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TEXTILFORSCHUNG 2019

Bericht 66
Inhalt

3 . Einleitung

4 . Zukunftsstudie 2035

6 . IGF in Zahlen

8 . Projektbegleitender Ausschuss

9 . Erfolgsgeschichten aus Forschung + Entwicklung

14 . Innovationen aus den Instituten

18 . Textilforschungs-Highlights 2019
Basisthemen . Bekleidung . Gesundheit . Mobilität . Produktion und Logistik . Wohnen

39 . Veranstaltungen

44 . Mitglieder des Forschungskuratoriums Textil

45 . 16 Textilforschungsinstitute unter dem Dach des FKT


In diesen Tagen bestimmt das Coronavirus unse- tungen waren Plattform dafür, diese Projekte
ren Alltag. Nach Wochen des Lockdowns nor- interessierten Unternehmen und der Politik
malisiert sich das Leben langsam wieder. Welche vorzustellen und damit einen vielversprechenden
Folgen die Corona-Pandemie für die verschiede- Blick in die Zukunft zu werfen.
nen Industrien, die nationalen Volkswirtschaften
und auch die internationalen Handelsbeziehun- Beim Smart-Textiles Anwenderforum lag der
gen längerfristig haben wird, zeigt sich erst in Fokus beispielsweise auf den künftig immer
den kommenden Monaten. In dieser Zeit voller wichtiger werdenden e-Textiles. Das vom Bundes-
Ungewissheit blicken wir zurück auf ein für die wirtschaftsministerium initiierte Forum Leichtbau
deutsche Textilforschung sehr erfolgreiches Jahr. wiederum konzentrierte sich auf den ressour-
Das Forschungskuratorium Textil (FKT) hat im censparenden und somit nachhaltigen Leichtbau
Jahr 2019 gemeinsam mit dem Berliner Institut in verschiedenen Branchen. Beim jährlichen AK
für Innovation und Technik (iit) die grundlegen- Technische Textilien wurden viele textile Inno-
den organisatorischen Umstrukturierungen der vationen für den Bereich Bauen und Wohnen
vergangenen Jahre abgeschlossen und konzen- vorgestellt. Die Branche zeigte sich auch auf
triert sich jetzt voll und ganz auf die inhaltliche der Fashion Week in Berlin: Der Gesamtverband
und fachliche Entwicklung. Ein erster wichtiger textil+mode organisierte eine Veranstaltung zum
Schritt ist dabei der Blick in die Zukunft: Im Jahr Thema „Nachhaltigkeit+“.
2019 hat das FKT die aufwendige Studie Perspek-
tiven 2035 durchgeführt. Mit einer in der Branche Dieser Bericht beschreibt auch, wie Unternehmer
bislang einzigartigen Kombination an Methoden selbst in der Forschung aktiv werden können,
wurde darin analysiert, wie sich die Textilindustrie wenn ihnen die Mittel für die eigene Forschung
in den kommenden 15 Jahren verändern wird – und Entwicklung fehlen – als Mitglied in einem
und wie die Branche darauf reagieren sollte. Die projektbegleitenden Ausschuss.
Ergebnisse der Studie wurden in einem ausführli-
chen Projektbericht veröffentlicht. Alles in allem hat das Jahr 2019 eine Vielzahl
an textilen Innovationen und Entwicklungen
Zukunftsweisende Veranstaltungen hervorgebracht: Die Branche ist gut aufgestellt.
Die Themen Demografie, Nachhaltigkeit oder
Vorgestellt werden in diesem Bericht auch viele Digitalisierung werden die großen Treiber der
erfolgreiche, teils bereits am Markt platzierte Pro- wirtschaftlichen Entwicklung bleiben. Die deut-
jektergebnisse, die dank der Förderung durch die sche Textilbranche kann entsprechende Lösungen
Industrielle Gemeinschaftsforschung (IGF) und bieten und hat allen Grund, positiv in die Zukunft
das Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand zu schauen.
(ZIM) möglich wurden. Verschiedene Veranstal-
3
beziehungsweise der Textilmaschinenbau schon
heute Wert auf umweltfreundliche und nachhal-
tige Produktion legen. Die an der Studie beteilig-
ten Experten stellen bei den Unternehmern ein
großes Verantwortungsbewusstsein fest – anders
als in vielen anderen Ländern. Wenn es gelingt,
dieses Knowhow weiter in nachhaltige Produkte
und Geschäftsmodelle umzusetzen, können sich
die deutschen Unternehmen international einen
deutlichen Wettbewerbsvorteil und Vorsprung
erarbeiten.

In der Studie wird detailliert erläutert, wie sich die


deutschen Textilunternehmen und Maschinen-
bauer in den kommenden Jahren im internatio-
nalen Wettbewerb aufstellen sollten und welche
konkreten Maßnahmen sinnvoll sind. Die Studie
ist deshalb so wertvoll, weil viele Branchenkenner
an dem mehrstufigen Analyseprozess beteiligt
waren, um die Chancen und Risiken für die Tex-
tilwirtschaft umfassend zu analysieren. Zugleich
ist eine in der Textilbranche bislang einzigartige
Johannes Diebel, Leiter des Forschungskuratoriums Textil, Daten- und Wissensbank entstanden, die pro-
im Interview zur Veröffentlichung der Zukunftsstudie funde Schlüsse auf die künftige Entwicklung der
Perspektiven 2035 Textilmärkte zulässt.

Die Zukunftsstudie Perspektiven 2035 ist ein Die beiden wichtigsten Bausteine der Studie
Wegweiser für die Textilforschung und die Textil- Perspektiven 2035 waren ein Workshop-Prozess,
unternehmen. Sie analysiert die Zeit von heute bis an dem unterschiedliche Vertreter der Branche
zum Jahr 2035 in drei Fünfjahreszeiträumen. Be- beteiligt waren, und eine ausführliche Datenbank-
trachtet werden die sechs Oberthemen „Alternde Analyse. Die fünf Workshops fanden im Sommer
Gesellschaft“, „Bunte Lebenswelt“, „Digitalisie- 2019 in verschiedenen Städten statt. Insgesamt
rung“, Nachhaltigkeit“, „weltweite Trends“ und kamen dabei mehr als 80 Experten aus Industrie
„Zukunftsstadt“. Die Ergebnisse zeigen unter und Forschung zusammen. Gemeinsam wurde in
anderem, dass der demographische Wandel diesem Prozess eine Roadmap entwickelt. Diese
einerseits zu einer Verschärfung des Fachkräfte- stellt die von den Teilnehmern erwarteten welt-
mangels führt, dass andererseits aber auch neue weiten Entwicklungen in der Textilbranche dar.
Märkte entstehen, etwa für die weitere Automati- Berücksichtigt wurden dabei rechtliche, ökonomi-
sierung der Produktion. Auch wird die Nachfrage sche und gesellschaftliche Rahmenbedingungen,
nach Textilien für die Pflege älterer Menschen, die mögliche Technologieentwicklungen sowie neue
medizinische Behandlung oder für Notrufsysteme Anwendungen und Geschäftsmodelle.
wachsen.
In der Datenbankanalyse wurden Fachpublikatio-
Die Studie verdeutlicht auch, dass die Textil- nen und Konferenzbeiträge daraufhin untersucht,
industrie in Sachen Nachhaltigkeit durchaus welche Forschungsthemen derzeit weltweit von
noch Nachholbedarf hat – etwa bei der Nutzung Interesse sind. Es kristallisierte sich auch heraus,
regenerativer Energien und nachwachsender dass Italien und Deutschland zu den großen
Rohstoffe oder beim Recycling. Wer hier vor- Empfängern europäischer Fördermittel gehö-
prescht und frühzeitig nachhaltige Lösungen ren. Ernüchternd fiel die Analyse der weltweiten
anbietet, wird künftig zu den Gewinnern gehören. Startup-Szene in der Textilbranche aus. Während
Klar wird in diesem Zusammenhang, dass die die USA und China junge Unternehmen im Tex-
mittelständisch geprägte deutsche Textilindustrie tilbereich mit mehreren 100 Millionen US-Dollar

4
fördern, gibt es in Deutschland und Europa von Textilien, das virtuelle Bekleidungsdesign,
kaum Interesse daran, Wagniskapitel in neue mit dem gemäß Kundenwunsch Kleidungs-
textile Ideen zu investieren. stücke individuell gefertigt werden oder auch
neue Recycling-Methoden für Smart Textiles,
Eine Befragung von Experten zu möglichen die sich in den kommenden Jahren zu einem
neuen textilen Produkten und ein Wettbewerb, Massenmarkt entwickeln werden. Wie die
bei dem Studenten mehr als 100 neue Ge- Vielfalt der abgeschlossenen Textilforschungs-
schäftsmodelle für das Jahr 2035 entwickelt projekte zeigt, ist die Innovationskraft der
haben, runden die Studie Perspektiven 2035 Branche beeindruckend. Leichtbauplatten aus
ab. Baumwolle und Polylactid zum Beispiel sind
dank einer Noppenwabenstruktur ideal für die
Demografie und Nachhaltigkeit als Top-The- Feuchtigkeitsregulation und Schallabsorption
men in Räumen geeignet. Auch gibt es inzwischen
Lösungen für die Herstellung von hochwertigen
Wie die Zukunftsanalyse zeigt, sind vor allem Vliesen für Premiumprodukte, die aus Recy-
demographische und ökologische Themen von cling-Carbonfasern hergestellt werden.
globaler Bedeutung. Erfreulicherweise ist die
deutsche Textilforschung schon seit Jahren Mehr Informationen zur Studie finden Sie unter:
auf diesen Gebieten aktiv, wie die in diesem
Forschungsbericht vorgestellten Best-Practice- textil-mode.de/de/forschung/zukunftsstrategie
Beispiele zeigen. Dazu gehören Kunstrasen- -perspektiven-2035/
plätze, die frei von Granulat aus Mikroplastik
sind oder auch Kleidung aus nachwachsenden textil-mode.de/de/newsroom/publikationen/
Rohstoffen. Präsentiert werden hier ferner Lö-
sungen für das ressourcenschonende Trocknen

Zukunftsstudie 2035

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IGF in Zahlen

Neuanträge und Fördervolumen nach Jahren


in Mio. €

90 20 Die Förderung von Projekten


80 18 durch die Industrielle Gemein-
82
16 schaftsforschung (IGF) lag
70 auch im Jahr 2019 auf hohem
14 Niveau. Nachdem im Jahr
60 63 62
58 12 2017 die Zahl der bewillig-
50
ten Anträge aufgrund eines
46 10
40 44 44 zusätzlichen Fördervolumens
8 der IGF in Höhe von 30 Mil-
30 31 lionen Euro stark gestiegen
6
20 war, normalisierte sie sich in
4
2018 und 2019 wieder. Mit 58
10 2 geförderten Projekten lag die
Zahl 2019 in etwa so hoch wie
2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 im Vorjahr.
Neuanträge Fördervolumen

Bewilligung 2019

60
Forschungs- und Entwicklungsprojekte fördert die IGF
2019 in der Regel für zwei Jahre. Die Grafik zeigt, in welchen
50 Jahren die 2019 bewilligten Projekte beantragt wurden.
2018

40

30

20

2017
10

2016

6
IGF-Mittel nach Regionen (2015 - 2019)

Forschungsinstitute und Unterneh-


Südwest |
men arbeiten in ganz Deutschland
Bayern
Nordwest | intensiv an Innovationen. In den
18 610 646,28 €
Rheinland Jahren 2015 bis 2019 sind IGF-
28 %
29 144 772,00 € Fördermittel in ähnlicher Größen-
43 % ordnung in Projekte im Osten und
Süden geflossen sind. Der Schwer-
Osten punkt der Förderung lag auf den
19 250 468,19 € westlichen Bundesländern.
29 %

Themenfelder 2019
Die Top 3-Themenfelder
in Prozent der 2019 abgeschlossenen
Forschungsprojekte waren
5 10 15 20 25 30 35 Bekleidung, Produktion und
Bekleidung Logistik sowie Mobilität.
Produktion | Logistik Damit ist Bewegung in die
Spitzenplätze gekommen:
Mobilität
Im Jahr 2018 lagen auf den
Energie Plätzen eins bis drei noch die
Gesundheit Themen Bekleidung, Produk-
tion und Logistik sowie Archi-
Basisthemen tektur. Das Thema Ernährung
Wohnen lag auch in den vergangenen
Architektur Jahren auf dem letzten Platz.

Zukunftsstadt
Ernährung

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Projektbegleitender Ausschuss

Die Zukunft liegt in Ihren Händen – machen Sie mit!


Die Textilbranche ist der erfolgreichste Industriezweig in der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF).
Keine Forschungsvereinigung erhält für ihre Mitglieder so viele Fördermittel vom Bund wie das Forschungs-
kuratorium Textil (FKT). Zudem sind rund 2 500 Unternehmen über die Mitarbeit in Forschungsprojekten, die
durch das FKT begleitet werden, an der Gestaltung der Zukunft aktiv beteiligt.

Hatten auch Sie schon häufig Innovationen für Ihr Unternehmen im Kopf, es mangelte Ihnen jedoch an Mitteln
oder eigenen Ressourcen für Forschung und Entwicklung (FuE)? Durch die Mitarbeit in einem projektbeglei-
tenden Ausschuss (PA) der IGF können Sie Ihre Ideen an den Mann bringen und gleichzeitig die Forschungs-
ergebnisse direkt in Ihrem Unternehmen anwenden. Welche Vorteile eine Mitarbeit in einem PA noch haben
kann, erfahren Sie hier.

