überwiesen
• Auflösung der EWB, da die Restforderung endgültig uneinbringlich ist.
Buchungen zum DBB Geldeingang
Abschluss des an KK
Insolvenzverfahrens, EWB Auflösung EWB
unabhängig von der an KK
Höhe des Geldein-
gangs
Fall 1: Der Geldeingang ist genauso hoch wie geschätzt:
eine weitere Buchung ist nicht nötig: EWB und das Kundenkonto haben
einen Saldo von 0,00 EUR. Das Kundenkonto muss aufgelöst werden
(Firma existiert nicht mehr).
A3 Bewertung von Forderungen 223

Fall 2: Der Geldeingang ist größer als geschätzt:


eine weitere Buchung ist nötig: Das Kundenkonto muss einen Saldo von
0,00 haben, damit es aufgelöst werden kann. Es entsteht ein Ertrag, da
die Abschreibung aus dem Vorjahr zu hoch war.
zusätzliche Buchung im KK
Fall 2 (Geldeingang an Erträge aus Zuschreibungen zu Ford.
über den Erwartungen)
Buchungen Fall 3: Der Geldeingang ist niedriger als geschätzt: eine weitere Buchung
ist nötig: Das Kundenkonto muss einen Saldo von 0,00 haben, damit es
aufgelöst werden kann.
Es entsteht ein weiterer Aufwand.
zusätzliche Buchung im Abschr. auf Ford.
Fall 3 (Geldeingang an KK
unter den Erwartungen)

4. Abschreibung der Forderungen mit latentem Ausfallrisiko


Bedeutung • Bewertung von einwandfreien Forderungen mit verstecktem Ausfall-
risiko: Die Erfahrung zeigt, dass auch von diesen Forderungen einige
ausfallen, es wurde bisher nur noch nicht bemerkt.
• Achtung! hiervon ausgenommen sind risikofreie Forderungen.
Risikofreie Forderungen sind z. B. Kredite an öffentlich-rechtliche
Körperschaften oder OECD-Staaten.
• (unversteuerte) PWB = diese PWB mindern den zu versteuernden
Gewinn der Bank
Bilanzierung • Die PWB wird wie die EWB nicht bilanziert, sondern muss lt.
RechKredV vom Aktivposten Forderungen abgezogen werden.
Maßgeblicher durchschnittlcher Forderungsausfall der letzten 5 Jahre
Forderungs- - 40 % des durchschnittl. Forderungsausfalls der letzten 5 Jahre
ausfall (max. der Saldo des Kontos EWB des aktuellen Bilanzstichtages)
= maßgeblicher Forderungsausfall
PWB-Satz in % maßgeblicher Forderungsausfall (s. o.) * 100
durchschnittl. risikobehaftetes Kreditvolumen der letzten 5 Jahre
Berechnung Kreditvolumen vor Abschreibung
der PWB - direkte Abschreibungen
= Kreditvolumen nach Abschreibung (SBK)
- einzelwertberichtigte Forderungen (zu 100 %)
- risikofreie Forderungen
= verbleibendes risikobehaftetes KV des Bilanzstichtages
• unversteuerte PWB =
verbleibendes risikobehaftetes KV des Bilanzstichtages *
PWB-Satz in % / 100
224 Prüfungswissen Rechnungswesen

Aktualisierung • PWB des Vorjahres < PWB des Bilanzstichtages


der PWB • Die PWB muss erhöht werden:
• Abschreibungen auf Forderungen an PWB
• PWB des Vorjahres = PWB des Bilanzstichtages
• Die PWB stimmt, kein Handlungsbedarf
• PWB des Vorjahres > PWB des Bilanzstichtages
• die PWB muss verringert werden
• PWB an Erträge aus der Zuschreibung zu Forderungen

Beispiel für die Bewertung von Forderungen:


Forderungen vor Abschreibung: 83.000,00 EUR
davon:
Debitor A 5.000,00 EUR
uneinbringlich 3.000,00 EUR
Debitor B 4.000,00 EUR
wahrscheinlicher Ausfall 1.000,00 EUR
Debitor Bundesland Bayern 6.000,00 EUR
Pauschalwertberichtigung: 0,5 %, bisherige Pauschalwertberichtigung 330,00 EUR.
Lösung:
• Abschreibung uneinbringlicher Forderungen:
Abschreibung auf Forderungen an KK 3.000,00 EUR
• Abschreibung zweifelhafter Forderungen:
Abschreibung auf Forderungen an Einzelwertberichtigungen 1.000,00 EUR
• Abschreibung der Forderungen mit latentem Ausfallrisiko:
Debitoren vor Abschreibung: 83.000,00 EUR
- uneinbringliche Forderungen (von der gesamten Forderung an - 3.000,00 EUR
Debitor A nur den uneinbringlichen Teil)
Debitoren nach Abschreibung (=Endbestand SBK) = 80.000,00 EUR
- zweifelhafte Forderungen (die gesamte zweifelhafte Forderung und - 4.000,00 EUR
nicht nur der wahrscheinliche Ausfall)
- sichere Forderungen - 6.000,00 EUR
Forderungen mit latentem Ausfallrisiko = 70.000,00 EUR
0,5 % Pauschalwertberichtigung von 70.000,00 EUR = 350,00 EUR
abzüglich bereits vorhandener Pauschalwertberichtigung von 330,00 EUR ergibt dies eine
notwendige Zuführung von 20,00 EUR.
Abschreibung auf Forderungen an Pauschalwertberichtigung 20,00 EUR
A4 A4 Bewertung von Wertpapieren

Bewertung von Wertpapieren

1. Überblick
Zur Bewertung muss man die Wertpapiere unterscheiden in:
Wertpapiere Wertpapiere Wertpapiere
der Liquiditätsreserve des Handelsbestandes des Anlagevermögens
Bewertung zum strengen Bewertung zum Bewertung zum
Niederstwertprinzip Zeitwertprinzip (Fair Value) gemilderten
Niederstwertprinzip

• Für die Einteilung ist die Absicht beim Kauf maßgeblich (Aktennotiz), nicht die Länge des tat-
sächlichen Verbleibs in der Bank.
• Bei der Bilanzierung erfolgt keine Unterteilung nach Wertpapieren der Liquiditätsreserve, des
Handelsvermögens und des Anlagevermögens.
• Festverzinsliche Wertpiere und Aktien werden getrennt bilanziert.
• Festverzinsliche Wertpapiere werden einschließlich der bis zum Bilanzstichtag aufgelaufe-
nen, noch nicht vereinnahmten Zinsen bilanziert.

2. Wertpapiere der Liquiditätsreserve


strenges • Bei der Bewertung der Wertpapiere der Liquiditätsreserve wird der
Niederstwert- Anschaffungskurs und der Kurs am Bilanzstichtag verglichen:
prinzip • Ist der Anschaffungskurs unter dem Kurs am Bilanzstichtag, bleibt
es bei der Bewertung zum niedrigeren Anschaffungskurs.
• Ist der Kurs am Bilanzstichtag unter dem Anschaffungskurs,
muss eine direkte Abschreibung auf den niedrigeren Wert erfol-
gen! Die Wertpapiere der Liquiditätsreserve werden dann zum nied-
rigeren Kurs am Bilanzstichtag bilanziert.
Anschaffungs- • Bei mehreren Käufen desselben Wertpapiers wird der durchschnittli-
wert che Anschaffungskurs des Bilanzjahres errechnet (gewogener Durch-
schnitt des Anfangsbestandes und aller Käufe in diesem Jahr).
• Wertsteigerungen über den Anschaffungskurs (nicht realisierte Kurs-
gewinne) dürfen bei Wertpapieren der Liquiditätsreserve und des An-
lagevermögens nicht ausgewiesen werden.
spätere • Bei einer Bewertung zum Niederstwertprinzip ist nach erfolgter Ab-
Kurserholung schreibung eine spätere Wertaufholung vorgesehen (Zuschreibung
maximal bis zu den Anschaffungskosten), wenn der Kurs des
Wertpapiers später wieder steigt.

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W. Grundmann und R. Rathner, Bankwirtschaft, Rechnungswesen
und Steuerung, Wirtschafts- und Sozialkunde, Prüfungstraining für
Bankkaufleute, https://doi.org/10.1007/978-3-658-23965-7_13
226 Prüfungswissen Rechnungswesen

Beispiel für die Bewertung festverzinslicher WP der Liquiditätsreserve


Soll Skontro Liquiditätsreserve 7,5 % Bundes-Obligationen 01.08. gzj. Haben
Datum Vorgang Nenn- Kurs % Kurswert Datum Vorgang Nenn- Kurs % Kurswert
wert wert
02.02. Kauf 100.000 101,0 101.000,00 01.07. Verkauf 250.000 103,5 258.750,00
03.03. Kauf 200.000 104,0 208.000,00 31.12. Endbestand 50.000 102,0 52.571,92
31.12. WP-Zinserträge 1.571,92 31.12. Ab.a.WP 50.000 1,0 500,00
31.12. real. Erfolg 1.250,00 -----
311.821,92 311.821,92

Erläuterungen
Börsenkurs 102 % (muss in der Aufgabe angegeben sein)
zum 31.12.
durchschn. (101.000,00 + 208.000 Kurswert) : 300.000,00 Nennwert = 103 %
Anschaffungskurs
realisierter Erfolg 250.000,00 EUR Nennwert * 0,50 % (Verkaufskurs 103,5 % - durch-
durch den Verkauf schnittlicher Ankaufskurs 103 %) = 1.250,00 EUR (Gewinn)
Nennwert am 300.000,00 EUR NW Kauf - 250.000,00 EUR NW Verkauf =
Jahresende 50.000,00 EUR Nennwert
Bilanzierungskurs erfolgt zum niedrigeren Kurs (strenges Niederstwertprinzip):
Ankaufskurs: 103 % und Kurs am Bilanzstichtag 102 %
50.000 * 102 % = 51.000,00 EUR
aufgelaufene 50.000 * 7,5 * 153 Tage (vom 1.8. – 31.12. einschl.) / 36500 =
Stückzinsen 1.571,92 EUR
Bilanzausweis Kurswert (zum Niederstwert) + aufgelaufene Stückzinsen =
51.000 EUR + 1.571,92 EUR = 52.571,92 EUR
Abschreibungs- 50.000 Nennwert * 1,00 %
betrag (durchschnittlicher Anschaffungskurs 103 %
- Bilanzierungskurs 102%) = 500,00 EUR
A4 Bewertung von Wertpapieren 227

3. Wertpapiere des Handelsbestandes


Zeitwert-Prinzip • Bei der Bewertung der Wertpapiere des Handelsbestandes wird der
(Fair Value) Kurs am Bilanzstichtag abzüglich eines Risikoabschlages ge-
nommen. Der Risikoabschlag soll die Gefahr ein wenig mindern, nicht
realisierte Gewinne auszuweisen und auszuschütten, die später bei
fallenden Kursen nicht realisiert werden könne. Ist der Kurs am Bilanz-
stichtag daher unter den Anschaffungskurs gefallen, beträgt der Risi-
koabschlag 0%.
Handelsergebnis • Bei Wertpapieren des Handelsbestandes erfolgt eine Verrechnung
von realisierten und nicht realisierten Kursgewinnen und -
verlusten!
• saldierter Ausweis in der GuV-Rechnung (Ausnahme vom Saldie-
rungsverbot von Aufwendungen und Erträgen)
• falls insgesamt per Saldo der Wertpapierhandel negativ war:
Nettoaufwand aus Finanzgeschäften
• falls insgesamt per Saldo der Wertpapierhandel positiv war:
Nettoertrag aus Finanzgeschäften
Risikovorsorge • Die Bilanzierung zum Zeitwert bedeutet die Ausweisung und evtl. die
für den Handels- Ausschüttung noch nicht realisierter Gewinne, die später in Krisen evtl.
bestand nicht realisiert werden können. Das HGB versucht daher Vorsorge
gegen diese Gefahr zu treffen:
• Vom aktuellen Kurswert der Handelspapiere ist ein Risikoabschlag
abzuziehen.
• Mindestens 10 % der Nettoerträge des Handelsbestandes sind dem
„Fonds für allgemeine Bankrisiken“ zuzuführen (§ 340g HGB).
• Dieser Posten darf nur zum Ausgleich von Nettoaufwendungen des
Handelsbestandes aufgelöst werden oder soweit er 50 % des durch-
schnittlichen Nettoertrages der letzten fünf Jahre übersteigt.

Beispiel für die Bewertung von Wertpapieren des Handelsbestandes


Soll Skontro: Handelsbestand ABC AG Haben
Datum Vorgang Stück Kurs Kurswert Datum Vorgang Stück Kurs Kurswert
02.01. AB 1.000 55,00 55.000,00 23.08. Verkauf 1.500 48,50 72.750,00
15.06. Kauf 3.000 50,00 150.000,00 31.12. real. Verlust 4.125,00
31.12. unreal. Gewinn 4.875,00 31.12. Endbestand 2.500 53,20 133.000,00
209.875,00 209.875,00

Erläuterungen
Börsenkurs 56,00 EUR je Aktie Bewertungsabschlag 5 %
zum 31.12. (muss in der Aufgabe angegeben sein)
durchschn. (55.000,00 + 150.000,00) : 4000 Aktien = 51,25 EUR/Aktie
Anschaffungskurs
realisierter Erfolg 1.500 verkaufte Aktien * -2,75 EUR (Verkaufskurs 48,50 -
durch den Verkauf durchschnittlicher Ankaufskurs 51,25) = -4125 EUR (Verlust)
228 Prüfungswissen Rechnungswesen

Bestand am 4.000 gekaufte Aktien – 1.500 verkaufte Aktien = 2.500 Aktien


Jahresende
Bilanz- erfolgt zum Zeitwert (Fair value) abzüglich Risikoabschlag
Bewertungskurs 56,- EUR Kurs am Bilanzstichtag abzüglich 5 % Risikoabschlag:
53,20 EUR
Bilanzausweis 2.500 Aktien Bestand * 53,20 EUR = 133.000,00 EUR
Nicht realisierter 2.500 Stück * 1,95 EUR (durchschnittlicher Anschaffungskurs 51,25
Erfolg durch die - Bewertungskurs 53,20) = 4.875,00 EUR
Bewertung des
Endbestandes
Nettoerfolg aus realisierter Verlust 4.125,- + nicht realisierter Erfolg 4.875,- =
Finanzgeschäften 750,00 EUR Nettoertrag aus Finanzgeschäften. Hiervon sind min-
destens 10 % dem Fonds für allgemeine Bankrisiken zuzuführen.

4. Wertpapiere des Anlagevermögens


gemildertes • Bei der Bewertung der Wertpapiere des Anlagevermögens wird der
Niederstwert- Anschaffungskurs und der Kurs am Bilanzstichtag verglichen:
prinzip • Ist der Kurs gefallen, muss bei einer voraussichtlich dauernden
Wertminderung auf den niedrigeren Wert am Bilanzstichtag
abgeschrieben werden,
• Bei einer voraussichtlich nicht dauernden Wertminderung kann
abgeschrieben werden.
• Ist der Kurs gestiegen, ist der Anschaffungskurs zu nehmen.
Anschaffungs- • Bei mehreren Käufen desselben Wertpapiers wird der durchschnitt-
wert liche Anschaffungskurs errechnet.
• Wertsteigerungen über den Anschaffungskurs (nicht realisierte Kurs-
gewinne) dürfen bei Wertpapieren der Liquiditätsreserve und des An-
lagevermögens nicht ausgewiesen werden.
spätere • Bei einer Bewertung zum Niederstwertprinzip ist nach erfolgter Ab-
Kurserholung schreibung eine spätere Wertaufholung vorgesehen (Zuschreibung
maximal bis zu den Anschaffungskosten), wenn der Kurs des Wertpa-
piers später wieder steigt.
A4 Bewertung von Wertpapieren 229

Beispiel für die Bewertung von Aktien des Anlagevermögens


Soll Skontro: Anlagebestand Rohstoff AG Haben
Datum Vorgang Stück Kurs Kurswert Datum Vorgang Stück Kurs Kurswert
02.01. AB 2.000 25,00 50.000,00 03.11. Verkauf 500 25,00 12.500,00
15.07. Kauf 1.000 10,00 10.000,00 31.12. unreal. Verlust 0,00
31.12. real. Gewinn 2.500,00 31.12. Endbestand 2.500 20,00 50.000,00
62.500,00 62.500,00

Erläuterungen
Börsenkurs zum 30,00 EUR je Aktie (muss in der Aufgabe angegeben sein)
31.12.
durchschn. (50.000,00 + 10.000,00) : 3.000 Aktien = 20,- EUR/Aktie
Anschaffungskurs
realisierter Erfolg 500 verkaufte Aktien * 5,- EUR (Verkaufskurs 25,-
durch den Verkauf - durchschnittlicher Ankaufskurs 20,-) = 2.500,- EUR (Kursgewinn)
Bestand am 3.000 gekaufte Aktien - 500 verkaufte Aktien = 2.500 Aktien
Jahresende
Bilanz- erfolgt zum gemilderten Niederstwertprinzip
Bewertungskurs Ankaufskurs: 20,- EUR und Kurs am Bilanzstichtag 30,00 EUR:
Der Ankaufskurs bildet stets die Höchstgrenze: 20,00 EUR je Aktie
Bilanzausweis 2.500 Aktien Bestand * 20,00 EUR = 50.000,00 EUR
Nicht realisierter Da die Bilanzierung zum Anschaffungskurs erfolgt, ergibt sich kein
Erfolg durch die nicht realisierter Kurserfolg
Bewertung des
Endbestandes
A5 A5 Vorsorge für allgemeine Bankrisiken

Vorsorge für allgemeine Bankrisiken

Stille Vorsorgereserven Offene Vorsorgereserven


(§ 340f HGB) (§ 340g HGB)
Zweck Vorsorge für allgemeine Bankrisiken wie
- nicht bewertbare Kreditausfallrisiken
- Liquiditätsrisiken
- Zinsänderungsrisiken
- Wertpapierkursrisiken (insbesondere durch die Bewertung
der Wertpapiere des Handelsbestandes zum Zeitwertprin-
zip)
- Währungsrisiken
- Risiken aus Termin-, Options- und Swap-Geschäften
Vorgehen - Unterbewertung der - aus der Bilanz und der GuV-
- Wertpapiere der Liquiditätsreserve so- Rechnung ersichtliche Einstel-
wie der lung in die Passivposition:
- Forderungen an Kunden und „Fonds für allgemeine Bankri-
- Forderungen an Kreditinstituten siken“
- Bildung einer stillen Reserve in Höhe zu Lasten des Gewinns
der Unterbewertung
- Aktivische Absetzung der Vorsorge-
wertberichtigung von den entsprechen-
den Aktivposten in der Bilanz
- Verringerung des Jahresüberschusses
Unter- maximal 4 % der nach strengem Nie- - keine Obergrenze
und Ober- derstwertprinzip bewerteten Wertpapiere - erfolgt nach vernünftiger kauf-
grenze der Liquiditätsreserve sowie der Forderun- männischer Beurteilung
gen an Kunden und an Kreditinstituten - mindestens 10 % der Nettoerträ-
ge aus Finanzgeschäften
Ausweis - kein offener Ausweis der Reserven im - offener Bilanzausweis
Jahresabschluss - Passivposition: „Fonds für all-
- Vorsorgewertberichtigungen werden gemeine Bankrisiken“
aktivisch von den Vermögenswerten - Kernkapital
abgesetzt und mindern somit optisch - in der GuV sind Zuführungen
das Jahresergebnis/Eigenkapital und Auflösungen gesondert auf-
zuführen
steuer- - die Bildung von Vorsorgereserven mindert nicht den steuerpflichtigen Ge-
liche winn.
Anerken- - eine Bildung von Vorsorgereserven erfolgt insofern immer aus dem bereits
nung versteuerten Gewinn.

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019
W. Grundmann und R. Rathner, Bankwirtschaft, Rechnungswesen
und Steuerung, Wirtschafts- und Sozialkunde, Prüfungstraining für
Bankkaufleute, https://doi.org/10.1007/978-3-658-23965-7_14
A6 A6 Jahresabgrenzung

Jahresabgrenzung

1. Wesen
Zweck • die Erfolgsrechnung (GuV) soll den Erfolg eines Geschäftsjahres
aufzeigen.
• Erträge und Aufwendungen werden periodengerecht erfasst.
Probleme der • Am Jahresende sind die Erfolge nicht periodengerecht erfasst:
periodengerech- • Problem 1: Erträge und Aufwendungen (Vorauszahlungen) sind schon
ten Erfassung gebucht worden, die wirtschaftlich das Folgejahr betreffen. Diese Er-
folge müssen vorübergehend für den Jahresabschluss aus der GuV-
Rechnung genommen werden. (transitorische Posten)
• Problem 2: Erträge und Aufwendungen für das laufende Geschäftsjahr
sind bis zum Jahresende noch nicht gebucht worden (nachträgliche
Zahlungen). Diese Erfolge müssen für den Jahresabschluss vorüberge-
hend gebucht werden (antizipative Posten).

2. Transitorische Jahresabgrenzung
Wesen • lat. transire = hinübergeben
• Erträge und Aufwendungen, die wirtschaftlich das Folgejahr
betreffen, dürfen nicht in die laufende GuV-Rechnung
• Einbeziehung in die Erfolgsrechnung erfolgt erst im Folgejahr
Vorgehen • Erfassung des gesamten Aufwands- bzw. Ertragsbetrages auf dem
entsprechenden Erfolgskonto während des Geschäftjahres
• die zeitliche Abgrenzung je Geschäftsjahr erfolgt vor dem Abschluss
der Konten (vorbereitende Abschlussbuchung)
• Aufwendungen und Erträge, die wirtschaftlich ins ablaufende Ge-
schäftsjahr gehören, gehen in die GuV ein
• Aufwendungen und Erträge, die wirtschaftlich ins darauffolgende
Geschäftsjahr gehören, gehen nicht in die GuV ein
• dieser Teil des Erfolges wird auf einem Bestandskonto gebucht (Ak-
tive bzw. Passive Rechnungsabgrenzung)
• der Betrag wird offen in der Bilanz ausgewiesen
• nach Eröffnung der Konten im neuen Geschäftsjahr, werden die
Rechnungsabgrenzungen aufgelöst und den entsprechenden Er-
folgskonten zugeordnet
Aktive • nimmt die für das nächste Geschäftsjahr bereits bezahlten Aufwen-
Rechnungs- dungen für die Dauer des Jahresabschlusses auf.
abgrenzung • Aktivkonto

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234 Prüfungswissen Rechnungswesen

Passive • nimmt die für das nächste Geschäftsjahr bereits erhaltenen Erträge für
Rechnungs- die Dauer des Jahresabschlusses auf.
abgrenzung • Passivkonto
Beispiele für • im Voraus gezahlte Kfz-Steuer
Aufwendungen • Zinsen bei abgezinsten Sparbriefen
Beispiele für • im Voraus erhaltene Avalprovisionen, Zinsen, Gebühren
Erträge • Disagio bei ausgegebenen Darlehen

Beispiel für die transitorische Jahresabgrenzung


Geschäfts- • Am 01.11.20.. überweist ein Mieter (Kunde unserer Bank) die Miete für sein
fall Ladenlokal (12.000,00 EUR) für ein Jahr im Voraus.
• Vorüberlegung: 2.000 EUR betreffen das ablaufende Geschäftsjahr, 10.000
EUR das neue Geschäftsjahr.
Buchungs- KK
12.000,00 • Zahlungseingang der Miete am 1.11.
sätze an s. b. Erträge
Grundbuch • periodengerechte Abgrenzung des Ertra-
s. b. Erträge
10.000,00
an PRA ges als vorbereitende Abschlussbuchung
s. b. Erträge 2.000,00 • Abschluss des Kontos sonstige betriebli-
an GuV che Erträge (Ertragsanteil des ablaufen-
den Geschäftsjahres)
PRA • Jahresabschluss (Bilanzierung) der
10.000,00
an SBK Rechnungsabgrenzung
EBK • Eröffnung im neuen Geschäftsjahr am
10.000,00
an PRA 1.1.
• Rückbuchung der Jahresabgrenzung: Er-
PRA
10.000,00 fassung des Ertragsanteils für das neue
an s. b. Erträge Geschäftsjahr

Hauptbuch im alten Geschäftsjahr


S sonst. betr. Erträge H S PRA H
PRA 10.000,00 KK 12.000,00 SBK 10.000,00 s.b. Erträge 10.000,00
GuV 2.000,00 --- 10.000,00 10.000,00
12.000,00 12.000,00

Hauptbuch im neuen Geschäftsjahr


S sonst. betr. Erträge H S PRA H
GuV 10.000,00 PRA 10.000,00 SBK 10.000,00 s.b. Erträge 10.000,00
10.000,00 10.000,00 10.000,00 10.000,00
A6 Jahresabgrenzung 235

3. Antizipative Jahresabgrenzung
Wesen • lat. anticipere = vorwegnehmen
• Erträge und Aufwendungen, die wirtschaftlich das abgelaufene Jahr
betreffen, aber erst im nächsten Jahr gezahlt werden, müssen in die
GuV des ablaufenden Jahres aufgenommen werden, damit der Jah-
reserfolg richtig ausgewiesen wird.
Vorgehen • die zeitliche Abgrenzung erfolgt vor dem Abschluss der Konten
• Aufwendungen und Erträge, die wirtschaftlich ins ablaufende Geschäfts-
jahr gehören, werden noch erfasst, obwohl sie noch nicht gezahlt sind.
• Die Buchung gilt nur für den Jahresabschluss. Am Anfang des nächsten
Geschäftsjahres werden diese Buchungen wieder rückgängig ge-
macht
Zinsen • Zinsaufwendungen und -erträge, die erst im nächsten Jahr gezahlt
werden, aber wirtschaftlich für das ablaufende Geschäftsjahr berechnet
werden, werden über die verursachende Aktiv- bzw. Passivposition
erfasst.
• Beispiel 1: Festgeldzinsen werden erst am Ende der Festlegungszeit
vergütet. Der Buchungssatz am 31.12. für den Zinsanteil des ablaufen-
den Jahres: Zinsaufwand an Festgeld
• Beispiel 2: Am Jahresende stehen noch Wertpapierzinsen aus, da für
die AB-Kommunalobligation die Zinsen jedes Jahr am 1.10. nachträg-
lich gezahlt werden. Der Buchungssatz am 31.12. für den Zinsanteil
des ablaufenden Jahres: Wertpapiere an WP-Zinserträge
• Damit sind die Zinsen in dem Jahr erfasst, in dem sie verursacht sind.
• Forderungen im Aktivgeschäft und Verbindlichkeiten im Passiv-
geschäft werden einschließlich der aufgelaufenen Zinsen bilanziert.
übrige • Erfassung von (Nicht-Zins-)Aufwendungen, die erst im neuen Ge-
Aufwendungen schäftsjahr bezahlt werden und dennoch zumindest teilweise zum
laufenden Geschäftsjahr gehören.
• Buchung der Aufwendungen des ablaufenden Geschäftsjahres
noch vor dem Jahresabschluss über das Gegenkonto Sonstige Ver-
bindlichkeiten
• Beispiel: Für eine Zweigstelle wird die Dezembermiete erst im Januar
gezahlt. Der Buchungssatz am 31.12. für die Dezembermiete:
Allg. Verwaltungsaufwand an Sonstige Verbindlichkeiten
übrige Erträge • Erfassung von (Nicht-Zins-)Erträgen, die erst im neuen Geschäfts-
jahr eingenommen werden und dennoch zumindest teilweise zum
laufenden Geschäftsjahr gehören.
• Buchung der Erträge des ablaufenden Geschäftsjahres noch vor
dem Jahresabschluss über das Gegenkonto Sonstige Forderungen
• Bilanzausweis: „Sonstige Vermögensgegenstände“
• Beispiel: Die Provision für die Vermögensverwaltung wird erst im
Januar belastet. Der Buchungssatz am 31.12.:
Sonstige Forderungen an Provisionserträge
236 Prüfungswissen Rechnungswesen

Beispiel für die antizipative Jahresabgrenzung: Nicht-Zinsen


Geschäfts- • Ein Kunde zahlt Miete für von uns vermietet Räume von monatlich 2.000,00
fall EUR immer quartalsweise nachträglich zum 01.02., 01.05., 01.08. und zum
01.11.
• Vorüberlegung: 4.000 EUR Mietertrag betrifft das ablaufende Geschäftsjahr.
Buchungs- • Erfassung des Ertrages des ablaufenden
sätze sonstige
GJ am 31.12.:
Forderungen 4.000,00
Grundbuch
an s. b. Erträge • periodengerechte Abgrenzung des Ertra-
ges als vorbereitende Abschlussbuchung
s. b. Erträge
4.000,00
an GuV • Abschluss der Konten im alten Ge-
SBK schäftsjahr
4.000,00
an sonstige F.
sonstige F. 4.000,00 • Eröffnung im neuen Geschäftsjahr am
an EBK 1.1.
s. b. Erträge
4.000,00 • Rückbuchung der Jahresabgrenzung
an sonstige F.

KKK
6.000,00 • Überweisung der Rechnung
an s. b. Erträge

Hauptbuch im alten Geschäftsjahr


S sonst. betr. Erträge H S PRA H
GuV 4.000,00sonst. Ford. 4.000,00 s. b. Ertr. 4.000,00SBK 4.000,00
4.000,00 4.000,00 4.000,00 4.000,00

Hauptbuch im neuen Geschäftsjahr


S sonst. betriebliche Erträge H S sonstige Forderungen H
Sonst. Ford. 4.000,00KKK 6.000,00 EBK 4.000,00s.b. Erträge 4.000,00
GuV 2.000,00 ---
6.000,00 6.000,00

S KKK H
EBK ...EBK …
s. b. Ertr. 6.000,00 …

Von den 6.000,00 EUR Miete, die am 1.2. des neuen Jahres gezahlt werden, gehen durch die
Jahresabgrenzung die November- und Dezembermiete in die GuV-Rechnung des alten Jah-
res, die Januarmiete in die des neuen Jahres ein!
A6 Jahresabgrenzung 237

Beispiel für die antizipative Jahresabgrenzung: Zinsen


Geschäfts- • Am 31.10. werden 100.000,00 EUR Festgeld für 3 Monate zu 6 % hereinge-
fall nommen. Die Zinsen werden am Ende der Anlagedauer dem Girokonto gut-
geschrieben.
• Vorüberlegung: 1.000 EUR Zinsaufwand betrifft das ablaufende Geschäfts-
jahr.
Buchungs- • Erfassung der Zinsen des ablaufenden
sätze Zinsaufwand GJ am 31.12.:
1.000,00
Grundbuch an Festgeld • periodengerechte Abgrenzung als
vorbereitende Abschlussbuchung
GuV
1.000,00
an Zinsaufwand
• Abschluss der Konten
Festgeld
101.000,00
an SBK
EBK
101.000,00 • Eröffnung im neuen GJ am 1.1.
an Festgeld
Festgeld
1.000,00 • Rückbuchung der Jahresabgrenzung
an Zinsaufwand

Zinsaufwand • Kundengutschrift der Zinsen auf dem


1.500,00
an KKK Girokonto

Hauptbuch im alten Geschäftsjahr


S Zinsaufwand H S Festgeld H
Festgeld 1.000,00GuV 1.000,00 SBK 101.000,00KK 100.000,00
1.000,00 1.000,00 ---Zinsaufw. 1.000,00
101.000,00 101.000,00

Hauptbuch im neuen Geschäftsjahr


S Zinsaufwand H S Festgeld H
KKK 1.500,00Festgeld 1.000,00 Zinsaufwand 1.000,00EBK 101.000,00
---GuV 500,00
1.500,00 1.500,00

S KKK H
Zinsaufw. 1.500,00

Von den 1.500,00 EUR Zinsen, die am 31.1. des neuen Jahres gezahlt werden, gehen durch
die Jahresabgrenzung die November- und Dezemberzinsen in die GuV-Rechnung des alten
Jahres, die Januarzinsen in die des neuen Jahres ein!
238 Prüfungswissen Rechnungswesen

4. Rückstellungen
Zweck • Bildung zur periodengerechten Ermittlung des Jahreserfolges
• Im laufenden Geschäftsjahr sind (eventuelle) Aufwendungen begrün-
det worden, die betragsmäßig nicht sicher sind. Diese müssen ge-
trennt von den sonstigen Verbindlichkeiten bilanziert werden.
• Ungewisse ausstehende Erträge werden bei der Jahresabgrenzung
nicht berücksichtigt!
Beispiele • Eine Handwerkerrechnung ist noch nicht eingetroffen.
• Ein Gerichtsverfahren ist noch nicht entschieden.
• Für Mitarbeiter werden Rückstellungen für eine betriebliche Rente ge-
bildet (Pensionsrückstellungen).
Definition von • Charakteristika von Rückstellungen sind:
Rückstellungen • ungewisse Verbindlichkeit bzw. drohende Verluste
• Ungewissheit über die Höhe der Verbindlichkeit
• Ungewissheit über die Fälligkeit der Verbindlichkeit
• das Konto „Rückstellungen“ ist ein passives Bestandskonto und wird
dem Fremdkapital zugeordnet.
Buchung entsprechendes Aufwandskonto an Rückstellungen
Wirkungen der • Zurechnung des Aufwandes zum Jahr der Entstehung (= abgelaufe-
Bildung von nes Geschäftsjahr)
Rückstellungen • Rückstellungen mindern den Gewinn (und somit die Steuerlast)
Auflösung von • Rückstellungen werden nicht wie die anderen Formen der Jahresab-
Rückstellungen grenzung am Anfang des folgenden Jahres rückgängig gemacht.
• Rückstellungen müssen aufgelöst werden, sobald der Zweck für ihre
Bildung entfällt.
• die Höhe der Rückstellungen erfolgt aufgrund von Schätzungen, dar-
aus folgt, dass die endgültige Zahlungsverpflichtung in der Zukunft
gleich, höher oder niedriger sein kann:
• Fall 1: Die Höhe der Rückstellung entspricht der Zahlungsverpflich-
tung.
• Auflösung der Rückstellung bei Zahlung
Rückstellungen an BKK oder DBB oder …
• Fall 2: Die Rückstellung war zu niedrig.
• Auflösung der Rückstellung und
• zusätzlicher Aufwand (sachlich zuständiges Aufwandskonto)
Rückstellungen
Aufwandskonto an BKK oder DBB oder …
• Fall 3: Die Höhe der Rückstellung war zu hoch.
• Auflösung der Rückstellung und
• zusätzlicher Ertrag aus der Auflösung der Rückstellung (sonstige be-
triebliche Erträge bzw. Erträge aus der Auflösung von Rückstellun-
gen im Kreditgeschäft)
Rückstellungen an BKK oder DBB oder …
an sonstige betriebliche Erträge
B B Rücklagen- und Ausschüttungspolitik

Rücklagen- und Ausschüttungspolitik


Eigenkapital • Eigenkapital wird von den Eigentümern des Unternehmens / der
Bank gestellt
• Kapitaleinlagen und einbehaltene Gewinne
Gezeichnetes • AG = Grundkapital (der Nennwert der ausgegebenen Aktien)
Kapital • GmbH = Stammkapital
• öffentlich-rechtliche Institute = Dotationskapital
• Genossenschafts-Banken = Geschäftsguthaben
Kapitalrück- Außenfinanzierung durch Agio (Aufschlag auf den Nennwert) bei
lagen Ausgabe von Aktien
Gewinnrück- • Innenfinanzierung = Zufluss von Kapital durch Einbehalten von Ge-
lagen winnen
• Zusammensetzung:
• gesetzliche Rücklagen
• andere Gewinnrücklagen
Gesetzliche • 5 % des Jahresüberschusses müssen so lange der gesetzlichen
Rücklagen Rücklage zugewiesen werden, bis Kapital-Rücklagen und gesetzli-
che Rücklage zusammen 10 % des gezeichneten Kapitals ergeben
• Bei der Berechnung der Rücklagen bleibt ein Gewinnvortrag unbe-
rücksichtigt.
Andere • nicht zweckgebundene Bildung aus dem Jahresüberschuss (nach frei-
Gewinnrück- em Ermessen), aber
lagen • höchstens 50 % vom Jahresüberschuss abzüglich der Zuführung zu
den gesetzlichen Rücklagen
• Hauptversammlungs-Beschluss kann die Zuführung erhöhen
• Auflösung liegt im Ermessen der Gesellschaft
Bilanzgewinn Über den Teil des Jahresüberschusses, der nicht in die Rücklagen ein-
gestellt wird, können die Aktionäre auf der Hauptversammlung beschlie-
ßen. Er wird in der Bilanz unter Bilanzgewinn ausgewiesen. Er wird in der
Regel als Dividende ausgeschüttet.
Gewinnvortrag ein eventuell verbleibender Rest des Jahresüberschusses nach der Aus-
schüttung des Bilanzgewinn an die Aktionäre

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W. Grundmann und R. Rathner, Bankwirtschaft, Rechnungswesen
und Steuerung, Wirtschafts- und Sozialkunde, Prüfungstraining für
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240 Prüfungswissen Rechnungswesen

Zusammen- Jahresergebnis
fassung: +/ - Gewinn-/ Verlustvortrag des letzten Geschäftsjahres
Gewinn- + evtl. Entnahmen aus den Rücklagen
verwendung - Einstellungen in die gesetzlichen Rücklagen
- Einstellungen in die anderen Gewinn-Rücklagen
= Bilanzgewinn / -verlust
- evtl. Dividendenausschüttung
= Gewinn-/ Verlustvortrag
Ziele Substanzerhöhung durch Gewinnthesaurierung
• Wachstum des Geschäftsvolumens
• Erhöhung der Kreditwürdigkeit durch Stärkung des Eigenkapitalan-
teils
• Sicherung der Einlagen
• Potential zur Steigerung des Aktienkurses (Shareholder Value)
• Dividendenkontinuität trotz wechselnder Jahresergebnisse.
C1 C1 Controlling Grundlagen

Controlling Grundlagen

1. Inhalt
Definition • engl. to control = planen, steuern, kontrollieren
• sinngemäß: ein Konzept zur Durchsetzung von ertragsorientierten
Unternehmensstrategien
Unternehmens- • kurzfristige Ziele werden operative Ziele genannt
strategien • langfristige Ziele werden strategische Ziele genannt (zur Erreichung
strategischer Ziele sind geeignete operative Entscheidungen notwen-
dig)
Erreichung von • Formulierung verständlicher Ziele (z. B. Erhöhung der Einlagen um
Unternehmens- 10 %)
zielen • an diese Zielvorgabe ist ein bestimmtes Budget geknüpft
• Budgets setzen sich wie folgt zusammen
(vgl. Produktionsfaktoren -> AWL)
• Kapital (= Deckung der Kosten z. B. für Marketingmaßnahmen)
• Arbeit (= der Arbeitgeber legt eine Zahl an Arbeitsstunden fest, die
max. für das Erreichen des Zieles eingesetzt werden dürfen)

2. Unternehmensziele und Controlling


langfristige Ziele kurzfristige Ziele
Beispiele Beispiele
• steigende Eigenkapitalrentabilität • Zielvorgaben für den Verkauf von Bank-
• innovatives Marktleistungsprogramm dienstleistungen
• effiziente Struktur der Geschäftsbereiche • marktgerechte Kalkulation von Marktzinsät-
• Sicherheit der Einlagen zen
• Information über den Ertrag einzelner Pro-
dukte/ einzelner Kunden/ einzelner Ge-
schäftsstellen

Strategisches Controlling Operatives Controlling

Unternehmensstrategie

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242 Prüfungswissen Rechnungswesen

3. Regelkreis

Regelkreis

Planung Steuerung Kontrolle

• Bereitstellung von • Formulierung von • Kontrolle der Zieler-


Informationen konkreten Zielvor- reichung durch stän-
gaben für Abteilun- dige Soll-Ist-
• Formulierung von gen und Mitarbeiter Vergleiche
Unternehmenszie-
len • lfd. Analyse der
aktuellen Unterneh-
menssituation
C2 C2 Controlling Grundbegriffe

Controlling Grundbegriffe

1. Kosten, Erlöse, Leistungen


Kosten- und Konzentration auf die Ergebnisse aus der rein betrieblichen Tätigkeit
Erlösrechnung
Kosten Unter Kosten wird der Güter- und Dienstleistungsverbrauch verstanden,
der durch die Erstellung der betrieblichen Leistungen verursacht wird.
Erlöse Durch den Verkauf der Leistungen am Markt entstehen Erlöse.
Leistungen Marktleistungen einer Bank an seine Kunden: Kreditvergabe, Anlage-
beratung etc.
Betriebs- Differenz aus Kosten und Erlösen
ergebnis

2. Aufwendungen und Kosten


den Zusatzkosten stehen in der Fibu
Aufwendungen gemäß FiBu keine Aufwendungen gegenüber

Zusatzkosten
neutrale Aufwendungen Zweckaufwand = Grundkosten
(kalkulatorische Kosten, die keine
(betriebsfremd, periodenfremd oder (Aufwendungen/ Kosten für den
Aufwendungen sind oder die Auf-
außerordentlich) Betrieb)
wendungen übersteigen)
die neutralen Aufwendungen werden
vom Controlling nicht berücksichtigt
Kosten gemäß Controlling

neutraler • betriebsfremde Aufwendungen, z. B. Spenden, Aufwendungen für


Aufwand nicht betriebsnotwendiges Vermögen
• außerordentliche (einmalige und unregelmäßige) Aufwendungen,
z. B. Kassenfehlbeträge, Verkäufe unter Buchwert
• periodenfremde Aufwendungen, z. B. Steuernachzahlungen
Grundkosten / • Zinsaufwand
Zweckaufwand • Provisionsaufwand
(betrieblicher • Abschreibung auf Forderungen aufgrund langjähriger Erfahrungen
Aufwand) (PWB)
• Abschreibungen auf Wertpapiere
• Personalaufwand einschließl. Sozialleistungen
• Allgemeiner Verwaltungsaufwand
• Abschreibungen für den tatsächlichen Wertverlust
• Kostensteuern: Grundsteuer für betriebsnotwendige Immobilien, Ge-
werbesteuer, Kfz-Steuer
Zusatzkosten • kalkulatorischer Unternehmerlohn (e. K., OHG, KG, KGaA)
• kalkulatorische Eigenkapitalzinsen
• kalkulatorische Eigenmiete

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244 Prüfungswissen Rechnungswesen

3. Erträge und Erlöse


den Zusatzerlösen stehen in der
Erträge gemäß FiBu Fibu keine Erträge gegenüber
neutrale Erträge
Zweckertrag = Grunderlöse
(betriebsfremd, periodenfremd oder Zusatzerlöse
(Erträge / Erlöse für den Betrieb)
außerordentlich)
die neutralen Erträge werden vom
Controlling nicht berücksichtigt Erlöse gemäß Controlling

neutraler • betriebsfremde Erträge, z. B. Mieterträge


Erträge • außerordentliche Erträge, z. B. Kassenüberschüsse, Verkauf von
Sachanlagen über Buchwert
• periodenfremde Erträge, z. B. Auflösung von Wertberichtigungen,
Auflösung von Rückstellungen
Grunderlöse / • Zinserträge
Zweckertrag • lfd. Erträge aus Aktien, Beteiligungen und Anteilen
(betrieblicher • Provisionserträge für Bankdienstleistungen
Ertrag) • Kursgewinne aus Wertpapieren und Devisen
Zusatzerlöse Beispiele sind selten:
• bei Sonderkonditionen für Mitarbeiter: Die Differenz zum allgemeinen
Kundenzinssatz ist hier ein Zusatzerlös für die Kundenabteilung und
gleichzeitig Zusatzkosten in derselben Höhe bei den Personalkosten!
Dadurch gehen die Mindererlöse nicht zu Lasten der Leistungsabteilung,
die diese Sonderkonditionen nicht gewährt hat, sondern zu Lasten des
Personals.

4. Betriebs- und Wertkosten sowie Betriebserlöse


Wesen • Betriebskosten und -erlöse fallen im technisch-organisatorischen Be-
reich an.
• Wertkosten und -erlösen fallen im finanzwirtschaftlichen Bereich an
(Kapitalaufnahme und -überlassung)
Betriebskosten • Personalkosten
• Maschinen (u. a. Mieten, Abschreibung, Reparatur, Versicherungen)
• Telekommunikation
• Material (Papier, Vordruck, Verbrauchsmaterial ...)
Betriebserlöse • Entgelte / Provisionen (z. B. Umsatzprovision, Effekten-, Devisen-,
Kreditkartenprovisionen, Kontoführungsgebühren ...)
Wertkosten • Zinskosten im Passivgeschäft
• Risikokosten im Kreditgeschäft (Abschreibungen auf Forderungen
aufgrund langjähriger Erfahrung)
• Risikokosten im Auslands- und Effektengeschäft (Kursverluste)
Werterlöse • Zinserlöse im Aktivgeschäft
• Erträge aus Aktien (Dividenden, Bezugsrechte)
• Kursgewinne aus Wertpapier- und Devisengeschäften
C2 Controlling Grundbegriffe 245

5. Einzel- und Gemeinkosten


(Stellen-) • direkte Zuordnung der Kosten zu einer bestimmten Leistung bzw. zu
Einzelkosten einer bestimmten Kostenstelle
Beispiele: Gehalt des Kreditsachbearbeiters, Sparzinsen
(Stellen-) • keine direkte Zuordnung möglich
Gemeinkosten • die Verteilung erfolgt in der Vollkostenrechnung nach einem Schlüssel
auf die einzelnen Kostenstellen
Beispiele: Ausbildungsvergütungen, Buchhaltung, Facility Manager
• In der heutzutage gebräuchlichen Teilkostenrechnung werden die Ge-
meinkosten zunächst nicht berücksichtigt, sondern nur die direkt zure-
chenbaren Kosten. Daher muss der Deckungsbeitrag positiv sein, da-
mit auch diese Kosten gedeckt werden können.

6. Fixe und variable Kosten


fixe Kosten • vom Beschäftigungsgrad unabhängige Kosten
Beispiele: Mieten, Gehälter,...
variable • vom Beschäftigungsgrad abhängige Kosten
Kosten Beispiele: Verbrauch von Kontoeröffnungsanträgen und Kreditantrags-
formularen, Zinsen ...
C3 C3 Controlling Rechenverfahren

Controlling Rechenverfahren

1. Gesamtzinsspannenrechnung
Zinserlöse in EUR Zinserlöse in % p. a. der Aktivseite (Bilanzsumme)
- Zinskosten in EUR - Zinskosten in % p. a. der Passivseite (Bilanzsumme)
Bruttozinsspanne
= Zinsüberschuss in EUR =
(Zinsüberschüsse in % p. a. der Bilanzsumme)
+ Betriebserlöse in EUR Bedarfsspanne (Differenz aus Betriebserlösen und -
-
- Betriebskosten in EUR kosten in % p. a Bilanzsumme))
Nettozinsspanne
= Betriebsergebnis in EUR =
(Betriebsergebnis in % p. a von der Bilanzsumme)

2. Marktzinsmethode
Wesen • Banken können Finanzgeschäfte mit dem Kunden und/oder am Geld-
und Kapitalmarkt (GKM) tätigen. Die Marktzinsmethode vergleicht
beide Möglichkeiten und errechnet, ob das Kundengeschäft vorteilhaf-
ter ist als die alternative Möglichkeit auf dem Geld- und Kapitalmarkt.
Zweck • Das Kundengeschäft lohnt sich für die Bank, wenn sie im Kundenge-
schäft mehr erwirtschaftet als bei den Alternativgeschäften am Geld-
und Kapitalmarkt (GKM).
Opportu- • Der Opportunitätszinssatz ist der vergleichbare GKM-Satz zu einem
nitätszins Kundengeschäft bei gleicher Laufzeit
Konditions- • Der Konditionsbeitrag gibt an, um wie viel das Kundengeschäft von den
beitrag Zinsen her betrachtet günstiger ist als das GKM-Geschäft. (Bei negati-
vem Ergebnis ist das Kundengeschäft ungünstiger!)
• Konditionsbeitrag Aktiva = Aktivgeschäft - Opportunitätszins
• Konditionsbeitrag Passiva = Opportunitätszins - Passivgeschäft
• der Konditionsbeitrag stellt den Geschäftserfolg des Kundenbetreu-
ers dar.
Strukturbeitrag • Entstehung durch Fristentransformation (= Durchbrechung der „gol-
denen Bankregel“) kurzfristiges Geld kann langfristig ausgeliehen
werden.
• Aktivkomponente = GKM-Satz Aktiva - Geldmarktzinssatz für Tages-
geld
• Passivkomponente = Geldmarktzinssatz für Tagesgeld - GKM-Satz
Passiva
• der Strukturbeitrag wird dem Vorstand zugerechnet

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W. Grundmann und R. Rathner, Bankwirtschaft, Rechnungswesen
und Steuerung, Wirtschafts- und Sozialkunde, Prüfungstraining für
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248 Prüfungswissen Rechnungswesen

3. Produktkalkulation
Gegenstand Zinsprodukte (Kredite + Einlagen)
Produkt- Alternativzinssatz für Anlagen am GKM in % p.a.
kalkulation im + direkt zurechenbare Betriebskosten in % p.a.
Aktivgeschäft
+ Risikokosten in % p.a.
+ Eigenkapitalkosten in % p.a.
= Preisuntergrenze des Aktivproduktes in % p.a.
Ermittlung des Zinserlöse
Deckungs- - Alternativzinsen für Anlage am GKM
beitrages im
Aktivgeschäft = Deckungsbeitrag I (Zinsüberschuss/ Zins-Konditionsbeitrag)
+ direkt zurechenbare Provisionserlöse
- direkt zurechenbare Betriebskosten
= Deckungsbeitrag II (Netto-Konditionsbeitrag)
- Risikokosten
- Eigenkapitalkosten*
= Deckungsbeitrag III (Beitrag zum Betriebsergebnis)
C3 Controlling Rechenverfahren 249

Produktkalkula- Alternativzinssatz für Anlagen am GKM in %


tion im Passiv- - direkt zurechenbare Betriebskosten in %
geschäft
= Preisobergrenze des Passivproduktes in %
Ermittlung des Alternativzinsen für Anlage am GKM
Deckungs- - Zinskosten
beitrages im
Passivgeschäft = Deckungsbeitrag I (Zinsüberschuss/ Zins-Konditionsbeitrag)
+ direkt zurechenbare Provisionserlöse
- direkt zurechenbare Betriebskosten
= Deckungsbeitrag II (Netto-Konditionsbeitrag)
= Deckungsbeitrag III (Beitrag zum Betriebsergebnis)

4. Kundenkalkulation
Ermittlung des Hier wird die Rentabilität aller Aktiv- und Passivgeschäfte mit einem
Deckungs- Kunden betrachtet, die mit einem Kunden innerhalb einer Rechnungs-
beitrages der periode abgeschlossen wurden:
Kunden- Konditionsbeiträge aller Aktivgeschäfte
verbindung + Konditionsbeiträge aller Passivgeschäfte
= Deckungsbeitrag I (Zinsüberschuss/ Zins-Konditionsbeitrag)
+ direkt zurechenbare Provisionserlöse
- direkt zurechenbare Betriebskosten
= Deckungsbeitrag II (Netto-Konditionsbeitrag)
- Risikokosten
- Eigenkapitalkosten
= Deckungsbeitrag III (Deckungsbeitrag des Kunden)
PRÜFUNGSWISSEN
SOZIALKUNDE
A A Individualarbeitsrecht

Individualarbeitsrecht

1. Ausbildungsvertrag
Wichtige Regelungen im Ausbildungsvertrag nach dem Berufsbildungsgesetz (BBiG)
Zustandekommen des 1. Willenserklärung durch den Ausbildungsbetrieb (Antrag)
Ausbildungsvertrags und
§§ 10, 11 BBiG in Verbindung 2. Willenserklärung durch den Auszubildenden (Annahme)
mit §§ 145 und 151 BGB
Vertragsschluss mit be- Unterschrift durch den Auszubildenden, die gesetzlichen
schränkt Geschäftsfähigen Vertreter (Eltern oder Vormund) und den Zeichnungsberech-
§ 11 Abs. 2 BBiG tigten der Bank
Rechtsfähigkeit Träger von Rechten und Pflichten
§ 1 BGB
Geschäftsfähigkeit Ist die Fähigkeit, durch wirksame Willenserklärungen
§§ 104 bis 113 BGB Rechtsgeschäfte rechtsverbindlich abschließen zu können;
bei natürlichen Personen ab 18 Jahre.
Minderjährige: Geschäftsunfähige haben nach dem Gesetz keinen rechts-
Geschäftsunfähige Personen geschäftlich bedeutsamen Willen. Für sie handeln stets die
nach § 104 BGB gesetzlichen Vertreter.
Beschränkt geschäftsfähige Beschränkt Geschäftsfähige bedürfen zur Willenserklärung,
Personen nach § 106 BGB durch die sie nicht lediglich einen rechtlichen Vorteil erlan-
gen, der Zustimmung ihrer gesetzlichen Vertreter. Die Zu-
stimmung kann im Voraus (Einwilligung) oder nachträglich
(Genehmigung) erteilt werden.
Alter: 7 Jahre bis 18 Jahre
Schließt ein Minderjähriger einen Vertrag, durch den er nicht
lediglich einen rechtlichen Vorteil erlangt, ohne die vorherige
Zustimmung (Einwilligung) des gesetzlichen Vertreters, so
hängt die Wirksamkeit des Vertrages von der nachträglichen
Zustimmung (Genehmigung) des Vertreters ab (§ 108 BGB).
Bis zur Zustimmung ist der Vertrag schwebend unwirksam.
Einseitige Rechtsgeschäfte Minderjähriger, z. B. die Kündi-
gung eines Ausbildungsvertrags durch einen Minderjähri-
gen, sind nur mit Einwilligung des gesetzlichen Vertreters
wirksam (§ 111 BGB). Sie können nicht nachträglich ge-
nehmigt werden.

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W. Grundmann und R. Rathner, Bankwirtschaft, Rechnungswesen
und Steuerung, Wirtschafts- und Sozialkunde, Prüfungstraining für
Bankkaufleute, https://doi.org/10.1007/978-3-658-23965-7_20
254 Prüfungswissen Sozialkunde

Pflichten des • Lernpflicht


Auszubildenden • Teilnahme an Ausbildungsmaßnahmen, z. B. Berufs-
§ 13 BBiG schulunterricht
• Befolgen von Weisungen im Rahmen der Berufsausbil-
dung
• Beachtung der Betriebsordnung, z. B. Beginn und Ende
der täglichen Arbeits- bzw. Ausbildungszeit
• Pflegliche Behandlung des Betriebsinventars, z. B. PC
• Geheimhaltungspflicht
Pflichten des Ausbildenden • Qualifizierungspflicht
§ 14 BBiG • kostenlose Zurverfügungstellung von Ausbildungsmitteln
• Zahlung einer Ausbildungsvergütung
• Freistellung für Berufsschule
• Kontrolle von Ausbildungsnachweisen, z. B. Berichtshefte
von Auszubildenden
• Übernahme von Erziehungsaufgaben
• Übertragung von Aufgaben im Rahmen der Berufsausbil-
dung und der körperlichen Eignung
Ausbildungsvergütung • mindestens jährlich ansteigend
§§ 17 bis 19 BBiG • angemessen
• altersgerecht
• Sachleistungen möglich
• Mehrarbeit ist zu vergüten oder Freizeitausgleich.
• zahlbar: spätestens am letzten Ausbildungstag eines Mo-
nats
• Entgeltfortzahlung bis zu 6 Wochen, z. B. wegen unver-
schuldeter Krankheit
• Höhe der Ausbildungsvergütung i. d. R. laut Tarifvertrag
Probezeit mindestens 1 Monat bis maximal 4 Monate (Beispiel: Pro-
§ 20 BBiG bezeit 3 Monate, Ausbildungsbeginn 01.08.20.., Ende der
Probezeit 31.10.20..)
Kündigung des • während der Probezeit: von beiden Vertragspartnern,
Ausbildungsverhältnisses jederzeit ohne Kündigungsfrist, ohne Angabe von Grün-
§ 22 BBiG und § 102 Be- den, schriftlich
triebsverfassungsgesetz • nach der Probezeit: aus wichtigem Grund von beiden Ver-
tragspartnern schriftlich, ohne Kündigungsfrist;
• nach der Probezeit: nur vom Auszubildenden, Kündi-
gungsfrist 4 Wochen, Gründe: Aufgabe der Berufsausbil-
dung oder andere Berufsausbildung, schriftlich
• Nach dem Betriebsverfassungsgesetz ist der Betriebsrat
vor jeder Kündigung zu hören. Der Ausbilder hat ihm die
Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhö-
rung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist un-
wirksam.
A Individualarbeitsrecht 255

Beendigung des • Kündigung


Ausbildungsverhältnisses • mit Bestehen der Abschlussprüfung mit Bekanntgabe des
§§ 21, 22 BBiG Prüfungsergebnisses durch den Prüfungsausschuss
• Bei Nichtbestehen der Abschlussprüfung: Verlängerung
des Berufsausbildungsverhältnisses auf Verlangen des
Auszubildenden bis zur nächstmöglichen Wiederholungs-
prüfung, höchstens um 1 Jahr
Weiterbeschäftigung nach • schlüssiges Verhalten von Arbeitgeber und Arbeitnehmer,
der Ausbildung z. B. Aufforderung zur Bedienung von Kunden nach be-
§ 24 BBiG und § 2 Nachweis- standener Abschlussprüfung und Bedienung der Kunden
gesetz durch Arbeitnehmer (Beachte: Vorschriften des Nachweis-
gesetzes: spätestens 1 Monat nach Arbeitsaufnahme
Übergabe der Urkunde mit den vertragswesentlichen Inhal-
ten des Arbeitsvertrages, unterschrieben vom Arbeitgeber)
• Nach dem Nachweisgesetz hat der Arbeitgeber spätestens
einen Monat nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsver-
hältnisses die wesentlichen Vertragsbedingungen schrift-
lich niederzulegen, die Niederschrift zu unterzeichnen und
dem Arbeitnehmer auszuhändigen. In die Niederschrift sind
mindestens aufzunehmen: Name und Anschrift der Ver-
tragsparteien; Zeitpunkt des Beginns des Arbeitsverhältnis-
ses; bei befristeten Arbeitsverhältnissen die vorhersehbare
Dauer; der Arbeitsort; Beschreibung der vom Arbeitnehmer
zu leistenden Arbeitstätigkeiten; Höhe und Zusammenset-
zung und Fälligkeit des Arbeitsentgelts; vereinbarte Ar-
beitszeit; Dauer des jährlichen Erholungsurlaubs; Fristen für
die Kündigung des Arbeitsverhältnisses; Hinweis auf Tarif-
verträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen.
Ausbildungszeugnis Ausbildende haben dem Auszubildenden bei Beendigung
§ 16 BBiG des Ausbildungsverhältnisses ein schriftliches Zeugnis aus-
zustellen.
Das Zeugnis muss Angaben enthalten über Art, Dauer und
Ziel der Berufsausbildung sowie über die erworbenen beruf-
lichen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten der Auszu-
bildenden. Auf Verlangen Auszubildender sind auch Anga-
ben über Verhalten und Leistung aufzunehmen.

