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f.

Die Jltftl)£l)c

jmifdiett JuDen nnh €||ri)len.

pit £iium gln^ang

ää) tc 9Hng.

äSon

cSco 'glaudjmomi.

'V.-

SSerIag§ = 2U ogajin.
(S. 0d;abelife.)

1880.
1880.
Sm SScrIag§ 5 SWagajin in Sürir^ ift erfcS^ienen unb
burc^ aKe S3u(i)!^QnbIungen ju be^iel^en:

unb Stttotetauj. 3u0lei(b eine Slnttnort auf bie


©(brift non SB. Sliarr: „3)er ©ieg be§ ^ubentbum§ über
ba§ ©crmanentbum." SSon einem Unpartbeiif(ben. —
80 = 1 gr.

Der Talmud. Eine Skizze von Dr. Aug. Wünsche. —


60 Pf. = 75 Cts.

Die Frau im Talmud. Eine Skizze von J. Stern,


Rabbiner. — 80 Pf. = 1 Fr.

alte unb bev neue (glaube im ^nbentbnm» ^ri^


tifd;e Streiflichter über bie IKeligion ^fraelä nadb rabbinifdher
Sluffaffung. Siebft einem SInbang über ben Stalmub. 3Son
Dr. SBilliam SiubenS. -im 20 ^f. = 1 gr. 50 6t.

^nbentbnm unb Gibt^ift^ntbnm* 6in S3eitrag ^ur


rung einer religiös = fo3ialen ^rage. SSon % SBiener. —
70 ^f. = 85 6tS.

Die gegen wärtig-e religiöse Frage in ihrer


Hauptbedeutung Jedermann verständlich
erläutert und beantwortet von A. Heinsius. Neue,
umgearbeitete Ausgabe der früher betitelten Schrift:
„Religion oder Philosophie?“ — 1 Mk. = Fr. 1. 25 Cts.

Ad majorem Dei gloriam. ßr^dblung au§ ber ©egen=


mart non 2Jl. 2)eleurt)a. 2 S3dnbe. —6 üllf. = 'gr. 7. 50.

SSBic man ein ^eiliatbum öt^wnbet^ Srief einer Scbü»


Immaculata ^u SZeapel an ihre ^reun*
lerin be§ ^lofterg ber

bin Pom b- -C^eräen in £pon. 21u§ bem ^ranjofifcben über=


fefet unb mit einer ßinleitung Perfeben Pon 0. 33abfe. —
60 $f. = 70 6t§.

Snerejia ©orgia^ 6ine Slopeile au§ ber ©efcbicbte ber ^dpfte.


SSon Otto ©rote. — 1 ÜIU. 50 $f. = 1 §r. 80 6t§.

Sebtbufl) bet ©etnunfiteligion^ 2lu§ ben binterlaffenen


papieren be§ P. Slmbrofiu^ äufammengeftellt, ergdnjt
unb berauSgegeben Pon A. M. — 1 2Ht. = t^r. 1. 25 6tä.

?Pf aff enftieg* ©etoappnete Sieber pon % 6g enter. —


mi 20 ^f. =
.^1 gr. 1. 50.

/^HARVARD^
UNIVERSITY
y^LlBRARY J
:

Hie Jlifdjcl)c

Ituifdien 3u^)en unh €l|ri)len.

pit tincm §l«^ang

äiiiite tRing.

5ßon

Jico '^landiinann.

3üti^.

SBerlagä^'DJagajin.
(3. ©c^abetitj.)

1880.
Illotto:

9iot^ou: SBir müHe«/ miiffen greunbe fein!


©inb unb el^er Gl^rift unb ^ube
2U§ 2)fienfc^ ? 2ili 1 inenn \6) (Sinen mel^t in ^\xi)

@efunben ifiätte, bem e§ gnügt, ein ÜJienf^

3u l^ei^enl

^cmjjcl^crr: 3a, bei ®oti, baä l^abt 9iat^anl


®a§ l^abt ^anb! —
9iat^an, ja,

$Bir muffen, muffen fjreunbe rcerben!


i®8

getüibmet

gum

f)iin5ert|l[tn €>el3m-föial)i: ks 3loff)an

iinb

fjun&erffiinfjigfKen ß»eßmrf$jaf)r SiCTbeföfo^ns

( 1879 ).
iJormort.

TOt ber ^infü^rung ber ^tuile^e im beut[(?^en 9?ei(^ ift ba§

§inberm&, me^(^^c§ ben 9Jlif(^e^en jmifcS^en 3uben unb ©Triften

entgegenftonb, ^inmeggeräumt. ^enno(^^ fommen bie=

felben no(!^ fe^r feiten bor. unterliegt feinem Streife!, bo|

ba§ benfelben entgegenfte^enbe SSorurtl^eil man(^^en fcbönen §er=

^en§6unb gerreiBt, mancE)e§ @Iü(f unerbitt^i(^^ jerftört. 5Iuc^ bie

^Serlegen^eit ber ®eiftli(^^en, in mel(^er gorm fie einer folc^en

5JJifc^e^e bie religiöfe 2ßei^e geben foüen, mag ba§ irrige baju

beitragen, folc^^e (S^en gu l^intertreiben.

SUtit ber borliegenben <S(^rift mill ber 35erfaffer ben 5Jlif(^=

el^en ba§ 2Bort reben unb nac^meifen, bafe ba§ 3ubent^um allen

(^runb ^at, feine ^Ibneigung gegen bie 5!}fifd^e^e aufjugeben.

^iefelbc gliebert fic^ in brei ^l^eile. 3m erften foE bie grage

ber 5[Eifcf)e^e bom (Stanbpunft be§ l^iftorifc^en 3ubent5um§ be=

leuchtet merben. 3m gmeiten mirb fie na(^ i^ren berfc^iebenen


Seiten beurt^eilt. 3m brüten mirb bie angemeffene gorm gur
fir(^Ii(^^en Trauung einer 5)fif(^el§e erörtert.
I. gi« IfUftliehc auf dm ^tandijunkt des hiftorifchen

Judcitthmns.

l^iftorifc^e Subent^um §at brei ^^afen burc^loufen,

lt)e65ö^b Quc^ bic grage ber 5D^ifc^e^e hq(^^ brei iRic^tungen ju

beIeu(S^ten ift: 1. nac^ ber S3ibel, 2. na(^) bem Stalmub unb


ben S^abbinen, 3. na(^^ ber tnobernen ^^eologie.

1. ber ©ibel.

®ie ©teöe im pentateu(^ifc^en ©efe^bud^, melcfie l^ier in

53etrac^t fommt, finbet fi(^ ^eut. 7, 3 ff. : ,,^u follft bicS^ nitfjt

mit i^nen öerf^tüägern; beine ^o(^ter foKft bu ni(^t feinem


6o5n geben unb feine 5:o(^ter foflft bu m(J^t beinern Seltne

5 um 2ßeib nehmen; benn er mürbe beinen 6o§n bon mir ab=


trünnig machen unb fie merben fremben ©öttern bienen u. f. f.

§iemit ift ju bgl. %ob. 34, 16: bu ja feinen 53unb

fcJ^Iiegefl mit bem 53emol^ner be§ 2anbe§ zc. unb ne^meft bon
feinen ^ö(^^tern für beine ©ö^ne; fo ba^, menn feine 5:ö(J^ter

i^ren ©öttern nac^bu^Ien, fie QU(^^ beine ©ö§ne berfü^ren,


il^ren ©öttern nac^jubu^fen. — 53eibe ©teilen ^anbeln inbeffen
QU^brüdlic^ nur bon ben fogen. fieben fananitifii^en SSöIfern,

melc^e eingefleifc^te, Ieibenfc^QftIi(^^e @ö|enbiener unb fittenlofe

53arbaren maren unb gegen melc^e ein 35erni(|tung§fambf an=

befohlen mar, bei bem jeber ^arbon au§gefc^Ioffen fein foflte.

(SDeut. 7, 1—2.) — 2)a5er fann §ierau§ niefjt einmal auf


ein S^eberbot mit onbern 9SöI!ern gefc^iloffen merben.*) 3m
(^egent^eil geigen öiele ©teilen bet f). ©(^rift, bog ©^en 5 tt)if(^^en

Sfraeliten unb 9^i(J^tifraeIiten ge[tattet finb, unb au(^^ bielfac^, gurn

3:§etl fogor bon ^erfönlic^teiten, bereu Öeben bem Sfraeliten


pm 25orbilb bienen barf, gef(^f)Ioffen mürben. 2Öenn e§ bon
bem §o^enbrie|ter l^ei^t : eine Sungfrau ou§ feinem 33olfe

foH er jum 2ßeibe nehmen" (Öeb. 21, 14), fo ^eigt bie§ beut=
i\ä^, ba^ bei anbern eine DJtifcJ^e^e ni^t imterfagt mar. —
brö(fli(^^ geftüttet ba§ ^eut. (21, 10—14), eine Kriegsgefangene

ju l^eiratben, unb berorbnet, mie fic^ ber 5)lann gegen fie 511

ber^alten l^abe. (i)ie talmubif(^^e 5tnfi(^t, bafe l^ier nur eine

Konjeffion an bie 2 eibenf(^^aft gemalt mürbe, ift um fo meni=


ger fticti^altig, alS fonft jebenfaöS ein mi^biüigenbeS 2öort ein=

gefloffen märe.) — ^ie e^elic^en 3SerpItniffe ber ©r^böter finb

freilich ni(^§t muftergültig, ba 3 afob ^mei ©d^meftern l^eiratfjete,

maS baS mofaifc^e ®efe| berbietet ( 2 eb. 18, 18). 3 nbeffen foCl

baran erinnert merben, ba^ ^bral^am nad^ ©ara^’S ^ob bie

Ketura'^ §eirat!§ete; ba^ ©ilpa^ unb 33il^a§ nid^t auS ^bra=


(lam’S gamilie, fonbern bie 5Jtägbe ber Seal^ unb Üta^el maren
bafe Safob unb feine gamilie bie ^ina^ bem ©d^ed^em jur

grau gegeben ptten, menn er i^r nid^t ©emalt angetl^an ()ätte,

unb bag fie bie (^ircumcifion nur auS Sift geforbert Reiben,

um bie ©d^ed^emiten leidster übermältigen gu !önnen (bgl. @en.


34, 35. 13.) ;
ba^ 3uba unb fein ©o^n (5r mit Kananitinnen
unb 3 ofef mit einer (^gbbterin fid^ üermä^Iten. 3tber 3!JtofeS felbft

beirat^ete ein mibjanitifdbeS 3)töbdben, fogar bie ^od^ter eines

®ö|enpriefterS (benn erft nadb bem ^luSjug auS ©gbpten fam


er äur ©infid^t, „ba^ Seboöab größer als alle anbern ©ötter"
[(Jj. 18, 11 ], meldfier 31uSfbru(b jugleidb zeigte, bafe er nodb

immer ^ol^tbeift blieb unb 3 eboöab nur als böcbften ®ott, el

*) 2öenn man freitid^ ®eut. 7, 6 mit SS. 3 in enge SSerbinbnng

bringen rootlte, märe SS. 3 auf aüe nidf)tifraeliti[d^en (Stämme ju belieben.

J)od) ift e§ natürlid^er, biefen SSer§ auf baS gernbleibeu nom


@ö^eubieuft überhaupt 3
U bejiebeu.
7

eljon, erfnnnte). mar jeboc^ „l3 or ber ®efe|gebung",

mirb bon gcgnerifc^er Seite eingemenbet merben. 5lber er !^ei=

/ rat^ete abermals na(^^ ber ©efe^gebung eine ^ufÄitin (num. 12 , 1 ),

über bie mir freiüc^ ni(^t§ 9?ä^ere§ erfal^ren. 3 tt)cir ^abeii

fi(^^ 5Jlirjiam nnb ^^ron I}ierüber aufge^alten; bod^ galt ibr

^abel nadb meinem ^afürbalten nic^t ber 5lu§Iänberin im


gemeinen, fonbern ber ötbiopifcben 91a[fe (bie ^legerraffe; bgt.

3er. 13, 23), gegen metcbe bnmal§ ba§felbe 55orurtbeiI ge=

berrf(^t haben modbte, ba§ noch je|t bie ^merifaner gegen bie

^egerftömme einnimmt. (3Sg(. '2(mo§ 9, 7; @en. 9, 25 ff.)

^^ieüeicbt h^i^^thete 5)tofe§ h^^^ptfödblidb bariim biefe 5Ietl}iopie=

rin, um ba§ 33orurtheit burcp fein Seifpiel 511 befiegen. —


^ucf) ©imfon S^i^ei grauen au§ bem ben 3 fto?iiten
feine§meg§ freunblich gefinnten ^bilifterftamm. ®ie Ottern fa^en
e» jmar nic£)t gern, hoch fügten fie fidf). 5J?ad)ton unb ß^hi^^bn

beiratheten 5JJoabitinnen unb bem nidbt ifraelitifcben Sb^^i ^mer


biefer (Sb^n entfpro^t ber t^önig 1)at)ib.*) tiefer felbft b^i^u=

tbete eine ^ringeffin au§ ©efdbur. (2. 6 am. 3, 4.) ^er ^önig
Salomo ^^ne ganje 5Jlufter!arte Don 5lu§Iönberinnen
unb bodb mirb er nur barüber getabelt, ba^ er grauen au§
benjenigen 335Iferfcbaften gebeiratbet b^iü^/ meicbe §u beiratben

au^brüdüdb im ^entatemb oerboten mar, unb ba^ er ihrem


©ö^enbienft SSorfcbub leiftete unb fidb fogar felbft baran be=
tbcitigte. (1. 11, 1 ff.) Setbft ber fromme 3)lorbe(bai ftanb

nicht an, feine ^^licbte (Sftber in ben §arem gu fenben, um


ben meboperfif(ben 5^önig gu erobern. (^ie§ mar ben ^abba=
liften fo anftö^ig, ba^ fie behaupten, 51ba§0ero§ i)ühQ nie mit
(Sftber felbft gefo§t, fonbern mit einem Oon 3)lorbecbai in ihrem
Sbenbitb burcb fabbabifüfcbe ^agie gefdbaffenen ^ömon.) —
Sfra freilich unb feine 3 eitgenoffen forberten mit einer mabr=
baft empörenben §ärte bie ^uflöfung ber ^ifcheben unb bie

*) .^ier unb in einigen anbevn g-äüen lie^e fih oieüeiht lagen, baf;
bie grau bie ;}ieIigion ^fraelä angenommen habe. 3SgI. D^utb 1, 15—16.
8

©ntfenbung ber fremben grauen imb i^irer ^inber (1. (Sfra

9 ff.; ^Re^emta^ 10, 29; 13, 23 ff.; 5)?aIeQd)i 2, 10 ff.*) ein

35erfa^ren, in tr)elcf)em fic^ feine§U)eg§ ber (Seift ber mofaifc^=

prob^etifcfien Humanität, fonbern ein biefem entgegengefe^ter

@eift eines engherzigen theofratifchen ©h^iiiöiniSmuS unb be^

f(hrän!ten Su(hflabenbienfteS offenbart, ber mit jener

madjte unb — nicht zum §eil Sfraets — immer mehr er=

ftarfte. 2)och auch h^^^ M h^iubtfächnd) um !aua=

nitifche grauen (Sfra 9, 1) unb jebenfallS um hcibnif(^e 33ölfer,

bereu ÜteligionSmefen in ©tauben, ©Uten unb ^uttuS bem jü=

bifchen uöllig heterogen mar, gegen metdheS bie jübifche ätetigion

ber auSgefpro(henfte ^roteft fein motlte. ^aS (Shriftenthum ba=


gegen ift eine monotheiftif(he ^utturreligion. ©ein ©otteSbegriff
ift nur eine 'ID^obifüation beS jübifchen, fein ©chriftthum h^^^

baS jübif(he zur ©runbtage unb ift Uon biefem burchfchoffen unb
— feine pra!tif(he 9ietigionStehre ift mit ber jübifthen ibentif(h;
bie fittli(hen Sbeen merben oon ihm in Oollem Umfang an=
erfannt. ©S ift im ©runbe genommen eine auf jübifchem 33oben
gemai^fene Pflanze, mel(^)e, ba fie auf ein anbereS 5:errain ner=
fe^t mürbe, moht mamhe frenibe ©toffe in fleh aufgenommen
hat, bie ihr ©otorit oeränberteu. 3)?orbhDtogif<^ ober unb

*) ®ie[e fo t)er[(hieben gebeutete SteUe ift nad^ meiner Slnfid^t mit


^ieron^mug fo gu oevftehen, ba| oiele ^Uc^eliten fid) oon i^ren ifraelitifd)en

f^muen trennten, nm ^eibinnen ju heiruthen. (Segen ben (Sintoanb £öh=


ler’g, bojs ben ^U^ieliten bie ^otpgamie erlaubt mar, ift gu erinnern, ba§
uur fehl' 2Sohthcibeube firf) ben £uru§ ber SSietioeiberei geftatten tonnten,

nnb auch abgefehen baoon loirb bie 33ieItoeiberei oon SSielen raegen ihrer

fühlbaren «Schattenfeiten gemieben loorben fein. So fehr man münfeheu


möchte, bab 33. 10 bie ihm geraöhnlidh jugefchriebene 33ebeutung behält,

toonadh er ein flaffifdher 2tu§brudf unioerfetler |)umanität märe, fo ift e§

bodh überaus toahrfdheinlicher unb jufammenhangSgemäber, bab hier bie


j

ßiif^mmengehörigteit ber ^fraeliten auSgefprochen ift. (So auch §ürft.)


