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Der Medizinischen Fakultät der Georg-August-Universität Göttingen

eingereicht von Prof. Dr. med. G. Laier-Groeneveld


___________________________________________________________________________

Lungenfunktionsuntersuchungen bei Patienten


mit Myasthenia gravis pseudoparalytica

INAUGURAL-DISSERTATION

zur Erlangung des Doktorgrades


für Zahnheilkunde
der Medizinischen Fakultät
der Georg-August-Universität zu Göttingen

vorgelegt von

Kaj Todt, geb. Teufert

aus Schlema

Göttingen 2010
Diese Dissertation wurde unter der Anleitung
von Prof. Dr. med. G. Laier-Groeneveld
in den Jahren 2004-2010 am
Helios Klinikum Erfurt erstellt.

Dekan: Prof. Dr. med. C. Frömmel

I. Berichterstatter: Prof. Dr. med. G. Laier-Groeneveld

II. Berichterstatter/in:

III. Berichterstatter/in:

Tag der mündlichen Prüfung:


Lungenfunktionsuntersuchungen bei Patienten mit Myasthenia gravis pseudoparalytica I

Inhaltsverzeichnis I

Abkürzungsverzeichnis IV

1 Einleitung _1

1.1 Historische Entwicklung 1


1.2 Klinik 4
1.3 Pathogenese 6
1.4 Diagnostik 9
1.5 Differentialdiagnosen 13
1.6 Therapie 14
1.6.1 Symptomatische Therapie 14
1.6.2 Immunsupression 15
1.6.3 Weiterführende Therapien 15
1.7 Atmungsorgan und Atmungspumpe 17
1.7.1 Pulmonale Insuffizienz 18
1.7.2 Ventilatorische Insuffizienz 18
1.7.3 Kompensationsmechanismen der Atmungspumpe 19
1.7.4 Diagnostik der ventilatorischen Insuffizienz 20
1.8 Lungenfunktion 20
1.9 Ziel der Arbeit 21

2 Material und Methoden 23

2.1 Probanden und Patienten 23


2.2 Gruppenbildung 24
2.3 Ordnung der Messwerte 24
2.4 Normwerte 24
2.5 Geräte 25
2.5.1 Technische Daten des Bodyplethysmographen 25
2.5.2 Datenerfassung 26
2.6 Studienbeschreibung 27
2.7 Methoden 27
2.7.1 Besonderheiten der bodyplethysmographischen Untersuchung 28
2.7.2 Die spirometrische Untersuchung 29
2.7.3 Die bodyplethysmographische Untersuchung in Verbindung mit
dem Tensilontest 29
2.7.4 Messung der Inspirationsdrücke 30
2.8 Angaben zur Statistik 30
2.9 Anhang 31

3 Ergebnisse ______34

3.1 Ergebnisse der allgemeinen Statistik 34


3.1.1 Verteilung der Patienten auf die Osserman-Klassen 34
3.1.2 Patientenkollektiv 34
3.1.3 Gruppe I 34
3.1.4 Gruppe II 35
3.2 Ergebnisse der Bodyplethysmographie 36
3.2.1 Inspiratorische Vitalkapazität - IVC 36
Lungenfunktionsuntersuchungen bei Patienten mit Myasthenia gravis pseudoparalytica II

3.2.2 Forcierte Vitalkapazität exspiratorisch - FVCex 37


3.2.3 Forciertes exspiratorisches Volumen der 1. Sekunde - FEV1 38
3.2.4 Relative Einsekundenkapazität - FEV1/IVC 39
3.2.5 Verhältnis FEV1 zur FVCex - FEV1/FVCex 40
3.2.6 Exspiratorischer Spitzenfluss - PEF 41
3.2.7 Totale Atemwegsresistance - RAWtot 42
3.2.8 Spezifische Atemwegsresistance - sRAWtot 43
3.2.9 Intrathorakales Gasvolumen - ITGV 44
3.2.10 Totale Lungenkapazität - TLC 45
3.2.11 Residualvolumen - RV 46
3.2.12 Verhältnis thorakales Gasvolumen zur totalen Lungenkapazität -
TGV/TLC 47
3.2.13 Verhältnis Residualvolumen zur totalen Lungenkapazität -
RV/TLC 48
3.2.14 Atemzugvolumen - VT 49
3.2.15 Atemfrequenz - Bf 50
3.2.16 Atemminutenvolumen in Ruhe - VE 51
3.2.17 Inspirationsgeschwindigkeit - VT/Ti 52
3.2.18 Verhältnis Inspirationszeit zur Atemzugdauer - Ti/Ttot 53
3.2.19 Maximaler Mundverschlussdruck 0,1 Sekunde nach Beginn der
Inspiration - P0,1max 54
3.2.20 Maximaler inspiratorischer Mundverschlussdruck - PImax 55
3.2.21 Verhältnis Mundverschlussdruck zum Atemminutenvolumen -
P0,1/VE 56
3.2.22 Verhältnis Mundverschlussdruck zum maximalen
Mundverschlussdruck - P0,1/P0,1max 57
3.2.23 Verhältnis maximaler Mundverschlussdruck zum maximalen
Inspirationsdruck - P0,1max/PImax 58
3.2.24 Respiratorische Kapazität - P0,1/PImax 59

4 Diskussion 60

4.1 Interpretationsstrategien 60
4.2 Diskussion der ermittelten Größen der Ganzkörperbodyplethysmographie 60
4.2.1 Inspiratorische Vitalkapazität - IVC 60
4.2.2 Forcierte Vitalkapazität exspiratorisch - FVCex 61
4.2.3 Forciertes exspiratorisches Volumen der 1. Sekunde - FEV1 62
4.2.4 Relative Einsekundenkapazität - FEV1/IVC 63
4.2.5 Verhältnis FEV1 zur FVCex - FEV1/FVCex 63
4.2.6 Exspiratorischer Spitzenfluss - PEF 64
4.2.7 Totale Atemwegsresistance - RAWtot 65
4.2.8 Spezifische Atemwegsresistance - sRAWtot 66
4.2.9 Intrathorakales Gasvolumen - ITGV 67
4.2.10 Totale Lungenkapazität - TLC 67
4.2.11 Residualvolumen - RV 68
4.2.12 Verhältnis thorakales Gasvolumen zur totalen Lungenkapazität -
TGV/TLC 69
4.2.13 Verhältnis Residualvolumen zur totalen Lungenkapazität -
RV/TLC 69
4.2.14 Atemzugvolumen - VT 70
Lungenfunktionsuntersuchungen bei Patienten mit Myasthenia gravis pseudoparalytica III

4.2.15 Atemfrequenz - Bf 71
4.2.16 Atemminutenvolumen in Ruhe - VE 72
4.2.17 Inspirationsgeschwindigkeit - VT/Ti 72
4.2.18 Verhältnis Inspirationszeit zur Atemzugdauer - Ti/Ttot 73
4.2.19 Maximaler Mundverschlussdruck 0,1 Sekunde nach Beginn der
Inspiration - P0,1max 76
4.2.20 Maximaler inspiratorischer Mundverschlussdruck - PImax 77
4.2.21 Verhältnis Mundverschlussdruck zum Atemminutenvolumen -
P0,1/VE 78
4.2.22 Verhältnis Mundverschlussdruck zum maximalen
Mundverschlussdruck - P0,1/P0,1max 79
4.2.23 Verhältnis maximaler Mundverschlussdruck zum maximalen
Inspirationsdruck - P0,1max/PImax 80
4.2.24 Respiratorische Kapazität - P0,1/PImax 80
4.3 Schlussfolgerungen 82

5 Zusammenfassung 85

6 Ausblick ____________87

7 Literaturverzeichnis________________________________________________88
Lungenfunktionsuntersuchungen bei Patienten mit Myasthenia gravis pseudoparalytica IV

Abkürzungsverzeichnis
°C Grad Celsius

Abb. Abbildung

AChE Acetylcholinesterase

AChR Acetylcholinrezeptor

ATP ambient temperature and pressure

ATS American Thoracic Society

Bf Atemfrequenz

BTPS body temperature ambient barometric pressure and saturated with


vapour
bzw. beziehungsweise

CH4 Summenformel Methan

CO2 Summenformel Kohlendioxid

CT Computertomograph

DGN Deutsche Gesellschaft für Neurologie

ERS European Respiratory Society

FDG-PET Fluor-Deoxyglykose-Positronen-Emissions-Tomographie

FEV1 Forciertes Exspirationsvolumen der ersten Sekunde

FEV1/FVCex Anteil des Volumens der ersten Sekunde an der Forcierten


exspiratorischen Vitalkapazität
FEV1/IVC Relative Einsekundenkapazität, Bezugsgröße IVC

et al. et alii

FVCex Forcierte exspiratorische Vitalkapazität

g Gramm

HLA human leucozye antigen

IRNS intercostal repetitive nerve stimulation

IVC Inspiratorische Vitalkapazität


Lungenfunktionsuntersuchungen bei Patienten mit Myasthenia gravis pseudoparalytica V

i. v. intravenös

k Kilo

l Liter

m Milli

min Minuten

MRT Magnetresonanztomograph

MusK Muskelspezifische Kinase

N. Nervus

nT nach Tensilongabe

NDC nummerical drift compensation

O2 Summenformel Sauerstoff

P0,1/P0,1max Verhältnis von P0,1 zum P0,1max

P0,1/PImax Respiratorische Kapazität

P0,1/VE Verhältnis P0,1 zum Atemminutenvolumen

P0,1max Maximaler Mundverschlußdruck 0,1 Sekunde nach Beginn der


Inspiration
P0,1max/PImax Verhältnis von P0,1max zum PImax

Pa Pascal

pCO2 Kohlendioxid-Partialdruck

PEF Peak exspiratory flow

PET-CT Positronen-Emissions-Tomographie-Computer-Tomographie

PImax Maximaler inspiratorischer Mundverschlussdruck

pO2 Sauerstoff-Partialdruck

PRNS phrenic repetitive nerve stimulation

RAWtot Totale Atemwegsresistance

RV Residualvolumen
Lungenfunktionsuntersuchungen bei Patienten mit Myasthenia gravis pseudoparalytica VI

RV/TLC Anteil RV am TLC

S. Seite

s Sekunde

s. siehe

sRAWtot Spezifische totale Atemwegsresistance

Tab. Tabelle

Te Zeit für die Exspiration eines Atemzugs

TGV Thorakales Gasvolumen

TGV/TLC Anteil des TGV am TLC

Ti Zeit für die Inspiration eines Atemzugs

Ti/Ttot Inspirationszeit zu Gesamtdauer eines Atemzuges

TLC Total lung capacitiy

VC Vitalkapazität

VE Atemminutenvolumen in Ruhe

vT vor Tensilongabe

VT Atemzugvolumen

VT/Ti Atemzugvolumen durch Inspirationszeit, Inspirationsgeschwindigkeit

z. B. zum Beispiel
Lungenfunktionsuntersuchungen bei Patienten mit Myasthenia gravis pseudoparalytica 1

1. Einleitung

1.1 Historische Entwicklung

Im Jahre 1672 wurde ein wissenschaftliches Werk mit dem Titel „De anima brutorum“
veröffentlicht. Im Kapitel „Paralysia spuria non habitualis“ wird ein Symptomenkomplex von
Dysarthie, Diplopie und eine rasche Ermüdbarkeit bei körperlicher Arbeit und anschließender
Erholung bei Ruhe beschrieben. Autor ist der englische Arzt Thomas Willis, der damit wohl
als erster einige Symptome der Krankheit niederschrieb, die heute als Myasthenia gravis
bekannt ist. Willis berichtet in dem Buch über mehrere Patientenfälle: am Morgen gingen
diese Patienten noch spazieren, am Nachmittag waren sie so ermüdet, dass sie ihre Betten
nicht verlassen konnten. Andere Patienten zeigten die Symptome einer Dysarthrie oder eine
Diplopie. Organisch schienen die Patienten aber gesund. Deshalb vermutete Willis, den
zeitgenössischen Vorstellungen von Körper und Kraft entsprechend, einen Verlust von
„Spiritus“, welcher durch seine blähende Wirkung auf die Muskulatur beim Gesunden für
ausreichend Kraft sorgte. Ein Mangel an „Spiritus“ würde also im Umkehrschluss die
Symptomatik seiner Patienten erklären. Diese Vermutung ergänzte er um eine, physiologisch
nicht ganz unrichtige, Explosionstheorie zwischen Nerv und Muskulatur und vertrat die
Ansicht, dass der Ablauf der Explosion bei seinen Patienten gestört sein müsse (Köhler 2000).

Obwohl diese Beschreibung von Willis als richtungweisend anzusehen ist, blieben die
folgenden 200 Jahre ohne nennenswerte Berichte oder gar Fortschritte auf diesem Gebiet. Erst
1877 beschrieb mit Sir Samuel Wilks, wieder ein englischer Arzt, einen Patientenfall, den er
selbst noch dem Komplex der Bulbärparalysen zuordnete. Ein junges Mädchen wurde anfangs
für hysterisch gehalten, weil ihre Aussprache langsam und bedächtig, ihr körperlicher Zustand
schwächlich war. Nach einmonatigem Krankenhausaufenthalt verstarb das Mädchen
überraschend an einer Zwerchfelllähmung.
Wilks konnte seinen Patientenfall nicht mit der Beschreibung von Willis verbinden, denn eine
körperliche Ermüdung als Hinweis auf einen Myastheniefall erwähnte er nicht, auch wenn
dies gern in seinen Bericht hinein interpretiert wird (Köhler 2000, Eadie 2008).
Nur zwei Jahre später veröffentlichte Wilhelm-Heinrich Erb die Krankenberichte von drei
Patienten in seiner Arbeit „Zur Casuistik der bulbären Lähmungen“. Den drei Patienten
gemein ist das Auftreten einer bulbären Symptomatik, einhergehend mit Dysphagie und einer
Schwäche der Nackenmuskulatur. Erb war davon überzeugt, dass es sich um eine Erkrankung
des zentralen Nervensystems handeln müsse, eine Autopsie an einer 30-jährigen Frau aus
Lungenfunktionsuntersuchungen bei Patienten mit Myasthenia gravis pseudoparalytica 2

einem der Krankenberichte blieb den Beweis dafür aber schuldig. Als Todesursache wurden
hier die Folgen einer Zwerchfelllähmung angenommen. Trotz seiner, durch ihn selbst
widerlegten, Vermutung hinsichtlich einer Erkrankung des zentralen Nervensystems geht auf
Erb die Erkenntnis zurück, dass es sich um ein neues Syndrom handeln müsse, weil die
Schwäche der Muskulatur unter Erbs Elektrotherapie zurückging, bei einer Bulbärparalyse
hingegen blieb die Extremitätenschwäche progredient (Köhler 2000).

Die Veröffentlichungen von Wilks und Erb spiegeln den Zeitgeist Ende des 19. Jahrhunderts
wider: hysterische Zustände zu diagnostizieren war eine Modeerscheinung der Neurologie,
allerdings dürften nicht wenige der als hysterisch eingestuften Patienten an einem myasthenen
Syndrom gelitten haben.
Gut dokumentiert sind Fälle von Eisenlohr (1887), Oppenheim (1887), Shaw (1890), Hoppe
(1892) und Dreschfeld (1893), welche immer wieder Zwerchfelllähmungen als Todesursache
angeben. Ihre Publikationen halfen Samuel Wulfowitsch Goldflam, im Jahre 1893 die bis
dahin umfangreichste Abhandlung zu diesem Thema zu verfassen. Goldflam berücksichtigte
alle bis dahin erschienene Literatur und lieferte die umfassendste Beschreibung eines
Syndroms, welches er deutlich von Duchenne´s Definition einer Bulbärparalyse abgrenzte.
Seine Zusammenfassung der klinischen Symptomatik und des Krankheitsverlaufs konnte
später nur noch durch wenige klinische Aspekte ergänzt werden (Köhler 2000).
Friedrich Jolly zeigte in seiner Publikation von 1895, „Ueber Myasthenia gravis
pseudoparalytica“ erstmals die Erschöpfungsreaktion der Muskulatur anhand von Vergleichen
mit gesunden Probanden. Die Bezeichnung der Erkrankung als eben diese Myasthenia gravis
pseudoparalytica (von griechisch mys „Muskel“, asthenie „Schwäche“, lateinisch gravis
„schwer“, pseudo „falsch“ und paralysis „Lähmung“) hatte er bereits im Jahr zuvor anlässlich
eines Treffens der Berliner Medizinischen Gesellschaft vorgeschlagen, als er den Fall eines
14-jährigen Jungen mit belastungsabhängiger Ptosis, Schluckstörungen und generalisierter
Muskelschwäche vorstellte. Jolly deckte Parallelen in der Erschöpfungsreaktion zur Wirkung
des Nervengifts Curare auf und empfahl die Anwendung von Physostigmin unter klinischer
Kontrolle zur Therapie (Köhler 2000).
Bis zum Jahr 1900 wurden zwar annähernd 100 Fälle beschrieben, deren Beschreibungen auf
die Erkrankung Myasthenia gravis pseudoparalytica schließen lassen (Campbell und
Bramwell 1901), dennoch folgte man Jollys Empfehlung hinsichtlich der Therapie mit
Alkaloiden nicht bzw. nur selten.
Lungenfunktionsuntersuchungen bei Patienten mit Myasthenia gravis pseudoparalytica 3

1899 wurde durch Oppenheim erstmals ein Thymustumor bei einem myasthenischen
Patienten gefunden. In den folgenden Jahren beschrieben Laquer (1901) und Buzzard (1905)
eine enge Verbindung von Thymustumoren und der Myasthenia gravis (Köhler 2000).
Holmes berichtete 1923 von gesicherten Thymusveränderungen an 6 von 8 Fällen mit
Myasthenia gravis. Norris zeigte 1936 mit seiner Übersichtsarbeit, dass
Thymusveränderungen bei einem Großteil der Myastheniepatienten nachzuweisen sind und
beschwor mehr Sorgfalt bei der Suche nach solchen pathogenen Veränderungen im Thymus.
Welcher Art die Verbindung zwischen Muskelschwäche und der Thymusdrüse war, hatte der
Schwede Hammar bereits 1905 entdeckt, als er myoidale Zellen im Zentralmark von
Thymusdrüsen entdeckte und eine Verbindung zu den Zellen der quergestreiften Muskulatur
herstellte. Die Ergebnisse seiner Arbeit veröffentlichte Hammar erst im Jahre 1932 und
trotzdem dauerte es noch bis 1964, bis Van der Geld et al. den Beweis lieferten, dass das
Serum von Myastheniepatienten Antikörper enthält, welche sowohl mit Muskelzellen als auch
mit myoidalen Thymuszellen reagieren (Köhler 2000).

Diese Verbindung von Thymom und Myasthenia gravis veranlasste Ferdinand Sauerbruch
1912 dazu, an einem Patienten den Versuch einer Thymektomie durchzuführen. Während die
erste Operation in zwei Schritten erfolgreich verlief, starben zwei andere Patienten an den
Komplikationen des Eingriffs. Erst 1936 wurde von Alfred Blalock wieder erfolgreich eine
Thymektomie durchgeführt. Die Zahl der erfolgreichen Operationen war nun dank
fortschrittlicherer Methoden zur Beatmung während des chirurgischen Eingriffs wesentlich
größer, so dass hier der Beginn der Thymektomie als Therapie bei Myasthenia gravis zu sehen
ist (Köhler 2000).

Trotz Fortschritten in der chirurgischen Therapie von Myasthenia gravis, blieb die Frage nach
der Ursache der Erkrankung lange Zeit ungeklärt. Erst die Aufklärung der Wirkung von
Nerven auf die Skelettmuskulatur und die Entdeckung des Acetylcholins als Neurotransmitter,
erbrachte zahlreiche neue Erkenntnisse und Schlussfolgerungen. Diese Entdeckungen auf dem
Gebiet der Neurophysiologie führten wiederum zu der Frage, ob es sich um einen prä- oder
einen postsynaptischen Defekt handeln könnte. Toyka et al. konnten 1975 nachweisen, dass
die Antikörper gegen die Acetylcholinrezeptoren wirken, und bewiesen damit die
postsynaptische Entstehung der Muskelschwäche (Köhler 2000).
Lungenfunktionsuntersuchungen bei Patienten mit Myasthenia gravis pseudoparalytica 4

Während Erb noch mit Elektrotherapie kleine Erfolge an seinen Myastheniepatienten zu


erkennen glaubte, blieben Therapieversuche anderer mit Strychnin, Jod, Arsen, Eisen und
Kalziumsalzen noch hinter den Ergebnissen von Erb zurück. Erst 1933 erfuhr die
medikamentöse Therapie durch Selbstversuche der Myasthenikerin Harriet Edgeworth mit
Ephedrin zu einem Aufschwung alternativer Therapien. Sieb und Engel konnten 1993
nachweisen, dass die Wirkung von Ephedrin eher als zentral stimulierend zu erklären ist,
ursächlich aber keine objektiv messbare Besserung erreicht werden kann (Köhler 2000).
Die Anwendung von Cholinesterasehemmern geht schließlich auf die Ärztin Mary Walker
zurück, die, obwohl schon mehrfach vorher erfolgreiche Versuche mit Physostigmin
unternommen wurden, die Verwendung von Physostigmin bzw. Prostigmin in ihrem Artikel
von 1934 eindrucksvoll mit Fotografien unter Beweis stellte (Walker 1934).
1969 ergänzten Merstens et al. diese Form der medikamentösen Therapie um die Möglichkeit
der immunsupressiv wirkenden Medikamente. Damit ist das therapeutische Basiskonzept, so
nennt es Köhler in seinem Buch „Myasthenia gravis“, komplett und findet so heute noch,
wenn auch modifiziert, seine Anwendung. (Köhler 2000)

1.2 Klinik

Die ausgeprägte, im Tagesverlauf und unter Belastung abnehmende Kraft bzw. verminderte
Leistungsfähigkeit der quergestreiften Muskulatur mit deutlicher Erholung nach Ruhephasen,
gilt als Leitsymptom der Myasthenie. In milden Ausprägungsformen oder bei
Krankheitsbeginn können die Symptome noch flüchtig sein und dazu verführen, psychogene
Ursachen zu vermuten (Thieme 2000). Spontane Remissionen sind ebenso anzutreffen wie
fulminante Progressionen, wobei letztere nicht selten die intensivmedizinische Intervention
nötig machen. Stress durch seelische Belastungen, bestimmte Antibiotika (z.B. Tetracycline,
Aminoglycoside, Penicilline und Solfonamide), Muskelrelaxanzien unter
Narkosebedingungen (Klaus 2000, Schneider-Gold und Hartung 2004), hormonelle
Veränderungen und Therapiefehler durch Überdosierung von Cholinesterasehemmern können
die Symptome verstärken.
Die Muskelschwäche kann generalisiert vorliegen, meist sind aber bestimmte Muskelgruppen
bevorzugt betroffen. Es lassen sich okuläre, bulbäre und Extremitäten-betonte (proximal oder
distal) Verlaufsformen bzw. auch Kombinationen der drei Formen unterscheiden (Köhler
2000). Gold et al. schlagen eine praxisbezogenere Unterteilung in okuläre Myasthenie, eine
generalisierte Myasthenie mit den unterschiedlichen Schweregraden ´leicht´, ´mittel´ und
Lungenfunktionsuntersuchungen bei Patienten mit Myasthenia gravis pseudoparalytica 5

´schwer´, sowie eine paraneoplastische Myasthenie bei Vorhandensein eines Thymoms vor
(Gold et al. 2008).
Gerade die okulären Symptome, wie Ptosis und Diplopie, sind in mehr als 50% aller Fälle die
Frühsymptome (Wöhrle 2000). Die Beschwerden sind meist deutlich subjektiv und führen
nicht immer sicher zur Diagnose ´Myasthenie´. Die Abgrenzung zu isolierten
Augenmuskelparesen ist schwierig, zumal in diesem Krankheitsstadium der Nachweis von
Antikörpern meist negativ bleibt. Nur die Beobachtung der zirkadianen Rhythmik der
okulären Beschwerden kann Aufschluss über das Vorliegen einer rein okulären Myasthenie
geben. Gerade bei Altersmyasthenien kann die okuläre Symptomatik bei guten Aussichten auf
einen milden Krankheitsverlauf singulär bestehen bleiben.
Die bulbäre und faziale Symptomatik wird dem generalisierten Krankheitsbild der
Myasthenia gravis zugerechnet. Dysarthrie und Dysphagie sind schwerwiegende Störungen,
die sich häufig in einem reduzierten Allgemeinzustand des Patienten zeigen. Weiterhin ist
durch eine Ermüdung der pharyngealen und perioralen Muskulatur das Sprechen gestört, in
Kombination mit einer Schwächung der Gesichtsmuskulatur ergibt sich ein Erschlaffen der
Gesichtszüge mit eingeschränktem Mundschluss, die so genannte Facies myasthenica.
Die Schwäche der parapharyngealen Muskulatur kann zu einer verminderten Belüftung der
Tuba auditiva mit verminderter Hörleistung führen, andererseits kann durch eine Schwächung
des Muskulus stapedius eine Geräuschüberempfindlichkeit entstehen. Stammnahe
Muskelgruppen von Hals und Schultergürtel können betroffen sein und stellen meist einen
fortgeschrittenen Krankheitsverlauf dar.
Bei jüngeren Patienten geht man davon aus, dass eher die Extremitätenmuskulatur betroffen
sein wird, wodurch belastungsabhängig die Leistungsmöglichkeiten im beruflichen wie
privaten Leben stark eingeschränkt sein können.
Ganz selten ist die Schwäche der Atmungsmuskulatur erstes Symptom einer Myasthenie und
wird deshalb in ihrer lebensbedrohenden Bedeutung meist unterschätzt, obwohl ihr Verlauf
nicht vorhersehbar ist. Trotzdem sind Todesfälle auf Grund einer Atmungslähmung heute
glücklicherweise sehr selten geworden. Gerade aber nach Narkosen kann eine vorher nicht
bekannte Myasthenie durch eine schwer wieder herzustellende autonome Atmung
imponieren (Vaidya 2006, Kim et al. 2010).
Obwohl das Auftreten von Muskelatrophien lokal oder generalisiert bei Myastheniepatienten
bekannt ist, bleibt zu klären, ob es sich um ein begleitendes Symptom, eine Folge der
Erkrankung, eine Neuropathie oder um eine sekundäre Erkrankung wie Polymyositis handelt.
Muskelatrophien treten bereits früh auf, größere Bedeutung erlangen sie bei
Lungenfunktionsuntersuchungen bei Patienten mit Myasthenia gravis pseudoparalytica 6

fortgeschritteneren Krankheitsverläufen wegen der häufigeren Beatmungspflichtigkeit in den


rezidivierenden myasthenen Krisen (Köhler 2000).
Die Angaben für Inzidenz und Prävalenz der Myasthenia gravis pseudoparalytica sind trotz
zahlreicher Literatur zum Thema recht vage, da die teilweise schwierige Diagnostik im
Initialstadium, die nicht geringe Zahl spontaner Remissionen bzw. langsame
Krankheitsverläufe eine definitive Aussage erschweren. Gold et al. geben in ihren Leitlinien
der Deutschen Gesellschaft für Neurologie für Myasthenia gravis eine Inzidenz zwischen 0,25
und 2,0 pro 100.000 Einwohner an, die Prävalenz wird mit bis zu 50 pro 100.000 Einwohner
angegeben (Gold et al. 2008). Köhler gibt die Inzidenz mit 3-4 pro Million und die Prävalenz
mit zirka 60-150 pro Million Einwohner an (Köhler 2000).
Schneider-Gold und Hartung geben die Inzidenz mit 0,5-1 pro 100.000 und die Prävalenz mit
8-15 pro 100.000 an und beziehen sich dabei auf andere Quellen als Gold et al. oder Köhler.
Das Auftreten der Myasthenie ist nicht altersabhängig, bekannt sind allerdings zwei
Häufigkeitsgipfel bei männlichen Patienten: der erste liegt in der dritten Lebensdekade, der
zweite zwischen dem 50. und 60. Lebensjahr, wobei der zweite Häufigkeitsgipfel
ausgeprägter ist. Bei weiblichen Patienten gibt es nur einen Häufigkeitsgipfel zwischen dem
20. und 30. Lebensjahr, hier jedoch wesentlich ausgeprägter als bei Männern (Oosterhuis et
al. 1993 a, Oosterhuis et al. 1993 b). Frauen sind insgesamt doppelt so häufig betroffen wie
Männer, erkranken Kinder vor der Pubertät gibt es keine Unterschiede in der Häufigkeit.

1.3 Pathogenese

Die motorische Endplatte besteht aus dem efferenten Motoneuron und der jeweils
zugehörigen Muskelfaser. Dabei bildet jedes Axon mehrere Nervenendigungen aus, die sich
um die Faser gruppieren. In den Nervenendigungen liegen dicht gepackt die
Acetylcholinvesikel und Mitochondrien. Die präsynaptische Membran der Nervenendigung
trennt das Zytosol des Axons vom synaptischen Spalt ab, dessen zweite räumliche
Begrenzung, der präsynaptischen Membran direkt gegenüberliegend, die postsynaptische
Membran darstellt, welche ihrerseits das Myoplasma vom synaptischen Spalt trennt. Ebenfalls
der Nervenendigung gegenüberliegend, finden sich sogenannte sekundäre synaptische
Spalten, die in der Tiefe spannungsgesteuerte Natriumkanäle tragen. Die
Acetylcholinrezeptoren (AChR) sitzen dagegen im Eingangsbereich der Falten und damit
möglichst nah der präsynaptischen Membran. Die Acetylcholinesterase (AChE) findet sich an
der Basallamina von primären und sekundären synaptischen Spalten. Zahlenmäßig geringer,
Lungenfunktionsuntersuchungen bei Patienten mit Myasthenia gravis pseudoparalytica 7

aber in direkter Nachbarschaft der Acetylcholinrezeptoren (AChR) finden sich die


Muskelrezeptoren für Tyrosinkinase (MusK). Bekannt sind auch andere wichtige Areale in
der Struktur der motorischen Endplatte: neben MusK ist Agrin ein notwendiges Protein zur
Strukturierung der AChR-Cluster und Rapsyn dient als Verbindungselement von AChR an
die postsynaptische Membran (Hoch 1999; Liyanage et al. 2002). Andere nervale Proteine in
der Basallamina und ein von Scuderi et al. als p110 bezeichnetes Protein sind zwar bekannt,
ihre Funktion ist allerdings noch Gegenstand der aktuellen Forschung (Scuderi et al. 2002).

