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Gebaute Umwelt als

Lebenswelt
Sabine Ammon, Christoph Baumberger,
Christine Neubert und Constanze A. Petrow (Hg.)

Forum Architekturwissenschaft
Band 2

Universitätsverlag
der TU Berlin
ARCHITEKTUR IM GEBRAUCH
Gebaute Umwelt als Lebenswelt

Sabine Ammon, Christoph Baumberger,


Christine Neubert und
Constanze A. Petrow (Hg.)
Die Schriftenreihe Forum Architekturwissenschaft wird heraus- Forum Architekturwissenschaft, Band 2
gegeben vom Netzwerk Architekturwissenschaft,
vertreten durch Sabine Ammon, Eva Maria Froschauer,

ARCHITEKTUR IM
Julia Gill und Christiane Salge.

GEBRAUCH
Gebaute Umwelt als Lebenswelt

Sabine Ammon, Christoph Baumberger,


Christine Neubert und
Constanze A. Petrow (Hg.)

Der Tagungsband versammelt Beiträge des 2. Forums Architektur-


wissenschaft zum Thema Architektur im Gebrauch, das vom
25. bis 27. November 2015 im Schader-Forum in Darmstadt statt-
fand. Die Beiträge nähern sich dem Thema grundlegend in
zwei Perspektiven. Zum einen interessiert die lebensweltli-
che Verankerung von Architektur: die Gebrauchserfahrungen
und die vielfältigen Weisen, in denen das Gebaute im Alltag
jedes Menschen in Erscheinung tritt. Zum anderen werden
die Vorstellungen vom Gebrauch in Prozessen des Planens
und Bauens untersucht. Dabei treten unweigerlich auch
Spannungsverhältnisse auf – zwischen Planerinnen und Nutzern,
aber auch zwischen unterschiedlichen Gebrauchsweisen.
Sowohl in theoretischen Auseinandersetzungen zu einem
Begriff von Gebrauch in der Architektur als auch in empirischen
Studien zu einzelnen Bauten und Bautypen, zeitgeschichtlichen
Gebrauchsphänomenen und Situationen des Alltags wird dem
auf den Grund gegangen.

Universitätsverlag
der TU Berlin
138 DENNIS GSCHAIDER 139 BAUEN FÜR DIE FORSCHUNG DER ZUKUNFT → INHALT

DENNIS GSCHAIDER Architektur wird hierbei als ein Werkzeug unternehmerischer


Zukunftsplanung eingesetzt, um mit der Problematik der
Bauen für die Forschung Kontrolle umzugehen, der forschende Unternehmen ausgesetzt
sind. Einerseits sind sie darauf angewiesen, die Kreativität der
der Zukunft Forschung aufrechtzuerhalten, anderseits müssen sie sie aber
auch angesichts der Risiken hoher Kosten und Ungewissheit
Zum Diskurs um die Gestaltung von der Ergebnisse auf ein für die wirtschaftlichen Interessen des
Forschungseinrichtungen in der chemisch- Unternehmens nützliches Maß beschränken. 2 Diese Ambivalenz
pharmazeutischen Industrie (1950 bis 1980) von Kontrolle und Freiheit, die als charakteristisch für den
Umgang mit der kontingenten Ressource ‚Kreativität‘ einzustufen
ist, prägte die Gestaltung industrieller Forschungseinrichtungen
Der Beitrag befasst sich aus einer historischen Perspektive mit seit Ende des 19. Jahrhunderts. Um eine produktive Forschung
der Frage, wie Unternehmen Wissenschaft im Spannungsfeld zu gewährleisten, orientierte sich die Wissenschaft an zeitgenös-
zwischen Kontrolle und Freiheit organisiert haben. Im Mittelpunkt sischen, gesellschaftlichen Formen der Organisation von Arbeit,
stehen dabei die architektonischen Konfigurationen der die sich auch in der Architektur der Forschungseinrichtungen
Forschungseinrichtungen, mit denen die Unternehmen der wiederspiegelte. 3 So verknüpften die ersten Laboratorien
Problematik begegnet sind, Forschung für das Unternehmen der chemischen Industrie die differenzierte und kooperative
planbar zu gestalten. Dabei zeigt sich im Untersuchungszeitraum Forschungspraxis aus Justus von Liebigs Unterrichtslabor mit
zwischen 1950 und 1980 ein Wandel von technischen zu kommuni- den mechanisierten und produktiven Arbeitsabläufen der Fabrik,
kativen Aspekten des Forschungsprozesses, die als ausschlagge- um einen Ort zu schaffen, der Kontrolle und Steuerung ermög-
bend für einen langfristigen Erfolg der Forschung eingestuft wur- lichte, aber auch ein vertrautes wissenschaftlich freiheitliches
den und sich in der Gestaltung der Laboratorien abzeichneten. Terrain für die Forschenden darstellte. 4 Mit ihnen sollte die
Kontingenz der Wissenschaft auf einen für das Unternehmen
produktiven und steuerbaren Bereich beschränkt werden.
Im Oktober 2015 eröffnete der Technologiekonzern Bosch einen Die Vorstellung einer ‚Erfindungsfabrik‘ war bis in die zweite
zentralen Forschungscampus in Renningen bei Stuttgart. Die Hälfte des 20. Jahrhunderts wirkmächtig. Vor dem Hintergrund
Einrichtung steht exemplarisch für eine Vielzahl gegenwärtiger
wissenschaftlicher Einrichtungen, die nach dem Vorbild ameri- 2 Peter Weingart: Wissenschaftssoziologie. 4 Georg Meyer-Thurow: The Industriali-
Bielefeld 2003, S. 106. zation of Invention: A Case Study from the
kanischer Campus-Universitäten und Standorten der High-Tech- German Chemical Industry. In: Isis 73 (1982),
Industrie gestaltet wurden, die als besonders förderlich für das 3 Peter Galison, Lorraine Daston: Wissen- S. 363–381. Zu Liebigs Labor siehe Frederic L.
schaftliche Koordination als Ethos und Epis- Holmes: The Complementarity of Teaching and
Zustandekommen von Kreativität und Innovationen gelten. 1 temologie. In: Helmar Schramm, Ludger Research in Liebig`s Laboratory. In: Osiris 5
Schwarte, Jan Lazardzig (Hg.): Instrumente in (1989), S. 121–164.
Kunst und Wissenschaft: zur Architektonik kul-
1 Charlotte Klonk: Introduction. In: Ders. (Hg.):
tureller Grenzen im 17. Jahrhundert, S. 319–361,
New Laboratories. Historical and Critical Perspec-
hier S. 320 f.; William J. Rankin: Laboratory
tives on Contemporary Developments. Berlin,
modules and the subjectivity of the knowledge
Boston 2016, S. 1–20, hier S. 17; Tina Groll: Expe-
worker. In: Kenny Cupers (Hg.): Use Matters:
rimentieren in der Lounge. Zeit Online 13. Oktober
An Alternative History of Architecture. Milton
2015. URL: http://www.zeit.de/karriere/2015-10/
Park und New York 2013, S. 51–65, hier S. 62.
bosch-forschungscampus-bueros (10. Mai 2016).
140 DENNIS GSCHAIDER 141 BAUEN FÜR DIE FORSCHUNG DER ZUKUNFT → INHALT