Probezeit und Kündigungsmöglichkeiten eines Ausbildungsverhältnisses


Beispiel 1:
Beginn des Ausbildungsverhältnisses: 01.09.2018
Probezeit: 4 Monate, Ende der Probezeit: 31.12.2018
Beispiel 2: Kündigung während der Ausbildungszeit
Beginn des Ausbildungsverhältnisses: 01.08.2018
Probezeit: 4 Monate, Kündigung des Ausbildungsverhältnisses durch den Auszubildenden oder
Ausbildungsbetrieb: 20.08.2018, Ende des Ausbildungsverhältnisses: 20.08.2018
256 Prüfungswissen Sozialkunde

Beispiel 3:
Ausbildungsbeginn: 01.08.2018
Probezeit: 3 Monate, Kündigung des Ausbildungsverhältnisses durch den Auszubildenden:
Kündigungszugang an den Ausbildungsbetrieb: 21.12.2018, Ende des Ausbildungsverhältnis-
ses: 18.01.2019

2. Arbeitsvertrag
Vertragspartner Arbeitnehmer und Arbeitgeber
Zustandekommen des 1. Willenserklärung durch den Arbeitgeber (Arbeitsplatzange-
Arbeitsvertrags bot/Antrag)
nach §§ 145 und 151 2. Willenserklärung durch den Arbeitnehmer (Annahme)
BGB in Verbindung
mit § 611 BGB
Vertragsschluss mit Der Minderjährige wird durch seinen gesetzlichen Vertreter zur
beschränkt Geschäfts- Eingehung eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses und zur Erfül-
fähigen nach lung aller sich daraus ergebenden Verpflichtungen ermächtigt. Der
§ 113 BGB Minderjährige ist in diesen Fällen voll geschäftsfähig für Rechts-
geschäfte, die im Rahmen der erteilten Ermächtigungen liegen.
Das Ausbildungsverhältnis zählt nicht zu den Arbeitsverhältnissen
im Sinne von § 113 BGB. Die Eingehung eines Ausbildungsver-
trages erweitert die Geschäftsfähigkeit nicht.
Rechtsfähigkeit Mit Vollendung der Geburt ist eine Person Träger von Rechten
nach § 1 BGB und Pflichten. Beispiele: Erbe, Wohnungseigentümer usw.
Geschäftsfähigkeit Ist die Fähigkeit natürlicher Personen ab 18 Jahren, durch wirk-
nach §§ 104 bis 113 same Willenserklärungen Rechtsgeschäfte abschließen zu kön-
BGB nen.
Minderjährige: Geschäftsunfähige haben nach dem Gesetz keinen rechtsgeschäft-
geschäftsunfähige lich bedeutsamen Willen. Für sie handeln stets die gesetzlichen
Personen Vertreter.
nach § 104 BGB
beschränkt Beschränkt Geschäftsfähige bedürfen zur Willenserklärung, durch
geschäftsfähige die sie nicht lediglich einen rechtlichen Vorteil erlangen, der Zu-
Personen stimmung ihrer gesetzlichen Vertreter. Die Zustimmung kann im
nach § 106 BGB Voraus (Einwilligung) oder nachträglich (Genehmigung) erteilt
werden, Alter: 7 Jahre bis 18 Jahre.
Schließt ein Minderjähriger einen Vertrag, durch den er nicht ledig-
lich einen rechtlichen Vorteil erlangt, ohne die vorherige Zustim-
mung (Einwilligung) des gesetzlichen Vertreters, so hängt die
Wirksamkeit des Vertrages von der nachträglichen Zustimmung
(Genehmigung) des Vertreters ab (§ 108 BGB). Bis zur Zustim-
mung ist der Vertrag schwebend unwirksam.
Einseitige Rechtsgeschäfte Minderjähriger, z. B. die Kündigung
eines Ausbildungsvertrags durch einen Minderjährigen, sind nur
mit Einwilligung des gesetzlichen Vertreters wirksam (§ 111 BGB).
Sie können nicht nachträglich genehmigt werden.
A Individualarbeitsrecht 257

Nach § 113 Abs. 1 BGB ist der Minderjährige für solche Rechts-
geschäfte unbeschränkt geschäftsfähig, welche die Eingehung
oder Aufhebung eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses der ge-
statteten Art oder die Erfüllung der sich aus einem solchen Ver-
hältnis ergebenden Verpflichtungen betreffen, wenn der gesetzli-
che Vertreter den Minderjährigen ermächtigt hat, in Dienst oder
Arbeit zu treten.
Vergleich zwischen Arbeitnehmer Selbstständiger
abhängigem Beschäf- • persönliche Abhängigkeit • kein Abhängigkeitsverhältnis,
tigungsverhältnis vom Arbeitgeber in einem kein Dauerschuldverhältnis
und selbstständiger Dauerschuldverhältnis • Er ist nicht weisungsgebunden.
Tätigkeit • Er ist dem Arbeitgeber ge- • keine Eingliederung in einen
genüber weisungsabhängig fremden Betrieb
hinsichtlich der Art und • Er trägt das Risiko des
Durchführung der Aufgabe, geschäftlichen Erfolgs selbst.
des Ortes der Arbeitsleistung, • i. d. R. nicht sozialversiche-
des Arbeitsplatzes und der rungspflichtig
Arbeitszeit. • Einkommensteuervorauszah-
• Er ist in das Unternehmen lungen
eingegliedert (Abteilung,
Arbeitsgruppe).
• Er trägt kein Unternehmerri-
siko (er erhält auch Gehalt
bei einem Auftragsmangel).
• i. d. R. sozialversicherungs-
pflichtig
• Lohnsteuerabzugsverfahren
Pflichten des Arbeitspflicht: Er muss Weisungen befolgen. Der Arbeitgeber hat
Arbeitnehmers das Direktionsrecht nach § 315 BGB (Bestimmung der Leistung
durch eine Partei). Er kann im Rahmen des Arbeitsverhältnisses
die Arbeitsbedingungen einseitig soweit bestimmen und abändern,
wenn er nicht den Inhalt des Arbeitsvertrags verändert.
Treuepflicht: Das Arbeitsverhältnis hat einen personalen Charak-
ter. Der Arbeitnehmer hat die Interessen des Unternehmens zu
wahren, er hat alles zu unterlassen, was dem Unternehmen scha-
det. Grundlage ist § 241 Abs. 2 BGB: Das Schuldverhältnis kann
nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte,
Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten.
Pflicht zur Verschwiegenheit: Verbot der Annahme von
Schmiergeldern, Wettbewerbsverbot, Unterlassung ruf- und kre-
ditschädigender Mitteilungen, nach Eigenart des Arbeitsplatzes die
Zurückhaltung bei politischer Betätigung
Informationspflicht: Störungen im Betriebsablauf melden
258 Prüfungswissen Sozialkunde

Pflichten des Gehaltszahlungspflicht


Arbeitgebers Fürsorgepflicht: Diese Pflicht entspricht der Treuepflicht des
Arbeitnehmers. Pflicht zur Gewährung von Urlaub, Pflicht zum
Schutz von Gesundheit und Leben des Arbeitnehmers, Pflicht zur
Ausstellung eines Arbeitszeugnisses, Pflicht zur Gleichbehandlung
bei Maßnahmen mit kollektivem Charakter; Arbeitsvertragliche
Pflicht: Gewährung einer betrieblichen Altersversorgung
Freistellung von der § 616 BGB (Vorübergehende Verhinderung)
Arbeit nach § 616 BGB Der zur Dienstleistung Verpflichtete wird des Anspruchs auf die
und § 16 MTV Vergütung nicht dadurch verlustig, dass er für eine verhältnismäßig
nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund
ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird. Er
muss sich jedoch den Betrag anrechnen lassen, welcher ihm für die
Zeit der Verhinderung aus einer auf Grund gesetzlicher Verpflich-
tung bestehenden Kranken- oder Unfallversicherung zukommt.
§ 16 MTV (Arbeitsbefreiung)
Arbeitnehmern, die öffentliche Ehrenämter bekleiden, ist zur Aus-
übung ihres Ehrenamtes Arbeitsbefreiung zu gewähren, auch
wenn dies nicht bereits gesetzlich vorgeschrieben ist. Eine An-
rechnung auf den Erholungsurlaub ist nicht zulässig.
Weitere Befreiungstatbestände unter Fortzahlung des Gehalts und
ohne Anrechnung auf den Erholungsurlaub:
• eigene Eheschließung: 2 Arbeitstage
• Hochzeit der Kinder: 1 Arbeitstag
• Goldene Hochzeit der Eltern: 1 Arbeitstag
• Niederkunft der Ehefrau: 1 Arbeitstag
• Tod des Ehegatten: 2 Arbeitstage
• Tod der Eltern, Schwiegereltern, Kinder, Geschwister oder
Großeltern: 1 Arbeitstag
• Umzug: 1 Arbeitstag
Vergleich Ausbildungsvertrag – Arbeitsvertrag
Aspekte Berufsausbildungsverhältnis Arbeitsverhältnis
Inhalt festgelegt • Berufsausbildungsvertrag zwi- • Arbeitsvertrag zwischen Arbeit-
durch schen Auszubildenden und Aus- geber und Arbeitnehmer
bildenden • Tarifvertrag bei Tarifbindung
• Ausbildungsverordnung • Betriebsvereinbarung
• Berufsbildungsgesetz • gesetzliche Vorschriften (z. B.
• Jugendarbeitsschutzgesetz Arbeitsschutzvorschriften)
• Tarifvertrag bei Vereinbarung im
Berufsausbildungsvertrag
A Individualarbeitsrecht 259

Aspekte Berufsausbildungsverhältnis Arbeitsverhältnis


Rechte • qualifizierte Berufsausbildung zur • Gehaltszahlungsanspruch
Erreichung des Ausbildungszieles • Anspruch auf Fürsorge
• Anspruch auf eine Vergütung
• Anspruch auf verfügbare Ausbil-
dungsmittel an der Ausbildungs-
stätte
• Anspruch auf Fürsorge, d. h. auf
Schutz und „Berufserziehung“
• Anspruch auf Ausstellung eines
Zeugnisses
Pflichten • Lernpflicht • Arbeitspflicht
• Pflicht zum Berufsschulbesuch • Treuepflicht
• Führen des Berichtshefts
• Verrichtungen und Aufgaben im
Rahmen des Berufsausbildungs-
verhältnisses weisungsgemäß
ausführen
• Schweigepflicht
Zweck • qualifizierte Berufsausbildung • weisungsgebundene Arbeits-
pflicht gegen Gehaltszahlung
Dauer • befristet, der sachliche Grund für • Arbeitsvertrag auf unbestimmte
die Befristung ist die Berufsaus- Zeit abgeschlossen, ein Dauer-
bildung. schuldverhältnis wird begründet.
• befristet für eine bestimmte Zeit,
z. B. 6 Monate
Beendigung • durch Fristablauf bzw. vorzeitig • befristete Verträge: nach Ablauf
ordentlich durch Bestehen der Abschluss- der Befristung i. d. R. ohne Kün-
prüfung digung
• unbefristete Verträge: durch
Kündigung und Ablauf der Kün-
digungsfrist
• durch Aufhebungsvertrag
Kündigung • Kündigung während und nach der • ordentliche Kündigung
Probezeit nach § 22 BBiG (Auf- (Aufhebungsvertrag ist möglich.)
hebungsvertrag ist möglich.) • außerordentliche Kündigung
260 Prüfungswissen Sozialkunde

3. Arbeitszeugnis
Wichtige Hinweise zum Arbeitszeugnis
Bedeutung und Einschätzung des neuen Arbeitnehmers durch den Personalchef
Funktionen Definition:
Ein Arbeitszeugnis gibt Auskunft über Art und Dauer der Tätigkeiten, der
Leistungen und Kenntnisse, sowie über das Verhalten des Arbeitneh-
mers. Je nach Qualität des Arbeitszeugnisses kann es das berufliche
Fortkommen des Arbeitnehmers erleichtern oder auch erschweren.
Funktionen:
• Nachweisfunktion
• Eignungsfunktion
Gesetzliche Gewerbeordnung § 106 Abs. 2:
Grundlage Das Arbeitszeugnis darf keine „Geheimcodes“ enthalten, das Zeugnis
muss klar und verständlich formuliert sein. Es darf keine Merkmale
oder Formulierungen enthalten, die den Zweck haben, eine andere als
aus der äußeren Form oder aus dem Wortlaut ersichtliche Aussage
über den Arbeitnehmer zu treffen.
Der Arbeitgeber ist gesetzlich dazu verpflichtet, ein Arbeitszeugnis
auszustellen, vorausgesetzt es lag oder liegt ein dauerhaftes Arbeits-
verhältnis vor. Von sich aus muss der Arbeitgeber die Ausstellung
nicht veranlassen. Erst auf das Verlangen des Arbeitnehmers ist der
Arbeitgeber zur Zeugnisausstellung verpflichtet. Des Weiteren ent-
scheidet der Arbeitnehmer, ob er die Ausstellung eines einfachen
oder eines qualifizierten Zeugnisses wünscht. Im Übrigen verjährt der
Anspruch auf ein Zeugnis nach 3 Jahren. Ein Zeugnis sollte noch vor
bzw. direkt nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ver-
langt/ausgestellt werden.
Beurteilungscodes Zufriedenheitsskala
der Arbeitgeber sehr gut: „… hat Aufgaben stets zu unserer vollsten Zufrieden-
heit erledigt …“
gut. „… hat Aufgaben stets zu unserer vollen Zufriedenheit
erledigt …“
befriedigend: „… hat Aufgaben zu unserer vollen Zufriedenheit
erledigt …“
ausreichend: „… hat Aufgaben zu unserer Zufriedenheit erledigt …“
mangelhaft: „… hat sich bemüht, die Aufgaben zu unserer
Zufriedenheit zu erledigen …“
Beispiele für „Während ihrer Ausbildungszeit wurde sie im Privat-, Firmen- und
Zeugnisklauseln Individualkundengeschäft eingesetzt und hat dort erfahren, dass die
Kundenorientierung in unserem Beruf im Mittelpunkt des Denkens und
Handelns steht.“ Das bedeutet im Klartext: Sie hat in diesen Abtei-
lungen die Lerninhalte nicht aktiv umgesetzt; dies entspricht der
Zeugnisnote ausreichend.
„Schon als Auszubildende bewies sie verkäuferische Fähigkeiten und
zeigte eine ordentliche Auffassungsgabe.“ Das bedeutet im Klartext:
entspricht der Zeugnisnote befriedigend
A Individualarbeitsrecht 261

„Sie hat die wesentlichen Fertigkeiten und Kenntnisse einer Bankkauf-


frau erlernt.“ Das bedeutet im Klartext: Das entspricht der Zeugnisno-
te ausreichend.
„Frau Schröder hat zu unserer vollen Zufriedenheit gelernt und gear-
beitet.“ Das bedeutet im Klartext: Das entspricht der Zeugnisnote
befriedigend.
„Er war ein gewissenhafter Mitarbeiter.“ Das bedeutet im Klartext: Er
war zur Stelle, wenn man ihn brauchte, aber nicht immer brauchbar.
„Herr Schulte kümmerte sich stets um die Belange seiner Mitarbeiter.“
Das bedeutet im Klartext: Er ist engagiertes Betriebsratsmitglied.
„Für die Belange der Belegschaft bewies er ein umfassendes Einfüh-
lungsvermögen.“ Das bedeutet im Klartext: Er ist homosexuell.
„Herr Müller war bemüht … Wir bestätigen Herrn Müller gerne, dass
wir mit seinen Leistungen voll zufrieden waren.“ Das bedeutet im
Klartext: Solch ein Widerspruch in einem Arbeitszeugnis wird negativ
beurteilt.
„Herr Schulze kam stets pünktlich zur Arbeit.“ Das bedeutet im Klar-
text: Es werden Selbstverständlichkeiten ins Arbeitszeugnis aufge-
nommen, weil wesentliche Fähigkeiten fehlen, z. B. bei einem Kassie-
rer branchenübliche Eigenschaften wie Ehrlichkeit, Zuverlässigkeit
und Vertrauenswürdigkeit.
Leerstellen in einem Arbeitszeugnis werden negativ beurteilt, z. B.
wenn der Umgang mit Kunden und Vorgesetzten oder Mitarbeitern
nicht beurteilt wird.
Weitere gesetzliche • Der Arbeitgeber muss die Leistungen wahrheitsgetreu angeben (Der
Regelungen zum Wahrheitsgehalt geht über das Wohlwollen).
Arbeitszeugnis • Die ausgeübten Tätigkeiten sollten vollständig aufgeführt werden.
• Geheimcodes sind verboten.
• Durch das Zeugnis sollten dem Arbeitnehmer keine unnötigen
Nachteile entstehen.
• Krankheitszeiten dürfen nicht angegeben werden.
• Der Kündigungsgrund darf nur mit Zustimmung des Arbeitnehmers
im Arbeitszeugnis erscheinen.
• Des Weiteren gehören Partei- und Gewerkschaftszugehörigkeiten
nicht in ein Arbeitszeugnis.
Aussteller des In der Regel werden Arbeitszeugnisse von
Arbeitszeugnisses einem Mitarbeiter der Personalabteilung
erstellt. In kleineren Betrieben zeichnet oft der Chef selber dafür ver-
antwortlich. Das Arbeitszeugnis sollte vom Personalchef unterzeichnet
werden.
Arten von Es wird zwischen dem einfachen und dem qualifizierten Arbeitszeug-
Arbeitszeugnissen nis unterschieden. Beide unterscheiden sich in Inhalt und Aufbau.
262 Prüfungswissen Sozialkunde

Beispiel eines Ausbildungszeugnisses:


Nordbank AG
Zeugnis
Frau Sophie Schröder,
geboren am 15.03.1994 in Norderstedt,

begann ihre Ausbildung zur Bankkauffrau am 01.08.2015 in unserem Hause.


Im Rahmen ihrer Ausbildung hat Frau Schröder kunden- und marktorientierte Handlungskom-
petenz erworben. Sie hat gelernt, Arbeitsprozesse selbstständig zu planen, durchzuführen
und zu kontrollieren. Während ihrer Ausbildungszeit wurde sie im Privat-, Firmen- und Indivi-
dualkundengeschäft eingesetzt und hat dort erfahren, dass die Kundenorientierung in unse-
rem Beruf im Mittelpunkt des Denkens und Handelns steht. Die erforderlichen theoretischen
Grundlagen hat sie sich in der Berufsschule sowie eigenverantwortlich über unsere Online-
Akademie angeeignet und ihre Kenntnisse in internen Seminaren und Verkaufstrainings ver-
tieft.
Frau Schröder interessierte sich in hohem Maße für die Aufgabenfelder und war gut motiviert.
Schon als Auszubildende bewies sie verkäuferische Fähigkeiten und zeigte eine ordentliche
Auffassungsgabe. Frau Schröder verstand sich als Dienstleisterin für ihre internen und exter-
nen Kunden und stellte sich aktiv auf deren Bedürfnisse ein. Sie hat die wesentlichen Fertig-
keiten und Kenntnisse einer Bankkauffrau erlernt.
Frau Schröder behielt auch bei gleichzeitig anfallenden Aufgaben und unter Zeitdruck die
Übersicht, bewahrte Ruhe und setzte die richtigen Prioritäten. Die ihr im Rahmen der Ausbil-
dung übertragenen Aufgaben erledigte sie quantitativ und qualitativ gut. Frau Schröder hat zu
unserer vollen Zufriedenheit gelernt und gearbeitet.
Ihr Verhalten gegenüber Vorgesetzten, Ausbildern, Mitarbeitern und Mitauszubildenden sowie
unseren Kunden war immer einwandfrei. Mit ihren Umgangsformen waren wir sehr zufrieden.
Am 20.06.2017 hat Frau Schröder ihre Abschlussprüfung vor der Handelskammer Hamburg
bestanden und verlässt unser Unternehmen nach Beendigung ihrer Berufsausbildung auf
eigenen Wunsch. Wir danken ihr für die angenehme Zusammenarbeit während der Ausbil-
dungszeit und wünschen ihr weiterhin alles Gute.

Hamburg, den 20.06.2017


Nordbank AG

4. Urlaubsregelungen
Anspruchsgrundlage • Bundesurlaubsgesetz (BUrlG)
• Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG)
• Manteltarifvertrag (MTV)
• Betriebsvereinbarungen
Anspruchsberechtigter Arbeitnehmer und Auszubildende
Personenkreis
Anspruch auf Gewährung von be- • nach § 3 BUrlG 24 Werktage
zahltem Erholungsurlaub • nach § 19 JArbSchG je nach Alter (15, 16, 17
Jahre) 30, 27, 25 Werktage
• nach § 15 MTV für privates Bankgewerbe
30 Arbeitstage
A Individualarbeitsrecht 263

Bedeutung des Urlaubsanspruchs • Freistellung von der Arbeitspflicht bzw. Lern-


für Arbeitnehmer und Auszubildende pflicht und Anspruch auf Entgeltfortzahlung wäh-
rend des Urlaubs
• ggf. Sonderzahlungen als Urlaubsgeld im
Rahmen einer Betriebsvereinbarung möglich
• keine Erwerbstätigkeit während der Urlaubszeit
Voraussetzungen für den Anspruch • Entstehung des vollen Urlaubsanspruchs, wenn
auf Erholungsurlaub Arbeitsverhältnis länger als 6 Monate
• ansonsten Anspruch auf Teilurlaub
• Inanspruchnahme des Urlaubs innerhalb eines
Kalenderjahres, spätestens in Ausnahmefällen
bis zum 31.03. des Folgejahres mit Absprache
Behandlung des Urlaubsanspruchs • Scheidet ein Arbeitnehmer nach erfüllter Warte-
bei Arbeitsplatzwechsel zeit in der ersten Hälfte eines Kalenderjahres aus
einem Arbeitsverhältnis aus, und hat er bereits
Urlaub über den ihm zustehenden Umfang hin-
aus erhalten, so kann das dafür gezahlte Ur-
laubsentgelt nicht zurückgefordert werden.
• Der Arbeitgeber ist verpflichtet, bei Beendigung
des Arbeitsverhältnisses dem Arbeitnehmer eine
Bescheinigung über den im laufenden Kalender-
jahr gewährten oder abgegoltenen Urlaub aus-
zuhändigen.

5. Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit


Wichtige Regelungen
Anspruchsgrundlage • Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG)
• Manteltarifvertrag (MTV)
• Bundesurlaubsgesetz (BUrlG)
• Berufsbildungsgesetz (BBiG)
Anspruchsvoraussetzungen für die • sofortige Information des Arbeitgebers über Art
Entgeltfortzahlung im Krankheits- und Dauer der Arbeitsunfähigkeit
fall • Beschaffung der ärztlichen Arbeitsunfähigkeits-
bescheinigung spätestens am 3. Tag
• Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung
beim Arbeitgeber spätestens am 4. Tag
• Mitteilung an die gesetzliche Krankenversicherung
• Beschäftigungsdauer: Arbeitneh-
mer/Auszubildender ist länger als 4 Wochen unun-
terbrochen im Unternehmen beschäftigt.
Anspruchsberechtigter • Arbeitnehmer und Auszubildende, die länger als
Personenkreis 4 Wochen ununterbrochen im Unternehmen
beschäftigt sind.
264 Prüfungswissen Sozialkunde

Ansprüche • Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall für längstens 6


Wochen
• Krankengeld von der gesetzlichen Krankenver-
sicherung nach 6 Wochen
• Tarifgebundene Arbeitnehmer erhalten ggf. je
nach Dauer der Betriebszugehörigkeit nach 6 Wo-
chen Differenz zwischen Nettogehalt und Kran-
kengeld vom Arbeitgeber.
Arbeitsunfähigkeit während des • Anspruchsvoraussetzung: ärztliche Arbeitsunfä-
Erholungsurlaubs higkeitsbescheinigung und sofortige Benachrichti-
gung des Arbeitgebers
• Rechtsfolge: Tage der Arbeitsunfähigkeit werden
auf den Erholungsurlaub nicht angerechnet.

6. Arbeitsschutz
6.1 Regelungen nach dem Mutterschutzgesetz
Geltungsbereich Frauen im Arbeitsverhältnis
Gestaltung des Arbeitsplatzes Arbeitgeber muss ausreichende Vorkehrungen und
Maßnahmen zum Schutz von Leben und Gesundheit
der werdenden und stillenden Mutter treffen.
Beschäftigungsverbote für wer- • bei Gefährdung von Leben oder Gesundheit von
dende und stillende Mütter Mutter oder Kind
• keine Beschäftigung während der letzten 6 Wo-
chen vor der Entbindung (es sei denn, freiwillige
Bereitschaft zur Arbeitsaufnahme)
• bis zu acht Wochen nach der Geburt absolutes
Beschäftigungsverbot
• keine schwere körperliche Arbeit
• Beschäftigungsverbot zwischen 22 Uhr und 6 Uhr
• Beschäftigungsverbot an Sonn- und Feiertagen
Freistellungen • für Untersuchungen während der Schwanger-
schaft und Mutterschaft
Mitteilungspflichten • Schwangerschaft und mutmaßlicher Tag der Ent-
bindung
• Vorlage eines ärztlichen Zeugnisses auf Verlan-
gen des Arbeitgebers
Kündigungsverbot Während der Schwangerschaft bis zum Ablauf von 4
Monaten nach der Entbindung, sofern dem Arbeitge-
ber zur Zeit der Kündigung Schwangerschaft oder
Entbindung bekannt war oder dieses innerhalb zweier
Wochen nach Zugang der Kündigung mitgeteilt wird.
Mutterschaftsgeld für Arbeitnehmerinnen faktisch das Nettogehalt wäh-
rend der Schutzfristen 6 Wochen vor und bis zu 8
Wochen nach der Entbindung
A Individualarbeitsrecht 265

6.2 Jugendarbeitsschutz
Gründe für den Übermäßige Belastung durch die Berufsarbeit kann gerade bei jungen
Jugendarbeits- Menschen zu gesundheitlichen Schäden sowie zur Beeinträchtigung der
schutz körperlichen und geistigen Entwicklung führen. Jugendliche treffen nicht
selten Arbeitsbedingungen an, die sich in erster Linie am Leistungsvermö-
gen Erwachsener ausrichten; sie verfügen auch noch nicht über die Leis-
tungsfähigkeit und die Erfahrung Erwachsener. Hinzu kommen die zusätz-
lichen Belastungen durch die schulische und berufliche Ausbildung. Dem
Schutz der jugendlichen Beschäftigten wird daher im Rahmen des Ge-
sundheitsschutzes am Arbeitsplatz ein hoher Stellenwert eingeräumt. Auf-
gabe ist es, Jugendliche am Beginn ihres Berufs- und Arbeitslebens vor
Überbeanspruchung und vor den Gefahren am Arbeitsplatz in besonderem
Maße zu schützen. Diesem Ziel dient das Jugendarbeitsschutzgesetz.
Ausgewählte Im Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG) finden sich allgemeine Best-
Inhalte immungen für die Beschäftigung von Minderjährigen, insbesondere zeitli-
che Begrenzungen für die Dauer der Arbeit. Dort ist bestimmt, dass
• Jugendliche nicht mehr als 8 Stunden täglich beschäftigt werden dürfen
(§ 8 Abs. 1 JArbSchG);
• Jugendliche nicht mehr als 40 Stunden in der Woche beschäftigt wer-
den dürfen (§ 8 Abs. 1 JArbSchG);
• in Ausnahmefällen - die genau beschrieben sind in § 8 Abs. 2 JArb-
SchG - die tägliche Arbeitszeit 8,5 Stunden betragen darf;
• die tägliche Freizeit der Jugendlichen mindestens 12 Stunden lang sein
muss (§ 13 JArbSchG);
• Jugendliche nur in der Zeit von 6.00 Uhr bis 20.00 Uhr beschäftigt wer-
den dürfen (§ 14 JArbSchG);
• Jugendliche nur an 5 Tagen in der Woche beschäftigt werden dürfen,
die beiden freien Tage sollen aufeinander folgen (§15 JArbSchG);
• der Arbeitgeber den Jugendlichen für die Teilnahme an Prüfungen ei-
nen Arbeitstag vor der Prüfung freistellt (§ 10 JArbSchG).
Falls der Minderjährige noch der Vollzeitschulpflicht unterliegt, gelten für
diesen die Beschränkungen der Verordnung über den Kinderarbeits-
schutz (KindArbSchV), die die Beschäftigung von Kindern oder schul-
pflichtigen Jugendlichen nur in ganz wenigen, genau definierten Berei-
chen zulässt (§ 2 KindArbSchV), z. B. Austragen von Zeitungen.
Ausnahme- Nachtruhe (§ 14 JArbSchG):
regelungen • Jugendliche über 16 Jahre dürfen in Bäckereien bereits ab 5 Uhr be-
schäftigt werden, Jugendliche über 17 Jahre bereits ab 4 Uhr.
• Jugendliche über 16 Jahre dürfen im Gaststättengewerbe bis 22 Uhr
beschäftigt werden.
Urlaubsrege- • Jugendliche zu Beginn des Kalenderjahres noch nicht 16 Jahre alt:
lung (§ 19 30 Werktage Urlaubsanspruch
JArbSchG) • Jugendliche zu Beginn des Kalenderjahres noch nicht 17 Jahre alt:
27 Werktage Urlaubsanspruch
• Jugendliche zu Beginn des Kalenderjahres noch nicht 18 Jahre alt:
25 Werktage Urlaubsanspruch
266 Prüfungswissen Sozialkunde

Ärztliche Unter- • Erstuntersuchung: Ärztliche Untersuchung des Jugendlichen inner-


suchungen halb von 14 Monaten vor Eintritt in das Berufsleben. Vor der Beschäfti-
gung muss der Arbeitgeber eine Bescheinigung hierüber erhalten.
• Erste Nachuntersuchung: Vorlage der Bescheinigung über die Nach-
untersuchung beim Arbeitgeber spätestens 1 Jahr nach Beschäfti-
gungsaufnahme
Aufsichts- Die Aufsicht über die Ausführungen des Jugendarbeitsschutzgesetzes
behörde und der einschlägigen Rechtsverordnungen obliegt den Gewerbeauf-
sichtsämtern. Diese beraten auch in allen Angelegenheiten des Jugend-
arbeitsschutzes.

6.3 Kündigungsschutz für Arbeitnehmer


Rechtsgrundlagen einer • § 622 BGB
Kündigung eines • § 17 Manteltarifvertrag ordentliche Kündigung
unbefristeten • § 626 BGB außerordentliche Kündigung
Arbeitsverhältnisses
Wirksamkeit der Die ordentliche Kündigung erfordert das Einhalten einer Kün-
Kündigung digungsfrist. Eine Kündigung wird nur wirksam, wenn die Wil-
lenserklärung wirksam abgegeben wurde und den Vertrags-
parteien zugegangen ist (§ 130 BGB, einseitig empfangsbe-
dürftige Willenserklärung). Der Personalleiter kann z. B. wirk-
sam kündigen. Wird die Kündigungserklärung gegenüber ei-
nem minderjährigen Auszubildenden abgegeben, wird sie erst
wirksam, wenn sie dem gesetzlichen Vertreter zugeht (§ 131
Abs. 1 und 2 BGB).
Nur eine schriftlich erklärte Kündigung ist wirksam (§§ 623,
126 BGB).
Kündigungsfristen Mit Zugang der Kündigungserklärung setzt der Beginn der
jeweils geltenden Kündigungsfrist ein, die mit dem Termin
endet, an dem das Arbeitsverhältnis beendet werden soll
(§ 622 BGB, § 22 BBiG, § 17 Manteltarifvertrag).
Anhörung des Eine ohne Anhörung des Betriebsrates ausgesprochene Kün-
Betriebsrates digung ist unwirksam (§ 102 BetrVG). Anhören bedeutet, dass
der Arbeitgeber eine Stellungnahme des Betriebsrates nur zur
Kenntnis nehmen muss.
Kündigungsschutz Für bestimmte Arbeitnehmergruppen gibt es einen besonde-
ren Kündigungsschutz, z. B. den Mutterschutz für schwangere
Frauen (§ 9 Mutterschutzgesetz).
Allgemeiner Der Kündigungsschutz ist im Kündigungsschutzgesetz gere-
Kündigungsschutz gelt. Der Kündigungsschutz soll den Arbeitnehmer vor dem
Verlust seines Arbeitsplatzes bewahren. Ist ein Arbeitnehmer
Mitglied einer Gewerkschaft, wird er von seiner Gewerkschaft
prüfen lassen, ob die Vorschriften des Kündigungsschutz-
gesetzes der ordentlichen Kündigung entgegenstehen.
A Individualarbeitsrecht 267

Anwendbarkeit des Die Regelung der dreiwöchigen Klagefrist bezieht sich auf die
Kündigungsschutz- §§ 4 bis 7 und 13 Abs. 1 des Kündigungsschutzgesetzes und ist
gesetzes auf alle Arbeitsverhältnisse anzuwenden. Die übrigen Schutz-
vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes gelten nach § 23
Abs. 1 grundsätzlich nur für Betriebe, in denen mehr als 10 Ar-
beitnehmer beschäftigt sind (sachlicher Anwendungsbereich).
Dem Kündigungsschutz unterliegen nur solche Arbeitsverhält-
nisse, die länger als 6 Monate bestanden haben (persönlicher
Anwendungsbereich). Es muss bei jeder Kündigung in jedem
Fall geprüft werden, ob die Kündigung nach § 1 Abs. 1, 2 und
3 des Kündigungsschutzgesetzes sozialwidrig ist. Diese Prü-
fung erfolgt nur, wenn für das Arbeitsverhältnis das Kündi-
gungsschutzgesetz anwendbar ist. Eine Kündigung ist dann
unwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist. Um die Kün-
digung sozial rechtfertigen zu können, muss sich der Arbeit-
geber darauf berufen können, dass die Kündigung des Arbeit-
nehmers entweder personenbedingte, verhaltensbedingte
oder betriebsbedingte Gründe hat.
Kündigungsgründe Personenbedingte Kündigungsgründe sind Kündigungs-
gründe, die der Arbeitnehmer selbst nicht beeinflussen kann,
z. B. Alter oder Krankheit.
Verhaltensbedingte Kündigungsgründe sind Gründe, die
der Arbeitnehmer selbst beeinflussen kann, z. B. ständige
Unpünktlichkeit.
Betriebsbedingte Kündigungsgründe liegen z. B. vor, wenn
aufgrund dringender betrieblicher Erfordernisse im Betrieb des
Arbeitnehmers Arbeitsplätze wegfallen sollen. Es besteht we-
der im selben Betrieb noch in einem anderen Bereich des
Unternehmens eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit.
Beispiele hierfür wären Rationalisierungsmaßnahmen oder ein
Auftragsrückgang im Unternehmen.
Sozialwidrigkeit der Zunächst muss geprüft werden, ob die Kündigung zulässig ist.
Kündigung im Einzelfall Danach ist zu klären, ob der an sich geeignete Kündigungs-
grund gerade im vorliegenden Einzelfall eine Kündigung recht-
fertigt. Die Kündigung ist nur dann wirksam, wenn das Ar-
beitsverhältnis durch den gegebenen Grund auch noch in der
Zukunft beeinträchtigt wird. Die Kündigung darf nur das letzte
Mittel sein. Vor der Kündigung ist daher eine Versetzung des
Arbeitnehmers zu prüfen.
Interessenabwägung und Bei personen- und verhaltensbedingten Gründen einer Kündi-
Sozialauswahl gung müssen die berechtigten Interessen des Arbeitgebers
mit den Interessen auf Erhalt des Beschäftigungsverhältnisses
des Arbeitnehmers berücksichtigt werden. Bei der betriebsbe-
dingten Kündigung muss der Arbeitgeber eine Sozialauswahl
treffen (§ 1 Abs. 3 Kündigungsschutzgesetz). Es ist hierbei auf
das Alter und die Dauer der Betriebszugehörigkeit des Arbeit-
nehmers zu achten.
268 Prüfungswissen Sozialkunde

Kündigungsschutzklage Gegen eine unzulässige Kündigung kann der Arbeitnehmer


durch den innerhalb von 3 Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündi-
Arbeitnehmer gung Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht erheben.
Der Kündigungsschutz des Arbeitnehmers entfällt, wenn er
die dreiwöchige Klagefrist versäumt (§ 4 Kündigungsschutz-
gesetz). In diesem Fall gilt eine an sich unwirksame Kündi-
gung, z. B. eine sozialwidrige Kündigung oder eine Kündigung
ohne Anhörung des Betriebsrates, als von Anfang an wirksam
(§ 7 Kündigungsschutzgesetz).

6.4 Kündigungsfristen
Aspekte Kündigungsregelung nach § Kündigungsregelung nach §
622 BGB für unbefristete Ar- 17 MTV für das private Bank-
beitsverhältnisse gewerbe für unbefristete Ar-
beitsverhältnisse
Kündigung eines • 14 Tage Keine Regelung im MTV, daher
Arbeitsverhältnisses • Regelung gilt für beide Ver- Anwendung von § 622 BGB: 14
(AV) während der tragspartner. Tage
Probezeit (längstens • Schriftform erforderlich (§ 623
6 Monate) BGB).
Beispiel: Kündigungszugang: 16.10.2017 (Montag)
Ende des Arbeitsverhältnisses: 30.10.2017 (Montag)
Ordentliche Kündi- • 4 Wochen (oder 28 Tage) zum • 6 Wochen (oder 42 Tage) zum
gung 15. eines Monats bzw. zum Quartalsende
eines AV nach der Monatsultimo • Diese Regelung gilt für beide
Probezeit • Diese Regelung gilt für beide Vertragspartner.
Vertragspartner. • Schriftform erforderlich (§ 623
• Schriftform erforderlich BGB)
Beispiel: Beginn des Arbeits- Beispiel: Beginn des Arbeits-
verhältnisses: 01.01.2012, Kün- verhältnisses: 01.01.2012, Kün-
digungszugang: 16.10.2017 digungszugang: 16.10.2017
(Montag), Ende des Arbeitsver- (Montag), Ende des Arbeitsver-
hältnisses: 15.11.2017 (Mitt- hältnisses: 31.12.2017 (Sonn-
woch), spätestmöglicher Kündi- tag), spätestmöglicher Kündi-
gungszugang: 18.10.2017 gungszugang: 17.11.2017 (Frei-
tag)
Verlängerte 2 Jahre – 1 Monat zum Monats- 5 Jahre – 3 Monate zum Quar-
Kündigungsfristen ende talsende
bei einer 5 Jahre – 2 Monate zum Mo- 8 Jahre – 4 Monate zum Quar-
Betriebszugehörig- natsende talsende
keit von 2 Jahren und 8 Jahre – 3 Monate zum Mo- 10 Jahre – 5 Monate zum Quar-
mehr natsende talsende
10 Jahre – 4 Monate zum Mo- 12 Jahre – 6 Monate zum Quar-
natsende talsende
12 Jahre – 5 Monate zum Mo- Diese Regelung gilt nur für den
natsende Arbeitgeber. Schriftform ist er
A Individualarbeitsrecht 269

Aspekte Kündigungsregelung nach § Kündigungsregelung nach §


622 BGB für unbefristete Ar- 17 MTV für das private Bank-
beitsverhältnisse gewerbe für unbefristete Ar-
beitsverhältnisse
15 Jahre – 6 Monate zum Mo- forderlich (§ 623 BGB).
natsende
20 Jahre – 7 Monate zum Mo-
natsende
Diese Regelung gilt nur für den
Arbeitgeber. Schriftform ist er-
forderlich (§ 623 BGB).
Beispiel: Beginn des Arbeits- Beispiel: Beginn des Arbeits-
verhältnisses: 01.01.2007 verhältnisses: 01.01.2007
Kündigungszugang: 16.10.2017 Kündigungszugang: 16.10.2017
(Montag) (Montag)
Dauer der Beschäftigung: 10 Dauer der Beschäftigung: 10
Jahre Jahre
Ende des Arbeitsverhältnisses: Ende des Arbeitsverhältnisses:
28.02.2018 31.03.2017
Spätestmöglicher Kündigungs- Spätestmöglicher Kündigungs-
zugang: 31.10.2017 (Dienstag) zugang: 31.10.2017 (Dienstag)
Vertraglich abwei- 4 Wochen Kündigungsfrist min- Kündigungsfrist muss mindes-
chende Vereinbarun- destens: tens
gen von 1. bei Aushilfskräften mit Ar- 1 Monat zum Monatsende betra-
Kündigungsfristen beitsverträgen mit Laufzeiten gen.
möglich: von weniger als 3 Monaten;
2. wenn der Arbeitgeber weniger
als 20 Arbeitnehmer beschäftigt.
Außerordentliche • Ein wichtiger Grund muss vor- • Ein wichtiger Grund muss vor-
Kündigung liegen. liegen.
• fristlos • fristlos
• Schriftform erforderlich (§ 623 • Schriftform erforderlich (§ 623
BGB) BGB)
• Kündigung kann nur innerhalb • Kündigung kann nur innerhalb
von zwei Wochen nach Tatsa- von zwei Wochen nach Tatsa-
chenkenntnis erfolgen. chenkenntnis erfolgen.
• Der Betriebsrat muss vor der • Der Betriebsrat muss vor der
Kündigung vom Arbeitgeber Kündigung vom Arbeitgeber
angehört werden, § 102 Abs. 1 angehört werden, § 102 Abs. 1
und 2 Betriebsverfassungsge- und 2 Betriebsverfassungsge-
setz, schriftliche Stellungnah- setz.
me innerhalb von 3 Tagen.
• Auf Verlangen ist dem anderen
Teil der Kündigungsgrund un-
verzüglich schriftlich mitzutei-
len, vgl. § 626 Abs. 2 BGB.
270 Prüfungswissen Sozialkunde

6.5 Besonderer Kündigungsschutz


Arbeitnehmergruppe Anspruchsgrundlage
Auszubildende Nach § 22 BBiG kann das Berufsausbildungsverhältnis nach
der Probezeit nur von Auszubildenden mit einer Kündigungsfrist
von 4 Wochen gekündigt werden, wenn sie die Berufsausbil-
dung aufgeben oder sich für eine andere Berufstätigkeit ausbil-
den lassen wollen. Die Kündigung muss schriftlich und unter
Angabe der Kündigungsgründe erfolgen.
Davon unberührt bleibt die Kündigung aus wichtigem Grund für
beide Vertragspartner.
Werdende Mütter Nach § 9 Mutterschutzgesetz haben Arbeitnehmerinnen wäh-
rend der Schwangerschaft und bis zum Ablauf von 4 Monaten
nach der Entbindung Kündigungsschutz. Die Kündigung ist
unwirksam, wenn dem Arbeitgeber zur Zeit der Kündigung die
Schwangerschaft bekannt war oder innerhalb zweier Wochen
nach Zugang der Kündigung mitgeteilt wird.
Betriebsräte und Ju- Nach § 15 des Kündigungsschutzgesetzes haben Mitglieder
gendvertreter eines Betriebsrates bzw. einer Jugend- und Auszubildendenver-
tretung Anspruch auf Kündigungsschutz. Der Kündigungsschutz
besteht bis ein Jahr nach Beendigung der Amtszeit. Die Kündi-
gung aus wichtigem Grund bleibt hiervon unberührt.
Schwerbehinderte Nach §§ 85 und 86 des Sozialgesetzbuches IX bedarf die Kün-
Arbeitnehmer digung des Arbeitsverhältnisses eines schwerbehinderten Men-
schen durch den Arbeitgeber der vorherigen Zustimmung des
Integrationsamtes. Die Kündigungsfrist beträgt mindestens
4 Wochen.
Kündigungsschutz für Nach § 17 Manteltarifvertrag (MTV) haben Arbeitnehmer, die
Arbeitnehmer mit langen das 50. Lebensjahr vollendet haben und dem Betrieb mindes-
Beschäftigungszeiten tens 10 Jahre ununterbrochen angehören, Anspruch auf be-
und ältere Arbeitnehmer sonderen Kündigungsschutz: Sie können nur bei Vorliegen
eines wichtigen Grundes und bei Betriebsänderungen im Sinne
des § 111 Betriebsverfassungsgesetz gekündigt werden.
Nach § 622 BGB und § 17 MTV haben Arbeitnehmer mit langen
Beschäftigungszeiten Anspruch auf verlängerte Kündigungsfris-
ten.
B B Betriebliche Mitbestimmung

Betriebliche Mitbestimmung

1. Organisation der Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV)


und des Betriebsrats
Aspekte Betriebsrat Jugend- und Auszubildenden-
vertretung (JAV)
Wahlvorausset- mindestens 5 ständig wahlberechtig- mindestens 5 jugendliche Arbeit-
zungen te Arbeitnehmer, davon 3 wählbar nehmer oder Azubis unter 25 J.
Wahlzeitraum • 1. März bis 31. Mai • 1. Oktober bis 30. November
• Besteht noch kein Betriebsrat: • Besteht noch kein JAV: sofortige
sofortige Wahl möglich Wahl möglich
Amtszeit 4 Jahre 2 Jahre
Nächste 2020 2018
reguläre Wahl
Aktives Wahl- • Arbeitnehmer und Auszubildende • jugendliche Arbeitnehmer
recht ab 18 Jahre (voll geschäftsfähig) • alle Auszubildende bis 25 Jahre
• Leiharbeitnehmer ab 3 Monate
Beschäftigungsdauer
Passives Wahl- • Arbeitnehmer und Auszubildende, alle Arbeitnehmer und Auszubil-
recht ab 18 Jahre dende bis 25 Jahre
• mindestens 6 Monate Betriebszu-
gehörigkeit
Anzahl der Mit- Der Betriebsrat besteht in Betrieben mit Die JAV besteht in Betrieben mit in der
glieder in der Regel Regel
5 bis 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern 5 bis 20 der in § 60 Abs. 1 genannten
aus einer Person, Arbeitnehmer aus einer Person,
21 bis 50 wahlberechtigten Arbeitneh- 21 bis 50 … aus 3 Mitgliedern,
mern aus 3 Mitgliedern, 51 bis 150 ... aus 5 Mitgliedern,
51 bis 100 wahlberechtigten Arbeitneh- 151 bis 300 … aus 7 Mitgliedern,
mern aus 5 Mitgliedern, 301 bis 500 ... aus 9 Mitgliedern,
101 bis 200 wahlberechtigten Arbeit- 501 bis 700 …aus 11 Mitgliedern,
nehmern aus 7 Mitgliedern, 701 bis 1000 …aus 13 Mitgliedern,
201 bis 400 wahlberechtigten Arbeit- mehr als 1000 …aus 15 Mitgliedern.
nehmern aus 9 Mitgliedern,
401 bis 700 wahlberechtigten Arbeit-
nehmern aus 11 Mitgliedern,
701 bis 1000 wahlberechtigten Arbeit-
nehmern aus 13 Mitgliedern
1001 bis 1500 wahlberechtigten Arbeit-
nehmern aus 15 Mitgliedern,
1501 bis 2000 wahlberechtigten Arbeit-
nehmern aus 17 Mitgliedern …
5001 bis 6000 wahlberechtigten Arbeit-
nehmern aus 31 Mitgliedern …

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019
W. Grundmann und R. Rathner, Bankwirtschaft, Rechnungswesen
und Steuerung, Wirtschafts- und Sozialkunde, Prüfungstraining für
Bankkaufleute, https://doi.org/10.1007/978-3-658-23965-7_21
272 Prüfungswissen Sozialkunde

Aspekte Betriebsrat Jugend- und Auszubildenden-


vertretung (JAV)
Erlöschen der • mit Ablauf der Amtszeit • mit Ablauf der Amtszeit
Mitgliedschaft • Niederlegung des Betriebsratsam- • Niederlegung des Amtes in der
tes JAV
• Beendigung des Arbeitsverhältnis- • Beendigung des Arbeitsverhält-
ses nisses
• Verlust der Wählbarkeit, z. B. Be- • Verlust der Wählbarkeit, z. B.
triebsrat wird leitender Angestellter Mitglied der JAV wird in den Be-
triebsrat gewählt.
Stimmrecht bei • mit Stimmenmehrheit, bei Stim- § 67 BetrVG (Teilnahme an Be-
Beschlüssen mengleichheit Ablehnung des An- triebsratssitzungen)
trages (1) Die Jugend- und Auszubilden-
• Nimmt die JAV an den Beschlüs- denvertretung kann zu allen
sen teil, werden ihre Stimmen mit- Betriebsratssitzungen einen
gezählt. Vertreter entsenden. Werden
Angelegenheiten behandelt,
die besonders die in § 60 Abs.
1 genannten Arbeitnehmer be-
treffen, so hat zu diesen Ta-
gesordnungspunkten die ge-
samte Jugend- und Auszubil-
dendenvertretung ein Teil-
nahmerecht.
(2) …
(3) Die Jugend- und Auszubilden-
denvertreter haben Stimm-
recht, soweit die zu fassenden
Beschlüsse des Betriebsrats
überwiegend die in § 60 Abs.
1 genannten Arbeitnehmer be-
treffen.
§ 68 BetrVG (Teilnahme an ge-
meinsamen Besprechungen)
Der Betriebsrat hat die Jugend-
und Auszubildendenvertretung zu
Besprechungen zwischen Arbeit-
geber und Betriebsrat beizuziehen,
wenn Angelegenheiten behandelt
werden, die besonders die in § 60
Abs. 1 genannten Arbeitnehmer
betreffen.
Freistellung für Von ihrer beruflichen Tätigkeit sind keine Freistellung, widerspricht
hauptamtliche mindestens freizustellen in Betrieben dem Ziel des Ausbildungsverhält-
Tätigkeit mit in der Regel nisses
200 bis 500 Arbeitnehmer
1 Betriebsratsmitglied,
B Betriebliche Mitbestimmung 273

Aspekte Betriebsrat Jugend- und Auszubildenden-


vertretung (JAV)
501 bis 900 Arbeitnehmer
2 Betriebsratsmitglieder,
901 bis 1500 Arbeitnehmer
3 Betriebsratsmitglieder,
1501 bis 2000 Arbeitnehmer
4 Betriebsratsmitglieder,
2001 bis 3000 Arbeitnehmer
5 Betriebsratsmitglieder,
3001 bis 4000 Arbeitnehmer
6 Betriebsratsmitglieder,
4001 bis 5000 Arbeitnehmer
7 Betriebsratsmitglieder,
5001 bis 6000 Arbeitnehmer
8 Betriebsratsmitglieder,

9001 bis 10000 Arbeitnehmer
12 Betriebsratsmitglieder.
Über 10000 Arbeitnehmer: für je
angefangene weitere 2000 Arbeit-
nehmer ein weiteres Betriebsrats-
mitglied freizustellen.
Kündigungs- Nach § 15 KüSchG genießen Mitglieder des Betriebsrats und der JAV
schutz Kündigungsschutz bis zu einem Jahr nach der Amtszeit.

