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Krank nach Zeckenstich: Die


chronisch-persistierende Borreliose

„Die chronische Borreliose – das Krankheitsbild und einige seiner Chroni- Psychische Symptome des Frühstadiums:
fizierungsfaktoren“ lautete der Titel des wissenschaftlichen Vortrags von Die psychischen Frühsymptome sind meist noch mild ausgeprägt. Oft treten
Dr. Petra Hopf-Seidel bei der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für sie als depressive Verstimmung und Schlafstörungen nur kurz nach der
Umwelt-Zahnmedizin in Frankenthal, den die Referentin KZV aktuell zur Infektion auf, im Zusammenhang mit den grippeähnlichen Beschwerden.
Verfügung stellte. Eine Zusammenfassung lesen Sie in dieser und der
nächsten Ausgabe von KZV aktuell, bearbeitet von Dorothea Tilger. Im ers- Kognitive Störungen:
ten Teil geht es um die zahlreichen Symptome, die auf eine Borreliose- Diese fehlen in der Regel zu diesem Zeitpunkt meist noch völlig.
Erkrankung hinweisen. Der zweite Teil wird sich mit Diagnostik und Thera-
pie befassen und die zahnmedizinischen Aspekte verdeutlichen. Klinische Symptome des chronischen Stadiums:
• bleierne Müdigkeit
Die Zahl der Borreliose-Neuinfizierten in Deutschland steigt. Nach Kranken- • Erschöpfung
kassenangaben waren es im Jahr 2009 rund 800.000 mit Erythema migrans • Infektanfälligkeit
(EM; Wanderröte) und damit elf Prozent mehr im Vergleich zum Vorjahr. • Schlafstörungen
Allerdings: Nur jede zweite Neuinfektion geht mit einem EM einher. • springende Gelenkschmerzen
• kognitive und psychische Störungen
Eine Infektion mit Borrelien erfolgt meist nach einer mindestens achtstün-
digen Saugzeit der Zecke – es gibt aber auch Infektionen nach wesentlich Chronische Symptome des ZNS:
kürzerer Zeckenkontaktzeit. Die Zeckenmännchen sind schwarz und über- • häufige Kopfschmerzen, diffus, halbseitig oder kappenförmig
tragen keine Borrelien. Eine Übertragung auch durch andere Insekten mit wechselnder Lokalisation
– etwa Bremsen – ist kasuistisch belegt. • Schulter-Nacken-Schmerzen mit starkem Druckgefühl im Nacken
• Schwindelgefühle
Die Symptome in der Frühphase einer Borrelieninfektion: • Benommenheit und „Nebel“ beim Denken und in der Wahrnehmung
Dem Zeckenkontakt folgen ein bis zwei Wochen später grippeähnliche der Umwelt
Symptome mit oder ohne Erythema migrans, mit oder ohne Fieber, mit
oder ohne Gliederschmerzen, mit großer Erschöpfung, d. h. Änderung des
Allgemeinbefindens, oder auch keinerlei klinische Symptome (sogenanntes
„stummes Stadium“).

Neurologische Symptome des Frühstadiums:


• Kopfschmerzen (diffus, halbseitig, stirnbetont)
• Nacken-/Schulterschmerzen (Meningismus)
• Sensibilitätsstörungen an der Einstichstelle der Zecke mit Dysästhesien
(Brennen, Ziehen, Kribbeln) mit und ohne Erythema-migrans-Entwicklung

Hirnnervenstörungen:
Alle Hirnnervenstörungen sind meist nur mild ausgeprägt, mit Ausnahme
folgender Hirnnerven:
• HN 3 (Augensymptome)
• HN 5 (Gesichtsschmerz)
• HN 7 (Facialisparese!)
• HN 8 (Gleichgewicht und Ohrensymptome)
Sind Hirnnerven bei einer Borreliose beteiligt, wird dies bei geringer Irrita-
tion nur durch eine gründliche neurologische Untersuchung aufgedeckt.

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KZV aktuell RLP Mai 2011
Wissenschaft

Nur Zeckenweibchen übertragen Borrelien. Ein Zeckengelege.

Kognitive Störungen: Psychische Symptome der chronischen Borreliose:


• Sprachstörungen mit häufigen „Versprechern“ und der Wahl Psychische Veränderungen:
falscher Worte • Stimmungsschwankungen (meist Depressivität)
• Wortfindungsstörung (v. a. für Personennamen) • Angst, Panik, Zwänge
• Legasthenie-ähnliche Schreibstörung und häufiges Falschschreiben • Aggressivität und Gereiztheit
(v. a. am PC häufige Buchstabenverwechslungen) • Hyperaktivität (Verwechslungsgefahr mit ADHS bei Kindern)
• Beeinträchtigungen von Kurzzeitgedächtnis, Konzentration, • sozialer Rückzug
Orientierung („Pseudodemenz“) • Schlafstörungen (mit Alpträumen)
• Unfähigkeit, zu lesen und zu lernen, aufgrund einer Störung
der Auffassung und des Merkens Typische Symptome der Haut bei der Borreliose:
• fehlende Ausdauer für geistiges Arbeiten Frühsymptom:
Erythema migrans (EM), aber es können auch Rezidive auftreten z. B. wäh-
Das Bannwarth-Syndrom: rend einer Antibiose oder eines Borrelioseschubes an der ursprünglichen
Synonym: Lymphozytäre Meningo-Polyradikulitis- oder Garin-Bujadoux- Einstichstelle oder auch an anderen Körperstellen. Ein EM kann auch mul-
Bannwarth-Syndrom. Durch eine borrelienbedingte Entzündung der Nerven- tilokulär auftreten.
wurzeln im Intrathekalraum kommt es v. a. nachts zu starken Schmerzen
im Früh- oder Spätstadium. Der Liquor ist akut meist entzündlich verän- Spätsymptom:
dert. Acrodermatitis chronica atrophicans (ACA). Die ACA verläuft in drei Stadien:
I Stadium maculosum mit schuppenden Exanthemata
a) Meningeale Symptome (kraniale Form; Kopfschmerzen, Nackensteife ohne II Stadium infiltrativum mit Schwellungen der Akren
Hirnnervenausfälle) III Stadium atrophicans mit sogenannter Zigarettenpapierhaut, oft bei
b) Craniokaudale Form (Extremitätenschmerzen und Hirnnervenausfälle) einem Krankheitsschub.
c) Die häufigste und am meisten verkannte Form ist die reine Extremitäten-
form mit nachts betonten heftigen ziehenden, reißenden Wirbelsäulen- Symptome von Kopf und Gesicht:
schmerzen und mit einer Brachialgie/Ischialgie wie bei einem zervikalen • „Haarspitzenkatarrh“, Haarausfall
oder lumbalen Bandscheibenvorfall. • sensible Reiz-und Missempfindungen an der Kopfhaut oder im Gesicht
• Kiefergelenks-/Zahnschmerzen
Unterscheidbar vom Bandscheibenvorfall durch: • Kopfschmerzen (häufig)
• Schmerzzunahme im Liegen, v. a. nachts • Tinnitus, Hörverlust
• Nichtansprechen auf die üblichen Antirheumatika • Schwindel (häufig)
• Verschlechterung nach Kortisongaben (oral oder i. m.) • Gleichgewichtsstörungen (häufig)
• CT und/oder NMR ohne erklärende Auffälligkeiten
Augensymptome:
Neurologische Symptome der chronischen Borreliose: • rezidivierende Entzündungen an allen Abschnitten des Auges wie
Sensible Missempfindungen einzelner Körperteile oder des gesamten Kör- Bindehaut, Hornhaut und Netzhaut sowie des Sehnervs
pers wie Cave: Verwechslungsgefahr mit MS!
• Dysästhesien (Kribbelparästhesien, Brennschmerzen, Taubheitsgefühle • Augenmuskelentzündungen, teilweise mit Lähmungen (Doppelbilder!)
und „Ameisenlaufen“ unter/auf der Haut, meist ohne erkennbare und Schmerzen beim Bewegen der Augen
Hautveränderung) • Mouches volantes
• „Elektrisieren“ und „Fließgefühle“ in der Haut und auf der Kopfhaut in
wechselnder Lokalisation und Intensität Symptome in und an der Brust:
• Juckreiz am Körper, lokalisiert oder generalisiert ohne sichtbare • hartnäckiger Hustenreiz ohne Auswurf
Hautveränderung • Rippenansatzschmerzen („Wundschmerz“)

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KZV aktuell RLP Mai 2011
Eine Nymphe am Augenlid. Ein Erythema migrans am Oberarm. Fotos: Heidi Polack

• Druck auf der Brust, besonders hinter dem Brustbein Symptome der Muskulatur:
• Atemnot mit Kurzatmigkeit bei geringer körperlicher Belastung • diffuse spontane Schmerzen in der Muskulatur („Muskelkater“) mit
wie Treppensteigen oder ohne Muskelenzymerhöhungen (CK, LDH)
• plötzlich einschießende, heftige Muskelschmerzen wie „Messerstiche“,
Herzsymptome: z. B. in den Oberschenkeln mit dadurch bedingter Fallneigung
• Herzrhythmusstörungen (Tachykardien, Extrasystolen, Arrhythmien) • (tage)lang anhaltende muskuläre Erschöpfung und Schmerzen nach nur
• Herzklopfen (Palpitationen) geringer körperlicher Belastung (Hinweis auf sekundäre metabolische
• AV-Block, Rechtsschenkelblock (meist vorübergehend) Mitochondropathie)
• neu auftretender erhöhter Blutdruck, oft nur diastolisch
• Myokarditis ohne oder mit (kleinem) Perikarderguss Urogenitale Symptome:
• Libidoverminderung bis zum Libidoverlust
Symptome des Bauchraumes: • Blasen-/Harnröhrenbrennen ohne Bakteriennachweis
• neu auftretende (mäßige) Leberwerterhöhungen • Blasenentleerungsstörungen (Urge-Symptomatik, Inkontinenz)
• Alkoholunverträglichkeit • sehr häufiges Wasserlassen tagsüber von oft nur sehr kleinen
• Blähungen, Darmkrämpfe Urinmengen (Pollakisurie) und auch nachts (Nykturie)
• Magendruck Cave: bei Kleinkindern Einnässen
• Nahrungsmittelunverträglichkeit
• Allergien
• Stuhlunregelmäßigkeiten („Colon irritabile“)

Symptome an den Extremitäten:


• multilokuläre, springende, meist nachts betonte belastungsunabhän- Die Autorin
gige Schmerzen in den großen Gelenken (Hüften, Sprunggelenke, Knie, Dr. Petra Hopf-Seidel ist Fachärztin für Neurologie, Psychiatrie und Allge-
Ellenbogen, Schultern, Handgelenke) meinmedizin in Ansbach.
• rezidivierende Finger-, Zehen- und Vorfußschwellungen
Aber: Rheumafaktor, Blutbild, CCP, CRP sind im Normbereich trotz der Nach dem Studium der Humanmedizin von 1973 bis 1979 in Würzburg
rheumaähnlichen Beschwerden und an der FU Berlin erfolgte nach Abschluss der Promotion 1980 zu-
• nachts betonte Fersen- und Schienbeinschmerzen nächst eine chirurgische Assistenzzeit. Eine dreieinhalbjährige Familien-
• schmerzhafte oder auch schmerzlose Ergussbildung pause schloss sich an, die aufgrund einer Auslandstätigkeit ihres Ehe-
- in den Knien (häufig) mannes in Malaysia verbracht wurde. Nach der Rückkehr erfolgte
- in der Hüfte während der Tätigkeit als Assistenzärztin am BKH Ansbach die Weiterbil-
- in den Ellenbogen (selten) dung zur Fachärztin für Allgemeinmedizin und anschließend auch für
- in den kleinen Gelenken Neurologie und Psychiatrie.
- „Gelenkeknacken“ (altersunabhängig)
Die Kliniktätigkeit wurde fortgesetzt bis 1993; und danach war Frau Hopf-
Symptome an den Sehnen: Seidel in Ansbach in einer kassenärztlichen Einzelpraxis bis 2004 nieder-
Entzündungen, Schwellungen und Schmerzen gelassen. Seitdem führt sie eine Privatpraxis für Neurologie und Psychia-
• an den Achillessehnen trie und beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit Patienten, die chronisch
• den Unterarmsehnen („Tennisarm“) an Borreliose erkrankt sind.
• den Fußsohlenfaszien (morgendliche „Einlaufschmerzen“)
• Engpass-Syndrome wie z. B. das Carpaltunnelsyndrom (CTS) Frau Hopf-Seidel ist Mitglied der Deutschen Borreliose-Gesellschaft (DBG)
• Sehnenspontanrupturen, v. a. der Achillessehnen und der Patellarsehnen sowie des Deutschen Berufsverbandes der Umweltmediziner (dbu).
• schnellender Finger („Digitus saltans“)

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KZV aktuell RLP Mai 2011
Wissenschaft

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Krank nach Zeckenstich:


Die chronisch-persistierende
Borreliose
Im ersten Teil unserer Wissenschaftsserie (KZV aktuell, Ausgabe Mai
2011) beschäftigte sich die Autorin Dr. Petra Hopf-Seidel mit den umfang-
reichen Symptomen, die auf eine Borrelieninfektion hindeuten. Im zwei-
ten und letzten Teil, bearbeitet von Dorothea Tilger, geht es um Diagnostik
und Therapie. Wir verweisen an dieser Stelle auch auf die Leitlinien
der Deutschen Borreliose-Gesellschaft e. V., die Sie unter der Internetad-
resse www.borreliose-gesellschaft.de finden.

