Als pdf oder txt herunterladen
Als pdf oder txt herunterladen
Sie sind auf Seite 1von 28



1
Lektion Nr. 12 LEOBRAND

Inhaltsverzeichnis
1. Was ist Gebet .............................................................................................................. 3
2. Die Notwendigkeit des Gebetes ..................................................................................... 4
3. Die Schwierigkeiten des Gebetes beim Intellektuellen ................................................... 4
4. Wie betet man wirksam? .............................................................................................. 5
5. Betet im Geist und in der Wahrheit .............................................................................. 7
6. Gebet darf keine Bettelei sein ....................................................................................... 8
7. Arbeit als Gebet ........................................................................................................... 8
8. Die Kunst des Betens ................................................................................................. 10
9. Die beste Zeit für ein Gebet ........................................................................................ 10
10. Selbstloses Gebet ....................................................................................................... 10
11. Reines Gebet statt Lippengebet .................................................................................. 10
12. Rituale und Tempel sind für das Gebet nicht nötig ..................................................... 11
13. Schmutziges Reden als Antipode des Gebetes ............................................................. 12
14. Gebet ohne Zwang und Heuchelei .............................................................................. 12
15. Gebet in Klang und Schönheit .................................................................................... 12
16. Das Gesetz des Opfers ............................................................................................... 13
17. Die Idee des Opfers bei den Religionen ....................................................................... 14
18. Das Opfer als Macht .................................................................................................. 15
19. Das echte Opfer ......................................................................................................... 16
20. Das Opfer als freudiges Vorrecht ................................................................................ 16
21. Wissenswertes über Meditation .................................................................................. 16
22. DAS BUCH DES OPFERS ........................................................................................... 23

Titelbild: „St. Pantaleon der Heiler“, Gemälde von Nikolas Roerich 1931.

2
Lektion Nr. 12 Gebet und Opfer

Gebet und Opfer


1. Was ist Gebet
MAITREYA MORYA, der Hohe Lehrer der LEBENDIGEN ETHIK, sagt:
„Das Gebet ist Ausdruck der besten Gedanken. Alle Glaubensvorschriften schlagen
vor, dem Beten zum Höchsten den bestmöglichen Ausdruck zu verleihen. Es ist richtig, den Men-
schen zu raten, sich an das Höchste in den erhabensten Gedanken zu wenden. Wir wiesen stets
auf den großen Nutzen erhabenen Denkens hin. An wen sonst könnte man sich in Gedanken
wenden, wenn nicht an das Höchste? Ich rate, keine Zeit zu verlieren, wenn die Möglichkeit be-
steht über das Streben zum Lichte zu sprechen. Weder Bittgebete noch Streitgespräche vermehren
die Gnade des Erhabenen, sondern nur Streben in Herzenswärme. Die Menschen müssen denken
lernen, das bedeutet, Gedanken an das Höchste anzuwenden – die einen klarer, die anderen
verschwommen, aber alle auf ein und demselben feurigen Pfad.“ (FW III, § 495.)
„...Dabei denkt jedoch niemand darüber nach, wie tief die Welt ohne diese Gebete bereits
versunken wäre! Daher muss jeder Spott über geistige Taten aufhören. Wie entstände sonst das
Gefühl der Verbundenheit mit dem Höchsten, wenn nicht durch das Gebet? ...“ (FW II, § 39.)
„Im Gebet wird man sich der Ewigkeit bewusst. Ein reines Gebet birgt in sich Schön-
heit, Liebe, Wagnis, Kühnheit, Selbstaufopferung, Standhaftigkeit und Streben. Wenn ein Gebet
jedoch Aberglaube, Angst und Zweifel birgt, so sind dies Relikte des Fetischismus. … „ (ERL, §
303. 1925-IV-1)
„… Es ist gut, wenn man zu beten versteht. Das reine Gebet oder die geistige
Verbindung ist eine höhere Offenbarung, dafür sind jedoch geistige Verfeinerung und Stand-
haftigkeit erforderlich.“ (ERL, § 236. 1924-IX-11)
„… Im Gebet wird das Dasein erhoben und verbessert, deshalb muss jedes Gebet – jede
Erhebung besser sein als die vorhergehende. ...“ (FW II, § 280.)
„Gebet ist Erhebung und Entzücken. Das eigennützige Gebet ist erst in neuerer Zeit
entstanden. Wie kann ein Mensch nur für sich selbst beten, als ob die Höhere Weisheit nicht
wüsste, was der Mensch benötigt?
Das Gebet ist die Leitung für den Strom des Segens. Der Strom fließt überreichlich,
doch es ist notwendig, sich mit ihm zu verbinden. Man muss die Verbindung im Herzen durch
Übereinstimmung finden, um den höchsten und allerheiligsten Schätzen würdig zu begegnen
und diese aufnehmen zu können. Dazu ist jedes eigennützige Gebet untauglich. Erst als die
Religionen zu offiziellen Konfessionen instrumentalisiert wurden, befassten sie sich mit gewöhn-
lichen Fürbitten gegen Bezahlung. Gebet und Bezahlung – wie widersinnig! Deshalb empfinden
auch viele Menschen diesen bezahlten Dienst als abstoßend. Die Freude eines erhebenden Ge-
bets entschwindet mit dem Klang von Münzen.“ (AUM, § 35.)
„Beten kann mit Magnetismus verglichen werden. Beten spannt das Herz an und
zieht die besten Gedanken aus dem Raum herbei; wenngleich solche Gedanken aus der irdi-
schen Sphäre noch nicht das Heil an sich sein mögen, so wirken sie dennoch heilsam. Die An-
reicherung mit solchen Gedanken verleiht neue Kraft, so wie dies auch eine Begegnung mit
Freunden tut. Freunde sollte man schätzen. Auch wenn man solchen Freunden zwar nicht be-
gegnet, so sind sie dennoch mit uns. Der Raum ist erfüllt mit ihnen, man muss ihnen nur gute
Gedanken entgegensenden. Beten hat eine anziehende Eigenschaft.“ (AUM, § 37.)
„Es besteht die Ansicht, Beten sei alltags- und lebensfremd, indessen ist es die Grund-
lage des Lebens. Ohne Verbindung zur Höheren Welt gäbe es keine Menschheit, sie
stünde tiefer als die Tiere! Man muss daher die Verbindung zur Höheren Welt als Grundlage
des Seins betrachten. Es ist bedeutungslos, in welcher Sprache die Anrufung erfolgt. Der Ge-
danke bedarf keiner Sprache, er durchdringt sogar alles.“ (AUM, § 42.)
„Gebet erleuchtet mit Wissen. Jeder der diese erhabene Verbindung erlangt, beginnt
unweigerlich nach Wissen zu streben. ….. Gebet ist kein Todesschrei, sondern eine Vereinigung
in Liebe und Hingabe.“ (AUM, § 61.)

3
Lektion Nr. 12 LEOBRAND
„... Man muss sich dessen bewusst sein, dass Finsternis beständig von Kräften des
Lichts bekämpft werden muss. Gebet ist erfolgreiche Aufnahme dieses Kampfes gegen die Ver-
logenheit im Namen des Höchsten. Indem wir die Verlogenheit verbannen, dienen wir dem
Licht.“ (AUM, § 65.)
„Gebet ist nicht erniedrigend, sondern erhebend. Traurigkeit nach einem Gebet
zeigt, dass das Gebet nicht hell strahlend ausgeführt wurde.“ (AUM, § 67.)
„...Denkt daran, man muss im Gebet den Geist mit der Unbegrenztheit vereinen.“
(ERL, § 304. 1925-IV-2)

2. Die Notwendigkeit des Gebetes


„...Ihr wisst, dass Wir jede Art von Magie ablehnen, bei der Hinwendung an die Helle
Hierarchie ist jedoch eine Anrufung durch Gebet wichtig. Man bedenke, dass auch irdische
Mächte nicht ungefragt antworten. Analog zu einer irdischen Anfrage bildet sich bei bewusster
Anrufung der Hierarchie eine reale Strömung. Man darf auch nicht annehmen, dass Feuer bei
solcher Anrufung entbehrlich wäre; lebendiges Feuer ist das beste Leitungsmittel. Wenn jedoch
das Feuer der Begeisterung im Herzen lodert, bedarf es natürlich keines stellvertretenden Hilfs-
mittels.“ (FW I, § 268.)
„Unwissende meinen, Gebet wäre im Geschäftsleben fehl am Platz. Fragt, welche Art
Geschäfte sie für unvereinbar mit dem Gebet erachten – offensichtlich unehrliche und habgie-
rige? Selbstverständlich hat Böses keinen Platz im Gebet, aber jede gute Arbeit bedarf des Ge-
betes zwecks Anziehung höherer Kräfte. In der künftigen Welt müssen diese Wahrheiten reali-
siert werden. Es wird kein Rückschritt sein, das zu beachten, was als Gesetz des Seins ewig
und unwandelbar besteht.“ (AUM, § 58.)
Das Verlangen, sich durch das Gebet mit den Höheren Kräften zu vereinigen, ist im
Menschen von Natur eingelagert. Es kommt jedoch ganz verschieden zum Ausdruck, und
zwar in Abhängigkeit von der Bewusstseinsstufe und dem Charakter des Menschen. Ein geis-
tig entwickelter Mensch gehorcht den gleichen Impulsen wie ein primitiver, der seine Anbe-
tung den Fetischen und den Kräften der Natur darbringt – nämlich dem Befehl seines eigenen
Geistes. Der Primitive mag vielleicht ganz unbewusst oder aus einem Gefühl der Angst heraus
der Macht seines Gottes Verehrung darbringen, dem Hochentwickelten bedeutet das Gebet
Bedürfnis und Freude.
Das Bestreben des menschlichen Geistes zur Verbindung und zum Verschmelzen mit
Höheren Kräften kann man zu allen Zeiten, bei allen Völkern und Bewusstseinsstufen fest-
stellen. Unbewusst fühlt der Mensch, dass sein Geist aus einer Hohen Heimat kommen muss
und empfindet Sehnsucht nach dieser. Das Gebet wird daher zu einem beständigen, unaus-
löschbaren Verlangen des Geistes, wenn auch nicht für immer, so doch für kurze Zeit in die
Höhere Welt zurückzukehren oder Verbindung mit ihr aufzunehmen. Im Gebet verschmelzen
wir mit der Urquelle des Seins, um aus ihr die notwendige Kraft für das weitere Leben zu
schöpfen. Solch ein Verkehr mit den Höheren Welten ist eine notwendige Nahrung des
menschlichen Geistes im Leben, für diesen ebenso nötig wie die Nahrung für den physischen
Körper. Ein Geist, der solch eine Nahrung von sich weist, verkümmert genauso wie der phy-
sische Leib, der nicht gespeist wird. Selig sind daher jene, die durch die Stimme ihres Geistes
auch die Stimme des Heiligen Weltgeistes vernehmen. Die Notwendigkeit eines Verkehrs mit
der Höheren Welt mittels Gebetes ist somit unleugbar.

3. Die Schwierigkeiten des Gebetes beim Intellektuellen


„...es ist schwer zu beten, wenn der Verstand beschäftigt ist. ...“ (RUF, § 178. 1922-III-4)
Ein heutiger Durchschnitts-Intellektueller hat es ungeheuer schwer, den Sinn und die
Notwendigkeit des Gebetes zu begreifen. Dem Bewusstsein des naturverbundenen Tabu-
Gläubigen ist er bereits entwachsen, aber zur Reife eines Geistesmenschen noch nicht vorge-
drungen. Alles, was mit Religion und Gebet zu tun hat, erscheint ihm daher entweder als
überholt, lächerlich und seiner unwürdig oder eventuell vom Standpunkt der historischen
und kulturellen Entwicklung aus noch interessant.

4
Lektion Nr. 12 Gebet und Opfer
Die Zweckmäßigkeit der Weltordnung und ihre kosmischen Gesetze, in denen auch
Gebet und Opfer eingeschlossen sind, werden an den Hochschulen nicht gelehrt. Und so
stützt sich auch der intellektuelle Verstandesmensch ausschließlich auf den Materialismus,
den er allein für konkret und wirklich hält, obwohl dieser Materialismus durch neuere Er-
kenntnisse einzelner Wissenschaftler bereits widerlegt wird, weil er den Gesetzen der Evolu-
tion widerspricht. Der Begriff »Evolution« setzt sich jetzt allmählich durch. Die modernen Wis-
senschaftler, die bereits naturverbunden denken, werden auch die beste Stütze und die Ver-
künder der kommenden Weltanschauung sein, da sie einen hohen schöpferischen Geist im
All nicht mehr leugnen können.
Der wahre Realist wird daher kein Materialist und Gottesleugner mehr sein, sondern
er wird die Realität einer Höheren Welt anerkennen. Jeder Spott über das Gebet verschlech-
tert das eigene Karma und kann sich in späteren Jahrtausenden sehr unangenehm auswir-
ken. Es gibt leider nur wenige Auserkorene, die den Pfad der menschlichen Evolution mehr
oder weniger schmerzlos erreichen. Die meisten Menschen kommen nur auf dem Umweg über
die Verneinung zu höheren Erkenntnissen und müssen dafür auch den ganzen Schleim des
Zweifels und des Grauens der Eitelkeit erleben, damit aus einem Saulus ein Paulus wird und
der Verfolger der Wahrheit sich zu einem Verteidiger und Apostel wandelt. Aber nicht aus
jedem Saulus wird ein Paulus. Die meisten Materialisten werden in ihrem geistigen Sumpf
lange steckenbleiben und auf die Seite der Feinde der Evolution übertreten, um schließlich
als kosmischer Abfall in die kosmische Mühle der Umarbeit zu gelangen, was einen Zeitverlust
nach sich ziehen wird, der in Äonen kaum ausgedrückt werden kann: alles aus eigener
Schuld, denn jedem Menschen wird das höhere Wissen unter großen Opfern dargeboten.
„Niemand sollte über ein Gebet spotten. Selbst wenn dieses ganz einfach ist, so ist es
dennoch ein Zeichen von Geistigkeit. Es ist eines Menschen unwürdig, die besten Bestrebungen
eines Bruders zu schmälern. Kein Mensch hat das Recht, über ein Gebet zum Höchsten zu läs-
tern. Niederträchtige Menschen greifen meist das Gebet anderer an. Für sie sind AUM und an-
dere Gebete Anlass für unangebrachten Scherz. Derart niederes Bewusstsein ist die Folge gro-
ber Unwissenheit.“ (AUM, § 29.)
„Gebet darf weder durch Zwang noch aus Tradition erfolgen. Das erste Gebet eines Kindes
darf weder belächelt noch getadelt werden. Einst betete ein Knabe: „O Herr, wir sind bereit, Dir
zu helfen.“ Ein Vorübergehender entrüstete sich und bezeichnete dies als anmaßend, dadurch
wurde seine Selbstlosigkeit geschmäht. Ein kleines Mädchen betete für ihre Mutter und ihre Kuh,
sein Gebet wurde belächelt. Dadurch erachtete man das Gebet als Spaß, wogegen derartige Für-
sorge doch wahrhaft berührend ist. Im Namen Gottes zu drohen ist schlimmste Blasphemie. Ein
Verbot mit eigenen Worten zu beten, ist bereits ein Eingriff in das junge Bewusstsein. Vielleicht
empfindet das Kind etwas sehr Wichtiges, und sendet seine Gedanken nach oben. Wer dürfte
dies stören oder gar solch einen lichten Impuls ersticken? Die erste Belehrung über das Gebet ist
für den gesamten Lebensweg maßgebend.“ (AUM, § 69.)
„Das Umfeld zu Hause ist für den gesamten Lebensweg maßgebend. Die ärmste Hütte
kann geistige Gefühle nicht schmälern. Man sollte jedoch nicht annehmen, Kinder würden geist-
lose Leere im Leben nicht bemerken, im Gegenteil, sie empfinden die Struktur ihres gesamten
Alltagslebens besonders stark. Gebet gedeiht daher in reinen Heimen am besten.“ (AUM, § 70.)