2. Aufgaben der Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV)


Die Jugend- und Auszubildendenvertretung kann zu allen Betriebsratssitzungen einen Vertre-
ter entsenden. Der Betriebsrat hat die Jugend- und Auszubildendenvertretung zu Bespre-
chungen zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat beizuziehen, wenn Angelegenheiten behan-
delt werden, die besonders die Auszubildenden betreffen.
Die Jugend- und Auszubildendenvertretung hat folgende allgemeine Aufgaben:
• Maßnahmen, die den Auszubildenden dienen, insbesondere in Fragen der Berufsbildung
und der Übernahme der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten in ein Arbeitsverhältnis,
beim Betriebsrat beantragen;
• Anregungen insbesondere in Fragen der Berufsbildung, entgegennehmen und, falls sie
berechtigt erscheinen, beim Betriebsrat auf eine Erledigung hinwirken. Die Jugend- und
Auszubildendenvertretung hat die betroffenen jugendlichen Arbeitnehmer und Auszubil-
denden über den Stand und das Ergebnis der Verhandlungen zu informieren.
Zur Durchführung ihrer Aufgaben ist die Jugend- und Auszubildendenvertretung durch den
Betriebsrat rechtzeitig und umfassend zu unterrichten. Die Jugend- und Auszubildendenver-
tretung kann verlangen, dass ihr der Betriebsrat die zur Durchführung ihrer Aufgaben erfor-
derlichen Unterlagen zur Verfügung stellt.
Die Jugend- und Auszubildendenvertretung kann vor oder nach jeder Betriebsversammlung
im Einvernehmen mit dem Betriebsrat eine betriebliche Jugend- und Auszubildendenver-
sammlung einberufen.
274 Prüfungswissen Sozialkunde

3. Aufgaben des Betriebsrats


Aspekte Betriebsrat
Allgemeine Aufgaben • Überwachung der Durchführung von Gesetzen, Verordnungen,
Unfallverhütungsvorschriften, Tarifverträgen, Betriebsvereinba-
rungen
• Durchsetzung der Gleichstellung von Frauen und Männern
• Förderung der Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit
• Entgegennahme von Anregungen von Arbeitnehmern und Aus-
zubildenden
• Förderung der Eingliederung Schwerbehinderter
• Vorbereitung der Wahl der JAV
• Förderung älterer Arbeitnehmer im Betrieb
• Förderung der Integration ausländischer Arbeitnehmer
• Förderung und Sicherung der Beschäftigung im Betrieb
Mitbestimmung in • § 92 BetrVG: Rechtzeitige Unterrichtung des Betriebsrats über
personellen die Personalplanung
Angelegenheiten • nach § 95 BetrVG Zustimmungsrecht bei der Einführung von Richt-
linien über die personelle Auswahl bei Einstellungen, Versetzun-
gen, Umgruppierungen und Kündigungen von Arbeitnehmern
• in Betrieben mit i. d. R. mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitneh-
mern Mitbestimmung bei personellen Einzelmaßnahmen, z. B.
Einstellungen, Eingruppierungen, Umgruppierungen, Versetzun-
gen; und zwar ein Informationsrecht und Einholung der Zustim-
mung des Betriebsrats (§ 99 BetrVG)
• Informationsrecht und Recht zur Stellungnahme bzw. Wider-
spruchsrecht bei Kündigung eines Arbeitnehmer nach
§ 102 BetrVG
Mitbestimmung in § 87 (Mitbestimmungsrechte) BetrVG
sozialen (1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Re-
Angelegenheiten gelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzube-
stimmen:
1. Fragen der Ordnung des Betriebes und des Verhaltens der
Arbeitnehmer im Betrieb;
2. Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschl. der Pausen
sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochenta-
ge;
3. vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der betriebs-
üblichen Arbeitszeit;
4. Zeit, Ort und Art der Auszahlung der Arbeitsentgelte;
5. Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und des Urlaubs-
plans sowie die Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs für
einzelne Arbeitnehmer, wenn zwischen dem Arbeitgeber und
den beteiligten Arbeitnehmern kein Einverständnis erzielt wird;
6. Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen,
die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der
Arbeitnehmer zu überwachen;
B Betriebliche Mitbestimmung 275

7. Regelung über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufs-


krankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der
gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschrif-
ten;
8. Form, Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen,
deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen o-
der den Konzern beschränkt ist;
9. ...
10. Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere die
Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und die Einführung
und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie de-
ren Änderung;
11. Festsetzung der Akkord- und Prämiensätze und vergleichbarer
leistungsbezogener Entgelte ...
12. Grundsätze über das betriebliche Vorschlagswesen;
13. Grundsätze über die Durchführung von Gruppenarbeit; Grup-
penarbeit im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn im Rahmen
des betrieblichen Arbeitsablaufs eine Gruppe von Arbeitneh-
mern eine ihr übertragene Gesamtaufgabe im Wesentlichen
eigenverantwortlich erledigt.
(2) Kommt eine Einigung über eine Angelegenheit nach Absatz 1
nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch
der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber
und Betriebsrat.
Mitwirkung in wirt- § 106 BetrVG: In Betrieben mit mehr als 100 ständig beschäftigten
schaftlichen Angele- Arbeitnehmern ist ein Wirtschaftsausschuss zu bilden. Der Unter-
genheiten nehmer hat den Wirtschaftsausschuss rechtzeitig und umfassend
über die wirtschaftlichen Angelegenheiten des Unternehmens zu
unterrichten und die sich daraus ergebenden Auswirkungen auf die
Personalplanung darzustellen.
276 Prüfungswissen Sozialkunde

4. Betriebsversammlung
Allgemeines Die Durchführung von Betriebsversammlungen ist im Betriebsverfassungs-
gesetz vorgeschrieben (§§ 42 bis 46 BetrVG). Sie dient in erster Linie der
Unterrichtung der Arbeitnehmer durch den Betriebsrat, bietet darüber hinaus
aber auch die Möglichkeit zur Aussprache.
Aufgaben Durch die Betriebsversammlung können Beschlüsse gefasst werden, an die
der Betriebsrat zwar nicht gebunden ist, die er jedoch im Rahmen seiner
gesetzlichen Pflichten als Betriebsrat zu berücksichtigen hat. Die Betriebs-
versammlung besitzt auch nicht die Kompetenz, mit dem Arbeitgeber Be-
triebsvereinbarungen abzuschließen.
Einberufung • Der Betriebsrat hat einmal pro Kalendervierteljahr eine - regelmäßige -
Betriebsversammlung einzuberufen und einen Bericht über seine Tätigkeit
zu erstatten. Wenn es aus besonderen Gründen zweckmäßig erscheint,
kann der Betriebsrat in jedem Kalenderhalbjahr eine weitere Betriebsver-
sammlung durchführen.
• Betriebsversammlungen sind nicht öffentlich.
• Der Arbeitgeber ist zu den Betriebsversammlungen unter Mitteilung der
Tagesordnung einzuladen. Er ist berechtigt, in den Versammlungen zu
sprechen.
• Darüber hinaus hat der Arbeitgeber oder sein Vertreter mindestens einmal
pro Kalenderjahr in einer Betriebsversammlung über das Personal- und
Sozialwesen einschließlich des Stands der Gleichstellung von Frauen und
Männern im Betrieb sowie der Integration der im Betrieb beschäftigten
ausländischen Arbeitnehmer, über die wirtschaftliche Lage und Entwick-
lung des Betriebs sowie über den betrieblichen Umweltschutz zu berich-
ten. Die Pflicht des Arbeitgebers findet dort ihre Grenzen, wo Betriebs- o-
der Geschäftsgeheimnisse gefährdet werden.
• Die regelmäßigen Betriebsversammlungen und die, welche auf Wunsch
des Arbeitgebers einberufen werden, finden während der Arbeitszeit statt.
• Die Teilnahme an diesen Versammlungen einschließlich der zusätzlichen
Wegezeiten ist den Arbeitnehmern wie Arbeitszeit zu vergüten.
• Es besteht die Möglichkeit der beratenden Teilnahme an Betriebsver-
sammlungen von Beauftragten der im Betrieb vertretenen Gewerkschaften
sowie Beauftragten der Vereinigung der Arbeitgeber, sofern der Arbeitge-
ber an der Betriebsversammlung teilnimmt.
C C Sozialrecht

Sozialrecht

1. Soziale Sicherung
Übersicht über die Zweige der Sozialversicherungen
Sozialversiche- Gesetzliche Pflegeversi- Renten- Arbeitslosen- Gesetzliche
rungen Aspekte Krankenversi- cherung (PV) versich- versicherung Unfallversi-
cherung (GKV) erung (RV) (AV) cherung
(GUV)
Abzusichern- Krankheit Pflegebedürf- Altersarmut; Arbeitslosigkeit Existenzsi-
des tigkeit Erwerbsmin- cherung im
Lebensrisiko derung Falle eines
Arbeitsunfalls;
Berufskrank-
heit
Träger Gesetzliche Pflegekassen Deutsche Bundesagentur Berufsgenos-
Krankenkassen Rentenversi- für Arbeit; Ar- sen-schaften
cherung Bund beitsagenturen
Beitragssatz 14,6 % 2,55 /2,80 % 18,6 % 3,0 % Promillesatz
2018 von der
Lohnsumme
Tragung der AN: 7,3 % AN: 1,275 % + AN: 9,3 % AN: 1,5 % AG allein
Beiträge AG: 7,3 % 0,25 % AG: 9,3 % AG: 1,5 %
= 1,525 %
(ab 23 Jahre
und kinderlos)
oder 1,275 %
(unter 23 Jahre
oder über 23
Jahre mit Kind)
AG: 1,275 %
Zahlung AG überweist die gesamten Sozialversicherungsbeiträge der AN an AG überweist
(Überweisung) die gesetzlichen Krankenkassen, die die Gesamtbeiträge an den Beitrag an
der Beiträge Gesundheitsfonds weiterleiten. Der Gesundheitsfonds verteilt die Berufsgenos-
Sozialbeiträge an die anderen Träger. senschaft.
Beitragsbe- 4.425,00 EUR 4.425,00 EUR West: West:
messungs- 6.500,00 EUR 6.500,00 EUR
grenze 2018 Ost: Ost:
pro Monat für 5.800,00 EUR 5.800,00 EUR
West- und
Ostländer
Versicherungs- 4.950,00 EUR/ 4.950,00 EUR/
pflichtgrenze 59.400,00 EUR 59.400,00 EUR
monat-
lich/jährlich

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019
W. Grundmann und R. Rathner, Bankwirtschaft, Rechnungswesen
und Steuerung, Wirtschafts- und Sozialkunde, Prüfungstraining für
Bankkaufleute, https://doi.org/10.1007/978-3-658-23965-7_22
278 Prüfungswissen Sozialkunde

Sozialversiche- Gesetzliche Pflegeversi- Renten- Arbeitslosen- Gesetzliche


rungen Aspekte Krankenversi- cherung (PV) versich- versicherung Unfallversi-
cherung (GKV) erung (RV) (AV) cherung
(GUV)
Leistungen Krankengeld; Geldleistun- Altersruhe- Arbeitsvermitt- Verletztengeld;
Medikamente; gen; Sachleis- geld; lung; Berufs- Unfallrenten;
(Beispiele)
Arztleistungen; tungen je nach Witwen- und beratung; Ar- Umschulungen;
Arbeitsschutz-
Reha Pflegebedarf Waisenrenten; beitslosengeld;
maßnahmen
Erwerbsmin- Kurzarbeiter-
de-rungsrente; geld;
Reha- Umschulungen;
Maßnahmen Weiterbildung
Kündigungs- feste Mitglied- Kündigungs-
möglichkeiten schaft für mindes- recht im Falle
tens 18 Monate, der Selbst-
danach Kündi- ständigkeit
gungsmöglichkeit
mit einer Kündi-
gungsfirst von
zwei Monaten zum
Monatsende;
außerordentliches
Kündigungsrecht
bei Erhöhung des
Zusatzbeitrages
mit einer Kündi-
gungsfrist von
zwei Monaten zum
Monatsende
Versicherter Pflichtversiche- AN; AN und Aus- AN und Auszu-
Personen- rung für AN und Auszubildende; zubildende; bildende
kreis Auszubildende Selbstständige; freiwillige
bei einjährigem Angehörige Mitgliedschaft
dauerhaftem möglich, z. B.
Überschreiten der für Selbst-
Versicherungs- ständige
pflichtsgrenze
freiwillige Mit-
gliedschaft mög-
lich oder Mitglied-
schaft in einer
privaten KV Fami-
lienangehörige
sind über den
Arbeitnehmer
mitversichert.
AN = Arbeitnehmer
AG = Arbeitgeber
C Sozialrecht 279

2. Berechnung von Sozialbeiträgen


Beispiel für eine Beitragsberechnung:
Arbeitnehmer: 43 Jahre, ledig; Arbeitsstelle: Hamburg
monatliches Bruttoeinkommen: 3.200,00 EUR
monatliche vermögenswirksame Leistung: 40,00 EUR;
die Krankenkasse erhebt keinen Zusatzbeitrag
Sozialbeiträge Gesamt Arbeitgeberanteil Arbeitnehmeranteil
Gesetzliche 14,6 % von 3.240 EUR 7,3 % von 3.240 EUR 7,3 % von 3.240 EUR
Krankenversicherung = 471,04 EUR = 236,52 EUR = 236,52 EUR
Pflegeversicherung 2,8 % von 3.240 EUR 1,275 % von 3.240 EUR 1,525% von 3.240 EUR
= 90,72 EUR = 41,31 EUR = 49,41 EUR
Rentenversicherung 18,6 % von 3.240 EUR 9,3 % von 3.240 EUR 9,3 % von 3.240 EUR
= 602,64 EUR = 301,32 EUR = 301,32 EUR
Arbeitslosen- 3,0 % von 3.240 EUR 1,5 % von 3.240 EUR 1,5 % von 3.240 EUR
versicherung = 97,20 EUR = 48,60 EUR = 48,60 EUR
Summe 1.263,60 EUR 627,75 EUR 635,85 EUR

Beispiel für eine Beitragsberechnung über den Beitragsbemessungsgrenzen:


Arbeitnehmer: 43 Jahre, ledig und mit zwei Kindern; Arbeitsstelle: Hamburg
monatl. Bruttoeinkommen: 6.800,00 EUR;
die Krankenkasse erhebt keinen Zusatzbeitrag
Sozialbeiträge Gesamt Arbeitgeberanteil Arbeitnehmeranteil
Gesetzliche 14,6 % von 4.425 EUR 7,3 % von 4.425 EUR 7,3 % von 4.425 EUR
Krankenversicherung = 646,05 EUR = 323,03 EUR = 323,03 EUR
Pflegeversicherung 2,55% von 4.425 EUR 1,275 % von 4.425 EUR 1,275 % von 4.425 EUR
= 112,84 EUR = 56,42 EUR = 56,42 EUR
Rentenversicherung 18,6 % von 6.500 EUR 9,3 % von 6.500EUR 9,3 % von 6.500 EUR
= 1.209,00 EUR = 604,50 EUR = 604,50 EUR
Arbeitslosen- 3,0 % von 6.500 EUR 1,5 % von 6.500EUR 1,5 % von 6.500 EUR
versicherung = 195,00 EUR = 97,50 EUR = 97,50 EUR
Summe 2.162,89 EUR 1.081,45 EUR 1.081,45 EUR
280 Prüfungswissen Sozialkunde

3. Vergleich von gesetzlicher und privater Krankenversicherung


Vergleichskriterien Gesetzliche Private
Krankenversicherung Krankenversicherung
Versicherter Personen- pflichtversichert sind: • Freiberufler, z. B. Rechts-
kreis • Arbeitnehmer unterhalb der anwälte, Ärzte usw.
Versicherungspflichtgrenze • Unternehmer, z. B. Einzel-
• Auszubildende kaufleute
• Studenten • Beamte
• Arbeitslose
freiwillig versichert sind:
• ehemalige Pflichtversicher-
te, deren Einkommen dau-
erhaft über der Versiche-
rungspflichtgrenze liegt und
die nicht mehr versiche-
rungspflichtig sind
Versicherungsprinzip Solidaritätsprinzip, d. h. alleIndividualprinzip, d. h. alle
Versicherten sind gleichge- Versicherten genießen Versi-
stellt cherungsschutz, der auf den
persönlichen Bedarf der Ver-
sicherten zugeschnitten ist
Träger gesetzlichen Krankenkassen, private Versicherungsunter-
z. B. AOK, DAK u. a. nehmen
Finanzierung Umlageprinzip in Verbindung Kapitaldeckungsverfahren:
mit dem Gesundheitsfonds: Beiträge der Versicherten; die
• Arbeitnehmerbeitrag: 7,3 % Beitragshöhe ist abhängig
bis zur Beitragsbemes- vom Alter, Gesundheitszu-
sungsgrenze stand und Leistungsumfang.
• Arbeitgeberbeitrag 7,3 % bis Aus den Beiträgen werden
zur Beitragsbemessungs- Altersrückstellungen gebildet.
grenze
• Steuermittel aus dem Bun-
deshaushalt
Kostenabrechnung direkte finanzielle Abrechnung Versicherte Personen zahlen
zwischen den gesetzlichen zunächst die Leistungen und
Krankenversicherungen und erhalten danach eine Rück-
Ärzten, Krankenhäusern so- erstattung von der privaten
wie Apotheken Krankenversicherung.
Bildung von Altersrück- Keine erforderlich Gesetzlich erforderlich
stellungen
C Sozialrecht 281

4. Gesetzliche Altersrente
Generationenvertrag im Die deutsche Altersrente wird im Umlageverfahren finanziert.
Umlageverfahren Dahinter verbirgt sich die stillschweigende Vereinbarung, dass
eine Generation für die nächste sorgt. Die Jungen bezahlen die
Renten der Alten. Gleichzeitig sorgen die Jungen für Nach-
wuchs, der nach der Ausbildung die Rente der dann Alten
übernimmt.
Rentenformel Grundlage der Rentenberechnung ist die sog. Rentenformel.
Die Eckwerte bestimmen die Höhe der Rente. Die Rentenformel
lautet: Entgeltpunkte mal Zugangsfaktor mal aktueller Renten-
wert mal Rentenartfaktor.
Faktoren der Renten- Durchschnittliches Jahresbruttoeinkommen: Die Basis bil-
formel det das durchschnittliche Einkommen. Es wird jedes Jahr vom
statistischen Bundesamt festgestellt. Der mittlere Lohn lag 1969
bei umgerechnet 6.053 EUR und stieg bis 2013 auf 34.071
EUR. Der jährliche Anstieg von 4 Prozent ist die grobe Inflati-
onsrate der vergangenen 45 Jahre. Das durchschnittliche Jah-
reseinkommen liefert die Entgeltpunkte.
Entgeltpunkte: Sie werden durch die Division des persönlichen
und des mittleren Jahreseinkommens ermittelt. Wer beispiels-
weise 1983 in Euro umgerechnet 17.022 EUR brutto verdient
hat, bei einem durchschnittlichen Jahreseinkommen aller Be-
schäftigten in Höhe von 17.022 EUR, bekommt für dieses Jahr
einen Entgeltpunkt. Wären es in dem Jahr nur 12.000 EUR
gewesen, gäbe es 0,7050 Punkte, und wären es 25.000 EUR
gewesen, so würden dem Rentenkonto genau 1,4687 Punkte
gutgeschrieben. Für einen Verdienst von 40.000 EUR gab es
1983 keine 2,3499 Punkte, sondern nur 1,8023 Punkte, weil die
Rechnung nur bis zur Beitragsbemessungsgrenze gilt, die vor
30 Jahren bei umgerechnet 30.678 EUR lag.
Rentenberechnung: Jeder Deutsche erwirbt genau 45 Ent-
geltpunkte, wenn er 45 Jahre lang Durchschnittslöhne bezieht.
Die Summe wird mit dem aktuellen Rentenwert von 31,03 EUR
(West) oder 29,69 EUR (Ost) multipliziert und ergibt die Rente,
die dem Rentenempfänger bis zum Lebensende bezahlt wird.
Sie liegt im vorliegenden Musterfall bei 1.396,35 EUR (West)
oder 1.336,05 EUR (Ost) pro Monat.
Rentenzugangsfaktor: Die Höhe der tatsächlichen Altersrente
kann von diesem Wert abweichen, wenn der Zugangsfaktor
durch Zuschläge oder Abschläge größer oder kleiner als 1,0 ist.
282 Prüfungswissen Sozialkunde

5. Betriebliche Altersvorsorge
Allgemeines zur betrieb- Das Gros der Altersbezüge stammt aus der gesetzlichen Ren-
lichen Altersvorsorge tenversicherung, nämlich 64 %. Private und betriebliche Al-
tersvorsorge werden in der Zukunft wichtiger. Derzeit machen
Betriebsrenten rund 8 % der Altersbezüge aus. Zur betriebli-
chen Altersvorsorge zählen alle Leistungen, die Unternehmen
ihren Beschäftigten zur Alters-, Invaliditäts- und Hinterbliebe-
nenversorgung auf Basis des Betriebsrentengesetzes (Be-
trAVG) anbieten. Im Gesetz ist festgelegt, welche Wege der
betrieblichen Altersvorsorge zulässig sind, welche Ansprüche
bei Wechsel oder Verlust des Arbeitsplatzes erhalten bleiben
und wie die Anwartschaften gegen eine mögliche Insolvenz
des Arbeitgebers abgesichert werden müssen. Wer die Beiträ-
ge finanziert, regelt der Gesetzgeber nicht. Ob sich der Arbeit-
geber daran beteiligt oder sie sogar ganz übernimmt, ist ihm
überlassen. Einen Rechtsanspruch haben Arbeitnehmer seit
2002 allerdings auf Entgeltumwandlung, also eine aus ihrem
Bruttogehalt gespeiste Vorsorge. Wenn Mitarbeiter diese Vor-
sorgeform von ihrem Arbeitgeber einfordern, muss er ein An-
gebot organisieren und die Abwicklung übernehmen.
Möglichkeiten der - Direktzusage
betrieblichen Altersvor- - Unterstützungskasse
sorge - Direktversicherung
- Pensionskasse
- Pensionsfonds
Direktzusage Eine Direktzusage macht der Arbeitgeber, wenn er sich z. B.
verpflichtet, seinen Mitarbeitern einen bestimmten Prozentsatz
des letzten Monatsgehalts oder einen bestimmten Euro-Betrag
als Betriebsrente zu zahlen. Die Beschäftigten haben also
einen Rechtsanspruch gegenüber dem Arbeitgeber. Dieser
muss für solche künftigen Zahlungen Rückstellungen bilden.
Die Direktzusage ist keine Versicherungsleistung und wird
auch nicht über eine externe Versorgungseinrichtung abgewi-
ckelt. Als Zusagearten kommen die Leistungszusage, bei-
tragsorientierte Leistungszusage und die Entgeltumwandlung
in Betracht, wobei es sich sowohl um Kapital- als auch um
Rentenleistungen handeln kann.
Eine Leistungszusage liegt vor, wenn das Unternehmen eine
Leistung in bestimmter Höhe (z. B. eine Monatsrente von 500
Euro oder 10 v. Hundert des letzten Gehalts) zugesagt hat. Im
Fall der beitragsorientierten Leistungszusage hat das Unter-
nehmen sich verpflichtet, bestimmte Beiträge (z. B. 3 v. H. des
letzten Gehalts) in eine Anwartschaft auf Alters-, Invaliditäts-
oder Hinterbliebenenversorgung umzuwandeln. Bei der Entgel-
tumwandlung werden künftige Entgeltansprüche in eine wert-
gleiche Anwartschaft auf Versorgungsleistungen umgewandelt.
C Sozialrecht 283

Nach § 1a in Verbindung mit § 17 Abs. 1 Betriebsrentengesetz


(BetrAVG) kann der in der gesetzlichen Rentenversicherung
pflichtversicherte Arbeitnehmer vom Arbeitgeber verlangen,
dass von seinem künftigen Entgeltansprüchen bis zu 4 v. H.
der jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen
Rentenversicherung durch Entgeltumwandlung für seine be-
triebliche Altersversorgung verwendet werden. Die Durchfüh-
rung des Anspruchs des Arbeitnehmers wird durch Vereinba-
rung geregelt.
Unterstützungskasse Alternativ kann der Arbeitgeber eine Unterstützungskasse be-
auftragen. Diese selbstständigen Versorgungseinrichtungen
zahlen die vom Arbeitgeber zugesagten Betriebsrenten an die
Arbeitnehmer aus. Das Vermögen der Unterstützungskassen
wird durch Zuwendungen der Trägerunternehmungen und
durch Erträge aus der Kapitalanlage aufgebaut. Der rechtliche
Anspruch der Arbeitnehmer besteht jedoch ausschließlich ge-
genüber ihrem Arbeitgeber. Reicht das Kassenvermögen nicht
für die versprochene Leistung aus, muss der Arbeitgeber zu-
schießen. Bei der über eine Unterstützungskasse durchgeführ-
ten betrieblichen Altersversorgung handelt es sich um eine
mittelbare Pensionszusage, da der Arbeitgeber die Versor-
gungsleistungen nicht selbst gewährt, sondern dafür einen
Dritten, nämlich die Unterstützungskasse einschaltet.
Die Unterstützungskasse unterliegt nicht der Aufsicht durch
das Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen. Sie
kann deshalb ihr Vermögen grundsätzlich frei anlegen, z. B.
auch als Darlehen beim Trägerunternehmen. Trägerunterneh-
men ist das Unternehmen, dessen Arbeitnehmern mittels der
Unterstützungskasse Leistungen zugesagt worden sind. Un-
terstützungskassen sind in der Rechtsform des eingetragenen
Vereins (e. V.), der GmbH oder der Stiftung zulässig. Unter
bestimmten Voraussetzungen sind sie von der Körperschafts-
teuer und der Gewerbesteuer befreit. Als Zusagearten kom-
men grundsätzlich die Leistungszusage, beitragsorientierte
Leistungszusage und Entgeltumwandlung in Betracht.
Direktversicherung Wenn der Arbeitgeber die Altersvorsorge über eine Direktver-
sicherung organisiert, schließt er mit einem Versicherungsun-
ternehmen einen Lebens- oder Rentenversicherungsvertrag
zugunsten des Arbeitnehmers ab. Bezugsberechtigt sind also
der Arbeitnehmer und – im Falle seines Todes – die Hinter-
bliebenen. Als Versorgungsleistungen können Leistungen der
Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung in Be-
tracht kommen. Möglich sind Kapitalversicherung (einschließ-
lich Risikoversicherungen), Rentenversicherungen oder fonds-
gebundene Lebensversicherungen. Der Arbeitgeber gewährt
die Versorgungsleistungen nicht selbst, sondern schaltet dafür
einen Dritten, nämlich ein Lebensversicherungsunternehmen
284 Prüfungswissen Sozialkunde

ein. Ein inländisches Lebensversicherungsunternehmen unter-


liegt dem Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen
und damit den Anlage- und Rechnungslegungsvorschriften des
Versicherungsaufsichtsgesetzes.
Als Zusagearten kommen die Leistungszusage, beitragsorien-
tierte Leistungszusage, Entgeltumwandlung und die Beitrags-
zusage mit Mindestleistung in Betracht. Die Finanzierung er-
folgt über Beiträge des Arbeitgebers und die Erträge daraus.
Eine Beteiligung der Arbeitnehmer an der Beitragszahlung
(Eigenbeitrag aus versteuertem Einkommen) ist möglich,
ebenso die Entgeltumwandlung.
Pensionskasse Bietet der Arbeitgeber eine Altersvorsorge über eine Pensions-
kasse an, müssen die Beschäftigten dort Mitglied werden. Die
Beiträge zahlt jedoch der Arbeitgeber, die Arbeitnehmer kön-
nen sich daran beteiligen. Der rechtliche Anspruch der Arbeit-
nehmer auf die Altersversorgung besteht gegenüber der Pen-
sionskasse. Auch Pensionskassen sind rechtlich selbstständi-
ge Versicherungsunternehmen, die ausschließlich zum Zweck
der betrieblichen Altersvorsorge gegründet und von einem
oder mehreren Unternehmen getragen werden. Es handelt
sich um eine mittelbare Pensionszusage, da der Arbeitgeber
dafür einen Dritten, nämlich die Pensionskasse einschaltet. Es
gibt betriebliche Pensionskassen und überbetriebliche Pensi-
onskassen. Die Pensionskassen haben die Rechtsform eines
Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit (VVaG). Die inländi-
sche Pensionskasse unterliegt der Versicherungsaufsicht und
den Anlage- und Rechnungslegungsvorschriften des Versiche-
rungsaufsichtsgesetzes. Sie sind unter bestimmten Vorausset-
zungen von der Körperschaft- und Gewerbesteuer befreit. Als
Zusagearten kommen die Leistungszusage, beitragsorientierte
Leistungszusage, Entgeltumwandlung und die Beitragszusage
mit Mindestleistung in Betracht.
Pensionsfonds Die fünfte Organisationsform sind Pensionsfonds. Wie die Di-
rektversicherungen und die Pensionskassen werden die unab-
hängigen Pensionsfonds von Arbeitgebern vor allem dann
eingesetzt, wenn sie mit ihren Beschäftigten keine konkrete
Höhe der Betriebsrente vereinbart haben, sondern die Einzah-
lung bestimmter Beiträge. Diese sog. Beitragszusage ist aber
immer mit einer Mindestleistung verknüpft, die zumindest den
Erhalt der Einzahlungen garantiert. Ein wichtiger Unterschied
zur Pensionskasse: Pensionsfonds sind keine Versicherungs-
unternehmen. Deshalb dürfen die Fonds bei der Vermögens-
anlage größere Risiken eingehen als Lebensversicherer. So
sind höhere Renditen möglich, aber auch die Gefahr von Ver-
lusten steigt. Eingeschränkt sind die Fonds dadurch, dass sie
das angesammelte Kapital nicht auf einmal auszahlen dürfen.
Sie bieten daher nur Rentenverträge und Auszahlungspläne
C Sozialrecht 285

an. Wie bei den Pensionskassen haben die Arbeitnehmer den


Anspruch auf die Versorgungsleistungen an den Fonds und
nicht an ihren Arbeitgeber.
Ein Pensionsfonds ist eine rechtsfähige Versorgungseinrich-
tung, die im Wege des Kapitaldeckungsverfahrens ausschließ-
lich Altersversorgungsleistungen für einen oder mehrere Ar-
beitgeber zugunsten von Arbeitnehmern erbringt. Die Höhe der
Altersversorgungsleistungen oder die Höhe der für diese Leis-
tungen zu entrichtenden Beiträge sagt der Pensionsfonds nicht
für alle vorgesehenen Leistungsfälle zu. Der Pensionsfonds
räumt den Arbeitnehmern einen eigenen Anspruch auf Leis-
tungen gegen den Pensionsfonds ein. Der Pensionsfonds ist
verpflichtet, zugunsten des Arbeitnehmers die Altersversor-
gungsleistung in jedem Fall als lebenslange Altersrente zu
erbringen. Neben Altersrenten kann auch eine Invaliden- und
Hinterbliebenenversorgung gewährt werden. Es kann auch ein
Auszahlungsplan mit Restverrentung vereinbart werden. Als
Rechtsform sind die AG und der Pensionsfonds-Verein auf
Gegenseitigkeit zulässig. Pensionsfonds unterliegen der Versi-
cherungsaufsicht. Ihnen ist im Gegensatz zu Pensionskassen
und Direktversicherungen eine risikobehaftete Anlagepolitik
gestattet.
Staatliche Förderung Nachgelagerte Besteuerung: Die betriebliche Altersvorsorge
wird durch die sog. nachgelagerte Besteuerung attraktiv ge-
macht. Wie für die Riester-Rente können die Beiträge während
der Berufstätigkeit bis zu einer bestimmten Höchstgrenze
steuerfrei eingezahlt werden. Im Ruhestand müssen dafür die
vollen Renten versteuert werden. Da jedoch der Steuersatz
dann meist niedriger ist als während des Erwerbslebens, ist die
nachgelagerte Besteuerung in der Regel von Vorteil.
Steuerfreibeträge: Die Höhe der steuerlichen Freibeträge
hängt davon ab, welcher Weg für die betriebliche Altervorsorge
gewählt wurde. Jene Beiträge, die in eine Pensionskasse, ei-
nen Pensionsfonds oder eine Direktversicherung fließen, sind
bis zu einer Höhe von 4 % der Beitragsbemessungsgrenze in
der gesetzlichen Rentenversicherung steuerfrei. Für alle nach
2004 geschlossenen Neuverträge kommt ein weiterer Freibe-
trag von 1.800 Euro im Jahr hinzu.
286 Prüfungswissen Sozialkunde

6. Arbeitslosengeld
Arbeitslosengeld I
Arbeitslosengeld I, auch ALG I genannt, ist im Gegensatz zu Hartz IV keine Sozialleistung, son-
dern ein sozialversicherungsrechtlicher Anspruch. Hauptvoraussetzung für den Bezug von Ar-
beitslosengeld: In einer Rahmenfrist, die vor der Arbeitslosigkeit liegt und 2 Jahre beträgt, muss
mindestens 360 Tage beitragspflichtig gearbeitet worden sein, d. h. Beiträge zur Arbeitslosen-
versicherung gezahlt worden sein. Arbeitslosengeld können nur diejenigen beziehen, die in ei-
nem beitragspflichtigen Beschäftigungsverhältnis gearbeitet haben. Arbeitslose Beamte oder
Freiberufler können dies nicht. Arbeitslosengeld wird nicht sofort nach Beendigung des Beschäf-
tigungsverhältnisses gezahlt, wenn zu diesem Zeitpunkt die maßgeblichen Kündigungsfristen
nicht eingehalten werden. Es wird dann zu einem späteren Zeitpunkt gezahlt.
Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld:
• man muss arbeitslos sein,
• man muss die Anwartschaftszeit erfüllt haben und
• man muss sich persönlich arbeitslos gemeldet haben.
C Sozialrecht 287

7. Sicherheitsbeauftragter
Sicherheits- Der Sicherheitsbeauftragte gibt Anstöße zur Verbesserung der Arbeitssi-
beauftragter cherheit und des Gesundheitsschutzes und informiert über Sicherheitsprob-
leme. Seine Rechtsgrundlage befindet sich im § 22 Sozialgesetzbuch VII.
Aufgaben • Der Sicherheitsbeauftragte unterstützt den Unternehmer in Fragen des
Arbeits- und Gesundheitsschutzes am Arbeitsplatz.
• Er deckt Unfall- und Gesundheitsgefahren auf und wirkt auf deren Be-
seitigung hin.
• Ferner unterbreitet er im Bereich des Arbeits- und Gesundheitsschut-
zes Verbesserungsvorschläge.
• In diesen Fragen ist er auch Ansprechpartner für die Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter.
• Der Sicherheitsbeauftragte wird innerhalb seines Beschäftigungsver-
hältnisses beobachtend und beratend als Hilfsperson des Unterneh-
mers tätig. Er darf allerdings keine Anweisungen geben oder korrigie-
rende Maßnahmen ergreifen. Die Verantwortlichkeit im Bereich des Ar-
beits- und Gesundheitsschutzes trägt allein der Unternehmer.
Rechte des Der Sicherheitsbeauftragte hat das Recht
Sicherheits- • an Aus- und Fortbildungsseminaren zum Arbeits- und Gesundheits-
beauftragten schutz teilzunehmen,
• an Betriebsbegehungen durch die Berufsgenossenschaft oder staatli-
che Aufsichtsbehörden teilzunehmen,
• über Unfälle im Unternehmen informiert zu werden,
• im Arbeitsschutzausschuss mitzuwirken.
Arbeitsschutz- Der Arbeitsschutzausschuss ist ein Kommunikationsforum, in dem unter-
ausschuss schiedliche Funktionsträger eines Unternehmens Arbeitsschutzthemen
erörtern, Maßnahmen beraten und Entscheidungen vorbereiten.
Nach § 11 ASiG setzt sich der Arbeitsschutzausschuss (ASA) aus fol-
genden Mitgliedern zusammen:
• Arbeitgeber oder einem von ihm Beauftragten,
• Fachkräfte für Arbeitssicherheit
• Betriebsärzte,
• Sicherheitsbeauftragte,
• zwei vom Betriebsrat bestimmte Betriebsratsmitglieder,
• fallweise Experten und Verantwortliche aus den betrachteten Betriebs-
bereichen.
• Nach § 95 Abs. 4 SGB IX hat die Schwerbehindertenvertretung das
Recht, an allen Sitzungen des ASA beratend teilzunehmen.
Der ASA hat die Aufgabe, Anliegen des Arbeitsschutzes und der Unfallver-
hütung zu beraten. Der ASA tritt mindestens einmal vierteljährlich zusam-
men. Der Hauptnutzen eines effektiven ASA ist der ungestörte Betriebsab-
lauf. Seine Effizienz hängt wesentlich von der betrieblichen Kommunikati-
onskultur ab. Je besser betriebliche Entscheider und Arbeitsschutz-
Experten sich austauschen, desto reibungsloser gelingt die Umsetzung von
Arbeitsschutzzielen.
D D Kollektives Arbeitsrecht

Kollektives Arbeitsrecht

1. Tarifvertrag
Rechts- Der Tarifvertrag ist nach dem Tarifvertragsgesetz (TVG) ein bürgerlich-
grundlage rechtlicher Vertrag zwischen Parteien mit Tariffähigkeit zur Regelung ihrer
zum Rechte und Pflichten (schuldrechtlicher Teil) und zur Festsetzung von ar-
Tarifvertrag beitsrechtlichen Normen (normativer Teil). Der Tarifvertrag bedarf grundsätz-
lich der Schriftform.
Tarifver- Tarifvertragsparteien sind
tragsparteien • auf der Arbeitnehmerseite die Gewerkschaften,
• auf der Arbeitgeberseite die Arbeitgeberverbände (Verbandstarifvertrag)
und einzelne Arbeitgeber (Haus-, Werk- oder Firmentarifvertrag).
Registrie- Abschluss, Änderung und Aufhebung des Tarifvertrags werden in einem
rung Tarifregister eingetragen, das beim Bundesministerium für Arbeit geführt
wird. In den Bundesländern werden gleichfalls Tarifregister geführt. Die Ein-
tragung in das Tarifregister ist nicht Wirksamkeitserfordernis des Tarifver-
trags.
Normative Es sind Rechtsnormen zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Mitglieder
Bestimmun- der beteiligten Tarifvertragsparteien, vor allem der Arbeitsverhältnisse und
gen Arbeitsbedingungen. Sie dürfen nicht gegen zwingendes staatliches Recht
verstoßen. Sie sind unabdingbar, können also nicht durch Vereinbarung der
Arbeitsvertragsparteien zuungunsten des Arbeitnehmers abgeändert werden
(Günstigkeitsprinzip).
Die Wirkung der Normativbestimmungen ist nach Geltungsbereichen unter-
schiedlich:
• Zeitlicher Geltungsbereich: Dieser deckt sich mit der Laufzeit des Tarif-
vertrags.
• Räumlicher Geltungsbereich: Er ist von den Tarifvertragsparteien belie-
big abzugrenzen für das Gebiet, in dem sie satzungsmäßig zuständig sind.
Je nach Größe des Tarifgebietes unterscheidet man Orts-, Bezirks-, Lan-
des- und Bundestarife.
• Sachlicher Geltungsbereich: Dieser kann sich betrieblich oder fachlich
bestimmen, grundsätzlich für einen ganzen Wirtschaftszweig (z. B. Groß-
handel, Einzelhandel, Metallindustrie). Bei gemischten Betrieben entschei-
det der im Betrieb überwiegende Betriebszweck.
Schuldrecht- Es sind Abreden, die das Rechtsverhältnis der Parteien des Tarifvertrags
liche Be- untereinander regeln.
stimmungen • Friedenspflicht: Sie ist gegenseitige Verpflichtung zur Wahrung des Ar-
beitsfriedens. Sie verbietet Kampfmaßnahmen, die sich gegen den Be-
stand des Tarifvertrags richten, wenn mit ihnen die vorzeitige Aufhebung
oder Änderung eines Tarifvertrags oder einzelner Teile bezweckt wird.

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019
W. Grundmann und R. Rathner, Bankwirtschaft, Rechnungswesen
und Steuerung, Wirtschafts- und Sozialkunde, Prüfungstraining für
Bankkaufleute, https://doi.org/10.1007/978-3-658-23965-7_23
290 Prüfungswissen Sozialkunde

• Einwirkungspflicht: Sie ist die Verpflichtung der Tarifvertragsparteien, auf


ihre Verbandsmitglieder im Sinn eines tarifgemäßen Verhaltens einzuwir-
ken. Sie verpflichtet jedoch nicht zum Eingreifen gegen tarifwidriges Ver-
halten im Einzelfall, sondern nur bei der Verletzung kollektiver Interessen.
Bei Verletzung der Friedens- und Einwirkungspflicht entstehen Schadens-
ersatzansprüche.
Beendigung • Ein Tarifvertrag endet mit Ablauf der vereinbarten Zeit.
• Er kann auch von den Parteien des Tarifvertrags aufgehoben oder durch
einen neuen Tarifvertrag ersetzt werden.
• Viele Tarifverträge sehen die Möglichkeit einer befristeten Kündigung vor.
• Den Tarifgebundenen gegenüber entfällt mit dem Ende des Tarifvertrags
noch nicht jede Wirkung. Gemäß § 4 V TVG gelten die Rechtsnormen -
nicht dagegen die schuldrechtlichen Vereinbarungen - eines Tarifvertrags
nach dessen Ablauf weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt
werden.

2. Arten von Tarifverträgen


Begriff Der Tarifvertrag ist ein schriftlicher Vertrag, der von einer Gewerk-
schaft mit einem Arbeitgeberverband oder einem einzelnen Arbeit-
geber abgeschlossen wird. Er enthält Rechtsnormen, die den Inhalt,
den Abschluss und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen sowie
betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen ordnen
(normativer Teil) und regelt die Rechte und Pflichten der Tarifver-
tragsparteien (schuldrechtlicher Teil).
Bestandteil des Tarifvertrags ist die sog. Friedenspflicht, d. h. es
wird den Tarifvertragsparteien verboten, die vereinbarten Regelun-
gen während der Vertragsdauer durch Kampfmaßnahmen zu än-
dern. Ergänzt wird die Friedenspflicht durch die sog. Durchfüh-
rungspflicht, die es den Tarifvertragsparteien zur Aufgabe macht,
darauf einzuwirken, dass die von ihnen vereinbarten Regelungen
durchgeführt werden (Vertragstreue).
Tarifgebundenheit Sie regelt, wer den tarifvertraglichen Rechtsnormen unterliegt. Sie ist
vom persönlichen Geltungsbereich, den die Tarifvertragsparteien für
ihre Regelung vereinbaren, zu unterscheiden.
Tarifgebunden sind der Arbeitgeber, der selbst Partei des Tarifver-
trags ist, und die Mitglieder der Tarifvertragsparteien. Die Tarifge-
bundenheit knüpft an die Tarifverbandsgehörigkeit der Arbeitgeber
und Arbeitnehmer an. Tarifgebunden ist nur, wer durch seinen Bei-
tritt zu dem Tarif schließenden Verband zugleich den Zweck der
Vereinigung billigt, Tarifverträge für seine Mitglieder abzuschließen.
Firmentarifvertrag Der Tarifvertrag wird mit einem einzelnen Arbeitgeber abgeschlos-
sen Man bezeichnet ihn auch als Haustarifvertrag.
Verbandstarifvertrag Dieser Tarifvertrag wird mit einem Arbeitgeberverband abgeschlos-
sen, in seinem Geltungsbereich aber auf einen bestimmten Betrieb
oder ein bestimmtes Unternehmen beschränkt.
D Kollektives Arbeitsrecht 291

Flächentarifvertrag Der Flächentarifvertrag ist ein Tarifvertrag, der sich auf tarifgebun-
dene Unternehmen einer bestimmten Branche in einem bestimmten
Geltungsbereich, z. B. Bundesrepublik Deutschland, bezieht.
Manteltarifvertrag Die allgemeinen Bestimmungen, insbesondere die Regelung über
die Gehalts- und Lohngruppen, sind i. d. R. in einem Manteltarifver-
trag vereinbart. Ferner enthält er eine Arbeitszeitregelung, in der die
Dauer der regelmäßigen Wochenarbeitszeit sowie die Festlegung
von Überstunden festgesetzt ist. Ferner findet sich in den meisten
Manteltarifverträgen Regelungen zum Erholungsurlaub und zu den
Kündigungsfristen. So ist die Dauer des Erholungsurlaubs meist
tarifvertraglich geregelt und wesentlich höher als nach dem Bundes-
urlaubsgesetz.
Lohn- und Gehalts- Er enthält die Höhe der Arbeitsentgelte sowie die Höhe der Ausbil-
tarifvertrag dungsvergütungen.
Bezugnahmeklausel, Die Arbeitsvertragsparteien können frei darüber bestimmen, ob ein
statische Verwei- bereits bestehender Tarifvertrag einbezogen werden soll (statische
sung auf Arbeitsver- Verweisung) oder ob die jeweils gültige Fassung eines bestimmten
trag Tarifvertrages maßgebend sein soll (dynamische Verweisung).
Die dynamische Verweisung kann darin bestehen, dass auf den
Tarifvertrag in seiner jeweils gültigen Fassung Bezug genommen
wird, in dessen Geltungsbereich der Arbeitnehmer bei Begründung
des Arbeitsverhältnisses fällt.
Stufentarifvertrag Er ist ein Tarifvertrag, der eine Veränderung der Arbeitsbedingungen
in mehreren Schritten vorsieht (zum Beispiel Lohnerhöhungen,
Arbeitszeitverkürzungen, Verlängerung des Urlaubs). Die Stufenta-
rifverträge werden unter anderem abgeschlossen, um einen Arbeit-
geber oder ein Tarifgebiet stufenweise an das Niveau eines anderen
Tarifvertrages heranzuführen.

3. Koalitionsfreiheit und Tarifautonomie


Koalitionsfreiheit Art. 9 Abs. 3 Satz 1 und 2 Grundgesetz bestimmt: „Das Recht, zur
Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen
Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe ge-
währleistet. Abreden, die dieses Recht einschränken, oder zu behin-
dern suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen sind
rechtswidrig“.
Während die Vereinsfreiheit nur allen Deutschen garantiert wird,
besteht die Koalitionsfreiheit für jedermann, ist also verfassungs-
rechtlich als Menschenrecht ausgestaltet.
Tarifautonomie Das Grundrecht der Koalitionsfreiheit stützt vor allem das Recht der
Koalitionen, durch spezifisch koalitionsmäßige Betätigung die in Art.
9 Abs. 3 Grundgesetz genannten Zwecke zu verfolgen, nämlich die
Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen ihrer Mitglieder zu wahren und
zu fördern. Unter die Verfassungsgarantie fällt deshalb die Tarifau-
tonomie. Dies gilt nur für die privatrechtliche Ordnung des Arbeitsle-
bens. Für Beamte gilt die Tarifautonomie nicht. Der Staat ist gehal-
292 Prüfungswissen Sozialkunde

ten, den frei gebildeten Koalitionen die Möglichkeit zu eröffnen, ins-


besondere Löhne und sonstige materielle Arbeitsbedingungen in
einem von staatlicher Rechtssetzung frei gelassenen Raum in eige-
ner Verantwortung im Wesentlichen ohne staatliche Einflussnahme
durch unabdingbare Gesamtvereinbarungen sinnvoll zu ordnen.
Zu den Funktionsvoraussetzungen der Tarifautonomie gehört der
Arbeitskampf. Könnten die Gewerkschaften um den Abschluss eines
Tarifvertrags keinen Streik führen, so wären weder das Zustande-
kommen noch die inhaltliche Sachgerechtigkeit tariflicher Regelun-
gen gewährleistet. Das Streikrecht ist zwar kein Grundrecht; es fällt
aber unter die Koalitionsbetätigungsgarantie, soweit es der Herstel-
lung und Sicherung des Verhandlungsgleichgewichts dient, ohne
dass die Tarifautonomie nicht funktionieren kann. Die Parität erfor-
dert jedoch auch die Anerkennung der Aussperrung als Kampfmittel
der Arbeitgeber. Tarifvertrag und Arbeitskampf stehen also in einem
Funktionszusammenhang.
Tariffähigkeit Parteien eines Tarifvertrages können auf der Arbeitnehmerseite nur
Gewerkschaften, auf der Arbeitgeberseite einzelne Arbeitgeber und
Vereinigungen von Arbeitgebern sein (§ 2 Abs. 1 Tarifvertragsge-
setz). Ein Verband ist nur tariffähig, wenn er als Arbeitgeber- oder
als Arbeitnehmervereinigung sich selbst zur Aufgabe gesetzt hat,
Tarifverträge abzuschließen.
Voraussetzungen:
• freiwilliger Zusammenschluss
• auf Dauer angelegt
• überbetrieblich organisiert
• demokratisch organisiert
• Gegnerunabhängigkeit
• gegnerfrei
• tarifwillig
• Durchsetzungsfähigkeit (Streikkasse)
Tarifzuständigkeit Welchen räumlichen, betrieblichen, fachlichen und persönlichen
Geltungsbereich ein Tarifvertrag hat, regelt die Zuständigkeit des
Tarifvertrags. Die Tarifvertragsparteien müssen demnach auch tarif-
zuständig sein.
Tarifbezug im Sind die Tarifvertragsparteien nicht tarifgebunden, so haben die
Arbeitsvertrag Tarifnormen, wenn der Tarifvertrag nicht für allgemeinverbindlich
erklärt ist oder aufgrund einer Rechtsverordnung Anwendung findet,
für den Inhalt des Arbeitsverhältnisses keine Tarifgeltung. Da die
meisten Arbeitsverhältnisse aber heute in ihrer Eigenart und Beson-
derheit nicht durch Gesetz sondern durch Tarifvertrag geregelt sind,
werden Tarifverträge, die innerhalb eines Wirtschaftszweiges die
maßgebliche Ordnung für die Gestaltung der Arbeitsbeziehungen
festlegen, im Allgemeinen auch den Arbeitsverhältnissen mit nicht
tarifgebundenen Arbeitnehmern zugrunde gelegt. Die Tarifnormen
gelten in diesem Fall aber nicht normativ, sonder entweder als Be-
standteil des Einzelarbeitsvertrags oder aufgrund betrieblicher
D Kollektives Arbeitsrecht 293

Übung. Sie haben deshalb auch keinen Vorrang vor einer abwei-
chenden Vertragsgestaltung, sondern gelten im Gegenteil nur nach
Maßgabe des Arbeitsvertrags für den Vertragsinhalt.
Funktionen des • Friedensfunktion: Mit Abschluss des Tarifvertrages wird die
Tarifvertrages Pflicht der Tarifvertragsparteien begründet, die im Tarifvertrag
festgelegte Ordnung während ihrer Geltung nicht durch Kampf-
maßnahmen in Frage zu stellen (Vertragstreue).
• Schutzfunktion: Der Tarifvertrag soll den einzelnen Arbeitnehmer
davor schützen, dass der wirtschaftlich stärkere Arbeitgeber bei
der Festlegung der Arbeitsbedingungen einseitig eine Forderung
durchsetzt. Er dient damit der Chancengleichheit zwischen Arbeit-
nehmer- und Arbeitgeberseite.
• Ordnungsfunktion: Die Tarifverträge führen zu einer Typisierung
der Arbeitsverträge, zu einer Überschaubarkeit der Personalkos-
ten und damit zu einer autonomen Ordnung des Arbeitslebens.
Tariflohn Die allgemeinen Bestimmungen, insbesondere die Regelungen über
die Gehalts- und Lohngruppen, sind i. d. R. im Manteltarifvertrag
vereinbart, während die Höhe des Arbeitsentgelts in besonderen
Lohn- und Gehaltstarifverträgen geregelt sind.
Tarifeinheit Seit dem 10. Juli 2015 gilt in Deutschland das Gesetz zur Tarifein-
heit (Tarifeinheitsgesetz). Es sieht vor, dass bei kollidierenden Tarif-
verträgen in einem Betrieb nur die Rechtsnormen des Tarifvertrags
derjenigen Gewerkschaft anwendbar sind, die zum Zeitpunkt des
Abschlusses des zuletzt abgeschlossenen Tarifvertrags im Betrieb
die meisten Mitglieder hat (§ 4 a Tarifvertragsgesetz).
Unter dem Begriff Tarifeinheit wird der Rechtsgrundsatz verstanden,
dass in einem Arbeitsverhältnis oder in einem Betrieb nur ein Tarif-
vertrag anzuwenden ist. Es handelt sich um eine Kollisionsregelung
für den Fall der Tarifkonkurrenz in einem Arbeitsverhältnis (Tarifein-
heit im Arbeitsverhältnis) oder für den Fall der Tarifpluralität in einem
Betrieb (Tarifeinheit im Betrieb), also für solche Fälle, in denen meh-
rere Tarifverträge auf denselben Sachverhalt anwendbar sind.
Gesetzlicher Ein allgemeiner gesetzlicher Mindestlohn (Mindestarbeitsentgelt)
Mindestlohn besteht in Deutschland seit 2017, er beträgt 8,84 EUR pro Arbeits-
stunde. Für einzelne Branchen gab es bereits aufgrund des Arbeit-
nehmerentsendegesetzes branchenspezifische Mindestlöhne.
Mindestlöhne gelten unabhängig von deren Tarifbindung für alle
Arbeitnehmer der jeweiligen Branche. Darüber hinaus stellen die
Entgeltbestimmungen eines Tarifvertrages, die auf die Arbeitsver-
hältnisse der tarifgebundenen Arbeitnehmer anzuwenden sind, für
die tarifgebundenen Arbeitnehmer einen „Mindestlohn“ dar.
294 Prüfungswissen Sozialkunde

4. Tarifverhandlungen
Tarifverhandlungen • Die Gewerkschaften erheben Forderungen (mehr Lohn, mehr
Urlaub, kürzere Arbeitszeiten, verbesserter Kündigungsschutz,
Übernahme von Auszubildenden in ein unbefristetes Arbeitsver-
hältnis etc.), die sie mit den Arbeitgebern bzw. Arbeitgeberverei-
nigungen verhandeln.
• Einigt man sich im Rahmen dieser Verhandlung, wird ein neuer
Tarifvertrag abgeschlossen, der für eine bestimmte Zeit (z. B. 1
Jahr) Gültigkeit besitzt.
• Während dieser Zeit sind die Tarifpartner zum Arbeitsfrieden
verpflichtet, dürfen also keine Kampfmaßnahmen wie etwa
Streik oder Aussperrung ergreifen.
• Einigt man sich nicht, werden die Verhandlungen für gescheitert
erklärt.
• Man kann dann mit Hilfe eines unbeteiligten Dritten (z. B. Rich-
ter, Politiker), der kein Vertreter der Bundesregierung sein sollte,
versuchen, einen Kompromiss zu finden.
• Wird dieser erreicht, kommt es zum Abschluss eines neuen Ta-
rifvertrages.
• Scheitert die Schlichtung, setzt die Gewerkschaft eine Urab-
stimmung an, bei der die Arbeitnehmer entscheiden müssen, ob
sie streiken wollen. Das Quorum liegt i. d. R. bei 75 % der orga-
nisierten Mitglieder.
• Auf einen Streik können die Arbeitgeber mit Aussperrung reagie-
ren; d. h., auch die Arbeitnehmer, die nicht streiken wollen, dür-
fen während der Arbeitszeit nicht arbeiten.
• Der Streik endet, wenn in neuen Verhandlungen ein Kompro-
miss gefunden worden ist und
• 25 % der Arbeitnehmer plus eine Stimme in einer zweiten Urab-
stimmung dem Kompromiss zustimmen.
• Ein neuer Tarifvertrag kann dann in Kraft treten.
Arbeitskampfmaß- • Streik
nahmen • Aussperrung
Streik Mit Streik bezeichnet man die gemeinsam durchgeführte Arbeitsnie-
derlegung einer Mehrzahl von Arbeitnehmern. Der Streik ist vor al-
lem die Verweigerung, die Arbeitspflicht zu erfüllen. Zu ihr gehört das
Fernbleiben vom Arbeitsplatz.
Ein Streik kann auch dadurch bestehen, dass Arbeitnehmer über-
mäßig langsam (Bummelstreik) oder übermäßig sorgfältig (Dienst
nach Vorschrift) arbeiten, sodass der Arbeitgeber keinen wirtschaft-
lichen Nutzen aus der Arbeit ziehen kann.
Bei einem arbeitsrechtlichen Streik ist der Adressat die Arbeitgeber-
seite. Man unterscheidet nach der Form der Druckausübung zur
Erreichung der Kampfforderung den Erzwingungsstreik, durch den
die Kampfforderungen unmittelbar durchgesetzt werden sollen, und
den Warnstreik, der die Entschlossenheit der Arbeitnehmer erkun-
D Kollektives Arbeitsrecht 295

det, einen Erzwingungsstreik zu führen, wenn ihre Forderungen nicht


erfüllt werden.
Nach der Organisation unterscheidet man zwischen dem von einer
Gewerkschaft organisierten Streik und dem nichtgewerkschaftli-
chen Streik, der als „wilder Streik“ bezeichnet wird.
Hinsichtlich der Taktik kann der Streik ein Flächenstreik sein, bei dem
alle Arbeitnehmer eines Kampfgebiets zur Arbeitsniederlegung aufge-
rufen werden. Bei einem Teilstreik wird nur ein Teil der Arbeitnehmer
der bestreikten Betriebe innerhalb eines Kampfgebiets in die Arbeits-
niederlegung einbezogen. Er wird als Schwerpunktstreik bezeichnet,
wenn lediglich die Arbeitnehmer, die in den Betrieben eine Schlüssel-
stellung einnehmen, die Arbeit niederlegen oder in den Streik nur Be-
triebe einbezogen werden, die für andere Betriebe notwendiges Vor-
material liefern oder die Energieversorgung sicherstellen.
Der Arbeitskampf muss nach dem Bundesverfassungsgericht die Ulti-
ma Ratio sein. Solange die Tarif- und Schlichtungsverhandlungen
zwischen den Tarifvertragsparteien noch nicht beendet sind, darf mit
einem Streik noch nicht begonnen werden, auch wenn die tarifvertrag-
liche Friedenspflicht bereits abgelaufen ist. Jede Arbeitskampfmaß-
nahme darf deshalb nur nach Ausschöpfung aller Verhandlungsmög-
lichkeiten ergriffen werden.
Wer seine Arbeit niederlegt, um einen Streikbefehl der Gewerkschaft
zu folgen, handelt bei Rechtmäßigkeit des Streik nicht pflichtwidrig.
Streikende Arbeitnehmer haben für die Zeit ihrer Arbeitsniederlegung
keinen Anspruch auf das Arbeitsentgelt.
Aussperrung Die Aussperrung ist die planmäßig durchgeführte Nichtzulassung einer
Gruppe von Arbeitnehmern zur Arbeitsleistung unter Verweigerung
des Arbeitsentgelts, um dadurch ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Sie
ist das Kampfmittel der Arbeitgeberseite. Die Aussperrung kann ein
einzelner Arbeitgeber vornehmen oder ein Arbeitgeberverband als
Verbandsaussperrung. Es können nur Arbeitnehmergruppen aber
keine einzelnen Arbeitnehmer ausgesperrt werden.

5. Tarifvereinbarungen und Betriebsvereinbarungen


Betriebs- • Die Betriebsvereinbarungen sind in § 77 Abs. 2 bis 6 Betriebsverfas-
vereinbarungen sungsgesetz geregelt.
• Die Betriebsvereinbarung ist die Einigung zwischen Arbeitgeber und
Betriebsrat.
• Sie vermeidet durch textliche Festlegung Unklarheiten. Sie sind schrift-
lich abzufassen, von beiden Seiten zu unterzeichnen und im Betrieb an
geeigneter Stelle öffentlich zugänglich zu machen.
• In den Betriebsvereinbarungen können neben den notwendigen Eini-
gungen in Mitbestimmungsfällen (z. B. betriebliche Ordnung, Arbeits-
zeitregelung) auch andere nicht mitbestimmungspflichtige Fragen ge-
regelt werden (sog. freiwillige Betriebsvereinbarungen, u. a. Errichtung
von Sozialeinrichtungen oder Vereinbarungen über Gratifikationen oder
296 Prüfungswissen Sozialkunde

andere Leistungen des Arbeitgebers).


• Betriebsvereinbarungen können wie Tarifverträge schuldrechtliche und
normative Bestimmungen enthalten. Die schuldrechtlichen Bestimmun-
gen begründen Rechte und Pflichten nur zwischen den Betriebspart-
nern. Die normativen Bestimmungen können den Inhalt der Arbeitsver-
hältnisse der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer (auch in Form von
Verboten, etwa dem Verbot von Arbeit auf Abruf), den Abschluss und
die Beendigung der Arbeitsverhältnisse, das betriebliche Rechtsver-
hältnis zwischen Arbeitgeber und Belegschaft (Betriebsnormen, z. B.
Bestimmungen über zusätzliche Schutzvorrichtungen an Maschinen)
und betriebsverfassungsrechtliche Fragen regeln.
• Die Rechtsnormen der Betriebsvereinbarungen gelten unmittelbar (also
ohne besondere vertragsrechtliche Umsetzung) und zwingend. Dabei
werden abweichende Vertragsabreden durch günstigere Betriebsver-
einbarungen für die Dauer ihrer Wirkung verdrängt und es kann von
den Normen der Betriebsvereinbarungen zugunsten des einzelnen Ar-
beitnehmers oder der Belegschaft abgewichen werden (Günstigkeits-
prinzip).
Tarifvertragliche • Der Tarifvertrag ist ein schriftlicher Vertrag, der von einer Gewerkschaft
Vereinbarungen mit einem Arbeitgeberverband oder einem einzelnen Arbeitgeber abge-
schlossen wird.
• Er enthält nach § 1 Tarifvertragsgesetz Rechtsnormen, die den Inhalt,
den Abschluss und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen sowie be-
triebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen ordnen (normativer
Teil) und regelt die Rechte und Pflichten der Tarifvertragsparteien
(schuldrechtlicher Teil).
• Die Besonderheit des Tarifvertrags wird durch seinen normativen Teil
geprägt, der bei Tarifgebundenheit eine normative Wirkung auf die Ar-
beitsverhältnisse entfaltet.
• Zur Rechtsverbindlichkeit gehört, ohne dass es einer ausdrücklichen
Vereinbarung bedarf, die sog. Friedenspflicht, die den Tarifvertragspar-
teien gebietet, die von ihnen vereinbarten Regelungen als rechtsverbind-
lich anzuerkennen, und ihnen daher verbietet, sie während der Dauer des
Vertrags durch Kampfmaßnahmen zu ändern.
• Hinzu kommt die sog. Durchführungspflicht, die die Tarifvertragspartei-
en verpflichtet, darauf einzuwirken, dass die von ihnen vereinbarten
Regelungen durchgeführt werden.

6. Vergleich Arbeitsvertrag, Betriebsvereinbarung und Tarifvertrag


Merkmale Arbeitsvertrag Betriebsvereinbarung Tarifvertrag
Rechts- § 611 ff. BGB Betriebsverfassungs- Tarifvertragsgesetz und
grundlage (Dienstvertrag) sowie gesetz Art. 9 GG
andere Arbeitsgesetze
wie z. B. Kündigungs-
schutzgesetz, Jugendar-
beitsschutzgesetz, Mut-
terschutzgesetz
D Kollektives Arbeitsrecht 297

Merkmale Arbeitsvertrag Betriebsvereinbarung Tarifvertrag


Vertrags- Arbeitgeber und Arbeit- Geschäftsführung und Gewerkschaften, Arbeit-
partner nehmer Betriebsrat gebervereinigungen oder
einzelne Arbeitgeber
Formvor- Formfreiheit, allerdings Schriftform nach § 77 Schriftform nach § 1 TVG
schriften nach § 2 NachwG müs- BetrVG
sen dem Arbeitnehmer
spätestens einen Monat
nach Vertragsschluss die
vertragswesentlichen
Inhalte unterschrieben
von dem Arbeitgeber
ausgehändigt werden.
Inhalt Pflichten von Arbeitgeber Betriebliche Regelung Er enthält Rechtsnormen,
und Arbeitnehmer, z. B. der Arbeitsbedingun- die den Inhalt, Abschluss
Arbeitspflicht und Lohn- gen, z. B. Festlegung und die Beendigung von
zahlungspflicht eines Lohnzahlungs- Arbeitsverhältnissen sowie
zeitpunkts, Festlegung betriebliche und betriebs-
der betrieblichen Ar- verfassungsrechtliche
beitszeit usw. Fragen ordnen (normativer
Teil) und regelt die Rechte
und Pflichten der Tarifver-
tragsparteien (schuldrecht-
licher Teil), z. B. wöchent-
liche Arbeitszeit, tariflicher
Mindestlohn, Definition von
Tarifgruppen, Urlaubsan-
sprüche sowie Kündi-
gungsregelungen von Ar-
beitsverhältnissen
Arten - unbefristete Arbeitsver- - Lohn- und Gehaltstarif-
träge vertrag
- befristete Arbeitsver- - Manteltarifvertrag
träge - Verbandstarifvertrag
- Haustarifvertrag
Kündi- - § 622 BGB: 4 Wochen § 77 BetrVG: Kündi- Kündigung unter Einhal-
gungs- zum 15. eines Monats gung der Betriebsver- tung einer Kündigungsfrist
regelungen oder zum Monatsultimo einbarung unter Be- von z. B. 3 Monaten
- § 17 MTV: 6 Wochen achtung einer Kündi-
zum Quartalsende gungsfrist von 3 Mona-
- § 15 Befristungsgesetz: ten
Der Arbeitsvertrag en-
det mit Ablauf der ver-
einbarten Zeit
PRÜFUNGSWISSEN
WIRTSCHAFTSLEHRE
A A Rechtliche Grundlagen

Rechtliche Grundlagen

1. Rechts- und Geschäftsfähigkeit


Merkmale Rechts- Geschäftsunfähigkeit Beschränkte Geschäftsfä-
fähigkeit Geschäftsfähigkeit higkeit (Voll-
jährigkeit)
Zeitpunkt/ § 1 BGB § 104 BGB §§ 106 bis 113 BGB Vollen- § 2 BGB
Vollen- Vollendung der Geburt dung des 7. Lebensjahres Mit Vollendung
Zeitraum
dung der bis zur Vollendung des 7. bis zur Vollendung des 18. des 18. Lebens-
jahres
Geburt Lebensjahres oder Per- Lebensjahres
bis zum sonen, die sich nicht
Tod vorübergehend in einem
die freie Willensbildung
ausschließenden Zu-
stand krankhafter Stö-
rung der Geistestätigkeit
befinden
Rechtliche Träger Die Willenserklärung Der Minderjährige bedarf zu Die geschäftsfä-
von eines Geschäftsunfähi- einer Willenserklärung, hige Person
Bedeu-
Rechten gen ist nichtig. Nichtig ist durch die er nicht lediglich kann rechtswirk-
tung sam Rechte und
und auch eine Willenserklä- einen rechtlichen Vorteil
Pflichten erwer-
Pflichten rung, die im Zustand der erlangt, der Einwilligung ben.
Bewusstlosigkeit oder seines gesetzlichen Vertre-
vorübergehenden Stö- ters. Bis zur Zustimmung
rung der Geistestätigkeit der gesetzlichen Vertreter
abgegeben wird. Ge- ist das Rechtsgeschäft
schäftsunfähige haben schwebend unwirksam.
nach dem Gesetz keinen
rechtsgeschäftlich be-
deutsamen Willen. Für
sie handeln stets die
gesetzlichen Vertre-
ter/Betreuer.
Vertrags- Nichtig, Botengeschäft Ohne Zustimmung der ge-
abschluss möglich. Nach § 105 a setzlichen Vertreter nach §
BGB kann ein volljähriger 107 BGB möglich, wenn der
Geschäftsunfähiger ein Minderjährige nur einen
Geschäft des täglichen rechtlichen Vorteil erlangt,
Lebens, das mit gering- z. B. Geldgeschenk von der
wertigen Mitteln bewirkt Oma.
werden kann, tätigen. Nach § 110 BGB, wenn die
Leistung mit eigenen Mitteln
bewirkt wird, die ihm mit
Zustimmung der gesetzli-
chen Vertreter oder von
einem Dritten mit der Zu-
stimmung der gesetzlichen
Vertreter zur freien Verfü-
gung oder zu einem be-

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019
W. Grundmann und R. Rathner, Bankwirtschaft, Rechnungswesen
und Steuerung, Wirtschafts- und Sozialkunde, Prüfungstraining für
Bankkaufleute, https://doi.org/10.1007/978-3-658-23965-7_24
302 Prüfungswissen Wirtschaftslehre

stimmten Zweck übergeben


wurden.
Nach § 113 BGB, wenn der
gesetzliche Vertreter den
Minderjährigen ermächtigt,
in ein Arbeitsverhältnis zu
treten, so ist der Minderjäh-
rige für solche Rechtsge-
schäfte unbeschränkt ge-
schäftsfähig, welche die
Eingehung oder Aufhebung
eines Arbeitsverhältnisses
der gestatteten Art oder die
Erfüllung der sich aus ei-
nem solchen Verhältnis
ergebenden Verpflichtungen
betreffen, z. B. Abschluss
eines Kontovertrages zur
Überweisung des Arbeits-
entgeltes.

