Als pdf oder txt herunterladen
Als pdf oder txt herunterladen
Sie sind auf Seite 1von 12

Michael Lüdtke, Stralsund, 2022

Prozesskostenhilfe

Prozesskostenhilfe
Inhalt
I. Allgemeines ............................................................................................................................ 2
II. Anwendungsbereich ............................................................................................................ 2
1. Personell ...........................................................................................................................................2
2.Sachlich .............................................................................................................................................2
III. Verfahrensablauf................................................................................................................ 3
1. Antrag auf PKH................................................................................................................................3
3. Weiteres Verfahren ...........................................................................................................................3
4. Entscheidung ....................................................................................................................................4
a) Ablehnung................................................................................................................................... 4
b) Bewilligung.................................................................................................................................. 4
c) Kosten ......................................................................................................................................... 4
IV. Bewilligungsvoraussetzungen ............................................................................................ 4
1. Erfolgsaussicht .................................................................................................................................5
2. Keine ausreichenden finanziellen Mittel ..........................................................................................5
a) Voraussichtlichen Kosten des Rechtsstreits .............................................................................. 5
b)Vermögenseinsatz ....................................................................................................................... 5
c) Einkommen ................................................................................................................................. 6
d) Abzüge ........................................................................................................................................ 6
e) Tabelle zu § 115 ZPO ................................................................................................................. 7
3. Keine Mutwilligkeit .........................................................................................................................7

© Michael Lüdtke, Stralsund 03/2022 -1-


V. Rechtsfolgen der PKH-Bewilligung.................................................................................... 7
1. Zahlungspflichten.............................................................................................................................7
2. Beiordnung des Rechtsanwalts ........................................................................................................8
a) Grundsatz ................................................................................................................................... 8
b) Honorar ....................................................................................................................................... 8
3. Verjährung ........................................................................................................................................9
VI. Aufhebung der Entscheidung über die Gewährung von PKH ...................................... 9
VII. Rechtsmittel gegen den PKH-Beschluss ......................................................................... 9
VIII. Probleme der PKH .......................................................................................................... 9
1. Zeitpunkt der Beurteilung ................................................................................................................9
a) Entscheidungsreife ..................................................................................................................... 9
b) Verzögerungen ......................................................................................................................... 10
2. PKH-bedingte Klage ......................................................................................................................10
3. Streitgenossenschaft ....................................................................................................................... 11
4. Abgetretene Forderung................................................................................................................... 11
5. Erneuter PKH-Antrag nach Ablehnung ......................................................................................... 11
6. Vergleich ........................................................................................................................................ 11
7. Beweisantizipation ........................................................................................................................12
8. Berufungsverfahren........................................................................................................................12

I. Allgemeines
Das Gesetz über die Prozesskostenhilfe (PKH) trat am 1.1.1981 in Kraft und löste das bis
dahin geltende "Armenrecht" ab. Sinn und Zweck der Prozesskostenhilfe ist die
Verwirklichung des nach Art 19 IV GG garantierten Rechtsschutzes.

II. Anwendungsbereich
1. Personell

a) Alle natürlichen Personen.

b) Nach § 116 ZPO auch Parteien kraft Amtes, juristische Personen und parteifähige
Vereinigungen (soweit die besonderen Voraussetzungen des § 116 ZPO erfüllt sind.) Insoweit
kommt außer den Parteien auch der Nebenintervenient in Betracht.

2.Sachlich

Gewährung nur für ein bestimmtes Verfahren. Die Gewährungsvoraussetzungen,


insbesondere die Erfolgsaussichten, können nur für jedes Verfahren individuell geprüft
werden. Grundsätzlich ist die Rechtsprechung relativ großzügig:

© Michael Lüdtke, Stralsund 03/2022 -2-


Verfahrensarten:

 Mahnverfahren
 Klageverfahren
 Arrest und einstweilige Verfügung
 Zwangsvollstreckung
 selbständiges Beweissicherungsverfahren

Keine Gewährung für einzelne Verfahrensteile (z.B. Bestimmung des Gerichtsstandes nach §
36 Nr. 6 ZPO) und das PKH-Verfahren selbst.