4. Wie betet man wirksam?


Beständigkeit im Beten ist Voraussetzung für die Wirkung, daher ist die tägliche
Anrufung1 notwendig. Man sollte regelmäßig jeden Tag beten, denn ein Rhythmus darf
nie abreißen.
„Mantras sowie alle Gebete unterstützen den äußeren Rhythmus und dienen auch zur
Verbindung mit den höheren Welten. Die meisten Menschen verstehen weder diesen äußeren
noch den inneren Sinn eines Gebets. Die herrlichen Hymnen der Rig Veden verschwanden, weil

1
Anrufung – siehe Lektion Nr. 6

5
Lektion Nr. 12 LEOBRAND
sie nicht in die Herzen drangen. Dieser Mangel an Rhythmus kann als Zeichen der Endperiode
von Kali Yuga angesehen werden. Gerade die Finsteren stören mit allen Mitteln jegliche Harmo-
nie. Disharmonie ist charakteristisch für alle zeitgenössischen Künste. Man kann sogar be-
obachten, dass Harmonie wie die Dur-Tonarten für altmodisch gehalten werden. Es ist ein ge-
wisser Mut erforderlich, um weiterhin im Wohlklang feierlicher Dur-Tonart zu komponieren! So
kann im gesamten Leben ein Abweichen von jedwedem Heldentum festgestellt werden. Feige
Bosheit kennzeichnet die Anhänger der Finsternis und des Chaos auf der ganzen Welt. Das
Herz verlangt jedoch nach Ordnung, denn es weiß, dass Chaos ansteckend ist. Jeder Verfall
gebiert neuen Verfall!“ (HERZ, § 402.)
Heute werden Gebete oftmals nur sinnlos heruntergeleiert. Sie müssen jedoch mit Be-
teiligung des ganzen Herzens, mit Gefühl und mit höchster Konzentration der Gedanken –
hörbar oder unhörbar – gesprochen werden. Nur bei Erfüllung dieser Erfordernisse kann man
damit rechnen, dass ein Gebet Wirkung erlangt.
Es empfiehlt sich, vor jedem Gebet, insbesondere wenn Gebete gemeinsam in
einer Gruppe gesprochen werden, einen »Moment des Schweigens« einzuhalten. Das
konzentrierte und vollkommene Schweigen einer Gruppe von Menschen besitzt eine
große anziehende Kraft. Auf diese Weise tritt man am besten mit der Höheren Welt in Ver-
bindung. Es ist selbstverständlich, dass dies niemals unter Lärm geschehen kann. Die Boten
des Heils erscheinen in der Stille.
„...Man muss sich vor dem Antlitz eines Hierarchen ein würdiges Verhalten angewöhnen.
Ich sage: Es ist notwendig, in ständigem Gebet zu leben. Besonders jetzt, da die Erde von Ent-
setzlichem erschüttert wird, ist ständiges Gebet notwendig.“ (FW II, § 356.)
Ein beständiges Gebet, in Worten oder auch in Gedanken, lässt – wie überhaupt jedes
Wort und jeder Gedanke – in der astralen Sphäre eine beständige Schwingung entstehen.
Diese bildet aus der elastischen Materie des astralen Planes Gedankengestaltungen, bezie-
hungsweise astrale, lebendige Wesen. Man darf sich diese nicht unbedingt als an bestimmte
Formen gebunden vorstellen, sondern mehr als eine geballte Energie. Aus diesen Gedanken-
gestaltungen kann die Qualität und Art des Gebetes festgestellt werden. Aufgrund der über-
mittelten Schwingung urteilen die Höheren Wesen, inwiefern solch ein Gebet eine Berück-
sichtigung erfordert und ob, vom Standpunkt der Gerechtigkeit aus, die Erfüllung eines Ge-
betes gegeben erscheint.
Ein zufälliges Gebet, ohne Herzensfeuer, erreicht sein Ziel meist nicht. Es kann nicht
derart mächtige Schwingungen entstehen lassen, um präzise zum Ausdruck gebrachte Ge-
dankengestaltungen ins Leben zu rufen. Gedankengestaltungen, die ihr Entstehen einem zu-
fälligen Gebet verdanken, sind nur dann von Wirksamkeit, wenn sie vom Feuer des Herzens
emporgetragen werden.
Zufällige Gebete entstehen meistens, wenn der Mensch aus seinem sorglosen Alltag
heraus plötzlich an den Rand eines Abgrundes gestellt wird und sich dann auf Gott besinnt,
den er bisher womöglich verleugnete. In solch einem Moment erinnert sich sogar der intellek-
tuelle Verstandesmensch seines göttlichen Ursprungs und sendet mit dem Feuer des Herzens
einen Schrei der Verzweiflung in den Weltenraum. Wenn das reife Karma es zulässt, wird in
solchen Fällen meist momentan eine sogenannte unverhoffte Hilfe gewährt, völlig unbekannt,
woher sie kommt. Nicht selten ist solch ein Augenblick der Wendepunkt zur geistigen Rück-
kehr. Eine Gedankengestaltung, die in der Stunde der Gefahr durch einen hochgespannten
Zustand zustande kommt, im Vertrauen auf höhere Hilfe, schafft kraft psychischer Energie
einen mächtigen Kanal zur Höheren Welt und zieht momentan Hilfe herbei. Der Hohe Lehrer
der LEBENDIGEN ETHIK sagt: „Ihr habt richtig bemerkt, dass vieles von uns selbst getan wer-
den muss. Hilfe kommt im letzten Augenblick, anders könnte man sich nicht geistig vervoll-
kommnen. ... “ (HERZ, § 400.)
„...denn erst in der Not lernt der Mensch die Sprache des Herzens. ...“ (HIE, § 112.)
„...Wie soll man also beten? Man kann Stunden in Hingabe verbringen, es gibt aber auch
blitzschnelle Gebete. Dabei verbindet sich der Mensch sofort wortlos über die gesamte Kette des
Lichtes in die Unbegrenztheit. Verbindet man sich derart entschlossen mit der Unbegrenztheit,

6
Lektion Nr. 12 Gebet und Opfer
so ist dies als würde man die Ausstrahlung des Äthers einatmen, der Kreis wird auf diese Weise
ohne mechanische Wiederholungen am besten geschlossen. So kann man in Schweigen, ohne
Zeit zu verlieren, einen aufbauenden Strahl erhalten.
Ein hochstehender Geist kann sogar in einem einzigen Seufzer sein menschliches Be-
wusstsein erheben. Solche Fragen werden kommen, daher müssen Wir wiederholt über das
Gebet sprechen. Beschwörungen, Bitten, Unterwürfigkeit und Drohungen sind nutzlos. Man soll
sich in entfernte Welten versetzen, in die Schatzkammern der Möglichkeiten und des Wissens.
Man muss fühlen, dass diese für uns bestimmt sind, und sich diesen in Kühnheit nähern. In
diesem Sinne ist auch das Gebot zu verstehen: Betet nur im Geiste, auf keine andere Art
und Weise!“ (ERL, § 303. 1925 - IV - 1)
„...Religion, als Rückbindung an die Höhere Welt, muss in erster Linie anziehend wirken.
Angst wirkt nicht anziehend und Zwang ist abstoßend. Die Vorstellung vom Höchsten muss in
erster Linie anziehend sein. Man kann sich über das Höhere in allem freuen. Sogar einfache
Menschen würden sich nicht vom Höchsten abwenden. Um das Höhere zu trüben, wurden ihm
abstoßende Taten anheimgestellt. Wer das Höchste trübt, dient bereits der Finsternis. Es kommt
weder auf Dogmen noch auf Symbole an – diese Zeichen des Schönsten könnten geschändet
worden sein. Wer die Verdunkler auch immer gewesen sein mögen, auf jeden Fall sind sie Got-
teslästerer. Wie sollte man solche Verdunkler denn sonst nennen, welche dafür sorgen, dass
sich einfache Menschen von den Wohnstätten Gottes abwenden? Ein Gebet zum Höheren zu
trüben, ist wie Vergewaltigung und Freiheitsberaubung.
Wurde jemals verlangt, dass man zu seinen Eltern nur in deren Worten sprechen darf?
Ebenso verhält es sich auch im Gebet zum Höchsten – wer könnte sein Herz zwingen, sich auf
eine fremde Art an das Höchste zu wenden? Wer Gebete, Hymnen und Lieder an das Höchste
verfasst, tut dies jeweils mit seinem eigenen Herzen. Man kann den Geist nicht daran hindern,
mit den eigenen Schwingen aufzusteigen. Wie und wohin aber könnte man ohne eigene Schwin-
gen fliegen? Jeder, der auch nur die kleinste Feder eines anderen knickt, wird die Verantwor-
tung dafür zu tragen haben! Wenn es eines Gesanges bedarf, so muss es ein Gesang des Her-
zens sein, nur in diesem Gesang wird die gesamte Schöpfung mitklingen und jeder Gegenstand
wird bei einem Lobgesang zum Höchsten mitklingen. Wer einem Nächsten hilft, seinen Lobge-
sang anziehender zu gestalten, spendet Segen. Kein Dogma ist fähig, die Verbindung mit dem
Höchsten zu verbieten. Je schöner diese ausgeführt wird, desto näher wird ES sein. Wenn man
einer Hilfe dazu bedarf, so genügt die Anrufung „Hilf !“ Sogar dieses einfache Wort muss jedoch
anziehend sein. Den Fanatikern, von denen ihr schon viel gehört habt, mangelt es gerade an
dieser Anziehungskraft. Viel Finsternis und Abstoßendes wurde gesät! Gäbe es denn eine Spra-
che, in der man nicht beten könnte? Ein Gebet des Geistes kann in allen Sprachen ausgedrückt
werden, wenn Anziehungskraft vorhanden ist, wird auch das Herz in seiner ihm eigenen Spra-
che erklingen.“ (FW II, § 38.)

5. Betet im Geist und in der Wahrheit


„...Es wurde ganz einfach gesagt: Betet nur im Geiste, auf keine andere Art und
Weise!“ (ERL, § 132. 1924 – IV – 5)
Im Gespräch mit der Samariterin (Joh. 4/24) sprach Christus: „Gott ist Geist und die Ihn
anbeten, müssen Ihn im Geist und in der Wahrheit anbeten.“ Obwohl bereits nahezu zweitau-
send Jahre vergangen sind, seit diese Worte gesprochen wurden, hat man sie ihrem Wesen
nach im Christentum dennoch bis zum heutigen Tag nicht begriffen. Die Gläubigen behängen
sich mit Amuletten und Rosenkränzen und murmeln unverständliche Gebete, die meist in
persönliche Bitten hinauslaufen. Priester lassen sich für Gebete bezahlen und erfüllen ledig-
lich die kirchlich vorgeschriebenen Rituale, Zeremonien und Gebräuche und glauben damit
dem Himmlischen Vater „im Geist und in der Wahrheit“ zu dienen.
Die Anbetung im Geist und in der Wahrheit hat mit diesen Formen der Beschwörungen,
die heute noch gebräuchlich sind, nichts Gemeinsames. Wer Gott im Geist und in der Wahrheit
anbeten will, muss zunächst aufhören, ein ständiger Bettler bei Gott zu sein, denn betteln ist

7
Lektion Nr. 12 LEOBRAND
keine Anbetung und Gottesverehrung, sondern eine Erniedrigung durch Nichtgebrauch der ei-
genen, in uns vorhandenen, göttlichen Kräfte. Der im Geist Betende wird seine Dienste Gott
anbieten, wie der kleine Knabe, der sprach: „Herr, wir sind bereit, Dir zu helfen.“
„Ein Einsiedler wurde gefragt, wie er in der ständigen Stille leben könne? Empört sagte
er: „Ihr irrt, ich schweige niemals, sondern unterhalte mich ständig – viele Gesprächspartner
besuchen mich.“ Der Einsiedler hatte sich bereits derart der unsichtbaren Welt genähert, dass
er diese vollkommen wahrnehmen konnte. Er war im Gebet mit dieser Welt vereint, und sie
offenbarte sich ihm in ihrer ganzen Größe. Für solch einen Geist ist der Übergang in die Fein-
stoffliche Welt kaum wahrnehmbar.
In Gesprächen über das Gute kann man sich auf viele Stufen erheben. Das Gebet wird
zuerst äußerlich sein, später herzlich und dann vollzieht sich eine Vereinigung mit dem Guten.“
(AUM, § 41.)

6. Gebet darf keine Bettelei sein


Bettelei ist in der Höheren Welt unwürdig. Sogar in der menschlichen Gesellschaft ist
das Betteln für den persönlichen Gebrauch verpönt, oftmals sogar verboten. Etwas ganz an-
deres ist es, wenn man nicht für sich, sondern für andere bittet um ihnen zu helfen, weil wir
ihre Not sehen und diese lindern wollen. Solange sich der Mensch selbst helfen kann, muss
er dies auch selbst besorgen.
Wenn ein gesunder und arbeitsfähiger Mensch zu uns kommt und bettelt, wird man
ihm vor allen Dingen dadurch helfen, dass man ihm eine seinen Kenntnissen entsprechende
Arbeit gibt oder vermittelt. Jeder Mensch muss sich das, was er braucht selbst verdienen,
beziehungsweise erarbeiten, und zwar nicht nur im materiellen, sondern auch im geistigen
Bereich. Der Zweck des Lebens besteht in Arbeit und im Schaffen und nicht in Bettelei oder
Schmarotzertum. Wenn es genügte, im Leben lediglich vom Betteln zu leben, würden wahr-
scheinlich nur wenige Menschen arbeiten. Eine derart demoralisierte Welt müsste jedoch in
kurzer Zeit zugrunde gehen, da die Menschheit nur von Arbeit leben kann. Deshalb darf der
Mensch seinen Hilferuf an die Höheren Welten erst dann hinaussenden, wenn der äußerste
Notstand gegeben ist und die eigenen Kräfte versagen. Die Erfahrungen beweisen, dass Hilfe
meist auf wunderbare Weise in letzter Minute kommt, wenn alle eigenen Möglichkeiten er-
schöpft sind und das Karma nichts Gegenteiliges verlangt. Aber selbst in einem solchen Fall
ist niemals ein Grund zum Verzweifeln gegeben, solange der Mensch mit dem »Silbernen Fa-
den« zur Hellen Hierarchie verbunden ist.
Die Natur kennt kein Lebewesen, das um seine Existenz nicht kämpfen und arbeiten
müsste. Auch ein Vogel muss eifrig unterwegs sein, um Fliegen und Insekten einzufangen.
Man denke ferner an die Bienen und Ameisen, die ebenfalls alles eher als ein geruhsames
Dasein führen. So muss auch der Mensch sein Leben durch Arbeit, speziell durch schöpferi-
sche Tätigkeit aufrechterhalten und auch das Gebet soll eine Arbeit sein, wie umgekehrt die
Arbeit ein Gebet sein sollte.