2. Formvorschriften bei Verträgen


Allgemeine Formvorschriften bei Verträgen nach § 126 BGB
Formfrei Jede Art des Vertragsabschlusses ist möglich.
Beispiele:
• Beim Kauf einer Zeitschrift wird der Vertrag mündlich, durch Mimik
oder Gestik abgeschlossen.
• Beim Kauf eines gebrauchten Pkw wird der Vertrag häufig per Hand-
schlag abgeschlossen und danach schriftlich noch mal aus Gründen
der Rechtssicherheit fixiert.
Textform nach Ist durch Gesetz Textform vorgeschrieben, so muss die Erklärung in einer
§ 126 b BGB Urkunde oder auf andere zur dauerhaften Wiedergabe in Schriftzeichen
geeignete Weise abgegeben, die Person des Erklärenden genannt und
der Abschluss der Erklärung durch Nachbildung der Namensunterschrift
oder anders erkennbar gemacht werden.
Beispiel: Wird einem Verbraucher durch Gesetz ein Widerrufsrecht nach
§ 355 BGB eingeräumt, so ist er an seine auf den Abschluss des Ver-
trags gerichtete Willenserklärung nicht mehr gebunden, wenn er sie frist-
gerecht widerrufen hat. Der Widerruf muss keine Begründung enthalten
und ist in Textform oder durch Zurücksendung der Sache innerhalb von
zwei Wochen gegenüber dem Unternehmer zu erklären. Zur Fristwah-
rung genügt die fristgerechte Absendung.
Schriftform nach Ist durch Gesetz schriftliche Form vorgeschrieben, so muss die Urkunde
§ 126 BGB von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels
notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden.
Beispiel: Verbraucherdarlehensverträge sind schriftlich abzuschließen
(§ 492 BGB Abs. 1).
Elektronische Soll die gesetzlich vorgeschriebene schriftliche Form durch die elektroni-
A. Rechtliche Grundlagen 303

Form nach sche Form ersetzt werden, muss der Aussteller der Erklärung dieser
§ 126 a BGB seinen Namen hinzufügen und das elektronische Dokument mit einer
qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz verse-
hen.
Beispiel: Bei der elektronischen Überweisung wird die Unterschrift durch
die Transaktionsnummer (TAN) ersetzt.
Notarielle Beur- Ist durch Gesetz notarielle Beurkundung eines Vertrags vorgeschrieben,
kundung nach so genügt es, wenn zunächst der Antrag und sodann die Annahme des
§ 128 BGB Antrags von einem Notar beurkundet wird.
Beispiel: Nach § 311 b BGB ist ein Vertrag, durch den sich der eine Teil
verpflichtet, das Eigentum an einem Grundstück zu übertragen oder zu
erwerben, notariell zu beurkunden.
Öffentliche Ist durch Gesetz für eine Erklärung öffentliche Beglaubigung vorge-
Beglaubigung schrieben, so muss die Erklärung schriftlich abgefasst und die Unter-
nach § 129 BGB schrift des Erklärenden von einem Notar beglaubigt werden. Die öffentli-
che Beglaubigung kann durch die notarielle Beurkundung der Erklärung
ersetzt werden.
Beispiel: Nach § 12 HGB sind die Anmeldung zur Eintragung in das
Handelsregister in öffentlich beglaubigter Form einzureichen.
Stellen, die öffentlich beglaubigen können: Einwohnermeldeamt, Notare,
Schulen, Pastorate, Sparkassen
Rechtliche Grundlagen
Formvor- Erklärungen Beispiele Besonderheiten bei
schrift bestimmten Verträgen
Formlos Der Gesetzgeber sieht • mündlich Ausbildungsvertrag:
keine besonderen • per Handschlag Formfrei gültig; vor Beginn
Formvorschriften vor. • eindeutige Gesten der Ausbildungsphase müs-
Jede Form ist zulässig. • schlüssiges Ver- sen die vertragswesentlichen
halten Inhalte vom Auszubildenden
und ggf. seinen gesetzlichen
Vertretern sowie dem Ausbil-
dungsbetrieb eigenhändig
unterschrieben werden, vgl. §
11 BBiG.
Arbeitsvertrag:
Der Arbeitsvertrag kann
mündlich abgeschlossen wer-
den. Nach § 2 des Nachweis-
gesetzes muss der Arbeitge-
ber die vertragswesentlichen
Inhalte des Arbeitsvertrages
dem Arbeitnehmer spätestens
1 Monat nach Arbeitsaufnah-
me eigenhändig unterschrie-
ben aushändigen.
Schriftform Urkunde muss vom • Bürgschaftserklä- Errichtung eines Testaments:
304 Prüfungswissen Wirtschaftslehre

Formvor- Erklärungen Beispiele Besonderheiten bei


schrift bestimmten Verträgen
Aussteller eigenhändig rung nach § 766 Nach § 2064 kann der Erb-
durch Namensunter- BGB lasser ein Testament nur per-
schrift unterzeichnet • Verbraucherdarle- sönlich errichten. Nach §
werden. hensvertrag nach 2247 kann der Erblasser ein
§ 492 BGB Testament durch eine eigen-
händig geschriebene und
unterschriebene Erklärung
errichten.
Textform Sieht der Gesetzgeber E-Mail, Fax Widerrufsbelehrung,
„Textform“ vor, so muss Rücktritt vom Ratenkredit
die Erklärung in einer innerhalb der
Urkunde oder auf eine 14-tägigen Widerrufsfrist
andere zur dauerhaften
Wiedergabe in Schrift-
zeichen geeigneten
Weise abgegeben wer-
den. Die Person des
Erklärenden muss ge-
nannt und der Abschluss
der Erklärung durch
Nachbildung der Na-
mensunterschrift oder
anders erkennbar ge-
macht werden.
Öffentliche Ist durch Gesetz eine Eintragung eines
Beglaubi- Erklärung in öffentlich Prokuristen in das
gung beglaubigter Form vor- Handelsregister
gesehen, so muss die
Erklärung schriftlich
abgefasst und die Un-
terschrift des Erklären-
den von einem Notar
beglaubigt werden.
Notarielle Ist durch Gesetz eine Nach § 311 b BGB Nach § 925 BGB (Auflassung)
Beurkun- notarielle Beurkundung sind Grundstück- muss die zur Übertragung
dung vorgeschrieben, so kaufverträge zu be- eines Grundstücks erforderli-
genügt es, wenn zu- urkunden. che Einigung des Veräuße-
nächst der Antrag und rers und des Erwerbers bei
sodann die Annahme gleichzeitiger Anwesenheit
des Antrags von einem beider Teile vor einem Notar
Notar beurkundet wird. erklärt werden.
A. Rechtliche Grundlagen 305

3. Rechtsgeschäfte
Wesen • Das Rechtsgeschäft ist ein Tatbestand, der aus mindestens einer Wil-
lenserklärung sowie oft aus weiteren Elementen besteht. An diesen Tat-
bestand knüpft man den Eintritt des gewollten rechtlichen Erfolges.
• Das Rechtsgeschäft muss mindestens eine Willenserklärung enthalten,
z. B. Antrag nach § 145 BGB.
• Rechtsgeschäft mit mehreren Willenserklärungen ist z. B. der Kaufver-
trag nach § 433 BGB.
• Oft müssen noch andere Tatbestandsmerkmale hinzutreten, um den
Rechtserfolg herbeizuführen, z. B. muss die Übergabe noch zum dingli-
chen Einigungsvertrag hinzukommen, um den Rechtserfolg „Eigentums-
übergang“ herbeizuführen.
Arten Einseitige Rechtsgeschäfte enthalten die Willenserklärung nur einer Per-
son, z. B. Kündigung.
Mehrseitige Rechtsgeschäfte enthalten die Willenserklärungen von min-
destens zwei Personen, z. B. beim Kaufvertrag nach § 433 BGB.
• Gegenseitig verpflichtende Rechtsgeschäfte: Beide Vertragspartner ver-
pflichten sich wechselseitig, z. B. beim Kaufvertrag. Der Verkäufer über-
eignet die Sache an den Käufer, weil er vom Käufer den vereinbarten
Kaufpreis dafür erhält.
• Einseitig verpflichtende Rechtsgeschäfte: Nur ein Vertragspartner ver-
pflichtet sich gegenüber dem anderen Vertragspartner, z. B. beim
Schenkungsvertrag nach § 516 BGB.

4. Willenserklärungen
Arten von Willenserklärungen
Empfangsbedürftige • Willenserklärungen, die an andere Personen gerichtet sind.
Willenserklärungen • Sie sind wirksam gegenüber einem Anwesenden unmittelbar mit
Abgabe der Willenserklärung.
Beispiele:
• Annahme eines Kaufvertrages
• Antrag
• Angebot
• Kündigung
• Rücktritt vom Vertrag
• Vollmachtserteilung
Nicht empfangsbe- • Willenserklärungen, die nicht an eine andere Person gerichtet
dürftige Willenserklä- sind, sondern an die Öffentlichkeit.
rungen • Sie sind wirksam zu dem Zeitpunkt, in dem sie abgeben werden.
Beispiele:
• Testament
• Auslobung
306 Prüfungswissen Wirtschaftslehre

Rechtliche Beurteilung von Rechtsgeschäften


Rechtsgeschäfte Beispiele
Wirksames • Der 21-jährige Auszubildende Peter Müller kündigt schriftlich
Rechtsgeschäft seinen Ausbildungsvertrag mit der Begründung, dass er einen
Studienplatz aufnehmen werde.
• Herr Kramer kauft im Blumengeschäft „Tulpe“ einen teuren
Blumenstrauß, da er zur Hochzeit seines Freundes eingeladen
wurde. Da sich das Brautpaar kurz vor der Trauung zerstritten hat,
wurde die Hochzeit kurzfristig abgesagt. Herr Kramer bringt den
Blumenstrauß in das Blumengeschäft zurück mit der Begründung,
dass er den Blumenstrauß nicht mehr braucht (Motivirrtum).
Nichtiges Rechtsge- Der 17-jährige Auszubildende kündigt ohne Genehmigung seiner
schäft, da einseitiges Eltern schriftlich sein Ausbildungsverhältnis mit der Begründung,
Rechtsgeschäft mit dass er seine Berufsausbildung aufgeben möchte, um eine andere
Minderjährigem ohne Berufsausbildung zu beginnen.
Zustimmung der
gesetzlichen Vertreter
Schwebend unwirk- Der 14-jährige Schüler kauft sich beim Fahrradhändler Hertel ein
sames Rechtsge- neues Fahrrad zum Preis von 300,00 EUR. Er teilt dem Verkäufer
schäft wegen fehlen- beim Bezahlvorgang mit, dass er das Geld selbst verdient hat und
der seine Eltern mit dem Kauf einverstanden sind.
Erklärung der
gesetzlichen Vertreter
Sittenwidriges Der noch verheiratete Friedhelm Schmidt schließt mit seiner neuen
Rechtsgeschäft, da Lebensgefährtin Anne Müller einen Partnerschaftsvertrag ab. In
der Lebenspartner diesem Vertrag verpflichtet sich Herr Schmidt Frau Müller gegenüber
noch verheiratet ist. zu einer Geldzahlung von 20.000,00 EUR bzw. 40.000,00 EUR,
wenn er sich von seiner neuen Partnerin vor Ablauf von 5 Jahren
bzw. 10 Jahren schuldhaft trennt.
Anfechtbares Rechts- • Herr Schulz bestellt auf einer Bestellkarte den Buchtitel „Kom-
geschäft paktwissen“ vom Bildungsverlag in Köln mit der Bestellnummer
• wegen Irrtums 8927. Er erhält per Post das Lehrbuch „Grundwissen für Rechts-
• wegen arglistiger anwalts- und Notarsfachangestellte“, da er die Bestellnummer irr-
Täuschung tümlich vertauscht hat.
Das Rechtsgeschäft • Herr Müller erwirbt vom Pkw-Händler einen Gebrauchtwagen,
ist grundsätzlich Kilometerstand 10.983. Im Nachhinein wird festgestellt, dass der
wirksam. Wird es an- Kilometerstand manipuliert wurde, aktueller Kilometerstand ist
gefochten wegen Irr- 110.883.
tums oder arglistiger
Täuschung, ist das
Rechtsgeschäft nach
§ 142 BGB nichtig.
A. Rechtliche Grundlagen 307

Rechtsgeschäfte Beispiele
Nichtiges Rechtsge-
schäft • Der 6-jährige Kevin kauft sich am Kiosk eine Tüte Haribo zu
• wegen Geschäftsun- 1,50 EUR.
fähigkeit • Der 17-jährige Dennis kauft sich im Supermarkt für die Garten-
• wegen gesetzlichen party eine Flasche Whisky zu 13,50 EUR.
Verbotes • Der Hauseigentümer Müller beschäftigt regelmäßig gegen Be-
• wegen Verbot der zahlung ohne Steuerkarte einen Rentner, der ihm 10 Stunden in
Schwarzarbeit der Woche seinen Garten in Ordnung bringt.

5. Willenserklärungen von beschränkt Geschäftsfähigen


Grundsatz Das Rechtsgeschäft ist schwebend unwirk-
sam nach §§ 106, 107 BGB.
Zur Rechtswirksamkeit bedarf das Rechts-
geschäft der Zustimmung der gesetzlichen
Vertreter.
Das Rechtsgeschäft mit beschränkt Das Rechtsgeschäft hat nur einen rechtli-
Geschäftsfähigen ist ohne Zustimmung chen Vorteil (§ 108 BGB).
der gesetzlichen Vertreter wirksam.
Das Rechtsgeschäft wird mit Mitteln bewirkt,
die der Minderjährige von den gesetzlichen
Vertretern oder mit deren Zustimmung von
einem Dritten (z. B. der Tante) zur freien
Verfügung erhalten hat (§ 110 BGB).
Der Minderjährige schließt auf der Grundla-
ge eines Arbeitsvertrages, den er mit Zu-
stimmung der gesetzlichen Vertreter abge-
schlossen hat, einen Vertrag ab, z. B. Kauf
einer Monatsfahrkarte, um zur Arbeitsstelle
zu gelangen (§ 113 BGB).
Einseitige Rechtsgeschäfte mit Sie sind von vornherein nichtig, z. B. Ertei-
Minderjährigen lung einer Kontovollmacht, Kündigung eines
Ausbildungsverhältnisses. Mit Zustimmung
der gesetzlichen Vertreter ist das einseitige
Rechtsgeschäft wirksam.
Beachte: Auf der Grundlage eines Arbeits-
vertrages mit Zustimmung der gesetzlichen
Vertreter ist die Kündigung des Arbeitsver-
hältnisses durch den Minderjährigen rechts-
wirksam.
308 Prüfungswissen Wirtschaftslehre

6. Willensmängel bei Rechtsgeschäften


Begriff In den Fällen des unbewussten Abweichens vom inneren Willen und
dem nach außen Erklärten kann der Erklärende seine Willenserklärung
anfechten, z. B. einen Kaufantrag. Damit wird das geschlossene
Rechtsgeschäft rückwirkend unwirksam nach § 142 BGB. Der Kaufver-
trag wird nichtig.
Inhaltsirrtum Der Erklärende benutzt zwar die richtige Bezeichnung für einen
(§ 119 Abs. 1 BGB Gegenstand, doch bedeutet diese Bezeichnung etwas anderes, als er
1. Variante) wirklich gemeint hat, und der Erklärungsempfänger hat auch die ande-
re Bedeutung verstanden.
Beispiel: Herr Müller unterschreibt einen Mietvertrag im Glauben, es
sei ein Leihvertrag. Herr Müller hat eine rechtlich erhebliche Willens-
erklärung mit alle ihren Bestandteilen abgegeben.
Erklärungsirrtum Der Erklärende irrt im Moment der Abgabe nicht über die Bedeutung
(§ 119 Abs. 1 BGB des Inhalts des benutzten Erklärungszeichens, sondern er benutzt
2. Variante) versehentlich ein falsches Erklärungszeichen.
Beispiel: Herr Lange will eine Münze zu 540 EUR verkaufen und
schreibt versehentlich 450 EUR. Herr Lange kann seine Willenserklä-
rung gemäß § 119 BGB wegen Erklärungsirrtums anfechten.
Eine Willenserklärung kann nach § 119 und § 123 BGB anfechtbar
sein. Die abgegebene Willenserklärung ist bis zur Anfechtung gültig
und wird durch die Anfechtung rückwirkend nichtig.
Motivirrtum Ein Beispiel für einen nicht anfechtbaren unbeachtlichen Motivirrtum
liegt vor, wenn z. B. Herr Hansen ein wertvolles Buch kauft mit der
Absicht kauft, es dem Brautpaar Junge und Krause zu deren geplan-
ter Hochzeit zu schenken. Da Junge und Krause sich zerstreiten,
kommt diese Hochzeit nicht zustande. Hansen kann nicht nach § 119
Abs. 1 BGB wegen Irrtums gegenüber dem Verkäufer den Kaufvertrag
anfechten.

7. Kaufvertrag
7.1 Begriff und Verpflichtungen
Wesen Die vertragstypischen Pflichten des Kaufvertrags sind in § 433
BGB festgelegt.
Inhalt des Kaufvertrags:
• Leistungsgegenstand
• Preis
• Abwicklungsmodalitäten
Jeder der beiden Vertragsparteien kann gegenüber der anderen
Partei Erfüllungsansprüche geltend machen. Das Schuldverhält-
nis ist erloschen, wenn der Vertrag von beiden Seiten ordnungs-
gemäß erfüllt wird.
Wird die Abwicklung des Vertrags gestört, können Ersatzansprü-
che nach den allgemeinen Regeln des Schuldrechts entstehen,
auf die §§ 437 und 440 BGB verweisen.
A. Rechtliche Grundlagen 309

Vertragstypische Pflich- Der Kaufvertrag ist ein schuldrechtliches Verpflichtungsge-


ten schäft, durch das der Verkäufer verpflichtet wird, dem Käufer
die Sache frei von Sach- und Rechtsmängeln zu übergeben
und das Eigentum daran zu verschaffen.
Nach § 929 BGB wird dem Käufer vom Verkäufer das Eigentum
an einer verkauften beweglichen Sache übertragen. Mit Über-
gabe der Sache geht die Gefahr des zufälligen Untergangs
bzw. einer zufälligen Verschlechterung auf den Käufer über
(§ 446 BGB).
Der Käufer wird verpflichtet, die gekaufte Sache abzunehmen
und zu bezahlen.

7.2 Leistungsstörungen
Bei der Erfüllung vertraglicher Pflichten kann es zu Störungen kommen:
• Ein neues Gerät funktioniert nicht.
• Ein Kunde zahlt nicht.
• Eine Leistung wird nicht rechtzeitig erbracht.
In all diesen Fällen liegen Pflichtverletzungen des Schuldners vor, er hat sein geschuldetes
Leistungsprogramm objektiv nicht erbracht.
Objektive Pflichtverletzungen sind:
• Mangelhafte Leistungen: Die Leistung wird erbracht, aber schlecht.
• Verspätete Leistungen: Es besteht ein vorüberhegendes Leistungshindernis.
• Unmöglichkeit der Leistung: Es besteht ein dauerhaftes Leistungshindernis.
Sind Pflichtverletzungen des Schuldners und daraus folgende Sanktionen zu
prüfen, müssen bestimmte Grundsätze beachtet werden:
• Geschlossene Verträge sind zu erfüllen. Immer dann, wenn eine ordnungsgemäße Erfül-
lung möglich und sinnvoll ist, muss der Schuldner grundsätzlich die Chance zur Nacherfül-
lung erhalten.
• Nacherfüllung bedeutet Neulieferung oder Nachbesserung. Dabei hat der Verbraucher das
Wahlrecht, Nachbesserung oder Neulieferung vom Verkäufer zu verlangen. Nach zweima-
liger fehlgeschlagener Nachbesserung kann der Verbraucher vom Vertrag zurücktreten.
• Jeder entstandene Schaden führt grundsätzlich zu einem Anspruch auf Schadensersatz,
wenn die andere Vertragspartei den Schaden zu vertreten hat.
• Das Gesetz hat als grundsätzliche Ansprüche bei Pflichtverletzungen Rücktritt vom Vertrag
und Schadensersatz vorgesehen.
Innerhalb der ersten 6 Monate der Gewährleistungsfrist kann davon ausgegangen werden,
dass die Ware von vornherein fehlerhaft geliefert wurde. Nach § 476 BGB trägt der Verkäufer
die Beweislast, dass der Käufer mit der Ware unsachgerecht umgegangen ist.
310 Prüfungswissen Wirtschaftslehre

8. Eigentumserwerb
Eigentumserwerb an beweglichen Sachen
Arten der Situation Eigentumserwerb
Eigentumsübertragung
§ 929 Satz 1 BGB Der Eigentümer hat Einigung und Übergabe der Sache
Übertragung des Eigentums unmittelbaren Besitz an an den Erwerber und damit Ver-
an einer beweglichen Sache der Sache. schaffung des unmittelbaren Besit-
zes
§ 929 Satz 2 BGB Der Erwerber hat schon, Einigung über den Eigentums-
Erwerber ist bereits z. B. als Mieter, unmit- übergang
im Besitz der Sache. telbaren Besitz an der
Sache.
§ 930 BGB Der Eigentümer hat Einigung und Übergabesurrogat:
Besitzkonstitut unmittelbaren Besitz, statt Übergabe Einräumung des
der Erwerber soll mittelbaren Besitzes an den Er-
Eigentum ohne unmit- werber
telbaren Besitz erhalten.
§ 932 Abs. 1 Satz 1 Der Mieter übereignet Voraussetzungen: Einigung mit
Gutgläubiger Erwerb von Mietsache, z. B. gelie- rechtmäßigem Besitzer und Über-
Nichtberechtigten henes Fahrrad, nach § gabe der Sache an den Erwerber,
929 Satz 1 BGB. der den Besitzer gutgläubig für den
Eigentümer hält.
§ 932 Abs. 1 Satz 2 BGB Der Mieter verleiht Miet- Voraussetzungen: Der Erwerber
sache, z. B. gemietetes hat die Sache schon in Besitz und
Fahrrad, und übereignet hat diesen Besitz von dem Veräu-
an Entleiher nach § 929 ßerer erlangt, den er gutgläubig für
Satz 2 BGB. den Eigentümer hält.
§ 933 BGB Der Mieter übereignet Erwerber vereinbart mit Veräuße-
Gutgläubiger Erwerb bei die Mietsache gemäß §§ rer Besitzmittlungsverhältnis im
Besitzkonstitut 929, 930 BGB zur Si- Sinne von § 930 BGB: Der gut-
cherung eines Kredits gläubige Erwerber wird mittelbarer
an eine gutgläubige Besitzer, aber erst mit Übergabe
Bank. der Sache Eigentümer.
Eigentumserwerb an Immobilien
Art der Situation Eigentumserwerb
Eigentumsübertragung
§ 925 Abs. 1 BGB Eigentumserwerb an einem Einigung über den Eigentums-
Auflassung Grundstück erwerb bei gleichzeitiger
Anwesenheit von Veräußerer
und Erwerber vor dem Notar
(Auflassung) und Eintragung
im Grundbuch nach § 19 GBO
A. Rechtliche Grundlagen 311

Eigentumserwerb an Effekten
Arten der Situation Eigentumserwerb
Eigentumsübertragung
Eigentumsverschaffung von Der Kunde kauft Effekten und Einigung und Übergabe der
Effekten verlangt die Auslieferung Effekten
Eigentumsübertragung an Der Kunde besitzt ein Giro- Einigung über den Eigen-
Effekten sammeldepot. tumserwerb und Gutschrift auf
Girosammeldepot (§ 24 Abs.
2 Depotgesetz)
Eigentumsübertragung an Der Kunde besitzt ein Der Eigentumsübergang tritt
Effekten Streifbanddepot mit Absendung des Stü-
(Sonderverwahrung). ckeverzeichnisses ein (§ 18
Abs. 3 Depotgesetz).

Eigentumsvorbehalt
Mit der Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts erfolgt die Eigentumsübertragung nicht mehr
bei der Übergabe der Sache, sondern die Eigentumsübertragung wird auf einen späteren
Zeitpunkt verschoben, z. B. wenn die Sache vollständig bezahlt wurde. Der Eigentumsvorbehalt
sichert die Ansprüche des Verkäufers auf Herausgabe der Sache, wenn die Sache nicht voll-
ständig bezahlt wird. Ein Eigentumsvorbehalt lässt sich grundsätzlich durch Allgemeine Ge-
schäftsbedingungen vereinbaren.
Auszug aus dem BGB
§ 449 (Eigentumsvorbehalt)
(1) Hat sich der Verkäufer einer beweglichen Sache das Eigentum bis zur Zahlung des Kauf-
preises vorbehalten, so ist im Zweifel anzunehmen, dass das Eigentum unter der auf-
schiebenden Bedingung vollständiger Zahlung des Kaufpreises übertragen wird (Eigen-
tumsvorbehalt).
(2) Aufgrund des Eigentumsvorbehalts kann der Verkäufer die Sache nur herausverlangen,
wenn er vom Vertrag zurückgetreten ist.

9. Fernabsatzverträge
Fernabsatzverträge sind Verträge über die Lieferung von Waren oder die Erbringung von Dienst-
leistungen, die zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher unter ausschließlicher
Verwendung von Fernkommunikationsmitteln abgeschlossen werden. Nicht hierunter zählen die
Fälle, bei denen der Vertragsschluss nicht im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten
Vertriebs- oder Dienstleistungssystems erfolgt.
Fernkommunikationsmittel sind Kommunikationsmittel, die zur Anbahnung oder zum Ab-
schluss eines Vertrages zwischen einem Verbraucher und einem Unternehmer ohne gleich-
zeitige körperliche Anwesenheit der Vertragsparteien eingesetzt werden können. Hierunter fal-
len insbesondere Briefe, Kataloge, Telefonanrufe, Telekopien, E-Mails, sowie Rundfunk, Tele-
und Mediendienste.
Die Vorschriften über Fernabsatzverträge erfahren in ihrer Anwendung zahlreiche Ausnah-
men. Sie finden keine Anwendung auf Verträge z. B. über Fernunterricht (§ 1 Fernunterrichts-
schutzgesetz), über Finanzgeschäfte, insbesondere Bankgeschäfte, Finanz- und Wertpapier-
312 Prüfungswissen Wirtschaftslehre

dienstleistungen und Versicherungen sowie deren Vermittlung sowie über die Lieferung von
Lebensmitteln, Getränken oder sonstigen Haushaltsgegenständen des täglichen Bedarfs, die
am Wohnsitz, am Aufenthaltsort oder am Arbeitsplatz eines Verbrauchers von Unternehmern
im Rahmen häufiger und regelmäßiger Fahrten geliefert werden und über die Erbringung von
Dienstleistungen in den Bereichen Unterbringung, Beförderung, Lieferung von Speisen und
Getränken sowie Freizeitgestaltung, wenn sich der Unternehmer bei Vertragsabschluss ver-
pflichtet, die Dienstleistungen zu einem bestimmten Zeitpunkt oder innerhalb eines genau
angegebenen Zeitraums zu erbringen.
Auch wenn der abgeschlossene Vertrag von den Vorschriften über Fernabsatzverträge er-
fasst wird, besteht kein Widerrufsrecht des Verbrauchers, bei Verträgen zur Lieferung von
Waren, die nach Kundenspezifikation angefertigt werden oder eindeutig auf die persönlichen
Bedürfnisse zugeschnitten sind oder die aufgrund ihrer Beschaffenheit nicht für eine Rück-
sendung geeignet sind oder schnell verderben können oder deren Verfalldatum überschritten
würde.
Dem Verbraucher steht bei einem Fernabsatzvertrag ein Widerrufsrecht nach § 355 BGB zu.
Anstelle des Widerrufsrechts kann dem Verbraucher bei Verträgen über die Lieferung von
Waren ein Rückgaberecht nach § 356 BGB eingeräumt werden. Wichtig: Der Verbraucher
benötigt für den Widerruf bzw. die Rückgabe keinen Grund.
Beispiele für Fernabsatzverträge:
1. Ein Verbraucher (Kunde) bestellt aus dem Katalog des Otto-Versands ein Tourenfahrrad.
Der Kunde verwendet dazu den beiliegenden Bestellschein und schickt ihn per Post an
das Versandhaus. Die Auftragsbestätigung wird dem Kunden über dem Postweg zuge-
stellt.
2. Herr Berger ist Kunde der Nordbank AG und Inhaber eines Online-Wertpapierdepots. Über
das Internet erteilt er der Nordbank AG einen Kaufauftrag über 100 Aktien der Energie AG.
Die Auftragsbestätigung erhält er über das Internet.
Beispiele für Verträge, die keine Fernabsatzverträge sind:
1. Ein Kunde bucht für seinen Sommerurlaub im Juni über das Internet eine Reise in die Ka-
ribik. Die Buchungsbestätigung erhält der Kunde per E-Mail.
2. Ein Student bestellt anlässlich eines Fußballspiels per Telefon beim Pizza-Service eine
Pizza. Die Pizza wird an seine Wohnadresse geliefert.
3. Eine Studentin meldet sich per E-Mail bei einem Fern-Sprachinstitut zu einem Spanisch-
Sprachkurs an. Das Institut sendet ihr schriftlich die Auftragsbestätigung, der die Allgemei-
nen Geschäftsbedingungen beigefügt sind.
4. Ein Student erhält einen Werbebrief der Allianz Versicherung AG über den Abschluss einer
Rechtschutzversicherung. Der Student sendet den ausgefüllten Antrag per Post zurück.
Die Versicherung schließt den Vertrag ab und sendet dem Studenten den Versicherungs-
schein per Post zu.
A. Rechtliche Grundlagen 313

10. Allgemeine Geschäftsbedingungen


Allgemeines Die Vorschriften zur inhaltlichen Ausgestaltung der Allgemeinen Ge-
schäftsbedingungen sind im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt.
Im heutigen Wirtschaftsleben spielen vorformulierte Vertragsbedingungen
eine besondere Rolle, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen
Vertragspartei beim Abschluss eines Vertrages stellt, ohne dass über den
Inhalt dieser Bedingungen zwischen den Vertragsparteien verhandelt wor-
den ist. Der Grund für die Verwendung solcher AGB besteht darin, dass
die Vorschriften des BGB über die einzelnen Vertragstypen die Interessen
der Vertragsschließenden nur recht allgemein berücksichtigen können und
dass häufig Sonderregeln im Hinblick auf die speziellen Interessen der
Vertragspartner erforderlich sind.
Die AGB enthalten diese Sonderregeln und werden formuliert, damit nicht
jedes Mal bei gleichen Verträgen umfangreiche und komplizierte Regelun-
gen gesucht und ausgehandelt werden müssen. Neben diesem Rationali-
sierungseffekt kann der Aussteller und Verwender von AGB eigene Inte-
ressen durch für ihn vorteilhafte Bestimmungen besonders schützen.
Hierin liegt aber dann auch die Gefahr, dass AGB einseitig zum Vorteil des
Verwenders formuliert sind und der andere Vertragspartner nicht in der
Lage ist, ihre Änderung durchzusetzen, etwa wenn eine ganze Branche
Leistungen nur nach gleichen AGB anbietet oder wenn es sich um ein
marktbeherrschendes Unternehmen handelt. Die Rechtsprechung hat ver-
sucht, dieser Gefahr des Missbrauchs von AGB dadurch entgegenzuwir-
ken, dass sie unangemessene Regelungen für nichtig erklärte und die
Einbeziehung der AGB in den Einzelvertrag von bestimmten Vorausset-
zungen abhängig machte.
Die Bestimmungen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen können durch
einzelvertragliche Abreden ersetzt werden.
Einbeziehung der Nach § 305 Abs. 2 BGB werden die AGB nur dann Bestandteil eines Ver-
AGB in den ein- trages, wenn der Verwender bei Vertragsschluss die andere Vertragspartei
zelnen Vertrag ausdrücklich oder durch deutlich sichtbaren Aushang am Ort des Vertrags-
schlusses auf die AGB hingewiesen und dem anderen Vertragspartner die
Möglichkeit verschafft hat, in zumutbarer Weise von ihrem Inhalt Kenntnis
zu nehmen, wobei auch eine für den Verwender erkennbare körperliche
Behinderung, z. B. eine Sehschwäche, angemessen berücksichtigt werden
muss. Außerdem muss die andere Vertragspartei mit der Geltung der AGB
einverstanden sein.
§ 305 Abs. 2 BGB schafft also gegenüber der nach dem BGB geltenden Re-
gelung zusätzliche Voraussetzungen. So genügt es z. B. nicht, dass sich der
andere Vertragspartner mit der Geltung der ihm unbekannten AGB einver-
standen erklärt, wenn er nicht in zumutbarer Weise Kenntnis nehmen konnte.
§ 305 Abs. 2 BGB gilt nach § 310 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht, wenn die AGB
gegenüber einem Unternehmer verwendet werden.
Auch ohne Einhaltung der in § 305 Abs. 2 Nr. 1 und 2 BGB bezeichneten Er-
fordernisse werden AGB in den im § 305 a BGB genannten Fällen Vertrags-
bestandteil, wenn der Vertragspartner des Verwenders mit ihrer Geltung
einverstanden ist.
314 Prüfungswissen Wirtschaftslehre

AGB als Vertrags- In § 305 Abs. 2 und 3 BGB wird geregelt, wie AGB Bestandteil des einzel-
bestandteil nen Vertrages werden können.
Überraschungs- § 305 c Abs. 1 BGB verbietet sog. überraschende Klauseln, d. h. Bestim-
klauseln mungen, die so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwen-
ders mit ihnen nicht zu rechnen braucht.
Beispiel: In einen Kaufvertrag werden AGB einbezogen, die den Käufer
verpflichten, den wartungsbedürftigen Kaufgegenstand nur von dem Ver-
käufer entgeltlich warten zu lassen.
Unklarheiten- Bedeutsam ist auch die Unklarheitenregel des § 305 c Abs. 2 BGB, wonach
regelung Zweifel bei der Auslegung von AGB zu Lasten des Verwenders gehen. Sind
AGB ganz oder teilweise entgegen den Erwartungen der Parteien nicht Ver-
tragsbestandteil geworden, so bleibt der Vertrag im Übrigen wirksam, wenn
nicht ein Festhalten an dem Vertrag eine unzumutbare Härte für eine Ver-
tragspartei darstellen würde. In den §§ 307 bis 309 BGB werden die Voraus-
setzungen genannt, die zur Unwirksamkeit von AGB führen.
Schutz des In § 307 Abs. 2 AGBG wird näher beschrieben, wann eine unangemesse-
Verbrauchers ne Benachteiligung angenommen werden muss. § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB
gegen ordnet an, dass bei Verträgen zwischen einem Unternehmer und einem
unangemessene Verbraucher die Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung unter
Benachteiligung Einschluss der den Vertragsschluss begleitenden Umstände vorzunehmen
ist. Als solche Umstände, die für oder gegen eine unangemessene Be-
nachteiligung sprechen können, sind z. B. die geschäftliche Erfahrenheit
oder Unerfahrenheit des Verbrauchers, die Ausnutzung einer Überrump-
lungssituation durch den Unternehmer u. Ä. anzusehen.

11. Vergleich öffentliches und privates Recht


Öffentliches Recht Privatrecht
Das öffentliche Recht ist Teil der Rechtsord- Das Privatrecht regelt Rechtsverhältnisse
nung. Das öffentliche Recht regelt das Ver- zwischen Bürgern bzw. juristischen Personen
hältnis des Bürgers zum Staat sowie das (Vereinigungen, die keine natürlichen Perso-
Verhältnis der Staats- und Verwaltungsorga- nen sind, aber dennoch wie der Bürger als
ne untereinander. rechtsfähig gelten, z. B. e.V., eG., GmbH,
Zum öffentlichen Recht gehören insbesonde- AG) auf der Ebene der Gleichordnung (Koor-
re: dination), d. h. beide Parteien werden durch
• das Staatsrecht (Verfassung, Grundgesetz, das Gesetz auf eine Ebene gestellt. Das
Staatsorganisationsrecht) bedeutet, dass Käufer und Verkäufer z. B. die
• das Verwaltungsrecht gleichen rechtlichen Möglichkeiten haben, ihr
• das Strafrecht Verhältnis zu gestalten.
• das Prozessrecht (Zivilprozessrecht, Straf-
prozessrecht, Verwaltungsprozessrecht) Beim Privatrecht gibt der Gesetzgeber den
Rahmen vor, innerhalb dessen beide Ver-
Während das Privatrecht von einer überein- handlungspartner sich auf eine individuelle
stimmenden Vereinbarung der Beteiligten Lösung einigen können. Es teilt sich auf in
ausgeht, legt im öffentlichen Recht der Staat Bürgerliches Recht, Handelsrecht und Urhe-
als Träger der Hoheitsgewalt dem Bürger berrecht.
einseitig Rechte und Pflichten auf. Wesen • Das zentrale Rechtsgebiet bildet das Bür-
A. Rechtliche Grundlagen 315

Öffentliches Recht Privatrecht


des öffentlichen Rechts ist damit, dass die gerliche Gesetzbuch (BGB). Dort sind
darin geregelten Normen auf einem Überord- grundsätzliche Angelegenheiten bestimmt
nungsverhältnis des Staates gegenüber dem wie Eigentum, Heirat, Erbschaft, Vertrag,
Bürger beruht. Kauf, Miete oder Schenkung. Alle privaten
Nicht jeder Handlung des Staates muss öf- Lebensbereiche in der Beziehung Bürger
fentliches Recht zugrunde liegen. Soweit der zu Bürger und Bürger zur Sache sind im
Staat gleichberechtigt neben dem Bürger BGB erfasst.
tätig wird, ist sein Handeln dem Privatrecht • Das Handelsgesetzbuch (HGB) ist das
zuzuordnen (fiskalisches Handeln). Regelwerk fürs Handelsrecht, in dem die
Rechtsbeziehungen der Kaufleute unterei-
nander, vor allem aber der Handelsstand,
Handelsverkehr und Handelsgesellschaften
geregelt werden. Das HGB ist auf die Er-
fordernisse des Handels ausgelegt, wobei
auch das BGB für den Kaufmann gültig ist.
Folgende Bereiche werden vom HGB behan-
delt:
• Handelsregister, Firma, Handelsbücher,
Hilfspersonen des Kaufmanns, Prokura,
Handlungsvollmacht, Handlungsgehilfe,
Auszubildender, Handelsvertreter, Han-
delsmakler, Kommissionär, Lagerhalter,
Spediteur, Frachtführer, Wirtschaftsstraf-
recht
• Gesellschaftsrecht der Handelsgesellschaf-
ten, Offene Handelsgesellschaft (OHG, ge-
regelt im HGB), Kommanditgesellschaft
(KG, geregelt im HGB), Stille Gesellschaft
(HGB), Aktiengesellschaft (AG, geregelt im
AktG), Gesellschaft mit beschränkter Haf-
tung (GmbH, geregelt im GmbHG), Genos-
senschaften (eG, geregelt im Gesetz be-
treffend die Erwerbs- und Wirtschaftsge-
nossenschaften)
• Das Urheberrecht ist das Recht unkörper-
licher Güter oder Recht des geistigen Ei-
gentums, da auch Gebrauchsmuster, Wa-
renzeichen, gewerbliche Muster und Paten-
te geschützt sind. Durch ihn werden bei-
spielsweise literarische Werke geschützt.
Dem Urheber stehen das alleinige Einwir-
kungs- und Verwertungsrecht an seinem
Werk zu, d. h. jede Vervielfältigung, Bear-
beitung und Verbreitung bedürfen seiner
besonderen Genehmigung. Wird das Urhe-
berrecht verletzt, so besteht Schadenser-
316 Prüfungswissen Wirtschaftslehre

Öffentliches Recht Privatrecht


satzpflicht. Stirbt der Urheber, endet 70
Jahre danach der Urheberrechtsschutz.
Das Urheberrecht kann auf andere über-
tragen, veräußert (verkauft), belastet und
vererbt werden.
Nach dem Prinzip der Gleichordnung sind die
Beziehungen der Bürger untereinander vom
so genannten Privatrecht geregelt. Dabei
macht es keinen Unterschied, ob Frau Müller
im Schreibwarenladen einen Kalender kauft,
oder Bürgermeister Schmidt für die Rathaus-
behörden Papier. Beides Mal handelt es sich
um einen Kaufvertrag. Sollte die Ware man-
gelhaft sein oder nicht geliefert werden, dann
kann beides Mal eine Verhandlung vor einem
Zivilgericht stattfinden.
B B Rechtsformen

Rechtsformen

1. Kaufmannseigenschaften
Formkaufmann Der Formkaufmann ist Kaufmann kraft Rechtsform gemäß § 6 Handels-
gesetzbuch (HGB). Handelsgesellschaften nennt man deshalb Formkauf-
leute, weil sie – unabhängig davon, ob sie ein Handelsgewerbe betreiben
oder nicht – kraft Gesetzes aufgrund ihrer Rechtsform Kaufleute sind.
Dies gilt grundsätzlich für alle Handelsgesellschaften, egal ob es sich um
Kapitalgesellschaften wie z. B. AG, GmbH, KGaA, VVaG oder eG (=
juristische Personen) oder um Personengesellschaften wie z. B. OHG
und KG handelt.
Kaufmann kraft Rechtsform sind nach § 6 HGB alle Handelsgesellschaf-
ten, die nicht bereits kraft Grundhandelsgewerbe oder Eintragung ins
Handelsregister zu Kaufleuten geworden sind. Sie werden somit Vollkauf-
leute durch die gewählte Rechtsform (AG, KGaA, KG, OHG, GmbH, Ge-
nossenschaft).
Istkaufmann Ein Istkaufmann ist jeder, der ein Handelsgewerbe betreibt (§ 1 Abs. 1
HGB). Handelsgewerbe ist hierbei jeder Gewerbebetrieb, es sei denn,
dass das Unternehmen nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer
Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert (§ 1 Abs. 2 HGB).
Der Unternehmer eines solchen Betriebs ist somit automatisch und un-
mittelbar aus dem Gesetz Kaufmann. Er muss sich in das Handelsregis-
ter eintragen lassen und gilt dann als eingetragener Kaufmann, wobei
dieser Eintrag nur deklaratorischer Natur ist.
Ob die Größe des Unternehmens einen kaufmännisch eingerichteten
Geschäftsbetrieb erfordert, hängt von verschiedenen Kriterien ab, die
allerdings nicht starr festgelegt sind. Darunter fallen etwa Art und Umfang
des Gewerbes oder die Komplexität der Geschäftsvorgänge.
Kaufmann ist, wer ein Handelsgewerbe betreibt, das nach Art und Umfang
eine kaufmännische Organisation erfordert. Es handelt sich dann um ein
solches Gewerbe, wenn folgende Merkmale nach außen erkennbar sind:
• gewinnorientiert,
• auf Dauer angelegt und
• selbstständig.
Ein in kaufmännischer Weise eingerichteter Geschäftsbetrieb ist dann zu
vermuten, wenn das Unternehmen doppelte Buchführung verwendet,
Angestellte hat, Filialen hat, eine gewisse Umsatzhöhe erreicht, Bilanzen
erstellt und in Abteilungen gegliedert ist. Ein Handelsgewerbe ist also
jedes Gewerbe, welches im Rahmen eines in kaufmännischer Weise
eingerichteten Geschäftsbetriebes ausgeübt wird.

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019
W. Grundmann und R. Rathner, Bankwirtschaft, Rechnungswesen
und Steuerung, Wirtschafts- und Sozialkunde, Prüfungstraining für
Bankkaufleute, https://doi.org/10.1007/978-3-658-23965-7_25
318 Prüfungswissen Wirtschaftslehre

Kannkaufmann Die Kaufmannseigenschaft (Kaufmann) erfolgt erst durch Eintragung ins


Handelsregister. Dazu zählen Kleinbetriebe und Betriebe der Land- und
Forstwirtschaft (§§ 2, 3 HGB).
Der Kannkaufmann ist nach § 3 HGB der Unternehmer eines land- oder
forstwirtschaftlichen Betriebes, der dieses Unternehmen oder ein dazu
gehörendes Nebengewerbe (z. B. Brennerei, Brauerei, Molkerei, Säge-
werk) ins Handelsregister freiwillig eintragen lässt. Eine Verpflichtung
besteht nicht, Voraussetzung zur Eintragung ist jedoch ein nach Art und
Umfang in kaufmännischer Weise eingerichteter Geschäftsbetrieb.

2. Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR)


Rechtsgrundlagen Die GbR wird in den §§ 705 bis 740 BGB geregelt. Sie ist der orga-
nisatorische Grundtyp aller Personengesellschaften.
Wesen Bei der GbR handelt es sich um einen vertraglichen Zusammen-
schluss von Personen zur Erreichung eines gemeinsamen beliebi-
gen Zwecks, wobei alle Gesellschafter für Verbindlichkeiten der Ge-
sellschaft persönlich haften.
Gesellschaftsvertrag Der Gesellschaftsvertrag ist die Grundlage für die Entstehung einer
GbR. Es ist ein Rechtsgeschäft, das grundsätzlich formfrei getätigt
werden kann. Der Gesellschaftsvertrag ist ein gegenseitiger Vertrag
zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks. Der Zweck kann ein
dauernder oder ein vorüber gehender Zweck sein. Der gemeinsame
Zweck und der Gesellschaftsvertrag sind Grundvoraussetzungen für
die Entstehung der Gesellschaft. Die Leistungen von Beiträgen der
Gesellschafter kann die Zahlung einer bestimmten Geldsumme, die
Leistung von Diensten oder die Beteiligung an der Gesellschaft sein.
Eintragung Die GbR wird nicht ins Handelsregister eingetragen.
Haftung Jeder Gesellschafter haftet im Innenverhältnis für die Verpflichtungen
wie in eigenen Angelegenheiten. Für die Schulden der Gesellschaft
haften das Gesellschaftsvermögen und das Privatvermögen der ein-
zelnen Gesellschafter. Wenn im Gesellschaftsvertrag nichts anderes
vereinbart ist, haften die Gesellschafter als Gesamtschuldner. Nach §
421 BGB kann ein Gläubiger der GbR seine Forderung nach Belieben
vollständig von jedem einzelnen Gesellschafter verlangen.
Geschäftsführung Die Gesellschafter sind nach § 709 BGB gemeinschaftlich zur Ge-
und Vertretung schäftsführung befugt. Diese Befugnis kann durch Gesellschaftsver-
trag abgeändert werden. Nach § 714 BGB ist die Gesellschaft von
allen Gesellschaftern gemeinschaftlich zu vertreten, es sei denn,
dass der Gesellschaftsvertrag etwas anderes vorsieht, z. B. wenn
einem Gesellschafter nach dem Gesellschaftsvertrag die Befugnis
zur Geschäftsführung zusteht, ist er ermächtigt, die anderen Gesell-
schafter Dritten gegenüber zu vertreten.
B. Rechtsformen 319

Gesamthänderi- • Das Gesellschaftsvermögen der GbR wird in § 718 BGB geregelt.


sches Gesellschafts- Danach ist das Gesellschaftsvermögen, zu dem auch das Eigen-
vermögen tum an beweglichen Sachen gehört, gemeinschaftliches Eigentum
der Gesellschaft (Gesamthandseigentum).
• Die gesamthänderische Bindung der Gesellschafter bedeutet,
dass ein Gesellschafter über seinen Anteil am Vermögen der Ge-
sellschaft nicht allein verfügen darf. Eine Verfügung kann nur von
allen Gesellschaftern gemeinsam vorgenommen werden.
Gewinnverteilung Soweit nichts anderes vereinbart wurde, wird der Gewinn grundsätz-
lich nicht im Verhältnis der Beiträge sondern gleichmäßig verteilt.
Auflösung Die GbR wird aufgelöst,
• wenn der Gesellschaftszweck erreicht wurde,
• ein Gesellschafter stirbt oder
• die Gesellschaft oder ein Gesellschafter insolvent wird.

3. Partnerschaft
Allgemeines Die Partnerschaft ist nach § 1 Partnerschaftsgesellschaftsgesetz
(PartGG) eine Gesellschaft, in der sich Angehörige Freier Berufe zur
Ausübung ihrer Berufe zusammenschließen. Sie übt kein Handels-
gewerbe aus. Angehörige einer Partnerschaft können nur natürliche
Personen sein. Bloße Kapitalbeteiligung ist nicht zulässig.
Gesetzliche Es gilt das Partnerschaftsgesellschaftsgesetz (PartGG). Soweit dort
Grundlagen nichts anderes bestimmt ist, finden die Vorschriften des Bürgerlichen
Gesetzbuches (§§ 705-740) und des Handelsgesetzbuchs (§§ 105-
160) über die Gesellschaft Anwendung.
Partnerschafts- Der Partnerschaftsvertrag bedarf gemäß § 3 Abs. 1 PartGG der
vertrag Schriftform. Er muss enthalten:
• den Namen und den Sitz der Partnerschaft,
• den Namen und Vornamen der Partner sowie
• den in der Partnerschaft ausgeübten Beruf,
• den Wohnort jedes Partners und
• den Gegenstand der Partnerschaft.
Mindestkapital und Eine bestimmte Mindestkapitaleinlage ist gesetzlich nicht vorge-
Registereintragung schrieben. Die Gesellschafter der Partnerschaft müssen die Partner-
schaft im Partnerschaftsregister eintragen lassen.
Geschäftsführung Zur Führung der Geschäfte sind grundsätzlich alle Partner berechtigt
und verpflichtet, es sei denn, im Partnerschaftsvertrag ist etwas
anderes vereinbart. Einzelne Partner können im Partnerschaftsver-
trag nur von der Führung der sonstigen Geschäfte ausgeschlossen
werden. Im Übrigen richtet sich das Rechtsverhältnis der Partner
untereinander nach dem Partnerschaftsvertrag.
Gewinnverwendung Die Aufteilung von Gewinn und Verlust auf die Partner ist gewöhn-
lich im Partnerschaftsvertrag geregelt.
320 Prüfungswissen Wirtschaftslehre

Rechnungslegung Nach BGB hat der Rechnungsabschluss bei einer Gesellschaft und die
Gewinnverteilung im Zweifel am Schluss jedes Geschäftsjahrs zu
erfolgen. Diese Rechnungslegungspflicht ist auch im steuerlichen
Interesse zu befolgen. Partnerschaften können als Gewinn den Über-
schuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben ansetzen.
Rechte der Eine Partnerschaft kann unter ihrem Namen Rechte erwerben und
Partnerschaft Verbindlichkeiten eingehen; sie kann Eigentum und andere dingliche
Rechte an Grundstücken erwerben und vor Gericht klagen und ver-
klagt werden.
Haftung Die Partner einer Partnerschaft haften - im Unterschied zu einer
bloßen Bürogemeinschaft - für die Verbindlichkeiten der Partner-
schaft den Gläubigern als Gesamtschuldner persönlich. Waren nur
einzelne Partner mit der Bearbeitung eines Auftrags befasst, so
haften - im Unterschied z. B. zu einer Sozietät - nur sie für berufliche
Fehler. Scheidet ein Partner aus, haftet er für die bis dahin begrün-
deten Verbindlichkeiten weiter. Für Verbindlichkeiten, die nicht mit
der Ausführung eines Auftrages in Verbindung stehen (beispielswei-
se die Bestellung von Büromaterial) haften demnach die Partner wie
in einer GbR immer als Gesamtschuldner.
Liquidation und Eine Partnerschaft wird aufgelöst
Auflösung • wenn sie für eine bestimmte Zeit eingegangen worden ist, durch
Zeitablauf,
• wenn die Partner ihre Auflösung beschließen,
• wenn das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Partner-
schaft eröffnet wird, durch gerichtliche Entscheidung.
Ein Partner scheidet aus der Partnerschaft aus,
• durch Tod des Partners – der Partnerschaftsvertrag kann jedoch
bestimmen, dass die Partnerschaft an Dritte vererblich ist, die
Partner sein können,
• durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen,
• durch Kündigung des Partners,
• durch Kündigung durch einen Privatgläubiger des Partners,
• durch Beschluss der Partnerversammlung,
• durch Eintritt der im Partnerschaftsvertrag vereinbarten Ausschei-
dungsgründe.