einer sich formierenden Wissensgesellschaft, die ihre Zukunft bilden und ihren Gebrauch präfigurieren. 9 Im Fokus steht
durch einen planbaren wissenschaftlichen Fortschritt bestimmt daher der Diskurs über den Designprozess der Einrichtungen,
sah und von einer Machbarkeitseuphorie geprägt war, 5 setzte dessen Erschließung darüber Auskunft geben kann, welche
ab den 1950er Jahren ein Wandel im Diskurs um die Gestaltung Erfahrungs- und Erwartungsgrundlage seitens der Akteure in
industrieller Forschungseinrichtungen ein, denen, wie der eine materielle Form übersetzt werden, und damit, wie materi-
Architekt Walter Henn vermutete, in der Zukunft eine wichtige elle Raumkonfigurationen und Wissenschaft als Praktik in der
Bedeutung zuteil kommen würde. 6 Im Gegensatz zu früheren Vorstellung der Akteure miteinander verknüpft wurden.10
Planungen wurde explizit der Zeithorizont der Einrichtungen
thematisiert. Beiträge in Fachzeitschriften der 1960er Jahre ver- Gewährung von Zweckmäßigkeit: Labornormung in
traten mit Titeln wie Bauen für die Forschung von morgen die den 1950er Jahren
Überzeugung, auch zukünftige Bedürfnisse der Wissenschaft zu
antizipieren und den Fortschritt durch die Architektur mitzuge- Obgleich der Bau von Forschungseinrichtungen im Zuge des
stalten.7 Doch wie Stuart Leslie am Beispiel US-amerikanischer wirtschaftlichen Wachstums und des Wissenschaftsbooms nach
Einrichtungen gezeigt hat, erwies sich die Zukunft als ambiva- dem Zweiten Weltkrieg Konjunktur erfuhr, setzte ein Diskurs
lent: Während einige Einrichtungen sich langfristig bewähr- um deren Gestaltung zeitlich verzögert ein. Erst Ende der
ten und die in sie gesetzten Erwartungen erfüllten, scheiterten 1950er Jahre erschienen dezidierte deutschsprachige Werke
andere an den sich wandelnden Anforderungen und der Dynamik zur Einrichtung von Laboratorien, die sich auf anglo-amerikani-
wissenschaftlicher Entwicklungen, die in der Planung nicht vor- sche Literatur stützten. 11 In der chemischen Industrie entstanden
hergesehen wurden, so dass vielmehr von einem „Building for an innerhalb der Unternehmen Arbeitskreise, die Wissen bezüg-
uncertain future“ zu sprechen ist. 8 lich der Planung und Gestaltung von Laboratorien zusammen-
Der Beitrag fragt am Beispiel der Bayer AG danach, mit welchen trugen.12 Auch bei den Farbenfabriken Bayer konstituierte sich
Vorstellungen von Architektur zwischen 1950 und 1980 einer 1954 eine Gruppe auf Grundlage des Wunsches „Richtlinien, die
unsicheren Zukunft begegnet wurde. Hierbei steht die mate- aus der Praxis heraus geschaffen wurden und eine Gewähr für
rielle Gestaltung der Forschungseinrichtungen im Mittelpunkt Zweckmäßigkeit bieten“, die überwiegend aus Mitgliedern der
der Untersuchung, die nach praxistheoretischen Ansätzen
als Artefakte einen wichtiger Bestandteil sozialer Praktiken 9 Andreas Reckwitz: Grundelemente einer 11 Fritz Lassen: Laboratorien: Planung, Bau,
Theorie sozialer Praktiken. Eine sozialtheoreti- Einrichtung, Darmstadt 1957; Werner Schr-
sche Perspektive. In: Zeitschrift für Soziologie amm: Chemische und biologische Laboratori-
5 Margit Szöllösi-Janze: Wissensgesellschaft 6 Walter Henn: Gemeinsamkeiten und Unter- 32 (2003), S. 282–301, hier S. 284 f., 290 f. en: Planung, Bau und Einrichtung, Weinheim
– ein neues Konzept zur Erschließung der schiede des amerikanischen und europäischen 1957.
deutsch-deutschen Zeitgeschichte? In: Hans Industriebaus, S. 28 f. Vortrag gehalten am 10 Theodore Schatzki: Materiality and Social
Günter Hockerts (Hg.): Koordinaten deutscher 23.11.1962 in Essen. In: Nachlass Walter Henn Life. In: Nature and Culture 5 (2010), S. 123–149; 12 Berichte über die Reise am 15.11.1956
Geschichte in der Epoche des Ost-West-Kon- Mscr.Dresd.App.2842, 200. Heinrich Hartmann: Zwischen Projektionsfläche nach Ludwigshafen, 16.11.1956 nach Hoechst,
flikts. München 2004, S. 277–305, hier: S. 284 und Handlungsraum. Raumvorstellungen bei 20.11.1956 nach Hüls betreffend Informationen
f.; Dirk van Laak: Technokratie im Europa des 7 Lange, Horst: Bauen für die Forschung von Bayer und PCAC, 1890 bis 1914. In: Zeitschrift über die Organisation des Bauwesens in der
20. Jahrhunderts – eine einflussreiche „Hinter- morgen. In: Bauen + Wohnen = Construction für Unternehmensgeschichte 52 (2007), S. chemischen Großindustrie. In: Bayer Corporate
grundideologie“. In: Lutz Raphael (Hg.): The- + habitation = Building + home: internationale 85–101, hier S. 85 f. Thomas Gieryn: What Archives 59/237 (folgend als BAL abgekürzt).
orien und Experimente der Moderne. Europas Zeitschrift 22 (1968), S. 242–243. buildings do. In: Theory and Society 31 (2002),
Gesellschaften im 20. Jahrhundert. Köln 2012, S. 35–74, hier S. 41 f. Leif Jerram: Space: A
S. 101–128. 8 Leslie, Stuart W.: Laboratory architecture: useless category for historical analysis? In:
Building for an uncertain future. In: Physics History and Theory 52 (2013), S. 400–419, hier
Today 4 (2010), S. 40–45. S. 417–419.
142 DENNIS GSCHAIDER 143 BAUEN FÜR DIE FORSCHUNG DER ZUKUNFT → INHALT