III. Verfahrensablauf
1. Antrag auf PKH

a)Das Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren wird eingeleitet durch einen Antrag, regelmäßig


mit Klageentwurf (§ 117 I 2 ZPO) oder Klagerwiderung und mit dem Vordruck für die
Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (§ 117 II-IV ZPO). Der
Antrag muss beim zuständigen Gericht aber vor Abschluss der Instanz eingegangen sein, ggf.
kann der Antrag auch zu Protokoll der Geschäftsstelle eines anderen Amtsgerichts gestellt
werden, dass das Protokoll an das zuständige Prozessgericht weiterleitet (§ 129a II 1 ZPO).
Nach Beendigung der Instanz kann Prozesskostenhilfe nur noch rückwirkend bewilligt
werden, wenn das Gericht sie bereits vor der Beendigung hätte bewilligen müssen.

Beachte: Es besteht kein Anwaltszwang, da dieser auch zu Protokoll der Geschäftsstelle


erklärt werden kann.

Anmerkung:
Hat das Gericht Prozesskostenhilfe bewilligt, ohne dass ihm ein entsprechender Antrag vorgelegen
hat, so ist diese Entscheidung nicht wirkungslos und kann grundsätzlich nicht rückwirkend, sondern
nur für die Zukunft aufgehoben werden. Nach a.A. ist die Bewilligung ohne Antrag als wirkungslos
aufzuheben (München JurBüro 84, 1851). Dies folge aus der Dispositionsmaxime.

b) Inhalt des Antrages umfasst also:

 Darstellung des Streitverhältnisses


 Angabe der Beweismittel (§ 117 I 2 ZPO)
 Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei (§ 117 II
ZPO).
 Verwendung der amtlichen Vordrucke; § 117 III, IV ZPO

3. Weiteres Verfahren
Nach Erhalt des Antrags hat das Gericht dem Antragsgegner Gelegenheit zu einer
Stellungnahme zu geben (§ 118 I 1 ZPO). Der Gegner hat aus Gründen des
Persönlichkeitsschutzes kein Recht auf Einsichtnahme in die Angaben über die
Vermögensverhältnisse des Antragstellers und ist daher auf Ausführungen hinsichtlich der
Erfolgsaussicht beschränkt (BGH NJW 1984, 740).

© Michael Lüdtke, Stralsund 03/2022 -3-


 Ausnahme: "Unzweckmäßigkeit" der Stellungnahme (§ 118 I 1 ZPO), z.B. öffentliche
Zustellung der Klage oder die Hauptsache soll im Eilverfahren entschieden werden.

Das Gericht kann zur Vorbereitung der Entscheidung über die PKH-Gewährung eigene
Ermittlungen anstellen. Hierzu kann es sich des dafür in § 118 II 1, 2 ZPO bereitgestellten
Instrumentariums bedienen. Allerdings dürfen Zeugen und Sachverständige nur in
Ausnahmefällen vernommen werden (§ 118 II 3 ZPO). Eine Vereidigung ist immer
unzulässig. Soweit sich der Antragsteller gegenüber dem Gericht nicht hinreichend
kooperationsbereit verhält, kann aus diesem Grunde die Bewilligung von PKH abgelehnt
werden (§ 118 II 4 ZPO).