Während die Ausschüttung von Acetylcholin aus der Nervenendigung abhängig von Kalzium
ist, entsteht das Aktionspotential an der Muskelfaser durch Öffnung der Liganden-gesteuerten
AChR, dem nachfolgenden Einstrom von Natrium aus dem synaptischen Spalt, sowie der
anschließenden Öffnung der spannungsgesteuerten Natriumionenkanäle in den sekundären
synaptischen Spalten.
Die Phase der Repolarisation an der Nervenendigung beginnt mit dem Öffnen von
Kaliumkanälen. Nach dem Öffnen der AChR wird das Acetylcholin durch AChE in Cholin
und Acetat gespalten, wobei Cholin anschließend aktiv von der Nervenendigung
aufgenommen wird, um dort mit Hilfe der Cholinacetyltransferase wieder Acetylcholin zu
bilden.
Um an der Muskelfaser ein Aktionspotential auslösen zu können, ist eine, dem
Endplattenpotential entsprechende Ausschüttung an Acetylcholinvesikeln nötig. Auch in
Ruhe entstehen immer wieder Miniatur-Endplattenpotentiale, welche aber durch eine
verhältnismäßig geringe Menge an Acetylcholinvesikeln keine muskulären Aktionspotentiale
auslösen können. Zwischen beiden Potentialen liegt der sogenannte Schwellenwert, bei dem
die ausgeschüttete Menge an Acetylcholin gerade noch ausreicht, um ein Aktionspotential
auslösen zu können. Der Bereich zwischen Endplattenpotential und Schwellenpotential ist als
Sicherheitsbereich definiert und garantiert, dass auch bei geringerer Anzahl an
Acetylcholinvesikeln bzw. auch bei einem Mangel an AChR noch Aktionspotentiale in der
Muskelfaser entstehen können (Köhler 2000).

Dieser Mechanismus ist gerade im Hinblick auf das Krankheitsbild Myasthenia gravis
bedeutsam, bei dem zirkulierende Antikörper im synaptischen Spalt die Bindungsstellen für
Acetylcholin blockieren bzw. durch die Aktivierung des lokalen Komplements die
Destruktion der Acetylcholinrezeptoren beschleunigen. Der entstehende Mangel an
Lungenfunktionsuntersuchungen bei Patienten mit Myasthenia gravis pseudoparalytica 8

Bindungsstellen für Acetylcholin lässt den Sicherheitsbereich zwar schwinden, eine totale
Blockade der motorischen Endplatte entsteht dabei aber nie.
Die Beschleunigung der Endozytose an der motorischen Endplatte ist Folge einer Vernetzung
der einzelnen Acetylcholinrezeptoren durch die Antikörper. Die Wirkung des Komplements
bleibt nicht nur auf den primären synaptischen Spalt begrenzt, in fortgeschrittenen Stadien
wird durch das Komplement eine Vereinfachung der Strukturen in den sekundären
synaptischen Spalten herbeigeführt.
Fehlen die Antikörper gegen den Acetylcholinrezeptor (in 10-30% aller Fälle), spricht man
zwar von einer seronegativen Myasthenie, aber in vielen Fällen finden sich hier Antikörper
gegen MusK. Immunologisch unterscheiden sich also diese beiden Myasthenieformen,
therapeutisch gibt es heute allerdings noch keine Unterschiede.
Bei Patienten im fortgeschrittenen Lebensalter finden sich bei einem negativen Befund auf
AChR-Antikörper hingegen eher Antikörper gegen Titin bzw. das MGT30-Fragment des
Titins. Titin ist Bestandteil des myofibrillären Zytoskeletts und dient dem Erhalt der
Sarkomerstruktur. Ebenfalls bekannt sind Antikörper gegen den Ryanodin-Rezeptor als
Bestandteil des Kalzium-Kanals im sarkoplasmatischen Retikulum (Köhler 2000, Gold et al.
2008).

Die im Serum der Myastheniepatienten zu findenden Antikörper werden in der Thymus-Drüse


gebildet. Myoide Zellen in der Medulla des Thymus präsentieren oberflächliche Strukturen,
die dem Acetylcholinrezeptor gleichen. Unter der Kontrolle von spezifischen autoreaktiven T-
Helfer-Zellen entstehen so die Immunglobuline gegen AChR (Schneider-Gold und Hartung
2004).
Zur Diskussion steht auch das Modell eines antigenen Mimikry, bei dem endogene oder
exogene Antigene autoreaktive T-Zellen aktivieren (Köhler 2000).
Bei Gold et al. findet sich eine dritte Hypothese, welche in ihrer Konsequenz aber gut mit den
beiden vorangestellten Modellen harmoniert: Giraud et al. vermuten eine genetisch bedingte
Intoleranz gegen Epitope des Acetylcholinrezeptors, welche eine Aktivierung der T-Zellen
überhaupt erst ermöglicht (Giraud et al. 2007, Gold et al. 2008).
Wie schon Norris 1936 forderte, sollte der Diagnostik der Thymus-Drüse große
Aufmerksamkeit eingeräumt werden, denn die immunologischen Vorgänge in der Drüse
führen in der Mehrzahl aller Erkrankungen der Myasthenia gravis zu einer Hyperplasie der
Lymphfollikel innerhalb der Drüse. Gerade bei paraneoplastischen Formen der Myasthenia
gravis kann es sich aber auch um ein Thymom handeln. Immunologisch unterscheidet sich
Lungenfunktionsuntersuchungen bei Patienten mit Myasthenia gravis pseudoparalytica 9

das Thymom von der Thymitis durch eine exzessive Expression von Neurofilamenten, welche
ein AChR-ähnliches Epitop präsentieren.
Am häufigsten kommen bei paraneoplastischer Myasthenie die Tumor-Typen B2 (kortikales
Thymom) und B3 (gut differenziertes Thymuskarzinom) vor.
Antikörper gegen Titin bzw. MGT30 bei Patienten mit einem Lebensalter unter 40 Jahren
sprechen immer für das Vorhandensein eines Thymoms. Sind die Patienten älter, wird die
Korrelation schwächer, aber ein besonders schwerer Krankheitsverlauf kann angenommen
werden.
Ebenfalls mit der Entwicklung eines Thymoms ist das Vorhandensein der Antikörper gegen
den Ryanodin-Rezeptor assoziiert (Gold et al. 2008).

1.4 Diagnostik

Die Diagnostik bei dem Verdacht auf Myasthenia gravis lässt sich in mehrere Teilschritte
unterteilen:

1. Anamnese
2. Klinische Untersuchung
3. Elektrophysiologische Untersuchung
4. Pharmakologische Testung
5. Labordiagnostik mit Antikörper-Bestimmung
6. Bildgebende Verfahren
7. Spirometrie und Bodyplethysmographie
8. Weiterführende bzw. fakultative Tests.

Grundlage einer zielgerichteten Untersuchung ist eine ausführliche Anamnese, welche erste
Hinweise auf das Vorliegen zunehmender, schmerzloser Ermüdung einzelner Muskelgruppen
im Tagesverlauf aufdecken kann. Es sollte nach Kau- und Schluckbeschwerden sowie nach
dem Vorhandensein von Doppelbildern gefragt werden. Eine lückenlos erhobene
Medikationsliste kann zusätzliche Hinweise auf Myasthenie-verstärkende Medikamente
geben.

Bei der körperlichen Untersuchung ist der Befund des Allgemeinzustandes meist auffallend
normal, welches den Verdacht auf Vorliegen einer Myasthenie erhärten kann. Neurologische
Lungenfunktionsuntersuchungen bei Patienten mit Myasthenia gravis pseudoparalytica 10

Tests und Untersuchungen zur Ermüdung einzelner Muskeln können subjektive Beschwerden
aus dem anamnestischen Gespräch objektivieren und lassen sich zudem gut in klinischen
Scores ordnen. Sie dienen der Erfassung der aktuellen Leistungsfähigkeit der Patienten und
können zur Verlaufskontrolle eingesetzt werden. In den Ermüdungstests, die eine
Abhängigkeit zur Motivation des Patienten zeigen, lassen sich eventuell betroffene
Muskelgruppen von nicht betroffenen unterschieden. So erfasst der Myastheniescore nach
Besinger et al. das Armvorhalten, das Beinvorhalten in mittlerer Rückenlage, das Kopfheben
in mittlerer Rückenlage, einen Vigorimetertest zur Suche nach Dekrementen nach zehn
maximalen Faustschlüssen, die Vitalkapazität aus der Spirometrie, die Gesichtsmuskulatur,
Behinderung von Kauen und Schlucken, sowie den okulären Symptomenkomplex mit
Doppelbildern und Ptosis (Besinger et al. 1983) (s .Tabelle 2.1.1, S. 31).

Bestehen nur oder vorwiegend okuläre Symptome, kann die Verwendung des Simpson-Tests
oder eine Nervenstimulation des N. accessorius bzw. des N. facialis nach Schumm mit dem
entsprechenden Score sinnvoll sein (Schumm und Stöhr 1984, Thieme 2000, Gold et al.
2008).

In dieser Arbeit wurde zur Klassifikation der Myastheniepatienten die Osserman-


Klassifikation verwendet (s. Tab 2.2.1, S. 32). Die Osserman-Klassifikation dient dabei der
Unterscheidung zwischen vorwiegend okulären und generalisierten Krankheitsverläufen bzw.
der Prognoseeinschätzung.
Ein modifizierter Myastheniescore mit elf Test-Items diente der Verlaufskontrolle und der
momentanen Einschätzung der Schwere der Erkrankung und soll in dieser Arbeit nur der
Vollständigkeit halber erwähnt werden (Thieme 2000). Basis dieses Scores bildet der
Myastheniescore nach Besinger und Toyka mit 8 Test-Items (Besinger et al. 1983).
Im Jahr 2000 veröffentlichten Jaretzki et al. für die „Myasthenia Gravis Foundation of
America“ eine Arbeit, die dafür plädierte, sowohl die klinische Klassifikation der Myasthenia
gravis als auch den Myastheniescore den aktuellen Erfordernissen in Klinik und Forschung
anzupassen.
Die überarbeitete Klassifikation fand rasch Eingang in die Leitlinien der Deutschen
Gesellschaft für Neurologie durch Gold et al. und in die Arbeiten von Schneider-Gold und
Toyka. Der quantitative Myastheniescore nach Jaretzki et al. mit 13 Test-Items wird
modifiziert angewendet. Schneider-Gold und Toyka erweitern ihren modifizierten
Lungenfunktionsuntersuchungen bei Patienten mit Myasthenia gravis pseudoparalytica 11

Myastheniescore um die Verwendung des Forcierten Exspirationsvolumens in der 1. Sekunde


(FEV1) (Schneider-Gold und Toyka 2007, Gold 2008).

Ein wichtiger Bereich der Diagnostik sind die pharmakologischen Tests mit
Acetylcholinesterasehemmern und die Labordiagnostik zur Bestimmung von
Routineparametern und die Antikörper-Titer-Bestimmung.
Wichtigster Vertreter der pharmakologischen Tests ist der Tensilontest. Dabei soll unter
Verwendung von Edrophoniumchlorid (Tensilon), intravenös verabreicht, eine Verbesserung
der myasthenen Symptomatik in den ersten 10 Minuten nach Verabreichung des
Acetylcholinesterasehemmers zu verzeichnen sein. Dieser Test lässt sich mit jedem
Belastungstest kombinieren, um einen Vergleich zwischen den Ergebnissen vor und nach
Tensilongabe zur Diagnosefindung heranziehen zu können. Ein negativer Tensilontest
schließt allerdings eine Myasthenia gravis nicht sicher aus. Ein positives Testergebnis ist
andererseits aber auch kein eindeutiges Kriterium für die Beurteilung, ob eine Myasthenia
gravis pseudoparalytica vorliegt. Der Formenkreis der myasthenen Syndrome kann hier
falsch-positive Ergebnisse verursachen, so dass dieser Test lediglich als ein diagnostisches
Instrument von vielen zu sehen ist (Köhler 2000).
Der Einsatz von Tensilon wird heute kritisch hinterfragt, da in Einzelfällen drastische
systemische Reaktionen zu erwarten sind (Hartmann 1996, Liu 2005).
Alternativen zum Edrophoniumchlorid-Test stellen die jeweiligen Tests mit Neostigmin oder
der Test mit einer oralen Pyridostigmingabe dar, welche mit Tensilon vergleichbare
Ergebnisse erbringen können (Gold et al. 2008, Kim et al. 2010).
In der Labordiagnostik finden sich in 90% der ausgeprägten Fälle mit generalisierter
Myasthenie Antikörper gegen AChR. Bei Vorliegen von Anzeichen für ein frühes
Krankheitsstadium oder einer rein okulären Myasthenie liegt die Häufigkeit der gefundenen
AChR-Antikörper deutlich niedriger (Thieme 2000). Oosterhuis et al. stellten 1993 in einer
Übersichtsarbeit fest, dass auch bei anderen Erkrankungen der Befund auf AChR-Antikörper
positiv sein kann, obwohl keine Myasthenie vorliegt (Oosterhuis et al. 1993 a, Oosterhuis et
al. 1993 b, Oosterhuis et al. 1993 c).
Liegt der Befund einer seronegativen Myasthenie vor, kann es sinnvoll sein, den Titer der
Antikörper gegen die unter 1.3. erwähnten Proteine zu erheben, um den immunologischen
Status der Erkrankung bestimmen zu können. Sowohl Thieme als auch Köhler weisen darauf
hin, dass die Bestimmung der human-leucocyte-antigen-Subtypen (HLA) therapeutisch
Lungenfunktionsuntersuchungen bei Patienten mit Myasthenia gravis pseudoparalytica 12

relevant ist, da der Nachweis bestimmter HLA-Subtypen mit bestimmten Krankheitsstadien


korreliert.

Als bildgebende Methoden zur Beurteilung des Thorax samt des Mediastinums stehen heute
mit dem konventionellen Röntgen in zwei Ebenen, dem CT und dem MRT, zuverlässige und
flächendeckend vorhandene Mittel zur Verfügung, um pathologische Veränderung im
Mediastinum bzw. der Thymus-Drüse sicher diagnostizieren zu können.

Aus dem Bereich der Lungenfunktionsdiagnostik, die Aussagen zum Zustand der Lunge und
der Atmungspumpe erlaubt, wurden durch Besinger et al. nur die Vitalkapazität in den
klinisch bedeutsamen Myastheniescore aufgenommen (Besinger et al. 1983). Trotz teilweise
umfangreicher Arbeiten aus dem Gebiet der Pneumologie mit Bestimmung der Atmungskraft
setzte sich das forcierte Exspirationsvolumen der ersten Sekunde (FEV1) als Ergänzung der
Vitalkapazität VC in den modifizierten Myastheniescores durch (Schneider-Gold und Toyka
2007).

Zur Abgrenzung der Myasthenia gravis gegenüber anderen myasthenen Syndromen und zur
Verlaufskontrolle nach Thymektomie stehen weitere Untersuchungen zur Verfügung. So kann
ein Schädel-CT zum Ausschluss von intrakraniellen Läsionen bzw. zur Suche nach
raumfordernden Prozessen nötig sein. FDG-PET und PET-CT können zur Diagnostik bei
unklarem Befund des Mediastinums und zur Verlaufskontrolle nach einer Thymektomie
eingesetzt werden. Liquoruntersuchungen zum Ausschluss von entzündlichen Veränderungen
im ZNS gehören ebenso in diese Gruppe wie auch Muskelbiopsien zum Ausschluss einer
Myopathie. In Einzelfällen kann ein EMG zur Abgrenzung gegen andere Diagnosen nötig
sein. Bei Verdacht auf ein kongenitales myasthenes Syndrom sollte eine molekulargenetische
Diagnostik vorgenommen werden. Obwohl heute eine Vielzahl von Antikörpern bekannt ist,
liegt der Verdacht nahe, dass längst nicht alle in Frage kommenden Antikörper identifiziert
sind, so dass eine diagnostische Plasmapharese bei mehrfach seronegativer Antikörper-Titer-
Bestimmung den Hinweis auf pathogene Prozesse geben kann (Gold et al. 2008).

Sind alle Untersuchungen abgeschlossen und die Ergebnisse entsprechend dokumentiert, folgt
abschließend die Klassifikation der Erkrankung. Klinisch bewährt hat sich die Klassifikation
nach Osserman und Genkins (Osserman und Genkins 1971) (s. Tabelle 2.2.1, S. 32).
Lungenfunktionsuntersuchungen bei Patienten mit Myasthenia gravis pseudoparalytica 13

1.5 Differentialdiagnosen

Vollständige Tabellen zu wichtigen klinischen Differentialdiagnosen und mit Hinweisen zum


weiteren diagnostischen Vorgehen finden sich zum Beispiel bei Gold et al. in den Leitlinien
der DGN (Gold et al. 2008). An dieser Stelle soll nur eine Übersicht über die möglichen
Differentialdiagnosen gegeben werden, um eine Einordnung bzw. Abgrenzung der
Myasthenia gravis pseudoparalytica gegen andere Krankheitsbilder zu ermöglichen.
Wesentlich ausführlicher sind die Beschreibungen von Köhler (Köhler 2000).

Eng verwandt mit der Myasthenia gravis sind das Lambert-Eaton-Syndrom und das
kongenitale myasthene Syndrom. Das Lambert-Eaton-Syndrom ist häufiger mit nicht
Thymus-assoziierten Tumoren zu finden, das kongenitale myasthene Syndrom kommt
seltener vor und lässt sich durch molekulargenetische Untersuchungen mit einem häufig
autosomal-rezessiven Erbgang diagnostizieren. Treten die myasthenen Syndrome im Umfeld
eines Patienten gehäuft auf, sollte hier an Botulismus, ausgelöst durch entsprechende
Nahrungsmittel, oder an eine Überdosierung von therapeutischem Butolinum-Toxin gedacht
werden. Polymyositis und Dermatomyositis sind meist schon in der Anamnese durch
Schmerzbefunde und in der Labordiagnostik durch erhöhte Werte für Muskelproteine
auffällig. Die mitochondrale Myopathie imponiert dagegen in der histologischen
Untersuchung durch sogenannte ragged-red-Fasern. Ebenfalls durch eine Muskelbiopsie mit
anschließender histologischer Untersuchung lässt sich die okulopharyngeale
Muskeldystrohpie durch rimmed-red-Vakuolen identifizieren. Die Bulbärparalyse bzw. eine
Erkrankung der Motoneuronen ist im klinischen Bild auffälliger und durch
elektrophysiologische Unterschiede von der Myasthenia gravis abgrenzen.
Die akute Polyradikulitis fällt im Labor durch einen entsprechend positiven Liquorbefund mit
zytoalbuminärer Dissoziation auf. Das Guillain-Barré-Syndrom, das Miller-Fisher-Syndrom
und die Hirnnervenneuritis imponieren klinisch durch rasch aufsteigende Paresen und
Dysästhesien, was für eine Beteiligung von afferenten und efferenten Nervenfasern spricht.
Schwellung und Bewegungsschmerz direkt am Auge und in der Orbita sind eher ein Zeichen
für eine okuläre Myositis. Bei erhöhten Laborwerten für Schilddrüsenhormone können
okuläre Symptome auch auf die endokrine Orbitopathie hinweisen. Liegen als Diagnose eine
´okuläre Myositis´ oder die ´endokrine Orbitopathie´ vor, ist darauf zu achten, dass beide
Erkrankungen durchaus mit der Myasthenia gravis gemeinsam vorkommen können. Multiple
Sklerose kann isolierte okuläre Symptome verursachen, die sich nicht immer korrekt gegen
Lungenfunktionsuntersuchungen bei Patienten mit Myasthenia gravis pseudoparalytica 14

die Symptome der Myasthenia gravis abgrenzen lassen. Pathologische Liquorbefunde und die
charakteristischen Erkrankungsschübe helfen dem Mediziner bei der Unterscheidung beider
Krankheitsbilder. Raumforderungen im pharyngealen und parapharyngealen Raum können
bulbäre Symptome wie Dysarthrie und Dysphagie vortäuschen. Bildgebende Verfahren des
Schädels können auch hier hilfreich sein. Anamnestisch bereits auffällig sind Patienten mit
funktionellen Paresen. Hier sollte aber darauf geachtet werden, dass auch eine Myasthenia
gravis durch psychogene Einflüsse überlagert sein kann (Gold et al. 2008, Köhler 2000).

1.6 Therapie

Patienten mit Myasthenia gravis pseudoparalytica leiden an einer chronischen Krankheit,


deren Verlauf durch, immer wieder an neue wissenschaftliche Erkenntnisse, adaptierte
Therapiestrategien heute wesentlich vorhersagbarer ist als in den Anfangszeiten von
Diagnostik und Therapie.
Die beiden wesentlichen Ansatzpunkte der Therapie sind die symptomatische
Muskelschwäche, als Ausdruck der gestörten Erregungsleitung an den neuromuskulären
Synapsen, und die Autoimmunerkrankung. Ein Mehr an Acetylcholin an der postsynaptischen
Membran mildert den raschen Kraftabbau in der circumdianen Rhythmik eines
Myastheniepatienten und eine gezielte Immunsuppression verhindert den weiteren Abbau der
Rezeptoren. Auch wenn die Ziele der Therapie durch Leitlinien der entsprechenden
Fachgesellschaften sicher definiert und immer aktuell sind, bleibt die Therapie an sich für
jeden Patienten sehr individuell. Operationen und Narkosen, notwendige Immunisierungen,
Änderungen der zirkulierenden Hormone und hinzukommende Begleiterkrankungen machen
oftmals eine erneute Einstellung und Umstellung der Therapie nötig. Spontanremissionen sind
möglich und können eine Therapie über Monate überflüssig machen. Chronische
Ateminsuffizienz kann eine Indikation für den Einsatz einer Heimbeatmung sein, eine
grundsätzlich verbesserte Lebensqualität ist dabei zu erwarten.
Ausgehend von einer Basistherapie werden verschiedene Stufen der Therapie angewendet, um
diese dem Zustand des Patienten anpassen zu können.

1.6.1 Symptomatische Therapie

Mittel der Wahl sind Cholinesterasehemmer, welche die Verfügbarkeit von Acetylcholin als
Neurotransmitter an der Synapse erhöhen. 1934 postulierte Walker die Anwendung von
Lungenfunktionsuntersuchungen bei Patienten mit Myasthenia gravis pseudoparalytica 15

Physostigmin als Hemmer der Acetylcholinesterasen anhand eines Patientenfalles.


Neostigmin gilt heute als das älteste Medikament der symptomatischen Therapie bei
Myasthenia gravis. Pyridostigminbromid ist allerdings als Medikament bei oraler
Langzeittherapie der Verwendung von Neostigmin vorzuziehen, da cholinerge
Überdosierungserscheinungen bei Einhalten der Grenzdosis nicht zu erwarten sind.
Ambenoniumchlorid wird nur selten verwendet und Edrophoniumchlorid wirkt nur kurzzeitig
und findet daher hauptsächlich in der Myastheniediagnostik Anwendung (Endler 2000).

1.6.2 Immunsupression

Reicht eine Therapie mit den Acetylcholinesteraseinhibitoren allein nicht aus und soll der
Patient langfristig stabilisiert werden, ist eine Anwendung von Medikamenten zur
Immunsuppression angezeigt.
Auch wenn unter der Gabe von Glukokortikoidsteroiden initial eine Verschlechterung und
eine Besserung der Symptome erst nach bis zu drei Wochen eintritt, wird diese Gruppe von
Medikamenten genutzt, um in Kombination mit Azathioprin die Zeit bis zu dessen
Wirkeintritt nach einigen Monaten zu überbrücken. Diese Medikamentenkombination stellt
die Basistherapie dar. Zu beachten ist hierbei die Möglichkeit einer unerwünschten
Arzneimittelwirkung in Form einer Steroidmyopathie (Knop et al. 2004).
Alternativ zu den Kortikosteroiden steht Ciclosporin A als Therapieoption zur Verfügung,
allerdings sind die unerwünschten Arzneimittelwirkungen hier meist häufiger und deutlich
von der Höhe der Dosis abhängig. Neben diesen drei Wirkstoffen bzw. Wirkstoffgruppen gibt
es noch eine Reihe weiterer Wirkstoffe der 2. und 3. Wahl, deren Anwendung sorgfältig
abgewogen werden sollte. Einerseits können hier unerwünschte Arzneimittelwirkungen
verstärkt auftreten, andererseits fehlen gesicherte Erkenntnisse zu Therapieerfolgen (Gold et
al. 2008).

1.6.3 Weiterführende Therapien

Verschlechtern sich die Symptome der Patienten rasch, ist die myasthene Krise manifest, bei
Feststellung eines therapierefraktären Verlaufs und bei Entbindung eines Kindes einer
Myasthenie-erkrankten Mutter, sind intensivmedizinische Maßnahmen zu ergreifen. Wie
intensiv letztendlich therapiert werden muss, ist vom Zustand des Patienten und der Wahl der
Lungenfunktionsuntersuchungen bei Patienten mit Myasthenia gravis pseudoparalytica 16

Maßnahmen abhängig, die nötig sind, um eine weitere Verschlechterung zu verhindern und
letztlich eine Verbesserung der klinischen Situation zu erreichen.
Schon aus den ersten Schilderungen über Myasthenia gravis pseudoparalytica lassen sich
Rückschlüsse auf die Bedeutung der Atmungsmuskulatur ziehen: das Auftreten einer
myasthenen Krise zeigt sich dabei häufig in einer progressiven Dyspnoe. Allerdings ist die
Vitalkapazität kein zuverlässiger Indikator für eine bevorstehende Krise mit Dyspnoe (Rieder
et al. 1995). Weil die Vitalkapazität aber recht einfach messbar ist, wird sie in der Neurologie
und der Intensivmedizin als Leitwert für die Intubationspflicht genannt (Klingelhöfer et al.
2003, Treutheit 2008).
Die Zufuhr von Sauerstoff bei gleichzeitigem Offenhalten der Atemwege stellt zu Beginn der
Krise das vorrangigste Ziel dar und geht den medikamentösen Therapieschritten voraus. Diese
bestehen meist aus hochdosierten immunsuppressiv wirkenden Medikamenten und
vorbereitenden Maßnahmen für eine Plasmapharese oder Immunadsorption. Immunglobuline
sollten bevorzugt eingesetzt werden, wenn eine Sepsis mit Disseminierter intravasaler
Koagulopathie diagnostiziert wurde. Bei Vorliegen einer thymomassoziierten Myasthenie ist
eine möglichst frühe Thymektomie angezeigt. Über eine grundsätzliche Entscheidung zur
Thymektomie wird heute intensiv diskutiert, da hochevidente Studien zum Thema nicht
vorliegen (Gold et al. 2008).
Bachman et al. veröffentlichten Anfang 2009 eine Studie zum Vergleich der konservativen
Therapiestrategien mit einer forcierten Thymektomie bei Patienten mit einer generalisierten
Myasthenie und kamen zu dem Ergebnis, dass Patienten mit Thymektomie eine bessere
Langzeitprognose bei gleichzeitig verbessertem quality-of-life-Score haben (Bachman et al.
2009).
Der Nutzen einer Heimbeatmung zur Entlastung der Atmungspumpe liegt nicht nur im
Gewinn an Lebensqualität, sondern kann dazu beitragen, krankheitsassoziierte
Schlafstörungen und Ermüdungserscheinungen der Atmungsmuskulatur zu lindern (Biniek et
al. 1994). Bockelbrink beschrieb als positiven Effekt der noninvasiven Heimbeatmung eine
Verminderung der Folgen von chronischer Dyspnoe (Bockelbrink 1991). Laier-Groeneveld
und Criée postulierten eine verlängerte Lebenserwartung bei Patienten mit neuromuskulären
Erkrankungen unter Anwendung der Intermittierenden Selbstbeatmung (Laier-Groeneveld
und Criée 1994, Laier-Groeneveld 1998) und verfassten Richtlinien zur Anwendung eben
dieser Therapie für die „Arbeitsgruppe Heim- und Langzeitbeatmung“ (Laier-Groeneveld
1993) bzw. zur „Epidemiologie und Diagnostik zur intermittierenden Selbstbeatmung“ (Laier-
Groeneveld und Criée 1997). Weiner et al. untersuchten die Möglichkeiten eines
Lungenfunktionsuntersuchungen bei Patienten mit Myasthenia gravis pseudoparalytica 17

Muskeltrainings für die Atmungsmuskulatur und fanden bei Patienten mit milder und
generalisierter Myasthenie deutlich verbesserte Werte des maximalen inspiratorischen Drucks
(PImax) und zeigten mit ihren Ergebnissen (Weiner et al. 1998) eine gleichzeitige
Verbesserung der Ausdauer bei Verwendung einer Testmethode nach Nickerson und Keens
(Nickerson und Keens 1982).