Forschungs- und Ingenieurabteilung bestand.13 Sie wertete dazu Forschungsabläufen, die in einem tayloristischen Verständnis
vorhandenes, auf Erfahrung basiertes Raumwissen bei Bayer auf Bewegungsabläufe reduziert wurden und abhängig waren
aus, um daraus Werknormen abzuleiten und damit für zukünftige von der materiellen Ausstattung des Labors und deren räumli-
Bauprojekte verbindliche Richtlinien aufzustellen, die technisch, cher Positionierung. So sollte bereits in der Planung uneffekti-
wirtschaftlich als auch wissenschaftlich effiziente Laboratorien ves Verhalten durch die in den Abbildungen enthaltenen impli-
gewährleisten sollten. Dazu erfolgte eine Vermessung wis- ziten Ordnungen der Benutzung vermieden werden. 18 Räume,
senschaftlicher Praxis und ihrer Bedürfnisse, vergleichbar mit die fließende, ineinander übergehende Bewegungsabläufe sug-
der Grundrissforschung der modernen Architektur in den 1920er gerieren galten als besonders effizient, analog zur Organisation
Jahren, die eine Vermessung des Menschen und seiner Wohn- der Hausarbeit in den 1920er Jahren. 19 Als unproduktiv galten
vorgänge durchführte, um Wohngrundrisse nach rationalen und dagegen Raumordnungen, die unübersichtlich waren, abrupte
ökonomischen Gesichtspunkten zu optimieren.14 So wurden Bewegungswechsel hervorriefen und wenig Arbeitsfläche auf-
im Vorfeld der Planung wissenschaftlicher Einrichtungen Muster- wiesen, was zudem die Sicherheit im Labor gefährdete. 20 Zum
labore eingerichtet, in denen Laborausstattung und Arbeits- Zeitpunkt der Diskussionen um die Labornormen deutete sich
abläufe hinsichtlich einer möglichst effizienten Konfiguration allerdings ein Wandel der Forschungsprozesse an, der durch
des Raumes gemeinsam durch das wissenschaftliche und tech- die zunehmende Nutzung physikalischer Instrumente zu for-
nische Personal erprobt wurden.15 malisierten und technisierten Arbeitsabläufen führen würde,
Die Ergebnisse wurden systematisiert und in Gestalt von die andere Infrastrukturen erforderten als das klassische che-
Normblättern festgehalten, die neben der Abbildung der mische Laboratorium. 21 Es bestand die Prognose, „dass das
Grundrisse der Laborarbeitsplätze auch Maße und schriftliche chemische Laboratorium in seiner Arbeitsweise und seinem
Erläuterungen mit Vor- und Nachteilen der einzelnen Beispiele Aufbau eine Entwicklung durchmache, wie sie seiner Zeit der
beinhalteten. Mit der Beschränkung auf den Laborarbeitsplatz ‚Comptoir‘ erlebte und die zur modernen Verwaltung führte“. 22
orientierte man sich an US-amerikanischen Methoden der Im Gegensatz zu universitären Einrichtungen waren industrielle
Planung, die Forschungsgebäude in einzelne, nach Funktion dif- Forschungseinrichtungen wesentlich stärker von technologischen
ferenzierte Module aufteilten, die nach Bedarf zu einem Gebäude Fortschritten betroffen, da sie aufgrund der Wettbewerbsfähigkeit
kombiniert werden konnten und als erweiterungsfähig galten. 16
Die Gestaltung eines Moduls wurde dabei vom Platzbedarf 18 Doris Kolesch: Kartographie der Emoti- 20 Richtlinien für Laboreinrichtungen. In: BAL
onen. In: Helmar Schramm, Jan Lazardzig, 103/17.5.4.
der Forschenden, der Arbeitsabläufe, der benötigten Geräte Ludger Schwarte (Hg.): Kunstkammer, Labora-
und Einrichtungen bestimmt. 17 Von zentraler Bedeutung in der torium, Bühne. Schauplätze des Wissens im 21 Peter J.T. Morris (Hg.): From Classical to
17. Jahrhundert. Berlin 2003, S. 161–175, hier: Modern Chemistry: The Instrumental Revoluti-
Arbeitsgruppe war die Verknüpfung von Labormodulen und S. 173 f. on. London 2002.