4. Entscheidung

Die das Verfahren abschließende Entscheidung erfolgt im Wege des Beschlusses ohne
vorherige mündliche Verhandlung (§ 127 I ZPO). Die Entscheidung obliegt dem Gericht,
welches im Hauptverfahren, für welches die PKH gewährt werden soll, zuständig ist (§ 127 I
2 ZPO).

a) Ablehnung

Wird das PKH-Gesuch abgelehnt, so ist dies zu begründen. Dies ergibt sich, obgleich keine
gesetzliche Regelung insoweit besteht, aus der Beschwerdefähigkeit gem. § 127 II 2 ZPO.

b) Bewilligung

Wird das Gesuch bewilligt, so hat die Entscheidung den Ausspruch der Bewilligung (für
jeden Rechtszug einzeln, § 119 S. 1 ZPO), dem Zeitpunkt der Bewilligung, den Betrag,
welcher ggf. aus dem Vermögen des Antragstellers aufzubringen ist und die Monatsraten mit
dem Beginn der Zahlungsverpflichtung, soweit Ratenzahlung gewährt wird, zu enthalten.
Ferner ist nach Maßgabe des § 119 ZPO die Beiordnung eines Rechtsanwaltes vorzunehmen.

Da gegen die Gewährung der PKH gem. § 127 II 1, III ZPO die Beschwerde der Staatskasse
zulässig ist, ist auch die Gewährungsentscheidung kurz zu begründen (in der Praxis jedoch
unüblich).

c) Kosten

Bewilligung und Ablehnung ergehen ohne Kostenentscheidung (es entstehen keine


Gerichtsgebühren; Parteiauslagen vgl. § 118 I 4 ZPO).

IV. Bewilligungsvoraussetzungen
Die Zentralnorm für die Entscheidung über die Gewährung von PKH stellt § 114 ZPO
dar. Diese Vorschrift enthält drei Kriterien.

© Michael Lüdtke, Stralsund 03/2022 -4-


1. Erfolgsaussicht

Zum einen muss die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende


Aussicht auf Erfolg haben (§ 114 ZPO).

Die Rechtsverfolgung ist Erfolg versprechend, wenn die Klage/der Antrag zulässig und
schlüssig ist und für die in der Beweislast des Antragstellers stehenden Behauptungen Beweis
angeboten ist.
Die Rechtsverteidigung ist Erfolg versprechend, wenn das Bestreiten erheblich und für die in
der Beweislast des Antragsgegners stehenden Behauptungen Beweis angeboten ist.

 Also möglich: Prozesskostenhilfe für beide Parteien.

Das Gericht kann verlangen, dass der Antragsteller seine tatsächlichen Angaben glaubhaft
macht (§ 118 II 1 ZPO) und einzelne Erhebungen anstellen (§ 118 II 2 ZPO). Zeugen und
Sachverständige darf es in der Regel noch nicht vernehmen (§ 118 II 2 Satz 3 ZPO). Es kann
aber insbesondere ein sog. PKH-Erörterungstermin durchgeführt werden (§ 118 I 3 ZPO)

Bei schwierigen Rechtsfragen ist eine großzügige Bewilligung von Prozesskostenhilfe


geboten. Das Prozesskostenhilfeverfahren soll den verfassungsrechtlich gebotenen
Rechtsschutz nicht selbst bieten, sondern erst ermöglichen (vgl. BVerfG FamRZ 1993, 664).

2. Keine ausreichenden finanziellen Mittel


Weiterhin muss die antragstellende Partei nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen
Verhältnissen nicht, nur zum Teil oder nur in Raten in der Lage sind, die Kosten der
Prozessführung aufzubringen. Zur Beantwortung dieser Frage ist folgender Prüfungsablauf
sinnvoll:

a) Voraussichtlichen Kosten des Rechtsstreits

Zunächst sind die voraussichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu ermitteln. Maßgeblich sind
insoweit nur die Kosten, welche die antragstellende Partei zur Rechtsverfolgung bzw.
Verteidigung braucht. Da die PKH jeweils nur für eine Instanz gewährt wird, sind nur die
Kosten des jeweiligen Rechtszuges maßgebend.

b)Vermögenseinsatz

Nach Feststellung der Kosten, ist gem. § 115 II ZPO in Verbindung mit § 88 BSHG
festzustellen, ob der Einsatz des Vermögens zumutbar ist (§ 115 III ZPO). In Betracht
kommen hier

