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Prüfungskommission

für Wirtschaftsprüfer

Wirtschaftsprüfungsexamen gemäß §§ 5 – 14a WPO

2. Aufsichtsarbeit in dem Modul


„Steuerrecht“

1. Halbjahr 2023

Termin: 10. Februar 2023

Bearbeitungszeit: 6 Stunden

Hilfsmittel: 1. Steuergesetze

2. Steuerrichtlinien

3. Steuererlasse

– jeweils Beck’sche Textausgabe – Loseblatt-Textsammlung –

4. Habersack (vormals Schönfelder), Deutsche Gesetze


– Textsammlung und Ergänzungsband –

5. Nicht programmierbarer Taschenrechner

Die Aufgabenstellung umfasst einschließlich dieses Vorblattes 8 Seiten.

Bitte geben Sie nach Ende der Bearbeitungszeit


auch die Aufgabenstellung ab!
Bearbeitungshinweise:

1. Die Klausur besteht aus zwei getrennten Aufgaben, die in beliebiger Reihenfolge gelöst
werden können.

2. Alle Aufgaben sind zu bearbeiten.

3. Sollten in den Sachverhalten offenbare Unrichtigkeiten oder Widersprüche enthalten sein


oder notwendige Angaben fehlen, so weisen Sie in Ihrer Lösung darauf hin und vermerken,
wie Sie den Sachverhalt berichtigt oder ergänzt haben.

4. Begründen Sie Ihre Entscheidung jeweils unter Hinweis auf die gesetzlichen Vorschriften,
Verwaltungsanweisungen und gegebenenfalls abweichende Rechtsprechung.

5. Bei jeder Aufgabe sind die maximal erreichbaren Punkte angegeben. Insgesamt sind
100 Punkte erreichbar, davon

Aufgabe 1: 70 Punkte

Aufgabe 2: 30 Punkte

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Aufgabe 1: Besteuerung Personengesellschaften/Gewerbesteuer/Einkommen-
steuer (70 Punkte)

Johann Ferstl, geb. am 12.1.1970, und Lisa Hammer, geb. am 20.3.1973, sind Gesellschafter
der Hopfenseegarten GmbH & Co. KG mit Sitz in Herrsching; Unternehmensgegenstand ist
der Betrieb eines Biergartens am Ammersee sowie die Herstellung und der Vertrieb von
Biergartengarnituren. Lisa Hammer wohnt in Herrsching. Am 31.12.2020 sind Johann mit 70 %
(Kapitalkonto 35.000 €) sowie Lisa mit 30 % (Kapitalkonto 15.000 €) am Gewinn und Verlust
der KG beteiligt. An der Komplementär-GmbH (Stammkapital 25.000 €; Gründung der GmbH
am 1.1.2008) sind Johann Ferstl zu 48 % (Anschaffungskosten bei Gründung zum Nennwert),
Max Bauer, geb. am 15.3.1981, ledig und wohnhaft in Herrsching, zu 12 %
(Anschaffungskosten bei Gründung zum Nennwert) und Lisa Hammer zu 40 % (Nennwert
10.000 €; Anschaffungskosten am 1.1.2010 20.000 €) beteiligt. Der gewerbesteuerliche
Hebesatz beträgt in Herrsching 300 %.

Johann Ferstl ist mit Klara Ferstl, geb. am 1.7.1956, mit dem Güterstand der Gütertrennung
verheiratet; sie leben privat in Planegg bei München. Klara Ferstl ist bei der Hopfenseegarten
GmbH & Co. KG seit mehreren Jahren mit der Herstellung und dem Vertrieb der
Biergartengarnituren beschäftigt und erhält monatlich ein (angemessenes) Gehalt von 3.500 €
(+ Lohnnebenkosten des Arbeitgebers) bis zum 31.3.2021. Sie fuhr von Januar bis März 2021
an 60 Tagen von Planegg nach Herrsching (Entfernung 20 km). Aufgrund der Corona-Krise
beantragt die Hopfenseegarten GmbH & Co. KG für Klara Ferstl Kurzarbeitergeld für die
Monate April bis Juni 2021. Das monatliche Kurzarbeitergeld beträgt 1.380 €, wobei keine
Lohnsteuer einbehalten wird.