19 Thomas Etzemüller: Strukturierter Raum – 22 Karl-Friedrich Klees: Der Arbeitstisch


13 Mitteilung an die Abteilungsvorstände und 16 Rankin 2013 (Anm. 3), S. 54 f.
integrierte Gemeinschaft. Auf den Spuren des im chemischen Laboratorium. In: Chemi-
Betriebsleiter betreffend Gründung einer Labor-
social engineering im Europa des 20. Jahrhun- ker-Zeitung 79 (1955), S. 303. Zur Entwicklung
arbeitsgruppe vom 17.7.1954. In: BAL 433/10. 17 Bruno Krekler, Sabina Peters: Laboratorien
derts. In: Lutz Raphael, Theorien und Experi- des angesprochenen Büros siehe Christine
für Forschung, Anwendungstechnik und Über-
mente der Moderne, Köln 2012, S. 129–154, hier Schnaithmann: Das Schreibtischproblem.
14 David Kuchenbuch: Geordnete Gemein- wachung, München 1977, S. 11. Rankin 2013
S. 137 f. Amerikanische Büroorganisation um 1920. In:
schaft. Architekten als Sozialingenieure – (Anm. 3), S. 62. Maurice Holland, Dexter North:
Lars Bluna, Karsten Uhl (Hg.): Kontrollierte
Deutschland und Schweden im 20. Jahrhun- Research in America and Europe. In: Clifford
Arbeit – disziplinierte Körper? Zur Sozial- und
dert. Bielefeld 2010. Cook Furnas (Hg.): Research in Industry: its
Kulturgeschichte der Industriearbeit im 19. und
Organization and Management. New York 1948,
20. Jahrhundert. Bielefeld 2012, S. 323–357.
15 Rankin 2013 (Anm. 3), S. 56 f. S. 499–527, hier S. 354.
144 DENNIS GSCHAIDER 145 BAUEN FÜR DIE FORSCHUNG DER ZUKUNFT → INHALT