4. Personengesellschaften
Die Organisation der Personengesellschaften beruht auf einem schuldrechtlichen Vertrag, der
individuelle Beziehungen zwischen den einzelnen beteiligten Gesellschaftern zur Erreichung
des Gesellschaftszwecks begründet.
Für die Personengesellschaften, z. B. BGB-Gesellschaft und offene Handelsgesellschaft so-
wie die Kommanditgesellschaft gelten folgende Grundsätze:
• Personengesellschaften haben keine eigene Rechtspersönlichkeit. Träger von Rechten
und Pflichten sind die einzelnen Gesellschafter.
• Grundsätzlich sind Personengesellschaften vom Bestand ihrer ursprünglichen Gesellschaf-
ter abhängig, d. h. nach der gesetzlichen Regelung wird die Gesellschaft aufgelöst durch
B. Rechtsformen 321

Tod oder Kündigung eines Gesellschafters, sofern der Gesellschaftsvertrag nicht etwas
anderes bestimmt.
• Geschäftsführung und Vertretung der Personengesellschaften werden regelmäßig von
den Gesellschaftern persönlich vorgenommen, entweder von allen gemeinsam oder von
den vertraglich davon bestimmten Gesellschaftern.
• Für Verbindlichkeiten der Personengesellschaft haften die Gesellschafter als Gesamt-
schuldner, wobei grundsätzlich jeder Gesellschafter mit seinem ganzen persönlichen
Vermögen haftet.
• Die Personengesellschaft tritt im Rechtsverkehr unter dem Namen der Gesellschafter auf.
Handelt es sich um eine Handelsgesellschaft, so führt sie eine Firma (vgl. § 19 Handels-
gesetzbuch).
Offene Handelsgesellschaft
Gesetzliche Grundlage Die OHG ist eine Handelsgesellschaft des Handelsgesetzbuches
(vgl. §§ 105 bis 160 HGB). Sie ist eine Gesamthandsgemein-
schaft.
Gesellschaftsvertrag Für die Entstehung einer OHG ist ein Gesellschaftsvertrag erfor-
derlich. Der Gesellschaftsvertrag regelt die Rechtsverhältnisse
der Gesellschafter untereinander und lässt die OHG im Innen-
verhältnis entstehen. Im Außenverhältnis entsteht sie mit Eintra-
gung in das Handelsregister oder schon vorher durch Aufnahme
des Geschäftsbetriebs. Die Unterteilung der Wirksamkeit der
OHG im Innen- und Außenverhältnis ist bedeutsam im Hinblick
auf den Verkehrsschutz: Erst wenn die Gesellschaft nach außen
wirksam geworden ist, gilt das OHG-Recht im Hinblick auf Vertre-
tung und Haftung in vollem Umfang.
Gesellschaftszweck Die OHG kann nach § 105 HGB nur auf den Zweck des Betriebs
eines Handelsgewerbes unter einer gemeinsamen Firma gerich-
tet sein. Nichtkaufleute, z. B. Architekten können grundsätzlich
nur eine BGB-Gesellschaft oder eine Partnerschaftsgesellschaft
bilden. Nach § 105 HGB können folgende Gesellschaften offene
Handelsgesellschaften sein:
• Eine Gesellschaft, die ein Handelsgewerbe betreibt, d. h. ein
Unternehmen, das nach Art und Umfang einen kaufmänni-
schen Geschäftsbetrieb erfordert.
• Eine Gesellschaft, die nur Kleingewerbe betreibt (ein Betrieb,
der nach Art und Umfang keinen kaufmännischen Geschäftsbe-
trieb erfordert), wird mit der Eintragung zur OHG.
• Auch eine Gesellschaft, die nur eigenes Vermögen verwaltet und
somit kein Gewerbe betreibt, wird mit der Eintragung zur OHG.
Die Eintragungsmöglichkeiten für eine Gesellschaft, die nur eige-
nes Vermögen verwaltet, gibt Grundstücksgesellschaften (z. B.
Ehegatten-Miteigentümer-Gesellschaften) die Möglichkeit, als
OHG oder KG ins Handelsregister eingetragen zu werden.
322 Prüfungswissen Wirtschaftslehre

Geschäftsführungs- Bei den Personenhandelsgesellschaften hat die Geschäftsfüh-


befugnis rungsbefugnis grundsätzlich keine Auswirkung auf die Vertre-
tungsmacht. Damit wird dem im Handelsverkehr gesteigerten
Interesse des Verkehrsschutzes Rechnung getragen: Außenste-
hende Dritte sind damit nicht von internen, für sie nicht erkennba-
ren Abmachungen der Gesellschafter untereinander abhängig.
Gemäß § 125 Abs. 1 HGB gilt grundsätzlich das Prinzip der Ein-
zelvertretung: Jeder einzelne unbeschränkt haftende Gesell-
schafter kann Willenserklärungen mit Wirkung für und gegen die
OHG bzw. KG abgeben. Abweichungen bedürfen der Eintragung
in das Handelsregister.
Rechtsbeziehungen im Im Innenverhältnis ergeben sich folgende Rechte und Pflichten
Innenverhältnis der Gesellschafter:
• Ersatz für Aufwendungen und Verluste: Jeder Gesellschaf-
ter kann von der Gesellschaft seine persönlichen, erforderli-
chen Leistungen, die er gegenüber Gesellschaftsgläubigern er-
bracht hat, zurückfordern. Gegenüber Mitgesellschaftern be-
steht ein gesamtschuldnerischer Ausgleichsanspruch.
• Beitragspflicht: Jeder Gesellschafter einer OHG muss die im
Gesellschaftsvertrag vereinbarten Beitragsleistungen erbrin-
gen, um den gemeinsamen Zweck zu fördern. Nach § 111 HGB
gibt es eine Verzinsungspflicht für Geldeinlagen.
• Wettbewerbsverbot: Kein Gesellschafter darf ohne Einwilli-
gung der anderen Gesellschafter in dem Handelszweig der Ge-
sellschaft Geschäfte machen oder als persönlich haftender Ge-
sellschafter an einer anderen gleichartigen Handelsgesellschaft
teilnehmen.
• Geschäftsführung: Soweit im Gesellschaftsvertrag nichts
anderes bestimmt ist, sind alle Gesellschafter geschäftsfüh-
rungsbefugt und –verpflichtet. Der Umfang der Geschäftsfüh-
rungsbefugnis erstreckt sich auf alle Handlungen, die der ge-
wöhnliche Betrieb des Handelsgewerbes mit sich bringt. Einem
Gesellschafter kann die Geschäftsführungsbefugnis entzogen
werden.
• Mitverwaltungsrechte: Alle Gesellschafter haben Mitverwal-
tungsrechte, auch die, die von der Geschäftsführungsbefugnis
ausgeschlossen sind. Im Einzelnen sind dies Informations- und
Kontrollrechte, das Stimmrecht bei der Beschlussfassung, bei
der der Grundsatz der Einstimmigkeit von Gesellschafterbe-
schlüssen gilt, sowie das Recht auf Gewinn- und Verlustbeteili-
gung und das Entnahmerecht.
B. Rechtsformen 323

Rechtsbeziehungen im • Gesamthänderisches Gesellschaftsvermögen: Das Gesell-


Innenverhältnis schaftsvermögen ist bei der OHG Gesamthandsvermögen, das
bedeutet, dass das Vermögen mehreren gemeinsam derart zu-
steht, dass ein einzelner über seinen Anteil an dem Vermögen
und auch an den einzelnen dazugehörigen Gegenständen nicht
frei verfügen kann. Über das Vermögen als Ganzes sowie über
Teile des Vermögens können nur alle berechtigten Personen
gemeinsam verfügen, z. B. Gesellschafter von Personengesell-
schaften. Bei einer Zwangsvollstreckung in das Gesellschafts-
vermögen muss sich ein vollstreckbarer Titel gegen die Gesell-
schaft richten und nicht gegen einen Gesellschafter. Das Ge-
sellschaftsvermögen der OHG ist insolvenzfähig.
Rechtsbeziehungen im Die OHG wird nach außen wirksam, wenn sie entweder ins Han-
Außenverhältnis delsregister eingetragen ist oder ihre Geschäfte schon vor der
Eintragung begonnen hat. Zu den Geschäften, die vor der Eintra-
gung aufgenommen wurden, können z. B. gehören: Das Anmie-
ten von Geschäftsräumen, der Kauf von Einrichtungsgegenstän-
den, die Aufnahme eines Kredits usw.
Die OHG führt als Namen eine Personenfirma oder Sachfirma,
der den Rechtsformzusatz „offene Handelsgesellschaft“ oder
„OHG“ enthalten muss. Die OHG ist eine gemeinschaftliche Fir-
ma.
Nach § 124 Abs. 1 HGB wird der OHG eine rechtliche Selbst-
ständigkeit verliehen, die der einer juristischen Person ähnelt.
Deshalb nennt man die OHG auch eine quasijuristische Person.
Dadurch dass die OHG unter ihrer Firma Rechte erwerben und
Verbindlichkeiten eingehen kann, Eigentum und andere dingliche
Rechte an Grundstücken erwerben sowie vor Gericht klagen und
verklagt werden kann, erwirbt sie eine Teilrechtsfähigkeit.
Vertretung Die Vertretungsmacht ist bei der OHG nicht an die Geschäftsfüh-
rungsbefugnis geknüpft. Aufgrund der rechtlichen Selbstständig-
keit der OHG wird die Gesellschaft durch die vertretungsberech-
tigten Gesellschafter vertreten. Jeder Gesellschafter ist einzelver-
tretungsermächtigt, sofern der Gesellschaftsvertrag nichts ande-
res bestimmt. Der Umfang der Vertretungsmacht kann nicht mit
Wirkung gegen Dritte beschränkt werden. Eine Entziehung der
Vertretungsmacht sowie der Geschäftsführungsbefugnis ist nur
aus einem wichtigen Grund auf Antrag der übrigen Gesellschafter
durch gerichtliche Entscheidung möglich.
324 Prüfungswissen Wirtschaftslehre

Haftung der Gesell- Für die Verbindlichkeiten der OHG haften alle Gesellschafter den
schafter und der Ge- Gläubigern persönlich. Danach haben Gläubiger der OHG zwei
sellschaft Zugriffsmöglichkeiten: Zum einen auf das Gesellschaftsvermögen
und zum anderen auf das Privatvermögen der persönlich haften-
den Gesellschafter. Alle Gesellschafter (ausgeschiedene, aktive
und eintretende) haften unmittelbar gesamtschuldnerisch und
unbegrenzt mit ihrem privaten Vermögen.
Im Innenverhältnis können zwischen den Gesellschaftern andere
Haftungsregeln vereinbart werden. Diese interne Regelung ist
allerdings gegenüber Dritten unwirksam. Die unbeschränkte Haf-
tung der Gesellschafter kann durch Einwendungen eingeschränkt
werden, z. B. die Einwendung der Verjährung, wenn eine Ver-
bindlichkeit gegenüber der OHG bereits verjährt ist. Typische
Einwendungen der Gesellschaft, auf die sich ein Gesellschafter
auch berufen kann, sind die Anfechtung oder die Aufrechnung.
Ein in eine bestehende OHG eintretender Gesellschafter haftet
auch für die vor seinem Eintritt entstandenen Verbindlichkeiten
der Gesellschaft.
Beendigung Die OHG endet in zwei Phasen, der Auflösung der Gesellschaft
und der Liquidation der Gesellschaft.
Der Tod eines Gesellschafters sowie die Eröffnung des Insol-
venzverfahrens über das Vermögen eines Gesellschafters be-
gründen die Ausscheidung des jeweiligen Gesellschafters, nicht
aber die Auflösung der OHG. Mit Eintritt eines Auflösungsgrun-
des wird die OHG zur Abwicklungsgesellschaft, für die das OHG-
Recht weiter gilt. Erst der Abschluss des Liquidationsverfahrens
führt zur endgültigen Beendigung der Gesellschaft.

Kommanditgesellschaft (KG)
Die KG ist eine handelsrechtliche Personengesellschaft, die sich von der OHG dadurch unter-
scheidet, dass bei einem Teil der Gesellschafter (Kommanditisten) die Haftung gegenüber
den Gesellschaftsgläubigern auf ihre Einlage begrenzt ist. Im Übrigen müssen alle Vorausset-
zungen einer OHG erfüllt sein. Danach sind die gesetzlichen Vorschriften über die OHG auch
auf die KG anzuwenden. Die persönlich haftenden Gesellschafter heißen bei der KG Kom-
plementäre. Die Kommanditisten haften nur eingeschränkt und haben dementsprechend nur
eingeschränkte Rechte, z. B. keine Geschäftsführungsbefugnis und keine Vertretungsmacht.
B. Rechtsformen 325

5. Kapitalgesellschaften
Die Kapitalgesellschaften beruhen auf der rechtsgeschäftlich vereinbarten Geltung einer Sat-
zung. In dieser sind insbesondere die Willensbildung sowie die Geschäftsführungsbefugnis
und Vertretungsmacht der Kapitalgesellschaften geregelt.
Für die Kapitalgesellschaften gelten folgende Gemeinsamkeiten:
• Bei den Kapitalgesellschaften ist die Haftung auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt.
• Kapitalgesellschaften sind als juristische Personen fähig, Träger von Rechten und Pflich-
ten zu sein.
• Kapitalgesellschaften sind vom Bestand ihrer Gesellschafter bzw. Mitglieder unabhängige
Körperschaften. Durch freien Austritt und Übertragung der Mitgliedschaft ist ein Gesell-
schafterwechsel möglich.
• Geschäftsführung und Vertretung werden von zwei verselbstständigten Organen wahrge-
nommen, die nicht Mitglied der Gesellschaft sein müssen.
• Die Kapitalgesellschaft tritt im Rechtsverkehr zumeist unter einer Sachfirma auf, d. h. der
Name der Gesellschaft bezieht sich regelmäßig auf den Gegenstand des Unternehmens.
Die Kapitalgesellschaften sind in Spezialgesetzen, z. B. GmbH-Gesetz, Aktiengesetz oder
Genossenschaftsgesetz, geregelt.
Merkmale Aktiengesellschaft Gesellschaft mit be- Eingetragene
(AG) schränkter Genossenschaft
Haftung (GmbH)
Gesetzliche • Aktiengesetz • GmbH-Gesetz • Genossenschafts-
Grundlage • juristische Person • juristische Person gesetz
des privaten Rechts des privaten Rechts • juristische Person
• Formkaufmann • Formkaufmann des privaten Rechts
• Formkaufmann
Organe Vorstand, Aufsichts- Geschäftsführung, Vorstand, Aufsichtsrat,
rat, Hauptversamm- Aufsichtsrat, Gesell- Generalversammlung
lung schafterversammlung
Eigentümer Aktionäre sind mit Gesellschafter • Mitglieder besitzen
ihrer Einlage am Kapi- Geschäftsanteile.
tal der AG beteiligt. • Geschäftsanteile
sind Einlagen, bis zu
deren Höhe sich ein
Mitglied an der Ge-
nossenschaft beteili-
gen kann.
Eintragung ins Eintragung ins Han- Eintragung ins Han- Eintragung ins Genos-
Register delsregister (HR) Ab- delsregister (HR) senschaftsregister
teilung B Abteilung B
326 Prüfungswissen Wirtschaftslehre

Merkmale Aktiengesellschaft Gesellschaft mit be- Eingetragene


(AG) schränkter Genossenschaft
Haftung (GmbH)
Gründungs- • Die AG hat eine • 1 Person oder meh- • mindestens 3 Grün-
voraussetzungen Satzung, die notari- rere Personen dungsmitglieder
ell zu beurkunden • Die GmbH hat • Die Genossenschaft
ist. einen Gesellschaf- hat eine Satzung, die
• Ausgabe von Nenn- tervertrag, der notariell zu beurkun-
betragsaktien (min- notariell zu den ist.
destens 1 EUR) o- beurkunden ist.
der Stückaktien
(kein Nennbetrag)
• Keine Mindestan-
zahl von Gründern
erforderlich, Ein-
mann-AG möglich
Entstehung • nach Gründung • nach Gründung • nach Gründung
durch Eintragung durch Eintragung durch Eintragung der
der AG ins HR der GmbH ins HR Genossenschaft ins
• damit Rechtsfähig- • damit Rechtsfähig- Genossenschaftsre-
keit der AG keit der GmbH gister
• damit Rechtsfähig-
keit der Genossen-
schaft
Rechtswirkung konstitutive Wirkung konstitutive Wirkung konstitutive Wirkung
der HR-
Eintragung
Gesetzliche Vorstand gemeinsam Geschäftsführung Vorstand gemeinsam
Vertretung oder Vorstandsmit- gemeinsam oder Ge- oder Vorstandsmitglie-
glieder allein, wenn in schäftsführer allein, der allein, wenn in der
Satzung und HR ver- wenn im Gesell- Satzung und im Ge-
merkt. schaftsvertrag und im nossenschaftsregister
HR vermerkt. vermerkt.
Rechtsgeschäftli- Prokuristen, Hand- Prokuristen, Hand- Prokuristen, Hand-
che Vertreter lungsbevollmächtigte lungsbevollmächtigte lungsbevollmächtigte
Zweck Gewinnerzielung Gewinnerzielung Förderung des Er-
werbs oder der Wirt-
schaft ihrer Mitglieder
oder deren soziale
oder kulturelle Belange
durch den gemeinsa-
men Geschäftsbetrieb
B. Rechtsformen 327

Merkmale Aktiengesellschaft Gesellschaft mit be- Eingetragene


(AG) schränkter Genossenschaft
Haftung (GmbH)
Haftung Beschränkung auf das • Beschränkung auf • gesamtes Vermögen
Gesellschaftsvermö- das Geschäftsver- der Genossenschaft
gen mögen • wenn es die Satzung
• Gesellschafter haf- bestimmt, Nach-
ten nur mit ihrer ge- schusspflicht der
leisteten Einlage. Mitglieder und damit
persönliche Haftung
der Mitglieder
Gewinn- Beschluss der Haupt- Beschluss der Gesell- Beschluss der Genos-
verwendung versammlung schafterversammlung senschaftsversamm-
lung
Möglichkeiten der • ordentliche Kapital- Aufnahme neuer Ge- • Aufnahme neuer
Kapitalerhöhung erhöhung sellschafter Mitglieder
• genehmigtes Kapital • Ausgabe neuer Ge-
• bedingte Kapitaler- schäftsanteile
höhung
• Kapitalerhöhung aus
Gesellschaftsmitteln
Rechtsgrundlage Aktiengesetz GmbH-Gesetz Genossenschafts-
gesetz
Mindestkapital Kapitaleinlage: Ge- Kapitaleinlage: Regelung über
zeichnetes Kapital Stammkapital Mindestkapital kann in
(Grundkapital) 50.000 25.000 EUR der Satzung verankert
EUR werden.
328 Prüfungswissen Wirtschaftslehre

6. Prokura
Erteilung der Prokura • Erteilung vom Unternehmer, z. B. Kaufmann oder Geschäfts-
führer einer GmbH (persönlich und ausdrücklich, schriftlich o-
der mündlich)
• Bei der GmbH erfolgt die Bestellung von Prokuristen und von
Handlungsbevollmächtigten durch einen Gesellschafterbe-
schluss.
• Rechtsgrundlage: §§ 48 und 49 HGB
Registereintragung • Eintragung ins Handelsregister nach § 53 HGB
• Die Eintragung hat deklaratorische Wirkung.
• Die Erteilung der Prokura ist von dem Inhaber des Handelsge-
schäfts zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden.
Zeichnung Nach § 51 HGB muss der Prokurist in der Weise zeichnen, dass
er der Firma seinen Namen mit einem die Prokura andeutenden
Zusatze beifügt.
Erlöschen der Prokura Die Prokura erlischt durch
• Widerruf nach § 52 Abs. 1 HGB,
• Beendigung des Dienstvertrages durch Kündigung nach
§ 622 BGB,
• Tod des Prokuristen oder
• Auflösung der Unternehmung.
Arten der Prokura • Einzelprokura
• Gesamtprokura
• Filialprokura
Handlungen, die der • Erteilung und Entzug einer Prokura
Prokurist nicht vor- • Veräußerung und Belastung von Grundstücken
nehmen kann: • Anmeldungen von Eintragungen ins Handelsregister
• Unterzeichnung der Bilanz und der Steuererklärungen
• Aufnahme neuer Gesellschafter
• Verkauf der Unternehmung
• Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens
Nummer der Firma: HRA 68389

Handelsregister A des Amtsgerichts Hamburg Seite 1 von 1

Nummer der a) Firma a) Allgemeine Ver- Prokura a) Rechtsform, a) Tag der Eintra-
Eintragung b) Sitz, Niederlas- tretungsrege- Beginn und Sat- gung
B. Rechtsformen

sung, Zweignie- lung zung b) Bemerkungen


derlassungen b) Inhaber, persön- b) Sonstige
c) Gegenstand des lich haftende Rechtsverhält-
Unternehmens Gesellschafter, nisse
Geschäftsführer, c) Kommanditis-
Vorstand, Ver- ten, Mitglieder
tretungsberech-
tigte und be-
sondere Vertre-
Beispiel einer Registereintragung:

tungsbefugnis

1 2 3 4 5 6

1 a) Olaf Lange KG a) Jeder persönlich Gesamtprokura: a) Kommandit- a) 10.04.2002


b) Hamburg haftende Gesell- Krug, Melanie, Pin- gesellschaft
schafter vertritt 01.04.2002
Aktueller Handelsregisterauszug der Olaf Lange KG

neberg, *21.09.1972
einzeln. c) Kommanditist:
Rose, Manfred,
b) Persönlich haf- Elmshorn, Klein, Paul,
tender Gesell- *05.08.1955 Hamburg,
schafter: Römer, *17.06.1953
Petra, Nor- Einlage: 40.000,00
derstedt, EUR
*12.03.1960
329
330 Prüfungswissen Wirtschaftslehre

Beispiel einer Verfügung:


Melanie Krug beantragt für die Olaf Lange KG die Erhöhung des laufenden Betriebsmittelkre-
dits, der mit einer Grundschuld auf das Firmengelände besichert werden soll. Frau Krug ist als
Gesamtprokuristin zur Belastung des Grundstücks nur ermächtigt, sofern ihr die vollhaftende
Gesellschafterin Frau Petra Römer diese Befugnis besonders erteilt hat.
Beispiel einer Haftungsbeschränkung:
Die finanzielle Situation der Gesellschafter der Olaf Lange KG stellt sich wie folgt dar:
• Kreditverpflichtung Olaf Lange KG bei der Nordbank AG 90.000,00 EUR
• Gesamtvermögen Petra Römer 50.000,00 EUR
• Gesamtvermögen Paul Klein 200.000,00 EUR
• Die Nordbank AG hat eine Forderung an die Olaf Lange KG von 90.000,00 EUR.
• Herr Klein hat von seiner Einlage in Höhe von 40.000,00 EUR nur 25.000,00 EUR eingezahlt.
Die Nordbank AG kann von Herrn Klein nach HGB den noch nicht eingezahlten Betrag der
Einlage von insgesamt 40.000 EUR, also 15.000 EUR abfordern (persönliche Haftung).
Für die Verbindlichkeiten der Olaf Lange KG haftet außerdem die Komplementärin Frau Römer
mit ihrem gesamten Vermögen.
B. Rechtsformen 331

7. Handlungsvollmacht
Aspekte Inhalte
Erteilung Berechtigte:
• Inhaber eines Handelsgeschäfts oder gesetzlicher Vertreter
• Prokurist
Art der Erteilung:
ausdrücklich oder stillschweigend (konkludent) nach § 167 BGB
Adressat:
natürliche, nicht juristische Person
Eintragung ins Handelsregister:
nicht eintragungsfähig, da gesetzlich nicht vorgesehen
Umfang Grundsatz:
• Der Umfang liegt im Ermessen des Vollmachtgebers.
• Gesetzlicher Mindestinhalt gemäß §54 Abs. 1 HGB: Die Handlungs-
vollmacht erstreckt sich auf alle Geschäfte und Rechtshandlungen,
die der Betrieb eines derartigen Handelsgewerbes oder die Vornahme
derartiger Geschäfte gewöhnlich mit sich bringt.
Arten, Typen:
• General-Handlungsvollmacht: Sie umfasst alle zum Betrieb des Han-
delsgewerbes gehörenden Geschäfte, außer gesetzlichen Beschrän-
kungen.
• Art-Handlungsvollmacht: Sie umfasst nur eine bestimmte Art von Ge-
schäften.
• Spezial-Handlungsvollmacht: Sie umfasst einzelne spezielle Geschäf-
te.
Beschränkungen:
• Veräußerung und Belastung von Grundstücken, Wechselverbindlich-
keiten, Darlehen und Prozessführung (§ 54 Abs. 2 HGB)
• Rechtsgeschäftliche Beschränkungen, wenn sie Dritten bekannt sind
(§ 54 Abs. 3 HGB).
• Nach § 55 Abs. 2 und 3 HGB bevollmächtigt die Handlungsvollmacht
nicht, abgeschlossene Verträge zu ändern und insbesondere Zahlungs-
fristen zu gewähren. Zur Annahme von Zahlungen sind Handlungsbe-
vollmächtigte nur berechtigt, wenn sie dazu bevollmächtigt sind.
Sonderregelung für Außendienst: Die Vollmacht kann nach § 55 Abs.
4 HGB erweitert werden: Sie gelten als ermächtigt, die Anzeige von
Mängeln einer Ware, die Erklärung, dass eine Ware zur Verfügung
gestellt werde, sowie ähnliche Erklärungen, durch die ein Dritter seine
Rechte aus mangelhafter Leistung geltend macht oder sie vorbehält,
entgegenzunehmen. Sie können die dem Unternehmer zustehenden
Rechte auf Sicherung des Beweises geltend machen.
Erlöschen • Widerruf: Nach §§ 167 und 168 BGB kann die Vollmacht vom Voll-
machtgeber widerrufen werden.
• Beendigung des zugrunde liegenden Arbeitsverhältnisses
C C Kartelle und Fusionen

Kartelle und Fusionen

1. Kartelle
Kennzeichnung Ein Kartell ist der vertragliche Zusammenschluss von Unternehmen glei-
cher Produktions- oder Handelsstufe, die rechtlich selbstständig bleiben,
ihre wirtschaftliche Selbstständigkeit jedoch ganz oder zum Teil aufge-
ben, um daraus einen Wettbewerbsvorteil zu erzielen. Die am Kartell
beteiligten Unternehmen verpflichten sich in der Regel zu gemeinsamem
wirtschaftlichen Handeln und zur Zahlung von Vertragsstrafen, sofern
gegen Regelungen des Kartellvertrages verstoßen wird.
Aufgaben des Zu den Aufgaben des Bundeskartellamtes gehört neben Fusionskontrolle
Bundeskartell- und Missbrauchsaufsicht über die marktbeherrschenden Unterneh-
amts men die Durchsetzung des Kartellverbots, das seit 1958 in § 1 des Ge-
setzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) verankert ist. Für
grenzüberschreitende Kartelle ist das Kartellverbot im europäischen Kar-
tellrecht geregelt. Bundeskartellamt und Landeskartellbehörden können
grundsätzlich auch das europäische Kartellverbot anwenden.
Arten Unterschieden werden z. B. Preiskartelle, Gebietskartelle, die Verein-
barungen über festgelegte Absatzgebiete treffen, Quotenkartelle, Ra-
battkartelle, Rationalisierungskartelle oder Krisenkartelle, die dauer-
hafte oder vorübergehende Absatzrückgänge und deren wirtschaftliche
Schäden als Folge von Konjunktur- oder Strukturkrisen durch gemeinsa-
mes Vorgehen mildern wollen.
Nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (Kartellgesetz)
sind Kartelle grundsätzlich verboten. Allerdings nennt das Gesetz ver-
schiedene Ausnahmen. So können bestimmte Kartelle vom Bundeskar-
tellamt genehmigt werden wie die Erlaubniskartelle. Bei den Wider-
spruchskartellen muss die Kartellbehörde der Anmeldung des Kartells
widersprechen. Auch die legalisierten Kartelle unterliegen der Miss-
brauchsaufsicht. Wegen des Kartellverbots versuchen Unternehmen,
durch abgestimmtes Verhalten (Frühstückskartelle) den Wettbewerb zu
beschränken.
Ministererlaub- Der Bundesminister für Wirtschaft erteilt auf Antrag die Erlaubnis zu ei-
nis nach § 42 nem vom Bundeskartellamt untersagten Zusammenschluss, wenn im
GWB Einzelfall die Wettbewerbsbeschränkung von gesamtwirtschaftlichen
Vorteilen des Zusammenschlusses aufgewogen wird oder der Zusam-
menschluss durch ein überragendes Interesse der Allgemeinheit gerecht-
fertigt ist. Hierbei ist auch die Wettbewerbsfähigkeit der beteiligten Unter-
nehmen auf Märkten außerhalb des Geltungsbereichs des GWB zu be-
rücksichtigen. Die Erlaubnis darf nur erteilt werden, wenn durch das
Ausmaß der Wettbewerbsbeschränkung die marktwirtschaftliche Ord-
nung nicht gefährdet wird.

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019
W. Grundmann und R. Rathner, Bankwirtschaft, Rechnungswesen
und Steuerung, Wirtschafts- und Sozialkunde, Prüfungstraining für
Bankkaufleute, https://doi.org/10.1007/978-3-658-23965-7_26
334 Prüfungswissen Wirtschaftslehre

Auferlegung Das Hauptaugenmerk des Bundeskartellamtes bei der Kartellverfolgung


von Bußgeldern richtet sich auf die sog. Hardcore-Kartelle - schwerwiegende Wettbe-
werbsbeschränkungen, zu denen in erster Linie Preisabsprachen, Quo-
tenabsprachen und die Aufteilung von Märkten zwischen Wettbewerbern
zählen. Sie behindern die wirtschaftliche Betätigungsfreiheit von Unter-
nehmen und wirken sich für die Verbraucher grundsätzlich preistreibend
aus; sie sind deshalb in hohem Maße wirtschafts- und sozialschädlich.
Personen und Unternehmen, die an solchen gesetzlich verbotenen Kar-
tellen mitwirken, werden vom Bundeskartellamt regelmäßig mit hohen
Geldbußen belegt. Das Bußgeld gegen einzelne Personen kann bis zu 1
Mio. Euro betragen, gegen Unternehmen können darüber hinaus Geld-
bußen in einer Höhe von bis zu 10 % ihres letztjährigen Gesamtumsatzes
festgesetzt werden.
Beispiel für ein Wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen sind nach dem Gesetz
zulässiges gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) verboten. Vom Kartellverbot
Kartell grundsätzlich freigestellt sind Vereinbarungen von Unternehmen zur För-
derung des technischen oder wirtschaftlichen Fortschritts, sofern die Ver-
braucher angemessen beteiligt werden und der Wettbewerb nicht ausge-
schaltet wird.

2. Fusionen
Unternehmenszusammenschlüsse sind die Verschmelzung bisher selbstständiger Unterneh-
men zu einem rechtlich und wirtschaftlich einheitlichen Unternehmen. Dies kann durch Über-
nahme (ein Unternehmen übernimmt Vermögen und Schulden eines weiteren Unternehmens)
oder Neubildung (Vermögen und Schulden der fusionierenden Unternehmen werden in ein
neues Unternehmen eingebracht) geschehen. Da Fusionen zu wettbewerbspolitisch bedenkli-
chen marktbeherrschenden Stellungen führen können, unterliegen alle Fusionen ab einer
bestimmten Größe der Fusionskontrolle durch das Bundeskartellamt.
Ministererlaubnis
Nach § 42 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkung (GwB) erteilt der Bundeswirt-
schaftsminister auf Antrag die Erlaubnis zu einem vom Bundeskartellamt untersagten Zu-
sammenschluss, wenn im Einzelfall die Wettbewerbsbeschränkung von gesamtwirtschaftli-
chen Vorteilen des Zusammenschlusses aufgehoben wird oder der Zusammenschluss durch
ein überragendes Interesse der Allgemeinheit gerechtfertigt ist.
Beispiel
Folgende Fusion wurde durch das Kartellamt genehmigt:
… Das Medienunternehmen Berliner Presse AG erwirbt über ihre 100-prozentige Tochterge-
sellschaft, die Media Zeitschriften GmbH, sämtliche Anteile an dem Verlag Potsdamer Druck
GmbH, der anschließend im Handelsregister gelöscht wird. Veräußerin ist die Verlagsgesell-
schaft new media mbH. …
C. Kartelle und Fusionen 335

3. Missbrauchsaufsicht
Kennzeichnung Die Missbrauchsaufsicht über die marktbeherrschende Stellung von
Unternehmen wird in § 19 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschrän-
kungen (GWB) geregelt. Danach ist die missbräuchliche Ausnutzung
einer marktbeherrschenden Stellung durch ein oder mehrere Unter-
nehmen verboten.
Unternehmen Der Unternehmensbegriff ist sehr weit zu verstehen. Er umfasst grund-
sätzlich jede, eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einheit, unab-
hängig von ihrer Rechtsform und der Art ihrer Finanzierung.
Relevanter Markt Die kartellrechtliche Missbrauchsaufsicht erfordert die „marktbeherr-
schende Stellung“ eines Unternehmens. Eine marktbeherrschende
Stellung gibt es nur auf einem zuvor individuell ermittelten „relevanten“
Markt, auf dem das Unternehmen über eine besondere Position verfügt.
Der relevante Markt des Unternehmens wird grundsätzlich in sachlicher
und räumlicher Hinsicht bestimmt und abgegrenzt.
Ein einheitlicher sachlicher Markt liegt vor, wenn die auf ihm angebo-
tenen Produkte funktionell austauschbar sind. Funktionelle Austausch-
barkeit wiederum ist dann anzunehmen, wenn aus Sicht der Marktge-
genseite des Unternehmens (z. B. Verbraucher) zwischen den Produk-
ten kein wesentlicher Unterschied besteht, so dass das Produkt ohne
Umstände gegen das Produkt eines anderen Unternehmens ausge-
tauscht werden kann.
Der räumlich relevante Markt bezeichnet das Gebiet, in dem sich die
objektiven Wettbewerbsbedingungen für das betreffende Produkt für
alle Unternehmen gleichen. Dabei sind insbesondere hohe Transport-
kosten, leichte Verderblichkeit, Sprachbarrieren sowie unterschiedliche
Normungen und technische Spezifizierungen wichtige Kriterien.
Marktbeherr- Hat man den relevanten Markt ermittelt, muss in einem weiteren Schritt
schende Stellung geprüft werden, ob das Unternehmen auf diesem Markt eine marktbe-
herrschende Stellung innehat. Eine marktbeherrschende Stellung liegt
vor, wenn das Unternehmen über eine wirtschaftliche Machtstellung ver-
fügt, die es auf dem relevanten Markt in die Lage versetzt, sich in nen-
nenswertem Umfang unabhängig von seinen Wettbewerbern, seinen
Abnehmern und/oder letztlich von den Verbrauchern zu verhalten. Zum
Nachweis der marktbeherrschenden Stellung wird in der Praxis auf die
Markt- und Unternehmensstruktur sowie auf das Marktverhalten des Un-
ternehmens abgestellt. Wichtige Kriterien sind dabei insbesondere der
Marktanteil des Unternehmens, die Marktzutrittsmöglichkeiten für andere
Unternehmen sowie der Zugang zu Absatz- und Beschaffungsmärkten.
Im deutschen Kartellrecht wird bei einem Marktanteil von einem Drittel die
marktbeherrschende Stellung eines Unternehmens vermutet.
336 Prüfungswissen Wirtschaftslehre

Missbräuchliche Von einer missbräuchlichen Ausnutzung spricht man, wenn das Unter-
Ausnutzung nehmen die Aufrechterhaltung des auf dem Markt noch bestehenden
restlichen Wettbewerbs oder dessen Entwicklung durch die Verwen-
dung von Mitteln verhindert, die regelmäßig von den Mitteln eines nor-
malen Produkt- oder Dienstleistungswettbewerbs abweichen. Beim
„Ausbeutungsmissbrauch“ wird die Marktgegenseite (z. B. Verbraucher)
durch das marktbeherrschende Unternehmen ausgebeutet, beim „Be-
hinderungsmissbrauch“ werden die Wettbewerbsmöglichkeiten der
Wettbewerber des marktbeherrschenden Unternehmens behindert. Ein
missbräuchliches Verhalten können insbesondere Kampfpreise, Aus-
schließlichkeitsvereinbarungen, Kundenbindungs- und Rabattsysteme,
Geschäftsverweigerungen sowie die Versagung des Netzzuganges z.
B. bei der Energieversorgung und der Telekommunikation darstellen.
D D

Steuern
Steuern

1. Lohnsteuernachweis
Lohnsteuer- Die Höhe der zu zahlenden Einkommensteuer kann erst am Jahresende
vorauszahlung endgültig festgesetzt werden. Der Arbeitgeber behält die Lohnsteuer vom
Arbeitslohn ein und zahlt sie an das Finanzamt. Diese Lohnsteuer ist eine
Vorauszahlung auf die Einkommensteuerschuld des Arbeitnehmers.
Damit der Arbeitnehmer nur eine angemessene Lohnsteuer zahlt, gibt es
die elektronische Lohnsteuerkarte (Lohnsteuernachweis), auf der das Fi-
nanzamt persönliche und für den Lohnsteuerabzug benötigte Daten des
Arbeitnehmers eingetragen hat:
• Steuerklasse I bis VI
• Geburtsdatum
• Steuer-Identifikationsnummer
• Religionszugehörigkeit
• Kinderfreibetrag bei den Steuerklassen I bis IV
• Pauschbetrag für Behinderte
• Pauschbetrag für Hinterbliebene
Freibeträge Je nach Steuerklasse werden auch ohne Eintragung in die elektronische
und Pauschbe- Lohnsteuerkarte beim Lohnsteuerabzug Frei- und Pauschbeträge automa-
träge tisch berücksichtigt:
• Grundfreibetrag 2018: 9.000,00 /18.000,00 EUR Ledige/Verheiratete
• Vorsorgepauschale
• Arbeitnehmer-Pauschbetrag 1.000,00 EUR
• Sonderausgaben-Pauschbetrag 36,00 /72,00 EUR Ledige/Verheiratete
• Entlastungsbetrag für Alleinerziehende (Steuerklasse II) 1.908,00 EUR
Ferner kann sich der Steuerpflichtige vom Finanzamt einen Freibetrag auf
der elektronischen Lohnsteuerkarte eintragen lassen, z. B. für hohe Wer-
bungskosten oder einen Verlust aus der Vermietung einer Wohnung.
Zuständigkei- Die Finanzämter sind für die Änderung der Lohnsteuerabzugsmerkmale
ten bei Ände- (zum Beispiel Steuerklassenwechsel, Eintragung von Kinderfreibeträgen
rungen der und anderen Freibeträgen) zuständig. Die Finanzämter haben bei der
elektronischen Änderung der Lohnsteuerabzugsmerkmale folgende Zuständigkeiten:
Lohnsteuer- • Steuerklassenänderungen, z. B.:
karte o Eintragung der Steuerklasse 2 (zum Beispiel nach Geburt ei-
nes Kindes bei Alleinstehenden)
o Eintragung einer ungünstigeren Steuerklasse, zum Beispiel
Steuerklasse 1 statt 3 oder 4
o Steuerklassenwechsel zwischen 3/5 und 4/4
• Änderungen nach einer Trennung der Ehegatten beziehungsweise Än-
derungen nach Beendigung der Trennung
• Eintragung von Kinderfreibeträgen

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019
W. Grundmann und R. Rathner, Bankwirtschaft, Rechnungswesen
und Steuerung, Wirtschafts- und Sozialkunde, Prüfungstraining für
Bankkaufleute, https://doi.org/10.1007/978-3-658-23965-7_27
338 Prüfungswissen Wirtschaftslehre

• Änderungen nach Heirat (solange die ELStAM noch nicht durch den
Arbeitgeber abgerufen worden ist)
• Berichtigung unrichtiger Lohnsteuerabzugsmerkmale
Melderechtliche und standesamtliche Änderungen
Anschriftenänderungen und standesamtliche Veränderungen wie zum
Beispiel Kirchenein- oder Kirchenaustritt, Eheschließung und Geburt,
Adoption oder Tod werden nach wie vor von den Bürgerbüros der Städte
und Gemeinden verwaltet.
Von den Stadt- oder Gemeindeverwaltungen erfolgt eine direkte Datenwei-
tergabe an die Finanzverwaltung zur Änderung der persönlichen Lohn-
steuerabzugsmerkmale. Dabei wird im Falle der Eheschließung die Steu-
erklasse 4/4 unterstellt. Der zusätzliche Weg zum Finanzamt wird nur dann
erforderlich, wenn eine andere Steuerklassenwahl (etwa von 4/4 auf 3/5)
oder die Übertragung eines Kinderfreibetrages gewünscht ist.
Lohnsteuer- Die Lohnsteuerklassen oder Klassenkombinationen können jeder-
klassenwech- zeit gewechselt werden. Generell ist eine Änderung pro Jahr zulässig.
sel bis zum 30. Ausnahmen werden gemacht bei Geburt, Tod des Partners, Eheschlie-
November ßung, Arbeitslosigkeit und Beendigung der Arbeitslosigkeit. Hier sind häu-
figere Wechsel möglich.
ELStAM Seit 2012 gibt es das elektronische Verfahren ElsterLohn II. Die Daten für
den Lohnsteuerabzug heißen Elektronische LohnSteuerAbzugsMerkmale
(ELStAM). Diese Lohnsteuerdaten werden in einer Datenbank der Finanz-
verwaltung dem Arbeitgeber zum elektronischen Abruf bereitgestellt.

2. Einkunftsarten
Es lassen sich sieben Einkunftsarten unterscheiden:
(1) Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft,
(2) Einkünfte aus Gewerbebetrieb,
(3) Einkünfte aus selbstständiger Arbeit,
(4) Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit,
(5) Einkünfte aus Kapitalvermögen,
(6) Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung,
(7) sonstige Einkünfte im § 22 EStG.
Damit überhaupt eine wirtschaftliche Tätigkeit in eine der Einkunftsarten eingeordnet wird und
eine steuerliche Relevanz hervorruft, muss diese mit der Absicht betrieben werden, zumindest
langfristig Überschüsse oder Gewinn zu erzielen. Dadurch erklärt sich auch, dass z. B. ein
Lottogewinn nicht einkommensteuerpflichtig ist. Wohl sind aber die Zinsen, die aus der Geld-
anlage eines Lottogewinns in einer späteren Periode ausgezahlt werden, steuerpflichtig. Die
Einkunftsarten 1 bis 3 werden als Gewinneinkunftsarten bezeichnet, weil die Ausgangsgröße
für die Ermittlung der Einkünfte der Gewinn darstellt. Die Einkunftsarten 4 bis 7 sind die Über-
schusseinkunftsarten, da hier die Ausgangsgröße für die Einkunftsermittlung als Überschuss
der Einnahmen über die Werbungskosten ermittelt wird.
D. Steuern 339

Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit


Zu den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit gehören:
• Gehälter,
• Löhne,
• Gratifikationen,
• Tantiemen, aber auch andere
• Bezüge und Vorteile,
die ein Arbeitnehmer im Rahmen seines Beschäftigungsverhältnisses erhält. Hierzu gehören
insbesondere Sachbezüge wie Mahlzeiten oder Waren. Auch das Urlaubsgeld, das Weih-
nachtsgeld sowie die vermögenswirksamen Leistungen zählen zu den Einkünften aus unselbst-
ständiger Arbeit und sind lohnsteuerpflichtig. Eine nichtselbstständige Arbeit liegt vor, wenn der
Steuerpflichtige in einem Beschäftigungsverhältnis (Arbeitsvertrag) steht und gegenüber seinem
Arbeitgeber weisungsgebunden ist. Mit seinen Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit unter-
liegt der Arbeitnehmer der Lohnsteuer. Diese Steuer wird bereits vom Arbeitgeber einbehalten
und direkt an das Finanzamt abgeführt. Erst im Rahmen der jährlichen Einkommensteuererklä-
rung kann der Arbeitnehmer die bereits gezahlte Lohnsteuer zum Teil zurückerhalten, wenn er
zum Beispiel Werbungskosten, Sonderausgaben sowie außergewöhnliche Belastungen nach-
weist oder er im Rahmen anderer Einkunftsarten Verluste erzielt hat.

3. Werbungskosten
Werbungskosten sind alle Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Ein-
nahmen, z. B. Aufwendungen eines Arbeitnehmers, die durch seinen Beruf veranlasst sind.
Grundsätzlich müssen im Rahmen der Überschusseinkünfte die Werbungskosten einzeln
nachgewiesen oder zumindest glaubhaft gemacht werden. Damit nicht wegen geringfügiger
Beträge ein Nachweis geführt werden muss, regelt der § 9a EStG zur Vereinfachung des
Besteuerungsverfahrens Werbungskosten-Pauschbeträge, zurzeit 1.000,00 EUR, die ohne
jeglichen Kostennachweis berücksichtigt werden.
Wesentliche Arten von Werbungskosten
Entfernungspauschale
Viele Arbeitnehmer müssen täglich den Weg von zu Hause zur Arbeitsstätte zurücklegen. Für
diesen Weg gewährt das Finanzamt eine verkehrsmittelunabhängige Entfernungspauschale
von 0,30 EUR/Kilometer.
Als Werbungskosten absetzbar sind x Arbeitstage multipliziert mit x Entfernungskilometern
multipliziert mit 0,30 EUR pro Kilometer
Beispiel:
230 Arbeitstage
Einfache Entfernung zum Arbeitsplatz: 16 km
230 x 16 x 0,30 EUR = 1.104 EUR sind absetzbar.
Fährt der Steuerpflichtige mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Arbeit, kann er statt der Entfer-
nungspauschale die höheren tatsächlichen Fahrtkosten ansetzen.
Arbeitskleidung
Abzugsfähig sind die tatsächlich nachgewiesenen Ausgaben für die Anschaffung typischer Be-
rufskleidung, z. B. Arbeits- und Laborkittel bei Ingenieuren oder Arbeitskleidung bei Handwer-
kern.
340 Prüfungswissen Wirtschaftslehre

Beiträge an Berufsverbände
Die Beiträge zu Berufsverbänden, z. B. Gewerkschaften, sind Werbungskosten. Zu den ab-
zugsfähigen Kosten gehören z. B. die Pflichtbeiträge von Mitgliedern, freiwillige Beiträge und
Aufnahmegelder sowie Zahlungen für konkrete Leistungen des Berufsverbandes, z. B. die
Rechtsberatung.
Berufshaftpflicht
Die Versicherungsbeiträge zu einer Berufshaftpflichtversicherung sind in voller Höhe als Wer-
bungskosten abzugsfähig.

4. Sonderausgaben
Bestimmte Ausgaben können bei der Einkommensteuer als Sonderausgaben vom Gesamtbe-
trag der Einkünfte abgezogen werden, wenn sie weder Betriebsausgaben noch Werbungs-
kosten sind. Sonderausgaben sind entweder
• unbeschränkt (z. B. gezahlte Kirchensteuer) oder
• im Rahmen von gestaffelten Höchstbeträgen beschränkt (Vorsorgeaufwendungen als Ver-
sicherungsbeiträge mit Vorsorgecharakter) oder
• bis zu einem festen Höchstbetrag (z. B. Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung,
Aufwendungen für die zusätzliche Altersvorsorge)
abziehbar.
Die Sonderausgaben unterteilen sich in zwei Bereiche:
Vorsorgeaufwendungen
Als Vorsorgeaufwendungen abzugsfähig sind Beiträge zu bestimmten Versicherungen.
• Diese werden unterteilt in Altersvorsorgeaufwendungen. Dazu gehören in erster Linie die
Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung oder zu einer privaten Rürup-Rente.
• Sonstige Vorsorgeaufwendungen sind Beiträge zur Basis-Kranken- und Pflegepflichtversi-
cherung sowie Beiträge zur Haftpflicht-, Unfall- und bestimmten Lebensversicherungen.
• Altersvorsorgeaufwendungen und viele sonstige Vorsorgeaufwendungen sind nur begrenzt
abziehbar.
• Die Einzahlungen in einen Riester-Vertrag sind steuerlich gesehen keine Vorsorgeaufwen-
dungen und deshalb zusätzlich zu den Vorsorgeaufwendungen als Sonderausgaben ab-
zugsfähig, soweit dies günstiger ist als die staatlichen Zulagen (2.100,00 EUR maximal
jährlich als Sonderausgaben).
Andere Sonderausgaben
Hierzu zählen Unterhaltsleistungen an den geschiednen Ehepartner (Realsplitting), gezahlte
Kirchensteuern, Kosten für die Berufsausbildung, Spenden und Mitgliedsbeiträge, Kinderbe-
treuungskosten, Schulgeld an Privatschulen, negative Einkünfte (Verluste).
Pauschbetrag
Werden keine höheren unbeschränkt abziehbaren Sonderausgaben nachgewiesen, so wird
für diese ein Pauschbetrag von 36 EUR/72 EUR (Alleinstehende/Verheiratete) abgezogen
(Sonderausgaben-Pauschbetrag).
Spenden
Spenden sind steuerlich absetzbar, wenn sie
• freiwillig und ohne Gegenleistung
• für steuerbegünstigte Zwecke
D. Steuern 341

• an steuerbegünstigte Organisationen geleistet und


mit einer Zuwendungsbestätigung nachgewiesen werden.
Spenden sind nur begrenzt als Sonderausgaben absetzbar.
Neben dem normalen Spendenabzug werden steuerlich bevorzugt Spenden an Stiftungen
und Spenden an politische Parteien und Wählervereinigungen.
Normaler Spendenabzug: Spenden und Mitgliedsbeiträge sind bis zu 20 % des Ge-
samtbetrags der Einkünfte als Sonderausgaben abzugsfähig.
Spenden an Parteien: Die Spenden und Mitgliedsbeiträge an politische Parteien wer-
den bis zu 1.650 EUR bei Alleinstehenden und 3.300 EUR bei Verheirateten zur Hälf-
te direkt von der Steuerschuld abgezogen. Die Steuerersparnis beträgt also bis zu 825
EUR/1.650 EUR. Zuwendungen über 1.650 EUR/3.300 EUR hinaus sind bis zu weite-
ren 1.650 EUR/3.300 EUR als Sonderausgaben abzugsfähig. Somit sind Zuwendun-
gen an politische Parteien insgesamt bis zu einer Höhe von 3.300 EUR/6.600 EUR
steuerbegünstigt.

5. Außergewöhnliche Belastungen
Normalerweise bleiben private Ausgaben steuerlich unberücksichtigt. Besondere Situationen
können aber zu außergewöhnlichen Belastungen führen, die steuermindernd berücksichtigt
werden können. Der Gesetzgeber unterscheidet außergewöhnliche Belastungen besonderer
Art, die ausdrücklich im Einkommensteuergesetz definiert sind. Außergewöhnliche Belastungen
allgemeiner Art sind einzeln nachzuweisen und nicht im Einkommensteuergesetz genannt.
Gesetzliche definierte Fälle
1. Außergewöhnliche Belastungen besonderer Art sind der Höhe nach beschränkt durch
Pausch- oder Höchstbeträge.
• Mit dem Behinderten-Pauschbetrag vom maximal 3.700 EUR sind typische behinderungs-
bedingte Kosten abgegolten.
• Der Pflege-Pauschbetrag steht einem Steuerpflichtigen zu, wenn er einen hilflosen Ange-
hörigen zumindest teilweise persönlich und unentgeltlich pflegt.
• Mit dem Unterhaltshöchstbetrag überträgt der Staat den Grundfreibetrag eines Unterhalts-
berechtigten bedürftigen Angehörigen ganz oder teilweise auf den Steuerzahler, wenn der
Steuerzahler für den normalen Lebensbedarf des Angehörigen aufkommen muss.
2. Außergewöhnliche Belastungen allgemeiner Art liegen nur vor, wenn die Ausgaben
• außergewöhnlich sind,
• zwangsläufig entstehen,
• notwendig und angemessen sind sowie
• eine finanzielle Belastung für den Steuerzahler darstellen.
So kann ein unabwendbares Ereignis, z. B. Krankheit, Katastrophenschaden am eigenen
Haus oder dem Hausrat als außergewöhnliche Belastung steuerlich geltend gemacht werden.
Das Finanzamt erkennt nur Ausgaben an, die notwendig und angemessen sind. So sind Un-
terhaltszahlungen nur notwendig, wenn der Unterstützte bedürftig ist. Von der Summe der
geltend gemachten außergewöhnlichen Belastungen allgemeiner Art zieht das Finanzamt
automatisch die sog. zumutbare Belastung ab, die der Steuerzahler selbst zu tragen hat.
342 Prüfungswissen Wirtschaftslehre

6. Steuerklassen
Allgemeines Für die Durchführung des Lohnsteuerabzugs werden unbeschränkt
einkommensteuerpflichtige Arbeitnehmer Lohnsteuerklassen zuge-
wiesen. Ehepartner können zwischen einzelnen Lohnsteuerklassen
wählen.
Lohnsteuerklasse I In die Steuerklasse I gehören Arbeitnehmer, die ledig, verheiratet,
verwitwet oder geschieden sind und bei denen die Voraussetzungen
für die Steuerklasse III oder IV nicht erfüllt sind.
Lohnsteuerklasse II Hierzu gehören die Arbeitnehmer, die ledig, verheiratet, verwitwet
oder geschieden sind, wenn bei ihnen der Haushaltsfreibetrag zu
berücksichtigen ist.
Lohnsteuerklasse III In diese Steuerklasse gehören Arbeitnehmer
• die verheiratet sind, wenn beide Ehegatten unbeschränkt einkom-
mensteuerpflichtig sind und nicht dauernd getrennt leben und der
Ehegatte des Arbeitnehmers keinen Arbeitslohn bezieht oder der
Ehegatte des Arbeitnehmers auf Antrag beider Ehegatten in die
Steuerklasse V eingereiht wird,
• die verwitwet sind, wenn sie und ihr verstorbener Ehegatte im Zeit-
punkt seines Todes unbeschränkt einkommensteuerpflichtig waren
und in diesem Zeitpunkt nicht dauernd getrennt gelebt haben. Dies
gilt für das Kalenderjahr, in dem der Ehegatte verstorben ist.
Lohnsteuerklasse IV In die Steuerklasse IV gehören Arbeitnehmer, die verheiratet sind,
wenn beide Ehegatten unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind
und nicht dauernd getrennt leben und der Ehegatte ebenfalls Arbeits-
lohn bezieht.
Durch das optionale Faktorverfahren kann auf Antrag beider Ehegat-
ten ein genauerer Steuerabzug erfolgen, wenn die Einkommen beider
Ehegatten unterschiedlich hoch sind.
Lohnsteuerklasse V Diese ist einzutragen, wenn beide Ehepartner berufstätig sind und
einer von beiden die Steuerklasse III gewählt hat.
Lohnsteuerklasse VI Diese gilt bei Arbeitnehmern, die nebeneinander von mehreren Ar-
beitgebern Arbeitslohn beziehen.
Steuerklassen- Bis zum 30.11. eines Jahres können Ehegatten einmal im Jahr bei
wechsel dem Finanzamt einen Steuerklassenwechsel vornehmen lassen.
Gnadensplitting Das Gnadensplitting (§ 32a EStG), auch Witwensplitting genannt, ist
eine besondere Ausprägung der Einzelveranlagung. Verwitwete Steu-
erpflichtige werden in dem Jahr, das auf das Jahr folgt, in dem der
Ehegatte verstorben ist, nach der Splittingtabelle veranlagt. In dem
Jahr, in dem der Ehegatte verstorben ist, sind die Voraussetzungen
des Ehegattensplittings ohnehin erfüllt. Das Gnadensplitting bewirkt,
dass auch im Jahr nach dem der Ehegatte verstorben ist, der niedri-
gere Steuertarif der Zusammenveranlagung zur Anwendung kommt.
D. Steuern 343

7. Steuerarten – Finanzausgleich
Verteilung der Steuern auf die Gebietskörperschaften
Steuern sind Zwangsabgaben, die vom Staat ohne direkte Gegenleistung vom Steuerpflichti-
gen erhoben werden.
Der vertikale Finanzausgleich ist im Grundgesetz Artikel 106 geregelt:
Verbrauchsteuern stehen dem Bund zu. Das Aufkommen der Einkommensteuer, der Körper-
schaftsteuer und der Umsatzsteuer steht dem Bund und den Ländern gemeinsam zu (Gemein-
schaftssteuern), soweit das Aufkommen der Einkommensteuer nicht den Gemeinden zugewie-
sen wird. Das Aufkommen der Grundsteuer und Gewerbesteuer steht den Gemeinden, das Auf-
kommen der örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern steht ebenfalls den Gemeinden zu. Den
Gemeinden ist das Recht einzuräumen, die Hebesätze der Grund- und Gewerbesteuer im Rah-
men der Gesetze festzusetzen. Bund und Länder können durch eine Umlage an dem Aufkom-
men der Gewerbesteuer beteiligt werden.
Gewinn- und Ein- Besteuerung Verbrauchsbesteuerung Verkehrsteuer
kommensteuer des Besitzes
Körperschaftsteuer Gewerbesteuer Biersteuer Grunderwerbsteuer
Einkommensteuer Grundsteuer Mineralölsteuer
Hundesteuer Tabaksteuer
E E

Marketing
Marketing

1. Marketingmaßnahmen
Produktpolitik Sie befasst sich mit einer Auswahl der am Markt anzubietenden
Bankleistungen. Das Sortiment ist die Gesamtheit aller Produkte.
Preis- und Sie befasst sich mit allen vertraglichen Vereinbarungen über die
Konditionenpolitik Kosten des Bankleistungsangebots.
Distributionspolitik Dabei geht es darum, Bankleistungen am richtigen Ort und zur rech-
ten Zeit anzubieten.
Kommunikationspo- Ziel ist es, die Öffentlichkeit über Bankleistungen so zu informieren,
litik dass im Bewusstsein der Bevölkerung ein positives Bild von der
Leistungsfähigkeit des jeweiligen Kreditinstituts geschaffen wird.

2. Marktforschung
Unter Marktforschung wird verstanden:
• die systematische Sammlung, Aufarbeitung, Analyse und Interpretation von Daten über
Märkte und Marktbeeinflussungsmöglichkeiten zum Zweck der Informationsgewinnung für
Marketing-Entscheidungen oder
• der komplette Prozess der Lösung marktbezogener betriebswirtschaftlicher Probleme
durch Analyse von Informationen über den entsprechenden Markt, seine relevanten Teil-
nehmer und ihre Einstellungen oder
• ein kontinuierlicher und systematischer Prozess, der das Marktgeschehen sowie das Un-
ternehmensumfeld beobachtet, um Informationen zu gewinnen und zu analysieren. Dies
erfolgt zum Zwecke der Findung oder Absicherung von Marketing-Entscheidungen.
Marktanalyse
Die Marktanalyse ist Teilgebiet des Marketings. Sie wird auch als Marktforschung und
Marktinformationsbeschaffung bezeichnet. Die Marktanalyse ist der grundlegende Baustein
eines Marketingkonzeptes, aus dem anschließend strategische und operative Ziele und Maß-
nahmen abgeleitet werden.
Die Marktanalyse ist im Gegensatz zur Marktbeobachtung nur eine punktuelle Darstellung der
Marktsituation. Hierbei werden nur die Daten erhoben, die gerade aktuell sind und so für Ent-
scheidungen herangezogen werden können. Die Marktbeobachtung liefert umfassendere
Informationen, da sie einen Zeitraum betrachtet.
Beispiel einer Marktanalyse:
Die Nordbank AG will im März 2019 in Kiel durch eine Marktanalyse die Konkurrenzsituation
bei der Finanzierung von Bauvorhaben unter den ortsansässigen Kreditinstituten ermitteln.
Die Marktanalyse liefert der Nordbank AG Informationen über die prozentualen Marktanteile
der einzelnen konkurrierenden Kreditinstitute bei Kreditvergaben zu einem bestimmten Zeit-
punkt (März 2019).

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019
W. Grundmann und R. Rathner, Bankwirtschaft, Rechnungswesen
und Steuerung, Wirtschafts- und Sozialkunde, Prüfungstraining für
Bankkaufleute, https://doi.org/10.1007/978-3-658-23965-7_28
346 Prüfungswissen Wirtschaftslehre

Marktbeobachtung
Sie ist Teil der Marktforschung: Die Marktentwicklung bzw. die Stellung einzelner Unterneh-
mungen und Wirtschaftsgruppen auf den Beschaffungs- und Absatzmärkten wird beobachtet
sowie ihre konjunkturellen Entwicklungsmöglichkeiten durch Auswertung der verschiedenen
Statistiken, z. B. der Branchenstatistik, abgeschätzt. Wichtige Instrumente der Marktbeobach-
tung sind auch die verschiedenen Untersuchungen der Marktforschungsinstitute.
Die Marktbeobachtung arbeitet langfristiger als die Marktanalyse. Ziel ist es, aktuelle und um-
fangreiche Informationen über den betreffenden Markt zu erhalten.