Die KG ermittelt den Gewinn nach § 5 Abs. 1 EStG. Der vorläufige handelsrechtliche Gewinn
(vor Ertragsteuern) für das Jahr 2021 beträgt 23.200 €.

Bei den Berechnungen sind die nachstehenden Sachverhalte ergänzend zu berücksichtigen:

1. Johann Ferstl und Max Bauer erhalten für ihre Geschäftsführungstätigkeiten für die KG
von der Komplementär-GmbH eine Vergütung in Höhe von jeweils 75.000 €, die von der
KG der GmbH erstattet wird und bei der KG bereits gewinnmindernd erfasst wurde. Für
Max Bauer zahlt der Arbeitgeber zusätzlich Lohnnebenkosten in Höhe von 15.000 €
(= 20 %). Die Komplementär-GmbH hat eine Haftungsvergütung von 3.000 € erhalten.
Die Komplementär-GmbH hat am 12.3.2021 für das Geschäftsjahr 2020 an ihre
Gesellschafter einen (Brutto-)Betrag von 2.000 € ausgeschüttet. Dabei wurde eine
Kapitalertragsteuer von 500 € einbehalten.

Johann Ferstl hat ferner nach seinem Geschäftsführervertrag Anspruch auf eine Erstattung
seiner dienstlich gefahrenen Kilometer in Höhe von 50 Cent je km. Er hatte seinen PKW
(kein E- oder Hybrid-Auto) gebraucht für 25.000 € (ohne ausgewiesene Umsatzsteuer) am
1.7.2020 gekauft (Bruttolistenpreis 35.700 €; Restnutzungsdauer 5 Jahre). Johann fährt im
Jahr 2021 insgesamt 20.000 km, wovon 12.000 km beruflich veranlasst sind, wobei er aber
kein Fahrtenbuch führt. Er erhält von der KG (über die Komplementär-GmbH) eine
Kostenerstattung von 6.000 €. Die zahlungswirksamen Aufwendungen von Johann (ohne
AfA) belaufen sich für das Auto auf 5.000 € und wurden von ihm persönlich bezahlt. Johann
fährt an 180 Arbeitstagen mit seinem (privaten) PKW von seiner Wohnung (Planegg) nach
Herrsching zur Hopfenseegarten GmbH & Co. KG (einfache Fahrt 20 km).
Umsatzsteuerliche Aspekte sind hinsichtlich des PKW bei der Lösung nicht zu beachten!

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2. Folgende Aufwendungen haben den Gewinn gemindert:

- Fahrtkostenerstattung für Johann Ferstl für die Dienstfahrten (12.000 km) 6.000 €
- Lineare Abschreibung der Betriebs- und Geschäftsausstattung (BGA) 15.800 €
- Zinsen für ein betriebliches Darlehen 195.000 €
- Reisekosten und Rechtsberatungskosten für die
Gesellschafterversammlung der Brauhaus Huber GmbH 2.000 €
- Mieten an Klara Ferstl (Höhe s. unten)

3. In den betrieblichen Erträgen sind u. a. enthalten und haben den Gewinn erhöht:

- Auflösung einer Drohverlustrückstellung aus dem Jahr 2020 98.000 €


- Erträge aus dem Verkauf des Teilbetriebs Biertischgarnituren 50.000 €
- Ausschüttung von der Brauhaus Huber GmbH, Murnau; die Anteile
befinden sich im Betriebsvermögen (Anteilsquote 12 %) 40.000 €