Anschluss an den technologischen Fortschritt halten muss- Lösungen beschränkte.29 Der architektonischen Gestaltung und
ten.23 Dementsprechend sollte auch das Labormodul durch Funktionalität wurde ein großer Einfluss auf die Produktivität der
Reserveflächen, flexible Nutzungsmöglichkeiten und vorsorg- Forschenden zugeschreiben, wie ein Bildband, den Bayer 1953
lich überdimensionierte Energieversorgung auf zukünftige anlässlich der Eröffnung des Neubaus des „Wissenschaftlichen
Anforderungen vorbereitet werden.24 Jedoch erwiesen sich in der Hauptlaboratoriums“ veröffentlichte, verdeutlicht: „Der for-
Praxis chemische Laborräume häufig als inkompatibel, da sie auf schende Chemiker, der einen großen Teil seines Lebens in
die Bedürfnisse der Forschenden ausgerichtet waren, während den Räumen verbringt, darf erwarten, dass für beste Lüftung,
die physikalischen Instrumente auf eine spezifische Infrastruktur Beleuchtung und akustische Entstörung gesorgt ist. Auch soll
angewiesen waren, so dass separate Räume und Gebäude dafür die harmonische Gestaltung des Laborraumes unter Fernhaltung
eingerichtet wurden.25 aller ablenkenden Eindrücke […] seine Aufmerksamkeit unge-
Mit dem Ziel, auf Effizienz und Wirtschaftlichkeit opti- teilt dem experimentellen Aufbau erhalten. Daher war man auf
mierte Laboratorien zu gestalten, lassen sich die höchstmögliche Ästhetik, soweit sich diese mit den technischen
Normungsbestrebungen mit Ideen der modernen Architektur Bedürfnissen vereinbaren lässt, bedacht, um die Lebensfreude
vergleichen, durch ‚social engineering‘ Lebenswelten nach rati- des Chemikers und seiner Mitarbeiter bei der Arbeit zu erhö-
onalen und ökonomischen Gesichtspunkten zu organisieren hen“.30 Ähnlich wie Bruno Taut in den 1920er Jahren die Wohnung
und dabei Räume als Mittel der Disziplinierung einzusetzen. 26 als Lebenswelt der Frau durch die Einheit von Funktionalität und
Allerdings war dies für wissenschaftliche Tätigkeiten nur einge- Ästhetik neugestaltete, um sie körperlich zu entlasten und ihre
schränkt möglich, da die Erfassung geistiger, kreativer Arbeit Kreativität zu fördern, 31 sollten auch Forschende als Bewohnende
als problematisch galt, da sie nicht quantifizierbar war. 27 In dem des Laboratoriums in ihrer Leistungsfähigkeit durch einen funkti-
im Oktober 1955 erstmals herausgebenden Normenkatalog fand onal-ästhetischen Raum unterstützt werden.
sie daher nur Berücksichtigung in Gestalt der Schreibzimmer,
die außerhalb der Laboratorien liegen sollten, ansonsten aber Kommunikation und Flexibilität:
nicht weiter thematisiert wurden.28 Ebenso konnte, im Gegensatz Forschungszentren in den 1960er und 1970er
zur Frankfurter Küche, kein eindeutiges Handlungsmodell im Jahren
Sinne eines ‚Normallabors‘ erarbeitet werden, sondern ange-
sichts unterschiedlicher Forschungsschwerpunkte und Praktiken Während bei Bayer eine Normung hinsichtlich der Laboratorien
firmierte unter einer Werksnorm eine Auswahl möglicher scheiterte, setzten andere Unternehmen wie die Farbwerke
Ausführungsbeispiele, die eine flexible Planung ermöglichten, Hoechst sie konsequenter um. Das Unternehmen errichtete ab
die Kontingenz der Planung also auf eine Bandbreite bewährter 1960 ein Forschungszentrum südlich des Mains gegenüber dem

23 Peter J.T. Morris: The Matter Factory. A 27 Steven Shapin: Scientific Life: A Moral His- 29 Normung von Laboreinrichtungen. 15. 31 Tanja Poppelreuter: Das Neue Bauen für
History of the Chemistry Laboratory. London tory of a Late Modern Vocation. Chicago 2008, Besprechung am 18.5.1955. In: BAL 433/10. den Neuen Menschen: Zur Wandlung und
2015, S. 267–268. S. 154 f. Normung von Laboreinrichtungen. 14. Bespre- Wirkung des Menschenbildes in der Architektur
chung am 18.3.1955 in Leverkusen. In: BAL der 1920er Jahre in Deutschland. Hildesheim
24 Normung von Laboreinrichtungen. 30. 28 Normung von Laboreinrichtungen. 14. 430/10. Rankin 2013 (Anm. 3), S. 63. 2007.
Besprechung vom 19.7.1957. In: BAL 433/10. Besprechung am 18.3.1955 in Leverkusen. In:
25 Morris 2015 (Anm. 23), S. 291–292. BAL 433/10. 30 Literarisch-wissenschaftliche Abteilung Le-
verkusen-Bayerwerk: Das neue Wissenschaftli-
26 Etzemüller 2012 (Anm. 19), S. 134 f., S. 149 f. che Hauptlaboratorium. Leverkusen 1957, S. 9.
146 DENNIS GSCHAIDER 147 BAUEN FÜR DIE FORSCHUNG DER ZUKUNFT → INHALT