Die industrielle Gemeinschaftsforschung Vorteile für im PA mitwirkende Unternehmen

Um international mit innovativen Produkten, - eigene FuE-Interessen können direkt in den Pro-
Verfahren oder Dienstleistungen bestehen zu jektverlauf eingebracht und eigene Forschungs-
können, gibt es in Deutschland das themenoffene projekte darauf aufgebaut werden
und branchenübergreifende BMWi-geförderte - frühe Einblicke in aktuelle Forschungs- und
Programm der Industriellen Gemeinschaftsfor- Technologietrends (zeitlicher Vorsprung gegen-
schung (IGF). Es unterstützt die vorwettbewerb- über Unternehmen, die nicht im PA mitarbeiten)
liche, also der Produktentwicklung vorgelagerte - direkter Zugang zu den Forschungsergebnissen,
Forschung. Diese ist für die Wettbewerbsfähigkeit die durch die Mitarbeit schon früh angewendet
unverzichtbar, kann aber häufig von mittelständi- werden können (verbesserte Wettbewerbspo-
schen Unternehmen selbst nicht geleistet werden. sition)
- Vertiefung von Branchenkontakten: neue For-
Gute Projektideen aus dem Kreis der kleinen und schungspartner über IGF hinaus, Kundengewin-
mittleren Unternehmen (KMU) werden über den nung, potentielle Vertriebspartner, Mitarbeiter-
Wissenschaftlichen Beirat einer Textilforschungs- rekrutierung von „Jungforschern“)
einrichtung dem FKT vorgeschlagen. Dieses be- - starke Anwendungsorientierung; durch Einbrin-
antragt die Förderung eines entsprechenden For- gen von Maschinenlaufzeiten, Materialien oder
schungsprojekts über die Arbeitsgemeinschaft Produkten zu Untersuchungszwecken entstehen
industrieller Forschungsvereinigungen (AiF). Lerneffekte im Unternehmen und in der Folge
direkte Verbesserungen eigener Produkte oder
Der projektbegleitende Ausschuss (PA) Verfahren (entsprechend entsteht hoher wirt-
schaftlicher Nutzen durch Mitarbeit im PA)
Der PA ist Ideengeber, steuert den Projektverlauf
mit und berät die Forschungseinrichtung, um die Haben Sie Interesse an einer Mitarbeit? Dann
Belange der Praxis, insbesondere der KMU, von sprechen Sie uns gern an. Wir vermitteln Ihnen
der Planung und Bearbeitung eines Vorhabens entsprechende Kontakte in unseren Forschungs-
bis zur Darstellung der Ergebnisse immer wie- einrichtungen.
der in den Mittelpunkt zu stellen. Die Mitarbeit
von KMU im Ausschuss ist unabhängig von einer Stöbern Sie doch auch einmal durch unseren
Verbands-Mitgliedschaft möglich. 97 Prozent der Forschungsradar. Wenn Sie ein Projekt entde-
KMU, die in einem PA mitgewirkt haben, schätzen cken, in welches Sie Ihre Expertise gern einbrin-
das Verhältnis von Aufwand und Nutzen positiv gen möchten, kontaktieren Sie gern die genannte
ein und sind hoch motiviert, weiter in den Aus- Forschungseinrichtung für weitere Informationen.
schüssen aktiv zu sein.

Kontakt

Johannes Diebel
Telefon: 030 726220-40
8
[email protected]
Erfolgsgeschichten aus Forschung + Entwicklung

Mit Unterstützung der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) und des Zentralen Innovationsprogramms
Mittelstand (ZIM) wurden auch im vergangenen Jahr wieder zahlreiche Projekte gefördert, damit Textili-
en und Verfahren für die Zukunft gemeinsam von Unternehmen und Forschungseinrichtungen entwickelt
werden können. Viele erfolgreiche Neuentwicklungen stehen kurz vor der Markteinführung. Die folgenden
Best-Practice-Beispiele zeigen, mit welchen neuen Produkten oder Technologien wir in nächster Zeit rechnen
können.

Hanf statt Baumwolle Unternehmen aus Frankreich, Portugal oder auch


Neues Verfahren wandelt Bio-Hanf in sehr feine Kanada wollen den Weg zu umweltschonenden
Cellulose-Fasern Textilfasern aus Regenerat-Cellulose prüfen und
die Technologie übernehmen.
Wenn es um Kleidung geht, sind
Naturfasern schon seit Jahrhun- TITK, STFI, Ralle Landmaschinen GmbH, Matrak
derten der Rohstoff Nummer GmbH, PUEWUS GmbH, Nagel Textil
eins. Neben der Baumwolle sind
vor allem die Bastfasern Hanf ZIM NKF 16KN034829
und Flachs von jeher geschätzte
Ausgangsstoffe für die Textil-
produktion, weil sie sehr fest
und beständig sind. Allerdings Hochwasserschutz vor Ort fertigen
ließen sich Hanftextilien bislang Anlage füllt und vernäht Sandbehälter bei
nur mithilfe von vielen, teils nicht Katastropheneinsätzen
sehr umweltfreundlichen Aufbe-
reitungsschritten herstellen. Eine Das Elbehochwasser forderte 2002 Mensch und
umweltfreundliche Alternative Material gleichermaßen heraus: 10,6 Millionen
haben jetzt das Thüringische Sandsäcke wurden in mühevoller Handarbeit be-
Lyohemp®- Institut für Textil- und Kunststoff- füllt und aufgeschichtet. Mehr als 200 000 Ton-
Nachtwäsche Forschung und das Sächsische nen Kies und Sand
Textilforschungsinstitut zusam- wurden verfüllt und
men mit Industriepartnern im 76 000 Quadrat-
Netzwerk Hanf-Lyocell entwickelt: die nachhal- meter Geovlies-
tige Faser Lyohemp®, die aus Chemiezellstoff stoff verlegt. Eine
hergestellt wird, der anstatt aus Holz aus Hanf Hochwasserschutz-
gewonnen wird. anlage direkt vor
Ort herstellen zu
Das Ziel des Netzwerks war es, ökologisch ange- können, hätte sich
bauten Hanf für die Herstellung umweltfreundlich mit sehr viel we-
erzeugter Bekleidung nutzbar zu machen. Ein niger Aufwand reali-
Fokus lag dabei auf neuen Verfahren zur Ernte sieren lassen. Um den Die „Geotextile Sandwalze“
und Aufbereitung der Hanfpflanze, um künftig Einsatzkräften künftig im Praxistest.
alle Pflanzenbestandteile zu verwenden. Letztlich die Arbeit zu erleich-
entwickelte das Netzwerk eine durchgängige tern, entwickelten
Prozesslinie zur Herstellung der extrem feinen das Sächsische
Lyohemp-Cellulose-Regenerat-Fasern, die dann Textilforschungs-
zum Garn verarbeitet werden. Die Fasern sind institut und die TU
so fein wie feinste Baumwolle. Zudem hat das Chemnitz gemein-
Material sehr gute tragephysiologische Eigen- sam mit drei In-
schaften, wie z. B. einen weichen Griff, eine sehr dustriepartnern im
gute Anschmiegsamkeit und außergewöhnliches Forschungsprojekt
Feuchtemanagement. Auch lassen sich die Fasern „Geotextile Sand-
und Garne entlang der textilen Kette einfach walze“ ein mobiles
verarbeiten. Verfahren, mit dem
künftig bei Bedarf
Die Arbeit des Netzwerks hat sowohl im Inland Hochwasserschutzan- KEMAFIL-SEWKNIT® Maschi-
als auch im Ausland für Aufmerksamkeit gesorgt. lagen errichtet oder ne 500
9
Erfolgsgeschichten aus Forschung + Entwicklung

saniert werden können. Dieser Hochwasserschutz lung FuE der Morton Extrusionstechnik GmbH
besteht aus sogenannten Sandwalzen, die längli- entwickelte in Kooperation mit dem TFI - Institut
chen Sandsäcken ähneln. Herzstück des Verfah- für Bodensysteme der RWTH Aachen zu diesem
rens ist der in dem Projekt entwickelte KEMAFIL- Zweck den Kunstrasen-Prototypen PureField.
SEWKNIT®-Prozess. Damit werden durch eine PureField zeichnet sich durch zwei Dinge aus:
Kombination aus Nähen und Ummanteln die zum einen durch das Material, bei dem es sich
Schlauchstrukturen verschlossen und armiert. Die um ein breites, fibrilliertes Bändchen handelt,
Versuchslinie bildet den gesamten Prozess aus das von einer texturierten Monofilfaser gestützt
Befüllen, Schließen und Verlegen der Sandwalzen wird. Zum anderen kam bei der Verarbeitung der
ab. Ein weiteres Ziel ist es, beim mobilen Deich- Bändchen ein am TFI - Institut für Bodensysteme
bau vor Ort vorhandene Materialien zum Befüllen entwickeltes Garnkompensationselement für die
zu nutzen. 2020 soll die Anlagentechnik für den Tufting-Technologie zum Einsatz, der E-Jerker.
Bau von Hochwasserschutz bereitstehen. Der E-Jerker eignet sich zum Tuften von deh-
nungsarmen Garnen und verhindert ein Reißen.
STFI, TU Chemnitz und Fördertechnik Ulf Kecke Er fängt Zugspannungen ab und führt das Garn
GmbH, Dybatec GmbH Co. KG, Miprotek GmbH der Maschine elektronisch gesteuert mit einer
wohldosierten Spannung zu. Da bei der Kunst-
ZIM ZF 4013808CJ rasenproduktion hochfeste und dehnungsarme
Garntypen verwendet werden, eignet sich der E-
Jerker hier sehr gut für den Einsatz. Damit wurde
es möglich, die neuen Strukturen für Kunstrasen
Kunstrasen ganz ohne Granulat ohne Infill zu entwickeln. Ausgehend von diesen
Vermeidung von Mikroplastik durch neue Lösung Ergebnissen erfolgte die industrielle Umsetzung
für Fußballkunstrasen zu einem national und international zertifizierten
Produkt. Der neue Kunstrasen trägt den Namen
Laut einer Studie des Fraunhofer-Instituts PureField Ultra. Seit dem Jahr 2017 wurden damit
für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik in Hoffenheim und anderswo über 40 Großspiel-
UMSICHT sind Verwehungen von Granulat aus felder verlegt.
Sport- und Spielplätzen eine bedeutende Quel-
le von Mikroplastik in der Umwelt. Aus diesem Morton-Extrusionstechnik GmbH; TFI
Grund suchte die
TSG Hoffenheim IGF 16678 N
Fußball Spielbe-
triebs GmbH nach
einem System für
ihre High-Tech- Messgerät für kühlende Textilien
Trainingshalle Kühlwirkung feuchter Bekleidung normgerecht
„Footbonaut“, bewerten
das ohne Granulat
Non-Fill-Kunstrasenkonstruktion auskommt. Der Persönliche Schutzausrüstung oder Berufsbeklei-
PureField Ultra Verein wünschte dung können bei Hitze zu einer echten Belastung
sich einen Fuß- werden. Kühlende Textilien schaffen hier Abhilfe.
ball-Kunstrasen Doch bevor entsprechende Kleidungsstücke in
ohne Verfüllung, den Handel kommen, müssen sich die Produzen-
der zudem für ten sicher sein, dass sie entsprechend wirken.
eine extrem hohe Ansonsten drohen Reklamationen und Retouren
Belastung ge- und damit enorme Mehrkosten. Bislang wird
eignet ist, da die Bekleidung durch Probandentests bewertet,
Trainingsanlage bei denen durch Trageversuche die Wirkung
von den Spielern der einzelnen Kleidungsstücke gemessen wird.
mit hoher Inten- Allerdings sind diese Tests aufwendig und teuer.
Ein Fußballplatz mit dem innovativen sität und hoher Aus diesem Grund wurde am Hohenstein Institut
Kunstrasenbelag Frequenz genutzt für Textilinnovation bereits vor einiger Zeit ein
wird. Die Abtei- Messgerät entwickelt: der Wärmeabgabetester
10
WATson. Hierbei wird die physikalische Verduns-
tungskühlleistung von Schweiß beziehungsweise
Wasser auf einer Textilfläche in Watt gemessen.
Verschiedene Materialien können so miteinander
verglichen, Produkte weiterentwickelt und ihre
Funktion verbessert werden. In einem aktuellen
Projekt wurde der Wärmeabgabetester jetzt
durch Trageversuche validiert. Die Kühlleistung
von Textilien kann mit dem verbesserten Mess-
gerät schnell und reproduzierbar bestimmt
werden. Messprogramme für Textilien, die eine
Kühlwirkung durch das Schwitzen beim Tragen
erreichen sowie auch für Textilien, die durch Vor-
befeuchtung den Körper herunterkühlen, wurden
erstellt und in das Gerät integriert. Während des Lavatec-Trommeltrockner mit geregeltem Umluftanteil für Energieein-
Projektes erlangten die Wissenschaftlerinnen und sparung und Textilschonung
Wissenschaftler auch neue Kenntnisse über die
Wirkung und Effektivität von kühlenden Textili-
en, die vom Menschen wahrnehmbar sind. Diese Steuerung regelt Wiederverwendung von warmer
können künftig als Grundlage für eine objektive Prozessluft
Bewertung von kühlenden Textilien eingesetzt
werden. Das Prüfverfahren mit dem Wärmeabga- Konventionelle Konvektionstrocknungsverfahren
betester WATson wurde inzwischen erfolgreich in Wäschereien verursachen hohe Kosten, weil sie
als DIN SPEC 60015:2019 in die Normung ein- viel Energie benötigen. Pro Kilogramm verdampf-
gebracht. Dadurch steht der Textilindustrie eine tem Wasser verbrauchen die professionellen
leistungsfähige Methode zur Verfügung, um die Trommeltrockner rund 1,5 Kilowattstunden Strom.
Wirkung kühlender Textilien zu bestimmen und Der Löwenanteil, nämlich bis zu 40 Prozent des
so die Produktpalette mit innovativen Entwick- Wärmeenergieeinsatzes, entfällt dabei auf die
lungen zu verbessern oder zu erweitern. Erwärmung der Trocknungsluft. Hinzu kommt,
dass die konventionelle Konvektionstrocknung
Hohenstein Institut für Textilinnovation lange Trocknungszeiten benötigt. Diese langen
Trocknungszeiten und die hohen Temperaturen
IGF 18929 N können dazu führen, dass die Wäsche in manchen
Bereichen übertrocknet wird, wodurch die Textili-
Energiesparende Trommeltrocknung en geschädigt werden können. Um die Trocknung
zu verbessern, haben das wfk-Cleaning-Techno-
logy-Institut sowie die Firma Lavatec Laundry
Technology in zwei Projekten untersucht, wie sich
die Wiederverwendung von Prozessluft sowie die
Regelung der Luftzustandsgrößen Feuchte und
Temperatur in Kombination mit der Textiltem-
peratur auf die Finishbehandlung auswirken. Im
Ergebnis wurde eine Steuerung für gewerbliche,
gasbeheizte Trockner entwickelt, mit der der
spezifische Energiebedarf pro Kilogramm ver-
dampftem Wasser um etwa 20 Prozent reduziert
wird. So kann die Trocknung für unterschiedliche
Wäschearten energiesparend und gleichzeitig
textilschonend durchgeführt werden.