Fragen zur Risikoabschätzung,


ob eine Borrelieninfektion erfolgt sein könnte
• Gab es einen Aufenthalt im Freien (Wald, Wiese, eigener Garten,
Flussufer)?
• Bestand Kontakt mit Haus- oder Wildtieren (z. B. Katzen, Hunde, Igel,
Mäuse, Pferde, Rehe)?
• Hatte sich eine Zecke am Körper festgesaugt? Wie groß war sie?
Hatte sie sechs oder acht Beine (Lupe der Zeckenscheckkarte
verwenden)?
• War die Zecke vollgesogen?
• Wie viele Stunden war sie am Körper festgesaugt (bei weniger als acht
Stunden ist das Infektionsrisiko geringer)?
• Hat sich die Haut an der Einstichstelle verändert?
• Trat eine lokale Reaktion auf (Juckreiz, Schwellung, Rötung)?
• Bestand Juckreiz oder Brennschmerz für mehrere Tage, eventuell auch
eine Gefühlsstörung wie Taubheit oder Überempfindlichkeit als
Vorzeichen eines sich entwickelnden Erythema migrans ?
• Entwickelte sich eine Rötung, die größer wurde (Wanderröte =
Erythema migrans (EM)) mit zentraler Abblassung? Sofort oder erst
nach Tagen, Wochen oder Monaten? Oder auch an anderer Körperstelle
als der Einstichstelle?

Verschiedene Formen einer Wanderröte als sicheres


Infektionszeichen nach einer Borrelieninfektion
Eine Wanderröte tritt meist an der Einstichstelle auf, kann sich aber auch
an jedem beliebigen anderen Körperteil entwickeln, z. B. zwischen den
Zehen, am Haaransatz, hinter den Ohren, in der Achsel, in der Leiste, in
der Kniekehle … Auch ein bläulich-rotes Lymphozytom am Ohrläppchen
(vor allem bei Kindern), am Brustwarzenhof oder am Hodensack ist ein
sicheres Infektionszeichen.

Fotos: Heidi Polack

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KZV aktuell RLP Juni /Juli 2011
Bitte beachten: Nur bei ca. 50 Prozent aller Borrelieninfektionen tritt über- vegetative Symptome wie nächtliche Schweißausbrüche, „Grippesymptome“,
haupt eine Wanderröte auf! Herzrhythmusstörungen u. v. m., wie in Teil 1 in KZV aktuell Mai 2011 be-
schrieben).
Wichtige Fragen zur Risikoabschätzung
in der Frühphase der Borrelieninfektion Sinnvolle Diagnostik im Frühstadium
• Traten grippeähnliche Symptome ca. ein bis zwei Wochen nach der Borrelieninfektion
dem Zeckenkontakt auf (mit und ohne Fieber, mit Gliederschmerzen, Ab dem zehnten Tag nach dem Zeckenstich kann ein Borrelien-Lymphozy-
mit großer Erschöpfung, mit einem schweren Krankheitsgefühl, tentransformationstest (LTT) veranlasst werden, der als erstes serologisches
aber ohne Schnupfensymptomatik)? Testverfahren positiv wird (für gesetzlich krankenversicherte Patienten als
• Hat sich seit dem Zeckenkontakt das Allgemeinbefinden irgendwie individuelle Gesundheitsleistung (IGeL-Leistung)).
verändert?
• Dauern seit dem Zeckenstich banale Infekte länger als vorher, Es ist darauf zu achten, dass das Blut noch am Tag der Blutabnahme zur
vor allem Nasennebenhöhleninfektionen? Post gebracht wird oder direkt per Botendienst ins Labor, da es schnell
• Werden Impfungen, Narkosen schlechter vertragen als früher? bearbeitet werden muss.

Bitte beachten: Auch völliges Wohlbefinden und fehlende Hautveränderun- Frühestens vier Wochen nach der Infektion können Borrelien-IgM-Antikörper
gen sprechen nicht gegen eine erfolgte Infektion! im Serum nachgewiesen werden, nach ca. sechs Wochen erst IgG-Anti-
körper. Eine Antikörperbestimmung gleich zum Zeitpunkt der Infektion
Sinnvolle Maßnahmen im Frühstadium und in den ersten vier Wochen danach kann also nur überprüfen, ob zuvor
der Borrelieninfektion schon einmal eine Borrelieninfektion stattgefunden hat.
Wird eine am Körper festgesaugte Zecke entdeckt, sollte sie möglich
schnell und sachgerecht entfernt und die Einstichstelle danach gründlich Ein Immuno-/Western-Blot sollte aber immer mitbestimmt werden, da nur
desinfiziert werden. Anschließend kann man noch eine Tetracyclinsalbe er die borrelienspezifischen Banden nachweisen kann, die infektionsbe-
auftragen. Die Einstichstelle sollte zur Dokumentation mit der festgesaug- stätigend sind, vor allem das OspC im IgM-Blot und das VlsE im IgG-Blot
ten Zecke fotografiert werden (wichtig, falls keine Antikörperentwicklung (Spezifität: ca. 99 Prozent).
stattfindet).
Die sogenannte Zweistufendiagnostik, also den Immunoblot nur als Bestä-
Nach einem Stich kann die Zecke zu einer PCR-Untersuchung auf Borrelien- tigungstest durchzuführen, wenn Borrelien-Antikörper schon nachweisbar
DNA in ein Labor eingesandt werden oder mit einem Zeckenschnelltest zu sind, ist abzulehnen, da auch bei negativem AK-Status der sensitivere
Hause untersucht werden (denn „nur“ ca. 30 Prozent aller Zecken in Immunoblot eine Infektion nachweisen kann. Es sollte deshalb immer ein
Deutschland sind mit Borrelien und sogar nur 0,5 bis fünf Prozent mit Immunoblot durchgeführt werden.
FSME-Viren infiziert). Wenn nachgewiesen wurde, dass die Zecke mit
Borrelien infiziert war, empfiehlt sich eine mindestens zehntägige Einnah- Sinnvolle Maßnahmen im Frühstadium
me von Doxycyclin (2 x 200 mg) oder Amoxicillin (3 x 1.000 mg). Sinnvoll ist der Borrelieninfektion
auch das Anlegen eines Beschwerdetagebuches, in das alle körperlichen Eine antibiotische Behandlung sollte m. E. immer begonnen werden, wenn sich
Veränderungen und Besonderheiten ab dem Zeitpunkt des Zeckenkontaktes • ein Erythema migrans (Wanderröte) zeigt und/oder
eingetragen werden sollten (z. B. Hautveränderungen, Gelenkschmerzen, • die PCR-Untersuchung der Zecke positiv für Borrelien-DNA ist und die
neue kognitive Störungen wie Gedächtnis- oder Schreibschwierigkeiten, Saugzeit der Zecke mehrere Stunden betrug.

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KZV aktuell RLP Juni /Juli 2011
Wissenschaft

Eine antibiotische Behandlung sollte auch stets dann begonnen werden, Co-Infektionen mit anderen Bakterien, Viren, bei Schwermetallbelastun-
wenn (auch ohne EM!) das LTT- Ergebnis positiv ist. gen oder einer immunsuppressiven Behandlung wegen einer anderen
Erkrankung).
Aber: Ein geeignetes Antibiotikum muss hoch genug dosiert mindestens
30 Tage lang verordnet werden! Die antibiotische Erstbehandlung sollte erfolgen mit Zellwandsynthese-
hemmenden Antibiotika wie den Betalaktam-Antibiotika (z. B. Amoxicillin)
Nur eine intensive antibiotische Behandlung in der Frühphase der Infektion oder Ceftriaxon i. v. (vor allem bei schwerwiegenden neurologischen oder
kann das Entstehen einer chronischen Verlaufsform verhindern, vor allem kardialen Symptomen) oder mit Tetracyclinen wie Doxycyclin oder Mino-
wenn der Infizierte nicht ganz immunkompetent ist (z. B. bei bestehenden cyclin. Alternativ ist auch der Einsatz von Azithromycin möglich, denn in
der Frühphase der Infektion liegen die Borrelien noch einige Zeit als
teilungsfähige mobile Spirochäten im Blut vor, die nach ihrer Querteilung
(nur alle zehn bis 24 Stunden) ihre Zellwände wieder neu aufbauen müs-
sen. Gleichzeitig wandern sie aktiv in alle Körpergewebe, vor allem in
Endothel-, Blut- und Gliazellen, Muskel- und Sehnenzellen sowie in den
Liquorraum ein.

Die bekannten Lebensformen von Borrelia burgdorferi


Es gibt die teilungsfähige Spirochäte im Blut (nur kurz nach der Infektion)
sowie die Dauerformen (L-Formen oder „stealth pathogens“ ohne Zell-
wand) und intrazelluläre Lebensformen (Granula, Blebs).

Die Krankheitsstadien der Borreliose


• Stadium 1, Frühborreliose: lokalisiertes Frühstadium (EM) oder
„stummes Stadium“ ohne Symptome nach der Borreliendissemination
• Stadium 2 von undefinierter Länge (Wochen bis Jahre) ohne Symptome
oder mit nur wenigen Beschwerden
• Stadium 3, die chronisch-persistierende Borreliose, ist wie folgt
definiert: Eine chronisch-persistierende Borreliose ist klinisch
gekennzeichnet durch das Vorhandensein einer typischen Kombination
von Symptomen aus mehreren Organbereichen und einem ständigen
Krankheitsgefühl sowie einer starken Erschöpfung und Müdigkeit,
die erst nach einem Zeckenstich begonnen haben.

Fotos: Heidi Polack

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KZV aktuell RLP Juni /Juli 2011
Nachweis der chronisch-persistierenden Zu beachten ist: Es gibt bei Immuninkompetenten auch seronegative Ver-
Borreliose durch Labormethoden läufe ohne jede AK-Bildung (ca. 20 Prozent aller Infizierten). Entscheidend
Man findet: sind deshalb immer die Anamnese und die klinische Symptomatik, denn
• erhöhte Borrelien-IgM und IgG-Antikörpertiter (Nachweis einer Borreliose ist primär eine klinische Diagnose.
sogenannten Serokonversion) und/oder
• spezifische Immunoblot-Banden (z. B. OspC, VlsE, p 39, p 18, p 100, p Therapieempfehlungen für die
22/23 u. a.) und/oder chronisch-persistierende Borreliose
• einen positiven Borrelien-LTT/Elispot • Möglichst nur intrazellulär und intrazerebral wirksame Antibiotika
einsetzen, für mindestens vier Wochen, wie z. B. Minocyclin
Der Borreliennachweis kann auch erfolgen durch (2 x 100 mg, langsam aufdosieren) oder bei überwiegend
• einen positiven Liquorbefund (zu erwarten bei akuter Neuroborreliose muskulos-skelettalen Symptomen Clarithromycin (2 x 500 mg),
mit neurologischen Defiziten wie z. B. bei Facialisparese) oder jeweils in Kombination mit Quensyl 200 mg täglich oder zweitäglich
• einen positiven PCR-Befund aus Hautbiopsien oder Gelenkflüssigkeit, • Vor Beginn der Antibiose LTT-Kontrolle und vier bis sechs Wochen
Blut oder Urin, womit trotz sehr hoher Spezifität aber nur eine ca. danach wieder zur Überprüfung des Therapieerfolges
50-prozentige Sensitivität erreichbar ist, oder
• Dunkelfeldmikroskopie mit Nachbeobachtung bis zum Zellzerfall
(drei bis fünf Tage).