7. Arbeit als Gebet


Gewöhnlich denken die Menschen, Gott benötige nichts, da Er doch höchst vollkom-
men sei. Hier beginnt bereits die Schwierigkeit, denn der bestehende christliche Gottesbegriff
kann auch nicht annähernd das Allumfassende der Alleinigen Gottheit des gesamten Univer-
sums, die unpersönlich aufzufassen ist, zum Ausdruck bringen. Die Gottheit benötigt auf alle
Fälle auch unser Schaffen, unsere Werke und unsere Mitarbeit. Alle Menschen sind als Helfer
und Mitarbeiter der Kräfte des Lichts bei der auf unserem Planeten durchzuführenden Evo-
lution des Lebens gerufen, das heißt bei der Veredelung und Vergeistigung der grobstofflichen
Materie. Das ist die schöpferische Aufgabe des Menschen, die ihm von Höheren Wesen über-
tragen worden ist. Jeder von uns hat einen bestimmten Aufgabenbereich und eine Berufung.
So ist auch jedermann in Abhängigkeit von seinen individuellen Fähigkeiten und Eigenschaf-
ten sowie von seinem Dharma auf jenen Platz gestellt, auf den ihn das kosmische Gesetz

8
Lektion Nr. 12 Gebet und Opfer
gerufen hat, unabhängig davon, ob die Rolle augenblicklich bedeutend oder geringfügig er-
scheinen mag.
Die meisten Menschen vergessen, dass es in erster Linie auf den unbedingten Willen
zur Pflichterfüllung ankommt und nicht auf den Platz, den mancher bereits ausfüllen könnte.
Im Allgemeinen kann man feststellen, dass für verantwortliche Arbeiten im Dienst des Allge-
meinwohls und des großen kosmischen Dienens viel zu wenig geeignete Mitarbeiter vorhan-
den sind, weil die meisten Menschen die Lektion der Pflichterfüllung noch nicht gelernt haben
und deshalb von der Hellen Hierarchie nicht auf verantwortungsvolle Stellen gerufen werden
können. Sie würden nämlich bei der ersten schweren Belastung bereits versagen und zusam-
menbrechen oder gar in das feindliche Lager überwechseln. Jeder Mensch wird vor seiner
Inkarnation vor die Wahl gestellt, ob er im neuen Leben eine leichte, schwere oder gar sehr
schwere Aufgabe auf sich nehmen will. Durch die mehr oder minder pflichtbewusste und
erfolgreiche Ausführung des übernommenen Auftrages verdienen wir entsprechende »Gna-
denmittel« von Oben. Diese sind somit nicht das Resultat von Betteleien oder Gebeten, son-
dern der Lohn für unsere Arbeit. Es gibt zahlreiche Menschen, die nie beten, aber der göttli-
chen Gnadenmittel dennoch teilhaftig werden, denn wie schon der Ausspruch „Ora et labora“
(bete und arbeite) erkennen lässt, ist Arbeit dem Gebet gleichzusetzen. Die göttlichen Gna-
denmittel dürfen jedoch nicht am Geldbeutel oder Bankkonto abgelesen werden, das ist ein
Trugschluss der Puritaner; denn im kosmischen Sinn sind materielle Güter nicht nur Verfüh-
rer, sondern auch Illusionen. Höchstes Gebet und höchste Gottesverehrung liegen in der
Tätigkeit, vor allem in der schöpferischen Arbeit.
Die LEBENDIGE ETHIK lehrt: „...Die Hymne an den Schöpfer wird nicht nur im Tem-
pel dargebracht; vielmehr durch des Lebens Arbeit wird das Wachs der Kerze verbraucht.“
(RUF, § 85. 1921-X-28)
Damit ist gewiss nicht gesagt, dass Gebete nicht nötig wären, aber eine freudig ver-
richtete Arbeit steht dem Gebet gleichwertig zur Seite. Durch gut ausgeführte Arbeit geben
wir dem Schöpfer das zurück, was wir von ihm erhalten. Durch die Qualität der Arbeit fördern
wir unsere eigene Evolution und die der Umwelt. Die beständige Arbeit, die als Gebet auf-
gefasst werden kann, wird zur Heldentat im Leben.
„Christus sprach: ,Nicht im Tempel, sondern im Geist sollt ihr beten‘. Religiöse
Rituale beinhalten nur Äußerlichkeiten. Oft bringen religiöse Feste mehr Schaden als Nutzen.
Die Massen machen aus ihnen allgemeine Prozessionen, deshalb ist es wichtig aufzuzeigen,
worin die Kraft zum Erklimmen aller Stufen des Lebens besteht.
Es ist höchste Zeit, jene Brillanten zu entfernen, die die heiligen Darstellungen entwei-
hen. Es ist höchste Zeit, die Reliquien zu verbrennen und dem Vermächtnis Christi Folge zu
leisten. Es ist an der Zeit, in den Tempel des geistigen Verständnisses einzutreten und sich den
Kräften zu weihen, die das Wissen um die wahre Macht des Geistes vervollkommnen.
Nicht in versteckten Laboratorien, nicht in Klosterzellen, sondern im Leben werdet ihr echte
Erfahrungen sammeln können. Auch Jesus hat jene, die nach der Freiheit des Geistes suchten, nicht
in den Falten Seiner Kleidung gesammelt, sondern durch die Schönheit seiner Werke.
Schon oft mussten Heilige wieder zur Erde zurückkehren, weil sie die Massen zu sehr
beeindruckten, anstatt sie mit dem Aufbau des Lebens vertraut zu machen.
Wir sind entschieden gegen Klöster, sie sind die Antithese zum Leben. Nur Gemeinschaf-
ten der Lebenserfahrungen, in denen wertvolle Errungenschaften erarbeitet werden, finden Un-
sere Unterstützung. Wir freuen Uns wenn Wir deren Arbeit sehen und den Aufbau in den richti-
gen Händen gewahren.
Es ist unbedingt notwendig, die Lebenspraxis zu durchschreiten. Es ist über-
haupt nicht notwendig, religiöse Traditionen zu pflegen. Tatsächlich notwendig ist
auch ein bewusster Verkehr mit der Welt des Lichtes. Daher wollen wir nützlich sein und
bewusst, ohne Magie, praktisch zur Quelle vorwärtsschreiten. So einfach und nahe ist das
ganze Geheimnis, das den Menschen so unerreichbar zu sein scheint, weil sie von Vorurteilen
eingeengt sind. Es ist ihnen nicht mehr möglich, sich Einfachheit, Schönheit und Furchtlosigkeit
vorzustellen.“ (ERL, § 130. 1924-IV-3)

9
Lektion Nr. 12 LEOBRAND

8. Die Kunst des Betens


Die Kunst, richtig zu beten, ist eine der schwersten Künste und verlangt eine entspre-
chende geistige Entwicklung. Die Masse der Menschen versteht es kaum, wirklich zu beten,
sie hält sich dabei größtenteils an mechanische Vorgänge wie Litaneien, Rosenkränze, Ver-
neigungen, Kniebeugen, Schlagen an die Brust, Bekreuzigen, Hände erheben und andere Ge-
wohnheiten. Was verbleibt dann noch vom reinen Gebet, wenn alle diese äußeren Begleitum-
stände wegfallen? Ein Gebet „im Geist und in der Wahrheit“ kann nur ein herzliches, inneres
Gebet sein, d. h. es muss dem Thron des menschlichen Bewusstseins, nämlich dem Herzen,
entspringen. Nur ein herzliches Gebet stellt die magnetische Verbindung mit den Höhe-
ren Welten her.
Auch ein dem Verstand entspringendes Gebet kann sich in ein herzliches verwandeln,
wenn man die Gedanken bewusst über das Herz lenkt und hinaussendet. Während des herz-
lichen Gebetes kommt über den Menschen auch die Erleuchtung oder Illumination, da das
Herz den Menschen mit der Höheren Welt verbindet.

9. Die beste Zeit für ein Gebet


„Beten kann man jederzeit, es gibt jedoch zwei Zeitpunkte der Strahlungsänderung, an
denen die Hinwendung zur Höheren Welt besonders günstig ist – bei Sonnenaufgang und Son-
nenuntergang. Zusätzlich ist es angebracht, die Höhere Welt vor dem Einschlafen anzurufen.
Schlaf wird von der Wissenschaft nicht verstanden, die Vorstellung des Ausruhens ist zu ein-
fach. Da vor jeder Tat eine geistige Handlung erfolgt, muss der Zustand des Schlafes besonders
beachtet werden. Beinahe die Hälfte seines Lebens vertraut sich der Mensch der unsichtbaren
Welt an. Vor dem Durchschreiten dieser heiligen Tore muss man sein Bewusstsein reinigen.
Bereits der Gedanke an die Höhere Welt und an seine Beschützer erleuchtet das weggleitende
Bewusstsein, es erfolgen keine unerwünschten Begegnungen und keine Angriffe. Diesen un-
überwindbaren Panzer verleiht jedoch nur der herzliche Gedanke an die Höhere Welt. So lasst
uns also all des Herrlichen und Nützlichen auf unseren langen Wegen bewusst sein.“ (AUM, § 71.)

10. Selbstloses Gebet


„Es ist gut sich zu versammeln, um die Gedanken zu vereinen – so kann man den Raum mit
Segen erfüllen. Solches Denken ist Gebet – denkt nicht an euch, versammelt euch für das Wohl. Hilfe
für Freunde ist das Gegenteil von Eigennutz! Ich erachte jene Stunden als die wertvollsten, in denen
Freunden und allen die in Not sind, gute Gedanken zugesandt werden.“ (AUM, § 73.)
„Primitive flehen in ihren Gebeten vor allem um Gnade für sich selbst, während weise
Einsiedler für das Wohl der ganzen Welt beten. Darin liegt der Unterschied zwischen Primitiven
und Weisen. Dieser Unterschied sollte allen Gedanken zugrunde gelegt werden. Es ist weder
angebracht noch nützlich, für sich selbst zu bitten. Nur ein primitives Herz hält sich selbst für
das wichtigste. Es ist jedoch wesentlich weiser für das Wohl der ganzen Welt zu bitten, denn
daraus erhalten auch wir den uns zustehenden Segensanteil. Besonders jetzt ist es notwendig,
diesen hehren Pfad zu beschreiten, denn nur so kann man zum Herz finden.“ (HERZ, § 554.)

11. Reines Gebet statt Lippengebet


„Ein reines Gebet gelangt ans Ziel. ...“ (RUF, § 20. 1921-V-19)
Das Gebet muss rein sein, weil nur ein reines und selbstloses Gebet ans Ziel gelangt.
Ein Gebet darf keine unreinen Wünsche und egoistischen Bestrebungen enthalten. Heute
glauben noch viele Menschen, dass zur Hinwendung an die Höheren Kräfte auch Lippenge-
bete ohne Gedankenkonzentration und ohne Mitwirkung des Herzens nützlich seien, sonst
würden sie das gewohnheitsmäßige Herunterleiern von Gebeten einstellen. In dieser Hinsicht
ist der Mensch der neuen Zeit vielleicht noch rückständiger als der Primitive, der mit Inbrunst
bei seinen Göttern um Gnade für sich und um Unheil für seine Feinde fleht. Er tut es zumin-
dest aus innerster Überzeugung und in vollem Glauben.

10
Lektion Nr. 12 Gebet und Opfer
Im Übrigen haben auch die christlichen Priester des Abendlandes bis in die jüngste
Vergangenheit die Waffen gesegnet, um den Feind zu vernichten, auch wenn dieser ihr eigener
Bruder in Christo war. Solch lästerliche Gebete im Namen dessen, der die Nächstenliebe auf
Sein Banner geschrieben hatte, haben mit reinem Gebet nichts zu tun, sondern bringen Tod
und Verderben für alle.
Die Macht der reinen Gedanken in allen Kirchen der Welt wäre imstande, jeden Krieg
zu verhindern, wenn nur alle Priester sämtlicher Weltreligionen dies aus innerster Überzeu-
gung wünschen und auch aussprechen würden.
Was ein reines Gebet vermag, möge uns eine orientalische Legende veranschaulichen:
„...Ein Dämon wollte eine fromme Frau verführen. Als Sadhu verkleidet betrat er ihre
Hütte, einen Rosenkranz haltend. Er bat um Obdach, und die Frau lud ihn nicht nur ein zu
bleiben, sondern trug ihm Speisen auf und bat ihn, mit ihr zu beten. Um schneller ans Ziel zu
gelangen, beschloss der Dämon auf alle ihre Bitten einzugehen. Sie begannen zu beten. Dann
bat ihn die Frau, ihr vom Leben der Heiligen zu erzählen, und der Dämon begann wie die besten
Sadhus zu berichten. Die Frau geriet in solch eine Ekstase, dass sie die ganze Hütte und selbst
den Dämon mit Weihwasser besprengte. Dann schlug sie dem Dämon vor, gemeinsam Prana-
Yama zu üben, und sie entwickelte allmählich solch eine Macht, dass der Dämon schließlich
unfähig war, die Hütte zu verlassen. Er blieb, um der frommen Frau zu dienen und die besten
Gebete zu lernen. Ein Rishi, der an der Hütte vorbeikam, bemerkte den betenden Dämon und
schloss sich ihm im Lobgesang zu Brahma an. So saßen sie alle drei am Herd und sangen die
besten Gebete.
Auf diese Weise veranlasste eine einfache Frau durch ihre Hingabe einen Dämon und
einen Rishi zu gemeinsamer Lobpreisung. Doch in der Höchsten Wohnstätte löste dieses Zusam-
menwirken nicht etwa Entsetzen, sondern ein Lächeln aus. Auf diese Weise wurde sogar ein
Dämon veranlasst, am Gebet teilzunehmen.“ (FW I, § 563.)