 Ansprüche auf Prozesskostenvorschuss


 Ansprüche auf Kostentragung durch eine Rechtsschutzversicherung
 eine zugesprochene Klageforderung (soweit realisierbar)

© Michael Lüdtke, Stralsund 03/2022 -5-


 Bargeld einschließlich Kontoguthaben und anderer Geldanlagen, soweit der
Schonbetrag nach § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII überschritten wird. Dieser beträgt
ausweislich § 1 der sogenannten BarbetrV 5.000,-- Euro zzgl. 500,-- Euro für jede
Person, die vom Antragsteller überwiegend unterhalten wird
 Kfz, soweit nicht für Erwerbstätigkeit notwendig
 Pflichtteilsanspruch
 Grundvermögen
Die eigene Wohnung bzw. ein angemessenes Hausgrundstück (§ 88 II Nr. 7 BSHG) bleibt
dem Antragsteller erhalten.

Das einzusetzende Vermögen ist zu veräußern oder dessen Wert im Wege der
Kreditaufnahme flüssig zu machen.

c) Einkommen

Kann der Antragsteller die zu erwartenden Kosten nicht oder nur teilweise (Teilzahlungen)
aus seinem Vermögen bestreiten, so ist der Frage nachzugehen, inwieweit die Kosten aus dem
Einkommen getilgt werden können. Relevant ist hierbei nur das individuelle Einkommen des
Antragstellers, nicht das Familieneinkommen.

Als Einkommen sind alle laufenden Einnahmen mit Geldeswert zu verstehen (§ 115 ZPO)
also beispielsweise

 Wohngeld
 Sozialhilfe
 Kindergeld
 (Unterhalts-)Rente
 Taschengeld
 Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung
 Naturalunterhalt (muss bewertet werden).

Bei Arbeitslosigkeit ist zu prüfen, ob der Antragsteller eine zumutbare Arbeit finden könnte,
wobei in diesem Fall das fiktive Einkommen mit einzubeziehen wäre. Bei Freiberuflern und
Gewerbetreibenden ist auf die Durchschnittswerte der Einnahme-Überschuss-Rechnungen der
letzten drei Jahre (a.A. des letzten Jahres) abzustellen, nicht jedoch in der Regel auf den
Steuerbescheid.

Keine Einkommen sind z.B. Leistungen aus der Pflegeversicherung, Erziehungsgeld,


Elterngeld bis 300 € pro Monat, Sozialleitungen für Körper- und Gesundheitsschäden (§115 I
3 Nr. 4 ZPO in Verbindung mit 1610a BGB).

d) Abzüge

Soweit das Bruttoeinkommen ermittelt ist, sind gem. § 115 ZPO Abzüge zu machen.
Insbesondere sind abzusetzen (§ 115 I 3 Nr. 1 ZPO i.V.m. § 76 II, IIa BSHG)

 Steuern
 Sozialversicherungsbeiträge

© Michael Lüdtke, Stralsund 03/2022 -6-


 sonstige Versicherungsbeiträge, soweit diese gesetzlich vorgeschrieben oder nach
Grund und Höhe angemessen sind
 Werbungskosten
 Kosten der Unterkunft und Heizung (§ 115 I 3 Nr. 3 ZPO)
 besondere Belastungen (§ 115 I 3 Nr. 4 ZPO),
dazu gehören insbesondere Schulden und Abzahlungsverpflichtungen, die schon vor Antragstellung
eingegangen wurden, soweit angemessen
 Freibeträge für Antragsteller, Ehegatten und altersabhängig Kinder (§§ 115 I 3 Nr. 2
ZPO, 79 I Nr. 1, 82 BSHG).