Klara Ferstl hat den Biergarten mit dem Ausschankgebäude sowie mit dem Produktions- und
Vertriebsgebäude für die Biertischgarnituren am 1.7.2017 (0 Uhr) für insgesamt 600.000 €
(einschl. Anschaffungsnebenkosten; Einheitswert 60.000 €) erworben. Davon entfallen 2/3
auf den Biergarten und das Ausschankgebäude und 1/3 auf das Produktions-/
Vertriebsgebäude; der Anteil für Grund und Boden beträgt jeweils 50 %; für die Finanzierung
des Kaufpreises hat sie ein endfälliges Darlehen aufgenommen, für das sie im Jahr 2021 und
2022 Zinsen in Höhe von 9.000 € (4.500 € je Halbjahr) zahlt. Diesen Biergarten hat sie mit
dem Ausschankgebäude und dem Produktions- und Vertriebsgebäude seit 1.7.2017 der
Hopfenseegarten GmbH & Co. KG zu einer angemessenen Jahresmiete von 18.000 €
(1.500 € je Monat) vermietet. Zum 1.7.2021 wird nur noch der Biergarten mit dem
Ausschankgebäude an die KG für 1.000 € monatlich (= 12.000 € jährlich) vermietet. Der Wert
des gesamten Grundstücks soll zum 1.7.2021 insgesamt 720.000 €, davon 1/3 für das
Produktions- und Vertriebsgebäude mit anteiligem Grund und Boden (Anteil davon 50 % =
120.000 €) betragen. Zum 31.12.2021 und zum 1.1.2022 soll das gesamte Grundstück
aufgrund der Corona-Krise nur noch einen Teilwert von 690.000 € (davon 50 % auf Grund
und Boden) haben; 2/3 hiervon entfallen auf den Biergarten und das Ausschankgebäude.

Klara Ferstl ist Designerin und Schnitzerin und hat zum 1.7.2021 von der KG den Teilbetrieb
Biertischgarnituren für 80.000 € (netto), davon Maschinen und BGA (60.000 €, Buchwert zum
30.6.2021 20.000 €; Restnutzungsdauer zum 1.7.2021 3 Jahre) und Vorräte (insbesondere
Biertischgarnituren: 16.000 €, Buchwert bei KG zum 30.6.2021 6.000 €) sowie 4.000 € für
liquide Mittel (Bankguthaben, Kasse) erworben. Sie entwirft, produziert und verkauft als
Kleinstgewerbetreibende selbstständig die Biertischgarnituren für verschiedene Gaststätten
und Biergärten. Für den Zeitraum vom 1.7.2021 bis zum 31.12.2021 macht sie ein
Rumpfwirtschaftsjahr; den Gewinn ermittelt sie nach § 4 Abs. 3 EStG. Sie nutzt für diesen
Betrieb das anteilige Grundstück in Herrsching mit dem Produktions- und Vertriebsgebäude.

Klara Ferstl hat für den Verkauf von Biertischgarnituren Rechnungen von 95.200 €
geschrieben, von denen auf ihrem Girokonto 88.620 € im Jahr 2021 eingenommen wurden.

Die AfA für das Gebäude, die Maschinen und BGA sowie die Zinsen für das Gebäude wurden
noch nicht erfasst. Von den Vorräten, die sie zum 1.7.2021 von der KG erworben hat, sind noch
ein Viertel im Bestand. Bezogene RHB-Stoffe wurden für 11.900 € (einschließlich USt) gekauft
und bezahlt; davon sind noch 20 % zum 31.12.2021 im Bestand. Für die Vorräte (einschließlich
der RHB-Stoffe) hat sie in ihrer Gewinnermittlung noch keine Buchungen vorgenommen. Für
eine Betriebshaftpflichtversicherung vom 1.7.2021 bis zum 30.6.2022 wurden 2.000 € am
1.9.2021 überwiesen, die noch nicht im Jahr 2021 als Ausgabe gebucht wurde.

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Bewirtschaftungs- und Reparaturaufwendungen des zweiten Halbjahrs in Höhe von 2.975 € für
das Gebäude, von denen 2.380 € (einschl. USt) im Jahr 2021 überwiesen wurden und 595 €
für die Strom- und Wasserrechnung am 21.1.2022 für das Jahr 2021, wurden noch nicht als
Ausgaben erfasst. Die Umsatzsteuer wurde nach § 20 UStG ermittelt und nach vierteljährlichen
(zutreffenden) USt-Voranmeldungen am 5.10.2021 (5.700 €) und 7.1.2022 (5.320 €) an das
zuständige Finanzamt überwiesen. Diese beiden USt-Zahlungen wurden noch nicht als
Ausgabe bei der Gewinnermittlung erfasst.