alten Werksgelände, das aus identischen und flexibel nutzbaren Angesichts der räumlich prekären Lage der pharmazeuti-
Laboratorien bestand. 32 Es stellt auch eine Zäsur in der Gestaltung schen Forschungseinrichtungen in Wuppertal formierten sich
industrieller Forschungseinrichtungen in Deutschland dar, indem auch bei Bayer zu Beginn der 1960er Jahre Bestrebungen,
der Fokus von einzelnen Gebäuden und -teilen hin zu städtebau- ein Forschungszentrum im Norden der Stadt auf der grünen
lichen Konzeptionen rückte und auch den Raum zwischen und Wiese einzurichten und die bislang im Werk dezentralisierten
um die Laboratorien als elementaren Bestandteil der Gestaltung Einrichtungen räumlich zusammenzufassen. Die Entscheidung
einbezog.33 Die isolierte Lage abseits von Produktionsanlagen war umstritten: Es bestanden Überlegungen, die als positiv
und Städten und die Kombination von Landschaft, Lage und befundenen Verflechtungen im Werk aufrechtzuerhalten, was
Architektur galt dabei als förderlich für Kreativität, da sie eine aber angesichts mangelnder Reserveflächen und Einwände der
Konzentration auf die Forschung forciere.34 Diese Ansicht kor- Nutzerinnen und Nutzer verworfen wurde. So verwies Richard
respondierte mit der zeitgenössischen Innovationsforschung, Wegler, Leiter der Forschung in Elberfeld, auf die Lärm- und
die in den 1960er Jahren zunehmend qualitative Aspekte für die Schmutzproblematik im Werk und plädierte dafür, bewährte
Entstehung von Innovationen als ausschlaggebend betrach- Vorstellungen wissenschaftlicher Forschung zu überwinden
tete, zu denen Architektur, Kommunikation und Personal der und offen gegenüber zukünftigen Entwicklungen zu sein. 37
Forschungseinrichtungen zählten.35 Damit gewannen Aspekte Argumentativ wurde das Forschungszentrum mit drei zentra-
in der Planung an Bedeutung, die zum Teil nur schwer quantifi- len Punkten begründet: Erstens verwiesen die Verantwortlichen
zierbar waren, was in der Industrie, die ihre Forschungsplanung wiederholt auf die architektonische Konzeption amerikani-
an der Maxime der Wirtschaftlichkeit ausrichtete, problema- scher Vorbilder, die als richtungsweisend eingestuft wurden,
tisch und umstritten war. Walter Henn, Architekt des Höchster ohne aber deren konkrete Vorteile zu benennen.38 Zweitens
Forschungszentrums, plädierte dafür, nicht an der Gestaltung zu ermöglichte die Ansiedlung auf der grünen Wiese aufgrund der
sparen: „Aber vielleicht könnte man – ich sage vielleicht, weil ich Verfügbarkeit von Reserveflächen einen Planungszeitraum, der
den Beweis nicht antreten kann, ich halte aber diese Vorstellung mehrere Jahrzehnte umfasste und somit Zukunftssicherheit und
nicht für utopisch, die Effizienz des Personals dadurch stei- Wirtschaftlichkeit versprach. 39 Drittens betonten die Planenden
gern, indem man für sie bessere, schönere, funktionsgerechtere die Vorteile der räumlichen Nähe der Einrichtungen zuein-
Laboratorien baut, die aber mehr Geld kosten“.36 ander, was zu einer Intensivierung der Kommunikation und

32 Farbwerke Hoechst AG (Hg.): Hoechst baut 35 Susanne Mutert: Großforschung zwischen 37 Aktennotiz von Richard Wegler vom
neue Forschungsstätten. In: Hoechst heute 4 staatlicher Politik und Anwendungsinteresse 20.5.1960 betreffend Neubauplan für die chemi-
(1960), S.14–21, hier S. 20. der Industrie. Frankfurt am Main 2000, S. 34 f. schen und medizinischen Laboratorien. In: BAL
367/556; Schreiben von Richard Wegler an Kurt
33 Morris 2015 (Anm. 23), S. 312. 36 Walter Henn: Forschungsbauten der Hansen vom 9.3.1960, S. 3. In: BAL 367/556.
chemischen Industrie – ihre Investitions- und
34 Peter von Brentano, Karl-Achim Czemper, Folgekosten. Braunschweig, o.D. In: Nachlass
Bruno Fritsch u. a.: E.I. du Pont de Nemours & Walter Henn Mscr.Dresd.App.2842, 280, 38 Planung für Neubau Pharmaforschung,
Co., Inc (du Pont). In: Helmut Krauch, Werner S. 20–22. o.J., S. 5. In: BAL 367/556; Schreiben
Kunz, Horst Rittel (Hg.): Forschungsplanung. von Richard Wegler an Kurt Hansen vom
Eine Studie über Ziele und Strukturen ameri- 23.12.1959, S. 3–4. In: BAL 367/556.
kanischer Forschungsinstitute. München 1966,
S. 256–265, hier S. 264; Oswald W. Grube: The 39 Wegler an Hansen, 9.3.1960, S. 3.
birth of the modern research building in the
USA. In: Hardo Braun, Dieter Grömling (Hg.):
Research and Technology Buildings: A Design
Manual. Basel, Berlin, Boston 2005, S. 21–26.
148 DENNIS GSCHAIDER 149 BAUEN FÜR DIE FORSCHUNG DER ZUKUNFT → INHALT