Hat der Ehegatte ein eigenes Einkommen, wird dieses nicht dem Bruttoeinkommen des
Antragstellers hinzugezählt. Ansonsten müsste der Ehegatte auch für Prozesskosten in nicht
persönlichen Angelegenheiten aufkommen, für die er nach §§ 1360 a IV, 1361 IV 4 BGB
gerade nicht aufzukommen. Das eigene Einkommen des Ehegatten findet nur in der Weise
Berücksichtigung, dass sich der für den Ehegatten nach § 115 I 3 Nr.2 S. 1 ZPO
einzusetzende Freibetrag um das Einkommen des Ehegatten vermindert (§ 115 I 3 Nr. 2 S. 2
ZPO).

So ergibt sich am Ende das sog. "bereinigte" Nettoeinkommen.

e) Tabelle zu § 115 ZPO

Das restliche Einkommen wird mit der Tabelle des § 115 I 4 ZPO kombiniert und die evtl.
Raten ermittelt. Prozesskostenhilfe wird nicht bewilligt, wenn die Kosten der Prozessführung
vier Monatsraten und die aus dem Vermögen aufzubringenden Teilbeträge voraussichtlich
nicht übersteigen (§ 115 III ZPO).

3. Keine Mutwilligkeit

Soweit sich aus den ersten beiden Prüfungspunkten ergibt, dass PKH gewährt werden kann,
ist noch das letzte Kriterium des § 114 ZPO zu beachten. Die Rechtsverfolgung oder
Rechtsverteidigung ist mutwillig, wenn eine verständige, nicht hilfsbedürftige Partei ihre
Rechte nicht in gleicher Weise verfolgen würde, also etwa dann anzunehmen, wenn die
Vollstreckung aussichtslos erscheint.

V. Rechtsfolgen der PKH-Bewilligung


1. Zahlungspflichten

Ist PKH gewährt worden, so wird die antragstellende Partei von den Gerichtskosten (§ 122 I
Nr. 1 a ZPO) und der Zahlungspflicht gegenüber dem eigenen (beigeordneten) Rechtsanwalt
(§ 122 I Nr. 3 ZPO) befreit.

Weiterhin tritt gem. § 122 I Nr. 2 ZPO eine Befreiung von der Verpflichtung zur
Sicherheitsleistung für die Prozesskosten ein (§110 ZPO)

© Michael Lüdtke, Stralsund 03/2022 -7-


Außerdem wird der Antragsgegner gem. § 122 II ZPO, soweit er beklagte Partei ist und keine
Ratenzahlungspflicht des Klägers festgelegt wurde, von der Gerichtskosten einstweilig
befreit.

Problematisch ist jedoch, dass im Fall des Unterliegens der PKH beziehenden Partei die
Verpflichtung erhalten bleibt, dem Gegner die entstandenen Kosten zu ersetzen (§ 123 ZPO).
Die Bewilligung bietet also keinen Schutz vor dem prozessualen Kostenerstattungsanspruch
des obsiegenden Gegners, wobei dieser nicht nur die außergerichtlichen Kosten des
obsiegenden Gegners, sondern auch bereits gezahlte Gerichtskosten umfasst. Hierin liegt das
Risiko der Führung eines Prozesses mittels PKH.

2. Beiordnung des Rechtsanwalts

a) Grundsatz

Nach § 121 II ZPO ist der armen Partei auf Antrag ein Anwalt beizuordnen, wenn die
Vertretung erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist. Ein
auswärtiger Anwalt wir zu den Bedingungen eines ortsansässigen Anwalts beigeordnet, § 121
III ZPO. Das Gericht ordnet regelmäßig die Rückwirkung der Prozesskostenhilfe auf den
Zeitpunkt an, zu dem erstmals ein formgerechter Antrag gestellt und die Erklärung über die
wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse einschließlich entsprechender Belege
vorgelegt wurde.

b) Honorar

Der Anwalt erhält gem. § 121 ZPO einen entsprechenden Anspruch gegen die Staatskasse.
Sein Honorar bekommt der Rechtsanwalt von der Landeskasse (§ 45 RVG), wobei sich die
Höhe seiner Gebühren aus einer besonderen Tabelle (§ 49 RVG) ergibt. Dieser Anspruch ist
niedriger als der aus der Anlage zu § 13 RVG.