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Welche klinischen Symptome sind verdächtig für eine chronisch-
persistierende Borreliose?
Zusammengestellt von Frau Dr. med. Petra Hopf-Seidel, Ansbach

Der Verdacht auf das Vorliegen einer chronisch-persistierenden Borreliose sollte sich
immer dann ergeben, wenn über einige (in der Regel mehr als drei) der folgenden
Symptome geklagt wird:

 ausgeprägte und lang anhaltende Erschöpfung und Müdigkeit ohne vorherige


körperliche Beanspruchung
 starke Schmerzen in verschiedenen Gelenken sowie Nacken- und
Rückenschmerzen in wechselnder Lokalisation, die auch ohne spezifische
Behandlung wieder verschwinden
 heftige, meist diffuse, aber auch kappen- oder ringförmige Kopfschmerzen,
"Haarspitzenkatarrh" mit Schmerzen beim Haarekämmen
 meist einseitige Rachen- und Zungengrundschmerzen
 immer wieder rezidivierende und oft lange nicht ausheilende
Nasennebenhöhlen-Infektionen mit Schleimhautschwellungen
 schmerzlose oder schmerzhafte Lymphknotenschwellungen am Hals und
Nacken, unter den Achseln und in den Leisten
 Muskelschmerzen und Muskelkrämpfe am ganzen Körper ohne vorherige
körperliche Beanspruchung
 Schmerzen an Sehnen und Bändern: Am häufigsten sind
Achillessehnenschmerzen, ein "Tennisarm" oder "Golfarm", ein
Karpaltunnelsyndrom, "springende" Finger oder Fußsohlenschmerzen mit
morgendlichem Anlaufschmerz
 Sehnen(teil)abrisse ohne dafür adäquates Trauma bzw. spontan auftretend
 Schienbein- und Fersenbeinschmerzen (vor allem nachts im Liegen)
 "Wundschmerzen" der Rippenansätze im Brustbeinbereich und am unteren
Rippenbogen, oft verbunden mit dem Gefühl eines verminderten
Atemvolumens und eines Druckes auf dem Brustkorb
 Brennschmerzen der Haut und/oder Taubheitsgefühle, die diffus am ganzen
Körper auftreten oder auf einzelne Hautbereiche beschränkt sind
 "Elektrisieren" und/oder Spontanzuckungen der Muskeln verschiedener
Körperregionen
 plötzlich einschießende starke Schmerzen in der Muskulatur wie "bei einem
Messerstich", die aber in ihrer Lokalisation ständig wechseln
 attackenartiges, vorzugsweise nachts auftretendes Herzrasen ohne jede
körperliche Anstrengung
 Veränderung eines vorher normotonen Blutdruckes auf hypertone Werte,
wobei meist der diastolische Wert über 90 mm Hg ansteigt
 Irritationen der Hirnnerven sind häufig. Am häufigsten zeigt sich im
Frühstadium der Erkrankung eine Facialisparese, im chronischen Stadium
aber können mehrere der 12 Hirnnerven gleichzeitig betroffen sein
 Funktionsstörungen der Augen, wie z. B. Augenmuskelschmerzen, leichte
Doppelbilder, Lidschwäche, Akkomodationsstörungen, Pupillenstörungen,
häufige Augenentzündungen mit Augenbrennen, Trockenheits- sowie
Fremdkörpergefühl
 Funktionsstörungen der Ohren mit Hörsturz, Tinnitus, Schwindel und
Gleichgewichtsstörungen
Mit freundlicher Genehmigung von Frau Dr. Hopf-Seidel 1
 Störungen des Geruchs und Geschmacks
 Bannwarth-Syndrom (nachts betonte, stark brennende und ziehende
Schmerzen in meist nur einem Bein oder Arm)
 vegetative Störungen wie gestörtes Temperaturempfinden mit oft
ausgeprägtem Frieren, heftige, überwiegend nächtliche Schweißausbrüche,
die aber auch tagsüber "schubweise wie im Klimakterium" bei Männern
ebenso wie bei Frauen auftreten können oder am Nachmittag auftretende
"Glühwangen" ohne Fieber
 sexuelle Funktionsstörungen wie Libidoverlust, Menstruationsstörungen,
Erektionsstörungen und Brust-(drüsen)schmerzen
 urologische Störungen wie Brennschmerzen der Blase und Schmerzen des
Hodens ohne Nachweis von Bakterien im Urin, sehr häufiges Wasserlassen,
Harninkontinenz, Leistenschmerzen ohne organischen Befund
 gastro-intestinale Beschwerden wie Magenschmerzen, Blähungen, Völlegfühl,
Stuhlunregelmäßigkeiten, Appetitverlust, neu auftretende Laktose- oder
andere Nahrungsmittelunverträglichkeiten
 Stoffwechselveränderungen wie Übersäuerung, neu auftretende
Cholesterinerhöhungen, Alkoholunverträglichkeit
 Schilddrüsenfunktionsstörungen (meist Unterfunktion mit TPO-
Autoantikörpern, die sog. Hashimoto-Thyreoiditis)
 Störung des Serotoninstoffwechsels mit Gereiztheit, Panikattacken,
Angstzuständen, latenter Aggressivität, Wutanfällen, ausgeprägten
depressiven Stimmungsschwankungen und emotionaler Labilität
 schwerwiegende, lang anhaltende Schlafstörungen, oft mit Albträumen
 Besonders bei Kindern zu beobachten: Aufmerksamkeitsstörungen und
motorische Unruhe mit der Folge von Lernschwierigkeiten ("ADHS"),
Gereiztheit, Streitsucht und Aggressivität
 selten: schwere psychische Veränderungen wie Psychosen,
Zwangssymptome, manisch-depressive Stimmungsschwankungen,
Irritierbarkeit und Aggressivität bis zum Kontrollverlust
 kognitive Störungen wie z. B. Nachlassen des Kurzzeitgedächtnisses,
Konzentrationsstörungen, erhöhte Ablenkbarkeit, Aufmerksamkeitsstörungen
und Minderung der Lernfähigkeit und Auffassung
 in schweren Fällen: Orientierungsstörungen und starken Gedächtniseinbußen
wie bei M. Alzheimer. aber auch Wahnvorstellungen und Halluzinationen
 Häufige Hautveränderungen sind das Erythema migrans (Wanderröte) und
seltener das Lymphocytom
 Seltene Hautveränderungen sind die sog. Zigarettenpapierhaut (bei
Acrodermatitis chronica atrophicans)
 Diffuser Haarausfall (meist bei Frauen) sowie Nagelwachstumsstörungen mit
Brüchigkeit und Rillenbildung

Mit freundlicher Genehmigung von Frau Dr. Hopf-Seidel 2


Zecken – Borreliose: Zunehmende Bedeutung der Koinfektionen

Zecken-Borreliose:
Zunehmende Bedeutung der Koinfektionen
Ticks-Lyme disease: Increasing importance of coinfections

von Armin Schwarzbach

Zusammenfassung Summary
Zecken können bei einem Zeckenstich neben Ticks are able to transmit many infections in
den Borrelien-Bakterien („Lyme-Borreliose“) und addition to the bacterium Borrelia burgdorferi
den FSME-Viren noch weitere Krankheitserreger (“Lyme disease”) and FSME-Virus on humans
auf den Menschen übertragen. Deshalb sprechen during a tick bite. Therefore specialists are tal-
Spezialisten zunehmend von Zecken-übertra- king more and more about tick-borne diseases
genen Erkrankungen bzw. Koinfektionen. In Eu- or coinfections. Ehrlichia/Anaplasma, Babesia,
ropa sind bislang neben den Borrelien folgende Rickettsia and Bartonella are already known as
weitere Erreger als von Zecken auf den Menschen tick-borne disease in Europe. These bacteria are
übertragbar bekannt: Ehrlichien/Anaplasmen, different from each other and can cause additio-
Babesien, Rickettsien und Bartonellen. Diese Er- nal symptoms or Lyme disease overlapping sym-
reger sind alle unterschiedliche Bakterienarten ptoms in the case of a Lyme patient (“multiple
und können zusätzliche oder mit einer Borreliose infections”).
überlappende Beschwerden bei Borreliose-Kran-
ken verursachen („Mischinfektionen“). Lyme patients suffer from non-tick-borne infec-
tions very often, like Chlamydia or Mycoplasma,
Auffällig häufig werden bei Borreliose-Patienten which are responsible for some symptoms as well.
auch nicht in Zecken vorhandene Erregerarten, Medical doctors should know about the possibili-
insbesondere Chlamydien und Mykoplasmen, ties of coinfections because the choice of an anti-
gefunden, die ebenfalls zum Beschwerdebild bei- biotic therapy should be according to the bacte-
tragen. Bedeutsam ist für den Arzt die Kenntnis rial constellation. The decision for an antibiotic
der Koerreger, da sich eine antibiotische Therapie strategy needs an overview about the symptoms of
nach der Erreger-Konstellation richtet. Wichtig patients in correlation with the laboratory results
für die antibiotische Entscheidungsfindung sind for the different bacteria.
die Beschwerden des Patienten in Zusammen-
hang mit den Laborergebnissen für die einzelnen
Erreger.

1 Einleitung 300 Erkrankungen pro Jahr in Deutschland nicht ins


Gewicht.
Es ist weitgehend bekannt, dass Zecken (Abbildung
1) Infektionskrankheiten übertragen können. Meist Weitgehend unterschätzt werden die Risiken, die von
wird jedoch nur von der FSME-Infektion (Frühsom- Borreliosen und anderen Koinfektionen im Rahmen
mer-Meningoenzephalitis) geredet. Gegen diese ge- eines Zeckenstiches ausgehen können. Gegen diese
fährliche Erkrankung gibt es einen wirksamen Impf- Infektionen gibt es bislang keinen wirksamen Impf-
schutz, und sie fällt zahlenmäßig mit lediglich etwa schutz und es wird empfohlen, im Falle eines Stichs

Jahrbuch der Baumpflege 2011 273

Kapitel_4_215_286.indd 273 26.04.11 09:24


4  Wissenschaftliche Kurzberichte

bei Patienten mit Koinfektionen ist anders, als wenn


jede Infektion einzeln bestehen würde.

Bezüglich den bei einer Borrelien-Infektion mög-


lichen Beschwerden wie „Wanderröte“ (Abbildung
2) oder Gelenkentzündunden verweise ich auf den
Artikel „Zecken-Borreliose: Schützen, Erkennen und
ganzheitlich behandeln“ (Schwarzbach 2010).

Im Folgenden sollen stichpunktartig die wichtigsten


bakteriellen Koinfektionen und deren diagnostische
sowie therapeutische Möglichkeiten vorgestellt wer-
den.