1.7 Atmungsorgan und Atmungspumpe

Das respiratorische System besteht, funktionell betrachtet, aus zwei Anteilen: der Lunge als
Atmungsorgan und Ort des Gasaustauschs durch Diffusion und Perfusion, sowie der
Atmungspumpe mit ihren vier Hauptkompartimenten Atemzentrum, Nerven,
Atmungsmuskulatur und Thorax. Die Ventilation der Lunge erfolgt durch die kontinuierliche
Arbeit der Atmungspumpe (Laier-Groeneveld 1998).
Primäre Atemmuskeln, wie das Zwerchfell und die Interkostalmuskulatur, dehnen das
Volumen des Brustkorbes und erzeugen so einen, nach intrapulmonal gerichteten, Luftstrom.
Die Abnahme des Muskeltonus dieser inspiratorisch tätigen Muskeln führt zum vorwiegend
passiv ablaufenden Vorgang der Exspiration, bei dem die Retraktionskraft von Thorax und
Lunge für den Luftausstrom sorgt.
Die Regulation dieser Arbeit erfolgt über das Atemzentrum im Hirnstamm. Hier werden die
Informationen aus der Peripherie durch Afferenzen der zahlreichen Rezeptoren und Sensoren
autonom verarbeitet, und über Efferenzen der Rhythmus für Inspiration und Exspiration
geregelt (Bungeroth 2005).
Wie jeder Bestandteil des Organismus sind Atmungsorgan und Atmungspumpe in der Lage,
ihre Funktion an die metabolischen Erfordernisse des Körpers anzupassen. Durch
leistungsförderndes Training sind diese Funktionsreserven noch erweiterbar. Trotz dieser
Reserven führen unphysiologische Belastungen, durch nur begrenzt akut wirkende
Kompensationsmechanismen, zum Abbruch der Untersuchung.
Auch chronische Erkrankungen beeinträchtigen Atmungsorgan und Atmungspumpe, so dass
deren Funktion eben auch chronisch eingeschränkt wird. Sind die funktionellen Reserven
aufgebraucht, wird die Atmung zum limitierenden Faktor der körperlichen Belastbarkeit.
Beim chronisch Kranken entwickeln sich über die Dauer seiner Erkrankung
Adaptionsmechanismen, welche die Funktion von Lunge und Atmungspumpe auch bei
Bedingungen aufrecht erhalten, die für Gesunde unphysiologisch und nicht zu tolerieren
wären (Laier-Groeneveld 1998).
Lungenfunktionsuntersuchungen bei Patienten mit Myasthenia gravis pseudoparalytica 18

Sowohl Lunge als auch Atmungspumpe können die Ursache der chronischen Erkrankung
darstellen.
Die Lunge besteht, vereinfacht dargestellt, aus dem Lungenparenchym, den Blut zu- und
abführenden Gefäßen, den Luft leitenden Wegen und den Alveolarräumen. Sind Perfusion,
Diffusion, Ventilation oder deren Verhältnis zueinander gestört, spricht man von einer
pulmonalen Insuffizienz. Störungen der Atmungspumpe werden als ventilatorische
Insuffizienz bezeichnet, da sie immer mit einer alveolären Minderbelüftung einhergehen und
bei vollkommenem Funktionsverlust zum Atemstillstand führen.

1.7.1 Pulmonale Insuffizienz

Ist der Gasaustausch in der Lunge gestört, ist eine verminderte Sauerstoffaufnahme die Folge.
Ursache können die Verminderung des Sauerstoffgehaltes bzw. des Sauerstoffpartialdruckes
der Atemluft, ein verminderter Sauerstoffübertritt an der Alveolar-Kapillar-Schranke, ein
Shunt oder eine regionale bzw. globale Ventilations- und Perfusionsstörung sein.
Zur Kompensation der Störung kann die Leistung der Atmungspumpe gesteigert werden, um
durch erhöhte Ventilation funktionelle Reserven nutzbar zu machen. Gesteigerte Ventilation
führt regelmäßig zu normalen bis erniedrigten pCO2 und trotz erhöhter Ventilation kann eine
Hypoxämie vorliegen. Eine rein pulmonale Insuffizienz führt erst dann zu einer klinisch
erfassbaren Hyperkapnie, wenn die Belastungsgrenze der Atmungspumpe erreicht wird. Die
Retention von CO2 ist eine Folge der ventilatorischen Insuffizienz (Laier-Groeneveld 1998).
Kennzeichen der pulmonalen Insuffizienz ist der Abfall des pO2.

1.7.2 Ventilatorische Insuffizienz

Der komplexe Aufbau der Atmungspumpe führt zu verschiedenen Ursachen für eine mögliche
ventilatorische Insuffizienz.

a) Störungen des Atemzentrums (Hirnstamminfarkt oder –tumor, Narkotika- und


Sedativawirkung, Myxödem, metabolische Störungen, zentrale Schlafapnoe,
Undine-Fluch-Syndrom)
Lungenfunktionsuntersuchungen bei Patienten mit Myasthenia gravis pseudoparalytica 19

b) Muskuläre Störungen führen zu einem Verlust an Kraft und Leistungsvermögen


(z.B. Progressive Muskeldystrophie, Polymyositis, Muskelatrophie, Erkrankungen
des rheumatischen Formenkreises, Steroidmyopathie)
c) Neurale Störungen der Afferenzen und/oder Efferenzen (Poliomyelitis, ALS,
Multiple Sklerose, Querschnittslähmungen, Guillain-Barré-Syndrom)
d) Neuromuskuläre Übertragungsstörungen (Myasthenia gravis, Lambert-Eaton-
Syndrom)
e) Störungen der Atmungspumpe durch Deformitäten des Thorax (Skoliose,
Rippenserienfrakturen, Lungenemphysem, etc.)
f) Übertragungsstörungen durch Verlegung der Luft leitenden Wege (Asthma,
Atemwegsobstruktion, Trachealstenosen, etc.).

Jedes dieser Krankheitsbilder bedingt eine Veränderung der Leistungsdaten der


Atmungspumpe (Laier-Groeneveld 1998, Ulmer 2004, Bals und Vogelmeier 2006, Matthys
2008).

1.7.3 Kompensationsmechanismen der Atmungspumpe

Wie unter 1.7. und 1.7.1 dargestellt, ist die Anpassung des chronisch Kranken an die
respiratorische Insuffizienz effektiver, als kurzzeitig wirkende Kompensationsmechanismen
aus dem Grenzbereich der Akutversuche, denn hier wirkt die einsetzende Dyspnoe akut
limitierend (Younes 1991).
Beim chronisch Kranken nimmt zuerst die aufzuwendende Kraft pro Atemzug zu. Diese
Mehrarbeit leistet vor allem das Zwerchfell. Um die Ventilation bei Ermüdung des
Zwerchfells aufrecht zu erhalten, werden die Atemhilfsmuskeln zur Entlastung des
Zwerchfells und der Interkostalmuskulatur aktiviert. Dadurch ändert sich das Atemmuster: die
Frequenz der Atmung steigt und das Atemzugvolumen sinkt. Durch die verminderte
Ventilation ist die, in der Blutgasanalyse nachweisbare, Hyperkapnie erklärbar. Zwischen
diesem Zustand der dekompensierten ventilatorischen Insuffizienz und der kompensierten
ventilatorischen Insuffizienz, liegt aber ein Bereich, der nicht zwingend durch pathologische
Werte in der Blutgasanalyse auffällt. In diesem Bereich funktionieren die neurogene
Anpassung der Atmung und die erhöhte Ausdauerleistung der Atmungsmuskulatur noch
relativ gut, obwohl hier die Weichen zu einer chronischen Ermüdung bzw. zu einer
Überlastung der Atmungsmuskulatur gestellt werden.
Lungenfunktionsuntersuchungen bei Patienten mit Myasthenia gravis pseudoparalytica 20

1.7.4 Diagnostik der ventilatorischen Insuffizienz

Da die Blutgasanalyse offensichtlich im Bereich der kompensierten ventilatorischen


Fehlleistung kaum Aussagekraft besitzt, sind nichtinvasive Methoden zur Erfassung eben
dieser klinisch bedeutsam.
Soll der Kraftaufwand der Atmungsmuskulatur in Ruhe bestimmt werden, ist der
Mundverschlussdruck 100 ms nach begonnener Inspiration, ausgehend von der
Atemmittellage, ein sicheres Mittel zur Abschätzung (Criée 1988). Je negativer P 0,1 ist, desto
größer ist die eingesetzte Kraft zur Inspiration. Der Mundverschlussdruck entspricht dem
Pleuradruck, der über die Alveolen in die luftleitenden Wege übertragen wird und deshalb als
Negativdruck am Mund gemessen wird. Mit der gleichen Methode, aber deutlich
mitarbeitsabhängiger, lassen sich Werte für den maximalen Mundverschlussdruck P0,1max und
den maximalen Inspirationsdruck PImax bestimmen. PImax wird als Maximalwert aus der
gleichen Kurve wie P0,1max bestimmt, allerdings etwa 400 ms nach Inspirationsbeginn.
Der Quotient aus P0,1 und P0,1max lässt Rückschlüsse auf die Beanspruchung der
Atmungsmuskulatur zu und ist gleichzeitig ein guter Indikator für den relativen Atemantrieb.
Criée und Laier-Groeneveld bestimmten an Gesunden und Kranken einen Anteil des P0,1 am
P0,1max von 35% als kritische Grenze, bei der es zum Abbruch der Belastung innerhalb
weniger Minuten kommt (Criée 1988, Laier-Groeneveld und Criée 1994). Für chronisch
Kranke gibt Laier-Groeneveld einen kritischen Wert für P0,1/P0,1max von 25-35% an, da nie
eine dauerhafte Belastung darüber von den Probanden toleriert wurde.
Daraus zog er den Schluss, dass auch die Kompensationsmechanismen der Atmungspumpe
begrenzt sind. Weiterhin postulierte er, dass die Belastungsgrenze deutlich vor einer
feststellbaren Ermüdung der Atmungsmuskulatur erreicht wird und es sich dabei um einen
Schutzmechanismus der Atmungsmuskulatur vor irreversiblem Schaden handelt (Laier-
Groeneveld 1998).

1.8 Lungenfunktion

Die Lungenfunktionsdiagnostik kennt verschiedene Verfahren, um den Zustand aller unter


1.7. erwähnten anatomischen und funktionellen Einheiten des Atemapparates untersuchen zu
können. Dabei sind invasive Verfahren, wie die Zwerchfellstimulation und die Messung des
Sniffs mittels ösophagaler Ballonkatheter, die phrenic repetitive nerve stimulation (PRNS)
und die intercostal repetitive nerve stimulation (IRNS) von nicht-invasiven Verfahren, wie
Lungenfunktionsuntersuchungen bei Patienten mit Myasthenia gravis pseudoparalytica 21

Spirometrie und Bodyplethysmographie, zu unterscheiden (Laier-Groeneveld 1998, Hien


1999, Zhuang et al. 2003, Matthys 2008). Das Verfahren der PRNS durch Nadelstimulation
gilt heute als überholt, da Magnetstimulation und transkutane Stimulation nicht-invasive
Alternativen darstellen (ATS/ERS 2002).
Die Spirometrie gilt historisch als das älteste Verfahren um direkt dynamische
Lungenvolumina zu bestimmen (Bals und Vogelmeier 2006). Die
Ganzkörperbodyplethysmographie erweitert deren diagnostische Möglichkeiten um die
direkte Bestimmung der statischen Volumina. Ebenfalls direkt gemessen wird der spezifische
Atemwegswiderstand, der eine unmittelbare Berechnung der Atemwegsresistance erlaubt.
Die Güte der Messwerte aus der Bodyplethysmographie wird höher bewertet, weil die
Qualität der Messungen am Pneumotachographen mitarbeitsabhängiger sind (Criée et al.
2009). Andere Autoren führen die gute Reproduzierbarkeit von Messwerten aus der
Spirometrie an und attestieren der Spirometrie damit, eine verlässliche
Untersuchungsmethode zu sein (Matthys 2008).
Aussagen zum Zustand der in das Regelsystem der Atmung implementierten Rezeptoren,
Afferenzen und Efferenzen, sind bei Anwendung beider Verfahren indirekt möglich.

1.9 Ziel der Arbeit

Gingen Osserman und Genkins noch davon aus, dass eine Beteiligung der
Atmungsmuskulatur bzw. der Stammmuskulatur erst in fortgeschrittenen Krankheitsstadien
oder in Fällen rascher Progredienz der Erkrankung zu finden sind (Osserman und Genkins,
1966, Osserman und Genkins 1971), weisen aktuellere Publikation darauf hin, dass
möglicherweise schon früh in der Erkrankung eine Beteiligung der Atmungsmuskulatur zu
erwarten ist (Dushay et al. 1990, Mier et al. 1990, Vaidya 2006, Gold et al. 2008, Kim et al.
2010).
Die Anwendung von Acetylcholinesterasehemmern zur Überprüfung der Reversibilität der
abnormen Muskelermüdung bei Myasthenikern ist eine einerseits anerkannte, andererseits
kontrovers diskutierte Untersuchungsmethode. Ihre Anwendung im Rahmen einer
Lungenfunktionsuntersuchung ist belegt. Grund dafür ist die Annahme, dass auch Muskeln
mit ausgeprägter Dauerbelastung, zum Beispiel das Zwerchfell, unter der Anwendung von
Tensilon, Neostigmin oder Pyridostigmin eine Reversibilität der Erschöpfung zeigen müssen,
wenn sie, gleich in welchem Osserman-Stadium, in das Krankheitsbild involviert sind
Lungenfunktionsuntersuchungen bei Patienten mit Myasthenia gravis pseudoparalytica 22

(Szathmary et al. 1981, Goti et al. 1995, Keenan et al. 1995, Hartmann 1996, Endler 2000,
Thieme 2000, Liu 2005, Kim et al. 2010).
Szathmary et al. bestimmten bei 25 Myastheniekranken einen maximalen respiratorischen
Druck, dessen Interpretation dem heute verwendeten PImax ähnelt. 9 Patienten mit Osserman-
Klasse IIb wurden von Goti et al. untersucht. Dabei wurden VC, RV, FEV 1, TLC, FEV1/IVC,
PImax, VE, VT, Bf, VT/Ti und Ti/Ttot jeweils vor und nach Gabe von Pyridostigmin bestimmt.
Keenan et al. bestimmten bei 17 Myastheniepatienten FVCex, FEV1 und PImax und verglichen
diese Ergebnisse mit einer Gruppe aus 10 neuromuskulär gesunden Probanden. Die Tests
wurden jeweils vor und nach Gabe von Neostigmin als Acetylcholinesterasehemmer
durchgeführt. Jeweils einen Einzelfall analysierten sowohl Dushay et al. als auch Mier et al.
und Kim et al. (Dushay et al. 1990, Mier et al. 1990, Kim et al. 2010). Die Aussagen dieser
Arbeiten differieren teilweise stark voneinander. Die von Goti et al. und Keenan et al.
untersuchten Patienten sind, anders als in unserer Studie, teilweise therapiert und unterzogen
sich für die Studie einem Auslassversuch. Die Einzelfalldokumentationen zeigen zwar, dass
eine Schwäche der Atmungsmuskulatur ein Initialsymptom sein kann, die erhobenen
Messwerte entsprechen aber der klinischen Notwendigkeit. Allen Studien gemein ist die
Feststellung, dass weiterführende Studien notwendig sind.
Aus Studien mit neuromuskulär erkrankten Patienten stammt die Erkenntnis, dass solche
Erkrankungen auch Änderungen am Atemmuster der Erkrankten hervorrufen (Criée 1985,
Laier-Groeneveld 1998).
Diese Veränderungen wurden für Myastheniepatienten in verschiedenen Krankheitsstadien
nach unseren Erkenntnissen noch nie ausführlich beschrieben. Da die Bodyplethysmographie,
insbesondere die Erfassung der Ventilation und der Inspirationdrücke, die dafür geeigneten
Messwerte mit erhebt, ist eine Charakterisierung des Atemmusters ein Ziel dieser Arbeit.
Weiterhin sollen aus den zahlreichen Messwerten der Bodyplethysmographie und der
Mundverschlussdruckmessung jene herausgearbeitet werden, die eindeutige Rückschlüsse auf
die Kraft der Atmungsmuskulatur ermöglichen. Besonders soll dabei auf die Verwendung von
VC und FEV1 in den klinisch angewendeten Myastheniescores eingegangen werden.
Da die unerwünschten Arzneimittelwirkungen bei der Anwendung von Tensilon cholinerge
Krisen auslösen können und die Anwendung nicht immer unproblematisch ist, soll der Frage
nachgegangen werden, ob die Kombination von Bodyplethysmographie und Tensilontest die
Erkenntnisse aus älteren Publikationen bestätigen kann.
Lungenfunktionsuntersuchungen bei Patienten mit Myasthenia gravis pseudoparalytica 23

2. Material und Methoden

2.1 Probanden und Patienten

Im Helios Klinikum Erfurt werden Myastheniepatienten sowohl ambulant als auch stationär
von der Klinik für Neurologie betreut. Von Dezember 2000 bis Juni 2006 wurden alle
konsekutiven Patienten an die 1. Medizinische Klinik (Pneumologie) im Zentrum für Innere
Medizin überwiesen. Hier erfolgte im Rahmen der Myastheniediagnostik die
bodyplethysmographische Untersuchung und die Messung der Atmungsfunktion. In allen
Fällen erfolgte diese Untersuchung im Rahmen der Diagnostik bei Verdacht auf Vorliegen
einer Myasthenia gravis pseudoparalytica.
In die retrospektive Studie wurden Patienten aufgenommen, bei denen nach 1.4 und 1.5 eine
Erkrankung mit dem Lambert-Eaton-Syndrom oder dem kongenitalen Myasthenie-Syndrom
ausgeschlossen werden konnte. Ein weiteres Einschlusskriterium war die Art und Weise der
durchgeführten Bodyplethysmographie. Sowohl die Lungenfunktionsuntersuchung als auch
die Messung der Ventilation und der Inspirationsdrücke musste in Kombination mit einem
Tensilontest erfolgt sein, um, ähnlich der neurologisch-pharmakologischen Diagnostik, die
vermuteten Unterschiede zwischen individuell normaler und pharmakologisch veränderter
Lungenfunktion feststellen zu können. Dazu waren zwei komplette, zeitlich voneinander
getrennte Messungen notwendig. Idealerweise erfolgte die zweite Messung direkt nach der
Injektion des Tensilons (s. 2.7.3, S. 29).
Die Untersuchungen erfolgten vormittags zwischen 8 und 12 Uhr, um der circumdianen
Rhythmik in der Belastungsfähigkeit der potentiell Erkrankten gerecht werden zu können
(Thieme 2000).
Nicht in die Studie aufgenommen wurden Patienten, deren Allgemeinzustand eine
bodyplethysmographische Untersuchung verbot. Fortgeschrittene degenerative Erkrankungen
wie Morbus Alzheimer und Demenz waren ebenso Ausschlusskriterien wie das Vorliegen
von restriktiven oder obstruktiven Erkrankungen der Lunge (Lungentuberkulose,
Bronchialkarzinom oder pulmonale Metastasen, Lungenabszess, Kollagenosen der Lunge,
Lungenemphysem, Silikosen).
Daten zu den jeweiligen patientenbezogenen Untersuchungen wurden über den
Bodyplehtysmographen und den angeschlossenen Personalcomputer aufgezeichnet, und der
statistischen Auswertung zugeführt. Aus diesen Untersuchungsdaten stammen alle
verwendeten Datensätze.
Lungenfunktionsuntersuchungen bei Patienten mit Myasthenia gravis pseudoparalytica 24

2.2 Gruppenbildung

Die Beobachtungen von Osserman lassen den Schluss zu, dass Patienten erst ab einem
bestimmten Punkt ihrer chronischen Erkrankung Einschränkungen ihrer Atmungskraft
erwarten müssen. Diese Grenze liegt in der Osserman-Klassifikation zwischen dem Stadium
IIa und Stadium IIb und diente in dieser Studie zum Teilen des Patientenkollektivs in zwei
annähernd gleich große Gruppen (s. Tabelle 3.1.1, S. 34). In der Gruppe I finden sich
Patienten der Klasse I und IIa, eine Beeinträchtigung der Atmungskraft wäre hier nicht zu
erwarten. In der Gruppe II befinden sich Patienten, die zum Zeitpunkt der
bodyplethysmographischen Untersuchung den Osserman-Klassen IIb und III zugeordnet
werden konnten. Hier ist eine ausgeprägte Beeinträchtigung der Atmungsmuskulatur zu
erwarten.

2.3 Ordnung der Messwerte

Jeder Gruppe wird zur Unterscheidung der ersten Messung ohne Tensilon und der zweiten
Messung mit Tensilon eine Abkürzung nachgestellt: „vT“ steht für die erste
bodyplethysmographische Untersuchung vor Tensilongabe. „nT“ entspricht der zweiten
Messung nach Tensilongabe.
So finden sich für das gesamte Patientenkollektiv, für Gruppe I und Gruppe II jeweils eine
Spalte mit dem Zusatz „vT“ und eine Spalte mit dem Zusatz „nT“.

2.4 Normwerte

Referenzwerte für die Spirometrie, die Resistance und die bodyplethysmographischen


Volumina sind den Publikationen von Quanjer und Tammeling (Quanjer und Tammeling
1980, Quanjer und Tammeling 1984) bzw. von Quanjer et al. (Quanjer et al. 1993)
entnommen.
Die Erkenntnisse von Quanjer und Tammeling decken sich mit den aktuellsten
Veröffentlichungen zu den beiden Messwerten des Atemwegswiderstandes von Criée et al.
(Criée et al. 2009).
Für den Messwert von Ti/Ttot wurde ein Referenzwert aus den Publikationen von Younes
festgelegt (Younes 1991, Laier-Groeneveld 2009).
Der Sollwert für P0,1max wurde einer Publikation von Criée entnommen (Criée 1988).
Lungenfunktionsuntersuchungen bei Patienten mit Myasthenia gravis pseudoparalytica 25

Der Sollwert für den maximalen Druck bei Inspiration (PImax) aus der von ZAN verwendeten
Software wurde zu Gunsten aktuellerer Ergebnisse von Criée geändert. Gleiches gilt für die
Messwerte P0,1/VE und P0,1/PImax (Criée et al. 2003).
Aus diesen aktuellen Normwerten wurde für die Messwerte P0,1/P0,1max und P0,1max/PImax neue
Referenzwerte für die statistische Auswertung errechnet und angewendet.

2.5 Geräte

Die notwendigen Untersuchungen wurden von geschulten Medizin-Technischen Assistenten


durchgeführt und die Tensilon-Gabe durch Ärzte der 1. Medizinischen Klinik durchgeführt.
Für die Bodyplethysmographie, für die Erfassung der Ventilation und die Messung der
Inspirationsdrücke wurde ein ZAN 500-Bodyplethysmograph (ZAN is a registered trademark
of nSpire Health, Inc., 2009) mit folgenden technischen Spezifikationen verwendet:

2.5.1 Technische Daten des Bodyplethysmographen

Fluss & Volumen:

Fluss: ZAN VIP Flow-Sensor


Messbereich: ±2E-5 – ±0,02m³/s (Herstellerangabe: ±0,02 - ±20 l/s)
Genauigkeit: 5E-5 – 0,015m³/s ±2 %
(Herstellerangabe: 0,05 - 15 l/s ±2 %)
Auflösung: <5E-6m³ (Herstellerangabe: < 5 ml)
Gegendruck: <930Pa bei 0,014m³/s
(Herstellerangabe: <0,93 kPa bei 14 l/s)
Totraum: <0,005l (Herstellerangabe: <50 ml)
Luftfeuchtigkeit, Sensibilität: <2 % (Messbereich 0-99 %)

Kabinendruck:

Druckbereich: ±250Pa (Herstellerangabe: ±0,25 kPa)


Genauigkeit: 0,05% full scale
Auflösung: 16 Bit
Temperatursensor, Genauigkeit: ±0,5 °C
BTPS-Korrektur: Automatische Korrektur durch Softwarealgorithmen
Lungenfunktionsuntersuchungen bei Patienten mit Myasthenia gravis pseudoparalytica 26

NDC: Automatische Kompensation

Munddruck:

Druckbereich: ±7000Pa (Herstellerangabe: ±7 kPa)


Genauigkeit: 0,2%, full scale
Auflösung: 16 Bit

Shutter:

Zusätzlicher Totraum: 3E-5 l (Herstellerangabe: 30 ml)


Zusätzlicher Widerstand: <81 Pa/l/s bei 0,014m³/s
(Herstellerangabe: 0,081 kPa/l/s bei 14 l/s)
Abmessungen B x T x H: 0,18 m x 0,05 m x 0,08 m
Gewicht: 0,42 kg

Testgas:

Testgaszusammensetzung: 0,18 % - 0,3 % CO, 0,3 % CH4, Rest: synthetische Luft


mit „balanced nitrogen“
Testgaszufuhr: ausschließlich durch den für medizinische Zwecke
zugelassenen Druck- und Atemautomaten

2.5.2 Datenerfassung

Erfasst wurden die Messwerte über die bodyplethysmographische Apparatur. Die


firmeneigene Software der Firma nSpire stellte die Messwerte über einen handelsüblichen
Personalcomputer dar, die Ausgabe der Ergebnisse erfolgte zur sofortigen Kontrolle am
Monitor. Bei Bedarf wurden die Ergebnisse über einen angeschlossenen Drucker ausgedruckt.
Lungenfunktionsuntersuchungen bei Patienten mit Myasthenia gravis pseudoparalytica 27

2.6 Studienbeschreibung

Die Aufzeichnung der oben genannten Messungen erzeugt die in Tabelle 2.6.1 (S. 33)
gezeigten Messwerte.
Insgesamt wurden 28 Parameter in die statistische Auswertung aufgenommen, davon entfallen
24 auf Messwerte der Spirometrie, Inspirationsdrücke und Bodyplethysmographie und 4 auf
allgemein beschreibende Werte (Körpergröße, Körpergewicht, Geschlecht und Lebensalter).
Die Messwerte von Spirometrie, Atmungsfunktion und Lungenfunktion wurden jeweils nativ
und unter der pharmakologischen Wirkung des Tensilon ermittelt.
Zur Untersuchung, ob es einen lungenfunktionsdiagnostisch nachweisbaren oder bedeutsamen
Unterschied zwischen Patienten der Osserman-Klassen gibt, wurde das Patientenkollektiv in 2
Gruppen unterteilt. Gruppe 1 umfasste jene 20 Patienten, für die zum Zeitpunkt der
bodyplethysmographischen Untersuchung eine Osserman-Klasse von I oder IIa dokumentiert
war. Zur Gruppe II gehörten 22 Patienten, bei denen eine Osserman-Klasse IIb oder III
dokumentiert war.

2.7 Methoden

Wie Criée ausführt, geht die Erfindung des Ganzkörperbodyplethysmographen auf Du Bois
aus dem Jahre 1956 zurück (Criée et al. 2009). Die Kabine eines Bodyplethysmographen ist
so ausgelegt, dass der Patient oder Proband in einem geschlossenen Glaskasten sitzend, die
vorgegebenen Untersuchungen absolviert. Die spirometrische Untersuchungen, die
Aufzeichnung von Ventilation und der Inspirationsdrücke wurden im zeitlichen
Zusammenhang mit der bodyplethysmographischen Untersuchung bei offener Kammer
durchgeführt.
Zur Anwendung kommen heute meist Ganzkörperbodyplethysmographen des
volumenkonstanten Typs, seltener die druckkonstanten Typen oder eine Kombinationen aus
beiden. Ihrer physikalischen Präzision wegen sind volumenkonstante Bodyplethysmographen
den beiden anderen Typen vorzuziehen (Criée et al. 2009). Druckkonstante
Bodyplethysmographen besitzen in der Kabine eine Leckage mit Flusssensor, über den
Strömungen gemessen werden können. Diese Ausführung der Bodyplethysmographen ist
physikalisch und technisch anspruchsvoller, was wiederum in einer etwas geringeren
Präzision im Vergleich zu volumenkonstanten Geräten seinen Ausdruck findet.
Lungenfunktionsuntersuchungen bei Patienten mit Myasthenia gravis pseudoparalytica 28

2.7.1 Besonderheiten der bodyplethysmographischen Untersuchung

Sitzt der Proband in der geschlossenen Kabine des Bodyplethysmographen, können sowohl
Drücke und daraus abgeleitete Volumina, als auch Volumenänderungen am Mundstück
ermittelt werden.
Dabei sind das Lungenverschiebevolumen und das Kabinenverschiebevolumen grundsätzlich
voneinander zu unterscheiden, da das Kabinenvolumen nicht direkt mit den Volumina in
Lunge und Atemwegen gleichzusetzen ist. Gleichwohl ist dieses Verschiebevolumen in der
Kabine ein Ausdruck von, durch Kompression und Dekompression wirkende, Kräfte. Die
Aufzeichnung des Verschiebevolumens ist Ausgangspunkt der bodyplethysmographischen
Aufzeichnung. Wird in Ruheatmung der Atemstrom eines Atemzyklus gegen das
Verschiebevolumen aufgezeichnet, erhält man eine Atemschleife. Das Reziprok der Steilheit
der Atemkurve ist die spezifische Atemwegsresistance sRAWtot. Dieser spezifische
Atemwegswiderstand ist ein Maß der Atemarbeit und daher nicht zu verwechseln mit der
totalen Atemwegsresistance RAWtot. Um diese zu ermitteln, ist eine Verschlussdruckmessung
am Ende der regulären Exspiration nötig. Der Patient versucht gegen den Verschluss in
seinem Mundstück weiter zu atmen und erzeugt im Mund einen Druck, der dem Druck in den
Alveolen entspricht. Dies lässt sich auch als Verschiebevolumen in der Kabine messen.
Dieses Verhältnis von Verschiebevolumen und Änderung des Alveolardrucks ergibt als
Grafik eine Verschlussdruckkurve, an welcher sich das Lungenvolumen (Intrathorakales
Gasvolumen ITGV) ablesen lässt.
Korrigiert man nun die Atemschleife mit der Verschlussdruckkurve, so ergibt sich aus dem
Quotient von sRAWtot und ITGV der Totale Atemwegswiderstand RAWtot
(Criée et al. 2009).
Primär werden also nur der sRAWtot und das intrathorakale Gasvolumen bestimmt. Das ITGV
wird am Punkt der Funktionellen Residualkapazität bestimmt, womit ein dritter Messwert
bekannt ist.
Danach werden bei geöffneter Kabinentür alle anderen Messwerte über den integrierten
Flusssensor und über die integrierte Spirometrie bestimmt. Der modulare Aufbau von
Bodyplethysmograph und verwendeter Software ermöglicht die Implementierung weiterer
Messmethoden.
Lungenfunktionsuntersuchungen bei Patienten mit Myasthenia gravis pseudoparalytica 29

2.7.2 Die spirometrische Untersuchung

Im praktischen Alltag ist die Spirometrie ein einfaches und nicht-invasives Mittel, um
Lungenvolumina und Atemstromstärken zu messen. Obstruktionen sind auf diese Weise
sicher erkennbar und sogar in ihrer Schwere objektiv beurteilbar. Andere Ursachen
eingeschränkter Lungenfunktion (z. B. aus 1.7.2) sind nicht oder nur eingeschränkt mittels
einer spirometrischen Untersuchung beurteilbar.
Zur Anwendung kommen heute Pneumotachographen, die im Idealfall in einen
Ganzkörperbodyplethysmographen integriert sind. Die Messung erfolgt bei BTPS-
Bedingungen, damit gelten die Daten für 37° und 100% Luftfeuchtigkeit. Da diese
Bedingungen nie zu erfüllen sind, korrigieren aktuelle Geräte softwareseitig die Messwerte
um die Abweichung aus den ATP-Umgebungsbedingungen (ambient temperature and
pressure) auf die geforderten BTPS-Bedingungen.
Gemessen werden statische und dynamische Lungenvolumina. Statische Lungenvolumina
sind nicht vom zeitlichen Verlauf des Spirogramms abhängig (z. B. die Vitalkapazität).
Dynamische Volumina sind hingegen vom zeitlichen Verlauf des Spirogramms abhängig (z.
B. die Einsekundenkapazität) (Criée et al. 2006).