12. Rituale und Tempel sind für das Gebet nicht nötig
„Kein Glaube hat je verlangt, Tempel zu errichten. Sie entstanden allmählich als Ausdruck
der Verehrung. Das ursprüngliche Bündnis war immer ein geistiges und völlig unmittelbares. Erst
später unterwarf man das Gesetz des Geistes irdischen Gesetzbüchern. ...“ (AUM, § 31.)
„Die verschiedenen Glaubensformen haben bezeichnende Formalitäten eingeführt. Im
Altertum verlangte man, dass sich der Priester vor dem Gebet bade und reine Gewänder anlege.
Jetzt ist das Gegenteil der Fall. Luxuriöse Gewänder werden zur Schau gestellt, aber die Rein-
heit unter diesen wird außer Acht gelassen. Diese grundlegende Einstellung ist bezüglich des
Standes der Geistigkeit bedenklich. Die Bedeutung der Anrufung zum Höchsten ist ihrem tiefe-
ren Sinn nach in Vergessenheit geraten. Viele Bücher wurden geschrieben, die Herzen sind je-
doch verstummt. Daher muss daran erinnert werden, dass es nicht auf Gewänder ankommt,
sondern auf Reinheit. Möge Reinheit auf dem Pfad zu Reinheit des Herzens führen. Einem un-
reinen Herzen kann kein Gebet entspringen.“ (AUM, § 30.)
Die Höhere Welt und die Allgottheit bedürfen zu Ihrer Verehrung weder der Tempel noch
der Rituale und Zeremonien, sondern ausschließlich der herzlichen Gebete und der Arbeit. Da-
rin liegen die beste Anerkennung der Hellen Hierarchie und der praktische Beweis für Mitarbeit.
Lediglich das unentwickelte menschliche Bewusstsein benötigt Äußerlichkeiten, um an eine
bestimmte geistige Disziplin gewöhnt zu werden, wie auch das Kleinkind der führenden Hand
bedarf. Das geistig erwachte Bewusstsein kann auf bestimmte Rituale verzichten.
Die ursprünglichen Rituale hatten auch einen tieferen Sinn, der, wenn schon nicht
dem Volk, so zumindest den Priestern bekannt war. Die heutige Priesterschaft hat jedoch das
Wissen über die tiefere Bedeutung und die Entstehung dieser religiösen Bräuche verloren und
deshalb sind diese auch fehl am Platz. Ein Ritual, das seiner ursprünglichen Idee beraubt ist,
wird zur Sinnlosigkeit und erinnert an die ersten Formen des Fetischismus. Gebet und Got-
tesverehrung dürfen niemals zu einer konventionellen Formalität herabsinken, sondern müs-
sen ein ewig neuer Ruf des Herzens bleiben.

11
Lektion Nr. 12 LEOBRAND

13. Schmutziges Reden als Antipode des Gebetes


„Das Gegenteil von Gebet ist schmutzige Rede. Sie verunreinigt und stört den Raum. In
Städten ist es verboten, Fabriken zu errichten welche giftige Abgase ausstoßen; die Folgen von
Lästerungen und schmutziger Rede sind aber viel schädlicher. Die Menschen wollen sich von
diesem schädlichsten Stoff, der schreckliche Zerstörungen auslöst, nicht lossagen. Entsetzlicher
als alle Krankheiten, die durch diese Störungen der Atmosphäre entstehen, sind die Zerstörun-
gen der den Planeten umgebenden Schichten. Wie viele Gebete und gute Gedanken werden
nötig sein, um diese Abgründe und Geschwüre im Raum wieder auszugleichen! Austrocknung,
Wüsten und Wirbelstürme sind gefährlich, aber noch gefährlicher ist es, wenn die Menschheit
die lebenden Kräfte um sich verwüstet. Die zerstörten Kräfte gleichen einem faulenden Friedhof.
Hütet euch vor schmutziger Rede!“ (AUM, § 38.)

14. Gebet ohne Zwang und Heuchelei


„Der Mensch bittet um Vergebung, ändert jedoch seine Lebensweise nicht. Er beklagt
sein Unglück, legt jedoch keine einzige Gewohnheit ab, die ihn in die kummervolle Lage ver-
setzte. Es ist sinnlos, um Vergebung zu flehen, wenn man nicht gewillt ist ein besseres Leben
zu führen. Es ist nicht Kummer, sondern Heuchelei, wenn die höchste Weisheit in Selbstbemit-
leidung angerufen wird. Es ist ebenso sinnlos, zum Beten zu nötigen. Solange die Menschen die
Bedeutung der Verbindung mit der Höheren Welt nicht begreifen, werden sie mit unaufrichtigen
Gebeten Gotteslästerung begehen. Man kann angesichts der Wahrheit weder lügen, noch vor
dem alles durchdringenden Licht etwas verbergen. Weshalb etwas verheimlichen, was gerecht-
fertigt ist und dem Herzen heilig ist? Wenn das Herz das eigene Urteil bestätigt, so ist die Ver-
bindung mit der Höheren Welt hergestellt.“ (AUM, § 47.)

15. Gebet in Klang und Schönheit


„Der reine Klang der Musik überträgt den Strom. Durch schöne Klänge beten
Wir. ...“ (RUF, § 163. 1922-II-16)
Das Gebet zur Gottheit wird nicht nur in der Arbeit, in herzlichen Gedanken und wert-
vollen Bestrebungen emporgetragen, sondern auch in Klängen und in der Gestaltung der
Schönheit. Das Gebet in Klängen wurde zu allen Zeiten festgehalten, in gesungenen Psalmen
und Gebeten, in Orgel- und in anderer Instrumental-Musik. Die geistige Musik lockert die
menschliche Seele auf und macht sie zur inneren Erbauung und zum herrlichen Gebet bereit.
Dank der besonderen Eigenschaft der reinen und erbauenden Töne werden unsere geistigen
Schwingungen zur Resonanz gebracht, genauso wie man andererseits auch durch niedere
Musik – wie beispielsweise mit primitivem Jazz – tierische Emotionen erwecken kann.
Nur die herrlichen Schöpfungen echter Kunst wirken veredelnd auf die Seele jenes
Menschen ein, der die Schönheit liebt und sie auch sucht. Wenn man sie gefunden hat, wird
man nicht nur versuchen andere Menschen für die Schönheit des Kosmos zu begeistern, son-
dern die Schönheit auch in den Alltag hineintragen, um das Leben erträglicher zu gestalten.
Geistige Musik bildet neben hehren Worten die Grundlage für die Feierstunden der Seele.
„Es gibt kein Gebet ohne Schönheit, die Macht eines Mantras wirkt nicht nur in der Um-
gebung, sondern auch auf Entfernung.
Lernet die Schönheit dieses Klanges zu lieben. Die menschliche Stimme ist an sich schon
ein Wunder. Man kann beobachten, wie sie sogar ohne Worte wirkt. Jeder hat schon Gesang
aus Entfernung gehört, auch wenn dabei keine Worte zu verstehen waren, so blieb die Wirkung
des Klanges dennoch erhalten.
Man muss immer bedenken, dass der Mensch zu Wundern fähig ist.“ (AUM, § 34.)
„Ihr habt schon das Gebet der Vögel vernommen – diese kleinen Gefährten verstehen es,
das Licht zu begrüßen. Sie finden den besten Ausdruck ihrer Bewunderung der Herrlichkeit des
Lichts. Auch Pflanzen strecken sich dem Licht entgegen, nur die Menschen denken ans Essen,
wenn ihr Geist von der Herrlichkeit des Höchsten erfüllt sein sollte. So begeht man einen Frevel,

12
Lektion Nr. 12 Gebet und Opfer
der einem Selbstmord gleicht. Schönste Hymnen wurden geschrieben, die Menschen leiern sie
jedoch herzlos herunter – dies klingt wie das Zerschlagen von Geschirr.
Es ist höchste Zeit, sich wieder der Grundlagen zu entsinnen, sogar das Beispiel der
kleinen Gefährten kann uns den Pfad zum Höchsten aufzeigen.“ (AUM, § 36.)
Wenn auch durch herzhafte Gebete oftmals wahre Wunder geschehen, so handelt es
sich dennoch um ganz natürliche Hilfeleistungen von Oben, wenn das abgetragene Karma
eines Menschen es gestattet. Für die Zukunft hat die Bruderschaft die Offenbarungen von
Wundern aufgehoben, denn Wunder können nicht überzeugen, weil sie ein zwingendes Mittel
sind, welches das Vorhandensein höherer, übersinnlicher Kräfte beweist. In Zukunft muss
jedoch jedweder Zwang vermieden werden, und die Menschen sollen nicht durch Wunder zum
Glauben an Höhere Mächte des Kosmos geführt werden, sondern durch Beobachtung, eigenes
Nachdenken und innere Überzeugung.
Aus diesem Grund wurde das Wunder als Überzeugungsmittel aufgegeben, nicht je-
doch als unerwartete Hilfe von Oben, die oft ganz unverhofft ins Leben tritt.
Auch in Zukunft werden Heiler zugelassen werden, die im Namen des Allerhöchsten
und Seiner Vertreter als Sammler von psychischer Energie die akkumulierten Kräfte an wür-
dige Hilfesuchende abgeben. Wer jedoch die Kraft in sich fühlt, sich selbst zu helfen oder mit
seinem Leiden selbst fertig zu werden, wird im Vorteil sein. Außerdem beweist er einen höhe-
ren Grad des Bewusstseins, das über das Stadium des Bettelns bereits hinausgewachsen ist.
Wunder gibt es auch ohne Wunderheilungen zahlreich im Leben, man muss sie nur
erspähen. Sie vollziehen sich vermittels der Liebe und der Bestrebung inmitten des Lebens
und inmitten der Tätigkeit.
Wunder, wie sie im christlichen Sinn verstanden werden, verwandeln sich in Objekte
der Neugierde, und das Wesentliche am Wunder wird nicht sichtbar. Es ist auch nicht wichtig,
ob einzelnen Menschen durch Wunderheilungen geholfen wird, tausendmal wichtiger sind die
geistige Erneuerung der Menschheit und die Erlangung einer höheren Bewusstseinsstufe.
Dann werden nämlich Krankheiten, Elend und Not überhaupt aufhören. Die Menschheit wird
sich in jeder Hinsicht selbst helfen und aus eigener Kraft erretten können. Ein Wunder zer-
stört den normalen Ablauf der gesetzmäßigen Harmonie, wogegen die kosmischen Ereignisse
nur die Evolution bestätigen.

16. Das Gesetz des Opfers


Es gibt kein Leben ohne Opfer. Die Menschheit könnte sich nicht fortpflanzen, wenn
nicht jede Mutter durch das Mysterium der Geburt ein großes Liebesopfer brächte. Das glei-
che gilt von der kleinsten Wesenheit bis zum Logos, dem Erbauer eines Sonnensystems. Keine
Welt kann ohne Evolution bestehen, ohne Opfer aber gibt es keine Evolution. So ist also das
»Gesetz des Opfers« eines der grundlegendsten Gesetze im Kosmos.
Durch das Opfer des Logos wurde unsere sichtbare Welt geschaffen. In einem Ge-
spräch mit Arjuna sprach Krishna – der Herr: „Als der Herr aller Geschöpfe die Menschen
erschaffen und ihnen die Fähigkeit gegeben hatte, Opfer zu bringen, sagte Er: ‚Durch Opfermut
sollt ihr euch vermehren, durch Entsagung werdet ihr Erfüllung eurer Wünsche erlangen. Gebt
dem Göttlichen Nahrung, indem ihr euch diesem hingebet und lasst euch von Ihm ernähren.
Wenn auf solche Art das eine das andere ernährt, so werdet ihr das höchste Gut erlangen.
Wenn ihr die Götter durch euren Opfermut nährt, so werden auch sie euch die gewünschte
Nahrung geben. Wer das, was ihm gegeben wird nimmt, ohne der Quelle, aus der er schöpft
etwas zurückzuerstatten, ist ein Dieb.“ (Bhagavad Gita III/10–12)
Indem sich der Logos teilt und in die Materie versenkt, macht Er durch dieses Lie-
besopfer die Menschen zu Teilchen Seines göttlichen Ichs und gibt ihnen gleichzeitig Gele-
genheit, durch das Streben nach Vollendung und durch eigene Opfer so zu werden, wie ER
– der Erhabene – ist. „Ich offenbare das Weltall beständig durch einen Teil Meines Selbst.“
(Bhagavad Gita X/42)
Damit das Weltall im physisch sichtbaren Zustand erscheinen kann, muss der Logos
aus dem ungeoffenbarten Zustand zum offenbarten übergehen. Die sichtbare Sonne wird zu

13
Lektion Nr. 12 LEOBRAND
einer Widerspiegelung der feurigen Gottesnatur. Die Offenbarung Gottes in der Materie nach
dem großen kosmischen Gesetz des Opfers ist ein Herabsteigen von den Hohen Ebenen des
Seins in tiefere Stufen, das bedeutet: „Der LOGOS ist Fleisch geworden.“ (Joh. 1/14)
Der Logos muss sich jeweils mit der Materie jenes Planes versehen, in dem er tätig
sein will. Je dichter die Materie irgendeiner Ebene ist, um so mehr begrenzt sie den Einfluss
und die Tätigkeit des Logos, d. h. die Menschen nehmen Ihn und Seine Abgesandten nicht
auf. Damit ein Logos auf der physischen Ebene überhaupt tätig sein kann, muss er mensch-
liche Gestalt annehmen. Er muss sich zutiefst erniedrigen, Seine Natur beschränken, und
darin besteht Sein weiteres Opfer. Zwischen den Herrlichkeiten der Hohen Feurigen Welt und
den niederen Daseinsformen der physischen Welt ist nämlich ein gigantischer Unterschied,
wie er in Worten nicht ausgedrückt werden kann.
Da jedoch das grundlegende Ziel der Evolution die Beherrschung der Materie ist, hat
das Herabsteigen des Logos in die Materie zum Ziel, durch die Verbindung mit der Materie
ständig neues Leben zu erschaffen und ihr die Möglichkeit der Vollendung zu geben. Das
Opfer des Logos wurde daher zu einem kosmischen Gesetz; denn es gibt kein Leben ohne
Opfer, wie schon das Mysterium der Mutterschaft beweist; andererseits gibt es keine Vervoll-
kommnung ohne Opfer. Deshalb ist auf dem geistigen Pfad das Opfer unvermeidlich.
„Opfer, Opfer, Opfer; danach empfängt man und schließlich folgt der Sieg des Geistes.“
(ERL, § 12. 1923-VI-3)
„Jeder erhält das, was er verdient hat – je mehr geopfert wurde, umso mehr erhält
man. Jede Selbstaufopferung wird belohnt, jedes Versäumnis wird getadelt. So freuet euch!
...“ (ERL, § 74.1923-XI-5)
„Geben ist das Grundprinzip der feurigen Göttlichkeit des Geistes. ….. Für höhere Wesen
ist Geben eine freudige Pflicht. …“ (FW I, § 626.)
„Heil jenen, die darüber nachdachten welche Möglichkeiten zu dienen sie haben und
war es auch nur einmal. Ein solcher Gedanke öffnet bereits die ersten Tore zur Feurigen Welt.
Wer aber stolz meint »ich kann es erreichen«, der wendet die Möglichkeiten des Dienens selbst-
süchtig an. Eine derartige Einstellung ist Eigendünkel! Der Kerker der Selbstsucht bedeutet Ein-
samkeit! Wie freudvoll ist dagegen der Gedanke »Herrscher, ich will Dir noch mehr geben!« Herz-
liches Geben kennt keine Einschränkungen! Ist es etwa nicht erhebend für das Herz, wenn es
nach dem Schatz des Gebens sucht? Solche Gebete bestehen aus feinsten Gedanken. Herzli-
ches Geben ist echtes Gebet. Es öffnet viele Tore. Nicht im Bewusstsein dadurch etwas zu ver-
dienen, sondern nur selbstloses Geben hilft, die Schwelle zu überschreiten. Ist das Geben derart
vollkommen, so ziehen alle schrecklichen Erscheinungen vorüber. Zu jenen, die an der Schwelle
stehenblieben, kann man sagen – wir haben keine Zeit mehr auf euch zu warten.
Auf diese Art wirkt Geben vereinfachend.“ (FW II, § 136.)