wfk-Cleaning Technology Institute

WATson ist das weltweit einzige Prüf- IGF 14673 N und 11867 N
gerät, das bei Textilien die Kühlleistung
durch Verdunstung messen kann. 11
Erfolgsgeschichten aus Forschung + Entwicklung

Hals des Instruments, die ein Zerlegen


ermöglicht. In einer Prüfvorrichtung
wurden dafür spezielle Untersuchungen
zum Setzverhalten der Saiten und der
Verbindungsstellen nach dem Zusam-
menbau der Instrumententeile vorge-
nommen. In dem Projekt ist es erstmals
gelungen, sowohl die Verbindungsstelle
als auch das Instrument komplett aus
CFK zu fertigen. Damit werden klangli-
che Veränderungen vermieden, die ein
Werkstoffwechsel in der Verbindungs-
stelle verursachen würde. Auch der
Transport des Instruments ist erheblich
einfacher. Im zerlegten Zustand hat
der Kontrabass ein Packmaß von unter
1,20 Metern. Er ist innerhalb von dreißig
Minuten nach dem Zusammenbau mit
dauerhafter Stimmstabilität wieder voll
Zerlegbarer Kontrabass aus einsatzfähig.
carbonfaserverstärktem
Kunststoff mezzo-forte Streichinstrumente,
Werther, ITA

ZIM KF 2497188EB4

Avatare unterstützen Maßschneider


Software bestimmt kundenspezifische Passformen
und Kleidergrößen virtuell
Zerlegbarer Kontrabass
CFK-Streichinstrument mit herausragendem Klang Maßkonfektion wird zunehmend nachgefragt und
stellt die Bekleidungsunternehmen vor die Her-
Normalerweise werden Kontrabässe aus Holz ausforderung, die sogenannte MtM-Gradierung in
gefertigt. Allerdings sind die Instrumente emp- den Produktentwicklungsprozess zu integrieren.
findlich gegenüber Umwelteinflüssen. Zudem Bei der MtM-Gradierung wird ein Schnittmuster,
besteht die Gefahr, dass sie bei Live-Auftritten welches in einer bestimmten Größe vorliegt, in
oder beim Transport beschädigt werden. Auch eine andere Kleidergröße übertragen (gradiert).
der Transport ist schwierig: Ein Kontrabass kann In Zusammenarbeit mit der Hochschule Nie-
aufgrund seiner Größe beispielsweise bei Flug- derrhein hat die Firma Avalution ein System zur
reisen nur als teures Frachtgepäck aufgegeben Erfassung von Körpermaßen und Erstellung von
werden. Gemeinsam mit der Firma mezzo-forte Avataren jetzt für die MtM-Gradierung wei-
Streichinstrumente aus Werther hat das Institut terentwickelt. Das System analysiert zunächst
für Textiltechnik (ITA) der RWTH Aachen deshalb Körpermaße und -formen, um daraus Avatare
erstmals einen zerlegbaren Kontrabass aus car- für den Einsatz in 3D-CAD-Systemen zu erstel-
bonfaserverstärktem Kunststoff (CFK) entwickelt len. Anschließend werden diese Daten für die
und gebaut. Bei der Herstellung der sehr komplex MtM-Gradierung nutzbar gemacht, um schon in
geformten CFK-Bauteile kam eine Technologie einem frühen Produktentwicklungsstadium die
zum Lagenaufbau von Carbonfasertextilien zum Passform für den individuellen Kunden festzule-
Einsatz, die sowohl den akustischen Anforderun- gen. Im Virtual Lab der Hochschule Niederrhein
gen als auch den Anforderungen an das Design wurde dazu analysiert, welche spezifischen
des Instruments genügen. Der Clou war die Konfi- Daten der Körpermaße und -formen Einfluss auf
gurierung einer Trennstelle zwischen Korpus und die individuelle Passform haben und wie diese
12
Virtuelle Passformanprobe anhand von Falschfarbenbildern

Daten für die MtM-Gradierung aufzubereiten und nicht, wie bisher üblich, in einem zusätzlichen
sind. Die Untersuchung zahlreicher Bodyscans Arbeitsschritt durchzuführen. Die Leitfähigkeit
ergab verlässliche Aussagen über die vielfältig des Vlieses kann gezielt eingestellt und so unter-
existierenden Körpermaße und -formen. Für schiedliche Einsatzgebiete adressiert werden. Für
unterschiedliche Bekleidungsmodelle wurde eine gering leitfähige Flächen verstärkt man während
MtM-Gradierung aufgebaut, die Aussagen über der Produktion das Klebevlies mit leitfähigen
den Zusammenhang zwischen Körpermaßen und Partikeln. Für anspruchsvollere Anwendun-
-formen zu MtM-Gradierwerten lieferte. Die Firma gen können die Vliese zusätzlich hochleitfähig
Avalution entwickelte in einem ersten Schritt eine ausgerüstet werden. Frei zuschneidbare textile
Software, die zunächst eine Avatar-Population Heizungen sowie antistatische Flächen runden
mit spezifischen Körpermerkmalen generiert. Im das Produktportfolio ab. Das neue Vlies bietet die
zweiten Schritt entstand ein Simulationsbatch Firma imbut, ein Tochterunternehmen des TITV,
mit Anbindung an die CAD-Software von Assyst. unter dem Namen e-Web an. Es ist hochflexibel
Der Batch umfasst das Maßnehmen aller Avatare und wird als neuartige Kontaktierungslösung für
der Population, die Überführung der relevanten leitfähige textile Flächen in unterschiedlichen
Werte in die MtM-Gradierung sowie die Beklei- Breiten von bis zu 45 Zentimetern eingesetzt.
dungssimulation an jedem Avatar der Population
zur Passformüberprüfung. Textilforschungsinstitut Thüringen-Vogtland

Forschungsinstitut für Textil und Bekleidung der ZIM ZF 4250108AG7


Hochschule Niederrhein

ZIM ZF 4102205CJ6

Klebevlies für Smart Textiles


Thermoplastische Vliese für eine Kontaktierung
mit definierten elektrischen Eigenschaften

Um elektronische Komponenten in Smart Texti-


les haltbar kontaktieren zu können, braucht man
robuste leitfähige Textilien. Eine solche Lösung
entwickelte das Textilforschungsinstitut Thürin-
gen-Vogtland (TITV) mit den leitfähigen thermo-
plastischen Klebevliesen. Mit dem neuen Klebev-
lies ist es erstmals möglich, die Kontaktierung im
für die Herstellung notwendigen Kaschierprozess e-Web: ein leitfähiges Klebvlies der imbut GmbH
13
Innovationen aus den Instituten

Institut für Textiltechnik (ITA) der RWTH Aachen

Smart Textiles vom Band


Demonstrationsanlage des ITA zeigt
Serienproduktion auf der Texprocess 2019

Das Institut für Textiltechnik (ITA) der RWTH


Aachen hat mit der Smart-Textiles-Microfactory Eine LED-bestückte Paillette mit leitfähigem Elitex-Garn aufgestickt.
während der Messe Texprocess 2019 in Frankfurt
erstmals gezeigt, wie Smart Textiles vom Design
bis zum fertigen Produkt in Serie hergestellt
werden können. Als Demonstrationsobjekt wur- Textilforschungsinstitut Thüringen-Vogtland
den während der Messe Kissen hergestellt, in die
mithilfe von Sensorflächen, Licht und drahtloser
Kommunikation unterschiedliche Anwendun- Smart Textiles automatisch
gen integriert wurden. So verfügen die Kissen bestücken
zum Beispiel über eine Weckfunktion durch
Licht. Das Produkt und der Fertigungsprozess Voraussetzung für Massenfertigung smarter
sind das Ergebnis von Co-Innovation. Zukünftig textiler Flächen
soll Co-Innovation für Smart Textiles über die
Plattform GeniusTex realisiert werden. Im stra- Trotz guter Prognosen stehen dem erfolgrei-
tegischen Großprojekt des BMWi entwickelt das chen Markteintritt der Smart Textiles noch einige
ITA gemeinsam mit Partnern aus Industrie und Barrieren im Weg. Neben der geringen Nach-
Forschung den Online-Anlaufpunkt für Smart- frage am Markt sind mangelnde Zuverlässigkeit
Textile-Innovationen. Damit liegt dieses Projekt und Genauigkeit, hohe Kosten und die geringe
im Trend. So prognostiziert der Branchenreport Reproduzierbarkeit wesentliche Hindernisse.
„E-Textiles 2019-2029: Technologies, Markets and Experten betonen daher, dass sich Smart Texti-
Players“ bis zum Jahr 2028 ein Wachstum des les erst durchsetzen werden, wenn sie sich auch
Smart-Textile-Marktes von zwei Milliarden Dollar. für die Massenproduktion eignen. Dafür werden
Um das genannte Wachstum zu erreichen, müs- unter anderem automatisierte Fertigungsver-
sen Smart Textiles aber billiger und daher in Serie fahren benötigt, wie sie seit mehreren Jahren
gefertigt werden. am Textilforschungsinstitut Thüringen-Vogtland
(TITV) in Greiz entwickelt werden. In verschiede-
nen Forschungsprojekten wurden Standardbestü-
ckungsmaschinen, die in der Elektronikindustrie
Erstmals ist es möglich, e-Textiles in Serie zu produzieren. Leiterplatten bestücken, so modifiziert, dass
elektronische Bauelemente auf leitfähigen Textil-
flächen automatisch positioniert und kontak-

Das ELITEX-Fadenmaterial

14
elektronischer Textilien. Um Produzenten und
Kunden dennoch mehr Sicherheit im Umgang mit
Smart Textiles geben zu können, führt das Tex-
tilforschungsinstitut Thüringen-Vogtland neben
üblichen chemischen und textilphysikalischen
Prüfungen elektrische Funktionsprüfungen durch
und entwickelt neue Prüfmethoden und -gerä-
te für Smart Textiles. Gemeinsam mit Kunden
wurde bereits das Label „titv geprüft“ geschaffen.
Das Label dokumentiert Produktsicherheit und
-qualität und bietet den Produzenten durch die
unabhängigen Prüfungen ein Mehr an Sicherheit
sowie ein wichtiges Marketinginstrument. Um den
tiert werden können. Wie die Arbeiten am TITV Bereich Prüfung zu erweitern, baut das Institut
zeigen, sind auch herkömmliche Textilmaschinen derzeit ein neues Smart-Textiles-Prüflabor auf.
für die textile Leiterplattenfertigung und Bauteil-
bestückung geeignet. Eine der unkompliziertes-
ten Lösungen verspricht die in Greiz entwickelte
FSDTM-Technologie. Hier können auf industrieübli- Sächsisches Textilforschungsinstitut
chen Standard-Mehrkopfstickmaschinen LED-
bestückte Leuchttextilien automatisch hergestellt
werden. Auf der Stickmaschine erfolgt neben Geballte Vliesstoff-
dem Sticken der elektrischen Leiterbahn mit Expertise
ELITEX®-Garnen die Positionierung und Kontak-
tierung der Textilien mit LED-bestückten Pail- Kompetenzzentrum bietet in Europa einzigartige
letten (Sequins). Die Basis dieser Innovation ist Kombination von Knowhow und Anlagentechnik
das funktionelle Flexsubstrat „Functional Sequin
Devices“ (FSDTM). Damit können jetzt LED- Mit seinem Kompetenzzentrum Vliesstoffe gehört
Leuchttextilien in beliebigen Losgrößen herge- das Sächsische Textilfor-
stellt werden. Auch eine Fertigung großflächiger schungsinstitut in Europa
Textilien in geringer Stückzahl ist möglich. Dank zu den Größen in der
der automatischen Bauteilzuführung ist eine ge- Vliesstoffforschung. Das
naue Positionierung möglich, wodurch eine hohe Institut verfügt über einen
Prozesssicherheit und gleichbleibende Qualität umfangreichen Anlagen-
erreicht werden. Die FSDTM und das leitfähige park mit einer Vielzahl
ELITEX®-Stickgarn bietet die Firma imbut an, ein an Technologien. Kunden
Tochterunternehmen des TITV. können hier umfangrei-
che Tests und Entwick-
lungen durchführen. Die
Anlagen erlauben eine
Textilforschungsinstitut Thüringen-Vogtland Vliesbildung nach ver-
schiedenen Trocken- und
Extrusionsverfahren sowie
Smart Textiles auf Herz und eine Vliesverfestigung
Nieren prüfen durch Vernadeln, Verma-
schen, Übernähen und
Neues Prüflabor und Qualitätslabel schaffen Wasserstrahlverwirbeln.
Sicherheit bei elektronischen Textilien Auch verfügt das Institut
über thermische Verfes-
Smart Textiles werden häufig als aktive Kleidung tigungsvarianten. Durch
und Geräte am Körper getragen. Damit erhält die die Kombination und
Frage der persönlichen Sicherheit eine besondere Modifizierung der Verfes- Techniker Nino Flämig bedient
Bedeutung. Bisher gibt es noch keine einheit- tigungstechnolo- die Dosiereinrichtung für das
lichen internationalen Normen für die Prüfung gien werden innovative Granulat an der Spinnvliesanlage.
15
Innovationen aus den Instituten