2 Koinfektionen
2.1 Ehrlichien/Anaplasmen

Beschwerden: (Inkubationszeit, also Zeitspanne von


der Übertragung der Erreger bis zum Ausbruch der
Beschwerden: Tage bis 4 Wochen):
Häufig: Muskelschmerzen, Fieber, chronische Kopf-
Abbildung 1: Zecke auf der Haut schmerzen (grippeähnliche Symptome)
(Foto www.baxter.de) Selten: Gelenkschmerzen, Leberfunktions-Störung,
Verminderung der Leukozyten (weiße Blutkörper-
chen) und Thrombozyten (Blutplättchen)
Erreger: Ehrlichia chaffeensis, Anaplasma phago-
cytophilum (gram-negative Bakterien, obligat intra-
zellulär in Granulozyten)
Übertragung: Ixodes ricinus („Holzbock“)
Wirtsspektrum: Wild-, Haus-, Nutztiere, Mensch
Risikofaktoren: ältere Menschen, schwere Grund­
erkrankungen, Immunsuppression

Labor-Diagnostik:
Ehrlichia-Elispot-LTT
(Lymphozyten-Transformationstest)
Ehrlichien-PCR im Vollblut (EDTA-Blut)
Abbildung 2: Wanderröte Erreger-Nachweis im Giemsa-Blutausstrich
Antikörper auf Ehrlichien-IgM und Ehrlichien-IgG
durch eine infizierte Zecke zeitnah Sofortmaßnah-
men zur Vorbeugung (Prophylaxe) durch einen Arzt Antibiotika-Therapie:
(i. d. R. spezielle Antibiotika) einzuleiten. Eine Ko­ •• Makrolide (Azithromycin, Clarythromycin)
infektion führt zu einer komplizierteren Erkrankung, •• Tetracycline (Doxycylin, Minocyclin)
einer größeren Bandbreite von Symptomen und einer •• Gyrasehemmer (Ciprofloxacin, Levofloxacin)
länger dauernden Genesungszeit, als wenn nur eine •• Rifampicin
Infektion alleine vorhanden wäre. Das Krankheitsbild

274 Jahrbuch der Baumpflege 2011

Kapitel_4_215_286.indd 274 26.04.11 09:24


Zecken – Borreliose: Zunehmende Bedeutung der Koinfektionen

2.2 Babesien

Beschwerden (Inkubationszeit 5 Tage bis 9 Wochen):


Häufig: Schwitzen (besonders nachts), Nackenstei-
figkeit, Erschöpfung besonders bei Anstrengungen,
muskuläres Schwächegefühl, Muskelschmerzen, mi-
gräneartige Kopfschmerzen besonders im Nacken-
und Hinterkopfbereich, Schwindel, emotionale Labi-
lität (Angstzustände, Panikattacken, Depressionen)
Selten: Übelkeit, Erbrechen, Appetitlosigkeit, hämoly-
tische Anämie (Blutarmut), Verminderung der Leuko-
zyten (weiße Blutkörperchen) und der Thrombozyten
(Blutplättchen), Erhöhung der Leberwerte, rötlicher
Urin, Fieber bis 40 °C, Schüttelfrost, Leber- und/oder Abbildung 3: Bartonellen-Infektion der Haut
Milzvergrößerung, Blut-Gerinnungsstörungen (Hyper­-
koagulopathien), Bauchschmerzen, „Stumpfsinnig- merksamkeitsstörungen, Schwindel, Ängstlichkeit,
keit“, Ängstlichkeit, Gelenkschmerzen, Nierenversa- schmerzhafte Fußsohlen (besonders morgens), Au-
gen, Luftnot, Gefühl eines „schwebenden“ Ganges, genbeschwerden (Unscharfsehen, gerötete Augen,
Lymphknoten-Schwellungen trockene Augen, Lichtempfindlichkeit), Tinnitus (Ohr-
Erreger: Babesia microti, Babesia divergens geräusche), Schluckbeschwerden, neurologische Be-
Übertragung: Ixodes ricinus, Bluttransfusionen schwerden (Brennschmerzen, Kribbeln, Taubheitsge-
Wirtsspektrum: Wild-, Haus-, Nutztiere, Mensch fühle), Brustschmerzen, Herzklopfen, Kurzatmigkeit
Risikofaktoren: Splenektomie (entfernte Milz), HIV, Selten: Schüttelfrost, Lymphknotenschwellungen
Immunsuppression (besonders Nacken- und Achselbereiche), Ruhelosig-
keit, Wutausbrüche oder Depressionen, Verwirrtheit,
Labor-Diagnostik: Magenschleimhautentzündung, Darmbeschwerden,
Babesien-PCR im Blut Hautknoten an den Extremitäten,
Blutausstrich: Direktnachweis Schwere Verläufe: Herzinnenhaut-Entzündung,
Antikörper auf Babesien-IgM und Babesien-IgG Augeninnenhaut-Entzündung, Epileptische Anfälle,
Hirnhautentzündung, Leber- und Milzvergrößerung
Therapie: Erreger: Bartonella henselae/Bartonella quintana
•• Clindamycin (gram-negativ, fakultativ intrazellulär in Endothel-
•• Malarone 250/200 mg 1x/die zellen/Erythrozyten)
•• Malarone junior 65/25 mg 1x/die Übertragung: Katzen-Kratzwunden, Ixodes ricinus
•• Atovaquon 750 mg 2x/die Risikofaktoren: Immunsuppression
•• Lariam 250 mg
Labor-Diagnostik:
PCR auf Bartonellen im Blut
2.3 Bartonellen (Katzenkratzfieber) Histologie (Gewebeproben) auf Bartonellen
Antikörper auf Bartonella henselae-IgM und Barto-
Beschwerden (Inkubationszeit 3 bis 38 Tage): nella henselae-IgG
Häufig: Kopfschmerzen (besonders Stirnbereich), Elevated vascular endothelial growth factor (VEGF)
Müdigkeit/Erschöpfung, Muskelzittern, Muskelzu- nur selten erhöht, aber dann Aktivitätsmarker für
ckungen und Muskelkrämpfe, Hautstreifen (Abbil- Therapie-Monitoring
dung 3), Gelenkbeschwerden, Schlaflosigkeit (be-
sonders beim Einschlafen), grippeähnliches Gefühl Antibiotika-Therapie:
mit teilweise geringem Fieber (besonders morgens •• Makrolide (Azithromycin, Clarythromycin)
und spätnachmittags), Konzentrations- und Auf- •• Tetracycline/Doxycyclin

Jahrbuch der Baumpflege 2011 275

Kapitel_4_215_286.indd 275 26.04.11 09:24


4  Wissenschaftliche Kurzberichte

•• Gyrasehemmer (Ciprofloxacin, Levofloxacin) Assoziationen: u. a. Morbus Alzheimer, Demenz,


•• Rifampicin Multiple Sklerose, Morbus Parkinson, Arthrose (z. B.
•• Cephalosporine/Cefotaxim Hüft-, Knie-, Fingergelenke), Fibromyalgie, Rheuma,
•• Chinolone Karpaltunnel-Syndrom, „Tennisellenbogen“, chro-
nisches Müdigkeits-Syndrom (CFS), Prostatapro-
bleme, Herzinfarkte, Schlaganfälle, Gefäßwandver-
2.4 Rickettsien kalkung, chronische Bronchitis/Asthma, Erythema
nodosum (Hautrötung), Autismus
Beschwerden (Inkubationszeit 5 bis 7 Tage): Erreger: Chlamydophila pneumoniae
Häufig: Fieber, Muskelbeschwerden, Entzündung der (gram-negatives Bakterium, intrazellulär)
Lymphbahnen, Hautrötungen Übertragung: Tröpfcheninfektion (aerogen),
Selten (ca. 13 %): Herzbeutel- und Herzmuskel- Mensch-zu-Mensch, Zecken?
Entzündung, Nierenfunktions-Einschränkung, Lun- Prävalenz (Häufigkeit des Vorkommens):
gen-Entzündung, Gehirn-Entzündung, Magen-Darm- 50–100 % der Erwachsenen
Blutungen, Blutarmut, Leber-Entzündung, Muskelbe- Risikofaktoren: Immunsuppression
schwerden
Erreger: Rickettsia conori, R. rickettsii, R. helvetica, Labor-Diagnostik:
R. slovaca, R. prowazekii (nicht gram-färbbar, obli- Chlamydia pneumoniae-Elispot-LTT
gat intrazellulär in Endothelzellen) (Lymphozyten-Transformationstest)
Übertragung/Wirtsspektrum: Nagetiere, Hunde, PCR (Polymerase-Ketten-Reaktion) auf Chlamydia
Mensch, Ixodes ricinus pneumoniae im Sputum/Rachensekret/Blut
Antikörper auf Chlamydia pneumoniae-IgA und
Labor-Diagnostik: Chlamydia pneumoniae-IgG
PCR auf Rickettsien im Blut
Antikörper auf Rickettsia-IgM und Rickettsia-IgG Antibiotika-Therapie:
•• Makrolide (Azithromycin, Clarythromycin)
Antibiotika-Therapie: •• Doxycylin
•• Doxycyclin/Tetrazyklin •• Makrolide (Azithromycin, Clarythromycin)
•• Ciprofloxacin
•• Chloramphenicol
•• Erythromycin (Kinder) 2.6 Chlamydophila (Chlamydia)
trachomatis
2.5 Chlamydophila (Chlamydia) Beschwerden:
pneumoniae Häufig: Entzündung Genitalbereich, Sterilität,
Harnröhren-Entzündung, Gelenkentzündungen/
Beschwerden: Gelenkschwellungen (Abbildung 4), Sehnenscheiden-
Häufig: Müdigkeit, Gelenkschmerzen, Muskel- Entzündungen
schmerzen, Muskelschwäche, Kopfschmerzen, Schlaf- Selten: akute Bindehaut-Entzündung („Schwimm-
störungen, Husten(reiz), leichte Verschleimung, badkonjunktivitis“), Lymphknoten-Schwellung
Halsschmerzen, Heiserkeit, Kurzatmigkeit, Nasenne- (Lymphogranuloma venereum)
benhöhlen-Entzündungen, Sehnenscheiden-Entzün- Erreger: Chlamydophila trachomatis
dungen, Nervenentzündungen (Kribbeln, Taubheits- (gram-negativ, intrazellulär)
gefühle, Brennschmerzen) Übertragung: sexuell, Mensch-zu-Mensch, Zecken?
Selten: atypische Pneumonie (Lungenentzündung), Risikofaktoren: Immunsuppression
Hirnhautentzündung, Herzmuskelentzündung, Ge-
lenkschwellung Labor-Diagnostik:
Chlamydia trachomatis-Elispot-LTT

276 Jahrbuch der Baumpflege 2011

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Zecken – Borreliose: Zunehmende Bedeutung der Koinfektionen

Übertragung: Tröpfcheninfektion (aerogen),


Mensch-zu-Mensch, Zecken?
Risikofaktoren: Immunsuppression

Labor-Diagnostik:
PCR auf Mycoplasma pneumoniae im Sputum/
Rachensekret/Blut
Antikörper auf Mykoplasma pneumoniae-IgM,
Mykoplasma pneumoniae-IgA und Mycoplasma
pneumoniae-IgG

Antibiotika-Therapie:
•• Makrolide (Azithromycin, Clarythromycin)
Abbildung 4: Chlamydien-Infektion Knie links •• Doxycyclin
•• Levofloxacin, Ciprofloxacin
(Lymphozyten-Transformationstest)
PCR auf Chlamydia trachomatis im Urin/Urogenital-
Abstrich
Antikörper auf Chlamydia trachomatis-IgA und Chla- 3 Bedeutung der Koinfektionen
mydia trachomatis-IgG und Ausblick
Antibiotika-Therapie: Grundsätzlich können Zecken neben den Borreliose-
•• Makrolide (Azithromycin, Clarythromycin) Bakterien mit mehreren Infektions-Erregern ver-
•• Doxycyclin seucht sein und diese gemeinsam oder auch einzeln
•• Tetrazykline auf den Menschen übertragen. In diesem Sinne spricht
•• Levofloxacin, Ciprofloxain, Moxifloxacin man von Zecken-übertragenen Erkrankungen.
•• Sexualpartner grundsätzlich mitbehandeln (da
sexuell übertragbar)! Borreliose-Kranke können sich aber auch bereits
vor einer Infektion mit Borrelien mit einem oder
mehreren weiteren Krankheits-Erregern außerhalb
2.7 Mykoplasmen des Zeckenstiches infiziert haben (z. B. Chlamdia
pneumoniae, Chlamydia trachomatis, Mycoplas-
Beschwerden: ma pneumoniae). Diese Erreger können sich dann
Häufig: Müdigkeit (100 %), Gelenkschmerzen, Mus- wieder stark vermehren, wenn das Immunsystem z. B.
kelschmerzen, Muskelschwäche, Kopfschmerzen, wegen Stressoren, Immundefiziten oder der Borrelio-
Schlafstörungen, Husten(reiz), leichte Verschlei- se-Erkrankung selbst geschwächt ist.
mung, Halsschmerzen, Heiserkeit, Kurzatmigkeit,
Nasennebenhöhlen-Entzündungen, Sehnenscheiden- Diese Koinfektionen erschweren die Diagnose und die
Entzündungen, Nervenentzündungen (Kribbeln, Behandlung, da sie oft ein komplexeres Krankheits-
Taubheitsgefühle, Brennschmerzen) bild der Beschwerden bewirken. Die Erreger neben den
Selten: atypische Pneumonie (Lungenentzündung), Borrelien verursachen zum Teil eigene Beschwerden
Gelenkschwellung, Ängstlichkeit, emotionale Labili- beim Patienten, zum Teil aber auch „überlappende“
tät, Konzentrations-, Aufmerksamkeits- und Gedächt- Beschwerden untereinander. Dabei sind die Organe
nisstörungen, Verwirrtheit stärker in Mitleidenschaft gezogen, das Immunsystem
Assoziationen: u. a. Chronic Fatigue Syndrome wird noch mehr beansprucht und die Krankheitserre-
(CFS), „Gulf War Syndrome“, Autismus ger sind schwieriger und vor allem zielgerichteter zu
Erreger: Mycoplasma pneumoniae/fermentans bekämpfen.
(gram-positiv, intrazellulär)

