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8 | Mittelalter & Byzanz 1

Mittelalter: Byzantinische Tracht


ca. 400 – 1400 nach Christus

Merkmale der Epoche Mit der Auflösung des weströmischen Reiches in der Mitte des
1. Jahrtausends endete eine Epoche. Im Jahr 395 ist das
Römische Reich in West- und Ostrom geteilt worden. Die
Hauptstädte Rom und Byzanz bzw. Konstantinopel wurden
später Mittelpunkte der sich spaltenden christlichen Kirche, der
römisch-katholischen und der griechisch-orthodoxen. Der
westliche Teil des Römischen Reiches ging in den Ausein-
andersetzungen der germanischen Völkerwanderung unter; der
letzte weströmische Kaiser wurde 476 durch die Germanen
abgesetzt. Dieses Ereignis markiert das Ende des Altertums und
den Beginn des Mittelalters.

Das Oströmische Reich dagegen endete erst 1453. Trotz der


tausendjährigen politischen Teilung blieben geistige Verbin-
dungen und vor allem wirtschaftliche Beziehungen zwischen
den ehemaligen Gebieten von Ost- und Westrom bestehen.

Kunst Es gab keinen einheitlichen Stil in der Zeit zwischen dem


Zerfall Roms und dem frühen Mittelalter. Die christliche Kunst
und Architektur verbreitete sich im Römischen Reich und
bediente sich demzufolge spätantiker Formen oder – dort, wo
der oströmische Einfluss sich bemerkbar machte – mit byzanti-
nischen, wie in Ravenna. Mit den irischen Mönchen macht sich
der Einfluss keltischer Flechtbandornamentik von Hand-
schriften aus irischen Klöstern geltend.

Erst mit der Einigung eines riesigen Reiches durch Karl den
Flechtbandornament
Grossen wurde wieder ein einheitlicher Stil sichtbar. Seine
Pfalzkapelle in Aachen baute er dem ravennatischen Muster
von San Vitale entsprechend mit Bögen, Kuppeln und
farbenprächtigen Mosaiken. In den Benediktinerklöstern seiner
Einflusssphäre wurde römisches Kulturgut bewahrt. Am Hofe
Karls des Grossen entstand ein kleines Reiterstandbild,
vergleichbar mit demjenigen Marc Aurels.

Karl der Grosse, Reiterstandbild


(ev. Karl der Kahle), 9. Jh.n.Chr.

rechts Reliquiar Karl der Grosse


Pfalzkapelle Aachen, 1350

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Pfalzkapelle Aachen Inneres

oben Pfalzkapelle Aachen mit achteckigem Grundriss, ca. 800 nach Christus, im
Vergleich Mitte San Vitalle Ravenna und unten Sergios und Bacchos
Konstantinopel (vorher Byzanz, heute Istanbul), beide um 550 nach Christus

Byzantinische Kleidung Jahrhundertelang waren die meisten Luxuswaren, die nach


Europa gelangten, byzantinischer Herkunft. Als man auch in
Westeuropa gemusterte Stoffe herzustellen begann, wurden die
byzantinischen Motive noch lange nachgeahmt.
Die Kleidung der Herrschenden entwickelte sich zu einer
prunkvollen, steifen Tracht, die den Körper vollständig
umhüllte und die natürlichen Körperformen verdeckte. Die
herrschende Schicht bevorzugte schwere bunte Seidenstoffe und
Brokate, die reich mit Edelsteinen und Perlen bestickt wurden.
Rangabzeichen spielten eine grosse Rolle. Das einfache Volk
jedoch trug unauffällige Woll- und Leinenstoffe.

Noch heute gehen die geistlichen Ornate – Amtstrachten – auf


die byzantinische Kleidung zurück. Auch der Krönungsornat
weltlicher Herrscher richtete sich lange Zeit nach
byzantinischem Vorbild.

Byzantinischer Kaiser

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Kaiser Justinian und
Gefolge San Vitale,
Ravenna, 547 n. Chr.