Max Bauer verkauft am 1.7.2021 an Lisa Hammer von seinen GmbH-Anteilen 6 % des
Nennkapitals (also die Hälfte seiner Anteile) für 3.000 €.

Max Bauer erhält von der Sparkasse Starnberg Zinsen vor Kapitalertragsteuer von 3.000 €. Er
hat den maximalen Freistellungsauftrag bei der Bank abgegeben.

Johann Ferstl hat zu Weihnachten 2021 an Adveniat 202 € gespendet und dafür eine
Spendenbescheinigung erhalten.

Ab dem 1.7.2021 erhält Klara Ferstl aus der gesetzlichen Rentenversicherung eine Rente von
monatlich 800 €.

Die Kranken- und Pflege(pflicht)versicherung betragen für Johann Ferstl 3.200 €, davon
entfallen auf den Mindeststandard 2.900 €. Klara Ferstl ist in einer gesetzlichen Kranken- und
Pflegeversicherung versichert. Die gesetzlichen Kranken- und Pflege(pflicht)versicherungs-
beiträge (= Mindeststandard) betragen für Klara für die Monate Januar bis März 2021 insgesamt
640 €, wobei der Arbeitgeber (KG) den gleichen Betrag als Beiträge bezahlt hat. Für die
Arbeitslosenversicherung hat Klara 126 € von Januar bis März 2021 entrichtet. Für die Zeit des
Kurzarbeitergeldes hat der Arbeitgeber die Sozialversicherungen entrichtet. Für die Monate Juli
bis Dezember 2021 wurden insgesamt von Klara Ferstl 1.060 € an Krankenversicherungs- und
Pflegeversicherungsbeiträgen (einschließlich bei Beiträgen für die gesetzliche Rente) entrichtet.

Für die gesetzliche Rentenversicherung hat Klara Ferstl von Januar bis März 2021 Beiträge in
Höhe von 1.050 € entrichtet. Johann Ferstl hat für eine sog. Rürup-Leibrentenversicherung im
Jahr 2021 insgesamt Beiträge in Höhe von 12.000 € gezahlt.

Die einbehaltene Lohnsteuer betrug bei Klara Ferstl für die Monate Januar bis März 2021
2.400 €, die vorausbezahlte Einkommensteuer von Johann Ferstl belief sich für das Jahr 2021
auf insgesamt 9.000 €.

Am 1.1.2022 kauft Klara Ferstl von Lisa Hammer ein Drittel ihrer KG-Anteile – also 10 % des
Kommanditanteils mit dem fortgeschriebenen Wert der Kommanditeinlage (ursprünglich
5.000 €) – für 15.000 € sowie 10 % der GmbH-Anteile (Nennwert-Anteil 2.500 €) für 10.000 €.

In der Betriebs- und Geschäftsausstattung der KG (Restnutzungsdauer 3 Jahre, keine GwG)


sind am 1.1.2022 insgesamt 15.000 € an stillen Reserven. In den Vorräten, die zu 50 % im
Jahr 2022 verkauft werden, gibt es bei der KG am 1.1.2022 insgesamt stille Reserven in Höhe
von 25.000 €.

Der Solidaritätszuschlag und die Kirchensteuer sollen aus Vereinfachungsgründen


vernachlässigt werden. Anrechenbare Kapitalertragsteuer, die von der KG für die
Gesellschafter entrichtet wird, wird von den Gesellschaftern der KG wieder in die Gesellschaft
eingelegt. Es ist für alle Veranlagungszeiträume von der Rechtslage zum 31.12.2021
auszugehen. Bei Wahlrechten und Anträgen ist so zu verfahren, dass die Ertragsteuern des
entsprechenden Jahres minimiert werden sollen!