17. Die Idee des Opfers bei den Religionen


Es gibt keine Weltreligion, welche die Idee des Opfers nicht in ihren Grundlagen auf-
genommen hätte. Alle Weltlehrer haben dieses kosmische Gesetz den Ihnen anvertrauten Völ-
kern und Rassen übermittelt. Die ersten Wurzelrassen belehrte man über diese Idee, indem
man ihnen beibrachte, den Göttern die besten Geschenke darzubringen, weil Sie die Urheber
jedes Lebens sind. So wurde das Opfer ein freiwilliger Verzicht auf das Beste.
Um der Gottheit das Wertvollste darzubieten, brachten die Menschen von Anbeginn
ihre Opfer in materiellen Gaben dar. Es wurden die besten und schönsten Früchte geopfert,
schließlich auch die wertvollsten Tiere, um sich durch diese Opfer den Segen für die nächsten
Ernten zu sichern. Es ist bekannt, dass primitive Menschen sich gerade von materiellen Gü-
tern am schwersten trennen, und so bedeuteten ihre Gaben für sie ein schweres Opfer.
Mit den Tieropfern ist die Priesterschaft jedoch viel zu weit gegangen, denn keine Hö-
here Macht hat jemals ein Blutopfer verlangt. Die Opferbereitschaft der Gläubigen wurde von
einer der geistigen Finsternis dienenden Priesterschaft bis in die Gegenwart zur persönlichen
Bereicherung missbraucht. So kommt es, dass die großen Kirchen der Welt heute zu den
reichsten Institutionen der Erde zählen. Sie haben ihr Vermögen nicht durch Arbeit erworben,
sondern lediglich die freiwilligen und erzwungenen Opfergaben der Gläubigen gehortet. Es

14
Lektion Nr. 12 Gebet und Opfer
gab eine Zeit, wo beispielsweise das deutsche Volk mehr Steuern nach Rom zahlte (Peters-
pfennig) als in die eigene Reichskasse.
Im jüdischen alten Testament bestand eine ganze Opferwissenschaft und es ist bekannt,
dass nicht nur Tiere, sondern sogar Menschen geopfert wurden. Woher jedoch nahm die Pries-
terschaft das Recht, Tiere und selbst Menschen zu opfern? Diese anachronistischen Zustände
sind ein Zeichen der geistigen Finsternis, die sich laufend der Hohen religiösen Lehren bemäch-
tigte, um sich materielle Vorteile zu sichern und die Menschheit zu beherrschen.
„Im Zusammenhang mit dem Darbringen von Opfern bestehen große Irrtümer. Die Men-
schen verfielen sogar in einen derartigen Wahnsinn, dass Menschenopfer zur Tradition wurden.
Könnte man sich einen Gott vorstellen, der ein Blutvergießen verlangt? In den Grundlagen wurden
Opfer erwähnt, spätere Irrtümer und geistiger Verfall der Menschheit führten zu Blutopfern. Das
Opfer wurde immer empfohlen, aber worin besteht ein Opfer, welches dem Höchsten Geist würdig
ist? Natürlich nur im reinsten geistigen Streben. Dieser Beginn der Verbindung ist die beste Bürg-
schaft und aufrichtige Ehrung. Ein derartiges Opfer ist eine Lebensnotwendigkeit, man muss dem
Altar des Höchsten die besten Blüten des Herzens darbieten. Doch bis zum heutigen Tag meinen
die Menschen, unnütze Scherben wären wertvoller als die schönsten Blüten des Herzens. Auf den
Pfaden zur Feurigen Welt ist es nützlich, darüber nachzudenken.“ (FW II, § 366.)
„Misserfolgsopfer – so nannte man jemanden, der aus Verzweiflung der Gemeinschaft
half. Nachdem er einen Misserfolg erlitt, opferte er in seiner Unzufriedenheit, denn das Los des
Misserfolges ist die Unzufriedenheit. Doch gerade die Berechnung bringt den meisten Investoren
den Misserfolg; man hat geopfert, man hat entsagt und dann das Vorlegen einer Rechnung
vorgezogen.
Wir bevorzugen das Erfolgsopfer. Wer sich von allem losgesagt hat, der erwartet am
allerwenigsten eine Bezahlung.
So erbauet die Gemeinschaft auf Meilensteinen des Opfers.“ (GEM, § 188. 1926 – XII – 26)

18. Das Opfer als Macht


„Eine Belehrung über das Opfer hattet ihr bereits erhalten. Opfer ist Macht, und
Macht bedeutet Möglichkeiten zu haben. Folglich bringt jedes Opfer in erster Linie
Möglichkeiten. Es ist höchste Zeit, jene Heuchelei aufzugeben, wonach Opfer ein Ent-
behren wäre. Wir wollen nicht entbehren, sondern Möglichkeiten schaffen. Lasst uns
sehen, welche Möglichkeiten aus sogenannten Opfern entstehen. Wo gäbe es ein wahrhaftes
Opfer, welches einschränken könnte? In Unserer Schatzkammer gibt es eine große Zahl an Op-
fern, und jedes erwies sich als nützlich. Wir benutzen das Wort Opfer nur ungern, denn in Wahr-
heit ist dies die vorteilhafteste Tat. Kleinkrämer jammern gern über Kosten und rechnen pein-
lichst nach. Für einen erfahrenen Unternehmer ist jedoch jedes Opfer ein Einsatz für die Sache.
Er verliert nichts durch sein Opfer, jedoch auf eine räuberische Art.
Christus riet, geistigen Reichtum zu verteilen, da man aber dies nicht verstand, hatten
die Menschen den Rat auf geraubten Reichtum übertragen. Zuerst wurde geraubt, dann unter
Tränen wieder verteilt und schließlich war man noch über seine Güte entzückt. Es wurde genau
gesagt, was zu verteilen ist, der Lehrer kann damit nicht alte Pelzmäntel und Möbelstücke ge-
meint haben! Der Lehrer zeigte den Wert unwägbaren Reichtums auf. Nur geistige Hilfe wird
das Gleichgewicht beibehalten.
Lasst uns die Reihen der Mitarbeiter dahingehend betrachten, ob jemandem etwas ent-
zogen wurde? Nein, alle wurden bereichert. Ist es denn keine Bereicherung, ein neues Reich zu
beherrschen? Dieses neue Reich ist so wohlhabend, dass man ohne besonderen Schaden einen
Teil des Geschirrs zerschlagen kann. Gebende Hände sind gütiger und das Buch der Dankbar-
keit beweist dies.
Ich rate den erfahrenen Unternehmern, für alle Ämter Stellvertreter bereitzuhalten. In ei-
nem großen Unternehmen beruht das Werk auf der Idee und nicht auf der Persönlichkeit. Wer
weiß wie viel er schon gegeben hat? Wir werden in Unseren Büchern nachsehen und nachweisen,
dass jeder erhalten hat! Es ist durchaus nicht leicht zu opfern, wo doch das Opfer eine

15
Lektion Nr. 12 LEOBRAND
Möglichkeit bringt; die Möglichkeit einen Nutzen darstellt; der Nutzen vernünftige Mit-
arbeit ist; und Mitarbeit den Stein Alatyr2 bildet, welcher seinen Besitzer entweder auferstehen
lässt oder verbrennt. Selbstlosigkeit wird die Tore des Verstehens öffnen, das Opfern unnützer
Dinge steht jedoch auf derselben Ebene wie Selbstsucht.“ (ERL, § 183. 1924-VI-15)
„...Durch Opfer erhält man Macht. Opfer bringt Erfolg. ... Erfolg ist nichts ande-
res als das Ergebnis von Opfer. ...“ (ERL, § 202. 1924-VII-13)

19. Das echte Opfer


„Geben ist eine göttliche Eigenschaft. Auf den verschiedenen Gebieten der gesamten
Natur ist unerschöpfliches Geben zu finden. Feuer ist jenes unter den Elementen, in welchem
das Geben am sichtbarsten ist. Das feurige Prinzip besteht an sich aus ständigem Geben und
Evolution. Feuer kann ohne gebendes Opfer nicht bestehen; ebenso besteht auch das feurige
Geisteskorn durch Geben. Ein Opfer ist nur dann wahrhaft, wenn es dem Menschen zur zweiten
Natur geworden ist. Ein berechnetes oder erzwungenes Opfer ist weder natürlich noch göttlich.
Nur wenn die Opferbereitschaft zu einem unabdingbaren Wesensmerkmal geworden ist, kann
sie aus dem Bewusstsein nicht mehr entschwinden. Auf diese Weise wird das Feuer durch
seine Eigenschaften zu unserem Lehrmeister beim Aufstieg. Jeder, der nach Erkenntnis strebt,
möge sich sagen, `ich werde wie AGNI sein‘.
Man muss feurige Opferbereitschaft als naheliegende Möglichkeit der Verbindung zur
Feurigen Welt liebgewinnen. Ohne selbstaufopferndes Streben ist es nicht leicht, den Klauen
des Bösen zu entkommen. Ein mit AGNI vereintes Bewusstsein wird genauso beweglich und
schwer fassbar wie Feuer. Man darf ein Opfer nicht wehmütig erbringen, sondern mit freudiger
Herrlichkeit. Feuer kann nicht anders bezeichnet werden als freudige Herrlichkeit. Die Feurige
Welt kann daher als die Offenbarung der Erhabenheit gedacht werden.“ (FW I, § 546.)

20. Das Opfer als freudiges Vorrecht


Die ursprüngliche Einstellung zum Opfer, als Verzicht im materiellen Sinn, brachte dem
Menschen Leid. Dies kann jedoch nicht im Sinn der kosmischen Gesetze liegen. Darum muss
das Opfer in ein freudiges Recht umgewandelt werden. Niemals darf das Opfer Schaden sein
als lästige Pflicht oder gewertet werden, sondern als Nutzen und freudiges Vorrecht.
Diesen Gedanken finden wir zuerst im Leben der Heiligen und Lebenshelden, vor allem
der Märtyrer, die ihr Leben für die Wahrheit, für die Menschheit und das Allgemeinwohl freu-
dig aufopferten. Der Heroismus der Selbstaufopferung gleicht dem Beispiel des Logos; denn
alles aufgebend, haben diese Helden alles gewonnen. Wer jedoch versteht diese hohe Lebens-
weisheit und wer hat die Kraft sie in die Tat umzusetzen?!
Heldentat ist die einzige große Möglichkeit, Leid in Freude zu verwandeln. Wer Höheres
Bewusstsein des Kosmos durch Selbstaufgabe und Überwindung der Materie erlangte, hat
sich durch das große Opfer über das Leid erhoben. Um dieses Ziel zu erreichen, muss der
geistig bestrebte Mensch sein ganzes Leben und seine ganze Arbeit auf die Erfüllung der
Pflicht ausrichten und diese zu einem freiwilligen und freudvollen Opfer gestalten. Wenn wir
unsere Tätigkeit beständig als freudvolle Aufgabe betrachten, als einen herrlichen Dienst am
Allgemeinwohl der Menschheit, dann wird unser Leben im wahren göttlichen Sinn kein Opfer,
sondern echte Freude sein.

21. Wissenswertes über Meditation


Leobrand 6/1967
Der Begriff Meditation spielt in fast allen Yoga-Systemen eine mehr oder weniger bedeu-
tende Rolle. Hinweise über Sinn und Zweck der Meditation finden sich im Besonderen in den
Yoga-Sutras bei Patanjali, in den Lehren Shri Krischnas, im Zen-Buddhismus und im Sufis-
mus. Eine wesentlich geringere Bedeutung genießt die allgemein übliche Meditation im Agni

2 Alatyr – vom Himmel fallender Stein mit Zauberkräften – aus der russischen Mythologie.

16
Lektion Nr. 12 Gebet und Opfer
Yoga. Hier wird mehr dem systematischen Denken und Nachdenken als dem völligen Leerma-
chen Bedeutung beigemessen, da dieses zu nichts Brauchbarem führt. Nicht zuletzt fußt Agni
Yoga auf einer praktischen Anwendung von Lebensweisheiten und Lebenserfahrungen und be-
dient sich zu diesem Zweck in erster Linie der Schulung der psychischen Energie. Diese Me-
thode ist nach tausendjährigen Erfahrungen für den Yoga-Schüler wesentlich wichtiger als sys-
temloses Leermachen. Dies bestätigen unter anderem auch die Erfahrungen des Asienforschers
Jean Gebser, der in seiner „Asienfibel“ berichtete, wie gering sogar stunden- bzw. tagelange
Beschäftigung mit Meditation ist, so dass der Wert derselben bei nicht vorhandener Denksys-
tematik, die mit Inspiration verbunden sein soll, im Allgemeinen sehr bezweifelt werden muss.
Dessen ungeachtet werden schriftlich und mündlich immer wieder Anweisungen zur Schulung
in Meditation verlangt, da aufgrund einer nicht genügend in die Tiefe gehenden Yogaliteratur
das Meditieren zu einem okkulten Modeschlagwort seichter esoterischer Schulen geworden ist
und eine übertriebene Bedeutung genießt.
Im Allgemeinen lehren alle geistigen Yoga-Systeme übereinstimmend, dass der wahre
Zweck des Lebens Gotterkenntnis und Vereinigung mit der Gottheit ist, und dass diese Er-
kenntnis erlangt werden kann, indem man die im Menschen schlummernden geistigen Fä-
higkeiten durch Übungen weckt, wobei in erster Linie an Meditation gedacht ist. Da über
diesen Begriff in sehr vielen Fällen zu wenig Klarheit herrscht, soll hier das Wichtigste von
unserer Warte aus gesagt werden.
Meditation bedeutet bewusste Anwendung der im Menschen innewohnenden Denk-
kraft zum Zweck der Herstellung der inneren und äußeren Harmonie mit der Unendlichkeit
und nicht zuletzt Erkenntnis des Weltenaufbaues. Meditation bedeutet ferner Herrschaft über
Verstand und Gefühlswelt zu erlangen, vor allem die Fähigkeit, den höheren Verstand zu
erschließen, da nur dieser höhere Erkenntnisse ermöglicht.
Jeder Mensch besitzt eine individualisierte, relativ unsterbliche Geistseele, und dieses
Energiefeld, das sich des menschlichen Körpers bedient, ist ein unvorstellbar kleiner Bruch-
teil des unbegrenzten universellen Kraftfeldes, besitzt aber die Fähigkeit, aus der unbegrenz-
ten Geistquelle all das zu empfangen, was zu seinem harmonischen und erfolgreichen Wachs-
tum bis zur höchstmöglichen Potenz notwendig ist. Das Ziel der individuellen Geistseele oder
des relativ unsterblichen Kraftfeldes ist es, in einer bestimmten kosmischen Zeit oder Lebens-
periode eines Kosmos die größtmögliche Summe von Erkenntnissen, Erfahrungen und an
psychischer Energie zu sammeln, um schließlich in höchstem Glücksgefühl aus reinster Liebe
und Verlangen einzugehen in das universelle Kraftfeld, d.h. in die unbegrenzte Lichtquelle
und dadurch alles, was man erworben hat, abzugeben, nicht nur zugunsten des Ganzen und
der ewigen Einheit, sondern auch zugleich der nachfolgenden Generationen. Um dieses Ziel
zu erreichen, muss man stufenweise von Leben zu Leben in Hunderten von Inkarnationen
immer mehr zur Erkenntnis der Wahrheit und des Weltenaufbaues gelangen. Dies führt zu
einer zunehmenden geistigen Erleuchtung, die kein Getrenntsein vom Universum mehr kennt
und den Einzelnen friedvoll und zufrieden einordnet in das Getriebe seines Kosmos.
Ein weiterer Schritt ist die zunehmende Befreiung von den irdischen Begrenzungen,
wohingegen das Gesetz von Ursache und Wirkung durch zunehmende Erkenntnis wachsende
Begrenzungen setzt und der sich befreiende Mensch die ewige Ordnung nicht nur anerkennt,
sondern sich ihr auch einordnen muss.
Die Meditationsergebnisse bisheriger Yoga-Systeme waren in dieser Hinsicht noch viel
zu begrenzt und zu kurz gefasst. Sie sprechen von einer vollkommenen Befreiung von jeder
Begrenzung. So etwas gibt es im Universum aber nicht, auch nicht für die höchsten Indivi-
dualitäten oder Wesenheiten, nämlich für die Kosmischen Logoi, von denen erstmalig in der
Lektion Nr. 25 (ab 5. Auflage) die Rede ist.
Die Verwirklichung des eigenen Selbst, des sogenannten Atman, führt den Menschen
nach Milliarden von Jahren in den Zustand eines Planetaren Logos oder kann dies zumindest.
Dies bedeutet jedoch noch lange nicht vollkommene Befreiung von allen Begrenzungen, son-
dern beweist sogar, dass zunehmende Vollkommenheit die Willensfreiheit einschränkt, die
Wahlfreiheit hingegen vergrößert. Der Wille muss eingeordnet werden in das ewig waltende
kosmische Gesetz, das nur der Unwissende mit geringen Straffolgen überschreiten kann, der