Der Rechtsanwalt kann daher unter Umständen eine Aufstockung auf die normalen Gebühren
verlangen.
Ist der Kläger zur Tragung der Prozesskosten verurteilt worden, erhält der Rechtsanwalt
ausnahmsweise von seiner Partei Gebühren nach der Anlage zu § 13 RVG, wenn diese durch
bereits gezahlte Monatsraten gedeckt sind (§ 50 RVG).
Ist der Beklagte zur Tragung der Prozesskosten verurteilt worden, erhält der Rechtsanwalt die
Gebühren nach der Anlage zu § 13 RVG von diesem, soweit nicht der Kläger oder die
Landeskasse bereits bezahlt haben (§ 126 Absatz 1 ZPO). Soweit die Landeskasse bezahlt hat,
geht der Erstattungsanspruch auf sie über (§ 59 Absatz 1 RVG).

c) Prozessvollmacht

Die Beiordnung eines Rechtsanwalts (§ 121 I ZPO), als solche gibt dem Rechtsanwalt keine
Prozessvollmacht. Sie und seine Rechtsbeziehungen zur Partei beurteilen sich wie sonst nach
§§ 675, 164 BGB.

© Michael Lüdtke, Stralsund 03/2022 -8-


3. Verjährung

Gemäß § 204 I Nr. 14 BGB wird die Verjährung bereits gehemmt durch die „Veranlassung
der Bekanntgabe des Antrages“. Dieses geschieht durch das Gericht im Zusammenhang mit
der Anhörung des Gegners.

VI. Aufhebung der Entscheidung über die Gewährung von PKH


Diese sind abschließend in § 124 ZPO benannt.

Die Aufhebung hat zur Folge, dass alle Rechtswirkungen der vorausgegangenen Gewährung
ex tunc entfallen. Lediglich der beigeordnete Anwalt behält seinen Vergütungsanspruch gegen
die Staatskasse (OLG Zweibrücken JurBüro 1984, 237).

Die Veränderung in der Einschätzung der Erfolgsaussichten begründet keine nachträgliche


Befugnis zur Aufhebung der PKH-Gewährung.

Aus dem Sozialstaatsprinzip folgt jedoch, dass der Umfang der PKH bei nachträglicher
Vermögensverschlechterung anzupassen ist, so z.B. durch Ermäßigung der monatlichen
Raten.

Im umgekehrten Fall der Vermögensverbesserung ist gem. § 120 IV ZPO unter den dort
genannten Voraussetzungen eine Änderung der gewählten Prozesskostenhilfe zuungunsten
des Antragstellers möglich.

VII. Rechtsmittel gegen den PKH-Beschluss


Gegen die Entscheidung des Gerichts hinsichtlich der PKH-Gewährung und der Höhe der
Raten steht dem Antragsteller die Beschwerde zu (§ 127 II 2 ZPO).

Der Staatskasse steht ebenfalls ein Beschwerderecht im Rahmen des § 127 III ZPO zu.

VIII. Probleme der PKH


1. Zeitpunkt der Beurteilung

a) Entscheidungsreife

Für die Prüfung der Erfolgsaussicht einer Klage (oder eines Antrags) ist der Zeitpunkt der
Entscheidungsreife des Bewilligungsgesuchs wegen Prozesskostenhilfe maßgeblich. Wird die
Entscheidung über ein PKH-Gesuch durch das Gericht verzögert, so ist bei der späteren
Entscheidung weiterhin die Sach- und Rechtslage maßgeblich, wie sie zum Zeitpunkt einer
rechtzeitigen Entscheidung bei ordnungsgemäßem Verfahrensverlauf bestanden hätte.

© Michael Lüdtke, Stralsund 03/2022 -9-


Der Zeitpunkt der Entscheidungsreife ist gleichermaßen für die tatsächlichen wie die
rechtlichen Voraussetzungen hinreichender Erfolgsaussicht eines Rechtsschutzbegehrens
maßgeblich.