3u bem 2Jialeachi tritt fdhon aUju fehr ber (Seift ber ^rophetie gegen ben
ber ipriefterlidhfeit gurücf, als bab ihm eine foldhe SBeitherjigfeit jujutrauen

lüäre.
9

§at eä ben ß^arafter be§ 3 ubent^um§ bei5e=

galten.*)

ber ^eiligen 0^rift ifl e§ bem Sfraeliten unbebingt


gepQttet, mit ben ß^^riften 5!Jtifcbe§en einäuge^en.

2. bcm ^alinub unb ben ^Rabbinern.

^er Salmub ermahnt ^mei ^Inficbten über bie ^uffaffung


be§ 3Serfe§ ^eut. 7, 3 ff. : ,,^u foüft bid^ nic^t mit i^nen ber=
f(^^magern zc." ^ie gemöbnlic^ie 5lnfi(^t ift bie oben entmicfette,

bafe ber 35er§ nur bie nuptide 3Serbinbiing mit ben fieben fa=
nonitifcf)en 35ötfern unterfagt ,
ni{^t aber bie anberer 33ötfer,

melcjie bem ©ö^enbienft nii^t fo fe^r ergeben finb, fonbern nur

in ben gu^lapfen i^rer ^Sorfa^ren roanbetn.**) ift aiu^

na^ biefer 5tnfic^t bie SSerfc^mägerung mit anbern Sßöifern rab=


binif(^ berboten unb 5 tüar mirb ba§ SSerbot ju ben C(^t 5 e()n

S5efd)Iüffen ge^ä^tt, meld^e bie Schulen §iller§ unb ©c^amafö ge=

fa^t ^aben.***) — IRabbi ©imon ben 3 o(^ai bagegen


finb fömmttic^^e ^eibnifdjen 23ö(!er in bem biblifcben 3Serbot mit=

begriffen, ba ber angegebene (Srunb, ber 3 f’^(^^tite möchte ba=


bur(^^ 511 m ©ö^enbienft berleitet merben, fämmtli(^e 33ötfer ein=
fd)Iie^t. 33ei biefer ^ifferenj ^^nbelt e§ fic^ aifo nur barum,
üb eine 35erfd)mägerung mit ben 5 eibni^(^^en ©tömmen, bie

ni(^^t äu ben fieben fananitifc^en gehören, mofaifd) ober rabbinifc^


üerboten ift. 3n ben (SobiceS mirb ba^er fein Unterfc^ieb ge=
mad)t §mif(^^en fananitifd^en unb nic^t fananitifdien ©tämmen.f)

*) ®ie fc^arfe Unterfd^eibung j«)i[d;en «Reiben unb dbriften roirb non


ben angefebenften unb gläubigften Sfiabbinern betont. ©. 3w|tinunenfteC(ung
bei ©rünebaum, ©ittenlebre beä ^ubentbumä (6cblub), unb bei Ätein, ba§
^ubentbum. (®eut[cb non 2Jtannbeimer, 33a[el 1860, ©, 109 ff.) 3SgI. audb
Tosaphot gu Abodah sarah fol. 2 a.

**) Xraftat Abodah sarah 36 b; Kiduschin 68 b (f. 9tafd^i) nergt*

mit Chulin 13 b.
***) Straftat ©abbatb 17 b.

t) Maimonides, h. isure biah 12, 1. Schulchan aruch IV 16, § 1.


10

— Heber ^ifi^e^en mit ßl^riften finbet fic^ in ben (5obtce§

feine 53eftimmung, ma§ nug berfcfjiebenen ©rünben leic^^t er=

flärli(^§ ift. ber §agabaf) mag and) (obgleich man au§ ber
§Qgaba§ feine gefe^tic^e 59eftimmung abjufeiten bere(J^tigt ift)

angefül^rt merben, ba^ 3 afob getabelt mirb, meil er angeblich


bei feiner ^Begegnung mit @fau feine ^oii^ter ^inab berborgen
bat, um einem etmaigen Eintrag be§felben aus^umeid^en; „benn
fie bötte ja bielleid)t ben (Sfau auf gute 3®ege bringen föniien."

3. 9taib ber mobernen S^bcologtc.

3 m 3 «b^^ 1806 berief 5?apofeon ben befannten jübifiben


©anbebrin nach ^ari§ unb fegte bemfefben jmöff Stagen 5 ur

33eantmortung öor. ^ie britte lautete: „t)ürfen 3uben


mit W t'befiib berbinben, ober bürfen nur 3 uben unter
einanber b^i^otb^b V' ^ie 5fntmort ber 35erfammfung (beftebeub

au§ 110 ^eputirten) lautete: 25erebeUcbnng mit ^b^iflen


ift gefebfidb nii^t unterfagt ;
benn ba§ afte ®efe|, ficb mit
gremben nid)t 511 berbeiratben, betrifft bfo§ bie 53fut§bermif(b=

ung mit Reiben, ^ie bi§b^ng^n §inberniffe gemifebter (Sben

5 U)ifd)en 3 uben unb ^b'^if^^b beftanben bfo§ in ben refigiöfen

gormen jur ©dbfiefeung einer @be, mefdje bie ©eiflfidben unb


iRabbinen in SSerfegenbeit festen; bennoeb tnirb eine gmifiben

3 uben unb ©b^iP^b ohne Sujiebung ber S^tabbinen eingegangene


(Sbe bon febtern af§ giftig unb ber berebefidbte 3 ube no(b ferner

af§ fof(ber betrachtet.*)

^ie 9tabbinerberfammfung in SBraunfcbibeig (1844) be=

ftebenb au§ 25 ber b^^borragenbften freifinnigen 91abbiner er=

ffärte :

„©emifebte @b^b jmifeben 3 nben unb ©b^ifi^n finb nidbt


berboten, menn ben Aftern bon ben ©taat^gefeben erlaubt ift,
für bie au§ fofeber ©b^ er^ieften ^inber bie ^Religion fefbft

')
I)e[fauei-, ©efd^id^te ber ^Üaeliten ©. 477.
11

tüä^Ien 5 U bürfen (b. in ber jübtfd^en üleligion er=

jie^^en ju öürfen)/'*)
3n ber erflen ©b^^obe gu Seipjtg (1869) tmirbe folgenber

Antrag (tion 5lböo!at (SmU Seaman in ^re§ben) eingebroi^t:


,,^ie erfiärt: 1. ^ie bereite üon ber 9^übbiner=
öerfammlimg gu 33raunfcf)n)eig im Sa^re 1846 abgegebene ©r=
ficlrung, bap @b^n gmifc^en Suben imb ©b^iften ein 53ebenfen

jübifcberfeilS nid)t entgegenfte^e, t)orau§gefe^t, bap ber Staat


ben Eltern feinen (Sr^ie^ung ber ^inber in ber

c^riftlicben Sleligion auferlegt, ftimmt au(^ ben


in^mifc^en gemad)ten Erfahrungen mit ben 5fnf(hauungen ber
Sbnobahnitglieber überein."
5)er Eintrag mürbe bon ber S^nobe einer ^ommiffion
Übermiefen.**) 3n ben 9teferaten pnben fich 2 (SJutact)ten bon
feiger unb ^ub.***) 33eibe finb barin einig, bap 5Jtifd)ehen

bom Stanbpunft be§ jübifct)en 3fteIigion§gefe|e§ nicht ju bean=

ftanben finb. 51ur barüber gehen fie auSeinanber, ob eine folche

Ehe bon einem 3tabbiner getraut merben fann. feiger bejaht


e§. 5Iub bagegen meint: „2ßo ber Staat 50^if(hehen geftattet,

ba genügt rechtlich unb fittlich bie bon ihm boüjogene 5:rauung


unb bie religiöfe §form ober bie firchliche Einfegnung, ma» eben=
foH§ eine Eeremonie ift, fann unb foll beni 33rautpaare, ba§

berfchiebenen Sefenntniffeg ift, ganj gleichgültig fein 2C." E»


heifet u. 51. ferner im 5fub’fchen Gutachten: „E» löpt fich bie

fittliche 5Dlögliihfeit einer folchen ehelichen 33erbinbung nur ben=


fen, menn beibe Scheite 2 c. ju einer SSernunftrefigion fich befennen.

Sobalb aber jeber Ehetheit fefthöft an ben Sehren feiner ^on=


fejfion, ber eine ben S5erföhnung§tag, ber anbere ben Eharfreitag

feiert, um Sühne gu erlangen — ba finb beibe nicht Ein§ :c.

*) 3ÜaeI§ (55efhihte- 'S. 288.


**) 3SerhanbIungen ber erften ifrael. S^nobe ju Setp^ig. (33erlin

(Serihet 1869.)
***) 0. 187 unb 193.
12

bie (Srjiel^ung ber ^inber empfiehlt bie 5!}liy(5e5cn nic^t."

(Seiger fiept bie 50^if(pepen ni(pt gerabe gern. ®r meint:


„©0 fepr auf ber einen ©eite jene§ pope 5Dlenf(pen=

Uerbrüberung, mekpe§ ba§ Subentpum al§ feine ibealfte §off=


nung fipmungöoH öerfünbet, bur(p bie gegenfeitige SSerf(ptt)äge=

rung nöper perbeigefüprt mirb, fo mirb anberfeit§ bo(p juge=

ftanben merben müffen, ba^ bie immerpin abmei(penbe 2eben§=


ri(ptung, melipe bon ber S5erf(piebenpeit ber Sfteligion au§gept,

ben epeU(pen grieben gu trüben, bie innige ©eetengemeinfcpaft

5U flören geeignet ift; ba§ Sebenfen einer gegenfeitigen no(p=

tpeiligen ©inmirtung in 33etreff ber retigiöfen 5tnfi(pten mirb


aucp nicpt unterbrücft merben fönnen. Unb fo mag e§ ber 9te=

ligion, §umat ber ni(pt perrfcpenben, ber burip ipre ^JUnberpeit

f(pon immer gefäprbeten, ni(pt Oerargt merben, menn fie ni(pt

bereitmillig bie §anb gur görberung folcper @pen bietet, menn


fie bielmepr meit lieber ben be§ einen ^peUe§ meniger
mit ©(pmierigfeiten umgiebt, al§ fie fonft bei Uebertritten ju

ma(pen fi(p berpflidjtet füptt." — 3n ber oierten ©i|ung ber

5tug§burger ©pnobe mürbe ber Eintrag mit 9ftücffi(pt barauf,


bap bamals bie ©infüprung ber ^iüilepe in ^eutfcplanb no(p ni(pt

in ©i(pt mar, oerläufig für fünftige 33eratpung gurüdtgefteüt.*)

3n einer früperen ©i|ung mürbe jebo(p biefer Eintrag geftreift

unb §err §oKänber füprte ein bebeutfame§ 2Bort ber S^abbiner

an: peipt in ben ^lageliebern : 9}teine geinbe, bie mein


Unglüc! gepört unb gefepen paben, freuten fi(p, benn bu paft

e§ getpan (1, 21). ^amit miH 3frael gu ©ott fagen : ^u bift

©(pulb, bap i(p in biefe Sage gefommen bin; meil bu micp Oon

ben übrigen 35ölfern getrennt baft, inbem bu mir Oerboten paft,

mi(p mit ipnen gu oerfcpmägern. 2Säre i(p mit ipnen in näpere


Sejiepung gefommen, märe biefe traurige Sage über mi(p ni(pt
pereingebro(pen. 3cp pätte gemünf(pt, bap i(p miip oermanbt=
f(paftli(p mit ipnen Oerbunben pätte. — 5^un, m. §., menn

*) 3SerpanbIungen <B. 110.


13

t)ie§ Qefagt tüorben ifi gu einer geit, tüo tnir no(^^ !^eibntf(^§e

55ül!er l^atten, gefdimeige je^t :c."


S5on toeiteren 5lnfi(^öten moberner ^^eologie fennen tüir nur
bie öon ^irc^enrat!^ 9iabbiner Dr. 50^aier in Stuttgart nnb bon
Dr. (Jrei^nQc^ in ffranffurt a. Ü}t. 33etbe fprec^^en fic^ fel^r ent=

fdjieben für gemifc^te @^en au§.*)

II. getrachtmij der Pifchclte narh iltrcn manntjg-

faltigcn feiten.

9tacE)bem toir unfern ©egenftnnb reIigion§gef(^^id^tIi(^ ent=

midett ^aben, tnollen mir unfere eigene ^nfic^t l^ierüber au§=


fprec^en unb gmar motten mir benfetben ni(^t bom fpejififdb

religiöfen ®efid^t§punft allein 5U be^anbeln fuc^en, fonbern feine


mannigfaltigen Seiten in SSetrac^t gie^ien.

1. ^tc p^^fi{(^spf^(^if^c Seite ber SRif^e^e.