Zusammenarbeit zwischen den Forschungsbereichen führen flexibility‘ verfügen, die Spielräume der Nutzung offenlassen und
sollte, die sich vorteilhaft auf die Forschung im Sinne einer inter- Irritationen hervorrufen können, also Unsicherheiten aufweisen,
disziplinären Zusammenarbeit auswirken würde.40 Hierbei spielte die von der Planung nur schwer zu erfassen und einzuschränken
der „systematische, provozierte Zufall“ eine wichtige Rolle als sind.46
Ressource neuer Ideen, 41 der, wie der Wissenschaftshistoriker Mit der Planung des Pflanzenschutzzentrums in Monheim Ende
Peter Galison gezeigt hat, durch die Bereitstellung informeller der 1970er Jahre wurde die Förderung der Kommunikation
Kommunikationsräume, sogenannter ‚trading zones‘ auch über neben der Flexibilität der Einrichtungen zum zentralen architek-
räumliche Maßnahmen gefördert werden kann.42 Über die rela- tonischen Gestaltungsmotiv erhoben. Im Vorfeld durchgeführte
tionale Nähe hinaus wurde der Zusammenhang von Raum und Interaktionsstudien, also Prognosen des zukünftigen Gebrauchs,
Kommunikation in der Planung allerdings nicht weiter in materi- bildeten die Grundlage für die Anordnung der Gebäude zueinan-
eller Form konkretisiert. Der erste Entwurf eines Großbaus, 43 der der als auch der Einrichtungen innerhalb. 47 Neben empirischen
alle Einrichtungen vereinigte, wurde zugunsten einer rasterför- Grundlagen bezogen sich die Planenden auch auf kybernetische
migen Anordnung einzelner Baukörper fallen gelassen, die an Modelle und zeitgenössische soziologische Arbeiten, um die
ein Werksgelände erinnerte und sich angesichts konstruktiver Planung und ihre intendierte Wirkung theoretisch zu fundieren.
Aspekte als flexibler und damit wirtschaftlicher erwies. So konnte So beruhte die kreisförmige Anordnung der Gebäude auf der
die Planung und deren Umsetzung mehrfach abgeändert wer- Figur des Funktionskreises.48 Sie weist aber auch Ähnlichkeit
den. Hinsichtlich der ästhetischen Gestaltung und technischen auf mit der zeitgleich veröffentlichten Arbeit des Soziologen
Infrastruktur des Zentrums kam es wiederholt zu Konflikten zwi- Thomas Allen, der sich mit der Förderung von Kommunikation
schen den Akteuren, wobei sich vor allem die Nutzerperspektive innerhalb von Forschungseinrichtungen auseinandersetzte und
als nicht ausreichend berücksichtigt empfand und die Befürchtung sie in Abhängigkeit von der architektonischen Gestaltung der
bestand, dass die Gestaltung der Arbeitsplätze aufgrund bau- Räume sah. 49 Für die einzelnen Laboratorien war eine umfas-
technischer und wirtschaftlicher Erwägungen erfolge. 44 Der sende Flexibilität durch vollständig austauschbare Einrichtungen
Anspruch, eine sichere und kontrollierbare Laborumwelt als auch vorgesehen, die eine einfache Anpassung an sich wandelnde
ein ruhiges Umfeld zu schaffen, kollidierte mit infrastrukturellen Arbeitsbedingungen und Arbeitsmethoden gewährleisten soll-
Erfordernissen und beeinträchtigte die Arbeit der Forschende. 45 ten.50 Zur städtebaulichen Umsetzung des Konzeptes lud
Es zeigt sich dabei, dass Gebäude über eine ‚interpretative Bayer sieben Architekturbüros zu einem Wettbewerb ein, den

40 Aktennotiz Wegler 20.5.1960. In: BAL 43 Aktennotiz von Dr. Gönnert, Dr. Haberland, 46 Sophie Forgan: ‚But Indifferently Lod- 48 Pflanzenschutz-Zentrum Monheim.
367/556; Mitteilung vom 22.8.1960 von Richard Dr. Schraufstätter vom 1.12.1959 betreffend ged …‘: Perception and Place in Building for Ergebnis der Architekten-Gutachten, Okto-
Wegler an Dr. Schraufstätter betreffend Vorteile Neubauplanung für die medizinischen und che- Science in Victorian London. In: Crosbie Smith, ber-November 1978. In: BAL 451/70. Zum
eines gemeinsamen Forschungszentrums für mischen Laboratorien. In: BAL 367/556; Wegler Jon Agar: Making Space for Science. Territorial Funktionskreis siehe Hans-Joachim Flechtner:
Biologie-Medizin-Chemie. In: BAL 367/556. an Hansen, 23.12.1959. Themes in the Shaping of Knowledge. Hamps- Grundbegriffe der Kybernetik. München 1969,
hire 1998, S. 195–215, hier S. 197. S. 170 f.
41 Bayer AG (Hg.): Halbzeit beim Bau des 44 Schreiben von Richard Wegler an Kurt Han-
Pharmaforschungszentrums In: Unser Werk sen vom 23.11.1960. In: BAL 367/556. Schrei- 47 Planungsgrundlagen Pflanzenschutz-Zent- 49 Thomas J. Allen: Managing the Flow of
Nr.1–2 (1968), S. 2–8, hier S. 7. ben von Richard Wegler an Architekt Remy vom rum vom 26.10.1977, S. 11. In: BAL 388/33.; The Technology. Cambridge 1977, S. 249 f.
11.5.1960 und vom 17.11.1961. In: BAL 367/556. Consultation for the Bayer Research Centre in
42 Peter Galison: Image and Logic: A Material Monheim. In: Casabella 455 (1980), 50 Planungsgrundlage V, Nachtrag 2. In: BAL
Culture of Microphysics. Chicago 1997, S. 781 f. 45 Aktennotiz Therese Knott betreffend vom S. 61 f. 388/33.
20.9.1971. In: BAL 372/99.
150 DENNIS GSCHAIDER 151 BAUEN FÜR DIE FORSCHUNG DER ZUKUNFT → INHALT