Der Zeitpunkt der Entscheidungsreife wird regelmäßig dadurch bestimmt, dass die Partei die
für die Prozesskostenhilfe erforderlichen Unterlagen vorgelegt sowie den Antrag schlüssig
begründet hat und dem Gegner angemessene Gelegenheit zur Stellungnahme gemäß § 118 I 1
ZPO - regelmäßig ca. zwei Wochen - eingeräumt worden ist. Zu den erforderlichen
Unterlagen gehören in der Regel der vollständig ausgefüllte Vordruck nach § 117 III, IV 4
ZPO sowie die entsprechenden Belege gemäß § 117 II ZPO.

Ausnahme: Antrag auf Prozesskostenhilfe für eine lediglich angekündigte, noch nicht erhobene
Klage. In diesem Fall ist die Erfolgsaussicht nach Maßgabe der Sach- und Rechtslage zum
Entscheidungszeitpunkt zu prüfen.

b) Verzögerungen

Die gerichtliche Entscheidung hat grundsätzlich zu erfolgen, wenn sie objektiv möglich ist
(Entscheidungsreife des PKH-Antrags), also ohne Verzögerung, auch wenn es für das Gericht
eine Arbeitsvereinfachung darstellt, das Gesuch des Beklagten z.B. erst im 1.
Verhandlungstermin zu entscheiden. Wird beispielsweise der PKH-Antrag des Beklagten erst
im Verhandlungstermin zurückgewiesen, hat der Beklagte das Recht auf Vertagung, dem das
Gericht auf Antrag stattgeben muss.

Beantragt der Beklagte PKH bereits im schriftlichen Vorverfahren innerhalb der Frist, die ihm
für die Anzeige der Verteidigungsanzeige gem. § 276 I 1 ZPO gesetzt ist, darf in
entsprechender Anwendung von § 337 ZPO auch bei Ablauf dieser Frist ohne erfolgte
Verteidigungsanzeige kein in der Klageschrift bereits beantragtes Versäumnisurteil erlassen
werden, bevor nicht das Gericht den PKH-Antrag beschieden hat. Bei abschlägiger
Entscheidung ist dem Antragsteller vielmehr durch entsprechende Terminierung
grundgesetzgemäß (Art. 3 I, 103 GG) die erforderliche Zeit einzuräumen, um sich auf die
neue Verfahrenslage einstellen zu können.

2. PKH-bedingte Klage

Oft wird durch den Antragsteller die Klage von der Bewilligung der PKH abhängig gemacht.
Dies stellt jedoch eine unzulässige Bedingung dar (BGH NJW 95, 2563).

Daher ergeben sich folgende Möglichkeiten

 nur PKH-Antrag (Bezeichnung als Klageentwurf oder Entwurf einer Berufungsschrift)


 auch Klage (Rechtsstreit ist in Gang gesetzt bzw. Rechtsmittel eingelegt)
 Zustellung der Klageschrift nach Bewilligung oder Einzahlung des Vorschusses

Dieses ist ggf. durch eine Nachfrage zu klären (§ 139 ZPO).

Beachte:

© Michael Lüdtke, Stralsund 03/2022 -10-


 Im Falle der Bewilligung von PKH für den Kläger für einen bloßen Klageentwurf wird
die – im Anschluss auch erst durch den Kläger übersandt - Klage ja erst nach
Bewilligung zugestellt. Es sind bis zum PKH-Beschluss noch keine Prozesskosten
angefallen. Es findet auch keine Erstattung außergerichtlich entstandener Kosten statt,
selbst wenn sich der anwaltlich vertretene Gegner auf Anhörungsersuchen geäußert
hat.

 Soll nur ein Prozesskostenhilfegesuch mit einem Klageentwurf eingereicht werden,


muss unmissverständlich klargestellt werden, dass die Klage noch nicht erhoben
werden soll. Dazu genügt nicht, dass in einem mit "Klage" überschriebenen Schriftsatz
dem Sachantrag ein Prozesskostenhilfeantrag vorangestellt wird.