Vliesstoffe und Vliesstoffverbunde entwickelt, wonnen und für die Wiederverwendung aufberei-
die vor allem in technischen Textilien Anwendung tet werden können. Noch bevor Smarte Textilien
finden. Weitere Schwerpunkte bilden das Textil- in großem Stil zum Einsatz kommen und zum
recycling und die Verarbeitung von Reißfasern. Recycling-Problem werden.
Zu den aktuellen Highlights zählt die REICOFIL®-
Spinnvliesanlage, die jüngst zur neusten Genera-
tionenversion aufgerüstet worden ist. In Europa
sucht sie als Versuchsanlage ihresgleichen. Ein Forschungsinstitut für Textil und Bekleidung der
weiterer Schwerpunkt am STFI ist die Entwick- Hochschule Niederrhein
lung von Vliesstoffen aus recycelten Carbon-
fasern, die im Zentrum für Textilen Leichtbau
angesiedelt ist. Aktuelle Forschungsaspekte sind Mikroplastik bekämpfen
ferner das Recycling von Smart Textiles und die Projekte zur Entfernung unerwünschter Polymere
Entwicklung energetisch effizienter Verfahren, und Mikrofasern in der textilen Wertschöpfungs-
wie der Ultraschallentwässerung bei Nassverfah- kette
ren.
Seit einigen Jahren ist bekannt, dass Kunst-
stoffprodukte während der Herstellung und des
Gebrauchs kleine Partikel freisetzen oder zum
Sächsisches Textil- Ende ihrer Lebenszeit nach und nach in winzige
forschungsinstitut Bruchstücke zerfallen können. Diese Kunststoff-
und TU Chemnitz partikel bezeichnet man wegen ihrer geringen
Größe als Mikroplastik. Für die Umwelt stellen
diese winzigen Kunststoffteilchen eine große
Smart Gefahr dar. Besonders Meerestiere verwechseln
Textiles Mikroplastik häufig mit Nahrung. Dieses schädigt
die Lebewesen und reichert sich in der Nahrungs-
wieder- kette an. Auch im menschlichen Stuhl sind bereits
verwerten Mikroplastikteilchen nachgewiesen worden.
Zum Mikroplastik gehören auch textile synthe-
Susan Gabler und Johannes Leis vom Lösung für die künf- tische Fasern, die sich während des Gebrauchs
STFI präsentieren Metallfraktionen (links tige Rückgewin-
Kupfer, rechts Nickel), die aus leitfähigen nung von Silber,
Geweben (Schale in der Mitte) zurück- Nickel oder Kupfer
gewonnen wurden. aus Textilien

Experten gehen davon aus, dass Smart Textiles


in den kommenden Jahren den Durchbruch
schaffen und sich als Massenprodukt etablieren
werden. Damit werden künftig auch größe-
re Mengen an Alttextilien anfallen, die neben
textilen Fasern metallische oder metallisierte
Fasern und Filamente beziehungsweise elekt-
risch leitfähige Elemente enthalten. Beispiele
sind Schutzanzüge für Rettungsdienst und
Feuerwehr, die künftig für smarte Funktionen
verstärkt mit solchen Materialien ausgestat-
tet sein werden. In einer Masterarbeit im Fach
„Textile Strukturen und Technologien“ an der TU
Chemnitz wurden jetzt mit Unterstützung der
dortigen Stiftungsprofessur „Hochleistungsfa-
sern und Verarbeitung“ und des Sächsischen
Textilforschungsinstituts die Grundlagen einer
Technologie entwickelt, mit der Silber, Nickel
oder Kupfer aus textilen Materialien zurück ge- Filtrationskaskade zur Größentrennung und Quantifizierung von
16
Projektergebnisse. Zudem wurden die Projek-
te auf der Fachkonferenz „Textiles Mikroplastik
– Herausforderungen für Politik, Industrie und
Forschung“ am 10. Dezember 2019 in Brüssel vor
mehr als 60 Teilnehmerinnen und Teilnehmern
vorgestellt – darunter auch Vertreterinnen und
Vertretern aus der EU-Kommission und dem Bun-
desforschungsministerium.

Hohenstein Institut für Textilinnovation

Prof. Dr. Ellen Bendt berichtet über Ergebnisse aus


der Mikroplastikforschung.
Dynamische Bildanalyse
identifiziert Mikroplastik
sowie des Waschens lösen und so in die Umwelt Methode zur Erkennung gelöster Fasern bei
gelangen. Aus diesem Grund hat sich das For- Waschprozessen
schungsinstitut für Textil und Bekleidung (FTB)
der Hochschule Niederrhein in mehreren Projek- Das Hohenstein Institut für Textilinnovation be-
ten speziell mit dem Thema Mikroplastik beschäf- schäftigt sich in verschiedenen Projekten damit,
tigt. In dem vom Bundesforschungsministerium die Freisetzung von Mikrofasern zum Beispiel aus
geförderten Projekt TextileMission arbeitete man der Wäsche zu reduzieren. Als Weiterführung
mit verschiedenen Partnern an der Entwicklung des Projektes „Werterhalt Textilien“ (IGF 19219 N)
von Outdoor-Textilien, die wenige oder gar keine publizierte das Institut beispielsweise eine neue
Mikroplastikpartikel abgeben. In einem zweiten Methode zur Analyse der Mikrofaserfreisetzung
Forschungsprojekt mit den Schmitz-Werken von Textilien. Die neue quantitative Methode
entstand ein innovatives und praxistaugliches nutzt eine dynamische Bildanalyse um Partikel zu
Verfahren zur Entfernung von Submikroplastik erkennen. Durch die Analyse wird die Freisetzung
aus Prozessabwässern. Hier werden Polymer- faserförmiger Mikropartikel beim Waschen mess-
Moleküle adressiert, die bar. Außerdem unterstützt sie Textilhersteller bei
während des Färbeprozes- der Entwicklung nachhaltiger Textilien. Die neue
ses kristallisieren und ausfal- Methode ist das Ergebnis von vier Jahren For-
len. Und das Cornet-Projekt schung. Sie stößt auch international auf großes
„EnzyPol“ - zusammen mit Interesse und wird aktuell in europäische Stan-
österreichischen Partnern dardisierungsgremien eingebracht.
durchgeführt - beschäftigt
sich mit der enzymatischen
Behandlung von konventi-
onellen sowie biobasierten
bis biologisch abbaubaren
Polyestern. Das Projektkon-
sortium besteht aus wissen-
schaftlichen Partnern der
Textil- und Enzymforschung
und Industriepartnern, die
die textile Wertschöpfungs-
kette von der Faserindustrie,
der Textilproduktion und
Wie viele Fasern landen nach der Wäsche lose im Abwasser?
den Färbereien bis hin zu
Die neue dynamische Bildanalyse gibt darauf Antworten.
Herstellern von Berufs-,
Sport- und Outdoor-Beklei-
dung abdecken. Zahlreiche
Mikroplastik Medien berichteten über
17
Textilforschungs-Highlights 2019

Mit überkritischem Kohlendioxid Textilien metallisieren . 20


Wirtschaftliche Produktion oxidischer Keramikfasern . 21
Robuste Aramid-Fasern einfacher färben . 22

BASISTHEMEN

Reinigungs-Enzyme mit eingebautem Schalter . 23


So bleiben Nähte wasserdicht . 24
Keime schneller nachweisen . 25
Plasma bekämpft Keime . 26
Alarmstufe rot . 27

BEKLEIDUNG

Stentprothesen schneller fertigen . 28


Wasser mit Hohlfasermembranen entsalzen . 29
Dauerhaft hydrophile medizinische Fasern . 30

GESUNDHEIT

18
Recycling-Carbonfasern in Premiumprodukten . 31

MOBILITÄT

Muskeln aus Textilien . 32


Vielseitige Leichtbauplatten aus nachwachsenden Rohstoffen . 33
Massenfertigung für Bauteile aus Faserverbundkunststoff . 34
Dem Bauteilversagen keine Chance! . 35
Carbonfasern für alle . 36
Smarte Werkstoffe elektromagnetisch verformen . 37

PRODUKTION UND LOGISTIK

Schlanke Fußbodenheizung einfach verlegt . 38

WOHNEN

19
Basisthemen

Mit überkritischem Kohlendioxid Textilien metallisieren


Verfahren zur Herstellung von hochleitfähigen Fasern

Überkritisches Kohlendioxid wird in der Industrie bakterielle und sogar katalytische Eigenschaften
vielfach eingesetzt, weil es die Eigenschaften ei- verliehen werden. Die derart erzeugte elektrische
nes Gases und einer Flüssigkeit vereint und daher Grundleitfähigkeit dient als Basis für eine Kup-
besondere Fähigkeiten hat. In vielen technischen ferabscheidung, die letztlich zu hochleitfähigen
Bereichen macht man sich das hohe Lösevermö- Textilien führt, die technisch zum Beispiel als
gen von überkritischem Kohlendioxid zu nutze. flexible, textilbasierte Heizelemente verwendet
Dazu zählen vor allem Extraktionsprozesse wie werden können.
etwa die Entkoffeinierung von Kaffee und die
Extraktion von Hopfen. Das Deutsche Textil-
forschungszentrum Nord-West entwickelte zu
Beginn der 1990er Jahre ein neuartiges Verfahren
zur wasserfreien Färbung von Polyesterfasern
aus überkritischem Kohlendioxid. Basierend auf
diesen Vorkenntnissen entstanden die verfah-
renstechnischen Grundlagen, um Polyesterfasern
dauerhaft zu metallisieren. Dadurch konnten den
modifizierten Textilien elektrisch-leitfähige, anti-

Polyester-Siebgewebe nach Silberausrüstung aus überkritischem CO2 und


nachfolgender außenstromloser Kupferabscheidung

Institut: DTNW . Projekt: IGF 19045 N


20
Wirtschaftliche Produktion oxidischer Keramikfasern
Kosteneinsparung durch Optimierung sämtlicher Prozessschritte und Recycling

Oxidische Keramikfasern sind essentielle


Bestandteile von faserverstärkter Keramik,
einer neuen hitzebeständigen Material-
klasse, die zunehmend in Temperaturbe-
reichen oberhalb von 1 000 Grad Celsius
eingesetzt wird. Beispiele sind Gasturbi-
nen, Flugzeugtriebwerke, Brennerdüsen
und Bauteile in der chemischen Verfah-
renstechnik. Bislang hatte man bei For-
schungsvorhaben vor allem die Endeigen-
schaften der oxidischen Keramikfasern
im Blick. In einem aktuellen Projekt stand
nun die Optimierung der Herstellung im
Vordergrund. Anhand der Erkenntnisse,
die vor Beginn des Projektes vorlagen,
wurden alle Prozessschritte bezüglich der
Produktionsgeschwindigkeiten und der
Verweilzeiten optimiert. Die Produktivität
konnte maximiert und die Herstellungs-
kosten gesenkt werden. Insgesamt wurden
so die Grenzen ausgelotet, innerhalb derer
hochwertige Fasern auf Basis der für
OCMC (Oxide Ceramic Matrix Composites)
häufig verwendeten Stoffe Aluminiumoxid
und Mullit hergestellt werden können. Im
Zusammenhang mit möglichen Kostenein-
sparungen wurde auch das Thema Recyc-
ling von Prozessabfällen näher beleuchtet
und technisch erfolgreich umgesetzt.
Mullit-Keramikfaser mit Temperaturbeständigkeit über 1 100 °C

Institut: DITF . Projekt: IGF 19244 N


21
Basisthemen

Robuste Aramid-Fasern einfacher färben


Neuartiges Färbeverfahren aus ionischen Flüssigkeiten

Aramidfasern sind hochfest, schlagzäh, nicht ent- ter, die das Farbergebnis beeinflussen, optimiert:
flammbar und chemikalienresistent. Daher eignen die Art der ionischen Flüssigkeit, das Lösevermö-
sie sich für viele verschiedene Arten technischer gen des Farbstoffs, die Farbstoffkonzentration
Textilien: Arbeitsschutzkleidung, kugelsichere oder auch die Färbezeit sowie notwendige Vor-
Westen oder auch Faserverbundstoffe. Für eine und Nachbehandlungsschritte. Wie sich zeigte,
Vielzahl dieser Anwendungen wünschen sich lassen sich damit nicht nur Aramidfasern, sondern
Kunden farbige Fasern. Die Färbung der Fasern noch andere Materialien einfärben, deren Färbung
aber ist bislang ein mehrstufiger, zeit-und kosten- bislang eher aufwendig ist – darunter Polybenzi-
intensiver Prozess. Hinzu kommt ein hoher Che- midazol, Polycarbonat oder auch Glasfasern. Das
mikalienbedarf. Die textilverarbeitende Industrie neue Verfahren ermöglicht es Herstellern, neue
wünscht sich daher alternative Färbeverfahren, hochwertige, gefärbte Produkte zu produzieren.
die weniger aufwendig sind und weniger Rohstof- Die Einführung von ionischen Flüssigkeiten ist
fe verbrauchen. Eine solche Alternative ist die am zudem ein Einstieg in ein hochaktuelles For-
Deutschen Textilforschungszentrum Nord-West schungsgebiet, das viele Technikbereiche und
entwickelte Färbung mit ionischen Flüssigkeiten. Branchen umfasst und somit auch branchen-
Ionische Flüssigkeiten sind Salze, die unterhalb übergreifende Synergieeffekte hervorrufen kann.
von 100 Grad Celsius in flüssiger Form vorliegen. Zudem ist das neue Verfahren nachhaltig, weil es
In dem Projekt wurden alle wesentlichen Parame- den Einsatz von Chemikalien reduziert.