3. Marketingbegriffe
Cross-Selling Cross-Selling bedeutet „über Kreuz verkaufen“. Es ist die Ausschöpfung
vorhandener Kundenbeziehungen für weitere Produktkäufe oder für die
Nutzung von weiteren Dienstleistungen eines Unternehmens durch zusätz-
liche Angebote. Im Sinne der Vertriebseffizienz ist eine hohe Cross-Selling-
Quote anzustreben, d. h. es soll eine hohe Produkt- bzw. Vertragszahl pro
Kunde beim jeweiligen Anbieter erreicht werden. Erfolgreiche Cross-
Selling-Aktivitäten können helfen, nicht kostendeckende Preise im Men-
gengeschäft der Banken zu kompensieren. Erfolgreiche Cross-Selling-
Aktivitäten erhöhen die Kundenbindung an das eigene Kreditinstitut.
Demoskopie Die Meinungsforschung (Demoskopie) dient der Ermittlung von Meinun-
gen, das heißt von Einsichten, Einstellungen, Stimmungen oder Wün-
schen der Bevölkerung. Für die Meinungsforschung werden durch Befra-
gungen auf der Basis eines repräsentativen Querschnitts der zu untersu-
chenden Grundgesamtheit Primärdaten gesammelt und anschließend
interpretiert. Die Befragung kann entweder persönlich, telefonisch, schrift-
lich oder durch einen Online-Fragebogen erfolgen.
Marketing-Mix Es ist die Kombination der vier Marketing-Aktionsinstrumente Preis-, Distri-
butions-, Kommunikations- und Produktpolitik, um Präferenzen zugunsten
des jeweiligen Angebotes bzw. Anbieters zu schaffen. Zum Teil wird auch
die Marktforschung als Informationsinstrument zum Marketing-Mix gezählt.
Marktanteil Darunter versteht man den absoluten Anteil der Absatzleistung eines
Kreditinstituts am Marktvolumen.
Marktdurch- Marktdurchdringung oder Penetration bezeichnet den Grad der Verbrei-
dringung tung und Bekanntheit innerhalb eines Marktes oder einer Verbraucher-
gruppe. Die Verbreitung kann sich sowohl auf Informationen (Werbung)
als auch auf Produkte beziehen. Die Marktdurchdringung wird vor allem
durch die Ansprache von Käufergruppen, die Wahl der Vertriebswege
und das Marketing-Mix gesteigert.
Marktpotenzial Unter Marktpotenzial versteht man die Gesamtheit der möglichen Ab-
satzmenge, z. B. einer Bankdienstleistung auf einem bestimmten Markt.
Marktvolumen Man versteht darunter die realisierte Menge (Absatz) bzw. Umsatz einer
Produktgruppe oder Branche auf einem definierten Markt in der betrach-
teten Planperiode. I. d. R. ist das Marktvolumen nur ein Teil des Marktpo-
tenzials. Marktvolumen ist notwendig zur Berechnung des Marktanteils.
E. Marketing 347

Primärfor- Gewinnung neuer, originärer Daten (field research)


schung Informationsbeschaffung
• durch schriftliche und telefonische Anfragen bei Herstellern,
• durch Messebesuche,
• durch Lieferantenbefragung,
• durch Einkaufsreisen
Sekundär- Erschließung bereits vorhandener Daten (desk research)
forschung Informationsbeschaffung
• durch Statistiken aller Art,
• durch Geschäftsberichte,
• durch Fachzeitschriften,
• durch Internet
Vertriebsarten Es lassen sich verschiedene Vertriebswege unterscheiden:
• Stationärer Vertrieb, z. B. Bankdienstleistungen, die in den Filialen
angeboten werden
• Mobiler Vertrieb, z. B. Verkauf von Produkten und Dienstleistungen
durch Außendienstmitarbeiter
• Medialer Vertrieb, z. B. Verkauf von Bankprodukten im Internet
• Technischer Vertrieb, z. B. das Verkaufen von erklärungsbedürftigen
Produkten und Dienstleistungen durch Techniker und Ingenieure
F F Wirtschaftsordnungen

Wirtschaftsordnungen
Modelltypen - Freie Marktwirtschaft
- Soziale Marktwirtschaft
- Zentralverwaltungswirtschaft
Freie Marktwirtschaft Die freie Marktwirtschaft gewährt jedem Einzelnen volle Selbstver-
antwortung und wirtschaftliche Entscheidungs- und Handlungsfrei-
heit. Der Staat hat lediglich die Aufgabe, Schutz, Sicherheit und
Eigentum der Bürger zu gewährleisten, ein Zahlungsmittel bereit-
zustellen sowie das Rechtssystem zu erhalten (»Nachtwächter-
staat«).
Der Staat enthält sich ansonsten der wirtschaftlichen Einflussnah-
me und überlässt die Steuerung der Wirtschaft allein dem Markt, d.
h. dem Gesetz von Angebot und Nachfrage. Kennzeichen der
freien Marktwirtschaft sind z. B. Privateigentum an den Produkti-
onsmitteln, freier Wettbewerb, freie Preisbildung, Gewerbefreiheit
und Konsumfreiheit.
In der Praxis gibt es die reine Form der freien Marktwirtschaft nicht.
Durch die Wirtschaftsprozesse selbst stellen sich bestimmte
Gleichgewichte ein.
Im Modell der freien Marktwirtschaft ist die Freiheit des Einzelnen
oberster Grundsatz. Die Ansprüche der Gesellschaft treten dem-
gegenüber in den Hintergrund. Damit der Einzelne sich im Wirt-
schaftsleben weitgehend uneingeschränkt entfalten kann, muss
eine Reihe von Voraussetzungen erfüllt sein.
a) Vertragsfreiheit
Sie beinhaltet das Recht des Einzelnen, seine Beziehungen zu
anderen durch freie Vereinbarungen zu ordnen. Hierbei sind die
Wirtschaftssubjekte keinerlei staatlichen Beschränkungen unter-
worfen. Sie können Verträge beliebiger Art und jedweden Inhalts
abschließen (Vertragseingehungs- und -gestaltungsfreiheit). Die
Gefahr einer so weitgehenden Vertragsfreiheit besteht darin, dass
sie der wirtschaftlich Stärkere zum Nachteil des sozial Schwäche-
ren missbrauchen kann, beispielsweise beim Abschluss von Ar-
beitsverträgen.
b) Freie wirtschaftliche Betätigung
Die Arbeitnehmer sind frei in der Wahl ihres Berufes und in der
Wahl ihres Arbeitsplatzes.
Die Unternehmer haben umfassende Freiheitsrechte, so u. a. das
Recht,
• ohne staatliche Beschränkungen einen Gewerbebetrieb grün-
den zu können (Gewerbefreiheit),

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W. Grundmann und R. Rathner, Bankwirtschaft, Rechnungswesen
und Steuerung, Wirtschafts- und Sozialkunde, Prüfungstraining für
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350 Prüfungswissen Wirtschaftslehre

• sich an jedem beliebigen Standort niederlassen zu können


(Niederlassungsfreiheit),
• in jedem beliebigen Umfang Kapital gewinnbringend im Wirt-
schaftsprozess einzusetzen (Investitionsfreiheit),
• in jedem beliebigen Markt wirtschaftlich tätig zu werden (freier
Zugang zu den Märkten),
• nach Belieben Waren zu importieren oder zu exportieren
(Freihandel).
Die Konsumenten können frei über ihr Einkommen verfügen. Sie
entscheiden darüber, was, wie viel und wo sie kaufen wollen
(Konsumfreiheit) und wie viel von ihrem Einkommen gespart wer-
den soll.
c) Privateigentum an den Produktionsmitteln
Privateigentum ist die Grundlage des Erwerbsstrebens in der
Marktwirtschaft. Die Möglichkeit, Gewinne zu erzielen und Eigen-
tum zu bilden, ist der stärkste Leistungsanreiz in der Marktwirt-
schaft. Ohne die uneingeschränkte Verfügungsgewalt über die
Produktionsmittel können die Unternehmer nicht selbstständig
(autonom) planen. Sie werden dann auch nicht bereit sein, das
Risiko im Wirtschaftsprozess zu übernehmen, so dass wichtige
Investitionen unterbleiben.
Soziale Marktwirtschaft In der Bundesrepublik Deutschland wird das Konzept der sozialen
Marktwirtschaft praktiziert. Es geht zurück auf Ludwig Erhard. Die
zentrale Idee besteht darin, die Freiheit aller, die als Anbieter oder
Nachfrager am Markt teilnehmen, zu schützen und gleichzeitig für
sozialen Ausgleich zu sorgen.
Märkte sorgen in der Sozialen Marktwirtschaft über den Preisme-
chanismus für den Ausgleich von Angebot und Nachfrage: Sind
besonders begehrte Güter knapp, steigt deren Preis. Das drängt
Nachfrage zurück und bietet zugleich Gewinnmöglichkeiten für
zusätzliche Anbieter. Anbieter werden versuchen, die Produktion
so kostengünstig wie möglich zu gestalten. So kommt es zu einer
effizienten Verwendung der Produktionsmittel und zu günstigen
Preisen für die Verbraucher. Dafür ist wichtig, dass Wettbewerb mit
offenem Marktzugang herrscht und Marktmacht verhindert wird.
Der Marktmechanismus erhöht dann die Konsummöglichkeiten,
motiviert die Anbieter zu Innovationen und technischem Fortschritt
und verteilt Einkommen und Gewinn nach individueller Leistung.
Es ist eine wichtige Aufgabe des Staates, den Rahmen für einen
funktionierenden Wettbewerb zu schaffen. Gleichzeitig muss er die
Bereitschaft und die Fähigkeit der Menschen zu eigenverantwortli-
chem Handeln und mehr Selbstständigkeit fördern.
Der zweite Grundsatz der Sozialen Marktwirtschaft neben dem
freien Markt ist der soziale Ausgleich. Dieser soll die Freiheit des
Marktes möglichst nicht einschränken, aber eine soziale Absiche-
rung für diejenigen bereit stellen, die aufgrund von Alter, Krankheit
F. Wirtschaftsordnungen 351

oder Arbeitslosigkeit keine Markteinkommen erzielen können. In


der Sozialen Marktwirtschaft gilt es dabei, die richtige Balance zu
finden. Soziale Leistungen und das Handeln des Staates müssen
durch Steuern und Abgaben finanziert werden. Diese belasten
aber diejenigen, die mit ihren Einkommen den Wohlstand erzeu-
gen. Ziel ist also eine solide soziale Absicherung, bei gleichzeitig
größtmöglichem Wohlstand.
Die Soziale Marktwirtschaft wurde nie namentlich als Wirtschafts-
system Deutschlands im Grundgesetz verankert, weil das Grund-
gesetz keinen eigenen Abschnitt zur Wirtschaft enthält. Allerdings
legen zentrale Elemente unserer Rechtsordnung, wie u. a. die
Grundrechte, die Vertrags- und Koalitionsfreiheit oder das Recht
auf eine freie Berufs- und Arbeitsplatzwahl die Grundlage für die
Soziale Marktwirtschaft und schließen die Extreme einer reinen
Zentralverwaltungswirtschaft oder einer schrankenlosen Marktwirt-
schaft aus.
Zentralverwaltungswirt- Die Zentralverwaltungswirtschaft ist eine Wirtschaftsordnung, in
schaft der wesentliche Entscheidungen von einer Zentralverwaltung
(Staat) getroffen werden. Das System basiert auf dem Grundge-
danken der Gleichheit aller Menschen und ist in der kommunisti-
schen Idee verankert. Typische Betriebsform der Zentralverwal-
tungswirtschaft ist die Genossenschaft.
Organisation und Funktionsweise
In der Zentralverwaltungswirtschaft entsteht ein Gesamtplan über
Produktion und Konsum. Zentrale Organe legen fest, was die Un-
ternehmen herstellen und die Konsumenten somit später verbrau-
chen. Damit dies funktioniert, muss die Planbehörde auf die Pro-
duktionsmittel zugreifen können, sie sind deshalb Staatseigentum.
Die zentrale Planung kann auch nur funktionieren, wenn der Staat
umfassende Kompetenzen besitzt, um Produktion wie Konsum zu
steuern. Daraus folgt, dass staatliche Organe in sämtliche gesell-
schaftliche Bereiche eingreifen. Praktisch heißt das im Gegensatz
zur Marktwirtschaft, wo das Prinzip von Angebot und Nachfrage
herrscht (wenn z. B. zehntausend Menschen Autos kaufen wollen,
dann werden diese von den Firmen hergestellt), dass in der Zent-
ralverwaltungswirtschaft alles von einer obersten Stelle aus ge-
plant und bestimmt wird (es wird festgelegt, dass tausend Autos
hergestellt werden, die Nachfrage spielt keine Rolle). Sämtliche
Güter und Dienstleistungen, auch die Preise und Löhne werden
von einer Zentrale in einem Gesamtplan festgelegt. Dieser Plan,
der viele Einzelpläne enthält, gilt dann für einen bestimmten Zeit-
raum.
In der Zentralverwaltungswirtschaft ist die zentrale Lenkung des
gesamten Wirtschaftsgeschehens das ordnungsbestimmende
352 Prüfungswissen Wirtschaftslehre

Merkmal. Da die grundlegenden Entscheidungen über die Güter-


produktion, den Einsatz der Produktionsfaktoren und über die Gü-
terverteilung durch die Zentralverwaltung getroffen werden, sind
die Entscheidungsmöglichkeiten der wirtschaftenden Subjekte
umso beschränkter, je stärker die Zentralverwaltung Entscheidun-
gen an sich zieht. So können die Produzenten keine Entscheidung
darüber treffen, ob, was und wie viel sie produzieren bzw. ex- und
importieren. Weitere Merkmale der Zentralverwaltungswirtschaft
sind die Aufhebung des Privateigentums an Produktionsmitteln, die
staatlich festgelegten Preise für Güter und Dienstleistungen, Löhne
sowie Zinsen, die zentrale Verteilung der Produkte (die Verbrau-
cher können nicht entscheiden, was und wie viel sie verbrauchen)
und die enge Verknüpfung von Politik und Wirtschaft.
Auswirkungen
- Es wird behauptet, dass die Zentralverwaltungswirtschaft
Vollbeschäftigung und Krisenfestigkeit gewährleisten kön-
ne.
- Außerdem könne die Zentralverwaltung eine optimale Ver-
teilung von Menschen und Ressourcen in gewünschte
Produktionsbereiche vornehmen.
- Nachteilig seien die Freiheitsbeschränkung der Wirt-
schaftssubjekte und die mangelnde Transparenz, Flexibili-
tät und Effektivität der Zentralverwaltung sowie mangelnde
Anreize zu eigenverantwortlichem Handeln der Menschen.
- Die Zentralverwaltungswirtschaft könne nur sehr langsam
auf wirtschaftliche Veränderungen und die Bedürfnisse der
Bevölkerung reagieren. Auch im Handel mit anderen Staa-
ten reagiere die Zentralverwaltungswirtschaft sehr viel
langsamer auf Aufträge.
G G Ökonomisches Prinzip

Ökonomisches Prinzip
Das ökonomische Prinzip (Wirtschaftlichkeitsprinzip) gliedert sich in zwei Bereiche:

• Das Minimumprinzip bedeutet, dass mit minimalem Mitteleinsatz ein vorgegebenes


Ziel erreicht werden soll.
• Das Maximumprinzip bedeutet, dass mit gegebenen Mitteln ein maximaler Erfolg er-
zielt werden soll.
Wichtig ist, dass die Ertragsgröße festgelegt wird. Inhaltsleer wäre die Aussage, dass man
mit dem geringsten Mitteleinsatz einen maximalen Ertrag erreichen solle.

Beispiel Maximumprinzip: Ökonomisch im Sinne dieses Prinzips handelt der Student, der
seine ganze Arbeitskraft auf das Studium konzentriert, um ein möglichst gutes Examen ab-
zulegen. Überträgt man das ökonomische Prinzip auf den Bereich betriebswirtschaftlicher
Betätigung, bedeutet es, dass mit einem bestimmten gegebenen Kosteneinsatz eine mög-
lichst große Produktionsleistung zu erzielen ist.

Beispiel Minimumprinzip: Ökonomisch im Sinne dieses Prinzips handelt der Student, der
lediglich bestehen möchte und nur die dafür unbedingt notwendige Zeit in sein Studium in-
vestiert. Überträgt man das ökonomische Prinzip auf den Bereich betriebswirtschaftlicher
Betätigung, bedeutet es, dass eine bestimmte Leistung mit möglichst geringen Kosten zu
erzielen ist.

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W. Grundmann und R. Rathner, Bankwirtschaft, Rechnungswesen
und Steuerung, Wirtschafts- und Sozialkunde, Prüfungstraining für
Bankkaufleute, https://doi.org/10.1007/978-3-658-23965-7_30
H H Markt und Preis

Markt und Preis

1. Kosten
Fixe Kosten
Fixe Kosten sind in einer bestimmten Zeitperiode konstant und unabhängig von der Produkti-
ons- bzw. Absatzmenge (Ausbringungsmenge).
Beispiel: Die Produktionsmenge wird von 100 Stück auf 120 Stück erhöht. Der Materialeinsatz
erhöht sich (variable Kosten), die Kosten für die Maschine (Abschreibungen) erhöhen sich
dagegen nicht. Sie bleiben in einer bestimmten Zeitperiode konstant.
Bei fixen Kosten verringern sich die Stückkosten mit Erhöhung der Ausbringungsmenge. Fix-
kosten sind stets Gemeinkosten.
Variable Kosten
Variable Kosten verändern sich bei Änderung der Produktions- bzw. Absatzmenge (Ausbrin-
gungsmenge). Sie sind damit mengenabhängige Kosten. Die Veränderung der Kosten kann in
Abhängigkeit zur Ausbringungsmenge wie folgt aussehen:
• Proportional: Mit jedem Stück mehr Produktionsmenge erhöhen sich die variablen Kosten
im gleichen Verhältnis (Stückkosten bleiben gleich).
• Überproportional: Mit jedem Stück mehr Produktionsmenge erhöhen sich die variablen
Kosten pro Stück.
• Unterproportional: Mit jedem Stück mehr Produktionsmenge vermindern sich die variablen
Kosten pro Stück.
Beispiel
Die Hertel GmbH ist Herstellerin von Elektrobikes. Die Unternehmung ermittelt folgende Plan-
zahlen für das Jahr 2019:
Fixe Kosten 156 Mio. EUR
Variable Kosten je Elektrobike 850,00 EUR
Kalkulierter Absatz 0,2 Mio. Elektrobikes
Berechnung des kostendeckenden Marktpreises je Elektrobike
200.000 x 850 + 156.000.000 = 326.000.000 EUR
326 Mio. : 0,2 Mio. = 1.630,00 EUR pro Elektrobike

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356 Prüfungswissen Wirtschaftslehre

2. Meistausführungsprinzip
Es handelt sich um die Feststellung von Börsenkursen. Dabei wird die Kurshöhe bestimmt,
bei der der größte Umsatz zustande kommt. Um den Einheitskurs, den Eröffnungskurs und
den Schlusskurs im Kassamarkt zu bestimmen, wendet man das Meistausführungsprinzip an.
Bei der Auktion im elektronischen Handel wird es ebenfalls verwendet. Die Kauf- und Ver-
kaufsorders werden in einem Orderbuch gesammelt und einander gegenübergestellt. Anhand
der Orderlage ermittelt anschließend der Skontroführer oder das elektronische Handelssys-
tem den Kurs, zu dem der größte Umsatz erzielt werden kann.
Beispiel: Kursnotiz: 135bG
Zum Kurs von 135 EUR kommt der größte Umsatz zustande. Alle Bestens- und Billigst-
Aufträge sowie alle über dem Kurs limitierten Kaufaufträge und alle unter dem Kurs limitierten
Verkaufsaufträge werden ausgeführt. Die zum Kurs limitierten Verkaufsaufträge werden voll-
ständig, die zum Kurs limitierten Kaufaufträge nur teilweise ausgeführt. Zum Kurs von 135 EUR
besteht weniger Angebot an Wertpapieren, wodurch der Kurs mit dem Zusatz „bezahlt Geld“
(bG) versehen wird.
Beispiel zur Ermittlung eines Kurses nach dem Meistausführungsprinzip
Dem Skontroführer liegen die nachstehenden Aufträge zur Eröffnungskursermittlung der X-
Aktie vor:
Kauf/Stück Limit/EUR pro Stück Verkauf/Stück Limit/EUR pro Stück
36 Billigst 80 bestens
42 358,00 53 353,50
100 357,00 32 355,00
72 356,00 36 357,00
15 354,00 41 357,60
22 353,50 10 358,00
90 352,00 - -
Summe 377 Summe 252
Ermittlung des Eröffnungskurses
Bei einem Kurs von Verkaufsaufträge Kaufaufträge Umsätze
352,00 EUR 80 377 80
353,50 EUR 133 287 133
354,00 EUR 133 265 133
355,00 EUR 165 250 165
356,00 EUR 165 250 165
357,00 EUR 201 178 178
357,60 EUR 242 78 78
358,00 EUR 252 78 78
Der Eröffnungskurs für die X-Aktie wird mit 357,00 EUR festgesetzt.
Der Kurszusatz lautet bB (bezahlt Geld).
H. Markt und Preis 357

3. Preiselastizität der Nachfrage


Die Preiselastizität der Nachfrage gibt an, wie stark die Nachfrage nach einem Produkt auf eine
Preisänderung reagiert. Sie ist definiert als die prozentuale Veränderung der nachgefragten
Menge eines Produktes im Verhältnis zur prozentualen Veränderung des Preises dieses Pro-
duktes:

(Q1 - Q2) / Q1
PE =
(P1 - P2) / P1

Q1,2 = Menge vor bzw. nach der Preisänderung


P1,2 = Preis vor bzw. nach der Preisänderung
Ist der Absolutbetrag der Preiselastizität
> 1, so ist die Nachfrage elastisch – eine 1-prozentige Preisänderung bewirkt eine mehr als
1-prozentige Mengenänderung.
= 1, so ist die Nachfrage isoelastisch – eine 1-prozentige Preisänderung bewirkt eine 1-
prozentige Mengenänderung.
< 1, so ist die Nachfrage unelastisch – eine 1-prozentige Preisänderung bewirkt eine weni-
ger als 1-prozentige Mengenänderung.
Beispiel
Der Preis für ein Gut wird von 1,50 EUR auf 1,80 EUR erhöht. Daraufhin wird das Gut von
einem Konsumenten statt bisher mit 5 jetzt nur noch mit 3 Einheiten nachgefragt.
Berechnung der Preiselastizität des Verbraucherverhaltens
Berechnung der prozentualen Mengenänderung: (5 - 3) : 5 = 0,4
Berechnung der prozentualen Preisänderung: (1,50 - 1,80) : 1,50 = - 0,2
Berechnung der Preiselastizität: 0,4 : -0,2 = -2
Die Nachfrage ist sehr elastisch.

4. Produzentenrente
Die Produzentenrente ist die Differenz zwischen dem Preis, zu dem ein Anbieter aufgrund
seiner Kostensituation noch bereit wäre, ein Produkt herauszustellen und anzubieten, und
dem Marktpreis, d. h. die Produzentenrente misst die Summe der Deckungsbeiträge der Un-
ternehmen in einem Markt.
Ein Zahlenbeispiel soll das verdeutlichen: Ein Anbieter ist in Lage, zwei Stück eines Gutes pro
Tag herzustellen. Das erste kann zu Kosten von 50 produziert werden, das zweite zu Kosten
von 60. Der aktuelle Marktpreis des Produkts ist 65. Dann erzielt der Anbieter mit dem ersten
Stück eine Produzentenrente von 15 und mit dem zweiten eine Produzentenrente von 5, zu-
sammen also eine Produzentenrente von 20. Würden die Kosten des zweiten Stücks auf 70
statt auf 60 steigen, dann wäre sein Kostendeckungspreis für das Stück 70 und er würde es
nicht herstellen, weil er nur einen Preis von 65 erzielen könnte.
358 Prüfungswissen Wirtschaftslehre

5. Konsumentenrente
Die Konsumentenrente ist die Differenz zwischen dem Geldbetrag, den die Konsumenten für
ein Gut äußerstenfalls zu bezahlen bereit wären (maximale Zahlungsbereitschaft) und dem
Marktpreis.
Beispiel
Ein Anleger hat im Vorfeld des Kaufs eines Wertpapiers mit einer Rendite von 1,7 % p.a. kal-
kuliert. Das Angebot der Nordbank AG liegt bei einer Rendite von 2,0 % p.a. Welcher Geld-
vorteil erzielt der Anleger bei einem Kapitaleinsatz von 20.000,00 EUR?
Lösung: Die Konsumentenrente beträgt beträgt 60,00 EUR p.a. (0,3 % von 20.000,00 EUR)
I I Marktformen

Marktformen

1. Marktmodelle
Freie Im Modell der freien Marktwirtschaft ist die wirtschaftliche Freiheit
Marktwirtschaft der Wirtschaftssubjekte unbeschränkt. Die Wirtschaft ist sich selbst
überlassen. Die Wirtschaftssubjekte planen und entscheiden selbst-
ständig, ohne dass der Staat unmittelbar in das Wirtschaftsgesche-
hen eingreift.
Soziale In dieser Wirtschaftsordnung vereinigen sich die Grundprinzipien
Marktwirtschaft des marktwirtschaftlichen Leistungswettbewerbs mit einer um sozia-
len Ausgleich bemühten staatlichen Beeinflussung des Wirtschafts-
geschehens. Der Staat versucht, möglichen Fehlentwicklungen und
den sozialen Folgeproblemen der freien Marktwirtschaft durch seine
Sozialpolitik und durch die Festsetzung geeigneter Rahmenbedin-
gungen entgegenzutreten.

2. Vollkommener und unvollkommener Markt


Vollkommener Das Marktgeschehen spielt sich auf einem Markt ab, der frei von jegli-
Markt chen Wettbewerbsbeschränkungen ist. Voraussetzungen für einen voll-
kommenen Markt sind rationale Verhaltensweisen der Marktteilnehmer,
polypolistische Konkurrenz, Homogenität der Güter, keine persönlichen
und räumlichen Präferenzen usw.
Unvollkommener Er bezeichnet die meisten in der Wirklichkeit vorkommenden Märkte, die
Markt deshalb als unvollkommen gelten, weil eine oder mehrere Vorausset-
zungen des vollkommenen Marktes fehlen.
Auf unvollkommenen Märkten werden z. B. keine gleichartigen (homo-
genen), sondern ungleichartige (heterogene) Güter gehandelt, da sie
sich etwa durch Form, Aufmachung oder Verpackung unterscheiden.
Auf dem vollkommenen Markt herrscht vollständige Transparenz
(Marktübersicht). Im Gegensatz dazu sind die Käufer und Verkäufer auf
einem unvollkommenen Markt nicht vollständig über Bedingungen wie
die Qualität der Güter und deren Preise informiert.
Darüber hinaus kommt es auf unvollkommenen Märkten zu Vorlieben
der Käufer:
• Sachliche Präferenzen entstehen, weil in der Regel keine homoge-
nen Güter verkauft werden, was Vorlieben der Verbraucher für be-
stimmte Güter bewirkt.
• Persönliche Präferenzen ergeben sich durch Vorlieben der Käufer
für bestimmte Anbieter oder Geschäfte, weil ihnen der Inhaber per-
sönlich bekannt oder das Bedienungspersonal besonders freundlich
ist.
• Räumliche Präferenzen bestehen, weil Käufer z. B. aus Bequemlich-

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019
W. Grundmann und R. Rathner, Bankwirtschaft, Rechnungswesen
und Steuerung, Wirtschafts- und Sozialkunde, Prüfungstraining für
Bankkaufleute, https://doi.org/10.1007/978-3-658-23965-7_32
360 Prüfungswissen Wirtschaftslehre

keit häufig den nächstgelegenen Anbieter einer Ware einem entfernte-


ren, preisgünstigeren Anbieter vorziehen.
• Zeitliche Präferenzen sorgen dafür, dass z. B. Anbieter, die schneller
liefern können als ihre preiswerteren Konkurrenten, von den Käufern
bevorzugt werden.
Die Bedingungen des unvollkommenen Marktes schaffen für die Unter-
nehmen als Anbieter von Waren und Leistungen damit die Möglichkeit,
die Preise ihrer Güter etwa nach räumlichen Merkmalen (z. B. Preisun-
terschiede zwischen Großstadt und Land) oder zeitlichen Gesichtspunk-
ten (z. B. befristete Angebotspreise) unterschiedlich zu gestalten. Dar-
über hinaus können die Anbieter die Präferenzen der Käufer durch ver-
schiedene Marketingmaßnahmen, z. B. eine geeignete Werbung, die
attraktive Gestaltung von Ware und Verpackung, laufende Qualitätsver-
besserungen oder Kundendienstleistungen, verstärken.

3. Nachfrageverschiebung
Veränderungen des Marktgleichgewichts
Zu dieser Veränderung kommt es, wenn sich Störungen der Nachfrage oder des Angebots erge-
ben. Diese Störungen führen zu Verschiebungen der Nachfrage- bzw. der Angebotsfunktion.
Geläufige Ursachen für Verschiebungen der Angebots- und Nachfragefunktion:
Verschiebung der nach rechts nach links
Nachfragefunktion • Die Anzahl der Haushalte • Die Anzahl der Haushalte fällt.
steigt. • Der Preis für Substitute fällt.
• Der Preis für Substitute steigt. • Der Preis für komplementäre
• Der Preis für komplementäre Produkte steigt.
Produkte fällt. • Das Einkommen der privaten
• Das Einkommen der privaten Haushalte fällt.
Haushalte steigt. • Veränderungen der Präferen-
• Veränderungen der Präferen- zen zu Lasten des Produktes
zen zugunsten des Produkts
Angebotsfunktion • Die Anzahl der Produzenten • Die Anzahl der Produzenten
steigt, z. B. infolge der Globali- fällt, z. B. infolge von Handels-
sierung. schranken.
• Die Produktivität der Produkti- • Die Produktivität der Produkti-
onsfaktoren, z. B. Faktor Arbeit onsfaktoren fällt.
oder Kapital, steigt. • Die Faktorkosten und Faktor-
• Die Faktorkosten und Faktor- preise steigen.
preise fallen. • Die Steuerbelastung steigt.
• Die Steuerbelastung fällt. • Die Subventionierung durch den
• Die Subventionierung durch Staat oder die EU nimmt ab.
den Staat oder die EU steigt.
I. Marktformen 361

Beispiel für eine Nachfrageverschiebung


Bei der Tele AG, einem Unternehmen, das Handys produziert und entwickelt, ergibt sich fol-
gende Nachfragesituation:
Preis

Menge

Situation 1
• Die Bundesregierung beschließt eine Einkommensteuersenkung. Dadurch erhöhen sich
die verfügbaren Einkommen der privaten Haushalte.
• Durch umfangreiche Marketingaktivitäten der Tele AG wurden neue Käuferschichten ge-
wonnen.
Wirkung: Die Nachfragekurve verschiebt sich nach rechts.
Situation 2
• Das Konkurrenzprodukt „Smartphone“ kommt als Substitut zum Handy zu einem attrakti-
ven Preis auf den Markt.
• In einem Verbrauchermagazin äußern Experten Bedenken, dass das Handy der Tele AG
aus einem Material besteht, das zu Gesundheitsschäden führen kann. Die Verbraucher
reagieren durch Kaufzurückhaltung auf diese Meldung.
Wirkung: Die Nachfragekurve verschiebt sich nach links.
J J Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung

Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung

1. Der erweiterte Wirtschaftskreislauf


Wirtschaftssektoren • Private Haushalte als Konsumstätten
• Unternehmen als Produktionsstätten
• Staat (öffentliche Haushalte und Sozialversicherungsträger)
• Ausland mit seinen Wirtschaftsbeziehungen zum Inland
Wirtschaftssubjekte • Private Haushalte, Unternehmen und staatliche Einrichtungen sind
die Träger selbstständiger wirtschaftlicher Entscheidungen.
• Diese Wirtschaftssubjekte eines Landes bilden in ihrer Gesamtheit
und mit ihren Beziehungen zueinander eine Volkswirtschaft.
Güterkreislauf • Die Produktion vollzieht sich in den Unternehmen.
• Der Konsum vollzieht sich in den privaten Haushalten.
• Private Haushalte stellen den Unternehmen die Produktionsfakto-
ren im Produktionsgüterstrom zur Verfügung.
• Die von den Unternehmen produzierten Konsumgüter fließen im
Konsumgüterstrom an die privaten Haushalte.
Geldkreislauf • Die privaten Haushalte erhalten im Einkommensstrom in Form
von Geldzahlungen das Entgelt für die Bereitstellung der Produkti-
onsfaktoren.
• Im Konsumausgabenstrom leisten die privaten Haushalte Geld-
zahlungen an die Unternehmen als Entgelt für die Konsumgüter-
käufe.
Wirtschaftskreislauf Geld- und Güterkreislauf bilden zusammen den Wirtschaftskreislauf,
der den Wirtschaftsablauf innerhalb einer Volkswirtschaft in verein-
fachter Form darstellt.
Kreditinstitute • Sparen ist Verzicht auf den Kauf von Konsumgütern.
• Sparen erfolgt bei den Kapitalsammelstellen.
• Die Kreditinstitute vermitteln die Sparbeträge an die Unternehmen
für Investitionen weiter.
• Investitionen haben einen Einkommens- und einen Kapazitätseffekt.
Staat • Hierzu zählen alle öffentlichen Haushalte, z. B. Gebietskörper-
schaften, Sozialversicherungseinrichtungen.
• Staatseinnahmen sind Steuern, Gebühren und Beiträge.
• Staatsausgaben unterteilen sich in Transferzahlungen, d. h. un-
entgeltliche Leistungen des Staates an bestimmte Privatpersonen
und Subventionen, d. h. unentgeltliche Zahlungen an Unterneh-
men zur Förderung gesamtwirtschaftlicher Vorhaben.
Ausland Der Außenwirtschaftsverkehr umfasst den Austausch von Waren,
Dienstleistungen und Kapital mit fremden Volkswirtschaften.

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W. Grundmann und R. Rathner, Bankwirtschaft, Rechnungswesen
und Steuerung, Wirtschafts- und Sozialkunde, Prüfungstraining für
Bankkaufleute, https://doi.org/10.1007/978-3-658-23965-7_33
364 Prüfungswissen Wirtschaftslehre

Beispiel 1: Vereinfachter Wirtschaftskreislauf

ƵƐůĂŶĚ

Ϭϱ Ϭϲ
Ϭϳ

<ĂƉŝƚĂůͲ
hŶƚĞƌͲ
,ĂƵƐŚĂůƚĞ ƐĂŵŵĞůͲ
Ϭϵ ƐƚĞůůĞŶ ϭϬ ŶĞŚŵĞŶ

Ϭϴ

Ϭϰ ϬϮ

Ϭϯ ^ƚĂĂƚ Ϭϭ

Beispiele für den Ablauf von Geldströmen


01 Unternehmen zahlen Sozialversicherungsbeiträge und Steuern an den Staat.
02 Der Vorsteuerüberhang wird vom Staat an die Unternehmen überwiesen. Außerdem
gewährt der Staat Subventionen an Unternehmen aus Gründen der Strukturförderung.
03 Private Haushalte zahlen Grundsteuer an den Staat. Private Haushalte zahlen Gebühren
für die Erstellung von Reisepässen.
04 Gehälter für Beamte werden vom Staat gezahlt. Der Staat zahlt Kindergeld an private
Haushalte.
05 Ein deutsches Unternehmen exportiert Maschinen ins Ausland, die vom Importeur be-
zahlt werden.
06 Ein deutsches Unternehmen beteiligt sich an einem amerikanischen Autozulieferunter-
nehmen.
07 Die Unternehmen zahlen Faktoreinkommen an die Haushalte.
08 Haushalte kaufen Konsumgüter von den Unternehmen.
09 Haushalte zahlen Spargelder bei den Kreditinstituten ein.
10 Kreditinstitute gewähren Investitionskredite an Unternehmen.
J. Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung 365

Beispiel 2: Erweiterter Wirtschaftskreislauf


&ĂŬƚŽƌĞŝŶŬŽŵŵĞŶϮϱϬ'
ƵƐŐĂďĞŶĨƺƌ
tĂƌĞŶŝŵƉŽƌƚĞϭϱ'
ƵƐůĂŶĚ ƵƐŐĂďĞŶĨƺƌ
ŝĞŶƐƚůĞŝƐƚƵŶŐĞŶϮϬ'
džƉŽƌƚͲ
ĞŶƚŶĂŚŵĞŶ
ϱϬ'
ƵƐŐĂďĞŶĨƺƌ
ŶƚǁŝĐŬůƵŶŐƐŚŝůĨĞϭϱ'

/ŶůćŶĚŝƐĐŚĞƌ
<ŽŶƐƵŵĚĞƌ ^ƉĂƌĞŶ WƌŝǀĂƚĞ
hŶƚĞƌŶĞŚŵĞŶϭͿ <ƌĞĚŝƚŝŶƐƚŝƚƵƚĞϮͿ ϰϱ'
ƉƌŝǀĂƚĞŶ
,ĂƵƐŚĂůƚĞϭϰϬ' ,ĂƵƐŚĂůƚĞ
dƌĂŶƐĨĞƌnjĂŚůƵŶŐĞŶϭϬ'
<ŽŶƐƵŵͲ
ĂƵƐŐĂďĞŶ
ϱϬ'

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^ƚĞƵĞƌŶϮϬ' ^ƚĞƵĞƌŶϱϱ'

/ŶǀĞƐƚŝƚŝŽŶĞŶĚĞƌ
hŶƚĞƌŶĞŚŵĞŶϰϱ'
1) 2)
Nicht finanzielle Kapitalgesellschaften Finanzielle Kapitalgesellschaften
GE = Geldeinheiten
Der Saldo der Handelsbilanz beträgt 35 GE (50 GE – 15 GE)

2. BIP und BNE


Bruttoinlandsprodukt (BIP)
Das BIP ist ein zusammengefasstes Maß für den Wert der wirtschaftlichen Leistungen, die
aus der Produktionstätigkeit im Inland in einer Periode entsteht. Es zeigt in gütermäßiger
Sicht den Wert der im Inland in einer Periode erzeugten Endprodukte, d. h. Waren und
Dienstleistungen nach Abzug des Wertes (ohne Einfuhrabgaben) der im Produktionsprozess
als Vorleistungen verbrauchten sowie importierten Güter.
Bruttonationaleinkommen (BNE)
Das BNE ergibt sich als Summe von BIP und dem Saldo der Primäreinkommen mit der übri-
gen Welt.
Für Deutschland besteht zwischen dem BIP und dem BNE quantitativ kein bedeutender Un-
terschied. Er betrug i. d. R. in der Vergangenheit weniger als 1 % des BIP, z. B. 2017 betrug
das BNE 2.249 Mrd. EUR und das BIP 2.244 Mrd. EUR.
Bruttoinlandsprodukt nach der Entstehungsrechnung
Die volkswirtschaftliche Gesamtrechnung (VGR) soll umfassende Informationen über das
Wirtschaftsgeschehen der Volkswirtschaft in einer abgelaufenen Periode liefern. Als VGR
werden gesamtwirtschaftliche Rechenwerke bezeichnet, die eine umfassende, systematische
quantitative Beschreibung gesamtwirtschaftlicher Größen einer Volkswirtschaft für eine abge-
laufene Periode geben. Im Mittelpunkt des Rechenwerks stehen die Entstehungs-, Vertei-
lungs- und Verwendungsrechnung des Bruttoinlandsprodukts (BIP) und des Bruttonational-
einkommens (BNE) sowie die Darstellung der Umverteilungs- und Vermögensbildungsvor-
366 Prüfungswissen Wirtschaftslehre

gänge einer vergangenen Periode. Das BIP ist das wichtige Produktionsmaß und das BNE ist
das wichtige Einkommensmaß.
Schließlich enthält die VGR die Vermögensrechnung und Angaben über Erwerbstätige, Ar-
beitnehmer und Arbeitsstunden. Diese verschiedenen Darstellungen sind so aufeinander ab-
gestimmt, dass sie ein System volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen ergeben.
Berechnung des BIP nach der Entstehungsrechnung
Produktionswert
- Vorleistungen
= Bruttowertschöpfung
+ Gütersteuern
- Gütersubventionen
= Bruttoinlandsprodukt
+ Saldo der Primäreinkommen mit der übrigen Welt
= Bruttonationaleinkommen
- Abschreibungen
= Nettonationaleinkommen
- Produktions- und Importabgaben an den Staat
+ Subventionen vom Staat
= Volkseinkommen
- Arbeitnehmerentgelt
= Unternehmens- und Vermögenseinkommen
Berechnung des BIP nach der Verwendungsrechnung
Private Konsumausgaben
+ Konsumausgaben des Staates
+ Ausrüstungsinvestitionen
+ Bauinvestitionen
+ Sonstige Anlagen
+ Vorratsveränderungen und Nettozugang an Wertsachen
+ Exporte von Waren und Dienstleistungen
- Importe von Waren und Dienstleistungen
= Bruttoinlandsprodukt (BIP)
+ Saldo der Primäreinkommen mit der übrigen Welt
= Bruttonationaleinkommen
- Abschreibungen
= Nettonationaleinkommen
- Produktions- und Importabgaben an den Staat
+ Subventionen vom Staat
= Volkseinkommen
- Arbeitnehmerentgelt
= Unternehmens- und Vermögenseinkommen
J. Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung 367

Bruttoinlandsprodukt nach der Verteilungsrechnung


Die Verteilungsrechnung erfasst die Sekundäreinkommen. Sie gibt ausgehend von dem Ag-
gregat „Volkseinkommen“ Antworten auf die Frage, welche Einkommensarten, nämlich Ar-
beitnehmerentgelte sowie Unternehmens- und Vermögenseinkommen, Inländern letztlich
zugeflossen sind.
Man unterscheidet bei der Verteilungsrechnung zwischen zwei Einkommensquellen:
• Das Arbeitnehmerentgelt ist die Summe aller Arbeitnehmereinkommen (Bruttolöhne und -
gehälter zuzüglich der Lohnnebenkosten in Form von Arbeitgeberbeiträgen zur Sozialver-
sicherung und weiterer Sozialaufwendungen der Arbeitgeber).
• Das Unternehmens- und Vermögenseinkommen ist die Summe aller übrigen Faktorein-
kommen (Gewinne der Unternehmen, Zinsen und sonstige Kapitaleinkünfte, Mieten und
Pachten).
Das verfügbare Einkommen entspricht nicht dem Volkseinkommen, weil der Staat den priva-
ten Haushalten Einkommensteilen in Form von direkten Steuern und Sozialabgaben entzieht.
Ein Teil dieser öffentlichen Einnahmen dient der Finanzierung öffentlicher Aufgaben, ein an-
derer Teil geht an die privaten Haushalte in Form von Transferzahlungen (Renten, Kindergeld
usw.) zurück.
Bruttoinlandsprodukt
+ Primäreinkommen der Inländer aus der übrigen Welt
- Primäreinkommen der Ausländer aus dem Inland
= Bruttonationaleinkommen
- Abschreibungen
= Nettonationaleinkommen (Primäreinkommen)
- Produktions- und Importabgaben
+ Subventionen an Unternehmen
= Volkseinkommen
setzt sich zusammen aus:
- Arbeitnehmerentgelt
- Unternehmens- und Vermögenseinkommen
Beispiel 1: Ermittlung der inländischen Verwendung
Auszug aus dem Bundesbankbericht für das aktuelle Jahr:
Verwendung des Bruttoinlandsprodukts (BIP) in Mrd. EUR
Private Konsumausgaben 1.445,0
Konsumausgaben des Staates 484,7
Investitionen 360,3
Außenbeitrag 131,7
davon Exporte 1.152,3
davon Importe 1.020,6
Bruttoinlandsprodukt (BIP) 2.421,7
Ermittlung der inländischen Verwendung im aktuellen Jahr in Mrd. EUR:
1.445,0 + 484,7 + 360,3 – 131,7 + 1.152,3 – 1.020,6 = 2.290,0
368 Prüfungswissen Wirtschaftslehre

Beispiel 2: Ermittlung des BIP


Gesamtwirtschaftliche Größen in Mrd. EUR
Entstehungsrechnung:
Bruttowertschöpfung 2.171,94
Gütersteuern 324,86
Subventionen ?
Verwendungsrechnung:
Private Konsumausgaben 1.276,25
Konsumausgaben des Staates 435,91
Bruttoanlageinvestitionen (einschließlich Vorratsveränderungen) 442,77
Exporte (Waren und Dienstleistungen) 1.238,96
Importe (Waren und Dienstleistungen) 970,89
BIP = 1.276,25 + 435,91 + 442,77 + 1.238,96 – 970,89 = 2.423,00
Beispiel 3: Ermittlung der Höhe der Subventionen (Siehe Tabelle Beispiel 2)
Subventionen = Bruttowertschöpfung + Gütersteuern – BIP = 2.171,94 + 324,86 – 2.423,00 =
73,80
Beispiel 4: Berechnung der Veränderung des Bruttoinlandsprodukts (BIP) für
das aktuelle Jahr (Jahr neu), preisbereinigt in Prozent
Gegenstand der Nachweisung Einheit Jahr (alt) Jahr (neu)
Bruttoinlandsprodukt Mrd. EUR 2.215,65 2.244,00
Konsumausgaben Mrd. EUR 1.725,29 1.745,73
- Private Konsumausgaben Mrd. EUR 1.312,53 1.330,98
- Konsumausgaben Staat Mrd. EUR 412,76 414,75
Bruttoanlageinvestitionen Mrd. EUR 384,94 384,04
Inländische Verwendung von Gütern Mrd. EUR 2.106,19 2.131,07
Außenbeitrag (Exporte minus Importe) Mrd. EUR 109,46 112,93
- Exporte Mrd. EUR 842,84 900,89
- Importe Mrd. EUR 733,38 787,96
Bruttonationaleinkommen Mrd. EUR 2.216,00 2.248,71
Volkseinkommen Mrd. EUR 1.658,32 1.684,50
- Arbeitnehmerentgelt Mrd. EUR 1.134,49 1.128,87
- Unternehmens- und Vermögenseinkommen Mrd. EUR 523,83 555,63
Bruttoinlandsprodukt (BIP), preisbereinigt 2000 = 100 102,76 103,65
BIP = Private Konsumausgaben + Konsumausgaben des Staates + Ausrüstungsinvestitionen
+ Bauinvestitionen + sonstige Anlagen + Vorratsveränderungen + Exporte von Waren und
Dienstleistungen – Importe von Waren und Dienstleistungen
BIP-Berechnung preisbereinigt, d. h. reales BIP:
103,65 - 102,76 = 0,89 0,89 : 102,76 x 100 = 0,8660957 aufgerundet: 0,87
Das BIP ist real (preisbereinigt) um 0,87 % gestiegen.
J. Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung 369

Nominales und reales BIP


Das Bruttoinlandsprodukt errechnet sich als Summe der Bruttowertschöpfung aller Wirt-
schaftsbereiche zzgl. des Saldos von Gütersteuern abzüglich Gütersubventionen. Das nomi-
nale BIP ist die gängigste Form, um das Inlandsprodukt von Ländern oder Regionen zu ver-
gleichen. Es gibt die Summe der inländischen Wertschöpfung bzw. der Wertschöpfung von
Regionen in aktuellen Marktpreisen an. Die Nominal-Orientierung bedeutet, dass Währungen
zu ihrem Marktwechselkurs umgerechnet werden und dass Inflationseffekte im Zeitverlauf
nicht mit abgebildet werden, d. h. 1 Euro im Jahre 2010 und 1 Euro im Jahre 2015 werden im
Rahmen eines Vergleiches als wesensgleich abgebildet. Preissteigerungen durch Inflation
erscheinen dadurch fälschlicherweise als Wirtschaftswachstum.
Um das BIP unabhängig von den Veränderungen der Preise betrachten zu können, verwen-
det man das reale BIP, in dem alle Güter und Dienstleistungen zu Marktpreisen eines Basis-
jahres bewertet werden (BIP zu konstanten Preisen).
Beispiel
Für eine Volkswirtschaft ergeben sich für das letzte und das aktuelle Jahr folgende Zahlen:
Verwendung des Bruttoinlandsprodukts
In jeweiligen Preisen (Mrd. EUR) letztes Jahr aktuelles Jahr
Private Konsumausgaben 1.373,7 1.404,6
Bruttoinlandsprodukt 2.422,9 2.491,4
Preise (Jahr 2015 = 100) letztes Jahr aktuelles Jahr
Private Konsumausgaben 110,8 113,2
Bruttoinlandsprodukt 108,1 109,8
Berechnung der prozentualen Veränderung des nominalen Bruttoinlandspro-
dukts des aktuellen Jahres zum letzten Jahr
Rechenweg: (2.491,4 – 2.422,9) : 2.422,9 x 100 = 2,82719
Die prozentuale Veränderung des nominalen BIP beträgt gerundet 2,83 %.
Berechnung der prozentualen Veränderung des realen (preisbereinigten) Brutto-
inlandsprodukts des aktuellen Jahres zum letzten Jahr
Rechenweg: (109,8 – 108,1) : 108,1 x 100 = 1,57261
Die prozentuale Veränderung des realen BIP beträgt gerundet 1,58 %.
370 Prüfungswissen Wirtschaftslehre

3. Lohnquote und Gewinnquote


Kennzeichnung • Die Lohnquote gibt den Anteil der Arbeitnehmerentgelte am gesamten
Volkseinkommen an.
• Die Lohnquote wird häufig als Maßstab für die Einkommensverteilung
angesehen.
Entwicklung der Dabei gilt zu berücksichtigen, dass die Lohnquote im Konjunkturverlauf
Lohnquote im schwankt, weil Löhne, Gehälter, Gewinne und Beschäftigung mit zeitli-
Konjunkturver- cher Verzögerung und in unterschiedlicher Intensität den Konjunkturzyk-
lauf len folgen: Im Abschwung steigt die Lohnquote, im Aufschwung geht sie
zurück.
Die Lohnquote Die Lohnquote hat einen Konstruktionsfehler: Sie steigt (fällt) auch dann,
als verteilungs- wenn der Anteil der abhängig Beschäftigten an der Gesamtzahl der Er-
politische werbstätigen (abhängig Beschäftigte, Selbstständige) steigt (fällt), ohne
Kennziffer dass sich an den Einkommensverhältnissen etwas geändert hat. Im Kon-
zept der "bereinigten Lohnquote" wird dieser Effekt herausgerechnet: Es
wird dabei die Lohnquote ermittelt, die sich ergeben würde, wenn das
Verhältnis zwischen Selbstständigen und unselbstständig Beschäftigten
so geblieben wäre wie in einem Basisjahr.
Kritik an der Die Lohnquote ist als Verteilungsmaßstab auch aus folgenden Gründen
Lohnquote stark umstritten:
Die Arbeitnehmer erhalten neben Löhnen und Gehältern auch Einkommen
aus Kapitalanlagen, z. B. Zinsen, Dividenden, Mieten, Pachten. Die zu-
nehmende Bedeutung dieser Querverteilung hat die Konturen zwischen
Arbeitnehmereinkommen und Kapitaleinkommen zusehends verwischt.
Das Gegenstück zur Lohnquote sollte deshalb nicht als Gewinnquote be-
zeichnet werden, denn die Restgröße "Unternehmens- und Vermögens-
einkommen" umfasst neben den eigentlichen Unternehmensgewinnen
auch den kalkulatorischen Unternehmerlohn der Selbstständigen sowie die
Zins- und Mieteinkünfte aller Sektoren (Haushalte, Unternehmen, Staat).
Die Lohnquote berücksichtigt nicht den Beschäftigungsgrad. Ob die Vertei-
lungssituation mit dem gesamtwirtschaftlichen Ziel der Vollbeschäftigung in
Einklang steht, lässt sich an der Lohnquote deshalb nicht ablesen.
Gewinnquote • Bezieht man das Unternehmens- und Vermögenseinkommen auf das
Volkseinkommen, so erhält man die Gewinnquote. Lohnquote und Ge-
winnquote ergeben zusammen 100 %.
• Die Unternehmens- und Vermögenseinkommen umfassen die Ein-
kommen der privaten Haushalte und des Staates aus Zinsen, Netto-
pachten und immateriellen Werten, aus Dividenden und sonstigen Aus-
schüttungen der Unternehmen mit eigener Rechtspersönlichkeit sowie
die nicht ausgeschütteten Gewinne der Unternehmen mit eigener
Rechtspersönlichkeit.
J. Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung 371

Beispiel 2016 2017


Arbeitnehmerentgelte 1.970,2 Mrd. EUR 1.999,8 Mrd. EUR
Unternehmens- und
795,8 Mrd. EUR 848,5 Mrd. EUR
Vermögenseinkommen
Volkseinkommen 2.766,0 Mrd. EUR 2.848,3 Mrd. EUR
Lohnquoten für 2016/2017 2016: 1.970,2 : 2.766,0 x 100 = 71,23 %
2017: 1.999,8 : 2.848,3 x 100 = 70,21 %

4. Sparquote
Definition
Die Sparquote ist der prozentuale Anteil der Ersparnisse am Bruttoinlandsprodukt, Volksein-
kommen oder verfügbarem Einkommen der privaten Haushalte (durchschnittliche Sparquote).
Die marginale Sparquote bezieht sich auf eine Einkommensänderung, sie dokumentiert eine
eventuelle Veränderung des Sparverhaltens aufgrund der Einkommensänderung. Die durch-
schnittliche Sparquote in der Bundesrepublik liegt z. Zt. bei 9 % (2017), was bedeutet, dass
jeder Haushalt von 100 Euro verfügbaren Einkommens 9 Euro spart. Üblicherweise steigt die
Sparquote in Krisenzeiten (Angstsparen) und sinkt in Boomzeiten bzw. bei allgemein positiven
Zukunftserwartungen.
Beispiel für die Berechnung der Sparquote
Einkommen der privaten Haushalte im letzten Jahr – Angaben in Mrd. Euro
Bruttolöhne/-gehälter 1.565,3
Nettolöhne/-gehälter 1.030,3
Öffentliche Einkommensübertragungen 551,7
Verfügbares Einkommen 2.382,7
Private Ersparnis 287,6
Berechnung der Sparquote: 287,6: 2.382,7 x 100 =
Private Ersparnis : Verfügbares Einkommen x 100 12,07 %
372 Prüfungswissen Wirtschaftslehre

5. Abgabenquote
Definition
Die Abgabenquote drückt den Anteil von Steuern und Sozialabgaben an der Wirtschaftsleis-
tung (Bruttoinlandsprodukt, BIP) eines Landes in Prozent aus. In Deutschland liegt die Abga-
benquote bei gut 41. Experten halten diesen Prozentsatz für zu hoch und sehen in der star-
ken Belastung des Faktors Arbeit mit Steuern und Abgaben eine wesentliche Ursache für
Schwarzarbeit.
Beispiel für die Berechnung der Abgabenquote
Einkommen der privaten Haushalte im letzten Jahr – Angaben in Mrd. Euro
Bruttolöhne/-gehälter 1.565,3
Nettolöhne/-gehälter 1.030,3
Öffentliche Einkommensübertragungen 551,7
Verfügbares Einkommen 2.382,7
Private Ersparnis 287,6
Berechnung der Abgabenquote: (1565,3 – 1030,3) : 1565,3 x 100 =
(Bruttolöhne – Nettolöhne) : Bruttolöhne x 100 34,18 %

6. Personelle Einkommensverteilung
Mit der personellen Einkommensverteilung wird dargestellt, wie das Einkommen einer Volks-
wirtschaft auf einzelne Personen oder Gruppen (z. B. Haushalte) verteilt wird. Dabei können
zwei Arten der Einkommensverteilung voneinander unterschieden werden:
• Primäre Einkommensverteilung: Verteilung der Markteinkommen im Wettbewerb
• Sekundäre Einkommensverteilung: Verteilung der verfügbaren Einkommen. Das ist das
personelle Primäreinkommen zuzüglich der empfangenen Sozialbeiträge, Renten und an-
derer Transfers (z. B. Kindergeld) abzüglich der geleisteten Einkommensteuern und Ver-
mögenssteuern, Sozialbeiträge, monetären Sozialleistungen und anderer sonstigen lau-
fenden Transfers (z. B. Solidaritätszuschlag).
K K Wirtschafts- und Finanzpolitik

Wirtschafts- und Finanzpolitik

1. Konjunkturphasen
ZĞĂůĞƐ
/W

dƌĞŶĚǁĂĐŚƐƚƵŵ
ďĞŝ
EŽƌŵĂůĂƵƐůĂƐƚƵŶŐ

<ŽŶũƵŶŬƚƵƌͲ
ƐĐŚǁĂŶŬƵŶŐĞŶ

WĞƌŝŽĚĞ
Die Konjunktur vollzieht sich in sinusförmigen Linien um den Trend der Normalauslastung, der
als eine Gerade eingezeichnet worden ist.
Die Normalauslastung stellt eine Situation dar, in der alle Produktionsfaktoren weder unter- noch
überbeschäftigt sind. Der Normalauslastungsgrad der Produktionsmöglichkeiten beträgt 96,5 %
der vorhandenen Kapazitäten.
Konjunkturzyklus
Der Konjunkturzyklus verläuft über die Phasen Aufschwung, Hochkonjunktur, Abschwung und
Talsohle.
Hochkonjunktur: Es kommt zu einer Überhitzung an den Märkten. Die Nachfrage trifft auf ein
unelastisches Angebot und ruft weitere Preissteigerungen hervor. Hohe Lohnforderungen
reichen nicht aus, um den Kaufkraftverlust auszugleichen.
Abschwung: Der Beschäftigungsabbau in der Investitionsgüterindustrie macht sich im Rück-
gang der Nachfrage nach Konsumgütern bemerkbar. Nicht ausgenutzte Kapazitäten zwingen
die Unternehmen zur Kostensenkung. Das Bruttoinlandsprodukt geht zurück.
Konjunkturbeeinflussende Maßnahmen nach dem Stabilitätsgesetz
§ 1 (Beachtung der Erfordernisse des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts)
Bund und Länder haben bei ihren wirtschafts- und finanzpolitischen Maßnahmen die Erforder-
nisse des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts zu beachten. Die Maßnahmen sind so zu
treffen, dass sie im Rahmen der marktwirtschaftlichen Ordnung gleichzeitig zur Stabilität des
Preisniveaus, zu einem hohen Beschäftigungsstand und außenwirtschaftlichem Gleichgewicht
bei stetigem und angemessenem Wirtschaftswachstum beitragen.