2.7.3 Die bodyplethysmographische Untersuchung in Verbindung mit


dem Tensilontest

Wie unter 1.4 ausgeführt wird, ist der Tensilontest bzw. die Anwendung anderer
Acetylcholinesterasehemmer mit jeder Untersuchung kombinierbar, um indirekt die gestörte
Erregungsleitung nachweisen zu können.
Die Anwendung in Verbindung mit spirometrischen oder bodyplethysmographischen
Untersuchungen ist bekannt (Szathmary et al. 1981, Goti et al. 1995, Keenan et al. 1995,
Thieme 2000).
Die Anwendung von Tensilon obliegt dem untersuchenden Arzt und sollte wegen
unerwünschten Arzneimittelwirkungen nur unter Bereithalten von Atropin als Antidot
erfolgen. Zu Beginn sind nicht mehr als 2 mg Edrophoniumchlorid zu injizieren. Danach
sollte 1-2 Minuten gewartet werden, bei guter Verträglichkeit können weitere 3 mg injiziert
werden. Sollte die Untersuchung inkonklusiv sein, können weitere 5 mg Tensilon verabreicht
werden.
Lungenfunktionsuntersuchungen bei Patienten mit Myasthenia gravis pseudoparalytica 30

Die Wirkung des Tensilons hält ca. 3 – 10 Minuten an, selten auch darüber hinaus (Köhler
2000).
Dies gilt es in der bodyplethysmographischen Untersuchung zu beachten, da je nach
Allgemeinzustand und Motivation des Patienten, mehrere Messversuche unternommen
werden müssen, um eine hohe Güte und Reproduzierbarkeit der Messwerte zu erreichen
(Criée 1988, Criée et al. 2003, Miller et al. 2005, Criée et al. 2006, Haber 2007, Bösch und
Criée 2009, Criée et al. 2009).

2.7.4 Messung der Inspirationsdrücke

Der P0,1 wird in Ruheatmung durch einen Verschluss des Ventils 100ms nach
Inspirationsbeginn. Da für eine willkürliche Beeinflussung des Manövers mindestens 180ms
vergehen, entspricht P0,1 damit der unwillkürlich entwickelten Kraft der
Inspirationsmuskulatur. Aus mindestens 6 Einzelmessungen wird für P0,1 ein Mittelwert
errechnet.
Auf eine maximale Exspiration folgt eine maximale Inspiration, auf deren Kurve bei Schluss
des Ventils der P0,1max und der PImax bestimmt werden. Hier werden vier Versuche
durchgeführt, von denen mindestens zwei Maximalwerte identisch sein müssen.

2.8 Angaben zur Statistik

Die Erfassung aller statistisch relevanten Parameter erfolgte in Microsoft Excel 2007. Mit
selbiger Software wurden auch die Werte der deskriptiven Statistik errechnet und der
überwiegende Teil der Grafiken erstellt. Für die Darstellung des Verhältnisses Inspirationszeit
zu Zeit pro Atemzug wurde das Programm SigmaPlot verwendet.
Zur Analyse von Unterschieden zwischen den Messwerten aus erster und zweiter Messung
und Unterschieden beider zu den Referenzwerten wurde über die Software SPSS 10.0.7 ein T-
Test für abhängige Stichproben durchgeführt. Die Abhängigkeit der Messwerte führt zu
fehlenden Wertepaaren in den Tabellen 3.2.1.1 bis 3.2.24.1, wenn Referenzwerte
softwareseitig nicht zu Verfügung standen oder Messwerte unterhalb der vom Hersteller
vorgegebenen Genauigkeit lag.
Nach Abgleich des Konfidenzintervalls mit dem errechneten Mittelwert wurde entschieden,
ob die Messwerte signifikant voneinander bzw. vom Referenzwert verschieden sind.
Lungenfunktionsuntersuchungen bei Patienten mit Myasthenia gravis pseudoparalytica 31

2.9 Anhang
Tabelle 2.1.1: Myastheniescore
Modifizierter Myastheniescore nach Besinger et al. (1983), Helios Klinikum Erfurt, Klinik für Neurologie

Ausprägung der Ohne Geringe Mäßige Starke Punktzahl


Schwäche Symptome Symptome Symptome Symptome
Score-Wert 0 1 2 3

Extremitäten- und Rumpfmuskulatur

Armvorhalten >240 90-240 10-90 <10


(in Sekunden),
90°, stehend
Beinvorhalten >100 30-100 0-30 0
(in Sekunden)
45°, Rückenlage
Kopfheben >120 30-120 0-30 0
(in Sekunden)
45°, Rückenlage
Vigorimetertest <15 15-30 30-75 >75
(in Prozent)
Dekrement nach 10
maximalen
Faustschlüssen
Vitalkapazität >3,5 2,5-3,5 1,5-2,5 <1,5
(in Liter)
männlich
Vitalkapazität >2,5 1,8-2,5 1,2-1,8 <1,2
(in Liter)
weiblich

Faziopharyngeale Muskulatur

Gesichtsmuskulatur Normal Mimische Lidschluss Amimie


Schwäche inkomplett
Lidschlusstest
Kauen Normal Kauschwäche Nur zerkleinerte Magensonde
beim Essen Kost
Schlucken Normal Ermüdung beim Verschlucken Magensonde
Essen und durch
Trinken inkompletten
Gaumenschluss,
nasale Sprache

Okuläre Symptome

Doppelbilder >60 10-60 0-10 spontan


(in Sekunden)
Ptosis >60 10-60 1-10 spontan
(in Sekunden)
Minimaler Punktescore: 0 = keine myasthene Symptomatik
Maximaler Punktescore: 34 = schwerste Myasthenie
(Thieme 2000)
Lungenfunktionsuntersuchungen bei Patienten mit Myasthenia gravis pseudoparalytica 32

Tabelle 2.2.1: Osserman-Klassifikation


Klassifikation der Myasthenia gravis nach Osserman

Gruppe Bezeichnung Leitsymptome Atemmuskulatur


betroffen ja/nein
Gruppe I Okuläre Myasthenie - Ptosis nein
- Diplopie
- jeweils ein- oder
beidseitig
Gruppe IIa Milde generalisierte -okuläre Symptome nein
Myasthenia gravis -allmählich bulbäre
und skelettale
Muskeln betroffen
Gruppe IIb Mäßig generalisierte -häufig okuläre nein
Myasthenia gravis Symptome wie
Gruppe I
-Dysarthrie
-Dysphagie
-Kaukraft verringert
Gruppe III Akut progrediente -Bulbärmuskulatur ja
Myasthenia gravis und Skelettmuskulatur
früh und stark
involviert
-Stammmuskulatur
früh betroffen
Gruppe IV Späte, stark - entwickelt sich nach ja
ausgeprägte 2 Jahren allmählich
Myasthenia gravis oder plötzlich aus
Gruppe I und Gruppe
IIa/IIb
(Osserman und Genkins 1971)
Lungenfunktionsuntersuchungen bei Patienten mit Myasthenia gravis pseudoparalytica 33

Tabelle 2.6.1: Abkürzungen aus der Software des ZAN 500


Abkürzung aus Bezeichnung Maßeinheit aus der
der Software Software
Größe Körpergröße Zentimeter
Gewicht Körpergewicht Kilogramm
Geschlecht männlich/weiblich
Alter Lebensalter Jahre
FVCex Forcierte exspiratorische Vitalkapazität Liter
FEV1 Forciertes Exspirationsvolumen der 1. Sekunde Liter
FEV1/IVC Relative Einsekundenkapazität, Bezugsgröße IVC %
FEV1/FVCex Anteil des Volumens der ersten Sekunde an der %
Forcierten exspiratorischen Vitalkapazität
PEF Maximaler exspiratorischer Fluss Liter/Sekunde
RAWtot Totale Atemwegsresistance kPa/l*s
sRAWtot Spezifische Atemwegsresistance kPa*s
TGV Thorakales Gasvolumen Liter
TLC Totale Lungenkapazität Liter
VC Vitalkapazität Liter
RV Residualvolumen Liter
TGV/TLC Anteil des TGV am TLC %
RV/TLC Anteil RV am TLC %
VT Atemzugvolumen Liter
Bf Atemfrequenz Anzahl/Minute
VE Atemminutenvolumen in Ruhe Liter/Minute
VT/Ti Atemzugvolumen durch Inspirationszeit Liter/Sekunde
(Inspirationsgeschwindigkeit)
Ti/Ttot Inspirationszeit zu Dauer eines Atemzuges
P0,1max Maximaler Mundverschlussdruck 0,1 Sekunde nach kPa
Beginn der Inspiration
PImax Maximaler inspiratorischer Mundverschlussdruck kPa
P0,1/VE Verhältnis P0,1 zum Atemminutenvolumen kPa*min/l
P0,1/P0,1max Verhältnis von P0,1 zum P0,1max %
P0,1max/PImax Verhältnis von P0,1max zum PImax %
P0,1/PImax Respiratorische Kapazität %
Lungenfunktionsuntersuchungen bei Patienten mit Myasthenia gravis pseudoparalytica 34

3. Ergebnisse

3.1 Ergebnisse der allgemeinen Statistik

3.1.1 Verteilung der Patienten auf die Osserman-Klassen

Wie die Tabelle 3.1.1 zeigt, konnte für die einzelnen Osserman-Klassen folgende Verteilung
im Patientenkollektiv gefunden werden: Sechs Patienten wurden zum Zeitpunkt der
bodyplethysmographischen Untersuchungen der Klasse I zugeordnet, 14 Patienten der Klasse
IIa, 20 Patienten der Klasse IIb, zwei Patienten wurden der Klasse III zugeordnet. Der Klasse
IV wurde kein Patient zugeordnet.

Tabelle 3.1.1: Verteilung der Häufigkeiten


Häufigkeit Prozent Gültige
Prozente
I 6 14,29 14,29
IIa 14 33,33 33,33
IIb 20 47,62 47,62
III 2 4,76 4,76
IV 0 0,00 0,00
Gesamt 42 100,00 100,00

3.1.2 Patientenkollektiv

Insgesamt erfüllten 42 Patienten die Kriterien aus 2.1, davon waren 24 weiblichen und 18
männlichen Geschlechts (weiblich: 57,2 %; männlich: 42,8 %). Die durchschnittliche
Körpergröße lag bei 170,1cm (SD = ±8,85), das durchschnittliche Körpergewicht lag bei
78,76kg (SD = ±14,90), welches einem normgewichtigen Patientenkollektiv entspricht. Das
Alter der Probanden betrug im Mittel 57,76 Jahre (SD = ±17,94). Der Beginn der ersten der
zwei aufeinander folgenden Untersuchungen lag im Mittel bei 10:42 Uhr, die zweite Messung
erfolgte im Anschluss und unmittelbar nach Tensilongabe i. v. .

3.1.3 Gruppe I

Insgesamt umfasste Gruppe I 20 Patienten, davon waren 13 Patienten weiblich und 7


Patienten männlich (weiblich: 65 %; männlich: 35 %). Die mittlere Körpergröße lag bei
170,75 cm (SD = ±10,07) und das mittlere Körpergewicht lag bei 78,55 kg (SD = ±16,58).
Lungenfunktionsuntersuchungen bei Patienten mit Myasthenia gravis pseudoparalytica 35

Das Durchschnittsalter lag bei 50,80 Jahren (SD = ±20,69). Die Untersuchung begann im
Mittel um 10:51 Uhr, die zweite Messung schloss sich nach Tensilongabe i. v. der ersten
Messung an. 6 Patienten wurden der Osserman-Klasse I und 14 Patienten wurden der Klasse
IIa zugeordnet.

3.1.4 Gruppe II

In der Gruppe II befanden sich 22 Patienten, von denen 10 Patienten weiblich und 12
Patienten männlich waren (weiblich: 45,45 %; männlich: 54,55 %). Der Durchschnitt der
Körpergröße betrug 170,68 cm (SD = ±7,83), das arithmetische Mittel des Gewichts betrug
78,95 kg (SD = ±13,59). Der Durchschnitt des Alters lag bei 64,09 Jahren (SD = ±12,36). Die
Untersuchung begann im Mittel um 10:34 Uhr die zweite Messung schloss sich nach
Tensilongabe i. v. der ersten Messung an. Von den 22 Patienten entfielen 20 auf die
Osserman-Klasse IIb und 2 auf die Osserman-Klasse III.
Lungenfunktionsuntersuchungen bei Patienten mit Myasthenia gravis pseudoparalytica 36

3.2 Ergebnisse der Bodyplethysmographie

3.2.1 Inspiratorische Vitalkapazität - IVC (Liter)

Der Tensilontest führt zu einem geringen Anstieg der Mittelwerte von IVC in allen drei
Gruppen (Tab.: 3.2.1.1 und Abb.: 3.2.1.1), dabei ist der Unterschied im Gesamtkollektiv mit
p=0,130, in Gruppe I mit p=0,290 und in Gruppe mit p=0,297 nicht signifikant. IVC vT ist im
Vergleich zum Referenzwert signifikant verringert (p<0,001), IVC nT ist im Vergleich zum
Referenzwert bei einem p=0,001 ebenfalls signifikant verringert. Die Messwerte von Gruppe
I (vT: p=0,217; nT: p=0,195)und Gruppe II (vT: p=0,748; nT: p= 0,971) im Vergleich zum
Referenzwert sind nicht signifikant verringert.

Tab.: 3.2.1.1: Deskriptive Statistik zu IVC


IVC IVC IVC IVC IVC IVC IVC
vT nT Gruppe I Gruppe I Gruppe Gruppe Soll
vT nT II II vT/nT
vT nT

N Gültig 41 41 19 19 22 22 41
Fehlend 1 1 1 1 0 0 1
Mittelwert 3,13 3,23 3,35 3,45 2,94 3,04 3,60
Standardabweichung 1,15 1,13 1,14 1,21 1,16 1,06 0,90
Varianz 1,33 1,28 1,29 1,45 1,34 1,12 0,82
Median 3,16 3,09 3,32 3,55 2,85 2,89 3,55

IVC

4,00
3,50
3,00
Liter - l

2,50
2,00
1,50
1,00
0,50
0,00
IVC vT IVC nT IVC IVC IVC IVC IVC Soll
Gruppe I Gruppe I Gruppe II Gruppe II
vT nT vT nT

Abbildung 3.2.1.1: Die Tensilongabe führt zu keinen signifikanten


Veränderungen bei IVC. Die Mittelwerte des
Gesamtkollektivs unterscheiden sich signifikant vom
Sollwert (beide p=0,001).
Lungenfunktionsuntersuchungen bei Patienten mit Myasthenia gravis pseudoparalytica 37

3.2.2 Forcierte Vitalkapazität exspiratorisch - FVCex (Liter)

Die Gabe von Tensilon führt zu einem Anstieg von FVCex. Der Anstieg ist im
Gesamtkollektiv mit p=0,087, in Gruppe I mit p=0,247 und in Gruppe II mit p=0,219 nicht
signifikant.
FVCex vT ist mit p<0,001 signifikant gegenüber dem Normwert verringert, FVCex nT mit
p<0,001 ebenfalls.
Die Mittelwerte von beiden Messungen der Gruppe I (vT: p=0,484; nT: p=0,229) und Gruppe
II (vT: p=0,461; nT: p=0,779) unterscheiden sich nicht signifikant vom Referenzwert
(Tab.: 3.2.2.1 und Abb.: 3.2.2.1).

Tab.: 3.2.2.1: Deskriptive Statistik zu FVCex


FVCex FVCex FVCex FVCex FVCex FVCex FVCex
vT nT Gruppe I Gruppe I Gruppe Gruppe Soll
vT nT II II vT/nT
vT nT

N Gültig 42 42 20 20 22 22 42
Fehlend 0 0 0 0 0 0 0
Mittelwert 3,02 3,16 3,22 3,37 2,84 2,97 3,54
Standardabweichung 1,12 1,11 1,14 1,18 1,09 1,03 0,83
Varianz 1,25 1,23 1,30 1,39 1,20 1,06 0,68
Median 2,98 3,06 3,31 3,48 2,84 2,79 3,52

FVCex

4,00
3,50
3,00
Liter - l

2,50
2,00
1,50
1,00
0,50
0,00
FVCex vT FVCex nT FVCex FVCex FVCex FVCex FVCex
Gruppe I Gruppe I Gruppe II Gruppe II Soll
vT nT vT nT

Abbildung 3.2.2.1: Die Tensilongabe führt zu keinen signifikanten Veränderungen bei


FVCex. Die Mittelwerte des Gesamtkollektivs unterscheiden sich
signifikant vom Sollwert (beide p<0,001).
Lungenfunktionsuntersuchungen bei Patienten mit Myasthenia gravis pseudoparalytica 38

3.2.3 Forciertes exspiratorisches Volumen der 1. Sekunde - FEV1 (Liter)

FEV1 zeigt im Tensilontest einen leichten Anstieg der Mittelwerte im Gesamtkollektiv und
den beiden Untergruppen. Dabei ist der Unterschied im Gesamtkollektiv mit p=0,322, in
Gruppe I mit p=0,590 und in Gruppe II mit p=0,379 jeweils nicht signifikant. FEV1 vT
unterscheidet sich mit einem p=0,007 signifikant vom Referenzwert, FEV1 nT ebenfalls mit
p=0,013.
In der Gruppe I ist der Unterschied zum Normwert sowohl vT (p=0,264) als auch nT
(p=0,189) jeweils nicht signifikant. Gleiches gilt für die Gruppe II, hier sind vT (p=0,272) und
nT (p=0,374) nicht signifikant vom Normwert verschieden (Tab.: 3.2.3.1 und Abb.: 3.2.3.1).

Tab.: 3.2.3.1: Deskriptive Statistik zu FEV1


FEV1 FEV1 FEV1 FEV1 FEV1 FEV1 FEV1
vT nT Gruppe I Gruppe I Gruppe Gruppe Soll
vT nT II II vT/nT
vT nT

N Gültig 42 42 20 20 22 22 42
Fehlend 0 0 0 0 0 0 0
Mittelwert 2,59 2,65 2,84 2,90 2,35 2,42 2,88
Standardabweichung 0,98 0,93 1,04 1,04 0,88 0,77 0,64
Varianz 0,96 0,86 1,09 1,07 0,77 0,59 0,41
Median 2,49 2,66 2,95 2,96 2,29 2,34 2,80

FEV1

3,50
3,00
2,50
Liter - l

2,00
1,50
1,00
0,50
0,00
FEV1 vT FEV1 nT FEV1 FEV1 FEV1 FEV1 FEV1 Soll
Gruppe I Gruppe I Gruppe II Gruppe II
vT nT vT nT

Abbildung 3.2.3.1: Die Tensilongabe führt zu keinen signifikanten Veränderungen bei


FEV1. Die Mittelwerte des Gesamtkollektivs unterscheiden sich
signifikant vom Sollwert (vT p=0,007; nT P= 0,013).
Lungenfunktionsuntersuchungen bei Patienten mit Myasthenia gravis pseudoparalytica 39

3.2.4 Relative Einsekundenkapazität - FEV1/IVC (%)

Nach Tensilongabe erhöht sich die Relative Einsekundenkapazität im Gesamtkollektiv und in


den Untergruppen. Im Gesamtkollektiv ist der Unterschied mit p=0,248, in Gruppe I mit
p=0,345 und in Gruppe II mit p=0,527 jeweils nicht signifikant. Signifikant erhöht gegenüber
dem Referenzwert sind sowohl FEV1/IVC vT (p<0,001) als auch FEV1/IVC nT (p<0,001). Für
FEV1/IVC Gruppe I vT besteht eine signifikante Erhöhung gegenüber dem Referenzwert
(p=0,012). Gleiches gilt für FEV1/IVC Gruppe I nT und dem Referenzwert (p=0,023).
Für die Mittelwerte der Gruppe II im Vergleich zum Sollwert lassen sich für vT (p=0,269)
und nT (p=0,456) keine signifikanten Unterschiede feststellen (Tab.: 3.2.4.1 und Abb.:
3.2.4.1).

Tab.: 3.2.4.1: Deskriptive Statistik zu FEV1/IVC


FEV1/ FEV1/ FEV1/ FEV1/ FEV1/ FEV1/ FEV1/
IVC IVC IVC IVC IVC IVC IVC
vT nT Gruppe I Gruppe I Gruppe Gruppe Soll
vT nT II II vT/nT
vT nT

N Gültig 42 42 20 20 22 22 42
Fehlend 0 0 0 0 0 0 0
Mittelwert 82,43 81,52 84,35 83,10 80,68 80,09 77,48
Standardabweichung 7,91 7,10 8,07 6,73 7,51 7,27 3,31
Varianz 62,49 50,35 65,08 45,25 56,42 52,85 10,99
Median 82,50 82,00 83,5 82,50 81,00 80,50 76,00

FEV1/IVC

100
90
80
Prozent - %

70
60
50
40
30
20
10
0
FEV1/IVC FEV1/IVC FEV1/IVC FEV1/IVC FEV1/IVC FEV1/IVC FEV1/IVC
vT nT Gruppe I Gruppe I Gruppe II Gruppe II Soll
vT nT vT nT

Abbildung 3.2.4.1: Die Tensilongabe führt zu keinen signifikanten Veränderungen bei


FEV1/IVC. Die Mittelwerte des Gesamtkollektivs unterscheiden sich
signifikant vom Sollwert (beide p<0,001). FEV1/IVC Gruppe I vT
(p=0,012) und FEV1/IVC Gruppe I nT (p=0,023) sind signifikant
erhöht.
Lungenfunktionsuntersuchungen bei Patienten mit Myasthenia gravis pseudoparalytica 40

3.2.5 Verhältnis FEV1 zur FVCex - FEV1/FVCex

Die Gabe von Tensilon führt im Gesamtkollektiv zu einer signifikanten Verringerung von
FEV1/FVCex nT im Vergleich FEV1/FVCex vT mit p=0,046, in den Gruppen I (p=0,093) und
II (p=0,271) bleibt der Unterschied nicht signifikant.
Die Erhöhung von FEV1/FVCex im Gesamtkollektiv gegenüber dem Sollwert ist sowohl vT
als auch nT mit einem p<0,001 signifikant. Für die Gruppe I ist die Erhöhung gegenüber dem
Sollwert sowohl vT (p<0,001) als auch nT (p=0,003) signifikant. In der Gruppe II ist die
Erhöhung gegenüber dem Referenzwert mit einem p=0,015 vT und einem p=0,047 ebenfalls
signifikant (Tab.: 3.2.5.1 und Abb.: 3.2.5.1).

Tab.: 3.2.5.1: Deskriptive Statistik zu FEV1/FVCex


FEV1/ FEV1/ FEV1/ FEV1/ FEV1/ FEV1/ FEV1/
FVCex FVCex FVCex FVCex FVCex FVCex FVCex
vT nT Gruppe I Gruppe I Gruppe Gruppe Soll
vT nT II II vT/nT
vT nT

N Gültig 42 42 20 20 22 22 41
Fehlend 0 0 0 0 0 0 1
Mittelwert 86,24 84,24 88,65 86,15 84,05 82,50 77,32
Standardabweichung 8,87 8,22 8,36 8,07 8,93 8,15 3,19
Varianz 78,67 67,65 69,92 65,19 79,76 66,45 10,17
Median 87,00 84,00 88,00 85,00 86,00 83,00 76,00

FEV1/FVCex

100
90
80
Prozent - %

70
60
50
40
30
20
10
0
FEV1/FVCex

FEV1/FVCex

FEV1/FVCex

FEV1/FVCex

FEV1/FVCex

FEV1/FVCex

FEV1/FVCex
Gruppe I vT

Gruppe I nT

Gruppe II

Gruppe II

Soll
vT

nT

vT

nT

Abbildung 3.2.5.1: Die Tensilongabe führt zu einer signifikanten Erhöhung von


FEV1/FVCex nT gegenüber FEV1/FVCex vT (p=0,046). FEV1/FVCex ist
im Gesamtkollektiv gegenüber der Referenz erhöht (beide p<0,001).
Gleiches gilt für FEV1/FVCex Gruppe I (vT p<0,001; nT p=0,003) und
FEV1/FVCex Gruppe II (vT p=0,015; nT p=0,047).
Lungenfunktionsuntersuchungen bei Patienten mit Myasthenia gravis pseudoparalytica 41

3.2.6 Exspiratorischer Spitzenfluss - PEF (Liter/Sekunde)

Die Gabe von Tensilon führt beim PEF im Gesamtkollektiv und den beiden Untergruppen zu
Änderungen in den Mittelwerten. Im Gesamtkollektiv ist der Unterschied mit p=0,591, in
Gruppe I mit p=0,159 und in Gruppe II mit p=0,606 jeweils nicht signifikant.
PEF vT und PEF nT sind gegenüber dem Referenzwert jeweils mit p<0,001 signifikant
verringert. In Gruppe I ist PEF vT gegenüber dem Normwert verringert, mit p=0,088 ist der
Unterschied nicht signifikant. Für PEF Gruppe I nT ist der Unterschied ebenfalls nicht
signifikant (p=0,161).
PEF Gruppe II vT ist mit einem p=0,007 signifikant gegenüber dem Referenzwert verringert,
PEF Gruppe II nT ist ebenfalls signifikant gegenüber dem Referenzwert verringert (p=0,002).

Tab.: 3.2.6.1: Deskriptive Statistik zu PEF


PEF PEF PEF PEF PEF PEF PEF
vT nT Gruppe I Gruppe I Gruppe Gruppe Soll
vT nT II II vT/nT
vT nT

N Gültig 42 42 20 20 22 22 42
Fehlend 0 0 0 0 0 0 0
Mittelwert 5,24 5,31 5,35 5,62 5,14 5,04 7,18
Standardabweichung 2,23 2,05 2,60 2,34 1,90 1,76 1,20
Varianz 4,98 4,20 6,74 5,48 3,60 3,08 1,45
Median 4,98 4,93 4,90 5,06 4,98 4,72 7,14

PEF

8,00
7,00
Liter/Sekunde - l/s

6,00
5,00
4,00
3,00
2,00
1,00
0,00
PEF vT PEF nT PEF PEF PEF PEF PEF Soll
Gruppe I Gruppe I Gruppe II Gruppe II
vT nT vT nT

Abbildung 3.2.6.1: Die Tensilongabe hat keinen Einfluss auf PEF. Im Gesamtkollektiv
ist PEF jeweils vT und nT mit p<0,001 gegenüber dem Referenzwert
verringert. Gleiches gilt für Gruppe II vT (p=0,007) und nT
(p=0,002).
Lungenfunktionsuntersuchungen bei Patienten mit Myasthenia gravis pseudoparalytica 42

3.2.7 Totale Atemwegsresistance - RAWtot (kPa/l*s)

Die Totale Atemwegsresistance steigt nach Tensilongabe in allen drei Gruppen signifikant an.
Dabei ist der Unterschied zwischen erster und zweiter Messung im gesamten
Patientenkollektiv mit p<0,001, in der Gruppe I mit p=0,018 und in der Gruppe II mit
p=0,016 jeweils signifikant.
Im Gesamtkollektiv ist die Erhöhung des RAWtot sowohl vor (p=0,005) als auch nach
Tensilongabe (p<0,001) gegenüber dem Normwert signifikant. In der Gruppe I ist vT mit
einem p=0,019 signifikant erhöht, bei nT mit einem p=0,007 ebenso.
In der Gruppe II ist die Erhöhung von vT gegenüber dem Referenzwert mit einem p=0,088
nicht signifikant, bei nT ist die Erhöhung mit p=0,012 signifikant (Tab.:3.2.7.1 und
Abb.:3.2.7.1).

Tab.: 3.2.7.1: Deskriptive Statistik zu RAWtot


RAWtot RAWtot RAWtot RAWtot RAWtot RAWtot RAWtot
vT nT Gruppe I Gruppe I Gruppe Gruppe Soll
vT nT II II vT/nT
vT nT

N Gültig 42 41 20 19 22 22 42
Fehlend 0 1 0 1 0 0 0
Mittelwert 0,38 0,46 0,38 0,47 0,38 0,45 0,30
Standardabweichung 0,17 0,24 0,13 0,24 0,20 0,25 0,01
Varianz 0,03 0,06 0,02 0,06 0,04 0,06 0,00
Median 0,35 0,38 0,35 0,37 0,37 0,39 0,30

RAWtot

0,50
0,45
0,40
0,35
kPa/l*s

0,30
0,25
0,20
0,15
0,10
0,05
0,00
RAWtot RAWtot RAWtot RAWtot RAWtot RAWtot RAWtot
vT nT Gruppe I Gruppe I Gruppe II Gruppe II Soll
vT nT vT nT

Abbildung 3.2.7.1: Die Tensilongabe führt zur Erhöhung von RAWtot. Diese Erhöhung
ist im Gesamtkollektiv signifikant (p<0,001), in Gruppe I (p=0,018)
und Gruppe II (p=0,016) ebenso. Im Gesamtkollektiv ist RAW tot
sowohl vor (p=0,005), als auch nach Tensilongabe (p<0,001)
gegenüber dem Sollwert erhöht. Gleiches gilt für Gruppe I (vT
p=0,019; nT p=0,007) und Gruppe II nT (p=0,012).
Lungenfunktionsuntersuchungen bei Patienten mit Myasthenia gravis pseudoparalytica 43

3.2.8 Spezifische Atemwegsresistance - sRAWtot (kPa*s)

Die Spezifische Atemwegsresistance zeigt nach Tensilongabe einen signifikanten Anstieg der
Mittelwerte in allen drei Gruppen. Dabei ist der Anstieg im gesamten Kollektiv mit einem
p<0,001 signifikant, in Gruppe I mit einem p<0,001 signifikant und in Gruppe II mit einem
p<0,001 signifikant.
Der Anstieg der Mittelwerte im Gesamtkollektiv gegenüber dem Sollwert ist sowohl bei
sRAWtot vT als auch bei sRAWtot nT mit p<0,001 signifikant. Gleiches gilt für die beiden
Untergruppten: auch hier sind die Mittelwerte sowohl vT als auch nT gegenüber dem Sollwert
mit p<0,001 signifikant erhöht (Tab.: 3.2.8.1 und Abb.: 3.2.8.1).