 Wird ein Antrag auf Klagezustellung vor Vorschusszahlung und Entscheidung über
den Prozesskostenhilfeantrag gestellt, ist damit gleichzeitig erklärt, dass die Klage
unbedingt erhoben werden soll. Wird nach Zustellung und Verweigerung der
Prozesskostenhilfe erklärt, sie werde nicht weiterverfolgt, liegt darin die Erklärung
einer Klagerücknahme.

3. Streitgenossenschaft

Grundsätzlich sind Streitgenossen selbständig zu beurteilen.

Bei gleicher Beteiligung am Streitgegenstand und gleicher Interessenlage ist dem Bedürftigen
jedoch zuzumuten, sich vom RA des Streitgenossen mitvertreten zu lassen. Daher keine PKH
(LG Frankfurt JurBüro 83, 468; OLG Zweibrücken JurBüro 76, 1249).

4. Abgetretene Forderung

Für die Prozesskostenhilfebedürftigkeit kommt es im Fall der Abtretung vor Einleitung der
Rechtsverfolgung sowohl auf die Bedürftigkeit des Zedenten wie die des Zessionars an. Das
gilt nicht nur in Fällen des Rechtsmissbrauchs durch Vorschieben einer bedürftigen Partei,
sondern immer dann, wenn kein triftiger Grund für die Abtretung bestanden hat.

Bei Abtretung von Ansprüchen an die „arme" Partei kann PKH wegen Mutwilligkeit (s.o.)
abgelehnt werden. Wird der arme Zessionar vorgeschoben, ist die Abtretung sittenwidrig und
nach § 138 Absatz 1 BGB unwirksam, die Rechtsverfolgung ist deshalb nicht Erfolg
versprechend, jedenfalls der Antrag auf Prozesskostenhilfe rechtsmissbräuchlich

5. Erneuter PKH-Antrag nach Ablehnung

Grundsätzlich möglich, da die Ablehnung nicht in Rechtskraft erwächst.

6. Vergleich

Hat die Partei, der PKH gewährt war, im Prozessvergleich die Kosten übernommen, so haftet
der Gegner als Zweitschuldner und kann seinerseits die gesamten an die Gerichtskasse

© Michael Lüdtke, Stralsund 03/2022 -11-


geleisteten Vorschüsse gegen die bedürftige Partei festsetzen lassen.

7. Beweisantizipation

Eine vorweggenommene Beweiswürdigung (Beweisantizipation) ist im


Prozesskostenhilfeverfahren zwar nicht in Bezug auf das konkret wahrscheinliche Ergebnis
einer Zeugenaussage, wohl aber in Bezug auf den Beweiswert der Aussage im behaupteten
Sinn zulässig.

8. Berufungsverfahren

a) In der Berufungsinstanz bestehen Erleichterungen hinsichtlich der Erfolgsaussicht für die


Partei, die in der ersten Instanz obsiegt hat gem. § 119 Abs. 1, Satz 2 ZPO. Diese wird quasi
von Amts wegen vermutet.

b) Der Antrag des Berufungsführers auf Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Berufung
muss innerhalb der Berufungsfrist gestellt werden. Häufig ergeht die Entscheidung erst nach
Ablauf der Berufungsfrist. In diesem Fall ist ein Antrag auf Wiedereinsetzung in die
versäumte Berufungsfrist (§ 233 ZPO) im Regelfall begründet (Ausnahme: Erkennbarkeit
der voraussichtlichen Ablehnung z.B. bei nicht richtig ausgefülltem Antrag).

c) Ein Prozesskostenhilfegesuch nach rechtskräftigem Abschluss des Berufungsverfahrens ist


mangels Rechtsschutzinteresse unzulässig. Ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen
Stand ist insoweit unstatthaft.

© Michael Lüdtke, Stralsund 03/2022 -12-

Das könnte Ihnen auch gefallen