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019
W. Grundmann und R. Rathner, Bankwirtschaft, Rechnungswesen
und Steuerung, Wirtschafts- und Sozialkunde, Prüfungstraining für
Bankkaufleute, https://doi.org/10.1007/978-3-658-23965-7_34
374 Prüfungswissen Wirtschaftslehre

§ 5 (Ausgabenbemessung – Konjunkturausgleichsrücklage)
(1) Bei einer die volkswirtschaftliche Leistungsfähigkeit übersteigenden Nachfrageausweitung
sollen Mittel zur zusätzlichen Tilgung von Schulden bei der Deutschen Bundesbank oder
zur Zuführung an eine Konjunkturausgleichsrücklage veranschlagt werden.
(2) Bei einer die Ziele des § 1 gefährdenden Abschwächung der allgemeinen Wirtschaftstätig-
keit sollen zusätzlich erforderliche Deckungsmittel zunächst der Konjunkturausgleichsrück-
lage entnommen werden.
§ 6 (Ausgabeneinschränkung – Zusätzliche Ausgaben – Zusätzliche Kreditaufnahme)
(1) Bei der Ausführung des Bundeshaushaltsplanes kann im Falle einer die volkswirtschaftli-
che Leistungsfähigkeit übersteigenden Nachfrageausweitung die Bundesregierung dem
Bundesminister der Finanzen ermächtigen, zur Erreichung der Ziele des § 1 die Verfügung
über bestimmte Ausgabemittel, dem Beginn von Baumaßnahmen und das Eingehen von
Verpflichtungen zu Lasten künftiger Rechnungsjahre von dessen Einwilligung abhängig zu
machen. Die Bundesminister der Finanzen und für Wirtschaft schlagen die erforderlichen
Maßnahmen vor. Der Bundesminister der Finanzen hat die dadurch nach Ablauf des
Rechnungsjahres freigewordenen Mittel zur zusätzlichen Tilgung von Schulden bei der
Deutschen Bundesbank zu verwenden oder der Konjunkturausgleichsrücklage zuzufüh-
ren.
(2) Die Bundesregierung kann bestimmen, dass bei einer die Ziele des § 1 gefährdenden
Abschwächung der allgemeinen Wirtschaftstätigkeit zusätzliche Ausgaben geleistet wer-
den ... Die zusätzlichen Mittel dürfen nur für im Finanzplan ... vorgesehene Zwecke oder
als Finanzhilfe für besonders bedeutsame Investitionen der Länder und Gemeinden ... zur
Abwehr einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts ... verwendet werden.
Zu ihrer Deckung sollen die notwendigen Mittel zunächst der Konjunkturausgleichsrückla-
ge entnommen werden.
(3) Der Bundesminister der Finanzen wird ermächtigt, zu dem in Abs. 2 bezeichneten Zweck
Kredite über die im Haushaltsgesetz erteilten Kreditermächtigungen hinaus ... aufzuneh-
men ...
Beispiel für eine Konjunkturphase
Die Konjunktur in Deutschland befindet sich in einer Rezession. Dies kann durch einen
Höchststand der Arbeitslosenquote belegt werden. Es herrscht geringe Investitionsbereit-
schaft. Aufgrund der pessimistischen Einstellungen der Wirtschaftssubjekte halten sich diese
bei Investitionen zurück. Eine geringe Investitionsbereitschaft ist damit ein Indikator für eine
rezessive Konjunkturphase.
Durch Eingriffe der einzelnen Gebietskörperschaften kann die Konjunktur mittelbar bzw. un-
mittelbar beeinflusst werden. In Zeiten eines Wirtschaftsabschwungs können die Bundeslän-
der z. B. aufgrund der Einführung des Ganztagsbetriebs in den Schulen durch bauliche Maß-
nahmen in entsprechender Höhe unmittelbar den Konjunkturverlaufpositiv beeinflussen.
Wenn zahlreiche Großunternehmen für eine Vielzahl ihrer Beschäftigten Kurzarbeit beschlie-
ßen, kann dies auf eine beginnende Rezession hinweisen.
K. Wirtschafts- und Finanzpolitik 375

2. Konjunkturindikatoren
Wesen Indikatoren sind die Grundlage für die Einleitung konjunkturpoliti-
scher Steuerungsmaßnahmen durch die Bundesregierung und die
Zentralbank.
Frühindikatoren Sie zeigen die zukünftige Wirtschaftsentwicklung. Indizes der Auf-
tragseingänge, wertmäßige Erfassung eingegangener und akzeptier-
ter Bestellungen bei Unternehmen der Industrie mit mehr als 20
Beschäftigten. Neben einem Gesamtindikator werden Indizes für
einzelne Wirtschaftszweige sowie für den Außenhandel er-
stellt. Auftragseingänge, Entwicklung der Aktienkurse, Geldmengen-
entwicklung, offene Stellen, Zukunftserwartungen der Unterneh-
men, Baugenehmigungen, Zinsniveau, Wechselkurse.
Präsenzindikatoren Sie zeigen die aktuelle Konjunkturphase, informieren zeitnah über
gesamtwirtschaftliches Angebot und gesamtwirtschaftliche Nachfra-
ge. Weitere Präsenzindikatoren sind: reales Bruttoinlandsprodukt
(BIP), Industrieproduktion, Kapazitätsauslastungsgrad, Im- und Ex-
port, Steuereinnahmen.
Spätindikatoren Sie beschreiben zeitverzögert die Konjunkturentwicklung. Ein weite-
rer Spätindikator sind die Preise. Für das Nachhinken der Preise
sind die time lags auf den verschiedenen Produktions- und Handels-
stufen verantwortlich. Vom Anstieg der industriellen Erzeugerpreise
bis zu einem Anstieg des Preisindex für die privaten Lebenshal-
tungskosten ist mit einer Verzögerung von 1,5 bis 2 Jahren zu rech-
nen. Die Tariflöhne reagieren erst mit einer Anpassungsdauer von
einem halben bis 1 Jahr. Durch Kündigungsschutzregelungen
kommt es auch bei der Beschäftigung zu zeitverzögerten Reaktio-
nen.
Erzeugerpreisindex Der Index der Erzeugerpreise gewerblicher Produkte misst die
durchschnittliche Preisentwicklung von Rohstoffen und Industrieer-
zeugnissen, die in Deutschland hergestellt und im Inland verkauft
werden. Die Produzenten dieser Güter gehören u. a. zum Verarbei-
tenden Gewerbe.
Neben dem Erzeugerpreisindex gewerblicher Produkte werden auch
Erzeugerpreisindizes für das Baugewerbe sowie für bestimmte
Dienstleistungen berechnet.
Erzeugerpreisindizes geben Hinweise auf künftige Inflationstenden-
zen, da sie Preisänderungen bereits auf einer frühen Wirtschaftsstu-
fe der Wertschöpfungskette messen.
376 Prüfungswissen Wirtschaftslehre

Beispiele für Frühindikatoren


Ifo-Geschäfts- Der ifo-Geschäftsklimaindex, kurz: ifo-Index, wird monatlich vom
klimaindex Münchener ifo-Institut für Wirtschaftsforschung e.V. veröffentlicht. Er
ist ein Frühindikator für die konjunkturelle Entwicklung in Deutsch-
land.
Der ifo-Index wird durch monatliche Umfragen unter mehr als 7.000
Unternehmen aus Handel, Bau- und Verarbeitendem Gewerbe zu
ihrer Einschätzung der wirtschaftlichen Lage ermittelt. Die Ergebnis-
se dieser Umfrage bilden die Grundlage für den so genannten ifo-
Konjunkturtest, aus dem der ifo-Geschäftsklimaindex abgeleitet wird.
Steigt der Index, dann gilt dies als Hinweis auf eine Besserung der
wirtschaftlichen Lage. Fällt er dagegen, so gilt dies als Indiz für eine
sich abschwächende Konjunktur.
GfK- Der GfK-Konsumklimaindex gilt als wichtiger Indikator für das Kon-
Konsumklimaindex sumverhalten deutscher Verbraucher und somit als Wegweiser für
die konjunkturelle Entwicklung Deutschlands. Hierbei werden im
Einzelnen Personen nach Einkommens- und Konsumerwartungen
auf Sicht von zwölf Monaten befragt. Ebenso wird unter anderem
deren Anschaffungs- und Sparneigung beleuchtet. Die resultieren-
den Daten dienen nicht nur der Ermittlung des GfK-
Konsumklimaindex selbst, sondern sind ebenso Grundlage für die
deutsche Komponente des EU-Verbrauchervertrauens. Der GfK-
Konsumklimaindex wird am Ende eines jeden Monats für den Fol-
gemonat von der Gesellschaft für Konsumforschung ermittelt.
Der GfK-Konsumklimaindex wird seit 1980 von der Nürnberger Ge-
sellschaft für Konsumforschung ermittelt. Zur Klärung der Entwick-
lung des privaten Verbrauchs werden allmonatlich rund 2.000 Ver-
braucherinterviews mit Personen ab 14 Jahren geführt, die im Auf-
trag der EU-Kommission durchgeführt werden. Zu den wesentlichen
und einflussreichsten Indikatoren gehören im Einzelnen die Konjunk-
tur- und Einkommenserwartung sowie die Anschaffungsneigung.
Aus der Berücksichtigung dieser Bereiche resultiert der Gesamtindi-
kator Konsumklimaindex. Darüber hinaus finden sich darin auch
Einzelinformationen über die Ausgabevorhaben der Verbraucher für
20 Bereiche der Gebrauchsgüter-, Verbrauchsgüter- und Dienstleis-
tungsmärkte.
Der GfK-Konsumklimaindex gilt als vielbeachteter Indikator für die
konjunkturelle Entwicklung in Deutschland. Zudem dient er der Er-
gänzung von weiteren amtlich erhobenen Statistiken wie dem EU-
Verbrauchervertrauen. So kommt ihm eine besondere Bedeutung
bei der Prognose von konjunkturellen Entwicklungen zu. Der Vorteil
des GfK-Konsumklimaindex liegt in der allmonatlichen Erhebung der
Daten. Somit sind die resultierenden Werte zumeist schneller ver-
fügbar als quartalsweise veröffentlichte Statistiken.
K. Wirtschafts- und Finanzpolitik 377

Einkaufsmanager- Der Einkaufsmanager-Index (EMI) wird von Markit Economics, ei-


Index (EMI) nem Spezialanbieter von Konjunkturumfragen, in Zusammenarbeit
mit dem Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik
monatlich ermittelt. Grundlage des Index sind Befragungen von Ein-
kaufsleitern und Geschäftsführern in rund 500 repräsentativ ausge-
wählten deutschen Industrieunternehmen. Der EMI setzt sich aus
mehreren Teilindizes zusammen, darunter für Auftragseingänge,
Preise und Beschäftigung.
Der Einkaufsmanagerindex wird an den Finanzmärkten und in den
Zentralbanken stark beachtet, da er als verlässlicher Indikator für die
wirtschaftliche Aktivität gilt. Allerdings hat er nur einen vergleichs-
weise kurzen Vorlauf vor der Produktion. Werte unter 50 spiegeln
eine Kontraktion der Produktion wider, Werte über 50 signalisieren
einen Anstieg. Neben Deutschland ermittelt Markit Economics Ein-
kaufsmanagerindizes für weitere 25 Länder, was internationale Kon-
junkturvergleiche erleichtert.

3. Arbeitslosenquote
Arbeitslos sind nach dem Sozialgesetzbuch Personen, die vorübergehend nicht in einem
Beschäftigungsverhältnis stehen, das 15 Wochenstunden und mehr umfasst, eine versiche-
rungspflichtige Beschäftigung von mindestens 15 Wochenstunden suchen und dabei den
Vermittlungsbemühungen der Agenturen für Arbeit bzw. der Träger der Grundsicherung zur
Verfügung stehen und sich dort persönlich arbeitslos gemeldet haben.
Arbeitslosenquoten zeigen die relative Unterauslastung des Arbeitskräfteangebots an, indem
sie die registrierten Arbeitslosen zu den Erwerbspersonen (EP = Erwerbstätige + Arbeits-
lose) in Beziehung setzen.
Der Kreis der Erwerbspersonen bzw. der Erwerbstätigen kann unterschiedlich abgegrenzt
werden. Insofern werden zwei unterschiedliche Arbeitslosenquoten ermittelt:
1. Arbeitslosenquote, bezogen auf alle zivilen Erwerbspersonen:
Alle zivilen Erwerbstätigen sind die Summe aus den abhängigen zivilen Erwerbstätigen
sowie Selbstständigen und mithelfenden Familienangehörigen. Die Quote errechnet sich
entsprechend als
Arbeitlose
Arbeitslosenquote (auf der Basis aller ziv. EP) = × 100
alle ziv. ET + Arbeitslose
2. Arbeitslosenquote, bezogen auf die abhängigen zivilen Erwerbspersonen:
Der Nenner enthält nur die abhängigen zivilen Erwerbstätigen (abh. ziv. ET), d. h. die
Summe aus sozialversicherungspflichtig Beschäftigten (einschl. Auszubildende), geringfü-
gig Beschäftigten, Personen in Arbeitsgelegenheiten, Beamten (ohne Soldaten) und
Grenzpendlern. Daraus errechnet sich:
Arbeitlose
Arbeitslosenquote (auf der Basis der abh. ziv. EP) = ×100
abh. ziv. ET + Arbeitslose
378 Prüfungswissen Wirtschaftslehre

Da die statistischen Ergebnisse über alle zivilen Erwerbspersonen differenziert vorliegen (Ge-
schlecht, Altersgruppen, Deutsche/Ausländer, regionale Gliederung), wird die statistische
Berichterstattung grundsätzlich dargestellt als „Arbeitslosenquote, bezogen auf alle zivilen
Erwerbspersonen“.
Beispiel
Jahr Erwerbstätige Abhängig Beschäftigte Erwerbslose
vorletztes Jahr 36.604 32.961 3.722
letztes Jahr 36.816 33.184 3.734
aktuelles Jahr 36.536 32.882 4.071
Berechnung der Arbeitslosenquote für das letzte Jahr, bezogen auf die
Erwerbspersonen insgesamt
Erwerbspersonen insgesamt: 40.550.000 (Erwerbstätige plus Arbeitslose)
Arbeitslose: 3.734.000
Arbeitslosenquote = 3.734.000 : 40.550.000 x 100 = 9,20838471
Die Arbeitslosenquote für das letzte Jahr beträgt gerundet 9,2 %.
Die Veränderung der Anzahl der selbstständigen Erwerbstätigen vom letzten Jahr
zum aktuellen Jahr in Tsd.
Die Anzahl der Selbstständigen ergibt sich durch Bildung der Differenz zwischen Erwerbstäti-
gen und abhängig Beschäftigten im letzten und aktuellen Jahr.
Berechnung: (3.632 - 3.654) = - 22
Im aktuellen Jahr ist die Anzahl der Selbstständigen um 22.000 Erwerbstätige gesunken.

4. Finanzpolitik
Allgemeine Die Finanzpolitik ist neben der Geldpolitik ein Instrument der Wirt-
Kennzeichnung schaftspolitik. Sie verfolgt das Ziel, Struktur und Höhe des National-
einkommens einer Volkswirtschaft mithilfe öffentlicher Einnahmen und
öffentlicher Ausgaben zu beeinflussen; sie dient aber auch anderen
Politikbereichen, sofern dort öffentliche Mittel eingesetzt werden.
• Finanzpolitik (auch Fiskalpolitik) ist eine Sammelbezeichnung für
alle politischen und gesetzgeberischen Maßnahmen, die der Ord-
nung und Gestaltung der öffentlichen Einnahmen und Ausgaben
(Staatsfinanzen) dienen.
• Neben der Beschaffung von Einnahmen für die öffentliche Hand
verfolgt die Finanzpolitik übergreifende nichtfiskalische Ziele wie
die Mehrung des (Volks-)Wohlstandes, die Förderung von Gerech-
tigkeit und sozialer Sicherheit.
• Die deutsche Finanzpolitik ist wesentlich durch den föderativen
Staatsaufbau geprägt, in dem neben Bund und Ländern auch das
Einnahme- und Ausgabeverhalten der Kommunen von Bedeutung
ist.
K. Wirtschafts- und Finanzpolitik 379

Ziele der • Fiskalisches Ziel: Es ist Aufgabe des Staates, seine Einnahmen
Fiskalpolitik zu sichern.
• Allokatives Ziel: Diese Ziel ist auf eine Veränderung der Res-
sourcenverteilung gerichtet. Dabei kann es sich um eine Verände-
rung zwischen Privaten handeln (Probleme bei der regionalen und
sektoralen Strukturpolitik), um eine Veränderung der Ressourcen-
verteilung zwischen Staat und Privaten (Problem der Staatsquote)
sowie um eine Veränderung der Ressourcenverteilung innerhalb
des Staates (Probleme des staatlichen Haushaltsplans sowie des
Finanzausgleichs).
• Distributionsziel bzw. Ziel der Einkommensverteilung: Das
Ergebnis des marktwirtschaftlichen Prozesses, der selbst mög-
lichst wenig gestört werden soll, ist unter sozialen Gesichtspunk-
ten zu korrigieren, z. B. durch die Zuteilung von Transfereinkom-
men für nicht mehr im Arbeitsprozess stehende Bürger.
• Stabilisierungsziel: Die öffentliche Hand soll durch gezielte kon-
junkturelle Impulse (Beeinflussung der gesamtwirtschaftlichen
Nachfrage) das Wachstum fördern. In der Bundesrepublik
Deutschland hat das Stabilitätsgesetz von 1967 das stabilisie-
rungspolitische Gesamtziel in die Einzelziele Preisniveaustabilität,
hoher Beschäftigungsstand, außenwirtschaftliches Gleichgewicht
und stetiges wie angemessenes Wachstum gegliedert und damit
konkreter gefasst.
• Konjunkturpolitische Ziele, d. h. das staatliche Einnahme- und
Ausgabeverhalten soll entsprechend dem wirtschaftlichen Verlauf
dämpfende oder anregende Wirkung haben (antizyklische Finanz-
politik).
• Verteilungspolitische Ziele, d. h. die Finanzpolitik des Staates
soll bestimmten gesellschaftlichen Gruppen Vorteile verschaffen,
die andere Teile der Bevölkerung nicht bekommen, ggf. von die-
sen finanziert werden müssen (Umverteilung).
• Wachstumspolitische Ziele, d. h. die Finanzpolitik soll so gestal-
tet werden, dass das wirtschaftliche Wachstum nachhaltig geför-
dert wird.
Träger Träger der Finanzpolitik sind Bund, Länder und Gemeinden, wobei
jeder Entscheidungsebene bestimmte Aufgaben obliegen, dem Bund
z. B. die Verteidigung und die soziale Sicherung, den Ländern die
Bildungspolitik, den Gemeinden der Aufbau der örtlichen Infrastruk-
tur. Auf jeder staatlichen Ebene sind die Entscheidungsprozesse
durch die Gewaltenteilung nach Legislative, Exekutive und Judikati-
ve sowie durch den Einfluss von Parteien und Verbänden vielfältig
strukturiert. Hinzu kommt der Einfluss supranationaler Institutionen;
hinzuweisen ist auf das zunehmende Gewicht der EU bei nationalen
finanzpolitischen Entscheidungen.
380 Prüfungswissen Wirtschaftslehre

Instrumente Die Instrumente der Finanzpolitik sind in drei Bereiche gegliedert:


• Einnahmenpolitik: Dazu gehören die Steuer- und Schuldenpolitik
(Debt Management).
• Ausgabenpolitik: Im Rahmen einer Stabilisierungspolitik fällt ihr
die zentrale Aufgabe zu, durch Konjunktur- und Ausgabenpro-
gramme die Gesamtnachfrage antizyklisch zu variieren, um auf
diese Weise eine Veränderung der Investitions- und Konsumtätig-
keit zu bewirken; dafür geeignet sind vornehmlich Investitionsaus-
gaben, die sich nicht nur im Fall der Rezession erhöhen, sondern
auch in Boomsituationen reduzieren lassen. Verbreitete Instru-
mente der Ausgabenpolitik sind Subventionen und Transfers.
• Budgetpolitik: Je nach seiner Einnahme- und Ausgabestruktur
und nach seinen Veränderungen gegenüber der Vorperiode kann
ein Haushalt mehr oder weniger expansiv sein und damit entspre-
chend auf die Gesamtwirtschaft einwirken.
Probleme finanzpoli- • Ausweichmöglichkeiten: Sie orientieren sich vornehmlich an den
tischer Steuerung Vermeidungsmöglichkeiten der Steuern; für die meisten steuerpoli-
tischen Instrumente sind daher die Signalwirkungen von zentraler
Bedeutung, die darauf gerichtet sind, die gewünschten Verhal-
tensänderungen durch steuerliche Entlastungen zu bewirken.
• Diskretionäre oder regelgebundene Finanzpolitik: Probleme
zielorientierter Finanzpolitik bestehen vor allem bei der Prognose
und Planung sowie bezüglich des zeitlichen Einsatzes der Instru-
mente (Timing).

5. Nachfrage- und angebotsorientierte Wirtschaftspolitik


Nachfrageorientierte Wirtschaftspolitik
Die nachfrageorientierte Wirtschaftspolitik weist dem Staat wichtige Aufgaben bei der Stabili-
sierung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung zu. Durch antizyklisches Verhalten, z. B.
durch Ausgabenerhöhung bei schwacher privatwirtschaftlicher Nachfrage bzw. durch Ausga-
bensenkung bei Übernachfrage, und aktive Wirtschaftspolitik soll der Staat wirtschaftspoliti-
sche Verpflichtungen übernehmen. Nachfrageorientierte staatliche Maßnahmen bedeuten,
dass der Staat den Bundeshaushalt nachfragewirksam einsetzt. So können die Staatsausga-
ben durch zusätzliche Transferzahlungen an bestimmte Bevölkerungsgruppen sowie zusätzli-
che Subventionen an Unternehmen erhöht werden. Andererseits können die Staatseinnah-
men durch die Erhöhung von z. B. Steuern und Zöllen verbessert werden.
Angebotsorientierte Wirtschaftspolitik
Es ist eine wirtschaftspolitische Theorie, die davon ausgeht, dass das Investitionsverhalten
und damit das wirtschaftliche Wachstum und die Beschäftigung in erster Linie von den Rendi-
teerwartungen der Kapitalgeber bestimmt werden. Die Entscheidung, ob und wo investiert
wird, ist daher aus Sicht dieser Theorie vor allem von den wirtschaftspolitischen Rahmenbe-
dingungen (Geldwertstabilität, Löhne, Arbeitszeitregelungen, Steuern, staatlichen Auflagen
etc.) abhängig. Eine staatliche Maßnahme angebotsorientierter Wirtschaftspolitik ist die För-
derung der Vergabe zinsgünstiger Darlehen zur Erleichterung von Existenzgründungen. Ein
weiteres Beispiel für diese Theorie ist die Verringerung der Abgabenlast für die Unternehmen,
z. B. durch die Senkung der Sozialversicherungsbeiträge.
L L Geldpolitik

Geldpolitik

1. Europäisches System der Zentralbanken (ESZB)


Ziel des Euro- • Gewährleistung der Preisstabilität (Geldwertstabilität)
Währungssys- • Preisstabilität wird definiert als Anstieg des Harmonisierten Verbrau-
tems cherpreisindex (HVPI) für das Euro-Währungsgebiet von unter, aber
nahe bei 2 % gegenüber dem Vorjahr. Entsprechend der Definition
muss Preisstabilität dabei mittelfristig gewährleistet sein.
• Unterstützung der allgemeinen Wirtschaftspolitik in der Gemeinschaft
• Förderung des reibungslosen Funktionierens des Zahlungsverkehrs
• Verwaltung der Währungsreserven der Mitgliedsländer
• Beratung der EU-Organe und der Mitgliedsstaaten, z. B. im Bereich
der Bankenaufsicht und in Fragen der Stabilität des Finanzsystems
Zusammenset- Das ESZB setzt sich aus der Europäischen Zentralbank (EZB) mit Sitz
zung des ESZB in Frankfurt am Main und den Nationalen Zentralbanken (NzBen) aller
Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) zusammen.
Dem ESZB gehören auch die Zentralbanken der EU-Länder an, die den
Euro noch nicht eingeführt haben.
Organe der EZB EZB-Rat
Er ist das oberste Entscheidungsorgan. Ihm gehören der EZB-
Präsident, EZB-Vizepräsident und 4 weitere Mitglieder des EZB-
Direktoriums sowie die Präsidenten der 17 nationalen Zentralbanken
an.
Aufgaben:
• Er trifft die geldpolitischen Entscheidungen.
• Er hat das Recht, Leitlinien und Entscheidungen zur Ausführung der
dem Eurosystem übertragenen Aufgaben zu erlassen.
• Er legt die Geschäftsordnung und die Organisation der EZB und ihrer
Beschlussorgane fest.
• Notenbankmonopol: Ausgabe von Banknoten durch die EZB im Zu-
sammenwirken mit den nationalen Zentralbanken. In Deutschland hat
die Deutsche Bundesbank das ausschließliche Recht zur Ausgabe
von Banknoten. Die Euromünzen werden jeweils im Auftrag der Re-
gierungen ausgegeben.
EZB-Direktorium
Es besteht aus dem Präsidenten, dem Vizepräsidenten und vier weite-
ren Mitgliedern.
Aufgaben:
• Durchführung der laufenden Geschäfte der EZB
• Vorbereitung der Sitzung des EZB-Rates
• verantwortlich für die einheitliche Durchführung der Geldpolitik im
Eurosystem

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und Steuerung, Wirtschafts- und Sozialkunde, Prüfungstraining für
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382 Prüfungswissen Wirtschaftslehre

Erweiterter Rat
Er setzt sich zusammen aus dem EZB-Rat und allen übrigen Präsiden-
ten der nationalen Zentralbanken der EU-Länder, die noch nicht den
Euro eingeführt haben.
Aufgaben:
Geldpolitische Befugnisse hat der Erweiterte Rat nicht, doch leistet er in
Fragen der Erweiterung der Währungsunion sowie der Harmonisierung
der Statistiken wichtige Vorarbeiten.
Geldpolitisches Offenmarktgeschäfte:
Instrumentarium • Hauptrefinanzierungsgeschäfte
• längerfristige Refinanzierungsgeschäfte
• Feinsteuerungsoperationen
• strukturelle Operationen
• Tenderverfahren
Ständige Fazilitäten:
• Spitzenrefinanzierungsfazilität
• Einlagefazilität
• Geldmarktsteuerung des Eurosystems
Mindestreserve

2. Chronik des Euros


März 1979 Das Europäische Währungssystem tritt in Kraft. Im Europäischen Währungssys-
tem (EWS) gelten feste Wechselkurse mit vertraglich festgelegten Schwankungsbreiten. Eine
fiktive europäische Währung bekommt den Namen Ecu.
Juli 1990 Erste Stufe der Wirtschafts- und Währungsunion: Der entstehende europäische
Binnenmarkt soll in allen EU-Staaten den freien Wettbewerb gewährleisten.
Dezember 1991 Im niederländischen Maastricht einigen sich die Teilnehmerstaaten auf einen
Stufenplan zur Einführung der gemeinsamen Währung. Ein Katalog strenger Konvergenzkrite-
rien legt u. a. Höchstgrenzen für Haushaltsdefizit und Staatsverschuldung fest.
Januar 1994 Frankfurt wird Sitz des Europäischen Währungsinstituts, des Vorläufers der
Europäischen Zentralbank (EZB).
Dezember 1995 Die künftige Gemeinschaftswährung bekommt den Namen Euro.
Juni 1997 Auf deutsche Initiative hin verpflichten sich die EU-Länder im Stabilitäts- und
Wachstumspakt zu dauerhaft solider Haushaltsführung.
Mai 1998 Elf Mitgliedstaaten erfüllen die Aufnahmekriterien für den Euro. Jedoch griffen etli-
che von ihnen zu massiven Haushaltstricks, um die Vorgaben einzuhalten.
Januar 1999 Beginn der Währungsunion mit unwiderruflichen festen Wechselkursen. Von
den 15 EU-Staaten führen Großbritannien, Dänemark und Schweden den Euro nicht ein.
Januar 2001 Griechenland meldet eine Neuverschuldung von zuletzt nur noch 2,9 % seines
BIP und darf als zwölftes Land der Eurozone beitreten.
Januar 2002 Euro-Scheine und -Münzen ersetzen in der Euro-Zone die jeweilige Landeswäh-
rung. Da der Einzelhandel die Umstellung teils für verdeckte Preiserhöhungen nutzt, spricht
man in Deutschland bald vom „Teuro“.
2002/2003 Gegen Deutschland, Frankreich und Portugal laufen Defizitverfahren wegen zu
hoher Neuverschuldung. Die Länder entgehen schließlich möglichen Sanktionen.
L. Geldpolitik 383

September 2004 Die griechische Regierung meldet der EU, dass die Haushaltszahlen ver-
gangener Jahre falsch berechnet wurden.
März 2005 Die EU-Staaten beschließen nach monatelangen Kontroversen eine Aufweichung
des Stabilitätspakts.
Januar 2007 Slowenien führt den Euro ein.
2008 Malta und Zypern führen den Euro ein.
Dezember 2008 Die EU-Staaten kündigen ein auf Pump finanziertes EU-
Konjunkturprogramm an, um die Folgen der Finanz- und Wirtschaftskrise abzumildern. Die
Stabilitätskriterien für den Euro werden praktisch außer Kraft gesetzt.
2009 Die Slowakei führt den Euro ein.
Oktober 2009 Griechenland korrigiert das laufende Defizit auf 12,7 % seines BIP. Rating-
Agenturen stufen die Kreditwürdigkeit des Landes herab.
Februar 2010 Griechenland muss seinen Haushalt unter EU-Kontrolle stellen. Durch drasti-
sche Sparmaßnahmen soll sich das Land bis 2012 sanieren.
Mai 2010 Der Deutsche Bundestag verabschiedet das Gesetz zur Übernahme von Gewähr-
leistungen im Rahmen eines europäischen Stabilisierungsmechanismus.
Die Euro-Krise 2010 ist eine Haushaltskrise mehrerer Mitgliedstaaten der Eurozone. Beson-
ders betroffen ist dabei Griechenland, aber auch andere Länder wie Irland, Spanien, Italien
und Portugal sind betroffen. Aufgrund dieser Finanzkrise wird der Europäische Stabilisie-
rungsmechanismus entwickelt, der im Notfall gegenseitige Hilfsmaßnahmen vorsieht.
November 2010 Irland braucht bis zu 70 Milliarden Euro aus dem Rettungsschirm. Das
schwächt den Euro und erhöht das Risiko einer Abwertungsspirale.
Januar 2011 Estland führt als 17. EU-Land den Euro ein.
Februar 2011 Die Euro-Finanzminister einigen sich darauf, den Europäischen Stabilitätsme-
chanismus (ESM) mit 500 Milliarden Euro verfügbaren Mitteln auszustatten.
Mai 2011 Die Finanzminister der Euro-Zone beschließen ein 78 Milliarden Euro schweres
Rettungspaket für Portugal.
Juli 2011 Auf einem Sondergipfel einigt sich die EU prinzipiell auf weitere Griechenland-Hilfen
in Höhe von 109 Milliarden Euro.
September 2011 Die Verschärfung des Stabilitätspakts wird beschlossen. Durch die größte
Reform der Währungsunion seit der Euroeinführung 1999 sollen die Regierungen künftig mit
härteren und früheren Sanktionen zum Sparen gezwungen werden.
Der Bundestag billigt den erweiterten European Financial Stability Facility (EFSF).
Oktober 2011 Der EU-Gipfel beschließt einen Schuldenschnitt für Griechenland von 50 Pro-
zent. Banken und Fonds müssen auf 100 Milliarden Euro ihrer Forderungen verzichten.
Dezember 2011 Deutschland und Frankreich beschließen, über Vertragsänderungen automa-
tische Sanktionen und Schuldenbremsen in der Eurozone einzuführen.
Nahezu alle Mitgliedstaaten einigen sich beim EU-Gipfel in Brüssel nach zähen Verhandlun-
gen auf eine Fiskalunion. Großbritannien steht im Abseits. Eine Spaltung der EU wird abge-
wendet.
Januar 2012 Standard & Poor’s senkt die Bonität Frankreichs um eine Stufe auf AA. Acht
weitere Euro-Länder sind ebenfalls betroffen.
Der EU-Gipfel einigt sich auf einen Fiskalpakt für Euro-Länder.
384 Prüfungswissen Wirtschaftslehre

März 2012 Die Beteiligung privater Gläubiger an der Umschuldung Athens liegt bei 85,8 %.
Der Schuldenschnitt wird damit trotz hoher freiwilliger Beteiligung erzwungen.
Die Eurogruppe gibt das zweite Griechenland-Paket frei. Der IWF beteiligt sich daran mit 28
Milliarden Euro.
Die Eurogruppe einigt sich auf eine Erhöhung ihrer Rettungsschirme auf maximal 800 Milliar-
den Euro. Die spanische Regierung beschließt Sparpaket über 27 Milliarden Euro.
April 2012 Portugal ratifiziert EU-Fiskalpakt.
Griechenland bekommt erste Hilfstranche für Bankensektor.
Standard & Poor’s stuft Spanien herab von „A" auf „BBB+".
Mai 2012 Die spanische Regierung übernimmt Die Kontrolle über die angeschlagene Groß-
bank Bankia.
EU-Kommission will Spanien unter Auflagen ein Jahr länger zur Erreichung der Defizitgrenze
von drei Prozent geben.
Juni 2012 Die Iren stimmen mit 60,3 Prozent für den EU-Fiskalpakt.
Die spanischen Banken benötigen nach Einschätzung des Internationalen Währungsfonds
(IWF) mindestens 40 Milliarden Euro.
Juli 2012 EZB senkt Leitzins auf 0,75 %.
November 2012 Die Euro-Staaten und der IWF einigen sich darauf, Griechenland mehr Zeit
für die Umsetzung der Sparvorgaben einzuräumen.
März 2013 Das Rettungspaket für Zypern steht.
Mai 2013 EZB senkt den Leitzins auf 0,5 %.
November 2013 EZB senkt den Leitzins auf 0,25 %.
Juni 2013 EZB senkt den Leitzins auf 0,15 %. Der Einlagezins wird im Minusbereich festge-
setzt.
Januar 2014 Lettland führt als 18. Euroland den Euro ein.
September 2014 EZB startet den Kauf von Wertpapieren und startet damit den Kampf gegen
die drohende Deflation.
Oktober 2014 Beim Stresstest der EZB fallen 25 von 130 Banken durch.
November 2014 EZB übernimmt die Bankenaufsicht.
Januar 2015 Litauen führt als 19. Euroland den Euro ein.
Im Kampf gegen die drohende Deflation gibt die EZB bekannt, Staatsanleihen im Wert von
1.140 Milliarden EUR aufzukaufen zu wollen.
Nach Neuwahlen droht in Griechenland ein Ende des Sparkurses.
Februar 2015 EZB droht, die griechischen Banken von weiteren Krediten abzuschneiden. Der
Dax ist auf Rekordhoch mit 11.000 Punkten.
Juli 2016 Großbritannien beschließt den Austritt aus der EU.
L. Geldpolitik 385

Konvergenzkriterien
Maastrichter An einer Währungsunion können nur Staaten teilnehmen, die einan-
Vertrag der in ihrer wirtschaftlichen Entwicklung ähnlich sind (Konvergenz:
Annäherung, Übereinstimmung). Im Maastrichter Vertrag von 1991
wurden Konvergenzkriterien festgelegt, die ein Land erfüllen muss,
um der Wirtschafts- und Währungsunion beitreten zu können:
Preisstabilität Die Inflationsrate darf nicht mehr als 1,5 % über der Inflationsrate der
drei preisstabilsten Mitgliedstaaten liegen.
Haushaltsdefizit Die Neuverschuldung darf 3 % des Bruttoinlandsprodukts nicht über-
schreiten
Verschuldung Die öffentliche Verschuldung (in Deutschland: Gesamtverschuldung
von Bund, Ländern und Kommunen) darf maximal 60 % des Bruttoin-
landsprodukts betragen.
Zinsen Der Zinssatz für langfristige Anlagen (Staatsschuldverschreibungen)
darf nicht mehr als 2 % über dem der preisstabilsten Mitgliedstaaten
liegen.
Stabile Ein Mitgliedstaat muss vor der Aufnahme in die Währungsunion min-
Wechselkurse destens zwei Jahre am Wechselkursmechanismus des Europäischen
Währungssystems teilnehmen und darf seine Währung dabei nicht
abwerten
Unabhängigkeit Die Unabhängigkeit der EZB ist im institutionellen Rahmen für die
der EZB einheitliche Geldpolitik (dem Vertrag über die Arbeitsweise der Euro-
päischen Union, AEU-Vertrag, und der ESZB-Satzung) festgelegt.
Die Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank (EZB) ist der Ge-
währleistung von Preisstabilität förderlich.
No-Bailout-Klausel Artikel 125 des Vertrages über die Arbeitsweise der EU (No-Bailout-
Klausel): Ein Mitgliedstaat haftet nicht für die Verbindlichkeiten der
Zentralregierungen, der regionalen oder lokalen Gebietskörperschaf-
ten oder anderen öffentlich-rechtlichen Körperschaften, sonstiger Ein-
richtungen des öffentlichen Rechts oder öffentlicher Unternehmen
eines anderen Mitgliedstaats und tritt nicht für derartige Verbindlich-
keiten ein.
386 Prüfungswissen Wirtschaftslehre

Haushaltsdefizite / -überschuss der EU-Länder (in % des BIP)


DĂĂƐƚƌŝĐŚƚͲ'ƌĞŶnjǁĞƌƚ͗Ͳϯ͕Ϭ  
2015 2016 2017* 2018* 2019*
Belgien -2,5 -2,5 -1,5 -1,4 -1,5
Bulgarien -1,6 0,0 0,0 0,0 +0,2
Dänemark -1,8 -0,6 -1,0 -1,0 -0,9
Deutschland +0,6 +0,8 +0,9 +1,0 +1,1
Estland +0,1 -0,3 -0,2 -0,4 -0,5
Finnland -2,7 -1,7 -1,4 -1,2 -0,8
Frankreich -3,6 -3,4 -2,9 -2,9 -3,0
Griechenland -5,7 +0,5 -1,2 +0,9 +0,8
Großbritannien -4,3 -2,9 -2,1 -1,9 -1,5
Irland -1,9 -0,7 -0,4 -0,2 -0,2
Italien -2,6 -2,5 -2,1 -1,8 -2,0
Kroatien -3,3 -0,9 -0,9 -0,9 -0,7
Lettland -1,2 0,0 -0,9 -1,0 -1,1
Litauen -0,2 +0,3 +0,1 +0,2 +0,2
Luxemburg +1,4 +1,6 +0,5 +0,3 +0,4
Malta -1,1 +1,1 +0,9 +0,5 +0,5
Niederlande -2,1 +0,4 +0,7 +0,5 +0,9
Österreich -1,0 -1,6 -1,0 -0,9 -0,6
Polen -2,6 -2,5 -1,7 -1,7 -1,9
Portugal -4,4 -2,0 -1,4 -1,4 -1,2
Rumänien -0,8 -3,0 -3,0 -3,9 -4,1
Schweden +0,2 +1,1 +0,9 +0,7 +0,6
Slowakei -2,7 -2,2 -1,6 -1,0 -0,2
Slowenien -2,9 -1,9 -0,8 0,0 +0,4
Spanien -5,3 -4,5 -3,1 -2,4 -1,7
Tschechien -0,6 +0,7 +1,2 +0,8 +0,6
Ungarn -2,0 -1,9 -2,1 -2,6 -2,3
Zypern -1,2 +0,5 +1,1 +1,4 +1,9

Quelle: Eurostat/EU-Kommission; *Schätzung


L. Geldpolitik 387

Gesamtschulden der EU-Länder (in % des BIP)


DĂĂƐƚƌŝĐŚƚͲ'ƌĞŶnjǁĞƌƚ͗ϲϬй  
2015 2016 2017* 2018* 2019*
Belgien 106,0 105,7 103,8 102,5 101,2
Bulgarien 26,0 29,0 25,7 24,3 22,8
Dänemark 39,5 37,7 36,1 35,5 34,6
Deutschland 70,9 68,1 64,8 61,2 57,9
Estland 10,0 9,4 9,2 9,1 9,1
Finnland 63,6 63,1 62,7 62,1 61,6
Frankreich 95,8 96,5 96,9 96,9 96,9
Griechenland 176,8 180,8 179,6 177,8 170,1
Großbritannien 88,2 88,3 86,6 85,3 84,2
Irland 76,9 72,8 69,9 69,1 67,2
Italien 131,5 132,0 132,1 130,8 130,0
Kroatien 85,4 82,9 80,3 77,4 74,5
Lettland 36,9 40,6 39,1 35,6 35,8
Litauen 42,6 40,1 41,5 37,9 38,9
Luxemburg 22,0 20,8 23,7 23,0 22,9
Malta 60,3 57,6 54,9 51,6 48,8
Niederlande 64,6 61,8 57,7 54,9 51,5
Österreich 84,3 83,6 78,6 76,2 73,4
Polen 51,1 54,1 53,2 53,0 53,0
Portugal 128,8 130,1 126,4 124,1 121,1
Rumänien 37,9 37,6 37,9 39,1 40,5
Schweden 44,2 42,2 39,0 36,6 34,4
Slowakei 52,3 51,8 50,6 49,9 47,2
Slowenien 82,6 78,5 76,4 74,1 72,0
Spanien 99,4 99,0 98,4 96,9 95,5
Tschechien 40,0 36,8 34,6 33,3 32,5
Ungarn 74,7 73,9 72,6 71,5 69,4
Zypern 107,5 107,1 103,0 98,3 93,9
Quelle: Eurostat/EU-Kommission; *Schätzung
388 Prüfungswissen Wirtschaftslehre

3. Europäische Zentralbank
3.1 Organisation der EZB
Die Wahl des Präsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB) sowie von Mitgliedern des Direk-
toriums der EZB wird in Artikel 283 Abs. 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen
Union geregelt. Er lautet: „Der Präsident, der Vizepräsident und die weiteren Mitglieder des Di-
rektoriums werden vom Europäischen Rat auf Empfehlung des Rates, der hierzu das Europäi-
sche Parlament und den Rat der Europäischen Zentralbank anhört, aus dem Kreis der in Wäh-
rungs- oder Bankfragen anerkannten und erfahrenen Persönlichkeiten mit qualifizierter Mehrheit
ausgewählt und ernannt. Ihre Amtszeit beträgt 8 Jahre; Wiederernennung ist nicht zulässig.“
Normalerweise fällen die Mitgliedsländer der Europäischen Währungsunion die Entscheidungen
über die Zusammensetzung des Direktoriums der EZB einstimmig. Theoretisch reicht eine quali-
fizierte Mehrheit aus. Bei Entscheidungen, die nicht auf Initiative der Kommission gefällt werden
– das EZB-Direktorium wird auf Empfehlung des Ministerrats gewählt -, gilt als qualifizierte
Mehrheit eine Mehrheit von mindestens 72 % der betroffenen Mitgliedsländer. Für eine Wahl
sind also 72 % der 19 Mitgliedsstaaten der Eurozone nötig. Diese müssen außerdem mindestens
65 % der Bevölkerung der beteiligten Mitgliedstaaten ausmachen.

3.2 Ziele und Aufgaben der EZB


Gesetzliche Die Aufgaben des ESZB und des Eurosystems sind im Vertrag zur Grün-
Grundlagen dung der Europäischen Gemeinschaft festgelegt. In der Satzung des Euro-
päischen Systems der Zentralbanken (ESZB) und der Europäischen Zent-
ralbank (EZB) werden sie im Einzelnen erläutert.
Ziele Das vorrangige Ziel des ESZB ist es, die Preisstabilität zu gewährleisten. So-
weit dies ohne Beeinträchtigung des Zieles der Preisstabilität möglich ist, un-
terstützt das ESZB die allgemeine Wirtschaftspolitik in der Gemeinschaft, um
zur Verwirklichung der in Artikel 2 festgelegten Ziele der Gemeinschaft beizu-
tragen (Artikel 105 Absatz 1 des EG-Vertrags). Die Ziele der Union (Artikel 2
des Vertrags über die Europäische Union) sind ein hohes Beschäftigungsni-
veau und ein beständiges, nichtinflationäres Wachstum.
Aufgaben Gemäß Artikel 105 Absatz 2 des Vertrags zur Gründung der Europäischen
Gemeinschaft bestehen die grundlegenden Aufgaben darin,
• die Geldpolitik des Euro-Währungsgebiets festzulegen und auszuführen,
• Devisengeschäfte durchzuführen,
• die offiziellen Währungsreserven der Mitgliedstaaten zu halten und zu
verwalten (siehe Portfoliomanagement),
• das reibungslose Funktionieren der Zahlungssysteme zu fördern.
• Banknoten: Die EZB hat das ausschließliche Recht, die Ausgabe von
Banknoten innerhalb des Euroraums zu genehmigen.
• Statistik: In Zusammenarbeit mit den nationalen Zentralbanken erhebt die
EZB entweder von nationalen Behörden oder direkt von den Wirtschafts-
akteuren die für die Erfüllung der Aufgaben notwendigen statistischen Da-
ten.
• Aufsicht über die Kreditinstitute und Stabilität des Finanzsystems:
Das Eurosystem trägt zur reibungslosen Durchführung der von den zu-
ständigen Behörden auf dem Gebiet der Aufsicht über die Kreditinstitute
L. Geldpolitik 389

und der Stabilität des Finanzsystems ergriffenen Maßnahmen bei.


• Internationale und europäische Zusammenarbeit: Zum Zwecke der
Erfüllung der dem Eurosystem übertragenen Aufgaben arbeitet die EZB
sowohl innerhalb der EU als auch international mit den zuständigen Orga-
nen, Einrichtungen und Foren zusammen.

4. Instrumentarium der EZB


4.1 Hauptrefinanzierungs- und Offenmarktgeschäfte
Hauptrefinanzierungs- Das Eurosystem stellt Zentralbankgeld vornehmlich über befristete
geschäfte Transaktionen zur Verfügung. Dabei handelt es sich entweder um
Wertpapierpensionsgeschäfte oder um eine mit Wertpapieren be-
sicherte Kreditvergabe der Notenbank an die Kreditinstitute, bei der
die Zentralbank notenbankfähige Aktiva zum Pfand hereinnimmt,
anstatt sie anzukaufen. Mit Hilfe der befristeten Transaktionen
steuert das Eurosystem die Zinsen und die Liquidität am Geldmarkt
und gibt Signale über seinen geldpolitischen Kurs. Üblicherweise
stehen die wöchentlich im Ausschreibungswege durchgeführten
siebentägigen Hauptrefinanzierungsgeschäfte im Mittelpunkt.
Längerfristige Die Liquiditätsbereitstellung mittels der längerfristigen Refinanzie-
Refinanzierungs- rungsgeschäfte erfolgt ebenfalls über befristete Transaktionen.
geschäfte Allerdings werden diese Geschäfte nur in monatlichen Abständen
ausgeschrieben. Die Laufzeit dieser Basistender beträgt 3 Mona-
te.
Im Zuge der Finanzkrise hat das Eurosystem die Häufigkeit und
Laufzeit der längerfristigen Liquiditätsbereitstellung ausgeweitet,
indem zeitlich befristet nun auch Operationen mit einer Laufzeit
von 6 bzw. 12 Monaten durchgeführt werden.
Zusätzlich werden Refinanzierungsgeschäfte angeboten, die je-
weils die Laufzeit einer Mindestreserveperiode abdecken.
Feinsteuerungs- Feinsteuerungsoperationen werden nur von Fall zu Fall durchge-
operationen führt, um unerwartete Liquiditätsschwankungen auszugleichen.
Feinsteuerungsmaßnahmen können Iiquiditätsabschöpfend oder
liquiditätszuführend sein. Dies geschieht in Form von sehr kurz-
fristigen Kreditvergaben bzw. durch die Hereinnahme von Ter-
mineinlagen.
Strukturelle Sie dienen dazu, die Liquiditätsposition des Bankensystems ge-
Operationen genüber dem Eurosystem langfristig zu beeinflussen. Sie werden z.
B. eingesetzt, wenn das Liquiditätsdefizit der Banken aus Sicht des
Eurosystems so gering ist, dass die Banken ihren Zentralbankgeld-
bedarf nicht durch Refinanzierungsgeschäfte mit dem Eurosystem
decken müssen. Die geldpolitischen Instrumente können dann
nicht wirksam werden. Durch die Ausgabe von Schuldverschrei-
bungen kann das Liquiditätsdefizit aber beispielsweise erhöht wer-
den, sodass die Banken sich wieder bei der Zentralbank refinanzie-
ren müssen.
390 Prüfungswissen Wirtschaftslehre

Verfahrensweisen bei Die offenmarktpolitischen Transaktionen des Eurosystems können


Tendergeschäften grundsätzlich als Tender (Versteigerungsverfahren) oder als bila-
terale Geschäfte (Direktabschluss ohne Tender) erfolgen.
Bei der Durchführung der Tender gibt es zwei Varianten:
Am Standardtender können alle zugelassenen Geschäftspartner
des Eurosystems teilnehmen. Laufzeit und Geschäftsabwicklung
(von der der Ankündigung bis zur Gutschrift i. d. R. 3 Tage) sind
standardisiert.
Bei Schnelltendern kann der Teilnehmerkreis auf bestimmte Insti-
tute begrenzt werden. Schnelltender werden nur innerhalb von nur
90 Minuten nach Ankündigung des Geschäfts durchgeführt und am
gleichen Tag abgewickelt.
Bei den Tenderverfahren wird zwischen dem Mengentender und
dem Zinstender unterschieden. Bei beiden Verfahren geben die
Banken ihre Gebote zu einem festgelegten Zeitpunkt ab. Sie wissen
nicht, ob und in welcher Höhe andere Banken ebenfalls Gebote
abgeben.

4.2 Tenderverfahren
Mengentender Der Mengentender ist ein Ausschreibungs- bzw. Zuteilungsverfahren
für Wertpapierpensionsgeschäfte, das die Europäische Zentralbank
(EZB) im Rahmen ihrer Offenmarktpolitik einsetzt. Dabei legt die EZB
den Zins (Pensionssatz) fest, zu dem Kreditinstitute Wertpapiere an
die EZB verkaufen können, während die Kreditinstitute Gebote dar-
über abgeben, wie viele Wertpapiere sie abgeben wollen. Zugeteilt
wird dann der Betrag, der den Vorstellungen der EZB bezüglich der
Geldmenge entspricht. Das einzelne Kreditinstitut erhält dann den
Betrag, der seinem Anteil am Gesamtbetrag sämtlicher abgegebenen
Verkaufsangebote aller Kreditinstitute entspricht. Die EZB setzt durch
die Festlegung des Zinssatzes für den Ankauf von Wertpapieren ein
geldpolitisches Signal.
Zinstender Der Zinstender zeichnet sich dadurch aus, dass die Kreditinstitute
neben der Betragshöhe auch den Zinssatz nennen müssen, zu dem
sie bereit sind, Geschäfte mit dem Eurosystem abzuschließen. Bei
Zinstendern kann das Eurosystem die Zuteilung entweder zu einem
einheitlichen Satz oder zu den individuellen Bietungssätzen vorneh-
men (Zuteilungsverfahren). Zuteilungsverfahren im Rahmen der Plat-
zierung von Wertpapieren durch die EZB
Dabei gibt diese einen Mindestzinssatz für Bietungen der Banken vor.
Diese geben bei Interesse an Abschlüssen ihre Gebote ab, zu denen
sie zum Abschluss bereit sind. Die Zuteilung erfolgt dann nach hollän-
dischem oder amerikanischem Verfahren: Beim holländischen Verfah-
ren wird ein einheitlicher Zinssatz oder Preis oder Kurs errechnet, zu
dem alle Wertpapiere abgesetzt werden können; beim amerikani-
schen Verfahren erfolgt die Zuteilung auf der Basis der von den Ban-
ken gebotenen Zinssätze bzw. Kurse.
L. Geldpolitik 391

Beispiel für ein Tenderverfahren


Ausgangslage: Die EZB beschließt, 113 Mio. EUR in einem Tenderverfahren zuzuteilen. 3 Kre-
ditinstitute geben Gebote in Mio. EUR ab:
Zinssatz in % Bank A Bank B Bank C
0,62 10 10
0,61 10 10
0,60 10 10
0,59 10 10 15
0,58 10 15 20
0,57 15 15 20
0,56 10 10 10
0,55 10 15

Ergebnis der Zuteilung


Bietungssatz in % Menge in Mio. Bank A Bank B Bank C
EUR
0,62 20 10 10 -
0,61 20 - 10 10
0,60 20 - 10 10
0,59 35 10 10 15
0,58 18 4 6 8
= marginaler Zinssatz
Summe/Zuteilung je Bank 113 24 46 43

4.3 Ständige Fazilitäten


Spitzenrefi- Zum Instrumentarium des Eurosystems gehören zwei ständige Fazilitäten.
nanzierungs- Dabei handelt es sich zum einen um eine Spitzenrefinanzierungsfazilität, um
fazilität Übernachtliquidität zu einem vorgegebenen Zinssatz bereitzustellen und so
ein Ausbrechen des Tagesgeldsatzes nach oben zu begrenzen. Die Banken
können darauf bei den nationalen Zentralbanken von sich aus und – sofern
sie entsprechende Sicherheiten haben – praktisch unbegrenzt über Nacht
für Liquidität sorgen. Am nächsten Tag müssen sie den Kredit dann wieder
zurückzahlen. Auch dieser Kredit wird auf Pfandbasis abgewickelt. Der Zins-
satz für diesen Kredit ist höher als der Satz im Hauptrefinanzierungsge-
schäft. Er bildet im Allgemeinen die Obergrenze für den Tagesgeldsatz, da
keine Bank, die ausreichend Sicherheiten hat, am Geldmarkt mehr zahlen
wird, als sie bei der Notenbank für einen Übernachtkredit bezahlen muss.
Einlage- Sie bietet den Geschäftsbanken die Möglichkeit, kurzfristig nicht benötigte
fazilität (überschüssige) Geldmittel bis zum nächsten Geschäftstag (Übernachtgeld)
anzulegen. Die Grundlage hierfür bildet der Einlagenfazilität-Zinssatz, wel-
cher auf dem Geldmarkt als natürliche Untergrenze gilt, da kein Marktteil-
nehmer einen Kredit zu einem niedrigeren Zinssatz vergeben würde, solan-
ge er mit der Geldanlage im Rahmen der Einlagenfazilität eine höhere Ren-
dite erzielen kann. Dieser Zinssatz ist also im Allgemeinen die Untergrenze
für den Tagesgeldsatz am Geldmarkt und zählt folglich zu den Leitzinsen
des Eurosystems.
392 Prüfungswissen Wirtschaftslehre

Geldmarkt- Die Zinssätze am Geldmarkt bewegen sich innerhalb eines Korridors, der
steuerung durch die Zinsen für die Spitzen- und die Einlagefazilität begrenzt ist. Inner-
des Euro- halb dieses Korridors orientieren sie sich bei ausgeglichener Liquiditätslage
systems üblicherweise eng am Satz für das Hauptrefinanzierungsgeschäft. Dieser
Zusammenhang ermöglicht es dem Eurosystem, die kurzfristigen Geld-
marktsätze zu steuern.

4.4 Mindestreserve
Wesen Die Europäische Zentralbank (EZB) verlangt von Kreditinstituten, auf Giro-
konten bei den nationalen Zentralbanken (NZBen) Pflichteinlagen zu unter-
halten: Diese werden als „Mindestreserven“ oder „Reserve-Soll“ bezeichnet.
Die Höhe der von jedem Institut zu unterhaltenden Mindestreserven richtet
sich nach seiner Reservebasis.
Reserve-Soll Das Mindestreserve-Soll eines Instituts wird ermittelt, indem die Mindestre-
servebasis mit einem Mindestreservesatz multipliziert wird. Die EZB wendet
einen einheitlichen positiven Reservesatz auf den überwiegenden Teil der in
der Mindestreservebasis enthaltenen Bilanzposten an. Dieser Mindestreser-
vesatz wurde zu Beginn der dritten Stufe der Wirtschafts- und Währungsuni-
on auf 2 % festgesetzt und liegt zurzeit bei 0 %. Das Mindestreserve-Soll
jedes einzelnen Instituts wird durch Anwendung des Mindestreservesatzes
auf die Mindestreservebasis berechnet. Die Institute können einen einheitli-
chen Freibetrag in Höhe von 100.000 EUR von ihrem Mindestreserve-Soll
abziehen. Mit diesem Freibetrag sollen die Verwaltungskosten bei einem
sehr geringfügigen Mindestreserve-Soll verringert werden.
Reserve-Ist Zur Erfüllung ihrer Mindestreservepflicht müssen Kreditinstitute Guthaben
auf ihren Girokonten bei den NZBen unterhalten. Dabei erlaubt das Mindest-
reservesystem des Eurosystems den Geschäftspartnern eine Durchschnitts-
erfüllung der Mindestreserve; dies bedeutet, dass sich die Erfüllung der Min-
destreservepflicht nach den durchschnittlichen Kalendertagesendguthaben
auf den Mindestreservekonten innerhalb einer Mindestreserve-
Erfüllungsperiode bemisst.
Die Erfüllungsperiode beginnt jeweils nach der geldpolitischen Sitzung des
EZB-Rats und dauert vom zweiten Mittwoch eines Monats bis zum dritten
Dienstag des folgenden Monats.
Die Banken müssen die vorgeschriebene Mindestreserve aber nicht an je-
dem Tag in voller Höhe als Guthaben auf ihrem Zentralbankkonto haben,
sondern nur im Durchschnitt über die gesamte Mindestreserveperiode. Das
verschafft den Banken Flexibilität.
Verzinsung Das Eurosystem will gewährleisten, dass das Mindestreservesystem weder
das Bankensystem im Eurogebiet belastet noch den effizienten Ressour-
ceneinsatz behindert. Deshalb werden die Mindestreserveguthaben verzinst,
und zwar zum durchschnittlichen marginalen Zinssatz der Hauptrefinanzie-
rungsgeschäfte während der Mindestreserve-Erfüllungsperiode (gewichtet
nach der Anzahl der Kalendertage). Dieser Satz liegt daher sehr nahe bei
den kurzfristigen Geldmarktzinssätzen. Hält eine Bank im Durchschnitt ein
höheres Guthaben auf ihrem Zentralbankkonto als ihr Mindestreservesoll
beträgt, wird diese „Überschussguthaben“ nicht verzinst.
L. Geldpolitik 393

Bedeutung Die wichtigsten Funktionen des Mindestreservesystems sind die


• Stabilisierung der Geldmarktsätze und die
• Vergrößerung der strukturellen Liquiditätsknappheit im Bankensystem.
Sanktionen Sollte ein Kreditinstitut in der Europäischen Währungsunion die notwendige
bei Nichter- Mindestreserve der EZB nicht erfüllen, so droht ein Sonderzins von bis zu
füllung der 5 % über dem Spitzenrefinanzierungssatz bzw. bis zu dessen doppelter
Mindestre- Höhe auf alle geliehenen Refinanzierungsmittel für den gesamten Zeitraum
servever- der Nichterfüllung. Weiterhin droht ein genereller Ausschluss von den
pflichtung Offenmarktgeschäften und den Fazilitäten sowie die Hereinnahme einer un-
verzinslichen Einlage bis zur 3-fachen Höhe des Fehlbetrages.
Berechnungsbeispiel für eine Mindestreserve
Mindestreservebasis für Bank A am 250.000.000 EUR
31.10.20..
Mindestreservesoll für Bank A 250.000.000 EUR x 1 % = 2.500.000 EUR
2.500.000 EUR - Freibetrag 100.000 EUR =
2.400.000 EUR
Erfüllungsperiode 35 Kalendertage in der Die Durchschnittserfüllung der Mindestreser-
Zeit vom 11.12.20.. bis 14.01.des nächsten ve beträgt für Bank A pro Tag
Jahres 2.400.000 EUR.
Mindestreserveverzinsung 2.400.000 x 1 x 35 : 36.000 = 2.333,33 EUR
von 1 % für 35 Kalendertage

5. Geldmengenpolitik der EZB


Die Geldmenge M3 setzt sich u. a. zusammen aus dem Bargeld, Einlagen auf Girokonten,
kurzfristigen Geldmarktpapieren sowie aus Schuldverschreibungen bis zu 2 Jahren Laufzeit.
Das Wachstum dieser Geldmenge wird von der EZB mit großer Aufmerksamkeit betrachtet,
da eine übermäßige Geldversorgung von der EZB auf lange Sicht als Auslöser für steigende
Preise angesehen wird.
Die EZB fußt ihre Geldpolitik auf der sog. Zwei-Säulen-Strategie. In der ersten Säule analy-
siert die Notenbank die Entwicklung der Geldmenge, vor allem das weite Geldmengenaggre-
gat M3 und das Kreditwachstum. Dahinter steht die Überlegung, dass Inflation auf mittlere bis
lange Sicht immer ein monetäres Phänomen ist. Nur wenn zu viel Geld auf zu wenige Güter
trifft, können die Preise auf breiter Front und anhaltend steigen.
In der zweiten Säule ihrer Strategie analysiert die EZB eine große Zahl nichtmonetärer Faktoren,
die auf kurze Sicht die Inflationsrate beeinflussen können. Dazu zählen das Wirtschaftswachs-
tum, die Arbeitslosigkeit, Lohnabschlüsse, die staatlichen Haushaltsdefizite und anderes.
394 Prüfungswissen Wirtschaftslehre

6. Wirkungen einer Änderung des Leitzinssatzes


Senkung des Die Senkung eines Leitzinses weist auf eine ausweitende Geldpolitik
Leitzinssatzes hin. Diese hat den Zweck, Kredite zu verbilligen und die Konjunktur zu
beleben.
Für Unternehmen wird demnach die Finanzierung von Investitionen
günstiger, wodurch insgesamt mehr investiert und die Wirtschaft an-
gekurbelt wird. Auch für Verbraucher verbilligen sich die Kredite, was
wiederum das Konsumverhalten belebt. Der Aktienhandel erlebt in der
Regel ebenfalls einen Aufschwung. Im Gegenzug lohnen sich Spar-
einlagen aufgrund der fallenden Zinsen jedoch weniger.
Da sich mit einer Änderung des Leitzinses auch die Differenz zu dem
Zins anderer Länder verändert, die Zinsschere also größer oder klei-
ner wird, werden auch die jeweiligen Landeswährungen beeinflusst.
So wirkt sich eine Zinssenkung in den USA negativ auf den Dollar und
positiv auf den Euro aus. Zinsniveauänderungen haben damit auch
einen Einfluss auf Im- und Export.
Erhöhung des Die Erhöhung des Leitzinses deutet auf eine einschränkende Geldpo-
Leitzinssatzes litik hin. Diese dient dazu, bei einem robusten Wirtschaftswachstum,
die damit wachsende Inflationsgefahr einzudämmen.
Bei einer Zinsanhebung geben Kreditinstitute ihre damit verbundenen
gestiegenen Kosten an ihre Kunden weiter. Dies schlägt sich in ge-
stiegenen Kredit- und Guthabenzinsen nieder. Demzufolge müssen
Kreditnehmer für Geldleihen mehr aufwenden und Sparer können mit
höheren Zinsen rechnen. Letztlich wird das Investitionsvolumen der
Unternehmen eingeschränkt und Verbraucher sparen mehr, als dass
sie Kredite aufnehmen. Außerdem werden Anleihen aufgrund der
besseren Verzinsung gegenüber Aktien interessanter, da deren Kurse
langsamer fallen beziehungsweise steigen. Den positiven Folgen ei-
ner Leitzinserhöhung steht somit eine Einschränkung des Wirt-
schaftswachstums gegenüber.