17
Lektion Nr. 12 LEOBRAND
Wissende hingegen muss sich von vornherein über die Folgen, die er zu tragen hat, im posi-
tiven und negativen Sinn im Klaren sein.
Diese zunehmende Gottesverwirklichung in uns wird durch Meditation, d.h. durch
Nachdenken, durch Beobachten, durch Information sowie durch Belehrung seitens der Meis-
ter der Weisheit gefördert und bewerkstelligt. Dieses Streben führt zu einer zunehmenden
Vervollkommnung der menschlichen Geistseele bis zur relativ höchstmöglichen Vollkommen-
heit im universellen Kraftfeld von UNIVERALO (siehe Lektion 29 ab 3. Auflage), in welchem
allein im nicht mehr erkennbaren Bereich der höheren Dimensionen ewige, absolute Vollkom-
menheit herrscht. Doch kann diese absolute Vollendung von keinem Meister, geschweige
denn von einem Menschen in wenigen Inkarnationen erreicht werden, da selbst die höchsten
Wesen, nämlich die Kosmischen Logoi nur an die Peripherie der absoluten Vollendung her-
ankommen und dann ihre gesamte Energie und Weisheit an die absolute Urquelle, nämlich
an UNIVERALO, abgeben.
Meditation allein schafft niemals absolute Vollkommenheit, sondern nur relative Stu-
fen einer relativ weiteren Vollendung. Sie zeigt uns, wie wir die Hindernisse bei der Verwirkli-
chung unseres Selbstes aus dem Weg räumen können. Wachstum und Tätigkeit sind dabei
die Hauptmerkmale unseres Lebens sowohl auf der physischen als auch auf der geistigen
Ebene. Eine wesentliche Schwierigkeit liegt darin, jedem Menschen Glück zu bereiten und
selbst glücklich zu sein. Jeder Mensch besitzt ein Anrecht auf Glück und Glückseligkeit und
muss diese auch suchen, wenn sein Leben sinnvoll sein soll. Nicht immer kann jedoch Glück
an alle Menschen gleichermaßen verteilt werden. Im Zweifelsfall entscheiden das Wohl der
Allgemeinheit und das Interesse einer großen Sache über das Wohl und Glück des Einzelnen.
Der Mensch steht erstmalig von den unteren Lebewesen als schöpferisches und for-
schendes Geschöpf vor zwei Notwendigkeiten, nämlich sowohl einen Weg nach außen als auch
einen nach innen zu gehen, und zwar durch Bewusstseinserweiterung und Vermehrung der
psychischen Energie sowie durch Annäherung und Anziehung der göttlichen Kräfte, um
selbstbewusste Göttlichkeit zu entfalten und den Ursprung allen Lebens nicht nur zu erken-
nen, sondern ihm immer näherzukommen. Dadurch zieht er automatisch, wie auch an einem
Schema nachweisbar ist, neue Kräfte zur Entfaltung nach sich.
Wird die Lebenskraft nach außen gerichtet, dann nimmt sie die Formen lebenserhal-
tender und schöpferischer Tätigkeit an, wird das Leben nach innen gewendet, dann wird die
geistige Erkenntniskraft und geistige Macht entfaltet. Zu jedem vernünftigen Leben gehört,
dass der Mensch nicht nur einen äußeren Weg beschreitet, der zu einer Macht- und Wis-
sensentfaltung auf der irdischen Ebene führt, sondern dass er auch einen betrachtenden,
d.h. kontemplativen und geistigen Weg gleichzeitig beschreitet, um sich auf die wahren und
letzten Endes auch unvergänglichen Werte zu besinnen, die nicht auf der irdischen Ebene
liegen, sondern auf der geistigen.
Dazu ist es erforderlich, dass der Mensch in die Tiefen seiner Seele, bzw. seines Be-
wusstseins vordringt, aber nicht allein nur im Sinn der Psychoanalyse, sondern des echten
Yogapfades, der die geistigen Tiefen der menschlichen Seele wesentlich besser aufdeckt und
erkennen lässt. Je tiefer und gründlicher wir in die geistigen Bezirke unserer Seele vordringen,
umso mehr entfernen wir uns von der Scheinwelt der Materie und nähern uns der bleibenden
geistigen Welt. Man erkennt die Bedeutung der geistigen Werte und lernt das Wesentliche
vom Unwesentlichen, das Wertvolle vom Wertlosen zu unterscheiden.
Dieser Pfad ist natürlich nicht leicht, da man sich möglicherweise allzu weit von seiner
Umwelt entfernt und wünscht, den Planeten hinter sich zu lassen. Doch dies geht nicht, wes-
halb sich große Meister oftmals gewaltsam an die Erde und an das auf ihr befindliche Leben
binden müssen, um nicht in Erkenntnis des für sie vorhandenen Unwertes der Materie vor-
zeitig aus dem Leben zu scheiden oder geradezu daraus zu flüchten, was bei manchen Heili-
gen in der Vergangenheit zur totalen Lebensfremdheit und Untüchtigkeit geführt hat. Einige
Meister der Weisheit, die nach dem Opfergesetz unerkannt auf die Erde zurück kamen, um
der Menschheit durch ihre Erkenntnisse und durch ihre Taten zu helfen, haben einen tiefen
Abstieg in die Materie gewagt, was ihnen von Unwissenden oftmals vorgeworfen wird, weil
man aufgrund falscher Vorstellungen, die besonders im Christentum vorhanden sind, nur
Asketen als nachahmenswerte Vorbilder und vermummte und mit schweren Rosenkränzen

18
Lektion Nr. 12 Gebet und Opfer
umgürtete Mönche als Heilige betrachtet, aber nicht etwa die wahren Helden des Lebens, die
das größte Risiko in jeder Hinsicht auf sich genommen haben.
Der geistige Pfad verlangt von jedem Schüler, dass er alles kennenlernen muss. Ein
Meister der Weisheit kann nur jemand werden, der alles kennengelernt hat, der nicht nur die
Höhen, sondern auch die Tiefen des Lebens durchmisst, denn in Gott ist alles. Dies erkannte
auch der berühmte deutsche Philosoph und Denker Nikolaus von Kues, ein unerkannter
Meister der Weisheit. Er gelangte beispielsweise auf dem Wege über die Meditation, d.h. durch
Beobachten und Nachdenken zu der Erkenntnis, dass in Gott, beileibe aber nicht in einem
einzigen persönlichen, sondern in einer unpersönlichen Allgottheit, sowohl das Gute als auch
das Böse gleichzeitig vorhanden sein müsse, da sonst die Existenz des Bösen unerklärlich
wäre (Coincidentia oppositorum). Er erkannte ferner, dass ein persönlicher Gott niemals als
Primärurheber allen Lebens und auch nicht als Urheber des Bösen betrachtet werden kann,
da in der Natur ein notwendiges Spannungsfeld zwischen Gut und Böse oder besser gesagt,
zwischen dem Unvollkommenen und dem Vollkommenen vorhanden sein muss. Wäre alles
Existierende a priori schon höchst vollendet, gäbe es kein Leben, es gäbe keine Entwicklung.
Beides setzt die relative Unvollkommenheit voraus, um in einem ungeheuren Spannungsfeld
von Gut und Böse zur Erkenntnis dieser notwendigen Bipolarität zu gelangen.
Nur durch solche Betrachtungen kommt der Meditierende zur „Großen Ursache“, ja
sogar zur „Ursachenlosen Ursache aller Dinge“ der nie erschaffenen und ewigen Allgottheit,
die ewig, d.h. ohne absoluten Anfang und ohne absolutes Ende existiert. Solche Erkenntnisse
lassen sich nur durch tiefgründige Meditation erreichen. Nicht jeder, der meditiert, wird von
selbst zu diesen Ergebnissen gelangen. Nur Meister der Weisheit werden aus sich heraus
diese tiefgründige Wahrheit erkennen, ihre Schüler können sie mit Hilfe der Meditation später
begreifen, doch viele haben dazu Jahre, ja sogar Jahrzehnte benötigt, um diese tiefgründige
Weisheit in ihr Weltbild einbauen zu können. Viele sind trotz tiefgründiger Meditation in meh-
reren Inkarnationen noch lange nicht zu diesen Ergebnissen gelangt.
Meditation ist gleichzeitig ein Mittel der Evolution. Nicht zu allen Zeiten brachte sie
dieselben Ergebnisse, sie ist deshalb auch zeitgebunden in dem Sinn, dass die Gesamtent-
wicklung der Menschheit sogar den Spitzendenkern nur jene relativ höheren Wahrheiten er-
kennen lässt, die augenblicklich für die Evolution, von höherer Warte aus gesehen, freigege-
ben werden können. Vor 2000 Jahren konnten selbst bei tiefster Meditation die gegenwärtigen
Erkenntnisse unmöglich so gründlich und tief formuliert werden wie heute. Bei fortschreiten-
der Forschung und Wissenschaft wird auch hier der meditative Weg des Erkennens befruch-
tet. Der Vorgang der Meditation wird klarer und reiner, je weiter wir zur Quelle des Geistes
vordringen. Meditation setzt ein, wenn der menschliche Geist einen entschlossenen Anlauf
zum Denken und Forschen nimmt, um mit dem Licht der Wahrheit in Berührung zu kommen.
Meditation verlangt zugleich Inspiration, d.h. „Eingebung von Oben“, nicht etwa aus
einem undefinierbaren, geographisch vorstellbaren Himmel, sondern aus den höheren Di-
mensionen des Geistes, der transzendenten Welt der ideellen Vorstellung, dem Reich der
Ideen, wie es schon Platon bezeichnete. Von dort kommt jede Inspiration zum Guten, Schönen
und Wahren und zur Erkenntnis der Welt. Inspiration ist für jeden Schüler auf dem geistigen
Pfad der geistige Leitstern. Wahre Inspiration ist die Voraussetzung jedes menschlichen Fort-
schrittes. Sie ist der Impuls der menschlichen Evolution und befruchtet nicht allein nur den
Erfindergeist, sondern vor allem auch den Pioniergeist der menschlichen Evolution auf dem
Gebiet der Politik, Wirtschaft, Soziologie und vor allem der Religion und Ethik. Sie wird
dadurch auch zur Ursache der notwendigen gesellschaftlichen Veränderungen; Inspiration
kann leider nach dem Gesetz der Bipolarität die negative Seite des Unangenehmen als Vo-
raussetzung des Erreichens der Vollkommenheit nicht vermeiden.
Meditation verlangt jedoch nicht nur Inspiration, sondern auch charakterliche Evolu-
tion im Sinn von Opferbereitschaft und Selbstlosigkeit. Sie dient dem Nächsten und dem All-
gemeinwohl. Sie führt zur Selbstbeherrschung und Selbstverleugnung im täglichen Leben.
Dies ist die ethische Seite des menschlichen Lebens, die auch bei der Meditation nicht über-
sehen werden darf, wie dies bei einzelnen Gesellschaften geschieht, die nur die persönliche
Selbstvervollkommnung durch Meditation und Gebet ins Auge fassen, nicht aber die Seite des
Dienstes am Allgemeinwohl.

