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Nix gelernt: Fremdschmen la VW-Betriebsrat

Welcher Betriebsrat hat sich nicht heimlich gefragt, was er blo falsch gemacht hat, als die Details des VW-Skandals bekannt wurden? Schlielich hlt das Amt auch etliche Unannehmlichkeiten bereit, fr die ein gewisser Ausgleich sicher nicht zu verachten wre. Vor dem Arbeitsgericht Bielefeld hat ein Betriebsratsvorsitzender jetzt bewiesen, wie gering das Unrechtsbewusstsein auch bei Mandatstrgern sein kann, die ansonsten vehement auf die Einhaltung von Recht und Gesetz pochen. Zumindest sah sich die 3. Kammer dazu veranlasst, auf die in der VW-Affre deutlich gewordenen strafrechtlichen Konsequenzen hinzuweisen und dem Betriebsratsgremium ein Ausschlussverfahren gegen den eigenen Vorsitzenden ans Herz zu legen. Die Umstnde des Falles sind aber auch vom Feinsten: Ein schlauer Arbeitgeber schafft Ende der 80ger-Jahre eine gesonderte Entgeltordnung fr GBR-/BRVorsitzende und ihre Stellvertreter sowie fr freigestellte BRM und nicht freigestellte GBRM. In dieser Entgeltordnung werden Grundgehlter und Zulagen fr den genannten Personenkreis festgelegt, die im vorliegenden Fall erheblich ber der eigentlichen Bezahlung fr die arbeitsvertragliche Ttigkeit liegen. Auerdem wird die Grundlage fr ein 13. Monatsgehalt und eine knackige Besitzstandswahrung (Absicherung bei Ausscheiden genannt) mit einer Laufzeit von bis zu 60 Monaten geschaffen. Besonderes Schmankerl: Die Bezahlung wird auf Vorschlag des Betriebsratsvorsitzenden festgelegt, die Betrge steigen entsprechend der Tarifabschlsse der IG Metall. Diese krude Regelung wird ber 22 Jahre und mehrere Arbeitgeber (infolge von Betriebsbergngen) hinweg angewendet, ohne dass einer der Beteiligten ber die Frage der Rechtmigkeit einer solchen Entgeltordnung fr bestimmte Betriebsrte stolpert. Aber nun kommt es: Der letzte Arbeitgeber unseres Betrriebsratsvorsitzenden muss ihm leider mitteilen, dass er aufgrund der fehlenden Freistellung durch sein Gremium nunmehr in der Entgeltsicherung fr 48 Monate sei. Dies entspricht aber nach Auffassung des BRV nicht der geltenden Entgeltordnung und so fordert er die Entgeltsicherung fr nunmehr 60 Monate und wenig spter auch noch das 13. Monatsgehalt. Scheinbar reagiert der Arbeitgeber nicht wie gewnscht, denn wenig spter macht auch die rtliche IG-Metall die Ansprche ihres Mitgliedes geltend und schreibt dabei von einer weiterhin gltige(n) Vereinbarung, mit der die Vorgabe des 37 (4) BetrVG konkretisiert worden es handelt sich keinesfalls um eine nach 78 BetrVG unzulssige Begnstigung (sei). Vor Gericht - mittlerweile wird nur noch das 13. Monatsgehalt geltend gemacht rechtfertigt sich der BRV, die Regelung sei konzernintern eingefhrt worden, um den Betriebsratsmitgliedern, insbesondere den freigestellten Betriebsratsmitgliedern, sozial und wirtschaftlich dafr entgegen zu kommen, dass sie an dem innerbetrieblichen beruflichen Aufstieg aufgrund ihrer Freistellung nicht teilnehmen knnen. Die Regelung sei auch so zu verstehen, wie es der Gesetzgeber unter 37 (4) BetrVG verstehen wolle. (sic!). Wie zu erwarten hat die Kammer gegen den BRV entschieden und die Nichtigkeit der Entgeltordnung festgestellt. Und da ihr offenbar die Chuzpe des BRV und der IG Metall sauer aufstie, watscht sie beide in einer ausfhrlichen und grundstzlichen Entscheidungsbegrndung ab. Zu Recht spricht sie darin vom Ehrenamtsprinzip zur Sicherstellung der inneren wie ueren Unabhngigkeit der BR-Mitglieder, weswegen jegliche materielle Besserstellung von Betriebsratsmitgliedern verboten sei, die sich nicht aus ihrer individuellen

Begnstigung von Betriebsrten

Betriebsrat

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Situation ergebe. Der Tatbestand der Begnstigung steche hier besonders hervor, weil nur einige besondere Mitglieder erhhte Zahlungen erhielten, whrend die einfachen BR-Mitglieder leer ausgingen. Durch eine solche Verfahrensweise sei das Vertrauen der Belegschaft in die redliche Amtsfhrung aufs uerste erschttert worden, weswegen es auch besonders erstaune, dass die IG Metall einem Kollegen des BR-Vorsitzenden in einem hnlichen Fall Deckungszusage fr die zweite Instanz vor dem Landesarbeitsgericht erteilt habe. Einen wesentlichen Punkt nennt die Kammer kurz vor Schluss: es erscheint kaum verstndlich, dass die Mitglieder der Gremien dieses Spiel geduldet haben, zumal sie selbst in den berwiegenden Fllen nichts davon hatten. Hier wird nochmals deutlich, wie wichtig ein gremieninternes gegenseitiges Hinwirken auf eine absolut korrekte Amtsfhrung ist. Nur so kann verhindert werden, dass Unrecht zur Gewohnheit wird, die am Ende die Arbeit von Tausenden von Arbeitnehmervertretungen erschwert, denn in der Wahrnehmung der kritischen ffentlichkeit werden sie schnell mit einem VW-Betriebsrat in einen Topf geworfen.
(Arbeitsgericht Bielefeld, 11.05.2011, 3 Ca 2383/10)

Sebastian Schoberansky, 10.08.2011 Bei Fragen und Anregungen: [email protected]

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