Jahrbuch der Baumpflege 2011 277

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4  Wissenschaftliche Kurzberichte

Ohne eine genaue Kenntnis der möglichen Koinfekti- Mittels moderner Labortestungen im Blut, wie Anti-
onen kann keine richtige, zielgerichtete antibiotische körper-Untersuchungen und Lymphozyten-Transfor-
Therapie-Entscheidung gefällt werden. Denn wie in mations-Testen (LTT); auf verschiedene Bakterien-
den Erreger-Übersichten im Kapitel 3 dargestellt, sind Arten und den daraus resultierenden pathologischen
nicht alle Koerreger auf die bei Borreliose-Therapien Laborergebnissen zeigt sich teilweise eine Ursa-
gängigen Antibiotika empfindlich. Dementsprechend chenfindung für Erkrankungsbilder wie Demenz,
gibt es in den evidence-based Leitlinien der ILADS Multiple Sklerose, Rheuma, Fibromyalgie, Arthrose,
(Burrascano 2008) auf die Erreger abgestimmte Anti- Chronisches Erschöpfungs-Syndrom oder auch De-
biotika-Schemata mit unterschiedlichen Antibiotika. pressionen. Sind über die Labortestungen Hinweise
auf Zecken-übertragbare Bakterien als Ursache dieser
Der behandelnde Arzt muss vorab wissen, dass der Erkrankungen gegeben, eröffnen sich über antibi-
Koerreger in einzelnen Fällen der für die Beschwer- otische Behandlungen Therapie-Optionen und Hei-
den tatsächlich verantwortliche Erreger ist und nicht lungschancen für diese Patientengruppen.
das Vorliegen einer Borrelien-Infektion: So verur-
sachen z. B. Chlamydien Beschwerdebilder wie Mor- Es ist davon auszugehen, dass in naher Zukunft noch
bus Alzheimer, Demenz, rheumatische Beschwerden, weitere Bakterien und Viren entdeckt werden, die von
Multiple Sklerose, Fibromyalgie, chronisches Müdig- Zecken übertragen werden und beim Menschen Be-
keits-Syndrom (CFS), Herzinfarkte, Schlaganfälle, Ge- schwerden verursachen können.
fäßentzündungen, Sehstörungen sowie Gelenk- und
Muskelbeschwerden.

Es kann sich aber in einigen Fällen auch um so ge- Literatur


nannte „Mischinfektionen“ mit zwei oder mehreren Burrascano, J. J. JR., M. D., 2008: Advance Topics in Lyme Disease.
Erregern handeln, die ähnliche oder noch zusätzliche International Lyme and Associated Diseases Society, 16th Edi-
Beschwerden über die Borreliose-Erkrankung hinaus- tion.
gehend verursachen. Eine Borrelien-Infektion könnte Friedman, H.; Yamamoto, Y.; Bendinelli, M, 2004: Chlamydia pneu-
monia: Infection and Disease, 286 S.
bereits antibiotisch erfolgreich behandelt worden Hopf-Seidel, P., 2008: Krank nach Zeckenstich – Borreliose erken-
sein, allerdings wurde der Koerreger noch nicht durch nen und wirksam behandeln, 320 S.
das ausgewählte Antibiotikum bekämpft. Dies würde Schwarzbach, A., 2010: Zecken-Borreliose: Schützen, Erkennen und
ganzheitlich Behandeln. In: Dujesiefken, D. (Hrsg): Jahrbuch
zur Besserung eines Teils der Beschwerden führen. der Baumpflege 2010, Verlag Haymarket Media, Braunschweig,
Allerdings würden die Beschwerden des noch nicht 132–143.
behandelten Erregers fortbestehen. Deshalb muss der Singleton, K. B., 2008: The Lyme Disease Solution. 523 S.
behandelnde Arzt schon vor der Entscheidung für ein Valentine-Thona, E. et al., 2006: A Novel lymphocyte transformation
test for Lyme borreliosis. Diagnostic Microbiology and Infec-
Antibiotikum bzw. für mehrere Anti­biotika genau wis- tious Diseases. Volume 57, Issue 1, 27–34.
sen, welche Erreger er neben den Borrelien zu behan- Von Baehr, V. et al., 2007: Untersuchungen zur diagnostischen Wer-
deln hat. Dies erfolgt mittels einer exakten Anamnese tigkeit des Lymphozytentransformationstestes bei Patienten mit
Borreliose. J. Lab. Med. 31 (3), 149–158.
(Erfragen) der Beschwerden des Patienten und den
dann erhobenen pathologischen (krankhaften) La-
borwerten in Zusammenschau mit den Beschwerden.

278 Jahrbuch der Baumpflege 2011

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Zecken – Borreliose: Zunehmende Bedeutung der Koinfektionen

Autor

Dr. med. Armin Schwarzbach studierte Humanme-


dizin mit anschließender Promotion an der Universi-
tät Mainz mit der Entwicklung des ersten weltweiten
Radioimmunoassay für humanes Gastric inhibitory
polypeptide. Die Facharztanerkennung zum Laborarzt
erfolgte im Jahr 1997. Seit dem 1.10.2006 ist er als Mit-
begründer gemeinsam mit Dr. med. Carsten Nicolaus
im Borreliose Centrum Augsburg als Geschäftsführer
und Laborleiter tätig. Der Tätigkeitsschwerpunkt von
Schwarzbach liegt in der infektiologisch-zellulären
Abklärung von Borreliose-Infektionen und weiterer
Zecken-übertragener Erkrankungen (Koinfektionen).
Schwarzbach ist Mitglied der Deutschen Borreliose-
Gesellschaft e.V., Mitglied der International Lyme and
Associated Diseases Society (ILADS)/USA sowie Mit-
glied der Deutschen Gesellschaft für Klinische Che-
mie und Laboratoriumsmedizin. Schwarzbach wurde
2010 zum Vorsitzenden des Labor- und des internatio-
nalen Ausschusses der ILADS/USA ernannt.

Dr. med.
Armin Schwarzbach
Laborfacharzt
Borreliose Centrum Augsburg
Morellstraße 33
86159 Augsburg
Tel. (08 21) 4 55 47 10
[email protected]

Jahrbuch der Baumpflege 2011 279

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MedRID-Foundation Dezember 2007
MEDICAL RESEARCH BY INDEPENDENT DOCTORS

a
Stellungnahme der MedRID-Foundation in der Fachkontroverse
betreffend Diagnostik und Therapie bei Erkrankung an Borreliose

Ausgangslage: Diagnose und Therapie der Borreliosen, ihrer Spätformen und ihrer
Begleitkrankheiten werden unter Fachleuten nach wie vor kontrovers diskutiert. International
kommen verschiedene Ärztegesellschaften je unter Berufung auf wissenschaftliche Studien
("evidence based") zu widersprüchlichen Diagnose- und Behandlungsrichtlinien. Ein Konsens ist
derzeit nicht absehbar. Die meisten Fachexperten nehmen klar eine der zwei widersprüchlichen
Positionen ein und sind damit als Gutachter in dieser Streitfrage befangen.

Das heisst: Wenn vor diesem Hintergrund eine Versicherung dennoch einen Gutachter einsetzt
um abzuklären, ob der vom behandelnden Arzt gewählte Ansatz der richtige sei, so kommt dies
dem Versuch gleich, den Arzt bezüglich Diagnose- und Therapie-Ansatz auf die der Versicherung
genehmere Richtung zu verpflichten.
Auch das Argument, der Behandlungsansatz X sei „wirtschaftlicher“ als der Behandlungsansatz Y,
ist irreführend. Denn beim jetzigen Stand der Kontroverse und beim immer noch bestehenden
Mangel an echten Langzeitdaten ist völlig offen, welcher Ansatz letztlich die Allgemeinheit teurer zu
stehen kommen wird (z.B. durch Arbeitsunfähigkeit, Invalidität oder Betreuungsbedürftigkeit des
Patienten infolge einer „ wirtschaftlicheren “ Behandlung).

Also gilt:
– In diesem Spannungsfeld hat der einzelne behandelnde Arzt seine Ausrichtung in
Diagnostik und Therapie nach bestem Wissen und Gewissen selber festzulegen.
– Leitlinien oder Empfehlungen von Fachgesellschaften entbinden ihn nicht von
individueller Abklärung und Einschätzung.
– Der Patient seinerseits muss die Möglichkeit haben, sich frei den Arzt seines Vertrauens
auszuwählen.
– Die Versicherung hat diese Wahl des Patienten zu respektieren. Sie darf weder ihn noch
den behandelnden Arzt in die von ihr bevorzugte Richtung drängen.

Details: siehe "Erläuterungen zur Stellungnahme der MedRID-Foundation"

a) Die MedRID-Foundation ist eine 2001 gegründete Schweizer Stiftung zur Förderung klinisch-naturwissenschaftlicher
Forschung durch unabhängige Ärztinnen und Ärzte in freier Praxis ( www.medrid.ch )

1
Erläuterungen
zur Stellungnahme der MedRID-Foundation in der Fachkontroverse betreffend Diagnostik und
Therapie bei Erkrankung an Borreliose

1. Zwei Lager
In der international heftig geführten Kontroverse über Diagnostik und Therapie der Lyme-
Borreliose ist die Fachwelt in zwei Lager gespalten. Vereinfacht formuliert:
Das Lager A Das Lager B
vertritt im Wesentlichen die Ansicht, es sei vertritt im Wesentlichen die Ansicht, es sei leicht an
schwierig an Borreliose zu erkranken jedoch Borreliose zu erkranken jedoch schwierig sie zu
leicht sie zu behandeln und sie verursache nur behandeln und sie verursache häufig chronische
selten chronische Schäden: „ hard to catch, Schäden:„ easy to catch, hard to cure and often
easy to halt and rarely causes chronic causes chronic damage“. Unter den Exponenten
damage“ . Unter den Exponenten dieser Linie dieser Linie finden sich:
finden sich:

BARBOUR Alan G, COYLE Patricia K., BACH Gregory, BELLOVIN Sabra, BOCK Kenneth,
DATTWYLER Raymond J, DENNIS David T, BOCK Steven, BRANSFIELD Robert C,
FISH Durland, KLEMPNER Mark S, LUFT BURRASCANO Joseph, CAMERON Daniel J, GAITO
Benjamin J, NADELMAN Robert B, PERSING Andrea, HOROWITZ Richard, LIEBOWITZ Michael R,
David H, RAHN Daniel W, RUSH Thomas J, LIEGNER Kenneth B, MEER-SCHERRER Laurence,
SHAPIRO Eugene D, STEERE Allen C, PHILLIPS Steven, RAXLEN Bernard, SHERR Virginia,
WORMSER Gary P. SMITH H, STRICKER Raphael B.

Aus ihnen rekrutierten sich die Autoren der Aus ihnen rekrutierten sich die Autoren der Guidelines b
Guidelines a für Diagnose und Therapie der für Diagnose und Therapie der Lyme-Borreliose der
Lyme-Borreliose der Infectious Diseases Society International Lyme and Associated Diseases Society
of America (IDSA). (ILADS).

Die Schweizer Gesellschaft für Infektiologie In der Schweiz vertreten – zumindest öffentlich - erst
(Swiss Society for Infectiology, SSI) hat für ihre wenige Ärztinnen und Ärzte diese "Linie B"
Borreliose-Guidelines weitgehend diese "Linie A"
der IDSA und die Richtlinien der US Centers for
Disease Control (CDC) übernommen c.

a) IDSA-Guidelines www.guidelines.gov
b) ILADS-Guidelines www.guidelines.gov
c) SSI-Guidelines

2
2. UNTERSCHIEDLICHE GESAMTEINSCHÄTZUNG DER BORRELIOSE
Argumente A Argumente B

Übertragen werden Borrelien durch Zecken. Übertragung durch Zecken ist nur die bekannteste
Ansteckungsart aber nicht die einzige. Andere
Vektoren und Übertragung über sexuelle Kontakte sind
ungenügend erforscht.