19
Lektion Nr. 12 LEOBRAND
Wahre Meditation lässt erkennen, dass die Menschheit in zunehmendem Maß in ein
Zeitalter der Gemeinschaft eintritt, wo auf den Nächsten, d.h. den Mitmenschen und auf das
Wohl der Allgemeinheit unbedingt Rücksicht genommen werden muss. Dies führt auch zu
wahrem Glück, zur Freude und Glückseligkeit.
Wahre Lebensfreude ist nur möglich, wenn wir uns in der Gemeinschaft nützlich ma-
chen und wenn wir segensreiche Spuren im Dienst der Nächsten hinterlassen. Dabei bringen
allerdings persönliche Bindungen oftmals auch schwere Hindernisse mit sich, da die meisten
Menschen aufgrund falscher und traditionsbedingter Vorstellungen das Recht auf Freiheit
ihrer Mitmenschen nicht beachten und dann enttäuscht sind, wenn ihre rein persönlichen
Wünsche nicht erfüllt werden, was mit Rücksicht auf die höheren Ziele der Evolution nicht
immer möglich ist. Darum muss es gerade der Schüler auf dem geistigen Pfad lernen, durch
Meditation zu erkennen, dass er in erster Linie nur einer Idee und einer Sache zu dienen hat
und nicht deshalb dienen soll, weil er sich durch den Besitz einer Person oder Sache persön-
liche Vorteile psychischer und materieller Art verschaffen kann. Die Vorteile müssen immer
in erster Linie auf das Wohl der Allgemeinheit ausgerichtet sein.
Auch in der physischen Liebe muss die Konzentration auf die jeweils höheren Werte
hinführen. Die höheren Werte liegen in diesem Fall auch in einer wahren gegenseitigen Liebe
und Hingabe auf einer geistigen Ebene, wobei genauso wie auf der materiellen das Besitzen
ohne Gefühl des Eigentums gelernt werden muss. Nur diese echte Liebe, die gegebenenfalls
auch zur persönlichen Entsagung bereit ist, wenn eine Begegnung in diesem Leben unerfüll-
bar erscheint oder wenn sie mit Rücksicht auf höhere Bedingungen nur zeitbedingt bleibt,
wird auf eine höhere Ebene gehoben, die nach dem Tod im feinstofflichen Bereich eine höhere
Form der Annäherung und Begegnung an das Objekt der Liebe ermöglicht.
Derartige Begegnungen mit vielen Menschen sind unvermeidlich, denn sobald einmal
das rein persönliche Besitzmoment erlischt, nähert sich der geistig Strebende dem Punkt, wo
das relativ ewige Eigentum oder richtiger gesagt, das Recht auf Mitbesitz beginnt, wo höhere
Wesenheiten und schließlich das ganze Universum zum gemeinsamen Besitz werden, ohne
einen gesetzlichen Anspruch, außer einen kosmischen, erheben zu können. So kann jeder
nach dem Tod nach Art seines Bewusstseins eine Annäherung an das Objekt seiner Liebe
erreichen. Doch auch dies soll nicht Endzweck und Selbstzweck des Strebens sein, sondern
die eigene Vergöttlichung im Licht geistiger Erleuchtung.
Der Buddhismus lehrte beispielsweise die Befreiung von allen Wünschen, das ist das
Ergebnis einer höheren inspirativen Meditation, die dahin geht, alles zugunsten der All-Ein-
heit oder Allgottheit aufzugeben. Wer diese Stufe erreicht hat, wird ohnedies aufhören sich
nach irdischen Werten zu sehnen, sondern nur nach jenen, die für die geistige Evolution
nützlich und unerlässlich sind.
Die Meditation wird erfolglos sein, solange rein irdische Wünsche sowie Abneigung
und Hass einem Menschen, einer Idee oder Sache gegenüber im Herzen wohnen oder auch
nur die Liebe zu reinem Besitz, anstatt einer gleichzeitig zur Entsagung bereiten Opfer-
liebe, die zur Güte und zur Freiheit von Begehrlichkeit den vergänglichen Dingen der Welt
gegenüber führt.
Vorbereitende Stufen auf dem geistigen Pfad, die sichtbare Leistungen in der Medita-
tion ermöglichen, sind folgende:
1. Ernste Anstrengungen, sich über irdische Wünsche und Begehrlichkeit persönli-
chen Dingen der Welt gegenüber zu erheben, und zwar nach dem Agni-Yoga-Grundsatz: Ler-
net besitzen ohne Gefühl des Eigentums. Wer dies erkannt hat, kann in größtem irdischen
Reichtum leben und wird diesen ausschließlich zum Wohl seiner Mitmenschen arbeiten las-
sen, bzw. gebrauchen. Der Erkennende stellt seine ganze Tätigkeit in den Dienst des Allge-
meinwohls und fragt nicht, was er tun müsse, um persönlich selig zu werden, denn auch dies
wäre reiner Egoismus.
2. Die Einsicht der eigenen Unzulänglichkeit und Unvollkommenheit und das Bestre-
ben, diese durch beharrliche Übungen und Selbstbeobachtung zu überwinden.
3. Die Befreiung von jedem Unrecht, soweit man dazu in der Lage ist, und Beachtung
des Rechts auf persönliche Freiheit.

20
Lektion Nr. 12 Gebet und Opfer
4. Übungen der Selbstzucht und Selbstdisziplin in geistigen und moralischen Belan-
gen. Arbeit aus Liebe zur Tätigkeit und zum Schöpfertum.
5. Geduld mit seinen Mitmenschen.
6. Vertrauen auf die Allgerechtigkeit der kosmischen Gesetze und dadurch bedingtes
Selbstvertrauen.
7. Der unbedingte Wille, seine von Oben durch Karma und Dharma anvertraute Le-
bensaufgabe unter aIIen Umständen zu erfüllen, denn die Vernachlässigung oder Nichtdurch-
führung einer Lebensaufgabe schafft je nach kosmischer Bedeutung negatives Karma. Ein
positives Karma hingegen kann nur durch totale Hingabe an die anvertraute Lebensaufgabe
erreicht werden. Dies setzt natürlich auch voraus, dass der Meditierende seine Aufgabe oder
zumindest seinen Lebenszweck erkennt, um sich sinnvoll als Zahnrad in das Getriebe der
planetaren Evolution einreihen zu können.
8. Das Bewusstsein des Allvertrauens im Sinn: „Herr, nicht mein Wille geschehe, son-
dern der Deine“, d.h. der erkennbare Wille des Kosmischen Magneten, mit welchem auch der
Wille der persönlichen Götter, resp. Logoi sowie der Meister der Weisheit in Übereinstimmung
steht. Wer dieses Allvertrauen besitzt, wird nie verzweifelt sein, selbst dann nicht, wenn er
vorübergehend, wie Jesus auf dem Kreuz, das Gefühl einer totalen Verlassenheit und des
Abgeschnittenseins von Oben durchkosten muss, um dadurch das eigene Selbstvertrauen auf
die Festigkeit und Beständigkeit der kosmischen Gesetze zu stärken, denn selbst wenn die
Götter versagen würden, was ja z. B. durch den Fall eines Erzengels möglich wäre, wie es auf
der Erde leider geschah, werden die ewigen kosmischen Gesetze für den Erkennenden die
Fundamente des Aufstieges bleiben und auch die Grundlage einer absoluten ausgleichenden
Gerechtigkeit. Wäre dieses Fundament nicht vorhanden, wäre alles Streben nach Vollendung
sinnlos. Ohne Streben nach Vollkommenheit aber ist die Evolution in jeder Hinsicht undenk-
bar. Darum lehrt die tiefgründige Meditation die Notwendigkeit des Strebens zum Wohle der
Allgemeinheit, wobei als Gegengabe des Universums Freude und Glückseligkeit in unsere Op-
ferschale eingelegt werden.
Jede Seele ist auf dem Pilgerpfad, um die absolute Schönheit zu entdecken, die allein
in der universellen ewigen Allgottheit gefunden werden kann und der wir zustreben müssen.
Aber nicht nur die Schönheit in und außer uns sollen wir entdecken, indem wir alles Hässli-
che ablegen, sondern auch die Wahrheit. Gerade über die Wahrheit zu meditieren, ist eine
der schwersten Aufgaben, denn diese alte Pilatusfrage zu beantworten, mühen sich seit Jahr-
tausenden Philosophen, Theologen und Yogis. Im Orient sagt man auch, dass 70.000 Schleier
die Wahrheit verhüllen, d.h. dass sie praktisch unendlich ist und nicht zur Gänze enthüllt
werden kann. Letzten Endes mündet die Wahrheit in der absoluten Schönheit der Allgottheit
oder in UNIVERALO (siehe Lektion Nr. 29 ab 3. Auflage).
Diese Erkenntnis bestätigt uns auch die alte biblische Vorstellung: „Es gibt nur einen
Gott“ oder „Es gibt keinen Gott außer Gott“. Heute richtiger gesagt: Es gibt nur eine unbe-
grenzte universelle Allgottheit, deren Teil die Menschen und die aufgestiegenen Logoi sind!
Der Sinn dieser Lehre besteht darin, dass alles Leben eine Einheit bildet, und dass
alles Leben aus ein und derselben Urquelle des Geistes stammt, in der zugleich alle Weisheit,
Gesetzmäßigkeit und Kraft vorhanden sind. Da alles Leben aus der Einheit stammt, wird jeder
Mensch durch diese Gemeinsamkeit des Lebens berührt und kann sich darum von dieser
nicht absondern.
Ein Mensch, der erkannt hat, dass Gott alles ist und sich in Gott alles befindet, hat
ein wichtiges Geheimnis, d.h. den großen Schleier zur Wahrheit gelüftet.
Der Meditierende besitzt drei Möglichkeiten, um zur Wahrheit zu gelangen, und zwar
durch den Intellekt mittels Forschung, durch die Intuition oder das Gefühlswissen und drit-
tens durch die geistige Schau mit Hilfe des Atman (siehe Lektion Nr. 5).
Der durchschnittliche Forscher arbeitet überwiegend mit dem Intellekt, um in die Ge-
heimnisse der Natur und des Lebens einzudringen und die Beziehungen zu anderen Gegen-
ständen zu erforschen. Die geistige Fähigkeit der Intuition, auch Buddhi genannt, wird
bereits wesentlich über den Intellekt hinausgelangen und dadurch oftmals neue Er-

21
Lektion Nr. 12 LEOBRAND
kenntnisse bekommen, die von der Wissenschaft erst Jahrhunderte später auf mühse-
lige Art und Weise erforscht werden können. Dies gilt z.B. typisch für das Weltbild Pla-
tons oder auch Giordano Brunos, deren Vorstellungen bis heute von der Wissenschaft noch
nicht zur Gänze eingeholt werden konnten, wenn auch der größte Teil bereits bestätigt werden
musste.
Wohl bereitet sehr oft der Intellekt den Weg vor oder schafft durch die naturwissen-
schaftliche Forschung die notwendigen Voraussetzungen, aber auch nur dann, wenn intuitiv
veranlagte Denker den Impuls dazu gegeben haben. Auch ein Entdecker hatte zuerst rein
intuitiv eine Vorstellung, die sich erst später durch die Untersuchung oder Überprüfung be-
stätigt. Dies gilt beispielsweise auch für die Entdeckungsreise des Columbus, der vermutete,
auf der Gegenroute ebenfalls nach Indien zu gelangen.
Die Intuition wird durch Meditation in Bewegung gesetzt. Wahrhaft intuitiv veranlagte
Menschen meditieren automatisch, d.h. nicht an eine bestimmte Zeit gebunden, sondern nur
dann, wenn sie die richtige Stunde dazu fühlen.
Es gibt Philosophen, die meinen, dass die Wahrheit nie erreicht werden kann. Dies gilt
selbstverständlich nur für die absolute Wahrheit, denn da alles Leben und somit auch der
Mensch im relativen Bereich des Daseins lebt, kann das Absolute und somit auch die absolute
Wahrheit, d.h. das Allerletzte und Allerhöchste niemals erkannt und niemals im Mittelpunkt
erreicht werden, sondern, wie das Wesen der logarithmischen Spirale beweist, nur die Peri-
pherie der asymptotisch gelegenen Mittelpunkte. Die logarithmische Spirale ist im Übrigen
eine der interessantesten Meditationsphänomene die es gibt.
Die Fähigkeit, immer tiefer in die relativ erkennbare Wahrheit einzudringen, ist nicht
das Recht einiger bevorzugter Denker, sondern ist in allen Menschen vorhanden, doch hängt
es auch hier, wie überall im Leben, von der Bestrebung ab. Nur der Strebende wird zum
Beherrscher des Wissens und des Lebens. Um die Allgottheit zu erkennen, genügen Intellekt
und Intuition beileibe nicht. Es bedarf vor allem der geistigeen Schau. Wenn aber diese je-
mandem gelungen ist, so kann er sie auch seinen Mitmenschen mitteilen und alle an seiner
Schauung Gottes teilhaben lassen.
Wer die geistige Vision erlebte, wird dadurch die wahre Selbstverwirklichung erlangen,
nicht allein nur das kosmische Bewusstsein, sondern ebenso die universelle Verbindung mit
UNIVERALO und zugleich auch den geistigen Frieden in sich und wird so seinen eigenen
Mittelpunkt finden. Er wird sich selbst als einen exzentrisch gelegenen Bewegungspol oder
als einen Mitbeweger des Lebens erkennen und sich dadurch als einen Teil des unbegrenzten
Kraftfeldes begreifen.
Solche Menschen können nicht mehr zugrunde gehen, auch wenn sie von falschen
Freunden und Verrätern im Stich gelassen werden. Der Verräter wird gegen seinen Willen zu
einer Waffe des Sieges, und der Schmutz, den er auf seinen Herrn wirft, wird in der Krone des
Meisters zu Edelsteinen umgewandelt.
Meditation allein ist wertlos. Sie ist nur eine Methode, durch die Erkenntnis und
Selbstverwirklichung erreicht werden können. Wichtiger ist noch systematisches Denken, fer-
ner Aktivität, d.h. Arbeit in jeder Hinsicht und auch Gebet zum Wohl der Welt. Meditation
allein bleibt nur Technik, um die Instrumente der Seele für die Erkenntnis vorzubereiten und
zu läutern sowie die Fähigkeit zur geistigen Intuition zu wecken.
Vom Erfahrungsschatz des Agni Yoga ausgehend, ist es in erster Linie wichtig, das
systematische Denken des Menschen und den Aufbau von psychischer Energie zu schu-
len, denn Denken ist nicht nur ein Bewegungsvorgang im Gehirn, sondern vor allem ein Aus-
lösen von Kräften und Ideen, die gelenkt werden müssen, da sie das Schicksal des Einzel-
menschen und aller Kollektive bestimmen.
Um erfolgreich zu meditieren, muss man sich vorher im Geiste leer machen oder öff-
nen, zumindest muss man sich im Geiste aus dem Alltag erheben. Nur dann kann man er-
kennen und Neues erfahren sowie auf eine höhere Bewusstseinsstufe gelangen, die uns den
Zugang in die Weiten und Tiefen des Universums sichert und die schöpferischen Impulse zu
immer größerer Tätigkeit bringt.

22
Lektion Nr. 12 Gebet und Opfer
Der Geist des Menschen ist in ständiger Tätigkeit oder Vibration, und die einzelnen
Wellen, die dabei entstehen, sind Gedankenkräfte, die sich mit ähnlichen oder gleichartigen
zusammenballen. Aus den Gedanken werden Taten und in der feinstofflichen Sphäre leben-
dige Formen gebildet, die schließlich im materiellen Bereich nach einer gewissen Entwicklung
als physische Schöpfung in Erscheinung treten können. Dies erklärt auch, dass das negative
Denken der Menschen für das Vorhandensein von Unkraut und Ungeziefer auf der Erde pri-
mär verantwortlich ist, da kein wie auch immer gearteter Gott, ob ein allwissender oder ein
relativ wissender, je zu seinem Vergnügen beispielsweise Giftschlangen, Ratten und Mäuse
oder auch Giftpflanzen geschaffen haben kann.
Der menschliche Geist ist an sich eine schöpferische Macht. Das Auslösen, Transmu-
tieren und Kompensieren von Energien führt zur Schöpfung. Der Geist eignet sich im Lauf
zahlreicher Leben die notwendigen Erfahrungen und Fähigkeiten an. Er empfängt seine Ein-
drücke durch die Sinne und speichert sie in seinem Bewusstsein auf.
Der Geist gestaltet auch den Charakter, mit dessen Hilfe wiederum die Art der Gedan-
ken beeinflusst wird. Die Charakterbildung ist wichtiger als die Formung des Intellekts,
denn wenn beide aus dem Gleichgewicht gelangen, erkennt der Mensch nicht mehr seine
Verantwortung für sein Denken, Fühlen, Wollen und Handeln, er wird gewissenlos und daher
mit der ihm von Natur aus gewährten Willensfreiheit zu seinem eigenen größten Schaden
Missbrauch treiben. Nur ein sauberer Charakter wird auch reine, d.h. vor allem wohlwollende
Gedanken aussenden.
Durch Meditation kann man eine Beruhigung und Läuterung des Geistes erreichen,
indem man aus sich bewusst alles Niedere ausstößt und von sich weist. Nur dann hat Medi-
tation einen Zweck, wenn sie zur Hebung und Besserung des Charakters sowie Erweiterung
des Geistes zum Wohl der Welt und vice versa auch zum eigenen Wohl beiträgt.