Querschnitt von Aramidfasern nach dem Färben aus ionischen Flüssigkeiten

Institut: DTNW . Projekt: IGF 19243 N


22
Bekleidung

Reinigungs-Enzyme mit eingebautem Schalter


Effiziente Entfernung von Schmutz auf Corporate-Bekleidung

An das optische Erscheinungsbild von Cor-


porate-Fashion stellen die Kunden textiler
Dienstleistungsbetriebe während der gesamten
Einsatzdauer hohe Ansprüche. Selbst schwach
verschmutzte Textilien werden zurückgewie-
sen. Die Ware wird bei der Qualitätskontrolle
aussortiert, nachgewaschen oder durch Neu-
ware ersetzt. Daraus ergeben sich hohe Kosten.
Eine Abhilfe können Enzyme schaffen, die die
Schmutzpartikel abbauen. Ihr Vorteil: Sie sind
bereits bei geringer Dosierung wirksam. Am
wfk-Cleaning-Technology-Institut wurden dafür
thermisch schaltbare enzymatische Systeme
entwickelt, die bei hohen Temperaturen wäh-
rend der Waschphase eine hohe Affinität zu
den Textilien in der Waschflotte aufweisen. Sie
reichern sich am Textil an und entfernen den
Schmutz effektiv. Bei niedrigeren Temperaturen
in der Spülphase hingegen haben die Enzyme
eine höhere Affinität zu Wasser, sodass sie sich
von den Textilien ablösen und gleichmäßig in der Einfach den Schalter umlegen und Enzyme arbeiten lassen.
Waschflotte verteilen. Dieser Effekt wird dadurch
erreicht, dass die Enzyme an Polymere gebunden
werden, die bei hohen Temperaturen textilaffin
und bei tieferen Temperaturen wasseraffin sind.
Diese Polymere sind zusammen mit den Enzymen
als „Schale“ (Shell) an magnetische Partikel als
„Kern“ (Core) gebunden. Deshalb können diese
„Kern-Schale“-Partikel samt der daran gebunde-
nen Enzyme nach dem Aufbereitungsprozess mit
magnetischen Kollektoren zurückgewonnen und
wiederverwendet werden. Das innovative und
schonende Aufbereitungsverfahren ermöglicht
Herstellern von Wasch- und Waschhilfsmitteln
oder auch Maschinenherstellern die Entwicklung
verbesserter und nachhaltigerer Produkte. Textile
Dienstleistungsbetriebe können ihre Wirtschaft-
lichkeit durch die Erhöhung der Gebrauchs- und
Aufbereitungszyklen der Textilien optimieren.

Institut: wfk . Projekt: IGF 19240 N


23
Bekleidung

So bleiben Nähte wasserdicht


Plasmatechnologie und Tapes zur Bondierung erhöhen Dichtigkeit technischer Textilien

Für die persönliche Schutzausrüstung, die Me- Haftverbesserung des Tapes auf der Naht wurde
dizin und den Outdoor-Bereich wird hochfunk- durch die Funktionalisierung des Textils mithilfe
tionelle, flüssigkeitsdichte Bekleidung benötigt. eines Plasmas vor dem Aufbringen des Tapes
Eine Schwachstelle stellen die Nähte dar, die die erreicht. Im zweiten Ansatz entwickelte die Firma
Barrierefunktion des Textils durchbrechen. Eine Trans-Textil ein flüssigkeitsdichtes Bonding-Tape,
konventionelle Nahtabdichtung mit Hilfe von welches die einzelnen Teile des Textils verbindet.
Tapes schützt nur für einen gewissen Zeitraum, Dadurch kann auf die problematische Naht ver-
sodass die Bekleidung nicht dauerhaft wasser- zichtet werden. Eine langlebige, flüssigkeitsdichte
dicht ist. Das Forschungsinstitut für Textil und Be- Naht erhöht die Lebensdauer technischer Texti-
kleidung der Hochschule Niederrhein hat deshalb lien. Das ist nicht nur nachhaltig, sondern verrin-
zusammen mit der Firma Trans-Textil flüssigkeits- gert zugleich die Ausgaben für Bekleidung, da die
dichte Universalnähte entwickelt. Dabei wurden Kleidung seltener neu gekauft werden muss.
verschiedene Ansätze erprobt: Eine deutliche

Ein Bonding-Tape wird zwischen zwei Textilien mit Hilfe einer


speziellen Maschinentechnologie aufgebracht.

Institut: FTB . Projekt: ZIM ZF 4102210TA7


24
Keime schneller nachweisen
Bakterien im Magnetfeld sichtbar gemacht

Im Krankenhaus sowie in der Lebensmittel-,


Pharma- und Kosmetikindustrie ist es besonders
wichtig, dass Arbeitskleidung möglichst keimfrei
ist. Bislang aber fehlte es an einfachen Mög-
lichkeiten, die Kleidung direkt nach der Wäsche
auf eine Verunreinigung mit Mikroorganismen
zu untersuchen. Bisher nutzt man sogenannte
Abklatschplatten. Diese enthalten einen Nähr-
boden für Mikroorganismen, der auf das Textil
aufgedrückt wird. Im Brutschank wird die Plat- Bakterien auf Textilien lassen sich mithilfe von
te dann über mehrere Stunden kultiviert, um magnetischen Teilchen sichtbar machen.
festzustellen, ob sich sichtbare Bakterienkolonien
bilden. Das ist ein vergleichsweise zeitraubender
Prozess. Deshalb hat das wfk-Cleaning-Techno-
logy-Institut ein neues Verfahren entwickelt, mit
dem man Mikroorganismen schnell und einfach
nachweisen kann. Zu diesem Zweck wurden Mag-
netpartikel so funktionalisiert, dass sie sich leicht
und zugleich fest an die Oberfläche der Bakterien
anheften. Anschließend werden die magnetischen
Partikel mit einem alternierenden magnetischen
Feld angeregt, wobei Wärmeenergie entsteht.
Diese Wärme lässt sich dann im Bild einer
Thermografie-Kamera sichtbar machen. Das neue
magnetisch induzierte Thermografie-Verfahren
kann textile Dienstleister in die Lage versetzen,
den Hygienestatus von Textilien unmittelbar nach
der desinfizierenden Behandlung zu prüfen. Da-
mit wird eine Kontrolle direkt vor Ort möglich.

Institut: wfk . Projekt: IGF 18612 N


25
Bekleidung

Plasma bekämpft Keime


Corporate-Bekleidung mit plasma-aktiviertem Wasserdampf desinfizieren und desodorieren

Hygiene ist für immer mehr Branchen von zentra-


ler Bedeutung. Dies betrifft auch die zunehmend
eingesetzte Corporate-Fashion. Die empfindli-
che, hochwertige Kleidung kann bisher oft nur
in organischen Lösemitteln gereinigt werden.
Solche Verfahren genügen allerdings oftmals
nicht den geforderten Hygienestandards, weil
die desinfizierende und desodorierende Wirkung
zu wünschen übrig lässt. Hier verfolgt das wfk-
Cleaning-Technology-Institut einen völlig neuen
Ansatz: Plasma-aktivierter Wasserdampf für das
Finishen der Textilien. Der Plasma-aktivierte Was-
serdampf desinfiziert und desodoriert nicht nur,
auch verschwinden bleichbare Flecken. Bei etwa
80 Prozent der Ware kann die herkömmliche
Aufbereitung sogar komplett entfallen.

Hygiene für empfindliche Corporate-Kleidung durch Plasma-


aktivierten Wasserdampf

Institut: wfk . Projekt: IGF 19034 N


26
Alarmstufe rot
Farbstoff warnt vor Kontamination von Krankenhauskleidung

Im Krankenhaus erworbene Infektionen werden


zu einer immer größeren Bedrohung, weil die ver-
ursachenden Erreger zunehmend Antibiotika-re-
sistent sind. Sie kontaminieren häufig auch die im
Krankenhaus getragene Berufskleidung. Ab einer
bestimmten Menge an Erregern können Krank-
heiten übertragen und ein sofortiger Kleidungs-
wechsel notwendig werden. Zu diesem Zweck
hat das wfk-Cleaning-Technology-Institut einen
Hygienemonitor entwickelt, der auf besonders
kontaminationsgefährdete Bereiche der Kleidung
aufgeklebt wird. Bei einer Kontamination liefert
dieser ein Farbsignal. Das Prinzip basiert auf
der Destabilisierung und Farbstoff-Freisetzung
biochemischer Systeme, die ausgelöst werden,
wenn sich bestimmte Erreger anheften. Wird eine
bestimmte Erregerzahl überschritten, entsteht
das sichtbare Farbsignal und mahnt zum Klei-
dungswechsel.

Ein farbiges Warnsystem meldet Infektionsgefahr.

Institut: wfk . Projekt: IGF 19849 N


27
Gesundheit

Stentprothesen schneller fertigen


Individuelle komplexe Stentgrafts lassen sich automatisiert weben

Stentprothesen für die Behandlung von Herz- messer, Fensterungen und Abzweigungen zu
erkrankungen sollen möglichst individuell an realisieren. Für die individuelle Maßanfertigung
einen Patienten und den Verlauf der Blutgefäße steht damit eine CAD-gestützte Prozesskette zur
angepasst werden. Am Institut für Textilmaschi- Verfügung, die eine Überführung von Patienten-
nen und Textile Hochleistungswerkstofftechnik daten in parametrisierbare 3D-CAD-Modelle und
der TU Dresden wurde dafür ein flexibler auto- anschließend in Bindungspatronen für Webma-
matisierter CAD-gestützter Fertigungsprozess schinen ermöglicht. Die textilphysikalischen und
(Spulenschützen-Bandwebtechnologie) entwi- strukturmechanischen Analysen zeigen, dass die
ckelt, mit dem sich die Stentprothesen schnell für die Zulassung von Stentgraft-Implantaten ge-
und sicher maßgeschneidert fertigen lassen. Das forderten Werte erreicht werden. Die Ergebnisse
erhöht die Patientensicherheit und verbessert haben ein hohes Innovationspotenzial und kön-
die Wirtschaftlichkeit. Mit dieser flexiblen Tech- nen von deutschen Textilunternehmen im Bereich
nologie können auch die heute oft verwendeten Bandweberei verwendet werden, um den Bereich
Formgedächtnismaterialien wie Nitinol verarbei- der technischen Textilien als zukunftsträchtiges
tet werden, ohne dass zusätzliches manuelles Geschäftsfeld neu zu erschließen und somit neue
Konfektionieren notwendig ist. Letztlich lassen Kundengruppen und Absatzmärkte zu gewinnen.
sich mit dem neuen Verfahren für jeden Patienten Die deutlich geringeren Produktionskosten sen-
Schlauchgewebe mit integrierten vorgeformten ken das Entwicklungsrisiko für KMU erheblich. Die
Nitinol-Stentringen herstellen. Dabei ist es auch Erkenntnisse aus dem Projekt können branchen-
möglich, über die gesamte Länge des Implantats übergreifend genutzt werden.
patientenspezifisch unterschiedliche Durch-

Integral gefertigte Stentgraft-Gefäßprothese mit


integrierten Stentstrukturen (Nitinol-Drähten)

Institut: ITM . Projekt: IGF 18774 BR


28
Wasser mit Hohlfasermembranen entsalzen
Einfache und kostengünstige Membranen als Alternative zu Nanofiltration und Umkehrosmose