Tab.: 3.2.8.1: Deskriptive Statistik zu sRAWtot


sRAWtot sRAWtot sRAWtot sRAWtot sRAWtot sRAWtot sRAWtot
vT nT Gruppe I Gruppe I Gruppe Gruppe Soll
vT nT II II vT/nT
vT nT

N Gültig 42 42 20 20 22 22 41
Fehlend 0 0 0 0 0 0 1
Mittelwert 1,2712 1,5100 1,2470 1,4860 1,2932 1,5318 0,7520
Standardabweichung 0,5589 0,7440 03694 0,5884 0,6968 0,8755 0,1080
Varianz 0,3124 0,5536 0,1364 0,3463 0,4855 0,7664 0,0117
Median 1,1350 1,2400 1,2450 1,3400 1,0850 1,1600 0,7300

sRAWtot
Kilopascal*Sekunde - kPa*s

1,80
1,60
1,40
1,20
1,00
0,80
0,60
0,40
0,20
0,00
sRAWtot sRAWtot sRAWtot sRAWtot sRAWtot sRAWtot sRAWtot
vT nT Gruppe I Gruppe I Gruppe II Gruppe II Soll
vT nT vT nT

Abbildung 3.2.8.1: Die Tensilongabe führt zum Anstieg von sRAWtot im Gesamtkollektiv
(p<0,001) und in den beiden Gruppen (jeweils p<0,001). Der
Unterschied zum Sollwert ist für das gesamte Kollektiv signifikant
(vT und nT p<0,001), gleiches gilt für Gruppe I (vT und nT p<0,001)
und Gruppe II (vT und nT p<0,001).
Lungenfunktionsuntersuchungen bei Patienten mit Myasthenia gravis pseudoparalytica 44

3.2.9 Intrathorakales Gasvolumen - ITGV (Liter)

Auf das Thorakale Gasvolumen bzw. das intrathorakale Gasvolumen hat der Tensilontest
keine Wirkung. Der Unterschied zwischen erster und zweiter Messung im Gesamtkollektiv
bleibt mit p=0,862, in der Gruppe I mit p=0,741 und in der Gruppe II mit p=0,553 nicht
signifikant.
Werden im Gesamtkollektiv ITGV vT und nT mit dem Normwert verglichen, sind beide
Werte signifikant erhöht (vT p=0,009; nT p=0,004). Dies gilt auch für die Gruppe I vT mit
p=0,010 und nT bei p=0,008. In der Gruppe II ist vT mit einem p=0,003 gegenüber dem
Sollwert signifikant erhöht, bei nT mit einem p=0,004 ebenfalls (Tab.: 3.2.9.1 und Abb.:
3.2.9.1).

Tab.: 3.2.9.1: Deskriptive Statistik zu ITGV


ITGV ITGV ITGV ITGV ITGV ITGV ITGV
vT nT Gruppe I Gruppe I Gruppe Gruppe Soll
vT nT II II vT/nT
vT nT

N Gültig 42 41 20 19 22 22 42
Fehlend 0 1 0 1 0 0 0
Mittelwert 3,45 3,46 3,46 3,38 3,44 3,52 3,11
Standardabweichung 1,01 0,99 1,13 0,92 0,91 1,07 0,48
Varianz 1,02 0,99 1,28 0,85 0,83 1,14 0,23
Median 3,40 3,48 3,22 3,48 3,56 3,48 2,88

ITGV

4,00
3,50
3,00
Liter - l

2,50
2,00
1,50
1,00
0,50
0,00
ITGV vT ITGV nT ITGV ITGV ITGV ITGV ITGV Soll
Gruppe I Gruppe I Gruppe II Gruppe II
vT nT vT nT

Abbildung 3.2.9.1: Die Tensilongabe führt zu keiner signifikanten Änderung beim


ITGV. Die Mittelwerte des Gesamtkollektivs unterscheiden sich vT
(p=0,009) und nT (p=0,004) signifikant vom Referenzwert. Gleiches
gilt für Gruppe I (vT p=0,010; nT p=0,008) und Gruppe II (vT
p=0,003; nT p=0,004).
Lungenfunktionsuntersuchungen bei Patienten mit Myasthenia gravis pseudoparalytica 45

3.2.10 Totale Lungenkapazität - TLC (Liter)

Auf die Totale Lungenkapazität hat die Gabe von Tensilon keine Wirkung. Im
Gesamtkollektiv ist der Unterschied mit p=0,073, in Gruppe I mit p=0,136 und in Gruppe II
mit 0,228 nicht signifikant. Im gesamten Patientenkollektiv sind TLC vT (p=0,087) und nT
(p=0,934) jeweils nicht signifikant gegenüber dem Sollwert verändert. In der Gruppe I ist die
verringerte TLC bei vT gegenüber dem Sollwert mit p=0,070 nicht signifikant, bei nT ist die
TLC mit p=0,037 signifikant verringert. In der Gruppe II ist die verringerte TLC bei vT mit
p=0,151 nicht signifikant, bei nT mit einem p=0,059 ebenfalls (Tab.: 3.2.10 und Abb.:
3.2.10.1).

Tab.: 3.2.10.1: Deskriptive Statistik zu TLC


TLC TLC TLC TLC TLC TLC TLC
vT nT Gruppe I Gruppe I Gruppe Gruppe Soll
vT nT II II vT/nT
vT nT

N Gültig 42 41 20 19 22 22 42
Fehlend 0 1 0 1 0 0 0
Mittelwert 5,70 5,92 5,75 5,93 5,66 5,92 5,97
Standardabweichung 1,47 1,62 1,46 1,55 1,52 2,71 1,10
Varianz 2,18 2,62 2,14 2,39 2,31 2,94 1,22
Median 5,52 5,62 5,48 5,62 5,63 5,52 5,50

TLC

7,00
6,00
5,00
Liter - l

4,00
3,00
2,00
1,00
0,00
TLC vT TLC nT TLC TLC TLC TLC TLC Soll
Gruppe I Gruppe I Gruppe II Gruppe II
vT nT vT nT

Abbildung 3.2.10.1: Die Gabe von Tensilon hat keine Wirkung auf die TLC. Lediglich
TLC Gruppe I nT ist gegenüber dem Sollwert signifikant verringert
(p=0,037).
Lungenfunktionsuntersuchungen bei Patienten mit Myasthenia gravis pseudoparalytica 46

3.2.11 Residualvolumen - RV (Liter)

Das Residualvolumen steigt nach Tensilongabe in allen drei Gruppen an, dieser Anstieg ist im
Gesamtkollektiv mit p=0,388, in Gruppe I mit p=0,775 und in Gruppe II mit p=0,420 nicht
signifikant.
RV vT und des RV nT sind gegenüber dem Normwert jeweils mit einem p<0,001 signifikant
erhöht. In der Gruppe I ist die Erhöhung ebenfalls signifikant: bei Gruppe I vT mit p=0,025,
und Gruppe I nT mit p=0,007.
In der Gruppe II ist die Erhöhung des Residualvolumens sowohl bei vT als auch bei nT
jeweils mit p<0,001 signifikant.

Tab.: 3.2.11.1: Deskriptive Statistik zu RV


RV RV RV RV RV RV RV
vT nT Gruppe I Gruppe I Gruppe Gruppe Soll
vT nT II II vT/nT
vT nT

N Gültig 42 41 20 19 22 22 42
Fehlend 0 1 0 1 0 0 0
Mittelwert 2,54 2,64 2,35 2,39 2,71 2,87 2,13
Standardabweichung 0,80 0,91 0,87 0,68 0,71 1,03 0,44
Varianz 0,64 0,82 0,75 0,46 0,51 1,06 0,19
Median 2,59 2,62 2,28 2,55 2,75 2,78 2,11

RV

3,50
3,00
2,50
Liter - l

2,00
1,50
1,00
0,50
0,00
RV vT RV nT RV RV RV RV RV Soll
Gruppe I Gruppe I Gruppe II Gruppe II
vT nT vT nT

Abbildung 3.2.11.1: Die Tensilongabe hat keine Wirkung auf RV. Im Gesamtkollektiv ist
der Mittelwert von RV sowohl vT, als auch nT signifikant gegenüber
dem Sollwert erhöht (jeweils p<0,001). Gleiches gilt für Gruppe I (vT
p=0,025; nT p=0,007) und Gruppe II (vT und nT jeweils p<0,001).
Lungenfunktionsuntersuchungen bei Patienten mit Myasthenia gravis pseudoparalytica 47

3.2.12 Verhältnis thorakales Gasvolumen zur totalen Lungenkapazität -


TGV/TLC (Prozent)

Die Gabe von Tensilon führt in allen drei Gruppen zu einer Verringerung des Quotienten
TGV/TLC. Dieser Unterschied ist für das Gesamtkollektiv mit p=0,096, in Gruppe I mit
p=0,239 und in Gruppe II mit p=0,257 nicht signifikant. Die Erhöhung des TGV/TLC im
Gesamtkollektiv gegenüber dem Normwert ist sowohl für vT (p<0,001), als auch für nT
(p=0,018) signifikant. In der Gruppe I ist diese Differenz zum Normwert nur für vT
signifikant (p=0,006), nicht jedoch für nT mit p=0,081.
TGV/TLC in der Gruppe II vT ist mit einem p=0,003 und bei nT mit p=0,003 ebenfalls
signifikant gegenüber dem Normwert erhöht (Tab.: 3.2.12.1, Abb.: 3.2.12.1).

Tab.: 3.2.12.1: Deskriptive Statistik zu TGV/TLC


TGV/ TGV/ TGV/ TGV/ TGV/ TGV/ TGV/
TLC TLC TLC TLC TLC TLC TLC
vT nT Gruppe I Gruppe I Gruppe Gruppe Soll
vT nT II II vT/nT
vT nT

N Gültig 42 41 20 19 22 22 42
Fehlend 0 1 0 1 0 0 0
Mittelwert 60,86 58,66 59,90 57,16 61,73 59,95 55,16
Standardabweichung 9,44 8,91 8,68 9,05 10,20 8,79 3,49
Varianz 89,05 79,38 75,36 81,92 104,02 77,19 12,16
Median 61,00 58,00 60,50 57,00 62,5 61,00 56,00

TGV/TLC

100
90
80
Prozent - %

70
60
50
40
30
20
10
0
TGV/TLC TGV/TLC TGV/TLC TGV/TLC TGV/TLC TGV/TLC TGV/TLC
vT nT Gruppe I Gruppe I Gruppe II Gruppe II Soll
vT nT vT nT

Abbildung 3.2.12.1: Der Tensilontest hat keine Wirkung auf den Quotienten TGV/TLC.
Im Gesamtkollektiv sind die Messwerte vT (p<0,001) und nT
(p=0,018) gegenüber dem Sollwert signifikant erhöht. In Gruppe I
gilt dies für den Mittelwert vT (p=0,006) und in Gruppe II für den
Mittelwert vT (p=0,003).
Lungenfunktionsuntersuchungen bei Patienten mit Myasthenia gravis pseudoparalytica 48

3.2.13 Verhältnis Residualvolumen zur


totalen Lungenkapazität - RV/TLC (Prozent)

Auf das Verhältnis vom Residualvolumen zur gesamten Lungenkapazität hat Tensilon keinen
Einfluss. Im Gesamtkollektiv bleibt der Unterschied mit p=0,758, in Gruppe I mit p=0,870
und in Gruppe II mit p=0,798 nicht signifikant. Die Erhöhung des RV/TLC im Vergleich zum
Sollwert im gesamten Patientenkollektiv ist sowohl vT als auch nT jeweils mit p<0,001
signifikant. In der Gruppe I dagegen ist der Unterschied zum Sollwert sowohl vT (p=0,192)
als auch nT (p=0,100) nicht signifikant.
In der Gruppe II sind die Mittelwerte sowohl vT als auch nT jeweils mit p<0,001 gegenüber
dem Sollwert erhöht (Tab.: 3.2.13.1 und Abb.:3.2.13.1).

Tab.: 3.2.13.1: Deskriptive Statistik zu RV/TLC


RV/ RV/ RV/ RV/ RV/ RV/ RV/
TLC TLC TLC TLC TLC TLC TLC
vT nT Gruppe I Gruppe I Gruppe Gruppe Soll
vT nT II II vT/nT
vT nT

N Gültig 42 20 42 19 22 22 42
Fehlend 0 1 0 1 0 0 0
Mittelwert 45,21 44,98 41,00 40,89 49,05 48,50 37,40
Standardabweichung 12,09 10,32 13,03 9,57 9,98 9,81 5,92
Varianz 146,27 106,42 169,79 91,54 99,66 96,17 35,06
Median 45,00 46,00 40,00 42,00 49,50 49,50 40,00

RV/TLC

100
90
80
Prozent - %

70
60
50
40
30
20
10
0
RV/TLC RV/TLC RV/TLC RV/TLC RV/TLC RV/TLC RV/TLC
vT nT Gruppe I Gruppe I Gruppe II Gruppe II Soll
vT nT vT nT

Abbildung 3.2.13.1: Die Gabe von Tensilon hat keine Wirkung auf den Quotienten
RV/TLC. Im Gesamtkollektiv unterscheidet sich der Mittelwert
sowohl vT, als auch nT signifikant vom Normwert (jeweils p<0,001).
In Gruppe II unterscheiden sich ebenfalls beide Mittelwerte
signifikant vom Normwert (jeweils p<0,001).
Lungenfunktionsuntersuchungen bei Patienten mit Myasthenia gravis pseudoparalytica 49

3.2.14 Atemzugvolumen - VT (Liter)

Die Gabe von Tensilon hat keine Wirkung auf das Atemzugvolumen. Im Gesamtkollektiv ist
der Unterschied mit p=0,860, in Gruppe I mit p=0,811 und in Gruppe II mit p=0,664 jeweils
nicht signifikant. Beim Gesamtkollektiv sind VT vT und VT nT jeweils mit einem p<0,001
gegenüber dem Normwert erhöht. In der Gruppe I ist die Erhöhung des vT gegenüber dem
Normwert bei einem p=0,016 signifikant, für nT mit einem p=0,010 ebenfalls. Auch in der
Gruppe II ist die Erhöhung bei beiden Mittelwerten mit p<0,001 signifikant (Tab.: 3.2.14.1
und Abb.: 3.2.14.1).

Tab.: 3.2.14.1: Deskriptive Statistik zu VT


VT VT VT VT VT VT VT
vT nT Gruppe I Gruppe I Gruppe Gruppe Soll
vT nT II II vT/nT
vT nT

N Gültig 42 42 20 20 22 22 41
Fehlend 0 0 0 0 0 0 0
Mittelwert 0,87 0,86 0,83 0,85 0,90 0,87 0,60
Standardabweichung 0,34 0,34 0,36 0,35 0,33 0,34 0,00
Varianz 0,12 0,11 0,13 0,12 0,11 0,11 0,00
Median 0,77 0,82 0,75 0,79 0,77 0,83 0,60

VT

1,00
0,90
0,80
0,70
Liter - l

0,60
0,50
0,40
0,30
0,20
0,10
0,00
VT vT VT nT VT VT VT VT VT Soll
Gruppe I Gruppe I Gruppe II Gruppe II
vT nT vT nT

Abbildung 3.2.14.1: Die Gabe von Tensilon hat keine Wirkung auf das Atemzugvolumen.
Im Gesamtkollektiv sind die Messwerte vT und nT (jeweils mit
p<0,001) signifikant gegenüber dem Sollwert erhöht. In Gruppe I
trifft dies für die Messwerte vT (p=0,016) und nT (p=0,010) ebenfalls
zu. Für die Gruppe II sind die Messwerte vT und nT (p<0,001)
signifikant gegenüber dem Normwert erhöht.
Lungenfunktionsuntersuchungen bei Patienten mit Myasthenia gravis pseudoparalytica 50

3.2.15 Atemfrequenz - Bf

Die Gabe von Tensilon führt zu einem Anstieg der Mittelwerte. Der Anstieg ist im
Gesamtkollektiv mit p=0,432, in Gruppe I mit p=0,327 und in Gruppe II mit p=0,794 jeweils
nicht signifikant. Die Erhöhung der Atemfrequenz gegenüber dem Normwert ist im
Gesamtkollektiv sowohl vT als auch nT jeweils mit p<0,001 signifikant. In Gruppe I ist die
Erhöhung von Bf gegenüber der Norm sowohl vT als auch nT mit p=0,002 signifikant. Bei
Bf Gruppe II vT ist die Erhöhung gegenüber dem Normwert mit p=0,049 signifikant, bei Bf
Gruppe II nT mit p=0,011 ebenfalls.

Tab.: 3.2.15.1: Deskriptive Statistik zu Bf


Bf Bf Bf Bf Bf Bf Bf
vT nT Gruppe I Gruppe I Gruppe Gruppe Soll
vT nT II II vT/nT
vT nT

N Gültig 42 42 20 20 22 22 41
Fehlend 0 0 0 0 0 0 1
Mittelwert 19,14 19,57 19,35 20,00 18,95 19,18 16,00
Standardabweichung 5,18 5,12 4,39 5,50 5,90 4,85 0,00
Varianz 26,81 26,20 19,29 30,21 34,81 23,49 0,00
Median 20,00 20,00 20,00 21,50 20,00 19,50 16,00

Bf

25

20
Anzahl

15

10

0
Bf vT Bf nT Bf vT Bf nT Bf vT Bf nT Bf Soll
Gruppe I Gruppe I Gruppe II Gruppe II

Abbildung 3.2.15.1: Die Tensilongabe hat keine Wirkung auf die Atemfrequenz Bf. Im
Gesamtkollektiv sind die Messwerte vT und nT (jeweils p<0,001)
signifikant gegenüber dem Sollwert erhöht. Gleiches gilt für Gruppe
I vT und nT (jeweils mit p=0,002) und für Gruppe II vT und nT
(jeweils p<0,001).
Lungenfunktionsuntersuchungen bei Patienten mit Myasthenia gravis pseudoparalytica 51

3.2.16 Atemminutenvolumen in Ruhe - VE (Liter/Minute)

Das Atemminutenvolumen VE steigt nach Tensilongabe an. Im gesamten Patientenkollektiv


ist dieser Unterschied mit einem p=0,527, in Gruppe I mit p=0,500 und in Gruppe II mit
p=0,858 jeweils nicht signifikant. Im Gesamtkollektiv ist VE sowohl vT als auch nT jeweils
mit p<0,001 gegenüber dem Referenzwert erhöht. In VE Gruppe I vT ist die Erhöhung mit
einem p=0,011 signifikant, bei nT mit einem p=0,008 ebenfalls.
In der Gruppe II ist VE gegenüber dem Sollwert bei vT (p=0,005) und bei nT (0,004)
signifikant erhöht (Tab.: 3.2.16.1 und Abb.: 3.2.16.1).

Tab.: 3.2.16.1: Deskriptive Statistik zu VE


VE VE VE VE VE VE VE
vT nT Gruppe I Gruppe I Gruppe Gruppe Soll
vT nT II II vT/nT
vT nT

N Gültig 42 42 20 20 22 22 41
Fehlend 0 0 0 0 0 0 1
Mittelwert 15,37 15,84 15,07 15,87 15,65 15,82 12,00
Standardabweichung 4,77 5,02 4,49 5,27 5,10 4,90 0,00
Varianz 22,75 25,16 20,17 27,80 26,01 23,97 0,00
Median 14,68 15,78 14,90 15,49 14,57 15,78 12,00

VE

18
Liter/Minute - l/min

16
14
12
10
8
6
4
2
0
VE vT VE nT VE VE VE VE VE Soll
Gruppe I Gruppe I Gruppe II Gruppe II
vT nT vT nT

Abbildung 3.2.16.1: Die Gabe von Tensilon hat keinen Einfluss auf VE. Im
Gesamtkollektiv sind die Mittelwerte jeweils vT und nT signifikant
gegenüber dem Referenzwert erhöht (jeweils mit p<0,001). In
Gruppe I trifft dies ebenfalls zu (vT p=0,011; nT p=0,008), in Gruppe
II ebenso (vT p=0,005; nT p==,004).
Lungenfunktionsuntersuchungen bei Patienten mit Myasthenia gravis pseudoparalytica 52

3.2.17 Inspirationsgeschwindigkeit - VT/Ti (Liter/Sekunde)

Die Gabe von Tensilon hat keine Auswirkung auf die Inspirationsgeschwindigkeit. Der
Unterschied ist für das Gesamtkollektiv (p=0,477), für Gruppe I (p=0,583) und für Gruppe II
(p=0,727) jeweils nicht signifikant. Für das gesamte Patientenkollektiv ist sowohl der
Mittelwert vT, als auch der Mittelwert nT, gegenüber dem Sollwert signifikant erhöht
(p<0,001). In der Gruppe I ist der Anstieg von VT/Ti vT gegenüber dem Sollwert mit einem
p=0,091 nicht signifikant, bei nT bei einem p=0,043 ist der Anstieg signifikant.
In der Gruppe II sind beide Mittelwerte (vT: p=0,005; nT: p= 0,004) gegenüber dem Sollwert
signifikant erhöht (Tab.: 3.2.17.1 und Abb.: 3.2.17.1).

Tab.: 3.2.17.1: Deskriptive Statistik zu VT/Ti


VT/Ti VT/Ti VT/Ti VT/Ti VT/Ti VT/Ti VT/Ti
vT nT Gruppe I Gruppe I Gruppe Gruppe Soll
vT nT II II vT/nT
vT nT

N Gültig 42 42 20 20 22 22 41
Fehlend 0 0 0 0 0 0 1
Mittelwert 0,55 0,57 0,53 0,55 0,58 0,59 0,45
Standardabweichung 0,17 0,19 0,17 0,19 0,18 0,20 0,00
Varianz 0,03 0,04 0,03 0,04 0,03 0,04 0,00
Median 0,54 0,53 0,53 0,51 0,54 0,56 0,45

VT/Ti

0,70
0,60
Liter/Sekunde - l/s

0,50
0,40
0,30
0,20
0,10
0,00
VT/Ti vT VT/Ti nT VT/Ti VT/Ti VT/Ti VT/Ti VT/Ti
Gruppe I Gruppe I Gruppe II Gruppe II Soll
vT nT vT nT

Abbildung 3.2.17.1: Die Tensilongabe hat keinen Einfluss auf VT/Ti. Im Gesamtkollektiv
sind beide Messwerte vT und nT (jeweils mit p<0,001) gegenüber
dem Sollwert erhöht. In Gruppe I ist nur die Erhöhung von nT
gegenüber dem Sollwert signifikant (p=0,043). In Gruppe II sind
sowohl vT (p=0,005), als auch nT (p=0,004) gegenüber dem Sollwert
erhöht.
Lungenfunktionsuntersuchungen bei Patienten mit Myasthenia gravis pseudoparalytica 53

3.2.18 Verhältnis Inspirationszeit zur Atemzugdauer - Ti/Ttot

Die Tensilongabe hat weder im Gesamtkollektiv noch in einer der beiden Gruppen zu einer
Veränderung geführt. Für das Gesamtkollektiv ergibt sich p=0,960, für Gruppe ein p=1,000
und für Gruppe II ein p= 0,951. Für das Gesamtkollektiv ergibt sich kein signifikanter
Unterschied zum Sollwert (vT: p=0,377; nT: p=0,397). Gleiches gilt für die Gruppe I vT mit
p=0,055 und nT mit p= 0,091. In der Gruppe II ist bei vT mit p=0,974 und nT mit p=0,756
kein signifikanter Unterschied zum Sollwert feststellbar (Tab.: 3.2.18.1; Abb.: 3.2.18.1).

Tab.: 3.2.18.1: Deskriptive Statistik zu Ti/Ttot


Ti/Ttot Ti/Ttot Ti/Ttot Ti/Ttot Ti/Ttot Ti/Ttot Ti/Ttot
vT nT Gruppe I Gruppe I Gruppe Gruppe Soll
vT nT II II vT/nT
vT nT

N Gültig 42 42 20 20 22 22 41
Fehlend 0 0 0 0 0 0 1
Mittelwert 0,47 0,47 0,48 0,48 0,46 0,46 0,42
Standardabweichung 0,06 0,06 0,06 0,06 0,07 0,05 0,00
Varianz 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00
Median 0,48 0,47 0,49 0,48 0,47 0,46 0,42

Ti/Ttot

0,60
0,50
0,40
Anteil

0,30
0,20
0,10
0,00
Ti/Ttot Ti/Ttot Ti/Ttot Ti/Ttot Ti/Ttot Ti/Ttot Ti/Ttot
vT nT Gruppe I Gruppe I Gruppe II Gruppe II Soll
vT nT vT nT

Abbildung 3.2.18.1: Die Tensilongabe hat keinen signifikanten Einfluss auf Ti/Ttot. Im
Gesamtkollektiv, in Gruppe I und Gruppe II gibt es keine
signifikanten Unterschiede der Messwerte vT und nT zum Normwert.
Lungenfunktionsuntersuchungen bei Patienten mit Myasthenia gravis pseudoparalytica 54

3.2.19 Maximaler Mundverschlussdruck 0,1 Sekunde nach Beginn der


Inspiration - P0,1max (kPa)

Die Gabe von Tensilon hat keine Wirkung auf den P0,1max. Für das Gesamtkollektiv
(p=0,873), für die Gruppe I (p=0,984) und für die Gruppe II (p=0,848) ist der Unterschied
jeweils nicht signifikant. Die Verringerung der Mittelwerte aus dem Gesamtkollektiv
gegenüber dem Referenzwert ist für vT (p<0,001) und nT (p<0,001) hoch signifikant.
Gleiches gilt für die Gruppe I (vT: p=0,001; nT: p<0,001) und die Gruppe II (vT: p<0,001;
nT: p<0,001) (Tab.: 3.2.19.1 und Abb.: 3.2.19.1)

Tab.: 3.2.19.1: Deskriptive Statistik zu P0,1max


P0,1max P0,1max P0,1max P0,1max P0,1max P0,1max P0,1max
vT nT Gruppe I Gruppe I Gruppe Gruppe Soll
vT nT II II vT/nT
vT nT

N Gültig 42 42 20 20 22 22 42
Fehlend 0 0 0 0 0 0 0
Mittelwert 1,9331 1,9583 2,0695 2,0740 1,8091 1,8532 4,1702
Standardabweichung 1,4612 1,4872 1,5544 1,6145 1,3959 1,3912 0,6586
Varianz 2,1351 2,2117 2,4162 2,6066 1,9486 1,9354 0,4338
Median 1,6050 1,5600 1,6200 1,6900 1,5600 1,5600 3,600

P0,1max

4,50
4,00
Kilopascal - kPa

3,50
3,00
2,50
2,00
1,50
1,00
0,50
0,00
P0,1max P0,1max P0,1max P0,1max P0,1max P0,1max P0,1max
vT nT Gruppe I Gruppe I Gruppe II Gruppe II Soll
vT nT vT nT

Abbildung 3.2.18.1: Die Tensilongabe hat keinen Einfluss auf P0,1max. Im Gesamtkollektiv
(vT p<0,001; nT p<0,001), in Gruppe I (vT p<0,001; nT p<0,001) und
in Gruppe II (vT p<0,001; nT p<0,001) unterscheiden sich jeweils
beide Messwerte signifikant vom Sollwert.
Lungenfunktionsuntersuchungen bei Patienten mit Myasthenia gravis pseudoparalytica 55

3.2.20 Maximaler inspiratorischer Mundverschlussdruck -


PImax (kPa)

Der PImax zeigt nach Tensilongabe einen Anstieg der Mittelwerte. Dieser Anstieg ist im
Gesamtkollektiv mit p=0,040 signifikant. In Gruppe I ist dieser Anstieg mit p=0,265 und in
Gruppe II mit p=0,092 jedoch nicht signifikant. Im Gesamtkollektiv ist PImax vT und nT
(beide: p<0,001) gegenüber dem Sollwert signifikant verringert. In der Gruppe I sind beide
Mittelwerte signifikant gegenüber dem Sollwert verringert (vT: p=0,006; nT: p= 0,020). Die
Verringerung der Mittelwerte gegenüber des Sollwerts in Gruppe II ist für beide Messwerte
mit p<0,001 hoch signifikant (Tab.: 3.2.20.1 und Abb.: 3.2.20.1).

Tab.: 3.2.20.1: Deskriptive Statistik zu PI max


PImax vT PImax nT PImax PImax PImax PImax PImax
Gruppe I Gruppe I Gruppe Gruppe Soll
vT nT II II vT/nT
vT nT

N Gültig 42 42 20 20 22 22 42
Fehlend 0 0 0 0 0 0 0
Mittelwert 4,36 4,88 4,78 5,12 3,98 4,67 7,42
Standardabweichung 2,68 2,80 3,18 3,27 2,13 2,35 0,51
Varianz 7,18 7,86 10,13 10,72 4,54 5,54 0,26
Median 3,84 4,76 3,93 4,78 3,75 4,49 7,00

PImax

8,00
7,00
Kilopascal - kPa

6,00
5,00
4,00
3,00
2,00
1,00
0,00
PImax vT PImax nT PImax PImax PImax PImax PImax
Gruppe I Gruppe I Gruppe II Gruppe II Soll
vT nT vT nT

Abbildung 3.2.20.1: Die Gabe von Tensilon führt im Gesamtkollektiv zu einem


signifikanten Anstieg von PImax (p=0,040). Im Gesamtkollektiv sind
beide Messwerte signifikant gegenüber dem Sollwert verringert
(jeweils p<0,001). In Gruppe I ist der Unterscheid für vT (p=0,006)
und für nT (p=0,020) signifikant, in Gruppe II ebenfalls (vT und nT
p<0,001).
Lungenfunktionsuntersuchungen bei Patienten mit Myasthenia gravis pseudoparalytica 56

3.2.21 Verhältnis Mundverschlussdruck zum Atemminutenvolumen -


P0,1/VE (kPa*min/l)

Die Tensilongabe führt zu einer leichten Verringerung von P0,1/VE. Dieser Unterschied ist im
Gesamtkollektiv mit p=0,751, in Gruppe I mit p=0,265 und in Gruppe II mit p=0,798 jeweils
nicht signifikant. Die Verringerung der Mittelwerte von vT und nT des Gesamtkollektivs im
Vergleich zum Normwert ist jeweils mit p<0,001 hoch signifikant. Gleiches gilt für Gruppe I
(beide: p<0,001) und Gruppe II (vT: p<0,001; nT: p<0,001) (Tab.: 3.2.21.1 und Abb.:
3.2.21.1).