Sßenn mir §iemit beginnen, fo möge un§ ber Sefer gtei(J^=

mot)t nic£)t einer tribiaten ^uffaffung ber 6 pe 5 eipen. 2öir


macf)en l^iemit ben Einfang, meit e§ un§ jmecfbienlic^ fc^eint,

bon ben me^r materiellen Seiten gu ben ibeaten auf^ufteigen.

ift eine bielfa(^ gemac^^te unb miffenfc^aftti(^^ moptbegrün=


bete (Srfaprung, bap gamitien, met(^e in einanber ju ^eiraü^en

pflegen, mit ber 3 eit p^ipfifö^ unb pfpd)if(^^ begeneriren. S^finn,


Sbiotie, ^retini§mu§, (Spilepfie unb SSermonbte^ pftegt bei ein=

feinen ©tiebern auffattenb ^)öufig l^erborjutreten ;


bei manchen
ma(^t fic^ menigftenS ein gröpere§ ober geringeres ^efijit an

*) ÜJiaier, bie erfte 9tQbbineroer[ammIung unb ihre ©egner. (©tutt:


^art, .l^aHbevger.) (Sreijnad^, Xbariag 45; Sd^uratb ^abin 36.
14

©efunbl^eit, leiblic^ier unb geifliger ^raft bemertbar. 5lnberfeit§


e§ fonftatirt, bte 33erbinbung generell
ift bofe entlegener 3 nbi=
öibuen bie nolllommenfte 9^a(^fommen[cJ)Qft erhielt.

bet ben Suben irgenb eine ©pur öon Degeneration


^eröortritt toirb nun D^iemonb bel^aupten. 55 ergleic^ung be§
3 uben mit anbern ©tömmen, 5 . 53 . mit bem Germanen ^in=
fid^tlic^ feiner leiblichen unb geiftigen Sefchaffenbeit, lä^t i^n
feine§ix)eg§ im ^achtbeil erfd^einen, tro| feiner bi^b^^iö^^
tialen 53efcbränftbeit ouf ben eigenen ©tamm. 5lu(^ barf biefe
nidbt ottäu febr überfdböj^t merben. pflegen ja auch bie ^e=
mobner einer gemiffen ©egenb oielfadb untereinanber ju f)ei=

ratben, mogegen bei 3 uben häufiger al§ anbermärt§ bie 53raut=


leute ganj Oerfchiebenen Sanbftridhen angeboren. 3 mmerbin je=

bocb mub e§ gum ^adbbenfen aufforbern, ba^ bie ©tatiftif Oer=


f(biebener Sänber unb @podben bie 3 uben ba§ Oerböttnifemä^ig
größte Kontingent jur 3 abf 3 bioten unb 3 nen liefern lä^t.

2öir motfen bi^^ nur auf eine» ber neueften 2Berfe auf biefem
(iJebiete binmeifen.*) 5^adb bemfelben ergab bie 3 öbtog ber ge=
fammten ortSanmefenben SeOötferung eine§ beutf(ben 2 anbe§:

3 fraetiten.
Unter biefen 3Jtänner SBeiber 3ufammen
6432 6449 12881
Sbioten 24 18 42
3rre 28 23 51

5tuf je 1000 Sinmobner fommen in ^rocenten

3bioten 3rre

ÜJlännet SIBeiber 3uf. 5Dtännec SBeiber 3uf.

©oangelifdb .... 2,39 2,21 2,30 2,19 2,19 2,18


^atboUfcb .... 1,45 1,31 1,31 1,73 1,99 1,86
Sfraelitif^ .... 3,73 2,70 3,26 4,35 3,57 3,96
StnberSglöubig . . . 1,01 0,83 0,91 3,04 2,48 2,73 1

*) ©tatiftif ber ©eifteSfranfbeiten non Dr. Äodb, ©ireftor. ©tutl=


gort, Äobtb^wuner.
15

^er geleierte 35erfaffer äußert u. 51.: tüirb bei ben


Öfraeliten nl§ ein tt)eitere§ bie Sbiotenprobuftion fteigernbe§

5Jloment (auf 1000 3fraeliten !ommeu 3,26 Sbioten), ber

Uniftanb in 33etrad)t fommen, ba$ bie 3frae(iten biel

bie 5(nge^örigen anberer S^eligionen, untereinanber unb in


uerttjanbte Familien (linein (leirat^en, tt)Q§ eine er^ö^te ®e=
fä^rbung ju pft)(^^if(l)er Degeneration mit fic^ bringt." (©. 110.)
(S§ ^ei^t bort ferner :
„3Cßie bei ber Sbiotie, fo fäflt au(^ beim

Srrfinn ba§ 5)^ajtmum ber 53et^eitigten auf bie ifraelitifd)e

53et)öt!erung, unter 1000 leiben 3,96 am Srrfinn." 5U§ eine§

ber bebingenben Dllomente mac^t ber 35erfaffer geltenb, ba^ ben

SfracUten bei ber 53er^eirat^ung ni(^^t in gleid^er 2öeife freie

5lu§ma!^t in meiterem Greife möglich ift: „ba^ fie meift nur in=
ner()alb eine§ eng begren 5 ten ©ebiete§ einer gefc^toffenen klaffe
bie 2eben§geföl^rtin fi(^^ fudien unb bat)er oft @5^n mit äiemlid}

na^en 53tut§bermanbten fi^IieBen, ma§ namentUc^ bann, menn


in ber gamitie etma f(^^on ^erebitöre DJiomente bor!^anben finb,

auf bie 51a^fommenf(^aft fel^r gefä^rbenb einmirfen mu^."


(©. 118 ff.) Seiter l^eigt e§ bafelbft, ba^ bejüglic^ ber gbiotie
bei früheren 3ö()tungen in anbern Sänbern unb ©egenben ba§
5J?e^rberbä(tni^ nid)t immer unb überad auf ©eiten ber 3frae=

Uten gefunben mürbe. 5lber, „ba^ bie grrenquote ber 3frae=


titen biejenige ber 5lnge!^örigen ber d)riftli(^en 9?eügionen über=
trifft, :()at fi(6 bei allen früheren gezeigt, unb anö)
fonft mürbe mit nur menigen 5Iu§na(imen biefelbe 2Ba!^r=

nebmung gemat^bt (folgen bieSbejügticbe S^f^J^nnenfteHungen


anberer Sönber). 5Ingeficbt§ fotc^er Uebereinftimmung ber 3öb=
lung^oerböltniffe mirb man fidb ber Ueberjeugung nicht mobt
oerf(btieBen fönnen, bab mirfticb bie Sf^cteliten bem 3rrfinn et=

ma§ mehr aulgefe^t finb, al§ bie cbrifttidben ^onfeffionen, menn


audb bie ©rünbe biefer ©rf(beinung mit abfoluter ©emi^b^i^
no(b nicht ju fijiren finb, unb man mirb ficb in biefer Ueber=

jeugung no(b beftärft finben baburch, ba& nach 301abr’§ 5tngaben

auch onbere ©ebre(ben, nii^t nur bie Sbiotie, fonbern auch

*
16

^au 6 pumml)eit unb 33Iinbpeit bie ifraeUtif(i^e Setjölferung im


ungemeinen in flärferem 5J?ape betreffen, oI§ bie 4 riftli(^^e."
( 6 . 116.)
©d)Iiep(i(^^ fei nu§ bem ermähnten 33u(^^e nod^ eine ©teile

<m§ bem 3. Kapitel be§ 11. 5Ibfd^nitt§ angeführt, melc^e fagt,


bQp, „menn aucE) ber (Sinflup ber §eirat^en ^mifc^en S3tut§=

nermanbtfi^aften nicE)t überfd)Q|t merben borf, fo mirb bo(^ bei


ben Sfraeliten nict)t nur ba§ §eirotpen §mifc^en näd^ften S3Iut§=
'
bermanbten, fonbern innerhalb ber klaffe überpaupt in 33etro(f)t

ju fiepen fein.''

2ßie man fiept, mirft bie nuptiale ^Befcpränttpeit ber 3 ftae=
liten auf bie eigene Ü^affe gmiefacp nacptpeilig : bireft , meil
ba§ §eiratpen innerpalb ber ntaffe überpaupt ni(pt uortpeilpaft
ift, unb inbirett, fpfern baburdp päufiger §eiratpen bon 53Iut§=
bermanbten gefiploffen merben. 2öa§ leptere betrifft, fo mirb
bie (Spe ^mifcpen @ef(pmifter!inbern, fomie bie Sßerbinbung be§
Opeim§ mit ber 5^i(pte fogar bon ber nteligion begünftigt.

©(pon ba§ 33eifpiel ber ©r^böter mupte bie 51gabiften beran=

laffen, fie au(p in biefer §infi(pt al§ 33orbiIb 5


U empfeplen unb
berßobeg be^eid^net e§ auSbrüdllidp al§ berbienftliip, bie ©(pmefter§=

ober 53ruber§to(pter gu peiratpen.*) — §iena(p merben 5JJif(p=

€pen gmif(pen Suben unb Spriften fepr 511 empfeplen fein.



^a bie 3 uben bi§per immer unter fidp peiratpeten, fo paben
fie au(p ipre 91affeneigentpümli(pfeit bemaprt, mel(pe meber bie

^inflüffe be§ 0 ima’§, no^ ber 2 eben§gemopnpeiten gu befiegen

im ©taube maren. 91i(pt nur in iprer Ieibli(pen ^pppfiognomie,

fonbern aiup in iprer inteÜeftueHen unb pfp(pif(pen ^ifpofition


treten bie 3)terfmale einer 3?oKbIutraffe lebpaft perbor. ^ie§
mup fidp natürlidp audp in etpifdper §infidpt geltenb ma(pen.

Slugenben unb Safter, SSorgüge unb gepler treten bei ipnen


farbiger, energifdper, fonfequenter perbor. ^aper bie grope ®i=
bergen^ in ber 33eurtpeilung berfelben. ^er ©ine f^märmt für

^
*) Sch>a, Eben haeser 2 § 6; 15 § 25.
17

fie, ber ^nbere fie. Sreiltc?^ barf in pfbi^^ologifc^er

§in[id)t ber ©Influfe ber klaffe ni(^^t über ©ebül^r betont tt)er=

ben; ^rjie^nng unb S3ilbimg finb möct)tiger al§ 91a[fenbifpo=

fitionen unb tnenn ^emoPene§ feinen Sii^genfel^Ier bur(^^ bie

Energie feinet 2öoHen§ ju übertninben oermod^te, um U)ie biet

ine^r tntrb bie rt)ei$ere ©eelenfubftonä bon ^öbagogi! unb ^i=


l)a!ti!, 33orbitb unb 6 elbfter ie!^ung
5 umgeformt tnerben fönnen.
Smmer^in föirb man ber IRaffe einen 5Int^ei( an bofitiben unb
negotiben bfb(^if(^^=el^if(^^en (5rf(^^einungen guerfennen müffen.
nun aber ©r^iefjung unb 53ilbung auf Unterbrüdung ber

fc^Iimmen unb pflege ber guten (Sigenfc^aften ^inmirft, fo tüirb

bie e^elid^e 35erbinbung bon Sfraeliten unb Düc^tifraeliten bei=

ben ^b^Uen fe^r ju (Statten fomnien; eine Stamme§=5Sereb=


(ung tbirb burc^ bie 3Sermif(^^ung femitif(^en uub inbogermani=
fc^en S3Iute§ beiberfeit§ erhielt tnerben; ba§ morgenlänbifc^e
^frobfrei§ am abenblänbifd^en Stamm unb umgefe^rt mirb
einer berebeüen Generation ba§ ^afein geben.

2. ;J>ic focialc Seite ber SKijt^e^e.

gür bie Ueberminbung ber gegen bie 3 uben §errf(^^enben

S3orurtf)eUe, 25erftimmung unb Gepffigfeiten fann bie Sebeu=


tung ber 5)tif(^^el^e nic^t genug angef(^^Iagen merben. Grft
tbenn ba§ 33anb ber gamilie, ba§ au§ materiellen unb ibealen
gäben gemebt ift, um Silben unb G^riften fi(^ fdjlingt, mirb
ber guben^a^ berftummen unb auf emig in ben Orfu§ l^inab=

fteigen. 2ßeber 3^^tag§arti!el noc^ S3rof(^üren, fie mögen no(^^

fo überjeugenb, noc^ fo feffetnb gefc^rieben fein, merben bie

GefeUfc^aft bon bem !^ä^Ii(^en ^ol^p be» 3ubenl^affe§ grünbli(^


furiren. ®urc^ 5}]ifc^!^eiratl^en aber merben Suben unb Gl^riften

fi^ einanber innig nähern, ^ie Gntfrembung mirb auf^ören;


man mirb fi(^^ gegenfeitig beffer fennen lernen unb befreunben.
^er eine ^t)eU mirb in bem anbern nid^t me^r etma§ S3efon=
bere§, Gigentpinli^e», §eterogeneg (menn auc^ nid^t im fdj)nm=
2
18

inen ©tnn) fe^cn, fonbern öon feinem 5!}Jen=

fc^en non gleichen ©mpfinbungen, gä^igfeiten, 53 ebürfniffen unb


^^eigungen, Sugenben unb geilem. bie materiellen 3n=
teueffen, bie ba§ gamitenteben in einanber fli(5^t, merben 511 gegen=
feitigem an[pornen unb ba§ ^efüpl engen
5]erbunbenfein§ erftarfen taffen. Unb mie fepr müffen aiu^^ bie

f Duftigen mannigfaltigen ^Sejiepungeu, bie gmifc^en ben ©tiebern

5imier Derf^mägerter gamilien matten, bie gefettigen gamitien=

freiiben, bie ^Itufmerffamfeiten, bie man fic^ gegenfeitig ermeift,

bie teibticfien unb geiftigen ^enüffe, bie man einanber ge=

mäprt, ber 5tu§taufd) ber ©eöanfen, ba§ gebanfentofe ©eptauber,


bie TOttpeitung ber ©rtebniffe, bie Speitnapme, ber Sflatp unb
bie .'['lütfe, bie mau fi(p gegenfeitig angebeipen täpt, ben S^eft

ber 3}orurtpeite au§ ben ^er^eit Derbannen unb ein inniges

greunbfcpaftSöerpättnip begrünben. Unb bie babur(p erzeugte

moptmotlenbe ©efinnung mirb niipt auf ben engen ^reiS ber


öerfcpmögerten gamitie befdjrönft bteiben, fonbern in meiten

SUnge'n fi(p na(p aupen mittpeiten. — ^ie gafet §pmenS mirb


bie gtamme ber atigemeinen ^enf(pentiebe ent^ünben unb ber
§)erb ber gamitie mirb 511m ^ttare ber Humanität unter Se=
miten unb Germanen merben.
^ocp in meiterer §infi^t tann öon einer fociaten ©eite ber
^Jtifcpepen gefprocpen merben. Sßenn bie nuptiate ©dprante fäftt

unb ber ^reiS ber peiratpSföpigen Snbiüibuen fidp für bie gu=
ben ermeitert, mirb mantper 5)?ann, ber unter ben gegenmörti=
gen S5erpättniffen gum gunggefeftenteben, man(pe§ grauen^immer,

bie jur TOjungfernfcpaft genötpigt ift, einen SebenSgefäprten

finben.

3. fUtlitpc ©eite ber SJUjtpepe.