Borreliose ist ein relativ harmloses Leiden mit Borreliose ist oft ein schweres, progredient und in
klar definierter Symptomatik Schübern verlaufendes Multisystem-Leiden mit
komplexer Symptomatik.

Borrelieninfekte führen selten zu Invalidität. Borrelieninfekte führen oft zu Invalidität.

Man stirbt nicht an Borreliose. An Borreliose kann man sterben.

Spontanheilung ist bei Borreliose häufig Was wie Spontanheilung aussieht ist häufig ein
Schlummern des Infektes, der später wieder aufflammt
und fortschreitet, wie auch bei andern Spirochäten
bekannt.

Die Behandlung ist relativ kurz und wirkungsvoll Die Behandlung ist oft anspruchsvoll und langwierig.

Viele gesunde Menschen haben einen erhöhten Menschen mit erhöhten Antikörpertitern gegen
Titer an Antikörpern gegen Borrelien. Das sagt Borrelien können gesund wirken, den Infekt aber latent
bloss aus, dass sie früher einmal mit Borrelien in in sich tragen. Wenn später die Immunabwehr einbricht
Kontakt gekommen sind. (und auch die Serologie negativ werden kann) geraten
sie in ein chronisch fortschreitendes Stadium der
Krankheit. Vom behandelnden Arzt wird diese dann
meist nicht als Borreliose erkannt, weil nun hierfür die
offiziellen (zu eng gefassten) Diagnose-Kriterien erst
recht nicht mehr erfüllt sind. So läuft das Leiden unter
einem anderen diagnostischen Etikett, je nachdem,
welche Organsysteme betroffen sind. In den
öffentlichen Borreliose-Statistiken fehlen deshalb
ausgerechnet diese schwer betroffenen Patienten.

3. UNTERSCHIEDLICHE ARGUMENTE ZUR KLINIK


Argumente A Argumente B

Bei der Diagnosestellung wird der Tatsache Ein Erythema migrans ist zwar – wenn vorhanden –
grosse Bedeutung zugemessen, ob der Patient typisch für Borreliose, tritt aber bei weniger als der
ein (ärztlich bescheinigtes) Erythema migrans Hälfte der infizierten Patienten auf.
(EM) durchgemacht hat.

Borreliose als chronische Infektion ist selten. Und Chronische Borreliose ist häufig. Aber bei vielen
wenn vorhanden, dann mit einigen Wochen betroffenen Patienten wird die Diagnose verpasst, weil
Antibiotika relativ einfach zu behandeln. sie die zu eng gefassten offiziellen Diagnose-Kriterien
Symptome, die dennoch fortbestehen oder nicht erfüllen (kein EM erinnert, unklare Serologie). Ihr
später auftreten haben mit der Infektion selber Leiden läuft dann unter einer der vielen beschreibend-
nichts mehr zu tun. syndromalen Diagnosen wie Chronic Fatigue Syndrom,
Fibromyalgie, Multiple Sklerose, Depression,
somatoforme Störung etc.

3
Das klinische Erscheinungbild der Borreliose ist Die Einteilung in drei Stadien und in Haupt- und Neben-
meist auf einige typische Haupt- und Symptome nützt für rasche Orientierung, wird aber der
Nebensymptome beschränkt. Vielfalt an Symptomen und Verlaufsformen in der
Unbehandelt durchläuft die Krankheit oft drei Praxis nicht gerecht. Als künstliches Konstrukt
Stadien (Einteilung in Anlehnung an andere verschleiert sie den Blick für das doch recht häufig
durch Spirochäten verursachte Krankheiten) Unübliche (zum Beispiel kennt man den sofortigen
1. direkt nach Zeckenbissa: lokale Übergang vom Stadium 1 ins Stadium 3 ; umgekehrt
Hautreaktion; können im chronischen Verlauf der Krankheit akute
2. ca 10 Wochen nach Zeckenbiss: Hautsymptome erneut auftreten). Je nachdem, welche
verschiedene Organsysteme können Organsysteme der Infekt beeinträchtigt, ergibt sich ein
betroffen sein; anderes klinisches Bild. Deshalb hat man den
3. ca 1 Jahr nach Zeckenbiss: chronische Borrelien-Infekt in Analogie zur Lues auch als „ the
Beschwerden. great imitator “ bezeichnet. Von „ Neuroborreliose “
spricht man, wenn vorwiegend das Nervensystem
betroffen ist.

4. UNTERSCHIEDLICHE ARGUMENTE ZUR DIAGNOSTIK


Argumente A Argumente B

Klinisch manifestiert sich ein Borrelieninfekt im Die klinische Beurteilung ist wichtig. Aber die
Frühstadium als Erythema migrans, dann vor Symptomatik kann äusserst breit gefächert und
allem in muskuloskelettalen, neurologischen oder komplex sein. Denn die Erreger können prinzipiell jedes
kardiovaskulären Symptomen Organsystem befallen und entsprechend
unterschiedliche Symptom- Kombinationen provozieren.
Sind mehrere Organsysteme gleichzeitig befallen, so
kann dies eine prima vista "unlogisch" anmutende
Symptomvielfalt verursachen.

Die serologische Abklärung erfolgt Die Kriterien der Serologie basieren auf willkürlichen
zweckmässigerweise zweistufig: erst ELISAb, Parametern. Zudem schliesst das Fehlen von
dann Western Blot c. Seronegative Fälle von Antikörpern gegen Borrelien den Infekt keineswegs aus.
Borreliose kommen bei immunsupprimierten Denn Borrelien können das Immunsystem unterlaufen
Patienten vor. und es schwächen anstatt es zu aktivieren. Deshalb
können zwar positiv ausfallende serologische Tests die
klinisch gestellte Diagnose untermauern, negative sie
aber nicht ausschliessen d.

Routinemässiger Nachweis von Borrelien-DNA Der Nachweis von Borrelien-DNA in Körperflüssigkeiten


mittels PCRe wird (noch) nicht empfohlen, da zu oder Gewebeproben ist spezifischer als die Serologie.
wenig sensitiv. Auch wird vor falsch positiven Zwar ist die Sensitivität niedrig. Doch ist bei positivem
Resultaten gewarnt. Resultat eine Borreliose belegt.

a) Die Nomenklatur-Diskussion, ob von Zecken-"Stich" oder Zecken-"Biss" zu reden sei, ist hier irrelevant
b) ELISA: Enzyme-linked Immunosorbent Assay. Immunologisches Nachweisverfahren, welches auf einer
enzymatischen Farbreaktion basiert
c) Western Blot (syn: Immunoblot): Methode um bestimmte Proteine mit spezifischen Antikörpern nachzuweisen.
d) Die für epidemiologische Surveillance formulierten Kriterien der CDC werden fälschlicherweise auf die
klinische Praxis angewandt. So bleibt nach Abklingen der akuten Borreliose ein Grossteil der Infekte
unerkannt (Aguero-Rosenfeld 1996)
e) Polymerase chain reaction, molekulargenetisches Verfahren

4
5. UNTERSCHIEDLICHE ASPEKTE DER MIKROBIOLOGIE HERVORGEHOBEN
Argumente A Argumente B

Das Hauptaugenmerk der Forschung richtet sich Dank der Fähigkeit ihre Oberflächenstruktur zu
auf Genetik und Oberflächen-Strukturen der verändern sind Borrelien wahre Meister in Tarnung. Sie
Borrelien, vor allem auf deren Antigen- unterlaufen das Immunsystem durch Umwandlung ihrer
Eigenschaften. Entsprechend lohnend scheint Spiralform in sogenannte L-Formen (zystische bzw
die weitere Erforschung menschlicher Antikörper- Sphäroplast-L-Form). Deshalb sind serologische Tests
Bildung für die Suche nach möglichen nicht zuverlässig und in klassischer Weise entwickelte
Impfstoffen. Impfstoffe nicht sinnvoll.
Auch können Borrelien lange intrazellulär (z.B. in
Neuronen) von der Immunabwehr unerkannt inaktiv
fortbestehen und nach Monaten oder Jahren wieder
aktiv werden. Dies muss bei der Therapieplanung
bedacht werden und kann von Bedeutung sein für
Verlaufskontrollen.

6. UNTERSCHIEDLICHE DARSTELLUNGEN ZUM LANGZEITVERLAUF


Argumente A Argumente B

Langdauernde Infektionen mit Borrelien sind Langdauernde Infektionen mit Borrelien sind eher die
Ausnahmefälle. Symptome, die eine Regel als die Ausnahme, bloss wird meist die Diagnose
angemessene Antibiotika-Behandlung (2 bis 4 nicht gestellt. Die Bezeichnung „ Chronische
Wochen) überdauern, erfüllen in der Regel die Borreliose “ ist gerechtfertigt. Chronizität droht
Diagnosekriterien für Borreliose nicht mehr. Sie besonders bei verspätetem Behandlungsbeginn oder
sind als Folgezustände einer früher bei Unterdosierung und zu kurzer Anwendung der Anti-
durchgemachten Infektion zu betrachten und biotika (2 bis 4 Wochen genügen meist nicht).
sollten als „ Late Lyme Disease “ oder „ Post
Lyme Syndrome “ bezeichnet werden.

Es handelt sich am ehesten um ein Die Frage: „ Infekt oder Autoimmungeschehen “ ist
Autoimmungeschehen, also höchstens um ein falsch gestellt. Denn meistens ist es kein Entwerder-
Folgestadium des ursprünglichen Infektes. Oder sondern ein Sowohl-als-Auch.
Oberflächenproteine der Borrelien können Human-
Proteine mimikrieren, so dass das Immunsystem des
Menschen Antikörper gegen körpereigene
Oberflächenproteine bildet.
So induziert der fortbestehende Infekt
Autoimmunprozesse, welche ihrerseits den
Krankheitsverlauf zusätzlich komplizieren.

Misch- oder Mehrfach-Infekte (mit verschiedenen Zecken können verschiedene infektiöse Keime
Erregerarten) sind selten. gleichzeitig auf den Menschen übertragen (co-
infection). So ist eine chronische Borreliose häufig nur
Teilaspekt eines Misch- oder Mehrfach-Infekts:
Borrelien zusammen mit Einzellern (Babesien), mit
Bakterien (Rickettsien, Ehrlichien, Bartonellen,
Mycoplasmen) oder mit Viren (Herpes-Gruppe).
Entsprechend vielschichtig wird die Diagnostik und

5
komplex, anspruchsvoll und langdauernd eine
angemessene Therapie.

Eine Jarisch-Herxheimer-Reaktiona sieht man Entgegen der geltenden Lehrmeinung können unter
höchstens kurz zu Anfang der antibiotischen Therapie immer wieder Symptome einer Jarisch-
Therapie. Herxheimer-Reaktion auftreten. Sie komplizieren das
klinische Bild und erschweren das Leiden des
Patienten.

7. THERAPIE BEI FRISCHER BORRELIOSE MIT ERYTHEMA MIGRANS


Argumente A Argumente B

Borreliose spricht im frühen Stadium gut auf die Auch beim Frühbild des Infektes sollte man nicht zu
antibiotische Behandlung an (2 bis 3 Wochen kurz und nicht zu niedrig dosiert antibiotisch behandeln.
Antibiotika sollten genügen), während die Rasches Abklingen des Erythema migrans und der
Symptome der späten Stadien durch akuten Entzündungserscheinungen ist nicht
Antibiotikatherapie kaum beeinflusst werden. gleichbedeutend mit Heilung. Borrelien und Erreger
einiger Ko-Infekte haben Überlebensstrategien welche
den Infekt oft weiterschwelen lassen, so dass sich das
Leiden des Patienten nach Monaten oder gar Jahren in
anderer Form wieder manifestiert. Diesmal aber meist
ernsthafter, progredient verlaufend und hartnäckiger
gegenüber den Therapiemassnahmen.