Tab.: 3.2.21.1: Deskriptive Statistik zu P0,1/VE


P0,1/VE P0,1/VE P0,1/VE P0,1/VE P0,1/VE P0,1/VE P0,1/VE
vT nT Gruppe I Gruppe I Gruppe Gruppe Soll
vT nT II II vT/nT
vT nT

N Gültig 42 42 20 20 22 22 41
Fehlend 0 0 0 0 0 0 1
Mittelwert 0,0161 0,0156 0,0147 0,0144 0,0174 0,0167 0,0250
Standardabweichung 0,0103 0,0090 0,0090 0,0080 0,0114 0,0098 0,000
Varianz 0,0001 0,0001 0,0001 0,0001 0,0001 0,0001 0,000
Median 0,0138 0,0153 0,0113 0,0141 0,0158 0,0160 0,0250

P0,1/VE

0,030
0,025
kPa*min/l

0,020
0,015
0,010
0,005
0,000
P0,1/VE P0,1/VE P0,1/VE P0,1/VE P0,1/VE P0,1/VE P0,1/VE
vT nT Gruppe I Gruppe I Gruppe II Gruppe II Soll
vT nT vT nT

Abbildung 3.2.21.1: Die Tensilongabe hat keinen Einfluss auf P0,1/VE. Im Gesamtkollektiv
ist der Unterschied zum Sollwert für die Messwerte vT und nT
(jeweils p<0,001) signifikant. Gleiches gilt für Gruppe I (vT und nT
p<0,001) und Gruppe II (vT und nT p<0,001).
Lungenfunktionsuntersuchungen bei Patienten mit Myasthenia gravis pseudoparalytica 57

3.2.22 Verhältnis Mundverschlussdruck zum maximalen


Mundverschlussdruck - P0,1/P0,1max (Prozent)

Die Tensilongabe wirkt heterogen auf die Mittelwerte des Quotienten P0,1/P0,1max. Der Anstieg
im Gesamtkollektiv ist mit p=0,835 nicht signifikant, der Anstieg bei Gruppe I mit p=0,417
ist ebenfalls nicht signifikant. Die Verringerung in Gruppe II ist mit p=0,759 nicht signifikant.
Der Unterschied der Mittelwerte im Gesamtkollektiv zum Referenzwert ist sowohl vT als
auch nT mit p<0,001 hoch signifikant. In der Gruppe I ist der Unterschied zum Sollwert für
vT mit p=0,063 nicht und für nT mit p=0,015 signifikant. In der Gruppe II ist der Unterschied
zum Sollwert für vT mit p=0,008 und für nT mit p=0,003 (Tab.: 3.2.22.1 und Abb.: 3.2.22.1)

Tab.: 3.2.22.1: Deskriptive Statistik zu P0,1/P0,1max


P0,1/ P0,1/ P0,1/ P0,1/ P0,1/ P0,1/ P0,1/
P0,1max P0,1max P0,1max P0,1max P0,1max P0,1max P0,1max
vT nT Gruppe I Gruppe I Gruppe Gruppe Soll
vT nT II II vT/nT
vT nT

N Gültig 42 42 20 20 22 22 42
Fehlend 0 0 0 0 0 0 0
Mittelwert 20,48 21,10 17,45 20,35 23,23 21,77 7,36
Standardabweichung 22,59 19,50 21,05 20,39 24,05 19,11 1,10
Varianz 510,16 380,14 443,10 415,92 578,47 364,85 1,20
Median 13,50 13,00 11,50 13,00 15,50 14,00 8,33

P0,1/P0,1max

100
90
80
Prozent - %

70
60
50
40
30
20
10
0
P0,1/P0,1max

P0,1/P0,1max

P0,1/P0,1max

P0,1/P0,1max

P0,1/P0,1max

P0,1/P0,1max

P0,1/P0,1max
Gruppe II vT

Gruppe II nT
Gruppe I vT

Gruppe I nT

Soll
vT

nT

Abbildung 3.2.22.1: Die Gabe von Tensilon hat keine Wirkung auf P0,1/P0,1max. Im
Gesamtkollektiv ist der Unterschied der Mittelwerte vT und nT
(jeweils p<0,001) zum Sollwert signifikant. Gleiches gilt für
P0,1/P0,1max Gruppe I nT (p=0,015). In Gruppe sind beide Messwerte
signifikant gegenüber dem Sollwert erhöht (vT p=0,008; nT p=0,003).
Lungenfunktionsuntersuchungen bei Patienten mit Myasthenia gravis pseudoparalytica 58

3.2.23 Verhältnis maximaler Mundverschlussdruck zum maximalen


Inspirationsdruck - P0,1max/PImax (Prozent)

Die Gabe von Tensilon führt in den drei Gruppen zu leichten Veränderungen des Quotienten
P0,1max/PImax. Der Unterschied ist im Gesamtkollektiv mit p=0,879, in Gruppe I mit p=0,787
und in Gruppe II mit p=0,981 jeweils nicht signifikant. Die Verringerung des Quotienten im
Gesamtkollektiv gegenüber dem Sollwert ist vT mit p<0,001 und nT mit p=0,002 signifikant.
In der Gruppe I ist die Verringerung gegenüber dem Sollwert bei vT mit p=0,088 und nT mit
p=0,094 jeweils nicht signifikant. In Gruppe II ist die Verringerung gegenüber dem Sollwert
bei vT mit p=0,047 signifikant, bei nT mit p=0,125 jedoch nicht signifikant (Tab.: 3.2.23.1
und Abb.: 3.2.23.1).

Tab.: 3.2.23.1: Deskriptive Statistik zu P0,1max/PImax


P0,1max/ P0,1max/ P0,1max/ P0,1max/ P0,1max/ P0,1max/ P0,1max/
PImax PImax nT PImax PImax PImax PImax PImax
vT Gruppe I Gruppe I Gruppe Gruppe Soll
vT nT II II vT/nT*
vT nT

N Gültig 42 42 20 20 22 22 42
Fehlend 0 0 0 0 0 0 0
Mittelwert 0,4403 0,4439 0,4460 0,4306 0,4352 0,4368 0,5601
Standardabweichung 0,1897 0,2383 0,1896 0,2372 0,1941 0,2448 0,0682
Varianz 0,0360 0,0568 0,0360 0,0563 0,0377 0,0599 0,0047
Median 0,3954 0,4309 0,4007 0,4230 0,3954 0,4389 0,5143

P0,1max/PImax

100
90
80
Prozent - %

70
60
50
40
30
20
10
0
P0,1max/PImax

P0,1max/PImax

P0,1max/PImax

P0,1max/PImax

P0,1max/PImax

P0,1max/PImax

P0,1max/PImax
Gruppe II vT

Gruppe II nT
Gruppe I vT

Gruppe I nT

Soll
vT

nT

Abbildung 3.2.23.1: Der Tensilontest hat keine Wirkung auf den Quotienten P 0,1max/PImax.
Im Gesamtkollektiv ist der Unterschied zum Sollwert jeweils vT
(p<0,001) und nT p=0,002) signifikant. In Gruppe II ist nur nT
signifikant gegenüber dem Sollwert verringert (p=0,047).
Lungenfunktionsuntersuchungen bei Patienten mit Myasthenia gravis pseudoparalytica 59

3.2.24 Respiratorische Kapazität - P0,1/PImax (Prozent)

Die Tensilongabe bewirkt beim Quotienten P0,1/PImax heterogene Änderungen der


Mittelwerte. Die Verringerung im Gesamtkollektiv ist mit p=0,443 nicht signifikant, der
Anstieg in der Gruppe I ist mit p=0,693 nicht signifikant, die Verringerung in Gruppe II ist
mit p=0,041 signifikant. Gegenüber dem Referenzwert sind die Mittelwerte des
Gesamtkollektivs jeweils vT (p<0,001) und nT (p<0,001) signifikant erhöht. In Gruppe I ist
die Erhöhung von vT mit p= 0,040 und nT mit p= 0,040 jeweils signifikant. Die Mittelwerte
der Gruppe II sind jeweils vT (p<0,001) und nT (0,002) gegenüber dem Sollwert signifikant
erhöht (Tab.: 3.2.24.1 und Abb.: 3.2.24.1).

Tab.: 3.2.24.1: Deskriptive Statistik zu P0,1/PImax


P0,1/ P0,1/ P0,1/ P0,1/ P0,1/ P0,1/ P0,1/
PImax vT PImax nT PImax PImax PImax PImax PImax
Gruppe I Gruppe I Gruppe Gruppe Soll
vT nT II II vT/nT
vT nT

N Gültig 42 42 20 20 22 22 42
Fehlend 0 0 0 0 0 0 0
Mittelwert 7,88 7,24 7,05 7,60 9,05 6,91 4,50
Standardabweichung 7,65 7,37 8,22 9,33 7,12 5,20 0,00
Varianz 58,55 54,28 67,52 86,99 50,65 27,04 0,00
Median 6,00 5,00 5,50 3,00 8,00 5,00 4,50

P0,1/PImax

100
90
80
Prozent - %

70
60
50
40
30
20
10
0
P0,1/PImax

P0,1/PImax

P0,1/PImax

P0,1/PImax

P0,1/PImax

P0,1/PImax

P0,1/PImax
Gruppe II

Gruppe II
Gruppe I

Gruppe I

Soll
vT

nT

vT

nT

vT

nT

Abbildung 3.2.24.1: Die Gabe von Tensilon führt zu einer signifikanten Verringerung von
P0,1/PImax Gruppe II (p=0,041). Im Gesamtkollektiv sind beide
Messwerte signifikant gegenüber dem Sollwert erhöht (jeweils
p<0,001). Gleiches gilt für Gruppe I (vT p=0,040; nT p=0,040) und
für Gruppe II (vT p<0,001; nT p=0,002).
Lungenfunktionsuntersuchungen bei Patienten mit Myasthenia gravis pseudoparalytica 60

4. Diskussion

4.1 Interpretationsstrategien

Moderne Lungenfunktionsdiagnostik ist nicht allein das isolierte Betrachten einzelner


Parameter von Spirometrie und Lungenfunktion. Gerade im Zusammenhang mit der Frage
nach Ursache und Wirkung im komplexen System von Ventilation und Atemmechanik
müssen gemessene Werte auch miteinander verknüpft interpretiert werden.
Aus diesem Grund wurde in unserer Untersuchung die Spirometrie mit
Bodyplethysmographie und Ventilation sowie der Messung der Atmungsdrücke kombiniert.
In diesem Kapitel werden, in Kenntnis der Tatsache, damit auch eine gewisse Redundanz zu
schaffen, die Messwerte erst einzeln interpretiert, um dann weiterführend wichtige
Zusammenhänge zu diskutieren. Ein Beispiel soll hierfür die gemeinsame Stellungnahme der
American Thoracic Society und der European Respiratory Society sein; nach deren
Ausführungen findet sich bei vielen Beschreibungen zur Insuffizienz der Atemmuskulatur der
Befund mit erniedrigter Vitalkapazität, erhöhtem Residualvolumen und leicht verminderter
Totaler Lungenkapazität (ATS/ERS 2002).

4.2 Diskussion der ermittelten Größen der Ganzkörperbodyplethysmographie

4.2.1 Inspiratorische Vitalkapazität - IVC

Die IVC ist neben dem Residualvolumen RV der grosse Hauptanteil der totalen
Lungenkapazität und entspricht dem Anteil der TLC, welche durch willkürliche Atmung
mobilisierbar ist.
In der Spirometrie werden sowohl exspiratorische wie inspiratorische VC bestimmt. Als
Vitalkapazität gilt aber die inspiratorische VC, da hier die BTPS-Bedingungen leicht zu
erfüllen sind und Schwankungen gering gehalten werden (Haber 2007, Criée et al. 2009).
Die Vitalkapazität ist deutlich abhängig von Alter, Geschlecht, Körpergröße und Mitarbeit der
Patienten. Ähnlich wie die TLC, gibt die IVC für sich allein keinen Hinweis auf die Ursache
einer pathologischen Veränderung (Haber 2007). Eine verringerte IVC kann aber bei
bekannter Muskelerkrankung ein Hinweis auf eine Schwäche der respiratorischen Muskeln
sein. Die Spezifität und die Sensitivität sollten allerdings nicht überschätzt werden, da bei
schwerer Einschränkung der Atmungskraft die IVC nur gering vermindert sein kann. Sie
Lungenfunktionsuntersuchungen bei Patienten mit Myasthenia gravis pseudoparalytica 61

korreliert eher mit der Compliance von Thorax und Lunge, als mit dem Grad des
Kraftverlustes (ATS/ERS 2002).
Bei den hier untersuchten Patienten war nur die IVC des Gesamtkollektivs signifikant
gegenüber dem Normwert verringert. Die beiden Gruppen I und II zeigten in beiden
Messungen keinen signifikanten Unterschied zum Sollwert. Die leicht verringerte IVC kann
ein Hinweis auf eine restriktive Erkrankung der Lunge oder des Thorax sein, wobei IVC
allein keinen Rückschluss darüber zulässt, ob es sich um eine pulmonale oder eine
ventilatorische Insuffizienz handelt. Da die Diagnose Myasthenia gravis bei den hier
untersuchten Patienten als gesichert gilt, ist die Ursache der erniedrigten IVC die am ehesten
die verringerte Muskelkraft. Die geringe Aussagekraft der IVC bei Myastheniepatienten sollte
Beachtung bei der Wahl eines Myastheniescores finden. Zwar wurden in unserer Studie keine
Korrelationen zwischen den Messwerten und den Schweregraden der Myasthenie untersucht,
jedoch konnten für keine Gruppe Werte gemessen werden, die die Einteilung aus dem
Myastheniescore von Besinger mit Involvierung der Atmungsmuskulatur in Gruppe 2 und
Nichtbefall in Gruppe 1 belegen (s. Tabelle 2.1.1, S. 31).
Die Anwendung des Tensilontests führt zu keiner signifikanten Veränderung der IVC. Dies
widerspricht den Ergebnissen von Goti et al., die nach der Gabe von Pyridostigmin einen
signifikanten Anstieg der IVC für ihre Patienten nachweisen konnten. Allerdings war die
Varianz der IVC bei Goti et al. mit 50% so hoch, dass die Myasthenia gravis als alleinige
Ursache für die veränderte IVC unwahrscheinlich ist (Goti et al. 1995).

4.2.2 Forcierte Vitalkapazität exspiratorisch - FVCex

Die Forcierte Vitalkapazität bei Exspiration ist ein globaler Parameter zur Einschätzung, ob
Einschränkungen der Atmungskraft, der Atemmechanik, einer Obstruktion oder Restriktion,
sowie Störungen der Compliance vorliegen (Quanjer et al. 1993). Da dabei auch
Schwankungen von +/-20% um den Normwert als interindividuelle Schwankungen akzeptiert
werden, ist die FVCex bei alleiniger Betrachtung hinsichtlich Veränderungen der
Atmungskraft wenig aussagekräftig (Ulmer 2004).
Die signifikant verringerten Mittelwerte gegenüber dem Sollwert im gesamten
Patientenkollektiv, unterstützt die Vermutung aus der Interpretation von IVC hinsichtlich des
Vorliegens einer restriktiven Funktionseinschränkung. Dieser signifikante Unterschied zum
Normwert konnte für Gruppe I und Gruppe II nicht nachgewiesen werden. Für FVCex gilt
aber, wie für die IVC, die Feststellung, dass sowohl intra- als auch extrapulmonale Ursachen
Lungenfunktionsuntersuchungen bei Patienten mit Myasthenia gravis pseudoparalytica 62

für die Verminderung des FVCex im Gesamtkollektiv in Frage kommen. Keenan et al.
untersuchten einzelne Parameter von Spirometrie und Lungenfunktion auf ihre Aussagekraft
bei Vorliegen einer Myasthenia gravis (Keenan et al. 1995). Ein Ergebnis aus der Studie von
Keenan et al. war, dass FVCex unter der Anwendung von Acetylcholinesterasehemmern
(Neostigmin) keine signifikanten Veränderungen zeigt. Dieses Ergebnis ließ sich trotz der
Unterschiede im Studiendesign durch unsere Studie für die Verwendung von Tensilon
belegen.

4.2.3 Forciertes exspiratorisches Volumen der 1. Sekunde - FEV1

Das FEV1 bezeichnet die Luftmenge, die nach maximaler Inspiration innerhalb einer Sekunde
abgeatmet werden kann (Haber 2007). Die Aussagekraft des Einzelparameters FEV1 ist eher
gering und erhält erst unter Einbeziehung weiterer Messgrößen der Spirometrie oder
Bodyplethysmographie einen höheren Stellenwert (Ulmer 2004).
Bei Betrachtung des Gesamtkollektivs ist die FEV1 gegenüber dem Referenzwert sowohl vor
als auch nach Tensilongabe signifikant verringert. Für die Gruppen I und II lässt sich
zumindest in der grafischen Darstellung die Tendenz zu einer pathologisch verringerten FEV1
ablesen, statistisch bleiben die Unterschiede jedoch nicht signifikant.
Auch bei der FEV1 bewirkt die Gabe von Tensilon keine signifikante Zunahme des
Messwertes.
Eine isolierte Betrachtung der FEV1 erfüllt den Befund einer milden Atemwegsobstruktion.
Eine Verringerung der mobilisierbaren Lungenvolumina bei stabilen, nicht mobilisierbaren,
Lungenvolumina unterstützt den Befund einer restriktiven Funktionsstörung (siehe auch 4.2.4
und 4.2.5).
Würde man den Myasthenie-Score von Schneider-Gold und Toyka verwenden, würde sich
aus dem FEV1 für die Gruppe II eine milde Schwäche für die Atmungsmuskulatur ableiten
lassen (Schneider-Gold und Toyka 2007). Für das gesamte Patientenkollektiv und die Gruppe
I entsprechen die Mittelwerte aus 3.2.3 (S. 38) dem Befund einer nicht betroffenen
Atmungsmuskulatur. Keenan et al. fanden für keine Patientengruppe in ihrer Studie
signifikant verringerte Messwerte des Parameters FEV1 und konnten unter der Anwendung
von Neostigmin auch keine Zunahme von FEV1 feststellen (Keenan et al. 1995). Gleiches gilt
für Goti et al., die zwar ein verringertes FEV1 nachweisen konnten, aber unter Anwendung
von Pyridostigmin keine signifikanten Veränderungen fanden (Goti et al. 1995). Aus den
eigenen Ergebnissen und den Arbeiten von Goti et al. und Keenan et al. lässt sich schließen,
Lungenfunktionsuntersuchungen bei Patienten mit Myasthenia gravis pseudoparalytica 63

dass FEV1 zum einen den Schweregrad der Krafteinschränkung bei Myastheniepatienten nicht
in dem Maße beschreibt, wie es klinisch angewandte Myastheniescores vorgeben, und zum
anderen, dass Acetylcholinesterasehemmer keine Wirkung auf FEV1 haben.

4.2.4 Relative Einsekundenkapazität - FEV1/IVC

Die Relative Einsekundenkapazität gibt an, wie viel Luft in der ersten Sekunde nach Beginn
der Exspiration abgeatmet werden kann und bezieht sich dabei auf die inspiratorische
Vitalkapazität. Bei klinischer Normalität können in der ersten Sekunde mindestens 70% der
Vitalkapazität abgeatmet werden. Der hier verwendete Normwert liegt bei rund 77%. Werte
unterhalb des Referenzwertes sind Ausdruck einer Atemwegsobstruktion, als Obergrenze des
FEV1/IVC für gesunde Individuen gibt Ulmer 85% an, welches in unserer Studie bei
FEV1/IVC Gruppe I vT auch knapp erreicht wird (Ulmer 2004). Solch supernormale
Ergebnisse bei der Messung von FEV1/IVC sind bei Insuffizienz respiratorischer Muskeln
bekannt (ATS/ERS 2002).
In allen drei Gruppen liegen die Mittelwerte oberhalb des Sollwertes, für die Gruppe II ist
dieser Unterschied allerdings nicht signifikant. Die offenbar gleichsinnige Veränderung von
FEV1 und IVC führt zu einer erhöhten Relativen Einsekundenkapazität und ist damit als
Argument gegen das Vorliegen einer Obstruktion zu werten (s. 4.2.3, S. 62). Die Gabe von
Tensilon führt in keiner der Gruppen zu einem signifikanten Unterschied zwischen erster und
zweiter Messung. Bei Goti et al. lag der Mittelwert für FEV1/IVC vor Pyridostigmingabe bei
77,7% und damit auf dem Niveau des in unserer Studie verwandten Sollwertes. Unter
Anwendung von Pyridostigmin kam es zu keiner signifikanten Veränderung von FEV1/IVC.
Da Goti et al. aber nur Patienten der Osserman-Klasse IIb untersuchten, können die
Ergebnisse der Gruppe I in unserer Studie die Ergebnisse von Goti et al. für die Anwendung
von Tensilon bestätigen.

4.2.5 Verhältnis FEV1 zur FVCex - FEV1/FVCex

Der Normwert für FEV1/FVCex liegt in unserer Studie bei 77% und entspricht in der
Interpretation der Relativen Einsekundenkapazität. Wird in klinischer Normalität ein
FEV1/FVCex > FEV1/IVC gefunden, spricht dies für eine hohe Güte der vorgenommenen
Messungen. Diese Anforderung wird in unserer Studie erreicht (Ulmer 2004).
Lungenfunktionsuntersuchungen bei Patienten mit Myasthenia gravis pseudoparalytica 64

Die Erhöhung der Mittelwerte gegenüber dem Normwert ist im Gesamtkollektiv und den
beiden Gruppen signifikant. Somit kann auch hier auf das Vorliegen einer restriktiven
Veränderung geschlossen werden. Dabei ist, wie unter 4.2.1 – 4.2.3, darauf zu achten, dass
der Verdacht auf Vorliegen einer neuromuskulären Erkrankung durch den Befund einer
Restriktion unterstützt wird, eine sichere Ableitung der Ursache aus den Messwerten von
4.2.1 bis 4.2.5 aber nicht möglich ist.
Die Tensilongabe führt hier zu keiner signifikanten Änderung der Messwerte zwischen erster
und zweiter Messung.

4.2.6 Exspiratorischer Spitzenfluss - PEF

Der Exspiratorische Spitzenfluss ist ein Parameter aus der Spirometrie und kann Hinweise auf
tracheal bedingte Obstruktionen liefern. Als leicht reproduzierbarer Messwert findet er in der
circadianen Verlaufskontrolle bei Asthmatikern bzw. bei bronchialer Hyperreaktivität
Anwendung (Matthys 2008). Im Zusammenhang mit anderen Messwerten der Spirometrie
lassen sich mittels PEF auch Aussagen zu Obstruktion und Restriktion treffen (Quanjer et al.
1993). Da es sich beim PEF um ein forciertes Atemmanöver handelt, bei dem auch während
der Exspiration Atemarbeit geleistet werden muss, lässt ein verringertes PEF Rückschluss auf
eine eingeschränkte Kraftentwicklung bei forcierter Exspiration zu.
Der Tiffeneau-Index und FEV1/FVCex (s. 4.2.4 und 4.2.5, S. 63) liefern keine Anhaltspunkte
für eine Obstruktion der Atemwege. Der signifikant verringerte PEF im Gesamtkollektiv und
in Gruppe II ist deshalb als Ausdruck der ventilatorischen Insuffizienz zu bewerten.
Der Unterschied zum Referenzwert des PEF in Gruppe I war nicht signifikant. Die
Tensilongabe führte weder im gesamten Patientenkollektiv, noch in den beiden Gruppen zu
einer signifikanten Verbesserung des PEF.

Für die Spirometrie lässt sich abschließend feststellen, dass der Tensilontest hier kein
Instrument der Diagnostik bei Verdacht auf Myasthenia gravis ist. Veränderungen in den
Mittelwerten der untersuchten Parameter nach Tensilongabe sind nicht signifikant. IVC,
FVCex, FEV1 und ihre Quotienten sind im Sinne einer vorliegenden Restriktion zu
interpretieren und können bei der Verdachtsdiagnose Myasthenia gravis eine Nichtbeteiligung
der Atmungsmuskulatur suggerieren. Der signifikant erniedrigte PEF ist als Zeichen einer
ventilatorischen Insuffizienz zu interpretieren, da der mögliche Befund einer Obstruktion
durch andere Messwerte nicht unterstützt wird.
Lungenfunktionsuntersuchungen bei Patienten mit Myasthenia gravis pseudoparalytica 65

Unsere Studie belegt die von Keenan et al. vorgelegten Ergebnisse zur Anwendung von
Neostigmin in der Lungenfunktionsdiagnostik für die Anwendung von Edrophoniumchlorid.
Die in Myastheniescores verwendeten Werte für die Vitalkapazität entsprechen den Kriterien
für die Entscheidung zur Beatmung bei Versagen der Atempumpe und sollten
intensivmedizinisch auch weiterhin Anwendung finden (Schwab et al. 1999). Da die IVC
ihrer geringen Aussagekraft wegen in der Myastheniediagnostik kritisch betrachtet werden
sollte und nur unter Vorbehalt hinsichtlich einer Schwäche der Atmungsmuskulatur zu
interpretieren ist, sollte bei der Weiterentwicklung von Myastheniescores über Alternativen
diskutiert werden (Mier-Jedrzejowicz et al. 1988)

4.2.7 Totale Atemwegsresistance - RAWtot

Die Atemwegsresistance in Ruhe beschreibt das Verhältnis eines Flusses von 1l/sec zu dem
dazu erforderlichen Alveolardruck als Äquivalent der benötigten Kraft. Ein, gegenüber der
Norm, erhöhter Atemwegswiderstand bedeutet also, dass die Atmungsmuskulatur mehr Kraft
für den erforderlichen Alveolardruck aufbringen muss. Damit ist der RAWtot ein Maß zum
Erkennen einer vorliegenden Obstruktion. Die Totale Atemwegsresistance wird in einer
Druck-Fluss-Kurve aus dem exspiratorischen und inspiratorischen Druckmaximum abgeleitet
(Haber 2007). Criée et al. beschreiben RAWtot als den Quotienten aus sRAWtot und dem
Thorakalen Gasvolumen (TGV bzw. ITGV). Diese Zusammenhänge sind insofern bedeutsam,
da hier die Größe des Lungenvolumens als Einflussgröße auf die notwendige Kraft für
RAWtot deutlich wird (Criée et al. 2009).
Da damit das Volumen zum Zeitpunkt der Messung nicht unerheblich Einfluss auf den
gemessenen Atemwegswiderstand nehmen kann, sollte RAWtot stets zusammen mit sRAWtot
betrachtet werden (Bals und Vogelmeier 2006).
Bei den hier untersuchten Myastheniepatienten ist RAWtot im gesamten Patientenkollektiv
und in den beiden Gruppen gegenüber dem Sollwert signifikant erhöht. Die Tensilongabe
führt im Gesamtkollektiv und den Gruppen zu einer signifikanten Steigerung der totalen
Atemwegsresistance.
Daraus lässt sich eine leichtgradige Obstruktion bei Myastheniepatienten ableiten. Aus der
Pharmakologie von Acetylcholinesterasehemmern ist bekannt, dass sie nicht nur an
nikotinergen Rezeptoren wirken. So kann eine hohe Tensilon-Konzentration auch zu
Reaktionen an muskarinergen Rezeptoren führen. Kritisch sind solche unerwünschten
Arzneimittelwirkungen, wenn es im Rahmen der symptomatischen medikamentösen Therapie
Lungenfunktionsuntersuchungen bei Patienten mit Myasthenia gravis pseudoparalytica 66

bei Myasthenia gravis zu einer cholinergen Krise kommt (s. 2.7.3, S. 29) (Shale et al. 1983).
Auf die oberen Luftleitungswege angewendet, ist eine Schwellung des auskleidenden
Epithels, eine vermehrte Sekretion und eine Aktivierung der glatten Muskulatur zu erwarten
(Endler 2000).

4.2.8 Spezifische Atemwegsresistance - sRAWtot

Während RAWtot als Beschreibung für das Verhältnis von Atemfluss und Kraft dient, so ist
der Spezifische Atemwegswiderstand ein Maß der geleisteten Arbeit. Da sRAWtot ohne
mitarbeitsabhängige Atemmanöver auskommt, ist er äußerst robust für Aussagen zu
möglichen Obstruktionsgraden.
Im hier untersuchten Kollektiv von Myastheniepatienten zeigt sRAWtot ein zu RAWtot sehr
ähnliches Bild. Im Gesamtkollektiv und in den beiden Gruppen ist sRAWtot im Vergleich zum
Sollwert signifikant erhöht. Gleichzeitig zeigt sich auch im gesamten Kollektiv und in den
Gruppen eine signifikante Steigerung des sRAWtot nach der Gabe von Tensilon.
Aus dem erhöhten sRAWtot lässt sich eine Obstruktion ableiten, nach der Gabe von Tensilon
nimmt sRAWtot und damit die obstruktive Störung zu.