22. DAS BUCH DES OPFERS


„Mit welcher Kraft werdet ihr euch behaupten?
Wie könnt ihr Unser Werk vollenden?
Durch die von Uns verliehne Macht.
Soll über Macht auch Ich noch sprechen?
Wo doch alles Törichte und Eitle nach ihr bestrebt ist.
Und dennoch sage und behaupte Ich:
Unsre Macht ist eine andre –
Unsre Macht, sie liegt im Opfer!
Mit wenigen Worten will Ich dies erklären:
Als der Regent Kurnowuu
gold‘ne Tore einst errichtete,
war Sein Streben auf den Tempel gerichtet,
dennoch wurde Sein Opfer denunziert.
Als Salomon die Macht der Schönheit suchte,
und Ihm durch Sulamith das Symbol ward enthüllt,
das Symbol der überirdischen Wahrheit,
blieb er dennoch König und vollendete Sein Opfer.

Als Tibets geist‘ger Lehrer Allal-Ming in die Berge wollte,


wo Ihm zum ersten Mal der Herr erschien,
blieb Er trotz allem im Tale
und nahm den Kelch des Opfers an.

Als der Scheich Rossul-Ibn-Rahim


die Macht dem Sohne übergab,
hörte Er auf eine höhere Stimme,
und gab alles hin, um zu erreichen. „Allal-Ming-Schri-Ischwara“
Zeichnung: Nicholas Roerich

23
Lektion Nr. 12 LEOBRAND

Als der Lehrer Origenes alles hingeben wollte,


sowohl Körper als auch Geist,
um das Vermächtnis Christi zu erneuern,
behielt Er dennoch die Last des Lehrens bei.

Als Sergius von Radonesch ablehnte


den Thron des kirchlichen Oberhauptes,
als Er es lernte, mit Tieren auch zu sprechen,
blieb Er dennoch, um Gemeinschaftshäuser zu bauen
und scharte Schüler noch um Sich.

Als Akbar, genannt der Große,


den Grundstein zur Vereinigung der Kirchen legte,
war Sein Geist zum Baume der Erkenntnis hin bestrebt,
wo Ihm Erleuchtung kam,
und dennoch blieb Er noch auf dem Throne.

Die Heldentat erkennend,


die Macht des Opfers sehend,
werdet ihr den Sieg vollziehen und sagen –
ja HERR, ich will diesen Kelch annehmen! Sergius von Radonesch
Dies bedeutet, ihr seid schon fähig zu Schaffen,
und euer Geist ist bereits unüberwindbar.

Behaltet in Erinnerung dies Buch des Opfers.


Es öffnet euch die Tore zu Vollendung und Bereitschaft.

Wenn ihr bereit seid, werdet ihr alles Wissen erlangen,


denn alles wird euch enthüllt, gezeigt und erklärt.
Öffnet nur die Ohren und behaltet alles im Gedächtnis.

Es ist wesentlich, dass ihr leset und wiederholet,


denn oft verdunkelt euer Körper des Geistes Wissen.

Und den vorherbestimmten Brand bemerkend, werdet ihr sagen:


Deshalb hab ich meine Habe gestern noch in Sicherheit gebracht.
Und den Blitz erblickend, werdet ihr ehrfürchtig das Haupt verneigen,
den Befehl des HERRN achtend. Akbar der Große

Ich habe über Naturgesetze gesprochen – bewahret sie!“

(RUF, § 297. 1922-IX-23)

❖ ❖ ❖

24
Lektion Nr. 12 Gebet und Opfer

Quellenangabe:
Übersicht der Werke von MAITREYA MORYA:

Blüten aus Moryas Garten: Abkürzungen:
 RUF §§ 387
 ERL §§ 358

Das neue Zeitalter:


 GEM §§ 275

Lehre der Lebendigen Ethik – in sieben Themen:


 AY §§ 670
(Teil 1 und 2) UNB §§ 918
 HIE §§ 460
 HERZ §§ 600
 FW I §§ 666
 FW II §§ 470
 FW III §§ 618
 AUM §§ 600
 BR I §§ 610
(Teil 1 und 2) BR II §§ 955

– indischer Rajputprinz, dessen


Geist zum großen Geist des MAITREYA
entrückt und von diesem erleuchtet
bzw. überschattet worden war. Diese
 Auftrags-Porträtzeichnung des Künst-
2 Bände: HIR I, HIR II lers Hermann Schmiechen 1884 wurde
häufig nachgemalt, jedoch erreichten
die Kopien nur Ähnlichkeit mit dem
„Antlitz des Lehrers“, weshalb es mit
nachgemalten Kopien bei Meditationen
zu Misserfolgen kommen kann!

Die Lebendige Ethik zeigt den Weg einer vernünftigen Selbsterziehung durch angewandte Ethik.

25
Lektion Nr. 12 LEOBRAND

Bildet Sterne helfender Gedanken


Viele verantwortungsbewusste und besorgte Menschen suchen nach einer Aktion, die
ohne großes Aufsehen, ohne Vereinszugehörigkeit und politisches Risiko einen größtmögli-
chen Erfolg verspricht, um dem Gefühl der Verantwortung der Weltsituation gegenüber nach-
zukommen. Es gibt eine Möglichkeit, die in aller Stille durchgeführt werden kann, kein Geld
kostet und dennoch die aktive Mithilfe jedes verantwortungsfreudigen Menschen ermöglicht,
auch wenn er noch so bescheiden, unbedeutend oder arm ist. Sende ab sofort positive und
aufbauende Gedanken in den Weltraum. Ein guter Gedanke schützt dich und hilft deiner
Seele in das Licht zu wachsen, er ist auch sonst eine höchst reale Kraft weitreichender Wir-
kung. Versuche niemals, deine Gegner oder sonstige unliebsame Personen in Gedanken zu
vernichten, denn böse Gedanken kehren wie ein Bumerang auf den Urheber zurück. Nur mit
Gedanken der Hilfsbereitschaft, der Nächstenliebe und des Friedens werden wir selbst unsere
gleichsam hilflose eigene Lage und die der Menschheit verbessern. Durch diese kraftvollen und
wertvollen Gedanken wird der Menschheit und dem Weltfrieden am besten geholfen. Helfen wir
daher durch die Kraft unserer guten Gedanken und senden wir des öfteren am Tage folgende
Anrufung in den Weltraum:

„Aum – Tat – Sat – Aum“


Quell des Lichts im Universum,
strahle Licht ins Menschendenken,
es werde lichter auf Erden!
Quell der Liebe im Universum,
ströme Liebe aus in alle Menschenherzen,
möge Liebe blühen auf Erden!
Quell der Weisheit im Universum,
gieße Wissen aus und Weisheit,
lass Erkenntnis walten auf Erden!
Quell des Friedens im Universum,
stärke Frieden und Gerechtigkeit,
mögen Glück und Freude sein auf Erden!
Quell der Macht im Universum,
siegle zu die Tür zum Übel,
dass der Plan des Guten sich erfülle!
„Aum – Tat – Sat – Aum“

(Weiterführende Erklärung zum Stern für Gedankenhilfe – siehe Lektion 6).

26
Lektion Nr. 12 Gebet und Opfer
LEOBRAND – Leopold Brandstätter. * 20. Februar
1915 in Wallern, † 26. Februar 1968 in Linz, war österreichi-
scher Naturphilosoph und Geisteswissenschaftler. Seine
schriftstellerischen Werke befassen sich mit Ethik, Geistes-
wissenschaft, Psychologie, Philosophie, Politik, Weltan-
schauung und Architektur. Er übersetzte in den 1950er-
Jahren mit einem baltisch-deutschem Team die Weisheits-
lehre der Lebendigen Ethik aus dem Russischen und ebnete
damit dieser Philosophie den Weg in den deutschen Sprach-
raum. LEOBRAND gründete eine (nicht öffentliche) Schule
für Lebendige Ethik, verfasste bereits Jahrzehnte vor Ein-
führung des Ethikunterrichtes an öffentlichen Schulen 36
Lektionen über Lebendige Ethik als erstes, überkonfessi-
onelles Lehrmittel für die ethische Grundschulung, hielt un-
zählige Vorträge und leitete Seminare. Von LEOBRANDS
Vorträgen sind Tonaufzeichnungen erhalten. Diese histori-
schen Tondokumente bieten die Möglichkeit, die philosophi-
schen Analysen des großen Denkers LEOBRAND nachzu-
vollziehen/mitzudenken und eröffnen dem Zuhörer neue
Perspektiven der geistigen Dimension des Lebens. Die philo-
sophische Treffsicherheit und die Klarheit der Formulierun-
gen sind ein Markenzeichen LEOBRANDS.
Besonders hervorzuheben ist die neue, universelle Gotteserklärung. Für diese neue, völlig
eigenständige Gottesvorstellung wurde ein neuer Terminus geschaffen: „UNIVERALO“
LEOBRANDS Gotteserklärung basiert auf hierarchischer Grundlage, auf Naturbeobachtungen
und verschmilzt mit dem gesamten Dasein. Sie schließt viele philosophische und historische Vor-
stellungen und auch modernste Erkenntnisse über relativ unsterbliche geistige Kraftfelder in die
Erklärung mit ein. LEOBRAND formulierte damit die erste und bislang einzige geisteswissen-
schaftliche Definition Gottes und prägte ein neues Weltbild. Er entzieht dadurch dem Atheismus
seine Grundlagen. Die neue Gottesvorstellung ist dynamisch wie die gesamte Natur selbst und
damit auch richtungweisend für die geisteswissenschaftliche Forschung.
Weitere Highlights seines Wirkens waren seine Arbeiten für ein geeintes Europa und für
eine künftige pannationale Weltunion. Viele der damals noch fantastisch klingenden Ideen
LEOBRANDS sind heute bereits selbstverständliche Realität.
Werke:
1955–1961: 36 Lektionen, Briefe über Lebendige Ethik
1957: Psychische Energie (Geisteswissenschaft und Psychologie)
1958: Heilung durch psychische Energie (Geisteswissenschaft und Gesundheit)
1966: Freude (Philosophie)
1967: Der Ausweg (Politik)
1968: Neues Europa- und Welt-ABC (Politik)
1968: Das neue universelle Weltbild (Weltanschauung)
1968: Spiralik (Architektur der Zukunft)
1953–1968: Sonderdrucke, Artikel in Zeitschriften, Manuskripte
1976: Der auferstandene Gott (Geisteswissenschaft, Zusammenstellung aus o.a. Artikeln)
1962–1967: Vorträge und Seminare zu allen seinen Werken (Tonaufzeichnungen MC)
Aktivitäten:
1949: Gründung einer Friedensliga
1953: Gründung der (nicht öffentlichen) „Schule für Lebendige Ethik“ mit gleichnamiger Zeitschrift
1960: Herausgabe der Zeitschrift „Spirale und grüne Wacht“ (Naturschutz und Biotechnik)
1961: Herausgabe der Zeitschrift „Weltreichspirale“
1962: Gründung der „Welt-Spirale“, Ethische Gesellschaft für Fortschritt und Welterneuerung,
mit gleichnamiger Zeitschrift.

© 1957, 1967 LEOBRAND. Die Erstausgabe erschien als Studiengrundlage der „Schule für Lebendige Ethik“ im
Verlag für Lebendige Ethik, Linz, Austria. PDF Datei für das Internet www.welt-spirale.com Welt-Spirale, Ethische
Gesellschaft für Fortschritt und Welterneuerung, Linz Austria. Korrektur: G. Fischwenger und R. M. Stangl. Korrek-
turstand 13.10.2021. Die Verwendung für Schulungen, die Verlinkung, Zitate mit Quellenangabe, die Weitergabe
von Ausdrucken und das Kopieren sind gestattet.

27
Lektion Nr. 12 LEOBRAND

Ethik Grundwissen Geistige Schulung


1. Die Wahrheit über Yoga 19. Lebendige Ethik – Lehre des Lebens
2. Probleme der geistigen Erneuerung 20. Die Chakren oder Zentren des höheren
3. Der Sinn des Lebens Bewusstseins
4. Karma und Schicksalsgestaltung 21. Die geistige Bedeutung des Herzens
5. Die Macht und Bedeutung der Gedanken 22. Die Erweiterung des Bewusstseins
6. Selbsthilfe durch richtiges Denken 23. Die feinstoffliche Konstitution des Menschen
7. Wiedergeburt – ja oder nein? 24. Monade oder Geisteskorn
8. Der Sinn des Leidens 25. Der Aufbau des Universums und der Kosmen
9. Sündenlossprechung oder 26. Die Feinstoffliche Welt
Selbstverantwortung? 27. Die Feurige Welt
10. Dharma und Lebensaufgabe 28. Die Bruderschaft
11. Tod und Wiedergeburt 29. Das universelle Gottesverständnis
► 12. Gebet und Opfer 30. Die Mutter der Welt
13. Die Beziehungen der Geschlechter 31. Okkultismus – ja oder nein?
14. Eheprobleme 32. Abwege und Gefahren des Okkultismus
15. Lebendige Ethik und Erziehung 33. Gut und Böse
16. Lebendige Ethik und Alltag 34. Die kommende Welt
17. Lebendige Ethik und Ernährung 35. Die Unbegrenztheit
18. Lebendige Ethik und Kunst 36. Der Pfad zum Meister

Das Verlangen, sich durch das Gebet mit den Höheren Kräften zu vereinigen, ist im Menschen
von Natur eingelagert. Im Gebet verschmelzen wir mit der Urquelle des Seins, um aus ihr die notwen-
dige Kraft für das weitere Leben zu schöpfen. Ein heutiger Durchschnitts-Intellektueller hat es unge-
heuer schwer, den Sinn und die Notwendigkeit des Gebetes zu begreifen. Ein Gebet darf keine unreinen
Wünsche und egoistischen Bestrebungen enthalten. Die Höhere Welt und die Allgottheit bedürfen zu
Ihrer Verehrung weder der Tempel noch der Rituale und Zeremonien, sondern ausschließlich der herz-
lichen Gebete und der Arbeit. Es gibt keine Weltreligion, welche die Idee des Opfers nicht in ihren
Grundlagen aufgenommen hätte. Geben ist eine göttliche Eigenschaft. Man muss feurige Opferbereit-
schaft als naheliegende Möglichkeit der Verbindung zur Feurigen Welt liebgewinnen. Ohne selbstauf-
opferndes Streben ist es nicht leicht, den Klauen des Bösen zu entkommen. Heldentat ist die einzige
große Möglichkeit, Leid in Freude zu verwandeln.

Ethische Gesellschaft für Fortschritt und Welterneuerung


www.welt-spirale.com
28

Das könnte Ihnen auch gefallen