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Aufgaben:

a) Ermitteln Sie für das Jahr 2021 das steuerliche Gesamtergebnis der Hopfenseegarten
GmbH & Co KG! (Sollten Sie für die Gesellschaft – vor Sondervergütungen – einen
niedrigeren Verlust als –90.000 € haben, rechnen Sie bitte für diese und die folgenden
Teilaufgaben mit einem steuerlichen Verlust der Gesellschaft von mindestens –90.000 €
oder mit Ihrem höheren Verlust weiter!). (11 Punkte)

b) Ermitteln Sie für das Jahr 2021 die Höhe der Gewerbesteuer der KG! (8 Punkte)

c) Prüfen Sie, ob Klara Ferstl für 2021 Gewerbesteuer entrichten muss und ermitteln Sie –
falls erforderlich – deren Höhe! (14 Punkte)

d) Stellen Sie für das Jahr 2021 die Summe der Einkünfte – mit Angabe der Einkünfte je
Einkunftsart – sowie den Gesamtbetrag der Einkünfte bei Zusammenveranlagung der
Eheleute Ferstl dar! (13 Punkte)

e) Stellen Sie für das Jahr 2021 die Summe der Einkünfte – mit Angabe der Einkünfte je
Einkunftsart – von Max Bauer dar! Sofern Einkünfte unter die Abgeltungsteuer fallen, ist
deren Höhe zu ermitteln! (8 Punkte)

f) Stellen Sie die Überleitung von dem „Gesamtbetrag der Einkünfte“ bis zum „zu
versteuernden Einkommen“ der Eheleute Ferstl für den Veranlagungszeitraum 2021 dar!
Gehen Sie davon aus, dass die Eheleute Ferstl vorteilhafte Anträge stellen! (4 Punkte)

g) Wie hoch ist die festzusetzende und die noch zu zahlende Einkommensteuer (ggf.
Erstattung) für die Eheleute Ferstl bei Zusammenveranlagung? (12 Punkte)

Aufgabe 2: Umsatzsteuer (30 Punkte)

Bearbeitungshinweise:

Soweit aus dem Sachverhalt nichts Gegenteiliges hervorgeht,

- enthalten Rechnungen die nach §§ 14, 14a UStG bzw. §§ 33, 34 UStDV erforderlichen
Angaben,
- versteuern alle angesprochenen Unternehmer ihre Umsätze nach den allgemeinen
Vorschriften des UStG und nach vereinbarten Entgelten,
- verwenden die Unternehmer im innergemeinschaftlichen Waren- und
Dienstleistungsverkehr die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer ihres Heimatlandes,
- handelt es sich um Nettobeträge,
- wurden gemischt genutzte Wirtschaftsgüter dem Unternehmensvermögen zugeordnet,
- entspricht die geplante Verwendung der tatsächlichen,
- liegen alle angegebenen Orte im Inland,
- werden vorteilhafte Anträge gestellt, um einen Vorsteuerabzug zu erreichen.

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Sachverhalt:

Nachdem Max Kramer das WP-Examen bestanden hat, macht er sich im Herbst 2021
selbständig. Dazu lassen er und seine Frau Sophie Kramer auf einem unbebauten Grundstück
in Rosenheim, das er und seine Frau von seinen Eltern vor mehreren Jahren geerbt haben,
über den Bauunternehmer Bauer ein gemischtes Büro- und Wohngebäude vom 1.7.21 bis zum
30.11.21 bauen.

Hierzu hatte das Ehepaar Kramer den renommierten Architekten Ferdinand Raupach aus
Salzburg (Österreich) mit der Planerstellung beauftragt. Am 25.5.2021 übergab Raupach den
fertigen Bauplan und stellte dafür noch am selben Tag 20.000 € in Rechnung, die das Ehepaar
Kramer eine Woche später beglich.

Bauunternehmer Sepp Bauer aus Traunstein stellt für den Bau des Gebäudes eine Rechnung
von netto 780.000 €.

Zur Einrichtung seines WP-Büros mietet Max Kramer von der Max & Sophie Kramer GbR (je
Ehegatte 50 %) ab 1.12.2021 für 4.000 € netto je Monat das Erdgeschoss und das
1. Obergeschoss. Das 2. Obergeschoss wird von der GbR an eine Versicherungsagentur für
2.000 € netto monatlich vermietet. Das 3. Obergeschoss wird von den Eheleuten Max und
Sophie Kramer zu privaten Zwecken bewohnt. Alle vier Geschosse des Gebäudes sind gleich
groß.