Ein Hinweis auf das Vorliegen einer Obstruktion der oberen Atemwege ließ sich schon aus
PEF ableiten. Eine Mehrbelastung der Atmungsmuskulatur war anhand der heterogenen
Ergebnisse aus den Messwerten der Spirometrie aber nur zu vermuten. Sowohl RAW tot, als
Ausdruck notwendiger Kraft zum Aufrechterhalten der Ventilation, als auch sRAWtot, als
Ausdruck der aufgewandten Arbeit, sind bei Myastheniepatienten erhöht. Beide Messwerte
der Widerstandsmessung lassen den Schluss zu, dass Myastheniepatienten mehr Kraft und
vermehrt Arbeit für die Ventilation aufbringen müssen. Der anerkannten Praxis bei der
Interpretation der beiden Messwerte folgend, liegt die Ursache hierfür in einer Obstruktion
der oberen Atemwege. Für den erhöhten Atemwegswiderstand vor Tensilongabe kann diese
Studie keine abschließende Erklärung liefern. Weiterhin fehlen auch in der Fachliteratur
gängige Modelle zu Pathologien an den Luftleitungswegen bei Patienten mit
neuromuskulären Erkrankungen im Allgemeinen und bei Myastheniepatienten im
Besonderen. Die Erhöhung des Atemwegswiderstandes nach Tensilongabe ist beispielhaft für
die unerwünschte pharmakologische Wirkung der Acetylcholinesterasehemmer an
muskarinergen Rezeptoren.
Lungenfunktionsuntersuchungen bei Patienten mit Myasthenia gravis pseudoparalytica 67

4.2.9 Intrathorakales Gasvolumen - ITGV

Das intrathorakale Gasvolumen wird in der Ganzkörperbodyplethysmographie


endexspiratorisch gemessen und entspricht damit der funktionellen Residualkapazität, die
sonst nur mit Gasverdünnungsmethoden bestimmt werden kann (Hien 2007, Matthys 2008).
Sowohl Hien als auch Criée weisen darauf hin, dass das bodyplethysmographische ITGV,
gerade bei bestehenden Obstruktionen, oft als zu groß bestimmt wird (Hien 2007, Criée et al.
2009).
Dies schränkt die möglichen Schlussfolgerungen aus einer isolierten Betrachtung des ITGV
ein und macht es nötig, das ITGV zusammen mit RAWtot, sRAWtot und TLC zu betrachten.
Bei den hier untersuchten Myastheniepatienten ist das ITGV leicht erhöht. Diese Erhöhung im
Gesamtkollektiv und den beiden Gruppen gegenüber dem Sollwert ist jeweils vor und nach
Tensilongabe signifikant, während die Tensilongabe zu keinen signifikanten Veränderungen
führt.
Das erhöhte ITGV kann Ausdruck einer vorliegenden Obstruktion sein und würde damit den
Befund von RAWtot und sRAWtot bestätigen. Der Tiffeneau-Index und FEV1/FVCex zeigten
kein Anzeichen einer klinisch relevanten Obstruktion.
Auf sRAWtot bezogen, kann ein erhöhtes ITGV aber auch ein Anhaltspunkt für eine
vermehrte Atemarbeit sein. Verschiebt sich die Atemruhelage bei Patienten auf Grund
pathologischer Veränderungen oder durch ausgeprägtes Training, kann ein erhöhtes ITGV
auch als Anhaltspunkt dafür dienen, dass sich die Atemruhelage deutlich in Richtung
Inspiration verschoben hat, um kleine Atemwege möglichst weit zu halten und um eine
erhöhte Vorspannung der inspiratorisch tätigen Muskeln zu erreichen (s. 4.2.11, S. 68).
Die Verwendung von Tensilon hat keine Wirkung auf die Messwerte des ITGV.

4.2.10 Totale Lungenkapazität - TLC

Der Definition unter 4.2.1 folgend, setzt sich die Totale Lungenkapazität aus der
Vitalkapazität und dem Residualvolumen zusammen. Dabei ist die TLC diejenige Gasmenge,
welche nach maximaler Inspiration in der Lunge enthalten ist. Einer Veränderung der TLC,
ob Verminderung oder Erhöhung, kann keine spezifische Pathologie zugeordnet werden
(Criée et al. 2009). Eine, dem Normwert gegenüber, verminderte TLC kann sowohl ein
Anhaltspunkt für eine Restriktion, als auch für eine Überblähung der Lunge bei Obstruktion
sein. Die Ursachen dafür können sowohl extra- als auch intrapulmonal liegen.
Lungenfunktionsuntersuchungen bei Patienten mit Myasthenia gravis pseudoparalytica 68

Für das Gesamtkollektiv und die beiden Gruppen ergibt sich für die TLC ein heterogenes
Bild, da die Varianz in den Gruppen und im Gesamtkollektiv deutlich über der des
Normalwertes liegt und nur für die Gruppe I nT eine signifikant verringerte TLC festzustellen
ist. Alle anderen Mittelwerte unterscheiden sich nicht signifikant vom Sollwert.
Trotz der geringen Aussagekraft der totalen Lungenkapazität hinsichtlich der Atmungskraft,
kann die Tendenz zu verminderten Werten in der Messung von TLC bei unseren Patienten als
Zeichen einer milden Restriktion extrapulmonaler Genese gewertet werden (Criée et al. 2009)
Goti et al. fanden in ihrer Studie ebenfalls eine, nur minimal verringerte, TLC, die unter der
Anwendung von Pyridostigmin keine signifikante Veränderung der Mittelwerte zeigte (Goti
et al. 1995). Wie unsere Studie belegt, hat auch Tensilon als Hemmer der
Acetylcholinesterase keinen Einfluss auf die TLC.

4.2.11 Residualvolumen - RV

Während die IVC den mobilisierbaren Anteil der TLC darstellt, ist das Residualvolumen, der,
nach maximaler Exspiration, im Thorax verbleibende und nicht mobilisierbare Anteil. Da die
IVC ca. 65-75% der TLC ausmacht, bleiben für das RV somit ca. 25-35% der TLC. Indirekt
lassen sich damit Rückschlüsse auf die Alveolarfläche und, bei Verminderung des RV, auf
das Vorliegen einer Restriktion ziehen. Übersteigt das RV den Sollwert um mehr als 40%,
geht man von einer pathologisch bedeutsamen Lungenüberblähung aus (Criée et al. 2009).
Im Zusammenhang mit einem erhöhten TGV ist ein erhöhtes Residualvolumen ein Hinweis
auf eine Obstruktion. Ein vermindertes RV kann Ausdruck eines Zwerchfellhochstandes,
durch z. B. Adipositas, sein (Haber 2007). Eine andere Interpretationsmöglichkeit ist, ein
erhöhtes Residualvolumen mit einer Verkürzung der inspiratorisch benötigten Muskulatur
gleichzusetzen. Aus dieser Vorspannung der Muskelfasern würde sich dann eine verringerte
Kraft der gesamten inspiratorischen Atemmuskulatur ergeben (ATS/ERS 2002).
Im untersuchten Kollektiv war RV in allen drei Gruppen signifikant gegenüber dem
Normwert erhöht.
Maximal erreicht RV in unseren Untersuchungen 134% vom Sollwert und bleibt damit im
Bereich klinisch anzunehmender Normalität (Criée et al. 2009). Die Gabe von Tensilon hat
keinen erkennbaren Einfluss auf das Residualvolumen.
Lungenfunktionsuntersuchungen bei Patienten mit Myasthenia gravis pseudoparalytica 69

4.2.12 Verhältnis thorakales Gasvolumen zur totalen Lungenkapazität -


TGV/TLC

Da das TGV dem Volumen der Atemruhelage entspricht, ist sein Anteil an der TLC
hinsichtlich der Beurteilung einer vorliegenden Obstruktion bedeutsam. Bei lungengesunden
Patienten ist der Anteil des TGV an der TLC rund 60%. Werte über 60% lassen annehmen,
dass sich eine Verschiebung der Atemruhelage in den Bereich der Inspiration im Atemmuster
etabliert hat. Grund dafür ist bei verengten Atemwegen eine zu kurze Zeitspanne für die
Ausatmung, das eingeatmete Volumen kann nicht vollständig abgeatmet werden (trapped
air). Das TGV wird infolgedessen größer und die Atemruhelage zur Inspiration hin
verschoben. Dadurch bleiben kleine Bronchien weiter und bei konstantem Atemzugvolumen
sind die elastischen Rückstellkräfte von Lunge und Thorax nun größer, so dass ein schnelleres
Abatmen möglich wird (Haber 2007).
In unserer Studie liegt der Referenzwert bei ca. 55% des TGV am TLC. Im Gesamtkollektiv
und den beiden Gruppen liegen alle Messwerte oberhalb des Referenzwertes und
unterscheiden sich vor Tensilongabe deutlicher von diesem als nach Tensilongabe. Vor
Tensilongabe liegen die Werte des Gesamtkollektivs und der Gruppe II über 60%, welches für
eine Verschiebung der Atemruhelage zur Inspiration hin spricht. Nach Tensilongabe
verringert sich bei beiden der Quotient TGV/TLC, der Unterschied bleibt signifikant. In der
Gruppe I liegen beide Messwerte unter 60%, vor Tensilongabe ist der Unterschied zum
Referenzwert signifikant, nach Tensilongabe nicht mehr.
Die von Criée et al. beschriebene Standardabweichung von ±9,8 (bei Frauen) und ±11,1 (bei
Männern) lässt sich durch unsere Studie belegen. Die uneinheitlichen Ergebnisse der
statistischen Auswertungen lassen eine Tendenz zu einer verschobenen Atemruhelage bei
Myastheniepatienten erkennen (Criée et al. 2009).

4.2.13 Verhältnis Residualvolumen zur


totalen Lungenkapazität - RV/TLC

Die physiologische Obergrenze des RV am TLC liegt bei 40%, der hier verwendete Sollwert
liegt bei 37,4%. Eine darüber hinausgehende Erhöhung des RV/TLC kann Zeichen einer
restriktiven Erkrankung der Lunge sein, dabei ist allerdings auch die TLC auffällig verringert.
Bei isoliert erhöhtem RV und gleichbleibender TLC (und dadurch reduzierter IVC) ließe sich
Lungenfunktionsuntersuchungen bei Patienten mit Myasthenia gravis pseudoparalytica 70

RV/TLC als Zeichen einer obstruktionsbedingten Überblähung des Lungenparenchyms


deuten (Criée et al. 2009).
Bei den, in unserer Studie untersuchten, Patienten mit Myasthenia gravis findet sich ein leicht
erhöhtes Residualvolumen bei geringgradig eingeschränkter TLC und verringerter IVC,
welches am ehesten den Schluss nahe legt, dass es sich hier um ein typisches Muster einer
Restriktion der Atmungsmuskulatur handelt (ATS/ERS 2002). Während das RV/TLC
gegenüber dem Sollwert im Gesamtkollektiv und in Gruppe II signifikant erhöht ist, ist die
Erhöhung des RV/TLC in der Gruppe I sowohl vor als auch nach Tensilongabe nicht
signifikant. Damit bestätigt RV/TLC die Erkenntnisse aus 4.2.12 (S. 69), eine Restriktion oder
Obstruktion können weder ausgeschlossen noch eindeutig belegt werden.
Schon die Diskussion des Residualvolumens zeigt (s. 4.2.11, S. 68), welche weiten Grenzen
die Interpretation von Messwerten haben kann und unterstreicht die Notwendigkeit weiterer
Untersuchungen zur sicheren Diagnosefindung, wenn ein Verdacht auf Myasthenia gravis
vorliegt.

Die Diskussion der Messwerte aus 4.2.1 bis 4.2.13 zeigt, dass Tensilon nur negative
pharmakologische Effekte im Bereich der Atemwegswiderstandsmessung in der
Lungenfunktion erzeugen kann. Alle anderen Parameter zeigten statistisch nicht signifikante
Veränderungen nach der Tensilonanwendung. Wird nur spirometrisch untersucht, kann auf
die Gabe von Acetylcholinesterasehemmern folglich verzichtet werden, um die Belastung der
Patienten zu minimieren.
Die Messungen aus der Spirometrie und der Lungenfunktion belegen, dass sich bei
Myastheniepatienten offensichtlich eine Restriktion ausprägt, die zu Gunsten der nicht
mobilisierbaren Volumina RV und ITGV, die mobilisierbaren Volumina IVC, FVCex und
FEV1 reduziert. Da die Abnahme von IVC insgesamt größer ist als die Zunahme des
Residualvolumens, bleibt auch die TLC unter ihrem Sollwert. Gleichzeitig erhöht sich der
Atemwegswiderstand der Trachea, repräsentiert durch die erhöhten RAWtot und sRAWtot.
Eine Erklärung hierfür konnte in der hier vorliegenden Studie nicht gefunden werden.

4.2.14 Atemzugvolumen - VT

VT kann als Ausdruck der eigentlichen Atmung dienen, denn es ist jenes Volumen, welches
der Ventilation von Atemwegen und Alveolen dient. Bei Lungengesunden und normaler
Physiognomie liegt der Normwert für das Atemzugvolumen zwischen 0,6 und 0,5 Liter. Unter
Lungenfunktionsuntersuchungen bei Patienten mit Myasthenia gravis pseudoparalytica 71

Belastung ist VT erhöht, eine Erniedrigung unter Ruhe ist möglich, führt aber bei konstant
niedriger Ventilation zur respiratorischen Insuffizienz (Haber 2007).
Bei den hier untersuchten Patienten war das Atemzugvolumen im Vergleich zum
Referenzwert im Gesamtkollektiv und in den beiden Gruppen immer signifikant erhöht.
Grund hierfür kann ein erhöhter Atemantrieb resultierend in. einer vermehrten Atemarbeit
sein (s. 4.2.8, S. 66). Eine Veränderung im Atemmuster kann vermutet werden.
Goti et al. fanden bei ihren Patienten der Osserman-Klasse IIb eine signifikante
Verminderung von VT, dies widerspricht den Ergebnissen unserer Studie. Grund hierfür kann
die Tatsache sein, dass es sich bei den von Goti et al. untersuchten Patienten um Patienten mit
einer durchschnittlichen Krankheits- bzw. Therapiedauer von 3,5 Jahren handelt, die für die
vorgenommenen Untersuchungen einem Auslassversuch der symptomatischen Therapie
unterzogen wurden. Da die Dauer des Auslassversuchs von 12 Stunden keine sofortige
Normalisierung des Atemmusters nach sich zieht, kann davon ausgegangen werden, dass das
von Goti et al. beschriebene Atemmuster als Folge von Krankheitsdauer und Therapie
entwickelt hat (Goti et al. 1995). Weiterführende Studien zu diesem Thema fehlen aber
bislang.

4.2.15 Atemfrequenz - Bf

Zur Erhebung der Atemfrequenz benötigt der Kliniker keinen Bodyplethysmographen- das
Zählen der Atemzüge pro Minute kann auch am Krankenbett erfolgen. Dabei liegt der
Normalwert in Ruhe zwischen 15 und 20 Atemzügen pro Minute. Eine organische
Erkrankung kann vermutet werden, wenn die Atemfrequenz in Ruhe auf über 25/min steigt
(Haber 2007). Unter Belastung, z.B. bei aktivem Ausdauersport, ist die Erhöhung von Bf
physiologisch erklärbar. Wie Haber weiterhin ausführt, kann die Erhöhung der Bf bei der
Durchführung einer Messung auch als Ausdruck der Anspannung des Patienten wegen der
bevorstehenden Untersuchung gewertet werden.
Die Atemfrequenz bei den untersuchten Myastheniepatienten war im Gesamtkollektiv und in
den beiden Gruppen jeweils signifikant erhöht. Diese Veränderungen liegen aber bei allen
Mittelwerten in einem Bereich, dem noch keine pathologische Ursache zugeordnet wurde.
In der Studie von Goti et al. wurden ähnliche Ergebnisse vorgestellt: die Atemfrequenz war
vor der Gabe von Pyridostigmin gegenüber dem Normwert erhöht. Nach der Gabe von
Pyridostigmin kam es zu einem Absinken des Mittelwertes für Bf, den wir in unserer Studie
nicht belegen konnten, da bei den hier untersuchten Patienten keine signifikante Änderung der
Lungenfunktionsuntersuchungen bei Patienten mit Myasthenia gravis pseudoparalytica 72

Atemfrequenz eintrat. Wie unter 4.2.14 (S. 70) erwähnt, kann dieser Effekt in der Studie von
Goti et al. auf den Auslassversuch der symptomatischen Therapie zurückzuführen zu sein, da
mit der Gabe von Pyridostigmin eine Normalisierung des Atemmusters für die
Myastheniepatienten verbunden ist (Goti et al. 1995).

4.2.16 Atemminutenvolumen in Ruhe - VE

Addiert man die Volumina einzelner Atemzüge einer Minute, ergibt sich daraus das
Atemminutenvolumen. In Ruhe geht man von einem Normalwert von 8-10 Litern/min aus
(Baydur 1991, Haber 2007). Nach Criée et al. kann für VE die Obergrenze bei 12 l/min
angesetzt werden, um Lungengesunde von denjenigen Patienten zu unterscheiden, bei denen
eine Erkrankung mit Beteiligung des Atmungsapparates vermutet wird (Criée et al. 2009).
Die Mittelwerte von VE vor und nach Tensilongabe sind gegenüber dem Referenzwert im
Gesamtkollektiv und in den beiden Gruppen jeweils signifikant erhöht.
Dies lässt sich zum Einen auf das erhöhte Atemzugvolumen und zum Anderen auf die erhöhte
Atemfrequenz zurückführen. Eine isolierte Betrachtung von Bf könnte durchaus auf eine
stressinduzierte Hyperventilation schließen lassen. Das erhöhte VT, und damit auch VE bzw.
Bf, führt zu einer vermehrten Atemarbeit. Nach Criée et al. sind die in unserer Studie
gefundenen Mittelwerte von VE deutlicher Ausdruck einer pathologischen Veränderung des
Atmungsapparates und Hinweis auf ein verändertes Atemmuster bei Myastheniepatienten
etwa als Ausdruck einer Beteiligung der Atmungsmuskulatur (Criée et al. 2009).
Die Gabe von Tensilon zeigt keine signifikante Veränderung bei VE.
Goti et al. fanden keine signifikanten Veränderung bei der Messung von VE sowohl vor als
auch nach Pyridostigmingabe (s. 4.2.14, S. 70 und 4.2.15, S. 71) (Goti et al. 1995).

4.2.17 Inspirationsgeschwindigkeit - VT/Ti

Die Inspirationsgeschwindigkeit ergibt sich aus dem Atemzugvolumen geteilt durch die
benötigte Zeit für die Inspiration und charakterisiert damit das Atemmuster. Der Sollwert für
VT/Ti liegt bei 0,45 Litern/Sekunde. Eine Erhöhung unter Belastung ist physiologisch
normal, während eine Erhöhung in Ruhe ein Zeichen für einen erhöhten Atemantrieb ist als
Folge pathologischer Ursachen bzw. eine kompensatorische Reaktion auf diese Ursachen ist
(Laier-Groeneveld 1998). Die Atmungsmuskulatur ist nur während der Inspiration aktiv, also
spiegelt VT/Ti die Aktivität der Inspirationsmuskulatur und damit den Atmungsantrieb am
Lungenfunktionsuntersuchungen bei Patienten mit Myasthenia gravis pseudoparalytica 73

besten wieder. Baydur fand für Patienten mit neuromuskulären Erkrankungen erniedrigte
Werte für die Inspirationsgeschwindigkeit (Baydur 1991).
In unserer Studie ist VT/Ti im Gesamtkollektiv und in den beiden Gruppen bei jeweils beiden
Messungen signifikant gegenüber dem Normwert erhöht.
Die Erhöhung der Inspirationsgeschwindigkeit bei Myastheniepatienten gegenüber
Lungengesunden ist ein Hinweis auf einen erhöhten Atmungsantrieb und damit eine erhöhte
Last der Inspirationsmuskulatur (s. 4.2.11, S. 68 und 4.2.12, S. 69). Ob dies als Ausdruck der
Pathologie erforderlich ist, um den pCO2 normal zu halten, oder ob tatsächlich eine
Hyperventilation mit erniedrigtem pCO2 und damit ein inadäquat hoher Atmungsantrieb
vorliegt, wäre anhand der Blutgase zu entscheiden, die aber zur Auswertung nicht vorliegen.
Bei Patienten mit Myasthenia gravis zeigt VT/Ti keinen signifikanten Unterschied zwischen
den Messungen vor und nach Tensilongabe.
Die Ergebnisse von Goti et al., die für VT/Ti keine signifikanten Veränderungen gegenüber
gesunden Individuen fanden, konnten mit unserer Studie nicht belegt werden. Dagegen
konnten auch Goti et al. belegen, dass die Anwendung Acetylcholinesterasehemmern
zumindest kurzfristig zu keinen signifikanten Veränderungen im Atemmuster führen. Eine
Abhängigkeit der Ergebnisse vom Auslassversuch der symptomatischen Therapie ist
anzunehmen, kann anhand der vorliegenden Ergebnisse und Literatur nicht abschließend
beurteilt werden (Goti et al. 1995).

4.2.18 Verhältnis Inspirationszeit zur Atemzugdauer - Ti/Ttot

Die Dauer eines Atemzugs lässt sich als Quotient aus Atemfrequenz und Zeit beschreiben.
Der Anteil der Zeit für die Inspiration an der Dauer eines Atemzugs ist wiederum abhängig
vom Atemzugvolumen bzw. von der Inspirationsgeschwindigkeit.
Beim Lungengesunden und in Ruhe benötigt der Patient ca. 42% der Zeit eines Atemzugs für
die Inspiration (Baydur 1991, Laier-Groeneveld 2009). Erhöht sich unter körperlicher Arbeit
die Atemfrequenz, verringert sich damit Ttot, wobei Te stärker verkürzt wird als Ti.
Gleichzeitig steigen VE und VT an.
Bei gesunden männlichen Individuen entspricht ein Ti/Ttot von 0,42 mit einem VE von
26,6 l/min schon einer leichten körperlichen Anstrengung, wobei das Verhältnis Ti/Ttot in
diesem Bereich noch relativ konstant bleibt. Erst bei höherer Belastung steigt auch Ti/T tot an.
Dabei entspricht ein Ti/Ttot von 0,47 einem VE von 76,7 l/min (Younes 1991).
Lungenfunktionsuntersuchungen bei Patienten mit Myasthenia gravis pseudoparalytica 74

Bei den hier untersuchten Myastheniepatienten zeigte keiner der Mittelwerte von Ti/Ttot im
Gesamtkollektiv oder in einer der beiden Gruppen einen signifikanten Unterschied zum
Referenzwert. Aus den vorausgegangenen Betrachtungen zu Bf, VT und VE lässt sich aber
für Ti/Ttot ableiten, dass eine Veränderung des Atemmusters vorliegt (siehe Abb. 4.2.18.1, S.
75; Abb. 4.2.18.2, S. 76). Gleichzeitig ist daraus eine erhöhte, nicht belastungsphysiologisch
erklärbare Last für die Atempumpe abzuleiten. Indiz dafür ist auch der nach Younes
vorausgesagte Wert von VE=76,7 Liter/min bei einem Ti/Ttot von 0,47. Die hier untersuchten
Patienten erreichen im Mittel den Ti/Ttot von 0,47, bleiben aber deutlich unter dem erwarteten
VE.
Die gefundenen Veränderungen im Atemmuster der Myastheniepatienten sind auch bei Ti/Ttot
durch Tensilon nicht umkehrbar.
Wie schon die Ausführungen unter 4.2.14 bis 4.2.16 erwarten lassen, finden Goti et al. in ihrer
Studie für Ti/Ttot einen niedrigeren Wert als den Normwert, die Gabe von Pyridostigmin
führte zu keiner Änderung (Goti et al. 1995).

Die Messwerte aus 4.2.14 bis 4.2.18 dienen dem Nachweis eines veränderten Atemmusters
bei Myastheniepatienten. Die Atmung wird tiefer (VT erhöht) und schneller (Bf erhöht, VE
erhöht, Ti und Ttot verkürzt). Dies entspricht am dem physiologischen Bild einer milden
Hyperventilation in Ruhe. Dem gegenüber stehen die Beobachtungen von Baydur und Goti et
al., die für Patienten mit neuromuskulären Erkrankungen bzw. Myastheniepatienten der
Osserman-Klasse IIb eine flachere und schnelle Atmung postulierten (Baydur 1991, Goti et
al. 1995). Die Hälfte der Patienten in Baydurs Untersuchungen waren Patienten mit Morbus
Duchenné, die andere Hälfte wird nicht näher klassifiziert. Damit handelt es sich bei den von
uns vorgefundenen Veränderungen im Atemmuster um eine Möglichkeit,
Myastheniepatienten von Patienten mit anderen neuromuskulären Erkrankungen zu
unterscheiden. Die Ergebnisse von Goti et al. für die Beschreibung des Atemmusters lassen
sich nicht auf unsere Studie übertragen, da der dort angewendete Auslassversuch der
symptomatischen Therapie keinen direkten Vergleich zu unseren Ergebnissen zulässt. Die
Autoren diskutieren das Vorliegen einer Steroidmyopathie bei den von ihnen untersuchten
Myastheniepatienten. Diese Form einer iatrogenen Muskelschwäche ist zwar für
Myastheniepatienten nicht beschrieben, kann aber auch nicht sicher ausgeschlossen werden.
Die in unserer Studie beschriebenen Veränderungen im Atemmuster lassen sich als
kontinuierliche Anpassungsreaktion des Atemzentrums auf die Grunderkrankung verstehen.
Lungenfunktionsuntersuchungen bei Patienten mit Myasthenia gravis pseudoparalytica 75

Da diese Anpassungsreaktionen der Atempumpe über einen längeren aber unbestimmten


Zeitraum stattfinden, zeigt die nicht vorhandene Reaktion des Atemmusters auf die
Tensilongabe, dass es sich hierbei um einen Prozess handelt, der sich der symptomatischen
medikamentösen Therapie entzieht (Laier-Groeneveld 1993).

Abbildung 4.2.18.1: Während bei Lungengesunden Te größer als Ti ist, zeigt die Untersuchung bei
Myastheniepatienten eine Verkürzung von Ti/T tot durch eine Reduktion des Te bei nur gering verkürzter
Ti. Gleichzeitig erhöht sich VT und damit auch VE.
Lungenfunktionsuntersuchungen bei Patienten mit Myasthenia gravis pseudoparalytica 76

Abbildung 4.2.18.2: Die Tensilongabe führt zu keiner klinisch bedeutsamen Veränderung der Kurven.

4.2.19 Maximaler Mundverschlussdruck 0,1 Sekunde nach Beginn der


Inspiration - P0,1max

Die Bestimmung des P0,1max dient der Einschätzung der Atmungskraft und wird während der
Inspirationsphase 0,1s nach Beginn gemessen. Aussagen zur maximalen Kraft lassen
Rückschlüsse auf die Kapazität der Atempumpe und zusammen mit der Last in Ruhe und die
Beanspruchung der Atmungspumpe zu (Criée 1985, Criée et al. 2003). Für verminderte
Messwerte kommen alle unter 1.7.2 aufgeführten Pathologien in Frage.
Das hier untersuchte Gesamtkollektiv und die beiden Gruppen zeigen sowohl vor, als auch
nach Tensilongabe eine signifikante Reduktion des P0,1max. Die Gabe von Tensilon führte im
gesamten Patientenkollektiv und in den Gruppen zu keiner signifikanten Änderung des
P0,1max.
Eine chronische Mehrbeanspruchung der Atmungsmuskulatur zieht eine Limitierung der
Maximalkräfte nach sich (Laier-Groeneveld 1993). Criée weist darauf hin, dass der P0,1max
deutlich vom Volumen der Lunge bei Beginn der Messung abhängt. Ein höheres
Ausgangsvolumen bedeutet eine erhöhte Vorspannung der Inspirationsmuskulatur und damit
Lungenfunktionsuntersuchungen bei Patienten mit Myasthenia gravis pseudoparalytica 77

eine Erniedrigung des P0,1max (Criée 1985, Criée 2003). Basierend auf diesen Erkenntnissen
und den Schlussfolgerungen aus den anderen Messwerten (RV, TGV/TLC), lässt sich am
P0,1max, trotz hoher Standardabweichung, für Myastheniepatienten eine verringerte
Atmungskraft ableiten. Der verringerte P0,1max findet sich in allen Osserman-Klassen, so dass
von einer früh einsetzenden Beteiligung der Atmungsmuskulatur bei Myastheniepatienten
ausgegangen werden muss. Der Einfluss der leichtgradigen Obstruktion, verdeutlicht durch
RAWtot und sRAWtot, auf den verringerten P0,1max ist nicht sicher auszuschließen, allerdings ist
der Einfluss obstruktiver Funktionsstörungen als gering anzusehen, denn die Anwendung von
Tensilon führt zu keiner signifikanten Verschlechterung des P0,1max (Criée et al. 2003). Eine
gewisse Bedeutung ist der beginnenden Verschiebung der Atemruhelage zur Inspiration
beizumessen, da mit der Verkürzung der Inspirationsmuskeln die Kraft der inspiratorisch
tätigen Muskeln abnimmt.

4.2.20 Maximaler inspiratorischer Mundverschlussdruck - PImax

Genauso wie der P0,1max ist auch der PImax ein Messwert, welcher in einem forcierten
Atemmanöver gemessen wird. Er ist daher ebenfalls ein Äquivalent der maximalen
Inspirationskraft. Die Messung erfolgte nach maximaler Exspiration auf dem Niveau von RV
bei einem Verschluss des Ventils für maximal zwei Sekunden. Wie bei P0,1max sind
leichtgradige Obstruktionen keine Ursache für einen niedrigen PImax. Allgemein kommen
dafür Erkrankungen mit symptomatischer Muskelschwäche oder Erkrankungen mit
Übertragungsstörungen von Kraft in Druck als Ursache in Frage (Laier-Groeneveld 1993,
Criée et al. 2003). Weiterhin gilt PImax als, im Vergleich zur Vitalkapazität, sensitiver bei
einer Frühbeurteilung einer Schwäche der Atmungsmuskulatur (ATS/ERS 2002).
Der PImax ist bei den von uns untersuchten Myastheniepatienten im Gesamtkollektiv und den
beiden Gruppen, sowohl vor als auch nach Tensilongabe, signifikant verringert. Gleichzeitig
ließ sich in allen Gruppen mindestens ein schwach signifikanter Unterschied zwischen erster
und zweiter Messung finden.
Die Einschränkung der maximalen Inspirationskraft, als Zeichen einer verminderten Kapazität
der Atempumpe, ist typisch für Erkrankungen mit Funktionseinschränkungen im Bereich der
neuronalen Signalverarbeitung bzw. deren Übertragung auf die Muskulatur (Laier-Groeneveld
1993, Criée et al. 2009).
Indirekt lässt sich aus den Beobachtungen an Patienten mit Myasthenia gravis ableiten, dass
die Messung des PImax die frühe Involvierung der Atmungsmuskulatur in die allgemeine
Lungenfunktionsuntersuchungen bei Patienten mit Myasthenia gravis pseudoparalytica 78

Muskelschwäche deutlich macht. Sowohl für den verringerten P0,1max, als auch für den
verringerten PImax gilt einschränkend, dass die verringerte Maximalkraft teilweise auch auf
die, zur Inspiration hin verschobene Atemruhelage zurückzuführen ist. Gleichwohl lässt die
Tabelle 3.2.20.1 und Abbildung 3.2.20.1 (S. 55) vermuten, dass eine fortgeschrittene
myasthene Erkrankung, entsprechend einer Osserman-Klasse IIb oder III, eine deutlichere
Einschränkung des PImax bedingt.
Szathmary et al. fanden für das von ihnen untersuchte Patientenkollektiv ein ähnliches
Ergebnis. Die gemessene inspiratorische Kraft war vermindert und konnte nach der
intravenösen Gabe von 10 mg Tensilon signifikant gesteigert werden (Szathmary et al. 1981).
Zum gleichen Ergebnis kommen Goti et al., die für ihr Kollektiv einen signifikant
erniedrigten PImax messen konnten, der nach der Pyridostigmingabe ebenfalls signifikant
anstieg (Goti et al. 1995).
In der Studie von Keenan et al. war der PImax nur für die Gruppe mit generalisierter
Myasthenie signifikant verringert. Für die Patienten mit vorwiegend okulärer Symptomatik
fanden Keenan et al. keine Veränderung im Vergleich zum Normwert. Die Gabe von
Neostigmin als Hemmer der Acetylcholinesterase führte dabei allerdings zu keiner
signifikanten Änderung des PImax. Grund dafür kann das Studiendesign sein, da Keenan et al.
Patienten mit einer mittleren Krankheitsdauer von 9,4 Jahren in ihrer Studie untersuchten. In
den Methoden der Publikation von Keenan findet sich weiterhin kein Hinweis auf die
Spirometrie und die Ganzkörperbodyplethysmographie. Da Keenan et al., analog zu Goti et
al., einen Auslassversuch mit den symptomatisch wirkenden Medikamenten durchführten, um
anschließend aussagekräftige Werte aus der Untersuchung mit Acetylcholinesterasehemmern
gewinnen zu können und gleichzeitig die Immunsupressiva nicht abgesetzt wurden, bleibt die
Frage nach einer Beeinflussung der Studienergebnisse durch Steroide offen (Goti et al. 1995,
Keenan et al. 1995).
Den drei genannten Studien ist gemein, dass die dort verwendeten Studiendesigns deutlich
von dem hier verwendeten abweichen und kritische Vergleiche mit größter Vorsicht
vorzunehmen sind.

