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Bücher in Bewegung.

Bücher reisen meist nicht viel: von der Druckerei in die


Buchhandlung, aufs Sofa, ins Regal. Bücher wirft man nicht
weg;man stellt sieins Regale, legt sie unter das Bett oder packt sie
in Kisten und flucht man beim nächsten Umzug darüber.
Verschenken kommt auch nicht in Frage: Die Gäste sollen
schließlich sehen, wie belesen der Hausherr ist. Doch das Lesen ist
den Leuten langweilig geworden, weil sie lieber fernsehen oder
ins Kino gehen. Eine Alternative zum Verstauben von Büchern in
Regalen ist das Bookcrossing.

Diese Idee stammt vom Amerikner Ron Hornbaker. Seine Idee


heißt, die ganze Welt zu einer Bibliothek zu machen.
Überall sollen Menschen Bücher auf ofenen Orten liegen lassen,
damit die anderen sie finden, lesen und für den nächsten
Bücherfreund wieder ihre Freiheit entlassen. So werden Bücher
auf die Reise geschickt. Ihr Schicksal soll aber per Internet
verfolgt sein.

Die Spielregeln sind einfach: lesen, registrieren, freilassen. Beim


Registrieren bekommt das Buch eine Identifikationsnummer, die
der Bookcrosser auf einen Aufkleber oder direkt ins Buch
schreibt. Das Buch lässt er dann irgendwo liegen. Hält sich der
Finder an die Spielregel und trägt auf der Web-Seite ein, wo und
wann er das Buch gefunden hat und was er davon hält, lässt sich
die Odyssee des Werks bis in alle Ewigkeit verfolgen.
Theoretisch. In Wirklichkeit halten sich nur etwa ein Drittel der
Finder daran. Macht nichts, sagt Hornbaker. Denn wenn ein Buch
irgendwann wieder auftauche, sei das eine nette Überraschung.
Verschwindet es ganz vom Radar, ist es für den Spender trotzdem
nicht verloren. Es bleibt für immer in seinem virtuellen Regal
stehen, und jeder Besucher kann es im Netz bewundern.

"Bookcrossing ist die befriedigendste Sache, an der ich jemals


gearbeitet habe", sagt er heute. An manchen Tagen ärgert er sich
zwar schon mal. Zum Beispiel über Beschwerden einer Kinokette,
auf deren Toiletten Bookcrossing-Bücher herumlagen.
Verständnis aber hat Hombaker dafür, dass auf Flughäfen
herrenlose Gegenstände nicht so gern gesehen werden. Wie zum
Beispiel das Taschenbuch, das kürzlich den halben Flughafen von
Seattle Tacoma für 45 Minuten lahm legte. Weil den
Sicherheitsbeamten das Büchlein suspekt war, wurden
Bombenexperten bemüht, ein mobiles Röntgengerät
herbeigeschafft und mehrere Bereiche des Flughafengebäudes
gesperrt. "Flughäfen sind nicht der geeignetste Ort, um ein Buch
freizulassen. Nicht nach dem 11. September", betont Hombaker.

Solche Zwischenfälle sind allerdings die Ausnahme. Bookcrossing


kommt gut an, sogar bei Autoren und Verlegern. "Am Anfang
haben wir gedacht, die Verleger würden uns für eine Art Bücher-
Napster halten", so Hombaker, "aber Verleger mögen nun mal
alles, was das Lesen fördert. Und wo sonst gibt es so viele
engagierte Leser?"

Mittlerweile haben rund 120 000 Mitglieder mehr als 350 000
Bücher registriert, die meisten davon in den USA. Deutschland
liegt im Europa-Ranking auf Platz zwei. Die Gemeinschaff wächst
schnell: Täglich kommen etwa 300 neue Bookcrosser dazu. "Mit
der Zahl der Mitglieder ist die Arbeit an Bookcrossing ernsthafter
geworden", sagt Hornbaker. Heute arbeiten er, seine beiden
Partner und zwei Angestellte nur noch an dem Projekt; ihre
Software-Produkte haben sie verkauft.

Da bleibt nicht mehr viel Zeit zum Lesen. "Ich bin nicht
annähernd der beste Bookcrosser", gibt Hornbaker zu. In seinem
virtuellen Bücherregal sind gerade mal 38 Bücher registriert.
Hardcore-Bookcrosser bringen es auf mehrere tausend.

Finanziell steht die Firma auf mehreren Beinen. Provisionen


fließen, wenn Nutzer über die Links auf Seiten von Amazon & Co
bestellen. Außerdem werden Bookrossing-Sticker und
Lesezeichen verkauft, Mützen, Tassen, T-Shirts und andere
Utensilien mit dem Firmen-Logo. Verleger und Autoren können
auf der Seite werben, und wer will, kann Geld spenden.
Der Nutzer soll möglichst nur seinen Spaß haben: ohne Pop-Ups
und ohne irgendwelche Gebühren. Und Hombaker hat den
Werbekunden auch schon klar gemacht, dass das alles so bleiben
soll.

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