2öaS uns pier befepöftigt, ift niept fomopt bie fitttiipe ©eite
beS (SpetebenS, atS öietmepr ber ©attenmapt. ^iefetbe ift in

ben 5Qlotit)en bebingt, met(pe bie Söapt beftimmt. ^er pö(pfte

fitttiepe gaftor bei ber ©attenmapt ift bie Siebe unb ipre nid;t
19

fo feurige, milbere ©(^tuefter, bie l^erjli^e 3 nneigung. ©in fitt=

Ii(l)e§ ^otiü ift e§ aud), trenn bie 5^upturienten üon ber Ueber=
jeugung burd)brungen finb, ba^ bie beiberfeitigen inbiöibnellen
(Sigenf^iaften gegenfeitig bermofeen ^nfammenflimmen, ba^ ein ^

f)armonifc^e§, frieblic^eg nnb gUidüd^e§ ©^eberbältni^ bon bem


33unb ju ertrarten ift; mögen at^bann anc^i materiedere Se=
|

meggrünbe bie 20 a^t beeinfluffen. 2öo aber beibe§ fel)lt, nnb 1

5
. 53. nur ^efi|, Slitet, ober S^ang bie 5Sa^)I befiimmt ;
ober ‘

mo ber eine 3:^eil tro| ber 5Ibneignng be§ anbern ba§ 3 amort
auf bie eine nnb anbere 5Irt erätoingt, ba ift bie 5ßaf)I eine I

grob unfittlic^e. — ^a& in ber ©egentoart unter ben Sfraeliten


'

nainentliö^ @ott 3J?ammon bie @^en 5u ftiften pflegt, ift jmar


au§ bem Umftanb, ba^ ^auf= nnb (^ef(^äft§tente (ma§ bie

3 fraeliten meiftenS finb) notpmenbig ©elb 5 um @efd)äft§betrieb

brauchen, erftärUc^ nnb trenn IRuf nnb ßparaÜer gebüprenb in


^etrac^t gezogen mürben, märe e§ au(^ ni(^t gerabe^n oertrerflid).
©epr oft aber fpielt ba» @elb babei eine Spotte, melc^e fetne»meg§

bem 3 beaU§mu§ entfpric^t, trelc^en ba§ Snbentpnm gn pflanzen


nnb 5U pflegen fuc^t. ^ie Ülabbiner finb auf ©elbpeiratpen

fepr übel gn fprecpen nnb mei^fagen ipnen ungeratpene ^inber;

ma§ fogar rom ©toffator be§ ^aro fobificirt ift.*) 51u(^ jene§

abf(^enlic^e g^eilfc^en um bie 3JJitgift, ba§ manchmal an einen


55iepmar!t erinnert, trirb ron ben ülabbinern pöc^lic^ mipbiHigt.

„ 2Benn man bem 53räutigam riel @elb jnr 5)litgift beftimmt


pat nnb jnrüdgegangen ift, fotl er barum feine ^rant nidjt be=

trüben nnb nic^t pabern megen be§ 33ermögen§ feiner 3w^ütrf=

tigen, nnb mer bie§ tput, pat fein @lüd n. f. f/'**)



*) Schulchan-Aruch IV, 2 § 1.

**) ibid. ^eine bie ©elbbeiratben föftüd) perfitfürt (©upple=


mentbanb ©. 26).
„£) bie Siebe mad^t un§ [elig,

D bie Siebe mad^t un§ reid^I"


SUfo fingt man taufenbfebUg
bem beü’sen römifd^en 3fteid§.
20

ift bQ^er eöibent," fagt Su 53 ato in feiner 3fraeütif(^en 5JlorQ(=

t^eologie,*) „ba^, foK bie S^e ber 5^atur entfpred^en, gtnif^en


ben fie f(^Ue^enben 3nbibtbuen eine gegenfeitige 3uneigung be=
[teilen ober beftel^en !önnen muffe.

fünbigt ba^er gegen bie 5^atur ber ®!^e unb begeht


gleichzeitig einen SBerrdh an fi(h felbft unb an ber ^erfon, mit
ber er fich berbinbet,

a) mer feine 2öahl nach tt)a§ immer für einer anbern


5^orm, a(§ berjenigen beftimmt, bie in ber gegenfeitigen 3wnei=
gung befteht;

b) mer fich mit einer ^erfon berbinbet, bie er nicht genau


!ennt unb bon ber er nicht genau gefannt mirb;
c) mer fich biit einer ^erfon berbinbet, bie er au§ bh^P=
fchen ober moralifchen ©rünben unmöglich lieben unb bon ber
er, au§ ma§ immer für einem ©runbe, nicht geliebt merben fann
d) mer fein §erz bon einer anbern Siebe bereite einge=

nommen fühlt ober fich biit einer ^erfon berbinbet, bie fich

in einer folchen Sage befinbet 2 c.

e) mer eine ^erfon, bon ber er Semeife ber 5lbneigung

erhalten hot, h^t^othet 2 c.

f) mer fich oicht für fähig hölt/ ober nicht feft entfchloffen

®u, bu fübtft ben ©inn ber Sieber,

Unb [ie flingen, tl^eurer ^reunb,


^ubetnb bir im ^erjen raieber,

33i§ ber gro^e XaQ erfd^eint

2ßo bie 33raut, mit rotten 93ädfd;en,

|)anb in beine legt,

Unb ber SSater, mit ben ©ädd^en,

®ir ben ©egen überträgt.

©äcfihen noü mit @elb, unjäl^tig,


Sinnen, 33etten, ©Uberjeug —
D, bie Siebe mac^t un§ felig,

O, bie Siebe macht un§ reich-

*) 2. 2:hdl, 1. Äap. 148, 149.


21

ift, ber ^erfon, mit ber er öerbinbet, unberbrüc()Iii^

treu §u bleiben :c."*)

^er ^abel trifft jeboc^ auc^ ba§ meiblic^^e ^ef(^tecf)t mit,

fofern ber unter bem meiblii^en (iJefc^le(§t eingeriffene §ang


5U 2 uju§, ^runf, SÖo^Ueben, ^rbeit§f(^^eu , ben 5)tann nö=
t^igt, auf @elb ju fe^en, um bie ^od^gefpannten ^nfprücpe ber
©attin befriebigen 5U fönnen. SBenn ba» pöd^fte Sbeat ber
grau barin beftebt, fi(^ mobern fleiben 511 fönnen unb einen

re(bt noblen ©alon gu paben (in bem (läufig nid)t einmal ein
33ü(^erfc^ran! mit ben ^faffifern anjutreffen ift); menn fie,

faum in ben (Speftanb getreten, eine 5D^agb paben mub, tneif

fie ficb fefbft gu Oornefim pft, um bie §au§(iaftung§gefcpöfte

511 beforgen, unb pöc^ftenS ju feinen ©tidereien unb anbern


Sänbeleien ipre ginger in ^emegung fe|t u. bgl, fo ift e5

bem DJtann faum ju oerargen, menn er am^ be§ ©(^mieger=


oaterg ©elbfad in 53etrad)t ^iept. greilid) mirb aiub ba§ oief=

fa(^ auf ben ©inpup be§ ©atten 5 urüd 5 ufüpren fein unb —
menn bie 9Jtänner männfid^er mären, fo mären am^ bie grauen
meibfidfier. 2öeber ber Slalmub nod^ bie 53ibel tragen an bie=

fer 35erirrung be§ fd^önen ©ef(^Ied^te§ ©cpufb. S)er erfte fagt

u. 51. : „5fucb menn bie grau iprem 3Dtanne punbert ©flaoinnen


in§ §aug bräi^te, ift fie oerpflid^tet, fefbft §anb an§ulegen,
benn ber Üllüffiggang füprt jur 5fu§fd^meifung.''**) ©emip, bie

grauen unferer mürben nicpt fo päufig über „vierten''


flagen, menn fie nii^t fo arbeit§f(^eu mären. Sie mürben meni=
ger feibenb fein, menn fie tpätiger mären. Unb mag bie

53ibef betrifft, fo mögen unfre mobernen tarnen ben golbenen


grauenfpiegef in ben ©prü(^en ©afomo’ä***) ffeipig fefen, ber
ipnen fagen mirb, mie ein ää)k§ 53iebermeib befd^affen fein

*) 2SgL auch Menorath hamaor § 171.


**) Mischnah Ketuboth 5, 5. Sclmlchan aruch IV, 80, 2.
***) 31, 10—31. ißgl. auch: §rau im Salmub" (3ünd;,
3. ecbabelip).

%
22

muB. — 2ßir tDoffen tnbe^, ba§ be§ ^ent^eu^*) für(^=


tenb, btefe ni(^^t fortfe^en imb trieber ju un[erem
S^iema gurücffel^ren. 2Benn auc^ nic^t bei allen 5)^ifc§e!^en [Üt=

lt(^^e 5JJotoren bor^anben finb, fo muB mit 3^ü(ffic^t auf bie=


jenigen, mo ein fittlic^e§ Ilgens rein ober bIo§ t^eitmeife mirft,
im Dramen ber ©ittlic^feit ben 93lif(^^ef)en ba§ 3Bort gerebet

tuerben. 2Benn gmei junge Seute fi(^^ innig lieben, eine§ in bem
anbern fein (5)Iücf gu finben ^offt, meS^alb foH bie 5J?a(^t be§
§erfommen§, mie bie geinbfi^aft ber G^apulet unb 9Jlontague,
5 tt)if(|en fie treten unb ba§ ^eilige 33ünbni6 bereitein? Sßarum
foll ben §er^en eine tiefe Sßunbe gefd)Iagen unb ben 33etref=

fenben auferlegt merben, auf eine ber ebelften Seftimmungen


be§ ®afein§ gu bergic^ten, ober eine anbermeitige ^onbenien 5 =
el^e einjuge^^en, bie o^ne ^uft unb garbe ift? — ^ie Ijeilige

©c^rift felbft feiert bie Siebe al§ bie lieblii^^fte toBerung be§

9)lenf(^enbafein§ in einem ganzen 53u(^^e, bem ^ol^en Siebe 8 a=


Iomoni§, bon bem bie 9^^abbinen fagen: „Me Sieber ber S3i=

bei finb ^eilig, aber ba§ l^ol^e Sieb ift aüer^eilig." ^er S3Iü=

t^enlranj ber glül^enben ^ic^tung fc^Iie^t fi(^ in ber marfig

brö^inenben ©enten^: „Star! mie ber ^ob ift bie Siebe, ifjre

©lut^en finb g^uerglutl^en, eine glamme ®otte§. 35iele SBaffer

bermögen nitf^t 511 löfc^en bie Siebe unb Ströme nic^t, fie !^in=

megjufc^memmen." (8, 6 f.)

5}Janc^e (Eltern miffen freilid^ nichts ober ni(^t§ me^r bon


ber unb bem 9?ect)t ber Siebe unb 5?eigung, unb im
Mittelalter, t^eilmeife auc^ no(^^ gegenmärtig, ging bie bornirte
^b^annei ber bäterli(^en Ma<|t fo meit, ba§ fie bem ^inbe mit
gliu^b bro^te, menn e§ einer innigen Steigung, mobei etma feine
fo gro^e Mitgift erhielt mürbe, al§ bei ber bom 35ater erfpefu=

lirten ^art^ie, ni(^^t entfagte. Solc^^e 3Sater bötte man auf bie
^ac^barfc^aft ber beiben 25erfe: „3SerfIucbt, mer 35ater unb Mut=
ter geringfcbä|t." ,,^erflu(^^t, mer bie ©rennen feine§ S^ö(^ften

*) Oüib, 3Dftet. 3, 514 ff.


23

Derrücft"*) benreifen foWen, tborin man bie 5Inbeutung finben


fann, bafe au(^^ bie Litern berechtigt finb, bie ©renjen be§
ben ^inbern gii[te^enben 9?e(^t» berrüden, unb au§ jcJ^nöber

©clbfti'iu^t ober befchronfter bie h^itigften ©efüt)Ie

ber ^inber ju vertreten.**) — ©§ ift ein f(^höner 3bg in ber

©rpQterfnge, ba& qI§ 9^ebe!fah berheirathet merben jollte, bie

©ttern fie fragten: „2öiHft bu mit biefem 53lanne gehen*?" Unb


erft al§ fie „3a" antmortete, gaben 59ethuel unb Saban ihre

3nftimmung. (©en. 24, 57—58.) Söenn bie Humanität ba§


©runbprin^ip ber ©ittlidhfeit unb ba§ ^ine§ ber be=

beutenbften fittlichen Snftitute ift, fo ift e§ eine Unfittlichteit im


hö(^ften ©rabe, eine ©h^ berhinbern über ^u erji^meren, meit

3)?ann unb Söeib nid)t bem glei(^en 53e!enntniffe angehören;


benn
ift rcahrlidh auf (Srben fo loihifchenSraerth nnb erfveulidh,

2Us loenn 3[Ramt unb 2ßeib iu hevjlicher Siebe oereiut fiub." ***J

4 ^ic rcligiöfc Seite ber töUfihehe.

Sofern ber ^ern ber ^Religion, ihr pra!tif(he§ 3^^^/ i^br=

bugöineife Sittlichfeit ift, füll hi^^^ 5unö(hft auf ba§ im 33or=


ftehenben ©efagte bertniefen unb h<^i^borgehoben merben, bap bie

^oftufate ber Sittlichfeit aiuh bie ber 3^etigion finb, unb bie

bort angeführten Stellen aug ber biblif(hen unb rabbinifchen


Siteratur rü,cfen unfere 5Iuffaffung in bie refigiö§=jübifche 53e=

*) ^)eut. 28, 16—17.


**) (S§ ift überhaupt ein ^rrth^mr unb eine fdhraere ©üube loeuu
,

(glteiu ihre 5lutorität unb ihre ^rärogatioe, bie ihnen 9teIigion unb @itten=
gefel3 über bie Äinber einränmen, miprauchen unb über @ebühr au§behnen.
(5§ giebt ißäter, roelche befpotifchev roalten gegen ihre Äinber alä 5:hrannen
gegen ihre i^ölfer, fo bap man oft bebauern mödhte, ba^ bie hü ''Sdirift

nicht nach bem fünften @ebot al§ fecf)teä beigefügt hat: ®u foUft bie red)ts
mäßige g-reiheit beineS ÄinbeS nicht gemaltthötig fchmälern moüen; benn
bein ^inb ift nidht bein Sftaoe.
***) Corner, Obpffee 6, 182-184.
24

leud^timg. — (Sofern aber bie S^eHgion me^r fein föill, al&

bloBe Sittlii^teit, fofern fie biefe in ben Stammen ber ^onfej=


fion fpannen, i^r ba» ^ogmn al§ 23afi§, ben Kultus imb 9ti=

tii§ Stü|bfei(er beigiebt, tnirb fie freilich gegen bie ^if(^=


e§e nmni^^erlei 53eben!en hoben, unb toohi gor, tnie bie§ bon
ber Ort^obo^ie beiber ^onfeffionen gef(hieht, ein energifc^e»

35eto gegen fie einlegen.

So lange freilich bie 5Ü^if(hehe U)ie gegenn)ärtig nur fehr

feiten borfommt, !onn fie fi(h Ieid)t bomit beruhigen, bo^ bie,

mel^e fie einge^en, bem ^onfeffionaIi§rnu§ nur no(h bem


men no(h ongeI)ören, fie olfo nicht biel ober nid)tä an ihnen
berliert. keinesfalls aber mirb ber auSgefprochene konfeffiona=

liSmuS ihr bds SBort reben ober fie ruhig gemühren laffen,

menn fie ^ur 9tegel gu merben broht. ^ie fonferbatibe ^h(^o^o=

gie, bereu ^roteft feit Einführung ber Eibilepe freili(h ni(ht

fehr 511 fürchten ift, mirb fich nii^t berhehlen fönnen, bah ^^^^h
bie 2Jtifihehen ber konfeffionaliSmuS mehr unb mehr 511 er=

blaffen bro()t unb in bie allgemeine 33ernunftreIigion auf^ugehen

Eefahr läuft. Subeffen h^ben mir oben eine iKbneigung gegen


bie Eibilehe auch bei einem ^Jlanne, bei Eeiger, h^’^bortreten

fehen, ber feineSmegS 5U ben tonferbatiben ^h^blogen gehört,

bielmehr bie öuherfte 2 in!e bertritt. §ier mirb jebo(h meniger


bie Eingenommenheit für ben eigenen konfeffionaliSmuS als

bielmehr bie gegen ben konfeffionaliSmuS im anbern Säger fi(h

geltenb gemacf)t hö^»cn, maS auch bafelbft angebeutet ift. So


lange brüben baS konfeffioneüe an ber S^eligion mit ^^adjbrucf
betont mirb, müffe bieS aud) hüben gefchehen, um jenem baS
Eleichgemicht gu halten. ES ift mohl biefelbe Sogif, melche

bie einzelnen Staaten, ober beffer bie Diplomaten, an ber

^brüftung ober S^erminberung ber ^Jtilitärlaften berhinbert.