4.2.21 Verhältnis Mundverschlussdruck zum Atemminutenvolumen -


P0,1/VE

Das Verhältnis des P0,1 zu VE gilt als ein Maß der effektiven respiratorische Impedanz der
gesamten Atmungspumpe und dient der Abschätzung der momentanen Last der
Lungenfunktionsuntersuchungen bei Patienten mit Myasthenia gravis pseudoparalytica 79

Atmungspumpe während der Inspiration. Ein Wert von mehr als 0,025 kPa*min/l gilt als
obere Grenze zwischen normaler Last und pathologischer Veränderung (Criée et al. 2003).
Dabei geht man davon aus, dass eine, durch VE repräsentierte, Hyperventilation eine
entsprechende Erhöhung des P0,1 verursacht (Younes 1991, Criée et al. 2003).
Bei den hier untersuchten Myastheniepatienten steigt VE tatsächlich an, die exspiratorische
Impedanz fällt allerdings unter den Grenzwert ab. Diese Verringerung ist in allen drei
Gruppen und für jeweils beide Messungen signifikant. Nach der Anwendung von Tensilon
fällt der Quotient P0,1/VE, wenn auch nicht signifikant, unter den Mittelwert der ersten
Messung, welches durch die Erhöhung des VE nach Tensilongabe erklärt werden kann,
während die Änderung von P0,1 auf die in 3.2.7 (S. 42) und 3.2.8 (S. 43) gefundene
Obstruktion ausbleibt.
Da die Mittelwerte für P0,1/VE unter der von Criée et al. definierten Obergrenze der
Normalwerte liegen, lässt sich hier kein Anhaltspunkt für eine intrapulmonal bedingte,
erhöhte Last der Atempumpe erkennen.

4.2.22 Verhältnis Mundverschlussdruck zum maximalen


Mundverschlussdruck - P0,1/P0,1max

Da P0,1 den aktuellen Druck bei Inspiration und P0,1max sein Maximum darstellt, ist der
Quotient aus beiden ein Maß der relativen Kraft der Inspirationsmuskulatur oder des relativen
Atmungsantriebs (Criée 1985, Criée 1988).
Ein Wert von 1-2% wird als Normalwert bei Lungengesunden angenommen. Da sich die
Maximalkraft eines Muskels bei unterschiedlichen Menschen erheblich unterscheidet, ist auch
die Standardabweichung des P0,1max hoch. Erst Quotienten über 5% gelten als pathologisch
(Criée 1988, Criée et al. 2003). Bei den hier vorgelegten Untersuchungen wurde als oberer
Grenzwert für P0,1/P0,1max 7,36% errechnet. Dieser Wert bezieht sich auf die aktuell von Criée
postulierten Grenzwerte für P0,1 und P0,1max (Criée et al. 2003, Criée et al. 2009). Aus den
Untersuchungen von Laier-Groeneveld stammt die Erkenntnis, dass der Bereich zwischen 25-
35% des P0,1 am P0,1max für chronisch Kranke durch Anpassungsvorgänge der Atmungspumpe
durchaus noch tolerabel sind, von Lungengesunden aber unter Stenoseatmung nur kurzzeitig
toleriert werden können.
Die Messwerte lagen bei allen drei Gruppen, sowohl vor als auch nach Tensilongabe, deutlich
über dem hier verwendeten Sollwert und waren mindestens schwach signifikant erhöht.
Lungenfunktionsuntersuchungen bei Patienten mit Myasthenia gravis pseudoparalytica 80

Die hohe Standardabweichung zeigt, wie groß die Variabilität der Atmungskraft
interindividuell tatsächlich ist.
Aus der Abbildung 3.2.22.1 (S. 57) lässt sich eine Tendenz dafür erkennen, dass
Myastheniepatienten im fortgeschrittenen Krankheitsstadium eine stärkere Erhöhung des
P0,1/P0,1max zeigen. Die kritische Grenze der Überlastung von 25-35% wird von keinem der
Messwerte erreicht, der Median liegt deutlich unter 20%, während der Mittelwert zwischen
17% und 24% liegt. Aus diesem Grund kann P0,1/P0,1max als Hinweis für eine stärkere und
chronische Belastung der Atmungspumpe bzw. einen erhöhten Atemantrieb bei
Myastheniepatienten bewertet werden.

4.2.23 Verhältnis maximaler Mundverschlussdruck zum maximalen


Inspirationsdruck - P0,1max/PImax

Die Messung von P0,1max und PImax erfolgt aus der maximalen Inspirationsdruckkurve und ihr
Quotient ist ein Maß dafür, ob die unwillkürliche Atmung stärker limitiert ist als die
willkürliche.
Steigt der Wert von P0,1max/PImax an, ist die die Kraftentwicklung bei gleicher Maximalkraft
erhöht und entspricht einer höheren Leistungsfähigkeit der Inspirationsmuskulatur. Daraus
kann eine Abschätzung über die funktionell und physiologisch noch aktivierbaren Reserven
der inspiratorischen Atemmuskeln erfolgen.
Bei den hier vorgenommenen Untersuchungen an Patienten mit Myasthenia gravis wurde aus
den jeweiligen Sollwerten von P0,1max und PImax ein Sollwert für den Quotienten von 56%
errechnet und die Messwerte damit verglichen. Die Werte für P0,1max/PImax sind in allen
Gruppen vor und nach Tensilongabe mindestens schwach signifikant verringert, die Reaktion
auf die Tensilongabe ist heterogen und führt zu keiner signifikanten Änderung der
Mittelwerte.
Diese Ergebnisse sind ein Indiz für die eingeschränkte Kraftentwicklung der
Inspirationsmuskulatur und für die die trägere Kraftentwicklung während der Inspiration.

4.2.24 Respiratorische Kapazität - P0,1/PImax

Der Messwert P0,1/PImax ist dem P0,1/P0,1max ähnlich. Beide sind Maß für eine Abschätzung der
aktuell für die Inspiration aufgewandten Kraft und dienen zur Abschätzung der noch
vorhandenen Reserve der Atmungspumpe. Der Quotient P0,1/P0,1max ist eine direkte Ableitung
Lungenfunktionsuntersuchungen bei Patienten mit Myasthenia gravis pseudoparalytica 81

der prozentualen Nutzung der Inspirationskraft ist. Weiterführende Untersuchungen an


Lungengesunden bei Stenoseatmung und bei Patienten unterschiedlicher Erkrankungen lassen
die Interpretation des P0,1/PImax ermöglichen.
Eine Erschöpfung durch Dyspnoe stellt sich hier bei ca. 20-25% ein, Werte über 4,5% gelten
als pathologisch (Criée et al. 2003).
Am untersuchten Patientenkollektiv fand sich in allen drei Gruppen eine signifikant erhöhte
respiratorische Beanspruchung, die in allen drei Gruppen signifikant über dem oberen
Grenzwert von 4,5% lag.
Da P0,1 in der Ruheatmung gemessen wird und PImax unter maximaler Anstrengung, bei
identischem respiratorischem System, ist davon auszugehen, dass eine erhöhte respiratorische
Beanspruchung zur Aufrechterhaltung der Ventilation in Ruhe notwendig ist.

Die unter 4.2.19 bis 4.2.24 untersuchten Parameter zeigen die Einschränkungen der
Kraftentwicklung der inspiratorisch arbeitenden Muskulatur. Dabei können auch Hinweise für
eine Änderung im zentralen Atemantrieb gefunden werden (s. 4.2.21, S. 78). Der Quotient
P0,1/P0,1max ebenso wie der Quotient P0,1/PImax können als relativer Atmungsantrieb
interpretiert werden. Beide werden durch Atmungswiderstand, Compliance und den
mechanischen Eigenschaften der Übertragung von Kraft in Druck beeinflusst. Die Quotienten
sind daher davon unabhängig. Der P0,1 entspricht dem Ruheantrieb in nahezu gleicher Weise,
wie der P0,1max den maximalen Atemantrieb widerspiegelt. Deswegen kann über den
Quotienten der relative Atmungsantrieb verglichen werden. Dieser ist in unserer Gruppe im
Vergleich zur Norm erhöht. Dieser Befund entspricht einer kompensierten ventilatorischen
Insuffizienz, indem die Ventilation normal ist. Möglich wird dies durch den gesteigerten
Einsatz der Atmungsmuskulatur und einen erhöhten Atmungsantrieb. Die verringerte
respiratorische Impedanz P0,1/VE legen die Vermutung nahe, dass die Ursache der
ventilatorischen Insuffizienz extrapulmonal liegt eventuell ein Korrelat zu der
postsynaptischen Übertragungsstörung bei Myasthenia gravis.
Wie unsere Studie belegt, ist eine größere Gruppe von Myastheniepatienten mit den von uns
verwandten Ein- und Ausschlusskriterien nur über einen langen Zeitraum zu untersuchen, da
die Seltenheit der Erkrankung zu Kompromissen bei der Patientenauswahl häufig führen wird
(Goti et al. 1995, Keenan et al. 1995).
Lungenfunktionsuntersuchungen bei Patienten mit Myasthenia gravis pseudoparalytica 82

4.3 Schlussfolgerungen

Wir konnten feststellen, dass bei den untersuchten Patienten mit Myasthenia gravis die
Atmungsmuskelkraft signifikant vermindert ist. Sowohl der PImax, als auch der P0,1max als
Indikatoren für die maximale Kraftentwicklung sind erheblich vermindert.
Dies gilt aber für alle hier untersuchten Schweregrade der Myasthenie, also auch für die
leichteren oder lokalisierten Stadien.
Weiterhin lässt sich schlussfolgern, dass die Patienten pneumologisch asymptomatisch sind,
da die Kraftreserven, trotz bereits einsetzender Nutzung funktioneller Reserven, noch
beträchtlich sind. Diese Beteiligung auch in frühen Stadien erklärt, warum eine myasthene
Krise mit Ateminsuffizienz in jedem Stadium der Krankheit auftreten kann. Infekte und
Operationen stellen Belastungen dar, die gerade bei der Myasthenie eine rasche
Dekompensation des respiratorischen Systems auslösen können (Vaidya 2006, Kim et al.
2010).
Gold et al. haben in den Leitlinien der DGN auf Grund der klinischen Beobachtung ohne
Studienevidenz den Befall der Atmungsmuskulatur als unabhängige, eigene Manifestation
gekennzeichnet (Gold et al. 2008). Die hier vorgelegte Studie liefert die Grundlage, die
Klassifikation nach Osserman und die klinisch verwendeten Myastheniescores allein für die
periphere Muskulatur anzuwenden. Der Befall der Atmungsmuskulatur und in seiner
schweren Form die myasthene Krise sollte, den Erkenntnissen dieser Arbeit folgend, als
Komplikation der stetigen respiratorischen Beteiligung und nicht als Krankheitsstadium
angesehen werden.

Die Arbeit von Baydur und die Studie von Goti et al. ließen erwarten, dass
Myastheniepatienten, wie Patienten anderer neuromuskulärer Erkrankungen auch, durch die
dauerhaft erhöhte Last der Atmungsmuskulatur eine rasche, flache Atmung aufweisen (rapid
shallow breathing) (Baydur 1991, Goti et al. 1995). Diese Annahme ließ sich für die von uns
untersuchten Patienten nicht belegen. Das erhöhte Atemzugvolumen, die erhöhte
Atmungsfrequenz und der erhöhte inspiratorische Fluss spiegeln dagegen einen erhöhten
Atmungsantrieb wieder und sind weniger das Zeichen einer respiratorischen Insuffizienz.
Jedoch wurde der arterielle pCO2 in dieser Studie nicht mit erfasst, so dass keine Aussage
gemacht werden kann, ob eine Hyperventilation mit überschießendem Atmungsantrieb ober
eine Kompensation der funktionellen Veränderungen vorliegt. Schließlich bedingt auch das
Lungenfunktionsuntersuchungen bei Patienten mit Myasthenia gravis pseudoparalytica 83

erhöhte ITGV einen erhöhten Ventilationsbedarf, auch wenn diese Wirkung eher gering zu
sein scheint.

Ein Kennzeichen der Myasthenia gravis ist eine Reversibilität der Muskelschwäche durch
Ruhe oder medikamentöse Therapie:
Ruhe gibt es für die Atmungsmuskulatur, im Gegensatz zu allen anderen Muskeln,
normalerweise nicht. Sie sind dauerhaft aktiv und übertreffen auch die Aktivität der
Augenmuskulatur, da sie auch in der Nacht nicht abgeschaltet werden können. Dies macht
ihren generellen und bevorzugten Befall in allen Stadien bei dieser Erkrankung plausibel.
Untersuchungen zur Entlastung der Atmungsmuskulatur durch eine passive
Volumenvorgabebeatmung zeigen einen Anstieg der Atmungsmuskelkraft unmittelbar nach
einer solchen Beatmungsruhephase. Wird die assistierte Ventilation im Auslassversuch
unterbrochen, fallen die inspiratorischen Drücke wieder ab (Laier-Groeneveld und Criée
1994). Es handelt sich um die einzige Möglichkeit, Atmungsmuskulatur zumindest zeitweise
zu entlasten.

Tensilon ist ein Parasympatikomimetikum und ein Acetylcholinesterasehemmer. Wie unsere


Studie zeigt, stellt Tensilon, durch verzögerte Rückaufnahme von gespaltenem Acetylcholin
im synaptischen Spalt, die Kontraktilität der Atmungsmuskulatur zumindest teilweise wieder
her. Am deutlichsten ist diese Verbesserung der Kraft am PImax abzulesen, weniger stark
ändert sich P0,1max. Bisher wurden im Rahmen des Tensilontests allein die
Lungenfunktionsparameter bestimmt. Diese ändern sich bei unseren Patienten nicht
signifikant, weder im Gesamtkollektiv noch in den Untergruppen. Wir erklären dies erneut
dadurch, dass die Kraftreserve der Atmungsmuskulatur noch erheblich ist. Für einen tiefen
Atemzug zur Generierung der Vitalkapazität muss nur ein geringer Teil der maximalen
Inspirationskraft eingesetzt werden, so dass also die Inspirationskraft noch nicht
symptomatisch eingeschränkt ist. Ablesbar ist dies an der zwar verminderten IVC, die
allerdings noch nicht klinisch auffällig verringert ist.

Unsere Studie liefert Hinweise auf eine Verschiebung der Atemruhelage hin zur Inspiration.
Dies lässt sich aus dem erhöhten ITGV und dem erhöhten RV/TLC ablesen. Da diese
Verschiebung eine Erweiterung der kleinen Atemwege nach sich zieht, würde man deshalb
insgesamt eine Abnahme der totalen Atemwegsresistance erwarten. Dies konnte in unserer
Studie nicht belegt werden. Die Totale Atemwegsresistance und die Spezifische
Lungenfunktionsuntersuchungen bei Patienten mit Myasthenia gravis pseudoparalytica 84

Atemwegsresistance sind signifikant erhöht und nehmen, einer möglichen und unerwünschten
Arzneimittelwirkung des Tensilons wegen, nach Tensilongabe weiter zu. Warum RAW tot und
sRAWtot schon vor Tensilongabe erhöht sind, kann durch unsere Studie nicht abschließend
beurteilt werden. Diese Tatsache scheint für die Myastheniepatienten allerdings von
untergeordneter Bedeutung, denn P0,1/VE als Ausdruck des Kraftaufwands für ein
bestimmtes Atemminutenvolumen ist im gesamten Patientenkollektiv und in den beiden
Gruppen signifikant erniedrigt. Veränderungen unter der Anwendung von Tensilon sind
statistisch unbedeutend.
Unsere Studie zeigt die erhebliche Bedeutung der Atmungsmuskulatur in allen Osserman-
Klassen der Myasthenia gravis. Die Erfassung des maximalen Inspirationsdrucks stellte sich
dabei als der wesentliche Parameter der Lungen- und Atmungsfunktion heraus.
Der Tensilontest ist geeignet, die Reversibilität der myasthenen Atmungsmuskelschwäche zu
überprüfen. Der Anstieg ist jedoch ungenügend, so dass Dosisfindungsstudien über die
optimale Dosierung des Medikaments notwendig sind. Die Lungenfunktion eignet sich nicht
für die Erfassung des Tensiloneffektes.
Die Atmungsmuskulatur ist in allen Stadien der MG betroffen, unabhängig von den
bisherigen Einteilungen und Myastheniescores. Dies erklärt das Risiko einer
Atmungsinsuffizienz in allen Stadien der Erkrankung. Diese Erkenntnis ermöglicht die
Einleitung einer nichtinvasiven Beatmung zur Entlastung der Atmungsmuskulatur vor
operativen Eingriffen, im Rahmen von Infekten oder bei symptomatischer Atmungsschwäche.
Andere Veränderungen der Atmung bei MG bedürfen einer weiteren Untersuchung. Wir
fanden Hinweise auf einen erhöhten Atemantrieb. Diese Erkenntnis ist für unsere Patienten
klinisch wenig relevant. Offensichtlich dient die veränderte Atmung der Kompensation
möglicher Defizite im respiratorischen System, ohne die Atmungsmuskulatur zu überlasten.
Für die Einstellung eines Beatmungsgerätes im Rahmen einer Atmungsinsuffizienz oder für
die Interpretation von Belastungsuntersuchungen und für die Erklärung der respiratorischen
Symptomatik mancher Patienten mit Myasthenia gravis könnte dies von Bedeutung sein.
Lungenfunktionsuntersuchungen bei Patienten mit Myasthenia gravis pseudoparalytica 85

5. Zusammenfassung

Hintergrund: Als Osserman seine ersten Publikationen zum Thema Myasthenie


veröffentlichte, waren die Möglichkeiten der Diagnostik im Vergleich zu heute
vergleichsweise eingeschränkt. Aktuell standardmäßig angewandte serologische und
immunohistochemische Tests waren damals ebenso wenig denkbar, wie die direkte
Darstellung der Atmungskraft eines Myastheniepatienten durch Lungenfunktion und
Atmungsfunktion und der Vergleich mit allgemein anerkannten Referenzwerten.
Daher wurde bis vor wenigen Jahren eine Beteiligung der Atmungsmuskulatur bei
Myastheniepatienten über nur einen Parameter, nämlich die Vitalkapazität, diagnostiziert.

Methodik: An insgesamt 42 Patienten mit sicher diagnostizierter Myasthenia gravis (n=6


Osserman-Klasse I; n=14 Osserman-Klasse IIa; n=20 Osserman-Klasse IIb; n=2 Osserman-
Klasse III) wurden Lungenfunktionsuntersuchungen und Untersuchungen zur Ventilation und
Atmungskraft mit Hilfe eines Bodyplethysmographen durchgeführt. Diese Untersuchungen
wurden mit einem Tensilontest kombiniert, um Erkenntnisse über mögliche Einschränkungen
der Atmungskraft und die mögliche Reversibilität durch Acetylcholinesterasehemmern zu
erhalten. Daraus ergab sich eine Messreihe vor Tensilongabe (vT) und eine Messreihe nach
Tensilongabe (nT). Zusätzlich zu den beiden Gruppen aus den Messreihen vT und nT des
gesamten Patientenkollektivs wurden, entsprechend der Häufigkeitsverteilung in den
Osserman-Klassen, zwei weitere Gruppen gebildet. Trennungsmerkmal für diese Gruppen
war jeweils die Osserman-Klasse mit bzw. ohne zu erwartende Beteiligung der
Atmungsmuskulatur und die jeweiligen Messreihen vT und nT.
Im t-Test wurden diese Gruppen untereinander (je Gruppe jeweils vT mit nT) und mit ihren
Referenzwerten verglichen und auf statistisch sowie klinisch relevante Unterschiede
untersucht.

Ergebnisse: Messwerte aus der Spirometrie sind nur bedingt tauglich, die in der
Myastheniediagnostik auftretende Frage nach Atmungskraft und Last der Atmungspumpe zu
beantworten.
Die Interpretationen der in unserer Studie erfassten Messwerte reichten von restriktiven bis zu
milden obstruktiven Symptomen und bleiben dabei unspezifisch. Die Verwendung des
Tensilontests in der Lungenfunktion zeigt dabei nur bei den Messwerten RAWtot und sRAWtot
eine signifikante Änderung nämlich eine Zunahme des Atemwegswiderstands als
Nebenwirkung durch das Medikament. Die verminderte Atmungskraft der
Lungenfunktionsuntersuchungen bei Patienten mit Myasthenia gravis pseudoparalytica 86

Myastheniepatienten wird durch signifikant verringerte Messwerte von P0,1max und PImax
repräsentiert, die erhöhte Atemarbeit lässt sich aus den Messwerten , P0,1/P0,1max, P0,1max/PImax
und P0,1/PImax ableiten. Der Quotient P0,1max/PImax repräsentiert zusätzlich eine verzögerte
Kraftentwicklung während der maximalen Inspiration.
Außerdem zeigen Myastheniepatienten schon in Ruhe Anzeichen eines erhöhten
Ventilationsbedarfs, welches sich aus erhöhten Werten VT, Bf, VE und VT/Ti ableiten lässt.

Fazit: Die Vitalkapazität und andere Werte der Lungenfunktion sind sicher und mit geringem
Untersuchungsaufwand messbar. In der Myastheniediagnostik sind sie jedoch nicht
richtungsweisend, mit PImax und P0,1max und ihren Quotienten können dagegen
aussagekräftigere Messwerte erhoben werden, die direkte Rückschlüsse auf die Kraft der
Atmungsmuskulatur, die Beanspruchung der Atmungspumpe und den relativen
Atmungsantrieb erlauben. Dabei gibt es keinen Hinweis dafür, dass sich die gefundenen
ventilatorischen Defizite in die Osserman-Klassifikation einordnen lassen. Sie sind vielmehr
in allen Stadien nachweisbar.
Die Interpretation der Lungenfunktionsuntersuchung erbringt Hinweise für eine restriktive
Lungenerkrankung. Die Interpretation von Messwerten der Atmungskraft zeigt die
extrapulmonal liegende Ursache als Korrelat der Muskelbeteiligung durch die Erkrankung.
Die Anwendung des Tensilontests in der Bodyplethysmographie führt zur Verbesserung der
Atmungskraft, in der Lungenfunktion bleibt der Tensilontest weitgehend ergebnislos. Nur die
Atemwegsresistance erhöht sich und führt hier zum Bild einer milden Obstruktion der oberen
Atemwege, deren Einfluss auf die Ventilation jedoch als gering einzuschätzen ist.
Da die globale Exspiration weitgehend passiv abläuft, scheint diese durch die Myasthenia
gravis am wenigsten beeinträchtigt. Deutlich verändert ist hingegen das Atmungsmuster der
untersuchten Myastheniepatienten. Die Tiefe der Atemzüge und die Frequenz der Atmung
nehmen deutlich zu und könnten zu einer Abgrenzung der Myasthenie gegen andere
neuromuskulären Erkrankungen dienen. Als Ursache lässt sich entweder eine entsprechende
Anpassungsreaktion oder eine Überstimulation des Atemzentrums vermuten. Bei der
Beatmung von Myastheniepatienten, therapeutisch oder notfallmäßig im Rahmen einer
myasthenen Krise, sollte auf eben diese erhöhte Frequenz und erhöhtes Atemminutenvolumen
geachtet werden. Es ist zu empfehlen, die Messung der Ventilation und Atmungskraft als
Standard in der Myastheniediagnostik zu etablieren, um frühzeitig mit entsprechenden
Therapiemaßnahmen die Atmungsmuskulatur zu entlasten.
Lungenfunktionsuntersuchungen bei Patienten mit Myasthenia gravis pseudoparalytica 87

6. Ausblick

Auch fast 50 Jahre nach den bahnbrechenden Publikationen von Osserman et al. zur
Erkrankung Myasthenia gravis pseudoparalytica und zu den diversen myasthenen Syndromen
ist die Entwicklung hinsichtlich neuer Untersuchungsmethoden und Therapieansätze nicht
abgeschlossen. Da der früher oft lebensbedrohliche Verlauf dieser Autoimmunerkrankung
mittlerweile therapeutisch gut kontrolliert werden kann, rücken qualitativ hochwertigere
Diagnosemethoden mit einem Mehr an Sensitivität und Spezifität sowie
lebensqualitätsverbessernde Therapieansätze immer mehr in den Focus aktueller Forschung.
Diese hier vorgelegte Schrift ist kein Abschluss, sondern die konsequente Fortführung der
Arbeiten von Laier-Groeneveld und Criée auf diesem Gebiet, zu verstehen als Grundlage
weiterer Untersuchungen, die nicht mehr nur auf Erkenntnissen neurologischer und
serologischer Untersuchungen basieren, sondern die Funktionsausfälle durch die Erkrankung
direkt messen und quantifizieren. Ziel sollte es dabei sein, das Ausmaß des Organbefalls zu
erkennen um therapeutische Ansätze zur Besserung der respiratorischen Lebensqualität und
Vermeidung respiratorischer Komplikationen wie der myasthenen Krise zu entwickeln. Eine
Möglichkeit zur pneumologischen Therapie stellt die Heimbeatmung dar, um einer weiteren
Dekompensation der Atmungspumpe entgegenzuwirken. Dabei sollte die Indikation eher
früher gestellt werden und auf das Atemmuster des Myasthenikers bei maschineller
Ventilation geachtet werden, um den Nutzen der Patienten auch langfristig zu sichern.
Grundlage für die Entscheidung zur Heimbeatmung sollte eine bodyplethysmographische
Untersuchung sein, die die Untersuchung der Atmungskraft einschließt.

Dass diese Ansätze durchaus beschritten werden, zeigt die Publikation von z. B. Biniek et al.,
die im letzten Jahrzehnt des vergangenen Jahrhunderts veröffentlicht, bereits Möglichkeiten
und Wege zu einer verbesserten Lebensqualität bei vorliegenden, neurologischen
Systemerkrankungen aufzeigt (Biniek et al. 1994). Dieser Weg sollte weiter verfolgt werden,
um die krankheitsbedingt eingeschränkte Lebensqualität zu verbessern und eine mögliche
Isolation bei schwerer erkrankten Myastheniepatienten aufzuheben.
Lungenfunktionsuntersuchungen bei Patienten mit Myasthenia gravis pseudoparalytica 88

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Danksagung

Für die Überlassung des Themas und die wertvolle Unterstützung bei der Anfertigung der
Arbeit bedanke ich mich herzlichst bei Herrn

Professor Dr. med. G. Laier-Groeneveld.

Für seine Anregungen und Denkanstöße möchte ich Dr. med. J.-U. Bauer, Oberarzt in der
Klinik für Pneumologie, danken. Gleiches gilt für Frau Dr. med. A. Thieme und Dr. med. S.
Endler, beide Mitarbeiter der Klinik für Neurologie in Erfurt. Darüber hinaus möchte ich
deren Bereitschaft zur interdisziplinären Arbeit hervorheben.

Danken möchte ich ebenso den Mitarbeitern der 1. Medizinischen Klinik am Helios Klinikum
Erfurt, ohne deren Unterstützung in der Lungenfunktionsdiagnostik diese Arbeit nicht zu
realisieren gewesen wäre.

Professor E. Brunner und K. Lange der Abteilung Medizinische Statistik der Georg-August-
Universität Göttingen danke ich für ihre Anregungen zur statistischen Auswertung.
Lungenfunktionsuntersuchungen bei Patienten mit Myasthenia gravis pseudoparalytica 96

Lebenslauf

Mein Name ist Kaj Todt, geboren wurde ich am 05.07.1976 als Kaj Teufert in Schlema/Kreis
Aue. Mein Familienstand ist ledig.

Von 1983 bis 1992 besuchte ich die Polytechnische Oberschule in Cainsdorf, von 1992 bis
1995 besuchte ich das Gymnasium „Am Sandberg“ in Wilkau/Haßlau und beendete dieses
mit der allgemeinen Hochschulreife. Ab 1996 leistete ich für 12 Monate meinen Wehrdienst.

1998 begann ich ein Studium der Humanmedizin an der Friedrich-Schiller-Universität zu


Jena. Im Jahr 2002 wechselte ich an die Georg-August-Universität zu Göttingen in den
Studiengang Zahnmedizin, welchen ich im Jahr 2008 mit dem Staatsexamen erfolgreich
abschloss. Nach Erteilung meiner Approbation arbeitete ich von September 2008 bis zum
heutigen Tag in einer Wolfenbüttler Zahnarztpraxis als Vorbereitungsassistent.

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