der japanische Architekt Kisho Kurokawa für sich entscheiden sozialer Prozess, der den Fokus von der Laborgestaltung auf
konnte. Sein Siegerentwurf, der einen modularen, erweiterbaren den Raum und Interaktion zwischen den Laboratorien setzte.
Komplex vorsah, spiegelte seine metabolistische Vorstellung von Zwar bildete ein hinsichtlich Effizienz und Flexibilität optimier-
Architektur als organischem Lebenszyklus wieder und entsprach tes Labormodul nach wie vor die Planungsgrundlage, aber die
damit am deutlichsten der Forderung nach Zukunftssicherheit Frage nach der Zukunftssicherheit der Forschungseinrichtungen
in Form von flexiblen und erweiterbaren Einrichtungen, als schien weniger von technologischen Fortschritten und
auch der Umsetzung des Funktionskreises. 51 Allerdings kam Laborpraktiken bestimmt als von der Frage, wie kreative Zufälle
der Siegerentwurf nur teilweise zur Ausführung, da die drei durch Architekturen, die Kommunikation fördern, provoziert wer-
Erstplatzierten einzelne Teilbereiche des Zentrums übernah- den können, und damit, wie Kontingenz in einem gesicherten
men, die im Laufe der 1980er Jahre realisiert wurden. Welche Rahmen zugelassen wird, um sie als produktive Ressource nutz-
Zielsetzungen mit dem Zentrum verbunden waren, wurde in den bar zu machen.
Werkszeitschriften wiederholt am Szenario zweier Forscher ver-
anschaulicht, die sich auf dem Weg zur Cafeteria im Zentrum
zufällig treffen und sich über ihre Forschung austauschen und
dabei zu neuen Ideen gelangen: Ein der Wissenschaft vertrautes
Motiv, das wiederholt in Artikeln der Werkszeitschriften verwen-
det wurde und auch heutige Entwürfe von Forschungsanlagen
prägt.52

Fazit

Entscheidend für die Frage, mit welchen Raumvorstellungen


Unternehmen der Zukunft begegneten, ist das Verhältnis von
Freiheit und Kontrolle der Wissenschaft, welches in den diskutier-
ten Beispielen in Abhängigkeit architektonischer Möglichkeiten
und dem Verständnis wissenschaftlicher Praxis unterschiedlich
konfiguriert wurde. Die Normungsstrebungen der 1950er Jahre
tendierten dazu, mittels vorgeschriebener Handlungsräume eine
stärkere Kontrolle der Forschung auszuüben. Man ging davon
aus, dass die Effektivität der Forschung als handwerkliche Praxis
in hohem Maße von der Konfiguration des Labors abhängig war.
Ab den 1960er Jahren dominierte dagegen ein Verständnis von
Forschung als ein von Interaktion und Kommunikation abhängiger

51 Architekten-Gutachten Pflanzen- 52 Bayer AG (Hg.): Kreatives Zentrum für den


schutz-Zentrum Monheim. In: BAL 171/1.3. Pflanzenschutz. In: Unser Werk Nr. 8 (1979),
S. 6 f., hier S. 7.
332 → INHALT

Kirsten Wagner ist Kulturwissenschaftlerin und Professorin Bibliografische Information der Deutschen
am Fachbereich Gestaltung der Fachhochschule Bielefeld. Nationalbibliothek

Gina Rosa Wollinger ist Soziologin und arbeitet als Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation
wissenschaftliche Mitarbeiterin am Kriminologischen in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliogra-
Forschungsinstitut Niedersachsen e. V. fische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

Universitätsverlag der TU Berlin, 2018


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DOI 10.14279/depositonce-6019
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ARCHITEKTUR IM GEBRAUCH

Der Tagungsband versammelt Beiträge des


2. Forums Architekturwissenschaft zum Thema
Architektur im Gebrauch, das vom 25. bis
27. November 2015 im Schader-Forum in
Darmstadt stattfand. Die Beiträge nähern sich
dem Thema grundlegend in zwei Perspektiven.
Zum einen interessiert die lebensweltliche
Verankerung von Architektur: die Gebrauchs-
erfahrungen und die vielfältigen Weisen, in
denen das Gebaute im Alltag jedes Menschen in
Erscheinung tritt. Zum anderen werden die
Vorstellungen vom Gebrauch in Prozessen des
Planens und Bauens untersucht. Dabei treten
unweigerlich auch Spannungs-verhältnisse auf –
zwischen Planerinnen und Nutzern, aber auch
zwischen unterschiedlichen Gebrauchsweisen.
Sowohl in theoretischen Auseinandersetzungen
zu einem Begriff von Gebrauch in der Archi-
tektur als auch in empirischen Studien zu
einzelnen Bauten und Bautypen, zeitgeschicht-
lichen Gebrauchsphänomenen und Situationen des
Alltags wird dem auf den Grund gegangen.

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