2Öir unferfeits theilen biefe 53ebenfen nicht, ermarten biel=

mehr bon ber 5Dlifchehe, bah bie fonfeffioneüen Eegenfäpe

auf beiben Seiten mehr unb mehr abfchleifen, bah fie fojufagen
eine fonfeffioneüe EnboSmofe bemirfen unb einer uniberfeüen
25

^Religion ber SSernimft*) ben 2öeg bahnen tüirb, tt)el(^er bte

Sufunft gehört unb au^ be^^alb möchten tüir ber 2R^f(^^e^e

ba§ 2öort reben. ^er ^onfe)fionttü§mu§ i[t für bic @egenft)art


ein 5lna(^^ront§mu§. @r tnar bte Mcfe ber 2Rora(, fo lange

fie bejie^ung^tneife bie 5D^enfc^^eit noc^ fc^mac^ auf ben gü^en


roar unb aui^ bie Sege bea SebenS gu fteinig unb l^olperig

tttaren, um einer <Stüge entbehren gu fönnen. Sie ^egenmart


!ennt eine Don bem Sogma unab^iängige 9Jloral unb bie ^il=

bung^mittel ber Se^tjeit finb beffere görberer unb ^ffeger ber


©ittlic^feit unb be§ 3bealiömu§ al§ üerfleinerte 9JituaIien, tue((^e

für anbere unb 35erpältniffe berechnet maren. 3n bem


^errüc^en, tt)iffenfd)aft(idjen ©ebüiibe ber ©egenmart ift für ben
^ünfeffionaüSmuä fein ^fa| me^r unb miü er fic^ öorbräiigen
unb feine gorberungen geüenb mad^en, fo erinnert er an eine

alte, treue DJIagb, mel(^e ber jungen §errfdjaft täftig loirb,

meil fie fic^ nic^t in anbere 3]erböltnif]e finben fann unb nii^t
aufpört, ber guten alten Soblieber gu fingen unb ©legien
nac^jumeinen.
SSernünftige S^eologen ^aben halber löngft ba§ ^onfeffioneHe

in ben §intergrunb treten laffen unb fepren an ber ^Religion


bie moralifc^ien ^eftanbtpeile §eroor. Sie ^aben eingefe!^en, bap/.

miü bie ^Religion ber @eift ber (Segenmart merben, ni(^^t ba»
(Sefpenft ber SSergangen^eit fein, fie ba§ (Sebiet ber (Stpi! !ul=
tioiren; bap ba§ «Schiff ber ^iri^e, menn e§ ben SßeHen unb
Stürmen ber 3^if 33eute merben mid, im §afen ber
Humanität ^nfer merfen müffe.
Samit foE feine»meg§ gefagt fein, bap ber ^onfeffionali§=
mu§ rapite capite üerlaffen merben folle ober fönne. Nil fit

in natura per saltum. 5lber mie man ein guter 33aier, 2ßürt=
temberger, Sacpfe fein unb bod) bie einftige 33erf(^mel3ung ber
^injelftaaten gu einem abfolut einheitlichen**) (Sefammtbeutfchlanb

*) ®ie freilidh audh formuürter Sehrfäpe foroohf, n)ie ni^t minbev


einer fuUuelleu Crganifatiou tebarf.

**) Nota bene: unb freien! Stnmerfung be§ Seperä.


26

hoffen, tüünf(^^en unb anpreben unb bie bereite errungenen


einpeit(i(^^en 3^^^^ grenben begrüben fonn, fo fann ber
3ube 3ube, ber 6!()rift (Sprift [ein unb boc^ tDÜnfc^en unb I)of=

[en, bap bie beiben ^onfe)[ionen ipre eigentpmlid^en fonfe[[io=

netten Seimi[(5^ungen abftreifen unb gur bö^ern (Einheit bcr=

[(bmel^en mögen. Unb bie[e§ 3i^^ berbei^ufübren, ba^u i[t bie

^i[d)ebe ba§ geeignetpe 93UtteI.


33eibe, 3ubentbum unb göbig!eit,

5U
reinen ^umonitöt^rengionen [icb um^ugeftalten. 3n ben
@runb[d)riften Leiber hübet ba§ ©ittenge[e| ben mefentlicben

3nbu(t. 33eibe fönnen fi(b, toenn [ie [icb mit ber Humanität
ibentificiren motten, auf ihre ^ircbenoäter berufen, ^er SqI=
mub erjöb^i*) •
§eibe fam einft gu bem ©(^riftgelebrten

©cbammai unb fugte: „3^ möchte inid) in’§ 3ubentbum uuf=


nehmen taffen, aber unter ber ^ebingung, bap bii mir ba§
©efeh lebreft, fo lange ich auf einem gupe ftebe (stante pede
in uno)." ^er 3^abbi jagte ben Reiben Oon feiner 6(hmette.

^r ging barauf ^u Rittet unb äuperte ba§fetbe. „^lein ©obn,"


fugte Rittet, ,,^a§ ma§ bu nicht mittft, ba§ tbu auch beinern
5^ebenmenf(hen nicht. ^a§ ift ba§ gan^e @efe|; atte§ Uebrige
ift nur ber Kommentar baju."
§ieronhmu§ berichtet**) : ^er ^oangelift 3ohunne§, ber fich

Don feiner ©emeinbe in ©ph4u§ uie mieber trennen mottte,

mupte im 't)ü^)en 5ttter jur Kirche getragen merben. ®ie @e^


meinbe mochte feine 5tnrebe nicht entbehren; er aber tonnte

megen TOer§ nicht mehr öiel fprechen. ©o mürbe feine

^rebigt immer fürder unb mit ber 3^it f^u^ach er nur noch bie

SBorte: „^inberchen, liebet euch!" ^a er aber bie§ oft unb


oft mieberholte, fragten ihn bie 3ünger marum fagft
: „^eifter,

bu immer ba§ 5^ümtiche?" Unb 3oh^^^^^ antmortete: „^arum.

*) ©Qbbatb 31 a.

**) In epist. ad Galatas c. 6. (Siebe bei i^ef[ing „ba§ 2^e|tament


3obamti§" (@ef. S^viften 33b. 9. S. 87).
27

tüeil e§ ber §err befohlen imb meil ba§ allein, tnenn e§ ge^

genug, l^inlanglic^ genug i[t."

51u(^ 9iabbi ^üba leierte: ,,^u foüft beinen 9f?äd)[len lieben,

tüie bid^ felbft," ba§ ift bie midjtigfte Stelle ber 1). Si^rift.

Set)r fd^ön i[t aud^ folgenbe Stelle im Mmub*): „613 @e=


bote unb SSerbote ^at 3JJofe§ ben Sfi'oeliten gegeben, hierauf
fam ^aöib unb 30 g fie in 11 gufammen; benn e§ l^ei^t:

„(Smiger, mer borf mellen in Deinem 3elte, mer mo^nen auf


beinern ^eiligen SSerge*? 2ßer f(^ulblo§ manbelt unb re(^tfd^affen
l^anbelt unb SÖal^rl^eit aufridjtig rebet. 2öer mit feiner

ni(^t öerläumbet, feinem ^ädl)ften nie 33ö)e§ tl)ut unb Sd^mac^


nid)t mirft auf feinen 3^ebenmenfd)en. ®er ben 35erödl)tlid^en

Derad)tet unb ben ©otte§fürd^tigen el}ct, fid^ 5


um Schaben fei=

nen Sd)mur ^ält. ^er o^ne 2ßu(^er fein ©elb au§leif)t unb 33e=

fted^ung nid^t nimmt gegen einen Sd^ulblofen. 2öer foldl)e§ t^ut,

ber mirb emiglidt) nid^t manfen.'' (^[. 15.) ^ann fam 3efaja^
unb führte fie auf 6 gurüd, benn e» l^ei^t: „ 2öer in @eredl)=

tigfeit manbelt unb reblic^ fprid)t, mer ©eminn burd^ 53ebrüdung


berf(^mäl^t, meffen §änbe ni(^t nad) 33eftedf)ung greifen, mer
fein O^r Derftopft, nid^t gu lf)ören auf blutigen lUnf^lag unb
fein 51uge gubrüdt, ba^ er ba§ IBöfe nidf)t fc^aue: @r mirb auf
§ö^en mo^nen, gelfenöeften gleidf) ift feine S3urg, fein IBrob

ift il)m gemährt, fein SÖaffer ift i^m fidlier." (3ef. 33, 15—16.)
hierauf fam 5}ii(^a§ unb fapte fie in brei jufammen, mit bem
SBort: ift bir Derfünbigt, o Dlienfd^**), ma^ gut ift unb
ma§ ©Ott Don bir forbert : 51i(^t§ 51nbere§ al§ 9fe(^t t^un unb
20ßof)ll^ätigfeit lieben unb in ^emut§ manbeln Dor beinern @ott"

011 id^a^ 6 ,
8 .) ßnblidf) fam §abafuf unb fagte fie jufammen
mit bem 2Bort: ,,^er ®eredl)te mirb leben buri^ feine Streue

unb lReblid)feit." (§ab. 2, 4.)

*) ajtaffotb 23 b f.

**) Sefir SU bead^ten ift, bab ber ^rop^ct fugt adam iy?enf^, nicht

mein 3SoIf ! ober ^fraet


S)a§ 3 ubent^)um ift hierin t»or bem (5^ri[tent:^um (ba§ im
©runbe genommen ein mobificirteS 3 ubent^um ift) nod^ elma^

beffer baran, ba e§ urfprünglid^ nid)t§ 5tnbere§ mar nl§ eine

reine D^eligion ber Humanität unb bie§ in feinen üoffifc^en

©d^iriften beutU^) QU^gefproc^en ift. 3J^an tefe 3


. ben 15.
^falrn. Sefqa^ 1, 10-17; 33, 14—16; 58, 1—12. mb
6, 1—8. ©ad^arja^ 7, 9 — 10; 8 ,
16 — 17. 2Bort:

„ 3 §r fönt fjeitig fein'' Reifet: 3 ^r füllet fittlid^ bonfommen fein.

— I)ie Üteligion ber Humanität ift bo§ purificirte unb fubli=

mirte 3 ubent§um unb mit ber §errfd^aft berfelben befteigt ba§

3 ubenl^um ben 2 5 ron ber 9^etigion unb


: erfüllt fid^ fein Xraum,
einft 5 ur Hnioerfalreligion gu merben.

2)o§ 3 ubentt)um ber neueren Qdi ^at befonber§ ben


bon ber (Sintjeit unb Srüberlicöfeit aüer 9}^enf(^en ftarf betont,

unb e5 ift ftotä barauf, ba^ in feiner Ülationalüteratur ber


33er§ enthalten „§oben mir nid[)t alle ©inen 55ater,
ift:

^at nict)t ©in ©ott unä 9 ef(|aff en?;" *) ba^ bie=


fern 3Ser§ beg lebten ber ^rop^eten ber Einfang be§ ^enta=
teu(^ entfpric^t, metd^er alle 5[)lenfc^en bon ©inem ^aare ab=
ftammen läfet unb bamit gu berftel^en giebt, ba§ fie aÜe ^rü= ,

ber finb; ba^ ein 33en 5lfai §u bem angeführten 2Sort be§
Dlabbi 5Ifiba bemerft: 2Si(htiger nodh ift ber 3Ser§: ,,^ieg ift

ba§ ^ud) bon ber 5lbftammung ber DJlenfdhen",**) um bamit

5 U fagen, baü mir alle ÜJlenfchen al§ unfere 9^ebenmenfdhen an=

§ufehen
S)a§ 3 ubenthum ift ba^er befonberg berufen, biefe Sehre
bon ber @Iei(hhnt 3)Zenfdhen bra!tif(h 5 U bethätigen.

51ber audh ba§ ©hriftenthum mirb, menn e§ ba§ SBefen ber


äteligion recht erfaßt, nicht im Dlamen ber Üleligion fich ber

5D^ifchehe miberfe|en. Glicht gu trennen, fonbern 5U einigen unb

*) Äleachi 2f 10, biefem ©inn roirb ber 33er§ geiööhnU<h aiif=

ge[a|t.
29

311 berBrübern ift bie 5tufgabe ber ^Religion unb mit be§ 0o=
5tntigone mirb fie fprec^^en (SS. 521)
mitjuBafjen, ntttjuHeben Bin id^ ba.

III. lüriMitk SHrauuttg dfr Pifchtlie.

9^a(^^bem mir gefeiten !^aben, bo^ ba§ Subent^um feinen


(SJrunb §at, ber 3Dli[(^el^e §inberniffe gu Bereiten, ba^ e§ im
©egent^eil QUe SSeranlaffimg l^at, i^r SSorfd^uB gu (eiften, fo

mirb e§ quc^ gerne Bereit fein, einer SDlifc^el(ie bie !ird^)Ii(l)e

Slranung angebei^en gu loffen. (5§ mirb fid^ aber fragen, in

meld^er gorm biefelBe ftattfinben fann, me§]^aIB mir auf ba§


j^rauformular im Subent^um ein menig nä'^er einge^en moUen,
ma§ um fo meniger üBerflüffig ift, qI§ man(^e ^^^eologen felBft

l^ierüBer giemlid^ unftare SSorfteHnngen gu l^aBen fd^einen.

1. ^te Stauung tm 3ubent|um.

5Dlit ber ®§efd^)Iie§ung finb nad^ oüjübifd^em §er!ommen


unb raBBinif(^en SSeftimmungen gmeierlei Formalitäten berBun=
ben: rein=Bürgerli(|e unb religiöfe. Sene regeln biefelBe al§

SSertrag; biefe rnoKen i^re religiöfe ©eite jum SluSbrucf Bringen.

^ie ßM^anblung jerföKt in gmei Sitte: SSerloBung


(erusin) unb SSermöl^Iung (nisuin). ^ie SSerloBung gefd§ie!^t
burd^ ben bom SJtanne 5 u boK^ie^^enben SItt ber Mduschin
ober SIneignung; bie SSermäl^Iung burd^ bie chuppah ober
ba§ .^örautgelt. ^ie SIneignung tann auf breierlei Sßeife

gef(^e!^en: 1. ^er Süngling gieBt bem SJtöbd^en bor


einen ©egenftanb, ber irgenb einen, menn aui^ nod^ fo geringen
Sßert^i !^at, unb fagt: „Für biefen ©egenftanb eigne i(^ bid^

mir jur F^öu an" (moBei ber ^^efi^Iu^ ben (S^arafter eineB
30

^aiif§ 2. ^er ^Bräutigam fcj)reibt ein ^nftrument, be»


Snl^alt», baB er unb ba» DJ^äbc^en öerlobt (jaben unb
pnbigt ba» Snftrument bem 5D^äb(^en bor Saugen ein. 3. (5r

fcigt gii i^r bor 3eugen: eigne mir §ur grau an,
babur(^, baB i(^ bie copula carnalis an bir boU^ie^e, unb
'

ic^Oefet fi(^ mit it)r in einem 3intmer ein. ^iefe Ie|tere gorm
^at jebod) nur rec^ttic^e ^raft; bie älabbinen aber berbieten

fie als ©d)amtofig!eit *)

Mit biefem erften 5tft ber Verlobung i[t baS 5D^äbc^en bem
33räiitigam angetraut. 2)icfelbe mar atfo ein meit feftereS 33anb,

als baS, raaS mir 33erIobung nennen. ^aS 3iifbnimenleben


aber begann er[t mit ber 33ermäf)tung , meld)e me'^rere 5!J^onate

na(^ ber 33erIobung 5 U erfolgen pflegte unb meli^e barin beftanb,

bap ber Bräutigam bie 33raut, bie feit ber 35ertobung nocp
immer im §aufe iprer (Sttern lebte, ^u fi(^ in fein §auS l^olte,

fie in baS 53rautgema(^ ober 33rau4elt, b. p. in baS @emac^,


meld^eS er ipr in feinem §aufe anmieS, einfüprte.**) §iemit
mar gemöpnlid^ ein gamilienfeft berbunben.***)

^ie fpäteren 3labbinen trafen noc^ Seftimmungen über bie

DJtorgengabe unb berorbneten, bap ein Snftrument l^ierüber

(Ketubah, b. p. SSerfc^reibung) bor ber SSermä^Iung auS=


gefertigt merben müffe.