Männerkleidung Die langärmelige Tunika war knie- oder knöchellang und wurde
meistens gegürtet. Länge, Weite, Farbe und Material richteten
sich nach Rang und Stand. Meistens trug man sie über engen
Beinkleidern, respektive Hosen.

Die Dalmatika, die lange, ungegürtete Tunika mit weiten


Ärmeln, war als Obergewand den Herrschern und hohen
Würdeträgern vorbehalten. Farbige Längsstreifen, die so
genannten Clavi, zierten Vorder- und Rückseite sowie den
Ärmelsaum.
Der Mantelumhang, das Paludamentum hatte eine rechteckige
oder abgerundete Form, reichte bis zu den Füssen und wurde
vorne oder auf der rechten Schulter gefibelt. Eine in Brusthohe
aufgenähte Stoffapplikation, das Tablion, diente als Rangab-
zeichen. Beim Herrschermantel war es in Gold und reich
ornamentiert, bei hohen Beamten war es purpurfarben.
Kaiserin Theodora und Gefolge

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Frauenkleidung Als Untergewand diente eine knöchellange weisse Tunika. Sie


wurde gegürtet, hatte lange Ärmel und war häufig aus Seide.

Das Obergewand, die lang- oder kurzärmelige Stola, war zu-


nächst bodenlang, verkürzte sich jedoch später und liess das
Untergewand hervorschauen. Man trug sie gegürtet oder lose
fallend, je nach Schwere des Materials.

Die Paenula diente als Übergewand. Der rundgeschnittene


geschlossene Umhang wurde häufig an der Vorderkante
hochgenommen und über die Schultern gelegt. Angehörige des
Herrscherhauses legten das Paludamentum um, welches sie mit
einer dekorativen Gewandspange auf der rechten Schulter
schlossen.

Kleidung der arbeitenden Die gewaltigen sozialen Unterschiede, die zwischen dem Volk
Schichten und den Vornehmen bestanden, wurden auch in der Ausstattung
der Gewänder sichtbar. Abgesehen davon, dass viele Stoffe,
Farben und Muster Rangabzeichen und als solche den Vor-
nehmen vorbehalten waren, konnte sich die Masse des Volkes
diese Materialien ohnehin nicht leisten. Als nach dem
Aufkommen der Seidenindustrie Wolle und Leinen aus der
Oberkleidung der Vornehmen verschwanden, wurden die
sozialen Unterschiede in der Tracht grösser denn je.
Seidenfabrikation Der Überlieferung zufolge sollen um die Mitte des 6. Jahr-
hunderts zwei Mönche in ihren ausgehölten Wanderstöcken
Seidenraupen, auf deren Ausfuhr aus China Todesstrafe be-
stand, nach Byzanz gebracht haben. Sie legten damit den Grund
für die Entwicklung der europäischen Seidenindustrie. Byzanz
hat das Geheimnis der Seidenherstellung ebenfalls streng
gehütet und so seine Monopolstellung in Europa halten können.

Accessoires Die Frauen kämmten ihr Haar zu einer Art Wulstfrisur und
zierten es mit einem Diadem, an welchem sie einen Schleier
befestigten. Beliebt waren ausser Hauben aus silbernen oder
goldenen Netzgeflechten auch turbanähnliche Mützen. Die
Männer gingen meistens barhäuptig. Höher Gestellte trugen
gelegentlich eine flache Mütze, der Kaiser eine Krone.
Die Fussbekleidung richtete sich nach Rang und Anlass und
wurde immer auf das Gewand abgestimmt. Neben Sandalen mit
geschlossener Ferse und Spitze waren reich verzierte Pantoffeln
üblich. Zu den Insignien des Herrschers gehörten auch die mit
Perlen und Edelsteinen bestickten Purpurschuhe. Die Männer
bevorzugten oftmals hohe Schnürschuhe und Ledersocken.
Die vielfältigen und luxuriösen Schmuckgegenstände aus ver-
schiedenen Metallen und Email waren reich mit Perlen und
Edelsteinen besetzt. Man trug grosse Ohrgehänge, kragenartige
Kaiserin Theodora
Halsringe, Armspangen, Fingerringe, effektvolle Zierbroschen.

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