8. THERAPIE BEI POST LYME SYNDROM ODER CHRONISCHER BORRELIOSE


Argumente A Argumente B

Längerfristige oder wiederholte Antibiotikathera- Die fortbestehenden oder sich schubweise


pie ist abzulehnen, da ja beim Post Lyme verschlimmernden Symptome beruhen hauptsächlich
Syndrome (Late Lyme Disease) kein Infekt mehr auf einem Weiterschwelen des (Misch-) Infektes selber,
vorliegt. Es wird empfohlen je nach Symptomatik eventuell gepaart mit Autoimmun-Phänomenen und
antirheumatisch, schmerzlindernd, (unter Therapie) mit Symptomen der Jarisch-
immunsuppressiv, psychiatrisch oder gar nicht zu Herxheimer-Reaktion. Diese komplexe Störung
behandeln. verlangt nach massgeschneiderter Therapie. Die
wiederum beinhaltet neben antibiotischer Behandlung
symptomorientierte Massnahmen (z. B. Korrektur von
Vitaminmangel, Anämie etc). Bei
Autoimmunphänomenen wird die Therapie zur
Gratwanderung: einerseits zielgerichtete antiinfektiöse
Therapie andererseits Immun-Suppressions-Therapie,
die aber leider wiederum die Infektabwehr einschränkt.

a) Jarisch-Herxheimer-Reaktion: Reaktion auf Endotoxine, die durch den Zerfall von Borrelien (generell von Spirochäten)
unter Behandlung mit Antibiotika frei werden

6
WIE KAM ES ZU SOLCH WIDERSPRÜCHLICHEN LEHRMEINUNGEN?

Verschiedenste Faktoren haben zu diesem Gegensatz von Fachmeinungen beigetragen.


Die Aufspaltung in zwei Richtungen wurde etwa um 1990 deutlich. Eine eher forschungsorientierte
Gruppe um A. C. Steere stellte bezüglich der chronischen Verläufe des Leidens
Autoimmunprozesse in den Vordergrund und hielt den eigentlichen Infekt für meistens leicht mit
Antibiotika behandelbar (Linie "A") . Eine eher praxisorientierte Gruppe um J. Burrascano sah das
zentrale Problem in der chronisch fortbestehenden Infektion mit Borrelien oder einem Gemisch von
Erregern, ohne allerdings die Beteiligung von Autoimmunprozessen auszuschliessen (Linie "B"). Im
Frühjahr 1993 schien eine methodisch umstrittene Publikation der "A-Ärzte" zu belegen, Borreliose
a
werde überdiagnostiziert . Fortan wurden die "B-Ärzte" bezichtigt, sie würden zum Schaden von
b
Patienten und Öffentlichkeit Borreliose überdiagnostizieren und überbehandeln .

c
1994 setzte sich an der Dearborn -Tagung für epidemiologische Surveillance die "A-Gruppe" mit
d
ihren Diagnosekriterien durch . Danach sollte fortan für wissenschaftliche Vergleiche zwischen
Patienten mit und solchen ohne Borreliose die Diagnose „Lyme Disease“ nur dann als gesichert
gelten, wenn
• der Patient ein Erythema migrans (eine Wanderröte) durchgemacht habe
oder
• der Patient mindestens eine körperliche Manifestation aus einer Liste mit vorgegebenen
muskuloskelettalen, neurologischen oder kardiovaskulären Symptomen aufweise plus
positives Labor, wobei positives Labor hiess: positive Borrelienkultur oder positive Serologie
e
in zumindest einem der beiden Tests ELISA und Western Blot. .

Folgenschwer war, dass nun diese restriktiven Dearborn-Kriterien nicht ausschliesslich für
wissenschaftliche Studien verwendet wurden, sondern zunehmend für die klinische Diagnostik im
Praxis-Alltag. Man münzte so faktisch die Feststellung "was obige Kriterien erfüllt, ist mit Sicherheit
eine Borreliose" um in ihr Gegenteil: "was obige Kriterien nicht erfüllt, ist mit Sicherheit keine
Borreliose". Dies ist natürlich falsch, wissenschaftlich unhaltbar und hatte verhängnisvolle Folgen:
1. Jede weitere Erforschung der Borreliose wurde nun durch diese diagnostische Einengung
verfälscht. Klinische Bilder, die nicht in das enge Schema passten, fanden gar nicht erst
Eingang in die Studien, weil sie ja definitionsgemäss keine Borreliose sein konnten.
2. Das Erythema migrans wurde zum entscheidenden klinischen Marker hochstilisiert und ins
Zentrum ausgiebiger - teurer - Forschungstätigkeit gestellt. Dies, obschon es vor allem beim

a) Steere 1993
b) Reid 1998
c) Second National Conference on Lyme Disease Testing in Dearborn, Michigan, Oktober 1994
d) Im Wesentlichen die gleiche Gruppe hat die Borreliose-Guidelines der IDSA verfasst. Man wirft ihr Interessenkonflikte
vor. Es läuft deswegen gegenwärtig eine Untersuchung der Staatsanwaltschaft von Connecticut gegen die IDSA
wegen möglichen Verstosses gegen anti-Trust-Gesetze. Die Gruppe hat mit Übersichts-Publikationen in ihrer
Sichtweise (Feder et al 2007) und mit erhöhter Medienpräsenz reagiert
e) Zum Beispiel fällt auf, dass - obschon spezifisch - die Bande 31 und 34 (OspA&B) nicht für die Diagnostik empfohlen
wurden. Etliche Beobachter bringen dies mit Interessenskonflikten rund um die Entwicklung eines Impfstoffes, der
schliesslich 1999 auf den Markt kam, in Zusammenhang. Er basierte auf rekombinant gewonnenem OspA. 2002 wurde er
- angeblich wegen mangelnder Nachfrage - wieder vom Markt zurückgezogen.

7
frischen Infekt auftritt, wo – da sind sich alle einig - die Behandlung meist tatsächlich noch
unkompliziert ist und obschon andere Aspekte der Borreliose dringlicher erforscht werden
müssten, zum Beispiel: Welche anderen Vektoren nebst Zecken übertragen Borrelien?
Übertragung via sexuelle Kontakte? Weshalb werden etliche Erkrankte trotz
fortbestehendem Infekt seronegativ? etc
a
3. Bis in die jüngste Zeit basieren Fach- und Übersichts-Artikel auf diesen ursprünglich nur für
Forschungszwecke gedachten Dearborn Diagnosekriterien. Auch Gutachter und
Vertrauensärzte von Versicherungen berufen sich darauf. Sogar die (für die Praxis
gedachten) Guidelines der Infectious Diseases Society of America (IDSA) bauen auf ihnen
auf, und an diesen wiederum orientierten sich die Borreliose-Guidelines weiterer
Fachgesellschaften wie z.B. der US Neurologen, der deutschen Neurologen und der
b
Schweizer Infektiologen

9. GEGENSEITIG SCHWERE VORWÜRFE


Anhänger der beiden Gruppen beschuldigen sich teils massiv.
"A-Leute" (vor allem Wissenschafter rund um den "B-Leute" (oft betroffene Patienten und
Rheumatologen Allen C. Steere) stellen die "B- praktizierende Ärzte) nennen die "A-Seite" "Lyme-
Seite" als irregeleitete "Lyme-Aktivisten" ("Lyme Leugner" ("Lyme denialists") und werfen diesen vor,
activists") dar, welche die öffentliche Meinung via nun seit bald drei Jahrzehnten die Borreliose-
Internet zu beeinflussen suchen. Lehrmeinung zu manipulieren.

Oft gehörte Argumente der „Lyme-Leugner“ Oft gehörte Argumente der „ Lyme-Aktivisten “

Man weiss sich bezüglich der Argumente im Man weist darauf hin, dass beispielsweise die
Einklang mit den Centers for Disease Control der Schweiz. Gesellschaft für Infektiologie SSI und die
USA (CDC) und den meisten führenden Forschern European Union Concerted Action on Lyme
des Gebietes an den Universitäten und in der Borreliosis (EUCALB) fälschlicherweise die nur für
Industrie. Studien zur epidemiologischen Surveillance
formulierten Kriterien der CDC auf die klinische Praxis
anwenden. So werden Kriterien, anhand derer
definiert wurde, wann eindeutig eine Borreliose
vorliegen muss, nun benützt, um darzulegen, dass
ohne sie keine Borreliose vorliegen kann .

Man weiss sich bezüglich der Argumente im Man hält die "Lyme-Leugner" für problematisch eng
Einklang mit den Centers for Disease Control der verflochten mit strategischen Abteilungen der Centers
USA (CDC) und den meisten führenden Forschern for Disease Control der USA (CDC), wie auch mit
des Gebietes an den Universitäten und in der etlichen Versicherungen, Pharma-Unternehmen und
Industrie. Medien. Weitere Interessenskonflikte sieht man im
Umstand, dass sie Inhaber wichtiger Patente zu

a) Orasch 2007
b) Im Jahr 2002 wurde in einer vom Präsidenten der USA unterzeichneten Stellungnahme [US public law 107-116]
festgehalten, die Diagnosekriterien der CDC (US-Centers for Disease Control) seien lediglich für epidemiologische
Studien und nicht für die Einzeldiagnostik konzipiert. Seither sind die CDC verpflichtet, ihre Falldefinitionen konsequent
mit der Anmerkung zu versehen, es handle sich nur um Kriterien für epidemiologische Surveillance, welche nicht zur
Individualdiagnostik geeignet seien. Trotzdem wurden in den USA die für die klinische Praxis bestimmten Borreliose-
Guidelines der IDSA und in Europa diejenigen der SSI und der Eucalb in Anlehnung an die US-CDC-Kriterien formuliert .

8
Lyme-Diagnostik-Kits und zur Lyme-Vakzineforschung
sind, also von ihrer Lehrmeinung selber profitieren.

Die Ärzte der „ Lyme-Aktivisten “ Die "Lyme-Leugner" unterdiagnostizieren die


überdiagnostizieren die Lyme-Borreliose. Viele chronische Borreliose, weil sie mit falschen, viel zu
der von ihnen behaupteten Fälle erfüllen die eng definierten Diagnose-Kriterien arbeiten.
festgelegten Diagnose-Kriterien nicht

Die Ärzte der „ Lyme-Aktivisten “ propagieren ein Die Ärzte der "Lyme-Leugner" propagieren ein
Überbehandeln. Sie behandeln Unterbehandeln:
• zu lange • sie deklarieren das Leiden zu einem „ Nicht-
• zu viel Infekt “ und verweigern Antibiotika da, wo sie
• zu sehr antibiotisch orientiert nötig wären. Dadurch bewirken sie einen
Sie setzen damit den Patienten und die wesentlich ernsteren Krankheitsverlauf. Weil
Allgemeinheit Risiken aus, die in keinem dieser aber erst später in Erscheinung tritt,
Verhältnis zum relativ harmlosen Leiden stehen: bestreiten sie, dass es sich um ein und
Nebenwirkungen von Antibiotika, Komplikationen dieselbe Krankheit handle.
der Infusionsbehandlungen, Entwicklung von • Durch zu kurzen Einsatz oder zu niedrige
Resistenzen. Zudem verursachen sie mit ihren Dosierung der Antibiotika. schafft man mehr
aufwendigen Behandlungen erhebliche Kosten. Resistenzbildung als durch längere und höher
dosierte Behandlungen. Zudem verpasst man
durch zögerliches Vorgehen das Zeitfenster,
in welchem man noch hätte gute Erfolge
erzielen können.
Das Risiko, durch eine Borreliose invalide zu werden,
wiegt wesentlich schwerer als die Risiken einer
Antibiotika-Behandlung. Und dass der Allgemeinheit
aus längeren antibiotischen Behandlungen mehr
Schaden erwachsen soll, ist ein Schein-Argument:
auch Ärzte der "Steere Seite" verschreiben
beispielsweise gegen Akne ein Jahr lang Antibiotika.
Und hier beklagen sie weder Komplikationen, noch
Resistenzentwicklung, noch zu hohe
Behandlungskosten.

Die Ärzte der „ Lyme-Aktivisten “ ziehen falsche Die "Lyme-Leugner" stellen in unwissenschaftlicher
Schlüsse aus der Schilderung von Einzelfällen. Weise etwas als unmöglich hin, das prinzipiell möglich
Sie stellen als bewiesen hin, was höchstens ist, und dessen Unmöglichkeit sie nicht bewiesen
episodisch belegt ist. Es gilt weiterhin: Borrelien haben. Fallbeispiele belegen, dass Übertragung von
werden durch Zecken übertragen. Es gibt keine Borreliose möglich sein muss: durch andere Vektoren
sexuelle Übertragung, keine Übertragung durch als nur Zecken, von der Mutter auf das Ungeborene,
Nahrungsmittel, keine Übertragung über die Haut durch Sexualkontakte, durch Nahrungsmittel, durch
Bluttransfusion oder über die Haut. Bloss deren
Häufigkeit muss noch untersucht werden. Allerdings
mit Diagnose-Kriterien, die der klinischen Wirklichkeit
gerecht werden (inkl. DNA-Nachweis) und nicht mit
den bisher propagierten unzuverlässigen
Serodiagnosen plus EM, durch welche ausgerechnet
die hier interessierenden Krankheitsverläufe stets
wieder weggesondert werden.