2)ie religiöfe §anbtung beftanb barin, ba^ ber ^Bräutigam


bei ber 35ertobung eine S3enebi!tion fpric^t; bei ber 23ermäplung
fec^S 33enebi!tionen in 5Inmefenpeit bon gepn ermac^fenen mönn=
ücpen ^erfonen. (©o biel maren bei jebem öffentli(^en gotteS=
bienftlid)en 5l!t erforberIi(^^.)t)

SBeitere religiöfe Zeremonien maren ni(^^t borl^anben; ^riefter

*) Schulchan aruch IV. ^ap. 27 ff.


32. 33.

ibid. 55, 1, roo offenbar ber ©runbtert oon ^aro bie ©ad^e
rid)tiger oerftanb, at§ ber ©toffator
***) ©. „Die grau im Dalmub" ©. 20 f.

t) unb 4.
ibid. 34, 1; 62, 1
31

ober ©eiflüi^e Ratten feine giinftion babei (ba^er ba§ 9lap^ael=

l'c^e ©emälbe ,,^ie 3Sermäp(ung Der (in 5}^aifanb) nacf)

fpäterem 53raud; entmorfeu ift).

3n fpäteren nun tooflte man jmijc^en ber 53erIobung

im ehemaligen Sinn unb ber § 0 (h 5 eit feine ]o lange 3^if

ftreichen faffen, mährenb man bie SSerfobung nad) uni'eren

Gegriffen für gmedmäpig ^ber bie h^^^ömm=


Iid)en unb rabbinifcpen 33erorbnungen einfjaften moHte, fo Uer=

einigte man fümmtliche (Zeremonien, bürgerli(he toie religiöfe,

5fneignung unb SSermähhing, bei ber §od) 3 eit. gerner füprte

man ein, bap ber Üfabbiner an Stelle be» 53räutigam§ (ber

meift ber hebraifchen Sprad)e unfunbig mar) bie ^Benebiftionen

fpre(he unb gmar über einen ^Becher 2öein ;


bap bie 5fneignung
bui*(h bie llebergabe eine§ Slinge» gefdjepe unb ber Bräutigam
bem 9fabbiner bie hebräi[(hen 2ßorte nachfpreihe: „Sei bu mir
angeeignet burch biefen üting nach ^efepe 5JJofe’» unb
3frael§;" bap jmifchen bem ^neignung§= unb 25ermühlung§aft
ba§ Snftrument über bie 50^orgengabe borgefefen merbe unb
bap ein über bie Brautleute au§gefpannter Botbachin ba§ Srau=
§elt barftetten foH.

So geftaftete fidh aifo bie SrauungSceremonie fotgenbermapen:


®ie Brautleute ftepen unter bem Balbadjin ;
üor ipnen ber
Üfabbiner, ipnen jur Seite bie Angehörigen unb bie Sfrau^eugen.

I. Aft : B e r 1 0 b u n g.

^er Aabbiner fpricht bie Berlobung^benebiftion (mit ber

Benebiftion über Aßein: gmei).


^er Bräutigam übergiebt ber Braut ben Aing mit ber

ermöhnten Anfprache.
3mif(henaft:
^er Aabbiner OerlieSt bie Berfchreibung.

II. Aft: Bermähfung.


^er Aabbiner fpricht bie BermählungSbenebiftionen (mit
ber Benebiftion über ABetn : fieben).
32

3n neuerer ber Zeremonie mit IRe(^^t mel^r


geierli^teit gegeben. 5Der ^Rabbiner [pri(^t 5 uerft ein beutf(^^e§

©ebet unb pätt bie ^raurebe. (33or Uebergobe be§ 9^ing§


mußten bie ^Brautleute gefelüc^ gefragt merben, ob fie einanber
at§ treue hatten angef)ören moHen.) ©(^^lup fprii^^t er

abermaB ein (Siebet unb ertl^eitt ben B^eubermäl^Uen ben ©egen.


^er Satbacfjin ift an bieten Orten mit 9ted^t meggeblieben.
(Oie abgefd^madfte 33ebe(fung be» Brautpaaren mit bem ®ebet=
mantel foHte nirgenbn gebutbet merben.) 5tu(5^ ban Beriefen
ber Berfcf)reibung pat man bietfa(5^ meggetaffen.

2. Sübif^c Orauung in ber ©egemuart unb bei SWif^el^cn.

5tun bem Borftepenben erpettt, bap biejenige formet, metc^e


ber Ortpobo^ie aB bie religiöfe ^ointe ber Orauung gilt, bie

Uebergabe ben Siingn mit bem ©pru(^^: ,,©ei bu mir :c."

nit^tn atn bie ehemalige rein bürgertid^e gorm ber ^pefc^tiepung

mar, bie erft fpät fi(^^ einen 9tingen, aun äftpetif(^^)=fpmbo^i^c^en

@rünben, bebiente.*)
5^ad; boraungegangener ßibiltrauung, metc^e bie bürgerti(j^=

red)tlid^e ©eite ber @pef(^^tiepung ertebigt unb gmar burc^ ein

Snftrument (man ber gorm 2 ber 5tneignung bei ben Ütabbinen

entfpri(^t), fönnten baper bom ftrengften tatmubif(p=rabbinif(pen

©tanbpuntt aKe jene ß^eremonien megfalten, met(pe bürgerlich

rechtlicher 5Ratur finb. Snbeffen pat fiep bie Sfiingübergabe,

ober ber Bingmeepfet, allgemein atn f(pönen ©pmbot ber ®pe=

f(ptiepung eingebürgert unb mir mö(pten fie ni(pt bermiffen.

Oer ©priKp aber: ,,©ei bu mir 2 c." fönnte fügli(p megbteiben.


2öan bie Benebütionen betrifft, mel(pe gum Opeit unfern
2Öünf(pen, Hoffnungen unb 5tnf(pauungen niipt mepr ent=

fpre(pen, fo finb fie burep beutf(pe ©ebete, Oraurebe unb ©egen


mepr oB erfept.

*) Ibid. 27, 1.
33

fönnte ]omit auf talmiibif(^em ©tonbpunfte bie Trauung


uor Sfraeliten nac^ gefi^el^enem (Sibifaft fo bor fic^ ge^en:

(OrgeL) @ebet. Sftebe. (@efang.) grage an bie 9^up=


turienten, ob fie entfcf)tof|en finb, treue ©pegenoffen gu fein;*)
jebe§ antmortet: 3a. 9tingübergabe ober 2ße(^fet (unter 0rget=
begleitung). (Sc^tupgebet. ©egen. (Orgel.)

2Öenn nun au(^^ bei jübifd)en ©pepaareu bie (lerfömmüd^en


ß^eremonien nur aHmöpIig auf bie ©eite gefteHt tnerben föunen,
bei gemifc^ten paaren wirb biefe gönn ofine jebmeben 5tnftanb
angemenbet toerben fönnen, unb wenn e§ 5)?anc^en erfd)einen

follte, al» ob biefer gönn ba§ eigentpümlid) jübifd^e Gepräge


mangele, fo mag ber Ütabbiner in ber Sraurebe auf geeignete

SBeife biefem gtrtpum begegnen.**) Oamit märe ba§ grope


Problem getönt.

3. G^ibütrauung unb Stauung.

2Boju aber überhaupt bei 5)tifd)epen eine fircbli(^e Srau=


ung? — 3^^^ S3eantmortung biefer grage moHen mir ba§
25er!^öttnip ber firc^tic^en Trauung ^ur bürgerlict)en Itar^uftenen

fu(^en.

Oie ^pege be§ 3beali»mu§ ift bie 5tufgabe ber 9teIigion


unb ^ir(^e unb biefe 5Iufgabe gliebert fid; nad) ber pfpcpo=

Iogifd)en Oria§ : Oenfen, giiplen unb SBoüen. 2ßenn fie nic^t

mit übermunbenen 5tnfd)auungen unb öeratteten 5}litte(n operirt,

fonbern mit ber ©d^ritt gu palten meip, mirb fie unter

*) leligiöi'en Trauung gehört jebenfaUS biefe (Srflärung ber

©rautieute. Um aber benfelben, bie erregt unb fdtjüiptern finb, meitläupgcä


feprecpen ju erfparen, bebient man fiip ber gragef mit beant=
loortet roerben barf. ®iefe innobirt baber feine ©d^mäferung ber

red)tli(pen toft ber C>ir)itebe.

**) Ober ben Brautleuten ein ©rempfare ber gegenraärtigen ©d^rift


in ^rad^tbanb überreid)en. (3fnm. beä Berlegerg.)
3
34

ben ßulturinftitutionen populäre, ibealiftif(i)e 58Ubung§=


an[ta(t ftet§ einen Sf)renp(Q| einne^men fönnen unb bei ben
mi(^tigen (Sreigniffen im 5JIen)(^enbafein gern gefe^en fein.

le|tere betrifft, fo fe^t fie bie Sin^elfäöe be§ Sebent mit


ber unioerfetten ^aufalität§!ette, ober mit ber ©efammt^eit ber

gfaftoren, melcfie ba§ 5)2enfct)enfc^icffar beeinfluffen, in 53ejie^ung

unb geigt i^m aiu^, miefern er felbft ber ©(^^mieb feine§ ©ef(^i(f§

fein fann; fie bringt i§m feine ^tbpängigfeit Oom Uniberfum


gum SSemu^tfein, unb geigt i^m gugleic^, mie er biefelbe einiger=

mafeen, fraft feinet 2BoIIen§, abfcfiütteln form, ^amit befc!)reitet

fie ba§ ©ebiet ber 6ittlid)feit: benn inbem fie bie fittlic^en

9)iomente ber Seben^Oer^öItniffe tierüortreten lä^t unb bem


5}JenfcJ)en ba§ geeignete S5er^alten anmei^t, if)n üerebelt,

mad^t fie i^n fä^ig, fein ©efdjic! möglict)ft im ©inne ber ®tücf=
fetigfeit gu geftatten. SDabei aber unb §anb in |)Qnb ^iemit

ift fie beftrebt, „ber ©efüple bun!te§ ©ernoge" gu entmirren


unb gu ftören, ba§ ©efüpl§leben fid^ entmidteln unb auStönen
gu taffen, bem ©c^merg unb ber greube aböquaten ?tu§brucf
gu berlei^en, bie ^iffonangen be§ ®emütp§ gu üerfö^nen,

in Hoffnung gu üermanbetn, ba§ gebeugte §crg gu beruhigen


unb aufguric^ten, bem Slrauernben S^roft gu fpenben, bie @r=
regung gu befönftigen unb im 51IIgemeinen bie fjö^eren ©tim=
mungen ber ©eele feierlidt) au^ftrömen gu taffen. — ©pegiett

bie 3:rauung antangenb, fo ift fie ober fotl fie menigften§ fein
(unb bie§ ^ängt gang oon ber Snbiüibuatität be§ (i^eifltit^en

ab) bie ibeate ©rgöngung be§ ß^ioitaft». 2BeIc^’ ein mi(^tiger

2öenbepun!t bie §eirat^ im Seben gmeier 9)Zenfd^en ift, brandet

ni(^t auSeinanbergefe^t gu merben. 2)ie Sebeutung biefe§ 2Benbe=

pun!te§ na(^ feinen mannigfaltigen ©eiten unb ^onfequengen in


ber ütebe (unb in titurgifc^en ©tüdfen) gu entmidetn, ben 5^eu=

oermäl^tten bie neu übernommenen ^fti(^ten ftar gu machen


unb eingufd^ärfen unb nadfigumeifen, ba^ in beren Erfüllung
ba§ e!^eti(^e @tücf bebingt ift; über ben gef(^toffenen 33unb bie
fitttid^e 2ßeit;e au§gugief]en unb über ben 5tft be§ bürgerti(^en
35

l^eben§ einen feierlichen ©chimmer gu breiten, ba§ ift ber


ber fir(?hli(?hen Slrauung. ^er ßiüilaft ift bie $rofa, bie !irch=

liehe S^ier bie ^oefie; bort fommt bie redhtU(^hc, materielle,

üufeerliijhe, Ih^^^ bie fittü(^e, ibeale, innerliche (Seite jum


bru(f. 3m (Siöilatt erfcheint bie (5h^ al§35ertrag; bie firChH(^e
geier erhebt fie jum ®imb.
^hrifteiithuin um! Judentlutui,*)

1.

9^abbi (SaUIäa’g !
^veifen
23irb man bid; a(§ dJieui'd; iiub 33eiien

SUIejeit. ®etn @eift mav gvop,


Steine 0 eele ded'eu(o§.

9^id)t ba§ 5l(te 511 eiftürmen


Unb ein 9ienc§ anf^iit^iivmen —
ben ^^ron ben @eift 311 ^eben
'Statt be§ 33iid)ftabö, mar bein Streben.

SSoUteft löfen ba§ @efted)t,

Sßelc^eg ein nerirrt @e[d)(ed^t

Sflaüil'd) ,
ma^nbet^Dvt , üerid;roben ,

Um bie 3Sei§^eit Ijatt’ gemoben.

2tn§ ber ftarren Salsnng


®ie befrein; bie 02 e[fe(n

3 äten an§ ben (5'avtenbeeten


®er l^ebräi[(^^en i]3rop^eten.

Se^rteft ,
ba^ bie g-römmigfeit

Sanftmnt^ unb 33erträglid^feit

.^erri'djaft über niebre Triebe ,

jtugenb, dteii^t nnb d)?eni’d)enliebe.

*) ®iefe beiben poetifd^en Stüde bilben bie ©d^tu^fapitet eiitec originellen epifd^en

Sid^tung, bie un§ int ’2Jtanu[£ript nortiegt. 2Rit beä 'J)i(^ter§ (Srlaubnift fügen mir fie l)ier

ein, weil fie bem religiöfen ©tanbpunft, ben bie oorUegenbe ©d^rift einnimmt, einen poetifdfien

iluäbrud nertei^en. ®et Sßerteger.


37

3it)ar e§ roavb bein 3E<ort, bein freie§,

33alb getrübet unb ein iieuc§

^§avi|äertl}um üerfel^rte

(Sänjtid^; ioa§ bie ’^^eiSbeit (e^rte.

bem Sid;t ,
ba§ bii ent^üubet,

33iel @e[d;(ed;ter finb erblinbet.

2t2a§ ber 5J?enfdbbeit bii gcbrad}t,


j

^rrroa^n [cbteir§ unb pnftve

3n ber Siebe iüf?em 9?ameu


©treuten fie be§ |)a[fe§ (Samen.
3J?it be§ gvicben§ b^irgem 33anb
3og man raürgenb bnrd) ba§ Sanb.

^faffbeit bot betrogen,


5tn§ ben S?htmen @ift gelogen,
Sänber überbänft mit ^initmer,
©ie gemacht gnr golterfammer.