Zur Behandlung von Abwasser aus der Lebens- re organische Verbindungen aber zurück, sodass
mittel- oder Textilindustrie gehört es, das Wasser beide voneinander getrennt werden. Die Hohl-
zu entsalzen. Dadurch werden die Salzionen von fasermembranen werden in einem einstufigen,
organischen Stoffen getrennt. Das ist bis heute direkten und skalierbaren Spinnverfahren durch
technisch eine große Herausforderung. Um die den Einsatz von Polyelektrolyten hergestellt. Die
Entsalzung zu vereinfachen, haben Wissenschaft- Polyelektrolyten bilden dabei die Mosaikstruktur.
lerinnen und Wissenschaftler vom DWI – Leibniz- Diese Mosaik-Membranen bieten eine effiziente
Institut für Interaktive Materialien deshalb eine und ressourcenschonende Alternative zu bewähr-
spezielle Hohlfasermembran mit Mosaikstruktur ten Trennverfahren wie der Nanofiltration und der
entwickelt. Auf der Innenseite der Membran Umkehrosmose.
sitzen mosaikartig angeordnete Bereiche mit un-
terschiedlicher Ladung. Diese Struktur ermöglicht
den Transport der Salzionen, hält niedermolekula-

Schematische
Darstellung des direkten
Herstellungsprozesses
von Mosaik-
Hohlfasermembranen
mit Polyelektrolyten

Institut: DWI . Projekt: IGF 18835 N


29
Gesundheit

Dauerhaft hydrophile medizinische Fasern


Additive machen Fasern und Membranen aus Polyvinylidenfluorid widerstandsfähig gegen Fouling

Polyvinylidenfluorid (PVDF) ist eines der am wei- Lösungsmittel-induzierte Phasentrennung (NIPS)


testen verbreiteten Polymere für die Herstellung hergestellt. Das Hydrophilierungskonzept basiert
von Membranen und medizinischen Fasern. PVDF auf einem einstufigen Herstellungsverfahren
ist aufgrund seiner chemischen, mechanischen durch Blending mit maßgeschneiderten, amphip-
und thermischen Stabilität ein hervorragendes hilen Polymeren.
Polymermaterial. Membranen aus diesem Poly-
mer, die für Anwendungen in wässriger Umge-
bung entwickelt wurden, leiden jedoch unter der
hydrophoben Eigenschaft von PVDF und neigen
zum Fouling. Experten vom DWI – Leibniz-Ins-
titut für Interaktive Materialien ist es gelungen,
PVDF-Membranen herzustellen, die nicht mehr
wasserabweisend, sondern hydrophil sind. Die
neuen Membranen werden durch eine Nicht-

Spinning People – Ilka Rose und Maik Tepper bei der Herstellung der PVDF-
Hohlfasermembranen zur Wasseraufbereitung

Institut: DWI . Projekt: IGF 19141 N


30
Mobilität

Recycling-Carbonfasern in Premiumprodukten
Feste und stabile Vliesstoffe für Leichtbauanwendungen und die Automobilindustrie

Recycelte Carbonfasern (rCF) werden bislang


kaum in hochwertigen neuen Produkten ein-
gesetzt. Daher haben das Sächsische Textilfor-
schungsinstitut und das Fraunhofer-Institut für
Chemische Technologien ICT eine neue Mög-
lichkeit entwickelt, um rCF künftig stärker für
hochwertige Produkte zu nutzen. Zunächst wurde
überprüft, welche Carbonfaserabfälle als Aus-
gangsmaterial für eine Vliesstoffherstellung be-
sonders geeignet sind. Wie sich zeigte, sind dies
trockene Verschnittreste, welche als Absaugreste
bei der Gelegeherstellung anfallen. Aufgrund
ihrer einheitlichen Ausgangslänge, bedingt durch
den Randbeschnitt des Geleges, stellen die Fa-
sern im Vergleich zu anderen Carbonfaserabfällen
ein homogeneres Ausgangsmaterial hinsicht-
lich Fasertyp, -schlichte und -länge dar. Bei der
Fertigung der Recyclingvliesstoffe wurde dann
insbesondere die Infiltration mittels High Pressure
Resin Transfer Molding (HP-RTM-Prozess) sowie
Nasspressverfahren (WCM-Prozess) betrachtet.
Betrachtet und bewertet wurden außerdem Vlies-
verfestigungsmethoden (Vernadelung, Maliwatt),
hinsichtlich ihrer Infiltrationsgüte und der erziel-
baren mechanischen Eigenschaften der entstan-
denen Komposite. Die eigentliche Infiltration des
Vliesstoffes erfolgte im serientauglichen Prozess
am Fraunhofer ICT. Das Projekt bietet neben der
Möglichkeit der Verwertung von Produktions-,
Verschnitt- und End-of-Life-Abfällen vor allem
auch ein kostengünstigeres Produkt. Im Vergleich
zu Primärfaserprodukten weist das Material zwar
verringerte Eigenschaften auf, für Anwendungen
bei denen die Gewichtsreduktion im Vordergrund Im HP-RTM-Verfahren hergestellte hintere Schalenstruktur
steht, bietet es jedoch ausreichende Festig- und einer Automobil-Rücksitzbank aus 100 % rCF-Nadelvlies-
Steifigkeiten sowie interessante Anwendungs- stoff und RTM-Epoxidharz.
möglichkeiten. Weiterhin wurden im Rahmen des
Projektes gemeinsam mit dem PA-Mitglied Karl
Mayer Technische Textilien GmbH sog. „Vlies-
stoffkomplexe“ entwickelt. Dabei wurden Air- zeuge für Faserverbundwerkstoffe entstanden.
layvliesstoffvarianten direkt der Wirkstelle einer Die Bildung dieses Hybridverbundes, bestehend
Wirkmaschine vom Typ Cop Max 5 zugeführt und aus Carbon-Primärfasertapes mit rCF-Vliesstof-
anschließend mit ±45°-Carbonfasertapelagen fen, führt zu höherer Steifigkeit und Festigkeit im
kombiniert, so dass multiaxial verstärkte Vlies- carbonfaserverstärkten Kunststoff aus Recycling-
stoffe aus recycelten Carbonfasern (rCF) als Halb- material.

Institut: STFI . Projekt: IGF 19192 BG


31
Produktion und Logistik

Muskeln aus Textilien


Neue Anwendungspotentiale für textile Aktoren und Steuersysteme

Verdrillte Polymergarne sind in der Lage, Wär-


meenergie in Bewegungsenergie umzuwandeln.
Durch thermische Steuerung können so Lasten
angehoben oder Strecken überwunden werden.
das Hohenstein Institut entwickelte gemäß die-
sem Prinzip funktionelle textile Muskeln. Unter-
sucht wurde dabei, inwieweit sich diese gezielt
steuern lassen. Während des Projektes ist es ge-
lungen, verschiedene Funktionsmuster mit aktiv
und passiv angesteuerten Muskeln herzustellen.
Diese könnten künftig als alternative Aktoren
beziehungsweise Steuerungssysteme für Anlagen
eingesetzt werden. Kleine und mittlere Garnher-
steller könnten sich damit neue Kundengruppen
im Maschinenbau und in der Robotertechnik
erschließen.

Verdrillte Polymergarne verschiedener Feinheiten


werden unter Belastung und Wärmeeinwirkung zu
textilen Muskeln.

Institut: HIT . Projekt: IGF 19618 N


32
Vielseitige Leichtbauplatten aus nachwachsenden Rohstoffen
Noppenwaben aus Baumwolle und Polylactid als strukturelles Material für Trennwände

Als Alternative für Spanplatten, Platten für artigen Struktur der Baumwollfasern ergibt sich
Büroräume oder Trennwände entwickelte das die schallabsorbierende Wirkung. In dem Projekt
Faserinstitut Bremen leichte und stabile Plat- wurden nicht nur die Machbarkeit des Verfah-
ten aus einem Verbund von Baumwoll- und rens, sondern verschiedene Parameter getestet,
Polylactidfasern. Diese Noppenwaben können unter anderem die optimalen Faseranteile, die
vielseitig eingesetzt werden, zum Beispiel zur Bildung einer zweidimensionalen Struktur (Flore/
Feuchtigkeitsregulation und Schallabsorption in Vliesstoffe) oder die Noppengeometrie wie zum
Räumen oder als Schicht, die die Festigkeit von Beispiel Durchmesser und Form. Je nach Anwen-
Sandwichstrukturen erhöht. Die textilen Platten dungszweck können verschiedene Noppenwa-
werden zunächst so geformt, dass auf ihrer Ober- ben-Varianten hergestellt und zum Beispiel für
fläche Noppen entstehen. Die Festigkeit ergibt die Feuchtigkeitsaufnahme, die Druckfestigkeit
sich durch die thermoplastischen Eigenschaften oder die akustischen Eigenschaften optimiert
der PLA-Fasern. Die PLA-Fasern werden aufge- werden. Auch eine Verwendung im Automobilbau
schmolzen und bilden dann beim Abkühlen eine ist denkbar.
Matrix um die Baumwollfasern. Dank der fibrillen-

Noppenwaben aus Baumwoll- und Polylactidfasern

Institut: FIBRE . Projekt: IGF 19298 N


33
Produktion und Logistik

Massenfertigung für Bauteile aus Faserverbundkunststoff


Flexibler Prozess zur Produktion von FVK aus teilimprägnierten lokal angepassten Gelegen

Propeller-Demonstrator

Am Institut für Textiltechnik (ITA) der RWTH und verringern so Prozessschritte im Lagenauf-
Aachen wurde im Forschungsprojekt „Tailored bau und Kosten im Beschichtungsprozess. Das
Prepreg“ eine Prozesskette entwickelt, die die Einbringen von lokalen Verstärkungen im textilen
Produktion von Faserverbundkunststoff-Bau- Herstellungsprozess reduziert zusätzlich den Ver-
teilen (FVK) mit Stückzahlen von bis zu 50 000 schnitt der mit Reaktionsharzen vorimprägnierten
Stück pro Jahr ermöglicht. Diese Prozesskette ist Halbzeuge (Prepregs).
besonders für kleine und mittlere Unternehmen
geeignet. Kern dieser Lösung sind lokal ange-
passte Multiaxialgelege (Tailored Non-Crimp
Fabrics (TNCF)), die passgenau auf die Endkon-
tur des Bauteils vorkonfektioniert werden. Sie
bilden die Grundlage zur materialeffizienten und
produktiven Fertigung von Preforms aus Tro-
ckenfasern. Die Gelegestrukturen sind mehrlagig

Institut: ITA . Projekt: IGF 19441 N


34
Dem Bauteilversagen keine Chance!
Erweiterung des Leistungsspektrums von Faserverbundwerkstoffen durch Selbstheilung

Es kommt bei Faserverbundkunststoffen vor,


dass eine kleine Schädigung in einem Bauteil der
Auslöser für ein Totalversagen ist. Um solchen
Schäden künftig vorzubeugen, haben Forsche-
rinnen und Forscher der Deutschen Institute
für Textil- und Faserforschung am Beispiel von
glasfaserverstärkten Kunststoffen ein System
entwickelt, das in der Lage ist, bei auftretender
Mikrorissbildung eine Selbstheilung auszulösen.
Dazu tauscht man einzelne Lagen der verwende-
ten Glasfasergewebe gegen Glashohlfasergewebe
aus. Die Hohlfasern werden zuvor mit reaktiven
Komponenten befüllt; ein Teil mit einer Mischung
aus Polyethylenglykol und Zinnkatalysator und
ein Teil mit einem Diisocyanat. Durch die räumli-
che Trennung der chemischen Komponenten sind
diese über lange Zeiträume stabil. Vermischen
sich die beiden Komponenten jedoch – zum
Beispiel aufgrund von Beschädigungen, die zum
Brechen der Hohlfasern führen – reagieren sie bei
Raumtemperatur zu einem Polyurethan. Der Riss
wird ausgefüllt, das Bauteil heilt sich selbst.

Glashohlfasergewebe mit austretenden, gefärbten


Reaktivkomponenten

Institut: DITF . Projekt: IGF 19165 N


35
Produktion und Logistik

Carbonfasern für alle


Energiesparende und kostengünstige Carbonfaserproduktion durch Niederdruckstabilisierung

Die Produktion von Carbonfasern ist heute noch litativ verbesserte, besonders homogene Fasern.
verhältnismäßig teuer, weil sie einen hohen Ener- Auch verringert sich der Energieverbrauch ge-
giebedarf hat. Der Grund dafür ist, dass für die genüber Standardverfahren um 70 Prozent. Wie
Stabilisierung (Oxidation) und die anschließende das Projekt zeigt, kann die Laboranlage bis zu
Carbonisierung der Fasern hohe Temperaturen sechs Faserbündel gleichzeitig stabilisieren. Auch
nötig sind. In Zusammenarbeit mit der Firma ein erster industrieller 50k-Präkursor, ein Bün-
centrotherm international in Blaubeuren haben del von 50 000 Filamenten, konnte mit hohem
die Deutschen Institute für Textil- und Faser- Durchsatz prozessiert werden. Die Anlage kann
forschung deshalb ein neues energiesparendes bis zu drei 50K-Präkursoren verarbeiten. Damit ist
Produktionskonzept zur Herstellung von Carbon- ein Scale-up auf industriellen Maßstab möglich.
fasern entwickelt, das mit Niederdrucktechnolo- Die neue Technologie wird die Herstellungskosten
gie arbeitet. Ein neu entwickelter Niederdruck- für Carbonfasern aus dem Standard-Rohmaterial
Stabilisierungsofen macht es erstmals möglich, Polyacrylnitril zeitnah um bis zu 40 Prozent
die Prozessatmosphäre und Wärmeabgabe exakt reduzieren und damit viele neue Anwendungen
zu steuern. Als Ergebnis erhält man nicht nur qua- erschließen.