7. Geldschöpfung
Geldschöpfungsmultiplikator
Der Geldschöpfungsmultiplikator ist ein geldtheoretisches Modell, das das Zusammenspiel
von Zentralbank, Geschäftsbanken und Haushalten bei der Entwicklung der Geldmenge er-
klärt. Das Modell geht dabei von einer Vervielfachung des von der Zentralbank ausgegebenen
Zentralbankgeldes durch die Geschäftsbanken aus.
Reservehaltung der Geschäftsbanken
Der Multiplikatorcharakter wird durch einen einfachen Zusammenhang begrenzt: Banken
können die Einlagen ihrer Kunden nicht in vollem Umfang als Kredite weiterreichen. Dies liegt
zum einen an rechtlichen Beschränkungen (beispielsweise einer vorgeschriebenen Mindest-
reserve, welche im Euroraum bei einem Prozent der erhaltenen Einlagen liegt) zum anderen
auch an der ökonomischen Vernunft der Bank: Sie muss mit regelmäßigen Auszahlungswün-
schen ihrer Kunden rechnen, weswegen sie zumindest einen Teil des eingezahlten Bargelds
als Sicherheit halten muss. Der Anteil der Einlagen, die aus Sicherheitsgründen nicht wieder
ausgegeben werden, „bremst“ den Multiplikatoreffekt ab.
L. Geldpolitik 395

Mathematisch kann der Geldschöpfungsmultiplikator folgendermaßen dargestellt werden:

M
M 1= R + B0
S H

M1 sei hierbei die Geldmenge, die sich aus dem Multiplikatoreffekt ergibt, M0 das Zentral-
bankgeld, RS der Reservesatz der Banken (also derjenige Anteil der Einlagen, die nicht als
Kredit vergeben werden) und BH der Anteil der Bargeldhaltung der Kreditinstitute.
Beispiel
Der Kunde Krause zahlt bei der Nordbank AG 10.000,00 EUR ein. Um dem Bargeldbedarf der
Kundschaft genügen und die Mindestreservepflichten bei der Bundesbank erfüllen zu können,
legt die Nordbank AG nun 9 % (1 % Mindestreserve zuzüglich 8 % allgemeine Bargeldhal-
tung), also 900,00 EUR auf die Seite. Mit den verbleibenden 9.100,00 EUR gewährt sie ihrem
Kunden Müller einen Kredit. Damit kann Müller seine Schulden bei Schmidt begleichen. Er
zahlt die 9.100,00 EUR auf das Konto von Schmidt bei der Unionbank AG ein. Die Unionbank
AG behält hiervon 819,00 EUR ein. Mit den restlichen 8.281,00 EUR gibt sie Schulze einen
Kredit. Schulze kann damit ...
Wie leicht ersichtlich ist, können die Banken aus einer einmaligen Zahlung, im Beispiel
10.000,00 EUR, ein Vielfaches (dies ist der Geldschöpfungsmultiplikator) an neuem Geld
schaffen. Hier sind es 17.381,00 EUR (9.100,00 EUR plus 8.281,00 EUR).
Aus 10.000,00 EUR kann unter Berücksichtigung von 1 % Mindestreserve und 8 % Bargeld-
haltung der Bank insgesamt eine Geldmenge von 9.100 x 100 : 9 = 101.111,11 EUR geschaf-
fen werden.

8. Inflation
Wesen der Inflation Inflation bezeichnet einen andauernden, signifikanten Anstieg des
Preisniveaus infolge längerfristiger Ausweitung der Geldmenge
durch Staaten oder Zentralbanken. Es verändert sich also das Aus-
tauschverhältnis von Geld zu allen anderen Gütern zu Lasten des Gel-
des: für eine Geldeinheit gibt es weniger Güter, oder umgekehrt: für
Güter muss mehr Geld gezahlt werden, das heißt sie werden teurer.
Daher kann man unter Inflation auch eine Geldentwertung verstehen.
Ursachen von • Die Banken gewähren viel zu hohe Kredite an die private Wirt-
Inflation schaft.
• allgemeine Kostensteigerungen (Löhne, Rohstoffe etc.)
• zu hohe Lohnforderungen, die erhöhte Preise verursachen (Lohn-
Preis-Spirale).
• Bei zu hoher Nachfrage nach Gütern steigen die Preise. Dadurch
wird wiederum die Geldmenge erhöht.
• Zu hohe Erträge aus dem Exportgeschäft: Die Devisen fließen in
das Exportland und erhöhen die inländische Geldmenge.
396 Prüfungswissen Wirtschaftslehre

Messung der Die Messung der Inflation erfolgt anhand von Warenkörben und
Inflation Preisindizes. Das Statistische Bundesamt in Wiesbaden berechnet
die Preisindizes für verschiedene Personengruppen, z. B. für die
Lebenshaltung aller privaten Haushalte, auf der Basis von Waren-
körben mit ca. 750 Waren und Dienstleistungen.
Berechnung einer Der Preisindex für die Lebenshaltung hat sich wie folgt entwickelt:
Kaufkraftänderung
Jahr 0 Berichtsjahr Berichtsjahr
(Basisjahr) 1 2
Preisindex 100 102,8 104,9
Die Kaufkraftänderung im Berichtsjahr 2 gegenüber dem Berichts-
jahr 1 beträgt 2,002 %.
Rechenweg: (104,9 - 102,8) : 104,9 x 100
Harmonisierter Im Rahmen der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion
Verbraucherindex wurde eine Harmonisierung der Preismessung für die Lebenshal-
(HVPI) tung auf europäischer Ebene entwickelt. Das Statistische Amt der
Europäischen Gemeinschaften (EUROSTAT) veröffentlicht für den
Zeitraum das Ergebnis dieser Preismessung als Harmonisierten
Verbraucherindex (HVPI). Er beruht auf den nationalen HVPIs, die in
allen Staaten des Euro-Währungsgebietes nach einer einheitlichen
Methode erstellt werden.
Preisstabilität wird definiert als Anstieg des HVPI für das Euro-
Währungsgebiet von unter, aber nahe bei 2 % gegenüber dem Vor-
jahr. Entsprechend der Definition muss Preisstabilität dabei mittel-
fristig gewährleistet sein.
Wesen der Deflation Unter einer Deflation versteht man eine Periode, die in der Regel
länger als ein Jahr ist, mit negativen Inflationsraten und anhaltenden
Beschäftigungs- und Wachstumskrisen.

9. Zahlungsbilanz
Zahlungsbilanz Die Zahlungsbilanz eines Landes ist die systematische Erfassung und Dar-
stellung aller wirtschaftlichen Transaktionen zwischen den In- und den Aus-
ländern für eine abgelaufene Periode. Sie besteht aus
• Leistungsbilanz,
• Vermögensänderungsbilanz,
• Kapitalbilanz und
• Devisenbilanz.
Leistungsbilanz Die Leistungsbilanz besteht aus vier Teilbilanzen:
• Handelsbilanz
• Dienstleistungsbilanz
• Bilanz der Primäreinkommen
• Bilanz der Sekundäreinkommen
L. Geldpolitik 397

Handelsbilanz In ihr werden Export und Import von Waren erfasst. Ist die Ausfuhr von
Waren größer als die Einfuhr, spricht man von einer aktiven Handelsbi-
lanz oder einem Aktivsaldo der Handelsbilanz. Ist die Einfuhr größer als
die Ausfuhr, spricht man von einer passiven Handelsbilanz oder einem
Passivsaldo der Handelsbilanz. Die Ausfuhr wird durchgängig zu FOB-
Preisen nachgewiesen. Die Einfuhr wird im laufenden monatlichen Zah-
lungsbilanzausweis mit ihrem CIF-Wert ausgewiesen.
Um in das Zahlungsbilanzschema zu passen, sind einige Korrekturen an
der Handelsbilanz erforderlich. Diese werden unter „Ergänzungen zum
Warenhandel“ verbucht. Hierbei handelt es sich um Waren, die zunächst
in einem Freihandels- oder Zolllager deponiert und nicht verbraucht, ge-
braucht oder verarbeitet werden. Zum anderen geht es um Waren, die
nur durch Deutschland transportiert und in einem anderen Land verwen-
det werden.
Die in der Zahlungsbilanz erfassten Vorgänge werden prinzipiell zweisei-
tig verbucht, d. h. man geht also von der Annahme aus, dass einem
Wertstrom vom Inland ins Ausland stets ein gleich großer Wertstrom vom
Ausland ins Inland entspricht. Beide Ströme werden in der Statistik geson-
dert ausgewiesen (Bruttoprinzip). So muss bei
einem Verkauf von Waren an das Ausland, der in der Leistungsbilanz ver-
bucht wird, eine Buchung in der Kapitalbilanz zum formalen Ausgleich der
Gesamtbilanz gegenüberstehen. Exportüberschüsse erhalten in der Leis-
tungsbilanz ein Plusvorzeichen, die Einfuhren von Waren und Dienstleis-
tungen sowie die Ausgaben aus Primär- und Sekundäreinkommen werden
mit einem Minusvorzeichen versehen. Soweit in Höhe der Ausfuhr oder der
empfangenen Primär- und Sekundäreinkommen eine Zunahme der Forde-
rungen Deutschlands gegenüber dem Ausland stattfindet, geht sie in den
Saldo der Kapitalbilanz mit einem Minuszeichen ein. In Höhe der Einfuhr
können die Verbindlichkeiten gegenüber dem Ausland zunehmen. Dieses
wird mit einem Pluszeichen in der Kapitalbilanz verbucht.
Außenbeitrag Er ist die Differenz zwischen Exporten und Importen von Waren und
Dienstleistungen.
Dienstleis- In dieser Bilanz werden die von Inländern geleisteten und beanspruchten
tungsbilanz Dienstleistungen (Verkehr, Transport, Banken und Versicherungen usw.)
erfasst.
Bilanz der Pri- Die Primäreinkommen umfassen alle Einkommen aus unselbstständiger
märeinkommen Arbeit, die von Inländern an Ausländer oder von Ausländern an Inländer
gezahlt werden (etwa für Grenzgänger oder für Arbeitnehmer, die sich
weniger als ein Jahr im Inland/Ausland aufhalten, z. B. Saisonarbeiter).
Die Primäreinkommen umfassen aber auch Kapitalerträge, die Inländer
an Ausländer zahlen oder von Ausländern erhalten, hauptsächlich Zah-
lungseingänge bzw. Zahlungsausgänge von Devisen und Zinsen, andere
Einkommen aus Auslandsinvestitionen und insbesondere der internatio-
nale Kreditverkehr.
Die wichtigsten Komponenten der Primäreinkommen sind also Kapitaler-
träge aus Direktinvestitionen, Wertpapieranlagen, Mieten und Pachten
sowie Einkommen aus unselbstständiger Arbeit. Einkommen aus selbst-
398 Prüfungswissen Wirtschaftslehre

ständiger Arbeit bildet nur einen verhältnismäßig geringen Beitrag zu den


Primäreinkommen.
Wenn z. B. US-Investoren Zinszahlungen auf ihre ausländischen Anlei-
hen erhalten, so wäre dies als Zahlungseingang (also positiv) in der Bi-
lanz der Primäreinkommen der USA zu buchen. Auf der anderen Seite
wären Zinszahlungen von US-Kreditnehmern an ausländische Kreditge-
ber ein Zahlungsausgang (also negativ) in der Bilanz.
Übertreffen die Primäreinkommen die Ausgaben, spricht man von einer
aktiven Bilanz der Primäreinkommen und umgekehrt.
Bilanz der Se- Sekundäreinkommen sind Leistungen ohne Gegenleistungen und erfas-
kundäreinkom- sen in der Zahlungsbilanzstatistik Gegenbuchungen zu allen Bewegun-
men gen von Gütern und finanziellen Aktiva ohne ökonomische Gegenleis-
tung. Sekundäreinkommen sind regelmäßig wiederkehrende, unentgeltli-
che Leistungen. Sie haben Einfluss auf Einkommen und Verbrauch. Man
unterscheidet laufende öffentliche und private Transferzahlungen.
Komponenten der Sekundäreinkommen sind also Leistungen, denen
keine unmittelbaren Gegenleistungen gegenüberstehen, z. B. laufende
Beiträge zu den Haushalten internationaler Organisationen sowie Über-
weisungen von ausländischen Arbeitnehmern, bestimmte Zuwendungen
an Entwicklungsländer, Renten, Pensionen sowie Prämien (ohne Dienst-
leistungsanteil) und Schadensleistungen der Versicherungen usw.
Beispiele:
• Nettozahlungen der Regierung an den Haushalt der EU
• Heimatüberweisungen der in Deutschland lebenden ausländischen
Arbeitnehmer
• grenzüberschreitende Renten, Pensionen und Unterstützungszahlun-
gen
Vermögensän- Für die Klassifizierung als Vermögensübertragung ist es ausreichend,
derungsbilanz wenn eine der beiden Seiten einen nicht das Einkommen und den Ver-
brauch berührenden Transfer als einmalig betrachtet. Zu den Vermö-
gensübertragungen gehören Schuldenerlasse, Erbschaften, Schenkun-
gen, Vermögensmitnahmen von Aus- und Einwanderern, immaterielle
nichtproduzierte Sachgüter (von der Bundesnetzagentur versteigerte
Mobilfunklizenzen) sowie Zuschüsse zu Infrastrukturmaßnahmen von der
EU. Zahlungen an den EU-Haushalt gehören dagegen zu den Sekundär-
einkommen.
Kapitalbilanz Die Kapitalbilanz erfasst alle grenzüberschreitenden Kapitalbewegungen
(Veränderungen der Forderungs- und Verbindlichkeitsbestände von Ge-
bietsansässigen gegenüber Gebietsfremden). Eine Ausnahme stellen die
Transaktionen der jeweiligen Zentralbank dar. Sie werden in der Bilanz
der Veränderung der Währungsreserven erfasst. Die Kapitalbilanz wird
von der Bundesbank wegen der sehr unterschiedlichen Transaktionen in
weitere Teilbilanzen unterteilt. Sie zeigt die Direktinvestitionen und Geld-
anlagen zwischen dem In- und Ausland. Kapitalimporte führen Devisen
zu, Kapitalexporte in das Ausland vermindern den Devisenbestand.
Devisenbilanz Sie enthält die Abnahme bzw. Zunahme der Devisenreserven der Zent-
ralbank.
M M Organe der Europäischen Union

Organe der Europäischen Union

Europäischer Rat Europäische Europäisches


Kommission Parlament
Zusammen- Der Europäische Rat • Die Neubesetzung der • Das Europäische Par-
setzung setzt sich offiziell aus Kommission erfolgt alle lament wird von den
den Staats- und Re- fünf Jahre innerhalb von Bürgern der Europäi-
gierungschefs der sechs Monaten nach der schen Union direkt
Union, dem Präsiden- Wahl des Europäischen gewählt.
ten des Europäischen Parlaments. • Die Wahlen finden alle
Rates sowie dem • Jeder EU-Mitgliedstaat fünf Jahre statt.
Kommissionspräsi- stellt einen Kommissar, • Jeder EU-Bürger hat
denten zusammen, so dass die Zahl der das aktive und passi-
wobei Letztere kein Kommissionsmitglieder ve Wahlrecht.
Stimmrecht besitzen. 28 beträgt. • Die letzten Wahlen
• Die Regierungen der fanden im Juni 2014
Mitgliedstaaten bestim- statt. Das Parlament
men gemeinsam den vertritt über 490 Mio.
neuen Präsidenten der Menschen und macht
Kommission. ihre Interessen ge-
• Der designierte Kom- genüber den anderen
missionspräsident wird EU-Organen geltend.
anschließend vom Par- • Dem gegenwärtigen
lament bestätigt. Parlament gehören
• Er wählt in Gesprächen 751 Abgeordnete aus
mit den Regierungen der allen 28 EU-
Mitgliedstaaten die an- Mitgliedstaaten an.
deren Mitglieder der
Kommission aus.
• Der Rat verabschiedet
die Vorschlagsliste mit
qualifizierter Mehrheit
und leitet sie an das Eu-
ropäische Parlament zur
Genehmigung weiter.

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019
W. Grundmann und R. Rathner, Bankwirtschaft, Rechnungswesen
und Steuerung, Wirtschafts- und Sozialkunde, Prüfungstraining für
Bankkaufleute, https://doi.org/10.1007/978-3-658-23965-7_36
400 Prüfungswissen Wirtschaftslehre

Europäischer Rat Europäische Europäisches


Kommission Parlament
• Das Parlament befragt
daraufhin jedes desig-
nierte Kommissionsmit-
glied und gibt seine Stel-
lungnahme zum gesam-
ten Kollegium ab.
• Nach Zustimmung des
Parlaments wird die
neue Kommission vom
Rat mit qualifizierter
Mehrheit offiziell er-
nannt.
Sitz Der Europäische Rat Die Europäische Kommis- Die Arbeitsorte des
hat seinen Sitz in sion hat ihren Sitz in Brüs- Europäischen Parla-
Brüssel (Belgien). sel (Belgien). ments sind Brüssel
(Belgien), Luxemburg
und Straßburg (Frank-
reich).
Aufgaben • Nach Art. 15 EU- • Die Kommission macht • Das Parlament teilt
Vertrag gibt der Eu- dem Parlament und dem sich die gesetzgeben-
ropäische Rat der Rat Vorschläge für neue de Gewalt mit dem
EU „die für ihre Rechtsvorschriften. Rat in vielen Politikbe-
Entwicklung erfor- • Sie setzt die EU-Politik reichen.
derlichen Impulse um und verwaltet den • Durch die direkte
und legt die allge- Haushalt. Wahl des Parlaments
meinen politischen • Sie sorgt (gemeinsam wird die demokrati-
Zielvorstellungen mit dem Gerichtshof) für sche Legitimierung
und Prioritäten hier- die Einhaltung des euro- des europäischen
für fest“. päischen Rechts. Rechts gewährleistet.
• Daneben behandelt • Sie vertritt die Europäi- • Es übt eine demokra-
der Europäische Rat sche Union auf internati- tische Kontrolle über
auch wichtige Fra- onaler Ebene, zum Bei- alle Organe der EU
gen, für die auf Mi- spiel durch Aushandeln und insbesondere
nisterebene (also im von Übereinkommen über die Kommission
Rat der Europäi- zwischen der EU und aus.
schen Union) kein anderen Ländern. • Es stimmt der Benen-
Konsens gefunden • Die Kommission ist dem nung der Kommissi-
werden konnte. Parlament gegenüber onsmitglieder zu oder
• Auch die Gemein- politisch rechenschafts- lehnt sie ab und kann
same Außen- und pflichtig. Es kann der einen Misstrauensan-
Sicherheitspolitik Kommission als Ganzes trag gegen die gesam-
(GASP) wird häufig das Misstrauen aus- te Kommission ein-
thematisiert. sprechen und sie so bringen.
• Die Ergebnisse der zum Rücktritt zwingen. • Es teilt sich die Haus-
Ratstagungen sind Einzelne Kommissions-
M. Organe der Europäischen Union 401

Europäischer Rat Europäische Europäisches


Kommission Parlament
innerhalb des politi- mitglieder müssen zu- haltsbefugnis mit dem
schen Systems der rücktreten, wenn der Rat und kann daher
EU zunächst nicht Präsident sie dazu auf- Einfluss auf die Aus-
rechtsverbindlich. fordert, und die anderen gaben der EU ausü-
Da jedoch die Kommissionsmitglieder ben. In letzter Instanz
Staats- und Regie- dem zustimmen. nimmt es den Ge-
rungschefs meist in- • Die Kommission nimmt samthaushalt an oder
nerhalb der Regie- an allen Tagungen des lehnt ihn ab.
rung ihres eigenen Parlaments teil, auf de-
Staates eine Richtli- nen sie ihre Politik erläu-
nienkompetenz be- tern und begründen
sitzen, dienen die muss.
Verhandlungser-
gebnisse des Euro-
päischen Rates
auch als Richtlinie
für die Treffen des
Ministerrats.

Europäischer Europäischer
Gerichtshof Rechnungshof
Zusammen- • Der Europäische Gerichtshof • Der Europäische Rechnungshof
setzung (EuGH) besteht aus 15 Richtern, (EuRH) besteht aus
• die von den Mitgliedstaaten für 27 Rechnungsprüfern, je einem
jeweils sechs Jahre ernannt und aus jedem EU-Mitgliedstaat.
• i. d. R. wieder gewählt werden. • Die Mitglieder werden vom Rat
• Vor dem EuGH können die Organe nach Anhörung des Europäischen
der EU und die einzelnen Mitglied- Parlaments auf sechs Jahre er-
staaten verklagt werden und kla- nannt (vier durch Los bestimmte
gen. Mitglieder erhalten jedoch bei der
ersten Ernennung ein auf vier Jah-
re begrenztes Mandat).
• Eine Wiederwahl der Mitglieder ist
möglich.
Sitz Der EuGH hat seinen Sitz in Der EuRH hat seinen Sitz in
Luxemburg. Luxemburg.
402 Prüfungswissen Wirtschaftslehre

Europäischer Europäischer
Gerichtshof Rechnungshof
Aufgaben • Der EuGH ist das oberste über- • Der EuRH ist eine unabhängige
staatliche Rechtsprechungsorgan Rechnungsprüfungsbehörde.
und die höchste richterliche Instanz • Der EuRH kann jedoch keine
der EU. Sanktionen erlassen. Bei einem
• Seine Zuständigkeit erstreckt sich Verstoß gegen Vorschriften infor-
auf die Oberprüfung der Rechtmä- miert er die zuständigen überge-
ßigkeit des Handelns der Organe, ordneten Stellen sowie die Öffent-
• die Einhaltung der Verträge durch lichkeit und ggf. die europäische
die Mitgliedstaaten sowie Betrugsbekämpfungsbehörde
• die Überwachung der Anwendung OLAF.
und Durchsetzung des Ge- • Seine Aufgabe ist die Prüfung der
meinschaftsrechts. Rechtmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit
• Neben der Auslegung und Durch- und Ordnungsmäßigkeit aller Ein-
führung des EU-Rechts entschei- nahmen und Ausgaben (d. h. der
det der EuGH bei Streitigkeiten Haushaltsführung) der Organe und
zwischen EU-Organen und Mit- Einrichtungen der Europäischen
gliedstaaten sowie Union.
• bei der Umsetzung der oft lücken-
haften Bestimmungen (Ergän-
zungsfunktion), sofern er unmittel-
bar vor Rechtsakten der Gemein-
schaft angerufen wird.
• Jeder Bürger kann den Europäi-
schen Gerichtshof anrufen, wenn
er glaubt, dass seine Grundrechte
durch das Handeln der EU-
Institutionen eingeschränkt werden.
Schlagwortregister
Schlagwortregister

Abgabenordnung 5 Anderkonten 11
Abgabenquote 372 Anderkonten und Geldwäscheverhinderung
Abgeldmodell 113 12
Abgeltungsteuer 127 Anderkontenbedingungen 11
Abgezinste Sparbriefe 79 Andienungsrecht 158
Ablaufleistung 80 Anfechtbares Rechtsgeschäft 306
Abschreibung auf Forderungen 219 Angebotsfunktion 360
Abschreibung auf Sachanlagen 215, 217, Angebotsorientierte Wirtschaftspolitik 380
218 Anhang 207
Abschwung 373 Anlage von Mündelgeld 8
Abteilung I des Grundbuchs 176 Anlageberatung 134
Abteilung II des Grundbuchs 176 Anlagendeckungsgrad 196
Abteilung III des Grundbuchs 176 Anlegerentschädigung 39
Abtretung 180 Anleihen 91
Abtretung von Ansprüchen aus Annuitätendarlehen 173
Lebensversicherungen 143 Annuitätenermittlung 171
Abtretung von Spareinlagen 143 Ansparphase 173
Abtretung von Versicherungsansprüchen Anteilwert 110
182 Arbeitnehmer 257
Ad-hoc-Publizität 124 Arbeitnehmersparzulage 77, 82, 83
Aktien 98 Arbeitsgerichtsbarkeit 191
Aktienanalyse 105, 106 Arbeitslosengeld I 286
Aktienanleihe 98 Arbeitslosenquote 377
Aktienarten 98 Arbeitslosenversicherung 277, 279
Aktienfonds 111 Arbeitspflicht 257
Aktiengesellschaft 325 Arbeitsschutzausschuss 287
Aktienindexfutures 118 Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit 263
Aktienindizes 106 Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung 263
Aktienregister 98, 99 Arbeitsverhältnis
Aktienrückkauf 98, 99 Beendigung 259
Aktionärsrechte 98 befristet 259
aktiv verwaltete Fonds 111 unbefristet 259
Aktivkonto 208 Arbeitsverhältnisse mit Minderjährigen 8
Aktiv-Passiv-Mehrung 209 Arbeitsvertrag 258, 296, 303
Aktiv-Passiv-Minderung 209 Arbeitszeugnis 260
Aktiv-Tausch 209 Art-Handlungsvollmacht 331
Aktueller Grundbuchauszug 167 Aufbewahrungsfristen 207
Allgemeine Geschäftsbedingungen 20, 313 Aufgeldmodell 113
allgemeine Stimmrechtsvollmacht 104 Aufgezinste Sparbriefe 79
allgemeiner Verlustverrechnungstopf 131 Auflassung 175, 176
Allokatives Ziel 379 Auflassungsvormerkung 177
Altersvorsorgeaufwendungen 340 Aufwandskonto 210
Altersvorsorgezulage 85 Aufwendungen
An-Bord-Seekonnossement 67 neutrale 243
Anderdepots 11 Ausbildungsvergütung 254

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W. Grundmann und R. Rathner, Bankwirtschaft, Rechnungswesen
und Steuerung, Wirtschafts- und Sozialkunde, Prüfungstraining für
Bankkaufleute, https://doi.org/10.1007/978-3-658-23965-7
404

Ausbildungsvertrag 253, 258, 303 Berichtigungsaktie 98


Zustandekommen 253 Berufsgenossenschaften 277
Ausbildungszeugnis 255 Beschäftigungsverbot für werdende Mütter
Ausführungsfristen 44 264
Ausgabeaufschlag 112 Beschränkt persönliche Dienstbarkeit 177
Ausgabenpolitik 380 Besitzkonstitut 186, 310
Auslandszahlungsverkehr CIF 62 Besitzsteuer 343
Auslandszahlungsverkehr FOB 62 Besonderer Kündigungsschutz 270
ausschüttende Fonds 111 Bestandskonten 208
Außenbeitrag 397 Bestandsverzeichnis 176
Außenwirtschaftsverkehr 363 Beteiligungssparen 82
Außergewöhnliche Belastungen 341 Betreuer 10
außerordentliche Kündigung 269 Betreuerkonten 10
Aussperrung 295 Betreuung 10
Autorisierung 51 betriebliche Altersvorsorge 84
Autorisierung des Zahlungsvorgangs 43 Betriebsbedingte Kündigungsgründe 267
Avalkredit 150 Betriebserlöse 244
Balkenchart 106, 108 Betriebskosten 244
Bankauskunft 31, 139 Betriebsmittelkredit 150
Bankauskunft nur mit Zustimmung des Betriebsrat 271, 274
Kontoinhabers 34 Betriebsvereinbarungen 295, 296
Bankauskunft ohne Zustimmung 34 Betriebsversammlung 276
Bankauskunftsverfahren 31 Bewertung der Kreditsicherheiten 142
Bankenkontokorrent 214 Bezugnahmeklausel 291
Bankenorderscheck 56, 58 Bezugsrecht 114
Bankgeheimnis 34 Bezugsrechte 100
Banksparplan 84 Bezugsrechtsemissionen 101
Bärenfalle 106 Bezugsverhältnis 115
Barscheck 48 BGB-Bürgschaft 188
Basispfändungsfreibetrag 19 Bilanz 206
Basispreis 116 Bilanz der Erwerbs- und
Basisversorgung 84 Vermögenseinkommen 396, 397
Basiswert 116 Bilanz der laufenden Übertragungen 396,
Baufinanzierung 167 398
Baupläne 167 Bilanz der Vermögensübertragungen 396
Bauspardarlehen 173 Bilanzanalyse 151, 194
Bausparen 75, 82 Bilanzgewinn 239
Bauspartarif 75 Bilanzkennziffern 195
Bauwert 167 Bilanzveränderungen 209
Bauzeichnung 167 Bill of Lading 64
bedingte Kapitalerhöhung 102 Bindungsfristen 77
Beendigung des Ausbildungsverhältnisses Blue Chips 106
255 Bodenrichtwertkarte 167
Befreite Betreuung 11 Bodenwert 167
Beitragsbemessungsgrenze 277 Bookbuilding-Verfahren 104
Benachrichtigungspflichten des Börse 124
Kontoinhabers 20 Bruttoinlandsprodukt 365, 366, 367
Benchmark 106 Bruttonationaleinkommen 365, 366, 367
405

Bruttozinsspanne 248 Drei-Schichten-Modell 84


BSE-Verfahren 47, 48 Durchschnittslinien 107
Budgetpolitik 380 Effektenbörse 124
Bullenfalle 107 Effektiver Jahreszins 147
Bummelstreik 294 Effektivverzinsung 94, 95
Bundesagentur für Arbeit 277 Effektivzinsberechnung 95, 96
Bundesanleihen 92 Ehevertrag 4
Bundesbank-Scheck 49 Eigenbeitrag 85
Bundeskartellamt 333 Eigenheimrentengesetz 87
Bundesobligationen 92 Eigenkapital 239
Bundeswertpapiere 92 Eigenkapitalquote 195
Bürge 188 Eigenkapitalrentabilität 197
Call 116 Eigentumserwerb 310
Cash-Flow 198 an Effekten 311
Chart 107 Eigentumserwerb an beweglichen Sachen
CIF 61 310
Controlling 241 Eigentumserwerb an Immobilien 310
Corporate Governance Kodex 124 Eigentumsvorbehalt 311
Cost-Average-Effekt 111, 112 Eingetragene Genossenschaft 325
Cross-Selling 38, 346 Einheitskurs 356
Dachfonds 111 Einkaufsmanager-Index (EMI) 377
Darlehensnennbetrag 146 Einkommensteuer 343
Darlehensphase 173 Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit
Datenschutzbeauftragter 29 339
Debitorenziel 198 Einkunftsarten 338
Deckungsbeitrag 248, 249 Einlagefazilität 391
Deckungskongruenz 93 Einlagensicherungfonds 39
Deckungsregister 93 Einnahmenpolitik 380
Deckungsstock 81 Einpunktklausel 60
Deflation 396 Einseitige Rechtsgeschäfte 305
Demoskopie 346 Einseitige Rechtsgeschäfte von
Deport 68 Minderjährigen 8
Deutsche Rentenversicherung Bund 277 Einwilligungsvorbehalt 11
Devisenbilanz 396, 398 Einzelauskunftsersuchen 35
Devisenfutures 118 Einzelkosten 245
Devisentermingeschäft 68 Einzelprokura 328
Dienstleistungsbilanz 396, 397 Einzelstimmrechtsvollmacht 104
Director´s Dealings 124 einzelvertragliche Abreden 313
direktes Leasing 156 Einzelwertberichtigung 221, 222
Direktversicherung 283 Elektronische Bankdienstleistungen 36
Direktzusage 282 Elektronische Form 302
Distributionsziel 379 Elektronische Lohnsteuerkarte 338
Dividendenerträge 128 Emissionsarten 104
Dividendenrendite 110 Emissionsprospekt 124
Dokumente im Außenwirtschaftsverkehr Empfangsbedürftige Willenserklärungen
59, 64 305
Dokumenten-Akkreditiv 66 Entfernungspauschale 339
Dokumenten-Inkasso 64 Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall 263
406

Entry Standard 125 Fernabsatzverträge 311


Entstehungsrechnung 365, 366 Fernkommunikationsmittel 311
Erbschaftsteuerstelle 16 Festgeld 71
Erfolgskonten 210 Festpreisverfahren 104
Erhöhung des Leitzinssatzes 394 Feststellung von Börsenkursen 356
Erklärungsirrtum 308 Festzinsanleihen 91
Erlöse 243 Filialprokura 328
Ermittlung des rechnerischen Werts des Finanzausgleich 343
Bezugsrechts 100 Finanzgerichtsbarkeit 191
Eröffnungskurs 356 Finanzierungs-Leasing 152
Erschließungskosten 167 Finanzpolitik 378
Erträge Finanztermingeschäfte 118
neutrale 244 Firmenkonten 14
Ertragskennziffern 110 Firmentarifvertrag 290
Ertragskonto 210 Fiskalisches Ziel 379
Ertragswert 169 Fiskalpakt 383
Erweiterter Rat 382 Fiskalpolitik 378
Erweiterter Wirtschaftskreislauf 365 Fixe Kosten 355
Erwerbslose 377 Flächenstreik 294
Erwerbspersonen 377 Flächentarifvertrag 291
Erzeugerpreisindex 375 Flagge 108
Erzwingungsstreik 294 Flurkarte 167
ESZB 381 FOB 60
Euro 382 Fondsertrag 110
Europäische Kommission 399 Fondsgebundene Rentenversicherung 84
Europäische Zentralbank (EZB) 381, 382, Fondsvermögen 110
388, 392 Forderungen
Europäischer Gerichtshof 401 Abschreibung 221, 222
Europäischer Rat 399 Bewertung 221
Europäischer Rechnungshof 401 risikofreie 221
Europäischer Stabilitätsmechanismus übrige risikobehaftete 221
(ESM) 383 uneinbringlich 221, 222
Europäisches Parlament 399 zweifelhaft 221, 222
Europäisches System der Zentralbanken Förderunschädliche Verfügungen 89
381 Formkaufmann 317
Europäisches Währungssystem 382 Formvorschriften bei Verträgen 302
European Financial Stability Facility (EFSF) Freibeträge 337
383 freie Marktwirtschaft 349, 359
Euro-Währungssystem 381 Freistellung 272
Ewige Anleihen 91 Freistellungsauftrag 34, 127
EZB 388 Freistellungsauftrag für Eheleute 4
Rat 381 Friedensfunktion 293
EZB-Aufgaben 388 Friedenspflicht 289
EZB-Direktorium 381 Fristentransformation 247
EZB-Ziele 388 Fristentransformationsbeitrag 248
Falschgeld 41 Frühindikatoren 375
fehlerhafte Belehrung 148 Frühstückskartell 333
Feinsteuerungsoperationen 389 Full-Service-Leasing 155, 159
407

Fundamentalanalyse 105 geschlossene Investmentfonds 111


Fürsorgepflicht 258 Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR)
Fusionen 334 318
Futures 118 Gesellschaft mit beschränkter Haftung 325
Garantiefonds 39 Gesetzliche Bestandteile des Schecks 47
Gebäudereinertrag 169 Gesetzliche Einlagensicherung 39
Gebäudeversicherungsnachweis 167 Gesetzliche Krankenkassen 277
Gebietsansässige Personen 5 Gesetzliche Krankenversicherung 277,
Gebietskartell 333 279, 280
Gehaltsabtretung 142, 182 gesetzliche Rente 84
Gehaltszahlungspflicht 258 Gesetzliche Unfallversicherung 277
Geld- und Kapitalmarkt 247 Gesetzliche Vertreter 8
Geldentwertung 395 Gesetzlicher Mindestlohn 293
Geldkarte 50 Gesetzliches Bezugsrecht 100
Geldkreislauf 363 Gewährleistungsfrist 309
Geldmarktsteuerung des Eurosystems 392 gewerbliches Leasing 155
Geldmenge M3 393 Gewinnquote 370
Geldmengenpolitik 393 Gewinnverwendung 240
Geldpolitisches Instrumentarium 382 Gewinnvortrag 239
Geldschöpfung 394 GfK-Konsumklimaindex 376
Geldschöpfungsmultiplikator 394 Girogo 53
Geldvaluta 95 Girokarte 50
Geldwäsche 6, 23, 35 Girosammeldepot 132
Geldwäschebeauftragter 28 Girosammelverwahrung 132
Geldwäschegesetz 15 Globalzession 180, 181
Gemeinkosten 245 Gnadensplitting 342
Gemeinschaftskonto 3 Greenshoe 104
gemischtes Konto 211 Grundbuch 176
genehmigtes Kapital 102 Auflassung 310
Genehmigungspflichtige Geschäfte 10 Rangordnung 181
Genehmigungspflichtige Rechtsgeschäfte Grundbucheintragung 175
8 Grunddienstbarkeit 177
General Standard 125 Grunderlöse 244
General-Handlungsvollmacht 331 Grundkosten 243
Genossenschaften 14 Grundmietzeit 158
Genossenschaftsregister 325 Grundpfandrechte 175
Genussrechte 121 Grundschuld 177, 184
Genussscheine 121 Grundschuldlöschung 179
Gerichtliches Mahnverfahren 189 Grundstückskaufvertrag 175
Gerichtskostenvorschuss 189 Grundzulage 85, 86
Gerichtsorganisation 191 Günstigerprüfung 86
Gerichtsvollzieher 190 Gütergemeinschaft 5
Gesamtfällige Anleihen 91 Güterkreislauf 363
Gesamtkapitalrentabilität 197 Güterrechtsregister 5
Gesamtprokura 328 Güterstand 4
gesamtwirtschaftliches Gleichgewicht 373 Gütertrennung 5
Gesamtzinsspannenrechnung 247 Gutgläubiger Erwerb bei Besitzkonstitut
Geschäftsfähigkeit 10, 253 310
408

Gutgläubiger Erwerb von Nichtberechtigten Jahresabschlussanalyse 194


310 Jahresreinertrag 169
Handelsbilanz 396, 397 Jahresrohertrag 169
Handelsfaktura 64 Jahresüberschuss 239
Handelsgesetzbuch 314 Jugend- und Auszubildendenvertretung
Handelsregister 325 271, 273
Handelsregisterauszug 329 Jugendarbeitsschutz 265
Handlungsbevollmächtigte 14, 326 Jugendarbeitsschutzgesetz 265
Handlungsvollmacht 29, 331 Kannkaufmann 318
Harmonisierter Verbraucherindex HVPI Kapitalbilanz 396, 398
396 Kapitaldienst 151
Hauptrefinanzierungsgeschäfte 389 Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln
Hauptversammlung 104 100, 103
HBCI-Verfahren 36 Kapitalerhöhungen 102
Hebelwirkung 115 Kapitalgesellschaften 14, 325
Herstellerleasing 156 Kapitalherabsetzung 101
Hinkendes Inhaberpapier 72 Kartelle 333
Hochkonjunktur 373 Kartensperre 53
Höchstbetragbürgschaft 188 Kartenzahlung 50
Hypothek 184 Kaufkraftänderung 396
Hypothekendarlehen 167 Kaufleute 14
Hypothekenpfandbriefe 93 Kaufmännische Bestandteile des Schecks
Identifizierung nach dem 47
Geldwäschegesetz 6 Kaufmannseigenschaften 317
Ifo-Geschäftsklimaindex 376 Kaufoption 115, 116
Immobilienleasing 155 Kaufvertrag 308
Incoterms 59 Keil 109
Incoterms 2010 63 Kilometer-Abrechnungsvertrag 160
Indexfonds 111 Kinderfreibetrag 337
Inflation 395 Kinderzulage 85, 86
Inflationsrate 393 Kirchensteuer 129, 340
Informationspflicht 257 Klagerücknahme 191
Inhaberscheck 48 Koalitionsfreiheit 291
Inhaltsirrtum 308 Kommanditgesellschaft 324
Inkassoauftrag 65 Konditionsbeitrag 247, 248
Innerer Wert 117 Konjunkturausgleichsrücklage 374
Insolvenzverfahren 193 Konjunkturindikatoren 375
Inventar 205 Konjunkturphasen 373
Inventarwert 112 Konjunkturpolitische Ziele 379
Inventur 205 Konjunkturzyklus 373
Investitionskredit 150 Konnossement 64
Investmentanteile 110 Konsulats- und Zollfaktura 64
ISE-Verfahren 47, 48 Konten Minderjähriger 8
Istkaufmann 317 Konvergenzkriterien 382, 385
iTAN-Verfahren 36 Kosten 243, 355
Jahresabgrenzung 233 fixe 245
antizipative 235, 236, 237 variable 245
transitorische 233, 234 Kostenanteil 80
409

Kostendeckungspreis 357 Lohnquote 370


Kreditbesicherung 141 Lohnsteuerklassen 342
Kreditfähigkeit 139 Lohnsteuerklassenwechsel 338
Kreditfinanzierung 160 Lohnsteuernachweis 337
Kreditgefährdungen 189 Lohnsteuervorauszahlung 337
Kreditgespräch 141 Lorokonto 214
Kreditkarte 50 Maastrichter Vertrag 385
Kreditorenziel 198 Maestro-System 50
Kreditsicherheiten 151 Mahnbescheid 189
Kreditüberwachung 151 Mahnverfahren 189
Kreditvertrag 141 Mangelhafte Leistungen 309
Kreditwachstum 393 Manteltarifvertrag 291
Kreditwürdigkeit 139 Margin 118
Kreditwürdigkeitsprüfung 140 Marketing 345
Krisenkartell 333 Marketing-Mix 346
Kündbarer Leasingvertrag 156 Marktanalyse 345
Kundenkalkulation 249 Marktanteil 346
Kundenkontokorrent 213 marktbeherrschende Stellung 335
Kündigung des Ausbildungsverhältnisses Marktbeobachung 346
254 Marktdurchdringung 346
Kündigung während der Probezeit 268 Marktforschung 345
Kündigungsfristen 266, 268 Marktgleichgewicht 360
Kündigungsgeld 71 Marktmodelle 359
Kündigungsschutz 266 Marktpotenzial 346
Kündigungsschutzklage 268 Marktvolumen 346
Kursformationen 107 Marktzinsmethode 247
Kurs-Gewinn-Verhältnis 110 Materielle Kreditwürdigkeit 139
Kurszusatz 356 Maximumprinzip 353
Lagebericht 207 Mehrfachverpfändung 183
Lastschriftrückgabe 47 Mehrseitige Rechtsgeschäfte 305
Leasing 152, 155 Meistausführungsprinzip 356
Leasingbedingungen 160 Meldevorschriften bei Auslandszahlungen
Leasingfinanzierung 160 56
Leasinggeber 156 Mengentender 390
Leasingnehmer 156 Mietaval 77
Leasingrate 159, 163 Mietkaution 77
Legitimation 5 Mietkautionskonto 77
Legitimationsprüfung 7, 15 Mindestreserve 382
Legitimationsurkunden 8 Mindestreservebasis 392
Leistungen 243 Mindestreserve-Erfüllungsperiode 392
Leistungsbilanz 396 Mindestreservesatz 392
Leistungsstörungen 309 Mindestreserve-Soll 392
Leitzinssatz 394 Minimumprinzip 353
Liegenschaftsbuch 167 Ministererlaubnis 334
Liquidität 196 Missbrauchsaufsicht 335
Liquiditätsgrad 196 Mitbestimmung in personellen
Lohn- und Gehaltstarifvertrag 291 Angelegenheiten 274
Lohn-Preis-Spirale 395
410

Mitbestimmung in sozialen Online-PIN 36


Angelegenheiten 274 Open Market (Freiverkehr) 124
Mitwirkung in wirtschaftlichen Operate-Leasing 156
Angelegenheiten 275 Opportunitätszins 247
Mobilienleasing 155 Optionen 116
Motivirrtum 308 Optionsanleihe 113
mTAN 36 Optionsfrist 114
Mündelgeld 8, 9 Optionsprämie 115
Mündelkonten 9 Optionsrecht 114
mündelsichere Anlagen 9 Optionsscheine 114
Mutterschaftsgeld 264 Optionsschuldverschreibungen 113
Mutterschutzgesetz 264 Optionsverhältnis 115
Nachbesserung 309 Ordentliche Gerichtsbarkeit 191
Nacherfüllung 309 ordentliche Kapitalerhöhung 102
Nachfrage 357 ordentliche Kündigung 268
Nachfragefunktion 360 Orderscheck 48
Nachfrageorientierte Wirtschaftspolitik 380 Ordnungsfunktion 293
Nachfrageverschiebung 360 Organe der Europäischen Union 399
nachgelagerte Besteuerung 87, 285 Partnerschaft 12, 319
Nachlasskonten 16, 17 Partnerschaftskonten 12
Namensaktie 98 Partnerschaftsvertrag 319
negative Einkünfte 340 Passivkonto 208
Nettokreditbetrag 146 Passiv-Tausch 209
Nettonationaleinkommen 366, 367 Pauschalwertberichtigung 221, 223
Neulieferung 309 Pauschbetrag 337, 340
Nicht abtretbare Forderungen 143 Pensionsfonds 284
Nicht empfangsbedürftige Pensionskasse 284, 285
Willenserklärungen 305 Performance-Index 106
Nichtiges Rechtsgeschäft 306, 307 Personelle Einkommensverteilung 372
Nichtveranlagungs-Bescheinigung 131 Personenbedingte Kündigungsgründe 267
Niederstwertprinzip 225, 228 Personengesellschaften 320
Nießbrauch 178 Personenhandelsgesellschaften 14
No-Bailout-Klausel 385 Persönliche Kreditwürdigkeit 139
Nominales BIP 369 Pfandbriefe 93
Nominalverzinsung 95 Pfandrecht 183, 186
Nostrokonto 214 Bestellung 183
Notarielle Beurkundung 303, 304 Erwerb 183
Notenbankmonopol 381 Pfandrecht an beweglichen Sachen 183
Oder-Konto 3 Pfandrecht an Forderungen 184
Offene Handelsgesellschaft 14, 321 Pfandrecht an Wertpapieren 184
offene Investmentfonds 111 Pfandrechtsbestellung 184
offene Zession 181 Pfändungs- und Überweisungsbeschluss
Offenmarktgeschäfte 382 190
Öffentliche Beglaubigung 304 Pfändungsfreier Betrag 19
Öffentliche Pfandbriefe 93 Pfändungsgläubiger 35
Öffentliches Recht 314 Pfändungsschutzkonto 18
Online-Banking 36 Pflegekassen 277
Online-Kontoabfrage 34 Pflegeversicherung 277, 279
411

Pflicht zur Verschwiegenheit 257 Regulierter Markt 124


Pflichtangaben im Kreditvertrag 146 Reisescheck 58
Pflichten des Auszubildenden 254 Relevanter Markt 335
PIN 43, 51 Rendite 95
PIN/TAN-Verfahren 36 Rentenbarwert 170
P-Konto 18 Rentenbarwertfaktoren 169
Präsenzindikatoren 375 Rentenfonds 111
Preisaushang 20 Rentenversicherung 277, 279
Preiselastizität der Nachfrage 357 Report 68
Preisindex für die Lebenshaltung 396 Reservehaltung der Geschäftsbanken 394
Preiskartell 333 Reserve-Ist 392
Preisniveau 395 Reserve-Soll 392
Preisobergrenze 249 Restschuldbefreiung 193
Preisuntergrenze 248 Restschuldversicherung 143, 147
Primäreinkommen 365 Riester-Fondssparplan 84
Primärforschung 347 Riester-Rente 84
Prime Standard 125 Riester-Rentenversicherung 84
Private Krankenversicherung 280 Riester-Sonderausgabenabzug 89
Privateigentum 349 Risikoanteil 80
Privatleasing 155 Risikovorsorge 227
Privatrecht 314 Rückkaufswert 81, 143
Produktkalkulation 248 Rücklagen 239
Produzentenrente 357, 358 Rücknahmepreis 112
Prokura 29, 328 Rückstellungen 238
Prokurist 14, 326 Rücktritt vom Vertrag 309
Prospekthaftung 124 Rückzahlung des Kredits 146
Prozessvergleich 191 Rürup-Rente 84
Publikumsfonds 111 Sachkundenachweis 134
Publizitätsvorschriften 125 Sachwert 168
Put 116 Schadensersatz 309
Qualifiziertes Legitimationspapier 72 Scheck 47
Qualitätszertifikate 64 Schiffspfandbriefe 93
Quotenkartell 333 Schlusskurs 356
Rabattkartell 333 Schnelltender 390
Rangverhältnis im Grundbuch 178 Schriftform 145, 302, 303
Rat der Europäischen Zentralbank 388 SCHUFA 21
Rating 136, 151 SCHUFA-Auskunft 139
Rating-Symbole 137 SCHUFA-Meldung 21
Rationalisierungskartell 333 Schuldenbereinigungsplan 192
reales BIP 367, 369 Schuldenbereinigungsverfahren 193
Reallast 177 Schutzfunktion 293
Rechnungsabgrenzung 233 Schwangerschaft 264
Rechnungsabschluss 20 Schwebend unwirksames Rechtsgeschäft
Rechtsbeziehungen beim 306
Versicherungssparen 82 Schwerpunktstreik 294
Rechtsfähigkeit 253 Sekundärforschung 347
Refinanzierungsgeschäfte Selbstschuldnerische Bürgschaft 188
längerfristige 389 Selbstständiger 257
412

Senkung des Leitzinssatzes 394 Stabilitätsgesetz 373


SEPA 55 Stabilitätskriterien 383
Basis-Lastschriftverfahren 45 Stabilitätspakt 383
Firmen-Lastschriftverfahren 45 Stammaktie 98
Lastschriftmandat 45 Standardtender 390
SEPA-Lastschrift 45, 55 Ständige Fazilitäten 382, 391
SEPA-Lastschriftmandat 45 Steuer-Identifikationsnummer 337
SEPA-Überweisung 55 Steuerklassen 337, 342
Sicherheiten 147 Steuerklassenwechsel 342
Sicherheitsbeauftragter 287 Steuerschädliche Verfügungen 88
Sicherungsübereignung 185, 186 stille Zession 181
Sicherungsübereignung einer Maschine Stimmrechtsvollmacht 104
187 Streifbandverwahrung 133
Sicherungsübereignung eines Warenlagers Streik 294
187 Streitiges Urteil 191
Sicherungsübereignung von Strukturbeitrag 247
Kraftfahrzeugen 187 Strukturelle Operationen 389
Sicherungszweck 141 Stückzinsberechnung 94, 95
Sittenwidriges Rechtsgeschäft 306 Stückzinsen 131
Skontro 213, 214 Stückzinsvaluta 95
Smart-TAN-Verfahren 36 Stufentarifvertrag 291
Sockelbetrag 86 Stützungsfonds 39
Sonderausgaben 340 SWIFT 55
Sonderausgabenabzug 86 TAN 36, 43
Sonderverwahrung 133 TARGET 2 55
Sorten 58 Tarifautonomie 291
Sozialbeiträge 279 Tarifbezug im Arbeitsvertrag 292
Soziale Marktwirtschaft 350, 359 Tariffähigkeit 292
Soziale Sicherung 277 Tarifgebundenheit 290
Sozialgerichtsbarkeit 191 Tariflohn 293
Sozialversicherungen 277 Tarifvereinbarungen 295
Sparanteil 80 Tarifverhandlungen 294
Sparbrief 79 Tarifvertrag 289, 290, 296
abgezinst 80 Tarifvertragsparteien 289
aufgezinst 80 Tarifzuständigkeit 292
Spareinlagen 71 Technische Analyse 105
Sparkonten 72 Teilamortisations-Vertrag 152, 156
Sparquote 371 Teilstreik 294
Sparurkunde 72 Termineinlagen 71
Spätindikatoren 375 Textform 302, 304
Spenden 340 thesaurierende Fonds 111
Spenden an Parteien 341 Tilgungsanleihen 91
Sperrfrist 83 Tilgungsverrechnung 173
Spezialfonds 111 Transportdokumente 67
Spezial-Handlungsvollmacht 331 Treuepflicht 257
Spitzenrefinanzierungsfazilität 391 Überraschungsklauseln 314
staatliche Sparförderung 75 Übertragung des Eigentums an einer
Stabilisierungsziel 379 beweglichen Sache 310
413

Überweisung 42 Vertragstypische Pflichten 309


Überweisungsverkehr 44 Vertretung der Personengesellschaften
Umfang der Vertretungsmacht 29 321
Umlaufende Anteile 110 Vertriebsarten 347
Umsatzrentabilität 198 Verwaltungsgerichtsbarkeit 191
Umsatzsteuer 215 Verwendungsrechnung 366
umsatzsteuerpflichtige Umsätze 215 Verwertbarkeit 141
Und-Konto 3 Verzichtsurteil 191
Unmöglichkeit der Leistung 309 Verzinsung der Spareinlage 73
Unterhaltsleistungen 340 Vinkulierte Namensaktie 98
Unternehmens- und Vermögenseinkommen Volkseinkommen 366, 367
366 Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung 363
Unterstützungskasse 283 Vollamortisation 157
Unterstützungslinien 109 Vollamortisations-Vertrag 152, 156
Unvollkommener Markt 359 Vollkommener Markt 359
Urheberrecht 314 Vollmachten 29
Urlaubsregelung 262 vollstreckbarer Titel 190
Variabel verzinsliche Anleihen 91 Vollstreckungsbescheid 190
Variable Kosten 355 Vollstreckungstitel 189
Veräußerungsgewinn 128 Vorkaufsrecht 177, 178
Verbandstarifvertrag 290 vorläufiges Zahlungsverbot 190
Verbraucherdarlehen 141 Vormund 9
Verbraucherinsolvenz 192 Vorschusszinsen 74
Verbraucherkreditgesetz 145 Vorsorgeaufwendungen 340
Verbraucherschutz 314 Vorsteuer 215
Verbrauchsbesteuerung 343 Vorzugsaktie 98
Vereinfachter Wirtschaftskreislauf 364 Wachstumspolitische Ziele 379
Vereinfachtes Insolvenzverfahren 193 Wahlrecht 309
Verfügungen im Erbfall 16 Währungskonten 57
Verfügungen über Spareinlagen 73 Wandelanleihen 119
Verfügungsgeld 10 Wandlungsfrist 121
Verhaltensbedingte Kündigungsgründe Wandlungsrecht 121
267 Warnstreik 294
Verkaufsoption 116 Wartezeit 75
Verkaufspreis 112 Werbungskosten 339
Verkehrsteuer 343 Werterlöse 244
Verkehrswert 171 Werthaltigkeit 141
verlängerte Kündigungsfristen 268 Wertkosten 244
Verlustverrechnungstopf 130 Wertpapiere
Vermögensauskunft 191 Bewertung 225
Vermögenswirksame Leistungen 77, 82 der Liquiditätsreserve 225
Verrechnungsscheck 48 des Anlagevermögens 225, 228
Versäumnisurteil 191 des Handelsbestandes 225, 227
Versicherungsdokumente 64 Wertpapierhandelsgesetz 134
Versicherungssparen 80 Wertstellung 43
Verspätete Leistungen 309 Widerrufsbelehrung 148
Verteilungspolitische Ziele 379 Widerrufsrecht 148, 312
Verteilungsrechnung 367
414

Widerrufsrecht beim Fernabsatzvertrag Zentralverwaltungswirtschaft 351


312 Zerobonds 91
Widerstandslinien 109 Zertifizierung 85
wilder Streik 294 Zession 180
Willenserklärungen 305 Zessionar 180
Willensmängel bei Rechtsgeschäften 308 Zinsfutures 118
Wimpel 107 Zinssatz 146
Wirtschaftskreislauf 363 Zinstender 390
Wirtschaftspolitik 380 Zivilprozess 190
Wirtschaftssektoren 363 Zugewinngemeinschaft 4
Wirtschaftssubjekte 363 zulagenschädliche Verwendung 87
Wohlverhaltensperiode 193 zulagenunschädliche Verfügungen 83
Wohnimmobilien-Kreditrichtlinie 174 Zulassungsvoraussetzungen 124
Wohn-Riester 84, 87 Zusatzerlöse 244
Wohn-Riester-Bausparvertrag 88 Zusatzkosten 243
Wohnungsbau-Prämie 77, 83 Zuteilung 173
Wohnungsbau-Prämiengesetz 77 Zuteilung des Bauspardarlehen 75
Xetra 126 Zwangsvollstreckung 189, 190
Zahlungsauftrag 42 Zwangsvollstreckungsklausel 171
Zahlungsbilanz 396 Zweckaufwand 243
Zahlungsgarantie für den Händler 51 Zweckertrag 244
Zedent 180 Zweipunktklausel 60
Zeichnungsberechtigung bei Firmenkonten Zwei-Säulen-Strategie 393
14 Zwischenfinanzierung 173
Zeitwert 116, 117
Zeitwertprinzip (Fair Value) 225, 227

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