2tber in ©ermaniens Sanbcu


3fi ber [tarfe dRann erftanben,

22eld;er tanl'enbjäbr’gen Srug


2T?äcbt’gev '^(tnft in krümmer [cbhtg

Ser befreite bie nerirrten

©d)afe Don ben faUd)en .fbirten

Unb fie leitete jnr Dnede,


Seren Jöaffer rein nnb b^de.

3iuar e§ bienbete nod) immer


3Jtand}er trügerifdje ©dbimmer.
^abel, 33nd)ftab’, tobte§ 2öort
.g)errfd)te lange 3^it nod) fort.

Senn e§ gleid;t bem Sd)metterlinge


SJienfcbengeift. 3bit^ mädjst bie ©d^minge
Unb ibn fd;müdt ber färben I)3rai^t,
35>enn er Sßanbinng biird;gemad;t.
38

^abel, 35ud^ftab’ finb nod^ jel^t

|>errfd§aft ni^t entfett;


2)od^ auf il^rem |)aupt bie tone
Sßanft uub niorfd) finb il^ve 2:i^rone.

ÜJiänner nie! gebar bie


gelben, bie ben @eift befreit.

(5ure Dramen: ßeffing! ©trau§!


0 pred)’ id; tief mit (5]§rfurd^t au§.

II.

®id) aud^ preife meine £eier,

9J?ann non 'J)effau *) al§ 5?efreier

33on bem ber Unnerniinft,

®em ber ifßl^arifäerjunft.

3 inar ba§ 3Sort, ba§ bu gefprod^en,


9?id)t ;^at e§ ba§ 3 od^ gerbrod^en.

@ine f^adel mar e§ nicf)t,

©onbern nur ein fd;road^e§ £id^t.

3)od; bie 9^ad)t nor il^m eutinid)

Uub bem .^immetSftral^t e§ gtid^,

23ou 5lurora’§ .^anb entjünbet,


I:er beii ^cdeu 5:ag nerfüubet.

D^id^t l^at gelöst ba§ 3 od)


33ou bem Daaden un§; jebod)

Stufennedt ber grei^eit ®raug


.!^at fein l^eüer @ilberf(ang.

Siep ben 5:rieb in un§ ennad^en,


ÜJiälig felbft un§ frei 511 mad^en;
Seereu 53räud^en, tobtem 6 d^ein
f^ürber Sffanen nid^t 311 fein.

*) SJlofeS aJJenbefäfol^n.
39

^ret 311 bienen bein 2(ü:(5inen


®nrd^ ein veine§ ^eq unb reinen

SBanbel; burii^ ein ebte§ ©treben

Unb ein tugenbl^afteä geben.

©0 roie 3[Ro[e§ e§ nerfünbet

3m @e[el^, raenn man’§ ergrünbet


bem (Seift. 3Sie bie i^ropl^eten
gel^ren flar in i^ren Dieben. —

Stber ad^! ba§ brücft

©d^roer un§ immer nod^. (S§ büdtt

©ftaüifdf) gerne fid^ bie SJtenge,

Siebt ber ^ned£)tfdf)üft ran^e ©tränge.

©d^teppt ber tobten ©a^nng 33nrbe


g-rol^ unb trägt fie ftolj atö
Unb bie |)irten ,
0 ! bie feigen,

Sffiagen nid^t — bod^ id^ raiU fd^roeigen.

©oü e§ immer benn auf (Srben


®unfet bleiben, 2:ag nie loerben?
2Sirb ber iJJienfd^engeift gemal^nen
Giüig an bie Slffenal^nen ?

9^ein ,
er foinint ,
ber l§eüe 2!ag ,

2öenn er lang and^ jögern mag.


'JEJUt ber ilJiorgenrötl^e ©d^roingen

2öirb er gu ben ißölfern bringen.

Strier loivb er unb ©emiten


(Sinigen jitm t)öl§ern ©ritten.

3n ber ilßa^rl^eit l^eU’gem 9^eid^

3ft ber 2)^enfd^ bem SHenfc^en gleid).

2tn§ bem aj^ärd^enbau ber Sitten


Söirb ber ©empet fid^ entfalten,
©rang ber 3»-"tt§um ift entftol^’n:

©ie S3er nnnf tret igion.


r

S 11 h a n g.

M)U 9Utt0.

„9^ur burd^ ba§ SJ^orgent^or be§ 0d}önen


©rangft bu in ber Grfenntni^ Sanb."
^ie[e ©c^iöer’fi^e ^poftrop()e an bie 5)Jenj^^eit gilt be)on=
ber§ audj bon ber SBirfung jener ^erle bentji^er ^ic^tnng, bereu
I)unbertjd^rige ©ebnrt ^entj(^Ianb für^Ui^ gefeiert bat. 2effing’§
©d)tt}anengefang, ber ,,^at()an'', biefe nnfterblii^e SBnnberblnme

auf bem (5Jefilbe ber ^oefie, ^at, ibie ©djerr fagt, „auf bie
®ntU)id(img unfre§ geiftigen Sebent einen unbere(^^enbaren ©in=

fluB geübt" unb nid)t U)enig ba^ii beigetragen; praftifc^' Soleran^


unter ben ^onfeffionen gu beförbern. — 3n feinem bollen Um=
fang jebod) ift ber (Seift be§ Slatljan noc^ nid)t in bie 9JJet}r=

l^eit ber DZation gebrungen, beim auc^ ber üd)te 9ting ift im
^f^at^an nä^er be^eid^net.
(Sure 0ftinge

©inb aüe brei nid)t äd)t. ®er äd)te 9fding

33ermutbtid; ging nerloren.

,,3^ermutl^n(^", aber nidjt gemi^, töfet Seffing ben 9iatt}an

ober bielmel^r biefer ben 9^i(^ter fpred)en. ®enn bafe fi(^ meber
5^at:§an no(^ Seffing mit ber Söenbung 5 ufrieben
giebt —
9Jtein 9?atb ift aber ber : i^r nel^mt

®ie ©ad)e nöüig, roie fie liegt. .g>at non


(Siid^ jeber feinen fRing non feinem ißater,

©0 glaube jeber filier feinen f)ting

®en äd)ten —
täBt fid^ mopl benfen. Unb in ber 5:pat entptt ber ^f^atfian

neben bem (Srunbgebanfen, met(^en ba§ flJiäljrc^en bon ben


t)rei 9f?tngen, ber 33rennbunft ber rjerrlic^^en jum ^u§=
brucf bringt, noc^ eine weitere öanptibee, welcfje jenen eigent=

tic^ erft öerbollftänbigt. 5)ie gäbet bon ben brei Otingen, n)Q§

te^rt fie? Soteran^. ©ie wcnbet fi(^ gegen ben ^ünfet, ben
jebe ber brei pofitiben Üteligionen ^legt : bie einzig wa^re, bie
aöeinfeligmai^enbe 5 U fein; bermöge beffen eine jebe fic^ berect)=

tigt glaubt, bie^Sefenner ber anbern gering 51t fc^ät^en, 311 ber=

c(^ten imb §u berfolgen. ^ei^t ift leine bon eud} breien!


^nf biefe§ 35erbift, ba§ an eine befannte ^feffel’fi^e gäbet er--

innert, fc^teid)en fi(^ alle brei gebemnt^igt bon bem ©tu^te be§
weifen 9fii(^^ter§ unb biejenige am atlermeiften, bei. weti^^er jene

SSerfotgimpfuc^t am an§gefbro(^enften b^^bortritt. ^enn bnr(b


griebfertigteit, ^ntbfamfeit, ^übe miib fi(b bie 5ted)tt)eit be§
fettfamen Ütinge§ erproben. — Diefe^ negatibe 2ßort ift, wenn
id) fo fagen barf, ber ejoterif(be, für bie 5J?affen berei^nete

Öauptgebanfe be§ 5^atban. ^0 (^b


ift biefe 5^egation leine me=
Pbiftopbetif(be ;
fonbern e§ gilt bon i^r ba§ Söort be§ ©änger§:
(Saiten rühret StpoU, bod) er fpannt and; ben füberneii 33ogeii:

iffiie er ben ^irten entlädt, [tredt er ben i)3ptbon in (Stanb.

3Son bem fitbernen ^ogen ber ^oefie fenbet ber ^i(^ter bem
^ptbon gntoteranj ben töbttidben ^feit in ben fcbwar^en
58nfen imb begrünbete in ^eutfc^tanb bie @po(^e retigiöfer

^ulbfamleit.
5tber ber efoterif(^e, ben borerwäbnten fiipptirenbe nnb ber=
boüftänbigenbe c'pauptgebanle finbet feinen 5tn§brnd in ben bei=
ben ^erfontii^leiten 5^^atban unb ^empet^err unb äupcrt \iä)

in ber frönen geiftigen (Srlennung^fcene TO 2, (Scene 5.

atl^an.

ioa! n)ipt nid^t, raie niel fefter

nun mid; an end^ brängen raerbe — £ommt,


22ir ntnffen, inüffen ^-rennbe [ein!
©inb ßl^rift nnb 3u5)e e^er unb ^ube,
Sn§ 9Jien[d^? 211^! inenn id^ einen mehr in @nd;
(Sjepinben l^ätte, bem e§ g’niigt, ein 9[TJeni'd^

3n bei^eu!
42

Je mp e 11^ er r.
3a, Bei @ott, ba§ l^abt D^atl^an!

®a§ l^abt 3^1^ — ^anb! — iRatl^Qn, ja,

2ßir müffen, müffen ^reunbe roerben,

^tefe präc^ittge Scene ifl eine ber nnäie^^enbfien im ^atl^an.


3tt)ei 9[Ränner, ein älterer, gefeiter unb ein jüngerer, feuriger,

begegnen einanber jum erften im Seben. Sie finb einanber

fremb, nac| 5lbftammung, 5^ation, @Iauben§genoffenfc^)aft, Stanb.


5tber 3eber t)on i|nen |at bie ^öttergabe, n)e^(^^e ben 53Zenf(^en

5 um
erft 9Jlenf(|en abett unb aller nationalen unb !onfeffioneI=
len S(^ran!en fpottet, jeber |at ben ^romet|eu§funfen SSernunft

5 ur |eöen 2eu(|te aufftra|ten taffen. 3eber |at au§ bem Ouett


getrunfen, beffen frt)ftallene glut| ben 5^ebet jerftreut, ber ba§

iltuge ber 2J^enge trübt, ^ber deiner fennt bie geiftige ^|t)fiog=

nomie be§ anbern. 3^ber |at ba§ ®efü|t ber SSereinfamung


benn er mei|, ba| im Sanb ber §in!enben unb Stotternben
üertatf)t unb angefeinbet mirb, mer flie|enb fpri(^t unb feine

^rü(fe braucht. 5tui^^ bie geiftige Sinfamfeit ift brücfenö, nii^t

nur bie leibtidie. 33ei bem jugenbtid) ungeftümen ^embel|errn


fe|t fic^ barum eine peffimiftifcf) rau|e Schate um ben fü|en
^ern feiner Seele, ein fierbftti(|er 9feif gie^t fic^ über ben
33Iüt|enfet(| feinet ^erjeng ;
mä|renb ber gereiftere 5Jlat|an auf
bie SBerirrungen ber 5)lenge mit bem milben 2ä(^eln eineg

Sbinoja blicft, ber auc^ bie menfc^tic^en Si^mädjen üon bem


eifernen Sjepter beg ^aufaütätggefe|eg be|errfd)t fein tä|t unb
fie befemegen meber öer|ö|nt, noc^ fc^ilt, fonbern §u begreifen

fiK^t, um mit ben Urfa(|en au(| bie fjotgen linmegjuräumen.


— 5^un fügt eg aber ein günftiger Stern, ba| bie beiben 3Ser^

nunftmenfd)en, ber Mann unb ber 3üngting, fic^ ftnben; ba|


ber 6ine in bem Anbern ben ©efinnungggenoffen erfennt, ben
5}^iter^eu(^^teten unb 5QUtbürger aug bem Üfeic^e ber 2ßa|rf)eit,

ber eine gleiche Sprache mit i|m fpridjt. 6in @efü|( |o|er
^efetigung burc^ftrömt fie. SDeg 3üngtingg ^uge leuchtet, ba er

fein fü|neg 3beat bon einem ötteren, gereifteren 9}tann get|eitt


43

tt)Q§ iftm eine weitere ©ema^r für beffen Sßa^r^aftigfeit

ift. ^er 50^anu ift ent^ücft, tüeil bie Ueberjeugung be§ 3ünge=
ren t^m bafür bürgt, ba$ bie ^enfc^^eit anfängt, für bie

Sßal^r^eit reif 511 ttjerben.

„'üöir müffen, muffen f^reunbe fein —


„löir müffen, müffen ^'^eiinbe merben. —
3n biefen einfachen D^aturlauten offenbart fi(^ bie freubige

55en3egnng i^re§ Snnern unb bie greunbfi^aft, toie fie nad^


SÖietanb jtnei Kosmopoliten für einanber empfinben müffen —
OergIeict)e bie fc^^öne ©teüe in ben ^tberiten im 6. Kap. beS 2.
S3uc^eS — bie amicitia intellectualis toebt il^ir golbeneS 33anb
um bie ©eeten gtoeier Männer, metc^e 33eibe auS bem ^unft
ber 9tieberiing emporgeftiegen finb auf bie 5(npöpe beS ®eban=
fenS, ber ^ine bon Often, ber ^Inbere bon 2Beften, unb bie oben,

auf bem leucJ^tcnben ©ipfel äufammentreffenb, in freiibigem (^r=


ftaunen fic^ bie .^^änbe reifen unb als „53ürger ber 3a^rpun=
berte, üoeldje fommen merben", fic^ begrüben.
Unb maS ift nun ber öc^te lÄing*? ^ie angeführte 2ßorte
fagen eS beutli(h genug: menn i(h einen mepr in ®u(h
gefunben hätte, bem eS g’nügt, ein ^Dtenfch ^u heiB^n!" ^Ifo
baS reine ^Jtenfe^thum, ber §umaniSmuS, baS bon jebem SDogma
unb jebem ©apungSmefen unabhängige ethifche ^emu^tfein ift

baS religiöfe 3beal beS ®ebid)tS. ,,^in ?Jtenfch 511 fein" —


berfteht fi(h/ nid)t ein roher 5^aturmenf(h Ccoov öltiovv, aTzxeqov,
fonbern ein burch fittli(he 3iÖürbe berebelter 9}tenf(h; ein Sßefen,

in bem ber (Seift, mens, feine f(hönfien 33lüthen entfaltet hot

burch (SrfenntniB beS 2Bahren, (Smpfinben beS Schönen unb


befonberS burch baS SOßollen beS ©uten; ein 5Jtenfch, toie er

burch bie 53^acht ber 35ernunft 511 jener Kalofagathie fich empor=
gerungen h^t, melche in einem SofrateS, einem Spinoza, einem
(Soethe ihren boHfommenften 5luSbrucf gefunben h«t. — 2öäh=
renb ber 3ube, ber ß^hnft ber 2)toSlem ju überlieferten Sehren

fich betennt, auch ^Jenn fie baS unbefangene, nach allgemeinen


^rincipien beS 2)enfenS Oerfahrenbe 9^achbenfen nicht anerfennt.
'
44

I)ulbigt ber 2 effiiig’fd)e 5JJenfd) mir foldjen innigen, tnefd^e'^

im '(Sc^^me^tiegel ber SSernunft nl§ äd^te§ ©Uber ber SSa^irljeit

fi(^^ bema^ren. Unb mä^renb 3 eiier ben Geboten ber 5:ngenb

nur in fned)tifd)em (^e{}orfnm gegen eine öiifeere ^oteng ficb

iintermirft , biircb ben ©porn ber ge(}offtcn 33e(o^niing 511 m


Eliten nngetrieben, burc^ ben §^iir(^t Dor ©trnfe üoni
iBöfen abgel)alten merben nni^, tneld)en med)Qnifd)cn DJ^ittefn
aber bie ro^en ^Naturtriebe, ©innlid)feit unb ©goi§mu§, fjüufig
genug einen nicbt 511 bemättigenben 25>iberftanb entgegenfetjen —
imir^ett bei bem §innaniften bie etljifc^e ©efinnung in ber

eigenen 93Nenfd)ennatur, in ber Ile bergen gung, bafe ber 2Beg

^ur reinften ©tüdfeligfeit be§ ^a|ein§ nur biirc^ bie Pforte ber

^ugenb füf)rt, unb in bem Pon Siebe unb SÖDljlmoIIen gegen


afte D31enid}en burd;glüfjten ©efü'fjt. ^er Seffing’fc^e 93Nenf(^^

übt bo§ ©Ute um be§ ©iitcn mirien;, bn§ 53emuj3t[ein feiner


X^at, bie pfpd}ifd)e SSoKfommen'^eit, au§ ber fie entfpringt,

unb bie 5ßirfung, bie fie fierPorbringt, ift fein Sotjii.