50K-Polyacrylnitril-Präkusor
beim Auslauf aus dem
Niederdruckofen

Institut: DITF . Projekt: „VakuStab“ Förderung durch WM Baden-Württemberg


36
Smarte Werkstoffe elektromagnetisch verformen
Neue Funktionsbauteile aus faserverstärkten Elastomerverbunden für Roboter und den Fahrzeugbau

Smarte Werkstoffsysteme, die ihre Form oder


Steifigkeit durch Anregung von außen verändern
können, sind in der Industrie derzeit sehr gefragt
– beispielsweise in der Automobilproduktion,
oder im Chemie- und Anlagenbau. Solche Werk-
stoffe können beispielsweise zur Dämpfung von
Schwingungen mit unterschiedlichen oder stark
variierenden Frequenzen genutzt werden. Ein
Grund für die zögerliche industrielle Umsetzung
derartiger Systeme ist das noch unzureichende
Basiswissen zur Auslegung und Fertigung der
Materialien. Am Institut für Textilmaschinen und
Textile Hochleistungswerkstofftechnik der
TU Dresden wurden deshalb neuartige faserver-
stärkte Elastomerverbunde entwickelt, deren
Steifigkeit definiert magnetisch schaltbar und Simulation der Deformierung: Faserverstärkter
deren Form elektrisch veränderbar ist. Potenzielle magneto-adaptiver Elastomerverbund in aktiviertem Zustand
Anwendungsfelder für diese innovativen magne-
to-adaptiven Elastomerverbunde sind neuartige
Bauteile mit elektromagnetisch adaptierbarer
Steifigkeit und Formänderbarkeit. Hierzu zählen
etwa Teile für Greifelemente in (Soft)-Robotik-
Anwendungen, schwingungsdämpfende Elas-
tomerlager in Fahrzeugen oder für Ventile im
Chemie- und Anlagenbau. Diese haben gegen-
über konventionellen Systemen viele Vorteile,
etwa einen geringen Verschleiß, einen reduzier-
ten Platzbedarf sowie eine niedrigere Anzahl an
Komponenten.

Institut: ITM . Projekt: IGF 19486 BG


37
Wohnen

Schlanke Fußbodenheizung einfach verlegt


Beheizbare Stehfäden in getufteten Teppichböden

Im Winter will man es in den eigenen vier Wän- eine mit herkömmlichen Fußbodenheizungen
den gemütlich haben. Heute stellen Nutzer zu- vergleichbare Heizleistung erzielt werden. Der
nehmend höhere Ansprüche an die Behaglichkeit Demonstrator hat in allen geprüften Gebrauchsei-
und an das Heizsystem. Aus diesem Grund haben genschaften die Anforderungen erfüllt.
das TFI – Institut für Bodensysteme und das TITV
-Textilforschungsinstitut Thüringen-Vogtland eine
getuftete, textile Flächenheizung entwickelt, die
schnell und energieeffizient auf nicht konstante
Klimabedingungen in Innenräumen reagieren
kann. Als Heizelemente werden Carbonfasergar-
ne eingesetzt, die mithilfe der Stehfadentechnik
während des Tuftingprozesses direkt in die Tuf-
tingware eingearbeitet und anschließend elekt-
risch kontaktiert werden. In dem Projekt konnte

Demonstrator eines beheizbaren Teppichbodens mit


Wärmebildaufnahme

Institut: TFI | TITV . Projekt: IGF 19401 BG


38
Veranstaltungen

Auch im Jahr 2019 gab es vielfältige Veranstaltungen, die über die neuesten Entwicklungen in der Textilbran-
che informierten und auf denen Experten eigene Innovationen vor Unternehmern, Politikern und Forschern
präsentierten. Die folgenden Seiten fassen die wichtigsten Termine und Inhalte zusammen.

Anwenderforum Smart Textiles Unbefugte versuchen, die Taschen zu öffnen und


27. und 28. Februar 2019 dabei das Material zerstören. Die Firma Lunative
e-Textiles – ein Zukunftsmarkt mit riesigem Industries arbeitet an touchsensitiven Garnen, mit
Wachstumspotenzial denen man „unsichtbar eingebaut“ aus dem Textil
heraus Umgebungstechnik an- und ausschalten
Während des Anwenderforums Smart Textiles in kann. Aber auch innovative Technologien für die
Bad Waldsee wurden zum nunmehr siebten Mal Produktion smarter Textilien wurden vorgestellt.
interessierten Unternehmern und Forschern neu-
este e-textile Innovationen sowie Produktions-
und Verarbeitungstechnologien vorgestellt. Dass
Smart Textiles eine große Zukunft bevorsteht, be- FKT-Gutachtertreffen
tonte Prof. Dr. Götz T. Gresser von den Deutschen 28. März 2019
Instituten für Textil- und Faserforschung Den- Fachgruppenexperten tagen erstmals im kleinen
kendorf: So werde einer Studie zufolge zwischen Kreis
2017 und 2022 eine Verdreifachung des Umsatzes
Bislang wurden die Belange
der Fachgutachter immer im
Rahmen der Beiratssitzung
des Forschungskuratoriums
Textil (FKT) diskutiert. In die-
sem Jahr hatten die Experten
erstmals die Gelegenheit, ihre
Fragen und Diskussionspunk-
te im geschlossenen Kreis
zu erörtern. Die Runde war
sehr gut besucht. Nachdem
Johannes Diebel, Leiter der
Forschung beim FKT, einen
Der Besuch bei der Hymer Group gab eindrucksvolle Beispiele für die Ausblick auf die neue Finan-
Anwendung von intelligenten Textilien im Mobilitätssegment. zierung sowie Pläne für die
künftige Strategie des FKT
gegeben hatte, kündigte er
auf über 700 Millionen Euro erwartet. Bis 2030 einige Änderungen im Gutachterwesen an, die
könne der Umsatz in einigen Anwendungsfel- den ehrenamtlichen Experten künftig die Arbeit
dern sogar bei jährlich über vier Milliarden Euro der Vorbegutachtung erleichtern sollen. Diese
liegen. Zu den Höhepunkten der Veranstaltung Vorbewertungen geben den antragstellenden
zählten in diesem Jahr die Werksführung bei der Forschungseinrichtungen wertvolle Hinweise, um
Erwin Hymer Group sowie die Führung durch die Qualität von IGF-Anträgen zu verbessern.
das Museum des Unternehmens. Dabei wurde
mit Blick auf innovative Textilfunktionalitäten wie Darüber hinaus zeigten Vertreter aus der Indust-
Licht, Wärme, Datentransfer, Sensorik und Aktorik rie und der Forschung die Bedeutung der inter-
punktgenau über diesen Wachstumsbereich nen Vorbegutachtung für die IGF-Forschung auf.
der technischen Textilien informiert. Vorgestellt Zudem wiesen sie auf den direkten Zusammen-
wurden auch aktuelle Projekte, die verdeutlichen, hang zwischen Fachgruppenexperten sowie pro-
welches Potenzial in e-Textiles steckt: Der ehe- jektbegleitendem Ausschuss in den Forschungs-
malige Fahrradkurier und bagjack-Gründer Peter projekten hin. Die Arbeit beider Gremien greift
Brunsberg und das Sächsische Textilforschungs- direkt ineinander. Unternehmen sind eingeladen,
institut in Chemnitz haben gemeinsam Fahrradt- sich in diesem Rahmen für die Vorlaufforschung
aschen entwickelt, die Alarm auslösen, wenn einzubringen.
39
Veranstaltungen

Zum Schluss der Veranstaltung diskutierten die


Teilnehmer mögliche Verbesserungspotenziale
für ihre Arbeit und die Zukunft der Forschung.
So hatten sie am Abend noch Gelegenheit, in lo-
ckerer Runde Erfahrungen der Gutachtertätigkeit
auszutauschen. Die Diskussion war so fruchtbar,
dass entschieden wurde, diese Gesprächsrunde
nun regelmäßig ein- bis zweimal jährlich in die-
sem Rahmen stattfinden zu lassen.

Unternehmer, die Interesse an einer Mitarbeit in


der Vorbegutachtung des FKT haben, können
sich gern an uns wenden.

Kontakt Das FKT stellte in diesem Jahr Exponate


aus dem Bereich Leichtbau und
Johannes Diebel Carbonfasern auf dem Innovationstag
Telefon: 030 726220-40 Mittelstand des BMWi in Pankow aus.
[email protected]

Torsten Brüning
Telefon: 030 726220-42
[email protected]

26. Innovationstag Mittelstand des BMWi


9. Mai 2019
Steter Quell von zukunftsorientiertem
Erfindungsreichtum

Anlässlich des 26. Innovationstags Mittelstand


begrüßte das Bundesministerium für Wirtschaft
und Energie (BMWi) auf dem Freigelände der AiF
Projekt GmbH in diesem Jahr mehr als 300 Unter-
nehmen, Forschungseinrichtungen und Netzwer-
ke. Neben vielfältigen Exponaten gab es Vorträge
zu aktuellen Themen wie der kürzlich gestarteten
Transferinitiative des BMWi. Thematische Rund-
gänge, Speed Pitches, individuelle Beratungen zu
den Förderangeboten für mittelständische Un-
ternehmen sowie eine Job- und Praktikumsbörse
rundeten die Veranstaltung ab.

Das Forschungskuratorium Textil präsentierte


ausgewählte IGF-Projekte einiger angeschlos- Carbonbeton-Exponat des ITM der
sener Forschungseinrichtungen und informierte TU Dresden
über die Arbeit des Vereins. Mehrere Institute
sowie einige Unternehmen der Textilindustrie
waren ebenfalls mit eigenen Ständen vor Ort, um
Ergebnisse ihrer BMWi-geförderten Vorlauffor-
schung vorzustellen.
40
Ein großer Teil der Innovationen wurde mit ITMA-Nachlese 2019
Unterstützung der von der AiF organisierten 11. Juli 2019
vorwettbewerblichen Industriellen Gemein- Trends, Innovationen, Highlights
schaftsforschung (IGF) und des Zentralen Inno-
vationsprogramms Mittelstand (ZIM) entwickelt. Die ITMA in Barcelona ist die wichtigste Leis-
AiF-Präsident Prof. Sebastian Bauer verwies tungsschau des internationalen Textilmaschinen-
darauf, dass der Innovationstag eine ideale Platt- baus. Sie umfasst die gesamte textile Produkti-
form für den Dialog zwischen Wissenschaftlern, onskette von der Faser bis zur Konfektion textiler
Unternehmern, Politikern und der interessierten Endprodukte. Im Nachgang zu dieser Leitmesse
Öffentlichkeit sei. Er biete einen optimalen Rah- stellen die Deutschen Institute für Textil- und
men für Transfer, Vernetzung und Kooperation. Faserforschung in Denkendorf seit einigen Jahren
Ein Get-Together am Abend bot allen Teilneh- gemeinsam mit dem Forschungskuratorium
mern und Besuchern die Möglichkeit für einen Textil (FKT) die wichtigsten Trends der Messe
intensiven persönlichen Austausch. vor. In diesem Jahr präsentierten Wissenschaftler
führender deutscher Textilforschungsinstitute bei
der Nachlese wegweisende Neuerungen zu den
Themen Stapelfasertechnologie, Primärspinnen,
Workshop während der PolitFashionNight Stricken, Wirken, Weben, Spultechnik, Faserver-
5. Juni 2019 bundtechnologie, Schmaltextilien, Ausrüstung,
„Textilien ökologisch – Natürlich! Aber wie?“ Beschichtung, Vliesstoffe, Energieeffizienz und
vieles mehr. Die Nachlese bot auch Gelegenheit
Im Rahmen der PolitFashionNight, veranstaltet zur Information und zum Gedankenaustausch.
vom Gesamtverband textil+mode gemeinsam
mit der Vertretung des Landes Nordrhein-West-
falen, hat das Forschungskuratorium Textil einen
Workshop zum Thema „Textilien ökologisch – Forum Leichtbau BMWi
Natürlich! Aber wie?“ angeboten. Während des 5. September 2019
Workshops stellten Wissenschaftler der Textilfor- Große Resonanz beim 7. Forum Leichtbau des
schungsinstitute ihre Beiträge zum Thema Nach- BMWi mit dem Leitthema „Leichtbau-
haltigkeit und Ökologie vor. Am Deutschen Textil- Schwerpunkte in den Branchen“
forschungszentrum Nord-West wird zum Beispiel
an umweltfreundlicheren Varianten für Flamm- Leichtbau spielt in zahlreichen Wirtschaftszwei-
schutz bei Textilien gearbeitet. Der Fachbereich gen eine bedeutende Rolle. 2018 haben sich
Textil und Bekleidung der Hochschule Nieder- verschiedene Branchen in der AiF-Forschungsal-
rhein wiederum beschäftigt sich mit der Frage, lianz Leichtbau (FAL) zusammengeschlossen. Die
wie sich die Menge von Mikroplastik aus Textilien Mitglieder tauschen sich in der FAL intensiv über
verringern lässt. Und am Institut für Textiltechnik die unterschiedlichen Materialien aus, kooperie-
(ITA) der RWTH Aachen sowie am Thüringischen ren branchenübergreifend und verdeutlichen die
Institut für Textil- und Kunststoff-Forschung wird Bedeutung des Themas gegenüber Wirtschaft,
intensiv an verschiedenen nachhaltigen Materia- Gesellschaft und Politik. Das Forschungskura-
lien gearbeitet. torium Textil (FKT) vertritt in diesem Kreis die
Textilindustrie.