Soweit es möglich ist, optieren die beteiligten Personen zur Besteuerung von
Vermietungsumsätzen, um die Vorsteuer aus dem Bau des Gebäudes, soweit zulässig, zu
ziehen.

Im Dezember 2021 hat Max Kramer Einkäufe (Möbel, Computer und Kopierer) im
Gesamtumfang von 59.500 € (brutto; Inlandsbezug mit deutscher ausgewiesener
Umsatzsteuer) getätigt und bezahlt. In 2021 hat er keine Umsätze ausgeführt. Er erwartet im
Jahr 2022 mit inländischen Privatkunden und inländischen Unternehmern aus
Steuerberatungsleistungen einen Bruttoumsatz von 226.100 € (je 50 % auf Privatkunden und
Unternehmer).

Zusätzlich wird er im Jahr 2022 folgende Umsätze mit Auslandsbezug haben:

- Wirtschaftsprüfer Kramer mit Sitz in Rosenheim berät im Jahr 2022 die Firma ItaloConsult
in Mailand (italienische USt-IdNr.) für 10.000 € (netto). ItaloConsult hat in Deutschland
keine Betriebsstätte.
- Wirtschaftsprüfer Kramer berät die französische Privatperson Jeanette Sacron mit
Wohnsitz in Paris (Frankreich) wegen einer Erbschaftsteuerangelegenheit für 6.000 €
(netto).
- Wirtschaftsprüfer Kramer berät die schweizerische Privatperson Beatrice Bludau mit
Wohnsitz in Zürich (Schweiz) wegen einer Erbschaftsteuerangelegenheit für 4.000 €
(netto).

Für Vorleistungen (ohne die oben genannten Leistungen aus 2021) wurden Max Kramer im
Jahr 2022 insgesamt 10.000 € als Vorsteuer in Rechnung gestellt. Hiervon entfielen 5 % der
Aufwendungen auf die genannten Umsätze mit Auslandsbezug.

Außerdem hat ein französischer Rechtsanwalt mit Sitz in Colmar (Frankreich) für
Wirtschaftsprüfer Max Kramer 2022 ein Gutachten zum französischen Erbrecht wegen des

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Erbanfalls bei Frau Sacron erstellt und dafür 3.000 € netto (soweit erforderlich zusätzlich mit
USt) berechnet.

Aufgaben:

a) Erläutern Sie, welchen Antrag Max Kramer stellen muss, wenn er im Jahr 2021 Vorsteuer
abziehen will! (5 Punkte)

b) Stellen Sie dar, welche Anträge die Eheleute (GbR) für das Jahr 2021 stellen müssen und
ermitteln sie die abzuführende Umsatzsteuer oder den Vorsteuerüberhang der Max & Sophie
Kramer GbR! (13 Punkte)

c) Ermitteln Sie die abzuführende Umsatzsteuer oder den Vorsteuerüberhang der WP-
Kanzlei Max Kramer für das

- Jahr 2021 (2 Punkte) und das

- Jahr 2022! (10 Punkte)

Hinweis:

Erläutern Sie zunächst die Unternehmereigenschaft von Max Kramer sowie des Ehepaars
Kramer mit den Regelungen zum Vorsteuerabzug (mit Angabe der Anträge)! Nennen Sie zu
den Sachverhalten die Umsatzart und den Ort des Umsatzes mit einem Hinweis auf die
gesetzlichen Vorschriften! Gehen Sie davon aus, dass in den anderen EU-Mitgliedstaaten
entsprechende Gesetzesregelungen existieren. Stellen Sie bei Steuerbarkeit dar, ob ein
steuerpflichtiger oder steuerbefreiter Umsatz (mit §§-Angabe) vorliegt (Rechtslage
1.1.2022)! Dabei sind auch die entsprechenden Regelungen für den Einbehalt der
Umsatzsteuer für ausländische Unternehmer sowie für den Vorsteuerabzug
anzugeben.

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