Sctrac^tet nun aber ber §umanift bie befte'^enben 3NeIigionen

lüie f(^äbüd)e§ Unfraut, ba§ je e^er je bidber auSgejotet merben

fotlte au§ bem ©arten ber Kultur? mirb im 9Natr}nn

feine§raeg§ bef)auptet; im ©egentf)eil mirb benfelbcn eine tem=


poretle ^idturmiffion gugeftanben, ein retatioer SGBert^, ber fid)

no(^ bem ©rabe moratifdjer 2]DnfDninien^eit beftimmt, bie fie

bemirft, mie ber 2Bertt) be§ 53aume§ nad) feinen grnc^ten.


X)er §uniani§mu§ freilid) ift oljne moralifc^e 35ortrefftid)!eit

ni(^t benfbar. ©ie ift ein integrirenber Xljed feine§ 2Befen§.

Ser äc^te 0^iing

S?efil^t bie SBunberfraft, beliebt 511 madjen.

^ei ben pofitiuen SNetigionen l}ingegen ift fie eine SBirfung.

^ber — au(^^ biefer ©ebanfe mirb im 5Nat^an au§gefprod)en —


biefe Söirtung fmin jebe in gleii^em 50Nabe Ijeröorbringen.

,Qeine barf fid) and) nur einen relatinen 33 or 5 ug Por ber anbern

anniaf)en. 5lft 4. ©eene 5.


Xemp e I e r r.

Sev ^bergtauben fd^Ummftei ift, beu feinen


^ür ben ertvägltd)ein gu Italien, bem allein

®ie blöbe 9JJenfc^f;eit 511 nertranen, bi§


Sie l^eUern iföa§r^eit§tag geroö^ne.

beac^^te bog ber ^ic^ter nur bie ^rärogatiüe


üertüirft, tüelc^e ber önmonift ber angeborenen ^onfejfion etroa

oinbiciren fönnte. -^Iber er beftreitet nii^t, bafe jebe Üleligion,

in if)rer uriprüngüc^en fRetn^eit aufgefaBt bie g^a^igfeit befipt,

i:^re 33efenner 311 eblen 'DDIenfi^en 511 bilben; aber aüe finb

gleicfpnert^ig in feinen fangen. — !J^at(}an ift ein Sube ber

5Ibftaminung nac^ unb infofern mag ba§ Urania al» i^lpologie

be§ 3nbent^um5 gelten, a(§ e» jeigt, ba^ andj unter ben 3 uben
ebte 5Jtenfc^en gefunben merben. iltber D^atpan ift feine§roeg§

ein 3 ube bem religiöfen 53efenntniB nact) unb e§ ift gerabeju

unbegreiflich, mie man im D^athan eine 33erl)errü(^nng be§

3 ubenthum§ at§ Svonfeffion finben fönnen. — “^Iber

Seffing nicht menigften§ im Patriarchen ba§ in

ein abfcheuliche» 2 i(^t gefteüt? 2Öer bie§ meint, ber überfieht

gau 5 unb gar ben ^tofterbruber , ber bie ©egenfigur be§


Patriari^en ift. 2Die fJtathan unb ber Tempelherr auf bem
33oben be§ §umani§mu§ ftehen, fo jene 33eiben auf bem be§
chrifllithen 39efenntniffe§. -iHber mährenb ber Patriarch ba§ ent=

artete barfteüt, tommt im ^tofterbruber ba§ achte

ßh^ifit'uthum 5 um f^tuöbrucf, ber nachgemachte fRing, ber aber


in feiner 2öirfung Dom echten nicht ju unterfcheiben ift.

Tie pofitiöen fRetigionen finb at» UebergangSetappe jum §u=
mani^mu» an^ufehen, als bämmernbe§ DJZorgengrauen üor bem
heilen Tag be§ reinen Oernünftigen 5[Renfchthum§.

Tiefer Tag ift innerhalb ber lebten hunbert 3tih^^/ lüöhrenb


melcher ba» Seffing’fche Trama, ba§ ©Oangelium ber Toleranj
unb Humanität, mit anbern ebenbürtigen geiftigen @rrungen=
fchaften ben C^eift ber D^ation unb ber cioiüfirten SBett überhaupt

läuterte, bebeutenb höh^^ gerücft unb auf ben ©pi^en ber 33erge
46

leud^tet fcJ^on ber bolle Sag in blenbenber ©(^^ön^eit.


unten im Sfjate ift bie fraffe ^infterniB bon e^emal§ erl^ebüd^
erbleicht. Subent^um unb 6^^nflentf)inn fielen nic^t me^r
fd)coff unb feinbfelig gegenüber. 50^an angefangen, fid^

nacf)bartid^ 511 bertcagen, ja felbft ein freunblid^ nac^barlid^e^

35er^äItniB gegenfeitig matten ju taffen. Ser Sraum bon ber

einftigen Sßett^errfd^aft ber eigenen ^onfeffion, bon ber S3e=

ftimmung berfetben jur Uniberfatretigion mirb nur nodf) bon


ber fid^ immer mef^r tic^tenben Ort^obo^ie beiber ^onfeffionen

genährt. 2öie bie cibitifirten Stationen, fo fcf)einen au(^) bie

^onfeffionen i^ren (Sroberung§getüften entfagen gu motten unb

e§ ift. bei i^nen ba§ meit bernünftigere SSeftreben ermad^t, i^re


Sl^ätigfeit nad^ innen 511 feieren, fid^ ^eitgemä^ um^ugeftatten
unb gu berjüngen, unb ber §umanift mad^t mit ^efriebigung
bie 2öa^rnet}niung, ba^ bie ^onfejfionen bereite einen grofeen

Sf)eit antiquirter Set)ren unb formen abgeftreift ^aben, über=

^aupt Sogma unb Obferbanj me^r unb me^r in ben §inter=


grunb treten taffen unb bafür ben ett)ifdt)en ^ern ftörfer unb
nacf)brü(ftid^er betonen. — Sarf man fid^ bietleid^t aud^ ber

Hoffnung pingeben, bab burdp biefen Säuterung^projep, ber fi(p

innerpatb ber 3fietigion menn auep tangfam bolt^iept, biefetben

attmöptig gur Dfietigion be§ reinen §umani§mu§ fiep entmidtetn

merben? ba^ au§ ben unödpten Ütingen fetbft, inbem bie bem
ebten 53lelatl beigemifdjten ©d)tadten fidp abf(pteifen unb fidp

buri^ reinere 53eftanbtpeite erfepen, ber ädpte 9^ing perOorgepen

mirb? — märe gu münf(pen. Unb menn einft biefe§ gotb’ne

3 eitatter ber S^i^unft gur ©egenmart gemorben fein mirb, menn


niept nur ber ein^etne DIatpan unb Sempetperr, fonbern bie

beiben bon biefen perfonificirten ©tömme, Semiten unb @er=


manen, gur Sftetigion be» §umani§mu§ fidp emporgerungen


paben merben, bann mirb audp jebe gegenfeitige 5tbneigung
fpurto§ oerfdpminben. 3ene perrtidpe Scene, mo ber jübifdpe

9?atpan unb ber (priftti(pe Sempetperr fidp bie §anb reidpen

5
um greunbfdpaft§bunbe — eine Scene, met(pe ber bitbenben
47

^un[t jur 2)arfteIIung ber SSerbrübcrung bon 3ube unb


empfohlen fein mag, — mirb fi(^ alSbann an beiben ©tömmen
bemä^ren

3Bir müffen, müffen g-reunbe fein.


3Btr müffen, müffen f^reunbe merben.
Jnijolt.

'Seite

3Sonöort 4

I. ®ie 9JH[d^e^e auf bem iStaubpunft be§ i^iftorifc^en


3 u b e n 1 u m ä.
1)

1.

2.

3.
9^ad§ ber 53ibel

D^ad)

9^ad) ber
bem Salmub.imb beu S^abbineu
moberneu 2;^eotogie
.... 9
10
5

II. 33etrad)tung ber ailtfc^e^e uac^ i^ren mannigfats


tigen ©eiteu.
1. ®ie pl^p[iid;=p)pd;ifd^e ©eite 13
2. ®ie foctale ©eite 17
3. S)ie i'itttid;e ©eite 18
4. ®ie retigiöfe ©eite 23

III. .^irc^tidje Sirauung ber 9)Zifd;el^e.


1. Sie Srauung im ^ubent^um 29
2. Sübifd^e Srauuug in ber (Segenmart unb bei 5CRifd^el§en . 32
3. (äiüiltrauung unb firc^Iid;e Srauuug 33
(Sl^rifteutl^um uub I- II ^6

Stul^aug; Ser äd^te Oting 40


3m JDcrlagö-iJlaßa^in in Jürid) i[t erf(^^tenen unb
burct) aöe ^uc^^anblimgen gu bejiel^en:

®e[ammelt üom müben 2)ianne. (3^U(^arb 3Sofe.)


- 3 2Jlf. 60 $fG- = 4. 50.

©efammelt üom müben SJianne. (D^iid^arb SSofe.)


3^eue ^olge. 5 mi -
%t. 6. 25 =
2lu§ ben papieren eine§ nerftorbenen ^effimij'ten Pon
JHic^arb $8o^. - 2 Tll = ^r. 2 50.

Gin Xraucripiel in fünf Slufjügen. SSon 3^i(barb


3Sob- — 1 2«E. 60 ^f. = 2 gr.
(dtunbgebanfen unb ^otf(i)(ade ju einem beutfdien
Uniertid^t$defe^4 3Son Dr. philos. ^ßaul 6dbramm,
IRebacteur be§ „2)eutfcben ©c^ulmart". ^reiSgefrönt Pom
„3Serein für 9teform ber 6dbule" in S5erlin. — 1 3Jif. 20 $f.
= ^r. 1. 50 Gte.
2>ie ^otiibee ber neuen ^eit nnb ber not^menbide
^n^bau be§ ©briftentOum^/ in fed^l 33orlefungen entj
midelt au§ ben ©efe^en ber natürli^en Offenbarungen ber
©ottfieit. 58on $rof. 0. 2)löllinger. — 1 äJii. 20 ^f.
= 3r. 1. 50.

®ie oef<bt?i^bene ©ffenbnrnnö unb ber ^enfib^ttgeifi«


2)en firc^Iicben 3fieformPereinen gemibmet Pon $rofeffor Dr.
Slnton §enne. - 1 Tll 20 $f. = ^r. 1. 50.

Tom Reissbrett. Freimaurerische Ansprachen


und Skizzen von NI. G. Conrad. — 1 Mk. 20 Pfg.
= 1 Fr. 50 Gt.

„Rehr liicht! ‘‘ Kritische Betrachtungen über die Frei-


maurerei. Von M. G. Conrad, Dr. Phil.— 75 Pf. = 90 Cts.
HamanitasI Äritifdbe S5etradbtungen über Gijriftentbum,
Söunber unb 5f ernlieb Pon 2k. ©. Gonrab. — 2 2kf.
= ^r. 2. 50.
Die liOg’e im Cultarkampf. Kritische Analyse der
„Etüde sur la Franc-Ma 9 onnerie “ des Bischofs von Or-
leans von M. G. Conrad. 1 Mk. Fr. 1. 25. — =
9RoraUf<bt ^leinigfeiten au^bemScboo^e ber allein^
feligma^enben ^irdbe. S)en madtern 2kännern erjablt,

fo ba lieber miffen ftatt glauben. — 1 2kf. 20 $f. =


Sr. 1. 50 Gt^.
3m Önlagö-iJlaQa^iu in Nitrid) ifl erfdiieuen iinb

burd) nEe 53u(^^anbluugen ju 5e5ie^en:

®in 3d0tliunbc¥t bet tRebolutioneit« ©efd^id^tiid^e


©ntraidflung her Kämpfe unb gegen bie für
58ölf er freil^eit, üom amerifanifc^en Unabhängig:
feitgfriege bi§ in bie nenefte 3^^*- ßubtöig
SSSittig. 2 53änbe. 2er.=Cftar>. 8 3Jif. 70 = gr. 10. 80 6t§.

^utieien unb ^olitÜP be$ mo'^emen 9lu^(<utb« 2Xu§


bem Gnglif(^en non Sig. ßublnig öotfh^im. — 75
= 90 ets.
(gin Heiltet ^eer* Oefterreiebitche ^haiUafien non ©uftan
non ^adjer. — 1 2Rf. 80 = 2 20 6t§.

f^tt()tet but<f) ba§ geben* SDiebtungen non 3^iebri(b


Flitter non ,§entl. — 1 2Jl. 60 = 2 3^*

©tiefe an eine SWnitet* 93renier für ba§ §au§. 3Son Dr.


^aul 6(bramm. — 1 2Eatf = 1 ^x. 20 (Et§.

©niigone* Gin 3:rauerfpiel in fünf Slufjügen non @u gen


Sepben. — 1 dJil 50 ^f. = l 3r. 80 6t§.

tRnube feiten* ©ef(bicbtU(ber Dioman non 6. Äcmcn^. 2lus


bem Ungarif(ben üfaerfe^t non 2b. Dpib. 3 33dnbe. —
6 2Jlf. =7 3r. 50 (5t§.

(Stiine fRonellenu. ©rjählungen au» bem ©(btneijer:


lanbe non Slrthur SBitter. — 4 2EE. = 5 3^.

SSnfbittdton* 6ein 2eben§bilb nadh 2Ö. »on


3- <$(hnec6eli. ^erauSgegeben non ber jüreberifd^en B&j\xh
fpnobe. 3Eit einem Portrait Sßafhington’^ unb einer litbogr.
Äarte. — 1 2Earf 20^f. (§ür bie Sebtneiä gr. 1.20.)

@ef(bi<bt^ bet f(btneisetif4)en fHe^tenemtion bon 1Ö30


bi^ 1848* 91a(b ben beften Oueüen bearbeitet non
^ebberfen. — 6 2Ef. 40 ^f. = 8 3^*

2ie 0(bit)eij in ibtet (^nitnifüiund sum ^inbeit^finaie*


3Son Dr. 6. non ^lanta, fRecbt^antnalt unb ge=
mefenem 3)litglieb be§ febmeijerifeben 6tänberatbe§. — 1 2ilt.

80 ipf. (3ür bie Sebtneij 2

Bruef üon 3- ©cfiabetiB in

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