Die Workshops der PolitFashionNight führten zu


angeregten Diskussionen.
41
Veranstaltungen

Am 5. September 2019 fand das 7. Forum Leicht-


bau im Bundesministerium für Wirtschaft und
Energie statt. Ziel der Veranstaltung war es, über
die verschiedenen Leichtbau-Ziele unterschiedli-
cher Branchen zu diskutieren und sowohl Unter-
schiede als auch Synergien herauszuarbeiten. Im
Mittelpunkt standen dabei innovative Ansätze
und Leichtbaulösungen mit besonderem Trans-
ferpotenzial. Die branchen- und technologieüber-
greifende Veranstaltung „Forum Leichtbau“ des
Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie
hat sich als wichtige Dialogplattform etabliert
und dient dem technologieübergreifenden und
effizienten Wissenstransfer zwischen den ver- Das textile Fassadenelement reguliert die Licht- und
schiedenen, bundesweiten Akteuren. Das 7. Fo- Strahlungsdurchlässigkeit.
rum stand unter dem Fokus „Leichtbau-Schwer-
punkte in den Branchen“. Das Fachpublikum
setzte sich aus etwa 150 Teilnehmern zusammen; eine Textilfassade entwickelt, die nicht nur die
darunter Vertreter der Forschungslandschaft, Lichtdurchlässigkeit regulieren kann, sondern
Entscheider der Industrie und insbesondere des zusätzlich als Solarkollektor fungiert. Wie die
Mittelstandes, zahlreiche Vereine und Verbände Experten vor Ort erklärten, sind Materialien und
sowie politische Vertreter. Das FKT steuerte eini- deren Oberflächen maßgebende Elemente für
ge Exponate zum Thema Carbonbeton bei. die Ästhetik in der Architektur. So hat der For-
schungsverbund TETHOK ein Massivholz-Mo-
nofilament entwickelt. Welche großen, gestal-
terischen Freiheitsgrade dieser leistungsfähige
Arbeitskreis Technische Textilien Holz-Textil-Werkstoff hinsichtlich Form, Funktion,
15. und 16. Oktober 2019 Konstruktion und Gestaltung bietet, berichtete
Textile Innovationen im Bereich Bauen und die Projektmitarbeitern Steffi Silbermann. Welche
Wohnen weiteren Projekte im architektonischen Bereich
bereits realisiert wurden, zeigte Prof. Claudia
In diesem Jahr hat der Arbeitskreis Technische Lüling von der Frankfurter Universität für Ange-
Textilien zum zweiten Mal als europäisches wandte Wissenschaften, die sich unter anderem
Fachtreffen stattgefunden. Insgesamt kamen mit dem Einsatz von Abstandstextilien in der
Teilnehmer aus zwölf Ländern nach Frankfurt am formvollendeten Architekturkunst befasst. Auch
Main, um sich über neue und innovative Produkte, die Nachhaltigkeit war während des Fachtreffens
Prozesse und Forschungsergebnisse zum Thema ein großes Thema. Aspekte waren rohstoffspa-
Bauen und Architektur zu informieren. Was ist rende textile Gebäudehüllen und textiler Abfall.
heute bereits möglich und verfügbar? Was wird David Schmelzeisen vom Institut für Textiltechnik
für zukünftige Bau- und Wohnprojekte benötigt? der RWTH Aachen und Vaida Jonaitiene von der
Wie setzt man BUILDTECH-Produkte und -Pro- Kaunas University of Technology erläuterten in
zesse ein? Was sind die Herausforderungen bei Vorträgen, welches Recycling-Potential Textilien
Infrastrukturvorhaben und beim Wohnungsbau wirklich haben.
der Zukunft? Auf diese Fragen gab es spannende
Antworten: Experten aus dem Bereich Architek-
tur zeigten innovative textile Lösungen für den
Leichtbau, Baukunst und räumliche Struktur- Mitgliederversammlung
prinzipien. Wie Pinguin-Federn und Eisbärhaare 26. November 2019
zu Konzepten für Wärmedämmung inspirieren textil+mode und FKT tagen gemeinsam im
können, erklärte Urszula Stachewicz von der AGH Hotel de Rome
University of Science and Technology in Krakau.
Dr. Klaus Jansen, Geschäftsführer des Tudalit e. V., Im Rahmen der Jahrestagung des Gesamtverban-
referierte zu den neuesten Erkenntnissen im des textil+mode fand auch in diesem Jahr wieder
Bereich Textilbeton. Und am Forschungsinstitut die Mitgliederversammlung des Forschungsku-
Hohenstein wurde in einem Konsortialprojekt ratoriums Textil statt. Zwei prominente Gäste
42
waren eingeladen: Armin Laschet, Ministerpräsi-
dent des Landes Nordrhein-Westfalen sicherte in
seiner Rede eine Diskussion im Kreis der Länder
über das Brennstoffemissionshandelsgesetz zu
und sprach von einem Klimapaket mit Maß und
Mitte. Der scheidende EU-Haushaltskommissar Johannes Diebel und Robert Peters berichten über
Günther H. Oettinger warnte vor einem Abstieg die spannendsten Erkenntnisse aus der
der europäischen Industrie im globalen Wettbe- Zukunftsstudie Perspektiven 2035.
werb mit China und den USA. Er rief die deutsche
Wirtschaft, insbesondere auch die mittelständi-
sche Industrie, dazu auf, sich stärker als bisher der ins Gespräch kommen. Partnerland der Kon-
an gesellschaftlichen Debatten zu beteiligen. ferenz, die in diesem Jahr in Dresden stattfand,
Pünktlich zur Tagung wurde der aktuelle For- war Großbritannien. Zu den wichtigen Themen
schungsradar vorgestellt. Regelmäßig informiert zählten Digitalisierung, Industrie 4.0, Künstliche
das Forschungskuratorium Textil darin über Intelligenz, Maschinelles Lernen, Taktiles Internet
geplante und laufende IGF-Forschungsprojekte. und Nachhaltigkeit. Diese wurden in zahlreichen,
Interessierten Unternehmern wird damit die spannenden Vorträgen beleuchtet.
Möglichkeit gegeben, sich in projektbegleitenden
Ausschüssen zu engagieren und so zielorientiert Neben Vertretern von mittelständischen Unter-
und effizient an den IGF-Projekten mitzuwirken nehmen waren in diesem Jahr Experten großer
und auf diese Weise zeitnah und direkt von den Marktführer dabei – etwa von Boeing, Bosch,
Ergebnissen der Forschung zu profitieren. Nähere Daimler, Rollys Royce oder auch Siemens – denn
Informationen siehe Seite 8. letztlich bieten Hochleistungstextilien für alle
Branchen innovative Lösungen. Überhaupt ist
die Konferenz ein Branchentreffen mit starkem
Industriebezug. Dazu gab es an beiden Tagen der
Konferenz erstmals Vorträge in vier parallelen
Sessions mit besonderem Industriebezug.

Zu den Höhepunkten gehörte am ersten Veran-


staltungstag die Transfersession „Best-Practices:
Transfer – Von der Idee bis zur Praxis“, die sich in-
zwischen fest etabliert hat und vom Forschungs-
kuratorium Textil organisiert wird. Hier stehen
jährlich Präsentationen aktueller Innovationen
– beispielsweise von Produkten, Technologien
und Verfahren – im Fokus, die aus Forschungs-
kooperationen, insbesondere über IGF/ZIM,
sowie durch Start-ups den Schritt in die Industrie
geschafft haben. Ein besonderes Highlight war
der Keynote-Vortrag von Carmen Heidecke und
Mitgliederversammlung 2019: Prof. Gresser, Leiter des Sabine Maass aus dem Bundeswirtschaftsminis-
ITV an den DITF Denkendorf im Gespräch mit Frau terium „Von der Idee zum Markterfolg - Program-
Neumann, Präsidentin textil+mode. me für einen innovativen Mittelstand“, der neue
maßgeschneiderte Fördermöglichkeiten neben
den bekannten Förderschienen IGF und ZIM prä-
Aachen-Dresden-Denkendorf sentierte. Wie es am Tagungsstandort Dresden
International Textile Conference Tradition ist, wurden am zweiten Veranstaltungs-
28. und 29. November 2019 tag wieder aktuelle Faserstoff-, Material- und
Diskussionen und Vorträge zu den Megatrends Produktentwicklungen für Schutz-, Funktionstex-
Neue Materialien und Digitalisierung tilien und textile Membranen vorgestellt. In die-
sem Jahr handelte es sich hierbei um intelligente
Die Textilkonferenz ADD-ITC bietet alljährlich Funktionstextilien mit integrierter Sensorik und
eine Plattform, auf der Experten verschiedener Aktorik sowie textile Membranen für Hightech-
Branchen, der Forschung und Industrie miteinan- Anwendungen.
43
Mitglieder des Forschungskuratoriums Textil

Vorsitzender: Franz-Jürgen Kümpers


Stellvertreter: Prof. Dr. Holger Erth
Dr. Frauke Susanne Hänsch
Michael Kamm
Stefan Ruholl
Geschäftsführendes
Vorstandsmitglied: Dr. Uwe Mazura

Ordentliche Mitglieder

Fachverbände: Branchenverband Plauener Spitze und Stickereien | BVMed - Bundesverband


Medizintechnologie | GermanFashion - Modeverband Deutschland | Gesamtverband der Deut-
schen Maschenindustrie | Industrieverband Veredlung - Garne - Gewebe - Technische Textilien
| Verband der Deutschen Heimtextilien-Industrie

Landesverbände: Verband der Bayerischen Textil- und Bekleidungsindustrie | Verband der


Nord-Ostdeutschen Textil- und Bekleidungsindustrie | Verband der Nord-Westdeutschen
Textil- und Bekleidungsindustrie | Verband der Rheinischen Textil- und Bekleidungsindustrie
| Verband der Südwestdeutschen Textil- und Bekleidungsindustrie | Verband der Textil- und
Bekleidungsindustrie von Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland

Gesamtverband der deutschen Textil- und Modeindustrie

Außerordentliche Mitglieder
Fachverband Textilmaschinen im VDMA | Wirtex e. V. | Industrievereinigung Chemiefaser e. V.
| Textilforschungseinrichtungen

IMPRESSUM
Herausgeber:
Forschungskuratorium Textil e. V.
Reinhardtstraße 14 - 16
10117 Berlin
Telefon: +49 30 726220-40
[email protected]
www.textilforschung.de

Verantwortlich:
Johannes Diebel | Leiter Forschung Forschungskuratorium Textil e. V.

Copyright 2020:
Forschungskuratorium Textil e. V., Berlin
44
16 Textilforschungsinstitute unter dem Dach des FKT

Deutsche Institute für Textil- und Faserforschung, Denkendorf DITF


Institut für Textil- und Verfahrenstechnik -ITV
Institut für Textilchemie und Chemiefasern -ITCF
Zentrum für Management Research -MR

Deutsches Textilforschungszentrum Nord-West gGmbH, Krefeld DTNW

DWI — Leibniz-Institut für Interaktive Materialien, Aachen DWI

Faserinstitut Bremen e. V. FIBRE

Hohenstein Institut für Textilinnovation gGmbH, Bönnigheim HIT

Hochschule Niederrhein, FB Textil- und Bekleidungstechnik, Mönchengladbach FTB

Institut für Textiltechnik der RWTH Aachen ITA

Institut für Textilmaschinen und Textile Hochleistungswerkstofftechnik, TU Dresden ITM

Kiwa GmbH TBU, Greven KIWA

Sächsisches Textilforschungsinstitut e. V., Chemnitz STFI

TFI – Institut für Bodensysteme an der RWTH Aachen e. V. TFI

Thüringisches Institut für Textil- und Kunststoff-Forschung e. V., Rudolstadt TITK

Textilforschungsinstitut Thüringen-Vogtland e. V., Greiz TITV

wfk - Cleaning Technology Institute e. V., Krefeld wfk

Zur Forschungsdatenbank des FKT Zu den Forschungskompetenzen der Institute

Bildquellen
Titel: © Steffen Beikirch, TITK | S. 3: © textil+mode | S. 4: © FKT | S. 9: © STFI | S. 10: PureField Ultra - © TFI; Fußballplatz
- © Morton Extrusionstechnik GmbH (MET) | S. 11: WATSon - © HIT; Trommeltrockner - © Lavatec | S. 12: © mezzo-forte
Streichinstrumente, Werther | S. 13: Passformanprobe - © FTB; Klebvlies - © TITV | S. 14: e-textiles (l. u.) - © ITA; LED-
Paillette + Fadenmaterial - © TITV | S. 15: © Ines Escherich, STFI | S. 16: Metallfraktionen - © Wolfgang Schmidt, STFI; Filt-
rationskaskade - © FTB | S. 17: Prof. Dr. Bendt - © FTB ; Piktogramm - © HIT | S. 20: © Klaus Opwis, DTNW | S. 21: © DITF |
S. 22: © Klaus Opwis, DTNW | S. 23: © Peter Adrian - stock.adobe.com | S. 24: © FTB | S. 25: © Daniele Depascale -
stock.adobe.com | S. 26: © iStockPhoto - Henrik5000 | S. 27: © CanStockPhoto/focalpoint | S. 28: © ITM | S. 29: © DWI |
S. 30: © Yassin Eminoglu und Maik Tepper | S. 31: © STFI | S. 32: © HIT | S. 33: © FIBRE | S. 34: © ITA | S. 35 + 36: © DITF |
S. 37: © ITM | S. 38: © TFI, E3D - Institut für Energieeffizientes Bauen | S. 39: © Hymer GmbH & Co. KG | S. 40: © Torsten
Brüning, FKT | S. 41: © textil+mode | S. 42: © HIT | S. 43: Mitgliederversammlung - © textil+mode; ADD International Textile
Conference - © FKT

45
www.textilforschung.de

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