9
WIE WEITER?

In beiden Lagern gibt es integere Leute. Für eine einvernehmliche Lösung scheinen aber die
Positionen bereits allzu extrem bezogen, sind Kompromisse ohne Gesichtsverlust kaum mehr
möglich. In solch unversöhnlichen Richtungsstreiten gelingt es meist erst einer späteren
Ärztegeneration den Graben zu überbrücken.

Dennoch:

1. Es wäre bereits etwas gewonnen, wenn man auf mehr Disziplin in der Anwendung
diagnostischer Kategorien achtete. Oft werden in unwissenschaftlicher Weise Diagnosen
aus verschiedenen Kategorien gegeneinander erwogen. Es ist beispielsweise unsinnig zu
fragen: Handelt es sich hier um eine Fibromyalgie oder um einen Infekt? Da werden zwei
Kategorien miteinander vermischt, die sich weder ausschliessen noch gegenseitig bedingen.
Fibromyalgie ist ein syndromal definierter Krankheitsbegriff. Der Infekt ist einer der dazu
denkbaren ursächlichen Faktoren. Wem würde es schon einfallen zu fragen: Ist diese Musik
ein Violinkonzert oder von Mozart?
Korrekterweise wäre die Diagnose mehrdimensional zu formulieren, wobei mindestens drei
Aspekte zu unterscheiden sind:
• Der phänomenologische Aspekt (Symptomatik, Syndrom),
• der kausale Aspekt (physische [auch infektiöse], psychische und soziale Faktoren) und
• der dispositionelle Aspekt (Genetische Disposition , erworbene Disposition;
Autoimmunmechanismen).
So könnte beispielsweise bei einem bestimmten Patienten die Diagnose lauten:
• phänomenologisch: Störung vom Typ einer Fibromyalgie
• kausale Faktoren: PCR-Nachweis einer Borreliose
• dispositionelle Faktoren: Hinweise auf Autoimmunmechanismen; Verdacht auf
genetische Disposition wegen gleichzeitigem Vorkommen bei Blutsverwandten

2. Es gilt zu differenzieren, was aus den USA auf Europa übertragbar ist und was nicht. In
Europa kommen mindestens fünf Borrelien-Genospezies mit jeweils mehreren Subtypen vor.
Diese scheinen einen gewissen Organotropismus zu haben, sind jedenfalls unterschiedlich
komplement-resistent. Daraus erwachsen zusätzliche Schwierigkeiten bezüglich der
Falldefinitionen (breiter gefächertes Krankheitsbild), bezüglich der Deutung serologischer
Befunde (nur bedingte Kreuzreaktivität der Antigene) und bezüglich der Wahl einer
Behandlungsstrategie (unterschiedliche Ansprechbarkeit auf Antibiotika). Vor diesem
Hintergrund sind Diagnose, Behandlung und Therapiekontrolle noch schwieriger als in den
USA. Umsomehr sollte man sich hüten, immer dann seine Ansichten mit amerikanischen
Studienergebnissen belegen zu wollen, wenn kein europäisches Material vorliegt, sollte aber
auch nicht auf Unterschiede gegenüber den USA verweisen, wo solche gar nicht ohne
a
Weiteres mit den verschiedenen Genospezies zu erklären sind . Zudem sollten
europäische Studien von guter Qualität weiter gefördert und beachtet werden.

a) z.B. in der Frage, warum intrathekale Antikörper in Europa häufiger vorhanden sein sollen als in den USA

10
3. In der Diskussion betreffend Sinn und Wirksamkeit von antibiotischer Behandlung bei
chronischer Borreliose sollte deutlicher zwischen verschiedenen Klassen von Antibiotika
unterschieden werden. Der bisherige Streit "kurze versus längere antibiotische Behandlung"
bezog sich vorwiegend auf die Betalaktam-Antibiotika, welche bei zystischen Formen und
a
intrazellulärer Persistenz als weniger wirksam gelten .

4. In Europa täte man gut daran, den amerikanischen Borreliose-Dissens nicht in seiner
ganzen Schärfe zu importieren. Gegner im wissenschaftlichen Meinungsstreit sind nicht als
Feinde zu betrachten. Ihre Argumente, Beobachtungen und Forschungsresultate sind
vielmehr als Steinchen im Mosaik fortschreitender Erkenntnis zu begrüssen.

5. Der schweizerische Gesetzgeber sollte die versicherungsrechtliche Andersbehandlung von


Krankheit und Unfall zu überwinden trachten. Denn Krankheit und Unfall von einander
abzugrenzen ist in der Praxis nicht immer leicht, wird gelegentlich sogar absurd.
Zeckenbisse gelten gemäss langjähriger Praxis des Eidgenössischen
Versicherungsgerichtes (EVG, Luzern) als Unfälle, weshalb deren Folgen von den
obligatorischen UVG-Versicherern (Bundesgesetz über die Unfallversicherung, UVG, 1984)
zu übernehmen sind. Da aber die Leistungen der UVG-Versicherer wesentlich besser sind
(Taggelder, lebenslängliche Renten, Integritätsentschädigungen u.a.m.) als diejenigen der
öffentlichen Krankenkassen, wird aus der medizinischen Frage "zeckenbedingt oder nicht?"
eine versicherungsrechtlich-ökonomische Frage und werden ärztliche Gutachter
entsprechend massiv mit Rechtsstreiten und Begehrlichkeiten konfrontiert. Dies ist
wiederum einer Versachlichung der medizinischen Diskussion abträglich.

Man muss also vorerst mit der Tatsache leben, dass bezüglich Diagnose und Behandlung der
Borreliosen zwei widersprüchliche Lehrmeinungen nebeneinander existieren. Bestimmt haben in
einem so tief greifenden medizinischen Fachstreit nicht Versicherungen zu entscheiden, welche
Seite nun recht haben soll. Sie wären versucht, den billigsten Weg für den richtigen zu halten,
selbst wenn daraus der Allgemeinheit langfristig höhere Kosten entstünden (z.B. infolge
Arbeitsunfähigkeit, Invalidität, Pflegebedürftigkeit, Abgleiten der Familie in soziale Abhängigkeit etc).

Der einzelne behandelnde Arzt hat in diesem Spannungsfeld seine Ausrichtung in Diagnostik und
Therapie nach bestem Wissen und Gewissen selber festzulegen. Leitlinien oder Empfehlungen von
Fachgesellschaften entbinden ihn nicht von individueller Abklärung und Einschätzung.

Der Patient seinerseits muss in dieser Situation die Möglichkeit haben, sich den Arzt seines
Vertrauens frei auszuwählen. Die Versicherung hat die Wahl des Patienten zu respektieren und darf
weder ihn noch den behandelnden Arzt in die von ihr bevorzugte Richtung drängen.

a) Siehe "position paper" zur Klempnerstudie: www.ilads.org und Cameron 2006

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Zitierte Literatur

• Aguero-Rosenfeld ME, Nowakowski J, Bittker S, Cooper D, Nadelman RB, Wormser GP: Evolution of the
serologic response to Borrelia burgdorferi in treated patients with culture-confirmed erythema migrans.
J.Clin Microbiol, Jan 1996, pp 1-9
• Cameron DJ: Generalizability in two clinical trials of Lyme disease, 2006, www.epi-
perspectives.com/content/3/1/12
• Feder HM, Johnson BJ, O'Connell SM, Shapiro MD, Steere AC, Wormser GP and the ad hoc International
Lyme Disease Group: A Critical Appraisal of "Chronic Lyme Disease". NEJM, Oct 4 2007, Vol 317 No 14,
pp 1422-1430
• IDSA-Guidelines: Wormser GP, Dattwyler RJ, Shapiro ED, Halperin JJ, Steere AC, Klempner MS, Krause
PJ, Bakken JS, Strle F, Stanek G, Bockenstedt L, Fish D, Dumler JS, Nadelman RB: Practice Guidelines
for the Clinical Assessment, Treatment, and Prevention of Lyme Disease, Human Granulocytic
Anaplasmosis, and Babesiosis. Clin Jnfect Dis 2006 Nov 1;43 (9): 1089-134, www.guidelines.gov
• ILADS-Guidelines: Cameron D, Gaito A, Harris N, Bach G, Bellovin S, Bock K, Bock S, Burrascano J,
Dickey C, Horowitz R, Phillips S, Meer-Scherrer L, Raxlen B, Sherr V, Smith H, Smith P, Stricker R:
Evidence-based guidelines for the management of Lyme disease. Nov 2006, www.guidelines.gov
• Orasch C, Itin P, Flückiger U: Lyme Borreliose in der Schweiz. Schw Med Forum, 2007;7: 850-855
• Reid MC, Schoen RT, Evans J, Rosenberg JC, Horwitz RI: The consequences of overdiagnosis and
overtreatment of Lyme disease: an observational study. Annals of Internal Medicine, March 1998, Vol
128/5, 354-362
• SSI-Guidelines: Evison J, Aebi C, Francioli P, Péter O, Bassetti S , Gervaix S, Zimmerli S, Weber R:
Abklärung und Therapie der Lyme-Borreliose bei Erwachsenen und Kindern. Schweiz Aerztezeitung 2005;
86(41), 86(42) und 86(43)
• Steere AC, Taylor E,. McHugh GL, Logigian EL: The overdiagnosis of Lyme disease. J Am Med Assoc
1993; 269: 1812-1816
• Stricker RB: Counterpoint: long-term antibiotic therapy improves persistent symptoms associated with Lyme
disease. Clin Infect Dis., 2007, 45(2) 149-157
• US public law 107-116, 10 Jan 2002

Web-Links

• "IDSA-Seite":
- USA: www.aldf.com
- Europa: http://meduni09.edis.at/eucalb/cms/index.php
etc

• "ILADS-Seite":
- USA: www.ilads.org
- Europa: www.zecken-borreliose.de
etc

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Name:……………………………………….. Geburtsdatum:…………………………………………….

JA NEIN
1. Erschöpfung, Leistungsverlust, fehlende Ausdauer/Kondition
2. Gelenkschmerz/-schwellung Arme/Hände/Finger
3. Gelenkschmerz/-schwellung Beine/Füße
4. Rücken- und Schulterschmerzen
5. Kopf- und Nackenschmerzen mit Steifigkeit
6. Brennen, stechen, kribbeln an unterschiedlichen Körperstellen
7. Sehstörungen, Schleier/Schlierensehen, entzündliche Augenveränderungen
8. Hörstörungen, Pfeifen oder Rauschen oder Brummen, Tinnitus
9. Taubheitsgefühle / Lähmungserscheinungen
10. situationsunangemessenes Frieren oder Schwitzen, verändertes Temperaturempfinden
11. Gang und Greifunsicherheit
12. Störungen der Feinmotorik/Koordinationsstörungen
13. Nächtliches Schwitzen
14. Nächtlicher Harndrang
15. Muskelkaterähnliche Gefühle ohne vorherige Belastung
16. Blasen- und sexuelle Funktionsstörung
17. Schlafstörungen (zu viel bzw. zu wenig) (schlechtes Ein- und Durchschlafen)
18. Schwindel
19. Konzentrations-, Denk-, Wahrnehmungs- oder Orientierungsstörung
20. Wortfindungsstörung
21. "Nebel" im Kopf / demenzähnliche Symptome
22. psychiatrische Symptome
23. Kurzatmigkeit und Atemnot bei nur geringer Belastung
24. Atemwegsinfekte
25. Herz-Kreislaufsymptome z.B. Blutdrucksteigerungen, Herzrhythmusstörungen, Herzklopfen
26. Magen/Darmsymptome
27. Plötzliche Gewichtsveränderungen Zu-/Abnahme ohne Änderung der Ernährung
28. Hautsymptome - Juckreiz, Veränderungen etc.
29. Haarausfall
30. Symptome in Schüben mit symptomfreien Intervallen in unterschiedlicher Länge

© www.borreliose-nachrichten.de

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